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| author | nfenwick <nfenwick@pglaf.org> | 2025-01-30 20:37:34 -0800 |
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If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Stein unter Steinen - -Author: Hermann Sudermann - -Release Date: May 14, 2020 [EBook #62132] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK STEIN UNTER STEINEN *** - - - - -Produced by Peter Becker and the Online Distributed -Proofreading Team at https://www.pgdp.net (This file was -produced from images generously made available by The -Internet Archive) - - - - - - +------------------------------------------------------------------+ - | Anmerkungen zur Transkription | - | | - | Gesperrter Text ist als _gesperrt_ dargestellt, Fettschrift als | - | ·fett·, und Antiquaschrift als ~Antiqua~. | - | Eine Liste der Änderungen befindet sich am Ende des Buchs. | - +------------------------------------------------------------------+ - - -Stein unter Steinen - - - Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger - Stuttgart und Berlin - - - Hermann Sudermann: - - - Geheftet - - ·Im Zwielicht.· Zwanglose Geschichten. 30. Aufl. M. 2.-- - - ·Frau Sorge.· Roman. 83. bis 87. Auflage M. 3.50 - - ·Geschwister.· Zwei Novellen. 27. Auflage M. 3.50 - - ·Der Katzensteg.· Roman. 61. bis 65. Auflage M. 3.50 - - ·Jolanthes Hochzeit.· Erzählung. 27. Auflage M. 2.-- - - ·Es war.· Roman. 38. Auflage M. 5.-- - - ·Die Ehre.· Schauspiel in 4 Akten. 32. Auflage M. 2.-- - - ·Sodoms Ende.· Drama in 5 Akten. 23. Auflage M. 2.-- - - ·Heimat.· Schauspiel in 4 Akten. 34. Auflage M. 3.-- - - ·Die Schmetterlingsschlacht.· Komödie in 4 Akten - 9. Auflage M. 2.-- - - ·Das Glück im Winkel.· Schauspiel in 3 Akten - 15. und 16. Auflage M. 2.-- - - ·Morituri:· Teja. Drama in 1 Akt. -- Fritzchen. - Drama in 1 Akt. -- Das Ewig-Männliche. - Spiel in 1 Akt. 17. Auflage M. 2.-- - - ·Johannes.· Tragödie in 5 Akten und 1 Vorspiel. - 28. Auflage M. 3.-- - - ·Die drei Reiherfedern.· Dramatisches Gedicht in - 5 Akten. 14. Auflage M. 3.-- - - ·Johannisfeuer.· Schauspiel in 4 Akten. 20. Aufl. M. 2.-- - - ·Es lebe das Leben.· Drama in 5 Akten. 20. Aufl. M. 3.-- - - ·Der Sturmgeselle Sokrates.· Komödie in 4 Akten. - 15. Auflage M. 2.-- - - Die vorstehend verzeichneten Werke sind auch gebunden zu beziehen - - Preis für den Einband: - - in Leinen 1 Mark, in Halbfranz 1 Mark 50 Pf. - - - - - Stein unter Steinen - - Schauspiel in vier Akten - - von - - Hermann Sudermann - - Elfte Auflage - - [Illustration] - - Stuttgart und Berlin 1905 - - J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger - - -~Copyright, 1905, by Hermann Sudermann~ - -Alle Rechte vorbehalten - - -Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart - - - - -Personen - - - ·Zarncke·, Steinmetzmeister. - - ·Marie·, seine Tochter. - - ·Frau Homeyer·, Wirtschafterin bei Zarncke. - - ·Jenisch·, Buchhalter. - - ·Eichholz·, Nachtwächter auf dem Werkplatz. - - ·Lore·, seine Tochter. - - ·Lenchen·, deren Kind. - - ·Willig·, Polier. - - ·Göttlingk·, Steinmetz. - - ·Jakob Biegler·. - - ·Reitmaier·, Kriminalkommissar. - - ·Lohmann·, } - ·Sprengel·, } Arbeiter. - ·Struve·, } - - Bildhauer, Steinmetzen, Arbeiter. - - Mehrere Frauen und Kinder. - - _Ort der Handlung_: Berlin. - - _Zeit der Handlung_: die Gegenwart. - - Zwischen dem ersten und dem zweiten Akt liegen drei Wochen, - zwischen den folgenden Akten liegt je ein Tag. - -[Illustration] - - - - -Erster Akt - - Wohnstube bei Zarncke. In der Mitte des Hintergrundes Tür nach - dem Hausflur. Auf der linken Seite Tür nach Wirtschaftsräumen. - Auf der rechten Seite ein breites Fenster nach dem Werkplatz - führend. Davor, um eine Stufe erhöht, ein Podium mit bequemem - Lehnstuhl und Tischchen. Links vorne ein Sofa mit Sofatisch - und Sesseln. Im Hintergrunde links von der Tür ein Tischchen - mit Wandkonsole darüber, rechts von der Tür ein Bücherschrank. - Altväterisch-behagliche Ausstattung. Stahlstiche, - Photographien, gestickte Sinnsprüche an den Wänden. - Pfeifenständer, Zigarrenschränkchen, Bauer mit Kanarienvogel - etc. etc. - - -Erste Szene - - _Zarncke._ _Marie._ _Jenisch_ - - -·Zarncke· - - (Sechziger, mittelgroß, stark ergraut. Bartfunzeln auf den - Backen. Gutmütig-vergnügte Äuglein. Sprechweise -- mit - Anklängen ans Niederdeutsche -- weich, bisweilen harmlos - polternd, voll stillen Grüblersinnes) - -·Marie· - - (Ende der Zwanzig, klein, bucklig. Fahle Krankheitsfarbe. Zwei - schöne Augen voll wehmütig-lachender Güte. Gequetschte Sprache, - bisweilen durch schweres Atmen unterbrochen. Bewegungen - tastend, unsicher) - -·Jenisch· - - (behaglicher, beschränkter Zahlenmensch) - -·Zarncke· (mit Jenisch eintretend) - -Na, Miezelchen? - -·Marie· - - (die im Lehnstuhl sitzt, aufleuchtend) - -Vaterchen! (Will aufstehen) - -·Zarncke· - -Sitzen bleiben! Sitzen bleiben! (Tritt zu ihr hin und küßt sie auf die -Stirn) Läßte dir die Maisonne in 'n Magen scheinen? Das is recht ... -Na, Jenisch, was haben Sie da! - -·Jenisch· - -Die neuen Sandsteinproben aus den Knauerschen Brüchen, Herr Zarncke. -(Reicht ihm die kleinen Blöcke) - -·Zarncke· (kratzt an den Rändern) - -Schreiben Sie man den Leuten, mein Kontorbedarf an Streusand sei -vorläufig noch gedeckt. - -·Jenisch· (lacht respektvoll) - -·Zarncke· - -Zweite Post? - -·Jenisch· - -Jawohl. (Reicht ihm ein Paket Geschäftsbriefe) - -·Zarncke· - - (setzt sich an den Tisch und läßt die Kuverts durch die Hand - gleiten) - -Nischt -- nischt -- nischt. (Ein Kuvert öffnend) Machen wir. (Ein -zweites) Machen wir desgleichen. »Verein zur Besserung entlassener -Strafgefangener«. Möchten sie mir mal wieder einen andeichseln? ... Na, -wollen mal sehn ... (Legt das Kuvert beiseite und schiebt Jenisch die -anderen Briefe hin) Zurück zur Beantwortung! ... Und wenn die Leute von -der Polizei kommen wegen heute nacht -- das sag' ich besser draußen. -(Zu Marie) Verzeih mal! (Öffnet das Fenster. Das klingende Geräusch -der Meißelschläge, das Klirren der Flaschenzugketten, das Quietschen -der Windewagen wird hörbar) Sie da! Willig! Polier! (Lauter) Polier! - -·Stimme des Poliers Willig· - -Jawohl, Herr Zarncke! - -·Zarncke· - -Wenn die Leute vom Kriminal kommen, lassen Sie sie gleich aufs Kontor -führen. Ich will nicht, daß sie mir den Platz rabiat machen mit ihrem -dummen Gefrage. - -·Stimme Willigs· - -Jawohl, Herr Zarncke. - -·Zarncke· (nachahmend) - -Jawohl, Herr Zarncke. (Schließt das Fenster, das Geräusch hört auf) - -·Marie· - -_Mußtest_ du's denn anzeigen, Vaterchen? - -·Zarncke· - -Ja, das frag' ich mich auch. Aber ich kann mir doch nicht zu -nachtschlafender Zeit in meinen Magazinschlössern rumpulen lassen. -Womöglich noch »Schön Dank« sagen ... Hören Sie mal, Jenisch, euch -auf'm Kontor geht's ja eigentlich nischt an, aber wie denken Sie über -den alten Eichholz? - -·Jenisch· - -Ja, Herr Zarncke, wir meinen, er wird sich nich mehr lange halten -lassen. Als Wächter. - -·Zarncke· - -Na, als was denn sonst? - -·Jenisch· - -Das weiß ich ja nich. - -·Zarncke· - -Sinekuren gibt's nich bei mir auf'm Platz. Selbst mein Kanarienfritze -hat sein Geschäft. Wenn der nich singt, dreh' ich ihm den Hals um. - -·Marie· (lächelnd) - -Na, na. - -·Zarncke· - -Was ist hier zu na-na-en! (Zärtlich) Du -- hä? - -·Marie· (lacht) - -·Zarncke· - -Der Alte hat seine dreißig Dienstjahre. Hat 's Geschäft groß werden -sehen ... Wird mir schwer! (Pause) Abends, wenn er elfe gepfiffen hat, -setzt er sich friedfertig auf einen Block, und dann sägt er los. (Ahmt -einen Schnarchton nach) Und derweilen pulen mir die Herren Einbrecher -in den Schlössern rum. Mir schwant so was, min Döchting, diese -Instituschon is nich das richtige. - -·Marie· (lacht) - -·Zarncke· - -Also, Jenisch, ziehn Sie sich tapfer zurück. - -·Jenisch· (lachend) - -Adieu, Fräulein Mariechen. - -·Marie· - -Adieu, Herr Jenisch. - - -Zweite Szene - - _Zarncke. Marie_ - -·Zarncke· - -Dabei weiß ich genau, wer's gewesen is. - -·Marie· - -Am Ende gar der -- --? - -·Zarncke· - -Na natürlich. - -·Marie· (lachend) - -Du weißt ja noch gar nicht, wen ich meine. - -·Zarncke· - -_Du_ meinst den Struve. Und _ich_ mein' den Struve. Und draußen auf dem -Platze meinen sie _auch_ den Struve. Aber weil sie mich nich blamieren -wollen, tun sie, als hätten sie keinen Dunst ... Wozu hab' ich nu -mal den Besserungspuschel? ... Wenn ich das Luder jetzt nich wieder -raushaue, kriegt er zehn Jahre. - -·Marie· - -Um Gottes willen! - -·Zarncke· - -Fünfmal vorbestraft ... Davon zweimal mit Zuchthaus. Billiger tun -sie's da nich ... Und so 'ne Seele von Mensch. Als die Steinmetzen -neulich für den brustkranken Emil sammelten -- wo er doch als Arbeiter -eigentlich gar nischt mit zu tun hat -- Wochenlohn blank auf den Tisch -gelegt. Und muß mausen! ... Nämlich die Diamantsplitter in den neuen -Zahnsägen haben's ihm angetan. Macht er dem Polizeimann dieselbe -wehmutsvolle Gaunerschnauze, die er mir heute gemacht hat, dann sitzt -er schon im Kittchen ... Ach, was hat man für'n Kreuz mit diesen Kerls! -Immer wieder saust man rin. - -·Marie· - -Na, manchmal auch nicht. - -·Zarncke· - -Hm! Der Auschwitz war gut. Dem Blankmann hab' ich das Leben gerettet. -Der Thiele hat sogar Karriere gemacht. Aber -- nee! -- nu Schluß! -- -Ich nehm' nu nich _einen_ mehr, den mir der Verein zuschanzt. - -·Marie· - -Na, na! - -·Zarncke· - -Mariechen, ich schwör' es dir. (Das Kuvert aufnehmend) Und wenn dies -hier -- ein Lämmlein is, mit Zucker bestreut, ich tu's nicht. (Das -Kuvert aufreißend) Wollen mal gleich sehn! - -·Marie· - -Weißt du, Vaterchen, dann lies lieber nicht. Nachher ist es ein -interessanter Fall, und dann -- - -·Zarncke· - -Kann's auch ungelesen zurückschicken. (Unschlüssig) Aber -- -- -- du, -klingel mal, daß die Homeyer mir das Frühstück bringt. - -·Marie· (klingelt) - -·Zarncke· - - (die Papiere musternd, die in dem Kuvert stecken) - -Da is nu ein ganzes Schicksal drin. - -·Marie· (bittend) - -Vaterchen, mach dir das Herz nicht schwer. Lies lieber nich. - -·Zarncke· - -Man soll zwar keinen von seiner Türe weisen. Na, wie du meinst. (Legt -das Kuvert hin) - - -Dritte Szene - - _Die Vorigen. Frau Homeyer_ - - (Frau Homeyer, kraftvolle, hübsche Person, zu Anfang der - dreißig. Energische Bewegungen. Haare kokett gelockt, mit einem - Stich ins Gemeine) - -·Frau Homeyer· - - (die Frühstückstablette mit belegten Brötchen und einer - Rotweinflasche hereintragend) - -Schönen guten Morgen wünsch' ich. - -·Zarncke· - -Wir haben uns ja heut schon gesehn, Homeyerchen. - -·Frau Homeyer· - -Wenn auch. Ich sag' noch mal »Guten Morgen«. Das ziemt sich für mich. -(Auf die Tablette weisend) Is alles gut so? - -·Zarncke· - -Hm. Fein. - -·Frau Homeyer· - -Fräulein Mariechen, was möchten Sie? - -·Marie· - -Danke. Danke. - -·Frau Homeyer· - -Is Ihnen heute wieder nich ganz frisch? - -·Marie· - -Doch. Doch. - -·Frau Homeyer· - -Nu sagen Sie doch. Ich will doch sorgen für Sie. Ich kann mir gar nich -genug tun für Sie. - -·Zarncke· - -Ja, ja, Sie sind eine Perle. - -·Frau Homeyer· - -Herr Zarncke, ich kümmre mich um keinen Menschen sein Lob. Ich bin eine -ehrbare Witwe. Wer so viel Leid durchgemacht hat im Leben, wie ich -- -ach ja! - -·Zarncke· - -Ihr vieles Leid is Ihnen aber ganz gut bekommen, hören Sie mal. - -·Frau Homeyer· - -Ach ja. Ich hab' mir ganz gut konserviert. - -·Zarncke· - -Und dann so die ehrbare Lebensweise. - -·Frau Homeyer· (seufzend) - -Ja, ja. - -·Zarncke· - -Hören Sie mal, Kindchen, noch eine Frage: Haben Sie vielleicht irgend -was gehört, heute nacht? - -·Frau Homeyer· - -Ja. Gehört hätt' ich wohl so einiges. -- Schritte und so. - -·Zarncke· - -Warum haben Sie denn nichts davon gemeldet? - -·Frau Homeyer· - -Hat mich ja keiner gefragt. Außerdem: ich geb' keinen an. Ich misch' -mich nich in fremde Sachen. - -·Zarncke· - -So -- das sind fremde Sachen für Sie? - -·Frau Homeyer· - -Gott! Wo hab' ich denn gedacht, daß es gleich Einbrecher sind? - -·Zarncke· - -Na, was denn sonst? - -·Frau Homeyer· - -Ich hab' gedacht: es is eben Frühling, -- da werden die Mannsleute -doll -- - -·Zarncke· - -Und die Weibsleute auch. - -·Frau Homeyer· - -Von mir können Sie so was nich sagen, Herr Zarncke. Von dem Tage an, -daß mein armer sel'ger Mann -- - -·Zarncke· - -Scht, scht, scht! _Wenn_, dann würd's auch nichts ausmachen. Na -- und? - -·Frau Homeyer· - -Und der alte Eichholz schläft natürlich. (Mit Betonung) Und die Tochter -schläft eben auch. Nu ja. - -·Zarncke· - -Ach so! Das geht gegen die Lore! - -·Frau Homeyer· - -Ich hab' nichts gesagt. Ich misch' mich in gar nichts. Laß das Fräulein -Lore tun, was sie will. Es braucht nich jede so'n Wandel zu haben, wie -ich. Aber schließlich läuft auf dem Werkplatz 'n kleines Mädchen rum. -Vater unbekannt. - -·Zarncke· - -Der Vater ist nicht unbekannt. - -·Frau Homeyer· - -Ach ja, man nennt ja wohl so gewisse Namen. -- Warum heiratet er sie -denn nich? - -·Zarncke· - -Das geht mich nichts an. Und Sie auch nicht ... Was hast du, Mariechen? - -·Marie· - - (die mit geschlossenen Augen in den Sessel zurückgesunken ist) - -Nichts, Vaterchen. Du weißt ja. Mir wird manchmal so grasgrün. - -·Frau Homeyer· - - (die eilig ein Glas Wasser gefüllt hat) - -Glas Wasser, Fräulein Mariechen? Glas Wasser? - -·Marie· (trinkt -- matt) - -Danke schön. - -·Frau Homeyer· - -Sonst noch Wünsche? ... Nein. (Da niemand antwortet, ab) - - -Vierte Szene - - _Zarncke. Marie._ Später _Lenchen_ - -·Zarncke· - -Miezelchen! - -·Marie· - -Verzeih schon, Vaterchen. Es ist wohl der Frühling. Der macht einem -Kopf und Glieder so schwer. - -·Zarncke· - -Ja, ja, es is der Frühling ... Selbst ich alter Knochen spür' ihn. -Willst nich was essen? Wart, ich bring' dir. Der Doktor hat gesagt, du -sollst eine sitzende Lebensweise führen, also führe du eine sitzende -Lebensweise. (Setzt den Teller vor sie hin und nimmt ein Brötchen) Ganz -lecker! Magst du das Frauenzimmer eigentlich? - -·Marie· - -Ach Gott! - -·Zarncke· - -Ich hab' sie so lieb, weil sie mich so hübsch anschwindelt. Bißchen -Kuddelmuddel muß sein um einen 'rum, sonst weiß man gar nich, daß -man lebt ... Jetzt läuft sie auch hinter dem Göttlingk her. Darum -der Haß auf die Lore ... Ja, der Frühling! ... Und mit dem Arbeiten -gar da geht's bei allen nich ... Sie pfeifen die Sonne an, und wenn -sie Mittags auf den zwei Richtscheiten liegen, dann sind sie nich -hochzukriegen. (Seufzend) Junges Volk! ... Übrigens, du! Zu der Amsel -auf dem Kantinendach hat sich ein Weibchen gefunden. - -·Marie· (freudig) - -Ach! Gott sei Dank. Dann wird sie sich nich mehr die Seele aus dem -Leibe schreien ... - -·Zarncke· - -Andere Leut' schweigen sich die Seele aus dem Leibe. - -·Marie· (betroffen) - -Wie meinst du das? - -·Zarncke· - -Na, is doch so ... Schadt nischt! Sein Geheimfach hat jeder. -- - -·Marie· (hinaushorchend, ruft) - -Lenchen! (Sie öffnet das Fenster, der Lärm des Werkplatzes dringt -herein, wie vorhin) Lenchen! - -·Die Stimme Lenchens· (jubelnd) - -Tante Mariechen! - -·Marie· - -Komm ans Fenster! Komm! - -·Zarncke· - -Tante nennt sie dich? - -·Marie· - -Soll sie nicht, Vaterchen? - -·Zarncke· - -Ja, ja. Kommt auf eins 'raus. - -·Marie· - -Na, kletter hoch! - -·Lenchens· - - (Kopf erscheint in der Fensteröffnung) - -Tag, Tante Mariechen. - -·Marie· - -Klettre, Katz! Klettre! - -·Lenchen· - -Mußt helfen. - -·Zarncke· - - (da Marie eine Bewegung macht, rasch) - -Nicht du! Ich, ich! (Zieht das Kind durch das Fenster herein und setzt -es auf den Boden) - -·Lenchen· - - (die Arme um Mariens Knie schlingend) - -Tante Mariechen! Tante Mariechen! - -·Marie· (sie herzend) - -Willst 'n Bonbon oder 'ne Butterstulle? - -·Lenchen· - -Butterstulle. - -·Marie· - - (gibt ihr ein zusammengeklapptes Butterbrot) - -·Lenchen· - - (setzt sich ihr zu Füßen auf die Stufe des Podiums und ißt - unbekümmert) - -·Marie· - -Und das soll nun 'ne Schande sein -- so ein Engelskind! - -·Zarncke· - -Hättst wohl gern so 'n Stückchen Schande an dir? - -·Marie· (inbrünstig) - -Ach so gerne, Vaterchen, so gerne! - -·Zarncke· - -Tja! Vielleicht gibt sie's dir! - -·Marie· - -So was zu fordern, hätt' ich nicht das Herz. (Streichelt die Kleine und -spricht leise zu ihr) - -·Zarncke· - -Tja! (Geht an den Tisch, trinkt ein Glas Rotwein, sieht verstohlen nach -Marie, nimmt das Kuvert, reißt die Papiere heraus und beginnt zu lesen) - -·Marie· - - (sieht es, lächelt und macht sich von neuem mit der Kleinen zu - schaffen) - -·Zarncke· (murmelnd) - -Zu mir will der Mensch? Warum will der Mensch gerade zu mir? (Steckt -die Papiere heimlich ins Kuvert zurück und geht erregt im Zimmer umher) -Was kann man da machen? Was -- - -·Marie· (bittend) - -Vater! - -·Zarncke· - -Was denn? - -·Marie· - -Allen hilfst du! Jeder Verbrecher kann zu deiner Türe kommen. Hilf doch -auch dem Kinde! - -·Zarncke· - -Ja, leicht gesagt! ... Wie? - -·Marie· - -Rede mit Göttlingk wegen Lore. - -·Zarncke· - -Ich _hab_' mit ihm geredet. Zwingen kann ich ihn nicht. - -·Marie· - -Erst wollt' er noch auf die Wanderschaft. Fünf Jahre ist er weg -gewesen. Als Herr ist er wiedergekommen. - -·Zarncke· - -Herr? ... Künstler! Künstler is er geworden. Dieser wüste Kerl kann -mehr als ... Seinethalben braucht' ich gar keine Bildhauer mehr. Den -schwierigsten Auftrag kann ich annehmen, seit er da ist. - -·Marie· - -Vater, sprich mit ihm. Nun wird sie auch noch den Schmerz erleben mit -dem Alten. Ich mag das Elend nicht mehr mit ansehn. - -·Zarncke· - -Er sagt, er kann noch nicht. Er hat noch Höheres vor. - -·Marie· - -Je Höheres er vorhat, desto schlechter wird sie ihm. - -·Zarncke· - -Komm' ich ihm grob, dann wirft er mir den Meißel vor die Füße. Na und -dann? ... Weißt du: Sprich du mit ihm. - -·Marie· (erschrocken) - -Ich? ... Nein, nein, nein. - -·Zarncke· - -Warum nicht? - -·Marie· - -Vaterchen -- das -- kann ich nicht. - -·Zarncke· - -Siehst du. Man kann manches nicht. (Es klopft) Herein. - - -Fünfte Szene - - _Die Vorigen. Eichholz_ - - (Eichholz: Ende der Sechzig, knickbeinig, würdevoll-finster, - mit militärischem Anflug, alter Schwadroneur, fast weißes, - buschiges Haar, Rundbart mit ausrasierter Oberlippe, Bratenrock - mit Ordensschnalle und eisernem Kreuz) - -·Zarncke· - -Na Eichholz! Ausgeschlafen? - -·Lenchen· (ihm entgegen) - -Großvaterchen! Großvaterchen! - -·Eichholz· (will sie nicht sehen) - -·Marie· - -Pscht! Lenchen! Komm her! Großvater hat keine Zeit. (Sie beginnt zu -sticken. Das Kind spielt) - -·Eichholz· - -Nja. - -·Zarncke· - -Und so feierlich! Was is denn los? - -·Eichholz· - -Herr Zarncke -- ich möchte -- freundlichst -- um meine Entlassung -gebeten haben. - -·Zarncke· - - (mit Marie einen erfreuten Blick wechselnd) - -Sieh mal an! - -·Eichholz· - -Denn ich habe nämlich in Erfahrung gebracht -- daß die Steinmetzen -behaupten -- _wollen_, daß ich gewissermaßen -- meines Amtes nicht mehr -gewachsen bin. - -·Zarncke· - -So? - -·Eichholz· - -Denn im Punkte des Ehrgefühls, da laß ich mir nicht drankommen. Und -wenn die Steinmetzjungens sich die Schnauze verbrennen, damit, daß sie -nicht wissen tun, was ein gewissenhafter Mann ist, und was ein sehr -tauglicher Mann ist -- - -·Zarncke· - -Nu kohlt er wieder. - -·Eichholz· - -Und was ein königstreuer Mann ist ... Und wo ich mir habe in Ihrem -Dienste lädiert, daß ich mir habe nämlich die Schulterblattmuskeln -ausgefallen. - -·Zarncke· - -Ich weiß, ich weiß, ich weiß. - -·Eichholz· - -Und wo ich da immer noch ein wollenes Fellchen, wie man so sagt, ein -Puschemauchen, drum herumtrage, wegen den Reimantismus, wo ich mir auch -im Dienste geholt habe. - -·Zarncke· - -Ja -- so Nachts auf dem kalten Stein schl-- (sich rasch verbessernd) -sitzen -- sitzen, das hält der Kräftigste nicht aus. - -·Eichholz· - -Ich? Sitzen? ... Sitzen? Ich -- Nachts? Nu sagen Sie bloß noch, Herr -Zarncke, ich hab' auch die Augen zugemacht, dann kann ich ruhig jehn, -mir aufhängen. - -·Zarncke· - -Na, na, na. Sagt ja keiner. (Zu Marie) Was fängste da an? - -·Eichholz· - -Wo ich doch schon Kummer genug hab' -- mit meine Tochter -- und hier -mit -- diese -- diese -- Mestize. - -·Marie· (hebt erstaunt den Kopf) - -·Zarncke· - -Wieso Mestize? - -·Eichholz· - -Nu, was ein ungebührliches Kind is -- 's is ja schlimm, daß man das -selber sagen muß, -- aber das is doch nich anders, das is doch eine -Mestize. - -·Zarncke· - -Ach, Sie haben wohl ein Indianerbuch gelesen? - -·Eichholz· - -Ja, so Sonntagnachmittag, wenn ich 'n freien Momang habe, dann les' ich -wohl sehr gerne in de Indianerbiecher. - -·Zarncke· - -Nu hören Sie mal, lieber Eichholz, alter Kriegskamerad, wie wär's, wenn -Sie sich mal 'n bißchen mehr Ruhe gönnten? - -·Eichholz· - -Ja, ich bin aber ausgeschlafen so gegen zehne. - -·Zarncke· (leise zu Marie) - -Kunststück! ... Nein, nein, ich meine zur Nachtzeit, Eichholz. - -·Eichholz· - -Ja, wenn man das so ginge, Herr Zarncke. Aber was 'n gewissenhafter -Wächter is und 'n tauglicher Wächter is, der hat Ohren, sag' ich Ihnen, -der hört den Maulwurf graben zur nächtlichen Stunde, sag' ich Ihnen. - -·Zarncke· - -Aber von Einbrechern haben Sie heute nacht nichts gehört -- hä? - -·Eichholz· - -Hähähähä! Da lach' ick äwwer. - -·Zarncke· (ernst) - -Heute nacht ist nämlich eingebrochen worden, Eichholz. - -·Eichholz· (gekränkt) - -Fangen Sie nu auch so an, Herr Zarncke, wie die Steinmetzjungens? - -·Zarncke· (ernst) - -Ich muß wohl, Eichholz. - -·Eichholz· (versteht, fassungslos) - -Ach so! (Sein Gesicht verändert sich) - -·Zarncke· (bittend) - -Nu sehn Se mal, alter Freund. Sie gehn auf die Siebzig. Nu schlafen Sie -sich doch mal ordentlich aus. Im Bett. Verstehen Sie. Im ordentlichen -Bett. - -·Eichholz· (kläglich) - -Ich kann gar nich im Bett schlafen. - -·Zarncke· - -Dann werd' ich Ihnen einen schönen, harten Granitblock in Ihre -Schlafkammer schaffen lassen ... damit Sie Ihre Bequemlichkeit haben ... - -·Eichholz· (brütend) - -Nja. - -·Zarncke· - -Und Not sollen Sie auch nich leiden. Ich setz' Ihnen 'ne Pension aus -... Können auch wohnen bleiben ... Bei Tag schustern Sie 'n bißchen -oder läuten die Pausen ab oder helfen Ihrer Tochter in der Kantine. - -·Eichholz· - -Und gewöhn' mir das Saufen an. - -·Zarncke· - -Sie werden doch nich. - -·Eichholz· - -Herr Zarncke, ich bin ein Mann -- hochgeehrt -- ich hab' anno 70 immer -mit am Offezierstisch gegessen. - -·Zarncke· - -Na, na. - -·Eichholz· - -Ja ... Ich bin nie 'n Fettschmecker gewesen und 'n Saufjee, ich hab' -noch nich mal 'n Stückschen Käse ins Schnapsglas getunkt. - -·Zarncke· - -Schmeckt ja auch gar nich. - -·Eichholz· - -Das is nu Ansichtssache, Herr Zarncke ... Aber wenn man in eine so -lausige Beschaffenheit versetzt wird, daß das Ehrgefühl im Menschen so -sehr gekränkt wird, wo man doch von seinem redlichen Schustergewerbe -nichts mehr übrig hat wie 'n paar Lederabfälle und zehn steifgewordene -Finger ... und ehe man so'ne Schandpanksjohn annimmt ... - -·Zarncke· - -Sie sind ja ein ganz beißiges altes Vieh, hören Sie mal ... - -·Eichholz· - -Ich ... ich ... hab'... ich ... (Würgt) - -·Zarncke· - -Na, na, Eichholzchen ... Nu si doch man wedder good, min Sähn. - -·Eichholz· (befehlshaberisch) - -Lenchen! - -·Marie· (ängstlich) - -Nein, nein, das Kind bleibt hier. - -·Eichholz· - -Ich und Lenchen -- wir gehn jetzt aus'm Haus. - -·Zarncke· - -Wenn Sie aus dem Hause gehen wollen, Eichholz, dann kann ich nichts -dagegen haben -- das heißt, Sie werden sich ja noch anders besinnen -- - -·Eichholz· - -Na, glauben Sie, geehrter Herr, ich werd's mit ansehn, daß irgend -so ein hergelaufener Sch -- Schlump jetzt sagen kann, ich bin dem -weggejagten Alten da -- sein Nachfolger. Das -- nee -- nee -- nee! -Ich hab' noch 'ne kleine Nachrechnung, Herr Zarncke. Wegen ein paar -reparierte Absätze, die schenk' ich Ihnen, Herr Zarncke. Ich arbeit' -nich mehr für Sie ... Guten Morgen, Herr Zarncke. (Ab) - - -Sechste Szene - - _Zarncke. Marie. Lenchen. Später Lore_ - -·Zarncke· (verzweifelt) - -Na -- nu is er rabiat. Nu geht er sausen. -- - -·Marie· - -Du warst milde genug, Vaterchen. - -·Zarncke· - -Ja, wenn's Maschinen wären. Aber jeder is 'n Mensch. Jeder hat sein -Schicksal. - -·Marie· - -In sich, Vater. - -·Zarncke· - -Wenn das wahr wäre, dann wär' ich nicht schon so vielen ihr Schicksal -gewesen ... In sich! ... Spreu sind wir im Winde. Es kommt nur drauf -an, von wo er bläst ... Na -- vielleicht kann man's an einem andern -wieder gutmachen. (Nimmt die Papiere) Da wird heute einer kommen. So -einen hatten wir noch nicht. - -·Marie· - -Was hat er denn pekziert? - -·Zarncke· - -Frag nicht. Nachher drückt's dich. - -·Lores Stimme· (draußen rufend) - -Lenchen! Lenchen! - -·Lenchen· (aufhorchend) - -Das is Mama. Ich will zu Mama. - -·Marie· - - (das Fenster öffnend, durch das diesmal kein Geräusch - hereindringt) - -Das Kind is bei mir drin, Lore. - -·Zarncke· (nach der Uhr sehend) - -Alles still? Is schon Frühstückspause? - -·Lores· - - (Kopf erscheint in der Fensteröffnung) - -Dank' schön, Fräulein Mariechen. (Zu Lenchen, die die Arme ausstreckt, -sich vorbeugend) Na, hopp! - -·Zarncke· - -Du kannst mal 'reinkommen, Lore. - -·Lore· - -Wenn ich darf, Herr Zarncke. (Verschwindet) - -·Marie· - - (schließt das Fenster und beruhigt Lenchen, die weinen will) - -·Zarncke· - -Und findet sich der Mann hier 'rein -- der Mann von diesem Brief -- -Biegler heißt er -- dann schick ihn nicht ins Komptor, dann laß mich -lieber rufen. (Es klopft) Herein! - -·Lore· (erscheint in der Tür) - -·Zarncke· - -Du, Lore, ich muß dir was sagen: Vater is von heute ab -- - -·Lore· - - (Mitte der Zwanzig. Hübsch, vollkräftig mit Spuren - seelischen Leidens. Sprechweise bald ohne Grund erregt, - bald scheinbar teilnahmslos. Bewegungen müde, schwerfällig, - jäh in Leidenschaftlichkeit umschlagend. Helle, schlichte - Sommerkleidung des Mädchens aus dem Volke, ein wenig über dem - Habitus der Dienerin stehend) - -Ich weiß schon, Herr Zarncke. Es ging ja schon lang' nich mehr. - -·Zarncke· - -Na, Gott sei Dank, daß ich mich bei dir nicht zu entschuldigen brauch'. - -·Lore· - -Ach, Sie! (Beugt sich rasch nieder, um ihm die Hand zu küssen) - -·Zarncke· - -Na, na, na! Und wegen Unterhalt, da -- (Beruhigt sie mit einer -Handbewegung) Aber stell ihm die Kümmelflasche höher. Das rat' ich dir, -Kind! (Klopft sie auf die Schulter. Ab) - -·Lenchen· (die Arme hochhebend) - -Mama! Mama! - -·Lore· - - (ihr mit dem Schürzenzipfel den Mund putzend) - -Ich hab' immer Angst, daß ihr ein Steinsplitter ins Aug' fliegt. - -·Marie· - -Ach, sie passen schon auf. Sie haben sie ja alle lieb. - -·Lore· - -Ja ... Die andern ja. -- Bloß der der nächste dazu is -- - -·Marie· - -Er wird's nicht zeigen wollen. - -·Lore· - -Gestern hat ihr einer 'ne Wippe zurechtgemacht. Und wie er vorbeikommt, -da ruft sie ihn an, er soll sie schaukeln. Da hat er sie weggeschoben --- na wie? 'n jungen Hund schiebt man nich so. - -·Marie· - -Das hängt anders zusammen, Lore. So schlecht ist kein Mensch. Und er -sicherlich nicht. Sicherlich nicht. - -·Lore· - -Wenn Sie alles wüßten, Fräulein Mariechen. -- - -·Marie· - -Kannst ruhig »du« sagen. Es hört uns keiner. - -·Lore· - -Ach, ich verdien's ja nich ... Warum rührst du mich an? Warum gibst du -dich ab mit mir? (Verbirgt den Kopf an ihrer Stuhllehne) - -·Marie· (sie streichelnd) - -Na, na, Lore. Als du so groß warst wie die, da hab' ich dich schon -gestreichelt. Dabei lassen wir's auch. (Da Lenchen weinerlich -dazukommt) Du, Lenchen, der weiße Bär ist ein Eisbär. Und den bind -mal nu an die Leine. (Reicht dem Kinde eine Porzellanfigur und ein -Garnknäuel) - -·Lore· - -Ja, Lenchen, tu das. - -·Lenchen· - - (fängt beruhigt von neuem zu spielen an) - -·Marie· - -Und laß uns mal vernünftig reden. Was versteckst du dich? Warum sagst -du nicht ganz offen, daß er der Vater ist? - -·Lore· (verängstigt) - -Gott, wie kann ich denn? Er hat's doch verboten. - -·Marie· - -Warum läßt es dir verbieten? - -·Lore· - -Als er im Herbst von der Wanderschaft kam, da sagt' er zu mir: »Willst -du, daß ich wieder eintrete auf dem Platz?« Ich glaub', ich hab' ihm -noch die Hände geküßt in meinem Glück ... Aber eine Bedingung hatte er -dabei. »Mund halten,« sagt' er, »daß keiner was erfährt.« ... Die's von -früher wußten, waren inzwischen weg. Bloß der Polier ... Und das ist -sein Freund. Vater hat er auch in der Tasche ... Und nun beiß' ich mir -rein die Zunge ab Tag für Tag und denk': Endlich muß das Schweigen doch -ein Ende nehmen. Aber es geschieht nichts ... Er kommt in die Kantine. -Ganz vergnügt. Bloß nicht allein. Da hütet er sich. - -·Marie· - -Was soll er zu dem allem aber für 'n Grund haben? - -·Lore· (achselzuckend) - -Ich denk' mir, er hat eine andere im Sinn. - -·Marie· (erschreckt, beklommen) - -Wen denn? - -·Lore· - -Vielleicht hat er sich eine aus Mailand mitgebracht, vielleicht -- ach, -wer kann wissen? - -·Marie· (auf Lenchen weisend) - -Und du meinst, daß auf'm Platz keiner was ahnt? - -·Lore· - -Die denken sich schon ihr Teil. Aber er tut ja doch mit allen, was er -will ... Er ist mehr Herr auf dem Platz als der Polier. Da wagt keiner -zu mucksen ... Und wenn er ihnen gar was vorsingt, was er da unten von -den Weibern gelernt hat ... Darauf sind sie _rein_ doll ... - -·Marie· (träumerisch) - -Ja, schön singt er! ... Ach, Lore, was bist du dumm! (aufschluchzend) -Da spielt dein Kind! Dein Kind spielt da. Und du jammerst. - -·Lore· (erschrocken) - -Mariechen! - -·Marie· (sich zusammenraffend) - -Ach, es ist der Frühling ... Es ist der ... Der macht einen ganz ... -Und du jammerst. - -·Lore· (mit wehem Lächeln) - -Ich jammer' ja auch nich. - -·Marie· - -Aber du schleichst 'rum und quälst dich mit deiner Schande. -- Schande! -Was ist Schande? ... Unser Leib ist ein Tempel ... Und Gebären ist -Gottesdienst ... Nur wenn der Tempel im Bau verpfuscht wurde, dann ist -es schlimm ... dann kommt der Frühling, und das Amselweibchen baut, und -man selbst ist schon Ruine. - -·Lore· - -Du kannst auch noch glücklich werden, Mariechen. - -·Marie· - -Ich möcht' schon ... Aber wer wird vorliebnehmen mit mir? ... Und ich -bin so mutig da drinnen! ... Ich möcht' was verpflanzen von mir in -dich. Daß du den Kopf wieder hebst. -- Nicht mehr wie 'n Stein bist in -deinem Gram. - -·Lore· (lacht bitter) - -·Marie· (mit sich kämpfend) - -Du -- soll ich -- reden mit ihm? - -·Lore· - -Du -- mit ihm? - -·Marie· (nickt) - -·Lore· (ohne Hoffnung) - -Ja, wenn du das willst. Aber noch nicht ... Wart lieber noch ... -Vielleicht, daß er _doch_ -- - -·Marie· (stockend) - -Es wird mir -- ja nicht -- leicht fallen ... Ich kenn' ihn ja auch kaum -mehr -- den großen Herrn ... Aber wenn man was _sehr gerne_ will, dann -wird man's doch auch -- können. -- Na, freut's dich gar nicht? - -·Lore· - - (die Hand mutlos vor die Stirne legend) - -Ach! ... (Es klopft) - -·Marie· - -Herein! - - -Siebente Szene - - _Die Vorigen. Jakob Biegler_ - - (Jakob Biegler: Mitte der Dreißig, sehr dürftig, doch nicht - schmutzig gekleidet, Hose von grauem Bauernvelvet, vielfach - geflickt und zu kurz. Altes, blankgewordenes Jakett, - gleichfalls geflickt, darunter braune Strickweste. Defektes - Schuhwerk. Wäsche nirgends zu sehn. -- Gelbes, zermürbtes - Gesicht mit scheuen Augen und kurzem, wildwachsendem Blondbart. - Auftreten gedrückt, verhetzt, bisweilen in verzweifelte Rauheit - umschlagend) - -·Biegler· - -Guten Morgen. - -·Marie· - -Sie wünschen meinen Vater zu sprechen? - -·Biegler· - -Herrn Zarncke -- möcht' ich sprechen. - -·Marie· - -Heißen Sie Biegler? - -·Biegler· (betroffen) - -Ach so! -- Sie wissen schon. Na -- dann -- (Macht eine halbe Wendung -zur Tür) - -·Lenchen· - - (ist zu ihm gegangen und streckt die Hand empor) - -Guten Tag! - -·Marie· - - (seinen Seelenzustand erkennend) - -Mein Vater hat gesagt, wenn jemand mit Namen Biegler kommt, dann möcht' -ich ihn rufen. - -·Biegler· (erleichtert) - -Ja, der bin ich. - -·Lenchen· - -Nu sag doch: Guten Tag. - -·Biegler· - - (sieht das Kind, ein leeres Lächeln geht über sein Gesicht. Er - weiß nicht, was tun) - -·Lore· (sie leise zurückrufend) - -Lenchen! - -·Marie· - -Nehmen Sie's als gute Vorbedeutung, daß dies Kindchen Sie willkommen -heißt. - -·Biegler· - - (sieht sie groß an, versteht nicht) - -Erst -- muß -- ich -- Herrn Zarncke -- sprechen. - -·Marie· (aufstehend) - -Lore, klopf, bitte, im Vorbeigehn bei Vater an (leiser) und bring dem -was zu essen. Er hat's nötig. - -·Lore· (nickt) - -Komm, Lenchen. (Mit dem Kinde ab) - -·Marie· - -Nehmen Sie so lange Platz, bitte. - -·Biegler· - -Ich kann auch stehen. - -·Marie· (ab) - - -Achte Szene - - _Biegler._ Dann _Zarncke_ - -·Biegler· - - (alleingeblieben, wagt sich nicht zu rühren, nur seine Augen - wandern umher) - -·Zarncke· - - (mit Bieglers Papieren in der Hand) - -Guten Tag. - -·Biegler· - - (in straffer Haltung, wie er's im Zuchthause gewohnt war) - -Melde Jakob Biegler. - -·Zarncke· - -Is gut, is gut. Sie sind hier nicht im Gefängnis. Der Verein zur -Besserung entlassener Strafgefangener hat Sie mir zugeschickt. Stehen -Sie unter seiner Fürsorge? - -·Biegler· - -Jawohl. - -·Zarncke· - -Wie lange sind Sie 'raus? - -·Biegler· - -Vier Monate zehn Tage. - -·Zarncke· - -Fünf Jahre haben Sie abgemacht? - -·Biegler· - -Jawohl. - -·Zarncke· - -Wegen was? - -·Biegler· (schweigt) - -·Zarncke· - -Na -- wegen was? - -·Biegler· (auf die Papiere weisend) - -Steht ja da drin. - -·Zarncke· - - (fixiert ihn, um sein Schamgefühl zu prüfen) - -Da steht nur der Paragraph. Den kenn' ich nicht auswendig. - -·Biegler· (verbissen) - -Na, ich sprech's nich aus. - -·Zarncke· - -Dann werd' ich im Strafgesetzbuch nachsehn. - -·Biegler· - -Wenn Sie wollen. - -·Zarncke· - - (geht zum Bücherschrank, schlägt ein Buch auf und liest) - -Hm. Schlimm. Schlimm. - -·Biegler· - -Schlimm. (Pause) - -·Zarncke· - -Na, wie is es denn gekommen? - -·Biegler· - -Wie das so kommt, wenn ein Weib dabei ist. - -·Zarncke· - -Aha ... Haben Sie's gut gehabt in Sonnenburg? - -·Biegler· - -Man war ja mit mir zufrieden. - -·Zarncke· - -Ersparnisse gemacht? - -·Biegler· - -Jawohl. Fünfundsechzig Mark fünfzig Pfennig. - -·Zarncke· - -Noch was da? - -·Biegler· - -Dann säh' ich nich so aus, Herr -- Zarncke. - -·Zarncke· - -Hat der Verein Ihnen keine Arbeit besorgt? - -·Biegler· - -Zweimal haben sie mich aufs Land geschickt. Einmal als Hofgänger, das -zweite Mal als Kuhfutterer. - -·Zarncke· - -Na -- und? - -·Biegler· (schweigt) - -·Zarncke· - -Ausgerissen? - -·Biegler· (in erregter Verteidigung) - -Ich hielt nicht aus. Ich -- ich -- ich -- - -·Zarncke· - -Dann werden Sie auch bei mir nich aushalten. - -·Biegler· - -Ach, Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Hier steht: auf Ihre besondere Bitte schickt man Sie zu mir. Was wollen -Sie gerade bei mir? - -·Biegler· (schweigt) - -·Zarncke· - -Ja, wenn Sie nicht antworten ... Was sind Sie? - -·Biegler· - - (zaudernd, nach innerem Kampfe) - -Steinmetz. - -·Zarncke· - -Ach so! -- _Darum_! Hier steht doch -- Arbeiter. (Sieht nach) - -·Biegler· - -Weil ich als Arbeiter gegangen bin. - -·Zarncke· - -Warum denn? - -·Biegler· - -Wer wird mich nehmen -- als Steinmetz? - -·Zarncke· - -Sie hätten doch probieren können! - -·Biegler· - -Probiert hab' ich genug. - -·Zarncke· - -Und überall abgewiesen? - -·Biegler· - -Einmal wurd' ich eingestellt ... Zwei Tag' später kam's 'raus. Da lag -ich schon auf der Straße. - -·Zarncke· - -Warum sind Sie denn nicht schon früher zu mir gekommen? - -·Biegler· (schweigt) - -·Zarncke· - -Wußten Sie, daß ich Strafentlassene nehme? - -·Biegler· - -Ja, die Herren haben's mir gesagt. - -·Zarncke· - -Wollten Sie nich? - -·Biegler· (zögernd) - -Nein. - -·Zarncke· - -Warum nicht? - -·Biegler· (erregt) - -Nachher wird's doch nichts -- -- -- - -·Zarncke· - -Und jetzt wollen Sie? - -·Biegler· - -Als Steinmetz will ich auch nicht. Nich als Steinmetz. -- Wenn ich bloß -'ne Arbeitsstelle hätte, als Schleifer oder beim Flaschenzug, wo keiner -was fragt. - -·Zarncke· - -Ich werd' mit dem Polier sprechen. Wenn ich drauf besteh' -- Sie können -auch als Steinmetz eintreten. - -·Biegler· (verängstigt) - -Nein, nein, nein ... dann kommt's 'raus ... dann is wieder alles -... Bloß auf den Werkplatz will ich ... Bloß w--wenn ich den -- -Klippelschlag hören kann. Bloß von weitem. - -·Zarncke· - -Sie waren wohl ein _guter_ Steinmetz? - -·Biegler· - -Ach! (Zuckt die Achseln) - -·Zarncke· (voll wärmerer Anteilnahme) - -Hm. (Es klopft) Herein. - - -Neunte Szene - - _Die Vorigen._ _Lore_ (mit einem Teller, worauf Butterbrot) - -·Lore· - -Verzeihung, Herr Zarncke, Fräulein Mariechen hat befohlen. - -·Zarncke· - -Essen Sie. - -·Biegler· - - (gierig nach dem Teller sehend) - -Danke! Ich hab' -- keinen -- Hunger. - -·Lore· (leise, mitleidig) - -Essen Sie nur. - -·Biegler· - - (blickt sich scheu um, will ein Butterbrot nehmen, sieht - Zarncke fragend an) - -·Zarncke· - -Ja, ja, Sie dürfen. - -·Biegler· - - (dreht sich der Wand zu und schlingt das Butterbrot herunter) - -·Zarncke· - -Du, Lore, hol mal das Wasserglas. - -·Lore· - - (holt das Wasserglas vom Nähtisch) - -·Zarncke· (Rotwein eingießend) - -Bring ihm das. -- Übrigens: wie trägt's denn der Vater? - -·Lore· - -Gott, Herr Zarncke, er schimpft ... Ja, was ich fragen wollte: darf er -den Dienst noch tun, bis ein Nachfolger da ist? - -·Zarncke· - - (mit einem Blick nach Biegler hin) - -Nachfolger hab' ich schon. - -·Lore· (dem Blick folgend) - -Ach so. - -·Zarncke· - -Gefällt er dir? - -·Lore· - -Ach, is 'n armer Mensch! - -·Zarncke· - -Sag's nicht, wie du ihn hier gefunden hast. - -·Lore· - -Nein, nein. (Stellt das Glas neben Biegler, ab) - - -Zehnte Szene - - _Biegler._ _Zarncke_ - -·Biegler· - - (würgt eiligst den letzten Bissen hinunter und stellt sich in - Positur) - -·Zarncke· - -Sie dürfen auch 'n Schluck von dem Wein trinken. - -·Biegler· - -Ja. (Äugt zweifelnd nach dem Glase) - -·Zarncke· - -Haben Sie keinen Durst? - -·Biegler· - -Erst geben Sie mir -- Wein zu trinken, und dann nehmen Sie mich _doch_ -nich. Hä. - -·Zarncke· - -Erst trinken Sie mal. - -·Biegler· - - (dreht sich der Wand zu und trinkt zögernd, verstohlen) - -·Zarncke· - -Auf den Steinmetzplatz _wollen_ Sie. Aber gewissermaßen im verborgenen. -So daß keiner was erfährt, daß Sie keinem Rede zu stehen brauchen -- hä? - -·Biegler· - -So was Schönes gibt's ja nich. - -·Zarncke· - -Vielleicht _doch_. Wollen Sie Wächter werden bei mir auf'm Platz? - -·Biegler· - - (in staunendem Nicht-glauben-wollen) - -Herr Zarncke! - -·Zarncke· - -Na? - -·Biegler· - -Das is doch 'n Vertrauensposten. - -·Zarncke· - -Ja, das is es. - -·Biegler· - -Da müssen manche sogar Kaution stellen. - -·Zarncke· (bejahend) - -Hm ... Und wenn Sie Mittags ausgeschlafen haben, können Sie unter den -Arbeitern mithelfen ... da fragt Sie keiner ... Na? - -·Biegler· - -Wird ja nicht lange dauern -- - -·Zarncke· - -Das wird ganz von Ihnen abhängen. - -·Biegler· - -Dann kommen die Schutzleute -- und recherchieren ... Und dann is aus. - -·Zarncke· - -Sie wissen doch, daß solange der Verein die Fürsorge für Sie übernimmt, -die Polizei sich mit Ihnen nichts zu schaffen macht. - -·Biegler· (fatalistisch) - -Die Schutzleute -- kommen doch. - -·Zarncke· - -Zu mir nicht ... - -·Biegler· - -Die Schutzleute kommen doch. - -·Zarncke· - -So hören Sie doch. Hierher kommt kein Schutzmann recherchieren. Das -hab' ich mir ein für allemal verbeten. Und daß die Herren vom Verein, -wenn _die_ kommen, Sie nicht verraten werden, das können Sie sich doch -denken. ... Na? - -·Biegler· - -Das wär' ja ein solches Glück, wie man sich gar nich -- (Es klopft) - -·Zarncke· - - (geht zur Tür und öffnet sie) - - -Elfte Szene - - _Die Vorigen._ _Jenisch_ - -·Zarncke· (ihm den Eintritt versperrend) - -Was gibt's? - -·Jenisch· (vom Hausflur her) - -Verzeihung, Herr Zarncke -- die Polizei is da -- wegen -- - -·Biegler· - - (zuckt heftig in die Höhe und macht eine unwillkürliche - Bewegung, als wolle er sich verstecken) - -·Zarncke· - -Is gut. Soll 'n Augenblick warten. Komme gleich. (Schlägt die Türe zu) - - -Zwölfte Szene - - _Biegler._ _Zarncke_ - -·Zarncke· - -Na ruhig, ruhig, ruhig! - -·Biegler· (sich wild umschauend) - -Die Schutzleute kommen überall -- die -- - -·Zarncke· - -Unsinn! Diese Nacht is eingebrochen worden bei mir. Deshalb kommen sie. -Und eben deshalb sollen Sie auch Nachtwächter werden. Verstanden? - -·Biegler· (würgend) - -Herr Zarncke -- ich muß -- ich -- dank' Ihnen auch schön fürs Glas Wein -... ich ... kann nich in Dienst ... ich muß -- wieder weg. - -·Zarncke· (schüttelt den Kopf) - -Ja, zwingen kann ich Sie nich ... (Nach einem Schweigen) Haben Sie denn -andere Arbeit in Aussicht? - -·Biegler· (verneint) - -·Zarncke· - -Wer nicht Arbeit hat von euch, wird abgeschoben von der Polizei ... -Unbarmherzig ... Wissen Sie das? - -·Biegler· (bejaht) - -·Zarncke· - -Na und dann? - -·Biegler· (zuckt die Achseln) - -·Zarncke· - -Schließlich zieht der Verein auch noch seine Hand von Ihnen -- und was -dann? - -·Biegler· (zuckt die Achseln) - -·Zarncke· - - (plötzlich seinen Ton ändernd) - -Nu komm mal her, min Sähn. Komm, komm, komm, komm. (Zieht ihn nach -vorne) Bienchen hast du doch keine? - -·Biegler· (schüttelt den Kopf) - -·Zarncke· - -Na dann setz dir mal. (Zieht ihn in einen Stuhl) Du bist nu man büschen -verbiestert, min Sähn ... Wat dir da im Kopp spukt, das will ich gar -nich wissen ... Is auch ganz egal. Nu laß man schon büschen sorgen für -dich. (Strenge) Und jetzt geschieht folgendes: Du kriegst mal zuerst 'n -Anzug von mir ... - -·Biegler· - - (an sich niedersehend, freudig) - -Ja, ja, ja, ja. - -·Zarncke· - -Du, du hast ja gar nich mal 'n Hemde an! - -·Biegler· (eifrig, voll Ehrgefühl) - -Jawohl -- hab' ich. (Reißt, um das Hemde zu zeigen, die Strickweste -auf) Da! (Beschämt) Bloß -- Kragen hab' ich nich. - -·Zarncke· - -Also das kriegste alles auch. Und 'n warmen Mantel. Denn Nachts is -noch kalt ... Und dann kriegst du 'ne Pfeife und 'ne Schnarre. Und die -Kontrolluhren, die bis zum Abend ankommen, die erklär' ich dir. Wohnen -tust du drüben im Sägewerk. Und essen tust du in der Kantine bei der -Lore, die dir das Butterbrot gebracht hat. Verstehste? - -·Biegler· (wie vorhin) - -Ja, ja, ja, ja. - -·Zarncke· - -Und nun kümmerst du dich um Dodt und Deiwel nich mehr. Und so wollen -wir langsam wieder 'n Menschen aus dir machen. Hä? - -·Biegler· (nickt willenlos) - -·Zarncke· - -Na also. - - (_Der Vorhang fällt_) - - - - -Zweiter Akt - - Der Werkplatz. Links das _Wohnhaus_ mit vorspringender - _Veranda_ und einem Balkon darüber, zu dem aus dem oberen - Stockwerk eine Glastür führt. Zu ebener Erde ein Fenster. - Rechts die _Kantine_ mit einer Tür in der Seitenwand und - einem nach der Rampe zu gerichteten Fenster, vor dem eine - Bank steht. Hinter der Kantine, ein wenig vorspringend, das - _Magazin_, mit einer Tür und einer daneben angebrachten Glocke. - -- Im Hintergrunde rechtwinklig zum Magazin ein offener, - von Holzpfeilern getragener _Schuppen_, der sich mit seiner - Hinterwand an die senkrechte Erhöhung lehnt, welche den - hinteren Teil des Werkplatzes bildet und zu der in der Mitte - des Hintergrundes eine schmale Treppe emporführt. Links von - der Treppe mehrere hochaufgestapelte Steinblöcke, welche die - Höhe des hinteren Teiles übersteigen. Über einem der Stapel ein - _Kran_. Eine schmale _Feldbahn_ zum Transport der Blöcke führt - an den Stapeln, der Treppe und dem Schuppen vorüber quer über - die Bühne. Blöcke liegen überall verstreut. An den Wänden des - Schuppens und der Häuser stehen und hängen, wo nur ein Platz - sich findet, Gipsmodelle: Figuren, Reliefs, Ornamentstücke. Die - Veranda ist mit Schlingpflanzen bewachsen, ein Baum neigt sich - über ihr Dach. Das Kantinenfenster schmücken Blumentöpfe. Den - _Prospekt_ bildet eine großstädtische Häuserreihe, die jenseits - der am Werkplatz entlangführenden Straße gedacht ist. Ein - Kirchturm ragt aus der Ferne herüber - - -Erste Szene - - (Beim Aufgehen des Vorhangs zeigt der Platz ein überaus reiches - Arbeitsleben. Vor den Blöcken arbeiten _Steinmetzen_ oder - _Bildhauer_, die ersteren mit blauer Schürze, die letzteren mit - langem, weißgrauem Kittel und Papier- oder sog. Raffaelmütze - bekleidet. Der Kran ist im Gange. Niedrige Wagen transportieren - Blöcke vorüber. Hilfeleistende _Arbeiter_ in beliebigem - Werktagsanzug. Mittagsstimmung) - - Vorne rechts _Göttlingk_ in Steinmetzentracht vor einem Blocke - -- ein Gipsmodell daneben. Der Polier _Willig_ an einem anderen - Blocke, messend. Unter den Arbeitern, die sich hinten zu - schaffen machen, _Lohmann_, _Sprengel_, _Struve_ - -·Göttlingk· - - (stämmig, mittelgroß, Stiernacken, blonder, schön geringelter - Schnauzbart, Haar in geschniegeltem Bogen in die Stirn - heruntergestrichen. Spielt den Kraftmenschen, großsprecherisch, - übermütig, brutaler Charmeur. Er arbeitet mit Meißel und - Klippel und singt dazu) - -Na -- nun kommt auch noch die Sonne angekrochen. He, ihr -Zitronenschleifer da hinten, hab' ich euch nich gesagt, ihr sollt mir -den Block in den Schuppen schaffen? -- Lohmann, Sprengel, ihr andern, -immer 'ran! - -·Willig· - -Du, Göttlingk, schnauz hier nicht so viel. Sag's lieber mir. - -·Göttlingk· - -Du hast mir gar nischt zu befehlen, mein Sohn. - -·Willig· - -Und du hast denen nischt zu befehlen. - -·Göttlingk· - -Wenn sie so dumm sind und gehorchen. (Lohmann, Sprengel und ein dritter -Arbeiter sind nach vorn gekommen) Da, wie sie anhampeln! Hab du sie man -so an der Strippe wie ich. (Befehlshaberisch) Also nu los! - -·Lohmann· - -Warten Sie man bißchen, hochgeborner Herr. Zehn Finger hat jeder zu -verlieren. (Stemmt ein Brecheisen ein) - -·Göttlingk· - -Brecheisen weg! Ihr werd't mir die Kanten abstoßen. - -·Sprengel· - -Ohne Brecheisen geht's nich. - -·Göttlingk· - -So? Hä! Wenn ihr man stramme Kerls wärt, ihr Volk ... (Faßt mit an) -~Uno~ -- ~due~ -- ~tre~! (Der Block rückt weiter) Na, geht's oder nich? - -·Lohmann· - -Ja, wenn Sie so scheen ausländsch kommandieren! Sagst du zum Hund -»kusch«, dann kuscht er. Bloß weil er's Franzesch so gern hat. - -·Göttlingk· - -Noch mal: ~uno~ -- ~due~ -- ~tre~! (Der Block rückt wieder) Ja, -ja, Kerlchens. Grips im Kopp und Marks in de Knochen. Das ist die -Hauptsache. - -·Lohmann· - -Und 's Messer im Sack nich zu vergessen. - -·Göttlingk· - -Lassen Sie man mein Messer in Ruh, mein alter Sohn. (Zieht ein -Dolchmesser aus einer Lederhülse, die er am Leibgurt unter dem Kittel -befestigt hat) Das is dreikantig geschliffen. Das schlupft (schnalzt, -das Messer vorstoßend, mit den Lippen) wie 'n Küßchen ... Tut gar nich -weh. Will einer probieren? - -·Willig· - - (der mißbilligend zugehört hat) - -Du -- Göttlingk! - -·Göttlingk· (zu ihm herübertretend) - -Hä? - -·Lohmann· (hinter ihm her, ingrimmig) - -So 'n Paradehengst! (Die andern lachen) - -·Willig· - -Mach dich nich immer mit den Kerls gemein. Laß sie ihre Arbeit -verrichten. Und damit gut! - -·Göttlingk· (großspurig) - -Pöh! Ich bin nu mal so 'ne leutselige Natur. - -·Willig· - -Mußte immer Bewunderer haben? - -·Göttlingk· - - (wendet sich lachend zum Stein zurück und kommandiert weiter) - - -Zweite Szene - - _Die Vorigen._ _Zarncke_ (ist aus der Veranda getreten) - -·Zarncke· - -Polier! - -·Willig· (respektvoll) - -Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Is was zu melden? - -·Willig· - -Nein, Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Was tut der Kran da? - -·Willig· - -Er holt die Quadern fürs Sägewerk. - -·Zarncke· - -Bis morgen abend muß auch der Oberkirchner Block dort an der Treppe -'runtergeschafft werden, damit er Montag in Arbeit genommen werden kann. - -·Willig· - -Sehr wohl, Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Wie is die Verteilung heute? - -·Willig· - -Elf Steinmetzen auf'm Platz, fünfzehn draußen auf'm Bau, vier Bildhauer -auf'm Platz, sechs auf'm Bau. - -·Zarncke· - -Wo is der Göttlingk heute? - -·Willig· - -Da is er ja. - -·Göttlingk· - - (den Stein betrachtend, dessen senkrechte mit Ornamenten - bedeckte Seite jetzt oben liegt) - -Donnerschock! ~Per Bacco!