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-The Project Gutenberg EBook of Tunisias, by Johann Ladislav Pyrker
-
-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
-other parts of the world at no cost and with almost no restrictions
-whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of
-the Project Gutenberg License included with this eBook or online at
-www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have
-to check the laws of the country where you are located before using this ebook.
-
-Title: Tunisias
- Johann Ladislav Pyrker's sämmtliche Werke (1/3)
-
-Author: Johann Ladislav Pyrker
-
-Release Date: November 30, 2017 [EBook #56086]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: ISO-8859-1
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK TUNISIAS ***
-
-
-
-
-Produced by richyfourtytwo, Heiko Evermann, Jens Sadowski,
-and the Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net.
-
-
-
-
-
-
- [Illustration: Pyrker]
-
-
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-
- Johann Ladislav Pyker's
-
- sämmtliche Werke.
-
-
- Neue durchaus verbesserte Ausgabe.
-
- Erster Band.
-
-
- Stuttgart und Tübingen.
- J.B. Cotta'scher Verlag.
- 1855.
-
- [Illustration: Tunisias]
-
-
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-
- Tunisias.
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-
- Ein Heldengedicht in zwölf Gesängen.
-
-
-
-
- Inhalt der zwölf Gesänge.
-
-
- Erster Gesang.
-
-Eingang. Ein Eilbothe meldet dem Kaiser, die Schiffsmacht der Feinde sey
-gegen Barcellona im Anzug. Zugleich kommt Muley Hassan, der vertriebene
-König von Tunis, von ihm Schutz zu erflehen. Des Kaisers Abendgebeth im
-Dom zu Madrid. Die Stunde der Weihe. Muhamed in der Felsenhöhle des
-Aetna. Er erhebt sich mit seiner Geisterschar dem Hairaddin helfend zu
-nahen.
-
-
- Zweiter Gesang.
-
-Der Kaiser beruft noch in der Nacht die Versammlung der Cortes, und eilt
-mit Muley Hassan nach Barcellona. Aus dem Schooße des Erdballs ziehen
-Hannibal, Hermann, und Regulus dem Kaiser zu Hülfe. Regulus eilt nach
-Tunis voraus, und haucht den gefangenen Christen Trost ein. Muhamed ruft
-aus dem übersinnlichen Raum noch den Attila zu Hülfe. Er erregt
-Mißtrauen in Muley Hassans Brust. Nächtliche Landung, und Raub der
-Corsaren.
-
-
- Dritter Gesang.
-
-Ein Theil der Seemacht versammelt sich vor Barcellona. Erst kommt Doria,
-dann Ludwig von Portugal, dann Ruyter mit den Niederländern. Der andere
-Theil an der wälschen Küste zu Porto Venere. Einschiffung der Wälschen
-und Deutschen. Aufzählung der deutschen Scharen. Ihre Abfahrt. Nacht.
-Muhamed erregt den Corsaren, Abdul, das nachsegelnde Schiff Sarno's zu
-entern. Sarno gefangen. Die römische Macht vereint sich mit jenen.
-Ankunft vor Neapel. Toledo, des Vicekönigs Sohn, dessen von den Corsaren
-geraubte Gattinn, Mathilde, sich zu Tunis befindet, schließt sich mit
-Neapels Macht an. Abfahrt nach Cagliari.
-
-
- Vierter Gesang.
-
-Ankunft des Kaisers zu Barcellona. Einschiffung und Abfahrt nach
-Cagliari. Ausbruch des Aetna. Seesturm. Morgen. Die feindliche
-Schiffsmacht jener des Kaisers entgegen. Die Geister nahen. Muhamed eilt
-nach Afrika voraus. Die übrigen bleiben. Doria fordert vom Kaiser die
-Schlacht, und die Leitung derselben. Hermann will den Kaiser selbst zum
-Oberbefehle vermögen: dieser widersteht. Seeschlacht. Die feindliche
-Flotte anfangs im Vortheil. Regulus dringt in den Doria sie zu trennen.
-Die feindliche Schiffsmacht vernichtet. Sarno befreiet. Hannibal tritt
-bei dem Anblick des waltenden Römers auf die Seite Hairaddins, und eilt
-in sein altes Vaterland. Abfahrt nach Tunis.
-
-
- Fünfter Gesang.
-
-Auf dem Wege schließt sich das Geschwader Maltha's an. Drohende
-Wachfeuer an der afrikanischen Küste. Ankunft vor Buschatter (Utika),
-dann am Vorgebirge Karthago's, und Goletta. Der Kaiser sendet zwei
-Späherschiffe die Landungsplätze zu erkunden. Hairaddin wird die Ankunft
-der Christen gemeldet. Er eilt nach Goletta. Muhamed erregt ihn, eines
-der Späherschiffe vernichten zu lassen. Drauf beruft er seine Feldherrn
-zum Kriegsrath, und kehrt nach Tunis zurück. Regulus zeigt Hugo, dem
-treuen Diener Mathildens, die Weise sie zu retten. Kurd.
-
-
- Sechster Gesang.
-
-Der Kaiser entläßt aus dem Kriegsrath die versammelten Feldherrn.
-Waffnet sich. Landung. Seine Rede an das gelandete Heer. Ordnung
-desselben. Dragut, in dessen Macht sich Mathilde befindet, nahet mit dem
-Vortrab. Vorkampf. Lichtstein verjagt die Feinde. Attila reitzt den
-Dragut zurückzukehren; er fordert den feindlichen Führer zum Zweikampf.
-Toledo ihm entgegen. Sie verwunden sich beide, und werden getrennt. Die
-Maltheser beschießen vom Meere heran die feindliche Stellung, landen,
-und verjagen mit Lichtsteins Reitern den Vortrab. Hairaddin, der ihm zu
-Hülfe eilt, wird mit fortgerissen. Das christliche Lager noch in der
-Nacht auf Karthago's Stätte erbaut. Der Kaiser im Kreise der Krieger
-entschlummert. Ihm nahet Hermann, und kündet ihm seine Siege jenseits
-der Meere. Die Krieger entflammen die Lagerfeuer, kochen ab, und
-genießen das Nachtmahl. Kurd kündet Toledo die Rettung Mathildens.
-Attila erregt den Sinam das Lager der Christen zu überfallen. Viele
-Christen getödtet. Hardwins Opfertod. Rogendorf, der Feldzeugmeister,
-feuert mit Donnerröhren in die Feinde. Salis verfolgt mit den
-tyrolischen Schützen die Fliehenden, und wird von dem Kaiser
-ausgezeichnet.
-
-
- Siebenter Gesang.
-
-Morgen. Der Kaiser auf den Ruinen Karthago's. Muhamed und Attila mit
-ihren Scharen erregen im Cedernwald von Zafrano eine Riesenschlange, die
-Christen an der Errichtung der Schanzen zu hindern. Viele durch sie
-getödtet. Ludwig eilt ihnen zu Hülfe. Regulus. Die Riesenschlange durch
-Ludwig erlegt. Die Schanzen gegen Goletta erbauet. Sarno mit den
-Wälschen besetzt die äußersten Schanzen. Alba als Friedensgesandter zu
-Tunis. Der Friede von Hairaddin verworfen. Mathilde. Hugo macht ihr die
-Anstalten zu ihrer Rettung bekannt. Die Beschießung Goletta's beginnt.
-Große Hitze. Saleck greift die Schanzen der Wälschen an. Sarno, aus den
-Schanzen gelockt, tödtet den Saleck, aber auch er wird durch eine Kugel
-getödtet. Seine Krieger kehren mit seiner Leiche fechtend zurück.
-
-
- Achter Gesang.
-
-Der Kaiser tröstet die Krieger Sarno's, und gebiethet der Veste durch
-Schanzen und durch bedeckte Wege näher zu rücken. Hugo hilft Mathilden
-entfliehen, und wird gefesselt in die Kerker der Hochburg geschleppt.
-Mathilde in der Höhle des Olivenwaldes empfindet die Wehen der nahen
-Entbindung. Cornelia. Hairaddins Unruhe. Muhamed erregt den
-Verschnittenen Memi, ihn durch Tanz und Spiele circassischer Jungfrauen
-zu erheitern, aber vergebens. Hairaddin heißt den Tobukes die Schanze
-der Spanier stürmen. Die Spanier überwältigt, fliehen. Der Kaiser, von
-Hermann gewarnt, eilt heran, und die Feinde werden zurückgetrieben.
-Tobukes ermordet sich selbst. Hairaddin rückt durch das Olivengehölz
-vor. Toledo mit Kurd auf dem Wege zur Höhle, kehrt bei Erblickung der
-Feinde zurück in das Lager, wo der Kaiser eben Heerschau hält. Dieser
-sendet den Lichtstein mit erlesenem Volk die Bergschanze zu erstürmen,
-und rückt mit einem Theile des Heeres dem Feinde entgegen.
-
-
- Neunter Gesang.
-
-Muhamed und Attila treiben die Feinde eilender vor. Angriff Hairaddins
-in dem Olivengehölz. Die Spanier weichen. Mendoza führt sie wieder vor.
-Er wird verwundet. Garzia Lasso führt ihm die Reiterschar zu Hülfe.
-Erstürmung der Bergschanze. Hairaddin gebiethet erneuerte Schlacht.
-Muhamed bringt Garzia Lasso in große Gefahr, aus welcher ihn der Kaiser
-errettet. Mathildens Tod. Toledo dringt zur Höhle vor, und findet dort
-seine entseelte Gattinn. Heftiger Kampf an dem linken Flügel des Heeres.
-Ursini, der römische Feldherr, weicht; doch Alba bringt ihm mit den
-schwergeharnischten Reitern Hülfe, und zwingt auch Hairaddin zum
-Rückzug. Der Kaiser kommt zur Höhle, und führt Toledo nach dem Lager.
-
-
- Zehnter Gesang.
-
-Hannibal fordert den Sinam auf, das schwere Geschütz der Christen zu
-vernageln. Muhamed aber eilt mit Attila, und ihren Scharen nach dem
-Innern Aethiopiens, und erregt den Samum, daß er mit seinem Flammenhauch
-das christliche Heer vernichte. Giaffar stürmt die Schanze der
-Niederländer und Portugiesen, und vernagelt einiges Geschütz. Zweikampf.
-Don Ludwig tödtet den Giaffar. Sinam kommt den Seinen zu Hülfe. Heftiger
-Kampf. Der Samum nahet, wird aber von einem Unsterblichen
-zurückgetrieben. Erdbeben, Donner und Stürme wüthen. Der Kaiser befiehlt
-in denselben Goletta's Erstürmung. Rückzug des Feindes. Die letzte
-Beschießung der Veste beginnt. Die geordneten Scharen der Christen
-dringen vor. Goletta erstürmt.
-
-
- Eilfter Gesang.
-
-Nacht. Hairaddin sinnt auf Selbstmord. Muhamed dringt in ihn, die
-Christensclaven zu tödten. Sinam bringt ihn von seinem Entschlusse ab.
-Die Einwohner von Tunis werden entwaffnet. Regulus bewegt den Renegaten,
-Medelin, daß er den Christensclaven die Bande löse. Des Kaisers Trauer.
-Gespräch mit Eberstein, dem er seinen Entschluß entdeckt, einst in der
-Einsamkeit sein Leben zu enden. Toledo ermannt sich. Morgen, Feier des
-Abendmahls. Begrabung der Todten. Aufbruch des Heeres nach Tunis.
-Hairaddin nahet von dort mit dem Heere. Der Angriff wird auf den
-folgenden Tag verschoben. Er sendet den Abu-Sa-id, das Lager der
-Christen, im Rücken, zu stürmen. Hugo entkommt dem Kerker, und bringt
-dem Kaiser von den Christensclaven Kunde.
-
-
- Zwölfter Gesang.
-
-Morgen. Der Kaiser gibt das Zeichen des Angriffs. Salis vereitelt
-Abu-Sa-ids List, und tödtet ihn. Schlachtordnung der Christen. Der
-Kaiser hält eine Rede an sie, und führt sie dem Feinde entgegen. Die
-Geister der Schlacht entrückt. Vorgefecht. Heftiges Schießen aus dem
-großen Geschütz. Angriff. Dragut von Toledo getödtet. Allgemeine
-Schlacht. Toledo von Hairaddin erlegt. Die Feinde dringen vor, und
-umzingeln del Guasto, der sich in der Stellung des Vierecks wehrt. Der
-Kaiser kommt ihm zu Hülfe, und verwundet den Hairaddin. Letzter
-mörderischer Kampf. Flucht der Türken. Hugo findet seinen getödteten
-Herrn, und begräbt ihn in der Höhle des Olivenwaldes, an der Seite
-seiner Gattinn. Der Vortrab dringt in die Stadt. Der Kaiser langt an den
-Thoren an, wo ihm die Aeltesten entgegen kommen. Befreiung der
-Christensclaven. Einzug zu Tunis!
-
-
-
-
- Erster Gesang.
-
-
- Tön' o Heldengesang, die Waffenthaten des Kaisers
- Carol, die er vollbracht' auf dem wogenden Meer' und dem Festland,
- Als er vom schmählichen Joch tunisischer Räuber die Christen
- Lös'te mit Siegers Hand, Europa's zagenden Völkern
- Frieden errang, und dem Meer' erkämpfte die heilige Freiheit.
-
- Haben Unsterbliche jetzt, in der Stunde der Weihe, vor allen
- Mir das Auge berührt? Ich seh' urplötzlich der Geister
- Schauderumnachtetes Reich erhellt, und im freudigen Eilflug
- Zahllos schreiten einher die Heldensöhne der Vorwelt,
- Die in dem Schlachtengefild', entzweiet, die Völker empören;
- Sehe den Kaiser zuerst, im Sturm des Donnergeschützes,
- Werfen des Feindes Schiffheersmacht in den brausenden Abgrund;
- Dann ihn, laut umjauchzt von Tausenden, landen vor Tunis,
- Schimmern die Fahne des Siegs von Goletta, vom blutigen Schlachtfeld
- Fliehen den Feind, und dort in dem Staub die entfesselten Sclaven
- Knieen, und netzen des Retters Hand mit glühenden Thränen,
- Der, o Wonne, sie heim in das Vaterland, und entgegen
- Segnenden Lieben führt aus Schmach, und Qual, und Verzweiflung!
- O wie bebt mir die Brust: herauf aus den Tiefen des Herzens
- Strömt der Gesang, und kündet der Thaten erhab'ne Vollendung!
-
- Hoch auf dem Erker der Burg, im Duft der Acacienblüthen,
- Sanftumschimmert vom Abendgold, saß jetzo der Kaiser,
- Sinnend allein. Er dachte des eilegebiethenden Heerzugs;
- D'rüben vor Tunis der Schlacht, und des wechselnden Schlachtengeschickes
- Ernstumhülleten Blick's. Gestalten der mächtigen Vorzeit
- Schwebten ihm, dräuend, vorbei; er sah die verödeten Felder
- Einstigen Ruhms, wo Hannibals Stolz dem gewaltigen Römer[1]
- Huldigte, und für den Sieg des weltversöhnenden Kreuzes
- Frankreichs Ludwig starb: fürwahr ein heiliger König![2]
- Und ihm pochte die Brust laut auf in der Stille des Abends.
- Siehe, da scholl entlang die Wölbung des drönenden Thorwegs
- Hufesgerassel, und Leben erwacht' in den untersten Hallen!
- Näher die Stufen herauf, im Klirren des Waffengeschmeides,
- Kam ein Ritter: Alonzo-Cid, des spanischen Fußvolks
- Führer, das an dem Meer', unferne dem Strand Barcellona's,
- Harrte des heiligen Kampfs für Recht, für Glauben und Freiheit.
-
- Jetzo dem Herrscher genaht, sprach er, empört in dem Busen:
- »Herr, von Mendoza gesandt, dem tapferen Heldengebiether,
- Komm' ich, ein eilender Bothe heran: uns nahen die Gegner!
- Hairaddins[3] Seemacht kreuzt vor Hispania's schönen Gestaden,
- Jetzo gerüstet zur Schlacht, dann wieder unendlichen Jammer
- Dräuend dem Küstenvolk und den heereversammelnden Schiffen.«
- »Wie,« so rief ihm der Kaiser, erstaunt: »noch wagte der Räuber
- Uns in Europa zu nah'n, da wir nach Afrika's Küsten
- Wenden den Kiel, und lösen die schimmernden Segel zur Abfahrt?
- Wehe dem Wüthrich, denn dort, wo empor aus blutigem Raubwust
- Sein entsetzlicher Thron sich hob, und unzählige Christen
- Decket in Kerkersnacht: dort treff' ihn die Rach' und Verderben --
- Treffe Fluch ihn, und Schmach zur Vergeltung unendlichen Jammers!
- Eile zurück', und entbiethe von mir dem tapferen Feldherrn,
- Daß er versammle sein Volk an dem Meer', und wehre den Räubern
- Dort den Ueberfall und die Landung: denn nur im Dunkeln,
- Wie der hungernde Wolf, der Nachts die Hürde bestürmet,
- Dräu'n sie Schrecken dem Feind, nicht im Lichte der brausenden
- Seeschlacht,
- Die mein Doria[4] kämpft, ein Adler im Fluge zum Himmel.
- Gehe mit Gott! Ich folge dir schnell zu dem Strande des Meers hin.«
- Und er winkte mit Huld dem gepriesenen Führer zum Abschied.
- Aber er zögerte noch, und begann: »Dem Räuber entfliehend,
- Wie vor dem grimmigen Luchs ein Reh durch Schnelle sich rettet,
- Stieg, erst heute vom Bord des raschhersegelnden Schiffes
- Muley-Hassan[5] an's Land, dem Hairaddin, schnaubend vor Herrschsucht,
- Jüngst die Krone von Tunis geraubt. Er folgte mir schweigend
- Nach Madrid, zum Palast, ein Flehender, daß du ihn hörest.«
- Jetzt erhob sich, bewegt, der hochgesinnete Kaiser;
- Eilte die Wendeltreppe herab, und sah nach dem Fremdling
- Forschend umher. Er saß an der Marmorsäule der Halle,
- Selber ein Marmorbild, auf die kreuzenden Beine gesunken,
- Die das räumige Kleid umfing, und der wallende Kaftan
- Deckte, mit Zobel umbrämt. Sein finsteres Auge, beschattet
- Tief von des Tulbans Bund, hing starr am glänzenden Estrich,
- Und er regte sich nicht, voll Grams hinbrütend, ein Schaubild
- Wechselnden Erdenglücks und leichtentschwindender Hoheit.
- Jetzo vernahm er den Tritt des nahenden Herrschers. Er bebte,
- Sank auf die Knie', und rief, mit tiefergreifender Stimme:
- »König des Abendlands, dir wirft sich ein König zu Füßen,
- Gleich den Sclaven, die einst vor ihm zum Staube sich bückten!
- Ach, ein König nicht mehr: ein Flüchtling zu Land' und zu Wasser,
- Freundlos, reich nur an Gram und an Haß unzähliger Gegner,
- Fleht er um Hülfe zu dir -- ein Würdiger, so du verzeihest,
- Christenbeherrscher, daß er im Gesetz des Propheten geboren ...«
- Also der König: da hob, im Innern erschüttert, der Kaiser
- Schnell von dem Boden ihn auf. Er drückte, freundlichen Blickes,
- Ihm die zitternde Recht', und entgegnet' ihm rasch und entschlossen:
- »Sey willkommen im Abendland! Den Glauben, o Fremdling,
- Wägt ein Höh'rer, denn wir; doch Menschen ist heilig das Unglück:
- D'rum verkünde das deinige jetzt mit Muth und Vertrauen!«
- Hassan staunte mit Thränen ihn an, und als er, zum Zeichen
- Innigen Dankes, den wogenden Bart mit der Linken berührte --
- Segnend die Recht' erhob, begann er mit Muth und Vertrauen:
- »Gott, der Alles erschuf, und die Erde mit allen Gestirnen
- Lenkt, allmächtigen Winks, gewähre dir Fülle des Segens,
- Weil du, o Herr, den Flehenden ehrst, den mitten im Frieden
- Hairaddins Meuchelschwert, noch rauchend vom Blute der Fürsten,
- Jüngst aus dem Erbe der Väter vertrieb. Er raubte Telmessans,
- Algiers Thron: hier Selim Euthemi, den König, erdrosselnd,
- Dort erwürgend zugleich Abu-Hamu, den Herrscher, und Masud,
- Dem er die Krone verhieß, mit sieben aufblühenden Söhnen.
