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If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Tunisias - Johann Ladislav Pyrker's sämmtliche Werke (1/3) - -Author: Johann Ladislav Pyrker - -Release Date: November 30, 2017 [EBook #56086] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK TUNISIAS *** - - - - -Produced by richyfourtytwo, Heiko Evermann, Jens Sadowski, -and the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net. - - - - - - - [Illustration: Pyrker] - - - - - Johann Ladislav Pyker's - - sämmtliche Werke. - - - Neue durchaus verbesserte Ausgabe. - - Erster Band. - - - Stuttgart und Tübingen. - J.B. Cotta'scher Verlag. - 1855. - - [Illustration: Tunisias] - - - - - Tunisias. - - - Ein Heldengedicht in zwölf Gesängen. - - - - - Inhalt der zwölf Gesänge. - - - Erster Gesang. - -Eingang. Ein Eilbothe meldet dem Kaiser, die Schiffsmacht der Feinde sey -gegen Barcellona im Anzug. Zugleich kommt Muley Hassan, der vertriebene -König von Tunis, von ihm Schutz zu erflehen. Des Kaisers Abendgebeth im -Dom zu Madrid. Die Stunde der Weihe. Muhamed in der Felsenhöhle des -Aetna. Er erhebt sich mit seiner Geisterschar dem Hairaddin helfend zu -nahen. - - - Zweiter Gesang. - -Der Kaiser beruft noch in der Nacht die Versammlung der Cortes, und eilt -mit Muley Hassan nach Barcellona. Aus dem Schooße des Erdballs ziehen -Hannibal, Hermann, und Regulus dem Kaiser zu Hülfe. Regulus eilt nach -Tunis voraus, und haucht den gefangenen Christen Trost ein. Muhamed ruft -aus dem übersinnlichen Raum noch den Attila zu Hülfe. Er erregt -Mißtrauen in Muley Hassans Brust. Nächtliche Landung, und Raub der -Corsaren. - - - Dritter Gesang. - -Ein Theil der Seemacht versammelt sich vor Barcellona. Erst kommt Doria, -dann Ludwig von Portugal, dann Ruyter mit den Niederländern. Der andere -Theil an der wälschen Küste zu Porto Venere. Einschiffung der Wälschen -und Deutschen. Aufzählung der deutschen Scharen. Ihre Abfahrt. Nacht. -Muhamed erregt den Corsaren, Abdul, das nachsegelnde Schiff Sarno's zu -entern. Sarno gefangen. Die römische Macht vereint sich mit jenen. -Ankunft vor Neapel. Toledo, des Vicekönigs Sohn, dessen von den Corsaren -geraubte Gattinn, Mathilde, sich zu Tunis befindet, schließt sich mit -Neapels Macht an. Abfahrt nach Cagliari. - - - Vierter Gesang. - -Ankunft des Kaisers zu Barcellona. Einschiffung und Abfahrt nach -Cagliari. Ausbruch des Aetna. Seesturm. Morgen. Die feindliche -Schiffsmacht jener des Kaisers entgegen. Die Geister nahen. Muhamed eilt -nach Afrika voraus. Die übrigen bleiben. Doria fordert vom Kaiser die -Schlacht, und die Leitung derselben. Hermann will den Kaiser selbst zum -Oberbefehle vermögen: dieser widersteht. Seeschlacht. Die feindliche -Flotte anfangs im Vortheil. Regulus dringt in den Doria sie zu trennen. -Die feindliche Schiffsmacht vernichtet. Sarno befreiet. Hannibal tritt -bei dem Anblick des waltenden Römers auf die Seite Hairaddins, und eilt -in sein altes Vaterland. Abfahrt nach Tunis. - - - Fünfter Gesang. - -Auf dem Wege schließt sich das Geschwader Maltha's an. Drohende -Wachfeuer an der afrikanischen Küste. Ankunft vor Buschatter (Utika), -dann am Vorgebirge Karthago's, und Goletta. Der Kaiser sendet zwei -Späherschiffe die Landungsplätze zu erkunden. Hairaddin wird die Ankunft -der Christen gemeldet. Er eilt nach Goletta. Muhamed erregt ihn, eines -der Späherschiffe vernichten zu lassen. Drauf beruft er seine Feldherrn -zum Kriegsrath, und kehrt nach Tunis zurück. Regulus zeigt Hugo, dem -treuen Diener Mathildens, die Weise sie zu retten. Kurd. - - - Sechster Gesang. - -Der Kaiser entläßt aus dem Kriegsrath die versammelten Feldherrn. -Waffnet sich. Landung. Seine Rede an das gelandete Heer. Ordnung -desselben. Dragut, in dessen Macht sich Mathilde befindet, nahet mit dem -Vortrab. Vorkampf. Lichtstein verjagt die Feinde. Attila reitzt den -Dragut zurückzukehren; er fordert den feindlichen Führer zum Zweikampf. -Toledo ihm entgegen. Sie verwunden sich beide, und werden getrennt. Die -Maltheser beschießen vom Meere heran die feindliche Stellung, landen, -und verjagen mit Lichtsteins Reitern den Vortrab. Hairaddin, der ihm zu -Hülfe eilt, wird mit fortgerissen. Das christliche Lager noch in der -Nacht auf Karthago's Stätte erbaut. Der Kaiser im Kreise der Krieger -entschlummert. Ihm nahet Hermann, und kündet ihm seine Siege jenseits -der Meere. Die Krieger entflammen die Lagerfeuer, kochen ab, und -genießen das Nachtmahl. Kurd kündet Toledo die Rettung Mathildens. -Attila erregt den Sinam das Lager der Christen zu überfallen. Viele -Christen getödtet. Hardwins Opfertod. Rogendorf, der Feldzeugmeister, -feuert mit Donnerröhren in die Feinde. Salis verfolgt mit den -tyrolischen Schützen die Fliehenden, und wird von dem Kaiser -ausgezeichnet. - - - Siebenter Gesang. - -Morgen. Der Kaiser auf den Ruinen Karthago's. Muhamed und Attila mit -ihren Scharen erregen im Cedernwald von Zafrano eine Riesenschlange, die -Christen an der Errichtung der Schanzen zu hindern. Viele durch sie -getödtet. Ludwig eilt ihnen zu Hülfe. Regulus. Die Riesenschlange durch -Ludwig erlegt. Die Schanzen gegen Goletta erbauet. Sarno mit den -Wälschen besetzt die äußersten Schanzen. Alba als Friedensgesandter zu -Tunis. Der Friede von Hairaddin verworfen. Mathilde. Hugo macht ihr die -Anstalten zu ihrer Rettung bekannt. Die Beschießung Goletta's beginnt. -Große Hitze. Saleck greift die Schanzen der Wälschen an. Sarno, aus den -Schanzen gelockt, tödtet den Saleck, aber auch er wird durch eine Kugel -getödtet. Seine Krieger kehren mit seiner Leiche fechtend zurück. - - - Achter Gesang. - -Der Kaiser tröstet die Krieger Sarno's, und gebiethet der Veste durch -Schanzen und durch bedeckte Wege näher zu rücken. Hugo hilft Mathilden -entfliehen, und wird gefesselt in die Kerker der Hochburg geschleppt. -Mathilde in der Höhle des Olivenwaldes empfindet die Wehen der nahen -Entbindung. Cornelia. Hairaddins Unruhe. Muhamed erregt den -Verschnittenen Memi, ihn durch Tanz und Spiele circassischer Jungfrauen -zu erheitern, aber vergebens. Hairaddin heißt den Tobukes die Schanze -der Spanier stürmen. Die Spanier überwältigt, fliehen. Der Kaiser, von -Hermann gewarnt, eilt heran, und die Feinde werden zurückgetrieben. -Tobukes ermordet sich selbst. Hairaddin rückt durch das Olivengehölz -vor. Toledo mit Kurd auf dem Wege zur Höhle, kehrt bei Erblickung der -Feinde zurück in das Lager, wo der Kaiser eben Heerschau hält. Dieser -sendet den Lichtstein mit erlesenem Volk die Bergschanze zu erstürmen, -und rückt mit einem Theile des Heeres dem Feinde entgegen. - - - Neunter Gesang. - -Muhamed und Attila treiben die Feinde eilender vor. Angriff Hairaddins -in dem Olivengehölz. Die Spanier weichen. Mendoza führt sie wieder vor. -Er wird verwundet. Garzia Lasso führt ihm die Reiterschar zu Hülfe. -Erstürmung der Bergschanze. Hairaddin gebiethet erneuerte Schlacht. -Muhamed bringt Garzia Lasso in große Gefahr, aus welcher ihn der Kaiser -errettet. Mathildens Tod. Toledo dringt zur Höhle vor, und findet dort -seine entseelte Gattinn. Heftiger Kampf an dem linken Flügel des Heeres. -Ursini, der römische Feldherr, weicht; doch Alba bringt ihm mit den -schwergeharnischten Reitern Hülfe, und zwingt auch Hairaddin zum -Rückzug. Der Kaiser kommt zur Höhle, und führt Toledo nach dem Lager. - - - Zehnter Gesang. - -Hannibal fordert den Sinam auf, das schwere Geschütz der Christen zu -vernageln. Muhamed aber eilt mit Attila, und ihren Scharen nach dem -Innern Aethiopiens, und erregt den Samum, daß er mit seinem Flammenhauch -das christliche Heer vernichte. Giaffar stürmt die Schanze der -Niederländer und Portugiesen, und vernagelt einiges Geschütz. Zweikampf. -Don Ludwig tödtet den Giaffar. Sinam kommt den Seinen zu Hülfe. Heftiger -Kampf. Der Samum nahet, wird aber von einem Unsterblichen -zurückgetrieben. Erdbeben, Donner und Stürme wüthen. Der Kaiser befiehlt -in denselben Goletta's Erstürmung. Rückzug des Feindes. Die letzte -Beschießung der Veste beginnt. Die geordneten Scharen der Christen -dringen vor. Goletta erstürmt. - - - Eilfter Gesang. - -Nacht. Hairaddin sinnt auf Selbstmord. Muhamed dringt in ihn, die -Christensclaven zu tödten. Sinam bringt ihn von seinem Entschlusse ab. -Die Einwohner von Tunis werden entwaffnet. Regulus bewegt den Renegaten, -Medelin, daß er den Christensclaven die Bande löse. Des Kaisers Trauer. -Gespräch mit Eberstein, dem er seinen Entschluß entdeckt, einst in der -Einsamkeit sein Leben zu enden. Toledo ermannt sich. Morgen, Feier des -Abendmahls. Begrabung der Todten. Aufbruch des Heeres nach Tunis. -Hairaddin nahet von dort mit dem Heere. Der Angriff wird auf den -folgenden Tag verschoben. Er sendet den Abu-Sa-id, das Lager der -Christen, im Rücken, zu stürmen. Hugo entkommt dem Kerker, und bringt -dem Kaiser von den Christensclaven Kunde. - - - Zwölfter Gesang. - -Morgen. Der Kaiser gibt das Zeichen des Angriffs. Salis vereitelt -Abu-Sa-ids List, und tödtet ihn. Schlachtordnung der Christen. Der -Kaiser hält eine Rede an sie, und führt sie dem Feinde entgegen. Die -Geister der Schlacht entrückt. Vorgefecht. Heftiges Schießen aus dem -großen Geschütz. Angriff. Dragut von Toledo getödtet. Allgemeine -Schlacht. Toledo von Hairaddin erlegt. Die Feinde dringen vor, und -umzingeln del Guasto, der sich in der Stellung des Vierecks wehrt. Der -Kaiser kommt ihm zu Hülfe, und verwundet den Hairaddin. Letzter -mörderischer Kampf. Flucht der Türken. Hugo findet seinen getödteten -Herrn, und begräbt ihn in der Höhle des Olivenwaldes, an der Seite -seiner Gattinn. Der Vortrab dringt in die Stadt. Der Kaiser langt an den -Thoren an, wo ihm die Aeltesten entgegen kommen. Befreiung der -Christensclaven. Einzug zu Tunis! - - - - - Erster Gesang. - - - Tön' o Heldengesang, die Waffenthaten des Kaisers - Carol, die er vollbracht' auf dem wogenden Meer' und dem Festland, - Als er vom schmählichen Joch tunisischer Räuber die Christen - Lös'te mit Siegers Hand, Europa's zagenden Völkern - Frieden errang, und dem Meer' erkämpfte die heilige Freiheit. - - Haben Unsterbliche jetzt, in der Stunde der Weihe, vor allen - Mir das Auge berührt? Ich seh' urplötzlich der Geister - Schauderumnachtetes Reich erhellt, und im freudigen Eilflug - Zahllos schreiten einher die Heldensöhne der Vorwelt, - Die in dem Schlachtengefild', entzweiet, die Völker empören; - Sehe den Kaiser zuerst, im Sturm des Donnergeschützes, - Werfen des Feindes Schiffheersmacht in den brausenden Abgrund; - Dann ihn, laut umjauchzt von Tausenden, landen vor Tunis, - Schimmern die Fahne des Siegs von Goletta, vom blutigen Schlachtfeld - Fliehen den Feind, und dort in dem Staub die entfesselten Sclaven - Knieen, und netzen des Retters Hand mit glühenden Thränen, - Der, o Wonne, sie heim in das Vaterland, und entgegen - Segnenden Lieben führt aus Schmach, und Qual, und Verzweiflung! - O wie bebt mir die Brust: herauf aus den Tiefen des Herzens - Strömt der Gesang, und kündet der Thaten erhab'ne Vollendung! - - Hoch auf dem Erker der Burg, im Duft der Acacienblüthen, - Sanftumschimmert vom Abendgold, saß jetzo der Kaiser, - Sinnend allein. Er dachte des eilegebiethenden Heerzugs; - D'rüben vor Tunis der Schlacht, und des wechselnden Schlachtengeschickes - Ernstumhülleten Blick's. Gestalten der mächtigen Vorzeit - Schwebten ihm, dräuend, vorbei; er sah die verödeten Felder - Einstigen Ruhms, wo Hannibals Stolz dem gewaltigen Römer[1] - Huldigte, und für den Sieg des weltversöhnenden Kreuzes - Frankreichs Ludwig starb: fürwahr ein heiliger König![2] - Und ihm pochte die Brust laut auf in der Stille des Abends. - Siehe, da scholl entlang die Wölbung des drönenden Thorwegs - Hufesgerassel, und Leben erwacht' in den untersten Hallen! - Näher die Stufen herauf, im Klirren des Waffengeschmeides, - Kam ein Ritter: Alonzo-Cid, des spanischen Fußvolks - Führer, das an dem Meer', unferne dem Strand Barcellona's, - Harrte des heiligen Kampfs für Recht, für Glauben und Freiheit. - - Jetzo dem Herrscher genaht, sprach er, empört in dem Busen: - »Herr, von Mendoza gesandt, dem tapferen Heldengebiether, - Komm' ich, ein eilender Bothe heran: uns nahen die Gegner! - Hairaddins[3] Seemacht kreuzt vor Hispania's schönen Gestaden, - Jetzo gerüstet zur Schlacht, dann wieder unendlichen Jammer - Dräuend dem Küstenvolk und den heereversammelnden Schiffen.« - »Wie,« so rief ihm der Kaiser, erstaunt: »noch wagte der Räuber - Uns in Europa zu nah'n, da wir nach Afrika's Küsten - Wenden den Kiel, und lösen die schimmernden Segel zur Abfahrt? - Wehe dem Wüthrich, denn dort, wo empor aus blutigem Raubwust - Sein entsetzlicher Thron sich hob, und unzählige Christen - Decket in Kerkersnacht: dort treff' ihn die Rach' und Verderben -- - Treffe Fluch ihn, und Schmach zur Vergeltung unendlichen Jammers! - Eile zurück', und entbiethe von mir dem tapferen Feldherrn, - Daß er versammle sein Volk an dem Meer', und wehre den Räubern - Dort den Ueberfall und die Landung: denn nur im Dunkeln, - Wie der hungernde Wolf, der Nachts die Hürde bestürmet, - Dräu'n sie Schrecken dem Feind, nicht im Lichte der brausenden - Seeschlacht, - Die mein Doria[4] kämpft, ein Adler im Fluge zum Himmel. - Gehe mit Gott! Ich folge dir schnell zu dem Strande des Meers hin.« - Und er winkte mit Huld dem gepriesenen Führer zum Abschied. - Aber er zögerte noch, und begann: »Dem Räuber entfliehend, - Wie vor dem grimmigen Luchs ein Reh durch Schnelle sich rettet, - Stieg, erst heute vom Bord des raschhersegelnden Schiffes - Muley-Hassan[5] an's Land, dem Hairaddin, schnaubend vor Herrschsucht, - Jüngst die Krone von Tunis geraubt. Er folgte mir schweigend - Nach Madrid, zum Palast, ein Flehender, daß du ihn hörest.« - Jetzt erhob sich, bewegt, der hochgesinnete Kaiser; - Eilte die Wendeltreppe herab, und sah nach dem Fremdling - Forschend umher. Er saß an der Marmorsäule der Halle, - Selber ein Marmorbild, auf die kreuzenden Beine gesunken, - Die das räumige Kleid umfing, und der wallende Kaftan - Deckte, mit Zobel umbrämt. Sein finsteres Auge, beschattet - Tief von des Tulbans Bund, hing starr am glänzenden Estrich, - Und er regte sich nicht, voll Grams hinbrütend, ein Schaubild - Wechselnden Erdenglücks und leichtentschwindender Hoheit. - Jetzo vernahm er den Tritt des nahenden Herrschers. Er bebte, - Sank auf die Knie', und rief, mit tiefergreifender Stimme: - »König des Abendlands, dir wirft sich ein König zu Füßen, - Gleich den Sclaven, die einst vor ihm zum Staube sich bückten! - Ach, ein König nicht mehr: ein Flüchtling zu Land' und zu Wasser, - Freundlos, reich nur an Gram und an Haß unzähliger Gegner, - Fleht er um Hülfe zu dir -- ein Würdiger, so du verzeihest, - Christenbeherrscher, daß er im Gesetz des Propheten geboren ...« - Also der König: da hob, im Innern erschüttert, der Kaiser - Schnell von dem Boden ihn auf. Er drückte, freundlichen Blickes, - Ihm die zitternde Recht', und entgegnet' ihm rasch und entschlossen: - »Sey willkommen im Abendland! Den Glauben, o Fremdling, - Wägt ein Höh'rer, denn wir; doch Menschen ist heilig das Unglück: - D'rum verkünde das deinige jetzt mit Muth und Vertrauen!« - Hassan staunte mit Thränen ihn an, und als er, zum Zeichen - Innigen Dankes, den wogenden Bart mit der Linken berührte -- - Segnend die Recht' erhob, begann er mit Muth und Vertrauen: - »Gott, der Alles erschuf, und die Erde mit allen Gestirnen - Lenkt, allmächtigen Winks, gewähre dir Fülle des Segens, - Weil du, o Herr, den Flehenden ehrst, den mitten im Frieden - Hairaddins Meuchelschwert, noch rauchend vom Blute der Fürsten, - Jüngst aus dem Erbe der Väter vertrieb. Er raubte Telmessans, - Algiers Thron: hier Selim Euthemi, den König, erdrosselnd, - Dort erwürgend zugleich Abu-Hamu, den Herrscher, und Masud, - Dem er die Krone verhieß, mit sieben aufblühenden Söhnen. - Soll, Hohn biethend dem Recht, noch Huldigung lohnen dem Frevel? - Wehe, Suleyman,[6] der große genannt von niedrigen Seelen, - Ehrte des Räubers That, und gab mein herrliches Erbland - Ihm zum Lohn', als schändlicher Treubruch auch in des Bruders - Herzen die giftigen Keime geweckt! Al-Raschid, der Frevler, - Zwillinggeboren mit mir, denn liebend säugt' uns die Mutter - Selbst an der zärtlichen Brust, dem grauenden Vater zur Wonne, - Eilte nach Istambul,[7] ein Flüchtender, frecher Empörung - Strafe scheuend. Sie ward ihm dort: denn meuchlingsgemordet, - Fröhnt' er nur Hairaddins List, der schnell Goletta, die Festung, - Dann auch Tunis gewann, im Nahmen des Todten gebiethend, - Welchem das Volk anhing, das immer der Neuerung hold ist. - Schwer entrann ich des Wüthrichs Hand, und beuge mich jetzo - Tief im Staube vor dir, Hispania's mächtiger König, - Daß mir werde der Väter Thron im Kampfe der Rettung - Tausender, den du beginnst! Dein sey von Tunis die Herrschaft -- - Muley Hassan, Mehemeds Sohn, dein treuer Vasall nur.« - Doch mit der Recht' an der Brust begann dann jener, betheuernd: - »Frei zu kämpfen mein Volk -- zu rächen die Schmach und die Freveln, - Die von dem frechen Korsaren es litt an den heimischen Küsten - Und auf dem Meer, das segenspendend die Welten vereine, - Sey mir das heilige Ziel im Waffengefilde vor Tunis. - Dein ist der Ahnen-Thron, und soll dir werden in Freiheit: - Deß' sey Gott, der allwissend', ein Zeug', und ein Rächer des Meineids!« - Also rief er, bewegt, und Hassans finsteres Antlitz - Leuchtete gleich dem Mond, der Wetterwolken entschwebte. - Gastlich sah er sich dann im hohen Palaste beherbergt. - - Aber zum heiligen Dom' hinwandelte jetzt in des Abends - Stille der Kaiser allein, um dort, auf die Kniee gesunken, - Seine Seele mit Muth und Stärke zu rüsten. Er flehte: - »Ewiger, dein allmächtiger Arm hat Israels Scharen - Durch die Tiefen geführt des seitwärtsweichenden Meeres, - Daß sie die Fluthenwand entlang, wie auf grünenden Matten - Wandelten! Schnell, wie ein Sturm herbraust, so stürzte dein Odem - Ueber Pharao's Macht die Wässer zusammen, daß alle, - Mann, und Wagen, und Roß, wie Blei versanken im Abgrund. - Deinem allmächtigen Hauch' erbebten Jericho's Mauern, - Und versanken in Schutt, als Josua's Volk sie im Sieg'sruf - Seiner Drometen umfing. Ich ziehe zu Felde: gewähre - Mir ein Zeichen der Huld und der beifallwinkenden Allmacht!« - Also bethet' er leis'. Aus den farbigen Scheiben des Fensters - Flog ein leuchtender Strahl der Abendsonn' ihm vorüber; - Aber zugleich ein Glanz, dem tausende Sonnen verlöschen, - Flammte mit Donnergetön' in dem Allerheiligsten nieder, - Und des unendlichen Doms aufthürmende Säulen erbebten. - Leise wogte der Grund. Aus der silbernstrahlenden Orgel - Töneten hehr' Accorde heran, und Gesänge des Himmels, - Wie kein Sterblicher sie noch vernahm, verhallten im Luftraum. - Aber der Bethende schloß die lichtgeblendeten Augen: - Denn nur ein leises Weh'n, die erblassenden Wangen vorüber, - Fühlt' er noch, und Schauder der nahen Vernichtung ergriff ihn. - »Ha, welch' Wunder,« er rief's, »da sinkt die sterbliche Hülle, - Die mich im Staub' umgab, entseelt in lieblichen Schlummer, - Und ich entschweb' ihr verzückt? Wie, wär's ein täuschender Traum nur, - Oder ein Nachtgesicht, aus Himmelsdufte gewoben?« - Wie der schwebende Flaum, gerafft vom Hauche des Windes, - Schnell zum Gewölk auffleugt: so hob sein geistiger Leib sich - Leicht von der Erd' empor, und schwebt' im sausenden Eilflug - Ueber dem Luftraum schon, den keiner der Erdebewohner, - Lebend, durchschifft': er mißt', urplötzlich, Besinnung und Odem. - - Jetzt an dem holden Gestirn, das sonst die Nächte des Erdballs, - Wechselnd, mit silbernem Schimmer erhellt, erbrauste sein Aufflug. - Dunkeles Land mit glänzenden Meeren, und Strömen, und Flüssen, - Däucht' ihn, umgeb' auch hier den rastloskreisenden Mondball, - Und ihn däucht': er hörte das Rauschen der brandenden Wogen, - Mächtigbevölkerter Städte Getös', und, dem Brüllen der Heerden - Rings vermengt, Geschrei der befiederten Lüftebewohner. - Doch er verweilt', und staunte, daß alle die Länder des Erdballs - Und das umgürtende Meer ihm jetzt ein schimmernder Punkt nur - Schien in des Weltalls Raum, dem Ozean flammender Sonnen, - Sonder Gestad' -- endlos nach oben, nach unten, und ringsum: - Denn, wie in heiterer Nacht, wo jegliches Lüftchen verstummet, - Und im sanftergossenen Licht der silberne See ruht, - Innig bewegt, ein Wanderer bald den schimmernden Aether - Ueber sich schaut, und bald in des See's hinfluthendem Spiegel, - Tiefhinuntergewölbt, ihn erblickt mit den goldenen Sternen: - Also ersah der Bebende dort die unzähligen Welten, - Schimmernd, und dacht', ohnmächtig im Aethergefild zu vergehen! - Aber ihm nahete jetzt, voll Hast, der Himmlischen Einer. - Lieblich strahlte sein Aug' und sandte dem Erdebewohner - Zärtliches Mitleid zu. Holdseliges Lächeln umschwebte - Seinen rosigen Mund; es wehten die goldenen Locken - Ihm um die denkende Stirn' und die Flammensäule des Nackens, - Und vom glänzenden Leib, in Fülle der ewigen Jugend, - Wallte das Strahlengewand wie morgenröthlicher Schimmer. - Als er den Fremdling sanft erhob, begann er, voll Anmuth: - »Fürchte dich nicht! Unzählbar blüh'n in den Auen des Himmels - Dir die Blumen der ewigen Huld: du pflückst sie mit Andacht, - Und sie duften dir noch, erquickend, im irdischen Leben, - Daß du erringest das Ziel auf gottgefälliger Laufbahn.« - Sagt' es, und faßt' ihn, und schwang sich mit ihm, urplötzlichen Fluges, - Eilender stets, im Glanz' ätherischer Räume herunter. - Nicht das lastende Blei, von der Zinne des Thurmes geschleudert, - Sinket zur Erde so schnell; nicht der Sturm umbrauset des Erdballs - Unermeßliche Reiche so rasch, und des Menschen Gedanken - Dringen nicht also geschwind vom eisigen Nord- zu dem Südpol: - Als der Hocherhobene jetzt, an der Seite des Freundes - Aus ätherischen Höh'n zur heimischen Erde herabsank. - Und, als hätt' er Jahrhunderte schon in des schnellen Herabflugs - Augenblicken durchlebt, so wähnt' er: ein irrender Fremdling - Diesseits noch, und gebannt in des Fleisches umschränkende Hülle. - - Da, wo in engerer Bahn, an Siciliens Felsengestaden - Und Calabriens Klippen vorbei, sich die salzige Meerfluth - Strömend ergießt: traf jetzt mit sanften, melodischen Tönen, - Brausender Wogen Gebrüll' und wirbelnder Fluthen Getümmel - Sein aufhorchendes Ohr, und seine erheiterten Augen - Hafteten sehnsuchtsvoll an der dampfenden Kuppe des Aetna: - Denn, nur eben entrückt dem mildbefreundeten Leben, - War ihm die Erde noch stets die liebe, die trauliche Heimath. - Doch auf den schwindligen Höh'n, wo Stille herrscht, und des Wand'rers - Ohren kein Laut erschallt, wenn dort nicht der einsame Gemsaar, - Von dem mittleren Raum, mit kreischender Kehle, sich aufschwingt; - Wo in des Frühwinds frostigem Hauch nur gelbliches Steingras - Rauschet, und gleißt, und am Felsenkamm kein Rasen ergrünet: - Dort erblüheten jetzt rings her die erlesensten Blumen -- - Nickten, und trugen die beiden vereint auf den schimmernden Kelchen - Sanft von der Erd' empor, und verbreiteten Düfte des Himmels. - Doch der Unsterbliche sank auf die Knie', und sah zu dem Lichtreich - Flehenden Blickes empor, die Stimme des Herrn zu vernehmen. - Und sie erscholl leis' erst, wie ein Frühlingslüftchen die Blüthen, - Lispelnd bewegt; dann ähnlich dem Sturm, der hoch zu den Wolken - Stäubet die Felder, entwurzelt den Forst, und empöret den Waldstrom, - Daß er mit schwellendem Grimm' ausbricht in die Fluren und wüstet - Thäler und Hügel umher, zu trauererregendem Anblick; - Wie der furchtbare Donner, der des umnachteten Himmels - Eh'rnes Gewölb, weithin, durchbrüllt, und mit krachenden Schlägen - Dumpf fortrollt, und murrt, daß die Vesten erzittern des Erdballs: - Also, Vernichtung drohend, erscholl's dem sinkenden Fremdling, - Als der Ewige sprach; doch jener vernahm's mit Entzücken. - Wie der leis' Erwachende horcht, wenn nächtliche Lüftchen, - Flisternden Hauchs, die Saiten der Aeolsharfe durchsäuseln, - Und der entzückende Klang in den stillen Räumen dahinstirbt: - Also horchte der Himmlische. Doch nun hob er den Fremdling - Liebend an seine Brust, und drückte die rosigen Lippen - Dann mit erweckender Gluth an seine geschlossenen Wimpern. - Staunend blickt' er umher: er sah durch Thränen der Wonne, - Fest an den Busen des Holden geschmiegt, die Gefilde des Himmels - Plötzlich enthüllt, und stand verloren in seliger Anschau. - Wie in des eisigen Winters Zeit, wenn düstere Nebel - Lange die Thäler umher, dicht lagernd, verhüllten, der Ostwind - Sausenden Flugs anstürmt, und die lästigen ferne verscheuchet: - Da glänzt herrlicher noch der hochaufwölbende Luftraum, - Und der bereifte Wald erhebt von den starren Gebirgshöh'n, - Schimmernd, das Haupt -- hell glühet der Strom im sonnigen Thal fort: - Also zerfloß auch hier, vor den Augen des staunenden Fremdlings - Leise die Wolkennacht, und er sah ... wer wagt' es zu sagen, - Was er geseh'n, gehört, und gefühlt in den Tiefen des Herzens? - Nur in dem Augenblick, wie er uns auf Erden entschwindet, - Wurden die hohen Gesicht' ihm enthüllt: im duftigen Goldglanz - Schwanden sogleich vor seinen Blicken die Räume des Himmels. - Aber er stand, und starrte noch immer, erschüttert, vor sich hin, - Wie der Wand'rer im strahlenden Blitz die nächtliche Gegend - Plötzlich erhellet schaut, dann blind hinstarrt in die Sturmnacht. - Und der Unsterbliche rief ihm jetzt ermunternden Blickes: - »Sohn des Staubes, o nie vergiß der Huld des Erbarmers, - Die zu Gefilden dich hob, wohin kein sterbliches Aug' noch - Drang. Lobsinge dem Herrn, dem einigen Lenker des Weltalls! - Hier auf den dampfenden Höh'n verkünd' ich dir seine Beschlüsse, - Wie erst zuvor mein Ohr sie vernahm in unsäglicher Wonne. - Er durchschaute dein Herz, das heiß für unzähliger Völker - Wohlfahrt schlägt, und jetzt den Sclaven Errettung bereitet. - Schön ist der Kampf für Recht und des Menschen heilige Freiheit; - Gottgesegnet der Muth, die schmähliche Kette zu brechen, - Die der freche Tyrann, im Wahnsinn höhnenden Stolzes, - Jenen ersann, die Brüder ihm sind, und Erkor'ne des Himmels. - Herrlichen Sieg gewähret dir Gott; erkenne dieß Zeichen - Seiner unendlichen Huld und der beifallwinkenden Allmacht.« - Jener beugte die Stirne zum Staub'; erhob sich, und sah dann - Freudig empor: sein Aug' erglänzte von Thränen des Dankes. - Jetzt ergriff er die Hand des Himmlischen, starrte verwundert - Noch in die Lüfte hinaus, und sprach mit leiserer Stimme: - »Ringsum sah ich die Luft von Scharen unsterblicher Geister - Wimmeln, und dort die Wege der Sterblichen gierig erforschen. - O, verhehl' es mir nicht: was sollen die hohen Gestalten, - Die, verdunkelt, nicht dir, nicht mir, dem Fremdlinge, gleichen?« - Und der Unsterbliche rief mit ernstumwölketen Augen: - »Erdebewohner, du wolltest erschau'n des unendlichen Weltalls - Tiefen und Höh'n; dich kühn auf der Stufenleiter der Wesen - Schwingen hinauf und hinab, und erkennen, wie Glied sich auf Glied dort - Reih' an der Kette, mit dem die allmächtige Rechte des Ew'gen, - Alles, was athmet, und lebt, und was nicht lebet, noch athmet, - Liebend umschlungen hält? Du sänkest zurück' in den Urstaub - Vor dem Geheimniß des All's, dem selbst der Cherub erbebte. - Sieh', in des Himmels Höh'n ist Seligkeit; tief in des Abgrunds - Höllengefilden ist Qual: auf immer dort dem Gerechten - Unaussprechlicher Lohn, hier Strafe verhärteten Frevlern! - Aber inmitten der scheidenden Bahn des Heil's und Verderbens - Dämmert der Pfad der Läuterung noch: ihn wandeln die Seelen, - Schuldig des leichteren Fehl's aus Irrthum, oder Verblendung, - Dem auch jene Unglücklichen dort einst fröhnten auf Erden, - Daß sie, gereint, der hohen Erbarmungen würdig erscheinen, - Wenn in des Richters erhobener Hand, an dem letzten Gerichtstag, - Furchtbar die Wag' ertönt. Sie wandeln den läuternden Weg noch.« - Sagt' es, und jener begann voll Hast: »Wo weilen die armen? - Ueber der Erd' umher, nicht ferne der Menschen Gemeinschaft, - Oder fern' im Verborgenen?« Doch, die lichte Gestalt rief: - »Als das »_Werde!_« erscholl: da brausten die endlichen Wesen - All', erschaffen aus Nichts, von des Herrn allmächtigem Odem - In den unendlichen Raum geschleudert, mit Donnergetös' hin! - Aber im kreisenden Flug vereinte sich Sprödes und Weiches, - Erd' und Gestein, und strebte hinaus, zur äußersten Rundung - Sich zu dehnen. So ward im finstern Schooße des Erdballs - Weitverbreitete Leer' umwölbt, die nimmer der Sonne - Strahlender Blick erfreut, nie Sterngefunkel und Mondglanz. - Dort verweilt nicht selten die Schar der trauernden Geister, - Deren so manchen du erst in den schimmernden Lüften erblickt hast; - Doch sie nah'n, zuweilen den nächtlichen Räumen entschwebend, - Gerne dem Menschen als Freund', und suchen ihm Hülf' und Errettung, - Kraft, und Muth, und, was sie noch sonst an edler Gesinnung - Einst in dem Leben erhob, in die horchende Seele zu hauchen: - Denn sie erkennen schnell der Seelen geheimste Gedanken, - Sterblicher Hüll' entrückt; sie schauen des irdischen Lebens - Reinern Gehalt, und ihr Herz erglüht in heiliger Sehnsucht - Nach dem erquickenden Segensborn des Guten und Wahren. - Bald in dem Schlachtengemeng', umschweben sie dich und die Deinen - Hülfreich; aber du kennest das Wort des ewigen Lebens: - Solchem vertraue allein mit nie zu erschütterndem Herzen.« - Sprach's, und die Stimme des Holden erklang, wie Harfengelispel - Tönt in des Mondes Zauberlicht, wenn alles entzückt horcht; - Doch sie erscholl, wohl hundert vereinten Donnern nicht ungleich, - Welchen die Erd' erbebt, als, über dem flammenden Abgrund - Schwebend, er jetzt die tieferschütternden Worte hinabrief: - »Geister, herauf! Euch winkt die ersehnete Stunde vor Tunis.« - Und ein lautes Getös' erscholl in den Tiefen des Erdballs. - Wie, vom stürmenden Wind' empört, sich Wogen auf Wogen - Stürzen; Geheul und Gebrüll der schrecklichen schallt, und die Küsten - Ringsumher dem wilden Tumult stets lauter erdrönen: - Also erhob, und mehrte sich tief in der Wölbung des Erdballs - Dumpfes Gemurmel zuerst, und sofort unendliches Jauchzen. - Schauernd wogte der Grund; aufrauschten des Meeres Gewässer; - Finsterer quoll der Rauch aus dem Schlunde des Berges; die Flammen - Prasselten hoch in die Luft, und die glühenden Fluthen der Lava - Braus'ten herauf und hinunter, im Flug durchwüthend den Abgrund. - - Eilend erhob sich nun der Herrliche, der ihm der Geister - Reich enthüllt', in die schimmernde Luft, und, leiseverhallend, - Tönten vom Aethergefild noch die lieblichen Worte herunter: - »Senke dich durch den Schlund, durch Qualm und flackernde Flammen - Muthig hinab zur Höhl' im Schooße des dampfenden Aetna, - Und erringe das Ziel nach der hehren Geistesverzückung.« - Weinend hob nun jener den Blick zu dem seligen Freund' auf, - Der, umstrahlt vom Glanz unsterblicher Seelengemeinschaft, - Fern' in den Lüften schwand, und fuhr jetzt, brausenden Fluges, - Nieder im finstern Schlund, durch Qualm und flackernde Flammen, - Bis in dem Zwielicht weit vor seinen Augen der Eingang - Klafft', und die Höhle sich wies in angsterweckender Anschau! - Furchtbar wölbte die Felsenwand aus schwindligen Höhen - Höher sich auf. Es jagte zuweilen der wirbelnde Zugwind - Tief in den Riesendom die Flammensäule; sie hob sich, - Züngelnd, die Wände hinan, und leuchtete hoch in die Nacht auf; - Doch erflog ihr fernster Schimmer des nächtlichen Dunkels - Hälfte noch kaum, das endlos herrscht' in des Felsens Umwölbung. - Hier nicht weilet die Ruh', und athmet nicht liebliche Stille; - Rastlos tobt -- aufbraus't im Sturm, der kochenden Lava - Urstoff: Erz im Gestein, und Schwefel, mit dunkelem Erdharz - Gährend, zur Wolkenhöh', an des Berges geöffneten Rachen. - Donnernde Ström' entstürzen rings den Schluchten; sie rauschen - Tief in des Abgrunds Nacht, und wälzen, dem berstenden Kerker - Unten entfloh'n, zum Meeresgestade die finstere Fluth fort. - Ihrem Sturz' erdrönet die Höhl', und vom eisigen Abgrund - Fleugt Entsetzen, Frost, und Schauder in Windesgeheul auf. - - Dorthin, kommend herab aus dem übersinnlichen Luftraum, - War ihm Muhamed erst, umringt von Scharen der Geister, - Die er entboth, voraus in die schaurige Höhle geflogen. - Ueber der allbelebenden Luft, die rings an dem Erdball, - So an dem Mond', und den endlos hin entflammten Gestirnen, - Schwimmt umher, erhebt sich der übersinnliche Luftraum - Dräuend in seiner Leer', und unwohnbar sterblichen Menschen: - Denn, wie, umhüllt vom glockengestalten Glase, der Sperling - Schnell das Leben verhaucht, wenn wißbegierige Forscher - Schonungslos ihm rauben die Luft mit den künstlichen Pumpen - Also würd' in des Menschen Brust urplötzlich das Leben - Stocken, der in das Uebersinnliche kühn sich erhöbe; - Aber des sterblichen Leibes beraubt, bewohnen die _Fürsten_, - _Mächt'_, und _Gewalten_ des ewigen Feind's, auf Arges gesinnet, - Solches mit Lust: Verworf'ne vom Herrn, die am letzten Gerichtstag - Dann mit dem _Tode_ zugleich, dem _letzten_ der Uebel, vergehen.[8] - Dorther schwang mit Gefolg sich Muhamed, glühenden Blickes, - Jetzo herab. Er saß in der Höhl', auf dem ragenden Felsblock, - Ueber die Scharen erhöht. Der dunkelröthliche Schimmer, - Welchen der Flammenstrom entsandt' aus der Ferne des Eingangs, - Schwebt' in flatterndem Flug' an seinem blässeren Antlitz. - Feuer sprühte sein Aug'; in silbernkräuselnden Wellen - Floß ihm der Bart in den Busen herab, und die luftigen Glieder - Hüllet' in Schatten das Unterkleid und der wallende Kaftan. - Jetzt erhob er die Recht' an des Stirnbunds Zier; mit der Linken - Wühlt' er die Blätter des Korans auf: sie rauschten, den Stürmen - Aehnlich im Herbst, da ihr Hauch die trauernden Wälder entblättert. - »Hör' es, mein Volk,« so rief er, »was dir im nächtlichen Dunkel, - Ferne vom spähenden Blick' uns feindlichgesinneter Geister, - Meine Zung' enthüllt, und zeige dich würdig des Herrschers! - Unheil droht von Hesperiens Küsten dem Lande g'en Aufgang -- - Dieser erwählten Blum' im Kranz der Schöpfungen Gottes, - Dieser Perle der Welt, und der Wiege des Menschengeschlechtes. - Jüngst erhascht' es mein Ohr auf Deutschlands gährenden Gauen, - Die der Neuerung Flamme durchtobt: es sinne der Kaiser - Jenem ein schmähliches Joch, und sich weltherrschende Hoheit. - Seh't, was mich, den heimlichen Forscher, nur Täuschung bedünkte, - Fügt sich in Wahrheit schon! Er ruft, und rüstet die Völker - Rings zum Kampf, von den schimmernden Höh'n zu Tunis den Halbmond - Niederzuschmettern, und ha, fällt Afrika jetzo, gebändigt, - Seiner Gewalt: dann lechzt er wohl gar nach Asia's Herrschaft, - Daß er die heiligen Städt', und dort der gläubigen Pilger - Freudiges Ziel, mein Grab, mit stolzer Ferse zerstampfe? - Aber nicht also gescheh's! Wir zieh'n, des edelsten Welttheils - Söhn', ihm entgegen, nicht scheuend den Trotz der Gegner im Luftraum, - Welche zuvor des Erdballs Schooß' entschwebten, und uns stets - Feindlichgesinnt, ihm bald mit thatenerweckendem Eifer - Beisteh'n: denn auch Hairaddins Brust, des treuen Bekenners - Meiner Lehre, will ich mit Kraft erfüllen und Kühnheit. - Jetzo nach Tunis geeilt, und nie vergesset des Wortes: - »Wer das Eine nur will, fest will, der wird es erringen!« - Sagt' es, und hob sich empor. Ihm folgten unzählige Geister, - Jauchzend; aber es zischt' ihr Schrei nur schwach im Gewölb hin. - So, wie in dunkler Gewitternacht der einsame Wand'rer, - Keuchend, die Leucht' in der Hand mit halbverlöschendem Flämmchen, - Endlich die Höhle betritt im verborgenen Raume der Felswand: - Ihm umschwirren sogleich die Fledermäuse, geblendet, - Rings das Haupt, und er wankt erschrocken zurück nach dem Eingang: - Also bebte vor Angst der leis'aufhorchende Fremdling - Vor den flüchtenden Geistern zurück', und eilt', in des Tages - Lichte Gefilde zu schau'n nach schrecklicher Nacht der Verbannung. - Tief zerfleischte sein Herz, voll himmlischer Milde, des Sehers - Haßverkündendes Wort. Er saß, und drückte die Augen - Fest in die Hand, und sieh', es schwebten aus kommenden Tagen - Dunkler Ahnung Gebild' ihm vor: das wilde Gebären - Thatenschwangerer Zeit, und zerstörendes End' im Beginne! - Schatten floh'n, und kamen, und eilten vom wechselnden Schauplatz; - Aber, weit durchströmt von den schimmernden Fluthen der Elbe, - Hüllte sich Mühlbergs Heid' ihm auf. Er horchte dem Siegsruf; - Sah die ihn höhnten, besiegt, ihm die Knie' umfassen, und wähnte - Schon die Deutschen vereint nach des Glaubens schrecklichem Zwiespalt: - Wie, und er flieht dann bald im Grau'n der finsteren Sturmnacht, - Wehrlos, alt, und krank, dem nimmergeahneten Undank - Weichend, fort aus Tyrols, der Treue geheiligten Thälern? - Und so bald versah er das Ziel weltherrschender Hoheit?[9] - Aechzend erhob er den Blick: die trüben Gesichte der Zukunft - Schwanden in Nacht; er floh, und kehrt' in die sterbliche Hülle. - - Sieh', und es regte sich nun der schlummernde Kaiser! Ihm pochte - Hörbar die Brust; sein Athem flog, und häufiger Schweiß rann - Ihm von der glühenden Stirn'. Er blickte lange verwundert - Rings in den Hallen umher, und sann, ein wachender Träumer. - Jetzt ein dämmernder Strahl, und jetzt -- kaum wagt' er's zu denken, - Was so erhaben und groß vor seinem Geiste dahinschwand, - Und ihn entzückte zuvor: ihm drohte vernichtende Wonne, - Und, was unerhörbar war den Ohren sterblicher Menschen, - Barg für immer sein treues Gemüth. Nie lächelt' er wieder - Und sein sehnender Blick hing stets an dem Bilde des Grabes. - Doch nun kehrt' er heim in die Burg, und Stille war ringsum. - - - - - Zweiter Gesang. - - - Siehe, der Kaiser entboth im mitternächtlichen Dunkel - Noch in die Königsburg Hispania's hohe Cortezza: - Denn kein Schlummer umfing sein glühendes Auge; des Kampfes - Nahender Augenblick und die drängende Sorge der Rüstung - Scheuchten ihn fern': er sah, und hörte nur Sieg und Errettung! - Jene harrten im prächtigen Saal des edelsten Herrschers. - Nun, da er kam, entfuhren sie alle den schwellenden Pfühlen; - Blößten vor ihm, verneigend, das Haupt, und deckten es wieder, - Würdigen Ernstes voll, nach altherkömmlichem Vorrecht. - Aber er schritt im Gefolg der Großen und Edeln zum Thron' auf, - Deß' erlesene Pracht mit Staunen erfüllte den Fremdling. - Schwarz aufragte vom Dach der Doppel-Aar, mit dem Zepter - Und mit der Krone geschmückt, voll hellaufblitzenden Demant's, - Den der Hindou dem Schacht' entriß, und der bataver Künstler - Glättete, ringsumher verzierend mit schimmernden Kanten; - Doch an dem Purpurtuch, vom Dach zu dem Sitze herunter - Glänzten die Wapen, vereint, von Gott gesegneter Länder, - Die er beherrscht': ein Meisterwerk kunstfertiger Nadel. - Dreizehn Königreich', umschlingend Castiliens Kronen, - Wies, vorstrahlend, das Tuch zum Ruhme der spanischen Herrschaft; - Unter ihm Austria's Schild: den schneeigen Gürtel im Blutfeld, - Der in dem Kampf rein hielt von feindlichem Blute den Panzer - Leupold, des Tugendhaften, vor Ptolemais: sein Denkmahl![10] - Rechts, im schönen Verein von sechs verbrüderten Reichen, - Ungerns doppelten Schild; vier Ströme durchfluthen den einen -- - Aber das Haupt der Karpathen hebt, dreizackig, im andern - Ueber dem fruchtbar'n Land, das tapfere Völker bewohnen, - Schimmernd, die Kron' und das Doppelkreutz, von Silber, zur Luft auf. - Links, in dem rothen Feld Bohemia's silbernen Löwen: - Eines löwenmüthigen Volks hochrühmliches Zeichen. - Tiefer, im grünen Feld den flammensprühenden Panther: - Stiria's eisenerzausschmelzenden Essen zu Ehren; - Dann Carinthia's Leu'n und Pfeile, des trefflichen Landes, - Wo das Blei ausbeutet der Bergmann: schrecklich ersetzte - Tödlichschmetterndes Blei die Pfeil' im Felde der Waffen; - Dann, aufstrebend zur Sonnenbahn, Carniolia's Adler -- - Morawa's Aar, und Tyrols, der Treue geheiligter Länder. - Aber der Löwe Brabants, im Schooß umgränzender Gauen, - Zeigt uns im hehren Ruhm des edelsten Kaisers Geburtsland. - Ihm zur Seite verschlingt Lombardia's Schlange den Mohren; - Ihn umgibt Neapoli's Lilienglanz, und ihm huldigt, - Jugendlich schön aus des Meeres Fluth aufschwebend, des Morgens - Freundlicher Strahl, und erhellt Amerika's winkenden Meerstrand. - - Dort die Stufen hinan, die ein niederländischer Teppich - Hüllete, schön im Geweb' darstellend die Freude des Weidwerks, - Schritt der Kaiser. Er stand, gewendet, im Glanze des Thrones; - Blickte nach Allen umher, und, als er auf blähenden Purpur - Nieder sich ließ, begann er mit sanfterglühenden Augen: - »Edle des Reichs, und Räthe! Der Tag der Christenerrettung - Ruft zu dem heiligen Kampf Europa's vereinte Geschwader, - Und, entfaltend am Maste die Flagg' und die wehenden Wimpel, - Harren die Völker, vereint, der Abfahrt donnerndem Wink nur, - Daß sie im Felde des Ruhms, vor Tunis, am frevelnden Räuber - Rächen die Schmach, und dem schrecklichen Joch' entreißen die Brüder. - Laut ruft uns Barcellona's Gestad, wo dort auf des Meer's Höh'n, - Nun gerüstet zur Schlacht, nun wehrlosen Küstenbewohnern - Jammer dräuend und Noth, sein Raubgeschwader sich zeiget. - Gottes Segen mit uns und dem Lande! Mein endlicher Wille[11] - Liegt gefertigt im Schrank: so im heiligen Kampf' ich erläge, - Und nicht wiederkehrte zu euch, zur liebenden Gattinn, - Und zu dem Sohn, der einst, so Gott will, würdig den Zepter - Führe nach mir, vor allen Hispania's Ländern zum Frommen. - Eurer Sorgfalt, Treu', und Liebe vertrau' ich die beiden - Jetzt, und scheide getrost: sie sind da trefflich geborgen.« - Also der Fürst. Da quoll's von Thränen im Auge der Edeln; - All' entfuhren der Bank, und streckten die Händ' ihm entgegen. - Wie der Gießbach rauscht, der hoch vom dauernden Regen - Angeschwollen, dem Felsenbett' entstürzet, und rastlos - Rasselnde Kiesel wälzt, und Felsengerölle mit fortreißt: - Also erscholl in dem Saal' ihr lauterbrausender Zuruf; - Doch bald hier, bald dort ertönt' er vernehmlicher, lauter: - »Kehre beglückt uns heim, und herrsch' in dem Segen der Völker, - Allgeliebter, noch lange! Mit strahlenden Lorbern des Sieges - Kommt Europa dir bald, dem Retter, entgegen, und jauchzt dir - Lauten Triumph in der Glocken Getön' und des ehrnen Geschützes - Freudigen Donnerhall: dein Ruhm erfüllet den Erdkreis.« - Aber er stand, erschüttert, am Thron', und sandte nach Allen - Heißen Dank aus der Himmelsbläue der glänzenden Augen, - Eilte die Stufen herab, und ging. Aufflogen der Thüren - Mächtige Flügel vor ihm; er schwand mit seinem Gefolg dann - Fern' im Gang. Da kehrten zugleich die Großen des Reiches - Nach der heimischen Flur, um dort in der einsamen Felsburg, - Oder in menschenversammelnder Stadt noch heute zu fördern, - Was zu dem Rettungskampf des Herrschers Wille gebothen. - - Eh' in des Erdballs Schooß, in die düstere Wohnung der Trauer, - Noch der Ruf des Unsterblichen drang, erlesenen Geistern - Dort zu verkünden den bald umwüthenden Kampf in Karthago's - Rühmlichem Feld, schwang Hermann,[12] einst der kühnen Cherusker - Tapferer Hort, sich herunter. Ihm flogen die goldenen Locken - Weit von dem Nacken, sein blitzendes Aug' und die glühenden Wangen - Kündigten freudigen Muth und trostverheißende Bothschaft. - Gierig forscht' er umher, die Freunde sogleich in den Scharen - Gleichgesinneter Geister zu schau'n, und er fand sie vereint dort. - Hannibal,[13] der dem Regulus[14] nah', auf schwellendem Mooswuchs - Ruhte, erhob das Haupt, und rief ihm finster entgegen: - »Freude verkündet dein Flammenblick, unbändiger Krieger! - Wie, nur Kampf, Gewürg', und Schlachtengetümmel ergetzt dich - Noch, das rastlos fort im Geschlechte der Sterblichen wüthet? - Aber ich athme nicht Erdenluft, und meide, voll Unmuths, - Seit Jahrhunderten schon, der Sonn' erfreuenden Anblick. - Siehe, wir führen erneueten Streit: ob würdiger Roma, - Oder Karthago gedacht, und gehandelt, als Herrscherinn? Roma - Trat mit ehernem Fuß' allwärts die Blüthe der Menschheit - Nieder, als Siegerinn, da Karthago der milderen Herrschaft, - Segen pflanzend rings an den Küsten des Meer's, sich erfreute. - O, ich hätte mein Vaterland und die Welt, die ergrimmend, - Sie in dem Sclavenjoch ausmordete, schrecklich gerächt noch: - Hätte nicht Haß und niedriger Neid die Scharen verweigert, - Die ich entboth, euch, Wolfesbrut, ganz niederzuschmettern!« - Regulus schwieg; doch Hermann rief den zürnenden Helden: - »Schon seit lange versöhnt, und verbunden in traulicher Freundschaft, - Wollet ihr euch denn heut' entzwei'n durch Worte des Haders? - Laßt die Vergangenheit; nur, wie im zaubergewaltigen Spiegel, - Gaukelnd, kommen, und flieh'n die buntvermengten Gestalten, - Stehe vor eurem Gemüth' ihr grau'numhülletes Bild noch. - Hört, was, tröstend für uns, der Erde Bewohner beginnen! - Schon ist dem Heldenvolk zum fernentlegenen Tunis - Offen die glänzende Bahn; schon waffnet der edelste Kaiser - Scharen der Krieger am Meeresstrand, wo unzählige Schiffe - Decken die schimmernde Fluth, und entfalten die Segel zur Abfahrt. - Ein Welttheil entboth die Tapferen gegen den andern; - Ringsum regt sich die Erd', und ihr denkt hier müßig zu weilen? - Auf, wir wollen vereint hinzieh'n, und entflammen die Krieger - Oben im Kampf! Gedenket des Ruhms entflohener Zeiten!« - Hannibal schwang sich empor, und rief mit gewaltiger Stimme: - »Fort, auf die Oberwelt! Ich will in dem Felde der Waffen - Schauen die Helden der neueren Zeit. So herrliche Krieger, - Als am Trasimen und vor Cannä die Erde gewahrte: - Staunend den Söhnen des Sieg's, die werd' ich wohl nimmer ersehen.« - Regulus stand, verdüsterten Blicks, und sagte den Beiden: - »Möget ihr immerhin dem furchtbar'n Schlachtengetümmel - Horchen mit Lust, und drängen, und treiben mit stachelnden Worten - Eure Erwählten: nur wenig frommt's, nur wenig genügt's euch! - Aber mich reizet ihr nicht, zu entfliehen den nächtlichen Räumen.« - »Wie,« rief Hermann, »du bliebest zurück', und rings in Karthago's - Hehrem Gefild tönt bald Siegsruf im Getümmel der Waffen? - Sehntest dich nimmer zu schau'n die Heldenmaale der Vorwelt? - Zwar es fing dich im Kampf der hochgesinnte Spartaner, - Xanthippos,[15] dem Volk Karthago's gebiethend als Feldherr: - Doch du sühntest die Schmach, gabst hin die unschätzbare Freiheit - Für dein Vaterland, und auf immer preist dich die Nachwelt. - Komm', und folge mir, dort zu entflammen den Muth in den - Schlachtreih'n!« - Also der Held: da erscholl des Unsterblichen donnernde Stimme, - Die von des Aetna Schlund durch wirbelnder Flammen Geprassel - Brausend, die Scharen der Geister hinauf zum erwachenden Kampf lud. - Neunmal umkreis'te der Donnerruf den unendlichen Raum dort; - Neunmal erwiedert' ihn auch der Geister empörterer Jubel, - Und die beiden entschwebten, vereint, und von Kriegern umgeben, - Welchen sie einst gebothen im Kampf, dem Schooße des Erdballs. - Aber Regulus stand, verlassen von seinen Gefährten, - Sinnend, allein, und blickte starr in die Tiefe hinunter. - Jetzo wollt' er entflieh'n, um fern' in des eisigen Nordpols - Wölbung den glühenden Durst, der mächtig ihn drängte, zu stillen; - Doch er entbrannte noch mehr: das Schmettern der Kriegesdrometen, - Dann das Wiehern der stampfenden Ross', und der Würgenden Schlachtruf - Töneten, wechselnd, um ihn, und von tausend Gebilden ergriffen, - Stand er, triefend von Schweiß, und zitternd vor steigender Kampflust. - Sieh', nun ballt' er die Faust, und rief mit gewaltiger Stimme: - »Deutschlands Hort, so sagte zuvor der kühne Cherusker, - Kommend herab von der oberen Welt, entboth Europa's - Völker zur Heldenfahrt: viel tausend gefangene Menschen - Aus des Räubers Gewalt, aus Schmach und Fesseln zu retten? ... - Weh', auch ich trug einst die schmähliche Kette! Sie both mir - Ruhm und Lohn; doch fühlt' ich es oft in vernichtender Schwermuth, - Wie in dem dumpfen Gewölb sie lastete, wo mich die Stunden - Länger als Tag', und diese zu trägen Jahren gedehnet, - Dünkten. Auch mir erscholl die höhnende Stimme des Wüthrichs -- - Drohte sein finsterer Blick stets größere Qualen; ich fühlte - So die entsetzlichste: fern von der hochgesinneten Gattinn - Und den Erzeugten, das Leben in Kerkersnacht zu verhauchen. - Jetzo hinauf, hinauf nach Tunis, dem einstigen Schauplatz - Dort unsterblichen Ruhms und herzzerreißenden Jammers, - Daß ich vielleicht noch selbst Unglücklichen Hülfe gewähre!« - D'rauf schwang er sich empor zu den sonnigen Fluren des Erdballs, - Dort vor allen zuerst die düstern Gefilde von Tunis - Wiederzuseh'n. Nicht wandt' er den Blick nach dem Felde der Waffen, - Wo der Griech' ihn bezwang, Xanthippos, der in die Schlachtreih'n - Sein' Elephanten gestellt -- das Heer im Rücken bestürmend, - Schnell die Reih'n durchbrach, ihn fing, und Karthago den Sieg gab. - - Nahe der Stadt, auf Felsen, erhob sich die thürmende Hochburg, - Die in dem finsteren Schooß viel tausend gefangene Christen - Eisern barg: die Wohnung der Qual und des Jammers Behausung! - Dorthin eilt' er, und senkte sich leis' auf die Zinne der Burg hin. - Ach, aus der Tief' erscholl der unglückseligen Sclaven - Jammergestöhn! Wie ein Falk, der schnell aus den Lüften herabfährt, - Weil er die girrenden Küchlein sah im Schatten des Hofraums, - Fuhr der Lüftebewohner hinab, und schauderte, bebte: - Denn in des Kerkers Nacht, in der Felsentiefe der Hochburg, - Sah er, beim düsteren Schein der mattaufflimmernden Lampen, - Bleiche, durch Moderluft und Hunger entfleischte Gestalten; - Sah dort Qual und Verzweiflung zugleich auf den zuckenden Wangen - Und im erloschenen Blick, der endlich zum grimmigen Hohn ward; - Hörete Ketten-Geklirr, und dumpfes Aechzen und Stöhnen - In dem Gewölb. Sie rückte heran, die Stunde des Jammers, - Wo Medelin, der Renegat aus Genua's Landen, - Forschend die Höhlen des Graun's durchschritt, und mit eherner Geißel - Peitschte die Murrenden dort, nach Hairaddins schrecklichem Machtwort. - Zorn erglüht' im Blick des edelgesinneten Geistes. - Doch nun brauset' er über sie hin, und rief im Gelispel - Dunkelen Geisterrufs: »Euch nahet ein Retter, erhebt euch!« - Alle fuhren empor, und schreckliches Kettengerassel - Scholl im Gewölb: nicht wußten die armen die Tröstung zu deuten. - Doch er kehrte zurück, Hispania's Erd', und den Retter - Dort zu erschau'n, der jetzt nah' war Barcellona's Gestaden. - - Muhamed sah ihn. Er schwebt' im Gefolg' unzähliger Geister - Auf von des Aetna Schlund, und hieß die Empöreten harren, - Bis er vom übersinnlichen Raum mit dem Bundesgenossen - Kehrete: denn er ging, dort Attila's[16] Brust zu entflammen -- - Ihn zu erregen zum Kampf' und zu wichtiger Thaten Vollendung. - Bald erspähte sein forschender Blick den König der Hunnen. - Ueber dem caspischen Meer, wohl tausend Meilen erhoben, - Saß er im Wolkenzelt, so wie einst, von den Helden umgeben, - Nach vollendetem Mahl. Der Söhne geliebtester, Ellack, - Neigte sein Haupt ihm sanft auf die Schulter; der wilde Tuhutum - Saß ihm zunächst; Zombor, der schreckliche Krieger, mit Tursol, - Und mit Retel und Bojt, unbändigen Würgern im Schlachtfeld, - Saßen im Kreis' um ihn her, dem liedergewaltigen Sänger - Horchend, der, im Sturm des pochenden Busens, der Zither - Saiten empörender schlug, und jetzt der herrlichen Vorzeit - Helden pries in dem Lied', unsterblicher Thaten gedenkend, - Daß sich des Ahnenruhms, gleich tapfer, erfreue der Enkel. - All' aufhorchten ihm still'. Auf die bärtigen Lippen der Krieger - Stürzte die schimmernde Thräne herab; sie wiegten das Haupt oft - Bei des Gesangs Allmacht ergriffen von stürmischer Wehmuth. - Muhamed braus'te herein; der Sänger verstummte; die Krieger - Fuhren vom Sitz, da er so zum Kampf' aufboth den Beherrscher: - »Attila, auf, zur Rache, zum Sieg! Die mächtigsten Geister - Hieß des Unsterblichen Ruf entfahren dem Schooße des Erdballs, - Daß sie dem Christenvolk, nur uns zu verhöhnen entschlossen, - Stehen als Retter im Kampf. Wir sollten es dulden? Der Blutschuld - Denkest du noch, die Roms entartete Söhne nicht büßten, - Wie dein eisernes Herz es gewollt? Und fuhr nicht der Römer, - Trotzigen Blicks, erst hin, den Christen als Helfer zu nahen? - Nun sey List dem Muthe vereint, stets wachsam die Rachgier, - Schmach auf die Feinde gehäuft, und errungen der herrlichste Sieg uns.« - Attila winket' ihm Beifall zu. Des schrecklichen Rohrwolfs - Zähne, deß' zottiger Pelz ihm Rücken und Fersen umhüllte, - Starrten von seiner Stirn', und tief, wie aus nächtlichem Schacht her - Strahlet des Bergmanns Grubenlicht, ihm glommen die Augen - Aus dem finstern Gesicht'. Er faßte den blutigen Säbel - Tyrs,[17] den einst (so kündet die Sage) der furchtbare Kriegsgott - Selbst auf der Heide vergrub, daß seiner Gewalt nicht die Völker - All' erlägen: umsonst! Der Schreckliche, der sich die Geißel - Gottes im furchtbar'n Trotze genannt, entriß ihn des Feldes - Tiefverhüllendem Schooß'. Auch jetzt aufschwang er das Eisen, - Jauchzend, und eilte Muhamed nach. Unzählige Scharen - Folgten ihm, dürstend nach Blut und brausendem Kampfesgetümmel. - So durchstürmten die Luft ringsher die empöreten Geister. - - Aber der Kaiser drückte voll Hast, Isabella, die Gattinn, - Noch an die pochende Brust, und mengte die Thräne mit Thränen; - Segnete, tiefbewegt, sein störrischblickendes Söhnlein, - Schwang sich auf's wiehernde Roß, und flog aus dem drönenden Thorweg, - Mitten im Ehrengefolg fünfhundert erlesener Reiter, - Schnell g'en Barcellona hinaus, der prächtigen Seestadt. - Nah' ihm spornte das Roß der einst gewaltige König, - Muley Hassan, und sann, verstummend, und düster, den Pfad hin. - Muhamed naht' ihm ergrimmt. Er sah, wie finsteres Mißtrau'n - Ihm zerwühlte die Brust vor Furcht und banger Erwartung: - Ob der Christ ihm dereinst, wenn Hairaddins Macht er bezwungen, - Treu dem heiligen Eidschwur, noch den Zepter von Tunis - Frei gibt -- oder ihn selber behält, mit räub'rischen Händen? - Sah's, und schwang sich herab. Gleich einem gewaltigen Uhu, - Der vom Hunger gequält, mit erblindeten, feurigen Augen - Harrt in der Felsenkluft der Dämmerung; dann, sich erhebend, - Leis' in dem Thal' umher, mit weitgebreiteten Flügeln - Flattert, nach Beute zu späh'n: so naht' auch Muhamed jetzo - Hassans geistigem Leib, der leicht wie die Strahlen der Sonne, - Jegliche Nerve durchdringt, und schnell, wie in dumpfer Betäubung, - Und wie entkörpert, vernahm er den Geist im Seelengelispel: - »Träumender, ha, du sankst erst jüngst dem ungläubigen Fürsten - Feig zu den Füßen, und hoffst, auf die Rechte des Siegers dich stützend, - Den, nach schrecklichem Mord' ererbeten Thron zu besteigen? - Thor, der also sich täuscht: der Christ, und ein Christenbeherrscher - Zöge für dich in den Kampf, und opferte dir zu Gefallen - Menschen und Gold, daß du dich dann erfreuest der Herrschaft? - Wiss' es: er sinnt dir Schmach und Verrath, und gibt dich der Rachgier - Hairaddins hin -- vielleicht als Preis für die Veste Goletta. - Solltest du nicht, bald heimgekehrt, auf täuschendem Pfad' ihm - Jammer bereiten, und ihn verderben, dir selber zur Rettung?« - Hassan horchte verwundert, und sann, wer ihm in dem Herzen - Solch' Empörung erregt, das sonst schon zweifelerfüllt war? - Doch nun hemmt' er das Roß mit dem Zaum': im zögernden Schritte - Sich zu entzieh'n der Schar, die rasch zum rühmlichen Ziel fort - Eilete; sah dann zurück, nach Mosul, dem Sclaven, und sagte: - »Mosul, vernimm, wie dir des Busens geheimste Gedanken - Dein Gebiether enthüllt: denn ach, so beugete Hassans - Haupt das Geschick, daß er selbst dem niedrigen Sclaven sie kund thut! - Siehe, wie dort hineilt der mächtige Christenbeherrscher, - Bald an der Spitze des Heeres zu steh'n, zu entfalten die Segel, - Und zu entschiffen, im Flug nach Tunis, dem herrlichen Erbland. - Hoffst du, er werde des Schwurs, des heiligen: mir das Entriss'ne - Wieder zu schaffen mit Waffengewalt, auch drüben gedenken? - Ach, mir sinnet er Schmach und sich unendlichen Vortheil, - So er dem schrecklichen Feind mich verräth, dem solches ersehnt ist!« - Sagt' es, bewegt. »Nicht zürn', o Herr,« so entgegnete jener, - »Daß ein niedriger Knecht vor deinem erhabenen Antlitz - Sich zu reden erkühnt. Hast du nicht am dämmernden Abend - Gestern geseh'n, wie mildgesinnt der Christenbeherrscher - Dich aufnahm im Palast, wie gütig sein thränender Blick war? - Nicht vernommen den Eidschwur dort, beim einigen Gotte - Dir geschworen, daß er den entrissenen Zepter der Väter, - So er den Räuber besiegt, dir wieder zu geben bereit sey? - Ach, nicht brächt' ihm die Täuschung Gewinn: ein irrender Fremdling - Stehst du vor ihm ... vertrau' im edelen Herzen dem Edeln!« - »Schweig,« so rief der Zürnende jetzt, »im lächelnden Antlitz - Lauert der Trug -- dein lacht im freundlichen Auge die Falschheit! - Hat das unselige Volk nicht Hairaddins List mit Al-Raschids - Leiche getäuscht? Droht mir, dem Muselman, nicht von dem Christen - Größeres Unheil noch? Merk' auf! Im engenden Schiffsraum, - Nicht wie im stolzen Palast durch weite Hallen gesondert - Von dem Beherrscher selbst und den Seinen, erhaschest du leicht wohl, - Achtlosscheinend, ein Wort, das uns die schändliche Täuschung - Aufhüllt: nicht mißtraut sein Gefolg dem niedrigen Sclaven. - Angelangt an dem heimischen Strand', erseh' ich den Vortheil - Mir dann schnell, und entflieh' in der Dämmerung; oder ich heische, - So er von Tunis den Thron mir wieder zu geben gesinnt ist, - Selber von ihm das Schiff, Hülfsvolk aus den Bergen von Kabesch[18] - Ihm zu schaffen, wo mir die tapfern Bewohner noch treu sind.« - Und er spornte das schnaubende Roß, der Seite des Kaisers - Wieder zu nah'n, der eilender g'en Barcellona hinausritt. - - Doch, ach, welch Geschrei erschallt unferne der Seestadt, - Drüben am Strand' Areny's, des hainumsäuselten Dörfchens? - Wer betrübte so tief des Dörfchens stille Bewohner, - Daß sie mit Thränen im Blick', entfärbete Todesgestalten, - Stumm, und bebend vor Angst, aufschau'n zu dem nächtlichen Himmel, - Ob er sie schirm', ob Flammen speie sein rächender Donner? - Heiter entschwand die Sonn' im rosigen Duft', und der Himmel - Lächelte mild. Wie ein Säugling am Busen der liebenden Mutter - Schlummert, so lag, entzückend, am Saume der luftigen Berghöh'n - Abendröthliche Gluth. Im Gesang heimkehrten die Schnitter; - Laut ertönte des Hirten Schalmei, und die blöckenden Heerden - Eilten durch Wolken Staub's, der hoch in den röthlichen Himmel - Aufquoll, hüpfend zum duftenden Stall, nach Ruhe sich sehnend. - Als sich die Müden getrocknet den Schweiß, und die dämmernde Kammer - Alle versammelt' umher, da tischte die sorgliche Hausfrau - Jenes zur Abendkost, was ihr der Garten gespendet, - Was die Heerd' ihr both aus strotzenden Eitern. Sie stillten - Fröhlich den Hunger, und bald verstummte des Tages Getümmel - Ringsum; nur vom Thurme herab noch mahnte das Glöcklein, - Fromm zu erheben das Herz. Sie betheten, eilten zu ruhen, - Und der erquickende Schlaf umfing sie mit süßer Betäubung. - Glückliche, wacht: denn nah' ist der Sturm, der plötzlich den Himmel - Eures Friedens bewölkt mit schwarzumnachtender Trauer! - - Lauernd durchpflügte die See, mit hundert gerüsteten Schiffen, - Hairaddins Liebling, Al-Mansor, dem, scheidend, am Bord' er - Noch in die Seele gelegt: so draußen auf offener Meersfluth - Kühn dem Feind' entgegen zu steh'n, so rings an den Küsten - Furchtbar'n Ueberfall in nächtlicher Stunde zu wagen, - Und zu entwinden das Schwert des Feindes Hand in Europa, - Das er nach Afrika, dräuend, gezückt, ihm selber zum Unheil. - Wühlend im röthlichen Bart, der ihm zu dem Gürtel herabfloß, - Sprach nun Al-Mansor zu Omrah, dem tapferen Aga: - »Omrah, Mustapha's Sohn, vernimm mich jetzt, den Gebiether! - Bald entsinket die Nacht dem erdumwölbenden Himmel; - Spanne die Segel dem Wind'. Unferne der Stadt Barcellona - Landend, raub' entschlummertes Volk der niedrigen Hütte, - Oder dem stolzen Palast, daß wir erkunden in Wahrheit: - Ob in die thürmende Stadt der Christenbeherrscher gekommen, - Kampfgerüstet, ob nicht? denn eilig geböth' er die Fahrt dann. - Tapferer, was du beginnest mit Muth, vollende mit Kühnheit!« - Omrah gehorchte dem Wort'. Er löste dem Winde die Segel, - Und aus dem dunkeln Schooß Verderben dräuend und Jammer, - Flog sein Schiff dem Strand' entgegen am dämmernden Abend. - Dort in der Felsenbucht, nicht ferne den Marken Areny's, - Harret' er, lauernd, der Nacht. Sie kam: rings schwanden die Lichter; - Jeglicher Laut erstarb; nur die Wellen rauschten am Schiffskiel - Leis' empor, nur die Brandung scholl an den fernen Gestaden. - Eilig umschifft' er den bergenden Fels; dann flog er zum Strand hin, - Landete, trieb sein Volk zum Raub', ihm Eile gebiethend. - Und, wie in dunkler Mitternacht aus säuselndem Schilfrohr, - Plötzlich, die wilde Schar langhungernder Wölfe sich aufmacht, - D'rauf, der Hürde genaht, einstürmt, und die zitternden Lämmer - Raubet in Hast; wie jährige Stier' im blutigen Rachen - Tragend, die Jaguar, Westindiens schreckliche Tieger, - Fliehen den Berg aufwärts: so drangen die furchtbaren Räuber, - Gräßlichen Mord im Blick, durch berstende Thüren und Fenster - Ein in die Hütten; so raubten sie dort den blühenden Jüngling, - Grauender Aeltern einzigen Trost, und des liebenden Weibes - Theuern Gatten, und floh'n zum Bord des harrenden Schiffs hin. - - Wehklag' scholl. Als jetzt sie erweckte des Dörfchens Bewohner, - Die, noch solchem Geschick' entronnen, der Spur der Geraubten - Folgten, ächzend vor Schmerz und drängender Sorge der Rettung, - Tönte schon fern' ihr Schrei von den rauschenden Wogen herüber. - Schrecklich zu schau'n! Da steht mit fliegendem Haar, mit Verzweiflung - In dem Gesicht, mit Gluth in der Brust, die Gattinn, und breitet - Zitternd die Arme dem Gatten nach: mit bebenden Lippen - Will sie noch einmal zurück, mit Gewalt, ihn rufen, und stöhnt nur. - Dort auf den Sand hinstürzet der Greis, und rauft sich die Haar' aus - Ob des Töchterchens, ob des Sohn's. Da knie't an dem Ufer, - Schaudernd im Fieber, die Braut, und blickt mit wilden Geberden - Jetzo dem Vater, und jetzt der weinenden Mutter in's Antlitz; - Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und läuft auf dem Sandpfad - Plötzlich dahin. Ein gellender Schrei aus dem fliegenden Busen - Füllet die Luft und die Herzen des Volk's, mit starrem Entsetzen. - Ach, sie stürzt' in die Fluth; doch hängen die zarten Geschwister, - Wimmernd, an ihrem wehenden Kleid', und rufen ihr liebvoll - Trost in das Herz, vereint dem Fleh'n des weinenden Volkes, - Das an den Vater im Himmel sie mahnt, den Rächer der Unschuld! - Aber schon nahte der Rächer, im Flug, Barcellona's Gefilden, - Glühend im Herzen dem Ruf' erhabener Christenerrettung. - - - - - Dritter Gesang. - - - Siehe, wie stolz erhebt Barcellona, die herrliche Seestadt, - Heute die Stirn' in die Luft; wie schimmert so hell in des Meeres - Fluthendem Spiegel ihr Bild; im freudigen Lärm und Getümmel - Jauchzt in den Gassen das Volk, und jauchzt in dem hallenden Hafen: - »Heil uns, Doria kommt, der langersehnete Seeheld!« - Dreißig der Schiff' erkennet das Aug' an den flatternden Segeln - Fern' auf dem Meer. Sie führen fünftausend erlesene Krieger, - Genua's tapferes Volk, zum heiligen Kampfe der Rettung. - Dreißigmal grüßt das Donnerrohr von dem Walle den Helden: - Also schallt von dem Meere sein Dank im Donner herüber; - Doch, wie die Echo, geweckt in der felsumstarreten Bergschlucht, - Einen gewaltigen Ruf erst laut und mächtig erwiedert, - Dann nur leis' aushaucht, und wieder verstummt in der Stille: - So von des Meeres Höh'n herflog, mit ermattenden Schwingen, - Dreißig Grüßen zum Dank, der dumpfummurrende Nachhall. - Jetzt aufrauschte die Fluth: sie sprang an dem schwärzlichen - Schiffskiel, - Schäumend, umher, und wogte sie all' in den schirmenden Hafen. - Jetzt entsank dem Busen des Schiff's der gewichtige Anker, - Rasselnden Schwungs, und ihm, geschleudert vom kreisenden Wellbaum, - Folgte das mächtige Seil, bis er haftete fest in dem Boden. - Lange wiegte die Fluth das eiserngeheftete Schiff noch. - Doch nun schwang sich der Held, mit den obersten Schiffesgebiethern, - Schnell in das zierliche Boot, und eilte dem Ufer entgegen: - Ihn umbraus'te des Volks ringsher auftobender Jubel. - Aber es scholl erneut in dem wimmelnden Hafen der Zuruf: - »Heil dem nahenden Freund!« denn Ludwig,[19] der Bruder der Kais'rinn, - Und Lusitaniens Stolz, kam jetzt mit zwanzig der Segel - Näher dem Port'. Er warb viertausend tapfere Streiter - Drüben am Tajo, und kam, Siegsruhm zu erringen entschlossen. - Als er, gelandet, am Strand hinging: da staunte mit Ehrfurcht - Jegliches Aug' ihm nach, da er schon im Lenze des Lebens, - Heiter die muthige Brust darboth des Krieges Gefahren. - Wieder erscholl's: »Heil dort den nahenden Schiffen!« und sechzig - Zählte des Strandes Wart von dem hochaufthürmenden Leuchtthurm. - Ruyter[20] kam, der jüngst die flandrischen durch Gibilterra's - Enge geführt, und auf Malaga's Höh'n mit jenen vereinte, - Die Hispania's Städte gesandt, im rühmlichen Wettstreit. - Hundert Krieger am Bord trug jedes der räumigen Schiffe -- - Trug in dem dunkeln Schooß Geräthe des dauernden Krieges, - Mundvorrath und Geschoß, mit den ehernen Schlünden und Mörsern. - Rastlos brüllten die Donnerschlünd', als jetzt in des Morgens - Stunden sich eint', im Port, zu dem Heldenzuge die Heersmacht. - - Aber auch drüben an Wälschlands weitumkreisenden Ufern - Wogten des Krieges Banner, erhöht, in dem Wind', und die Völker - Harrten der Siegesfahrt. In Genua's äußerstem Hafen, - Den im holden Gefild schon längst entschwund'ne Geschlechter - Weihten der Liebesgöttinn zum Sitz,[21] einschiffte die Scharen - Genua's -- auch Hetruriens und Lombardia's Krieger, - Guasto, der tapfere Greis, des Fußvolks oberster Feldherr.[22] - Finster blickte sein Aug'. Ergraut in den eisernen Waffen, - Nährt' er im stetsumwölkten Gemüth' unziemliches Mißtrau'n - Gegen die Welt: ihn scheuten -- nicht liebten die Waffengefährten. - Jetzt von der einsamen Burg von Ischia rief ihn der Kaiser - Wieder zum Kampf, nach erkorener Ruh' im grauenden Alter: - Denn er kannte die Kraft des schlachtanordnenden Greises. - Als er vom Meeresstrand' einschiffte die Völker: da nahte - Eberstein,[23] zehntausend erlesene Krieger aus Deutschland - Führend im freudigen Muth zu dem rühmlichen Kampfe der Rettung. - Eine Ros' in dem Schild', enthüllete, schimmernd, sein Fähnlein -- - Sie, des trefflichen Ahns Stammzier, den ehrend der Kaiser - Heinrich, der Finkler genannt, zu der hohen Roma gesendet, - Daß er der Völker Wohl mit dem Hirten der Kirche berathe. - Dort an dem festlichen Tag, wo, Flammen gleich, von dem Himmel - Sich auf die Jünger herab, der Geist, der _Heilige_, senkte, - Ward ihm die Rose gereicht von dem Heiligen Vater, und Heinrich - Pflanzte die Ros' in den Wappenschild des tapferen Ritters, - Welcher die Freiheitsschlacht auf Mörsburgs sandigen Fluren - Kämpfte mit ihm, das Volk zu erretten vom Joche der Ungern. - Solchen Ahnen entsproß der Führer germanischer Völker. - Aber er einte vor Mailand jüngst die kühnen Gefährten, - Die er in Deutschland warb -- in dem Vaterlande der Helden: - Denn in Schwabens freundlichen Gau'n, wo silbernergossen - Schimmert der Bodensee, und die rühmliche Quelle der Donau, - Unversiegbar, nährt des Schwarzwalds heiliges Dunkel,[24] - Daß sie, ein Ries', auf siebenhundert Meilen entlang hin - Netze den Bord unzähliger Städt', und Dörfer, und Vesten, - Fröhlicher Traubengebirg', und erblühender Gärten und Wälder, - Und in dem Schwarzen-Meer, des Schwarzwalds Höhen entsprossen, - Stets nach Osten gewandt, vollende die herrliche Laufbahn: - Dort begrüßten zuerst zwölfhundert erlesene Krieger, - Lanzenbewaffnetes Volk, mit Römhild, dem tapferen Führer, - Ebersteins Panier mit lautaufschallendem Jubel. - Doch wo des Spessarts Grau'n, so wie auch des lieblichen Mainstroms - Schimmer das Herz erhebt, im schönen Lande der Franken, - Flatterte hoch in die Luft des Führers erhobenes Fähnlein, - Werners: ihm folgte die Schar achthundert trefflicher Schützen. - Also das muthige Volk der bergbewohnenden Hessen - Folgete Wittekind nach, dem Helden: er zählte der Krieger - Tausend um sich, und kam, ruhmdürstend, heran in dem Kriegszug. - Und an den Ufern der Isar hinab zu dem freundlichen München, - Reihte sogleich die Schar zweitausend gerüsteter Bayern - Sich an den schwellenden Zug. Gedenkend der trefflichen Heimath, - Schwur ein jeder ihr herrlichen Ruhm zu erkämpfen vor Tunis. - Radburg führte sie an, des Herzogs tapferer Sprößling. - Auch wo im Sande die Spree der brandenburgischen Hauptstadt - Blässere Fluthen entgegenrollt, und die Oder des Landes - Blühende Fluren durchströmt, ertönte der mächtige Heerruf. - Schnell erhob sich die Schar von tausend erlesenen Kriegern, - Löwenbeherzt, und folgete Siegfrieds winkendem Banner. - Und wie folgte nicht, Stollberg, dir, im Muthe der Helden, - Sachsens edeles Volk, das mächtig umher an der Elbe, - So an der Pleiß' und der Ilm, ruhmwürdige Städte bewohnet; - Wo den Musen ihr Kranz erblüht', und die forschende Weisheit - Glänzende Höhen errang. Sie sendeten freudig nach Mailand, - Ueber Tyrols Berghöh'n, achthundert gewaltige Krieger. - Treues Tyrol, auch deinen Gebirgen und Thälern entströmte, - Jauchzenden Muthes, die Schar gepriesener Schützen! Sie nahten, - Tausend an Zahl, und, vereint fünfhundert muthigen Bündtnern, - Führte sie Salis zum Kampf, Oestreichs hochherziger Feldherr. - Ha, nicht weilten daheim die Helden des glücklichen Reiches, - Das in dem Bruderbund' unzählige Völker vereinet, - Und den Vereinten durch Weisheit, Mild', und Gerechtigkeit obherrscht: - Denn es entsandte zum Heer fünfhundert geharnischte Reiter: - Böhmens tapferes Volk, das, eisern, im eisernen Schlachtfeld - Ausharrt, und im entscheidenden Kampf den Feind in den Staub wirft; - Sandte der Ungern muthige Schar, die auf feurigen Rossen, - In der gewaltigen Faust den blinkenden Säbel erhebend, - Schnell, wie der Blitz, im Flug, die feindlichen Reihen zerschmettern. - Jenen geboth Waldstein, und diesen Hunyadi's[25] Enkel, - Der, Europa's Hort, die Macht der Osmanen gebrochen. - Ihnen gesellt, annahte das siegsruhmdürstende Fußvolk, - Das sich aus deinem Wall' und Fluren erhob, Vindobona, - Austria's herrliche Kaiserstadt! Wer rühmte dich würdig? - Ha, wie lieblich bespühlt die breitherrollende Donau - Deinen erhabenen Sitz! Wie stolz dir winken die Berghöh'n, - Säuseln die Hain' umher, und die lustaushauchenden Gärten! - Herrlich umglänzt dich der Aehren Gold, des fröhlichen Weinbergs - Labende Frucht; dir blüh'n rings Edens wonnige Fluren! - Nun entbothst du die Schar fünfhundert erlesener Krieger. - Aber noch dreimal die Zahl entsandten die trefflichen Länder, - Welche die March, die Muhr, und die Drau durchströmet, und jenes, - Das in dem freundlichen Schooß der Zirknitz[26] zaub'rischen See birgt: - Wo in den Tagen des rollenden Jahrs bald emsige Fischer - Jubeln der Beut' in dem Netz', und bald die Schnitter und Jäger - Strecken die Halm' und das Wild auf dem fluthentblößeten Raum hin. - Lichtstein führte dieß Volk. Hoch flattert' im Winde sein Fähnlein, - Wo das purpurne Feld, vom güldenen Felde gesondert, - Auf dem Schilde sich wies, und des Helms hochragender Fittig. - Hinter den zahllosen kam, von schnaubenden Rossen gezogen, - Näher die Wucht von hundert donnernden Schlünden und Mörsern. - Rückwärts gähnet' ihr dräuender Mund, und jeglichem folgte, - Rasch, mit der Lunt' an der Brust, der Wurfschütz -- folgten Gehülfen, - Sonder Scheu, an dem Wagen, voll tödlicher Feuergeschosse. - Rogendorf, der Feldzeugmeister im Heere des Kaisers, - Führte des Feldzeugs Macht. Er hemmte zuweilen mit Vorsicht - Sein gluthschnaubendes Roß, daß all' ihm folgten in Ordnung. - Trauer erfüllte sein Herz. Ihm sank der Gefährte der Jugend, - Salm, auf Wiens hochragendem Wall, wo beide, den Leu'n gleich, - Kämpften gegen Suleymans Wuth.[27] Dort schwand ihm des Glückes - Freundlicher Strahl: vom Grau'n des nächtlichen Kummers umgeben, - Sah er schweigend hinaus nach des Lebens verödeten Räumen. - - Also lenkte zum Meeresstrand die tapferen Völker - Ebersteins Heerruf. Laut wirbelte, drönte die Trommel; - Schmetternd erklang die Dromet', und das Wiehern der stampfenden Rosse - Scholl aus dem Waffengeblitz herüber vom stäubenden Fahrweg. - Doch nun rollt' er die Reih'n am tosenden Strande des Meers auf: - Guasto's Feldherrnauge zur Schau. Sie jagten hinunter, - Jagten herauf das muthige Roß, die herrlichen Scharen - Musternd, und staunenden Blicks ersah der oberste Feldherr - Deutschlands Heldenvolk, das, trefflichgerüstet, daherzog: - Diese bewehrt mit dem Helm' und dem Panzerhemde von Eisen, - Haltend die hochaufragende Lanze gelehnt an die Schulter; - Jene, das Feuerrohr im Arm, dem krachend des Todes - Kugel entfleugt, und fern' aus den Reihen die Männer in Staub wirft. - Allen umhüllte die Brust der todabwehrende Koller, - Von dem Felle des Elennthiers, und die eisernen Hauben - Schirmten vor tödlichem Hieb ihr Haupt im Gemenge der Waffen. - Aber die Reiterschar, gleich Flügeln umgebend das Fußvolk, - Hob den blinkenden Stahl in der nervigen Rechte zur Schulter. - Alle blickten nach Eberstein: Die rechts, und die Ander'n - Links, wie er nun, zur Mitte gekehrt, vor den Scharen das Wort nahm: - »Seht uns am Strande des Meers! Verkünden die thränenden Wimpern, - Kündet die Stille mir, wie jetzt des herrlichen Anschau - Euern Busen ergriff in spracherstickender Wonne? - Endlos wogt es dahin, in des Himmels umwölbenden Busen - Schwindend: ein Bild der allumfassenden Liebe. Gesegnet - Sey uns die Fluthenbahn: nach dem fernentlegenen Welttheil - Führe sie schnell die Helden zum Kampf für Rettung und Freiheit! - Brüder, wir kämpfen ihn dort, als Deutsche, der heiligen Pflicht treu, - Glühend von edelem Muth', und denkend des heimischen Ruhmes! - Gott und der Kaiser mit uns, die stets den Tapferen hold sind!« - Tausende schrie'n, aufjauchzte das Heer: »Gebiethe die Abfahrt: - Gott und der Kaiser mit uns, die stets den Tapferen hold sind!« - Hastig drängten sich alle zum Strand', und sah'n auf die Meer'sfluth, - Schweigend, hinaus. Erschüttert bückte sich Dieser, und tauchte - Freudig die Hand in die Fluth des schauererregenden Abgrunds; - Jener staunte der Pracht der Kriegesschiff' und Galeeren -- - Auch der Menge der Tau' und der Höhe des thürmenden Mastbaums. - Rastlos fuhren die Boot' umher. Da schifften am Ufer - Haufen sich ein; dort stiegen auf hänfenen Leitern die andern, - Eiliger, auf zu dem Raum des hochgewölbeten Schiffbords. - Aber die Reiter und Ross', Feldzeug und Geräthe des Krieges - Faßte der breitere Raum der offenen, niedern Galeeren, - Wo das muthige Roß, das erst, voll schnaubenden Ingrimms, - Tobte, bezähmt, und zitternd stand, und den mähnigen Nacken - Furchtsam erhob: zu schau'n die ringserhellten Gewässer. - Jetzt erscholl der Abfahrt lauterdonnerndes Zeichen. - Freundlich weht' aus Osten der Wind, und führte die Schiffe - Auf die unendliche Fläche hinaus. Die Menge des Volkes - Sah den herrlichen Zug von hundert Segeln, und jauchzt' ihm, - Lange vom schwindenden Strand, die Wünsche der günstigen Meerfahrt - Und des ersehnten Wiederseh'ns mit gewaltigem Laut nach. - Abend nahte heran. In den weitvorstrebenden Segeln - Säuselte sanfter der Wind; die goldenstrahlende Sonne - Sank g'en Westen hinab: sie taucht' ihr breiteres Antlitz - Leis' in die Spiegelfluth, und blickt' auf der flammenden Bahn dort, - Scheidend, heran, die, im Wellengeblitz erzitternd, ihr nachflog, - Und an des Himmels Rand' entschwand. Im rosigen Aether - Flatterten Wölkchen empor, die an ihrem verglühenden Saum noch - Lange den huldausstrahlenden Wink der Lieblichen zeigten. - Aber die Krieger ergriff die süße Wonne der Wehmuth: - Lautlos starrten sie hin, und dachten des lieblichen Schlafs nicht, - Mahnte nicht Guasto's ernster Wink und die Stimme der Führer. - - Siehe, der finstere Schleier der Nacht umhüllte des Heeres - Fluthenbahn! Eintönig rauschten die schwankenden Wogen - Jetzt an dem Kiele des Schiffs umher; scharf hauchte der Fahrwind, - Und in Eil' entschwand die Heersmacht Genua's Küsten. - Aber nicht achtlos sah der Christen ergrimmtester Gegner, - Muhamed, her aus dem Wolkenreich: wie drüben die Völker, - Lautaufjubelnden Rufs, entfalteten Segel auf Segel, - Und vom hohen Verdeck die funkelnden Blicke des Kriegers - Grause Vernichtung drohten dem Volk, das gläubig ihn ehret. - Gierig forscht' er umher, ob nicht ein wüthender Sturmwind - Fern' an des Himmels Rand' aufgährete? Doch in den Lüften - Herrschte liebliche Ruh', und hell erglänzte die Sternflur; - Forschte zugleich: ob Al-Mansors vereintes Geschwader - Nahete, den erst jüngst aus Algier Hairaddin sandte, - Daß er des Kaisers Macht hintilg' in brausender Seeschlacht? - Aber der Schreckliche trieb noch fern' auf den Fluthen des Meers um, - Das, Sardiniens Strand von Siciliens lieblichen Ufern - Trennend, die Bahn ihm wies, wo bald (so wähnt' er vermessen) - Ihm erliege, besiegt, der erhabene Herrscher der Christen; - Dennoch entsandt' er erst heut zwei leichthinsegelnde Schiffe, - Die, von Abdul beherrscht, vor Wälschlands schönen Gestaden - Kreutzten, und spähten umher: wohin sich wende Del-Guasto? - Abdul gewahrte des Heer's Abfahrt: denn zahllose Ruder - Peitschten die See, und die Luft durchfächelten Segel auf Segel. - Alsbald eilt' er nach Elba[28] hinaus, dem felsigen Eiland, - Wo von dem Schacht, gehaltreich, schillerndes Eisen der Bergmann - Fördert zu Tag', und steuerte, bald aus der dunkelen Felsbucht, - Bald aus dem Eisenport, des Feindes Fahrt zu erkunden. - Muhamed sah ihn ergrimmt, und naht' ihm, scheltenden Ruf's, so: - »Bebend schaust du das Christenvolk die Meere beherrschen? - Sinne vielmehr ihm Leid, ein schwacher dem stärkeren Gegner. - Denke der List: denn sieh', wie dort ein zögerndes Fahrzeug - Einsam die Wogen durchschifft! Ihm wirf dich muthig entgegen; - Halte die Enterhaken bereit; mit der Sprache der Heimath - Täuschend, raubst du dem Feinde noch heut den tapfersten Feldherrn.« - Abdul blickte verwundert um sich: wer Worte des Muthes - Ihm in die Seele gehaucht? und lenkte sein kühnes Geschwader - Gegen das einsame Schiff, am Mast' erhöhend die Flagge - Genua's, und entflammend zum Trug den listigen Korsen, - Der, geboren ein Christ, dem falschen Propheten sich hingab. - - Sarno, den tapferen Hort und Gebiether lombardischen Volkes, - Trug das einsame Schiff: ein schlechterer Segler. Vor Ingrimm - Ballt' er die Faust, daß nur er, der jüngste der Führer, zurückblieb. - Wie vor dem rauheren Herbst der Störch' unendliche Scharen, - Fliehend dahin durchsausen die Luft; doch einer aus allen - Folgt aus der Ferne dem Zug (den Zögernden lähmte der Weidmann - Jüngst auf dem Stoppelfeld) und schreit, da jene verschwinden: - Also schwand ihm das Heer im Schleier der dunkelen Nacht hin. - Jetzo vernahm er Geräusch' annahender Schiffe: die Wogen - Klatschten, geschleudert vom Kiel', und laut ersausten die Segel. - Ahnend Gefahr, aufboth der tapfergesinnete Feldherr - Schnell sein muthiges Volk. Der Wurfschütz harrte des Winks nur, - Gegen die Feind', im Donnerhall, Verderben zu senden. - D'rauf rief er: »Wer naht?« So schrie'n die Krieger zugleich auf. - Aber vom nahenden Bord begann der Korse voll Arglist: - »Kennt ihr Genua's Flagge nicht mehr? Uns sandte der Feldherr, - Daß in dem zögernden Lauf kein Gegner die eure gefährde.« - Also stürmten die Feinde zugleich, auf beiden den Schiffen, - Dieß, und auch jenseits an, und enterten, jauchzenden Rufes, - Sarno's Schiff, an mächtigen Tau'n fünfklauige Haken - Schleudernd: sie hafteten fest im Gebälk', und mit schrecklichen - Blicken, - Hoch in der nervigen Faust den blitzenden Säbel erhebend, - Schwangen sie sich dann auf zum Bord. Doch Sarno, der Feldherr, - Nahte, das Schwert in der Hand, nicht feige zu sterben, entschlossen. - Erst dem Korsen durchstieß er das Herz, das falsche; zerschmettert - Schnell an der Stirn', ihm sank Atha'r, und Ismail stürzte - D'rauf, in der Lunge durchbohrt, die tapfersten Aga der Scharen: - Orta genannt dem Muselman, die hundert und fünfzig - Krieger vereint. Doch jetzt, unedel im Rücken bestürmte - Jenen die Meng', und riß mit wildem Getös' ihn zu Boden. - Wie der Waldurochs, den wüthende Rüden umdrängen, - Rings mit lautem Gebell, ergrimmter die Stirne vor ihnen - Senkt, und den einen durchstößt mit tödlichen Hörnern, den andern, - Rasch mit den ehernen Klau'n zermalmt, und immer empörter - Rache schnaubt; doch jetzt, an den blutenden Ohren verbissen, - So an dem zottigen Halse zugleich und den kräftigen Schenkeln, - Zerrt die tobende Schar, bis überwältigt er hinsinkt - Vielen, allein: so stürzte der Held, und, schmählich gefesselt - Ward er mit seinem Volk', aus Haufen erschlagener Gegner, - Nach dem feindlichen Schiffe geschleppt. Sein eigenes trieb nun, - Menschenberaubt, umher, als Beute den stürmischen Wogen. - Dort im finsteren Schiffsraum lag der edelste Feldherr; - Preßte die Stirn' an die Wand, und heißentquellende Thränen - Perlten, fort und fort, an seinen Wangen herunter: - Thränen, dem feindlichen Schicksal geweint, das jetzt, ihn der Freiheit - Schnödeberaubend, der Bahn entriß, auf welcher die Brüder, - Dürstend nach Sieg und Ruhm, forteilten nach Afrika's Küsten. - Aber mit Freud' im Blick' und Stolz in dem Busen entschiffte - Abdul zu Al-Mansor, der fern durchpflügte die Meerfluth. - - Sarno's Jammergeschick nicht ahnend, flog in dem Nachtwind - Guasto dahin, und siehe, von Ostia, wo sich der Tiber - Vielgepriesene Fluth ergießt in des Meeres Gewässer, - Und aus der Vorwelt, nun erhabenen, männlichen Sinnes - Herzerhebendes Bild, nun namenloser Entartung - Schaudergestalten uns weckt, daß wir, sie schauend, erbeben: - Dorther führte der Held Ursini, altrömischen Stammes - Edeler Zweig, ergraut im Kampf und Schlachtengetümmel, - Sieben der Schiffe heran, mit tausend erlesenen Kriegern, - Welche zu Guasto's Heer entsandte der Heilige Vater. - Nahe dem westlichen Rand des meereinmündenden Stromes - Thürmt sich, Warten gleich, ein Fels hoch über die Fluth auf, - Und beschirmt g'en Wind und Wogen die herrliche Seestadt. - Dort auf dem ragenden Fels, umgeben von wimmelnden Scharen, - Stand im Feiergewand, mit den dienenden Priestern und Laien, - Auch der erhabene Hirt in schauererregender Hoheit: - Denn er harrte der Kommenden schon. Als endlich sie nahten, - Theilend die Meeresfluth mit dem gleitenden Kiele, da hallten - Donnernde Schlünd' umher; harmonischer Glocken Getön' klang; - Liebliche Düft' aufhaucht' in die Luft das silberne Rauchfaß, - Und weit brannte das Meer in zahlloslodernder Fackeln - Mächtigem Wiederschein: denn Finsterniß deckte die Welt noch. - Jetzt, ergreifend schnell mit der Linken den hirtlichen Krummstab, - Den ihm der _Gute Hirt_ vertraut', zu des Heiles Gefilden - Hinzuleiten die Heerd', in Treu' und liebender Sorgfalt, - Hob er zugleich die Recht' empor, und segnete dreimal, - Rufend zum Vater, und Sohn', und Heiligen Geist, die Erwählten - Drüben, im Herrn. Hochfeierlich scholl der segnende Zuruf - Auf die Gewässer hinaus, und jen', auf die Kniee gesunken, - Senkten die Flagg' und Gewehr', und sandten ein stilles Gebeth auf. - Aber die schimmernden Segel, geschwellt vom günstigen Fahrwind, - Führten das jauchzende Heer im Eilflug fort nach Neapel. - - Lichter wurd' es in Osten. Des Morgens schauriger Odem - Flog auf den Fluthen heran. Am dämmernden Saume des Himmels - Schwamm ein zartes Gewölk, das, erst nur dunkelgeröthet, - Dann allglühend sich hob: der Sonne geflügelter Herold. - Wonne, sie kam: die rosenumflossene Stirn' aus der Meerfluth - Tauchend mit ernstem Hoheitsblick -- dann schnell, in Verklärung, - Heller und strahlender stets, aufschwebend am bläulichen Himmel, - Schön, wie ein Sieger geschmückt, zu durchlaufen die herrliche Laufbahn! - Ringsum jauchzte die Welt. Die gleitenden Wellen erhoben, - Hüpfend vor Freud', ihr Haupt, und, unabsehlich und endlos - Flammten sie all' im hehren Glanz' ätherischen Lichtes. - Aber mit pochender Brust, in stürmischer Seelenentzückung, - Sah'n die Krieger hinaus auf die schimmernden Fluthen -- vor allen - Jene, welch' erst jüngst dem Meer' als Fremdlinge nahten; - Doch bald hob ein jeder den Blick zu dem Vater im Himmel, - Der das Meer und die Sonne, so schön und so herrlich erschaffen. - Fröhlich wähnten sie schon sich entrückt dem schrecklichen Unhold, - Dem auch der tapferste Mann, seekrank, in schwindelnder Ohnmacht, - Feig', auf dem niedrigen Lager erliegt; doch, als das Gesäusel - Schiffentführender Wind' in heißerer Stunde des Mittags - Leise verscholl, und schlaff an dem Maste das Segel herabhing; - Als das geschaukelte Schiff auf unstättreibenden Wogen, - Kreisend umher, nicht vorwärts kam: da fielen besiegt ihm - Alle zugleich, die jüngst dem schwankenden Rücken der Salzfluth - Sich vertrauten zur Fahrt. Sie dachten, zu sterben. Die Schiffer - Sah'n, mit Lächeln, des Kriegers Furcht: denn wieder erhob sich - Nun der günstige Wind, und trieb sie im sausenden Flug fort. - - Aber vom Jauchzen des Volks und dem Jubel des eh'rnen Geschützes - Freudig begrüßt, kam jetzt vor Neapolis schimmerndem Hafen - Glücklich die Heersmacht an, und lud, mit gewaltiger Stimme, - Jene zur Heldenfahrt, die dort der Kommenden harrten! - Wie in dem Föhrengehölz, durchwühlt vom grausamen Wand'rer, - Wimmelt ein Ameisennest von geschäftigem Volke: sie laufen - Auf und nieder, voll Hast, zu schirmen die glänzenden Eyer; - Oder sie bauen ihr thürmendes Haus von Neuem mit Sorgfalt: - So lief hastig das Volk in dem Hafen umher: das Geschwader - Rüstend, das an dem Bord dreitausend erlesene Krieger - Zählte. Den Kriegern geboth Toledo,[29] Don Pedro's Erzeugter, - Der, des Kaisers Vasall, statthaltend herrscht' in dem Land dort. - Ach, unsäglicher Jammer zerriß des edeln Toledo's - Heldenbrust, und stieß ihn schnell aus dem rosigen Morgen - Täuschenden Erdenglücks in die Nacht endloser Verzweiflung! - Jüngst erst reicht' ihm die Hand, am Altar, des salernischen Herzogs - Einziges Kind, Mathilde, die trefflichste, schönste der Frauen, - Und sie entfloh'n der Stadt, in Calabria's Zaubergefilden - Suchend die meerbeherrschende Burg, in lieblicher, stiller, - Seliger Einsamkeit die süßesten Stunden zu leben. - Dort in dem Schatten umher des meerangrenzenden Fruchthains, - Den im grünlichen Abendgold die säuselnden Lüftchen - Wiegten, und rings durchtönte der Nachtigall wonniges Flöten, - Dort lustwandelten, Arm in Arm, in Liebe verschlungen, - Beide die glücklichen jetzt. Nur Hugo, ihr redlicher Diener, - Folgt' entfernter, und band die Bäumchen, voll üppigen Wuchses, - Die er im Herbste gepflanzt, an die stützenden Pfähle mit Bast an. - Aber sie ließ, ermüdet, im schwellenden Grase sich nieder, - Kehrend den Rücken dem Meer', und sah mit thauenden Wimpern, - Wie der Gatt' im Orangengehölz die Zweige durchspähend, - Fern hinschwand: denn immer die schöneren sucht' er mit Vorsicht - Ihr aus der Fülle der goldenen Frucht, erlesend, zu pflücken. - Wehe, da lag in der Felsenhöhle des hallenden Ufers, - Von dem blühenden Genst und der Thränenweide verhüllet, - Dragut, der freche Korsar, und harrte des nächtlichen Dunkels, - Lauernd, im schwärzlichen Schiff'! Als fern', in dem schattenden - Fruchthain, - Forschend, Toledo entschwand: da brachen des Räubers Gefährten - Plötzlich heran, und schleppten die schöne, die hohe Gestalt fort; - Doch sie verstummte vor Angst, und verging vor Todesentsetzen. - Wie die Schar ergrimmter Schakal', aus finsteren Höhlen - Kommend, und dürstend nach Blut, die erschrockene, sanfte Gazelle - Fahet im Lauf -- da fällt mit dem Unschuldsblick sie im Sandstaub - Lautlos nieder: so sank die arm' am Borde des Schiffs hin. - Hugo gewahrte den Jammer. Er schrie; flog hin zu dem Ufer, - Stürzt' in die Fluthen, und schwang, ein rüstiger Schwimmer, zum - Schiffsbord, - Eines der Thau' umklammernd, sich auf. Da zückte der Wüthrich - Dreimal den blitzenden Stahl, das grauende Haupt ihm zu spalten: - Dreimal entsank ihm der Stahl: ihm brach des redlichen Dieners - Treue das Herz. D'rauf hieß er ihn selbst, mit sanfterer Stimme, - Wecken die holde Frau aus seelenumschattender Ohnmacht. - - Schaudernd vor Angst und Entsetzen, vernahm ihr Gatte des Greises - Kläglichen Ruf, er schrie, noch die Räuber im Aug', auf die Fluthen - Lautaufjammernd, hinaus, und both unendliche Lösung. - Ha, schon wähnt' er, entzückt, die kehrenden Segel zu schauen -- - Freundliche Laute zu hören vom Bord: da brauste der Sturmwind - Plötzlich aus Westen heran: die triegenden Laute verhallten, - Und an des Himmels Rand, wie ein leis' entfliehendes Wölkchen, - Schwand ihm das Schiff! Der Mond erneute sein wechselndes Licht schon - Siebenmal, seit er an dem Küstenlande der Räuber, - Forschen, und biethen hieß des Goldes die Fülle zur Lösung. - Doch nun sandte von ihrem Geschick die entsetzliche Bothschaft - Hugo: zu Tunis, in Draguts Gewalt, des wilden Korsaren, - Lebe Mathild', und wieg', als unglückselige Mutter, - Bald den Säugling im Schooß: denn nimmer zur Wonne des Vaters, - Ach, und voll Liebe nach ihm, erduld' unendlichen Jammer! - Alsbald ahnet' er diesen im Geist', und kaltes Entsetzen - Fuhr ihm durch Mark und Gebein. Doch jetzt dem rühmlichen Heerbann - Bebte vor Freude sein Herz. Er nahte mit leuchtenden Augen -- - Trieb, und drängte die Krieger zugleich, und die hurtigen Schiffer - Eilig an Bord: nicht hörend des Volks umschallenden Jubel, - Nicht des Vaters segnenden Ruf, dem nimmer die Hand er, - Fromm, und kindlich gesinnt, mehr küßt, nicht die silberne Scheitel, - Oder das freundliche Aug': da er bald hinsinket vor Tunis. - So, mit Guasto vereint, entschiffte Neapels Geschwader, - Gegen Sardinia's Höh'n, des ringsumflutheten Eilands, - Steuernd, dort in dämmernder Frühe die herrliche Seestadt - Cagliari zu schau'n, und zu harren des mächtigen Kaisers: - Denn ihr wurde der Ruhm, aus dem schimmernden Port Europa's - Furchtbare Macht, vereint, zu entlassen nach Afrika's Küsten. - - - - - Vierter Gesang. - - - Horch, Barcellona's Thürmen entschallt mit jubelndem Wohllaut - Glockengetön'; erschütternd rollt des eh'rnen Geschützes - Freudendonner vom Wall', und im Port, wo unzählig die Masten, - Gleich dem entblätterten Wald, aufragen zum Himmel, erglänzen - Flaggen und Wimpel umher, die bald im bläulichen Luftraum, - Von umgaukelnden Winden gerafft, wie silberne Wölkchen - Flattern, und bald, am thürmenden Mast heruntergesunken, - Schlängelnd, über den Bord hinsäuseln zum schäumenden Abgrund. - Unabsehlich, die Straßen entlang, erglänzt von den Erkern - Festlich der Teppiche Pracht. Dort winken aus jeglichem Fenster - Blumen in Meng', und hauchen elysische Düft' an den Häusern - Lieblich umher. Doch welch' ein Lärm auftobenden Jubels - Füllet die Fenster zugleich, und die Erker; die schwindligen Höhen - Ragender Zinnen und Thürm', mit unzähligen Menschen? Es starren, - Wang' an Wange gepreßt, ein Haupt aufragend vom Haupt noch, - Alle, mit leuchtendem Aug', in die wimmelnde Straße herunter, - Während die wogende Menge hinaus auf den stäubenden Heerweg - Braust, wo Ludwig, der Held, und Doria, mächtigen Anseh'ns, - Ordnen die Krieger in Reih'n, dem nahenden Herrscher zu Ehren. - Jetzo noch lauter erschallt, wie unendliches Rauschen der Sturmfluth, - Schön und furchtbar zugleich, ein Ruf: »Hoch lebe der Kaiser!« - Sieh', er kam! Von Mendoza geführt, dem tapferen Feldherrn, - Schritten vor ihm achttausend Krieger -- im Heere die Alten, - Die, in der Reihe der Jahre versucht, und gestählt in Gefahren, - Siegbeherrschenden Muths und entscheidender Stärke sich rühmten. - Jetzo nach Wirbel und Schlag der heerebewegenden Trommel, - Nahten sie all' im gemessenen Schritt, die Gewehr' an die Schulter - Pressend im Arm, und zum Schall der Feldschalmeien und Flöten, - Ehernen Klange des Horns und des Brummrohrs tiefen Gewaltton - Mengend, im schönen Verein, ihr fernhinhallendes Schlachtlied. - Schauder ergriffen das Volk. Den Altgedienten am Fuß nach - Folgte die herrliche Schar viertausend erlesener Reiter, - Welch' erst jüngst in Hispania's Gau'n die Stimme der Cortes - Aufboth, Jünglinge noch, doch lechzend nach Kampf und Gefahren. - Hufesgerassel erscholl in's Geklirr des Waffengeschmeides - Und in den ehernen Ruf der schmetternden Kriegesdrometen. - Doch was schleudert noch helleren Glanz in den sonnigen Straßen, - Blendend, umher? Wer nennte die Rossebändiger würdig, - Die von silbernen Rüstungen blank, die ragenden Lanzen - Nervigen Rechten vertrau'n? Zweihundert der edelen Ritter - Sind es: die »Blüthe« genannt des hohen, hispanischen Adels. - Aber vor allen hervor, ein Viergestirn in der Heersmacht - Strahlen: Alba[30] der stattliche Held, der kühne Alarcon, - Welchem zur Huth Frankreichs gefangener König vertraut ward, - Vor Pavia im Sieg;[31] Sarmento, und Garzia Lasso,[32] - Der, ein Sänger und Held, das blitzende Schwert und der Lyra - Gold'ne Saiten mit einem Kranz zu umschlingen, sich sehnte. - Jetzt entflammte sich jegliches Aug'. Der mächtige Kaiser - Folgte der edelen Schar, und grüßte das jubelnde Volk dort - Links und rechts, mit freundlichem Blick. Sein feuriges Prunkroß - Wölbete stolzer den mähnigen Hals, und tanzte die Straßen - Munter hinab: nun hin, nun her sich wendend, im Halbkreis. - Dort, wo in festlichgeordneten Reih'n sein harrte das Fußvolk, - Hemmt' er den Rappen, und sah: wie fertig das blanke Gewehr sie - Schwenkten mit einetem Schlag'. Er winkte den schaltenden Führern - Dank, die rasch zur Stirne den Degen erhoben, und senkten, - Huldigend; dann aufschrie'n laut: »Marsch!« durch die hallende Stadt - hin. - Und in dem Jubelgedräng fortwogten die trefflichen Scharen: - Eilend hinab in den Hafen, am Bord der harrenden Schiffe, - Nun zu beginnen die Fahrt nach Afrika's fernen Gestaden. - - Staunend ersah die Meng' im Gefolge des mächtigen Kaisers - Muley-Hassan. Er hob die trauerumflossenen Augen - Nicht von der Erd' empor, und schwieg; doch inniges Mitleid - Weckte der Jammer des heimathlosumirrenden Königs. - Jetzo dem Herrscher genaht, rief Doria laut vor den Scharen: - »Sehnest du dich schon heut nach dem Raum' _Karthago_, des Heerschiffs, - Das vor jeglichem groß und kunstbeflissen gezimmert, - Prangt in dem Port, und vom Schilde den Kranz unsterblichen Ruhmes - Weist, der dir erblüht auf Karthago's rühmlicher Stätte? - Oder gefällt dir's mehr, zu ruhen im schönen Palast hier, - Den dir schmückte die Stadt, Barcellona, mit liebender Sorgfalt?« - »Nichts von Ruhe noch Rast mir gesprochen,« so sagt' ihm der Kaiser, - Eifernd, »jetzt, wo mir's nur lauter im glühenden Busen - Pocht, und stürmt; kein Schlaf die ermüdeten Augen erquicket, - Die nur Tunis im Grau'n der einsamen Nächte, nur Tunis - Schau'n in der Helle des Tags, und Schlacht, und Sieg, und Errettung! - Spannet die Segel! Uns winkt, gebiethend, Afrika's Meerstrand.« - Doria führt' ihn an Bord. Ihm folgte der munteren Schiffer - Hurrahgeschrei und unzähligen Volk's nachjubelnder Segen, - Bis er vom hohen Verdeck die Treppe hinunter im Schiffsraum - Leis' entschwand. Und siehe, dem Staunenden öffnete dort sich, - Prunkend, ein hoher Saal, auf deß' aufwölbenden Himmel - Titian selbst ein Meisterwerk mit zaubrischem Pinsel - Schuf, nach Doria's Wink! Ein Schlachtfeld hatt' er gebildet. - Fern, wie in Nebel gehüllt, erspähet der schärfere Blick nur - Fliehende Feind' am Gebirg: so winzig ist Alles und Jedes - Dort mit dem zarten Duft der dämmernden Ferne, verschmolzen. - Näher heran, am Rain des saatdurchschlängelnden Baches, - Wirft sich die Reiterschar auf Reiter, zum letzten Gemetzel - Spornend das Roß, und es fleugt, und schnaubet, mit wallenden Mähnen, - Flammendem Aug' -- fort über zerschmetterter Leichen und Waffen - Blutigen Wust, an des Gegners Roß. Die schrecklichen Kämpfer - Schleudern den blinkenden Speer, und schrein, und brüllen den - Schlachtruf -- - Und uns däucht: als töne Geschrei von dem klaffenden Mund her. - Aber schon kommen vom Waffengefild, dem dräuenden Sieger - Folgend, mit Schmach im Blick', und die Händ' am Rücken gebunden, - Scharen Gefangner herauf, wo Constantin,[33] Kaiser des Weltreichs, - Von dem Rosse sich wirft, die Kniee zum Staube zu beugen: - Denn, noch schaut er, in Wonne verzückt, das Kreuz an dem Himmel - Flammen im Sternenkranz; noch sieht er der hohen Verheißung - Himmlische Wort' in dem strahlenden Kranz: »Du siegest mit ihm nur.« - - Dort zu dem herrlichen Bild', erschüttert tief in dem Herzen, - Sah der Kaiser empor, und trocknete schweigend die Thränen. - Abendröthlicher Glanz ergoß durch leuchtende Fenster - Strömend, sein heiliges Licht in dem Saal', und liebliche Stille - Herrschete. Jetzt geboth sein flammendes Auge der Abfahrt - Donnernden Ruf: er scholl vom Borde der hohen Karthago - Freudig dem horchenden Krieger an's Ohr; durchbrüllte der Seestadt - Thürmende Straßen, der Felsenhöh'n verborgenste Schluchten - Rings im Gefild', und verhallte mit oft auftobendem Grimm noch, - Fern' am drönenden Rand des bläulichen Himmelsgewölbes. - Plötzlich erwachte Getös' und geschäftige Hast in dem Hafen. - Zahllos flattern die Segel vom Mast'; an den ächzenden Winden - Knistert das Seil umher, und bald enttauchet der Anker - Zackige Wucht den Wogen, und ruht in die Quer' auf dem Balken, - Vorn' an des Schiff's Brustwand. Die leitende Nadel betrachtend, - Sitzet der Steuermann bedächtig am Ruder, und rauschend - Folgt ein jegliches Schiff dem Ruderboot', an dem Schlepptau, - Fort auf des Meeres Höhen hinaus, wo ein günstiger Fahrwind, - Sausend von Mitternacht, vorwölbet die schimmernden Segel. - Aber es drängte das Volk sich am Strand', und bethete, weinte, - Jauchzte den Schwindenden nach. Wohl Mancher lief an dem Ufer, - Keuchend, noch hin, und schwenkte das wehende Tuch in den Lüften -- - Schwenkte den Hut, »zum Lebewohl,« den theuern Bekannten! - Zwar nicht jauchzte die liebende Braut, nicht die zärtliche Mutter - Mehr an dem Strand; doch muthig bezwangen sie dennoch die Thränen: - Denn auf rühmlicher Bahn enteilten die Lieben der Heimath. - - Freudig schiffte des Kaisers Macht im sausenden Wind hin; - Eilte den Balearen, im Flug, g'en Osten vorüber, - Und umkreisete bald im Süden Sardinia's Vorland: - Nahend der herrlichen Stadt Cagliari, mit Guasto's Geschwader - Sich zu der Heeresfahrt nach Afrika's Küsten zu einen. - Doch nun schwebte die Nacht mit weitverbreiteten Flügeln, - Leiseren Fluges, herab, und umhüllte des Meeres Gewässer. - Guasto's Macht trieb noch, auf der wogenden Wüste verschlagen, - Fern Cagliari's ersehnetem Port, in der dunkelen Nacht um: - Denn jetzt führt', unhemmbaren Flugs, ein brausender Nordwind - Ihn nach dem meereinengenden Thal hinunter, wo vormals - Stets, der Charybdis zugleich und der furchtbarn Scylla der Schiffer - Zitterte. Dort erscholl ihm jetzt urplötzlicher Aufruhr - Von dem Schooße des Aetna heran. Mit Entsetzlichem schwanger - Lag er, kreißend, in Weh'n. Er wüthete: stürzende Felsen - Schleudernd mit lautem Gekrach', Orkanengetümmel, und Gluthsturm, - Weit in den Tiefen umher, daß rings das Meer und der Erdkreis - Schwankte vor Angst, bis er jetzt aus- des Grauens Geburt warf. - Erst aus dem finsteren Schlund', in meilenmessendem Umfang, - Quoll Rauch auf: weithin am Himmel die Sterne verschlingend, - Und in dem wirbelnden Flug durchzuckt von bläulichen Blitzen; - Dann aufbrauste wie Staub, vom Winde gerafft an dem Kreuzweg, - Odemberaubender Schwefelqualm und Aschengestöbers - Dichtes Gewölk, und jetzt, in wüthender Eile geschleudert, - Rasselten glühende Stein' ihm nach; jetzt hob sich die Flamme - Himmelempor, und leuchtete fern' in die finstere Nacht hin. - Rings erglühte das Meer. So hoch die Flamm' an die Wolken - Loderte, sank ihr Bild so tief in's dunkle Gewässer - Nieder, und warf in die Unterwelt hellleuchtende Funken. - Aber den kreißenden Berg durchwühlten noch stärkere Wehen. - Unterirdischer Donner rollt', aufrauschten die Wogen -- - Schlugen das schäumende Haupt im Kampfe zusammen; des Aetna - Scheitel erbebte: denn, o des grausenerweckenden Anblicks, - Jetzt ausspie sein Schlund die glühende Lava: sie wälzte - Breiter und flammender stets, die feurigen Wogen herunter; - Laut aufheulten die Lüft', und die Schöpfung schauderte ringsum! - Doch Del-Guasto's Heer flog dann im sausenden Sturmhauch - Eiliger fort auf dem Meer, Sardiniens Küsten entgegen. - - Aber nicht war in des Berg's Abgründen allein der Empörung - Wildes Getümmel erwacht: auch hoch in den Lüften begann jetzt - Furchtbardräuender Kampf und seelenerschütternder Aufruhr: - Denn von des Aetna Fluren umher, unendlich verbreitet, - Hob der Flamme Gewalt auf rastlos fächelnden Schwingen - Schnell die Dünste der Erd' empor zu des Aethers Gefilden. - Wie, der stützenden Balken beraubt, ein Schacht in dem Erzberg - Plötzlich zusammenstürzt: da rollen zertrümmerte Felsen, - Rollet die Erde, der Wald in die Tief', und weit aus dem Abgrund - Fleugt Staub auf, und Getös' einsinkender Berge: so stürzte - In den verdünneten Raum, vom glühenden Süden herüber, - Dann sich die Meeresluft, und weckt' im Fluge des Sturmwinds - Kaum besänftigte Wuth an Afrika's Felsengestaden. - Dort auf des Atlas[34] Höh'n, des himmelanthürmenden Berges, - Lag Gewittergewölk', und sandt' in die finsteren Thäler - Röthliche Blitze herab. Nur leis' ummurrte der Donner - Noch in dem Schooß des Gährenden; doch von dem brausenden Sturmwind - Näher gejagt, aufflog's am funkelnden Himmel, und hüllte - Plötzlich des Kaisers Wogenpfad in schreckliches Dunkel. - Früh' erkannten die Schiffer, vom Bord die perlenden Fluthen - Schauend: es nahe der Sturm. Sie zogen die dichtesten Segel - Auf an den Mittelmast, und ordneten sorglich die Thau' all'. - Doch nun brauste der Wind fern her: dem thürmenden Wall gleich, - Hob sich vor ihm die Fluth, und rauscht' auf die gleitenden Schiffe - Nieder, und dann aufwogten sie rings unendlich und furchtbar. - Jetzo in Wolkenhöh'n auf dem Saum der heulenden Wogen - Schwebten die Schiff', und jetzt, in des Meer's Abgründe geschleudert, - Deckte sie dunkler Fluthen Nacht, wie verloren auf immer. - Ueber das hohe Verdeck hinüber, herüber ergoß sich, - Schäumend, der Wogen Meng', und netzte die flatternden Wimpel. - Muhameds Aug' erglänzte vor Lust, nach den gährenden Blitzen - Schauend im Donnergewölk, das über den Schiffen der Christen - Grau'nvoll hing. Er winkte, voll Hast, den grimmigen Geistern - Attila's -- winkte den Seinen zugleich: sie brausten im Eilflug - Näher, und, wie die Schar der schwarzbefiederten Raben, - Aufgeschreckt vom Knall todtschmetternder Büchse, vom Anger - Laut, mit Geschrei, sich erhebt, und immer in engeren Kreisen - Ueber des Schützen Haupt durchrauscht den sausenden Luftraum: - So durchstürmten auch hier die unzähligen Geister der Wolken - Gährenden Schooß, bis solcher in feindlicher Reibung entbrannt war. - Siehe, da zuckte der Blitz, und zerriß den finsteren Himmel - Schnell von Westen bis Osten hinauf! Dem rollenden Donner - Drönte die Welt umher, und Ströme des sausenden Regens - Peitschten, mit eh'rnem Geprassel, die Fluth. Fort krachte der Donner -- - Krachte durch Sturmgeheul und Gebrüll der empörten Gewässer, - Endlos fort. Wie links und rechts die Schiffe sich beugten, - Hoben zum finstern Gewölk ringsher, entsetzlich zu schauen, - Flammende Wogengebirg' ihr Haupt: denn strahlender Blitzglanz, - Schwärze der Nacht, traf wechselnd das Aug' des erblindeten Volks hier! - Sieh', und allen umher auf dem Bord' erblaßten die Wangen - Jetzo vor Angst: sie harrten, verstummt, des nahen Verderbens; - Doch der edele Kaiser sah nach dem Grauen des Meersturms - In erhabener Ruhe hinaus: der hohen Verheißung - Tröstender Strahl erfüllte sein Herz, das niemals gebebt hat. - Bald entschwand im eilenden Flug das grause Gewitter. - Regen sauste nicht mehr; die Winde verstummten; der Donner - Wüthete nicht; nur fern' am Rande des wölbenden Himmels - Murrt' er dumpfer noch fort, wo flatternde Blitze zuweilen, - Kehrend, und fliehend zugleich, die dunkeln Gewässer erhellten. - Aber noch lange tobte das Meer, bis leise zu Hügeln - Schwanden die Wogengebirg', und die Hügel zu fluthenden Eb'nen. - - Als die Sonn' ihr Strahlenhaupt aus den duftenden Wogen - Aufhob; ringsum das Meer, und über dem Meere der Himmel - Golden erschien: da rief vom Korbe des schwindligen Mastbaums - Laut der Späher herab: »Uns nahen des Feindes Geschwader.« - Sieh', und des Himmels Rand' entschwebten die feindlichen Segel, - Gleich dem Gewittergewölk' in glühender Stunde des Mittags! - Jetzt auf jeglichem Schiffsverdeck war Lärm und Gewimmel - Spähenden Volks. Es bebten vor heißem Verlangen die Krieger, - Bald in des Feindes Auge zu schau'n, und im Kampf der Entscheidung - Ihm zu vergelten die Schmach der verheereten Küsten der Heimath. - Aber vor allen sah Held Doria gierig vom Bord hin: - Prüfend des Fernrohrs Wundermacht, das selber der Künstler, - Janssen von Middelburg[35] zum Ehrengeschenke dem Kaiser - Both: er lohnt' ihm's reichlich mit Gold und ehrendem Beifall, - Schätzer alles Verdiensts, und Würdiger solcher Erfindung. - Attila brauste heran, und sah nach den wogenden Schiffen - Finster hinab; doch jetzt dem spähenden Doria nahend, - Drängt' ihn die Neugier mächtiger hin, voll Hast zu erforschen: - Was sich im schimmernden Rohr dem Helden für Wunder gestalten? - Als er gebückt, ihm gleich, das Auge dem Glase genähert, - Fuhr er betroffen zurück. Er bückte sich wieder, und forschte - Jetzo mit freiem und jetzt bewaffnetem Aug' auf dem Meer' um, - Schauend nach Al-Mansors Schiffsmacht, die weit in dem Anlauf - Deckte das Meer. Er lächelte sinnend, und wiegte das Haupt oft; - Doch nun hob er ergrimmter sich auf in den schimmernden Luftraum, - Wo der Scythen erlesene Schar sein harrte. Dem Geist war - Schnell das Geheimniß enthüllt: wie hier auf dem wölbenden Glasfeld - Sich des Entfernten Bild abspiegelte, dann in des Auges - Krystallfluth der Strahl, gebrochen, vom Glas' zu dem Glas' fort - Strömt': im helleren Wiederschein, der Seele zur Anschau. - Zorn entflammte sein Aug'. Er rief den Geistern ergrimmt so: - »Sey es der Nachwelt Ruhm: nur Trug zu ersinnen, und Arglist! - Was die Ferne verhüllt, bannt dieß erfindende Volk sich, - Herrschend in seine Gegenwart mit dem schimmernden Fernrohr. - Daß sein Donnergeschoß hinstreckt in der Ferne die Reihen - Tapferer, däucht ihm Gewinn. Es rühmt sich: die Höllenerfindung - Kürze den Krieg, und spricht von Schonung im blutigen Schlachtfeld. - Ha, nicht also kämpften wir einst: denn nah' in die Augen - Sah'n wir gerne dem Feind! Wohlan, nun laßt uns die Scharen - Al-Mansors empören zur Wuth und mordender Blutgier!« - Jene entfloh'n. Doch Doria sah die bläulichen Wogen - Schäumen am stürmenden Kiel wohl hundert feindlicher Schiffe, - Die von dem Bord Schlachtruf herdonnerten, trotzend auf Kühnheit - Kampferfahrenen Volks und auf Sieg', errungen im Raubzug. - Jetzt auf den Höhen des Meer's, unferne der Stadt Cagliari, - Hemmte der Kaiser die Schiff' im Lauf, die anstürmenden Gegner - Dort zu erwarten bereit. Ihm einte sich Guasto's Geschwader, - Jauchzend, und weit umher bedeckten die Schiffe die Meersfluth. - Auf den Zinnen der Stadt, auf den Warten der Berg' und der Hügel, - Harrt' unzähliges Volk; so harrten im schimmernden Luftraum, - Hingegossen auf zartes Gewölk (doch feindlich geschieden) - All' die Geister, voll Gier, der grauenerregenden Seeschlacht. - Aber nur Muhamed sah mit herzzernagendem Kummer - Al-Mansors verderblichen Trotz. Von Thränen umflossen - Glänzte sein Aug', und er rief den Seinen, ein heuchelnder Seher: - »Eben vernahm mein Ohr den Flug des nächtlichen Schicksals, - Dem, ach, ewig bestimmt, vorschwebt des sterblichen Menschen - Wohl und Weh' -- dem Al-Mansor mit seinem Geschwader - Nimmer entflieht! Nach Afrika fort, wo Hairaddin freudig - Unserer Stimme gehorcht: ihm wollen wir Rettung ersinnen!« - Brausend schwebt' er, mit seinem Gefolg', in der heulenden Luft hin; - Doch in den schimmernden Höh'n, des nahen Kampfes gewärtig, - Harrten die übrigen all', und sah'n auf die Fluthen hinunter. - - Doria lenkte sein Schiff dem Borde der hohen Karthago - Näher, und rief dem erhabenen Herrscher mit leuchtendem Antlitz: - »Gönn' es, erlauchtester Herr, daß hundert feindlichen Segeln - Fünfzig der unsern entgegen sich reih'n; daß hier auf der Meerfluth - Doria kämpf', und siege, wie du auf dem eisernen Schlachtfeld!« - Aber da schwang aus der bläulichen Luft sich Hermann herunter. - Hell wie Sterne der Sommernacht ihm flammten die Augen, - Als er dem stattlichen Kaiser genaht, ermuthigend, ausrief: - »Wie, du wolltest, ein Held, nicht selber verlangen des Sieges - Lorbern? Lenke die Schlacht: so wird unsterblicher Ruhm dir!« - Also bestürmt' er das Herz des leis'aufhorchenden Kaisers, - Der, erschüttert im Geiste begann: »Wie hebt sich der Mißgunst - Schmachgebährender Streit in meinem bewegten Gemüth' auf?« - Schnell erkämpft' er den heiligen Sieg, der edlere Seelen - Krönt in dem Kampf g'en Trug und Bethörungen niedriger Selbstsucht, - Und sein schützender Engel sank in hoher Verklärung - Ihm an die Brust. Doch Hermann sah in dem Herzen des Edlen, - Staunend, den hehren Sieg: er sah die himmlische Klarheit - Leuchten um ihn, und floh betroffen zurück' in den Luftraum: - Denn nicht durft' er schau'n den Himmlischen. So nach des Sommers - Heiß entschwundenem Tag', seh'n wir den zuckenden Blitzstrahl - Flammen im Sternenzelt, und sprechen: der glühende Himmel - Kühle sich ab -- nicht hörend den fernverhallenden Donner: - Also entwich, von dem hehren Glanze geblendet, der Geist hier. - Aber der Kaiser sprach zu Doria lächelnden Blickes: - »Zwar ersehnte mein Herz, die Schrecken der stürmenden Seeschlacht - Hier zu besteh'n, und die Kraft zu versuchen in neuen Gefahren; - Aber nicht Sorg' um des Herrschers Haupt erschlaffe die Schwingen - Deines erhabenen Muths, und das siegerringende Schiffsheer - Reiche nicht ihm den Kranz, der dir umwinde die Scheitel.« - Sieh', und mit Thränen im Blick', entschiffte der treffliche Seeheld - Jetzt an dem Borde des doppelten Aars, deß Fittig' er liebend - Wählte, sich aufzuschwingen zum Glanz' unsterblichen Ruhmes. - D'rauf erlas er, behend', aus den schimmernden Reihen der Schiffe - Fünfzig, bemannt mit tapferem Volk, das oft auf dem Meer schon - Lorbern errang: die Schiffe der furchtbar'n Räuber besiegend. - Wie der mächtige Aar, ausbreitend die rauschenden Flügel, - Schnell hinfleugt in dem Wind, so flog die erlesene Schiffsmacht - Fort auf der schimmernden See: denn rechts entfaltete Ruyter - Fünfzehn flandrische Flaggen, und links, der kühne Moncada, - Mit Hispania's acht, Lusitania's sieben vereinend, - Fünfzehn. Doch zu Wälschlands Ruhm, dem feindlichen Andrang - Muthig entgegen zu steh'n in der Mitte des Heldengeschwaders, - Pflanzte Genua's Flagg', und zugleich, die Rom und Neapel - Einte der Heeresmacht, an zwanzig trefflichen Schiffen, - Doria auf. Jetzt allen umher verständliche Zeichen - Donnernd, erscholl vom Bord sein rüstunggebiethender Aufruf. - Wie Gewitterstoff von der kreisenden Scheibe des Glases, - Prasselnd, durch saugendes Messingrohr einströmt in der Flaschen - Dunkelen Schooß, und ein Mann, die leitende Kett' in der Linken, - Reichet dem Nachbar die Recht', und dieser dem Nachbar, und so trifft - Hunderte dann erschütternder Schlag urplötzlich, auf einmal, - Wenn der glimmende Funk' aufflammt am entladenden Kolben: - Also bewegte die Führer zugleich des Schlachtengebiethers - Donnerruf, und, nahe dem Maste die rühmliche Stelle - Wählend, geboth ihr Schrei dem Volke die Rüstung. Am Mastbaum - Kletterten Schiffer empor, und ordneten eilig die Segel, - Während die Krieger in Reih'n ihr Feuergewehr auf dem Schiffsbord - Luden. Sie gossen zuerst entflammendes Krot in des Zündlochs - Pfanne; schmetterten Krot und Lot, mit dem glänzenden Ladstock, - Fest in das Rohr, bis auf er hüpfte vom klemmenden Läppchen, - Und umspannten mit fröhlichem Schlag' es am kräftigen Kolben. - Auch in die furchtbar'n Donnerschlünd' eindrängte der Wurfschütz, - Dann mit dem Krote, die Wucht der eisernen Kugel; er bohrte - Kundig das Brandrohr ein, und facht' an der Lunte die Gluth an. - Aber mit tieferem Ernst' und erhöhtem Vertrau'n in den Augen, - Sah der Kaiser vom Bord dem schlachtanbiethenden Volk nach. - - Jetzt aufrauschte das Meer: es nahten die Feinde. Wie Nebel, - Vom Herbstwinde gejagt, weithin verhüllen der Sonne - Liebliche Bahn: so flogen der Feind' unzählige Segel - Her auf der See. Doch Al-Mansor ergrimmte des Gegners - Minderzahl, und Wuth, und Hohn verzerrte sein Antlitz. - Doria's Stimme geboth vom Bord' in donnernden Lauten: - »Jegliches Schiff erwähle sich zwei der feindlichen -- trenne, - Muthig, des Gegners Macht,« und stürmte, der erste, zum Angriff. - Jetzt, wie zwei Sandhosen, gerafft vom Hauche des Aethers, - Schweben im Luftraum hin, durchblinkt von der trauernden Sonne, - Bis, von dem stürmenden Ost und West sie plötzlich vermenget, - Stürzen zur Erde zugleich, und dort mit Orkanengetümmel - Wüsten die Fluren umher, und die wimmelnden Städt' und die Dörfer - So, daß bald nur Entsetzen und Grau'n die Gefilde verhüllet; - Wie der feurige Blitz, im nächtlichen Donnergewitter, - Weitgesonderte Häuser der Stadt entzündet auf einmal: - Furchtbar hebt sich der Rauch; hoch lodert die prasselnde Flamme: - Denn unbändig herauf, unbändig hinunter, im Eilflug, - Wüthet das Feuer die Straß' entlang; stets näher und näher - Wälzt sich der Gluthenstrom entgegen dem kommenden Gluthstrom; - Bald -- schon sind sie vereint, und schlagen entsetzlich zusammen: - Also trafen sich hier die feindlichen Schiffe. Gehorchend - Doria's Ruf', erkor ein jeglicher Führer der Christen - Zwei der Gegner zum Kampf'. Und jetzt aus dem donnernden Schiffsraum - Flog durch Rauch und Flammen der Tod in die feindlichen Reihen -- - Flog vom hohen Verdeck hinüber der schmetternden Büchsen - Tödliche Saat. Weit deckte der Rauch die Fluthen, und weithin - Hallte Geschrei der Gedrängten und Dränger im Donnergetümmel. - Leichen schwammen umher, von den Wogen geschaukelt, und trieben - Näher an's Land; zerrissene Segel flogen im Wind hin; - Berstende Mast' entstürzten dem Bord'; aufrauschte die Meersfluth, - Als sie die Maste verschlang, und schäumend wieder heraufstieß. - - Sieh', Abdallah gelang's, der drüben, dem Feinde zur Linken, - Lenkte die Schlacht, das Schiff des kühnvordringenden Ruyters - Schnell zu umzingeln! Doch er harrt' auf dem Borde, der Gegner, - Glühenden Muth's, wie ein Leu, der fern' ein paar Elephanten, - Durch aufqualmenden Staub, mit furchtbar dräuenden Rüsseln - Kommen sieht, zu rächen die jüngst gemordeten Jungen; - Nicht erbebt ihm das Herz: genaht wuthfunkelnden Blickes, - Sträubt er die Mähnen, und haut um sich mit den schrecklichen Klauen: - Also bestand er die Menge. Da fiel, an der Stirne zerschmettert, - Neben ihm Otto, sein Freund und Waffengefährt'. In der Kindheit - Gold'nen Tagen vereinte sie schon des liebenden Herzens - Mächtiger Zug. Nun sah er ihn kaum. Ein schmerzlicher Ruf drang - Ihm aus der Brust; er drängte die Thräne zurücke; nur Eines - Galt dem Tapferen jetzt; des heiligen Kampfes Entscheidung. - Schnell, mit siegender Kraft, durchbrach er der feindlichen Schiffe - Ringsumzingelnden Kreis, und bohrte noch zween in den Abgrund, - Rechts und links abfeuernd das Donnergeschütz aus dem Schiffsraum. - Doch g'en Doria hielt, ausdauernden, schrecklichen Muths noch - Al-Mansor: denn Attilas herzblutdürstende Geister - Drängten sein Volk mit stets empörterem Grimm' in das Feuer - Mordender Schlünd' und Gewehre. Nicht rauschten die Wogen der See mehr, - Leichen- und trümmerbedeckt, und vom gährenden Blute gesättigt. - Und schon wankte der Sieg wie das Zünglein schwankt mit der Wagschal', - Gleichem Gewichte zum Spiel. Dreimal erhob sich der Kaiser, - Schauend die wankende Schlacht, den Seinen errettend zu nahen; - So oft bezwang er sich wieder, und sah, dem Helden vertrauend -- - Ehrend sein tapferes Volk, in die grau'numnachtete Schlacht hin. - - Doria's Wurfschütz traf, wohlzielend, den Sarg mit dem Zündstaub, - Der von der Wucht unzähliger Bomben und Kugeln umhäuft war. - Jetzt aufflammte die Welt. Ein Brand, entsetzlich und furchtbar, - Hob sich von Al-Mansors entzündetem Schiff' in den Luftraum. - Gleich dem feurigen Luftgebild, dem Völker erbeben, - Blutigen Krieg weissagend, und Pest, und schrecklichen Hunger, - Flog das berstende Schiff, und schwand in den höheren Räumen - Fern mit lautem Gezisch. Nur spät, nur langsam, und einzeln, - Sank zertrümmert' Gebälk, und sanken zerschmetterte Leichen, - Jetzo entfernt, jetzt nah' in die dumpfaufplätschernden Fluthen. - Stille herrschte umher: da schien des kreisenden Weltalls - Odem gehemmt, des Windes Fittig erschlafft, und des Meeres - Wogende Fluth erstarrt: da sah'n die Krieger am Schiffsbord - Starrend sich an, und lalleten unverständlichen Laut nur. - Doch nun hob sich die Wuth im Busen der feindlichen Führer; - Einer dem andern rief's mit schrecklicher Stimme: »Wir entern!« - Und, alsbald mit dem sausenden Seil fünfklauige Haken - Schleudernd, stürmten sie an, die Gegner in wilder Verzweiflung - Niederzuschmettern, und laut erhob sich des Kampfes Getümmel. - - Schaudernd sah'n die Geister zuvor der wüthenden Seeschlacht - Grauen empört. Nun sprach zu Hannibal Regulus also: - »Dort in des Erdballs Nacht, wo wir Jahrhunderte schwinden - Sah'n, erfüllet von Gram, und von Banden gefesselt des Unmuth's, - Sagten umwandernde Geister uns oft von dem schrecklichen Zündstaub - Wunder, der, dem Blitz und dem furchtbarn Donner nicht ungleich, - Tod und Vernichtung sä'et, und traun, sie redeten Wahrheit; - Doch, wie schmählich ereilt den Helden der Tod in dem Kampf jetzt, - Wo er die Brust ihm wehrlos beut, und von ferne besiegt fällt!« - Siehe, da ließ sich Regulus schnell vor Doria nieder, - Ihn zu erregen gesinnt, und lispelt' ihm leis' in die Ohren: - »Trenne des Feindes Reih'n: so stritt der kühne Spartaner - Xanthippos in dem Kampf mit Regulus, nahe vor Tunis. - Ach, er fiel ihm besiegt: du erringst unsterblichen Ruhm dir!« - Doria griff an das Herz, das laut dem kühnen Entschlusse - Pocht', und heller flammte sein Aug', da er jetzo den Degen - Hoch in die Luft aufschwang, und die Führer durch wehende Flaggen - Schnell zum Sturmgang rief: denn all' aufmerkten den Zeichen - Mitten in grau'numhülleter Schlacht. Die siegenden Flügel - Wichen zurück', und plötzlich, zum spitzigen Keile gestaltet, - Brach nun Doria's Schiffsheersmacht des Feindes Geschwader, - Stürmend, entzwei, daß Mast' an Mast', und Segel an Segel - Schlugen im wilden Gekrach, und dumpf ertönte der Schiffsraum. - Aber, von Rach' entflammt, vordrang der kühne Moncada, - Jetzo zuerst: ihm tödteten jüngst algierische Räuber - Nächtlich am einsamen Ufer den Freund. Er traf im Gemeng dort - Wüthend auf Abdul selbst, der Sarno, den Helden, gefesselt - Barg im Raume des Schiffs, und rasch bestürmten sich alsbald - Beide vom Bord zum Bord', im Kampf der wilden Verzweiflung, - Daß ringsher der Lanzen Geklirr' erscholl, und die Leichen - Schwammen im Blut. Doch, glühend vor Zorn, erfaßte Moncada - Eines der Tau', und schwang sich behend' zum feindlichen Bord' auf, - Dort zu erringen den Sieg. Ihm folgten der kühneren Krieger - Sieben, jauchzenden Ruf's, zum schreckenvollen Gewürg nach. - Aber, geschmiegt an den Mastbaum, stand, und wehrte sich Abdul - Gegen die Sieben zugleich, und rannte den Speer in Moncada's - Heldenbrust, da er, kühn vordringend am schirmenden Mast', ihm - Blößte die Seit': er sank, und röchelte sterbend. Nicht länger - Freute sich jener der blutigen Rach': ihn erlegte der Tapfer'n - Heilige Schar, mit dem Volk, das kämpfend das Leben verschmähte. - - Doch aus dem Raume des Schiff's drang nun die flehende Stimme - Sarno's den Kriegern an's Ohr: sie lösten die Bande dem Helden, - Zitternd in freudiger Hast. Er drückte den kühnen Gefährten - Schweigend die Hand, und erhob die thränenden Blicke zum Himmel. - Als er zum hohen Verdeck aufstieg, und in seliger Freiheit - Himmel, und Erd', und Meer, lautjauchzend, begrüßte: da blinkt' ihm - Aus dem blutigen Wust sein treffliches Schwert in die Augen, - Das ihm der Räuber entriß. Nicht der pflanzenkundige Wand'rer - Freut sich so sehr, da er oben in Wolkenhöhen der Alpen - Blühende Matten durchspäht, und dort die seltenste findet, - Als der Held sich erfreute, sein Schwert auf dem Boden gewahrend. - Eilig rafft' er es auf, und schwang es empor in den Luftraum, - Gegen den Feind urschnell die tödliche Waffe zu kehren. - Doch schon war errungen der Sieg, und des Feindes Geschwader - Strich die Segel vor Doria's Macht. Wie dort auf dem Thronstuhl - Sitzend im herrlichen Prunk, der neugekrönte Beherrscher - Ringsher schaut das versammelte Volk, und jetzo mit Ehrfurcht, - Mann für Mann, die Erwähleten nah'n, die Hand ihm zu küssen, - Huldigend: so in des Sieges Glanz' ihm huldigt' in Demuth, - Ueberwunden der Feind. Da jauchzten unzählige Menschen - Rings von den Zinnen der Stadt, von den Warten der Berg' und der Hügel - -- - Jauchzten umher vom Gewölk die feindlichgetrenneten Geister. - Doch, der einst Karthago's Ruhm zu den Sternen erhöhte, - Hannibal, sah voll Zorn, wie Regulus erst dem Gebiether - Doria Hülfe erwies: da erwachten der düsteren Vorzeit - Trauergebilde in seinem Gemüth', und zürnend begann er: - »Wie, der Römer, und ich, vereint in dem Kampfe der Helden? - Nimmer gescheh's! Eh' soll das zitternde Lamm an der Wölfinn - Saugen -- der brausende Bach zurück zur Quelle sich heben, - Ehe der Pune dem Römer sich eint. Er nah' ihm als Feind nur! - Jetzt in Eile hinaus nach Karthago's Jammergefilden, - Daß mich erneut empöre der Rach' unendliches Drängen, - Die ich ihm schwur: ein Feind dem Freund', den er sich erkoren.« - Also rief er den Seinen, ergrimmt, und flog in den Lüften - Schnell g'en Süden hinab. Ihm folgten die stürmischen Geister. - »Lenkt,« rief Doria jetzt, »die Schiff' in den freundlichen Hafen, - Daß die Verwundeten all, und auch die gefangenen Gegner, - Sorglich gepflegt, der menschenehrenden Milde sich freuen.« - Rauschend wogten die Schiffe zum Strand. So manche des Siegers - Mißten den Mast und die Segel; so manche, durchbohrt von Geschossen, - Tauchte der Fluth einströmende Last. Viel tapfere Christen - Both, aufschäumend, das Meer als Beute den gierigen Fischen. - - Jetzt, annahend im Boot', erklomm mit Gefolge der Kaiser - Doria's glänzenden Bord, und schloß ihn mit heißer Umarmung - Lang' an das Herz: hochehrend vor allem Volke den Helden. - Siehe, da flog auch Sarno heran! Mit leuchtenden Augen - Sah er den Sieger belohnt, und sprach zu dem Herrscher sich wendend: - »Heil und Segen mit dir, Erlauchtester, daß du den Helden - Hoch vor allen erhebst, der mich aus schmählichen Banden - Rettete; doch nun sollen für mich die tapfern Gefährten - Zeugen: nicht hab' ich durch eigene Schuld die Bande getragen!« - Aber ihm zürnete, seit dem Sieg' auf dem Felde Bicoccas,[36] - Guasto, der tapfere Greis: dort hemmt' er des feurigen Jünglings - Stürmische Hast, und sogleich stieß dieser verwundende Wort' aus. - Jetzo mit finsterem Blick' erhob er die tadelnde Stimme: - »Wahrlich, der Feind erhascht' ein träghinsegelndes Fahrzeug, - Weil es ein Feiger lenkt', und ihn nicht tapfer bekämpft hat!« - Todesbläss' umzog, und flammende Röthe bedeckte - Sarno's Wangen im wechselnden Flug'. Er faßte des Degens - Griff in zitternder Hast, trat vor ... da hemmt' ihn des Kaisers - Ernster Blick, der, Guasto's ergrauete Haare betrachtend, - Ruhe geboth. Ihm sank die ermattete Rechte vom Griffblatt. - Schweigend stand er im Kreis', und an seiner Wange herunter - Glänzte die Thrän'. Alsbald bezwang Del-Guasto des Busens - Leichtaufwallenden Zorn, er seufzte vor innigem Herzleid, - Trat vor Sarno, und reicht' ihm, versöhnend, die Hand, und der Edle - Nahm sie versöhnt. Doch bald umwölkt der nächtlichste Kummer - Sein verwundetes Herz, und schwindet im rühmlichen Tod nur. - Jetzt aufboth der Kaiser sogleich die versammelten Feldherrn: - »Gott, deß mächtiger Arm, die Feinde zerschmetternd, uns Ruhm gab, - Leit' uns beglückt zum Ziel'! Entfaltet dem Winde die Segel, - Daß in des Sieges aufstrahlendem Glanz wir, landend vor Tunis, - Ernten noch schöneren Ruhm: die Wonne der Christenerrettung.« - Also geschah's. In Eil' auf die schimmernden Fluthen des Meeres - Wogten die Schiffe hinaus; das Geschütz erdonnerte rastlos, - Und in dem sausenden Wind' entschwand g'en Tunis die Heersmacht. - - - - - Fünfter Gesang. - - - Schon entschwebten dem Meer des heißersehneten Welttheils - Küsten im Abendduft; schon thürmten im rosigen Westen - Berge sich auf, ringsher umlagernd den Gürtel des Atlas, - Dessen schneeiges Haupt anstaunt die glühende Sandwüst', - Als in die Reih'n des meerdurcheilenden Heers ein Geschwader - Vier schnellsegelnder Schiffe noch kam, von dem felsigen Eiland - Malta gesandt. Aurel, die erlesenste Zierde des Ordens, - Führte der Christenheit verherrlichte Kämpen am Schiffsbord: - Hundert Rittern gesellt, zweitausend tapfere Krieger. - Ihnen zu Eigen gab der erhabene Kaiser das Eiland, - Als sie von Rhodus Suleymann vertrieb, der, rings von den Leichen - Seines Volks umhügelt, den Greis, und Heldengebiether, - Villiers Lisle Adam,[37] dort ehrte mit würdigem Lobspruch. - Grüßend mit Donnergetön' und wehender Flagge den Herrscher, - Schifften sie freudiger fort im Verein des mächtigen Heeres. - Jetzo, der Küste genaht, hinstarrten die Krieger, vor Sehnsucht - Glühend: den Palmenhain in den fremden Gefilden zu schauen, - Oder das seltene Thier im Gefild', und die Hütte des Menschen. - Doch bald hüllte das Land sich rings in des sinkenden Nachtgrau'ns - Düsteren Schleier, und barg dem staunenden Fremdling sein Antlitz. - - Attila war im Gefolg des Geisterheeres im Eilflug - Afrika's Fluren genaht. Wie an trüberen Tagen des Winters - Endlos, Schwärme der Kräh'n und der schwarzbefiederten Raben, - Laut vereinten Geschrei's, vor dem Schneegestöber heranzieh'n: - Also nahten im Grau'n der Nacht die empöreten Geister. - Attila stand, und forscht' in den Herzen der Landesgebornen, - Welchen die Küste umher zur Huth von dem Herrscher vertraut war; - Aber sie ruheten all' an dem Strand, vom Schlummer gefesselt. - Zürnend sprach er darum den leis' aufhorchenden Geistern: - »Weckt entsetzliche Träume sogleich, aus dem Schlafe zu rütteln - Dieß entnervte Geschlecht, und donnert: »Es nahet der Feind uns!« - Ihm in die Ohren, daß rings auf den luftigen Höhen und Warten - Lodre die Flamm' empor, und schrecke die feindliche Schiffsmacht. - Selber erreget die brausende Loh', und zeigt euch des Königs - Würdig, dem, als der Geißel Gottes, erbebte der Erdkreis.« - Also rief er: da fuhr sein Volk, wie der brausende Sturmwind, - Ueber die Schlafenden hin. Sie sah'n im Traume die Meerfluth - Wildempört; sie hörten aus ihr Scheusale des Abgrunds - Heulen: »Es nahet der Feind!« und taumelten auf von dem Boden. - Erst, mit seitwärtsgewendetem Ohr' im finsteren Nachtgrau'n - Horchend, standen sie all', und hörten Geräusche (die Wellen - Klatschten am schwärzlichen Kiel) dann, laufend umher an dem Meerstrand, - Sah ihr, geschärft vor Gier umspähendes Aug' in den Lüften - Näher und näher heran den Wald hochthürmender Masten - Schweben, und jetzt mit den flatternden Wimpeln unzählige Segel, - Von dem Winde gebläht, anstürmen im freudigen Eilflug. - Aber mit lautem Geheul erklomm die bebende Volksschar - Jäh' am Gestade, die Felsenhöh'n: der Drohung gedenkend, - Die jüngst Hairaddins Grimm aussprach, des schrecklichen Herrschers, - Und erweckte die Gluth im knisternden Reis, auf des Felsens - Hochaufragenden Warten umher. Den Feigen im Rücken, - Brauste die Geisterschar, und, als der schlummernde Nachtwind - Noch den geschüreten Brand nicht in Flammensäulen empörte, - Fachten die Geister, vereint, mit starrvorquellenden Augen - Und gebläheten Backen, erhellt vom Feuer, die Gluth an. - Siehe, und bald erhob sich die wirbelnde Loh' auf den Höhen, - Hellte die Nacht, und warf, urschnellfortrollenden Schimmer - Ueber die schwankenden Fluthen des Meers. Weit brannte der Abgrund - Unter dem Wogenpfad der völkertragenden Schiffe. - Endlos schien der Brand auf den Höh'n: denn, leuchtendem Blitz gleich, - Hüpften vor jedem umher die Flammengestalten der Geister. - Solches vermögen sie noch, und necken den Wand'rer die Nacht durch, - Mit Irrlichtern vereint am Moor', und feurigen Männern. - Leise geweckt entfuhr der Hängematte der Kaiser, - Stieg auf das hohe Verdeck, und sah nach dem leuchtenden Meerstrand, - Lächelnden Blick's, hinüber. Er hieß den sorglichen Guasto, - Der ihn gewarnt, annahend im Schiff, zur Ruhe sich legen: - Denn er kannte die List des täuschungsinnenden Feindes. - Aber nicht senkte der liebliche Schlaf mit fächelnden Schwingen - Auf sein Auge sich mehr: er sah nur Kampf und Errettung. - - Als im rosigen Duft der heilige Morgen heraufstieg, - Himmel und Erd', und Meer der freundlicherwachenden Sonne, - Schauernd vor Lust, entgegen streckten die Arme: da flogen - Eilig die Krieger im Frühwind hin, umkreisten den Vorberg - Gomert:[38] Apollo's vordem genannt, und blickten nach Bona's - Halbeiland, das einst dem schirmenden Hermes geweiht war, - Und in die spiegelnde See sein Klippengestade hinausdehnt. - Nun Buschatter genaht, wo mächtig in Tagen der Vorwelt - Utika stand, aufseufzete laut der edelste Kaiser; - Sah, mit Trauer im Blick, nach dem kühnaufstrebenden Helden - Ludwig, und sagte zu ihm, noch tiefbeklommen im Busen: - »Weh'n nicht der Vorzeit heilige Schauer dich an aus den Mauern - Dort, wo Kato, der Knechtschaft zu groß, in das eigene Schwert sank? - Achtung gebeut sein hohes Gemüth, und die Liebe zur Freiheit, - Der er gelebt, unwandelbar stets. Doch, dünket sein Tod dir - Beifallswürdiger als ein Sieg, dem feindlichen Leben - Abgerungen durch Kraft ausdauernden, muthigen Strebens? - Frommt' es dem Vaterland, dem langentarteten, etwa, - Daß er, der Vorzeit Sitte getreu, verfolgte den Einen, - Der mit mächtiger Hand das, mitten im Brausen der Sturmfluth - Leckumtreibende Schiff vom Bruche zu retten vermochte -- - Daß er den schrecklichen Dolch in die Hand des Sohnes gegeben? - Schwer, ach, büßte die Welt den Mord des Edeln: er bahnte - Furchtbarn Wüthrichen nur den Weg zu frecher Verachtung - Jeglichen Rechts. Und wurde nicht strenge Vergeltung den Mördern? - Brutus kannte die Ruhe nicht mehr; nicht erquickte der Schlummer - Mehr sein Aug'; auch wachend sah er Gespenster, und immer - Hört' er die Wort': »»Auch du, mein Sohn?«« in zermalmenden Tönen.« - - Jetzt an dem Halbeiland, Karthago's verödeter Stätte, - Wogten die Schiffe vorbei: beklemmende Schauer erfüllten - Jegliche Brust, und Stille herrscht' am Bord und im Schiffsraum; - Eileten erst an dem Salzthurm hin: von der reichlichen Salzfluth - Also genannt, die im Schooß der thürmenden Mauer emporwallt, - Dann an dem Wasserthurm, deß' silbernfluthende Kühlung - Auch aus dem fernen Gefild' anlockt den dürstenden Wandrer.[39] - Aber unzähliges Volk rann fort am Gestad', in der Rechten - Schwingend den Speer im Geschrei der wildauftobenden Kampflust, - Und schon sausten mit Donnergetös gewaltige Kugeln - Her von dem Strand; doch, so wie, im garbenbeladenen Wagen - Sitzend, die Schnitter fern' im Gebirg den strömenden Regen - Schauen, mit lächelndem Blick, da im heiteren Glanze der Sonne - Sie von dem Aehrenfeld heimführen den Segen des Sommers: - So, nur lächelnd, ersah'n die Schiffenden, wie die Geschosse - Harmlos sanken umher, von den schäumenden Wogen verschlungen. - Doch, im Schooße der Bucht, die aus felsumstarreter Mündung - Eint vor Tunis den See mit des Meeres Gewässern, erhob jetzt, - Schimmernd im Morgenroth, ihr Haupt die Veste Goletta,[40] - Und einhelliges Jauchzen erscholl von den Schiffen: die Krieger - Sehnten sich lange nach ihr, dem Ziel' unsterblicher Thaten. - Hoch in die bläuliche Luft aufragte die herrliche Festung, - Und in die Fluth, die, sanftergossen, im Schimmer des Morgens - Ruhete, sank ihr Bild, doch häuptlings hinunter zum Abgrund. - Jetzo schwankt' es umher, da, erregt von den nahenden Schiffen, - Kräuselnd, der Wellenzug nach dem Felsengestade sich wälzte, - Und es ertönte zugleich der Feinde Geschrei aus den Mauern; - Aber der Kaiser rief nach Doria selber hinüber: - »Tapferer, send' alsbald auf zwei leichtsegelnden Schiffen, - Wohlerfahrnen Führern gesellt, versuchtere Krieger, - Dort zu erspäh'n die Lag' und die Stärke der Veste -- zu finden - Günstigen Landungsplatz für den Reiter zugleich und das Fußvolk; - D'rauf erschalle der Donnerruf zur stürmischen Landung!« - Also geschah's. Weit vorwärts bog sich der Mast, und die Wellen - Schäumten nach jeglichem Ruderschlag', in kräuselnden Ringen, - Hinter dem eilenden Kiel. Wie zwei langhalsige Schwän' oft, - Männchen und Weibchen, den silbernen Teich umrudern im Spätlicht: - Jetzt, annahend dem Strand, wohlduftende Kräuter zu pflücken, - Jetzo, kehrend zur Mitte des Teich's, die schimmernden Furchen - Ziehen die Fluth entlang, und mit stolzergewölbeten Hälsen - Ihr Gefieder, wie Schnee, den Lüftchen des Abends entfalten: - Also erforschten die zween, bald nah', bald ferne dem Meerstrand, - Jegliches so, wie zuvor der waltende Herrscher gebothen. - - Hairaddin ging auf dem Söller der Burg, hoch über der Hauptstadt - Tunis, sinnend umher. Nicht die würzigen Düfte der Blumen - Ringsum schufen ihm Lust, nicht des Springborns holdes Gesäusel - Reizte sein Ohr: er starrte, die Hände zum Rücken gefaltet, - Stets mit trüberem Blick' auf den glänzenden Estrich vor sich hin. - Wuth erfüllt' ihm die Brust: denn Omrah, der Räuber Areny's - War ihm genaht an dem Abend. Ihm Siegesverheißung zu bringen, - Sendet' ihn Al-Mansor; doch sah er noch fern' auf des Meers Höh'n, - Wie er dem Feinde, besiegt, hinsank mit all dem Geschwader. - Schnell erwürgt' er im Zorn den jammerverkündenden Bothen. - Doch nun kam ein Sclav', und rief, zur Erde sich beugend: - »Herr, die Christen sind da! Nicht nährt des ragenden Oehlwalds - Grund der Bäume so viel', als feindliche Maste die See trägt.« - Hairaddin schnob vor Wuth: »Hinweg du feiger Geselle, - Eh' dich mein Fuß zermalmt! Die Furcht erschuf dir die Gegner. - Hat ihr Schiff die Schwingen des Aars und die Sehnen des Straußes, - Der auf dem Sand hinfleugt, und den Preis auch dem hurtigsten Rosse - Raubet im Lauf? Nicht sollst du hinfort mir lügen: hinweg -- stirb!« - Jener entfloh, und stürzte sich angstbetäubt in die Fluthen. - Hairaddin ging nun hastiger hin auf dem Söller; er kehrte - Nun ergrimmter zurück', und sah lautknirschend zum Himmel. - Aber ein Zweiter begann: »Die Macht unzähliger Gegner - Wogt an dem Vorgebirg Buschatters in Eile vorüber.« - Und kaum war er entflohn, da kam ein Dritter, und sagte: - »Sinam kündet dir, Herr: fünfhundert feindliche Segel - Hab' er gezählt von den Zinnen der Vest', und nicht alle gezählt noch. - Nah' an Goletta dem Feind die günstige Landung zu wehren, - Stehe versammelt das tapferste Volk; doch mächtige Scharen - Harren nur deines Geboths; du winkst: sie gehorchen in Demuth. - Sende daher ihm noch die erlesensten Krieger, daß jenes, - Minder an Zahl, nicht im Kampf' erliege der feindlichen Mehrzahl.« - Hairaddin schrie: »Erliegen meinte der Feige? So meint er? - Eile, bescheide mir Giaffar her, den tapferen Aga.« - Jener gehorchte; doch Hairaddin sann, und rief in den Hofraum: - »Hört! Die Feldherrn all' entbiethet ihr schnell nach Goletta; - Aber daß keiner verzieh': denn traun, er würd' es bereuen!« - »Wie,« so murmelt' er jetzt, ergrimmt, die Worte für sich hin, - »Wie, sie kommen heran, mir zu rauben das edelste Kleinod, - Tunis, dieß jüngst' und theuerste Kind? Nicht Telmessan, nicht Algier - Acht' ich so hoch ... Den Frevel büßen sie einst in Europa - Furchtbar, wo nicht der Greis, nicht das Kind in der Mutter verschont - sey!« - Dann aufschrie er: »Mein Roß!« Die Mauern des hohen Pallastes - Drönten hinab zu dem untersten Grund', und die bebenden Sclaven - Taumelten durcheinander vor Angst. Der stattliche Läufer - Stand alsbald gesattelt im Raum des hallenden Thorwegs: - Glänzend schwarz, von Arabia's edelstem Schlage; der Schneeschaum - Flog von dem blanken Gebiß, wie er nagt' an dem Eisen, und rastlos - Scharrt' in dem Sand; wie er schnob, und bald auf den hinteren Füßen - Stand, erhebend die vordern, und bald aufwiehert', und ausschlug. - Aber den Feurigen hielt der Sclav' am goldenen Zaum fest; - Streichelt' ihm leise den Hals, und klopft' an die Decke von Purpur, - Die den Sattel umhüllte, mit Gold und Perlen verzieret. - Hairaddin hob sich im kreisenden Schwung' auf das Roß, und der Reiter - Hundert jagten ihm vor, so viele ihm nach, in dem Eilflug. - Fernhin tönte Geklirr' und Getrab', und es bebte der Boden - Unter dem stampfenden Huf' -- aufflog der flimmernde Sandstaub. - Jetzt durchbraust' er voll Hast die eröffneten Thore Goletta's, - Und erstieg den gewaltigen Thurm, der nahe dem Meerstrand, - Auch die Mündung des See's von Tunis, erhöhet im Viereck, - Schirmt: denn landeinwärts, wohl vier gemessene Meilen - Dehnt sich der See, am Rand des Olivengehölzes zur Stadt hin. - Hairaddin rettete dort, besorgt, viel hundert der Schiffe - Noch; er hieß die Mündung des See's mit lastenden Ketten - Sperren, und pflanzte Geschütz, Abwehr ersinnend, am Strand' auf. - Jetzt erklomm er die Zinne des Thurms, und sah nach der Gegend, - Glühenden Blickes, hinab, wo unzählige Schiffe des Gegners - Deckten die schimmernde Fluth, und zwei vordringende Segler - Spähten: er sah's, und finsterer Groll zernagte die Brust ihm. - - Aber schon lang' umflog, dem christlichen Heere Verderben - Sinnend, Muhamed ihn, und hoffte der Wünsche Gewährung, - Als er das Herz erwog des thatengewaltigen Mannes. - So wie im düsteren Flug, den Ohren nicht hörbar, die Nachtschwalb' - Ueber uns flatternd schwebt: so flog um Hairaddin jener, - Forschend, und sah ergrimmt, wie jetzt ihm der feindlichen Heersmacht - Furchtbare Schau das Herz erfüllte mit nagendem Kummer. - Leise dem Ohre genaht des Sinnenden, sprach er ihm Muth ein: - »Solltest du beben, Hairaddin, du, ruhmwürdiger Krieger, - Deß' zermalmender Kraft die Völker erzittern? Nicht denkst du: - Wer das Eine nur will, fest will, der wird es erringen? - Heiß den Wurfschütz dort vernichten den feindlichen Späher, - Der tollkühn vordrang, und erreg' in der hohen Versammlung - Deine Feldherrn. Horch, dieß kündet der große Prophet dir!« - Alsbald stieg, der muthempörenden Worte gedenkend, - Jener die Stufen herab, und eilte hinaus nach dem Walle, - Wo der Wurfschütz saß, und gehäuft die Donnergeschosse - Lagen, unferne dem ehernen Schlund. Mit Zorn in den Blicken - Und in dem Laut, rief er den bombenwerfenden Söldnern: - »Memmen ihr! Auf trüglicher Fluth, die Freunden und Feinden - Willig den Rücken beut, erblickt ihr die feindlichen Späher: - Wie sie erkunden die Furt, die Macht und die Schwäche der Mauern, - Euch, ihr Feigen, zur Schmach. Zertrümmert mir eines der Schiffe -- - Jenes gleich, das dort vordringt, mit euren Geschossen.« - Alle zugleich, gehorchend dem zürnenden Herrscher, erhoben - Brennende Lunten, und senkten sie schnell an des furchtbaren Mörsers - Zündrohr. Rauch quoll auf, und, durch Rauch und Flammen sich hebend, - Flogen mit Donnergetös' empor die entsetzlichen Bomben, - Fünfzig Mörsern entsandt, und Geheul des reißenden Luftraums - Scholl weit hin: die sinkenden wühlten vom Grunde das Meer auf, - Das, aufbrausend, schäumt', und wirbelnde Wogen umherwarf. - Eine gewaltige Todeslast zerschmetterte Benno's - Fahrzeug. Wie in der Jahr' umkreisendem Lauf sich ein Felsblock - Still losreißt von dem Gipfel des Berg's -- alsbald in den Abgrund, - Laut, mit Gekrach, herrollt, und unten die dürftige Hütte, - Schmetternd, begräbt, daß weder die Spur der armen Bewohner, - Noch der Hütte sich weist': denn Alles versinkt in dem Steinwust: - Also vernichtete hier die entsetzliche Bombe den Helden - Benno mit allem Volk'. Ach, vier unmündige Kinder - Ließ er in Genua's Mauern daheim mit der weinenden Mutter! - Dort, in dem Heldenverein die schwankenden Bretter besteigend, - Drückt' er noch einmal die Hand der zärtlichbekümmerten Gattinn, - Abgewandten Gesichts, daß selbe die Thränen nicht sähe; - Aber den Kindern, die ihm umfaßten die Kniee, verhieß er - Baldiges Wiederseh'n, und köstliche Gaben des Ostlands; - Doch nicht sollt' er den Tag erblicken der fröhlichen Heimkehr, - Nicht die Kinderchen mehr, nicht die liebenswürdige Gattinn: - Denn ihn deckte die Fluth mit dreißig tapfern Gefährten. - Aber im Nebenschiff', umhagelt von Todesgeschossen, - Floh Ulloa zurück, der Spanier, ähnlich dem Schwan dort, - Der, als, schmetternd, ein Ball ihm das Weibchen entriß auf dem - Schilfteich, - Einsam flieht: sich fern' im dunkeln Geröhre zu bergen. - Hairaddin jubelte; warf handvoll des schimmernden Goldes - Unter die Schützen, und ging, in der räumigen Halle die Feldherrn - Anzufeuern zum Todeskampf. Sie spornten die Rosse - Blutig im sausenden Ritt: wohl kennend den schrecklichen Herrscher, - Und betraten die Hall' in drängender Hast und Verwirrung. - - Erst kam Sinam, der Jud'. Entschlummert am Strande des Meeres, - Lag er in Smyrna, als Jüngling noch: da raubt' ihn, gelandet, - Sahir, der wilde Korsar, und zwang ihn, ein Räuber zu werden. - D'rauf vertauscht' er, als Mann, des Moses für Muhameds Lehren, - Nur für baaren Gewinn. Stets blieb er ein Jud' in dem Herzen, - Schlauen Verkehrs. Doch füllt' ein seltener Muth ihm den Busen - So, daß er bald durch Kunde des Kriegs, auf der blutigen Laufbahn - Schätze errang, und ihn Hairaddins Blick erkor zum Gebiether - Seiner erlesensten Schar. In staunenerregender Hoheit - Trat er heran; ihm floß der Bart, gleich silbernen Wellen, - Tief in den Busen herab, und Ernst umhüllt' ihm die Augen. - Dragut kam, der Kilikier, der, ein Schrecken der Gegner, - Nur der »Satanbändiger« hieß im Munde des Volkes. - Stets in dem schwarzen Gesicht, dem häßlichen, dreht' er die Augen, - Spähend, umher, und nagt' an seinen gedunsenen Lippen, - Heimlichen Grimms, der auch an der zuckenden Wange sich kund that. - Doch nun füllt' ihm die Brust noch heißere Wuth: für Mathilden - Kam er entbrannt daher, Toledo's herrlicher Gattinn, - Die dem edeln Gemahl, mit der himmlischreinen Gesinnung, - Treu bis zum Tod, des Wüthrichs Gier gewahrte mit Abscheu. - Ihm nachschritt der Bascha von Laodikea, Tobukes, - Der das Fußvolk lenkt' in dem Heer'. Er haßte den Herrscher, - Hairaddin, da er ihn minder geehrt als Sinam, und er war's, - Der ihm ersiegte den Thron von Algier in blutiger Feldschlacht. - Rache kochte sein Herz; doch treu dem falschen Propheten, - Nahet' er jetzt, entschlossen die christlichen Völker zu tilgen. - Salek brauste herein, der Ionier, der in der Heer'smacht - Hairaddins reisigem Volk' obherrscht'. In Syriens Wüsten - Lenket' er einst, als Scheik, raubsüchtige Horden, und häufte - Fülle des Golds, Karavanen plündernd unseliger Pilger. - Wohl, in dem heimlichen Ueberfall die Feinde zu morden, - So wie im Grauen der Nacht Verwirrung zu schaffen, und Jammer, - Hatt' er gelernt, und Hairaddin rief den Kühnen zum Kampf' auf. - Aber auch Giaffar kam, der Aga der Janitscharen, - Stattlichen Gangs. Die flammenden Augen erhellten sein Antlitz, - Das ihm die Herzen gewann, voll blühender, männlicher Schönheit. - Spielend, ein Ries' an Kraft, vermocht' er des brüllenden Stieres - Haupt, mit dem sausenden Stahl', auf einmal vom Rumpfe zu hauen; - Oder er faßt' ihn am Horn, erhob ihn, und warf ihn zu Boden: - Tobt' er auch noch so ergrimmt. Er griff in die Speichen des Rades, - Rollte der Wagen dahin, von feurigen Rossen gezogen -- - Stand, und hemmte das rollende Rad, und hemmte die Rosse: - Dennoch war er so mild, als tapfer- und edelgesinnet. - Jetzo mit Abu-Sa-id, dem Scheik arabischer Reiter, - Trat in den Saal der landesgebornen Numiden und Mauren - Feldherr, Muhamed Temtes: voll List die freundlichen Mienen - Heuchelnd: denn glühenden Haß, dem Türkenvolke geschworen, - Nährten die beiden mit ihrem Volk' im verschlossenen Busen. - - Rechts, in der Ecke des Saals, dem Ehrensitz für die Moslems, - Setzte sich Hairaddin nun, mit untergeschlagenen Beinen, - Auf den schwellenden Pfühl, und um ihn, auf gebreitetem Teppich, - Saßen die Feldherrn all', ihm dort aufhorchend in Demuth. - Eh' er begann, durchfuhr sein Flammenauge den Halbkreis, - Forschend in jeglichem Blick', und der Kühnst' erbebte dem Furchtbar'n. - Jetzt durchwühlt' er den röthlichen Bart, tiefsinnend, und jetzo - Faßt' er des Tulbands Bund, des Kaftans glänzenden Zobel; - Doch nun ruhte die Link' an des Säbels goldenem Griffblatt -- - Ruhte die Recht', auf den Schenkel gestützt, und also begann er: - »Ehre dem einigen Gott, Ruhm sey dem großen Propheten! - Gott, der Gläubige schirmt, Ungläubige schnell in den Staub wirft, - Wie, herbrausend im Donnersturm, der prasselnde Hagel - D'raußen im Saatenfeld die wogenden Halme zerschmettert, - Hat nun eurem entsetzlichen Schwert den mächtigsten Fürsten - Unserer Gegner, am Bord viel hundert gerüsteter Schiffe - Nahe gebracht, und ihn der Rache zum Opfer erlesen: - Denn so will der Prophet sein Volk, nach seiner Verheißung, - Jetzt verherrlichen, so schlug er den Gegner mit Blindheit: - Daß er den Angriff wag' in diesen gefürchteten Monden, - Wo in des Himmels Gluth auch die Landesgebornen verschmachten? - Und ihm erläge der Fremdling nicht in der lastenden Rüstung? - Sprech't, wie soll dieß feige Geschlecht, im Sande versinkend, - Halten im blutigen Kampf die hochgepriesenen Reihen? - Wie begegnen zugleich den Säbeln der Janitscharen - Und dem mordenden Stahl der Araber, Mauren, Numiden, - Welch' im Grauen der Nacht, in der Helle des Tages ihn drängen? - Wir ersiegen uns bald ein unvergängliches Denkmaal - Heldenruhms, wenn Carl, der größte der Christenbeherrscher, - Büßend die Kühnheit, mit seinem Heer' in Stücke gehau'n wird, - Oder, als ein Gefangener, uns erliegt auf dem Schlachtfeld. - Hebe dich, Abu-Sa-id! Dir folg' auch Muhamed Temtes: - Eil't, und verkündet den Euren, ein jeglicher freudigen Aufrufs, - Daß sie, der Beute bedacht, zum entscheidenden Kampfe sich rüsten!« - Aber die beiden erhoben sich schnell, und Muhamed Temtes - Sprach, sich beugend zuvor, mit demuthheuchelnden Blicken: - »Er, der Himmel und Erd' erschuf, verläng're dein Leben - Fern' in die kommende Zeit. So wie die Sterne des Himmels, - Wie der Sand an dem Meer, sey deiner Erzeugten Erzeugung, - Und es erfülle dein Ruhm die fernsten Räume des Weltalls!« - Jen' enteilten, und Hairaddin sprach: »Wohl kenn' ich die Falschen. - Trugvoll ist ihr Gemüth, und keines ausharrenden Muthes, - Fähig ihr Volk, das unzählige, das, uns feindlich gesinnet, - Nur durch Verheißungen großen Gewinns zum Heere gelockt ward. - Aber uns ziemt: die Krieger Suleymans, des Prächtigen, Großen, - Welchem die Erde sich beugt, uns ziemt die Heldengesinnung, - Kämpfend mit eisernem Muth', ihm hier zu erhalten die Herrschaft, - Und zu erhöhen den Ruhm der Söhne des großen Propheten.« - All' aufschrie'n, das Schwert von der Hüfte sich reißend, und riefen: - »Gott ist Gott, und Muhamed sein erhab'ner Gesandter: - Hairaddin sey die Treu' und dem Feinde die Rache geschworen!« - Froh des dräuenden Schwurs, begann jetzt Hairaddin wieder: - »Sinam, dir werde Goletta vertraut, dieß herrlichste Kleinod - Unseres Reichs, und ruhig schlummr' ich, weil dir es vertraut ward; - Dragut, Unwiderstehlicher, dir gehorche des Heeres - Vorderzug, und dir, Tobukes, dem Schrecken der Gegner, - Freudig, des Fußvolks Macht; doch du, Reih'nbändiger, Salek, - Lenke die Reisigen kühn zum Sieg'! Ich führe den Nachzug. - Sammelt die Scharen, vom Strand zu entfernen des Feindes Geschwader, - Oder sogleich die Gelandeten dort zu erwürgen: denn wißt es: - Wer sich zuerst die Stirn' umflicht mit dem Lorber des Sieges, - Raubet oft dem Besiegten den Muth in dem Felde für immer!« - Aufsprang Dragut, und rief mit lautumschallender Stimme: - »Ha, nicht wehre dem Feind die kühnbeschlossene Landung: - Leicht entflöh' er uns heut, geschreckt, auf dem rettenden Schiff noch!« - »Eitele Furcht,« sprach Hairaddin, »o, dem christlichen Herrscher - Schlägt ein tapferes Herz in dem Busen, und eiserner Starrsinn - Drängt ihn fort auf erkorener Bahn: ihm wird er erliegen!« - Jetzt erhob er sich rasch, und ging, sich in Eile zu rüsten; - Aber die Feldherrn all', enteilten in's lärmende Lager. - - Regulus schwebte herbei: er sann den Sclaven der Hochburg, - Rettend, zu nah'n, und ließ in der wimmelnden Straße von Tunis - Sich im Fluge herab. Da saß vor Draguts Behausung - Hugo, und weinte vor Schmerz. Ihm war die Kunde gekommen, - Freudig und furchtbar zugleich: daß heute der Kaiser mit Heer'smacht - Vor Goletta erschien, und wie nun befreien Mathilden, - Listig umstellt von Draguts stets auflauernden Spähern? - Regulus haucht' ihm, genaht, alsbald den tröstenden Rath ein: - »Treugesinnter, du weinst, und weißt nicht, die Gattinn zu retten - Ihrem Gemahl? Wohl kam er heran, dem heiligen Aufruf - Folgend des Vaterlands, und folgend dem Rufe des Herzens: - Hier in dem Kampf, voll Muths, zu ersiegen die liebende Gattinn. - Such' im Olivengehölz den einsamlebenden Fischer, - Der, ein Christ, der Heimath entfloh, wo ihm Jammer zu Theil ward. - Viele der Höhlen sind dort, einst Gräber berühmter Geschlechter, - Als Karthago's Ruhm noch erfüllte den staunenden Erdkreis. - Dort um die Mitternacht, in eine derselben geborgen, - Möge Toledo sie wiederseh'n in beglückender Freiheit.« - Schnell erhob sich der Greis, und flehte, mit thränenden Augen - Schauend empor, um des Himmels Huld: in der That zu vollbringen, - Was ihm so wunderbar vorschwebte -- die Rettung Mathildens: - Denn er kannte schon lang den menschenfeindlichen Fischer, - Der am Strande des See's, umschattet vom säuselnden Oehlwald, - Wohnt' in der Grabes-Höhl', und die Beute der Netz' und der Angeln - Ihm feilboth vor den Thoren der Stadt am dämmernden Abend. - Jetzt gewann er die Höhl' auf seltenbetretenen Pfaden, - Keuchend vor Hast, und sah in des Eingangs Felsenumwölbung - Liegen auf dürrem Moos' den unglückseligen Fremdling. - Drüben im Frankenland, von edeln Geschlechtern entsprossen, - Sah in des Lebens aufdämmerndem Strahl der treffliche Jüngling - Blühen holdselig die Braut, die liebende; preßte den Freund auch, - Treu und warm an die Brust, und jauchzte dem zweifachen Segen. - Siehe, da rief ihn das Vaterland in den Kampf, und er folgte - Freudig dem Ruf! Doch, als er nach Jahren, mit ehrenden Narben -- - Lohnenden Kränzen geschmückt, heimzog im Kreise der Tapfern, - Trat im festlichen Zug die Braut an der Seite des Freundes - Froh zum Altar'. Er eilt' aus dem brausenden Jubelgedräng weg, - Fern in der neuern Welt ein Grab und den Frieden zu suchen. - Doch auf Siciliens Meereshöh'n von Korsaren gefangen, - Ward er nach Tunis geschleppt, und ein Räuber schenkt' ihm die Freiheit, - Ehrend sein Jammergeschick, zum Hohne des schändlichen Undanks. - Tief in der Brust den finsteren Menschenhaß und der Heimath - Abscheu nährend, erkor er ein Grab zu seiner Behausung. - Jetzt ihm genaht, sprach Hugo mit herzerschütternder Stimme: - »Kurd dein Nahm', Unglücklicher? Ha, nicht gabst du des Korans - Täuschung dich hin, ein Christ! D'rum wird, wie schmachtende Fluren, - Säuselnd, der Regen erquickt, Mitleid mit himmlischer Wonne - Laben dein blutendes Herz, und Gott, der über uns waltet, - Allerbarmend, Lohn und Frieden dir geben. Vernimm jetzt - Größeres Wehe denn dein's. Geraubt dem tapfersten Helden, - Schmachtet sein edles Weib in Draguts grauser Gewahrsam. - Kennst du nur eigenes Leid? Rechtfertige, Mensch, mit Ergebung - Duldend, vor deinem Geschlecht die dunkelen Wege der Vorsicht, - Neig' auch fremdem Jammer dein Ohr, und den eig'nen versüße - Mitleid dir! Denn, horch, auf dem Meer mit unzähligen Schiffen - Kamen die Christen heran, zu strafen den Räuber, und siegend - Ihm zu entreißen den Herrscherthron, der Hassan geraubt ward. - Bald erschallt Sieg'sruf -- erschallt geretteter Menschen - Jubelnder Dank. Zieh' hin in das Lager der Brüder, zu treffen - Dort Toledo, und sprich: »Wenn uns an dem Himmel der Vollmond - Strahlt, da rettet in Grabesnacht ihm Hugo die Gattinn, - Und du lenke den Liebenden her zur Höhle des Waldes.