~ Den ganzen Dreckplatz soll der Deiwel holen! -Du, Polier, komm mal her. - -·Zarncke· - -Was schimpfen Sie denn heute so wild um sich, Göttlingk? - -·Göttlingk· - - (lüftet einigermaßen verlegen die Mütze) - -Verzeihung, Herr Zarncke, aber das soll wirklich der Deibel holen. Wie -ich den Block drehen lass', da seh' ich, daß von gestern auf heute eine -fremde Hand daran 'rumgemurkst hat. - -·Zarncke· - - (stutzt, ein Verdacht steigt in ihm auf) - -Ach, Sie werden sich täuschen. (Tritt hinzu) - -·Göttlingk· - -Weil mir das schon einmal passiert war, hab' ich mir zu Feierabend -immer 'n Zeichen gemacht ... Da, bitte! - -·Zarncke· (den Stein betrachtend) - -Von dem Blaustrich an? - -·Göttlingk· - -Jawohl. - -·Zarncke· (nachdenklich, lächelnd) - -Hm. So! -- Das is aber nich schlecht gemacht. Da ist Schwung drin. Wenn -sich die Heinzelmännchen extra für Sie bemühen, Göttlingk! - -·Göttlingk· - -Wenn ich das Heinzelmännchen treff', dann gibt's eins zwischen -de Rippen ... Was is das für'n Nachtwächter, der Kerl, der jetzt -Nachmittags hier 'rumschleicht, wenn er so was zulassen kann? ... Das -ist schlimmer wie Einbruch. - -·Zarncke· (der abzulenken sucht) - -Was hat denn der Nachtwächter damit zu tun? Wenn's finster is, kann man -nich arbeiten. - -·Willig· - -Verzeihung, Herr Zarncke. Um fünfe, da is es schon lang hell. - -·Zarncke· (beruhigend) - -Ich werd' den Mann hernach mal fragen. - -·Göttlingk· (murmelnd) - -Das besorg' ich schon selber. - -·Zarncke· - - (mit Willig nach vorne kommend) - -Sagen Sie mal, Polier, wie macht sich der Nachtwächter im übrigen auf'm -Platz? - -·Willig· - -Der Mann ist fügsam und ordentlich und kann sich an Fleiß nicht genug -tun. Aber -- schwach, Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Tja! - -·Willig· - -Und dann -- 'n bißchen sonderbar. - -·Zarncke· - -Inwiefern? (Ringsum ertönen Mittagssignale) - -·Willig· - -Er hält sich immer abseits. Gibt kaum Antwort. Manche fangen ihn schon -zu verulken an. - -·Zarncke· - -Dulden Sie das nich, Willig! - -·Willig· - -Ja, da kann ich nich viel machen, Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Warum läutet denn der Eichholz nich Mittag? Eichholz! - -·Willig· (zur Kantinentür laufend) - -Eichholz! - - -Dritte Szene - - _Die Vorigen_. _Eichholz_ - -·Eichholz· (angeheitert) - -Haben bloß zu befehlen, Herr Zarncke! Wie der Blitz bin ich da -- ja! -(Läutet die Glocke, die am Magazin hängt) - -·Zarncke· (sieht kopfschüttelnd zu) - -·Willig· - -Er is jetzt immer im halben Dusel. - -·Eichholz· (sich umschauend) - -Na -- schläft der -- faule Hund -- noch? - -·Zarncke· - -Möchten Sie nu mal den Frauen das Tor aufschließen? - -·Eichholz· (brummend nach links) - -·Willig· - -Nu geht er noch in die Destille! - -·Zarncke· - -Is das ein Elend! - - -Vierte Szene - - _Die Vorigen._ _Mehrere Frauen._ Später _Lore_ - - (Sämtliche Arbeiter haben ihre Werkzeuge niedergelegt, einzelne - gehen zu den Wasserleitungshähnen, die im Schuppen angebracht - sind und waschen sich. Andere holen dicke Butterstullen und - Blechkannen hervor und beginnen zu essen. Frauen kommen von - links mit Eßkörben und begrüßen ihre Männer. Einzelne haben - auch ihre Kinder mitgebracht, die sich mit den Eltern um den - Eßkorb gruppieren) - -·Zarncke· - - (begrüßt eines und das andere, teilt Bonbons aus, wünscht den - Frauen »Guten Tag« und spricht einige Worte zu den Männern) - -·Lore· - - (erscheint in der Tür der Kantine und geht zu verschiedenen der - Bildhauer und Steinmetzen) - -Bitte zu Mittag. -- Bitte zu Tisch. -- Zu Tisch möcht' ich bitten. -(Lauter) Wem kann ich Bier 'rausschicken? - -·Einzelne Stimmen· - -Hier. Ich. -- Mir eins. - -·Lore· (zählt die Stimmen) - -·Göttlingk· - - (betrachtet murrend seinen Block) - -·Lore· - - (an ihn herantretend, leise zaghaft) - -Kommst nich auch, Eduard? - -·Göttlingk· (sich umschauend, unwirsch) Hab' ich dir nicht gesagt, du -sollst mich nich »du« nennen auf'm Platz? - -·Lore· Verzeih! Ich hab' vergessen. (Zur Kantine ab) - - (Verschiedene Bildhauer und Steinmetzen gehn zur Kantine, - darunter Göttlingk) - -·Zarncke· - -Gehn Sie auch zu Tisch, Willig. Übrigens hören Sie mal: Mit dem Struve -steht's schlecht. Den wird uns das Kriminal bald abholen. - -·Willig· (achselzuckend) - -Ja. - -·Zarncke· - -Ach, schicken Sie ihn mir mal, -- ja? - -·Willig· (rufend) - -Struve! - - (Struve steht von einem hinteren Steine auf, wo er unbemerkt - gesessen hat. Willig spricht im Vorbeigehn zu ihm und weist - nach vorne, dann geht er in die Kantine ab) - - -Fünfte Szene - - _Die Vorigen_ ohne _Willig_. _Struve_ (nach vorne - kommend) - -·Struve· - - (Mann in den Vierzigern. Ergrauendes Haar, blank und gelockt. - Bartstoppeln. Verschmitzte Äuglein. Ein Zug drolliger Heuchelei - um die Mundwinkel. Arbeitskleidung mit wollenem Halstuch - und Holzpantinen. Trägt einen Deckelnapf in der einen, eine - faustdicke Butterstulle mit Taschenmesser in der andern Hand. - Bei dem Versuch, die Mütze abzunehmen, fällt ihm das Butterbrot - auf die Erde) - -·Zarncke· - -Sachte, sachte! Nu is die janze Pastete in den Sand gefallen. - -·Struve· - - (das Butterbrot an den Hosen abwischend) - -Das macht nichts, Herr Zarncke. »Mit ne Ladung Sand -- schmeckt selbst -'n alter Strohsack pikant,« sagten wir immer uf de hohe Schule. - -·Zarncke· - -Na, nu werden Sie ja bald wieder drinsitzen in Ihre hohe Schule. - -·Struve· - -Ja, Herr Zarncke, was kann man machen? - -·Zarncke· - -Mensch, wenn's mir nich so leid täte um Sie -- - -·Struve· - -Nu haben Se man guten Mut, Herr Zarncke ... Mir hat's auch mal leid -getan. Aber nu is schon egal. - -·Zarncke· (leise) - -Na, sind Sie's nu gewesen oder nich? - -·Struve· - -Herr Zarncke, wenn ich gleich hier meinen Totenschein in die Hand -nehm' -- - -·Zarncke· (lachend) - -So 'n Halunke wie Sie! ... Sie wissen doch, die Untersuchung geht -weiter? - -·Struve· - -Ja, die Polente schnüffelt ja alle Tage hier 'rum. - -·Zarncke· - -Sagen Sie mal, können Sie nu wirklich keinen Zeugen dafür beibringen, -wo Sie in den Stunden des Einbruchs gewesen sind? - -·Struve· - -Was man so nennt: einen Aal-ibi, Herr Zarncke? - -·Zarncke· - -Jawohl. - -·Struve· - -Ja, sehn Sie mal, was 'n wirklich reeller Aal-ibi is -- der kost't nich -unter fünfzig Mark. Wo soll ich fünfzig Mark hernehmen, Herr Zarncke? - -·Zarncke· (lachend) - -So? - -·Struve· - -So 'ne Brieder, die schon wegen Meineid verschütt jejangen sind, die -tun's auch billiger ... Meechens auch. Aber die kriegen's vor Gerichte -hernach mit die Heulerei ... Nee, das sind alles keine reelle Sachen. - -·Zarncke· - -Na, und wenn sie Sie nu gleich mitnehmen? - -·Struve· - -»Der Gerechte muß viel leiden,« so steht in de Psalmen geschrieben. - -·Zarncke· - -Hören Se auf mit Ihre dämliche Muckerei. Glaubt Ihnen ja doch keiner -... Mensch, Mensch, wie hau' ich Sie nu 'raus? - -·Struve· - -Hätten gar nicht anzeigen müssen. Sehn Se, nu sitzen Se drin, Herr -Zarncke. - -·Zarncke· (lacht) - -·Marie· (das Fenster öffnend) - -Vaterchen, kommst nich zu Tisch? - -·Zarncke· - -Gleich, Miezelchen ... Also ich werd' mal nachdenken. Vielleicht fällt -mir noch was ein. - -·Struve· - -Ganz wie Sie meinen, Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Ulkiges Huhn! ... Hier haben Sie 'ne Zigarre. (Ab) - -·Struve· - -Danke, Herr Zarncke. (Die Zigarre einsteckend) Ja, ja. Sie rüsten sich -wider die Seele des Gerechten und -- (sieht, daß Zarncke inzwischen -weggegangen ist) Ach so! (Setzt sich auf den vordersten Block, kratzt -an seinem Butterbrot und fängt an zu essen) - - -Sechste Szene - - _Struve. Lohmann._ _Sprengel_, _ein dritter Arbeiter_, - die essend auf dem Block hinter ihm sitzen - -·Lohmann· - -Na, wie lange werden sie dich deinen Knast Brot noch 'runterfuttern -lassen, Struve, ehe sie dich inlochen? - -·Struve· (achselzuckend) - -Ja. - -·Lohmann· - -Nachher gibt's zu Mittag wieder »Rumfutsch« und »blauen Heinerich«. Ei -weh. - -·Struve· - -Kindersch, babbelt nich von so hohe Sachen. Das versteht ihr nich. - -·Sprengel· - -Der tut sich noch dicke auf sein Zuchthaus. - -·Struve· - -Nu ob. Da kommt ihr noch lange nich rin. Da sind bloß _feine_ Leute -drin. Ja. - -·Die Anderen· (lachen) - -·Lohmann· - -Drum heißt es auch die hohe Schule. - -·Struve· - -Jawoll. Da lernt man was. Hast du überhaupt 'ne Kleiderbürschte? Die -hat mir der Staat immer franko geliefert. Aus lauter persönlicher -Hochachtung ... Oder gar 'ne Zahnbürschte? Aber ich -- siehste! ... -Kiek dir mal an, wie der Dreck an dir 'rumklebt ... Aber _wir_ machen -dort zu Mittag immer Toi--lette. Und Handtuch tragen wir immer auf'n -Arm, da laufen wir den janzen Tag mit 'rum. Vor lauter Feinheit. Ja. - -·Die Anderen· (lachen) - -·Struve· - -Überhaupt, was bist du hier? Und was bin ich hier? Und was sind -wir alle hier? ... Dreck sind wir. Hoch über dir kommen erst die -Steinmetzen ... und da hoch drüber die Bildhauer. Und denn _noch_ höher -der Polier ... Und _denn_ gar erst ... ach! Dort hab' ich immer in -de erschte Klasse gearbeit't ... Weiße Binde hab' ich tragen dürfen. -Tischältster bin ich gewesen. Das is mehr wie der Polier. Das is wie 'n -Jeneral ... Das kannste alles werden, wenn de ins Zuchthaus kommst ... -Karri--ere kannste machen. Ja. - -·Lohmann· (singt spottend) - - Liebes Kind, nu weine nich, - Mittags jibt's den blauen Heinerich; - Stehst du mit dem Schien auf du und du, - Kriegste auch 'n halben Hering zu. - -·Struve· - -Nu ja. Verdient euch mal erst 'n halben Schwimmling. Ihr geht hier zur -Lore und schnauzt: Hering -- aber 'n milchernen -- mit Zwiebel -- viel -Zwiebel ... janzen Berg Zwiebel, und dann schmeckt er noch nich mal ... -Ich sag' euch: ... wollt ihr 'n wirklichen duften, leckern Schwimmling, -da müßt ihr in de Anstaltsküche kommen. Die verstehn det Jeheimnis ... -Da kitzelt euch die Schnauze von -- noch Abends beis Einschlafen. So -viel scheener ist da alles. Ja. - -·Lohmann· - -Wenn da alles so viel scheener is, wat machste denn nich wieder hin? - -·Sprengel· - -Da hast _du_ doch freien Angtree. - -·Struve· - -Kindersch, ick werd' euch mal was erzählen: Dicht an de große -Außenmauer in Waldheim -- da steht nämlich 'ne alte Linde ... Und -von de Fisintation aus, was nämlich der Arbeitssaal is, da siehste -'n janzes kleines Stückschen von ... Und von'n Spazierhof aus, wo -du immer sechs Schritt hintern Vordermann herzoddelst, (stolz) bloß -nicht wir von de erste Klasse, wir jingen natierlich immer zu zweie --- wenn du da -- und du huppst in die Höh', dann siehst wieder 'n -andern Stückschen -- so sechzig bis achtzig Blätter, wodran du immer -jenau wissen kannst, was für Jahreszeit is ... Und nun hat uns immer -und ewig der Deibel geplagt, daß wir auch mal den _janzen_ Lindenbaum -sehen wollten, denn der soll nämlich der scheenste Lindenbaum sein, -wo's auf de Welt überhaupt jibt. Das soll schon in de Geschichtsbicher -stehn ... Na, und wo nu endlich der Tag da is von de Entlassung, und wo -einem das Herz bis in'n Kopp 'raufbummert -- und wo nu das innere Tor -aufjeschlossen wird -- na, da is er nu -- und da is er 'n janz jemeiner -oller, ekliger Lindenbaum. Na -- und so war denn hernach alles -- janze -Freiheit. - -·Lohmann· - -Nu -- wenn du das nu schon weißt? -- - -·Struve· - -Was hilft da viel -- wissen. Der Mensch is 'n dämliches Vieh. Wie ich -'s zweite Mal drinsaß, da war der olle, dämliche Lindenbaum noch viel -scheener geworden. - -·Die Anderen· (lachen) - -·Sprengel· - -Ja, wenn's so is. - -·Struve· - -Überhaupt -- ihr Schafsköppe mit eure sogenannte Freiheit! -- -Geschunden! hin und her geschmissen! Liegste im Sonnenschein uf -ne scheene Planke, kriegste den Holzbock in de Waden; haste keene -Arbeit, kannste jehn den Chausseegraben austapezieren. Willste mal -geradaus -- jeder Mensch will mal geradaus -- und als dir kommt nu -'ne verschlossene Tür in de Quere -- und du willst _doch_ geradaus, -dann stecken sie dir ins Kittchen. Das heißt nu Freiheit. Kindersch, -ick hust' auf eure Freiheit. Seine Ordnung muß der Mensch haben. Seine -Ordnung hat der Mensch bloß allein im Zuchthaus. - -·Die Anderen· (lachen) - -·Struve· - -Mir hat überhaupt bloß _eins_ gefehlt. Dann wär' ich auch janz komplett -jlücklich gewesen. - -·Sprengel· - -Das war wohl eene Braut? - -·Struve· - -Ne. - -·Lohmann· - -_Zwei_ Brauten? - -·Struve· - -Ne. - -·Lohmann· - -Na was denn sonst? - -·Struve· (träumerisch) - -Das war 'n Rasierspiegel ... Wenn ich _den_ noch hätt' gehabt -- -- - - -Siebente Szene - - _Die Vorigen._ _Biegler_ (von rechts) - -·Biegler· - - (in anständiger Arbeitskleidung. Sein Bart ist gestutzt, - sein Aussehen gebessert, aber sein Benehmen noch scheu und - unumgänglich, voll immer neu aufflackernden Mißtrauens. Er - setzt sich auf die Bank vor das Kantinenfenster) - -·Lohmann· - -Kiekt mal den da! ... Was _is_ das eigentlich für 'ne Sorte? Reden -_tut_ er nich, »guten Tag« _sagt_ er nich. - -·Biegler· - - (gewahrend, daß man sich mit ihm beschäftigt, unfreundlich, - dumpf) - -Guten Tag. - -·Struve· - -Na sagt ja. - -·Lohmann· - -War auch danach. Guten Tag, hochwohlgeborener Herr Nachtrat! ... Kommen -der Herr Dunkelmann 'n bißchen de Sonne revindieren? - -·Sprengel· - -Mensch, nu red doch was! - -·Biegler· - -Was soll ich reden? - -·Sprengel· - -Mach doch 'n Witz. - -·Biegler· - -Ich weiß keinen Witz. - -·Lohmann· - -Der Kerl is trocken wie Galgenholz. - -·Struve· - -Nu sag bloß, Mensch, wie amesierste dir nu so die lange Nacht über? -Putzte de Sterne blank? Ziepste dir an de Barthaare? Wirfste de -Meechens, wo auf de Straße vorbeigehn, Klamotten auf'n Kopp? ... Irgend -was muß der Mensch doch zu tun haben de lange Nacht über! - -·Biegler· - -Ach, ich hab' immer zu tun. - -·Lohmann· - -Tranig is das Luder. - -·Sprengel· - -Wat huckste da uf de Banke? Warum jehste nich ze Mittag? - -·Biegler· - -Jetzt essen doch die -- Steinmetzen. Da kann ich doch nich auch essen. - -·Lohmann· - -Nu dann komm doch mal her so lang ... Na -- los! - -·Biegler· (erhebt sich zögernd) - -Was soll ich bei euch? - -·Sprengel· - -Trink mal aus meine Buddel. Prost. - -·Biegler· - -Danke. Ich trinke keinen Schnaps. - -·Lohmann· - -Ach, du bist wohl auch so 'n Pinkelinker? So 'n Pumpengenie? - -·Biegler· - -Sonst habt ihr nichts zu wollen von mir? - -·Sprengel· - -Nu huck dir doch mal erst dal. (Zieht ihn auf den Block nieder) - -·Lohmann· (weiterrückend) - -Setzen Sie sich ruhig in die Sonne, verehrte Schattenpflanze. - - (Lachen) - -·Biegler· - -Ich tu' dir doch nichts, warum uzt du mir? - -·Lohmann· - -Ich uz' dir doch gar nich. Ich schmeichel' mir bloß so an dir ran. - -·Struve· - -Sag mal, Mensch, was biste vorher gewesen? Eh' du hier Nachtwächter -wurdst? - -·Biegler· (erschreckend) - -Ich? -- Ich bin Arbeiter. - -·Lohmann· - -Kirschenpflücker vor de Wintermonate -- hä? - -·Struve· - -Du kommst mir nämlich so bekannt vor, weißte. - -·Biegler· (angstvoll) - -Ich -- dir? Nee -- daß ich nich -- - -·Struve· - -Nich, als ob ich dir kennen tu'. Aber du hast so 'ne Art ... Bei uns in -Waldheim da hatten wir so 'n paar. Wir nennten se immer »de blamierten -Förschten«. -- Du, wo liegt denn dein Förschtentum? - -·Lohmann· - -Markgraf von Brandenburg, Fürstbischof von Moabit, Edler Herr von und -zu Sonnenburg. - -·Biegler· (zuckt zusammen) - -·Lohmann· - -Du plinkst ja immer so mit 'n rechten Vorderarm. - -·Sprengel· - -Laß ihm man in Ruh. Das is 'n guter Kerl ... der is bloß verschüchtert. - -·Lohmann· (gutmütig) - -Ich mach' ja auch bloß 'n Witz. - -·Struve· - -Da -- willste 'ne Zijarre? - -·Biegler· (verblüfft) - -Wieso -- gibst -- du mir --? - -·Struve· - -Kannst nehmen ... die is jut ... die hat mir der Alte vorher geschonken. - -·Biegler· - - (noch immer verwundert, sein Gesicht erhellt sich) - -Na, denn dank' schön ... Ich werd' mir denn auch später -- -revanschieren. - -·Lohmann· - - (ihn auf die Schulter klopfend) - -Na, meinen wir's denn nu so beese? - -·Biegler· (mit glücklichem Gesicht) - -Nee! Wahrhaftigen Gott nich! - -·Lohmann· - -Na siehste! (Nach links weisend, wo Eichholz sichtbar wird) Aber vor -dem Alten nimm dir in acht. Der is dir nich jrien. - - -Achte Szene - - _Die Vorigen._ _Eichholz_ - -·Eichholz· (vollends angetrunken) - -Ich bin ein Mann -- hochgeehrt, -- ich brauch' nich -- Kartoffelsuppe -aus'n Steinguttopp -- fressen! Morjen, die Gesellschaft! Morjen, die -hochgeehrte Gesellschaft! (Biegler bemerkend) Was? -- Was will der -Hund? Der schmalbauchige Hund? M -- M -- Mantel hat er ihm geschenkt --- mit blanke Knöppe -- wie 'n Offezier! Was is der Kerl überhaupt? Wo -kommt der verhungerte Kerl her? - -·Lohmann· - -Das geht dir jar nischt an. Wenn er man seine Pflicht tut. - -·Eichholz· - -Pflicht tut? Hähähä! Der is bloß zum Rausfuttern hier. Der is hier -auf Eichelmast wie de Nuck-Nuck-Schweinchen. Wann hab' ich mal blanke -Knöppe gekriegt? Kerl, durch was für Pfiffe und Kniffe bist du auf den -Posten gekommen? Zieh mal vom Leder, du Hund! - -·Biegler· - -Lassen Sie mich in Ruh. Ich habe mit Ihnen nichts zu tun. - -·Eichholz· - -Was krauchste immer bei meine Tochter 'rum? Dir jibt se 'n -Porzellanteller. Du wirst noch mal -- platzen -- wie 'n Bovist. Und -dann wird man an dem Gestanke erkennen, wer du bist. Mensch, ich hab' -'ne Faust wie 'ne Ramme! (Dringt auf ihn ein) - -·Biegler· (stößt ihn fort) - -·Eichholz· (zurücktaumelnd) - -Was -- hauen -- tust du mir alten Mann? - - -Neunte Szene - - _Die Vorigen._ _Göttlingk_ und _andere Bildhauer_ und - _Steinmetzen_ - -·Göttlingk· - -Was is hier los? - -·Eichholz· (keuchend) - -H--h--hauen -- m--m--ir--! - -·Göttlingk· - -Wer hat den alten Mann gehauen? - -·Struve· - -Is ja alles Blech! - -·Göttlingk· - -Werd' ich nu bald Antwort kriegen? - -·Lohmann· (kleinlaut) - -Hier hat überhaupt keiner gehauen. - -·Eichholz· (mit erhobener Faust) - -Der Hund! -- der verhungerte -- (Einige der Umstehenden führen ihn nach -hinten) - -·Göttlingk· - -Sieh mal an! ... Kommen Sie mal ran, Sie! ... Na? - -·Biegler· - -Ich tu' hier, was ich zu tun habe. Sie gehn mich nischt an. - -·Göttlingk· - -Das werd' ich Ihnen mal gleich beweisen. Eins -- zwei -- (pfeift) - -·Struve· (leise) - -Da geh man schon. -- Jegen den Großschnauz kommste nich auf. - -·Lohmann· (leise) - -Der sticht mit's dreikant'ge Messer. - -·Göttlingk· - -Wenn ich »drei« sag' -- - -·Biegler· (blaß, schwer atmend) - -Sie können -- ja auch zu mir kommen. - -·Göttlingk· (pfeifend) - -Ich warte. - -·Biegler· (in Erregung, zitternd) - -Da lassen -- sich man -- die Zeit -- nich lang werden. - -·Die Anderen· (lachen) - -·Göttlingk· (in Wut) - -Wer riskiert hier zu lachen? ... Soll ich meine Pfeife mit euch -stoppen, Kerls? (Das Lederfutteral nach vorne ziehend) Soll ich euch -mal die Hühneraugen barbieren? (Da Lohmann, Sprengel, Struve sich vor -Biegler gestellt haben) Aus dem Weg hier! - -·Lohmann· (sich umschauend) - -Wo is denn der Polier? - -·Göttlingk· - -Jetzt bin ich hier der Polier. (Wild) Aus dem Weg hier -- oder -- - -·Biegler· (vortretend) - -Laßt man. Wegen mir soll hier keiner Ungelegenheiten haben. -- - -·Göttlingk· (befriedigt) - -Na, da hätten wir ja das Gewächse. (Setzt sich, raucht) Immer parieren, -Kinderchen. - -·Biegler· - -Also ich wär' ja nu da. - -·Göttlingk· - -Das seh' ich. Was den alten Knackstiebel betrifft, den wollen wir mal -auf sich beruhen lassen. Aber wir haben noch 'n Hühnchen zu pflücken, -wir beide. Sie sind doch der neue, krumme Kerl von Nachtwächter? - -·Biegler· - -Neu bin ich hier ... Krumm bin ich wohl auch. - -·Göttlingk· (auflachend) - -Und Nachtwächter auch? - -·Biegler· - -Ja. - -·Göttlingk· - -Dann kieken sich mal hier diesen Block an. Na -- soll ich Sie bei den -Ohren nehmen? - -·Biegler· (stammelnd) - -Was -- is -- denn -- mit dem Block? - -·Göttlingk· - -Sie sind verantwortlich für das, was hier über Nacht geschieht. Ich -frag' Sie: Wer hat da an meinem Block rumgemurkst? - -·Biegler· (sehr bestürzt) - -Das -- - -·Göttlingk· - -Na? - -·Biegler· - -Das -- weiß ich -- doch -- nich. - -·Göttlingk· - -Seht euch mal das böse Gewissen an. - -·Struve· (leise) - -Nu sei doch frech! Schmeiß ihm doch Staub ins Gesichte. - - -Zehnte Szene - - _Die Vorigen. Frau Homeyer. Marie_ - -·Frau Homeyer· - - (geht quer über den Platz zu der Gruppe hin) - -·Göttlingk· - - (sich rasch vom Wüterich in den Schwerenöter verwandelnd) - -Oi, da kommt ja hoher Besuch, feiner Besuch, pikefeiner Besuch. Nu, -mein süßes, strammes Frau Homeyerchen, mein -- - -·Frau Homeyer· (ihn abwehrend) - -Man wird schließlich nich mal mehr unbelästigt auf den Platz kommen -können. - -·Göttlingk· - -Aber Kindchen, Puppechen! Sie waren doch sonst nich so. Ich hab' Ihnen -doch manches liebe Mal in Ihren warmen, sanften Oberarm gekniffen. - -·Frau Homeyer· - -Und haben immer noch von mir auf die Finger gekriegt. - -·Göttlingk· - -Aber gelächelt haben Sie dazu -- so sieß! (Schmachtend) Ach, wie so -sieß! - -·Frau Homeyer· - -Ach, Sie sollten sich was schämen. Dort vor der Tür steht das Fräulein. -Das will Sie sprechen. - -·Göttlingk· - -Das Fräulein -- mich? -- Mich -- das --? So! Na! Sie, Nachtwächter, Sie -können abrutschen. Aber Sie werden mir noch Rede stehn. Verstanden? -- - -·Lohmann· (leise) - -Hab man keine Bange vor dem! - -·Struve· (leise) - -Und wenn du für irgend was 'n Zeugen brauchst, ick beschwör' alles ... -Unbesehn. - -·Biegler· - -Ich dank' euch schön. - -·Göttlingk· - - (dreht eitel seinen Schnurrbart) - -Na, bin ich nu nobel genug fürs Fräulein? (Geht nach vorne links) - -·Frau Homeyer· - - (schaut verliebt hinter ihm her, einer der Steinmetzen umfaßt - sie von hinten, sie schlägt nach ihm, die andern lachen, sie - geht nach links) - -·Biegler· (nach der Kantine ab) - - -Elfte Szene - - _Marie. Göttlingk._ Die anderen im Hintergrund - -·Marie· - - (ist bebend die Stufen heruntergestiegen und streicht sich, wie - um sich Mut zu machen, mit der Hand übers Gesicht) - -·Göttlingk· - - (linkisch, mit durchbrechender Frechheit) - -Mahlzeit, Fräulein. - -·Marie· (tonlos) - -Gesegnete Mahlzeit! - -·Göttlingk· - -Möchte mir die ergebenste Frage erlauben, womit ich dem Fräulein dienen -kann? - -·Marie· - -Herr Göttlingk, Sie sind lange weg gewesen. - -·Göttlingk· - -Jawohl, bißchen de Welt besehen. Aber nu bin ich schon lange wieder da. - -·Marie· - -Das freut mich, daß Sie wieder da sind, Herr Göttlingk. - -·Göttlingk· - -Nu, das is ja höchst schmeichelhaft für mich. Danke schön. - -·Marie· (rasch, ängstlich) - -Nein, nein, der Lore wegen. - -·Göttlingk· - -Der Lore wegen. Ach so ... Na, das geht so seinen Weg. - -·Marie· - -Was für 'n Weg, Herr Göttlingk? - -·Göttlingk· - -Wissen Sie was, Fräulein Mariechen? Beunruhigen Sie sich darüber nicht. -Da sind Sie viel zu fein zu. -- Das sind solche Geschichten. - -·Marie· - -Sie wissen wohl gar nicht, Herr Göttlingk, wie lieb Sie die Lore hat? - -·Göttlingk· - -Mädchen mit 'n Kind hat einen immer lieb. Dafür sorgt schon der liebe -Gott. - -·Marie· (ihn bestürzt anstarrend) - -Herr Göttlingk, so schlecht können Sie doch gar nicht sein. Wenn die -andern auch sagen, Sie seien gewalttätig und -- Ich habe Sie immer für -einen guten und edeln Menschen gehalten. - -·Göttlingk· - -Na, macht sich! - -·Marie· - -Und ich weiß, aus Ihrem Singen spricht ein weiches Herz. Ich habe Ihnen -immer mit Freuden zugehört. - -·Göttlingk· - -So? Na, ich hab' auch sozusagen immer extra für Sie gesungen, Fräulein -Mariechen. - -·Marie· (tödlich erschrocken) - -Wieso -- für -- mich? - -·Göttlingk· - -Nu, weil ich schon weiß, daß Sie dann immer 's Fenster aufmachen. Also -müssen Sie's doch gerne haben. Ich tu' immer, was Sie gerne haben. -Jawohl. Mach' ich. - -·Marie· (außer Fassung) - -Es handelt -- sich hier -- aber gar nicht -- um mich. - -·Göttlingk· - - (in trumpfender Männlichkeit) - -Warum eigentlich nich, Fräulein Mariechen? Warum soll es sich nich auch -'n mal um Sie handeln? - -·Marie· - - (sprachlos, ratlos, schließt für einen Augenblick die Augen, - dann -- da sie Zarnckes Stimme in der Veranda hört, eilt sie - hilfesuchend auf ihn zu) - -Vaterchen! Vaterchen! - -·Göttlingk· (seinen Schnurrbart drehend) - -Sieh mal an! Sieh mal an! (Geht nach hinten) - - -Zwölfte Szene - - _Die Vorigen. Zarncke. Kriminalkommissar - Reitmaier_ - -·Zarncke· - -Na, was denn, Miezelchen? (Ruft) Frau Homeyer! (Sie hängt in seinem -Arm, er streichelt ihre Wange und übergibt sie dann Frau Homeyer, die -für einen Augenblick in der Tür erscheint) Sie werden entschuldigen, -Herr Kommissar! Sie is 'n bißchen kränklich ... - -·Reitmaier· - - (Mann Mitte der Vierzig, rund, breitschultrig, strohblonder - Schnauzbart, Pincenez. Gemachte Jovialität, die gelegentlich in - brutale Schärfe umschlägt. Ein wenig Bierbruder mit Ausblick - zum Offiziertypus) - -Ach, es ist mir ja immer höchst fatal, wenn ich so das Privatleben der -Herrschaften stören muß. Ich werd' Sie auch nicht lange aufhalten. -Ich bin nur beauftragt worden, mal 'n bißchen nachzuhören, was mein -Kollege vom Revier da -- -- Haben Sie man keine Bange. Ich bin 'ne -menschenfreundliche Natur. Ich mach' das alles gemütlich. Die Herren -Spitzbuben -- die sind mir so wie 'ne große Familie. - -·Zarncke· (erfreut, bewundernd) - -Ach -- ne -- wirklich? - -·Reitmaier· (bieder) - -Ja, darf ich wohl sagen: Wie meine Familie! Na, kann man den Onkel mal -'n bißchen sehn? - -·Zarncke· (rufend) - -Struve! - -·Struve· - - (sich von einer Gruppe im Hintergrunde lösend) - -Jawohl, Herr Zarncke. (Leise) Ei weh, Kindersch. Da is der Reitmaier -vom Präsidium. Das is 'n fauler Junge. (Kommt nach vorn) - -·Reitmaier· (die Arme ausbreitend) - -Herr Gott, das is ja mein guter, alter Struve.... Na, lieber Freund! - -·Struve· (gerührt) - -Ach, der Herr Kommissar! Ne, is das 'ne Freude! - -·Reitmaier· - -Na, Menschenskind, wir haben uns ja so lange nich gesehn. - -·Struve· - -Ja, Herr Kommissar. Es hat mir auch immer was gefehlt. - -·Reitmaier· - -Nu sagen Sie mal, alter Sohn, was _haben_ Se denn nu wieder -ausgefressen? - -·Struve· - -Herr Kommissar, es tut mir ja leid. Aber ich bin eben scharf in de -Besserung. Diesmal kann ich wirklich nich -- nich -- dienen. - -·Reitmaier· (überzeugt) - -Ja, ja, ja. Also, Sie sind's nich gewesen? - -·Struve· - -Herr Kommissar, und wenn ich hier gleich meinen Totenschein in die Hand -nehm' -- - -·Reitmaier· - -Nich schon Totenschein! Pfui! -- Mann wie Sie muß leben! - -·Struve· - -Aber wenn sich's machen läßt, Herr Kommissar, im Zuchthaus. Ja. - -·Reitmaier· (zu Zarncke) - -Er is bitter gestimmt. (Beruhigend) Na, na, na, es is da bloß noch 'ne -kleine Formensache. Nichts von Bedeutung! Ne! (Zieht sein Notizbuch) -Sagen Sie mal, wo waren Sie denn nu in der Nacht? - -·Struve· - -Ja, Gott, Herr Kommissar. Wo man so is. Uf 'ne Banke. Oder so. - -·Reitmaier· (bedauernd) - -Warum _waren_ Se nu nich in Ihre Schlafstelle? - -·Struve· - -Ja, warum _war_ ich nich in meine Schlafstelle? Hätt' ich gewußt, daß -schlechte Menschen hier bei Herrn Zarncke einbrechen würden, hätt' ich -mir gleich um halb zehne in de Klappe gelegt. Wegen den Aal--ibi. - -·Reitmaier· - -Natürlich! (Leise) Das is 'n abgefeimtes Luder! -- Da Sie das aber -selbstredend nicht wissen konnten, so gingen Sie zu -- in den bekannten -Lehmannschen Keller, wo wir ja auch schon zusammen gesessen haben. Is -da 's Bier immer noch so gut? - -·Struve· - -Danke. Ja. Es jeht. - -·Reitmaier· - -Da waren Sie bis -- zehn Minuten nach zwölfe. Und dann waren Sie mit -Ihrem Freund Kuntze -- ja, wo waren Sie da? - -·Struve· - -Ja, wo war ich da? Ich bin -- spazieren jewesen. - -·Reitmaier· (klagend) - -Nämlich, denken sich mal, Ihr armer Freund Kuntze sitzt schon wieder -feste! - -·Struve· - -Das is dem Kerl recht. Der is zu dumm. - -·Reitmaier· - -Aber es is doch schade. Na -- und als Sie sich dann getrennt hatten, -was taten Sie dann? - -·Struve· - -Ach, Herr Kommissar, ich bin so 'n weiches Jemiete. Ick hab' mir so, -wie ick schon sagte, in'n Humboldthain bisken uf die Banke jesetzt. - -·Reitmaier· - -Und gesprochen haben Sie mit niemandem? - -·Struve· - -I wo wer' ick doch. Dabei kann man so leicht in schlechte Jesellschaft -kommen. Ne. - -·Zarncke· (triumphierend, leise) - -Den kriegen Sie nich! - -·Reitmaier· - -Und dann sind Sie nach Hause gegangen. - -·Struve· - -Ja, ick wollte eijentlich noch 'n bisken die Vögelchens singen hören. -Aber ~pee à pee~ bin ick denn zu Hause jejangen. - -·Reitmaier· (leise) - -Der Kerl hat ein Schwein. Weder die Stunde des Einbruchs noch die Zeit -seines Heimkommens sind festzustellen. Aber -- -- (laut) Struve! - -·Struve· - -Herr Kommissar! - -·Reitmaier· - -Ja, noch eins. (Wieder leise) In dem Magazin -- haben Sie da Sachen von -Wert? - -·Zarncke· - -O ja. Da bewahr' ich unter anderm die Zahnsägen auf. - -·Reitmaier· - -Und die sind wertvoll? - -·Zarncke· - -Einige davon sind mit Diamantsplittern besetzt. - -·Reitmaier· - -Ah! Wußte der Struve davon? - -·Zarncke· (mit reserviertem Lächeln) - -Ja, das weiß ich nicht, Herr Kommissar. - -·Reitmaier· - -Struve, wo ist hier das Magazin? - -·Struve· - -Das Magazin? (Nach rechts weisend) Na da is es ja. - -·Reitmaier· - -Was is denn da so drin? - -·Struve· - -Was wird denn da so drin sein? Vielleicht überführen Sie sich mal, Herr -Kommissar. - -·Reitmaier· (schärfer) - -Wissen Sie, was Zahnsägen sind? - -·Struve· - -Zahnsägen? Ja. Das sind Zahnsägen. - -·Reitmaier· - -Wo werden die über Nacht aufbewahrt? - -·Struve· (rufend) - -Du, Lohmann, wo werden doch die Zahnsägen aufbewahrt? - -·Reitmaier· (ärgerlich) - -Sie haben hier zu antworten und keine Fragen zu stellen. - -·Zarncke· - - (auf die Umstehenden weisend, von denen sich einige allgemach - näher herangedrängt haben) - -Stören Sie die Leute, Herr Kommissar? - -·Reitmaier· - -Durchaus nicht. Durchaus nicht. (Leiser) Sie sehn übrigens -- (zu -Struve streng) treten Sie mal zurück! -- (leiser) daß an das Subjekt -nicht 'ranzukommen ist. - -·Zarncke· (zaghaft, bittend) - -Ach, dann lassen Sie ihn doch laufen. - -·Reitmaier· - -Nu ja, _Sie_ sind ja bekannt dafür, daß es Ihnen Vergnügen macht, -dergleichen Volk bei sich unterkriechen zu lassen. - -·Zarncke· - -Vergnügen? Es is wohl mehr eine Abbitte an den lieben Gott. - -·Reitmaier· (immer noch leise) - -Weitere Verdachtsmomente als seine Bescholtenheit liegen nicht vor. Ich -könnte jetzt noch die Leute hier vernehmen. Vorher aber möcht' ich mal -an _Sie_ die Frage richten, ob Sie nach Ihren Beobachtungen den Kerl -für verdächtig halten oder nicht? - -·Zarncke· (verlegen) - -Ja, da is schwer -- - -·Reitmaier· - -Trotzdem möcht' ich sehr bitten, der Wahrheit gemäß -- - -·Zarncke· (in die Enge getrieben) - -Ja, ja, ja. Einen Augenblick. Polier! Geben Sie doch mal -- (spricht -leise weiter) - -·Willig· - - (der sich inzwischen unter den Umstehenden eingefunden hat, - holt eine Anzahl Schlüssel aus der Hosentasche und reicht ihm - einen davon) - -·Zarncke· - -Struve! ... Sehen Sie mal hier diesen Schlüssel. Kennen Sie den? - -·Struve· - -Ne. - -·Zarncke· - -Das ist der Magazinschlüssel. Den übergeb' ich Ihnen hiermit. Verstehn -Sie? - -·Struve· - -Ne. - -·Zarncke· - -Falls der Herr Kommissar Sie hier läßt, werden _Sie_ mir von jetzt ab -für die Sicherheit der Sachen -- einstehn. Verstanden? - -·Struve· - -Ne. - -·Reitmaier· - -Erlauben Sie mal, Herr Zarncke! Was bedeutet denn das? - -·Zarncke· - -Das ist meine Antwort, Herr Kommissar. Entnehmen Sie daraus, was Sie -wollen. - -·Reitmaier· - -Sie -- vertrauen -- _dem_ den --? Hähähä! Erlauben Sie mal. -- Hähähä. -Pardon, das ist zu spaßhaft. (Immer lachend) Na dann will ich auch -nicht weiter stören. Das kann dann mein Kollege vom Revier zu Ende -führen! ... Aber wenn Ihnen man die Passion für solche schweren Jungens -nich noch mal sauer aufstoßen wird ... denn außerdem haben Sie ja auch -noch 'n Mörder bei sich. Und weiß Gott, was -- - -·Zarncke· (sehr erschrocken) - -_Mörder?_ (Große Bewegung unter den Zuhörern, die sich während der -Folgezeit über den ganzen Platz fortpflanzt) - -·Reitmaier· - -Nu ja -- den -- - -·Zarncke· (rasch, mit Nachdruck) - -Das ist ein Irrtum, Herr Kommissar. - -·Reitmaier· - -Erlauben Sie mal -- - -·Zarncke· - - (ihn bei Seite nehmend, erregt) - -Erstens ist der Mann nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags -verurteilt worden -- - -·Reitmaier· - -Menschenblut is Menschenblut. - -·Zarncke· - -Menschenblut hat auch so einer in den Adern. Und das braucht ihm nicht -unnütz vergiftet zu werden. Wissen Sie, daß Sie dem Manne, der sich zu -mir gerettet hat, wie 'n Stück Vieh von der Schlachtbank, daß Sie _dem_ -das Weiterexistieren auf dem Platze wahrscheinlich unmöglich gemacht -haben? - -·Reitmaier· - -Ich? Wieso? Bitte! - -·Zarncke· - - (auf die erregten Gruppen weisend) - -Da sehn Sie! Die werden's bald 'raushaben, wer der »Mörder« ist. -Anstatt hier rücksichtsvoll -- - -·Reitmaier· (brutal) - -Ach was! Da müßt' ich viel Zeit haben, auf solchen -- Auswurf -- -Rücksicht zu nehmen. - -·Zarncke· - -Na, sehr verwandtschaftlich reden Sie nu gerade _nicht_ von Ihrer -werten Familie. - -·Reitmaier· - -Was für Familie? ... Ach so! (Scharf) Ich empfehle mich Ihnen, Herr -Zarncke. (Ab nach links) - - -Dreizehnte Szene - - _Die Vorigen_ ohne _Reitmaier_ - -·Zarncke· - - (der einen Augenblick kopfschüttelnd dagestanden hat, laut) - -Hört mal, Kinder! Das -- mit dem -- Mörder -- das muß 'ne Verwechslung -sein. Das -- ja --! - -·Willig· (vor sich hin) - -Na na! - -·Andere· - - (geben ebenfalls durch Mienen und Gebärden ihrem Zweifel - Ausdruck) - -·Zarncke· - -Struve! - -·Struve· - - (der seinen Schlüssel kopfschüttelnd besehen hat) - -Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Diesmal hab' ich Sie noch 'rausgehauen. Nu benehmen Sie sich auch -darnach. - -·Struve· - -Ja w-- w-- w-- - -·Zarncke· - -Na was denn? - -·Struve· - -Wenn nu gesetzten Falls -- und es is _doch_ nu ein anderer gewesen -- - -·Zarncke· - -Sie, bilden Sie sich keine Schwachheiten ein .... Und? - -·Struve· - -Und -- nu ja -- und der andere der kommt nu mal wieder -- -- - -·Zarncke· - -Dann werden _Sie_ eingesteckt. Verlassen sich drauf. (Ab) - -·Lohmann· (nach der Kantine weisend) - -Nu selbstverständlich is er's. Wer denn sonst? - -·Sprengel· (nach Struve hin) - -An _den_ hat man sich schließlich gewöhnt, -- aber _Mörder_! Ne. - -·Lohmann· - -Du, Struve, komm mal her. (Struve geht zu ihnen) - -·Sprengel· - -Scht. Da is er. - - -Vierzehnte Szene - - _Die Vorigen._ _Biegler._ Gleich darauf _Lore_ - -·Biegler· - - (hat drei Zigarren in der Hand, die er besieht) - -·Lore· - - (mit einem kleinen Teller, worauf noch eine Zigarre) - -Herr Biegler. - -·Biegler· (sich umwendend) - -Ja? - -·Lore· - -Sie haben doch _vier_ Zigarren bezahlt und bloß dreie genommen. - -·Biegler· - -Ach so. Ja. Danke. (Nimmt die Zigarre) Es war ja auch noch 'n vierter -dabei. (Mit glücklichem Lächeln) Ich hab' nämlich -- jetzt -- auch -- -_Freunde_ hier. - -·Lore· (erfreut) - -Ach, sehn Sie! - -·Biegler· - -Ja. Freunde -- hab' ich. Drei Stück. Ja ... Und da will ich mich doch -mit Zigarren revanschieren. Ja. - -·Lore· - -Na sehn Sie. Hab' ich Ihnen nich immer gesagt: Es is nich so schlimm, --- sie tun Ihnen nichts? - -·Biegler· - -Ja, ja, Fräulein! Wenn Sie mir nicht hätten immer Mut gemacht. - -·Göttlingk· (herüberrufend) - -Sie, Lore, was machen Sie sich da mit dem Kerl zu schaffen? Das ist -kein Umgang für Sie. -- Lassen Sie den mal hübsch laufen. - -·Lore· (zusammenschreckend) - -Ja ... ja, ja. (Steht unschlüssig) - -·Biegler· (die Zähne zusammenbeißend) - -Der kann mich nich leiden. Gehn Sie man schon ... Ich hab' ja auch noch --- _Freunde_. (Lore ab) (Er breitet seine Zigarren fächerförmig in -der Linken aus und tritt zu Lohmann, der zuerst mit Struve gesprochen -und dessen Gruppe sich dann aufgelöst hat) Du -- willste nich -- eine -Zigarre von mir -- rauchen? - -·Lohmann· (verächtlich) - -Nee. (Tritt von ihm fort) - -·Biegler· - - (steht einen Augenblick wie erstarrt, dann geht er zu Sprengel, - sehr zaghaft) - -Ach -- bitte -- ich hätt' -- ne Zigarre -- für -- - -·Sprengel· - -Du kannst deine Zigarren für dich behalten. (Tritt gleichfalls von ihm -fort) - -·Biegler· - - (reibt sich fassungslos die Stirn; eine verzweifelte Wildheit - kommt über ihn; er geht zu Struve -- voll Angst und Ingrimm) - -Du hast mir vorhin ne Zigarre gegeben -- - -·Struve· (gutherzig abwehrend) - -Laß man! Laß man! ... Es is nich, weil ich stolz bin, weil ich nu -den -- Magazinschlüssel hab' ... aber -- ich kann mir nich -- -ausschließen, -- ich muß machen wie die andern. - -·Biegler· - -Wa -- was hab' ich -- euch denn -- ...? - -·Struve· - -Sag mal, wie alt bist du? - -·Biegler· - -Vierunddreißig. - -·Struve· - -Und da haben sie dich schon 'rausgelassen? So früh lassen sie einen wie -du -- sonst doch nich los ... - -·Biegler· - - (sieht ihn entsetzt an, wirft einen wilden, verängstigten Blick - auf die ihn rings Beobachtenden und versteht) - -Ach so ... Ach so. - -·Struve· (ist zu Lohmann zurückgetreten) - -Ich sag' euch bloß: det stimmt _nich_. - -·Lohmann· - -Wer soll's denn sonsten sein? - -·Biegler· - - (auf die Bank der Kantine sinkend) - -Ach so! - - (_Der Vorhang fällt_) - - - - -Dritter Akt - - Die Kantine. Deren Wände sind aus Fachwerk gebildet. Die Decke - ist niedrig und verräuchert. Auf der rechten Seite die Tür zum - Werkplatz. Im Hintergrunde rechts das Fenster, im Hintergrunde - links das Büfett mit einem Schanktisch davor. -- Auf der - linken Seite eine Tür zu Schlafräumen. -- In der Mitte unter - der Hängelampe ein Tisch mit Stühlen, links vorne ein Sofa mit - Tisch und Stühlen, rechts vorne Tisch mit Stühlen. Vor dem - Fenster Schustergerät. In der Ecke rechts hinten ein eiserner - Ofen. - - Das Ganze trotz des ärmlichen oder vielmehr provisorischen - Charakters sauber und beinahe freundlich. Blumentöpfe auf - den Tischen und vor dem Fenster. Blitzblankes Gerät auf dem - Schanktisch, darunter ein verzinkter Wasserwärmer. Plakate und - Bilder ohne Rahmen sind als zufälliger Schmuck an die Wände - geheftet. Die »Platzordnung« unter Glas und Rahmen hängt neben - der Eingangstür. Über dem Büfett eine Uhr; neben ihm eine - Mandoline - - -Erste Szene - - _Lore_ hinter dem Schanktisch mit einer Handarbeit beschäftigt. - Der alte _Eichholz_ auf dem Sofa schlafend. _Lenchen_ an dem - Schusterschemel - -·Eichholz· (schnarcht) - -·Lore· - -Was machst du da, Lenchen? - -·Lenchen· - -Ich spiel' mit Großvatern seine Schuhmacherspielsachen. - -·Lore· - -Zerbrich ihm man nich seine Glasglocke. - -·Lenchen· - -Nein, nein. - -·Lore· - - (sieht nach der Uhr und geht dann zum Sofa) - -Vater -- Vater! - -·Eichholz· - - (brummt aus dem Schlafe, ohne sich zu rühren) - -·Lore· - -Vater, du mußt aufstehn. - -·Eichholz· (im Halbschlaf) - -Wieso denn? - -·Lore· - -Es is Sonnabend heute. Nach der Lohnzahlung -- du weißt ja -- dann -wird's noch einmal voll hier. - -·Eichholz· - -Ja, ja ... Na ja ... (Richtet sich auf und reckt die Glieder) Ich muß -ja auch noch gehn, mir neues Verschmierpech besorgen. - -·Lore· - -Laß doch, Vater, das eilt ja nicht. - -·Eichholz· - -Nu ja. Ich arbeit' ja _doch_ nich. Ich bin 'n altes Faultier, sagt -meine Tochter. (Rülpst) Dein Kümmel is das reine Rattengift. -- Meine -Leber kriegt schon harte Stellen von. Ich muß mal baldigst gehn, mich -an einen Mäßigkeitsvereine zu beteiligen. - -·Lore· - -Ach ja, das wär' ganz gut, Vater. - -·Eichholz· - -Wär' ganz gut. Wär' ganz gut. Was weißt du, was mir gut is? Ich freß -nich mehr aus'n Steinguttopp. Das laß dir gesagt sein. - -·Lore· - -Ach, das is ja alles Einbildung, Vater. - -·Eichholz· - -Denn was bin ich? ... Stück Vieh auf'm Schindanger bin ich ... Wenn sie -mich schon wegjagen tun um -- um -- um 'n Mörder. - -·Lore· (abwehrend) - -Ach! - -·Eichholz· - -Auf meinem Platz sitzt 'n Mörder. Das halt' ich nich aus. Da jeh' ich -ins Wasser. Da nehm' ich eine Jiftpille zu mir. Und dann verkauf' ich -mir an die Annetomie ... Damit du nichts zu erben kriegst, du Biest. -Nich mal meinen Leichnam. - -·Lore· (lächelnd) - -Ich will ja auch nichts, Vaterchen. - -·Eichholz· - -Wenn du hättest Ehre in deinem Herzen, dann schmißt du den Kerl 'raus -und scheuerst mit Karbol die Stelle, wo er gestanden hat. Statt dessen -frißt er sich hier rund an deine Karbonade. - -·Lore· - -Gönn ihm doch sein bißchen Essen, Vater. Und ob er wirklich _der_ is, -von dem der Kommissär gestern gesprochen hat, das weiß ja keiner. - -·Eichholz· - -Ich hab's immer gesagt: der Kerl hat Mörderaugen im Kopp. Heute is nu -jeder so klug. - -·Lore· - -Was sind denn Mörderaugen, Vater? - -·Eichholz· - -Die sind wie beim Fisch. Da sitzt ein Stein drin. Und das is der Tod. -Und wegen so einen -- haben sie -- mir -- (Weint) - -·Lore· (mitleidig) - -Vaterchen! - -·Eichholz· (weinend) - -Das halt' ich nich aus. Da werde ich verrückt von. Einer muß hin. Er -oder ich. Tot oder lebendig. Der muß verrecken, der Hund, der Bluthund, -der -- der -- (Kläglich) Ich hab' so 'n Leberstechen. - -·Lore· - -Geh, leg dich aufs Bett, Vater. - -·Eichholz· - -Das hat er mir schon mit seinen bösen Blick anjetan, daß ich nicht -werde jenesen meines Leidens ... Ich hab' so 'n Leberstechen. (Ab) - -·Lore· (sieht ihm seufzend nach) - -Lenchen, du bist ein kluges Kind. Geh mit Großvater. Und wenn er weint, -dann ruf. - -·Lenchen· - -Ja, Mamachen. (Von Lore zur Tür geleitet, ab. Es klopft) - -·Lore· - -Herein! - - -Zweite Szene - - _Lore._ _Marie_ - -·Marie· - -'n Tag, Lore. Du hast wohl schon sehr auf mich gewartet? - -·Lore· (gedrückt) - -Ach! Jetzt hatt' ich schon aufgehört. - -·Marie· - -Wußtest du's, daß ich gestern mit ihm gesprochen hatte? - -·Lore· - -Die anderen erzählten sich's. - -·Marie· - -Und du fragst gar nicht? Dachtst dir wohl schon, daß ich keine guten -Nachrichten bringe? - -·Lore· (mutlos) - -Gott, als Sie gestern abend nicht kamen. Und heute vormittag nicht. -Wollen sich nich setzen, Mariechen? - -·Marie· - -Danke. (Setzt sich) Hast du gehört, wie schön die Amsel singt auf -deinem Dach? Mitten in all dem Lärm. Täusch' ich mich, oder pfeift sie -fröhlicher, seit sie ihr Nest hat? Es is wirklich so, als ob das Glück -pfeift ... Auf deinem Dach, Lore. - -·Lore· - -Für mich pfeift kein Glück. - -·Marie· - -Wer weiß? ... (Zögernd) Lore, ich will dir was gestehn: Ich hab' Vater -gebeten, daß er ihm am nächsten Termin kündigt. - -·Lore· - -Warum haben Sie das getan? Wenn er gehen will, dann soll er gehn. Aber -nicht fortjagen. Nicht um meinetwillen. - -·Marie· - -Lore. Ich hab' auch Vater gebeten, daß er ihm dann sagt, daß er dir 'ne -Aussteuer geben wird. - -·Lore· - -Ich will keine Aussteuer. Die heilt nichts und macht nichts gut. Ich -will nichts. - -·Marie· - -Denn sieh mal: Er ist ehrgeizig. Er will eine Frau, die wohlhabend ist. -Darauf geht er aus. - -·Lore· - -Woher wissen Sie das? - -·Marie· - - (stockend, mit abgewandtem Gesicht) - -Nun, das -- merkt -- man doch. - -·Lore· - -Zuzutrauen ist es ihm schon. Aber so himmlisch gut Herr Zarncke is, -wohlhabend, wie _er_ meint, kann ich ja doch nie werden. - -·Marie· - - (mit geheimnisvollem Lächeln) - -Nun -- wer weiß? - -·Lore· - -Denn erspart hab' ich nichts. Ich verdien' hier gerade das tägliche -Brot. - -·Marie· (mit unterdrückter Erregung) - -Sieh mal, Lore, was ich dir schon immer mal hab' sagen wollen: Lange -leben werd' ich nicht, (langsam, mit Betonung) und -- dein Lenchen -- -hab' ich _sehr lieb_. - -·Lore· (nach langem Schweigen) - -Mein Kind hast du -- so lieb? - -·Marie· (nickt) - -·Lore· - -Mein Lenchen hast du so lieb? - -·Marie· (tonlos) - -Ja. - -·Lore· (aufschreiend) - -Dann geb' ich's dir. Dann nimm's als dein eigen. Wozu soll sie sich -durchschleppen mit mir durch all den Jammer, wenn sie _das_ haben kann? -(schluchzt) - -·Marie· - -Lore, hör mal! ... Vor zwei Tagen -- da hätt' ich noch ja und »Schön -dank« gesagt. Aber jetzt -- seh' ich die Dinge -- anders an. Denn, sieh -mal! So ein -- Kindchen -- muß doch zuerst mal -- seinen Vater haben -... Nicht wahr? - -·Lore· (in neuem Erstaunen) - -Marie, Marie! Wenn ich das recht versteh'! ... Das glaub' ich nicht! -Das ist zu viel! Das ist zu viel! Und das kann auch nicht zum Guten -sein. Nie im Leben. Nie. - -·Marie· - -Warum nicht? - -·Lore· - -Weil -- weil ... Der -- der _will_ mich nicht mehr. Dem bin ich _doch_ -bloß 'ne Kette am Bein. Weiter nichts. - -·Marie· - -Auch wenn er weiß, was Lenchen mal zu erwarten hat? Und wovon er doch -der Verwalter sein wird? - -·Lore· - -Mein Gott, mein Gott, mein Gott! - -·Marie· - -Nur wie das wird, wenn ich früher sterbe als Vater, das weiß ich nicht. -Denn wollen _wird_ er ja nicht. - -·Lore· - -Nein, nein, nein! Es wird nichts. Es kann auch nicht. Und es schadet -auch gar nichts, wenn's -- nichts -- wird. -- Man is ja längst schon -viel zu mürbe. Und vielleicht ist einem ganz, ganz was anders bestimmt, -wo _nicht_ so viel Tränen drauf liegen. Aber 'ne Viertelstunde lang mal -froh gewesen sein und ein Mensch, nicht bloß ein Stein, den man hin -und her stößt, ach, das tut so gut, so gut, so gut! (Sinkt lachend und -weinend vor ihr nieder und küßt ihr die Hände) - -·Marie· - -Laß doch! Steh auf! Mir scheint, es kommt wer. (Lore steht auf) - - -Dritte Szene - - _Die Vorigen. Biegler_ - -·Biegler· (dumpf, scheu) - -Guten Tag. - -·Marie.· - -Guten Tag, Herr Biegler. Ist denn schon Feierabend? - -·Biegler· - -Ja. - -·Marie· - -Geht's Ihnen gut? - -·Biegler· - -Danke. - -·Marie· - -Adieu, Herr Biegler. Adieu, Lore! (ab) - - -Vierte Szene - - _Lore. Biegler_ - -·Biegler· (setzt sich an den Mitteltisch) - -·Lore· - - (geht zum Büfett, schenkt aus dem Wärmekessel einen Topf mit - Kaffee ein, bricht eine Fünfpfennigsemmel ab und bringt sie - nach dem Tisch links) - -Setzen sich lieber hierher, Herr Biegler. Das da is ja der -Steinmetzentisch, und die Bildhauer kommen nich nach der Auszahlung. -Die sind zu große Herren. - -·Biegler· - -Ich geh' so wie so gleich fort. (Setzt sich links) - -·Lore· - -Warum sind Sie eigentlich nich bei der Wochenauszahlung? - -·Biegler· - -Ich -- krieg' -- monatlich. (Schweigen) - -·Lore· - - (immer in freudiger Erregung) - -Ich weiß nicht; Sie kommen mir heut so anders vor, Herr Biegler. Sie -reden gar nich. - -·Biegler· - -Ich red' ja -- auch sonst nich -- viel. - -·Lore· - -Wissen Sie, mir is nämlich heute ganz was -- ganz was -- Besonderes -- -passiert. - -·Biegler· - -Was Gut's? - -·Lore· (nickt) - -·Biegler· - -Da gratulier' ich. - -·Lore· - -Ach, es is nichts zu gratulieren. Es wird sich nichts ändern. Aber es -is doch wie 'n heller Schein. -- Und da möcht' ich, daß es auch andern -so geht. Ihnen auch. - -·Biegler· (schwer atmend) - -Danke! - -·Lore· - -Herr Biegler -- ach, Herr Biegler, wozu sollen wir erst viel Versteck -spielen. Ich weiß ja, was Sie quält -- seit gestern. - -·Biegler· - - (sich in Erstaunen jäh umwendend) - -Und da reden Sie noch mit mir? - -·Lore· - -Ja -- is es denn wahr? - -·Biegler· (nach einer Pause, schwer) - -Die Herren Geschworenen haben die Frage -- ob's Notwehr gewesen is oder -nich -- verneint ... Und nu lassen Sie mich meinen Kaffee austrinken. -(Schweigen) - -·Lore· (nach innerem Kampfe) - -Herr Biegler! ... Sündig sind wir alle ... Ich auch. - -·Biegler· (bitter lachend) - -Sie? - -·Lore· (zaghaft) - -Sie wissen doch! - -·Biegler· - -Ja, Ohren hab' ich auch ... (in Wut auffahrend) Und wenn ich erst -wieder Fleisch hätt' auf den Armen, dann würd' ich den Kerl -- -- - -·Lore· - -Ruhig, Herr Biegler, ruhig, ruhig! Sie wollen doch nich, daß ich Angst -hab' vor Ihnen? - -·Biegler· (hastig seinen Kaffee trinkend) - -Ich geh' schon. Ich geh' schon. - -·Lore· - -Herr Biegler, wollen Sie nich mal Ihr Herz erleichtern? - -·Biegler· - - (unschlüssig, mit dankbarem Aufblick) - -Ach! ... (hart) Ne. - -·Lore· - -Gott, Herr Biegler, gut tät's Ihnen schon! Man wird ja so wie so wie'n -Stein! Die Steinmetzen erzählen nämlich: Der Stein wird durch Druck. -Wissen Sie? - -·Biegler· - -Das sollt' ich wohl wissen. - -·Lore· - -Ja, Hunderttausende und Millionen Jahre müssen die drüberliegenden -Schichten drücken, dann wird die lebendige Erde zu Stein ... Beim -Menschen dauert's nich so lang. Das hab' ich ausprobiert. 'n paar -Jährchen Druck -- immer derselbe Druck. Das genügt. - -·Biegler· (bitter) - -Ob's genügt. - -·Lore· - -Man lacht und man weint und man schläft und man arbeitet -- ach, lustig -sein kann man sogar -- man is überhaupt ein Mensch wie andere und is -doch lang keiner mehr ... Drin im Innersten lebt man gar nich mehr ... -Man is willenlos wie 'n Stein ... Man läßt sich mit dem Fuß stoßen wie -'n Stein. Man wird gegen alles gleichgültig wie 'n Stein. - -·Biegler· (eifrig) - -Ja, ja, ja, -- so is es, -- ja, ja. - -·Lore· - -Aber heut is wieder Leben in mich gekommen. So sehr hat mich was -gefreut ... Gestern war ich wie Sie. Aber heut kann ich Ihnen was -helfen. Bloß Vertrauen müssen Sie haben, daß ich's auch wirklich will. - -·Biegler· - -Das hätt' ich schon -- aber -- (vor sich hinbrütend) ich muß ja wohl -wieder weg. - -·Lore· - -Ich denk', Sie waren zufrieden. - -·Biegler· - -Wenn sie mich in Ruh' gelassen hätten -- _alle_ -- im Himmel wär' ich -gewesen. Morgens -- so gegen zweie -- da is mir leicht geworden ... -dann kann keiner kommen und was von mir wollen. -- _Doch!