- Soll, Hohn biethend dem Recht, noch Huldigung lohnen dem Frevel?
- Wehe, Suleyman,[6] der große genannt von niedrigen Seelen,
- Ehrte des Räubers That, und gab mein herrliches Erbland
- Ihm zum Lohn', als schändlicher Treubruch auch in des Bruders
- Herzen die giftigen Keime geweckt! Al-Raschid, der Frevler,
- Zwillinggeboren mit mir, denn liebend säugt' uns die Mutter
- Selbst an der zärtlichen Brust, dem grauenden Vater zur Wonne,
- Eilte nach Istambul,[7] ein Flüchtender, frecher Empörung
- Strafe scheuend. Sie ward ihm dort: denn meuchlingsgemordet,
- Fröhnt' er nur Hairaddins List, der schnell Goletta, die Festung,
- Dann auch Tunis gewann, im Nahmen des Todten gebiethend,
- Welchem das Volk anhing, das immer der Neuerung hold ist.
- Schwer entrann ich des Wüthrichs Hand, und beuge mich jetzo
- Tief im Staube vor dir, Hispania's mächtiger König,
- Daß mir werde der Väter Thron im Kampfe der Rettung
- Tausender, den du beginnst! Dein sey von Tunis die Herrschaft --
- Muley Hassan, Mehemeds Sohn, dein treuer Vasall nur.«
- Doch mit der Recht' an der Brust begann dann jener, betheuernd:
- »Frei zu kämpfen mein Volk -- zu rächen die Schmach und die Freveln,
- Die von dem frechen Korsaren es litt an den heimischen Küsten
- Und auf dem Meer, das segenspendend die Welten vereine,
- Sey mir das heilige Ziel im Waffengefilde vor Tunis.
- Dein ist der Ahnen-Thron, und soll dir werden in Freiheit:
- Deß' sey Gott, der allwissend', ein Zeug', und ein Rächer des Meineids!«
- Also rief er, bewegt, und Hassans finsteres Antlitz
- Leuchtete gleich dem Mond, der Wetterwolken entschwebte.
- Gastlich sah er sich dann im hohen Palaste beherbergt.
-
- Aber zum heiligen Dom' hinwandelte jetzt in des Abends
- Stille der Kaiser allein, um dort, auf die Kniee gesunken,
- Seine Seele mit Muth und Stärke zu rüsten. Er flehte:
- »Ewiger, dein allmächtiger Arm hat Israels Scharen
- Durch die Tiefen geführt des seitwärtsweichenden Meeres,
- Daß sie die Fluthenwand entlang, wie auf grünenden Matten
- Wandelten! Schnell, wie ein Sturm herbraust, so stürzte dein Odem
- Ueber Pharao's Macht die Wässer zusammen, daß alle,
- Mann, und Wagen, und Roß, wie Blei versanken im Abgrund.
- Deinem allmächtigen Hauch' erbebten Jericho's Mauern,
- Und versanken in Schutt, als Josua's Volk sie im Sieg'sruf
- Seiner Drometen umfing. Ich ziehe zu Felde: gewähre
- Mir ein Zeichen der Huld und der beifallwinkenden Allmacht!«
- Also bethet' er leis'. Aus den farbigen Scheiben des Fensters
- Flog ein leuchtender Strahl der Abendsonn' ihm vorüber;
- Aber zugleich ein Glanz, dem tausende Sonnen verlöschen,
- Flammte mit Donnergetön' in dem Allerheiligsten nieder,
- Und des unendlichen Doms aufthürmende Säulen erbebten.
- Leise wogte der Grund. Aus der silbernstrahlenden Orgel
- Töneten hehr' Accorde heran, und Gesänge des Himmels,
- Wie kein Sterblicher sie noch vernahm, verhallten im Luftraum.
- Aber der Bethende schloß die lichtgeblendeten Augen:
- Denn nur ein leises Weh'n, die erblassenden Wangen vorüber,
- Fühlt' er noch, und Schauder der nahen Vernichtung ergriff ihn.
- »Ha, welch' Wunder,« er rief's, »da sinkt die sterbliche Hülle,
- Die mich im Staub' umgab, entseelt in lieblichen Schlummer,
- Und ich entschweb' ihr verzückt? Wie, wär's ein täuschender Traum nur,
- Oder ein Nachtgesicht, aus Himmelsdufte gewoben?«
- Wie der schwebende Flaum, gerafft vom Hauche des Windes,
- Schnell zum Gewölk auffleugt: so hob sein geistiger Leib sich
- Leicht von der Erd' empor, und schwebt' im sausenden Eilflug
- Ueber dem Luftraum schon, den keiner der Erdebewohner,
- Lebend, durchschifft': er mißt', urplötzlich, Besinnung und Odem.
-
- Jetzt an dem holden Gestirn, das sonst die Nächte des Erdballs,
- Wechselnd, mit silbernem Schimmer erhellt, erbrauste sein Aufflug.
- Dunkeles Land mit glänzenden Meeren, und Strömen, und Flüssen,
- Däucht' ihn, umgeb' auch hier den rastloskreisenden Mondball,
- Und ihn däucht': er hörte das Rauschen der brandenden Wogen,
- Mächtigbevölkerter Städte Getös', und, dem Brüllen der Heerden
- Rings vermengt, Geschrei der befiederten Lüftebewohner.
- Doch er verweilt', und staunte, daß alle die Länder des Erdballs
- Und das umgürtende Meer ihm jetzt ein schimmernder Punkt nur
- Schien in des Weltalls Raum, dem Ozean flammender Sonnen,
- Sonder Gestad' -- endlos nach oben, nach unten, und ringsum:
- Denn, wie in heiterer Nacht, wo jegliches Lüftchen verstummet,
- Und im sanftergossenen Licht der silberne See ruht,
- Innig bewegt, ein Wanderer bald den schimmernden Aether
- Ueber sich schaut, und bald in des See's hinfluthendem Spiegel,
- Tiefhinuntergewölbt, ihn erblickt mit den goldenen Sternen:
- Also ersah der Bebende dort die unzähligen Welten,
- Schimmernd, und dacht', ohnmächtig im Aethergefild zu vergehen!
- Aber ihm nahete jetzt, voll Hast, der Himmlischen Einer.
- Lieblich strahlte sein Aug' und sandte dem Erdebewohner
- Zärtliches Mitleid zu. Holdseliges Lächeln umschwebte
- Seinen rosigen Mund; es wehten die goldenen Locken
- Ihm um die denkende Stirn' und die Flammensäule des Nackens,
- Und vom glänzenden Leib, in Fülle der ewigen Jugend,
- Wallte das Strahlengewand wie morgenröthlicher Schimmer.
- Als er den Fremdling sanft erhob, begann er, voll Anmuth:
- »Fürchte dich nicht! Unzählbar blüh'n in den Auen des Himmels
- Dir die Blumen der ewigen Huld: du pflückst sie mit Andacht,
- Und sie duften dir noch, erquickend, im irdischen Leben,
- Daß du erringest das Ziel auf gottgefälliger Laufbahn.«
- Sagt' es, und faßt' ihn, und schwang sich mit ihm, urplötzlichen Fluges,
- Eilender stets, im Glanz' ätherischer Räume herunter.
- Nicht das lastende Blei, von der Zinne des Thurmes geschleudert,
- Sinket zur Erde so schnell; nicht der Sturm umbrauset des Erdballs
- Unermeßliche Reiche so rasch, und des Menschen Gedanken
- Dringen nicht also geschwind vom eisigen Nord- zu dem Südpol:
- Als der Hocherhobene jetzt, an der Seite des Freundes
- Aus ätherischen Höh'n zur heimischen Erde herabsank.
- Und, als hätt' er Jahrhunderte schon in des schnellen Herabflugs
- Augenblicken durchlebt, so wähnt' er: ein irrender Fremdling
- Diesseits noch, und gebannt in des Fleisches umschränkende Hülle.
-
- Da, wo in engerer Bahn, an Siciliens Felsengestaden
- Und Calabriens Klippen vorbei, sich die salzige Meerfluth
- Strömend ergießt: traf jetzt mit sanften, melodischen Tönen,
- Brausender Wogen Gebrüll' und wirbelnder Fluthen Getümmel
- Sein aufhorchendes Ohr, und seine erheiterten Augen
- Hafteten sehnsuchtsvoll an der dampfenden Kuppe des Aetna:
- Denn, nur eben entrückt dem mildbefreundeten Leben,
- War ihm die Erde noch stets die liebe, die trauliche Heimath.
- Doch auf den schwindligen Höh'n, wo Stille herrscht, und des Wand'rers
- Ohren kein Laut erschallt, wenn dort nicht der einsame Gemsaar,
- Von dem mittleren Raum, mit kreischender Kehle, sich aufschwingt;
- Wo in des Frühwinds frostigem Hauch nur gelbliches Steingras
- Rauschet, und gleißt, und am Felsenkamm kein Rasen ergrünet:
- Dort erblüheten jetzt rings her die erlesensten Blumen --
- Nickten, und trugen die beiden vereint auf den schimmernden Kelchen
- Sanft von der Erd' empor, und verbreiteten Düfte des Himmels.
- Doch der Unsterbliche sank auf die Knie', und sah zu dem Lichtreich
- Flehenden Blickes empor, die Stimme des Herrn zu vernehmen.
- Und sie erscholl leis' erst, wie ein Frühlingslüftchen die Blüthen,
- Lispelnd bewegt; dann ähnlich dem Sturm, der hoch zu den Wolken
- Stäubet die Felder, entwurzelt den Forst, und empöret den Waldstrom,
- Daß er mit schwellendem Grimm' ausbricht in die Fluren und wüstet
- Thäler und Hügel umher, zu trauererregendem Anblick;
- Wie der furchtbare Donner, der des umnachteten Himmels
- Eh'rnes Gewölb, weithin, durchbrüllt, und mit krachenden Schlägen
- Dumpf fortrollt, und murrt, daß die Vesten erzittern des Erdballs:
- Also, Vernichtung drohend, erscholl's dem sinkenden Fremdling,
- Als der Ewige sprach; doch jener vernahm's mit Entzücken.
- Wie der leis' Erwachende horcht, wenn nächtliche Lüftchen,
- Flisternden Hauchs, die Saiten der Aeolsharfe durchsäuseln,
- Und der entzückende Klang in den stillen Räumen dahinstirbt:
- Also horchte der Himmlische. Doch nun hob er den Fremdling
- Liebend an seine Brust, und drückte die rosigen Lippen
- Dann mit erweckender Gluth an seine geschlossenen Wimpern.
- Staunend blickt' er umher: er sah durch Thränen der Wonne,
- Fest an den Busen des Holden geschmiegt, die Gefilde des Himmels
- Plötzlich enthüllt, und stand verloren in seliger Anschau.
- Wie in des eisigen Winters Zeit, wenn düstere Nebel
- Lange die Thäler umher, dicht lagernd, verhüllten, der Ostwind
- Sausenden Flugs anstürmt, und die lästigen ferne verscheuchet:
- Da glänzt herrlicher noch der hochaufwölbende Luftraum,
- Und der bereifte Wald erhebt von den starren Gebirgshöh'n,
- Schimmernd, das Haupt -- hell glühet der Strom im sonnigen Thal fort:
- Also zerfloß auch hier, vor den Augen des staunenden Fremdlings
- Leise die Wolkennacht, und er sah ... wer wagt' es zu sagen,
- Was er geseh'n, gehört, und gefühlt in den Tiefen des Herzens?
- Nur in dem Augenblick, wie er uns auf Erden entschwindet,
- Wurden die hohen Gesicht' ihm enthüllt: im duftigen Goldglanz
- Schwanden sogleich vor seinen Blicken die Räume des Himmels.
- Aber er stand, und starrte noch immer, erschüttert, vor sich hin,
- Wie der Wand'rer im strahlenden Blitz die nächtliche Gegend
- Plötzlich erhellet schaut, dann blind hinstarrt in die Sturmnacht.
- Und der Unsterbliche rief ihm jetzt ermunternden Blickes:
- »Sohn des Staubes, o nie vergiß der Huld des Erbarmers,
- Die zu Gefilden dich hob, wohin kein sterbliches Aug' noch
- Drang. Lobsinge dem Herrn, dem einigen Lenker des Weltalls!
- Hier auf den dampfenden Höh'n verkünd' ich dir seine Beschlüsse,
- Wie erst zuvor mein Ohr sie vernahm in unsäglicher Wonne.
- Er durchschaute dein Herz, das heiß für unzähliger Völker
- Wohlfahrt schlägt, und jetzt den Sclaven Errettung bereitet.
- Schön ist der Kampf für Recht und des Menschen heilige Freiheit;
- Gottgesegnet der Muth, die schmähliche Kette zu brechen,
- Die der freche Tyrann, im Wahnsinn höhnenden Stolzes,
- Jenen ersann, die Brüder ihm sind, und Erkor'ne des Himmels.
- Herrlichen Sieg gewähret dir Gott; erkenne dieß Zeichen
- Seiner unendlichen Huld und der beifallwinkenden Allmacht.«
- Jener beugte die Stirne zum Staub'; erhob sich, und sah dann
- Freudig empor: sein Aug' erglänzte von Thränen des Dankes.
- Jetzt ergriff er die Hand des Himmlischen, starrte verwundert
- Noch in die Lüfte hinaus, und sprach mit leiserer Stimme:
- »Ringsum sah ich die Luft von Scharen unsterblicher Geister
- Wimmeln, und dort die Wege der Sterblichen gierig erforschen.
- O, verhehl' es mir nicht: was sollen die hohen Gestalten,
- Die, verdunkelt, nicht dir, nicht mir, dem Fremdlinge, gleichen?«
- Und der Unsterbliche rief mit ernstumwölketen Augen:
- »Erdebewohner, du wolltest erschau'n des unendlichen Weltalls
- Tiefen und Höh'n; dich kühn auf der Stufenleiter der Wesen
- Schwingen hinauf und hinab, und erkennen, wie Glied sich auf Glied dort
- Reih' an der Kette, mit dem die allmächtige Rechte des Ew'gen,
- Alles, was athmet, und lebt, und was nicht lebet, noch athmet,
- Liebend umschlungen hält? Du sänkest zurück' in den Urstaub
- Vor dem Geheimniß des All's, dem selbst der Cherub erbebte.
- Sieh', in des Himmels Höh'n ist Seligkeit; tief in des Abgrunds
- Höllengefilden ist Qual: auf immer dort dem Gerechten
- Unaussprechlicher Lohn, hier Strafe verhärteten Frevlern!
- Aber inmitten der scheidenden Bahn des Heil's und Verderbens
- Dämmert der Pfad der Läuterung noch: ihn wandeln die Seelen,
- Schuldig des leichteren Fehl's aus Irrthum, oder Verblendung,
- Dem auch jene Unglücklichen dort einst fröhnten auf Erden,
- Daß sie, gereint, der hohen Erbarmungen würdig erscheinen,
- Wenn in des Richters erhobener Hand, an dem letzten Gerichtstag,
- Furchtbar die Wag' ertönt. Sie wandeln den läuternden Weg noch.«
- Sagt' es, und jener begann voll Hast: »Wo weilen die armen?
- Ueber der Erd' umher, nicht ferne der Menschen Gemeinschaft,
- Oder fern' im Verborgenen?« Doch, die lichte Gestalt rief:
- »Als das »_Werde!_« erscholl: da brausten die endlichen Wesen
- All', erschaffen aus Nichts, von des Herrn allmächtigem Odem
- In den unendlichen Raum geschleudert, mit Donnergetös' hin!
- Aber im kreisenden Flug vereinte sich Sprödes und Weiches,
- Erd' und Gestein, und strebte hinaus, zur äußersten Rundung
- Sich zu dehnen. So ward im finstern Schooße des Erdballs
- Weitverbreitete Leer' umwölbt, die nimmer der Sonne
- Strahlender Blick erfreut, nie Sterngefunkel und Mondglanz.
- Dort verweilt nicht selten die Schar der trauernden Geister,
- Deren so manchen du erst in den schimmernden Lüften erblickt hast;
- Doch sie nah'n, zuweilen den nächtlichen Räumen entschwebend,
- Gerne dem Menschen als Freund', und suchen ihm Hülf' und Errettung,
- Kraft, und Muth, und, was sie noch sonst an edler Gesinnung
- Einst in dem Leben erhob, in die horchende Seele zu hauchen:
- Denn sie erkennen schnell der Seelen geheimste Gedanken,
- Sterblicher Hüll' entrückt; sie schauen des irdischen Lebens
- Reinern Gehalt, und ihr Herz erglüht in heiliger Sehnsucht
- Nach dem erquickenden Segensborn des Guten und Wahren.
- Bald in dem Schlachtengemeng', umschweben sie dich und die Deinen
- Hülfreich; aber du kennest das Wort des ewigen Lebens:
- Solchem vertraue allein mit nie zu erschütterndem Herzen.«
- Sprach's, und die Stimme des Holden erklang, wie Harfengelispel
- Tönt in des Mondes Zauberlicht, wenn alles entzückt horcht;
- Doch sie erscholl, wohl hundert vereinten Donnern nicht ungleich,
- Welchen die Erd' erbebt, als, über dem flammenden Abgrund
- Schwebend, er jetzt die tieferschütternden Worte hinabrief:
- »Geister, herauf! Euch winkt die ersehnete Stunde vor Tunis.«
- Und ein lautes Getös' erscholl in den Tiefen des Erdballs.
- Wie, vom stürmenden Wind' empört, sich Wogen auf Wogen
- Stürzen; Geheul und Gebrüll der schrecklichen schallt, und die Küsten
- Ringsumher dem wilden Tumult stets lauter erdrönen:
- Also erhob, und mehrte sich tief in der Wölbung des Erdballs
- Dumpfes Gemurmel zuerst, und sofort unendliches Jauchzen.
- Schauernd wogte der Grund; aufrauschten des Meeres Gewässer;
- Finsterer quoll der Rauch aus dem Schlunde des Berges; die Flammen
- Prasselten hoch in die Luft, und die glühenden Fluthen der Lava
- Braus'ten herauf und hinunter, im Flug durchwüthend den Abgrund.
-
- Eilend erhob sich nun der Herrliche, der ihm der Geister
- Reich enthüllt', in die schimmernde Luft, und, leiseverhallend,
- Tönten vom Aethergefild noch die lieblichen Worte herunter:
- »Senke dich durch den Schlund, durch Qualm und flackernde Flammen
- Muthig hinab zur Höhl' im Schooße des dampfenden Aetna,
- Und erringe das Ziel nach der hehren Geistesverzückung.«
- Weinend hob nun jener den Blick zu dem seligen Freund' auf,
- Der, umstrahlt vom Glanz unsterblicher Seelengemeinschaft,
- Fern' in den Lüften schwand, und fuhr jetzt, brausenden Fluges,
- Nieder im finstern Schlund, durch Qualm und flackernde Flammen,
- Bis in dem Zwielicht weit vor seinen Augen der Eingang
- Klafft', und die Höhle sich wies in angsterweckender Anschau!