« - Jener regte sich nicht, und starrte hinab in die Fluthen, - Aehnlich dem Felsenriff, das starr aufragt an dem Meerstrand. - »Kurd,« so sagte der Greis, »entfernt zehn Jahre der Trauer - Bist du vom Vaterland; vergeudet wurde dein Erbtheil: - Dürftig kommst du zurück', ein Bettelnder unter den Deinen; - Sieh', er spendet, willfahrest du ihm, dir Goldes die Fülle, - Dankbargesinnt, und freudig erblickst du die heimischen Fluren!« - Aber noch finsterer starrete Kurd: da umschlang ihm der Greis dort, - Weinend, die Knie', und rief mit leis'erbebender Stimme: - »Hast du geliebt? Wie solltest du nicht, verstummender Dulder! - Jammert die Gattinn nach dir? Welkt', ach, die Geliebte dir früh hin?« - Jetzt aufriß sich vom Boden der Mann, der schrecklich geschwiegen, - Taumelte wild umher, als sollt' er den Flehenden morden. - Dennoch konnt' er nicht, tieferregt, von den Thränen des Greises - Mehr verwenden den Blick, und die ewige Huld, die, erbarmend, - Lenket des Menschen Sinn gleich fluthenden Bächen, zerschmolz ihm - Nun durch Thränen das Herz, das, qualenbelastet, erstarrt war, - Und ein glänzender Strom quoll ihm aus den Augen; er faßte - Hugo's Recht', und sprach: »Du siegtest; ich stehe bereit dir.« - Aber der Greis entfloh, von der Wonne der Rettung beflügelt. - - - - - Sechster Gesang. - - - Siehe, schon war die Stunde der heißersehneten Landung - Jetzt an dem Abend genaht; schon rief, vom Borde Karthago's, - Schimmernd, die Kaiserflagge zum Kampf! Von dem Zug' an den Küsten - Kehrte Ulloa zurück', ein Trauernder, ob des Gefährten, - Der, mit dem Schiff' in den Grund gebohrt, dem Heere geraubt ward. - Selber bewegt, rief doch den am Bord versammelten Feldherrn, - Wo er des Angriffs Weise berieth, der Kaiser, erheitert: - »Jetzo, das Höchst' im Blick, laßt uns die Trauer beherrschen, - Die uns die Brust erfüllt -- jetzt muthig und rasch an die Landung! - Gegen Zafrano hinaus, an der Meer'sbucht östlichem Saum hin - Schiffen, den Feind zu täuschen, wir erst; dann, kehrend im Eilflug, - Bleib' uns zur Linken der Wasserthurm, zur Rechten der Salzthurm: - Wir erringen das Ziel, wo Ulloa erspähte die Anländ. - Segen mit euch im schrecklichen Sturm und Drang der Entscheidung!« - Jen' enteilten. Ihm trat, voll demuthheuchelnden Mißtrau'ns, - Muley Hassan entgegen im Raume des Schiffs, und begann so: - »Herr, dich dränget dein Herz in den Kampf! Der Weltenerschaffer - Gebe dir Ruhm; doch soll ich, indeß du im Felde dich abmühst, - Müßig weilen am Bord? Gewähre mir eines der Schiffe, - Das mich schnell nach der Meeresbucht von Kabesch, dem Städtchen - Führe, wo mir, zum Trost, die tapfern Bewohner noch treu sind, - Auch das kühne Gebirgsvolk dort schon harret des Aufrufs: - Abzuschütteln das Joch von Hairaddins grausamer Herrschaft. - Dorther schaff' ich dir bald Hülfsvölker, und schaffe dir reichlich - Mundvorrath für das Heer, das solchen entbehrt in Karthago's - Wüstem Gefild, wenn fern des Krieges ersehnetes Ziel winkt.« - Sagt' es mit scheuverwendetem Blick'. Ihm entgegnete jener: - »Hassan, du bebst, und starr'st umher im zweifelnden Mißtrau'n? - Fasse nur Muth! Gleich soll das schnellhinsegelnde Schiff dich - Führen nach Kabesch hinauf; dann kehr' im Glücke mir wieder.« - Also der Kaiser, und sah dem raschenteilenden Fürsten, - Sinnend, nach: er hatt' ihn errathen. Doch jetzt ihn zu rüsten - Trug ihm mit heiterer Stirn' Ernest, der grauende Reiter, - Den der herrliche Max, sein ruhmvollthronender Vorfahr, - Liebte mit Vaterhuld, das treffliche Schwert und die Spornen, - Auch den Harnisch und Helm aus dem hüllenden Schranke herüber. - Silbern strahlte die Wehr', umrändert mit goldenem Laubwerk, - Ihm von der Brust; hell blitzte der goldene Kamm von dem Helm her, - Deß' stahlblinkendes Dach kein damaszenischer Säbel - Je durchhieb', und das Schwert umfaßte des Wehrgehängs Purpur, - Funkelnd von Perlenreih'n, und blitzend in Edelgeschmeides - Wechselndem Farbenglanz. So stieg er, gerüstet, zum Bord' auf. - - Dort entblößt' er den Stahl: ein Ruf erscholl aus dem Schiffsraum, - Donnernd rings in dem Busen des Meers. Wie am glühenden Mittag - Wetterschweres Gewölk' auffleugt: da regt sich kein Lüftchen; - Brüllend kehren die Heerden heim; die kreischenden Vögel - Flieh'n zum Gehölz', und es fährt die häusliche Schwalb' in dem Hofraum, - Wechselnden Fluges, umher, dem Boden nah', und die Lachen - Streifend mit fächelndem Fittig -- der Mensch, im Busen beklommen, - Stehet verstummt; doch jetzt aufblitzet es, kracht es herunter: - Flammen entprasseln dem Dach', und fernher sauset der Hagel: - Also die Stille zuvor, eh', landunggebiethend, der Aufruf, - Donnernd, erscholl, und d'rauf, wie ein Strom entstürzet der Schleußen - Weiteröffnetem Thor', und Wogen auf Wogen sich drängen: - Also strömten vom hohen Verdeck' in die flachen Galeeren - Drängende Scharen herab, und ordneten schnell sich in Reihen, - Während der Reiter das Roß festhielt an dem Zaum: denn gewahrend - Drüben das Land, umtobt' es im Raum des engenden Fahrzeugs. - Gegen Zafrano hinaus, dem spähenden Feinde zur Täuschung, - Strebten sie erst, und eilig dahin entsandt' er die Horden - Seines Volks: da flog an dem fernen Gestade der Staub auf - (Aehnlich dem Nebel, der, nach dauerndem Regen des Herbstes, - Dicht am Gebirg fortwallt) durchblitzt von den Waffen der Krieger, - Und verwirrtes Getös', und Geschrei, und das Wiehern der Rosse - Brausete laut von der staubverhülleten Küste herüber. - Wieder ertönt' ein donnernder Ruf vom Borde des Kaisers: - Siehe, und dieser galt, zum Sturm' aufbiethend die Krieger! - All' aufschrie'n zugleich vor jubelndem Muth', und, die Seiten - Wendend, flogen vereint die Galeeren zum herrlichen Ziel hin. - Von den Rudern gepeitscht, aufschäumte das Meer, und der Fahrwind - Saust' in dem Segelgewölk der dichtnachfolgenden Schiffe. - Solches gewahrend, sandte der Feind unzählige Kugeln - Von dem fernen Gestad' und den Wällen der Veste Goletta. - Schrecklicher Donner erscholl. Doch als die Gegner, dem Salzthurm - Nah', vorstürmten im eilenden Lauf: da wendete blitzschnell - Wechselnd, der Steuermann die räumigen Seiten des Schiffes - Nach dem bevölkerten Land. Sie spie'n aus flammenden Schlünden, - Wie der Hagel prasselt, und saust, die Saat des Verderbens, - Brüllend, hinaus: von nah' und fern aufbrannten die Hütten, - Und des Feindes Geschütz lag rings, vernichtet, im Staub dort; - Seine Horden entfloh'n, und Goletta's Donner verstummte. - - Dreimal die Länge des Manns, schied noch ein Raum die Vereinten - Von dem Gestad', als Deutschlands Volk,[41] den ragenden Speerschaft - Senkend hinab in den Grund, im sausenden Schwunge der Glieder, - Allen zuvor, den feindlichen Boden errang, und es wähnten - Dort die Krieger noch lang': es schwanke der Boden, und weiche - Unter den Füßen zurück. Rasch hüpften die muthigen Rosse - Nach dem Strande hinaus; der sandigen Bahn sich erfreuend, - Hüpften, und sprangen, und schlugen sie aus, und wieherten laut auf. - Scharen auf Scharen entstiegen dem Bord', und bedeckten das Ufer - Weitumher, wie im Morgenwind' aus tieferen Thälern, - Kräuselnd, der Nebel sich hebt, und des Bergs Abhänge verhüllet. - Doch nun trat im schimmernden Waffenschmucke der Kaiser - Freudig an's Land, und hob sich im kreisenden Schwung' auf das - Streitroß, - Das, von erles'nem Blut und Geschlecht', und herrlich gestaltet, - Auf Andalusiens blühender Flur, freiweidend, heranwuchs. - Als er, die Reihen entlang, hinflog auf dem schnaubenden Rosse, - Tönte Gejauchz' ihm nach; er rief den Geordneten also: - »Krieger, wir stehen auf Feindes Land, wo herrlich des Ruhmes - Laufbahn glänzt, und Gott uns ruft zur Christenerrettung! - Schweben die Sieg' euch vor entschwundener Jahre? Gedenk't ihr - Eures errungenen Ruhms, nicht harrend entflammenden Aufrufs - Tapfer zu seyn? Ihr denkt's: denn Muth in den glühenden Augen - Seh' ich, der nur vorwärts strebt, und voll Todesverachtung - Lächelt im brausenden Sturm der Donnergeschosse. Nur haltet - Eisern auf Mannszucht stets, und auf Ordnung. Wer solche verschmähet, - Schafft Unheil sich selber, und schafft dem Heere Verderben. - Ha, schon nahet der Feind! Jetzt vor: in geschlossenen Reihen - Greift die Unzähligen an, und erringt euch herrlichen Siegsruhm!« - Sagt' es, und hieß nun links und rechts die Flügel des Heeres - Rasch vorgeh'n, und eilen, gesondert, des Vorder- und Nachzugs - Ordnungen, er in der Mitte zugleich mit dem tapferen Guasto, - Ueber Hispania's Volk, und Oestreichs Scharen gebiethend. - - Siehe, den Vorderzug, der tausend tyrolische Schützen - Zählete -- sie, vor allen geübt, das Schwarz' in den Scheiben - Und in dem Busen das Herz aus dem schmetternden Rohre zu treffen, - Führete Lichtstein vor, und es folgten ihm, leuchtenden Blickes, - Tausend Reiter, Bohemia's Söhn', in Eisen gehüllet; - Aber das Fußvolk, das in dem Heere das Leichte benennet, - Und aus den Reih'n der allvereinten Völker erwählt war, - Rief Toledo in's Feld: fünftausend erlesene Krieger. - Links an dem Flügel des Heers, Lusitania's Krieger und Flanderns, - Einend, schaltete Ludwig, der Held, und zehenmal tausend - Krieger zu Fuß gehorchten ihm. Rechts, an der Zahl und an Kampfmuth - Gleich, gehorchten Alarkons Ruf Italia's Völker. - Diesem zur Seit', entboth dreitausend geharnischte Reiter - Alba zum Kampf', und, jenem gesellt, beherrschte der Sprößling - Hunyadis, gleich an der Zahl, roßtummelnde, kühne Magyaren. - Aber im Nachhalt stand, mit dem tapfern Mendoza, der Ritter - Edele Schar, und zugleich den Blick auf den Heldengebiether, - Eberstein, gerichtet, der Hauf' gewaltiger Deutschen. - - Jetzo mit Allah-Geschrei und wildauftobender Mordgier - Nahte der Feind, und Staub quoll auf. Wie im Laufe des Lenzes - Hoch im Gebirg' ein Brand durchwüthet die Waldung: da glimmt nur - Dunkel die Gluth aus dem saftigen Holz, nur qualmender Rauch steigt - Auf in die bläuliche Luft: so umhüllte der Staub die Umgegend. - Dragut jagte die Scharen heran. Voll glühender Mordlust - Sah er nur Feindes Blut, und dachte, die landenden Haufen - Schnell zu erwürgen im Kampf; doch jetzt, die Geordneten schauend, - Saß er erstarrt, und stumm in dem Sattel: ihm stockte der Odem. - Dann aufstöhnet' er laut, und rief zu den folgenden Scharen: - »Mußte sie heute so bald entflieh'n die neidische Sonne, - Uns nicht gönnend den Ruhm, des Feindes verächtliche Haufen - Schnell mit würgender Hand vom Antlitz der Erde zu tilgen? - Aber sie schaue noch hier mit den letzten, verlöschenden Blicken - Unseren Sieg, und die Erde, von feindlichem Blute geröthet.« - Und er entriß alsbald dem Numidier, fluchend, den Bogen, - Zielte, und schoß: da schwirrte der Pfeil in der sausenden Luft hin, - Und durchbohrte die Brust Waldsteins, des tapferen Feldherrn, - Der aus den Mauern Prags, Bohemia's glänzender Hauptstadt, - Kühn in den Kampf auszog, und daheim die Mutter und Gattinn, - Jammernd, verließ. Sie harren, und schau'n durch quellende Zähren - Oft nach der Straße hinaus, die er ging, und harren vergeblich - Freudigen Wiederseh'ns: ihn decket die Erde von Tunis. - Seitwärts sprang sein Roß, und er sank, festhaltend den Zaum noch, - Häuptlings hinab, und färbte mit glühendem Blute den Boden. - Draguts Hohngelächter erscholl; zu den Seinen sich wendend, - Rief er grimmig: »Seht, der Himmel verkündigt den Sieg uns, - Der die mordende Spitze gelenkt! Ein feindlicher Führer - Schläft dort, blutend, im Staub', und wird wohl nimmer erwachen. - Ha, nichts sehnlicher wünschte mein Herz, als alle mit einmal - Also vernichtet zu schau'n, daß keiner entrönne dem Tod hier!« - All' aufbrüllten zugleich: Numidier, Mauren, und Türken; - Schwangen den ragenden Speer, und tummelten feurige Ross' um. - Dicht, wie Flocken des Schnees herstürmt der heulende Nordwind, - Flog ihr Geschoß: hellschwirrende Pfeil' und schmetternde Kugeln, - Sausenden Lanzen vermengt. Da fiel in den Reihen des Vortrabs - Mancher der Männer -- es wälzten sich blutende Ross' in dem Staub dort. - Doch schon brauste mit reisigem Volk' und verhängetem Zügel - Lichtstein hin, um mächtiger, vorgebeugt aus dem Sattel, - Einzuhau'n, links, rechts, in die wimmelnden Haufen, und Haufen - Sanken in Ströme von Blut. Tyrols kampfrüstige Schützen, - Mit Toledo's erlesener Schar den Reisigen folgend, - Eilten im Sturmschritt vor, und feuerten rasch in die Reihen - Tödliches Blei: nun einzeln, dann vereint, im Gekrach, hin. - Hunderte stürzten, und jetzt, ergriffen von Angst und Entsetzen, - Wandte den Rücken der Feind: er floh in dem stäubenden Feld fort. - Bald schied unabsehlicher Raum die Streitenden. Guasto, - Nahend dem Herrscher voll Hast, erhob die warnende Stimme: - »Schnell entfloh der Feind; doch wie, so er, sinnend auf Unheil, - Uns zu erlauern im Hinterhalt, den Rücken uns wendet? - Hemme des Vortrabs Lauf, und gebiethe des Lagers Umwallung, - Da noch Rogendorf an dem Strand des Meeres sich abmüht, - Auszuschiffen die Wucht des ehernen Donnergeschützes, - Auch die dunkele Nacht, gefahrendräuend, herabsinkt.« - Also der Greis, und Gewährung ersah er im Auge des Kaisers. - Einer der Herolde, die, rittfertig, und stets an der Seit' ihm - Harrten des Winks, hinüber, herüber zu jagen im Schlachtfeld, - Eilt' im Fluge hinaus, und rief sein »Halt!« an die Scharen, - Die, an die Stelle gebannt, zugleich dem Worte gehorchten. - - Drüben auf schmählicher Flucht riß Dragut den schnaubenden Läufer - Plötzlich am Zaum, daß er, lautaufstöhnend, sich bäumt', und zurück - sank. - Attila war ihm genaht: es reizte der schreckliche Krieger - Ihn, den Schrecklichen einst, und noch erbebt' er vor Ingrimm, - Daß er, des sterblichen Leibes beraubt, nicht lenkte die Feldschlacht - Mehr, nicht Gemetzel geboth, und gräßliche Länderverheerung. - Leise haucht' er ihm jetzt an die Seele den schmähenden Vorwurf: - »Dragut, du fliehst, nicht erwägend den Ruhm des entschwundenen Lebens, - Nicht die Worte voll Muths und glänzender Siegesverheißung? - Kehr' in Eile zurück: so folgen die fliehenden Scharen - Schamerfüllt, dir alle; wo nicht, so suche dir selber - Ruhm in dem einzelnen Kampf. Vielleicht gelingt es dir heut noch, - Glücklich bewahrt, hier deinen ergrimmtesten Gegner zu tödten.« - Als er des Geisterruf's erregende Laute vernommen, - Wüthete Dragut noch mehr: er spornte den fliehenden Haufen - Oft sein Streitroß vor, und trieb noch diesen und jenen, - Scheltend, zurück'. Ihm horchte der Maur' und muthige Türk nur: - Denn der Numidier floh g'en Tunis in Eile hinüber. - Sieh', oft naht in dem Feld der Furcht erstarrendes Schreckbild - Nur dem Feigen: er wankt; dann fleugt es vom Gliede zum Glied hin, - Und der Tapfere wankt mit dem Feigen: sie wenden den Rücken - All', und entfliehn. Wie fern auf dem Meere der brausende Sturmwind - Wogen auf Wogen wirft, und Schiff' an Schiffen zerschmettert: - Also stürzen sie fort, verderbend, und weder des Führers - Scheltender Ruf, noch Strafe dereinst hemmt jetzo die Flucht mehr: - Denn unbändige Furcht ergriff die ausreißenden Scharen. - Aber so weit wie ein Ball, vom schmetternden Rohre geschleudert, - Fleugt, schied drüben ein Raum nur mehr Toledo's und Lichtsteins - Krieger vom Feind', als Dragut, von starrendem Staunen gefesselt, - Hemmte das feurige Roß. In fest geschlossenen Reihen - Harrten die Christen sein, und der zahllosen Scharen, und standen - Ruhigen Blicks. Da rief er die schmähenden Worte herüber: - »Seh' ich vor Todesfurcht in Stein verwandelt die Helden? - Kommt, wenn Einer es wagt, ja zehen, und dreißig, und fünfzig, - Gegen mich anzukämpfen im Feld, wie dort auf Granada's - Flur mein Volk, der Rittersitte wohl kundig, mit euch focht, - Eh' uns Verrath und Uebermacht Hispania's Herrschaft -- - Fluch dem Frevel, entriß! Nun kommt, mir werde der Ruhm dann: - Keiner obsiegte der Macht des Satanbändigers Dragut!« - Schon aufbrauste zuvor des Prahlers Worten Toledo's - Heldenbrust; doch, als ein Nahme von drüben heran scholl, - Welcher der schrecklichst' ihm war, und verhaßteste aller auf Erden, - Da hielt er sich nicht mehr; er spornte sein schnaubendes Reitroß - Auf die Fläche hinaus, und schrie dem Wüthrich entgegen: - »Ha, nur dich, den Räuber des edelsten Weibes, des meinen, - Suchte mein glühendes Aug': nicht wirst du künftig mehr prahlen!« - Also mit lautem Gejauchz' aufschwang er den blitzenden Degen - Ueber des Gegners Haupt, und es wäre, zerschmettert, gesunken, - Wenn nicht Attila schnell, wie ein Blitz, der oben im Nachtgrau'n, - Leuchtend die Wolken durchzischt, heruntergeflogen, sein Streitroß - Drängte zum Seitensprung: denn fühlbarer nahen dem Thier noch, - Und in den Nächten zumal, des Geisterreiches Bewohner, - Bald vom Zorn gereitzt, und bald nur neckenden Launen - Folgend: da schmiegt sich die winselnde Dogg' an die Füße des Menschen, - Der mit Verwunderung horcht, und hinaus in das schweigende Nachtgrau'n, - Schaudernd, starrt; im Gehöft' aufflattern die kreischenden Hühner; - Laut mit Geschrei entstürzen die Vögel dem Wald', und die Hirschkuh - Fährt aus dem rauschenden Laub' in die Höh', und horchet mit Beben: - Denn hell blitzte der Geist an dem Auge des schlummernden Thier's hin: - So, von dem Geiste geschreckt, aufsprang der schnaubende Rappe - Draguts. Ihm zerhieb Toledo's sausender Mordstahl - Nur die bärtige Wang', und sie blutete. Siehe, nicht säumte - Dragut, und vorgebeugt, durchrannt' er die Linke Toledo's - Jetzt mit dem mächtigen Speer, daß schnell der leitende Zügel - Ihr entsank! Ein schrecklicher Kampf, und im Kampfe der Tod nur, - Hätte die beiden getrennt: da flog, gesendet von Lichtstein, - Hanno, der Stabs-Herold, an die Seite Toledo's; er faßte - Dort sein Roß an dem Zaum', und führt' es zurück' in die Reihen. - Jammernd folgt' ihm der Held: er dachte den Gegner zu tödten. - Dragut knirschte vor Wuth, und entwich: das Strömen des Blutes - Raubt' ihm die Kraft. Nun rief er dem maurischen Scharengebiether: - »Muhamed Temtes, ein Hort sey du des tapfersten Volkes, - Und ein Zeuge vor Hairaddin mir: nicht erbebend in Feigheit - Wär' ich gewichen dem Feind. Die blutende Wunde zu stillen, - Eil' ich zur Stadt, wo mir der kräuterkundige Diener, - Hugo, umhüllen sie soll mit dem weheinschläfernden Balsam, - Und bald kehr' ich zurück', allwärts ein Schrecken der Gegner.« - Also jagt' er davon: doch jener den kommenden Scharen - Kühn entgegen zu kämpfen, bereit, sah forschend zum Rückhalt: - Denn er hörete dort unfreundlichen Donner; vernahm auch - Würgender Feinde Geschrei, und ihm pochte das Herz in dem Busen. - - Doch, wer ordnete dort die entscheidende Rückenbestürmung? - Traun, ein Held, Aurel, der erst mit den herrlichen Schiffen - Malta's nahend dem Strand, die feinddurchwimmelte Gegend - Mächtig bestreichen ließ aus ehernen Schlünden und Mörsern! - Donnergebrüll' erscholl ringsum; aufwirbelte Sandstaub - Nah' und fern', und die Feind' entstürzten vor Schrecken den Reihen. - D'rauf verließ er den Bord mit fünfzig der tapfersten Ritter, - Tausend Kriegern gesellt, drang vor, und wüthete, mordend, - Jetzt in dem Rücken des Heer's. So wüthet die nächtliche Windsbraut - Durch das Föhrengehölz: der Eigner jammert am Morgen, - Schauend die Stämm' auf Stämme gehäuft, in grauser Verwüstung. - So im Gesicht von Lichtstein, so in dem Rücken von Malta's - Kühnem Helden bekämpft, ausriß in wilder Verwirrung - All' das unzählige Volk, und wandte nach Tunis den Lauf hin. - - Hairaddin trabte den stäubenden Weg mit den _Schrecklichen_ näher: - Also hieß er die Schar viertausend erlesener Türken, - Die er sich selber erlas aus den kühnsten und tapfersten Kriegern. - Wohl erwies sich ihr Muth; wohl waren die Muthigen furchtbar: - Denn wo es galt, und, gehemmt, die Wage des Schlachtengeschickes - Schwankte, da mußten sie vor, zu erringen des eisernen Feldes - Herrlichen Preis, und zu steh'n, muthfest, im Kampf der Entscheidung. - Als er den wirbelnden Staub, und im Staube die fliehenden Haufen - Gegen sich kommen sah: da erwog er im Herzen, noch zweifelnd: - Ob er den Schrecklichen erst die Losung gebe zum Morden, - Um in dem Blute der Feigen den Grimm zu sänftigen; oder, - Scheuend den Wankelmuth der Tunisier, heute noch schone? - Gleichwie im Aethergefild der schiffaufstürmende Luftball, - Jählings vom Flammenhauche gerafft, des mächtigen Windes - Wechselndem Strom' zu Beut' umfleugt, und nimmer des Schiffers - Leitung gehorcht, nun hier- nun dorthin schwebend im Luftraum - So, daß Grauen ihn faßt, und sinnverwirrender Schwindel: - Also wankt' er umher. Ihm nahete Muhamed Temtes - Jetzt mit dem flüchtenden Volk'. Er riß sich, ergrimmter, den Säbel - Von der Hüft', und schlug mit der Breite der Klinge den Feldherrn - Ueber die Stirne, daß ihm aus den Augen sprühten die Funken. - Aber der Sclave lächelte nur, und folgte von weitem: - Denn auch Hairaddin floh, und das Volk nachbrausete zahllos. - - Schon sank tiefer die Nacht; schon gaukelten kühlere Lüftchen - Ueber die See, und ringsumher aus unzähligen Augen - Sah der funkelnde Himmel, als die Reisigen Lichtsteins, - Kehrend, mit Staunen ersah'n, wie sie, nur im Blute zu ernten, - Hier die Garben gehäuft in des Todes entsetzlichem Saatfeld. - Auch die Helden des Felseilands mit dem kühnen Gebiether, - Kehreten heim in die meerumwogte Behausung (am Bord nur - Schlummert der Seemann süß) und dort aufzählend die Scharen, - Mißten sie dreißig, im Streit gefallene Krieger mit Wehmuth. - Also rang in dem Vorkampf jetzt der erhabene Kaiser - Gegen Hairaddins Macht, und der treffliche Lagergebiether, - Guasto, begann, im vereinten Müh'n unzähliger Krieger, - Dort die schirmenden Wälle zu bau'n, wo er forschenden Blickes, - Erst die Stell' erkor, auf welcher Karthago gestanden: - Auf daß ihr herrliches Bild, aus Schutt und Trümmern sich hebend, - Waffne des Kriegers Herz mit eisernem Muth' in der Feldschlacht. - Gegen den Salzthurm hin, im sternnachbildenden Vorsprung - Hob erlesenes Volk mit schimmernder Haue das Erdreich, - Dämmend, zum Wall. Vor ihm aufgähnte der dunkele Graben, - Und das ehrne Geschütz, von schnaubenden Rossen gezogen, - Rasselte näher, und stand alsbald, in gemessenen Fernen, - Aufgefahren umher, zu wehren dem feindlichen Andrang. - Schnell erfüllten des Lagers Raum die jauchzenden Krieger, - Dort zu erhöh'n in Hast die luftigen Zelte. Sie bohrten - Pfähl' in den Grund; dann spanneten sie die schimmernde Leinwand - Vom Querbalken des Daches hinab, an haftenden Pflöcken, - Gegen der Stürme Gewalt sie festigend, dieß- und auch jenseits. - Tausende standen erhöht, und flatterten, tönend, im Nachtwind. - Aber vor allen ragte das Zelt des edelen Kaisers, - Hochgewölbet, empor. Des höckergestalteten Lastthiers - Wolle schirmte von außen das Zelt g'en Wetter und Regen; - Innen deckte die Wände Damast, und ein eisernes Feldbett - Stand in dem Hintergrund', umhüllt vom seidenen Vorhang. - Aber mit Lächeln im Blick, der, rühmend, des Werkes Vollendung - Würdigte, sprach der Kaiser, erfreut, zu Guasto, dem Feldherrn: - »Herrlicher, so geling' es dir auch am kommenden Morgen, - Schnell die Schanzen umher an Goletta zu bauen! Für jetzo - Heiß' das Volk ausruh'n in des schirmenden Lagers Umwallung; - Nach gehaltener Rast empöre der fröhliche Krieger - Zahllos Flammen im Feld, bereite sein Mahl, und gedenke - Heiterer Lust: nur möge der Wall nicht ermangeln der Wachen; - Auch den Graben entlang mit hellumschauenden Blicken - Forschend, die Vorhuth steh'n. Ermüdet will ich hier schlummern, - Wenn nicht feindlich Geschrei mich weckt im nächtlichen Anfall.« - Sagt' es, und ließ sich, gehüllt in den wolligen Mantel, im Sandstaub - Nieder. Weder den schwellenden Pfühl, noch köstliche Speisen - Kannt' er im Feld': erduldend jegliche Noth und Entbehrung - Froh mit den Kriegern. Er lag in dem Kreis' umlärmenden Volkes - Dort auf dem Sand', und bald umfing ihn der liebliche Schlummer. - - Gleich dem brausenden Sturm flog jetzt der Römerbesieger, - Hermann, mit seinem Gefolg', aus Amerika's Fluren herüber: - Denn ihn lockte des Kampfes Getös' mit freundlichem Wohllaut. - Wie der muthige Falk', auf Beut' erpicht, in des Himmels - Blauem Gezelt nun auf sich schwingt, nun eilender abwärts - Fleugt, im wogenden Gras' und im schaurigen Dunkel des Fruchthains - Sie zu erspäh'n: so erforscht' auch Hermann das Lager. Sein Haupthaar - Quoll aus dem duftigen Helm ihm golden herab auf den Nacken, - Und des Ur's aufstarrende Mähn' umfing ihm die Schultern. - Muthig schwang er die Keul', und aus trotzigbläulichen Augen - Sah er herab, die jetzt, gleich flammenden Sternen, erglänzten: - Schauend Germania's Volk und den schlummernden Kaiser, des Volkes - Edelsten Hort. Er haucht' ihm, genaht, die erregenden Wort' ein: - »Ruhig schlummerst du hier im Kreise der Helden, Erzeugter - Meines gewaltigen Stamms! Von den fernen Meeren herüber - Kommen die Bothen des Siegs dir spät. Ich künde den Sieg dir - Nun zur Freud', und zugleich den Jammer der Wilden, zur Trauer. - Dein ist die Herrschaft der Welt: nie wendet die leuchtende Sonne - Mehr die Blicke von deines Reichs endlosen Gefilden. - Schon dient Mexiko dir; nun bändigt Peru, das Goldland, - Deß' unschuldiges Volk der Sonne Kinder sich dünket, - Dein Pizarro.[42] Er nahm Atahualba gefangen, den Inca, - Und erwürgt ihn vielleicht: nicht hunderttausende scheuend, - Nicht Millionen Volk's, von wenigen Tapfer'n umgeben, - Wild, und grausamgesinnt. O, hemme die wüthende Blutgier - Jener Verblendeten, die in dem Wahn, Halbmenschen zu würgen, - Also freveln! Ich sehe dein Herz erbeben dem Jammer, - Den die Ferne dir birgt. Ein gottbegeisterter Priester - Deines Volks,[43] der Kränz' erlesensten würdig, bewaffnet - Sich mit erhabenem Muth, die armen, ein rettender Anwald, - Kühn zu beschirmen: ihn höre: so wird unsterblicher Ruhm dir. - Schlummere ruhig und süß, in dem Kampf dir nah' ich ein Helfer!« - Dann aufschwang er sich rasch in die Lüfte: das tosende Lager - Hier zu erforschen, und dort des Feindes gewaltige Heersmacht. - Aber der Kaiser stöhnt' in dem Schlaf'; erhob von dem Boden, - Staunend, das Haupt, und sprach halbleise die Worte des Kummers: - »Künden, düsterer Ahnung vereint, auch Träume so schrecklich, - Meiner Krieger unmenschliche Wuth? Führ't, günstige Wind', ach, - Schnell das ernste Geboth der Schonung und christlichen Sanftmuth, - Das ich gesandt in dem eilenden Schiff, zu dem fernen Gestad hin!« - Lispelte so, und versank von neuem in lieblichen Schlummer. - - Jetzt nach gehaltener Rast erhoben sich wieder die Krieger: - Dürres Reis, und die Trümmer längstgestrandeter Schiffe, - Tragend herbei, unzählige Flammen im Feld zu empören. - Wie die Sternenheer' erglüh'n am nächtlichen Himmel, - Glänzten die Lagerfeuer umher. Da knüpfte der Reiter - Sorglich das Pferd an den Pflock, und both ihm den Hafer im Vollmaß; - Oder er brachte vom rieselnden Born, in räumigen Kübeln, - Ihm die erfrischende Fluth. Nicht enthob er ihm jetzo den Sattel, - Wie daheim, als ihm versiegte der Schweiß nach dem Ritte: - Denn in dem Felde gebeut des Augenblickes Entscheidung, - Fertig zu stehen zur Wehr' und zum raschvorstürmenden Angriff. - Andre besorgten den Brüdern das Mahl. Des eisernen Kessels - Rußigen Bauch umschlang die Loh', und die emsigen Krieger - Hatten das Reismus gar gekocht, die Hämmel gebraten, - Und vertheilet den Wein mit dem wohlernährenden Kornbrot - Jeglichem treu und gerecht. Bestrahlt von der freundlichen Flamme, - Schmaus'ten sie dort, und wechselten stichelnden Scherz und auch Possen, - Lautem Gelächter vermengt, und kriegerischtönenden Liedern. - Also war auftobender Lärm und Getös' in dem Lager. - Aber, gesondert im Kreis', kaum achtend des Mahles und Trunkes, - Oder des herzerfreuenden Worts, ergaben die Einen, - Heißerpicht auf Gewinn, sich dem trüglichen Locken der Würfel: - Schüttelten erst in der hohlen Hand die klingenden lang' fort, - Warfen sie dann querhin auf den weitgebreiteten Mantel, - Sah'n, und zähleten laut die gewinnaufweisenden Augen. - Andre langten die Karten hervor, vieljährigen Ansehns - (Hätt' ein Fremder doch kaum den Buben vom König, die Grünen - Kaum von den Rothen erkannt) vertheilten die klebenden Blätter, - Netzend oft mit der Zunge den Daum, von der Linken zur Rechten, - Allen umher, und spieleten Brand, und Bettel, und Mordbrand, - Mit aufschlagender Faust und fröhlichem, lautem Gelächter. - - Sieh', in dem einsamen Zelt, entfernt von fröhlichen Menschen, - Lag Toledo, verwundet am Arm; doch blutet' ihm heißer - Noch die Wund' in der Brust, versetzt vom grausamen Schicksal, - Das ihn so furchtbar jüngst der edelsten Gattinn beraubte. - Jen' empört' um ihn her die schwarzen Gebilde des Unmuths. - Grimmig umdrängten sie ihn, und weckten in seinem Gemüth nur - Angst und Verzweiflung: er lag, erblindet bei offenen Augen, - Dort auf dem Lager, und starrt' in die Nacht, und stöhnte vor Jammer. - Jetzt anlandete Kurd mit dem Kahn, und flog nach dem Lager, - Eilenden Laufes, herab. Ein »Wer da?« scholl ihm entgegen: - »Gut Freund« gab er zurück, und frug nach Toledo, dem Feldherrn. - Aber gewahrend des Mauren Tracht, und feindlicher Arglist - Denkend, führeten ihn zwei tapfere Krieger mit Vorsicht - Nach Toledo's Gezelt. Nun, dort den Leidenden schauend, - Wollten von seiner beklommenen Brust sich die Worte des Trostes - Lange nicht lösen. Er stand, erschüttert, und leise begann er: - »Hugo's Worte vernimm: »»Wenn hoch an dem Himmel der Vollmond - Strahlt, da berg' ich in Grabesnacht, errettet, Mathilden!«« - Und ich lenke dich dann zur Felsenhöhle des Oehlwalds.« - Forschend irrte Toledo's Aug' an dem seltsamen Fremdling - Auf und nieder: er sann, in düstere Träume verloren; - Aber ein leuchtender Blitz auf des Jammers nächtlichem Irrpfad - War ihm die Vollmondsnacht, der Fels, und die Höhle des Waldes. - Stöhnend hob er sich auf, und hing am Halse des Fremdlings, - Lautaufweinend. Ein Strom von glühenden Thränen benetzte - Diesem die Brust; er floh zum Strand', im gleitenden Fahrzeug - Heimzuschiffen, und dort der rettenden Stunde zu harren. - - Sinam sah schon lang vom ragenden Thurme Goletta's - Nach dem feindlichen Lager hinaus, und erbebte den Feuern, - Welch' unzählig umher aufloderten. Wie auf des Meeres - Sturmempöreter Fluth die, aus Wolken brechende Sonne, - Plötzlich die Wogen entflammt, daß sie endlos, hüpfend, erblitzen: - Also erschienen ihm dort die Lagerfeuer, unzählbar, - Und er dachte für heut' auf keine entscheidende That mehr. - Unmuthsvoll erforschte sein Herz der Hunnen Beherrscher - Attila; flog um ihn her, und reitzt' ihn mit stachelnden Worten: - »Sinam, unkriegerisch, träg, und feig', erbebst du den Feinden? - Wie, ist dem furchtbar'n Ueberfall nicht günstig die Nachtzeit, - Der, verderbender oft als blutige Schlachten, dem Gegner - Jammer gebiert? Wie schwach erscheinst du dem Volke; wie haßt dich - Hairaddins Seele hinfort, der dir vertraute mit Unrecht!« - So vernahm, im Geist, die dräuenden Worte des Geistes - Sinam, und blickte, verwundert, umher: wer also gesprochen? - Doch er fand sich allein; besann sich der Angst, und es färbte - Schnell sein blasses Gesicht der Scham hellröthendes Feuer. - Jetzo murmelt' er leis': »Ich, Thor, vergrüble die Zeit hier - Müßig. Wohlan, der kühne Gedank' -- er werde zur That jetzt!« - Sagt' es, und kam, und sprach zu Giaffar glühenden Blickes: - »Giaffar, stets entflammt dir die Brust die Heldengesinnung, - Daß du nicht Tausende scheu'st, wenn rings umdrängender Gegner - Schlachtruf schallt, und, empört, der Waffen Getümmel ertönet! - Siehe, schon schwinden umher die Lagerfeuer des Feindes, - Und schlaftrunken, vom Weine betäubt, hinsinken die Feigen! - Auf, wir stürmen in Hast mit den Janitscharen das Lager, - Und erwürgen das wehrlose Volk in dumpfer Betäubung!« - Jener begann: »Ha, nicht unwichtige Thaten ersinnst du, - Schlachtenerfahrener Greis! Bald tilgt, entsetzlich, im Nachtgrau'n - Unser Eisen die Schlummernden. Zwar in der Helle des Tages - Mir ersehnt' ich den Kampf, nicht auf nachtumhülleten Pfaden; - Dennoch will ich dir folgen: gebieth', und ich ordne die Scharen.« - Sinam geboth: aufflogen die mächtigen Thore Goletta's, - Und die gerüstete Schar zehntausend muthiger Krieger - Drang, von Sinam geführt, und Giaffar, eilenden Laufes, - Jetzt an die Wälle heran. So weit, als ehrner Drometen - Klang dem Horchenden tönet im Feld, noch waren die Krieger - Von dem Lager entfernt: da duckten sich alle zum Boden - (Sinam geboth's) und schlichen, gebückt, gleich listigen Füchsen - Welch', einkrümmend die Ruthe, mit weitvorgreifenden Pfoten - So, daß am Gras' ihr Bauch hinstreift, den stillen Gehöften - Nahen bei Nacht, um dort die befiederten Schläfer zu fahen. - Jetzo, der Vorhuth nah', aufsprangen die Scharen, und furchtbar - Tönete Allah-Geschrei, entsetzlich der Stürmenden Schlachtruf, - Und, dem Säbelgeklirr vermengt, das Schmettern der Büchsen. - Aber nicht schliefen die Schützen Tyrols: sie wachten, der Pflicht treu, - Als die erlesene Huth an dem Graben, und weckten im Lärmschuß - Eilig, den Wall entlang, die kühnen Gefährten zum Kampf auf. - - Giaffar stürmte der erst', und hieb dem kühnen Ramiro, - Führer des Schützenvolks, die Stirn' entzwei mit des Säbels - Sausendem Schlag: er sank, und verhauchte das Leben. In Trident - Sah er im Handlungshaus, an der Seite des grauenden Vaters, - Reichthum die Fülle gehäuft, der köstliche Waaren des Ostlands - Vom venediger Freunde bezog, und versandte nach Deutschland; - Aber ihn lockte zum Kampf gar mächtig der Kriegesdrometen - Schmetternder Klang, auf Afrika's fernen Gefilden, und freudig - Hofft' er, mit Siegeslorbern geschmückt, die heimischen Fluren - Wieder zu schauen, und dort die Tage der schöneren Zukunft; - Doch ihn ereilte des Todes Geschick, und lachenden Erben - Wurden die Güter zu Theil des, in Gram hinschwindenden Vaters. - Giaffars schreckliche Kraft, verstärkt von kühnen Gefährten, - Würgt' auf dem Wall noch drei tyrolische Schützen vom Innthal -- - Brüder, und stets in dem Heere genannt »das rühmliche Kleeblatt«: - Denn, als Jörg, der jüngste, zu Freundsbergs[44] Fahne geschworen, - Eilten auch Günther und Jost ihm nach, zu schwören den Kriegseid - Vor dem Vater des Volks, Freundsberg, dem Jeglicher hold war. - Immer hielten sie treu und fest zusammen im Leben, - Und wo im eisernen Felde Gefahr den einen bedrohte, - Bothen die andern die Brust zum Schilde dem Bruder, und dachten, - Liebend, des Bruders allein. Am herrlichen Tag vor Pavia - Knüpft' an die Heldenbrust der Tapfern ein ehrendes Zeichen - Freundsbergs Hand; doch jetzt im nächtlichen Grau'n, an des Grabens - Weitaufgähnendem Schlund verhauchten sie, kämpfend, das Leben. - Also hätt' in dem Ueberfall noch viele der Christen - Tod und Verderben ereilt, und der Feind erstiegen die Wälle; - Aber da brach Hardwin, der tapfere Führer der Schützen, - Hohes beschließend im Geist, durch Reihen der Gegner. Er hatte - Sinam erseh'n, der vor- die Würgenden trieb. Ihn zu tödten -- - So von den Brüdern zu fernen die Noth, vorbraust' er, und zückte - Rasch auf Sinam das Schwert. Doch Giaffar, schauend des Feldherrn - Grause Gefahr, entboth die Seinen sogleich, und sie flogen - Jenem zu Hülf'. Zwar fiel der Schützen gewaltiger Feldherr, - Salis, mit eiliggeordneter Macht dem Feind in den Rücken -- - Drängt' ihn zurück von dem Wall, und häufte Leichen auf Leichen; - Aber es wühlten in Hardwins Brust unzählige Säbel - Schon: der Tapfere sank, und lächelte heiter im Tod noch. - - Rogendorf, der stattliche Feldzeugmeister des Heeres, - Hörte des Kampfes Getös'. Er saß in dem einsamen Kriegszelt, - Trauernd noch stets um den Freund, den ihm entriß das Verhängniß; - Doch, wenn Schlachtruf scholl, und ihn hieß, unzähligen Feinden - Kühn entgegenzusteh'n: da blitzt' aus den finsteren Wimpern - Ihm der Muth, da brachte sein Wink dem Feinde Verderben. - Eilig erstieg er den Wall, und geboth dort jeglichem Wurfschütz, - Fertig zu harren des Winks zu feuern, mit mächtiger Stimme: - »Männer, vor allem gebeut uns die Nacht, dem Donnergeschütz erst - Ein untrügliches Ziel zu ermessen im finsteren Blachfeld. - Werf't aus dem Haubitzrohr Leuchtkugeln, sausenden Fluges, - Ueber die Feinde hinaus, zu erhellen die Gegend, und furchtbar - Wüthe sogleich das Donnerrohr in die wimmelnden Scharen.« - Sinnig erfand erst jüngst die erleuchtenden Kugeln der Feldherr: - Mengte den Salzen Harz, und Schwefel und Kohle dem Spießglas; - Dann umhüllt' er mit Werg das Gemeng', und rundete solches. - Jetzo des Brandrohrs Saum mit der brennenden Lunte berührend, - Warf der Schütz aus dem Haubitzrohre die leuchtenden Kugeln - Weit in die dunkeln Gefilde hinaus: sie erhellten, dem Mondlicht - Aehnlich, die Nacht. Wie entzündete Luft, urplötzlichen Fluges, - Schimmernden Sternen gleich, durchzieht den nächtlichen Himmel; - Oder vom lärmenden Kreis' der Jünglinge, tönend dem Faustschlag, - Ein gewaltiger Ball, den Rindesblase geschwellt hat, - Stolz in die Luft sich erhebt, dann senket: so flogen die Kugeln - Ueber dem Feinde dahin. Er staunte dem Wunder, und jetzo - Faßt' ihn erschütternde Furcht, als rings erhellet die Nacht war, - Die verrätherisch ihn preisgab nie geahntem Verderben. - Doch schon winkete Rogendorf: da brüllten auf einmal - Dreißig Schlünde vom Wall. In die wimmelnden Haufen geschleudert, - Warf der Achtzehnpfünder entsetzliche Wucht aus den Gegnern - Hundert zu Boden: die andern entfloh'n nach der Veste Goletta, - Schreiend, in keuchender Hast, nicht hörend die Stimme der Führer -- - Sinams Stimme nicht mehr, nicht Giaffars, die in dem Nachzug, - Einend das kühnere Volk, dem raschverfolgenden Gegner - Bothen die Stirn': denn Salis, der kühnen tyrolischen Schützen - Tapferer Hort, nachbrauste den fliehenden Feinden, dem Sturm gleich, - Der auf der Heid' im Herbst die bärtigen Disteln dahinjagt, - Und er kehrte nur spät von der blutigen Feindesverfolgung. - - Jetzt, vom Schlummer geweckt durch Kampfgetümmel und Schlachtruf, - Sprang der edelste Kaiser voll Hast vom nächtlichen Lager, - Nahte dem Wall, und sah, wie Rogendorf nach dem Feind hin - Sandte des Todes Geschoss'. Er winkt' ihm lohnenden Beifall, - Und begann vor Salis, und seinen Gefährten voll Huld so: - »Eure Stirn' umkränze des Ruhms niewelkender Lorber! - Muthig hab't ihr gekämpft: vor euren zerschmetternden Büchsen - Floh'n in Eile die Feinde davon. Zum Lohne des Sieges - Sollt' ihr auf jenen, so stolz sich erhebenden felsigen Höhen, - Wo in Karthago's rühmlicher Zeit die mächtige Hochburg, - Byrsa[45] stand, aufpflanzen die Fahn', und den Lagergenossen - Stehen zur Huth auf der weitumschauenden Warte des Landes.« - Und er kehrt' in das Lager zurück. Doch jauchzenden Rufes - Klommen, von Salis geführt, die tapferen Bergebewohner - Jetzo die Felsen hinan. Gern weilt der sinnige Bergfreund - Auf den luftigen Höh'n, wo er all' dem niedrigen Treiben, - Drängen, und Sorgen der Erd' entrückt, des Himmels Gefilden - Näher, so frei und selig sich fühlt; wo das sehnende Herz ihm - Höher im Busen schwillt: da er bald des wölbenden Aethers - Dunklerer Bläue staunt, bald tief in den schwindligen Abgrund - Starrt, und, mit Thränen im Blick des Waldstroms silberne Fluthen - Eilen sieht, und des schnellentfliehenden Lebens gedenket. - Ach, der Gebirgssohn hängt mit kindlicher Lieb' an der Heimath! - Wie, den Alpen geraubt, hinwelket die Blume: so welkt er, - Ihr entrissen, dahin. Stets sieht er die trauliche Hütte, - Die ihn gebar, im hellen Grün umduftender Matten: - Sieht das dunkele Föhrengehölz, die ragende Felswand - Ueber ihm, und noch Berg' auf Berg' in erschütternder Hoheit - Aufgethürmt, und glühend im Rosenschimmer des Abends. - Immer schwebt es ihm vor -- verdunkelt ist alles um ihn her! - Aengstlich horcht' er. Ihm däucht: er höre vom nahen Gehölz her - Wieder das Muhen der Küh', und hoch von den Alpen herunter - Glöcklein klingen. Ihn däucht: er höre das Rufen der Hirten, - Oder ein Lied der Sennerinn, die, mit umschlagender Stimme, - Freudig zum Wiederhall aufjauchzt Melodieen des Alplands. - Immer tönt es ihm nach. Ihn fesselt der lachenden Ebnen - Anmuth nicht; er fliehet der Städt' einengende Mauern, - Einsam, und schaut, aufweinend, vom Hügel die heimischen Berghöh'n: - Ach, es zieht ihn dahin mit unwiderstehlicher Sehnsucht! - - Aber im Osten schwebte der Mond mit strahlendem Antlitz - Ueber die Berg' empor. Auf des Meeres fernen Gewässern - Schwamm sein zitterndes Licht; er hellte des säuselnden Waldes - Dunkelen Saum, und goß den silbernen Schleier, aus Aethers- - Dufte gewoben, umher auf den sanftentschlummerten Erdkreis. - - - - - Siebenter Gesang. - - - Drüben am östlichen Himmelsthor erglühte der Morgen. - Schaurig wehte der Wind, und fuhr mit eisigem Odem - Ueber das Heer. Von dem lockigen Haupt und dem Mantel des Kriegers - Träufelte fort und fort der Thau gleich schimmernden Perlen, - Und verwandelt' in Grau die dunkele Farbe der Rosse, - Die, von Dampf umhüllt, mit schlotternden Seiten sich drängten: - Denn so glühend die Luft sich bei Tag auf Afrika's Fluren - Senkt, so ergreifend haucht sie den Frost aus der schwindenden Nacht - her. - - Dort nach dem Felsenhorst, den erst zum Lohne des Kampfmuths - Sich errangen die Schützen Tyrols, erhob sich der Kaiser - Jetzo mit Ludwig allein. Er schwieg. Die umdüsterte Vorzeit - Schwebte ihm vor: denn, ach, er trat Karthago's Ruinen! - Aermliche Dörfchen gewahrt' er nur: El-Mersa, und Melcha - Näher dem Meer' -- entfernter: Sidji-Mosaid, und Darilschut, - Ruhend, Oasen gleich, auf Karthago's wüsten Gefilden. - Stille herrschte umher in den Hütten des flüchtenden Volkes: - Denn o, furchtbar droht, und furchtbarer jede der Stunden - Vor dem nahenden Feindesheer' in entsetzlicher Kriegszeit, - Wenn, entrissen dem Schirm der väterlichwaltenden Obmacht; - Hingegeben empörter Gewalt, unbändiger Willkühr, - Und unleidlicher Schmach, der Mensch nach Rettung umherschaut: - Jetzo der Gegenwart, dann wieder der nächtlichen Zukunft - Schrecken ihn faßt, und vernichtende Angst ihm raubt die Besinnung! - Als sie erklommen des Felsens Höh'n: da schwebte die Sonne - Aus dem glühenden Meer mit rosenumhülletem Antlitz - Freundlich herauf. Ihr hauchten die Fluthen, ihr dampften die Berghöh'n - Lieblichen Opferduft empor; sie grüßten die Fluren, - Funkelnden Blicks, und, freudigen Lautes, die Hain' und die Wälder. - - Nicht, wie sonst, erfüllte des holderwachenden Morgens - Schimmer des Kaisers Brust mit Wonne der seligen Geister: - Denn beklemmt war heute sein Herz, und düstere Schwermuth - Hüllt' ihm die Stirn' in Nacht: er dachte die Tage der Vorwelt. - Sinnend irrte sein Blick von der steilabstürzenden Felswand - Nach den schimmernden Fluthen hinaus; der säuselnde Frühwind - Wiegt' am Nacken sein lockiges Haar, und wiegte des Mantels - Wogenden Saum. Nun setzt' er, entfernt von des Lagers Getümmel, - Sich auf den moosigen Stein, und sprach zu dem horchenden Jüngling: - »Siehe, so ferne dein gieriges Aug' erforschet die Fluren, - Rings den Felsen umher, wo Byrsa, die eherne Burg stand, - Lag Karthago, hehr, weitherrschend und mächtig verbreitet! - Aber nicht kündet der kärgliche Schutt, umwuchert von Mooswuchs, - Wo die Herrliche stand, und mit Staunen erfüllte den Erdkreis. - Wehe, sie sank, des blühenden Reichs gewaltige Hauptstadt, - Sie, der eisernen Roma zum Trotz, noch die Zierde der Welt, sank! - Blut durchströmte die Straßen umher; die prasselnde Flamme - Wüthete rastlos fort: im Schutt versiegte die Wuth nur. - Aber es lebt die Erhabene noch in der Kunde der Nachwelt. - Hehre Begeisterung schwellt den Busen des Sängers; nicht fremd mehr - Ist ihm des Helden Sinn, nicht die That, aus jenem geboren: - Ihr ertönt sein Gesang in vielfachwechselnden Weisen, - Die jetzt, brausenden Stürmen gleich, erschüttern des Hörers - Pochende Brust, und jetzt, wie liebliche Lüftchen des Abends - Säuselnd im Veilchenbeet, ihr sanfte Wonne gewähren. - Ha, Karthago lebt, und ewig ertönet ihr Nachruhm: - Meererforscherinn, Städt'- und Völkergründerinn heißend; - Lebt durch Hannibals Ruhm, des mächtigen, eidesgeweihten, - Furchtbar'n Rächer des Vaterlands, und blühet für immer - Ob dem erschütternden Muth: verschmähend die schimpfliche Knechtschaft, - Unterzugeh'n, auch im Falle noch groß, in würdiger Freiheit! - D'rum erhebe dein Herz, dem Guten und Wahren dich weihend: - Denn sie allein entführt der Zeit fortrollende Fluth nicht, - Und, umschwebend die Welt in ewigdauerndem Kreislauf, - Reichen sie dir zum Lohne den Kranz nie welkender Blüthen.« - Jetzt erhob er sich schnell, nach dem Lager zu kehren. Auch Ludwig - Säumte nicht; doch ihm quoll die Thrän' aus den blitzenden Augen: - »Wohl ist es schön,« so sprach er, »im Lauf enteilender Zeiten - Ueber der niedrigen Fluth, emporgehoben, zu stehen, - Und zu erringen den Kranz gefeierter Helden der Vorwelt; - Doch, ach, mich entreißt die sorgliche Liebe des Herrschers - Jeder Gefahr, und ruhmlos schwindet mir Leben und Thatkraft!« - Freudig erklang des Jünglings muthige Rede dem Kaiser, - Und er entgegnet' ihm so: »Schon nahet die Stunde, wo, kämpfend, - Du in dem eisernen Feld die Schrecken der Schlachten bestehen, - Und als Sieger, umjauchzt von tapferen Kriegesgefährten, - Kehren, oder im Kampf erliegen sollst für die Rettung - Tausender: ein's wie das and're erhebt; doch leitet die Vorsicht - Dich nach der Heimath zurück, dort blühet ein schöneres Feld dir - Ewigen Ruhms: durch Herrscherweisheit im Segen zu walten - Ueber ein glückliches Volk, und, also der Mit- und der Nachwelt - Frommend, im Segen zu seyn den spätesten Menschengeschlechtern.« - - Hannibal horchte mit Lust, wie ihn ehrte der mächtigste Herrscher. - Seit er dem irdischen Leben entrückt, unmuthigen Herzens, - Weilt' im dunkelen Raum des nachtumwölbenden Erdballs, - Sah er zum erstenmal die trauten Gefilde der Heimath - Wieder. G'en Zama[46] hinaus erhob er die glühenden Augen, - Starrt', und ballte die Faust des Jammers Gebilden entgegen: - Denn noch sah er die Miethlinge fliehn; durchbrochen die Reihen - Seines Volks, und, empört, die schreckliche Schar Elephanten - Wüthen im eigenen Heer -- entrissen auf immer den Sieg ihm: - Sah's, und wandte sich schnell nach Karthago's Stätte hinüber. - Aber wohin entschwand die Herrliche? Neidischverschlungen - Hatte der Strom der Zeit auch die letzten Maale des Ruhmes. - »War auch sie mit dem Römer im Bund'?« So seufzt' er, und hob sich - Eilig den Felsen hinan. Dort hört' er unsterblicher Thaten - Seelenentzückendes Lob aus dem Munde des edelsten Kaisers: - Ihm von der Stirn' entfloh'n des Unmuths düstere Wolken; - Heiterer blickte sein Aug', und der Groll, vom Römer empöret, - Schmolz aus seiner besänftigten Brust, wie schimmernder Frühreif - Schmilzt im sonnigen Strahl. Schon dacht' er, den Christen ein Helfer - Künftig im Kampfe zu steh'n: da naht' ihm jener im Eilflug. - Regulus sah auf den Felsenhöh'n um seinen Erwählten - Hannibals dräuende Näh', und wähnte: verderbende Täuschung - Sinn' er, ihm dort in die argloshorchende Seele zu hauchen. - Wie aus dem sonnigen Thal der rauberspähende Kondur -- - Er, der Riese des Geiergeschlechts, in sausender Schnelle - Hoch empor sich schwingt zu dem Wolkennest, zu erforschen: - Ob nicht Gefahr dort drohe den kreischenden Jungen? so naht' er, - Jetzo dem Kaiser im Flug, und wachte mit liebender Sorgfalt, - Wie er die Listen vereitle durch List, und vernichte die Täuschung. - Hannibal schnob, erneut vor Zorn: mit dräuenden Blicken - Schwebt' er davon, und sann dem Christenheere Verderben. - Doch in die Zeltenstadt heimkehrte mit Ludwig der Kaiser. - - Aber welch' Getümmel erschallt an dem Strande des Meers jetzt? - Gegen Zafrano hinaus, auf Bona's lieblichem Vorland, - Thürmt ein Cedernwald die dunkelen Wipfel g'en Himmel. - Noch in dem kühleren Hauch des sanftaufdämmernden Morgens - Schifften auf Ruderbooten dahin, von Guasto gesendet, - Tausend, des Zimmerwerks wohlkundige Krieger: zum Schanzbau - Stämme zu fällen. Da scholl in der hehren Stille des Morgens - Drüben des Beils dumpfschmetternder Schlag vom tönenden Stammholz: - Sausend entstürzte der Wald. Jahrhunderte sah er der Umwelt - Wandelbare Gestalt; er stand, und hob sich noch immer - Höher empor: nun streckt' ihn die grausame Schärfe des Eisens - Nieder: in Trauer gehüllt aufragte das kahle Gebirgsland. - Aber sogleich ersah'n die feindlichgesinneten Geister, - Schwebend vor Muhamed her, und Attila, welche Gefahren - Ihren Erwählten der Christ bereitete: Schauder ergriff sie. - Siehe, da flog Ellack, des Hunnenkönigs Erzeugter, - Näher, und rief dem Vater zugleich, und dem heuchelnden Seher: - »Schauet die Riesenschlange dort im Schatten der Felskluft - Liegen: Unsterbliche selbst erbeben dem schrecklichen Anblick. - Weck't sie vom Schlaf, und, empört, hintilgt sie die kühnen Gesellen!« - Muhamed sann umher; dann rief er den Zagenden also: - »Hebe dich, Muhameds Volk! Erhebt euch, Attila's Scharen; - Fahr't in des Unthiers Bauch, und erreg't dem Feinde Verderben!« - Jetzo im sausenden Flug hinstürzten die stürmischen Geister, - Schrie'n, und fuhren zugleich in des Scheusals umringenden Bauch ein. - Tief in der Felsenkluft, zum furchtbarn Knäuel verschlungen, - Lag die gräßliche Schlange (dem Rad, das, weichend des Bergstroms - Riesengewalt, den Mühlstein dreht, im Kreise nicht ungleich) - Schlummernd, und barg ihr Haupt in des Knäuels Mitte mit Vorsicht. - Nur im Dunkel der Nacht, nur selten im Lichte des Tages, - Kroch sie lauernd hervor, um ein sorglosweidendes Hausthier, - Rasches Gewild, und auch Menschen zu fah'n; da hieß es: ein Berggeist, - Hausend im Felslabyrinth des schauerumhülleten Waldes, - Habe verschlungen den Raub, und der Iman heulte Gebet' auf. - - Als die stürmende Schar, des Herrschers Winken gehorchend, - Im unleidlichen Drang die furchtbarn Ringe des Scheusals - Füllte: da hob es in zitternder Wuth das gräßliche Haupt auf, - Warf es im Bogenwurf in der Höhl' umher, und ihm zischte, - Flammengeröthet, die Zung' aus dem weiteröffneten Rachen. - Schrecklich erglühte sein Aug' aus den giftgeschwollenen Kreisen, - Und, gebläht, erfüllet' es ganz die räumige Felskluft. - Doch, als jetzo die Schar erboßtumtummelnder Geister - Selbes noch wüthender drängt', und stachelte, froh der Empörung: - Da durchfuhr's die entsetzliche Höhl' im sausenden Eilflug -- - Attila bebte zurück mit Muhamed: denn an dem Felsen - Stand es, emporgethürmt, hoch über dem Haupte der Cedern. - Heulend entstürzte die Schar holzhauender Krieger dem Dickicht, - Eilte zum Strand', in dem Ruderboot zu entfliehen dem Tod noch; - Aber nicht allen gelang's. Den Flüchtenden jagten die Geister - Jetzo das Ungethüm nach, und es warf sich ergrimmter zum Boden. - Weithin bebte der Grund; rings schwankten die luftigen Cedern, - Welche die schnellhingleitende Schlange berührt', und das Berggras - Welkte vor ihrem Flammenhauch, da Felsengeröll' ihr, - Stäubend, nachrauschte vom Berg; doch dort, vom Strande des Meeres, - Fest mit dem Schweif umschlingend die weitnachbeugende Ceder, - Schwang sie sich über die Fluthen hinaus. Ihr bläulicher Rücken - Blitzt' in dem Sonnenlicht, als, längs dem spiegelnden Meer hin, - Schlängelnd, ihr Schatten flog, und sieh', da erhaschte sie pfeilschnell - Eines der Boot', und warf's, mit schüttelndem Grimm, in den Abgrund! - Nichtigem Spielwerk gleich, das zürnend der Knabe zertrümmert, - Flog des Schiffes Gebälk mit lautem Gekrach aus den Fugen. - Trümmer und Leichen bedeckten des Meer's aufwirbelnde Fluthen; - Aber sie sank, ermattet, zurück, und rollt' an dem Stamme, - Ringelnd, sich auf: wie ein Seil umringelt den kreisenden Wellbaum, - Wenn von des Meeres Grund die gewichtigen Anker sich heben. - Und die Ceder erbebte der Last des lauernden Unthiers. - - Staunend vernahm der Kaiser den Lärm an Zafrano's Gestaden, - Blickte nach Ludwig hin, und dieser enteilte gewaffnet, - Rasch dem Gezelt; dann schifft' er auf Dorias herrlichem Fahrzeug - Eilig hinüber zur Bucht, wo, lauernd, das Scheusal der Ceder - Säul' umschlang. Er hielt, und sann, wie er solches bezwinge. - Sieh', und, brausenden Flug's, naht' ihm der edelste Römer, - Regulus: denn, begrüßend den ruhmverkläreten Schauplatz - Seines, der Weltstadt Rom heilbringenden Todes, gewahrt' er - Attila's Hohn, und Muhameds -- auch des gestachelten Unthiers - Wüthenden Grimm, und des Jünglings Angst! Da rief ihm der Geist zu: - »Denke des Regulus doch, der einst durch Schleudergeschosse - Hier die Schlange besiegt, und dem Volk Errettung gebracht hat!«[47] - Und es erhob sich sogleich das Bild des edelsten Römers, - Schimmernd, vor seinem Blick: denn laut entboth er die Krieger: - »Windet die Wucht des ehernen Donnerrohres an Tauen - Auf an den Bord; scharf ziele der fernhintreffende Wurfschütz, - Und zerschmett're das Haupt des unheilbrütenden Scheusals.« - Also geschah's. Wohl zielte der fernhintreffende Wurfschütz, - Wendend den ehernen Schlund mit dem leichtbeweglichen Richtkeil, - Senkte die Lunt', und wandte sich. Laut, mit Donnergetümmel, - Sauste die Kugel hinan, und riß den Wipfel der Ceder - Krachend vom Stamm: er bebt', und still verharrte das Unthier, - Daß es die Schiffenden näher gelockt, erhaschte; doch Ludwig - Sann hochrühmlichen Kampf. Ihm funkelten heller die Augen: - Denn er geboth dem Steuermann urplötzliche Landung, - Schwang sich hinaus, um dort, auf die Kniee gesunken, zum Himmel - Flehenden Blickes zu schau'n, und sieh', ein Glanz, wie im Nachtgraun - Flammt der Blitz, erhellete jetzo den schimmernden Luftraum; - Goß ihm freudigen Muth in das Herz, und hieß ihn nicht achten - Seines Volkes Geschrei; und als er den schrecklichen Degen - Hoch aufschwang: da glühte die Spitze des Eisens, wie nächtlich - Glühet die Wetterstang' im Gewölk, wenn rings in den Lüften - Gährender Donner wogt! Er drang auf das Scheusal beherzt ein. - Schauder erfüllte die Welt. In dem ödverstummenden Blachfeld - Scholl nur leises Gezisch des Lauernden. Jetzo dem Gegner - Flog's in schlängelndem Blitzesflug' entgegen, und strebte - Ihn zu erhaschen. Er wich ihm behend' nach jeglicher Seit' aus, - Stets abwehrend mit blinkendem Stahl des offenen Rachens - Dräuende Wuth; doch jetzt in die Luft aufschwang er den Degen, - Hieb, und trennte das Haupt von dem Rumpfe des scheußlichen Unthiers, - Der, entsinkend dem Stamm, mit Blut umhüllte den Boden. - Heulend vor Schrecken und Angst, entfloh'n die Geister, und eilten - Muhamed nach, und Attila: fern in ätherischen Höhen - Größeres Unheil noch zu ersinnen dem Heere der Christen. - Ludwig kehrte gepriesen, zurück: da liefen die Männer, - Jubelnd, zum Strand', und sah'n das kühnzerschmetterte Scheusal - Liegen im schwärzlichen Blut, und zucken, und schauern im Tod noch, - Schaudernd sie selbst: denn gräßlich war es noch immer zu schauen. - Dann mit des Waldes Raub belastend das räumige Fahrzeug, - Eileten sie, zu erbau'n die vest'umzingelnden Schanzen. - - Wohl von den Reihen beschirmt gewaffneter Brüder -- nicht achtend - Dicht im Donnersturm' hersausender Feindesgeschosse, - Grub an den Schanzen das Volk, und, wo in dem sandigen Boden, - Hügelnd, kein Damm sich hob, und den kreischenden Spaten des Aufwurfs - Sinkende Last stets wieder ereilte: da fügten die Krieger - Stämm' auf Stämme, dem Wall zur dauernden Stütze. Den Weiden - Raubeten andre ihr schlankes Gezweig, und flochten die Schanzkörb', - Welch', erfüllet mit Sand, und erhöht auf dem Damme, den Wurfschütz - Und die Donnerschlünde zugleich beschirmten im Feuer. - Also erbauten sie drei, verderbendräuende Schanzen - An Goletta umher, in Gestalt des wachsenden Mondes, - Wenn er, silbergehörnt, hinschwebt am sternigen Himmel. - Rechts an den Oehlbaumwald, und links an den felsigen Meerstrand, - Stieß ihr Horn, und umkreiste nur halb die trotzende Festung: - Denn auf dem Meer' umfing sie, dem silbergehörneten Mond gleich, - Wieder die Schiffheersmacht: aus ihres verehrten Gestirnes - Bild, ihr kam der Jammer gesandt, und die grause Vernichtung. - Aber das ehrne Geschütz, von schnaubenden Rossen gezogen, - Rückte zögernd heran; die Räder, im Sande versinkend, - Knarreten unter der Wucht, und Schaum bedeckte die Rosse. - - Guasto, im Ehrengefolg zu Thaten gerüsteter Feldherrn - Nahend, rühmte des Werk's ersehnte Vollendung, und sagte: - »Dreißig eherne Schlünd' und zehn bomb'schleudernde Mörser - Schirmt Alarkon, der Held, in der mittleren Schanze voll Thatkraft, - Und ihm gehorche die Schar viertausend hispanischer Krieger; - Aber, nicht minder an Zahl, erfüllen die Schanz' an dem Meerstrand', - Niederländern gesellt, Lusitania's Krieger: ihr Hort sey - Ludwig, der tapfere Fürst; doch jen' an dem säuselnden Oehlwald - Sey fünftausend Wälschen vertraut, und mein ist des Volkes - Schirmende Huth. Das ehrne Geschütz, in jeder an Zahl gleich, - Und an verderbender Macht, entsende zur Veste Vernichtung.« - Aber nicht dacht' er im Ernst die Schanze der Wälschen zu schirmen: - Denn er versuchete nur den tiefverwundeten Helden - Sarno, den er der Feigheit zieh im unseligen Walten - Raschauflodernden Zorns, und nimmer lächelte seither - Sarno's trauerumflossenes Aug'. Empört in dem Busen - Trat er nun aus dem glänzenden Kreis', und sagte zu Guasto: - »Wolltest du mir, erlauchter Gebiether, die Stelle vertrauen - Dort am Olivengehölz, zunächst dem feindlichen Andrang: - Daß sich erweis' in der That, ob ich feig' erbebte dem Gegner?« - Guasto's Aug' umwölkte die Thrän'; er sagt ihm dagegen: - »Edler, die Schanz' am Olivengehölz, dem feindlichen Andrang - Näher, sey dir vertraut zum Gewinn unsterblichen Ruhmes. - Ha, nicht des Wortes mehr, des unseligen, das in dem Zorn mir - Jüngst entfuhr, gedenk': den Tapferen ziere die Großmuth!« - D'rauf both er ihm noch freundlich die Hand, und eilte von dannen: - Denn schon füllten den Raum der vest'umzingelnden Schanzen - Treffliche Völker im Freudengejauchz', und rings von den Wällen - Gähnte der ehernen Schlünd' entsetzendräuende Mündung. - Aber vor allen ereilten, im hurtigen Laufe die Krieger - Sarno's ihr Ziel: sie erhob des wiedererheiterten Feldherrn - Siegverkündender Blick, den lange die Trauer umhüllte. - Dort auf des Wall's vorspringendem Horn erhöht' er voll Hast nun - Seines Volkes Panier, das blutroth auf in den Lüften - Flatterte; sah vom gehügelten Wall, mit steigender Sehnsucht, - Nach der Pläne hinaus, zu erspäh'n die feindlichen Scharen. - Tausende sollten ihm nah'n: er hatte beschlossen zu sterben. - - Jetzo wäre der Donnerrohr' und der ehernen Mörser - Schreckliche Wuth um Goletta erwacht; doch, sausenden Rittes, - Sprengte der Kaiser heran; ihm folgte der tapfere Alba, - Diesem die Heldenschar zweihundert Reiter, und schimmernd - Wehte das Friedens-Panier vor den Eilenden: denn in dem Busen - Schlug ihm das Herz voll Huld und menschenfreundlicher Schonung. - Nahend den Feuerwerkern im Flug', erhob er die Stimme: - »Haltet ein! Nicht ertöne des Krieg's entsetzlicher Mordruf, - Der in dem blindumwüthenden Grimm so vielfach des Jammers - Opfer häuft, und so viel schuldlose Herzen zermalmet, - Eh' denn Alba gekehrt aus dem feindlichen Lager. Wir biethen - Auf errungenem Feld, zu furchtbarer Rache gerüstet, - Ihm versöhnend die Hand. So er, taub, und rasend im Unsinn, - Von sich stieße die Hand, und verschmähte des Friedens Bedingniß: - Dann auflodere ringsumher die Flamme des Krieges.« - Sieh', und den stachelnden Sporn in die Seiten des Rosses versenkend, - Flog nun Alba davon mit seinem erlesenen Häuflein -- - Flog, wie ein Sturm die Heide durchtobt! Doch jetzt, von Goletta - Kommend, scholl ihm Getös' und Waffengerassel im Rücken. - Sinam war's, der schnell mit tausend maurischen Reitern - Nahete: denn er sah in dem Wind das schneeige Fähnlein - Flattern: des Friedens Bild, den er ersehnt' in dem Busen - Ob der Schätze daheim besorgt im grauenden Alter. - »Hemmet die Roß', ihr Christen,« so rief er, »den sühnenden Herold, - Wenn mich das Auge nicht triegt, gewahrt' ich in eurem Gefolg dort! - Kündigt er uns, wohlweise berathen, die Worte des Friedens?« - »Ja,« sprach Alba beherzt, »wir bringen euch heute den Frieden; - Nehmt ihn getrost: denn besseren Rath ersinnet ihr nimmer!« - Jener lächelte Hohn; doch hing in dem brausenden Ritt oft, - Seitwärtsblickend, sein staunendes Aug' an dem christlichen Feldherrn, - Der im schimmernden Waffenschmuck, ein trefflicher Reiter, - Eisern im Sattel saß, und stolzverstummend dahinflog. - Jetzo die Straßen entlang von Tunis, im Donnergalopp fort - Jagte die Schar, und das wimmelnde Volk lief ihr mit Geschrei nach: - Denn wie im sonnigen Lenz, wenn voll von duftenden Blumen - Pranget der Hain, und pranget das Feld und der zierliche Garten, - Zahllos summen in würziger Luft die geschäftigen Bienen: - Diese, mit goldner Last an jeglicher Seite beladen - Kehren, im Korb zu erbau'n die künstlichen Zellen; die andern, - Ihm entschwirrend in Hast, fortzieh'n, auf den blühenden Matten - Lieblichen Honigseim mit zart eindringendem Stachel - Aus dem duftenden Kelch zu saugen, und kehren, und ziehen - Sonder Rast: so war des unzähligen Volkes Gewimmel. - - Ueber der lärmenden Stadt, in Barda's[48] Zaubergefilden, - Wo die herrliche Sommerburg die goldenen Zinnen - Aus dem dunkelen Grün umsäuselnder Hain' in die Wolken - Thürmt, verweilte Hairaddin jetzt, und ordnete kundig - Heeraufstellung und Kampf, im Kreise der horchenden Feldherrn. - Dort im luftigen Saal, auf schwellende Pfühle gesunken, - Sprach er mit Salek, und sprach mit Dragut und Muhamed Temtes, - Eifernd, als Pferdegetrab in die Ohren ihm scholl, und die Nachricht - Kam: ein Friedensboth' erscheine der christliche Herold. - Sieh', ein Wink fuhr ihm, wie ein Blitz, aus den finsteren Wimpern, - Und im Waffengeklirr aufkrachten die Thüren; des Vorhangs - Purpur flog zur Seite gerollt: denn plötzlich umringten - Hundert Janitscharn, geführt von Hassan, dem Aga, - Schirmend des Herrschers Thron, und sah'n, verschlingenden Blickes, - Hin nach dem Fremdlinge, der an Sinams Seite herankam, - Und dem Throne genaht, erhob die muthige Stimme: - »Dir, großmächtiger Herr, entbiethet der Kaiser der Deutschen, - Und Hispania's König, durch mich, den Herzog von Alba, - Freundlichen Gruß, und sendet, noch ehe der würgende Schlachtruf - Tunis Gefilde durchtobt, dir sanfte Worte des Friedens, - Daß unzähliger Völker Glück dem deinen vereint sey! - Nicht gedenket er, dir zu entreißen die Krone von Algier; - Aber er heischt, zum Ersatz, für Hassan jene von Tunis, - Die er, erst jüngst, mit heiligem Eid, ihm wieder zu schaffen - Schwur, aufbiethend unendliche Macht. Auch sollst du in Freiheit - Ziehen mit deinem Volk; entführen die Schätz' und die Waffen, - Wenn du zuvor den Christensclaven die Bande gelöset, - Und gelobet ihm hast, zu entsagen der schrecklichen Willkühr, - Die nur auf Menschenraub und Plünderung gründet die Herrschaft. - Frei ist das Meer: ein Bild der ewigen Vorsicht, umher, rings, - Hält es die Erd' umfaßt! Auf seinen unendlichen Bahnen - Fliege des emsigen Kaufmanns Schiff, mit schimmerndem Fittig, - Schnell von Port zum Port, im völkerverbindenden Handel - Freudig den Segen der einen Welt der andern zu spenden; - Willig trag' es, wenn Noth es erheischt, ein muthiges Kriegsvolk, - Das sich erhob, des Wüthrichs Macht zu begegnen -- zu wehren - Unterdrückung und Schmach, im blitzebewaffneten Bollwerk - Hin zum sicheren Sieg; doch mög' es, empört, in den Abgrund - Schleudern das Schiff und den Räuber zugleich, der schnöden Gewinns - froh, - Seine Fluthen entweiht, der Knechtschaft Opfer zu häufen! - Unsere Losung sey: des Meers allsegnende Freiheit!« - Dunkelröthliche Gluth flammt' auf in den Augen des Wüthrichs, - Als er die Worte vernahm; er schwang auf dem purpurnen Pfühl sich - Rasch herum, und ballte die Faust, und knirscht', und begann so: - »Ha, verwegener Christ, so trotzest du mir in das Antlitz? - Fluch sey dir, und auch ihm, der dich gesendet! Hinweg -- stirb!« - Jetzo ereilt' ihn der Tod auf hundert blitzenden Säbeln, - Rief nicht Sinam dem Volk: »Vergreife dich nicht am Gesandten!« - Alsbald bebt' es zurück. Da stand voll ruhiger Hoheit - Alba, und starrte mit festem Blick dem Wüthrich in's Antlitz, - Der, erblassend dem Blick, verstört zum Boden hinabsah. - Stille herrscht' in dem Saal, und lange noch starres Entsetzen. - Aber der Milde bedacht, sprach Sinam: »Erwählter des Himmels, - Seiner Gläubigen Hort, und Liebling des großen Propheten, - Schone des Herolds: denn wie die Laute mit tönenden Saiten - Lautlos schweigt, bis ihr, nun frohe, nun traurige Weisen, - Wechselnd, des Künstlers Hand entlockt: so hat er auch jetzo - Nur getreu verkündet das Wort, das Herrschergewalt ihn - Sprechen hieß. Nur den verfolg', ein furchtbarer Rächer, - Der ihn gesendet zu dir, so er stolz verschmähte den Frieden, - Welchen du noch aus dem Born reichströmender Huld ihm gewährest.« - Hairaddin rief: »Wohlan, vernehmet es, was ich beschlossen! - Erst schafft ihr in Banden herbei den schwarzen Verräther, - Muley Hassan, der, Ungläubigen selber zum Spott nur, - Feig der Rach' entrann. Auch hundert der größeren Schiffe - Möget ihr ohne Verzug uns geben als rettende Sühnung, - Daß ihr noch frei heimkehrt, und entflieht der grausen Vertilgung. - Säumtet ihr, dann Weh' euch: denn Hunderttausende harren, - Voll blutlechzender Gier, der schrecklichen Losung des Mordens - Nur, und ihr werdet vor ihnen wie Spreu vor dem Sturme zerstieben!« - Und er entließ ihn jetzt mit schnödem Winke der Rechten; - Blickte nach Dragut dann, und wieder nach Muhamed Temtes, - Lächelnd. Er that, als acht' er ihn kaum, und ihm bebte das Herz noch - Wegen des todverachtenden, mutherhelleten Blickes, - Der ihm die Tiefen der Brust, gleich flammenden Blitzen, durchbohrte. - Aber noch weilte der Held, und sprach zu dem Herrscher noch einmal: - »Gönnet mir gnädig Gehör! Die Gattinn des edelsten Feldherrn - Schmachtet, seiner beraubt, in Draguts harter Gewahrsam; - Doch er gebe sie frei; die Lösung heischend nach Willkühr, - Daß sie des Wiederseh'ns unnennbare Wonne vereine.« - Schnaubend vor Zorn erhob sich Dragut, und rief ihm entgegen: - »Ha, du biethest mir Gold für sie, die schön ist wie Houris[49] -- - Gold, das mir zur Beut' Europa gespendet? Ich wähnte, - Kommen wird der Gemahl, das Weib zu ersiegen im Zweikampf. - Liegt ihm Tunis zu fern? Erzähl' uns, ist er so furchtsam?« - Alba, des Spötters nicht achtend, ging. Der edlere Sinam - Folgt' ihm schweigend, und gab, an dem Thor, die maurischen Reiter - Ihm zum Geleit, fern über Goletta hinaus zu dem Wall hin. - Hairaddin hob sich ergrimmt von dem Pfühl, und sagte den Feldherrn: - »Eilt an das blutige Werk, und sucht im stürmischen Angriff, - Heimlich und offenbar, in der Kühle der Nacht und des Tages - Menschen- und thier'ermattender Gluth, dem Feinde zu schaden, - Bis die vereinte Macht unzähliger Bundesgenossen - Uns auf das Schlachtfeld ruft, zum schrecklichen Kampf der - Entscheidung!« - Jeglicher eilte zum Heer; doch Dragut, empört in dem Busen - Flog zu Mathilden heim, zu Toledo's unglücklicher Gattinn. - - Ach, sie duldete dort jetzt unaussprechlichen Jammer! - Wie die Rose, dem wonnigen Lenz entfaltend die Knospen, - Rings Entzücken weckt, und freudiges Staunen: so war sie; - Aber, der Lilie gleich, da auf ihre, noch sprossenden Blüthen - Sengender Mehlthau fiel, hinschwand die zarte Gestalt nun, - Nahe dem Leidensziel', in des Lebens herber Vollendung: - Denn nicht ahnte sie noch in der Stund' entsetzlicher Trennung - Von Toledo, die größere Qual: dem Kranken nicht ungleich, - Der in des Fiebers Gluth, von Schreckgebilden umgeben, - Noch die Schmerzen nicht ahnt, die bald, nach der Wiederbesinnung, - Seinen, vom Fieber entfesselten Leib empfindlicher stacheln. - Erst in Draguts Gewalt, des Wüthrichs, gewahrte sie, bebend, - Fülle der Schmach, wo seine, nach ihr verlangenden Augen - Sprachen, sein Mund ihr rief: sie werde, des Kindes genesend, - Lagersgenossinn ihm seyn. Da schwand ihr plötzlich der Hoffnung - Letzter, leitender Stern vom graunumnachteten Himmel; - Furchtbar gähnte vor ihr der Abgrund; schauderergriffen, - Bebte sie matt und matter zurück, und Ströme von Thränen - Kühlten das brennende Weh' in ihrer zerrissenen Brust nicht. - - Hugo, der Treue, gewahrt', und hörte den Jammer Mathildens. - Völlig war ihm gebrochen das Herz vor lastender Wehmuth; - Dennoch log sein Greisengesicht stets heiteren Trost noch: - Daß nicht dem wankenden Stamm die einzige Stütze geraubt sey; - Doch als nun der Kaiser mit Heeresmacht vor Goletta - Stand, den Regulus ihm als Retter verheißen: da schien ihm - Blauer die Luft, die Sonne viel glänzender, grüner das Erdrund; - Da durchzuckt' ihm das Herz der Freude verjüngendes Feuer, - Und er stürzte herein, und rief der Dulderinn also: - »Segen mit dir! Erheitere schnell dein trauerndes Antlitz: - Draußen am Strand erschien der Christen unendliche Heersmacht, - Hairaddins Frevelgewalt zu vernichten im Kampf der Entscheidung, - Und wo Siegsruhm winkt, auf dem Felde der Ehre, da sollten - Wälschlands Helden nicht seyn? Nicht mit ihnen der edle Toledo? - Hört' ich es -- hört' ich es nicht: er sey zugegen? Er ist es. - Himmlische Wort', o möchten sie Muth und freudige Hoffnung - Wecken in deiner Brust! Dem Jammer mußte sein Ziel steh'n; - Kränze des Sieg's reicht euch, erbarmend, die ewige Vorsicht - Nun am Ziel, in der Wonne der seligen Wiedervereinung.« - Staunend erst, dann zürnend vernahm Mathilde des Greises - Jubelnde Worte. Sie wähnte betrübt: unwürdigen Scherz nur - Sinne der Greis; doch jetzt entzückenstrahlende Wahrheit - Schauend in seinem Gesicht, ergriff sie vernichtender Schrecken. - Bleich entfuhr sie dem Stuhl, ihr bebten geöffnet die Lippen, - Wankte näher, und stand, und hielt den pochenden Busen, - Aechzend; wankte zurück, und starrte durch quellende Zähren. - »Wie, und du weinst?« sprach Hugo erstaunt, »das gönnt' ich dir endlich: - Denn oft stillet die Thrän' unendliches Weh' in dem Herzen; - Aber nicht Thränen der Freud' ersieht mein Aug' in den deinen, - Die es zu sehen gehofft, und ach, vergeblich gehofft hat!« - Und sie begann: »Nicht Thränen der Freud' erblickst du für jetzt noch, - Redlicher; doch versiegen wird nun jene des Kummers! - Nein, ich weine nicht mehr: denn soll ich den Ewiggeliebten - Wiederseh'n, o, dann, dann werden die heißesten Wünsch' all' - Mir in dem einen gewährt: daß ich sterb' an dem Herzen Toledo's!« - »Ach,« so schluchzte der Greis, »den Tod ersehntest du jetzo? - Heimwärts schiffet ihr bald, und spät im grauenden Alter - Schlummert ihr beide beglückt zum schöneren Leben hinüber!« - Aber sie schüttelt' ihr Haupt, und begann in sinnender Schwermuth: - »Wie die unschuldige Taube, verscheucht, und im Fluge gemordet - Von dem schmetternden Blei, ihr Nestchen verödet zurückließ: - So aus der öden Brust entfloh mir die Hoffnung für immer; - Nie kehrt sie mehr zurück. Des Ewigen Wille geschehe!« - Und noch hellere Fluth entstürzte den Augen Mathildens. - - Jetzt ertönte Geräusch, und Dragut, der Schreckliche, stürmte - Hastig herein: sie erbebte vor ihm, und wandte sich seitwärts. - Häßlicher noch von der Wund' im Gesicht', die gestern Toledo - Ihm versetzte, begann er vor ihr mit grimmigem Lächeln: - »Thränen umhüllen dein Aug', nun dir der zärtliche Gatte - Nah' ist? Die Schulter durchrannt' ich ihm, kämpfend, erst; von dem - Nacken - Hätt' ich gehauen sein Haupt, und dir vor die Füße geworfen; - Wär' er nicht feig entfloh'n vor dieser gefürchteten Rechten.« - Flammende Röth' umzog die Lilienwangen der Edlen, - Und sie erhob die, sonst zur Erde gehefteten Augen - Ob des schmähenden Wort's nun stolz, und voll kühner Verachtung - Gegen den Wüthrich, und schwieg. Da sprach er von neuem ergrimmter: - »Wähn't ihr thöricht im Geist: wir sollen erliegen im Schlachtfeld - Euerem Volk? Welch eiteler Wahn! Und sollt' es geschehen, - Dann, ich schwör' es zu Gott und dem großen Propheten, erwürg' ich - Dich mit eigener Hand, eh' dich dein Gatte mir raube!« - Also droht' er, und ging. Mathilde erforschte den Treuen, - Aengstlichen Blicks; sie rang die Händ', und sagte vergehend: - »Seine Schulter durchrannt von Draguts tödlichem Eisen? - Weh', er starb: nicht an seiner Brust verhauch' ich das Leben!« - Hugo spähet' umher, und sagte mit leiserer Stimme: - »Traue dem Lügner doch nicht. Toledo's blitzendem Degen - Wär' er genaht, und lebete noch? Bald leuchtet der Vollmond - Dir auf dem nächtlichen Pfad zur Felsenhöhle des Waldes. - Staune nicht so: das Schiffchen harrt, und trägt dich, errettend, - Ueber den See, Toledo's geöffneten Armen entgegen.« - »Hugo, und du,« sprach jene bewegt, »willst du mich verlassen?« - Unstät irrte sein Blick umher, dann sprach er im Abgeh'n: - »Lauern des Wüthrichs Späher nicht auf? Nur diese zu täuschen, - Harr' ich des Morgens noch, und werde dir, Gütige, folgen.« - Sagt' es, und ging voll Hast, als drängten ihn wichtige Sorgen; - Aber sie stand, und bebte: sie hatte den Treuen errathen. - - Drüben im Lager vernahm der Kaiser von Alba mit Staunen - Hairaddins Trotz: wie er ihm auf Tod und Leben den Kampf both. - Ernst umwölkte sein Aug', und jetzt, erhebend den Degen, - Hieß er beginnen den Sturm, von den Wällen umher, auf Goletta. - Sieh', als wären der Hölle zugleich entronnen die Schrecken - All', so wüthete Lärm und Getös' um die Veste! Der Wurfschütz' - Rührte des Brändchens Rohr mit der Lunt': im bläulichen Rauch flog - Flamm' empor; zurück, dann eilender wieder zur Stelle - Rollte der eherne Schlund, und warf durch Feuer und Flammen, - Donnernd, im Bogenwurf die Kugel zur Veste hinüber. - So von den Schanzen, und so von dem Meer hinsausten die Kugeln; - Aber nicht minder zurück von dem Wall der trotzenden Festung - Sausten sie hin und daher, voll Grau'ns: denn hoch in des Himmels - Bläulichem Zelt durchkreuzten sich oft die feindlichen; bebend - Drönte die Erd' umher, und laut aufheulte der Luftraum. - - Herrschend mit Allmacht saß die goldenstrahlende Sonne - Nun auf ihrem mittäglichen Thron, und schleuderte rastlos - Glühende Pfeil' auf Afrika's Sandgefilde herunter. - Nicht die befiederten Sänger der Luft, nicht das zahmere Hausthier, - Noch das Gewild, belebten die Welt; sie suchten des Hofraums - Schatten, die Nacht der Höhl', und des säuselnden Waldes Umlaubung. - Auch der Städter zugleich, und der niedrigen Hütte Bewohner - Schlummerte sorglos jetzt in der Kühle der dunkelen Kammer. - Aber nicht weht' in des Lagers Raum erfreuende Kühlung, - Wo das luftige Zelt nicht schirmte den lechzenden Krieger - Gegen den glühenden Hauch des Tag's, und nirgend ein Bäumchen, - Nirgend ein Strauch ihm both die Zweige zum schattenden Obdach. - Schweraufathmend und träg', umwandelten dort auf dem Walle, - Und den Graben entlang, die Wachen; des blanken Gewehrs Last, - Sonst dem Krieger ein Spiel, lähmt' ihm den Arm und die Schulter. - Düster blickte sein Aug' aus den halbgeschlossenen Liedern - Hinter dem glühenden Helm hervor; in gewichtigen Tropfen - Rann ihm der Schweiß von der schmerzgefalteten Stirne herunter, - Und die schmachtende Zung' erstarrt' an dem trockenen Gaumen. - Deutschlands Söhne, vor allen zuerst, entnervte der Sonne - Sengender Strahl: sie wähnten sich all' in der Fremde verloren. - D'rum rief Siegmar jetzt, der Hesse, zu Walther dem Bayer: - »Welch ein Geschick ereilt uns hier in dem Lande des Fluches: - Wären wir nie ihm genaht! O Deutschland, edele Heimath, - Schön vor jeglichem Land, das rings im kreisenden Umschwung - Irgend die Sonne bescheint! Den Deutschen, der dich nicht ehrte -- - Liebte vor jeglichem, ha, den treffe nur Schmach und Verachtung! - Siehe, wie lästig dahier der ewigheitere Himmel - Lächelt, und o wie entzückt mich dort des stürmischen Winters - Ernste Stirn', umhüllt von schneebelasteten Wolken: - Denn sie entschütteln die Last, und ringsum schimmert die Gegend - Hell bei Tag und bei Nacht, im Sterngefunkel und Mondglanz. - Eisern faßt mich am Morgen sein Hauch, und unter den Sohlen - Knarrt der Schnee; mein Odem wallt, gleich Nebeln, um mich her. - Bald ergreift mich die Lust, mit höherer Gluth auf den Wangen, - Hinzugleiten auf spiegelndem Eis, das unter den Schlittschuh'n - Ehern tönt; bald spann' ich mit Freuden das schellenbekränzte, - Dampfende Roß an den Schlitten, und flieg' in dem windenden Thal hin - So, daß das frohe Geklingel umher von den Bergen zurückhallt; - Doch heimkehrend, erseh' ich, bewegt, wie im rosigen Abend - Glühen die Berg', und fern' im Gefild vom lastenden Schneedach - Wirbelt die Säule des Rauchs, der dort mich zu Freuden des Lebens - Ladet im Kreise der Lieben, beim herzerheiternden Festmahl. - Deutschland, edeles Land, stets sollst du vor jedem mir werth seyn!« - Unmuthvoll ihm sagte darauf der mürrische Walther: - »Froh gedenkst du des Schnee's, und der Freuden des eisigen Winters - Nun; doch kühlest du mir die Gluth der schmachtenden Brust nicht.« - So besprachen sich dort die tapferen Kriegesgefährten. - Auch die muthigen Ross' erschlafften des heißeren Mittags - Glühendem Hauch: sie beugten, und hoben ihr Haupt in die Luft auf, - Rastlos; suchten, gedrängt im Kreis', des eigenen Schattens - Kühl', und stampften, und scheuchten, gequält, die lästigen Fliegen - Sich mit dem tönenden Schweif, von der Seit' und dem zuckenden Bauch - fort; - Aber nur gieriger summten sie auf, und kehrten erboßter. - - Muhamed sah vom Gewölk, wie Salek, der listige Feldherr, - Ordnend den Hinterhalt, von Goletta herüber im Hohlweg - Mächtige Scharen barg, und mit tausend numidischen Reitern, - Spähend den Wald entlang, herzog dem Feinde zum Unheil. - Jetzt auf dem Wall erblickend die Wache besorgenden Christen, - Hemmt' er, vor Angst erbebend, den Zug, und wäre geflohen. - Doch, wie die lauernde Spinne hervor aus dem Winkel am Fenster - Dorthin fleugt, wo im schwebenden Netze die Fliege, gefangen, - Nun vergeblich sich müht zu entkommen den klebrigen Fäden: - Denn sie ergeußt der Bande noch mehr, sie ganz zu umspinnen: - Muhamed stürzete so zu Salek herunter, und nimmer - Konnt' er entflieh'n, bethört von des Geistes verderbenden Worten. - »Salek,« so rief er ihm zu, »die Söhne der Fremde besiegte - Frühe schon Hitz' und Durst; erkämpfe den leichteren Sieg dir - Heut' in dem furchtbar'n Hinterhalt! Du lockest des Feindes - Tapferen Hort, der dort umwandelt in sinnender Schwermuth, - Durch verstellete Flucht in des Hohlwegs tödliche Falle.« - Also der Geist. Da flog, gehorchend, der Zögernde vorwärts. - Sarno war's, der hoch auf dem Wall', in sinnender Schwermuth - Wandelte. Jetzt, aufqualmenden Staub in der Ferne gewahrend -- - Hörend der Pferde Getrab, entriß er der Scheide den Degen - Halb, und stand, und harrte der Kommenden; aber voll Unmuths - Drängt' er den Stahl in die Scheide zurück: denn viel zu gering' ihm - Dünkte des Feindes Macht, und rief zu Belindo, dem Hauptmann: - »Eile den Frechen dort mit hundert erlesenen Kriegern - Muthig entgegen; sie flieh'n vor eurem zermalmenden Blick schon.« - Jetzt, wie im dunkeln Forst der leis'auftretende Weidmann, - Schauend die weidende Schar der Hirsch' auf den blumigen Matten, - Die, an der Schnur gekoppelten Hund', entledigend, vortreibt: - Diese entfahren mit lautem Gebell dem felsigen Abhang, - Jene erheben ihr ästiges Haupt, und fliehen geschreckt fort: - So, von Belindo geführt, entfuhren die tapferen Krieger, - Brausend, dem Wall', und streckten mit mordenden Feuergewehren - Aus der fliehenden Schar wohl dreißig, getödtet, zu Boden. - Bald entschwanden sie all', und jauchzend kehrten die Sieger. - Aber nicht lange, da kam, von mächtigen Scharen umgeben, - Salek zurück, und rief die höhnenden Worte herüber: - »Traun, nicht unhold ist's, dort hinter den schirmenden Wällen - Ruhig im Mittagsschlaf die faulen Glieder zu dehnen; - Hinter gethürmetem Bollwerk sucht der feigere Krieger - Gerne sein Heil -- der tapfere Mann in dem eigenen Muth nur! - Kommt, wir sandten die Reiter zurück, vor welchen ihr bebtet; - Laßt uns in gleicher Zahl versuchen des Kampfes Entscheidung!« - Sarno schrie ergrimmt: »Fünfhunderte mögen mir folgen!« - Sagt' es, und stürzte vom Wall' -- ihm folgten die tapferen Krieger. - Kaum entbrannte der Kampf; nur sparsam benetzte den Sand erst - Maurisches Blut: da floh'n, ablenkend, die listigen Scharen - Vom Olivengehölz zu dem trugverbergenden Hohlweg. - Rastlos wüthete Sarno's Schwert dem Feind in dem Rücken, - Und er häuft' ergrimmt die Leichen: dem Schnitter nicht ungleich, - Der mit dem blinkenden Stahl die Garben häuft auf dem Saatfeld; - Doch, da stürmte vom Walde heran, von Goletta herüber, - Und aus den Tiefen herauf des schlauverborgenen Feindes - Wimmelnde Meng' auf Sarno: er stand, und es bebt' ihm das Herz nicht, - Das nur Schlachten ersehnt, und Gefahren des Todes gewollt hat. - - Salek kam, wie ein Hagelgewölk im brausenden Sturmflug, - Näher mit seinem Volk. Nie hatt' ihn das feurige Streitroß - Also getragen: so schnell, so wild empört, und vor Ingrimm - Schnaubend. Muhamed war's, der jetzt mit seinen Erwählten - Jeglichen Reiters Pferd durch schreckende Gaukelgestalten - Vorwärts trieb: denn solches vermögen die luftigen Geister. - Salek ersah das Weiß' im dräuenden Auge des Gegners - Schon, und riß sein wüthendes Roß zurück mit dem Zügel: - Aechzend bäumt' es sich auf, und bog, umlenkend im Sandstaub, - Gegen Sarno die Brust, der, eh' es den vorderen Huf noch - Senkte, den blinkenden Stahl ihm tief in die Weiche des Bauches - Stieß, daß es laut hinkracht' im Fall, und den Reiter herabwarf. - Salek raffte sich auf, und schwang den blitzenden Säbel - Ueber des Gegners Haupt; doch, ehe der tödliche Streich fiel, - Bohrt' er auch ihm den rauchenden Stahl mit der nervigen Rechten - Fest in die Brust. Sein Auge brach; die geöffneten Lippen - Bebten ihm; bleich im Tod hinsank er, und regte sich nimmer. - - Muhamed floh, und ihm heulte, bestürzt, sein luftiges Volk nach. - Auch erstarrten die Mauren vor Angst: den sterbenden Feldherrn - Schauend in seinem Blut; doch bald erwachte des Mordens - Wüthende Gier in allen zugleich; sie schrie'n zu dem Himmel - Fluch und Verwünschungen auf, und umbrausten den Sieger. Nicht anders, - Wenn der Jäger im Hain, todsinnend dem kleinen Gevögel, - Einen stattlichen Uhu mit List an den ragenden Lockbaum - Aufstellt, wüthen die Vögel um ihn, und kreischen, und schreien, - Rach'erfüllt: denn oft raubt' er im nächtlichen Dunkel, - Von dem belaubten Zweig die Entschlummerten, oft aus der Felskluft; - Aber er schaut, aus großen, der Sonn' erblindeten Augen, - Ruhig umher, und scheuchet die furchtsamen hin und herüber: - Also umdrängten auch hier den edeln Sarno die Gegner, - Rache schnaubend, und links, und rechts sank Reiter und Fußvolk, - Das ihm genaht. Auch kämpften um ihn die treuen Gefährten, - Heldenmüthigen Sinns, und tilgten die feindlichen Haufen. - Jetzt an des Todes grimmigem Fest, umhügelt von Leichen, - Triefend von Schweiß und Blut, erwachte die Liebe des Lebens - Mächtig in seiner Brust. Er wollte sich fechtend zurückzieh'n, - Da er im rühmlichen Kampf, hier weichend der schrecklichen Mehrzahl - Nur, so dacht' er, bewies: ihn schmäht' einst Guasto mit Unrecht. - Sieh', und als er das Volk in dem Rückzug ordnend, sich wandte, - Und verrätherisch sich vom Helm' der glänzende Harnisch - Sonderte, da durchfuhr mit schmetterndem Schlage die Kugel - Ihm das Genick; er sank, und röchelte sterbend am Boden! - Feindliches Jauchzen erscholl, und es droht' ihm entsetzlicher Frevel; - Aber Belindo sprang vor ihn hin, und rief den Gefährten: - »Ewige Schande für euch, laßt ihr die Leiche des Helden, - Feiggesinnet, dem Feind' zum Gespött' und frevelnden Unfug.« - Schon umstürmt' ihn der Feind; doch so wie die säugende Bärinn - Sich vor der Höhl' aufstellt, wenn rings die grimmigen Rüden - Von dem Jäger gehetzt, ihr nah'n, und immer zurückschaut, - Immer den nächsten erhascht, und mit furchtbarrüstigen Klauen - Ihn umklammernd zerreißt, daß heulend die andern entfliehen: - Also hielt er die tobende Schar von der Leiche des Feldherrn, - Fechtend, zurück, bis zween, an Kraft gepriesene Krieger, - Ihn, zur Erde gebückt, auf die Schultern erhoben, und heimwärts - Trugen voll Eil' und Hast, nach den trefflich geschirmeten Wällen. - Ihnen folgten am Fuß die schnellverwaisten Gefährten -- - Auch von Belindo verwaist: denn ach, unzählige Lanzen - Wühlten in seiner gewaltigen Brust, und, vom Rumpfe gehauen, - Sollte sein edeles Haupt zur Schau dem gaffenden Volk seyn! - Aber die Christen floh'n nicht feig' und in wilder Verwirrung: - Denn sie wendeten oft die trotzige Stirne dem Gegner, - Feuernd aus schmetterndem Rohr, entgegen. Da brausten die Scharen - Wieder zurücke mit lautem Geschrei: wie die Hunde des Schäfers, - Die den muthigen Stier mit Gebell verfolgen im Blachfeld, - Heulend entflieh'n, so oft er, gesenkt, die furchtbaren Hörner - Gegen sie wendet, und brüllt, und Sand aufschleudert zum Himmel. - - Jetzt ersah'n vom Wall die wachebesorgenden Krieger - Unheilkündenden Staub; dann näher die flüchtigen Scharen - Ihres Volks, von dem Feinde gedrängt; sie hörten vernehmbar - Kampfesgetös' -- o Jammer, sie sah'n und erkannten den Todten! - All' entfuhren zugleich dem Wall, den theuren Gefährten - Rettend zu nah'n, und es bebte der Feind den Dräuenden. Alsbald - Wandt' er den Rücken, und floh nach Goletta's Mauern hinüber. - Schweigend nahten die Krieger dem Wall. Zur Erde geheftet - Starrete jegliches Aug': es blickte zuweilen mit Angst nur - Nach dem Entseeleten hin, und goß dann hellere Tropfen - Ueber die bebende Wang', auf die bärtige Lippe herunter. - - Doch vor seinem Gezelt, auf zwölf, untadligen Schilden - Lag er jetzt mit der Fahne des Ruhms, die er einst vor Pavia's - Mauern errang, wo Frankreichs Stolz dem siegenden Kaiser - Huldigte. Dort sollt' ihm ein Ehrenmaal sich erheben: - Denn sie erhöhten den Schaft hochragender Speere: zum Haupt hin - Zween, und zween zu den Füßen, gebohrt in den Rasen, im Viereck; - Hingen zum Wappenschild gewehrdurchkreuzende Degen, - Schimmernde Panzer und Helm', in der Mitte des ragenden Speers auf; - Kehreten dann g'en Mitternacht, und kehrten zum Mittag, - Auch zum Auf- und zum Niedergang des ehrnen Geschützes - Dräuende Mündung hinaus. Er lag, das Antlitz zum Himmel - Wendend; die Linke bedeckte die Brust, und den tapferen Degen - Hielt die Rechte umfaßt, noch wie zu dem Kampfe gerüstet. - Rings umstand ihn das Volk. Ein Tapferer rühmte mit Thränen - Allen umher den Heldenmuth des edelsten Führers, - Als Amino gesprungen kam, der treffliche Spürer - Hochgewilds: sein Liebling, ihm treu, und ergeben, und wachsam. - Winselnd roch er das bleiche Gesicht und die schneeige Hand ihm; - Sah zu den staunenden Kriegern empor, und heulte dann laut auf, - Und von neuem begann Wehklag' um den edelsten Feldherrn. - - - - - Achter Gesang. - - - Stets erschütternder scholl ob Sarno's Tod in dem Lager - Lärm aufjammernden Volks: denn erst nur ein leises Geflister, - Dann der Rache Geschrei flog schnell vom Zelt zum Gezelt hin - Brausend. Wie der nahende Sturm das Laub in dem Hochwald - Erst nur leise bewegt; dann bald, empörteren Grimmes, - Schüttelt, und wüthender, Zweig' auf Zweig', und Wipfel auf Wipfel - Schleudert, daß zwei, zur Reise gesellt, hineilende Wand'rer, - In dem Gebraus', auch schreiend, nicht hören das eigene Wort mehr: - Also erscholl Wehklag' und Lärm umher in dem Lager, - Bis er erreichte des Herrschers Ohr, der, stehend am Eingang - Seines Gezelts, dem nahenden Guasto voll Ungeduld zurief: - »Haben die Feinde gesiegt? Uns irgend Verderben bereitet?« - »Unser die Schuld!« sprach jener. »Vom Feind, in die Falle gelockt, - starb - Sarno den selbsterkorenen Tod; der tapfersten Krieger - Fünfzig fielen mit ihm; Verwundete zählen wir hundert.« - Und er kehrte zurück mit trauerndem Herzen. Des Helden - Jammergeschick, den er im eifernden Zorne der Feigheit - Zieh, schmolz nun sein starrendes Herz, und ihm thauten die Wimpern. - Aber der Kaiser schwang sich rasch in den Sattel, und jagte - Brausend zur Schanze hinaus, wo Sarno erhöht auf dem Schildbett - Lag. Nicht erkühnte sich jetzt sein Volk, das, trauererfüllet, - Ihn umgab, zum Herrscher den düsteren Blick zu erheben: - Denn es erbebte der Schmach, den Lorber verwelket zu schauen, - Der ihm die Fahn' umwand zum Lohn errungenen Sieges. - Innig bewegt ersah der edelste Kaiser des Volkes - Trauer; er lächelte mild, und rief mit ermunternden Blicken: - »Wandelbar ist der Schlachten Geschick. Wer schildert den Unhold, - Der es beherrscht, und oft von dem früheren Günstling das Antlitz, - Schön und furchtbar zugleich, zu dem Letzterkorenen wendet? - Aber ihn halte der muthige nur mit eisernen Sehnen - Fest: er kehrt, und jauchzt mit donnerndem Schlund ihm den Sieg zu. - Soll euch schmäh'n der Tapf're, daß ihr, gedrängt von der Mehrzahl, - Und des Gebiethers beraubt, mit zögerndem Schritte gewichen? - Ferne sey's! Doch jetzt versenket die Leiche des Feldherrn - Schnell in das Grab; verhüllt es mit grünenden Zweigen und häuft dann - Erde darauf, bis wir ihm erhöh'n ein dauerndes Denkmaal.« - Eiliger ritt er zurück: da priesen die Krieger des Kaisers - Unbegrenzete Huld, der statt verwundenden Tadels - Worte des Trostes sprach, und den Tapferen Ehre gewährte. - Und sie bestellten die Leich' alsbald, dem Herrscher gehorchend. - - Aber es wüthete fort und fort des schweren Geschützes - Donnernde Macht um Goletta: denn bald von den kreisenden Schanzen, - Bald von dem wogenden Meer hinsausten die Bomben und Kugeln, - Und nicht minder zurück von den Wällen der trotzenden Festung - Sausten im Donnersturm die schrecklichen her nach den beiden. - Stets verderbender warf die Macht der entsetzlichen Mörser - Mauern und Schanzen in Schutt, und häufte zermalmend die Leichen. - Dort in dem grausen Getös' umhagelnder Donnergeschosse - Sprengte der Kaiser den Wall entlang, und erweckte die Völker, - Ruh'ausstrahlenden Blick's, zu freudigem Muth in Gefahren. - D'rauf, zu Guasto gekehrt, aufboth er ihn, scheidend, noch also: - »Sieh', bald dämmert die Nacht: dann strebe, noch ehe der Vollmond - Ueber die schlummernde Welt sein Strahlenantlitz heraufhebt, - Durch Laufgräben[50] und Schanzenbau Goletta zu nahen, - Daß sie uns neige das Haupt, erstürmt am kommenden Morgen!« - Sieh', und als er jetzt zu dem Grab, das eben die Krieger - Sarno erhöheten, kam, da däucht' ihn: ein Stöhnen und Aechzen - Komm' aus dem schattenden Laub! Er sprang aus den stählernen Bügeln, - Innigbewegt: denn einen verwundeten Krieger zu schauen, - Wähnt' er, und, ach, ihm kroch, aufheulend, der treue Amino - Sarno's entgegen, und leckt' ihm die Hand! Er streichelt' ihm freundlich - Rücken und Haupt, und lockt' ihn fort, enteilend, und kehrend; - Doch er schleppte sich langsam zurück, und senkt' auf die Pfoten - Hin sein müdes Haupt; dann winselt' er sterbend am Grab noch - Seines getödteten Herrn. Heiß rann an den Wangen des Kaisers - Jetzo die Thräne herab; er kehrte beklommen in's Lager. - - Abendlich zitterten schon die riesigen Schatten der Krieger - Auf dem glühenden Sand; schon hauchte die schimmernde Meersfluth - Kühlere Luft, und es blickte die scheidende Sonne noch einmal - Ueber der Flammenbahn endloser Fluthen herüber -- - Nickt', und sank in ihr Wogenbett im rosigen Westen. - Aber sie hauchte noch lang, mit sanftverglühendem Antlitz, - Purpurröthlichen Duft nach Osten: des kommenden Morgens - Heitre verkündend, und, sieh', in langen Zügen der Hochlust, - Sog ein jeglicher Mann im Heere die liebliche Kühlung - Ein, und jubelte laut: denn schnell versiegte der Schweiß ihm - Jetzt an seinen, vom Abendwind umsäuselten Gliedern! - Diese besorgten das Mahl, unzählige Flammen empörend; - Jene gruben die blitznachahmenden Weg' in dem Zickzack, - Sonst Laufgräben genannt, die Erde zur schirmenden Brustwehr - Gegen die Vest' aufdämmend, und dort, dem Ziele genahet, - Gruben sie auch die Schanzen umher, und führten Geschütz ein. - Furchtbarer drönte die Erd'; aufheulte der flammende Luftkreis: - Denn von neuem begann der vestenzertrümmernde Donner. - - Jetzt umhüllte die Nacht mit dunkelem Schleier die Gegend: - Jene, so langersehnete Nacht, des lieblichen Vollmonds - Stille Verkündigerinn, die jüngst, mit der Freiheit, Mathilden - Himmelswonne verhieß, und, ach, voll Jammers dahinschwand! - Sieh', in dem schattenden Laubengang des zierlichen Gartens, - Der an des See's Gestad', von thürmenden Mauern umfangen, - Lag, lustwandelte sie in des Abends heiliger Stille - Täglich umher! Sie erzählete dort lautweinend den Bäumen - All ihr Wehe: sie säuselten Trost, und den Blumen ihr Unglück: - Ihr erglänzte die Zähr' aus dem duftenden Kelch, und ihr Wehruf - Scholl, dem klagenden Laut der Nachtigall ähnlich im Lenzmond. - Keiner der Männer betrat, die Straf' urplötzlichen Todes - Scheuend, den Laubengang am dämmernden Abend; nur Hugo - Durfte der Einsamen nah'n, dem Dragut vertraute vor allen. - Aber es hatt' erst jüngst ein Fischer die dürftige Hütte - Nahe der furchtbar'n Mauer erbaut aus duftendem Schilfrohr; - Zog im Grauen der Nacht das weitumschwimmende Fangnetz - Nach dem gleitenden Kahn, und both den kärglichen Vorrath - Morgens, am Strande des See's dann feil, laut rufend, und rühmend. - Nicht verdächtig erschien dort Kurd, der trauernde Fremdling. - Emsig trocknet' er heute sein Netz am heimlichen Pförtchen, - Das im dunkeln Gebüsch, in der Mauer der spähende Hugo - Fand, und harrte mit Angst der Stunde der Flucht und Errettung; - Doch von dem Minaret verkündete jetzt die ersehnte, - Heiseren Ruf's, der finstere, stundausrufende Iman. - Heftig bebte Mathild', als Hugo's eilender Fußtritt - Näher erscholl. »Was pocht dieß trauernde Herz so gewaltig?« - Sprach sie, und hielt sich die Brust, und schritt nun hin- und herüber - Eilend, als sollte sie flieh'n. Dann rief ihr flehender Blick noch: - »Lass' an des Gatten Brust es brechen, o ewige Vorsicht!« - Hugo ergriff Mathilden am Arm, und führte sie schweigend - Durch verschlung'nes Gesträuch zu dem leis'eröffneten Pförtchen, - Sank auf die Knie', und drückte mit langem, mit innigem Kusse, - Seinen Mund auf den Saum von ihrem wehenden Kleid noch. - Aber sie stand todbleich, und faßte mit zitternden Händen - Hugo's grauendes Haupt, und weint', und konnte nicht sprechen. - Nun geboth er die Flucht, und eilte zurück in den Hofraum: - Keiner gewahrte die Thrän' an seinen zuckenden Wangen. - - Siehe, der Vollmond hob sein silbernstrahlendes Antlitz - Eben in Osten herauf, als Dragut zur eiligen Heimkehr - Spornte sein schnaubendes Roß; im Klirren des Waffengeschmeides - Sprang er vom Sattel, und schrie, daß rings erbebten die Hallen: - »Hugo, weilt die Gebietherinn noch lustwandelnd im Schatten? - Wehe dir, thörichter Arzt, wenn, kühlumschwärmend, des Lüftchens - Hauch ihr Leiden erregt, und nagender Gram mir zu Theil wird!« - Schweigend winkt' ihm der Greis, und lang' umirrend, mit Absicht, - Durch des laubigen Hains verschlungene Pfade, nur spät erst, - Kam er zum Pförtchen im Busch, und sprach: »Die erbarmende Vorsicht - Zeigte den Ausweg mir zur Rettung der edelsten Gattinn - Meines Gebiethers: sie floh im gleitenden Kahn, und Toledo - Trägt auf den Armen sie heim, wo im seligen Bunde der Herzen - Sie vergesse des Raubs, und der schrecklichen Nähe des Räubers. - Wüthe nach Willkühr jetzt: hier liegt dein williges Opfer.« - Sagt' es, und both, auf beide Kniee gesunken, das Haupt ihm - Lächelnd zum Tode dar. Im himmlischen Siege der Großmuth - Schwelgte sein edeles Herz auf jener geheiligten Stelle, - Wo er des scheidenden Engels Kleid an die Lippen gepreßt hielt. - Leblos stand, und starrt', an jeglicher Miene verzerret, - Dragut nach Hugo hinab; nur langsam löste der Wuthkrampf - Seiner Glieder sich auf: sie bebten, vernehmlich den Ohren, - Und das Knirschen der Zähn' erscholl in dem Laubengewölb' dort. - Endlich begann er -- nicht mit des Zorns zermalmenden Lauten, - Dennoch schrecklicher: kalt, und grimmig, so vor dem Alten: - »Elender, wie, durch Draguts Hände zu sterben, verlangst du? - Keiner ersann noch den Tod, der dir, Verruchter, zu Theil wird!« - Schnaubend floh er von ihm; bald klirrten die lastenden Ketten - Näher. Mit lächelndem Blick darboth er den Knechten des Wüthrichs, - Die ihm nur schüchtern genaht, die Händ' und die Füße zur Fess'lung, - Und sie schleppten ihn fort in die Todeshöhlen der Hochburg. - - Aber die sanfte Dulderinn lag im eilenden Fahrzeug - Dicht mit Netzen verhüllt, und starrte hinauf in des Vollmonds - Liebliche Helle: der Gegenwart zermalmende Leiden - Schwanden vor ihrem Blick. Wie, fern verschlagen, der Schiffer - Freudig den Hafen schaut durch schwindende Nebel des Morgens, - Sah sie entzückt des Friedens Gefild', und hörte mit Wonne - Sanft verhallen im Sternenzelt Harmonieen des Himmels. - Jetzt, entronnen des Wüthrichs Macht, am felsigen Ufer - Landend, hob sie sich auf aus der Tiefe des schwankenden Kahnes. - Kurd erschrack: denn ein' Unsterbliche wähnt' er zu schauen: - Also erhaben an Huld ihn dünkte die Gattinn Toledo's. - Doch an der schroffen Bahn aufwärts zur Höhle der Felswand - Klimmend, ruhte sie oft, gestützt auf den redlichen Führer, - Der mit heiliger Scheu an der Seite der Hehren emporstieg. - »Hier,« so sprach er, »im stillen Schooß der räumigen Felskluft, - Mögest du ruh'n; bald kommt, auf Flügeln der Liebe getragen, - Dein erlauchter Gemahl; du folgst ihm zur Wonne der Zukunft.« - Aber die Augen, von Thränen schwer, erhob sie noch einmal, - Dankend, zum Himmel, und stieg in die schaurige Höhle hinunter. - Jener häufte den Schutt und die Felsentrümmer mit Vorsicht - Auf an dem gähnenden Schlund, und bog das Laub mit den Zweigen - Ueber ihn hin, daß kein umspähendes Aug' ihn gewahre. - D'rauf durchflog er im eilenden Lauf des schauernden Oehlwalds - Schattenpfad, und kam Toledo die Rettung zu künden. - - Nicht erfreute die Nacht mit holdem Schlummer die Augen - Hairaddins jetzt, und schon lange nicht mehr: des nahenden Kampfes - Grau'n umschwebte sein Haupt, wie donnerschwangere Wolken - Schwimmen des Alpbergs Höh'n umher. Auf schwellenden Pfühlen - Saß er, und starrt' in die leuchtende Flamme, welch' in dem Prunksaal, - Duftend von Rosenöhl aus der goldenen Lampe sich aufhob. - Muhamed war ihm genaht, und sucht' ihm Muth und Vertrauen - Einzuhauchen -- umsonst! Er dachte des falschen Numiden - Schlangenlist, den Haß des Mauren, des Arabers Feigheit, - Und die erlesene Schar, so klein im Gedränge der Feldschlacht, - Wenn nicht Hülfe erschien, die er jüngst entbothen aus Algier. - Aber der stürmische Geist entschwebte dem Saal, in der Burg dort - Memi, des Harems Hort, und Hairaddins Lieblingsverschnittnen - Suchend. Er saß in der Hall', und ballte mit sinnenden Blicken - Grimmig die Faust: er wußte nicht, wie zu verscheuchen des Unmuths - Dauernde Wolkennacht von Hairaddins finsterem Antlitz! - Als ihn der Geist umflog, da hob sein wehendes Kleid sich - Ihm an der Brust: er sah im nächtlichen Dunkel der Halle - Lange, verstört, umher; doch Muhamed schalt ihn ergrimmt so: - »Wie, nicht Hülfe, nicht Rath ersinnest du, heilloser Schwächling, - Daß entschwinde der Gram aus der Seele des Völkergebiethers? - Wurde das _Thor der Wonne_[51] nicht jüngst, vor allen Erwählten, - Dir zur Sorge vertraut, und schlummern nicht rosige Mägdlein, - Die der Handelsmann aus Cirkassia's[52] Thälern gesendet, - Hier in dem Harem, so hold und schön, wie liebliche Houris, - Die sich Muhamed einst in himmlischen Fluren erträumte, - Ach, und erwachend, nicht fand? Wem red' ich die Worte vergeblich? - Gehe, verstümmelter Sclav', und heiße die zartesten Jungfrau'n - Eilig durch Tänz' und Spiele der bergumschlossenen Heimath, - Holdem Getöne vereint, erfreuen die Seele des Herrschers!« - Dem gleich, welcher um Mitternacht vom leuchtenden Blitzstrahl - Aus dem Schlummer geweckt, in Hast auffährt von dem Lager, - Fuhr auch Memi vom Stuhl, und, eilig die Pforte des Harems - Oeffnend, schritt er, die Hallen entlang, zur entlegensten Kammer, - Wo die erlesenen Drei, auf schwellende Pfühle gesunken, - Schlummerten; sah, wie dort des Mondes lieblicher Schimmer - Zart die Holden umfing, die Welle des schneeigen Busens - Rastlos stieg, und sank; er hörte, hinübergebogen, - Ihres Odems melodisches Weh'n, und erdrückte, vor Ingrimm - Aechzend, die Thrän', die empor aus seinem zerrissenen Herzen - Drang, und im eilenden Lauf' dem trüberen Auge genaht war. - Jetzo weckt' er sie, sanft an der Schulter berührend, mit leisem, - Lispelndem Ruf. So folgten sie, die Gefährtinnen scheuend, - Die, an der Zahl zweihundert, und mehr noch, in räumigen Kammern - Ruheten: all' erwählt des Herrschers Lüsten zu fröhnen. - Sclavinnen nur, nicht Frau'n. Nicht im Worte des Heiles geschlossen - Ward ihr Bund, wo die Einzige treu verharret dem Einen - Bis in den Tod, und treu die Bürde des Lebens ihm tragen - Hilft, als Mutter der holdaufblühenden Kinder, als Gattinn, - Und als Freundinn zugleich, in seliger Einung der Herzen. - Eilen hieß er sie erst zur badumwölbenden Halle - Unten im Schooße der Burg. Sie tauchten die reizenden Glieder - Dort in die liebliche Fluth, und salbten mit duftendem Oel sie. - Dann aufschloß er mit lächelndem Blick den Schrank in der Mauer, - Weisend die Pracht der Edelstein' und der festlichen Kleider. - Freudige Röth' umzog die Wangen der Mädchen, als Memi - Jetzo das Tuch darboth, gewebt von dem emsigen Hindou - Aus der Wolle des Baums. So zart und duftig wie Nebel, - Die in dem Morgenroth umfließen die blühenden Rosen, - Hüllet' ihr Unterkleid das zarte Geweb', und er both dann, - Lächelnd, den Gürtel dar, der unter dem schwebenden Busen, - Schimmernd von Gold, den Leib umfing; den wallenden Kaftan - Von blaßrother Seide, verbrämt mit bräunlichem Zobel, - Auch die Saffianschuh', des Hauptes Zierde, den Kalpack, - Dem des Reihers Gefieder entstieg, und die köstlichen Perlen - Für den Lilienhals -- für die Ohren Gehänge von Demant. - Also geschmückt nachfolgten sie jetzt dem winkenden Aga. - - Leise die Pfort' eröffnend, und erst mit spähenden Augen, - Ueber die Schwelle gebeugt, vorschauend, sah er des Herrschers - Leblosstarrenden Blick. Er drängte die schüchternen Kinder - Eilender vor: sie nahten mit Angst dem Sinnenden. Memi - Weckte zugleich auf dem Schrank die flötenbeseelende Kunstuhr, - Die an dem Strand Amalfi's jüngst erbeutete Dragut, - Plündernd die fürstliche Burg, und Hairaddin dann zum Geschenk gab. - Auch stand, Wunder zu schau'n, auf dem Schrank ein goldener Käfich, - D'rinnen ein Vögelchen saß, ein Hänfling, wie lebend gestaltet. - Als nun Orgelgetön im Schooße des zierlichen Schrankes - Weckte die Uhr: da sang das Vögelchen zart, wie im Lenzmond - Flötet der Hänfling im Busch; die tönende Kehle bewegend, - Wandt' es den Kopf nun links, nun rechts, und breitete fächelnd - Oft die Flügelchen aus, und wühlt' in der Brust mit dem Schnabel. - Weder des Hänflings Sang, noch Getöne der künstlichen Orgel - Traf nun Hairaddins Ohr: er starrte noch immer vor sich hin; - Doch, als jetzt, verschlungen im Kreis', die Mädchen ihm nahten, - Ihm zu erheitern das Herz mit Tänzen der Heimath, und Memi - Schon aufhüpfte vor Lust: da fuhr er vom Lager, und schrie laut: - »Fort, ich zertret' euch!« Und sie entfloh'n, wie schüchterne Tauben - Flieh'n vom Feld, wenn Geiers Geschrei aus den Lüften herabtönt. - - Schnaubend ging er umher: ihm scholl von dem fernen Goletta - Donnergemurmel an's horchende Ohr, und er sandte dann endlich - Nach Tobukes, nach Abu-Sa-id, und Muhamed Temtes. - Doch sie nahten im Flug, und bebten der Rede des Herrschers: - »Führer der Völker, die zu Fuß, und auf feurigen Rossen - Mächtige Heere zerstreu'n, vernehmt es, was ich gebiethe: - Ehe des Morgens Dämmerlicht den östlichen Himmel - Röthet, stürmst du, Tobukes, gewohnt im heimlichen Anfall - Sieger zu seyn, mit zwanzigtausend Erwählten des Feindes - Mittlere Schanz', und ich, von den schrecklichen Kriegern umgeben, - Dringe durch das Olivengehölz, wenn, schimmernd, des Meeres - Fluthen die Sonn' entsteigt, und dort auch Muhamed Temtes - Von Goletta heran, zu erstürmen des Lagers Umwallung, - Während uns Abu-Sa-id, Arabia's treffliche Reiter - Führend, gleich dem Orkan, dem sinkende Wälder erkrachen, - Rasch nachdringt, und den fliehenden Feind vernichtet auf einmal. - Also gewahrt ihr im Sieg den Segen des großen Propheten!« - Jene, entflammt in der Brust von den Worten des furchtbaren Herrschers, - Eilten zum Kampf. Entlang Medscherda's Ufern (Bagrada[53] - Hieß der mächtige Strom in Karthago's verschollenen Tagen) - Wogten des Arabers bräunliche Zelt' im Hauche des Windes - Weit umher. Er bauet sein Zelt, dem höckrigen Lastthier - Gleich an Gestalt, das fort, ein lebendes Schiff, in des Sandmeers - Wüsten wandelt: ihr Sohn, so fromm und so duldend. Es ruhte - Noch entschlummert das Volk, und die losgebundenen Rosse - Weideten frei im Gefild. Doch als nun die ehernen Becken - Abu-Sa-ids erschollen; als laut ertönte der Schlachtruf: - Da fuhr jeglicher Mann gerüstet vom Lager, und rief dann - Vor dem Gezelt sein edeles Roß bei'm Namen. Sie flogen - Wiehernd herbei, und bothen dem wolligen Sattel den Rücken -- - Bothen die Zunge dem Zaum, und bäumten sich hoch mit dem Reiter. - Aber Afrika's bräunliche Söhn' erweckte Drometen- - Schall, und Barda's Höh'n entströmten die lärmenden Scharen, - Wie im thauenden Lenz von der schimmernden Kuppe der Alpen - Schneefluth kommt, und laut herrauscht in die Thäler. Sie führte - Muhamed Temtes zum Kampf, des Fußvolks kühner Gebiether. - Scheidend senkte der Mond im Westen sein blässeres Antlitz - Jetzt in Nebelgewölk, und dämmernd erhob sich der Morgen. - Hairaddin hielt am Olivengehölz mit den Schrecklichen. Allen - Kam er zuvor, und hieß, des Kampfs wohlkundig, die Schanzen - Eilig erbau'n auf den Höhn des ragenden Felsengebirges, - Das Mathilden im Schooß der schaurigen Höhle, seit gestern - Barg. Dort lag die unglückliche Frau (der nahen Entbindung - Wehen durchzuckten ihr Mark und Gebein) unsägliche Qualen - Duldend, und harrend mit Angst des heißersehneten Gatten. - - Eilenden Laufs war Kurd dem Lager der Christen genahet, - Trat in Toledo's Gezelt, und sprach, tiefathmend, und bebend: - »Hugo's Worte verkündet mein Mund: ihn mögest du hören. - Siehe, der Morgen grau't, der langgetrennete Herzen - Wieder vereint! Schon harrt in traulicher Felsenumhüllung - Dein die Gattinn mit Angst: o trage sie jetzt auf den Armen, - Freudigerrettend, heim zu nimmer versiegender Wonne -- - Heim in das Vaterland! Ein liebender Vater den Waisen - Hugo's mögest du seyn, der dich in der hülflosen Kindheit - Oft auf den Armen trug, dich fröhliche Spiele gelehret, - Und die Treue dir stets in dem redlichen Herzen bewahrt hat.« - »Kurd,« so jauchzte Toledo ihm zu, »Kurd, waffne dich eilig, - Du mein Freund fortan, mein Bruder und Waffengefährt' jetzt; - Säume nicht, schnell geleite mich hin zur Höhle des Waldes!« - Hastig reicht' er die Waffen ihm dar. Die finsteren Augen - Kurd's entflammten sich hell, und des Kummers tiefere Furchen - Schwanden von seiner Stirn' und Wange: nur Jauchzen des Sieges - Scholl um ihn her aus den Tagen des Ruhms erretteter Heimath, - Und, im versöhnten Gemüth gedacht' er nicht seines Geschicks mehr. - Jetzo, im Waffenschmuck auf feurige Rosse sich schwingend, - Jagten die Helden hinaus, entgegen der Höhle des Waldes. - - Lauter säuselte schon aus Osten der schaurige Frühwind; - Purpurröthlicher Glanz entfloß des goldenen Morgens - Weiteröffnetem Thor; aus den dämmernden Wolkengefilden - Sah die wirbelnde Lerche zuerst erwachen die Sonne, - Und, jungfräulichverschämt, mit höherer Gluth auf den Wangen, - Dort dem rosigen Lager entflieh'n: als schauernde Wälder, - Noch in Dunkel gehüllt, mit leisem Zwitschern und Flistern - Ihr anstimmten den Morgengruß, und die Wellen des Meeres, - Hocherhebend das Haupt, sich sehnten, die Holde zu schauen; - Aber nur Blut, nur Mord, nur sterbender Menschen Geröchel - Wallt' ihr zum Morgengruß aus Goletta's Fluren entgegen. - Eilender stürmte Tobukes heran. Wie ein reißender Bergstrom - In der Gewitternacht anschwillt, und des Landes Bewohner - Schnell vom lieblichen Schlaf erwecket zur Angst und Verzweiflung: - Denn sie vernahmen es nicht, daß fern im finsteren Waldthal - Sausend die Wolke zerbarst, und Fluth entstürzte dem Abhang: - So, von Tobukes geführt, herströmten die Scharen, und stürzten - Auf Hispania's Macht. Da gaben die spähenden Wachen, - Staub gewahrend, und Volk in dem Staub, durch Büchsengeschmetter - Zeichen der Noth und Gefahr: aufrafften sich eilig die Krieger, - Und sie folgten beherzt dem trefflichen Führer Alarkon. - »Brüder,« so rief er laut, »nun vorwärts! Eiserngeschlossen - Haltet die Reih'n, und dränget den Feind vom Rande des Grabens - Muthig zurück; besiegt entflieh' er vor unseren Augen. - Denket der Wälschen, die erst vorschnell, nur flammender Kühnheit, - Nicht vorschauendem Muth gehorchend, im Felde der Waffen - Bluteten. Auf, Hispania's Volk: du stehe, dem Felsen - Gleich im Sturme der Schlacht, des sicheren Sieges gewärtig!« - Und er führte die Reih'n zum schanzumkreisenden Wall hin. - Aber wie dort an dem Mohrenstrand, hoch über der Meersfluth, - Schwebt die schreckliche Wassertrompet', ein winzig Gewölk erst; - Dann urplötzlich mit Donnerschall auf die Fluthen herabfährt, - Wirbelnd sie faßt, in die Luft aufhebt, und brausend im Jähsturz, - Hier die Schiffe zerschellt auf dem Meer, und dort an dem Ufer - Wüthend, unseliges Volk, und Hütten, und Saaten vernichtet: - Also erstiegen die Feinde den Wall im schrecklichen Anlauf. - Allah-Geschrei und Gekrach der stürzenden Pfähl' an dem Graben - Brauste vor ihnen daher; geschwungener Säbel Gezisch scholl; - Staub flog auf. Schon wandten sich eilig die Christen: die Vorschar - Stürzt' auf die folgende, wie, vom wüthenden Sturme gehoben, - Wog' auf Woge sich stürzt, und trennte die Ordnungen weithin. - Jetzt vom Schrecken betäubt, nicht hörend die Stimme des Führers, - Wichen sie all'. Er stand, und bohrte den Flüchtenden links, rechts, - Zürnend, das Schwert in die Brust, und ging, und wär' er allein nur, - Rühmlichen Kampf und Tod im Sinn, den Feinden entgegen. - Aber, glühend vor Scham, gewahrten die Krieger sich alle - Fortgerissen zu schmählicher Flucht. Sie kehrten im Sturmschritt - Wieder zurück; dann schnell die Gewehr' an die Wange sich pressend, - Zielten, und drückten sie los, und Stein und Stahl an dem Schlosse - Schleuderte Blitz'; aufflammt' an der Pfanne das Pulver: hinausfuhr - Krachend die Kugel -- sie flog in die stürmenden Haufen, und Volk sank. - Dann mit glühendem Muth, stets unaufhaltsamer, jauchzend, - Drangen die Tapferen vor, und warfen die stürmenden Haufen - Wieder zurück auf den Wall. Dort stand Alarkon vor allen. - Sieh', ihm nahte, beherzt, der einzige Sohn Abdul Hamids, - Des zu Tripoli herrschenden Dey's! Ihn sandte der Vater, - Daß er in Hairaddins Heer', erringend die Kränze des Sieges, - Kehre zur Freud' ihm heim, und zum Trost im grauenden Alter. - Aber er freue sich nicht, den Tag der fröhlichen Heimkehr - Seines Erzeugten zu seh'n: ihn hüllet die Erde vor Tunis. - Weitvorhaltend den Speer, eindrang er mit Wuth auf Alarkon, - Daß ihm der Schaft in der Faust erzitterte; dennoch, dem Kampf schon - Lange geübt, vermied im Sprung', Alarkon des Speeres - Tödlichen Stoß. Er hieb, mit kräftiger Rechte den Degen - Schwingend, den Schaft entzwei, und rannte den blitzenden Stahl ihm - Jetzt so tief in die Brust, daß er, scharfgeschliffen, ihm alsbald - Auch die Schulter durchfuhr: er sank, und stöhnt' in dem Tod noch. - D'rauf, entreißend den Stahl, zerschlug er dem Bascha von Tarsus, - Ahmet, die ragende Stirn': er taumelt' am Rande des Walles - Nieder, und fiel, die Händ' ausbreitend, hinab in den Graben. - Wie der flüchtige Hirsch, den heiß verfolget der Schweißhund, - Nah' an des schwindligen Abgrunds Rand, erlegt von dem Weidmann, - Jählings entstürzt: dumpf kracht sein Geweih an dem Felsen hinunter: - Ahmet entstürzte so schnell: ihm krachten im Falle die Glieder. - Aber da schlich Tobukes, ergrimmt, an den Rücken Alarkons; - Jauchzt', und bohrt' ihm, weitausholend, den Dolch in den Nacken. - Sterbend lag er am Wall, doch winkt' er dem kühnen Sarmento, - Führer zu seyn des Volk's in entsetzlicher Stunde des Wuthkampfs. - Zärtliche Freundschaft wand die Blüthen der fröhlichen Jugend - Immer noch frisch und duftend um beider Herzen: sie wallten, - Innigvereint, des Ruhmes Pfad im Leben und Tod noch. - Ob des Freundes Geschick aufstöhnend, brauste Sarmento - Vor, und schrie, und erweckte den Muth der zagenden Krieger, - Und von neuem begann auf dem Walle das grause Gemetzel. - Warf Sarmento den Feind, vordringend, zurück in den Graben, - Stürmte Tobukes ergrimmter herauf, nicht achtend der Haufen - Seines getödteten Volks: denn viele der Christen erlegt' er. - Gleich dem Nebelgewölk, das hoch in den bläulichen Luftraum - Aufschwebt; dann von zween sich bekämpfenden Winden ergriffen, - Hier- und dorthin treibt: so schwankte des Kampfes Entscheidung. - - Einst Germania's Hort, und im Kampf: Legionenzertrümm'rer, - Hermann, sah die Gefahr, und fuhr im sausenden Eilflug - Nach des Kaisers Gezelt, der dort, tiefsinnenden Blickes, - Einsam saß, und erregt' ihn so mit den muthigen Worten: - »Säume nicht: heiß bestürmet der Feind Hispania's Krieger; - Eile hinaus: dein Blick gebiethe den Sieg in dem Schlachtfeld.« - Hastig entfuhr er dem Stuhl', und blickte, verwundert, um sich her. - »Ahnt mir Gefahr?« so dacht' er, dem Zelt enteilend. Er schwang sich - Draußen auf's feurige Roß, und flog nach der Schanze hinüber. - Ihm nachjagte Gefolg', und unter den stampfenden Hufen - Drönte der Boden umher; aufquoll der flimmernde Sandstaub. - Jetzo der Schanze genaht, begann der zürnende Kaiser: - »Wie, Hispania's Volk, dich nannte die staunende Mitwelt, - Rühmend, das Erst' im Feld, und du weichest dem feindlichen Andrang? - Auf, und rette den heimischen Ruhm! Ein glänzender Leitstern - Sey er dem Krieger im Kampf: nur mit ihm verlösche sein Leben!« - Lodernden Flammen gleich, ergriff die Herzen des Kaisers - Zornausruf: da brannt' auch der schwächere Mann in den Reihen, - Gegen die Feinde des Kriegs vernichtende Schrecken zu tragen, - Und sie kehrten sogleich. Wie ein bergabtaumelnder Felsblock, - Dem die Wälder erkrachen, Geröll' und Erde zerstäubt weicht; - Oder vom dauernden Regen geschwellt hinbrauset ein Bergstrom - Durch die Fluren, und Hain' und blühende Saaten zerstöret: - So in des Feindes Reih'n umwütheten jetzo die Krieger, - Rächend des Rückzugs Schmach. Doch wehe, da stürzte Sarmento, - Von Tobukes durchbohrt, und haucht' an dem Busen des Freundes, - Der auf dem Walle getödtet lag, den muthigen Geist aus! - Glückliches Los, das so die liebenden Freunde vereinte! - Ueber ihn hin (betrübt zwar, doch des eisernen Krieges - Stimme geboth's) und über die Hügel erschlagenen Volkes, - Eilten die Reihen auf Reih'n jetzt vor, und warfen die Gegner - Von dem Wall' in den Graben -- aus ihm hinüber in's Blachfeld, - Raschverfolgend. Nicht half das Schrei'n des Führers, Tobukes, - Nicht die knirschende Wuth des Volks: denn, Hagelgewittern - Aehnlich, folgte der Sieger ihm nach, und grause Vertilgung. - Unter den Letzteren floh Tobukes, und stöhnte vor Ingrimm. - Furchtbar war sein Arm in dem Kampf, und, glühend vor Sehnsucht, - Gohr ihm die Brust, daß Hairaddin bald vom Olivengehölz her - Nahend, ihm eine die Macht, zu vernichten die feindlichen Scharen. - Aber er harrt' umsonst, und jetzo, von Wunden ermattet, - Sann, und erwog er im finstern Gemüth': ob Hairaddins Rach' ihn, - Da er ihn haßte, vielleicht dem sicheren Tode hier preisgab? - Unerträglich erschien dem Zweifler des nächtlichen Irrwahns - Täuschendes Licht; er riß ergrimmt von der Seite den Mordstahl, - Stieß ihn tief in die Brust, und fiel, und röchelte sterbend. - Aber, vor Schrecken erstarrt, gewahrten die Krieger des Feldherrn - Blutige That, und floh'n jetzt eilender fort nach Goletta. - - Hairaddin hörte des Kampf's grau'nvolles Getös' in dem Waldthal; - Doch ihm scholl's erfreuender, als in dem silbernen Mondlicht - Liebenden tönt Harmonikaklang und Harfengelispel. - Vorwärts drängt' ihn der Muth und die Blutgier; aber er hielt noch, - Bis er die Schanz', erbaut auf den Felsenhöhen, gewahrte, - Und das eh'rne Geschütz, das weit in die Ferne hinüber - Schleudert den Ball (Feldschlange genannt), in jene geschafft war. - D'rauf begann er so, vor dem Meister des schweren Geschützes: - »Bujukdur, Sohn Hafis, horch! wenn außer dem Oehlwald - Schimmert die Fahne des Vorderzugs: dann feu're, verderbend, - Nach dem Lager hinaus. Abdallah, der muthige Feldherr, - Sey dir schirmend gesellt mit tausend erlesenen Kriegern.« - Und nun führt' er das Heer, ihm tiefere Stille gebiethend, - Durch den Olivenwald, dem Lager der Christen entgegen. - Siehe, da jagte mit Kurd, auf schnaubendem Rosse, Toledo - Näher. Es hing sein thränendes Aug' an den Höhen der Felswand, - Welche die Gattinn ihm barg, und im rosigen Morgen die Scheitel - Glühend erhob. Wie dort dem leidenerfahrenen Jüngling, - Den ein feindlich' Geschick aus den Armen der liebenden Aeltern - Riß, das Herz erpocht, so nach Jahren der schmerzlichen Trennung, - Er, heimkehrend im Schiff von Amerika's wüsten Gestaden, - Jetzo die Thürme der Vaterstadt in der Ferne gewahret, - Jetzt sein väterlich Haus, und jetzo den Hügel und Anger - Wieder erkennet, wo ihm die seligen Jahre der Kindheit - Schimmernd entfloh'n: nur vorwärts strebt er, und weiter entfernet - Däucht ihn das Ziel, als einst von des Meer's endlosen Gewässern: - Also pocht' ihm die Brust, und eilender jagt' er das Roß hin: - Schauend den Fels, der hell vom Morgenschimmer ihm winkte. - Plötzlich hemmt' er das Roß, und starrte mit tiefem Entsetzen - Vor sich hin, da er nun die raschvordringenden Scharen - Nahe der Höhl' ersah. Kurd rief mit leisem Gelispel: - »Kehr' in Eile zurück: dort nah'n unzählige Feind' uns!« - »Kurd,« entgegnet er sanft, »ich sehe die Feind' an dem Felsen: - Hin ist die Hoffnung -- Mathild' ist todt! Nun will ich im Kampf hier - Sterben, dem Schicksal zum Hohn, den Tod des tapferen Kriegers.« - Schnell entblößt' er den blinkenden Stahl, und flog auf das Blachfeld - Muthig hinaus: da erfaßte noch Kurd das Roß an dem Zügel, - Riß es gewaltig zurück, und rief dem Tobenden also: - »Soll die unglückliche Frau vergehen in schrecklichem Jammer, - Deiner beraubt? Sie ruht in der dunkeln Höhle geborgen. - Lass' uns, des Ueberfalls Verkündiger, eilen in's Lager; - Wecken die Brüder zum Kampf', und erretten im Sieg' auch Mathilden!« - Hastig trieb er sein Roß, und mit diesem den Renner Toledo's - Wieder zurück, der, tiefverstummend, die Augen zuweilen - Gegen den Himmel erhob, und laut aufseufzte vor Herzleid. - Aber in stürmischer Hast hinflogen die schnaubenden Rosse; - Staub quoll auf in die Lüfte, der Wald, die Berg' und die Hügel - Wichen im Fluge zurück, und die Helden durchbrausten das Lager. - - Dort des Ueberfalls, des nächtlichen, denkend mit Unmuth, - Hatte der Kaiser das Volk ringsher gerufen zur Heerschau. - Rastlos schmetterten fort die eh'rnen Drometen; die Trommeln - Wirbelten dumpf, und riefen verständliche Laute den Kriegern. - Wie das unzählige Volk der Schwalben im sonnigen Spätherbst - Rings mit lautem Geschrei, vorahnend die Stürme des Winters, - Sich anschickt, entgegen zu zieh'n besonnten Gefilden: - Meng' an Menge gedrängt, versammeln sich eilig die Scharen: - Also vereinten sich hier die tapferen Krieger zur Heerschau. - Ernsten, musternden Blicks, hinritt an den Reihen der Kaiser. - Jegliche Fahne sank; die Feldherrn all', und die Führer, - Hielten den Degen gesenkt zum ehrenden Gruße; das Fußvolk - Schwenkte die Lanz' und das blanke Gewehr, und der Reiter den Säbel. - Aber die Trommel scholl, und Drometengeschmetter ertönte. - Jetzo hätt' er dem Heer gewichtige Worte gesprochen, - Ruhm den Tapfern gezollt, und gerügt Verblendung und Saumsal; - Aber da flog mit Kurd, im eilenden Laufe, Toledo - Näher, und hielt, kampfdürstenden Blicks, an der Spitze der Seinen. - Jener, dem Herrscher genaht, erhob tiefathmend die Stimme: - »Herr, wie die Fluthen des Meer's im Hauch des stürmischen Nordwinds, - Zahllos, Wog' an Woge gereiht, zum Strande sich wälzen, - So vom Olivengehölz dir nahen die feindlichen Scharen!« - Noch entfloh den Lippen nicht ganz die unfreudige Nachricht, - Als von den Felsenhöh'n mit Donnergetös' und Gebrülle, - Lastende Kugeln heran, in des Lagers Mitte geschleudert, - Flogen: da sank in Reih'n und Gliedern, Jammer dem Anblick, - Häufig der tapferste Mann! Schnell riß die zischende Kugel - Diesem die Füße vom Leib, und warf sie, zerschmettert, zum Boden, - Jenem den Arm, und dem Dritten das Haupt, entsetzlich und furchtbar - Von dem taumelnden Rumpf', und es wälzten sich treffliche Rosse - Dort mit dem Reiter, verwundet, im Blut. Unsichtbaren Fluges, - Treffen des Todes Geschoss' aus den lautumdonnernden Schlünden: - Weder Kraft, noch Muth errettet von grauser Vertilgung, - Die aus der Fern' urplötzlich Bewehrt' und Wehrlose hinstreckt. - Jetzo gebothen sogleich des Krieg's wohlkundige Führer - Wechselnde Stellung, und vor- und rückwärts, schief, und gerad' hin, - Wogte das Heer: das Ziel zu entrücken der feindlichen Obmacht. - Aber der Kaiser sann. Er winkt'. Ihm nahte der Feldherr - Lichtstein: denn er gewahrte den Blitz in dem Auge des Fürsten. - »Lichtstein,« also sprach er, »du ziehst den engeren Thalweg - Hinter dem Salzthurm fort, zu erstürmen die Schanze der Felshöh'n: - Weder Medscherda's reißende Fluth, noch die schroffe Gebirgswand - Hemme des Siegers Lauf! Vier tausend muthige Schützen, - Tausend Reitern gesellt, genügen dir. Ist es gelungen: - Dann bedrohe den Feind, nicht achtlos Unser, im Rücken.« - Jener entschwand: ihm hob die Heldenseele des Herrschers - Ehrender Ruf, und erkor in Eile die tapfern Gefährten: - Oestreichs Reiter und Ungerns, die den tyrolischen Schützen - Folgten im munteren Schritt, und des Spessarts Kriegern, und Hessens. - Auch entboth er den Troß der fährschiffführenden Wägen, - Rossebespannt zu folgen der Schar werkkundiger Brückner. - Wieder begann der Herrscher, und rief mit leuchtendem Antlitz: - »Fort in den Kampf! Voraus die Reisigen, welche Mendoza - Heut' in dem Vortrab lenkt, zum Ruhme der hohen Cortezza. - Ihnen folg' in gemessenem Schritt, im Trommelgewirbel, - Und die Fahn' im Blick, Neapels muthiges Kriegsvolk, - Jenem gesellt, das uns die erlauchte Roma gesendet. - Ueber sie heischt Toledo's Blick die Leitung -- sie werd' ihm: - Denn ihm winket des Sieges Preis in der Stille der Felsnacht. - Aber die Ritter-Schar führt Garzia Lasso, und Alba, - Flammenden Muth's, der Spanier schwergeharnischte Reiter - Gegen den Feind; nur Eberstein verharr' in dem Lager, - Ihm ein schirmender Hort, mit den treuverlässigen Deutschen.« - Also geordnet, eilte das Heer in die stürmende Feldschlacht. - - - - - Neunter Gesang. - - - Wie der Heuschrecken Heere, gejagt aus Syriens Wüsten - Von zerstörender Gier, anstürmen im Sommer, daß weithin - Sauset die Luft, und die Sonne verlischt in der Helle des Mittags: - Also schwebten auch jetzt in zwei gesonderten Haufen, - Brausend, die Geister heran, und jeglichem eilten die Herrscher, - Muhamed erst, dann Attila vor: zwei finsteren Wolken - Gleich, die donnerschwer, in dräuender Stille heraufzieh'n. - Unmuth gohr in dem wilden Blicke des hunnischen Königs; - Auch die glühende Stirn' und Wange des Koran-Verkünders - Zuckte vor Wuth: nicht die Christen all' im Kampf der Entscheidung - Schauend. Lechzende Gier nach Blut erfüllte die Furchtbar'n. - Muhamed rief: »Erblick' ich dort Arabia's Krieger? - Wehe, denn weder an Muth, noch an Thaten sind sie mir ähnlich - Mehr, die Feig'umschwärmenden! Jetzt, und hinfort mir ein Liebling - Seye der Türk'. Aus Turkestans[54] sandiger Flur sich erhebend, - Kam er, ein brausender Sturm, und säte des heiligen Korans - Samen aus in die Welt, und lenkt' an die Keime den Blutstrom, - Daß er erwuchs, und die Ernt' in üppiger Fülle sich fortmehrt. - Hebe dich, luftige Schar: dem Christen errege die Gegner, - Daß er besiegt hinschwind', und nie rückkehre zur Heimath!« - »Tapfere Scythen, ihr!« rief laut der Hunnen-Beherrscher, - »Die, nach Attila's Wink, den allverheerenden Flammen - Aehnlich, im Garbenfeld der schmachgereifeten Menschheit, - Wüthetet, als uns Rom auf den sieben Hügeln erbebte -- - Byzanz neigte das Haupt: erhebet die luftigen Waffen, - Weil, der sterblichen Hüll' entrückt, der Thaten Vollendung - Nimmer den Busen uns labt, nicht der Sieg im Jauchzen der Mordlust; - Auf, und dränget der Janitschar'n blutdürstende Rotten - Rastlos vor zum Gewürg' in volkzermalmender Feldschlacht!« - Jauchzend vernahmen des Herrschers Ruf die luftigen Scharen; - Aber so laut und so mächtig sie schrie'n -- es zischte nur leises, - Schwaches Geflister herab. Wohl starrt' in der eilenden Heersmacht - Mancher der Krieger empor; doch leer ihn dünkte der Luftraum. - - Leise, mit weitvorstrebendem Fuß, die klirrenden Waffen - Pressend im Arm, und das Roß, daß es schweig', an den wallenden Mähnen - Streichelnd, nahte der Feind in täuschender Stille vom Wald her. - Doch als jetzt von den Felsenhöh'n das wichtige Zeichen - Donnernd erscholl, und fern in des Lagers Mitte Verderben - Säte der eherne Schlund: da jagten die listigen Scharen - All', im geflügelten Lauf, im Getös' empöreter Mordwuth, - Allah! Allah! brüllend, heran an des Lagers Umwallung: - Denn urschnell und in wilder Verzweiflung sollte der Christen - Schlummerndes Volk, so wähnete Hairaddin, Jammer ereilen. - Siehe, und als dem Wald, wie am wetterverheißenden Morgen - Zürnende Bienen dem Korb', entströmte sein lärmendes Kriegsvolk, - Führt' ihm Mendoza, der Held, im Blitze des Waffengeschmeides - Schon entgegen die reisige Schar: er selber den Kampfpreis - Heischend vor ihm, und kühneren Blick's vorstürmend zum Angriff! - Wie, wenn lechzend nach Blut, der schreckliche Tieger im Dickicht - Leises Geräusche vernimmt, und dort, nur scheue Gazellen - Suchend, den Leu'n, den langvermied'nen, gewahret, da wankt' er - Vor dem entsetzlichen Feinde zurück, und denket der Flucht schon; - Doch bald kehrt ihm die Wuth: er senkt die Brauen ergrimmter - Nieder, und fletschet die Zähn', ihm den letzten der Kämpfe zu biethen: - So mit staunendem Blick sah Hairaddin jetzo die Gegner - Kommen im Feld, die er, würgend, vom Schlaf zu erwecken gedachte. - Aber er säumte nicht, trieb, und jagte die Zögernden vorwärts, - Und der Geister aufjauchzendes Heer flog brausend hernieder, - Nahte den Kriegern, und schrie in das Ohr dort Jeglichem: »Vorwärts!« - Wie der Bremsen erboßter Schwarm in der Stunde des Mittags - Rasch auf die Heerde des trägeren Hornvieh's, dann auf der Rosse - Munt'res Gestütt' sich wirft, und all' in rasendem Taumel, - Brüllen, wiehern, und flieh'n: denn, ob ein schwindliger Abgrund, - Oder die tobende Fluth tief unten dräuet -- sie stürzen - Unaufhaltsam hinab; so drängten die luftigen Geister - Hairaddins Volk an die Feind', und furchtbar tönte der Schlachtruf. - - Siehe, die Reiterschar der Araber tauchte vor allen, - Spornend das feurige Roß, und vorgebeugt aus dem Sattel - Bis zu den Mähnen, die Spitze des hochaufragenden Speeres - Dort in Mendoza's Reih'n. Da fiel Segorbia's Kampfheld, - Aguillar, und mit ihm Morillo, den Murzia sandte, - Fahnenjunker im Heer, mit dreißig erlesenen Kriegern, - Und in dem Waffengemeng' erbebte Hispania's Jugend, - Die zum ersten Male des Kriegs betäubendem Schrecken, - Hier in dem Feld, entgegen sich warf, und dachte der Flucht schon. - Doch jetzt nahte mit Sturmes Flug vor seinen Gefährten - Hermann heran: ihn lockte des Kampfs erwachender Donner - Fernher. Aehnlich dem Aar, der tief im schattigen Thalgrund - Beut' ersehend, sogleich in sausender Schnelle herabfährt: - Also fuhr er herab, und rief dem edlen Mendoza: - »Sollten die Jünglinge flieh'n, ihr Ruhm ist gefährdet für immer. - Schau in die Vorwelt auf, wie dort der Heldengebiether - Hermann, den flüchtenden Kriegern zur Schmach und Wiederbesinnung, - Muthig den Schild ergriff, vordrang, und so, mit den Scharen - Wiedervereint, sich herrlichen Siegsruhm über des Varus[55] - Drei Legionen errang in dem eisernen Felde der Waffen: - Also mögest du jetzt den jüngst geworbenen Kriegern, - Kämpfend, ein Leitstern seyn auf dem grau'numnachteten Schlachtfeld!« - Glühende Röth' umzog Mendoza's Wangen; er dachte - Seines errungenen Ruhms Verdunkelung; schrie, und begann so: - »Spanier, kühn mir nach: nicht täuschet der edeln Cortezza - Hohes Vertrau'n, die euch sandte zum Heer; nicht gewahre der Herrscher - Euch unkriegerisch, feig; mir nach! Eh' treffe der Tod mich - Selber durch Feindeshand, eh' hier die Schande mich treffe.« - Jauchzend flog er dahin, und voll kühner Todesverachtung - Sprengten die Reiter ihm nach. Entscheidend für kommende Zeiten - Lenkt ein Held im Gefecht den neugeworbenen Krieger: - Denn nicht weicht er, und fällt, besiegt, im rühmlichen Tod nur: - Stets erfüllt ihm die Brust die erhabene Heldengesinnung. - Jetzo die stürmende Lanz', und jetzt des sausenden Säbels - Blitz und Schlag ereilte der Araber dichte Geschwader - Mordend; es sank das Volk, und es sanken die Rosse getödtet. - - Assad riß sich hervor, der Emir. Einst Beduine,[56] - Zog er in Syriens Wüsten umher, und häufte sich Reichthum, - Dort der Karavan' auflauernd im einsamen Hohlweg. - Deß' sich zu freu'n, wohnt' er zu Tunis im stolzen Pallast nun: - Seinem Volke verhaßt, dem stets das Leben in Zelten, - Draußen im Steppengefild des Menschen würdiger dünket. - Jetzo im sausenden Ritt Mendoza genaht, und vertrauend - Eiserner Kraft, dacht' er, mit dem blinkenden Speer ihn zu tödten; - Doch Mendoza riß an dem Zaum: sein mächtiges Streitroß - Setzt', im kreisenden Sprung', ihn schnell an die Seite des Emirs, - Und er jagt' ihm das Schwert mit festnachstürmender Rechten - Tief in die Brust: er sank vom Sattel, und stöhnt' in dem Tod noch. - Aber ihm naht' Abulkassem, sein Sohn, ein furchtbarer Rächer. - Stöhnend vor Wuth durchrannt' er Mendoza's Arm mit dem Säbel, - Als er, gewendet, die Reih'n aufboth zum stürmenden Angriff. - Wieder erhob er den Stahl, und hätt' ihn getödtet, da sprengte, - Rettend, Alonzo Cueva heran, der tapfere Hauptmann, - Schrie, und scheucht' ihn zurück. Er barg sich schnell im Gewimmel - Seines Volk's, das jetzt, des Feldherrn Wunde gewahrend, - Muthiger vorwärts drang, und laut aufbrüllte vor Mordlust. - Aber dem Schlachtengemeng' entrissen die Krieger den Helden; - Eilten in's Lager zurück, daß dort heilkundig der Arzt ihm - Stille das Blut, und träufle den weh'einschläfernden Balsam. - Und er ermahnete scheidend noch mit blässerem Antlitz, - Alle, zu folgen dem Wink des Helden Alonzo Cueva. - - Heißer entbrannte die Schlacht. Wie im Süd- und Norden empöret - Donnerstürme sich nah'n, und, vermengt, zur Erde Verderben - Speien im Flammengezisch und im schrecklichen Hagelgeprassel: - Also prallten die Araber an, und zugleich die Hispaner: - Diese von Rach' entflammt ob ihres verwundeten Führers, - Jene, voll Muths vorstürmend, und lautaufjubelnd im Vortheil. - Als sich gemengt im Feld die Wüthenden trafen, da tönte - Schrecklich der Mordausruf und das Schmettern der Waffen, dem Donner - Eherner Schlünde vereint, und Blut beströmte den Boden. - Schon warf zweimal der Christ des Mahoms Verehrer, im Sturmritt, - Drängend, zurück; schon jauchzt' er des Sieg's aufstrahlender Hoffnung; - Aber da warf, ergrimmt, auf Alonzo Cueva, den Dränger, - Abu-Sa-id den Dolch, und durchbohrt' ihm den Hals und den Nacken, - Solchem Kampfe geübt; er sank, und verhauchte das Leben. - Siehe, den endlos Trauernden faßt' am dämmernden Morgen, - Vor des Kampfes Beginn, heut' ahnungentsprossene Schwermuth - So, daß ihm Jeglicher staunt'. Ach, seines erblindeten Vaters - Greisengesicht, und das wankende Haupt, wie schneeiger Tauben - Dunen, so weiß, schien ihm noch immer zu dräu'n ob dem Frevel - Stürmischer Jugendzeit: da er leis'annahend, des Vaters - Händen den Stab entwand, und der zürnende Greis, an der Schwelle - Stolpernd, kopflangs stürzt', und blutete -- Jammer zu schauen! - Immer trübte die That ihm jegliche Freude des Lebens - Seither. Aber der Vater horcht, vor dem Haus' auf der Bank sich - Sonnend, dereinst begieriger auf, wenn kehrender Sieger - Jauchzen, der Waffen Geklirr, und das Wiehern der Rosse herantönt; - Ringsum Hast und Getös' die Heimgebliebenen aufregt, - Und die Straßen entlang: »Willkommen uns in der Heimath!« - Jubelnden Rufs erschallt in mancherlei Stimmen des Alters. - Vor vom Sitze gebeugt, horcht er: ob endlich des Sohnes - Gruß er vernehm', und harrt, hinzitternd, der frohen Umarmung: - Ach, umsonst: ihm sank der Theuere kämpfend vor Tunis! - Schrecken befiel die wiederverwaiseten Krieger: dem Unglück - Bebt' ihr muthiges Herz, nicht den wildaufrasenden Gegnern. - Also, verschüchtert, wichen sie nun, und ihnen im Rücken - Brauste der Feind, und häuft' im Felde die blutigen Leichen. - - Sieh', welch tapferes Häuflein kommt, die schnaubenden Rosse - Spornend, heran? Hell sprüht der zierliche Helm und der Harnisch - Hüpfende Funken umher; vom hochaufragenden Speerschaft - Blitzet der tödliche Stahl, und es blitzen die Augen der Männer. - Fünfzig sind's der Edlen. Sie führt auf der rühmlichen Laufbahn - Garzia Lasso, der Held, und Hispania's lieblichster Sänger. - Jetzo, dem Feinde genaht, und vorgebeugt aus dem Sattel, - Senkten die Kühnen den Speer, und warfen im sausenden Eilflug - Fünfzig der Feind' in den Staub: da floh'n die entlasteten Rosse - Wiehernd zurück: weit gähnte die Kluft im dichten Geschwader. - Wie, wenn brückendes Eis auf dem breiten Rücken der Donau, - Oder des Rheins, das heut' am Morgen noch eiserngefroren, - Unter der Wucht des schweren Gespanns und der lastenden Wägen - Drönete, nun ergriffen vom schmelzenden Hauche des Westwinds, - Krachend zerbirst, und zertrümmert im Schwall der finsteren Fluthen - Schwindet, daß links am Gestad', und rechts das schimmernde Landeis - Aufragt: also standen die Reih'n, im entsetzlichen Durchbruch - Weitgeschieden im Feld': sie blickten erstarrt in den leeren, - Scheidenden Raum: ihr Mordruf starb auf den bebenden Lippen. - Aber nicht rasteten dort die Scharenzertrümm'rer: sie würgten, - Was entgegen sich warf, in siegbeflügelter Hast noch. - Auch der Jünglinge Schar flog nun, um nimmer zu weichen, - Wieder im Felde heran, und vereint den siegenden Rittern, - Uebt' ihr blitzendes Schwert vergeltende Rach' an dem Gegner, - Der, von Schrecken betäubt, mit verhängtem Zügel den Läufer - Rückwärts trieb zu Hairaddins dichtannahender Heersmacht. - - Unabsehbar herab vom Olivengehölz auf das Blachfeld - Lenkt' er die Janitschar'n und fünfzig numidischer Horden - Wimmelndes Volk zum Kampf, als hier die Zersprengten dem Vortrab - Nahten. Er biß sich die Lippen vor Wuth; dann, eilig sich wendend, - Hieß er die Janitschar'n mit ausgebreiteten Armen, - Trennen die mittleren Reih'n, und erretten die flüchtenden Scharen, - Jene gehorchten dem Wink: mit rückwärtsstrebenden Fersen - Schwenkten die Reihen sich links und rechts: geräumigen Durchgang - Oeffnend dem flüchtigen Volk. So, wie, gehemmt in den Schleußen - Ruhet der brausende Strom, ein See, bis früh an dem Morgen - Oeffnen sie heißt der Schwemm' erfahrener Meister: da stürzen - Wog' auf Wog' und Schwall auf Schwall, im Gebrause des Donners, - Zur verschlingenden Kluft die langegehemmten Gewässer: - Also stürzten, gedrängt, und drängend, mit wildem Getümmel - Durch den geöffneten Raum zugleich die erretteten Scharen: - Denn nachjagte der Feind, und rastete nicht; in dem Rücken - Sauste des Säbels Schlag und der Lanz' einstürmender Mordstoß. - Aber die Janitscharen, die erst, sie schirmend, im Rückschritt - Wichen, kehrten zurück, und heischten, geordnet, den Angriff. - Hairaddin flog die Reihen entlang, und schrie im Getös' hin: - »Söhne des großen Propheten, des Muths und der flammenden Kühnheit, - Denket, welch' ihm die Erde, besiegt, gleich niedrigem Schämel, - Unter die Ferse gestellt: sie lag, und schmiegte sich duldend - Ihrem Druck. O dessen gedenkt! Ihr sehet die Gegner - Seines Nahmens vor euch; vernichtet sie, würgt sie gesammt hin.« - Muhamed, der ihn stets umschwebte mit liebender Sorgfalt, - Hörte mit Lächeln es an, wie er ihm vor gläubigen Moslems - Ruhm und Ehre gezollt; er selber, die Pfade des Lichtreichs - Fliehend, warnete nicht die Verblendeten, lächelte stolz noch! - Doch nun sah er erstaunt, daß Attila selbst, vor Entsetzen - Bebend, ihm nahte mit Sturmes Flug', und rief ihm entgegen: - »Haben die furchtbar'n Mächte gesiegt? Soll Schreckliches kommen, - Fallen vom Himmel der Mond mit den glänzenden Sternen; die Sonne - Ausgebrannt hinschwinden in ewige Nacht und Zerstörung, - Spurlos? Attila bebt, der nie zu erschütternde Krieger? - Jener wiegte das struppige Haupt, und als er noch einmal - Nach den felsigen Höh'n aufsah, entgegnet' er grimmig: - »Sieh', dort fleugt ein Mann g'en Hairaddin! Angst und Verzweiflung - Trägt er im Busen: er kommt, Unheil zu verkünden dem Herrscher. - Willst du vernehmen die That, die entsetzliche, der ich erbebte?« - - Doch was kündet der Bote voll Angst? ... Daß der tapfere Feldherr, - Lichtstein, glühenden Muths, die Schanz' auf dem Felsen erstürmte. - Schon durchzog er zuvor die schaurigen Pfade des Waldthals, - Leis' nur, wie es der Kaiser geboth: nicht Trommelgewirbel - Kündigte ferne den Zug, nicht schmetterten Lust die Drometen - Heut' in dem eilenden Ritt dem Reiter und Roß in die Ohren; - Doch, als jetzt Medscherda, mit lautaufrauschenden Wogen, - Ihnen am Felsengestad' entgegen sich dämmte, da hoben - Eilig die Brückner die Fähren herab von den knarrenden Achsen; - Warfen sie all' in die Fluth, versenkten die zackigen Anker, - Gegen den Strom mit Tau'n sie festigend, und in des Bogens - Krümmung einete Fähr' auf Fähr' die gesonderten Ufer. - D'rauf hinreihend das lange Gebälk', und quer auf die Balken - Breitend die Bohle, besiegten sie schnell die hemmenden Fluthen. - Unter des Rosses Huf und den Füßen der eilenden Krieger - Drönete fort und fort die schwankende Brück' auf dem Strom hin. - Aber drüben vom schroffen Gestad' erhob sich die Felsbahn - Schroffer noch himmelwärts. Der Reisige stieg aus dem Sattel, - Führte das Roß am Zaum', und keucht', und strauchelte häufig, - Ganz unkundig des Kletterns, und fremd in der hehren Gebirgswelt. - Aber es klomm, wie die Gemse, der Schütze Tyrols an der Felswand, - Tapferen Hessen vereint, und Spessartern, auf zu den Höhen. - Also errungen waren sie jetzt, und die Scharen geordnet. - Lichtsteins Ruf erscholl: »Hinan, tyrolische Männer! - Spessarter, vor mit den Hessen! Euch folge das Reiter-Geschwader - Dann, in gemessener Fern', entscheidend zum blutigen Angriff.« - Jauchzend, im Sturmlauf ging's an den Wall. Kaum trauend den Augen, - Sah der staunende Feind den Scharen des Feindes entgegen. - D'rauf erhob er Geschrei, und hieß des eh'rnen Geschützes - Donnergebrüll' mit dem Schmettern der Büchsen erschallen, und säte - Saat der Vernichtung. Da fiel Arnulf, der kühne Passeyer, - Der sich am Ortheles einst, dem felsaufklimmenden Steinbock - Folgend, verstieg, wo ihm bald der Strahl der Lebenserrettung - Völlig erlosch. Erhob er die Blicke: da wölbte die Steinwand - Ueber ihm thürmend sich auf, und senkt' er sie nieder, mit Vorsicht - Fassend den zackigen Fels: da bebt' er, vom Schwindel ergriffen, - Zitternd wieder zurück: denn weit hinaus auf den Abgrund - Bog sich die Wand, und eingekrümmt entschwand ihm die Mauer. - Kaum erspähte sein Aug' des Waldstroms Schimmer; verhallt war - Ihm sein Gebraus', und verstummt das Leben im einsamen Luftraum. - Dort sich mit reuigem Sinn, zum Hungertode bereitend, - Sah er schon zweimal des Tages Licht aufdämmern im Osten, - Zweimal erblassen im Abendroth; doch sieh', ihn vermißte - Jetzo der redliche Freund! Er wagte den Gang auf dem Felsgrath - Muthig, und schrie, und Geschrei vernehmend, senkt' er das Bastseil - Nieder vom jähen Geklipp', und rettete so den Gefährten. - Wie der Fischer empor zum Gestad', der Ruth', und des Fadens - Leises Zucken gewahrend, schnellt das zappelnde Fischchen: - Also entriß er den Freund, lautjubelnd, dem schrecklichen Tod dort, - Den er dahier nicht mied, durchbohrt von der schmetternden Kugel. - Neben ihm sank auch Eberhard, der erste der Schützen: - Nie verfehlt' er das Schwarz' in der kreisenden Scheib', und er both - sich - Selber dahier zum Ziel', in des Herzens Mitte getroffen. - Feuriger: denn der Getödteten furchtbare Rächer, bestürmten - Ihre Gefährten den Wall, und rastlos krachten die Büchsen, - Rastlos tönte Geschrei, zu wecken den Muth der Entscheidung. - Weder die Spessarter, noch die gleichgewaltigen Hessen - Weileten fern', einmüthig rang dem Helden der Held nach. - Wo die sternnachbildende Schanz' im engeren Vorsprung - Ragt', aufdrangen zuerst die muthigen Führer der Deutschen, - Werner und Wittekind, vom Graben. Erbebend der Kühnheit, - Wichen die Feinde zurück: da both Abdallah, des Bollwerks - Hort, im drometenden Ruf Stillstand, und rief im Getös' her: - »Stillstand bieth ich euch an: wir räumen den Wall und die Schanzen - Eurer Gewalt, so ihr Abzug gönnt in würdiger Freiheit; - Oder, wollen wir erst den Wink der Herrscher erkunden?« - »Hör't,« schrie Lichtstein auf, »euch täusche die feindliche List nicht! - Muthig hinan: ihr kämpfet hinfort um den leichteren Sieg nur!« - Rascher eilten die Reih'n auf Reih'n jetzt vor, und erstiegen - Kämpfend den Wall: denn schrecklich erwies sich der Feind in der - Nothwehr. - Werners Arm erlag Abdallah, der Schirmer des Bollwerks; - Aber ihm bohrte zugleich ein Derwisch, Fluch und Verwünschung - Brüllend gegen das stürmende Volk, den Dolch in den Nacken - So, daß dem Sinkenden schnell das Blut und das Leben entströmte. - Schwer vermißt ihn daheim die liebende Mutter, in Kummer - Lebend, seit ihr der Gatte versank in den Fluthen des Mainstroms, - Wo er vom berstenden Eis lautjammernde Menschen gerettet. - Nur ihr Einziger war ihr Trost in der schrecklichen Trennung - Von dem Gemahl, und Ernährer: denn stets heimbrachte der Sohn ihr, - Frommgesinnet, den Sold, und küßt' ihr die Hände mit Ehrfurcht: - Dankbar sorgend für jene, die ihn mit Schmerzen geboren, - Oft den Schlummer entbehrt', und viel herznagenden Kummer - Duldet' um ihn mit Lieb', in hülfebedürftiger Kindheit. - Ach, nun harrt sie umsonst des Guten! Ihn tödtet' ein Derwisch - Hier auf dem Wall. Doch Wittekind ereilte den Meuchler - Schnell; erhob den Degen, und traf ihn mit kräftiger Rechten - Tief in's Genick, daß er röchelnd sank, und im Blute sich wälzte. - Ihn umhäufeten bald, ringsher, die tapfersten Krieger. - Rasch umlenkend das Roß, aufschwang der Scharen Gebiether, - Lichtstein, jetzo das Schwert: verständlich blitzt' es dem Volk' auf. - Alsbald rief die Dromet' in hellerklingenden Tönen - Roß und Reiter zum Sturm, und zugleich, dem Sporn in den Seiten - Stöhnend, flogen die Läufer gestreckt an den Graben. Sie setzten - Ueber ihn hin, und klommen, daß fest an dem Hals' und den Mähnen - Pochte des Reiters Brust, an dem sandgehügelten Wall auf. - Dort war jetzt ringsum Gewürg', und Gemetzel, und Wuthschrei: - Denn nicht der Hagel prasselt so laut aus berstenden Wolken - Nieder auf's Breterdach (der Wandrer bebt vor Entsetzen, - Der sich unter ihm barg, zu entflieh'n dem grausen Gewitter) - Als der sausende Stahl, entlang den Wällen, auf Stirnbund, - Tulban, Harnisch, und Helm herrasselte, mordend die Scharen. - - Mechmet entrann. Nun beugt' er die Stirne vor Hairaddin dreimal - Tief in den Staub; dann stand er, und wollte beginnen, vermocht's nicht. - Hairaddin faßt' ergrimmt, des Zögernden Stirne zu spalten, - Schon den Säbel; da rief der bleichaufathmende Krieger: - »Herr, stets glänze dein Ruhm, wie, strahlend, die Sonne vom Aufgang - Glänzet zum Niedergang, und mögen die Feinde, vernichtet, - Schwinden vor ihm! Doch weh'! Entsetzliches muß ich dir künden -- - Zittern vor deinem Zorn. Vernimm's! Die Schanz ist erstürmet. - Keiner der Unsern lebt; ich allein entrann dem Gemetzel, - Dir zum Wohl: denn siehe, dein Sclav' entriß sich dem Kampf nur, - Daß du es hörest von ihm: dir nahen die Feind' in dem Rücken!« - Und er stieß sich den Dolch in die Brust. Da floß an den Wangen - Hairaddins wohl die Thräne herab, als dort in dem Sandstaub - Jener verhauchte den Geist? Ach, niemals hoben sich Thränen - Ihm aus der Brust empor zu den grimmgerötheten Augen; - Ihnen entstrahlte kein Mitgefühl, kein himmlisches Mitleid! - Schweigend starrt' er umher; dann, so, wie ein Blitz in der Sturmnacht - Durch das finst're Gewölk hinfleugt, umröthete plötzlich - Tiefaufgährender Zorn ihm die blässergewordenen Wangen, - Und er rief, daß Muhameds Aug' erglänzte vor Wonne, - Grimmig den Janitschar'n entgegen, und schrie im Getös' hin: - »Mögen sie immer im Rücken uns nah'n. Nicht eher verlassen - Wir die dürstende Heide, bis satt mit feindlichem Blut wir - Sie getränkt, und genügend ihr tischten das schreckliche Schlachtmahl.« - D'rauf, wie dort in des Waldthals Schlucht, aus berstenden Wolken - Niedergestürzt, ein Strom entgegen sich dränget dem ander'n, - Laut mit wildem Geräusch', und im schrecklichen Wogengewirbel, - Tief aus dem Grunde gewühlt, die Vesten der Berge versinken - Links und rechts: da rollen die Felsen, da stürzen die Wälder - Gegen einander hinab in den brausenden Schaum der Gewässer: - Also stießen auch hier die feindlichen Heere zusammen. - - Eilend vor Alba's Reiterschar, flog Garzia Lasso - Jetzt mit den Rittern heran. Des Fußvolks treffliche Reihen - Folgten dem Kaiser selbst, dem stattlichen: kühn den Gefahren - Stehend im Kampf', und stolz im Gefühle des sicheren Sieges. - Furchtbar donnerten schon die mächtigen Schlünde; zugleich flog - Lastendes Eisen, im Bogenwurf sich kreuzend im Luftraum, - Hin, und daher gesandt, entsetzlichen Jammer zu schaffen. - Fort und fort, im Gekrach der rastlosfeuernden Büchsen, - Prasselte Kugelsaat auf den Feind; laut kreischte der Säbel, - Zischte der Pfeil, ersausten die Speer' und die Lanzen, und ringsum - Strömte das Blut: stets grimmiger wüthete Mord und Empörung. - Rechts, wo Hairaddins Heer, entfaltend die Flügel, der Mauren - Reisiges Volk aufwies, zog Alba, und Garzia Lasso - Links an die Araber, die voll Grimms gluthschnaubende Rosse - Tummelten, ihm entgegen zu steh'n im Gemenge der Waffen: - Denn im sausenden Flug' umschwebte sie Muhamed selber, - Mit dem ergrimmten Gefolg ringsher anstürmender Geister, - Rastete nicht, und haucht' empörende Gluth in die Herzen. - Listengeübt ersann er jetzt dem Garzia Lasso - Schnelles Verderben. Er sah, wie er, senkend den Speer, an die Gegner - Spornte das Roß; er eilet' ihm vor, und empörte die Natter,[57] - Die, in dem Munde des Volks die Königsschlange gepriesen, - Gleich dem regen Gewürm die rührigen Hörner bewegend, - Sich in dem Sande vergräbt, dort schlau zu berücken die Vögel, - Daß sie ihr selbst, harmlos annahend, zur Beute sich böthen. - Zischend fuhr das grimmige, sandaufschnellende Giftthier - Vor dem Roß in die Höh', und es schnob im taumelnden Aufsprung. - Dann, nicht achtend des Schmeichelworts, nicht des hemmenden Zügels, - Flog es hinüber, und trug den edelen Herrn an den Feind hin. - Dort, von den Seinen getrennt, und dem sicheren Tode geopfert, - Seufzt' er im Geist: »Nun stirb -- doch nicht unrühmlich, ein Feiger!« - Und den blinkenden Speer fortschleudernd, riß er das Eisen - Sich von der Hüft', und hieb den ersten vor allen, Kilikdar, - Emir des Steppenvolks, vom Sattel: er regte sich nicht mehr. - Also blitzte sein Schwert nach jeglicher Seite, verderbend; - Doch, nun jagten wohl Hunderte her, den Ruhm zu erringen: - Daß sie die tapferste Brust mit dem tödlichen Stahle durchbohrten. - Hermann sah's, in der Luft herschwebend, welche Gefahr ihm - Droht'; er schwang sich herab, und rief dem Kaiser mit Hast zu: - »Schaue von Feinden umringt den tapferen Garzia Lasso: - Rett' ihn beherzt! Was schön und groß sich erweiset auf Erden, - Führet des Liedes Macht auf goldenen Schwingen zur Nachwelt. - Nur ein Schwall im Strome der Zeiten, entschwindet das Leben; - Aber der Sänger hascht im Fluge die zartesten Strahlen, - Die vom eilenden Schwall sich heben, ätherischer Schönheit, - Eint, und hägt sie in treuer Brust, und rettet mit Sorgfalt - Sie noch dem fernsten Geschlecht' in ewiglebenden Tönen.« - Also sprach er in Hast, und winkte den Lüftegenossen, - Mutheinhauchend, den Christen zu nah'n: sie jauchzten ihm Beifall, - Schwingend den Speer und den Schild, aus schimmerndem Aether gebildet. - Aber des Kaisers Brust erpocht' im hohen Gefühl jetzt, - Retter zu seyn des schwert- und liedergewaltigen Mannes. - Links, rechts, gab er dem Pferde die Sporn': ihm wichen die Reihen; - Ihm nachjagte Gefolg', nicht forschend, nicht lange besinnend; - Nur Del Guasto erblaßt'. Er hob die Hände vor allen - Ueber das grauende Haupt empor, und jammerte laut auf: - »Stirb, unglücklicher Greis, eh' brechend dein Auge des Jammers - Fülle gewahrt! Wagt also ein Herrscher das edelste Leben? - Nichts gilt Weisheit mehr, nichts warnenden Alters Erfahrung. - Auf, ihr Tapferen, auf, und rettet den Kaiser! Auch Alba - Lenke die Reiter heran, zu erringen den herrlichsten Kampfpreis.