_ -- Einer -_kann_ kommen ... Die kann _immer_ kommen. Sie _is_ noch nich -- aber -sie kann. - -·Lore· (mit beruhigendem Lächeln) - -Na wer denn, wer denn? - -·Biegler· - -Ach so -- ich soll ja mein Herz erleichtern. - -·Lore· - -Nicht -- wenn Sie nich wollen. - -·Biegler· - -Wissen Sie, wie's nu werden wird? ... Vors erste schieben sie sich so -langsam von einem weg ... Man will _mit_ anfassen, und dann is man -allein. Und dann geht's Gerede los um einen rum. Da heißt es: »Na, -habt ihr auch schon euer Leben versichert?« Und da heißt es: »Wenn -sich gewisse Brieder nich bald dinne machen, dann werden wir den Platz -schwarz stellen.« Und dann fliegt 'n Stück Holz. Und dann fliegt 'n -Stein. Und dann kommen _Sie_ eines Tags und sagen: »Es tut mir leid, -Herr Biegler, aber Sie müssen wo anders essen, es is wegen der Leute.« - -·Lore· (schüttelt heftig den Kopf) - -·Biegler· - -Na warten Sie man. Und schließlich kommt der Prinzipal und sagt: »Hier -is Ihr Buch. Sie können gehen.« Und man weiß, daß man nu wieder ins -Hungerland zieht, wo kein warmes Mittag is und kein Bett, und man sagt -noch: »Gott sei Dank.« - -·Lore· - -Ach, es is schrecklich. - -·Biegler· - -Unser Pastor in der Anstalt hat immer gesagt: »Seid froh, daß ihr -sühnen könnt« ... »Sühnen« heißt das schöne Wort ... Das haben die -Herren extra für uns erfunden ... Ja, was soll ich nu alles sühnen? -... Daß der Weg mich in _die_ Schlafstelle geführt hat -- und gerade -in _die_? ... Daß die Frau jung war -- mit Flunkeraugen -- und daß sie -immer _so_ machte (haucht mit spitzem Munde), wenn sie hinten an mir -vorbeiging. Und wenn ich gesagt hab': »Was machen Sie da?« dann hat sie -mich mit den blanken Zähnen angelacht und gesagt: »Ich kann's in den -Tod nich leiden, wenn auf dem Rockkragen 'ne Feder sitzt« ... Und der -Mann hat noch mitgelacht, wenn's mir schon heiß und kalt das Genick -'runterlief ... Ja, so kommt so was ... Er war Schuster. Wie Ihr Vater -... Mit den Schustern hab' ich kein Glück ... Nu, da wissen Sie ja -auch, was 'n Klopfstein is ... (Zum Gerätschemel gehend) Da liegt er -ja! (Bringt den Stein.) Sehn Sie sich den an! Bißchen kleiner war er --- aber groß genug. Dann wie der Mann mich eines Tages abgefaßt hat -- -mit ihr -- -- und auf mich zugekommen is, Messer in der Hand, da hab' -ich gedacht: was machen? Was hab' ich gemacht? _So!_ (Hebt den Stein -hoch) ... Und mit eins hat er langgelegen. Das Ganze hat gedauert, -wie wenn einer bis drei zählt ... Weil der nu da lang lag, darum war -mein Leben verdorben. Nu sagt der Pastor: »sühnen!« Ja, nun sühne mal, -wenn der Wahnsinn schon hinter dir sitzt ... Was kann ein zu Schanden -geprügelter Hund viel sühnen? Seine Wunden kann er sich lecken ... Mehr -kann er nich. - -·Lore· (mitleidig) - -Mein lieber Gott. - -·Biegler· - -_Ihr_ lieber Gott is nich _mein_ lieber Gott. Sonst ließ' er _das_ nich -zu ... Ja, nu werd' ich gehn ... die ersten müssen gleich kommen. - -·Lore· (fest) - -Sie sollen _nicht_ gehn, Herr Biegler. - -·Biegler· (in flackernder Angst) - -Ich hab' mein Vesper getrunken. Ich hab' hier nichts mehr zu tun. - -·Lore· - -Sie sollen dableiben. Was auch geschehen mag, Sie sollen dableiben. Ich -setz' Ihnen ein Glas Bier hin wie den andern. Das trinken Sie aus und -kümmern sich um nichts. - -·Biegler· - -Um Gottes willen. Hier? Hier? Wieso denn? - -·Lore· - -Sehn Sie denn das nicht? Je mehr Sie sich verkriechen, desto mehr sind -_die_ von Ihrer Schuld überzeugt. Und das darf nicht sein. - -·Biegler· - -Wenn's nu aber doch wahr is? - -·Lore· - -Das geht keinen was an. Außer Herrn Zarncke und mir weiß keiner was. -Und wir halten reinen Mund. Wenn _die_ sehn, daß Sie keinem aus dem -Wege gehn, dann wird das Getratsche langsam wieder einschlafen ... Aber -nichts gestehn! Sich nich verschnappen! Sonst ist alles aus ... Wissen -Sie noch, wie Sie waren, als ich Ihnen das erste Butterbrot brachte? - -·Biegler· (nickt voll Grauen) - -·Lore· - -So sehn Sie in vier Wochen wieder aus, wenn Sie sich jetzt wegjagen -lassen. Es geht um Ihr Leben, Herr Biegler. (Hinaushorchend) Ich -glaube, Sie kommen schon. Da setzen Sie sich hin. Und wer Sie anlappt, -dem zeigen Sie die Zähne. - -·Biegler· (stammelnd) - -Ach ich -- m -- mir bl -- eibt ja jedes Wort in der Kehle. - -·Lore· - -Soll nicht. Darf nicht. Sie müssen. Müssen, Herr Biegler, müssen! - -·Biegler· - -Und 's kann sein, wer's will? Ja? - -·Lore· (stutzend, dann stark) - -Ja. - -·Biegler· (dumpf, zagend) - -Na, is gut. (Setzt sich auf seinen Platz zurück) - - -Fünfte Szene - - _Die Vorigen._ _Lohmann._ _Sprengel._ _Struve._ - _Drei andere Arbeiter_ - - (Die Eintretenden begrüßen Lore, die rasch hinter den - Schanktisch getreten ist, mit einem brummigen »Guten Tag« und - setzen sich an den Tisch rechts) - -·Lohmann· - -Glas Bier! - -·Sprengel· - -Mir auch. - -·Struve· - -Jedem eins. - -·Sprengel· - -Kiekt mal, wer da huckt! - -·Lohmann· - -Mir wundert, daß er sich nich aufs Ehrensofa geschmissen hat. Das ist -doch extra für ihm hingebaut. - -·Struve· - -Der Mensch sitzt, wo er kann. -- Laß ihm sitzen. - -·Lore· (Bier bringend) - -Wohl bekomm's! - -·Lohmann· - -Danke. (Nach Biegler hinüber) Jemütlich is anders. Prost! (Sie stoßen -an) - -·Lore· - - (bringt auch Biegler ein Glas Bier) - -·Sprengel· - -Wird der hier nu auch den Stammgast spielen? - -·Lohmann· - -Struve, du verstehst dir ja auf so 'ne Brieder. Graul ihm mal 'raus. - -·Struve· - -Kindersch, laßt mir in Ruh. Ick bin jetzt so beschäftigt mit meine -eigenen Sorgen. - -·Lohmann· - -Wat vor Sorgen? - -·Struve· - -Wat vor Sorgen? Des fragste noch? Glaubste, es macht Verjniegen, mit -so 'ne Verantwortung in de Welt rumzuloofen? Wenn du jehst bloß Steine -schleppen, denn haste jar keene Verantwortung, dafür biste aber auch -'n Lump. Wenn du aber wirst jeehrt sein durch das Vertrauen deiner -Mitbürger, wenn du wirst 'n Magazinschlüssel an dir tragen, oder so -- -dann wirst mal sehen, wie so 'n Mann zu Mute ist. - -·Sprengel· - -Dir is des wohl zu Koppe gestiegen? Was? - -·Struve· - -Denn wer eine jewisse Erfahrung hat von's menschliche Leben, der muß -sich doch sagen: det is 'n janz jewehnliches Schnappschloß. -- Da -brauchste bloß 'n paar gesunde Zähne zu, um 'n vierzölligen Drahtnagel -krumm zu biegen, und denn biste schon drinne. Immer so mitten mang de -Diamanten. Kindersch, um Gottes willen, regt eich das jar nich uf? - -·Lohmann· (lachend) - -Ne. - -·Struve· - -Und jesetztenfalls und du hast se nu ausgebrochen -- - -·Lohmann· - -Was? - -·Struve· - -Na -- de Diamanten, denn kannste se jehn ruhig verschärfen bei jeden -freindlichen Mann, wo mit blanke Knöppe handelt. Da kann dir kein -Teckel an de Beene ... Des is 'ne aufjelegte Sache. Des reinste -Beersenjeschäft ... Kindersch und da soll ick die Verantwortung vor -haben? -- Ne, des halt' ich nich aus. Da zieh' ick über Land. - -·Sprengel· - -Jlickliche Reise. Prost. - -·Struve· - -Und was der Nachtwächter da is, der schlappohrige Kerl, ick wette 'n -Hering jegen 'n Löffel Jritze, dessentwegen könnte man 'rin und 'raus --- wie de Schwalben. - -·Lohmann· - -Der blieht da nu so 'rum. Wie so 'n Maibliemchen. - -·Sprengel· - -Abjebrieht is er wohl. Sonst säß' er nich hier. - -·Struve· - -Kindersch, ick sag' eich immerzu. Wenn er und er wär's, dann wär' er -noch nich 'raus. - -·Lohmann· - -Jedenfalls wollen wir da mal ein jelinde blasenziehendes Mittel -anwenden. (Sehr laut) Fräulein! Wissen Sie vielleicht die Adresse von -'ne leistungsfähige Lebensversicherungsgesellschaft? - -·Biegler· - - (der solange scheinbar teilnahmslos, doch in gespannter - Erwartung dagesessen hat, wendet sich jäh um) - -·Lore· (abweisend) - -Was soll ich mit 'ne Lebensversicherung? - -·Lohmann· - -Nu, 's is doch jetzt nich janz jeheier auf'n Platz. Da kann mal leicht -so 'n kleiner Kuhhandel kommen, wo man plötzlich mit Tode abjeht, man -weiß nich, wie? - -·Lore· (abweisend) - -Ich versteh' gar nich, was Sie meinen. - -·Lohmann· - -Diejenigen, wo's anjeht, die werden mir schon verstehn. - -·Biegler· - - (steht auf, will reden, bringt aber nur ein unartikuliertes - Stammeln hervor und setzt sich wieder) - -·Lohmann· - -Hat jesessen. - -·Sprengel· - -Wo bleiben übrigens heite die Steinmetzen? - -·Struve· - -Nu -- die müssen sich doch erst ausputzen. Mit ihre blaue -Kalikoschirzen trauen die sich nich uf de Straße. Es könnt' se ja einer -fir Hausknechte halten. (Lachen) - -·Lohmann· - -Jedenfalls müßt' man sich mit denen zusammentun und was unternehmen -beim Alten, -- damit er auf'm Platz 'n bißchen ausräuchern läßt. Es -wird nötig. - -·Sprengel· - -Fang nich schon wieder an, Mensch ... hab doch Erbarmen mit so 'n -plundrigen Kerl. - -·Lohmann· - -Wenn ich in 'n Modder trete, dann wisch' ich mir die Stiebeln ab; -- da -hab' ich auch kein Erbarmen. - -·Biegler· - - (zittert und atmet schwer. Er ringt mit sich, unschlüssig, ob - er sprechen solle, wagt es aber nicht mehr) - -·Sprengel· - -Kein Mensch weiß, ob er's wirklich is. - -·Lohmann· - -Warum steht er denn nich auf und -- - - -Sechste Szene - - _Die Vorigen. Willig. Göttlingk und andere - Steinmetzen_ (in Feierabendkleidung) - -·Göttlingk· - - (auf den Tisch der Arbeiter weisend) - -Da _sitzt_ se ja, die janze feine Familie ... Ihr kriegt's wohl nich -eilig genug mit eurem Feierabend -- was? - -·Lohmann· - -Wieso denn? - -·Willig· - -Den großen Oberkirchner Block, links von der Treppe, habt ihr auf -Hochkant stehn lassen. Wißt ihr das nich? - -·Sprengel· - -Nu, der hängt doch im Flaschenzug. - -·Willig· - -Aber locker hängt er. - -·Lohmann· - -Bis wir den 'runterkriegen, dauert's zwanzig Minuten. Wenn der Alte -Überstunden zahlen will, gehn wir gleich noch mal 'ran. - -·Göttlingk· - -Husten wird er euch was. - -·Willig· - -Jedenfalls steift ihn noch ab. Wenn was passiert, seid ihr -verantwortlich. (Setzt sich zu den Steinmetzen an den Mitteltisch) - -·Göttlingk· - -Na, Lore, Sie könnten ruhig 'n bißchen fixer sein, wenn die Steinmetzen -kommen. - -·Lore· - - (die Bier bringt, eilig, ängstlich) - -Hier is, bitte, hier is schon alles. - -·Göttlingk· - -Aber freilich, wenn man sich mit solchem Volk abgibt, wie der Kerl -- -der -- (Biegler erkennend) Herrgott, wer sitzt denn da? - -·Willig· (rasch) - -Ach, kümmer dich nicht um den. - -·Göttlingk· - -Hast recht. So 'n Geschmeiß existiert nich. Prost, die Herren! ~Per -Bacco~, is mir mollig. Ganz fingrig is mir zu Mute. Wollt ihr was -hören? Natürlich, ihr wollt immer was hören. Lore, bring mal -- bringen -Sie mal die Seufzerkiste. - -·Lore· - -Jawohl. (Holt die Mandoline von der Wand und bringt sie ihm) - -·Ein Steinmetz· - -Du, der Alte war doch heute so extra süß mit dir. Ahnste weswegen? - -·Göttlingk· - - (während er die Mandoline stimmt) - -Tja, lieber Sohn, wer kann das wissen? Manchmal können sich Ereignisse -vorbereiten -- die Welt is eben 'n Affenkäfig. - - -Siebente Szene - - _Die Vorigen._ _Der alte Eichholz_ - -·Eichholz· - - (angezogen wie im ersten Akt) - -Einen guten Feierabend wünsch' ich der hochgeehrten Gesellschaft. - -·Göttlingk· - -So in Jala, Papa Eichholz? - -·Eichholz· - -Jawohl. Mein Manschettenhemde hab' ich mir angezogen und habe mir -angetan im Schmucke sämtlicher Orden und Ehrenzeichen. Nu wollen wir -mal sehn, ob ein alter Krieger noch was gilt in seinem Vaterlande. - -·Lore· (ängstlich) - -Was hast du vor, Vater? - -·Eichholz· - -Zuerst bejeb' ich mir zum Alten und frag' ihn auf Ehr' und Jewissen: -Wer is der Kerl? Was is der Kerl? ... Und wenn er in meinen unjewissen -Zustande mir sollte -- (bemerkt Biegler) was -- was -- was -- was is -denn das? Is das --? - -·Lore· - -Vater, hier darf jeder sein Bier trinken, der zum Platz gehört. Weißt -du das nich? - -·Göttlingk· (halblaut zu Lore) - -Was mischst du dich da eigentlich immer 'rein? - -·Eichholz· - -Was man so sagt, der Wiedehopf, der läßt in sein eigenes Nest -'reinschmutzen, aber wenn du willst mein Fleisch und Blut sein -- (in -ausbrechender Wut) Kerl, dir werd' ich platt schmeißen! Dir bind' ich -'n Mühlstein um'n Hals, dir, dir ... Blut muß fließen, du Hund, du -blutiger Hund! - -·Biegler· (gequält) - -Fräulein, soll ich nu immer noch länger hier bleiben? Ich denk', nu is -genug. - -·Göttlingk· (halblaut zu Lore) - -Nanu? Was geht dich dem Kerl sein Hierbleiben an? - -·Lore· - -Vater, tu, was du willst, aber hier in der Kantine fang keinen Zank an. -Sonst mußt du 'raus. - -·Lohmann· (leise) - -Sieh mal, wie sie sich auf dem seine Seite schmeißt. - -·Sprengel· - -Hat sie ganz recht. - -·Eichholz· - -Jawohl. Ich geh' schon. -- Ich werde schon in geeignete Erfahrung -bringen, wer, wer (mit geballter Faust) und wer Blut vergießt, deß -- -Blut -- muß -- -- ich geh' schon, ich geh' schon. Guten Abend, die -hochgeehrte Gesellschaft. (Ab) - - -Achte Szene - - _Die Vorigen_ ohne _Eichholz_ - -·Göttlingk· (leise zu Lore) - -Hast du etwa Durchsteckereien mit dem? - -·Lore· (wendet sich ab) - -·Göttlingk· (verbissen) - -Sieh mal an! (Kehrt auf seinen Platz zurück) Na, lassen wir uns nich -die Laune verderben. (Ergreift die Mandoline, in neuem Argwohn) -Freilich, wissen möchte man doch. - -·Willig· - -Halt bloß Ruhe, Eduard. - -·Die Anderen· - - (die am Steinmetztische sitzen, stimmen ihm bei) - -·Göttlingk· (an der Mandoline zupfend) - -Na also, was soll ich euch singen? Ich weiß 'ne Menge schöne Lieder, -die mir die schönen Weiber dort unten in schönen Stunden beigebracht -haben ... denn die Weibsleut' da unten! Überhaupt die Weibsleut', -Kinder! Wenn man da nich feste 'ranjeht! (Beiläufig, herablassend) Ach, -bringen Sie mir doch noch 'n Glas Bier, Fräulein Lore. - -·Lore· - - (bebend vor Erregung, holt sein leeres Glas) - -·Göttlingk· - -Du fragtest vorhin, warum der Alte heute so süß mit mir war. Ja, -mein geliebter Sohn, Glück bei den Weibsleuten muß der Mensch haben. -Das is der Ausschlag beim Rosinenhandel ... Danke, mein Fräulein, -danke, danke, danke! (Singt und spielt) »~Vè quà una giardiniera, si -chiama Luisella, da sovra all'Arenella~« -- (Abbrechend) Sagt mal, -Herrschaften, wie wär's, wenn ich zur Abwechslung mal so euer Chef -würde hier auf diesem Steinmetzplatz? - -·Willig· - -Was is das wieder für 'n fauler Witz? - -·Göttlingk· - -Ja, das Leben macht manchmal so 'ne faulen Witze. Wenn ich da Jimm -drauf hätte. Die Puckligen sind zwar nich gerade mein Jeschmack, aber -wenn so 'n schönes Jeschäft dran hängt, kann man ja auch mal beide -Augen zumachen. - -·Lore· - - (stößt einen unartikulierten Laut des Abscheus und des - Entsetzens aus) - -·Sprengel· (halblaut) - -Is 'n Mensch wie 'n Vieh. - -·Willig· (leise) - -Läßte nu nich mal mehr die Krüppel in Ruh? - -·Göttlingk· - - (der das allgemeine Murren bemerkt hat, zum Arbeitstisch - hinüber) - -Riskiert da etwa einer zu mucken? Was? - -·Lohmann· - -Wir sind ja ganz still. - -·Göttlingk· - -Möcht' ich mir auch ausgebeten haben. (Da Lore, den Kopf in den Händen, -noch einmal aufstöhnt) Was ist denn hier los? Was? Was? Was? - -·Biegler· - - (ist in zitternder Erregung langsam aufgestanden, leise, - zaghaft, als traue er seinen erwachenden Kräften nicht) - -Du Schuft! Du Schuft! -- Du Schuft! - -·Göttlingk· (fassungslos vor Erstaunen) - -Was will das Gewächse da? - -·Biegler· - -Du ganz erbärmlicher Schuft! - -·Göttlingk· (Humor heuchelnd) - -Kinder, der is übergeschnappt. Soll ich den zu Mus quetschen? Nehmt mir -das nicht übel, aber die Handvoll, das lohnt mir nich. Außerdem bin -ich's als Steinmetz mir und euch schuldig, mich nich mit erst wem -- -Prost! - -·Biegler· (heiser) - -Was du bist, bin ich noch alle Tage. - -·Göttlingk· - -Dem Kerl muß man doch 'ne Zwangsjacke anlegen. - -·Biegler· - -Ich hab' zum Spaß deine Arbeit getan. Wenn's hell is, kann ich's besser. - -·Göttlingk· (aufspringend) - -Du warst das selber, du verfluchter --? - -·Die Anderen· (halten ihn fest) - -Ruhig, ruhig, ruhig. - -·Biegler· - -Aber das is Nebensache. (Auf Lore weisend) Da -- da -- wer steht da? --- Der sagst du _das_ ins Gesicht? -- Jeder weiß, daß sie 'n Kind von -dir hat. Zum Dank verhunzen tust du sie -- schuriegeln tust du sie ... -Wirst sie -- wirst sie ehrlich machen? Wirst sie ehrlich machen? Du -nichtswürdiger Schuft! Du! - -·Göttlingk· (der sich zu befreien sucht) - -Nu laßt doch los. -- Is bloß 'n Floh, der ganze Kerl, aber das kost't -ihm das Leben. (Reißt sich los und zieht den Dolch heraus) Los sag' -ich, oder -- - -·Die Anderen· (weichen erschrocken zurück) - -·Biegler· - -Du meinst, ich hab' Angst vor deiner einzinkigen Gabel, weil alle -anderen Angst haben? -- Kraft hab' ich keine, Haut und Knochen bin -ich vom langen Hungern, aber -- (er hat den Klopfstein ergriffen, der -auf dem Schanktisch liegen geblieben ist, und hebt ihn hoch) -- _mit -so 'nem Schusterstein hab' ich schon einen erschlagen! Mit so 'nem -Schusterstein hab' ich schon_ -- -- (große Bewegung) Nu komm mal 'ran, -wenn du willst. Komm mal 'ran -- komm mal 'ran! (Dringt auf Göttlingk -ein) - -·Göttlingk· (erschrocken zurückweichend) - -Na, na, na, na. - -·Biegler· - -Komm 'ran -- oder 'raus da -- 'raus da. -- - -·Göttlingk· - -(weicht, unverständliche Worte stammelnd, bis zur Tür zurück) - -·Biegler· (der ihm gefolgt ist) - -'raus da! 'raus da! - -·Göttlingk· - -Das werd' ich dir -- gedenken. -- (Rettet sich durch die rasch -geöffnete Tür) - -·Biegler· - - (sieht sich wirr um und wankt zu seinem Tische zurück. Er - sieht verständnislos noch einmal um sich, sieht Lore, die - schluchzend, mit verhülltem Gesicht, abgewandt dasteht, sieht - die blassen, entsetzten Gesichter und murmelt, wie wenn er - langsam zu sich käme) - -Was is denn? Was war denn? Was --? (Sein Gesicht verändert sich, er -kämpft mit dem Schluchzen und will auf seinem Stuhl zusammensinken, -rafft sich aber mit letzter Kraft empor, trinkt sein Bier aus, setzt -seine Mütze auf und schreitet mit geballten Fäusten zur Tür zurück; -- -sich umwendend wirft er einen fragenden, trotzigen Blick auf die ihn -regungslos Anstarrenden -- und geht hinaus) - - (_Der Vorhang fällt_) - - - - -Vierter Akt - - Szenerie des zweiten. Spätabendbeleuchtung. Über den Häusern - des Hintergrundes ein glühender Streif Abendrot, der sich - allmählich verliert. Vor der Veranda unter dem Fenster der - Zarnckeschen Wohnung ein gedeckter Tisch nach vollendeter - Abendmahlzeit. Das Fenster der Kantine ist erleuchtet. Beim - Aufgehen des Vorhangs ertönt von irgendwoher Biergartenmusik - - -Erste Szene - - _Marie._ _Zarncke_ - -·Zarncke· - - (in einem Korbstuhl behaglich ausgestreckt, eine Zigarre - rauchend) - -Siehste, nu is unsre Amsel auch schon schlafen gegangen. - -·Marie· - -Eben sang sie doch noch. - -·Zarncke· - -Bald werden sie nu auch im »Gambrinus« Ruhe geben mit ihrem Bumbum. - -·Marie· - -Ach, ich hör's gerne. - -·Zarncke· - -Ich auch ... Und weißt du, warum? Weil es so schön weitab is vom -eigenen Leben ... Da sitzen nu die Menschen in Haufen, stoßen sich, -ärgern sich, beneiden sich, begehren sich, und fünf aufgequollene -Trompeter machen Musike zu ... Man is doch wahrhaftig wie der liebe -Herrgott in seiner Stille ... Sechs Tage hat er an der verfluchten -Welt 'rumgebastelt, am siebenten hat er aber auch _gar nichts_ von ihr -wissen wollen. ... Was guckste denn immer nach der Lore ihrem Fenster -'rüber? - -·Marie· - -Ja, Vaterchen, merkwürdig is es doch. - -·Zarncke· - -Was denn? ... Daß der Göttlingk da is? - -·Marie· - -Den ganzen Winter ist er Sonntags nicht einmal bei ihr gewesen. Seit -seiner Rückkehr nicht. Und plötzlich kommt er -- Abends um neune -- von -da oben -- die Treppe 'runter. - -·Zarncke· - -Der Deibel mag wissen, was er da oben zu suchen gehabt hat. Aber -so käseweiß brauchst du darum doch auch nich zu werden, wenn er nu -wirklich mal hinter dir auftaucht. - -·Marie· (schweratmend) - -Denk doch, was das für die Lore bedeutet. - -·Zarncke· - -Hör mal, Kindchen, hab die Lore lieb! Aber du mußt dich nich so -'reinbegeben in das, was rings um uns geschieht. Nich mitmachen wollen. -Das zehrt dann am eigenen Leben. Es bleibe jeder in seiner Haut -- und -jeder hüte den Schlüssel zu seinem Geheimfach ... - -·Marie· - -O, das freilich. Aber -- gestern muß was passiert sein bei der Lore -drin. - -·Zarncke· - -So? Was denn? - -·Marie· - -Zwischen dem Nachtwächter und -- und -- Göttlingk. - -·Zarncke· - -So? Hm. Das war ja nu leider vorauszusehn. - -·Marie· (ängstlich) - -Wieso? - -·Zarncke· - -Sie haben 'rausgekriegt, daß der arme Kerl was pekziert hat. Deshalb -hab' ich gestern schon den Eichholz 'rausgeschmissen. Das alte Vieh -war ganz rabiat. Irgendwas bereitet sich vor gegen den Biegler. Und -schließlich werd' ich noch klein beigeben müssen. Schad um den -- -(Schnalzt) - -·Marie· - -Nein, nein, es scheint was anderes. Was Schlimmeres. Viel was -Schlimmeres. - -·Zarncke· - -'n Menschen ins Verderben zu jagen is schlimm genug ... Von wem weißt -du's denn? Von der Lore? - -·Marie· - -Nein. Das ist es eben, was mich ängstigt. Die geht mir heut aus dem -Wege, wo sie kann ... Und die Homeyer macht immerzu Andeutungen. Aber -was Rechtes kriegt man auch aus _der_ nich 'raus. - -·Zarncke· - -Na, wenn das Schwatzweib schon sein Maul hält. Da wollen wir doch mal -gleich -- (Klingelt) - - -Zweite Szene - - _Die Vorigen._ _Frau Homeyer_ - -·Frau Homeyer· - - (eine Windlampe in der Hand) - -Gotte, Gotte, ich wart' schon immer mit der Lampe ... Nein, so im -Dunkeln ...! Wie können Sie bloß? - -·Zarncke· - -Sie haben wohl noch nie zu zweien im Dunkeln gesessen? - -·Frau Homeyer· - -Ach nein doch! Mit 'n jungen Mann -- der nimmt sich dann so leicht was -'raus -- - -·Zarncke· - -Und mit 'n alten Mann -- das lohnt nich. - -·Frau Homeyer· - -Aber, Herr -- - -·Zarncke· - -Sagen Sie mal, Sie, was is denn gestern bei der Lore gewesen? - -·Frau Homeyer· - -Bei der Lore? I, daß ich nicht wüßte. - -·Zarncke· - -Sie haben doch meiner Tochter erzählt -- - -·Frau Homeyer· - -Ich? Ach nein, das muß ein Irrtum sein. Ich, dem Fräulein? Und gerade -dem Fräulein? I, da müßt' ich -- (Nimmt das Tischzeug zusammen) - -·Marie· - -Aber Frau Homeyer -- - -·Zarncke· (gleichzeitig) - -Was heißt das: _Gerade_ dem Fräulein? - -·Frau Homeyer· - -Nu ja. Da müßt' ich doch sozusagen eine Schwätzerin sein. Und ich bin -im Gegenteil immer höchst zurückhaltend ... Da bin ich bekannt für. Da -können Sie alle Mannsleute fragen. Da können Sie meine Zeugnisse lesen -... Und da soll ich mir gerade _hier_ die Zunge bei verbrennen? ... Das -kann Ihnen wer anders erzählen, Fräulein. Und dann müssen sich auch -nichts draus machen. ... Die Männer sind immer mit dem Maul vorneweg -... Ehrbar sein und sein Myrtenbäumchen pflegen, das is immer noch das -Beste für 'n ältliches Mädchen. - -·Marie· - -Ja, was hab' _ich_ aber mit dem allen zu tun, Frau Homeyer? - -·Frau Homeyer· - -Ja, Fräulein Mariechen, der Mensch hat _manchmal_ mit was nich zu tun, -und kommt _doch_ ins Gerede ... Von dem Herrn Göttlingk hätt' ich -das freilich nicht gedacht. Der is sonst immer 'n Kavelier gewesen -(verschämt) immer so zutraulich -- und, wie gesagt, Kavelier. Aber da -könnte ja jeder kommen und -- ach, bitte das Sahnentöpfchen -- und -behaupten, er braucht' bloß die Hand auszustrecken, da könnt' er Herr -sein auf diesem Steinmetzplatz. Ja. - -·Zarncke· - -Was? Was? Was is das? - -·Frau Homeyer· - -Und es glaubt ihm auch keiner. Da können Sie ganz unbesorgt sein, -Fräulein, das -- - -·Zarncke· - -Halt! Stopp! 'raus! Weg! - -·Frau Homeyer· - -Aber Herr -- - -·Zarncke· - -Weg, weg, weg, weg! - -·Frau Homeyer· - -Ja, ja, Herrgott! - -·Zarncke· - -Weg! - -·Frau Homeyer· - - (mit dem Tablette ins Innere ab) - - -Dritte Szene - - _Marie._ _Zarncke_ - -·Zarncke· - -Das haste wahrhaftig um den Lumpen nich verdient, Mariechen. Bittst -mich noch, ich soll helfen, ihm sein Nest austapezieren ... Und da -traut sich der Kerl überhaupt noch hierher? -- Da wollen wir mal gleich --- -- (steht auf) - -·Marie· - - (die, ins Leere starrend, regungslos dagesessen hat, fährt auf) - -Nein, Vater, nein! - -·Zarncke· - -Was -- nein? Und wie siehste denn aus? -- Ganz überird'sch! - -·Marie· (in hilflosem Bekennen) - -Vaterchen! - -·Zarncke· - - (nach einem Schweigen hinter sie tretend) - -Miezelchen! (Die Hand auf ihren Scheitel legend, leise) Haben sie dir -'s Geheimfach aufgebrochen? - -·Marie· (aufschluchzend) - -Nicht ansehn! Nicht ansehn! (Verbirgt das Gesicht in seinem Rock) - -·Zarncke· (sie streichelnd) - -Also _das_ war's? Und was du da drinnen verschlossen hieltst, das wird -dir nu da -- (weist zur Kantine) Ja, wie geht denn das zu? - -·Marie· (von Schluchzen geschüttelt) - -Weiß nicht! Weiß nicht! - -·Zarncke· - -Na, nu laß doch mal meinen Rock los! - -·Marie· - - (verbirgt das Gesicht um so fester) - -·Zarncke· - -Willst nich? ... Schämst dich so sehr? ... Kannst mich gar nich ansehn? -Möchtst das Tageslicht nich mehr sehn? Möchtst dir womöglich das Leben -nehmen noch diese Nacht? - -·Marie· (nickt heftig) - -·Zarncke· (lacht und streichelt sie) - -Und machst doch nur durch, was jeder durchmachen muß, dem 'n Stern vom -Himmel 'runterfällt. (Zum Himmel weisend) Kiek mal hoch! ... Kannst -noch nich? Da sind schon 'n paar. Und dahinter noch Milliarden. Sie -stehn da wie für die Ewigkeit. _Und sie fallen alle._ Aber darum -werden wir Menschen nich ärmer ... Höchstens die, denen sie als -Zwanzigmarkstücke in die Tasche fallen ... Die Jugend verliert sich -zuerst, aber unser Blick wird um so heller ... Die Freunde zerkrümeln -sich, aber unsere Freundschaft wird alles, was mit uns reden kann, -jeder Gedanke -- jeder Hund -- jeder Stein ... Na -- und die Liebe? -- -Dem einen fällt sie in den Schmutz -- wie dir, dem anderen zerreibt sie -der Alltag; -- rasch oder langsam, es is immer dasselbe, -- aber vor -der Tür lauern schon wieder viele, die wollen sehr liebgehabt sein, -und die brauchen's den Deiwel wie nötig ... Selbst der Herrgott wird -uns aus unseren Herzen gerissen, aber unsere Herzen schlagen kräftiger -... Kindchen, 's wird noch 'n büschen weh tun 'ne Zeit lang ... Scham -brennt ... Aber seines guten Rechts soll sich der Mensch nicht schämen. -Und dein Recht war's ... Ja war's ... Wie's mein Recht war und ist, -dich liebzuhaben und dir zu sagen: Halt still ... Die Stillen sind die -Klugen ... Und nur wer von der Welt _weit, weit_ ab is, der hat sie -ganz. - -·Marie· (sich aufrichtend) - -Vaterchen, hast du das immer gedacht? - -·Zarncke· - -Ich geb' zu, Kindchen, es is 'ne Weisheit für die Kranken und die -Alten. Aber die, welche die Jungen und die Gesunden sich zurechtmachen, -is auch nischt wert ... Na -- nu schmunzelst du ja wieder --. - -·Marie· (schluchzt kurz auf) - -·Zarncke· - -Nich, nich, nich ... Und komm 'rauf ... Mir is, die Tür hat schon 'n -paarmal geklappt. (Weist nach der Kantine) Da traut sich einer nich an -die frische Luft, eh' wir nich verduftet sind. - -·Marie· - -Die arme Lore! - -·Zarncke· - -Nja. Na, komm. (Beide ins Haus ab) - - -Vierte Szene - - _Eichholz._ _Göttlingk._ _Lore_ - -·Eichholz· - -Scht! Du, Göttlingk! -- Sie sind weg! - -·Göttlingk· (heraustretend) - -Es war auch hohe Zeit! ... Denn wenn mir jetzt -- gewisse Leute in den -Weg gerannt wären -- -- na! Also übers Aufgebot reden wir noch, Lore! - -·Lore· - - (die in der Tür geblieben ist, matt, freudlos) - -Wie du willst, Eduard. - -·Göttlingk· - -Dann wollen wir also Schluß machen mit dieser elenden Quetsche. Mein -Handwerkszeug bringt mir morgen der Vater und -- ja, richtig! Die -Mandoline gib mir doch noch mit. - -·Lore· (verschwindet) - - (Die halboffene Glastür über der Veranda hat sich erhellt. Die - Gestalt Zarnckes wird dahinter sichtbar) - -·Göttlingk· (leise) - -Is das nich der Alte da oben? - -·Eichholz· - -Ja, der schläft da. - -·Göttlingk· - -Scht! Na, endlich macht er die Türe zu. (Das Rouleau wird herabgelassen) - -·Lore· (bringt die Mandoline) - -·Göttlingk· - -So ... Vater begleitet mich noch ein Stückschen. - -·Lore· (ängstlich) - -Vater, es wäre wohl besser, du -- -- - -·Eichholz· (scheltend) - -Was heißt das? Was hast du --? - -·Göttlingk· (gleichzeitig) - -Nu laß doch Vater! ... (Reicht ihr die Hand) Gute Nacht! -- (Da sie in -der Türe stehen bleibt) Nu geh nur! Geh nur! - -·Lore· (tonlos) - -Gute Nacht. (Ab, die Türe hinter sich schließend) - - -Fünfte Szene - - _Eichholz._ _Göttlingk_ - -·Göttlingk· - -Na -- und nu? ... Wir haben drin nich ausreden können, weil uns -die Lore ewig auf den Hacken saß. Wie denkst du nu über 'ne gute -Streckschicht für den Kerl? - -·Eichholz· - -Ich bin immer ein ehrenwerter Mann jewesen, ich bin ein zuverlässiger -Mann jewesen und ein -- - -·Göttlingk· - -Ja, ja, ja, ja! - -·Eichholz· - -Aber sie haben mir die Seele aus dem Leibe gezogen, sie haben mir den -höllischen Geier, welcher heißt Hadramoth, den haben sie mir -- - -·Göttlingk· - -Nu quatsche nich. Komm mal mit 'rüber in die Destillation. - -·Eichholz· - -Hier steh' ich, hier jeh' ich nich weg. Sobald der Hund kommt, dann -stürz' ich mir los auf ihm. Brust gegen Brust. - -·Göttlingk· - -Na und dann? - -·Eichholz· - -Dann? Ich hab' dem Alten gesagt: Herr Zarncke, hab' ich gesagt, es gibt --- ein Unglück. - -·Göttlingk· - -Ja, mit's Maulwerk. - -·Eichholz· - -So? ... (Zögernd) Du, und was is denn mit dem -- Block? - -·Göttlingk· (lauernd) - -Was für 'n Block? - -·Eichholz· - -Wo du vorhin von sprachst. - -·Göttlingk· - -Ach so ... Siehst du den da oben im Flaschenzug? - -·Eichholz· - -Ja. - -·Göttlingk· - -Wenn da einer die Ketten aushängt, dann steht er bloß auf der Kippe. -Verstehste? Eine Holzsteife -- die kann 'n Kind wegschlagen. -- Und -geht dann einer die Treppe 'rauf -- _muß_ er die Treppe 'rauf? - -·Eichholz· - -Nu jewiß. Der Alte hat doch dahinter 'ne Kontrolluhr aufgestellt. -- - -·Göttlingk· - -Daß da man kein Malheur passiert! - -·Eichholz· - - (argwöhnisch, will nicht verstehn) - -Warum soll -- da gleich -- 'n Malheur passieren? - -·Göttlingk· - -Ach so! ... Scht! Is er das nich? (Man hört rechts das Schließen einer -Tür) - -·Eichholz· - -Ja. - -·Göttlingk· (leiser) - -Nu komm ... Drüben trinken wir noch eins ... Kann man da oben irgendwo -'raus? - -·Eichholz· - -Durch die kleine Tür. Immerzu. - -·Göttlingk· - - (ihn nach dem Hintergrunde ziehend) - -Na denn komm! - -·Eichholz· - -Warum nich hier durchs Tor? - -·Göttlingk· - -Komm, komm, komm ... Da scheint auch wer zu stehn. -- Komm! (Auf einer -mittleren Treppenstufe hält er inne) Scht! - -·Eichholz· - -Er schließt noch das Sägewerk. - - (Beide verschwinden links oben. -- Während rechts eine schwere - Tür zugeschlossen wird, hört man oben das leise Klirren der - Flaschenzugketten. Dann Stille. Während der folgenden Szene - geht der Mond auf) - - -Sechste Szene - - _Biegler._ Dann _Struve_ - -·Biegler· - - (mit Schlüsselbund und schwerem Stock, eine Schnarre - umgehängt, erscheint rechts vorne und geht an dem erleuchteten - Kantinenfenster vorbei, dann revidiert er das Schloß des - Magazins und will zur Tür des Wohnhauses hinüber) - -·Struves Stimme· (vom Haustor her) - -He! Scht! Nachtwächter! Biegler! - -·Biegler· - -Wer is da? - -·Struves Stimme· - -'n guter Freund! - -·Biegler· - -Ich hab' keine guten Freunde. - -·Struves Stimme· - -Struve is da. - -·Biegler· - -Struve kann bei Tage kommen. - -·Struves Stimme· - -Mach auf, sonst reiß' ich an de Klingel. - -·Biegler· - -Was is denn? (Er geht aufmachen. Man hört den Schlüssel sich drehen. -Dann erscheint er zusammen mit Struve) Na? - -·Struve· - -Fsch! Drinne wär' mer ja nu. - -·Biegler· - -Also was willst du? - -·Struve· - -Sachte, sachte, sachte! ... Ick jeheer' hier zu's Haus. Ick hab' 'n Amt -hier ... 'n Vertrauensposten! Jawoll! ... Da muß ick mir iberfihren -können bei Tag und bei Nachte ... Ick kann schon jar nich mehr schlafen -vor lauter Ehrjefihl. Ja. - -·Biegler· - -Na, schlaf man. Ich geh' ja hier als Wächter. - -·Struve· - -Det sagste so in deinen Jemiete. -- Aber wenn du eines Morjens nicht -mehr dabist -- - -·Biegler· - -Wieso? - -·Struve· - -Na, Mensch, Kohlege, wir beid' kennen uns doch. Uns haben se doch aus -denselben Suppentopp jeangelt. - -·Biegler· (bitter) - -Ach so! - -·Struve· - -Und diesentwegen biste dir doch klar: Weg mußte hier _nu doch_! - -·Biegler· - -Ja. Das bin ich mir klar. - -·Struve· - -Als du jestern 'raus warst, da haben die Steinmetzen noch ne jroße -Beratung jehabt. Da haben wer nich zuheeren derfen. Bloß, daß se -morjen früh zum Alten jehn werden, das hab' ich noch -- - -·Biegler· (in bitterer Erregung) - -Und meinen Austritt fordern? - -·Struve· - -Wer zufällig fünf Finger hat, kann sich das ja dran abzählen. - -·Biegler· (verbissen, verzweifelt) - -Ich wart's gar nich ab. Ich geh' alleine. - -·Struve· - -Da wärste ja auch scheen dumm, wenn du dir -- nich vorher schon dinne -machen wolltst. -- Und darum bin ick eben auch 'n bisken dahinter -jewesen. Deiwel auch! Wenn man so die Verantwortung hat. - -·Biegler· - -Wofür? Für mich? - -·Struve· - -Ne -- aber -- (macht Zeichen nach dem Magazin hin) vor -- -- Ick kenn' -doch 's menschliche Leben. So 'ne Sachen die loofen doch jewissermaßen -hinter einen her. Janz von selber. Wie wenn se Beene hätten. Da kann -man jar nischt vor. - -·Biegler· - -Was denn? Was denn? - -·Struve· - -Na, du weißt schon. Aber in so 'ne menschliche Versuchungen da muß man -eben 'n Freind haben. Mann mit Ehrjefihl. Und so. Wo einem 'n bisken -ins Jewissen redt ... Denn der Fallstricke des Teufels sind viele, und --- -- was? Wie sagste? - -·Biegler· (mit einem kurzen Lachen) - -Ich sag' jar nischt. - -·Struve· - -Na, nu mal unter uns! -- Wenn du -- und du jehst hier weg, wo wirschte -denn nu hinmachen? - -·Biegler· - -Wer kann das wissen? - -·Struve· - -Nu, setz dir mal bisken hier dal! (Zieht ihn auf den vordersten Block) -Sieh mal, mir jeht hier ja so weit janz jut. Ick bin Verdrauensperson. -Und so. -- Aber _zu_ viel Ehre kann der Mensch auch nich verdragen. Des -drickt aufs Jemiet, weißte ... Und weil ich dir nu mal so liebhabe -- -jewissermaßen, und weil de iberhaupt noch im janzen 'n bisken klietrig -bist -- weißte! -- -- na? -- Wollen wir zusammen uf de Fahrt steigen? - -·Biegler· - -Was? Du und ich? - -·Struve· - -Nu ja. Mit _die_ Ansichten, wo wir beide vons menschliche Leben haben --- die _haben_ wir nu mal! Die kann uns keiner nehmen. Die einen -wälzen sich in'n Jolde, wir wälzen uns in'n jrienen Chausseejraben. -Tagsüber sehn wir mal bisken nach, wo wat los is, Abends saufen wir uns -'n verjnichten Teng ins Jesichte. Hier mußte ewig 'n krummen Puckel -machen und dir sauer anhauchen lassen und wirscht doch nie mehr im -Leben, wat die andern sind! - -·Biegler· - -Mensch! Da haste recht! - -·Struve· - -Draußen veracht' dir keiner ... Und da biste bloß _einem_ Jehorsam -schuldig, -- das is der Meilenzeiger ... Na? - -·Biegler· - - (schaut abschiednehmend um sich, mit hartem Entschluß) - -Gut! Wann willst du -- losjehn? - -·Struve· - -Losjehn? ... Jleich. Uf'n Momang. - -·Biegler· (in Erregung) - -Ich muß doch erst -- mit ihm -- reden ... Muß doch kündigen. - -·Struve· - -Ach! Sei doch kein Milchkalb! Wird er dir viel kündigen? Und noch eins -sag' ich dir: Der Jöttlingk is 'n tück'sches Luder. Der verjeßt dir die -Blamasche nich. Da kannste morjen drei Zoll Stahl ins Leib kriegen, -jleich, noch auf'n nichternen Magen. - -·Biegler· (dumpf, entschlossen) - -Mir is alles egal. - -·Struve· - -Ne, ne, ne, ne. Komm jleich. Nimm dir in acht. - -·Biegler· - -Zeugnisbuch muß ich haben. Dann komm' ich mit. - -·Struve· - -Zeichnisbuch? Ick weeß 'ne Penne hier in de Jegend, da stempelt dir 'n -jewesener Oberjeheimrat de piksten Flebben noch heite nacht. Und denn --- wat willste mit 'n Zeichnisbuch? -- Et steht ja woll jeschrieben: -»Ehrlich währt am längsten« -- aber 'n tichtiger Spitzbube fährt mit -vier Hengsten. Und iberhaupt mit die olle Tugend! Die schabt sich ab -wie 'ne dreck'ge Scheierbürschte. Da droppt dir ewig de Nese von wie -bei'n kleinen Swienegel ... Bloß natirlich -- 'n jewisses Anlagekapital --- det missen wir haben. - -·Biegler· - -Wozu? Woher? - -·Struve· - -Det brauchste überall. -- Ohne 'n Parchentlappen kannste nich uf de -Flohjagd. -- Willste lernen Jold machen? Kleinigkeit! Aber natirlich -- -wenn de keinen Dukaten _hast_, kannste auch keinen Dukaten beschneiden. -Siehste! Das is der Witz ... Na, Jott sei Dank, bei uns is ja nich wie -bei arme Leit' ... Kleines Vermeegen zum Anfangen -- und so -- is ja -alles da. - -·Biegler· - -Ich krieg' noch nich mal 's volle Monatsjehalt. - -·Struve· - -Aber Mensch! -- Bejreifst de denn noch immer nich? - -·Biegler· - -Was denn? Na was denn? - -·Struve· - -Herrgott! Schon doch 'n bisken mein Ehrjefihl und frag nich immer so -glup'sch. Aber se sind doch nu mal da. Da kann man doch nischt machen. - -·Biegler· - -Was? Was? Was? - -·Struve· (zaudernd, verlegen) - -Na -- de -- de -- Diamanten. - -·Biegler· - -Die willst du am Ende --? - -·Struve· - -Die brechen wir doch jetzt jleich aus. Det is doch 'n janz reelles -Jeschäftsprinzip. Anzeigen kann uns der Olle nich mehr. Sonst blamiert -er sich. Na? - -·Biegler· - -Ach so einer bist du! Na, dann jeh man wieder zu Hause. - -·Struve· - -Du bist wohl 'n Schlamassel? - -·Biegler· - -Ich muß jetzt elfe abpfeifen. (Wild) Jeh, oder ich pack' dir ins Jenick. - -·Struve· - -Na -- denn mach's gut! ... Ick hab' mir aber sehr in dir entteischt. -Den Vorwurf kann ick dir nich ersparen! ... Äh! Is nischt mehr los -mit's menschliche Leben, nich vor und nich hinter de Mauer. - - (Ab, von Biegler gefolgt. Man hört das Tor auf- und zuschließen) - - -Siebente Szene - - _Lore._ _Biegler_ - -·Lore· - - (tritt aus der Kantinentür und lauscht nach links hin) - -Vater, bist du's? - -·Biegler· - -Ich bin's, Fräulein. - -·Lore· (freudig aufschreckend) - -Ach Sie sind's ... Haben Sie Vater nich gesehn mit -- mit -- noch einem? - -·Biegler· - -Nein. - -·Lore· - -Ach -- 'n paar Augenblicke könnt' ich Sie sprechen -- ja? - -·Biegler· - -Ich möcht' Sie ja auch noch sprechen, bevor ich ... das heißt wenn Sie -mir danken wollen etwa -- - -·Lore· - -Danken darf ich Ihnen wohl noch nich mal! Weiß Gott, Herr Biegler, ich -wollt' Ihnen so gerne helfen. Das war meine einzigste Absicht. Statt -dessen haben Sie mir geholfen. Nu helfen Sie mir auch weiter. Ich weiß -nicht aus, nicht ein. - -·Biegler· - -Was is denn nu? - -·Lore· - -Er -- war -- eben da. - -·Biegler· - -Aha ... Na, wann wird Hochzeit sein? - -·Lore· (schweigt) - -·Biegler· - -Oder will er noch immer nich? - -·Lore· - -Ja, ja, er will ... Er sagt wenigstens, er will ... In Arbeit kommt er -nich mehr zurück. - -·Biegler· - -So? Ei, ei! - -·Lore· - -Aber sobald er was andres gefunden hat, sagt er -- - -·Biegler· - -Das kann ihm ja nich fehlen. - -·Lore· - -Herr Biegler, sagen Sie mir, is denn das möglich? -- Man hungert, man -hungert nach seinem Glück, jahrelang -- und wie man's endlich hat -- -_so_, zwischen seinen zwei Händen, da is es mit einem Mal keins mehr, -da _will_ man gar nich mehr, da is man satt, satt. Satt is man. Satt. - -·Biegler· - -Wer satt is, soll nich essen. - -·Lore· - -Ich kann doch nicht »nein« sagen zu ihm ... Das is doch Wahnsinn. Da -drin schläft doch mein Lenchen. - -·Biegler· (erregt, verbissen) - -Mancher Mann wär' glücklich, Ihr Lenchen auf dem Schoß zu halten. - -·Lore· (erschrocken) - -Herr Biegler, so etwas darf ich nich denken. Das is Sünde. - -·Biegler· - -Sünde is, wenn man sich mit sehenden Augen ins Unglück stürzt. - -·Lore· - -Das sagen Sie heute, und gestern -- haben Sie Stellung und alles -- -haben Sie hingegeben -- bloß -- - -·Biegler· - -Gott weiß, wie alles kommt. - -·Lore· - -Ach, wenn ich reden dürfte! Ich glaub' ihm ja nichts mehr. Ich laure -bloß immer: Was für 'n Hintergedanken hat er nu? Mit Vater hat er im -Winkel gesessen, weit weg, damit ich nichts hören soll ... Es war da -die Rede von -- Gott, Sie wissen ja, wie Vater is. Nu hebt mich die -Angst, daß er ihm irgend was Schlimmes einredet. - -·Biegler· - -Wem kann der alte Mann denn was tun? - -·Lore· - -Vielleicht irr' ich mich auch. Ach, sagen Sie mir, was soll ich? Ich -kann ja nich mehr los von ihm. Ich bin jahrelang wie sein Hund zu ihm -gewesen. Ich kann ja nich mehr los von ihm. - -·Biegler· - -Ja, wenn Sie nich _können_. - -·Lore· - -Ach, lieber Herr Biegler, helfen Sie mir. - -·Biegler· - -Helfen! Ich weiß mir alleine nich zu helfen! - -·Lore· - -Ach, Sie sind stark. Das weiß ich seit gestern. Sie können, was Sie -wollen! Sie -- - -·Biegler· - -Hähähähä! Weil ich 'n Stein gefunden hab' zur richtgen Zeit. Ich will -_nich_ bald wieder auf 'ner dreckigen Pritsche liegen, Pennbruder -rechts, Pennbruder links -- wenn nichts Schlimmeres -- und mir die -Augen aus dem Kopf brennen vor -- -- _und muß doch_. - -·Lore· - -Sie können doch auch da gehn, wo Sie hingehören. Zu Ihresgleichen. - -·Biegler· - -Das _is_ meinesgleichen, Fräulein Lore. Irren sich nich. -- Da _gehör'_ -ich hin ... Aus _der_ Welt, wo Sie sind, da bin ich 'raus. Wo ich lebe, -da is Krätze und Fuselgestank, da spuckt man sich auf die wunden Füße, -weil man kein Geld zu Salbe hat, da verkauft man seine ewige Seligkeit -um ein gefälschtes Stück Attest. - -·Lore· - -Aber noch sind Sie doch hier. - -·Biegler· - -Schon so gut wie nich mehr. Morgen früh geh' ich weg. - -·Lore· - -Aber warum denn? Warten Sie doch ab! - -·Biegler· - -Ich wart' gar nichts mehr ab. Nichts Gutes, nichts Böses. -- Ich geh' -auf alle Fälle ... Nu sie aus meinem eigenen Munde wissen, was für -einer ich bin, nich einen Tag mehr ... Dies is bloß wie 'n schöner -Traum gewesen. Der is nu aus ... Ach, bangen werd' ich mich schon sehr -... Ja, _die Nächte_, wenn der Mondschein überall auf den Blöcken liegt -... Da -- sehn Sie, da ... Bei Tag sind sie man grau ... Aber Nachts -wie Carrara ... Manchmal bin ich so 'rumgegangen und hab' _einen_ -gestreichelt und den _andern_ gestreichelt und hab' gedacht: »Wer wird -dich mal behauen -- der Glückliche!« ... Und wenn dann erst alles ganz -still wird -- ringsum auf den Straßen, -- dann sitzt man mitten in der -Welt wie in einem schönen, warmen Mantel -- ganz ruhig und ganz -- -- -ich sagt's Ihnen schon gestern -- aber das kommt erst viel später gegen -Mor -- -- (Hält lauschend in ängstlicher Spannung inne) - -·Lore· - -Was is? - -·Biegler· - - (Man hört links Gelächter von Frauenstimmen und Singsang -- - scheinbar sich entfernend) - -Horchen Sie! Horchen Sie! - -·Lore· - -Nun ja. Da lachen 'n paar auf der Straße. Was is denn dabei? - -·Biegler· (leise) - -Das sind die Mädchen, die unter Aufsicht stehn. Die ziehen hier in -die Runde -- von elfe ab -- immer ums Straßenkarree 'rum -- bis gegen -Morgen. (In Angst) Solang ich die lachen hör', da -- - -·Lore· - -Was haben Ihnen denn die armen Weiber getan? - -·Biegler· (leise, geheimnisvoll) - -Sie is drunter. Ja, sie, sie ... die geht jetzt auch so 'rum. - -·Lore· - -Woher wissen Sie das? - -·Biegler· - -Ich hab' -- sie -- getroffen. - -·Lore· (erschrocken) - -Hier draußen? - -·Biegler· - -Ne ... Bevor ich herkam. Oben im Norden ... Wenn sie mich gesehn hätt' --- ich hab' mich bloß geschämt, weil ich so abgerissen war, sonst -- -weiß Gott, was ich jetzt schon wär' ... (Er schaudert) Ja, der Hunger -kann viel ... Na -- werden ja sehn! - -·Lore· (erschüttert) - -Aber Sie haben doch Ihren guten Willen, Sie -- - -·Biegler· - -Was is guter Wille? Mein guter Wille sind Sie gewesen, Sie und der -komische alte Mann da drin. Von jetzt ab hält mir keiner mehr die -Stange hin. Aber gedenken werd' ich's Ihnen -- bis -- ... Fräulein -Lore, es is mein letzter Dienst heute. Ich hab' die Elf-Uhr-Runde noch -nich gemacht. - -·Lore· (sich ängstlich umschauend) - -Ach -- noch -- noch -- Wenn ich bloß wüßte, wo er Vater hingeschleppt -hat ... Ich kann die Angst nich los werden, daß, daß -- -- - -·Biegler· - -Na, was denn? - -·Lore· - -Ach, nehmen Sie sich vor dem Block in acht -- dort -- ja? - -·Biegler· - -Ja, ja, der hängt locker, ich weiß ... - -·Lore· - -Und bleiben Sie wenigstens im Mondschein. Gehn Sie nich ins Finstre -- -nein? - -·Biegler· (kurz auflachend) - -Das wär' 'n richtiger Wächter, der sich vorm Finstern grault. Und heut -bin ich noch einer ... Heut bin ich noch Mensch ... Morgen munter -- -wieder 'runter -- in den Morast ... (Streckt in tiefer Bewegung die -Hand gegen sie aus) Gut soll's Ihnen gehn, Fräulein Lore ... - -·Lore· (ohne die Hand zu nehmen) - -Ja, Herr Biegler, wenn's Ihnen hier so gefällt ... Schließlich, wenn's -Ihnen die andern verzeihen, warum _müssen_ Sie denn durchaus weg? - -·Biegler· - -Wer wird _mir_ verzeihen? ... Die Steinmetzen haben ja schon beraten, -daß sie morgen zum Alten gehen werden -- und -- - -·Lore· - -Nu ja. - -·Biegler· - --- und -- - -·Lore· - -Ach, Sie denken wohl ...? Ach, Sie wissen noch gar nich ...? - -·Biegler· - -Was is da viel zu wissen? - -·Lore· - -Herr Biegler, die Steinmetzen _wollen_ morgen zum Alten gehn -- das -is richtig, aber nicht darum, was _Sie_ glauben, sondern weil sie ihm -sagen wollen, daß sie gerne mit Ihnen zusammenarbeiten werden. - -·Biegler· (verständnislos) - -Die Steinmetzen -- wollen -- dem Al-- - -·Lore· - -Ja. Weil Sie ja bewiesen haben, daß Sie vom Fach sind, und weil Ihr -Auftreten gestern ihnen so gut gefallen hat, darum soll Ihr Privatleben -keinen mehr was angehn, haben sie gesagt. - -·Biegler· - -Die Steinmetzen wollen -- die Steinmetzen wollen -- die Steinm-- -- -- -Gott, Gott, Gott! ... Die Steinmetzen wollen -- ja, warum haben Sie mir -das nich schon früher gesagt? - -·Lore· - -Sie sagten doch, Sie warten gar nichts mehr ab ... Sie gehen auf alle -Fälle. - -·Biegler· - -Wenn die Steinmetzen _wollen_, warum soll _ich_ denn --? Wenn ich -wieder -- ich soll wieder Krönel und Scharriereisen in die Hand nehmen? -... Ich soll wieder die blaue Schürze -- umbinden -- dürfen? Ich soll --- soll -- soll -- wieder die blaue Schürze ... (Heimlich, leise, in -Angst) Fräulein Lore, ich will Ihnen was anvertrauen. -- Aber -- (Legt -die Hand auf die Lippen) Ich hab' nämlich manchmal solche Anfälle -gehabt (wischt sich über die Stirn) in der Anstalt ... Das find't man -dort sehr oft ... Sind Sie ganz sicher, daß Sie das eben gesagt haben, -daß die Steinmetzen -- morgen -- dem Alten --? - -·Lore· - -Aber Herr Biegler, ja, ja! - -·Biegler· - -Und Sie glauben auch, es kann -- nichts mehr -- dazwischenkommen -- bis -morgen? - -·Lore· - -Was sollt' denn das sein? - -·Biegler· - -Nu, daß die Steinmetzen ihren Sinn ändern -- oder daß der Alte sagt: -»Nein« -- oder daß mir 'n Stein auf'n Kopf fällt -- oder, was weiß ich? - -·Lore· - - (sieht sich erschrocken nach der Treppe um, leise) - -Stein auf'n -- - -·Biegler· (lachend) - -Ach, wissen Sie, das wär' wirklich schade. Denn ich bin immer 'n -tüchtiger Arbeiter gewesen ... Ich hab' schon zwei Preise gekriegt ... -Ich bin mal vor der ganzen Innung -- bin ich öffentlich belobt worden -... Gespart hab' ich auch mal ... Ich hab' mal schon acht Mark fünfzig -pro Tag verdient ... Ich versteh' auch gut in Granit zu arbeiten. -Profile und Alles ... Granit, das wissen Sie ja, das ist das Härteste -... Dabei scheint es einem manchmal wie Gallert ... weicht einem -geradezu aus. Man kann da mit dem Spitzeisen gar nich 'ran ... da muß -man -- da muß man -- (vom Glücke überwältigt) Die Steinmetzen -- wollen --- mit mir -- -- (sinkt lachend und schluchzend auf die Bank, das -Gesicht gegen die Mauer gelehnt, leise) arbeiten -- mit mir -- arbeiten --- -- - -·Lore· - - (macht mitleidig einen Versuch, seinen Rücken zu streicheln) - -Ach Gott! (um ihn zu erwecken, ein wenig ängstlich) Herr Biegler! ... -Herr Biegler! - -·Biegler· (zu sich kommend) - -Ja, ja, ja, ja! Wo hab' ich meinen Stock -- meine Pfeife? ... Ich bin -ganz, ganz ... die Kontrolluhren hab' ich auch noch nich gestochen! -- -Heut darf ich nichts versäumen, sonst ... Hahaha -- hahahaha! Adieu, -Fräulein Lore. Ich komm' bald wieder. - -·Lore· - -Wo wollen Sie hin, Herr Biegler? - -·Biegler· - -Runde machen -- nach oben -- die Treppe 'rauf ... - -·Lore· (leise) - -Gehn Sie nich, Herr Biegler. Nich die Treppe 'rauf! - -·Biegler· - -Warum denn nich? Haben Sie immer noch Angst vor dem Block? - -·Lore· (in wachsender Angst) - -Gehn Sie nich, Herr Biegler! Wenn Sie sich freuen auf Ihr künftiges -Leben -- wenn Sie den Krönel wirklich noch mal führen wollen -- wenn -Sie -- ... _Mein Kind_ hat Ihnen das erste Willkommen gesagt, das hat -Ihnen Glück gebracht -- darum ... ach, gehn Sie nich! Gehn Sie wo -anders, aber da _nicht_! - -·Biegler· - -Fräulein Lore, Sie werden ja wohl Ihre Gründe haben -- - -·Lore· - -J, ja, ja, ja. - -·Biegler· - -Aber sein Sie ganz ruhig! Nu kann geschehn, was will! Mir tut keiner -mehr was. Jetzt nich mehr. Nee. - -·Lore· (entschlossen) - -Dann komm' ich mit. - -·Biegler· - -Gut! Kommen Sie mit. Gehn wir alle beide nachtwächtern! - -·Lore· (ruft hinauf) - -Is da einer oben? (Schweigen) - -·Biegler· - -Na sehn Sie! - -·Lore· (leise) - -Herr Biegler, wenn wir die Treppe 'raufgehn, dann fassen Sie mich mal -um den Leib. Ganz fest. - -·Biegler· - -Ich soll Sie umfassen? Das is doch nich Ihr Ernst? - -·Lore· - - (umschlingt ihn rasch, mit erhobener Stimme) - -So werden wir jetzt die Treppe 'raufgehn. Und dann wollen wir doch mal -sehen. - -·Eichholzens Stimme· (von oben) - -Wirste weg da, du -- - -·Göttlingks Stimme· - -Scht! - -·Biegler· - -Nanu! Was is denn _das_? (Er reißt sich los und springt blitzschnell -die Treppenstufen hinan. -- In demselben Augenblicke stürzt dicht -hinter ihm der Block mit Getöse herunter, prallt gegen die Stufen und -zerschellt am Boden. Eine Staubwolke wirbelt auf. Man hört oben das -ängstliche Granzen des alten Eichholz und ein Stöhnen wie von Ringenden) - -·Lore· - - (ist mit einem Schreckensruf zurückgewichen und schreit, - sinnlos vor Angst, in das Dunkel hinauf) - -Tu ihm nichts, Eduard. Ich zeig' dich an. Ich zeig' dich an. Ich zeig' -dich an. - -·Göttlingks Stimme· - -Schrei nich, du Frauenzimmer! (Man sieht seine Gestalt nach links hin -flüchten und verschwinden) - - -Achte Szene - - _Lore._ _Biegler._ _Eichholz._ Später _Zarncke._ _Marie._ _Frau - Homeyer._ _Zwei Dienstmädchen_ - -·Stimmen von der Straße her· (durcheinander) - -Was ist da los? Was is da geschehn? Da is Mord und Totschlag ... Macht -doch mal auf! ... Aufmachen! -- (Man rüttelt am Tor) - -·Biegler· - - (führt unterdessen den Alten die Treppe herab) - -Vorsicht! ... Da sind Stufen zerbrochen. -- Vorsicht! -- - -·Eichholz· (betrunken weinend) - -Ich bin unschuldig. Ich hab' nichts getan ... - -·Lore· (ihnen entgegen) - -Um Gottes willen, Vater! - -·Biegler· - - (gibt den Alten, der sich nicht aufrecht halten kann, an Lore - und ruft nach links hinübergehend atemlos) - -Was wollen Sie hier? 