- Furchtbar wölbte die Felsenwand aus schwindligen Höhen
- Höher sich auf. Es jagte zuweilen der wirbelnde Zugwind
- Tief in den Riesendom die Flammensäule; sie hob sich,
- Züngelnd, die Wände hinan, und leuchtete hoch in die Nacht auf;
- Doch erflog ihr fernster Schimmer des nächtlichen Dunkels
- Hälfte noch kaum, das endlos herrscht' in des Felsens Umwölbung.
- Hier nicht weilet die Ruh', und athmet nicht liebliche Stille;
- Rastlos tobt -- aufbraus't im Sturm, der kochenden Lava
- Urstoff: Erz im Gestein, und Schwefel, mit dunkelem Erdharz
- Gährend, zur Wolkenhöh', an des Berges geöffneten Rachen.
- Donnernde Ström' entstürzen rings den Schluchten; sie rauschen
- Tief in des Abgrunds Nacht, und wälzen, dem berstenden Kerker
- Unten entfloh'n, zum Meeresgestade die finstere Fluth fort.
- Ihrem Sturz' erdrönet die Höhl', und vom eisigen Abgrund
- Fleugt Entsetzen, Frost, und Schauder in Windesgeheul auf.
-
- Dorthin, kommend herab aus dem übersinnlichen Luftraum,
- War ihm Muhamed erst, umringt von Scharen der Geister,
- Die er entboth, voraus in die schaurige Höhle geflogen.
- Ueber der allbelebenden Luft, die rings an dem Erdball,
- So an dem Mond', und den endlos hin entflammten Gestirnen,
- Schwimmt umher, erhebt sich der übersinnliche Luftraum
- Dräuend in seiner Leer', und unwohnbar sterblichen Menschen:
- Denn, wie, umhüllt vom glockengestalten Glase, der Sperling
- Schnell das Leben verhaucht, wenn wißbegierige Forscher
- Schonungslos ihm rauben die Luft mit den künstlichen Pumpen
- Also würd' in des Menschen Brust urplötzlich das Leben
- Stocken, der in das Uebersinnliche kühn sich erhöbe;
- Aber des sterblichen Leibes beraubt, bewohnen die _Fürsten_,
- _Mächt'_, und _Gewalten_ des ewigen Feind's, auf Arges gesinnet,
- Solches mit Lust: Verworf'ne vom Herrn, die am letzten Gerichtstag
- Dann mit dem _Tode_ zugleich, dem _letzten_ der Uebel, vergehen.[8]
- Dorther schwang mit Gefolg sich Muhamed, glühenden Blickes,
- Jetzo herab. Er saß in der Höhl', auf dem ragenden Felsblock,
- Ueber die Scharen erhöht. Der dunkelröthliche Schimmer,
- Welchen der Flammenstrom entsandt' aus der Ferne des Eingangs,
- Schwebt' in flatterndem Flug' an seinem blässeren Antlitz.
- Feuer sprühte sein Aug'; in silbernkräuselnden Wellen
- Floß ihm der Bart in den Busen herab, und die luftigen Glieder
- Hüllet' in Schatten das Unterkleid und der wallende Kaftan.
- Jetzt erhob er die Recht' an des Stirnbunds Zier; mit der Linken
- Wühlt' er die Blätter des Korans auf: sie rauschten, den Stürmen
- Aehnlich im Herbst, da ihr Hauch die trauernden Wälder entblättert.
- »Hör' es, mein Volk,« so rief er, »was dir im nächtlichen Dunkel,
- Ferne vom spähenden Blick' uns feindlichgesinneter Geister,
- Meine Zung' enthüllt, und zeige dich würdig des Herrschers!
- Unheil droht von Hesperiens Küsten dem Lande g'en Aufgang --
- Dieser erwählten Blum' im Kranz der Schöpfungen Gottes,
- Dieser Perle der Welt, und der Wiege des Menschengeschlechtes.
- Jüngst erhascht' es mein Ohr auf Deutschlands gährenden Gauen,
- Die der Neuerung Flamme durchtobt: es sinne der Kaiser
- Jenem ein schmähliches Joch, und sich weltherrschende Hoheit.
- Seh't, was mich, den heimlichen Forscher, nur Täuschung bedünkte,
- Fügt sich in Wahrheit schon! Er ruft, und rüstet die Völker
- Rings zum Kampf, von den schimmernden Höh'n zu Tunis den Halbmond
- Niederzuschmettern, und ha, fällt Afrika jetzo, gebändigt,
- Seiner Gewalt: dann lechzt er wohl gar nach Asia's Herrschaft,
- Daß er die heiligen Städt', und dort der gläubigen Pilger
- Freudiges Ziel, mein Grab, mit stolzer Ferse zerstampfe?
- Aber nicht also gescheh's! Wir zieh'n, des edelsten Welttheils
- Söhn', ihm entgegen, nicht scheuend den Trotz der Gegner im Luftraum,
- Welche zuvor des Erdballs Schooß' entschwebten, und uns stets
- Feindlichgesinnt, ihm bald mit thatenerweckendem Eifer
- Beisteh'n: denn auch Hairaddins Brust, des treuen Bekenners
- Meiner Lehre, will ich mit Kraft erfüllen und Kühnheit.
- Jetzo nach Tunis geeilt, und nie vergesset des Wortes:
- »Wer das Eine nur will, fest will, der wird es erringen!«
- Sagt' es, und hob sich empor. Ihm folgten unzählige Geister,
- Jauchzend; aber es zischt' ihr Schrei nur schwach im Gewölb hin.
- So, wie in dunkler Gewitternacht der einsame Wand'rer,
- Keuchend, die Leucht' in der Hand mit halbverlöschendem Flämmchen,
- Endlich die Höhle betritt im verborgenen Raume der Felswand:
- Ihm umschwirren sogleich die Fledermäuse, geblendet,
- Rings das Haupt, und er wankt erschrocken zurück nach dem Eingang:
- Also bebte vor Angst der leis'aufhorchende Fremdling
- Vor den flüchtenden Geistern zurück', und eilt', in des Tages
- Lichte Gefilde zu schau'n nach schrecklicher Nacht der Verbannung.
- Tief zerfleischte sein Herz, voll himmlischer Milde, des Sehers
- Haßverkündendes Wort. Er saß, und drückte die Augen
- Fest in die Hand, und sieh', es schwebten aus kommenden Tagen
- Dunkler Ahnung Gebild' ihm vor: das wilde Gebären
- Thatenschwangerer Zeit, und zerstörendes End' im Beginne!
- Schatten floh'n, und kamen, und eilten vom wechselnden Schauplatz;
- Aber, weit durchströmt von den schimmernden Fluthen der Elbe,
- Hüllte sich Mühlbergs Heid' ihm auf. Er horchte dem Siegsruf;
- Sah die ihn höhnten, besiegt, ihm die Knie' umfassen, und wähnte
- Schon die Deutschen vereint nach des Glaubens schrecklichem Zwiespalt:
- Wie, und er flieht dann bald im Grau'n der finsteren Sturmnacht,
- Wehrlos, alt, und krank, dem nimmergeahneten Undank
- Weichend, fort aus Tyrols, der Treue geheiligten Thälern?
- Und so bald versah er das Ziel weltherrschender Hoheit?[9]
- Aechzend erhob er den Blick: die trüben Gesichte der Zukunft
- Schwanden in Nacht; er floh, und kehrt' in die sterbliche Hülle.
-
- Sieh', und es regte sich nun der schlummernde Kaiser! Ihm pochte
- Hörbar die Brust; sein Athem flog, und häufiger Schweiß rann
- Ihm von der glühenden Stirn'. Er blickte lange verwundert
- Rings in den Hallen umher, und sann, ein wachender Träumer.
- Jetzt ein dämmernder Strahl, und jetzt -- kaum wagt' er's zu denken,
- Was so erhaben und groß vor seinem Geiste dahinschwand,
- Und ihn entzückte zuvor: ihm drohte vernichtende Wonne,
- Und, was unerhörbar war den Ohren sterblicher Menschen,
- Barg für immer sein treues Gemüth. Nie lächelt' er wieder
- Und sein sehnender Blick hing stets an dem Bilde des Grabes.
- Doch nun kehrt' er heim in die Burg, und Stille war ringsum.
-
-
-
-
- Zweiter Gesang.
-
-
- Siehe, der Kaiser entboth im mitternächtlichen Dunkel
- Noch in die Königsburg Hispania's hohe Cortezza:
- Denn kein Schlummer umfing sein glühendes Auge; des Kampfes
- Nahender Augenblick und die drängende Sorge der Rüstung
- Scheuchten ihn fern': er sah, und hörte nur Sieg und Errettung!
- Jene harrten im prächtigen Saal des edelsten Herrschers.
- Nun, da er kam, entfuhren sie alle den schwellenden Pfühlen;
- Blößten vor ihm, verneigend, das Haupt, und deckten es wieder,
- Würdigen Ernstes voll, nach altherkömmlichem Vorrecht.
- Aber er schritt im Gefolg der Großen und Edeln zum Thron' auf,
- Deß' erlesene Pracht mit Staunen erfüllte den Fremdling.
- Schwarz aufragte vom Dach der Doppel-Aar, mit dem Zepter
- Und mit der Krone geschmückt, voll hellaufblitzenden Demant's,
- Den der Hindou dem Schacht' entriß, und der bataver Künstler
- Glättete, ringsumher verzierend mit schimmernden Kanten;
- Doch an dem Purpurtuch, vom Dach zu dem Sitze herunter
- Glänzten die Wapen, vereint, von Gott gesegneter Länder,
- Die er beherrscht': ein Meisterwerk kunstfertiger Nadel.
- Dreizehn Königreich', umschlingend Castiliens Kronen,
- Wies, vorstrahlend, das Tuch zum Ruhme der spanischen Herrschaft;
- Unter ihm Austria's Schild: den schneeigen Gürtel im Blutfeld,
- Der in dem Kampf rein hielt von feindlichem Blute den Panzer
- Leupold, des Tugendhaften, vor Ptolemais: sein Denkmahl![10]
- Rechts, im schönen Verein von sechs verbrüderten Reichen,
- Ungerns doppelten Schild; vier Ströme durchfluthen den einen --
- Aber das Haupt der Karpathen hebt, dreizackig, im andern
- Ueber dem fruchtbar'n Land, das tapfere Völker bewohnen,
- Schimmernd, die Kron' und das Doppelkreutz, von Silber, zur Luft auf.
- Links, in dem rothen Feld Bohemia's silbernen Löwen:
- Eines löwenmüthigen Volks hochrühmliches Zeichen.
- Tiefer, im grünen Feld den flammensprühenden Panther:
- Stiria's eisenerzausschmelzenden Essen zu Ehren;
- Dann Carinthia's Leu'n und Pfeile, des trefflichen Landes,
- Wo das Blei ausbeutet der Bergmann: schrecklich ersetzte
- Tödlichschmetterndes Blei die Pfeil' im Felde der Waffen;
- Dann, aufstrebend zur Sonnenbahn, Carniolia's Adler --
- Morawa's Aar, und Tyrols, der Treue geheiligter Länder.
- Aber der Löwe Brabants, im Schooß umgränzender Gauen,
- Zeigt uns im hehren Ruhm des edelsten Kaisers Geburtsland.
- Ihm zur Seite verschlingt Lombardia's Schlange den Mohren;
- Ihn umgibt Neapoli's Lilienglanz, und ihm huldigt,
- Jugendlich schön aus des Meeres Fluth aufschwebend, des Morgens
- Freundlicher Strahl, und erhellt Amerika's winkenden Meerstrand.
-
- Dort die Stufen hinan, die ein niederländischer Teppich
- Hüllete, schön im Geweb' darstellend die Freude des Weidwerks,
- Schritt der Kaiser. Er stand, gewendet, im Glanze des Thrones;
- Blickte nach Allen umher, und, als er auf blähenden Purpur
- Nieder sich ließ, begann er mit sanfterglühenden Augen:
- »Edle des Reichs, und Räthe! Der Tag der Christenerrettung
- Ruft zu dem heiligen Kampf Europa's vereinte Geschwader,
- Und, entfaltend am Maste die Flagg' und die wehenden Wimpel,
- Harren die Völker, vereint, der Abfahrt donnerndem Wink nur,
- Daß sie im Felde des Ruhms, vor Tunis, am frevelnden Räuber
- Rächen die Schmach, und dem schrecklichen Joch' entreißen die Brüder.
- Laut ruft uns Barcellona's Gestad, wo dort auf des Meer's Höh'n,
- Nun gerüstet zur Schlacht, nun wehrlosen Küstenbewohnern
- Jammer dräuend und Noth, sein Raubgeschwader sich zeiget.
- Gottes Segen mit uns und dem Lande! Mein endlicher Wille[11]
- Liegt gefertigt im Schrank: so im heiligen Kampf' ich erläge,
- Und nicht wiederkehrte zu euch, zur liebenden Gattinn,
- Und zu dem Sohn, der einst, so Gott will, würdig den Zepter
- Führe nach mir, vor allen Hispania's Ländern zum Frommen.
- Eurer Sorgfalt, Treu', und Liebe vertrau' ich die beiden
- Jetzt, und scheide getrost: sie sind da trefflich geborgen.«
- Also der Fürst. Da quoll's von Thränen im Auge der Edeln;
- All' entfuhren der Bank, und streckten die Händ' ihm entgegen.
- Wie der Gießbach rauscht, der hoch vom dauernden Regen
- Angeschwollen, dem Felsenbett' entstürzet, und rastlos
- Rasselnde Kiesel wälzt, und Felsengerölle mit fortreißt:
- Also erscholl in dem Saal' ihr lauterbrausender Zuruf;
- Doch bald hier, bald dort ertönt' er vernehmlicher, lauter:
- »Kehre beglückt uns heim, und herrsch' in dem Segen der Völker,
- Allgeliebter, noch lange! Mit strahlenden Lorbern des Sieges
- Kommt Europa dir bald, dem Retter, entgegen, und jauchzt dir
- Lauten Triumph in der Glocken Getön' und des ehrnen Geschützes
- Freudigen Donnerhall: dein Ruhm erfüllet den Erdkreis.«
- Aber er stand, erschüttert, am Thron', und sandte nach Allen
- Heißen Dank aus der Himmelsbläue der glänzenden Augen,
- Eilte die Stufen herab, und ging. Aufflogen der Thüren
- Mächtige Flügel vor ihm; er schwand mit seinem Gefolg dann
- Fern' im Gang. Da kehrten zugleich die Großen des Reiches
- Nach der heimischen Flur, um dort in der einsamen Felsburg,
- Oder in menschenversammelnder Stadt noch heute zu fördern,
- Was zu dem Rettungskampf des Herrschers Wille gebothen.
-
- Eh' in des Erdballs Schooß, in die düstere Wohnung der Trauer,
- Noch der Ruf des Unsterblichen drang, erlesenen Geistern
- Dort zu verkünden den bald umwüthenden Kampf in Karthago's
- Rühmlichem Feld, schwang Hermann,[12] einst der kühnen Cherusker
- Tapferer Hort, sich herunter. Ihm flogen die goldenen Locken
- Weit von dem Nacken, sein blitzendes Aug' und die glühenden Wangen
- Kündigten freudigen Muth und trostverheißende Bothschaft.
- Gierig forscht' er umher, die Freunde sogleich in den Scharen
- Gleichgesinneter Geister zu schau'n, und er fand sie vereint dort.
- Hannibal,[13] der dem Regulus[14] nah', auf schwellendem Mooswuchs
- Ruhte, erhob das Haupt, und rief ihm finster entgegen:
- »Freude verkündet dein Flammenblick, unbändiger Krieger!
- Wie, nur Kampf, Gewürg', und Schlachtengetümmel ergetzt dich
- Noch, das rastlos fort im Geschlechte der Sterblichen wüthet?
- Aber ich athme nicht Erdenluft, und meide, voll Unmuths,
- Seit Jahrhunderten schon, der Sonn' erfreuenden Anblick.
- Siehe, wir führen erneueten Streit: ob würdiger Roma,
- Oder Karthago gedacht, und gehandelt, als Herrscherinn? Roma
- Trat mit ehernem Fuß' allwärts die Blüthe der Menschheit
- Nieder, als Siegerinn, da Karthago der milderen Herrschaft,
- Segen pflanzend rings an den Küsten des Meer's, sich erfreute.
- O, ich hätte mein Vaterland und die Welt, die ergrimmend,
- Sie in dem Sclavenjoch ausmordete, schrecklich gerächt noch:
- Hätte nicht Haß und niedriger Neid die Scharen verweigert,
- Die ich entboth, euch, Wolfesbrut, ganz niederzuschmettern!«
- Regulus schwieg; doch Hermann rief den zürnenden Helden:
- »Schon seit lange versöhnt, und verbunden in traulicher Freundschaft,
- Wollet ihr euch denn heut' entzwei'n durch Worte des Haders?
- Laßt die Vergangenheit; nur, wie im zaubergewaltigen Spiegel,
- Gaukelnd, kommen, und flieh'n die buntvermengten Gestalten,
- Stehe vor eurem Gemüth' ihr grau'numhülletes Bild noch.
- Hört, was, tröstend für uns, der Erde Bewohner beginnen!
- Schon ist dem Heldenvolk zum fernentlegenen Tunis
- Offen die glänzende Bahn; schon waffnet der edelste Kaiser
- Scharen der Krieger am Meeresstrand, wo unzählige Schiffe
- Decken die schimmernde Fluth, und entfalten die Segel zur Abfahrt.
- Ein Welttheil entboth die Tapferen gegen den andern;
- Ringsum regt sich die Erd', und ihr denkt hier müßig zu weilen?
- Auf, wir wollen vereint hinzieh'n, und entflammen die Krieger
- Oben im Kampf! Gedenket des Ruhms entflohener Zeiten!«
- Hannibal schwang sich empor, und rief mit gewaltiger Stimme:
- »Fort, auf die Oberwelt! Ich will in dem Felde der Waffen
- Schauen die Helden der neueren Zeit. So herrliche Krieger,
- Als am Trasimen und vor Cannä die Erde gewahrte:
- Staunend den Söhnen des Sieg's, die werd' ich wohl nimmer ersehen.«
- Regulus stand, verdüsterten Blicks, und sagte den Beiden:
- »Möget ihr immerhin dem furchtbar'n Schlachtengetümmel
- Horchen mit Lust, und drängen, und treiben mit stachelnden Worten
- Eure Erwählten: nur wenig frommt's, nur wenig genügt's euch!
- Aber mich reizet ihr nicht, zu entfliehen den nächtlichen Räumen.«
- »Wie,« rief Hermann, »du bliebest zurück', und rings in Karthago's
- Hehrem Gefild tönt bald Siegsruf im Getümmel der Waffen?
- Sehntest dich nimmer zu schau'n die Heldenmaale der Vorwelt?
- Zwar es fing dich im Kampf der hochgesinnte Spartaner,
- Xanthippos,[15] dem Volk Karthago's gebiethend als Feldherr:
- Doch du sühntest die Schmach, gabst hin die unschätzbare Freiheit
- Für dein Vaterland, und auf immer preist dich die Nachwelt.
- Komm', und folge mir, dort zu entflammen den Muth in den
- Schlachtreih'n!«
- Also der Held: da erscholl des Unsterblichen donnernde Stimme,
- Die von des Aetna Schlund durch wirbelnder Flammen Geprassel
- Brausend, die Scharen der Geister hinauf zum erwachenden Kampf lud.