« - Also geboth er dem Volk. Im Sturmlauf brachen die Scharen - Gegen den Feind. Hinflog auf dem schnaubenden Rosse der Herold, - Gomez, des Feldherrn Wort zu künden dem Heldengebiether, - Alba, und sieh', nun schwebte der Angst umnachtendes Dunkel - Ueber dem Christen-Heer', in des furchtbar'n Kampfes Entscheidung! - - Ha, schon fiel der Rappe Garzia Lasso's, getödtet. - Mühend entwand er das Bein dem lastenden Thier, und ihm selber - Warf jetzt Abu-Sa-id den blinkenden Speer in die Schulter, - Daß der erhobenen Faust, bluttriefend der Degen entschlüpfte, - Ihm einbrachen die Knie', und die Augen umhüllete Nachtgrau'n. - Wieder erhob Scheik Roßlan das Schwert, ihm die Stirne zu spalten; - Aber da flog aus der Rechte des nahenden Kaisers der Wurfspieß: - Roßlan röchelt' im Sand', und schnell, noch ehe der Ritter - Kommende Schar das Weiß' im Auge des Feindes gewahrte, - Fiel noch Jusuff, und Ismail Beg, und Haroun, der Emir, - Seines mordenden Stahls Blutgier und der Rechte Gewalthieb. - Nahend im Flug, und lautaufjauchzend den Thaten des Herrschers, - Rächten die Ritter zugleich den schwerverwundeten Führer. - Doch, wie ein mächtiger Schlag des lauterkrachenden Donners, - Der von des Himmels Rand' auftobte zum finsteren Nordpol, - Wieder von Osten zurück mit tiefempöretem Ingrimm - Kehrt, und aus Wolkennacht herrollet im dumpferen Nachhall: - Also erscholl aus der Ferne heran der mächtigen Rosse - Donnernder Huf: denn Alba kam mit den Reitern geflogen. - Und, wie die stürzende Last der Gewitterfluth auf dem Saatfeld - Plötzlich die goldenen Halme zerschlägt: nicht im Windesgesäusel - Wogen sie mehr; sie liegen zerknickt, und zerschmettert im Staub dort: - Eben so ritt hier Mann und Roß das eisengehüllte, - Kräftige Reitervolk, andalusische Hengst' an die schlanken, - Zartgestalteten Rosse der Araber, spornend, zu Boden. - Lautes Geheul erscholl jetzt unter den stampfenden Hufen; - Ringsum Waffengeklirr und tödlicher Büchsen Geschmetter. - - Drüben rang in dem heißeren Kampf Del Guasto, des Fußvolks - Eiserngeschlossene Reih'n entgegendrängend dem Anfall - Wüthender Janitschar'n. Jetzt hin, dann wieder herüber, - Wie in der felsigen Bucht sich drehet die wirbelnde Brandung, - Wogten die Kämpfenden. Sieh', und er wäre gewichen! Da brachen, - Fliehend vor Alba's blitzendem Schwert, Arabias Völker - Durch die Reihen der Janitschar'n; sie schufen Verwirrung - Rings, und erfüllten Hairaddins Brust mit Wuth und Verzweiflung. - Furchtbar glühte sein Aug'; er ballte die Faust an der Stirn' hin, - Hing aus dem Sattel vor, und sann entsetzliche Thaten; - Doch, von geworfenen Haufen umdrängt, und der Rettung gedenkend, - Führt' er die Scharen zurück: ihm brauste sein flüchtendes Volk nach. - Nicht der Sorge vergaß für Garzia Lasso der Kaiser. - Blutend lag er im Staub, und lehnte das Haupt an den Rücken - Seines getödteten Thiers. Als nun der Retter vor ihm stand, - Strebt' er noch den zerschmetterten Leib von dem Boden zu heben, - Sah durch Thränen ihn an, und lächelte. Jetzo begann er: - »Herrlich hast du gesiegt, und errettet den Sänger. Von nun an - Töne mein Saitenspiel nur dir, ruhmwürdiger Herrscher, - Daß im entzückenden Klang vernehme die staunende Nachwelt: - Wie du, erhabengesinnt, nach der Bürgerkrone dich sehntest, - Die, in dem Schlachtengefild', einst Rom dem Retter des Kriegers - Aus umdrängender Noth um die Heldenstirne geschlungen!«[58] - Sprach's. Da wandte sich jener behend, die Thräne zu bergen; - Winkte zugleich, und sanft erhoben die Krieger den Helden, - Ihn zu entreißen dem Sturm der Geschoß', und eilten in's Lager, - Daß er, mit Liebe gepflegt, sich freue der holden Genesung. - Aber auch allen umher den Verwundeten, sagte der Kaiser - Tröstende Wort', und geboth, was Aller Rettung erheischte: - Ehrend den Menschen im hohen Gemüth, der vielfachen Jammer - Duldet, des Vaterlands erhabenem Rufe gehorchend. - Jetzt ersah er mit Lust, wie schnell die Krieger Toledo's - Ihm nachbrausten im Feld, des Sieges Preis zu erringen; - Blößte das Schwert, und rief dann laut dem tapferen Feldherrn: - »Dort des See's Gestad' entlang beschirme des Heeres - Rücken mit Muth, und halte dich fest an dem Felsen, dem Fels gleich, - Den die zürnende Fluth umbraust mit eitelm Getümmel. - Herrlich strahlt aus dem Sieg das leidenlohnende Ziel dir.« - Mächtig erschüttert hob die flammenden Augen Toledo - Nach dem gütigen Herrscher empor, der, ahnend des Herzens - Schreckliche Qual, mit erhabenem Sinn ihm lindernden Balsam - Träufelte; ging, und führte sein Volk am Strande des See's hin. - Wie auf dem Meer der kehrende Schiffer, den in der Sturmnacht, - Nahe dem schirmenden Port', ein Donnergewitter ereilet, - Mitten im lauten Gebrüll der hochaufschäumenden Wogen, - Und in des Todes Grau'n, das rings sich lagert, der Hoffnung - Sehnsuchtsblick stets fest auf die strahlende Flamme geheftet - Hält, die hoch auf dem Leuchtthurm nährt die sorgliche Seestadt: - Also haftete jetzt sein Aug' an den ragenden Felshöh'n, - Als an dem sicheren Port, in welchem sein Alles gerettet, - Und geborgen ihm schien, nach dauernden Stürmen des Lebens. - - Ach, und hatte die Dulderinn noch des bitteren Kelches - Letzte Hefen geleert; noch sterbend vernommen den Donner - Von dem Hügel herab; der Höhle vorüber den Hufschlag - Feindlicher Ross', und Eil' und Hast unmenschlicher Räuber; - D'rauf die wilde Losung des Mords, Wuthschrei der Besiegten, - Jauchzen der Sieger, Geheul Verwundeter, Sterbender Röcheln? - Doch nur am tauben Gestein, am dunkeln Gewölbe des Grabes, - Hallte der Jammer hin -- dem Ohre der Todten nicht hörbar. - Dort, geborgen durch Treu' und Liebe des redlichen Greises, - Lag sie auf schwellendem Moos', in der hehren Stille der Mondnacht. - Schneidend' Weh und dumpfes Bangen drängte sich wieder - Ihr durch Mark und Gebein: denn oft verging sie in Ohnmacht, - Wachte wieder, und litt. Ach! keine mitleidigen Seelen - Nähern sich hülfreich ihr in der Stunde der Angst und des Jammers? - Siehe, und Roma's Stolz, Cornelia,[59] Mutter der Gracchen, - Schwebte heran! So wie durch leuchtende Scheiben des Fensters - Dringet der Sonnenstrahl; so dringt ätherisch der Geist auch - Durch das dichte Gestein. Sie hörte die Jammernde, bebte, - Forscht' in Hast ringsher: ob hülfekundig ein Wesen - Athme, ihr Rettung zu bringen? Umsonst! Des Tages Geräusch' war - Lange verhallt, entfernt die Stadt, und still das Gehölz her. - Knieend hielt sie das Haupt der Leidenden, und, so verlassen, - Suchte sie, leidengeübt, ihr Muth in dem Herzen zu wecken. - Jetzo entwand sich in Weh'n dem Schooße Mathildens ein Knäblein. - Aber sie legt' ihn matt an die todbleichschwebende Brust hin; - Griff nach der rieselnden Fluth, und taufte mit zitternder Rechten, - Ihn in dem heiligen Nahmen des Ein-Dreieinigen Gottes. - Dann noch fühlte sie tief, im eisigen Schauer des Todes -- - Fühlt' es, mit liebendem Blick nach Oben: ein Himmlischer löse - Sanft und mild das Band des irdischen Lebens. Ihr Herz schlug - Immer leiser und leiser. Es stand, und regte sich nicht mehr. - Schwebend über dem Fels, im hehren Flug zu des Himmels - Strahlenbahn, noch einmal senkte zur irdischen Heimath - Sie den verkläreten Blick, und sah am verblichenen Leichnam - Liegen ihr wimmerndes Kind, und suchen vergeblich um Nahrung - Dort an der bleicheren Brust umher. Da entstürzten die Thränen - Ihrem Aug'; doch Thränen der Wonn': im himmlischen Eden - Harre der zarten Knospe Gedeih'n und Fülle der Nahrung, - Daß sie entfaltet blüh' in nievergänglicher Schönheit, - Frische, und Kraft: denn jetzt verlosch auf dem ruhenden Herzen, - Aehnlich dem Abendstrahl, das mattaufflimmernde Leben. - Doch, wie ein glühender Docht, der Flamme genahet, sich wieder - Eilig entflammt: es hüpft die fächelnde Lohe nach ihr hin: - Wie die getrennte Fluth der bergentsprossenen Quelle - Schnell den blumigen Hügel umfließt, den sinnig der Gärtner - Jüngst in dem Lusthain schuf: die beiden Arme, gesondert, - Streben sich wieder zu einen, und flieh'n im schöneren Lauf fort: - Wonne, so flog an die Brust der überseligen Mutter - Nun ein Engel, ihr Kind; umschlang den glänzenden Hals ihr, - Holdauflächelnd, und lallt' ihr entzückt Willkommen und Gruß nach! - Aber sie hob ihn empor; sie jauchzte hinauf in den Himmel, - Eilt', und flog, wie ein Stern hinschwindend im glänzenden Aether, - Nach dem Gezelt, wo ihr Gatte, versunken in tödlicher Schwermuth, - Saß, und nach ihr sich sehnt' in unaussprechlicher Rührung. - Nah' ihm schwebte sie leis': ihr pochte das Herz in dem Busen - Ob der Erinnerung ihres einstigen Glücks und der Leiden, - Die sie erduldeten beid', in der Zeit entsetzlicher Trennung; - Legte den einen Arm um den Nacken ihm, legte das Söhnlein - Ihm an die Brust. Er stöhnt', und blickt' in schaudernder Ahnung - Um sich her: ihn ergriff die Näh' unsterblicher Seelen. - Sieh', ihn herzte das Kind, mit sanftumschlingenden Händchen - Hängend an seinem Hals, und pressend die Wang' an die Wangen! - Doch sie sprach ihm leis' an die Seele die Worte des Trostes: - »Gottes Friede mit dir! Der seligen Wiedervereinung - Stunde ist nah': denn bald, verhauchend das tapfere Leben, - Eilst du mir freudig nach in die Segensgefilde des Himmels, - Wo kein Scheiden mehr ist, kein feindliches Schicksal, kein Tod mehr - Glückliche Herzen trennt; wo jegliche Thräne versieget, - Jede Klage verstummt, und Mathild' dein harret mit Sehnsucht.« - Lispelte so. Sie küßte die thränenumflossenen Augen, - Leis'erbebend, ihm noch im innigen Kusse der Seelen, - Und entschwand, mit dem Engel im Arm, noch häufig herunter - Schauend, verklärt, und strahlender stets, wie ein Blitz in den Lüften. - - Dort von des Felsens Höh'n ihr folgten Cornelia's Augen. - Weinend hob sie die Händ' ihr nach, und sagte beklommen: - »Vieles duldet' ich einst: mit ehernem Muthe getragen - Hab' ich den Tod der Söhn', wie es heischte die Würd' und der Ahnen - Beispiel. Im Busen erglühte mir heiß die Liebe des Nachruhms: - Mutter der Gracchen zu seyn, und zu heißen der römischen Frauen - Erst' in der Gegenwart und spät in der kommenden Zeit noch, - Und mich ehrte mein Volk; doch, sah, bewundernd, ein Aug' hier, - Welche Qualen sie litt, und wie, in der einsamen Felsnacht? - Nur das hohe Gesetz des göttlichen Lehrers ihr Leitstern; - Seine Lieb' ihr Trost; ihr Ziel das bessere Leben. - O daß ich fern ihm wandelte -- fern, auf dem düsteren Irrpfad!« - Süßer als Harfengetön im Zauber der nächtlichen Stille - Scholl aus dem Luftraum ihr der sanfteinladende Zuruf: - »Schweb' empor, Cornelia! Einst tönt dir aus den Himmeln, - Wonnig-ersäuselnd, der Born unendlicher Huld und Erbarmung!« - Wie des Morgens Strahl auffleugt am rosigen Himmel, - Flog sie empor, auf einem der flammenden Sterne zu weilen, - Welche, dem Lichtreich nah', im schöneren Laufe dahinzieh'n. - - Doch nun drang Toledo, der Held, dem Sturme vergleichbar, - Der die Heide durchtobt in trüberen Tagen des Herbstes, - Immer des See's Gestad' entlang zum Felsen hinüber. - Freudig brausten die Scharen ihm nach. An dem edelen Feldherrn - Hing mit Liebe das Volk, der, immer so kühn, in Gefahren - Ruhm sich errang, und Ruhm und Ehre gewährte dem Krieger. - Schon erblickt' er das Ziel; doch, ach, von Schauder ergriffen, - Sah er zugleich unendliche Macht der feindlichen Reiter, - Spähend, umstellen den Fels, geführt von dem schrecklichen Dragut! - Lautaufseufzte der Held: er wähnte verrathen des Felsens - Dunkele Höhl', und ihm entrissen das edelste Kleinod. - Dragut gewahret' ihn auch, und sann: ob er dem Verhaßten - Nahe, ob nicht? Doch schnell gedacht' er der List, und urplötzlich - Jagt' er davon, zum Hinterhalte die Feinde zu locken. - »Tapferer Greis,« so rief Toledo dem römischen Feldherrn, - »Sey des Volkes leitender Hort! Verfolge die Gegner - Rasch hin, bis ich die Gattinn erlöst' aus dem bergenden Fels hier, - Und mit Kurd, dem edelen Freund, entsandt' in das Lager: - Denn mich heißet die Pflicht noch fürder im Kampfe zu stehen.« - Freudig gehorchte der tapfere Greis, Ursini. Des Jünglings - Feuer beseelt' ihm die Brust: er eilte dem fliehenden Feind nach. - Wie die Löwinn, die erst auf dem Lager die Jungen zurückließ, - Hörend des Panthers Gebrüll fernher, schnell wieder zurückkehrt, - Vor die Höhle sich stellt, und harret des kommenden Gegners: - Denn sie vertrauet dem Muth und der siegenden Stärke: so muthig - Blickte Toledo umher (nicht Tausenden wär' er gewichen) - Sprang aus dem Sattel mit Kurd, und legte mit zitternden Händen, - Nahe dem Felseingang, die blinkenden Waffen dann nieder; - D'rauf, nicht ahnend im Geist die entsetzliche Nähe des Jammers, - Half er dem treuen Gefährten, und hob, und wälzte vom Eingang, - Stöhnend, den mächtigen Block, und räumete Schutt und Gesträuch weg. - Weit aufgähnte die Höhl'. Er stieg: »Mathilde! Mathilde!« - Rufend, hinab. O Jammer, da sträubten, wie Stacheln des Igels, - Ihm von der Scheitel die Haare sich auf. Ein Schrei des Entsetzens - Schmettert' aus seiner Brust; weit vorgebogen, und krampfhaft - Faltend die Händ' an der Stirn', hinstarrt' er mit leblosen Augen -- - Starrt', und sah die Gattinn entseelt auf dem Boden, und ihr gleich, - Schlummernd an holder Mutterbrust den lieblichen Säugling. - Leis' nur athmet' er noch, und sank erblassend zusammen. - - D'rüben lag Ursini dem Feind, verfolgend, im Rücken. - Unablässig erkrachte das Rohr, und säte Vernichtung - Unter die fliehende Schar; doch plötzlich brach vom Gehölz her, - Lauernd im Hinterhalte, der Feind auf den Sieger, und sandte - Zahllosschwirrende Pfeile heran. Da wandte sich Dragut - Eilig zu seinem Volk, und rief mit grimmigen Blicken: - »Jetzt umzingelt sie schnell. Sie sollen den Frevel mir büßen, - Den ihr Führer verübt'. Und, ha, nicht erseh' ich ihn drüben - Unter der Schar! Hat etwa der Unsern Geschoß ihn ereilet, - Oder, wich er feige zurück, weil Dragut ihm nahte?« - Flugs umbrausten mit wildem Geschrei die maurischen Reiter, - Dragut folgend, und flugs numidische Horden, die Christen. - Aber der tapfere Greis, dem jetzt die feindliche Kugel - Stürmend die Rechte durchfuhr, erhob mit der Linken den Degen, - Ordnete schnell die Reihen, und rief den Geordneten: »Feuer!« - Denn sie hatten gezielt: da feuerten alle mit einmal - Ihre Gewehr' ab: sie krachten, durch Rauch und Flammen versendend - Furchtbare Kugelsaat zur blutigen Ernte des Todes. - Schnaubend prallten die Rosse zurück; der wilde Numider - Wankte; von Schrecken betäubt, verweilte der maurische Reiter. - Nun gedacht' Ursini der Flucht, der rettenden. Fliehend - Drängt' in das Feuerrohr der Krieger des Todes Geschosse; - Stellte sich wieder, ereilt, und trieb die stürmenden Haufen - Mordend zurück. Doch wie der Staar' unzählige Scharen, - Lüstern nach Traubenblut, die Rebenhügel umflattern: - Weder der Hüther Geschrei, noch die rastlos tönende Klapper - Scheucht sie völlig hinweg -- stets kehren die Lästigen wieder: - Also umschwärmte der Feind die Fliehenden: Manchem das Leben - Raubend mit tödlichem Stahl, und fernhin scholl das Getümmel. - Dragut sah, erstaunt, die Waffen Toledo's am Boden - Liegen. Er sprang voll Hast aus dem Sattel, und stieg in den Felsschlund - Rachebeflügelt hinab. Sein spähendes Auge gewahrte - Bald den Ersehnten im Grabesgewölb', und er jauchzte vor Wuth auf; - Aber sein Flammenblick, den starrenden Blicken Toledo's - Folgend, sah die entseelete Frau. Da faßte des Todes - Schauer ihn an: der Laut erstarb auf den Lippen ihm; wankend - Sucht' er des Tages Licht, und stöhnte noch laut vor Entsetzen. - Schon braust' ihm sein Volk entgegen im schmählichen Rückzug, - Von dem Feinde gejagt: denn Alba's siegende Reiter - Brachten Ursini's umstürmter Schar ersehnete Rettung. - Dragut schwang sich behend auf's Pferd, zu entkommen den Augen - Hairaddins, daß er nicht feig ihn heiße, die blässeren Wangen - Schauend im Waffenfeld: nicht ahnend, was ihn betroffen. - - Muhamed, der die Wälschen umdrängt, in grauser Verfolgung - Weichen sah, erregte den Muth des flüchtenden Herrschers, - Hairaddin, kühn zu besteh'n des Kaisers anstürmende Heersmacht. - »Wie,« so rief ihm der Geist, »du, Hairaddin, schrecklicher Krieger, - Wendest den Rücken dem Feind'? Erschlafften des tapfersten Herzens - Schwingen so ganz, daß es scheu vor Schlachtengetümmel zurückbebt? - Auf, und versuch' erneueten Kampf: denn Siegesgejauchz' tönt - Dort von des See's Gestad', wo Dragut, der Schreckliche, kämpfte!« - Hairaddin horcht', und vernahm fernher Getümmel und Schlachtruf. - Donnernd schrie er den Flüchtenden: »Halt!« und stellte die Haufen - Gegen des Feindes Macht mit kampfanbiethender Stirn auf. - Auch das Siegel von Gold, das hell an der tapferen Brust ihm - Schimmerte, sandt' er an Dragut hin: ein furchtbares Zeichen - Großer Gefahr, und des Ungehorsams dräuender Strafen, - Daß er ihm eine die Macht. Wie auf Windes Flügeln enteilte -- - Spornte das Roß Ben-Dar, der Araber, der ihm ein Liebling - War vor allen im Heer' mit dem kühnvordringenden Kampfmuth. - Aber vergebens spornt' er das Blut aus den Seiten des Renners; - Hairaddin forschte nach Dragut umsonst: denn, fern von dem Schlachtfeld, - Nahet' er schon im Flug den Thoren von Tunis, getrieben - Von entsetzlicher Angst. Ihm keuchte sein bebendes Volk nach. - Wie, verirrt auf Sibiriens schneeiger Heide, der Weidmann - Aengstlich forschend sich müht, den ihm entschwundenen Heimweg - Wieder zu finden, und jetzt am Rande des Himmels ein Wölkchen - Leis' aufschwebt: da wähnt' er, getäuscht, die trauliche Hütte - Sey es, und freut sich der Gattinn schon und der harrenden Kindlein; - Aber das Wölkchen schwand, und trostlos kehrt ihm der Abend: - Also getäuscht sah Hairaddin unmuthsvoll zu dem Seestrand - Forschend hinaus: denn fern' ihm floh die ersehnete Kriegsschar. - Sieh', und jetzt durchtobte zugleich das entsetzliche Schlachtfeld - Lärmenden Sieges Getös', und Flucht und grause Verwirrung! - Dort brach Lichtsteins Volk, des herrlichen Schanzenerstürmers, - Jauchzend heran, und hier ihm brauste, dem wilden Orkan gleich, - Alba's siegende Macht entgegen. Er blickte verzweifelnd - Um sich her, und geboth den bebenden Scharen den Heimzug. - Mordend folgten die Sieger ihm nach. Vom Blute geröthet - Wies sich den Kehrenden weit die siegverherrlichte Laufbahn. - - Nahe dem Felsenschlund saß Kurd. Er senkte die Augen - Tief zur Brust, und schimmernde Thränen benetzten sein Antlitz, - Als der Kaiser an ihm vorüberzog in dem Siegslauf. - Dieser sprengte das Roß jetzt näher, und forschte mit Sorgfalt: - Was ihn betrübt'? Doch Kurd erhob sich, und führte den Herrscher - Ein in des Grabes Nacht, in die Wohnung unsäglicher Trauer. - Dort erbebte sein fühlendes Herz des Menschengeschickes - Nächtlichstem Bild. Er schwieg; doch dringender Hülfe gedenkend, - Faßt' er Toledo am Arm, und stieg in die Helle des Tages - Rasch mit dem Wankenden auf; dann rief er dem treuen Gefährten: - »Kurd, erhebe dich schnell, und häufe die Trümmer mit Vorsicht - Auf an dem Schlund: denn bald erhöh'n wir, als Sieger, Mathildens - Denkstein, der ihr Trauergeschick verkünde der Nachwelt, - Und an den Wechsel des Erdenglücks den Sterblichen mahne!« - Also geschah's. Doch heim zu dem Zelte des gütigen Kaisers - Schritt mit Toledo das trauernde Roß; er lenkte das eig'ne - Sorglich ihm an der Seit', und sann voll Huld auf dem Heimweg, - Wie er das leidenerstarrete Herz zum Leben erwärme? - Und der ersehnete Abend sank. Die kehrenden Scharen - Eilten mit Siegesgesang, vom Gewirbel der drönenden Trommel - Und Drometengeschmetter umtönt, zurück nach dem Lager. - Weithin dehnte sich schon der riesige Schatten der Krieger - Und der Ross', auf dem Sand. Die Sonne blickte noch einmal - Ueber des Meer's hellschimmernde Fluthen herüber, und sandte - Scheidend, aus Rosengluth, auf den Fittigen säuselnder Lüftchen, - Endlich die Labung dem Heer' in der mildumschmeichelnden Kühlung. - - - - - Zehnter Gesang. - - - Noch umhüllete Nacht mit finsterem Schleier Goletta's - Schweigende Flur; nicht sanftaufdämmerndes Roth an des Ostens - Duftigem Himmelsthor, nicht Geflister der lieblichen Sänger - Kündigte noch das Erwachen des Tag's aus schauernden Zweigen, - Als im erleuchteten Zelt der Kaiser mit seinen Erwählten, - Doria, Guasto, und Eberstein, im wichtigen Kriegsrath - Saß, und Jegliches ordnete, nun zu erstürmen die Festung. - Näher gerückt war ihr das schanzende Volk, und gewahrte - Jetzo gerechtes Ziel, die furchtbare Bombe zu schleudern. - Mächtige Schlünde, den Kriegern genannt die »Mauerzertrümmrer«, - Sah'n aus dem Schanzkorb schon zur Veste hinüber, und ringsum - Lagen am Wall Sturmleitern gehäuft. Entlassend die Helden - Aus dem Gezelt, sprach noch der erhabene Kaiser mit Nachdruck: - »Segen des Himmels mit euch! Bald soll in heißeren Stunden - Sturmdrometender Ruf vor Goletta's Mauern uns einen.« - Doria eilte zum Meeresstrand, zur spähenden Vorhuth - Guasto; nur Eberstein stand noch, und sagte bekümmert: - »Nagender Gram erfüllet die Brust der Deutschen; sie klagen: - Nur Hispaniens Söhn' und Wälschlands theilten Gefahren, - Ruhm und Ehre mit dir; sie stünden vergessen im Lager, - Minder geachtet im Heer und deines Vertrauens nicht würdig.« - Lächelnden Blick's, doch sanft verweisend, entgegnete jener: - »Häget des muthigen Volkes Hort den nagenden Unmuth - Auch in der tapferen Brust? Nicht vorlaut tadle der Krieger, - Was ich im ernsten Gemüth, auf Jegliches achtend, beschlossen. - Spanier, Wälsch', und Deutsche, sie all' sind theuere Kinder - Mir, und jen' errangen sich schon erfreuenden Siegsruhm; - Aber noch höheren Muth erheischt, im Felde der Waffen, - Winkend zu Thaten, das höhere Ziel. Bald sollt ihr ersehen, - Ob ich dem Deutschen vertraut', ein Deutscher, und dankend mich ehren.« - Freudigen Blick's enteilte der Held, den harrenden Brüdern - Tröstend zu nah'n, und zu ordnen die Scharen zum Sturme Goletta's: - Denn schon wüthete ringsumher des eh'rnen Geschützes - Furchtbar donnernde Macht. Bald hier von den kreisenden Schanzen; - Bald von dem Meerstrand dort, hinsausten die schrecklichen Kugeln. - Aber nicht minder zurück vom Walle der trotzenden Festung - Sausten im Donnerlaut die schmetternden hin und herüber: - Bebend drönte die Erd', aufheulte der flammende Luftkreis. - - Hannibal sah vom Gewölk die Christen im mächtigen Vortheil; - Sah nach Goletta hin die Donnerschlünde gewendet, - Ringsum Gedräng' und Hast, das herrliche Ziel zu erringen, - Und erbebte vor Zorn. Der Kampferfahrne gedachte - Jetzo der List, und flog nach der Veste hinüber, wo Sinam - Erst auf dem Rasen des Walls entschlummerte, sorgenermüdet: - Denn in dem nächtlichen Grau'n vernahm er Getös' in den Schanzen, - Und entsandte die Späher sogleich. Nun sah er im Traumbild - Rings versinken den Wall umher, und die Mauern Goletta's - Stürzen, zertrümmert, in Staub, daß furchtbar gähnte der Abgrund. - Krampfhaft faßt' er den Rasen, und stöhnt', als Hannibal jetzt ihn, - Leise genaht, aufboth mit den mutherregenden Worten: - »Sinam, du ruhest dahier, ein Träumender? Schande dem Trägen! - Sieh' schon wühlte der Feind, wie im nächtlichen Boden der Maulwurf, - Viel verzweigte Gänge sich bahnt, Laufgräben von Neuem, - Gegen die Veste sich auf; er häufte die Schanzen, und führte - Riesenschlünde heran, zermalmenden Donner zu wecken! - Schwand dir völlig die Kraft, Abwehr zu ersinnen und Kriegslist? - Wie, wenn Tapfere, nur das Geschütz zu verderben, entschlossen, - Hastig am Zündrohr dort einkeilten den eisernen Nagel - So, daß im weicheren Erz die scharf gehämmerten Kanten - Hafteten, und der Entschluß Errettung schaffte den Eu'ren? - Auf, und erwäge die That: dem Kühnen gesellt sich das Glück nur!« - Sinam entfuhr dem Rasen voll Hast, und dachte verwundert: - Ob er geträumt -- ob Gottes Prophete den kühnen Gedanken - Ihm in die Seele gelegt? Doch als er die Späher vernommen, - Flog er zu Giaffar hin, und sagte mit leuchtendem Antlitz: - »Tapferer Aga, vernimm mit Staunen, was Gottes Prophet' erst - Mir an die Seele gehaucht, im sinnebetäubenden Schlummer! - Wieder gelang's, so melden die Späher, dem Feinde, Goletta's - Mauern durch Schanzen zu nah'n: uns droht gewisses Verderben - Heute noch, wo uns nicht rettet der Muth und entschlossene Kühnheit. - Auf zu dem herrlichsten Sieg! In der glühenden Stunde des Mittags, - Wenn, ermattet, die Fremdlinge ruh'n, bestürme die Schanzen - Du mit erlesenem Volk. Das schwere Geschütz zu verderben, - Hastig am Zündrohr dort einkeil' es den eisernen Nagel - So, daß im weicheren Erz die scharfgehämmerten Kanten - Haften, und uns hinfort die Vestezertrümmrer nicht schaden. - Groß ist des Sieges Gewinn, und dein: unsterblicher Nachruhm!« - Giaffar blickte mit Ernst dem stattlichen Schirmer Goletta's - Lang' in die flammenden Augen, und sprach, als jener verstummte: - »Nicht Unwichtiges sann, du Tapferer, jetzo dein Geist aus; - Oder dir nahte der große Prophet, wie du sagtest, in Wahrheit, - Sturm gebiethend, und dort das Vernageln des Donnergeschützes, - Wo in den Schanzen umher unzählig die tapferen Völker - Wachen! Aber, wohlan: nie bebte des Kampfes Gefahren - Giaffar noch, und sollt' er im Sturm auch fallen, er bebt nicht!« - Also enteilt' er sogleich, und rief die kühnen Gefährten, - Jauchzend, zum Sturmgang auf; doch Sinam sah ihm erstaunt nach. - - Schon entfloh'n die Schatten der Nacht; der freundliche Morgen - Streuete Rosen umher an des hellaufstrahlenden Ostens - Goldenem Thor, und mit glühender Stirn' erhob sich die Sonne, - Froh zu durchlaufen die Bahn in des Weltalls endlosen Räumen; - Aber nicht lange, so fleugt vor ihrem Blicke Verderben, - Jammer, und Tod aus den furchtbar'n Gluthgefilden der Wüsten - Ueber die Christen heran: denn schon empöret der Windstoß, - Wirbelnd, den flimmernden Sand; weit gährt, und zischet die Meersfluth. - Wer entflammte den Unhold dort, dem Heere der Christen - Tödlich zu nah'n? Wer stand ein Rettender über dem Kriegsheer? - Muhamed saß, ergrimmteren Blick's, auf dem goldenen Halbmond, - Der von den Zinnen des Minarets, des wolkengethürmten, - Ueber die mächtige Stadt hinschimmerte, Moslems zur Wonne. - Wie Gewittergewölk auf das Hochgebirge sich lagert: - Gährende Blitz' umröthen den Saum des finster'n, und furchtbar - Droht in die Thäler herab sein bald erkrachender Donner: - Also saß er erhöht auf dem Thurm. Die Schanzen gewahrend, - Dacht' er Goletta's Sturz, und der Feind' unendlichen Sieg'sruhm -- - Dacht' es, und knirschte vor Wuth, und wühlte mit zuckender Rechten - Dann in dem Busen; die Linke zerkrümmte die Hörner des Halbmonds. - Jetzt auffuhr er in Hast. Wie aus tiefen Träumen erwachend, - Starrt' er umher, und winkte den ringsumschwebenden Geistern: - Attila selbst, mit dem wilden Gefolg, dann seinen Erwählten; - Jetzt auch Hannibals Schar: denn er umschwebte Goletta's - Mauern, und harrte des Kampfs im schlündeverderbenden Anfall. - »Mir nach,« rief er der Geisterschar, »Aethiopiens Scheusal - Beut uns schreckliche Macht zur Rach', in des Feindes Vernichtung!« - Und sie entflogen all' im Schrei des empöreten Ingrimms. - - Ueber Zender und Gingir[60] hinaus, wo rings um den Erdball - Sich der Gleicher[61] schlingt, gleich fern von dem Süd- und dem Nordpol - (Denn so ersann der stern'erforschende Weise das Zeichen: - Ahnend der Erd' Umschwung um die eigene Achse, mit jenem - Schräg' an der Sonn' umher, in des Jahrs umrollenden Tagen) - Dort in Afrika's Schooß, wo im öden Gefilde nicht, schattend, - Säuselt der Baum, nicht liebliches Grün entzücket die Augen, - Und von dem Flammenthron, senkrecht, versengende Strahlen - Schleudert die Sonn' auf den kochenden Sand, der ewig der Wüsten - Unermeßlichen Raum in des Todes Trauergewand hüllt: - Dort umstarrt, gen Himmel gethürmt, ein Felsengebirg rings - Ein entsetzliches Thal, wohl hundert Meilen im Umkreis. - Nicht die Gems' mit dem eisernen Muth und den ehernen Klauen, - Fänd', aufklimmend, Bahn an der steilaufragenden Felswand, - Und aus der Tiefe herauf, die gräulich, vom Donner gespalten, - Gähnet, erhebt sich ein Flammenmeer, und wirbelt, und brauset - Auf zu des Kessels Rand, vom kochenden Schwefel und Erdharz - Unversiegend genährt. Doch weh', wenn, übergefüllet, - Ihm entstürzet die Fluth! Da erbraust urplötzlich der Luftraum; - Weit erbebet die Erd'; aufhebt sich des Windes Vermögen: - Säul' an Säule gedrückt, fortstürzt er im Flug um den Erdball. - Wenn er vom Mittelmeer nach Hesperiens Zaubergefilden - Fleugt: da glühet sein Odem noch, und erschlaffet die Menschen, - Trübumwölkten Gemüth's. Umkreist er aus Süden des Nordpols - Eisige Stirn: da deckt der glänzende Reif ihm die Schwingen, - Und er schüttelt uns Schnee und den blütheverderbenden Frost her; - Aber, im schnelleren Flug durchbrausend des rosigen Aufgangs - Fluren, und d'rauf, heimkehrend im Sturm, von des Abends Gefilden, - Haucht er den Regen heran, den dauernden, der aus dem Weltmeer - Dunstgeboren sich hebt, und die schimmernden Lüfte verdüstert -- - So wie im Gegenlauf, an des Altais[62] Höh'n, und des Urals[63] - Oestlichem Rücken erfrischt, er die Regengewölke verscheuchet - So, daß lieblich und kühl die Bläue des Himmels herabglänzt. - Also kehret er stets nach den grau'numhüllenden Felshöh'n - Wieder, an welchen er ruht, und die Lüft' umschwimmen im Gleichmaß. - - Dorthin, glühend vor Hast, kam Muhamed jetzt mit den Scharen - Zahlloser Geister, und hieß sie, mit drohendem Winke der Brauen, - Schnell umringen den Saum des furchtbarn Felsengebirges; - Aber er stand. Ihm leckten die dunkelgerötheten Flammen, - Prasselnd, die Füß', und floh'n, und kehrten in wirbelnden Wogen. - Finster blickte sein Aug', und glüht' im Glanze des Feuers - Schrecklicher noch, da er laut erhob die gewaltige Stimme: - »Seht, Erwählte des Ruhms, vor allen Scythia's Helden, - Welchen des Südens Wundergebieth erst heute sich aufhellt, - Hier im flammenden See den Samyel[64] -- Völker erbeben - Schon dem Nahmen allein des todaushauchenden Unholds -- - Lauern! Er mordet, geweckt, das Leben; im sausenden Eilflug - Hebt er die Wüst', und stäubt sie empor in die Lüfte: sie wandelt - Hoch in dem Wolkenreich, nun schnell, nun zögernder vorwärts - Schreitend die Bahn, und deckt, entstürzend, mit thürmenden Bergen - Weit die Gefilde. O seh't, o seh't, nach Sahara hinüber! - Dort in dem Sandmeer wallt, verschmachtenden Herzens, seit Monden - Schon Karawanengefolg' den heimischen Fluren entgegen; - Weh', und Araber sind's, mein Volk! O, nimmer erblicken - Sie das Heimathland! Von sinkenden Hügeln begraben, - Schwinden sie all': ein Schauspiel noch entfernten Geschlechtern, - Wenn verweht die Hügel entflieh'n, und die Starren enthüllt sind. - D'rum jetzt Rache verübt, die schrecklichste, die noch verübt ward, - Dort an der christlichen Heeresmacht, der zahllose Moslems - Schon erlagen im Kampf für den welterleuchtenden Koran, - Für errungenen Ruhm, und die völkerverschlingende Herrschaft. - Stürzet vereint in den Flammensee, und empört der Vernichtung - Gährende Fluth noch mehr, daß selbe nach Tunis hinüber - Sende den Samyel, der, verschonend die tapferen Moslems, - Tilge sogleich die Ungläubigen dort mit erstickendem Gluthhauch.« - Siehe, da stürzten sich all', empört von dem schrecklichen Herrscher, - Jauchzenden Ruf's in den Flammensee. Sie tauchten hinunter - Bis in des Abgrunds Nacht, und fuhren herauf, und erregten - Also die Fluth, daß Wog' auf Woge geschleudert dahinsank. - So, wie der Schilfteich braust, wenn plötzlich auf ihn des Orkans Wuth - Niederstürzt vom Gewölk, und rings die umufernden Dämme - Ueberfluthend, ergeußt sein dunkles Gewässer: so stürzte - Von dem Felsen die feurige Fluth. Entsetzlich zu schauen! - Himmel und Erd', im furchtbar'n Wuthkampf ringend; die Sandwüst' - Wandelnd in Wolkenhöh'n, und der todaushauchende Gluthwind - Prasselnd im Sturmesflug nach dem Lager der Christen hinüber, - Drohten der zitternden Welt die Schrecken des letzten der Tag' an. - - Doch, auf Goletta's Wall stand Giaffar, herrlichgerüstet, - Schon vor den Reihen der Janitschar'n. Sie staunten dem Hauptschmuck, - Der von des Tulbans Bund herschimmerte, zierend des Reihers - Schneegefieder, und gleich dem Fittig des Aars, sich entfaltend; - Staunten des Säbels Gehäng', voll blitzenden Edelgeschmeides, - Den Suleyman ihm both, der Prächtige, als er vor Rhodus - Ruhm sich erwarb, im Sturm durchbrechend das eiserne Seethor. - Nie gewahrt' ihn das Volk so reichgeschmückt in dem Feld noch. - Jetzo mit leuchtendem Blick' erhob er die mächtige Stimme: - »Hört mich, Söhne des Siegs! Schon oft erlagen im Schlachtfeld - Eurem schrecklichen Arm die Ungläubigen; aber er wüthe - Heute noch mehr, als dort im Süden der wilde Hamaddan,[64] - Der im Feuergewölk auffleugt, und mit glühendem Odem - Bald das Lebende tilgt. Auch tödte sie Gram und Verzweiflung, - Jetzt in dem Ueberfall ihr Geschütz vernichtet zu schauen. - Auf, und erringet des Sieges Preis, nicht der sinkenden Brüder - Achtend! Falle wer muß: nur mögen die Seinen ihn rächen!« - Also entflammt' er das Volk. Da scholl, wie brandender Wogen - Rauschen im Meeressturm, und das Brausen im dunkelen Eichwald, - Den der heulende Nord durchtobt, des stürmischen Volkes - Wuthausruf, von Goletta's geöffnetem Thore; da rannten - Alle voll Hast nach der Schanze hinaus, die Ludwig, als Feldherr, - Strahlend in Jugendglanz, mit den niederländischen Helden - Und Lusitania's tapferem Volk, krieg'skundig beschirmte. - Dort war lautes Getös', war Rufen. Zur muthigen Abwehr - Eilte das Volk; doch unaufhaltsam, die Schanzen entlang hin -- - Nicht des hagelnden Donnerrohr's, nicht der sinkenden Brüder - Achtend, drangen die Wüthenden auf, und ihr gieriger Aarblick - Hing an den ehernen Schlünden allein. Ach, sieben umringten - Sie, vorstürmend in Hast! Bald töneten schmetternde Hämmer - An dem geflachten Kopf der eisernen Nägel: sie drangen - Fest in das weichere Erz, des Zündrohrs Höhle verkeilend, - Und zerstörend des Feldzeugs Macht mit den schneidenden Kanten. - - Jetzo wäre noch mehr des schrecklichen Frevels geschehen; - Aber schon kam, und schrie Lusitania's Zierde den Scharen: - »Brüder, hört! So ihr feig nicht rächet den schändlichen Frevel, - Welchen der Feind verübt', entsag' ich dem Stabe des Feldherrn - Jetzt, und hinfort, den mir der edelste Herrscher vertraute, - Euch zu lenken im Waffenfeld zu Thaten des Ruhmes. - Ha, willkommen der Tod, wo Schande, nicht Ruhm, mir zu Theil wird!« - Alsbald stürmt' er vor, und hieb mit dem sausenden Mordstahl - Ein in die Scharen, daß links und rechts die Getödteten sanken. - Wie in dem dunkelen Forst, im Gebell verfolgender Rüden, - Schnaubend daher ein Eber fleugt: er suchet des Dickichts - Rings umschattende Nacht, und mäht mit den schrecklichen Hauern - Nieder die schlanken Stämme -- dem Wüthenden sinket der Wald hin: - Also stürzete Mann auf Mann des Heldengebiethers - Würgendem Schwert. Sein Volk, vernehmend den schrecklichen Vorwurf -- - Schauend den Helden im Kampf, schnob Rache. Nicht Büchsengeschmetter, - Sausen des Säbels und Speers war jetzt zu vernehmen: die Krieger - Faßten den Lauf des Feuerrohr's, und schlugen, und drängten, - Mordend, die Feinde vom Wall. Sie floh'n, und Sterbender Röcheln - Scholl aus dem Graben herauf. Doch bebte das Herz in dem Busen - Giaffars nicht; er einte die Fliehenden schnell, und gedachte - Jetzt verderbender noch in den Schanzen des spanischen Volkes, - Wüthend im Ueberfall, den ehernen Schlünden zu nahen. - Siehe, da schwebt' aus Wolkenhöh'n im brausenden Flug' ihm - Attila näher, und schalt im Geistergelispel ihn also: - »Trotzest du nicht auf Kraft und Stärk' in dem Heere vor allen? - Aber nur eitelen Trotz, nicht Thaten gewahrte das Heer noch. - Kehre zurück, und ford're die tapfersten Gegner zum Zweikampf: - Ob nicht der Feldherr selbst, im glühenden Muthe der Jugend, - Dir sich stellt, und erliegt, und zur Sonne dein Nahme sich - aufschwingt?« - Giaffar stand, und sann: »Heut hol' ich,« so rief er, »den Tod mir, - Oder den herrlichsten Ruhm. Drometer, gebiethe den Stillstand!« - Fröhlich ertönte das Erz, und Ludewig, kundig der Ritter- - Sitte, horchte dem ehernen Ruf', und hemmte die Seinen. - »Wer sich von euch,« schrie Giaffar laut, »im Heere vor allen - Tapfer erwies, der trete hervor, und stehe zum Kampf mir, - Einzeln dem einzelnen Mann, so wie einst in der schöneren Vorzeit, - Schild auf Schild, nah' an, die muthigen Helden sich trafen, - Eh' noch Pulver und Blei, o Schmach, aus der Ferne den Tapfer'n - Tückisch zu Boden schlug, und dem Feigeren schonend vorbeiflog! - Keiner besorge mir Trug und Hinterlist. Ehre gewinnen - Will ich nach Ritterbrauch: deß ruf' ich Allah zum Zeugen.« - - Grimmig schritt Alfred, der niederländische Hauptmann, - Gegen ihn vor, deß' Riesenkraft in dem Heere gerühmt war -- - Stand, und führte den Streich: doch Giaffar schlug ihm das Eisen - Aus der erstarrenden Faust, daß es blitzend am Sande dahinfuhr. - Raubet' er jetzo vielleicht dem wehrlosen Christen das Leben? - Nein: denn edeler Stolz erfüllt' ihm die Seele mit Großmuth. - Schnell barg er das blitzende Schwert in die Scheid', und es faßten - Beide Kämpfer zugleich mit festumklammernden Armen - Eisern sich an, und beugten einander gleich ringenden Bären, - Pressend die Brust an die Brust, zur Rechten, zur Linken, daß beiden - Knirschte der Rücken, und Schweiß von den Gliedern in Strömen herabrann. - Jener gedachte der List, und schlug von hinten dem Türken - Rasch mit der Ferse die Beuge des Knie's: ihn niederzustürzen; - Aber Giaffar stand wie die Eiche so fest auf dem Boden. - Jetzo, der Uebermacht sich bewußt, und zürnend der Arglist, - Hob er den Gegner empor, und drückte mit eisernen Sehnen - Ihn stets fester zur ehernen Brust, daß er, odemberaubet, - Dort verhauchte den Geist: aus seinen eröffneten Armen - Fiel er, langgestreckt, auf den Sand. Wie im Schimmer des Abends, - Lauernd, die Riesenschlang' vom Wipfel des Baums, auf den Tieger, - Der ihm vorüberzieht, urplötzlichen Flugs sich hinüber - Schwingt, ihn schnell umringelt, und dann zum schütternden Stamm zieht; - Wie er auch brüllt, und sich mühet, der klemmenden Reife nur einen - Fest mit den Zähnen und Klau'n zu fassen -- umsonst: sie erwürget - Ihn an dem Stamm', daß ihm laut zerkrachen die Knochen: so würgte - Giaffars mächtiger Arm den Gegner, und streckt' ihn entseelt hin. - Ganz unduldbarer Schmerz ergriff des tapferen Ludwigs - Brust: er schrie laut auf, und stürzte dem Türken entgegen. - Sieh', da nahte, gelockt von des Kampfes Getöse, der Kaiser, - Und erstaunte, wie dort Lusitania's herrlicher Sprößling - Kühn in die Schranken trat mit dem stärkeren Gegner! Ihm schwebte, - Angstgeweckt, auf die Zung' ein Laut, der muthige Krieger - Hätte gerufen zum Kampf und zur Rettung des trefflichen Jünglings; - Aber er hemmt' auf der Zunge den Laut, daß unrühmliches Mißtrau'n - Nicht mit giftigem Zahn, wie der Borkenkäfer im Hochwald - Sprossende Bäume zernagt am Mark, daß sie, trauernd, verdorren, - Ihn verwundete. Doch wie erblick' er den Stahl in den Busen - Seines Lieblings versenkt, und dampfend vom Blute des Theuern? - Dennoch beherrscht' er die Angst, und sah vom gehügelten Erdwall - Nach dem Waffengefild', ein Sinnender, schweigend hinüber. - - Giaffar, stolz des sicheren Sieg's, gewahrte den Jüngling, - Lächelnd: er pries nun Gott, und dankte dem großen Propheten, - Der den blühenden Fürstensohn ihm entgegengeführt hat; - Doch, da er jetzt, wie ein junger Leu dem stärkeren Panther - Kühn entgegen sich wirft, im schimmernden Felde der Waffen, - Ueber den blanken Helm den Degen erhebend, daherkam, - Und sein Blick, mit des Todes Schrecken bewaffnet, ihn faßte, - Ha, da pocht' ihm das Herz, ergriffen von heimlichem Schauder! - Nun das glühend' Aug' auf das Auge des Gegners geheftet -- - Vorwärts stemmend den rechten Fuß im knisternden Sandstaub, - Strebten die beiden, ergrimmt, die tödlichen Streiche zu führen, - Und es erbebte die Luft dem rastlos sausenden Mordstahl. - Da von dem Helm, und dort von dem Stirnbund, Panzer, und Leibrock - Wußte der Kämpe, gewandt, die Waffe des Kämpen zu fernen: - Jetzt auffangend den Hieb, und jetzo vereitelnd den Herzstoß. - Und so hätte die sinkende Nacht allein, in dem Dunkel, - Heute die Helden getrennt, nicht des Sieg's entscheidender Vortheil; - Doch als Giaffars Arm zum schrecklichsten Schlage den Säbel - Hoch aufschwang: da kreischete Ludwigs blitzender Degen - Laut, an des Säbels Kling' abgleitend; da bohrte den Mordstahl - Sein nachstürmender Arm ihm tief in die pochende Brust ein. - Rücklings stürzte der stattliche Held; hoch spritzte der Sand auf, - Als er sank, von der Hand des tapferen Jünglings getödtet. - Aehnlich der Fichte lag er, die erst die nächtliche Windsbraut - Krachend dem Boden entriß; der Weidmann schauet am Morgen - Forschend nach ihr, die rings ihm diente zum leitenden Merkmaal: - Denn sie ragete hoch, vor allen Bäumen des Waldes, - Schon Jahrhunderte lang; nun liegt sie zertrümmert am Boden: - Also lag er im Staub, und erschütternde Stille war ringsum. - Attila schüttelte grimmig das Haupt: denn seinem Geflister - Horchte der Kühne zuvor. Er floh, umschart, in der Luft fort. - Als ein lohnender Ruf den Lippen des Kaisers entfloh'n war, - Und den Sieger umjauchzte sein Volk: da brachen die Gegner - Furchtbar heran, und Gebrüll, und Fluch, und Verwünschung ertönte - Schrecklicher noch als der Säbel Geklirr und Geschmetter der Büchsen. - - Hoch von Goletta's Wall gewahrte der tapfere Sinam, - Wie sein muthiges Volk, erstürmend die Schanze des Feindes, - Dort zerstörte das eh'rne Geschütz, und er hüpfte vor Lust auf; - Doch als Giaffar wich; zum Zweikampf rief der Drometer -- - Rief zu Giaffars Fall: da hob er die Hände vor allen, - Himmelempor, und schrie den versammelten Kriegesgefährten: - »Weh, unseliger Muth, der, treulosen Feinden entgegen, - Giaffars Seele gereizt! Hinaus, durch jegliches Thor fort, - Drüben aus grauser Noth den tapfersten Mann zu erretten!« - Also geschah's. Da brausten die Wüthenden näher: so brausen - Stürme vom Nord, und schleudern die schäumende Fluth zu dem Meerstrand. - Zwar nicht rettet' ihr Muth den Tapferen: denn auf dem Boden - Lag er gestreckt im Blut, von Ludwigs Rechter getödtet; - Aber sie stürzten, zur Wuth entflammt, und entsetzlicher Rachgier, - Eilig daher an den Wall, und gräßlich ertönte der Mordruf. - - Jetzo ersah das streitende Volk vom fernen Kairwan[65] - Und Constantina[66] herauf, des wildempörten Hamaddans - Dräuenden Flug, und bebte. In tausend gewirbelten Säulen - Eilte die Wüst' ihm vor: im Knistern des Feuergewölkes - Deckend des Himmels Bläue mit Grau'n und Entsetzen. Die Sonne - Blinkete trauernd aus ihr, und goß nur düstere Dämm'rung - Ueber die Welt. Ein flammendes Meer aus den schwärzlichen Lüften, - Und dem Boden nah', anstürmend, der prasselnde Gluthstrom, - Drohte den Lebenden rings urplötzliche, schnelle Vernichtung. - Doch zu den Kriegern gewandt, rief laut der erhabene Kaiser: - »Sollt' uns der Samyel nah'n, der flammende Menschenerwürger, - Da gedenket des warnenden Winks: zur Erde geworfen, - Hüll't in Gewande das Haupt, und harr't an dem Boden, nicht athmend, - Einige Zeit. Bald tobt der Unhold vorüber -- ihr lebet.« - Dann noch rief er, den flehenden Blick zum Himmel erhebend: - »Allmacht fleugt vor deinem Hauche daher, du Erbarmer; - Nah' uns mit Huld, und errett' uns jetzt vor des Samyels Wuth dort!« - Und aus dem Aethergefild flog nun, dem strahlenden Blitz gleich, - Seraph Eloa herab, den Christen zur Rettung gesendet. - Sonst sein Auge so mild wie des Himmels Bläu', und die Stimme - Sanft wie Harfengetön, war jetzt entsetzlich zu hören, - Furchtbar zu schau'n. Er rief dem Samyel: »Halt, und entweiche!« - Und der Schreckliche floh. Auch kehrten die wirbelnden Säulen, - Seinem Winke gehorchend, zurück in die einsamen Wüsten. - Dann auf Muhamed, der zuvor in dem furchtbaren Gluthwind - Nahte, voll heißer Gier, die Christen vernichtet zu schauen, - Warf er einen der Blicke herab, der thürmende Felsen - Hüb' aus den Vesten der Erd', und aus Nachtabgründen die Meersfluth. - Jener entwich. Wie dürres Laub, verweht von dem Sturmwind, - Schwindet: so schwand er mit seinem Volk. Auch Attila folgte, - Schreckenbetäubt, ihm nach; aufheulten die flüchtenden Scharen. - - Sinam drängete zweimal schon die Christen vom Blachfeld - Bis an des Grabens Rand, und so oft, nur schrecklicher warf ihn - Ludwig wieder dahin, wo, umhügelt von starrenden Leichen, - Giaffar lag, und im Blutbad schwamm: denn heißer entflammte - Dort des Getödteten Schau in dem Busen der Seinen des Mordens - Schreckliche Gier, daß sie standen im Kampf der Entscheidung, und - furchtbar - Wüthete jetzo der Tod auf der siegverherrlichten Stelle. - Als der Samyel erst, des Seraphs Stimme gehorchend, - Heim in die Wüste floh, da weckte sein brausender Odem - Hoch in der Luft und im Schooße der Erd' Aufruhr und Empörung. - Plötzlich thürmte Gewittergewölk am bläulichen Himmel - Furchtbar sich auf, und goß ein mitternächtliches Dunkel - Ueber das Waffenfeld, daß der Gegner dem Gegner entrückt schien. - Nur das Blitzen des Feuerrohr's erhellte zuweilen - Noch das umnachtete Volk, entflammte des starrenden Kriegers - Aug', und Harnisch, und Helm, und wies auf dem Feld des Entsetzens - Leichen auf Leichen gehäuft. Nun schwankte, den Wellen des Meer's - gleich, - Unter den Füßen des Kriegers der Grund; des Kampfes Getümmel - Schwieg, und »Erdbeben!« scholl's die zitternden Reihen hinunter. - Grau'nvoll rauschte das Meer; das Schmettern der Schiff' an die Schiffe - Tönete schrecklich, vereint dem Geheul aus der Veste, dem Brüllen - Aus dem Gehölz, und rings dem Kreischen des kleinen Gevögels, - Das dem erschütterten Wald entstürzte mit kläglichem Angstruf. - Jetzt aufflammte der Blitz, und zerriß, von Osten bis Westen - Strahlend, die finstere Wolkennacht: der furchtbare Donner - Rollt' auf ehernen Rädern ihm nach, und krachte zum Abgrund - Dumpf, und dumpfer hinab, an des Himmels drönendem Rand hin. - Brausend erhob der Sturm die sandige Fläche; die Fahnen - Haucht' er zum Himmel empor, und riß auch die Zelt' in dem Lager - Von dem ragenden Pfahl, und wälzte sie fort auf dem Flugsand. - Schreckenbetäubt entfloh der Feind; doch Ludewig folgte, - Unerschütterten Muth's, dem flüchtenden nach bis Goletta. - - Guasto aufathmete tief; er hielt, von dem Sturme gewendet, - Jetzo des Mantels flatternden Saum, und sagte dem Kaiser: - »Wie, du weilest noch hier, unbändigen Sinnes, und achtlos - All der Gefahr, die uns heut' aus den hellaufflammenden Lüften, - Und aus dem Schooße des Abgrunds dräut? Auch stürzet des Regens - Prasselnde Fluth nun bald aus dem berstenden Wettergewölk her; - Eile nach deinem Gezelt: es trotzte dem schrecklichen Sturm noch, - Festeren Bau's; schon fliehen die Feinde vor deinen Erwählten.« - Weder der donnererweckende Blitz, noch der schwankende Boden - Zog des Kaisers sinnenden Blick vom Kampfe der Helden - Ab. Er lächelte sanft auch jetzt, und sprach zu Del-Guasto: - »Laß mir den Frieden, o Greis! Ein Gleiches erduldet ihr Tapfer'n - Alle mit mir. Wer schirmt vor Gefahr, die hoch aus den Lüften, - Tief aus des Abgrunds Nacht uns dräut', als Er, der Erbarmer? - Sein ist die Macht! Mir wohnt der Fried' im vertrauenden Herzen.« - Doch nun flammte sein Blick, nun bebt' ihm die Rechte; den Harnisch - Hob ihm die pochende Brust, und furchtbar scholl's, da er sagte: - »Donner und Blitz sind mir die Stimme des Herrn, daß ich eile. - Hebe dich nun, mein tapferer Held, an's Werk der Entscheidung: - Lenke die Völker heran. Laut brülle sogleich von den Schanzen -- - Brülle vom Meer das Donnergeschütz zum endlichen Wallbruch, - Daß wir jetzt in dem Sturm erringen die Veste Goletta!« - Schaudernd blickte der Greis in die flammenden Augen des Herrschers, - Horcht' ihm, schweigend, und ging, nun Jedes in Eile zu ordnen. - - Schon entströmte der Wolkennacht unendlicher Regen, - Prasselnd durch Windesgeheul und Gebrülle des rollenden Donners, - Und umfloß, ein See, die Füße der triefenden Krieger. - Aber er löschte den Staub, und fesselte mächtig den Flugsand. - Wie in des Frostes Hauch der fluthende Weiher gefesselt - Starrt, daß auf ihm, lärmfroh, die muntere Jugend der Eisbahn - Räume durchfleugt: so erstarrte der Sand, und brachte den Christen - Frohen Gewinn: denn geübt, im ermattenden Sande zu laufen, - Nahte der fliehende Feind den Thoren der Veste Goletta. - Ihm nachbrauste der Sieger im Flug', und Sinam gewahrte, - Bebend vor Schrecken und Angst, im nah'umzingelnden Vorsprung, - Hier den Gedrängten vermengt die Dränger zugleich, und er rief nun, - Rettung gebiethend, dem Volk'. Aufkrachten des mächtigen Thores - Flügel, und d'rauf, wie ein Bergstrom braust, wenn hoch von dem - Gletscher - Niedergerollt, ein Block erfüllet die engere Thalschlucht, - Bis er des Bergs Abhang, mit steigendem Grimme, durchwühlend, - Bahn sich bricht, und die langgehemmten Fluthen zum Abgrund - Wälzet in schäumender Hast: so stürzten die flüchtenden Scharen - Sinams durch das geöffnete Thor, mit Lärm und Getümmel. - Doch nun sandte der Feind, dem also die Rettung gelungen, - Hagelnde Donnergeschoss' und befiederte Pfeile vom Wall her, - Jubelnd, und warf aus der Schar der raschnachstürmenden Christen - Manchen Tapferen todt in den Staub. Da dachte des Heimzugs - Ludwig, der Held, und hieß im drometenden Rufe die Krieger - Kehren. Nicht folgte des Feldherrn Ruf Diego Davila, - Fahnenjunker im Heer, entsprossen aus Lissabons Mauern, - Trotzend auf Jugendkraft, und kühnerer Thaten sich freuend. - Als er das Jubeln der Feinde vernahm: da ergrimmt' er im Herzen, - Eilte zurück, und klomm, ein kundiger Kletterer, jauchzend - Auf an dem Wall', und erhöhte die Fahn' auf den Zinnen der Festung. - Jene wehrten es nicht, von erstarrendem Staunen gefesselt; - Doch bald wühlten in seiner Brust unzählige Lanzen. - Sinkend faßt er die Fahn', und warf sie herab von der Mauer, - Sie zu entreißen dem Feind'. Er rief dem getreuen Gefährten: - »Albin, rette die Fahne! Sie stand erhöht auf dem Wall hier: - Herrlichen Siegesruhm winkt' euch ihr wehender Schimmer; - Rette sie kühn, und jenseits noch dir dankt es Davila!« - Sieh', er lächelte sanft, und freute sich sterbend der That noch! - Aber der Muthige kam, ergriff, von sausenden Kugeln - Rings umstürmt, die Fahn', und brachte sie freudig in's Lager. - Diesem entströmten jetzt die Tapferen, herrlich geordnet. - Rechts hin führete Guasto die Macht hispanischen Fußvolks, - Wälschen vereint, und Eberstein, in der Mitte, die Heerschar, - Die er in Deutschland warb, nun endlich zu Thaten gerufen. - Aber die Macht lusitanischen Volks und brabantischer Scharen, - Führete drüben der Held, der Giaffarn siegend erlegte. - - Laut erkrachten die Schlünd' und Mörser zum endlichen Wallbruch. - Furchtbar wüthete zwar der Sturm und das grause Gewitter - Noch, und der röthliche Blitz, im Gefolg des schrecklichen Donners, - Zischt' umher im Gewölk, erhellend die sinkenden Fluthen; - Aber entsetzlicher noch, mit den Schrecken der Lüfte vermenget, - Scholl das Krachen der Schlünd' umher an der Veste. Der Wurfschütz - Rührte des Brändchens Rohr mit der Lunt': im bläulichen Rauch flog - Flamm' empor; zurück, dann eilender wieder zur Stelle - Rollte der eherne Schlund, und warf durch Feuer und Flammen, - Donnernd, im Bogenwurf, die Kugel zur Veste hinüber. - So von den Schanzen, und so von dem Meer hinsausten die Kugeln; - Aber nicht minder zurück von dem Wall der trotzenden Festung, - Sausten im Donnerlaut die schrecklichen her, und hinüber. - Rings erbebte der Grund, als sollten die Vesten des Erdballs, - Von den Orkanen der ewigen Nacht erschüttert, versinken, - Und die Gefild' umher nachstürzen in wüster Zertrümmrung. - Drüben umfing sie am Meer, dem silbergehörneten Mond gleich, - Doria's wogende Macht. Aus ihres verehrten Gestirnes - Bild ihr kam der Jammer gesandt, und die grause Vertilgung. - Immer entfuhr die _Volle Lage_[67] dem Raume des Schiffes, - Das sich der furchtbar'n, eiserne Last, aus Rauch und aus Flammen - Schleudernden Donnergewalt nachbog, und mit sinkendem Rand noch - Streifte die Fluth. Die sanftergossene Fläche des Meeres - Rauscht' aufbrandend empor. Bald schäumten die bläulichen Wogen, - Bald erglühten sie tief im Glanze des röthenden Feuers, - Welches im Flug durchzuckte die Luft. Die Mauern erkrachten -- - Sanken in Schutt, und dumpf ertönte der Steine Gerassel. - Sieh', die Malta gesandt, die nächsten dem felsigen Ufer, - Schleuderten sonder Rast nach dem Thurm, der hoch aus dem Vorgrund - Ragte, Verderben! Er neigte das Haupt, sturzdrohend, ein paar Mal; - Zitterte jetzt, und sank mit grausem Gepolter zusammen: - Staub flog auf, und Geschrei, wehklagend, und jubelnd ertönte. - Aber der Kaiser rief: »Verdoppelt das Feuer!« So riefen - Guasto, und Rogendorf, und jeglicher Schanze Gebiether, - Und noch schrecklicher tobte die Wuth des ehernen Feldzeugs. - Doria brach von dem Meer' her donnernd, das eiserne Seethor - So, daß des Feindes Geschütz dort schon auf dem Walle vernichtet - Lag, und verstummt'. Dann öffnete dicht am Thor von Buschatter - Ludwig aus seiner Schanz', urplötzlich nach jenem, den Wallbruch, - Weit, daß ein Wagen durchfuhr, der heim die Garben vom Feld führt; - Aber die breitere Kluft, daß zwanzig der Krieger, gereihet - Aneinander, sie leicht durcheileten, sah nach dem Oehlwald, - Gähnend hinaus: eröffnet mit Macht aus der Schanze der Wälschen, - Die von Toledo verwaist, nun Guasto's Winken gehorchten. - Vorwärts stürzte der Wall und die Mauer, und ebnete weithin - Dort die ersehnete Bahn den Stürmenden, füllend den Graben. - - Nun verstummte zugleich am Himmel das grause Gewitter, - Nur an des Erdballs drönendem Rand noch murrte der Donner - Dumpfer hinab, wenn dort der Blitz die feurigen Schwingen, - Fächelnd, erhob. Aus zerriss'nem Gewölk sah bläulich der Himmel - Her auf das regenerfrischte Gefild, und die scheidende Sonne - Goß aus dem rosigen Duft des Abends Schimmer herüber, - Und erhellte gar wunderbar die belagerte Festung. - Lauter pochte die Brust des edelsten Kaisers; ihm rief nun - Ahnend das Herz: schon sey die entscheidende Stunde gekommen. - Jetzt erhob er das Schwert, den Feldherrn Thaten gebiethend, - Und sie gehorchten dem Wink'. Auf dem Land und im wogenden Schiffsraum - Schwieg, verhallend umher, der ehernen Schlünde Getümmel. - So an dem felsumstarreten See verhallet des Waldhorns - Klang, den fern im Ruderschiff erweckte der Künstler, - Horchenden Freunden zur Lust: nun da, nun dort am Gebirg hin, - Tönt er im Wiederhall, bis er dann, stets leiser, dahinstirbt. - Aengstliche Stille herrschte rings, und beklemmendes Schweigen. - All' aufmerkten dem Wink: da zogen in brausendem Eilflug - Scharen auf Scharen dahin, und jauchzten der rühmlichen Arbeit. - Dort an den Mauerbruch, der weit aufgähnte zum Oehlwald, - Eileten Wälsch' und Hispaner, zum Thor von Buschatter die Deutschen; - Doch Lusitania's Volk, den Niederländern und Malta's - Muthigen Kriegern vereint, erreichte das eiserne Seethor. - Tausend ergriffen bei jeglicher Schar die ragenden Leitern: - Kühneres Volk, zu erklimmen den Wall im stürmenden Anlauf. - - Welches der Völker kam dem andern zuvor in dem Wettlauf? - Erst das hispanische; d'rauf nachdrangen den Wälschen die Krieger - Portugalls und Brabants. Wie, stürmten die tapferen Deutschen - Nicht vor allen zuerst? Sie hemmte der kühne Cherusker, - Hermann: denn, sein edeles Volk vor Tücke zu wahren, - Schwang er in Hast nach Eberstein sich herunter, und rief ihm: - »Hemme den rascheren Lauf, vorschauend, und Tücke vermeidend: - Weit durchhöhlte der Feind, vor deinem Ziele, des Erdreichs - Dunkelen Schooß; ihm nahet die Lunt', und donnernd erhebt sich - Bald entsetzlicher Rauch, und Feuer, und wilde Zertrümm'rung.« - Jener hemmte sein Volk. Zwar ächzte der Krieger, und Thränen - Netzten sein glühendes Aug', im Vorsprung schauend die Fremden; - An dem Gewehr' ihm bebte die Faust, und die strebenden Fersen - Bohrten tiefere Spur unwilliger Rast in den Sand ein. - Doch nun schwankte der Grund: aufflog, die Lüfte verfinsternd, - Qualmender Rauch, und Loh', und Wust des berstenden Erdreichs - Ueber den Flatterhöhlen umher, die rings an dem Wall sich - Kreuzten, erfüllt mit der Last des entflammenden, schrecklichen - Zündstaubs. - Bebend stürzten die Reihen zurück; aus den Augen der Krieger - Glänzte dem Feldherrn Dank, der so sie entriß dem Verderben. - Aber er wandte sich nun, und rief mit gewaltiger Stimme: - »Dort das herrliche Ziel, wo Siegespalmen dir winken, - Schaue, mein edeles Volk -- nicht des Todes gähnenden Abgrund! - Schwer ist die That; die Stelle gefahrvoll; aber uns ehrte - Deutschlands edelster Hort, da er Deutschen das Höchste vertraut hat. - Tapferer Radburg, vor mit den muthigen Bayern, und Stollberg - Vor mit den Sachsen zum Sieg! Du, Römhild, entflamme die Helden - Schwabens, und jene aus Brandenburg ermuthige, Siegfried, - Jetzo dein Ruf. Vereint erringet den Preis der Entscheidung.« - Hermanns luftige Schar aufjauchzte des Heldengebiethers - Worten, und kam, und mehrte den Muth ruhmdürstender Männer, - Dort zu erstürmen den Wall, wo am blutigsten winkte des Sieg's Preis. - - Sinams Riesenkraft rang dort den Stürmern entgegen. - Ihm war Hannibal brausend genaht: denn mächtig erschreckt' ihn - Drüben das Stürzen der Wäll' und das Jauchzen der kommenden Sieger, - Ringsum. Listengeübt haucht' er ihm jetzo den Rath ein: - »Ha, nun gilt's mit festausharrendem Muthe des Feindes - Wuthandrange zu steh'n, und nicht entehrender Feigheit - Heute zu opfern den Ruhm entschwundener Jahre! Wohlan, horch! - Schafft der gewichtige Ball, vom Donnerrohr in die Haufen - Wimmelnder Feinde geschleudert, schon entsetzliches Unheil: - Welch' entsetzlicher's noch ersähst du mit staunenden Blicken, - Wenn, umhüllt von geplättetem Eisen, die Büchsengeschosse - Mit zertrümmertem Blei in die nah'anstürmenden Gegner - Wütheten? Auf, und gebiethe den Mord und die grause Vernichtung!« - So rief Hannibal; doch nun sah, voll Zorn in dem Busen, - Hermann zugleich, wie schnell, dem listigen Gegner gehorchend, - Sinam die Donnerrohr' in der Breite des gähnenden Wallbruchs - Pflanzen hieß, daß im kreuzenden Feuer der gräßliche Hagel - Tilge des Feindes Reih'n. Er jammerte laut und begann so: - »Schmacherfindende Zeit! Daß nichts mehr gelte des Tapfer'n - Eigene Kraft; daß nimmer das Aug' in das Auge des Gegners - Schleudre des Todes Blitz', und, heimgekehret, der Krieger - Nimmer weise mit Stolz dem grauenden Vater, der Mutter, - Oder der Gattinn die ehrende Narb' an der Brust und der Scheitel, - Und erzähle zugleich, wie solche der Feind ihm geschlagen - Dicht im Gemeng', wo jener ihm sank, in dem Kampfe getödtet -- - Nein, daß er dort: ob feig', ob tapfer, ein elender Krüppel - Arm- und beineberaubt, umhinke, den Seinen zur Trauer, - Hast du das Scheusal erzeugt, die Würgerinn heißend Kartätsche!« - - Sieh', Ursini der Greis, flog hin, wie ein feuriger Renner - Fort auf der Rennbahn fleugt, zu erringen dem Reiter den Wettpreis: - Hoch von dem Nacken ihm flattert die Mähn', und vom blanken Gebisse - Ueberschneiet der Schaum ihm die Brust; er schnaubet, und sprühet - Gluth aus der starrenden Nas', und ihm blitzen die spähenden Augen - Feuriger stets, da er jetzt mit lauterem Hufesgerassel, - Sprung auf Sprung, im Galopp vorbraust zum winkenden Ziel hin; - Fern ihm folgen, gespornt von den Reitern, die schwächeren Rosse: - Also strebte der Greis im edelen Muthe des Herzens - Gegen den Wall, wo Darjuh, an Giaffars Stelle der Aga, - Nach den Gefahren des Kampf's und glänzenden Thaten sich sehnte. - Als er den Greis ersah, da entriß er das mächtige Schießrohr, - Doppelhaken genannt, den Händen des Kriegers, und jagte, - Schmetternd, verdoppeltes Blei in die Stirne des tapferen Feldherrn. - Lautlos sank er zur Erd': ihm färbte das silberne Haupthaar - Quellendes Blut. Ach, nimmer bewirthet der freundliche Greis mehr - Fremd' in seinem Palast, die aus nahen und fernen Gefilden - Heilige Sehnsucht trieb, der ewigen Roma zu nahen, - Und im Schutt noch die Wunder zu schau'n gewaltiger Vorzeit: - Denn er stürzte verwundet zur Erd', und verhauchte das Leben. - Aber Ludewigs Schar rang dort am zertrümmerten Seethor, - Schnell zu erklimmen den Wall, wo, empört durch Attila's Ingrimm, - Und durch Hannibals Muth, das Volk in grausamer Nothwehr - Wüthete. Pech, noch siedend, und Oehl, noch wallend der Flamme - Goß, erbittert, der Feind auf die Stürmenden -- wälzte der Mauer - Lastende Blöcke herab, und solch' unrühmlichem Tod, ach, - Sanken die Tapfersten schon! Auch tödtete Manchen der Speerstahl, - Manchen das krachende Rohr, wenn, kühnerhöhend, die Leitern, - Sie aufrangen zum Wall aus der Tiefe des dunkelen Grabens. - Doch weit schrecklicher noch, und entsetzlicher, scholl vor Buschatters - Thor Mordruf und Gewürg', wo Deutschlands herrlichvereinte, - Siegsruhmdürstende Schar, im Auge den Heldengebiether -- - Muth und Gluth in der Brust, und des kreuzenden Feuers nicht achtend, - Vorwärts drang. Schon dreimal flog, mit dem kühnen Geschwader - Brandenburgs, dort Siegfried hinan, den Wall zu erklimmen, - Und er kehrete stets erbitterter, ähnlich dem Rüden, - Der, vom Jäger gedrängt, dem verwundeten Bären genaht ist -- - Doch bald flieht, bald kehrt: denn immer scheuchen die Klauen - Und das Gebrülle des Thiers ihn fern: so wüthete jener. - Jetzt, im erneueten Lauf, durchbohrte das muthige Herz ihm - Schmetterndes Blei, und er sank. Auch blutete neben ihm Hinkmar, - Strebend mit matter Hand, den Pfeil aus der Lunge zu reißen. - Eberstein sah dort hinsinken die tapferen Helden - Brandenburgs; alsbald entriß er die Fahne dem Junker, - Schwang sie empor in die Luft, und rief hellleuchtenden Blickes: - »Jetzo mir nach, wem deutsches Blut in der Ader und Kampfgier - Glüht in der männlichen Brust! Wir löschen das feindliche Feuer, - Das entsetzlich die Unser'n tilgt aus der grausen Kartätsche, - Nur mit des Feindes Blut; mir nach! Nie sterben die Tapfern!« - Sagt' es, und drang, wie ein Pfeil, in sausender Eile zum Wall hin. - Aber Stollberg zog mit kräftiger Rechten den Helden - Wieder zurück, und rief: »Nicht dir -- uns werde die Stelle!« - Also jubelten laut wohl tausend Stimmen auf einmal. - D'rauf, erklimmend den Wall, und durcheilend die Tiefe des Grabens, - Drangen mit Lärm und Getös' Germania's tapfere Völker - Ein in den Mauerbruch, wo erlesene, muthige Gegner - Standen zur Gegenwehr, der sinkenden Brüder nicht achtend, - Und zu sterben bereit, ein Jeglicher -- alle für Einen. - Wenn dem Donnergewölk' entstürzen die Fluthen, und plötzlich - Ueberschwemmen die Stadt, daß laut in den engenden Gassen - Brauset der Strom, aufschäumt die Wog' an die Fenster: da flüchtet - Volk auf die Berge hinaus, und Volk auf die luftigen Zinnen: - Also erklommen auch hier die muthigen Deutschen die Höhen -- - Stollberg allen zuvor; dann Scharen auf Scharen, und würgten, - Racheschnaubenden Grimm's, die Kämpfenden rings auf der Mauer. - Sinam entfloh. Nicht mied er zuvor des wüthenden Kampfes - Schrecknisse, fest, wie ein Fels, die Stirn' darbiethend den Feinden; - Doch, als jetzt im Sturm eindrangen die Deutschen: da wankte, - Bebte der tapfere Greis, und floh, das heimliche Pförtchen - Oeffnend am Damme des See's, mit tausend Gefährten nach Tunis. - Dorther naht' ihm unzähliges Volk, von dem Herrscher gesendet; - Aber mit Thränen im Blick, erhebend die Rechte, geboth er - Allen errettende Flucht aus den Händen des schrecklichen Feindes. - - Schon war Siegesgejauchz' am Seethor, schon an dem Wallbruch - Dort, wo Wälsch' und Hispaner im Sturm erstiegen die Mauern, - Wo ringsher Mordruf ertönete -- rings in den Straßen - Strömte das Blut, bis jetzt, zu den Füßen des Siegers gesunken, - Bleich, mit verstörtem Gesicht, der Feind erflehte die Schonung. - Nun verklang das Getös'; nur Jubel des Kriegers ertönte, - Der von den Wällen herab in den Graben den finsteren Roßschweif - Warf, und dort aufpflanzte mit Stolz die Fahne der Heimath. - Lieblich flog sie umher in dem Abendwind, und erregte, - Ruhmausstrahlend, in jeglicher Brust noch höhere Wonne. - Durch das hallende Thor, umjauchzt von unzähligen Stimmen, - Kam in die Veste der Kaiser herauf. Stets enger, und enger - Schloß sich der Lärmenden Kreis um ihn her, und, als sie verstummten, - Hob er die Händ' empor zu dem Himmel, und stimmte das Loblied: - »Herr, dich loben wir!« an. Ein heiliges Feuer entflammte - Jegliches Herz. Erschütternd zu schau'n: wie aus Tausender Augen - Stürzen die Thränen zugleich; wie Tausender Hände zum Himmel - Fleh'n, und zu hören erschütternder noch: wie Tausender Stimmen - Wirbeln empor in die Luft, und sie all' Dank rufen im Einklang. - - Hassan, der König, erschien. Er war an dem dämmernden Abend - Gestern gelandet, und barg sich scheu in der einsamen Herberg, - Die Zafrano ihm both, von schattenden Cedern umfangen. - Weder gerüstetes Volk, noch Mundvorrath, in des Krieges - Zehrenden Tagen ersehnt, bracht' er dem Bundesgenossen: - Denn er lauerte nur, ob Hairaddin, oder der Christen - Mächtiger Herrscher erringe den Sieg? in den Mauern von Kabesch. - Tief sich beugend zuvor, begann er jetzt vor dem Herrscher: - »Gott ist mit dir, und Segen die Fülle: des herrlichsten Sieges - Ruf verkündet es bald den fernsten Völkern zum Staunen. - Ach, nicht bieth' ich dir Mundvorrath und tapferes Hülfsvolk, - Wie ich's verhieß! Nicht horchte der Muselman mehr dem König, - Der sich dem Christenvolke verband: hier steh' ich als Bettler!« - Und er sank auf die Knie'; da sah der edelste Kaiser, - Wie der Mond, umflort vom Regengewölk auf den Hügel - Heftet den Schwermuthsblick, nach dem Flehenden trauernd hinunter, - Hob ihn empor, und rief ihm mit trostverheißendem Lächeln: - »Sieh' eröffnet des Reiches Thor, das Hairaddins Herrschgier - Dir entriß;[68] dein sey's mit jeglichem Segen des Himmels!« - Hassan stammelte Dank; laut zollt' ihn der Kaiser den Helden - Allen umher, die im Sturm errangen die trotzende Festung. - Aber zu Stollberg sprach er dann mit lohnendem Blick so: - »Werde Goletta's Hort und Vertheidiger; ordne der Mauer - Feind'abwehrenden Bau; doch jetzt gebiethe mit Sorgfalt, - Daß die Verwundeten all' errettender Hülfe sich freuen! - Morgen am Tage des Herrn, das Denkmaal unseres Heiles - Feiernd, gedenken wir auch, zu bestatten die Todten, und dankbar - Ihnen die Maale des Ruhm's zu erhöh'n für die kommende Zeit noch.« - Jetzo führt' er die Scharen zurück in des Lagers Umwallung, - Sie zu erquicken durch Rast; doch Stollberg ging, daß er übe - Alles und Jedes sogleich nach dem Willen des gütigen Herrschers. - Und die Schatten der Nacht umhüllten den schlummernden Erdkreis. - - - - - Eilfter Gesang. - - - Hairaddin stand auf dem Söller der Burg, aufhorchend im Zwielicht - Sinkender Nacht. Von Goletta heran vernahm er des Feldzeugs - Rastlosdonnernden Sturm, dem die Erd' erbebte, die Fenster - Klirrten, und drönte die Wand zu dem untersten Grunde der Mauern, - Und, wie im Abendwind die Welle des fluthenden Weihers - Nun sich hebt, nun sinket: so wechselte Furcht und Verzweiflung - Oft mit der Hoffnung des Sieg's in seinem zerrissenen Herzen; - Aber er horcht' umsonst noch gieriger jetzt, nach Goletta - Wendend das Ohr, nicht athmend, die starrenden Blicke zum Boden - Heftend. Nicht donnerten mehr die entsetzlichen Schlünde; verhallt war - Drüben der Mörser Gebrüll und das Schmettern des Feuergewehres. - »Sie ist verloren!« so rief er, stampfte den Estrich, und eilte - Schnaubend herab. Dann schritt er im hellerleuchteten Saal hin, - Kehrete wieder, und stand, und horchte, die Bothen erwartend. - Immer vernehmlicher wähnt' er Getrab anstürmender Rosse -- - Wähnte verwirrtes Geschrei heimflüchtender Krieger zu hören: - Aehnlich dem sturmentmasteten Schiff, das fern auf dem Weltmeer - Wechselnde Strömung entrafft, und endlos dreht auf dem Irrpfad, - Schwankt' er umher, im Gemüth nicht Dieß', nicht Jenes beschließend. - Bald erhob sich Suleymans Grimm wie ein nächtlicher Unhold, - Dräuend, vor seinem Blick; bald lächelte Muley Hassan - Hohn ihm entgegen im Glanz der wiedergewonnenen Herrschaft. - Ihn umnachtete rings nur wilde Verzweiflung: den Schimmer - Seines errungenen Ruhms auf immer erloschen zu schauen. - »Ha,« so rief er ergrimmt, »eh' solche Schande mich treffe ... - Schande?« Er faßte den Dolch; nach dauerndem Schweigen begann er: - »Fiel Goletta, erstürmt, so werden sie kommen, mir Algiers - Und Telmessans Thron, und den Zepter von Tunis zu rauben; - Werden mich stürzen hinab in den Staub, daß sich krümme des Glückes - Liebling, ein Sclave, voll Angst, an des Siegers zermalmenden Fersen. - Ha, nicht des Tages Licht gedenk' ich fürder zu schauen: - Denn es enthüllte nur Schmach! D'rum fort -- hinab in das Dunkel - Ewiger Nacht, zu entgeh'n der Qual, die jetzo mir droht! ... Doch - Soll ich verschleudern das Ein', und Einzige, das ich erkenne? - Schwand mir völlig die Hoffnung dahin? Ist Alles verloren? - Drängt nicht Hunderttausende noch mein Wink in die Feldschlacht, - Heute -- sogleich? Zurück in die Scheide, geschliffener Mordstahl: - Nur dem Gegner, nicht mir, zerfleische das Herz in dem Busen!« - Sagt' es, und barg in den Gürtel den Dolch. Mit schüchternen Blicken: - Denn er scheut' Eloa's Zorn, war Muhamed jetzt ihm - Wieder genaht. Er hörte die zagenden Worte des Herrschers, - Ballte die Faust vor Wuth, und kam, der schrecklichsten Thaten - Allerschrecklichste noch, in die gährende Brust ihm zu hauchen. - Wie auf des Südens Meereiland der scheußliche Vampyr[69] - Ueber dem Schlummernden schwebt, und, mit weitgebreiteten Flügeln - Fächelnd, den Schlaf ihm mehrt, das Blut zu entsaugen der Ader: - Also schwebt' auch Muhamed leis' auf Hairaddin nieder, - Schaudernd und bleich, der Fluchthat selber erbebend: er hauchte - Höllenfrevel ihm ein, und floh durch die finstere Nacht fort. - Hairaddin stand, und sann: ihm rollten die feurigen Augen, - Aehnlich dem Blitz im Gewittergewölk, in den finsteren Wimpern. - - Jetzo die Straßen herauf ertönte des eisernen Hufes - Schmetternder Schlag; in dem Hofraum scholl absitzender Krieger - Rufen. Nicht lang, so trat der tapfere Sinam mit Dragut, - Muhamed Temtes, und Abu-Sa-id, tieftrauernden Blickes, - In den erleuchteten Saal, den zürnenden Herrscher zu söhnen. - Rasch ging dieser umher vor den Bebenden, und nur zuweilen - Traf sein verachtender Blick vor Sinams Füßen den Boden; - Doch nun stand er, und rief, durch die festgeklammerten Lippen, - Stöhnend, das Wort: »Ihr Feigen!« und lächelte grimmig für sich hin. - Stolzer erhob nun Sinam das Haupt, und sagte verweisend: - »Welch ein Wort, Gewaltiger! floh dir, scheu, von den Lippen, - So die tapferen Männer zu schmäh'n? Wir feig in der Feldschlacht? - Zahllos jammern daheim die Verwaiseten -- jammern die Bräute, - Wie auch die Gattinnen, bald, und auf immer die Lieben vermissend, - Die, zu Hügeln gehäuft, wir tödteten rings um den Wall her. - Galt es, mit Sterblichen nur in die Schranken zu treten: wir hätten - Herrlich gesiegt. Doch heimlich vereint mit den Geistern der Hölle, - War der bebende Grund mit jeglichem Schrecken des Luftraums - Aufgestürmt um Goletta: wir wichen den furchtbaren Mächten, - Aber nicht feig', da wir zu dem blutigsten Kampfe bereit steh'n.« - Also der tapfere Greis; da höhnete Dragut den Helden: - »Armer, du schwärmst vor Angst! Auch uns erklangen die Ohren, - Als der brüllende Donner erscholl; mit dem bebenden Boden - Wankten auch wir; uns schlug nicht minder der prasselnde Regen. - O, daß ich fern' war! Nein, nie hätte den Geistern der Hölle - Dragut gebebt, von dem das Volk sich erzählet: er würde - Selber den Satan besteh'n in nie zu erschütternder Kühnheit.« - Sinam schwieg; doch Hairaddin trat den Hadernden näher, - Faßte den Dolch, und sprach mit zornausblitzenden Augen: - »Denket der Trauer nicht mehr, weil uns die Veste geraubt ward, - Die mit wuchernden Blutes Gewinn ein herrlicher Sieg uns - Wieder erringt. Zum Kampf denn! Am Morgen ertöne der Schlachtruf -- - Töne so schrecklich, so laut, daß umher die Gefilde des Todes - Schauern vor Angst. Doch hört, was dringend erheischet die Vorsicht, - Und die Rache gebeut ob Giaffars Fall, und Goletta's. - Unter den Kerkern der Burg, wo in Banden die christlichen Sclaven - Liegen, und all', im thörichten Wahn: der tapfere Moslem - Falle dem Christen so leicht, nun harren des kommenden Retters, - Häuften im ringsdurchhöhleten Grund die Söldner des Zündstaubs - Furchtbare Last. Entflammt aufschleudre sie jetzo die Hochburg -- - Schleudre zerschmettert die Sclaven all' empor in den Luftraum - So, daß nicht einer entrinne dem Tod und dem grausen Verderben. - Also gescheh's, noch ehe der Morgen im Osten heraufglänzt!« - Sinam erblaßt'; auch Abu-Sa-id und Muhamed Temtes - Zitterten; doch noch frecher begann der schreckliche Dragut: - »Wahrlich,« so rief er, »nur Gott, und sein erhabner Prophet nur - Gab den Gedanken dir ein: ich beuge mich tief vor Erstaunen! - Alle zugleich! So möge mit Jenen der heuchelnde Graukopf, - Der mir Mathilden entriß, zerschmettert, verhauchen das Leben: - Denn ich sann ihm entsetzlichen Tod: er fahre zur Hölle!« - Grimmig lächelt' er nun. Da wandt' ihm, von Schauder ergriffen, - Sinam den Rücken, und sprach zu Hairaddin schmeichelnden Lautes: - »Mächtiger, wie, du solltest den Ruhm errungener Lorbern - Heute durch solch' entsetzliche That auf immer beflecken, - Die von der Feigheit gezeugt, und Verzweiflung geboren, zum Abscheu - Allen, Suleymans Huld dir entzöge für jetzt und auf immer? - Wie der Morgenstern vor jeglichem strahlt an dem Himmel, - Also zieret sein Herz der Tugenden schönste, die Großmuth. - Was vermöcht' in der Felsenburg der wehrlosen Sclaven - Fesselbelastete Schar? Sie mög' in festlichen Reihen, - Nach vollendetem Krieg, den Siegeswagen dir schmücken!« - Aber der Wüthrich schwieg. Noch kämpfte die Furcht mit der Mordlust, - Ob Suleymans Zorn, in seinem beklommenen Busen; - Endlich obsiegte die Furcht. Er sprach, tiefsinnenden Blickes: - »Ha, wenn Reue mir würde dereinst, der klügelnden Weisheit - Sinams gewichen zu seyn! Ich bebe der dunkelen Ahnung, - Die mich ergreift. Wohlan, ich weiche dir! Eilt in das Lager, - Dort zu erregen das Heer; ich entwaffne die Freunde des Hassan - Hier in der Stadt, die mich verriethen im Kampf der Entscheidung.« - Jene, gehorchend dem Wort, enteileten; aber der Wüthrich - Zog in den Straßen umher mit Gefolg, das Volk zu entwaffnen. - Wie in der Schreckenszeit volktödtender Seuche, der Hauptstadt - Einsame Straßen entlang, nur leichensammelnder Träger - Fußtritt schallt, und mit Angst erfüllet die Herzen der Menschen, - Die sich, verborgen daheim in der Kammer, ergeben der Hoffnung, - Dort zu entgehen der scheußlichen Pest: so flüchteten, bebend, - Jetzt die Tunisier heim in der Nacht, als rings mit Getümmel - Hairaddins Würgerschar durchtobte die hallenden Straßen. - - Trauernden Blickes saß auf der Zinne der luftigen Hochburg - Regulus: denn er sah, wie jüngst der grausame Wüthrich - Unter den Kerkern umher, die Last des schrecklichen Zündstaubs - Häufen ließ, die Sclaven gesammt urplötzlich zu tödten. - Muhamed brauste heran, der grau'nerregenden Unthat - Zeuge zu seyn, die er Hairaddin erst einhauchte voll Arglist. - Auf der Zinne der Burg den Einsamen schauend, begann er: - »Stets entfernt von der Heldenbahn, der rühmlichen Vorzeit - Nicht gedenkend, nur Hülf' und Errettung sinnend dem Volk hier, - Das nicht deines Geschlechts, nicht deines Glaubens sich rühmet, - Irrst du umher, Verblendeter! Bald vernimmst du mit Schauder -- - Schauest mit Schrecken es an, wie die Lunt' ein kühner Geselle - Hin zu dem Zündstaub senkt, die Flamm' auffleugt zu dem Himmel, - Donner erkracht, und der Berg, aus seinen berstenden Vesten - Taumelnd vor Angst, empor in den sturmbewegeten Luftraum - Schleudert unendlichen Wust, und im Wuste die christlichen Sclaven, - Die dein Herz erkor, zerschmettert entschwinden dem Erdkreis. - Jammere dann! Nichts half dir all dein wüstes Beginnen.« - Rief's, und entschwand. Doch Regulus sah nach Medelin: er horchte - Von dem Erker der Burg in die Nacht. Vor dem kommenden Sieger - Schwieg das Gefild umher, und der Lärm verhallte zu Tunis. - Bald des Siegers gedacht' er mit Angst: denn schändlich verrathen - Hatt' er sein Volk, und für Trug verschmähet die heilige Wahrheit; - Bald umgaukelten ihn die Bilder der lieblichen Heimath, - Dort die fröhliche Jugendzeit, verlebt in dem Umgang - Holder Gespielen, und dort die liebende Mutter in Jammer - Ob des Sohnes Verlust -- in Trauer die Freund' und Verwandten. - Gleich dem starrenden Eis, das schnell des laueren Westwinds - Odem schmilzt, begann ihm die Wuth in dem Busen zu schmelzen, - Und sein Aug', das lange nicht mehr des reuigen Herzens - Sanftere Thräne gekannt, erhellten schimmernde Perlen. - Regulus schwebte herab, umschlang den Nacken Medelins, - Daß er in seiner Brust entflammte des himmlischen Mitleids - Glimmende Funken, und regt' ihn auf in dem Seelengelispel: - »Hast du dem Vaterland, den Lieben daheim und dem Glauben - Deiner Väter entsagt, und geopfert für schändlichen Reichthum - Ruh' und Glück? Doch sieh', nicht bringt dir solcher hienieden - Jemals Gewinn: denn bald, in entsetzlicher Stunde der Nothwehr - Wenn nicht Sinam es hemmt, der mildergesinnete Feldherr, - Schleudert des Wüthrichs Grimm die Sclaven, und schleudert dich selber, - Flammenumbraust, in die Luft. O, rette die armen: dem Mitleid - Oeffne dein Herz, und der Reue, zu sühnen den schändlichen Undank!« - Schaudernd vernahm im Geist die schrecklichen Worte Medelin; - Stieg die Stufen herab, und Regulus blickte, vor Wonne - Bebend, ihm nach: er ging, die Brüder zu retten, entschlossen. - Jetzt urplötzlich umstrahlt von seelenentzückender Klarheit, - Und vernehmend den Ruf unendlicher Lieb' und Erbarmung, - Fuhr der Geist verklärt empor, in lichteren Räumen - Seliger stets, der Himmelshuld entgegen zu harren. - Doch schon stand Medelin umringt von den Christen im Kerker; - Riß sich das Kleid entzwei; zerschlug sich die Brust und die Hüften, - Lautaufjammernd, und rief mit thränenumhülletem Blick so: - »Wehe mir schändlichem Mann: den heiligen Glauben verläugnet - Hab' ich für schnöden Gewinn, verkauft dem falschen Propheten - Ruh' und Glück; doch über das Haupt des schändlichen Räubers, - Hairaddin, komme der Fluch! Ihr all', o Frevel der Hölle, - Solltet jetzt, in die Luft geschleudert, zerstieben im Zündstaub, - Den er gehäuft im Fels tief unter den Kerkern! Nur Sinam - Hemmte den Wüthenden noch, und siegt'. Mir schwand die Verblendung - Schnell vor den Augen: ich schwur, dem Gräuel erbebend, euch Rettung, - Und, wenn Reue noch frommt, so wird erbarmende Huld mir. - Hör't, nur tödt' euch die Freude nicht, hör't! Euch Freiheit zu - schaffen, - Rückten die Christen mit Heer'smacht an; im Sturme bezwungen, - Liegt Goletta im Staub; die goldenen Zinnen von Tunis - Beben dem Sieger; der Wüthrich flieht, und der schimmernde Halbmond - Sinkt vor dem heil'gen Panier, das unser'n Erlöser getragen.« - Rief's, und, als er die Bande gelöst von den Händen und Füßen - Hugo's, da sprach er zu ihm, mit thränenerhelleten Augen: - »Eile zu unserm Gebiether und Herrn, dem Kaiser, und künd' ihm, - Was hier eben gescheh'n. Die eisernen Thore der Hochburg - Will ich verschließen vor Hairaddins Wuth, die entfesselten Sclaven - Waffnen, und harren des Wink's zum Verein mit ihm und der Heersmacht; - Aber er eile heran: denn furchtbar wäre das Säumen.« - Als er geendet, da scholl um ihn her entsetzliches Rufen, - Weinen, und Jauchzen des Volk's, daß er selber in bebenden Schauern, - Wonn'entseelt, hinsank, und stöhnete. Freudig enteilte - Hugo des Kerkers Nacht, dem Kaiser die Kunde zu bringen. - - Liebliche Still' umfing das Lager der Christen. Entschlummert - Ruhte der Krieger im luftigen Zelt; nur rings um den Wall her - Stand die Wache, nicht scheuend für heut' den feindlichen Anfall - Mehr, und summte, gelehnt an's Gewehr, ein munteres Liedchen - Leis' in die Stille hinaus, sich die nächtlichen Stunden zu kürzen. - Ueber die Cedern herauf, an Zafrano's entfernteren Höhen, - Schwebte der Mond, und erhellete rings den schweigenden Erdkreis. - Draußen im duftigen Meer, auf den fern entgleitenden Wellen, - Glomm sein düsteres Licht; er zog in dem finstern Gewässer - Hin die strahlende Bahn. Vom Schilf her säuselte Kühlung; - Summend wiegten die Mücken der Nacht sich in würzigen Lüften, - Und in das leise Getös' der fern' aufbrandenden Wogen - Mengte vom dunkelen Hain die kreischende Stimme der Laubfrosch: - Rings verstummte die Welt, und entschlummert ruhten die Krieger. - Aber kein Schlummer umfing die glühenden Augen des Kaisers. - Sinnend saß er vor seinem Gezelt, und blickte zuweilen - Schwermuthsvoll in die liebliche Helle des Mondes, zuweilen - Nach dem trüblichen Schimmer hinaus auf den gleitenden Wellen, - Hörte der Wogen Geräusch am fernen Gestade; der Mücken - Summenden Flug, und das Kreischen der grünlichen Zweigebewohner, - Und er seufzte dann laut des Herzens nagendem Kummer. - - Sieh', nicht schlummert' auch Eberstein! Ihm brannten die Wunden - Noch an dem Arm, den erst, im Sturm der Veste Goletta, - Ein befiederter Pfeil durchfuhr. Er lag in dem Mondlicht, - Vor dem Gezelt, die Labung kühlumsäuselnder Lüftchen - Athmend. Nun horcht' er bewegt, und blickte verwundert um sich her, - Als er die Seufzer vernahm vor dem Zelteingange des Herrschers. - »Wer durchstöhnet die Nacht?« so rief er, dem einsamen Denker - Nahend mit zögerndem Schritt. »Er selber?« Da wich er betroffen, - Kehrete wieder, und sann: ob er dort den Einsamen störe? - Doch sein trauerndes Aug' entlockte dem Zweifler das Wort jetzt: - »Hat mich das Lüftchen getäuscht, das leis' in den Zweigen des Oehlbaums - Säuselt, Seufzenden gleich? Geußt Blässe des Todes der Mond nur - Dir auf die Wangen? Wie, du wachest, in Trauer versunken, - Nach dem Tage des herrlichsten Sieg's, dem Falle Goletta's? - Sprich, Erlauchter, warum denn ewig dir finstere Schwermuth - Falte die Stirn'? Enthülle dem Treuen des Herzens Geheimniß: - Haben die Sorgen des Thron's, hat unverschuldetes Herzleid - Sie schon frühe gezeugt, und großgezogen zum Jammer?« - Ernster wandte nach ihm die sinnenden Blicke der Kaiser; - Legte die Hand auf die Brust, und begann mit erschütternder Stimme: - »Lasest im Antlitz du die Züge des nagenden Kummers? - O, so schaue sie kenntlicher noch mir im Herzen, und schweige! - Früher Gram, vermengt mit den zartesten Freuden der Kindheit - Wurzelt' in dieser Brust, die dort des herrlichen Vaters - Tod, und um ihn, der Mutter im Wahnsinn endende Trauer, - Grausam zerriß. Doch winkte mir ewig der Völkerbeherrschung - Ernstes Ziel; ihm weiht' ich die fröhlichen Jahre der Jugend, - Schweigend, der Blödigkeit Bild, bis Valladolids Turnierbahn,[70] - Und des Schild's hochsinniger Spruch mir glänzenden Ruhm gab. - Als ich Hispania's Zepter ergriff, durchtobten des Aufruhrs - Schrecken das herrliche Land. Von Bürgerblute besudelt, - Weckt' es Entsetzen mir an den Schranken der furchtbaren Laufbahn;[71] - Aber zugleich erstand auf der dornenvollen ein Feind mir, - Unversöhnlich, den Thron des heiligen, römischen Reiches - Neidend, und glühend vor Haß, in Frankreichs stolzem Beherrscher.[72] - Hat er nicht endlos Krieg, und ach, unnennbares Elend - Rings auf unsere Völker gewälzt: zu Bundesgenossen, - Er, deß' Thron in dem Nachruhm prangt des _Christlichsten Königs_,[73] - Mahoms Söhne gewählt,[74] des Kreutzes schrecklichen Erbfeind, - Den ich im seligen Jugendtraum, dereinst Europa's - Rettender Hort, zurück nach Asia's Steppen zu drängen - Hoffte? Sieh', auch jetzt, als uns viel tausender Christen - Schreckliche Noth nach Afrika's ferne Gestade gerufen, - Weckt er daheim mir Haß, und nährt verderbenden Aufruhr! - Deutschland -- Mann, du erbebst dem Jammergeschicke der Heimath, - Fröhnt ihm sogar, verkennend mein treues und redliches Streben: - Durch den freien Verein so vielfachgesonderter Gauen - Endlich die heimische Macht und Würde für immer zu gründen! - Doch nun trennt sie ein Streit, das Heiligste, Höchste der Menschheit: - Gottes Wort, sich erkiesend zum strenggebiethenden Vorwand: - Jeden Verein zum Wohl noch kommender Zeiten zu fernen.[75] - Wahr, daß Schatten das Licht umhülleten; heilig wie Gottes - Satzung, der Unfug dünkte dem Volk', und die Wiedergestaltung - So an dem Haupt wie den Gliedern ersehnt' auch die bessere Mehrzahl, - Die dem Heiland getreu verharrt für immer und ewig! - Doch nur von Schlacken das Gold, von der Spreu zu sondern das - Fruchtkorn, - Heischte die Lieb', und es hob sich schon der Tempel der Eintracht - Herrlich empor: er ward zertrümmert in schrecklicher Willkühr. - Nur zerstörend wollte man bau'n. Die reitzende Neu'rung - Und der empörende Ruf unwahrgedeuteter Freiheit - Lockte das Volk -- das Eigen der Kirche die Fürsten. So rang ich, - Denkend des schrecklichen Bauernkriegs,[76] und der Gräueln der Zukunft, - Lang' entgegen dem Strom, dem Jammer zu wehren, vergebens! - Ha, ein Gesicht, erst jüngst in des Heiligthums Dunkel enthüllet, - Sträubte das Haar an der Scheitel mir auf! Ich zitterte, bebte: - Deutschland sah ich erwürgt nach dreißigjährigem Wuthkampf,[77] - Rauchend im Schutt die Burgen, Paläst', und Hütten, und Tempeln; - Heiliges frech entweiht, die Määler der Künste vernichtet, - Und verödet die Gau'n. Wo früher die goldenen Aehren - Wogten im schimmernden Abendroth; wo blöckende Heerden - Hüpften im lachenden Grün; der Mensch in seliger Unschuld - Gleichbeseligte Menschen ersah, und sich freute des Daseyns, - Herrschte nur Grabesstill', und im dornumwucherten Saatfeld - Bleichte das nackte Gebein weithin erschlagener Völker. - Spät erst wagte, mit schüchternem Blick, der Verscheucht' aus dem - Schutte - Sich zu erheben, und sah er nun dort den Schüchternen kommen, - Dacht' er, »Weß Glaubens er sey?« und brütete Haß und Verfolgung. - Sieh', Jahrhunderte floh'n! Da lag auf den Fluren der Heimath - Finstres Gewölk; die röthlichen Blitz' erhellten zuweilen - Hinter der Wolkennacht, die Jammergefilde der Zukunft. - Ueber dem Rhein scholl Mordausruf: bald wirbelten endlos - Auch in die deutschen Gau'n, vernichtend, herüber des Aufruhrs - Flammen, und laut umher ertönte Gebrülle von Freiheit! - Gleichheit! Doch von dem Wagen des lautumjauchzeten Siegers - Klirrten die Fesseln schon entehrender, schimpflicher Knechtschaft. - Fiele der Deutsche so tief? Er beugte den kräftigen Nacken - Selber der Schmach? O dahin, ich wußt' es, unselige Trennung, - Führst du mein edeles Volk: dir rang ich vergeblich entgegen!«[78] - - Jetzo verstummt' er, und neigte zum pochenden Busen das Antlitz, - Thränenumflossen, herab; doch sieh', er hob es, erschüttert, - Wieder empor: im Blitz erhab'ner Gesichte der Zukunft - Schwand ihm die Gegenwart! Er sah in beglückteren Tagen, - Freiheit bringend und Ruhm, an den lieblichen Ufern der Pleisse[79] - Siegender Heere Verein: erstanden in ihrem Vermögen - Deutschlands Völker, geschlossen den Bund hochsinniger Fürsten, - Schlacht und Feindesflucht, im helleren Glanze des Rheinstroms - Freihinwallende Fluth, und Sieg auf Siege gehäuft fort -- - Sah vorstrahlend im Fürstenbund den glücklichen Enkel: - Glücklich im hohen Gefühl des ruhmgekröneten Lebens, - Und in der Liebe des Volk's, das treu und redlich ihm anhing, - Auch in dem nächtlichsten Sturme der Zeit.[80] Da schwand ihm des - Anblicks - Zauber; er starrt' umher, und rief: »Ein täuschender Traum war's!« - Und mit dem Blick voll inniger Trauer begann er von neuem: - »Solcher Kummer belastet mein Herz: ich denke der Zukunft. - Alles, was ihr dieß Herz mit Liebe zu weihen sich sehnte, - Hemmte der Sectenwuth blindlingsvernichtender Unsinn, - Der, mein Leben begeifernd mit Gift, mir Haß in der Nachwelt - Fernsten Tagen erregt, und Schmähung bereitet die Fülle. - D'rum lechzt meine verwundete Brust nach freieren Lüften, - Ferne vom Thron, wo nie die Freude mir lächelte, rastlos - Feindlicher Haß mich traf, und herzzermalmender Undank. - Aber ich sehe das Morgenroth, das mir an dem Abend - Noch die Sonne verheißt nach dauernden Stürmen des Tages. - Jüngst, nach ermüdendem Weidwerk, both in Estremadura's - Lieblichem Thal, Sankt-Just,[81] der Hieronymitaner - Einsames Kloster uns Ruh'. In der hehren Stille des Abends - Faßt' uns gar wunderbar vom erhelleten Dome der Psalmen - Herrliche Festmelodie, der Orgel mitwallender Jubel, - Und das wehmuthsvolle Getön der Glocke vom Thurm her, - Die zum Abendgebeth uns lud, und zu stiller Betrachtung. - Schweigend durchirreten wir des vielfachgesonderten Gartens - Dunkle Pfade, wo frei, nach Lust unschuldiger Willkühr, - Jeder im Bruderverein mit Sorgfalt baute sein Gärtchen. - Einer mit silbernem Haupt und himmlischheiterem Antlitz, - Wandelte dort: er band, dem festlichen Morgen zur Feier, - Kränze, mit zartem Sinn vermengend mancherlei Farben; - Knüpfte, hinwandelnd im Duft, gesunkene Blumen an Stäbchen - Fest, und labte die schmachtende Flur, aus der Fülle des Springquells - Schöpfend die Silberfluth mit hellerglänzender Kanne. - Freundlich nickt' er den Gruß erst mir, dann meinen Gefährten - Freundlicher noch; er ging, und waltete, meiner nicht achtend, - Wieder so ruhig fort in überseligem Frieden. - O, so dacht' ich, nicht fühlt er die herzzernagenden Sorgen, - Die mein Antheil sind auf des Lebens verworrenen Pfaden! - Ihm ist sein Blumenbeete die Welt, von sanften Bewohnern - Blühend und duftend belebt; sie lohnen mit seligen Freuden - Stets ihm jegliche Müh': er herrscht und waltet im Segen. - Schnell wie ein Blitz aufflammt' in meinem Busen ein Vorsatz, - Welchen das Herz ergriff, festhielt, und erwählte für immer. - Staune nicht so, mein Held! Einst siehst du mich glücklicher. Reift nur - Mein Erzeugter zum Manne heran, auf dem Pfade des Herrschers - Würdig zu wandeln: dann, o sehnlich erwarteter Festtag, - Eil' ich mit Adlers Flug in des Friedens himmlische Thäler: - Denn, wie, kämpfend mit Sturm und Noth, der zagende Schiffer - Fern auf dem Meer umtreibt, als berstend die Maste vom Bord ihm - Stürzen, die schäumende Fluth fortwälzt die Tau' und die Segel, - Und sein Fahrzeug, leck, schon tiefer sinket, er plötzlich - »Land! Land!« hört, da füllt ihm die Brust unnennbare Sehnsucht, - Und sein thränender Blick hängt starr an den fernen Gestaden: - Also zieht mich das Herz hinüber nach Estremadura's - Winkendem Friedensport, und Sankt-Justs heiligen Mauern. - Dort, den Sorgen der Erd' entrückt, vom Menschengewühl fern, - Und dem Himmel geweiht, entschwind' in seliger Stille - Jede Erinnerung mir der leidenerfülleten Vorzeit! - Sieh', schon glänzet der Abendstern, verwandelt, des Morgens - Herold: die Nacht entweicht! Schon wecken die rasselnden Trommeln -- - Wecken Drometen das schlummernde Volk. Nun will ich des Sonntags - Heilige Feier begeh'n im Kreise der tapferen Krieger, - Dann, will's Gott, erringen das Ziel in dem Kampfe vor Tunis!« - - Waffengeräusch erscholl im dunkeln Gezelte des Kaisers, - Wo seither dem düsteren Schmerz ergeben, Toledo - Trauerte. Ihn zu erheitern sann der gütige Herrscher; - Aber umsonst: denn kalt und schweigend verschloß er die Brust ihm. - Jetzt, aufhorchend im Zelt dem Klagenden, fühlet' er plötzlich - Wieder erglühen den Muth im schmerzerstarreten Busen; - Sprang vom Lager behend', umfaßte die glänzenden Waffen, - Gürtete sich, und kam, und sprach zu dem Staunenden also: - »Wie, so wohnet denn Gram auch im edelsten Herzen? So lohnt ihm - Völkerbeglückende Müh' und Sorge nur schändlicher Undank? - Schwinde, mein Leid! Verstumm't, ihr Klagen! Ich wähnet' euch endlos; - Doch nun tret ich, beschämt, vor diesen erhabenen Dulder, - Der dem größeren Schmerz obsiegt, und handelt, der Pflicht treu. - Hör' ich drometenden Ruf -- der weckenden Trommel Gewirbel? - Fleugt das Schlachtroß wiehernd im Feld, und blitzen die Waffen - Tod in den Feind? Ich komme! Mit Schrecken gewahrt er Toledo's - Waffen, und netzt sie mit Blut, und, wenn auch Thränen sie netzten -- - Meine Thränen: ich trockne sie schnell, des Dulders gedenkend.« - Rasch enteilt' er dem Zelt. Dem Nahenden jauchzten die Krieger - Freudigen Gruß: denn liebend hing das Volk an dem Helden. - Aber ihm folgte bewegt, mit den tapfersten Führern der Kaiser - Jetzt in das Lager hinaus, Aufbruch zu gebiethen der Heersmacht. - - Schon versank am fernen Gebirg der blässere Vollmond; - Leise verhüllten die Stern' ihr Strahlenhaupt, und im Frühroth - Glomm die erwachende Welt, als jetzt das geordnete Kriegsheer - Sich nach Goletta erhob. In tieferschütternder Stille - Schritt es einher. Nun wurde die finstere Stirne des Kriegers - Mild, nun sanft sein drohender Blick: denn heiliger Andacht - Sollt' er am Tage des Herrn sich weih'n; des göttlichen Mahles - Andenken würdig feiern, und dann die erschlagenen Krieger - Senken in's dunkele Grab, und den Tapfern erhöhen den Denkstein, - Daß er entflamme des Kriegers Brust in der kommenden Zeit noch. - Sieh', am Strande des See's, auf dem weitumschauenden Hügel - Hob sich über dem Zelt aus Zweigen des säuselnden Oehlwalds - Eine Laube, dem Opferaltar zum wölbenden Dom auf. - Krieger pflanzten die Laub' in Hast, und zur Linken und Rechten - Neben dem Bild des Gekreuzigten, nährt' auf silbernen Leuchtern - Emsiger Bienchen Fleiß die fächelnde Flamme der Kerzen. - Als die erlesene Heeresmacht, dem schimmernden Halbmond - Aehnlich, die Laub' umgab: da folgte der stattliche Priester - Eilig, im Feiergewand, dem dienenden Jüngling zum Altar. - Dort vor dem Allerheiligsten sprach er die offene Schuld erst; - Dann lobsang er dem Herrn, und bethet' um Himmelserleuchtung, - Daß das sehnende Herz erkenne die Wege der Wahrheit; - Kündigte dann aus dem Brief des großen Jüngers die Tröstung - An die fromme Gemein': »Einst soll, was dunkel im Leben, - Wie in umflortem Spiegel erschien, auf immer enträthselt, - Schimmerndhell uns werden im Anschaun ewiger Wahrheit.« - Dann die Worte des Evangeliums, mild und erhebend: - »Liebet auch euren Feind, als Kinder des Einen und Höchsten, - Der mit Vaterhuld für den Frommen und Bösen die Sonne - Aufgehn heißt mit erwärmendem Strahl, und gedeihlichen Regen - Sendet der Saat des einen, und andern!« Auch sprach er des Glaubens - Frohes Bekenntniß, und opferte Brot und Wein zur Versöhnung - Unserer Schuld; doch bald nach dem Dreimal-Heilig erhob er - Nun das Heiligste selbst, und, als er im frommen Gebeth auch - Jener gedacht, die, schon entrückt, im Lande des Friedens - Schlummerten, sprach er das hohe Gebeth des Herrn, und, in Demuth - Schlagend die Brust vor dem Lamm, das, uns Erlösung zu bringen - Sich in den Tod hingab, genoß er die Speise der Seelen. - Jetzt noch fleht' er um frohe Geduld in den Tagen der Trübsal, - Und entließ mit segnender Rechte die Christenversammlung. - Aber das Haupt entblößt, und die Augen zur Erde geheftet, - Stand umkreisend das Heer, und ehrte die heilige Sühnung - Durch erhabnen Gesang: die melodischen Laute des Herzens - Flogen zum Himmel empor, und weckten die sanfteren Thränen, - Die nur die Andacht weint in wonn'erhöhter Empfindung. - Glänzender wölbte sich rings des Himmels blaues Gezelt auf, - Und ein Sonnenmeer umwogte das hehre Geheimniß - Unseres Heils. Der schimmernde See, von milderen Lüftchen - Leise geküßt, erhob in schauernder Wonne die Wellen - Nach dem Strand, wo in lispelndem Grün der Opferaltar stand. - Freudig neigten sich ihm die Wipfel der Cedern Zafrano's; - Auch das Olivengehölz ersäuselte sanft, und des Luftraums - Liebliche Sänger horchten still in den flisternden Zweigen; - Feierlich schwieg umher die tiefanbethende Schöpfung. - - Als gefeiert das Fest, und vollendet das göttliche Mahl war: - Da geboth der Kaiser dem Volk die Begrabung der Todten. - »Eilt,« so rief er, »an's heilige Werk: der Erde zu geben - Leichtverwesliche Saat zur Ernte des ewigen Lebens, - Wenn der Posaune Klang uns all' aus den Gräbern hervorruft! - Denket des tapferen Sarno zugleich, den ehrenden Denkstein - Ihm erhöhend. Auch Giaffar sey an den Mauern Goletta's - Ehrend die Säule geweiht: denn schön ist es, kommenden Zeiten - Noch den Heldenmuth erschlagener Feinde zu künden.« - Eilig gruben die Krieger das Grab; weit gähnte das Erdreich, - Biethend die Ruh' im dunkeln Schooß den entschlummerten Todten. - Thränenden Blick's hintrug so mancher den treuen Gefährten, - Der auf des Lebens Dornenpfad' ihm redlich die Bürden - Tragen half, und treu sich bewähret' in Noth und Gefahren. - D'rauf, als alle das Grab umfing, und der ehrende Hügel - Deckte: da hob, aufblickend, der Priester den Trauergesang an; - Sprengte geweihetes Wasser umher, und schwenkte des Fäßchens - Weihrauchduftende Gluth der Ruhestätte zum Segen. - Dann versenkten sie auch im gesonderten Grabe, die Leichen - Ihrer Gegner, vereint; erhöhten mit Liebe den Denkstein - Sarno's Ruhme geweiht -- auch Giaffars. Freudig gewahrte - Ludwig das Ehrenmaal des Tapferen, den er erlegte. - - Hell, in des Mittags Gluth erglänzten die Zinnen der Festung, - Als die christliche Heeresmacht, dem Herrscher gehorchend, - Sich g'en Tunis erhob. Der Wetterwolke nicht ungleich, - Die an dem fernen Gebirg aufschwebt, dann eilenden Fluges, - Rings die Lüft' umhüllt, und des Himmels Bläue verschlinget, - Deckten die Kriegsheerscharen das Land. Sonst tapfere Krieger, - Lechzend vor Durst im qualmenden Staub, der unter des Rosses - Huf und des Mann's vorstrebendem Fuß zu den Wolken emporstieg, - Murreten jetzt in den Reih'n: da schwang der Kaiser voll Hast sich - Aus dem Sattel; er zog in mutheinflößender Hoheit, - Selbst mit den Scharen einher, und führte sie vor auf dem Heerweg. - Plötzlich verstummte die Klag', und, wie durch kühlendes Wasser, - War die lechzende Zunge gelabt, der finstere Sandstaub - Ohne Beschwerd', und die Gluth der schrecklichen Sonne verloschen. - Doch als jetzt in des Meeres Fluth g'en Westen ihr Antlitz, - Goldumflammt, sich spiegelte; dort- und vom nahen Gehölz her - Liebliche Kühlung kam: da ersah'n die staunenden Krieger - Tunis, mit thürmenden Minarets und prangenden Häusern - Glühen im rosigen Licht der ersehneten Stunde des Abends. - Lautaufjauchzten sie all', und schlugen mit nervigen Rechten - Dann an die blanken Gewehr': entscheidender Thaten sich freuend. - Aber der Kaiser geboth, urschnell erforschend die Gegend, - Seinen Tapferen »Halt!« denn links am Gestade des See's hin, - Rechts am Olivengehölz, wo droben die Schanze der Felshöh'n - Salis bewähretem Muthe vertraut, der lagernden Heersmacht - Sichere Stellung verhieß, und die silbernrieselnde Quelle - Labung ihm both, gedacht' er des Heers kampfrüstige Flügel - Auszubreiten, und dort der Morgenröthe zu harren. - Und, wie im wölbenden Dom die unzähligen Laute der Orgel, - Von dem Künstler geweckt, sich all' in brausender Strömung - Herzerschütternder Harmonie'n vereinen zum Wohlklang; - Oder so wie die Räder all' im vollendeten Uhrwerk - Willig sich dreh'n nach des Penduls Schlag, und die Zeiger der Stunden - Kreisenden Lauf und die Bahn der Stern', und der Sonn' und des Mondes - Weisen zugleich auf dem Zifferblatt: so folgten die Krieger - Jetzo des Herrschers Wink. Und schnell, wie im künstlichen Webstuhl, - Kreisenden Spuhlen entfloh'n, im Zug sich entwirren die Fäden, - Und verschlingen zum schönen Gebild: so entwirrten sich alsbald - Hier die verschlungenen Reih'n, und lagerten dann in dem Blachfeld - Trefflich geordnet umher. Die Reiter, auf jedem der Flügel - Deckten schirmend des Fußvolks Macht und des eh'rnen Geschützes - Ordnungen, die von dem Vorderzug das mittlere Treffen - Sonderten. So gestellt, nachtlagerten jetzo die Krieger. - - Sieh', da nahten die Feind' unzählig herüber von Tunis, - Hairaddins drohendem Blick und schrecklichem Rufe gehorchend! - Wie auf dem Stillen-Meer des Sturms erbrausender Odem - Weit die Fluthen empört, und endlosstarrende Wogen - Fort zum entferneten Welttheil wälzt -- sie stürzen gedrängt hin: - Zahllos so, herübergejagt von dem furchtbaren Herrscher, - Nahten die Moslemim: denn im Gemüth nicht Tausender Leben - Achtend, däucht' es ihn leicht, die schmählichverlorene Festung, - Jetzt im nächtlichen Ueberfall dem Feind' zu entreißen. - Grimmig verlacht' er darum die Worte der Späher: ihm stehe - Dräuend entgegen der Feind, und ordne die Scharen zum Kampf schon; - Dennoch drängt' er den Sporn in die Seite des ächzenden Rosses, - Das ihn im Staubgewölk und im sausenden Donnergalopp hin - Bis an die Vorhuth trug. Dort hielt er, und sah, vor Erstaunen - Starr, die Gerüsteten: Wuth und Verzweiflung engte die Brust ihm. - Wie die Wetterfahn' im Hauch des wechselnden Windstroms, - Bald nach Osten, und bald nach Westen gewendet, umherfleugt: - Also schwankte sein Geist, im Sturm und Drange des Herzens, - Unentschlossen, umher: denn schnell, mit dem Blicke des Adlers, - Heeraufstellender Kunst und Angriffs kundig, gewahrte - Sein umspähendes Auge das Heer des mächtigen Gegners - Trefflich beschirmt, und ihm entfloh'n die Stunde des Angriffs. - Schweigend kehrt' er zurück, und rief den Scharengebiethern, - Frohsinn heuchelnd, und Muth, weil Angst ihm füllte den Busen: - »Preist den Herrn der Welt und seinen erhabnen Propheten, - Der uns herrlichen Sieg verheißt, und dem Feinde Verderben - Sendet! Die Nacht entsinkt dem Sternengefilde; nicht kämpfen - Heut' wir mehr: denn hör't! Nur tobenden Muthes Getümmel, - Sang und Klang ertöne vom Lager; unzählige Feuer - Mögen die dunkle Nacht umwandeln zur Helle des Tages, - Und enthüllen das Heer, das schon an dem kommenden Morgen, - Gleich dem Sturm vorbrausend im Feld, hintilge die Christen. - Abu-Sa-id, dich ruft vor jeglichem Führer dein König - Heute zur That! Zeuch hin mit zwanzigtausend Erwählten, - Sonder Geräusch, entlang die felsigen Ufer Medscherda's, - Nach Buschatter, um dort zu umgehen das feindliche Lager; - D'rauf, den flammenden Blitz des Donnerrohrs und der Büchsen, - Schauend in dämmernder Früh', und des Kampf's erwachtes Getümmel - Hörend, erklimme die Höh'n, und stürze dich, ähnlich dem Gießbach, - Der im zerstörenden Lauf fortbraust nach unendlichem Regen, - Rasch in das Lager hinab, daß uns die flüchtigen Scharen, - Seiner Wälle beraubt, dann all' erliegen im Schlachtfeld. - Denke des herrlichen Zugs, und der Beut' unsäglichen Werthes!« - Sagt' es, und Abu-Sa-id ging stolzumschauenden Blickes, - Seinem harrenden Volk und dem nahen Verderben entgegen. - Doch, auf Hairaddins Wink, des furchtbar'n Mannes, erwachte - Jetzt Aufruhr, und Lärm, und Getös' in dem wimmelnden Lager: - Denn des Kessels schmetternden Klang hier mengten die Einen -- - Dort des Horns Gebrüll die Andern (mit schwellenden Backen - Und vorquellendem Aug' erzwingend des Erzes Gewaltton) - Furchtbarer stets, in das laute Geschrei der rasenden Krieger - So, daß die schlummernde Welt vor Angst aufschauderte ringsum! - Und in den hellsten Tag verwandelte, prasselnd, des Reisigs - Mächtige Lohe die Nacht. An den Zelten der Völker hinunter - Trugen ragende Pfähl' unzählbarflammende Kessel, - Leuchtend, empor: ihr fächelnder Schein durchblitzte die Gegend - Endlos, immer geweckt von des Harzes aufwallenden Fluthen. - Raschelnd wogte vor Hairaddins Zelt die _Heilige_ Schlachtfahn' -- - Also dem Volke genannt, in die Lüfte. Die türkische Tonkunst - Feierte dort ihr Fest: die Trommel polterte; Teller - Zischten mit ehernem Laut; hell klingelten Schellen und Glocken; - Pfeifchen gellten mit Zink- und Hörnerklängen vereinet. - Doch vor des Bascha Zelt, vor jeglichem rings in dem Lager, - Stand das düstre Panier, von des Rosses buschigem Schweifhaar - Zwei- auch dreifach erhöht: die Würde des Orta-Gebiethers - Kündend. Also durchwachten die Nacht die empöreten Völker. - - Abu-Sa-id entschlich, dem wildaufspürenden Weidmann - Aehnlich, dem Heer', und eilte Medscherda's Fluthen hinunter, - Mit erlesenem Volk, ihm Stille gebiethend, zum Ziel hin. - Lange noch hört' er des Lagers Getös', und freute der List sich. - Aber da lag auf des Felsens Höh'n, im Kreise der Schützen, - Salis, der tapfere Hort, und sah nach den Sternengefilden - Schweigend empor. Er bebte, daß dort, millionen von Meilen - Ueber dem glänzenden Sirius noch, das Aug', mit des Fernrohrs - Zaubermacht bewehrt, aufdrang, und dennoch kein Ziel fand; - Zahllos über ihm noch die Sonnen wandeln, und zahllos - Erden und Monde sich dreh'n im Raum des unendlichen Weltalls: - Das erfüllt' ihm die Brust mit Schauern der nahen Vernichtung! - Weinend senkt' er den Blick zum niedrigen Staube hinunter -- - Dachte sich selber nur Staub im wehenden Hauche der Allmacht. - Sieh', da flog, auf des Lüftchens Fittigen säuselnd im Nachtgrau'n, - Eilender Schritte Getös' und klirrender Waffen Getümmel - Ihm an das horchend' Ohr. Mit dem spähenden Auge des Falken, - Der aus Wolkenhöh'n im dunkelen Grase den Raub sieht, - Forscht' er rings in den Thälern umher, und sah an Medscherda's - Ufer annahendes Volk. Schnell ahnt' er, besorgt in dem Herzen, - Feindlichen Ueberfall, und, gedenkend entscheidender Abwehr, - Flog alsbald, gesendet von ihm, Ruinard in das Lager, - Von dem Kaiser verstärkende Macht zu erfleh'n: und sie ward ihm. - Bald erklommen die Höh'n noch tausend erlesene Schützen, - Löwenbeherzt, und froh der feindabwehrenden Arbeit. - - Aber am Strande des See's, wo im Lager die Scharen der Christen - Ruheten, war nicht Getös' auftobenden Volkes zu hören. - Nicht erleuchtete Flammenschein (so wollt' es der Herrscher) - Dort die dunkele Nacht, daß in ihrem Schleier geborgen, - Fest vertrauend dem Muth in der Brust und der leitenden Weisheit, - Lächle der Tapfre getrost des schreckenvollen Getümmels, - Das die Verzweiflung gebar, nur feigeren Seelen zur Täuschung. - D'rauf erquickte nur Brot die Lagernden, heute zum Spätmahl - Kärglich gespendet; sie löschten den Durst nur am Born, und gedachten, - Scherzend, des reichlichen Mahls zu Tunis, am kommenden Abend. - Aber der Kaiser ging im Kreise der schmausenden Krieger, - Zögernden Schrittes umher, und sagte mit Lächeln dem Einen, - Und dem Ander'n ein freundliches Wort, beim Nahmen ihn nennend: - Da in dem zahllosen Heer' kein Tapferer fremd ihm geblieben. - Doch nun rief ihm der Reisige, Horst, der früher des Kaisers - Dienender Mundschenk war, da er ging, im heiteren Scherz nach: - »Carolus, unser gebiethender Herr,« so spöttelt' er, winkend - Noch mit den Augen, ihm nach, »vermisset mit trauerndem Herzen, - Heute wohl auch die erlesene Menge der Speisen im Prunksaal, - Wo er dem Tisch sonst naht in traulicher, lieber Gesellschaft: - Denn nicht dampfen aus China's buntem Geschirr ihm die Brühen - Würzig entgegen, und nicht das Fleisch gemästeten Rindes, - Mancherlei Brühen gesellt, nicht das zarte Gemüse, des Rehes - Saftiger Rücken, des Wildschweins Kopf, mit grünenden Sträußchen - Zierlich umhüllt, nicht der Braten von zahm- und wildem Geflügel. - Auch das feine Gebäck, so vielfachgestaltet aus Rohrmehl, - Das uns die Neue Welt hersendet in schimmernden Kegeln, - Reitzt nicht heut' ihm den Gaum, nicht das Obst, erzwungen im Treibhaus, - Oder weit schöner gereift von Gottes gewaltiger Sonne. - Weder des Rheinweins Gold, noch Malaga's dunkler Gewürzsaft, - Und des Tokayers Gluth weckt ihm aus silbernen Bechern - Heute mehr Lust. Erwünscht nun wäre mir selber der Speisen - Abhub, der uns Dienenden ward nach vollendetem Gastmahl; - Aber getrost: uns winkt aus Tunis der freundliche Wirth schon!« - Also sprach er im Scherz, und laut auflachten die Krieger. - Abgewandten Gesichts horcht' ihm der edelste Kaiser; - Doch nun wandt' er sich schnell, und lächelt' ihm, als er den Finger - Gegen ihn drohend erhob. Dem Scheidenden folgte der Krieger - Jubelgeschrei, noch weit zu seinem erhellten Gezelt hin. - - Sieh', jetzt kam ein christlicher Sclav' im nächtlichen Dunkel - Eilenden Lauf's zur Vorhuth; stand, und streckte zum Himmel, - Dankend, die Händ' empor; dann rief er: »Erkennet ihr Hugo? - Ich bin's! O, wer führt mich schnell zu dem waltenden Herrscher?« - »Hugo?« so rief Toledo im Schlaf, und riß sich vom Boden, - Lautaufstöhnend. Er lag, der äußersten Scharen Gebiether, - Dort entschlummert im Feld. Nun küßte die bebende Hand ihm, - Auf die Kniee gesunken, der Greis, und schluchzete sprachlos; - Aber Toledo hing mit schrecklicherblassendem Antlitz - Ueber dem weinenden Greis', und tief aus den Tiefen des Herzens - Seufzend, sah er ein strahlendes Bild hinschwinden im Nachtgrau'n: - Dann noch dunkler das Leben umher; er stürzte zum Meer fort. - Hugo, bebend vor Angst, vernahm von den Kriegern Mathildens - Trauergeschick und Toledo's herzzermalmenden Jammer, - Und im wechselnden Kampf erblutete jetzo die Brust ihm: - Denn bald sah er die Flucht des unglückseligen Gatten, - Bald vernahm er im Ohr Wehklag' und Geschrei nach Errettung - Tausender, die ihn gesandt aus den scheußlichen Höhlen des Todes; - Doch, was höher ihm schien, und galt im redlichen Herzen, - War ihm Gesetz. In Hast eintretend zum Herrscher, begann er: - »Herr, kein Fremdling vor dir, erscheine ich heut' ein Gesandter - Zwanzigtausend in Noth und Jammer verschmachtender Christen! - O, ich habe den Jammer geseh'n, und wäre gestorben, - Hätte nicht himmlische Huld mich bewahrt bei dem gräßlichen Anblick! - Allerbarmend ist Gott, er lenkte die Seele Medelins - Wieder zurück auf die Wege des Heil's, die er treulosen Sinnes - Abschwur, und erboßt, den Christensclaven ein Henker, - Wüthete. Sieh', er kam, und löste den armen die Fesseln -- - Löste sie mir, dem Draguts Rache den schrecklichsten Tod sann, - Daß ich dir künde zuvor: verschließen wird er der Hochburg - Eiserne Thore des Wüthrichs Macht, die entfesselten Sclaven - Waffnen, und harren des Wink's zum Verein mit dir, und den Deinen! - Als ich der Höhl' entfloh, da tönte herauf aus dem Abgrund - Freudengeschrei und Gerassel der sinkenden Ketten, daß alsbald - Mir erstarrte das Blut in den Adern vor Angst und Entzücken. - Wahrlich, mich leitete jetzt der Himmlischen einer in's Lager - Her, in der dunkeln Nacht, Medelins Worte zu künden: - Herr, der Rettung gedenk': denn furchtbar wäre das Säumen!« - Hastig enteilt' er jetzt, die Spur zu erforschen Toledo's. - Aber mit pochender Brust, mit thränenumflossenen Wimpern - Blickte der Kaiser ihm nach, und rief den tapferen Radburg, - Dann auch Römhild auf, die Führer der Bayern und Schwaben: - »Eil't, ihr beide, vereint, mit tausend erlesenen Kriegern - Jeglicher, nach der Felsenburg; im nächtlichen Dunkel - Führt euch Hugo, der Greis, und dort eröffnet Medelin - Euch die Thor', aus welchen noch heut', o Wonne, der Christen - Eiserngefesselte Schar auszieht in seliger Freiheit! - Haltet die Veste besetzt, bis wir im schallenden Sieg'sruf - Nah'n, und die armen all', entfloh'n dem Kerker, uns danken.« - Also geschah's: denn schnell entbothen die muthigen Führer - Ihr erlesenes Volk, die Burg zu erreichen im Nachtgrau'n. - - Draußen am Meeresgestad', am schwindligen Rande des Felsens, - Stand Toledo gebeugt, und sah mit erblassendem Antlitz - Starr in die schimmernde Fluth. Ihm schwand dort die Erd' und der - Himmel: - Denn jetzt horcht' er, verwirrt, dem fluthenden Geistergelispel -- - Stöhnete dann, und horchte wieder: die wechselnden Wellen - Sanken, stiegen, und schienen allein in dem frostigen Meergrund - Für sein brennend Weh' ihm labende Kühlung zu biethen. - Also fand ihn der Greis! er hob die Händ' und die Augen - Weinend zum Himmel empor, und bethete leise für sich hin: - »Der du, ein guter Hirt in der Wüste das irrende Schäflein - Suchtest, und so das Gefundene, liebendumfaßt, auf den Schultern - Heimtrugst: laß auch ihn nicht verloren seyn, du Erbarmer!« - Dann umfaßt' er ihn schnell; bedeckte mit brennenden Küssen - Ihm den Nacken, und rief mit leisem Gewimmer: »Mathilde!« - Lautaufstöhnt' er dem Wort', und wandte sich, starrend in Hugo's - Thränendes Aug'; doch jetzt ergriff er die Hand des Getreuen, - Preßte sie heftig, und floh nach dem Lager zurücke. Der Wogen - Dumpfes Rauschen erfüllte noch fern ihm die Seele mit Schauder. - - - - - Zwölfter Gesang. - - - Hairaddins Völker umfing noch bleierner Schlaf und Betäubung. - Wie aus dem dämmernden Saal, nach lautem Gelage der Fastnacht, - Schleicht ermüdetes Volk; das schimmernde Licht von den Leuchtern - Schwindet; Tanz und Getöne verstummt, und Getümmel verhallet; - Also verhallte der Lärm in dem weitumkreisenden Lager - Hairaddins; doch, vom Schlummer erquickt, und zum Kampfe gerüstet, - Harrten die Christen schon des donnernden Zeichens zum Angriff. - - Siehe, der Morgen erhob die Stirn' an dem östlichen Himmel, - Rosenumkränzt, und sah mit schüchternerröthenden Wangen - Nach der Erde herab, die, sich des nächtlichen Grauens - Arm entwindend, aus Wolkenhöh'n mit dem Jubel der Lerchen, - Und in den Fluren rings mit schimmernden Thränen ihn grüßte! - Jetzt, in des Morgens Hauch, zum Kampf entbiethend die Scharen, - Schwang der Kaiser das Schwert in die Luft. Des Winkes gewärtig, - Eilte der Wurfschütz vor, und senkte die Lunte mit Vorsicht - Hin an des Zündrohrs dunkelen Rand: aufflammte das Pulver. - Erst nur ein weniges vor -- dann eilender wieder zur Stelle - Rollte der eherne Schlund, und warf im Donnergetümmel - Durch die Lüfte den Ball nach dem feindlichen Lager hinüber. - Einst, wie zum Weltgericht die Posaun' erschallt in dem Luftraum, - Schnell die Gebein' aus Staub und Moder zum Leben sich regen, - Und in schaudernder Hast, dem Rufe folgend, die Todten - Alle ersteh'n: so scholl, in der heiligen Frühe, des Schlachtrufs - Donnergetümmel dem Feind'. Alsbald ergreifend die Waffen, - Stürzeten alle zugleich mit Lärm und Getös' in die Reihen. - Rings in die Umwelt flog auf den Fittigen säuselnder Lüftchen, - Donnergetön, und traf in dem fernentlegenen Waldthal - Abu-Sa-ids aufhorchendes Ohr. Er wähnte: begonnen - Wüthe die Schlacht -- besiegt von Hairaddin, fliehe der Fremdling - Schon, dem er den schirmenden Wall zu entreißen herankam. - Schnell entboth er sein Volk, und klomm an der ragenden Bergwand - Aufwärts, keuchend vor Hast, und triefend von Schweiß an den Gliedern: - Denn ihn drängte nach Beute die Gier, die Hairaddin gestern, - Träumend von Siegen, ihm both. Er hieß die folgenden Scharen - Leis' erklimmen den Berg, und winkte mit Augen und Händen; - Zischt', und pressete fest an die Lippen den dräuenden Finger, - Daß sie den wehrlosen Feind erwürgten im plötzlichen Anfall. - Aber nicht achtlos saß auf dem buschigen Saume der Felshöh'n - Salis, der Held. Im Kreise der ringsumspähenden Schützen, - Sah er hinschwinden die Nacht, und jetzt vernahm er vom Wald her - Nahender Laute Gezisch: denn unter den eilenden Füßen - Rauschte das Laub, und verrieth die Kommenden. Muthigen Herzens - Fuhr er vom Boden, und rief dem Volk: »Gebt Acht!« und die Schützen, - Beugend das rechte Knie', an die Wange pressend des Rohres - Zierlichen Schaft, mit gespanntem Hahn, scharf zielenden Augen - Harrten des »Feuer!« gebiethenden Ruf's. Da faßte der Feldherr - Selber den kunstgezogenen Lauf, den er auf dem Herweg - Kaufte für blinkendes Gold von dem tridentinischen Meister, - Stand, und zielete. Jetzt, in des dunkel'n Waldes Umlaubung, - Schauend Abu-Sa-id, der stolz vor den Seinen daherkam, - Ließ er erkrachen das tödliche Rohr. Die schmetternde Kugel - Röthete schnell ihm die Stirn', und sterbend sank er zu Boden. - Also birgt sich im Schooß des hundertjährigen Ahorns, - Lauernd, der Luchs, da im Lauf hereilt der muntere Rehbock; - Aber er fahet ihn nicht: denn drüben erkrachet des Hirsches - Sechzehnendiger Krone bereits der hemmende Hochwald, - Und er stürzt sich jetzt auf den harmlos Nahenden, Blutgier - Athmend, herab, und zernagt den Hals und den Rücken des armen, - Im verzweifelten Lauf, bis ganz ermattet er hinsinkt: - Salis erlauerte so vor allen den Führer des Volkes, - Abu-Sa-id, und warf ihn entseelt hinunter am Abhang. - Schreckenbetäubt, nicht ahnend woher die entsetzliche Kugel - Brausete, stand sein Volk, und starrt' umher in dem Dunkel; - Doch als endlos fort vom Gebüsch der Büchsen Geschmetter - Tobte; nach jeglichem Schuß Gejauchze des Schützen ertönte, - Der, scharfzielend, durchbohrte die Brust des einmal Erkornen; - Als die schreckliche Wucht entrollender Steine, des Berges - Saum entlang, wo in dunkeler Nacht sie häuften die Schützen, - Donnernd die Reihen begrub, und Reihen verwundet umherwarf: - Da scholl Jammergestöhn' verwundeten -- Lärm und Getümmel - Flüchtenden Volk's, das schnell hinunter den stäubenden Abhang - Stürmt' und von Schrecken gejagt, im Thal forteilte g'en Tunis. - Stille herrschete rings, und so, wie berstende Wolken - Brausen vom Hochgebirg in das Thal, die entwurzelte Waldung - Schwindet, und kahl aufstarrt das Gefild: so brausten die Mauren, - Flüchtend, im Waldthal fort, und rings verstummte die Gegend. - - Freudig erscholl fernher das Schmettern der Büchsen des Kaisers - Horchendem Ohr; doch freudiger noch ihr schnelles Verstummen: - Denn er ahnte den Sieg auf den Höh'n, und führte die Scharen - Eilender vor. Da flog, vom schnaubenden Rosse getragen, - Guasto, der Greis, ihm entgegen, und rief, ein Flehender, also: - »Herrlich dämmert dein Siegestag, erlauchter Gebiether; - Laß dieß grauende Haupt mit dem schönsten der Kränze geschmücket, - Kehren vom Kampf, so ich heut', beherrschend den muthigen Vortrab, - Dir bereite die Bahn zu dem Sieg voll ewigen Nachruhms!« - Als ihm des Herrschers lächelnder Blick die Bitte gewährte, - Spornte das Roß Del-Guasto, und flog, wie Wettergewölk fleugt, - Von dem Sturme gejagt, an die Spitze des muthigen Vor-Zugs, - Wo des Fußvolks Reih'n, fünftausend erlesener Wälschen, - Oestreichs tapferen Reitern gesellt, mit Jubel ihn grüßten. - Jene lenkte Toledo zum Kampf, und die Reisigen Lichtstein: - Beide Söhne des Ruhms, erzogen im Felde der Waffen. - Wie in dem Sternenzelt, verherrlicht vor allen, des Morgens - Glänzender Stern aufschwebt: so kam an dem Flügel zur Linken - Ludwig, der siegverherrlichte Held, neuntausend der Krieger, - Die aus Brabant, und mit ihm her aus Lusitanien zogen, - Vorzuführen im Feld. So folgten zur Rechten die Deutschen - Ebersteins Panier, der kühn, wie ein Eber des Waldes - Sich auf den Gegner warf im Gefecht; wie ein Fels in dem Meergrund - Stand im wilden Tumult umdräuender Todesgefahren, - Und in dem Busen (den Edelstein) das edelste Herz trug. - Hunyady eint' ihm die Macht roßtummelnder, kühner Magyaren - Hier, voll Muths vorstürmend im Feld; dort nahte mit Ludwig - Alba heran, der stets ein Schrecken der Feinde, der Heimath - Schwergeharnischte, reisige Schar, entflammte zu Thaten. - Doch, wie Sterne der Mond, den Mond, aufstrahlend, die Sonne - Schnell verdunkelt an Pracht: so ragte der edelste Kaiser - Vor in der Mitte des Heers. Ihm folgten aus jedem der Völker - Tausend Erwählte zum Kampf, daß jegliches, gleich in Gefahren, - Gleich in des Ruhms hochlohnendem Glanz, sich freue des Vorzugs. - Aber im Nachhalt stand Aurel mit den Tapfern von Malta, - Und, den Rittern gesellt, den furchtbarn, standen die Reiter, - Die Hispania's Cortes entsandt' im rühmlichen Wettstreit: - Doria's Heldenkraft vertraute der Kaiser die Scharen. - - Jetzo herauf und hinunter im Feld, die Reihen zu mustern, - Jagt' er das feurige Roß, und es streute vom blanken Gebisse - Schneeigen Schaum, und wieherte stolz in dem sausenden Ritt hin. - Doch nun hemmt' er, zur Mitte gekehrt, den schnaubenden Läufer, - Hob vom Haupte den Helm, und wandte sich gegen die Krieger. - Siehe, da fuhr an des Himmels Rand' im Osten die Sonne, - Rosigschimmernd, herauf, und weckte den lieblichsten Morgen, - Der sich je zur Erd' auf goldenen Fittigen senkte! - Ringsum jauchzt' ihr entgegen die Welt: denn wonnige Kühlung - Hauchte das Meer und der See von Tunis herüber, des Kriegers - Busen erfüllend mit dauernder Kraft, und am blaueren Himmel, - Dem erhabnen Altar des Herrn des kreisenden Weltalls, - Schwamm ein zartes Gewölk umher, gleich duftendem Weihrauch, - Der zum Dank aufwallt in der heiligen Stunde der Andacht. - Als er entblößte das Haupt, da hellte die strahlende Sonne - Ihm die erhabene Stirn'; er bethete laut vor den Scharen: - »Herr, nun stärke dein Volk! Nicht trieb uns im dunkelen Schiffsraum - Gier nach Beute heran; nur deinen Bekennern die Freiheit -- - Frieden dem raubgefährdeten Meer zu erkämpfen im Schlachtfeld, - Ziehen wir freudig das Schwert. Von dir kommt Sieg und Errettung.« - Dann aufschwang er den Stahl mit der Rechten; er barg mit der Linken - Schnell das Haupt in den Helm, und rief, erschütternd, den Kriegern: - »Golgotha's Hügel herab entströmte des sterbenden Mittlers - Kreuze die knechtschafttilgende Huld: sie bracht' uns Erlösung. - Christen, des Kreuzes gedenkt, und errettet die schmachtenden Brüder!« - All' aufjauchzten dem Wort mit thränendem Blick, und im Sturmflug - Ihres empöreten Muths erscholl ihr brausender Zuruf: - »Fort, in die blutige Schlacht! Nicht allein auf dem Felde vor Tunis - Streite dein Volk; auch fern an Jerusalems heiligen Mauern - Stirbt es den Heldentod für dich, zu erringen der Kronen - Erste dem edelsten Haupt. Jetzt hin, wo im Donnergetümmel - Blitzt das würgende Schwert; wir schmettern die Feinde zu Boden!« - Also erscholl's in dem Heer. Da flammte plötzlich der Luftraum - Auf; die Wolken floh'n; laut rauschten des Meeres Gewässer, - Und es erbebte die Erd', als sollte zerstieben das Weltall: - Denn aus den glänzenden Höh'n der endlosen Räume des Himmels - Kam Eloa herab: von den streitenden Heeren der Geister - Wilden-Muth-empörende Schar zu entfernen. Sie bebten, - Als er das flammende Schwert aufschwang, und mit dräuendem Blick rief: - »Hör't, daß Keiner aus euch den Völkern: nicht diesem, nicht jenem, - Nahe mit thatenerweckendem Hauch: denn selber bewähren - Soll sich der Muth, der hier den Sclaven erringet die Freiheit!« - Nun, da er fern' im bläulichen Aethergefilde dahinschwand, - Sah'n sie trauernd ihm nach. Ihr Herz erfüllte die Sehnsucht - Nach dem seligen Land: des Friedens ewiger Heimath. - Dann, gesondert im Kreis', auf schimmernden Wolken sich lagernd, - Ruheten all' umher, und blickten herunter auf's Schlachtfeld. - Muhamed floh mit den Seinen davon: ihn schreckte des Seraphs - Dräuender Blick, und Gram entflohener Hoffnung ergriff ihn. - - Sieh', auch Hairaddin trieb des brausenden Heeres Geschwader - Zahllos gegen die Christen heran: so brauset des Meeres - Sturmgeschaukelte Fluth in tausender Wogen Empörung! - Erst die reisige Schar der Araber, feurige Rosse - Bändigend, und ermüdend im Kampf durch wechselnden Anfall, - Flog den Numidiern vor, die rasch von der Sehne des Bogens - Schnellen den schwirrenden Pfeil, und fern durchbohren den Gegner. - D'rauf, wie die Schwärme der Kräh'n anstürmen im Herbst, und erfüllen - Weit mit lautem Gekrächze die Luft: so folgte der Mauren - Lanzengewaltiges Volk den Numidiern, und in dem Rücken - Dieser Unzähligen kam, von schnaubenden Rossen gezogen, - Rasselnd, im sanddurchpflügenden Zug, des schweren Geschützes - Dräuende Macht. Nach jeglichem Donnerrohr', in der Rechten - Schwingend die dampfende Lunte zur Luft, und den Helfern gebiethend, - Schritt der Wurfschütz her, und siebenzig waren der Schützen: - Dragut führte dieß Volk, dem Vorderzuge gebiethend. - Aber die Janitschar'n, gewaltiger Thaten sich freuend: - Jetzo des Feindes Reih'n mit des Säbels sausendem Mordschlag - Niederzuwerfen, und jetzt, aus schmetternden Feuergewehren, - Mitten in Feindesbrust zu entsenden die tödliche Kugel, - Eilten im Nachzug vor. Da waren die Brauen der Krieger - Tiefer gesenkt, das Auge geröthet vor Wuth, und die Lippen, - Gleich dem gespannten Bogen gekrümmt, voll schrecklichen Ingrimms. - Hairaddin spornte das Roß herauf und hinunter: von Unmuth - Gohr ihm die Brust, daß er jüngst von Sinam bethöret, nicht würgte - Dort die Sclaven gesammt, aufschleudernd die Burg in den Luftraum. - Grimmig hing sein Blick an der Burg, und er wandte das Schlachtroß - Nach den felsigen Höh'n, den armen verderbend zu nahen; - Doch schon brausten die Christen heran, und heischten drometend, - Trommeln wirbelnd, Kampf, und Gemenge der mordenden Waffen. - - Jetzt, wie im thauenden Lenz von zween aufstarrenden Bergen - Plötzlich der Schnee sich lös't, und gegen einander gewirbelt, - Link's, und rechts herdonnern in's Thal die grausen Lawinen: - Weit erbebet die Luft; zerschmetterte Wälder erkrachen, - Und die Hütten umher mit den Lebenden deckt die Zertrümm'rung; - Aber zugleich wie zween aufbrausende Ströme der Lava, - Der aus Süden gejagt, und jener aus Norden, sich plötzlich, - Tief in des Abgrunds Nacht begegnen im feindlichen Ansturz: - Siehe, da zittert die Welt; im Beben der Erde versinken - Mächtige Städt', und der berstende Berg speit Flammen zum Himmel: - Also trafen dahier die feindlichen Heere zusammen: - Da war Mordesgetös' und Geschrei, war Sausen der Lanzen, - Zischen der Pfeil', und Klirren der Säbel umher in dem Blachfeld. - Dragut stürmte zuerst mit einem erlesenen Haufen - Kühner Araber vor, und hieb in den Reihen der Vorhuth - Ein, wo Wälschlands blühendes Volk entgegen ihm kämpfte. - Blut durchströmte den Sand: denn hundert blühende Krieger - Lagen erwürgt, eh' noch mit verhängtem Zügel die Reiter - Oestreichs nahten, und schnell für jeden erschlag'nen Gefährten - Zween erlegten dem Feind' im Gemenge der blitzenden Säbel. - Aber so tapfer die reisige Schar, vereint mit dem Fußvolk, - Drängte des Drängers Macht, so vieler Getödteten Blut floß, - Dennoch siegten sie nicht: denn zahllos stürmten die Mauren, - Mit den empörten Numidiern vor, und stärkten des Vor-Zugs - Wankende Reih'n. So stemmen umsonst des berstenden Eises - Tausendfältiger Macht die Pfähl' in dem Strom sich entgegen: - Krachend thürmen die Schollen sich auf, und über den Damm hin - Braust ihr verheerender Zug: wie hier den wimmelnden Scharen - Guasto's tapfere Krieger umsonst entgegen sich stemmten. - Doch schon nahte der Greis. Er führte die Scharen vom Nachzug - Eilig im Sturmlauf vor, und die ehernen Kriegesdrometen - Schmetterten heller, und lauter erscholl im Sturme der Trommeln - Wirbelnder Ruf; empöreter stets aufjauchzten die Krieger, - Stöhnten die Rosse hinan zum entsetzlichen Kampf der Entscheidung. - - Wer durchsprengt im sausenden Flug die Reihen, vor allen - Heischend den Todeskampf? Wer wagt es, entgegen zu stehen - Dragut, dem Schrecklichen? Wer, als Toledo, der edelste Feldherr? - Fröhlich umgab er sich heut' am dämmernden Morgen die Rüstung, - Die ihm der Kaiser gab zum Geschenk, und trat aus dem Zeltthor - Heiteren Blickes zu Kurd, dem treubefundenen Freund hin. - Schüttelnd ihm traulich die Hand, begann er mit sanfterer Stimme: - »Kurd, in der Blüthe der Jahr', im Rosenschimmer des Morgens, - Goß ein Gewittersturm urplötzlich ein nächtliches Dunkel - Um mich her; zerknickte voll Wuth die Blüthen mir alle: - Hinschwand jegliches Licht, und ich taumelte fort an des Abgrunds - Schwindligem Rand; doch jetzt erseh' ich des schöneren Morgens - Hellaufdämmernden Strahl, und die hehren Gefilde des Friedens, - Wo des Dulders lohnendes Ziel, Mathilde, mir winket, - Ewig beglückt! Leb' wohl, und fall' ich, so denke mit Sorgfalt - Hugo's, des treuen, und werd' ein Tröster dem trauernden Vater!« - Ach, der arme, nicht ahnt' er's nun, daß der trauernde Vater, - Ob des Sohnes Geschick, erst jüngst verhauchte das Leben, - Und ihn deckte das Grab mit tiefumnachtenden Schauern! - Also sprach er dem Freund, in den Sattel sich schwingend, und horchte - Gierig des schlachtgebiethenden Ruf's. Die Kriegesdrometen - Schmetterten kaum, so flog er hinaus, und stürmte die Reihen - Seiner Erlesenen durch. Er hatte Dragut ersehen. - Aber auch Dragut sah ihn schon fern', und dachte, Verderben - Ahnend, der Flucht; doch, ach, wie ertrüg' er Hairaddins Ingrimm, - Wie den höhnenden Blick des feindlichgesinneten Sinam! - Zweifelnd wankt' ihm die Hand an dem leitenden Zaum; vor den Augen - Dunkelte rings ihm die Welt, und aus seinen erblassenden Lippen - Stöhnte die Wuth; doch sieh', nun rafft' er in seinem Vermögen - Nur ergrimmter sich auf, und warf mit umschwingender Rechten, - Zielend, den blinkenden Dolch dem furchtbar'n Rächer Mathildens - Weit entgegen! Er traf, im sausenden Fluge, Toledo - Meidend, den tapferen Kurd, der rasch dem Freunde gefolgt war: - Lautlos sank er vom Sattel herab, in die Stirne getroffen, - Und verhauchte den Geist. Toledo, vor allen den Einen - Nur im Aug': denn rach'entflammt, gewahrte des Freundes - Schrecklichen Unfall nicht. Er spornte den schäumenden Läufer - Dicht an das Schlachtroß Draguts hin, daß die wallenden Mähnen - Beider sich streiften im Gegensprung, und, jetzt ihn ereilend, - Brach durch Stirnbund, Haut und Bein sein schmetternder Degen - Sich die blutige Bahn: er neigte die Stirn', wie ein Mohnhaupt, - Das in der Reife, vom Sturm zerknickt, sich neigt, und des Samens - Schwärzlichen Strom zur Erd' ergeußt; dann folgend dem Blutstrom, - Sank er vom Sattel hinab, und röchelte sterbend im Sand dort. - Doch nun wandte das schnaubende Roß der Rächer Mathildens - Von dem Todten, und rief zu vereintem Gewürge den Freund auf. - Wehe, er lag entseelt auf dem Sand'! Er blickte verstummend - Auf ihn nieder: nur zwei, im Sturz, hellschimmernde Thränen - Weihet' er, hingebeugt, dem Theuern; drückte die Spornen - Dann in des Rosses Bauch, und schwang, vor entsetzlicher Rachgier - Stöhnend, das Schwert: um ihn her, zur Sühne, die Leichen zu häufen. - Wie der schreckliche Wolf, vom wüthenden Hunger getrieben, - Weder der nahenden Hunde Gebell, noch drüben der Hirten - Lautes Geschrei, die gern von der Heerde der Lämmer ihn scheuchten, - Achtet: denn er würgt voll Hast die in Haufen Gedrängten - Links und rechts, und nach jeglichem Mord noch wächst ihm die Blutgier: - Also rächt' er den Freund in des Feindes Blut. Abdorrahman - Sank ihm zuerst, der laut mit Geschrei vordrängte die Mauren; - Dann Ben-Esrid, der Scheik arabischer Horden (im Schlachtgrau'n - War er den Reisigen stets ein Leitstern) ihn aus dem Sattel - Riß er behend', und hieb, mit kräftigem Schwunge des Degens, - Ihm die Scheitel entzwei, daß lautaufstöhnend er hinsank. - Wie auf der Heid', im Herbst, das Feuer die bärtigen Disteln - Tilgt, vom Sturme gejagt; so tilgte sein Eisen die Gegner. - - Nahend dem Vorderzug gewahrte der Kaiser Toledo's - Waffenthaten, und schrie mit jubelndem Laut im Getös' hin: - »Tapferer, so besiegst du Tausende! Muthig, nur vorwärts! - Ha, der sank, und dort auch jener, und nimmerermüdend - Würgt dein schrecklicher Stahl? Nie welkenden Lorber erringt dir - Heute dein Muth: er reißt im Sturm die Helden zum Sieg fort!« - Aber wie Glockengeläut' im Sturm bald näher und näher, - Heller und lauter erschallt, bald wieder vom wechselnden Windschwall - Ferne verweht, in der sausenden Luft verhallet den Ohren: - So verschlang das Getös' des Kaisers lohnenden Zuruf. - Jetzo nach Rogendorf, dem tapferen Meister des Feldzeugs, - Sah er zurück, und erhob, zum verständlichen Wink ihm, den Degen. - Jener entschwand auf dem feurigen Roß, und, als er vom Nachhalt, - Gegen den Vorderzug die Donnerrohre zu führen - Nahete, rief er noch laut den Feuerwerkern, im Vorgeh'n: - »Schaffet mir Ruhm! Euch winkt im Feuer mein blitzender Degen - Heute zum letzten Mal. Mit trauerndem Herzen des Freundes, - Salm, gedenkend, will ich hinfort in der einsamen Kammer - Weilen daheim, und harren des Tag's ersehnter Vollendung.« - Also entflammt' er das Volk, und, schnell zur Stelle gefahren, - Schleuderten jetzt die Donnerrohr' in den Reihen des Feindes - Tod und Verderben umher: obsiegend dem donnernden Feldzeug - Hairaddins. Denn wie ein Sturm, der, plötzlich die Lüfte verfinsternd, - Saust, entschüttelt das Eis, und die wogenden Saaten zerschmettert, - Warf des Kaisers Geschütz im dichten Gedränge der Gegner - Hunderte nieder, da hier in den Reih'n der tapferen Christen, - Jenes nur wenige traf, durch Schuld unkundiger Schützen. - Hairaddin bebte vor Wuth, und fluchte laut vor den Scharen - Auf das schwere Geschütz, das dort im Donnergetümmel - Weder verstummen hieß das feindliche, noch in dem Blutfeld, - Jenem gleich, vertilgte das Volk: ihm schrecklich zu schauen! - - Doch nun spornte Del-Guasto das Roß in die Nähe des Kaisers, - Neigte vor ihm das Haupt, und rief mit leuchtenden Augen: - »Jetzt, wo hochentflammt die Seele des Kriegers nach Thaten - Lechzet, das Aug' ihm glüht, in das Auge zu schauen des Gegners, - Und die Faust ihm zuckt, und die strebenden Füße nicht rasten: - Jetzo gebieth' im Sturmanlauf des Kampfes Entscheidung! - Doch du weiche zurück: o säume nicht, weiche zum Nachhalt, - Daß du, gefahrenumdroht, nicht Angst erweckest den Deinen!« - Kaum daß der warnende Ruf den Lippen des Greises entflohn war, - Warf zerschmetternd ein Eisenball den tapferen Ottmar, - Oberleitmann im Heer', an der Seite des Kaisers zu Boden: - Blutend lag er im Staub. Entsprossen der freundlichen Hauptstadt, - Die in dem weitumkreisenden Thal mit silbernen Wellen - Rasch durchfluthet die Muhr,[82] ein Sohn ruhmwürdiger Aeltern, - Wählt' er des Kriegers Bahn, als dort der stattliche Kaiser, - Nahend in siegender Heere Verein Vindobona, der hohen, - Mächtigen Kaiserstadt, Suleyman, den schrecklichen Großherrn, - Fliehen hieß mit unzähliger Macht.[83] Stets folget' er seither - Seinem Panier; doch jetzt hinsank er im Kampfe vor Tunis. - Laut aufschrie'n die Krieger vor Angst; es erblaßte Del-Guasto, - Ob des Herrschers besorgt; da rief er mit lächelndem Antlitz: - »Fernet die Angst: kein Kaiser erlag dem Donnergeschütz noch!«[84] - Und er geboth alsbald des Angriffs Weisen den Feldherrn. - Wie, durch Flammen geweckt, die Dämpfe des siedenden Wassers - Aus dem eisernen Bauch des ringsumschlossenen Kessels - Drängen im unaufhaltsamen Flug; doch weiß sie der Meister - Sinnig zu hemmen, und heißt sie Gewaltiges wirken, und schaffen - So, daß Unkundige Furcht und Schauder ergreifet bei'm Anblick - Jener verborgenen Macht: so wundersam lenkte zum Angriff - Hier die unendlichen Reih'n ein Wink des waltenden Herrschers, - Und von neuem begann des schrecklichen Kampfes Getümmel. - Ludwig warf vor allen zuerst vom schimmernden See her - Sich auf die feindlichen Reih'n. Das Feuerrohr an die Wangen - Pressend, feuerten, bald im Verein, bald einzeln, die Krieger - Jauchzend, es los: dumpf, schmetternd, scharf, erkrachten die Büchsen, - Und in des Mittags Glanz umhüllte des flammenden Pulvers - Dichtaufwallender Rauch die Völker mit nächtlichem Dunkel. - D'rauf hinstürmt' im Flug, von dem tapfersten Helden geführet, - Alba's reisige Schar. Sie schmetterte da Janitscharen, - Dort Numider, und hier arabische Reiter zu Boden, - Pferd' und Mannen zugleich: weit deckten die Todten den Staub dort. - Rechts vom Olivengehölz drang Eberstein mit den Deutschen, - Ehernen Muth's in der Brust, unzähligen Mauren entgegen, - Die, von Muhamed Temtes empört, gleich wüthenden Thieren, - An die gesenkten Speer' und die flammenden Rohre sich stürzten. - Aber da rief Held Eberstein den Tapferen laut zu: - »Jetzt noch fester geschlossen die Reih'n! Des edleren Muthes - Flammendrang in der Brust, nicht blind umtobender Ingrimm, - Heißt den Krieger zum winkenden Ziel vorstürmen im Schlachtfeld!« - Also ermahnt, besiegte die Macht des empöreten Feindes - Deutschlands tapferes Volk: es stemmte sich, gleich der Gebirgswand, - Die vom blühenden Thal des Sturm's verderbenden Ingrimm - Abwehrt, ihm entgegen, und drängt' unbändigen Muth's ihn, - Wieder zurück. Auch warf die tapferen Reisigen Ungerns - Hunyady jetzt, in gedehneten Zügen ihm rasch in die Seiten. - Hochaufqualmte der Staub, und den stampfenden Hufen erbebte, - Drönend, der Grund, als vor- zu dem mähnigen Halse sich beugend, - Und zu des Kalpacks Zier erhebend den blitzenden Säbel, - Flogen die Reiter im Feld. Den Kommenden streckten die Mauren - Speere, so dicht, wie im Forst aufragen die Fichten, entgegen; - Doch der muthige Reiter zerhieb, im gewaltigen Aufschwung - Führend den schneidenden Stahl von der Linken zur Rechten, von unten - Aufwärts, jeglichen Speerschaft so, daß umher in den Lüften - Sausten die Trümmer im Flug', und die Geister da oben erbebten: - Denn entsetzlich erscholl des würgenden Kampfes Getümmel. - Aber im Vortrab, wo Toledo geboth, und der Ritter - Glänzende Schar, entflammt zum blutigen Kampf der Entscheidung, - Eilete, scholl entsetzlicher noch Getümmel und Schlachtruf. - Wie der schreckliche Brand, der fern an den äußersten Straßen - Einer ummauerten Stadt sich erhob, bald weiter und weiter - Wüthet im brausenden Sturm, bis rings die unzähligen Häuser, - Dom', und Thürme zugleich, auflodern, und Jammer erschallet: - Also entbrannte die Riesenschlacht, und schrecklich ertönte - Sterbenden Volk's Wehklag', vermengt dem Jauchzen des Siegers, - Und der Verwundeten Schrei dem Wiehern der tobenden Rosse. - Blut durchströmte das Feld, und wandte den schäumenden Lauf oft, - Von den Haufen der Todten gehemmt, an Menschen und Thieren. - - Hairaddin sah der Seinen so viel' im Kampfe getödtet, - Und erblaßte vor Wuth. Doch, als auch Dungur Toledo's - Blitzendem Schwert erlag, der Algiers Thron ihm zu schaffen, - Selber mit frevelnder Hand Euthemi, den König, erwürgte, - Da verflucht' er sich selbst, und rief, daß die Völker erbebten: - »Wer verschlinget, voll schrecklicher Gier, die Theuren mir alle? - Ha, nicht schaut er hinfort die leuchtende Sonn' an dem Himmel!« - Sieh', und er spornte sogleich, den Speer erhebend, das Streitroß - Vor, und drang auf Toledo mit todausblitzendem Aug' ein! - Diesem erpochte vor Wonne die Brust: den mächtigsten Gegner - Dort zu besteh'n, ihn siegend zu bändigen, oder des Lebens - Dornenbesäete Bahn zu vollenden im rühmlichen Wettlauf. - Flugs hinspornte das Roß auch er, und hieb, in den Bügeln - Sich erhebend, auf Hairaddin ein; doch dieser entwich ihm, - Und sein Schwert durchschnitt nur die Riemen des leitenden Zügels, - Auch das muthige Roß am wölbenden Halse verwundend, - Daß es, gebäumt, aufschnob, und ächzte, von Schmerzen gefoltert. - Jetzt war's um ihn gescheh'n; doch Hairaddin lenket' im Eilflug - Sein gelehriges Thier, mit eisernem Drucke der Schenkel - Wieder herum, und stieß den tödlichen Speer ihm so mächtig - Durch die tapfere Brust, daß er flugs dem Sattel entstürzend, - Auch den Schaft aus Hairaddins festumklammernder Faust riß. - Wie der ragende Mast, der erst die wehenden Wimpel - Noch in die bläuliche Luft erhob, vom Donner getroffen, - Sausend dem Bord' entstürzt: auffleugt im Falle des Leines - Schimmergewebe: so fiel er, den Speer im pochenden Herzen - Tragend, vom Roß. Sein Auge verglomm, wie drüben des Abends - Schimmer, und sein verblutendes Herz bewegte den Speer noch - Leis'; dann stand's, entrückt des Lebens Geschossen für immer: - Denn die Krone des Siegers im Schooß der himmlischen Freundinn - Schauend, entschwebte der Geist den trüben Gefilden des Erdballs. - Hairaddin kehrte zurück: mit noch empörterer Blutgier - Führt' er die Janitschar'n und die Reihen der Schrecklichen vorwärts, - Und von neuem begann des wüthenden Kampfes Getümmel. - - Dort, wo vor Toledo zuvor, das maurische Kriegsvolk - Wich, da brausete jetzt mit Orkanengewalt und des Blitzes - Flug', erhebend sein Allah-Geschrei, der schreckliche Türk her. - Rechts war Eberstein, und links Lusitania's Ludwig - Vorgedrungen, und so das mittlere Treffen gesondert, - Feind'umschart, und verloren im Feld. Es erblaßte Del-Guasto; - Aber nicht wich ihm der Muth. Er rief den tapferen Führern: - »Trennet die Reihen des Volk's, und heißt sie nach Osten und Westen, - Heißt sie nach Süden und Norden, die Stirn' im dräuenden Viereck - Wenden sogleich, und bestehen den Kampf, wie es Helden geziemet!« - Also der Greis: da tönte der Ruf, da erblitzte der Degen - Tapferer Führer; es stand das Volk geschlossen im Viereck, - Und in dem mittleren Raum, mit den Herolden, schaltend, Del-Guasto. - Mochte der Feind nun da, nun dort anprallen: dem Felsen - Gleich, den draußen im Sturm umbrausen die wüthenden Wogen, - Standen die Tapfer'n im Feld; sie hielten die stürmenden Scharen - Kämpfend zurück, und häuften umher unzählige Leichen. - Solches gewahrend, entboth der edelste Kaiser die Völker, - Die zum entscheidenden Schlag er heut' erkor in dem Heer', so: - »Jetzo hinaus an den Feind! Dem winket der schönste der Lorbern, - Der hier seiner Gewalt entreißt die tapfer'n Gefährten. - Vorwärts! Hier in dem Feld und dort in der felsigen Hochburg - Winket des Sieges Preis erhabener Christenerrettung.« - Sieh', und er führte sogleich die erlesenen Scharen vom Nachhalt - Gegen des Feindes Macht! Die jauchzenden Krieger bewegten, - Eilend dahin im Waffenfeld, die hurtigen Schenkel, - Wie das muthige Roß, dem Ziele genaht, in dem Wettlauf, - Immer schnelleren Flugs durchbraust die stäubende Rennbahn. - Hairaddin sah die Kommenden. Ihm erbebte der Busen - Jetzo vor Angst: denn ach, sein mächtiger Gegner, der Kaiser, - Flog an der Spitze der Kühnen daher! Er wandte das Reitroß - Schnell, und entfloh. Da erhellte des Sieg's aufstrahlende Hoffnung - Sein umwölktes Gemüth: er fluchte der niedrigen Feigheit, - Die so fremd ihm war, wie draußen dem schrecklichen Löwen, - Der die Wüste durchbrüllt, den Gegner zu wecken; dann faßt' er - Gierig den ragenden Speer, und schwang sich zurecht in dem Sattel. - Doch schon war ihm dahier der siegverherrlichte Kaiser, - Brausend genaht, und warf ihm die Lanze mit kräftiger Rechten, - Weitausholend zuvor, so rasch entgegen, und traf ihn - Jetzt in die Rechte so fest, daß ihr entschlüpfte der Speerschaft, - Und der Verwundete floh, von Wuth und Schmerzen gefoltert, - Schnaubend zurück: ihm schlug der Feind' umhallender Sieg'sruf - Jetzo der Wunden noch mehr; dann hieß er die Schrecklichen vorgeh'n, - Kämpfen, und metzeln, von Rach' erfüllt, und schrecklicher Mordgier. - - Ha, zu dem letzten Gewürg' ereilten sich jetzo die Gegner! - Nicht der sturmentwurzelte Wald, nicht der schreckliche Donner, - Der in des Mittags Gluth den schwarzumnachteten Himmel - Durchras't, krachet so laut, als hier erkrachten die Waffen, - Und wie im engeren Thal des Strom's ergossenen Fluthen - Stürzt das Föhrengehölz, daß, übereinandergeworfen, - Liegen die Stämm' auf dem Grund', und mengen die Aest' und die Wipfel: - Also lagen im Feld die Erschlagenen, welche vor allen - Sich in dem Vorderzug hinwürgten in Hast und Erbitt'rung. - Aber nicht lang': da floh'n die völliggeworfenen Scharen - Hairaddins fort mit Geschrei und in wilder Verwirrung nach Tunis, - Und er folgte den Flüchtigen stumm, und verachtenden Blick's, nach. - Sinam, des Nachzugs Hort, erwägend des fliehenden Heeres - Noth, und scheuend des Herrschers Grimm, da er gestern die Sclaven - Rettete, hielt nun da, nun dort die ausreißende Schar auf; - Aber vergeblich. Wie dort die flüchtigen Gemsen der Weidmann - Ein in das felsenumstarrete Thal, wo gierig die Schützen - Harren, im Lärm und Getös' nachstürmenden Volkes zu treiben - Nimmer vermag: denn fern erwitterten jene die Schützen - Schon, und brechen dahier und dort durch lärmende Treiber: - Also entfloh sein Volk. Doch er, wohlkundig des Krieges, - Rastete nicht, und deckte mit tausend erlesenen Türken: - Jetzo entfliehend mit List, und jetzt mit unbändiger Kühnheit - Wagend erneueten Kampf, den Rücken des flüchtigen Heeres, - Bis urschnell, wie ein Hagelgewölk, hervor aus dem Nachhalt - Doria kam, und den Feind sein reisiges Volk mit dem Faustrohr, - Das an dem Sattel ihm, links und rechts in der Halfter geborgen, - Ruhte, vertrieb: den Zaum mit den Zähnen fassend im Anlauf, - Und aus jeglicher Hand abfeuernd das knallende Faustrohr. - Jen' entfloh'n wie Spreu im Hauch des stürmenden Windes. - - Jetzt, am errungenen Ziel, der nächtlichen Weihe gedenkend, - Welch' ihm Solches verhieß, erhob der stattliche Kaiser - Seine, von Thränen des Danks umhülleten Blicke zum Himmel. - Zahllos schwebten die Geister herab: sie umjauchzten des Siegers - Ruhmgekrönetes Haupt und des Heer's unendliche Reihen. - Aber, so laut und so mächtig sie schrie'n: des horchenden Kriegers - Ohren vorüber erscholl nur ein leises Geflister; er blickte - Staunend umher. Da hob zu dem übersinnlichen Luftraum - Attila finster sich auf. Sein Aug', erhellet von Muth sonst - War erloschen -- erschüttert sein Herz. Er zürnte dem Seher - Muhamed, der ihn mit ruhm- und siegverheissenden Worten - Wieder herab aus den Höhen gelockt. Nun sah er von dorther - Mit umdüstertem Blick entgegen der dunkelen Zukunft. - Aber die andern entfloh'n, und zogen umher in den Lüften, - Wie das Herz sie drängt' auf dem Pfade der Läuterung, jenseits. - - Hugo nahte voll Angst. Nicht erspähte sein Auge Toledo's - Schimmernden Helm in dem Vorderzug, nicht das blitzende Schwert mehr, - Dem die Feinde gebebt; doch jetzt gewahrt' es ihn blutend -- - Todt in dem Staub, und neben ihm Kurd, den treuesten Freund auch. - Gleich zween säugenden Leu'n, die ein grimmiger Panther erwürgte, - Als entfernt nach Beut' umirrte die sorgliche Mutter, - Lagen sie dort; und, wie die Kehrende heulet, und wehklagt - Um die Lieben, daß rings, mittrauernd, die Wälder erschallen: - So wehklagte der Greis, und rief zu Toledo gebeugt hin: - »Mußtest du sterben dahier im fern entlegenen Welttheil, - Ferne der Heimath: den Lieben fern, du Herzensgeliebter! - Hugo kehret allein! Nicht schaust du vom kehrenden Schiff mehr - Dort den hohen Palast, wo in unbehülflicher Kindheit - Er dein erstes Lallen vernahm, auf den Armen dich wiegend; - Nicht umfängt, aufweinend vor Wonne, der fürstliche Vater - Dich Gelandeten dort, nicht die zärtliche Gattinn -- was sagt' ich? - Sie ist nicht mehr! Schon floh der Engel zur besseren Heimath - Wieder zurück: du folgtest ihm schnell in liebender Sehnsucht. - Ruhet denn beide vereint, im nämlichen Grab, und es ruhe - Neben euch dort im Frieden die Hülle des theuersten Freundes! - Dann erhoben, auf seinen Wink, die tapferen Krieger, - Die er so oft zum Kampf' und zum Siege geführet, den Helden - Dort mit dem treuesten Freund' auf die Schultern, und folgten ihm, - schweigend - All', und mit Thränen im Blick, zum moosumwucherten Fels hin. - Als er den finsteren Schlund der Höhl', entfernend den Steinwust, - Selber enthüllt'; als jetzt an der Seite Mathildens Toledo - Lag, zu dem Engel gewandt, der ruhend am Herzen der Mutter - Lächelte, sah er sie lange noch an, und sagte mit Andacht: - »Schlummert im Frieden dahier der Auferstehung entgegen, - Bis der Posaunenruf euch dann zu dauernder Wonne - Wiedererweckt. So sey's! Sie wandelten weinend, und sä'ten - Saat der Verwesung; allein, bald kehren sie jauchzend, und tragen - Freudig die Garben heim in die Scheuern des ewigen Lebens.«[85] - Sieh', und als er auch Kurd, den redlichen Freund, an des Freundes - Seite gelegt, und das Schwert ihm dort in die Rechte gegeben, - Das er zur Rettung des Freundes gezückt: da stieg er beklommen, - Und mit thränendem Blick noch oft zu den Todten sich wendend, - Wieder zur Tageshelle herauf. Er winkte den Kriegern, - Und sie wälzten sogleich den lastenden Stein an der Höhl' auf: - Vor unheiligem Blick die Hülle der Edeln zu wahren. - Aber er ging, und harrt' am Strand der ersehneten Heimfahrt. - - Hairaddins Völker floh'n, durchbrausend die Straßen von Tunis, - Und er folgte den Feigen voll Grimms; doch jetzo die Hochburg - Schauend im Abendglanz, erwog er noch zweifelnden Sinnes: - Ob er erklimme die Höh'n, und dort, die entfesselten Sclaven - Waffnend, stehe zur Wehr', und fall' im rühmlichen Tod nur? - Hastig spornt' er das Roß bergan, zu erklimmen die Höhen; - Doch nun hielt er erstaunt. Ihm brausete Fluch und Verwünschung - Schrecklich an's Ohr; hellschwirrende Pfeil' und schmetternde Kugeln - Wühlten um ihn, entsinkend der Luft, im Staub, und die Mörser - Spie'n mit Donnergetös' ihm zermalmende Kugeln entgegen. - Und, o schreckliche Schau: es wehte die Fahne des Kaisers - Hell von den Zinnen der Burg, die dort aufpflanzten die Deutschen! - Jetzt ergriff er die Flucht. Entfaltend die nächtlichen Flügel, - Rauscht' ihm Verzweiflung, Angst, und Todes-Grau'n in dem Rücken; - Doch gewahrend im flüchtenden Heer' auch Sinam, des Nach-Zugs - Tapferen Hort, ergrimmt' er sogleich, und schmähte den Greis so: - »Ha, wer siegte mir ob mit tönender Zunge voll Arglist, - Daß ich die Sclaven gesammt nicht erwürgen ließ in der Burg dort? - Sey verflucht dein Rath -- verflucht du selber auf immer!« - So vom Zorn entflammt, entriß er dem Krieger den Bogen, - Zog die Sehn' an die Brust, und schoß nach den Zinnen der Hochburg, - In ohnmächtiger Wuth, den breitbefiederten Pfeil hin; - Dann entfloh er nach Bona hinaus, wo seiner die Schiffsmacht - Harrt', und Sinam folgt' entfernt mit dem schweigenden Heer nach. - - Als nun rings im Gefild' des Krieges Getümmel verhallt war, - Herrschte, die Straßen entlang, in der meilenumkreisenden Hauptstadt, - Grabesstille. Verstummt, und zitternd bei jeglichem Laut schon - Saßen die Menschen daheim, und harrten des nahenden Feindes. - Aber mit wankendem Schritt und thränenumflossenen Wimpern - Traten, je zwei und zwei, die Greis' aus dem Thore von Tunis: - Aelteste nennt sie das Volk, die am Markt und im wölbenden Stadtthor - Sitzend, sprechen des Rechts Urtheil als kundige Richter. - Fünfzig kamen der Greis'. Ihr Haupt von silbernen Haaren - Spärlich umhüllt, erweckete Mitleid; Achtung geboth ihr - Schneeiger Bart, der tief zu dem goldenen Gürtel herabfloß. - Jeglicher trug in der Rechte herbei den grünenden Oehlzweig, -- - Trug in der Linken Geschenk', und horcht', erbebend vor Angst, auf: - Denn schon tönete laut, und lauter des eisernen Hufes - Schmetternder Schlag: schon klang das Rasseln der blitzenden Waffen - Näher; des Vor-Zugs reisige Schar herbrauste, dem Sturmwind - Aehnlich, und drang in die Stadt, der bebenden Greise nicht achtend. - Dort, noch glühend vom Kampf, und entrüstet in blutiger Arbeit, - Würgt' ihr Schwert unseliges Volk, das thörichten Herzens - Hairaddins Worten vertraut', und, dem Schrecklichen treu sich bewährend, - Muthige Abwehr sann, und furchtbarer Rache gedachte.[86] - Aber umsonst: bald floh die unzählige Menge zerstäubt fort. - - Jetzt an der Spitze des jauchzenden Heer's, in eherner Trommeln - Wirbelndem Ruf, im Drometengetön, und der flatternden Fahnen - Sanftem Gesäusel, erschien der stattliche Kaiser. Die Feldherrn, - Eberstein und Doria rechts -- links Guasto mit Ludwig - Folgten ihm. Doria, groß und mächtig im Sturme der Seeschlacht, - Sah ihn erringen den Sieg, und heftete seitdem die Augen - Schweigend auf ihn; ihm pochte die Brust vor erschütternder Ehrfurcht. - Als der Herrscher die Greise, gebeugt im Staube, gewahrte, - Sprang er vom Sattel, und hieß sie mit sanftgebiethender Stimme - Stehen, und sprechen vor ihm mit Muth und würdiger Freiheit. - Siehe, da sprach El-Had, der hundertjährige Greis so: - »Segen mit dir, gewaltiger Heer'- und Völkerbesieger, - Der du mit Huld uns hörst! Nun herrsch' in Fülle des Glückes - Ueber ein Volk, das jüngst im strafenden Zorne die Vorsicht - Hairaddins Wuth preis gab, des grausamgesinneten Mannes! - Ach, und wir haben doch einst viel bessere Tage gesehen, - Als auf dem Thron von Tunis ein Fürst voll göttlicher Weisheit, - Maula Mehemed, saß, deß' Staub der Segen des Himmels, - Wie die Sommerflur der thauende Morgen, erquicke; - Als des Siegers Schwert' erbebten die Gegner, im Frieden - Blühte dieß Land, und rings auf dem weltverbindenden Meer noch - Wogte sein Handelsschiff, des Segens Fülle verbreitend -- - Sammelnd im frohen Verkehr! Doch zürne dem eifernden Greis' nicht, - Herr: denn stets umschwebt ihn das Bild entflohener Zeiten, - Und errette das Volk in den Mauern der zitternden Hauptstadt, - Wo nach dem schrecklichen Kampf der rach'erfüllete Sieger - Wüthet. Vielleicht, daß auch dir ein grauender Vater daheimblieb, - Welcher im Gram des Tages gedenkt, an welchem du hingingst; - Oder am Strande des Meer's die Mutter des blühenden Säuglings - Deiner, des Gatten, beraubt, aufweint in trauernder Sehnsucht. - Solches erwäg', und errette -- gebiethe dem stürmischen Krieger, - Daß er den lüsternen Blick, voll heiliger Scheu, von des Harems - Thüre verwende, und Leib und Gut dir opfert dein Volk dann!« - Also der Greis, und mild, wie ein liebender Vater den Kindern - Streichelt die Wange zum Trost, zur Ermunterung, nahte der Kaiser - Jetzo dem flehenden Greis', und sprach mit erheiterten Blicken: - »Ein, und derselb' erbarmende Gott ist über uns allen, - Der den Sieg uns gab, und den frevelnden Räuber in Staub warf. - Aber nicht mir und den Meinen, nur Muley Hassan, dem König, - Huldige fürder dieß Land: ihm werde das Erbe der Väter, - Ihm der entrissene Thron, die Lieb' und die Treue des Volkes. - Möge die Zukunft ihm und euch im Segen erblühen!