'n Stein is 'runtergefallen. Weiter nichts ... -Weiter is nichts. -- - -·Die Stimmen· (durcheinander) - -Nu machen Sie doch mal das Tor auf ... Wollen mal nachsehen.. -Geschwindelt wird nicht ... Aufmachen! - -·Biegler· - -Hier wird nichts aufgemacht. Gehen Sie Ihrer Wege! (Pfiffe. Gelächter. -Abgerissene Rufe. Dann allmählich Stille) - -·Eichholz· - - (der von Lore zu dem vordersten Block geführt wird, wo er sich - niedersetzt, derweilen weitergranzend) - -Ich bin nu auch 'n Mörder. Ich komm' nu aufs Schafott. - -·Zarncke· - - (hat derweilen Licht gemacht, das Rouleau hochgezogen und die - Glastür geöffnet, dann tritt er im Schlafrock auf den Balkon - hinaus) - -Was is da unten? Is da ein Unglück geschehn? - -·Lore· - - (mit flehender Gebärde zu Biegler hin) - -Ach bitte, bitte! - -·Zarncke· - -Bekomm' ich keine Antwort? - -·Biegler· - - (nach Atem ringend, mit zitternder Stimme) - -Der Oberkirchner Sandsteinblock links an der Treppe is vom Stapel -gefallen, Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Wie hat denn das passieren können? - -·Biegler· - -Er stand auf Hochkant im Flaschenzug. Da haben sich wohl die Ketten -gelockert. - -·Zarncke· - -Und was klagt der alte Eichholz so? Hat er sich verletzt? - -·Lore· - - (Angst und Erregung niederzwingend, mit geheuchelter Ruhe) - -Er hat sich wohl 'n bißchen weh getan ... Aber schlimm is es nicht, -Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Na wenn's weiter nichts is. - -·Eichholz· (wird allmählich still) - -·Frau Homeyer· - - (in Nachtjacke mit einem dunkeln Tuch darüber, ist mit zwei - Mägden hinter sich auf die Veranda hinausgetreten) - -O Gott, o Gott, o Gott, da is gewiß 'n Malheur passiert. - -·Zarncke· (herunterrufend) - -Nichts is passiert. Geht mal alle ins Haus zurück! - -·Marie· - - (die während des Vorigen in dem -- gleichfalls erhellten -- - Fenster des Wohnzimmers erschienen ist) - -Du, Lore, komm mal her zu mir. - -·Lore· (geht zu ihr) - -·Frau Homeyer· (derweilen) - -Da is sicher wieder 'n fremder Mann bei der Lore gewesen. Da möcht' ich -jeden heiligen Eid drauf schwören. - -·Zarncke· - -Na, wird's bald? - -·Frau Homeyer· (mit den Mägden ab) - -Ja, ja, ja, geh' schon. Herrgott, ja. - -·Marie· (leise) - -Was schriest du da vorhin? Und zu wem? - -·Lore· (bebend) - -Ich? - -·Marie· - -Ich war wach. Mich täuschst du nicht. - -·Zarncke· - -Mariechen. - -·Marie· - -Vaterchen? - -·Zarncke· - -Geh nu man auch zu Bett. Den Schaden können wir uns morgen besehn. Das -heißt, dem Willig werd' ich aufs Dach steigen. Haben sich wohl tüchtig -erschreckt, Biegler -- was? - -·Biegler· - - (noch immer zitternd in Erregung) - -Ach -- nich sehr -- Herr Zarncke. - -·Zarncke· - -Na denn: Gute Nacht, Kinder. - -·Lore· - -Gute Nacht, Herr Zarncke. - -·Marie· (gleichzeitig) - -Gute Nacht, Vaterchen. - -·Zarncke· - - (geht ins Zimmer zurück und schließt die Glastür) - -·Lore· (leise) - -Morgen erzähl' ich dir alles. Es is viel geschehn seit gestern. - -·Marie· - -Aber doch nur Gutes? - -·Lore· (fest) - -Ja. Weiß Gott. - -·Marie· (in wehmütiger Güte) - -Na, dann freut's mich auch. Gute Nacht. - -·Lore· - -Gute Nacht, Mariechen. - -·Marie· (schließt das Fenster. Ab) - - -Neunte Szene - - _Lore._ _Biegler._ _Eichholz_ - - (Fenster und Glastür verdunkeln sich. Die Stimmen der Straße - haben sich allmählich verloren. Mitternachtsstille) - -·Biegler· - - (sinkt, von den Folgen der ausgestandenen Erregung überwältigt, - auf die Bank und atmet schwer) - -·Lore· - -Was is Ihnen, Herr Biegler? Sind Sie ganz heil geblieben? Is Ihnen auch -nichts geschehn? - -·Biegler· - -Ich muß mich bloß -- 'n bißchen verschnaufen ... ich bin ganz ... - -·Lore· - -Aber Sie rangen doch mit ihm? Hat er Ihnen da nichts getan? - -·Biegler· - -Er hat nich mal mehr so viel Courage gehabt, seinen Dreikantigen zu -ziehn. -- Na, kommen Sie noch immer nich los von ihm? - -·Lore· - - (mit einer wilden Gebärde des Befreitseins) - -Ach! - -·Biegler· - -Ja. Dem sein Hund sind Sie _gewesen_, scheint mir. - -·Lore· - -Und meinen alten Vater so zu -- der Schuft! ... Vater! Du mußt zu Bett -gehn, Vater! - -·Eichholz· - - (antwortet nicht, atmet tief im Schlafe) - -·Lore· - -Gott! -- Nu sehn Sie bloß! - -·Biegler· - -Schläft er am Ende? - -·Lore· - -_Dem_ werden Sie doch nichts nachtragen? - -·Biegler· - -Wenn er mir nichts nachträgt. Hahaha. - -·Lore· - -Herr Biegler! - -·Biegler· - -Was, Fräulein Lore? - -·Lore· - -Ich kann nichts sagen -- mir ist das Herz so -- ich kann nicht ... - -·Biegler· - -Aber die Hand können Sie mir geben. (Streckt ihr die Hand entgegen) -Wenn die nu wieder rein wird, dann sind Sie schuld. - -·Lore· - - (weist kopfschüttelnd nach dem Balkon) - -Unser Alterchen da oben is schuld. - -·Biegler· (seine Hand in der ihren) - -Ja, wie's auch wird, dem wollen wir danken ... Scht! ... Schlägt's da -nich zwölfe? (Man hört die ferne Turmuhr schlagen) Wahrhaftig! Nu muß -ich aber wirklich mal Runde machen und abpfeifen ... Sonst bin ich ja -gar nich wert, daß ... (Lacht leise und glücklich) Gute Nacht, Fräulein -Lore! - -·Lore· - -Gute Nacht, Herr Biegler. - -·Biegler· (am Fuß der Stufen) - -Na, nu kann ich ja wohl ruhig die Treppe 'rauf? - -·Lore· - -_Der_ kommt nie wieder. -- - -·Biegler· (von den Stufen her) - -Gute Nacht! - -·Lore· - -Gute Nacht. - -·Biegler· (verschwindet nach rechts) - -·Lore· - -Vater! ... Nu mußte aber wirklich schlafen gehn, Vater. (Der Alte rührt -sich nicht. Man hört Biegler dreimal kurz pfeifen) Vater, hörst du, wie -er pfeift? (Biegler pfeift -- wieder von weiter her) Vater, das Glück -pfeift! Das Glück pfeift! (Sie sinkt schluchzend vor dem Alten nieder, -das Gesicht an seinem Knie verbergend. Der Alte schläft fort. -- Das -Pfeifen Bieglers tönt leiser, je weiter er sich entfernt) - - (_Der Vorhang fällt langsam_) - -[Illustration] - - - - - +----------------------------------------------------------------+ - | Anmerkungen zur Transkription | - | | - | Inkonsistenzen wurden beibehalten, wenn beide Schreibweisen | - | gebräuchlich waren, wie: | - | | - | anderen -- andern | - | besehen -- besehn | - | danach -- darnach | - | Gehen -- Gehn | - | sehen -- sehn | - | | - | Interpunktion wurde ohne Erwähnung korrigiert. | - | Im Text wurden folgende Änderungen vorgenommen: | - | | - | S. 31 »teilnahmlos« in »teilnahmslos« geändert. | - | S. 66 »austapenzieren« in »austapezieren« geändert. | - | S. 71 »verschüchert« in »verschüchtert« geändert. | - | S. 76 »pike-pikefeiner« in »pikefeiner« geändert. | - | S. 130 »umso« in »um so« geändert. | - | S. 156 »der Lore von« in »der von Lore« geändert. | - | | - +----------------------------------------------------------------+ - - - - - -End of Project Gutenberg's Stein unter Steinen, by Hermann Sudermann - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK STEIN UNTER STEINEN *** - -***** This file should be named 62132-8.txt or 62132-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/6/2/1/3/62132/ - -Produced by Peter Becker and the Online Distributed -Proofreading Team at https://www.pgdp.net (This file was -produced from images generously made available by The -Internet Archive) - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. 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You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Stein unter Steinen - -Author: Hermann Sudermann - -Release Date: May 14, 2020 [EBook #62132] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK STEIN UNTER STEINEN *** - - - - -Produced by Peter Becker and the Online Distributed -Proofreading Team at https://www.pgdp.net (This file was -produced from images generously made available by The -Internet Archive) - - - - - - -</pre> - - - -<p class="center p6 big200">Stein unter Steinen</p> - - -<p class="pagebreak center"> -Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger<br /> -Stuttgart und Berlin</p> - -<p class="center big200"> -<span class="u">Hermann Sudermann:</span></p> - - -<div class="center"> -<table border="0" cellpadding="4" cellspacing="0" summary="Bücher von Hermann Sudermann"> -<tr><td align="left"></td><td align="left">Geheftet</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Im Zwielicht.</b> Zwanglose Geschichten. 30. Aufl.</td><td align="left" valign="bottom">M. 2.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Frau Sorge.</b> Roman. 83. bis 87. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 3.50</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Geschwister.</b> Zwei Novellen. 27. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 3.50</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Der Katzensteg.</b> Roman. 61. bis 65. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 3.50</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Jolanthes Hochzeit.</b> Erzählung. 27. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 2.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Es war.</b> Roman. 38. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 5.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Die Ehre.</b> Schauspiel in 4 Akten. 32. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 2.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Sodoms Ende.</b> Drama in 5 Akten. 23. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 2.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Heimat.</b> Schauspiel in 4 Akten. 34. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 3.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Die Schmetterlingsschlacht.</b> Komödie in 4 Akten 9. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 2.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Das Glück im Winkel.</b> Schauspiel in 3 Akten 15. und 16. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 2.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Morituri:</b> Teja. Drama in 1 Akt. — Fritzchen. Drama in 1 Akt. — Das Ewig-Männliche. Spiel in 1 Akt. 17. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 2.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Johannes.</b> Tragödie in 5 Akten und 1 Vorspiel. 28. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 3.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Die drei Reiherfedern.</b> Dramatisches Gedicht in 5 Akten. 14. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 3.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Johannisfeuer.</b> Schauspiel in 4 Akten. 20. Aufl.</td><td align="left" valign="bottom">M. 2.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Es lebe das Leben.</b> Drama in 5 Akten. 20. Aufl.</td><td align="left" valign="bottom">M. 3.—</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Der Sturmgeselle Sokrates.</b> Komödie in 4 Akten. 15. Auflage</td><td align="left" valign="bottom">M. 2.—</td></tr> -</table></div> -<p class="center"> -Die vorstehend verzeichneten Werke sind auch gebunden zu beziehen<br /> -<br /> -Preis für den Einband:<br /> -<br /> -in Leinen 1 Mark, in Halbfranz 1 Mark 50 Pf.<br /> -</p> - - - - -<h1 class="pagebreak">Stein unter Steinen</h1> - -<p class="center p4">Schauspiel in vier Akten</p> - -<p class="center">von</p> - -<p class="center p2 big140">Hermann Sudermann</p> - -<p class="center p2">Elfte Auflage</p> - -<div class="figcenter p4" style="width: 130px;"> -<img src="images/signet.png" width="130" height="125" alt="Signet" /> -</div> - -<p class="center p2">Stuttgart und Berlin 1905</p> - -<p class="center">J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger -</p> - - -<p class="pagebreak"><span class="pagenum"><a name="Seite_4" id="Seite_4">[S. 4]</a></span></p> - - -<p class="center p6"><span class="antiqua">Copyright, 1905, by Hermann Sudermann</span></p> - -<p class="center">Alle Rechte vorbehalten</p> - - -<p class="center p6">Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart</p> - -<hr class="chap" /> - -<p class="pagebreak"><span class="pagenum"><a name="Seite_5" id="Seite_5">[S. 5]</a></span></p> - - - - -<h2 class="left">Personen</h2> - - - -<div class="left"> -<table border="0" cellpadding="4" cellspacing="0" summary="Personen"> -<tr><td align="left" colspan="3"><b>Zarncke</b>, Steinmetzmeister.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><b>Marie</b>, seine Tochter.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><b>Frau Homeyer</b>, Wirtschafterin bei Zarncke.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><b>Jenisch</b>, Buchhalter.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><b>Eichholz</b>, Nachtwächter auf dem Werkplatz.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><b>Lore</b>, seine Tochter.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><b>Lenchen</b>, deren Kind.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><b>Willig</b>, Polier.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><b>Göttlingk</b>, Steinmetz.</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Jakob Biegler</b>.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><b>Reitmaier</b>, Kriminalkommissar.</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Lohmann</b>,</td><td align="left">}</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Sprengel</b>,</td><td align="left">}</td><td align="left">Arbeiter.</td></tr> -<tr><td align="left"><b>Struve</b>,</td><td align="left">}</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3">Bildhauer, Steinmetzen, Arbeiter.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3">Mehrere Frauen und Kinder.</td></tr> -<tr><td /></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><span class="gesperrt">Ort der Handlung</span>: Berlin.</td></tr> -<tr><td align="left" colspan="3"><span class="gesperrt">Zeit der Handlung</span>: die Gegenwart.</td></tr> -<tr><td /></tr> -</table></div> - -<div style="clear: both;" /> - -<p class="center">Zwischen dem ersten und dem zweiten Akt liegen drei Wochen, -zwischen den folgenden Akten liegt je ein Tag.</p> - -<p class="pagebreak"><span class="pagenum"><a name="Seite_6" id="Seite_6">[S. 6]</a></span></p> - -<div class="figcenter p6" style="width: 150px;"> -<img src="images/006_deco.png" width="150" height="55" alt="" /> -</div> - - -<p class="pagebreak"><span class="pagenum"><a name="Seite_7" id="Seite_7">[S. 7]</a></span></p> - - - - -<h2>Erster Akt</h2> - -<p class="directive1">Wohnstube bei Zarncke. In der Mitte des Hintergrundes Tür -nach dem Hausflur. Auf der linken Seite Tür nach Wirtschaftsräumen. -Auf der rechten Seite ein breites Fenster nach -dem Werkplatz führend. Davor, um eine Stufe erhöht, ein -Podium mit bequemem Lehnstuhl und Tischchen. Links vorne -ein Sofa mit Sofatisch und Sesseln. Im Hintergrunde links -von der Tür ein Tischchen mit Wandkonsole darüber, rechts -von der Tür ein Bücherschrank. Altväterisch-behagliche Ausstattung. -Stahlstiche, Photographien, gestickte Sinnsprüche an -den Wänden. Pfeifenständer, Zigarrenschränkchen, Bauer mit -Kanarienvogel etc. etc.</p> - - -<h3>Erste Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Zarncke.</span> <span class="gesperrt">Marie.</span> <span class="gesperrt">Jenisch</span><br /> -</p> - - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(Sechziger, mittelgroß, stark ergraut. Bartfunzeln auf den Backen. Gutmütig-vergnügte -Äuglein. Sprechweise — mit Anklängen ans Niederdeutsche -— weich, bisweilen harmlos polternd, voll stillen Grüblersinnes)</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(Ende der Zwanzig, klein, bucklig. Fahle Krankheitsfarbe. Zwei schöne -Augen voll wehmütig-lachender Güte. Gequetschte Sprache, bisweilen durch -schweres Atmen unterbrochen. Bewegungen tastend, unsicher)</p> - -<p class="actor"><b>Jenisch</b></p> - -<p class="directive2">(behaglicher, beschränkter Zahlenmensch)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(mit Jenisch eintretend)</i></p> - -<p>Na, Miezelchen?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_8" id="Seite_8">[S. 8]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(die im Lehnstuhl sitzt, aufleuchtend)</p> - -<p>Vaterchen! <i>(Will aufstehen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sitzen bleiben! Sitzen bleiben! <i>(Tritt zu ihr hin und küßt -sie auf die Stirn)</i> Läßte dir die Maisonne in 'n Magen -scheinen? Das is recht ... Na, Jenisch, was haben Sie da!</p> - -<p class="actor"><b>Jenisch</b></p> - -<p>Die neuen Sandsteinproben aus den Knauerschen -Brüchen, Herr Zarncke. <i>(Reicht ihm die kleinen Blöcke)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(kratzt an den Rändern)</i></p> - -<p>Schreiben Sie man den Leuten, mein Kontorbedarf -an Streusand sei vorläufig noch gedeckt.</p> - -<p class="actor"><b>Jenisch</b> <i>(lacht respektvoll)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Zweite Post?</p> - -<p class="actor"><b>Jenisch</b></p> - -<p>Jawohl. <i>(Reicht ihm ein Paket Geschäftsbriefe)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(setzt sich an den Tisch und läßt die Kuverts durch die Hand gleiten)</p> - -<p>Nischt — nischt — nischt. <i>(Ein Kuvert öffnend)</i> Machen -wir. <i>(Ein zweites)</i> Machen wir desgleichen. »Verein zur -Besserung entlassener Strafgefangener«. Möchten sie mir -mal wieder einen andeichseln? ... Na, wollen mal sehn ... -<i>(Legt das Kuvert beiseite und schiebt Jenisch die anderen Briefe hin)</i> -Zurück zur Beantwortung! ... Und wenn die Leute von -der Polizei kommen wegen heute nacht — das sag' ich -besser draußen. <i>(Zu Marie)</i> Verzeih mal! <i>(Öffnet das Fenster.</i><span class="pagenum"><a name="Seite_9" id="Seite_9">[S. 9]</a></span> -<i>Das klingende Geräusch der Meißelschläge, das Klirren der Flaschenzugketten, -das Quietschen der Windewagen wird hörbar)</i> Sie da! Willig! -Polier! <i>(Lauter)</i> Polier!</p> - -<p class="actor"><b>Stimme des Poliers Willig</b></p> - -<p>Jawohl, Herr Zarncke!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wenn die Leute vom Kriminal kommen, lassen Sie -sie gleich aufs Kontor führen. Ich will nicht, daß sie mir -den Platz rabiat machen mit ihrem dummen Gefrage.</p> - -<p class="actor"><b>Stimme Willigs</b></p> - -<p>Jawohl, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(nachahmend)</i></p> - -<p>Jawohl, Herr Zarncke. <i>(Schließt das Fenster, das Geräusch -hört auf)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p><em>Mußtest</em> du's denn anzeigen, Vaterchen?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ja, das frag' ich mich auch. Aber ich kann mir doch -nicht zu nachtschlafender Zeit in meinen Magazinschlössern -rumpulen lassen. Womöglich noch »Schön Dank« sagen ... -Hören Sie mal, Jenisch, euch auf'm Kontor geht's ja -eigentlich nischt an, aber wie denken Sie über den alten -Eichholz?</p> - -<p class="actor"><b>Jenisch</b></p> - -<p>Ja, Herr Zarncke, wir meinen, er wird sich nich mehr -lange halten lassen. Als Wächter.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, als was denn sonst?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_10" id="Seite_10">[S. 10]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Jenisch</b></p> - -<p>Das weiß ich ja nich.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sinekuren gibt's nich bei mir auf'm Platz. Selbst -mein Kanarienfritze hat sein Geschäft. Wenn der nich -singt, dreh' ich ihm den Hals um.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(lächelnd)</i></p> - -<p>Na, na.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Was ist hier zu na-na-en! <i>(Zärtlich)</i> Du — hä?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(lacht)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Der Alte hat seine dreißig Dienstjahre. Hat 's Geschäft -groß werden sehen ... Wird mir schwer! <i>(Pause)</i> -Abends, wenn er elfe gepfiffen hat, setzt er sich friedfertig -auf einen Block, und dann sägt er los. <i>(Ahmt einen Schnarchton -nach)</i> Und derweilen pulen mir die Herren Einbrecher -in den Schlössern rum. Mir schwant so was, min Döchting, -diese Instituschon is nich das richtige.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(lacht)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Also, Jenisch, ziehn Sie sich tapfer zurück.</p> - -<p class="actor"><b>Jenisch</b> <i>(lachend)</i></p> - -<p>Adieu, Fräulein Mariechen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Adieu, Herr Jenisch.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_11" id="Seite_11">[S. 11]</a></span></p> - - -<h3>Zweite Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Zarncke. Marie</span> -</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Dabei weiß ich genau, wer's gewesen is.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Am Ende gar der — —?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na natürlich.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(lachend)</i></p> - -<p>Du weißt ja noch gar nicht, wen ich meine.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p><em>Du</em> meinst den Struve. Und <em>ich</em> mein' den Struve. -Und draußen auf dem Platze meinen sie <em>auch</em> den Struve. -Aber weil sie mich nich blamieren wollen, tun sie, als -hätten sie keinen Dunst ... Wozu hab' ich nu mal den -Besserungspuschel? ... Wenn ich das Luder jetzt nich -wieder raushaue, kriegt er zehn Jahre.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Um Gottes willen!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Fünfmal vorbestraft ... Davon zweimal mit Zuchthaus. -Billiger tun sie's da nich ... Und so 'ne Seele -von Mensch. Als die Steinmetzen neulich für den brustkranken -Emil sammelten — wo er doch als Arbeiter eigentlich -gar nischt mit zu tun hat — Wochenlohn blank auf -den Tisch gelegt. Und muß mausen! ... Nämlich die<span class="pagenum"><a name="Seite_12" id="Seite_12">[S. 12]</a></span> -Diamantsplitter in den neuen Zahnsägen haben's ihm -angetan. Macht er dem Polizeimann dieselbe wehmutsvolle -Gaunerschnauze, die er mir heute gemacht hat, dann -sitzt er schon im Kittchen ... Ach, was hat man für'n -Kreuz mit diesen Kerls! Immer wieder saust man rin.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Na, manchmal auch nicht.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Hm! Der Auschwitz war gut. Dem Blankmann hab' -ich das Leben gerettet. Der Thiele hat sogar Karriere -gemacht. Aber — nee! — nu Schluß! — Ich nehm' nu -nich <em>einen</em> mehr, den mir der Verein zuschanzt.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Na, na!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Mariechen, ich schwör' es dir. <i>(Das Kuvert aufnehmend)</i> -Und wenn dies hier — ein Lämmlein is, mit Zucker bestreut, -ich tu's nicht. <i>(Das Kuvert aufreißend)</i> Wollen mal -gleich sehn!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Weißt du, Vaterchen, dann lies lieber nicht. Nachher -ist es ein interessanter Fall, und dann —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Kann's auch ungelesen zurückschicken. <i>(Unschlüssig)</i> -Aber — — — du, klingel mal, daß die Homeyer mir -das Frühstück bringt.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(klingelt)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_13" id="Seite_13">[S. 13]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(die Papiere musternd, die in dem Kuvert stecken)</p> - -<p>Da is nu ein ganzes Schicksal drin.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(bittend)</i></p> - -<p>Vaterchen, mach dir das Herz nicht schwer. Lies -lieber nich.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Man soll zwar keinen von seiner Türe weisen. Na, -wie du meinst. <i>(Legt das Kuvert hin)</i></p> - - -<h3>Dritte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen. Frau Homeyer</span> -</p> - -<p class="directive2">(Frau Homeyer, kraftvolle, hübsche Person, zu Anfang der dreißig. Energische -Bewegungen. Haare kokett gelockt, mit einem Stich ins Gemeine)</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p class="directive2">(die Frühstückstablette mit belegten Brötchen und einer Rotweinflasche -hereintragend)</p> - -<p>Schönen guten Morgen wünsch' ich.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wir haben uns ja heut schon gesehn, Homeyerchen.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Wenn auch. Ich sag' noch mal »Guten Morgen«. -Das ziemt sich für mich. <i>(Auf die Tablette weisend)</i> Is alles -gut so?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Hm. Fein.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Fräulein Mariechen, was möchten Sie?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_14" id="Seite_14">[S. 14]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Danke. Danke.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Is Ihnen heute wieder nich ganz frisch?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Doch. Doch.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Nu sagen Sie doch. Ich will doch sorgen für Sie. -Ich kann mir gar nich genug tun für Sie.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ja, ja, Sie sind eine Perle.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Herr Zarncke, ich kümmre mich um keinen Menschen -sein Lob. Ich bin eine ehrbare Witwe. Wer so viel Leid -durchgemacht hat im Leben, wie ich — ach ja!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ihr vieles Leid is Ihnen aber ganz gut bekommen, -hören Sie mal.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Ach ja. Ich hab' mir ganz gut konserviert.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Und dann so die ehrbare Lebensweise.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b> <i>(seufzend)</i></p> - -<p>Ja, ja.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_15" id="Seite_15">[S. 15]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Hören Sie mal, Kindchen, noch eine Frage: Haben -Sie vielleicht irgend was gehört, heute nacht?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Ja. Gehört hätt' ich wohl so einiges. — Schritte -und so.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Warum haben Sie denn nichts davon gemeldet?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Hat mich ja keiner gefragt. Außerdem: ich geb' keinen -an. Ich misch' mich nich in fremde Sachen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>So — das sind fremde Sachen für Sie?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Gott! Wo hab' ich denn gedacht, daß es gleich Einbrecher -sind?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, was denn sonst?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Ich hab' gedacht: es is eben Frühling, — da werden -die Mannsleute doll —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Und die Weibsleute auch.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Von mir können Sie so was nich sagen, Herr Zarncke. -Von dem Tage an, daß mein armer sel'ger Mann —</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_16" id="Seite_16">[S. 16]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Scht, scht, scht! <em>Wenn</em>, dann würd's auch nichts ausmachen. -Na — und?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Und der alte Eichholz schläft natürlich. <i>(Mit Betonung)</i> -Und die Tochter schläft eben auch. Nu ja.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ach so! Das geht gegen die Lore!</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Ich hab' nichts gesagt. Ich misch' mich in gar nichts. -Laß das Fräulein Lore tun, was sie will. Es braucht -nich jede so'n Wandel zu haben, wie ich. Aber schließlich -läuft auf dem Werkplatz 'n kleines Mädchen rum. Vater -unbekannt.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Der Vater ist nicht unbekannt.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Ach ja, man nennt ja wohl so gewisse Namen. — -Warum heiratet er sie denn nich?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Das geht mich nichts an. Und Sie auch nicht ... -Was hast du, Mariechen?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(die mit geschlossenen Augen in den Sessel zurückgesunken ist)</p> - -<p>Nichts, Vaterchen. Du weißt ja. Mir wird manchmal -so grasgrün.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_17" id="Seite_17">[S. 17]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p class="directive2">(die eilig ein Glas Wasser gefüllt hat)</p> - -<p>Glas Wasser, Fräulein Mariechen? Glas Wasser?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(trinkt — matt)</i></p> - -<p>Danke schön.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Sonst noch Wünsche? ... Nein. <i>(Da niemand antwortet, -ab)</i></p> - - -<h3>Vierte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Zarncke. Marie.</span> Später <span class="gesperrt">Lenchen</span><br /> -</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Miezelchen!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Verzeih schon, Vaterchen. Es ist wohl der Frühling. -Der macht einem Kopf und Glieder so schwer.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ja, ja, es is der Frühling ... Selbst ich alter Knochen -spür' ihn. Willst nich was essen? Wart, ich bring' dir. Der -Doktor hat gesagt, du sollst eine sitzende Lebensweise -führen, also führe du eine sitzende Lebensweise. <i>(Setzt den -Teller vor sie hin und nimmt ein Brötchen)</i> Ganz lecker! Magst -du das Frauenzimmer eigentlich?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Ach Gott!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_18" id="Seite_18">[S. 18]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ich hab' sie so lieb, weil sie mich so hübsch anschwindelt. -Bißchen Kuddelmuddel muß sein um einen 'rum, sonst -weiß man gar nich, daß man lebt ... Jetzt läuft sie auch -hinter dem Göttlingk her. Darum der Haß auf die -Lore ... Ja, der Frühling! ... Und mit dem Arbeiten -gar da geht's bei allen nich ... Sie pfeifen die Sonne -an, und wenn sie Mittags auf den zwei Richtscheiten -liegen, dann sind sie nich hochzukriegen. <i>(Seufzend)</i> Junges -Volk! ... Übrigens, du! Zu der Amsel auf dem Kantinendach -hat sich ein Weibchen gefunden.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(freudig)</i></p> - -<p>Ach! Gott sei Dank. Dann wird sie sich nich mehr -die Seele aus dem Leibe schreien ...</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Andere Leut' schweigen sich die Seele aus dem Leibe.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(betroffen)</i></p> - -<p>Wie meinst du das?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, is doch so ... Schadt nischt! Sein Geheimfach -hat jeder. —</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(hinaushorchend, ruft)</i></p> - -<p>Lenchen! <i>(Sie öffnet das Fenster, der Lärm des Werkplatzes dringt -herein, wie vorhin)</i> Lenchen!</p> - -<p class="actor"><b>Die Stimme Lenchens</b> <i>(jubelnd)</i></p> - -<p>Tante Mariechen!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_19" id="Seite_19">[S. 19]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Komm ans Fenster! Komm!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Tante nennt sie dich?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Soll sie nicht, Vaterchen?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ja, ja. Kommt auf eins 'raus.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Na, kletter hoch!</p> - -<p class="actor"><b>Lenchens</b></p> - -<p class="directive2">(Kopf erscheint in der Fensteröffnung)</p> - -<p>Tag, Tante Mariechen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Klettre, Katz! Klettre!</p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b></p> - -<p>Mußt helfen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(da Marie eine Bewegung macht, rasch)</p> - -<p>Nicht du! Ich, ich! <i>(Zieht das Kind durch das Fenster herein -und setzt es auf den Boden)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b></p> - -<p class="directive2">(die Arme um Mariens Knie schlingend)</p> - -<p>Tante Mariechen! Tante Mariechen!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_20" id="Seite_20">[S. 20]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(sie herzend)</i></p> - -<p>Willst 'n Bonbon oder 'ne Butterstulle?</p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b></p> - -<p>Butterstulle.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(gibt ihr ein zusammengeklapptes Butterbrot)</p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b></p> - -<p class="directive2">(setzt sich ihr zu Füßen auf die Stufe des Podiums und ißt unbekümmert)</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Und das soll nun 'ne Schande sein — so ein Engelskind!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Hättst wohl gern so 'n Stückchen Schande an dir?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(inbrünstig)</i></p> - -<p>Ach so gerne, Vaterchen, so gerne!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Tja! Vielleicht gibt sie's dir!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>So was zu fordern, hätt' ich nicht das Herz. <i>(Streichelt -die Kleine und spricht leise zu ihr)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Tja! <i>(Geht an den Tisch, trinkt ein Glas Rotwein, sieht verstohlen -nach Marie, nimmt das Kuvert, reißt die Papiere heraus und beginnt zu -lesen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(sieht es, lächelt und macht sich von neuem mit der Kleinen zu schaffen)</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_21" id="Seite_21">[S. 21]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(murmelnd)</i></p> - -<p>Zu mir will der Mensch? Warum will der Mensch -gerade zu mir? <i>(Steckt die Papiere heimlich ins Kuvert zurück und -geht erregt im Zimmer umher)</i> Was kann man da machen? Was —</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(bittend)</i></p> - -<p>Vater!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Was denn?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Allen hilfst du! Jeder Verbrecher kann zu deiner -Türe kommen. Hilf doch auch dem Kinde!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ja, leicht gesagt! ... Wie?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Rede mit Göttlingk wegen Lore.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ich <em>hab</em>' mit ihm geredet. Zwingen kann ich ihn -nicht.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Erst wollt' er noch auf die Wanderschaft. Fünf Jahre -ist er weg gewesen. Als Herr ist er wiedergekommen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Herr? ... Künstler! Künstler is er geworden. Dieser -wüste Kerl kann mehr als ... Seinethalben braucht' ich -gar keine Bildhauer mehr. Den schwierigsten Auftrag kann -ich annehmen, seit er da ist.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_22" id="Seite_22">[S. 22]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Vater, sprich mit ihm. Nun wird sie auch noch den -Schmerz erleben mit dem Alten. Ich mag das Elend -nicht mehr mit ansehn.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Er sagt, er kann noch nicht. Er hat noch Höheres vor.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Je Höheres er vorhat, desto schlechter wird sie ihm.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Komm' ich ihm grob, dann wirft er mir den Meißel -vor die Füße. Na und dann? ... Weißt du: Sprich du -mit ihm.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(erschrocken)</i></p> - -<p>Ich? ... Nein, nein, nein.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Warum nicht?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Vaterchen — das — kann ich nicht.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Siehst du. Man kann manches nicht. <i>(Es klopft)</i> -Herein.</p> - - -<h3>Fünfte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen. Eichholz</span><br /> -</p> - -<p class="directive2">(Eichholz: Ende der Sechzig, knickbeinig, würdevoll-finster, mit militärischem -Anflug, alter Schwadroneur, fast weißes, buschiges Haar, Rundbart mit -ausrasierter Oberlippe, Bratenrock mit Ordensschnalle und eisernem Kreuz)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na Eichholz! Ausgeschlafen?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_23" id="Seite_23">[S. 23]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b> <i>(ihm entgegen)</i></p> - -<p>Großvaterchen! Großvaterchen!</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(will sie nicht sehen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Pscht! Lenchen! Komm her! Großvater hat keine -Zeit. <i>(Sie beginnt zu sticken. Das Kind spielt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Nja.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Und so feierlich! Was is denn los?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Herr Zarncke — ich möchte — freundlichst — um -meine Entlassung gebeten haben.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(mit Marie einen erfreuten Blick wechselnd)</p> - -<p>Sieh mal an!</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Denn ich habe nämlich in Erfahrung gebracht — daß -die Steinmetzen behaupten — <em>wollen</em>, daß ich gewissermaßen -— meines Amtes nicht mehr gewachsen bin.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>So?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Denn im Punkte des Ehrgefühls, da laß ich mir nicht -drankommen. Und wenn die Steinmetzjungens sich die -Schnauze verbrennen, damit, daß sie nicht wissen tun,<span class="pagenum"><a name="Seite_24" id="Seite_24">[S. 24]</a></span> -was ein gewissenhafter Mann ist, und was ein sehr tauglicher -Mann ist —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Nu kohlt er wieder.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Und was ein königstreuer Mann ist ... Und wo ich -mir habe in Ihrem Dienste lädiert, daß ich mir habe nämlich -die Schulterblattmuskeln ausgefallen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ich weiß, ich weiß, ich weiß.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Und wo ich da immer noch ein wollenes Fellchen, wie -man so sagt, ein Puschemauchen, drum herumtrage, wegen -den Reimantismus, wo ich mir auch im Dienste geholt habe.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ja — so Nachts auf dem kalten Stein schl— <i>(sich rasch -verbessernd)</i> sitzen — sitzen, das hält der Kräftigste nicht aus.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ich? Sitzen? ... Sitzen? Ich — Nachts? Nu sagen -Sie bloß noch, Herr Zarncke, ich hab' auch die Augen zugemacht, -dann kann ich ruhig jehn, mir aufhängen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, na, na. Sagt ja keiner. <i>(Zu Marie)</i> Was fängste -da an?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Wo ich doch schon Kummer genug hab' — mit meine -Tochter — und hier mit — diese — diese — Mestize.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_25" id="Seite_25">[S. 25]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(hebt erstaunt den Kopf)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wieso Mestize?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Nu, was ein ungebührliches Kind is — 's is ja schlimm, -daß man das selber sagen muß, — aber das is doch nich -anders, das is doch eine Mestize.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ach, Sie haben wohl ein Indianerbuch gelesen?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ja, so Sonntagnachmittag, wenn ich 'n freien Momang -habe, dann les' ich wohl sehr gerne in de Indianerbiecher.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Nu hören Sie mal, lieber Eichholz, alter Kriegskamerad, -wie wär's, wenn Sie sich mal 'n bißchen mehr -Ruhe gönnten?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ja, ich bin aber ausgeschlafen so gegen zehne.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(leise zu Marie)</i></p> - -<p>Kunststück! ... Nein, nein, ich meine zur Nachtzeit, -Eichholz.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ja, wenn man das so ginge, Herr Zarncke. Aber -was 'n gewissenhafter Wächter is und 'n tauglicher Wächter -is, der hat Ohren, sag' ich Ihnen, der hört den Maulwurf -graben zur nächtlichen Stunde, sag' ich Ihnen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_26" id="Seite_26">[S. 26]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Aber von Einbrechern haben Sie heute nacht nichts -gehört — hä?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Hähähähä! Da lach' ick äwwer.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(ernst)</i></p> - -<p>Heute nacht ist nämlich eingebrochen worden, Eichholz.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(gekränkt)</i></p> - -<p>Fangen Sie nu auch so an, Herr Zarncke, wie die -Steinmetzjungens?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(ernst)</i></p> - -<p>Ich muß wohl, Eichholz.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(versteht, fassungslos)</i></p> - -<p>Ach so! <i>(Sein Gesicht verändert sich)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(bittend)</i></p> - -<p>Nu sehn Se mal, alter Freund. Sie gehn auf die -Siebzig. Nu schlafen Sie sich doch mal ordentlich aus. -Im Bett. Verstehen Sie. Im ordentlichen Bett.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(kläglich)</i></p> - -<p>Ich kann gar nich im Bett schlafen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Dann werd' ich Ihnen einen schönen, harten Granitblock -in Ihre Schlafkammer schaffen lassen ... damit Sie -Ihre Bequemlichkeit haben ...</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(brütend)</i></p> - -<p>Nja.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_27" id="Seite_27">[S. 27]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Und Not sollen Sie auch nich leiden. Ich setz' Ihnen -'ne Pension aus ... Können auch wohnen bleiben ... -Bei Tag schustern Sie 'n bißchen oder läuten die Pausen -ab oder helfen Ihrer Tochter in der Kantine.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Und gewöhn' mir das Saufen an.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sie werden doch nich.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Herr Zarncke, ich bin ein Mann — hochgeehrt — ich -hab' anno 70 immer mit am Offezierstisch gegessen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, na.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ja ... Ich bin nie 'n Fettschmecker gewesen und 'n -Saufjee, ich hab' noch nich mal 'n Stückschen Käse ins -Schnapsglas getunkt.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Schmeckt ja auch gar nich.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Das is nu Ansichtssache, Herr Zarncke ... Aber -wenn man in eine so lausige Beschaffenheit versetzt wird, -daß das Ehrgefühl im Menschen so sehr gekränkt wird, wo -man doch von seinem redlichen Schustergewerbe nichts -mehr übrig hat wie 'n paar Lederabfälle und zehn steifgewordene -Finger ... und ehe man so'ne Schandpanksjohn -annimmt ...</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_28" id="Seite_28">[S. 28]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sie sind ja ein ganz beißiges altes Vieh, hören -Sie mal ...</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ich ... ich ... hab'... ich ... <i>(Würgt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, na, Eichholzchen ... Nu si doch man wedder -good, min Sähn.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(befehlshaberisch)</i></p> - -<p>Lenchen!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(ängstlich)</i></p> - -<p>Nein, nein, das Kind bleibt hier.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ich und Lenchen — wir gehn jetzt aus'm Haus.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wenn Sie aus dem Hause gehen wollen, Eichholz, -dann kann ich nichts dagegen haben — das heißt, Sie -werden sich ja noch anders besinnen —</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Na, glauben Sie, geehrter Herr, ich werd's mit ansehn, -daß irgend so ein hergelaufener Sch — Schlump -jetzt sagen kann, ich bin dem weggejagten Alten da — sein -Nachfolger. Das — nee — nee — nee! Ich hab' noch -'ne kleine Nachrechnung, Herr Zarncke. Wegen ein paar -reparierte Absätze, die schenk' ich Ihnen, Herr Zarncke. Ich -arbeit' nich mehr für Sie ... Guten Morgen, Herr -Zarncke. <i>(Ab)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_29" id="Seite_29">[S. 29]</a></span></p> - - -<h3>Sechste Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Zarncke. Marie. Lenchen. Später Lore</span><br /> -</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(verzweifelt)</i></p> - -<p>Na — nu is er rabiat. Nu geht er sausen. —</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Du warst milde genug, Vaterchen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ja, wenn's Maschinen wären. Aber jeder is 'n -Mensch. Jeder hat sein Schicksal.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>In sich, Vater.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wenn das wahr wäre, dann wär' ich nicht schon so -vielen ihr Schicksal gewesen ... In sich! ... Spreu sind -wir im Winde. Es kommt nur drauf an, von wo er bläst ... -Na — vielleicht kann man's an einem andern wieder gutmachen. -<i>(Nimmt die Papiere)</i> Da wird heute einer kommen. -So einen hatten wir noch nicht.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Was hat er denn pekziert?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Frag nicht. Nachher drückt's dich.</p> - -<p class="actor"><b>Lores Stimme</b> <i>(draußen rufend)</i></p> - -<p>Lenchen! Lenchen!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_30" id="Seite_30">[S. 30]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b> <i>(aufhorchend)</i></p> - -<p>Das is Mama. Ich will zu Mama.