- Neunmal umkreis'te der Donnerruf den unendlichen Raum dort;
- Neunmal erwiedert' ihn auch der Geister empörterer Jubel,
- Und die beiden entschwebten, vereint, und von Kriegern umgeben,
- Welchen sie einst gebothen im Kampf, dem Schooße des Erdballs.
- Aber Regulus stand, verlassen von seinen Gefährten,
- Sinnend, allein, und blickte starr in die Tiefe hinunter.
- Jetzo wollt' er entflieh'n, um fern' in des eisigen Nordpols
- Wölbung den glühenden Durst, der mächtig ihn drängte, zu stillen;
- Doch er entbrannte noch mehr: das Schmettern der Kriegesdrometen,
- Dann das Wiehern der stampfenden Ross', und der Würgenden Schlachtruf
- Töneten, wechselnd, um ihn, und von tausend Gebilden ergriffen,
- Stand er, triefend von Schweiß, und zitternd vor steigender Kampflust.
- Sieh', nun ballt' er die Faust, und rief mit gewaltiger Stimme:
- »Deutschlands Hort, so sagte zuvor der kühne Cherusker,
- Kommend herab von der oberen Welt, entboth Europa's
- Völker zur Heldenfahrt: viel tausend gefangene Menschen
- Aus des Räubers Gewalt, aus Schmach und Fesseln zu retten? ...
- Weh', auch ich trug einst die schmähliche Kette! Sie both mir
- Ruhm und Lohn; doch fühlt' ich es oft in vernichtender Schwermuth,
- Wie in dem dumpfen Gewölb sie lastete, wo mich die Stunden
- Länger als Tag', und diese zu trägen Jahren gedehnet,
- Dünkten. Auch mir erscholl die höhnende Stimme des Wüthrichs --
- Drohte sein finsterer Blick stets größere Qualen; ich fühlte
- So die entsetzlichste: fern von der hochgesinneten Gattinn
- Und den Erzeugten, das Leben in Kerkersnacht zu verhauchen.
- Jetzo hinauf, hinauf nach Tunis, dem einstigen Schauplatz
- Dort unsterblichen Ruhms und herzzerreißenden Jammers,
- Daß ich vielleicht noch selbst Unglücklichen Hülfe gewähre!«
- D'rauf schwang er sich empor zu den sonnigen Fluren des Erdballs,
- Dort vor allen zuerst die düstern Gefilde von Tunis
- Wiederzuseh'n. Nicht wandt' er den Blick nach dem Felde der Waffen,
- Wo der Griech' ihn bezwang, Xanthippos, der in die Schlachtreih'n
- Sein' Elephanten gestellt -- das Heer im Rücken bestürmend,
- Schnell die Reih'n durchbrach, ihn fing, und Karthago den Sieg gab.
-
- Nahe der Stadt, auf Felsen, erhob sich die thürmende Hochburg,
- Die in dem finsteren Schooß viel tausend gefangene Christen
- Eisern barg: die Wohnung der Qual und des Jammers Behausung!
- Dorthin eilt' er, und senkte sich leis' auf die Zinne der Burg hin.
- Ach, aus der Tief' erscholl der unglückseligen Sclaven
- Jammergestöhn! Wie ein Falk, der schnell aus den Lüften herabfährt,
- Weil er die girrenden Küchlein sah im Schatten des Hofraums,
- Fuhr der Lüftebewohner hinab, und schauderte, bebte:
- Denn in des Kerkers Nacht, in der Felsentiefe der Hochburg,
- Sah er, beim düsteren Schein der mattaufflimmernden Lampen,
- Bleiche, durch Moderluft und Hunger entfleischte Gestalten;
- Sah dort Qual und Verzweiflung zugleich auf den zuckenden Wangen
- Und im erloschenen Blick, der endlich zum grimmigen Hohn ward;
- Hörete Ketten-Geklirr, und dumpfes Aechzen und Stöhnen
- In dem Gewölb. Sie rückte heran, die Stunde des Jammers,
- Wo Medelin, der Renegat aus Genua's Landen,
- Forschend die Höhlen des Graun's durchschritt, und mit eherner Geißel
- Peitschte die Murrenden dort, nach Hairaddins schrecklichem Machtwort.
- Zorn erglüht' im Blick des edelgesinneten Geistes.
- Doch nun brauset' er über sie hin, und rief im Gelispel
- Dunkelen Geisterrufs: »Euch nahet ein Retter, erhebt euch!«
- Alle fuhren empor, und schreckliches Kettengerassel
- Scholl im Gewölb: nicht wußten die armen die Tröstung zu deuten.
- Doch er kehrte zurück, Hispania's Erd', und den Retter
- Dort zu erschau'n, der jetzt nah' war Barcellona's Gestaden.
-
- Muhamed sah ihn. Er schwebt' im Gefolg' unzähliger Geister
- Auf von des Aetna Schlund, und hieß die Empöreten harren,
- Bis er vom übersinnlichen Raum mit dem Bundesgenossen
- Kehrete: denn er ging, dort Attila's[16] Brust zu entflammen --
- Ihn zu erregen zum Kampf' und zu wichtiger Thaten Vollendung.
- Bald erspähte sein forschender Blick den König der Hunnen.
- Ueber dem caspischen Meer, wohl tausend Meilen erhoben,
- Saß er im Wolkenzelt, so wie einst, von den Helden umgeben,
- Nach vollendetem Mahl. Der Söhne geliebtester, Ellack,
- Neigte sein Haupt ihm sanft auf die Schulter; der wilde Tuhutum
- Saß ihm zunächst; Zombor, der schreckliche Krieger, mit Tursol,
- Und mit Retel und Bojt, unbändigen Würgern im Schlachtfeld,
- Saßen im Kreis' um ihn her, dem liedergewaltigen Sänger
- Horchend, der, im Sturm des pochenden Busens, der Zither
- Saiten empörender schlug, und jetzt der herrlichen Vorzeit
- Helden pries in dem Lied', unsterblicher Thaten gedenkend,
- Daß sich des Ahnenruhms, gleich tapfer, erfreue der Enkel.
- All' aufhorchten ihm still'. Auf die bärtigen Lippen der Krieger
- Stürzte die schimmernde Thräne herab; sie wiegten das Haupt oft
- Bei des Gesangs Allmacht ergriffen von stürmischer Wehmuth.
- Muhamed braus'te herein; der Sänger verstummte; die Krieger
- Fuhren vom Sitz, da er so zum Kampf' aufboth den Beherrscher:
- »Attila, auf, zur Rache, zum Sieg! Die mächtigsten Geister
- Hieß des Unsterblichen Ruf entfahren dem Schooße des Erdballs,
- Daß sie dem Christenvolk, nur uns zu verhöhnen entschlossen,
- Stehen als Retter im Kampf. Wir sollten es dulden? Der Blutschuld
- Denkest du noch, die Roms entartete Söhne nicht büßten,
- Wie dein eisernes Herz es gewollt? Und fuhr nicht der Römer,
- Trotzigen Blicks, erst hin, den Christen als Helfer zu nahen?
- Nun sey List dem Muthe vereint, stets wachsam die Rachgier,
- Schmach auf die Feinde gehäuft, und errungen der herrlichste Sieg uns.«
- Attila winket' ihm Beifall zu. Des schrecklichen Rohrwolfs
- Zähne, deß' zottiger Pelz ihm Rücken und Fersen umhüllte,
- Starrten von seiner Stirn', und tief, wie aus nächtlichem Schacht her
- Strahlet des Bergmanns Grubenlicht, ihm glommen die Augen
- Aus dem finstern Gesicht'. Er faßte den blutigen Säbel
- Tyrs,[17] den einst (so kündet die Sage) der furchtbare Kriegsgott
- Selbst auf der Heide vergrub, daß seiner Gewalt nicht die Völker
- All' erlägen: umsonst! Der Schreckliche, der sich die Geißel
- Gottes im furchtbar'n Trotze genannt, entriß ihn des Feldes
- Tiefverhüllendem Schooß'. Auch jetzt aufschwang er das Eisen,
- Jauchzend, und eilte Muhamed nach. Unzählige Scharen
- Folgten ihm, dürstend nach Blut und brausendem Kampfesgetümmel.
- So durchstürmten die Luft ringsher die empöreten Geister.
-
- Aber der Kaiser drückte voll Hast, Isabella, die Gattinn,
- Noch an die pochende Brust, und mengte die Thräne mit Thränen;
- Segnete, tiefbewegt, sein störrischblickendes Söhnlein,
- Schwang sich auf's wiehernde Roß, und flog aus dem drönenden Thorweg,
- Mitten im Ehrengefolg fünfhundert erlesener Reiter,
- Schnell g'en Barcellona hinaus, der prächtigen Seestadt.
- Nah' ihm spornte das Roß der einst gewaltige König,
- Muley Hassan, und sann, verstummend, und düster, den Pfad hin.
- Muhamed naht' ihm ergrimmt. Er sah, wie finsteres Mißtrau'n
- Ihm zerwühlte die Brust vor Furcht und banger Erwartung:
- Ob der Christ ihm dereinst, wenn Hairaddins Macht er bezwungen,
- Treu dem heiligen Eidschwur, noch den Zepter von Tunis
- Frei gibt -- oder ihn selber behält, mit räub'rischen Händen?
- Sah's, und schwang sich herab. Gleich einem gewaltigen Uhu,
- Der vom Hunger gequält, mit erblindeten, feurigen Augen
- Harrt in der Felsenkluft der Dämmerung; dann, sich erhebend,
- Leis' in dem Thal' umher, mit weitgebreiteten Flügeln
- Flattert, nach Beute zu späh'n: so naht' auch Muhamed jetzo
- Hassans geistigem Leib, der leicht wie die Strahlen der Sonne,
- Jegliche Nerve durchdringt, und schnell, wie in dumpfer Betäubung,
- Und wie entkörpert, vernahm er den Geist im Seelengelispel:
- »Träumender, ha, du sankst erst jüngst dem ungläubigen Fürsten
- Feig zu den Füßen, und hoffst, auf die Rechte des Siegers dich stützend,
- Den, nach schrecklichem Mord' ererbeten Thron zu besteigen?
- Thor, der also sich täuscht: der Christ, und ein Christenbeherrscher
- Zöge für dich in den Kampf, und opferte dir zu Gefallen
- Menschen und Gold, daß du dich dann erfreuest der Herrschaft?
- Wiss' es: er sinnt dir Schmach und Verrath, und gibt dich der Rachgier
- Hairaddins hin -- vielleicht als Preis für die Veste Goletta.
- Solltest du nicht, bald heimgekehrt, auf täuschendem Pfad' ihm
- Jammer bereiten, und ihn verderben, dir selber zur Rettung?«
- Hassan horchte verwundert, und sann, wer ihm in dem Herzen
- Solch' Empörung erregt, das sonst schon zweifelerfüllt war?
- Doch nun hemmt' er das Roß mit dem Zaum': im zögernden Schritte
- Sich zu entzieh'n der Schar, die rasch zum rühmlichen Ziel fort
- Eilete; sah dann zurück, nach Mosul, dem Sclaven, und sagte:
- »Mosul, vernimm, wie dir des Busens geheimste Gedanken
- Dein Gebiether enthüllt: denn ach, so beugete Hassans
- Haupt das Geschick, daß er selbst dem niedrigen Sclaven sie kund thut!
- Siehe, wie dort hineilt der mächtige Christenbeherrscher,
- Bald an der Spitze des Heeres zu steh'n, zu entfalten die Segel,
- Und zu entschiffen, im Flug nach Tunis, dem herrlichen Erbland.
- Hoffst du, er werde des Schwurs, des heiligen: mir das Entriss'ne
- Wieder zu schaffen mit Waffengewalt, auch drüben gedenken?
- Ach, mir sinnet er Schmach und sich unendlichen Vortheil,
- So er dem schrecklichen Feind mich verräth, dem solches ersehnt ist!«
- Sagt' es, bewegt. »Nicht zürn', o Herr,« so entgegnete jener,
- »Daß ein niedriger Knecht vor deinem erhabenen Antlitz
- Sich zu reden erkühnt. Hast du nicht am dämmernden Abend
- Gestern geseh'n, wie mildgesinnt der Christenbeherrscher
- Dich aufnahm im Palast, wie gütig sein thränender Blick war?
- Nicht vernommen den Eidschwur dort, beim einigen Gotte
- Dir geschworen, daß er den entrissenen Zepter der Väter,
- So er den Räuber besiegt, dir wieder zu geben bereit sey?
- Ach, nicht brächt' ihm die Täuschung Gewinn: ein irrender Fremdling
- Stehst du vor ihm ... vertrau' im edelen Herzen dem Edeln!«
- »Schweig,« so rief der Zürnende jetzt, »im lächelnden Antlitz
- Lauert der Trug -- dein lacht im freundlichen Auge die Falschheit!
- Hat das unselige Volk nicht Hairaddins List mit Al-Raschids
- Leiche getäuscht? Droht mir, dem Muselman, nicht von dem Christen
- Größeres Unheil noch? Merk' auf! Im engenden Schiffsraum,
- Nicht wie im stolzen Palast durch weite Hallen gesondert
- Von dem Beherrscher selbst und den Seinen, erhaschest du leicht wohl,
- Achtlosscheinend, ein Wort, das uns die schändliche Täuschung
- Aufhüllt: nicht mißtraut sein Gefolg dem niedrigen Sclaven.
- Angelangt an dem heimischen Strand', erseh' ich den Vortheil
- Mir dann schnell, und entflieh' in der Dämmerung; oder ich heische,
- So er von Tunis den Thron mir wieder zu geben gesinnt ist,
- Selber von ihm das Schiff, Hülfsvolk aus den Bergen von Kabesch[18]
- Ihm zu schaffen, wo mir die tapfern Bewohner noch treu sind.«
- Und er spornte das schnaubende Roß, der Seite des Kaisers
- Wieder zu nah'n, der eilender g'en Barcellona hinausritt.
-
- Doch, ach, welch Geschrei erschallt unferne der Seestadt,
- Drüben am Strand' Areny's, des hainumsäuselten Dörfchens?
- Wer betrübte so tief des Dörfchens stille Bewohner,
- Daß sie mit Thränen im Blick', entfärbete Todesgestalten,
- Stumm, und bebend vor Angst, aufschau'n zu dem nächtlichen Himmel,
- Ob er sie schirm', ob Flammen speie sein rächender Donner?
- Heiter entschwand die Sonn' im rosigen Duft', und der Himmel
- Lächelte mild. Wie ein Säugling am Busen der liebenden Mutter
- Schlummert, so lag, entzückend, am Saume der luftigen Berghöh'n
- Abendröthliche Gluth. Im Gesang heimkehrten die Schnitter;
- Laut ertönte des Hirten Schalmei, und die blöckenden Heerden
- Eilten durch Wolken Staub's, der hoch in den röthlichen Himmel
- Aufquoll, hüpfend zum duftenden Stall, nach Ruhe sich sehnend.
- Als sich die Müden getrocknet den Schweiß, und die dämmernde Kammer
- Alle versammelt' umher, da tischte die sorgliche Hausfrau
- Jenes zur Abendkost, was ihr der Garten gespendet,
- Was die Heerd' ihr both aus strotzenden Eitern. Sie stillten
- Fröhlich den Hunger, und bald verstummte des Tages Getümmel
- Ringsum; nur vom Thurme herab noch mahnte das Glöcklein,
- Fromm zu erheben das Herz. Sie betheten, eilten zu ruhen,
- Und der erquickende Schlaf umfing sie mit süßer Betäubung.
- Glückliche, wacht: denn nah' ist der Sturm, der plötzlich den Himmel
- Eures Friedens bewölkt mit schwarzumnachtender Trauer!
-
- Lauernd durchpflügte die See, mit hundert gerüsteten Schiffen,
- Hairaddins Liebling, Al-Mansor, dem, scheidend, am Bord' er
- Noch in die Seele gelegt: so draußen auf offener Meersfluth
- Kühn dem Feind' entgegen zu steh'n, so rings an den Küsten
- Furchtbar'n Ueberfall in nächtlicher Stunde zu wagen,
- Und zu entwinden das Schwert des Feindes Hand in Europa,
- Das er nach Afrika, dräuend, gezückt, ihm selber zum Unheil.
- Wühlend im röthlichen Bart, der ihm zu dem Gürtel herabfloß,
- Sprach nun Al-Mansor zu Omrah, dem tapferen Aga:
- »Omrah, Mustapha's Sohn, vernimm mich jetzt, den Gebiether!
- Bald entsinket die Nacht dem erdumwölbenden Himmel;
- Spanne die Segel dem Wind'. Unferne der Stadt Barcellona
- Landend, raub' entschlummertes Volk der niedrigen Hütte,
- Oder dem stolzen Palast, daß wir erkunden in Wahrheit:
- Ob in die thürmende Stadt der Christenbeherrscher gekommen,
- Kampfgerüstet, ob nicht? denn eilig geböth' er die Fahrt dann.
- Tapferer, was du beginnest mit Muth, vollende mit Kühnheit!«
- Omrah gehorchte dem Wort'. Er löste dem Winde die Segel,
- Und aus dem dunkeln Schooß Verderben dräuend und Jammer,
- Flog sein Schiff dem Strand' entgegen am dämmernden Abend.
- Dort in der Felsenbucht, nicht ferne den Marken Areny's,
- Harret' er, lauernd, der Nacht. Sie kam: rings schwanden die Lichter;
- Jeglicher Laut erstarb; nur die Wellen rauschten am Schiffskiel
- Leis' empor, nur die Brandung scholl an den fernen Gestaden.
- Eilig umschifft' er den bergenden Fels; dann flog er zum Strand hin,
- Landete, trieb sein Volk zum Raub', ihm Eile gebiethend.
- Und, wie in dunkler Mitternacht aus säuselndem Schilfrohr,
- Plötzlich, die wilde Schar langhungernder Wölfe sich aufmacht,
- D'rauf, der Hürde genaht, einstürmt, und die zitternden Lämmer
- Raubet in Hast; wie jährige Stier' im blutigen Rachen
- Tragend, die Jaguar, Westindiens schreckliche Tieger,
- Fliehen den Berg aufwärts: so drangen die furchtbaren Räuber,
- Gräßlichen Mord im Blick, durch berstende Thüren und Fenster
- Ein in die Hütten; so raubten sie dort den blühenden Jüngling,
- Grauender Aeltern einzigen Trost, und des liebenden Weibes
- Theuern Gatten, und floh'n zum Bord des harrenden Schiffs hin.
-
- Wehklag' scholl. Als jetzt sie erweckte des Dörfchens Bewohner,
- Die, noch solchem Geschick' entronnen, der Spur der Geraubten
- Folgten, ächzend vor Schmerz und drängender Sorge der Rettung,
- Tönte schon fern' ihr Schrei von den rauschenden Wogen herüber.
- Schrecklich zu schau'n! Da steht mit fliegendem Haar, mit Verzweiflung
- In dem Gesicht, mit Gluth in der Brust, die Gattinn, und breitet
- Zitternd die Arme dem Gatten nach: mit bebenden Lippen
- Will sie noch einmal zurück, mit Gewalt, ihn rufen, und stöhnt nur.
- Dort auf den Sand hinstürzet der Greis, und rauft sich die Haar' aus
- Ob des Töchterchens, ob des Sohn's. Da knie't an dem Ufer,
- Schaudernd im Fieber, die Braut, und blickt mit wilden Geberden
- Jetzo dem Vater, und jetzt der weinenden Mutter in's Antlitz;
- Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und läuft auf dem Sandpfad
- Plötzlich dahin. Ein gellender Schrei aus dem fliegenden Busen
- Füllet die Luft und die Herzen des Volk's, mit starrem Entsetzen.