« - Sagt' es, und nahm die Geschenk' an köstlichen Früchten und Blumen, - Die, nach der Sitte des Land's, ihm die zitternden Greise verehrten, - Nahend je zwei und zwei, und die Herolde hieß er, den Kriegern - Einhalt thun mit gebiethendem Wort', in den Straßen von Tunis. - Jene gehorchten, und bald verstummte der Waffen Getümmel. - - Doch welch' dunkeler Strom ergeußt sich vom Felsengebirg her? - Zahlloswimmelndes Volk entströmt den Thoren der Hochburg. - Ha, die Geretteten sind's -- sie sind's, erschütternd zu schauen! - Wie, zum Schwarme gereift, die unzählige Menge der Bienen, - Summend, dem duftenden Korb entfährt am sonnigen Lenztag: - Also entströmten auch hier wohl zwanzigtausend der Christen -- - Jetzo nicht Sclaven mehr, den Kerkern der Stadt und der Hochburg: - Bleich, ermattet durch Qual, durch Hunger und grause Behandlung! - Glückliche, die nun zuerst umschlangen die Kniee des Kaisers, - Knieend im Staub; auf die Hand ihm preßten die zitternden Lippen -- - Netzten mit glühenden Thränen sein Kleid! Nur Stöhnen und Schluchzen - Tönte noch ringsumher aus der angsterregenden Stille. - Jetzt ein Weinen und Heulen erscholl, und jetzo mit einmal, - Furchtbar, hallte Geschrei: »O Vater, Retter, Befreier!« - Wie die Meeresfluth, vom nahenden Sturme gehoben, - Erst nur leis' aufrauscht; doch bald im schrecklichen Aufruhr - Heulet in Wolkenhöh'n, und braust in des gähnenden Abgrunds - Tiefen, daß, schaudernd vor Angst, ihr die Erd' und der Himmel erdrönet: - Also ertönte der Schrei der Glücklichen rings um den Kaiser. - Tausender Händ' empor zu dem Vater im Himmel gehoben, - Zeigten die Bahn, auf welcher des tieferschütterten Herzens - Dank aufflog, und des Segens Füll' erflehte dem Retter. - - Lauter ward das Getös', und bewegter die wimmelnde Schar dort. - Einer dem andern sank an die Brust, und fragte noch zweifelnd: - »Ist es gewiß: wir frei -- entronnen auf immer den Banden?« - Einzeln, dann wieder vereint, dann immer gewaltiger scholl's nun: - »Werd' ich dich wiederseh'n, o Vaterland -- in der Heimath - Seh'n dich, väterlich Haus, wo mir der fröhlichen Kindheit - Jahre entschwanden im Glück? Werd' ich den zärtlichen Vater -- - Ich die liebende Mutter umfah'n -- die holde Geliebt' ich, - Liebend und treu, und ich, den Freund, die Kinder, und Gattinn?« - Also erscholl's aus dem brausenden Strom endlosen Entzückens; - Aber der Retter stand im Kreise der staunenden Feldherrn, - Von den seligen Scharen umjauchzt. Er blickte, verstummend, - Ueber die Menge hinaus, in des hochaufwölbenden Aethers - Schimmernden Raum empor (an seinen Wangen herunter - Stürzte die Thrän') und als er nun senkte das Haupt, und voll Dankes - Preßte die Recht' an das pochende Herz: da wandt' er sich lächelnd, - Weinend, nach Eberstein, und sagte mit leiserer Stimme: - »Stürb' ich doch jetzt: denn ach, mir wurde die Wonne des Himmels!« - D'rauf mit erheitertem Blick begann er, und sagte zu Guasto: - »Edeler Greis, vertraut sey dir die Pflege der Freien, - Daß du mit Vaterhuld, und weis'umschauender Sorgfalt - Stillest die Noth der Hungrigen, und bekleidest die Nackten! - Heimwärts schiffen wir bald. In des Meer's freiwogenden Fluthen - Rauschet der Kiel, und vom Mast erglänzen die Kränze der Sieger: - Dort den Lieben zur wonnigen Schau. Doch nimmer entschwindet - Uns das errungene Ziel hinfort; nicht welket der Kranz mehr, - Der uns geworden: denn seht: er keimte hienieden, und blühet - Unvergänglich fort in den hehren Gefilden des Himmels!« - Jener führte die jauchzende Schar zu des Meeres Gestad hin, - Sorgend für Aller Wohl nach dem Willen des edelsten Herrschers; - Aber er trat voll Wehmuth ein in die Thore von Tunis! - - - - - Anmerkungen zur Tunisias. - - - Erster Gesang. - - [1] Vers 27. - -Nach der Schlacht von Zama, soll P. Corn. Scipio den Hannibal gefragt -haben: wen er für den größten Feldherrn halte? Dieser nannte zuerst -Alexander den Großen, dann Pyrrhus den Epiroten, und den dritten sich -selber. Scipio, darüber empfindlich, sprach weiter: »und was würdest du -erst gesagt haben, wenn du auch mich überwunden hättest?« -- »Dann« -entgegnet' ihm jener -- »würde ich mich weit über jene Beiden gesetzt -haben.« - - [2] Vers 29. - -Ludwig IX. (der Heilige), König von Frankreich, Sohn Ludwigs VIII. und -Blanca's von Castilien (geb. den 25. April 1215), der durch seine -Frömmigkeit, Weisheit in Regierungsgeschäften, und durch persönliche -Tapferkeit sich allgemeine Hochachtung erworben hatte, unternahm zuerst -einen Kreutzzug nach dem gelobten Lande; eroberte im Jahre 1249 Damiata, -und schlug den Sultan von Aegypten zu wiederholten Malen. Allein durch -Hungersnoth und ansteckende Krankheiten zum Rückzug gezwungen, verlor er -die errungenen Vortheile mit der Freiheit, die er nur durch die -Zurückgabe von Damiata, und durch ein großes Lösegeld für sein -mitgefangenes Heer, wieder erhielt. Im Jahr 1270 unternahm er einen -zweiten Kreutzzug, schiffte nach Afrika über, und eroberte die Veste von -Tunis; doch auch hier, wie in Syrien, raffte eine ansteckende Krankheit -einen Theil seines Heeres weg, deren Opfer er selbst, am 25. August -desselben Jahres, geworden ist. (Siehe _dessen Lebensbeschreibung_ durch -_Delachaise_ und des Abtes _de Choisi_.) - - [3] Vers 40. - -_Hairaddin_ (Chereddin) und Horuc-Barbarossa, von Mitylene, auf der -Insel Lesbos, gebürtig, und, als Korsaren, der Schrecken des -mittelländischen Meeres, bemächtigten sich des Thrones von Algier, wohin -sie Selim-Euthemi, der König, gegen die Spanier zu Hülfe gerufen hatte. -Chereddin übertraf seinen Bruder noch an Kühnheit, und begründete -eigentlich das so lange, zur Schande Europa's, bestehende System der -Seeräuberei an der Nordküste Afrika's. Nachdem er Constantina und noch -andere Städte daselbst wegnahm, ernannte ihn Solyman II., oder -_Prächtige_, zum Oberbefehlshaber seiner Flotten. Im Jahr 1535 -bemächtigte er sich durch Verrath der Stadt Tunis; sammelte dort eine -bedeutende Seemacht, und anstatt, wie im vergangenen Jahre, nur die -Küsten Italiens zu plündern, ging er mit nichts Geringerem um, als -Sicilien mit einer Menge Türken und Mauren zu erobern, wodurch er sich -die Wege zu dem Throne Neapels zu bahnen gedachte. In demselben Jahre -wurden seine unabsehbaren Plane durch Carls V. herrlichen Zug nach Tunis -vereitelt. Doch Carls unversöhnlicher Feind, Franz I., König von -Frankreich, ward Chereddins Verbündeter, mit dessen Macht vereint, er im -Jahr 1543 Nizza wegnahm. Er starb im Jahr 1546 zu Constantinopel, -- im -88. seines Lebens. An dem Strande des Meeres zu Beschiktasch, am -europäischen Ufer des Bosphorus, ist sein Grabmahl (wie Hofrath v. -Hammer in seiner Verfassung des osmanischen Reichs Theil II., Seite 317, -sagt), und erregt ernste Gefühle bei dem Geräusche der Wogen, die an ihm -emporklimmen. (__Paul. Jov. in Elog._ I. 6. -- _Hist._ I. 33. 41. 44. -- -_Thuan. Hist._ L. III._) - - [4] Vers 55. - -_Andreas Doria_ (geb. 1468) aus einem altadelichen Geschlechte Genua's, -war früher französischer Admiral, wählte aber freiwillig Kaiser Carls V. -Flagge, und blieb zur See in dessen Diensten bis zu seinem Tode im J. -1560. Er war der größte Seeheld seiner Zeit; gab Genua eine bessere -Verfassung, und ward der _Vater und Befreier des Vaterlandes_ genannt, -das er im J. 1528 vom Joche der Franzosen befreiet hatte. - - [5] Vers 61. - -_Muley Hassan_ (Maula-Hascen), Maula Mehemeds Sohn, König von Tunis. Er -war der jüngste Sohn von zwei und zwanzig Geschwistern, unter welchen er -seine Brüder, auf den Rath seiner unnatürlichen Mutter, theils blenden, -theils tödten ließ, um also zum Throne zu gelangen. Sein älterer -Zwillingsbruder, Al-Raschid, entfloh nach Constantinopel, bei Solyman -Hülfe zu suchen. Er ward heimlich erwürgt, und der eben von dort -absegelnde Chereddin eilte nach Tunis, und bekam bald, im Nahmen des -todten Al-Raschid gebiethend, dem das Volk anhing, Goletta die Veste, -und dann auch Tunis in seine Gewalt. Muley Hassan ward zwar durch den -siegreichen Kaiser in sein ihm entrissenes Land wieder eingesetzt, wurde -aber nach wenigen Jahren von seinem Sohn, Hamida, des Thrones beraubt, -und geblendet. So kam er zu dem Kaiser nach Augsburg, nochmals um Hülfe -zu flehen, und starb auf der Rückreise in Rom. (Siehe: __M. Cardonne -Histoire de l'Afrique et de l'Espagne_ etc. T. III. _Paris_ chez -Saillant_ 1765, und __Jov. Hist._ 33. c._) - - [6] Vers 99. - -_Solyman II._ (Suleyman, der _Prächtige_ benannt) folgte Selim I., -seinem Vater, im Jahre 1520 in dem türkischen Kaiserreiche nach. Nie ist -dieses Reich auf einer glänzenderen Stufe der Macht und des Ruhmes -gestanden, als unter diesem, durch Herrscherweisheit und Thatkraft -ausgezeichneten Fürsten. Im Jahre 1521 eroberte er Belgrad, und im -folgenden Jahre die Insel Rhodus, von wo er die Johanniter-Ritter -vertrieb. Im Jahre 1526 gewann er in der Schlacht von Mohatsch den Sieg -über den König der Ungern, Ludwig II., der sammt seinem Pferde in einem -Moraste zu Grunde ging, und, nachdem er einen großen Theil von Ungern in -seine Gewalt bekommen hatte, rückte er im J. 1529 vor Wien, von wo er -nach einer vergeblichen Belagerung, da der Kaiser, Carl V., mit einem -Heere näher gerückt war, sich schnell nach Ungern hinabzog. Er starb -daselbst am 4. September 1566, bei der Belagerung der Veste Sigeth, die -Niklas Zriny, ein zweiter Leonidas, so heldenmüthig gegen ihn -vertheidigt hatte, im 72. Jahre seines Alters, und im 46. seiner -Regierung. (__Paul Jov. in Solim.__) - - [7] Vers 105. - -_Istambul_, Stambul, nennen die Türken die Stadt Constantinopel. - - [8] Vers 406. - -Die heiligen Urkunden sprechen von einem Orte der ewigen Seligkeit, -wohin die _Guten_ kommen, und von welchem die _Bösen_ auf immer -ausgeschlossen bleiben. Aus ihnen schöpfte die Allgemeine Kirche die -Lehre von einem Mittelzustande, von jenem der _Läuterung_, durch welche -der Uebergang zu jenem möglich wird. Ueber alle drei ist in dieser -Kirche, seit der ersten Zeit ihrer Verbreitung bis zu dem heutigen Tage, -ein, und derselbe Glaube geblieben, welchen sie bestimmt, und deutlich -gelehret hat. In Bezug auf dieses dreifache _Geisterreich_, von welchem -die Kirche Beschreibungen zu geben, weder konnte, noch wollte, ließ sie -auch einige Stellen in den Briefen des Apostel Paulus unberührt, die mit -jenem in Verbindung gebracht werden konnten. Dieß sind die Stellen, in -welchen er von den, im Luftraum wohnenden Geistern spricht, und auf -welche der Sänger der Tunisias, und des Rudolph von Habsburg, sein -_Wunderbares_ im Epos, (nicht als Exeget, sondern als Dichter) gegründet -hat. Im Brief an die Epheser VI. vom 11-13. Vers (»Ziehet an die volle -Rüstung Gottes, damit ihr stehen könnet gegen die Nachstellungen des -Versuchers: denn unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern -wider Fürstenthümer, Gewalten und Weltherrscher der finsteren Gegenwart: -wider die bösen Geister im Uebersinnlichen«) ist von Geistern die Rede, -die böser Natur sind, und gegen deren Einflisterungen der Christ zu -kämpfen hat. Vorher, III. Cap. 10. V. (»Damit den Mächten und Gewalten, -im Uebersinnlichen, durch die Kirche« -- die Bekenner der christlichen -Lehre, »die mannigfaltige Weisheit Gottes bekannt werde«) spricht er -aber von solchen, welchen auf dem Pfade der Läuterung ein Aufschreiten -vergönnt zu seyn scheint. Besonders die erstere Stelle fände ihre -Erläuterung in jener im I. Brief an die Chorinther XV. Cap. 24. V. &c., -wo Paulus von dem _Weltende_ spricht: (»... Dann ist das Ende, wenn Gott -die Fürsten, Mächte und Gewalten« -- im Uebersinnlichen -- »außer -Wirksamkeit gesetzt haben wird. Das Letzte aber, was sein Ende erreichen -soll, ist der Tod.«) - -Daß diese Stellen in den Briefen des Apostel Paulus schon in den ersten -Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung auf eine ähnliche Art -ausgelegt wurden, beweisen die merkwürdigen Worte des größten -Schriftauslegers aller Zeiten, des h. Hieronymus, der zu obiger Stelle -im VI. Cap. des Briefes an die Epheser, sagt: _»Haec autem omnium -Doctorum opinio est: quod aer iste, qui coelum et terram medius -dividens, inane appellatur, plenus sit contrariis Fortitudinibus.« _S. -Hieronym. Comment. in Epist. ad Ephes. Q. 3. c. 5.__ - - [9] Vers 465. - -Die grundlose Beschuldigung, die der Sectenhaß so vielen, selbst -ausgezeichneten Geschichtschreibern eingab, daß nämlich Carl V. nach der -Alleinherrschaft in Europa gestrebt habe, ist dem Unpartheiischen wohl -aus seinem ganzen Herrscherleben klar genug; doch findet er sie völlig -widerlegt durch seine Lage nach dem berühmten Siege, den er bei Mühlberg -(24. April 1547) über den Smalkaldischen Bund errungen hatte. Seine -ergrimmtesten Gegner sanken dort überwunden zu seinen Füßen; seine -spanischen Veteranen, mit vielen italienischen Scharen, standen ihm zu -Geboth, und er -- begnügte sich dem frechen Uebermuth, der ihn nur als -_Carl von Gent_ mehr gelten ließ, ein Ziel gesetzt zu haben, entließ -seine sieghaften Scharen, baute auf Treu und Glauben: denn das hatte er -wohl nie gedacht, daß sein Liebling, Moritz von Sachsen, den er an -seinem Herzen groß gezogen hatte, so undankbar an ihm handeln würde, und -gerieth, von diesem mit einem Ueberfall bedroht, schon fünf Jahre (J. -1552) nach jenem Siege, in solche Gefahr, daß er sich, von -Gichtschmerzen gefoltert, in einem Tragsessel noch in der Nacht von -Innsbruck fort über die Gebirge nach Kärnthen, als ein Flüchtender, -mußte tragen lassen. - - - Zweiter Gesang. - - [10] Vers 23. - -_Ortilo_, dessen wichtige _Fragmente von den Babenbergern_, als -Herrschern Oestreichs, Chrysostomus Hanthaler aufgefunden und bekannt -gemacht hatte, sagt zu dem Jahr 1191 von _Leopold_ dem _Tugendhaften_, -unter anderm: »Da der Herzog bei der Belagerung (von Ptolemais) so -tapfer focht, daß sein ganzer Körper, mit Ausnahme jenes Theils, den der -Leibgurt umgab, mit Feindes Blut bespritzt war, so hat in der Folge der -Kaiser, Heinrich VI., den Schild Oestreichs, in dem bisher fünf Lerchen -zu sehen waren, geändert, und zeichnete solchen durch ein _rothes Feld_ -aus, das durch einen _weißen Querbalken_ mitten durchschnitten ist.« -Ortilo war ein Zeitgenosse Leopold des Tugendhaften, und vier Jahre -darauf, bei seiner Begräbniß in heil. Kreuz, gegenwärtig. Spätere -Schriftsteller, wie Cuspinian, Lazius &c. &c. sind anderer Meinung über -die Bedeutung dieses Wapens. (Siehe __Fast Campil._ T. I. pag._ 434, und -__Recens. Dipl. Geneal. Arch. Campil._ pag. 196._) - - [11] Vers 58. - -In dem Werkchen: __Eutropii Diarium Expeditionis Tunetanae_ a. 1535_, -die in der Sammlung »_Scriptores Rer. Germ. per S. Schardium_,« Gießen, -1673, enthalten ist, wird ausdrücklich gesagt, daß der Kaiser während -seiner Abwesenheit die Regierung Spaniens seiner Gemahlinn, Isabella, -übergeben, und sogar sein Testament hinterlassen habe: _»priusquam -Madritio discederet, omnibus adhibitis solemnitatibus testamentum suum -condidit,« pag. 321_. - - [12] Vers 91. - -_Hermann_, der Sohn des Cherusker-Fürsten, Siegmar (geb. 18 J. vor -Chr.), ward in Rom erzogen, und im römischen Heere angestellt. Doch, er -beschloß der Retter seines Vaterlands zu werden; vernichtete in seinem -26. Jahre die Legionen des Quintilius Varus in dem Teutoburger Walde, -und nachdem er zwölf Jahre hindurch die Angelegenheiten Deutschlands -geleitet hatte, besiegte er Marbod, den König der Marcomannen, zwei -Jahre vor seinem Tode. Er soll, weil er nach Alleinherrschaft strebte, -von seinen Anverwandten ermordet worden seyn. (__Tacit._ L. I. et II. -_Annal.__) - - [13] Vers 97. - -_Hannibal_, der Sohn des Hamilkar Barkas (geb. im J. 247 vor Chr. zu -Karthago), nach seinem berühmten Zuge über die Alpen der Besieger der -Römer an der Trebbia, am Trasimenus, vor Cannä &c., wurde bei Zama von -dem ältern Scipio besiegt, und starb als Flüchtling in Bithynien (183 J. -vor Chr.) in seinem 65. Jahre, nachdem er in seinem 26. den großen Kampf -gegen die Römer begonnen hatte. (_Polyb. L. III. c. 17 et 64. _Livius_. -L. 21._) - - [14] Vers 97. - -_Regulus_ (Marcus Attilius), um das Jahr 254 vor Chr. Consul von Rom, -ward (_siehe die folgende Anmerkung_) in der Schlacht von Tunis -gefangen, und von den Karthagern, wegen der Auslösung ihrer Gefangenen, -mit noch andern Abgeordneten, nach Rom gesandt, wo er dem Senat, mit -wahrer Römergröße, rieth: die Gefangenen nicht zu lösen. Er kehrte, -seinem Eidschwur treu, als Gefangener nach Karthago wieder zurück, und -soll dort, nach Einigen, grausam hingerichtet, nach Andern, eines -natürlichen Todes gestorben seyn. (__Polyb. Lib. I._ -- _Liv_. 17 et 18. --- _Palmerius, in Appian._ pag. 151._) - - [15] Vers 143. - -_Xanthippos_ hieß der edle Spartaner, der Karthago einen glänzenden Sieg -über Rom verschaffte. Nach der Niederlage von Eknomos, die jene im J. -254 v. Chr. zur See gegen die Consuln Cajus Sulpitius, und Attilius -Regulus erlitt, ward sie von dem Letzteren, der in Afrika landete, und -Tunis zu seinem Waffenplatze erkor, an den Rand des Verderbens gebracht. -Da landete mit einem Schiffe griechischer Miethlinge auch Xanthippos, -der von Gestalt unansehnliche, aber geist- und kraftbegabte Spartaner, -von dem _C. Sil. Pun. L. 6_ singt: - - Nulla viro species, decorisque et frontis egenum - Corpus; in exiguis vigor, admirabile, membris - Vividus, et nisu magnos qui vinceret artus. - -Er machte den Senat auf die Fehler seiner Heerführer aufmerksam; übte -das ihm anvertraute Heer nach griechischer Kriegskunde zuvor ein; -besiegte die Römer in der Schlacht von Tunis, und nahm den Consul A. -Regulus mit dem Ueberreste seines Heeres gefangen. -- Ihm war das stolze -Bewußtseyn genug: eine ganze Nation dem Untergange entrissen zu haben: -denn er kehrte gleich darauf wieder nach seinem Sparta zurück. (_Siehe -Fr. Mich. Vierthalers_ vortreffliche _Philosophische Geschichte der -Menschen und Völker_ V. B. S. 306.) - - [16] Vers 212. - -_Attila_, König der Hunnen, die aus Scythien kommend, sich in Pannonien -niedergelassen hatten, gelangte im J. 434 zur Herrschaft. Nachdem er -sich gerühmt: das Schwert Tyr's, des Kriegsgottes, aufgefunden zu haben, -ermordete er seinen Bruder Bleda, und entboth ein ungeheuer zahlreiches -Heer, um als _die Geißel Gottes_, wie er sich nannte, die Erde -verheerend zu durchziehen. Er fiel um das J. 441 zuerst in Thrazien ein, -drang bis nach Armenien vor, und verwüstete dann das morgenländische -Kaiserthum, zwingend den Kaiser Theodosius, den er überwunden hatte, ihm -einen Tribut zu zahlen. Auf seinem zweiten großen Verheerungszuge nach -Frankreich wurde er bei _Chalons sur Marne_, durch die vereinte Macht -der Römer unter Aetius, und der Westgothen unter Theodorich, auf das -Haupt geschlagen; zog sich über den Rhein zurück, und wandte sich zu dem -dritten, gegen Rom selbst, da er Honoria, die Schwester Valentinian -III., zur Ehe verlangte, und diese ihm abgeschlagen worden war. Er -verwüstete ganz Ober-Italien, bei welcher Gelegenheit die Flüchtlinge -auf den Inseln der Lagune dem berühmten Venedig den Ursprung gaben. Von -der Zerstörung Roms hielt ihn der Papst, Leo der Große, ab. Er kehrte -nach Pannonien zurück, wo er im J. 453, in der Nacht nach seiner -Vermählung mit der baktrianischen Prinzessin, Ildiko, in seinem Blute -erstickt gefunden ward. (_Siehe Jornandes_; und __Bonfinii Hist. Decad._ -I. L. 7._) - - [17] Vers 245. - -_Tyr_ nach der nordischen Götterlehre, der Sohn Odins, und der tapferste -unter den Göttern, wie es bei den Griechen _Ares_ war, den die Römer -Mars benannten. - - [18] Vers 321. - -_Kabesch_. Kabes, eine Stadt im Königreiche Tunis von 25,000 Einwohnern. -Sie liegt in dem Golf gleiches Nahmens, sonst auch die Kleine-Syrte -genannt. - - - Dritter Gesang. - - [19] Vers 26. - -_Ludwig_, Infant, Bruder des Königs Emanuel von Portugal, und der -Isabella, Gemahlinn des Kaisers Carl V. - - [20] Vers 35. - -_Ruyter_. Hier ist keineswegs der berühmte holländische Seeheld, Michael -Hadrian Ruyter (geb. zu Vließingen im J. 1607, gest. 1676) gemeint, der -sich vom gemeinen Matrosen bis zum Range eines Admirals aufschwang; die -englische Seemacht zu verschiedenen Malen schlug; von seinem Vaterlande -nach Verdienst geehret ward, und endlich bei der Unterstützung der -Spanier in Sicilien, dem Aetna gegenüber, in einem Treffen durch eine -Kanonenkugel den Fuß verlor, an welcher Wunde er bald darauf in der Bay -von Syrakus starb, sondern _Franz Ruyter_, den Paul Jovius in seiner -Geschichte des tunetanischen Feldzugs unter den Feldherrn aufführt. -(_Siehe:_ __Paul Jov. Hist. Lib._ 34. pag. 284 _Basileae_ an. 1578._) - - [21] Vers 47. - -_Porto Venere_ an der südwestlichen Spitze des Genueser Gebiethes. - - [22] Vers 49. - -Alphons Avalos, Marchese del Vasto (auch _Guasto_), einer der -berühmtesten Feldherrn Carls V. aus dem Hause der Pescara im Königreich -Neisen, im J. 1502 geboren, wohnte der Schlacht von Bicocca (im J. 1522) -bei; wurde nach Anton Leyva's Tode Gouverneur von Mailand, und hatte den -Oberbefehl des Heeres bei dem Kriegszug nach Tunis. Im J. 1543 entsetzte -er Nizza, das von den Franzosen, und ihrem Verbündeten, Chereddin -Barbarossa, belagert war. Er starb im J. 1546 zu Vigevano, -wahrscheinlich aus Kummer, den ihm die gegen die Franzosen verlorne -Schlacht von Cerisoles in Piemont (14. April 1544) zugezogen hatte. -(__P. Jov. Hist._ et _Roscio Capit. illustr._ p. 288._) - - [23] Vers 57. - -Das Geschlecht der _Ebersteine_ soll schon zu Carl d. Gr. Zeiten in -großem Ansehen gestanden seyn. Was die Geschichte Gewisseres von ihnen -gibt, ist: daß Eberhard, der Stammvater der Ebersteine, Hedwig, die -Tochter Kaisers Heinrich I. geehlicht, und seinen Hof in Hohentviel -gehabt habe. Als Abgesandter des Kaisers an den Papst, erhielt er von -diesem am Pfingstfeste zu Rom die goldne Rose zum Geschenk, die er, nach -dem Gebrauche der römischen Kirche, getragen hatte, und die bei seiner -Heimkunft der Kaiser in den Wapenschild der Ebersteine setzen hieß. Sein -Sohn Ludwig wohnte der Schlacht Heinrichs I. gegen die Ungern vor -Merseburg bei. -- Die zweite Stammlinie der Ebersteine richtete Graf -Otto I. in Pommern zu Neugarten auf. Otto III. der um das Jahr 1370 -gelebt, soll der Stifter der würtembergischen Hauptlinie seyn. -- Otto -II. ein anderer Stammvater der Ebersteine, verbesserte die Herrschaft an -der Weser, und erbaute das Schloß Ottenstein. Man sieht noch die Ruinen -des Schlosses Eberstein unweit Holzminden an der Weser. (__Meibom. Rerum -Germ._ T. II. p. 515. Luca:_ _Grafen-Saal_, _pag. 943._) - - [24] Vers 74. - -_Donau_, _Danubius_ (Ister hieß er den Alten von Wien hinab) einer der -größten Flüsse Europas, da er nach Büsching eine Strecke von 700 Meilen -durchläuft, und mehr als 160 größere und kleinere Flüsse in sich -aufnimmt, entspringt, nach der gewöhnlichen Meinung, am Schwarzwalde bei -Donaueschingen, obschon Andere diese Ehre zwei anderen Quellen, der -_Brega_ und _Brigach_, mit welcher sich jene vereinigt, ertheilen. Die -Donau endet an der Küste Bessarabiens ihren Lauf, und stürzt sich durch -sechs Arme mit solcher Gewalt in das schwarze Meer, daß ihr Wasser -mehrere Meilen weit im Meer noch süß und erkennbar seyn soll. - - [25] Vers 119. - -_Hunyady_ (Johann Corvinus Hunniades), den, nach einigen, ein -walachischer Bojar mit der Elisabeth Paläologa, aus dem Geschlechte der -letzten griechischen Kaiser; nach Andern, König Sigismund, außerehlich --- mit der Tochter eines edeln Walachen erzeugt haben soll, wurde zu -Ende des vierzehnten Jahrhunderts geboren. Er war, während der -Minderjährigkeit des Königs Ladislaus Posth., Statthalter von Ungern, -während seines ganzen Lebens ein Schrecken der Türken, die er in -verschiedenen Schlachten besiegte, und zuletzt (am 6. August 1456) von -Belgrad vertrieb, und starb am 16. Sept. desselben Jahrs. Von seinen -zwei Söhnen wurde der ältere, Ladislaus, im folgenden Jahre zu Ofen -enthauptet. Der jüngere, Mathias (Corvinus), gelangte zur ungarischen -Krone. (__Bonfin. Hist. Hung.__) - - [26] Vers 132. - -_Zirknitz_ (Czirknitzer See) im Lande Krain, sechs Stunden von Laibach, -gibt dem anstoßenden See den Nahmen, der eine Meile lang, und eine halbe -breit ist. Das Wasser dieses wunderbaren Sees versinket gewöhnlich des -Jahres einmal durch Oeffnungen, die sich in seinem Bette befinden. -Sobald es sich zum Ablauf neiget, eilt Jung und Alt, die Fische in -großer Menge herauszuziehen. Nach beiläufig zwanzig Tagen wächst dort, -wo erst das Wasser stand, vortreffliches Gras, und nachdem dieses -eingeerntet ist, wird noch Hirse darin gebaut, wo auch die Jagdfreunde -an Hasen und wildem Geflügel reichliche Beute finden. - - [27] Vers 149. - -Niclas _Salm_ und Wilhelm _Roggendorf_, dessen Tochter die Gemahlinn des -ersteren war, vereinte auch das Band der zärtlichsten Freundschaft. -Beiden als Feldherrn, war die Vertheidigung Wiens gegen Solymans -zahlloses Belagerungsheer anvertraut. Eine Kanonenkugel fuhr in den -Wall, und schleuderte einen zertrümmerten Stein gegen Salms Schenkel, -bei dem letzten Sturm, den Solyman am 14. October 1529 gegen die Wälle -Wiens unternahm. An der erhaltenen Wunde starb dann Salm am 4. Mai 1530 -zu Marcheck, wohin er sich hatte bringen lassen. (_Siehe Taschenbuch für -die vaterländische Geschichte durch Freih. von Hormayr &c. vierter -Jahrgang._ S. 102.) - - [28] Vers 238. - -_Elba_, eine kleine Insel des mittelländischen Meeres, von beiläufig -zwölf Meilen, Livorno gegenüber. Ihr Hauptreichthum sind die Eisenminen -von Rio, deren Erze mehr als die Hälfte reines Metall geben, und von -ihrer schillernden Farbe (_Eisenglanz_) bekannt sind. Porto Ferrajo -(_Eisenport_), mit einer guten Rhede und 3000 Einwohnern, ist die -Hauptstadt der Insel. - - [29] Vers 372. - -_Toledo_, Pedro Alvarez de Toledo, Vice-König von Neapel, ein Sohn des -zweiten Herzogs von Alba, bekam mit seiner Gemahlinn Maria Osorio -Pimentel den Staat von Villafranca, und war der Schwieger des ersten -Herzogs von Florenz, Cosmus von Medicis. - - - Vierter Gesang. - - [30] Vers 43. - -_Alba_ (Ferdinand Alvarez von Toledo, Herzog von) war im J. 1508 -geboren. Erst unter Carl V., dann unter Philipp II., seinem Sohn, war er -stets ein siegreicher Feldherr ihrer Heere. In dem Kriege gegen die -Niederländer hatte er nach seiner und seines Herrn Ueberzeugung, -Rebellen bekämpft, und in solchen Kriegen hat man wohl sonst auch von -ähnlichen, und noch größeren Grausamkeiten gehört; doch da dieser Krieg -den Protestanten für einen Religionskrieg galt, und noch heut zu Tag -dafür gegeben wird, so mußte er, besonders seit Schillers -poetisch-entworfenem Bilde von ihm, als einer der grausamsten Wüthriche -geschildert, erscheinen. Andere rühmen an ihm, nebst seinen großen -Feldherrntalenten, seine unerschütterliche Treue, und dabei sein freies, -offenes Benehmen gegen seinen Regenten, seinen Edelmuth und Weisheit. -Indeß ist er von Härte und Grausamkeit nicht frei geblieben. Er starb im -J. 1582 im 74sten Jahre seines Lebens. - - [31] Vers 43. - -_Alarcon_ (Ferdinand d'Alarzon), einer der tapfersten spanischen -Feldherrn Carls V. Nach dem Siege von Pavia (24. April 1525), wurde ihm -die Bewachung des gefangenen Königs von Frankreich, Franz I., -anvertraut, so wie zwei Jahre später, jene über den Papst, Clemens VII., -der sich den Kaiserlichen ergeben hatte. (__Jov. Hist._ 34. cap. -- -_Imhof. Geneal. 20. Fam. Hisp._ p. 203._) - - [32] Vers 45. - -_Garzia Lasso_ (Garzilaso de la Vega), im J. 1503 zu Toledo geboren, ein -berühmter spanischer Dichter in der Gattung der Ekloge, Epistel, Oden, -Lieder und Sonette. Er wohnte unter Carl V. den Feldzügen im Jahr 1529 -gegen Solyman, und im J. 1535 gegen Tunis bei; in dem letzteren wurde er -an dem Arm verwundet. Im folgenden Jahre zog er mit dem Kaiser gegen -Marseille, als Befehlshaber eines Heertheils, und erhielt bei der -Bestürmung eines Thurms die gefährliche Kopfwunde, an welcher er nach -drei Wochen im 33. Jahre seines Alters starb. Sein Leichnam wurde in der -Folge nach Toledo gebracht. (__Jov. Elog.__) - - [33] Vers 97. - -_Constantin der Große_ (geb. im J. 274), erster christlicher Kaiser, -soll vor der Entscheidungsschlacht an dem Ponte Milvio (h. z. T. Ponte -Molle) bei Rom, gegen den Maxentius, am hellen Mittage, unterhalb der -Sonne, ein flammendes Kreuz mit der Inschrift: »__In hoc vinces__,« -erblickt haben. (__Eusebius in Vita Constantini_ M. et _Hist.__) - - [34] Vers 179. - -_Atlas_. Der Berg, besteht eigentlich aus zwei Ketten, die sich über den -größten Theil von Nordafrika verbreiten. Die eine heißt der _Große_ -Atlas (mehr als 11,000 Fuß über der Meeresfläche erhöht), welcher sich -vom Reiche Marrokko bis zur Wüste Sahara hinabzieht, und die andre der -_Kleine_ Atlas, der sich von Osten nach Westen bis zum Mittelländischen -Meere erstreckt. -- Nach der Mythologie der Griechen war er einer der -Titanen, dem Zeus die Strafe auferlegte, das Himmelsgewölbe zu tragen. - - [35] Vers 239. - -_Janssen von Middelburg._ Zacharias Janssen, ein Brillenmacher zu -Middelburg in Seeland, war der Erfinder des Fernrohrs im Jahre 1590, -indem er zwei Linsen, eine convex, die andere concav, in verschiedener -Richtung von dem Auge hielt. Er brachte sie dann in eine Röhre, und bot -die gelungensten zwei, von 16 Zoll Länge, dem Prinzen Moritz von Nassau, -und Erzherzog Albert an. Der berühmte Galiläi hörte davon in Venedig, -und machte sogleich darauf einen Versuch. (Siehe: __Hier. Sirturus de -Telescop__; und __Petr. Borell de vero Telescopii Inventore. -Hagae-Comitum.__ 1655.) - - [36] Vers 526. - -Die Franzosen, unter Lautrec, und die mit ihnen vereinten Schweitzer, -wurden bei Bicocca, unweit Mailand, im Mai 1522 durch die Truppen Carls -des V. mit großem Verluste geschlagen. - - - Fünfter Gesang. - - [37] Vers 13. - -_Villiers-L'isle-Adam_ (Philipp v.), zu Ende des fünfzehnten -Jahrhunderts in Frankreich geboren, und zum Großmeister des -Johanniter-Ordens von Jerusalem im J. 1521 erwählt. Im folgenden Jahre -überzog Solyman die Insel mit einer großen Belagerungsmacht, die jener -so tapfer gegen ihn vertheidigte, daß über 100,000 Türken dabei das -Leben einbüßten. Amarat, des Ordens Kanzler, ward an ihm zum Verräther, -und nur so gelang es endlich Solyman, die Insel gegen Capitulation, und -unter der Bedingniß eines freien Abzugs der Ritter und der christlichen -Einwohner, zu erringen. Vergeblich suchte er L'isle-Adam in seine -Dienste zu ziehen, dessen Heldenmuth er vor seinem Heere, und -mitten unter den Leichen der Gefallenen lautes Lob ertheilte. -Villiers-L'isle-Adam starb im J. 1534 als Großmeister des Ordens zu -Maltha, welche Insel Carl V. ihm zum neuen Ordenssitze geschenkt hatte. -(Siehe: __Bouhors Siège de Rhodes__.) - - [38] Vers 75. - -_Gomert_ oder _Zafrano_ rechts, und _Bona_ links, heißen h. z. T. die -zwei Vorgebirge, von welchen jenes einst dem Apoll, und dieses dem -Hermes geweiht war, welchen vorüber die Einfahrt in den tiefer liegenden -karthaginensischen Meerbusen geschah. Von dort dehnt er sich im halben -Zirkel, bis an die Mündung des hinterhalb liegenden Landsees von Goletta -hin, wobei die Landschaft der vormals wegen ihrer heilsamen Bäder -berühmten Stadt Rada zur Linken bleibt, und jener gegenüber zeigt sich -dann die Lage des zerstörten Karthago, des Oehlwalds, und der steilen -Hügel, über welche man zu dem Flusse _Makar_ gelangte. (__Jov. Hist. -Lib._ 34._) - - [39] Vers 105. - -Der _Wasserthurm_ steht nördlich von dem steilen Felsen -- einst die -hohe Byrsa, auf welcher der berühmte Tempel des Aeskulap stand, und nahe -der schmalen Erdzunge, die das feste Land mit der Halbinsel verband, auf -welcher Karthago erbaut war. Auf dieser befanden sich wahrscheinlich die -Ställe der Elephanten. Obige Cisternen sind fast die einzigen noch -erhaltenen Ueberreste der zerstörten Karthago. - - [40] Vers 117. - -_Goletta_, die Veste, hatte zur Zeit Carls V. eine beinahe viereckige -Form, und zwei Abtheilungen, von welchen die Wälle der oberen 40, und -der unteren 50 Schritte breit waren. Sie enthielt eine vortreffliche -Cisterne, in welcher sich das Regenwasser sammelte, und viele -bombenfeste Gewölbe zur Aufbewahrung des Kriegsbedarfs. Mit ihr in -Verbindung stand vorne an der Mündung des Sees von Tunis, ein mit Wällen -versehener Thurm, der vom Meere her jedem Schiffe den Eingang verwehrte. -Der See, beiläufig 12,000 Schritte breit und eben so lang, erhält aus -dem karthaginensischen Meerbusen sein Gewässer, und ist auf beiden -Seiten so seicht, daß man nur in der Mitte desselben auf kleinen -Fahrzeugen nach Tunis gelangen kann. (__Eutropii Diar. Exp. Tunet. apud -Schard._ pag. 331._ und __Jov. Hist. Lib. 34.__) - - - Sechster Gesang. - - [41] Vers 83. - -_Eutropius_ in seinem __Diar. Exped. Tunet._ p. 325. (_Rerum Germ. -Scrip. apud Schard_)_, sagt ausdrücklich: daß vor Allen die Deutschen -bei der Landung, über jeden Aufschub ungeduldig, sich auf ihren, in das -Wasser gesenkten Speeren auf das Land hinaus geschwungen, und den Kampf -mit dem Feinde sogleich begonnen haben. - - [42] Vers 79. - -_Pizarro_ (Francisco), ein Spanier, von unbekannter Herkunft, ging mit -noch andern Abenteurern nach der neuen Welt, verband sich im J. 1524 mit -Diego d'Almagro, und eroberte Peru, nachdem er den Inca Atahualba auf -eine grausame Art hatte hinrichten lassen. Er war schon früher zum -Statthalter der neu zu entdeckenden Länder ernannt worden, und er traf -wirklich sehr viele Vorkehrungen zum Besten jener Länder, die um so mehr -in Erstaunen setzen, da er nicht einmal des Lesens und des Schreibens -kundig war. Er wurde im Jahr 1541 durch einen Anverwandten Almagro's -getödtet, nachdem früher dieser von Pizarro zum Tode verurtheilt worden -war. Die Stadt Lima verdankt ihm ihre Gründung. Sonst ist sein Nahme mit -der Beigabe eines grausamen Eroberers auf die Nachwelt gekommen. (Siehe -__W. Robertson History of America in II Volumes London_ 1777_.) - - [43] Vers 386. - -_Casas_ (Bartholomeo de las), Bischof von Chiapa in Mexico, im J. 1471 -in Sevilla geboren. Schon in seinem 19. Jahre reiste er mit dem -Weltentdecker Columbus nach St. Domingo, kehrte aber von dort wieder -nach Spanien zurück, um sich im Orden der Dominikaner zum Missionär -vorzubereiten. Voll glühendem Enthusiasmus für ein wichtiges Anliegen -der Menschheit, stand er beinahe durch 50 Jahre als ein Anwald der -mißhandelten Einwohner der neuen Welt da, und schrieb, und unternahm -häufige Reisen nach Europa, sie vor dem Throne zu vertreten; doch war -das Interesse so vieler Großen dabei gefährdet, und er starb im Jahr -1556 zu Madrid, ohne daß er bedeutende Vortheile für jene erwirkt hätte. -Unter seinen Schriften (gedruckt Sevilla im J. 1552) ist auch eine -Geschichte von Westindien. (Siehe _Perez del Castillo Mex. Hist._) - - [44] Vers 521. - -_Freundsberg_ (Georg von _Frundsberg_, _Frondsberg_ &c. Herr von -Mindelheim, geb. 1475 und gest. 1528 daselbst), kaiserlicher Feldherr, -wegen seiner persönlichen Tapferkeit und Leibesstärke berühmt, da er ein -wildanlaufendes Pferd sogleich fest halten, und den stärksten Mann mit -einem Finger von der Stelle drängen konnte. Er bildete sich unter Max I. -und Carl V. in der Kriegskunst aus, half dem Letztern die Schlacht von -Pavia (im J. 1525) gewinnen, und führte auch das folgende Jahr 12,000, -auf eigene Kosten geworbene Krieger, dem kais. Feldherrn Carl von -Bourbon, gegen Clemens VII. nach Italien zur Verstärkung zu, wo ihn bei -Ferrara, bei einem Aufstand der Krieger wegen rückständiger Löhnung, der -Schlag traf, und dann zwei Jahre darauf sein Tod erfolgte. (_Siehe Herrn -Georgen und Kasparn von Frundsberg ritterliche Kriegsthaten. -- _Jov. in -Elog. Hist.__) - - [45] Vers 592. - -_Byrsa_ hieß die Burg von Karthago, auf dem Gipfel eines steilen -Felsens, um welchen ringsher die einst mächtige Stadt Karthago erbaut -war. Dort befand sich der herrliche Tempel des Aeskulap, zu welchem man -auf 50 Stufen hinanstieg, und in dessen Flammen die Gattinn Hasdrubals, -der zu dem Zerstörer Karthago's, Scipio, überging, sich stürzte, nachdem -sie vorher im Angesichte der Römer und ihres feigen Gemahls, ihre beiden -Kinder ermordet hatte. J. 146 vor Chr. G. (_Siehe Vierthalers phil. -Gesch. der Menschen und Völker. V. Band._) - - - Siebenter Gesang. - - [46] Vers 85. - -_Zama_, der Ort, vor welchem der große Held Karthagos, Hannibal, durch -den römischen Feldherrn Scipio im J. 201 vor Chr. überwunden ward, lag -zwischen Adrumetum und dem, fünf Tagreisen davon entfernten, Karthago. - - [47] Vers 190. - -An dem Ufer des _Bagrada_ (h. z. T. Medscherdah), der nicht fern von -Utika vorüberfloß, soll der Consul M. Atil. Regulus eine ungeheure -Schlange, deren Länge auf 120 Fuß angegeben wird, mit Katapulten -beschossen, und getödtet haben. (__A. Gell._ L. VI. c. 3. -- _Valer. -Max._ L. I. c. 8._) Wahrscheinlich war sie eine Riesenschlange (_Boa -Constrictor_). - - [48] Vers 329. - -_Barda_ heißt die Sommerresidenz des Dey von Tunis, mit einem -weitläufigen Schlosse, und den schon zu Carls V. Zeiten berühmten -bardäischen Gärten an der Küste von Maritia. Sie liegt an der Westseite -von Tunis, und hängt durch die Gärten mit der Stadt zusammen. - - [49] Vers 410. - -_Houris_ sind, nach Muhameds Lehre, die blendend schönen Jungfrauen, -welche von zarter, ätherischer Gestalt, die Seligkeit der Männer in -seinem Paradiese ausmachen. Die Schilderungen von ihnen sind ganz in dem -orientalisch-üppigen Geschmack entworfen. - - - Achter Gesang. - - [50] Vers 54. - -_Laufgräben_ (_tranchée's_) sind drei bis sechs Fuß tiefe, zehn und -zwölf Fuß breite, in verschiedener Richtung gegrabene Wege, welche mit -der zum Wall, gegen eine belagerte Festung aufgeworfenen Erde, die -Belagerer in den Stand setzt, sich ihr mit Sicherheit nähern zu können. - - [51] Vers 199. - -_Thor der Glückseligkeit_, heißt der Eingang zu dem Harem des Großherrn, -der dem Aga der Verschnittenen anvertraut ist. (_Siehe Hrn. Joseph von -Hammers Verfassung des osmanischen Reichs, Band II. Seite 9._) - - [52] Vers 201. - -_Circassien_, eine große Landschaft in Asien, welche sich von dem -schwarzen bis zum caspischen Meere erstreckt, und nördlich von dem -Caucasus begränzt wird. Ihre Bewohner, sowohl männlichen als weiblichen -Geschlechts, sind sehr wohlgestaltet, und die Letzteren werden -vorzüglich für die türkischen Harems gesucht. Ihre Männer sind -treffliche Reiter, ungemein tapfer im Felde, und daheim Verehrer des -Gastrechts. Der größte Theil ihres Landes ist dermalen unter russischer -Bothmäßigkeit. - - [53] Vers 284. - -_Bagrada_, h. z. T. Medscherdah, ein Fluß, der in der Nähe von -Buschatter (Utika) sich in das Mittelmeer ergießt. - - - Neunter Gesang. - - [54] Vers 15. - -_Turkestan_, das eigentliche Stammland der heutigen Türken, ist eine -Landschaft in Mittel-Asien, die von dem Königreiche des großen Moguls, -von der großen Tartarey, von Catay und Zagatey begränzt wird. Das Land -ist sehr fruchtbar, dessen Einwohner Tartaren sind, und sich zur -muhamedanischen Lehre bekennen. - - [55] Vers 58. - -_Varus_ (Quintilius), unter Augusts Regierung erst Proconsul in Syrien, -dann in denen, seit Julius Cäsar eroberten deutschen Provinzen, wurde -durch das Haupt der Cherusker, Hermann, aus seinem verschanzten Lager -bis in den Teutoburger-Wald, h. z. T. Grafschaft Lippe, gelockt und dort -sammt seinen drei Legionen zu Grunde gerichtet. Varus entleibte sich -selbst. August soll sich bei der erhaltenen Nachricht die Haare gerauft, -und ausgerufen haben: »_Varus, schaffe mir meine Legionen wieder!_« -(__Tacit. Sveton. Velej. Pater._ L. I. 2._) - - [56] Vers 103. - -_Beduinen_, oder nomadische Araber, sind unabhängige, freie Stämme -muhamedanischer Religion, die unter ihren Fürsten (Emir) oder -Familienhäuptern (Scheich) die Wüste, größten Theils unter Zelten -lebend, bewohnen. Sie sind Krieger und Hirten zugleich, und verachten -stolz alle übrigen Beschäftigungen. Seit Jahrtausenden sind ihre Sitten -dieselben geblieben, wie sie in den allerältesten Urkunden, nämlich in -der h. Schrift, durch Moses, geschildert werden. (_Niebuhr, Beschreibung -von Arabien_, S. 379 und f. -- _D'Arvieux_ III. 125.) - - [57] Vers 382. - -_Natter_. (_Cerastes_) _Hornschlange_ -- nach dem Volksglauben auch die -_Königsschlange_ genannt, weil sie, laut jenem, eine Krone auf dem -Haupte haben soll. Die arabischen Gaukler pflegen der Hornschlange zarte -Vogelklauen einzusetzen, um damit das Volk zu täuschen. - - [58] Vers 477. - -_Bürgerkrone_, war bei den Römern eine große Auszeichnung für Jenen, der -in der Schlacht einem Bürger das Leben gerettet hatte. Sie war von -Eichenlaub gemacht, und führte die Aufschrift: »_Ob civem servatum._« -Bei Schauspielen, oder im Senate, wo sie getragen wurden, stand die -ganze Versammlung vor ihm auf. - - [59] Vers 520. - -_Cornelia_, die Mutter der Gracchen, war die Tochter des älteren Scipio, -des Siegers bei Zama, und hatte zwei Söhne, Tiberius Sempronius, und -Cajus, mit ihrem verstorbenen Gatten, Tib. Semp. Gracchus, erzeugt, der -zweimal Consul war, und die Insel Sardinien eroberte. Jene beiden, von -ihrer trefflichen Mutter gebildeten, und mit den schätzbarsten -Eigenschaften ausgerüsteten Söhne, fanden in den, von ihnen erregten -bürgerlichen Gährungen (der ältere im J. 133, und der jüngere im J. 121 -vor Chr.) den Tod, indem sie als Tribunen zu sehr nach der Volksgunst -gestrebt, und das agrarische Gesetz gegen den Senat durchzusetzen -gesucht hatten. (__Liv._ I. 41. c. 12. -- _Valer. M. Plutarch_ etc._) - - - Zehnter Gesang. - - [60] Vers 116. - -_Zender_ und _Gingir_, zwei große, gen Süden unterhalb des Aequators -liegende Länder in Afrika, unter dem 50-55. Grad der Länge, und dem 5-8. -Grad der Breite. - - [61] Vers 117. - -_Gleicher_, Aequator der Erde, oder Aequinoctial-Linie, und von den -Seefahrern die _Linie_ genannt, ist derjenige größte Kreis unserer -Erdkugel, der von den Polen der Erde in allen Punkten um neunzig Grade -absteht. Alle Orte, die er durchschneidet, haben gleich lange Tage und -Nächte: daher der Nahme _Aequator_. - - [62] Vers 146. - -_Altai_, auch _Belgian_ genannt, ein großes Gebirg Asiens in der -Nord-Tartarey, und im Königreiche Montgal. - - [63] Vers 146. - -_Ural_, in der tartarischen Sprache ein _Gürtel_, ist die beinahe 300 -Meilen lange Gebirgskette, die von dem caspischen Meere beginnend, -Europa von Asien scheidet, und Sibirien von dem übrigen Theile Rußlands -trennt. - - [64] Vers 160. - -_Samum_ von den Arabern; von den Hebräern [Hebräisch: zil'afa]; von den -Türken _Samyel_, und in Afrika Hamaddan genannt, ein heißer Wind, der in -den Monathen Juni und Juli in Arabien, Persien, Babylonien, und in den -Wüsten von Aegypten; aber am heftigsten, zuweilen schon im März und noch -im November, in Nubien weht. Er dauert höchstens nur 7 bis 8 Minuten, -aber er tödtet augenblicklich Alle, die aufrecht stehen; daher ist es -nöthig, sich auf das Antlitz niederzuwerfen, die Sohlen dem Winde -zuzukehren, und so wenig als möglich Athem holend, den Mund auf den -Boden zu pressen. So streicht er dann unschädlich vorüber, da er zwei -Schuh hoch über der Erde dahin zieht, aber dennoch ein heftiges Zittern -und starken Schweiß verursacht. Die Thiere tödtet er zwar nicht, doch -senken auch sie den Kopf zur Erde, und zittern am ganzen Leibe. Die -Vorbothen des Samums sind, nach Brüce, röthliche Sandsäulen, die sich in -die Luft erheben und stets näher schweben. Die Getödteten werden -sogleich schwarz und zu Mumien gedörrt. (_Brüce's Reisen &c. im Auszug -Rinteln_ I. S. 496 und S. 129 folg. &c. -- __Thevenot Voy.__ 295. -- -Ives II. 83. &c.) - - [65] Vers 358. - -_Kairvan_ (Cairoan, Carvan), eine Stadt im Gebiethe von Tunis nicht -ferne von dem Meerbusen von Kabesch. Sie war die erste, welche die -Muhamedaner in Afrika, unter dem dritten Kalifen in Syrien, Ottmann, -gegründet hatten, und wegen ihrer hohen Schule berühmt. Doch wurde sie, -bald nach der Heimkehr Carls V. von Tunis, mit diesem Königreiche -vereinigt. (_Marmol. Africae L. 6._) - - [66] Vers 359. - -_Constantina_ (Cuguntina), die Stadt, nach Einigen das alte Cirtha, in -Nord-Afrika, liegt auf einem hartzugänglichen Felsengebirge, weßwegen -sie überaus fest ist, und gehört nun zu Algier. Zu Anfange des vierten -und fünften Jahrhunderts sind da zwei Concilien gehalten worden, von -welchen in den Werken des h. Augustinus die _Acta_ aufbewahrt sind. - - [67] Vers 510. - -_Die volle Lage geben_, heißt das schnelle Abfeuern aller Kanonen auf -der Seite eines Kriegsschiffes. - - [68] Vers 732. - -_»The Emperor marched into the Goletta through the breach; and turning -to Muley-Hassan, who attended him, »Here« -- Says he -- »is a gate open -to you, by which you shall return to take possession of your dominions.« -(_Robertson Histor. of Charles V. III. T. Book V._)_ - - - Eilfter Gesang. - - [69] Vers 44. - -_Vampyren_, die größte Gattung der Fledermäuse; und unter diesen wird -hier der so genannte _Blutsauger_ (_V. Spectrum_) gemeint, dessen -Heimath die neue Welt, Surinam, Guiana, Brasilien u. s. w. ist. Durch -das Wehen seiner Flügel erquickt er den Schlummernden, leckt ihm mit -seiner rauhen Zunge die Haut auf, und wenn das Blut, an welchem er sich -satt gesogen hatte, aus einer Hauptader strömt, so kann sich der -Fortschlummernde leicht verbluten. (_S. Tob. Wilhelm Unterh. aus der -Naturgeschichte der Säugethiere_, 1. Thl.) - - [70] Vers 255. - -_Valladolids Turnierbahn_. Carl V. ließ in seinem bereits vorgerückten -Jünglingsalter noch wenig von dem hohen Verstande, und der Thatkraft -ahnen, die ihn in der Folge als Herrscher so sehr auszeichneten, so, daß -Viele, die nicht tief genug sahen, versucht waren, ihn für blödsinnig zu -halten, bis er auf dem Turniere zu Valladolid (im J. 1517), durch seine -Gewandtheit in allen ritterlichen Uebungen, und den Wahlspruch seines -Schildes: »__Nondum!__« All' in Erstaunen setzte. (Siehe _Freih. von -Hormayrs Oestr. Plut. 6. Heft_ S. 423.) - - [71] Vers 259. - -Während Carl V. nach seiner Wahl zum röm. Kaiser, und wegen entstandener -Feindseligkeiten mit Frankreich, in Deutschland, in den Niederlanden und -in England, von Spanien abwesend war, brach Empörung und Bürgerkrieg in -allen Theilen dieses Königreichs aus. Er begann im Mai 1520 zu Toledo, -wo das Haupt der Empörer, Don Juan de Padilla, Sohn des Commandanten von -Castilien, war, und in den spätern Gefechten, im April des Jahrs 1521 -von dem Generale der königlichen Truppen gefangen und enthauptet ward. -(__Robertson History of the Reign of the Emp. Charles V. II. Volume. B. -3.__) - - [72] Vers 262. - -_Franz I._, König von Frankreich, bewarb sich sehr heiß um die deutsche -Kaiserkrone; da aber diese seinem Nebenbuhler, Carl V., zu Theil ward, -so trieb ihn, von jener Zeit an, die Rachgier unaufhörlich, diesen zu -demüthigen, und ihm in seinen Unternehmungen Hindernisse in den Weg zu -legen. Vereint -- und Beide hatten so viele Ursache, sich gegenseitig zu -achten! -- hätten sie unsäglichem Jammer, der erst Deutschland, dann -mehrere Länder Europa's traf, wehren können. (_Siehe obiges Werk_, II. -B.) - - [73] Vers 265. - -Den Titel _christlichste Majestät_, führten die Könige von Frankreich -bis auf die neuesten Zeiten, und zwar seit Chlodwig dem G. J. 496, wo er -ihm selber von dem Pabst beigelegt ward. - - [74] Vers 266. - -Franz I. war der erste christliche Fürst, der mit dem Erbfeind der -Christenheit offenbar in ein Bündniß trat. La Forest, sein -Geschäftsträger in Constantinopel, schloß (im J. 1336) solches mit -Solyman II. ab, vermöge welchem dieser Neapel und Ungarn feindlich -überziehen sollte. Es wurde ihm auf eine furchtbare Art Genüge -geleistet! (_Siehe obiges Werk_, III. B.) - - [75] Vers 278. - -Man sehe _Vogts Staats-Relationen_. VI. Bandes 2. Heft. - - [76] Vers 289. - -Der _Bauernkrieg_ in Franken und Schwaben wurde durch _Johann Böhme_, -einen Bänkelsänger im Würzburgischen, veranlaßt, wo er Freiheit und -Gleichheit aller Stände predigte. Der Krieg kam dort im J. 1525 zum -Ausbruch, und kostete über 50,000 Bauern das Leben. Mehr als 180 -Schlösser und Burgen lagen im Schutt, und 26 Klöster waren vernichtet. --- Er verpflanzte sich auch nach Sachsen und Thüringen, wo _Thomas -Münzer_, erst Schullehrer in Aschersleben, dann Prediger in Zwickau, -sich mit dem Haupte der Wiedertäufer, _Klaus Storch_, verband, und -später zu Altstedt in Thüringen die Gemeinschaft der Güter predigte. Er -kehrte nach Sachsen zurück, verband sich mit einem andern Schwärmer, -_Pfeiffer_, und sammelte einen großen Haufen Aufrührer um sich, bis er -gegen die ausgesandten sächsischen, hessischen und braunschweigischen -Heerhaufen (15. Mai 1525) die Schlacht verlor, sammt seinem Anhänger, -Pfeiffer, gefangen, und in Mühlhausen hingerichtet ward. (__Sleidan. de -statu rel._ L. 5. -- _Fabritius de orig. Sax.__) - - [77] Vers 293. - -_Der dreißigjährige Krieg_ (von 1618-1649) -- eine Folge der Reformation --- biethet ein Schauspiel unerhörter Grausamkeiten dar. Während diesen -ward Deutschland von einem Ende zum andern durch Mord und Brand verödet, -und um viele Millionen Menschen ärmer gemacht. Der westphälische Friede -setzte ihm zwar ein Ziel; aber was durch ihn zerstört worden, wird wohl -keine Zeit mehr ersetzen. (_Siehe Schillers und Westenrieders Geschichte -des dreißigjährigen Krieges._) - - [78] Vers 315. - -Die Geschichte von beinahe zwei Jahrzehenden vor der Völkerschlacht von -Leipzig liefert die unwiderlegbaren Belege zu dieser Stelle! - - [79] Vers 320. - -18. Oktober 1813!! - - [80] Vers 328. - -_Leser!_ möchte dir der Zuruf nicht fremd seyn, welchen der gütigste -Landesvater am 1. Hornung 1806 an seine Völker richtete, und der mit den -Worten beginnt: »Ich habe meinen guten und treuen Völkern den Frieden -gegeben!« -- und mit den Worten endet: »Durch das wechselseitige Band -des festesten Vertrauens und der innigsten Liebe mit meinen Unterthanen -verbunden, werde ich nur dann erst glauben, meinem Herzen als Fürst und -Vater genug gethan zu haben: wenn Oestreichs Flor fest gegründet, wenn -vergessen ist, was seine Bürger litten, und nur das Andenken an meine -Opfer, an ihre Treue, und an ihre hohe unerschütterliche Vaterlandsliebe -noch lebt!« - - [81] Vers 342. - -_St. Just_. Nicht ferne von der Stadt Placenzia, in Estremadura, lag das -einsame Kloster der Hieronymitaner, St. Just, das Carl V. viele Jahre -vor seiner Abdankung zu seinem einstigen Asyl erkoren hatte. Es lag in -einem lieblichen Thale mit einem hellen Bach, mit Hügeln und Wäldern -umher, und war wegen seiner gesunden Luft berühmt. Einige Monate vor -seiner Ankunft erschienen dort Werkleute, die seine aus fünf bis sechs -Klosterzellen bestehende Wohnung, mit einem Ausgang in den Garten, den -er selbst pflegen, und dem andern in die Capelle, wo er seine Andacht -halten wollte, bereiteten. Er zog daselbst am 24. Februar des J. 1557 -ein, und starb am 12. September 1558 in seinem 59. Lebensjahre. - - - Zwölfter Gesang. - - [82] Vers 336. - -_Grätz_, die Hauptstadt der Steyermark, und der Sitz des Guberniums von -Inner-Oestreich, mit beiläufig 40,000 Einwohnern. - - [83] Vers 340. - -Im Jahre 1532 stand Solymann II. mit einer ungeheuren Macht vor Wien, -und zog sich bei der Annäherung Carls V., der an der Spitze eines Heeres -von mehr denn 90,000 Mann zum Entsatz herbeieilte, durch Ungarn bis nach -Constantinopel zurück. (__Jov. Hist._ L. 30. p. 100._) - - [84] Vers 344. - -Bei der Beschreibung des letzten Kampfes vor Tunis, führt Jovius -(__Hist._ L. 34. p. 361 _apud Schard.__) die Worte Carl V. an, der -mitten im Kugelregen Del Guasto diese Antwort gab. (_»Subridens Caesar, -et ne id timeret, subdens, quando Augustorum Caesarum nemo unquam -tormenti violentia concidisset.«_) - - [85] Vers 555. - -Psalm 125. - - [86] Vers 608. - -Robertson sagt von der Plünderung der Stadt Tunis durch die Christen -(__History of the Reign of the Emperor Charles_ V. Vol III. p. 115_): -»_Above thirty thousand of the innocent inhabitants perished on that -unhappy day, and ten thousand were carried away as slaves._« -- -Eutropius im Werke (__Diarium Expeditionis Tunetanae_ p. 334. _apud -Schard.__) sagt: »_Post introitum Imperatoris in urbem, ecce tibi Miles -Hispanus aliquotque alii stationarii, passim in aedes magno impetu -irruunt, .... _Mauros resistentes_ occidunt, spoliant, compilant, -evertunt omnia cum pulvere._« -- __P. Jovius Hist. Lib._ 34. pag. 363 -_apud Schard__ sagt: »_Primus inhiantium praedae impetus, uti -invadentium et effringentium fores varii casus tulerunt, promiscua caede -cruentus fuit._« -- Beide setzen hinzu: »__Caesar sevitiae modum -imposuit, pronunciarique jussit, capitale fore, si quis Tunetanum -violaret civem, aut in servitutem abduceret.__« -- Sepulveda, dem Carl -V. sein ganzes Leben erzählte, und mit jenen Beiden ihm gleichzeitig -war, sagt: »_In hac direptione ex oppidanis _pauci_ gladio conciderunt, -et hi suo magna ex parte stulto consilio, qui muros rebus desperatis, ne -conati quidem tueri, suas domos, uxoresque et liberos defendere quidam -tentaverunt. Qua temeritate milites irritati _in nonnullos_ sine -discrimine parumper saevierunt, praesertim Germani etc._« (Siehe: -__Opera P. Sepulvedae_ Vol. I. p. 405. Matriti ex Typ. Reg. 1780._) -- -Dieß zur Würdigung obiger Geschichte! - - - - - Anmerkungen zur Transkription - - -Die Schreibweise der Buchvorlage wurde weitgehend beibehalten. - -Satzzeichen wurden in eindeutigen Fällen stillschweigend korrigiert. -Einige wenige weitere Fehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt, -teilweise unter Verwendung weiterer Ausgaben (vorher/nachher): - - [S. 50]: - ... Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und lauft auf - dem Sandpfad ... - ... Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und läuft auf - dem Sandpfad ... - - [S. 405]: - ... Samum von den Arabern; von den Hebräern [Hebräisch: - vil'afah]; von den ... - ... Samum von den Arabern; von den Hebräern [Hebräisch: zil'afa]; - von den ... - - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Tunisias, by Johann Ladislav Pyrker - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK TUNISIAS *** - -***** This file should be named 56086-8.txt or 56086-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/6/0/8/56086/ - -Produced by richyfourtytwo, Heiko Evermann, Jens Sadowski, -and the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net. - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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Cotta'scher Verlag, Stuttgart und Tübingen" --> - <!-- DATE="1855" --> - <!-- COVER="images/cover-page.jpg" --> - -<style type='text/css'> - -body { margin-left:15%; margin-right:15%; } - -div.frontmatter { page-break-before:always; } -h1.title { text-indent:0; text-align:center; margin-top:3em; margin-bottom:1em; } -.subt { text-indent:0; text-align:center; font-weight:bold; margin-bottom:5em; } -.aut { text-indent:0; text-align:center; margin-top:3em; margin-bottom:2em; - font-weight:bold; } -.ser { text-indent:0; text-align:center; margin-bottom:2em; - font-size:1.5em; font-weight:bold; } -.run { text-indent:0; text-align:center; font-size:0.8em; margin-bottom:3em; } -.vol { text-indent:0; text-align:center; font-weight:bold; margin-bottom:2em; } -.pub { text-indent:0; text-align:center; margin-top:2em; margin-bottom:2em; } -.pub .line1{ text-indent:0; text-align:center; font-weight:bold} -.pub .line2{ text-indent:0; text-align:center; letter-spacing:0.2em; } -.pub .line3{ text-indent:0; text-align:center; font-weight:bold} -hr.hr10 { border:0; border-top:2px solid black; width:10%; margin: 0 45% 0 45%; } - -h2 { text-indent:0; text-align:center; margin-top:2em; margin-bottom:1em; - page-break-before:always; } -h3 { text-indent:0; text-align:center; margin-top:1em; margin-bottom:1em; } - -p { margin:0; text-align:justify; text-indent:1em; } -div.toc { font-size:0.8em; } -div.toc p { text-indent:0; } -p.cap { text-indent:0; text-align:center; font-size:0.8em; } - -/* "emphasis"--used for spaced out text */ -em { letter-spacing:.1em; margin-right:-0.1em; font-style:normal; } - -/* antiqua--use to mark alternative font for foreign language parts if so desired */ -.antiqua { font-style:italic; } - -.hebrew { font-size:1.2em; } - -.underline { text-decoration: underline; } -.hidden { display:none; } - -/* footnotes */ -div.footnotes { font-size:0.8em; } -p.footnote { margin:1em; text-indent:0; text-align:center; font-weight:bold; } -p.footnote2 { margin:1em; margin-top:0; text-indent:0; } - -/* poetry */ -div.poem { text-align:left; text-indent:0; margin-top:1em; margin-bottom:1em; } -div.poem .line { text-align:left; text-indent:-2em; margin-left:5em; } -div.poem.footnote2 .line { margin-left:6em; font-style:italic; } -div.poem p.line:first-of-type { text-indent:-1em; } -div.poem.first p.line:first-of-type { text-indent:-2em; } -div.poem.footnote2 p.line:first-of-type { text-indent:-2em; } -span.firstchar { font-size:2em; line-height:0.5em; } - -a:link { text-decoration: none; color: rgb(10%,30%,60%); } -a:visited { text-decoration: none; color: rgb(10%,30%,60%); } -a:hover { text-decoration: underline; } -a:active { text-decoration: underline; } - -/* Transcriber's note */ -div.trnote { font-size:0.8em; line-height:1.2em; background-color: #ccc; - color: #000; border: black 1px dotted; margin: 2em; padding: 1em; - font-family:sans-serif; page-break-before:always; margin-top:3em; } -div.trnote p { text-indent:0; margin-bottom:1em; } -div.trnote ul { margin-left: 0; padding-left: 0; } -div.trnote li { text-align: left; margin-bottom: 0.5em; margin-left: 1em; } -div.trnote ul li { list-style-type: square; } -div.trnote .transnote { text-align:center; font-weight:bold; } - -/* page numbers */ -a[title].pagenum { position: absolute; right: 1%; } -a[title].pagenum:after { content: attr(title); color: gray; background-color: inherit; - letter-spacing: 0; text-indent: 0; text-align: right; font-style: normal; - font-variant: normal; font-weight: normal; font-size: x-small; - border: 1px solid silver; padding: 1px 4px 1px 4px; - display: inline; } - -div.centerpic { text-align:center; text-indent:0; display:block; } - -@media handheld { - body { margin-left:0; margin-right:0; } - em { letter-spacing:0; margin-right:0; font-style:italic; } - div.poem .line { margin-left:2em; } - a.pagenum { display:none; } - a.pagenum:after { display:none; } -} - -</style> -</head> - -<body> - - -<pre> - -The Project Gutenberg EBook of Tunisias, by Johann Ladislav Pyrker - -This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most -other parts of the world at no cost and with almost no restrictions -whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Tunisias - Johann Ladislav Pyrker's sämmtliche Werke (1/3) - -Author: Johann Ladislav Pyrker - -Release Date: November 30, 2017 [EBook #56086] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK TUNISIAS *** - - - - -Produced by richyfourtytwo, Heiko Evermann, Jens Sadowski, -and the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net. - - - - - - -</pre> - - -<div class="frontmatter"> -<div class="centerpic"> -<img src="images/pyrker.jpg" alt="" /> -<p class="cap"> -Pyrker -</p> - -</div> - -</div> - -<div class="frontmatter"> -<p class="aut"> -Johann Ladislav Pyker’s -</p> - -<p class="ser"> -sämmtliche Werke. -</p> - -<p class="run"> -Neue durchaus verbesserte Ausgabe. -</p> - -<p class="vol"> -Erster Band. -</p> - -<hr class="hr10" /> - -<p class="pub"> -<span class="line1">Stuttgart und Tübingen.</span><br /> -<span class="line2">J.B. Cotta’scher Verlag.</span><br /> -<span class="line3">1855.</span> -</p> - - <div class="frontmatter"> -<div class="centerpic"> -<img src="images/tunisias.jpg" alt="" /> -<p class="cap"> -Tunisias -</p> - -</div> - - </div> -</div> - -<div class="frontmatter"> -<h1 class="title"> -Tunisias. -</h1> - -<p class="subt"> -Ein Heldengedicht in zwölf Gesängen. -</p> - -</div> - -<h2 class="toc" id="part-1"> -<a id="page-3" class="pagenum" title="3"></a> -Inhalt der zwölf Gesänge. -</h2> - -<div class="toc"> -<h3 class="sub" id="chapter-1-1"> -<a href="#part-2">Erster Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Eingang. Ein Eilbothe meldet dem Kaiser, die Schiffsmacht der Feinde -sey gegen Barcellona im Anzug. Zugleich kommt Muley Hassan, der -vertriebene König von Tunis, von ihm Schutz zu erflehen. Des Kaisers -Abendgebeth im Dom zu Madrid. Die Stunde der Weihe. Muhamed -in der Felsenhöhle des Aetna. Er erhebt sich mit seiner Geisterschar dem -Hairaddin helfend zu nahen. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-2"> -<a href="#part-3">Zweiter Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Der Kaiser beruft noch in der Nacht die Versammlung der Cortes, -und eilt mit Muley Hassan nach Barcellona. Aus dem Schooße des Erdballs -ziehen Hannibal, Hermann, und Regulus dem Kaiser zu Hülfe. -Regulus eilt nach Tunis voraus, und haucht den gefangenen Christen -Trost ein. Muhamed ruft aus dem übersinnlichen Raum noch den Attila -zu Hülfe. Er erregt Mißtrauen in Muley Hassans Brust. Nächtliche -Landung, und Raub der Corsaren. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-3"> -<a href="#part-4">Dritter Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Ein Theil der Seemacht versammelt sich vor Barcellona. Erst kommt -Doria, dann Ludwig von Portugal, dann Ruyter mit den Niederländern. -Der andere Theil an der wälschen Küste zu Porto Venere. Einschiffung -der Wälschen und Deutschen. Aufzählung der deutschen Scharen. Ihre -Abfahrt. Nacht. Muhamed erregt den Corsaren, Abdul, das nachsegelnde -Schiff Sarno’s zu entern. Sarno gefangen. Die römische Macht vereint -sich mit jenen. Ankunft vor Neapel. Toledo, des Vicekönigs Sohn, dessen -von den Corsaren geraubte Gattinn, Mathilde, sich zu Tunis befindet, -schließt sich mit Neapels Macht an. Abfahrt nach Cagliari. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-4"> -<a href="#part-5">Vierter Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Ankunft des Kaisers zu Barcellona. Einschiffung und Abfahrt nach -Cagliari. Ausbruch des Aetna. Seesturm. Morgen. Die feindliche -<a id="page-4" class="pagenum" title="4"></a> -Schiffsmacht jener des Kaisers entgegen. Die Geister nahen. Muhamed eilt -nach Afrika voraus. Die übrigen bleiben. Doria fordert vom Kaiser die -Schlacht, und die Leitung derselben. Hermann will den Kaiser selbst zum -Oberbefehle vermögen: dieser widersteht. Seeschlacht. Die feindliche Flotte -anfangs im Vortheil. Regulus dringt in den Doria sie zu trennen. Die -feindliche Schiffsmacht vernichtet. Sarno befreiet. Hannibal tritt bei -dem Anblick des waltenden Römers auf die Seite Hairaddins, und eilt -in sein altes Vaterland. Abfahrt nach Tunis. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-5"> -<a href="#part-6">Fünfter Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Auf dem Wege schließt sich das Geschwader Maltha’s an. Drohende -Wachfeuer an der afrikanischen Küste. Ankunft vor Buschatter (Utika), -dann am Vorgebirge Karthago’s, und Goletta. Der Kaiser sendet zwei -Späherschiffe die Landungsplätze zu erkunden. Hairaddin wird die Ankunft -der Christen gemeldet. Er eilt nach Goletta. Muhamed erregt ihn, -eines der Späherschiffe vernichten zu lassen. Drauf beruft er seine Feldherrn -zum Kriegsrath, und kehrt nach Tunis zurück. Regulus zeigt Hugo, -dem treuen Diener Mathildens, die Weise sie zu retten. Kurd. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-6"> -<a href="#part-7">Sechster Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Der Kaiser entläßt aus dem Kriegsrath die versammelten Feldherrn. -Waffnet sich. Landung. Seine Rede an das gelandete Heer. Ordnung -desselben. Dragut, in dessen Macht sich Mathilde befindet, nahet mit dem -Vortrab. Vorkampf. Lichtstein verjagt die Feinde. Attila reitzt den Dragut -zurückzukehren; er fordert den feindlichen Führer zum Zweikampf. -Toledo ihm entgegen. Sie verwunden sich beide, und werden getrennt. -Die Maltheser beschießen vom Meere heran die feindliche Stellung, landen, -und verjagen mit Lichtsteins Reitern den Vortrab. Hairaddin, der ihm zu -Hülfe eilt, wird mit fortgerissen. Das christliche Lager noch in der Nacht -auf Karthago’s Stätte erbaut. Der Kaiser im Kreise der Krieger entschlummert. -Ihm nahet Hermann, und kündet ihm seine Siege jenseits der -Meere. Die Krieger entflammen die Lagerfeuer, kochen ab, und genießen -das Nachtmahl. Kurd kündet Toledo die Rettung Mathildens. Attila -erregt den Sinam das Lager der Christen zu überfallen. Viele Christen -getödtet. Hardwins Opfertod. Rogendorf, der Feldzeugmeister, feuert mit -Donnerröhren in die Feinde. Salis verfolgt mit den tyrolischen Schützen -die Fliehenden, und wird von dem Kaiser ausgezeichnet. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-7"> -<a href="#part-8">Siebenter Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Morgen. Der Kaiser auf den Ruinen Karthago’s. Muhamed und -Attila mit ihren Scharen erregen im Cedernwald von Zafrano eine -<a id="page-5" class="pagenum" title="5"></a> -Riesenschlange, die Christen an der Errichtung der Schanzen zu hindern. -Viele durch sie getödtet. Ludwig eilt ihnen zu Hülfe. Regulus. Die Riesenschlange -durch Ludwig erlegt. Die Schanzen gegen Goletta erbauet. -Sarno mit den Wälschen besetzt die äußersten Schanzen. Alba als Friedensgesandter -zu Tunis. Der Friede von Hairaddin verworfen. Mathilde. -Hugo macht ihr die Anstalten zu ihrer Rettung bekannt. Die Beschießung -Goletta’s beginnt. Große Hitze. Saleck greift die Schanzen der Wälschen -an. Sarno, aus den Schanzen gelockt, tödtet den Saleck, aber auch er -wird durch eine Kugel getödtet. Seine Krieger kehren mit seiner Leiche -fechtend zurück. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-8"> -<a href="#part-9">Achter Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Der Kaiser tröstet die Krieger Sarno’s, und gebiethet der Veste durch -Schanzen und durch bedeckte Wege näher zu rücken. Hugo hilft Mathilden -entfliehen, und wird gefesselt in die Kerker der Hochburg geschleppt. Mathilde -in der Höhle des Olivenwaldes empfindet die Wehen der nahen Entbindung. -Cornelia. Hairaddins Unruhe. Muhamed erregt den Verschnittenen Memi, -ihn durch Tanz und Spiele circassischer Jungfrauen zu erheitern, aber vergebens. -Hairaddin heißt den Tobukes die Schanze der Spanier stürmen. -Die Spanier überwältigt, fliehen. Der Kaiser, von Hermann gewarnt, -eilt heran, und die Feinde werden zurückgetrieben. Tobukes ermordet sich -selbst. Hairaddin rückt durch das Olivengehölz vor. Toledo mit Kurd auf -dem Wege zur Höhle, kehrt bei Erblickung der Feinde zurück in das Lager, -wo der Kaiser eben Heerschau hält. Dieser sendet den Lichtstein mit erlesenem -Volk die Bergschanze zu erstürmen, und rückt mit einem Theile des -Heeres dem Feinde entgegen. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-9"> -<a href="#part-10">Neunter Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Muhamed und Attila treiben die Feinde eilender vor. Angriff Hairaddins -in dem Olivengehölz. Die Spanier weichen. Mendoza führt sie -wieder vor. Er wird verwundet. Garzia Lasso führt ihm die Reiterschar -zu Hülfe. Erstürmung der Bergschanze. Hairaddin gebiethet erneuerte -Schlacht. Muhamed bringt Garzia Lasso in große Gefahr, aus welcher -ihn der Kaiser errettet. Mathildens Tod. Toledo dringt zur Höhle vor, -und findet dort seine entseelte Gattinn. Heftiger Kampf an dem linken -Flügel des Heeres. Ursini, der römische Feldherr, weicht; doch Alba bringt -ihm mit den schwergeharnischten Reitern Hülfe, und zwingt auch Hairaddin -zum Rückzug. Der Kaiser kommt zur Höhle, und führt Toledo nach -dem Lager. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-10"> -<a id="page-6" class="pagenum" title="6"></a> -<a href="#part-11">Zehnter Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Hannibal fordert den Sinam auf, das schwere Geschütz der Christen -zu vernageln. Muhamed aber eilt mit Attila, und ihren Scharen nach -dem Innern Aethiopiens, und erregt den Samum, daß er mit seinem -Flammenhauch das christliche Heer vernichte. Giaffar stürmt die Schanze -der Niederländer und Portugiesen, und vernagelt einiges Geschütz. Zweikampf. -Don Ludwig tödtet den Giaffar. Sinam kommt den Seinen zu -Hülfe. Heftiger Kampf. Der Samum nahet, wird aber von einem Unsterblichen -zurückgetrieben. Erdbeben, Donner und Stürme wüthen. Der -Kaiser befiehlt in denselben Goletta’s Erstürmung. Rückzug des Feindes. -Die letzte Beschießung der Veste beginnt. Die geordneten Scharen der -Christen dringen vor. Goletta erstürmt. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-11"> -<a href="#part-12">Eilfter Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Nacht. Hairaddin sinnt auf Selbstmord. Muhamed dringt in ihn, -die Christensclaven zu tödten. Sinam bringt ihn von seinem Entschlusse -ab. Die Einwohner von Tunis werden entwaffnet. Regulus bewegt den -Renegaten, Medelin, daß er den Christensclaven die Bande löse. Des -Kaisers Trauer. Gespräch mit Eberstein, dem er seinen Entschluß entdeckt, -einst in der Einsamkeit sein Leben zu enden. Toledo ermannt sich. Morgen, -Feier des Abendmahls. Begrabung der Todten. Aufbruch des Heeres -nach Tunis. Hairaddin nahet von dort mit dem Heere. Der Angriff -wird auf den folgenden Tag verschoben. Er sendet den Abu-Sa-id, das -Lager der Christen, im Rücken, zu stürmen. Hugo entkommt dem Kerker, -und bringt dem Kaiser von den Christensclaven Kunde. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-1-12"> -<a href="#part-13">Zwölfter Gesang.</a> -</h3> - -<p> -Morgen. Der Kaiser gibt das Zeichen des Angriffs. Salis vereitelt -Abu-Sa-ids List, und tödtet ihn. Schlachtordnung der Christen. Der -Kaiser hält eine Rede an sie, und führt sie dem Feinde entgegen. Die -Geister der Schlacht entrückt. Vorgefecht. Heftiges Schießen aus dem -großen Geschütz. Angriff. Dragut von Toledo getödtet. Allgemeine Schlacht. -Toledo von Hairaddin erlegt. Die Feinde dringen vor, und umzingeln del -Guasto, der sich in der Stellung des Vierecks wehrt. Der Kaiser kommt -ihm zu Hülfe, und verwundet den Hairaddin. Letzter mörderischer Kampf. -Flucht der Türken. Hugo findet seinen getödteten Herrn, und begräbt ihn -in der Höhle des Olivenwaldes, an der Seite seiner Gattinn. Der Vortrab -dringt in die Stadt. Der Kaiser langt an den Thoren an, wo ihm die -Aeltesten entgegen kommen. Befreiung der Christensclaven. Einzug zu -Tunis! -</p> - -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-2"> -<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a> -Erster Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">T</span><span class="postfirstchar">ön’</span> o Heldengesang, die Waffenthaten des Kaisers</p> - <p class="line">Carol, die er vollbracht’ auf dem wogenden Meer’ und dem Festland,</p> - <p class="line">Als er vom schmählichen Joch tunisischer Räuber die Christen</p> - <p class="line">Lös’te mit Siegers Hand, Europa’s zagenden Völkern</p> - <p class="line">Frieden errang, und dem Meer’ erkämpfte die heilige Freiheit.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Haben Unsterbliche jetzt, in der Stunde der Weihe, vor allen</p> - <p class="line">Mir das Auge berührt? Ich seh’ urplötzlich der Geister</p> - <p class="line">Schauderumnachtetes Reich erhellt, und im freudigen Eilflug</p> - <p class="line">Zahllos schreiten einher die Heldensöhne der Vorwelt,</p> - <p class="line">Die in dem Schlachtengefild’, entzweiet, die Völker empören;</p> - <p class="line">Sehe den Kaiser zuerst, im Sturm des Donnergeschützes,</p> - <p class="line">Werfen des Feindes Schiffheersmacht in den brausenden Abgrund;</p> - <p class="line">Dann ihn, laut umjauchzt von Tausenden, landen vor Tunis,</p> - <p class="line">Schimmern die Fahne des Siegs von Goletta, vom blutigen Schlachtfeld</p> -<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a> - <p class="line">Fliehen den Feind, und dort in dem Staub die entfesselten Sclaven</p> - <p class="line">Knieen, und netzen des Retters Hand mit glühenden Thränen,</p> - <p class="line">Der, o Wonne, sie heim in das Vaterland, und entgegen</p> - <p class="line">Segnenden Lieben führt aus Schmach, und Qual, und Verzweiflung!</p> - <p class="line">O wie bebt mir die Brust: herauf aus den Tiefen des Herzens</p> - <p class="line">Strömt der Gesang, und kündet der Thaten erhab’ne Vollendung!</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hoch auf dem Erker der Burg, im Duft der Acacienblüthen,</p> - <p class="line">Sanftumschimmert vom Abendgold, saß jetzo der Kaiser,</p> - <p class="line">Sinnend allein. Er dachte des eilegebiethenden Heerzugs;</p> - <p class="line">D’rüben vor Tunis der Schlacht, und des wechselnden Schlachtengeschickes</p> - <p class="line">Ernstumhülleten Blick’s. Gestalten der mächtigen Vorzeit</p> - <p class="line">Schwebten ihm, dräuend, vorbei; er sah die verödeten Felder</p> - <p class="line">Einstigen Ruhms, wo Hannibals Stolz dem gewaltigen Römer<a class="fnote" href="#footnote-1" id="fnote-1">[1]</a></p> - <p class="line">Huldigte, und für den Sieg des weltversöhnenden Kreuzes</p> - <p class="line">Frankreichs Ludwig starb: fürwahr ein heiliger König!<a class="fnote" href="#footnote-2" id="fnote-2">[2]</a></p> - <p class="line">Und ihm pochte die Brust laut auf in der Stille des Abends.</p> - <p class="line">Siehe, da scholl entlang die Wölbung des drönenden Thorwegs</p> - <p class="line">Hufesgerassel, und Leben erwacht’ in den untersten Hallen!</p> - <p class="line">Näher die Stufen herauf, im Klirren des Waffengeschmeides,</p> - <p class="line">Kam ein Ritter: Alonzo-Cid, des spanischen Fußvolks</p> -<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a> - <p class="line">Führer, das an dem Meer’, unferne dem Strand Barcellona’s,</p> - <p class="line">Harrte des heiligen Kampfs für Recht, für Glauben und Freiheit.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzo dem Herrscher genaht, sprach er, empört in dem Busen:</p> - <p class="line">„Herr, von Mendoza gesandt, dem tapferen Heldengebiether,</p> - <p class="line">Komm’ ich, ein eilender Bothe heran: uns nahen die Gegner!</p> - <p class="line">Hairaddins<a class="fnote" href="#footnote-3" id="fnote-3">[3]</a> Seemacht kreuzt vor Hispania’s schönen Gestaden,</p> - <p class="line">Jetzo gerüstet zur Schlacht, dann wieder unendlichen Jammer</p> - <p class="line">Dräuend dem Küstenvolk und den heereversammelnden Schiffen.“</p> - <p class="line">„Wie,“ so rief ihm der Kaiser, erstaunt: „noch wagte der Räuber</p> - <p class="line">Uns in Europa zu nah’n, da wir nach Afrika’s Küsten</p> - <p class="line">Wenden den Kiel, und lösen die schimmernden Segel zur Abfahrt?</p> - <p class="line">Wehe dem Wüthrich, denn dort, wo empor aus blutigem Raubwust</p> - <p class="line">Sein entsetzlicher Thron sich hob, und unzählige Christen</p> - <p class="line">Decket in Kerkersnacht: dort treff’ ihn die Rach’ und Verderben —</p> - <p class="line">Treffe Fluch ihn, und Schmach zur Vergeltung unendlichen Jammers!</p> - <p class="line">Eile zurück’, und entbiethe von mir dem tapferen Feldherrn,</p> - <p class="line">Daß er versammle sein Volk an dem Meer’, und wehre den Räubern</p> - <p class="line">Dort den Ueberfall und die Landung: denn nur im Dunkeln,</p> - <p class="line">Wie der hungernde Wolf, der Nachts die Hürde bestürmet,</p> - <p class="line">Dräu’n sie Schrecken dem Feind, nicht im Lichte der brausenden Seeschlacht,</p> -<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a> - <p class="line">Die mein Doria<a class="fnote" href="#footnote-4" id="fnote-4">[4]</a> kämpft, ein Adler im Fluge zum Himmel.</p> - <p class="line">Gehe mit Gott! Ich folge dir schnell zu dem Strande des Meers hin.“</p> - <p class="line">Und er winkte mit Huld dem gepriesenen Führer zum Abschied.</p> - <p class="line">Aber er zögerte noch, und begann: „Dem Räuber entfliehend,</p> - <p class="line">Wie vor dem grimmigen Luchs ein Reh durch Schnelle sich rettet,</p> - <p class="line">Stieg, erst heute vom Bord des raschhersegelnden Schiffes</p> - <p class="line">Muley-Hassan<a class="fnote" href="#footnote-5" id="fnote-5">[5]</a> an’s Land, dem Hairaddin, schnaubend vor Herrschsucht,</p> - <p class="line">Jüngst die Krone von Tunis geraubt. Er folgte mir schweigend</p> - <p class="line">Nach Madrid, zum Palast, ein Flehender, daß du ihn hörest.“</p> - <p class="line">Jetzt erhob sich, bewegt, der hochgesinnete Kaiser;</p> - <p class="line">Eilte die Wendeltreppe herab, und sah nach dem Fremdling</p> - <p class="line">Forschend umher. Er saß an der Marmorsäule der Halle,</p> - <p class="line">Selber ein Marmorbild, auf die kreuzenden Beine gesunken,</p> - <p class="line">Die das räumige Kleid umfing, und der wallende Kaftan</p> - <p class="line">Deckte, mit Zobel umbrämt. Sein finsteres Auge, beschattet</p> - <p class="line">Tief von des Tulbans Bund, hing starr am glänzenden Estrich,</p> - <p class="line">Und er regte sich nicht, voll Grams hinbrütend, ein Schaubild</p> - <p class="line">Wechselnden Erdenglücks und leichtentschwindender Hoheit.</p> - <p class="line">Jetzo vernahm er den Tritt des nahenden Herrschers. Er bebte,</p> - <p class="line">Sank auf die Knie’, und rief, mit tiefergreifender Stimme:</p> - <p class="line">„König des Abendlands, dir wirft sich ein König zu Füßen,</p> - <p class="line">Gleich den Sclaven, die einst vor ihm zum Staube sich bückten!</p> - <p class="line">Ach, ein König nicht mehr: ein Flüchtling zu Land’ und zu Wasser,</p> -<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a> - <p class="line">Freundlos, reich nur an Gram und an Haß unzähliger Gegner,</p> - <p class="line">Fleht er um Hülfe zu dir — ein Würdiger, so du verzeihest,</p> - <p class="line">Christenbeherrscher, daß er im Gesetz des Propheten geboren ...“</p> - <p class="line">Also der König: da hob, im Innern erschüttert, der Kaiser</p> - <p class="line">Schnell von dem Boden ihn auf. Er drückte, freundlichen Blickes,</p> - <p class="line">Ihm die zitternde Recht’, und entgegnet’ ihm rasch und entschlossen:</p> - <p class="line">„Sey willkommen im Abendland! Den Glauben, o Fremdling,</p> - <p class="line">Wägt ein Höh’rer, denn wir; doch Menschen ist heilig das Unglück:</p> - <p class="line">D’rum verkünde das deinige jetzt mit Muth und Vertrauen!“</p> - <p class="line">Hassan staunte mit Thränen ihn an, und als er, zum Zeichen</p> - <p class="line">Innigen Dankes, den wogenden Bart mit der Linken berührte —</p> - <p class="line">Segnend die Recht’ erhob, begann er mit Muth und Vertrauen:</p> - <p class="line">„Gott, der Alles erschuf, und die Erde mit allen Gestirnen</p> - <p class="line">Lenkt, allmächtigen Winks, gewähre dir Fülle des Segens,</p> - <p class="line">Weil du, o Herr, den Flehenden ehrst, den mitten im Frieden</p> - <p class="line">Hairaddins Meuchelschwert, noch rauchend vom Blute der Fürsten,</p> - <p class="line">Jüngst aus dem Erbe der Väter vertrieb. Er raubte Telmessans,</p> - <p class="line">Algiers Thron: hier Selim Euthemi, den König, erdrosselnd,</p> - <p class="line">Dort erwürgend zugleich Abu-Hamu, den Herrscher, und Masud,</p> - <p class="line">Dem er die Krone verhieß, mit sieben aufblühenden Söhnen.</p> - <p class="line">Soll, Hohn biethend dem Recht, noch Huldigung lohnen dem Frevel?</p> -<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a> - <p class="line">Wehe, Suleyman,<a class="fnote" href="#footnote-6" id="fnote-6">[6]</a> der große genannt von niedrigen Seelen,</p> - <p class="line">Ehrte des Räubers That, und gab mein herrliches Erbland</p> - <p class="line">Ihm zum Lohn’, als schändlicher Treubruch auch in des Bruders</p> - <p class="line">Herzen die giftigen Keime geweckt! Al-Raschid, der Frevler,</p> - <p class="line">Zwillinggeboren mit mir, denn liebend säugt’ uns die Mutter</p> - <p class="line">Selbst an der zärtlichen Brust, dem grauenden Vater zur Wonne,</p> - <p class="line">Eilte nach Istambul,<a class="fnote" href="#footnote-7" id="fnote-7">[7]</a> ein Flüchtender, frecher Empörung</p> - <p class="line">Strafe scheuend. Sie ward ihm dort: denn meuchlingsgemordet,</p> - <p class="line">Fröhnt’ er nur Hairaddins List, der schnell Goletta, die Festung,</p> - <p class="line">Dann auch Tunis gewann, im Nahmen des Todten gebiethend,</p> - <p class="line">Welchem das Volk anhing, das immer der Neuerung hold ist.</p> - <p class="line">Schwer entrann ich des Wüthrichs Hand, und beuge mich jetzo</p> - <p class="line">Tief im Staube vor dir, Hispania’s mächtiger König,</p> - <p class="line">Daß mir werde der Väter Thron im Kampfe der Rettung</p> - <p class="line">Tausender, den du beginnst! Dein sey von Tunis die Herrschaft —</p> - <p class="line">Muley Hassan, Mehemeds Sohn, dein treuer Vasall nur.“</p> - <p class="line">Doch mit der Recht’ an der Brust begann dann jener, betheuernd:</p> - <p class="line">„Frei zu kämpfen mein Volk — zu rächen die Schmach und die Freveln,</p> - <p class="line">Die von dem frechen Korsaren es litt an den heimischen Küsten</p> - <p class="line">Und auf dem Meer, das segenspendend die Welten vereine,</p> - <p class="line">Sey mir das heilige Ziel im Waffengefilde vor Tunis.</p> - <p class="line">Dein ist der Ahnen-Thron, und soll dir werden in Freiheit:</p> - <p class="line">Deß’ sey Gott, der allwissend’, ein Zeug’, und ein Rächer des Meineids!“</p> -<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a> - <p class="line">Also rief er, bewegt, und Hassans finsteres Antlitz</p> - <p class="line">Leuchtete gleich dem Mond, der Wetterwolken entschwebte.</p> - <p class="line">Gastlich sah er sich dann im hohen Palaste beherbergt.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Aber zum heiligen Dom’ hinwandelte jetzt in des Abends</p> - <p class="line">Stille der Kaiser allein, um dort, auf die Kniee gesunken,</p> - <p class="line">Seine Seele mit Muth und Stärke zu rüsten. Er flehte:</p> - <p class="line">„Ewiger, dein allmächtiger Arm hat Israels Scharen</p> - <p class="line">Durch die Tiefen geführt des seitwärtsweichenden Meeres,</p> - <p class="line">Daß sie die Fluthenwand entlang, wie auf grünenden Matten</p> - <p class="line">Wandelten! Schnell, wie ein Sturm herbraust, so stürzte dein Odem</p> - <p class="line">Ueber Pharao’s Macht die Wässer zusammen, daß alle,</p> - <p class="line">Mann, und Wagen, und Roß, wie Blei versanken im Abgrund.</p> - <p class="line">Deinem allmächtigen Hauch’ erbebten Jericho’s Mauern,</p> - <p class="line">Und versanken in Schutt, als Josua’s Volk sie im Sieg’sruf</p> - <p class="line">Seiner Drometen umfing. Ich ziehe zu Felde: gewähre</p> - <p class="line">Mir ein Zeichen der Huld und der beifallwinkenden Allmacht!“</p> - <p class="line">Also bethet’ er leis’. Aus den farbigen Scheiben des Fensters</p> - <p class="line">Flog ein leuchtender Strahl der Abendsonn’ ihm vorüber;</p> - <p class="line">Aber zugleich ein Glanz, dem tausende Sonnen verlöschen,</p> - <p class="line">Flammte mit Donnergetön’ in dem Allerheiligsten nieder,</p> - <p class="line">Und des unendlichen Doms aufthürmende Säulen erbebten.</p> - <p class="line">Leise wogte der Grund. Aus der silbernstrahlenden Orgel</p> - <p class="line">Töneten hehr’ Accorde heran, und Gesänge des Himmels,</p> - <p class="line">Wie kein Sterblicher sie noch vernahm, verhallten im Luftraum.</p> -<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a> - <p class="line">Aber der Bethende schloß die lichtgeblendeten Augen:</p> - <p class="line">Denn nur ein leises Weh’n, die erblassenden Wangen vorüber,</p> - <p class="line">Fühlt’ er noch, und Schauder der nahen Vernichtung ergriff ihn.</p> - <p class="line">„Ha, welch’ Wunder,“ er rief’s, „da sinkt die sterbliche Hülle,</p> - <p class="line">Die mich im Staub’ umgab, entseelt in lieblichen Schlummer,</p> - <p class="line">Und ich entschweb’ ihr verzückt? Wie, wär’s ein täuschender Traum nur,</p> - <p class="line">Oder ein Nachtgesicht, aus Himmelsdufte gewoben?“</p> - <p class="line">Wie der schwebende Flaum, gerafft vom Hauche des Windes,</p> - <p class="line">Schnell zum Gewölk auffleugt: so hob sein geistiger Leib sich</p> - <p class="line">Leicht von der Erd’ empor, und schwebt’ im sausenden Eilflug</p> - <p class="line">Ueber dem Luftraum schon, den keiner der Erdebewohner,</p> - <p class="line">Lebend, durchschifft’: er mißt’, urplötzlich, Besinnung und Odem.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt an dem holden Gestirn, das sonst die Nächte des Erdballs,</p> - <p class="line">Wechselnd, mit silbernem Schimmer erhellt, erbrauste sein Aufflug.</p> - <p class="line">Dunkeles Land mit glänzenden Meeren, und Strömen, und Flüssen,</p> - <p class="line">Däucht’ ihn, umgeb’ auch hier den rastloskreisenden Mondball,</p> - <p class="line">Und ihn däucht’: er hörte das Rauschen der brandenden Wogen,</p> - <p class="line">Mächtigbevölkerter Städte Getös’, und, dem Brüllen der Heerden</p> - <p class="line">Rings vermengt, Geschrei der befiederten Lüftebewohner.</p> -<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a> - <p class="line">Doch er verweilt’, und staunte, daß alle die Länder des Erdballs</p> - <p class="line">Und das umgürtende Meer ihm jetzt ein schimmernder Punkt nur</p> - <p class="line">Schien in des Weltalls Raum, dem Ozean flammender Sonnen,</p> - <p class="line">Sonder Gestad’ — endlos nach oben, nach unten, und ringsum:</p> - <p class="line">Denn, wie in heiterer Nacht, wo jegliches Lüftchen verstummet,</p> - <p class="line">Und im sanftergossenen Licht der silberne See ruht,</p> - <p class="line">Innig bewegt, ein Wanderer bald den schimmernden Aether</p> - <p class="line">Ueber sich schaut, und bald in des See’s hinfluthendem Spiegel,</p> - <p class="line">Tiefhinuntergewölbt, ihn erblickt mit den goldenen Sternen:</p> - <p class="line">Also ersah der Bebende dort die unzähligen Welten,</p> - <p class="line">Schimmernd, und dacht’, ohnmächtig im Aethergefild zu vergehen!</p> - <p class="line">Aber ihm nahete jetzt, voll Hast, der Himmlischen Einer.</p> - <p class="line">Lieblich strahlte sein Aug’ und sandte dem Erdebewohner</p> - <p class="line">Zärtliches Mitleid zu. Holdseliges Lächeln umschwebte</p> - <p class="line">Seinen rosigen Mund; es wehten die goldenen Locken</p> - <p class="line">Ihm um die denkende Stirn’ und die Flammensäule des Nackens,</p> - <p class="line">Und vom glänzenden Leib, in Fülle der ewigen Jugend,</p> - <p class="line">Wallte das Strahlengewand wie morgenröthlicher Schimmer.</p> - <p class="line">Als er den Fremdling sanft erhob, begann er, voll Anmuth:</p> - <p class="line">„Fürchte dich nicht! Unzählbar blüh’n in den Auen des Himmels</p> - <p class="line">Dir die Blumen der ewigen Huld: du pflückst sie mit Andacht,</p> - <p class="line">Und sie duften dir noch, erquickend, im irdischen Leben,</p> -<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a> - <p class="line">Daß du erringest das Ziel auf gottgefälliger Laufbahn.“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und faßt’ ihn, und schwang sich mit ihm, urplötzlichen Fluges,</p> - <p class="line">Eilender stets, im Glanz’ ätherischer Räume herunter.</p> - <p class="line">Nicht das lastende Blei, von der Zinne des Thurmes geschleudert,</p> - <p class="line">Sinket zur Erde so schnell; nicht der Sturm umbrauset des Erdballs</p> - <p class="line">Unermeßliche Reiche so rasch, und des Menschen Gedanken</p> - <p class="line">Dringen nicht also geschwind vom eisigen Nord- zu dem Südpol:</p> - <p class="line">Als der Hocherhobene jetzt, an der Seite des Freundes</p> - <p class="line">Aus ätherischen Höh’n zur heimischen Erde herabsank.</p> - <p class="line">Und, als hätt’ er Jahrhunderte schon in des schnellen Herabflugs</p> - <p class="line">Augenblicken durchlebt, so wähnt’ er: ein irrender Fremdling</p> - <p class="line">Diesseits noch, und gebannt in des Fleisches umschränkende Hülle.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Da, wo in engerer Bahn, an Siciliens Felsengestaden</p> - <p class="line">Und Calabriens Klippen vorbei, sich die salzige Meerfluth</p> - <p class="line">Strömend ergießt: traf jetzt mit sanften, melodischen Tönen,</p> - <p class="line">Brausender Wogen Gebrüll’ und wirbelnder Fluthen Getümmel</p> - <p class="line">Sein aufhorchendes Ohr, und seine erheiterten Augen</p> - <p class="line">Hafteten sehnsuchtsvoll an der dampfenden Kuppe des Aetna:</p> - <p class="line">Denn, nur eben entrückt dem mildbefreundeten Leben,</p> - <p class="line">War ihm die Erde noch stets die liebe, die trauliche Heimath.</p> -<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a> - <p class="line">Doch auf den schwindligen Höh’n, wo Stille herrscht, und des Wand’rers</p> - <p class="line">Ohren kein Laut erschallt, wenn dort nicht der einsame Gemsaar,</p> - <p class="line">Von dem mittleren Raum, mit kreischender Kehle, sich aufschwingt;</p> - <p class="line">Wo in des Frühwinds frostigem Hauch nur gelbliches Steingras</p> - <p class="line">Rauschet, und gleißt, und am Felsenkamm kein Rasen ergrünet:</p> - <p class="line">Dort erblüheten jetzt rings her die erlesensten Blumen —</p> - <p class="line">Nickten, und trugen die beiden vereint auf den schimmernden Kelchen</p> - <p class="line">Sanft von der Erd’ empor, und verbreiteten Düfte des Himmels.</p> - <p class="line">Doch der Unsterbliche sank auf die Knie’, und sah zu dem Lichtreich</p> - <p class="line">Flehenden Blickes empor, die Stimme des Herrn zu vernehmen.</p> - <p class="line">Und sie erscholl leis’ erst, wie ein Frühlingslüftchen die Blüthen,</p> - <p class="line">Lispelnd bewegt; dann ähnlich dem Sturm, der hoch zu den Wolken</p> - <p class="line">Stäubet die Felder, entwurzelt den Forst, und empöret den Waldstrom,</p> - <p class="line">Daß er mit schwellendem Grimm’ ausbricht in die Fluren und wüstet</p> - <p class="line">Thäler und Hügel umher, zu trauererregendem Anblick;</p> -<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a> - <p class="line">Wie der furchtbare Donner, der des umnachteten Himmels</p> - <p class="line">Eh’rnes Gewölb, weithin, durchbrüllt, und mit krachenden Schlägen</p> - <p class="line">Dumpf fortrollt, und murrt, daß die Vesten erzittern des Erdballs:</p> - <p class="line">Also, Vernichtung drohend, erscholl’s dem sinkenden Fremdling,</p> - <p class="line">Als der Ewige sprach; doch jener vernahm’s mit Entzücken.</p> - <p class="line">Wie der leis’ Erwachende horcht, wenn nächtliche Lüftchen,</p> - <p class="line">Flisternden Hauchs, die Saiten der Aeolsharfe durchsäuseln,</p> - <p class="line">Und der entzückende Klang in den stillen Räumen dahinstirbt:</p> - <p class="line">Also horchte der Himmlische. Doch nun hob er den Fremdling</p> - <p class="line">Liebend an seine Brust, und drückte die rosigen Lippen</p> - <p class="line">Dann mit erweckender Gluth an seine geschlossenen Wimpern.</p> - <p class="line">Staunend blickt’ er umher: er sah durch Thränen der Wonne,</p> - <p class="line">Fest an den Busen des Holden geschmiegt, die Gefilde des Himmels</p> - <p class="line">Plötzlich enthüllt, und stand verloren in seliger Anschau.</p> - <p class="line">Wie in des eisigen Winters Zeit, wenn düstere Nebel</p> - <p class="line">Lange die Thäler umher, dicht lagernd, verhüllten, der Ostwind</p> - <p class="line">Sausenden Flugs anstürmt, und die lästigen ferne verscheuchet:</p> - <p class="line">Da glänzt herrlicher noch der hochaufwölbende Luftraum,</p> - <p class="line">Und der bereifte Wald erhebt von den starren Gebirgshöh’n,</p> - <p class="line">Schimmernd, das Haupt — hell glühet der Strom im sonnigen Thal fort:</p> - <p class="line">Also zerfloß auch hier, vor den Augen des staunenden Fremdlings</p> -<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a> - <p class="line">Leise die Wolkennacht, und er sah ... wer wagt’ es zu sagen,</p> - <p class="line">Was er geseh’n, gehört, und gefühlt in den Tiefen des Herzens?</p> - <p class="line">Nur in dem Augenblick, wie er uns auf Erden entschwindet,</p> - <p class="line">Wurden die hohen Gesicht’ ihm enthüllt: im duftigen Goldglanz</p> - <p class="line">Schwanden sogleich vor seinen Blicken die Räume des Himmels.</p> - <p class="line">Aber er stand, und starrte noch immer, erschüttert, vor sich hin,</p> - <p class="line">Wie der Wand’rer im strahlenden Blitz die nächtliche Gegend</p> - <p class="line">Plötzlich erhellet schaut, dann blind hinstarrt in die Sturmnacht.</p> - <p class="line">Und der Unsterbliche rief ihm jetzt ermunternden Blickes:</p> - <p class="line">„Sohn des Staubes, o nie vergiß der Huld des Erbarmers,</p> - <p class="line">Die zu Gefilden dich hob, wohin kein sterbliches Aug’ noch</p> - <p class="line">Drang. Lobsinge dem Herrn, dem einigen Lenker des Weltalls!</p> - <p class="line">Hier auf den dampfenden Höh’n verkünd’ ich dir seine Beschlüsse,</p> - <p class="line">Wie erst zuvor mein Ohr sie vernahm in unsäglicher Wonne.</p> - <p class="line">Er durchschaute dein Herz, das heiß für unzähliger Völker</p> - <p class="line">Wohlfahrt schlägt, und jetzt den Sclaven Errettung bereitet.</p> - <p class="line">Schön ist der Kampf für Recht und des Menschen heilige Freiheit;</p> - <p class="line">Gottgesegnet der Muth, die schmähliche Kette zu brechen,</p> - <p class="line">Die der freche Tyrann, im Wahnsinn höhnenden Stolzes,</p> - <p class="line">Jenen ersann, die Brüder ihm sind, und Erkor’ne des Himmels.</p> - <p class="line">Herrlichen Sieg gewähret dir Gott; erkenne dieß Zeichen</p> -<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a> - <p class="line">Seiner unendlichen Huld und der beifallwinkenden Allmacht.“</p> - <p class="line">Jener beugte die Stirne zum Staub’; erhob sich, und sah dann</p> - <p class="line">Freudig empor: sein Aug’ erglänzte von Thränen des Dankes.</p> - <p class="line">Jetzt ergriff er die Hand des Himmlischen, starrte verwundert</p> - <p class="line">Noch in die Lüfte hinaus, und sprach mit leiserer Stimme:</p> - <p class="line">„Ringsum sah ich die Luft von Scharen unsterblicher Geister</p> - <p class="line">Wimmeln, und dort die Wege der Sterblichen gierig erforschen.</p> - <p class="line">O, verhehl’ es mir nicht: was sollen die hohen Gestalten,</p> - <p class="line">Die, verdunkelt, nicht dir, nicht mir, dem Fremdlinge, gleichen?“</p> - <p class="line">Und der Unsterbliche rief mit ernstumwölketen Augen:</p> - <p class="line">„Erdebewohner, du wolltest erschau’n des unendlichen Weltalls</p> - <p class="line">Tiefen und Höh’n; dich kühn auf der Stufenleiter der Wesen</p> - <p class="line">Schwingen hinauf und hinab, und erkennen, wie Glied sich auf Glied dort</p> - <p class="line">Reih’ an der Kette, mit dem die allmächtige Rechte des Ew’gen,</p> - <p class="line">Alles, was athmet, und lebt, und was nicht lebet, noch athmet,</p> - <p class="line">Liebend umschlungen hält? Du sänkest zurück’ in den Urstaub</p> - <p class="line">Vor dem Geheimniß des All’s, dem selbst der Cherub erbebte.</p> - <p class="line">Sieh’, in des Himmels Höh’n ist Seligkeit; tief in des Abgrunds</p> - <p class="line">Höllengefilden ist Qual: auf immer dort dem Gerechten</p> - <p class="line">Unaussprechlicher Lohn, hier Strafe verhärteten Frevlern!</p> - <p class="line">Aber inmitten der scheidenden Bahn des Heil’s und Verderbens</p> - <p class="line">Dämmert der Pfad der Läuterung noch: ihn wandeln die Seelen,</p> -<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a> - <p class="line">Schuldig des leichteren Fehl’s aus Irrthum, oder Verblendung,</p> - <p class="line">Dem auch jene Unglücklichen dort einst fröhnten auf Erden,</p> - <p class="line">Daß sie, gereint, der hohen Erbarmungen würdig erscheinen,</p> - <p class="line">Wenn in des Richters erhobener Hand, an dem letzten Gerichtstag,</p> - <p class="line">Furchtbar die Wag’ ertönt. Sie wandeln den läuternden Weg noch.“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und jener begann voll Hast: „Wo weilen die armen?</p> - <p class="line">Ueber der Erd’ umher, nicht ferne der Menschen Gemeinschaft,</p> - <p class="line">Oder fern’ im Verborgenen?“ Doch, die lichte Gestalt rief:</p> - <p class="line">„Als das „<em>Werde!</em>“ erscholl: da brausten die endlichen Wesen</p> - <p class="line">All’, erschaffen aus Nichts, von des Herrn allmächtigem Odem</p> - <p class="line">In den unendlichen Raum geschleudert, mit Donnergetös’ hin!</p> - <p class="line">Aber im kreisenden Flug vereinte sich Sprödes und Weiches,</p> - <p class="line">Erd’ und Gestein, und strebte hinaus, zur äußersten Rundung</p> - <p class="line">Sich zu dehnen. So ward im finstern Schooße des Erdballs</p> - <p class="line">Weitverbreitete Leer’ umwölbt, die nimmer der Sonne</p> - <p class="line">Strahlender Blick erfreut, nie Sterngefunkel und Mondglanz.</p> - <p class="line">Dort verweilt nicht selten die Schar der trauernden Geister,</p> - <p class="line">Deren so manchen du erst in den schimmernden Lüften erblickt hast;</p> - <p class="line">Doch sie nah’n, zuweilen den nächtlichen Räumen entschwebend,</p> - <p class="line">Gerne dem Menschen als Freund’, und suchen ihm Hülf’ und Errettung,</p> -<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a> - <p class="line">Kraft, und Muth, und, was sie noch sonst an edler Gesinnung</p> - <p class="line">Einst in dem Leben erhob, in die horchende Seele zu hauchen:</p> - <p class="line">Denn sie erkennen schnell der Seelen geheimste Gedanken,</p> - <p class="line">Sterblicher Hüll’ entrückt; sie schauen des irdischen Lebens</p> - <p class="line">Reinern Gehalt, und ihr Herz erglüht in heiliger Sehnsucht</p> - <p class="line">Nach dem erquickenden Segensborn des Guten und Wahren.</p> - <p class="line">Bald in dem Schlachtengemeng’, umschweben sie dich und die Deinen</p> - <p class="line">Hülfreich; aber du kennest das Wort des ewigen Lebens:</p> - <p class="line">Solchem vertraue allein mit nie zu erschütterndem Herzen.“</p> - <p class="line">Sprach’s, und die Stimme des Holden erklang, wie Harfengelispel</p> - <p class="line">Tönt in des Mondes Zauberlicht, wenn alles entzückt horcht;</p> - <p class="line">Doch sie erscholl, wohl hundert vereinten Donnern nicht ungleich,</p> - <p class="line">Welchen die Erd’ erbebt, als, über dem flammenden Abgrund</p> - <p class="line">Schwebend, er jetzt die tieferschütternden Worte hinabrief:</p> - <p class="line">„Geister, herauf! Euch winkt die ersehnete Stunde vor Tunis.“</p> - <p class="line">Und ein lautes Getös’ erscholl in den Tiefen des Erdballs.</p> - <p class="line">Wie, vom stürmenden Wind’ empört, sich Wogen auf Wogen</p> - <p class="line">Stürzen; Geheul und Gebrüll der schrecklichen schallt, und die Küsten</p> - <p class="line">Ringsumher dem wilden Tumult stets lauter erdrönen:</p> - <p class="line">Also erhob, und mehrte sich tief in der Wölbung des Erdballs</p> - <p class="line">Dumpfes Gemurmel zuerst, und sofort unendliches Jauchzen.</p> - <p class="line">Schauernd wogte der Grund; aufrauschten des Meeres Gewässer;</p> -<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a> - <p class="line">Finsterer quoll der Rauch aus dem Schlunde des Berges; die Flammen</p> - <p class="line">Prasselten hoch in die Luft, und die glühenden Fluthen der Lava</p> - <p class="line">Braus’ten herauf und hinunter, im Flug durchwüthend den Abgrund.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Eilend erhob sich nun der Herrliche, der ihm der Geister</p> - <p class="line">Reich enthüllt’, in die schimmernde Luft, und, leiseverhallend,</p> - <p class="line">Tönten vom Aethergefild noch die lieblichen Worte herunter:</p> - <p class="line">„Senke dich durch den Schlund, durch Qualm und flackernde Flammen</p> - <p class="line">Muthig hinab zur Höhl’ im Schooße des dampfenden Aetna,</p> - <p class="line">Und erringe das Ziel nach der hehren Geistesverzückung.“</p> - <p class="line">Weinend hob nun jener den Blick zu dem seligen Freund’ auf,</p> - <p class="line">Der, umstrahlt vom Glanz unsterblicher Seelengemeinschaft,</p> - <p class="line">Fern’ in den Lüften schwand, und fuhr jetzt, brausenden Fluges,</p> - <p class="line">Nieder im finstern Schlund, durch Qualm und flackernde Flammen,</p> - <p class="line">Bis in dem Zwielicht weit vor seinen Augen der Eingang</p> - <p class="line">Klafft’, und die Höhle sich wies in angsterweckender Anschau!</p> - <p class="line">Furchtbar wölbte die Felsenwand aus schwindligen Höhen</p> - <p class="line">Höher sich auf. Es jagte zuweilen der wirbelnde Zugwind</p> - <p class="line">Tief in den Riesendom die Flammensäule; sie hob sich,</p> - <p class="line">Züngelnd, die Wände hinan, und leuchtete hoch in die Nacht auf;</p> -<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a> - <p class="line">Doch erflog ihr fernster Schimmer des nächtlichen Dunkels</p> - <p class="line">Hälfte noch kaum, das endlos herrscht’ in des Felsens Umwölbung.</p> - <p class="line">Hier nicht weilet die Ruh’, und athmet nicht liebliche Stille;</p> - <p class="line">Rastlos tobt — aufbraus’t im Sturm, der kochenden Lava</p> - <p class="line">Urstoff: Erz im Gestein, und Schwefel, mit dunkelem Erdharz</p> - <p class="line">Gährend, zur Wolkenhöh’, an des Berges geöffneten Rachen.</p> - <p class="line">Donnernde Ström’ entstürzen rings den Schluchten; sie rauschen</p> - <p class="line">Tief in des Abgrunds Nacht, und wälzen, dem berstenden Kerker</p> - <p class="line">Unten entfloh’n, zum Meeresgestade die finstere Fluth fort.</p> - <p class="line">Ihrem Sturz’ erdrönet die Höhl’, und vom eisigen Abgrund</p> - <p class="line">Fleugt Entsetzen, Frost, und Schauder in Windesgeheul auf.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Dorthin, kommend herab aus dem übersinnlichen Luftraum,</p> - <p class="line">War ihm Muhamed erst, umringt von Scharen der Geister,</p> - <p class="line">Die er entboth, voraus in die schaurige Höhle geflogen.</p> - <p class="line">Ueber der allbelebenden Luft, die rings an dem Erdball,</p> - <p class="line">So an dem Mond’, und den endlos hin entflammten Gestirnen,</p> - <p class="line">Schwimmt umher, erhebt sich der übersinnliche Luftraum</p> - <p class="line">Dräuend in seiner Leer’, und unwohnbar sterblichen Menschen:</p> - <p class="line">Denn, wie, umhüllt vom glockengestalten Glase, der Sperling</p> - <p class="line">Schnell das Leben verhaucht, wenn wißbegierige Forscher</p> - <p class="line">Schonungslos ihm rauben die Luft mit den künstlichen Pumpen</p> -<a id="page-25" class="pagenum" title="25"></a> - <p class="line">Also würd’ in des Menschen Brust urplötzlich das Leben</p> - <p class="line">Stocken, der in das Uebersinnliche kühn sich erhöbe;</p> - <p class="line">Aber des sterblichen Leibes beraubt, bewohnen die <em>Fürsten</em>,</p> - <p class="line"><em>Mächt’</em>, und <em>Gewalten</em> des ewigen Feind’s, auf Arges gesinnet,</p> - <p class="line">Solches mit Lust: Verworf’ne vom Herrn, die am letzten Gerichtstag</p> - <p class="line">Dann mit dem <em>Tode</em> zugleich, dem <em>letzten</em> der Uebel, vergehen.<a class="fnote" href="#footnote-8" id="fnote-8">[8]</a></p> - <p class="line">Dorther schwang mit Gefolg sich Muhamed, glühenden Blickes,</p> - <p class="line">Jetzo herab. Er saß in der Höhl’, auf dem ragenden Felsblock,</p> - <p class="line">Ueber die Scharen erhöht. Der dunkelröthliche Schimmer,</p> - <p class="line">Welchen der Flammenstrom entsandt’ aus der Ferne des Eingangs,</p> - <p class="line">Schwebt’ in flatterndem Flug’ an seinem blässeren Antlitz.</p> - <p class="line">Feuer sprühte sein Aug’; in silbernkräuselnden Wellen</p> - <p class="line">Floß ihm der Bart in den Busen herab, und die luftigen Glieder</p> - <p class="line">Hüllet’ in Schatten das Unterkleid und der wallende Kaftan.</p> - <p class="line">Jetzt erhob er die Recht’ an des Stirnbunds Zier; mit der Linken</p> - <p class="line">Wühlt’ er die Blätter des Korans auf: sie rauschten, den Stürmen</p> - <p class="line">Aehnlich im Herbst, da ihr Hauch die trauernden Wälder entblättert.</p> - <p class="line">„Hör’ es, mein Volk,“ so rief er, „was dir im nächtlichen Dunkel,</p> - <p class="line">Ferne vom spähenden Blick’ uns feindlichgesinneter Geister,</p> -<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a> - <p class="line">Meine Zung’ enthüllt, und zeige dich würdig des Herrschers!</p> - <p class="line">Unheil droht von Hesperiens Küsten dem Lande g’en Aufgang —</p> - <p class="line">Dieser erwählten Blum’ im Kranz der Schöpfungen Gottes,</p> - <p class="line">Dieser Perle der Welt, und der Wiege des Menschengeschlechtes.</p> - <p class="line">Jüngst erhascht’ es mein Ohr auf Deutschlands gährenden Gauen,</p> - <p class="line">Die der Neuerung Flamme durchtobt: es sinne der Kaiser</p> - <p class="line">Jenem ein schmähliches Joch, und sich weltherrschende Hoheit.</p> - <p class="line">Seh’t, was mich, den heimlichen Forscher, nur Täuschung bedünkte,</p> - <p class="line">Fügt sich in Wahrheit schon! Er ruft, und rüstet die Völker</p> - <p class="line">Rings zum Kampf, von den schimmernden Höh’n zu Tunis den Halbmond</p> - <p class="line">Niederzuschmettern, und ha, fällt Afrika jetzo, gebändigt,</p> - <p class="line">Seiner Gewalt: dann lechzt er wohl gar nach Asia’s Herrschaft,</p> - <p class="line">Daß er die heiligen Städt’, und dort der gläubigen Pilger</p> - <p class="line">Freudiges Ziel, mein Grab, mit stolzer Ferse zerstampfe?</p> - <p class="line">Aber nicht also gescheh’s! Wir zieh’n, des edelsten Welttheils</p> - <p class="line">Söhn’, ihm entgegen, nicht scheuend den Trotz der Gegner im Luftraum,</p> - <p class="line">Welche zuvor des Erdballs Schooß’ entschwebten, und uns stets</p> - <p class="line">Feindlichgesinnt, ihm bald mit thatenerweckendem Eifer</p> - <p class="line">Beisteh’n: denn auch Hairaddins Brust, des treuen Bekenners</p> -<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a> - <p class="line">Meiner Lehre, will ich mit Kraft erfüllen und Kühnheit.</p> - <p class="line">Jetzo nach Tunis geeilt, und nie vergesset des Wortes:</p> - <p class="line">„Wer das Eine nur will, fest will, der wird es erringen!“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und hob sich empor. Ihm folgten unzählige Geister,</p> - <p class="line">Jauchzend; aber es zischt’ ihr Schrei nur schwach im Gewölb hin.</p> - <p class="line">So, wie in dunkler Gewitternacht der einsame Wand’rer,</p> - <p class="line">Keuchend, die Leucht’ in der Hand mit halbverlöschendem Flämmchen,</p> - <p class="line">Endlich die Höhle betritt im verborgenen Raume der Felswand:</p> - <p class="line">Ihm umschwirren sogleich die Fledermäuse, geblendet,</p> - <p class="line">Rings das Haupt, und er wankt erschrocken zurück nach dem Eingang:</p> - <p class="line">Also bebte vor Angst der leis’aufhorchende Fremdling</p> - <p class="line">Vor den flüchtenden Geistern zurück’, und eilt’, in des Tages</p> - <p class="line">Lichte Gefilde zu schau’n nach schrecklicher Nacht der Verbannung.</p> - <p class="line">Tief zerfleischte sein Herz, voll himmlischer Milde, des Sehers</p> - <p class="line">Haßverkündendes Wort. Er saß, und drückte die Augen</p> - <p class="line">Fest in die Hand, und sieh’, es schwebten aus kommenden Tagen</p> - <p class="line">Dunkler Ahnung Gebild’ ihm vor: das wilde Gebären</p> - <p class="line">Thatenschwangerer Zeit, und zerstörendes End’ im Beginne!</p> -<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a> - <p class="line">Schatten floh’n, und kamen, und eilten vom wechselnden Schauplatz;</p> - <p class="line">Aber, weit durchströmt von den schimmernden Fluthen der Elbe,</p> - <p class="line">Hüllte sich Mühlbergs Heid’ ihm auf. Er horchte dem Siegsruf;</p> - <p class="line">Sah die ihn höhnten, besiegt, ihm die Knie’ umfassen, und wähnte</p> - <p class="line">Schon die Deutschen vereint nach des Glaubens schrecklichem Zwiespalt:</p> - <p class="line">Wie, und er flieht dann bald im Grau’n der finsteren Sturmnacht,</p> - <p class="line">Wehrlos, alt, und krank, dem nimmergeahneten Undank</p> - <p class="line">Weichend, fort aus Tyrols, der Treue geheiligten Thälern?</p> - <p class="line">Und so bald versah er das Ziel weltherrschender Hoheit?<a class="fnote" href="#footnote-9" id="fnote-9">[9]</a></p> - <p class="line">Aechzend erhob er den Blick: die trüben Gesichte der Zukunft</p> - <p class="line">Schwanden in Nacht; er floh, und kehrt’ in die sterbliche Hülle.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sieh’, und es regte sich nun der schlummernde Kaiser! Ihm pochte</p> - <p class="line">Hörbar die Brust; sein Athem flog, und häufiger Schweiß rann</p> - <p class="line">Ihm von der glühenden Stirn’. Er blickte lange verwundert</p> - <p class="line">Rings in den Hallen umher, und sann, ein wachender Träumer.</p> - <p class="line">Jetzt ein dämmernder Strahl, und jetzt — kaum wagt’ er’s zu denken,</p> -<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a> - <p class="line">Was so erhaben und groß vor seinem Geiste dahinschwand,</p> - <p class="line">Und ihn entzückte zuvor: ihm drohte vernichtende Wonne,</p> - <p class="line">Und, was unerhörbar war den Ohren sterblicher Menschen,</p> - <p class="line">Barg für immer sein treues Gemüth. Nie lächelt’ er wieder</p> - <p class="line">Und sein sehnender Blick hing stets an dem Bilde des Grabes.</p> - <p class="line">Doch nun kehrt’ er heim in die Burg, und Stille war ringsum.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-3"> -<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a> -Zweiter Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">S</span><span class="postfirstchar">iehe,</span> der Kaiser entboth im mitternächtlichen Dunkel</p> - <p class="line">Noch in die Königsburg Hispania’s hohe Cortezza:</p> - <p class="line">Denn kein Schlummer umfing sein glühendes Auge; des Kampfes</p> - <p class="line">Nahender Augenblick und die drängende Sorge der Rüstung</p> - <p class="line">Scheuchten ihn fern’: er sah, und hörte nur Sieg und Errettung!</p> - <p class="line">Jene harrten im prächtigen Saal des edelsten Herrschers.</p> - <p class="line">Nun, da er kam, entfuhren sie alle den schwellenden Pfühlen;</p> - <p class="line">Blößten vor ihm, verneigend, das Haupt, und deckten es wieder,</p> - <p class="line">Würdigen Ernstes voll, nach altherkömmlichem Vorrecht.</p> - <p class="line">Aber er schritt im Gefolg der Großen und Edeln zum Thron’ auf,</p> - <p class="line">Deß’ erlesene Pracht mit Staunen erfüllte den Fremdling.</p> - <p class="line">Schwarz aufragte vom Dach der Doppel-Aar, mit dem Zepter</p> - <p class="line">Und mit der Krone geschmückt, voll hellaufblitzenden Demant’s,</p> - <p class="line">Den der Hindou dem Schacht’ entriß, und der bataver Künstler</p> -<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a> - <p class="line">Glättete, ringsumher verzierend mit schimmernden Kanten;</p> - <p class="line">Doch an dem Purpurtuch, vom Dach zu dem Sitze herunter</p> - <p class="line">Glänzten die Wapen, vereint, von Gott gesegneter Länder,</p> - <p class="line">Die er beherrscht’: ein Meisterwerk kunstfertiger Nadel.</p> - <p class="line">Dreizehn Königreich’, umschlingend Castiliens Kronen,</p> - <p class="line">Wies, vorstrahlend, das Tuch zum Ruhme der spanischen Herrschaft;</p> - <p class="line">Unter ihm Austria’s Schild: den schneeigen Gürtel im Blutfeld,</p> - <p class="line">Der in dem Kampf rein hielt von feindlichem Blute den Panzer</p> - <p class="line">Leupold, des Tugendhaften, vor Ptolemais: sein Denkmahl!<a class="fnote" href="#footnote-10" id="fnote-10">[10]</a></p> - <p class="line">Rechts, im schönen Verein von sechs verbrüderten Reichen,</p> - <p class="line">Ungerns doppelten Schild; vier Ströme durchfluthen den einen —</p> - <p class="line">Aber das Haupt der Karpathen hebt, dreizackig, im andern</p> - <p class="line">Ueber dem fruchtbar’n Land, das tapfere Völker bewohnen,</p> - <p class="line">Schimmernd, die Kron’ und das Doppelkreutz, von Silber, zur Luft auf.</p> - <p class="line">Links, in dem rothen Feld Bohemia’s silbernen Löwen:</p> - <p class="line">Eines löwenmüthigen Volks hochrühmliches Zeichen.</p> - <p class="line">Tiefer, im grünen Feld den flammensprühenden Panther:</p> - <p class="line">Stiria’s eisenerzausschmelzenden Essen zu Ehren;</p> - <p class="line">Dann Carinthia’s Leu’n und Pfeile, des trefflichen Landes,</p> - <p class="line">Wo das Blei ausbeutet der Bergmann: schrecklich ersetzte</p> - <p class="line">Tödlichschmetterndes Blei die Pfeil’ im Felde der Waffen;</p> - <p class="line">Dann, aufstrebend zur Sonnenbahn, Carniolia’s Adler —</p> - <p class="line">Morawa’s Aar, und Tyrols, der Treue geheiligter Länder.</p> -<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a> - <p class="line">Aber der Löwe Brabants, im Schooß umgränzender Gauen,</p> - <p class="line">Zeigt uns im hehren Ruhm des edelsten Kaisers Geburtsland.</p> - <p class="line">Ihm zur Seite verschlingt Lombardia’s Schlange den Mohren;</p> - <p class="line">Ihn umgibt Neapoli’s Lilienglanz, und ihm huldigt,</p> - <p class="line">Jugendlich schön aus des Meeres Fluth aufschwebend, des Morgens</p> - <p class="line">Freundlicher Strahl, und erhellt Amerika’s winkenden Meerstrand.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Dort die Stufen hinan, die ein niederländischer Teppich</p> - <p class="line">Hüllete, schön im Geweb’ darstellend die Freude des Weidwerks,</p> - <p class="line">Schritt der Kaiser. Er stand, gewendet, im Glanze des Thrones;</p> - <p class="line">Blickte nach Allen umher, und, als er auf blähenden Purpur</p> - <p class="line">Nieder sich ließ, begann er mit sanfterglühenden Augen:</p> - <p class="line">„Edle des Reichs, und Räthe! Der Tag der Christenerrettung</p> - <p class="line">Ruft zu dem heiligen Kampf Europa’s vereinte Geschwader,</p> - <p class="line">Und, entfaltend am Maste die Flagg’ und die wehenden Wimpel,</p> - <p class="line">Harren die Völker, vereint, der Abfahrt donnerndem Wink nur,</p> - <p class="line">Daß sie im Felde des Ruhms, vor Tunis, am frevelnden Räuber</p> - <p class="line">Rächen die Schmach, und dem schrecklichen Joch’ entreißen die Brüder.</p> - <p class="line">Laut ruft uns Barcellona’s Gestad, wo dort auf des Meer’s Höh’n,</p> -<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a> - <p class="line">Nun gerüstet zur Schlacht, nun wehrlosen Küstenbewohnern</p> - <p class="line">Jammer dräuend und Noth, sein Raubgeschwader sich zeiget.</p> - <p class="line">Gottes Segen mit uns und dem Lande! Mein endlicher Wille<a class="fnote" href="#footnote-11" id="fnote-11">[11]</a></p> - <p class="line">Liegt gefertigt im Schrank: so im heiligen Kampf’ ich erläge,</p> - <p class="line">Und nicht wiederkehrte zu euch, zur liebenden Gattinn,</p> - <p class="line">Und zu dem Sohn, der einst, so Gott will, würdig den Zepter</p> - <p class="line">Führe nach mir, vor allen Hispania’s Ländern zum Frommen.</p> - <p class="line">Eurer Sorgfalt, Treu’, und Liebe vertrau’ ich die beiden</p> - <p class="line">Jetzt, und scheide getrost: sie sind da trefflich geborgen.“</p> - <p class="line">Also der Fürst. Da quoll’s von Thränen im Auge der Edeln;</p> - <p class="line">All’ entfuhren der Bank, und streckten die Händ’ ihm entgegen.</p> - <p class="line">Wie der Gießbach rauscht, der hoch vom dauernden Regen</p> - <p class="line">Angeschwollen, dem Felsenbett’ entstürzet, und rastlos</p> - <p class="line">Rasselnde Kiesel wälzt, und Felsengerölle mit fortreißt:</p> - <p class="line">Also erscholl in dem Saal’ ihr lauterbrausender Zuruf;</p> - <p class="line">Doch bald hier, bald dort ertönt’ er vernehmlicher, lauter:</p> - <p class="line">„Kehre beglückt uns heim, und herrsch’ in dem Segen der Völker,</p> - <p class="line">Allgeliebter, noch lange! Mit strahlenden Lorbern des Sieges</p> - <p class="line">Kommt Europa dir bald, dem Retter, entgegen, und jauchzt dir</p> - <p class="line">Lauten Triumph in der Glocken Getön’ und des ehrnen Geschützes</p> - <p class="line">Freudigen Donnerhall: dein Ruhm erfüllet den Erdkreis.“</p> -<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a> - <p class="line">Aber er stand, erschüttert, am Thron’, und sandte nach Allen</p> - <p class="line">Heißen Dank aus der Himmelsbläue der glänzenden Augen,</p> - <p class="line">Eilte die Stufen herab, und ging. Aufflogen der Thüren</p> - <p class="line">Mächtige Flügel vor ihm; er schwand mit seinem Gefolg dann</p> - <p class="line">Fern’ im Gang. Da kehrten zugleich die Großen des Reiches</p> - <p class="line">Nach der heimischen Flur, um dort in der einsamen Felsburg,</p> - <p class="line">Oder in menschenversammelnder Stadt noch heute zu fördern,</p> - <p class="line">Was zu dem Rettungskampf des Herrschers Wille gebothen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Eh’ in des Erdballs Schooß, in die düstere Wohnung der Trauer,</p> - <p class="line">Noch der Ruf des Unsterblichen drang, erlesenen Geistern</p> - <p class="line">Dort zu verkünden den bald umwüthenden Kampf in Karthago’s</p> - <p class="line">Rühmlichem Feld, schwang Hermann,<a class="fnote" href="#footnote-12" id="fnote-12">[12]</a> einst der kühnen Cherusker</p> - <p class="line">Tapferer Hort, sich herunter. Ihm flogen die goldenen Locken</p> - <p class="line">Weit von dem Nacken, sein blitzendes Aug’ und die glühenden Wangen</p> - <p class="line">Kündigten freudigen Muth und trostverheißende Bothschaft.</p> - <p class="line">Gierig forscht’ er umher, die Freunde sogleich in den Scharen</p> - <p class="line">Gleichgesinneter Geister zu schau’n, und er fand sie vereint dort.</p> - <p class="line">Hannibal,<a class="fnote" href="#footnote-13" id="fnote-13">[13]</a> der dem Regulus<a class="fnote" href="#footnote-14" id="fnote-14">[14]</a> nah’, auf schwellendem Mooswuchs</p> -<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a> - <p class="line">Ruhte, erhob das Haupt, und rief ihm finster entgegen:</p> - <p class="line">„Freude verkündet dein Flammenblick, unbändiger Krieger!</p> - <p class="line">Wie, nur Kampf, Gewürg’, und Schlachtengetümmel ergetzt dich</p> - <p class="line">Noch, das rastlos fort im Geschlechte der Sterblichen wüthet?</p> - <p class="line">Aber ich athme nicht Erdenluft, und meide, voll Unmuths,</p> - <p class="line">Seit Jahrhunderten schon, der Sonn’ erfreuenden Anblick.</p> - <p class="line">Siehe, wir führen erneueten Streit: ob würdiger Roma,</p> - <p class="line">Oder Karthago gedacht, und gehandelt, als Herrscherinn? Roma</p> - <p class="line">Trat mit ehernem Fuß’ allwärts die Blüthe der Menschheit</p> - <p class="line">Nieder, als Siegerinn, da Karthago der milderen Herrschaft,</p> - <p class="line">Segen pflanzend rings an den Küsten des Meer’s, sich erfreute.</p> - <p class="line">O, ich hätte mein Vaterland und die Welt, die ergrimmend,</p> - <p class="line">Sie in dem Sclavenjoch ausmordete, schrecklich gerächt noch:</p> - <p class="line">Hätte nicht Haß und niedriger Neid die Scharen verweigert,</p> - <p class="line">Die ich entboth, euch, Wolfesbrut, ganz niederzuschmettern!“</p> - <p class="line">Regulus schwieg; doch Hermann rief den zürnenden Helden:</p> - <p class="line">„Schon seit lange versöhnt, und verbunden in traulicher Freundschaft,</p> - <p class="line">Wollet ihr euch denn heut’ entzwei’n durch Worte des Haders?</p> - <p class="line">Laßt die Vergangenheit; nur, wie im zaubergewaltigen Spiegel,</p> - <p class="line">Gaukelnd, kommen, und flieh’n die buntvermengten Gestalten,</p> - <p class="line">Stehe vor eurem Gemüth’ ihr grau’numhülletes Bild noch.</p> -<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a> - <p class="line">Hört, was, tröstend für uns, der Erde Bewohner beginnen!</p> - <p class="line">Schon ist dem Heldenvolk zum fernentlegenen Tunis</p> - <p class="line">Offen die glänzende Bahn; schon waffnet der edelste Kaiser</p> - <p class="line">Scharen der Krieger am Meeresstrand, wo unzählige Schiffe</p> - <p class="line">Decken die schimmernde Fluth, und entfalten die Segel zur Abfahrt.</p> - <p class="line">Ein Welttheil entboth die Tapferen gegen den andern;</p> - <p class="line">Ringsum regt sich die Erd’, und ihr denkt hier müßig zu weilen?</p> - <p class="line">Auf, wir wollen vereint hinzieh’n, und entflammen die Krieger</p> - <p class="line">Oben im Kampf! Gedenket des Ruhms entflohener Zeiten!“</p> - <p class="line">Hannibal schwang sich empor, und rief mit gewaltiger Stimme:</p> - <p class="line">„Fort, auf die Oberwelt! Ich will in dem Felde der Waffen</p> - <p class="line">Schauen die Helden der neueren Zeit. So herrliche Krieger,</p> - <p class="line">Als am Trasimen und vor Cannä die Erde gewahrte:</p> - <p class="line">Staunend den Söhnen des Sieg’s, die werd’ ich wohl nimmer ersehen.“</p> - <p class="line">Regulus stand, verdüsterten Blicks, und sagte den Beiden:</p> - <p class="line">„Möget ihr immerhin dem furchtbar’n Schlachtengetümmel</p> - <p class="line">Horchen mit Lust, und drängen, und treiben mit stachelnden Worten</p> - <p class="line">Eure Erwählten: nur wenig frommt’s, nur wenig genügt’s euch!</p> - <p class="line">Aber mich reizet ihr nicht, zu entfliehen den nächtlichen Räumen.“</p> - <p class="line">„Wie,“ rief Hermann, „du bliebest zurück’, und rings in Karthago’s</p> -<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a> - <p class="line">Hehrem Gefild tönt bald Siegsruf im Getümmel der Waffen?</p> - <p class="line">Sehntest dich nimmer zu schau’n die Heldenmaale der Vorwelt?</p> - <p class="line">Zwar es fing dich im Kampf der hochgesinnte Spartaner,</p> - <p class="line">Xanthippos,<a class="fnote" href="#footnote-15" id="fnote-15">[15]</a> dem Volk Karthago’s gebiethend als Feldherr:</p> - <p class="line">Doch du sühntest die Schmach, gabst hin die unschätzbare Freiheit</p> - <p class="line">Für dein Vaterland, und auf immer preist dich die Nachwelt.</p> - <p class="line">Komm’, und folge mir, dort zu entflammen den Muth in den Schlachtreih’n!“</p> - <p class="line">Also der Held: da erscholl des Unsterblichen donnernde Stimme,</p> - <p class="line">Die von des Aetna Schlund durch wirbelnder Flammen Geprassel</p> - <p class="line">Brausend, die Scharen der Geister hinauf zum erwachenden Kampf lud.</p> - <p class="line">Neunmal umkreis’te der Donnerruf den unendlichen Raum dort;</p> - <p class="line">Neunmal erwiedert’ ihn auch der Geister empörterer Jubel,</p> - <p class="line">Und die beiden entschwebten, vereint, und von Kriegern umgeben,</p> - <p class="line">Welchen sie einst gebothen im Kampf, dem Schooße des Erdballs.</p> - <p class="line">Aber Regulus stand, verlassen von seinen Gefährten,</p> - <p class="line">Sinnend, allein, und blickte starr in die Tiefe hinunter.</p> - <p class="line">Jetzo wollt’ er entflieh’n, um fern’ in des eisigen Nordpols</p> - <p class="line">Wölbung den glühenden Durst, der mächtig ihn drängte, zu stillen;</p> - <p class="line">Doch er entbrannte noch mehr: das Schmettern der Kriegesdrometen,</p> -<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a> - <p class="line">Dann das Wiehern der stampfenden Ross’, und der Würgenden Schlachtruf</p> - <p class="line">Töneten, wechselnd, um ihn, und von tausend Gebilden ergriffen,</p> - <p class="line">Stand er, triefend von Schweiß, und zitternd vor steigender Kampflust.</p> - <p class="line">Sieh’, nun ballt’ er die Faust, und rief mit gewaltiger Stimme:</p> - <p class="line">„Deutschlands Hort, so sagte zuvor der kühne Cherusker,</p> - <p class="line">Kommend herab von der oberen Welt, entboth Europa’s</p> - <p class="line">Völker zur Heldenfahrt: viel tausend gefangene Menschen</p> - <p class="line">Aus des Räubers Gewalt, aus Schmach und Fesseln zu retten? ...</p> - <p class="line">Weh’, auch ich trug einst die schmähliche Kette! Sie both mir</p> - <p class="line">Ruhm und Lohn; doch fühlt’ ich es oft in vernichtender Schwermuth,</p> - <p class="line">Wie in dem dumpfen Gewölb sie lastete, wo mich die Stunden</p> - <p class="line">Länger als Tag’, und diese zu trägen Jahren gedehnet,</p> - <p class="line">Dünkten. Auch mir erscholl die höhnende Stimme des Wüthrichs —</p> - <p class="line">Drohte sein finsterer Blick stets größere Qualen; ich fühlte</p> - <p class="line">So die entsetzlichste: fern von der hochgesinneten Gattinn</p> - <p class="line">Und den Erzeugten, das Leben in Kerkersnacht zu verhauchen.</p> - <p class="line">Jetzo hinauf, hinauf nach Tunis, dem einstigen Schauplatz</p> - <p class="line">Dort unsterblichen Ruhms und herzzerreißenden Jammers,</p> - <p class="line">Daß ich vielleicht noch selbst Unglücklichen Hülfe gewähre!“</p> - <p class="line">D’rauf schwang er sich empor zu den sonnigen Fluren des Erdballs,</p> -<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a> - <p class="line">Dort vor allen zuerst die düstern Gefilde von Tunis</p> - <p class="line">Wiederzuseh’n. Nicht wandt’ er den Blick nach dem Felde der Waffen,</p> - <p class="line">Wo der Griech’ ihn bezwang, Xanthippos, der in die Schlachtreih’n</p> - <p class="line">Sein’ Elephanten gestellt — das Heer im Rücken bestürmend,</p> - <p class="line">Schnell die Reih’n durchbrach, ihn fing, und Karthago den Sieg gab.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Nahe der Stadt, auf Felsen, erhob sich die thürmende Hochburg,</p> - <p class="line">Die in dem finsteren Schooß viel tausend gefangene Christen</p> - <p class="line">Eisern barg: die Wohnung der Qual und des Jammers Behausung!</p> - <p class="line">Dorthin eilt’ er, und senkte sich leis’ auf die Zinne der Burg hin.</p> - <p class="line">Ach, aus der Tief’ erscholl der unglückseligen Sclaven</p> - <p class="line">Jammergestöhn! Wie ein Falk, der schnell aus den Lüften herabfährt,</p> - <p class="line">Weil er die girrenden Küchlein sah im Schatten des Hofraums,</p> - <p class="line">Fuhr der Lüftebewohner hinab, und schauderte, bebte:</p> - <p class="line">Denn in des Kerkers Nacht, in der Felsentiefe der Hochburg,</p> - <p class="line">Sah er, beim düsteren Schein der mattaufflimmernden Lampen,</p> - <p class="line">Bleiche, durch Moderluft und Hunger entfleischte Gestalten;</p> - <p class="line">Sah dort Qual und Verzweiflung zugleich auf den zuckenden Wangen</p> -<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a> - <p class="line">Und im erloschenen Blick, der endlich zum grimmigen Hohn ward;</p> - <p class="line">Hörete Ketten-Geklirr, und dumpfes Aechzen und Stöhnen</p> - <p class="line">In dem Gewölb. Sie rückte heran, die Stunde des Jammers,</p> - <p class="line">Wo Medelin, der Renegat aus Genua’s Landen,</p> - <p class="line">Forschend die Höhlen des Graun’s durchschritt, und mit eherner Geißel</p> - <p class="line">Peitschte die Murrenden dort, nach Hairaddins schrecklichem Machtwort.</p> - <p class="line">Zorn erglüht’ im Blick des edelgesinneten Geistes.</p> - <p class="line">Doch nun brauset’ er über sie hin, und rief im Gelispel</p> - <p class="line">Dunkelen Geisterrufs: „Euch nahet ein Retter, erhebt euch!“</p> - <p class="line">Alle fuhren empor, und schreckliches Kettengerassel</p> - <p class="line">Scholl im Gewölb: nicht wußten die armen die Tröstung zu deuten.</p> - <p class="line">Doch er kehrte zurück, Hispania’s Erd’, und den Retter</p> - <p class="line">Dort zu erschau’n, der jetzt nah’ war Barcellona’s Gestaden.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Muhamed sah ihn. Er schwebt’ im Gefolg’ unzähliger Geister</p> - <p class="line">Auf von des Aetna Schlund, und hieß die Empöreten harren,</p> - <p class="line">Bis er vom übersinnlichen Raum mit dem Bundesgenossen</p> - <p class="line">Kehrete: denn er ging, dort Attila’s<a class="fnote" href="#footnote-16" id="fnote-16">[16]</a> Brust zu entflammen —</p> - <p class="line">Ihn zu erregen zum Kampf’ und zu wichtiger Thaten Vollendung.</p> - <p class="line">Bald erspähte sein forschender Blick den König der Hunnen.</p> - <p class="line">Ueber dem caspischen Meer, wohl tausend Meilen erhoben,</p> - <p class="line">Saß er im Wolkenzelt, so wie einst, von den Helden umgeben,</p> -<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a> - <p class="line">Nach vollendetem Mahl. Der Söhne geliebtester, Ellack,</p> - <p class="line">Neigte sein Haupt ihm sanft auf die Schulter; der wilde Tuhutum</p> - <p class="line">Saß ihm zunächst; Zombor, der schreckliche Krieger, mit Tursol,</p> - <p class="line">Und mit Retel und Bojt, unbändigen Würgern im Schlachtfeld,</p> - <p class="line">Saßen im Kreis’ um ihn her, dem liedergewaltigen Sänger</p> - <p class="line">Horchend, der, im Sturm des pochenden Busens, der Zither</p> - <p class="line">Saiten empörender schlug, und jetzt der herrlichen Vorzeit</p> - <p class="line">Helden pries in dem Lied’, unsterblicher Thaten gedenkend,</p> - <p class="line">Daß sich des Ahnenruhms, gleich tapfer, erfreue der Enkel.</p> - <p class="line">All’ aufhorchten ihm still’. Auf die bärtigen Lippen der Krieger</p> - <p class="line">Stürzte die schimmernde Thräne herab; sie wiegten das Haupt oft</p> - <p class="line">Bei des Gesangs Allmacht ergriffen von stürmischer Wehmuth.</p> - <p class="line">Muhamed braus’te herein; der Sänger verstummte; die Krieger</p> - <p class="line">Fuhren vom Sitz, da er so zum Kampf’ aufboth den Beherrscher:</p> - <p class="line">„Attila, auf, zur Rache, zum Sieg! Die mächtigsten Geister</p> - <p class="line">Hieß des Unsterblichen Ruf entfahren dem Schooße des Erdballs,</p> - <p class="line">Daß sie dem Christenvolk, nur uns zu verhöhnen entschlossen,</p> - <p class="line">Stehen als Retter im Kampf. Wir sollten es dulden? Der Blutschuld</p> - <p class="line">Denkest du noch, die Roms entartete Söhne nicht büßten,</p> -<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a> - <p class="line">Wie dein eisernes Herz es gewollt? Und fuhr nicht der Römer,</p> - <p class="line">Trotzigen Blicks, erst hin, den Christen als Helfer zu nahen?</p> - <p class="line">Nun sey List dem Muthe vereint, stets wachsam die Rachgier,</p> - <p class="line">Schmach auf die Feinde gehäuft, und errungen der herrlichste Sieg uns.“</p> - <p class="line">Attila winket’ ihm Beifall zu. Des schrecklichen Rohrwolfs</p> - <p class="line">Zähne, deß’ zottiger Pelz ihm Rücken und Fersen umhüllte,</p> - <p class="line">Starrten von seiner Stirn’, und tief, wie aus nächtlichem Schacht her</p> - <p class="line">Strahlet des Bergmanns Grubenlicht, ihm glommen die Augen</p> - <p class="line">Aus dem finstern Gesicht’. Er faßte den blutigen Säbel</p> - <p class="line">Tyrs,<a class="fnote" href="#footnote-17" id="fnote-17">[17]</a> den einst (so kündet die Sage) der furchtbare Kriegsgott</p> - <p class="line">Selbst auf der Heide vergrub, daß seiner Gewalt nicht die Völker</p> - <p class="line">All’ erlägen: umsonst! Der Schreckliche, der sich die Geißel</p> - <p class="line">Gottes im furchtbar’n Trotze genannt, entriß ihn des Feldes</p> - <p class="line">Tiefverhüllendem Schooß’. Auch jetzt aufschwang er das Eisen,</p> - <p class="line">Jauchzend, und eilte Muhamed nach. Unzählige Scharen</p> - <p class="line">Folgten ihm, dürstend nach Blut und brausendem Kampfesgetümmel.</p> - <p class="line">So durchstürmten die Luft ringsher die empöreten Geister.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Aber der Kaiser drückte voll Hast, Isabella, die Gattinn,</p> - <p class="line">Noch an die pochende Brust, und mengte die Thräne mit Thränen;</p> - <p class="line">Segnete, tiefbewegt, sein störrischblickendes Söhnlein,</p> -<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a> - <p class="line">Schwang sich auf’s wiehernde Roß, und flog aus dem drönenden Thorweg,</p> - <p class="line">Mitten im Ehrengefolg fünfhundert erlesener Reiter,</p> - <p class="line">Schnell g’en Barcellona hinaus, der prächtigen Seestadt.</p> - <p class="line">Nah’ ihm spornte das Roß der einst gewaltige König,</p> - <p class="line">Muley Hassan, und sann, verstummend, und düster, den Pfad hin.</p> - <p class="line">Muhamed naht’ ihm ergrimmt. Er sah, wie finsteres Mißtrau’n</p> - <p class="line">Ihm zerwühlte die Brust vor Furcht und banger Erwartung:</p> - <p class="line">Ob der Christ ihm dereinst, wenn Hairaddins Macht er bezwungen,</p> - <p class="line">Treu dem heiligen Eidschwur, noch den Zepter von Tunis</p> - <p class="line">Frei gibt — oder ihn selber behält, mit räub’rischen Händen?</p> - <p class="line">Sah’s, und schwang sich herab. Gleich einem gewaltigen Uhu,</p> - <p class="line">Der vom Hunger gequält, mit erblindeten, feurigen Augen</p> - <p class="line">Harrt in der Felsenkluft der Dämmerung; dann, sich erhebend,</p> - <p class="line">Leis’ in dem Thal’ umher, mit weitgebreiteten Flügeln</p> - <p class="line">Flattert, nach Beute zu späh’n: so naht’ auch Muhamed jetzo</p> - <p class="line">Hassans geistigem Leib, der leicht wie die Strahlen der Sonne,</p> - <p class="line">Jegliche Nerve durchdringt, und schnell, wie in dumpfer Betäubung,</p> - <p class="line">Und wie entkörpert, vernahm er den Geist im Seelengelispel:</p> - <p class="line">„Träumender, ha, du sankst erst jüngst dem ungläubigen Fürsten</p> -<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a> - <p class="line">Feig zu den Füßen, und hoffst, auf die Rechte des Siegers dich stützend,</p> - <p class="line">Den, nach schrecklichem Mord’ ererbeten Thron zu besteigen?</p> - <p class="line">Thor, der also sich täuscht: der Christ, und ein Christenbeherrscher</p> - <p class="line">Zöge für dich in den Kampf, und opferte dir zu Gefallen</p> - <p class="line">Menschen und Gold, daß du dich dann erfreuest der Herrschaft?</p> - <p class="line">Wiss’ es: er sinnt dir Schmach und Verrath, und gibt dich der Rachgier</p> - <p class="line">Hairaddins hin — vielleicht als Preis für die Veste Goletta.</p> - <p class="line">Solltest du nicht, bald heimgekehrt, auf täuschendem Pfad’ ihm</p> - <p class="line">Jammer bereiten, und ihn verderben, dir selber zur Rettung?“</p> - <p class="line">Hassan horchte verwundert, und sann, wer ihm in dem Herzen</p> - <p class="line">Solch’ Empörung erregt, das sonst schon zweifelerfüllt war?</p> - <p class="line">Doch nun hemmt’ er das Roß mit dem Zaum’: im zögernden Schritte</p> - <p class="line">Sich zu entzieh’n der Schar, die rasch zum rühmlichen Ziel fort</p> - <p class="line">Eilete; sah dann zurück, nach Mosul, dem Sclaven, und sagte:</p> - <p class="line">„Mosul, vernimm, wie dir des Busens geheimste Gedanken</p> - <p class="line">Dein Gebiether enthüllt: denn ach, so beugete Hassans</p> - <p class="line">Haupt das Geschick, daß er selbst dem niedrigen Sclaven sie kund thut!</p> - <p class="line">Siehe, wie dort hineilt der mächtige Christenbeherrscher,</p> - <p class="line">Bald an der Spitze des Heeres zu steh’n, zu entfalten die Segel,</p> -<a id="page-45" class="pagenum" title="45"></a> - <p class="line">Und zu entschiffen, im Flug nach Tunis, dem herrlichen Erbland.</p> - <p class="line">Hoffst du, er werde des Schwurs, des heiligen: mir das Entriss’ne</p> - <p class="line">Wieder zu schaffen mit Waffengewalt, auch drüben gedenken?</p> - <p class="line">Ach, mir sinnet er Schmach und sich unendlichen Vortheil,</p> - <p class="line">So er dem schrecklichen Feind mich verräth, dem solches ersehnt ist!“</p> - <p class="line">Sagt’ es, bewegt. „Nicht zürn’, o Herr,“ so entgegnete jener,</p> - <p class="line">„Daß ein niedriger Knecht vor deinem erhabenen Antlitz</p> - <p class="line">Sich zu reden erkühnt. Hast du nicht am dämmernden Abend</p> - <p class="line">Gestern geseh’n, wie mildgesinnt der Christenbeherrscher</p> - <p class="line">Dich aufnahm im Palast, wie gütig sein thränender Blick war?</p> - <p class="line">Nicht vernommen den Eidschwur dort, beim einigen Gotte</p> - <p class="line">Dir geschworen, daß er den entrissenen Zepter der Väter,</p> - <p class="line">So er den Räuber besiegt, dir wieder zu geben bereit sey?</p> - <p class="line">Ach, nicht brächt’ ihm die Täuschung Gewinn: ein irrender Fremdling</p> - <p class="line">Stehst du vor ihm ... vertrau’ im edelen Herzen dem Edeln!“</p> - <p class="line">„Schweig,“ so rief der Zürnende jetzt, „im lächelnden Antlitz</p> - <p class="line">Lauert der Trug — dein lacht im freundlichen Auge die Falschheit!</p> - <p class="line">Hat das unselige Volk nicht Hairaddins List mit Al-Raschids</p> - <p class="line">Leiche getäuscht? Droht mir, dem Muselman, nicht von dem Christen</p> - <p class="line">Größeres Unheil noch? Merk’ auf! Im engenden Schiffsraum,</p> -<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a> - <p class="line">Nicht wie im stolzen Palast durch weite Hallen gesondert</p> - <p class="line">Von dem Beherrscher selbst und den Seinen, erhaschest du leicht wohl,</p> - <p class="line">Achtlosscheinend, ein Wort, das uns die schändliche Täuschung</p> - <p class="line">Aufhüllt: nicht mißtraut sein Gefolg dem niedrigen Sclaven.</p> - <p class="line">Angelangt an dem heimischen Strand’, erseh’ ich den Vortheil</p> - <p class="line">Mir dann schnell, und entflieh’ in der Dämmerung; oder ich heische,</p> - <p class="line">So er von Tunis den Thron mir wieder zu geben gesinnt ist,</p> - <p class="line">Selber von ihm das Schiff, Hülfsvolk aus den Bergen von Kabesch<a class="fnote" href="#footnote-18" id="fnote-18">[18]</a></p> - <p class="line">Ihm zu schaffen, wo mir die tapfern Bewohner noch treu sind.“</p> - <p class="line">Und er spornte das schnaubende Roß, der Seite des Kaisers</p> - <p class="line">Wieder zu nah’n, der eilender g’en Barcellona hinausritt.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Doch, ach, welch Geschrei erschallt unferne der Seestadt,</p> - <p class="line">Drüben am Strand’ Areny’s, des hainumsäuselten Dörfchens?</p> - <p class="line">Wer betrübte so tief des Dörfchens stille Bewohner,</p> - <p class="line">Daß sie mit Thränen im Blick’, entfärbete Todesgestalten,</p> - <p class="line">Stumm, und bebend vor Angst, aufschau’n zu dem nächtlichen Himmel,</p> - <p class="line">Ob er sie schirm’, ob Flammen speie sein rächender Donner?</p> - <p class="line">Heiter entschwand die Sonn’ im rosigen Duft’, und der Himmel</p> - <p class="line">Lächelte mild. Wie ein Säugling am Busen der liebenden Mutter</p> - <p class="line">Schlummert, so lag, entzückend, am Saume der luftigen Berghöh’n</p> -<a id="page-47" class="pagenum" title="47"></a> - <p class="line">Abendröthliche Gluth. Im Gesang heimkehrten die Schnitter;</p> - <p class="line">Laut ertönte des Hirten Schalmei, und die blöckenden Heerden</p> - <p class="line">Eilten durch Wolken Staub’s, der hoch in den röthlichen Himmel</p> - <p class="line">Aufquoll, hüpfend zum duftenden Stall, nach Ruhe sich sehnend.</p> - <p class="line">Als sich die Müden getrocknet den Schweiß, und die dämmernde Kammer</p> - <p class="line">Alle versammelt’ umher, da tischte die sorgliche Hausfrau</p> - <p class="line">Jenes zur Abendkost, was ihr der Garten gespendet,</p> - <p class="line">Was die Heerd’ ihr both aus strotzenden Eitern. Sie stillten</p> - <p class="line">Fröhlich den Hunger, und bald verstummte des Tages Getümmel</p> - <p class="line">Ringsum; nur vom Thurme herab noch mahnte das Glöcklein,</p> - <p class="line">Fromm zu erheben das Herz. Sie betheten, eilten zu ruhen,</p> - <p class="line">Und der erquickende Schlaf umfing sie mit süßer Betäubung.</p> - <p class="line">Glückliche, wacht: denn nah’ ist der Sturm, der plötzlich den Himmel</p> - <p class="line">Eures Friedens bewölkt mit schwarzumnachtender Trauer!</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Lauernd durchpflügte die See, mit hundert gerüsteten Schiffen,</p> - <p class="line">Hairaddins Liebling, Al-Mansor, dem, scheidend, am Bord’ er</p> - <p class="line">Noch in die Seele gelegt: so draußen auf offener Meersfluth</p> - <p class="line">Kühn dem Feind’ entgegen zu steh’n, so rings an den Küsten</p> - <p class="line">Furchtbar’n Ueberfall in nächtlicher Stunde zu wagen,</p> - <p class="line">Und zu entwinden das Schwert des Feindes Hand in Europa,</p> -<a id="page-48" class="pagenum" title="48"></a> - <p class="line">Das er nach Afrika, dräuend, gezückt, ihm selber zum Unheil.</p> - <p class="line">Wühlend im röthlichen Bart, der ihm zu dem Gürtel herabfloß,</p> - <p class="line">Sprach nun Al-Mansor zu Omrah, dem tapferen Aga:</p> - <p class="line">„Omrah, Mustapha’s Sohn, vernimm mich jetzt, den Gebiether!</p> - <p class="line">Bald entsinket die Nacht dem erdumwölbenden Himmel;</p> - <p class="line">Spanne die Segel dem Wind’. Unferne der Stadt Barcellona</p> - <p class="line">Landend, raub’ entschlummertes Volk der niedrigen Hütte,</p> - <p class="line">Oder dem stolzen Palast, daß wir erkunden in Wahrheit:</p> - <p class="line">Ob in die thürmende Stadt der Christenbeherrscher gekommen,</p> - <p class="line">Kampfgerüstet, ob nicht? denn eilig geböth’ er die Fahrt dann.</p> - <p class="line">Tapferer, was du beginnest mit Muth, vollende mit Kühnheit!“</p> - <p class="line">Omrah gehorchte dem Wort’. Er löste dem Winde die Segel,</p> - <p class="line">Und aus dem dunkeln Schooß Verderben dräuend und Jammer,</p> - <p class="line">Flog sein Schiff dem Strand’ entgegen am dämmernden Abend.</p> - <p class="line">Dort in der Felsenbucht, nicht ferne den Marken Areny’s,</p> - <p class="line">Harret’ er, lauernd, der Nacht. Sie kam: rings schwanden die Lichter;</p> - <p class="line">Jeglicher Laut erstarb; nur die Wellen rauschten am Schiffskiel</p> - <p class="line">Leis’ empor, nur die Brandung scholl an den fernen Gestaden.</p> - <p class="line">Eilig umschifft’ er den bergenden Fels; dann flog er zum Strand hin,</p> - <p class="line">Landete, trieb sein Volk zum Raub’, ihm Eile gebiethend.</p> - <p class="line">Und, wie in dunkler Mitternacht aus säuselndem Schilfrohr,</p> -<a id="page-49" class="pagenum" title="49"></a> - <p class="line">Plötzlich, die wilde Schar langhungernder Wölfe sich aufmacht,</p> - <p class="line">D’rauf, der Hürde genaht, einstürmt, und die zitternden Lämmer</p> - <p class="line">Raubet in Hast; wie jährige Stier’ im blutigen Rachen</p> - <p class="line">Tragend, die Jaguar, Westindiens schreckliche Tieger,</p> - <p class="line">Fliehen den Berg aufwärts: so drangen die furchtbaren Räuber,</p> - <p class="line">Gräßlichen Mord im Blick, durch berstende Thüren und Fenster</p> - <p class="line">Ein in die Hütten; so raubten sie dort den blühenden Jüngling,</p> - <p class="line">Grauender Aeltern einzigen Trost, und des liebenden Weibes</p> - <p class="line">Theuern Gatten, und floh’n zum Bord des harrenden Schiffs hin.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Wehklag’ scholl. Als jetzt sie erweckte des Dörfchens Bewohner,</p> - <p class="line">Die, noch solchem Geschick’ entronnen, der Spur der Geraubten</p> - <p class="line">Folgten, ächzend vor Schmerz und drängender Sorge der Rettung,</p> - <p class="line">Tönte schon fern’ ihr Schrei von den rauschenden Wogen herüber.</p> - <p class="line">Schrecklich zu schau’n! Da steht mit fliegendem Haar, mit Verzweiflung</p> - <p class="line">In dem Gesicht, mit Gluth in der Brust, die Gattinn, und breitet</p> -<a id="page-50" class="pagenum" title="50"></a> - <p class="line">Zitternd die Arme dem Gatten nach: mit bebenden Lippen</p> - <p class="line">Will sie noch einmal zurück, mit Gewalt, ihn rufen, und stöhnt nur.</p> - <p class="line">Dort auf den Sand hinstürzet der Greis, und rauft sich die Haar’ aus</p> - <p class="line">Ob des Töchterchens, ob des Sohn’s. Da knie’t an dem Ufer,</p> - <p class="line">Schaudernd im Fieber, die Braut, und blickt mit wilden Geberden</p> - <p class="line">Jetzo dem Vater, und jetzt der weinenden Mutter in’s Antlitz;</p> - <p class="line">Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und <a id="corr-2"></a>läuft auf dem Sandpfad</p> - <p class="line">Plötzlich dahin. Ein gellender Schrei aus dem fliegenden Busen</p> - <p class="line">Füllet die Luft und die Herzen des Volk’s, mit starrem Entsetzen.</p> - <p class="line">Ach, sie stürzt’ in die Fluth; doch hängen die zarten Geschwister,</p> - <p class="line">Wimmernd, an ihrem wehenden Kleid’, und rufen ihr liebvoll</p> - <p class="line">Trost in das Herz, vereint dem Fleh’n des weinenden Volkes,</p> - <p class="line">Das an den Vater im Himmel sie mahnt, den Rächer der Unschuld!</p> - <p class="line">Aber schon nahte der Rächer, im Flug, Barcellona’s Gefilden,</p> - <p class="line">Glühend im Herzen dem Ruf’ erhabener Christenerrettung.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-4"> -<a id="page-51" class="pagenum" title="51"></a> -Dritter Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">S</span><span class="postfirstchar">iehe,</span> wie stolz erhebt Barcellona, die herrliche Seestadt,</p> - <p class="line">Heute die Stirn’ in die Luft; wie schimmert so hell in des Meeres</p> - <p class="line">Fluthendem Spiegel ihr Bild; im freudigen Lärm und Getümmel</p> - <p class="line">Jauchzt in den Gassen das Volk, und jauchzt in dem hallenden Hafen:</p> - <p class="line">„Heil uns, Doria kommt, der langersehnete Seeheld!“</p> - <p class="line">Dreißig der Schiff’ erkennet das Aug’ an den flatternden Segeln</p> - <p class="line">Fern’ auf dem Meer. Sie führen fünftausend erlesene Krieger,</p> - <p class="line">Genua’s tapferes Volk, zum heiligen Kampfe der Rettung.</p> - <p class="line">Dreißigmal grüßt das Donnerrohr von dem Walle den Helden:</p> - <p class="line">Also schallt von dem Meere sein Dank im Donner herüber;</p> - <p class="line">Doch, wie die Echo, geweckt in der felsumstarreten Bergschlucht,</p> - <p class="line">Einen gewaltigen Ruf erst laut und mächtig erwiedert,</p> -<a id="page-52" class="pagenum" title="52"></a> - <p class="line">Dann nur leis’ aushaucht, und wieder verstummt in der Stille:</p> - <p class="line">So von des Meeres Höh’n herflog, mit ermattenden Schwingen,</p> - <p class="line">Dreißig Grüßen zum Dank, der dumpfummurrende Nachhall.</p> - <p class="line">Jetzt aufrauschte die Fluth: sie sprang an dem schwärzlichen Schiffskiel,</p> - <p class="line">Schäumend, umher, und wogte sie all’ in den schirmenden Hafen.</p> - <p class="line">Jetzt entsank dem Busen des Schiff’s der gewichtige Anker,</p> - <p class="line">Rasselnden Schwungs, und ihm, geschleudert vom kreisenden Wellbaum,</p> - <p class="line">Folgte das mächtige Seil, bis er haftete fest in dem Boden.</p> - <p class="line">Lange wiegte die Fluth das eiserngeheftete Schiff noch.</p> - <p class="line">Doch nun schwang sich der Held, mit den obersten Schiffesgebiethern,</p> - <p class="line">Schnell in das zierliche Boot, und eilte dem Ufer entgegen:</p> - <p class="line">Ihn umbraus’te des Volks ringsher auftobender Jubel.</p> - <p class="line">Aber es scholl erneut in dem wimmelnden Hafen der Zuruf:</p> - <p class="line">„Heil dem nahenden Freund!“ denn Ludwig,<a class="fnote" href="#footnote-19" id="fnote-19">[19]</a> der Bruder der Kais’rinn,</p> - <p class="line">Und Lusitaniens Stolz, kam jetzt mit zwanzig der Segel</p> - <p class="line">Näher dem Port’. Er warb viertausend tapfere Streiter</p> - <p class="line">Drüben am Tajo, und kam, Siegsruhm zu erringen entschlossen.</p> - <p class="line">Als er, gelandet, am Strand hinging: da staunte mit Ehrfurcht</p> - <p class="line">Jegliches Aug’ ihm nach, da er schon im Lenze des Lebens,</p> - <p class="line">Heiter die muthige Brust darboth des Krieges Gefahren.</p> -<a id="page-53" class="pagenum" title="53"></a> - <p class="line">Wieder erscholl’s: „Heil dort den nahenden Schiffen!“ und sechzig</p> - <p class="line">Zählte des Strandes Wart von dem hochaufthürmenden Leuchtthurm.</p> - <p class="line">Ruyter<a class="fnote" href="#footnote-20" id="fnote-20">[20]</a> kam, der jüngst die flandrischen durch Gibilterra’s</p> - <p class="line">Enge geführt, und auf Malaga’s Höh’n mit jenen vereinte,</p> - <p class="line">Die Hispania’s Städte gesandt, im rühmlichen Wettstreit.</p> - <p class="line">Hundert Krieger am Bord trug jedes der räumigen Schiffe —</p> - <p class="line">Trug in dem dunkeln Schooß Geräthe des dauernden Krieges,</p> - <p class="line">Mundvorrath und Geschoß, mit den ehernen Schlünden und Mörsern.</p> - <p class="line">Rastlos brüllten die Donnerschlünd’, als jetzt in des Morgens</p> - <p class="line">Stunden sich eint’, im Port, zu dem Heldenzuge die Heersmacht.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Aber auch drüben an Wälschlands weitumkreisenden Ufern</p> - <p class="line">Wogten des Krieges Banner, erhöht, in dem Wind’, und die Völker</p> - <p class="line">Harrten der Siegesfahrt. In Genua’s äußerstem Hafen,</p> - <p class="line">Den im holden Gefild schon längst entschwund’ne Geschlechter</p> - <p class="line">Weihten der Liebesgöttinn zum Sitz,<a class="fnote" href="#footnote-21" id="fnote-21">[21]</a> einschiffte die Scharen</p> - <p class="line">Genua’s — auch Hetruriens und Lombardia’s Krieger,</p> - <p class="line">Guasto, der tapfere Greis, des Fußvolks oberster Feldherr.<a class="fnote" href="#footnote-22" id="fnote-22">[22]</a></p> - <p class="line">Finster blickte sein Aug’. Ergraut in den eisernen Waffen,</p> - <p class="line">Nährt’ er im stetsumwölkten Gemüth’ unziemliches Mißtrau’n</p> - <p class="line">Gegen die Welt: ihn scheuten — nicht liebten die Waffengefährten.</p> -<a id="page-54" class="pagenum" title="54"></a> - <p class="line">Jetzt von der einsamen Burg von Ischia rief ihn der Kaiser</p> - <p class="line">Wieder zum Kampf, nach erkorener Ruh’ im grauenden Alter:</p> - <p class="line">Denn er kannte die Kraft des schlachtanordnenden Greises.</p> - <p class="line">Als er vom Meeresstrand’ einschiffte die Völker: da nahte</p> - <p class="line">Eberstein,<a class="fnote" href="#footnote-23" id="fnote-23">[23]</a> zehntausend erlesene Krieger aus Deutschland</p> - <p class="line">Führend im freudigen Muth zu dem rühmlichen Kampfe der Rettung.</p> - <p class="line">Eine Ros’ in dem Schild’, enthüllete, schimmernd, sein Fähnlein —</p> - <p class="line">Sie, des trefflichen Ahns Stammzier, den ehrend der Kaiser</p> - <p class="line">Heinrich, der Finkler genannt, zu der hohen Roma gesendet,</p> - <p class="line">Daß er der Völker Wohl mit dem Hirten der Kirche berathe.</p> - <p class="line">Dort an dem festlichen Tag, wo, Flammen gleich, von dem Himmel</p> - <p class="line">Sich auf die Jünger herab, der Geist, der <em>Heilige</em>, senkte,</p> - <p class="line">Ward ihm die Rose gereicht von dem Heiligen Vater, und Heinrich</p> - <p class="line">Pflanzte die Ros’ in den Wappenschild des tapferen Ritters,</p> - <p class="line">Welcher die Freiheitsschlacht auf Mörsburgs sandigen Fluren</p> - <p class="line">Kämpfte mit ihm, das Volk zu erretten vom Joche der Ungern.</p> - <p class="line">Solchen Ahnen entsproß der Führer germanischer Völker.</p> - <p class="line">Aber er einte vor Mailand jüngst die kühnen Gefährten,</p> - <p class="line">Die er in Deutschland warb — in dem Vaterlande der Helden:</p> - <p class="line">Denn in Schwabens freundlichen Gau’n, wo silbernergossen</p> - <p class="line">Schimmert der Bodensee, und die rühmliche Quelle der Donau,</p> -<a id="page-55" class="pagenum" title="55"></a> - <p class="line">Unversiegbar, nährt des Schwarzwalds heiliges Dunkel,<a class="fnote" href="#footnote-24" id="fnote-24">[24]</a></p> - <p class="line">Daß sie, ein Ries’, auf siebenhundert Meilen entlang hin</p> - <p class="line">Netze den Bord unzähliger Städt’, und Dörfer, und Vesten,</p> - <p class="line">Fröhlicher Traubengebirg’, und erblühender Gärten und Wälder,</p> - <p class="line">Und in dem Schwarzen-Meer, des Schwarzwalds Höhen entsprossen,</p> - <p class="line">Stets nach Osten gewandt, vollende die herrliche Laufbahn:</p> - <p class="line">Dort begrüßten zuerst zwölfhundert erlesene Krieger,</p> - <p class="line">Lanzenbewaffnetes Volk, mit Römhild, dem tapferen Führer,</p> - <p class="line">Ebersteins Panier mit lautaufschallendem Jubel.</p> - <p class="line">Doch wo des Spessarts Grau’n, so wie auch des lieblichen Mainstroms</p> - <p class="line">Schimmer das Herz erhebt, im schönen Lande der Franken,</p> - <p class="line">Flatterte hoch in die Luft des Führers erhobenes Fähnlein,</p> - <p class="line">Werners: ihm folgte die Schar achthundert trefflicher Schützen.