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(das Fenster öffnend, durch das diesmal kein Geräusch hereindringt)</p> - -<p>Das Kind is bei mir drin, Lore.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(nach der Uhr sehend)</i></p> - -<p>Alles still? Is schon Frühstückspause?</p> - -<p class="actor"><b>Lores</b></p> - -<p class="directive2">(Kopf erscheint in der Fensteröffnung)</p> - -<p>Dank' schön, Fräulein Mariechen. <i>(Zu Lenchen, die die -Arme ausstreckt, sich vorbeugend)</i> Na, hopp!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Du kannst mal 'reinkommen, Lore.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Wenn ich darf, Herr Zarncke. <i>(Verschwindet)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(schließt das Fenster und beruhigt Lenchen, die weinen will)</p> -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Und findet sich der Mann hier 'rein — der Mann -von diesem Brief — Biegler heißt er — dann schick ihn -nicht ins Komptor, dann laß mich lieber rufen. <i>(Es klopft)</i> -Herein!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(erscheint in der Tür)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Du, Lore, ich muß dir was sagen: Vater is von -heute ab —</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_31" id="Seite_31">[S. 31]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(Mitte der Zwanzig. Hübsch, vollkräftig mit Spuren seelischen Leidens. -Sprechweise bald ohne Grund erregt, bald scheinbar teilnahmslos. Bewegungen -müde, schwerfällig, jäh in Leidenschaftlichkeit umschlagend. Helle, -schlichte Sommerkleidung des Mädchens aus dem Volke, ein wenig über -dem Habitus der Dienerin stehend)</p> - -<p>Ich weiß schon, Herr Zarncke. Es ging ja schon lang' -nich mehr.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, Gott sei Dank, daß ich mich bei dir nicht zu entschuldigen -brauch'.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, Sie! <i>(Beugt sich rasch nieder, um ihm die Hand zu küssen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, na, na! Und wegen Unterhalt, da — <i>(Beruhigt -sie mit einer Handbewegung)</i> Aber stell ihm die Kümmelflasche -höher. Das rat' ich dir, Kind! <i>(Klopft sie auf die Schulter. Ab)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b> <i>(die Arme hochhebend)</i></p> - -<p>Mama! Mama!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(ihr mit dem Schürzenzipfel den Mund putzend)</p> - -<p>Ich hab' immer Angst, daß ihr ein Steinsplitter ins -Aug' fliegt.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Ach, sie passen schon auf. Sie haben sie ja alle lieb.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ja ... Die andern ja. — Bloß der der nächste -dazu is —</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Er wird's nicht zeigen wollen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_32" id="Seite_32">[S. 32]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Gestern hat ihr einer 'ne Wippe zurechtgemacht. Und -wie er vorbeikommt, da ruft sie ihn an, er soll sie schaukeln. -Da hat er sie weggeschoben — na wie? 'n jungen Hund -schiebt man nich so.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Das hängt anders zusammen, Lore. So schlecht ist -kein Mensch. Und er sicherlich nicht. Sicherlich nicht.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Wenn Sie alles wüßten, Fräulein Mariechen. —</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Kannst ruhig »du« sagen. Es hört uns keiner.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, ich verdien's ja nich ... Warum rührst du mich -an? Warum gibst du dich ab mit mir? <i>(Verbirgt den Kopf an -ihrer Stuhllehne)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(sie streichelnd)</i></p> - -<p>Na, na, Lore. Als du so groß warst wie die, da hab' -ich dich schon gestreichelt. Dabei lassen wir's auch. <i>(Da -Lenchen weinerlich dazukommt)</i> Du, Lenchen, der weiße Bär ist -ein Eisbär. Und den bind mal nu an die Leine. <i>(Reicht -dem Kinde eine Porzellanfigur und ein Garnknäuel)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ja, Lenchen, tu das.</p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b></p> - -<p class="directive2">(fängt beruhigt von neuem zu spielen an)</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_33" id="Seite_33">[S. 33]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Und laß uns mal vernünftig reden. Was versteckst -du dich? Warum sagst du nicht ganz offen, daß er der -Vater ist?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(verängstigt)</i></p> - -<p>Gott, wie kann ich denn? Er hat's doch verboten.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Warum läßt es dir verbieten?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Als er im Herbst von der Wanderschaft kam, da sagt' -er zu mir: »Willst du, daß ich wieder eintrete auf dem -Platz?« Ich glaub', ich hab' ihm noch die Hände geküßt -in meinem Glück ... Aber eine Bedingung hatte er dabei. -»Mund halten,« sagt' er, »daß keiner was erfährt.« ... -Die's von früher wußten, waren inzwischen weg. Bloß -der Polier ... Und das ist sein Freund. Vater hat er -auch in der Tasche ... Und nun beiß' ich mir rein die -Zunge ab Tag für Tag und denk': Endlich muß das -Schweigen doch ein Ende nehmen. Aber es geschieht -nichts ... Er kommt in die Kantine. Ganz vergnügt. -Bloß nicht allein. Da hütet er sich.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Was soll er zu dem allem aber für 'n Grund haben?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(achselzuckend)</i></p> - -<p>Ich denk' mir, er hat eine andere im Sinn.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(erschreckt, beklommen)</i></p> - -<p>Wen denn?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_34" id="Seite_34">[S. 34]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Vielleicht hat er sich eine aus Mailand mitgebracht, -vielleicht — ach, wer kann wissen?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(auf Lenchen weisend)</i></p> - -<p>Und du meinst, daß auf'm Platz keiner was ahnt?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Die denken sich schon ihr Teil. Aber er tut ja doch -mit allen, was er will ... Er ist mehr Herr auf dem -Platz als der Polier. Da wagt keiner zu mucksen ... -Und wenn er ihnen gar was vorsingt, was er da unten -von den Weibern gelernt hat ... Darauf sind sie <em>rein</em> -doll ...</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(träumerisch)</i></p> - -<p>Ja, schön singt er! ... Ach, Lore, was bist du dumm! -<i>(aufschluchzend)</i> Da spielt dein Kind! Dein Kind spielt da. -Und du jammerst.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(erschrocken)</i></p> - -<p>Mariechen!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(sich zusammenraffend)</i></p> - -<p>Ach, es ist der Frühling ... Es ist der ... Der -macht einen ganz ... Und du jammerst.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(mit wehem Lächeln)</i></p> - -<p>Ich jammer' ja auch nich.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Aber du schleichst 'rum und quälst dich mit deiner -Schande. — Schande! Was ist Schande? ... Unser Leib -ist ein Tempel ... Und Gebären ist Gottesdienst ... Nur -wenn der Tempel im Bau verpfuscht wurde, dann ist es -schlimm ... dann kommt der Frühling, und das Amselweibchen -baut, und man selbst ist schon Ruine.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_35" id="Seite_35">[S. 35]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Du kannst auch noch glücklich werden, Mariechen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Ich möcht' schon ... Aber wer wird vorliebnehmen mit -mir? ... Und ich bin so mutig da drinnen! ... Ich möcht' -was verpflanzen von mir in dich. Daß du den Kopf wieder -hebst. — Nicht mehr wie 'n Stein bist in deinem Gram.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(lacht bitter)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(mit sich kämpfend)</i></p> - -<p>Du — soll ich — reden mit ihm?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Du — mit ihm?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(nickt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(ohne Hoffnung)</i></p> - -<p>Ja, wenn du das willst. Aber noch nicht ... Wart -lieber noch ... Vielleicht, daß er <em>doch</em> —</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(stockend)</i></p> - -<p>Es wird mir — ja nicht — leicht fallen ... Ich kenn' -ihn ja auch kaum mehr — den großen Herrn ... Aber -wenn man was <em>sehr gerne</em> will, dann wird man's doch -auch — können. — Na, freut's dich gar nicht?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(die Hand mutlos vor die Stirne legend)</p> - -<p>Ach! ... <i>(Es klopft)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Herein!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_36" id="Seite_36">[S. 36]</a></span></p> - - -<h3>Siebente Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen. Jakob Biegler</span> -</p> - -<p class="directive2">(Jakob Biegler: Mitte der Dreißig, sehr dürftig, doch nicht schmutzig gekleidet, -Hose von grauem Bauernvelvet, vielfach geflickt und zu kurz. Altes, -blankgewordenes Jakett, gleichfalls geflickt, darunter braune Strickweste. -Defektes Schuhwerk. Wäsche nirgends zu sehn. — Gelbes, zermürbtes -Gesicht mit scheuen Augen und kurzem, wildwachsendem Blondbart. Auftreten -gedrückt, verhetzt, bisweilen in verzweifelte Rauheit umschlagend)</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Guten Morgen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Sie wünschen meinen Vater zu sprechen?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Herrn Zarncke — möcht' ich sprechen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Heißen Sie Biegler?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(betroffen)</i></p> - -<p>Ach so! — Sie wissen schon. Na — dann — <i>(Macht -eine halbe Wendung zur Tür)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b></p> - -<p class="directive2">(ist zu ihm gegangen und streckt die Hand empor)</p> - -<p>Guten Tag!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(seinen Seelenzustand erkennend)</p> - -<p>Mein Vater hat gesagt, wenn jemand mit Namen -Biegler kommt, dann möcht' ich ihn rufen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(erleichtert)</i></p> - -<p>Ja, der bin ich.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_37" id="Seite_37">[S. 37]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b></p> - -<p>Nu sag doch: Guten Tag.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(sieht das Kind, ein leeres Lächeln geht über sein Gesicht. Er weiß nicht, -was tun)</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(sie leise zurückrufend)</i></p> - -<p>Lenchen!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Nehmen Sie's als gute Vorbedeutung, daß dies Kindchen -Sie willkommen heißt.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(sieht sie groß an, versteht nicht)</p> - -<p>Erst — muß — ich — Herrn Zarncke — sprechen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(aufstehend)</i></p> - -<p>Lore, klopf, bitte, im Vorbeigehn bei Vater an <i>(leiser)</i> -und bring dem was zu essen. Er hat's nötig.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(nickt)</i></p> - -<p>Komm, Lenchen. <i>(Mit dem Kinde ab)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Nehmen Sie so lange Platz, bitte.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich kann auch stehen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(ab)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_38" id="Seite_38">[S. 38]</a></span></p> - - -<h3>Achte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Biegler.</span> Dann <span class="gesperrt">Zarncke</span> -</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(alleingeblieben, wagt sich nicht zu rühren, nur seine Augen wandern umher)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(mit Bieglers Papieren in der Hand)</p> - -<p>Guten Tag.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(in straffer Haltung, wie er's im Zuchthause gewohnt war)</p> - -<p>Melde Jakob Biegler.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Is gut, is gut. Sie sind hier nicht im Gefängnis. -Der Verein zur Besserung entlassener Strafgefangener hat -Sie mir zugeschickt. Stehen Sie unter seiner Fürsorge?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Jawohl.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wie lange sind Sie 'raus?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Vier Monate zehn Tage.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Fünf Jahre haben Sie abgemacht?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Jawohl.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wegen was?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_39" id="Seite_39">[S. 39]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(schweigt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na — wegen was?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(auf die Papiere weisend)</i></p> - -<p>Steht ja da drin.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(fixiert ihn, um sein Schamgefühl zu prüfen)</p> - -<p>Da steht nur der Paragraph. Den kenn' ich nicht auswendig.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(verbissen)</i></p> - -<p>Na, ich sprech's nich aus.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Dann werd' ich im Strafgesetzbuch nachsehn.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wenn Sie wollen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(geht zum Bücherschrank, schlägt ein Buch auf und liest)</p> - -<p>Hm. Schlimm. Schlimm.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Schlimm. <i>(Pause)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, wie is es denn gekommen?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wie das so kommt, wenn ein Weib dabei ist.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Aha ... Haben Sie's gut gehabt in Sonnenburg?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_40" id="Seite_40">[S. 40]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Man war ja mit mir zufrieden.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ersparnisse gemacht?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Jawohl. Fünfundsechzig Mark fünfzig Pfennig.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Noch was da?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Dann säh' ich nich so aus, Herr — Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Hat der Verein Ihnen keine Arbeit besorgt?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Zweimal haben sie mich aufs Land geschickt. Einmal -als Hofgänger, das zweite Mal als Kuhfutterer.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na — und?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(schweigt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ausgerissen?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(in erregter Verteidigung)</i></p> - -<p>Ich hielt nicht aus. Ich — ich — ich —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Dann werden Sie auch bei mir nich aushalten.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_41" id="Seite_41">[S. 41]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ach, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Hier steht: auf Ihre besondere Bitte schickt man Sie -zu mir. Was wollen Sie gerade bei mir?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(schweigt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ja, wenn Sie nicht antworten ... Was sind Sie?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(zaudernd, nach innerem Kampfe)</p> - -<p>Steinmetz.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ach so! — <em>Darum</em>! Hier steht doch — Arbeiter. -<i>(Sieht nach)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Weil ich als Arbeiter gegangen bin.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Warum denn?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wer wird mich nehmen — als Steinmetz?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sie hätten doch probieren können!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Probiert hab' ich genug.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Und überall abgewiesen?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_42" id="Seite_42">[S. 42]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Einmal wurd' ich eingestellt ... Zwei Tag' später kam's -'raus. Da lag ich schon auf der Straße.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Warum sind Sie denn nicht schon früher zu mir gekommen?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(schweigt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wußten Sie, daß ich Strafentlassene nehme?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja, die Herren haben's mir gesagt.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wollten Sie nich?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(zögernd)</i></p> - -<p>Nein.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Warum nicht?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(erregt)</i></p> - -<p>Nachher wird's doch nichts — — —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Und jetzt wollen Sie?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Als Steinmetz will ich auch nicht. Nich als Steinmetz. -— Wenn ich bloß 'ne Arbeitsstelle hätte, als Schleifer oder -beim Flaschenzug, wo keiner was fragt.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_43" id="Seite_43">[S. 43]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ich werd' mit dem Polier sprechen. Wenn ich drauf -besteh' — Sie können auch als Steinmetz eintreten.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(verängstigt)</i></p> - -<p>Nein, nein, nein ... dann kommt's 'raus ... dann is -wieder alles ... Bloß auf den Werkplatz will ich ... Bloß -w—wenn ich den — Klippelschlag hören kann. Bloß von -weitem.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sie waren wohl ein <em>guter</em> Steinmetz?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ach! <i>(Zuckt die Achseln)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(voll wärmerer Anteilnahme)</i></p> - -<p>Hm. <i>(Es klopft)</i> Herein.</p> - - -<h3>Neunte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Lore</span> (mit einem Teller, worauf Butterbrot)<br /> -</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Verzeihung, Herr Zarncke, Fräulein Mariechen hat -befohlen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Essen Sie.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(gierig nach dem Teller sehend)</p> - -<p>Danke! Ich hab' — keinen — Hunger.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(leise, mitleidig)</i></p> - -<p>Essen Sie nur.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_44" id="Seite_44">[S. 44]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(blickt sich scheu um, will ein Butterbrot nehmen, sieht Zarncke fragend an)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ja, ja, Sie dürfen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(dreht sich der Wand zu und schlingt das Butterbrot herunter)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Du, Lore, hol mal das Wasserglas.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(holt das Wasserglas vom Nähtisch)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(Rotwein eingießend)</i></p> - -<p>Bring ihm das. — Übrigens: wie trägt's denn der -Vater?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Gott, Herr Zarncke, er schimpft ... Ja, was ich fragen -wollte: darf er den Dienst noch tun, bis ein Nachfolger -da ist?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(mit einem Blick nach Biegler hin)</p> - -<p>Nachfolger hab' ich schon.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(dem Blick folgend)</i></p> - -<p>Ach so.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Gefällt er dir?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, is 'n armer Mensch!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sag's nicht, wie du ihn hier gefunden hast.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Nein, nein. <i>(Stellt das Glas neben Biegler, ab)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_45" id="Seite_45">[S. 45]</a></span></p> - - -<h3>Zehnte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Biegler.</span> <span class="gesperrt">Zarncke</span><br /> -</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(würgt eiligst den letzten Bissen hinunter und stellt sich in Positur)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sie dürfen auch 'n Schluck von dem Wein trinken.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja. <i>(Äugt zweifelnd nach dem Glase)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Haben Sie keinen Durst?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Erst geben Sie mir — Wein zu trinken, und dann -nehmen Sie mich <em>doch</em> nich. Hä.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Erst trinken Sie mal.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(dreht sich der Wand zu und trinkt zögernd, verstohlen)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Auf den Steinmetzplatz <em>wollen</em> Sie. Aber gewissermaßen -im verborgenen. So daß keiner was erfährt, daß -Sie keinem Rede zu stehen brauchen — hä?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>So was Schönes gibt's ja nich.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_46" id="Seite_46">[S. 46]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Vielleicht <em>doch</em>. Wollen Sie Wächter werden bei mir -auf'm Platz?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(in staunendem Nicht-glauben-wollen)</p> - -<p>Herr Zarncke!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Das is doch 'n Vertrauensposten.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ja, das is es.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Da müssen manche sogar Kaution stellen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(bejahend)</i></p> - -<p>Hm ... Und wenn Sie Mittags ausgeschlafen haben, -können Sie unter den Arbeitern mithelfen ... da fragt -Sie keiner ... Na?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wird ja nicht lange dauern —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Das wird ganz von Ihnen abhängen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Dann kommen die Schutzleute — und recherchieren ... -Und dann is aus.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sie wissen doch, daß solange der Verein die Fürsorge -für Sie übernimmt, die Polizei sich mit Ihnen nichts zu -schaffen macht.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_47" id="Seite_47">[S. 47]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(fatalistisch)</i></p> - -<p>Die Schutzleute — kommen doch.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Zu mir nicht ...</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Die Schutzleute kommen doch.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>So hören Sie doch. Hierher kommt kein Schutzmann -recherchieren. Das hab' ich mir ein für allemal verbeten. -Und daß die Herren vom Verein, wenn <em>die</em> kommen, Sie -nicht verraten werden, das können Sie sich doch denken. -... Na?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Das wär' ja ein solches Glück, wie man sich gar nich — -<i>(Es klopft)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(geht zur Tür und öffnet sie)</p> - - -<h3>Elfte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Jenisch</span><br /> -</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(ihm den Eintritt versperrend)</i></p> - -<p>Was gibt's?</p> - -<p class="actor"><b>Jenisch</b> <i>(vom Hausflur her)</i></p> - -<p>Verzeihung, Herr Zarncke — die Polizei is da — -wegen —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(zuckt heftig in die Höhe und macht eine unwillkürliche Bewegung, als -wolle er sich verstecken)</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_48" id="Seite_48">[S. 48]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Is gut. Soll 'n Augenblick warten. Komme gleich. -<i>(Schlägt die Türe zu)</i></p> - - -<h3>Zwölfte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Biegler.</span> <span class="gesperrt">Zarncke</span><br /> -</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na ruhig, ruhig, ruhig!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(sich wild umschauend)</i></p> - -<p>Die Schutzleute kommen überall — die —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Unsinn! Diese Nacht is eingebrochen worden bei mir. -Deshalb kommen sie. Und eben deshalb sollen Sie auch -Nachtwächter werden. Verstanden?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(würgend)</i></p> - -<p>Herr Zarncke — ich muß — ich — dank' Ihnen auch -schön fürs Glas Wein ... ich ... kann nich in Dienst ... -ich muß — wieder weg.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(schüttelt den Kopf)</i></p> - -<p>Ja, zwingen kann ich Sie nich ... <i>(Nach einem Schweigen)</i> -Haben Sie denn andere Arbeit in Aussicht?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(verneint)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wer nicht Arbeit hat von euch, wird abgeschoben von -der Polizei ... Unbarmherzig ... Wissen Sie das?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(bejaht)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_49" id="Seite_49">[S. 49]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na und dann?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(zuckt die Achseln)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Schließlich zieht der Verein auch noch seine Hand von -Ihnen — und was dann?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(zuckt die Achseln)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(plötzlich seinen Ton ändernd)</p> - -<p>Nu komm mal her, min Sähn. Komm, komm, komm, -komm. <i>(Zieht ihn nach vorne)</i> Bienchen hast du doch keine?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(schüttelt den Kopf)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na dann setz dir mal. <i>(Zieht ihn in einen Stuhl)</i> Du bist -nu man büschen verbiestert, min Sähn ... Wat dir da im -Kopp spukt, das will ich gar nich wissen ... Is auch ganz -egal. Nu laß man schon büschen sorgen für dich. <i>(Strenge)</i> -Und jetzt geschieht folgendes: Du kriegst mal zuerst 'n Anzug -von mir ...</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(an sich niedersehend, freudig)</p> - -<p>Ja, ja, ja, ja.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Du, du hast ja gar nich mal 'n Hemde an!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(eifrig, voll Ehrgefühl)</i></p> - -<p>Jawohl — hab' ich. <i>(Reißt, um das Hemde zu zeigen, die -Strickweste auf)</i> Da! <i>(Beschämt)</i> Bloß — Kragen hab' ich nich.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_50" id="Seite_50">[S. 50]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Also das kriegste alles auch. Und 'n warmen Mantel. -Denn Nachts is noch kalt ... Und dann kriegst du 'ne -Pfeife und 'ne Schnarre. Und die Kontrolluhren, die bis -zum Abend ankommen, die erklär' ich dir. Wohnen tust du -drüben im Sägewerk. Und essen tust du in der Kantine -bei der Lore, die dir das Butterbrot gebracht hat. Verstehste?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(wie vorhin)</i></p> - -<p>Ja, ja, ja, ja.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Und nun kümmerst du dich um Dodt und Deiwel nich -mehr. Und so wollen wir langsam wieder 'n Menschen -aus dir machen. Hä?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(nickt willenlos)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na also.</p> - -<p class="directive1"> -(<span class="gesperrt">Der Vorhang fällt</span>)<br /> -</p> - -<hr class="chap" /> - -<p class="pagebreak"><span class="pagenum"><a name="Seite_51" id="Seite_51">[S. 51]</a></span></p> - - - - -<h2>Zweiter Akt</h2> - - -<p class="directive1">Der Werkplatz. Links das <span class="gesperrt">Wohnhaus</span> mit vorspringender -<span class="gesperrt">Veranda</span> und einem Balkon darüber, zu dem aus dem -oberen Stockwerk eine Glastür führt. Zu ebener Erde ein -Fenster. Rechts die <span class="gesperrt">Kantine</span> mit einer Tür in der Seitenwand -und einem nach der Rampe zu gerichteten Fenster, -vor dem eine Bank steht. Hinter der Kantine, ein wenig -vorspringend, das <span class="gesperrt">Magazin</span>, mit einer Tür und einer daneben -angebrachten Glocke. — Im Hintergrunde rechtwinklig -zum Magazin ein offener, von Holzpfeilern getragener -<span class="gesperrt">Schuppen</span>, der sich mit seiner Hinterwand an die senkrechte -Erhöhung lehnt, welche den hinteren Teil des Werkplatzes -bildet und zu der in der Mitte des Hintergrundes -eine schmale Treppe emporführt. Links von der Treppe -mehrere hochaufgestapelte Steinblöcke, welche die Höhe des -hinteren Teiles übersteigen. Über einem der Stapel ein -<span class="gesperrt">Kran</span>. Eine schmale <span class="gesperrt">Feldbahn</span> zum Transport der Blöcke -führt an den Stapeln, der Treppe und dem Schuppen -vorüber quer über die Bühne. Blöcke liegen überall verstreut. -An den Wänden des Schuppens und der Häuser -stehen und hängen, wo nur ein Platz sich findet, Gipsmodelle: -Figuren, Reliefs, Ornamentstücke. Die Veranda ist mit -Schlingpflanzen bewachsen, ein Baum neigt sich über ihr -Dach. Das Kantinenfenster schmücken Blumentöpfe. Den -<span class="gesperrt">Prospekt</span> bildet eine großstädtische Häuserreihe, die jenseits -der am Werkplatz entlangführenden Straße gedacht ist. Ein -Kirchturm ragt aus der Ferne herüber</p> - - -<h3>Erste Szene</h3> - - -<p class="directive1">(Beim Aufgehen des Vorhangs zeigt der Platz ein überaus -reiches Arbeitsleben. Vor den Blöcken arbeiten <span class="gesperrt">Steinmetzen</span><span class="pagenum"><a name="Seite_52" id="Seite_52">[S. 52]</a></span> -oder <span class="gesperrt">Bildhauer</span>, die ersteren mit blauer Schürze, -die letzteren mit langem, weißgrauem Kittel und Papier- -oder sog. Raffaelmütze bekleidet. Der Kran ist im Gange. -Niedrige Wagen transportieren Blöcke vorüber. Hilfeleistende -<span class="gesperrt">Arbeiter</span> in beliebigem Werktagsanzug. Mittagsstimmung)</p> - -<p class="directive1">Vorne rechts <span class="gesperrt">Göttlingk</span> in Steinmetzentracht vor einem -Blocke — ein Gipsmodell daneben. Der Polier <span class="gesperrt">Willig</span> an -einem anderen Blocke, messend. Unter den Arbeitern, die -sich hinten zu schaffen machen, <span class="gesperrt">Lohmann</span>, <span class="gesperrt">Sprengel</span>, -<span class="gesperrt">Struve</span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(stämmig, mittelgroß, Stiernacken, blonder, schön geringelter Schnauzbart, -Haar in geschniegeltem Bogen in die Stirn heruntergestrichen. Spielt den -Kraftmenschen, großsprecherisch, übermütig, brutaler Charmeur. Er arbeitet -mit Meißel und Klippel und singt dazu)</p> - -<p>Na — nun kommt auch noch die Sonne angekrochen. -He, ihr Zitronenschleifer da hinten, hab' ich euch nich gesagt, -ihr sollt mir den Block in den Schuppen schaffen? — -Lohmann, Sprengel, ihr andern, immer 'ran!</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Du, Göttlingk, schnauz hier nicht so viel. Sag's -lieber mir.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Du hast mir gar nischt zu befehlen, mein Sohn.</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Und du hast denen nischt zu befehlen.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Wenn sie so dumm sind und gehorchen. <i>(Lohmann, -Sprengel und ein dritter Arbeiter sind nach vorn gekommen)</i> Da, wie -sie anhampeln! Hab du sie man so an der Strippe wie -ich. <i>(Befehlshaberisch)</i> Also nu los!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_53" id="Seite_53">[S. 53]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Warten Sie man bißchen, hochgeborner Herr. Zehn -Finger hat jeder zu verlieren. <i>(Stemmt ein Brecheisen ein)</i></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Brecheisen weg! Ihr werd't mir die Kanten abstoßen.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Ohne Brecheisen geht's nich.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>So? Hä! Wenn ihr man stramme Kerls wärt, ihr -Volk ... <i>(Faßt mit an)</i> <span class="antiqua">Uno</span> — <span class="antiqua">due</span> — <span class="antiqua">tre</span>! <i>(Der Block rückt -weiter)</i> Na, geht's oder nich?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Ja, wenn Sie so scheen ausländsch kommandieren! -Sagst du zum Hund »kusch«, dann kuscht er. Bloß weil -er's Franzesch so gern hat.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Noch mal: <span class="antiqua">uno</span> — <span class="antiqua">due</span> — <span class="antiqua">tre</span>! <i>(Der Block rückt wieder)</i> -Ja, ja, Kerlchens. Grips im Kopp und Marks in de -Knochen. Das ist die Hauptsache.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Und 's Messer im Sack nich zu vergessen.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Lassen Sie man mein Messer in Ruh, mein alter -Sohn. <i>(Zieht ein Dolchmesser aus einer Lederhülse, die er am Leibgurt -unter dem Kittel befestigt hat)</i> Das is dreikantig geschliffen.<span class="pagenum"><a name="Seite_54" id="Seite_54">[S. 54]</a></span> -Das schlupft <i>(schnalzt, das Messer vorstoßend, mit den Lippen)</i> wie 'n -Küßchen ... Tut gar nich weh. Will einer probieren?</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p class="directive2">(der mißbilligend zugehört hat)</p> - -<p>Du — Göttlingk!</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(zu ihm herübertretend)</i></p> - -<p>Hä?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(hinter ihm her, ingrimmig)</i></p> - -<p>So 'n Paradehengst! <i>(Die andern lachen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Mach dich nich immer mit den Kerls gemein. Laß -sie ihre Arbeit verrichten. Und damit gut!</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(großspurig)</i></p> - -<p>Pöh! Ich bin nu mal so 'ne leutselige Natur.</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Mußte immer Bewunderer haben?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(wendet sich lachend zum Stein zurück und kommandiert weiter)</p> - - -<h3>Zweite Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Zarncke</span> (ist aus der Veranda getreten)<br /> -</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Polier!</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b> <i>(respektvoll)</i></p> - -<p>Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Is was zu melden?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_55" id="Seite_55">[S. 55]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Nein, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Was tut der Kran da?</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Er holt die Quadern fürs Sägewerk.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Bis morgen abend muß auch der Oberkirchner Block -dort an der Treppe 'runtergeschafft werden, damit er Montag -in Arbeit genommen werden kann.</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Sehr wohl, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wie is die Verteilung heute?</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Elf Steinmetzen auf'm Platz, fünfzehn draußen auf'm -Bau, vier Bildhauer auf'm Platz, sechs auf'm Bau.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wo is der Göttlingk heute?</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Da is er ja.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(den Stein betrachtend, dessen senkrechte mit Ornamenten bedeckte Seite -jetzt oben liegt)</p> - -<p>Donnerschock! <span class="antiqua">Per Bacco!</span> Den ganzen Dreckplatz soll -der Deiwel holen! Du, Polier, komm mal her.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_56" id="Seite_56">[S. 56]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Was schimpfen Sie denn heute so wild um sich, -Göttlingk?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(lüftet einigermaßen verlegen die Mütze)</p> - -<p>Verzeihung, Herr Zarncke, aber das soll wirklich der -Deibel holen. Wie ich den Block drehen lass', da seh' ich, -daß von gestern auf heute eine fremde Hand daran 'rumgemurkst -hat.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(stutzt, ein Verdacht steigt in ihm auf)</p> - -<p>Ach, Sie werden sich täuschen. <i>(Tritt hinzu)</i></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Weil mir das schon einmal passiert war, hab' ich mir -zu Feierabend immer 'n Zeichen gemacht ... Da, bitte!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(den Stein betrachtend)</i></p> - -<p>Von dem Blaustrich an?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Jawohl.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(nachdenklich, lächelnd)</i></p> - -<p>Hm. So! — Das is aber nich schlecht gemacht. Da -ist Schwung drin. Wenn sich die Heinzelmännchen extra -für Sie bemühen, Göttlingk!</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Wenn ich das Heinzelmännchen treff', dann gibt's eins -zwischen de Rippen ... Was is das für'n Nachtwächter, -der Kerl, der jetzt Nachmittags hier 'rumschleicht, wenn er -so was zulassen kann? ... Das ist schlimmer wie Einbruch.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_57" id="Seite_57">[S. 57]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(der abzulenken sucht)</i></p> - -<p>Was hat denn der Nachtwächter damit zu tun? Wenn's -finster is, kann man nich arbeiten.</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Verzeihung, Herr Zarncke. Um fünfe, da is es schon -lang hell.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(beruhigend)</i></p> - -<p>Ich werd' den Mann hernach mal fragen.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(murmelnd)</i></p> - -<p>Das besorg' ich schon selber.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(mit Willig nach vorne kommend)</p> - -<p>Sagen Sie mal, Polier, wie macht sich der Nachtwächter -im übrigen auf'm Platz?</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Der Mann ist fügsam und ordentlich und kann sich -an Fleiß nicht genug tun. Aber — schwach, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Tja!</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Und dann — 'n bißchen sonderbar.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Inwiefern? <i>(Ringsum ertönen Mittagssignale)</i></p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Er hält sich immer abseits. Gibt kaum Antwort. -Manche fangen ihn schon zu verulken an.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_58" id="Seite_58">[S. 58]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Dulden Sie das nich, Willig!</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Ja, da kann ich nich viel machen, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Warum läutet denn der Eichholz nich Mittag? -Eichholz!</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b> <i>(zur Kantinentür laufend)</i></p> - -<p>Eichholz!</p> - - -<h3>Dritte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen</span>. <span class="gesperrt">Eichholz</span><br /> -</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(angeheitert)</i></p> - -<p>Haben bloß zu befehlen, Herr Zarncke! Wie der Blitz -bin ich da — ja! <i>(Läutet die Glocke, die am Magazin hängt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(sieht kopfschüttelnd zu)</i></p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Er is jetzt immer im halben Dusel.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(sich umschauend)</i></p> - -<p>Na — schläft der — faule Hund — noch?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Möchten Sie nu mal den Frauen das Tor aufschließen?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(brummend nach links)</i></p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Nu geht er noch in die Destille!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Is das ein Elend!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_59" id="Seite_59">[S. 59]</a></span></p> - - -<h3>Vierte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Mehrere Frauen.</span> Später <span class="gesperrt">Lore</span><br /> -</p> - - -<p class="directive2">(Sämtliche Arbeiter haben ihre Werkzeuge niedergelegt, einzelne gehen zu -den Wasserleitungshähnen, die im Schuppen angebracht sind und waschen -sich. Andere holen dicke Butterstullen und Blechkannen hervor und beginnen -zu essen. Frauen kommen von links mit Eßkörben und begrüßen -ihre Männer. Einzelne haben auch ihre Kinder mitgebracht, die sich mit -den Eltern um den Eßkorb gruppieren)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(begrüßt eines und das andere, teilt Bonbons aus, wünscht den Frauen -»Guten Tag« und spricht einige Worte zu den Männern)</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(erscheint in der Tür der Kantine und geht zu verschiedenen der Bildhauer -und Steinmetzen)</p> - -<p>Bitte zu Mittag. — Bitte zu Tisch. — Zu Tisch -möcht' ich bitten. <i>(Lauter)</i> Wem kann ich Bier 'rausschicken?</p> - -<p class="actor"><b>Einzelne Stimmen</b></p> - -<p>Hier. Ich. — Mir eins.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(zählt die Stimmen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(betrachtet murrend seinen Block)</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(an ihn herantretend, leise zaghaft)</p> - -<p>Kommst nich auch, Eduard?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(sich umschauend, unwirsch)</i> -Hab' ich dir nicht gesagt, du sollst mich nich »du« -nennen auf'm Platz?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> -Verzeih! Ich hab' vergessen. <i>(Zur Kantine ab)</i></p> - -<p class="directive2">(Verschiedene Bildhauer und Steinmetzen gehn zur Kantine, darunter -Göttlingk)</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_60" id="Seite_60">[S. 60]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Gehn Sie auch zu Tisch, Willig. Übrigens hören Sie -mal: Mit dem Struve steht's schlecht. Den wird uns das -Kriminal bald abholen.</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b> <i>(achselzuckend)</i></p> - -<p>Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ach, schicken Sie ihn mir mal, — ja?</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b> <i>(rufend)</i></p> - -<p>Struve!</p> - -<p class="directive2">(Struve steht von einem hinteren Steine auf, wo er unbemerkt gesessen -hat. Willig spricht im Vorbeigehn zu ihm und weist nach vorne, dann geht -er in die Kantine ab)</p> - - -<h3>Fünfte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen</span> ohne <span class="gesperrt">Willig</span>. <span class="gesperrt">Struve</span> (nach vorne -kommend) -</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p class="directive2">(Mann in den Vierzigern. Ergrauendes Haar, blank und gelockt. Bartstoppeln. -Verschmitzte Äuglein. Ein Zug drolliger Heuchelei um die -Mundwinkel. Arbeitskleidung mit wollenem Halstuch und Holzpantinen. -Trägt einen Deckelnapf in der einen, eine faustdicke Butterstulle mit -Taschenmesser in der andern Hand. Bei dem Versuch, die Mütze abzunehmen, -fällt ihm das Butterbrot auf die Erde)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sachte, sachte! Nu is die janze Pastete in den Sand -gefallen.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p class="directive2">(das Butterbrot an den Hosen abwischend)</p> - -<p>Das macht nichts, Herr Zarncke. »Mit ne Ladung -Sand — schmeckt selbst 'n alter Strohsack pikant,« sagten -wir immer uf de hohe Schule.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_61" id="Seite_61">[S. 61]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, nu werden Sie ja bald wieder drinsitzen in Ihre -hohe Schule.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ja, Herr Zarncke, was kann man machen?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Mensch, wenn's mir nich so leid täte um Sie —</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Nu haben Se man guten Mut, Herr Zarncke ... -Mir hat's auch mal leid getan. Aber nu is schon egal.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Na, sind Sie's nu gewesen oder nich?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Herr Zarncke, wenn ich gleich hier meinen Totenschein -in die Hand nehm' —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(lachend)</i></p> - -<p>So 'n Halunke wie Sie! ... Sie wissen doch, die -Untersuchung geht weiter?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ja, die Polente schnüffelt ja alle Tage hier 'rum.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sagen Sie mal, können Sie nu wirklich keinen Zeugen -dafür beibringen, wo Sie in den Stunden des Einbruchs -gewesen sind?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Was man so nennt: einen Aal-ibi, Herr Zarncke?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_62" id="Seite_62">[S. 62]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Jawohl.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ja, sehn Sie mal, was 'n wirklich reeller Aal-ibi is — -der kost't nich unter fünfzig Mark. Wo soll ich fünfzig -Mark hernehmen, Herr Zarncke?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(lachend)</i></p> - -<p>So?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>So 'ne Brieder, die schon wegen Meineid verschütt -jejangen sind, die tun's auch billiger ... Meechens auch. -Aber die kriegen's vor Gerichte hernach mit die Heulerei ... -Nee, das sind alles keine reelle Sachen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, und wenn sie Sie nu gleich mitnehmen?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>»Der Gerechte muß viel leiden,« so steht in de Psalmen -geschrieben.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Hören Se auf mit Ihre dämliche Muckerei. Glaubt -Ihnen ja doch keiner ... Mensch, Mensch, wie hau' ich -Sie nu 'raus?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Hätten gar nicht anzeigen müssen. Sehn Se, nu -sitzen Se drin, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(lacht)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(das Fenster öffnend)</i></p> - -<p>Vaterchen, kommst nich zu Tisch?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_63" id="Seite_63">[S. 63]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Gleich, Miezelchen ... Also ich werd' mal nachdenken. -Vielleicht fällt mir noch was ein.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ganz wie Sie meinen, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ulkiges Huhn! ... Hier haben Sie 'ne Zigarre. <i>(Ab)</i></p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Danke, Herr Zarncke. <i>(Die Zigarre einsteckend)</i> Ja, ja. -Sie rüsten sich wider die Seele des Gerechten und — <i>(sieht, -daß Zarncke inzwischen weggegangen ist)</i> Ach so! <i>(Setzt sich auf den -vordersten Block, kratzt an seinem Butterbrot und fängt an zu essen)</i></p> - - -<h3>Sechste Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Struve. Lohmann.</span> <span class="gesperrt">Sprengel</span>, <span class="gesperrt">ein dritter Arbeiter</span>, -die essend auf dem Block hinter ihm sitzen -</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Na, wie lange werden sie dich deinen Knast Brot -noch 'runterfuttern lassen, Struve, ehe sie dich inlochen?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b> <i>(achselzuckend)</i></p> - -<p>Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Nachher gibt's zu Mittag wieder »Rumfutsch« und -»blauen Heinerich«. Ei weh.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Kindersch, babbelt nich von so hohe Sachen. Das -versteht ihr nich.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_64" id="Seite_64">[S. 64]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Der tut sich noch dicke auf sein Zuchthaus.