- Ach, sie stürzt' in die Fluth; doch hängen die zarten Geschwister,
- Wimmernd, an ihrem wehenden Kleid', und rufen ihr liebvoll
- Trost in das Herz, vereint dem Fleh'n des weinenden Volkes,
- Das an den Vater im Himmel sie mahnt, den Rächer der Unschuld!
- Aber schon nahte der Rächer, im Flug, Barcellona's Gefilden,
- Glühend im Herzen dem Ruf' erhabener Christenerrettung.
-
-
-
-
- Dritter Gesang.
-
-
- Siehe, wie stolz erhebt Barcellona, die herrliche Seestadt,
- Heute die Stirn' in die Luft; wie schimmert so hell in des Meeres
- Fluthendem Spiegel ihr Bild; im freudigen Lärm und Getümmel
- Jauchzt in den Gassen das Volk, und jauchzt in dem hallenden Hafen:
- »Heil uns, Doria kommt, der langersehnete Seeheld!«
- Dreißig der Schiff' erkennet das Aug' an den flatternden Segeln
- Fern' auf dem Meer. Sie führen fünftausend erlesene Krieger,
- Genua's tapferes Volk, zum heiligen Kampfe der Rettung.
- Dreißigmal grüßt das Donnerrohr von dem Walle den Helden:
- Also schallt von dem Meere sein Dank im Donner herüber;
- Doch, wie die Echo, geweckt in der felsumstarreten Bergschlucht,
- Einen gewaltigen Ruf erst laut und mächtig erwiedert,
- Dann nur leis' aushaucht, und wieder verstummt in der Stille:
- So von des Meeres Höh'n herflog, mit ermattenden Schwingen,
- Dreißig Grüßen zum Dank, der dumpfummurrende Nachhall.
- Jetzt aufrauschte die Fluth: sie sprang an dem schwärzlichen
- Schiffskiel,
- Schäumend, umher, und wogte sie all' in den schirmenden Hafen.
- Jetzt entsank dem Busen des Schiff's der gewichtige Anker,
- Rasselnden Schwungs, und ihm, geschleudert vom kreisenden Wellbaum,
- Folgte das mächtige Seil, bis er haftete fest in dem Boden.
- Lange wiegte die Fluth das eiserngeheftete Schiff noch.
- Doch nun schwang sich der Held, mit den obersten Schiffesgebiethern,
- Schnell in das zierliche Boot, und eilte dem Ufer entgegen:
- Ihn umbraus'te des Volks ringsher auftobender Jubel.
- Aber es scholl erneut in dem wimmelnden Hafen der Zuruf:
- »Heil dem nahenden Freund!« denn Ludwig,[19] der Bruder der Kais'rinn,
- Und Lusitaniens Stolz, kam jetzt mit zwanzig der Segel
- Näher dem Port'. Er warb viertausend tapfere Streiter
- Drüben am Tajo, und kam, Siegsruhm zu erringen entschlossen.
- Als er, gelandet, am Strand hinging: da staunte mit Ehrfurcht
- Jegliches Aug' ihm nach, da er schon im Lenze des Lebens,
- Heiter die muthige Brust darboth des Krieges Gefahren.
- Wieder erscholl's: »Heil dort den nahenden Schiffen!« und sechzig
- Zählte des Strandes Wart von dem hochaufthürmenden Leuchtthurm.
- Ruyter[20] kam, der jüngst die flandrischen durch Gibilterra's
- Enge geführt, und auf Malaga's Höh'n mit jenen vereinte,
- Die Hispania's Städte gesandt, im rühmlichen Wettstreit.
- Hundert Krieger am Bord trug jedes der räumigen Schiffe --
- Trug in dem dunkeln Schooß Geräthe des dauernden Krieges,
- Mundvorrath und Geschoß, mit den ehernen Schlünden und Mörsern.
- Rastlos brüllten die Donnerschlünd', als jetzt in des Morgens
- Stunden sich eint', im Port, zu dem Heldenzuge die Heersmacht.
-
- Aber auch drüben an Wälschlands weitumkreisenden Ufern
- Wogten des Krieges Banner, erhöht, in dem Wind', und die Völker
- Harrten der Siegesfahrt. In Genua's äußerstem Hafen,
- Den im holden Gefild schon längst entschwund'ne Geschlechter
- Weihten der Liebesgöttinn zum Sitz,[21] einschiffte die Scharen
- Genua's -- auch Hetruriens und Lombardia's Krieger,
- Guasto, der tapfere Greis, des Fußvolks oberster Feldherr.[22]
- Finster blickte sein Aug'. Ergraut in den eisernen Waffen,
- Nährt' er im stetsumwölkten Gemüth' unziemliches Mißtrau'n
- Gegen die Welt: ihn scheuten -- nicht liebten die Waffengefährten.
- Jetzt von der einsamen Burg von Ischia rief ihn der Kaiser
- Wieder zum Kampf, nach erkorener Ruh' im grauenden Alter:
- Denn er kannte die Kraft des schlachtanordnenden Greises.
- Als er vom Meeresstrand' einschiffte die Völker: da nahte
- Eberstein,[23] zehntausend erlesene Krieger aus Deutschland
- Führend im freudigen Muth zu dem rühmlichen Kampfe der Rettung.
- Eine Ros' in dem Schild', enthüllete, schimmernd, sein Fähnlein --
- Sie, des trefflichen Ahns Stammzier, den ehrend der Kaiser
- Heinrich, der Finkler genannt, zu der hohen Roma gesendet,
- Daß er der Völker Wohl mit dem Hirten der Kirche berathe.
- Dort an dem festlichen Tag, wo, Flammen gleich, von dem Himmel
- Sich auf die Jünger herab, der Geist, der _Heilige_, senkte,
- Ward ihm die Rose gereicht von dem Heiligen Vater, und Heinrich
- Pflanzte die Ros' in den Wappenschild des tapferen Ritters,
- Welcher die Freiheitsschlacht auf Mörsburgs sandigen Fluren
- Kämpfte mit ihm, das Volk zu erretten vom Joche der Ungern.
- Solchen Ahnen entsproß der Führer germanischer Völker.
- Aber er einte vor Mailand jüngst die kühnen Gefährten,
- Die er in Deutschland warb -- in dem Vaterlande der Helden:
- Denn in Schwabens freundlichen Gau'n, wo silbernergossen
- Schimmert der Bodensee, und die rühmliche Quelle der Donau,
- Unversiegbar, nährt des Schwarzwalds heiliges Dunkel,[24]
- Daß sie, ein Ries', auf siebenhundert Meilen entlang hin
- Netze den Bord unzähliger Städt', und Dörfer, und Vesten,
- Fröhlicher Traubengebirg', und erblühender Gärten und Wälder,
- Und in dem Schwarzen-Meer, des Schwarzwalds Höhen entsprossen,
- Stets nach Osten gewandt, vollende die herrliche Laufbahn:
- Dort begrüßten zuerst zwölfhundert erlesene Krieger,
- Lanzenbewaffnetes Volk, mit Römhild, dem tapferen Führer,
- Ebersteins Panier mit lautaufschallendem Jubel.
- Doch wo des Spessarts Grau'n, so wie auch des lieblichen Mainstroms
- Schimmer das Herz erhebt, im schönen Lande der Franken,
- Flatterte hoch in die Luft des Führers erhobenes Fähnlein,
- Werners: ihm folgte die Schar achthundert trefflicher Schützen.
- Also das muthige Volk der bergbewohnenden Hessen
- Folgete Wittekind nach, dem Helden: er zählte der Krieger
- Tausend um sich, und kam, ruhmdürstend, heran in dem Kriegszug.
- Und an den Ufern der Isar hinab zu dem freundlichen München,
- Reihte sogleich die Schar zweitausend gerüsteter Bayern
- Sich an den schwellenden Zug. Gedenkend der trefflichen Heimath,
- Schwur ein jeder ihr herrlichen Ruhm zu erkämpfen vor Tunis.
- Radburg führte sie an, des Herzogs tapferer Sprößling.
- Auch wo im Sande die Spree der brandenburgischen Hauptstadt
- Blässere Fluthen entgegenrollt, und die Oder des Landes
- Blühende Fluren durchströmt, ertönte der mächtige Heerruf.
- Schnell erhob sich die Schar von tausend erlesenen Kriegern,
- Löwenbeherzt, und folgete Siegfrieds winkendem Banner.
- Und wie folgte nicht, Stollberg, dir, im Muthe der Helden,
- Sachsens edeles Volk, das mächtig umher an der Elbe,
- So an der Pleiß' und der Ilm, ruhmwürdige Städte bewohnet;
- Wo den Musen ihr Kranz erblüht', und die forschende Weisheit
- Glänzende Höhen errang. Sie sendeten freudig nach Mailand,
- Ueber Tyrols Berghöh'n, achthundert gewaltige Krieger.
- Treues Tyrol, auch deinen Gebirgen und Thälern entströmte,
- Jauchzenden Muthes, die Schar gepriesener Schützen! Sie nahten,
- Tausend an Zahl, und, vereint fünfhundert muthigen Bündtnern,
- Führte sie Salis zum Kampf, Oestreichs hochherziger Feldherr.
- Ha, nicht weilten daheim die Helden des glücklichen Reiches,
- Das in dem Bruderbund' unzählige Völker vereinet,
- Und den Vereinten durch Weisheit, Mild', und Gerechtigkeit obherrscht:
- Denn es entsandte zum Heer fünfhundert geharnischte Reiter:
- Böhmens tapferes Volk, das, eisern, im eisernen Schlachtfeld
- Ausharrt, und im entscheidenden Kampf den Feind in den Staub wirft;
- Sandte der Ungern muthige Schar, die auf feurigen Rossen,
- In der gewaltigen Faust den blinkenden Säbel erhebend,
- Schnell, wie der Blitz, im Flug, die feindlichen Reihen zerschmettern.
- Jenen geboth Waldstein, und diesen Hunyadi's[25] Enkel,
- Der, Europa's Hort, die Macht der Osmanen gebrochen.
- Ihnen gesellt, annahte das siegsruhmdürstende Fußvolk,
- Das sich aus deinem Wall' und Fluren erhob, Vindobona,
- Austria's herrliche Kaiserstadt! Wer rühmte dich würdig?
- Ha, wie lieblich bespühlt die breitherrollende Donau
- Deinen erhabenen Sitz! Wie stolz dir winken die Berghöh'n,
- Säuseln die Hain' umher, und die lustaushauchenden Gärten!
- Herrlich umglänzt dich der Aehren Gold, des fröhlichen Weinbergs
- Labende Frucht; dir blüh'n rings Edens wonnige Fluren!
- Nun entbothst du die Schar fünfhundert erlesener Krieger.
- Aber noch dreimal die Zahl entsandten die trefflichen Länder,
- Welche die March, die Muhr, und die Drau durchströmet, und jenes,
- Das in dem freundlichen Schooß der Zirknitz[26] zaub'rischen See birgt:
- Wo in den Tagen des rollenden Jahrs bald emsige Fischer
- Jubeln der Beut' in dem Netz', und bald die Schnitter und Jäger
- Strecken die Halm' und das Wild auf dem fluthentblößeten Raum hin.
- Lichtstein führte dieß Volk. Hoch flattert' im Winde sein Fähnlein,
- Wo das purpurne Feld, vom güldenen Felde gesondert,
- Auf dem Schilde sich wies, und des Helms hochragender Fittig.
- Hinter den zahllosen kam, von schnaubenden Rossen gezogen,
- Näher die Wucht von hundert donnernden Schlünden und Mörsern.
- Rückwärts gähnet' ihr dräuender Mund, und jeglichem folgte,
- Rasch, mit der Lunt' an der Brust, der Wurfschütz -- folgten Gehülfen,
- Sonder Scheu, an dem Wagen, voll tödlicher Feuergeschosse.
- Rogendorf, der Feldzeugmeister im Heere des Kaisers,
- Führte des Feldzeugs Macht. Er hemmte zuweilen mit Vorsicht
- Sein gluthschnaubendes Roß, daß all' ihm folgten in Ordnung.
- Trauer erfüllte sein Herz. Ihm sank der Gefährte der Jugend,
- Salm, auf Wiens hochragendem Wall, wo beide, den Leu'n gleich,
- Kämpften gegen Suleymans Wuth.[27] Dort schwand ihm des Glückes
- Freundlicher Strahl: vom Grau'n des nächtlichen Kummers umgeben,
- Sah er schweigend hinaus nach des Lebens verödeten Räumen.
-
- Also lenkte zum Meeresstrand die tapferen Völker
- Ebersteins Heerruf. Laut wirbelte, drönte die Trommel;
- Schmetternd erklang die Dromet', und das Wiehern der stampfenden Rosse
- Scholl aus dem Waffengeblitz herüber vom stäubenden Fahrweg.
- Doch nun rollt' er die Reih'n am tosenden Strande des Meers auf:
- Guasto's Feldherrnauge zur Schau. Sie jagten hinunter,
- Jagten herauf das muthige Roß, die herrlichen Scharen
- Musternd, und staunenden Blicks ersah der oberste Feldherr
- Deutschlands Heldenvolk, das, trefflichgerüstet, daherzog:
- Diese bewehrt mit dem Helm' und dem Panzerhemde von Eisen,
- Haltend die hochaufragende Lanze gelehnt an die Schulter;
- Jene, das Feuerrohr im Arm, dem krachend des Todes
- Kugel entfleugt, und fern' aus den Reihen die Männer in Staub wirft.
- Allen umhüllte die Brust der todabwehrende Koller,
- Von dem Felle des Elennthiers, und die eisernen Hauben
- Schirmten vor tödlichem Hieb ihr Haupt im Gemenge der Waffen.
- Aber die Reiterschar, gleich Flügeln umgebend das Fußvolk,
- Hob den blinkenden Stahl in der nervigen Rechte zur Schulter.
- Alle blickten nach Eberstein: Die rechts, und die Ander'n
- Links, wie er nun, zur Mitte gekehrt, vor den Scharen das Wort nahm:
- »Seht uns am Strande des Meers! Verkünden die thränenden Wimpern,
- Kündet die Stille mir, wie jetzt des herrlichen Anschau
- Euern Busen ergriff in spracherstickender Wonne?
- Endlos wogt es dahin, in des Himmels umwölbenden Busen
- Schwindend: ein Bild der allumfassenden Liebe. Gesegnet
- Sey uns die Fluthenbahn: nach dem fernentlegenen Welttheil
- Führe sie schnell die Helden zum Kampf für Rettung und Freiheit!
- Brüder, wir kämpfen ihn dort, als Deutsche, der heiligen Pflicht treu,
- Glühend von edelem Muth', und denkend des heimischen Ruhmes!
- Gott und der Kaiser mit uns, die stets den Tapferen hold sind!«
- Tausende schrie'n, aufjauchzte das Heer: »Gebiethe die Abfahrt:
- Gott und der Kaiser mit uns, die stets den Tapferen hold sind!«
- Hastig drängten sich alle zum Strand', und sah'n auf die Meer'sfluth,
- Schweigend, hinaus. Erschüttert bückte sich Dieser, und tauchte
- Freudig die Hand in die Fluth des schauererregenden Abgrunds;
- Jener staunte der Pracht der Kriegesschiff' und Galeeren --
- Auch der Menge der Tau' und der Höhe des thürmenden Mastbaums.
- Rastlos fuhren die Boot' umher. Da schifften am Ufer
- Haufen sich ein; dort stiegen auf hänfenen Leitern die andern,
- Eiliger, auf zu dem Raum des hochgewölbeten Schiffbords.
- Aber die Reiter und Ross', Feldzeug und Geräthe des Krieges
- Faßte der breitere Raum der offenen, niedern Galeeren,
- Wo das muthige Roß, das erst, voll schnaubenden Ingrimms,
- Tobte, bezähmt, und zitternd stand, und den mähnigen Nacken
- Furchtsam erhob: zu schau'n die ringserhellten Gewässer.
- Jetzt erscholl der Abfahrt lauterdonnerndes Zeichen.
- Freundlich weht' aus Osten der Wind, und führte die Schiffe
- Auf die unendliche Fläche hinaus. Die Menge des Volkes
- Sah den herrlichen Zug von hundert Segeln, und jauchzt' ihm,
- Lange vom schwindenden Strand, die Wünsche der günstigen Meerfahrt
- Und des ersehnten Wiederseh'ns mit gewaltigem Laut nach.
- Abend nahte heran. In den weitvorstrebenden Segeln
- Säuselte sanfter der Wind; die goldenstrahlende Sonne
- Sank g'en Westen hinab: sie taucht' ihr breiteres Antlitz
- Leis' in die Spiegelfluth, und blickt' auf der flammenden Bahn dort,
- Scheidend, heran, die, im Wellengeblitz erzitternd, ihr nachflog,
- Und an des Himmels Rand' entschwand. Im rosigen Aether
- Flatterten Wölkchen empor, die an ihrem verglühenden Saum noch
- Lange den huldausstrahlenden Wink der Lieblichen zeigten.
- Aber die Krieger ergriff die süße Wonne der Wehmuth:
- Lautlos starrten sie hin, und dachten des lieblichen Schlafs nicht,
- Mahnte nicht Guasto's ernster Wink und die Stimme der Führer.
-
- Siehe, der finstere Schleier der Nacht umhüllte des Heeres
- Fluthenbahn! Eintönig rauschten die schwankenden Wogen
- Jetzt an dem Kiele des Schiffs umher; scharf hauchte der Fahrwind,
- Und in Eil' entschwand die Heersmacht Genua's Küsten.
- Aber nicht achtlos sah der Christen ergrimmtester Gegner,
- Muhamed, her aus dem Wolkenreich: wie drüben die Völker,
- Lautaufjubelnden Rufs, entfalteten Segel auf Segel,
- Und vom hohen Verdeck die funkelnden Blicke des Kriegers
- Grause Vernichtung drohten dem Volk, das gläubig ihn ehret.
- Gierig forscht' er umher, ob nicht ein wüthender Sturmwind
- Fern' an des Himmels Rand' aufgährete? Doch in den Lüften
- Herrschte liebliche Ruh', und hell erglänzte die Sternflur;
- Forschte zugleich: ob Al-Mansors vereintes Geschwader
- Nahete, den erst jüngst aus Algier Hairaddin sandte,
- Daß er des Kaisers Macht hintilg' in brausender Seeschlacht?
- Aber der Schreckliche trieb noch fern' auf den Fluthen des Meers um,
- Das, Sardiniens Strand von Siciliens lieblichen Ufern
- Trennend, die Bahn ihm wies, wo bald (so wähnt' er vermessen)
- Ihm erliege, besiegt, der erhabene Herrscher der Christen;
- Dennoch entsandt' er erst heut zwei leichthinsegelnde Schiffe,
- Die, von Abdul beherrscht, vor Wälschlands schönen Gestaden
- Kreutzten, und spähten umher: wohin sich wende Del-Guasto?
- Abdul gewahrte des Heer's Abfahrt: denn zahllose Ruder
- Peitschten die See, und die Luft durchfächelten Segel auf Segel.
- Alsbald eilt' er nach Elba[28] hinaus, dem felsigen Eiland,
- Wo von dem Schacht, gehaltreich, schillerndes Eisen der Bergmann
- Fördert zu Tag', und steuerte, bald aus der dunkelen Felsbucht,
- Bald aus dem Eisenport, des Feindes Fahrt zu erkunden.
- Muhamed sah ihn ergrimmt, und naht' ihm, scheltenden Ruf's, so:
- »Bebend schaust du das Christenvolk die Meere beherrschen?
- Sinne vielmehr ihm Leid, ein schwacher dem stärkeren Gegner.