</p> - <p class="line">Also das muthige Volk der bergbewohnenden Hessen</p> - <p class="line">Folgete Wittekind nach, dem Helden: er zählte der Krieger</p> - <p class="line">Tausend um sich, und kam, ruhmdürstend, heran in dem Kriegszug.</p> - <p class="line">Und an den Ufern der Isar hinab zu dem freundlichen München,</p> - <p class="line">Reihte sogleich die Schar zweitausend gerüsteter Bayern</p> - <p class="line">Sich an den schwellenden Zug. Gedenkend der trefflichen Heimath,</p> - <p class="line">Schwur ein jeder ihr herrlichen Ruhm zu erkämpfen vor Tunis.</p> - <p class="line">Radburg führte sie an, des Herzogs tapferer Sprößling.</p> -<a id="page-56" class="pagenum" title="56"></a> - <p class="line">Auch wo im Sande die Spree der brandenburgischen Hauptstadt</p> - <p class="line">Blässere Fluthen entgegenrollt, und die Oder des Landes</p> - <p class="line">Blühende Fluren durchströmt, ertönte der mächtige Heerruf.</p> - <p class="line">Schnell erhob sich die Schar von tausend erlesenen Kriegern,</p> - <p class="line">Löwenbeherzt, und folgete Siegfrieds winkendem Banner.</p> - <p class="line">Und wie folgte nicht, Stollberg, dir, im Muthe der Helden,</p> - <p class="line">Sachsens edeles Volk, das mächtig umher an der Elbe,</p> - <p class="line">So an der Pleiß’ und der Ilm, ruhmwürdige Städte bewohnet;</p> - <p class="line">Wo den Musen ihr Kranz erblüht’, und die forschende Weisheit</p> - <p class="line">Glänzende Höhen errang. Sie sendeten freudig nach Mailand,</p> - <p class="line">Ueber Tyrols Berghöh’n, achthundert gewaltige Krieger.</p> - <p class="line">Treues Tyrol, auch deinen Gebirgen und Thälern entströmte,</p> - <p class="line">Jauchzenden Muthes, die Schar gepriesener Schützen! Sie nahten,</p> - <p class="line">Tausend an Zahl, und, vereint fünfhundert muthigen Bündtnern,</p> - <p class="line">Führte sie Salis zum Kampf, Oestreichs hochherziger Feldherr.</p> - <p class="line">Ha, nicht weilten daheim die Helden des glücklichen Reiches,</p> - <p class="line">Das in dem Bruderbund’ unzählige Völker vereinet,</p> - <p class="line">Und den Vereinten durch Weisheit, Mild’, und Gerechtigkeit obherrscht:</p> - <p class="line">Denn es entsandte zum Heer fünfhundert geharnischte Reiter:</p> - <p class="line">Böhmens tapferes Volk, das, eisern, im eisernen Schlachtfeld</p> - <p class="line">Ausharrt, und im entscheidenden Kampf den Feind in den Staub wirft;</p> -<a id="page-57" class="pagenum" title="57"></a> - <p class="line">Sandte der Ungern muthige Schar, die auf feurigen Rossen,</p> - <p class="line">In der gewaltigen Faust den blinkenden Säbel erhebend,</p> - <p class="line">Schnell, wie der Blitz, im Flug, die feindlichen Reihen zerschmettern.</p> - <p class="line">Jenen geboth Waldstein, und diesen Hunyadi’s<a class="fnote" href="#footnote-25" id="fnote-25">[25]</a> Enkel,</p> - <p class="line">Der, Europa’s Hort, die Macht der Osmanen gebrochen.</p> - <p class="line">Ihnen gesellt, annahte das siegsruhmdürstende Fußvolk,</p> - <p class="line">Das sich aus deinem Wall’ und Fluren erhob, Vindobona,</p> - <p class="line">Austria’s herrliche Kaiserstadt! Wer rühmte dich würdig?</p> - <p class="line">Ha, wie lieblich bespühlt die breitherrollende Donau</p> - <p class="line">Deinen erhabenen Sitz! Wie stolz dir winken die Berghöh’n,</p> - <p class="line">Säuseln die Hain’ umher, und die lustaushauchenden Gärten!</p> - <p class="line">Herrlich umglänzt dich der Aehren Gold, des fröhlichen Weinbergs</p> - <p class="line">Labende Frucht; dir blüh’n rings Edens wonnige Fluren!</p> - <p class="line">Nun entbothst du die Schar fünfhundert erlesener Krieger.</p> - <p class="line">Aber noch dreimal die Zahl entsandten die trefflichen Länder,</p> - <p class="line">Welche die March, die Muhr, und die Drau durchströmet, und jenes,</p> - <p class="line">Das in dem freundlichen Schooß der Zirknitz<a class="fnote" href="#footnote-26" id="fnote-26">[26]</a> zaub’rischen See birgt:</p> - <p class="line">Wo in den Tagen des rollenden Jahrs bald emsige Fischer</p> - <p class="line">Jubeln der Beut’ in dem Netz’, und bald die Schnitter und Jäger</p> - <p class="line">Strecken die Halm’ und das Wild auf dem fluthentblößeten Raum hin.</p> - <p class="line">Lichtstein führte dieß Volk. Hoch flattert’ im Winde sein Fähnlein,</p> -<a id="page-58" class="pagenum" title="58"></a> - <p class="line">Wo das purpurne Feld, vom güldenen Felde gesondert,</p> - <p class="line">Auf dem Schilde sich wies, und des Helms hochragender Fittig.</p> - <p class="line">Hinter den zahllosen kam, von schnaubenden Rossen gezogen,</p> - <p class="line">Näher die Wucht von hundert donnernden Schlünden und Mörsern.</p> - <p class="line">Rückwärts gähnet’ ihr dräuender Mund, und jeglichem folgte,</p> - <p class="line">Rasch, mit der Lunt’ an der Brust, der Wurfschütz — folgten Gehülfen,</p> - <p class="line">Sonder Scheu, an dem Wagen, voll tödlicher Feuergeschosse.</p> - <p class="line">Rogendorf, der Feldzeugmeister im Heere des Kaisers,</p> - <p class="line">Führte des Feldzeugs Macht. Er hemmte zuweilen mit Vorsicht</p> - <p class="line">Sein gluthschnaubendes Roß, daß all’ ihm folgten in Ordnung.</p> - <p class="line">Trauer erfüllte sein Herz. Ihm sank der Gefährte der Jugend,</p> - <p class="line">Salm, auf Wiens hochragendem Wall, wo beide, den Leu’n gleich,</p> - <p class="line">Kämpften gegen Suleymans Wuth.<a class="fnote" href="#footnote-27" id="fnote-27">[27]</a> Dort schwand ihm des Glückes</p> - <p class="line">Freundlicher Strahl: vom Grau’n des nächtlichen Kummers umgeben,</p> - <p class="line">Sah er schweigend hinaus nach des Lebens verödeten Räumen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Also lenkte zum Meeresstrand die tapferen Völker</p> - <p class="line">Ebersteins Heerruf. Laut wirbelte, drönte die Trommel;</p> - <p class="line">Schmetternd erklang die Dromet’, und das Wiehern der stampfenden Rosse</p> -<a id="page-59" class="pagenum" title="59"></a> - <p class="line">Scholl aus dem Waffengeblitz herüber vom stäubenden Fahrweg.</p> - <p class="line">Doch nun rollt’ er die Reih’n am tosenden Strande des Meers auf:</p> - <p class="line">Guasto’s Feldherrnauge zur Schau. Sie jagten hinunter,</p> - <p class="line">Jagten herauf das muthige Roß, die herrlichen Scharen</p> - <p class="line">Musternd, und staunenden Blicks ersah der oberste Feldherr</p> - <p class="line">Deutschlands Heldenvolk, das, trefflichgerüstet, daherzog:</p> - <p class="line">Diese bewehrt mit dem Helm’ und dem Panzerhemde von Eisen,</p> - <p class="line">Haltend die hochaufragende Lanze gelehnt an die Schulter;</p> - <p class="line">Jene, das Feuerrohr im Arm, dem krachend des Todes</p> - <p class="line">Kugel entfleugt, und fern’ aus den Reihen die Männer in Staub wirft.</p> - <p class="line">Allen umhüllte die Brust der todabwehrende Koller,</p> - <p class="line">Von dem Felle des Elennthiers, und die eisernen Hauben</p> - <p class="line">Schirmten vor tödlichem Hieb ihr Haupt im Gemenge der Waffen.</p> - <p class="line">Aber die Reiterschar, gleich Flügeln umgebend das Fußvolk,</p> - <p class="line">Hob den blinkenden Stahl in der nervigen Rechte zur Schulter.</p> - <p class="line">Alle blickten nach Eberstein: Die rechts, und die Ander’n</p> - <p class="line">Links, wie er nun, zur Mitte gekehrt, vor den Scharen das Wort nahm:</p> - <p class="line">„Seht uns am Strande des Meers! Verkünden die thränenden Wimpern,</p> - <p class="line">Kündet die Stille mir, wie jetzt des herrlichen Anschau</p> - <p class="line">Euern Busen ergriff in spracherstickender Wonne?</p> - <p class="line">Endlos wogt es dahin, in des Himmels umwölbenden Busen</p> -<a id="page-60" class="pagenum" title="60"></a> - <p class="line">Schwindend: ein Bild der allumfassenden Liebe. Gesegnet</p> - <p class="line">Sey uns die Fluthenbahn: nach dem fernentlegenen Welttheil</p> - <p class="line">Führe sie schnell die Helden zum Kampf für Rettung und Freiheit!</p> - <p class="line">Brüder, wir kämpfen ihn dort, als Deutsche, der heiligen Pflicht treu,</p> - <p class="line">Glühend von edelem Muth’, und denkend des heimischen Ruhmes!</p> - <p class="line">Gott und der Kaiser mit uns, die stets den Tapferen hold sind!“</p> - <p class="line">Tausende schrie’n, aufjauchzte das Heer: „Gebiethe die Abfahrt:</p> - <p class="line">Gott und der Kaiser mit uns, die stets den Tapferen hold sind!“</p> - <p class="line">Hastig drängten sich alle zum Strand’, und sah’n auf die Meer’sfluth,</p> - <p class="line">Schweigend, hinaus. Erschüttert bückte sich Dieser, und tauchte</p> - <p class="line">Freudig die Hand in die Fluth des schauererregenden Abgrunds;</p> - <p class="line">Jener staunte der Pracht der Kriegesschiff’ und Galeeren —</p> - <p class="line">Auch der Menge der Tau’ und der Höhe des thürmenden Mastbaums.</p> - <p class="line">Rastlos fuhren die Boot’ umher. Da schifften am Ufer</p> - <p class="line">Haufen sich ein; dort stiegen auf hänfenen Leitern die andern,</p> - <p class="line">Eiliger, auf zu dem Raum des hochgewölbeten Schiffbords.</p> - <p class="line">Aber die Reiter und Ross’, Feldzeug und Geräthe des Krieges</p> - <p class="line">Faßte der breitere Raum der offenen, niedern Galeeren,</p> - <p class="line">Wo das muthige Roß, das erst, voll schnaubenden Ingrimms,</p> -<a id="page-61" class="pagenum" title="61"></a> - <p class="line">Tobte, bezähmt, und zitternd stand, und den mähnigen Nacken</p> - <p class="line">Furchtsam erhob: zu schau’n die ringserhellten Gewässer.</p> - <p class="line">Jetzt erscholl der Abfahrt lauterdonnerndes Zeichen.</p> - <p class="line">Freundlich weht’ aus Osten der Wind, und führte die Schiffe</p> - <p class="line">Auf die unendliche Fläche hinaus. Die Menge des Volkes</p> - <p class="line">Sah den herrlichen Zug von hundert Segeln, und jauchzt’ ihm,</p> - <p class="line">Lange vom schwindenden Strand, die Wünsche der günstigen Meerfahrt</p> - <p class="line">Und des ersehnten Wiederseh’ns mit gewaltigem Laut nach.</p> - <p class="line">Abend nahte heran. In den weitvorstrebenden Segeln</p> - <p class="line">Säuselte sanfter der Wind; die goldenstrahlende Sonne</p> - <p class="line">Sank g’en Westen hinab: sie taucht’ ihr breiteres Antlitz</p> - <p class="line">Leis’ in die Spiegelfluth, und blickt’ auf der flammenden Bahn dort,</p> - <p class="line">Scheidend, heran, die, im Wellengeblitz erzitternd, ihr nachflog,</p> - <p class="line">Und an des Himmels Rand’ entschwand. Im rosigen Aether</p> - <p class="line">Flatterten Wölkchen empor, die an ihrem verglühenden Saum noch</p> - <p class="line">Lange den huldausstrahlenden Wink der Lieblichen zeigten.</p> - <p class="line">Aber die Krieger ergriff die süße Wonne der Wehmuth:</p> - <p class="line">Lautlos starrten sie hin, und dachten des lieblichen Schlafs nicht,</p> - <p class="line">Mahnte nicht Guasto’s ernster Wink und die Stimme der Führer.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-62" class="pagenum" title="62"></a> - <p class="line">Siehe, der finstere Schleier der Nacht umhüllte des Heeres</p> - <p class="line">Fluthenbahn! Eintönig rauschten die schwankenden Wogen</p> - <p class="line">Jetzt an dem Kiele des Schiffs umher; scharf hauchte der Fahrwind,</p> - <p class="line">Und in Eil’ entschwand die Heersmacht Genua’s Küsten.</p> - <p class="line">Aber nicht achtlos sah der Christen ergrimmtester Gegner,</p> - <p class="line">Muhamed, her aus dem Wolkenreich: wie drüben die Völker,</p> - <p class="line">Lautaufjubelnden Rufs, entfalteten Segel auf Segel,</p> - <p class="line">Und vom hohen Verdeck die funkelnden Blicke des Kriegers</p> - <p class="line">Grause Vernichtung drohten dem Volk, das gläubig ihn ehret.</p> - <p class="line">Gierig forscht’ er umher, ob nicht ein wüthender Sturmwind</p> - <p class="line">Fern’ an des Himmels Rand’ aufgährete? Doch in den Lüften</p> - <p class="line">Herrschte liebliche Ruh’, und hell erglänzte die Sternflur;</p> - <p class="line">Forschte zugleich: ob Al-Mansors vereintes Geschwader</p> - <p class="line">Nahete, den erst jüngst aus Algier Hairaddin sandte,</p> - <p class="line">Daß er des Kaisers Macht hintilg’ in brausender Seeschlacht?</p> - <p class="line">Aber der Schreckliche trieb noch fern’ auf den Fluthen des Meers um,</p> - <p class="line">Das, Sardiniens Strand von Siciliens lieblichen Ufern</p> - <p class="line">Trennend, die Bahn ihm wies, wo bald (so wähnt’ er vermessen)</p> - <p class="line">Ihm erliege, besiegt, der erhabene Herrscher der Christen;</p> - <p class="line">Dennoch entsandt’ er erst heut zwei leichthinsegelnde Schiffe,</p> - <p class="line">Die, von Abdul beherrscht, vor Wälschlands schönen Gestaden</p> - <p class="line">Kreutzten, und spähten umher: wohin sich wende Del-Guasto?</p> - <p class="line">Abdul gewahrte des Heer’s Abfahrt: denn zahllose Ruder</p> -<a id="page-63" class="pagenum" title="63"></a> - <p class="line">Peitschten die See, und die Luft durchfächelten Segel auf Segel.</p> - <p class="line">Alsbald eilt’ er nach Elba<a class="fnote" href="#footnote-28" id="fnote-28">[28]</a> hinaus, dem felsigen Eiland,</p> - <p class="line">Wo von dem Schacht, gehaltreich, schillerndes Eisen der Bergmann</p> - <p class="line">Fördert zu Tag’, und steuerte, bald aus der dunkelen Felsbucht,</p> - <p class="line">Bald aus dem Eisenport, des Feindes Fahrt zu erkunden.</p> - <p class="line">Muhamed sah ihn ergrimmt, und naht’ ihm, scheltenden Ruf’s, so:</p> - <p class="line">„Bebend schaust du das Christenvolk die Meere beherrschen?</p> - <p class="line">Sinne vielmehr ihm Leid, ein schwacher dem stärkeren Gegner.</p> - <p class="line">Denke der List: denn sieh’, wie dort ein zögerndes Fahrzeug</p> - <p class="line">Einsam die Wogen durchschifft! Ihm wirf dich muthig entgegen;</p> - <p class="line">Halte die Enterhaken bereit; mit der Sprache der Heimath</p> - <p class="line">Täuschend, raubst du dem Feinde noch heut den tapfersten Feldherrn.“</p> - <p class="line">Abdul blickte verwundert um sich: wer Worte des Muthes</p> - <p class="line">Ihm in die Seele gehaucht? und lenkte sein kühnes Geschwader</p> - <p class="line">Gegen das einsame Schiff, am Mast’ erhöhend die Flagge</p> - <p class="line">Genua’s, und entflammend zum Trug den listigen Korsen,</p> - <p class="line">Der, geboren ein Christ, dem falschen Propheten sich hingab.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sarno, den tapferen Hort und Gebiether lombardischen Volkes,</p> - <p class="line">Trug das einsame Schiff: ein schlechterer Segler. Vor Ingrimm</p> -<a id="page-64" class="pagenum" title="64"></a> - <p class="line">Ballt’ er die Faust, daß nur er, der jüngste der Führer, zurückblieb.</p> - <p class="line">Wie vor dem rauheren Herbst der Störch’ unendliche Scharen,</p> - <p class="line">Fliehend dahin durchsausen die Luft; doch einer aus allen</p> - <p class="line">Folgt aus der Ferne dem Zug (den Zögernden lähmte der Weidmann</p> - <p class="line">Jüngst auf dem Stoppelfeld) und schreit, da jene verschwinden:</p> - <p class="line">Also schwand ihm das Heer im Schleier der dunkelen Nacht hin.</p> - <p class="line">Jetzo vernahm er Geräusch’ annahender Schiffe: die Wogen</p> - <p class="line">Klatschten, geschleudert vom Kiel’, und laut ersausten die Segel.</p> - <p class="line">Ahnend Gefahr, aufboth der tapfergesinnete Feldherr</p> - <p class="line">Schnell sein muthiges Volk. Der Wurfschütz harrte des Winks nur,</p> - <p class="line">Gegen die Feind’, im Donnerhall, Verderben zu senden.</p> - <p class="line">D’rauf rief er: „Wer naht?“ So schrie’n die Krieger zugleich auf.</p> - <p class="line">Aber vom nahenden Bord begann der Korse voll Arglist:</p> - <p class="line">„Kennt ihr Genua’s Flagge nicht mehr? Uns sandte der Feldherr,</p> - <p class="line">Daß in dem zögernden Lauf kein Gegner die eure gefährde.“</p> - <p class="line">Also stürmten die Feinde zugleich, auf beiden den Schiffen,</p> - <p class="line">Dieß, und auch jenseits an, und enterten, jauchzenden Rufes,</p> - <p class="line">Sarno’s Schiff, an mächtigen Tau’n fünfklauige Haken</p> - <p class="line">Schleudernd: sie hafteten fest im Gebälk’, und mit schrecklichen Blicken,</p> -<a id="page-65" class="pagenum" title="65"></a> - <p class="line">Hoch in der nervigen Faust den blitzenden Säbel erhebend,</p> - <p class="line">Schwangen sie sich dann auf zum Bord. Doch Sarno, der Feldherr,</p> - <p class="line">Nahte, das Schwert in der Hand, nicht feige zu sterben, entschlossen.</p> - <p class="line">Erst dem Korsen durchstieß er das Herz, das falsche; zerschmettert</p> - <p class="line">Schnell an der Stirn’, ihm sank Atha’r, und Ismail stürzte</p> - <p class="line">D’rauf, in der Lunge durchbohrt, die tapfersten Aga der Scharen:</p> - <p class="line">Orta genannt dem Muselman, die hundert und fünfzig</p> - <p class="line">Krieger vereint. Doch jetzt, unedel im Rücken bestürmte</p> - <p class="line">Jenen die Meng’, und riß mit wildem Getös’ ihn zu Boden.</p> - <p class="line">Wie der Waldurochs, den wüthende Rüden umdrängen,</p> - <p class="line">Rings mit lautem Gebell, ergrimmter die Stirne vor ihnen</p> - <p class="line">Senkt, und den einen durchstößt mit tödlichen Hörnern, den andern,</p> - <p class="line">Rasch mit den ehernen Klau’n zermalmt, und immer empörter</p> - <p class="line">Rache schnaubt; doch jetzt, an den blutenden Ohren verbissen,</p> - <p class="line">So an dem zottigen Halse zugleich und den kräftigen Schenkeln,</p> - <p class="line">Zerrt die tobende Schar, bis überwältigt er hinsinkt</p> - <p class="line">Vielen, allein: so stürzte der Held, und, schmählich gefesselt</p> - <p class="line">Ward er mit seinem Volk’, aus Haufen erschlagener Gegner,</p> - <p class="line">Nach dem feindlichen Schiffe geschleppt. Sein eigenes trieb nun,</p> - <p class="line">Menschenberaubt, umher, als Beute den stürmischen Wogen.</p> -<a id="page-66" class="pagenum" title="66"></a> - <p class="line">Dort im finsteren Schiffsraum lag der edelste Feldherr;</p> - <p class="line">Preßte die Stirn’ an die Wand, und heißentquellende Thränen</p> - <p class="line">Perlten, fort und fort, an seinen Wangen herunter:</p> - <p class="line">Thränen, dem feindlichen Schicksal geweint, das jetzt, ihn der Freiheit</p> - <p class="line">Schnödeberaubend, der Bahn entriß, auf welcher die Brüder,</p> - <p class="line">Dürstend nach Sieg und Ruhm, forteilten nach Afrika’s Küsten.</p> - <p class="line">Aber mit Freud’ im Blick’ und Stolz in dem Busen entschiffte</p> - <p class="line">Abdul zu Al-Mansor, der fern durchpflügte die Meerfluth.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sarno’s Jammergeschick nicht ahnend, flog in dem Nachtwind</p> - <p class="line">Guasto dahin, und siehe, von Ostia, wo sich der Tiber</p> - <p class="line">Vielgepriesene Fluth ergießt in des Meeres Gewässer,</p> - <p class="line">Und aus der Vorwelt, nun erhabenen, männlichen Sinnes</p> - <p class="line">Herzerhebendes Bild, nun namenloser Entartung</p> - <p class="line">Schaudergestalten uns weckt, daß wir, sie schauend, erbeben:</p> - <p class="line">Dorther führte der Held Ursini, altrömischen Stammes</p> - <p class="line">Edeler Zweig, ergraut im Kampf und Schlachtengetümmel,</p> - <p class="line">Sieben der Schiffe heran, mit tausend erlesenen Kriegern,</p> - <p class="line">Welche zu Guasto’s Heer entsandte der Heilige Vater.</p> - <p class="line">Nahe dem westlichen Rand des meereinmündenden Stromes</p> - <p class="line">Thürmt sich, Warten gleich, ein Fels hoch über die Fluth auf,</p> - <p class="line">Und beschirmt g’en Wind und Wogen die herrliche Seestadt.</p> - <p class="line">Dort auf dem ragenden Fels, umgeben von wimmelnden Scharen,</p> -<a id="page-67" class="pagenum" title="67"></a> - <p class="line">Stand im Feiergewand, mit den dienenden Priestern und Laien,</p> - <p class="line">Auch der erhabene Hirt in schauererregender Hoheit:</p> - <p class="line">Denn er harrte der Kommenden schon. Als endlich sie nahten,</p> - <p class="line">Theilend die Meeresfluth mit dem gleitenden Kiele, da hallten</p> - <p class="line">Donnernde Schlünd’ umher; harmonischer Glocken Getön’ klang;</p> - <p class="line">Liebliche Düft’ aufhaucht’ in die Luft das silberne Rauchfaß,</p> - <p class="line">Und weit brannte das Meer in zahlloslodernder Fackeln</p> - <p class="line">Mächtigem Wiederschein: denn Finsterniß deckte die Welt noch.</p> - <p class="line">Jetzt, ergreifend schnell mit der Linken den hirtlichen Krummstab,</p> - <p class="line">Den ihm der <em>Gute Hirt</em> vertraut’, zu des Heiles Gefilden</p> - <p class="line">Hinzuleiten die Heerd’, in Treu’ und liebender Sorgfalt,</p> - <p class="line">Hob er zugleich die Recht’ empor, und segnete dreimal,</p> - <p class="line">Rufend zum Vater, und Sohn’, und Heiligen Geist, die Erwählten</p> - <p class="line">Drüben, im Herrn. Hochfeierlich scholl der segnende Zuruf</p> - <p class="line">Auf die Gewässer hinaus, und jen’, auf die Kniee gesunken,</p> - <p class="line">Senkten die Flagg’ und Gewehr’, und sandten ein stilles Gebeth auf.</p> - <p class="line">Aber die schimmernden Segel, geschwellt vom günstigen Fahrwind,</p> - <p class="line">Führten das jauchzende Heer im Eilflug fort nach Neapel.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-68" class="pagenum" title="68"></a> - <p class="line">Lichter wurd’ es in Osten. Des Morgens schauriger Odem</p> - <p class="line">Flog auf den Fluthen heran. Am dämmernden Saume des Himmels</p> - <p class="line">Schwamm ein zartes Gewölk, das, erst nur dunkelgeröthet,</p> - <p class="line">Dann allglühend sich hob: der Sonne geflügelter Herold.</p> - <p class="line">Wonne, sie kam: die rosenumflossene Stirn’ aus der Meerfluth</p> - <p class="line">Tauchend mit ernstem Hoheitsblick — dann schnell, in Verklärung,</p> - <p class="line">Heller und strahlender stets, aufschwebend am bläulichen Himmel,</p> - <p class="line">Schön, wie ein Sieger geschmückt, zu durchlaufen die herrliche Laufbahn!</p> - <p class="line">Ringsum jauchzte die Welt. Die gleitenden Wellen erhoben,</p> - <p class="line">Hüpfend vor Freud’, ihr Haupt, und, unabsehlich und endlos</p> - <p class="line">Flammten sie all’ im hehren Glanz’ ätherischen Lichtes.</p> - <p class="line">Aber mit pochender Brust, in stürmischer Seelenentzückung,</p> - <p class="line">Sah’n die Krieger hinaus auf die schimmernden Fluthen — vor allen</p> - <p class="line">Jene, welch’ erst jüngst dem Meer’ als Fremdlinge nahten;</p> - <p class="line">Doch bald hob ein jeder den Blick zu dem Vater im Himmel,</p> - <p class="line">Der das Meer und die Sonne, so schön und so herrlich erschaffen.</p> - <p class="line">Fröhlich wähnten sie schon sich entrückt dem schrecklichen Unhold,</p> - <p class="line">Dem auch der tapferste Mann, seekrank, in schwindelnder Ohnmacht,</p> - <p class="line">Feig’, auf dem niedrigen Lager erliegt; doch, als das Gesäusel</p> -<a id="page-69" class="pagenum" title="69"></a> - <p class="line">Schiffentführender Wind’ in heißerer Stunde des Mittags</p> - <p class="line">Leise verscholl, und schlaff an dem Maste das Segel herabhing;</p> - <p class="line">Als das geschaukelte Schiff auf unstättreibenden Wogen,</p> - <p class="line">Kreisend umher, nicht vorwärts kam: da fielen besiegt ihm</p> - <p class="line">Alle zugleich, die jüngst dem schwankenden Rücken der Salzfluth</p> - <p class="line">Sich vertrauten zur Fahrt. Sie dachten, zu sterben. Die Schiffer</p> - <p class="line">Sah’n, mit Lächeln, des Kriegers Furcht: denn wieder erhob sich</p> - <p class="line">Nun der günstige Wind, und trieb sie im sausenden Flug fort.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Aber vom Jauchzen des Volks und dem Jubel des eh’rnen Geschützes</p> - <p class="line">Freudig begrüßt, kam jetzt vor Neapolis schimmerndem Hafen</p> - <p class="line">Glücklich die Heersmacht an, und lud, mit gewaltiger Stimme,</p> - <p class="line">Jene zur Heldenfahrt, die dort der Kommenden harrten!</p> - <p class="line">Wie in dem Föhrengehölz, durchwühlt vom grausamen Wand’rer,</p> - <p class="line">Wimmelt ein Ameisennest von geschäftigem Volke: sie laufen</p> - <p class="line">Auf und nieder, voll Hast, zu schirmen die glänzenden Eyer;</p> - <p class="line">Oder sie bauen ihr thürmendes Haus von Neuem mit Sorgfalt:</p> - <p class="line">So lief hastig das Volk in dem Hafen umher: das Geschwader</p> - <p class="line">Rüstend, das an dem Bord dreitausend erlesene Krieger</p> - <p class="line">Zählte. Den Kriegern geboth Toledo,<a class="fnote" href="#footnote-29" id="fnote-29">[29]</a> Don Pedro’s Erzeugter,</p> -<a id="page-70" class="pagenum" title="70"></a> - <p class="line">Der, des Kaisers Vasall, statthaltend herrscht’ in dem Land dort.</p> - <p class="line">Ach, unsäglicher Jammer zerriß des edeln Toledo’s</p> - <p class="line">Heldenbrust, und stieß ihn schnell aus dem rosigen Morgen</p> - <p class="line">Täuschenden Erdenglücks in die Nacht endloser Verzweiflung!</p> - <p class="line">Jüngst erst reicht’ ihm die Hand, am Altar, des salernischen Herzogs</p> - <p class="line">Einziges Kind, Mathilde, die trefflichste, schönste der Frauen,</p> - <p class="line">Und sie entfloh’n der Stadt, in Calabria’s Zaubergefilden</p> - <p class="line">Suchend die meerbeherrschende Burg, in lieblicher, stiller,</p> - <p class="line">Seliger Einsamkeit die süßesten Stunden zu leben.</p> - <p class="line">Dort in dem Schatten umher des meerangrenzenden Fruchthains,</p> - <p class="line">Den im grünlichen Abendgold die säuselnden Lüftchen</p> - <p class="line">Wiegten, und rings durchtönte der Nachtigall wonniges Flöten,</p> - <p class="line">Dort lustwandelten, Arm in Arm, in Liebe verschlungen,</p> - <p class="line">Beide die glücklichen jetzt. Nur Hugo, ihr redlicher Diener,</p> - <p class="line">Folgt’ entfernter, und band die Bäumchen, voll üppigen Wuchses,</p> - <p class="line">Die er im Herbste gepflanzt, an die stützenden Pfähle mit Bast an.</p> - <p class="line">Aber sie ließ, ermüdet, im schwellenden Grase sich nieder,</p> - <p class="line">Kehrend den Rücken dem Meer’, und sah mit thauenden Wimpern,</p> - <p class="line">Wie der Gatt’ im Orangengehölz die Zweige durchspähend,</p> - <p class="line">Fern hinschwand: denn immer die schöneren sucht’ er mit Vorsicht</p> -<a id="page-71" class="pagenum" title="71"></a> - <p class="line">Ihr aus der Fülle der goldenen Frucht, erlesend, zu pflücken.</p> - <p class="line">Wehe, da lag in der Felsenhöhle des hallenden Ufers,</p> - <p class="line">Von dem blühenden Genst und der Thränenweide verhüllet,</p> - <p class="line">Dragut, der freche Korsar, und harrte des nächtlichen Dunkels,</p> - <p class="line">Lauernd, im schwärzlichen Schiff’! Als fern’, in dem schattenden Fruchthain,</p> - <p class="line">Forschend, Toledo entschwand: da brachen des Räubers Gefährten</p> - <p class="line">Plötzlich heran, und schleppten die schöne, die hohe Gestalt fort;</p> - <p class="line">Doch sie verstummte vor Angst, und verging vor Todesentsetzen.</p> - <p class="line">Wie die Schar ergrimmter Schakal’, aus finsteren Höhlen</p> - <p class="line">Kommend, und dürstend nach Blut, die erschrockene, sanfte Gazelle</p> - <p class="line">Fahet im Lauf — da fällt mit dem Unschuldsblick sie im Sandstaub</p> - <p class="line">Lautlos nieder: so sank die arm’ am Borde des Schiffs hin.</p> - <p class="line">Hugo gewahrte den Jammer. Er schrie; flog hin zu dem Ufer,</p> - <p class="line">Stürzt’ in die Fluthen, und schwang, ein rüstiger Schwimmer, zum Schiffsbord,</p> - <p class="line">Eines der Thau’ umklammernd, sich auf. Da zückte der Wüthrich</p> - <p class="line">Dreimal den blitzenden Stahl, das grauende Haupt ihm zu spalten:</p> - <p class="line">Dreimal entsank ihm der Stahl: ihm brach des redlichen Dieners</p> -<a id="page-72" class="pagenum" title="72"></a> - <p class="line">Treue das Herz. D’rauf hieß er ihn selbst, mit sanfterer Stimme,</p> - <p class="line">Wecken die holde Frau aus seelenumschattender Ohnmacht.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Schaudernd vor Angst und Entsetzen, vernahm ihr Gatte des Greises</p> - <p class="line">Kläglichen Ruf, er schrie, noch die Räuber im Aug’, auf die Fluthen</p> - <p class="line">Lautaufjammernd, hinaus, und both unendliche Lösung.</p> - <p class="line">Ha, schon wähnt’ er, entzückt, die kehrenden Segel zu schauen —</p> - <p class="line">Freundliche Laute zu hören vom Bord: da brauste der Sturmwind</p> - <p class="line">Plötzlich aus Westen heran: die triegenden Laute verhallten,</p> - <p class="line">Und an des Himmels Rand, wie ein leis’ entfliehendes Wölkchen,</p> - <p class="line">Schwand ihm das Schiff! Der Mond erneute sein wechselndes Licht schon</p> - <p class="line">Siebenmal, seit er an dem Küstenlande der Räuber,</p> - <p class="line">Forschen, und biethen hieß des Goldes die Fülle zur Lösung.</p> - <p class="line">Doch nun sandte von ihrem Geschick die entsetzliche Bothschaft</p> - <p class="line">Hugo: zu Tunis, in Draguts Gewalt, des wilden Korsaren,</p> - <p class="line">Lebe Mathild’, und wieg’, als unglückselige Mutter,</p> - <p class="line">Bald den Säugling im Schooß: denn nimmer zur Wonne des Vaters,</p> - <p class="line">Ach, und voll Liebe nach ihm, erduld’ unendlichen Jammer!</p> - <p class="line">Alsbald ahnet’ er diesen im Geist’, und kaltes Entsetzen</p> - <p class="line">Fuhr ihm durch Mark und Gebein. Doch jetzt dem rühmlichen Heerbann</p> -<a id="page-73" class="pagenum" title="73"></a> - <p class="line">Bebte vor Freude sein Herz. Er nahte mit leuchtenden Augen —</p> - <p class="line">Trieb, und drängte die Krieger zugleich, und die hurtigen Schiffer</p> - <p class="line">Eilig an Bord: nicht hörend des Volks umschallenden Jubel,</p> - <p class="line">Nicht des Vaters segnenden Ruf, dem nimmer die Hand er,</p> - <p class="line">Fromm, und kindlich gesinnt, mehr küßt, nicht die silberne Scheitel,</p> - <p class="line">Oder das freundliche Aug’: da er bald hinsinket vor Tunis.</p> - <p class="line">So, mit Guasto vereint, entschiffte Neapels Geschwader,</p> - <p class="line">Gegen Sardinia’s Höh’n, des ringsumflutheten Eilands,</p> - <p class="line">Steuernd, dort in dämmernder Frühe die herrliche Seestadt</p> - <p class="line">Cagliari zu schau’n, und zu harren des mächtigen Kaisers:</p> - <p class="line">Denn ihr wurde der Ruhm, aus dem schimmernden Port Europa’s</p> - <p class="line">Furchtbare Macht, vereint, zu entlassen nach Afrika’s Küsten.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-5"> -<a id="page-74" class="pagenum" title="74"></a> -Vierter Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">H</span><span class="postfirstchar">orch,</span> Barcellona’s Thürmen entschallt mit jubelndem Wohllaut</p> - <p class="line">Glockengetön’; erschütternd rollt des eh’rnen Geschützes</p> - <p class="line">Freudendonner vom Wall’, und im Port, wo unzählig die Masten,</p> - <p class="line">Gleich dem entblätterten Wald, aufragen zum Himmel, erglänzen</p> - <p class="line">Flaggen und Wimpel umher, die bald im bläulichen Luftraum,</p> - <p class="line">Von umgaukelnden Winden gerafft, wie silberne Wölkchen</p> - <p class="line">Flattern, und bald, am thürmenden Mast heruntergesunken,</p> - <p class="line">Schlängelnd, über den Bord hinsäuseln zum schäumenden Abgrund.</p> - <p class="line">Unabsehlich, die Straßen entlang, erglänzt von den Erkern</p> - <p class="line">Festlich der Teppiche Pracht. Dort winken aus jeglichem Fenster</p> - <p class="line">Blumen in Meng’, und hauchen elysische Düft’ an den Häusern</p> - <p class="line">Lieblich umher. Doch welch’ ein Lärm auftobenden Jubels</p> - <p class="line">Füllet die Fenster zugleich, und die Erker; die schwindligen Höhen</p> -<a id="page-75" class="pagenum" title="75"></a> - <p class="line">Ragender Zinnen und Thürm’, mit unzähligen Menschen? Es starren,</p> - <p class="line">Wang’ an Wange gepreßt, ein Haupt aufragend vom Haupt noch,</p> - <p class="line">Alle, mit leuchtendem Aug’, in die wimmelnde Straße herunter,</p> - <p class="line">Während die wogende Menge hinaus auf den stäubenden Heerweg</p> - <p class="line">Braust, wo Ludwig, der Held, und Doria, mächtigen Anseh’ns,</p> - <p class="line">Ordnen die Krieger in Reih’n, dem nahenden Herrscher zu Ehren.</p> - <p class="line">Jetzo noch lauter erschallt, wie unendliches Rauschen der Sturmfluth,</p> - <p class="line">Schön und furchtbar zugleich, ein Ruf: „Hoch lebe der Kaiser!“</p> - <p class="line">Sieh’, er kam! Von Mendoza geführt, dem tapferen Feldherrn,</p> - <p class="line">Schritten vor ihm achttausend Krieger — im Heere die Alten,</p> - <p class="line">Die, in der Reihe der Jahre versucht, und gestählt in Gefahren,</p> - <p class="line">Siegbeherrschenden Muths und entscheidender Stärke sich rühmten.</p> - <p class="line">Jetzo nach Wirbel und Schlag der heerebewegenden Trommel,</p> - <p class="line">Nahten sie all’ im gemessenen Schritt, die Gewehr’ an die Schulter</p> - <p class="line">Pressend im Arm, und zum Schall der Feldschalmeien und Flöten,</p> -<a id="page-76" class="pagenum" title="76"></a> - <p class="line">Ehernen Klange des Horns und des Brummrohrs tiefen Gewaltton</p> - <p class="line">Mengend, im schönen Verein, ihr fernhinhallendes Schlachtlied.</p> - <p class="line">Schauder ergriffen das Volk. Den Altgedienten am Fuß nach</p> - <p class="line">Folgte die herrliche Schar viertausend erlesener Reiter,</p> - <p class="line">Welch’ erst jüngst in Hispania’s Gau’n die Stimme der Cortes</p> - <p class="line">Aufboth, Jünglinge noch, doch lechzend nach Kampf und Gefahren.</p> - <p class="line">Hufesgerassel erscholl in’s Geklirr des Waffengeschmeides</p> - <p class="line">Und in den ehernen Ruf der schmetternden Kriegesdrometen.</p> - <p class="line">Doch was schleudert noch helleren Glanz in den sonnigen Straßen,</p> - <p class="line">Blendend, umher? Wer nennte die Rossebändiger würdig,</p> - <p class="line">Die von silbernen Rüstungen blank, die ragenden Lanzen</p> - <p class="line">Nervigen Rechten vertrau’n? Zweihundert der edelen Ritter</p> - <p class="line">Sind es: die „Blüthe“ genannt des hohen, hispanischen Adels.</p> - <p class="line">Aber vor allen hervor, ein Viergestirn in der Heersmacht</p> - <p class="line">Strahlen: Alba<a class="fnote" href="#footnote-30" id="fnote-30">[30]</a> der stattliche Held, der kühne Alarcon,</p> - <p class="line">Welchem zur Huth Frankreichs gefangener König vertraut ward,</p> - <p class="line">Vor Pavia im Sieg;<a class="fnote" href="#footnote-31" id="fnote-31">[31]</a> Sarmento, und Garzia Lasso,<a class="fnote" href="#footnote-32" id="fnote-32">[32]</a></p> - <p class="line">Der, ein Sänger und Held, das blitzende Schwert und der Lyra</p> - <p class="line">Gold’ne Saiten mit einem Kranz zu umschlingen, sich sehnte.</p> - <p class="line">Jetzt entflammte sich jegliches Aug’. Der mächtige Kaiser</p> - <p class="line">Folgte der edelen Schar, und grüßte das jubelnde Volk dort</p> - <p class="line">Links und rechts, mit freundlichem Blick. Sein feuriges Prunkroß</p> -<a id="page-77" class="pagenum" title="77"></a> - <p class="line">Wölbete stolzer den mähnigen Hals, und tanzte die Straßen</p> - <p class="line">Munter hinab: nun hin, nun her sich wendend, im Halbkreis.</p> - <p class="line">Dort, wo in festlichgeordneten Reih’n sein harrte das Fußvolk,</p> - <p class="line">Hemmt’ er den Rappen, und sah: wie fertig das blanke Gewehr sie</p> - <p class="line">Schwenkten mit einetem Schlag’. Er winkte den schaltenden Führern</p> - <p class="line">Dank, die rasch zur Stirne den Degen erhoben, und senkten,</p> - <p class="line">Huldigend; dann aufschrie’n laut: „Marsch!“ durch die hallende Stadt hin.</p> - <p class="line">Und in dem Jubelgedräng fortwogten die trefflichen Scharen:</p> - <p class="line">Eilend hinab in den Hafen, am Bord der harrenden Schiffe,</p> - <p class="line">Nun zu beginnen die Fahrt nach Afrika’s fernen Gestaden.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Staunend ersah die Meng’ im Gefolge des mächtigen Kaisers</p> - <p class="line">Muley-Hassan. Er hob die trauerumflossenen Augen</p> - <p class="line">Nicht von der Erd’ empor, und schwieg; doch inniges Mitleid</p> - <p class="line">Weckte der Jammer des heimathlosumirrenden Königs.</p> - <p class="line">Jetzo dem Herrscher genaht, rief Doria laut vor den Scharen:</p> - <p class="line">„Sehnest du dich schon heut nach dem Raum’ <em>Karthago</em>, des Heerschiffs,</p> - <p class="line">Das vor jeglichem groß und kunstbeflissen gezimmert,</p> - <p class="line">Prangt in dem Port, und vom Schilde den Kranz unsterblichen Ruhmes</p> - <p class="line">Weist, der dir erblüht auf Karthago’s rühmlicher Stätte?</p> - <p class="line">Oder gefällt dir’s mehr, zu ruhen im schönen Palast hier,</p> -<a id="page-78" class="pagenum" title="78"></a> - <p class="line">Den dir schmückte die Stadt, Barcellona, mit liebender Sorgfalt?“</p> - <p class="line">„Nichts von Ruhe noch Rast mir gesprochen,“ so sagt’ ihm der Kaiser,</p> - <p class="line">Eifernd, „jetzt, wo mir’s nur lauter im glühenden Busen</p> - <p class="line">Pocht, und stürmt; kein Schlaf die ermüdeten Augen erquicket,</p> - <p class="line">Die nur Tunis im Grau’n der einsamen Nächte, nur Tunis</p> - <p class="line">Schau’n in der Helle des Tags, und Schlacht, und Sieg, und Errettung!</p> - <p class="line">Spannet die Segel! Uns winkt, gebiethend, Afrika’s Meerstrand.“</p> - <p class="line">Doria führt’ ihn an Bord. Ihm folgte der munteren Schiffer</p> - <p class="line">Hurrahgeschrei und unzähligen Volk’s nachjubelnder Segen,</p> - <p class="line">Bis er vom hohen Verdeck die Treppe hinunter im Schiffsraum</p> - <p class="line">Leis’ entschwand. Und siehe, dem Staunenden öffnete dort sich,</p> - <p class="line">Prunkend, ein hoher Saal, auf deß’ aufwölbenden Himmel</p> - <p class="line">Titian selbst ein Meisterwerk mit zaubrischem Pinsel</p> - <p class="line">Schuf, nach Doria’s Wink! Ein Schlachtfeld hatt’ er gebildet.</p> - <p class="line">Fern, wie in Nebel gehüllt, erspähet der schärfere Blick nur</p> - <p class="line">Fliehende Feind’ am Gebirg: so winzig ist Alles und Jedes</p> - <p class="line">Dort mit dem zarten Duft der dämmernden Ferne, verschmolzen.</p> - <p class="line">Näher heran, am Rain des saatdurchschlängelnden Baches,</p> - <p class="line">Wirft sich die Reiterschar auf Reiter, zum letzten Gemetzel</p> - <p class="line">Spornend das Roß, und es fleugt, und schnaubet, mit wallenden Mähnen,</p> -<a id="page-79" class="pagenum" title="79"></a> - <p class="line">Flammendem Aug’ — fort über zerschmetterter Leichen und Waffen</p> - <p class="line">Blutigen Wust, an des Gegners Roß. Die schrecklichen Kämpfer</p> - <p class="line">Schleudern den blinkenden Speer, und schrein, und brüllen den Schlachtruf —</p> - <p class="line">Und uns däucht: als töne Geschrei von dem klaffenden Mund her.</p> - <p class="line">Aber schon kommen vom Waffengefild, dem dräuenden Sieger</p> - <p class="line">Folgend, mit Schmach im Blick’, und die Händ’ am Rücken gebunden,</p> - <p class="line">Scharen Gefangner herauf, wo Constantin,<a class="fnote" href="#footnote-33" id="fnote-33">[33]</a> Kaiser des Weltreichs,</p> - <p class="line">Von dem Rosse sich wirft, die Kniee zum Staube zu beugen:</p> - <p class="line">Denn, noch schaut er, in Wonne verzückt, das Kreuz an dem Himmel</p> - <p class="line">Flammen im Sternenkranz; noch sieht er der hohen Verheißung</p> - <p class="line">Himmlische Wort’ in dem strahlenden Kranz: „Du siegest mit ihm nur.“</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Dort zu dem herrlichen Bild’, erschüttert tief in dem Herzen,</p> - <p class="line">Sah der Kaiser empor, und trocknete schweigend die Thränen.</p> - <p class="line">Abendröthlicher Glanz ergoß durch leuchtende Fenster</p> - <p class="line">Strömend, sein heiliges Licht in dem Saal’, und liebliche Stille</p> - <p class="line">Herrschete. Jetzt geboth sein flammendes Auge der Abfahrt</p> -<a id="page-80" class="pagenum" title="80"></a> - <p class="line">Donnernden Ruf: er scholl vom Borde der hohen Karthago</p> - <p class="line">Freudig dem horchenden Krieger an’s Ohr; durchbrüllte der Seestadt</p> - <p class="line">Thürmende Straßen, der Felsenhöh’n verborgenste Schluchten</p> - <p class="line">Rings im Gefild’, und verhallte mit oft auftobendem Grimm noch,</p> - <p class="line">Fern’ am drönenden Rand des bläulichen Himmelsgewölbes.</p> - <p class="line">Plötzlich erwachte Getös’ und geschäftige Hast in dem Hafen.</p> - <p class="line">Zahllos flattern die Segel vom Mast’; an den ächzenden Winden</p> - <p class="line">Knistert das Seil umher, und bald enttauchet der Anker</p> - <p class="line">Zackige Wucht den Wogen, und ruht in die Quer’ auf dem Balken,</p> - <p class="line">Vorn’ an des Schiff’s Brustwand. Die leitende Nadel betrachtend,</p> - <p class="line">Sitzet der Steuermann bedächtig am Ruder, und rauschend</p> - <p class="line">Folgt ein jegliches Schiff dem Ruderboot’, an dem Schlepptau,</p> - <p class="line">Fort auf des Meeres Höhen hinaus, wo ein günstiger Fahrwind,</p> - <p class="line">Sausend von Mitternacht, vorwölbet die schimmernden Segel.</p> - <p class="line">Aber es drängte das Volk sich am Strand’, und bethete, weinte,</p> - <p class="line">Jauchzte den Schwindenden nach. Wohl Mancher lief an dem Ufer,</p> - <p class="line">Keuchend, noch hin, und schwenkte das wehende Tuch in den Lüften —</p> - <p class="line">Schwenkte den Hut, „zum Lebewohl,“ den theuern Bekannten!</p> -<a id="page-81" class="pagenum" title="81"></a> - <p class="line">Zwar nicht jauchzte die liebende Braut, nicht die zärtliche Mutter</p> - <p class="line">Mehr an dem Strand; doch muthig bezwangen sie dennoch die Thränen:</p> - <p class="line">Denn auf rühmlicher Bahn enteilten die Lieben der Heimath.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Freudig schiffte des Kaisers Macht im sausenden Wind hin;</p> - <p class="line">Eilte den Balearen, im Flug, g’en Osten vorüber,</p> - <p class="line">Und umkreisete bald im Süden Sardinia’s Vorland:</p> - <p class="line">Nahend der herrlichen Stadt Cagliari, mit Guasto’s Geschwader</p> - <p class="line">Sich zu der Heeresfahrt nach Afrika’s Küsten zu einen.</p> - <p class="line">Doch nun schwebte die Nacht mit weitverbreiteten Flügeln,</p> - <p class="line">Leiseren Fluges, herab, und umhüllte des Meeres Gewässer.</p> - <p class="line">Guasto’s Macht trieb noch, auf der wogenden Wüste verschlagen,</p> - <p class="line">Fern Cagliari’s ersehnetem Port, in der dunkelen Nacht um:</p> - <p class="line">Denn jetzt führt’, unhemmbaren Flugs, ein brausender Nordwind</p> - <p class="line">Ihn nach dem meereinengenden Thal hinunter, wo vormals</p> - <p class="line">Stets, der Charybdis zugleich und der furchtbarn Scylla der Schiffer</p> - <p class="line">Zitterte. Dort erscholl ihm jetzt urplötzlicher Aufruhr</p> - <p class="line">Von dem Schooße des Aetna heran. Mit Entsetzlichem schwanger</p> - <p class="line">Lag er, kreißend, in Weh’n. Er wüthete: stürzende Felsen</p> -<a id="page-82" class="pagenum" title="82"></a> - <p class="line">Schleudernd mit lautem Gekrach’, Orkanengetümmel, und Gluthsturm,</p> - <p class="line">Weit in den Tiefen umher, daß rings das Meer und der Erdkreis</p> - <p class="line">Schwankte vor Angst, bis er jetzt aus- des Grauens Geburt warf.</p> - <p class="line">Erst aus dem finsteren Schlund’, in meilenmessendem Umfang,</p> - <p class="line">Quoll Rauch auf: weithin am Himmel die Sterne verschlingend,</p> - <p class="line">Und in dem wirbelnden Flug durchzuckt von bläulichen Blitzen;</p> - <p class="line">Dann aufbrauste wie Staub, vom Winde gerafft an dem Kreuzweg,</p> - <p class="line">Odemberaubender Schwefelqualm und Aschengestöbers</p> - <p class="line">Dichtes Gewölk, und jetzt, in wüthender Eile geschleudert,</p> - <p class="line">Rasselten glühende Stein’ ihm nach; jetzt hob sich die Flamme</p> - <p class="line">Himmelempor, und leuchtete fern’ in die finstere Nacht hin.</p> - <p class="line">Rings erglühte das Meer. So hoch die Flamm’ an die Wolken</p> - <p class="line">Loderte, sank ihr Bild so tief in’s dunkle Gewässer</p> - <p class="line">Nieder, und warf in die Unterwelt hellleuchtende Funken.</p> - <p class="line">Aber den kreißenden Berg durchwühlten noch stärkere Wehen.</p> - <p class="line">Unterirdischer Donner rollt’, aufrauschten die Wogen —</p> - <p class="line">Schlugen das schäumende Haupt im Kampfe zusammen; des Aetna</p> - <p class="line">Scheitel erbebte: denn, o des grausenerweckenden Anblicks,</p> - <p class="line">Jetzt ausspie sein Schlund die glühende Lava: sie wälzte</p> - <p class="line">Breiter und flammender stets, die feurigen Wogen herunter;</p> - <p class="line">Laut aufheulten die Lüft’, und die Schöpfung schauderte ringsum!</p> -<a id="page-83" class="pagenum" title="83"></a> - <p class="line">Doch Del-Guasto’s Heer flog dann im sausenden Sturmhauch</p> - <p class="line">Eiliger fort auf dem Meer, Sardiniens Küsten entgegen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Aber nicht war in des Berg’s Abgründen allein der Empörung</p> - <p class="line">Wildes Getümmel erwacht: auch hoch in den Lüften begann jetzt</p> - <p class="line">Furchtbardräuender Kampf und seelenerschütternder Aufruhr:</p> - <p class="line">Denn von des Aetna Fluren umher, unendlich verbreitet,</p> - <p class="line">Hob der Flamme Gewalt auf rastlos fächelnden Schwingen</p> - <p class="line">Schnell die Dünste der Erd’ empor zu des Aethers Gefilden.</p> - <p class="line">Wie, der stützenden Balken beraubt, ein Schacht in dem Erzberg</p> - <p class="line">Plötzlich zusammenstürzt: da rollen zertrümmerte Felsen,</p> - <p class="line">Rollet die Erde, der Wald in die Tief’, und weit aus dem Abgrund</p> - <p class="line">Fleugt Staub auf, und Getös’ einsinkender Berge: so stürzte</p> - <p class="line">In den verdünneten Raum, vom glühenden Süden herüber,</p> - <p class="line">Dann sich die Meeresluft, und weckt’ im Fluge des Sturmwinds</p> - <p class="line">Kaum besänftigte Wuth an Afrika’s Felsengestaden.</p> - <p class="line">Dort auf des Atlas<a class="fnote" href="#footnote-34" id="fnote-34">[34]</a> Höh’n, des himmelanthürmenden Berges,</p> - <p class="line">Lag Gewittergewölk’, und sandt’ in die finsteren Thäler</p> - <p class="line">Röthliche Blitze herab. Nur leis’ ummurrte der Donner</p> - <p class="line">Noch in dem Schooß des Gährenden; doch von dem brausenden Sturmwind</p> - <p class="line">Näher gejagt, aufflog’s am funkelnden Himmel, und hüllte</p> -<a id="page-84" class="pagenum" title="84"></a> - <p class="line">Plötzlich des Kaisers Wogenpfad in schreckliches Dunkel.</p> - <p class="line">Früh’ erkannten die Schiffer, vom Bord die perlenden Fluthen</p> - <p class="line">Schauend: es nahe der Sturm. Sie zogen die dichtesten Segel</p> - <p class="line">Auf an den Mittelmast, und ordneten sorglich die Thau’ all’.</p> - <p class="line">Doch nun brauste der Wind fern her: dem thürmenden Wall gleich,</p> - <p class="line">Hob sich vor ihm die Fluth, und rauscht’ auf die gleitenden Schiffe</p> - <p class="line">Nieder, und dann aufwogten sie rings unendlich und furchtbar.</p> - <p class="line">Jetzo in Wolkenhöh’n auf dem Saum der heulenden Wogen</p> - <p class="line">Schwebten die Schiff’, und jetzt, in des Meer’s Abgründe geschleudert,</p> - <p class="line">Deckte sie dunkler Fluthen Nacht, wie verloren auf immer.</p> - <p class="line">Ueber das hohe Verdeck hinüber, herüber ergoß sich,</p> - <p class="line">Schäumend, der Wogen Meng’, und netzte die flatternden Wimpel.</p> - <p class="line">Muhameds Aug’ erglänzte vor Lust, nach den gährenden Blitzen</p> - <p class="line">Schauend im Donnergewölk, das über den Schiffen der Christen</p> - <p class="line">Grau’nvoll hing. Er winkte, voll Hast, den grimmigen Geistern</p> - <p class="line">Attila’s — winkte den Seinen zugleich: sie brausten im Eilflug</p> - <p class="line">Näher, und, wie die Schar der schwarzbefiederten Raben,</p> - <p class="line">Aufgeschreckt vom Knall todtschmetternder Büchse, vom Anger</p> - <p class="line">Laut, mit Geschrei, sich erhebt, und immer in engeren Kreisen</p> -<a id="page-85" class="pagenum" title="85"></a> - <p class="line">Ueber des Schützen Haupt durchrauscht den sausenden Luftraum:</p> - <p class="line">So durchstürmten auch hier die unzähligen Geister der Wolken</p> - <p class="line">Gährenden Schooß, bis solcher in feindlicher Reibung entbrannt war.</p> - <p class="line">Siehe, da zuckte der Blitz, und zerriß den finsteren Himmel</p> - <p class="line">Schnell von Westen bis Osten hinauf! Dem rollenden Donner</p> - <p class="line">Drönte die Welt umher, und Ströme des sausenden Regens</p> - <p class="line">Peitschten, mit eh’rnem Geprassel, die Fluth. Fort krachte der Donner —</p> - <p class="line">Krachte durch Sturmgeheul und Gebrüll der empörten Gewässer,</p> - <p class="line">Endlos fort. Wie links und rechts die Schiffe sich beugten,</p> - <p class="line">Hoben zum finstern Gewölk ringsher, entsetzlich zu schauen,</p> - <p class="line">Flammende Wogengebirg’ ihr Haupt: denn strahlender Blitzglanz,</p> - <p class="line">Schwärze der Nacht, traf wechselnd das Aug’ des erblindeten Volks hier!</p> - <p class="line">Sieh’, und allen umher auf dem Bord’ erblaßten die Wangen</p> - <p class="line">Jetzo vor Angst: sie harrten, verstummt, des nahen Verderbens;</p> - <p class="line">Doch der edele Kaiser sah nach dem Grauen des Meersturms</p> - <p class="line">In erhabener Ruhe hinaus: der hohen Verheißung</p> - <p class="line">Tröstender Strahl erfüllte sein Herz, das niemals gebebt hat.</p> - <p class="line">Bald entschwand im eilenden Flug das grause Gewitter.</p> - <p class="line">Regen sauste nicht mehr; die Winde verstummten; der Donner</p> - <p class="line">Wüthete nicht; nur fern’ am Rande des wölbenden Himmels</p> - <p class="line">Murrt’ er dumpfer noch fort, wo flatternde Blitze zuweilen,</p> -<a id="page-86" class="pagenum" title="86"></a> - <p class="line">Kehrend, und fliehend zugleich, die dunkeln Gewässer erhellten.</p> - <p class="line">Aber noch lange tobte das Meer, bis leise zu Hügeln</p> - <p class="line">Schwanden die Wogengebirg’, und die Hügel zu fluthenden Eb’nen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Als die Sonn’ ihr Strahlenhaupt aus den duftenden Wogen</p> - <p class="line">Aufhob; ringsum das Meer, und über dem Meere der Himmel</p> - <p class="line">Golden erschien: da rief vom Korbe des schwindligen Mastbaums</p> - <p class="line">Laut der Späher herab: „Uns nahen des Feindes Geschwader.“</p> - <p class="line">Sieh’, und des Himmels Rand’ entschwebten die feindlichen Segel,</p> - <p class="line">Gleich dem Gewittergewölk’ in glühender Stunde des Mittags!</p> - <p class="line">Jetzt auf jeglichem Schiffsverdeck war Lärm und Gewimmel</p> - <p class="line">Spähenden Volks. Es bebten vor heißem Verlangen die Krieger,</p> - <p class="line">Bald in des Feindes Auge zu schau’n, und im Kampf der Entscheidung</p> - <p class="line">Ihm zu vergelten die Schmach der verheereten Küsten der Heimath.</p> - <p class="line">Aber vor allen sah Held Doria gierig vom Bord hin:</p> - <p class="line">Prüfend des Fernrohrs Wundermacht, das selber der Künstler,</p> - <p class="line">Janssen von Middelburg<a class="fnote" href="#footnote-35" id="fnote-35">[35]</a> zum Ehrengeschenke dem Kaiser</p> - <p class="line">Both: er lohnt’ ihm’s reichlich mit Gold und ehrendem Beifall,</p> -<a id="page-87" class="pagenum" title="87"></a> - <p class="line">Schätzer alles Verdiensts, und Würdiger solcher Erfindung.</p> - <p class="line">Attila brauste heran, und sah nach den wogenden Schiffen</p> - <p class="line">Finster hinab; doch jetzt dem spähenden Doria nahend,</p> - <p class="line">Drängt’ ihn die Neugier mächtiger hin, voll Hast zu erforschen:</p> - <p class="line">Was sich im schimmernden Rohr dem Helden für Wunder gestalten?</p> - <p class="line">Als er gebückt, ihm gleich, das Auge dem Glase genähert,</p> - <p class="line">Fuhr er betroffen zurück. Er bückte sich wieder, und forschte</p> - <p class="line">Jetzo mit freiem und jetzt bewaffnetem Aug’ auf dem Meer’ um,</p> - <p class="line">Schauend nach Al-Mansors Schiffsmacht, die weit in dem Anlauf</p> - <p class="line">Deckte das Meer. Er lächelte sinnend, und wiegte das Haupt oft;</p> - <p class="line">Doch nun hob er ergrimmter sich auf in den schimmernden Luftraum,</p> - <p class="line">Wo der Scythen erlesene Schar sein harrte. Dem Geist war</p> - <p class="line">Schnell das Geheimniß enthüllt: wie hier auf dem wölbenden Glasfeld</p> - <p class="line">Sich des Entfernten Bild abspiegelte, dann in des Auges</p> - <p class="line">Krystallfluth der Strahl, gebrochen, vom Glas’ zu dem Glas’ fort</p> - <p class="line">Strömt’: im helleren Wiederschein, der Seele zur Anschau.</p> - <p class="line">Zorn entflammte sein Aug’. Er rief den Geistern ergrimmt so:</p> - <p class="line">„Sey es der Nachwelt Ruhm: nur Trug zu ersinnen, und Arglist!</p> - <p class="line">Was die Ferne verhüllt, bannt dieß erfindende Volk sich,</p> -<a id="page-88" class="pagenum" title="88"></a> - <p class="line">Herrschend in seine Gegenwart mit dem schimmernden Fernrohr.</p> - <p class="line">Daß sein Donnergeschoß hinstreckt in der Ferne die Reihen</p> - <p class="line">Tapferer, däucht ihm Gewinn. Es rühmt sich: die Höllenerfindung</p> - <p class="line">Kürze den Krieg, und spricht von Schonung im blutigen Schlachtfeld.</p> - <p class="line">Ha, nicht also kämpften wir einst: denn nah’ in die Augen</p> - <p class="line">Sah’n wir gerne dem Feind! Wohlan, nun laßt uns die Scharen</p> - <p class="line">Al-Mansors empören zur Wuth und mordender Blutgier!“</p> - <p class="line">Jene entfloh’n. Doch Doria sah die bläulichen Wogen</p> - <p class="line">Schäumen am stürmenden Kiel wohl hundert feindlicher Schiffe,</p> - <p class="line">Die von dem Bord Schlachtruf herdonnerten, trotzend auf Kühnheit</p> - <p class="line">Kampferfahrenen Volks und auf Sieg’, errungen im Raubzug.</p> - <p class="line">Jetzt auf den Höhen des Meer’s, unferne der Stadt Cagliari,</p> - <p class="line">Hemmte der Kaiser die Schiff’ im Lauf, die anstürmenden Gegner</p> - <p class="line">Dort zu erwarten bereit. Ihm einte sich Guasto’s Geschwader,</p> - <p class="line">Jauchzend, und weit umher bedeckten die Schiffe die Meersfluth.</p> - <p class="line">Auf den Zinnen der Stadt, auf den Warten der Berg’ und der Hügel,</p> - <p class="line">Harrt’ unzähliges Volk; so harrten im schimmernden Luftraum,</p> - <p class="line">Hingegossen auf zartes Gewölk (doch feindlich geschieden)</p> -<a id="page-89" class="pagenum" title="89"></a> - <p class="line">All’ die Geister, voll Gier, der grauenerregenden Seeschlacht.</p> - <p class="line">Aber nur Muhamed sah mit herzzernagendem Kummer</p> - <p class="line">Al-Mansors verderblichen Trotz. Von Thränen umflossen</p> - <p class="line">Glänzte sein Aug’, und er rief den Seinen, ein heuchelnder Seher:</p> - <p class="line">„Eben vernahm mein Ohr den Flug des nächtlichen Schicksals,</p> - <p class="line">Dem, ach, ewig bestimmt, vorschwebt des sterblichen Menschen</p> - <p class="line">Wohl und Weh’ — dem Al-Mansor mit seinem Geschwader</p> - <p class="line">Nimmer entflieht! Nach Afrika fort, wo Hairaddin freudig</p> - <p class="line">Unserer Stimme gehorcht: ihm wollen wir Rettung ersinnen!“</p> - <p class="line">Brausend schwebt’ er, mit seinem Gefolg’, in der heulenden Luft hin;</p> - <p class="line">Doch in den schimmernden Höh’n, des nahen Kampfes gewärtig,</p> - <p class="line">Harrten die übrigen all’, und sah’n auf die Fluthen hinunter.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Doria lenkte sein Schiff dem Borde der hohen Karthago</p> - <p class="line">Näher, und rief dem erhabenen Herrscher mit leuchtendem Antlitz:</p> - <p class="line">„Gönn’ es, erlauchtester Herr, daß hundert feindlichen Segeln</p> - <p class="line">Fünfzig der unsern entgegen sich reih’n; daß hier auf der Meerfluth</p> - <p class="line">Doria kämpf’, und siege, wie du auf dem eisernen Schlachtfeld!“</p> - <p class="line">Aber da schwang aus der bläulichen Luft sich Hermann herunter.</p> - <p class="line">Hell wie Sterne der Sommernacht ihm flammten die Augen,</p> - <p class="line">Als er dem stattlichen Kaiser genaht, ermuthigend, ausrief:</p> -<a id="page-90" class="pagenum" title="90"></a> - <p class="line">„Wie, du wolltest, ein Held, nicht selber verlangen des Sieges</p> - <p class="line">Lorbern? Lenke die Schlacht: so wird unsterblicher Ruhm dir!“</p> - <p class="line">Also bestürmt’ er das Herz des leis’aufhorchenden Kaisers,</p> - <p class="line">Der, erschüttert im Geiste begann: „Wie hebt sich der Mißgunst</p> - <p class="line">Schmachgebährender Streit in meinem bewegten Gemüth’ auf?“</p> - <p class="line">Schnell erkämpft’ er den heiligen Sieg, der edlere Seelen</p> - <p class="line">Krönt in dem Kampf g’en Trug und Bethörungen niedriger Selbstsucht,</p> - <p class="line">Und sein schützender Engel sank in hoher Verklärung</p> - <p class="line">Ihm an die Brust. Doch Hermann sah in dem Herzen des Edlen,</p> - <p class="line">Staunend, den hehren Sieg: er sah die himmlische Klarheit</p> - <p class="line">Leuchten um ihn, und floh betroffen zurück’ in den Luftraum:</p> - <p class="line">Denn nicht durft’ er schau’n den Himmlischen. So nach des Sommers</p> - <p class="line">Heiß entschwundenem Tag’, seh’n wir den zuckenden Blitzstrahl</p> - <p class="line">Flammen im Sternenzelt, und sprechen: der glühende Himmel</p> - <p class="line">Kühle sich ab — nicht hörend den fernverhallenden Donner:</p> - <p class="line">Also entwich, von dem hehren Glanze geblendet, der Geist hier.</p> - <p class="line">Aber der Kaiser sprach zu Doria lächelnden Blickes:</p> - <p class="line">„Zwar ersehnte mein Herz, die Schrecken der stürmenden Seeschlacht</p> - <p class="line">Hier zu besteh’n, und die Kraft zu versuchen in neuen Gefahren;</p> - <p class="line">Aber nicht Sorg’ um des Herrschers Haupt erschlaffe die Schwingen</p> -<a id="page-91" class="pagenum" title="91"></a> - <p class="line">Deines erhabenen Muths, und das siegerringende Schiffsheer</p> - <p class="line">Reiche nicht ihm den Kranz, der dir umwinde die Scheitel.“</p> - <p class="line">Sieh’, und mit Thränen im Blick’, entschiffte der treffliche Seeheld</p> - <p class="line">Jetzt an dem Borde des doppelten Aars, deß Fittig’ er liebend</p> - <p class="line">Wählte, sich aufzuschwingen zum Glanz’ unsterblichen Ruhmes.</p> - <p class="line">D’rauf erlas er, behend’, aus den schimmernden Reihen der Schiffe</p> - <p class="line">Fünfzig, bemannt mit tapferem Volk, das oft auf dem Meer schon</p> - <p class="line">Lorbern errang: die Schiffe der furchtbar’n Räuber besiegend.</p> - <p class="line">Wie der mächtige Aar, ausbreitend die rauschenden Flügel,</p> - <p class="line">Schnell hinfleugt in dem Wind, so flog die erlesene Schiffsmacht</p> - <p class="line">Fort auf der schimmernden See: denn rechts entfaltete Ruyter</p> - <p class="line">Fünfzehn flandrische Flaggen, und links, der kühne Moncada,</p> - <p class="line">Mit Hispania’s acht, Lusitania’s sieben vereinend,</p> - <p class="line">Fünfzehn. Doch zu Wälschlands Ruhm, dem feindlichen Andrang</p> - <p class="line">Muthig entgegen zu steh’n in der Mitte des Heldengeschwaders,</p> - <p class="line">Pflanzte Genua’s Flagg’, und zugleich, die Rom und Neapel</p> - <p class="line">Einte der Heeresmacht, an zwanzig trefflichen Schiffen,</p> - <p class="line">Doria auf. Jetzt allen umher verständliche Zeichen</p> - <p class="line">Donnernd, erscholl vom Bord sein rüstunggebiethender Aufruf.</p> - <p class="line">Wie Gewitterstoff von der kreisenden Scheibe des Glases,</p> - <p class="line">Prasselnd, durch saugendes Messingrohr einströmt in der Flaschen</p> -<a id="page-92" class="pagenum" title="92"></a> - <p class="line">Dunkelen Schooß, und ein Mann, die leitende Kett’ in der Linken,</p> - <p class="line">Reichet dem Nachbar die Recht’, und dieser dem Nachbar, und so trifft</p> - <p class="line">Hunderte dann erschütternder Schlag urplötzlich, auf einmal,</p> - <p class="line">Wenn der glimmende Funk’ aufflammt am entladenden Kolben:</p> - <p class="line">Also bewegte die Führer zugleich des Schlachtengebiethers</p> - <p class="line">Donnerruf, und, nahe dem Maste die rühmliche Stelle</p> - <p class="line">Wählend, geboth ihr Schrei dem Volke die Rüstung. Am Mastbaum</p> - <p class="line">Kletterten Schiffer empor, und ordneten eilig die Segel,</p> - <p class="line">Während die Krieger in Reih’n ihr Feuergewehr auf dem Schiffsbord</p> - <p class="line">Luden. Sie gossen zuerst entflammendes Krot in des Zündlochs</p> - <p class="line">Pfanne; schmetterten Krot und Lot, mit dem glänzenden Ladstock,</p> - <p class="line">Fest in das Rohr, bis auf er hüpfte vom klemmenden Läppchen,</p> - <p class="line">Und umspannten mit fröhlichem Schlag’ es am kräftigen Kolben.</p> - <p class="line">Auch in die furchtbar’n Donnerschlünd’ eindrängte der Wurfschütz,</p> - <p class="line">Dann mit dem Krote, die Wucht der eisernen Kugel; er bohrte</p> - <p class="line">Kundig das Brandrohr ein, und facht’ an der Lunte die Gluth an.</p> -<a id="page-93" class="pagenum" title="93"></a> - <p class="line">Aber mit tieferem Ernst’ und erhöhtem Vertrau’n in den Augen,</p> - <p class="line">Sah der Kaiser vom Bord dem schlachtanbiethenden Volk nach.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt aufrauschte das Meer: es nahten die Feinde. Wie Nebel,</p> - <p class="line">Vom Herbstwinde gejagt, weithin verhüllen der Sonne</p> - <p class="line">Liebliche Bahn: so flogen der Feind’ unzählige Segel</p> - <p class="line">Her auf der See. Doch Al-Mansor ergrimmte des Gegners</p> - <p class="line">Minderzahl, und Wuth, und Hohn verzerrte sein Antlitz.</p> - <p class="line">Doria’s Stimme geboth vom Bord’ in donnernden Lauten:</p> - <p class="line">„Jegliches Schiff erwähle sich zwei der feindlichen — trenne,</p> - <p class="line">Muthig, des Gegners Macht,“ und stürmte, der erste, zum Angriff.</p> - <p class="line">Jetzt, wie zwei Sandhosen, gerafft vom Hauche des Aethers,</p> - <p class="line">Schweben im Luftraum hin, durchblinkt von der trauernden Sonne,</p> - <p class="line">Bis, von dem stürmenden Ost und West sie plötzlich vermenget,</p> - <p class="line">Stürzen zur Erde zugleich, und dort mit Orkanengetümmel</p> - <p class="line">Wüsten die Fluren umher, und die wimmelnden Städt’ und die Dörfer</p> - <p class="line">So, daß bald nur Entsetzen und Grau’n die Gefilde verhüllet;</p> - <p class="line">Wie der feurige Blitz, im nächtlichen Donnergewitter,</p> - <p class="line">Weitgesonderte Häuser der Stadt entzündet auf einmal:</p> - <p class="line">Furchtbar hebt sich der Rauch; hoch lodert die prasselnde Flamme:</p> - <p class="line">Denn unbändig herauf, unbändig hinunter, im Eilflug,</p> -<a id="page-94" class="pagenum" title="94"></a> - <p class="line">Wüthet das Feuer die Straß’ entlang; stets näher und näher</p> - <p class="line">Wälzt sich der Gluthenstrom entgegen dem kommenden Gluthstrom;</p> - <p class="line">Bald — schon sind sie vereint, und schlagen entsetzlich zusammen:</p> - <p class="line">Also trafen sich hier die feindlichen Schiffe. Gehorchend</p> - <p class="line">Doria’s Ruf’, erkor ein jeglicher Führer der Christen</p> - <p class="line">Zwei der Gegner zum Kampf’. Und jetzt aus dem donnernden Schiffsraum</p> - <p class="line">Flog durch Rauch und Flammen der Tod in die feindlichen Reihen —</p> - <p class="line">Flog vom hohen Verdeck hinüber der schmetternden Büchsen</p> - <p class="line">Tödliche Saat. Weit deckte der Rauch die Fluthen, und weithin</p> - <p class="line">Hallte Geschrei der Gedrängten und Dränger im Donnergetümmel.</p> - <p class="line">Leichen schwammen umher, von den Wogen geschaukelt, und trieben</p> - <p class="line">Näher an’s Land; zerrissene Segel flogen im Wind hin;</p> - <p class="line">Berstende Mast’ entstürzten dem Bord’; aufrauschte die Meersfluth,</p> - <p class="line">Als sie die Maste verschlang, und schäumend wieder heraufstieß.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sieh’, Abdallah gelang’s, der drüben, dem Feinde zur Linken,</p> - <p class="line">Lenkte die Schlacht, das Schiff des kühnvordringenden Ruyters</p> - <p class="line">Schnell zu umzingeln! Doch er harrt’ auf dem Borde, der Gegner,</p> -<a id="page-95" class="pagenum" title="95"></a> - <p class="line">Glühenden Muth’s, wie ein Leu, der fern’ ein paar Elephanten,</p> - <p class="line">Durch aufqualmenden Staub, mit furchtbar dräuenden Rüsseln</p> - <p class="line">Kommen sieht, zu rächen die jüngst gemordeten Jungen;</p> - <p class="line">Nicht erbebt ihm das Herz: genaht wuthfunkelnden Blickes,</p> - <p class="line">Sträubt er die Mähnen, und haut um sich mit den schrecklichen Klauen:</p> - <p class="line">Also bestand er die Menge. Da fiel, an der Stirne zerschmettert,</p> - <p class="line">Neben ihm Otto, sein Freund und Waffengefährt’. In der Kindheit</p> - <p class="line">Gold’nen Tagen vereinte sie schon des liebenden Herzens</p> - <p class="line">Mächtiger Zug. Nun sah er ihn kaum. Ein schmerzlicher Ruf drang</p> - <p class="line">Ihm aus der Brust; er drängte die Thräne zurücke; nur Eines</p> - <p class="line">Galt dem Tapferen jetzt; des heiligen Kampfes Entscheidung.</p> - <p class="line">Schnell, mit siegender Kraft, durchbrach er der feindlichen Schiffe</p> - <p class="line">Ringsumzingelnden Kreis, und bohrte noch zween in den Abgrund,</p> - <p class="line">Rechts und links abfeuernd das Donnergeschütz aus dem Schiffsraum.</p> - <p class="line">Doch g’en Doria hielt, ausdauernden, schrecklichen Muths noch</p> - <p class="line">Al-Mansor: denn Attilas herzblutdürstende Geister</p> - <p class="line">Drängten sein Volk mit stets empörterem Grimm’ in das Feuer</p> -<a id="page-96" class="pagenum" title="96"></a> - <p class="line">Mordender Schlünd’ und Gewehre. Nicht rauschten die Wogen der See mehr,</p> - <p class="line">Leichen- und trümmerbedeckt, und vom gährenden Blute gesättigt.</p> - <p class="line">Und schon wankte der Sieg wie das Zünglein schwankt mit der Wagschal’,</p> - <p class="line">Gleichem Gewichte zum Spiel. Dreimal erhob sich der Kaiser,</p> - <p class="line">Schauend die wankende Schlacht, den Seinen errettend zu nahen;</p> - <p class="line">So oft bezwang er sich wieder, und sah, dem Helden vertrauend —</p> - <p class="line">Ehrend sein tapferes Volk, in die grau’numnachtete Schlacht hin.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Doria’s Wurfschütz traf, wohlzielend, den Sarg mit dem Zündstaub,</p> - <p class="line">Der von der Wucht unzähliger Bomben und Kugeln umhäuft war.</p> - <p class="line">Jetzt aufflammte die Welt. Ein Brand, entsetzlich und furchtbar,</p> - <p class="line">Hob sich von Al-Mansors entzündetem Schiff’ in den Luftraum.</p> - <p class="line">Gleich dem feurigen Luftgebild, dem Völker erbeben,</p> - <p class="line">Blutigen Krieg weissagend, und Pest, und schrecklichen Hunger,</p> - <p class="line">Flog das berstende Schiff, und schwand in den höheren Räumen</p> -<a id="page-97" class="pagenum" title="97"></a> - <p class="line">Fern mit lautem Gezisch. Nur spät, nur langsam, und einzeln,</p> - <p class="line">Sank zertrümmert’ Gebälk, und sanken zerschmetterte Leichen,</p> - <p class="line">Jetzo entfernt, jetzt nah’ in die dumpfaufplätschernden Fluthen.</p> - <p class="line">Stille herrschte umher: da schien des kreisenden Weltalls</p> - <p class="line">Odem gehemmt, des Windes Fittig erschlafft, und des Meeres</p> - <p class="line">Wogende Fluth erstarrt: da sah’n die Krieger am Schiffsbord</p> - <p class="line">Starrend sich an, und lalleten unverständlichen Laut nur.</p> - <p class="line">Doch nun hob sich die Wuth im Busen der feindlichen Führer;</p> - <p class="line">Einer dem andern rief’s mit schrecklicher Stimme: „Wir entern!“</p> - <p class="line">Und, alsbald mit dem sausenden Seil fünfklauige Haken</p> - <p class="line">Schleudernd, stürmten sie an, die Gegner in wilder Verzweiflung</p> - <p class="line">Niederzuschmettern, und laut erhob sich des Kampfes Getümmel.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Schaudernd sah’n die Geister zuvor der wüthenden Seeschlacht</p> - <p class="line">Grauen empört. Nun sprach zu Hannibal Regulus also:</p> - <p class="line">„Dort in des Erdballs Nacht, wo wir Jahrhunderte schwinden</p> - <p class="line">Sah’n, erfüllet von Gram, und von Banden gefesselt des Unmuth’s,</p> - <p class="line">Sagten umwandernde Geister uns oft von dem schrecklichen Zündstaub</p> - <p class="line">Wunder, der, dem Blitz und dem furchtbarn Donner nicht ungleich,</p> -<a id="page-98" class="pagenum" title="98"></a> - <p class="line">Tod und Vernichtung sä’et, und traun, sie redeten Wahrheit;</p> - <p class="line">Doch, wie schmählich ereilt den Helden der Tod in dem Kampf jetzt,</p> - <p class="line">Wo er die Brust ihm wehrlos beut, und von ferne besiegt fällt!“</p> - <p class="line">Siehe, da ließ sich Regulus schnell vor Doria nieder,</p> - <p class="line">Ihn zu erregen gesinnt, und lispelt’ ihm leis’ in die Ohren:</p> - <p class="line">„Trenne des Feindes Reih’n: so stritt der kühne Spartaner</p> - <p class="line">Xanthippos in dem Kampf mit Regulus, nahe vor Tunis.</p> - <p class="line">Ach, er fiel ihm besiegt: du erringst unsterblichen Ruhm dir!“</p> - <p class="line">Doria griff an das Herz, das laut dem kühnen Entschlusse</p> - <p class="line">Pocht’, und heller flammte sein Aug’, da er jetzo den Degen</p> - <p class="line">Hoch in die Luft aufschwang, und die Führer durch wehende Flaggen</p> - <p class="line">Schnell zum Sturmgang rief: denn all’ aufmerkten den Zeichen</p> - <p class="line">Mitten in grau’numhülleter Schlacht. Die siegenden Flügel</p> - <p class="line">Wichen zurück’, und plötzlich, zum spitzigen Keile gestaltet,</p> - <p class="line">Brach nun Doria’s Schiffsheersmacht des Feindes Geschwader,</p> - <p class="line">Stürmend, entzwei, daß Mast’ an Mast’, und Segel an Segel</p> - <p class="line">Schlugen im wilden Gekrach, und dumpf ertönte der Schiffsraum.</p> - <p class="line">Aber, von Rach’ entflammt, vordrang der kühne Moncada,</p> - <p class="line">Jetzo zuerst: ihm tödteten jüngst algierische Räuber</p> - <p class="line">Nächtlich am einsamen Ufer den Freund. Er traf im Gemeng dort</p> -<a id="page-99" class="pagenum" title="99"></a> - <p class="line">Wüthend auf Abdul selbst, der Sarno, den Helden, gefesselt</p> - <p class="line">Barg im Raume des Schiffs, und rasch bestürmten sich alsbald</p> - <p class="line">Beide vom Bord zum Bord’, im Kampf der wilden Verzweiflung,</p> - <p class="line">Daß ringsher der Lanzen Geklirr’ erscholl, und die Leichen</p> - <p class="line">Schwammen im Blut. Doch, glühend vor Zorn, erfaßte Moncada</p> - <p class="line">Eines der Tau’, und schwang sich behend’ zum feindlichen Bord’ auf,</p> - <p class="line">Dort zu erringen den Sieg. Ihm folgten der kühneren Krieger</p> - <p class="line">Sieben, jauchzenden Ruf’s, zum schreckenvollen Gewürg nach.</p> - <p class="line">Aber, geschmiegt an den Mastbaum, stand, und wehrte sich Abdul</p> - <p class="line">Gegen die Sieben zugleich, und rannte den Speer in Moncada’s</p> - <p class="line">Heldenbrust, da er, kühn vordringend am schirmenden Mast’, ihm</p> - <p class="line">Blößte die Seit’: er sank, und röchelte sterbend. Nicht länger</p> - <p class="line">Freute sich jener der blutigen Rach’: ihn erlegte der Tapfer’n</p> - <p class="line">Heilige Schar, mit dem Volk, das kämpfend das Leben verschmähte.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Doch aus dem Raume des Schiff’s drang nun die flehende Stimme</p> - <p class="line">Sarno’s den Kriegern an’s Ohr: sie lösten die Bande dem Helden,</p> - <p class="line">Zitternd in freudiger Hast. Er drückte den kühnen Gefährten</p> -<a id="page-100" class="pagenum" title="100"></a> - <p class="line">Schweigend die Hand, und erhob die thränenden Blicke zum Himmel.</p> - <p class="line">Als er zum hohen Verdeck aufstieg, und in seliger Freiheit</p> - <p class="line">Himmel, und Erd’, und Meer, lautjauchzend, begrüßte: da blinkt’ ihm</p> - <p class="line">Aus dem blutigen Wust sein treffliches Schwert in die Augen,</p> - <p class="line">Das ihm der Räuber entriß. Nicht der pflanzenkundige Wand’rer</p> - <p class="line">Freut sich so sehr, da er oben in Wolkenhöhen der Alpen</p> - <p class="line">Blühende Matten durchspäht, und dort die seltenste findet,</p> - <p class="line">Als der Held sich erfreute, sein Schwert auf dem Boden gewahrend.</p> - <p class="line">Eilig rafft’ er es auf, und schwang es empor in den Luftraum,</p> - <p class="line">Gegen den Feind urschnell die tödliche Waffe zu kehren.</p> - <p class="line">Doch schon war errungen der Sieg, und des Feindes Geschwader</p> - <p class="line">Strich die Segel vor Doria’s Macht. Wie dort auf dem Thronstuhl</p> - <p class="line">Sitzend im herrlichen Prunk, der neugekrönte Beherrscher</p> - <p class="line">Ringsher schaut das versammelte Volk, und jetzo mit Ehrfurcht,</p> - <p class="line">Mann für Mann, die Erwähleten nah’n, die Hand ihm zu küssen,</p> - <p class="line">Huldigend: so in des Sieges Glanz’ ihm huldigt’ in Demuth,</p> - <p class="line">Ueberwunden der Feind. Da jauchzten unzählige Menschen</p> - <p class="line">Rings von den Zinnen der Stadt, von den Warten der Berg’ und der Hügel —</p> - <p class="line">Jauchzten umher vom Gewölk die feindlichgetrenneten Geister.</p> -<a id="page-101" class="pagenum" title="101"></a> - <p class="line">Doch, der einst Karthago’s Ruhm zu den Sternen erhöhte,</p> - <p class="line">Hannibal, sah voll Zorn, wie Regulus erst dem Gebiether</p> - <p class="line">Doria Hülfe erwies: da erwachten der düsteren Vorzeit</p> - <p class="line">Trauergebilde in seinem Gemüth’, und zürnend begann er:</p> - <p class="line">„Wie, der Römer, und ich, vereint in dem Kampfe der Helden?</p> - <p class="line">Nimmer gescheh’s! Eh’ soll das zitternde Lamm an der Wölfinn</p> - <p class="line">Saugen — der brausende Bach zurück zur Quelle sich heben,</p> - <p class="line">Ehe der Pune dem Römer sich eint. Er nah’ ihm als Feind nur!</p> - <p class="line">Jetzt in Eile hinaus nach Karthago’s Jammergefilden,</p> - <p class="line">Daß mich erneut empöre der Rach’ unendliches Drängen,</p> - <p class="line">Die ich ihm schwur: ein Feind dem Freund’, den er sich erkoren.“</p> - <p class="line">Also rief er den Seinen, ergrimmt, und flog in den Lüften</p> - <p class="line">Schnell g’en Süden hinab. Ihm folgten die stürmischen Geister.</p> - <p class="line">„Lenkt,“ rief Doria jetzt, „die Schiff’ in den freundlichen Hafen,</p> - <p class="line">Daß die Verwundeten all, und auch die gefangenen Gegner,</p> - <p class="line">Sorglich gepflegt, der menschenehrenden Milde sich freuen.“</p> - <p class="line">Rauschend wogten die Schiffe zum Strand. So manche des Siegers</p> - <p class="line">Mißten den Mast und die Segel; so manche, durchbohrt von Geschossen,</p> - <p class="line">Tauchte der Fluth einströmende Last. Viel tapfere Christen</p> - <p class="line">Both, aufschäumend, das Meer als Beute den gierigen Fischen.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-102" class="pagenum" title="102"></a> - <p class="line">Jetzt, annahend im Boot’, erklomm mit Gefolge der Kaiser</p> - <p class="line">Doria’s glänzenden Bord, und schloß ihn mit heißer Umarmung</p> - <p class="line">Lang’ an das Herz: hochehrend vor allem Volke den Helden.</p> - <p class="line">Siehe, da flog auch Sarno heran! Mit leuchtenden Augen</p> - <p class="line">Sah er den Sieger belohnt, und sprach zu dem Herrscher sich wendend:</p> - <p class="line">„Heil und Segen mit dir, Erlauchtester, daß du den Helden</p> - <p class="line">Hoch vor allen erhebst, der mich aus schmählichen Banden</p> - <p class="line">Rettete; doch nun sollen für mich die tapfern Gefährten</p> - <p class="line">Zeugen: nicht hab’ ich durch eigene Schuld die Bande getragen!“</p> - <p class="line">Aber ihm zürnete, seit dem Sieg’ auf dem Felde Bicoccas,<a class="fnote" href="#footnote-36" id="fnote-36">[36]</a></p> - <p class="line">Guasto, der tapfere Greis: dort hemmt’ er des feurigen Jünglings</p> - <p class="line">Stürmische Hast, und sogleich stieß dieser verwundende Wort’ aus.</p> - <p class="line">Jetzo mit finsterem Blick’ erhob er die tadelnde Stimme:</p> - <p class="line">„Wahrlich, der Feind erhascht’ ein träghinsegelndes Fahrzeug,</p> - <p class="line">Weil es ein Feiger lenkt’, und ihn nicht tapfer bekämpft hat!“</p> - <p class="line">Todesbläss’ umzog, und flammende Röthe bedeckte</p> - <p class="line">Sarno’s Wangen im wechselnden Flug’. Er faßte des Degens</p> - <p class="line">Griff in zitternder Hast, trat vor ... da hemmt’ ihn des Kaisers</p> - <p class="line">Ernster Blick, der, Guasto’s ergrauete Haare betrachtend,</p> - <p class="line">Ruhe geboth. Ihm sank die ermattete Rechte vom Griffblatt.</p> - <p class="line">Schweigend stand er im Kreis’, und an seiner Wange herunter</p> -<a id="page-103" class="pagenum" title="103"></a> - <p class="line">Glänzte die Thrän’. Alsbald bezwang Del-Guasto des Busens</p> - <p class="line">Leichtaufwallenden Zorn, er seufzte vor innigem Herzleid,</p> - <p class="line">Trat vor Sarno, und reicht’ ihm, versöhnend, die Hand, und der Edle</p> - <p class="line">Nahm sie versöhnt. Doch bald umwölkt der nächtlichste Kummer</p> - <p class="line">Sein verwundetes Herz, und schwindet im rühmlichen Tod nur.</p> - <p class="line">Jetzt aufboth der Kaiser sogleich die versammelten Feldherrn:</p> - <p class="line">„Gott, deß mächtiger Arm, die Feinde zerschmetternd, uns Ruhm gab,</p> - <p class="line">Leit’ uns beglückt zum Ziel’! Entfaltet dem Winde die Segel,</p> - <p class="line">Daß in des Sieges aufstrahlendem Glanz wir, landend vor Tunis,</p> - <p class="line">Ernten noch schöneren Ruhm: die Wonne der Christenerrettung.“</p> - <p class="line">Also geschah’s. In Eil’ auf die schimmernden Fluthen des Meeres</p> - <p class="line">Wogten die Schiffe hinaus; das Geschütz erdonnerte rastlos,</p> - <p class="line">Und in dem sausenden Wind’ entschwand g’en Tunis die Heersmacht.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-6"> -<a id="page-104" class="pagenum" title="104"></a> -Fünfter Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">S</span><span class="postfirstchar">chon</span> entschwebten dem Meer des heißersehneten Welttheils</p> - <p class="line">Küsten im Abendduft; schon thürmten im rosigen Westen</p> - <p class="line">Berge sich auf, ringsher umlagernd den Gürtel des Atlas,</p> - <p class="line">Dessen schneeiges Haupt anstaunt die glühende Sandwüst’,</p> - <p class="line">Als in die Reih’n des meerdurcheilenden Heers ein Geschwader</p> - <p class="line">Vier schnellsegelnder Schiffe noch kam, von dem felsigen Eiland</p> - <p class="line">Malta gesandt. Aurel, die erlesenste Zierde des Ordens,</p> - <p class="line">Führte der Christenheit verherrlichte Kämpen am Schiffsbord:</p> - <p class="line">Hundert Rittern gesellt, zweitausend tapfere Krieger.</p> - <p class="line">Ihnen zu Eigen gab der erhabene Kaiser das Eiland,</p> - <p class="line">Als sie von Rhodus Suleymann vertrieb, der, rings von den Leichen</p> - <p class="line">Seines Volks umhügelt, den Greis, und Heldengebiether,</p> - <p class="line">Villiers Lisle Adam,<a class="fnote" href="#footnote-37" id="fnote-37">[37]</a> dort ehrte mit würdigem Lobspruch.</p> - <p class="line">Grüßend mit Donnergetön’ und wehender Flagge den Herrscher,</p> - <p class="line">Schifften sie freudiger fort im Verein des mächtigen Heeres.</p> - <p class="line">Jetzo, der Küste genaht, hinstarrten die Krieger, vor Sehnsucht</p> -<a id="page-105" class="pagenum" title="105"></a> - <p class="line">Glühend: den Palmenhain in den fremden Gefilden zu schauen,</p> - <p class="line">Oder das seltene Thier im Gefild’, und die Hütte des Menschen.</p> - <p class="line">Doch bald hüllte das Land sich rings in des sinkenden Nachtgrau’ns</p> - <p class="line">Düsteren Schleier, und barg dem staunenden Fremdling sein Antlitz.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Attila war im Gefolg des Geisterheeres im Eilflug</p> - <p class="line">Afrika’s Fluren genaht. Wie an trüberen Tagen des Winters</p> - <p class="line">Endlos, Schwärme der Kräh’n und der schwarzbefiederten Raben,</p> - <p class="line">Laut vereinten Geschrei’s, vor dem Schneegestöber heranzieh’n:</p> - <p class="line">Also nahten im Grau’n der Nacht die empöreten Geister.</p> - <p class="line">Attila stand, und forscht’ in den Herzen der Landesgebornen,</p> - <p class="line">Welchen die Küste umher zur Huth von dem Herrscher vertraut war;</p> - <p class="line">Aber sie ruheten all’ an dem Strand, vom Schlummer gefesselt.</p> - <p class="line">Zürnend sprach er darum den leis’ aufhorchenden Geistern:</p> - <p class="line">„Weckt entsetzliche Träume sogleich, aus dem Schlafe zu rütteln</p> - <p class="line">Dieß entnervte Geschlecht, und donnert: „Es nahet der Feind uns!“</p> - <p class="line">Ihm in die Ohren, daß rings auf den luftigen Höhen und Warten</p> - <p class="line">Lodre die Flamm’ empor, und schrecke die feindliche Schiffsmacht.</p> -<a id="page-106" class="pagenum" title="106"></a> - <p class="line">Selber erreget die brausende Loh’, und zeigt euch des Königs</p> - <p class="line">Würdig, dem, als der Geißel Gottes, erbebte der Erdkreis.“</p> - <p class="line">Also rief er: da fuhr sein Volk, wie der brausende Sturmwind,</p> - <p class="line">Ueber die Schlafenden hin. Sie sah’n im Traume die Meerfluth</p> - <p class="line">Wildempört; sie hörten aus ihr Scheusale des Abgrunds</p> - <p class="line">Heulen: „Es nahet der Feind!“ und taumelten auf von dem Boden.</p> - <p class="line">Erst, mit seitwärtsgewendetem Ohr’ im finsteren Nachtgrau’n</p> - <p class="line">Horchend, standen sie all’, und hörten Geräusche (die Wellen</p> - <p class="line">Klatschten am schwärzlichen Kiel) dann, laufend umher an dem Meerstrand,</p> - <p class="line">Sah ihr, geschärft vor Gier umspähendes Aug’ in den Lüften</p> - <p class="line">Näher und näher heran den Wald hochthürmender Masten</p> - <p class="line">Schweben, und jetzt mit den flatternden Wimpeln unzählige Segel,</p> - <p class="line">Von dem Winde gebläht, anstürmen im freudigen Eilflug.</p> - <p class="line">Aber mit lautem Geheul erklomm die bebende Volksschar</p> - <p class="line">Jäh’ am Gestade, die Felsenhöh’n: der Drohung gedenkend,</p> - <p class="line">Die jüngst Hairaddins Grimm aussprach, des schrecklichen Herrschers,</p> - <p class="line">Und erweckte die Gluth im knisternden Reis, auf des Felsens</p> - <p class="line">Hochaufragenden Warten umher. Den Feigen im Rücken,</p> - <p class="line">Brauste die Geisterschar, und, als der schlummernde Nachtwind</p> - <p class="line">Noch den geschüreten Brand nicht in Flammensäulen empörte,</p> - <p class="line">Fachten die Geister, vereint, mit starrvorquellenden Augen</p> -<a id="page-107" class="pagenum" title="107"></a> - <p class="line">Und gebläheten Backen, erhellt vom Feuer, die Gluth an.</p> - <p class="line">Siehe, und bald erhob sich die wirbelnde Loh’ auf den Höhen,</p> - <p class="line">Hellte die Nacht, und warf, urschnellfortrollenden Schimmer</p> - <p class="line">Ueber die schwankenden Fluthen des Meers. Weit brannte der Abgrund</p> - <p class="line">Unter dem Wogenpfad der völkertragenden Schiffe.</p> - <p class="line">Endlos schien der Brand auf den Höh’n: denn, leuchtendem Blitz gleich,</p> - <p class="line">Hüpften vor jedem umher die Flammengestalten der Geister.</p> - <p class="line">Solches vermögen sie noch, und necken den Wand’rer die Nacht durch,</p> - <p class="line">Mit Irrlichtern vereint am Moor’, und feurigen Männern.</p> - <p class="line">Leise geweckt entfuhr der Hängematte der Kaiser,</p> - <p class="line">Stieg auf das hohe Verdeck, und sah nach dem leuchtenden Meerstrand,</p> - <p class="line">Lächelnden Blick’s, hinüber. Er hieß den sorglichen Guasto,</p> - <p class="line">Der ihn gewarnt, annahend im Schiff, zur Ruhe sich legen:</p> - <p class="line">Denn er kannte die List des täuschungsinnenden Feindes.</p> - <p class="line">Aber nicht senkte der liebliche Schlaf mit fächelnden Schwingen</p> - <p class="line">Auf sein Auge sich mehr: er sah nur Kampf und Errettung.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Als im rosigen Duft der heilige Morgen heraufstieg,</p> - <p class="line">Himmel und Erd’, und Meer der freundlicherwachenden Sonne,</p> - <p class="line">Schauernd vor Lust, entgegen streckten die Arme: da flogen</p> - <p class="line">Eilig die Krieger im Frühwind hin, umkreisten den Vorberg</p> - <p class="line">Gomert:<a class="fnote" href="#footnote-38" id="fnote-38">[38]</a> Apollo’s vordem genannt, und blickten nach Bona’s</p> - <p class="line">Halbeiland, das einst dem schirmenden Hermes geweiht war,</p> -<a id="page-108" class="pagenum" title="108"></a> - <p class="line">Und in die spiegelnde See sein Klippengestade hinausdehnt.</p> - <p class="line">Nun Buschatter genaht, wo mächtig in Tagen der Vorwelt</p> - <p class="line">Utika stand, aufseufzete laut der edelste Kaiser;</p> - <p class="line">Sah, mit Trauer im Blick, nach dem kühnaufstrebenden Helden</p> - <p class="line">Ludwig, und sagte zu ihm, noch tiefbeklommen im Busen:</p> - <p class="line">„Weh’n nicht der Vorzeit heilige Schauer dich an aus den Mauern</p> - <p class="line">Dort, wo Kato, der Knechtschaft zu groß, in das eigene Schwert sank?</p> - <p class="line">Achtung gebeut sein hohes Gemüth, und die Liebe zur Freiheit,</p> - <p class="line">Der er gelebt, unwandelbar stets. Doch, dünket sein Tod dir</p> - <p class="line">Beifallswürdiger als ein Sieg, dem feindlichen Leben</p> - <p class="line">Abgerungen durch Kraft ausdauernden, muthigen Strebens?</p> - <p class="line">Frommt’ es dem Vaterland, dem langentarteten, etwa,</p> - <p class="line">Daß er, der Vorzeit Sitte getreu, verfolgte den Einen,</p> - <p class="line">Der mit mächtiger Hand das, mitten im Brausen der Sturmfluth</p> - <p class="line">Leckumtreibende Schiff vom Bruche zu retten vermochte —</p> - <p class="line">Daß er den schrecklichen Dolch in die Hand des Sohnes gegeben?</p> - <p class="line">Schwer, ach, büßte die Welt den Mord des Edeln: er bahnte</p> - <p class="line">Furchtbarn Wüthrichen nur den Weg zu frecher Verachtung</p> - <p class="line">Jeglichen Rechts. Und wurde nicht strenge Vergeltung den Mördern?</p> - <p class="line">Brutus kannte die Ruhe nicht mehr; nicht erquickte der Schlummer</p> -<a id="page-109" class="pagenum" title="109"></a> - <p class="line">Mehr sein Aug’; auch wachend sah er Gespenster, und immer</p> - <p class="line">Hört’ er die Wort’: „„Auch du, mein Sohn?““ in zermalmenden Tönen.“</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt an dem Halbeiland, Karthago’s verödeter Stätte,</p> - <p class="line">Wogten die Schiffe vorbei: beklemmende Schauer erfüllten</p> - <p class="line">Jegliche Brust, und Stille herrscht’ am Bord und im Schiffsraum;</p> - <p class="line">Eileten erst an dem Salzthurm hin: von der reichlichen Salzfluth</p> - <p class="line">Also genannt, die im Schooß der thürmenden Mauer emporwallt,</p> - <p class="line">Dann an dem Wasserthurm, deß’ silbernfluthende Kühlung</p> - <p class="line">Auch aus dem fernen Gefild’ anlockt den dürstenden Wandrer.<a class="fnote" href="#footnote-39" id="fnote-39">[39]</a></p> - <p class="line">Aber unzähliges Volk rann fort am Gestad’, in der Rechten</p> - <p class="line">Schwingend den Speer im Geschrei der wildauftobenden Kampflust,</p> - <p class="line">Und schon sausten mit Donnergetös gewaltige Kugeln</p> - <p class="line">Her von dem Strand; doch, so wie, im garbenbeladenen Wagen</p> - <p class="line">Sitzend, die Schnitter fern’ im Gebirg den strömenden Regen</p> - <p class="line">Schauen, mit lächelndem Blick, da im heiteren Glanze der Sonne</p> - <p class="line">Sie von dem Aehrenfeld heimführen den Segen des Sommers:</p> - <p class="line">So, nur lächelnd, ersah’n die Schiffenden, wie die Geschosse</p> - <p class="line">Harmlos sanken umher, von den schäumenden Wogen verschlungen.</p> - <p class="line">Doch, im Schooße der Bucht, die aus felsumstarreter Mündung</p> -<a id="page-110" class="pagenum" title="110"></a> - <p class="line">Eint vor Tunis den See mit des Meeres Gewässern, erhob jetzt,</p> - <p class="line">Schimmernd im Morgenroth, ihr Haupt die Veste Goletta,<a class="fnote" href="#footnote-40" id="fnote-40">[40]</a></p> - <p class="line">Und einhelliges Jauchzen erscholl von den Schiffen: die Krieger</p> - <p class="line">Sehnten sich lange nach ihr, dem Ziel’ unsterblicher Thaten.</p> - <p class="line">Hoch in die bläuliche Luft aufragte die herrliche Festung,</p> - <p class="line">Und in die Fluth, die, sanftergossen, im Schimmer des Morgens</p> - <p class="line">Ruhete, sank ihr Bild, doch häuptlings hinunter zum Abgrund.</p> - <p class="line">Jetzo schwankt’ es umher, da, erregt von den nahenden Schiffen,</p> - <p class="line">Kräuselnd, der Wellenzug nach dem Felsengestade sich wälzte,</p> - <p class="line">Und es ertönte zugleich der Feinde Geschrei aus den Mauern;</p> - <p class="line">Aber der Kaiser rief nach Doria selber hinüber:</p> - <p class="line">„Tapferer, send’ alsbald auf zwei leichtsegelnden Schiffen,</p> - <p class="line">Wohlerfahrnen Führern gesellt, versuchtere Krieger,</p> - <p class="line">Dort zu erspäh’n die Lag’ und die Stärke der Veste — zu finden</p> - <p class="line">Günstigen Landungsplatz für den Reiter zugleich und das Fußvolk;</p> - <p class="line">D’rauf erschalle der Donnerruf zur stürmischen Landung!“</p> - <p class="line">Also geschah’s. Weit vorwärts bog sich der Mast, und die Wellen</p> - <p class="line">Schäumten nach jeglichem Ruderschlag’, in kräuselnden Ringen,</p> - <p class="line">Hinter dem eilenden Kiel. Wie zwei langhalsige Schwän’ oft,</p> - <p class="line">Männchen und Weibchen, den silbernen Teich umrudern im Spätlicht:</p> -<a id="page-111" class="pagenum" title="111"></a> - <p class="line">Jetzt, annahend dem Strand, wohlduftende Kräuter zu pflücken,</p> - <p class="line">Jetzo, kehrend zur Mitte des Teich’s, die schimmernden Furchen</p> - <p class="line">Ziehen die Fluth entlang, und mit stolzergewölbeten Hälsen</p> - <p class="line">Ihr Gefieder, wie Schnee, den Lüftchen des Abends entfalten:</p> - <p class="line">Also erforschten die zween, bald nah’, bald ferne dem Meerstrand,</p> - <p class="line">Jegliches so, wie zuvor der waltende Herrscher gebothen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hairaddin ging auf dem Söller der Burg, hoch über der Hauptstadt</p> - <p class="line">Tunis, sinnend umher. Nicht die würzigen Düfte der Blumen</p> - <p class="line">Ringsum schufen ihm Lust, nicht des Springborns holdes Gesäusel</p> - <p class="line">Reizte sein Ohr: er starrte, die Hände zum Rücken gefaltet,</p> - <p class="line">Stets mit trüberem Blick’ auf den glänzenden Estrich vor sich hin.</p> - <p class="line">Wuth erfüllt’ ihm die Brust: denn Omrah, der Räuber Areny’s</p> - <p class="line">War ihm genaht an dem Abend. Ihm Siegesverheißung zu bringen,</p> - <p class="line">Sendet’ ihn Al-Mansor; doch sah er noch fern’ auf des Meers Höh’n,</p> - <p class="line">Wie er dem Feinde, besiegt, hinsank mit all dem Geschwader.</p> - <p class="line">Schnell erwürgt’ er im Zorn den jammerverkündenden Bothen.</p> - <p class="line">Doch nun kam ein Sclav’, und rief, zur Erde sich beugend:</p> -<a id="page-112" class="pagenum" title="112"></a> - <p class="line">„Herr, die Christen sind da! Nicht nährt des ragenden Oehlwalds</p> - <p class="line">Grund der Bäume so viel’, als feindliche Maste die See trägt.“</p> - <p class="line">Hairaddin schnob vor Wuth: „Hinweg du feiger Geselle,</p> - <p class="line">Eh’ dich mein Fuß zermalmt! Die Furcht erschuf dir die Gegner.</p> - <p class="line">Hat ihr Schiff die Schwingen des Aars und die Sehnen des Straußes,</p> - <p class="line">Der auf dem Sand hinfleugt, und den Preis auch dem hurtigsten Rosse</p> - <p class="line">Raubet im Lauf? Nicht sollst du hinfort mir lügen: hinweg — stirb!“</p> - <p class="line">Jener entfloh, und stürzte sich angstbetäubt in die Fluthen.</p> - <p class="line">Hairaddin ging nun hastiger hin auf dem Söller; er kehrte</p> - <p class="line">Nun ergrimmter zurück’, und sah lautknirschend zum Himmel.</p> - <p class="line">Aber ein Zweiter begann: „Die Macht unzähliger Gegner</p> - <p class="line">Wogt an dem Vorgebirg Buschatters in Eile vorüber.“</p> - <p class="line">Und kaum war er entflohn, da kam ein Dritter, und sagte:</p> - <p class="line">„Sinam kündet dir, Herr: fünfhundert feindliche Segel</p> - <p class="line">Hab’ er gezählt von den Zinnen der Vest’, und nicht alle gezählt noch.</p> - <p class="line">Nah’ an Goletta dem Feind die günstige Landung zu wehren,</p> - <p class="line">Stehe versammelt das tapferste Volk; doch mächtige Scharen</p> - <p class="line">Harren nur deines Geboths; du winkst: sie gehorchen in Demuth.</p> - <p class="line">Sende daher ihm noch die erlesensten Krieger, daß jenes,</p> - <p class="line">Minder an Zahl, nicht im Kampf’ erliege der feindlichen Mehrzahl.“</p> -<a id="page-113" class="pagenum" title="113"></a> - <p class="line">Hairaddin schrie: „Erliegen meinte der Feige? So meint er?</p> - <p class="line">Eile, bescheide mir Giaffar her, den tapferen Aga.“</p> - <p class="line">Jener gehorchte; doch Hairaddin sann, und rief in den Hofraum:</p> - <p class="line">„Hört! Die Feldherrn all’ entbiethet ihr schnell nach Goletta;</p> - <p class="line">Aber daß keiner verzieh’: denn traun, er würd’ es bereuen!“</p> - <p class="line">„Wie,“ so murmelt’ er jetzt, ergrimmt, die Worte für sich hin,</p> - <p class="line">„Wie, sie kommen heran, mir zu rauben das edelste Kleinod,</p> - <p class="line">Tunis, dieß jüngst’ und theuerste Kind? Nicht Telmessan, nicht Algier</p> - <p class="line">Acht’ ich so hoch ... Den Frevel büßen sie einst in Europa</p> - <p class="line">Furchtbar, wo nicht der Greis, nicht das Kind in der Mutter verschont sey!“</p> - <p class="line">Dann aufschrie er: „Mein Roß!“ Die Mauern des hohen Pallastes</p> - <p class="line">Drönten hinab zu dem untersten Grund’, und die bebenden Sclaven</p> - <p class="line">Taumelten durcheinander vor Angst. Der stattliche Läufer</p> - <p class="line">Stand alsbald gesattelt im Raum des hallenden Thorwegs:</p> - <p class="line">Glänzend schwarz, von Arabia’s edelstem Schlage; der Schneeschaum</p> - <p class="line">Flog von dem blanken Gebiß, wie er nagt’ an dem Eisen, und rastlos</p> - <p class="line">Scharrt’ in dem Sand; wie er schnob, und bald auf den hinteren Füßen</p> -<a id="page-114" class="pagenum" title="114"></a> - <p class="line">Stand, erhebend die vordern, und bald aufwiehert’, und ausschlug.</p> - <p class="line">Aber den Feurigen hielt der Sclav’ am goldenen Zaum fest;</p> - <p class="line">Streichelt’ ihm leise den Hals, und klopft’ an die Decke von Purpur,</p> - <p class="line">Die den Sattel umhüllte, mit Gold und Perlen verzieret.</p> - <p class="line">Hairaddin hob sich im kreisenden Schwung’ auf das Roß, und der Reiter</p> - <p class="line">Hundert jagten ihm vor, so viele ihm nach, in dem Eilflug.</p> - <p class="line">Fernhin tönte Geklirr’ und Getrab’, und es bebte der Boden</p> - <p class="line">Unter dem stampfenden Huf’ — aufflog der flimmernde Sandstaub.</p> - <p class="line">Jetzt durchbraust’ er voll Hast die eröffneten Thore Goletta’s,</p> - <p class="line">Und erstieg den gewaltigen Thurm, der nahe dem Meerstrand,</p> - <p class="line">Auch die Mündung des See’s von Tunis, erhöhet im Viereck,</p> - <p class="line">Schirmt: denn landeinwärts, wohl vier gemessene Meilen</p> - <p class="line">Dehnt sich der See, am Rand des Olivengehölzes zur Stadt hin.</p> - <p class="line">Hairaddin rettete dort, besorgt, viel hundert der Schiffe</p> - <p class="line">Noch; er hieß die Mündung des See’s mit lastenden Ketten</p> - <p class="line">Sperren, und pflanzte Geschütz, Abwehr ersinnend, am Strand’ auf.</p> - <p class="line">Jetzt erklomm er die Zinne des Thurms, und sah nach der Gegend,</p> - <p class="line">Glühenden Blickes, hinab, wo unzählige Schiffe des Gegners</p> -<a id="page-115" class="pagenum" title="115"></a> - <p class="line">Deckten die schimmernde Fluth, und zwei vordringende Segler</p> - <p class="line">Spähten: er sah’s, und finsterer Groll zernagte die Brust ihm.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Aber schon lang’ umflog, dem christlichen Heere Verderben</p> - <p class="line">Sinnend, Muhamed ihn, und hoffte der Wünsche Gewährung,</p> - <p class="line">Als er das Herz erwog des thatengewaltigen Mannes.</p> - <p class="line">So wie im düsteren Flug, den Ohren nicht hörbar, die Nachtschwalb’</p> - <p class="line">Ueber uns flatternd schwebt: so flog um Hairaddin jener,</p> - <p class="line">Forschend, und sah ergrimmt, wie jetzt ihm der feindlichen Heersmacht</p> - <p class="line">Furchtbare Schau das Herz erfüllte mit nagendem Kummer.</p> - <p class="line">Leise dem Ohre genaht des Sinnenden, sprach er ihm Muth ein:</p> - <p class="line">„Solltest du beben, Hairaddin, du, ruhmwürdiger Krieger,</p> - <p class="line">Deß’ zermalmender Kraft die Völker erzittern? Nicht denkst du:</p> - <p class="line">Wer das Eine nur will, fest will, der wird es erringen?</p> - <p class="line">Heiß den Wurfschütz dort vernichten den feindlichen Späher,</p> - <p class="line">Der tollkühn vordrang, und erreg’ in der hohen Versammlung</p> - <p class="line">Deine Feldherrn. Horch, dieß kündet der große Prophet dir!“</p> - <p class="line">Alsbald stieg, der muthempörenden Worte gedenkend,</p> - <p class="line">Jener die Stufen herab, und eilte hinaus nach dem Walle,</p> - <p class="line">Wo der Wurfschütz saß, und gehäuft die Donnergeschosse</p> - <p class="line">Lagen, unferne dem ehernen Schlund. Mit Zorn in den Blicken</p> - <p class="line">Und in dem Laut, rief er den bombenwerfenden Söldnern:</p> -<a id="page-116" class="pagenum" title="116"></a> - <p class="line">„Memmen ihr! Auf trüglicher Fluth, die Freunden und Feinden</p> - <p class="line">Willig den Rücken beut, erblickt ihr die feindlichen Späher:</p> - <p class="line">Wie sie erkunden die Furt, die Macht und die Schwäche der Mauern,</p> - <p class="line">Euch, ihr Feigen, zur Schmach. Zertrümmert mir eines der Schiffe —</p> - <p class="line">Jenes gleich, das dort vordringt, mit euren Geschossen.“</p> - <p class="line">Alle zugleich, gehorchend dem zürnenden Herrscher, erhoben</p> - <p class="line">Brennende Lunten, und senkten sie schnell an des furchtbaren Mörsers</p> - <p class="line">Zündrohr. Rauch quoll auf, und, durch Rauch und Flammen sich hebend,</p> - <p class="line">Flogen mit Donnergetös’ empor die entsetzlichen Bomben,</p> - <p class="line">Fünfzig Mörsern entsandt, und Geheul des reißenden Luftraums</p> - <p class="line">Scholl weit hin: die sinkenden wühlten vom Grunde das Meer auf,</p> - <p class="line">Das, aufbrausend, schäumt’, und wirbelnde Wogen umherwarf.</p> - <p class="line">Eine gewaltige Todeslast zerschmetterte Benno’s</p> - <p class="line">Fahrzeug. Wie in der Jahr’ umkreisendem Lauf sich ein Felsblock</p> - <p class="line">Still losreißt von dem Gipfel des Berg’s — alsbald in den Abgrund,</p> - <p class="line">Laut, mit Gekrach, herrollt, und unten die dürftige Hütte,</p> - <p class="line">Schmetternd, begräbt, daß weder die Spur der armen Bewohner,</p> -<a id="page-117" class="pagenum" title="117"></a> - <p class="line">Noch der Hütte sich weist’: denn Alles versinkt in dem Steinwust:</p> - <p class="line">Also vernichtete hier die entsetzliche Bombe den Helden</p> - <p class="line">Benno mit allem Volk’. Ach, vier unmündige Kinder</p> - <p class="line">Ließ er in Genua’s Mauern daheim mit der weinenden Mutter!</p> - <p class="line">Dort, in dem Heldenverein die schwankenden Bretter besteigend,</p> - <p class="line">Drückt’ er noch einmal die Hand der zärtlichbekümmerten Gattinn,</p> - <p class="line">Abgewandten Gesichts, daß selbe die Thränen nicht sähe;</p> - <p class="line">Aber den Kindern, die ihm umfaßten die Kniee, verhieß er</p> - <p class="line">Baldiges Wiederseh’n, und köstliche Gaben des Ostlands;</p> - <p class="line">Doch nicht sollt’ er den Tag erblicken der fröhlichen Heimkehr,</p> - <p class="line">Nicht die Kinderchen mehr, nicht die liebenswürdige Gattinn:</p> - <p class="line">Denn ihn deckte die Fluth mit dreißig tapfern Gefährten.</p> - <p class="line">Aber im Nebenschiff’, umhagelt von Todesgeschossen,</p> - <p class="line">Floh Ulloa zurück, der Spanier, ähnlich dem Schwan dort,</p> - <p class="line">Der, als, schmetternd, ein Ball ihm das Weibchen entriß auf dem Schilfteich,</p> - <p class="line">Einsam flieht: sich fern’ im dunkeln Geröhre zu bergen.</p> - <p class="line">Hairaddin jubelte; warf handvoll des schimmernden Goldes</p> - <p class="line">Unter die Schützen, und ging, in der räumigen Halle die Feldherrn</p> - <p class="line">Anzufeuern zum Todeskampf. Sie spornten die Rosse</p> - <p class="line">Blutig im sausenden Ritt: wohl kennend den schrecklichen Herrscher,</p> - <p class="line">Und betraten die Hall’ in drängender Hast und Verwirrung.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-118" class="pagenum" title="118"></a> - <p class="line">Erst kam Sinam, der Jud’. Entschlummert am Strande des Meeres,</p> - <p class="line">Lag er in Smyrna, als Jüngling noch: da raubt’ ihn, gelandet,</p> - <p class="line">Sahir, der wilde Korsar, und zwang ihn, ein Räuber zu werden.</p> - <p class="line">D’rauf vertauscht’ er, als Mann, des Moses für Muhameds Lehren,</p> - <p class="line">Nur für baaren Gewinn. Stets blieb er ein Jud’ in dem Herzen,</p> - <p class="line">Schlauen Verkehrs. Doch füllt’ ein seltener Muth ihm den Busen</p> - <p class="line">So, daß er bald durch Kunde des Kriegs, auf der blutigen Laufbahn</p> - <p class="line">Schätze errang, und ihn Hairaddins Blick erkor zum Gebiether</p> - <p class="line">Seiner erlesensten Schar. In staunenerregender Hoheit</p> - <p class="line">Trat er heran; ihm floß der Bart, gleich silbernen Wellen,</p> - <p class="line">Tief in den Busen herab, und Ernst umhüllt’ ihm die Augen.</p> - <p class="line">Dragut kam, der Kilikier, der, ein Schrecken der Gegner,</p> - <p class="line">Nur der „Satanbändiger“ hieß im Munde des Volkes.</p> - <p class="line">Stets in dem schwarzen Gesicht, dem häßlichen, dreht’ er die Augen,</p> - <p class="line">Spähend, umher, und nagt’ an seinen gedunsenen Lippen,</p> - <p class="line">Heimlichen Grimms, der auch an der zuckenden Wange sich kund that.</p> - <p class="line">Doch nun füllt’ ihm die Brust noch heißere Wuth: für Mathilden</p> - <p class="line">Kam er entbrannt daher, Toledo’s herrlicher Gattinn,</p> -<a id="page-119" class="pagenum" title="119"></a> - <p class="line">Die dem edeln Gemahl, mit der himmlischreinen Gesinnung,</p> - <p class="line">Treu bis zum Tod, des Wüthrichs Gier gewahrte mit Abscheu.</p> - <p class="line">Ihm nachschritt der Bascha von Laodikea, Tobukes,</p> - <p class="line">Der das Fußvolk lenkt’ in dem Heer’. Er haßte den Herrscher,</p> - <p class="line">Hairaddin, da er ihn minder geehrt als Sinam, und er war’s,</p> - <p class="line">Der ihm ersiegte den Thron von Algier in blutiger Feldschlacht.</p> - <p class="line">Rache kochte sein Herz; doch treu dem falschen Propheten,</p> - <p class="line">Nahet’ er jetzt, entschlossen die christlichen Völker zu tilgen.</p> - <p class="line">Salek brauste herein, der Ionier, der in der Heer’smacht</p> - <p class="line">Hairaddins reisigem Volk’ obherrscht’. In Syriens Wüsten</p> - <p class="line">Lenket’ er einst, als Scheik, raubsüchtige Horden, und häufte</p> - <p class="line">Fülle des Golds, Karavanen plündernd unseliger Pilger.</p> - <p class="line">Wohl, in dem heimlichen Ueberfall die Feinde zu morden,</p> - <p class="line">So wie im Grauen der Nacht Verwirrung zu schaffen, und Jammer,</p> - <p class="line">Hatt’ er gelernt, und Hairaddin rief den Kühnen zum Kampf’ auf.</p> - <p class="line">Aber auch Giaffar kam, der Aga der Janitscharen,</p> - <p class="line">Stattlichen Gangs. Die flammenden Augen erhellten sein Antlitz,</p> - <p class="line">Das ihm die Herzen gewann, voll blühender, männlicher Schönheit.</p> - <p class="line">Spielend, ein Ries’ an Kraft, vermocht’ er des brüllenden Stieres</p> - <p class="line">Haupt, mit dem sausenden Stahl’, auf einmal vom Rumpfe zu hauen;</p> - <p class="line">Oder er faßt’ ihn am Horn, erhob ihn, und warf ihn zu Boden:</p> -<a id="page-120" class="pagenum" title="120"></a> - <p class="line">Tobt’ er auch noch so ergrimmt. Er griff in die Speichen des Rades,</p> - <p class="line">Rollte der Wagen dahin, von feurigen Rossen gezogen —</p> - <p class="line">Stand, und hemmte das rollende Rad, und hemmte die Rosse:</p> - <p class="line">Dennoch war er so mild, als tapfer- und edelgesinnet.</p> - <p class="line">Jetzo mit Abu-Sa-id, dem Scheik arabischer Reiter,</p> - <p class="line">Trat in den Saal der landesgebornen Numiden und Mauren</p> - <p class="line">Feldherr, Muhamed Temtes: voll List die freundlichen Mienen</p> - <p class="line">Heuchelnd: denn glühenden Haß, dem Türkenvolke geschworen,</p> - <p class="line">Nährten die beiden mit ihrem Volk’ im verschlossenen Busen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Rechts, in der Ecke des Saals, dem Ehrensitz für die Moslems,</p> - <p class="line">Setzte sich Hairaddin nun, mit untergeschlagenen Beinen,</p> - <p class="line">Auf den schwellenden Pfühl, und um ihn, auf gebreitetem Teppich,</p> - <p class="line">Saßen die Feldherrn all’, ihm dort aufhorchend in Demuth.</p> - <p class="line">Eh’ er begann, durchfuhr sein Flammenauge den Halbkreis,</p> - <p class="line">Forschend in jeglichem Blick’, und der Kühnst’ erbebte dem Furchtbar’n.</p> - <p class="line">Jetzt durchwühlt’ er den röthlichen Bart, tiefsinnend, und jetzo</p> - <p class="line">Faßt’ er des Tulbands Bund, des Kaftans glänzenden Zobel;</p> - <p class="line">Doch nun ruhte die Link’ an des Säbels goldenem Griffblatt —</p> - <p class="line">Ruhte die Recht’, auf den Schenkel gestützt, und also begann er:</p> - <p class="line">„Ehre dem einigen Gott, Ruhm sey dem großen Propheten!</p> - <p class="line">Gott, der Gläubige schirmt, Ungläubige schnell in den Staub wirft,</p> -<a id="page-121" class="pagenum" title="121"></a> - <p class="line">Wie, herbrausend im Donnersturm, der prasselnde Hagel</p> - <p class="line">D’raußen im Saatenfeld die wogenden Halme zerschmettert,</p> - <p class="line">Hat nun eurem entsetzlichen Schwert den mächtigsten Fürsten</p> - <p class="line">Unserer Gegner, am Bord viel hundert gerüsteter Schiffe</p> - <p class="line">Nahe gebracht, und ihn der Rache zum Opfer erlesen:</p> - <p class="line">Denn so will der Prophet sein Volk, nach seiner Verheißung,</p> - <p class="line">Jetzt verherrlichen, so schlug er den Gegner mit Blindheit:</p> - <p class="line">Daß er den Angriff wag’ in diesen gefürchteten Monden,</p> - <p class="line">Wo in des Himmels Gluth auch die Landesgebornen verschmachten?</p> - <p class="line">Und ihm erläge der Fremdling nicht in der lastenden Rüstung?</p> - <p class="line">Sprech’t, wie soll dieß feige Geschlecht, im Sande versinkend,</p> - <p class="line">Halten im blutigen Kampf die hochgepriesenen Reihen?</p> - <p class="line">Wie begegnen zugleich den Säbeln der Janitscharen</p> - <p class="line">Und dem mordenden Stahl der Araber, Mauren, Numiden,</p> - <p class="line">Welch’ im Grauen der Nacht, in der Helle des Tages ihn drängen?</p> - <p class="line">Wir ersiegen uns bald ein unvergängliches Denkmaal</p> - <p class="line">Heldenruhms, wenn Carl, der größte der Christenbeherrscher,</p> - <p class="line">Büßend die Kühnheit, mit seinem Heer’ in Stücke gehau’n wird,</p> - <p class="line">Oder, als ein Gefangener, uns erliegt auf dem Schlachtfeld.</p> - <p class="line">Hebe dich, Abu-Sa-id! Dir folg’ auch Muhamed Temtes:</p> - <p class="line">Eil’t, und verkündet den Euren, ein jeglicher freudigen Aufrufs,</p> - <p class="line">Daß sie, der Beute bedacht, zum entscheidenden Kampfe sich rüsten!“</p> - <p class="line">Aber die beiden erhoben sich schnell, und Muhamed Temtes</p> -<a id="page-122" class="pagenum" title="122"></a> - <p class="line">Sprach, sich beugend zuvor, mit demuthheuchelnden Blicken:</p> - <p class="line">„Er, der Himmel und Erd’ erschuf, verläng’re dein Leben</p> - <p class="line">Fern’ in die kommende Zeit. So wie die Sterne des Himmels,</p> - <p class="line">Wie der Sand an dem Meer, sey deiner Erzeugten Erzeugung,</p> - <p class="line">Und es erfülle dein Ruhm die fernsten Räume des Weltalls!“</p> - <p class="line">Jen’ enteilten, und Hairaddin sprach: „Wohl kenn’ ich die Falschen.</p> - <p class="line">Trugvoll ist ihr Gemüth, und keines ausharrenden Muthes,</p> - <p class="line">Fähig ihr Volk, das unzählige, das, uns feindlich gesinnet,</p> - <p class="line">Nur durch Verheißungen großen Gewinns zum Heere gelockt ward.</p> - <p class="line">Aber uns ziemt: die Krieger Suleymans, des Prächtigen, Großen,</p> - <p class="line">Welchem die Erde sich beugt, uns ziemt die Heldengesinnung,</p> - <p class="line">Kämpfend mit eisernem Muth’, ihm hier zu erhalten die Herrschaft,</p> - <p class="line">Und zu erhöhen den Ruhm der Söhne des großen Propheten.“</p> - <p class="line">All’ aufschrie’n, das Schwert von der Hüfte sich reißend, und riefen:</p> - <p class="line">„Gott ist Gott, und Muhamed sein erhab’ner Gesandter:</p> - <p class="line">Hairaddin sey die Treu’ und dem Feinde die Rache geschworen!“</p> - <p class="line">Froh des dräuenden Schwurs, begann jetzt Hairaddin wieder:</p> - <p class="line">„Sinam, dir werde Goletta vertraut, dieß herrlichste Kleinod</p> - <p class="line">Unseres Reichs, und ruhig schlummr’ ich, weil dir es vertraut ward;</p> - <p class="line">Dragut, Unwiderstehlicher, dir gehorche des Heeres</p> - <p class="line">Vorderzug, und dir, Tobukes, dem Schrecken der Gegner,</p> -<a id="page-123" class="pagenum" title="123"></a> - <p class="line">Freudig, des Fußvolks Macht; doch du, Reih’nbändiger, Salek,</p> - <p class="line">Lenke die Reisigen kühn zum Sieg’! Ich führe den Nachzug.</p> - <p class="line">Sammelt die Scharen, vom Strand zu entfernen des Feindes Geschwader,</p> - <p class="line">Oder sogleich die Gelandeten dort zu erwürgen: denn wißt es:</p> - <p class="line">Wer sich zuerst die Stirn’ umflicht mit dem Lorber des Sieges,</p> - <p class="line">Raubet oft dem Besiegten den Muth in dem Felde für immer!“</p> - <p class="line">Aufsprang Dragut, und rief mit lautumschallender Stimme:</p> - <p class="line">„Ha, nicht wehre dem Feind die kühnbeschlossene Landung:</p> - <p class="line">Leicht entflöh’ er uns heut, geschreckt, auf dem rettenden Schiff noch!“</p> - <p class="line">„Eitele Furcht,“ sprach Hairaddin, „o, dem christlichen Herrscher</p> - <p class="line">Schlägt ein tapferes Herz in dem Busen, und eiserner Starrsinn</p> - <p class="line">Drängt ihn fort auf erkorener Bahn: ihm wird er erliegen!“</p> - <p class="line">Jetzt erhob er sich rasch, und ging, sich in Eile zu rüsten;</p> - <p class="line">Aber die Feldherrn all’, enteilten in’s lärmende Lager.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Regulus schwebte herbei: er sann den Sclaven der Hochburg,</p> - <p class="line">Rettend, zu nah’n, und ließ in der wimmelnden Straße von Tunis</p> - <p class="line">Sich im Fluge herab. Da saß vor Draguts Behausung</p> - <p class="line">Hugo, und weinte vor Schmerz. Ihm war die Kunde gekommen,</p> - <p class="line">Freudig und furchtbar zugleich: daß heute der Kaiser mit Heer’smacht</p> -<a id="page-124" class="pagenum" title="124"></a> - <p class="line">Vor Goletta erschien, und wie nun befreien Mathilden,</p> - <p class="line">Listig umstellt von Draguts stets auflauernden Spähern?</p> - <p class="line">Regulus haucht’ ihm, genaht, alsbald den tröstenden Rath ein:</p> - <p class="line">„Treugesinnter, du weinst, und weißt nicht, die Gattinn zu retten</p> - <p class="line">Ihrem Gemahl? Wohl kam er heran, dem heiligen Aufruf</p> - <p class="line">Folgend des Vaterlands, und folgend dem Rufe des Herzens:</p> - <p class="line">Hier in dem Kampf, voll Muths, zu ersiegen die liebende Gattinn.</p> - <p class="line">Such’ im Olivengehölz den einsamlebenden Fischer,</p> - <p class="line">Der, ein Christ, der Heimath entfloh, wo ihm Jammer zu Theil ward.</p> - <p class="line">Viele der Höhlen sind dort, einst Gräber berühmter Geschlechter,</p> - <p class="line">Als Karthago’s Ruhm noch erfüllte den staunenden Erdkreis.</p> - <p class="line">Dort um die Mitternacht, in eine derselben geborgen,</p> - <p class="line">Möge Toledo sie wiederseh’n in beglückender Freiheit.“</p> - <p class="line">Schnell erhob sich der Greis, und flehte, mit thränenden Augen</p> - <p class="line">Schauend empor, um des Himmels Huld: in der That zu vollbringen,</p> - <p class="line">Was ihm so wunderbar vorschwebte — die Rettung Mathildens:</p> - <p class="line">Denn er kannte schon lang den menschenfeindlichen Fischer,</p> - <p class="line">Der am Strande des See’s, umschattet vom säuselnden Oehlwald,</p> - <p class="line">Wohnt’ in der Grabes-Höhl’, und die Beute der Netz’ und der Angeln</p> -<a id="page-125" class="pagenum" title="125"></a> - <p class="line">Ihm feilboth vor den Thoren der Stadt am dämmernden Abend.</p> - <p class="line">Jetzt gewann er die Höhl’ auf seltenbetretenen Pfaden,</p> - <p class="line">Keuchend vor Hast, und sah in des Eingangs Felsenumwölbung</p> - <p class="line">Liegen auf dürrem Moos’ den unglückseligen Fremdling.</p> - <p class="line">Drüben im Frankenland, von edeln Geschlechtern entsprossen,</p> - <p class="line">Sah in des Lebens aufdämmerndem Strahl der treffliche Jüngling</p> - <p class="line">Blühen holdselig die Braut, die liebende; preßte den Freund auch,</p> - <p class="line">Treu und warm an die Brust, und jauchzte dem zweifachen Segen.</p> - <p class="line">Siehe, da rief ihn das Vaterland in den Kampf, und er folgte</p> - <p class="line">Freudig dem Ruf! Doch, als er nach Jahren, mit ehrenden Narben —</p> - <p class="line">Lohnenden Kränzen geschmückt, heimzog im Kreise der Tapfern,</p> - <p class="line">Trat im festlichen Zug die Braut an der Seite des Freundes</p> - <p class="line">Froh zum Altar’. Er eilt’ aus dem brausenden Jubelgedräng weg,</p> - <p class="line">Fern in der neuern Welt ein Grab und den Frieden zu suchen.</p> - <p class="line">Doch auf Siciliens Meereshöh’n von Korsaren gefangen,</p> - <p class="line">Ward er nach Tunis geschleppt, und ein Räuber schenkt’ ihm die Freiheit,</p> - <p class="line">Ehrend sein Jammergeschick, zum Hohne des schändlichen Undanks.</p> -<a id="page-126" class="pagenum" title="126"></a> - <p class="line">Tief in der Brust den finsteren Menschenhaß und der Heimath</p> - <p class="line">Abscheu nährend, erkor er ein Grab zu seiner Behausung.</p> - <p class="line">Jetzt ihm genaht, sprach Hugo mit herzerschütternder Stimme:</p> - <p class="line">„Kurd dein Nahm’, Unglücklicher? Ha, nicht gabst du des Korans</p> - <p class="line">Täuschung dich hin, ein Christ! D’rum wird, wie schmachtende Fluren,</p> - <p class="line">Säuselnd, der Regen erquickt, Mitleid mit himmlischer Wonne</p> - <p class="line">Laben dein blutendes Herz, und Gott, der über uns waltet,</p> - <p class="line">Allerbarmend, Lohn und Frieden dir geben. Vernimm jetzt</p> - <p class="line">Größeres Wehe denn dein’s. Geraubt dem tapfersten Helden,</p> - <p class="line">Schmachtet sein edles Weib in Draguts grauser Gewahrsam.</p> - <p class="line">Kennst du nur eigenes Leid? Rechtfertige, Mensch, mit Ergebung</p> - <p class="line">Duldend, vor deinem Geschlecht die dunkelen Wege der Vorsicht,</p> - <p class="line">Neig’ auch fremdem Jammer dein Ohr, und den eig’nen versüße</p> - <p class="line">Mitleid dir! Denn, horch, auf dem Meer mit unzähligen Schiffen</p> - <p class="line">Kamen die Christen heran, zu strafen den Räuber, und siegend</p> - <p class="line">Ihm zu entreißen den Herrscherthron, der Hassan geraubt ward.</p> - <p class="line">Bald erschallt Sieg’sruf — erschallt geretteter Menschen</p> - <p class="line">Jubelnder Dank. Zieh’ hin in das Lager der Brüder, zu treffen</p> -<a id="page-127" class="pagenum" title="127"></a> - <p class="line">Dort Toledo, und sprich: „Wenn uns an dem Himmel der Vollmond</p> - <p class="line">Strahlt, da rettet in Grabesnacht ihm Hugo die Gattinn,</p> - <p class="line">Und du lenke den Liebenden her zur Höhle des Waldes.“</p> - <p class="line">Jener regte sich nicht, und starrte hinab in die Fluthen,</p> - <p class="line">Aehnlich dem Felsenriff, das starr aufragt an dem Meerstrand.</p> - <p class="line">„Kurd,“ so sagte der Greis, „entfernt zehn Jahre der Trauer</p> - <p class="line">Bist du vom Vaterland; vergeudet wurde dein Erbtheil:</p> - <p class="line">Dürftig kommst du zurück’, ein Bettelnder unter den Deinen;</p> - <p class="line">Sieh’, er spendet, willfahrest du ihm, dir Goldes die Fülle,</p> - <p class="line">Dankbargesinnt, und freudig erblickst du die heimischen Fluren!“</p> - <p class="line">Aber noch finsterer starrete Kurd: da umschlang ihm der Greis dort,</p> - <p class="line">Weinend, die Knie’, und rief mit leis’erbebender Stimme:</p> - <p class="line">„Hast du geliebt? Wie solltest du nicht, verstummender Dulder!</p> - <p class="line">Jammert die Gattinn nach dir? Welkt’, ach, die Geliebte dir früh hin?“</p> - <p class="line">Jetzt aufriß sich vom Boden der Mann, der schrecklich geschwiegen,</p> - <p class="line">Taumelte wild umher, als sollt’ er den Flehenden morden.</p> - <p class="line">Dennoch konnt’ er nicht, tieferregt, von den Thränen des Greises</p> - <p class="line">Mehr verwenden den Blick, und die ewige Huld, die, erbarmend,</p> - <p class="line">Lenket des Menschen Sinn gleich fluthenden Bächen, zerschmolz ihm</p> -<a id="page-128" class="pagenum" title="128"></a> - <p class="line">Nun durch Thränen das Herz, das, qualenbelastet, erstarrt war,</p> - <p class="line">Und ein glänzender Strom quoll ihm aus den Augen; er faßte</p> - <p class="line">Hugo’s Recht’, und sprach: „Du siegtest; ich stehe bereit dir.“</p> - <p class="line">Aber der Greis entfloh, von der Wonne der Rettung beflügelt.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-7"> -<a id="page-129" class="pagenum" title="129"></a> -Sechster Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">S</span><span class="postfirstchar">iehe,</span> schon war die Stunde der heißersehneten Landung</p> - <p class="line">Jetzt an dem Abend genaht; schon rief, vom Borde Karthago’s,</p> - <p class="line">Schimmernd, die Kaiserflagge zum Kampf! Von dem Zug’ an den Küsten</p> - <p class="line">Kehrte Ulloa zurück’, ein Trauernder, ob des Gefährten,</p> - <p class="line">Der, mit dem Schiff’ in den Grund gebohrt, dem Heere geraubt ward.</p> - <p class="line">Selber bewegt, rief doch den am Bord versammelten Feldherrn,</p> - <p class="line">Wo er des Angriffs Weise berieth, der Kaiser, erheitert:</p> - <p class="line">„Jetzo, das Höchst’ im Blick, laßt uns die Trauer beherrschen,</p> - <p class="line">Die uns die Brust erfüllt — jetzt muthig und rasch an die Landung!</p> - <p class="line">Gegen Zafrano hinaus, an der Meer’sbucht östlichem Saum hin</p> - <p class="line">Schiffen, den Feind zu täuschen, wir erst; dann, kehrend im Eilflug,</p> - <p class="line">Bleib’ uns zur Linken der Wasserthurm, zur Rechten der Salzthurm:</p> -<a id="page-130" class="pagenum" title="130"></a> - <p class="line">Wir erringen das Ziel, wo Ulloa erspähte die Anländ.</p> - <p class="line">Segen mit euch im schrecklichen Sturm und Drang der Entscheidung!“</p> - <p class="line">Jen’ enteilten. Ihm trat, voll demuthheuchelnden Mißtrau’ns,</p> - <p class="line">Muley Hassan entgegen im Raume des Schiffs, und begann so:</p> - <p class="line">„Herr, dich dränget dein Herz in den Kampf! Der Weltenerschaffer</p> - <p class="line">Gebe dir Ruhm; doch soll ich, indeß du im Felde dich abmühst,</p> - <p class="line">Müßig weilen am Bord? Gewähre mir eines der Schiffe,</p> - <p class="line">Das mich schnell nach der Meeresbucht von Kabesch, dem Städtchen</p> - <p class="line">Führe, wo mir, zum Trost, die tapfern Bewohner noch treu sind,</p> - <p class="line">Auch das kühne Gebirgsvolk dort schon harret des Aufrufs:</p> - <p class="line">Abzuschütteln das Joch von Hairaddins grausamer Herrschaft.</p> - <p class="line">Dorther schaff’ ich dir bald Hülfsvölker, und schaffe dir reichlich</p> - <p class="line">Mundvorrath für das Heer, das solchen entbehrt in Karthago’s</p> - <p class="line">Wüstem Gefild, wenn fern des Krieges ersehnetes Ziel winkt.“</p> - <p class="line">Sagt’ es mit scheuverwendetem Blick’. Ihm entgegnete jener:</p> - <p class="line">„Hassan, du bebst, und starr’st umher im zweifelnden Mißtrau’n?</p> - <p class="line">Fasse nur Muth! Gleich soll das schnellhinsegelnde Schiff dich</p> - <p class="line">Führen nach Kabesch hinauf; dann kehr’ im Glücke mir wieder.“</p> - <p class="line">Also der Kaiser, und sah dem raschenteilenden Fürsten,</p> - <p class="line">Sinnend, nach: er hatt’ ihn errathen. Doch jetzt ihn zu rüsten</p> -<a id="page-131" class="pagenum" title="131"></a> - <p class="line">Trug ihm mit heiterer Stirn’ Ernest, der grauende Reiter,</p> - <p class="line">Den der herrliche Max, sein ruhmvollthronender Vorfahr,</p> - <p class="line">Liebte mit Vaterhuld, das treffliche Schwert und die Spornen,</p> - <p class="line">Auch den Harnisch und Helm aus dem hüllenden Schranke herüber.</p> - <p class="line">Silbern strahlte die Wehr’, umrändert mit goldenem Laubwerk,</p> - <p class="line">Ihm von der Brust; hell blitzte der goldene Kamm von dem Helm her,</p> - <p class="line">Deß’ stahlblinkendes Dach kein damaszenischer Säbel</p> - <p class="line">Je durchhieb’, und das Schwert umfaßte des Wehrgehängs Purpur,</p> - <p class="line">Funkelnd von Perlenreih’n, und blitzend in Edelgeschmeides</p> - <p class="line">Wechselndem Farbenglanz. So stieg er, gerüstet, zum Bord’ auf.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Dort entblößt’ er den Stahl: ein Ruf erscholl aus dem Schiffsraum,</p> - <p class="line">Donnernd rings in dem Busen des Meers. Wie am glühenden Mittag</p> - <p class="line">Wetterschweres Gewölk’ auffleugt: da regt sich kein Lüftchen;</p> - <p class="line">Brüllend kehren die Heerden heim; die kreischenden Vögel</p> - <p class="line">Flieh’n zum Gehölz’, und es fährt die häusliche Schwalb’ in dem Hofraum,</p> - <p class="line">Wechselnden Fluges, umher, dem Boden nah’, und die Lachen</p> - <p class="line">Streifend mit fächelndem Fittig — der Mensch, im Busen beklommen,</p> - <p class="line">Stehet verstummt; doch jetzt aufblitzet es, kracht es herunter:</p> -<a id="page-132" class="pagenum" title="132"></a> - <p class="line">Flammen entprasseln dem Dach’, und fernher sauset der Hagel:</p> - <p class="line">Also die Stille zuvor, eh’, landunggebiethend, der Aufruf,</p> - <p class="line">Donnernd, erscholl, und d’rauf, wie ein Strom entstürzet der Schleußen</p> - <p class="line">Weiteröffnetem Thor’, und Wogen auf Wogen sich drängen:</p> - <p class="line">Also strömten vom hohen Verdeck’ in die flachen Galeeren</p> - <p class="line">Drängende Scharen herab, und ordneten schnell sich in Reihen,</p> - <p class="line">Während der Reiter das Roß festhielt an dem Zaum: denn gewahrend</p> - <p class="line">Drüben das Land, umtobt’ es im Raum des engenden Fahrzeugs.</p> - <p class="line">Gegen Zafrano hinaus, dem spähenden Feinde zur Täuschung,</p> - <p class="line">Strebten sie erst, und eilig dahin entsandt’ er die Horden</p> - <p class="line">Seines Volks: da flog an dem fernen Gestade der Staub auf</p> - <p class="line">(Aehnlich dem Nebel, der, nach dauerndem Regen des Herbstes,</p> - <p class="line">Dicht am Gebirg fortwallt) durchblitzt von den Waffen der Krieger,</p> - <p class="line">Und verwirrtes Getös’, und Geschrei, und das Wiehern der Rosse</p> - <p class="line">Brausete laut von der staubverhülleten Küste herüber.</p> - <p class="line">Wieder ertönt’ ein donnernder Ruf vom Borde des Kaisers:</p> - <p class="line">Siehe, und dieser galt, zum Sturm’ aufbiethend die Krieger!</p> - <p class="line">All’ aufschrie’n zugleich vor jubelndem Muth’, und, die Seiten</p> - <p class="line">Wendend, flogen vereint die Galeeren zum herrlichen Ziel hin.</p> - <p class="line">Von den Rudern gepeitscht, aufschäumte das Meer, und der Fahrwind</p> - <p class="line">Saust’ in dem Segelgewölk der dichtnachfolgenden Schiffe.</p> -<a id="page-133" class="pagenum" title="133"></a> - <p class="line">Solches gewahrend, sandte der Feind unzählige Kugeln</p> - <p class="line">Von dem fernen Gestad’ und den Wällen der Veste Goletta.</p> - <p class="line">Schrecklicher Donner erscholl. Doch als die Gegner, dem Salzthurm</p> - <p class="line">Nah’, vorstürmten im eilenden Lauf: da wendete blitzschnell</p> - <p class="line">Wechselnd, der Steuermann die räumigen Seiten des Schiffes</p> - <p class="line">Nach dem bevölkerten Land. Sie spie’n aus flammenden Schlünden,</p> - <p class="line">Wie der Hagel prasselt, und saust, die Saat des Verderbens,</p> - <p class="line">Brüllend, hinaus: von nah’ und fern aufbrannten die Hütten,</p> - <p class="line">Und des Feindes Geschütz lag rings, vernichtet, im Staub dort;</p> - <p class="line">Seine Horden entfloh’n, und Goletta’s Donner verstummte.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Dreimal die Länge des Manns, schied noch ein Raum die Vereinten</p> - <p class="line">Von dem Gestad’, als Deutschlands Volk,<a class="fnote" href="#footnote-41" id="fnote-41">[41]</a> den ragenden Speerschaft</p> - <p class="line">Senkend hinab in den Grund, im sausenden Schwunge der Glieder,</p> - <p class="line">Allen zuvor, den feindlichen Boden errang, und es wähnten</p> - <p class="line">Dort die Krieger noch lang’: es schwanke der Boden, und weiche</p> - <p class="line">Unter den Füßen zurück. Rasch hüpften die muthigen Rosse</p> - <p class="line">Nach dem Strande hinaus; der sandigen Bahn sich erfreuend,</p> - <p class="line">Hüpften, und sprangen, und schlugen sie aus, und wieherten laut auf.</p> - <p class="line">Scharen auf Scharen entstiegen dem Bord’, und bedeckten das Ufer</p> -<a id="page-134" class="pagenum" title="134"></a> - <p class="line">Weitumher, wie im Morgenwind’ aus tieferen Thälern,</p> - <p class="line">Kräuselnd, der Nebel sich hebt, und des Bergs Abhänge verhüllet.</p> - <p class="line">Doch nun trat im schimmernden Waffenschmucke der Kaiser</p> - <p class="line">Freudig an’s Land, und hob sich im kreisenden Schwung’ auf das Streitroß,</p> - <p class="line">Das, von erles’nem Blut und Geschlecht’, und herrlich gestaltet,</p> - <p class="line">Auf Andalusiens blühender Flur, freiweidend, heranwuchs.</p> - <p class="line">Als er, die Reihen entlang, hinflog auf dem schnaubenden Rosse,</p> - <p class="line">Tönte Gejauchz’ ihm nach; er rief den Geordneten also:</p> - <p class="line">„Krieger, wir stehen auf Feindes Land, wo herrlich des Ruhmes</p> - <p class="line">Laufbahn glänzt, und Gott uns ruft zur Christenerrettung!</p> - <p class="line">Schweben die Sieg’ euch vor entschwundener Jahre? Gedenk’t ihr</p> - <p class="line">Eures errungenen Ruhms, nicht harrend entflammenden Aufrufs</p> - <p class="line">Tapfer zu seyn? Ihr denkt’s: denn Muth in den glühenden Augen</p> - <p class="line">Seh’ ich, der nur vorwärts strebt, und voll Todesverachtung</p> - <p class="line">Lächelt im brausenden Sturm der Donnergeschosse. Nur haltet</p> - <p class="line">Eisern auf Mannszucht stets, und auf Ordnung. Wer solche verschmähet,</p> - <p class="line">Schafft Unheil sich selber, und schafft dem Heere Verderben.</p> - <p class="line">Ha, schon nahet der Feind! Jetzt vor: in geschlossenen Reihen</p> - <p class="line">Greift die Unzähligen an, und erringt euch herrlichen Siegsruhm!“</p> -<a id="page-135" class="pagenum" title="135"></a> - <p class="line">Sagt’ es, und hieß nun links und rechts die Flügel des Heeres</p> - <p class="line">Rasch vorgeh’n, und eilen, gesondert, des Vorder- und Nachzugs</p> - <p class="line">Ordnungen, er in der Mitte zugleich mit dem tapferen Guasto,</p> - <p class="line">Ueber Hispania’s Volk, und Oestreichs Scharen gebiethend.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Siehe, den Vorderzug, der tausend tyrolische Schützen</p> - <p class="line">Zählete — sie, vor allen geübt, das Schwarz’ in den Scheiben</p> - <p class="line">Und in dem Busen das Herz aus dem schmetternden Rohre zu treffen,</p> - <p class="line">Führete Lichtstein vor, und es folgten ihm, leuchtenden Blickes,</p> - <p class="line">Tausend Reiter, Bohemia’s Söhn’, in Eisen gehüllet;</p> - <p class="line">Aber das Fußvolk, das in dem Heere das Leichte benennet,</p> - <p class="line">Und aus den Reih’n der allvereinten Völker erwählt war,</p> - <p class="line">Rief Toledo in’s Feld: fünftausend erlesene Krieger.</p> - <p class="line">Links an dem Flügel des Heers, Lusitania’s Krieger und Flanderns,</p> - <p class="line">Einend, schaltete Ludwig, der Held, und zehenmal tausend</p> - <p class="line">Krieger zu Fuß gehorchten ihm. Rechts, an der Zahl und an Kampfmuth</p> - <p class="line">Gleich, gehorchten Alarkons Ruf Italia’s Völker.</p> - <p class="line">Diesem zur Seit’, entboth dreitausend geharnischte Reiter</p> - <p class="line">Alba zum Kampf’, und, jenem gesellt, beherrschte der Sprößling</p> - <p class="line">Hunyadis, gleich an der Zahl, roßtummelnde, kühne Magyaren.</p> - <p class="line">Aber im Nachhalt stand, mit dem tapfern Mendoza, der Ritter</p> -<a id="page-136" class="pagenum" title="136"></a> - <p class="line">Edele Schar, und zugleich den Blick auf den Heldengebiether,</p> - <p class="line">Eberstein, gerichtet, der Hauf’ gewaltiger Deutschen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzo mit Allah-Geschrei und wildauftobender Mordgier</p> - <p class="line">Nahte der Feind, und Staub quoll auf. Wie im Laufe des Lenzes</p> - <p class="line">Hoch im Gebirg’ ein Brand durchwüthet die Waldung: da glimmt nur</p> - <p class="line">Dunkel die Gluth aus dem saftigen Holz, nur qualmender Rauch steigt</p> - <p class="line">Auf in die bläuliche Luft: so umhüllte der Staub die Umgegend.</p> - <p class="line">Dragut jagte die Scharen heran. Voll glühender Mordlust</p> - <p class="line">Sah er nur Feindes Blut, und dachte, die landenden Haufen</p> - <p class="line">Schnell zu erwürgen im Kampf; doch jetzt, die Geordneten schauend,</p> - <p class="line">Saß er erstarrt, und stumm in dem Sattel: ihm stockte der Odem.</p> - <p class="line">Dann aufstöhnet’ er laut, und rief zu den folgenden Scharen:</p> - <p class="line">„Mußte sie heute so bald entflieh’n die neidische Sonne,</p> - <p class="line">Uns nicht gönnend den Ruhm, des Feindes verächtliche Haufen</p> - <p class="line">Schnell mit würgender Hand vom Antlitz der Erde zu tilgen?</p> - <p class="line">Aber sie schaue noch hier mit den letzten, verlöschenden Blicken</p> - <p class="line">Unseren Sieg, und die Erde, von feindlichem Blute geröthet.“</p> - <p class="line">Und er entriß alsbald dem Numidier, fluchend, den Bogen,</p> - <p class="line">Zielte, und schoß: da schwirrte der Pfeil in der sausenden Luft hin,</p> -<a id="page-137" class="pagenum" title="137"></a> - <p class="line">Und durchbohrte die Brust Waldsteins, des tapferen Feldherrn,</p> - <p class="line">Der aus den Mauern Prags, Bohemia’s glänzender Hauptstadt,</p> - <p class="line">Kühn in den Kampf auszog, und daheim die Mutter und Gattinn,</p> - <p class="line">Jammernd, verließ. Sie harren, und schau’n durch quellende Zähren</p> - <p class="line">Oft nach der Straße hinaus, die er ging, und harren vergeblich</p> - <p class="line">Freudigen Wiederseh’ns: ihn decket die Erde von Tunis.</p> - <p class="line">Seitwärts sprang sein Roß, und er sank, festhaltend den Zaum noch,</p> - <p class="line">Häuptlings hinab, und färbte mit glühendem Blute den Boden.</p> - <p class="line">Draguts Hohngelächter erscholl; zu den Seinen sich wendend,</p> - <p class="line">Rief er grimmig: „Seht, der Himmel verkündigt den Sieg uns,</p> - <p class="line">Der die mordende Spitze gelenkt! Ein feindlicher Führer</p> - <p class="line">Schläft dort, blutend, im Staub’, und wird wohl nimmer erwachen.</p> - <p class="line">Ha, nichts sehnlicher wünschte mein Herz, als alle mit einmal</p> - <p class="line">Also vernichtet zu schau’n, daß keiner entrönne dem Tod hier!“</p> - <p class="line">All’ aufbrüllten zugleich: Numidier, Mauren, und Türken;</p> - <p class="line">Schwangen den ragenden Speer, und tummelten feurige Ross’ um.</p> -<a id="page-138" class="pagenum" title="138"></a> - <p class="line">Dicht, wie Flocken des Schnees herstürmt der heulende Nordwind,</p> - <p class="line">Flog ihr Geschoß: hellschwirrende Pfeil’ und schmetternde Kugeln,</p> - <p class="line">Sausenden Lanzen vermengt. Da fiel in den Reihen des Vortrabs</p> - <p class="line">Mancher der Männer — es wälzten sich blutende Ross’ in dem Staub dort.</p> - <p class="line">Doch schon brauste mit reisigem Volk’ und verhängetem Zügel</p> - <p class="line">Lichtstein hin, um mächtiger, vorgebeugt aus dem Sattel,</p> - <p class="line">Einzuhau’n, links, rechts, in die wimmelnden Haufen, und Haufen</p> - <p class="line">Sanken in Ströme von Blut. Tyrols kampfrüstige Schützen,</p> - <p class="line">Mit Toledo’s erlesener Schar den Reisigen folgend,</p> - <p class="line">Eilten im Sturmschritt vor, und feuerten rasch in die Reihen</p> - <p class="line">Tödliches Blei: nun einzeln, dann vereint, im Gekrach, hin.</p> - <p class="line">Hunderte stürzten, und jetzt, ergriffen von Angst und Entsetzen,</p> - <p class="line">Wandte den Rücken der Feind: er floh in dem stäubenden Feld fort.</p> - <p class="line">Bald schied unabsehlicher Raum die Streitenden. Guasto,</p> - <p class="line">Nahend dem Herrscher voll Hast, erhob die warnende Stimme:</p> - <p class="line">„Schnell entfloh der Feind; doch wie, so er, sinnend auf Unheil,</p> - <p class="line">Uns zu erlauern im Hinterhalt, den Rücken uns wendet?</p> - <p class="line">Hemme des Vortrabs Lauf, und gebiethe des Lagers Umwallung,</p> - <p class="line">Da noch Rogendorf an dem Strand des Meeres sich abmüht,</p> -<a id="page-139" class="pagenum" title="139"></a> - <p class="line">Auszuschiffen die Wucht des ehernen Donnergeschützes,</p> - <p class="line">Auch die dunkele Nacht, gefahrendräuend, herabsinkt.“</p> - <p class="line">Also der Greis, und Gewährung ersah er im Auge des Kaisers.</p> - <p class="line">Einer der Herolde, die, rittfertig, und stets an der Seit’ ihm</p> - <p class="line">Harrten des Winks, hinüber, herüber zu jagen im Schlachtfeld,</p> - <p class="line">Eilt’ im Fluge hinaus, und rief sein „Halt!“ an die Scharen,</p> - <p class="line">Die, an die Stelle gebannt, zugleich dem Worte gehorchten.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Drüben auf schmählicher Flucht riß Dragut den schnaubenden Läufer</p> - <p class="line">Plötzlich am Zaum, daß er, lautaufstöhnend, sich bäumt’, und zurück sank.</p> - <p class="line">Attila war ihm genaht: es reizte der schreckliche Krieger</p> - <p class="line">Ihn, den Schrecklichen einst, und noch erbebt’ er vor Ingrimm,</p> - <p class="line">Daß er, des sterblichen Leibes beraubt, nicht lenkte die Feldschlacht</p> - <p class="line">Mehr, nicht Gemetzel geboth, und gräßliche Länderverheerung.</p> - <p class="line">Leise haucht’ er ihm jetzt an die Seele den schmähenden Vorwurf:</p> - <p class="line">„Dragut, du fliehst, nicht erwägend den Ruhm des entschwundenen Lebens,</p> - <p class="line">Nicht die Worte voll Muths und glänzender Siegesverheißung?</p> - <p class="line">Kehr’ in Eile zurück: so folgen die fliehenden Scharen</p> - <p class="line">Schamerfüllt, dir alle; wo nicht, so suche dir selber</p> -<a id="page-140" class="pagenum" title="140"></a> - <p class="line">Ruhm in dem einzelnen Kampf. Vielleicht gelingt es dir heut noch,</p> - <p class="line">Glücklich bewahrt, hier deinen ergrimmtesten Gegner zu tödten.“</p> - <p class="line">Als er des Geisterruf’s erregende Laute vernommen,</p> - <p class="line">Wüthete Dragut noch mehr: er spornte den fliehenden Haufen</p> - <p class="line">Oft sein Streitroß vor, und trieb noch diesen und jenen,</p> - <p class="line">Scheltend, zurück’. Ihm horchte der Maur’ und muthige Türk nur:</p> - <p class="line">Denn der Numidier floh g’en Tunis in Eile hinüber.</p> - <p class="line">Sieh’, oft naht in dem Feld der Furcht erstarrendes Schreckbild</p> - <p class="line">Nur dem Feigen: er wankt; dann fleugt es vom Gliede zum Glied hin,</p> - <p class="line">Und der Tapfere wankt mit dem Feigen: sie wenden den Rücken</p> - <p class="line">All’, und entfliehn. Wie fern auf dem Meere der brausende Sturmwind</p> - <p class="line">Wogen auf Wogen wirft, und Schiff’ an Schiffen zerschmettert:</p> - <p class="line">Also stürzen sie fort, verderbend, und weder des Führers</p> - <p class="line">Scheltender Ruf, noch Strafe dereinst hemmt jetzo die Flucht mehr:</p> - <p class="line">Denn unbändige Furcht ergriff die ausreißenden Scharen.</p> - <p class="line">Aber so weit wie ein Ball, vom schmetternden Rohre geschleudert,</p> - <p class="line">Fleugt, schied drüben ein Raum nur mehr Toledo’s und Lichtsteins</p> - <p class="line">Krieger vom Feind’, als Dragut, von starrendem Staunen gefesselt,</p> - <p class="line">Hemmte das feurige Roß. In fest geschlossenen Reihen</p> -<a id="page-141" class="pagenum" title="141"></a> - <p class="line">Harrten die Christen sein, und der zahllosen Scharen, und standen</p> - <p class="line">Ruhigen Blicks. Da rief er die schmähenden Worte herüber:</p> - <p class="line">„Seh’ ich vor Todesfurcht in Stein verwandelt die Helden?</p> - <p class="line">Kommt, wenn Einer es wagt, ja zehen, und dreißig, und fünfzig,</p> - <p class="line">Gegen mich anzukämpfen im Feld, wie dort auf Granada’s</p> - <p class="line">Flur mein Volk, der Rittersitte wohl kundig, mit euch focht,</p> - <p class="line">Eh’ uns Verrath und Uebermacht Hispania’s Herrschaft —</p> - <p class="line">Fluch dem Frevel, entriß! Nun kommt, mir werde der Ruhm dann:</p> - <p class="line">Keiner obsiegte der Macht des Satanbändigers Dragut!“</p> - <p class="line">Schon aufbrauste zuvor des Prahlers Worten Toledo’s</p> - <p class="line">Heldenbrust; doch, als ein Nahme von drüben heran scholl,</p> - <p class="line">Welcher der schrecklichst’ ihm war, und verhaßteste aller auf Erden,</p> - <p class="line">Da hielt er sich nicht mehr; er spornte sein schnaubendes Reitroß</p> - <p class="line">Auf die Fläche hinaus, und schrie dem Wüthrich entgegen:</p> - <p class="line">„Ha, nur dich, den Räuber des edelsten Weibes, des meinen,</p> - <p class="line">Suchte mein glühendes Aug’: nicht wirst du künftig mehr prahlen!“</p> - <p class="line">Also mit lautem Gejauchz’ aufschwang er den blitzenden Degen</p> - <p class="line">Ueber des Gegners Haupt, und es wäre, zerschmettert, gesunken,</p> - <p class="line">Wenn nicht Attila schnell, wie ein Blitz, der oben im Nachtgrau’n,</p> - <p class="line">Leuchtend die Wolken durchzischt, heruntergeflogen, sein Streitroß</p> -<a id="page-142" class="pagenum" title="142"></a> - <p class="line">Drängte zum Seitensprung: denn fühlbarer nahen dem Thier noch,</p> - <p class="line">Und in den Nächten zumal, des Geisterreiches Bewohner,</p> - <p class="line">Bald vom Zorn gereitzt, und bald nur neckenden Launen</p> - <p class="line">Folgend: da schmiegt sich die winselnde Dogg’ an die Füße des Menschen,</p> - <p class="line">Der mit Verwunderung horcht, und hinaus in das schweigende Nachtgrau’n,</p> - <p class="line">Schaudernd, starrt; im Gehöft’ aufflattern die kreischenden Hühner;</p> - <p class="line">Laut mit Geschrei entstürzen die Vögel dem Wald’, und die Hirschkuh</p> - <p class="line">Fährt aus dem rauschenden Laub’ in die Höh’, und horchet mit Beben:</p> - <p class="line">Denn hell blitzte der Geist an dem Auge des schlummernden Thier’s hin:</p> - <p class="line">So, von dem Geiste geschreckt, aufsprang der schnaubende Rappe</p> - <p class="line">Draguts. Ihm zerhieb Toledo’s sausender Mordstahl</p> - <p class="line">Nur die bärtige Wang’, und sie blutete. Siehe, nicht säumte</p> - <p class="line">Dragut, und vorgebeugt, durchrannt’ er die Linke Toledo’s</p> - <p class="line">Jetzt mit dem mächtigen Speer, daß schnell der leitende Zügel</p> - <p class="line">Ihr entsank! Ein schrecklicher Kampf, und im Kampfe der Tod nur,</p> - <p class="line">Hätte die beiden getrennt: da flog, gesendet von Lichtstein,</p> - <p class="line">Hanno, der Stabs-Herold, an die Seite Toledo’s; er faßte</p> - <p class="line">Dort sein Roß an dem Zaum’, und führt’ es zurück’ in die Reihen.</p> -<a id="page-143" class="pagenum" title="143"></a> - <p class="line">Jammernd folgt’ ihm der Held: er dachte den Gegner zu tödten.</p> - <p class="line">Dragut knirschte vor Wuth, und entwich: das Strömen des Blutes</p> - <p class="line">Raubt’ ihm die Kraft. Nun rief er dem maurischen Scharengebiether:</p> - <p class="line">„Muhamed Temtes, ein Hort sey du des tapfersten Volkes,</p> - <p class="line">Und ein Zeuge vor Hairaddin mir: nicht erbebend in Feigheit</p> - <p class="line">Wär’ ich gewichen dem Feind. Die blutende Wunde zu stillen,</p> - <p class="line">Eil’ ich zur Stadt, wo mir der kräuterkundige Diener,</p> - <p class="line">Hugo, umhüllen sie soll mit dem weheinschläfernden Balsam,</p> - <p class="line">Und bald kehr’ ich zurück’, allwärts ein Schrecken der Gegner.“</p> - <p class="line">Also jagt’ er davon: doch jener den kommenden Scharen</p> - <p class="line">Kühn entgegen zu kämpfen, bereit, sah forschend zum Rückhalt:</p> - <p class="line">Denn er hörete dort unfreundlichen Donner; vernahm auch</p> - <p class="line">Würgender Feinde Geschrei, und ihm pochte das Herz in dem Busen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Doch, wer ordnete dort die entscheidende Rückenbestürmung?</p> - <p class="line">Traun, ein Held, Aurel, der erst mit den herrlichen Schiffen</p> - <p class="line">Malta’s nahend dem Strand, die feinddurchwimmelte Gegend</p> - <p class="line">Mächtig bestreichen ließ aus ehernen Schlünden und Mörsern!</p> - <p class="line">Donnergebrüll’ erscholl ringsum; aufwirbelte Sandstaub</p> - <p class="line">Nah’ und fern’, und die Feind’ entstürzten vor Schrecken den Reihen.</p> - <p class="line">D’rauf verließ er den Bord mit fünfzig der tapfersten Ritter,</p> -<a id="page-144" class="pagenum" title="144"></a> - <p class="line">Tausend Kriegern gesellt, drang vor, und wüthete, mordend,</p> - <p class="line">Jetzt in dem Rücken des Heer’s. So wüthet die nächtliche Windsbraut</p> - <p class="line">Durch das Föhrengehölz: der Eigner jammert am Morgen,</p> - <p class="line">Schauend die Stämm’ auf Stämme gehäuft, in grauser Verwüstung.</p> - <p class="line">So im Gesicht von Lichtstein, so in dem Rücken von Malta’s</p> - <p class="line">Kühnem Helden bekämpft, ausriß in wilder Verwirrung</p> - <p class="line">All’ das unzählige Volk, und wandte nach Tunis den Lauf hin.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hairaddin trabte den stäubenden Weg mit den <em>Schrecklichen</em> näher:</p> - <p class="line">Also hieß er die Schar viertausend erlesener Türken,</p> - <p class="line">Die er sich selber erlas aus den kühnsten und tapfersten Kriegern.</p> - <p class="line">Wohl erwies sich ihr Muth; wohl waren die Muthigen furchtbar:</p> - <p class="line">Denn wo es galt, und, gehemmt, die Wage des Schlachtengeschickes</p> - <p class="line">Schwankte, da mußten sie vor, zu erringen des eisernen Feldes</p> - <p class="line">Herrlichen Preis, und zu steh’n, muthfest, im Kampf der Entscheidung.</p> - <p class="line">Als er den wirbelnden Staub, und im Staube die fliehenden Haufen</p> - <p class="line">Gegen sich kommen sah: da erwog er im Herzen, noch zweifelnd:</p> - <p class="line">Ob er den Schrecklichen erst die Losung gebe zum Morden,</p> - <p class="line">Um in dem Blute der Feigen den Grimm zu sänftigen; oder,</p> -<a id="page-145" class="pagenum" title="145"></a> - <p class="line">Scheuend den Wankelmuth der Tunisier, heute noch schone?</p> - <p class="line">Gleichwie im Aethergefild der schiffaufstürmende Luftball,</p> - <p class="line">Jählings vom Flammenhauche gerafft, des mächtigen Windes</p> - <p class="line">Wechselndem Strom’ zu Beut’ umfleugt, und nimmer des Schiffers</p> - <p class="line">Leitung gehorcht, nun hier- nun dorthin schwebend im Luftraum</p> - <p class="line">So, daß Grauen ihn faßt, und sinnverwirrender Schwindel:</p> - <p class="line">Also wankt’ er umher. Ihm nahete Muhamed Temtes</p> - <p class="line">Jetzt mit dem flüchtenden Volk’. Er riß sich, ergrimmter, den Säbel</p> - <p class="line">Von der Hüft’, und schlug mit der Breite der Klinge den Feldherrn</p> - <p class="line">Ueber die Stirne, daß ihm aus den Augen sprühten die Funken.</p> - <p class="line">Aber der Sclave lächelte nur, und folgte von weitem:</p> - <p class="line">Denn auch Hairaddin floh, und das Volk nachbrausete zahllos.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Schon sank tiefer die Nacht; schon gaukelten kühlere Lüftchen</p> - <p class="line">Ueber die See, und ringsumher aus unzähligen Augen</p> - <p class="line">Sah der funkelnde Himmel, als die Reisigen Lichtsteins,</p> - <p class="line">Kehrend, mit Staunen ersah’n, wie sie, nur im Blute zu ernten,</p> - <p class="line">Hier die Garben gehäuft in des Todes entsetzlichem Saatfeld.</p> - <p class="line">Auch die Helden des Felseilands mit dem kühnen Gebiether,</p> - <p class="line">Kehreten heim in die meerumwogte Behausung (am Bord nur</p> - <p class="line">Schlummert der Seemann süß) und dort aufzählend die Scharen,</p> -<a id="page-146" class="pagenum" title="146"></a> - <p class="line">Mißten sie dreißig, im Streit gefallene Krieger mit Wehmuth.</p> - <p class="line">Also rang in dem Vorkampf jetzt der erhabene Kaiser</p> - <p class="line">Gegen Hairaddins Macht, und der treffliche Lagergebiether,</p> - <p class="line">Guasto, begann, im vereinten Müh’n unzähliger Krieger,</p> - <p class="line">Dort die schirmenden Wälle zu bau’n, wo er forschenden Blickes,</p> - <p class="line">Erst die Stell’ erkor, auf welcher Karthago gestanden:</p> - <p class="line">Auf daß ihr herrliches Bild, aus Schutt und Trümmern sich hebend,</p> - <p class="line">Waffne des Kriegers Herz mit eisernem Muth’ in der Feldschlacht.</p> - <p class="line">Gegen den Salzthurm hin, im sternnachbildenden Vorsprung</p> - <p class="line">Hob erlesenes Volk mit schimmernder Haue das Erdreich,</p> - <p class="line">Dämmend, zum Wall. Vor ihm aufgähnte der dunkele Graben,</p> - <p class="line">Und das ehrne Geschütz, von schnaubenden Rossen gezogen,</p> - <p class="line">Rasselte näher, und stand alsbald, in gemessenen Fernen,</p> - <p class="line">Aufgefahren umher, zu wehren dem feindlichen Andrang.</p> - <p class="line">Schnell erfüllten des Lagers Raum die jauchzenden Krieger,</p> - <p class="line">Dort zu erhöh’n in Hast die luftigen Zelte. Sie bohrten</p> - <p class="line">Pfähl’ in den Grund; dann spanneten sie die schimmernde Leinwand</p> - <p class="line">Vom Querbalken des Daches hinab, an haftenden Pflöcken,</p> - <p class="line">Gegen der Stürme Gewalt sie festigend, dieß- und auch jenseits.</p> - <p class="line">Tausende standen erhöht, und flatterten, tönend, im Nachtwind.</p> - <p class="line">Aber vor allen ragte das Zelt des edelen Kaisers,</p> -<a id="page-147" class="pagenum" title="147"></a> - <p class="line">Hochgewölbet, empor. Des höckergestalteten Lastthiers</p> - <p class="line">Wolle schirmte von außen das Zelt g’en Wetter und Regen;</p> - <p class="line">Innen deckte die Wände Damast, und ein eisernes Feldbett</p> - <p class="line">Stand in dem Hintergrund’, umhüllt vom seidenen Vorhang.</p> - <p class="line">Aber mit Lächeln im Blick, der, rühmend, des Werkes Vollendung</p> - <p class="line">Würdigte, sprach der Kaiser, erfreut, zu Guasto, dem Feldherrn:</p> - <p class="line">„Herrlicher, so geling’ es dir auch am kommenden Morgen,</p> - <p class="line">Schnell die Schanzen umher an Goletta zu bauen! Für jetzo</p> - <p class="line">Heiß’ das Volk ausruh’n in des schirmenden Lagers Umwallung;</p> - <p class="line">Nach gehaltener Rast empöre der fröhliche Krieger</p> - <p class="line">Zahllos Flammen im Feld, bereite sein Mahl, und gedenke</p> - <p class="line">Heiterer Lust: nur möge der Wall nicht ermangeln der Wachen;</p> - <p class="line">Auch den Graben entlang mit hellumschauenden Blicken</p> - <p class="line">Forschend, die Vorhuth steh’n. Ermüdet will ich hier schlummern,</p> - <p class="line">Wenn nicht feindlich Geschrei mich weckt im nächtlichen Anfall.“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und ließ sich, gehüllt in den wolligen Mantel, im Sandstaub</p> - <p class="line">Nieder. Weder den schwellenden Pfühl, noch köstliche Speisen</p> - <p class="line">Kannt’ er im Feld’: erduldend jegliche Noth und Entbehrung</p> - <p class="line">Froh mit den Kriegern. Er lag in dem Kreis’ umlärmenden Volkes</p> - <p class="line">Dort auf dem Sand’, und bald umfing ihn der liebliche Schlummer.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-148" class="pagenum" title="148"></a> - <p class="line">Gleich dem brausenden Sturm flog jetzt der Römerbesieger,</p> - <p class="line">Hermann, mit seinem Gefolg’, aus Amerika’s Fluren herüber:</p> - <p class="line">Denn ihn lockte des Kampfes Getös’ mit freundlichem Wohllaut.</p> - <p class="line">Wie der muthige Falk’, auf Beut’ erpicht, in des Himmels</p> - <p class="line">Blauem Gezelt nun auf sich schwingt, nun eilender abwärts</p> - <p class="line">Fleugt, im wogenden Gras’ und im schaurigen Dunkel des Fruchthains</p> - <p class="line">Sie zu erspäh’n: so erforscht’ auch Hermann das Lager. Sein Haupthaar</p> - <p class="line">Quoll aus dem duftigen Helm ihm golden herab auf den Nacken,</p> - <p class="line">Und des Ur’s aufstarrende Mähn’ umfing ihm die Schultern.</p> - <p class="line">Muthig schwang er die Keul’, und aus trotzigbläulichen Augen</p> - <p class="line">Sah er herab, die jetzt, gleich flammenden Sternen, erglänzten:</p> - <p class="line">Schauend Germania’s Volk und den schlummernden Kaiser, des Volkes</p> - <p class="line">Edelsten Hort. Er haucht’ ihm, genaht, die erregenden Wort’ ein:</p> - <p class="line">„Ruhig schlummerst du hier im Kreise der Helden, Erzeugter</p> - <p class="line">Meines gewaltigen Stamms! Von den fernen Meeren herüber</p> - <p class="line">Kommen die Bothen des Siegs dir spät. Ich künde den Sieg dir</p> - <p class="line">Nun zur Freud’, und zugleich den Jammer der Wilden, zur Trauer.</p> -<a id="page-149" class="pagenum" title="149"></a> - <p class="line">Dein ist die Herrschaft der Welt: nie wendet die leuchtende Sonne</p> - <p class="line">Mehr die Blicke von deines Reichs endlosen Gefilden.