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Nu ob. Da kommt ihr noch lange nich rin. Da -sind bloß <em>feine</em> Leute drin. Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Die Anderen</b> <i>(lachen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Drum heißt es auch die hohe Schule.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Jawoll. Da lernt man was. Hast du überhaupt 'ne -Kleiderbürschte? Die hat mir der Staat immer franko -geliefert. Aus lauter persönlicher Hochachtung ... Oder -gar 'ne Zahnbürschte? Aber ich — siehste! ... Kiek dir -mal an, wie der Dreck an dir 'rumklebt ... Aber <em>wir</em> -machen dort zu Mittag immer Toi—lette. Und Handtuch -tragen wir immer auf'n Arm, da laufen wir den janzen -Tag mit 'rum. Vor lauter Feinheit. Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Die Anderen</b> <i>(lachen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Überhaupt, was bist du hier? Und was bin ich hier? -Und was sind wir alle hier? ... Dreck sind wir. Hoch -über dir kommen erst die Steinmetzen ... und da hoch -drüber die Bildhauer. Und denn <em>noch</em> höher der Polier ... -Und <em>denn</em> gar erst ... ach! Dort hab' ich immer in de -erschte Klasse gearbeit't ... Weiße Binde hab' ich tragen -dürfen. Tischältster bin ich gewesen. Das is mehr wie -der Polier. Das is wie 'n Jeneral ... Das kannste alles<span class="pagenum"><a name="Seite_65" id="Seite_65">[S. 65]</a></span> -werden, wenn de ins Zuchthaus kommst ... Karri—ere -kannste machen. Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(singt spottend)</i></p> - -<div class="poem"><div class="stanza"> -<span class="i0">Liebes Kind, nu weine nich,<br /></span> -<span class="i0">Mittags jibt's den blauen Heinerich;<br /></span> -<span class="i0">Stehst du mit dem Schien auf du und du,<br /></span> -<span class="i0">Kriegste auch 'n halben Hering zu.<br /></span> -</div></div> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Nu ja. Verdient euch mal erst 'n halben Schwimmling. -Ihr geht hier zur Lore und schnauzt: Hering — -aber 'n milchernen — mit Zwiebel — viel Zwiebel ... -janzen Berg Zwiebel, und dann schmeckt er noch nich mal -... Ich sag' euch: ... wollt ihr 'n wirklichen duften, -leckern Schwimmling, da müßt ihr in de Anstaltsküche -kommen. Die verstehn det Jeheimnis ... Da kitzelt euch -die Schnauze von — noch Abends beis Einschlafen. So -viel scheener ist da alles. Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Wenn da alles so viel scheener is, wat machste denn -nich wieder hin?</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Da hast <em>du</em> doch freien Angtree.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Kindersch, ick werd' euch mal was erzählen: Dicht -an de große Außenmauer in Waldheim — da steht nämlich -'ne alte Linde ... Und von de Fisintation aus, was -nämlich der Arbeitssaal is, da siehste 'n janzes kleines -Stückschen von ... Und von'n Spazierhof aus, wo du -immer sechs Schritt hintern Vordermann herzoddelst, <i>(stolz)</i> -bloß nicht wir von de erste Klasse, wir jingen natierlich<span class="pagenum"><a name="Seite_66" id="Seite_66">[S. 66]</a></span> -immer zu zweie — wenn du da — und du huppst in die -Höh', dann siehst wieder 'n andern Stückschen — so sechzig -bis achtzig Blätter, wodran du immer jenau wissen kannst, -was für Jahreszeit is ... Und nun hat uns immer und -ewig der Deibel geplagt, daß wir auch mal den <em>janzen</em> -Lindenbaum sehen wollten, denn der soll nämlich der -scheenste Lindenbaum sein, wo's auf de Welt überhaupt -jibt. Das soll schon in de Geschichtsbicher stehn ... -Na, und wo nu endlich der Tag da is von de Entlassung, -und wo einem das Herz bis in'n Kopp 'raufbummert — -und wo nu das innere Tor aufjeschlossen wird — na, da -is er nu — und da is er 'n janz jemeiner oller, ekliger -Lindenbaum. Na — und so war denn hernach alles — -janze Freiheit.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Nu — wenn du das nu schon weißt? —</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Was hilft da viel — wissen. Der Mensch is 'n dämliches -Vieh. Wie ich 's zweite Mal drinsaß, da war der -olle, dämliche Lindenbaum noch viel scheener geworden.</p> - -<p class="actor"><b>Die Anderen</b> <i>(lachen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Ja, wenn's so is.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Überhaupt — ihr Schafsköppe mit eure sogenannte -Freiheit! — Geschunden! hin und her geschmissen! Liegste -im Sonnenschein uf ne scheene Planke, kriegste den Holzbock -in de Waden; haste keene Arbeit, kannste jehn den -Chausseegraben austapezieren. Willste mal geradaus — -jeder Mensch will mal geradaus — und als dir kommt<span class="pagenum"><a name="Seite_67" id="Seite_67">[S. 67]</a></span> -nu 'ne verschlossene Tür in de Quere — und du willst -<em>doch</em> geradaus, dann stecken sie dir ins Kittchen. Das -heißt nu Freiheit. Kindersch, ick hust' auf eure Freiheit. -Seine Ordnung muß der Mensch haben. Seine Ordnung -hat der Mensch bloß allein im Zuchthaus.</p> - -<p class="actor"><b>Die Anderen</b> <i>(lachen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Mir hat überhaupt bloß <em>eins</em> gefehlt. Dann wär' -ich auch janz komplett jlücklich gewesen.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Das war wohl eene Braut?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ne.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p><em>Zwei</em> Brauten?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ne.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Na was denn sonst?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b> <i>(träumerisch)</i></p> - -<p>Das war 'n Rasierspiegel ... Wenn ich <em>den</em> noch -hätt' gehabt — —</p> - - -<h3>Siebente Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Biegler</span> (von rechts) -</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(in anständiger Arbeitskleidung. Sein Bart ist gestutzt, sein Aussehen gebessert, -aber sein Benehmen noch scheu und unumgänglich, voll immer -neu aufflackernden Mißtrauens. Er setzt sich auf die Bank vor das -Kantinenfenster)</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_68" id="Seite_68">[S. 68]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Kiekt mal den da! ... Was <em>is</em> das eigentlich für -'ne Sorte? Reden <em>tut</em> er nich, »guten Tag« <em>sagt</em> er nich.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(gewahrend, daß man sich mit ihm beschäftigt, unfreundlich, dumpf)</p> - -<p>Guten Tag.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Na sagt ja.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>War auch danach. Guten Tag, hochwohlgeborener -Herr Nachtrat! ... Kommen der Herr Dunkelmann 'n -bißchen de Sonne revindieren?</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Mensch, nu red doch was!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was soll ich reden?</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Mach doch 'n Witz.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich weiß keinen Witz.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Der Kerl is trocken wie Galgenholz.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Nu sag bloß, Mensch, wie amesierste dir nu so die -lange Nacht über? Putzte de Sterne blank? Ziepste dir -an de Barthaare? Wirfste de Meechens, wo auf de Straße -vorbeigehn, Klamotten auf'n Kopp? ... Irgend was muß -der Mensch doch zu tun haben de lange Nacht über!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_69" id="Seite_69">[S. 69]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ach, ich hab' immer zu tun.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Tranig is das Luder.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Wat huckste da uf de Banke? Warum jehste nich ze -Mittag?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Jetzt essen doch die — Steinmetzen. Da kann ich -doch nich auch essen.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Nu dann komm doch mal her so lang ... Na — los!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(erhebt sich zögernd)</i></p> - -<p>Was soll ich bei euch?</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Trink mal aus meine Buddel. Prost.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Danke. Ich trinke keinen Schnaps.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Ach, du bist wohl auch so 'n Pinkelinker? So 'n -Pumpengenie?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Sonst habt ihr nichts zu wollen von mir?</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Nu huck dir doch mal erst dal. <i>(Zieht ihn auf den Block -nieder)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_70" id="Seite_70">[S. 70]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(weiterrückend)</i></p> - -<p>Setzen Sie sich ruhig in die Sonne, verehrte Schattenpflanze.</p> - -<p class="directive2">(Lachen)</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich tu' dir doch nichts, warum uzt du mir?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Ich uz' dir doch gar nich. Ich schmeichel' mir bloß -so an dir ran.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Sag mal, Mensch, was biste vorher gewesen? Eh' -du hier Nachtwächter wurdst?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(erschreckend)</i></p> - -<p>Ich? — Ich bin Arbeiter.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Kirschenpflücker vor de Wintermonate — hä?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Du kommst mir nämlich so bekannt vor, weißte.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(angstvoll)</i></p> - -<p>Ich — dir? Nee — daß ich nich —</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Nich, als ob ich dir kennen tu'. Aber du hast so 'ne -Art ... Bei uns in Waldheim da hatten wir so 'n paar. -Wir nennten se immer »de blamierten Förschten«. — Du, -wo liegt denn dein Förschtentum?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_71" id="Seite_71">[S. 71]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Markgraf von Brandenburg, Fürstbischof von Moabit, -Edler Herr von und zu Sonnenburg.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(zuckt zusammen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Du plinkst ja immer so mit 'n rechten Vorderarm.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Laß ihm man in Ruh. Das is 'n guter Kerl ... -der is bloß verschüchtert.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(gutmütig)</i></p> - -<p>Ich mach' ja auch bloß 'n Witz.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Da — willste 'ne Zijarre?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(verblüfft)</i></p> - -<p>Wieso — gibst — du mir —?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Kannst nehmen ... die is jut ... die hat mir der -Alte vorher geschonken.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(noch immer verwundert, sein Gesicht erhellt sich)</p> - -<p>Na, denn dank' schön ... Ich werd' mir denn auch -später — revanschieren.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p class="directive2">(ihn auf die Schulter klopfend)</p> - -<p>Na, meinen wir's denn nu so beese?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(mit glücklichem Gesicht)</i></p> - -<p>Nee! Wahrhaftigen Gott nich!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_72" id="Seite_72">[S. 72]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Na siehste! <i>(Nach links weisend, wo Eichholz sichtbar wird)</i> Aber -vor dem Alten nimm dir in acht. Der is dir nich jrien.</p> - - -<h3>Achte Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Eichholz</span></p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(vollends angetrunken)</i></p> - -<p>Ich bin ein Mann — hochgeehrt, — ich brauch' nich — -Kartoffelsuppe aus'n Steinguttopp — fressen! Morjen, -die Gesellschaft! Morjen, die hochgeehrte Gesellschaft! -<i>(Biegler bemerkend)</i> Was? — Was will der Hund? Der -schmalbauchige Hund? M — M — Mantel hat er ihm -geschenkt — mit blanke Knöppe — wie 'n Offezier! Was -is der Kerl überhaupt? Wo kommt der verhungerte Kerl her?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Das geht dir jar nischt an. Wenn er man seine -Pflicht tut.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Pflicht tut? Hähähä! Der is bloß zum Rausfuttern -hier. Der is hier auf Eichelmast wie de Nuck-Nuck-Schweinchen. -Wann hab' ich mal blanke Knöppe gekriegt? Kerl, -durch was für Pfiffe und Kniffe bist du auf den Posten -gekommen? Zieh mal vom Leder, du Hund!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Lassen Sie mich in Ruh. Ich habe mit Ihnen nichts -zu tun.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Was krauchste immer bei meine Tochter 'rum? Dir -jibt se 'n Porzellanteller. Du wirst noch mal — platzen<span class="pagenum"><a name="Seite_73" id="Seite_73">[S. 73]</a></span> -— wie 'n Bovist. Und dann wird man an dem Gestanke -erkennen, wer du bist. Mensch, ich hab' 'ne Faust wie -'ne Ramme! <i>(Dringt auf ihn ein)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(stößt ihn fort)</i></p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(zurücktaumelnd)</i></p> - -<p>Was — hauen — tust du mir alten Mann?</p> - - -<h3>Neunte Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Göttlingk</span> und <span class="gesperrt">andere Bildhauer</span> und -<span class="gesperrt">Steinmetzen</span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Was is hier los?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(keuchend)</i></p> - -<p>H—h—hauen — m—m—ir—!</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Wer hat den alten Mann gehauen?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Is ja alles Blech!</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Werd' ich nu bald Antwort kriegen?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(kleinlaut)</i></p> - -<p>Hier hat überhaupt keiner gehauen.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(mit erhobener Faust)</i></p> - -<p>Der Hund! — der verhungerte — <i>(Einige der Umstehenden -führen ihn nach hinten)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_74" id="Seite_74">[S. 74]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Sieh mal an! ... Kommen Sie mal ran, Sie! -... Na?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich tu' hier, was ich zu tun habe. Sie gehn mich -nischt an.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Das werd' ich Ihnen mal gleich beweisen. Eins — -zwei — <i>(pfeift)</i></p> - -<p class="actor"><b>Struve</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Da geh man schon. — Jegen den Großschnauz kommste -nich auf.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Der sticht mit's dreikant'ge Messer.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Wenn ich »drei« sag' —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(blaß, schwer atmend)</i></p> - -<p>Sie können — ja auch zu mir kommen.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(pfeifend)</i></p> - -<p>Ich warte.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(in Erregung, zitternd)</i></p> - -<p>Da lassen — sich man — die Zeit — nich lang werden.</p> - -<p class="actor"><b>Die Anderen</b> <i>(lachen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(in Wut)</i></p> - -<p>Wer riskiert hier zu lachen? ... Soll ich meine -Pfeife mit euch stoppen, Kerls? <i>(Das Lederfutteral nach vorne -ziehend)</i> Soll ich euch mal die Hühneraugen barbieren? -<i>(Da Lohmann, Sprengel, Struve sich vor Biegler gestellt haben)</i> Aus -dem Weg hier!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_75" id="Seite_75">[S. 75]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(sich umschauend)</i></p> - -<p>Wo is denn der Polier?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Jetzt bin ich hier der Polier. <i>(Wild)</i> Aus dem Weg -hier — oder —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(vortretend)</i></p> - -<p>Laßt man. Wegen mir soll hier keiner Ungelegenheiten -haben. —</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(befriedigt)</i></p> - -<p>Na, da hätten wir ja das Gewächse. <i>(Setzt sich, raucht)</i> -Immer parieren, Kinderchen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Also ich wär' ja nu da.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Das seh' ich. Was den alten Knackstiebel betrifft, -den wollen wir mal auf sich beruhen lassen. Aber wir -haben noch 'n Hühnchen zu pflücken, wir beide. Sie -sind doch der neue, krumme Kerl von Nachtwächter?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Neu bin ich hier ... Krumm bin ich wohl auch.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(auflachend)</i></p> - -<p>Und Nachtwächter auch?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Dann kieken sich mal hier diesen Block an. Na — -soll ich Sie bei den Ohren nehmen?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_76" id="Seite_76">[S. 76]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(stammelnd)</i></p> - -<p>Was — is — denn — mit dem Block?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Sie sind verantwortlich für das, was hier über Nacht -geschieht. Ich frag' Sie: Wer hat da an meinem Block -rumgemurkst?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(sehr bestürzt)</i></p> - -<p>Das —</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Na?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Das — weiß ich — doch — nich.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Seht euch mal das böse Gewissen an.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Nu sei doch frech! Schmeiß ihm doch Staub ins Gesichte.</p> - - -<h3>Zehnte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen. Frau Homeyer. Marie</span><br /> -</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p class="directive2">(geht quer über den Platz zu der Gruppe hin)</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(sich rasch vom Wüterich in den Schwerenöter verwandelnd)</p> - -<p>Oi, da kommt ja hoher Besuch, feiner Besuch, pikefeiner -Besuch. Nu, mein süßes, strammes Frau Homeyerchen, -mein —</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b> <i>(ihn abwehrend)</i></p> - -<p>Man wird schließlich nich mal mehr unbelästigt auf -den Platz kommen können.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_77" id="Seite_77">[S. 77]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Aber Kindchen, Puppechen! Sie waren doch sonst -nich so. Ich hab' Ihnen doch manches liebe Mal in -Ihren warmen, sanften Oberarm gekniffen.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Und haben immer noch von mir auf die Finger gekriegt.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Aber gelächelt haben Sie dazu — so sieß! <i>(Schmachtend)</i> -Ach, wie so sieß!</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Ach, Sie sollten sich was schämen. Dort vor der Tür -steht das Fräulein. Das will Sie sprechen.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Das Fräulein — mich? — Mich — das —? So! -Na! Sie, Nachtwächter, Sie können abrutschen. Aber -Sie werden mir noch Rede stehn. Verstanden? —</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Hab man keine Bange vor dem!</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Und wenn du für irgend was 'n Zeugen brauchst, ick -beschwör' alles ... Unbesehn.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich dank' euch schön.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(dreht eitel seinen Schnurrbart)</p> - -<p>Na, bin ich nu nobel genug fürs Fräulein? <i>(Geht -nach vorne links)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_78" id="Seite_78">[S. 78]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p class="directive2">(schaut verliebt hinter ihm her, einer der Steinmetzen umfaßt sie von -hinten, sie schlägt nach ihm, die andern lachen, sie geht nach links)</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(nach der Kantine ab)</i></p> - - -<h3>Elfte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Marie. Göttlingk.</span> Die anderen im Hintergrund -</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(ist bebend die Stufen heruntergestiegen und streicht sich, wie um sich Mut -zu machen, mit der Hand übers Gesicht)</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(linkisch, mit durchbrechender Frechheit)</p> - -<p>Mahlzeit, Fräulein.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(tonlos)</i></p> - -<p>Gesegnete Mahlzeit!</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Möchte mir die ergebenste Frage erlauben, womit ich -dem Fräulein dienen kann?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Herr Göttlingk, Sie sind lange weg gewesen.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Jawohl, bißchen de Welt besehen. Aber nu bin -ich schon lange wieder da.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Das freut mich, daß Sie wieder da sind, Herr Göttlingk.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Nu, das is ja höchst schmeichelhaft für mich. Danke -schön.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_79" id="Seite_79">[S. 79]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(rasch, ängstlich)</i></p> - -<p>Nein, nein, der Lore wegen.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Der Lore wegen. Ach so ... Na, das geht so seinen -Weg.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Was für 'n Weg, Herr Göttlingk?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Wissen Sie was, Fräulein Mariechen? Beunruhigen -Sie sich darüber nicht. Da sind Sie viel zu fein zu. — -Das sind solche Geschichten.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Sie wissen wohl gar nicht, Herr Göttlingk, wie lieb -Sie die Lore hat?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Mädchen mit 'n Kind hat einen immer lieb. Dafür -sorgt schon der liebe Gott.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(ihn bestürzt anstarrend)</i></p> - -<p>Herr Göttlingk, so schlecht können Sie doch gar nicht -sein. Wenn die andern auch sagen, Sie seien gewalttätig -und — Ich habe Sie immer für einen guten und edeln -Menschen gehalten.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Na, macht sich!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Und ich weiß, aus Ihrem Singen spricht ein weiches -Herz. Ich habe Ihnen immer mit Freuden zugehört.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>So? Na, ich hab' auch sozusagen immer extra für -Sie gesungen, Fräulein Mariechen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_80" id="Seite_80">[S. 80]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(tödlich erschrocken)</i></p> - -<p>Wieso — für — mich?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Nu, weil ich schon weiß, daß Sie dann immer 's -Fenster aufmachen. Also müssen Sie's doch gerne haben. -Ich tu' immer, was Sie gerne haben. Jawohl. Mach' ich.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(außer Fassung)</i></p> - -<p>Es handelt — sich hier — aber gar nicht — um mich.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(in trumpfender Männlichkeit)</p> - -<p>Warum eigentlich nich, Fräulein Mariechen? Warum -soll es sich nich auch 'n mal um Sie handeln?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(sprachlos, ratlos, schließt für einen Augenblick die Augen, dann — da sie -Zarnckes Stimme in der Veranda hört, eilt sie hilfesuchend auf ihn zu)</p> - -<p>Vaterchen! Vaterchen!</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(seinen Schnurrbart drehend)</i></p> - -<p>Sieh mal an! Sieh mal an! <i>(Geht nach hinten)</i></p> - - -<h3>Zwölfte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen. Zarncke. Kriminalkommissar -Reitmaier</span> -</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, was denn, Miezelchen? <i>(Ruft)</i> Frau Homeyer! -<i>(Sie hängt in seinem Arm, er streichelt ihre Wange und übergibt sie dann -Frau Homeyer, die für einen Augenblick in der Tür erscheint)</i> Sie -werden entschuldigen, Herr Kommissar! Sie is 'n bißchen -kränklich ...</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_81" id="Seite_81">[S. 81]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p class="directive2">(Mann Mitte der Vierzig, rund, breitschultrig, strohblonder Schnauzbart, -Pincenez. Gemachte Jovialität, die gelegentlich in brutale Schärfe umschlägt. -Ein wenig Bierbruder mit Ausblick zum Offiziertypus)</p> - -<p>Ach, es ist mir ja immer höchst fatal, wenn ich so das -Privatleben der Herrschaften stören muß. Ich werd' Sie -auch nicht lange aufhalten. Ich bin nur beauftragt worden, -mal 'n bißchen nachzuhören, was mein Kollege vom -Revier da — — Haben Sie man keine Bange. Ich bin -'ne menschenfreundliche Natur. Ich mach' das alles gemütlich. -Die Herren Spitzbuben — die sind mir so wie 'ne -große Familie.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(erfreut, bewundernd)</i></p> - -<p>Ach — ne — wirklich?</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(bieder)</i></p> - -<p>Ja, darf ich wohl sagen: Wie meine Familie! Na, -kann man den Onkel mal 'n bißchen sehn?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(rufend)</i></p> - -<p>Struve!</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p class="directive2">(sich von einer Gruppe im Hintergrunde lösend)</p> - -<p>Jawohl, Herr Zarncke. <i>(Leise)</i> Ei weh, Kindersch. Da -is der Reitmaier vom Präsidium. Das is 'n fauler -Junge. <i>(Kommt nach vorn)</i></p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(die Arme ausbreitend)</i></p> - -<p>Herr Gott, das is ja mein guter, alter Struve.... -Na, lieber Freund!</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b> <i>(gerührt)</i></p> - -<p>Ach, der Herr Kommissar! Ne, is das 'ne Freude!</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Na, Menschenskind, wir haben uns ja so lange nich -gesehn.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_82" id="Seite_82">[S. 82]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ja, Herr Kommissar. Es hat mir auch immer was -gefehlt.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Nu sagen Sie mal, alter Sohn, was <em>haben</em> Se denn -nu wieder ausgefressen?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Herr Kommissar, es tut mir ja leid. Aber ich bin -eben scharf in de Besserung. Diesmal kann ich wirklich -nich — nich — dienen.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(überzeugt)</i></p> - -<p>Ja, ja, ja. Also, Sie sind's nich gewesen?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Herr Kommissar, und wenn ich hier gleich meinen -Totenschein in die Hand nehm' —</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Nich schon Totenschein! Pfui! — Mann wie Sie muß -leben!</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Aber wenn sich's machen läßt, Herr Kommissar, im -Zuchthaus. Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(zu Zarncke)</i></p> - -<p>Er is bitter gestimmt. <i>(Beruhigend)</i> Na, na, na, es -is da bloß noch 'ne kleine Formensache. Nichts von Bedeutung! -Ne! <i>(Zieht sein Notizbuch)</i> Sagen Sie mal, wo -waren Sie denn nu in der Nacht?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ja, Gott, Herr Kommissar. Wo man so is. Uf 'ne -Banke. Oder so.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_83" id="Seite_83">[S. 83]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(bedauernd)</i></p> - -<p>Warum <em>waren</em> Se nu nich in Ihre Schlafstelle?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ja, warum <em>war</em> ich nich in meine Schlafstelle? Hätt' -ich gewußt, daß schlechte Menschen hier bei Herrn Zarncke -einbrechen würden, hätt' ich mir gleich um halb zehne in -de Klappe gelegt. Wegen den Aal—ibi.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Natürlich! <i>(Leise)</i> Das is 'n abgefeimtes Luder! — -Da Sie das aber selbstredend nicht wissen konnten, so -gingen Sie zu — in den bekannten Lehmannschen Keller, -wo wir ja auch schon zusammen gesessen haben. Is da -'s Bier immer noch so gut?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Danke. Ja. Es jeht.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Da waren Sie bis — zehn Minuten nach zwölfe. -Und dann waren Sie mit Ihrem Freund Kuntze — ja, -wo waren Sie da?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ja, wo war ich da? Ich bin — spazieren jewesen.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(klagend)</i></p> - -<p>Nämlich, denken sich mal, Ihr armer Freund Kuntze -sitzt schon wieder feste!</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Das is dem Kerl recht. Der is zu dumm.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Aber es is doch schade. Na — und als Sie sich dann -getrennt hatten, was taten Sie dann?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_84" id="Seite_84">[S. 84]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ach, Herr Kommissar, ich bin so 'n weiches Jemiete. -Ick hab' mir so, wie ick schon sagte, in'n Humboldthain -bisken uf die Banke jesetzt.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Und gesprochen haben Sie mit niemandem?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>I wo wer' ick doch. Dabei kann man so leicht in -schlechte Jesellschaft kommen. Ne.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(triumphierend, leise)</i></p> - -<p>Den kriegen Sie nich!</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Und dann sind Sie nach Hause gegangen.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ja, ick wollte eijentlich noch 'n bisken die Vögelchens -singen hören. Aber <span class="antiqua">pee à pee</span> bin ick denn zu Hause -jejangen.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Der Kerl hat ein Schwein. Weder die Stunde des -Einbruchs noch die Zeit seines Heimkommens sind festzustellen. -Aber — — <i>(laut)</i> Struve!</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Herr Kommissar!</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Ja, noch eins. <i>(Wieder leise)</i> In dem Magazin — haben -Sie da Sachen von Wert?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>O ja. Da bewahr' ich unter anderm die Zahnsägen auf.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_85" id="Seite_85">[S. 85]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Und die sind wertvoll?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Einige davon sind mit Diamantsplittern besetzt.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Ah! Wußte der Struve davon?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(mit reserviertem Lächeln)</i></p> - -<p>Ja, das weiß ich nicht, Herr Kommissar.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Struve, wo ist hier das Magazin?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Das Magazin? <i>(Nach rechts weisend)</i> Na da is es ja.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Was is denn da so drin?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Was wird denn da so drin sein? Vielleicht überführen -Sie sich mal, Herr Kommissar.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(schärfer)</i></p> - -<p>Wissen Sie, was Zahnsägen sind?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Zahnsägen? Ja. Das sind Zahnsägen.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Wo werden die über Nacht aufbewahrt?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_86" id="Seite_86">[S. 86]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Struve</b> <i>(rufend)</i></p> - -<p>Du, Lohmann, wo werden doch die Zahnsägen aufbewahrt?</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(ärgerlich)</i></p> - -<p>Sie haben hier zu antworten und keine Fragen zu -stellen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(auf die Umstehenden weisend, von denen sich einige allgemach näher herangedrängt -haben)</p> - -<p>Stören Sie die Leute, Herr Kommissar?</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Durchaus nicht. Durchaus nicht. <i>(Leiser)</i> Sie sehn -übrigens — <i>(zu Struve streng)</i> treten Sie mal zurück! — -<i>(leiser)</i> daß an das Subjekt nicht 'ranzukommen ist.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(zaghaft, bittend)</i></p> - -<p>Ach, dann lassen Sie ihn doch laufen.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Nu ja, <em>Sie</em> sind ja bekannt dafür, daß es Ihnen -Vergnügen macht, dergleichen Volk bei sich unterkriechen -zu lassen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Vergnügen? Es is wohl mehr eine Abbitte an den -lieben Gott.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(immer noch leise)</i></p> - -<p>Weitere Verdachtsmomente als seine Bescholtenheit -liegen nicht vor. Ich könnte jetzt noch die Leute hier vernehmen. -Vorher aber möcht' ich mal an <em>Sie</em> die Frage -richten, ob Sie nach Ihren Beobachtungen den Kerl für -verdächtig halten oder nicht?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_87" id="Seite_87">[S. 87]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(verlegen)</i></p> - -<p>Ja, da is schwer —</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Trotzdem möcht' ich sehr bitten, der Wahrheit gemäß —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(in die Enge getrieben)</i></p> - -<p>Ja, ja, ja. Einen Augenblick. Polier! Geben Sie -doch mal — <i>(spricht leise weiter)</i></p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p class="directive2">(der sich inzwischen unter den Umstehenden eingefunden hat, holt eine Anzahl -Schlüssel aus der Hosentasche und reicht ihm einen davon)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Struve! ... Sehen Sie mal hier diesen Schlüssel. -Kennen Sie den?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ne.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Das ist der Magazinschlüssel. Den übergeb' ich Ihnen -hiermit. Verstehn Sie?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ne.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Falls der Herr Kommissar Sie hier läßt, werden <em>Sie</em> -mir von jetzt ab für die Sicherheit der Sachen — einstehn. -Verstanden?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ne.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Erlauben Sie mal, Herr Zarncke! Was bedeutet -denn das?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_88" id="Seite_88">[S. 88]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Das ist meine Antwort, Herr Kommissar. Entnehmen -Sie daraus, was Sie wollen.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Sie — vertrauen — <em>dem</em> den —? Hähähä! Erlauben -Sie mal. — Hähähä. Pardon, das ist zu spaßhaft. <i>(Immer -lachend)</i> Na dann will ich auch nicht weiter stören. Das -kann dann mein Kollege vom Revier zu Ende führen! ... -Aber wenn Ihnen man die Passion für solche schweren -Jungens nich noch mal sauer aufstoßen wird ... denn -außerdem haben Sie ja auch noch 'n Mörder bei sich. Und -weiß Gott, was —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(sehr erschrocken)</i></p> - -<p><em>Mörder?</em> <i>(Große Bewegung unter den Zuhörern, die sich während -der Folgezeit über den ganzen Platz fortpflanzt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Nu ja — den —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(rasch, mit Nachdruck)</i></p> - -<p>Das ist ein Irrtum, Herr Kommissar.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Erlauben Sie mal —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(ihn bei Seite nehmend, erregt)</p> - -<p>Erstens ist der Mann nicht wegen Mordes, sondern -wegen Totschlags verurteilt worden —</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Menschenblut is Menschenblut.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_89" id="Seite_89">[S. 89]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Menschenblut hat auch so einer in den Adern. Und -das braucht ihm nicht unnütz vergiftet zu werden. Wissen -Sie, daß Sie dem Manne, der sich zu mir gerettet hat, -wie 'n Stück Vieh von der Schlachtbank, daß Sie <em>dem</em> -das Weiterexistieren auf dem Platze wahrscheinlich unmöglich -gemacht haben?</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Ich? Wieso? Bitte!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(auf die erregten Gruppen weisend)</p> - -<p>Da sehn Sie! Die werden's bald 'raushaben, wer der -»Mörder« ist. Anstatt hier rücksichtsvoll —</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b> <i>(brutal)</i></p> - -<p>Ach was! Da müßt' ich viel Zeit haben, auf solchen -— Auswurf — Rücksicht zu nehmen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, sehr verwandtschaftlich reden Sie nu gerade <em>nicht</em> -von Ihrer werten Familie.</p> - -<p class="actor"><b>Reitmaier</b></p> - -<p>Was für Familie? ... Ach so! <i>(Scharf)</i> Ich empfehle -mich Ihnen, Herr Zarncke. <i>(Ab nach links)</i></p> - - -<h3>Dreizehnte Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Die Vorigen</span> ohne <span class="gesperrt">Reitmaier</span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(der einen Augenblick kopfschüttelnd dagestanden hat, laut)</p> - -<p>Hört mal, Kinder! Das — mit dem — Mörder — -das muß 'ne Verwechslung sein. Das — ja —!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_90" id="Seite_90">[S. 90]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Willig</b> <i>(vor sich hin)</i></p> - -<p>Na na!</p> - -<p class="actor"><b>Andere</b></p> - -<p class="directive2">(geben ebenfalls durch Mienen und Gebärden ihrem Zweifel Ausdruck)</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Struve!</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p class="directive2">(der seinen Schlüssel kopfschüttelnd besehen hat)</p> - -<p>Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Diesmal hab' ich Sie noch 'rausgehauen. Nu benehmen -Sie sich auch darnach.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ja w— w— w—</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na was denn?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Wenn nu gesetzten Falls — und es is <em>doch</em> nu ein -anderer gewesen —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sie, bilden Sie sich keine Schwachheiten ein .... -Und?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Und — nu ja — und der andere der kommt nu mal -wieder — —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Dann werden <em>Sie</em> eingesteckt. Verlassen sich drauf. <i>(Ab)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(nach der Kantine weisend)</i></p> - -<p>Nu selbstverständlich is er's. Wer denn sonst?</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b> <i>(nach Struve hin)</i></p> - -<p>An <em>den</em> hat man sich schließlich gewöhnt, — aber -<em>Mörder</em>! Ne.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_91" id="Seite_91">[S. 91]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Du, Struve, komm mal her. <i>(Struve geht zu ihnen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Scht. Da is er.</p> - - -<h3>Vierzehnte Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Biegler.</span> Gleich darauf <span class="gesperrt">Lore</span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(hat drei Zigarren in der Hand, die er besieht)</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(mit einem kleinen Teller, worauf noch eine Zigarre)</p> - -<p>Herr Biegler.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(sich umwendend)</i></p> - -<p>Ja?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Sie haben doch <em>vier</em> Zigarren bezahlt und bloß dreie -genommen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ach so. Ja. Danke. <i>(Nimmt die Zigarre)</i> Es war ja -auch noch 'n vierter dabei. <i>(Mit glücklichem Lächeln)</i> Ich hab' -nämlich — jetzt — auch — <em>Freunde</em> hier.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(erfreut)</i></p> - -<p>Ach, sehn Sie!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja. Freunde — hab' ich. Drei Stück. Ja ... Und -da will ich mich doch mit Zigarren revanschieren. Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Na sehn Sie. Hab' ich Ihnen nich immer gesagt: -Es is nich so schlimm, — sie tun Ihnen nichts?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_92" id="Seite_92">[S. 92]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja, ja, Fräulein! Wenn Sie mir nicht hätten immer -Mut gemacht.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(herüberrufend)</i></p> - -<p>Sie, Lore, was machen Sie sich da mit dem Kerl zu -schaffen? Das ist kein Umgang für Sie. — Lassen Sie -den mal hübsch laufen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(zusammenschreckend)</i></p> - -<p>Ja ... ja, ja. <i>(Steht unschlüssig)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(die Zähne zusammenbeißend)</i></p> - -<p>Der kann mich nich leiden. Gehn Sie man schon ... -Ich hab' ja auch noch — <em>Freunde</em>. <i>(Lore ab)</i> <i>(Er breitet seine -Zigarren fächerförmig in der Linken aus und tritt zu Lohmann, der zuerst -mit Struve gesprochen und dessen Gruppe sich dann aufgelöst hat)</i> Du -— willste nich — eine Zigarre von mir — rauchen?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(verächtlich)</i></p> - -<p>Nee. <i>(Tritt von ihm fort)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(steht einen Augenblick wie erstarrt, dann geht er zu Sprengel, sehr zaghaft)</p> - -<p>Ach — bitte — ich hätt' — ne Zigarre — für —</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Du kannst deine Zigarren für dich behalten. <i>(Tritt -gleichfalls von ihm fort)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(reibt sich fassungslos die Stirn; eine verzweifelte Wildheit kommt über -ihn; er geht zu Struve — voll Angst und Ingrimm)</p> - -<p>Du hast mir vorhin ne Zigarre gegeben —</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b> <i>(gutherzig abwehrend)</i></p> - -<p>Laß man! Laß man! ... Es is nich, weil ich stolz -bin, weil ich nu den — Magazinschlüssel hab' ... aber —<span class="pagenum"><a name="Seite_93" id="Seite_93">[S. 93]</a></span> -ich kann mir nich — ausschließen, — ich muß machen wie -die andern.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wa — was hab' ich — euch denn — ...?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Sag mal, wie alt bist du?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Vierunddreißig.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Und da haben sie dich schon 'rausgelassen? So früh -lassen sie einen wie du — sonst doch nich los ...</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(sieht ihn entsetzt an, wirft einen wilden, verängstigten Blick auf die ihn -rings Beobachtenden und versteht)</p> - -<p>Ach so ... Ach so.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b> <i>(ist zu Lohmann zurückgetreten)</i></p> - -<p>Ich sag' euch bloß: det stimmt <em>nich</em>.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Wer soll's denn sonsten sein?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(auf die Bank der Kantine sinkend)</p> - -<p>Ach so!</p> - -<p class="directive1"> -(<span class="gesperrt">Der Vorhang fällt</span>) -</p> - -<hr class="chap" /> - -<p class="pagebreak"><span class="pagenum"><a name="Seite_94" id="Seite_94">[S. 94]</a></span></p> - - - - -<h2>Dritter Akt</h2> - - -<p class="directive1">Die Kantine. Deren Wände sind aus Fachwerk gebildet. -Die Decke ist niedrig und verräuchert. Auf der rechten Seite -die Tür zum Werkplatz. Im Hintergrunde rechts das Fenster, -im Hintergrunde links das Büfett mit einem Schanktisch davor. -— Auf der linken Seite eine Tür zu Schlafräumen. — -In der Mitte unter der Hängelampe ein Tisch mit Stühlen, -links vorne ein Sofa mit Tisch und Stühlen, rechts vorne -Tisch mit Stühlen. Vor dem Fenster Schustergerät. In der -Ecke rechts hinten ein eiserner Ofen.</p> - -<p class="directive1">Das Ganze trotz des ärmlichen oder vielmehr provisorischen -Charakters sauber und beinahe freundlich. Blumentöpfe auf -den Tischen und vor dem Fenster. Blitzblankes Gerät auf -dem Schanktisch, darunter ein verzinkter Wasserwärmer. -Plakate und Bilder ohne Rahmen sind als zufälliger Schmuck -an die Wände geheftet. Die »Platzordnung« unter Glas und -Rahmen hängt neben der Eingangstür. Über dem Büfett -eine Uhr; neben ihm eine Mandoline</p> - - -<h3>Erste Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Lore</span> hinter dem Schanktisch mit einer Handarbeit beschäftigt. -Der alte <span class="gesperrt">Eichholz</span> auf dem Sofa schlafend. <span class="gesperrt">Lenchen</span> an -dem Schusterschemel</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(schnarcht)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Was machst du da, Lenchen?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_95" id="Seite_95">[S. 95]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b></p> - -<p>Ich spiel' mit Großvatern seine Schuhmacherspielsachen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Zerbrich ihm man nich seine Glasglocke.</p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b></p> - -<p>Nein, nein.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(sieht nach der Uhr und geht dann zum Sofa)</p> - -<p>Vater — Vater!</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p class="directive2">(brummt aus dem Schlafe, ohne sich zu rühren)</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Vater, du mußt aufstehn.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(im Halbschlaf)</i></p> - -<p>Wieso denn?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Es is Sonnabend heute. Nach der Lohnzahlung — -du weißt ja — dann wird's noch einmal voll hier.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ja, ja ... Na ja ... <i>(Richtet sich auf und reckt die Glieder)</i> -Ich muß ja auch noch gehn, mir neues Verschmierpech -besorgen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Laß doch, Vater, das eilt ja nicht.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Nu ja. Ich arbeit' ja <em>doch</em> nich. Ich bin 'n altes -Faultier, sagt meine Tochter. <i>(Rülpst)</i> Dein Kümmel is<span class="pagenum"><a name="Seite_96" id="Seite_96">[S. 96]</a></span> -das reine Rattengift. — Meine Leber kriegt schon harte -Stellen von. Ich muß mal baldigst gehn, mich an einen -Mäßigkeitsvereine zu beteiligen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach ja, das wär' ganz gut, Vater.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Wär' ganz gut. Wär' ganz gut. Was weißt du, was -mir gut is? Ich freß nich mehr aus'n Steinguttopp. -Das laß dir gesagt sein.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, das is ja alles Einbildung, Vater.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Denn was bin ich? ... Stück Vieh auf'm Schindanger -bin ich ... Wenn sie mich schon wegjagen tun um — -um — um 'n Mörder.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(abwehrend)</i></p> - -<p>Ach!</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Auf meinem Platz sitzt 'n Mörder. Das halt' ich nich -aus. Da jeh' ich ins Wasser. Da nehm' ich eine Jiftpille -zu mir. Und dann verkauf' ich mir an die Annetomie ... -Damit du nichts zu erben kriegst, du Biest. Nich mal -meinen Leichnam.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(lächelnd)</i></p> - -<p>Ich will ja auch nichts, Vaterchen.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Wenn du hättest Ehre in deinem Herzen, dann schmißt -du den Kerl 'raus und scheuerst mit Karbol die Stelle,<span class="pagenum"><a name="Seite_97" id="Seite_97">[S. 97]</a></span> -wo er gestanden hat. Statt dessen frißt er sich hier rund -an deine Karbonade.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Gönn ihm doch sein bißchen Essen, Vater. Und ob -er wirklich <em>der</em> is, von dem der Kommissär gestern gesprochen -hat, das weiß ja keiner.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ich hab's immer gesagt: der Kerl hat Mörderaugen -im Kopp. Heute is nu jeder so klug.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Was sind denn Mörderaugen, Vater?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Die sind wie beim Fisch. Da sitzt ein Stein drin. -Und das is der Tod. Und wegen so einen — haben sie — -mir — <i>(Weint)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(mitleidig)</i></p> - -<p>Vaterchen!