- Denke der List: denn sieh', wie dort ein zögerndes Fahrzeug
- Einsam die Wogen durchschifft! Ihm wirf dich muthig entgegen;
- Halte die Enterhaken bereit; mit der Sprache der Heimath
- Täuschend, raubst du dem Feinde noch heut den tapfersten Feldherrn.«
- Abdul blickte verwundert um sich: wer Worte des Muthes
- Ihm in die Seele gehaucht? und lenkte sein kühnes Geschwader
- Gegen das einsame Schiff, am Mast' erhöhend die Flagge
- Genua's, und entflammend zum Trug den listigen Korsen,
- Der, geboren ein Christ, dem falschen Propheten sich hingab.
-
- Sarno, den tapferen Hort und Gebiether lombardischen Volkes,
- Trug das einsame Schiff: ein schlechterer Segler. Vor Ingrimm
- Ballt' er die Faust, daß nur er, der jüngste der Führer, zurückblieb.
- Wie vor dem rauheren Herbst der Störch' unendliche Scharen,
- Fliehend dahin durchsausen die Luft; doch einer aus allen
- Folgt aus der Ferne dem Zug (den Zögernden lähmte der Weidmann
- Jüngst auf dem Stoppelfeld) und schreit, da jene verschwinden:
- Also schwand ihm das Heer im Schleier der dunkelen Nacht hin.
- Jetzo vernahm er Geräusch' annahender Schiffe: die Wogen
- Klatschten, geschleudert vom Kiel', und laut ersausten die Segel.
- Ahnend Gefahr, aufboth der tapfergesinnete Feldherr
- Schnell sein muthiges Volk. Der Wurfschütz harrte des Winks nur,
- Gegen die Feind', im Donnerhall, Verderben zu senden.
- D'rauf rief er: »Wer naht?« So schrie'n die Krieger zugleich auf.
- Aber vom nahenden Bord begann der Korse voll Arglist:
- »Kennt ihr Genua's Flagge nicht mehr? Uns sandte der Feldherr,
- Daß in dem zögernden Lauf kein Gegner die eure gefährde.«
- Also stürmten die Feinde zugleich, auf beiden den Schiffen,
- Dieß, und auch jenseits an, und enterten, jauchzenden Rufes,
- Sarno's Schiff, an mächtigen Tau'n fünfklauige Haken
- Schleudernd: sie hafteten fest im Gebälk', und mit schrecklichen
- Blicken,
- Hoch in der nervigen Faust den blitzenden Säbel erhebend,
- Schwangen sie sich dann auf zum Bord. Doch Sarno, der Feldherr,
- Nahte, das Schwert in der Hand, nicht feige zu sterben, entschlossen.
- Erst dem Korsen durchstieß er das Herz, das falsche; zerschmettert
- Schnell an der Stirn', ihm sank Atha'r, und Ismail stürzte
- D'rauf, in der Lunge durchbohrt, die tapfersten Aga der Scharen:
- Orta genannt dem Muselman, die hundert und fünfzig
- Krieger vereint. Doch jetzt, unedel im Rücken bestürmte
- Jenen die Meng', und riß mit wildem Getös' ihn zu Boden.
- Wie der Waldurochs, den wüthende Rüden umdrängen,
- Rings mit lautem Gebell, ergrimmter die Stirne vor ihnen
- Senkt, und den einen durchstößt mit tödlichen Hörnern, den andern,
- Rasch mit den ehernen Klau'n zermalmt, und immer empörter
- Rache schnaubt; doch jetzt, an den blutenden Ohren verbissen,
- So an dem zottigen Halse zugleich und den kräftigen Schenkeln,
- Zerrt die tobende Schar, bis überwältigt er hinsinkt
- Vielen, allein: so stürzte der Held, und, schmählich gefesselt
- Ward er mit seinem Volk', aus Haufen erschlagener Gegner,
- Nach dem feindlichen Schiffe geschleppt. Sein eigenes trieb nun,
- Menschenberaubt, umher, als Beute den stürmischen Wogen.
- Dort im finsteren Schiffsraum lag der edelste Feldherr;
- Preßte die Stirn' an die Wand, und heißentquellende Thränen
- Perlten, fort und fort, an seinen Wangen herunter:
- Thränen, dem feindlichen Schicksal geweint, das jetzt, ihn der Freiheit
- Schnödeberaubend, der Bahn entriß, auf welcher die Brüder,
- Dürstend nach Sieg und Ruhm, forteilten nach Afrika's Küsten.
- Aber mit Freud' im Blick' und Stolz in dem Busen entschiffte
- Abdul zu Al-Mansor, der fern durchpflügte die Meerfluth.
-
- Sarno's Jammergeschick nicht ahnend, flog in dem Nachtwind
- Guasto dahin, und siehe, von Ostia, wo sich der Tiber
- Vielgepriesene Fluth ergießt in des Meeres Gewässer,
- Und aus der Vorwelt, nun erhabenen, männlichen Sinnes
- Herzerhebendes Bild, nun namenloser Entartung
- Schaudergestalten uns weckt, daß wir, sie schauend, erbeben:
- Dorther führte der Held Ursini, altrömischen Stammes
- Edeler Zweig, ergraut im Kampf und Schlachtengetümmel,
- Sieben der Schiffe heran, mit tausend erlesenen Kriegern,
- Welche zu Guasto's Heer entsandte der Heilige Vater.
- Nahe dem westlichen Rand des meereinmündenden Stromes
- Thürmt sich, Warten gleich, ein Fels hoch über die Fluth auf,
- Und beschirmt g'en Wind und Wogen die herrliche Seestadt.
- Dort auf dem ragenden Fels, umgeben von wimmelnden Scharen,
- Stand im Feiergewand, mit den dienenden Priestern und Laien,
- Auch der erhabene Hirt in schauererregender Hoheit:
- Denn er harrte der Kommenden schon. Als endlich sie nahten,
- Theilend die Meeresfluth mit dem gleitenden Kiele, da hallten
- Donnernde Schlünd' umher; harmonischer Glocken Getön' klang;
- Liebliche Düft' aufhaucht' in die Luft das silberne Rauchfaß,
- Und weit brannte das Meer in zahlloslodernder Fackeln
- Mächtigem Wiederschein: denn Finsterniß deckte die Welt noch.
- Jetzt, ergreifend schnell mit der Linken den hirtlichen Krummstab,
- Den ihm der _Gute Hirt_ vertraut', zu des Heiles Gefilden
- Hinzuleiten die Heerd', in Treu' und liebender Sorgfalt,
- Hob er zugleich die Recht' empor, und segnete dreimal,
- Rufend zum Vater, und Sohn', und Heiligen Geist, die Erwählten
- Drüben, im Herrn. Hochfeierlich scholl der segnende Zuruf
- Auf die Gewässer hinaus, und jen', auf die Kniee gesunken,
- Senkten die Flagg' und Gewehr', und sandten ein stilles Gebeth auf.
- Aber die schimmernden Segel, geschwellt vom günstigen Fahrwind,
- Führten das jauchzende Heer im Eilflug fort nach Neapel.
-
- Lichter wurd' es in Osten. Des Morgens schauriger Odem
- Flog auf den Fluthen heran. Am dämmernden Saume des Himmels
- Schwamm ein zartes Gewölk, das, erst nur dunkelgeröthet,
- Dann allglühend sich hob: der Sonne geflügelter Herold.
- Wonne, sie kam: die rosenumflossene Stirn' aus der Meerfluth
- Tauchend mit ernstem Hoheitsblick -- dann schnell, in Verklärung,
- Heller und strahlender stets, aufschwebend am bläulichen Himmel,
- Schön, wie ein Sieger geschmückt, zu durchlaufen die herrliche Laufbahn!
- Ringsum jauchzte die Welt. Die gleitenden Wellen erhoben,
- Hüpfend vor Freud', ihr Haupt, und, unabsehlich und endlos
- Flammten sie all' im hehren Glanz' ätherischen Lichtes.
- Aber mit pochender Brust, in stürmischer Seelenentzückung,
- Sah'n die Krieger hinaus auf die schimmernden Fluthen -- vor allen
- Jene, welch' erst jüngst dem Meer' als Fremdlinge nahten;
- Doch bald hob ein jeder den Blick zu dem Vater im Himmel,
- Der das Meer und die Sonne, so schön und so herrlich erschaffen.
- Fröhlich wähnten sie schon sich entrückt dem schrecklichen Unhold,
- Dem auch der tapferste Mann, seekrank, in schwindelnder Ohnmacht,
- Feig', auf dem niedrigen Lager erliegt; doch, als das Gesäusel
- Schiffentführender Wind' in heißerer Stunde des Mittags
- Leise verscholl, und schlaff an dem Maste das Segel herabhing;
- Als das geschaukelte Schiff auf unstättreibenden Wogen,
- Kreisend umher, nicht vorwärts kam: da fielen besiegt ihm
- Alle zugleich, die jüngst dem schwankenden Rücken der Salzfluth
- Sich vertrauten zur Fahrt. Sie dachten, zu sterben. Die Schiffer
- Sah'n, mit Lächeln, des Kriegers Furcht: denn wieder erhob sich
- Nun der günstige Wind, und trieb sie im sausenden Flug fort.
-
- Aber vom Jauchzen des Volks und dem Jubel des eh'rnen Geschützes
- Freudig begrüßt, kam jetzt vor Neapolis schimmerndem Hafen
- Glücklich die Heersmacht an, und lud, mit gewaltiger Stimme,
- Jene zur Heldenfahrt, die dort der Kommenden harrten!
- Wie in dem Föhrengehölz, durchwühlt vom grausamen Wand'rer,
- Wimmelt ein Ameisennest von geschäftigem Volke: sie laufen
- Auf und nieder, voll Hast, zu schirmen die glänzenden Eyer;
- Oder sie bauen ihr thürmendes Haus von Neuem mit Sorgfalt:
- So lief hastig das Volk in dem Hafen umher: das Geschwader
- Rüstend, das an dem Bord dreitausend erlesene Krieger
- Zählte. Den Kriegern geboth Toledo,[29] Don Pedro's Erzeugter,
- Der, des Kaisers Vasall, statthaltend herrscht' in dem Land dort.
- Ach, unsäglicher Jammer zerriß des edeln Toledo's
- Heldenbrust, und stieß ihn schnell aus dem rosigen Morgen
- Täuschenden Erdenglücks in die Nacht endloser Verzweiflung!
- Jüngst erst reicht' ihm die Hand, am Altar, des salernischen Herzogs
- Einziges Kind, Mathilde, die trefflichste, schönste der Frauen,
- Und sie entfloh'n der Stadt, in Calabria's Zaubergefilden
- Suchend die meerbeherrschende Burg, in lieblicher, stiller,
- Seliger Einsamkeit die süßesten Stunden zu leben.
- Dort in dem Schatten umher des meerangrenzenden Fruchthains,
- Den im grünlichen Abendgold die säuselnden Lüftchen
- Wiegten, und rings durchtönte der Nachtigall wonniges Flöten,
- Dort lustwandelten, Arm in Arm, in Liebe verschlungen,
- Beide die glücklichen jetzt. Nur Hugo, ihr redlicher Diener,
- Folgt' entfernter, und band die Bäumchen, voll üppigen Wuchses,
- Die er im Herbste gepflanzt, an die stützenden Pfähle mit Bast an.
- Aber sie ließ, ermüdet, im schwellenden Grase sich nieder,
- Kehrend den Rücken dem Meer', und sah mit thauenden Wimpern,
- Wie der Gatt' im Orangengehölz die Zweige durchspähend,
- Fern hinschwand: denn immer die schöneren sucht' er mit Vorsicht
- Ihr aus der Fülle der goldenen Frucht, erlesend, zu pflücken.
- Wehe, da lag in der Felsenhöhle des hallenden Ufers,
- Von dem blühenden Genst und der Thränenweide verhüllet,
- Dragut, der freche Korsar, und harrte des nächtlichen Dunkels,
- Lauernd, im schwärzlichen Schiff'! Als fern', in dem schattenden
- Fruchthain,
- Forschend, Toledo entschwand: da brachen des Räubers Gefährten
- Plötzlich heran, und schleppten die schöne, die hohe Gestalt fort;
- Doch sie verstummte vor Angst, und verging vor Todesentsetzen.
- Wie die Schar ergrimmter Schakal', aus finsteren Höhlen
- Kommend, und dürstend nach Blut, die erschrockene, sanfte Gazelle
- Fahet im Lauf -- da fällt mit dem Unschuldsblick sie im Sandstaub
- Lautlos nieder: so sank die arm' am Borde des Schiffs hin.
- Hugo gewahrte den Jammer. Er schrie; flog hin zu dem Ufer,
- Stürzt' in die Fluthen, und schwang, ein rüstiger Schwimmer, zum
- Schiffsbord,
- Eines der Thau' umklammernd, sich auf. Da zückte der Wüthrich
- Dreimal den blitzenden Stahl, das grauende Haupt ihm zu spalten:
- Dreimal entsank ihm der Stahl: ihm brach des redlichen Dieners
- Treue das Herz. D'rauf hieß er ihn selbst, mit sanfterer Stimme,
- Wecken die holde Frau aus seelenumschattender Ohnmacht.
-
- Schaudernd vor Angst und Entsetzen, vernahm ihr Gatte des Greises
- Kläglichen Ruf, er schrie, noch die Räuber im Aug', auf die Fluthen
- Lautaufjammernd, hinaus, und both unendliche Lösung.
- Ha, schon wähnt' er, entzückt, die kehrenden Segel zu schauen --
- Freundliche Laute zu hören vom Bord: da brauste der Sturmwind
- Plötzlich aus Westen heran: die triegenden Laute verhallten,
- Und an des Himmels Rand, wie ein leis' entfliehendes Wölkchen,
- Schwand ihm das Schiff! Der Mond erneute sein wechselndes Licht schon
- Siebenmal, seit er an dem Küstenlande der Räuber,
- Forschen, und biethen hieß des Goldes die Fülle zur Lösung.
- Doch nun sandte von ihrem Geschick die entsetzliche Bothschaft
- Hugo: zu Tunis, in Draguts Gewalt, des wilden Korsaren,
- Lebe Mathild', und wieg', als unglückselige Mutter,
- Bald den Säugling im Schooß: denn nimmer zur Wonne des Vaters,
- Ach, und voll Liebe nach ihm, erduld' unendlichen Jammer!
- Alsbald ahnet' er diesen im Geist', und kaltes Entsetzen
- Fuhr ihm durch Mark und Gebein. Doch jetzt dem rühmlichen Heerbann
- Bebte vor Freude sein Herz. Er nahte mit leuchtenden Augen --
- Trieb, und drängte die Krieger zugleich, und die hurtigen Schiffer
- Eilig an Bord: nicht hörend des Volks umschallenden Jubel,
- Nicht des Vaters segnenden Ruf, dem nimmer die Hand er,
- Fromm, und kindlich gesinnt, mehr küßt, nicht die silberne Scheitel,
- Oder das freundliche Aug': da er bald hinsinket vor Tunis.
- So, mit Guasto vereint, entschiffte Neapels Geschwader,
- Gegen Sardinia's Höh'n, des ringsumflutheten Eilands,
- Steuernd, dort in dämmernder Frühe die herrliche Seestadt
- Cagliari zu schau'n, und zu harren des mächtigen Kaisers:
- Denn ihr wurde der Ruhm, aus dem schimmernden Port Europa's
- Furchtbare Macht, vereint, zu entlassen nach Afrika's Küsten.
-
-
-
-
- Vierter Gesang.
-
-
- Horch, Barcellona's Thürmen entschallt mit jubelndem Wohllaut
- Glockengetön'; erschütternd rollt des eh'rnen Geschützes
- Freudendonner vom Wall', und im Port, wo unzählig die Masten,
- Gleich dem entblätterten Wald, aufragen zum Himmel, erglänzen
- Flaggen und Wimpel umher, die bald im bläulichen Luftraum,
- Von umgaukelnden Winden gerafft, wie silberne Wölkchen
- Flattern, und bald, am thürmenden Mast heruntergesunken,
- Schlängelnd, über den Bord hinsäuseln zum schäumenden Abgrund.
- Unabsehlich, die Straßen entlang, erglänzt von den Erkern
- Festlich der Teppiche Pracht. Dort winken aus jeglichem Fenster
- Blumen in Meng', und hauchen elysische Düft' an den Häusern
- Lieblich umher. Doch welch' ein Lärm auftobenden Jubels
- Füllet die Fenster zugleich, und die Erker; die schwindligen Höhen
- Ragender Zinnen und Thürm', mit unzähligen Menschen? Es starren,
- Wang' an Wange gepreßt, ein Haupt aufragend vom Haupt noch,
- Alle, mit leuchtendem Aug', in die wimmelnde Straße herunter,
- Während die wogende Menge hinaus auf den stäubenden Heerweg
- Braust, wo Ludwig, der Held, und Doria, mächtigen Anseh'ns,
- Ordnen die Krieger in Reih'n, dem nahenden Herrscher zu Ehren.
- Jetzo noch lauter erschallt, wie unendliches Rauschen der Sturmfluth,
- Schön und furchtbar zugleich, ein Ruf: »Hoch lebe der Kaiser!«
- Sieh', er kam! Von Mendoza geführt, dem tapferen Feldherrn,
- Schritten vor ihm achttausend Krieger -- im Heere die Alten,
- Die, in der Reihe der Jahre versucht, und gestählt in Gefahren,
- Siegbeherrschenden Muths und entscheidender Stärke sich rühmten.
- Jetzo nach Wirbel und Schlag der heerebewegenden Trommel,
- Nahten sie all' im gemessenen Schritt, die Gewehr' an die Schulter
- Pressend im Arm, und zum Schall der Feldschalmeien und Flöten,
- Ehernen Klange des Horns und des Brummrohrs tiefen Gewaltton
- Mengend, im schönen Verein, ihr fernhinhallendes Schlachtlied.
- Schauder ergriffen das Volk. Den Altgedienten am Fuß nach
- Folgte die herrliche Schar viertausend erlesener Reiter,
- Welch' erst jüngst in Hispania's Gau'n die Stimme der Cortes
- Aufboth, Jünglinge noch, doch lechzend nach Kampf und Gefahren.
- Hufesgerassel erscholl in's Geklirr des Waffengeschmeides
- Und in den ehernen Ruf der schmetternden Kriegesdrometen.
- Doch was schleudert noch helleren Glanz in den sonnigen Straßen,
- Blendend, umher? Wer nennte die Rossebändiger würdig,
- Die von silbernen Rüstungen blank, die ragenden Lanzen
- Nervigen Rechten vertrau'n? Zweihundert der edelen Ritter
- Sind es: die »Blüthe« genannt des hohen, hispanischen Adels.
- Aber vor allen hervor, ein Viergestirn in der Heersmacht
- Strahlen: Alba[30] der stattliche Held, der kühne Alarcon,
- Welchem zur Huth Frankreichs gefangener König vertraut ward,
- Vor Pavia im Sieg;[31] Sarmento, und Garzia Lasso,[32]
- Der, ein Sänger und Held, das blitzende Schwert und der Lyra
- Gold'ne Saiten mit einem Kranz zu umschlingen, sich sehnte.
- Jetzt entflammte sich jegliches Aug'. Der mächtige Kaiser
- Folgte der edelen Schar, und grüßte das jubelnde Volk dort
- Links und rechts, mit freundlichem Blick. Sein feuriges Prunkroß
- Wölbete stolzer den mähnigen Hals, und tanzte die Straßen
- Munter hinab: nun hin, nun her sich wendend, im Halbkreis.