</p> - <p class="line">Schon dient Mexiko dir; nun bändigt Peru, das Goldland,</p> - <p class="line">Deß’ unschuldiges Volk der Sonne Kinder sich dünket,</p> - <p class="line">Dein Pizarro.<a class="fnote" href="#footnote-42" id="fnote-42">[42]</a> Er nahm Atahualba gefangen, den Inca,</p> - <p class="line">Und erwürgt ihn vielleicht: nicht hunderttausende scheuend,</p> - <p class="line">Nicht Millionen Volk’s, von wenigen Tapfer’n umgeben,</p> - <p class="line">Wild, und grausamgesinnt. O, hemme die wüthende Blutgier</p> - <p class="line">Jener Verblendeten, die in dem Wahn, Halbmenschen zu würgen,</p> - <p class="line">Also freveln! Ich sehe dein Herz erbeben dem Jammer,</p> - <p class="line">Den die Ferne dir birgt. Ein gottbegeisterter Priester</p> - <p class="line">Deines Volks,<a class="fnote" href="#footnote-43" id="fnote-43">[43]</a> der Kränz’ erlesensten würdig, bewaffnet</p> - <p class="line">Sich mit erhabenem Muth, die armen, ein rettender Anwald,</p> - <p class="line">Kühn zu beschirmen: ihn höre: so wird unsterblicher Ruhm dir.</p> - <p class="line">Schlummere ruhig und süß, in dem Kampf dir nah’ ich ein Helfer!“</p> - <p class="line">Dann aufschwang er sich rasch in die Lüfte: das tosende Lager</p> - <p class="line">Hier zu erforschen, und dort des Feindes gewaltige Heersmacht.</p> - <p class="line">Aber der Kaiser stöhnt’ in dem Schlaf’; erhob von dem Boden,</p> - <p class="line">Staunend, das Haupt, und sprach halbleise die Worte des Kummers:</p> - <p class="line">„Künden, düsterer Ahnung vereint, auch Träume so schrecklich,</p> -<a id="page-150" class="pagenum" title="150"></a> - <p class="line">Meiner Krieger unmenschliche Wuth? Führ’t, günstige Wind’, ach,</p> - <p class="line">Schnell das ernste Geboth der Schonung und christlichen Sanftmuth,</p> - <p class="line">Das ich gesandt in dem eilenden Schiff, zu dem fernen Gestad hin!“</p> - <p class="line">Lispelte so, und versank von neuem in lieblichen Schlummer.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt nach gehaltener Rast erhoben sich wieder die Krieger:</p> - <p class="line">Dürres Reis, und die Trümmer längstgestrandeter Schiffe,</p> - <p class="line">Tragend herbei, unzählige Flammen im Feld zu empören.</p> - <p class="line">Wie die Sternenheer’ erglüh’n am nächtlichen Himmel,</p> - <p class="line">Glänzten die Lagerfeuer umher. Da knüpfte der Reiter</p> - <p class="line">Sorglich das Pferd an den Pflock, und both ihm den Hafer im Vollmaß;</p> - <p class="line">Oder er brachte vom rieselnden Born, in räumigen Kübeln,</p> - <p class="line">Ihm die erfrischende Fluth. Nicht enthob er ihm jetzo den Sattel,</p> - <p class="line">Wie daheim, als ihm versiegte der Schweiß nach dem Ritte:</p> - <p class="line">Denn in dem Felde gebeut des Augenblickes Entscheidung,</p> - <p class="line">Fertig zu stehen zur Wehr’ und zum raschvorstürmenden Angriff.</p> - <p class="line">Andre besorgten den Brüdern das Mahl. Des eisernen Kessels</p> - <p class="line">Rußigen Bauch umschlang die Loh’, und die emsigen Krieger</p> - <p class="line">Hatten das Reismus gar gekocht, die Hämmel gebraten,</p> - <p class="line">Und vertheilet den Wein mit dem wohlernährenden Kornbrot</p> -<a id="page-151" class="pagenum" title="151"></a> - <p class="line">Jeglichem treu und gerecht. Bestrahlt von der freundlichen Flamme,</p> - <p class="line">Schmaus’ten sie dort, und wechselten stichelnden Scherz und auch Possen,</p> - <p class="line">Lautem Gelächter vermengt, und kriegerischtönenden Liedern.</p> - <p class="line">Also war auftobender Lärm und Getös’ in dem Lager.</p> - <p class="line">Aber, gesondert im Kreis’, kaum achtend des Mahles und Trunkes,</p> - <p class="line">Oder des herzerfreuenden Worts, ergaben die Einen,</p> - <p class="line">Heißerpicht auf Gewinn, sich dem trüglichen Locken der Würfel:</p> - <p class="line">Schüttelten erst in der hohlen Hand die klingenden lang’ fort,</p> - <p class="line">Warfen sie dann querhin auf den weitgebreiteten Mantel,</p> - <p class="line">Sah’n, und zähleten laut die gewinnaufweisenden Augen.</p> - <p class="line">Andre langten die Karten hervor, vieljährigen Ansehns</p> - <p class="line">(Hätt’ ein Fremder doch kaum den Buben vom König, die Grünen</p> - <p class="line">Kaum von den Rothen erkannt) vertheilten die klebenden Blätter,</p> - <p class="line">Netzend oft mit der Zunge den Daum, von der Linken zur Rechten,</p> - <p class="line">Allen umher, und spieleten Brand, und Bettel, und Mordbrand,</p> - <p class="line">Mit aufschlagender Faust und fröhlichem, lautem Gelächter.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sieh’, in dem einsamen Zelt, entfernt von fröhlichen Menschen,</p> - <p class="line">Lag Toledo, verwundet am Arm; doch blutet’ ihm heißer</p> - <p class="line">Noch die Wund’ in der Brust, versetzt vom grausamen Schicksal,</p> -<a id="page-152" class="pagenum" title="152"></a> - <p class="line">Das ihn so furchtbar jüngst der edelsten Gattinn beraubte.</p> - <p class="line">Jen’ empört’ um ihn her die schwarzen Gebilde des Unmuths.</p> - <p class="line">Grimmig umdrängten sie ihn, und weckten in seinem Gemüth nur</p> - <p class="line">Angst und Verzweiflung: er lag, erblindet bei offenen Augen,</p> - <p class="line">Dort auf dem Lager, und starrt’ in die Nacht, und stöhnte vor Jammer.</p> - <p class="line">Jetzt anlandete Kurd mit dem Kahn, und flog nach dem Lager,</p> - <p class="line">Eilenden Laufes, herab. Ein „Wer da?“ scholl ihm entgegen:</p> - <p class="line">„Gut Freund“ gab er zurück, und frug nach Toledo, dem Feldherrn.</p> - <p class="line">Aber gewahrend des Mauren Tracht, und feindlicher Arglist</p> - <p class="line">Denkend, führeten ihn zwei tapfere Krieger mit Vorsicht</p> - <p class="line">Nach Toledo’s Gezelt. Nun, dort den Leidenden schauend,</p> - <p class="line">Wollten von seiner beklommenen Brust sich die Worte des Trostes</p> - <p class="line">Lange nicht lösen. Er stand, erschüttert, und leise begann er:</p> - <p class="line">„Hugo’s Worte vernimm: „„Wenn hoch an dem Himmel der Vollmond</p> - <p class="line">Strahlt, da berg’ ich in Grabesnacht, errettet, Mathilden!““</p> - <p class="line">Und ich lenke dich dann zur Felsenhöhle des Oehlwalds.“</p> - <p class="line">Forschend irrte Toledo’s Aug’ an dem seltsamen Fremdling</p> - <p class="line">Auf und nieder: er sann, in düstere Träume verloren;</p> - <p class="line">Aber ein leuchtender Blitz auf des Jammers nächtlichem Irrpfad</p> - <p class="line">War ihm die Vollmondsnacht, der Fels, und die Höhle des Waldes.</p> -<a id="page-153" class="pagenum" title="153"></a> - <p class="line">Stöhnend hob er sich auf, und hing am Halse des Fremdlings,</p> - <p class="line">Lautaufweinend. Ein Strom von glühenden Thränen benetzte</p> - <p class="line">Diesem die Brust; er floh zum Strand’, im gleitenden Fahrzeug</p> - <p class="line">Heimzuschiffen, und dort der rettenden Stunde zu harren.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sinam sah schon lang vom ragenden Thurme Goletta’s</p> - <p class="line">Nach dem feindlichen Lager hinaus, und erbebte den Feuern,</p> - <p class="line">Welch’ unzählig umher aufloderten. Wie auf des Meeres</p> - <p class="line">Sturmempöreter Fluth die, aus Wolken brechende Sonne,</p> - <p class="line">Plötzlich die Wogen entflammt, daß sie endlos, hüpfend, erblitzen:</p> - <p class="line">Also erschienen ihm dort die Lagerfeuer, unzählbar,</p> - <p class="line">Und er dachte für heut’ auf keine entscheidende That mehr.</p> - <p class="line">Unmuthsvoll erforschte sein Herz der Hunnen Beherrscher</p> - <p class="line">Attila; flog um ihn her, und reitzt’ ihn mit stachelnden Worten:</p> - <p class="line">„Sinam, unkriegerisch, träg, und feig’, erbebst du den Feinden?</p> - <p class="line">Wie, ist dem furchtbar’n Ueberfall nicht günstig die Nachtzeit,</p> - <p class="line">Der, verderbender oft als blutige Schlachten, dem Gegner</p> - <p class="line">Jammer gebiert? Wie schwach erscheinst du dem Volke; wie haßt dich</p> - <p class="line">Hairaddins Seele hinfort, der dir vertraute mit Unrecht!“</p> - <p class="line">So vernahm, im Geist, die dräuenden Worte des Geistes</p> - <p class="line">Sinam, und blickte, verwundert, umher: wer also gesprochen?</p> - <p class="line">Doch er fand sich allein; besann sich der Angst, und es färbte</p> - <p class="line">Schnell sein blasses Gesicht der Scham hellröthendes Feuer.</p> -<a id="page-154" class="pagenum" title="154"></a> - <p class="line">Jetzo murmelt’ er leis’: „Ich, Thor, vergrüble die Zeit hier</p> - <p class="line">Müßig. Wohlan, der kühne Gedank’ — er werde zur That jetzt!“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und kam, und sprach zu Giaffar glühenden Blickes:</p> - <p class="line">„Giaffar, stets entflammt dir die Brust die Heldengesinnung,</p> - <p class="line">Daß du nicht Tausende scheu’st, wenn rings umdrängender Gegner</p> - <p class="line">Schlachtruf schallt, und, empört, der Waffen Getümmel ertönet!</p> - <p class="line">Siehe, schon schwinden umher die Lagerfeuer des Feindes,</p> - <p class="line">Und schlaftrunken, vom Weine betäubt, hinsinken die Feigen!</p> - <p class="line">Auf, wir stürmen in Hast mit den Janitscharen das Lager,</p> - <p class="line">Und erwürgen das wehrlose Volk in dumpfer Betäubung!“</p> - <p class="line">Jener begann: „Ha, nicht unwichtige Thaten ersinnst du,</p> - <p class="line">Schlachtenerfahrener Greis! Bald tilgt, entsetzlich, im Nachtgrau’n</p> - <p class="line">Unser Eisen die Schlummernden. Zwar in der Helle des Tages</p> - <p class="line">Mir ersehnt’ ich den Kampf, nicht auf nachtumhülleten Pfaden;</p> - <p class="line">Dennoch will ich dir folgen: gebieth’, und ich ordne die Scharen.“</p> - <p class="line">Sinam geboth: aufflogen die mächtigen Thore Goletta’s,</p> - <p class="line">Und die gerüstete Schar zehntausend muthiger Krieger</p> - <p class="line">Drang, von Sinam geführt, und Giaffar, eilenden Laufes,</p> - <p class="line">Jetzt an die Wälle heran. So weit, als ehrner Drometen</p> - <p class="line">Klang dem Horchenden tönet im Feld, noch waren die Krieger</p> - <p class="line">Von dem Lager entfernt: da duckten sich alle zum Boden</p> - <p class="line">(Sinam geboth’s) und schlichen, gebückt, gleich listigen Füchsen</p> -<a id="page-155" class="pagenum" title="155"></a> - <p class="line">Welch’, einkrümmend die Ruthe, mit weitvorgreifenden Pfoten</p> - <p class="line">So, daß am Gras’ ihr Bauch hinstreift, den stillen Gehöften</p> - <p class="line">Nahen bei Nacht, um dort die befiederten Schläfer zu fahen.</p> - <p class="line">Jetzo, der Vorhuth nah’, aufsprangen die Scharen, und furchtbar</p> - <p class="line">Tönete Allah-Geschrei, entsetzlich der Stürmenden Schlachtruf,</p> - <p class="line">Und, dem Säbelgeklirr vermengt, das Schmettern der Büchsen.</p> - <p class="line">Aber nicht schliefen die Schützen Tyrols: sie wachten, der Pflicht treu,</p> - <p class="line">Als die erlesene Huth an dem Graben, und weckten im Lärmschuß</p> - <p class="line">Eilig, den Wall entlang, die kühnen Gefährten zum Kampf auf.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Giaffar stürmte der erst’, und hieb dem kühnen Ramiro,</p> - <p class="line">Führer des Schützenvolks, die Stirn’ entzwei mit des Säbels</p> - <p class="line">Sausendem Schlag: er sank, und verhauchte das Leben. In Trident</p> - <p class="line">Sah er im Handlungshaus, an der Seite des grauenden Vaters,</p> - <p class="line">Reichthum die Fülle gehäuft, der köstliche Waaren des Ostlands</p> - <p class="line">Vom venediger Freunde bezog, und versandte nach Deutschland;</p> - <p class="line">Aber ihn lockte zum Kampf gar mächtig der Kriegesdrometen</p> - <p class="line">Schmetternder Klang, auf Afrika’s fernen Gefilden, und freudig</p> - <p class="line">Hofft’ er, mit Siegeslorbern geschmückt, die heimischen Fluren</p> -<a id="page-156" class="pagenum" title="156"></a> - <p class="line">Wieder zu schauen, und dort die Tage der schöneren Zukunft;</p> - <p class="line">Doch ihn ereilte des Todes Geschick, und lachenden Erben</p> - <p class="line">Wurden die Güter zu Theil des, in Gram hinschwindenden Vaters.</p> - <p class="line">Giaffars schreckliche Kraft, verstärkt von kühnen Gefährten,</p> - <p class="line">Würgt’ auf dem Wall noch drei tyrolische Schützen vom Innthal —</p> - <p class="line">Brüder, und stets in dem Heere genannt „das rühmliche Kleeblatt“:</p> - <p class="line">Denn, als Jörg, der jüngste, zu Freundsbergs<a class="fnote" href="#footnote-44" id="fnote-44">[44]</a> Fahne geschworen,</p> - <p class="line">Eilten auch Günther und Jost ihm nach, zu schwören den Kriegseid</p> - <p class="line">Vor dem Vater des Volks, Freundsberg, dem Jeglicher hold war.</p> - <p class="line">Immer hielten sie treu und fest zusammen im Leben,</p> - <p class="line">Und wo im eisernen Felde Gefahr den einen bedrohte,</p> - <p class="line">Bothen die andern die Brust zum Schilde dem Bruder, und dachten,</p> - <p class="line">Liebend, des Bruders allein. Am herrlichen Tag vor Pavia</p> - <p class="line">Knüpft’ an die Heldenbrust der Tapfern ein ehrendes Zeichen</p> - <p class="line">Freundsbergs Hand; doch jetzt im nächtlichen Grau’n, an des Grabens</p> - <p class="line">Weitaufgähnendem Schlund verhauchten sie, kämpfend, das Leben.</p> - <p class="line">Also hätt’ in dem Ueberfall noch viele der Christen</p> - <p class="line">Tod und Verderben ereilt, und der Feind erstiegen die Wälle;</p> -<a id="page-157" class="pagenum" title="157"></a> - <p class="line">Aber da brach Hardwin, der tapfere Führer der Schützen,</p> - <p class="line">Hohes beschließend im Geist, durch Reihen der Gegner. Er hatte</p> - <p class="line">Sinam erseh’n, der vor- die Würgenden trieb. Ihn zu tödten —</p> - <p class="line">So von den Brüdern zu fernen die Noth, vorbraust’ er, und zückte</p> - <p class="line">Rasch auf Sinam das Schwert. Doch Giaffar, schauend des Feldherrn</p> - <p class="line">Grause Gefahr, entboth die Seinen sogleich, und sie flogen</p> - <p class="line">Jenem zu Hülf’. Zwar fiel der Schützen gewaltiger Feldherr,</p> - <p class="line">Salis, mit eiliggeordneter Macht dem Feind in den Rücken —</p> - <p class="line">Drängt’ ihn zurück von dem Wall, und häufte Leichen auf Leichen;</p> - <p class="line">Aber es wühlten in Hardwins Brust unzählige Säbel</p> - <p class="line">Schon: der Tapfere sank, und lächelte heiter im Tod noch.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Rogendorf, der stattliche Feldzeugmeister des Heeres,</p> - <p class="line">Hörte des Kampfes Getös’. Er saß in dem einsamen Kriegszelt,</p> - <p class="line">Trauernd noch stets um den Freund, den ihm entriß das Verhängniß;</p> - <p class="line">Doch, wenn Schlachtruf scholl, und ihn hieß, unzähligen Feinden</p> - <p class="line">Kühn entgegenzusteh’n: da blitzt’ aus den finsteren Wimpern</p> - <p class="line">Ihm der Muth, da brachte sein Wink dem Feinde Verderben.</p> - <p class="line">Eilig erstieg er den Wall, und geboth dort jeglichem Wurfschütz,</p> -<a id="page-158" class="pagenum" title="158"></a> - <p class="line">Fertig zu harren des Winks zu feuern, mit mächtiger Stimme:</p> - <p class="line">„Männer, vor allem gebeut uns die Nacht, dem Donnergeschütz erst</p> - <p class="line">Ein untrügliches Ziel zu ermessen im finsteren Blachfeld.</p> - <p class="line">Werf’t aus dem Haubitzrohr Leuchtkugeln, sausenden Fluges,</p> - <p class="line">Ueber die Feinde hinaus, zu erhellen die Gegend, und furchtbar</p> - <p class="line">Wüthe sogleich das Donnerrohr in die wimmelnden Scharen.“</p> - <p class="line">Sinnig erfand erst jüngst die erleuchtenden Kugeln der Feldherr:</p> - <p class="line">Mengte den Salzen Harz, und Schwefel und Kohle dem Spießglas;</p> - <p class="line">Dann umhüllt’ er mit Werg das Gemeng’, und rundete solches.</p> - <p class="line">Jetzo des Brandrohrs Saum mit der brennenden Lunte berührend,</p> - <p class="line">Warf der Schütz aus dem Haubitzrohre die leuchtenden Kugeln</p> - <p class="line">Weit in die dunkeln Gefilde hinaus: sie erhellten, dem Mondlicht</p> - <p class="line">Aehnlich, die Nacht. Wie entzündete Luft, urplötzlichen Fluges,</p> - <p class="line">Schimmernden Sternen gleich, durchzieht den nächtlichen Himmel;</p> - <p class="line">Oder vom lärmenden Kreis’ der Jünglinge, tönend dem Faustschlag,</p> - <p class="line">Ein gewaltiger Ball, den Rindesblase geschwellt hat,</p> - <p class="line">Stolz in die Luft sich erhebt, dann senket: so flogen die Kugeln</p> -<a id="page-159" class="pagenum" title="159"></a> - <p class="line">Ueber dem Feinde dahin. Er staunte dem Wunder, und jetzo</p> - <p class="line">Faßt’ ihn erschütternde Furcht, als rings erhellet die Nacht war,</p> - <p class="line">Die verrätherisch ihn preisgab nie geahntem Verderben.</p> - <p class="line">Doch schon winkete Rogendorf: da brüllten auf einmal</p> - <p class="line">Dreißig Schlünde vom Wall. In die wimmelnden Haufen geschleudert,</p> - <p class="line">Warf der Achtzehnpfünder entsetzliche Wucht aus den Gegnern</p> - <p class="line">Hundert zu Boden: die andern entfloh’n nach der Veste Goletta,</p> - <p class="line">Schreiend, in keuchender Hast, nicht hörend die Stimme der Führer —</p> - <p class="line">Sinams Stimme nicht mehr, nicht Giaffars, die in dem Nachzug,</p> - <p class="line">Einend das kühnere Volk, dem raschverfolgenden Gegner</p> - <p class="line">Bothen die Stirn’: denn Salis, der kühnen tyrolischen Schützen</p> - <p class="line">Tapferer Hort, nachbrauste den fliehenden Feinden, dem Sturm gleich,</p> - <p class="line">Der auf der Heid’ im Herbst die bärtigen Disteln dahinjagt,</p> - <p class="line">Und er kehrte nur spät von der blutigen Feindesverfolgung.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt, vom Schlummer geweckt durch Kampfgetümmel und Schlachtruf,</p> - <p class="line">Sprang der edelste Kaiser voll Hast vom nächtlichen Lager,</p> - <p class="line">Nahte dem Wall, und sah, wie Rogendorf nach dem Feind hin</p> - <p class="line">Sandte des Todes Geschoss’. Er winkt’ ihm lohnenden Beifall,</p> -<a id="page-160" class="pagenum" title="160"></a> - <p class="line">Und begann vor Salis, und seinen Gefährten voll Huld so:</p> - <p class="line">„Eure Stirn’ umkränze des Ruhms niewelkender Lorber!</p> - <p class="line">Muthig hab’t ihr gekämpft: vor euren zerschmetternden Büchsen</p> - <p class="line">Floh’n in Eile die Feinde davon. Zum Lohne des Sieges</p> - <p class="line">Sollt’ ihr auf jenen, so stolz sich erhebenden felsigen Höhen,</p> - <p class="line">Wo in Karthago’s rühmlicher Zeit die mächtige Hochburg,</p> - <p class="line">Byrsa<a class="fnote" href="#footnote-45" id="fnote-45">[45]</a> stand, aufpflanzen die Fahn’, und den Lagergenossen</p> - <p class="line">Stehen zur Huth auf der weitumschauenden Warte des Landes.“</p> - <p class="line">Und er kehrt’ in das Lager zurück. Doch jauchzenden Rufes</p> - <p class="line">Klommen, von Salis geführt, die tapferen Bergebewohner</p> - <p class="line">Jetzo die Felsen hinan. Gern weilt der sinnige Bergfreund</p> - <p class="line">Auf den luftigen Höh’n, wo er all’ dem niedrigen Treiben,</p> - <p class="line">Drängen, und Sorgen der Erd’ entrückt, des Himmels Gefilden</p> - <p class="line">Näher, so frei und selig sich fühlt; wo das sehnende Herz ihm</p> - <p class="line">Höher im Busen schwillt: da er bald des wölbenden Aethers</p> - <p class="line">Dunklerer Bläue staunt, bald tief in den schwindligen Abgrund</p> - <p class="line">Starrt, und, mit Thränen im Blick des Waldstroms silberne Fluthen</p> - <p class="line">Eilen sieht, und des schnellentfliehenden Lebens gedenket.</p> - <p class="line">Ach, der Gebirgssohn hängt mit kindlicher Lieb’ an der Heimath!</p> - <p class="line">Wie, den Alpen geraubt, hinwelket die Blume: so welkt er,</p> - <p class="line">Ihr entrissen, dahin. Stets sieht er die trauliche Hütte,</p> - <p class="line">Die ihn gebar, im hellen Grün umduftender Matten:</p> -<a id="page-161" class="pagenum" title="161"></a> - <p class="line">Sieht das dunkele Föhrengehölz, die ragende Felswand</p> - <p class="line">Ueber ihm, und noch Berg’ auf Berg’ in erschütternder Hoheit</p> - <p class="line">Aufgethürmt, und glühend im Rosenschimmer des Abends.</p> - <p class="line">Immer schwebt es ihm vor — verdunkelt ist alles um ihn her!</p> - <p class="line">Aengstlich horcht’ er. Ihm däucht: er höre vom nahen Gehölz her</p> - <p class="line">Wieder das Muhen der Küh’, und hoch von den Alpen herunter</p> - <p class="line">Glöcklein klingen. Ihn däucht: er höre das Rufen der Hirten,</p> - <p class="line">Oder ein Lied der Sennerinn, die, mit umschlagender Stimme,</p> - <p class="line">Freudig zum Wiederhall aufjauchzt Melodieen des Alplands.</p> - <p class="line">Immer tönt es ihm nach. Ihn fesselt der lachenden Ebnen</p> - <p class="line">Anmuth nicht; er fliehet der Städt’ einengende Mauern,</p> - <p class="line">Einsam, und schaut, aufweinend, vom Hügel die heimischen Berghöh’n:</p> - <p class="line">Ach, es zieht ihn dahin mit unwiderstehlicher Sehnsucht!</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Aber im Osten schwebte der Mond mit strahlendem Antlitz</p> - <p class="line">Ueber die Berg’ empor. Auf des Meeres fernen Gewässern</p> - <p class="line">Schwamm sein zitterndes Licht; er hellte des säuselnden Waldes</p> - <p class="line">Dunkelen Saum, und goß den silbernen Schleier, aus Aethers-</p> - <p class="line">Dufte gewoben, umher auf den sanftentschlummerten Erdkreis.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-8"> -<a id="page-162" class="pagenum" title="162"></a> -Siebenter Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">D</span><span class="postfirstchar">rüben</span> am östlichen Himmelsthor erglühte der Morgen.</p> - <p class="line">Schaurig wehte der Wind, und fuhr mit eisigem Odem</p> - <p class="line">Ueber das Heer. Von dem lockigen Haupt und dem Mantel des Kriegers</p> - <p class="line">Träufelte fort und fort der Thau gleich schimmernden Perlen,</p> - <p class="line">Und verwandelt’ in Grau die dunkele Farbe der Rosse,</p> - <p class="line">Die, von Dampf umhüllt, mit schlotternden Seiten sich drängten:</p> - <p class="line">Denn so glühend die Luft sich bei Tag auf Afrika’s Fluren</p> - <p class="line">Senkt, so ergreifend haucht sie den Frost aus der schwindenden Nacht her.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Dort nach dem Felsenhorst, den erst zum Lohne des Kampfmuths</p> - <p class="line">Sich errangen die Schützen Tyrols, erhob sich der Kaiser</p> - <p class="line">Jetzo mit Ludwig allein. Er schwieg. Die umdüsterte Vorzeit</p> - <p class="line">Schwebte ihm vor: denn, ach, er trat Karthago’s Ruinen!</p> - <p class="line">Aermliche Dörfchen gewahrt’ er nur: El-Mersa, und Melcha</p> -<a id="page-163" class="pagenum" title="163"></a> - <p class="line">Näher dem Meer’ — entfernter: Sidji-Mosaid, und Darilschut,</p> - <p class="line">Ruhend, Oasen gleich, auf Karthago’s wüsten Gefilden.</p> - <p class="line">Stille herrschte umher in den Hütten des flüchtenden Volkes:</p> - <p class="line">Denn o, furchtbar droht, und furchtbarer jede der Stunden</p> - <p class="line">Vor dem nahenden Feindesheer’ in entsetzlicher Kriegszeit,</p> - <p class="line">Wenn, entrissen dem Schirm der väterlichwaltenden Obmacht;</p> - <p class="line">Hingegeben empörter Gewalt, unbändiger Willkühr,</p> - <p class="line">Und unleidlicher Schmach, der Mensch nach Rettung umherschaut:</p> - <p class="line">Jetzo der Gegenwart, dann wieder der nächtlichen Zukunft</p> - <p class="line">Schrecken ihn faßt, und vernichtende Angst ihm raubt die Besinnung!</p> - <p class="line">Als sie erklommen des Felsens Höh’n: da schwebte die Sonne</p> - <p class="line">Aus dem glühenden Meer mit rosenumhülletem Antlitz</p> - <p class="line">Freundlich herauf. Ihr hauchten die Fluthen, ihr dampften die Berghöh’n</p> - <p class="line">Lieblichen Opferduft empor; sie grüßten die Fluren,</p> - <p class="line">Funkelnden Blicks, und, freudigen Lautes, die Hain’ und die Wälder.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Nicht, wie sonst, erfüllte des holderwachenden Morgens</p> - <p class="line">Schimmer des Kaisers Brust mit Wonne der seligen Geister:</p> - <p class="line">Denn beklemmt war heute sein Herz, und düstere Schwermuth</p> - <p class="line">Hüllt’ ihm die Stirn’ in Nacht: er dachte die Tage der Vorwelt.</p> - <p class="line">Sinnend irrte sein Blick von der steilabstürzenden Felswand</p> -<a id="page-164" class="pagenum" title="164"></a> - <p class="line">Nach den schimmernden Fluthen hinaus; der säuselnde Frühwind</p> - <p class="line">Wiegt’ am Nacken sein lockiges Haar, und wiegte des Mantels</p> - <p class="line">Wogenden Saum. Nun setzt’ er, entfernt von des Lagers Getümmel,</p> - <p class="line">Sich auf den moosigen Stein, und sprach zu dem horchenden Jüngling:</p> - <p class="line">„Siehe, so ferne dein gieriges Aug’ erforschet die Fluren,</p> - <p class="line">Rings den Felsen umher, wo Byrsa, die eherne Burg stand,</p> - <p class="line">Lag Karthago, hehr, weitherrschend und mächtig verbreitet!</p> - <p class="line">Aber nicht kündet der kärgliche Schutt, umwuchert von Mooswuchs,</p> - <p class="line">Wo die Herrliche stand, und mit Staunen erfüllte den Erdkreis.</p> - <p class="line">Wehe, sie sank, des blühenden Reichs gewaltige Hauptstadt,</p> - <p class="line">Sie, der eisernen Roma zum Trotz, noch die Zierde der Welt, sank!</p> - <p class="line">Blut durchströmte die Straßen umher; die prasselnde Flamme</p> - <p class="line">Wüthete rastlos fort: im Schutt versiegte die Wuth nur.</p> - <p class="line">Aber es lebt die Erhabene noch in der Kunde der Nachwelt.</p> - <p class="line">Hehre Begeisterung schwellt den Busen des Sängers; nicht fremd mehr</p> - <p class="line">Ist ihm des Helden Sinn, nicht die That, aus jenem geboren:</p> - <p class="line">Ihr ertönt sein Gesang in vielfachwechselnden Weisen,</p> - <p class="line">Die jetzt, brausenden Stürmen gleich, erschüttern des Hörers</p> - <p class="line">Pochende Brust, und jetzt, wie liebliche Lüftchen des Abends</p> - <p class="line">Säuselnd im Veilchenbeet, ihr sanfte Wonne gewähren.</p> -<a id="page-165" class="pagenum" title="165"></a> - <p class="line">Ha, Karthago lebt, und ewig ertönet ihr Nachruhm:</p> - <p class="line">Meererforscherinn, Städt’- und Völkergründerinn heißend;</p> - <p class="line">Lebt durch Hannibals Ruhm, des mächtigen, eidesgeweihten,</p> - <p class="line">Furchtbar’n Rächer des Vaterlands, und blühet für immer</p> - <p class="line">Ob dem erschütternden Muth: verschmähend die schimpfliche Knechtschaft,</p> - <p class="line">Unterzugeh’n, auch im Falle noch groß, in würdiger Freiheit!</p> - <p class="line">D’rum erhebe dein Herz, dem Guten und Wahren dich weihend:</p> - <p class="line">Denn sie allein entführt der Zeit fortrollende Fluth nicht,</p> - <p class="line">Und, umschwebend die Welt in ewigdauerndem Kreislauf,</p> - <p class="line">Reichen sie dir zum Lohne den Kranz nie welkender Blüthen.“</p> - <p class="line">Jetzt erhob er sich schnell, nach dem Lager zu kehren. Auch Ludwig</p> - <p class="line">Säumte nicht; doch ihm quoll die Thrän’ aus den blitzenden Augen:</p> - <p class="line">„Wohl ist es schön,“ so sprach er, „im Lauf enteilender Zeiten</p> - <p class="line">Ueber der niedrigen Fluth, emporgehoben, zu stehen,</p> - <p class="line">Und zu erringen den Kranz gefeierter Helden der Vorwelt;</p> - <p class="line">Doch, ach, mich entreißt die sorgliche Liebe des Herrschers</p> - <p class="line">Jeder Gefahr, und ruhmlos schwindet mir Leben und Thatkraft!“</p> - <p class="line">Freudig erklang des Jünglings muthige Rede dem Kaiser,</p> - <p class="line">Und er entgegnet’ ihm so: „Schon nahet die Stunde, wo, kämpfend,</p> - <p class="line">Du in dem eisernen Feld die Schrecken der Schlachten bestehen,</p> - <p class="line">Und als Sieger, umjauchzt von tapferen Kriegesgefährten,</p> -<a id="page-166" class="pagenum" title="166"></a> - <p class="line">Kehren, oder im Kampf erliegen sollst für die Rettung</p> - <p class="line">Tausender: ein’s wie das and’re erhebt; doch leitet die Vorsicht</p> - <p class="line">Dich nach der Heimath zurück, dort blühet ein schöneres Feld dir</p> - <p class="line">Ewigen Ruhms: durch Herrscherweisheit im Segen zu walten</p> - <p class="line">Ueber ein glückliches Volk, und, also der Mit- und der Nachwelt</p> - <p class="line">Frommend, im Segen zu seyn den spätesten Menschengeschlechtern.“</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hannibal horchte mit Lust, wie ihn ehrte der mächtigste Herrscher.</p> - <p class="line">Seit er dem irdischen Leben entrückt, unmuthigen Herzens,</p> - <p class="line">Weilt’ im dunkelen Raum des nachtumwölbenden Erdballs,</p> - <p class="line">Sah er zum erstenmal die trauten Gefilde der Heimath</p> - <p class="line">Wieder. G’en Zama<a class="fnote" href="#footnote-46" id="fnote-46">[46]</a> hinaus erhob er die glühenden Augen,</p> - <p class="line">Starrt’, und ballte die Faust des Jammers Gebilden entgegen:</p> - <p class="line">Denn noch sah er die Miethlinge fliehn; durchbrochen die Reihen</p> - <p class="line">Seines Volks, und, empört, die schreckliche Schar Elephanten</p> - <p class="line">Wüthen im eigenen Heer — entrissen auf immer den Sieg ihm:</p> - <p class="line">Sah’s, und wandte sich schnell nach Karthago’s Stätte hinüber.</p> - <p class="line">Aber wohin entschwand die Herrliche? Neidischverschlungen</p> - <p class="line">Hatte der Strom der Zeit auch die letzten Maale des Ruhmes.</p> -<a id="page-167" class="pagenum" title="167"></a> - <p class="line">„War auch sie mit dem Römer im Bund’?“ So seufzt’ er, und hob sich</p> - <p class="line">Eilig den Felsen hinan. Dort hört’ er unsterblicher Thaten</p> - <p class="line">Seelenentzückendes Lob aus dem Munde des edelsten Kaisers:</p> - <p class="line">Ihm von der Stirn’ entfloh’n des Unmuths düstere Wolken;</p> - <p class="line">Heiterer blickte sein Aug’, und der Groll, vom Römer empöret,</p> - <p class="line">Schmolz aus seiner besänftigten Brust, wie schimmernder Frühreif</p> - <p class="line">Schmilzt im sonnigen Strahl. Schon dacht’ er, den Christen ein Helfer</p> - <p class="line">Künftig im Kampfe zu steh’n: da naht’ ihm jener im Eilflug.</p> - <p class="line">Regulus sah auf den Felsenhöh’n um seinen Erwählten</p> - <p class="line">Hannibals dräuende Näh’, und wähnte: verderbende Täuschung</p> - <p class="line">Sinn’ er, ihm dort in die argloshorchende Seele zu hauchen.</p> - <p class="line">Wie aus dem sonnigen Thal der rauberspähende Kondur —</p> - <p class="line">Er, der Riese des Geiergeschlechts, in sausender Schnelle</p> - <p class="line">Hoch empor sich schwingt zu dem Wolkennest, zu erforschen:</p> - <p class="line">Ob nicht Gefahr dort drohe den kreischenden Jungen? so naht’ er,</p> - <p class="line">Jetzo dem Kaiser im Flug, und wachte mit liebender Sorgfalt,</p> - <p class="line">Wie er die Listen vereitle durch List, und vernichte die Täuschung.</p> - <p class="line">Hannibal schnob, erneut vor Zorn: mit dräuenden Blicken</p> - <p class="line">Schwebt’ er davon, und sann dem Christenheere Verderben.</p> - <p class="line">Doch in die Zeltenstadt heimkehrte mit Ludwig der Kaiser.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-168" class="pagenum" title="168"></a> - <p class="line">Aber welch’ Getümmel erschallt an dem Strande des Meers jetzt?</p> - <p class="line">Gegen Zafrano hinaus, auf Bona’s lieblichem Vorland,</p> - <p class="line">Thürmt ein Cedernwald die dunkelen Wipfel g’en Himmel.</p> - <p class="line">Noch in dem kühleren Hauch des sanftaufdämmernden Morgens</p> - <p class="line">Schifften auf Ruderbooten dahin, von Guasto gesendet,</p> - <p class="line">Tausend, des Zimmerwerks wohlkundige Krieger: zum Schanzbau</p> - <p class="line">Stämme zu fällen. Da scholl in der hehren Stille des Morgens</p> - <p class="line">Drüben des Beils dumpfschmetternder Schlag vom tönenden Stammholz:</p> - <p class="line">Sausend entstürzte der Wald. Jahrhunderte sah er der Umwelt</p> - <p class="line">Wandelbare Gestalt; er stand, und hob sich noch immer</p> - <p class="line">Höher empor: nun streckt’ ihn die grausame Schärfe des Eisens</p> - <p class="line">Nieder: in Trauer gehüllt aufragte das kahle Gebirgsland.</p> - <p class="line">Aber sogleich ersah’n die feindlichgesinneten Geister,</p> - <p class="line">Schwebend vor Muhamed her, und Attila, welche Gefahren</p> - <p class="line">Ihren Erwählten der Christ bereitete: Schauder ergriff sie.</p> - <p class="line">Siehe, da flog Ellack, des Hunnenkönigs Erzeugter,</p> - <p class="line">Näher, und rief dem Vater zugleich, und dem heuchelnden Seher:</p> - <p class="line">„Schauet die Riesenschlange dort im Schatten der Felskluft</p> - <p class="line">Liegen: Unsterbliche selbst erbeben dem schrecklichen Anblick.</p> - <p class="line">Weck’t sie vom Schlaf, und, empört, hintilgt sie die kühnen Gesellen!“</p> - <p class="line">Muhamed sann umher; dann rief er den Zagenden also:</p> -<a id="page-169" class="pagenum" title="169"></a> - <p class="line">„Hebe dich, Muhameds Volk! Erhebt euch, Attila’s Scharen;</p> - <p class="line">Fahr’t in des Unthiers Bauch, und erreg’t dem Feinde Verderben!“</p> - <p class="line">Jetzo im sausenden Flug hinstürzten die stürmischen Geister,</p> - <p class="line">Schrie’n, und fuhren zugleich in des Scheusals umringenden Bauch ein.</p> - <p class="line">Tief in der Felsenkluft, zum furchtbarn Knäuel verschlungen,</p> - <p class="line">Lag die gräßliche Schlange (dem Rad, das, weichend des Bergstroms</p> - <p class="line">Riesengewalt, den Mühlstein dreht, im Kreise nicht ungleich)</p> - <p class="line">Schlummernd, und barg ihr Haupt in des Knäuels Mitte mit Vorsicht.</p> - <p class="line">Nur im Dunkel der Nacht, nur selten im Lichte des Tages,</p> - <p class="line">Kroch sie lauernd hervor, um ein sorglosweidendes Hausthier,</p> - <p class="line">Rasches Gewild, und auch Menschen zu fah’n; da hieß es: ein Berggeist,</p> - <p class="line">Hausend im Felslabyrinth des schauerumhülleten Waldes,</p> - <p class="line">Habe verschlungen den Raub, und der Iman heulte Gebet’ auf.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Als die stürmende Schar, des Herrschers Winken gehorchend,</p> - <p class="line">Im unleidlichen Drang die furchtbarn Ringe des Scheusals</p> - <p class="line">Füllte: da hob es in zitternder Wuth das gräßliche Haupt auf,</p> - <p class="line">Warf es im Bogenwurf in der Höhl’ umher, und ihm zischte,</p> - <p class="line">Flammengeröthet, die Zung’ aus dem weiteröffneten Rachen.</p> - <p class="line">Schrecklich erglühte sein Aug’ aus den giftgeschwollenen Kreisen,</p> - <p class="line">Und, gebläht, erfüllet’ es ganz die räumige Felskluft.</p> -<a id="page-170" class="pagenum" title="170"></a> - <p class="line">Doch, als jetzo die Schar erboßtumtummelnder Geister</p> - <p class="line">Selbes noch wüthender drängt’, und stachelte, froh der Empörung:</p> - <p class="line">Da durchfuhr’s die entsetzliche Höhl’ im sausenden Eilflug —</p> - <p class="line">Attila bebte zurück mit Muhamed: denn an dem Felsen</p> - <p class="line">Stand es, emporgethürmt, hoch über dem Haupte der Cedern.</p> - <p class="line">Heulend entstürzte die Schar holzhauender Krieger dem Dickicht,</p> - <p class="line">Eilte zum Strand’, in dem Ruderboot zu entfliehen dem Tod noch;</p> - <p class="line">Aber nicht allen gelang’s. Den Flüchtenden jagten die Geister</p> - <p class="line">Jetzo das Ungethüm nach, und es warf sich ergrimmter zum Boden.</p> - <p class="line">Weithin bebte der Grund; rings schwankten die luftigen Cedern,</p> - <p class="line">Welche die schnellhingleitende Schlange berührt’, und das Berggras</p> - <p class="line">Welkte vor ihrem Flammenhauch, da Felsengeröll’ ihr,</p> - <p class="line">Stäubend, nachrauschte vom Berg; doch dort, vom Strande des Meeres,</p> - <p class="line">Fest mit dem Schweif umschlingend die weitnachbeugende Ceder,</p> - <p class="line">Schwang sie sich über die Fluthen hinaus. Ihr bläulicher Rücken</p> - <p class="line">Blitzt’ in dem Sonnenlicht, als, längs dem spiegelnden Meer hin,</p> - <p class="line">Schlängelnd, ihr Schatten flog, und sieh’, da erhaschte sie pfeilschnell</p> -<a id="page-171" class="pagenum" title="171"></a> - <p class="line">Eines der Boot’, und warf’s, mit schüttelndem Grimm, in den Abgrund!</p> - <p class="line">Nichtigem Spielwerk gleich, das zürnend der Knabe zertrümmert,</p> - <p class="line">Flog des Schiffes Gebälk mit lautem Gekrach aus den Fugen.</p> - <p class="line">Trümmer und Leichen bedeckten des Meer’s aufwirbelnde Fluthen;</p> - <p class="line">Aber sie sank, ermattet, zurück, und rollt’ an dem Stamme,</p> - <p class="line">Ringelnd, sich auf: wie ein Seil umringelt den kreisenden Wellbaum,</p> - <p class="line">Wenn von des Meeres Grund die gewichtigen Anker sich heben.</p> - <p class="line">Und die Ceder erbebte der Last des lauernden Unthiers.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Staunend vernahm der Kaiser den Lärm an Zafrano’s Gestaden,</p> - <p class="line">Blickte nach Ludwig hin, und dieser enteilte gewaffnet,</p> - <p class="line">Rasch dem Gezelt; dann schifft’ er auf Dorias herrlichem Fahrzeug</p> - <p class="line">Eilig hinüber zur Bucht, wo, lauernd, das Scheusal der Ceder</p> - <p class="line">Säul’ umschlang. Er hielt, und sann, wie er solches bezwinge.</p> - <p class="line">Sieh’, und, brausenden Flug’s, naht’ ihm der edelste Römer,</p> - <p class="line">Regulus: denn, begrüßend den ruhmverkläreten Schauplatz</p> - <p class="line">Seines, der Weltstadt Rom heilbringenden Todes, gewahrt’ er</p> - <p class="line">Attila’s Hohn, und Muhameds — auch des gestachelten Unthiers</p> - <p class="line">Wüthenden Grimm, und des Jünglings Angst! Da rief ihm der Geist zu:</p> - <p class="line">„Denke des Regulus doch, der einst durch Schleudergeschosse</p> -<a id="page-172" class="pagenum" title="172"></a> - <p class="line">Hier die Schlange besiegt, und dem Volk Errettung gebracht hat!“<a class="fnote" href="#footnote-47" id="fnote-47">[47]</a></p> - <p class="line">Und es erhob sich sogleich das Bild des edelsten Römers,</p> - <p class="line">Schimmernd, vor seinem Blick: denn laut entboth er die Krieger:</p> - <p class="line">„Windet die Wucht des ehernen Donnerrohres an Tauen</p> - <p class="line">Auf an den Bord; scharf ziele der fernhintreffende Wurfschütz,</p> - <p class="line">Und zerschmett’re das Haupt des unheilbrütenden Scheusals.“</p> - <p class="line">Also geschah’s. Wohl zielte der fernhintreffende Wurfschütz,</p> - <p class="line">Wendend den ehernen Schlund mit dem leichtbeweglichen Richtkeil,</p> - <p class="line">Senkte die Lunt’, und wandte sich. Laut, mit Donnergetümmel,</p> - <p class="line">Sauste die Kugel hinan, und riß den Wipfel der Ceder</p> - <p class="line">Krachend vom Stamm: er bebt’, und still verharrte das Unthier,</p> - <p class="line">Daß es die Schiffenden näher gelockt, erhaschte; doch Ludwig</p> - <p class="line">Sann hochrühmlichen Kampf. Ihm funkelten heller die Augen:</p> - <p class="line">Denn er geboth dem Steuermann urplötzliche Landung,</p> - <p class="line">Schwang sich hinaus, um dort, auf die Kniee gesunken, zum Himmel</p> - <p class="line">Flehenden Blickes zu schau’n, und sieh’, ein Glanz, wie im Nachtgraun</p> - <p class="line">Flammt der Blitz, erhellete jetzo den schimmernden Luftraum;</p> - <p class="line">Goß ihm freudigen Muth in das Herz, und hieß ihn nicht achten</p> - <p class="line">Seines Volkes Geschrei; und als er den schrecklichen Degen</p> - <p class="line">Hoch aufschwang: da glühte die Spitze des Eisens, wie nächtlich</p> -<a id="page-173" class="pagenum" title="173"></a> - <p class="line">Glühet die Wetterstang’ im Gewölk, wenn rings in den Lüften</p> - <p class="line">Gährender Donner wogt! Er drang auf das Scheusal beherzt ein.</p> - <p class="line">Schauder erfüllte die Welt. In dem ödverstummenden Blachfeld</p> - <p class="line">Scholl nur leises Gezisch des Lauernden. Jetzo dem Gegner</p> - <p class="line">Flog’s in schlängelndem Blitzesflug’ entgegen, und strebte</p> - <p class="line">Ihn zu erhaschen. Er wich ihm behend’ nach jeglicher Seit’ aus,</p> - <p class="line">Stets abwehrend mit blinkendem Stahl des offenen Rachens</p> - <p class="line">Dräuende Wuth; doch jetzt in die Luft aufschwang er den Degen,</p> - <p class="line">Hieb, und trennte das Haupt von dem Rumpfe des scheußlichen Unthiers,</p> - <p class="line">Der, entsinkend dem Stamm, mit Blut umhüllte den Boden.</p> - <p class="line">Heulend vor Schrecken und Angst, entfloh’n die Geister, und eilten</p> - <p class="line">Muhamed nach, und Attila: fern in ätherischen Höhen</p> - <p class="line">Größeres Unheil noch zu ersinnen dem Heere der Christen.</p> - <p class="line">Ludwig kehrte gepriesen, zurück: da liefen die Männer,</p> - <p class="line">Jubelnd, zum Strand’, und sah’n das kühnzerschmetterte Scheusal</p> - <p class="line">Liegen im schwärzlichen Blut, und zucken, und schauern im Tod noch,</p> - <p class="line">Schaudernd sie selbst: denn gräßlich war es noch immer zu schauen.</p> - <p class="line">Dann mit des Waldes Raub belastend das räumige Fahrzeug,</p> - <p class="line">Eileten sie, zu erbau’n die vest’umzingelnden Schanzen.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-174" class="pagenum" title="174"></a> - <p class="line">Wohl von den Reihen beschirmt gewaffneter Brüder — nicht achtend</p> - <p class="line">Dicht im Donnersturm’ hersausender Feindesgeschosse,</p> - <p class="line">Grub an den Schanzen das Volk, und, wo in dem sandigen Boden,</p> - <p class="line">Hügelnd, kein Damm sich hob, und den kreischenden Spaten des Aufwurfs</p> - <p class="line">Sinkende Last stets wieder ereilte: da fügten die Krieger</p> - <p class="line">Stämm’ auf Stämme, dem Wall zur dauernden Stütze. Den Weiden</p> - <p class="line">Raubeten andre ihr schlankes Gezweig, und flochten die Schanzkörb’,</p> - <p class="line">Welch’, erfüllet mit Sand, und erhöht auf dem Damme, den Wurfschütz</p> - <p class="line">Und die Donnerschlünde zugleich beschirmten im Feuer.</p> - <p class="line">Also erbauten sie drei, verderbendräuende Schanzen</p> - <p class="line">An Goletta umher, in Gestalt des wachsenden Mondes,</p> - <p class="line">Wenn er, silbergehörnt, hinschwebt am sternigen Himmel.</p> - <p class="line">Rechts an den Oehlbaumwald, und links an den felsigen Meerstrand,</p> - <p class="line">Stieß ihr Horn, und umkreiste nur halb die trotzende Festung:</p> - <p class="line">Denn auf dem Meer’ umfing sie, dem silbergehörneten Mond gleich,</p> - <p class="line">Wieder die Schiffheersmacht: aus ihres verehrten Gestirnes</p> - <p class="line">Bild, ihr kam der Jammer gesandt, und die grause Vernichtung.</p> - <p class="line">Aber das ehrne Geschütz, von schnaubenden Rossen gezogen,</p> -<a id="page-175" class="pagenum" title="175"></a> - <p class="line">Rückte zögernd heran; die Räder, im Sande versinkend,</p> - <p class="line">Knarreten unter der Wucht, und Schaum bedeckte die Rosse.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Guasto, im Ehrengefolg zu Thaten gerüsteter Feldherrn</p> - <p class="line">Nahend, rühmte des Werk’s ersehnte Vollendung, und sagte:</p> - <p class="line">„Dreißig eherne Schlünd’ und zehn bomb’schleudernde Mörser</p> - <p class="line">Schirmt Alarkon, der Held, in der mittleren Schanze voll Thatkraft,</p> - <p class="line">Und ihm gehorche die Schar viertausend hispanischer Krieger;</p> - <p class="line">Aber, nicht minder an Zahl, erfüllen die Schanz’ an dem Meerstrand’,</p> - <p class="line">Niederländern gesellt, Lusitania’s Krieger: ihr Hort sey</p> - <p class="line">Ludwig, der tapfere Fürst; doch jen’ an dem säuselnden Oehlwald</p> - <p class="line">Sey fünftausend Wälschen vertraut, und mein ist des Volkes</p> - <p class="line">Schirmende Huth. Das ehrne Geschütz, in jeder an Zahl gleich,</p> - <p class="line">Und an verderbender Macht, entsende zur Veste Vernichtung.“</p> - <p class="line">Aber nicht dacht’ er im Ernst die Schanze der Wälschen zu schirmen:</p> - <p class="line">Denn er versuchete nur den tiefverwundeten Helden</p> - <p class="line">Sarno, den er der Feigheit zieh im unseligen Walten</p> - <p class="line">Raschauflodernden Zorns, und nimmer lächelte seither</p> - <p class="line">Sarno’s trauerumflossenes Aug’. Empört in dem Busen</p> - <p class="line">Trat er nun aus dem glänzenden Kreis’, und sagte zu Guasto:</p> - <p class="line">„Wolltest du mir, erlauchter Gebiether, die Stelle vertrauen</p> - <p class="line">Dort am Olivengehölz, zunächst dem feindlichen Andrang:</p> - <p class="line">Daß sich erweis’ in der That, ob ich feig’ erbebte dem Gegner?“</p> -<a id="page-176" class="pagenum" title="176"></a> - <p class="line">Guasto’s Aug’ umwölkte die Thrän’; er sagt ihm dagegen:</p> - <p class="line">„Edler, die Schanz’ am Olivengehölz, dem feindlichen Andrang</p> - <p class="line">Näher, sey dir vertraut zum Gewinn unsterblichen Ruhmes.</p> - <p class="line">Ha, nicht des Wortes mehr, des unseligen, das in dem Zorn mir</p> - <p class="line">Jüngst entfuhr, gedenk’: den Tapferen ziere die Großmuth!“</p> - <p class="line">D’rauf both er ihm noch freundlich die Hand, und eilte von dannen:</p> - <p class="line">Denn schon füllten den Raum der vest’umzingelnden Schanzen</p> - <p class="line">Treffliche Völker im Freudengejauchz’, und rings von den Wällen</p> - <p class="line">Gähnte der ehernen Schlünd’ entsetzendräuende Mündung.</p> - <p class="line">Aber vor allen ereilten, im hurtigen Laufe die Krieger</p> - <p class="line">Sarno’s ihr Ziel: sie erhob des wiedererheiterten Feldherrn</p> - <p class="line">Siegverkündender Blick, den lange die Trauer umhüllte.</p> - <p class="line">Dort auf des Wall’s vorspringendem Horn erhöht’ er voll Hast nun</p> - <p class="line">Seines Volkes Panier, das blutroth auf in den Lüften</p> - <p class="line">Flatterte; sah vom gehügelten Wall, mit steigender Sehnsucht,</p> - <p class="line">Nach der Pläne hinaus, zu erspäh’n die feindlichen Scharen.</p> - <p class="line">Tausende sollten ihm nah’n: er hatte beschlossen zu sterben.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzo wäre der Donnerrohr’ und der ehernen Mörser</p> - <p class="line">Schreckliche Wuth um Goletta erwacht; doch, sausenden Rittes,</p> - <p class="line">Sprengte der Kaiser heran; ihm folgte der tapfere Alba,</p> - <p class="line">Diesem die Heldenschar zweihundert Reiter, und schimmernd</p> - <p class="line">Wehte das Friedens-Panier vor den Eilenden: denn in dem Busen</p> -<a id="page-177" class="pagenum" title="177"></a> - <p class="line">Schlug ihm das Herz voll Huld und menschenfreundlicher Schonung.</p> - <p class="line">Nahend den Feuerwerkern im Flug’, erhob er die Stimme:</p> - <p class="line">„Haltet ein! Nicht ertöne des Krieg’s entsetzlicher Mordruf,</p> - <p class="line">Der in dem blindumwüthenden Grimm so vielfach des Jammers</p> - <p class="line">Opfer häuft, und so viel schuldlose Herzen zermalmet,</p> - <p class="line">Eh’ denn Alba gekehrt aus dem feindlichen Lager. Wir biethen</p> - <p class="line">Auf errungenem Feld, zu furchtbarer Rache gerüstet,</p> - <p class="line">Ihm versöhnend die Hand. So er, taub, und rasend im Unsinn,</p> - <p class="line">Von sich stieße die Hand, und verschmähte des Friedens Bedingniß:</p> - <p class="line">Dann auflodere ringsumher die Flamme des Krieges.“</p> - <p class="line">Sieh’, und den stachelnden Sporn in die Seiten des Rosses versenkend,</p> - <p class="line">Flog nun Alba davon mit seinem erlesenen Häuflein —</p> - <p class="line">Flog, wie ein Sturm die Heide durchtobt! Doch jetzt, von Goletta</p> - <p class="line">Kommend, scholl ihm Getös’ und Waffengerassel im Rücken.</p> - <p class="line">Sinam war’s, der schnell mit tausend maurischen Reitern</p> - <p class="line">Nahete: denn er sah in dem Wind das schneeige Fähnlein</p> - <p class="line">Flattern: des Friedens Bild, den er ersehnt’ in dem Busen</p> - <p class="line">Ob der Schätze daheim besorgt im grauenden Alter.</p> - <p class="line">„Hemmet die Roß’, ihr Christen,“ so rief er, „den sühnenden Herold,</p> - <p class="line">Wenn mich das Auge nicht triegt, gewahrt’ ich in eurem Gefolg dort!</p> -<a id="page-178" class="pagenum" title="178"></a> - <p class="line">Kündigt er uns, wohlweise berathen, die Worte des Friedens?“</p> - <p class="line">„Ja,“ sprach Alba beherzt, „wir bringen euch heute den Frieden;</p> - <p class="line">Nehmt ihn getrost: denn besseren Rath ersinnet ihr nimmer!“</p> - <p class="line">Jener lächelte Hohn; doch hing in dem brausenden Ritt oft,</p> - <p class="line">Seitwärtsblickend, sein staunendes Aug’ an dem christlichen Feldherrn,</p> - <p class="line">Der im schimmernden Waffenschmuck, ein trefflicher Reiter,</p> - <p class="line">Eisern im Sattel saß, und stolzverstummend dahinflog.</p> - <p class="line">Jetzo die Straßen entlang von Tunis, im Donnergalopp fort</p> - <p class="line">Jagte die Schar, und das wimmelnde Volk lief ihr mit Geschrei nach:</p> - <p class="line">Denn wie im sonnigen Lenz, wenn voll von duftenden Blumen</p> - <p class="line">Pranget der Hain, und pranget das Feld und der zierliche Garten,</p> - <p class="line">Zahllos summen in würziger Luft die geschäftigen Bienen:</p> - <p class="line">Diese, mit goldner Last an jeglicher Seite beladen</p> - <p class="line">Kehren, im Korb zu erbau’n die künstlichen Zellen; die andern,</p> - <p class="line">Ihm entschwirrend in Hast, fortzieh’n, auf den blühenden Matten</p> - <p class="line">Lieblichen Honigseim mit zart eindringendem Stachel</p> - <p class="line">Aus dem duftenden Kelch zu saugen, und kehren, und ziehen</p> - <p class="line">Sonder Rast: so war des unzähligen Volkes Gewimmel.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Ueber der lärmenden Stadt, in Barda’s<a class="fnote" href="#footnote-48" id="fnote-48">[48]</a> Zaubergefilden,</p> - <p class="line">Wo die herrliche Sommerburg die goldenen Zinnen</p> - <p class="line">Aus dem dunkelen Grün umsäuselnder Hain’ in die Wolken</p> -<a id="page-179" class="pagenum" title="179"></a> - <p class="line">Thürmt, verweilte Hairaddin jetzt, und ordnete kundig</p> - <p class="line">Heeraufstellung und Kampf, im Kreise der horchenden Feldherrn.</p> - <p class="line">Dort im luftigen Saal, auf schwellende Pfühle gesunken,</p> - <p class="line">Sprach er mit Salek, und sprach mit Dragut und Muhamed Temtes,</p> - <p class="line">Eifernd, als Pferdegetrab in die Ohren ihm scholl, und die Nachricht</p> - <p class="line">Kam: ein Friedensboth’ erscheine der christliche Herold.</p> - <p class="line">Sieh’, ein Wink fuhr ihm, wie ein Blitz, aus den finsteren Wimpern,</p> - <p class="line">Und im Waffengeklirr aufkrachten die Thüren; des Vorhangs</p> - <p class="line">Purpur flog zur Seite gerollt: denn plötzlich umringten</p> - <p class="line">Hundert Janitscharn, geführt von Hassan, dem Aga,</p> - <p class="line">Schirmend des Herrschers Thron, und sah’n, verschlingenden Blickes,</p> - <p class="line">Hin nach dem Fremdlinge, der an Sinams Seite herankam,</p> - <p class="line">Und dem Throne genaht, erhob die muthige Stimme:</p> - <p class="line">„Dir, großmächtiger Herr, entbiethet der Kaiser der Deutschen,</p> - <p class="line">Und Hispania’s König, durch mich, den Herzog von Alba,</p> - <p class="line">Freundlichen Gruß, und sendet, noch ehe der würgende Schlachtruf</p> - <p class="line">Tunis Gefilde durchtobt, dir sanfte Worte des Friedens,</p> - <p class="line">Daß unzähliger Völker Glück dem deinen vereint sey!</p> - <p class="line">Nicht gedenket er, dir zu entreißen die Krone von Algier;</p> - <p class="line">Aber er heischt, zum Ersatz, für Hassan jene von Tunis,</p> - <p class="line">Die er, erst jüngst, mit heiligem Eid, ihm wieder zu schaffen</p> - <p class="line">Schwur, aufbiethend unendliche Macht. Auch sollst du in Freiheit</p> -<a id="page-180" class="pagenum" title="180"></a> - <p class="line">Ziehen mit deinem Volk; entführen die Schätz’ und die Waffen,</p> - <p class="line">Wenn du zuvor den Christensclaven die Bande gelöset,</p> - <p class="line">Und gelobet ihm hast, zu entsagen der schrecklichen Willkühr,</p> - <p class="line">Die nur auf Menschenraub und Plünderung gründet die Herrschaft.</p> - <p class="line">Frei ist das Meer: ein Bild der ewigen Vorsicht, umher, rings,</p> - <p class="line">Hält es die Erd’ umfaßt! Auf seinen unendlichen Bahnen</p> - <p class="line">Fliege des emsigen Kaufmanns Schiff, mit schimmerndem Fittig,</p> - <p class="line">Schnell von Port zum Port, im völkerverbindenden Handel</p> - <p class="line">Freudig den Segen der einen Welt der andern zu spenden;</p> - <p class="line">Willig trag’ es, wenn Noth es erheischt, ein muthiges Kriegsvolk,</p> - <p class="line">Das sich erhob, des Wüthrichs Macht zu begegnen — zu wehren</p> - <p class="line">Unterdrückung und Schmach, im blitzebewaffneten Bollwerk</p> - <p class="line">Hin zum sicheren Sieg; doch mög’ es, empört, in den Abgrund</p> - <p class="line">Schleudern das Schiff und den Räuber zugleich, der schnöden Gewinns froh,</p> - <p class="line">Seine Fluthen entweiht, der Knechtschaft Opfer zu häufen!</p> - <p class="line">Unsere Losung sey: des Meers allsegnende Freiheit!“</p> - <p class="line">Dunkelröthliche Gluth flammt’ auf in den Augen des Wüthrichs,</p> - <p class="line">Als er die Worte vernahm; er schwang auf dem purpurnen Pfühl sich</p> -<a id="page-181" class="pagenum" title="181"></a> - <p class="line">Rasch herum, und ballte die Faust, und knirscht’, und begann so:</p> - <p class="line">„Ha, verwegener Christ, so trotzest du mir in das Antlitz?</p> - <p class="line">Fluch sey dir, und auch ihm, der dich gesendet! Hinweg — stirb!“</p> - <p class="line">Jetzo ereilt’ ihn der Tod auf hundert blitzenden Säbeln,</p> - <p class="line">Rief nicht Sinam dem Volk: „Vergreife dich nicht am Gesandten!“</p> - <p class="line">Alsbald bebt’ es zurück. Da stand voll ruhiger Hoheit</p> - <p class="line">Alba, und starrte mit festem Blick dem Wüthrich in’s Antlitz,</p> - <p class="line">Der, erblassend dem Blick, verstört zum Boden hinabsah.</p> - <p class="line">Stille herrscht’ in dem Saal, und lange noch starres Entsetzen.</p> - <p class="line">Aber der Milde bedacht, sprach Sinam: „Erwählter des Himmels,</p> - <p class="line">Seiner Gläubigen Hort, und Liebling des großen Propheten,</p> - <p class="line">Schone des Herolds: denn wie die Laute mit tönenden Saiten</p> - <p class="line">Lautlos schweigt, bis ihr, nun frohe, nun traurige Weisen,</p> - <p class="line">Wechselnd, des Künstlers Hand entlockt: so hat er auch jetzo</p> - <p class="line">Nur getreu verkündet das Wort, das Herrschergewalt ihn</p> - <p class="line">Sprechen hieß. Nur den verfolg’, ein furchtbarer Rächer,</p> - <p class="line">Der ihn gesendet zu dir, so er stolz verschmähte den Frieden,</p> - <p class="line">Welchen du noch aus dem Born reichströmender Huld ihm gewährest.“</p> - <p class="line">Hairaddin rief: „Wohlan, vernehmet es, was ich beschlossen!</p> - <p class="line">Erst schafft ihr in Banden herbei den schwarzen Verräther,</p> - <p class="line">Muley Hassan, der, Ungläubigen selber zum Spott nur,</p> - <p class="line">Feig der Rach’ entrann. Auch hundert der größeren Schiffe</p> -<a id="page-182" class="pagenum" title="182"></a> - <p class="line">Möget ihr ohne Verzug uns geben als rettende Sühnung,</p> - <p class="line">Daß ihr noch frei heimkehrt, und entflieht der grausen Vertilgung.</p> - <p class="line">Säumtet ihr, dann Weh’ euch: denn Hunderttausende harren,</p> - <p class="line">Voll blutlechzender Gier, der schrecklichen Losung des Mordens</p> - <p class="line">Nur, und ihr werdet vor ihnen wie Spreu vor dem Sturme zerstieben!“</p> - <p class="line">Und er entließ ihn jetzt mit schnödem Winke der Rechten;</p> - <p class="line">Blickte nach Dragut dann, und wieder nach Muhamed Temtes,</p> - <p class="line">Lächelnd. Er that, als acht’ er ihn kaum, und ihm bebte das Herz noch</p> - <p class="line">Wegen des todverachtenden, mutherhelleten Blickes,</p> - <p class="line">Der ihm die Tiefen der Brust, gleich flammenden Blitzen, durchbohrte.</p> - <p class="line">Aber noch weilte der Held, und sprach zu dem Herrscher noch einmal:</p> - <p class="line">„Gönnet mir gnädig Gehör! Die Gattinn des edelsten Feldherrn</p> - <p class="line">Schmachtet, seiner beraubt, in Draguts harter Gewahrsam;</p> - <p class="line">Doch er gebe sie frei; die Lösung heischend nach Willkühr,</p> - <p class="line">Daß sie des Wiederseh’ns unnennbare Wonne vereine.“</p> - <p class="line">Schnaubend vor Zorn erhob sich Dragut, und rief ihm entgegen:</p> - <p class="line">„Ha, du biethest mir Gold für sie, die schön ist wie Houris<a class="fnote" href="#footnote-49" id="fnote-49">[49]</a> —</p> - <p class="line">Gold, das mir zur Beut’ Europa gespendet? Ich wähnte,</p> - <p class="line">Kommen wird der Gemahl, das Weib zu ersiegen im Zweikampf.</p> - <p class="line">Liegt ihm Tunis zu fern? Erzähl’ uns, ist er so furchtsam?“</p> -<a id="page-183" class="pagenum" title="183"></a> - <p class="line">Alba, des Spötters nicht achtend, ging. Der edlere Sinam</p> - <p class="line">Folgt’ ihm schweigend, und gab, an dem Thor, die maurischen Reiter</p> - <p class="line">Ihm zum Geleit, fern über Goletta hinaus zu dem Wall hin.</p> - <p class="line">Hairaddin hob sich ergrimmt von dem Pfühl, und sagte den Feldherrn:</p> - <p class="line">„Eilt an das blutige Werk, und sucht im stürmischen Angriff,</p> - <p class="line">Heimlich und offenbar, in der Kühle der Nacht und des Tages</p> - <p class="line">Menschen- und thier’ermattender Gluth, dem Feinde zu schaden,</p> - <p class="line">Bis die vereinte Macht unzähliger Bundesgenossen</p> - <p class="line">Uns auf das Schlachtfeld ruft, zum schrecklichen Kampf der Entscheidung!“</p> - <p class="line">Jeglicher eilte zum Heer; doch Dragut, empört in dem Busen</p> - <p class="line">Flog zu Mathilden heim, zu Toledo’s unglücklicher Gattinn.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Ach, sie duldete dort jetzt unaussprechlichen Jammer!</p> - <p class="line">Wie die Rose, dem wonnigen Lenz entfaltend die Knospen,</p> - <p class="line">Rings Entzücken weckt, und freudiges Staunen: so war sie;</p> - <p class="line">Aber, der Lilie gleich, da auf ihre, noch sprossenden Blüthen</p> - <p class="line">Sengender Mehlthau fiel, hinschwand die zarte Gestalt nun,</p> - <p class="line">Nahe dem Leidensziel’, in des Lebens herber Vollendung:</p> - <p class="line">Denn nicht ahnte sie noch in der Stund’ entsetzlicher Trennung</p> - <p class="line">Von Toledo, die größere Qual: dem Kranken nicht ungleich,</p> - <p class="line">Der in des Fiebers Gluth, von Schreckgebilden umgeben,</p> - <p class="line">Noch die Schmerzen nicht ahnt, die bald, nach der Wiederbesinnung,</p> -<a id="page-184" class="pagenum" title="184"></a> - <p class="line">Seinen, vom Fieber entfesselten Leib empfindlicher stacheln.</p> - <p class="line">Erst in Draguts Gewalt, des Wüthrichs, gewahrte sie, bebend,</p> - <p class="line">Fülle der Schmach, wo seine, nach ihr verlangenden Augen</p> - <p class="line">Sprachen, sein Mund ihr rief: sie werde, des Kindes genesend,</p> - <p class="line">Lagersgenossinn ihm seyn. Da schwand ihr plötzlich der Hoffnung</p> - <p class="line">Letzter, leitender Stern vom graunumnachteten Himmel;</p> - <p class="line">Furchtbar gähnte vor ihr der Abgrund; schauderergriffen,</p> - <p class="line">Bebte sie matt und matter zurück, und Ströme von Thränen</p> - <p class="line">Kühlten das brennende Weh’ in ihrer zerrissenen Brust nicht.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hugo, der Treue, gewahrt’, und hörte den Jammer Mathildens.</p> - <p class="line">Völlig war ihm gebrochen das Herz vor lastender Wehmuth;</p> - <p class="line">Dennoch log sein Greisengesicht stets heiteren Trost noch:</p> - <p class="line">Daß nicht dem wankenden Stamm die einzige Stütze geraubt sey;</p> - <p class="line">Doch als nun der Kaiser mit Heeresmacht vor Goletta</p> - <p class="line">Stand, den Regulus ihm als Retter verheißen: da schien ihm</p> - <p class="line">Blauer die Luft, die Sonne viel glänzender, grüner das Erdrund;</p> - <p class="line">Da durchzuckt’ ihm das Herz der Freude verjüngendes Feuer,</p> - <p class="line">Und er stürzte herein, und rief der Dulderinn also:</p> - <p class="line">„Segen mit dir! Erheitere schnell dein trauerndes Antlitz:</p> - <p class="line">Draußen am Strand erschien der Christen unendliche Heersmacht,</p> - <p class="line">Hairaddins Frevelgewalt zu vernichten im Kampf der Entscheidung,</p> -<a id="page-185" class="pagenum" title="185"></a> - <p class="line">Und wo Siegsruhm winkt, auf dem Felde der Ehre, da sollten</p> - <p class="line">Wälschlands Helden nicht seyn? Nicht mit ihnen der edle Toledo?</p> - <p class="line">Hört’ ich es — hört’ ich es nicht: er sey zugegen? Er ist es.</p> - <p class="line">Himmlische Wort’, o möchten sie Muth und freudige Hoffnung</p> - <p class="line">Wecken in deiner Brust! Dem Jammer mußte sein Ziel steh’n;</p> - <p class="line">Kränze des Sieg’s reicht euch, erbarmend, die ewige Vorsicht</p> - <p class="line">Nun am Ziel, in der Wonne der seligen Wiedervereinung.“</p> - <p class="line">Staunend erst, dann zürnend vernahm Mathilde des Greises</p> - <p class="line">Jubelnde Worte. Sie wähnte betrübt: unwürdigen Scherz nur</p> - <p class="line">Sinne der Greis; doch jetzt entzückenstrahlende Wahrheit</p> - <p class="line">Schauend in seinem Gesicht, ergriff sie vernichtender Schrecken.</p> - <p class="line">Bleich entfuhr sie dem Stuhl, ihr bebten geöffnet die Lippen,</p> - <p class="line">Wankte näher, und stand, und hielt den pochenden Busen,</p> - <p class="line">Aechzend; wankte zurück, und starrte durch quellende Zähren.</p> - <p class="line">„Wie, und du weinst?“ sprach Hugo erstaunt, „das gönnt’ ich dir endlich:</p> - <p class="line">Denn oft stillet die Thrän’ unendliches Weh’ in dem Herzen;</p> - <p class="line">Aber nicht Thränen der Freud’ ersieht mein Aug’ in den deinen,</p> - <p class="line">Die es zu sehen gehofft, und ach, vergeblich gehofft hat!“</p> - <p class="line">Und sie begann: „Nicht Thränen der Freud’ erblickst du für jetzt noch,</p> - <p class="line">Redlicher; doch versiegen wird nun jene des Kummers!</p> - <p class="line">Nein, ich weine nicht mehr: denn soll ich den Ewiggeliebten</p> - <p class="line">Wiederseh’n, o, dann, dann werden die heißesten Wünsch’ all’</p> -<a id="page-186" class="pagenum" title="186"></a> - <p class="line">Mir in dem einen gewährt: daß ich sterb’ an dem Herzen Toledo’s!“</p> - <p class="line">„Ach,“ so schluchzte der Greis, „den Tod ersehntest du jetzo?</p> - <p class="line">Heimwärts schiffet ihr bald, und spät im grauenden Alter</p> - <p class="line">Schlummert ihr beide beglückt zum schöneren Leben hinüber!“</p> - <p class="line">Aber sie schüttelt’ ihr Haupt, und begann in sinnender Schwermuth:</p> - <p class="line">„Wie die unschuldige Taube, verscheucht, und im Fluge gemordet</p> - <p class="line">Von dem schmetternden Blei, ihr Nestchen verödet zurückließ:</p> - <p class="line">So aus der öden Brust entfloh mir die Hoffnung für immer;</p> - <p class="line">Nie kehrt sie mehr zurück. Des Ewigen Wille geschehe!“</p> - <p class="line">Und noch hellere Fluth entstürzte den Augen Mathildens.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt ertönte Geräusch, und Dragut, der Schreckliche, stürmte</p> - <p class="line">Hastig herein: sie erbebte vor ihm, und wandte sich seitwärts.</p> - <p class="line">Häßlicher noch von der Wund’ im Gesicht’, die gestern Toledo</p> - <p class="line">Ihm versetzte, begann er vor ihr mit grimmigem Lächeln:</p> - <p class="line">„Thränen umhüllen dein Aug’, nun dir der zärtliche Gatte</p> - <p class="line">Nah’ ist? Die Schulter durchrannt’ ich ihm, kämpfend, erst; von dem Nacken</p> - <p class="line">Hätt’ ich gehauen sein Haupt, und dir vor die Füße geworfen;</p> - <p class="line">Wär’ er nicht feig entfloh’n vor dieser gefürchteten Rechten.“</p> - <p class="line">Flammende Röth’ umzog die Lilienwangen der Edlen,</p> - <p class="line">Und sie erhob die, sonst zur Erde gehefteten Augen</p> - <p class="line">Ob des schmähenden Wort’s nun stolz, und voll kühner Verachtung</p> -<a id="page-187" class="pagenum" title="187"></a> - <p class="line">Gegen den Wüthrich, und schwieg. Da sprach er von neuem ergrimmter:</p> - <p class="line">„Wähn’t ihr thöricht im Geist: wir sollen erliegen im Schlachtfeld</p> - <p class="line">Euerem Volk? Welch eiteler Wahn! Und sollt’ es geschehen,</p> - <p class="line">Dann, ich schwör’ es zu Gott und dem großen Propheten, erwürg’ ich</p> - <p class="line">Dich mit eigener Hand, eh’ dich dein Gatte mir raube!“</p> - <p class="line">Also droht’ er, und ging. Mathilde erforschte den Treuen,</p> - <p class="line">Aengstlichen Blicks; sie rang die Händ’, und sagte vergehend:</p> - <p class="line">„Seine Schulter durchrannt von Draguts tödlichem Eisen?</p> - <p class="line">Weh’, er starb: nicht an seiner Brust verhauch’ ich das Leben!“</p> - <p class="line">Hugo spähet’ umher, und sagte mit leiserer Stimme:</p> - <p class="line">„Traue dem Lügner doch nicht. Toledo’s blitzendem Degen</p> - <p class="line">Wär’ er genaht, und lebete noch? Bald leuchtet der Vollmond</p> - <p class="line">Dir auf dem nächtlichen Pfad zur Felsenhöhle des Waldes.</p> - <p class="line">Staune nicht so: das Schiffchen harrt, und trägt dich, errettend,</p> - <p class="line">Ueber den See, Toledo’s geöffneten Armen entgegen.“</p> - <p class="line">„Hugo, und du,“ sprach jene bewegt, „willst du mich verlassen?“</p> - <p class="line">Unstät irrte sein Blick umher, dann sprach er im Abgeh’n:</p> - <p class="line">„Lauern des Wüthrichs Späher nicht auf? Nur diese zu täuschen,</p> - <p class="line">Harr’ ich des Morgens noch, und werde dir, Gütige, folgen.“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und ging voll Hast, als drängten ihn wichtige Sorgen;</p> - <p class="line">Aber sie stand, und bebte: sie hatte den Treuen errathen.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-188" class="pagenum" title="188"></a> - <p class="line">Drüben im Lager vernahm der Kaiser von Alba mit Staunen</p> - <p class="line">Hairaddins Trotz: wie er ihm auf Tod und Leben den Kampf both.</p> - <p class="line">Ernst umwölkte sein Aug’, und jetzt, erhebend den Degen,</p> - <p class="line">Hieß er beginnen den Sturm, von den Wällen umher, auf Goletta.</p> - <p class="line">Sieh’, als wären der Hölle zugleich entronnen die Schrecken</p> - <p class="line">All’, so wüthete Lärm und Getös’ um die Veste! Der Wurfschütz’</p> - <p class="line">Rührte des Brändchens Rohr mit der Lunt’: im bläulichen Rauch flog</p> - <p class="line">Flamm’ empor; zurück, dann eilender wieder zur Stelle</p> - <p class="line">Rollte der eherne Schlund, und warf durch Feuer und Flammen,</p> - <p class="line">Donnernd, im Bogenwurf die Kugel zur Veste hinüber.</p> - <p class="line">So von den Schanzen, und so von dem Meer hinsausten die Kugeln;</p> - <p class="line">Aber nicht minder zurück von dem Wall der trotzenden Festung</p> - <p class="line">Sausten sie hin und daher, voll Grau’ns: denn hoch in des Himmels</p> - <p class="line">Bläulichem Zelt durchkreuzten sich oft die feindlichen; bebend</p> - <p class="line">Drönte die Erd’ umher, und laut aufheulte der Luftraum.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Herrschend mit Allmacht saß die goldenstrahlende Sonne</p> - <p class="line">Nun auf ihrem mittäglichen Thron, und schleuderte rastlos</p> - <p class="line">Glühende Pfeil’ auf Afrika’s Sandgefilde herunter.</p> -<a id="page-189" class="pagenum" title="189"></a> - <p class="line">Nicht die befiederten Sänger der Luft, nicht das zahmere Hausthier,</p> - <p class="line">Noch das Gewild, belebten die Welt; sie suchten des Hofraums</p> - <p class="line">Schatten, die Nacht der Höhl’, und des säuselnden Waldes Umlaubung.</p> - <p class="line">Auch der Städter zugleich, und der niedrigen Hütte Bewohner</p> - <p class="line">Schlummerte sorglos jetzt in der Kühle der dunkelen Kammer.</p> - <p class="line">Aber nicht weht’ in des Lagers Raum erfreuende Kühlung,</p> - <p class="line">Wo das luftige Zelt nicht schirmte den lechzenden Krieger</p> - <p class="line">Gegen den glühenden Hauch des Tag’s, und nirgend ein Bäumchen,</p> - <p class="line">Nirgend ein Strauch ihm both die Zweige zum schattenden Obdach.</p> - <p class="line">Schweraufathmend und träg’, umwandelten dort auf dem Walle,</p> - <p class="line">Und den Graben entlang, die Wachen; des blanken Gewehrs Last,</p> - <p class="line">Sonst dem Krieger ein Spiel, lähmt’ ihm den Arm und die Schulter.</p> - <p class="line">Düster blickte sein Aug’ aus den halbgeschlossenen Liedern</p> - <p class="line">Hinter dem glühenden Helm hervor; in gewichtigen Tropfen</p> - <p class="line">Rann ihm der Schweiß von der schmerzgefalteten Stirne herunter,</p> - <p class="line">Und die schmachtende Zung’ erstarrt’ an dem trockenen Gaumen.</p> - <p class="line">Deutschlands Söhne, vor allen zuerst, entnervte der Sonne</p> - <p class="line">Sengender Strahl: sie wähnten sich all’ in der Fremde verloren.</p> - <p class="line">D’rum rief Siegmar jetzt, der Hesse, zu Walther dem Bayer:</p> -<a id="page-190" class="pagenum" title="190"></a> - <p class="line">„Welch ein Geschick ereilt uns hier in dem Lande des Fluches:</p> - <p class="line">Wären wir nie ihm genaht! O Deutschland, edele Heimath,</p> - <p class="line">Schön vor jeglichem Land, das rings im kreisenden Umschwung</p> - <p class="line">Irgend die Sonne bescheint! Den Deutschen, der dich nicht ehrte —</p> - <p class="line">Liebte vor jeglichem, ha, den treffe nur Schmach und Verachtung!</p> - <p class="line">Siehe, wie lästig dahier der ewigheitere Himmel</p> - <p class="line">Lächelt, und o wie entzückt mich dort des stürmischen Winters</p> - <p class="line">Ernste Stirn’, umhüllt von schneebelasteten Wolken:</p> - <p class="line">Denn sie entschütteln die Last, und ringsum schimmert die Gegend</p> - <p class="line">Hell bei Tag und bei Nacht, im Sterngefunkel und Mondglanz.</p> - <p class="line">Eisern faßt mich am Morgen sein Hauch, und unter den Sohlen</p> - <p class="line">Knarrt der Schnee; mein Odem wallt, gleich Nebeln, um mich her.</p> - <p class="line">Bald ergreift mich die Lust, mit höherer Gluth auf den Wangen,</p> - <p class="line">Hinzugleiten auf spiegelndem Eis, das unter den Schlittschuh’n</p> - <p class="line">Ehern tönt; bald spann’ ich mit Freuden das schellenbekränzte,</p> - <p class="line">Dampfende Roß an den Schlitten, und flieg’ in dem windenden Thal hin</p> - <p class="line">So, daß das frohe Geklingel umher von den Bergen zurückhallt;</p> - <p class="line">Doch heimkehrend, erseh’ ich, bewegt, wie im rosigen Abend</p> -<a id="page-191" class="pagenum" title="191"></a> - <p class="line">Glühen die Berg’, und fern’ im Gefild vom lastenden Schneedach</p> - <p class="line">Wirbelt die Säule des Rauchs, der dort mich zu Freuden des Lebens</p> - <p class="line">Ladet im Kreise der Lieben, beim herzerheiternden Festmahl.</p> - <p class="line">Deutschland, edeles Land, stets sollst du vor jedem mir werth seyn!“</p> - <p class="line">Unmuthvoll ihm sagte darauf der mürrische Walther:</p> - <p class="line">„Froh gedenkst du des Schnee’s, und der Freuden des eisigen Winters</p> - <p class="line">Nun; doch kühlest du mir die Gluth der schmachtenden Brust nicht.“</p> - <p class="line">So besprachen sich dort die tapferen Kriegesgefährten.</p> - <p class="line">Auch die muthigen Ross’ erschlafften des heißeren Mittags</p> - <p class="line">Glühendem Hauch: sie beugten, und hoben ihr Haupt in die Luft auf,</p> - <p class="line">Rastlos; suchten, gedrängt im Kreis’, des eigenen Schattens</p> - <p class="line">Kühl’, und stampften, und scheuchten, gequält, die lästigen Fliegen</p> - <p class="line">Sich mit dem tönenden Schweif, von der Seit’ und dem zuckenden Bauch fort;</p> - <p class="line">Aber nur gieriger summten sie auf, und kehrten erboßter.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Muhamed sah vom Gewölk, wie Salek, der listige Feldherr,</p> - <p class="line">Ordnend den Hinterhalt, von Goletta herüber im Hohlweg</p> - <p class="line">Mächtige Scharen barg, und mit tausend numidischen Reitern,</p> - <p class="line">Spähend den Wald entlang, herzog dem Feinde zum Unheil.</p> - <p class="line">Jetzt auf dem Wall erblickend die Wache besorgenden Christen,</p> -<a id="page-192" class="pagenum" title="192"></a> - <p class="line">Hemmt’ er, vor Angst erbebend, den Zug, und wäre geflohen.</p> - <p class="line">Doch, wie die lauernde Spinne hervor aus dem Winkel am Fenster</p> - <p class="line">Dorthin fleugt, wo im schwebenden Netze die Fliege, gefangen,</p> - <p class="line">Nun vergeblich sich müht zu entkommen den klebrigen Fäden:</p> - <p class="line">Denn sie ergeußt der Bande noch mehr, sie ganz zu umspinnen:</p> - <p class="line">Muhamed stürzete so zu Salek herunter, und nimmer</p> - <p class="line">Konnt’ er entflieh’n, bethört von des Geistes verderbenden Worten.</p> - <p class="line">„Salek,“ so rief er ihm zu, „die Söhne der Fremde besiegte</p> - <p class="line">Frühe schon Hitz’ und Durst; erkämpfe den leichteren Sieg dir</p> - <p class="line">Heut’ in dem furchtbar’n Hinterhalt! Du lockest des Feindes</p> - <p class="line">Tapferen Hort, der dort umwandelt in sinnender Schwermuth,</p> - <p class="line">Durch verstellete Flucht in des Hohlwegs tödliche Falle.“</p> - <p class="line">Also der Geist. Da flog, gehorchend, der Zögernde vorwärts.</p> - <p class="line">Sarno war’s, der hoch auf dem Wall’, in sinnender Schwermuth</p> - <p class="line">Wandelte. Jetzt, aufqualmenden Staub in der Ferne gewahrend —</p> - <p class="line">Hörend der Pferde Getrab, entriß er der Scheide den Degen</p> - <p class="line">Halb, und stand, und harrte der Kommenden; aber voll Unmuths</p> - <p class="line">Drängt’ er den Stahl in die Scheide zurück: denn viel zu gering’ ihm</p> - <p class="line">Dünkte des Feindes Macht, und rief zu Belindo, dem Hauptmann:</p> - <p class="line">„Eile den Frechen dort mit hundert erlesenen Kriegern</p> -<a id="page-193" class="pagenum" title="193"></a> - <p class="line">Muthig entgegen; sie flieh’n vor eurem zermalmenden Blick schon.“</p> - <p class="line">Jetzt, wie im dunkeln Forst der leis’auftretende Weidmann,</p> - <p class="line">Schauend die weidende Schar der Hirsch’ auf den blumigen Matten,</p> - <p class="line">Die, an der Schnur gekoppelten Hund’, entledigend, vortreibt:</p> - <p class="line">Diese entfahren mit lautem Gebell dem felsigen Abhang,</p> - <p class="line">Jene erheben ihr ästiges Haupt, und fliehen geschreckt fort:</p> - <p class="line">So, von Belindo geführt, entfuhren die tapferen Krieger,</p> - <p class="line">Brausend, dem Wall’, und streckten mit mordenden Feuergewehren</p> - <p class="line">Aus der fliehenden Schar wohl dreißig, getödtet, zu Boden.</p> - <p class="line">Bald entschwanden sie all’, und jauchzend kehrten die Sieger.</p> - <p class="line">Aber nicht lange, da kam, von mächtigen Scharen umgeben,</p> - <p class="line">Salek zurück, und rief die höhnenden Worte herüber:</p> - <p class="line">„Traun, nicht unhold ist’s, dort hinter den schirmenden Wällen</p> - <p class="line">Ruhig im Mittagsschlaf die faulen Glieder zu dehnen;</p> - <p class="line">Hinter gethürmetem Bollwerk sucht der feigere Krieger</p> - <p class="line">Gerne sein Heil — der tapfere Mann in dem eigenen Muth nur!</p> - <p class="line">Kommt, wir sandten die Reiter zurück, vor welchen ihr bebtet;</p> - <p class="line">Laßt uns in gleicher Zahl versuchen des Kampfes Entscheidung!“</p> - <p class="line">Sarno schrie ergrimmt: „Fünfhunderte mögen mir folgen!“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und stürzte vom Wall’ — ihm folgten die tapferen Krieger.</p> - <p class="line">Kaum entbrannte der Kampf; nur sparsam benetzte den Sand erst</p> -<a id="page-194" class="pagenum" title="194"></a> - <p class="line">Maurisches Blut: da floh’n, ablenkend, die listigen Scharen</p> - <p class="line">Vom Olivengehölz zu dem trugverbergenden Hohlweg.</p> - <p class="line">Rastlos wüthete Sarno’s Schwert dem Feind in dem Rücken,</p> - <p class="line">Und er häuft’ ergrimmt die Leichen: dem Schnitter nicht ungleich,</p> - <p class="line">Der mit dem blinkenden Stahl die Garben häuft auf dem Saatfeld;</p> - <p class="line">Doch, da stürmte vom Walde heran, von Goletta herüber,</p> - <p class="line">Und aus den Tiefen herauf des schlauverborgenen Feindes</p> - <p class="line">Wimmelnde Meng’ auf Sarno: er stand, und es bebt’ ihm das Herz nicht,</p> - <p class="line">Das nur Schlachten ersehnt, und Gefahren des Todes gewollt hat.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Salek kam, wie ein Hagelgewölk im brausenden Sturmflug,</p> - <p class="line">Näher mit seinem Volk. Nie hatt’ ihn das feurige Streitroß</p> - <p class="line">Also getragen: so schnell, so wild empört, und vor Ingrimm</p> - <p class="line">Schnaubend. Muhamed war’s, der jetzt mit seinen Erwählten</p> - <p class="line">Jeglichen Reiters Pferd durch schreckende Gaukelgestalten</p> - <p class="line">Vorwärts trieb: denn solches vermögen die luftigen Geister.</p> - <p class="line">Salek ersah das Weiß’ im dräuenden Auge des Gegners</p> - <p class="line">Schon, und riß sein wüthendes Roß zurück mit dem Zügel:</p> - <p class="line">Aechzend bäumt’ es sich auf, und bog, umlenkend im Sandstaub,</p> - <p class="line">Gegen Sarno die Brust, der, eh’ es den vorderen Huf noch</p> - <p class="line">Senkte, den blinkenden Stahl ihm tief in die Weiche des Bauches</p> -<a id="page-195" class="pagenum" title="195"></a> - <p class="line">Stieß, daß es laut hinkracht’ im Fall, und den Reiter herabwarf.</p> - <p class="line">Salek raffte sich auf, und schwang den blitzenden Säbel</p> - <p class="line">Ueber des Gegners Haupt; doch, ehe der tödliche Streich fiel,</p> - <p class="line">Bohrt’ er auch ihm den rauchenden Stahl mit der nervigen Rechten</p> - <p class="line">Fest in die Brust. Sein Auge brach; die geöffneten Lippen</p> - <p class="line">Bebten ihm; bleich im Tod hinsank er, und regte sich nimmer.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Muhamed floh, und ihm heulte, bestürzt, sein luftiges Volk nach.</p> - <p class="line">Auch erstarrten die Mauren vor Angst: den sterbenden Feldherrn</p> - <p class="line">Schauend in seinem Blut; doch bald erwachte des Mordens</p> - <p class="line">Wüthende Gier in allen zugleich; sie schrie’n zu dem Himmel</p> - <p class="line">Fluch und Verwünschungen auf, und umbrausten den Sieger. Nicht anders,</p> - <p class="line">Wenn der Jäger im Hain, todsinnend dem kleinen Gevögel,</p> - <p class="line">Einen stattlichen Uhu mit List an den ragenden Lockbaum</p> - <p class="line">Aufstellt, wüthen die Vögel um ihn, und kreischen, und schreien,</p> - <p class="line">Rach’erfüllt: denn oft raubt’ er im nächtlichen Dunkel,</p> - <p class="line">Von dem belaubten Zweig die Entschlummerten, oft aus der Felskluft;</p> - <p class="line">Aber er schaut, aus großen, der Sonn’ erblindeten Augen,</p> - <p class="line">Ruhig umher, und scheuchet die furchtsamen hin und herüber:</p> - <p class="line">Also umdrängten auch hier den edeln Sarno die Gegner,</p> - <p class="line">Rache schnaubend, und links, und rechts sank Reiter und Fußvolk,</p> -<a id="page-196" class="pagenum" title="196"></a> - <p class="line">Das ihm genaht. Auch kämpften um ihn die treuen Gefährten,</p> - <p class="line">Heldenmüthigen Sinns, und tilgten die feindlichen Haufen.</p> - <p class="line">Jetzt an des Todes grimmigem Fest, umhügelt von Leichen,</p> - <p class="line">Triefend von Schweiß und Blut, erwachte die Liebe des Lebens</p> - <p class="line">Mächtig in seiner Brust. Er wollte sich fechtend zurückzieh’n,</p> - <p class="line">Da er im rühmlichen Kampf, hier weichend der schrecklichen Mehrzahl</p> - <p class="line">Nur, so dacht’ er, bewies: ihn schmäht’ einst Guasto mit Unrecht.</p> - <p class="line">Sieh’, und als er das Volk in dem Rückzug ordnend, sich wandte,</p> - <p class="line">Und verrätherisch sich vom Helm’ der glänzende Harnisch</p> - <p class="line">Sonderte, da durchfuhr mit schmetterndem Schlage die Kugel</p> - <p class="line">Ihm das Genick; er sank, und röchelte sterbend am Boden!</p> - <p class="line">Feindliches Jauchzen erscholl, und es droht’ ihm entsetzlicher Frevel;</p> - <p class="line">Aber Belindo sprang vor ihn hin, und rief den Gefährten:</p> - <p class="line">„Ewige Schande für euch, laßt ihr die Leiche des Helden,</p> - <p class="line">Feiggesinnet, dem Feind’ zum Gespött’ und frevelnden Unfug.“</p> - <p class="line">Schon umstürmt’ ihn der Feind; doch so wie die säugende Bärinn</p> - <p class="line">Sich vor der Höhl’ aufstellt, wenn rings die grimmigen Rüden</p> - <p class="line">Von dem Jäger gehetzt, ihr nah’n, und immer zurückschaut,</p> - <p class="line">Immer den nächsten erhascht, und mit furchtbarrüstigen Klauen</p> - <p class="line">Ihn umklammernd zerreißt, daß heulend die andern entfliehen:</p> -<a id="page-197" class="pagenum" title="197"></a> - <p class="line">Also hielt er die tobende Schar von der Leiche des Feldherrn,</p> - <p class="line">Fechtend, zurück, bis zween, an Kraft gepriesene Krieger,</p> - <p class="line">Ihn, zur Erde gebückt, auf die Schultern erhoben, und heimwärts</p> - <p class="line">Trugen voll Eil’ und Hast, nach den trefflich geschirmeten Wällen.</p> - <p class="line">Ihnen folgten am Fuß die schnellverwaisten Gefährten —</p> - <p class="line">Auch von Belindo verwaist: denn ach, unzählige Lanzen</p> - <p class="line">Wühlten in seiner gewaltigen Brust, und, vom Rumpfe gehauen,</p> - <p class="line">Sollte sein edeles Haupt zur Schau dem gaffenden Volk seyn!</p> - <p class="line">Aber die Christen floh’n nicht feig’ und in wilder Verwirrung:</p> - <p class="line">Denn sie wendeten oft die trotzige Stirne dem Gegner,</p> - <p class="line">Feuernd aus schmetterndem Rohr, entgegen. Da brausten die Scharen</p> - <p class="line">Wieder zurücke mit lautem Geschrei: wie die Hunde des Schäfers,</p> - <p class="line">Die den muthigen Stier mit Gebell verfolgen im Blachfeld,</p> - <p class="line">Heulend entflieh’n, so oft er, gesenkt, die furchtbaren Hörner</p> - <p class="line">Gegen sie wendet, und brüllt, und Sand aufschleudert zum Himmel.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt ersah’n vom Wall die wachebesorgenden Krieger</p> - <p class="line">Unheilkündenden Staub; dann näher die flüchtigen Scharen</p> - <p class="line">Ihres Volks, von dem Feinde gedrängt; sie hörten vernehmbar</p> - <p class="line">Kampfesgetös’ — o Jammer, sie sah’n und erkannten den Todten!</p> - <p class="line">All’ entfuhren zugleich dem Wall, den theuren Gefährten</p> -<a id="page-198" class="pagenum" title="198"></a> - <p class="line">Rettend zu nah’n, und es bebte der Feind den Dräuenden. Alsbald</p> - <p class="line">Wandt’ er den Rücken, und floh nach Goletta’s Mauern hinüber.</p> - <p class="line">Schweigend nahten die Krieger dem Wall. Zur Erde geheftet</p> - <p class="line">Starrete jegliches Aug’: es blickte zuweilen mit Angst nur</p> - <p class="line">Nach dem Entseeleten hin, und goß dann hellere Tropfen</p> - <p class="line">Ueber die bebende Wang’, auf die bärtige Lippe herunter.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Doch vor seinem Gezelt, auf zwölf, untadligen Schilden</p> - <p class="line">Lag er jetzt mit der Fahne des Ruhms, die er einst vor Pavia’s</p> - <p class="line">Mauern errang, wo Frankreichs Stolz dem siegenden Kaiser</p> - <p class="line">Huldigte. Dort sollt’ ihm ein Ehrenmaal sich erheben:</p> - <p class="line">Denn sie erhöhten den Schaft hochragender Speere: zum Haupt hin</p> - <p class="line">Zween, und zween zu den Füßen, gebohrt in den Rasen, im Viereck;</p> - <p class="line">Hingen zum Wappenschild gewehrdurchkreuzende Degen,</p> - <p class="line">Schimmernde Panzer und Helm’, in der Mitte des ragenden Speers auf;</p> - <p class="line">Kehreten dann g’en Mitternacht, und kehrten zum Mittag,</p> - <p class="line">Auch zum Auf- und zum Niedergang des ehrnen Geschützes</p> - <p class="line">Dräuende Mündung hinaus. Er lag, das Antlitz zum Himmel</p> - <p class="line">Wendend; die Linke bedeckte die Brust, und den tapferen Degen</p> - <p class="line">Hielt die Rechte umfaßt, noch wie zu dem Kampfe gerüstet.</p> - <p class="line">Rings umstand ihn das Volk. Ein Tapferer rühmte mit Thränen</p> -<a id="page-199" class="pagenum" title="199"></a> - <p class="line">Allen umher den Heldenmuth des edelsten Führers,</p> - <p class="line">Als Amino gesprungen kam, der treffliche Spürer</p> - <p class="line">Hochgewilds: sein Liebling, ihm treu, und ergeben, und wachsam.</p> - <p class="line">Winselnd roch er das bleiche Gesicht und die schneeige Hand ihm;</p> - <p class="line">Sah zu den staunenden Kriegern empor, und heulte dann laut auf,</p> - <p class="line">Und von neuem begann Wehklag’ um den edelsten Feldherrn.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-9"> -<a id="page-200" class="pagenum" title="200"></a> -Achter Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">S</span><span class="postfirstchar">tets</span> erschütternder scholl ob Sarno’s Tod in dem Lager</p> - <p class="line">Lärm aufjammernden Volks: denn erst nur ein leises Geflister,</p> - <p class="line">Dann der Rache Geschrei flog schnell vom Zelt zum Gezelt hin</p> - <p class="line">Brausend. Wie der nahende Sturm das Laub in dem Hochwald</p> - <p class="line">Erst nur leise bewegt; dann bald, empörteren Grimmes,</p> - <p class="line">Schüttelt, und wüthender, Zweig’ auf Zweig’, und Wipfel auf Wipfel</p> - <p class="line">Schleudert, daß zwei, zur Reise gesellt, hineilende Wand’rer,</p> - <p class="line">In dem Gebraus’, auch schreiend, nicht hören das eigene Wort mehr:</p> - <p class="line">Also erscholl Wehklag’ und Lärm umher in dem Lager,</p> - <p class="line">Bis er erreichte des Herrschers Ohr, der, stehend am Eingang</p> - <p class="line">Seines Gezelts, dem nahenden Guasto voll Ungeduld zurief:</p> - <p class="line">„Haben die Feinde gesiegt? Uns irgend Verderben bereitet?“</p> - <p class="line">„Unser die Schuld!“ sprach jener. „Vom Feind, in die Falle gelockt, starb</p> - <p class="line">Sarno den selbsterkorenen Tod; der tapfersten Krieger</p> -<a id="page-201" class="pagenum" title="201"></a> - <p class="line">Fünfzig fielen mit ihm; Verwundete zählen wir hundert.“</p> - <p class="line">Und er kehrte zurück mit trauerndem Herzen. Des Helden</p> - <p class="line">Jammergeschick, den er im eifernden Zorne der Feigheit</p> - <p class="line">Zieh, schmolz nun sein starrendes Herz, und ihm thauten die Wimpern.</p> - <p class="line">Aber der Kaiser schwang sich rasch in den Sattel, und jagte</p> - <p class="line">Brausend zur Schanze hinaus, wo Sarno erhöht auf dem Schildbett</p> - <p class="line">Lag. Nicht erkühnte sich jetzt sein Volk, das, trauererfüllet,</p> - <p class="line">Ihn umgab, zum Herrscher den düsteren Blick zu erheben:</p> - <p class="line">Denn es erbebte der Schmach, den Lorber verwelket zu schauen,</p> - <p class="line">Der ihm die Fahn’ umwand zum Lohn errungenen Sieges.</p> - <p class="line">Innig bewegt ersah der edelste Kaiser des Volkes</p> - <p class="line">Trauer; er lächelte mild, und rief mit ermunternden Blicken:</p> - <p class="line">„Wandelbar ist der Schlachten Geschick. Wer schildert den Unhold,</p> - <p class="line">Der es beherrscht, und oft von dem früheren Günstling das Antlitz,</p> - <p class="line">Schön und furchtbar zugleich, zu dem Letzterkorenen wendet?</p> - <p class="line">Aber ihn halte der muthige nur mit eisernen Sehnen</p> - <p class="line">Fest: er kehrt, und jauchzt mit donnerndem Schlund ihm den Sieg zu.</p> - <p class="line">Soll euch schmäh’n der Tapf’re, daß ihr, gedrängt von der Mehrzahl,</p> - <p class="line">Und des Gebiethers beraubt, mit zögerndem Schritte gewichen?</p> - <p class="line">Ferne sey’s! Doch jetzt versenket die Leiche des Feldherrn</p> - <p class="line">Schnell in das Grab; verhüllt es mit grünenden Zweigen und häuft dann</p> -<a id="page-202" class="pagenum" title="202"></a> - <p class="line">Erde darauf, bis wir ihm erhöh’n ein dauerndes Denkmaal.“</p> - <p class="line">Eiliger ritt er zurück: da priesen die Krieger des Kaisers</p> - <p class="line">Unbegrenzete Huld, der statt verwundenden Tadels</p> - <p class="line">Worte des Trostes sprach, und den Tapferen Ehre gewährte.</p> - <p class="line">Und sie bestellten die Leich’ alsbald, dem Herrscher gehorchend.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Aber es wüthete fort und fort des schweren Geschützes</p> - <p class="line">Donnernde Macht um Goletta: denn bald von den kreisenden Schanzen,</p> - <p class="line">Bald von dem wogenden Meer hinsausten die Bomben und Kugeln,</p> - <p class="line">Und nicht minder zurück von den Wällen der trotzenden Festung</p> - <p class="line">Sausten im Donnersturm die schrecklichen her nach den beiden.</p> - <p class="line">Stets verderbender warf die Macht der entsetzlichen Mörser</p> - <p class="line">Mauern und Schanzen in Schutt, und häufte zermalmend die Leichen.</p> - <p class="line">Dort in dem grausen Getös’ umhagelnder Donnergeschosse</p> - <p class="line">Sprengte der Kaiser den Wall entlang, und erweckte die Völker,</p> - <p class="line">Ruh’ausstrahlenden Blick’s, zu freudigem Muth in Gefahren.</p> - <p class="line">D’rauf, zu Guasto gekehrt, aufboth er ihn, scheidend, noch also:</p> - <p class="line">„Sieh’, bald dämmert die Nacht: dann strebe, noch ehe der Vollmond</p> - <p class="line">Ueber die schlummernde Welt sein Strahlenantlitz heraufhebt,</p> - <p class="line">Durch Laufgräben<a class="fnote" href="#footnote-50" id="fnote-50">[50]</a> und Schanzenbau Goletta zu nahen,</p> - <p class="line">Daß sie uns neige das Haupt, erstürmt am kommenden Morgen!“</p> -<a id="page-203" class="pagenum" title="203"></a> - <p class="line">Sieh’, und als er jetzt zu dem Grab, das eben die Krieger</p> - <p class="line">Sarno erhöheten, kam, da däucht’ ihn: ein Stöhnen und Aechzen</p> - <p class="line">Komm’ aus dem schattenden Laub! Er sprang aus den stählernen Bügeln,</p> - <p class="line">Innigbewegt: denn einen verwundeten Krieger zu schauen,</p> - <p class="line">Wähnt’ er, und, ach, ihm kroch, aufheulend, der treue Amino</p> - <p class="line">Sarno’s entgegen, und leckt’ ihm die Hand! Er streichelt’ ihm freundlich</p> - <p class="line">Rücken und Haupt, und lockt’ ihn fort, enteilend, und kehrend;</p> - <p class="line">Doch er schleppte sich langsam zurück, und senkt’ auf die Pfoten</p> - <p class="line">Hin sein müdes Haupt; dann winselt’ er sterbend am Grab noch</p> - <p class="line">Seines getödteten Herrn. Heiß rann an den Wangen des Kaisers</p> - <p class="line">Jetzo die Thräne herab; er kehrte beklommen in’s Lager.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Abendlich zitterten schon die riesigen Schatten der Krieger</p> - <p class="line">Auf dem glühenden Sand; schon hauchte die schimmernde Meersfluth</p> - <p class="line">Kühlere Luft, und es blickte die scheidende Sonne noch einmal</p> - <p class="line">Ueber der Flammenbahn endloser Fluthen herüber —</p> - <p class="line">Nickt’, und sank in ihr Wogenbett im rosigen Westen.</p> - <p class="line">Aber sie hauchte noch lang, mit sanftverglühendem Antlitz,</p> - <p class="line">Purpurröthlichen Duft nach Osten: des kommenden Morgens</p> - <p class="line">Heitre verkündend, und, sieh’, in langen Zügen der Hochlust,</p> -<a id="page-204" class="pagenum" title="204"></a> - <p class="line">Sog ein jeglicher Mann im Heere die liebliche Kühlung</p> - <p class="line">Ein, und jubelte laut: denn schnell versiegte der Schweiß ihm</p> - <p class="line">Jetzt an seinen, vom Abendwind umsäuselten Gliedern!</p> - <p class="line">Diese besorgten das Mahl, unzählige Flammen empörend;</p> - <p class="line">Jene gruben die blitznachahmenden Weg’ in dem Zickzack,</p> - <p class="line">Sonst Laufgräben genannt, die Erde zur schirmenden Brustwehr</p> - <p class="line">Gegen die Vest’ aufdämmend, und dort, dem Ziele genahet,</p> - <p class="line">Gruben sie auch die Schanzen umher, und führten Geschütz ein.</p> - <p class="line">Furchtbarer drönte die Erd’; aufheulte der flammende Luftkreis:</p> - <p class="line">Denn von neuem begann der vestenzertrümmernde Donner.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt umhüllte die Nacht mit dunkelem Schleier die Gegend:</p> - <p class="line">Jene, so langersehnete Nacht, des lieblichen Vollmonds</p> - <p class="line">Stille Verkündigerinn, die jüngst, mit der Freiheit, Mathilden</p> - <p class="line">Himmelswonne verhieß, und, ach, voll Jammers dahinschwand!</p> - <p class="line">Sieh’, in dem schattenden Laubengang des zierlichen Gartens,</p> - <p class="line">Der an des See’s Gestad’, von thürmenden Mauern umfangen,</p> - <p class="line">Lag, lustwandelte sie in des Abends heiliger Stille</p> - <p class="line">Täglich umher! Sie erzählete dort lautweinend den Bäumen</p> - <p class="line">All ihr Wehe: sie säuselten Trost, und den Blumen ihr Unglück:</p> - <p class="line">Ihr erglänzte die Zähr’ aus dem duftenden Kelch, und ihr Wehruf</p> -<a id="page-205" class="pagenum" title="205"></a> - <p class="line">Scholl, dem klagenden Laut der Nachtigall ähnlich im Lenzmond.</p> - <p class="line">Keiner der Männer betrat, die Straf’ urplötzlichen Todes</p> - <p class="line">Scheuend, den Laubengang am dämmernden Abend; nur Hugo</p> - <p class="line">Durfte der Einsamen nah’n, dem Dragut vertraute vor allen.</p> - <p class="line">Aber es hatt’ erst jüngst ein Fischer die dürftige Hütte</p> - <p class="line">Nahe der furchtbar’n Mauer erbaut aus duftendem Schilfrohr;</p> - <p class="line">Zog im Grauen der Nacht das weitumschwimmende Fangnetz</p> - <p class="line">Nach dem gleitenden Kahn, und both den kärglichen Vorrath</p> - <p class="line">Morgens, am Strande des See’s dann feil, laut rufend, und rühmend.</p> - <p class="line">Nicht verdächtig erschien dort Kurd, der trauernde Fremdling.</p> - <p class="line">Emsig trocknet’ er heute sein Netz am heimlichen Pförtchen,</p> - <p class="line">Das im dunkeln Gebüsch, in der Mauer der spähende Hugo</p> - <p class="line">Fand, und harrte mit Angst der Stunde der Flucht und Errettung;</p> - <p class="line">Doch von dem Minaret verkündete jetzt die ersehnte,</p> - <p class="line">Heiseren Ruf’s, der finstere, stundausrufende Iman.</p> - <p class="line">Heftig bebte Mathild’, als Hugo’s eilender Fußtritt</p> - <p class="line">Näher erscholl. „Was pocht dieß trauernde Herz so gewaltig?“</p> - <p class="line">Sprach sie, und hielt sich die Brust, und schritt nun hin- und herüber</p> - <p class="line">Eilend, als sollte sie flieh’n. Dann rief ihr flehender Blick noch:</p> - <p class="line">„Lass’ an des Gatten Brust es brechen, o ewige Vorsicht!“</p> - <p class="line">Hugo ergriff Mathilden am Arm, und führte sie schweigend</p> - <p class="line">Durch verschlung’nes Gesträuch zu dem leis’eröffneten Pförtchen,</p> -<a id="page-206" class="pagenum" title="206"></a> - <p class="line">Sank auf die Knie’, und drückte mit langem, mit innigem Kusse,</p> - <p class="line">Seinen Mund auf den Saum von ihrem wehenden Kleid noch.</p> - <p class="line">Aber sie stand todbleich, und faßte mit zitternden Händen</p> - <p class="line">Hugo’s grauendes Haupt, und weint’, und konnte nicht sprechen.</p> - <p class="line">Nun geboth er die Flucht, und eilte zurück in den Hofraum:</p> - <p class="line">Keiner gewahrte die Thrän’ an seinen zuckenden Wangen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Siehe, der Vollmond hob sein silbernstrahlendes Antlitz</p> - <p class="line">Eben in Osten herauf, als Dragut zur eiligen Heimkehr</p> - <p class="line">Spornte sein schnaubendes Roß; im Klirren des Waffengeschmeides</p> - <p class="line">Sprang er vom Sattel, und schrie, daß rings erbebten die Hallen:</p> - <p class="line">„Hugo, weilt die Gebietherinn noch lustwandelnd im Schatten?</p> - <p class="line">Wehe dir, thörichter Arzt, wenn, kühlumschwärmend, des Lüftchens</p> - <p class="line">Hauch ihr Leiden erregt, und nagender Gram mir zu Theil wird!“</p> - <p class="line">Schweigend winkt’ ihm der Greis, und lang’ umirrend, mit Absicht,</p> - <p class="line">Durch des laubigen Hains verschlungene Pfade, nur spät erst,</p> - <p class="line">Kam er zum Pförtchen im Busch, und sprach: „Die erbarmende Vorsicht</p> - <p class="line">Zeigte den Ausweg mir zur Rettung der edelsten Gattinn</p> - <p class="line">Meines Gebiethers: sie floh im gleitenden Kahn, und Toledo</p> -<a id="page-207" class="pagenum" title="207"></a> - <p class="line">Trägt auf den Armen sie heim, wo im seligen Bunde der Herzen</p> - <p class="line">Sie vergesse des Raubs, und der schrecklichen Nähe des Räubers.</p> - <p class="line">Wüthe nach Willkühr jetzt: hier liegt dein williges Opfer.“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und both, auf beide Kniee gesunken, das Haupt ihm</p> - <p class="line">Lächelnd zum Tode dar. Im himmlischen Siege der Großmuth</p> - <p class="line">Schwelgte sein edeles Herz auf jener geheiligten Stelle,</p> - <p class="line">Wo er des scheidenden Engels Kleid an die Lippen gepreßt hielt.</p> - <p class="line">Leblos stand, und starrt’, an jeglicher Miene verzerret,</p> - <p class="line">Dragut nach Hugo hinab; nur langsam löste der Wuthkrampf</p> - <p class="line">Seiner Glieder sich auf: sie bebten, vernehmlich den Ohren,</p> - <p class="line">Und das Knirschen der Zähn’ erscholl in dem Laubengewölb’ dort.</p> - <p class="line">Endlich begann er — nicht mit des Zorns zermalmenden Lauten,</p> - <p class="line">Dennoch schrecklicher: kalt, und grimmig, so vor dem Alten:</p> - <p class="line">„Elender, wie, durch Draguts Hände zu sterben, verlangst du?</p> - <p class="line">Keiner ersann noch den Tod, der dir, Verruchter, zu Theil wird!“</p> - <p class="line">Schnaubend floh er von ihm; bald klirrten die lastenden Ketten</p> - <p class="line">Näher. Mit lächelndem Blick darboth er den Knechten des Wüthrichs,</p> -<a id="page-208" class="pagenum" title="208"></a> - <p class="line">Die ihm nur schüchtern genaht, die Händ’ und die Füße zur Fess’lung,</p> - <p class="line">Und sie schleppten ihn fort in die Todeshöhlen der Hochburg.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Aber die sanfte Dulderinn lag im eilenden Fahrzeug</p> - <p class="line">Dicht mit Netzen verhüllt, und starrte hinauf in des Vollmonds</p> - <p class="line">Liebliche Helle: der Gegenwart zermalmende Leiden</p> - <p class="line">Schwanden vor ihrem Blick. Wie, fern verschlagen, der Schiffer</p> - <p class="line">Freudig den Hafen schaut durch schwindende Nebel des Morgens,</p> - <p class="line">Sah sie entzückt des Friedens Gefild’, und hörte mit Wonne</p> - <p class="line">Sanft verhallen im Sternenzelt Harmonieen des Himmels.</p> - <p class="line">Jetzt, entronnen des Wüthrichs Macht, am felsigen Ufer</p> - <p class="line">Landend, hob sie sich auf aus der Tiefe des schwankenden Kahnes.</p> - <p class="line">Kurd erschrack: denn ein’ Unsterbliche wähnt’ er zu schauen:</p> - <p class="line">Also erhaben an Huld ihn dünkte die Gattinn Toledo’s.</p> - <p class="line">Doch an der schroffen Bahn aufwärts zur Höhle der Felswand</p> - <p class="line">Klimmend, ruhte sie oft, gestützt auf den redlichen Führer,</p> - <p class="line">Der mit heiliger Scheu an der Seite der Hehren emporstieg.</p> - <p class="line">„Hier,“ so sprach er, „im stillen Schooß der räumigen Felskluft,</p> - <p class="line">Mögest du ruh’n; bald kommt, auf Flügeln der Liebe getragen,</p> - <p class="line">Dein erlauchter Gemahl; du folgst ihm zur Wonne der Zukunft.“</p> -<a id="page-209" class="pagenum" title="209"></a> - <p class="line">Aber die Augen, von Thränen schwer, erhob sie noch einmal,</p> - <p class="line">Dankend, zum Himmel, und stieg in die schaurige Höhle hinunter.</p> - <p class="line">Jener häufte den Schutt und die Felsentrümmer mit Vorsicht</p> - <p class="line">Auf an dem gähnenden Schlund, und bog das Laub mit den Zweigen</p> - <p class="line">Ueber ihn hin, daß kein umspähendes Aug’ ihn gewahre.</p> - <p class="line">D’rauf durchflog er im eilenden Lauf des schauernden Oehlwalds</p> - <p class="line">Schattenpfad, und kam Toledo die Rettung zu künden.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Nicht erfreute die Nacht mit holdem Schlummer die Augen</p> - <p class="line">Hairaddins jetzt, und schon lange nicht mehr: des nahenden Kampfes</p> - <p class="line">Grau’n umschwebte sein Haupt, wie donnerschwangere Wolken</p> - <p class="line">Schwimmen des Alpbergs Höh’n umher. Auf schwellenden Pfühlen</p> - <p class="line">Saß er, und starrt’ in die leuchtende Flamme, welch’ in dem Prunksaal,</p> - <p class="line">Duftend von Rosenöhl aus der goldenen Lampe sich aufhob.</p> - <p class="line">Muhamed war ihm genaht, und sucht’ ihm Muth und Vertrauen</p> - <p class="line">Einzuhauchen — umsonst! Er dachte des falschen Numiden</p> - <p class="line">Schlangenlist, den Haß des Mauren, des Arabers Feigheit,</p> - <p class="line">Und die erlesene Schar, so klein im Gedränge der Feldschlacht,</p> - <p class="line">Wenn nicht Hülfe erschien, die er jüngst entbothen aus Algier.</p> -<a id="page-210" class="pagenum" title="210"></a> - <p class="line">Aber der stürmische Geist entschwebte dem Saal, in der Burg dort</p> - <p class="line">Memi, des Harems Hort, und Hairaddins Lieblingsverschnittnen</p> - <p class="line">Suchend. Er saß in der Hall’, und ballte mit sinnenden Blicken</p> - <p class="line">Grimmig die Faust: er wußte nicht, wie zu verscheuchen des Unmuths</p> - <p class="line">Dauernde Wolkennacht von Hairaddins finsterem Antlitz!</p> - <p class="line">Als ihn der Geist umflog, da hob sein wehendes Kleid sich</p> - <p class="line">Ihm an der Brust: er sah im nächtlichen Dunkel der Halle</p> - <p class="line">Lange, verstört, umher; doch Muhamed schalt ihn ergrimmt so:</p> - <p class="line">„Wie, nicht Hülfe, nicht Rath ersinnest du, heilloser Schwächling,</p> - <p class="line">Daß entschwinde der Gram aus der Seele des Völkergebiethers?</p> - <p class="line">Wurde das <em>Thor der Wonne</em><a class="fnote" href="#footnote-51" id="fnote-51">[51]</a> nicht jüngst, vor allen Erwählten,</p> - <p class="line">Dir zur Sorge vertraut, und schlummern nicht rosige Mägdlein,</p> - <p class="line">Die der Handelsmann aus Cirkassia’s<a class="fnote" href="#footnote-52" id="fnote-52">[52]</a> Thälern gesendet,</p> - <p class="line">Hier in dem Harem, so hold und schön, wie liebliche Houris,</p> - <p class="line">Die sich Muhamed einst in himmlischen Fluren erträumte,</p> - <p class="line">Ach, und erwachend, nicht fand? Wem red’ ich die Worte vergeblich?</p> - <p class="line">Gehe, verstümmelter Sclav’, und heiße die zartesten Jungfrau’n</p> - <p class="line">Eilig durch Tänz’ und Spiele der bergumschlossenen Heimath,</p> -<a id="page-211" class="pagenum" title="211"></a> - <p class="line">Holdem Getöne vereint, erfreuen die Seele des Herrschers!“</p> - <p class="line">Dem gleich, welcher um Mitternacht vom leuchtenden Blitzstrahl</p> - <p class="line">Aus dem Schlummer geweckt, in Hast auffährt von dem Lager,</p> - <p class="line">Fuhr auch Memi vom Stuhl, und, eilig die Pforte des Harems</p> - <p class="line">Oeffnend, schritt er, die Hallen entlang, zur entlegensten Kammer,</p> - <p class="line">Wo die erlesenen Drei, auf schwellende Pfühle gesunken,</p> - <p class="line">Schlummerten; sah, wie dort des Mondes lieblicher Schimmer</p> - <p class="line">Zart die Holden umfing, die Welle des schneeigen Busens</p> - <p class="line">Rastlos stieg, und sank; er hörte, hinübergebogen,</p> - <p class="line">Ihres Odems melodisches Weh’n, und erdrückte, vor Ingrimm</p> - <p class="line">Aechzend, die Thrän’, die empor aus seinem zerrissenen Herzen</p> - <p class="line">Drang, und im eilenden Lauf’ dem trüberen Auge genaht war.</p> - <p class="line">Jetzo weckt’ er sie, sanft an der Schulter berührend, mit leisem,</p> - <p class="line">Lispelndem Ruf. So folgten sie, die Gefährtinnen scheuend,</p> - <p class="line">Die, an der Zahl zweihundert, und mehr noch, in räumigen Kammern</p> - <p class="line">Ruheten: all’ erwählt des Herrschers Lüsten zu fröhnen.</p> - <p class="line">Sclavinnen nur, nicht Frau’n. Nicht im Worte des Heiles geschlossen</p> - <p class="line">Ward ihr Bund, wo die Einzige treu verharret dem Einen</p> -<a id="page-212" class="pagenum" title="212"></a> - <p class="line">Bis in den Tod, und treu die Bürde des Lebens ihm tragen</p> - <p class="line">Hilft, als Mutter der holdaufblühenden Kinder, als Gattinn,</p> - <p class="line">Und als Freundinn zugleich, in seliger Einung der Herzen.</p> - <p class="line">Eilen hieß er sie erst zur badumwölbenden Halle</p> - <p class="line">Unten im Schooße der Burg. Sie tauchten die reizenden Glieder</p> - <p class="line">Dort in die liebliche Fluth, und salbten mit duftendem Oel sie.</p> - <p class="line">Dann aufschloß er mit lächelndem Blick den Schrank in der Mauer,</p> - <p class="line">Weisend die Pracht der Edelstein’ und der festlichen Kleider.</p> - <p class="line">Freudige Röth’ umzog die Wangen der Mädchen, als Memi</p> - <p class="line">Jetzo das Tuch darboth, gewebt von dem emsigen Hindou</p> - <p class="line">Aus der Wolle des Baums. So zart und duftig wie Nebel,</p> - <p class="line">Die in dem Morgenroth umfließen die blühenden Rosen,</p> - <p class="line">Hüllet’ ihr Unterkleid das zarte Geweb’, und er both dann,</p> - <p class="line">Lächelnd, den Gürtel dar, der unter dem schwebenden Busen,</p> - <p class="line">Schimmernd von Gold, den Leib umfing; den wallenden Kaftan</p> - <p class="line">Von blaßrother Seide, verbrämt mit bräunlichem Zobel,</p> - <p class="line">Auch die Saffianschuh’, des Hauptes Zierde, den Kalpack,</p> - <p class="line">Dem des Reihers Gefieder entstieg, und die köstlichen Perlen</p> - <p class="line">Für den Lilienhals — für die Ohren Gehänge von Demant.</p> - <p class="line">Also geschmückt nachfolgten sie jetzt dem winkenden Aga.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Leise die Pfort’ eröffnend, und erst mit spähenden Augen,</p> - <p class="line">Ueber die Schwelle gebeugt, vorschauend, sah er des Herrschers</p> -<a id="page-213" class="pagenum" title="213"></a> - <p class="line">Leblosstarrenden Blick. Er drängte die schüchternen Kinder</p> - <p class="line">Eilender vor: sie nahten mit Angst dem Sinnenden. Memi</p> - <p class="line">Weckte zugleich auf dem Schrank die flötenbeseelende Kunstuhr,</p> - <p class="line">Die an dem Strand Amalfi’s jüngst erbeutete Dragut,</p> - <p class="line">Plündernd die fürstliche Burg, und Hairaddin dann zum Geschenk gab.</p> - <p class="line">Auch stand, Wunder zu schau’n, auf dem Schrank ein goldener Käfich,</p> - <p class="line">D’rinnen ein Vögelchen saß, ein Hänfling, wie lebend gestaltet.</p> - <p class="line">Als nun Orgelgetön im Schooße des zierlichen Schrankes</p> - <p class="line">Weckte die Uhr: da sang das Vögelchen zart, wie im Lenzmond</p> - <p class="line">Flötet der Hänfling im Busch; die tönende Kehle bewegend,</p> - <p class="line">Wandt’ es den Kopf nun links, nun rechts, und breitete fächelnd</p> - <p class="line">Oft die Flügelchen aus, und wühlt’ in der Brust mit dem Schnabel.</p> - <p class="line">Weder des Hänflings Sang, noch Getöne der künstlichen Orgel</p> - <p class="line">Traf nun Hairaddins Ohr: er starrte noch immer vor sich hin;</p> - <p class="line">Doch, als jetzt, verschlungen im Kreis’, die Mädchen ihm nahten,</p> - <p class="line">Ihm zu erheitern das Herz mit Tänzen der Heimath, und Memi</p> - <p class="line">Schon aufhüpfte vor Lust: da fuhr er vom Lager, und schrie laut:</p> - <p class="line">„Fort, ich zertret’ euch!“ Und sie entfloh’n, wie schüchterne Tauben</p> - <p class="line">Flieh’n vom Feld, wenn Geiers Geschrei aus den Lüften herabtönt.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-214" class="pagenum" title="214"></a> - <p class="line">Schnaubend ging er umher: ihm scholl von dem fernen Goletta</p> - <p class="line">Donnergemurmel an’s horchende Ohr, und er sandte dann endlich</p> - <p class="line">Nach Tobukes, nach Abu-Sa-id, und Muhamed Temtes.</p> - <p class="line">Doch sie nahten im Flug, und bebten der Rede des Herrschers:</p> - <p class="line">„Führer der Völker, die zu Fuß, und auf feurigen Rossen</p> - <p class="line">Mächtige Heere zerstreu’n, vernehmt es, was ich gebiethe:</p> - <p class="line">Ehe des Morgens Dämmerlicht den östlichen Himmel</p> - <p class="line">Röthet, stürmst du, Tobukes, gewohnt im heimlichen Anfall</p> - <p class="line">Sieger zu seyn, mit zwanzigtausend Erwählten des Feindes</p> - <p class="line">Mittlere Schanz’, und ich, von den schrecklichen Kriegern umgeben,</p> - <p class="line">Dringe durch das Olivengehölz, wenn, schimmernd, des Meeres</p> - <p class="line">Fluthen die Sonn’ entsteigt, und dort auch Muhamed Temtes</p> - <p class="line">Von Goletta heran, zu erstürmen des Lagers Umwallung,</p> - <p class="line">Während uns Abu-Sa-id, Arabia’s treffliche Reiter</p> - <p class="line">Führend, gleich dem Orkan, dem sinkende Wälder erkrachen,</p> - <p class="line">Rasch nachdringt, und den fliehenden Feind vernichtet auf einmal.</p> - <p class="line">Also gewahrt ihr im Sieg den Segen des großen Propheten!“</p> - <p class="line">Jene, entflammt in der Brust von den Worten des furchtbaren Herrschers,</p> - <p class="line">Eilten zum Kampf. Entlang Medscherda’s Ufern (Bagrada<a class="fnote" href="#footnote-53" id="fnote-53">[53]</a></p> - <p class="line">Hieß der mächtige Strom in Karthago’s verschollenen Tagen)</p> - <p class="line">Wogten des Arabers bräunliche Zelt’ im Hauche des Windes</p> - <p class="line">Weit umher. Er bauet sein Zelt, dem höckrigen Lastthier</p> -<a id="page-215" class="pagenum" title="215"></a> - <p class="line">Gleich an Gestalt, das fort, ein lebendes Schiff, in des Sandmeers</p> - <p class="line">Wüsten wandelt: ihr Sohn, so fromm und so duldend. Es ruhte</p> - <p class="line">Noch entschlummert das Volk, und die losgebundenen Rosse</p> - <p class="line">Weideten frei im Gefild. Doch als nun die ehernen Becken</p> - <p class="line">Abu-Sa-ids erschollen; als laut ertönte der Schlachtruf:</p> - <p class="line">Da fuhr jeglicher Mann gerüstet vom Lager, und rief dann</p> - <p class="line">Vor dem Gezelt sein edeles Roß bei’m Namen. Sie flogen</p> - <p class="line">Wiehernd herbei, und bothen dem wolligen Sattel den Rücken —</p> - <p class="line">Bothen die Zunge dem Zaum, und bäumten sich hoch mit dem Reiter.</p> - <p class="line">Aber Afrika’s bräunliche Söhn’ erweckte Drometen-</p> - <p class="line">Schall, und Barda’s Höh’n entströmten die lärmenden Scharen,</p> - <p class="line">Wie im thauenden Lenz von der schimmernden Kuppe der Alpen</p> - <p class="line">Schneefluth kommt, und laut herrauscht in die Thäler. Sie führte</p> - <p class="line">Muhamed Temtes zum Kampf, des Fußvolks kühner Gebiether.</p> - <p class="line">Scheidend senkte der Mond im Westen sein blässeres Antlitz</p> - <p class="line">Jetzt in Nebelgewölk, und dämmernd erhob sich der Morgen.</p> - <p class="line">Hairaddin hielt am Olivengehölz mit den Schrecklichen. Allen</p> - <p class="line">Kam er zuvor, und hieß, des Kampfs wohlkundig, die Schanzen</p> - <p class="line">Eilig erbau’n auf den Höhn des ragenden Felsengebirges,</p> -<a id="page-216" class="pagenum" title="216"></a> - <p class="line">Das Mathilden im Schooß der schaurigen Höhle, seit gestern</p> - <p class="line">Barg. Dort lag die unglückliche Frau (der nahen Entbindung</p> - <p class="line">Wehen durchzuckten ihr Mark und Gebein) unsägliche Qualen</p> - <p class="line">Duldend, und harrend mit Angst des heißersehneten Gatten.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Eilenden Laufs war Kurd dem Lager der Christen genahet,</p> - <p class="line">Trat in Toledo’s Gezelt, und sprach, tiefathmend, und bebend:</p> - <p class="line">„Hugo’s Worte verkündet mein Mund: ihn mögest du hören.</p> - <p class="line">Siehe, der Morgen grau’t, der langgetrennete Herzen</p> - <p class="line">Wieder vereint! Schon harrt in traulicher Felsenumhüllung</p> - <p class="line">Dein die Gattinn mit Angst: o trage sie jetzt auf den Armen,</p> - <p class="line">Freudigerrettend, heim zu nimmer versiegender Wonne —</p> - <p class="line">Heim in das Vaterland! Ein liebender Vater den Waisen</p> - <p class="line">Hugo’s mögest du seyn, der dich in der hülflosen Kindheit</p> - <p class="line">Oft auf den Armen trug, dich fröhliche Spiele gelehret,</p> - <p class="line">Und die Treue dir stets in dem redlichen Herzen bewahrt hat.“</p> - <p class="line">„Kurd,“ so jauchzte Toledo ihm zu, „Kurd, waffne dich eilig,</p> - <p class="line">Du mein Freund fortan, mein Bruder und Waffengefährt’ jetzt;</p> - <p class="line">Säume nicht, schnell geleite mich hin zur Höhle des Waldes!“</p> - <p class="line">Hastig reicht’ er die Waffen ihm dar. Die finsteren Augen</p> - <p class="line">Kurd’s entflammten sich hell, und des Kummers tiefere Furchen</p> - <p class="line">Schwanden von seiner Stirn’ und Wange: nur Jauchzen des Sieges</p> -<a id="page-217" class="pagenum" title="217"></a> - <p class="line">Scholl um ihn her aus den Tagen des Ruhms erretteter Heimath,</p> - <p class="line">Und, im versöhnten Gemüth gedacht’ er nicht seines Geschicks mehr.</p> - <p class="line">Jetzo, im Waffenschmuck auf feurige Rosse sich schwingend,</p> - <p class="line">Jagten die Helden hinaus, entgegen der Höhle des Waldes.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Lauter säuselte schon aus Osten der schaurige Frühwind;</p> - <p class="line">Purpurröthlicher Glanz entfloß des goldenen Morgens</p> - <p class="line">Weiteröffnetem Thor; aus den dämmernden Wolkengefilden</p> - <p class="line">Sah die wirbelnde Lerche zuerst erwachen die Sonne,</p> - <p class="line">Und, jungfräulichverschämt, mit höherer Gluth auf den Wangen,</p> - <p class="line">Dort dem rosigen Lager entflieh’n: als schauernde Wälder,</p> - <p class="line">Noch in Dunkel gehüllt, mit leisem Zwitschern und Flistern</p> - <p class="line">Ihr anstimmten den Morgengruß, und die Wellen des Meeres,</p> - <p class="line">Hocherhebend das Haupt, sich sehnten, die Holde zu schauen;</p> - <p class="line">Aber nur Blut, nur Mord, nur sterbender Menschen Geröchel</p> - <p class="line">Wallt’ ihr zum Morgengruß aus Goletta’s Fluren entgegen.</p> - <p class="line">Eilender stürmte Tobukes heran. Wie ein reißender Bergstrom</p> - <p class="line">In der Gewitternacht anschwillt, und des Landes Bewohner</p> - <p class="line">Schnell vom lieblichen Schlaf erwecket zur Angst und Verzweiflung:</p> - <p class="line">Denn sie vernahmen es nicht, daß fern im finsteren Waldthal</p> - <p class="line">Sausend die Wolke zerbarst, und Fluth entstürzte dem Abhang:</p> -<a id="page-218" class="pagenum" title="218"></a> - <p class="line">So, von Tobukes geführt, herströmten die Scharen, und stürzten</p> - <p class="line">Auf Hispania’s Macht. Da gaben die spähenden Wachen,</p> - <p class="line">Staub gewahrend, und Volk in dem Staub, durch Büchsengeschmetter</p> - <p class="line">Zeichen der Noth und Gefahr: aufrafften sich eilig die Krieger,</p> - <p class="line">Und sie folgten beherzt dem trefflichen Führer Alarkon.</p> - <p class="line">„Brüder,“ so rief er laut, „nun vorwärts! Eiserngeschlossen</p> - <p class="line">Haltet die Reih’n, und dränget den Feind vom Rande des Grabens</p> - <p class="line">Muthig zurück; besiegt entflieh’ er vor unseren Augen.</p> - <p class="line">Denket der Wälschen, die erst vorschnell, nur flammender Kühnheit,</p> - <p class="line">Nicht vorschauendem Muth gehorchend, im Felde der Waffen</p> - <p class="line">Bluteten. Auf, Hispania’s Volk: du stehe, dem Felsen</p> - <p class="line">Gleich im Sturme der Schlacht, des sicheren Sieges gewärtig!“</p> - <p class="line">Und er führte die Reih’n zum schanzumkreisenden Wall hin.</p> - <p class="line">Aber wie dort an dem Mohrenstrand, hoch über der Meersfluth,</p> - <p class="line">Schwebt die schreckliche Wassertrompet’, ein winzig Gewölk erst;</p> - <p class="line">Dann urplötzlich mit Donnerschall auf die Fluthen herabfährt,</p> - <p class="line">Wirbelnd sie faßt, in die Luft aufhebt, und brausend im Jähsturz,</p> - <p class="line">Hier die Schiffe zerschellt auf dem Meer, und dort an dem Ufer</p> -<a id="page-219" class="pagenum" title="219"></a> - <p class="line">Wüthend, unseliges Volk, und Hütten, und Saaten vernichtet:</p> - <p class="line">Also erstiegen die Feinde den Wall im schrecklichen Anlauf.</p> - <p class="line">Allah-Geschrei und Gekrach der stürzenden Pfähl’ an dem Graben</p> - <p class="line">Brauste vor ihnen daher; geschwungener Säbel Gezisch scholl;</p> - <p class="line">Staub flog auf. Schon wandten sich eilig die Christen: die Vorschar</p> - <p class="line">Stürzt’ auf die folgende, wie, vom wüthenden Sturme gehoben,</p> - <p class="line">Wog’ auf Woge sich stürzt, und trennte die Ordnungen weithin.</p> - <p class="line">Jetzt vom Schrecken betäubt, nicht hörend die Stimme des Führers,</p> - <p class="line">Wichen sie all’. Er stand, und bohrte den Flüchtenden links, rechts,</p> - <p class="line">Zürnend, das Schwert in die Brust, und ging, und wär’ er allein nur,</p> - <p class="line">Rühmlichen Kampf und Tod im Sinn, den Feinden entgegen.</p> - <p class="line">Aber, glühend vor Scham, gewahrten die Krieger sich alle</p> - <p class="line">Fortgerissen zu schmählicher Flucht. Sie kehrten im Sturmschritt</p> - <p class="line">Wieder zurück; dann schnell die Gewehr’ an die Wange sich pressend,</p> - <p class="line">Zielten, und drückten sie los, und Stein und Stahl an dem Schlosse</p> - <p class="line">Schleuderte Blitz’; aufflammt’ an der Pfanne das Pulver: hinausfuhr</p> -<a id="page-220" class="pagenum" title="220"></a> - <p class="line">Krachend die Kugel — sie flog in die stürmenden Haufen, und Volk sank.</p> - <p class="line">Dann mit glühendem Muth, stets unaufhaltsamer, jauchzend,</p> - <p class="line">Drangen die Tapferen vor, und warfen die stürmenden Haufen</p> - <p class="line">Wieder zurück auf den Wall. Dort stand Alarkon vor allen.</p> - <p class="line">Sieh’, ihm nahte, beherzt, der einzige Sohn Abdul Hamids,</p> - <p class="line">Des zu Tripoli herrschenden Dey’s! Ihn sandte der Vater,</p> - <p class="line">Daß er in Hairaddins Heer’, erringend die Kränze des Sieges,</p> - <p class="line">Kehre zur Freud’ ihm heim, und zum Trost im grauenden Alter.</p> - <p class="line">Aber er freue sich nicht, den Tag der fröhlichen Heimkehr</p> - <p class="line">Seines Erzeugten zu seh’n: ihn hüllet die Erde vor Tunis.</p> - <p class="line">Weitvorhaltend den Speer, eindrang er mit Wuth auf Alarkon,</p> - <p class="line">Daß ihm der Schaft in der Faust erzitterte; dennoch, dem Kampf schon</p> - <p class="line">Lange geübt, vermied im Sprung’, Alarkon des Speeres</p> - <p class="line">Tödlichen Stoß. Er hieb, mit kräftiger Rechte den Degen</p> - <p class="line">Schwingend, den Schaft entzwei, und rannte den blitzenden Stahl ihm</p> - <p class="line">Jetzt so tief in die Brust, daß er, scharfgeschliffen, ihm alsbald</p> - <p class="line">Auch die Schulter durchfuhr: er sank, und stöhnt’ in dem Tod noch.</p> - <p class="line">D’rauf, entreißend den Stahl, zerschlug er dem Bascha von Tarsus,</p> - <p class="line">Ahmet, die ragende Stirn’: er taumelt’ am Rande des Walles</p> -<a id="page-221" class="pagenum" title="221"></a> - <p class="line">Nieder, und fiel, die Händ’ ausbreitend, hinab in den Graben.</p> - <p class="line">Wie der flüchtige Hirsch, den heiß verfolget der Schweißhund,</p> - <p class="line">Nah’ an des schwindligen Abgrunds Rand, erlegt von dem Weidmann,</p> - <p class="line">Jählings entstürzt: dumpf kracht sein Geweih an dem Felsen hinunter:</p> - <p class="line">Ahmet entstürzte so schnell: ihm krachten im Falle die Glieder.</p> - <p class="line">Aber da schlich Tobukes, ergrimmt, an den Rücken Alarkons;</p> - <p class="line">Jauchzt’, und bohrt’ ihm, weitausholend, den Dolch in den Nacken.</p> - <p class="line">Sterbend lag er am Wall, doch winkt’ er dem kühnen Sarmento,</p> - <p class="line">Führer zu seyn des Volk’s in entsetzlicher Stunde des Wuthkampfs.</p> - <p class="line">Zärtliche Freundschaft wand die Blüthen der fröhlichen Jugend</p> - <p class="line">Immer noch frisch und duftend um beider Herzen: sie wallten,</p> - <p class="line">Innigvereint, des Ruhmes Pfad im Leben und Tod noch.</p> - <p class="line">Ob des Freundes Geschick aufstöhnend, brauste Sarmento</p> - <p class="line">Vor, und schrie, und erweckte den Muth der zagenden Krieger,</p> - <p class="line">Und von neuem begann auf dem Walle das grause Gemetzel.</p> - <p class="line">Warf Sarmento den Feind, vordringend, zurück in den Graben,</p> - <p class="line">Stürmte Tobukes ergrimmter herauf, nicht achtend der Haufen</p> - <p class="line">Seines getödteten Volks: denn viele der Christen erlegt’ er.</p> - <p class="line">Gleich dem Nebelgewölk, das hoch in den bläulichen Luftraum</p> -<a id="page-222" class="pagenum" title="222"></a> - <p class="line">Aufschwebt; dann von zween sich bekämpfenden Winden ergriffen,</p> - <p class="line">Hier- und dorthin treibt: so schwankte des Kampfes Entscheidung.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Einst Germania’s Hort, und im Kampf: Legionenzertrümm’rer,</p> - <p class="line">Hermann, sah die Gefahr, und fuhr im sausenden Eilflug</p> - <p class="line">Nach des Kaisers Gezelt, der dort, tiefsinnenden Blickes,</p> - <p class="line">Einsam saß, und erregt’ ihn so mit den muthigen Worten:</p> - <p class="line">„Säume nicht: heiß bestürmet der Feind Hispania’s Krieger;</p> - <p class="line">Eile hinaus: dein Blick gebiethe den Sieg in dem Schlachtfeld.“</p> - <p class="line">Hastig entfuhr er dem Stuhl’, und blickte, verwundert, um sich her.</p> - <p class="line">„Ahnt mir Gefahr?“ so dacht’ er, dem Zelt enteilend. Er schwang sich</p> - <p class="line">Draußen auf’s feurige Roß, und flog nach der Schanze hinüber.</p> - <p class="line">Ihm nachjagte Gefolg’, und unter den stampfenden Hufen</p> - <p class="line">Drönte der Boden umher; aufquoll der flimmernde Sandstaub.</p> - <p class="line">Jetzo der Schanze genaht, begann der zürnende Kaiser:</p> - <p class="line">„Wie, Hispania’s Volk, dich nannte die staunende Mitwelt,</p> - <p class="line">Rühmend, das Erst’ im Feld, und du weichest dem feindlichen Andrang?</p> - <p class="line">Auf, und rette den heimischen Ruhm! Ein glänzender Leitstern</p> -<a id="page-223" class="pagenum" title="223"></a> - <p class="line">Sey er dem Krieger im Kampf: nur mit ihm verlösche sein Leben!“</p> - <p class="line">Lodernden Flammen gleich, ergriff die Herzen des Kaisers</p> - <p class="line">Zornausruf: da brannt’ auch der schwächere Mann in den Reihen,</p> - <p class="line">Gegen die Feinde des Kriegs vernichtende Schrecken zu tragen,</p> - <p class="line">Und sie kehrten sogleich. Wie ein bergabtaumelnder Felsblock,</p> - <p class="line">Dem die Wälder erkrachen, Geröll’ und Erde zerstäubt weicht;</p> - <p class="line">Oder vom dauernden Regen geschwellt hinbrauset ein Bergstrom</p> - <p class="line">Durch die Fluren, und Hain’ und blühende Saaten zerstöret:</p> - <p class="line">So in des Feindes Reih’n umwütheten jetzo die Krieger,</p> - <p class="line">Rächend des Rückzugs Schmach. Doch wehe, da stürzte Sarmento,</p> - <p class="line">Von Tobukes durchbohrt, und haucht’ an dem Busen des Freundes,</p> - <p class="line">Der auf dem Walle getödtet lag, den muthigen Geist aus!</p> - <p class="line">Glückliches Los, das so die liebenden Freunde vereinte!</p> - <p class="line">Ueber ihn hin (betrübt zwar, doch des eisernen Krieges</p> - <p class="line">Stimme geboth’s) und über die Hügel erschlagenen Volkes,</p> - <p class="line">Eilten die Reihen auf Reih’n jetzt vor, und warfen die Gegner</p> - <p class="line">Von dem Wall’ in den Graben — aus ihm hinüber in’s Blachfeld,</p> - <p class="line">Raschverfolgend. Nicht half das Schrei’n des Führers, Tobukes,</p> - <p class="line">Nicht die knirschende Wuth des Volks: denn, Hagelgewittern</p> - <p class="line">Aehnlich, folgte der Sieger ihm nach, und grause Vertilgung.</p> - <p class="line">Unter den Letzteren floh Tobukes, und stöhnte vor Ingrimm.</p> -<a id="page-224" class="pagenum" title="224"></a> - <p class="line">Furchtbar war sein Arm in dem Kampf, und, glühend vor Sehnsucht,</p> - <p class="line">Gohr ihm die Brust, daß Hairaddin bald vom Olivengehölz her</p> - <p class="line">Nahend, ihm eine die Macht, zu vernichten die feindlichen Scharen.</p> - <p class="line">Aber er harrt’ umsonst, und jetzo, von Wunden ermattet,</p> - <p class="line">Sann, und erwog er im finstern Gemüth’: ob Hairaddins Rach’ ihn,</p> - <p class="line">Da er ihn haßte, vielleicht dem sicheren Tode hier preisgab?</p> - <p class="line">Unerträglich erschien dem Zweifler des nächtlichen Irrwahns</p> - <p class="line">Täuschendes Licht; er riß ergrimmt von der Seite den Mordstahl,</p> - <p class="line">Stieß ihn tief in die Brust, und fiel, und röchelte sterbend.</p> - <p class="line">Aber, vor Schrecken erstarrt, gewahrten die Krieger des Feldherrn</p> - <p class="line">Blutige That, und floh’n jetzt eilender fort nach Goletta.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hairaddin hörte des Kampf’s grau’nvolles Getös’ in dem Waldthal;</p> - <p class="line">Doch ihm scholl’s erfreuender, als in dem silbernen Mondlicht</p> - <p class="line">Liebenden tönt Harmonikaklang und Harfengelispel.</p> - <p class="line">Vorwärts drängt’ ihn der Muth und die Blutgier; aber er hielt noch,</p> - <p class="line">Bis er die Schanz’, erbaut auf den Felsenhöhen, gewahrte,</p> - <p class="line">Und das eh’rne Geschütz, das weit in die Ferne hinüber</p> - <p class="line">Schleudert den Ball (Feldschlange genannt), in jene geschafft war.</p> - <p class="line">D’rauf begann er so, vor dem Meister des schweren Geschützes:</p> -<a id="page-225" class="pagenum" title="225"></a> - <p class="line">„Bujukdur, Sohn Hafis, horch! wenn außer dem Oehlwald</p> - <p class="line">Schimmert die Fahne des Vorderzugs: dann feu’re, verderbend,</p> - <p class="line">Nach dem Lager hinaus. Abdallah, der muthige Feldherr,</p> - <p class="line">Sey dir schirmend gesellt mit tausend erlesenen Kriegern.“</p> - <p class="line">Und nun führt’ er das Heer, ihm tiefere Stille gebiethend,</p> - <p class="line">Durch den Olivenwald, dem Lager der Christen entgegen.</p> - <p class="line">Siehe, da jagte mit Kurd, auf schnaubendem Rosse, Toledo</p> - <p class="line">Näher. Es hing sein thränendes Aug’ an den Höhen der Felswand,</p> - <p class="line">Welche die Gattinn ihm barg, und im rosigen Morgen die Scheitel</p> - <p class="line">Glühend erhob. Wie dort dem leidenerfahrenen Jüngling,</p> - <p class="line">Den ein feindlich’ Geschick aus den Armen der liebenden Aeltern</p> - <p class="line">Riß, das Herz erpocht, so nach Jahren der schmerzlichen Trennung,</p> - <p class="line">Er, heimkehrend im Schiff von Amerika’s wüsten Gestaden,</p> - <p class="line">Jetzo die Thürme der Vaterstadt in der Ferne gewahret,</p> - <p class="line">Jetzt sein väterlich Haus, und jetzo den Hügel und Anger</p> - <p class="line">Wieder erkennet, wo ihm die seligen Jahre der Kindheit</p> - <p class="line">Schimmernd entfloh’n: nur vorwärts strebt er, und weiter entfernet</p> - <p class="line">Däucht ihn das Ziel, als einst von des Meer’s endlosen Gewässern:</p> - <p class="line">Also pocht’ ihm die Brust, und eilender jagt’ er das Roß hin:</p> - <p class="line">Schauend den Fels, der hell vom Morgenschimmer ihm winkte.</p> - <p class="line">Plötzlich hemmt’ er das Roß, und starrte mit tiefem Entsetzen</p> -<a id="page-226" class="pagenum" title="226"></a> - <p class="line">Vor sich hin, da er nun die raschvordringenden Scharen</p> - <p class="line">Nahe der Höhl’ ersah. Kurd rief mit leisem Gelispel:</p> - <p class="line">„Kehr’ in Eile zurück: dort nah’n unzählige Feind’ uns!“</p> - <p class="line">„Kurd,“ entgegnet er sanft, „ich sehe die Feind’ an dem Felsen:</p> - <p class="line">Hin ist die Hoffnung — Mathild’ ist todt! Nun will ich im Kampf hier</p> - <p class="line">Sterben, dem Schicksal zum Hohn, den Tod des tapferen Kriegers.“</p> - <p class="line">Schnell entblößt’ er den blinkenden Stahl, und flog auf das Blachfeld</p> - <p class="line">Muthig hinaus: da erfaßte noch Kurd das Roß an dem Zügel,</p> - <p class="line">Riß es gewaltig zurück, und rief dem Tobenden also:</p> - <p class="line">„Soll die unglückliche Frau vergehen in schrecklichem Jammer,</p> - <p class="line">Deiner beraubt? Sie ruht in der dunkeln Höhle geborgen.</p> - <p class="line">Lass’ uns, des Ueberfalls Verkündiger, eilen in’s Lager;</p> - <p class="line">Wecken die Brüder zum Kampf’, und erretten im Sieg’ auch Mathilden!“</p> - <p class="line">Hastig trieb er sein Roß, und mit diesem den Renner Toledo’s</p> - <p class="line">Wieder zurück, der, tiefverstummend, die Augen zuweilen</p> - <p class="line">Gegen den Himmel erhob, und laut aufseufzte vor Herzleid.</p> - <p class="line">Aber in stürmischer Hast hinflogen die schnaubenden Rosse;</p> - <p class="line">Staub quoll auf in die Lüfte, der Wald, die Berg’ und die Hügel</p> - <p class="line">Wichen im Fluge zurück, und die Helden durchbrausten das Lager.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Dort des Ueberfalls, des nächtlichen, denkend mit Unmuth,</p> - <p class="line">Hatte der Kaiser das Volk ringsher gerufen zur Heerschau.</p> -<a id="page-227" class="pagenum" title="227"></a> - <p class="line">Rastlos schmetterten fort die eh’rnen Drometen; die Trommeln</p> - <p class="line">Wirbelten dumpf, und riefen verständliche Laute den Kriegern.</p> - <p class="line">Wie das unzählige Volk der Schwalben im sonnigen Spätherbst</p> - <p class="line">Rings mit lautem Geschrei, vorahnend die Stürme des Winters,</p> - <p class="line">Sich anschickt, entgegen zu zieh’n besonnten Gefilden:</p> - <p class="line">Meng’ an Menge gedrängt, versammeln sich eilig die Scharen:</p> - <p class="line">Also vereinten sich hier die tapferen Krieger zur Heerschau.</p> - <p class="line">Ernsten, musternden Blicks, hinritt an den Reihen der Kaiser.</p> - <p class="line">Jegliche Fahne sank; die Feldherrn all’, und die Führer,</p> - <p class="line">Hielten den Degen gesenkt zum ehrenden Gruße; das Fußvolk</p> - <p class="line">Schwenkte die Lanz’ und das blanke Gewehr, und der Reiter den Säbel.</p> - <p class="line">Aber die Trommel scholl, und Drometengeschmetter ertönte.</p> - <p class="line">Jetzo hätt’ er dem Heer gewichtige Worte gesprochen,</p> - <p class="line">Ruhm den Tapfern gezollt, und gerügt Verblendung und Saumsal;</p> - <p class="line">Aber da flog mit Kurd, im eilenden Laufe, Toledo</p> - <p class="line">Näher, und hielt, kampfdürstenden Blicks, an der Spitze der Seinen.</p> - <p class="line">Jener, dem Herrscher genaht, erhob tiefathmend die Stimme:</p> - <p class="line">„Herr, wie die Fluthen des Meer’s im Hauch des stürmischen Nordwinds,</p> - <p class="line">Zahllos, Wog’ an Woge gereiht, zum Strande sich wälzen,</p> - <p class="line">So vom Olivengehölz dir nahen die feindlichen Scharen!“</p> - <p class="line">Noch entfloh den Lippen nicht ganz die unfreudige Nachricht,</p> -<a id="page-228" class="pagenum" title="228"></a> - <p class="line">Als von den Felsenhöh’n mit Donnergetös’ und Gebrülle,</p> - <p class="line">Lastende Kugeln heran, in des Lagers Mitte geschleudert,</p> - <p class="line">Flogen: da sank in Reih’n und Gliedern, Jammer dem Anblick,</p> - <p class="line">Häufig der tapferste Mann! Schnell riß die zischende Kugel</p> - <p class="line">Diesem die Füße vom Leib, und warf sie, zerschmettert, zum Boden,</p> - <p class="line">Jenem den Arm, und dem Dritten das Haupt, entsetzlich und furchtbar</p> - <p class="line">Von dem taumelnden Rumpf’, und es wälzten sich treffliche Rosse</p> - <p class="line">Dort mit dem Reiter, verwundet, im Blut. Unsichtbaren Fluges,</p> - <p class="line">Treffen des Todes Geschoss’ aus den lautumdonnernden Schlünden:</p> - <p class="line">Weder Kraft, noch Muth errettet von grauser Vertilgung,</p> - <p class="line">Die aus der Fern’ urplötzlich Bewehrt’ und Wehrlose hinstreckt.</p> - <p class="line">Jetzo gebothen sogleich des Krieg’s wohlkundige Führer</p> - <p class="line">Wechselnde Stellung, und vor- und rückwärts, schief, und gerad’ hin,</p> - <p class="line">Wogte das Heer: das Ziel zu entrücken der feindlichen Obmacht.</p> - <p class="line">Aber der Kaiser sann. Er winkt’. Ihm nahte der Feldherr</p> - <p class="line">Lichtstein: denn er gewahrte den Blitz in dem Auge des Fürsten.</p> - <p class="line">„Lichtstein,“ also sprach er, „du ziehst den engeren Thalweg</p> - <p class="line">Hinter dem Salzthurm fort, zu erstürmen die Schanze der Felshöh’n:</p> -<a id="page-229" class="pagenum" title="229"></a> - <p class="line">Weder Medscherda’s reißende Fluth, noch die schroffe Gebirgswand</p> - <p class="line">Hemme des Siegers Lauf! Vier tausend muthige Schützen,</p> - <p class="line">Tausend Reitern gesellt, genügen dir. Ist es gelungen:</p> - <p class="line">Dann bedrohe den Feind, nicht achtlos Unser, im Rücken.“</p> - <p class="line">Jener entschwand: ihm hob die Heldenseele des Herrschers</p> - <p class="line">Ehrender Ruf, und erkor in Eile die tapfern Gefährten:</p> - <p class="line">Oestreichs Reiter und Ungerns, die den tyrolischen Schützen</p> - <p class="line">Folgten im munteren Schritt, und des Spessarts Kriegern, und Hessens.</p> - <p class="line">Auch entboth er den Troß der fährschiffführenden Wägen,</p> - <p class="line">Rossebespannt zu folgen der Schar werkkundiger Brückner.</p> - <p class="line">Wieder begann der Herrscher, und rief mit leuchtendem Antlitz:</p> - <p class="line">„Fort in den Kampf! Voraus die Reisigen, welche Mendoza</p> - <p class="line">Heut’ in dem Vortrab lenkt, zum Ruhme der hohen Cortezza.</p> - <p class="line">Ihnen folg’ in gemessenem Schritt, im Trommelgewirbel,</p> - <p class="line">Und die Fahn’ im Blick, Neapels muthiges Kriegsvolk,</p> - <p class="line">Jenem gesellt, das uns die erlauchte Roma gesendet.</p> - <p class="line">Ueber sie heischt Toledo’s Blick die Leitung — sie werd’ ihm:</p> - <p class="line">Denn ihm winket des Sieges Preis in der Stille der Felsnacht.</p> - <p class="line">Aber die Ritter-Schar führt Garzia Lasso, und Alba,</p> - <p class="line">Flammenden Muth’s, der Spanier schwergeharnischte Reiter</p> - <p class="line">Gegen den Feind; nur Eberstein verharr’ in dem Lager,</p> - <p class="line">Ihm ein schirmender Hort, mit den treuverlässigen Deutschen.“</p> - <p class="line">Also geordnet, eilte das Heer in die stürmende Feldschlacht.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-10"> -<a id="page-230" class="pagenum" title="230"></a> -Neunter Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">W</span><span class="postfirstchar">ie</span> der Heuschrecken Heere, gejagt aus Syriens Wüsten</p> - <p class="line">Von zerstörender Gier, anstürmen im Sommer, daß weithin</p> - <p class="line">Sauset die Luft, und die Sonne verlischt in der Helle des Mittags:</p> - <p class="line">Also schwebten auch jetzt in zwei gesonderten Haufen,</p> - <p class="line">Brausend, die Geister heran, und jeglichem eilten die Herrscher,</p> - <p class="line">Muhamed erst, dann Attila vor: zwei finsteren Wolken</p> - <p class="line">Gleich, die donnerschwer, in dräuender Stille heraufzieh’n.</p> - <p class="line">Unmuth gohr in dem wilden Blicke des hunnischen Königs;</p> - <p class="line">Auch die glühende Stirn’ und Wange des Koran-Verkünders</p> - <p class="line">Zuckte vor Wuth: nicht die Christen all’ im Kampf der Entscheidung</p> - <p class="line">Schauend. Lechzende Gier nach Blut erfüllte die Furchtbar’n.</p> - <p class="line">Muhamed rief: „Erblick’ ich dort Arabia’s Krieger?</p> - <p class="line">Wehe, denn weder an Muth, noch an Thaten sind sie mir ähnlich</p> - <p class="line">Mehr, die Feig’umschwärmenden! Jetzt, und hinfort mir ein Liebling</p> -<a id="page-231" class="pagenum" title="231"></a> - <p class="line">Seye der Türk’. Aus Turkestans<a class="fnote" href="#footnote-54" id="fnote-54">[54]</a> sandiger Flur sich erhebend,</p> - <p class="line">Kam er, ein brausender Sturm, und säte des heiligen Korans</p> - <p class="line">Samen aus in die Welt, und lenkt’ an die Keime den Blutstrom,</p> - <p class="line">Daß er erwuchs, und die Ernt’ in üppiger Fülle sich fortmehrt.</p> - <p class="line">Hebe dich, luftige Schar: dem Christen errege die Gegner,</p> - <p class="line">Daß er besiegt hinschwind’, und nie rückkehre zur Heimath!“</p> - <p class="line">„Tapfere Scythen, ihr!“ rief laut der Hunnen-Beherrscher,</p> - <p class="line">„Die, nach Attila’s Wink, den allverheerenden Flammen</p> - <p class="line">Aehnlich, im Garbenfeld der schmachgereifeten Menschheit,</p> - <p class="line">Wüthetet, als uns Rom auf den sieben Hügeln erbebte —</p> - <p class="line">Byzanz neigte das Haupt: erhebet die luftigen Waffen,</p> - <p class="line">Weil, der sterblichen Hüll’ entrückt, der Thaten Vollendung</p> - <p class="line">Nimmer den Busen uns labt, nicht der Sieg im Jauchzen der Mordlust;</p> - <p class="line">Auf, und dränget der Janitschar’n blutdürstende Rotten</p> - <p class="line">Rastlos vor zum Gewürg’ in volkzermalmender Feldschlacht!“</p> - <p class="line">Jauchzend vernahmen des Herrschers Ruf die luftigen Scharen;</p> - <p class="line">Aber so laut und so mächtig sie schrie’n — es zischte nur leises,</p> - <p class="line">Schwaches Geflister herab. Wohl starrt’ in der eilenden Heersmacht</p> - <p class="line">Mancher der Krieger empor; doch leer ihn dünkte der Luftraum.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-232" class="pagenum" title="232"></a> - <p class="line">Leise, mit weitvorstrebendem Fuß, die klirrenden Waffen</p> - <p class="line">Pressend im Arm, und das Roß, daß es schweig’, an den wallenden Mähnen</p> - <p class="line">Streichelnd, nahte der Feind in täuschender Stille vom Wald her.</p> - <p class="line">Doch als jetzt von den Felsenhöh’n das wichtige Zeichen</p> - <p class="line">Donnernd erscholl, und fern in des Lagers Mitte Verderben</p> - <p class="line">Säte der eherne Schlund: da jagten die listigen Scharen</p> - <p class="line">All’, im geflügelten Lauf, im Getös’ empöreter Mordwuth,</p> - <p class="line">Allah! Allah! brüllend, heran an des Lagers Umwallung:</p> - <p class="line">Denn urschnell und in wilder Verzweiflung sollte der Christen</p> - <p class="line">Schlummerndes Volk, so wähnete Hairaddin, Jammer ereilen.</p> - <p class="line">Siehe, und als dem Wald, wie am wetterverheißenden Morgen</p> - <p class="line">Zürnende Bienen dem Korb’, entströmte sein lärmendes Kriegsvolk,</p> - <p class="line">Führt’ ihm Mendoza, der Held, im Blitze des Waffengeschmeides</p> - <p class="line">Schon entgegen die reisige Schar: er selber den Kampfpreis</p> - <p class="line">Heischend vor ihm, und kühneren Blick’s vorstürmend zum Angriff!</p> - <p class="line">Wie, wenn lechzend nach Blut, der schreckliche Tieger im Dickicht</p> - <p class="line">Leises Geräusche vernimmt, und dort, nur scheue Gazellen</p> - <p class="line">Suchend, den Leu’n, den langvermied’nen, gewahret, da wankt’ er</p> - <p class="line">Vor dem entsetzlichen Feinde zurück, und denket der Flucht schon;</p> -<a id="page-233" class="pagenum" title="233"></a> - <p class="line">Doch bald kehrt ihm die Wuth: er senkt die Brauen ergrimmter</p> - <p class="line">Nieder, und fletschet die Zähn’, ihm den letzten der Kämpfe zu biethen:</p> - <p class="line">So mit staunendem Blick sah Hairaddin jetzo die Gegner</p> - <p class="line">Kommen im Feld, die er, würgend, vom Schlaf zu erwecken gedachte.</p> - <p class="line">Aber er säumte nicht, trieb, und jagte die Zögernden vorwärts,</p> - <p class="line">Und der Geister aufjauchzendes Heer flog brausend hernieder,</p> - <p class="line">Nahte den Kriegern, und schrie in das Ohr dort Jeglichem: „Vorwärts!“</p> - <p class="line">Wie der Bremsen erboßter Schwarm in der Stunde des Mittags</p> - <p class="line">Rasch auf die Heerde des trägeren Hornvieh’s, dann auf der Rosse</p> - <p class="line">Munt’res Gestütt’ sich wirft, und all’ in rasendem Taumel,</p> - <p class="line">Brüllen, wiehern, und flieh’n: denn, ob ein schwindliger Abgrund,</p> - <p class="line">Oder die tobende Fluth tief unten dräuet — sie stürzen</p> - <p class="line">Unaufhaltsam hinab; so drängten die luftigen Geister</p> - <p class="line">Hairaddins Volk an die Feind’, und furchtbar tönte der Schlachtruf.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Siehe, die Reiterschar der Araber tauchte vor allen,</p> - <p class="line">Spornend das feurige Roß, und vorgebeugt aus dem Sattel</p> - <p class="line">Bis zu den Mähnen, die Spitze des hochaufragenden Speeres</p> - <p class="line">Dort in Mendoza’s Reih’n. Da fiel Segorbia’s Kampfheld,</p> -<a id="page-234" class="pagenum" title="234"></a> - <p class="line">Aguillar, und mit ihm Morillo, den Murzia sandte,</p> - <p class="line">Fahnenjunker im Heer, mit dreißig erlesenen Kriegern,</p> - <p class="line">Und in dem Waffengemeng’ erbebte Hispania’s Jugend,</p> - <p class="line">Die zum ersten Male des Kriegs betäubendem Schrecken,</p> - <p class="line">Hier in dem Feld, entgegen sich warf, und dachte der Flucht schon.</p> - <p class="line">Doch jetzt nahte mit Sturmes Flug vor seinen Gefährten</p> - <p class="line">Hermann heran: ihn lockte des Kampfs erwachender Donner</p> - <p class="line">Fernher. Aehnlich dem Aar, der tief im schattigen Thalgrund</p> - <p class="line">Beut’ ersehend, sogleich in sausender Schnelle herabfährt:</p> - <p class="line">Also fuhr er herab, und rief dem edlen Mendoza:</p> - <p class="line">„Sollten die Jünglinge flieh’n, ihr Ruhm ist gefährdet für immer.</p> - <p class="line">Schau in die Vorwelt auf, wie dort der Heldengebiether</p> - <p class="line">Hermann, den flüchtenden Kriegern zur Schmach und Wiederbesinnung,</p> - <p class="line">Muthig den Schild ergriff, vordrang, und so, mit den Scharen</p> - <p class="line">Wiedervereint, sich herrlichen Siegsruhm über des Varus<a class="fnote" href="#footnote-55" id="fnote-55">[55]</a></p> - <p class="line">Drei Legionen errang in dem eisernen Felde der Waffen:</p> - <p class="line">Also mögest du jetzt den jüngst geworbenen Kriegern,</p> - <p class="line">Kämpfend, ein Leitstern seyn auf dem grau’numnachteten Schlachtfeld!“</p> - <p class="line">Glühende Röth’ umzog Mendoza’s Wangen; er dachte</p> - <p class="line">Seines errungenen Ruhms Verdunkelung; schrie, und begann so:</p> - <p class="line">„Spanier, kühn mir nach: nicht täuschet der edeln Cortezza</p> -<a id="page-235" class="pagenum" title="235"></a> - <p class="line">Hohes Vertrau’n, die euch sandte zum Heer; nicht gewahre der Herrscher</p> - <p class="line">Euch unkriegerisch, feig; mir nach! Eh’ treffe der Tod mich</p> - <p class="line">Selber durch Feindeshand, eh’ hier die Schande mich treffe.“</p> - <p class="line">Jauchzend flog er dahin, und voll kühner Todesverachtung</p> - <p class="line">Sprengten die Reiter ihm nach. Entscheidend für kommende Zeiten</p> - <p class="line">Lenkt ein Held im Gefecht den neugeworbenen Krieger:</p> - <p class="line">Denn nicht weicht er, und fällt, besiegt, im rühmlichen Tod nur:</p> - <p class="line">Stets erfüllt ihm die Brust die erhabene Heldengesinnung.</p> - <p class="line">Jetzo die stürmende Lanz’, und jetzt des sausenden Säbels</p> - <p class="line">Blitz und Schlag ereilte der Araber dichte Geschwader</p> - <p class="line">Mordend; es sank das Volk, und es sanken die Rosse getödtet.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Assad riß sich hervor, der Emir. Einst Beduine,<a class="fnote" href="#footnote-56" id="fnote-56">[56]</a></p> - <p class="line">Zog er in Syriens Wüsten umher, und häufte sich Reichthum,</p> - <p class="line">Dort der Karavan’ auflauernd im einsamen Hohlweg.</p> - <p class="line">Deß’ sich zu freu’n, wohnt’ er zu Tunis im stolzen Pallast nun:</p> - <p class="line">Seinem Volke verhaßt, dem stets das Leben in Zelten,</p> - <p class="line">Draußen im Steppengefild des Menschen würdiger dünket.</p> - <p class="line">Jetzo im sausenden Ritt Mendoza genaht, und vertrauend</p> - <p class="line">Eiserner Kraft, dacht’ er, mit dem blinkenden Speer ihn zu tödten;</p> - <p class="line">Doch Mendoza riß an dem Zaum: sein mächtiges Streitroß</p> - <p class="line">Setzt’, im kreisenden Sprung’, ihn schnell an die Seite des Emirs,</p> -<a id="page-236" class="pagenum" title="236"></a> - <p class="line">Und er jagt’ ihm das Schwert mit festnachstürmender Rechten</p> - <p class="line">Tief in die Brust: er sank vom Sattel, und stöhnt’ in dem Tod noch.</p> - <p class="line">Aber ihm naht’ Abulkassem, sein Sohn, ein furchtbarer Rächer.</p> - <p class="line">Stöhnend vor Wuth durchrannt’ er Mendoza’s Arm mit dem Säbel,</p> - <p class="line">Als er, gewendet, die Reih’n aufboth zum stürmenden Angriff.</p> - <p class="line">Wieder erhob er den Stahl, und hätt’ ihn getödtet, da sprengte,</p> - <p class="line">Rettend, Alonzo Cueva heran, der tapfere Hauptmann,</p> - <p class="line">Schrie, und scheucht’ ihn zurück. Er barg sich schnell im Gewimmel</p> - <p class="line">Seines Volk’s, das jetzt, des Feldherrn Wunde gewahrend,</p> - <p class="line">Muthiger vorwärts drang, und laut aufbrüllte vor Mordlust.</p> - <p class="line">Aber dem Schlachtengemeng’ entrissen die Krieger den Helden;</p> - <p class="line">Eilten in’s Lager zurück, daß dort heilkundig der Arzt ihm</p> - <p class="line">Stille das Blut, und träufle den weh’einschläfernden Balsam.</p> - <p class="line">Und er ermahnete scheidend noch mit blässerem Antlitz,</p> - <p class="line">Alle, zu folgen dem Wink des Helden Alonzo Cueva.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Heißer entbrannte die Schlacht. Wie im Süd- und Norden empöret</p> - <p class="line">Donnerstürme sich nah’n, und, vermengt, zur Erde Verderben</p> - <p class="line">Speien im Flammengezisch und im schrecklichen Hagelgeprassel:</p> -<a id="page-237" class="pagenum" title="237"></a> - <p class="line">Also prallten die Araber an, und zugleich die Hispaner:</p> - <p class="line">Diese von Rach’ entflammt ob ihres verwundeten Führers,</p> - <p class="line">Jene, voll Muths vorstürmend, und lautaufjubelnd im Vortheil.</p> - <p class="line">Als sich gemengt im Feld die Wüthenden trafen, da tönte</p> - <p class="line">Schrecklich der Mordausruf und das Schmettern der Waffen, dem Donner</p> - <p class="line">Eherner Schlünde vereint, und Blut beströmte den Boden.</p> - <p class="line">Schon warf zweimal der Christ des Mahoms Verehrer, im Sturmritt,</p> - <p class="line">Drängend, zurück; schon jauchzt’ er des Sieg’s aufstrahlender Hoffnung;</p> - <p class="line">Aber da warf, ergrimmt, auf Alonzo Cueva, den Dränger,</p> - <p class="line">Abu-Sa-id den Dolch, und durchbohrt’ ihm den Hals und den Nacken,</p> - <p class="line">Solchem Kampfe geübt; er sank, und verhauchte das Leben.</p> - <p class="line">Siehe, den endlos Trauernden faßt’ am dämmernden Morgen,</p> - <p class="line">Vor des Kampfes Beginn, heut’ ahnungentsprossene Schwermuth</p> - <p class="line">So, daß ihm Jeglicher staunt’. Ach, seines erblindeten Vaters</p> - <p class="line">Greisengesicht, und das wankende Haupt, wie schneeiger Tauben</p> - <p class="line">Dunen, so weiß, schien ihm noch immer zu dräu’n ob dem Frevel</p> - <p class="line">Stürmischer Jugendzeit: da er leis’annahend, des Vaters</p> - <p class="line">Händen den Stab entwand, und der zürnende Greis, an der Schwelle</p> -<a id="page-238" class="pagenum" title="238"></a> - <p class="line">Stolpernd, kopflangs stürzt’, und blutete — Jammer zu schauen!</p> - <p class="line">Immer trübte die That ihm jegliche Freude des Lebens</p> - <p class="line">Seither. Aber der Vater horcht, vor dem Haus’ auf der Bank sich</p> - <p class="line">Sonnend, dereinst begieriger auf, wenn kehrender Sieger</p> - <p class="line">Jauchzen, der Waffen Geklirr, und das Wiehern der Rosse herantönt;</p> - <p class="line">Ringsum Hast und Getös’ die Heimgebliebenen aufregt,</p> - <p class="line">Und die Straßen entlang: „Willkommen uns in der Heimath!“</p> - <p class="line">Jubelnden Rufs erschallt in mancherlei Stimmen des Alters.</p> - <p class="line">Vor vom Sitze gebeugt, horcht er: ob endlich des Sohnes</p> - <p class="line">Gruß er vernehm’, und harrt, hinzitternd, der frohen Umarmung:</p> - <p class="line">Ach, umsonst: ihm sank der Theuere kämpfend vor Tunis!</p> - <p class="line">Schrecken befiel die wiederverwaiseten Krieger: dem Unglück</p> - <p class="line">Bebt’ ihr muthiges Herz, nicht den wildaufrasenden Gegnern.</p> - <p class="line">Also, verschüchtert, wichen sie nun, und ihnen im Rücken</p> - <p class="line">Brauste der Feind, und häuft’ im Felde die blutigen Leichen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sieh’, welch tapferes Häuflein kommt, die schnaubenden Rosse</p> - <p class="line">Spornend, heran? Hell sprüht der zierliche Helm und der Harnisch</p> - <p class="line">Hüpfende Funken umher; vom hochaufragenden Speerschaft</p> - <p class="line">Blitzet der tödliche Stahl, und es blitzen die Augen der Männer.</p> -<a id="page-239" class="pagenum" title="239"></a> - <p class="line">Fünfzig sind’s der Edlen. Sie führt auf der rühmlichen Laufbahn</p> - <p class="line">Garzia Lasso, der Held, und Hispania’s lieblichster Sänger.</p> - <p class="line">Jetzo, dem Feinde genaht, und vorgebeugt aus dem Sattel,</p> - <p class="line">Senkten die Kühnen den Speer, und warfen im sausenden Eilflug</p> - <p class="line">Fünfzig der Feind’ in den Staub: da floh’n die entlasteten Rosse</p> - <p class="line">Wiehernd zurück: weit gähnte die Kluft im dichten Geschwader.</p> - <p class="line">Wie, wenn brückendes Eis auf dem breiten Rücken der Donau,</p> - <p class="line">Oder des Rheins, das heut’ am Morgen noch eiserngefroren,</p> - <p class="line">Unter der Wucht des schweren Gespanns und der lastenden Wägen</p> - <p class="line">Drönete, nun ergriffen vom schmelzenden Hauche des Westwinds,</p> - <p class="line">Krachend zerbirst, und zertrümmert im Schwall der finsteren Fluthen</p> - <p class="line">Schwindet, daß links am Gestad’, und rechts das schimmernde Landeis</p> - <p class="line">Aufragt: also standen die Reih’n, im entsetzlichen Durchbruch</p> - <p class="line">Weitgeschieden im Feld’: sie blickten erstarrt in den leeren,</p> - <p class="line">Scheidenden Raum: ihr Mordruf starb auf den bebenden Lippen.</p> - <p class="line">Aber nicht rasteten dort die Scharenzertrümm’rer: sie würgten,</p> - <p class="line">Was entgegen sich warf, in siegbeflügelter Hast noch.</p> - <p class="line">Auch der Jünglinge Schar flog nun, um nimmer zu weichen,</p> - <p class="line">Wieder im Felde heran, und vereint den siegenden Rittern,</p> -<a id="page-240" class="pagenum" title="240"></a> - <p class="line">Uebt’ ihr blitzendes Schwert vergeltende Rach’ an dem Gegner,</p> - <p class="line">Der, von Schrecken betäubt, mit verhängtem Zügel den Läufer</p> - <p class="line">Rückwärts trieb zu Hairaddins dichtannahender Heersmacht.