</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(weinend)</i></p> - -<p>Das halt' ich nich aus. Da werde ich verrückt von. -Einer muß hin. Er oder ich. Tot oder lebendig. Der -muß verrecken, der Hund, der Bluthund, der — der — -<i>(Kläglich)</i> Ich hab' so 'n Leberstechen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Geh, leg dich aufs Bett, Vater.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Das hat er mir schon mit seinen bösen Blick anjetan, -daß ich nicht werde jenesen meines Leidens ... Ich hab' -so 'n Leberstechen. <i>(Ab)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_98" id="Seite_98">[S. 98]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(sieht ihm seufzend nach)</i></p> - -<p>Lenchen, du bist ein kluges Kind. Geh mit Großvater. -Und wenn er weint, dann ruf.</p> - -<p class="actor"><b>Lenchen</b></p> - -<p>Ja, Mamachen. <i>(Von Lore zur Tür geleitet, ab. Es klopft)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Herein!</p> - - -<h3>Zweite Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Lore.</span> <span class="gesperrt">Marie</span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>'n Tag, Lore. Du hast wohl schon sehr auf mich gewartet?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(gedrückt)</i></p> - -<p>Ach! Jetzt hatt' ich schon aufgehört.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Wußtest du's, daß ich gestern mit ihm gesprochen -hatte?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Die anderen erzählten sich's.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Und du fragst gar nicht? Dachtst dir wohl schon, -daß ich keine guten Nachrichten bringe?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(mutlos)</i></p> - -<p>Gott, als Sie gestern abend nicht kamen. Und heute -vormittag nicht. Wollen sich nich setzen, Mariechen?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_99" id="Seite_99">[S. 99]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Danke. <i>(Setzt sich)</i> Hast du gehört, wie schön die Amsel -singt auf deinem Dach? Mitten in all dem Lärm. Täusch' -ich mich, oder pfeift sie fröhlicher, seit sie ihr Nest hat? -Es is wirklich so, als ob das Glück pfeift ... Auf deinem -Dach, Lore.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Für mich pfeift kein Glück.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Wer weiß? ... <i>(Zögernd)</i> Lore, ich will dir was gestehn: -Ich hab' Vater gebeten, daß er ihm am nächsten -Termin kündigt.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Warum haben Sie das getan? Wenn er gehen will, -dann soll er gehn. Aber nicht fortjagen. Nicht um meinetwillen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Lore. Ich hab' auch Vater gebeten, daß er ihm dann -sagt, daß er dir 'ne Aussteuer geben wird.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ich will keine Aussteuer. Die heilt nichts und macht -nichts gut. Ich will nichts.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Denn sieh mal: Er ist ehrgeizig. Er will eine Frau, -die wohlhabend ist. Darauf geht er aus.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Woher wissen Sie das?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_100" id="Seite_100">[S. 100]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(stockend, mit abgewandtem Gesicht)</p> - -<p>Nun, das — merkt — man doch.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Zuzutrauen ist es ihm schon. Aber so himmlisch gut -Herr Zarncke is, wohlhabend, wie <em>er</em> meint, kann ich ja -doch nie werden.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(mit geheimnisvollem Lächeln)</p> - -<p>Nun — wer weiß?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Denn erspart hab' ich nichts. Ich verdien' hier gerade -das tägliche Brot.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(mit unterdrückter Erregung)</i></p> - -<p>Sieh mal, Lore, was ich dir schon immer mal hab' -sagen wollen: Lange leben werd' ich nicht, <i>(langsam, mit Betonung)</i> -und — dein Lenchen — hab' ich <em>sehr lieb</em>.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(nach langem Schweigen)</i></p> - -<p>Mein Kind hast du — so lieb?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(nickt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Mein Lenchen hast du so lieb?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(tonlos)</i></p> - -<p>Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(aufschreiend)</i></p> - -<p>Dann geb' ich's dir. Dann nimm's als dein eigen. -Wozu soll sie sich durchschleppen mit mir durch all den -Jammer, wenn sie <em>das</em> haben kann? <i>(schluchzt)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_101" id="Seite_101">[S. 101]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Lore, hör mal! ... Vor zwei Tagen — da hätt' ich noch -ja und »Schön dank« gesagt. Aber jetzt — seh' ich die Dinge -— anders an. Denn, sieh mal! So ein — Kindchen — -muß doch zuerst mal — seinen Vater haben ... Nicht wahr?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(in neuem Erstaunen)</i></p> - -<p>Marie, Marie! Wenn ich das recht versteh'! ... Das -glaub' ich nicht! Das ist zu viel! Das ist zu viel! Und -das kann auch nicht zum Guten sein. Nie im Leben. Nie.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Warum nicht?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Weil — weil ... Der — der <em>will</em> mich nicht mehr. -Dem bin ich <em>doch</em> bloß 'ne Kette am Bein. Weiter nichts.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Auch wenn er weiß, was Lenchen mal zu erwarten -hat? Und wovon er doch der Verwalter sein wird?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Mein Gott, mein Gott, mein Gott!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Nur wie das wird, wenn ich früher sterbe als Vater, -das weiß ich nicht. Denn wollen <em>wird</em> er ja nicht.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Nein, nein, nein! Es wird nichts. Es kann auch -nicht. Und es schadet auch gar nichts, wenn's — nichts — -wird. — Man is ja längst schon viel zu mürbe. Und -vielleicht ist einem ganz, ganz was anders bestimmt, wo -<em>nicht</em> so viel Tränen drauf liegen. Aber 'ne Viertelstunde -lang mal froh gewesen sein und ein Mensch, nicht bloß<span class="pagenum"><a name="Seite_102" id="Seite_102">[S. 102]</a></span> -ein Stein, den man hin und her stößt, ach, das tut so gut, -so gut, so gut! <i>(Sinkt lachend und weinend vor ihr nieder und küßt -ihr die Hände)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Laß doch! Steh auf! Mir scheint, es kommt wer. -<i>(Lore steht auf)</i></p> - - -<h3>Dritte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen. Biegler</span> -</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(dumpf, scheu)</i></p> - -<p>Guten Tag.</p> - -<p class="actor"><b>Marie.</b></p> - -<p>Guten Tag, Herr Biegler. Ist denn schon Feierabend?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Geht's Ihnen gut?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Danke.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Adieu, Herr Biegler. Adieu, Lore! <i>(ab)</i></p> - - -<h3>Vierte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Lore. Biegler</span> -</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(setzt sich an den Mitteltisch)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(geht zum Büfett, schenkt aus dem Wärmekessel einen Topf mit Kaffee ein, -bricht eine Fünfpfennigsemmel ab und bringt sie nach dem Tisch links)</p> - -<p>Setzen sich lieber hierher, Herr Biegler. Das da is -ja der Steinmetzentisch, und die Bildhauer kommen nich -nach der Auszahlung. Die sind zu große Herren.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_103" id="Seite_103">[S. 103]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich geh' so wie so gleich fort. <i>(Setzt sich links)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Warum sind Sie eigentlich nich bei der Wochenauszahlung?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich — krieg' — monatlich. <i>(Schweigen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(immer in freudiger Erregung)</p> - -<p>Ich weiß nicht; Sie kommen mir heut so anders vor, -Herr Biegler. Sie reden gar nich.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich red' ja — auch sonst nich — viel.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Wissen Sie, mir is nämlich heute ganz was — ganz -was — Besonderes — passiert.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was Gut's?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(nickt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Da gratulier' ich.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, es is nichts zu gratulieren. Es wird sich nichts -ändern. Aber es is doch wie 'n heller Schein. — Und da -möcht' ich, daß es auch andern so geht. Ihnen auch.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(schwer atmend)</i></p> - -<p>Danke!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Herr Biegler — ach, Herr Biegler, wozu sollen wir<span class="pagenum"><a name="Seite_104" id="Seite_104">[S. 104]</a></span> -erst viel Versteck spielen. Ich weiß ja, was Sie quält — -seit gestern.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(sich in Erstaunen jäh umwendend)</p> - -<p>Und da reden Sie noch mit mir?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ja — is es denn wahr?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(nach einer Pause, schwer)</i></p> - -<p>Die Herren Geschworenen haben die Frage — ob's -Notwehr gewesen is oder nich — verneint ... Und nu -lassen Sie mich meinen Kaffee austrinken. <i>(Schweigen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(nach innerem Kampfe)</i></p> - -<p>Herr Biegler! ... Sündig sind wir alle ... Ich auch.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(bitter lachend)</i></p> - -<p>Sie?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(zaghaft)</i></p> - -<p>Sie wissen doch!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja, Ohren hab' ich auch ... <i>(in Wut auffahrend)</i> Und -wenn ich erst wieder Fleisch hätt' auf den Armen, dann -würd' ich den Kerl — —</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ruhig, Herr Biegler, ruhig, ruhig! Sie wollen doch -nich, daß ich Angst hab' vor Ihnen?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(hastig seinen Kaffee trinkend)</i></p> - -<p>Ich geh' schon. Ich geh' schon.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Herr Biegler, wollen Sie nich mal Ihr Herz erleichtern?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_105" id="Seite_105">[S. 105]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(unschlüssig, mit dankbarem Aufblick)</p> - -<p>Ach! ... <i>(hart)</i> Ne.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Gott, Herr Biegler, gut tät's Ihnen schon! Man -wird ja so wie so wie'n Stein! Die Steinmetzen erzählen -nämlich: Der Stein wird durch Druck. Wissen Sie?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Das sollt' ich wohl wissen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ja, Hunderttausende und Millionen Jahre müssen die -drüberliegenden Schichten drücken, dann wird die lebendige -Erde zu Stein ... Beim Menschen dauert's nich so -lang. Das hab' ich ausprobiert. 'n paar Jährchen Druck -— immer derselbe Druck. Das genügt.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(bitter)</i></p> - -<p>Ob's genügt.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Man lacht und man weint und man schläft und man -arbeitet — ach, lustig sein kann man sogar — man is -überhaupt ein Mensch wie andere und is doch lang keiner -mehr ... Drin im Innersten lebt man gar nich mehr ... -Man is willenlos wie 'n Stein ... Man läßt sich mit -dem Fuß stoßen wie 'n Stein. Man wird gegen alles -gleichgültig wie 'n Stein.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(eifrig)</i></p> - -<p>Ja, ja, ja, — so is es, — ja, ja.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_106" id="Seite_106">[S. 106]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Aber heut is wieder Leben in mich gekommen. So -sehr hat mich was gefreut ... Gestern war ich wie Sie. -Aber heut kann ich Ihnen was helfen. Bloß Vertrauen -müssen Sie haben, daß ich's auch wirklich will.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Das hätt' ich schon — aber — <i>(vor sich hinbrütend)</i> ich muß -ja wohl wieder weg.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ich denk', Sie waren zufrieden.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wenn sie mich in Ruh' gelassen hätten — <em>alle</em> — -im Himmel wär' ich gewesen. Morgens — so gegen zweie -— da is mir leicht geworden ... dann kann keiner kommen -und was von mir wollen. — <em>Doch!</em> — Einer <em>kann</em> -kommen ... Die kann <em>immer</em> kommen. Sie <em>is</em> noch -nich — aber sie kann.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(mit beruhigendem Lächeln)</i></p> - -<p>Na wer denn, wer denn?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ach so — ich soll ja mein Herz erleichtern.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Nicht — wenn Sie nich wollen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wissen Sie, wie's nu werden wird? ... Vors erste -schieben sie sich so langsam von einem weg ... Man will -<em>mit</em> anfassen, und dann is man allein. Und dann geht's<span class="pagenum"><a name="Seite_107" id="Seite_107">[S. 107]</a></span> -Gerede los um einen rum. Da heißt es: »Na, habt ihr -auch schon euer Leben versichert?« Und da heißt es: »Wenn -sich gewisse Brieder nich bald dinne machen, dann werden -wir den Platz schwarz stellen.« Und dann fliegt 'n Stück -Holz. Und dann fliegt 'n Stein. Und dann kommen <em>Sie</em> -eines Tags und sagen: »Es tut mir leid, Herr Biegler, -aber Sie müssen wo anders essen, es is wegen der Leute.«</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(schüttelt heftig den Kopf)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Na warten Sie man. Und schließlich kommt der -Prinzipal und sagt: »Hier is Ihr Buch. Sie können gehen.« -Und man weiß, daß man nu wieder ins Hungerland zieht, -wo kein warmes Mittag is und kein Bett, und man sagt -noch: »Gott sei Dank.«</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, es is schrecklich.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Unser Pastor in der Anstalt hat immer gesagt: »Seid -froh, daß ihr sühnen könnt« ... »Sühnen« heißt das schöne -Wort ... Das haben die Herren extra für uns erfunden -... Ja, was soll ich nu alles sühnen? ... Daß der Weg -mich in <em>die</em> Schlafstelle geführt hat — und gerade in <em>die</em>? -... Daß die Frau jung war — mit Flunkeraugen — und -daß sie immer <em>so</em> machte <i>(haucht mit spitzem Munde)</i>, wenn sie -hinten an mir vorbeiging. Und wenn ich gesagt hab': -»Was machen Sie da?« dann hat sie mich mit den blanken -Zähnen angelacht und gesagt: »Ich kann's in den Tod nich -leiden, wenn auf dem Rockkragen 'ne Feder sitzt« ... Und -der Mann hat noch mitgelacht, wenn's mir schon heiß und -kalt das Genick 'runterlief ... Ja, so kommt so was ... -Er war Schuster. Wie Ihr Vater ... Mit den Schustern<span class="pagenum"><a name="Seite_108" id="Seite_108">[S. 108]</a></span> -hab' ich kein Glück ... Nu, da wissen Sie ja auch, was -'n Klopfstein is ... <i>(Zum Gerätschemel gehend)</i> Da liegt er ja! -<i>(Bringt den Stein.)</i> Sehn Sie sich den an! Bißchen kleiner war -er — aber groß genug. Dann wie der Mann mich eines -Tages abgefaßt hat — mit ihr — — und auf mich zugekommen -is, Messer in der Hand, da hab' ich gedacht: -was machen? Was hab' ich gemacht? <em>So!</em> <i>(Hebt den Stein -hoch)</i> ... Und mit eins hat er langgelegen. Das Ganze -hat gedauert, wie wenn einer bis drei zählt ... Weil der -nu da lang lag, darum war mein Leben verdorben. Nu -sagt der Pastor: »sühnen!« Ja, nun sühne mal, wenn der -Wahnsinn schon hinter dir sitzt ... Was kann ein zu -Schanden geprügelter Hund viel sühnen? Seine Wunden -kann er sich lecken ... Mehr kann er nich.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(mitleidig)</i></p> - -<p>Mein lieber Gott.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p><em>Ihr</em> lieber Gott is nich <em>mein</em> lieber Gott. Sonst -ließ' er <em>das</em> nich zu ... Ja, nu werd' ich gehn ... die -ersten müssen gleich kommen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(fest)</i></p> - -<p>Sie sollen <em>nicht</em> gehn, Herr Biegler.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(in flackernder Angst)</i></p> - -<p>Ich hab' mein Vesper getrunken. Ich hab' hier nichts -mehr zu tun.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Sie sollen dableiben. Was auch geschehen mag, Sie -sollen dableiben. Ich setz' Ihnen ein Glas Bier hin wie -den andern. Das trinken Sie aus und kümmern sich um -nichts.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_109" id="Seite_109">[S. 109]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Um Gottes willen. Hier? Hier? Wieso denn?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Sehn Sie denn das nicht? Je mehr Sie sich verkriechen, -desto mehr sind <em>die</em> von Ihrer Schuld überzeugt. -Und das darf nicht sein.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wenn's nu aber doch wahr is?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Das geht keinen was an. Außer Herrn Zarncke und -mir weiß keiner was. Und wir halten reinen Mund. Wenn -<em>die</em> sehn, daß Sie keinem aus dem Wege gehn, dann wird -das Getratsche langsam wieder einschlafen ... Aber nichts -gestehn! Sich nich verschnappen! Sonst ist alles aus ... -Wissen Sie noch, wie Sie waren, als ich Ihnen das erste -Butterbrot brachte?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(nickt voll Grauen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>So sehn Sie in vier Wochen wieder aus, wenn Sie -sich jetzt wegjagen lassen. Es geht um Ihr Leben, Herr -Biegler. <i>(Hinaushorchend)</i> Ich glaube, Sie kommen schon. -Da setzen Sie sich hin. Und wer Sie anlappt, dem zeigen -Sie die Zähne.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(stammelnd)</i></p> - -<p>Ach ich — m — mir bl — eibt ja jedes Wort in der -Kehle.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Soll nicht. Darf nicht. Sie müssen. Müssen, Herr -Biegler, müssen!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_110" id="Seite_110">[S. 110]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Und 's kann sein, wer's will? Ja?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(stutzend, dann stark)</i></p> - -<p>Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(dumpf, zagend)</i></p> - -<p>Na, is gut. <i>(Setzt sich auf seinen Platz zurück)</i></p> - - -<h3>Fünfte Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Lohmann.</span> <span class="gesperrt">Sprengel.</span> <span class="gesperrt">Struve.</span><br /> -<span class="gesperrt">Drei andere Arbeiter</span><br /> -</p> - - -<p class="directive2">(Die Eintretenden begrüßen Lore, die rasch hinter den Schanktisch getreten -ist, mit einem brummigen »Guten Tag« und setzen sich an den Tisch rechts)</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Glas Bier!</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Mir auch.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Jedem eins.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Kiekt mal, wer da huckt!</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Mir wundert, daß er sich nich aufs Ehrensofa geschmissen -hat. Das ist doch extra für ihm hingebaut.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Der Mensch sitzt, wo er kann. — Laß ihm sitzen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(Bier bringend)</i></p> - -<p>Wohl bekomm's!</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Danke. <i>(Nach Biegler hinüber)</i> Jemütlich is anders. Prost! -<i>(Sie stoßen an)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_111" id="Seite_111">[S. 111]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(bringt auch Biegler ein Glas Bier)</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Wird der hier nu auch den Stammgast spielen?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Struve, du verstehst dir ja auf so 'ne Brieder. Graul -ihm mal 'raus.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Kindersch, laßt mir in Ruh. Ick bin jetzt so beschäftigt -mit meine eigenen Sorgen.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Wat vor Sorgen?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Wat vor Sorgen? Des fragste noch? Glaubste, es -macht Verjniegen, mit so 'ne Verantwortung in de Welt -rumzuloofen? Wenn du jehst bloß Steine schleppen, denn -haste jar keene Verantwortung, dafür biste aber auch 'n -Lump. Wenn du aber wirst jeehrt sein durch das Vertrauen -deiner Mitbürger, wenn du wirst 'n Magazinschlüssel -an dir tragen, oder so — dann wirst mal sehen, -wie so 'n Mann zu Mute ist.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Dir is des wohl zu Koppe gestiegen? Was?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Denn wer eine jewisse Erfahrung hat von's menschliche -Leben, der muß sich doch sagen: det is 'n janz jewehnliches -Schnappschloß. — Da brauchste bloß 'n paar gesunde -Zähne zu, um 'n vierzölligen Drahtnagel krumm zu biegen,<span class="pagenum"><a name="Seite_112" id="Seite_112">[S. 112]</a></span> -und denn biste schon drinne. Immer so mitten mang de -Diamanten. Kindersch, um Gottes willen, regt eich das -jar nich uf?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(lachend)</i></p> - -<p>Ne.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Und jesetztenfalls und du hast se nu ausgebrochen —</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Was?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Na — de Diamanten, denn kannste se jehn ruhig verschärfen -bei jeden freindlichen Mann, wo mit blanke Knöppe -handelt. Da kann dir kein Teckel an de Beene ... Des -is 'ne aufjelegte Sache. Des reinste Beersenjeschäft ... -Kindersch und da soll ick die Verantwortung vor haben? — -Ne, des halt' ich nich aus. Da zieh' ick über Land.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Jlickliche Reise. Prost.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Und was der Nachtwächter da is, der schlappohrige -Kerl, ick wette 'n Hering jegen 'n Löffel Jritze, dessentwegen -könnte man 'rin und 'raus — wie de Schwalben.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Der blieht da nu so 'rum. Wie so 'n Maibliemchen.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Abjebrieht is er wohl. Sonst säß' er nich hier.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Kindersch, ick sag' eich immerzu. Wenn er und er -wär's, dann wär' er noch nich 'raus.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_113" id="Seite_113">[S. 113]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Jedenfalls wollen wir da mal ein jelinde blasenziehendes -Mittel anwenden. <i>(Sehr laut)</i> Fräulein! Wissen -Sie vielleicht die Adresse von 'ne leistungsfähige Lebensversicherungsgesellschaft?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(der solange scheinbar teilnahmslos, doch in gespannter Erwartung dagesessen -hat, wendet sich jäh um)</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(abweisend)</i></p> - -<p>Was soll ich mit 'ne Lebensversicherung?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Nu, 's is doch jetzt nich janz jeheier auf'n Platz. Da -kann mal leicht so 'n kleiner Kuhhandel kommen, wo man -plötzlich mit Tode abjeht, man weiß nich, wie?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(abweisend)</i></p> - -<p>Ich versteh' gar nich, was Sie meinen.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Diejenigen, wo's anjeht, die werden mir schon verstehn.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(steht auf, will reden, bringt aber nur ein unartikuliertes Stammeln hervor -und setzt sich wieder)</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Hat jesessen.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Wo bleiben übrigens heite die Steinmetzen?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Nu — die müssen sich doch erst ausputzen. Mit ihre -blaue Kalikoschirzen trauen die sich nich uf de Straße. Es -könnt' se ja einer fir Hausknechte halten. <i>(Lachen)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_114" id="Seite_114">[S. 114]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Jedenfalls müßt' man sich mit denen zusammentun -und was unternehmen beim Alten, — damit er auf'm -Platz 'n bißchen ausräuchern läßt. Es wird nötig.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Fang nich schon wieder an, Mensch ... hab doch Erbarmen -mit so 'n plundrigen Kerl.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Wenn ich in 'n Modder trete, dann wisch' ich mir die -Stiebeln ab; — da hab' ich auch kein Erbarmen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(zittert und atmet schwer. Er ringt mit sich, unschlüssig, ob er sprechen -solle, wagt es aber nicht mehr)</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Kein Mensch weiß, ob er's wirklich is.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Warum steht er denn nich auf und —</p> - - -<h3>Sechste Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Die Vorigen. Willig. Göttlingk und andere -Steinmetzen</span> (in Feierabendkleidung) -</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(auf den Tisch der Arbeiter weisend)</p> - -<p>Da <em>sitzt</em> se ja, die janze feine Familie ... Ihr kriegt's -wohl nich eilig genug mit eurem Feierabend — was?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Wieso denn?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_115" id="Seite_115">[S. 115]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Den großen Oberkirchner Block, links von der Treppe, -habt ihr auf Hochkant stehn lassen. Wißt ihr das nich?</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Nu, der hängt doch im Flaschenzug.</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Aber locker hängt er.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Bis wir den 'runterkriegen, dauert's zwanzig Minuten. -Wenn der Alte Überstunden zahlen will, gehn wir gleich -noch mal 'ran.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Husten wird er euch was.</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Jedenfalls steift ihn noch ab. Wenn was passiert, seid -ihr verantwortlich. <i>(Setzt sich zu den Steinmetzen an den Mitteltisch)</i></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Na, Lore, Sie könnten ruhig 'n bißchen fixer sein, -wenn die Steinmetzen kommen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(die Bier bringt, eilig, ängstlich)</p> - -<p>Hier is, bitte, hier is schon alles.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Aber freilich, wenn man sich mit solchem Volk abgibt, -wie der Kerl — der — <i>(Biegler erkennend)</i> Herrgott, wer sitzt -denn da?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_116" id="Seite_116">[S. 116]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Willig</b> <i>(rasch)</i></p> - -<p>Ach, kümmer dich nicht um den.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Hast recht. So 'n Geschmeiß existiert nich. Prost, die -Herren! <span class="antiqua">Per Bacco</span>, is mir mollig. Ganz fingrig is mir -zu Mute. Wollt ihr was hören? Natürlich, ihr wollt -immer was hören. Lore, bring mal — bringen Sie mal -die Seufzerkiste.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Jawohl. <i>(Holt die Mandoline von der Wand und bringt sie ihm)</i></p> - -<p class="actor"><b>Ein Steinmetz</b></p> - -<p>Du, der Alte war doch heute so extra süß mit dir. -Ahnste weswegen?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(während er die Mandoline stimmt)</p> - -<p>Tja, lieber Sohn, wer kann das wissen? Manchmal -können sich Ereignisse vorbereiten — die Welt is eben 'n -Affenkäfig.</p> - - -<h3>Siebente Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Der alte Eichholz</span></p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p class="directive2">(angezogen wie im ersten Akt)</p> - -<p>Einen guten Feierabend wünsch' ich der hochgeehrten -Gesellschaft.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>So in Jala, Papa Eichholz?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_117" id="Seite_117">[S. 117]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Jawohl. Mein Manschettenhemde hab' ich mir angezogen -und habe mir angetan im Schmucke sämtlicher -Orden und Ehrenzeichen. Nu wollen wir mal sehn, ob -ein alter Krieger noch was gilt in seinem Vaterlande.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(ängstlich)</i></p> - -<p>Was hast du vor, Vater?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Zuerst bejeb' ich mir zum Alten und frag' ihn auf -Ehr' und Jewissen: Wer is der Kerl? Was is der -Kerl? ... Und wenn er in meinen unjewissen Zustande -mir sollte — <i>(bemerkt Biegler)</i> was — was — was — was is -denn das? Is das —?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Vater, hier darf jeder sein Bier trinken, der zum -Platz gehört. Weißt du das nich?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(halblaut zu Lore)</i></p> - -<p>Was mischst du dich da eigentlich immer 'rein?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Was man so sagt, der Wiedehopf, der läßt in sein -eigenes Nest 'reinschmutzen, aber wenn du willst mein -Fleisch und Blut sein — <i>(in ausbrechender Wut)</i> Kerl, dir werd' -ich platt schmeißen! Dir bind' ich 'n Mühlstein um'n -Hals, dir, dir ... Blut muß fließen, du Hund, du blutiger -Hund!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(gequält)</i></p> - -<p>Fräulein, soll ich nu immer noch länger hier bleiben? -Ich denk', nu is genug.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_118" id="Seite_118">[S. 118]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(halblaut zu Lore)</i></p> - -<p>Nanu? Was geht dich dem Kerl sein Hierbleiben an?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Vater, tu, was du willst, aber hier in der Kantine -fang keinen Zank an. Sonst mußt du 'raus.</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Sieh mal, wie sie sich auf dem seine Seite schmeißt.</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b></p> - -<p>Hat sie ganz recht.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Jawohl. Ich geh' schon. — Ich werde schon in geeignete -Erfahrung bringen, wer, wer <i>(mit geballter Faust)</i> und -wer Blut vergießt, deß — Blut — muß — — ich geh' -schon, ich geh' schon. Guten Abend, die hochgeehrte Gesellschaft. -<i>(Ab)</i></p> - - -<h3>Achte Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Die Vorigen</span> ohne <span class="gesperrt">Eichholz</span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(leise zu Lore)</i></p> - -<p>Hast du etwa Durchsteckereien mit dem?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(wendet sich ab)</i></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(verbissen)</i></p> - -<p>Sieh mal an! <i>(Kehrt auf seinen Platz zurück)</i> Na, lassen wir -uns nich die Laune verderben. <i>(Ergreift die Mandoline, in -neuem Argwohn)</i> Freilich, wissen möchte man doch.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_119" id="Seite_119">[S. 119]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Halt bloß Ruhe, Eduard.</p> - -<p class="actor"><b>Die Anderen</b></p> - -<p class="directive2">(die am Steinmetztische sitzen, stimmen ihm bei)</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(an der Mandoline zupfend)</i></p> - -<p>Na also, was soll ich euch singen? Ich weiß 'ne -Menge schöne Lieder, die mir die schönen Weiber dort -unten in schönen Stunden beigebracht haben ... denn die -Weibsleut' da unten! Überhaupt die Weibsleut', Kinder! -Wenn man da nich feste 'ranjeht! <i>(Beiläufig, herablassend)</i> -Ach, bringen Sie mir doch noch 'n Glas Bier, Fräulein -Lore.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(bebend vor Erregung, holt sein leeres Glas)</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Du fragtest vorhin, warum der Alte heute so süß -mit mir war. Ja, mein geliebter Sohn, Glück bei den -Weibsleuten muß der Mensch haben. Das is der Ausschlag -beim Rosinenhandel ... Danke, mein Fräulein, danke, -danke, danke! <i>(Singt und spielt)</i> »<span class="antiqua">Vè quà una giardiniera, si -chiama Luisella, da sovra all'Arenella</span>« — <i>(Abbrechend)</i> Sagt -mal, Herrschaften, wie wär's, wenn ich zur Abwechslung -mal so euer Chef würde hier auf diesem Steinmetzplatz?</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b></p> - -<p>Was is das wieder für 'n fauler Witz?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Ja, das Leben macht manchmal so 'ne faulen Witze. -Wenn ich da Jimm drauf hätte. Die Puckligen sind zwar<span class="pagenum"><a name="Seite_120" id="Seite_120">[S. 120]</a></span> -nich gerade mein Jeschmack, aber wenn so 'n schönes Jeschäft -dran hängt, kann man ja auch mal beide Augen zumachen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(stößt einen unartikulierten Laut des Abscheus und des Entsetzens aus)</p> - -<p class="actor"><b>Sprengel</b> <i>(halblaut)</i></p> - -<p>Is 'n Mensch wie 'n Vieh.</p> - -<p class="actor"><b>Willig</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Läßte nu nich mal mehr die Krüppel in Ruh?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(der das allgemeine Murren bemerkt hat, zum Arbeitstisch hinüber)</p> - -<p>Riskiert da etwa einer zu mucken? Was?</p> - -<p class="actor"><b>Lohmann</b></p> - -<p>Wir sind ja ganz still.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Möcht' ich mir auch ausgebeten haben. <i>(Da Lore, den -Kopf in den Händen, noch einmal aufstöhnt)</i> Was ist denn hier los? -Was? Was? Was?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(ist in zitternder Erregung langsam aufgestanden, leise, zaghaft, als traue -er seinen erwachenden Kräften nicht)</p> - -<p>Du Schuft! Du Schuft! — Du Schuft!</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(fassungslos vor Erstaunen)</i></p> - -<p>Was will das Gewächse da?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Du ganz erbärmlicher Schuft!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_121" id="Seite_121">[S. 121]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(Humor heuchelnd)</i></p> - -<p>Kinder, der is übergeschnappt. Soll ich den zu Mus -quetschen? Nehmt mir das nicht übel, aber die Handvoll, -das lohnt mir nich. Außerdem bin ich's als Steinmetz -mir und euch schuldig, mich nich mit erst wem — Prost!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(heiser)</i></p> - -<p>Was du bist, bin ich noch alle Tage.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Dem Kerl muß man doch 'ne Zwangsjacke anlegen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich hab' zum Spaß deine Arbeit getan. Wenn's hell -is, kann ich's besser.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(aufspringend)</i></p> - -<p>Du warst das selber, du verfluchter —?</p> - -<p class="actor"><b>Die Anderen</b> <i>(halten ihn fest)</i></p> - -<p>Ruhig, ruhig, ruhig.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Aber das is Nebensache. <i>(Auf Lore weisend)</i> Da — da -— wer steht da? — Der sagst du <em>das</em> ins Gesicht? — -Jeder weiß, daß sie 'n Kind von dir hat. Zum Dank -verhunzen tust du sie — schuriegeln tust du sie ... Wirst -sie — wirst sie ehrlich machen? Wirst sie ehrlich machen? -Du nichtswürdiger Schuft! Du!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_122" id="Seite_122">[S. 122]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(der sich zu befreien sucht)</i></p> - -<p>Nu laßt doch los. — Is bloß 'n Floh, der ganze -Kerl, aber das kost't ihm das Leben. <i>(Reißt sich los und zieht -den Dolch heraus)</i> Los sag' ich, oder —</p> - -<p class="actor"><b>Die Anderen</b> <i>(weichen erschrocken zurück)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Du meinst, ich hab' Angst vor deiner einzinkigen Gabel, -weil alle anderen Angst haben? — Kraft hab' ich keine, -Haut und Knochen bin ich vom langen Hungern, aber — -<i>(er hat den Klopfstein ergriffen, der auf dem Schanktisch liegen geblieben -ist, und hebt ihn hoch)</i> — <em>mit so 'nem Schusterstein hab' ich -schon einen erschlagen! Mit so 'nem Schusterstein -hab' ich schon</em> — — <i>(große Bewegung)</i> Nu komm mal 'ran, -wenn du willst. Komm mal 'ran — komm mal 'ran! <i>(Dringt -auf Göttlingk ein)</i></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(erschrocken zurückweichend)</i></p> - -<p>Na, na, na, na.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Komm 'ran — oder 'raus da — 'raus da. —</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p><i>(weicht, unverständliche Worte stammelnd, bis zur Tür zurück)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(der ihm gefolgt ist)</i></p> - -<p>'raus da! 'raus da!</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Das werd' ich dir — gedenken. — <i>(Rettet sich durch die -rasch geöffnete Tür)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_123" id="Seite_123">[S. 123]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(sieht sich wirr um und wankt zu seinem Tische zurück. Er sieht verständnislos -noch einmal um sich, sieht Lore, die schluchzend, mit verhülltem -Gesicht, abgewandt dasteht, sieht die blassen, entsetzten Gesichter und -murmelt, wie wenn er langsam zu sich käme)</p> - -<p>Was is denn? Was war denn? Was —? <i>(Sein Gesicht -verändert sich, er kämpft mit dem Schluchzen und will auf seinem Stuhl -zusammensinken, rafft sich aber mit letzter Kraft empor, trinkt sein Bier -aus, setzt seine Mütze auf und schreitet mit geballten Fäusten zur Tür -zurück; — sich umwendend wirft er einen fragenden, trotzigen Blick auf die -ihn regungslos Anstarrenden — und geht hinaus)</i></p> - -<p class="directive1"> -(<span class="gesperrt">Der Vorhang fällt</span>)<br /> -</p> - -<hr class="chap" /> - -<p class="pagebreak"><span class="pagenum"><a name="Seite_124" id="Seite_124">[S. 124]</a></span></p> - - - - -<h2>Vierter Akt</h2> - - -<p class="directive1">Szenerie des zweiten. Spätabendbeleuchtung. Über den -Häusern des Hintergrundes ein glühender Streif Abendrot, -der sich allmählich verliert. Vor der Veranda unter dem -Fenster der Zarnckeschen Wohnung ein gedeckter Tisch nach -vollendeter Abendmahlzeit. Das Fenster der Kantine ist erleuchtet. -Beim Aufgehen des Vorhangs ertönt von irgendwoher -Biergartenmusik</p> - - -<h3>Erste Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Marie.</span> <span class="gesperrt">Zarncke</span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(in einem Korbstuhl behaglich ausgestreckt, eine Zigarre rauchend)</p> - -<p>Siehste, nu is unsre Amsel auch schon schlafen gegangen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Eben sang sie doch noch.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Bald werden sie nu auch im »Gambrinus« Ruhe geben -mit ihrem Bumbum.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Ach, ich hör's gerne.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ich auch ... Und weißt du, warum? Weil es so -schön weitab is vom eigenen Leben ... Da sitzen nu die<span class="pagenum"><a name="Seite_125" id="Seite_125">[S. 125]</a></span> -Menschen in Haufen, stoßen sich, ärgern sich, beneiden sich, -begehren sich, und fünf aufgequollene Trompeter machen -Musike zu ... Man is doch wahrhaftig wie der liebe -Herrgott in seiner Stille ... Sechs Tage hat er an der -verfluchten Welt 'rumgebastelt, am siebenten hat er aber -auch <em>gar nichts</em> von ihr wissen wollen. ... Was guckste -denn immer nach der Lore ihrem Fenster 'rüber?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Ja, Vaterchen, merkwürdig is es doch.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Was denn? ... Daß der Göttlingk da is?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Den ganzen Winter ist er Sonntags nicht einmal bei -ihr gewesen. Seit seiner Rückkehr nicht. Und plötzlich -kommt er — Abends um neune — von da oben — die -Treppe 'runter.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Der Deibel mag wissen, was er da oben zu suchen -gehabt hat. Aber so käseweiß brauchst du darum doch -auch nich zu werden, wenn er nu wirklich mal hinter dir -auftaucht.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(schweratmend)</i></p> - -<p>Denk doch, was das für die Lore bedeutet.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Hör mal, Kindchen, hab die Lore lieb! Aber du mußt -dich nich so 'reinbegeben in das, was rings um uns geschieht. -Nich mitmachen wollen. Das zehrt dann am<span class="pagenum"><a name="Seite_126" id="Seite_126">[S. 126]</a></span> -eigenen Leben. Es bleibe jeder in seiner Haut — und -jeder hüte den Schlüssel zu seinem Geheimfach ...</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>O, das freilich. Aber — gestern muß was passiert -sein bei der Lore drin.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>So? Was denn?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Zwischen dem Nachtwächter und — und — Göttlingk.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>So? Hm. Das war ja nu leider vorauszusehn.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(ängstlich)</i></p> - -<p>Wieso?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sie haben 'rausgekriegt, daß der arme Kerl was pekziert -hat. Deshalb hab' ich gestern schon den Eichholz -'rausgeschmissen. Das alte Vieh war ganz rabiat. Irgendwas -bereitet sich vor gegen den Biegler. Und schließlich -werd' ich noch klein beigeben müssen. Schad um den — -<i>(Schnalzt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Nein, nein, es scheint was anderes. Was Schlimmeres. -Viel was Schlimmeres.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>'n Menschen ins Verderben zu jagen is schlimm -genug ... Von wem weißt du's denn? Von der Lore?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Nein. Das ist es eben, was mich ängstigt. Die geht -mir heut aus dem Wege, wo sie kann ... Und die Homeyer<span class="pagenum"><a name="Seite_127" id="Seite_127">[S. 127]</a></span> -macht immerzu Andeutungen. Aber was Rechtes kriegt -man auch aus <em>der</em> nich 'raus.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, wenn das Schwatzweib schon sein Maul hält. -Da wollen wir doch mal gleich — <i>(Klingelt)</i></p> - - -<h3>Zweite Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Die Vorigen.</span> <span class="gesperrt">Frau Homeyer</span></p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p class="directive2">(eine Windlampe in der Hand)</p> - -<p>Gotte, Gotte, ich wart' schon immer mit der Lampe ... -Nein, so im Dunkeln ...! Wie können Sie bloß?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sie haben wohl noch nie zu zweien im Dunkeln -gesessen?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Ach nein doch! Mit 'n jungen Mann — der nimmt -sich dann so leicht was 'raus —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Und mit 'n alten Mann — das lohnt nich.</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Aber, Herr —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sagen Sie mal, Sie, was is denn gestern bei der -Lore gewesen?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Bei der Lore? I, daß ich nicht wüßte.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_128" id="Seite_128">[S. 128]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Sie haben doch meiner Tochter erzählt —</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Ich? Ach nein, das muß ein Irrtum sein. Ich, dem -Fräulein? Und gerade dem Fräulein? I, da müßt' -ich — <i>(Nimmt das Tischzeug zusammen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Aber Frau Homeyer —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(gleichzeitig)</i></p> - -<p>Was heißt das: <em>Gerade</em> dem Fräulein?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Nu ja. Da müßt' ich doch sozusagen eine Schwätzerin -sein. Und ich bin im Gegenteil immer höchst zurückhaltend -... Da bin ich bekannt für. Da können Sie alle -Mannsleute fragen. Da können Sie meine Zeugnisse -lesen ... Und da soll ich mir gerade <em>hier</em> die Zunge bei -verbrennen? ... Das kann Ihnen wer anders erzählen, -Fräulein. Und dann müssen sich auch nichts draus machen. -... Die Männer sind immer mit dem Maul vorneweg ... -Ehrbar sein und sein Myrtenbäumchen pflegen, das is -immer noch das Beste für 'n ältliches Mädchen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Ja, was hab' <em>ich</em> aber mit dem allen zu tun, Frau -Homeyer?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Ja, Fräulein Mariechen, der Mensch hat <em>manchmal</em> -mit was nich zu tun, und kommt <em>doch</em> ins Gerede ...<span class="pagenum"><a name="Seite_129" id="Seite_129">[S. 129]</a></span> -Von dem Herrn Göttlingk hätt' ich das freilich nicht gedacht. -Der is sonst immer 'n Kavelier gewesen <i>(verschämt)</i> -immer so zutraulich — und, wie gesagt, Kavelier. Aber -da könnte ja jeder kommen und — ach, bitte das Sahnentöpfchen -— und behaupten, er braucht' bloß die Hand auszustrecken, -da könnt' er Herr sein auf diesem Steinmetzplatz. -Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Was? Was? Was is das?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Und es glaubt ihm auch keiner. Da können Sie ganz -unbesorgt sein, Fräulein, das —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Halt! Stopp! 'raus! Weg!</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Aber Herr —</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Weg, weg, weg, weg!</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p>Ja, ja, Herrgott!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Weg!</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p class="directive2">(mit dem Tablette ins Innere ab)</p> - - -<h3>Dritte Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Marie.</span> <span class="gesperrt">Zarncke</span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Das haste wahrhaftig um den Lumpen nich verdient, -Mariechen. Bittst mich noch, ich soll helfen, ihm sein Nest<span class="pagenum"><a name="Seite_130" id="Seite_130">[S. 130]</a></span> -austapezieren ... Und da traut sich der Kerl überhaupt -noch hierher? — Da wollen wir mal gleich — — <i>(steht auf)</i></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(die, ins Leere starrend, regungslos dagesessen hat, fährt auf)</p> - -<p>Nein, Vater, nein!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Was — nein? Und wie siehste denn aus? — Ganz -überird'sch!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(in hilflosem Bekennen)</i></p> - -<p>Vaterchen!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(nach einem Schweigen hinter sie tretend)</p> - -<p>Miezelchen! <i>(Die Hand auf ihren Scheitel legend, leise)</i> Haben -sie dir 's Geheimfach aufgebrochen?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(aufschluchzend)</i></p> - -<p>Nicht ansehn! Nicht ansehn! <i>(Verbirgt das Gesicht in -seinem Rock)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(sie streichelnd)</i></p> - -<p>Also <em>das</em> war's? Und was du da drinnen verschlossen -hieltst, das wird dir nu da — <i>(weist zur Kantine)</i> Ja, wie -geht denn das zu?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(von Schluchzen geschüttelt)</i></p> - -<p>Weiß nicht! Weiß nicht!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, nu laß doch mal meinen Rock los!</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(verbirgt das Gesicht um so fester)</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_131" id="Seite_131">[S. 131]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Willst nich? ... Schämst dich so sehr? ... Kannst -mich gar nich ansehn? Möchtst das Tageslicht nich mehr -sehn? Möchtst dir womöglich das Leben nehmen noch -diese Nacht?