- Dort, wo in festlichgeordneten Reih'n sein harrte das Fußvolk,
- Hemmt' er den Rappen, und sah: wie fertig das blanke Gewehr sie
- Schwenkten mit einetem Schlag'. Er winkte den schaltenden Führern
- Dank, die rasch zur Stirne den Degen erhoben, und senkten,
- Huldigend; dann aufschrie'n laut: »Marsch!« durch die hallende Stadt
- hin.
- Und in dem Jubelgedräng fortwogten die trefflichen Scharen:
- Eilend hinab in den Hafen, am Bord der harrenden Schiffe,
- Nun zu beginnen die Fahrt nach Afrika's fernen Gestaden.
-
- Staunend ersah die Meng' im Gefolge des mächtigen Kaisers
- Muley-Hassan. Er hob die trauerumflossenen Augen
- Nicht von der Erd' empor, und schwieg; doch inniges Mitleid
- Weckte der Jammer des heimathlosumirrenden Königs.
- Jetzo dem Herrscher genaht, rief Doria laut vor den Scharen:
- »Sehnest du dich schon heut nach dem Raum' _Karthago_, des Heerschiffs,
- Das vor jeglichem groß und kunstbeflissen gezimmert,
- Prangt in dem Port, und vom Schilde den Kranz unsterblichen Ruhmes
- Weist, der dir erblüht auf Karthago's rühmlicher Stätte?
- Oder gefällt dir's mehr, zu ruhen im schönen Palast hier,
- Den dir schmückte die Stadt, Barcellona, mit liebender Sorgfalt?«
- »Nichts von Ruhe noch Rast mir gesprochen,« so sagt' ihm der Kaiser,
- Eifernd, »jetzt, wo mir's nur lauter im glühenden Busen
- Pocht, und stürmt; kein Schlaf die ermüdeten Augen erquicket,
- Die nur Tunis im Grau'n der einsamen Nächte, nur Tunis
- Schau'n in der Helle des Tags, und Schlacht, und Sieg, und Errettung!
- Spannet die Segel! Uns winkt, gebiethend, Afrika's Meerstrand.«
- Doria führt' ihn an Bord. Ihm folgte der munteren Schiffer
- Hurrahgeschrei und unzähligen Volk's nachjubelnder Segen,
- Bis er vom hohen Verdeck die Treppe hinunter im Schiffsraum
- Leis' entschwand. Und siehe, dem Staunenden öffnete dort sich,
- Prunkend, ein hoher Saal, auf deß' aufwölbenden Himmel
- Titian selbst ein Meisterwerk mit zaubrischem Pinsel
- Schuf, nach Doria's Wink! Ein Schlachtfeld hatt' er gebildet.
- Fern, wie in Nebel gehüllt, erspähet der schärfere Blick nur
- Fliehende Feind' am Gebirg: so winzig ist Alles und Jedes
- Dort mit dem zarten Duft der dämmernden Ferne, verschmolzen.
- Näher heran, am Rain des saatdurchschlängelnden Baches,
- Wirft sich die Reiterschar auf Reiter, zum letzten Gemetzel
- Spornend das Roß, und es fleugt, und schnaubet, mit wallenden Mähnen,
- Flammendem Aug' -- fort über zerschmetterter Leichen und Waffen
- Blutigen Wust, an des Gegners Roß. Die schrecklichen Kämpfer
- Schleudern den blinkenden Speer, und schrein, und brüllen den
- Schlachtruf --
- Und uns däucht: als töne Geschrei von dem klaffenden Mund her.
- Aber schon kommen vom Waffengefild, dem dräuenden Sieger
- Folgend, mit Schmach im Blick', und die Händ' am Rücken gebunden,
- Scharen Gefangner herauf, wo Constantin,[33] Kaiser des Weltreichs,
- Von dem Rosse sich wirft, die Kniee zum Staube zu beugen:
- Denn, noch schaut er, in Wonne verzückt, das Kreuz an dem Himmel
- Flammen im Sternenkranz; noch sieht er der hohen Verheißung
- Himmlische Wort' in dem strahlenden Kranz: »Du siegest mit ihm nur.«
-
- Dort zu dem herrlichen Bild', erschüttert tief in dem Herzen,
- Sah der Kaiser empor, und trocknete schweigend die Thränen.
- Abendröthlicher Glanz ergoß durch leuchtende Fenster
- Strömend, sein heiliges Licht in dem Saal', und liebliche Stille
- Herrschete. Jetzt geboth sein flammendes Auge der Abfahrt
- Donnernden Ruf: er scholl vom Borde der hohen Karthago
- Freudig dem horchenden Krieger an's Ohr; durchbrüllte der Seestadt
- Thürmende Straßen, der Felsenhöh'n verborgenste Schluchten
- Rings im Gefild', und verhallte mit oft auftobendem Grimm noch,
- Fern' am drönenden Rand des bläulichen Himmelsgewölbes.
- Plötzlich erwachte Getös' und geschäftige Hast in dem Hafen.
- Zahllos flattern die Segel vom Mast'; an den ächzenden Winden
- Knistert das Seil umher, und bald enttauchet der Anker
- Zackige Wucht den Wogen, und ruht in die Quer' auf dem Balken,
- Vorn' an des Schiff's Brustwand. Die leitende Nadel betrachtend,
- Sitzet der Steuermann bedächtig am Ruder, und rauschend
- Folgt ein jegliches Schiff dem Ruderboot', an dem Schlepptau,
- Fort auf des Meeres Höhen hinaus, wo ein günstiger Fahrwind,
- Sausend von Mitternacht, vorwölbet die schimmernden Segel.
- Aber es drängte das Volk sich am Strand', und bethete, weinte,
- Jauchzte den Schwindenden nach. Wohl Mancher lief an dem Ufer,
- Keuchend, noch hin, und schwenkte das wehende Tuch in den Lüften --
- Schwenkte den Hut, »zum Lebewohl,« den theuern Bekannten!
- Zwar nicht jauchzte die liebende Braut, nicht die zärtliche Mutter
- Mehr an dem Strand; doch muthig bezwangen sie dennoch die Thränen:
- Denn auf rühmlicher Bahn enteilten die Lieben der Heimath.
-
- Freudig schiffte des Kaisers Macht im sausenden Wind hin;
- Eilte den Balearen, im Flug, g'en Osten vorüber,
- Und umkreisete bald im Süden Sardinia's Vorland:
- Nahend der herrlichen Stadt Cagliari, mit Guasto's Geschwader
- Sich zu der Heeresfahrt nach Afrika's Küsten zu einen.
- Doch nun schwebte die Nacht mit weitverbreiteten Flügeln,
- Leiseren Fluges, herab, und umhüllte des Meeres Gewässer.
- Guasto's Macht trieb noch, auf der wogenden Wüste verschlagen,
- Fern Cagliari's ersehnetem Port, in der dunkelen Nacht um:
- Denn jetzt führt', unhemmbaren Flugs, ein brausender Nordwind
- Ihn nach dem meereinengenden Thal hinunter, wo vormals
- Stets, der Charybdis zugleich und der furchtbarn Scylla der Schiffer
- Zitterte. Dort erscholl ihm jetzt urplötzlicher Aufruhr
- Von dem Schooße des Aetna heran. Mit Entsetzlichem schwanger
- Lag er, kreißend, in Weh'n. Er wüthete: stürzende Felsen
- Schleudernd mit lautem Gekrach', Orkanengetümmel, und Gluthsturm,
- Weit in den Tiefen umher, daß rings das Meer und der Erdkreis
- Schwankte vor Angst, bis er jetzt aus- des Grauens Geburt warf.
- Erst aus dem finsteren Schlund', in meilenmessendem Umfang,
- Quoll Rauch auf: weithin am Himmel die Sterne verschlingend,
- Und in dem wirbelnden Flug durchzuckt von bläulichen Blitzen;
- Dann aufbrauste wie Staub, vom Winde gerafft an dem Kreuzweg,
- Odemberaubender Schwefelqualm und Aschengestöbers
- Dichtes Gewölk, und jetzt, in wüthender Eile geschleudert,
- Rasselten glühende Stein' ihm nach; jetzt hob sich die Flamme
- Himmelempor, und leuchtete fern' in die finstere Nacht hin.
- Rings erglühte das Meer. So hoch die Flamm' an die Wolken
- Loderte, sank ihr Bild so tief in's dunkle Gewässer
- Nieder, und warf in die Unterwelt hellleuchtende Funken.
- Aber den kreißenden Berg durchwühlten noch stärkere Wehen.
- Unterirdischer Donner rollt', aufrauschten die Wogen --
- Schlugen das schäumende Haupt im Kampfe zusammen; des Aetna
- Scheitel erbebte: denn, o des grausenerweckenden Anblicks,
- Jetzt ausspie sein Schlund die glühende Lava: sie wälzte
- Breiter und flammender stets, die feurigen Wogen herunter;
- Laut aufheulten die Lüft', und die Schöpfung schauderte ringsum!
- Doch Del-Guasto's Heer flog dann im sausenden Sturmhauch
- Eiliger fort auf dem Meer, Sardiniens Küsten entgegen.
-
- Aber nicht war in des Berg's Abgründen allein der Empörung
- Wildes Getümmel erwacht: auch hoch in den Lüften begann jetzt
- Furchtbardräuender Kampf und seelenerschütternder Aufruhr:
- Denn von des Aetna Fluren umher, unendlich verbreitet,
- Hob der Flamme Gewalt auf rastlos fächelnden Schwingen
- Schnell die Dünste der Erd' empor zu des Aethers Gefilden.
- Wie, der stützenden Balken beraubt, ein Schacht in dem Erzberg
- Plötzlich zusammenstürzt: da rollen zertrümmerte Felsen,
- Rollet die Erde, der Wald in die Tief', und weit aus dem Abgrund
- Fleugt Staub auf, und Getös' einsinkender Berge: so stürzte
- In den verdünneten Raum, vom glühenden Süden herüber,
- Dann sich die Meeresluft, und weckt' im Fluge des Sturmwinds
- Kaum besänftigte Wuth an Afrika's Felsengestaden.
- Dort auf des Atlas[34] Höh'n, des himmelanthürmenden Berges,
- Lag Gewittergewölk', und sandt' in die finsteren Thäler
- Röthliche Blitze herab. Nur leis' ummurrte der Donner
- Noch in dem Schooß des Gährenden; doch von dem brausenden Sturmwind
- Näher gejagt, aufflog's am funkelnden Himmel, und hüllte
- Plötzlich des Kaisers Wogenpfad in schreckliches Dunkel.
- Früh' erkannten die Schiffer, vom Bord die perlenden Fluthen
- Schauend: es nahe der Sturm. Sie zogen die dichtesten Segel
- Auf an den Mittelmast, und ordneten sorglich die Thau' all'.
- Doch nun brauste der Wind fern her: dem thürmenden Wall gleich,
- Hob sich vor ihm die Fluth, und rauscht' auf die gleitenden Schiffe
- Nieder, und dann aufwogten sie rings unendlich und furchtbar.
- Jetzo in Wolkenhöh'n auf dem Saum der heulenden Wogen
- Schwebten die Schiff', und jetzt, in des Meer's Abgründe geschleudert,
- Deckte sie dunkler Fluthen Nacht, wie verloren auf immer.
- Ueber das hohe Verdeck hinüber, herüber ergoß sich,
- Schäumend, der Wogen Meng', und netzte die flatternden Wimpel.
- Muhameds Aug' erglänzte vor Lust, nach den gährenden Blitzen
- Schauend im Donnergewölk, das über den Schiffen der Christen
- Grau'nvoll hing. Er winkte, voll Hast, den grimmigen Geistern
- Attila's -- winkte den Seinen zugleich: sie brausten im Eilflug
- Näher, und, wie die Schar der schwarzbefiederten Raben,
- Aufgeschreckt vom Knall todtschmetternder Büchse, vom Anger
- Laut, mit Geschrei, sich erhebt, und immer in engeren Kreisen
- Ueber des Schützen Haupt durchrauscht den sausenden Luftraum:
- So durchstürmten auch hier die unzähligen Geister der Wolken
- Gährenden Schooß, bis solcher in feindlicher Reibung entbrannt war.
- Siehe, da zuckte der Blitz, und zerriß den finsteren Himmel
- Schnell von Westen bis Osten hinauf! Dem rollenden Donner
- Drönte die Welt umher, und Ströme des sausenden Regens
- Peitschten, mit eh'rnem Geprassel, die Fluth. Fort krachte der Donner --
- Krachte durch Sturmgeheul und Gebrüll der empörten Gewässer,
- Endlos fort. Wie links und rechts die Schiffe sich beugten,
- Hoben zum finstern Gewölk ringsher, entsetzlich zu schauen,
- Flammende Wogengebirg' ihr Haupt: denn strahlender Blitzglanz,
- Schwärze der Nacht, traf wechselnd das Aug' des erblindeten Volks hier!
- Sieh', und allen umher auf dem Bord' erblaßten die Wangen
- Jetzo vor Angst: sie harrten, verstummt, des nahen Verderbens;
- Doch der edele Kaiser sah nach dem Grauen des Meersturms
- In erhabener Ruhe hinaus: der hohen Verheißung
- Tröstender Strahl erfüllte sein Herz, das niemals gebebt hat.
- Bald entschwand im eilenden Flug das grause Gewitter.
- Regen sauste nicht mehr; die Winde verstummten; der Donner
- Wüthete nicht; nur fern' am Rande des wölbenden Himmels
- Murrt' er dumpfer noch fort, wo flatternde Blitze zuweilen,
- Kehrend, und fliehend zugleich, die dunkeln Gewässer erhellten.
- Aber noch lange tobte das Meer, bis leise zu Hügeln
- Schwanden die Wogengebirg', und die Hügel zu fluthenden Eb'nen.
-
- Als die Sonn' ihr Strahlenhaupt aus den duftenden Wogen
- Aufhob; ringsum das Meer, und über dem Meere der Himmel
- Golden erschien: da rief vom Korbe des schwindligen Mastbaums
- Laut der Späher herab: »Uns nahen des Feindes Geschwader.«
- Sieh', und des Himmels Rand' entschwebten die feindlichen Segel,
- Gleich dem Gewittergewölk' in glühender Stunde des Mittags!
- Jetzt auf jeglichem Schiffsverdeck war Lärm und Gewimmel
- Spähenden Volks. Es bebten vor heißem Verlangen die Krieger,
- Bald in des Feindes Auge zu schau'n, und im Kampf der Entscheidung
- Ihm zu vergelten die Schmach der verheereten Küsten der Heimath.
- Aber vor allen sah Held Doria gierig vom Bord hin:
- Prüfend des Fernrohrs Wundermacht, das selber der Künstler,
- Janssen von Middelburg[35] zum Ehrengeschenke dem Kaiser
- Both: er lohnt' ihm's reichlich mit Gold und ehrendem Beifall,
- Schätzer alles Verdiensts, und Würdiger solcher Erfindung.
- Attila brauste heran, und sah nach den wogenden Schiffen
- Finster hinab; doch jetzt dem spähenden Doria nahend,
- Drängt' ihn die Neugier mächtiger hin, voll Hast zu erforschen:
- Was sich im schimmernden Rohr dem Helden für Wunder gestalten?
- Als er gebückt, ihm gleich, das Auge dem Glase genähert,
- Fuhr er betroffen zurück. Er bückte sich wieder, und forschte
- Jetzo mit freiem und jetzt bewaffnetem Aug' auf dem Meer' um,
- Schauend nach Al-Mansors Schiffsmacht, die weit in dem Anlauf
- Deckte das Meer. Er lächelte sinnend, und wiegte das Haupt oft;
- Doch nun hob er ergrimmter sich auf in den schimmernden Luftraum,
- Wo der Scythen erlesene Schar sein harrte. Dem Geist war
- Schnell das Geheimniß enthüllt: wie hier auf dem wölbenden Glasfeld
- Sich des Entfernten Bild abspiegelte, dann in des Auges
- Krystallfluth der Strahl, gebrochen, vom Glas' zu dem Glas' fort
- Strömt': im helleren Wiederschein, der Seele zur Anschau.
- Zorn entflammte sein Aug'. Er rief den Geistern ergrimmt so:
- »Sey es der Nachwelt Ruhm: nur Trug zu ersinnen, und Arglist!
- Was die Ferne verhüllt, bannt dieß erfindende Volk sich,
- Herrschend in seine Gegenwart mit dem schimmernden Fernrohr.
- Daß sein Donnergeschoß hinstreckt in der Ferne die Reihen
- Tapferer, däucht ihm Gewinn. Es rühmt sich: die Höllenerfindung
- Kürze den Krieg, und spricht von Schonung im blutigen Schlachtfeld.
- Ha, nicht also kämpften wir einst: denn nah' in die Augen
- Sah'n wir gerne dem Feind! Wohlan, nun laßt uns die Scharen
- Al-Mansors empören zur Wuth und mordender Blutgier!«
- Jene entfloh'n. Doch Doria sah die bläulichen Wogen
- Schäumen am stürmenden Kiel wohl hundert feindlicher Schiffe,
- Die von dem Bord Schlachtruf herdonnerten, trotzend auf Kühnheit
- Kampferfahrenen Volks und auf Sieg', errungen im Raubzug.
- Jetzt auf den Höhen des Meer's, unferne der Stadt Cagliari,
- Hemmte der Kaiser die Schiff' im Lauf, die anstürmenden Gegner
- Dort zu erwarten bereit. Ihm einte sich Guasto's Geschwader,
- Jauchzend, und weit umher bedeckten die Schiffe die Meersfluth.
- Auf den Zinnen der Stadt, auf den Warten der Berg' und der Hügel,
- Harrt' unzähliges Volk; so harrten im schimmernden Luftraum,
- Hingegossen auf zartes Gewölk (doch feindlich geschieden)
- All' die Geister, voll Gier, der grauenerregenden Seeschlacht.
- Aber nur Muhamed sah mit herzzernagendem Kummer
- Al-Mansors verderblichen Trotz. Von Thränen umflossen
- Glänzte sein Aug', und er rief den Seinen, ein heuchelnder Seher:
- »Eben vernahm mein Ohr den Flug des nächtlichen Schicksals,
- Dem, ach, ewig bestimmt, vorschwebt des sterblichen Menschen
- Wohl und Weh' -- dem Al-Mansor mit seinem Geschwader
- Nimmer entflieht! Nach Afrika fort, wo Hairaddin freudig
- Unserer Stimme gehorcht: ihm wollen wir Rettung ersinnen!«
- Brausend schwebt' er, mit seinem Gefolg', in der heulenden Luft hin;
- Doch in den schimmernden Höh'n, des nahen Kampfes gewärtig,
- Harrten die übrigen all', und sah'n auf die Fluthen hinunter.
-
- Doria lenkte sein Schiff dem Borde der hohen Karthago
- Näher, und rief dem erhabenen Herrscher mit leuchtendem Antlitz:
- »Gönn' es, erlauchtester Herr, daß hundert feindlichen Segeln
- Fünfzig der unsern entgegen sich reih'n; daß hier auf der Meerfluth
- Doria kämpf', und siege, wie du auf dem eisernen Schlachtfeld!«
- Aber da schwang aus der bläulichen Luft sich Hermann herunter.