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Unabsehbar herab vom Olivengehölz auf das Blachfeld</p> - <p class="line">Lenkt’ er die Janitschar’n und fünfzig numidischer Horden</p> - <p class="line">Wimmelndes Volk zum Kampf, als hier die Zersprengten dem Vortrab</p> - <p class="line">Nahten. Er biß sich die Lippen vor Wuth; dann, eilig sich wendend,</p> - <p class="line">Hieß er die Janitschar’n mit ausgebreiteten Armen,</p> - <p class="line">Trennen die mittleren Reih’n, und erretten die flüchtenden Scharen,</p> - <p class="line">Jene gehorchten dem Wink: mit rückwärtsstrebenden Fersen</p> - <p class="line">Schwenkten die Reihen sich links und rechts: geräumigen Durchgang</p> - <p class="line">Oeffnend dem flüchtigen Volk. So, wie, gehemmt in den Schleußen</p> - <p class="line">Ruhet der brausende Strom, ein See, bis früh an dem Morgen</p> - <p class="line">Oeffnen sie heißt der Schwemm’ erfahrener Meister: da stürzen</p> - <p class="line">Wog’ auf Wog’ und Schwall auf Schwall, im Gebrause des Donners,</p> - <p class="line">Zur verschlingenden Kluft die langegehemmten Gewässer:</p> - <p class="line">Also stürzten, gedrängt, und drängend, mit wildem Getümmel</p> -<a id="page-241" class="pagenum" title="241"></a> - <p class="line">Durch den geöffneten Raum zugleich die erretteten Scharen:</p> - <p class="line">Denn nachjagte der Feind, und rastete nicht; in dem Rücken</p> - <p class="line">Sauste des Säbels Schlag und der Lanz’ einstürmender Mordstoß.</p> - <p class="line">Aber die Janitscharen, die erst, sie schirmend, im Rückschritt</p> - <p class="line">Wichen, kehrten zurück, und heischten, geordnet, den Angriff.</p> - <p class="line">Hairaddin flog die Reihen entlang, und schrie im Getös’ hin:</p> - <p class="line">„Söhne des großen Propheten, des Muths und der flammenden Kühnheit,</p> - <p class="line">Denket, welch’ ihm die Erde, besiegt, gleich niedrigem Schämel,</p> - <p class="line">Unter die Ferse gestellt: sie lag, und schmiegte sich duldend</p> - <p class="line">Ihrem Druck. O dessen gedenkt! Ihr sehet die Gegner</p> - <p class="line">Seines Nahmens vor euch; vernichtet sie, würgt sie gesammt hin.“</p> - <p class="line">Muhamed, der ihn stets umschwebte mit liebender Sorgfalt,</p> - <p class="line">Hörte mit Lächeln es an, wie er ihm vor gläubigen Moslems</p> - <p class="line">Ruhm und Ehre gezollt; er selber, die Pfade des Lichtreichs</p> - <p class="line">Fliehend, warnete nicht die Verblendeten, lächelte stolz noch!</p> - <p class="line">Doch nun sah er erstaunt, daß Attila selbst, vor Entsetzen</p> - <p class="line">Bebend, ihm nahte mit Sturmes Flug’, und rief ihm entgegen:</p> - <p class="line">„Haben die furchtbar’n Mächte gesiegt? Soll Schreckliches kommen,</p> - <p class="line">Fallen vom Himmel der Mond mit den glänzenden Sternen; die Sonne</p> - <p class="line">Ausgebrannt hinschwinden in ewige Nacht und Zerstörung,</p> -<a id="page-242" class="pagenum" title="242"></a> - <p class="line">Spurlos? Attila bebt, der nie zu erschütternde Krieger?</p> - <p class="line">Jener wiegte das struppige Haupt, und als er noch einmal</p> - <p class="line">Nach den felsigen Höh’n aufsah, entgegnet’ er grimmig:</p> - <p class="line">„Sieh’, dort fleugt ein Mann g’en Hairaddin! Angst und Verzweiflung</p> - <p class="line">Trägt er im Busen: er kommt, Unheil zu verkünden dem Herrscher.</p> - <p class="line">Willst du vernehmen die That, die entsetzliche, der ich erbebte?“</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Doch was kündet der Bote voll Angst? ... Daß der tapfere Feldherr,</p> - <p class="line">Lichtstein, glühenden Muths, die Schanz’ auf dem Felsen erstürmte.</p> - <p class="line">Schon durchzog er zuvor die schaurigen Pfade des Waldthals,</p> - <p class="line">Leis’ nur, wie es der Kaiser geboth: nicht Trommelgewirbel</p> - <p class="line">Kündigte ferne den Zug, nicht schmetterten Lust die Drometen</p> - <p class="line">Heut’ in dem eilenden Ritt dem Reiter und Roß in die Ohren;</p> - <p class="line">Doch, als jetzt Medscherda, mit lautaufrauschenden Wogen,</p> - <p class="line">Ihnen am Felsengestad’ entgegen sich dämmte, da hoben</p> - <p class="line">Eilig die Brückner die Fähren herab von den knarrenden Achsen;</p> - <p class="line">Warfen sie all’ in die Fluth, versenkten die zackigen Anker,</p> - <p class="line">Gegen den Strom mit Tau’n sie festigend, und in des Bogens</p> - <p class="line">Krümmung einete Fähr’ auf Fähr’ die gesonderten Ufer.</p> - <p class="line">D’rauf hinreihend das lange Gebälk’, und quer auf die Balken</p> - <p class="line">Breitend die Bohle, besiegten sie schnell die hemmenden Fluthen.</p> -<a id="page-243" class="pagenum" title="243"></a> - <p class="line">Unter des Rosses Huf und den Füßen der eilenden Krieger</p> - <p class="line">Drönete fort und fort die schwankende Brück’ auf dem Strom hin.</p> - <p class="line">Aber drüben vom schroffen Gestad’ erhob sich die Felsbahn</p> - <p class="line">Schroffer noch himmelwärts. Der Reisige stieg aus dem Sattel,</p> - <p class="line">Führte das Roß am Zaum’, und keucht’, und strauchelte häufig,</p> - <p class="line">Ganz unkundig des Kletterns, und fremd in der hehren Gebirgswelt.</p> - <p class="line">Aber es klomm, wie die Gemse, der Schütze Tyrols an der Felswand,</p> - <p class="line">Tapferen Hessen vereint, und Spessartern, auf zu den Höhen.</p> - <p class="line">Also errungen waren sie jetzt, und die Scharen geordnet.</p> - <p class="line">Lichtsteins Ruf erscholl: „Hinan, tyrolische Männer!</p> - <p class="line">Spessarter, vor mit den Hessen! Euch folge das Reiter-Geschwader</p> - <p class="line">Dann, in gemessener Fern’, entscheidend zum blutigen Angriff.“</p> - <p class="line">Jauchzend, im Sturmlauf ging’s an den Wall. Kaum trauend den Augen,</p> - <p class="line">Sah der staunende Feind den Scharen des Feindes entgegen.</p> - <p class="line">D’rauf erhob er Geschrei, und hieß des eh’rnen Geschützes</p> - <p class="line">Donnergebrüll’ mit dem Schmettern der Büchsen erschallen, und säte</p> - <p class="line">Saat der Vernichtung. Da fiel Arnulf, der kühne Passeyer,</p> - <p class="line">Der sich am Ortheles einst, dem felsaufklimmenden Steinbock</p> - <p class="line">Folgend, verstieg, wo ihm bald der Strahl der Lebenserrettung</p> -<a id="page-244" class="pagenum" title="244"></a> - <p class="line">Völlig erlosch. Erhob er die Blicke: da wölbte die Steinwand</p> - <p class="line">Ueber ihm thürmend sich auf, und senkt’ er sie nieder, mit Vorsicht</p> - <p class="line">Fassend den zackigen Fels: da bebt’ er, vom Schwindel ergriffen,</p> - <p class="line">Zitternd wieder zurück: denn weit hinaus auf den Abgrund</p> - <p class="line">Bog sich die Wand, und eingekrümmt entschwand ihm die Mauer.</p> - <p class="line">Kaum erspähte sein Aug’ des Waldstroms Schimmer; verhallt war</p> - <p class="line">Ihm sein Gebraus’, und verstummt das Leben im einsamen Luftraum.</p> - <p class="line">Dort sich mit reuigem Sinn, zum Hungertode bereitend,</p> - <p class="line">Sah er schon zweimal des Tages Licht aufdämmern im Osten,</p> - <p class="line">Zweimal erblassen im Abendroth; doch sieh’, ihn vermißte</p> - <p class="line">Jetzo der redliche Freund! Er wagte den Gang auf dem Felsgrath</p> - <p class="line">Muthig, und schrie, und Geschrei vernehmend, senkt’ er das Bastseil</p> - <p class="line">Nieder vom jähen Geklipp’, und rettete so den Gefährten.</p> - <p class="line">Wie der Fischer empor zum Gestad’, der Ruth’, und des Fadens</p> - <p class="line">Leises Zucken gewahrend, schnellt das zappelnde Fischchen:</p> - <p class="line">Also entriß er den Freund, lautjubelnd, dem schrecklichen Tod dort,</p> - <p class="line">Den er dahier nicht mied, durchbohrt von der schmetternden Kugel.</p> -<a id="page-245" class="pagenum" title="245"></a> - <p class="line">Neben ihm sank auch Eberhard, der erste der Schützen:</p> - <p class="line">Nie verfehlt’ er das Schwarz’ in der kreisenden Scheib’, und er both sich</p> - <p class="line">Selber dahier zum Ziel’, in des Herzens Mitte getroffen.</p> - <p class="line">Feuriger: denn der Getödteten furchtbare Rächer, bestürmten</p> - <p class="line">Ihre Gefährten den Wall, und rastlos krachten die Büchsen,</p> - <p class="line">Rastlos tönte Geschrei, zu wecken den Muth der Entscheidung.</p> - <p class="line">Weder die Spessarter, noch die gleichgewaltigen Hessen</p> - <p class="line">Weileten fern’, einmüthig rang dem Helden der Held nach.</p> - <p class="line">Wo die sternnachbildende Schanz’ im engeren Vorsprung</p> - <p class="line">Ragt’, aufdrangen zuerst die muthigen Führer der Deutschen,</p> - <p class="line">Werner und Wittekind, vom Graben. Erbebend der Kühnheit,</p> - <p class="line">Wichen die Feinde zurück: da both Abdallah, des Bollwerks</p> - <p class="line">Hort, im drometenden Ruf Stillstand, und rief im Getös’ her:</p> - <p class="line">„Stillstand bieth ich euch an: wir räumen den Wall und die Schanzen</p> - <p class="line">Eurer Gewalt, so ihr Abzug gönnt in würdiger Freiheit;</p> - <p class="line">Oder, wollen wir erst den Wink der Herrscher erkunden?“</p> - <p class="line">„Hör’t,“ schrie Lichtstein auf, „euch täusche die feindliche List nicht!</p> - <p class="line">Muthig hinan: ihr kämpfet hinfort um den leichteren Sieg nur!“</p> - <p class="line">Rascher eilten die Reih’n auf Reih’n jetzt vor, und erstiegen</p> - <p class="line">Kämpfend den Wall: denn schrecklich erwies sich der Feind in der Nothwehr.</p> - <p class="line">Werners Arm erlag Abdallah, der Schirmer des Bollwerks;</p> - <p class="line">Aber ihm bohrte zugleich ein Derwisch, Fluch und Verwünschung</p> -<a id="page-246" class="pagenum" title="246"></a> - <p class="line">Brüllend gegen das stürmende Volk, den Dolch in den Nacken</p> - <p class="line">So, daß dem Sinkenden schnell das Blut und das Leben entströmte.</p> - <p class="line">Schwer vermißt ihn daheim die liebende Mutter, in Kummer</p> - <p class="line">Lebend, seit ihr der Gatte versank in den Fluthen des Mainstroms,</p> - <p class="line">Wo er vom berstenden Eis lautjammernde Menschen gerettet.</p> - <p class="line">Nur ihr Einziger war ihr Trost in der schrecklichen Trennung</p> - <p class="line">Von dem Gemahl, und Ernährer: denn stets heimbrachte der Sohn ihr,</p> - <p class="line">Frommgesinnet, den Sold, und küßt’ ihr die Hände mit Ehrfurcht:</p> - <p class="line">Dankbar sorgend für jene, die ihn mit Schmerzen geboren,</p> - <p class="line">Oft den Schlummer entbehrt’, und viel herznagenden Kummer</p> - <p class="line">Duldet’ um ihn mit Lieb’, in hülfebedürftiger Kindheit.</p> - <p class="line">Ach, nun harrt sie umsonst des Guten! Ihn tödtet’ ein Derwisch</p> - <p class="line">Hier auf dem Wall. Doch Wittekind ereilte den Meuchler</p> - <p class="line">Schnell; erhob den Degen, und traf ihn mit kräftiger Rechten</p> - <p class="line">Tief in’s Genick, daß er röchelnd sank, und im Blute sich wälzte.</p> - <p class="line">Ihn umhäufeten bald, ringsher, die tapfersten Krieger.</p> - <p class="line">Rasch umlenkend das Roß, aufschwang der Scharen Gebiether,</p> - <p class="line">Lichtstein, jetzo das Schwert: verständlich blitzt’ es dem Volk’ auf.</p> - <p class="line">Alsbald rief die Dromet’ in hellerklingenden Tönen</p> - <p class="line">Roß und Reiter zum Sturm, und zugleich, dem Sporn in den Seiten</p> -<a id="page-247" class="pagenum" title="247"></a> - <p class="line">Stöhnend, flogen die Läufer gestreckt an den Graben. Sie setzten</p> - <p class="line">Ueber ihn hin, und klommen, daß fest an dem Hals’ und den Mähnen</p> - <p class="line">Pochte des Reiters Brust, an dem sandgehügelten Wall auf.</p> - <p class="line">Dort war jetzt ringsum Gewürg’, und Gemetzel, und Wuthschrei:</p> - <p class="line">Denn nicht der Hagel prasselt so laut aus berstenden Wolken</p> - <p class="line">Nieder auf’s Breterdach (der Wandrer bebt vor Entsetzen,</p> - <p class="line">Der sich unter ihm barg, zu entflieh’n dem grausen Gewitter)</p> - <p class="line">Als der sausende Stahl, entlang den Wällen, auf Stirnbund,</p> - <p class="line">Tulban, Harnisch, und Helm herrasselte, mordend die Scharen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Mechmet entrann. Nun beugt’ er die Stirne vor Hairaddin dreimal</p> - <p class="line">Tief in den Staub; dann stand er, und wollte beginnen, vermocht’s nicht.</p> - <p class="line">Hairaddin faßt’ ergrimmt, des Zögernden Stirne zu spalten,</p> - <p class="line">Schon den Säbel; da rief der bleichaufathmende Krieger:</p> - <p class="line">„Herr, stets glänze dein Ruhm, wie, strahlend, die Sonne vom Aufgang</p> - <p class="line">Glänzet zum Niedergang, und mögen die Feinde, vernichtet,</p> - <p class="line">Schwinden vor ihm! Doch weh’! Entsetzliches muß ich dir künden —</p> - <p class="line">Zittern vor deinem Zorn. Vernimm’s! Die Schanz ist erstürmet.</p> -<a id="page-248" class="pagenum" title="248"></a> - <p class="line">Keiner der Unsern lebt; ich allein entrann dem Gemetzel,</p> - <p class="line">Dir zum Wohl: denn siehe, dein Sclav’ entriß sich dem Kampf nur,</p> - <p class="line">Daß du es hörest von ihm: dir nahen die Feind’ in dem Rücken!“</p> - <p class="line">Und er stieß sich den Dolch in die Brust. Da floß an den Wangen</p> - <p class="line">Hairaddins wohl die Thräne herab, als dort in dem Sandstaub</p> - <p class="line">Jener verhauchte den Geist? Ach, niemals hoben sich Thränen</p> - <p class="line">Ihm aus der Brust empor zu den grimmgerötheten Augen;</p> - <p class="line">Ihnen entstrahlte kein Mitgefühl, kein himmlisches Mitleid!</p> - <p class="line">Schweigend starrt’ er umher; dann, so, wie ein Blitz in der Sturmnacht</p> - <p class="line">Durch das finst’re Gewölk hinfleugt, umröthete plötzlich</p> - <p class="line">Tiefaufgährender Zorn ihm die blässergewordenen Wangen,</p> - <p class="line">Und er rief, daß Muhameds Aug’ erglänzte vor Wonne,</p> - <p class="line">Grimmig den Janitschar’n entgegen, und schrie im Getös’ hin:</p> - <p class="line">„Mögen sie immer im Rücken uns nah’n. Nicht eher verlassen</p> - <p class="line">Wir die dürstende Heide, bis satt mit feindlichem Blut wir</p> - <p class="line">Sie getränkt, und genügend ihr tischten das schreckliche Schlachtmahl.“</p> - <p class="line">D’rauf, wie dort in des Waldthals Schlucht, aus berstenden Wolken</p> - <p class="line">Niedergestürzt, ein Strom entgegen sich dränget dem ander’n,</p> - <p class="line">Laut mit wildem Geräusch’, und im schrecklichen Wogengewirbel,</p> -<a id="page-249" class="pagenum" title="249"></a> - <p class="line">Tief aus dem Grunde gewühlt, die Vesten der Berge versinken</p> - <p class="line">Links und rechts: da rollen die Felsen, da stürzen die Wälder</p> - <p class="line">Gegen einander hinab in den brausenden Schaum der Gewässer:</p> - <p class="line">Also stießen auch hier die feindlichen Heere zusammen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Eilend vor Alba’s Reiterschar, flog Garzia Lasso</p> - <p class="line">Jetzt mit den Rittern heran. Des Fußvolks treffliche Reihen</p> - <p class="line">Folgten dem Kaiser selbst, dem stattlichen: kühn den Gefahren</p> - <p class="line">Stehend im Kampf’, und stolz im Gefühle des sicheren Sieges.</p> - <p class="line">Furchtbar donnerten schon die mächtigen Schlünde; zugleich flog</p> - <p class="line">Lastendes Eisen, im Bogenwurf sich kreuzend im Luftraum,</p> - <p class="line">Hin, und daher gesandt, entsetzlichen Jammer zu schaffen.</p> - <p class="line">Fort und fort, im Gekrach der rastlosfeuernden Büchsen,</p> - <p class="line">Prasselte Kugelsaat auf den Feind; laut kreischte der Säbel,</p> - <p class="line">Zischte der Pfeil, ersausten die Speer’ und die Lanzen, und ringsum</p> - <p class="line">Strömte das Blut: stets grimmiger wüthete Mord und Empörung.</p> - <p class="line">Rechts, wo Hairaddins Heer, entfaltend die Flügel, der Mauren</p> - <p class="line">Reisiges Volk aufwies, zog Alba, und Garzia Lasso</p> - <p class="line">Links an die Araber, die voll Grimms gluthschnaubende Rosse</p> - <p class="line">Tummelten, ihm entgegen zu steh’n im Gemenge der Waffen:</p> - <p class="line">Denn im sausenden Flug’ umschwebte sie Muhamed selber,</p> - <p class="line">Mit dem ergrimmten Gefolg ringsher anstürmender Geister,</p> - <p class="line">Rastete nicht, und haucht’ empörende Gluth in die Herzen.</p> -<a id="page-250" class="pagenum" title="250"></a> - <p class="line">Listengeübt ersann er jetzt dem Garzia Lasso</p> - <p class="line">Schnelles Verderben. Er sah, wie er, senkend den Speer, an die Gegner</p> - <p class="line">Spornte das Roß; er eilet’ ihm vor, und empörte die Natter,<a class="fnote" href="#footnote-57" id="fnote-57">[57]</a></p> - <p class="line">Die, in dem Munde des Volks die Königsschlange gepriesen,</p> - <p class="line">Gleich dem regen Gewürm die rührigen Hörner bewegend,</p> - <p class="line">Sich in dem Sande vergräbt, dort schlau zu berücken die Vögel,</p> - <p class="line">Daß sie ihr selbst, harmlos annahend, zur Beute sich böthen.</p> - <p class="line">Zischend fuhr das grimmige, sandaufschnellende Giftthier</p> - <p class="line">Vor dem Roß in die Höh’, und es schnob im taumelnden Aufsprung.</p> - <p class="line">Dann, nicht achtend des Schmeichelworts, nicht des hemmenden Zügels,</p> - <p class="line">Flog es hinüber, und trug den edelen Herrn an den Feind hin.</p> - <p class="line">Dort, von den Seinen getrennt, und dem sicheren Tode geopfert,</p> - <p class="line">Seufzt’ er im Geist: „Nun stirb — doch nicht unrühmlich, ein Feiger!“</p> - <p class="line">Und den blinkenden Speer fortschleudernd, riß er das Eisen</p> - <p class="line">Sich von der Hüft’, und hieb den ersten vor allen, Kilikdar,</p> - <p class="line">Emir des Steppenvolks, vom Sattel: er regte sich nicht mehr.</p> - <p class="line">Also blitzte sein Schwert nach jeglicher Seite, verderbend;</p> - <p class="line">Doch, nun jagten wohl Hunderte her, den Ruhm zu erringen:</p> - <p class="line">Daß sie die tapferste Brust mit dem tödlichen Stahle durchbohrten.</p> - <p class="line">Hermann sah’s, in der Luft herschwebend, welche Gefahr ihm</p> -<a id="page-251" class="pagenum" title="251"></a> - <p class="line">Droht’; er schwang sich herab, und rief dem Kaiser mit Hast zu:</p> - <p class="line">„Schaue von Feinden umringt den tapferen Garzia Lasso:</p> - <p class="line">Rett’ ihn beherzt! Was schön und groß sich erweiset auf Erden,</p> - <p class="line">Führet des Liedes Macht auf goldenen Schwingen zur Nachwelt.</p> - <p class="line">Nur ein Schwall im Strome der Zeiten, entschwindet das Leben;</p> - <p class="line">Aber der Sänger hascht im Fluge die zartesten Strahlen,</p> - <p class="line">Die vom eilenden Schwall sich heben, ätherischer Schönheit,</p> - <p class="line">Eint, und hägt sie in treuer Brust, und rettet mit Sorgfalt</p> - <p class="line">Sie noch dem fernsten Geschlecht’ in ewiglebenden Tönen.“</p> - <p class="line">Also sprach er in Hast, und winkte den Lüftegenossen,</p> - <p class="line">Mutheinhauchend, den Christen zu nah’n: sie jauchzten ihm Beifall,</p> - <p class="line">Schwingend den Speer und den Schild, aus schimmerndem Aether gebildet.</p> - <p class="line">Aber des Kaisers Brust erpocht’ im hohen Gefühl jetzt,</p> - <p class="line">Retter zu seyn des schwert- und liedergewaltigen Mannes.</p> - <p class="line">Links, rechts, gab er dem Pferde die Sporn’: ihm wichen die Reihen;</p> - <p class="line">Ihm nachjagte Gefolg’, nicht forschend, nicht lange besinnend;</p> - <p class="line">Nur Del Guasto erblaßt’. Er hob die Hände vor allen</p> - <p class="line">Ueber das grauende Haupt empor, und jammerte laut auf:</p> - <p class="line">„Stirb, unglücklicher Greis, eh’ brechend dein Auge des Jammers</p> - <p class="line">Fülle gewahrt! Wagt also ein Herrscher das edelste Leben?</p> -<a id="page-252" class="pagenum" title="252"></a> - <p class="line">Nichts gilt Weisheit mehr, nichts warnenden Alters Erfahrung.</p> - <p class="line">Auf, ihr Tapferen, auf, und rettet den Kaiser! Auch Alba</p> - <p class="line">Lenke die Reiter heran, zu erringen den herrlichsten Kampfpreis.“</p> - <p class="line">Also geboth er dem Volk. Im Sturmlauf brachen die Scharen</p> - <p class="line">Gegen den Feind. Hinflog auf dem schnaubenden Rosse der Herold,</p> - <p class="line">Gomez, des Feldherrn Wort zu künden dem Heldengebiether,</p> - <p class="line">Alba, und sieh’, nun schwebte der Angst umnachtendes Dunkel</p> - <p class="line">Ueber dem Christen-Heer’, in des furchtbar’n Kampfes Entscheidung!</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Ha, schon fiel der Rappe Garzia Lasso’s, getödtet.</p> - <p class="line">Mühend entwand er das Bein dem lastenden Thier, und ihm selber</p> - <p class="line">Warf jetzt Abu-Sa-id den blinkenden Speer in die Schulter,</p> - <p class="line">Daß der erhobenen Faust, bluttriefend der Degen entschlüpfte,</p> - <p class="line">Ihm einbrachen die Knie’, und die Augen umhüllete Nachtgrau’n.</p> - <p class="line">Wieder erhob Scheik Roßlan das Schwert, ihm die Stirne zu spalten;</p> - <p class="line">Aber da flog aus der Rechte des nahenden Kaisers der Wurfspieß:</p> - <p class="line">Roßlan röchelt’ im Sand’, und schnell, noch ehe der Ritter</p> - <p class="line">Kommende Schar das Weiß’ im Auge des Feindes gewahrte,</p> - <p class="line">Fiel noch Jusuff, und Ismail Beg, und Haroun, der Emir,</p> -<a id="page-253" class="pagenum" title="253"></a> - <p class="line">Seines mordenden Stahls Blutgier und der Rechte Gewalthieb.</p> - <p class="line">Nahend im Flug, und lautaufjauchzend den Thaten des Herrschers,</p> - <p class="line">Rächten die Ritter zugleich den schwerverwundeten Führer.</p> - <p class="line">Doch, wie ein mächtiger Schlag des lauterkrachenden Donners,</p> - <p class="line">Der von des Himmels Rand’ auftobte zum finsteren Nordpol,</p> - <p class="line">Wieder von Osten zurück mit tiefempöretem Ingrimm</p> - <p class="line">Kehrt, und aus Wolkennacht herrollet im dumpferen Nachhall:</p> - <p class="line">Also erscholl aus der Ferne heran der mächtigen Rosse</p> - <p class="line">Donnernder Huf: denn Alba kam mit den Reitern geflogen.</p> - <p class="line">Und, wie die stürzende Last der Gewitterfluth auf dem Saatfeld</p> - <p class="line">Plötzlich die goldenen Halme zerschlägt: nicht im Windesgesäusel</p> - <p class="line">Wogen sie mehr; sie liegen zerknickt, und zerschmettert im Staub dort:</p> - <p class="line">Eben so ritt hier Mann und Roß das eisengehüllte,</p> - <p class="line">Kräftige Reitervolk, andalusische Hengst’ an die schlanken,</p> - <p class="line">Zartgestalteten Rosse der Araber, spornend, zu Boden.</p> - <p class="line">Lautes Geheul erscholl jetzt unter den stampfenden Hufen;</p> - <p class="line">Ringsum Waffengeklirr und tödlicher Büchsen Geschmetter.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Drüben rang in dem heißeren Kampf Del Guasto, des Fußvolks</p> - <p class="line">Eiserngeschlossene Reih’n entgegendrängend dem Anfall</p> - <p class="line">Wüthender Janitschar’n. Jetzt hin, dann wieder herüber,</p> - <p class="line">Wie in der felsigen Bucht sich drehet die wirbelnde Brandung,</p> - <p class="line">Wogten die Kämpfenden. Sieh’, und er wäre gewichen! Da brachen,</p> -<a id="page-254" class="pagenum" title="254"></a> - <p class="line">Fliehend vor Alba’s blitzendem Schwert, Arabias Völker</p> - <p class="line">Durch die Reihen der Janitschar’n; sie schufen Verwirrung</p> - <p class="line">Rings, und erfüllten Hairaddins Brust mit Wuth und Verzweiflung.</p> - <p class="line">Furchtbar glühte sein Aug’; er ballte die Faust an der Stirn’ hin,</p> - <p class="line">Hing aus dem Sattel vor, und sann entsetzliche Thaten;</p> - <p class="line">Doch, von geworfenen Haufen umdrängt, und der Rettung gedenkend,</p> - <p class="line">Führt’ er die Scharen zurück: ihm brauste sein flüchtendes Volk nach.</p> - <p class="line">Nicht der Sorge vergaß für Garzia Lasso der Kaiser.</p> - <p class="line">Blutend lag er im Staub, und lehnte das Haupt an den Rücken</p> - <p class="line">Seines getödteten Thiers. Als nun der Retter vor ihm stand,</p> - <p class="line">Strebt’ er noch den zerschmetterten Leib von dem Boden zu heben,</p> - <p class="line">Sah durch Thränen ihn an, und lächelte. Jetzo begann er:</p> - <p class="line">„Herrlich hast du gesiegt, und errettet den Sänger. Von nun an</p> - <p class="line">Töne mein Saitenspiel nur dir, ruhmwürdiger Herrscher,</p> - <p class="line">Daß im entzückenden Klang vernehme die staunende Nachwelt:</p> - <p class="line">Wie du, erhabengesinnt, nach der Bürgerkrone dich sehntest,</p> - <p class="line">Die, in dem Schlachtengefild’, einst Rom dem Retter des Kriegers</p> - <p class="line">Aus umdrängender Noth um die Heldenstirne geschlungen!“<a class="fnote" href="#footnote-58" id="fnote-58">[58]</a></p> -<a id="page-255" class="pagenum" title="255"></a> - <p class="line">Sprach’s. Da wandte sich jener behend, die Thräne zu bergen;</p> - <p class="line">Winkte zugleich, und sanft erhoben die Krieger den Helden,</p> - <p class="line">Ihn zu entreißen dem Sturm der Geschoß’, und eilten in’s Lager,</p> - <p class="line">Daß er, mit Liebe gepflegt, sich freue der holden Genesung.</p> - <p class="line">Aber auch allen umher den Verwundeten, sagte der Kaiser</p> - <p class="line">Tröstende Wort’, und geboth, was Aller Rettung erheischte:</p> - <p class="line">Ehrend den Menschen im hohen Gemüth, der vielfachen Jammer</p> - <p class="line">Duldet, des Vaterlands erhabenem Rufe gehorchend.</p> - <p class="line">Jetzt ersah er mit Lust, wie schnell die Krieger Toledo’s</p> - <p class="line">Ihm nachbrausten im Feld, des Sieges Preis zu erringen;</p> - <p class="line">Blößte das Schwert, und rief dann laut dem tapferen Feldherrn:</p> - <p class="line">„Dort des See’s Gestad’ entlang beschirme des Heeres</p> - <p class="line">Rücken mit Muth, und halte dich fest an dem Felsen, dem Fels gleich,</p> - <p class="line">Den die zürnende Fluth umbraust mit eitelm Getümmel.</p> - <p class="line">Herrlich strahlt aus dem Sieg das leidenlohnende Ziel dir.“</p> - <p class="line">Mächtig erschüttert hob die flammenden Augen Toledo</p> - <p class="line">Nach dem gütigen Herrscher empor, der, ahnend des Herzens</p> - <p class="line">Schreckliche Qual, mit erhabenem Sinn ihm lindernden Balsam</p> - <p class="line">Träufelte; ging, und führte sein Volk am Strande des See’s hin.</p> - <p class="line">Wie auf dem Meer der kehrende Schiffer, den in der Sturmnacht,</p> -<a id="page-256" class="pagenum" title="256"></a> - <p class="line">Nahe dem schirmenden Port’, ein Donnergewitter ereilet,</p> - <p class="line">Mitten im lauten Gebrüll der hochaufschäumenden Wogen,</p> - <p class="line">Und in des Todes Grau’n, das rings sich lagert, der Hoffnung</p> - <p class="line">Sehnsuchtsblick stets fest auf die strahlende Flamme geheftet</p> - <p class="line">Hält, die hoch auf dem Leuchtthurm nährt die sorgliche Seestadt:</p> - <p class="line">Also haftete jetzt sein Aug’ an den ragenden Felshöh’n,</p> - <p class="line">Als an dem sicheren Port, in welchem sein Alles gerettet,</p> - <p class="line">Und geborgen ihm schien, nach dauernden Stürmen des Lebens.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Ach, und hatte die Dulderinn noch des bitteren Kelches</p> - <p class="line">Letzte Hefen geleert; noch sterbend vernommen den Donner</p> - <p class="line">Von dem Hügel herab; der Höhle vorüber den Hufschlag</p> - <p class="line">Feindlicher Ross’, und Eil’ und Hast unmenschlicher Räuber;</p> - <p class="line">D’rauf die wilde Losung des Mords, Wuthschrei der Besiegten,</p> - <p class="line">Jauchzen der Sieger, Geheul Verwundeter, Sterbender Röcheln?</p> - <p class="line">Doch nur am tauben Gestein, am dunkeln Gewölbe des Grabes,</p> - <p class="line">Hallte der Jammer hin — dem Ohre der Todten nicht hörbar.</p> - <p class="line">Dort, geborgen durch Treu’ und Liebe des redlichen Greises,</p> - <p class="line">Lag sie auf schwellendem Moos’, in der hehren Stille der Mondnacht.</p> - <p class="line">Schneidend’ Weh und dumpfes Bangen drängte sich wieder</p> - <p class="line">Ihr durch Mark und Gebein: denn oft verging sie in Ohnmacht,</p> - <p class="line">Wachte wieder, und litt. Ach! keine mitleidigen Seelen</p> -<a id="page-257" class="pagenum" title="257"></a> - <p class="line">Nähern sich hülfreich ihr in der Stunde der Angst und des Jammers?</p> - <p class="line">Siehe, und Roma’s Stolz, Cornelia,<a class="fnote" href="#footnote-59" id="fnote-59">[59]</a> Mutter der Gracchen,</p> - <p class="line">Schwebte heran! So wie durch leuchtende Scheiben des Fensters</p> - <p class="line">Dringet der Sonnenstrahl; so dringt ätherisch der Geist auch</p> - <p class="line">Durch das dichte Gestein. Sie hörte die Jammernde, bebte,</p> - <p class="line">Forscht’ in Hast ringsher: ob hülfekundig ein Wesen</p> - <p class="line">Athme, ihr Rettung zu bringen? Umsonst! Des Tages Geräusch’ war</p> - <p class="line">Lange verhallt, entfernt die Stadt, und still das Gehölz her.</p> - <p class="line">Knieend hielt sie das Haupt der Leidenden, und, so verlassen,</p> - <p class="line">Suchte sie, leidengeübt, ihr Muth in dem Herzen zu wecken.</p> - <p class="line">Jetzo entwand sich in Weh’n dem Schooße Mathildens ein Knäblein.</p> - <p class="line">Aber sie legt’ ihn matt an die todbleichschwebende Brust hin;</p> - <p class="line">Griff nach der rieselnden Fluth, und taufte mit zitternder Rechten,</p> - <p class="line">Ihn in dem heiligen Nahmen des Ein-Dreieinigen Gottes.</p> - <p class="line">Dann noch fühlte sie tief, im eisigen Schauer des Todes —</p> - <p class="line">Fühlt’ es, mit liebendem Blick nach Oben: ein Himmlischer löse</p> - <p class="line">Sanft und mild das Band des irdischen Lebens. Ihr Herz schlug</p> - <p class="line">Immer leiser und leiser. Es stand, und regte sich nicht mehr.</p> - <p class="line">Schwebend über dem Fels, im hehren Flug zu des Himmels</p> - <p class="line">Strahlenbahn, noch einmal senkte zur irdischen Heimath</p> -<a id="page-258" class="pagenum" title="258"></a> - <p class="line">Sie den verkläreten Blick, und sah am verblichenen Leichnam</p> - <p class="line">Liegen ihr wimmerndes Kind, und suchen vergeblich um Nahrung</p> - <p class="line">Dort an der bleicheren Brust umher. Da entstürzten die Thränen</p> - <p class="line">Ihrem Aug’; doch Thränen der Wonn’: im himmlischen Eden</p> - <p class="line">Harre der zarten Knospe Gedeih’n und Fülle der Nahrung,</p> - <p class="line">Daß sie entfaltet blüh’ in nievergänglicher Schönheit,</p> - <p class="line">Frische, und Kraft: denn jetzt verlosch auf dem ruhenden Herzen,</p> - <p class="line">Aehnlich dem Abendstrahl, das mattaufflimmernde Leben.</p> - <p class="line">Doch, wie ein glühender Docht, der Flamme genahet, sich wieder</p> - <p class="line">Eilig entflammt: es hüpft die fächelnde Lohe nach ihr hin:</p> - <p class="line">Wie die getrennte Fluth der bergentsprossenen Quelle</p> - <p class="line">Schnell den blumigen Hügel umfließt, den sinnig der Gärtner</p> - <p class="line">Jüngst in dem Lusthain schuf: die beiden Arme, gesondert,</p> - <p class="line">Streben sich wieder zu einen, und flieh’n im schöneren Lauf fort:</p> - <p class="line">Wonne, so flog an die Brust der überseligen Mutter</p> - <p class="line">Nun ein Engel, ihr Kind; umschlang den glänzenden Hals ihr,</p> - <p class="line">Holdauflächelnd, und lallt’ ihr entzückt Willkommen und Gruß nach!</p> - <p class="line">Aber sie hob ihn empor; sie jauchzte hinauf in den Himmel,</p> - <p class="line">Eilt’, und flog, wie ein Stern hinschwindend im glänzenden Aether,</p> - <p class="line">Nach dem Gezelt, wo ihr Gatte, versunken in tödlicher Schwermuth,</p> -<a id="page-259" class="pagenum" title="259"></a> - <p class="line">Saß, und nach ihr sich sehnt’ in unaussprechlicher Rührung.</p> - <p class="line">Nah’ ihm schwebte sie leis’: ihr pochte das Herz in dem Busen</p> - <p class="line">Ob der Erinnerung ihres einstigen Glücks und der Leiden,</p> - <p class="line">Die sie erduldeten beid’, in der Zeit entsetzlicher Trennung;</p> - <p class="line">Legte den einen Arm um den Nacken ihm, legte das Söhnlein</p> - <p class="line">Ihm an die Brust. Er stöhnt’, und blickt’ in schaudernder Ahnung</p> - <p class="line">Um sich her: ihn ergriff die Näh’ unsterblicher Seelen.</p> - <p class="line">Sieh’, ihn herzte das Kind, mit sanftumschlingenden Händchen</p> - <p class="line">Hängend an seinem Hals, und pressend die Wang’ an die Wangen!</p> - <p class="line">Doch sie sprach ihm leis’ an die Seele die Worte des Trostes:</p> - <p class="line">„Gottes Friede mit dir! Der seligen Wiedervereinung</p> - <p class="line">Stunde ist nah’: denn bald, verhauchend das tapfere Leben,</p> - <p class="line">Eilst du mir freudig nach in die Segensgefilde des Himmels,</p> - <p class="line">Wo kein Scheiden mehr ist, kein feindliches Schicksal, kein Tod mehr</p> - <p class="line">Glückliche Herzen trennt; wo jegliche Thräne versieget,</p> - <p class="line">Jede Klage verstummt, und Mathild’ dein harret mit Sehnsucht.“</p> - <p class="line">Lispelte so. Sie küßte die thränenumflossenen Augen,</p> - <p class="line">Leis’erbebend, ihm noch im innigen Kusse der Seelen,</p> - <p class="line">Und entschwand, mit dem Engel im Arm, noch häufig herunter</p> - <p class="line">Schauend, verklärt, und strahlender stets, wie ein Blitz in den Lüften.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-260" class="pagenum" title="260"></a> - <p class="line">Dort von des Felsens Höh’n ihr folgten Cornelia’s Augen.</p> - <p class="line">Weinend hob sie die Händ’ ihr nach, und sagte beklommen:</p> - <p class="line">„Vieles duldet’ ich einst: mit ehernem Muthe getragen</p> - <p class="line">Hab’ ich den Tod der Söhn’, wie es heischte die Würd’ und der Ahnen</p> - <p class="line">Beispiel. Im Busen erglühte mir heiß die Liebe des Nachruhms:</p> - <p class="line">Mutter der Gracchen zu seyn, und zu heißen der römischen Frauen</p> - <p class="line">Erst’ in der Gegenwart und spät in der kommenden Zeit noch,</p> - <p class="line">Und mich ehrte mein Volk; doch, sah, bewundernd, ein Aug’ hier,</p> - <p class="line">Welche Qualen sie litt, und wie, in der einsamen Felsnacht?</p> - <p class="line">Nur das hohe Gesetz des göttlichen Lehrers ihr Leitstern;</p> - <p class="line">Seine Lieb’ ihr Trost; ihr Ziel das bessere Leben.</p> - <p class="line">O daß ich fern ihm wandelte — fern, auf dem düsteren Irrpfad!“</p> - <p class="line">Süßer als Harfengetön im Zauber der nächtlichen Stille</p> - <p class="line">Scholl aus dem Luftraum ihr der sanfteinladende Zuruf:</p> - <p class="line">„Schweb’ empor, Cornelia! Einst tönt dir aus den Himmeln,</p> - <p class="line">Wonnig-ersäuselnd, der Born unendlicher Huld und Erbarmung!“</p> - <p class="line">Wie des Morgens Strahl auffleugt am rosigen Himmel,</p> - <p class="line">Flog sie empor, auf einem der flammenden Sterne zu weilen,</p> - <p class="line">Welche, dem Lichtreich nah’, im schöneren Laufe dahinzieh’n.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-261" class="pagenum" title="261"></a> - <p class="line">Doch nun drang Toledo, der Held, dem Sturme vergleichbar,</p> - <p class="line">Der die Heide durchtobt in trüberen Tagen des Herbstes,</p> - <p class="line">Immer des See’s Gestad’ entlang zum Felsen hinüber.</p> - <p class="line">Freudig brausten die Scharen ihm nach. An dem edelen Feldherrn</p> - <p class="line">Hing mit Liebe das Volk, der, immer so kühn, in Gefahren</p> - <p class="line">Ruhm sich errang, und Ruhm und Ehre gewährte dem Krieger.</p> - <p class="line">Schon erblickt’ er das Ziel; doch, ach, von Schauder ergriffen,</p> - <p class="line">Sah er zugleich unendliche Macht der feindlichen Reiter,</p> - <p class="line">Spähend, umstellen den Fels, geführt von dem schrecklichen Dragut!</p> - <p class="line">Lautaufseufzte der Held: er wähnte verrathen des Felsens</p> - <p class="line">Dunkele Höhl’, und ihm entrissen das edelste Kleinod.</p> - <p class="line">Dragut gewahret’ ihn auch, und sann: ob er dem Verhaßten</p> - <p class="line">Nahe, ob nicht? Doch schnell gedacht’ er der List, und urplötzlich</p> - <p class="line">Jagt’ er davon, zum Hinterhalte die Feinde zu locken.</p> - <p class="line">„Tapferer Greis,“ so rief Toledo dem römischen Feldherrn,</p> - <p class="line">„Sey des Volkes leitender Hort! Verfolge die Gegner</p> - <p class="line">Rasch hin, bis ich die Gattinn erlöst’ aus dem bergenden Fels hier,</p> - <p class="line">Und mit Kurd, dem edelen Freund, entsandt’ in das Lager:</p> - <p class="line">Denn mich heißet die Pflicht noch fürder im Kampfe zu stehen.“</p> - <p class="line">Freudig gehorchte der tapfere Greis, Ursini. Des Jünglings</p> -<a id="page-262" class="pagenum" title="262"></a> - <p class="line">Feuer beseelt’ ihm die Brust: er eilte dem fliehenden Feind nach.</p> - <p class="line">Wie die Löwinn, die erst auf dem Lager die Jungen zurückließ,</p> - <p class="line">Hörend des Panthers Gebrüll fernher, schnell wieder zurückkehrt,</p> - <p class="line">Vor die Höhle sich stellt, und harret des kommenden Gegners:</p> - <p class="line">Denn sie vertrauet dem Muth und der siegenden Stärke: so muthig</p> - <p class="line">Blickte Toledo umher (nicht Tausenden wär’ er gewichen)</p> - <p class="line">Sprang aus dem Sattel mit Kurd, und legte mit zitternden Händen,</p> - <p class="line">Nahe dem Felseingang, die blinkenden Waffen dann nieder;</p> - <p class="line">D’rauf, nicht ahnend im Geist die entsetzliche Nähe des Jammers,</p> - <p class="line">Half er dem treuen Gefährten, und hob, und wälzte vom Eingang,</p> - <p class="line">Stöhnend, den mächtigen Block, und räumete Schutt und Gesträuch weg.</p> - <p class="line">Weit aufgähnte die Höhl’. Er stieg: „Mathilde! Mathilde!“</p> - <p class="line">Rufend, hinab. O Jammer, da sträubten, wie Stacheln des Igels,</p> - <p class="line">Ihm von der Scheitel die Haare sich auf. Ein Schrei des Entsetzens</p> - <p class="line">Schmettert’ aus seiner Brust; weit vorgebogen, und krampfhaft</p> - <p class="line">Faltend die Händ’ an der Stirn’, hinstarrt’ er mit leblosen Augen —</p> -<a id="page-263" class="pagenum" title="263"></a> - <p class="line">Starrt’, und sah die Gattinn entseelt auf dem Boden, und ihr gleich,</p> - <p class="line">Schlummernd an holder Mutterbrust den lieblichen Säugling.</p> - <p class="line">Leis’ nur athmet’ er noch, und sank erblassend zusammen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">D’rüben lag Ursini dem Feind, verfolgend, im Rücken.</p> - <p class="line">Unablässig erkrachte das Rohr, und säte Vernichtung</p> - <p class="line">Unter die fliehende Schar; doch plötzlich brach vom Gehölz her,</p> - <p class="line">Lauernd im Hinterhalte, der Feind auf den Sieger, und sandte</p> - <p class="line">Zahllosschwirrende Pfeile heran. Da wandte sich Dragut</p> - <p class="line">Eilig zu seinem Volk, und rief mit grimmigen Blicken:</p> - <p class="line">„Jetzt umzingelt sie schnell. Sie sollen den Frevel mir büßen,</p> - <p class="line">Den ihr Führer verübt’. Und, ha, nicht erseh’ ich ihn drüben</p> - <p class="line">Unter der Schar! Hat etwa der Unsern Geschoß ihn ereilet,</p> - <p class="line">Oder, wich er feige zurück, weil Dragut ihm nahte?“</p> - <p class="line">Flugs umbrausten mit wildem Geschrei die maurischen Reiter,</p> - <p class="line">Dragut folgend, und flugs numidische Horden, die Christen.</p> - <p class="line">Aber der tapfere Greis, dem jetzt die feindliche Kugel</p> - <p class="line">Stürmend die Rechte durchfuhr, erhob mit der Linken den Degen,</p> - <p class="line">Ordnete schnell die Reihen, und rief den Geordneten: „Feuer!“</p> - <p class="line">Denn sie hatten gezielt: da feuerten alle mit einmal</p> - <p class="line">Ihre Gewehr’ ab: sie krachten, durch Rauch und Flammen versendend</p> - <p class="line">Furchtbare Kugelsaat zur blutigen Ernte des Todes.</p> -<a id="page-264" class="pagenum" title="264"></a> - <p class="line">Schnaubend prallten die Rosse zurück; der wilde Numider</p> - <p class="line">Wankte; von Schrecken betäubt, verweilte der maurische Reiter.</p> - <p class="line">Nun gedacht’ Ursini der Flucht, der rettenden. Fliehend</p> - <p class="line">Drängt’ in das Feuerrohr der Krieger des Todes Geschosse;</p> - <p class="line">Stellte sich wieder, ereilt, und trieb die stürmenden Haufen</p> - <p class="line">Mordend zurück. Doch wie der Staar’ unzählige Scharen,</p> - <p class="line">Lüstern nach Traubenblut, die Rebenhügel umflattern:</p> - <p class="line">Weder der Hüther Geschrei, noch die rastlos tönende Klapper</p> - <p class="line">Scheucht sie völlig hinweg — stets kehren die Lästigen wieder:</p> - <p class="line">Also umschwärmte der Feind die Fliehenden: Manchem das Leben</p> - <p class="line">Raubend mit tödlichem Stahl, und fernhin scholl das Getümmel.</p> - <p class="line">Dragut sah, erstaunt, die Waffen Toledo’s am Boden</p> - <p class="line">Liegen. Er sprang voll Hast aus dem Sattel, und stieg in den Felsschlund</p> - <p class="line">Rachebeflügelt hinab. Sein spähendes Auge gewahrte</p> - <p class="line">Bald den Ersehnten im Grabesgewölb’, und er jauchzte vor Wuth auf;</p> - <p class="line">Aber sein Flammenblick, den starrenden Blicken Toledo’s</p> - <p class="line">Folgend, sah die entseelete Frau. Da faßte des Todes</p> - <p class="line">Schauer ihn an: der Laut erstarb auf den Lippen ihm; wankend</p> - <p class="line">Sucht’ er des Tages Licht, und stöhnte noch laut vor Entsetzen.</p> - <p class="line">Schon braust’ ihm sein Volk entgegen im schmählichen Rückzug,</p> -<a id="page-265" class="pagenum" title="265"></a> - <p class="line">Von dem Feinde gejagt: denn Alba’s siegende Reiter</p> - <p class="line">Brachten Ursini’s umstürmter Schar ersehnete Rettung.</p> - <p class="line">Dragut schwang sich behend auf’s Pferd, zu entkommen den Augen</p> - <p class="line">Hairaddins, daß er nicht feig ihn heiße, die blässeren Wangen</p> - <p class="line">Schauend im Waffenfeld: nicht ahnend, was ihn betroffen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Muhamed, der die Wälschen umdrängt, in grauser Verfolgung</p> - <p class="line">Weichen sah, erregte den Muth des flüchtenden Herrschers,</p> - <p class="line">Hairaddin, kühn zu besteh’n des Kaisers anstürmende Heersmacht.</p> - <p class="line">„Wie,“ so rief ihm der Geist, „du, Hairaddin, schrecklicher Krieger,</p> - <p class="line">Wendest den Rücken dem Feind’? Erschlafften des tapfersten Herzens</p> - <p class="line">Schwingen so ganz, daß es scheu vor Schlachtengetümmel zurückbebt?</p> - <p class="line">Auf, und versuch’ erneueten Kampf: denn Siegesgejauchz’ tönt</p> - <p class="line">Dort von des See’s Gestad’, wo Dragut, der Schreckliche, kämpfte!“</p> - <p class="line">Hairaddin horcht’, und vernahm fernher Getümmel und Schlachtruf.</p> - <p class="line">Donnernd schrie er den Flüchtenden: „Halt!“ und stellte die Haufen</p> - <p class="line">Gegen des Feindes Macht mit kampfanbiethender Stirn auf.</p> -<a id="page-266" class="pagenum" title="266"></a> - <p class="line">Auch das Siegel von Gold, das hell an der tapferen Brust ihm</p> - <p class="line">Schimmerte, sandt’ er an Dragut hin: ein furchtbares Zeichen</p> - <p class="line">Großer Gefahr, und des Ungehorsams dräuender Strafen,</p> - <p class="line">Daß er ihm eine die Macht. Wie auf Windes Flügeln enteilte —</p> - <p class="line">Spornte das Roß Ben-Dar, der Araber, der ihm ein Liebling</p> - <p class="line">War vor allen im Heer’ mit dem kühnvordringenden Kampfmuth.</p> - <p class="line">Aber vergebens spornt’ er das Blut aus den Seiten des Renners;</p> - <p class="line">Hairaddin forschte nach Dragut umsonst: denn, fern von dem Schlachtfeld,</p> - <p class="line">Nahet’ er schon im Flug den Thoren von Tunis, getrieben</p> - <p class="line">Von entsetzlicher Angst. Ihm keuchte sein bebendes Volk nach.</p> - <p class="line">Wie, verirrt auf Sibiriens schneeiger Heide, der Weidmann</p> - <p class="line">Aengstlich forschend sich müht, den ihm entschwundenen Heimweg</p> - <p class="line">Wieder zu finden, und jetzt am Rande des Himmels ein Wölkchen</p> - <p class="line">Leis’ aufschwebt: da wähnt’ er, getäuscht, die trauliche Hütte</p> - <p class="line">Sey es, und freut sich der Gattinn schon und der harrenden Kindlein;</p> - <p class="line">Aber das Wölkchen schwand, und trostlos kehrt ihm der Abend:</p> - <p class="line">Also getäuscht sah Hairaddin unmuthsvoll zu dem Seestrand</p> -<a id="page-267" class="pagenum" title="267"></a> - <p class="line">Forschend hinaus: denn fern’ ihm floh die ersehnete Kriegsschar.</p> - <p class="line">Sieh’, und jetzt durchtobte zugleich das entsetzliche Schlachtfeld</p> - <p class="line">Lärmenden Sieges Getös’, und Flucht und grause Verwirrung!</p> - <p class="line">Dort brach Lichtsteins Volk, des herrlichen Schanzenerstürmers,</p> - <p class="line">Jauchzend heran, und hier ihm brauste, dem wilden Orkan gleich,</p> - <p class="line">Alba’s siegende Macht entgegen. Er blickte verzweifelnd</p> - <p class="line">Um sich her, und geboth den bebenden Scharen den Heimzug.</p> - <p class="line">Mordend folgten die Sieger ihm nach. Vom Blute geröthet</p> - <p class="line">Wies sich den Kehrenden weit die siegverherrlichte Laufbahn.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Nahe dem Felsenschlund saß Kurd. Er senkte die Augen</p> - <p class="line">Tief zur Brust, und schimmernde Thränen benetzten sein Antlitz,</p> - <p class="line">Als der Kaiser an ihm vorüberzog in dem Siegslauf.</p> - <p class="line">Dieser sprengte das Roß jetzt näher, und forschte mit Sorgfalt:</p> - <p class="line">Was ihn betrübt’? Doch Kurd erhob sich, und führte den Herrscher</p> - <p class="line">Ein in des Grabes Nacht, in die Wohnung unsäglicher Trauer.</p> - <p class="line">Dort erbebte sein fühlendes Herz des Menschengeschickes</p> - <p class="line">Nächtlichstem Bild. Er schwieg; doch dringender Hülfe gedenkend,</p> - <p class="line">Faßt’ er Toledo am Arm, und stieg in die Helle des Tages</p> - <p class="line">Rasch mit dem Wankenden auf; dann rief er dem treuen Gefährten:</p> -<a id="page-268" class="pagenum" title="268"></a> - <p class="line">„Kurd, erhebe dich schnell, und häufe die Trümmer mit Vorsicht</p> - <p class="line">Auf an dem Schlund: denn bald erhöh’n wir, als Sieger, Mathildens</p> - <p class="line">Denkstein, der ihr Trauergeschick verkünde der Nachwelt,</p> - <p class="line">Und an den Wechsel des Erdenglücks den Sterblichen mahne!“</p> - <p class="line">Also geschah’s. Doch heim zu dem Zelte des gütigen Kaisers</p> - <p class="line">Schritt mit Toledo das trauernde Roß; er lenkte das eig’ne</p> - <p class="line">Sorglich ihm an der Seit’, und sann voll Huld auf dem Heimweg,</p> - <p class="line">Wie er das leidenerstarrete Herz zum Leben erwärme?</p> - <p class="line">Und der ersehnete Abend sank. Die kehrenden Scharen</p> - <p class="line">Eilten mit Siegesgesang, vom Gewirbel der drönenden Trommel</p> - <p class="line">Und Drometengeschmetter umtönt, zurück nach dem Lager.</p> - <p class="line">Weithin dehnte sich schon der riesige Schatten der Krieger</p> - <p class="line">Und der Ross’, auf dem Sand. Die Sonne blickte noch einmal</p> - <p class="line">Ueber des Meer’s hellschimmernde Fluthen herüber, und sandte</p> - <p class="line">Scheidend, aus Rosengluth, auf den Fittigen säuselnder Lüftchen,</p> - <p class="line">Endlich die Labung dem Heer’ in der mildumschmeichelnden Kühlung.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-11"> -<a id="page-269" class="pagenum" title="269"></a> -Zehnter Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">N</span><span class="postfirstchar">och</span> umhüllete Nacht mit finsterem Schleier Goletta’s</p> - <p class="line">Schweigende Flur; nicht sanftaufdämmerndes Roth an des Ostens</p> - <p class="line">Duftigem Himmelsthor, nicht Geflister der lieblichen Sänger</p> - <p class="line">Kündigte noch das Erwachen des Tag’s aus schauernden Zweigen,</p> - <p class="line">Als im erleuchteten Zelt der Kaiser mit seinen Erwählten,</p> - <p class="line">Doria, Guasto, und Eberstein, im wichtigen Kriegsrath</p> - <p class="line">Saß, und Jegliches ordnete, nun zu erstürmen die Festung.</p> - <p class="line">Näher gerückt war ihr das schanzende Volk, und gewahrte</p> - <p class="line">Jetzo gerechtes Ziel, die furchtbare Bombe zu schleudern.</p> - <p class="line">Mächtige Schlünde, den Kriegern genannt die „Mauerzertrümmrer“,</p> - <p class="line">Sah’n aus dem Schanzkorb schon zur Veste hinüber, und ringsum</p> - <p class="line">Lagen am Wall Sturmleitern gehäuft. Entlassend die Helden</p> - <p class="line">Aus dem Gezelt, sprach noch der erhabene Kaiser mit Nachdruck:</p> - <p class="line">„Segen des Himmels mit euch! Bald soll in heißeren Stunden</p> -<a id="page-270" class="pagenum" title="270"></a> - <p class="line">Sturmdrometender Ruf vor Goletta’s Mauern uns einen.“</p> - <p class="line">Doria eilte zum Meeresstrand, zur spähenden Vorhuth</p> - <p class="line">Guasto; nur Eberstein stand noch, und sagte bekümmert:</p> - <p class="line">„Nagender Gram erfüllet die Brust der Deutschen; sie klagen:</p> - <p class="line">Nur Hispaniens Söhn’ und Wälschlands theilten Gefahren,</p> - <p class="line">Ruhm und Ehre mit dir; sie stünden vergessen im Lager,</p> - <p class="line">Minder geachtet im Heer und deines Vertrauens nicht würdig.“</p> - <p class="line">Lächelnden Blick’s, doch sanft verweisend, entgegnete jener:</p> - <p class="line">„Häget des muthigen Volkes Hort den nagenden Unmuth</p> - <p class="line">Auch in der tapferen Brust? Nicht vorlaut tadle der Krieger,</p> - <p class="line">Was ich im ernsten Gemüth, auf Jegliches achtend, beschlossen.</p> - <p class="line">Spanier, Wälsch’, und Deutsche, sie all’ sind theuere Kinder</p> - <p class="line">Mir, und jen’ errangen sich schon erfreuenden Siegsruhm;</p> - <p class="line">Aber noch höheren Muth erheischt, im Felde der Waffen,</p> - <p class="line">Winkend zu Thaten, das höhere Ziel. Bald sollt ihr ersehen,</p> - <p class="line">Ob ich dem Deutschen vertraut’, ein Deutscher, und dankend mich ehren.“</p> - <p class="line">Freudigen Blick’s enteilte der Held, den harrenden Brüdern</p> - <p class="line">Tröstend zu nah’n, und zu ordnen die Scharen zum Sturme Goletta’s:</p> - <p class="line">Denn schon wüthete ringsumher des eh’rnen Geschützes</p> - <p class="line">Furchtbar donnernde Macht. Bald hier von den kreisenden Schanzen;</p> - <p class="line">Bald von dem Meerstrand dort, hinsausten die schrecklichen Kugeln.</p> -<a id="page-271" class="pagenum" title="271"></a> - <p class="line">Aber nicht minder zurück vom Walle der trotzenden Festung</p> - <p class="line">Sausten im Donnerlaut die schmetternden hin und herüber:</p> - <p class="line">Bebend drönte die Erd’, aufheulte der flammende Luftkreis.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hannibal sah vom Gewölk die Christen im mächtigen Vortheil;</p> - <p class="line">Sah nach Goletta hin die Donnerschlünde gewendet,</p> - <p class="line">Ringsum Gedräng’ und Hast, das herrliche Ziel zu erringen,</p> - <p class="line">Und erbebte vor Zorn. Der Kampferfahrne gedachte</p> - <p class="line">Jetzo der List, und flog nach der Veste hinüber, wo Sinam</p> - <p class="line">Erst auf dem Rasen des Walls entschlummerte, sorgenermüdet:</p> - <p class="line">Denn in dem nächtlichen Grau’n vernahm er Getös’ in den Schanzen,</p> - <p class="line">Und entsandte die Späher sogleich. Nun sah er im Traumbild</p> - <p class="line">Rings versinken den Wall umher, und die Mauern Goletta’s</p> - <p class="line">Stürzen, zertrümmert, in Staub, daß furchtbar gähnte der Abgrund.</p> - <p class="line">Krampfhaft faßt’ er den Rasen, und stöhnt’, als Hannibal jetzt ihn,</p> - <p class="line">Leise genaht, aufboth mit den mutherregenden Worten:</p> - <p class="line">„Sinam, du ruhest dahier, ein Träumender? Schande dem Trägen!</p> - <p class="line">Sieh’ schon wühlte der Feind, wie im nächtlichen Boden der Maulwurf,</p> - <p class="line">Viel verzweigte Gänge sich bahnt, Laufgräben von Neuem,</p> - <p class="line">Gegen die Veste sich auf; er häufte die Schanzen, und führte</p> -<a id="page-272" class="pagenum" title="272"></a> - <p class="line">Riesenschlünde heran, zermalmenden Donner zu wecken!</p> - <p class="line">Schwand dir völlig die Kraft, Abwehr zu ersinnen und Kriegslist?</p> - <p class="line">Wie, wenn Tapfere, nur das Geschütz zu verderben, entschlossen,</p> - <p class="line">Hastig am Zündrohr dort einkeilten den eisernen Nagel</p> - <p class="line">So, daß im weicheren Erz die scharf gehämmerten Kanten</p> - <p class="line">Hafteten, und der Entschluß Errettung schaffte den Eu’ren?</p> - <p class="line">Auf, und erwäge die That: dem Kühnen gesellt sich das Glück nur!“</p> - <p class="line">Sinam entfuhr dem Rasen voll Hast, und dachte verwundert:</p> - <p class="line">Ob er geträumt — ob Gottes Prophete den kühnen Gedanken</p> - <p class="line">Ihm in die Seele gelegt? Doch als er die Späher vernommen,</p> - <p class="line">Flog er zu Giaffar hin, und sagte mit leuchtendem Antlitz:</p> - <p class="line">„Tapferer Aga, vernimm mit Staunen, was Gottes Prophet’ erst</p> - <p class="line">Mir an die Seele gehaucht, im sinnebetäubenden Schlummer!</p> - <p class="line">Wieder gelang’s, so melden die Späher, dem Feinde, Goletta’s</p> - <p class="line">Mauern durch Schanzen zu nah’n: uns droht gewisses Verderben</p> - <p class="line">Heute noch, wo uns nicht rettet der Muth und entschlossene Kühnheit.</p> - <p class="line">Auf zu dem herrlichsten Sieg! In der glühenden Stunde des Mittags,</p> - <p class="line">Wenn, ermattet, die Fremdlinge ruh’n, bestürme die Schanzen</p> -<a id="page-273" class="pagenum" title="273"></a> - <p class="line">Du mit erlesenem Volk. Das schwere Geschütz zu verderben,</p> - <p class="line">Hastig am Zündrohr dort einkeil’ es den eisernen Nagel</p> - <p class="line">So, daß im weicheren Erz die scharfgehämmerten Kanten</p> - <p class="line">Haften, und uns hinfort die Vestezertrümmrer nicht schaden.</p> - <p class="line">Groß ist des Sieges Gewinn, und dein: unsterblicher Nachruhm!“</p> - <p class="line">Giaffar blickte mit Ernst dem stattlichen Schirmer Goletta’s</p> - <p class="line">Lang’ in die flammenden Augen, und sprach, als jener verstummte:</p> - <p class="line">„Nicht Unwichtiges sann, du Tapferer, jetzo dein Geist aus;</p> - <p class="line">Oder dir nahte der große Prophet, wie du sagtest, in Wahrheit,</p> - <p class="line">Sturm gebiethend, und dort das Vernageln des Donnergeschützes,</p> - <p class="line">Wo in den Schanzen umher unzählig die tapferen Völker</p> - <p class="line">Wachen! Aber, wohlan: nie bebte des Kampfes Gefahren</p> - <p class="line">Giaffar noch, und sollt’ er im Sturm auch fallen, er bebt nicht!“</p> - <p class="line">Also enteilt’ er sogleich, und rief die kühnen Gefährten,</p> - <p class="line">Jauchzend, zum Sturmgang auf; doch Sinam sah ihm erstaunt nach.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Schon entfloh’n die Schatten der Nacht; der freundliche Morgen</p> - <p class="line">Streuete Rosen umher an des hellaufstrahlenden Ostens</p> - <p class="line">Goldenem Thor, und mit glühender Stirn’ erhob sich die Sonne,</p> - <p class="line">Froh zu durchlaufen die Bahn in des Weltalls endlosen Räumen;</p> -<a id="page-274" class="pagenum" title="274"></a> - <p class="line">Aber nicht lange, so fleugt vor ihrem Blicke Verderben,</p> - <p class="line">Jammer, und Tod aus den furchtbar’n Gluthgefilden der Wüsten</p> - <p class="line">Ueber die Christen heran: denn schon empöret der Windstoß,</p> - <p class="line">Wirbelnd, den flimmernden Sand; weit gährt, und zischet die Meersfluth.</p> - <p class="line">Wer entflammte den Unhold dort, dem Heere der Christen</p> - <p class="line">Tödlich zu nah’n? Wer stand ein Rettender über dem Kriegsheer?</p> - <p class="line">Muhamed saß, ergrimmteren Blick’s, auf dem goldenen Halbmond,</p> - <p class="line">Der von den Zinnen des Minarets, des wolkengethürmten,</p> - <p class="line">Ueber die mächtige Stadt hinschimmerte, Moslems zur Wonne.</p> - <p class="line">Wie Gewittergewölk auf das Hochgebirge sich lagert:</p> - <p class="line">Gährende Blitz’ umröthen den Saum des finster’n, und furchtbar</p> - <p class="line">Droht in die Thäler herab sein bald erkrachender Donner:</p> - <p class="line">Also saß er erhöht auf dem Thurm. Die Schanzen gewahrend,</p> - <p class="line">Dacht’ er Goletta’s Sturz, und der Feind’ unendlichen Sieg’sruhm —</p> - <p class="line">Dacht’ es, und knirschte vor Wuth, und wühlte mit zuckender Rechten</p> - <p class="line">Dann in dem Busen; die Linke zerkrümmte die Hörner des Halbmonds.</p> - <p class="line">Jetzt auffuhr er in Hast. Wie aus tiefen Träumen erwachend,</p> -<a id="page-275" class="pagenum" title="275"></a> - <p class="line">Starrt’ er umher, und winkte den ringsumschwebenden Geistern:</p> - <p class="line">Attila selbst, mit dem wilden Gefolg, dann seinen Erwählten;</p> - <p class="line">Jetzt auch Hannibals Schar: denn er umschwebte Goletta’s</p> - <p class="line">Mauern, und harrte des Kampfs im schlündeverderbenden Anfall.</p> - <p class="line">„Mir nach,“ rief er der Geisterschar, „Aethiopiens Scheusal</p> - <p class="line">Beut uns schreckliche Macht zur Rach’, in des Feindes Vernichtung!“</p> - <p class="line">Und sie entflogen all’ im Schrei des empöreten Ingrimms.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Ueber Zender und Gingir<a class="fnote" href="#footnote-60" id="fnote-60">[60]</a> hinaus, wo rings um den Erdball</p> - <p class="line">Sich der Gleicher<a class="fnote" href="#footnote-61" id="fnote-61">[61]</a> schlingt, gleich fern von dem Süd- und dem Nordpol</p> - <p class="line">(Denn so ersann der stern’erforschende Weise das Zeichen:</p> - <p class="line">Ahnend der Erd’ Umschwung um die eigene Achse, mit jenem</p> - <p class="line">Schräg’ an der Sonn’ umher, in des Jahrs umrollenden Tagen)</p> - <p class="line">Dort in Afrika’s Schooß, wo im öden Gefilde nicht, schattend,</p> - <p class="line">Säuselt der Baum, nicht liebliches Grün entzücket die Augen,</p> - <p class="line">Und von dem Flammenthron, senkrecht, versengende Strahlen</p> - <p class="line">Schleudert die Sonn’ auf den kochenden Sand, der ewig der Wüsten</p> - <p class="line">Unermeßlichen Raum in des Todes Trauergewand hüllt:</p> - <p class="line">Dort umstarrt, gen Himmel gethürmt, ein Felsengebirg rings</p> -<a id="page-276" class="pagenum" title="276"></a> - <p class="line">Ein entsetzliches Thal, wohl hundert Meilen im Umkreis.</p> - <p class="line">Nicht die Gems’ mit dem eisernen Muth und den ehernen Klauen,</p> - <p class="line">Fänd’, aufklimmend, Bahn an der steilaufragenden Felswand,</p> - <p class="line">Und aus der Tiefe herauf, die gräulich, vom Donner gespalten,</p> - <p class="line">Gähnet, erhebt sich ein Flammenmeer, und wirbelt, und brauset</p> - <p class="line">Auf zu des Kessels Rand, vom kochenden Schwefel und Erdharz</p> - <p class="line">Unversiegend genährt. Doch weh’, wenn, übergefüllet,</p> - <p class="line">Ihm entstürzet die Fluth! Da erbraust urplötzlich der Luftraum;</p> - <p class="line">Weit erbebet die Erd’; aufhebt sich des Windes Vermögen:</p> - <p class="line">Säul’ an Säule gedrückt, fortstürzt er im Flug um den Erdball.</p> - <p class="line">Wenn er vom Mittelmeer nach Hesperiens Zaubergefilden</p> - <p class="line">Fleugt: da glühet sein Odem noch, und erschlaffet die Menschen,</p> - <p class="line">Trübumwölkten Gemüth’s. Umkreist er aus Süden des Nordpols</p> - <p class="line">Eisige Stirn: da deckt der glänzende Reif ihm die Schwingen,</p> - <p class="line">Und er schüttelt uns Schnee und den blütheverderbenden Frost her;</p> - <p class="line">Aber, im schnelleren Flug durchbrausend des rosigen Aufgangs</p> - <p class="line">Fluren, und d’rauf, heimkehrend im Sturm, von des Abends Gefilden,</p> -<a id="page-277" class="pagenum" title="277"></a> - <p class="line">Haucht er den Regen heran, den dauernden, der aus dem Weltmeer</p> - <p class="line">Dunstgeboren sich hebt, und die schimmernden Lüfte verdüstert —</p> - <p class="line">So wie im Gegenlauf, an des Altais<a class="fnote" href="#footnote-62" id="fnote-62">[62]</a> Höh’n, und des Urals<a class="fnote" href="#footnote-63" id="fnote-63">[63]</a></p> - <p class="line">Oestlichem Rücken erfrischt, er die Regengewölke verscheuchet</p> - <p class="line">So, daß lieblich und kühl die Bläue des Himmels herabglänzt.</p> - <p class="line">Also kehret er stets nach den grau’numhüllenden Felshöh’n</p> - <p class="line">Wieder, an welchen er ruht, und die Lüft’ umschwimmen im Gleichmaß.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Dorthin, glühend vor Hast, kam Muhamed jetzt mit den Scharen</p> - <p class="line">Zahlloser Geister, und hieß sie, mit drohendem Winke der Brauen,</p> - <p class="line">Schnell umringen den Saum des furchtbarn Felsengebirges;</p> - <p class="line">Aber er stand. Ihm leckten die dunkelgerötheten Flammen,</p> - <p class="line">Prasselnd, die Füß’, und floh’n, und kehrten in wirbelnden Wogen.</p> - <p class="line">Finster blickte sein Aug’, und glüht’ im Glanze des Feuers</p> - <p class="line">Schrecklicher noch, da er laut erhob die gewaltige Stimme:</p> - <p class="line">„Seht, Erwählte des Ruhms, vor allen Scythia’s Helden,</p> - <p class="line">Welchen des Südens Wundergebieth erst heute sich aufhellt,</p> - <p class="line">Hier im flammenden See den Samyel<a class="fnote" href="#footnote-64" id="fnote-64">[64]</a> — Völker erbeben</p> - <p class="line">Schon dem Nahmen allein des todaushauchenden Unholds —</p> - <p class="line">Lauern! Er mordet, geweckt, das Leben; im sausenden Eilflug</p> -<a id="page-278" class="pagenum" title="278"></a> - <p class="line">Hebt er die Wüst’, und stäubt sie empor in die Lüfte: sie wandelt</p> - <p class="line">Hoch in dem Wolkenreich, nun schnell, nun zögernder vorwärts</p> - <p class="line">Schreitend die Bahn, und deckt, entstürzend, mit thürmenden Bergen</p> - <p class="line">Weit die Gefilde. O seh’t, o seh’t, nach Sahara hinüber!</p> - <p class="line">Dort in dem Sandmeer wallt, verschmachtenden Herzens, seit Monden</p> - <p class="line">Schon Karawanengefolg’ den heimischen Fluren entgegen;</p> - <p class="line">Weh’, und Araber sind’s, mein Volk! O, nimmer erblicken</p> - <p class="line">Sie das Heimathland! Von sinkenden Hügeln begraben,</p> - <p class="line">Schwinden sie all’: ein Schauspiel noch entfernten Geschlechtern,</p> - <p class="line">Wenn verweht die Hügel entflieh’n, und die Starren enthüllt sind.</p> - <p class="line">D’rum jetzt Rache verübt, die schrecklichste, die noch verübt ward,</p> - <p class="line">Dort an der christlichen Heeresmacht, der zahllose Moslems</p> - <p class="line">Schon erlagen im Kampf für den welterleuchtenden Koran,</p> - <p class="line">Für errungenen Ruhm, und die völkerverschlingende Herrschaft.</p> - <p class="line">Stürzet vereint in den Flammensee, und empört der Vernichtung</p> - <p class="line">Gährende Fluth noch mehr, daß selbe nach Tunis hinüber</p> - <p class="line">Sende den Samyel, der, verschonend die tapferen Moslems,</p> - <p class="line">Tilge sogleich die Ungläubigen dort mit erstickendem Gluthhauch.“</p> -<a id="page-279" class="pagenum" title="279"></a> - <p class="line">Siehe, da stürzten sich all’, empört von dem schrecklichen Herrscher,</p> - <p class="line">Jauchzenden Ruf’s in den Flammensee. Sie tauchten hinunter</p> - <p class="line">Bis in des Abgrunds Nacht, und fuhren herauf, und erregten</p> - <p class="line">Also die Fluth, daß Wog’ auf Woge geschleudert dahinsank.</p> - <p class="line">So, wie der Schilfteich braust, wenn plötzlich auf ihn des Orkans Wuth</p> - <p class="line">Niederstürzt vom Gewölk, und rings die umufernden Dämme</p> - <p class="line">Ueberfluthend, ergeußt sein dunkles Gewässer: so stürzte</p> - <p class="line">Von dem Felsen die feurige Fluth. Entsetzlich zu schauen!</p> - <p class="line">Himmel und Erd’, im furchtbar’n Wuthkampf ringend; die Sandwüst’</p> - <p class="line">Wandelnd in Wolkenhöh’n, und der todaushauchende Gluthwind</p> - <p class="line">Prasselnd im Sturmesflug nach dem Lager der Christen hinüber,</p> - <p class="line">Drohten der zitternden Welt die Schrecken des letzten der Tag’ an.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Doch, auf Goletta’s Wall stand Giaffar, herrlichgerüstet,</p> - <p class="line">Schon vor den Reihen der Janitschar’n. Sie staunten dem Hauptschmuck,</p> - <p class="line">Der von des Tulbans Bund herschimmerte, zierend des Reihers</p> - <p class="line">Schneegefieder, und gleich dem Fittig des Aars, sich entfaltend;</p> -<a id="page-280" class="pagenum" title="280"></a> - <p class="line">Staunten des Säbels Gehäng’, voll blitzenden Edelgeschmeides,</p> - <p class="line">Den Suleyman ihm both, der Prächtige, als er vor Rhodus</p> - <p class="line">Ruhm sich erwarb, im Sturm durchbrechend das eiserne Seethor.</p> - <p class="line">Nie gewahrt’ ihn das Volk so reichgeschmückt in dem Feld noch.</p> - <p class="line">Jetzo mit leuchtendem Blick’ erhob er die mächtige Stimme:</p> - <p class="line">„Hört mich, Söhne des Siegs! Schon oft erlagen im Schlachtfeld</p> - <p class="line">Eurem schrecklichen Arm die Ungläubigen; aber er wüthe</p> - <p class="line">Heute noch mehr, als dort im Süden der wilde Hamaddan,[<a href="#footnote-64">64</a>]</p> - <p class="line">Der im Feuergewölk auffleugt, und mit glühendem Odem</p> - <p class="line">Bald das Lebende tilgt. Auch tödte sie Gram und Verzweiflung,</p> - <p class="line">Jetzt in dem Ueberfall ihr Geschütz vernichtet zu schauen.</p> - <p class="line">Auf, und erringet des Sieges Preis, nicht der sinkenden Brüder</p> - <p class="line">Achtend! Falle wer muß: nur mögen die Seinen ihn rächen!“</p> - <p class="line">Also entflammt’ er das Volk. Da scholl, wie brandender Wogen</p> - <p class="line">Rauschen im Meeressturm, und das Brausen im dunkelen Eichwald,</p> - <p class="line">Den der heulende Nord durchtobt, des stürmischen Volkes</p> - <p class="line">Wuthausruf, von Goletta’s geöffnetem Thore; da rannten</p> - <p class="line">Alle voll Hast nach der Schanze hinaus, die Ludwig, als Feldherr,</p> - <p class="line">Strahlend in Jugendglanz, mit den niederländischen Helden</p> - <p class="line">Und Lusitania’s tapferem Volk, krieg’skundig beschirmte.</p> -<a id="page-281" class="pagenum" title="281"></a> - <p class="line">Dort war lautes Getös’, war Rufen. Zur muthigen Abwehr</p> - <p class="line">Eilte das Volk; doch unaufhaltsam, die Schanzen entlang hin —</p> - <p class="line">Nicht des hagelnden Donnerrohr’s, nicht der sinkenden Brüder</p> - <p class="line">Achtend, drangen die Wüthenden auf, und ihr gieriger Aarblick</p> - <p class="line">Hing an den ehernen Schlünden allein. Ach, sieben umringten</p> - <p class="line">Sie, vorstürmend in Hast! Bald töneten schmetternde Hämmer</p> - <p class="line">An dem geflachten Kopf der eisernen Nägel: sie drangen</p> - <p class="line">Fest in das weichere Erz, des Zündrohrs Höhle verkeilend,</p> - <p class="line">Und zerstörend des Feldzeugs Macht mit den schneidenden Kanten.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzo wäre noch mehr des schrecklichen Frevels geschehen;</p> - <p class="line">Aber schon kam, und schrie Lusitania’s Zierde den Scharen:</p> - <p class="line">„Brüder, hört! So ihr feig nicht rächet den schändlichen Frevel,</p> - <p class="line">Welchen der Feind verübt’, entsag’ ich dem Stabe des Feldherrn</p> - <p class="line">Jetzt, und hinfort, den mir der edelste Herrscher vertraute,</p> - <p class="line">Euch zu lenken im Waffenfeld zu Thaten des Ruhmes.</p> - <p class="line">Ha, willkommen der Tod, wo Schande, nicht Ruhm, mir zu Theil wird!“</p> - <p class="line">Alsbald stürmt’ er vor, und hieb mit dem sausenden Mordstahl</p> - <p class="line">Ein in die Scharen, daß links und rechts die Getödteten sanken.</p> - <p class="line">Wie in dem dunkelen Forst, im Gebell verfolgender Rüden,</p> - <p class="line">Schnaubend daher ein Eber fleugt: er suchet des Dickichts</p> -<a id="page-282" class="pagenum" title="282"></a> - <p class="line">Rings umschattende Nacht, und mäht mit den schrecklichen Hauern</p> - <p class="line">Nieder die schlanken Stämme — dem Wüthenden sinket der Wald hin:</p> - <p class="line">Also stürzete Mann auf Mann des Heldengebiethers</p> - <p class="line">Würgendem Schwert. Sein Volk, vernehmend den schrecklichen Vorwurf —</p> - <p class="line">Schauend den Helden im Kampf, schnob Rache. Nicht Büchsengeschmetter,</p> - <p class="line">Sausen des Säbels und Speers war jetzt zu vernehmen: die Krieger</p> - <p class="line">Faßten den Lauf des Feuerrohr’s, und schlugen, und drängten,</p> - <p class="line">Mordend, die Feinde vom Wall. Sie floh’n, und Sterbender Röcheln</p> - <p class="line">Scholl aus dem Graben herauf. Doch bebte das Herz in dem Busen</p> - <p class="line">Giaffars nicht; er einte die Fliehenden schnell, und gedachte</p> - <p class="line">Jetzt verderbender noch in den Schanzen des spanischen Volkes,</p> - <p class="line">Wüthend im Ueberfall, den ehernen Schlünden zu nahen.</p> - <p class="line">Siehe, da schwebt’ aus Wolkenhöh’n im brausenden Flug’ ihm</p> - <p class="line">Attila näher, und schalt im Geistergelispel ihn also:</p> - <p class="line">„Trotzest du nicht auf Kraft und Stärk’ in dem Heere vor allen?</p> - <p class="line">Aber nur eitelen Trotz, nicht Thaten gewahrte das Heer noch.</p> - <p class="line">Kehre zurück, und ford’re die tapfersten Gegner zum Zweikampf:</p> - <p class="line">Ob nicht der Feldherr selbst, im glühenden Muthe der Jugend,</p> - <p class="line">Dir sich stellt, und erliegt, und zur Sonne dein Nahme sich aufschwingt?“</p> -<a id="page-283" class="pagenum" title="283"></a> - <p class="line">Giaffar stand, und sann: „Heut hol’ ich,“ so rief er, „den Tod mir,</p> - <p class="line">Oder den herrlichsten Ruhm. Drometer, gebiethe den Stillstand!“</p> - <p class="line">Fröhlich ertönte das Erz, und Ludewig, kundig der Ritter-</p> - <p class="line">Sitte, horchte dem ehernen Ruf’, und hemmte die Seinen.</p> - <p class="line">„Wer sich von euch,“ schrie Giaffar laut, „im Heere vor allen</p> - <p class="line">Tapfer erwies, der trete hervor, und stehe zum Kampf mir,</p> - <p class="line">Einzeln dem einzelnen Mann, so wie einst in der schöneren Vorzeit,</p> - <p class="line">Schild auf Schild, nah’ an, die muthigen Helden sich trafen,</p> - <p class="line">Eh’ noch Pulver und Blei, o Schmach, aus der Ferne den Tapfer’n</p> - <p class="line">Tückisch zu Boden schlug, und dem Feigeren schonend vorbeiflog!</p> - <p class="line">Keiner besorge mir Trug und Hinterlist. Ehre gewinnen</p> - <p class="line">Will ich nach Ritterbrauch: deß ruf’ ich Allah zum Zeugen.“</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Grimmig schritt Alfred, der niederländische Hauptmann,</p> - <p class="line">Gegen ihn vor, deß’ Riesenkraft in dem Heere gerühmt war —</p> - <p class="line">Stand, und führte den Streich: doch Giaffar schlug ihm das Eisen</p> - <p class="line">Aus der erstarrenden Faust, daß es blitzend am Sande dahinfuhr.</p> - <p class="line">Raubet’ er jetzo vielleicht dem wehrlosen Christen das Leben?</p> - <p class="line">Nein: denn edeler Stolz erfüllt’ ihm die Seele mit Großmuth.</p> -<a id="page-284" class="pagenum" title="284"></a> - <p class="line">Schnell barg er das blitzende Schwert in die Scheid’, und es faßten</p> - <p class="line">Beide Kämpfer zugleich mit festumklammernden Armen</p> - <p class="line">Eisern sich an, und beugten einander gleich ringenden Bären,</p> - <p class="line">Pressend die Brust an die Brust, zur Rechten, zur Linken, daß beiden</p> - <p class="line">Knirschte der Rücken, und Schweiß von den Gliedern in Strömen herabrann.</p> - <p class="line">Jener gedachte der List, und schlug von hinten dem Türken</p> - <p class="line">Rasch mit der Ferse die Beuge des Knie’s: ihn niederzustürzen;</p> - <p class="line">Aber Giaffar stand wie die Eiche so fest auf dem Boden.</p> - <p class="line">Jetzo, der Uebermacht sich bewußt, und zürnend der Arglist,</p> - <p class="line">Hob er den Gegner empor, und drückte mit eisernen Sehnen</p> - <p class="line">Ihn stets fester zur ehernen Brust, daß er, odemberaubet,</p> - <p class="line">Dort verhauchte den Geist: aus seinen eröffneten Armen</p> - <p class="line">Fiel er, langgestreckt, auf den Sand. Wie im Schimmer des Abends,</p> - <p class="line">Lauernd, die Riesenschlang’ vom Wipfel des Baums, auf den Tieger,</p> - <p class="line">Der ihm vorüberzieht, urplötzlichen Flugs sich hinüber</p> - <p class="line">Schwingt, ihn schnell umringelt, und dann zum schütternden Stamm zieht;</p> - <p class="line">Wie er auch brüllt, und sich mühet, der klemmenden Reife nur einen</p> - <p class="line">Fest mit den Zähnen und Klau’n zu fassen — umsonst: sie erwürget</p> - <p class="line">Ihn an dem Stamm’, daß ihm laut zerkrachen die Knochen: so würgte</p> -<a id="page-285" class="pagenum" title="285"></a> - <p class="line">Giaffars mächtiger Arm den Gegner, und streckt’ ihn entseelt hin.</p> - <p class="line">Ganz unduldbarer Schmerz ergriff des tapferen Ludwigs</p> - <p class="line">Brust: er schrie laut auf, und stürzte dem Türken entgegen.</p> - <p class="line">Sieh’, da nahte, gelockt von des Kampfes Getöse, der Kaiser,</p> - <p class="line">Und erstaunte, wie dort Lusitania’s herrlicher Sprößling</p> - <p class="line">Kühn in die Schranken trat mit dem stärkeren Gegner! Ihm schwebte,</p> - <p class="line">Angstgeweckt, auf die Zung’ ein Laut, der muthige Krieger</p> - <p class="line">Hätte gerufen zum Kampf und zur Rettung des trefflichen Jünglings;</p> - <p class="line">Aber er hemmt’ auf der Zunge den Laut, daß unrühmliches Mißtrau’n</p> - <p class="line">Nicht mit giftigem Zahn, wie der Borkenkäfer im Hochwald</p> - <p class="line">Sprossende Bäume zernagt am Mark, daß sie, trauernd, verdorren,</p> - <p class="line">Ihn verwundete. Doch wie erblick’ er den Stahl in den Busen</p> - <p class="line">Seines Lieblings versenkt, und dampfend vom Blute des Theuern?</p> - <p class="line">Dennoch beherrscht’ er die Angst, und sah vom gehügelten Erdwall</p> - <p class="line">Nach dem Waffengefild’, ein Sinnender, schweigend hinüber.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Giaffar, stolz des sicheren Sieg’s, gewahrte den Jüngling,</p> - <p class="line">Lächelnd: er pries nun Gott, und dankte dem großen Propheten,</p> - <p class="line">Der den blühenden Fürstensohn ihm entgegengeführt hat;</p> -<a id="page-286" class="pagenum" title="286"></a> - <p class="line">Doch, da er jetzt, wie ein junger Leu dem stärkeren Panther</p> - <p class="line">Kühn entgegen sich wirft, im schimmernden Felde der Waffen,</p> - <p class="line">Ueber den blanken Helm den Degen erhebend, daherkam,</p> - <p class="line">Und sein Blick, mit des Todes Schrecken bewaffnet, ihn faßte,</p> - <p class="line">Ha, da pocht’ ihm das Herz, ergriffen von heimlichem Schauder!</p> - <p class="line">Nun das glühend’ Aug’ auf das Auge des Gegners geheftet —</p> - <p class="line">Vorwärts stemmend den rechten Fuß im knisternden Sandstaub,</p> - <p class="line">Strebten die beiden, ergrimmt, die tödlichen Streiche zu führen,</p> - <p class="line">Und es erbebte die Luft dem rastlos sausenden Mordstahl.</p> - <p class="line">Da von dem Helm, und dort von dem Stirnbund, Panzer, und Leibrock</p> - <p class="line">Wußte der Kämpe, gewandt, die Waffe des Kämpen zu fernen:</p> - <p class="line">Jetzt auffangend den Hieb, und jetzo vereitelnd den Herzstoß.</p> - <p class="line">Und so hätte die sinkende Nacht allein, in dem Dunkel,</p> - <p class="line">Heute die Helden getrennt, nicht des Sieg’s entscheidender Vortheil;</p> - <p class="line">Doch als Giaffars Arm zum schrecklichsten Schlage den Säbel</p> - <p class="line">Hoch aufschwang: da kreischete Ludwigs blitzender Degen</p> - <p class="line">Laut, an des Säbels Kling’ abgleitend; da bohrte den Mordstahl</p> - <p class="line">Sein nachstürmender Arm ihm tief in die pochende Brust ein.</p> - <p class="line">Rücklings stürzte der stattliche Held; hoch spritzte der Sand auf,</p> - <p class="line">Als er sank, von der Hand des tapferen Jünglings getödtet.</p> - <p class="line">Aehnlich der Fichte lag er, die erst die nächtliche Windsbraut</p> -<a id="page-287" class="pagenum" title="287"></a> - <p class="line">Krachend dem Boden entriß; der Weidmann schauet am Morgen</p> - <p class="line">Forschend nach ihr, die rings ihm diente zum leitenden Merkmaal:</p> - <p class="line">Denn sie ragete hoch, vor allen Bäumen des Waldes,</p> - <p class="line">Schon Jahrhunderte lang; nun liegt sie zertrümmert am Boden:</p> - <p class="line">Also lag er im Staub, und erschütternde Stille war ringsum.</p> - <p class="line">Attila schüttelte grimmig das Haupt: denn seinem Geflister</p> - <p class="line">Horchte der Kühne zuvor. Er floh, umschart, in der Luft fort.</p> - <p class="line">Als ein lohnender Ruf den Lippen des Kaisers entfloh’n war,</p> - <p class="line">Und den Sieger umjauchzte sein Volk: da brachen die Gegner</p> - <p class="line">Furchtbar heran, und Gebrüll, und Fluch, und Verwünschung ertönte</p> - <p class="line">Schrecklicher noch als der Säbel Geklirr und Geschmetter der Büchsen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hoch von Goletta’s Wall gewahrte der tapfere Sinam,</p> - <p class="line">Wie sein muthiges Volk, erstürmend die Schanze des Feindes,</p> - <p class="line">Dort zerstörte das eh’rne Geschütz, und er hüpfte vor Lust auf;</p> - <p class="line">Doch als Giaffar wich; zum Zweikampf rief der Drometer —</p> - <p class="line">Rief zu Giaffars Fall: da hob er die Hände vor allen,</p> - <p class="line">Himmelempor, und schrie den versammelten Kriegesgefährten:</p> - <p class="line">„Weh, unseliger Muth, der, treulosen Feinden entgegen,</p> - <p class="line">Giaffars Seele gereizt! Hinaus, durch jegliches Thor fort,</p> - <p class="line">Drüben aus grauser Noth den tapfersten Mann zu erretten!“</p> -<a id="page-288" class="pagenum" title="288"></a> - <p class="line">Also geschah’s. Da brausten die Wüthenden näher: so brausen</p> - <p class="line">Stürme vom Nord, und schleudern die schäumende Fluth zu dem Meerstrand.</p> - <p class="line">Zwar nicht rettet’ ihr Muth den Tapferen: denn auf dem Boden</p> - <p class="line">Lag er gestreckt im Blut, von Ludwigs Rechter getödtet;</p> - <p class="line">Aber sie stürzten, zur Wuth entflammt, und entsetzlicher Rachgier,</p> - <p class="line">Eilig daher an den Wall, und gräßlich ertönte der Mordruf.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzo ersah das streitende Volk vom fernen Kairwan<a class="fnote" href="#footnote-65" id="fnote-65">[65]</a></p> - <p class="line">Und Constantina<a class="fnote" href="#footnote-66" id="fnote-66">[66]</a> herauf, des wildempörten Hamaddans</p> - <p class="line">Dräuenden Flug, und bebte. In tausend gewirbelten Säulen</p> - <p class="line">Eilte die Wüst’ ihm vor: im Knistern des Feuergewölkes</p> - <p class="line">Deckend des Himmels Bläue mit Grau’n und Entsetzen. Die Sonne</p> - <p class="line">Blinkete trauernd aus ihr, und goß nur düstere Dämm’rung</p> - <p class="line">Ueber die Welt. Ein flammendes Meer aus den schwärzlichen Lüften,</p> - <p class="line">Und dem Boden nah’, anstürmend, der prasselnde Gluthstrom,</p> - <p class="line">Drohte den Lebenden rings urplötzliche, schnelle Vernichtung.</p> - <p class="line">Doch zu den Kriegern gewandt, rief laut der erhabene Kaiser:</p> - <p class="line">„Sollt’ uns der Samyel nah’n, der flammende Menschenerwürger,</p> - <p class="line">Da gedenket des warnenden Winks: zur Erde geworfen,</p> - <p class="line">Hüll’t in Gewande das Haupt, und harr’t an dem Boden, nicht athmend,</p> - <p class="line">Einige Zeit. Bald tobt der Unhold vorüber — ihr lebet.“</p> -<a id="page-289" class="pagenum" title="289"></a> - <p class="line">Dann noch rief er, den flehenden Blick zum Himmel erhebend:</p> - <p class="line">„Allmacht fleugt vor deinem Hauche daher, du Erbarmer;</p> - <p class="line">Nah’ uns mit Huld, und errett’ uns jetzt vor des Samyels Wuth dort!“</p> - <p class="line">Und aus dem Aethergefild flog nun, dem strahlenden Blitz gleich,</p> - <p class="line">Seraph Eloa herab, den Christen zur Rettung gesendet.</p> - <p class="line">Sonst sein Auge so mild wie des Himmels Bläu’, und die Stimme</p> - <p class="line">Sanft wie Harfengetön, war jetzt entsetzlich zu hören,</p> - <p class="line">Furchtbar zu schau’n. Er rief dem Samyel: „Halt, und entweiche!“</p> - <p class="line">Und der Schreckliche floh. Auch kehrten die wirbelnden Säulen,</p> - <p class="line">Seinem Winke gehorchend, zurück in die einsamen Wüsten.</p> - <p class="line">Dann auf Muhamed, der zuvor in dem furchtbaren Gluthwind</p> - <p class="line">Nahte, voll heißer Gier, die Christen vernichtet zu schauen,</p> - <p class="line">Warf er einen der Blicke herab, der thürmende Felsen</p> - <p class="line">Hüb’ aus den Vesten der Erd’, und aus Nachtabgründen die Meersfluth.</p> - <p class="line">Jener entwich. Wie dürres Laub, verweht von dem Sturmwind,</p> - <p class="line">Schwindet: so schwand er mit seinem Volk. Auch Attila folgte,</p> - <p class="line">Schreckenbetäubt, ihm nach; aufheulten die flüchtenden Scharen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sinam drängete zweimal schon die Christen vom Blachfeld</p> -<a id="page-290" class="pagenum" title="290"></a> - <p class="line">Bis an des Grabens Rand, und so oft, nur schrecklicher warf ihn</p> - <p class="line">Ludwig wieder dahin, wo, umhügelt von starrenden Leichen,</p> - <p class="line">Giaffar lag, und im Blutbad schwamm: denn heißer entflammte</p> - <p class="line">Dort des Getödteten Schau in dem Busen der Seinen des Mordens</p> - <p class="line">Schreckliche Gier, daß sie standen im Kampf der Entscheidung, und furchtbar</p> - <p class="line">Wüthete jetzo der Tod auf der siegverherrlichten Stelle.</p> - <p class="line">Als der Samyel erst, des Seraphs Stimme gehorchend,</p> - <p class="line">Heim in die Wüste floh, da weckte sein brausender Odem</p> - <p class="line">Hoch in der Luft und im Schooße der Erd’ Aufruhr und Empörung.</p> - <p class="line">Plötzlich thürmte Gewittergewölk am bläulichen Himmel</p> - <p class="line">Furchtbar sich auf, und goß ein mitternächtliches Dunkel</p> - <p class="line">Ueber das Waffenfeld, daß der Gegner dem Gegner entrückt schien.</p> - <p class="line">Nur das Blitzen des Feuerrohr’s erhellte zuweilen</p> - <p class="line">Noch das umnachtete Volk, entflammte des starrenden Kriegers</p> - <p class="line">Aug’, und Harnisch, und Helm, und wies auf dem Feld des Entsetzens</p> - <p class="line">Leichen auf Leichen gehäuft. Nun schwankte, den Wellen des Meer’s gleich,</p> - <p class="line">Unter den Füßen des Kriegers der Grund; des Kampfes Getümmel</p> - <p class="line">Schwieg, und „Erdbeben!“ scholl’s die zitternden Reihen hinunter.</p> -<a id="page-291" class="pagenum" title="291"></a> - <p class="line">Grau’nvoll rauschte das Meer; das Schmettern der Schiff’ an die Schiffe</p> - <p class="line">Tönete schrecklich, vereint dem Geheul aus der Veste, dem Brüllen</p> - <p class="line">Aus dem Gehölz, und rings dem Kreischen des kleinen Gevögels,</p> - <p class="line">Das dem erschütterten Wald entstürzte mit kläglichem Angstruf.</p> - <p class="line">Jetzt aufflammte der Blitz, und zerriß, von Osten bis Westen</p> - <p class="line">Strahlend, die finstere Wolkennacht: der furchtbare Donner</p> - <p class="line">Rollt’ auf ehernen Rädern ihm nach, und krachte zum Abgrund</p> - <p class="line">Dumpf, und dumpfer hinab, an des Himmels drönendem Rand hin.</p> - <p class="line">Brausend erhob der Sturm die sandige Fläche; die Fahnen</p> - <p class="line">Haucht’ er zum Himmel empor, und riß auch die Zelt’ in dem Lager</p> - <p class="line">Von dem ragenden Pfahl, und wälzte sie fort auf dem Flugsand.</p> - <p class="line">Schreckenbetäubt entfloh der Feind; doch Ludewig folgte,</p> - <p class="line">Unerschütterten Muth’s, dem flüchtenden nach bis Goletta.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Guasto aufathmete tief; er hielt, von dem Sturme gewendet,</p> - <p class="line">Jetzo des Mantels flatternden Saum, und sagte dem Kaiser:</p> - <p class="line">„Wie, du weilest noch hier, unbändigen Sinnes, und achtlos</p> - <p class="line">All der Gefahr, die uns heut’ aus den hellaufflammenden Lüften,</p> - <p class="line">Und aus dem Schooße des Abgrunds dräut? Auch stürzet des Regens</p> -<a id="page-292" class="pagenum" title="292"></a> - <p class="line">Prasselnde Fluth nun bald aus dem berstenden Wettergewölk her;</p> - <p class="line">Eile nach deinem Gezelt: es trotzte dem schrecklichen Sturm noch,</p> - <p class="line">Festeren Bau’s; schon fliehen die Feinde vor deinen Erwählten.“</p> - <p class="line">Weder der donnererweckende Blitz, noch der schwankende Boden</p> - <p class="line">Zog des Kaisers sinnenden Blick vom Kampfe der Helden</p> - <p class="line">Ab. Er lächelte sanft auch jetzt, und sprach zu Del-Guasto:</p> - <p class="line">„Laß mir den Frieden, o Greis! Ein Gleiches erduldet ihr Tapfer’n</p> - <p class="line">Alle mit mir. Wer schirmt vor Gefahr, die hoch aus den Lüften,</p> - <p class="line">Tief aus des Abgrunds Nacht uns dräut’, als Er, der Erbarmer?</p> - <p class="line">Sein ist die Macht! Mir wohnt der Fried’ im vertrauenden Herzen.“</p> - <p class="line">Doch nun flammte sein Blick, nun bebt’ ihm die Rechte; den Harnisch</p> - <p class="line">Hob ihm die pochende Brust, und furchtbar scholl’s, da er sagte:</p> - <p class="line">„Donner und Blitz sind mir die Stimme des Herrn, daß ich eile.</p> - <p class="line">Hebe dich nun, mein tapferer Held, an’s Werk der Entscheidung:</p> - <p class="line">Lenke die Völker heran. Laut brülle sogleich von den Schanzen —</p> - <p class="line">Brülle vom Meer das Donnergeschütz zum endlichen Wallbruch,</p> -<a id="page-293" class="pagenum" title="293"></a> - <p class="line">Daß wir jetzt in dem Sturm erringen die Veste Goletta!“</p> - <p class="line">Schaudernd blickte der Greis in die flammenden Augen des Herrschers,</p> - <p class="line">Horcht’ ihm, schweigend, und ging, nun Jedes in Eile zu ordnen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Schon entströmte der Wolkennacht unendlicher Regen,</p> - <p class="line">Prasselnd durch Windesgeheul und Gebrülle des rollenden Donners,</p> - <p class="line">Und umfloß, ein See, die Füße der triefenden Krieger.</p> - <p class="line">Aber er löschte den Staub, und fesselte mächtig den Flugsand.</p> - <p class="line">Wie in des Frostes Hauch der fluthende Weiher gefesselt</p> - <p class="line">Starrt, daß auf ihm, lärmfroh, die muntere Jugend der Eisbahn</p> - <p class="line">Räume durchfleugt: so erstarrte der Sand, und brachte den Christen</p> - <p class="line">Frohen Gewinn: denn geübt, im ermattenden Sande zu laufen,</p> - <p class="line">Nahte der fliehende Feind den Thoren der Veste Goletta.</p> - <p class="line">Ihm nachbrauste der Sieger im Flug’, und Sinam gewahrte,</p> - <p class="line">Bebend vor Schrecken und Angst, im nah’umzingelnden Vorsprung,</p> - <p class="line">Hier den Gedrängten vermengt die Dränger zugleich, und er rief nun,</p> - <p class="line">Rettung gebiethend, dem Volk’. Aufkrachten des mächtigen Thores</p> - <p class="line">Flügel, und d’rauf, wie ein Bergstrom braust, wenn hoch von dem Gletscher</p> -<a id="page-294" class="pagenum" title="294"></a> - <p class="line">Niedergerollt, ein Block erfüllet die engere Thalschlucht,</p> - <p class="line">Bis er des Bergs Abhang, mit steigendem Grimme, durchwühlend,</p> - <p class="line">Bahn sich bricht, und die langgehemmten Fluthen zum Abgrund</p> - <p class="line">Wälzet in schäumender Hast: so stürzten die flüchtenden Scharen</p> - <p class="line">Sinams durch das geöffnete Thor, mit Lärm und Getümmel.</p> - <p class="line">Doch nun sandte der Feind, dem also die Rettung gelungen,</p> - <p class="line">Hagelnde Donnergeschoss’ und befiederte Pfeile vom Wall her,</p> - <p class="line">Jubelnd, und warf aus der Schar der raschnachstürmenden Christen</p> - <p class="line">Manchen Tapferen todt in den Staub. Da dachte des Heimzugs</p> - <p class="line">Ludwig, der Held, und hieß im drometenden Rufe die Krieger</p> - <p class="line">Kehren. Nicht folgte des Feldherrn Ruf Diego Davila,</p> - <p class="line">Fahnenjunker im Heer, entsprossen aus Lissabons Mauern,</p> - <p class="line">Trotzend auf Jugendkraft, und kühnerer Thaten sich freuend.</p> - <p class="line">Als er das Jubeln der Feinde vernahm: da ergrimmt’ er im Herzen,</p> - <p class="line">Eilte zurück, und klomm, ein kundiger Kletterer, jauchzend</p> - <p class="line">Auf an dem Wall’, und erhöhte die Fahn’ auf den Zinnen der Festung.</p> - <p class="line">Jene wehrten es nicht, von erstarrendem Staunen gefesselt;</p> - <p class="line">Doch bald wühlten in seiner Brust unzählige Lanzen.</p> - <p class="line">Sinkend faßt er die Fahn’, und warf sie herab von der Mauer,</p> - <p class="line">Sie zu entreißen dem Feind’. Er rief dem getreuen Gefährten:</p> -<a id="page-295" class="pagenum" title="295"></a> - <p class="line">„Albin, rette die Fahne! Sie stand erhöht auf dem Wall hier:</p> - <p class="line">Herrlichen Siegesruhm winkt’ euch ihr wehender Schimmer;</p> - <p class="line">Rette sie kühn, und jenseits noch dir dankt es Davila!“</p> - <p class="line">Sieh’, er lächelte sanft, und freute sich sterbend der That noch!</p> - <p class="line">Aber der Muthige kam, ergriff, von sausenden Kugeln</p> - <p class="line">Rings umstürmt, die Fahn’, und brachte sie freudig in’s Lager.</p> - <p class="line">Diesem entströmten jetzt die Tapferen, herrlich geordnet.</p> - <p class="line">Rechts hin führete Guasto die Macht hispanischen Fußvolks,</p> - <p class="line">Wälschen vereint, und Eberstein, in der Mitte, die Heerschar,</p> - <p class="line">Die er in Deutschland warb, nun endlich zu Thaten gerufen.</p> - <p class="line">Aber die Macht lusitanischen Volks und brabantischer Scharen,</p> - <p class="line">Führete drüben der Held, der Giaffarn siegend erlegte.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Laut erkrachten die Schlünd’ und Mörser zum endlichen Wallbruch.</p> - <p class="line">Furchtbar wüthete zwar der Sturm und das grause Gewitter</p> - <p class="line">Noch, und der röthliche Blitz, im Gefolg des schrecklichen Donners,</p> - <p class="line">Zischt’ umher im Gewölk, erhellend die sinkenden Fluthen;</p> - <p class="line">Aber entsetzlicher noch, mit den Schrecken der Lüfte vermenget,</p> - <p class="line">Scholl das Krachen der Schlünd’ umher an der Veste. Der Wurfschütz</p> - <p class="line">Rührte des Brändchens Rohr mit der Lunt’: im bläulichen Rauch flog</p> -<a id="page-296" class="pagenum" title="296"></a> - <p class="line">Flamm’ empor; zurück, dann eilender wieder zur Stelle</p> - <p class="line">Rollte der eherne Schlund, und warf durch Feuer und Flammen,</p> - <p class="line">Donnernd, im Bogenwurf, die Kugel zur Veste hinüber.</p> - <p class="line">So von den Schanzen, und so von dem Meer hinsausten die Kugeln;</p> - <p class="line">Aber nicht minder zurück von dem Wall der trotzenden Festung,</p> - <p class="line">Sausten im Donnerlaut die schrecklichen her, und hinüber.</p> - <p class="line">Rings erbebte der Grund, als sollten die Vesten des Erdballs,</p> - <p class="line">Von den Orkanen der ewigen Nacht erschüttert, versinken,</p> - <p class="line">Und die Gefild’ umher nachstürzen in wüster Zertrümmrung.</p> - <p class="line">Drüben umfing sie am Meer, dem silbergehörneten Mond gleich,</p> - <p class="line">Doria’s wogende Macht. Aus ihres verehrten Gestirnes</p> - <p class="line">Bild ihr kam der Jammer gesandt, und die grause Vertilgung.</p> - <p class="line">Immer entfuhr die <em>Volle Lage</em><a class="fnote" href="#footnote-67" id="fnote-67">[67]</a> dem Raume des Schiffes,</p> - <p class="line">Das sich der furchtbar’n, eiserne Last, aus Rauch und aus Flammen</p> - <p class="line">Schleudernden Donnergewalt nachbog, und mit sinkendem Rand noch</p> - <p class="line">Streifte die Fluth. Die sanftergossene Fläche des Meeres</p> - <p class="line">Rauscht’ aufbrandend empor. Bald schäumten die bläulichen Wogen,</p> - <p class="line">Bald erglühten sie tief im Glanze des röthenden Feuers,</p> - <p class="line">Welches im Flug durchzuckte die Luft. Die Mauern erkrachten —</p> -<a id="page-297" class="pagenum" title="297"></a> - <p class="line">Sanken in Schutt, und dumpf ertönte der Steine Gerassel.</p> - <p class="line">Sieh’, die Malta gesandt, die nächsten dem felsigen Ufer,</p> - <p class="line">Schleuderten sonder Rast nach dem Thurm, der hoch aus dem Vorgrund</p> - <p class="line">Ragte, Verderben! Er neigte das Haupt, sturzdrohend, ein paar Mal;</p> - <p class="line">Zitterte jetzt, und sank mit grausem Gepolter zusammen:</p> - <p class="line">Staub flog auf, und Geschrei, wehklagend, und jubelnd ertönte.</p> - <p class="line">Aber der Kaiser rief: „Verdoppelt das Feuer!“ So riefen</p> - <p class="line">Guasto, und Rogendorf, und jeglicher Schanze Gebiether,</p> - <p class="line">Und noch schrecklicher tobte die Wuth des ehernen Feldzeugs.</p> - <p class="line">Doria brach von dem Meer’ her donnernd, das eiserne Seethor</p> - <p class="line">So, daß des Feindes Geschütz dort schon auf dem Walle vernichtet</p> - <p class="line">Lag, und verstummt’. Dann öffnete dicht am Thor von Buschatter</p> - <p class="line">Ludwig aus seiner Schanz’, urplötzlich nach jenem, den Wallbruch,</p> - <p class="line">Weit, daß ein Wagen durchfuhr, der heim die Garben vom Feld führt;</p> - <p class="line">Aber die breitere Kluft, daß zwanzig der Krieger, gereihet</p> - <p class="line">Aneinander, sie leicht durcheileten, sah nach dem Oehlwald,</p> - <p class="line">Gähnend hinaus: eröffnet mit Macht aus der Schanze der Wälschen,</p> - <p class="line">Die von Toledo verwaist, nun Guasto’s Winken gehorchten.</p> - <p class="line">Vorwärts stürzte der Wall und die Mauer, und ebnete weithin</p> - <p class="line">Dort die ersehnete Bahn den Stürmenden, füllend den Graben.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-298" class="pagenum" title="298"></a> - <p class="line">Nun verstummte zugleich am Himmel das grause Gewitter,</p> - <p class="line">Nur an des Erdballs drönendem Rand noch murrte der Donner</p> - <p class="line">Dumpfer hinab, wenn dort der Blitz die feurigen Schwingen,</p> - <p class="line">Fächelnd, erhob. Aus zerriss’nem Gewölk sah bläulich der Himmel</p> - <p class="line">Her auf das regenerfrischte Gefild, und die scheidende Sonne</p> - <p class="line">Goß aus dem rosigen Duft des Abends Schimmer herüber,</p> - <p class="line">Und erhellte gar wunderbar die belagerte Festung.</p> - <p class="line">Lauter pochte die Brust des edelsten Kaisers; ihm rief nun</p> - <p class="line">Ahnend das Herz: schon sey die entscheidende Stunde gekommen.</p> - <p class="line">Jetzt erhob er das Schwert, den Feldherrn Thaten gebiethend,</p> - <p class="line">Und sie gehorchten dem Wink’. Auf dem Land und im wogenden Schiffsraum</p> - <p class="line">Schwieg, verhallend umher, der ehernen Schlünde Getümmel.</p> - <p class="line">So an dem felsumstarreten See verhallet des Waldhorns</p> - <p class="line">Klang, den fern im Ruderschiff erweckte der Künstler,</p> - <p class="line">Horchenden Freunden zur Lust: nun da, nun dort am Gebirg hin,</p> - <p class="line">Tönt er im Wiederhall, bis er dann, stets leiser, dahinstirbt.</p> - <p class="line">Aengstliche Stille herrschte rings, und beklemmendes Schweigen.</p> - <p class="line">All’ aufmerkten dem Wink: da zogen in brausendem Eilflug</p> - <p class="line">Scharen auf Scharen dahin, und jauchzten der rühmlichen Arbeit.</p> - <p class="line">Dort an den Mauerbruch, der weit aufgähnte zum Oehlwald,</p> -<a id="page-299" class="pagenum" title="299"></a> - <p class="line">Eileten Wälsch’ und Hispaner, zum Thor von Buschatter die Deutschen;</p> - <p class="line">Doch Lusitania’s Volk, den Niederländern und Malta’s</p> - <p class="line">Muthigen Kriegern vereint, erreichte das eiserne Seethor.</p> - <p class="line">Tausend ergriffen bei jeglicher Schar die ragenden Leitern:</p> - <p class="line">Kühneres Volk, zu erklimmen den Wall im stürmenden Anlauf.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Welches der Völker kam dem andern zuvor in dem Wettlauf?</p> - <p class="line">Erst das hispanische; d’rauf nachdrangen den Wälschen die Krieger</p> - <p class="line">Portugalls und Brabants. Wie, stürmten die tapferen Deutschen</p> - <p class="line">Nicht vor allen zuerst? Sie hemmte der kühne Cherusker,</p> - <p class="line">Hermann: denn, sein edeles Volk vor Tücke zu wahren,</p> - <p class="line">Schwang er in Hast nach Eberstein sich herunter, und rief ihm:</p> - <p class="line">„Hemme den rascheren Lauf, vorschauend, und Tücke vermeidend:</p> - <p class="line">Weit durchhöhlte der Feind, vor deinem Ziele, des Erdreichs</p> - <p class="line">Dunkelen Schooß; ihm nahet die Lunt’, und donnernd erhebt sich</p> - <p class="line">Bald entsetzlicher Rauch, und Feuer, und wilde Zertrümm’rung.“</p> - <p class="line">Jener hemmte sein Volk. Zwar ächzte der Krieger, und Thränen</p> - <p class="line">Netzten sein glühendes Aug’, im Vorsprung schauend die Fremden;</p> -<a id="page-300" class="pagenum" title="300"></a> - <p class="line">An dem Gewehr’ ihm bebte die Faust, und die strebenden Fersen</p> - <p class="line">Bohrten tiefere Spur unwilliger Rast in den Sand ein.</p> - <p class="line">Doch nun schwankte der Grund: aufflog, die Lüfte verfinsternd,</p> - <p class="line">Qualmender Rauch, und Loh’, und Wust des berstenden Erdreichs</p> - <p class="line">Ueber den Flatterhöhlen umher, die rings an dem Wall sich</p> - <p class="line">Kreuzten, erfüllt mit der Last des entflammenden, schrecklichen Zündstaubs.</p> - <p class="line">Bebend stürzten die Reihen zurück; aus den Augen der Krieger</p> - <p class="line">Glänzte dem Feldherrn Dank, der so sie entriß dem Verderben.</p> - <p class="line">Aber er wandte sich nun, und rief mit gewaltiger Stimme:</p> - <p class="line">„Dort das herrliche Ziel, wo Siegespalmen dir winken,</p> - <p class="line">Schaue, mein edeles Volk — nicht des Todes gähnenden Abgrund!</p> - <p class="line">Schwer ist die That; die Stelle gefahrvoll; aber uns ehrte</p> - <p class="line">Deutschlands edelster Hort, da er Deutschen das Höchste vertraut hat.</p> - <p class="line">Tapferer Radburg, vor mit den muthigen Bayern, und Stollberg</p> - <p class="line">Vor mit den Sachsen zum Sieg! Du, Römhild, entflamme die Helden</p> - <p class="line">Schwabens, und jene aus Brandenburg ermuthige, Siegfried,</p> - <p class="line">Jetzo dein Ruf. Vereint erringet den Preis der Entscheidung.“</p> - <p class="line">Hermanns luftige Schar aufjauchzte des Heldengebiethers</p> -<a id="page-301" class="pagenum" title="301"></a> - <p class="line">Worten, und kam, und mehrte den Muth ruhmdürstender Männer,</p> - <p class="line">Dort zu erstürmen den Wall, wo am blutigsten winkte des Sieg’s Preis.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sinams Riesenkraft rang dort den Stürmern entgegen.</p> - <p class="line">Ihm war Hannibal brausend genaht: denn mächtig erschreckt’ ihn</p> - <p class="line">Drüben das Stürzen der Wäll’ und das Jauchzen der kommenden Sieger,</p> - <p class="line">Ringsum. Listengeübt haucht’ er ihm jetzo den Rath ein:</p> - <p class="line">„Ha, nun gilt’s mit festausharrendem Muthe des Feindes</p> - <p class="line">Wuthandrange zu steh’n, und nicht entehrender Feigheit</p> - <p class="line">Heute zu opfern den Ruhm entschwundener Jahre! Wohlan, horch!</p> - <p class="line">Schafft der gewichtige Ball, vom Donnerrohr in die Haufen</p> - <p class="line">Wimmelnder Feinde geschleudert, schon entsetzliches Unheil:</p> - <p class="line">Welch’ entsetzlicher’s noch ersähst du mit staunenden Blicken,</p> - <p class="line">Wenn, umhüllt von geplättetem Eisen, die Büchsengeschosse</p> - <p class="line">Mit zertrümmertem Blei in die nah’anstürmenden Gegner</p> - <p class="line">Wütheten? Auf, und gebiethe den Mord und die grause Vernichtung!“</p> - <p class="line">So rief Hannibal; doch nun sah, voll Zorn in dem Busen,</p> - <p class="line">Hermann zugleich, wie schnell, dem listigen Gegner gehorchend,</p> - <p class="line">Sinam die Donnerrohr’ in der Breite des gähnenden Wallbruchs</p> - <p class="line">Pflanzen hieß, daß im kreuzenden Feuer der gräßliche Hagel</p> -<a id="page-302" class="pagenum" title="302"></a> - <p class="line">Tilge des Feindes Reih’n. Er jammerte laut und begann so:</p> - <p class="line">„Schmacherfindende Zeit! Daß nichts mehr gelte des Tapfer’n</p> - <p class="line">Eigene Kraft; daß nimmer das Aug’ in das Auge des Gegners</p> - <p class="line">Schleudre des Todes Blitz’, und, heimgekehret, der Krieger</p> - <p class="line">Nimmer weise mit Stolz dem grauenden Vater, der Mutter,</p> - <p class="line">Oder der Gattinn die ehrende Narb’ an der Brust und der Scheitel,</p> - <p class="line">Und erzähle zugleich, wie solche der Feind ihm geschlagen</p> - <p class="line">Dicht im Gemeng’, wo jener ihm sank, in dem Kampfe getödtet —</p> - <p class="line">Nein, daß er dort: ob feig’, ob tapfer, ein elender Krüppel</p> - <p class="line">Arm- und beineberaubt, umhinke, den Seinen zur Trauer,</p> - <p class="line">Hast du das Scheusal erzeugt, die Würgerinn heißend Kartätsche!“</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sieh’, Ursini der Greis, flog hin, wie ein feuriger Renner</p> - <p class="line">Fort auf der Rennbahn fleugt, zu erringen dem Reiter den Wettpreis:</p> - <p class="line">Hoch von dem Nacken ihm flattert die Mähn’, und vom blanken Gebisse</p> - <p class="line">Ueberschneiet der Schaum ihm die Brust; er schnaubet, und sprühet</p> - <p class="line">Gluth aus der starrenden Nas’, und ihm blitzen die spähenden Augen</p> - <p class="line">Feuriger stets, da er jetzt mit lauterem Hufesgerassel,</p> - <p class="line">Sprung auf Sprung, im Galopp vorbraust zum winkenden Ziel hin;</p> -<a id="page-303" class="pagenum" title="303"></a> - <p class="line">Fern ihm folgen, gespornt von den Reitern, die schwächeren Rosse:</p> - <p class="line">Also strebte der Greis im edelen Muthe des Herzens</p> - <p class="line">Gegen den Wall, wo Darjuh, an Giaffars Stelle der Aga,</p> - <p class="line">Nach den Gefahren des Kampf’s und glänzenden Thaten sich sehnte.</p> - <p class="line">Als er den Greis ersah, da entriß er das mächtige Schießrohr,</p> - <p class="line">Doppelhaken genannt, den Händen des Kriegers, und jagte,</p> - <p class="line">Schmetternd, verdoppeltes Blei in die Stirne des tapferen Feldherrn.</p> - <p class="line">Lautlos sank er zur Erd’: ihm färbte das silberne Haupthaar</p> - <p class="line">Quellendes Blut. Ach, nimmer bewirthet der freundliche Greis mehr</p> - <p class="line">Fremd’ in seinem Palast, die aus nahen und fernen Gefilden</p> - <p class="line">Heilige Sehnsucht trieb, der ewigen Roma zu nahen,</p> - <p class="line">Und im Schutt noch die Wunder zu schau’n gewaltiger Vorzeit:</p> - <p class="line">Denn er stürzte verwundet zur Erd’, und verhauchte das Leben.</p> - <p class="line">Aber Ludewigs Schar rang dort am zertrümmerten Seethor,</p> - <p class="line">Schnell zu erklimmen den Wall, wo, empört durch Attila’s Ingrimm,</p> - <p class="line">Und durch Hannibals Muth, das Volk in grausamer Nothwehr</p> - <p class="line">Wüthete. Pech, noch siedend, und Oehl, noch wallend der Flamme</p> - <p class="line">Goß, erbittert, der Feind auf die Stürmenden — wälzte der Mauer</p> -<a id="page-304" class="pagenum" title="304"></a> - <p class="line">Lastende Blöcke herab, und solch’ unrühmlichem Tod, ach,</p> - <p class="line">Sanken die Tapfersten schon! Auch tödtete Manchen der Speerstahl,</p> - <p class="line">Manchen das krachende Rohr, wenn, kühnerhöhend, die Leitern,</p> - <p class="line">Sie aufrangen zum Wall aus der Tiefe des dunkelen Grabens.</p> - <p class="line">Doch weit schrecklicher noch, und entsetzlicher, scholl vor Buschatters</p> - <p class="line">Thor Mordruf und Gewürg’, wo Deutschlands herrlichvereinte,</p> - <p class="line">Siegsruhmdürstende Schar, im Auge den Heldengebiether —</p> - <p class="line">Muth und Gluth in der Brust, und des kreuzenden Feuers nicht achtend,</p> - <p class="line">Vorwärts drang. Schon dreimal flog, mit dem kühnen Geschwader</p> - <p class="line">Brandenburgs, dort Siegfried hinan, den Wall zu erklimmen,</p> - <p class="line">Und er kehrete stets erbitterter, ähnlich dem Rüden,</p> - <p class="line">Der, vom Jäger gedrängt, dem verwundeten Bären genaht ist —</p> - <p class="line">Doch bald flieht, bald kehrt: denn immer scheuchen die Klauen</p> - <p class="line">Und das Gebrülle des Thiers ihn fern: so wüthete jener.</p> - <p class="line">Jetzt, im erneueten Lauf, durchbohrte das muthige Herz ihm</p> - <p class="line">Schmetterndes Blei, und er sank. Auch blutete neben ihm Hinkmar,</p> - <p class="line">Strebend mit matter Hand, den Pfeil aus der Lunge zu reißen.</p> - <p class="line">Eberstein sah dort hinsinken die tapferen Helden</p> - <p class="line">Brandenburgs; alsbald entriß er die Fahne dem Junker,</p> -<a id="page-305" class="pagenum" title="305"></a> - <p class="line">Schwang sie empor in die Luft, und rief hellleuchtenden Blickes:</p> - <p class="line">„Jetzo mir nach, wem deutsches Blut in der Ader und Kampfgier</p> - <p class="line">Glüht in der männlichen Brust! Wir löschen das feindliche Feuer,</p> - <p class="line">Das entsetzlich die Unser’n tilgt aus der grausen Kartätsche,</p> - <p class="line">Nur mit des Feindes Blut; mir nach! Nie sterben die Tapfern!“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und drang, wie ein Pfeil, in sausender Eile zum Wall hin.</p> - <p class="line">Aber Stollberg zog mit kräftiger Rechten den Helden</p> - <p class="line">Wieder zurück, und rief: „Nicht dir — uns werde die Stelle!“</p> - <p class="line">Also jubelten laut wohl tausend Stimmen auf einmal.</p> - <p class="line">D’rauf, erklimmend den Wall, und durcheilend die Tiefe des Grabens,</p> - <p class="line">Drangen mit Lärm und Getös’ Germania’s tapfere Völker</p> - <p class="line">Ein in den Mauerbruch, wo erlesene, muthige Gegner</p> - <p class="line">Standen zur Gegenwehr, der sinkenden Brüder nicht achtend,</p> - <p class="line">Und zu sterben bereit, ein Jeglicher — alle für Einen.</p> - <p class="line">Wenn dem Donnergewölk’ entstürzen die Fluthen, und plötzlich</p> - <p class="line">Ueberschwemmen die Stadt, daß laut in den engenden Gassen</p> - <p class="line">Brauset der Strom, aufschäumt die Wog’ an die Fenster: da flüchtet</p> - <p class="line">Volk auf die Berge hinaus, und Volk auf die luftigen Zinnen:</p> - <p class="line">Also erklommen auch hier die muthigen Deutschen die Höhen —</p> - <p class="line">Stollberg allen zuvor; dann Scharen auf Scharen, und würgten,</p> -<a id="page-306" class="pagenum" title="306"></a> - <p class="line">Racheschnaubenden Grimm’s, die Kämpfenden rings auf der Mauer.</p> - <p class="line">Sinam entfloh. Nicht mied er zuvor des wüthenden Kampfes</p> - <p class="line">Schrecknisse, fest, wie ein Fels, die Stirn’ darbiethend den Feinden;</p> - <p class="line">Doch, als jetzt im Sturm eindrangen die Deutschen: da wankte,</p> - <p class="line">Bebte der tapfere Greis, und floh, das heimliche Pförtchen</p> - <p class="line">Oeffnend am Damme des See’s, mit tausend Gefährten nach Tunis.</p> - <p class="line">Dorther naht’ ihm unzähliges Volk, von dem Herrscher gesendet;</p> - <p class="line">Aber mit Thränen im Blick, erhebend die Rechte, geboth er</p> - <p class="line">Allen errettende Flucht aus den Händen des schrecklichen Feindes.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Schon war Siegesgejauchz’ am Seethor, schon an dem Wallbruch</p> - <p class="line">Dort, wo Wälsch’ und Hispaner im Sturm erstiegen die Mauern,</p> - <p class="line">Wo ringsher Mordruf ertönete — rings in den Straßen</p> - <p class="line">Strömte das Blut, bis jetzt, zu den Füßen des Siegers gesunken,</p> - <p class="line">Bleich, mit verstörtem Gesicht, der Feind erflehte die Schonung.</p> - <p class="line">Nun verklang das Getös’; nur Jubel des Kriegers ertönte,</p> - <p class="line">Der von den Wällen herab in den Graben den finsteren Roßschweif</p> -<a id="page-307" class="pagenum" title="307"></a> - <p class="line">Warf, und dort aufpflanzte mit Stolz die Fahne der Heimath.</p> - <p class="line">Lieblich flog sie umher in dem Abendwind, und erregte,</p> - <p class="line">Ruhmausstrahlend, in jeglicher Brust noch höhere Wonne.</p> - <p class="line">Durch das hallende Thor, umjauchzt von unzähligen Stimmen,</p> - <p class="line">Kam in die Veste der Kaiser herauf. Stets enger, und enger</p> - <p class="line">Schloß sich der Lärmenden Kreis um ihn her, und, als sie verstummten,</p> - <p class="line">Hob er die Händ’ empor zu dem Himmel, und stimmte das Loblied:</p> - <p class="line">„Herr, dich loben wir!“ an. Ein heiliges Feuer entflammte</p> - <p class="line">Jegliches Herz. Erschütternd zu schau’n: wie aus Tausender Augen</p> - <p class="line">Stürzen die Thränen zugleich; wie Tausender Hände zum Himmel</p> - <p class="line">Fleh’n, und zu hören erschütternder noch: wie Tausender Stimmen</p> - <p class="line">Wirbeln empor in die Luft, und sie all’ Dank rufen im Einklang.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hassan, der König, erschien. Er war an dem dämmernden Abend</p> - <p class="line">Gestern gelandet, und barg sich scheu in der einsamen Herberg,</p> - <p class="line">Die Zafrano ihm both, von schattenden Cedern umfangen.</p> - <p class="line">Weder gerüstetes Volk, noch Mundvorrath, in des Krieges</p> - <p class="line">Zehrenden Tagen ersehnt, bracht’ er dem Bundesgenossen:</p> - <p class="line">Denn er lauerte nur, ob Hairaddin, oder der Christen</p> - <p class="line">Mächtiger Herrscher erringe den Sieg? in den Mauern von Kabesch.</p> -<a id="page-308" class="pagenum" title="308"></a> - <p class="line">Tief sich beugend zuvor, begann er jetzt vor dem Herrscher:</p> - <p class="line">„Gott ist mit dir, und Segen die Fülle: des herrlichsten Sieges</p> - <p class="line">Ruf verkündet es bald den fernsten Völkern zum Staunen.</p> - <p class="line">Ach, nicht bieth’ ich dir Mundvorrath und tapferes Hülfsvolk,</p> - <p class="line">Wie ich’s verhieß! Nicht horchte der Muselman mehr dem König,</p> - <p class="line">Der sich dem Christenvolke verband: hier steh’ ich als Bettler!“</p> - <p class="line">Und er sank auf die Knie’; da sah der edelste Kaiser,</p> - <p class="line">Wie der Mond, umflort vom Regengewölk auf den Hügel</p> - <p class="line">Heftet den Schwermuthsblick, nach dem Flehenden trauernd hinunter,</p> - <p class="line">Hob ihn empor, und rief ihm mit trostverheißendem Lächeln:</p> - <p class="line">„Sieh’ eröffnet des Reiches Thor, das Hairaddins Herrschgier</p> - <p class="line">Dir entriß;<a class="fnote" href="#footnote-68" id="fnote-68">[68]</a> dein sey’s mit jeglichem Segen des Himmels!“</p> - <p class="line">Hassan stammelte Dank; laut zollt’ ihn der Kaiser den Helden</p> - <p class="line">Allen umher, die im Sturm errangen die trotzende Festung.</p> - <p class="line">Aber zu Stollberg sprach er dann mit lohnendem Blick so:</p> - <p class="line">„Werde Goletta’s Hort und Vertheidiger; ordne der Mauer</p> - <p class="line">Feind’abwehrenden Bau; doch jetzt gebiethe mit Sorgfalt,</p> - <p class="line">Daß die Verwundeten all’ errettender Hülfe sich freuen!</p> - <p class="line">Morgen am Tage des Herrn, das Denkmaal unseres Heiles</p> - <p class="line">Feiernd, gedenken wir auch, zu bestatten die Todten, und dankbar</p> - <p class="line">Ihnen die Maale des Ruhm’s zu erhöh’n für die kommende Zeit noch.“</p> -<a id="page-309" class="pagenum" title="309"></a> - <p class="line">Jetzo führt’ er die Scharen zurück in des Lagers Umwallung,</p> - <p class="line">Sie zu erquicken durch Rast; doch Stollberg ging, daß er übe</p> - <p class="line">Alles und Jedes sogleich nach dem Willen des gütigen Herrschers.</p> - <p class="line">Und die Schatten der Nacht umhüllten den schlummernden Erdkreis.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-12"> -<a id="page-310" class="pagenum" title="310"></a> -Eilfter Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">H</span><span class="postfirstchar">airaddin</span> stand auf dem Söller der Burg, aufhorchend im Zwielicht</p> - <p class="line">Sinkender Nacht. Von Goletta heran vernahm er des Feldzeugs</p> - <p class="line">Rastlosdonnernden Sturm, dem die Erd’ erbebte, die Fenster</p> - <p class="line">Klirrten, und drönte die Wand zu dem untersten Grunde der Mauern,</p> - <p class="line">Und, wie im Abendwind die Welle des fluthenden Weihers</p> - <p class="line">Nun sich hebt, nun sinket: so wechselte Furcht und Verzweiflung</p> - <p class="line">Oft mit der Hoffnung des Sieg’s in seinem zerrissenen Herzen;</p> - <p class="line">Aber er horcht’ umsonst noch gieriger jetzt, nach Goletta</p> - <p class="line">Wendend das Ohr, nicht athmend, die starrenden Blicke zum Boden</p> - <p class="line">Heftend. Nicht donnerten mehr die entsetzlichen Schlünde; verhallt war</p> - <p class="line">Drüben der Mörser Gebrüll und das Schmettern des Feuergewehres.</p> -<a id="page-311" class="pagenum" title="311"></a> - <p class="line">„Sie ist verloren!“ so rief er, stampfte den Estrich, und eilte</p> - <p class="line">Schnaubend herab. Dann schritt er im hellerleuchteten Saal hin,</p> - <p class="line">Kehrete wieder, und stand, und horchte, die Bothen erwartend.</p> - <p class="line">Immer vernehmlicher wähnt’ er Getrab anstürmender Rosse —</p> - <p class="line">Wähnte verwirrtes Geschrei heimflüchtender Krieger zu hören:</p> - <p class="line">Aehnlich dem sturmentmasteten Schiff, das fern auf dem Weltmeer</p> - <p class="line">Wechselnde Strömung entrafft, und endlos dreht auf dem Irrpfad,</p> - <p class="line">Schwankt’ er umher, im Gemüth nicht Dieß’, nicht Jenes beschließend.</p> - <p class="line">Bald erhob sich Suleymans Grimm wie ein nächtlicher Unhold,</p> - <p class="line">Dräuend, vor seinem Blick; bald lächelte Muley Hassan</p> - <p class="line">Hohn ihm entgegen im Glanz der wiedergewonnenen Herrschaft.</p> - <p class="line">Ihn umnachtete rings nur wilde Verzweiflung: den Schimmer</p> - <p class="line">Seines errungenen Ruhms auf immer erloschen zu schauen.</p> - <p class="line">„Ha,“ so rief er ergrimmt, „eh’ solche Schande mich treffe ...</p> - <p class="line">Schande?“ Er faßte den Dolch; nach dauerndem Schweigen begann er:</p> - <p class="line">„Fiel Goletta, erstürmt, so werden sie kommen, mir Algiers</p> - <p class="line">Und Telmessans Thron, und den Zepter von Tunis zu rauben;</p> - <p class="line">Werden mich stürzen hinab in den Staub, daß sich krümme des Glückes</p> - <p class="line">Liebling, ein Sclave, voll Angst, an des Siegers zermalmenden Fersen.</p> -<a id="page-312" class="pagenum" title="312"></a> - <p class="line">Ha, nicht des Tages Licht gedenk’ ich fürder zu schauen:</p> - <p class="line">Denn es enthüllte nur Schmach! D’rum fort — hinab in das Dunkel</p> - <p class="line">Ewiger Nacht, zu entgeh’n der Qual, die jetzo mir droht! ... Doch</p> - <p class="line">Soll ich verschleudern das Ein’, und Einzige, das ich erkenne?</p> - <p class="line">Schwand mir völlig die Hoffnung dahin? Ist Alles verloren?</p> - <p class="line">Drängt nicht Hunderttausende noch mein Wink in die Feldschlacht,</p> - <p class="line">Heute — sogleich? Zurück in die Scheide, geschliffener Mordstahl:</p> - <p class="line">Nur dem Gegner, nicht mir, zerfleische das Herz in dem Busen!“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und barg in den Gürtel den Dolch. Mit schüchternen Blicken:</p> - <p class="line">Denn er scheut’ Eloa’s Zorn, war Muhamed jetzt ihm</p> - <p class="line">Wieder genaht. Er hörte die zagenden Worte des Herrschers,</p> - <p class="line">Ballte die Faust vor Wuth, und kam, der schrecklichsten Thaten</p> - <p class="line">Allerschrecklichste noch, in die gährende Brust ihm zu hauchen.</p> - <p class="line">Wie auf des Südens Meereiland der scheußliche Vampyr<a class="fnote" href="#footnote-69" id="fnote-69">[69]</a></p> - <p class="line">Ueber dem Schlummernden schwebt, und, mit weitgebreiteten Flügeln</p> - <p class="line">Fächelnd, den Schlaf ihm mehrt, das Blut zu entsaugen der Ader:</p> - <p class="line">Also schwebt’ auch Muhamed leis’ auf Hairaddin nieder,</p> - <p class="line">Schaudernd und bleich, der Fluchthat selber erbebend: er hauchte</p> -<a id="page-313" class="pagenum" title="313"></a> - <p class="line">Höllenfrevel ihm ein, und floh durch die finstere Nacht fort.</p> - <p class="line">Hairaddin stand, und sann: ihm rollten die feurigen Augen,</p> - <p class="line">Aehnlich dem Blitz im Gewittergewölk, in den finsteren Wimpern.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzo die Straßen herauf ertönte des eisernen Hufes</p> - <p class="line">Schmetternder Schlag; in dem Hofraum scholl absitzender Krieger</p> - <p class="line">Rufen. Nicht lang, so trat der tapfere Sinam mit Dragut,</p> - <p class="line">Muhamed Temtes, und Abu-Sa-id, tieftrauernden Blickes,</p> - <p class="line">In den erleuchteten Saal, den zürnenden Herrscher zu söhnen.</p> - <p class="line">Rasch ging dieser umher vor den Bebenden, und nur zuweilen</p> - <p class="line">Traf sein verachtender Blick vor Sinams Füßen den Boden;</p> - <p class="line">Doch nun stand er, und rief, durch die festgeklammerten Lippen,</p> - <p class="line">Stöhnend, das Wort: „Ihr Feigen!“ und lächelte grimmig für sich hin.</p> - <p class="line">Stolzer erhob nun Sinam das Haupt, und sagte verweisend:</p> - <p class="line">„Welch ein Wort, Gewaltiger! floh dir, scheu, von den Lippen,</p> - <p class="line">So die tapferen Männer zu schmäh’n? Wir feig in der Feldschlacht?</p> - <p class="line">Zahllos jammern daheim die Verwaiseten — jammern die Bräute,</p> - <p class="line">Wie auch die Gattinnen, bald, und auf immer die Lieben vermissend,</p> - <p class="line">Die, zu Hügeln gehäuft, wir tödteten rings um den Wall her.</p> - <p class="line">Galt es, mit Sterblichen nur in die Schranken zu treten: wir hätten</p> -<a id="page-314" class="pagenum" title="314"></a> - <p class="line">Herrlich gesiegt. Doch heimlich vereint mit den Geistern der Hölle,</p> - <p class="line">War der bebende Grund mit jeglichem Schrecken des Luftraums</p> - <p class="line">Aufgestürmt um Goletta: wir wichen den furchtbaren Mächten,</p> - <p class="line">Aber nicht feig’, da wir zu dem blutigsten Kampfe bereit steh’n.“</p> - <p class="line">Also der tapfere Greis; da höhnete Dragut den Helden:</p> - <p class="line">„Armer, du schwärmst vor Angst! Auch uns erklangen die Ohren,</p> - <p class="line">Als der brüllende Donner erscholl; mit dem bebenden Boden</p> - <p class="line">Wankten auch wir; uns schlug nicht minder der prasselnde Regen.</p> - <p class="line">O, daß ich fern’ war! Nein, nie hätte den Geistern der Hölle</p> - <p class="line">Dragut gebebt, von dem das Volk sich erzählet: er würde</p> - <p class="line">Selber den Satan besteh’n in nie zu erschütternder Kühnheit.“</p> - <p class="line">Sinam schwieg; doch Hairaddin trat den Hadernden näher,</p> - <p class="line">Faßte den Dolch, und sprach mit zornausblitzenden Augen:</p> - <p class="line">„Denket der Trauer nicht mehr, weil uns die Veste geraubt ward,</p> - <p class="line">Die mit wuchernden Blutes Gewinn ein herrlicher Sieg uns</p> - <p class="line">Wieder erringt. Zum Kampf denn! Am Morgen ertöne der Schlachtruf —</p> - <p class="line">Töne so schrecklich, so laut, daß umher die Gefilde des Todes</p> - <p class="line">Schauern vor Angst. Doch hört, was dringend erheischet die Vorsicht,</p> -<a id="page-315" class="pagenum" title="315"></a> - <p class="line">Und die Rache gebeut ob Giaffars Fall, und Goletta’s.</p> - <p class="line">Unter den Kerkern der Burg, wo in Banden die christlichen Sclaven</p> - <p class="line">Liegen, und all’, im thörichten Wahn: der tapfere Moslem</p> - <p class="line">Falle dem Christen so leicht, nun harren des kommenden Retters,</p> - <p class="line">Häuften im ringsdurchhöhleten Grund die Söldner des Zündstaubs</p> - <p class="line">Furchtbare Last. Entflammt aufschleudre sie jetzo die Hochburg —</p> - <p class="line">Schleudre zerschmettert die Sclaven all’ empor in den Luftraum</p> - <p class="line">So, daß nicht einer entrinne dem Tod und dem grausen Verderben.</p> - <p class="line">Also gescheh’s, noch ehe der Morgen im Osten heraufglänzt!“</p> - <p class="line">Sinam erblaßt’; auch Abu-Sa-id und Muhamed Temtes</p> - <p class="line">Zitterten; doch noch frecher begann der schreckliche Dragut:</p> - <p class="line">„Wahrlich,“ so rief er, „nur Gott, und sein erhabner Prophet nur</p> - <p class="line">Gab den Gedanken dir ein: ich beuge mich tief vor Erstaunen!</p> - <p class="line">Alle zugleich! So möge mit Jenen der heuchelnde Graukopf,</p> - <p class="line">Der mir Mathilden entriß, zerschmettert, verhauchen das Leben:</p> - <p class="line">Denn ich sann ihm entsetzlichen Tod: er fahre zur Hölle!“</p> - <p class="line">Grimmig lächelt’ er nun. Da wandt’ ihm, von Schauder ergriffen,</p> - <p class="line">Sinam den Rücken, und sprach zu Hairaddin schmeichelnden Lautes:</p> -<a id="page-316" class="pagenum" title="316"></a> - <p class="line">„Mächtiger, wie, du solltest den Ruhm errungener Lorbern</p> - <p class="line">Heute durch solch’ entsetzliche That auf immer beflecken,</p> - <p class="line">Die von der Feigheit gezeugt, und Verzweiflung geboren, zum Abscheu</p> - <p class="line">Allen, Suleymans Huld dir entzöge für jetzt und auf immer?</p> - <p class="line">Wie der Morgenstern vor jeglichem strahlt an dem Himmel,</p> - <p class="line">Also zieret sein Herz der Tugenden schönste, die Großmuth.</p> - <p class="line">Was vermöcht’ in der Felsenburg der wehrlosen Sclaven</p> - <p class="line">Fesselbelastete Schar? Sie mög’ in festlichen Reihen,</p> - <p class="line">Nach vollendetem Krieg, den Siegeswagen dir schmücken!“</p> - <p class="line">Aber der Wüthrich schwieg. Noch kämpfte die Furcht mit der Mordlust,</p> - <p class="line">Ob Suleymans Zorn, in seinem beklommenen Busen;</p> - <p class="line">Endlich obsiegte die Furcht. Er sprach, tiefsinnenden Blickes:</p> - <p class="line">„Ha, wenn Reue mir würde dereinst, der klügelnden Weisheit</p> - <p class="line">Sinams gewichen zu seyn! Ich bebe der dunkelen Ahnung,</p> - <p class="line">Die mich ergreift. Wohlan, ich weiche dir! Eilt in das Lager,</p> - <p class="line">Dort zu erregen das Heer; ich entwaffne die Freunde des Hassan</p> - <p class="line">Hier in der Stadt, die mich verriethen im Kampf der Entscheidung.“</p> - <p class="line">Jene, gehorchend dem Wort, enteileten; aber der Wüthrich</p> - <p class="line">Zog in den Straßen umher mit Gefolg, das Volk zu entwaffnen.</p> - <p class="line">Wie in der Schreckenszeit volktödtender Seuche, der Hauptstadt</p> -<a id="page-317" class="pagenum" title="317"></a> - <p class="line">Einsame Straßen entlang, nur leichensammelnder Träger</p> - <p class="line">Fußtritt schallt, und mit Angst erfüllet die Herzen der Menschen,</p> - <p class="line">Die sich, verborgen daheim in der Kammer, ergeben der Hoffnung,</p> - <p class="line">Dort zu entgehen der scheußlichen Pest: so flüchteten, bebend,</p> - <p class="line">Jetzt die Tunisier heim in der Nacht, als rings mit Getümmel</p> - <p class="line">Hairaddins Würgerschar durchtobte die hallenden Straßen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Trauernden Blickes saß auf der Zinne der luftigen Hochburg</p> - <p class="line">Regulus: denn er sah, wie jüngst der grausame Wüthrich</p> - <p class="line">Unter den Kerkern umher, die Last des schrecklichen Zündstaubs</p> - <p class="line">Häufen ließ, die Sclaven gesammt urplötzlich zu tödten.</p> - <p class="line">Muhamed brauste heran, der grau’nerregenden Unthat</p> - <p class="line">Zeuge zu seyn, die er Hairaddin erst einhauchte voll Arglist.</p> - <p class="line">Auf der Zinne der Burg den Einsamen schauend, begann er:</p> - <p class="line">„Stets entfernt von der Heldenbahn, der rühmlichen Vorzeit</p> - <p class="line">Nicht gedenkend, nur Hülf’ und Errettung sinnend dem Volk hier,</p> - <p class="line">Das nicht deines Geschlechts, nicht deines Glaubens sich rühmet,</p> - <p class="line">Irrst du umher, Verblendeter! Bald vernimmst du mit Schauder —</p> - <p class="line">Schauest mit Schrecken es an, wie die Lunt’ ein kühner Geselle</p> -<a id="page-318" class="pagenum" title="318"></a> - <p class="line">Hin zu dem Zündstaub senkt, die Flamm’ auffleugt zu dem Himmel,</p> - <p class="line">Donner erkracht, und der Berg, aus seinen berstenden Vesten</p> - <p class="line">Taumelnd vor Angst, empor in den sturmbewegeten Luftraum</p> - <p class="line">Schleudert unendlichen Wust, und im Wuste die christlichen Sclaven,</p> - <p class="line">Die dein Herz erkor, zerschmettert entschwinden dem Erdkreis.</p> - <p class="line">Jammere dann! Nichts half dir all dein wüstes Beginnen.“</p> - <p class="line">Rief’s, und entschwand. Doch Regulus sah nach Medelin: er horchte</p> - <p class="line">Von dem Erker der Burg in die Nacht. Vor dem kommenden Sieger</p> - <p class="line">Schwieg das Gefild umher, und der Lärm verhallte zu Tunis.</p> - <p class="line">Bald des Siegers gedacht’ er mit Angst: denn schändlich verrathen</p> - <p class="line">Hatt’ er sein Volk, und für Trug verschmähet die heilige Wahrheit;</p> - <p class="line">Bald umgaukelten ihn die Bilder der lieblichen Heimath,</p> - <p class="line">Dort die fröhliche Jugendzeit, verlebt in dem Umgang</p> - <p class="line">Holder Gespielen, und dort die liebende Mutter in Jammer</p> - <p class="line">Ob des Sohnes Verlust — in Trauer die Freund’ und Verwandten.</p> - <p class="line">Gleich dem starrenden Eis, das schnell des laueren Westwinds</p> - <p class="line">Odem schmilzt, begann ihm die Wuth in dem Busen zu schmelzen,</p> -<a id="page-319" class="pagenum" title="319"></a> - <p class="line">Und sein Aug’, das lange nicht mehr des reuigen Herzens</p> - <p class="line">Sanftere Thräne gekannt, erhellten schimmernde Perlen.</p> - <p class="line">Regulus schwebte herab, umschlang den Nacken Medelins,</p> - <p class="line">Daß er in seiner Brust entflammte des himmlischen Mitleids</p> - <p class="line">Glimmende Funken, und regt’ ihn auf in dem Seelengelispel:</p> - <p class="line">„Hast du dem Vaterland, den Lieben daheim und dem Glauben</p> - <p class="line">Deiner Väter entsagt, und geopfert für schändlichen Reichthum</p> - <p class="line">Ruh’ und Glück? Doch sieh’, nicht bringt dir solcher hienieden</p> - <p class="line">Jemals Gewinn: denn bald, in entsetzlicher Stunde der Nothwehr</p> - <p class="line">Wenn nicht Sinam es hemmt, der mildergesinnete Feldherr,</p> - <p class="line">Schleudert des Wüthrichs Grimm die Sclaven, und schleudert dich selber,</p> - <p class="line">Flammenumbraust, in die Luft. O, rette die armen: dem Mitleid</p> - <p class="line">Oeffne dein Herz, und der Reue, zu sühnen den schändlichen Undank!“</p> - <p class="line">Schaudernd vernahm im Geist die schrecklichen Worte Medelin;</p> - <p class="line">Stieg die Stufen herab, und Regulus blickte, vor Wonne</p> - <p class="line">Bebend, ihm nach: er ging, die Brüder zu retten, entschlossen.</p> - <p class="line">Jetzt urplötzlich umstrahlt von seelenentzückender Klarheit,</p> - <p class="line">Und vernehmend den Ruf unendlicher Lieb’ und Erbarmung,</p> - <p class="line">Fuhr der Geist verklärt empor, in lichteren Räumen</p> - <p class="line">Seliger stets, der Himmelshuld entgegen zu harren.</p> -<a id="page-320" class="pagenum" title="320"></a> - <p class="line">Doch schon stand Medelin umringt von den Christen im Kerker;</p> - <p class="line">Riß sich das Kleid entzwei; zerschlug sich die Brust und die Hüften,</p> - <p class="line">Lautaufjammernd, und rief mit thränenumhülletem Blick so:</p> - <p class="line">„Wehe mir schändlichem Mann: den heiligen Glauben verläugnet</p> - <p class="line">Hab’ ich für schnöden Gewinn, verkauft dem falschen Propheten</p> - <p class="line">Ruh’ und Glück; doch über das Haupt des schändlichen Räubers,</p> - <p class="line">Hairaddin, komme der Fluch! Ihr all’, o Frevel der Hölle,</p> - <p class="line">Solltet jetzt, in die Luft geschleudert, zerstieben im Zündstaub,</p> - <p class="line">Den er gehäuft im Fels tief unter den Kerkern! Nur Sinam</p> - <p class="line">Hemmte den Wüthenden noch, und siegt’. Mir schwand die Verblendung</p> - <p class="line">Schnell vor den Augen: ich schwur, dem Gräuel erbebend, euch Rettung,</p> - <p class="line">Und, wenn Reue noch frommt, so wird erbarmende Huld mir.</p> - <p class="line">Hör’t, nur tödt’ euch die Freude nicht, hör’t! Euch Freiheit zu schaffen,</p> - <p class="line">Rückten die Christen mit Heer’smacht an; im Sturme bezwungen,</p> - <p class="line">Liegt Goletta im Staub; die goldenen Zinnen von Tunis</p> - <p class="line">Beben dem Sieger; der Wüthrich flieht, und der schimmernde Halbmond</p> -<a id="page-321" class="pagenum" title="321"></a> - <p class="line">Sinkt vor dem heil’gen Panier, das unser’n Erlöser getragen.“</p> - <p class="line">Rief’s, und, als er die Bande gelöst von den Händen und Füßen</p> - <p class="line">Hugo’s, da sprach er zu ihm, mit thränenerhelleten Augen:</p> - <p class="line">„Eile zu unserm Gebiether und Herrn, dem Kaiser, und künd’ ihm,</p> - <p class="line">Was hier eben gescheh’n. Die eisernen Thore der Hochburg</p> - <p class="line">Will ich verschließen vor Hairaddins Wuth, die entfesselten Sclaven</p> - <p class="line">Waffnen, und harren des Wink’s zum Verein mit ihm und der Heersmacht;</p> - <p class="line">Aber er eile heran: denn furchtbar wäre das Säumen.“</p> - <p class="line">Als er geendet, da scholl um ihn her entsetzliches Rufen,</p> - <p class="line">Weinen, und Jauchzen des Volk’s, daß er selber in bebenden Schauern,</p> - <p class="line">Wonn’entseelt, hinsank, und stöhnete. Freudig enteilte</p> - <p class="line">Hugo des Kerkers Nacht, dem Kaiser die Kunde zu bringen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Liebliche Still’ umfing das Lager der Christen. Entschlummert</p> - <p class="line">Ruhte der Krieger im luftigen Zelt; nur rings um den Wall her</p> - <p class="line">Stand die Wache, nicht scheuend für heut’ den feindlichen Anfall</p> - <p class="line">Mehr, und summte, gelehnt an’s Gewehr, ein munteres Liedchen</p> -<a id="page-322" class="pagenum" title="322"></a> - <p class="line">Leis’ in die Stille hinaus, sich die nächtlichen Stunden zu kürzen.</p> - <p class="line">Ueber die Cedern herauf, an Zafrano’s entfernteren Höhen,</p> - <p class="line">Schwebte der Mond, und erhellete rings den schweigenden Erdkreis.</p> - <p class="line">Draußen im duftigen Meer, auf den fern entgleitenden Wellen,</p> - <p class="line">Glomm sein düsteres Licht; er zog in dem finstern Gewässer</p> - <p class="line">Hin die strahlende Bahn. Vom Schilf her säuselte Kühlung;</p> - <p class="line">Summend wiegten die Mücken der Nacht sich in würzigen Lüften,</p> - <p class="line">Und in das leise Getös’ der fern’ aufbrandenden Wogen</p> - <p class="line">Mengte vom dunkelen Hain die kreischende Stimme der Laubfrosch:</p> - <p class="line">Rings verstummte die Welt, und entschlummert ruhten die Krieger.</p> - <p class="line">Aber kein Schlummer umfing die glühenden Augen des Kaisers.</p> - <p class="line">Sinnend saß er vor seinem Gezelt, und blickte zuweilen</p> - <p class="line">Schwermuthsvoll in die liebliche Helle des Mondes, zuweilen</p> - <p class="line">Nach dem trüblichen Schimmer hinaus auf den gleitenden Wellen,</p> - <p class="line">Hörte der Wogen Geräusch am fernen Gestade; der Mücken</p> - <p class="line">Summenden Flug, und das Kreischen der grünlichen Zweigebewohner,</p> - <p class="line">Und er seufzte dann laut des Herzens nagendem Kummer.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sieh’, nicht schlummert’ auch Eberstein! Ihm brannten die Wunden</p> - <p class="line">Noch an dem Arm, den erst, im Sturm der Veste Goletta,</p> -<a id="page-323" class="pagenum" title="323"></a> - <p class="line">Ein befiederter Pfeil durchfuhr. Er lag in dem Mondlicht,</p> - <p class="line">Vor dem Gezelt, die Labung kühlumsäuselnder Lüftchen</p> - <p class="line">Athmend. Nun horcht’ er bewegt, und blickte verwundert um sich her,</p> - <p class="line">Als er die Seufzer vernahm vor dem Zelteingange des Herrschers.</p> - <p class="line">„Wer durchstöhnet die Nacht?“ so rief er, dem einsamen Denker</p> - <p class="line">Nahend mit zögerndem Schritt. „Er selber?“ Da wich er betroffen,</p> - <p class="line">Kehrete wieder, und sann: ob er dort den Einsamen störe?</p> - <p class="line">Doch sein trauerndes Aug’ entlockte dem Zweifler das Wort jetzt:</p> - <p class="line">„Hat mich das Lüftchen getäuscht, das leis’ in den Zweigen des Oehlbaums</p> - <p class="line">Säuselt, Seufzenden gleich? Geußt Blässe des Todes der Mond nur</p> - <p class="line">Dir auf die Wangen? Wie, du wachest, in Trauer versunken,</p> - <p class="line">Nach dem Tage des herrlichsten Sieg’s, dem Falle Goletta’s?</p> - <p class="line">Sprich, Erlauchter, warum denn ewig dir finstere Schwermuth</p> - <p class="line">Falte die Stirn’? Enthülle dem Treuen des Herzens Geheimniß:</p> - <p class="line">Haben die Sorgen des Thron’s, hat unverschuldetes Herzleid</p> - <p class="line">Sie schon frühe gezeugt, und großgezogen zum Jammer?“</p> - <p class="line">Ernster wandte nach ihm die sinnenden Blicke der Kaiser;</p> - <p class="line">Legte die Hand auf die Brust, und begann mit erschütternder Stimme:</p> -<a id="page-324" class="pagenum" title="324"></a> - <p class="line">„Lasest im Antlitz du die Züge des nagenden Kummers?</p> - <p class="line">O, so schaue sie kenntlicher noch mir im Herzen, und schweige!</p> - <p class="line">Früher Gram, vermengt mit den zartesten Freuden der Kindheit</p> - <p class="line">Wurzelt’ in dieser Brust, die dort des herrlichen Vaters</p> - <p class="line">Tod, und um ihn, der Mutter im Wahnsinn endende Trauer,</p> - <p class="line">Grausam zerriß. Doch winkte mir ewig der Völkerbeherrschung</p> - <p class="line">Ernstes Ziel; ihm weiht’ ich die fröhlichen Jahre der Jugend,</p> - <p class="line">Schweigend, der Blödigkeit Bild, bis Valladolids Turnierbahn,<a class="fnote" href="#footnote-70" id="fnote-70">[70]</a></p> - <p class="line">Und des Schild’s hochsinniger Spruch mir glänzenden Ruhm gab.</p> - <p class="line">Als ich Hispania’s Zepter ergriff, durchtobten des Aufruhrs</p> - <p class="line">Schrecken das herrliche Land. Von Bürgerblute besudelt,</p> - <p class="line">Weckt’ es Entsetzen mir an den Schranken der furchtbaren Laufbahn;<a class="fnote" href="#footnote-71" id="fnote-71">[71]</a></p> - <p class="line">Aber zugleich erstand auf der dornenvollen ein Feind mir,</p> - <p class="line">Unversöhnlich, den Thron des heiligen, römischen Reiches</p> - <p class="line">Neidend, und glühend vor Haß, in Frankreichs stolzem Beherrscher.<a class="fnote" href="#footnote-72" id="fnote-72">[72]</a></p> - <p class="line">Hat er nicht endlos Krieg, und ach, unnennbares Elend</p> - <p class="line">Rings auf unsere Völker gewälzt: zu Bundesgenossen,</p> - <p class="line">Er, deß’ Thron in dem Nachruhm prangt des <em>Christlichsten Königs</em>,<a class="fnote" href="#footnote-73" id="fnote-73">[73]</a></p> - <p class="line">Mahoms Söhne gewählt,<a class="fnote" href="#footnote-74" id="fnote-74">[74]</a> des Kreutzes schrecklichen Erbfeind,</p> -<a id="page-325" class="pagenum" title="325"></a> - <p class="line">Den ich im seligen Jugendtraum, dereinst Europa’s</p> - <p class="line">Rettender Hort, zurück nach Asia’s Steppen zu drängen</p> - <p class="line">Hoffte? Sieh’, auch jetzt, als uns viel tausender Christen</p> - <p class="line">Schreckliche Noth nach Afrika’s ferne Gestade gerufen,</p> - <p class="line">Weckt er daheim mir Haß, und nährt verderbenden Aufruhr!</p> - <p class="line">Deutschland — Mann, du erbebst dem Jammergeschicke der Heimath,</p> - <p class="line">Fröhnt ihm sogar, verkennend mein treues und redliches Streben:</p> - <p class="line">Durch den freien Verein so vielfachgesonderter Gauen</p> - <p class="line">Endlich die heimische Macht und Würde für immer zu gründen!</p> - <p class="line">Doch nun trennt sie ein Streit, das Heiligste, Höchste der Menschheit:</p> - <p class="line">Gottes Wort, sich erkiesend zum strenggebiethenden Vorwand:</p> - <p class="line">Jeden Verein zum Wohl noch kommender Zeiten zu fernen.<a class="fnote" href="#footnote-75" id="fnote-75">[75]</a></p> - <p class="line">Wahr, daß Schatten das Licht umhülleten; heilig wie Gottes</p> - <p class="line">Satzung, der Unfug dünkte dem Volk’, und die Wiedergestaltung</p> - <p class="line">So an dem Haupt wie den Gliedern ersehnt’ auch die bessere Mehrzahl,</p> - <p class="line">Die dem Heiland getreu verharrt für immer und ewig!</p> - <p class="line">Doch nur von Schlacken das Gold, von der Spreu zu sondern das Fruchtkorn,</p> - <p class="line">Heischte die Lieb’, und es hob sich schon der Tempel der Eintracht</p> - <p class="line">Herrlich empor: er ward zertrümmert in schrecklicher Willkühr.</p> -<a id="page-326" class="pagenum" title="326"></a> - <p class="line">Nur zerstörend wollte man bau’n. Die reitzende Neu’rung</p> - <p class="line">Und der empörende Ruf unwahrgedeuteter Freiheit</p> - <p class="line">Lockte das Volk — das Eigen der Kirche die Fürsten. So rang ich,</p> - <p class="line">Denkend des schrecklichen Bauernkriegs,<a class="fnote" href="#footnote-76" id="fnote-76">[76]</a> und der Gräueln der Zukunft,</p> - <p class="line">Lang’ entgegen dem Strom, dem Jammer zu wehren, vergebens!</p> - <p class="line">Ha, ein Gesicht, erst jüngst in des Heiligthums Dunkel enthüllet,</p> - <p class="line">Sträubte das Haar an der Scheitel mir auf! Ich zitterte, bebte:</p> - <p class="line">Deutschland sah ich erwürgt nach dreißigjährigem Wuthkampf,<a class="fnote" href="#footnote-77" id="fnote-77">[77]</a></p> - <p class="line">Rauchend im Schutt die Burgen, Paläst’, und Hütten, und Tempeln;</p> - <p class="line">Heiliges frech entweiht, die Määler der Künste vernichtet,</p> - <p class="line">Und verödet die Gau’n. Wo früher die goldenen Aehren</p> - <p class="line">Wogten im schimmernden Abendroth; wo blöckende Heerden</p> - <p class="line">Hüpften im lachenden Grün; der Mensch in seliger Unschuld</p> - <p class="line">Gleichbeseligte Menschen ersah, und sich freute des Daseyns,</p> - <p class="line">Herrschte nur Grabesstill’, und im dornumwucherten Saatfeld</p> - <p class="line">Bleichte das nackte Gebein weithin erschlagener Völker.</p> - <p class="line">Spät erst wagte, mit schüchternem Blick, der Verscheucht’ aus dem Schutte</p> - <p class="line">Sich zu erheben, und sah er nun dort den Schüchternen kommen,</p> - <p class="line">Dacht’ er, „Weß Glaubens er sey?“ und brütete Haß und Verfolgung.</p> -<a id="page-327" class="pagenum" title="327"></a> - <p class="line">Sieh’, Jahrhunderte floh’n! Da lag auf den Fluren der Heimath</p> - <p class="line">Finstres Gewölk; die röthlichen Blitz’ erhellten zuweilen</p> - <p class="line">Hinter der Wolkennacht, die Jammergefilde der Zukunft.</p> - <p class="line">Ueber dem Rhein scholl Mordausruf: bald wirbelten endlos</p> - <p class="line">Auch in die deutschen Gau’n, vernichtend, herüber des Aufruhrs</p> - <p class="line">Flammen, und laut umher ertönte Gebrülle von Freiheit!</p> - <p class="line">Gleichheit! Doch von dem Wagen des lautumjauchzeten Siegers</p> - <p class="line">Klirrten die Fesseln schon entehrender, schimpflicher Knechtschaft.</p> - <p class="line">Fiele der Deutsche so tief? Er beugte den kräftigen Nacken</p> - <p class="line">Selber der Schmach? O dahin, ich wußt’ es, unselige Trennung,</p> - <p class="line">Führst du mein edeles Volk: dir rang ich vergeblich entgegen!“<a class="fnote" href="#footnote-78" id="fnote-78">[78]</a></p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzo verstummt’ er, und neigte zum pochenden Busen das Antlitz,</p> - <p class="line">Thränenumflossen, herab; doch sieh’, er hob es, erschüttert,</p> - <p class="line">Wieder empor: im Blitz erhab’ner Gesichte der Zukunft</p> - <p class="line">Schwand ihm die Gegenwart! Er sah in beglückteren Tagen,</p> - <p class="line">Freiheit bringend und Ruhm, an den lieblichen Ufern der Pleisse<a class="fnote" href="#footnote-79" id="fnote-79">[79]</a></p> - <p class="line">Siegender Heere Verein: erstanden in ihrem Vermögen</p> - <p class="line">Deutschlands Völker, geschlossen den Bund hochsinniger Fürsten,</p> -<a id="page-328" class="pagenum" title="328"></a> - <p class="line">Schlacht und Feindesflucht, im helleren Glanze des Rheinstroms</p> - <p class="line">Freihinwallende Fluth, und Sieg auf Siege gehäuft fort —</p> - <p class="line">Sah vorstrahlend im Fürstenbund den glücklichen Enkel:</p> - <p class="line">Glücklich im hohen Gefühl des ruhmgekröneten Lebens,</p> - <p class="line">Und in der Liebe des Volk’s, das treu und redlich ihm anhing,</p> - <p class="line">Auch in dem nächtlichsten Sturme der Zeit.<a class="fnote" href="#footnote-80" id="fnote-80">[80]</a> Da schwand ihm des Anblicks</p> - <p class="line">Zauber; er starrt’ umher, und rief: „Ein täuschender Traum war’s!“</p> - <p class="line">Und mit dem Blick voll inniger Trauer begann er von neuem:</p> - <p class="line">„Solcher Kummer belastet mein Herz: ich denke der Zukunft.</p> - <p class="line">Alles, was ihr dieß Herz mit Liebe zu weihen sich sehnte,</p> - <p class="line">Hemmte der Sectenwuth blindlingsvernichtender Unsinn,</p> - <p class="line">Der, mein Leben begeifernd mit Gift, mir Haß in der Nachwelt</p> - <p class="line">Fernsten Tagen erregt, und Schmähung bereitet die Fülle.</p> - <p class="line">D’rum lechzt meine verwundete Brust nach freieren Lüften,</p> - <p class="line">Ferne vom Thron, wo nie die Freude mir lächelte, rastlos</p> - <p class="line">Feindlicher Haß mich traf, und herzzermalmender Undank.</p> - <p class="line">Aber ich sehe das Morgenroth, das mir an dem Abend</p> - <p class="line">Noch die Sonne verheißt nach dauernden Stürmen des Tages.</p> - <p class="line">Jüngst, nach ermüdendem Weidwerk, both in Estremadura’s</p> - <p class="line">Lieblichem Thal, Sankt-Just,<a class="fnote" href="#footnote-81" id="fnote-81">[81]</a> der Hieronymitaner</p> - <p class="line">Einsames Kloster uns Ruh’. In der hehren Stille des Abends</p> -<a id="page-329" class="pagenum" title="329"></a> - <p class="line">Faßt’ uns gar wunderbar vom erhelleten Dome der Psalmen</p> - <p class="line">Herrliche Festmelodie, der Orgel mitwallender Jubel,</p> - <p class="line">Und das wehmuthsvolle Getön der Glocke vom Thurm her,</p> - <p class="line">Die zum Abendgebeth uns lud, und zu stiller Betrachtung.</p> - <p class="line">Schweigend durchirreten wir des vielfachgesonderten Gartens</p> - <p class="line">Dunkle Pfade, wo frei, nach Lust unschuldiger Willkühr,</p> - <p class="line">Jeder im Bruderverein mit Sorgfalt baute sein Gärtchen.</p> - <p class="line">Einer mit silbernem Haupt und himmlischheiterem Antlitz,</p> - <p class="line">Wandelte dort: er band, dem festlichen Morgen zur Feier,</p> - <p class="line">Kränze, mit zartem Sinn vermengend mancherlei Farben;</p> - <p class="line">Knüpfte, hinwandelnd im Duft, gesunkene Blumen an Stäbchen</p> - <p class="line">Fest, und labte die schmachtende Flur, aus der Fülle des Springquells</p> - <p class="line">Schöpfend die Silberfluth mit hellerglänzender Kanne.</p> - <p class="line">Freundlich nickt’ er den Gruß erst mir, dann meinen Gefährten</p> - <p class="line">Freundlicher noch; er ging, und waltete, meiner nicht achtend,</p> - <p class="line">Wieder so ruhig fort in überseligem Frieden.</p> - <p class="line">O, so dacht’ ich, nicht fühlt er die herzzernagenden Sorgen,</p> - <p class="line">Die mein Antheil sind auf des Lebens verworrenen Pfaden!</p> - <p class="line">Ihm ist sein Blumenbeete die Welt, von sanften Bewohnern</p> - <p class="line">Blühend und duftend belebt; sie lohnen mit seligen Freuden</p> - <p class="line">Stets ihm jegliche Müh’: er herrscht und waltet im Segen.</p> - <p class="line">Schnell wie ein Blitz aufflammt’ in meinem Busen ein Vorsatz,</p> - <p class="line">Welchen das Herz ergriff, festhielt, und erwählte für immer.</p> -<a id="page-330" class="pagenum" title="330"></a> - <p class="line">Staune nicht so, mein Held! Einst siehst du mich glücklicher. Reift nur</p> - <p class="line">Mein Erzeugter zum Manne heran, auf dem Pfade des Herrschers</p> - <p class="line">Würdig zu wandeln: dann, o sehnlich erwarteter Festtag,</p> - <p class="line">Eil’ ich mit Adlers Flug in des Friedens himmlische Thäler:</p> - <p class="line">Denn, wie, kämpfend mit Sturm und Noth, der zagende Schiffer</p> - <p class="line">Fern auf dem Meer umtreibt, als berstend die Maste vom Bord ihm</p> - <p class="line">Stürzen, die schäumende Fluth fortwälzt die Tau’ und die Segel,</p> - <p class="line">Und sein Fahrzeug, leck, schon tiefer sinket, er plötzlich</p> - <p class="line">„Land! Land!“ hört, da füllt ihm die Brust unnennbare Sehnsucht,</p> - <p class="line">Und sein thränender Blick hängt starr an den fernen Gestaden:</p> - <p class="line">Also zieht mich das Herz hinüber nach Estremadura’s</p> - <p class="line">Winkendem Friedensport, und Sankt-Justs heiligen Mauern.</p> - <p class="line">Dort, den Sorgen der Erd’ entrückt, vom Menschengewühl fern,</p> - <p class="line">Und dem Himmel geweiht, entschwind’ in seliger Stille</p> - <p class="line">Jede Erinnerung mir der leidenerfülleten Vorzeit!</p> - <p class="line">Sieh’, schon glänzet der Abendstern, verwandelt, des Morgens</p> - <p class="line">Herold: die Nacht entweicht! Schon wecken die rasselnden Trommeln —</p> - <p class="line">Wecken Drometen das schlummernde Volk. Nun will ich des Sonntags</p> -<a id="page-331" class="pagenum" title="331"></a> - <p class="line">Heilige Feier begeh’n im Kreise der tapferen Krieger,</p> - <p class="line">Dann, will’s Gott, erringen das Ziel in dem Kampfe vor Tunis!“</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Waffengeräusch erscholl im dunkeln Gezelte des Kaisers,</p> - <p class="line">Wo seither dem düsteren Schmerz ergeben, Toledo</p> - <p class="line">Trauerte. Ihn zu erheitern sann der gütige Herrscher;</p> - <p class="line">Aber umsonst: denn kalt und schweigend verschloß er die Brust ihm.</p> - <p class="line">Jetzt, aufhorchend im Zelt dem Klagenden, fühlet’ er plötzlich</p> - <p class="line">Wieder erglühen den Muth im schmerzerstarreten Busen;</p> - <p class="line">Sprang vom Lager behend’, umfaßte die glänzenden Waffen,</p> - <p class="line">Gürtete sich, und kam, und sprach zu dem Staunenden also:</p> - <p class="line">„Wie, so wohnet denn Gram auch im edelsten Herzen? So lohnt ihm</p> - <p class="line">Völkerbeglückende Müh’ und Sorge nur schändlicher Undank?</p> - <p class="line">Schwinde, mein Leid! Verstumm’t, ihr Klagen! Ich wähnet’ euch endlos;</p> - <p class="line">Doch nun tret ich, beschämt, vor diesen erhabenen Dulder,</p> - <p class="line">Der dem größeren Schmerz obsiegt, und handelt, der Pflicht treu.</p> - <p class="line">Hör’ ich drometenden Ruf — der weckenden Trommel Gewirbel?</p> - <p class="line">Fleugt das Schlachtroß wiehernd im Feld, und blitzen die Waffen</p> - <p class="line">Tod in den Feind? Ich komme! Mit Schrecken gewahrt er Toledo’s</p> -<a id="page-332" class="pagenum" title="332"></a> - <p class="line">Waffen, und netzt sie mit Blut, und, wenn auch Thränen sie netzten —</p> - <p class="line">Meine Thränen: ich trockne sie schnell, des Dulders gedenkend.“</p> - <p class="line">Rasch enteilt’ er dem Zelt. Dem Nahenden jauchzten die Krieger</p> - <p class="line">Freudigen Gruß: denn liebend hing das Volk an dem Helden.</p> - <p class="line">Aber ihm folgte bewegt, mit den tapfersten Führern der Kaiser</p> - <p class="line">Jetzt in das Lager hinaus, Aufbruch zu gebiethen der Heersmacht.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Schon versank am fernen Gebirg der blässere Vollmond;</p> - <p class="line">Leise verhüllten die Stern’ ihr Strahlenhaupt, und im Frühroth</p> - <p class="line">Glomm die erwachende Welt, als jetzt das geordnete Kriegsheer</p> - <p class="line">Sich nach Goletta erhob. In tieferschütternder Stille</p> - <p class="line">Schritt es einher. Nun wurde die finstere Stirne des Kriegers</p> - <p class="line">Mild, nun sanft sein drohender Blick: denn heiliger Andacht</p> - <p class="line">Sollt’ er am Tage des Herrn sich weih’n; des göttlichen Mahles</p> - <p class="line">Andenken würdig feiern, und dann die erschlagenen Krieger</p> - <p class="line">Senken in’s dunkele Grab, und den Tapfern erhöhen den Denkstein,</p> -<a id="page-333" class="pagenum" title="333"></a> - <p class="line">Daß er entflamme des Kriegers Brust in der kommenden Zeit noch.</p> - <p class="line">Sieh’, am Strande des See’s, auf dem weitumschauenden Hügel</p> - <p class="line">Hob sich über dem Zelt aus Zweigen des säuselnden Oehlwalds</p> - <p class="line">Eine Laube, dem Opferaltar zum wölbenden Dom auf.</p> - <p class="line">Krieger pflanzten die Laub’ in Hast, und zur Linken und Rechten</p> - <p class="line">Neben dem Bild des Gekreuzigten, nährt’ auf silbernen Leuchtern</p> - <p class="line">Emsiger Bienchen Fleiß die fächelnde Flamme der Kerzen.</p> - <p class="line">Als die erlesene Heeresmacht, dem schimmernden Halbmond</p> - <p class="line">Aehnlich, die Laub’ umgab: da folgte der stattliche Priester</p> - <p class="line">Eilig, im Feiergewand, dem dienenden Jüngling zum Altar.</p> - <p class="line">Dort vor dem Allerheiligsten sprach er die offene Schuld erst;</p> - <p class="line">Dann lobsang er dem Herrn, und bethet’ um Himmelserleuchtung,</p> - <p class="line">Daß das sehnende Herz erkenne die Wege der Wahrheit;</p> - <p class="line">Kündigte dann aus dem Brief des großen Jüngers die Tröstung</p> - <p class="line">An die fromme Gemein’: „Einst soll, was dunkel im Leben,</p> - <p class="line">Wie in umflortem Spiegel erschien, auf immer enträthselt,</p> - <p class="line">Schimmerndhell uns werden im Anschaun ewiger Wahrheit.“</p> - <p class="line">Dann die Worte des Evangeliums, mild und erhebend:</p> - <p class="line">„Liebet auch euren Feind, als Kinder des Einen und Höchsten,</p> - <p class="line">Der mit Vaterhuld für den Frommen und Bösen die Sonne</p> -<a id="page-334" class="pagenum" title="334"></a> - <p class="line">Aufgehn heißt mit erwärmendem Strahl, und gedeihlichen Regen</p> - <p class="line">Sendet der Saat des einen, und andern!