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(nickt heftig)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(lacht und streichelt sie)</i></p> - -<p>Und machst doch nur durch, was jeder durchmachen -muß, dem 'n Stern vom Himmel 'runterfällt. <i>(Zum Himmel -weisend)</i> Kiek mal hoch! ... Kannst noch nich? Da sind -schon 'n paar. Und dahinter noch Milliarden. Sie stehn -da wie für die Ewigkeit. <em>Und sie fallen alle.</em> Aber -darum werden wir Menschen nich ärmer ... Höchstens die, -denen sie als Zwanzigmarkstücke in die Tasche fallen ... -Die Jugend verliert sich zuerst, aber unser Blick wird -um so heller ... Die Freunde zerkrümeln sich, aber unsere -Freundschaft wird alles, was mit uns reden kann, jeder -Gedanke — jeder Hund — jeder Stein ... Na — und -die Liebe? — Dem einen fällt sie in den Schmutz — wie -dir, dem anderen zerreibt sie der Alltag; — rasch oder -langsam, es is immer dasselbe, — aber vor der Tür lauern -schon wieder viele, die wollen sehr liebgehabt sein, und -die brauchen's den Deiwel wie nötig ... Selbst der Herrgott -wird uns aus unseren Herzen gerissen, aber unsere -Herzen schlagen kräftiger ... Kindchen, 's wird noch 'n -büschen weh tun 'ne Zeit lang ... Scham brennt ... -Aber seines guten Rechts soll sich der Mensch nicht schämen. -Und dein Recht war's ... Ja war's ... Wie's mein -Recht war und ist, dich liebzuhaben und dir zu sagen: -Halt still ... Die Stillen sind die Klugen ... Und nur -wer von der Welt <em>weit, weit</em> ab is, der hat sie ganz.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_132" id="Seite_132">[S. 132]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(sich aufrichtend)</i></p> - -<p>Vaterchen, hast du das immer gedacht?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Ich geb' zu, Kindchen, es is 'ne Weisheit für die -Kranken und die Alten. Aber die, welche die Jungen und -die Gesunden sich zurechtmachen, is auch nischt wert ... -Na — nu schmunzelst du ja wieder —.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(schluchzt kurz auf)</i></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Nich, nich, nich ... Und komm 'rauf ... Mir is, die -Tür hat schon 'n paarmal geklappt. <i>(Weist nach der Kantine)</i> -Da traut sich einer nich an die frische Luft, eh' wir nich -verduftet sind.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Die arme Lore!</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Nja. Na, komm. <i>(Beide ins Haus ab)</i></p> - - -<h3>Vierte Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Eichholz.</span> <span class="gesperrt">Göttlingk.</span> <span class="gesperrt">Lore</span></p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Scht! Du, Göttlingk! — Sie sind weg!</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(heraustretend)</i></p> - -<p>Es war auch hohe Zeit! ... Denn wenn mir jetzt — -gewisse Leute in den Weg gerannt wären — — na! Also -übers Aufgebot reden wir noch, Lore!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_133" id="Seite_133">[S. 133]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(die in der Tür geblieben ist, matt, freudlos)</p> - -<p>Wie du willst, Eduard.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Dann wollen wir also Schluß machen mit dieser elenden -Quetsche. Mein Handwerkszeug bringt mir morgen -der Vater und — ja, richtig! Die Mandoline gib mir -doch noch mit.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(verschwindet)</i></p> - -<p class="directive2">(Die halboffene Glastür über der Veranda hat sich erhellt. Die Gestalt -Zarnckes wird dahinter sichtbar)</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Is das nich der Alte da oben?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ja, der schläft da.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Scht! Na, endlich macht er die Türe zu. <i>(Das Rouleau -wird herabgelassen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(bringt die Mandoline)</i></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>So ... Vater begleitet mich noch ein Stückschen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(ängstlich)</i></p> - -<p>Vater, es wäre wohl besser, du — —</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(scheltend)</i></p> - -<p>Was heißt das? Was hast du —?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_134" id="Seite_134">[S. 134]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(gleichzeitig)</i></p> - -<p>Nu laß doch Vater! ... <i>(Reicht ihr die Hand)</i> Gute -Nacht! — <i>(Da sie in der Türe stehen bleibt)</i> Nu geh nur! -Geh nur!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(tonlos)</i></p> - -<p>Gute Nacht. <i>(Ab, die Türe hinter sich schließend)</i></p> - - -<h3>Fünfte Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Eichholz.</span> <span class="gesperrt">Göttlingk</span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Na — und nu? ... Wir haben drin nich ausreden -können, weil uns die Lore ewig auf den Hacken saß. Wie -denkst du nu über 'ne gute Streckschicht für den Kerl?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ich bin immer ein ehrenwerter Mann jewesen, ich -bin ein zuverlässiger Mann jewesen und ein —</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Ja, ja, ja, ja!</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Aber sie haben mir die Seele aus dem Leibe gezogen, -sie haben mir den höllischen Geier, welcher heißt Hadramoth, -den haben sie mir —</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Nu quatsche nich. Komm mal mit 'rüber in die Destillation.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Hier steh' ich, hier jeh' ich nich weg. Sobald der Hund -kommt, dann stürz' ich mir los auf ihm. Brust gegen -Brust.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_135" id="Seite_135">[S. 135]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Na und dann?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Dann? Ich hab' dem Alten gesagt: Herr Zarncke, -hab' ich gesagt, es gibt — ein Unglück.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Ja, mit's Maulwerk.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>So? ... <i>(Zögernd)</i> Du, und was is denn mit dem — -Block?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(lauernd)</i></p> - -<p>Was für 'n Block?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Wo du vorhin von sprachst.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Ach so ... Siehst du den da oben im Flaschenzug?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Wenn da einer die Ketten aushängt, dann steht er -bloß auf der Kippe. Verstehste? Eine Holzsteife — die -kann 'n Kind wegschlagen. — Und geht dann einer die -Treppe 'rauf — <em>muß</em> er die Treppe 'rauf?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Nu jewiß. Der Alte hat doch dahinter 'ne Kontrolluhr -aufgestellt. —</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_136" id="Seite_136">[S. 136]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Daß da man kein Malheur passiert!</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p class="directive2">(argwöhnisch, will nicht verstehn)</p> - -<p>Warum soll — da gleich — 'n Malheur passieren?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Ach so! ... Scht! Is er das nich? <i>(Man hört rechts das -Schließen einer Tür)</i></p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b> <i>(leiser)</i></p> - -<p>Nu komm ... Drüben trinken wir noch eins ... -Kann man da oben irgendwo 'raus?</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Durch die kleine Tür. Immerzu.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p class="directive2">(ihn nach dem Hintergrunde ziehend)</p> - -<p>Na denn komm!</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Warum nich hier durchs Tor?</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingk</b></p> - -<p>Komm, komm, komm ... Da scheint auch wer zu -stehn. — Komm! <i>(Auf einer mittleren Treppenstufe hält er inne)</i> Scht!</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p>Er schließt noch das Sägewerk.</p> - -<p class="directive2">(Beide verschwinden links oben. — Während rechts eine schwere Tür zugeschlossen -wird, hört man oben das leise Klirren der Flaschenzugketten. -Dann Stille. Während der folgenden Szene geht der Mond auf)</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_137" id="Seite_137">[S. 137]</a></span></p> - - -<h3>Sechste Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Biegler.</span> Dann <span class="gesperrt">Struve</span> -</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(mit Schlüsselbund und schwerem Stock, eine Schnarre umgehängt, erscheint -rechts vorne und geht an dem erleuchteten Kantinenfenster vorbei, -dann revidiert er das Schloß des Magazins und will zur Tür des Wohnhauses -hinüber)</p> - -<p class="actor"><b>Struves Stimme</b> <i>(vom Haustor her)</i></p> - -<p>He! Scht! Nachtwächter! Biegler!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wer is da?</p> - -<p class="actor"><b>Struves Stimme</b></p> - -<p>'n guter Freund!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich hab' keine guten Freunde.</p> - -<p class="actor"><b>Struves Stimme</b></p> - -<p>Struve is da.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Struve kann bei Tage kommen.</p> - -<p class="actor"><b>Struves Stimme</b></p> - -<p>Mach auf, sonst reiß' ich an de Klingel.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was is denn? <i>(Er geht aufmachen. Man hört den Schlüssel sich -drehen. Dann erscheint er zusammen mit Struve)</i> Na?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Fsch! Drinne wär' mer ja nu.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_138" id="Seite_138">[S. 138]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Also was willst du?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Sachte, sachte, sachte! ... Ick jeheer' hier zu's Haus. -Ick hab' 'n Amt hier ... 'n Vertrauensposten! Jawoll! -... Da muß ick mir iberfihren können bei Tag und bei -Nachte ... Ick kann schon jar nich mehr schlafen vor -lauter Ehrjefihl. Ja.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Na, schlaf man. Ich geh' ja hier als Wächter.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Det sagste so in deinen Jemiete. — Aber wenn du -eines Morjens nicht mehr dabist —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wieso?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Na, Mensch, Kohlege, wir beid' kennen uns doch. Uns -haben se doch aus denselben Suppentopp jeangelt.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(bitter)</i></p> - -<p>Ach so!</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Und diesentwegen biste dir doch klar: Weg mußte hier -<em>nu doch</em>!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja. Das bin ich mir klar.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Als du jestern 'raus warst, da haben die Steinmetzen -noch ne jroße Beratung jehabt. Da haben wer nich zuheeren<span class="pagenum"><a name="Seite_139" id="Seite_139">[S. 139]</a></span> -derfen. Bloß, daß se morjen früh zum Alten jehn -werden, das hab' ich noch —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(in bitterer Erregung)</i></p> - -<p>Und meinen Austritt fordern?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Wer zufällig fünf Finger hat, kann sich das ja dran -abzählen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(verbissen, verzweifelt)</i></p> - -<p>Ich wart's gar nich ab. Ich geh' alleine.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Da wärste ja auch scheen dumm, wenn du dir — nich -vorher schon dinne machen wolltst. — Und darum bin ick -eben auch 'n bisken dahinter jewesen. Deiwel auch! Wenn -man so die Verantwortung hat.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wofür? Für mich?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ne — aber — <i>(macht Zeichen nach dem Magazin hin)</i> vor -— — Ick kenn' doch 's menschliche Leben. So 'ne Sachen -die loofen doch jewissermaßen hinter einen her. Janz von -selber. Wie wenn se Beene hätten. Da kann man jar -nischt vor.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was denn? Was denn?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Na, du weißt schon. Aber in so 'ne menschliche Versuchungen -da muß man eben 'n Freind haben. Mann mit<span class="pagenum"><a name="Seite_140" id="Seite_140">[S. 140]</a></span> -Ehrjefihl. Und so. Wo einem 'n bisken ins Jewissen -redt ... Denn der Fallstricke des Teufels sind viele, und -— — was? Wie sagste?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(mit einem kurzen Lachen)</i></p> - -<p>Ich sag' jar nischt.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Na, nu mal unter uns! — Wenn du — und du jehst -hier weg, wo wirschte denn nu hinmachen?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wer kann das wissen?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Nu, setz dir mal bisken hier dal! <i>(Zieht ihn auf den vordersten -Block)</i> Sieh mal, mir jeht hier ja so weit janz jut. -Ick bin Verdrauensperson. Und so. — Aber <em>zu</em> viel Ehre -kann der Mensch auch nich verdragen. Des drickt aufs -Jemiet, weißte ... Und weil ich dir nu mal so liebhabe — -jewissermaßen, und weil de iberhaupt noch im janzen 'n -bisken klietrig bist — weißte! — — na? — Wollen wir -zusammen uf de Fahrt steigen?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was? Du und ich?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Nu ja. Mit <em>die</em> Ansichten, wo wir beide vons -menschliche Leben haben — die <em>haben</em> wir nu mal! Die -kann uns keiner nehmen. Die einen wälzen sich in'n Jolde, -wir wälzen uns in'n jrienen Chausseejraben. Tagsüber -sehn wir mal bisken nach, wo wat los is, Abends saufen -wir uns 'n verjnichten Teng ins Jesichte. Hier mußte<span class="pagenum"><a name="Seite_141" id="Seite_141">[S. 141]</a></span> -ewig 'n krummen Puckel machen und dir sauer anhauchen -lassen und wirscht doch nie mehr im Leben, wat die -andern sind!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Mensch! Da haste recht!</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Draußen veracht' dir keiner ... Und da biste bloß -<em>einem</em> Jehorsam schuldig, — das is der Meilenzeiger -... Na?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(schaut abschiednehmend um sich, mit hartem Entschluß)</p> - -<p>Gut! Wann willst du — losjehn?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Losjehn? ... Jleich. Uf'n Momang.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(in Erregung)</i></p> - -<p>Ich muß doch erst — mit ihm — reden ... Muß -doch kündigen.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ach! Sei doch kein Milchkalb! Wird er dir viel kündigen? -Und noch eins sag' ich dir: Der Jöttlingk is 'n -tück'sches Luder. Der verjeßt dir die Blamasche nich. Da -kannste morjen drei Zoll Stahl ins Leib kriegen, jleich, -noch auf'n nichternen Magen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(dumpf, entschlossen)</i></p> - -<p>Mir is alles egal.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Ne, ne, ne, ne. Komm jleich. Nimm dir in acht.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Zeugnisbuch muß ich haben. Dann komm' ich mit.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_142" id="Seite_142">[S. 142]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Zeichnisbuch? Ick weeß 'ne Penne hier in de Jegend, -da stempelt dir 'n jewesener Oberjeheimrat de piksten -Flebben noch heite nacht. Und denn — wat willste mit -'n Zeichnisbuch? — Et steht ja woll jeschrieben: »Ehrlich -währt am längsten« — aber 'n tichtiger Spitzbube fährt -mit vier Hengsten. Und iberhaupt mit die olle Tugend! -Die schabt sich ab wie 'ne dreck'ge Scheierbürschte. Da -droppt dir ewig de Nese von wie bei'n kleinen Swienegel -... Bloß natirlich — 'n jewisses Anlagekapital — -det missen wir haben.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wozu? Woher?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Det brauchste überall. — Ohne 'n Parchentlappen -kannste nich uf de Flohjagd. — Willste lernen Jold machen? -Kleinigkeit! Aber natirlich — wenn de keinen Dukaten -<em>hast</em>, kannste auch keinen Dukaten beschneiden. Siehste! -Das is der Witz ... Na, Jott sei Dank, bei uns is ja -nich wie bei arme Leit' ... Kleines Vermeegen zum Anfangen -— und so — is ja alles da.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich krieg' noch nich mal 's volle Monatsjehalt.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Aber Mensch! — Bejreifst de denn noch immer nich?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was denn? Na was denn?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_143" id="Seite_143">[S. 143]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Herrgott! Schon doch 'n bisken mein Ehrjefihl und -frag nich immer so glup'sch. Aber se sind doch nu mal da. -Da kann man doch nischt machen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was? Was? Was?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b> <i>(zaudernd, verlegen)</i></p> - -<p>Na — de — de — Diamanten.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Die willst du am Ende —?</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Die brechen wir doch jetzt jleich aus. Det is doch 'n -janz reelles Jeschäftsprinzip. Anzeigen kann uns der Olle -nich mehr. Sonst blamiert er sich. Na?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ach so einer bist du! Na, dann jeh man wieder zu -Hause.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Du bist wohl 'n Schlamassel?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich muß jetzt elfe abpfeifen. <i>(Wild)</i> Jeh, oder ich -pack' dir ins Jenick.</p> - -<p class="actor"><b>Struve</b></p> - -<p>Na — denn mach's gut! ... Ick hab' mir aber sehr -in dir entteischt. Den Vorwurf kann ick dir nich ersparen! -... Äh! Is nischt mehr los mit's menschliche -Leben, nich vor und nich hinter de Mauer.</p> - -<p class="directive2">(Ab, von Biegler gefolgt. Man hört das Tor auf- und zuschließen)</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_144" id="Seite_144">[S. 144]</a></span></p> - - -<h3>Siebente Szene</h3> - -<p class="directive1"> -<span class="gesperrt">Lore.</span> <span class="gesperrt">Biegler</span> -</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(tritt aus der Kantinentür und lauscht nach links hin)</p> - -<p>Vater, bist du's?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich bin's, Fräulein.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(freudig aufschreckend)</i></p> - -<p>Ach Sie sind's ... Haben Sie Vater nich gesehn -mit — mit — noch einem?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Nein.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach — 'n paar Augenblicke könnt' ich Sie sprechen -— ja?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich möcht' Sie ja auch noch sprechen, bevor ich ... -das heißt wenn Sie mir danken wollen etwa —</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Danken darf ich Ihnen wohl noch nich mal! Weiß -Gott, Herr Biegler, ich wollt' Ihnen so gerne helfen. -Das war meine einzigste Absicht. Statt dessen haben Sie -mir geholfen. Nu helfen Sie mir auch weiter. Ich weiß -nicht aus, nicht ein.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was is denn nu?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Er — war — eben da.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_145" id="Seite_145">[S. 145]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Aha ... Na, wann wird Hochzeit sein?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(schweigt)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Oder will er noch immer nich?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ja, ja, er will ... Er sagt wenigstens, er will ... -In Arbeit kommt er nich mehr zurück.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>So? Ei, ei!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Aber sobald er was andres gefunden hat, sagt er —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Das kann ihm ja nich fehlen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Herr Biegler, sagen Sie mir, is denn das möglich? — -Man hungert, man hungert nach seinem Glück, jahrelang -— und wie man's endlich hat — <em>so</em>, zwischen seinen -zwei Händen, da is es mit einem Mal keins mehr, da -<em>will</em> man gar nich mehr, da is man satt, satt. Satt is -man. Satt.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wer satt is, soll nich essen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ich kann doch nicht »nein« sagen zu ihm ... Das -is doch Wahnsinn. Da drin schläft doch mein Lenchen.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_146" id="Seite_146">[S. 146]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(erregt, verbissen)</i></p> - -<p>Mancher Mann wär' glücklich, Ihr Lenchen auf dem -Schoß zu halten.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(erschrocken)</i></p> - -<p>Herr Biegler, so etwas darf ich nich denken. Das is -Sünde.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Sünde is, wenn man sich mit sehenden Augen ins -Unglück stürzt.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Das sagen Sie heute, und gestern — haben Sie -Stellung und alles — haben Sie hingegeben — bloß —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Gott weiß, wie alles kommt.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, wenn ich reden dürfte! Ich glaub' ihm ja nichts -mehr. Ich laure bloß immer: Was für 'n Hintergedanken -hat er nu? Mit Vater hat er im Winkel gesessen, weit -weg, damit ich nichts hören soll ... Es war da die -Rede von — Gott, Sie wissen ja, wie Vater is. Nu -hebt mich die Angst, daß er ihm irgend was Schlimmes -einredet.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wem kann der alte Mann denn was tun?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Vielleicht irr' ich mich auch. Ach, sagen Sie mir, -was soll ich? Ich kann ja nich mehr los von ihm. Ich -bin jahrelang wie sein Hund zu ihm gewesen. Ich kann -ja nich mehr los von ihm.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_147" id="Seite_147">[S. 147]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja, wenn Sie nich <em>können</em>.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, lieber Herr Biegler, helfen Sie mir.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Helfen! Ich weiß mir alleine nich zu helfen!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, Sie sind stark. Das weiß ich seit gestern. Sie -können, was Sie wollen! Sie —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Hähähähä! Weil ich 'n Stein gefunden hab' zur richtgen -Zeit. Ich will <em>nich</em> bald wieder auf 'ner dreckigen -Pritsche liegen, Pennbruder rechts, Pennbruder links — -wenn nichts Schlimmeres — und mir die Augen aus dem -Kopf brennen vor — — <em>und muß doch</em>.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Sie können doch auch da gehn, wo Sie hingehören. -Zu Ihresgleichen.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Das <em>is</em> meinesgleichen, Fräulein Lore. Irren sich -nich. — Da <em>gehör'</em> ich hin ... Aus <em>der</em> Welt, wo Sie -sind, da bin ich 'raus. Wo ich lebe, da is Krätze und -Fuselgestank, da spuckt man sich auf die wunden Füße, -weil man kein Geld zu Salbe hat, da verkauft man seine -ewige Seligkeit um ein gefälschtes Stück Attest.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Aber noch sind Sie doch hier.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_148" id="Seite_148">[S. 148]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Schon so gut wie nich mehr. Morgen früh geh' -ich weg.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Aber warum denn? Warten Sie doch ab!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich wart' gar nichts mehr ab. Nichts Gutes, nichts -Böses. — Ich geh' auf alle Fälle ... Nu sie aus meinem -eigenen Munde wissen, was für einer ich bin, nich einen -Tag mehr ... Dies is bloß wie 'n schöner Traum gewesen. -Der is nu aus ... Ach, bangen werd' ich mich -schon sehr ... Ja, <em>die Nächte</em>, wenn der Mondschein -überall auf den Blöcken liegt ... Da — sehn Sie, -da ... Bei Tag sind sie man grau ... Aber Nachts -wie Carrara ... Manchmal bin ich so 'rumgegangen und -hab' <em>einen</em> gestreichelt und den <em>andern</em> gestreichelt und -hab' gedacht: »Wer wird dich mal behauen — der Glückliche!« -... Und wenn dann erst alles ganz still wird -— ringsum auf den Straßen, — dann sitzt man mitten -in der Welt wie in einem schönen, warmen Mantel — -ganz ruhig und ganz — — ich sagt's Ihnen schon gestern -— aber das kommt erst viel später gegen Mor — — <i>(Hält -lauschend in ängstlicher Spannung inne)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Was is?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(Man hört links Gelächter von Frauenstimmen und Singsang — scheinbar -sich entfernend)</p> - -<p>Horchen Sie! Horchen Sie!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Nun ja. Da lachen 'n paar auf der Straße. Was -is denn dabei?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_149" id="Seite_149">[S. 149]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Das sind die Mädchen, die unter Aufsicht stehn. Die -ziehen hier in die Runde — von elfe ab — immer ums -Straßenkarree 'rum — bis gegen Morgen. <i>(In Angst)</i> Solang -ich die lachen hör', da —</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Was haben Ihnen denn die armen Weiber getan?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(leise, geheimnisvoll)</i></p> - -<p>Sie is drunter. Ja, sie, sie ... die geht jetzt auch -so 'rum.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Woher wissen Sie das?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich hab' — sie — getroffen.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(erschrocken)</i></p> - -<p>Hier draußen?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ne ... Bevor ich herkam. Oben im Norden ... -Wenn sie mich gesehn hätt' — ich hab' mich bloß geschämt, -weil ich so abgerissen war, sonst — weiß Gott, was ich -jetzt schon wär' ... <i>(Er schaudert)</i> Ja, der Hunger kann viel ... -Na — werden ja sehn!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(erschüttert)</i></p> - -<p>Aber Sie haben doch Ihren guten Willen, Sie —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was is guter Wille? Mein guter Wille sind Sie gewesen, -Sie und der komische alte Mann da drin. Von jetzt -ab hält mir keiner mehr die Stange hin. Aber gedenken<span class="pagenum"><a name="Seite_150" id="Seite_150">[S. 150]</a></span> -werd' ich's Ihnen — bis — ... Fräulein Lore, es is mein -letzter Dienst heute. Ich hab' die Elf-Uhr-Runde noch nich -gemacht.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(sich ängstlich umschauend)</i></p> - -<p>Ach — noch — noch — Wenn ich bloß wüßte, wo er -Vater hingeschleppt hat ... Ich kann die Angst nich los -werden, daß, daß — —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Na, was denn?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, nehmen Sie sich vor dem Block in acht — -dort — ja?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja, ja, der hängt locker, ich weiß ...</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Und bleiben Sie wenigstens im Mondschein. Gehn Sie -nich ins Finstre — nein?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(kurz auflachend)</i></p> - -<p>Das wär' 'n richtiger Wächter, der sich vorm Finstern -grault. Und heut bin ich noch einer ... Heut bin ich -noch Mensch ... Morgen munter — wieder 'runter — in -den Morast ... <i>(Streckt in tiefer Bewegung die Hand gegen sie aus)</i> -Gut soll's Ihnen gehn, Fräulein Lore ...</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(ohne die Hand zu nehmen)</i></p> - -<p>Ja, Herr Biegler, wenn's Ihnen hier so gefällt ... -Schließlich, wenn's Ihnen die andern verzeihen, warum -<em>müssen</em> Sie denn durchaus weg?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wer wird <em>mir</em> verzeihen? ... Die Steinmetzen haben -ja schon beraten, daß sie morgen zum Alten gehen werden -— und —</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_151" id="Seite_151">[S. 151]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Nu ja.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>— und —</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ach, Sie denken wohl ...? Ach, Sie wissen noch -gar nich ...?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was is da viel zu wissen?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Herr Biegler, die Steinmetzen <em>wollen</em> morgen zum -Alten gehn — das is richtig, aber nicht darum, was <em>Sie</em> -glauben, sondern weil sie ihm sagen wollen, daß sie gerne -mit Ihnen zusammenarbeiten werden.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(verständnislos)</i></p> - -<p>Die Steinmetzen — wollen — dem Al—</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ja. Weil Sie ja bewiesen haben, daß Sie vom Fach -sind, und weil Ihr Auftreten gestern ihnen so gut gefallen -hat, darum soll Ihr Privatleben keinen mehr was angehn, -haben sie gesagt.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Die Steinmetzen wollen — die Steinmetzen wollen -— die Steinm— — — Gott, Gott, Gott! ... Die Steinmetzen -wollen — ja, warum haben Sie mir das nich schon -früher gesagt?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Sie sagten doch, Sie warten gar nichts mehr ab ... -Sie gehen auf alle Fälle.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_152" id="Seite_152">[S. 152]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wenn die Steinmetzen <em>wollen</em>, warum soll <em>ich</em> -denn —? Wenn ich wieder — ich soll wieder Krönel -und Scharriereisen in die Hand nehmen? ... Ich soll -wieder die blaue Schürze — umbinden — dürfen? Ich -soll — soll — soll — wieder die blaue Schürze ... <i>(Heimlich, -leise, in Angst)</i> Fräulein Lore, ich will Ihnen was anvertrauen. -— Aber — <i>(Legt die Hand auf die Lippen)</i> Ich hab' nämlich manchmal -solche Anfälle gehabt <i>(wischt sich über die Stirn)</i> in der Anstalt -... Das find't man dort sehr oft ... Sind Sie ganz -sicher, daß Sie das eben gesagt haben, daß die Steinmetzen -— morgen — dem Alten —?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Aber Herr Biegler, ja, ja!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Und Sie glauben auch, es kann — nichts mehr — -dazwischenkommen — bis morgen?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Was sollt' denn das sein?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Nu, daß die Steinmetzen ihren Sinn ändern — oder -daß der Alte sagt: »Nein« — oder daß mir 'n Stein auf'n -Kopf fällt — oder, was weiß ich?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(sieht sich erschrocken nach der Treppe um, leise)</p> - -<p>Stein auf'n —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(lachend)</i></p> - -<p>Ach, wissen Sie, das wär' wirklich schade. Denn ich -bin immer 'n tüchtiger Arbeiter gewesen ... Ich hab'<span class="pagenum"><a name="Seite_153" id="Seite_153">[S. 153]</a></span> -schon zwei Preise gekriegt ... Ich bin mal vor der -ganzen Innung — bin ich öffentlich belobt worden ... -Gespart hab' ich auch mal ... Ich hab' mal schon -acht Mark fünfzig pro Tag verdient ... Ich versteh' auch -gut in Granit zu arbeiten. Profile und Alles ... Granit, -das wissen Sie ja, das ist das Härteste ... Dabei scheint -es einem manchmal wie Gallert ... weicht einem geradezu -aus. Man kann da mit dem Spitzeisen gar nich 'ran ... -da muß man — da muß man — <i>(vom Glücke überwältigt)</i> Die -Steinmetzen — wollen — mit mir — — <i>(sinkt lachend und -schluchzend auf die Bank, das Gesicht gegen die Mauer gelehnt, leise)</i> -arbeiten — mit mir — arbeiten — —</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(macht mitleidig einen Versuch, seinen Rücken zu streicheln)</p> - -<p>Ach Gott! <i>(um ihn zu erwecken, ein wenig ängstlich)</i> Herr -Biegler! ... Herr Biegler!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(zu sich kommend)</i></p> - -<p>Ja, ja, ja, ja! Wo hab' ich meinen Stock — meine -Pfeife? ... Ich bin ganz, ganz ... die Kontrolluhren -hab' ich auch noch nich gestochen! — Heut darf ich nichts -versäumen, sonst ... Hahaha — hahahaha! Adieu, Fräulein -Lore. Ich komm' bald wieder.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Wo wollen Sie hin, Herr Biegler?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Runde machen — nach oben — die Treppe 'rauf ...</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Gehn Sie nich, Herr Biegler. Nich die Treppe 'rauf!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_154" id="Seite_154">[S. 154]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Warum denn nich? Haben Sie immer noch Angst -vor dem Block?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(in wachsender Angst)</i></p> - -<p>Gehn Sie nich, Herr Biegler! Wenn Sie sich freuen -auf Ihr künftiges Leben — wenn Sie den Krönel wirklich -noch mal führen wollen — wenn Sie — ... <em>Mein Kind</em> -hat Ihnen das erste Willkommen gesagt, das hat Ihnen -Glück gebracht — darum ... ach, gehn Sie nich! Gehn Sie -wo anders, aber da <em>nicht</em>!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Fräulein Lore, Sie werden ja wohl Ihre Gründe -haben —</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>J, ja, ja, ja.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Aber sein Sie ganz ruhig! Nu kann geschehn, was -will! Mir tut keiner mehr was. Jetzt nich mehr. Nee.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(entschlossen)</i></p> - -<p>Dann komm' ich mit.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Gut! Kommen Sie mit. Gehn wir alle beide nachtwächtern!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(ruft hinauf)</i></p> - -<p>Is da einer oben? <i>(Schweigen)</i></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Na sehn Sie!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Herr Biegler, wenn wir die Treppe 'raufgehn, dann -fassen Sie mich mal um den Leib. Ganz fest.</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_155" id="Seite_155">[S. 155]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich soll Sie umfassen? Das is doch nich Ihr Ernst?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(umschlingt ihn rasch, mit erhobener Stimme)</p> - -<p>So werden wir jetzt die Treppe 'raufgehn. Und dann -wollen wir doch mal sehen.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholzens Stimme</b> <i>(von oben)</i></p> - -<p>Wirste weg da, du —</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingks Stimme</b></p> - -<p>Scht!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Nanu! Was is denn <em>das</em>? <i>(Er reißt sich los und springt -blitzschnell die Treppenstufen hinan. — In demselben Augenblicke stürzt -dicht hinter ihm der Block mit Getöse herunter, prallt gegen die Stufen und -zerschellt am Boden. Eine Staubwolke wirbelt auf. Man hört oben das ängstliche -Granzen des alten Eichholz und ein Stöhnen wie von Ringenden)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(ist mit einem Schreckensruf zurückgewichen und schreit, sinnlos vor Angst, -in das Dunkel hinauf)</p> - -<p>Tu ihm nichts, Eduard. Ich zeig' dich an. Ich zeig' -dich an. Ich zeig' dich an.</p> - -<p class="actor"><b>Göttlingks Stimme</b></p> - -<p>Schrei nich, du Frauenzimmer! <i>(Man sieht seine Gestalt nach -links hin flüchten und verschwinden)</i></p> - - -<h3>Achte Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Lore.</span> <span class="gesperrt">Biegler.</span> <span class="gesperrt">Eichholz.</span> Später <span class="gesperrt">Zarncke.</span> <span class="gesperrt">Marie.</span> -<span class="gesperrt">Frau Homeyer.</span> <span class="gesperrt">Zwei Dienstmädchen</span></p> - -<p class="actor"><b>Stimmen von der Straße her</b> <i>(durcheinander)</i></p> - -<p>Was ist da los? Was is da geschehn? Da is Mord -und Totschlag ... Macht doch mal auf! ... Aufmachen! — -<i>(Man rüttelt am Tor)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_156" id="Seite_156">[S. 156]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(führt unterdessen den Alten die Treppe herab)</p> - -<p>Vorsicht! ... Da sind Stufen zerbrochen. — Vorsicht! —</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(betrunken weinend)</i></p> - -<p>Ich bin unschuldig. Ich hab' nichts getan ...</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(ihnen entgegen)</i></p> - -<p>Um Gottes willen, Vater!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(gibt den Alten, der sich nicht aufrecht halten kann, an Lore und ruft nach -links hinübergehend atemlos)</p> - -<p>Was wollen Sie hier? 'n Stein is 'runtergefallen. -Weiter nichts ... Weiter is nichts. —</p> - -<p class="actor"><b>Die Stimmen</b> <i>(durcheinander)</i></p> - -<p>Nu machen Sie doch mal das Tor auf ... Wollen -mal nachsehen.. Geschwindelt wird nicht ... Aufmachen!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Hier wird nichts aufgemacht. Gehen Sie Ihrer Wege! -<i>(Pfiffe. Gelächter. Abgerissene Rufe. Dann allmählich Stille)</i></p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p class="directive2">(der von Lore zu dem vordersten Block geführt wird, wo er sich niedersetzt, -derweilen weitergranzend)</p> - -<p>Ich bin nu auch 'n Mörder. Ich komm' nu aufs -Schafott.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(hat derweilen Licht gemacht, das Rouleau hochgezogen und die Glastür -geöffnet, dann tritt er im Schlafrock auf den Balkon hinaus)</p> - -<p>Was is da unten? Is da ein Unglück geschehn?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(mit flehender Gebärde zu Biegler hin)</p> - -<p>Ach bitte, bitte!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_157" id="Seite_157">[S. 157]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Bekomm' ich keine Antwort?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(nach Atem ringend, mit zitternder Stimme)</p> - -<p>Der Oberkirchner Sandsteinblock links an der Treppe -is vom Stapel gefallen, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Wie hat denn das passieren können?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Er stand auf Hochkant im Flaschenzug. Da haben -sich wohl die Ketten gelockert.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Und was klagt der alte Eichholz so? Hat er sich -verletzt?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(Angst und Erregung niederzwingend, mit geheuchelter Ruhe)</p> - -<p>Er hat sich wohl 'n bißchen weh getan ... Aber -schlimm is es nicht, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na wenn's weiter nichts is.</p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b> <i>(wird allmählich still)</i></p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b></p> - -<p class="directive2">(in Nachtjacke mit einem dunkeln Tuch darüber, ist mit zwei Mägden hinter -sich auf die Veranda hinausgetreten)</p> - -<p>O Gott, o Gott, o Gott, da is gewiß 'n Malheur -passiert.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b> <i>(herunterrufend)</i></p> - -<p>Nichts is passiert. Geht mal alle ins Haus zurück!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_158" id="Seite_158">[S. 158]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p class="directive2">(die während des Vorigen in dem — gleichfalls erhellten — Fenster des -Wohnzimmers erschienen ist)</p> - -<p>Du, Lore, komm mal her zu mir.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(geht zu ihr)</i></p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b> <i>(derweilen)</i></p> - -<p>Da is sicher wieder 'n fremder Mann bei der Lore -gewesen. Da möcht' ich jeden heiligen Eid drauf schwören.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na, wird's bald?</p> - -<p class="actor"><b>Frau Homeyer</b> <i>(mit den Mägden ab)</i></p> - -<p>Ja, ja, ja, geh' schon. Herrgott, ja.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Was schriest du da vorhin? Und zu wem?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(bebend)</i></p> - -<p>Ich?</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Ich war wach. Mich täuschst du nicht.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Mariechen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Vaterchen?</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Geh nu man auch zu Bett. Den Schaden können -wir uns morgen besehn. Das heißt, dem Willig werd' -ich aufs Dach steigen. Haben sich wohl tüchtig erschreckt, -Biegler — was?</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_159" id="Seite_159">[S. 159]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(noch immer zitternd in Erregung)</p> - -<p>Ach — nich sehr — Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p>Na denn: Gute Nacht, Kinder.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Gute Nacht, Herr Zarncke.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(gleichzeitig)</i></p> - -<p>Gute Nacht, Vaterchen.</p> - -<p class="actor"><b>Zarncke</b></p> - -<p class="directive2">(geht ins Zimmer zurück und schließt die Glastür)</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(leise)</i></p> - -<p>Morgen erzähl' ich dir alles. Es is viel geschehn seit -gestern.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b></p> - -<p>Aber doch nur Gutes?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b> <i>(fest)</i></p> - -<p>Ja. Weiß Gott.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(in wehmütiger Güte)</i></p> - -<p>Na, dann freut's mich auch. Gute Nacht.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Gute Nacht, Mariechen.</p> - -<p class="actor"><b>Marie</b> <i>(schließt das Fenster. Ab)</i></p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_160" id="Seite_160">[S. 160]</a></span></p> - - -<h3>Neunte Szene</h3> - - -<p class="directive1"><span class="gesperrt">Lore.</span> <span class="gesperrt">Biegler.</span> <span class="gesperrt">Eichholz</span></p> - -<p class="directive2">(Fenster und Glastür verdunkeln sich. Die Stimmen der Straße haben sich -allmählich verloren. Mitternachtsstille)</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p class="directive2">(sinkt, von den Folgen der ausgestandenen Erregung überwältigt, auf die -Bank und atmet schwer)</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Was is Ihnen, Herr Biegler? Sind Sie ganz heil -geblieben? Is Ihnen auch nichts geschehn?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ich muß mich bloß — 'n bißchen verschnaufen ... -ich bin ganz ...</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Aber Sie rangen doch mit ihm? Hat er Ihnen da -nichts getan?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Er hat nich mal mehr so viel Courage gehabt, seinen -Dreikantigen zu ziehn. — Na, kommen Sie noch immer -nich los von ihm?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(mit einer wilden Gebärde des Befreitseins)</p> - -<p>Ach!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Ja. Dem sein Hund sind Sie <em>gewesen</em>, scheint mir.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Und meinen alten Vater so zu — der Schuft! ... -Vater! Du mußt zu Bett gehn, Vater!</p> - -<p><span class="pagenum"><a name="Seite_161" id="Seite_161">[S. 161]</a></span></p> - -<p class="actor"><b>Eichholz</b></p> - -<p class="directive2">(antwortet nicht, atmet tief im Schlafe)</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Gott! — Nu sehn Sie bloß!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Schläft er am Ende?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p><em>Dem</em> werden Sie doch nichts nachtragen?</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Wenn er mir nichts nachträgt. Hahaha.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Herr Biegler!</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Was, Fräulein Lore?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Ich kann nichts sagen — mir ist das Herz so — ich -kann nicht ...</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b></p> - -<p>Aber die Hand können Sie mir geben. <i>(Streckt ihr die -Hand entgegen)</i> Wenn die nu wieder rein wird, dann sind -Sie schuld.</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p class="directive2">(weist kopfschüttelnd nach dem Balkon)</p> - -<p>Unser Alterchen da oben is schuld.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(seine Hand in der ihren)</i></p> - -<p>Ja, wie's auch wird, dem wollen wir danken ... -Scht! ... Schlägt's da nich zwölfe? <i>(Man hört die ferne</i><span class="pagenum"><a name="Seite_162" id="Seite_162">[S. 162]</a></span> -<i>Turmuhr schlagen)</i> Wahrhaftig! Nu muß ich aber wirklich -mal Runde machen und abpfeifen ... Sonst bin ich ja gar -nich wert, daß ... <i>(Lacht leise und glücklich)</i> Gute Nacht, Fräulein -Lore!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Gute Nacht, Herr Biegler.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(am Fuß der Stufen)</i></p> - -<p>Na, nu kann ich ja wohl ruhig die Treppe 'rauf?</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p><em>Der</em> kommt nie wieder. —</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(von den Stufen her)</i></p> - -<p>Gute Nacht!</p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Gute Nacht.</p> - -<p class="actor"><b>Biegler</b> <i>(verschwindet nach rechts)</i></p> - -<p class="actor"><b>Lore</b></p> - -<p>Vater! ... Nu mußte aber wirklich schlafen gehn, -Vater. <i>(Der Alte rührt sich nicht. Man hört Biegler dreimal kurz pfeifen)</i> -Vater, hörst du, wie er pfeift? <i>(Biegler pfeift — wieder von weiter -her)</i> Vater, das Glück pfeift! Das Glück pfeift! <i>(Sie sinkt -schluchzend vor dem Alten nieder, das Gesicht an seinem Knie verbergend. -Der Alte schläft fort. — Das Pfeifen Bieglers tönt leiser, je weiter er -sich entfernt)</i></p> - -<p class="directive2">(<span class="gesperrt">Der Vorhang fällt langsam</span>)</p> - -<div class="figcenter" style="width: 100px;"> -<img src="images/162_deco.png" width="100" height="43" alt="" /> -</div> - - -<div class="transnote pagebreak"> -<h2>Anmerkungen zur Transkription</h2> - -Inkonsistenzen wurden beibehalten, wenn beide Schreibweisen -gebräuchlich waren, wie: - -<ul class="index"> -<li>anderen — andern</li> -<li>besehen — besehn</li> -<li>danach — darnach</li> -<li>Gehen — Gehn</li> -<li>sehen — sehn</li> -</ul> - - -Interpunktion wurde ohne Erwähnung korrigiert. -Im Text wurden folgende Änderungen vorgenommen: - -<ul class="index"> -<li>S. 31 »teilnahmlos« in »teilnahmslos« geändert.</li> -<li>S. 66 »austapenzieren« in »austapezieren« geändert.</li> -<li>S. 71 »verschüchert« in »verschüchtert« geändert.</li> -<li>S. 76 »pike-pikefeiner« in »pikefeiner« geändert.</li> -<li>S. 130 »umso« in »um so« geändert.</li> -<li>S. 156 »der Lore von« in »der von Lore« geändert.</li> -</ul> - -</div> - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of Project Gutenberg's Stein unter Steinen, by Hermann Sudermann - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK STEIN UNTER STEINEN *** - -***** This file should be named 62132-h.htm or 62132-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/6/2/1/3/62132/ - -Produced by Peter Becker and the Online Distributed -Proofreading Team at https://www.pgdp.net (This file was -produced from images generously made available by The -Internet Archive) - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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Redistribution is subject to the -trademark license, especially commercial redistribution. - -START: FULL LICENSE - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg-tm mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase "Project -Gutenberg"), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg-tm License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license. - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project -Gutenberg-tm electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg-tm -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. 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