“ Auch sprach er des Glaubens</p> - <p class="line">Frohes Bekenntniß, und opferte Brot und Wein zur Versöhnung</p> - <p class="line">Unserer Schuld; doch bald nach dem Dreimal-Heilig erhob er</p> - <p class="line">Nun das Heiligste selbst, und, als er im frommen Gebeth auch</p> - <p class="line">Jener gedacht, die, schon entrückt, im Lande des Friedens</p> - <p class="line">Schlummerten, sprach er das hohe Gebeth des Herrn, und, in Demuth</p> - <p class="line">Schlagend die Brust vor dem Lamm, das, uns Erlösung zu bringen</p> - <p class="line">Sich in den Tod hingab, genoß er die Speise der Seelen.</p> - <p class="line">Jetzt noch fleht’ er um frohe Geduld in den Tagen der Trübsal,</p> - <p class="line">Und entließ mit segnender Rechte die Christenversammlung.</p> - <p class="line">Aber das Haupt entblößt, und die Augen zur Erde geheftet,</p> - <p class="line">Stand umkreisend das Heer, und ehrte die heilige Sühnung</p> - <p class="line">Durch erhabnen Gesang: die melodischen Laute des Herzens</p> - <p class="line">Flogen zum Himmel empor, und weckten die sanfteren Thränen,</p> - <p class="line">Die nur die Andacht weint in wonn’erhöhter Empfindung.</p> - <p class="line">Glänzender wölbte sich rings des Himmels blaues Gezelt auf,</p> - <p class="line">Und ein Sonnenmeer umwogte das hehre Geheimniß</p> - <p class="line">Unseres Heils. Der schimmernde See, von milderen Lüftchen</p> -<a id="page-335" class="pagenum" title="335"></a> - <p class="line">Leise geküßt, erhob in schauernder Wonne die Wellen</p> - <p class="line">Nach dem Strand, wo in lispelndem Grün der Opferaltar stand.</p> - <p class="line">Freudig neigten sich ihm die Wipfel der Cedern Zafrano’s;</p> - <p class="line">Auch das Olivengehölz ersäuselte sanft, und des Luftraums</p> - <p class="line">Liebliche Sänger horchten still in den flisternden Zweigen;</p> - <p class="line">Feierlich schwieg umher die tiefanbethende Schöpfung.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Als gefeiert das Fest, und vollendet das göttliche Mahl war:</p> - <p class="line">Da geboth der Kaiser dem Volk die Begrabung der Todten.</p> - <p class="line">„Eilt,“ so rief er, „an’s heilige Werk: der Erde zu geben</p> - <p class="line">Leichtverwesliche Saat zur Ernte des ewigen Lebens,</p> - <p class="line">Wenn der Posaune Klang uns all’ aus den Gräbern hervorruft!</p> - <p class="line">Denket des tapferen Sarno zugleich, den ehrenden Denkstein</p> - <p class="line">Ihm erhöhend. Auch Giaffar sey an den Mauern Goletta’s</p> - <p class="line">Ehrend die Säule geweiht: denn schön ist es, kommenden Zeiten</p> - <p class="line">Noch den Heldenmuth erschlagener Feinde zu künden.“</p> - <p class="line">Eilig gruben die Krieger das Grab; weit gähnte das Erdreich,</p> - <p class="line">Biethend die Ruh’ im dunkeln Schooß den entschlummerten Todten.</p> - <p class="line">Thränenden Blick’s hintrug so mancher den treuen Gefährten,</p> - <p class="line">Der auf des Lebens Dornenpfad’ ihm redlich die Bürden</p> - <p class="line">Tragen half, und treu sich bewähret’ in Noth und Gefahren.</p> - <p class="line">D’rauf, als alle das Grab umfing, und der ehrende Hügel</p> -<a id="page-336" class="pagenum" title="336"></a> - <p class="line">Deckte: da hob, aufblickend, der Priester den Trauergesang an;</p> - <p class="line">Sprengte geweihetes Wasser umher, und schwenkte des Fäßchens</p> - <p class="line">Weihrauchduftende Gluth der Ruhestätte zum Segen.</p> - <p class="line">Dann versenkten sie auch im gesonderten Grabe, die Leichen</p> - <p class="line">Ihrer Gegner, vereint; erhöhten mit Liebe den Denkstein</p> - <p class="line">Sarno’s Ruhme geweiht — auch Giaffars. Freudig gewahrte</p> - <p class="line">Ludwig das Ehrenmaal des Tapferen, den er erlegte.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hell, in des Mittags Gluth erglänzten die Zinnen der Festung,</p> - <p class="line">Als die christliche Heeresmacht, dem Herrscher gehorchend,</p> - <p class="line">Sich g’en Tunis erhob. Der Wetterwolke nicht ungleich,</p> - <p class="line">Die an dem fernen Gebirg aufschwebt, dann eilenden Fluges,</p> - <p class="line">Rings die Lüft’ umhüllt, und des Himmels Bläue verschlinget,</p> - <p class="line">Deckten die Kriegsheerscharen das Land. Sonst tapfere Krieger,</p> - <p class="line">Lechzend vor Durst im qualmenden Staub, der unter des Rosses</p> - <p class="line">Huf und des Mann’s vorstrebendem Fuß zu den Wolken emporstieg,</p> - <p class="line">Murreten jetzt in den Reih’n: da schwang der Kaiser voll Hast sich</p> - <p class="line">Aus dem Sattel; er zog in mutheinflößender Hoheit,</p> - <p class="line">Selbst mit den Scharen einher, und führte sie vor auf dem Heerweg.</p> -<a id="page-337" class="pagenum" title="337"></a> - <p class="line">Plötzlich verstummte die Klag’, und, wie durch kühlendes Wasser,</p> - <p class="line">War die lechzende Zunge gelabt, der finstere Sandstaub</p> - <p class="line">Ohne Beschwerd’, und die Gluth der schrecklichen Sonne verloschen.</p> - <p class="line">Doch als jetzt in des Meeres Fluth g’en Westen ihr Antlitz,</p> - <p class="line">Goldumflammt, sich spiegelte; dort- und vom nahen Gehölz her</p> - <p class="line">Liebliche Kühlung kam: da ersah’n die staunenden Krieger</p> - <p class="line">Tunis, mit thürmenden Minarets und prangenden Häusern</p> - <p class="line">Glühen im rosigen Licht der ersehneten Stunde des Abends.</p> - <p class="line">Lautaufjauchzten sie all’, und schlugen mit nervigen Rechten</p> - <p class="line">Dann an die blanken Gewehr’: entscheidender Thaten sich freuend.</p> - <p class="line">Aber der Kaiser geboth, urschnell erforschend die Gegend,</p> - <p class="line">Seinen Tapferen „Halt!“ denn links am Gestade des See’s hin,</p> - <p class="line">Rechts am Olivengehölz, wo droben die Schanze der Felshöh’n</p> - <p class="line">Salis bewähretem Muthe vertraut, der lagernden Heersmacht</p> - <p class="line">Sichere Stellung verhieß, und die silbernrieselnde Quelle</p> - <p class="line">Labung ihm both, gedacht’ er des Heers kampfrüstige Flügel</p> - <p class="line">Auszubreiten, und dort der Morgenröthe zu harren.</p> - <p class="line">Und, wie im wölbenden Dom die unzähligen Laute der Orgel,</p> - <p class="line">Von dem Künstler geweckt, sich all’ in brausender Strömung</p> - <p class="line">Herzerschütternder Harmonie’n vereinen zum Wohlklang;</p> - <p class="line">Oder so wie die Räder all’ im vollendeten Uhrwerk</p> -<a id="page-338" class="pagenum" title="338"></a> - <p class="line">Willig sich dreh’n nach des Penduls Schlag, und die Zeiger der Stunden</p> - <p class="line">Kreisenden Lauf und die Bahn der Stern’, und der Sonn’ und des Mondes</p> - <p class="line">Weisen zugleich auf dem Zifferblatt: so folgten die Krieger</p> - <p class="line">Jetzo des Herrschers Wink. Und schnell, wie im künstlichen Webstuhl,</p> - <p class="line">Kreisenden Spuhlen entfloh’n, im Zug sich entwirren die Fäden,</p> - <p class="line">Und verschlingen zum schönen Gebild: so entwirrten sich alsbald</p> - <p class="line">Hier die verschlungenen Reih’n, und lagerten dann in dem Blachfeld</p> - <p class="line">Trefflich geordnet umher. Die Reiter, auf jedem der Flügel</p> - <p class="line">Deckten schirmend des Fußvolks Macht und des eh’rnen Geschützes</p> - <p class="line">Ordnungen, die von dem Vorderzug das mittlere Treffen</p> - <p class="line">Sonderten. So gestellt, nachtlagerten jetzo die Krieger.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sieh’, da nahten die Feind’ unzählig herüber von Tunis,</p> - <p class="line">Hairaddins drohendem Blick und schrecklichem Rufe gehorchend!</p> - <p class="line">Wie auf dem Stillen-Meer des Sturms erbrausender Odem</p> - <p class="line">Weit die Fluthen empört, und endlosstarrende Wogen</p> - <p class="line">Fort zum entferneten Welttheil wälzt — sie stürzen gedrängt hin:</p> - <p class="line">Zahllos so, herübergejagt von dem furchtbaren Herrscher,</p> - <p class="line">Nahten die Moslemim: denn im Gemüth nicht Tausender Leben</p> -<a id="page-339" class="pagenum" title="339"></a> - <p class="line">Achtend, däucht’ es ihn leicht, die schmählichverlorene Festung,</p> - <p class="line">Jetzt im nächtlichen Ueberfall dem Feind’ zu entreißen.</p> - <p class="line">Grimmig verlacht’ er darum die Worte der Späher: ihm stehe</p> - <p class="line">Dräuend entgegen der Feind, und ordne die Scharen zum Kampf schon;</p> - <p class="line">Dennoch drängt’ er den Sporn in die Seite des ächzenden Rosses,</p> - <p class="line">Das ihn im Staubgewölk und im sausenden Donnergalopp hin</p> - <p class="line">Bis an die Vorhuth trug. Dort hielt er, und sah, vor Erstaunen</p> - <p class="line">Starr, die Gerüsteten: Wuth und Verzweiflung engte die Brust ihm.</p> - <p class="line">Wie die Wetterfahn’ im Hauch des wechselnden Windstroms,</p> - <p class="line">Bald nach Osten, und bald nach Westen gewendet, umherfleugt:</p> - <p class="line">Also schwankte sein Geist, im Sturm und Drange des Herzens,</p> - <p class="line">Unentschlossen, umher: denn schnell, mit dem Blicke des Adlers,</p> - <p class="line">Heeraufstellender Kunst und Angriffs kundig, gewahrte</p> - <p class="line">Sein umspähendes Auge das Heer des mächtigen Gegners</p> - <p class="line">Trefflich beschirmt, und ihm entfloh’n die Stunde des Angriffs.</p> - <p class="line">Schweigend kehrt’ er zurück, und rief den Scharengebiethern,</p> - <p class="line">Frohsinn heuchelnd, und Muth, weil Angst ihm füllte den Busen:</p> - <p class="line">„Preist den Herrn der Welt und seinen erhabnen Propheten,</p> -<a id="page-340" class="pagenum" title="340"></a> - <p class="line">Der uns herrlichen Sieg verheißt, und dem Feinde Verderben</p> - <p class="line">Sendet! Die Nacht entsinkt dem Sternengefilde; nicht kämpfen</p> - <p class="line">Heut’ wir mehr: denn hör’t! Nur tobenden Muthes Getümmel,</p> - <p class="line">Sang und Klang ertöne vom Lager; unzählige Feuer</p> - <p class="line">Mögen die dunkle Nacht umwandeln zur Helle des Tages,</p> - <p class="line">Und enthüllen das Heer, das schon an dem kommenden Morgen,</p> - <p class="line">Gleich dem Sturm vorbrausend im Feld, hintilge die Christen.</p> - <p class="line">Abu-Sa-id, dich ruft vor jeglichem Führer dein König</p> - <p class="line">Heute zur That! Zeuch hin mit zwanzigtausend Erwählten,</p> - <p class="line">Sonder Geräusch, entlang die felsigen Ufer Medscherda’s,</p> - <p class="line">Nach Buschatter, um dort zu umgehen das feindliche Lager;</p> - <p class="line">D’rauf, den flammenden Blitz des Donnerrohrs und der Büchsen,</p> - <p class="line">Schauend in dämmernder Früh’, und des Kampf’s erwachtes Getümmel</p> - <p class="line">Hörend, erklimme die Höh’n, und stürze dich, ähnlich dem Gießbach,</p> - <p class="line">Der im zerstörenden Lauf fortbraust nach unendlichem Regen,</p> - <p class="line">Rasch in das Lager hinab, daß uns die flüchtigen Scharen,</p> - <p class="line">Seiner Wälle beraubt, dann all’ erliegen im Schlachtfeld.</p> - <p class="line">Denke des herrlichen Zugs, und der Beut’ unsäglichen Werthes!“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und Abu-Sa-id ging stolzumschauenden Blickes,</p> - <p class="line">Seinem harrenden Volk und dem nahen Verderben entgegen.</p> - <p class="line">Doch, auf Hairaddins Wink, des furchtbar’n Mannes, erwachte</p> -<a id="page-341" class="pagenum" title="341"></a> - <p class="line">Jetzt Aufruhr, und Lärm, und Getös’ in dem wimmelnden Lager:</p> - <p class="line">Denn des Kessels schmetternden Klang hier mengten die Einen —</p> - <p class="line">Dort des Horns Gebrüll die Andern (mit schwellenden Backen</p> - <p class="line">Und vorquellendem Aug’ erzwingend des Erzes Gewaltton)</p> - <p class="line">Furchtbarer stets, in das laute Geschrei der rasenden Krieger</p> - <p class="line">So, daß die schlummernde Welt vor Angst aufschauderte ringsum!</p> - <p class="line">Und in den hellsten Tag verwandelte, prasselnd, des Reisigs</p> - <p class="line">Mächtige Lohe die Nacht. An den Zelten der Völker hinunter</p> - <p class="line">Trugen ragende Pfähl’ unzählbarflammende Kessel,</p> - <p class="line">Leuchtend, empor: ihr fächelnder Schein durchblitzte die Gegend</p> - <p class="line">Endlos, immer geweckt von des Harzes aufwallenden Fluthen.</p> - <p class="line">Raschelnd wogte vor Hairaddins Zelt die <em>Heilige</em> Schlachtfahn’ —</p> - <p class="line">Also dem Volke genannt, in die Lüfte. Die türkische Tonkunst</p> - <p class="line">Feierte dort ihr Fest: die Trommel polterte; Teller</p> - <p class="line">Zischten mit ehernem Laut; hell klingelten Schellen und Glocken;</p> - <p class="line">Pfeifchen gellten mit Zink- und Hörnerklängen vereinet.</p> - <p class="line">Doch vor des Bascha Zelt, vor jeglichem rings in dem Lager,</p> - <p class="line">Stand das düstre Panier, von des Rosses buschigem Schweifhaar</p> - <p class="line">Zwei- auch dreifach erhöht: die Würde des Orta-Gebiethers</p> - <p class="line">Kündend. Also durchwachten die Nacht die empöreten Völker.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-342" class="pagenum" title="342"></a> - <p class="line">Abu-Sa-id entschlich, dem wildaufspürenden Weidmann</p> - <p class="line">Aehnlich, dem Heer’, und eilte Medscherda’s Fluthen hinunter,</p> - <p class="line">Mit erlesenem Volk, ihm Stille gebiethend, zum Ziel hin.</p> - <p class="line">Lange noch hört’ er des Lagers Getös’, und freute der List sich.</p> - <p class="line">Aber da lag auf des Felsens Höh’n, im Kreise der Schützen,</p> - <p class="line">Salis, der tapfere Hort, und sah nach den Sternengefilden</p> - <p class="line">Schweigend empor. Er bebte, daß dort, millionen von Meilen</p> - <p class="line">Ueber dem glänzenden Sirius noch, das Aug’, mit des Fernrohrs</p> - <p class="line">Zaubermacht bewehrt, aufdrang, und dennoch kein Ziel fand;</p> - <p class="line">Zahllos über ihm noch die Sonnen wandeln, und zahllos</p> - <p class="line">Erden und Monde sich dreh’n im Raum des unendlichen Weltalls:</p> - <p class="line">Das erfüllt’ ihm die Brust mit Schauern der nahen Vernichtung!</p> - <p class="line">Weinend senkt’ er den Blick zum niedrigen Staube hinunter —</p> - <p class="line">Dachte sich selber nur Staub im wehenden Hauche der Allmacht.</p> - <p class="line">Sieh’, da flog, auf des Lüftchens Fittigen säuselnd im Nachtgrau’n,</p> - <p class="line">Eilender Schritte Getös’ und klirrender Waffen Getümmel</p> - <p class="line">Ihm an das horchend’ Ohr. Mit dem spähenden Auge des Falken,</p> - <p class="line">Der aus Wolkenhöh’n im dunkelen Grase den Raub sieht,</p> - <p class="line">Forscht’ er rings in den Thälern umher, und sah an Medscherda’s</p> - <p class="line">Ufer annahendes Volk. Schnell ahnt’ er, besorgt in dem Herzen,</p> -<a id="page-343" class="pagenum" title="343"></a> - <p class="line">Feindlichen Ueberfall, und, gedenkend entscheidender Abwehr,</p> - <p class="line">Flog alsbald, gesendet von ihm, Ruinard in das Lager,</p> - <p class="line">Von dem Kaiser verstärkende Macht zu erfleh’n: und sie ward ihm.</p> - <p class="line">Bald erklommen die Höh’n noch tausend erlesene Schützen,</p> - <p class="line">Löwenbeherzt, und froh der feindabwehrenden Arbeit.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Aber am Strande des See’s, wo im Lager die Scharen der Christen</p> - <p class="line">Ruheten, war nicht Getös’ auftobenden Volkes zu hören.</p> - <p class="line">Nicht erleuchtete Flammenschein (so wollt’ es der Herrscher)</p> - <p class="line">Dort die dunkele Nacht, daß in ihrem Schleier geborgen,</p> - <p class="line">Fest vertrauend dem Muth in der Brust und der leitenden Weisheit,</p> - <p class="line">Lächle der Tapfre getrost des schreckenvollen Getümmels,</p> - <p class="line">Das die Verzweiflung gebar, nur feigeren Seelen zur Täuschung.</p> - <p class="line">D’rauf erquickte nur Brot die Lagernden, heute zum Spätmahl</p> - <p class="line">Kärglich gespendet; sie löschten den Durst nur am Born, und gedachten,</p> - <p class="line">Scherzend, des reichlichen Mahls zu Tunis, am kommenden Abend.</p> - <p class="line">Aber der Kaiser ging im Kreise der schmausenden Krieger,</p> - <p class="line">Zögernden Schrittes umher, und sagte mit Lächeln dem Einen,</p> - <p class="line">Und dem Ander’n ein freundliches Wort, beim Nahmen ihn nennend:</p> - <p class="line">Da in dem zahllosen Heer’ kein Tapferer fremd ihm geblieben.</p> -<a id="page-344" class="pagenum" title="344"></a> - <p class="line">Doch nun rief ihm der Reisige, Horst, der früher des Kaisers</p> - <p class="line">Dienender Mundschenk war, da er ging, im heiteren Scherz nach:</p> - <p class="line">„Carolus, unser gebiethender Herr,“ so spöttelt’ er, winkend</p> - <p class="line">Noch mit den Augen, ihm nach, „vermisset mit trauerndem Herzen,</p> - <p class="line">Heute wohl auch die erlesene Menge der Speisen im Prunksaal,</p> - <p class="line">Wo er dem Tisch sonst naht in traulicher, lieber Gesellschaft:</p> - <p class="line">Denn nicht dampfen aus China’s buntem Geschirr ihm die Brühen</p> - <p class="line">Würzig entgegen, und nicht das Fleisch gemästeten Rindes,</p> - <p class="line">Mancherlei Brühen gesellt, nicht das zarte Gemüse, des Rehes</p> - <p class="line">Saftiger Rücken, des Wildschweins Kopf, mit grünenden Sträußchen</p> - <p class="line">Zierlich umhüllt, nicht der Braten von zahm- und wildem Geflügel.</p> - <p class="line">Auch das feine Gebäck, so vielfachgestaltet aus Rohrmehl,</p> - <p class="line">Das uns die Neue Welt hersendet in schimmernden Kegeln,</p> - <p class="line">Reitzt nicht heut’ ihm den Gaum, nicht das Obst, erzwungen im Treibhaus,</p> - <p class="line">Oder weit schöner gereift von Gottes gewaltiger Sonne.</p> - <p class="line">Weder des Rheinweins Gold, noch Malaga’s dunkler Gewürzsaft,</p> - <p class="line">Und des Tokayers Gluth weckt ihm aus silbernen Bechern</p> - <p class="line">Heute mehr Lust. Erwünscht nun wäre mir selber der Speisen</p> -<a id="page-345" class="pagenum" title="345"></a> - <p class="line">Abhub, der uns Dienenden ward nach vollendetem Gastmahl;</p> - <p class="line">Aber getrost: uns winkt aus Tunis der freundliche Wirth schon!“</p> - <p class="line">Also sprach er im Scherz, und laut auflachten die Krieger.</p> - <p class="line">Abgewandten Gesichts horcht’ ihm der edelste Kaiser;</p> - <p class="line">Doch nun wandt’ er sich schnell, und lächelt’ ihm, als er den Finger</p> - <p class="line">Gegen ihn drohend erhob. Dem Scheidenden folgte der Krieger</p> - <p class="line">Jubelgeschrei, noch weit zu seinem erhellten Gezelt hin.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sieh’, jetzt kam ein christlicher Sclav’ im nächtlichen Dunkel</p> - <p class="line">Eilenden Lauf’s zur Vorhuth; stand, und streckte zum Himmel,</p> - <p class="line">Dankend, die Händ’ empor; dann rief er: „Erkennet ihr Hugo?</p> - <p class="line">Ich bin’s! O, wer führt mich schnell zu dem waltenden Herrscher?“</p> - <p class="line">„Hugo?“ so rief Toledo im Schlaf, und riß sich vom Boden,</p> - <p class="line">Lautaufstöhnend. Er lag, der äußersten Scharen Gebiether,</p> - <p class="line">Dort entschlummert im Feld. Nun küßte die bebende Hand ihm,</p> - <p class="line">Auf die Kniee gesunken, der Greis, und schluchzete sprachlos;</p> - <p class="line">Aber Toledo hing mit schrecklicherblassendem Antlitz</p> - <p class="line">Ueber dem weinenden Greis’, und tief aus den Tiefen des Herzens</p> - <p class="line">Seufzend, sah er ein strahlendes Bild hinschwinden im Nachtgrau’n:</p> - <p class="line">Dann noch dunkler das Leben umher; er stürzte zum Meer fort.</p> -<a id="page-346" class="pagenum" title="346"></a> - <p class="line">Hugo, bebend vor Angst, vernahm von den Kriegern Mathildens</p> - <p class="line">Trauergeschick und Toledo’s herzzermalmenden Jammer,</p> - <p class="line">Und im wechselnden Kampf erblutete jetzo die Brust ihm:</p> - <p class="line">Denn bald sah er die Flucht des unglückseligen Gatten,</p> - <p class="line">Bald vernahm er im Ohr Wehklag’ und Geschrei nach Errettung</p> - <p class="line">Tausender, die ihn gesandt aus den scheußlichen Höhlen des Todes;</p> - <p class="line">Doch, was höher ihm schien, und galt im redlichen Herzen,</p> - <p class="line">War ihm Gesetz. In Hast eintretend zum Herrscher, begann er:</p> - <p class="line">„Herr, kein Fremdling vor dir, erscheine ich heut’ ein Gesandter</p> - <p class="line">Zwanzigtausend in Noth und Jammer verschmachtender Christen!</p> - <p class="line">O, ich habe den Jammer geseh’n, und wäre gestorben,</p> - <p class="line">Hätte nicht himmlische Huld mich bewahrt bei dem gräßlichen Anblick!</p> - <p class="line">Allerbarmend ist Gott, er lenkte die Seele Medelins</p> - <p class="line">Wieder zurück auf die Wege des Heil’s, die er treulosen Sinnes</p> - <p class="line">Abschwur, und erboßt, den Christensclaven ein Henker,</p> - <p class="line">Wüthete. Sieh’, er kam, und löste den armen die Fesseln —</p> - <p class="line">Löste sie mir, dem Draguts Rache den schrecklichsten Tod sann,</p> - <p class="line">Daß ich dir künde zuvor: verschließen wird er der Hochburg</p> - <p class="line">Eiserne Thore des Wüthrichs Macht, die entfesselten Sclaven</p> - <p class="line">Waffnen, und harren des Wink’s zum Verein mit dir, und den Deinen!</p> -<a id="page-347" class="pagenum" title="347"></a> - <p class="line">Als ich der Höhl’ entfloh, da tönte herauf aus dem Abgrund</p> - <p class="line">Freudengeschrei und Gerassel der sinkenden Ketten, daß alsbald</p> - <p class="line">Mir erstarrte das Blut in den Adern vor Angst und Entzücken.</p> - <p class="line">Wahrlich, mich leitete jetzt der Himmlischen einer in’s Lager</p> - <p class="line">Her, in der dunkeln Nacht, Medelins Worte zu künden:</p> - <p class="line">Herr, der Rettung gedenk’: denn furchtbar wäre das Säumen!“</p> - <p class="line">Hastig enteilt’ er jetzt, die Spur zu erforschen Toledo’s.</p> - <p class="line">Aber mit pochender Brust, mit thränenumflossenen Wimpern</p> - <p class="line">Blickte der Kaiser ihm nach, und rief den tapferen Radburg,</p> - <p class="line">Dann auch Römhild auf, die Führer der Bayern und Schwaben:</p> - <p class="line">„Eil’t, ihr beide, vereint, mit tausend erlesenen Kriegern</p> - <p class="line">Jeglicher, nach der Felsenburg; im nächtlichen Dunkel</p> - <p class="line">Führt euch Hugo, der Greis, und dort eröffnet Medelin</p> - <p class="line">Euch die Thor’, aus welchen noch heut’, o Wonne, der Christen</p> - <p class="line">Eiserngefesselte Schar auszieht in seliger Freiheit!</p> - <p class="line">Haltet die Veste besetzt, bis wir im schallenden Sieg’sruf</p> - <p class="line">Nah’n, und die armen all’, entfloh’n dem Kerker, uns danken.“</p> - <p class="line">Also geschah’s: denn schnell entbothen die muthigen Führer</p> - <p class="line">Ihr erlesenes Volk, die Burg zu erreichen im Nachtgrau’n.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Draußen am Meeresgestad’, am schwindligen Rande des Felsens,</p> - <p class="line">Stand Toledo gebeugt, und sah mit erblassendem Antlitz</p> -<a id="page-348" class="pagenum" title="348"></a> - <p class="line">Starr in die schimmernde Fluth. Ihm schwand dort die Erd’ und der Himmel:</p> - <p class="line">Denn jetzt horcht’ er, verwirrt, dem fluthenden Geistergelispel —</p> - <p class="line">Stöhnete dann, und horchte wieder: die wechselnden Wellen</p> - <p class="line">Sanken, stiegen, und schienen allein in dem frostigen Meergrund</p> - <p class="line">Für sein brennend Weh’ ihm labende Kühlung zu biethen.</p> - <p class="line">Also fand ihn der Greis! er hob die Händ’ und die Augen</p> - <p class="line">Weinend zum Himmel empor, und bethete leise für sich hin:</p> - <p class="line">„Der du, ein guter Hirt in der Wüste das irrende Schäflein</p> - <p class="line">Suchtest, und so das Gefundene, liebendumfaßt, auf den Schultern</p> - <p class="line">Heimtrugst: laß auch ihn nicht verloren seyn, du Erbarmer!“</p> - <p class="line">Dann umfaßt’ er ihn schnell; bedeckte mit brennenden Küssen</p> - <p class="line">Ihm den Nacken, und rief mit leisem Gewimmer: „Mathilde!“</p> - <p class="line">Lautaufstöhnt’ er dem Wort’, und wandte sich, starrend in Hugo’s</p> - <p class="line">Thränendes Aug’; doch jetzt ergriff er die Hand des Getreuen,</p> - <p class="line">Preßte sie heftig, und floh nach dem Lager zurücke. Der Wogen</p> - <p class="line">Dumpfes Rauschen erfüllte noch fern ihm die Seele mit Schauder.</p> -</div> - -<h2 class="chapter" id="part-13"> -<a id="page-349" class="pagenum" title="349"></a> -Zwölfter Gesang. -</h2> - -<div class="first poem"> - <p class="line"><span class="firstchar">H</span><span class="postfirstchar">airaddins</span> Völker umfing noch bleierner Schlaf und Betäubung.</p> - <p class="line">Wie aus dem dämmernden Saal, nach lautem Gelage der Fastnacht,</p> - <p class="line">Schleicht ermüdetes Volk; das schimmernde Licht von den Leuchtern</p> - <p class="line">Schwindet; Tanz und Getöne verstummt, und Getümmel verhallet;</p> - <p class="line">Also verhallte der Lärm in dem weitumkreisenden Lager</p> - <p class="line">Hairaddins; doch, vom Schlummer erquickt, und zum Kampfe gerüstet,</p> - <p class="line">Harrten die Christen schon des donnernden Zeichens zum Angriff.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Siehe, der Morgen erhob die Stirn’ an dem östlichen Himmel,</p> - <p class="line">Rosenumkränzt, und sah mit schüchternerröthenden Wangen</p> - <p class="line">Nach der Erde herab, die, sich des nächtlichen Grauens</p> - <p class="line">Arm entwindend, aus Wolkenhöh’n mit dem Jubel der Lerchen,</p> -<a id="page-350" class="pagenum" title="350"></a> - <p class="line">Und in den Fluren rings mit schimmernden Thränen ihn grüßte!</p> - <p class="line">Jetzt, in des Morgens Hauch, zum Kampf entbiethend die Scharen,</p> - <p class="line">Schwang der Kaiser das Schwert in die Luft. Des Winkes gewärtig,</p> - <p class="line">Eilte der Wurfschütz vor, und senkte die Lunte mit Vorsicht</p> - <p class="line">Hin an des Zündrohrs dunkelen Rand: aufflammte das Pulver.</p> - <p class="line">Erst nur ein weniges vor — dann eilender wieder zur Stelle</p> - <p class="line">Rollte der eherne Schlund, und warf im Donnergetümmel</p> - <p class="line">Durch die Lüfte den Ball nach dem feindlichen Lager hinüber.</p> - <p class="line">Einst, wie zum Weltgericht die Posaun’ erschallt in dem Luftraum,</p> - <p class="line">Schnell die Gebein’ aus Staub und Moder zum Leben sich regen,</p> - <p class="line">Und in schaudernder Hast, dem Rufe folgend, die Todten</p> - <p class="line">Alle ersteh’n: so scholl, in der heiligen Frühe, des Schlachtrufs</p> - <p class="line">Donnergetümmel dem Feind’. Alsbald ergreifend die Waffen,</p> - <p class="line">Stürzeten alle zugleich mit Lärm und Getös’ in die Reihen.</p> - <p class="line">Rings in die Umwelt flog auf den Fittigen säuselnder Lüftchen,</p> - <p class="line">Donnergetön, und traf in dem fernentlegenen Waldthal</p> - <p class="line">Abu-Sa-ids aufhorchendes Ohr. Er wähnte: begonnen</p> - <p class="line">Wüthe die Schlacht — besiegt von Hairaddin, fliehe der Fremdling</p> - <p class="line">Schon, dem er den schirmenden Wall zu entreißen herankam.</p> - <p class="line">Schnell entboth er sein Volk, und klomm an der ragenden Bergwand</p> -<a id="page-351" class="pagenum" title="351"></a> - <p class="line">Aufwärts, keuchend vor Hast, und triefend von Schweiß an den Gliedern:</p> - <p class="line">Denn ihn drängte nach Beute die Gier, die Hairaddin gestern,</p> - <p class="line">Träumend von Siegen, ihm both. Er hieß die folgenden Scharen</p> - <p class="line">Leis’ erklimmen den Berg, und winkte mit Augen und Händen;</p> - <p class="line">Zischt’, und pressete fest an die Lippen den dräuenden Finger,</p> - <p class="line">Daß sie den wehrlosen Feind erwürgten im plötzlichen Anfall.</p> - <p class="line">Aber nicht achtlos saß auf dem buschigen Saume der Felshöh’n</p> - <p class="line">Salis, der Held. Im Kreise der ringsumspähenden Schützen,</p> - <p class="line">Sah er hinschwinden die Nacht, und jetzt vernahm er vom Wald her</p> - <p class="line">Nahender Laute Gezisch: denn unter den eilenden Füßen</p> - <p class="line">Rauschte das Laub, und verrieth die Kommenden. Muthigen Herzens</p> - <p class="line">Fuhr er vom Boden, und rief dem Volk: „Gebt Acht!“ und die Schützen,</p> - <p class="line">Beugend das rechte Knie’, an die Wange pressend des Rohres</p> - <p class="line">Zierlichen Schaft, mit gespanntem Hahn, scharf zielenden Augen</p> - <p class="line">Harrten des „Feuer!“ gebiethenden Ruf’s. Da faßte der Feldherr</p> - <p class="line">Selber den kunstgezogenen Lauf, den er auf dem Herweg</p> - <p class="line">Kaufte für blinkendes Gold von dem tridentinischen Meister,</p> - <p class="line">Stand, und zielete. Jetzt, in des dunkel’n Waldes Umlaubung,</p> - <p class="line">Schauend Abu-Sa-id, der stolz vor den Seinen daherkam,</p> -<a id="page-352" class="pagenum" title="352"></a> - <p class="line">Ließ er erkrachen das tödliche Rohr. Die schmetternde Kugel</p> - <p class="line">Röthete schnell ihm die Stirn’, und sterbend sank er zu Boden.</p> - <p class="line">Also birgt sich im Schooß des hundertjährigen Ahorns,</p> - <p class="line">Lauernd, der Luchs, da im Lauf hereilt der muntere Rehbock;</p> - <p class="line">Aber er fahet ihn nicht: denn drüben erkrachet des Hirsches</p> - <p class="line">Sechzehnendiger Krone bereits der hemmende Hochwald,</p> - <p class="line">Und er stürzt sich jetzt auf den harmlos Nahenden, Blutgier</p> - <p class="line">Athmend, herab, und zernagt den Hals und den Rücken des armen,</p> - <p class="line">Im verzweifelten Lauf, bis ganz ermattet er hinsinkt:</p> - <p class="line">Salis erlauerte so vor allen den Führer des Volkes,</p> - <p class="line">Abu-Sa-id, und warf ihn entseelt hinunter am Abhang.</p> - <p class="line">Schreckenbetäubt, nicht ahnend woher die entsetzliche Kugel</p> - <p class="line">Brausete, stand sein Volk, und starrt’ umher in dem Dunkel;</p> - <p class="line">Doch als endlos fort vom Gebüsch der Büchsen Geschmetter</p> - <p class="line">Tobte; nach jeglichem Schuß Gejauchze des Schützen ertönte,</p> - <p class="line">Der, scharfzielend, durchbohrte die Brust des einmal Erkornen;</p> - <p class="line">Als die schreckliche Wucht entrollender Steine, des Berges</p> - <p class="line">Saum entlang, wo in dunkeler Nacht sie häuften die Schützen,</p> - <p class="line">Donnernd die Reihen begrub, und Reihen verwundet umherwarf:</p> - <p class="line">Da scholl Jammergestöhn’ verwundeten — Lärm und Getümmel</p> - <p class="line">Flüchtenden Volk’s, das schnell hinunter den stäubenden Abhang</p> - <p class="line">Stürmt’ und von Schrecken gejagt, im Thal forteilte g’en Tunis.</p> -<a id="page-353" class="pagenum" title="353"></a> - <p class="line">Stille herrschete rings, und so, wie berstende Wolken</p> - <p class="line">Brausen vom Hochgebirg in das Thal, die entwurzelte Waldung</p> - <p class="line">Schwindet, und kahl aufstarrt das Gefild: so brausten die Mauren,</p> - <p class="line">Flüchtend, im Waldthal fort, und rings verstummte die Gegend.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Freudig erscholl fernher das Schmettern der Büchsen des Kaisers</p> - <p class="line">Horchendem Ohr; doch freudiger noch ihr schnelles Verstummen:</p> - <p class="line">Denn er ahnte den Sieg auf den Höh’n, und führte die Scharen</p> - <p class="line">Eilender vor. Da flog, vom schnaubenden Rosse getragen,</p> - <p class="line">Guasto, der Greis, ihm entgegen, und rief, ein Flehender, also:</p> - <p class="line">„Herrlich dämmert dein Siegestag, erlauchter Gebiether;</p> - <p class="line">Laß dieß grauende Haupt mit dem schönsten der Kränze geschmücket,</p> - <p class="line">Kehren vom Kampf, so ich heut’, beherrschend den muthigen Vortrab,</p> - <p class="line">Dir bereite die Bahn zu dem Sieg voll ewigen Nachruhms!“</p> - <p class="line">Als ihm des Herrschers lächelnder Blick die Bitte gewährte,</p> - <p class="line">Spornte das Roß Del-Guasto, und flog, wie Wettergewölk fleugt,</p> - <p class="line">Von dem Sturme gejagt, an die Spitze des muthigen Vor-Zugs,</p> - <p class="line">Wo des Fußvolks Reih’n, fünftausend erlesener Wälschen,</p> -<a id="page-354" class="pagenum" title="354"></a> - <p class="line">Oestreichs tapferen Reitern gesellt, mit Jubel ihn grüßten.</p> - <p class="line">Jene lenkte Toledo zum Kampf, und die Reisigen Lichtstein:</p> - <p class="line">Beide Söhne des Ruhms, erzogen im Felde der Waffen.</p> - <p class="line">Wie in dem Sternenzelt, verherrlicht vor allen, des Morgens</p> - <p class="line">Glänzender Stern aufschwebt: so kam an dem Flügel zur Linken</p> - <p class="line">Ludwig, der siegverherrlichte Held, neuntausend der Krieger,</p> - <p class="line">Die aus Brabant, und mit ihm her aus Lusitanien zogen,</p> - <p class="line">Vorzuführen im Feld. So folgten zur Rechten die Deutschen</p> - <p class="line">Ebersteins Panier, der kühn, wie ein Eber des Waldes</p> - <p class="line">Sich auf den Gegner warf im Gefecht; wie ein Fels in dem Meergrund</p> - <p class="line">Stand im wilden Tumult umdräuender Todesgefahren,</p> - <p class="line">Und in dem Busen (den Edelstein) das edelste Herz trug.</p> - <p class="line">Hunyady eint’ ihm die Macht roßtummelnder, kühner Magyaren</p> - <p class="line">Hier, voll Muths vorstürmend im Feld; dort nahte mit Ludwig</p> - <p class="line">Alba heran, der stets ein Schrecken der Feinde, der Heimath</p> - <p class="line">Schwergeharnischte, reisige Schar, entflammte zu Thaten.</p> - <p class="line">Doch, wie Sterne der Mond, den Mond, aufstrahlend, die Sonne</p> - <p class="line">Schnell verdunkelt an Pracht: so ragte der edelste Kaiser</p> - <p class="line">Vor in der Mitte des Heers. Ihm folgten aus jedem der Völker</p> - <p class="line">Tausend Erwählte zum Kampf, daß jegliches, gleich in Gefahren,</p> - <p class="line">Gleich in des Ruhms hochlohnendem Glanz, sich freue des Vorzugs.</p> -<a id="page-355" class="pagenum" title="355"></a> - <p class="line">Aber im Nachhalt stand Aurel mit den Tapfern von Malta,</p> - <p class="line">Und, den Rittern gesellt, den furchtbarn, standen die Reiter,</p> - <p class="line">Die Hispania’s Cortes entsandt’ im rühmlichen Wettstreit:</p> - <p class="line">Doria’s Heldenkraft vertraute der Kaiser die Scharen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzo herauf und hinunter im Feld, die Reihen zu mustern,</p> - <p class="line">Jagt’ er das feurige Roß, und es streute vom blanken Gebisse</p> - <p class="line">Schneeigen Schaum, und wieherte stolz in dem sausenden Ritt hin.</p> - <p class="line">Doch nun hemmt’ er, zur Mitte gekehrt, den schnaubenden Läufer,</p> - <p class="line">Hob vom Haupte den Helm, und wandte sich gegen die Krieger.</p> - <p class="line">Siehe, da fuhr an des Himmels Rand’ im Osten die Sonne,</p> - <p class="line">Rosigschimmernd, herauf, und weckte den lieblichsten Morgen,</p> - <p class="line">Der sich je zur Erd’ auf goldenen Fittigen senkte!</p> - <p class="line">Ringsum jauchzt’ ihr entgegen die Welt: denn wonnige Kühlung</p> - <p class="line">Hauchte das Meer und der See von Tunis herüber, des Kriegers</p> - <p class="line">Busen erfüllend mit dauernder Kraft, und am blaueren Himmel,</p> - <p class="line">Dem erhabnen Altar des Herrn des kreisenden Weltalls,</p> - <p class="line">Schwamm ein zartes Gewölk umher, gleich duftendem Weihrauch,</p> - <p class="line">Der zum Dank aufwallt in der heiligen Stunde der Andacht.</p> - <p class="line">Als er entblößte das Haupt, da hellte die strahlende Sonne</p> - <p class="line">Ihm die erhabene Stirn’; er bethete laut vor den Scharen:</p> -<a id="page-356" class="pagenum" title="356"></a> - <p class="line">„Herr, nun stärke dein Volk! Nicht trieb uns im dunkelen Schiffsraum</p> - <p class="line">Gier nach Beute heran; nur deinen Bekennern die Freiheit —</p> - <p class="line">Frieden dem raubgefährdeten Meer zu erkämpfen im Schlachtfeld,</p> - <p class="line">Ziehen wir freudig das Schwert. Von dir kommt Sieg und Errettung.“</p> - <p class="line">Dann aufschwang er den Stahl mit der Rechten; er barg mit der Linken</p> - <p class="line">Schnell das Haupt in den Helm, und rief, erschütternd, den Kriegern:</p> - <p class="line">„Golgotha’s Hügel herab entströmte des sterbenden Mittlers</p> - <p class="line">Kreuze die knechtschafttilgende Huld: sie bracht’ uns Erlösung.</p> - <p class="line">Christen, des Kreuzes gedenkt, und errettet die schmachtenden Brüder!“</p> - <p class="line">All’ aufjauchzten dem Wort mit thränendem Blick, und im Sturmflug</p> - <p class="line">Ihres empöreten Muths erscholl ihr brausender Zuruf:</p> - <p class="line">„Fort, in die blutige Schlacht! Nicht allein auf dem Felde vor Tunis</p> - <p class="line">Streite dein Volk; auch fern an Jerusalems heiligen Mauern</p> - <p class="line">Stirbt es den Heldentod für dich, zu erringen der Kronen</p> - <p class="line">Erste dem edelsten Haupt. Jetzt hin, wo im Donnergetümmel</p> - <p class="line">Blitzt das würgende Schwert; wir schmettern die Feinde zu Boden!“</p> - <p class="line">Also erscholl’s in dem Heer. Da flammte plötzlich der Luftraum</p> -<a id="page-357" class="pagenum" title="357"></a> - <p class="line">Auf; die Wolken floh’n; laut rauschten des Meeres Gewässer,</p> - <p class="line">Und es erbebte die Erd’, als sollte zerstieben das Weltall:</p> - <p class="line">Denn aus den glänzenden Höh’n der endlosen Räume des Himmels</p> - <p class="line">Kam Eloa herab: von den streitenden Heeren der Geister</p> - <p class="line">Wilden-Muth-empörende Schar zu entfernen. Sie bebten,</p> - <p class="line">Als er das flammende Schwert aufschwang, und mit dräuendem Blick rief:</p> - <p class="line">„Hör’t, daß Keiner aus euch den Völkern: nicht diesem, nicht jenem,</p> - <p class="line">Nahe mit thatenerweckendem Hauch: denn selber bewähren</p> - <p class="line">Soll sich der Muth, der hier den Sclaven erringet die Freiheit!“</p> - <p class="line">Nun, da er fern’ im bläulichen Aethergefilde dahinschwand,</p> - <p class="line">Sah’n sie trauernd ihm nach. Ihr Herz erfüllte die Sehnsucht</p> - <p class="line">Nach dem seligen Land: des Friedens ewiger Heimath.</p> - <p class="line">Dann, gesondert im Kreis’, auf schimmernden Wolken sich lagernd,</p> - <p class="line">Ruheten all’ umher, und blickten herunter auf’s Schlachtfeld.</p> - <p class="line">Muhamed floh mit den Seinen davon: ihn schreckte des Seraphs</p> - <p class="line">Dräuender Blick, und Gram entflohener Hoffnung ergriff ihn.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Sieh’, auch Hairaddin trieb des brausenden Heeres Geschwader</p> - <p class="line">Zahllos gegen die Christen heran: so brauset des Meeres</p> - <p class="line">Sturmgeschaukelte Fluth in tausender Wogen Empörung!</p> -<a id="page-358" class="pagenum" title="358"></a> - <p class="line">Erst die reisige Schar der Araber, feurige Rosse</p> - <p class="line">Bändigend, und ermüdend im Kampf durch wechselnden Anfall,</p> - <p class="line">Flog den Numidiern vor, die rasch von der Sehne des Bogens</p> - <p class="line">Schnellen den schwirrenden Pfeil, und fern durchbohren den Gegner.</p> - <p class="line">D’rauf, wie die Schwärme der Kräh’n anstürmen im Herbst, und erfüllen</p> - <p class="line">Weit mit lautem Gekrächze die Luft: so folgte der Mauren</p> - <p class="line">Lanzengewaltiges Volk den Numidiern, und in dem Rücken</p> - <p class="line">Dieser Unzähligen kam, von schnaubenden Rossen gezogen,</p> - <p class="line">Rasselnd, im sanddurchpflügenden Zug, des schweren Geschützes</p> - <p class="line">Dräuende Macht. Nach jeglichem Donnerrohr’, in der Rechten</p> - <p class="line">Schwingend die dampfende Lunte zur Luft, und den Helfern gebiethend,</p> - <p class="line">Schritt der Wurfschütz her, und siebenzig waren der Schützen:</p> - <p class="line">Dragut führte dieß Volk, dem Vorderzuge gebiethend.</p> - <p class="line">Aber die Janitschar’n, gewaltiger Thaten sich freuend:</p> - <p class="line">Jetzo des Feindes Reih’n mit des Säbels sausendem Mordschlag</p> - <p class="line">Niederzuwerfen, und jetzt, aus schmetternden Feuergewehren,</p> - <p class="line">Mitten in Feindesbrust zu entsenden die tödliche Kugel,</p> - <p class="line">Eilten im Nachzug vor. Da waren die Brauen der Krieger</p> - <p class="line">Tiefer gesenkt, das Auge geröthet vor Wuth, und die Lippen,</p> - <p class="line">Gleich dem gespannten Bogen gekrümmt, voll schrecklichen Ingrimms.</p> - <p class="line">Hairaddin spornte das Roß herauf und hinunter: von Unmuth</p> - <p class="line">Gohr ihm die Brust, daß er jüngst von Sinam bethöret, nicht würgte</p> -<a id="page-359" class="pagenum" title="359"></a> - <p class="line">Dort die Sclaven gesammt, aufschleudernd die Burg in den Luftraum.</p> - <p class="line">Grimmig hing sein Blick an der Burg, und er wandte das Schlachtroß</p> - <p class="line">Nach den felsigen Höh’n, den armen verderbend zu nahen;</p> - <p class="line">Doch schon brausten die Christen heran, und heischten drometend,</p> - <p class="line">Trommeln wirbelnd, Kampf, und Gemenge der mordenden Waffen.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt, wie im thauenden Lenz von zween aufstarrenden Bergen</p> - <p class="line">Plötzlich der Schnee sich lös’t, und gegen einander gewirbelt,</p> - <p class="line">Link’s, und rechts herdonnern in’s Thal die grausen Lawinen:</p> - <p class="line">Weit erbebet die Luft; zerschmetterte Wälder erkrachen,</p> - <p class="line">Und die Hütten umher mit den Lebenden deckt die Zertrümm’rung;</p> - <p class="line">Aber zugleich wie zween aufbrausende Ströme der Lava,</p> - <p class="line">Der aus Süden gejagt, und jener aus Norden, sich plötzlich,</p> - <p class="line">Tief in des Abgrunds Nacht begegnen im feindlichen Ansturz:</p> - <p class="line">Siehe, da zittert die Welt; im Beben der Erde versinken</p> - <p class="line">Mächtige Städt’, und der berstende Berg speit Flammen zum Himmel:</p> - <p class="line">Also trafen dahier die feindlichen Heere zusammen:</p> - <p class="line">Da war Mordesgetös’ und Geschrei, war Sausen der Lanzen,</p> - <p class="line">Zischen der Pfeil’, und Klirren der Säbel umher in dem Blachfeld.</p> - <p class="line">Dragut stürmte zuerst mit einem erlesenen Haufen</p> -<a id="page-360" class="pagenum" title="360"></a> - <p class="line">Kühner Araber vor, und hieb in den Reihen der Vorhuth</p> - <p class="line">Ein, wo Wälschlands blühendes Volk entgegen ihm kämpfte.</p> - <p class="line">Blut durchströmte den Sand: denn hundert blühende Krieger</p> - <p class="line">Lagen erwürgt, eh’ noch mit verhängtem Zügel die Reiter</p> - <p class="line">Oestreichs nahten, und schnell für jeden erschlag’nen Gefährten</p> - <p class="line">Zween erlegten dem Feind’ im Gemenge der blitzenden Säbel.</p> - <p class="line">Aber so tapfer die reisige Schar, vereint mit dem Fußvolk,</p> - <p class="line">Drängte des Drängers Macht, so vieler Getödteten Blut floß,</p> - <p class="line">Dennoch siegten sie nicht: denn zahllos stürmten die Mauren,</p> - <p class="line">Mit den empörten Numidiern vor, und stärkten des Vor-Zugs</p> - <p class="line">Wankende Reih’n. So stemmen umsonst des berstenden Eises</p> - <p class="line">Tausendfältiger Macht die Pfähl’ in dem Strom sich entgegen:</p> - <p class="line">Krachend thürmen die Schollen sich auf, und über den Damm hin</p> - <p class="line">Braust ihr verheerender Zug: wie hier den wimmelnden Scharen</p> - <p class="line">Guasto’s tapfere Krieger umsonst entgegen sich stemmten.</p> - <p class="line">Doch schon nahte der Greis. Er führte die Scharen vom Nachzug</p> - <p class="line">Eilig im Sturmlauf vor, und die ehernen Kriegesdrometen</p> - <p class="line">Schmetterten heller, und lauter erscholl im Sturme der Trommeln</p> - <p class="line">Wirbelnder Ruf; empöreter stets aufjauchzten die Krieger,</p> - <p class="line">Stöhnten die Rosse hinan zum entsetzlichen Kampf der Entscheidung.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-361" class="pagenum" title="361"></a> - <p class="line">Wer durchsprengt im sausenden Flug die Reihen, vor allen</p> - <p class="line">Heischend den Todeskampf? Wer wagt es, entgegen zu stehen</p> - <p class="line">Dragut, dem Schrecklichen? Wer, als Toledo, der edelste Feldherr?</p> - <p class="line">Fröhlich umgab er sich heut’ am dämmernden Morgen die Rüstung,</p> - <p class="line">Die ihm der Kaiser gab zum Geschenk, und trat aus dem Zeltthor</p> - <p class="line">Heiteren Blickes zu Kurd, dem treubefundenen Freund hin.</p> - <p class="line">Schüttelnd ihm traulich die Hand, begann er mit sanfterer Stimme:</p> - <p class="line">„Kurd, in der Blüthe der Jahr’, im Rosenschimmer des Morgens,</p> - <p class="line">Goß ein Gewittersturm urplötzlich ein nächtliches Dunkel</p> - <p class="line">Um mich her; zerknickte voll Wuth die Blüthen mir alle:</p> - <p class="line">Hinschwand jegliches Licht, und ich taumelte fort an des Abgrunds</p> - <p class="line">Schwindligem Rand; doch jetzt erseh’ ich des schöneren Morgens</p> - <p class="line">Hellaufdämmernden Strahl, und die hehren Gefilde des Friedens,</p> - <p class="line">Wo des Dulders lohnendes Ziel, Mathilde, mir winket,</p> - <p class="line">Ewig beglückt! Leb’ wohl, und fall’ ich, so denke mit Sorgfalt</p> - <p class="line">Hugo’s, des treuen, und werd’ ein Tröster dem trauernden Vater!“</p> - <p class="line">Ach, der arme, nicht ahnt’ er’s nun, daß der trauernde Vater,</p> -<a id="page-362" class="pagenum" title="362"></a> - <p class="line">Ob des Sohnes Geschick, erst jüngst verhauchte das Leben,</p> - <p class="line">Und ihn deckte das Grab mit tiefumnachtenden Schauern!</p> - <p class="line">Also sprach er dem Freund, in den Sattel sich schwingend, und horchte</p> - <p class="line">Gierig des schlachtgebiethenden Ruf’s. Die Kriegesdrometen</p> - <p class="line">Schmetterten kaum, so flog er hinaus, und stürmte die Reihen</p> - <p class="line">Seiner Erlesenen durch. Er hatte Dragut ersehen.</p> - <p class="line">Aber auch Dragut sah ihn schon fern’, und dachte, Verderben</p> - <p class="line">Ahnend, der Flucht; doch, ach, wie ertrüg’ er Hairaddins Ingrimm,</p> - <p class="line">Wie den höhnenden Blick des feindlichgesinneten Sinam!</p> - <p class="line">Zweifelnd wankt’ ihm die Hand an dem leitenden Zaum; vor den Augen</p> - <p class="line">Dunkelte rings ihm die Welt, und aus seinen erblassenden Lippen</p> - <p class="line">Stöhnte die Wuth; doch sieh’, nun rafft’ er in seinem Vermögen</p> - <p class="line">Nur ergrimmter sich auf, und warf mit umschwingender Rechten,</p> - <p class="line">Zielend, den blinkenden Dolch dem furchtbar’n Rächer Mathildens</p> - <p class="line">Weit entgegen! Er traf, im sausenden Fluge, Toledo</p> - <p class="line">Meidend, den tapferen Kurd, der rasch dem Freunde gefolgt war:</p> - <p class="line">Lautlos sank er vom Sattel herab, in die Stirne getroffen,</p> - <p class="line">Und verhauchte den Geist. Toledo, vor allen den Einen</p> - <p class="line">Nur im Aug’: denn rach’entflammt, gewahrte des Freundes</p> - <p class="line">Schrecklichen Unfall nicht. Er spornte den schäumenden Läufer</p> -<a id="page-363" class="pagenum" title="363"></a> - <p class="line">Dicht an das Schlachtroß Draguts hin, daß die wallenden Mähnen</p> - <p class="line">Beider sich streiften im Gegensprung, und, jetzt ihn ereilend,</p> - <p class="line">Brach durch Stirnbund, Haut und Bein sein schmetternder Degen</p> - <p class="line">Sich die blutige Bahn: er neigte die Stirn’, wie ein Mohnhaupt,</p> - <p class="line">Das in der Reife, vom Sturm zerknickt, sich neigt, und des Samens</p> - <p class="line">Schwärzlichen Strom zur Erd’ ergeußt; dann folgend dem Blutstrom,</p> - <p class="line">Sank er vom Sattel hinab, und röchelte sterbend im Sand dort.</p> - <p class="line">Doch nun wandte das schnaubende Roß der Rächer Mathildens</p> - <p class="line">Von dem Todten, und rief zu vereintem Gewürge den Freund auf.</p> - <p class="line">Wehe, er lag entseelt auf dem Sand’! Er blickte verstummend</p> - <p class="line">Auf ihn nieder: nur zwei, im Sturz, hellschimmernde Thränen</p> - <p class="line">Weihet’ er, hingebeugt, dem Theuern; drückte die Spornen</p> - <p class="line">Dann in des Rosses Bauch, und schwang, vor entsetzlicher Rachgier</p> - <p class="line">Stöhnend, das Schwert: um ihn her, zur Sühne, die Leichen zu häufen.</p> - <p class="line">Wie der schreckliche Wolf, vom wüthenden Hunger getrieben,</p> - <p class="line">Weder der nahenden Hunde Gebell, noch drüben der Hirten</p> - <p class="line">Lautes Geschrei, die gern von der Heerde der Lämmer ihn scheuchten,</p> -<a id="page-364" class="pagenum" title="364"></a> - <p class="line">Achtet: denn er würgt voll Hast die in Haufen Gedrängten</p> - <p class="line">Links und rechts, und nach jeglichem Mord noch wächst ihm die Blutgier:</p> - <p class="line">Also rächt’ er den Freund in des Feindes Blut. Abdorrahman</p> - <p class="line">Sank ihm zuerst, der laut mit Geschrei vordrängte die Mauren;</p> - <p class="line">Dann Ben-Esrid, der Scheik arabischer Horden (im Schlachtgrau’n</p> - <p class="line">War er den Reisigen stets ein Leitstern) ihn aus dem Sattel</p> - <p class="line">Riß er behend’, und hieb, mit kräftigem Schwunge des Degens,</p> - <p class="line">Ihm die Scheitel entzwei, daß lautaufstöhnend er hinsank.</p> - <p class="line">Wie auf der Heid’, im Herbst, das Feuer die bärtigen Disteln</p> - <p class="line">Tilgt, vom Sturme gejagt; so tilgte sein Eisen die Gegner.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Nahend dem Vorderzug gewahrte der Kaiser Toledo’s</p> - <p class="line">Waffenthaten, und schrie mit jubelndem Laut im Getös’ hin:</p> - <p class="line">„Tapferer, so besiegst du Tausende! Muthig, nur vorwärts!</p> - <p class="line">Ha, der sank, und dort auch jener, und nimmerermüdend</p> - <p class="line">Würgt dein schrecklicher Stahl? Nie welkenden Lorber erringt dir</p> - <p class="line">Heute dein Muth: er reißt im Sturm die Helden zum Sieg fort!“</p> - <p class="line">Aber wie Glockengeläut’ im Sturm bald näher und näher,</p> - <p class="line">Heller und lauter erschallt, bald wieder vom wechselnden Windschwall</p> -<a id="page-365" class="pagenum" title="365"></a> - <p class="line">Ferne verweht, in der sausenden Luft verhallet den Ohren:</p> - <p class="line">So verschlang das Getös’ des Kaisers lohnenden Zuruf.</p> - <p class="line">Jetzo nach Rogendorf, dem tapferen Meister des Feldzeugs,</p> - <p class="line">Sah er zurück, und erhob, zum verständlichen Wink ihm, den Degen.</p> - <p class="line">Jener entschwand auf dem feurigen Roß, und, als er vom Nachhalt,</p> - <p class="line">Gegen den Vorderzug die Donnerrohre zu führen</p> - <p class="line">Nahete, rief er noch laut den Feuerwerkern, im Vorgeh’n:</p> - <p class="line">„Schaffet mir Ruhm! Euch winkt im Feuer mein blitzender Degen</p> - <p class="line">Heute zum letzten Mal. Mit trauerndem Herzen des Freundes,</p> - <p class="line">Salm, gedenkend, will ich hinfort in der einsamen Kammer</p> - <p class="line">Weilen daheim, und harren des Tag’s ersehnter Vollendung.“</p> - <p class="line">Also entflammt’ er das Volk, und, schnell zur Stelle gefahren,</p> - <p class="line">Schleuderten jetzt die Donnerrohr’ in den Reihen des Feindes</p> - <p class="line">Tod und Verderben umher: obsiegend dem donnernden Feldzeug</p> - <p class="line">Hairaddins. Denn wie ein Sturm, der, plötzlich die Lüfte verfinsternd,</p> - <p class="line">Saust, entschüttelt das Eis, und die wogenden Saaten zerschmettert,</p> - <p class="line">Warf des Kaisers Geschütz im dichten Gedränge der Gegner</p> - <p class="line">Hunderte nieder, da hier in den Reih’n der tapferen Christen,</p> - <p class="line">Jenes nur wenige traf, durch Schuld unkundiger Schützen.</p> - <p class="line">Hairaddin bebte vor Wuth, und fluchte laut vor den Scharen</p> -<a id="page-366" class="pagenum" title="366"></a> - <p class="line">Auf das schwere Geschütz, das dort im Donnergetümmel</p> - <p class="line">Weder verstummen hieß das feindliche, noch in dem Blutfeld,</p> - <p class="line">Jenem gleich, vertilgte das Volk: ihm schrecklich zu schauen!</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Doch nun spornte Del-Guasto das Roß in die Nähe des Kaisers,</p> - <p class="line">Neigte vor ihm das Haupt, und rief mit leuchtenden Augen:</p> - <p class="line">„Jetzt, wo hochentflammt die Seele des Kriegers nach Thaten</p> - <p class="line">Lechzet, das Aug’ ihm glüht, in das Auge zu schauen des Gegners,</p> - <p class="line">Und die Faust ihm zuckt, und die strebenden Füße nicht rasten:</p> - <p class="line">Jetzo gebieth’ im Sturmanlauf des Kampfes Entscheidung!</p> - <p class="line">Doch du weiche zurück: o säume nicht, weiche zum Nachhalt,</p> - <p class="line">Daß du, gefahrenumdroht, nicht Angst erweckest den Deinen!“</p> - <p class="line">Kaum daß der warnende Ruf den Lippen des Greises entflohn war,</p> - <p class="line">Warf zerschmetternd ein Eisenball den tapferen Ottmar,</p> - <p class="line">Oberleitmann im Heer’, an der Seite des Kaisers zu Boden:</p> - <p class="line">Blutend lag er im Staub. Entsprossen der freundlichen Hauptstadt,</p> - <p class="line">Die in dem weitumkreisenden Thal mit silbernen Wellen</p> - <p class="line">Rasch durchfluthet die Muhr,<a class="fnote" href="#footnote-82" id="fnote-82">[82]</a> ein Sohn ruhmwürdiger Aeltern,</p> - <p class="line">Wählt’ er des Kriegers Bahn, als dort der stattliche Kaiser,</p> - <p class="line">Nahend in siegender Heere Verein Vindobona, der hohen,</p> - <p class="line">Mächtigen Kaiserstadt, Suleyman, den schrecklichen Großherrn,</p> -<a id="page-367" class="pagenum" title="367"></a> - <p class="line">Fliehen hieß mit unzähliger Macht.<a class="fnote" href="#footnote-83" id="fnote-83">[83]</a> Stets folget’ er seither</p> - <p class="line">Seinem Panier; doch jetzt hinsank er im Kampfe vor Tunis.</p> - <p class="line">Laut aufschrie’n die Krieger vor Angst; es erblaßte Del-Guasto,</p> - <p class="line">Ob des Herrschers besorgt; da rief er mit lächelndem Antlitz:</p> - <p class="line">„Fernet die Angst: kein Kaiser erlag dem Donnergeschütz noch!“<a class="fnote" href="#footnote-84" id="fnote-84">[84]</a></p> - <p class="line">Und er geboth alsbald des Angriffs Weisen den Feldherrn.</p> - <p class="line">Wie, durch Flammen geweckt, die Dämpfe des siedenden Wassers</p> - <p class="line">Aus dem eisernen Bauch des ringsumschlossenen Kessels</p> - <p class="line">Drängen im unaufhaltsamen Flug; doch weiß sie der Meister</p> - <p class="line">Sinnig zu hemmen, und heißt sie Gewaltiges wirken, und schaffen</p> - <p class="line">So, daß Unkundige Furcht und Schauder ergreifet bei’m Anblick</p> - <p class="line">Jener verborgenen Macht: so wundersam lenkte zum Angriff</p> - <p class="line">Hier die unendlichen Reih’n ein Wink des waltenden Herrschers,</p> - <p class="line">Und von neuem begann des schrecklichen Kampfes Getümmel.</p> - <p class="line">Ludwig warf vor allen zuerst vom schimmernden See her</p> - <p class="line">Sich auf die feindlichen Reih’n. Das Feuerrohr an die Wangen</p> - <p class="line">Pressend, feuerten, bald im Verein, bald einzeln, die Krieger</p> - <p class="line">Jauchzend, es los: dumpf, schmetternd, scharf, erkrachten die Büchsen,</p> - <p class="line">Und in des Mittags Glanz umhüllte des flammenden Pulvers</p> - <p class="line">Dichtaufwallender Rauch die Völker mit nächtlichem Dunkel.</p> -<a id="page-368" class="pagenum" title="368"></a> - <p class="line">D’rauf hinstürmt’ im Flug, von dem tapfersten Helden geführet,</p> - <p class="line">Alba’s reisige Schar. Sie schmetterte da Janitscharen,</p> - <p class="line">Dort Numider, und hier arabische Reiter zu Boden,</p> - <p class="line">Pferd’ und Mannen zugleich: weit deckten die Todten den Staub dort.</p> - <p class="line">Rechts vom Olivengehölz drang Eberstein mit den Deutschen,</p> - <p class="line">Ehernen Muth’s in der Brust, unzähligen Mauren entgegen,</p> - <p class="line">Die, von Muhamed Temtes empört, gleich wüthenden Thieren,</p> - <p class="line">An die gesenkten Speer’ und die flammenden Rohre sich stürzten.</p> - <p class="line">Aber da rief Held Eberstein den Tapferen laut zu:</p> - <p class="line">„Jetzt noch fester geschlossen die Reih’n! Des edleren Muthes</p> - <p class="line">Flammendrang in der Brust, nicht blind umtobender Ingrimm,</p> - <p class="line">Heißt den Krieger zum winkenden Ziel vorstürmen im Schlachtfeld!“</p> - <p class="line">Also ermahnt, besiegte die Macht des empöreten Feindes</p> - <p class="line">Deutschlands tapferes Volk: es stemmte sich, gleich der Gebirgswand,</p> - <p class="line">Die vom blühenden Thal des Sturm’s verderbenden Ingrimm</p> - <p class="line">Abwehrt, ihm entgegen, und drängt’ unbändigen Muth’s ihn,</p> - <p class="line">Wieder zurück. Auch warf die tapferen Reisigen Ungerns</p> - <p class="line">Hunyady jetzt, in gedehneten Zügen ihm rasch in die Seiten.</p> - <p class="line">Hochaufqualmte der Staub, und den stampfenden Hufen erbebte,</p> - <p class="line">Drönend, der Grund, als vor- zu dem mähnigen Halse sich beugend,</p> -<a id="page-369" class="pagenum" title="369"></a> - <p class="line">Und zu des Kalpacks Zier erhebend den blitzenden Säbel,</p> - <p class="line">Flogen die Reiter im Feld. Den Kommenden streckten die Mauren</p> - <p class="line">Speere, so dicht, wie im Forst aufragen die Fichten, entgegen;</p> - <p class="line">Doch der muthige Reiter zerhieb, im gewaltigen Aufschwung</p> - <p class="line">Führend den schneidenden Stahl von der Linken zur Rechten, von unten</p> - <p class="line">Aufwärts, jeglichen Speerschaft so, daß umher in den Lüften</p> - <p class="line">Sausten die Trümmer im Flug’, und die Geister da oben erbebten:</p> - <p class="line">Denn entsetzlich erscholl des würgenden Kampfes Getümmel.</p> - <p class="line">Aber im Vortrab, wo Toledo geboth, und der Ritter</p> - <p class="line">Glänzende Schar, entflammt zum blutigen Kampf der Entscheidung,</p> - <p class="line">Eilete, scholl entsetzlicher noch Getümmel und Schlachtruf.</p> - <p class="line">Wie der schreckliche Brand, der fern an den äußersten Straßen</p> - <p class="line">Einer ummauerten Stadt sich erhob, bald weiter und weiter</p> - <p class="line">Wüthet im brausenden Sturm, bis rings die unzähligen Häuser,</p> - <p class="line">Dom’, und Thürme zugleich, auflodern, und Jammer erschallet:</p> - <p class="line">Also entbrannte die Riesenschlacht, und schrecklich ertönte</p> - <p class="line">Sterbenden Volk’s Wehklag’, vermengt dem Jauchzen des Siegers,</p> - <p class="line">Und der Verwundeten Schrei dem Wiehern der tobenden Rosse.</p> -<a id="page-370" class="pagenum" title="370"></a> - <p class="line">Blut durchströmte das Feld, und wandte den schäumenden Lauf oft,</p> - <p class="line">Von den Haufen der Todten gehemmt, an Menschen und Thieren.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hairaddin sah der Seinen so viel’ im Kampfe getödtet,</p> - <p class="line">Und erblaßte vor Wuth. Doch, als auch Dungur Toledo’s</p> - <p class="line">Blitzendem Schwert erlag, der Algiers Thron ihm zu schaffen,</p> - <p class="line">Selber mit frevelnder Hand Euthemi, den König, erwürgte,</p> - <p class="line">Da verflucht’ er sich selbst, und rief, daß die Völker erbebten:</p> - <p class="line">„Wer verschlinget, voll schrecklicher Gier, die Theuren mir alle?</p> - <p class="line">Ha, nicht schaut er hinfort die leuchtende Sonn’ an dem Himmel!“</p> - <p class="line">Sieh’, und er spornte sogleich, den Speer erhebend, das Streitroß</p> - <p class="line">Vor, und drang auf Toledo mit todausblitzendem Aug’ ein!</p> - <p class="line">Diesem erpochte vor Wonne die Brust: den mächtigsten Gegner</p> - <p class="line">Dort zu besteh’n, ihn siegend zu bändigen, oder des Lebens</p> - <p class="line">Dornenbesäete Bahn zu vollenden im rühmlichen Wettlauf.</p> - <p class="line">Flugs hinspornte das Roß auch er, und hieb, in den Bügeln</p> - <p class="line">Sich erhebend, auf Hairaddin ein; doch dieser entwich ihm,</p> - <p class="line">Und sein Schwert durchschnitt nur die Riemen des leitenden Zügels,</p> - <p class="line">Auch das muthige Roß am wölbenden Halse verwundend,</p> - <p class="line">Daß es, gebäumt, aufschnob, und ächzte, von Schmerzen gefoltert.</p> -<a id="page-371" class="pagenum" title="371"></a> - <p class="line">Jetzt war’s um ihn gescheh’n; doch Hairaddin lenket’ im Eilflug</p> - <p class="line">Sein gelehriges Thier, mit eisernem Drucke der Schenkel</p> - <p class="line">Wieder herum, und stieß den tödlichen Speer ihm so mächtig</p> - <p class="line">Durch die tapfere Brust, daß er flugs dem Sattel entstürzend,</p> - <p class="line">Auch den Schaft aus Hairaddins festumklammernder Faust riß.</p> - <p class="line">Wie der ragende Mast, der erst die wehenden Wimpel</p> - <p class="line">Noch in die bläuliche Luft erhob, vom Donner getroffen,</p> - <p class="line">Sausend dem Bord’ entstürzt: auffleugt im Falle des Leines</p> - <p class="line">Schimmergewebe: so fiel er, den Speer im pochenden Herzen</p> - <p class="line">Tragend, vom Roß. Sein Auge verglomm, wie drüben des Abends</p> - <p class="line">Schimmer, und sein verblutendes Herz bewegte den Speer noch</p> - <p class="line">Leis’; dann stand’s, entrückt des Lebens Geschossen für immer:</p> - <p class="line">Denn die Krone des Siegers im Schooß der himmlischen Freundinn</p> - <p class="line">Schauend, entschwebte der Geist den trüben Gefilden des Erdballs.</p> - <p class="line">Hairaddin kehrte zurück: mit noch empörterer Blutgier</p> - <p class="line">Führt’ er die Janitschar’n und die Reihen der Schrecklichen vorwärts,</p> - <p class="line">Und von neuem begann des wüthenden Kampfes Getümmel.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Dort, wo vor Toledo zuvor, das maurische Kriegsvolk</p> - <p class="line">Wich, da brausete jetzt mit Orkanengewalt und des Blitzes</p> - <p class="line">Flug’, erhebend sein Allah-Geschrei, der schreckliche Türk her.</p> -<a id="page-372" class="pagenum" title="372"></a> - <p class="line">Rechts war Eberstein, und links Lusitania’s Ludwig</p> - <p class="line">Vorgedrungen, und so das mittlere Treffen gesondert,</p> - <p class="line">Feind’umschart, und verloren im Feld. Es erblaßte Del-Guasto;</p> - <p class="line">Aber nicht wich ihm der Muth. Er rief den tapferen Führern:</p> - <p class="line">„Trennet die Reihen des Volk’s, und heißt sie nach Osten und Westen,</p> - <p class="line">Heißt sie nach Süden und Norden, die Stirn’ im dräuenden Viereck</p> - <p class="line">Wenden sogleich, und bestehen den Kampf, wie es Helden geziemet!“</p> - <p class="line">Also der Greis: da tönte der Ruf, da erblitzte der Degen</p> - <p class="line">Tapferer Führer; es stand das Volk geschlossen im Viereck,</p> - <p class="line">Und in dem mittleren Raum, mit den Herolden, schaltend, Del-Guasto.</p> - <p class="line">Mochte der Feind nun da, nun dort anprallen: dem Felsen</p> - <p class="line">Gleich, den draußen im Sturm umbrausen die wüthenden Wogen,</p> - <p class="line">Standen die Tapfer’n im Feld; sie hielten die stürmenden Scharen</p> - <p class="line">Kämpfend zurück, und häuften umher unzählige Leichen.</p> - <p class="line">Solches gewahrend, entboth der edelste Kaiser die Völker,</p> - <p class="line">Die zum entscheidenden Schlag er heut’ erkor in dem Heer’, so:</p> - <p class="line">„Jetzo hinaus an den Feind! Dem winket der schönste der Lorbern,</p> - <p class="line">Der hier seiner Gewalt entreißt die tapfer’n Gefährten.</p> - <p class="line">Vorwärts! Hier in dem Feld und dort in der felsigen Hochburg</p> -<a id="page-373" class="pagenum" title="373"></a> - <p class="line">Winket des Sieges Preis erhabener Christenerrettung.“</p> - <p class="line">Sieh’, und er führte sogleich die erlesenen Scharen vom Nachhalt</p> - <p class="line">Gegen des Feindes Macht! Die jauchzenden Krieger bewegten,</p> - <p class="line">Eilend dahin im Waffenfeld, die hurtigen Schenkel,</p> - <p class="line">Wie das muthige Roß, dem Ziele genaht, in dem Wettlauf,</p> - <p class="line">Immer schnelleren Flugs durchbraust die stäubende Rennbahn.</p> - <p class="line">Hairaddin sah die Kommenden. Ihm erbebte der Busen</p> - <p class="line">Jetzo vor Angst: denn ach, sein mächtiger Gegner, der Kaiser,</p> - <p class="line">Flog an der Spitze der Kühnen daher! Er wandte das Reitroß</p> - <p class="line">Schnell, und entfloh. Da erhellte des Sieg’s aufstrahlende Hoffnung</p> - <p class="line">Sein umwölktes Gemüth: er fluchte der niedrigen Feigheit,</p> - <p class="line">Die so fremd ihm war, wie draußen dem schrecklichen Löwen,</p> - <p class="line">Der die Wüste durchbrüllt, den Gegner zu wecken; dann faßt’ er</p> - <p class="line">Gierig den ragenden Speer, und schwang sich zurecht in dem Sattel.</p> - <p class="line">Doch schon war ihm dahier der siegverherrlichte Kaiser,</p> - <p class="line">Brausend genaht, und warf ihm die Lanze mit kräftiger Rechten,</p> - <p class="line">Weitausholend zuvor, so rasch entgegen, und traf ihn</p> - <p class="line">Jetzt in die Rechte so fest, daß ihr entschlüpfte der Speerschaft,</p> - <p class="line">Und der Verwundete floh, von Wuth und Schmerzen gefoltert,</p> - <p class="line">Schnaubend zurück: ihm schlug der Feind’ umhallender Sieg’sruf</p> -<a id="page-374" class="pagenum" title="374"></a> - <p class="line">Jetzo der Wunden noch mehr; dann hieß er die Schrecklichen vorgeh’n,</p> - <p class="line">Kämpfen, und metzeln, von Rach’ erfüllt, und schrecklicher Mordgier.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Ha, zu dem letzten Gewürg’ ereilten sich jetzo die Gegner!</p> - <p class="line">Nicht der sturmentwurzelte Wald, nicht der schreckliche Donner,</p> - <p class="line">Der in des Mittags Gluth den schwarzumnachteten Himmel</p> - <p class="line">Durchras’t, krachet so laut, als hier erkrachten die Waffen,</p> - <p class="line">Und wie im engeren Thal des Strom’s ergossenen Fluthen</p> - <p class="line">Stürzt das Föhrengehölz, daß, übereinandergeworfen,</p> - <p class="line">Liegen die Stämm’ auf dem Grund’, und mengen die Aest’ und die Wipfel:</p> - <p class="line">Also lagen im Feld die Erschlagenen, welche vor allen</p> - <p class="line">Sich in dem Vorderzug hinwürgten in Hast und Erbitt’rung.</p> - <p class="line">Aber nicht lang’: da floh’n die völliggeworfenen Scharen</p> - <p class="line">Hairaddins fort mit Geschrei und in wilder Verwirrung nach Tunis,</p> - <p class="line">Und er folgte den Flüchtigen stumm, und verachtenden Blick’s, nach.</p> - <p class="line">Sinam, des Nachzugs Hort, erwägend des fliehenden Heeres</p> - <p class="line">Noth, und scheuend des Herrschers Grimm, da er gestern die Sclaven</p> - <p class="line">Rettete, hielt nun da, nun dort die ausreißende Schar auf;</p> - <p class="line">Aber vergeblich. Wie dort die flüchtigen Gemsen der Weidmann</p> - <p class="line">Ein in das felsenumstarrete Thal, wo gierig die Schützen</p> - <p class="line">Harren, im Lärm und Getös’ nachstürmenden Volkes zu treiben</p> -<a id="page-375" class="pagenum" title="375"></a> - <p class="line">Nimmer vermag: denn fern erwitterten jene die Schützen</p> - <p class="line">Schon, und brechen dahier und dort durch lärmende Treiber:</p> - <p class="line">Also entfloh sein Volk. Doch er, wohlkundig des Krieges,</p> - <p class="line">Rastete nicht, und deckte mit tausend erlesenen Türken:</p> - <p class="line">Jetzo entfliehend mit List, und jetzt mit unbändiger Kühnheit</p> - <p class="line">Wagend erneueten Kampf, den Rücken des flüchtigen Heeres,</p> - <p class="line">Bis urschnell, wie ein Hagelgewölk, hervor aus dem Nachhalt</p> - <p class="line">Doria kam, und den Feind sein reisiges Volk mit dem Faustrohr,</p> - <p class="line">Das an dem Sattel ihm, links und rechts in der Halfter geborgen,</p> - <p class="line">Ruhte, vertrieb: den Zaum mit den Zähnen fassend im Anlauf,</p> - <p class="line">Und aus jeglicher Hand abfeuernd das knallende Faustrohr.</p> - <p class="line">Jen’ entfloh’n wie Spreu im Hauch des stürmenden Windes.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt, am errungenen Ziel, der nächtlichen Weihe gedenkend,</p> - <p class="line">Welch’ ihm Solches verhieß, erhob der stattliche Kaiser</p> - <p class="line">Seine, von Thränen des Danks umhülleten Blicke zum Himmel.</p> - <p class="line">Zahllos schwebten die Geister herab: sie umjauchzten des Siegers</p> - <p class="line">Ruhmgekrönetes Haupt und des Heer’s unendliche Reihen.</p> - <p class="line">Aber, so laut und so mächtig sie schrie’n: des horchenden Kriegers</p> - <p class="line">Ohren vorüber erscholl nur ein leises Geflister; er blickte</p> - <p class="line">Staunend umher. Da hob zu dem übersinnlichen Luftraum</p> -<a id="page-376" class="pagenum" title="376"></a> - <p class="line">Attila finster sich auf. Sein Aug’, erhellet von Muth sonst</p> - <p class="line">War erloschen — erschüttert sein Herz. Er zürnte dem Seher</p> - <p class="line">Muhamed, der ihn mit ruhm- und siegverheissenden Worten</p> - <p class="line">Wieder herab aus den Höhen gelockt. Nun sah er von dorther</p> - <p class="line">Mit umdüstertem Blick entgegen der dunkelen Zukunft.</p> - <p class="line">Aber die andern entfloh’n, und zogen umher in den Lüften,</p> - <p class="line">Wie das Herz sie drängt’ auf dem Pfade der Läuterung, jenseits.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hugo nahte voll Angst. Nicht erspähte sein Auge Toledo’s</p> - <p class="line">Schimmernden Helm in dem Vorderzug, nicht das blitzende Schwert mehr,</p> - <p class="line">Dem die Feinde gebebt; doch jetzt gewahrt’ es ihn blutend —</p> - <p class="line">Todt in dem Staub, und neben ihm Kurd, den treuesten Freund auch.</p> - <p class="line">Gleich zween säugenden Leu’n, die ein grimmiger Panther erwürgte,</p> - <p class="line">Als entfernt nach Beut’ umirrte die sorgliche Mutter,</p> - <p class="line">Lagen sie dort; und, wie die Kehrende heulet, und wehklagt</p> - <p class="line">Um die Lieben, daß rings, mittrauernd, die Wälder erschallen:</p> - <p class="line">So wehklagte der Greis, und rief zu Toledo gebeugt hin:</p> - <p class="line">„Mußtest du sterben dahier im fern entlegenen Welttheil,</p> - <p class="line">Ferne der Heimath: den Lieben fern, du Herzensgeliebter!</p> - <p class="line">Hugo kehret allein! Nicht schaust du vom kehrenden Schiff mehr</p> -<a id="page-377" class="pagenum" title="377"></a> - <p class="line">Dort den hohen Palast, wo in unbehülflicher Kindheit</p> - <p class="line">Er dein erstes Lallen vernahm, auf den Armen dich wiegend;</p> - <p class="line">Nicht umfängt, aufweinend vor Wonne, der fürstliche Vater</p> - <p class="line">Dich Gelandeten dort, nicht die zärtliche Gattinn — was sagt’ ich?</p> - <p class="line">Sie ist nicht mehr! Schon floh der Engel zur besseren Heimath</p> - <p class="line">Wieder zurück: du folgtest ihm schnell in liebender Sehnsucht.</p> - <p class="line">Ruhet denn beide vereint, im nämlichen Grab, und es ruhe</p> - <p class="line">Neben euch dort im Frieden die Hülle des theuersten Freundes!</p> - <p class="line">Dann erhoben, auf seinen Wink, die tapferen Krieger,</p> - <p class="line">Die er so oft zum Kampf’ und zum Siege geführet, den Helden</p> - <p class="line">Dort mit dem treuesten Freund’ auf die Schultern, und folgten ihm, schweigend</p> - <p class="line">All’, und mit Thränen im Blick, zum moosumwucherten Fels hin.</p> - <p class="line">Als er den finsteren Schlund der Höhl’, entfernend den Steinwust,</p> - <p class="line">Selber enthüllt’; als jetzt an der Seite Mathildens Toledo</p> - <p class="line">Lag, zu dem Engel gewandt, der ruhend am Herzen der Mutter</p> - <p class="line">Lächelte, sah er sie lange noch an, und sagte mit Andacht:</p> - <p class="line">„Schlummert im Frieden dahier der Auferstehung entgegen,</p> - <p class="line">Bis der Posaunenruf euch dann zu dauernder Wonne</p> - <p class="line">Wiedererweckt. So sey’s! Sie wandelten weinend, und sä’ten</p> -<a id="page-378" class="pagenum" title="378"></a> - <p class="line">Saat der Verwesung; allein, bald kehren sie jauchzend, und tragen</p> - <p class="line">Freudig die Garben heim in die Scheuern des ewigen Lebens.“<a class="fnote" href="#footnote-85" id="fnote-85">[85]</a></p> - <p class="line">Sieh’, und als er auch Kurd, den redlichen Freund, an des Freundes</p> - <p class="line">Seite gelegt, und das Schwert ihm dort in die Rechte gegeben,</p> - <p class="line">Das er zur Rettung des Freundes gezückt: da stieg er beklommen,</p> - <p class="line">Und mit thränendem Blick noch oft zu den Todten sich wendend,</p> - <p class="line">Wieder zur Tageshelle herauf. Er winkte den Kriegern,</p> - <p class="line">Und sie wälzten sogleich den lastenden Stein an der Höhl’ auf:</p> - <p class="line">Vor unheiligem Blick die Hülle der Edeln zu wahren.</p> - <p class="line">Aber er ging, und harrt’ am Strand der ersehneten Heimfahrt.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Hairaddins Völker floh’n, durchbrausend die Straßen von Tunis,</p> - <p class="line">Und er folgte den Feigen voll Grimms; doch jetzo die Hochburg</p> - <p class="line">Schauend im Abendglanz, erwog er noch zweifelnden Sinnes:</p> - <p class="line">Ob er erklimme die Höh’n, und dort, die entfesselten Sclaven</p> - <p class="line">Waffnend, stehe zur Wehr’, und fall’ im rühmlichen Tod nur?</p> - <p class="line">Hastig spornt’ er das Roß bergan, zu erklimmen die Höhen;</p> -<a id="page-379" class="pagenum" title="379"></a> - <p class="line">Doch nun hielt er erstaunt. Ihm brausete Fluch und Verwünschung</p> - <p class="line">Schrecklich an’s Ohr; hellschwirrende Pfeil’ und schmetternde Kugeln</p> - <p class="line">Wühlten um ihn, entsinkend der Luft, im Staub, und die Mörser</p> - <p class="line">Spie’n mit Donnergetös’ ihm zermalmende Kugeln entgegen.</p> - <p class="line">Und, o schreckliche Schau: es wehte die Fahne des Kaisers</p> - <p class="line">Hell von den Zinnen der Burg, die dort aufpflanzten die Deutschen!</p> - <p class="line">Jetzt ergriff er die Flucht. Entfaltend die nächtlichen Flügel,</p> - <p class="line">Rauscht’ ihm Verzweiflung, Angst, und Todes-Grau’n in dem Rücken;</p> - <p class="line">Doch gewahrend im flüchtenden Heer’ auch Sinam, des Nach-Zugs</p> - <p class="line">Tapferen Hort, ergrimmt’ er sogleich, und schmähte den Greis so:</p> - <p class="line">„Ha, wer siegte mir ob mit tönender Zunge voll Arglist,</p> - <p class="line">Daß ich die Sclaven gesammt nicht erwürgen ließ in der Burg dort?</p> - <p class="line">Sey verflucht dein Rath — verflucht du selber auf immer!“</p> - <p class="line">So vom Zorn entflammt, entriß er dem Krieger den Bogen,</p> - <p class="line">Zog die Sehn’ an die Brust, und schoß nach den Zinnen der Hochburg,</p> - <p class="line">In ohnmächtiger Wuth, den breitbefiederten Pfeil hin;</p> - <p class="line">Dann entfloh er nach Bona hinaus, wo seiner die Schiffsmacht</p> - <p class="line">Harrt’, und Sinam folgt’ entfernt mit dem schweigenden Heer nach.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-380" class="pagenum" title="380"></a> - <p class="line">Als nun rings im Gefild’ des Krieges Getümmel verhallt war,</p> - <p class="line">Herrschte, die Straßen entlang, in der meilenumkreisenden Hauptstadt,</p> - <p class="line">Grabesstille. Verstummt, und zitternd bei jeglichem Laut schon</p> - <p class="line">Saßen die Menschen daheim, und harrten des nahenden Feindes.</p> - <p class="line">Aber mit wankendem Schritt und thränenumflossenen Wimpern</p> - <p class="line">Traten, je zwei und zwei, die Greis’ aus dem Thore von Tunis:</p> - <p class="line">Aelteste nennt sie das Volk, die am Markt und im wölbenden Stadtthor</p> - <p class="line">Sitzend, sprechen des Rechts Urtheil als kundige Richter.</p> - <p class="line">Fünfzig kamen der Greis’. Ihr Haupt von silbernen Haaren</p> - <p class="line">Spärlich umhüllt, erweckete Mitleid; Achtung geboth ihr</p> - <p class="line">Schneeiger Bart, der tief zu dem goldenen Gürtel herabfloß.</p> - <p class="line">Jeglicher trug in der Rechte herbei den grünenden Oehlzweig, —</p> - <p class="line">Trug in der Linken Geschenk’, und horcht’, erbebend vor Angst, auf:</p> - <p class="line">Denn schon tönete laut, und lauter des eisernen Hufes</p> - <p class="line">Schmetternder Schlag: schon klang das Rasseln der blitzenden Waffen</p> - <p class="line">Näher; des Vor-Zugs reisige Schar herbrauste, dem Sturmwind</p> - <p class="line">Aehnlich, und drang in die Stadt, der bebenden Greise nicht achtend.</p> -<a id="page-381" class="pagenum" title="381"></a> - <p class="line">Dort, noch glühend vom Kampf, und entrüstet in blutiger Arbeit,</p> - <p class="line">Würgt’ ihr Schwert unseliges Volk, das thörichten Herzens</p> - <p class="line">Hairaddins Worten vertraut’, und, dem Schrecklichen treu sich bewährend,</p> - <p class="line">Muthige Abwehr sann, und furchtbarer Rache gedachte.<a class="fnote" href="#footnote-86" id="fnote-86">[86]</a></p> - <p class="line">Aber umsonst: bald floh die unzählige Menge zerstäubt fort.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Jetzt an der Spitze des jauchzenden Heer’s, in eherner Trommeln</p> - <p class="line">Wirbelndem Ruf, im Drometengetön, und der flatternden Fahnen</p> - <p class="line">Sanftem Gesäusel, erschien der stattliche Kaiser. Die Feldherrn,</p> - <p class="line">Eberstein und Doria rechts — links Guasto mit Ludwig</p> - <p class="line">Folgten ihm. Doria, groß und mächtig im Sturme der Seeschlacht,</p> - <p class="line">Sah ihn erringen den Sieg, und heftete seitdem die Augen</p> - <p class="line">Schweigend auf ihn; ihm pochte die Brust vor erschütternder Ehrfurcht.</p> - <p class="line">Als der Herrscher die Greise, gebeugt im Staube, gewahrte,</p> - <p class="line">Sprang er vom Sattel, und hieß sie mit sanftgebiethender Stimme</p> - <p class="line">Stehen, und sprechen vor ihm mit Muth und würdiger Freiheit.</p> - <p class="line">Siehe, da sprach El-Had, der hundertjährige Greis so:</p> - <p class="line">„Segen mit dir, gewaltiger Heer’- und Völkerbesieger,</p> - <p class="line">Der du mit Huld uns hörst! Nun herrsch’ in Fülle des Glückes</p> -<a id="page-382" class="pagenum" title="382"></a> - <p class="line">Ueber ein Volk, das jüngst im strafenden Zorne die Vorsicht</p> - <p class="line">Hairaddins Wuth preis gab, des grausamgesinneten Mannes!</p> - <p class="line">Ach, und wir haben doch einst viel bessere Tage gesehen,</p> - <p class="line">Als auf dem Thron von Tunis ein Fürst voll göttlicher Weisheit,</p> - <p class="line">Maula Mehemed, saß, deß’ Staub der Segen des Himmels,</p> - <p class="line">Wie die Sommerflur der thauende Morgen, erquicke;</p> - <p class="line">Als des Siegers Schwert’ erbebten die Gegner, im Frieden</p> - <p class="line">Blühte dieß Land, und rings auf dem weltverbindenden Meer noch</p> - <p class="line">Wogte sein Handelsschiff, des Segens Fülle verbreitend —</p> - <p class="line">Sammelnd im frohen Verkehr! Doch zürne dem eifernden Greis’ nicht,</p> - <p class="line">Herr: denn stets umschwebt ihn das Bild entflohener Zeiten,</p> - <p class="line">Und errette das Volk in den Mauern der zitternden Hauptstadt,</p> - <p class="line">Wo nach dem schrecklichen Kampf der rach’erfüllete Sieger</p> - <p class="line">Wüthet. Vielleicht, daß auch dir ein grauender Vater daheimblieb,</p> - <p class="line">Welcher im Gram des Tages gedenkt, an welchem du hingingst;</p> - <p class="line">Oder am Strande des Meer’s die Mutter des blühenden Säuglings</p> - <p class="line">Deiner, des Gatten, beraubt, aufweint in trauernder Sehnsucht.</p> - <p class="line">Solches erwäg’, und errette — gebiethe dem stürmischen Krieger,</p> -<a id="page-383" class="pagenum" title="383"></a> - <p class="line">Daß er den lüsternen Blick, voll heiliger Scheu, von des Harems</p> - <p class="line">Thüre verwende, und Leib und Gut dir opfert dein Volk dann!“</p> - <p class="line">Also der Greis, und mild, wie ein liebender Vater den Kindern</p> - <p class="line">Streichelt die Wange zum Trost, zur Ermunterung, nahte der Kaiser</p> - <p class="line">Jetzo dem flehenden Greis’, und sprach mit erheiterten Blicken:</p> - <p class="line">„Ein, und derselb’ erbarmende Gott ist über uns allen,</p> - <p class="line">Der den Sieg uns gab, und den frevelnden Räuber in Staub warf.</p> - <p class="line">Aber nicht mir und den Meinen, nur Muley Hassan, dem König,</p> - <p class="line">Huldige fürder dieß Land: ihm werde das Erbe der Väter,</p> - <p class="line">Ihm der entrissene Thron, die Lieb’ und die Treue des Volkes.</p> - <p class="line">Möge die Zukunft ihm und euch im Segen erblühen!“</p> - <p class="line">Sagt’ es, und nahm die Geschenk’ an köstlichen Früchten und Blumen,</p> - <p class="line">Die, nach der Sitte des Land’s, ihm die zitternden Greise verehrten,</p> - <p class="line">Nahend je zwei und zwei, und die Herolde hieß er, den Kriegern</p> - <p class="line">Einhalt thun mit gebiethendem Wort’, in den Straßen von Tunis.</p> - <p class="line">Jene gehorchten, und bald verstummte der Waffen Getümmel.</p> -</div> - -<div class="poem"> -<a id="page-384" class="pagenum" title="384"></a> - <p class="line">Doch welch’ dunkeler Strom ergeußt sich vom Felsengebirg her?</p> - <p class="line">Zahlloswimmelndes Volk entströmt den Thoren der Hochburg.</p> - <p class="line">Ha, die Geretteten sind’s — sie sind’s, erschütternd zu schauen!</p> - <p class="line">Wie, zum Schwarme gereift, die unzählige Menge der Bienen,</p> - <p class="line">Summend, dem duftenden Korb entfährt am sonnigen Lenztag:</p> - <p class="line">Also entströmten auch hier wohl zwanzigtausend der Christen —</p> - <p class="line">Jetzo nicht Sclaven mehr, den Kerkern der Stadt und der Hochburg:</p> - <p class="line">Bleich, ermattet durch Qual, durch Hunger und grause Behandlung!</p> - <p class="line">Glückliche, die nun zuerst umschlangen die Kniee des Kaisers,</p> - <p class="line">Knieend im Staub; auf die Hand ihm preßten die zitternden Lippen —</p> - <p class="line">Netzten mit glühenden Thränen sein Kleid! Nur Stöhnen und Schluchzen</p> - <p class="line">Tönte noch ringsumher aus der angsterregenden Stille.</p> - <p class="line">Jetzt ein Weinen und Heulen erscholl, und jetzo mit einmal,</p> - <p class="line">Furchtbar, hallte Geschrei: „O Vater, Retter, Befreier!“</p> - <p class="line">Wie die Meeresfluth, vom nahenden Sturme gehoben,</p> - <p class="line">Erst nur leis’ aufrauscht; doch bald im schrecklichen Aufruhr</p> - <p class="line">Heulet in Wolkenhöh’n, und braust in des gähnenden Abgrunds</p> - <p class="line">Tiefen, daß, schaudernd vor Angst, ihr die Erd’ und der Himmel erdrönet:</p> -<a id="page-385" class="pagenum" title="385"></a> - <p class="line">Also ertönte der Schrei der Glücklichen rings um den Kaiser.</p> - <p class="line">Tausender Händ’ empor zu dem Vater im Himmel gehoben,</p> - <p class="line">Zeigten die Bahn, auf welcher des tieferschütterten Herzens</p> - <p class="line">Dank aufflog, und des Segens Füll’ erflehte dem Retter.</p> -</div> - -<div class="poem"> - <p class="line">Lauter ward das Getös’, und bewegter die wimmelnde Schar dort.</p> - <p class="line">Einer dem andern sank an die Brust, und fragte noch zweifelnd:</p> - <p class="line">„Ist es gewiß: wir frei — entronnen auf immer den Banden?“</p> - <p class="line">Einzeln, dann wieder vereint, dann immer gewaltiger scholl’s nun:</p> - <p class="line">„Werd’ ich dich wiederseh’n, o Vaterland — in der Heimath</p> - <p class="line">Seh’n dich, väterlich Haus, wo mir der fröhlichen Kindheit</p> - <p class="line">Jahre entschwanden im Glück? Werd’ ich den zärtlichen Vater —</p> - <p class="line">Ich die liebende Mutter umfah’n — die holde Geliebt’ ich,</p> - <p class="line">Liebend und treu, und ich, den Freund, die Kinder, und Gattinn?“</p> - <p class="line">Also erscholl’s aus dem brausenden Strom endlosen Entzückens;</p> - <p class="line">Aber der Retter stand im Kreise der staunenden Feldherrn,</p> - <p class="line">Von den seligen Scharen umjauchzt. Er blickte, verstummend,</p> - <p class="line">Ueber die Menge hinaus, in des hochaufwölbenden Aethers</p> - <p class="line">Schimmernden Raum empor (an seinen Wangen herunter</p> - <p class="line">Stürzte die Thrän’) und als er nun senkte das Haupt, und voll Dankes</p> -<a id="page-386" class="pagenum" title="386"></a> - <p class="line">Preßte die Recht’ an das pochende Herz: da wandt’ er sich lächelnd,</p> - <p class="line">Weinend, nach Eberstein, und sagte mit leiserer Stimme:</p> - <p class="line">„Stürb’ ich doch jetzt: denn ach, mir wurde die Wonne des Himmels!“</p> - <p class="line">D’rauf mit erheitertem Blick begann er, und sagte zu Guasto:</p> - <p class="line">„Edeler Greis, vertraut sey dir die Pflege der Freien,</p> - <p class="line">Daß du mit Vaterhuld, und weis’umschauender Sorgfalt</p> - <p class="line">Stillest die Noth der Hungrigen, und bekleidest die Nackten!</p> - <p class="line">Heimwärts schiffen wir bald. In des Meer’s freiwogenden Fluthen</p> - <p class="line">Rauschet der Kiel, und vom Mast erglänzen die Kränze der Sieger:</p> - <p class="line">Dort den Lieben zur wonnigen Schau. Doch nimmer entschwindet</p> - <p class="line">Uns das errungene Ziel hinfort; nicht welket der Kranz mehr,</p> - <p class="line">Der uns geworden: denn seht: er keimte hienieden, und blühet</p> - <p class="line">Unvergänglich fort in den hehren Gefilden des Himmels!“</p> - <p class="line">Jener führte die jauchzende Schar zu des Meeres Gestad hin,</p> - <p class="line">Sorgend für Aller Wohl nach dem Willen des edelsten Herrschers;</p> - <p class="line">Aber er trat voll Wehmuth ein in die Thore von Tunis!</p> -</div> - -<h2 class="footnotes" id="part-14"> -<a id="page-387" class="pagenum" title="387"></a> -Anmerkungen zur Tunisias. -</h2> - -<div class="footnotes"> -<h3 class="sub" id="chapter-14-1"> -Erster Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-1" id="footnote-1">[1]</a> Vers 27. -</p> - -<p class="footnote2"> -Nach der Schlacht von Zama, soll P. Corn. Scipio den Hannibal gefragt -haben: wen er für den größten Feldherrn halte? Dieser nannte zuerst -Alexander den Großen, dann Pyrrhus den Epiroten, und den dritten sich -selber. Scipio, darüber empfindlich, sprach weiter: „und was würdest du -erst gesagt haben, wenn du auch mich überwunden hättest?“ — „Dann“ -entgegnet’ ihm jener — „würde ich mich weit über jene Beiden gesetzt haben.“ -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-2" id="footnote-2">[2]</a> Vers 29. -</p> - -<p class="footnote2"> -Ludwig IX. (der Heilige), König von Frankreich, Sohn Ludwigs VIII. -und Blanca’s von Castilien (geb. den 25. April 1215), der durch seine -Frömmigkeit, Weisheit in Regierungsgeschäften, und durch persönliche -Tapferkeit sich allgemeine Hochachtung erworben hatte, unternahm zuerst -einen Kreutzzug nach dem gelobten Lande; eroberte im Jahre 1249 Damiata, -und schlug den Sultan von Aegypten zu wiederholten Malen. Allein -durch Hungersnoth und ansteckende Krankheiten zum Rückzug gezwungen, -verlor er die errungenen Vortheile mit der Freiheit, die er nur durch die -Zurückgabe von Damiata, und durch ein großes Lösegeld für sein mitgefangenes -Heer, wieder erhielt. Im Jahr 1270 unternahm er einen zweiten -Kreutzzug, schiffte nach Afrika über, und eroberte die Veste von Tunis; doch -auch hier, wie in Syrien, raffte eine ansteckende Krankheit einen Theil -seines Heeres weg, deren Opfer er selbst, am 25. August desselben Jahres, -geworden ist. (Siehe <em>dessen Lebensbeschreibung</em> durch <em>Delachaise</em> -und des Abtes <em>de Choisi</em>.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-3" id="footnote-3">[3]</a> Vers 40. -</p> - -<p class="footnote2"> -<a id="page-388" class="pagenum" title="388"></a> -<em>Hairaddin</em> (Chereddin) und Horuc-Barbarossa, von Mitylene, auf -der Insel Lesbos, gebürtig, und, als Korsaren, der Schrecken des mittelländischen -Meeres, bemächtigten sich des Thrones von Algier, wohin sie -Selim-Euthemi, der König, gegen die Spanier zu Hülfe gerufen hatte. -Chereddin übertraf seinen Bruder noch an Kühnheit, und begründete eigentlich -das so lange, zur Schande Europa’s, bestehende System der Seeräuberei -an der Nordküste Afrika’s. Nachdem er Constantina und noch andere Städte -daselbst wegnahm, ernannte ihn Solyman II., oder <em>Prächtige</em>, zum Oberbefehlshaber -seiner Flotten. Im Jahr 1535 bemächtigte er sich durch Verrath -der Stadt Tunis; sammelte dort eine bedeutende Seemacht, und anstatt, -wie im vergangenen Jahre, nur die Küsten Italiens zu plündern, -ging er mit nichts Geringerem um, als Sicilien mit einer Menge Türken -und Mauren zu erobern, wodurch er sich die Wege zu dem Throne Neapels -zu bahnen gedachte. In demselben Jahre wurden seine unabsehbaren Plane -durch Carls V. herrlichen Zug nach Tunis vereitelt. Doch Carls unversöhnlicher -Feind, Franz I., König von Frankreich, ward Chereddins Verbündeter, -mit dessen Macht vereint, er im Jahr 1543 Nizza wegnahm. Er -starb im Jahr 1546 zu Constantinopel, — im 88. seines Lebens. An dem -Strande des Meeres zu Beschiktasch, am europäischen Ufer des Bosphorus, -ist sein Grabmahl (wie Hofrath v. Hammer in seiner Verfassung des osmanischen -Reichs Theil II., Seite 317, sagt), und erregt ernste Gefühle bei -dem Geräusche der Wogen, die an ihm emporklimmen. (<span class="antiqua"><em>Paul. Jov. in -Elog.</em> I. 6. — <em>Hist.</em> I. 33. 41. 44. — <em>Thuan. Hist.</em> L. III.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-4" id="footnote-4">[4]</a> Vers 55. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Andreas Doria</em> (geb. 1468) aus einem altadelichen Geschlechte -Genua’s, war früher französischer Admiral, wählte aber freiwillig Kaiser -Carls V. Flagge, und blieb zur See in dessen Diensten bis zu seinem Tode -im J. 1560. Er war der größte Seeheld seiner Zeit; gab Genua eine bessere -Verfassung, und ward der <em>Vater und Befreier des Vaterlandes</em> -genannt, das er im J. 1528 vom Joche der Franzosen befreiet hatte. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-5" id="footnote-5">[5]</a> Vers 61. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Muley Hassan</em> (Maula-Hascen), Maula Mehemeds Sohn, König -von Tunis. Er war der jüngste Sohn von zwei und zwanzig Geschwistern, -unter welchen er seine Brüder, auf den Rath seiner unnatürlichen Mutter, -theils blenden, theils tödten ließ, um also zum Throne zu gelangen. Sein -älterer Zwillingsbruder, Al-Raschid, entfloh nach Constantinopel, bei -<a id="page-389" class="pagenum" title="389"></a> -Solyman Hülfe zu suchen. Er ward heimlich erwürgt, und der eben von dort -absegelnde Chereddin eilte nach Tunis, und bekam bald, im Nahmen des -todten Al-Raschid gebiethend, dem das Volk anhing, Goletta die Veste, und -dann auch Tunis in seine Gewalt. Muley Hassan ward zwar durch den -siegreichen Kaiser in sein ihm entrissenes Land wieder eingesetzt, wurde aber -nach wenigen Jahren von seinem Sohn, Hamida, des Thrones beraubt, -und geblendet. So kam er zu dem Kaiser nach Augsburg, nochmals um -Hülfe zu flehen, und starb auf der Rückreise in Rom. (Siehe: <span class="antiqua"><em>M. Cardonne -Histoire de l’Afrique et de l’Espagne</em> etc. T. III. <em>Paris</em> -chez Saillant</span> 1765, und <span class="antiqua"><em>Jov. Hist.</em> 33. c.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-6" id="footnote-6">[6]</a> Vers 99. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Solyman II.</em> (Suleyman, der <em>Prächtige</em> benannt) folgte Selim I., -seinem Vater, im Jahre 1520 in dem türkischen Kaiserreiche nach. Nie ist -dieses Reich auf einer glänzenderen Stufe der Macht und des Ruhmes gestanden, -als unter diesem, durch Herrscherweisheit und Thatkraft ausgezeichneten -Fürsten. Im Jahre 1521 eroberte er Belgrad, und im folgenden -Jahre die Insel Rhodus, von wo er die Johanniter-Ritter vertrieb. Im -Jahre 1526 gewann er in der Schlacht von Mohatsch den Sieg über den -König der Ungern, Ludwig II., der sammt seinem Pferde in einem Moraste -zu Grunde ging, und, nachdem er einen großen Theil von Ungern in seine -Gewalt bekommen hatte, rückte er im J. 1529 vor Wien, von wo er nach -einer vergeblichen Belagerung, da der Kaiser, Carl V., mit einem Heere -näher gerückt war, sich schnell nach Ungern hinabzog. Er starb daselbst am -4. September 1566, bei der Belagerung der Veste Sigeth, die Niklas Zriny, -ein zweiter Leonidas, so heldenmüthig gegen ihn vertheidigt hatte, im 72. -Jahre seines Alters, und im 46. seiner Regierung. (<span class="antiqua"><em>Paul Jov. in Solim.</em></span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-7" id="footnote-7">[7]</a> Vers 105. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Istambul</em>, Stambul, nennen die Türken die Stadt Constantinopel. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-8" id="footnote-8">[8]</a> Vers 406. -</p> - -<p class="footnote2"> -Die heiligen Urkunden sprechen von einem Orte der ewigen Seligkeit, -wohin die <em>Guten</em> kommen, und von welchem die <em>Bösen</em> auf immer ausgeschlossen -bleiben. Aus ihnen schöpfte die Allgemeine Kirche die Lehre von -einem Mittelzustande, von jenem der <em>Läuterung</em>, durch welche der Uebergang -zu jenem möglich wird. Ueber alle drei ist in dieser Kirche, seit der -ersten Zeit ihrer Verbreitung bis zu dem heutigen Tage, ein, und derselbe -Glaube geblieben, welchen sie bestimmt, und deutlich gelehret hat. In -<a id="page-390" class="pagenum" title="390"></a> -Bezug auf dieses dreifache <em>Geisterreich</em>, von welchem die Kirche Beschreibungen -zu geben, weder konnte, noch wollte, ließ sie auch einige Stellen -in den Briefen des Apostel Paulus unberührt, die mit jenem in Verbindung -gebracht werden konnten. Dieß sind die Stellen, in welchen er von -den, im Luftraum wohnenden Geistern spricht, und auf welche der Sänger -der Tunisias, und des Rudolph von Habsburg, sein <em>Wunderbares</em> im -Epos, (nicht als Exeget, sondern als Dichter) gegründet hat. Im Brief an -die Epheser VI. vom 11-13. Vers („Ziehet an die volle Rüstung Gottes, -damit ihr stehen könnet gegen die Nachstellungen des Versuchers: denn unser -Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider Fürstenthümer, -Gewalten und Weltherrscher der finsteren Gegenwart: wider die bösen Geister -im Uebersinnlichen“) ist von Geistern die Rede, die böser Natur sind, und -gegen deren Einflisterungen der Christ zu kämpfen hat. Vorher, III. Cap. -10. V. („Damit den Mächten und Gewalten, im Uebersinnlichen, durch -die Kirche“ — die Bekenner der christlichen Lehre, „die mannigfaltige -Weisheit Gottes bekannt werde“) spricht er aber von solchen, welchen auf -dem Pfade der Läuterung ein Aufschreiten vergönnt zu seyn scheint. Besonders -die erstere Stelle fände ihre Erläuterung in jener im I. Brief an die -Chorinther XV. Cap. 24. V. &c., wo Paulus von dem <em>Weltende</em> spricht: -(„... Dann ist das Ende, wenn Gott die Fürsten, Mächte und Gewalten“ — im -Uebersinnlichen — „außer Wirksamkeit gesetzt haben wird. Das -Letzte aber, was sein Ende erreichen soll, ist der Tod.“) -</p> - -<p class="footnote2"> -Daß diese Stellen in den Briefen des Apostel Paulus schon in den -ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung auf eine ähnliche Art -ausgelegt wurden, beweisen die merkwürdigen Worte des größten Schriftauslegers -aller Zeiten, des h. Hieronymus, der zu obiger Stelle im VI. Cap. -des Briefes an die Epheser, sagt: <span class="antiqua">„Haec autem omnium Doctorum opinio -est: quod aer iste, qui coelum et terram medius dividens, inane appellatur, -plenus sit contrariis Fortitudinibus.“ <em>S. Hieronym. Comment. -in Epist. ad Ephes. Q. 3. c. 5.</em></span> -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-9" id="footnote-9">[9]</a> Vers 465. -</p> - -<p class="footnote2"> -Die grundlose Beschuldigung, die der Sectenhaß so vielen, selbst ausgezeichneten -Geschichtschreibern eingab, daß nämlich Carl V. nach der Alleinherrschaft -in Europa gestrebt habe, ist dem Unpartheiischen wohl aus -seinem ganzen Herrscherleben klar genug; doch findet er sie völlig widerlegt -durch seine Lage nach dem berühmten Siege, den er bei Mühlberg (24. April -1547) über den Smalkaldischen Bund errungen hatte. Seine ergrimmtesten -<a id="page-391" class="pagenum" title="391"></a> -Gegner sanken dort überwunden zu seinen Füßen; seine spanischen Veteranen, -mit vielen italienischen Scharen, standen ihm zu Geboth, und er — begnügte -sich dem frechen Uebermuth, der ihn nur als <em>Carl von Gent</em> -mehr gelten ließ, ein Ziel gesetzt zu haben, entließ seine sieghaften Scharen, -baute auf Treu und Glauben: denn das hatte er wohl nie gedacht, daß -sein Liebling, Moritz von Sachsen, den er an seinem Herzen groß gezogen -hatte, so undankbar an ihm handeln würde, und gerieth, von diesem mit -einem Ueberfall bedroht, schon fünf Jahre (J. 1552) nach jenem Siege, in -solche Gefahr, daß er sich, von Gichtschmerzen gefoltert, in einem Tragsessel -noch in der Nacht von Innsbruck fort über die Gebirge nach Kärnthen, als -ein Flüchtender, mußte tragen lassen. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-2"> -Zweiter Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-10" id="footnote-10">[10]</a> Vers 23. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Ortilo</em>, dessen wichtige <em>Fragmente von den Babenbergern</em>, -als Herrschern Oestreichs, Chrysostomus Hanthaler aufgefunden und bekannt -gemacht hatte, sagt zu dem Jahr 1191 von <em>Leopold</em> dem <em>Tugendhaften</em>, -unter anderm: „Da der Herzog bei der Belagerung (von Ptolemais) -so tapfer focht, daß sein ganzer Körper, mit Ausnahme jenes Theils, den -der Leibgurt umgab, mit Feindes Blut bespritzt war, so hat in der Folge -der Kaiser, Heinrich VI., den Schild Oestreichs, in dem bisher fünf Lerchen -zu sehen waren, geändert, und zeichnete solchen durch ein <em>rothes Feld</em> -aus, das durch einen <em>weißen Querbalken</em> mitten durchschnitten ist.“ -Ortilo war ein Zeitgenosse Leopold des Tugendhaften, und vier Jahre darauf, -bei seiner Begräbniß in heil. Kreuz, gegenwärtig. Spätere Schriftsteller, -wie Cuspinian, Lazius &c. &c. sind anderer Meinung über die Bedeutung -dieses Wapens. (Siehe <span class="antiqua"><em>Fast Campil.</em> T. I. pag.</span> 434, und -<span class="antiqua"><em>Recens. Dipl. Geneal. Arch. Campil.</em> pag. 196.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-11" id="footnote-11">[11]</a> Vers 58. -</p> - -<p class="footnote2"> -In dem Werkchen: <span class="antiqua"><em>Eutropii Diarium Expeditionis Tunetanae</em> -a. 1535</span>, die in der Sammlung „<span class="antiqua">Scriptores Rer. Germ. per S. -Schardium</span>,“ Gießen, 1673, enthalten ist, wird ausdrücklich gesagt, daß -der Kaiser während seiner Abwesenheit die Regierung Spaniens seiner -<a id="page-392" class="pagenum" title="392"></a> -Gemahlinn, Isabella, übergeben, und sogar sein Testament hinterlassen -habe: <span class="antiqua">„priusquam Madritio discederet, omnibus adhibitis solemnitatibus -testamentum suum condidit,“ pag. 321</span>. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-12" id="footnote-12">[12]</a> Vers 91. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Hermann</em>, der Sohn des Cherusker-Fürsten, Siegmar (geb. 18 J. -vor Chr.), ward in Rom erzogen, und im römischen Heere angestellt. -Doch, er beschloß der Retter seines Vaterlands zu werden; vernichtete in -seinem 26. Jahre die Legionen des Quintilius Varus in dem Teutoburger -Walde, und nachdem er zwölf Jahre hindurch die Angelegenheiten Deutschlands -geleitet hatte, besiegte er Marbod, den König der Marcomannen, -zwei Jahre vor seinem Tode. Er soll, weil er nach Alleinherrschaft strebte, -von seinen Anverwandten ermordet worden seyn. (<span class="antiqua"><em>Tacit.</em> L. I. et II. -<em>Annal.</em></span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-13" id="footnote-13">[13]</a> Vers 97. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Hannibal</em>, der Sohn des Hamilkar Barkas (geb. im J. 247 vor Chr. -zu Karthago), nach seinem berühmten Zuge über die Alpen der Besieger -der Römer an der Trebbia, am Trasimenus, vor Cannä &c., wurde bei -Zama von dem ältern Scipio besiegt, und starb als Flüchtling in Bithynien -(183 J. vor Chr.) in seinem 65. Jahre, nachdem er in seinem 26. den -großen Kampf gegen die Römer begonnen hatte. (<span class="antiqua">Polyb. L. III. c. 17 et -64. <em>Livius</em>. L. 21.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-14" id="footnote-14">[14]</a> Vers 97. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Regulus</em> (Marcus Attilius), um das Jahr 254 vor Chr. Consul von -Rom, ward (<em>siehe die folgende Anmerkung</em>) in der Schlacht von -Tunis gefangen, und von den Karthagern, wegen der Auslösung ihrer -Gefangenen, mit noch andern Abgeordneten, nach Rom gesandt, wo er -dem Senat, mit wahrer Römergröße, rieth: die Gefangenen nicht zu lösen. -Er kehrte, seinem Eidschwur treu, als Gefangener nach Karthago wieder -zurück, und soll dort, nach Einigen, grausam hingerichtet, nach Andern, -eines natürlichen Todes gestorben seyn. (<span class="antiqua"><em>Polyb. Lib. I.</em> — <em>Liv</em>. 17 et 18. -— <em>Palmerius, in Appian.</em> pag. 151.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-15" id="footnote-15">[15]</a> Vers 143. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Xanthippos</em> hieß der edle Spartaner, der Karthago einen glänzenden -Sieg über Rom verschaffte. Nach der Niederlage von Eknomos, die jene -im J. 254 v. Chr. zur See gegen die Consuln Cajus Sulpitius, und Attilius -Regulus erlitt, ward sie von dem Letzteren, der in Afrika landete, -<a id="page-393" class="pagenum" title="393"></a> -und Tunis zu seinem Waffenplatze erkor, an den Rand des Verderbens -gebracht. Da landete mit einem Schiffe griechischer Miethlinge auch Xanthippos, -der von Gestalt unansehnliche, aber geist- und kraftbegabte Spartaner, -von dem <span class="antiqua">C. Sil. Pun. L. 6</span> singt: -</p> - - <div class="poem footnote2"> - <p class="line">Nulla viro species, decorisque et frontis egenum</p> - <p class="line">Corpus; in exiguis vigor, admirabile, membris</p> - <p class="line">Vividus, et nisu magnos qui vinceret artus.</p> - </div> -<p class="footnote2"> -Er machte den Senat auf die Fehler seiner Heerführer aufmerksam; -übte das ihm anvertraute Heer nach griechischer Kriegskunde zuvor ein; -besiegte die Römer in der Schlacht von Tunis, und nahm den Consul A. -Regulus mit dem Ueberreste seines Heeres gefangen. — Ihm war das stolze -Bewußtseyn genug: eine ganze Nation dem Untergange entrissen zu haben: -denn er kehrte gleich darauf wieder nach seinem Sparta zurück. (<em>Siehe -Fr. Mich. Vierthalers</em> vortreffliche <em>Philosophische Geschichte der -Menschen und Völker</em> V. B. S. 306.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-16" id="footnote-16">[16]</a> Vers 212. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Attila</em>, König der Hunnen, die aus Scythien kommend, sich in Pannonien -niedergelassen hatten, gelangte im J. 434 zur Herrschaft. Nachdem -er sich gerühmt: das Schwert Tyr’s, des Kriegsgottes, aufgefunden -zu haben, ermordete er seinen Bruder Bleda, und entboth ein ungeheuer -zahlreiches Heer, um als <em>die Geißel Gottes</em>, wie er sich nannte, die -Erde verheerend zu durchziehen. Er fiel um das J. 441 zuerst in Thrazien -ein, drang bis nach Armenien vor, und verwüstete dann das morgenländische -Kaiserthum, zwingend den Kaiser Theodosius, den er überwunden -hatte, ihm einen Tribut zu zahlen. Auf seinem zweiten großen Verheerungszuge -nach Frankreich wurde er bei <span class="antiqua">Chalons sur Marne</span>, durch die -vereinte Macht der Römer unter Aetius, und der Westgothen unter Theodorich, -auf das Haupt geschlagen; zog sich über den Rhein zurück, und -wandte sich zu dem dritten, gegen Rom selbst, da er Honoria, die Schwester -Valentinian III., zur Ehe verlangte, und diese ihm abgeschlagen worden -war. Er verwüstete ganz Ober-Italien, bei welcher Gelegenheit die Flüchtlinge -auf den Inseln der Lagune dem berühmten Venedig den Ursprung -gaben. Von der Zerstörung Roms hielt ihn der Papst, Leo der Große, ab. -Er kehrte nach Pannonien zurück, wo er im J. 453, in der Nacht nach -seiner Vermählung mit der baktrianischen Prinzessin, Ildiko, in seinem -Blute erstickt gefunden ward. (<em>Siehe Jornandes</em>; und <span class="antiqua"><em>Bonfinii Hist. -Decad.</em> I. L. 7.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-17" id="footnote-17">[17]</a> Vers 245. -</p> - -<p class="footnote2"> -<a id="page-394" class="pagenum" title="394"></a> -<em>Tyr</em> nach der nordischen Götterlehre, der Sohn Odins, und der tapferste -unter den Göttern, wie es bei den Griechen <em>Ares</em> war, den die Römer -Mars benannten. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-18" id="footnote-18">[18]</a> Vers 321. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Kabesch</em>. Kabes, eine Stadt im Königreiche Tunis von 25,000 Einwohnern. -Sie liegt in dem Golf gleiches Nahmens, sonst auch die Kleine-Syrte -genannt. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-3"> -Dritter Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-19" id="footnote-19">[19]</a> Vers 26. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Ludwig</em>, Infant, Bruder des Königs Emanuel von Portugal, und -der Isabella, Gemahlinn des Kaisers Carl V. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-20" id="footnote-20">[20]</a> Vers 35. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Ruyter</em>. Hier ist keineswegs der berühmte holländische Seeheld, -Michael Hadrian Ruyter (geb. zu Vließingen im J. 1607, gest. 1676) gemeint, -der sich vom gemeinen Matrosen bis zum Range eines Admirals -aufschwang; die englische Seemacht zu verschiedenen Malen schlug; von -seinem Vaterlande nach Verdienst geehret ward, und endlich bei der Unterstützung -der Spanier in Sicilien, dem Aetna gegenüber, in einem Treffen -durch eine Kanonenkugel den Fuß verlor, an welcher Wunde er bald darauf -in der Bay von Syrakus starb, sondern <em>Franz Ruyter</em>, den Paul Jovius -in seiner Geschichte des tunetanischen Feldzugs unter den Feldherrn aufführt. -(<em>Siehe:</em> <span class="antiqua"><em>Paul Jov. Hist. Lib.</em> 34. pag. 284 <em>Basileae</em> an. -1578.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-21" id="footnote-21">[21]</a> Vers 47. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Porto Venere</em> an der südwestlichen Spitze des Genueser Gebiethes. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-22" id="footnote-22">[22]</a> Vers 49. -</p> - -<p class="footnote2"> -Alphons Avalos, Marchese del Vasto (auch <em>Guasto</em>), einer der berühmtesten -Feldherrn Carls V. aus dem Hause der Pescara im Königreich Neisen, -im J. 1502 geboren, wohnte der Schlacht von Bicocca (im J. 1522) bei; -<a id="page-395" class="pagenum" title="395"></a> -wurde nach Anton Leyva’s Tode Gouverneur von Mailand, und hatte den -Oberbefehl des Heeres bei dem Kriegszug nach Tunis. Im J. 1543 entsetzte -er Nizza, das von den Franzosen, und ihrem Verbündeten, Chereddin -Barbarossa, belagert war. Er starb im J. 1546 zu Vigevano, wahrscheinlich -aus Kummer, den ihm die gegen die Franzosen verlorne Schlacht von -Cerisoles in Piemont (14. April 1544) zugezogen hatte. (<span class="antiqua"><em>P. Jov. Hist.</em> et -<em>Roscio Capit. illustr.</em> p. 288.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-23" id="footnote-23">[23]</a> Vers 57. -</p> - -<p class="footnote2"> -Das Geschlecht der <em>Ebersteine</em> soll schon zu Carl d. Gr. Zeiten in -großem Ansehen gestanden seyn. Was die Geschichte Gewisseres von ihnen -gibt, ist: daß Eberhard, der Stammvater der Ebersteine, Hedwig, die Tochter -Kaisers Heinrich I. geehlicht, und seinen Hof in Hohentviel gehabt habe. -Als Abgesandter des Kaisers an den Papst, erhielt er von diesem am Pfingstfeste -zu Rom die goldne Rose zum Geschenk, die er, nach dem Gebrauche der -römischen Kirche, getragen hatte, und die bei seiner Heimkunft der Kaiser -in den Wapenschild der Ebersteine setzen hieß. Sein Sohn Ludwig wohnte -der Schlacht Heinrichs I. gegen die Ungern vor Merseburg bei. — Die -zweite Stammlinie der Ebersteine richtete Graf Otto I. in Pommern zu -Neugarten auf. Otto III. der um das Jahr 1370 gelebt, soll der Stifter -der würtembergischen Hauptlinie seyn. — Otto II. ein anderer Stammvater -der Ebersteine, verbesserte die Herrschaft an der Weser, und erbaute das -Schloß Ottenstein. Man sieht noch die Ruinen des Schlosses Eberstein -unweit Holzminden an der Weser. (<span class="antiqua"><em>Meibom. Rerum Germ.</em> T. II. -p. 515. Luca:</span> <em>Grafen-Saal</em>, <span class="antiqua">pag. 943.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-24" id="footnote-24">[24]</a> Vers 74. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Donau</em>, <span class="antiqua">Danubius</span> (Ister hieß er den Alten von Wien hinab) einer -der größten Flüsse Europas, da er nach Büsching eine Strecke von 700 Meilen -durchläuft, und mehr als 160 größere und kleinere Flüsse in sich aufnimmt, -entspringt, nach der gewöhnlichen Meinung, am Schwarzwalde -bei Donaueschingen, obschon Andere diese Ehre zwei anderen Quellen, der -<em>Brega</em> und <em>Brigach</em>, mit welcher sich jene vereinigt, ertheilen. Die -Donau endet an der Küste Bessarabiens ihren Lauf, und stürzt sich durch -sechs Arme mit solcher Gewalt in das schwarze Meer, daß ihr Wasser -mehrere Meilen weit im Meer noch süß und erkennbar seyn soll. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-25" id="footnote-25">[25]</a> Vers 119. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Hunyady</em> (Johann Corvinus Hunniades), den, nach einigen, ein walachischer -Bojar mit der Elisabeth Paläologa, aus dem Geschlechte der letzten -<a id="page-396" class="pagenum" title="396"></a> -griechischen Kaiser; nach Andern, König Sigismund, außerehlich — mit -der Tochter eines edeln Walachen erzeugt haben soll, wurde zu Ende des -vierzehnten Jahrhunderts geboren. Er war, während der Minderjährigkeit -des Königs Ladislaus Posth., Statthalter von Ungern, während seines -ganzen Lebens ein Schrecken der Türken, die er in verschiedenen Schlachten -besiegte, und zuletzt (am 6. August 1456) von Belgrad vertrieb, und starb -am 16. Sept. desselben Jahrs. Von seinen zwei Söhnen wurde der ältere, -Ladislaus, im folgenden Jahre zu Ofen enthauptet. Der jüngere, Mathias -(Corvinus), gelangte zur ungarischen Krone. (<span class="antiqua"><em>Bonfin. Hist. Hung.</em></span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-26" id="footnote-26">[26]</a> Vers 132. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Zirknitz</em> (Czirknitzer See) im Lande Krain, sechs Stunden von Laibach, -gibt dem anstoßenden See den Nahmen, der eine Meile lang, und -eine halbe breit ist. Das Wasser dieses wunderbaren Sees versinket gewöhnlich -des Jahres einmal durch Oeffnungen, die sich in seinem Bette befinden. -Sobald es sich zum Ablauf neiget, eilt Jung und Alt, die Fische in -großer Menge herauszuziehen. Nach beiläufig zwanzig Tagen wächst dort, -wo erst das Wasser stand, vortreffliches Gras, und nachdem dieses eingeerntet -ist, wird noch Hirse darin gebaut, wo auch die Jagdfreunde an Hasen -und wildem Geflügel reichliche Beute finden. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-27" id="footnote-27">[27]</a> Vers 149. -</p> - -<p class="footnote2"> -Niclas <em>Salm</em> und Wilhelm <em>Roggendorf</em>, dessen Tochter die Gemahlinn -des ersteren war, vereinte auch das Band der zärtlichsten Freundschaft. -Beiden als Feldherrn, war die Vertheidigung Wiens gegen Solymans -zahlloses Belagerungsheer anvertraut. Eine Kanonenkugel fuhr in -den Wall, und schleuderte einen zertrümmerten Stein gegen Salms Schenkel, -bei dem letzten Sturm, den Solyman am 14. October 1529 gegen die Wälle -Wiens unternahm. An der erhaltenen Wunde starb dann Salm am 4. Mai -1530 zu Marcheck, wohin er sich hatte bringen lassen. (<em>Siehe Taschenbuch -für die vaterländische Geschichte durch Freih. von Hormayr -&c. vierter Jahrgang.</em> S. 102.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-28" id="footnote-28">[28]</a> Vers 238. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Elba</em>, eine kleine Insel des mittelländischen Meeres, von beiläufig -zwölf Meilen, Livorno gegenüber. Ihr Hauptreichthum sind die Eisenminen -von Rio, deren Erze mehr als die Hälfte reines Metall geben, und von -ihrer schillernden Farbe (<em>Eisenglanz</em>) bekannt sind. Porto Ferrajo (<em>Eisenport</em>), -mit einer guten Rhede und 3000 Einwohnern, ist die Hauptstadt -der Insel. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-29" id="footnote-29">[29]</a> Vers 372. -</p> - -<p class="footnote2"> -<a id="page-397" class="pagenum" title="397"></a> -<em>Toledo</em>, Pedro Alvarez de Toledo, Vice-König von Neapel, ein Sohn -des zweiten Herzogs von Alba, bekam mit seiner Gemahlinn Maria Osorio -Pimentel den Staat von Villafranca, und war der Schwieger des ersten -Herzogs von Florenz, Cosmus von Medicis. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-4"> -Vierter Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-30" id="footnote-30">[30]</a> Vers 43. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Alba</em> (Ferdinand Alvarez von Toledo, Herzog von) war im J. 1508 -geboren. Erst unter Carl V., dann unter Philipp II., seinem Sohn, war -er stets ein siegreicher Feldherr ihrer Heere. In dem Kriege gegen die Niederländer -hatte er nach seiner und seines Herrn Ueberzeugung, Rebellen bekämpft, -und in solchen Kriegen hat man wohl sonst auch von ähnlichen, -und noch größeren Grausamkeiten gehört; doch da dieser Krieg den Protestanten -für einen Religionskrieg galt, und noch heut zu Tag dafür gegeben wird, -so mußte er, besonders seit Schillers poetisch-entworfenem Bilde von ihm, -als einer der grausamsten Wüthriche geschildert, erscheinen. Andere rühmen -an ihm, nebst seinen großen Feldherrntalenten, seine unerschütterliche Treue, -und dabei sein freies, offenes Benehmen gegen seinen Regenten, seinen -Edelmuth und Weisheit. Indeß ist er von Härte und Grausamkeit nicht -frei geblieben. Er starb im J. 1582 im 74sten Jahre seines Lebens. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-31" id="footnote-31">[31]</a> Vers 43. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Alarcon</em> (Ferdinand d’Alarzon), einer der tapfersten spanischen Feldherrn -Carls V. Nach dem Siege von Pavia (24. April 1525), wurde ihm -die Bewachung des gefangenen Königs von Frankreich, Franz I., anvertraut, -so wie zwei Jahre später, jene über den Papst, Clemens VII., der -sich den Kaiserlichen ergeben hatte. (<span class="antiqua"><em>Jov. Hist.</em> 34. cap. — <em>Imhof. -Geneal. 20. Fam. Hisp.</em> p. 203.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-32" id="footnote-32">[32]</a> Vers 45. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Garzia Lasso</em> (Garzilaso de la Vega), im J. 1503 zu Toledo geboren, -ein berühmter spanischer Dichter in der Gattung der Ekloge, Epistel, Oden, -Lieder und Sonette. Er wohnte unter Carl V. den Feldzügen im Jahr 1529 -<a id="page-398" class="pagenum" title="398"></a> -gegen Solyman, und im J. 1535 gegen Tunis bei; in dem letzteren wurde -er an dem Arm verwundet. Im folgenden Jahre zog er mit dem Kaiser -gegen Marseille, als Befehlshaber eines Heertheils, und erhielt bei der -Bestürmung eines Thurms die gefährliche Kopfwunde, an welcher er nach -drei Wochen im 33. Jahre seines Alters starb. Sein Leichnam wurde in -der Folge nach Toledo gebracht. (<span class="antiqua"><em>Jov. Elog.</em></span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-33" id="footnote-33">[33]</a> Vers 97. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Constantin der Große</em> (geb. im J. 274), erster christlicher Kaiser, -soll vor der Entscheidungsschlacht an dem Ponte Milvio (h. z. T. Ponte -Molle) bei Rom, gegen den Maxentius, am hellen Mittage, unterhalb -der Sonne, ein flammendes Kreuz mit der Inschrift: „<span class="antiqua"><em>In hoc vinces</em></span>,“ -erblickt haben. (<span class="antiqua"><em>Eusebius in Vita Constantini</em> M. et <em>Hist.</em></span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-34" id="footnote-34">[34]</a> Vers 179. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Atlas</em>. Der Berg, besteht eigentlich aus zwei Ketten, die sich über -den größten Theil von Nordafrika verbreiten. Die eine heißt der <em>Große</em> -Atlas (mehr als 11,000 Fuß über der Meeresfläche erhöht), welcher sich vom -Reiche Marrokko bis zur Wüste Sahara hinabzieht, und die andre der -<em>Kleine</em> Atlas, der sich von Osten nach Westen bis zum Mittelländischen -Meere erstreckt. — Nach der Mythologie der Griechen war er einer der Titanen, -dem Zeus die Strafe auferlegte, das Himmelsgewölbe zu tragen. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-35" id="footnote-35">[35]</a> Vers 239. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Janssen von Middelburg.</em> Zacharias Janssen, ein Brillenmacher -zu Middelburg in Seeland, war der Erfinder des Fernrohrs im -Jahre 1590, indem er zwei Linsen, eine convex, die andere concav, in verschiedener -Richtung von dem Auge hielt. Er brachte sie dann in eine Röhre, -und bot die gelungensten zwei, von 16 Zoll Länge, dem Prinzen Moritz von -Nassau, und Erzherzog Albert an. Der berühmte Galiläi hörte davon in -Venedig, und machte sogleich darauf einen Versuch. (Siehe: <span class="antiqua"><em>Hier. Sirturus -de Telescop</em></span>; und <span class="antiqua"><em>Petr. Borell de vero Telescopii Inventore. -Hagae-Comitum.</em></span> 1655.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-36" id="footnote-36">[36]</a> Vers 526. -</p> - -<p class="footnote2"> -Die Franzosen, unter Lautrec, und die mit ihnen vereinten Schweitzer, -wurden bei Bicocca, unweit Mailand, im Mai 1522 durch die Truppen -Carls des V. mit großem Verluste geschlagen. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-5"> -<a id="page-399" class="pagenum" title="399"></a> -Fünfter Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-37" id="footnote-37">[37]</a> Vers 13. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Villiers-L’isle-Adam</em> (Philipp v.), zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts -in Frankreich geboren, und zum Großmeister des Johanniter-Ordens -von Jerusalem im J. 1521 erwählt. Im folgenden Jahre überzog Solyman -die Insel mit einer großen Belagerungsmacht, die jener so tapfer gegen -ihn vertheidigte, daß über 100,000 Türken dabei das Leben einbüßten. -Amarat, des Ordens Kanzler, ward an ihm zum Verräther, und nur so -gelang es endlich Solyman, die Insel gegen Capitulation, und unter der -Bedingniß eines freien Abzugs der Ritter und der christlichen Einwohner, -zu erringen. Vergeblich suchte er L’isle-Adam in seine Dienste zu ziehen, -dessen Heldenmuth er vor seinem Heere, und mitten unter den Leichen der -Gefallenen lautes Lob ertheilte. Villiers-L’isle-Adam starb im J. 1534 als -Großmeister des Ordens zu Maltha, welche Insel Carl V. ihm zum neuen -Ordenssitze geschenkt hatte. (Siehe: <span class="antiqua"><em>Bouhors Siège de Rhodes</em></span>.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-38" id="footnote-38">[38]</a> Vers 75. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Gomert</em> oder <em>Zafrano</em> rechts, und <em>Bona</em> links, heißen h. z. T. -die zwei Vorgebirge, von welchen jenes einst dem Apoll, und dieses dem -Hermes geweiht war, welchen vorüber die Einfahrt in den tiefer liegenden -karthaginensischen Meerbusen geschah. Von dort dehnt er sich im halben -Zirkel, bis an die Mündung des hinterhalb liegenden Landsees von Goletta -hin, wobei die Landschaft der vormals wegen ihrer heilsamen Bäder berühmten -Stadt Rada zur Linken bleibt, und jener gegenüber zeigt sich dann -die Lage des zerstörten Karthago, des Oehlwalds, und der steilen Hügel, -über welche man zu dem Flusse <em>Makar</em> gelangte. (<span class="antiqua"><em>Jov. Hist. Lib.</em> 34.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-39" id="footnote-39">[39]</a> Vers 105. -</p> - -<p class="footnote2"> -Der <em>Wasserthurm</em> steht nördlich von dem steilen Felsen — einst die -hohe Byrsa, auf welcher der berühmte Tempel des Aeskulap stand, und -nahe der schmalen Erdzunge, die das feste Land mit der Halbinsel verband, -auf welcher Karthago erbaut war. Auf dieser befanden sich wahrscheinlich -die Ställe der Elephanten. Obige Cisternen sind fast die einzigen noch erhaltenen -Ueberreste der zerstörten Karthago. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-40" id="footnote-40">[40]</a> Vers 117. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Goletta</em>, die Veste, hatte zur Zeit Carls V. eine beinahe viereckige -Form, und zwei Abtheilungen, von welchen die Wälle der oberen 40, und -<a id="page-400" class="pagenum" title="400"></a> -der unteren 50 Schritte breit waren. Sie enthielt eine vortreffliche Cisterne, -in welcher sich das Regenwasser sammelte, und viele bombenfeste Gewölbe -zur Aufbewahrung des Kriegsbedarfs. Mit ihr in Verbindung stand vorne -an der Mündung des Sees von Tunis, ein mit Wällen versehener Thurm, -der vom Meere her jedem Schiffe den Eingang verwehrte. Der See, beiläufig -12,000 Schritte breit und eben so lang, erhält aus dem karthaginensischen -Meerbusen sein Gewässer, und ist auf beiden Seiten so seicht, daß -man nur in der Mitte desselben auf kleinen Fahrzeugen nach Tunis gelangen -kann. (<span class="antiqua"><em>Eutropii Diar. Exp. Tunet. apud Schard.</em> pag. 331.</span> -und <span class="antiqua"><em>Jov. Hist. Lib. 34.</em></span>) -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-6"> -Sechster Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-41" id="footnote-41">[41]</a> Vers 83. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Eutropius</em> in seinem <span class="antiqua"><em>Diar. Exped. Tunet.</em> p. 325. (<em>Rerum -Germ. Scrip. apud Schard</em>)</span>, sagt ausdrücklich: daß vor Allen die -Deutschen bei der Landung, über jeden Aufschub ungeduldig, sich auf ihren, -in das Wasser gesenkten Speeren auf das Land hinaus geschwungen, und -den Kampf mit dem Feinde sogleich begonnen haben. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-42" id="footnote-42">[42]</a> Vers 79. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Pizarro</em> (Francisco), ein Spanier, von unbekannter Herkunft, ging -mit noch andern Abenteurern nach der neuen Welt, verband sich im J. -1524 mit Diego d’Almagro, und eroberte Peru, nachdem er den Inca Atahualba -auf eine grausame Art hatte hinrichten lassen. Er war schon früher -zum Statthalter der neu zu entdeckenden Länder ernannt worden, und er -traf wirklich sehr viele Vorkehrungen zum Besten jener Länder, die um so -mehr in Erstaunen setzen, da er nicht einmal des Lesens und des Schreibens -kundig war. Er wurde im Jahr 1541 durch einen Anverwandten Almagro’s -getödtet, nachdem früher dieser von Pizarro zum Tode verurtheilt -worden war. Die Stadt Lima verdankt ihm ihre Gründung. Sonst ist -sein Nahme mit der Beigabe eines grausamen Eroberers auf die Nachwelt -gekommen. (Siehe <span class="antiqua"><em>W. Robertson History of America in II Volumes -London</em> 1777</span>.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-43" id="footnote-43">[43]</a> Vers 386. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Casas</em> (Bartholomeo de las), Bischof von Chiapa in Mexico, im J. -1471 in Sevilla geboren. Schon in seinem 19. Jahre reiste er mit dem -<a id="page-401" class="pagenum" title="401"></a> -Weltentdecker Columbus nach St. Domingo, kehrte aber von dort wieder -nach Spanien zurück, um sich im Orden der Dominikaner zum Missionär -vorzubereiten. Voll glühendem Enthusiasmus für ein wichtiges Anliegen -der Menschheit, stand er beinahe durch 50 Jahre als ein Anwald der mißhandelten -Einwohner der neuen Welt da, und schrieb, und unternahm -häufige Reisen nach Europa, sie vor dem Throne zu vertreten; doch war -das Interesse so vieler Großen dabei gefährdet, und er starb im Jahr 1556 -zu Madrid, ohne daß er bedeutende Vortheile für jene erwirkt hätte. Unter -seinen Schriften (gedruckt Sevilla im J. 1552) ist auch eine Geschichte von -Westindien. (Siehe <span class="antiqua">Perez del Castillo Mex. Hist.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-44" id="footnote-44">[44]</a> Vers 521. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Freundsberg</em> (Georg von <em>Frundsberg</em>, <em>Frondsberg</em> &c. Herr -von Mindelheim, geb. 1475 und gest. 1528 daselbst), kaiserlicher Feldherr, -wegen seiner persönlichen Tapferkeit und Leibesstärke berühmt, da er ein -wildanlaufendes Pferd sogleich fest halten, und den stärksten Mann mit -einem Finger von der Stelle drängen konnte. Er bildete sich unter Max I. -und Carl V. in der Kriegskunst aus, half dem Letztern die Schlacht von -Pavia (im J. 1525) gewinnen, und führte auch das folgende Jahr 12,000, -auf eigene Kosten geworbene Krieger, dem kais. Feldherrn Carl von Bourbon, -gegen Clemens VII. nach Italien zur Verstärkung zu, wo ihn bei -Ferrara, bei einem Aufstand der Krieger wegen rückständiger Löhnung, der -Schlag traf, und dann zwei Jahre darauf sein Tod erfolgte. (<em>Siehe Herrn -Georgen und Kasparn von Frundsberg ritterliche Kriegsthaten. — <span class="antiqua">Jov. -in Elog. Hist.</span></em>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-45" id="footnote-45">[45]</a> Vers 592. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Byrsa</em> hieß die Burg von Karthago, auf dem Gipfel eines steilen -Felsens, um welchen ringsher die einst mächtige Stadt Karthago erbaut -war. Dort befand sich der herrliche Tempel des Aeskulap, zu welchem man -auf 50 Stufen hinanstieg, und in dessen Flammen die Gattinn Hasdrubals, -der zu dem Zerstörer Karthago’s, Scipio, überging, sich stürzte, nachdem -sie vorher im Angesichte der Römer und ihres feigen Gemahls, ihre beiden -Kinder ermordet hatte. J. 146 vor Chr. G. (<em>Siehe Vierthalers -phil. Gesch. der Menschen und Völker. V. Band.</em>) -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-7"> -<a id="page-402" class="pagenum" title="402"></a> -Siebenter Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-46" id="footnote-46">[46]</a> Vers 85. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Zama</em>, der Ort, vor welchem der große Held Karthagos, Hannibal, -durch den römischen Feldherrn Scipio im J. 201 vor Chr. überwunden -ward, lag zwischen Adrumetum und dem, fünf Tagreisen davon entfernten, -Karthago. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-47" id="footnote-47">[47]</a> Vers 190. -</p> - -<p class="footnote2"> -An dem Ufer des <em>Bagrada</em> (h. z. T. Medscherdah), der nicht fern -von Utika vorüberfloß, soll der Consul M. Atil. Regulus eine ungeheure -Schlange, deren Länge auf 120 Fuß angegeben wird, mit Katapulten beschossen, -und getödtet haben. (<span class="antiqua"><em>A. Gell.</em> L. VI. c. 3. — <em>Valer. Max.</em> -L. I. c. 8.</span>) Wahrscheinlich war sie eine Riesenschlange (<span class="antiqua">Boa Constrictor</span>). -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-48" id="footnote-48">[48]</a> Vers 329. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Barda</em> heißt die Sommerresidenz des Dey von Tunis, mit einem -weitläufigen Schlosse, und den schon zu Carls V. Zeiten berühmten bardäischen -Gärten an der Küste von Maritia. Sie liegt an der Westseite -von Tunis, und hängt durch die Gärten mit der Stadt zusammen. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-49" id="footnote-49">[49]</a> Vers 410. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Houris</em> sind, nach Muhameds Lehre, die blendend schönen Jungfrauen, -welche von zarter, ätherischer Gestalt, die Seligkeit der Männer -in seinem Paradiese ausmachen. Die Schilderungen von ihnen sind ganz -in dem orientalisch-üppigen Geschmack entworfen. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-8"> -Achter Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-50" id="footnote-50">[50]</a> Vers 54. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Laufgräben</em> (<span class="antiqua">tranchée’s</span>) sind drei bis sechs Fuß tiefe, zehn und -zwölf Fuß breite, in verschiedener Richtung gegrabene Wege, welche mit -der zum Wall, gegen eine belagerte Festung aufgeworfenen Erde, die Belagerer -in den Stand setzt, sich ihr mit Sicherheit nähern zu können. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-51" id="footnote-51">[51]</a> Vers 199. -</p> - -<p class="footnote2"> -<a id="page-403" class="pagenum" title="403"></a> -<em>Thor der Glückseligkeit</em>, heißt der Eingang zu dem Harem des -Großherrn, der dem Aga der Verschnittenen anvertraut ist. (<em>Siehe Hrn. -Joseph von Hammers Verfassung des osmanischen Reichs, -Band II. Seite 9.</em>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-52" id="footnote-52">[52]</a> Vers 201. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Circassien</em>, eine große Landschaft in Asien, welche sich von dem -schwarzen bis zum caspischen Meere erstreckt, und nördlich von dem Caucasus -begränzt wird. Ihre Bewohner, sowohl männlichen als weiblichen -Geschlechts, sind sehr wohlgestaltet, und die Letzteren werden vorzüglich für -die türkischen Harems gesucht. Ihre Männer sind treffliche Reiter, ungemein -tapfer im Felde, und daheim Verehrer des Gastrechts. Der größte -Theil ihres Landes ist dermalen unter russischer Bothmäßigkeit. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-53" id="footnote-53">[53]</a> Vers 284. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Bagrada</em>, h. z. T. Medscherdah, ein Fluß, der in der Nähe von -Buschatter (Utika) sich in das Mittelmeer ergießt. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-9"> -Neunter Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-54" id="footnote-54">[54]</a> Vers 15. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Turkestan</em>, das eigentliche Stammland der heutigen Türken, ist -eine Landschaft in Mittel-Asien, die von dem Königreiche des großen Moguls, -von der großen Tartarey, von Catay und Zagatey begränzt wird. -Das Land ist sehr fruchtbar, dessen Einwohner Tartaren sind, und sich -zur muhamedanischen Lehre bekennen. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-55" id="footnote-55">[55]</a> Vers 58. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Varus</em> (Quintilius), unter Augusts Regierung erst Proconsul in -Syrien, dann in denen, seit Julius Cäsar eroberten deutschen Provinzen, -wurde durch das Haupt der Cherusker, Hermann, aus seinem verschanzten -Lager bis in den Teutoburger-Wald, h. z. T. Grafschaft Lippe, gelockt -und dort sammt seinen drei Legionen zu Grunde gerichtet. Varus entleibte -sich selbst. August soll sich bei der erhaltenen Nachricht die Haare -gerauft, und ausgerufen haben: „<em>Varus, schaffe mir meine -Legionen wieder!</em>“ (<span class="antiqua"><em>Tacit. Sveton. Velej. Pater.</em> L. I. 2.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-56" id="footnote-56">[56]</a> Vers 103. -</p> - -<p class="footnote2"> -<a id="page-404" class="pagenum" title="404"></a> -<em>Beduinen</em>, oder nomadische Araber, sind unabhängige, freie Stämme -muhamedanischer Religion, die unter ihren Fürsten (Emir) oder Familienhäuptern -(Scheich) die Wüste, größten Theils unter Zelten lebend, bewohnen. -Sie sind Krieger und Hirten zugleich, und verachten stolz alle übrigen -Beschäftigungen. Seit Jahrtausenden sind ihre Sitten dieselben geblieben, -wie sie in den allerältesten Urkunden, nämlich in der h. Schrift, durch -Moses, geschildert werden. (<em>Niebuhr, Beschreibung von Arabien</em>, -S. 379 und f. — <em>D’Arvieux</em> III. 125.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-57" id="footnote-57">[57]</a> Vers 382. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Natter</em>. (<span class="antiqua">Cerastes</span>) <em>Hornschlange</em> — nach dem Volksglauben -auch die <em>Königsschlange</em> genannt, weil sie, laut jenem, eine Krone -auf dem Haupte haben soll. Die arabischen Gaukler pflegen der Hornschlange -zarte Vogelklauen einzusetzen, um damit das Volk zu täuschen. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-58" id="footnote-58">[58]</a> Vers 477. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Bürgerkrone</em>, war bei den Römern eine große Auszeichnung für -Jenen, der in der Schlacht einem Bürger das Leben gerettet hatte. Sie -war von Eichenlaub gemacht, und führte die Aufschrift: „<span class="antiqua">Ob civem servatum.</span>“ -Bei Schauspielen, oder im Senate, wo sie getragen wurden, stand -die ganze Versammlung vor ihm auf. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-59" id="footnote-59">[59]</a> Vers 520. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Cornelia</em>, die Mutter der Gracchen, war die Tochter des älteren -Scipio, des Siegers bei Zama, und hatte zwei Söhne, Tiberius Sempronius, -und Cajus, mit ihrem verstorbenen Gatten, Tib. Semp. Gracchus, -erzeugt, der zweimal Consul war, und die Insel Sardinien eroberte. -Jene beiden, von ihrer trefflichen Mutter gebildeten, und mit den schätzbarsten -Eigenschaften ausgerüsteten Söhne, fanden in den, von ihnen erregten -bürgerlichen Gährungen (der ältere im J. 133, und der jüngere im -J. 121 vor Chr.) den Tod, indem sie als Tribunen zu sehr nach der Volksgunst -gestrebt, und das agrarische Gesetz gegen den Senat durchzusetzen gesucht -hatten. (<span class="antiqua"><em>Liv.</em> I. 41. c. 12. — <em>Valer. M. Plutarch</em> etc.</span>) -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-10"> -<a id="page-405" class="pagenum" title="405"></a> -Zehnter Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-60" id="footnote-60">[60]</a> Vers 116. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Zender</em> und <em>Gingir</em>, zwei große, gen Süden unterhalb des Aequators -liegende Länder in Afrika, unter dem 50-55. Grad der Länge, und -dem 5-8. Grad der Breite. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-61" id="footnote-61">[61]</a> Vers 117. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Gleicher</em>, Aequator der Erde, oder Aequinoctial-Linie, und von den -Seefahrern die <em>Linie</em> genannt, ist derjenige größte Kreis unserer Erdkugel, -der von den Polen der Erde in allen Punkten um neunzig Grade absteht. -Alle Orte, die er durchschneidet, haben gleich lange Tage und Nächte: daher -der Nahme <em>Aequator</em>. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-62" id="footnote-62">[62]</a> Vers 146. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Altai</em>, auch <em>Belgian</em> genannt, ein großes Gebirg Asiens in der -Nord-Tartarey, und im Königreiche Montgal. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-63" id="footnote-63">[63]</a> Vers 146. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Ural</em>, in der tartarischen Sprache ein <em>Gürtel</em>, ist die beinahe -300 Meilen lange Gebirgskette, die von dem caspischen Meere beginnend, -Europa von Asien scheidet, und Sibirien von dem übrigen Theile Rußlands -trennt. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-64" id="footnote-64">[64]</a> Vers 160. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Samum</em> von den Arabern; von den Hebräern <a id="corr-6"></a><span class="hebrew">זִלְעָפָה</span>; von den -Türken <em>Samyel</em>, und in Afrika Hamaddan genannt, ein heißer Wind, -der in den Monathen Juni und Juli in Arabien, Persien, Babylonien, -und in den Wüsten von Aegypten; aber am heftigsten, zuweilen schon im -März und noch im November, in Nubien weht. Er dauert höchstens nur -7 bis 8 Minuten, aber er tödtet augenblicklich Alle, die aufrecht stehen; -daher ist es nöthig, sich auf das Antlitz niederzuwerfen, die Sohlen dem -Winde zuzukehren, und so wenig als möglich Athem holend, den Mund -auf den Boden zu pressen. So streicht er dann unschädlich vorüber, da er -zwei Schuh hoch über der Erde dahin zieht, aber dennoch ein heftiges Zittern -und starken Schweiß verursacht. Die Thiere tödtet er zwar nicht, doch -senken auch sie den Kopf zur Erde, und zittern am ganzen Leibe. Die Vorbothen -des Samums sind, nach Brüce, röthliche Sandsäulen, die sich in -<a id="page-406" class="pagenum" title="406"></a> -die Luft erheben und stets näher schweben. Die Getödteten werden sogleich -schwarz und zu Mumien gedörrt. (<em>Brüce’s Reisen &c. im Auszug -Rinteln</em> I. S. 496 und S. 129 folg. &c. — <span class="antiqua"><em>Thevenot Voy.</em></span> 295. — Ives -II. 83. &c.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-65" id="footnote-65">[65]</a> Vers 358. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Kairvan</em> (Cairoan, Carvan), eine Stadt im Gebiethe von Tunis -nicht ferne von dem Meerbusen von Kabesch. Sie war die erste, welche -die Muhamedaner in Afrika, unter dem dritten Kalifen in Syrien, Ottmann, -gegründet hatten, und wegen ihrer hohen Schule berühmt. Doch -wurde sie, bald nach der Heimkehr Carls V. von Tunis, mit diesem Königreiche -vereinigt. (<span class="antiqua">Marmol. Africae L. 6.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-66" id="footnote-66">[66]</a> Vers 359. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Constantina</em> (Cuguntina), die Stadt, nach Einigen das alte Cirtha, -in Nord-Afrika, liegt auf einem hartzugänglichen Felsengebirge, weßwegen -sie überaus fest ist, und gehört nun zu Algier. Zu Anfange des vierten -und fünften Jahrhunderts sind da zwei Concilien gehalten worden, von -welchen in den Werken des h. Augustinus die <span class="antiqua">Acta</span> aufbewahrt sind. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-67" id="footnote-67">[67]</a> Vers 510. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Die volle Lage geben</em>, heißt das schnelle Abfeuern aller Kanonen -auf der Seite eines Kriegsschiffes. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-68" id="footnote-68">[68]</a> Vers 732. -</p> - -<p class="footnote2"> -<span class="antiqua">„The Emperor marched into the Goletta through the breach; and -turning to Muley-Hassan, who attended him, „Here“ — Says he — „is -a gate open to you, by which you shall return to take possession of -your dominions.“ (<em>Robertson Histor. of Charles V. III. T. -Book V.</em>)</span> -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-11"> -Eilfter Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-69" id="footnote-69">[69]</a> Vers 44. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Vampyren</em>, die größte Gattung der Fledermäuse; und unter diesen -wird hier der so genannte <em>Blutsauger</em> (<span class="antiqua">V. Spectrum</span>) gemeint, dessen -Heimath die neue Welt, Surinam, Guiana, Brasilien u. s. w. ist. Durch -<a id="page-407" class="pagenum" title="407"></a> -das Wehen seiner Flügel erquickt er den Schlummernden, leckt ihm mit -seiner rauhen Zunge die Haut auf, und wenn das Blut, an welchem er -sich satt gesogen hatte, aus einer Hauptader strömt, so kann sich der Fortschlummernde -leicht verbluten. (<em>S. Tob. Wilhelm Unterh. aus der -Naturgeschichte der Säugethiere</em>, 1. Thl.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-70" id="footnote-70">[70]</a> Vers 255. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Valladolids Turnierbahn</em>. Carl V. ließ in seinem bereits vorgerückten -Jünglingsalter noch wenig von dem hohen Verstande, und der -Thatkraft ahnen, die ihn in der Folge als Herrscher so sehr auszeichneten, -so, daß Viele, die nicht tief genug sahen, versucht waren, ihn für blödsinnig -zu halten, bis er auf dem Turniere zu Valladolid (im J. 1517), -durch seine Gewandtheit in allen ritterlichen Uebungen, und den Wahlspruch -seines Schildes: „<span class="antiqua"><em>Nondum!</em></span>“ All’ in Erstaunen setzte. (Siehe -<em>Freih. von Hormayrs Oestr. Plut. 6. Heft</em> S. 423.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-71" id="footnote-71">[71]</a> Vers 259. -</p> - -<p class="footnote2"> -Während Carl V. nach seiner Wahl zum röm. Kaiser, und wegen -entstandener Feindseligkeiten mit Frankreich, in Deutschland, in den Niederlanden -und in England, von Spanien abwesend war, brach Empörung -und Bürgerkrieg in allen Theilen dieses Königreichs aus. Er begann im -Mai 1520 zu Toledo, wo das Haupt der Empörer, Don Juan de Padilla, -Sohn des Commandanten von Castilien, war, und in den spätern Gefechten, -im April des Jahrs 1521 von dem Generale der königlichen Truppen -gefangen und enthauptet ward. (<span class="antiqua"><em>Robertson History of the Reign -of the Emp. Charles V. II. Volume. B. 3.</em></span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-72" id="footnote-72">[72]</a> Vers 262. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Franz I.</em>, König von Frankreich, bewarb sich sehr heiß um die deutsche -Kaiserkrone; da aber diese seinem Nebenbuhler, Carl V., zu Theil ward, -so trieb ihn, von jener Zeit an, die Rachgier unaufhörlich, diesen zu demüthigen, -und ihm in seinen Unternehmungen Hindernisse in den Weg zu legen. -Vereint — und Beide hatten so viele Ursache, sich gegenseitig zu achten! — hätten -sie unsäglichem Jammer, der erst Deutschland, dann mehrere -Länder Europa’s traf, wehren können. (<em>Siehe obiges Werk</em>, II. B.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-73" id="footnote-73">[73]</a> Vers 265. -</p> - -<p class="footnote2"> -Den Titel <em>christlichste Majestät</em>, führten die Könige von Frankreich -bis auf die neuesten Zeiten, und zwar seit Chlodwig dem G. J. 496, -wo er ihm selber von dem Pabst beigelegt ward. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-74" id="footnote-74">[74]</a> Vers 266. -</p> - -<p class="footnote2"> -<a id="page-408" class="pagenum" title="408"></a> -Franz I. war der erste christliche Fürst, der mit dem Erbfeind der -Christenheit offenbar in ein Bündniß trat. La Forest, sein Geschäftsträger -in Constantinopel, schloß (im J. 1336) solches mit Solyman II. ab, vermöge -welchem dieser Neapel und Ungarn feindlich überziehen sollte. Es -wurde ihm auf eine furchtbare Art Genüge geleistet! (<em>Siehe obiges -Werk</em>, III. B.) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-75" id="footnote-75">[75]</a> Vers 278. -</p> - -<p class="footnote2"> -Man sehe <em>Vogts Staats-Relationen</em>. VI. Bandes 2. Heft. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-76" id="footnote-76">[76]</a> Vers 289. -</p> - -<p class="footnote2"> -Der <em>Bauernkrieg</em> in Franken und Schwaben wurde durch <em>Johann -Böhme</em>, einen Bänkelsänger im Würzburgischen, veranlaßt, wo er Freiheit -und Gleichheit aller Stände predigte. Der Krieg kam dort im J. 1525 -zum Ausbruch, und kostete über 50,000 Bauern das Leben. Mehr als -180 Schlösser und Burgen lagen im Schutt, und 26 Klöster waren vernichtet. — Er -verpflanzte sich auch nach Sachsen und Thüringen, wo -<em>Thomas Münzer</em>, erst Schullehrer in Aschersleben, dann Prediger in -Zwickau, sich mit dem Haupte der Wiedertäufer, <em>Klaus Storch</em>, verband, -und später zu Altstedt in Thüringen die Gemeinschaft der Güter -predigte. Er kehrte nach Sachsen zurück, verband sich mit einem andern -Schwärmer, <em>Pfeiffer</em>, und sammelte einen großen Haufen Aufrührer -um sich, bis er gegen die ausgesandten sächsischen, hessischen und braunschweigischen -Heerhaufen (15. Mai 1525) die Schlacht verlor, sammt seinem -Anhänger, Pfeiffer, gefangen, und in Mühlhausen hingerichtet ward. -(<span class="antiqua"><em>Sleidan. de statu rel.</em> L. 5. — <em>Fabritius de orig. Sax.</em></span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-77" id="footnote-77">[77]</a> Vers 293. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Der dreißigjährige Krieg</em> (von 1618-1649) — eine Folge der -Reformation — biethet ein Schauspiel unerhörter Grausamkeiten dar. -Während diesen ward Deutschland von einem Ende zum andern durch Mord -und Brand verödet, und um viele Millionen Menschen ärmer gemacht. -Der westphälische Friede setzte ihm zwar ein Ziel; aber was durch ihn zerstört -worden, wird wohl keine Zeit mehr ersetzen. (<em>Siehe Schillers -und Westenrieders Geschichte des dreißigjährigen Krieges.</em>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-78" id="footnote-78">[78]</a> Vers 315. -</p> - -<p class="footnote2"> -Die Geschichte von beinahe zwei Jahrzehenden vor der Völkerschlacht -von Leipzig liefert die unwiderlegbaren Belege zu dieser Stelle! -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-79" id="footnote-79">[79]</a> Vers 320. -</p> - -<p class="footnote2"> -<a id="page-409" class="pagenum" title="409"></a> -18. Oktober 1813!! -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-80" id="footnote-80">[80]</a> Vers 328. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Leser!</em> möchte dir der Zuruf nicht fremd seyn, welchen der gütigste -Landesvater am 1. Hornung 1806 an seine Völker richtete, und der mit den -Worten beginnt: „Ich habe meinen guten und treuen Völkern den Frieden -gegeben!“ — und mit den Worten endet: „Durch das wechselseitige Band -des festesten Vertrauens und der innigsten Liebe mit meinen Unterthanen -verbunden, werde ich nur dann erst glauben, meinem Herzen als Fürst -und Vater genug gethan zu haben: wenn Oestreichs Flor fest gegründet, -wenn vergessen ist, was seine Bürger litten, und nur das Andenken an -meine Opfer, an ihre Treue, und an ihre hohe unerschütterliche Vaterlandsliebe -noch lebt!“ -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-81" id="footnote-81">[81]</a> Vers 342. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>St. Just</em>. Nicht ferne von der Stadt Placenzia, in Estremadura, lag -das einsame Kloster der Hieronymitaner, St. Just, das Carl V. viele Jahre -vor seiner Abdankung zu seinem einstigen Asyl erkoren hatte. Es lag in -einem lieblichen Thale mit einem hellen Bach, mit Hügeln und Wäldern -umher, und war wegen seiner gesunden Luft berühmt. Einige Monate -vor seiner Ankunft erschienen dort Werkleute, die seine aus fünf bis sechs -Klosterzellen bestehende Wohnung, mit einem Ausgang in den Garten, -den er selbst pflegen, und dem andern in die Capelle, wo er seine Andacht -halten wollte, bereiteten. Er zog daselbst am 24. Februar des J. 1557 ein, -und starb am 12. September 1558 in seinem 59. Lebensjahre. -</p> - -<h3 class="sub" id="chapter-14-12"> -Zwölfter Gesang. -</h3> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-82" id="footnote-82">[82]</a> Vers 336. -</p> - -<p class="footnote2"> -<em>Grätz</em>, die Hauptstadt der Steyermark, und der Sitz des Guberniums -von Inner-Oestreich, mit beiläufig 40,000 Einwohnern. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-83" id="footnote-83">[83]</a> Vers 340. -</p> - -<p class="footnote2"> -Im Jahre 1532 stand Solymann II. mit einer ungeheuren Macht vor -Wien, und zog sich bei der Annäherung Carls V., der an der Spitze eines -<a id="page-410" class="pagenum" title="410"></a> -Heeres von mehr denn 90,000 Mann zum Entsatz herbeieilte, durch Ungarn -bis nach Constantinopel zurück. (<span class="antiqua"><em>Jov. Hist.</em> L. 30. p. 100.</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-84" id="footnote-84">[84]</a> Vers 344. -</p> - -<p class="footnote2"> -Bei der Beschreibung des letzten Kampfes vor Tunis, führt Jovius -(<span class="antiqua"><em>Hist.</em> L. 34. p. 361 <em>apud Schard.</em></span>) die Worte Carl V. an, der mitten -im Kugelregen Del Guasto diese Antwort gab. (<span class="antiqua">„Subridens Caesar, et ne -id timeret, subdens, quando Augustorum Caesarum nemo unquam -tormenti violentia concidisset.“</span>) -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-85" id="footnote-85">[85]</a> Vers 555. -</p> - -<p class="footnote2"> -Psalm 125. -</p> - -<p class="footnote"> -<a class="footnote" href="#fnote-86" id="footnote-86">[86]</a> Vers 608. -</p> - -<p class="footnote2"> -Robertson sagt von der Plünderung der Stadt Tunis durch die Christen -(<span class="antiqua"><em>History of the Reign of the Emperor Charles</em> V. Vol III. -p. 115</span>): „<span class="antiqua">Above thirty thousand of the innocent inhabitants perished -on that unhappy day, and ten thousand were carried away as slaves.</span>“ — Eutropius -im Werke (<span class="antiqua"><em>Diarium Expeditionis Tunetanae</em> -p. 334. <em>apud Schard.</em></span>) sagt: „<span class="antiqua">Post introitum Imperatoris in urbem, -ecce tibi Miles Hispanus aliquotque alii stationarii, passim in aedes -magno impetu irruunt, .... <em>Mauros resistentes</em> occidunt, spoliant, -compilant, evertunt omnia cum pulvere.</span>“ — <span class="antiqua"><em>P. Jovius Hist. Lib.</em> -34. pag. 363 <em>apud Schard</em></span> sagt: „<span class="antiqua">Primus inhiantium praedae impetus, -uti invadentium et effringentium fores varii casus tulerunt, promiscua -caede cruentus fuit.</span>“ — Beide setzen hinzu: „<em><span class="antiqua">Caesar sevitiae modum -imposuit, pronunciarique jussit, capitale fore, -si quis Tunetanum violaret civem, aut in servitutem abduceret.</span></em>“ — Sepulveda, -dem Carl V. sein ganzes Leben erzählte, und -mit jenen Beiden ihm gleichzeitig war, sagt: „<span class="antiqua">In hac direptione ex oppidanis -<em>pauci</em> gladio conciderunt, et hi suo magna ex parte stulto consilio, -qui muros rebus desperatis, ne conati quidem tueri, suas domos, -uxoresque et liberos defendere quidam tentaverunt. Qua temeritate -milites irritati <em>in nonnullos</em> sine discrimine parumper saevierunt, -praesertim Germani etc.</span>“ (Siehe: <span class="antiqua"><em>Opera P. Sepulvedae</em> Vol. I. p. -405. Matriti ex Typ. Reg. 1780.</span>) — Dieß zur Würdigung obiger Geschichte! -</p> - -</div> - -<div class="trnote"> -<p class="transnote"> -Anmerkungen zur Transkription -</p> - -<p> -Die Schreibweise der Buchvorlage wurde weitgehend beibehalten. -</p> - -<p> -Satzzeichen wurden in eindeutigen Fällen stillschweigend korrigiert. Einige wenige -weitere Fehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt, teilweise unter Verwendung -weiterer Ausgaben (vorher/nachher): -</p> - - - -<ul> - -<li> -... Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und <span class="underline">lauft</span> auf dem Sandpfad ...<br /> -... Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und <a href="#corr-2"><span class="underline">läuft</span></a> auf dem Sandpfad ...<br /> -</li> - -<li> -... Samum von den Arabern; von den Hebräern <span class="underline"><span class="hebrew">וִלְעָפָהּ</span></span>; von den ...<br /> -... Samum von den Arabern; von den Hebräern <a href="#corr-6"><span class="underline"><span class="hebrew">זִלְעָפָה</span></span></a>; von den ...<br /> -</li> -</ul> -</div> - - - - - - - - - -<pre> - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Tunisias, by Johann Ladislav Pyrker - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK TUNISIAS *** - -***** This file should be named 56086-h.htm or 56086-h.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/6/0/8/56086/ - -Produced by richyfourtytwo, Heiko Evermann, Jens Sadowski, -and the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net. - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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