- Hell wie Sterne der Sommernacht ihm flammten die Augen,
- Als er dem stattlichen Kaiser genaht, ermuthigend, ausrief:
- »Wie, du wolltest, ein Held, nicht selber verlangen des Sieges
- Lorbern? Lenke die Schlacht: so wird unsterblicher Ruhm dir!«
- Also bestürmt' er das Herz des leis'aufhorchenden Kaisers,
- Der, erschüttert im Geiste begann: »Wie hebt sich der Mißgunst
- Schmachgebährender Streit in meinem bewegten Gemüth' auf?«
- Schnell erkämpft' er den heiligen Sieg, der edlere Seelen
- Krönt in dem Kampf g'en Trug und Bethörungen niedriger Selbstsucht,
- Und sein schützender Engel sank in hoher Verklärung
- Ihm an die Brust. Doch Hermann sah in dem Herzen des Edlen,
- Staunend, den hehren Sieg: er sah die himmlische Klarheit
- Leuchten um ihn, und floh betroffen zurück' in den Luftraum:
- Denn nicht durft' er schau'n den Himmlischen. So nach des Sommers
- Heiß entschwundenem Tag', seh'n wir den zuckenden Blitzstrahl
- Flammen im Sternenzelt, und sprechen: der glühende Himmel
- Kühle sich ab -- nicht hörend den fernverhallenden Donner:
- Also entwich, von dem hehren Glanze geblendet, der Geist hier.
- Aber der Kaiser sprach zu Doria lächelnden Blickes:
- »Zwar ersehnte mein Herz, die Schrecken der stürmenden Seeschlacht
- Hier zu besteh'n, und die Kraft zu versuchen in neuen Gefahren;
- Aber nicht Sorg' um des Herrschers Haupt erschlaffe die Schwingen
- Deines erhabenen Muths, und das siegerringende Schiffsheer
- Reiche nicht ihm den Kranz, der dir umwinde die Scheitel.«
- Sieh', und mit Thränen im Blick', entschiffte der treffliche Seeheld
- Jetzt an dem Borde des doppelten Aars, deß Fittig' er liebend
- Wählte, sich aufzuschwingen zum Glanz' unsterblichen Ruhmes.
- D'rauf erlas er, behend', aus den schimmernden Reihen der Schiffe
- Fünfzig, bemannt mit tapferem Volk, das oft auf dem Meer schon
- Lorbern errang: die Schiffe der furchtbar'n Räuber besiegend.
- Wie der mächtige Aar, ausbreitend die rauschenden Flügel,
- Schnell hinfleugt in dem Wind, so flog die erlesene Schiffsmacht
- Fort auf der schimmernden See: denn rechts entfaltete Ruyter
- Fünfzehn flandrische Flaggen, und links, der kühne Moncada,
- Mit Hispania's acht, Lusitania's sieben vereinend,
- Fünfzehn. Doch zu Wälschlands Ruhm, dem feindlichen Andrang
- Muthig entgegen zu steh'n in der Mitte des Heldengeschwaders,
- Pflanzte Genua's Flagg', und zugleich, die Rom und Neapel
- Einte der Heeresmacht, an zwanzig trefflichen Schiffen,
- Doria auf. Jetzt allen umher verständliche Zeichen
- Donnernd, erscholl vom Bord sein rüstunggebiethender Aufruf.
- Wie Gewitterstoff von der kreisenden Scheibe des Glases,
- Prasselnd, durch saugendes Messingrohr einströmt in der Flaschen
- Dunkelen Schooß, und ein Mann, die leitende Kett' in der Linken,
- Reichet dem Nachbar die Recht', und dieser dem Nachbar, und so trifft
- Hunderte dann erschütternder Schlag urplötzlich, auf einmal,
- Wenn der glimmende Funk' aufflammt am entladenden Kolben:
- Also bewegte die Führer zugleich des Schlachtengebiethers
- Donnerruf, und, nahe dem Maste die rühmliche Stelle
- Wählend, geboth ihr Schrei dem Volke die Rüstung. Am Mastbaum
- Kletterten Schiffer empor, und ordneten eilig die Segel,
- Während die Krieger in Reih'n ihr Feuergewehr auf dem Schiffsbord
- Luden. Sie gossen zuerst entflammendes Krot in des Zündlochs
- Pfanne; schmetterten Krot und Lot, mit dem glänzenden Ladstock,
- Fest in das Rohr, bis auf er hüpfte vom klemmenden Läppchen,
- Und umspannten mit fröhlichem Schlag' es am kräftigen Kolben.
- Auch in die furchtbar'n Donnerschlünd' eindrängte der Wurfschütz,
- Dann mit dem Krote, die Wucht der eisernen Kugel; er bohrte
- Kundig das Brandrohr ein, und facht' an der Lunte die Gluth an.
- Aber mit tieferem Ernst' und erhöhtem Vertrau'n in den Augen,
- Sah der Kaiser vom Bord dem schlachtanbiethenden Volk nach.
-
- Jetzt aufrauschte das Meer: es nahten die Feinde. Wie Nebel,
- Vom Herbstwinde gejagt, weithin verhüllen der Sonne
- Liebliche Bahn: so flogen der Feind' unzählige Segel
- Her auf der See. Doch Al-Mansor ergrimmte des Gegners
- Minderzahl, und Wuth, und Hohn verzerrte sein Antlitz.
- Doria's Stimme geboth vom Bord' in donnernden Lauten:
- »Jegliches Schiff erwähle sich zwei der feindlichen -- trenne,
- Muthig, des Gegners Macht,« und stürmte, der erste, zum Angriff.
- Jetzt, wie zwei Sandhosen, gerafft vom Hauche des Aethers,
- Schweben im Luftraum hin, durchblinkt von der trauernden Sonne,
- Bis, von dem stürmenden Ost und West sie plötzlich vermenget,
- Stürzen zur Erde zugleich, und dort mit Orkanengetümmel
- Wüsten die Fluren umher, und die wimmelnden Städt' und die Dörfer
- So, daß bald nur Entsetzen und Grau'n die Gefilde verhüllet;
- Wie der feurige Blitz, im nächtlichen Donnergewitter,
- Weitgesonderte Häuser der Stadt entzündet auf einmal:
- Furchtbar hebt sich der Rauch; hoch lodert die prasselnde Flamme:
- Denn unbändig herauf, unbändig hinunter, im Eilflug,
- Wüthet das Feuer die Straß' entlang; stets näher und näher
- Wälzt sich der Gluthenstrom entgegen dem kommenden Gluthstrom;
- Bald -- schon sind sie vereint, und schlagen entsetzlich zusammen:
- Also trafen sich hier die feindlichen Schiffe. Gehorchend
- Doria's Ruf', erkor ein jeglicher Führer der Christen
- Zwei der Gegner zum Kampf'. Und jetzt aus dem donnernden Schiffsraum
- Flog durch Rauch und Flammen der Tod in die feindlichen Reihen --
- Flog vom hohen Verdeck hinüber der schmetternden Büchsen
- Tödliche Saat. Weit deckte der Rauch die Fluthen, und weithin
- Hallte Geschrei der Gedrängten und Dränger im Donnergetümmel.
- Leichen schwammen umher, von den Wogen geschaukelt, und trieben
- Näher an's Land; zerrissene Segel flogen im Wind hin;
- Berstende Mast' entstürzten dem Bord'; aufrauschte die Meersfluth,
- Als sie die Maste verschlang, und schäumend wieder heraufstieß.
-
- Sieh', Abdallah gelang's, der drüben, dem Feinde zur Linken,
- Lenkte die Schlacht, das Schiff des kühnvordringenden Ruyters
- Schnell zu umzingeln! Doch er harrt' auf dem Borde, der Gegner,
- Glühenden Muth's, wie ein Leu, der fern' ein paar Elephanten,
- Durch aufqualmenden Staub, mit furchtbar dräuenden Rüsseln
- Kommen sieht, zu rächen die jüngst gemordeten Jungen;
- Nicht erbebt ihm das Herz: genaht wuthfunkelnden Blickes,
- Sträubt er die Mähnen, und haut um sich mit den schrecklichen Klauen:
- Also bestand er die Menge. Da fiel, an der Stirne zerschmettert,
- Neben ihm Otto, sein Freund und Waffengefährt'. In der Kindheit
- Gold'nen Tagen vereinte sie schon des liebenden Herzens
- Mächtiger Zug. Nun sah er ihn kaum. Ein schmerzlicher Ruf drang
- Ihm aus der Brust; er drängte die Thräne zurücke; nur Eines
- Galt dem Tapferen jetzt; des heiligen Kampfes Entscheidung.
- Schnell, mit siegender Kraft, durchbrach er der feindlichen Schiffe
- Ringsumzingelnden Kreis, und bohrte noch zween in den Abgrund,
- Rechts und links abfeuernd das Donnergeschütz aus dem Schiffsraum.
- Doch g'en Doria hielt, ausdauernden, schrecklichen Muths noch
- Al-Mansor: denn Attilas herzblutdürstende Geister
- Drängten sein Volk mit stets empörterem Grimm' in das Feuer
- Mordender Schlünd' und Gewehre. Nicht rauschten die Wogen der See mehr,
- Leichen- und trümmerbedeckt, und vom gährenden Blute gesättigt.
- Und schon wankte der Sieg wie das Zünglein schwankt mit der Wagschal',
- Gleichem Gewichte zum Spiel. Dreimal erhob sich der Kaiser,
- Schauend die wankende Schlacht, den Seinen errettend zu nahen;
- So oft bezwang er sich wieder, und sah, dem Helden vertrauend --
- Ehrend sein tapferes Volk, in die grau'numnachtete Schlacht hin.
-
- Doria's Wurfschütz traf, wohlzielend, den Sarg mit dem Zündstaub,
- Der von der Wucht unzähliger Bomben und Kugeln umhäuft war.
- Jetzt aufflammte die Welt. Ein Brand, entsetzlich und furchtbar,
- Hob sich von Al-Mansors entzündetem Schiff' in den Luftraum.
- Gleich dem feurigen Luftgebild, dem Völker erbeben,
- Blutigen Krieg weissagend, und Pest, und schrecklichen Hunger,
- Flog das berstende Schiff, und schwand in den höheren Räumen
- Fern mit lautem Gezisch. Nur spät, nur langsam, und einzeln,
- Sank zertrümmert' Gebälk, und sanken zerschmetterte Leichen,
- Jetzo entfernt, jetzt nah' in die dumpfaufplätschernden Fluthen.
- Stille herrschte umher: da schien des kreisenden Weltalls
- Odem gehemmt, des Windes Fittig erschlafft, und des Meeres
- Wogende Fluth erstarrt: da sah'n die Krieger am Schiffsbord
- Starrend sich an, und lalleten unverständlichen Laut nur.
- Doch nun hob sich die Wuth im Busen der feindlichen Führer;
- Einer dem andern rief's mit schrecklicher Stimme: »Wir entern!«
- Und, alsbald mit dem sausenden Seil fünfklauige Haken
- Schleudernd, stürmten sie an, die Gegner in wilder Verzweiflung
- Niederzuschmettern, und laut erhob sich des Kampfes Getümmel.
-
- Schaudernd sah'n die Geister zuvor der wüthenden Seeschlacht
- Grauen empört. Nun sprach zu Hannibal Regulus also:
- »Dort in des Erdballs Nacht, wo wir Jahrhunderte schwinden
- Sah'n, erfüllet von Gram, und von Banden gefesselt des Unmuth's,
- Sagten umwandernde Geister uns oft von dem schrecklichen Zündstaub
- Wunder, der, dem Blitz und dem furchtbarn Donner nicht ungleich,
- Tod und Vernichtung sä'et, und traun, sie redeten Wahrheit;
- Doch, wie schmählich ereilt den Helden der Tod in dem Kampf jetzt,
- Wo er die Brust ihm wehrlos beut, und von ferne besiegt fällt!«
- Siehe, da ließ sich Regulus schnell vor Doria nieder,
- Ihn zu erregen gesinnt, und lispelt' ihm leis' in die Ohren:
- »Trenne des Feindes Reih'n: so stritt der kühne Spartaner
- Xanthippos in dem Kampf mit Regulus, nahe vor Tunis.
- Ach, er fiel ihm besiegt: du erringst unsterblichen Ruhm dir!«
- Doria griff an das Herz, das laut dem kühnen Entschlusse
- Pocht', und heller flammte sein Aug', da er jetzo den Degen
- Hoch in die Luft aufschwang, und die Führer durch wehende Flaggen
- Schnell zum Sturmgang rief: denn all' aufmerkten den Zeichen
- Mitten in grau'numhülleter Schlacht. Die siegenden Flügel
- Wichen zurück', und plötzlich, zum spitzigen Keile gestaltet,
- Brach nun Doria's Schiffsheersmacht des Feindes Geschwader,
- Stürmend, entzwei, daß Mast' an Mast', und Segel an Segel
- Schlugen im wilden Gekrach, und dumpf ertönte der Schiffsraum.
- Aber, von Rach' entflammt, vordrang der kühne Moncada,
- Jetzo zuerst: ihm tödteten jüngst algierische Räuber
- Nächtlich am einsamen Ufer den Freund. Er traf im Gemeng dort
- Wüthend auf Abdul selbst, der Sarno, den Helden, gefesselt
- Barg im Raume des Schiffs, und rasch bestürmten sich alsbald
- Beide vom Bord zum Bord', im Kampf der wilden Verzweiflung,
- Daß ringsher der Lanzen Geklirr' erscholl, und die Leichen
- Schwammen im Blut. Doch, glühend vor Zorn, erfaßte Moncada
- Eines der Tau', und schwang sich behend' zum feindlichen Bord' auf,
- Dort zu erringen den Sieg. Ihm folgten der kühneren Krieger
- Sieben, jauchzenden Ruf's, zum schreckenvollen Gewürg nach.
- Aber, geschmiegt an den Mastbaum, stand, und wehrte sich Abdul
- Gegen die Sieben zugleich, und rannte den Speer in Moncada's
- Heldenbrust, da er, kühn vordringend am schirmenden Mast', ihm
- Blößte die Seit': er sank, und röchelte sterbend. Nicht länger
- Freute sich jener der blutigen Rach': ihn erlegte der Tapfer'n
- Heilige Schar, mit dem Volk, das kämpfend das Leben verschmähte.
-
- Doch aus dem Raume des Schiff's drang nun die flehende Stimme
- Sarno's den Kriegern an's Ohr: sie lösten die Bande dem Helden,
- Zitternd in freudiger Hast. Er drückte den kühnen Gefährten
- Schweigend die Hand, und erhob die thränenden Blicke zum Himmel.
- Als er zum hohen Verdeck aufstieg, und in seliger Freiheit
- Himmel, und Erd', und Meer, lautjauchzend, begrüßte: da blinkt' ihm
- Aus dem blutigen Wust sein treffliches Schwert in die Augen,
- Das ihm der Räuber entriß. Nicht der pflanzenkundige Wand'rer
- Freut sich so sehr, da er oben in Wolkenhöhen der Alpen
- Blühende Matten durchspäht, und dort die seltenste findet,
- Als der Held sich erfreute, sein Schwert auf dem Boden gewahrend.
- Eilig rafft' er es auf, und schwang es empor in den Luftraum,
- Gegen den Feind urschnell die tödliche Waffe zu kehren.
- Doch schon war errungen der Sieg, und des Feindes Geschwader
- Strich die Segel vor Doria's Macht. Wie dort auf dem Thronstuhl
- Sitzend im herrlichen Prunk, der neugekrönte Beherrscher
- Ringsher schaut das versammelte Volk, und jetzo mit Ehrfurcht,
- Mann für Mann, die Erwähleten nah'n, die Hand ihm zu küssen,
- Huldigend: so in des Sieges Glanz' ihm huldigt' in Demuth,
- Ueberwunden der Feind. Da jauchzten unzählige Menschen
- Rings von den Zinnen der Stadt, von den Warten der Berg' und der Hügel
- --
- Jauchzten umher vom Gewölk die feindlichgetrenneten Geister.
- Doch, der einst Karthago's Ruhm zu den Sternen erhöhte,
- Hannibal, sah voll Zorn, wie Regulus erst dem Gebiether
- Doria Hülfe erwies: da erwachten der düsteren Vorzeit
- Trauergebilde in seinem Gemüth', und zürnend begann er:
- »Wie, der Römer, und ich, vereint in dem Kampfe der Helden?
- Nimmer gescheh's! Eh' soll das zitternde Lamm an der Wölfinn
- Saugen -- der brausende Bach zurück zur Quelle sich heben,
- Ehe der Pune dem Römer sich eint. Er nah' ihm als Feind nur!
- Jetzt in Eile hinaus nach Karthago's Jammergefilden,
- Daß mich erneut empöre der Rach' unendliches Drängen,
- Die ich ihm schwur: ein Feind dem Freund', den er sich erkoren.«
- Also rief er den Seinen, ergrimmt, und flog in den Lüften
- Schnell g'en Süden hinab. Ihm folgten die stürmischen Geister.
- »Lenkt,« rief Doria jetzt, »die Schiff' in den freundlichen Hafen,
- Daß die Verwundeten all, und auch die gefangenen Gegner,
- Sorglich gepflegt, der menschenehrenden Milde sich freuen.«
- Rauschend wogten die Schiffe zum Strand. So manche des Siegers
- Mißten den Mast und die Segel; so manche, durchbohrt von Geschossen,
- Tauchte der Fluth einströmende Last. Viel tapfere Christen
- Both, aufschäumend, das Meer als Beute den gierigen Fischen.
-
- Jetzt, annahend im Boot', erklomm mit Gefolge der Kaiser
- Doria's glänzenden Bord, und schloß ihn mit heißer Umarmung
- Lang' an das Herz: hochehrend vor allem Volke den Helden.
- Siehe, da flog auch Sarno heran! Mit leuchtenden Augen
- Sah er den Sieger belohnt, und sprach zu dem Herrscher sich wendend:
- »Heil und Segen mit dir, Erlauchtester, daß du den Helden
- Hoch vor allen erhebst, der mich aus schmählichen Banden
- Rettete; doch nun sollen für mich die tapfern Gefährten
- Zeugen: nicht hab' ich durch eigene Schuld die Bande getragen!«
- Aber ihm zürnete, seit dem Sieg' auf dem Felde Bicoccas,[36]
- Guasto, der tapfere Greis: dort hemmt' er des feurigen Jünglings
- Stürmische Hast, und sogleich stieß dieser verwundende Wort' aus.
- Jetzo mit finsterem Blick' erhob er die tadelnde Stimme:
- »Wahrlich, der Feind erhascht' ein träghinsegelndes Fahrzeug,
- Weil es ein Feiger lenkt', und ihn nicht tapfer bekämpft hat!«
- Todesbläss' umzog, und flammende Röthe bedeckte
- Sarno's Wangen im wechselnden Flug'. Er faßte des Degens
- Griff in zitternder Hast, trat vor ... da hemmt' ihn des Kaisers
- Ernster Blick, der, Guasto's ergrauete Haare betrachtend,
- Ruhe geboth. Ihm sank die ermattete Rechte vom Griffblatt.
- Schweigend stand er im Kreis', und an seiner Wange herunter
- Glänzte die Thrän'. Alsbald bezwang Del-Guasto des Busens
- Leichtaufwallenden Zorn, er seufzte vor innigem Herzleid,
- Trat vor Sarno, und reicht' ihm, versöhnend, die Hand, und der Edle
- Nahm sie versöhnt. Doch bald umwölkt der nächtlichste Kummer
- Sein verwundetes Herz, und schwindet im rühmlichen Tod nur.
- Jetzt aufboth der Kaiser sogleich die versammelten Feldherrn:
- »Gott, deß mächtiger Arm, die Feinde zerschmetternd, uns Ruhm gab,
- Leit' uns beglückt zum Ziel'! Entfaltet dem Winde die Segel,
- Daß in des Sieges aufstrahlendem Glanz wir, landend vor Tunis,
- Ernten noch schöneren Ruhm: die Wonne der Christenerrettung.«
- Also geschah's. In Eil' auf die schimmernden Fluthen des Meeres
- Wogten die Schiffe hinaus; das Geschütz erdonnerte rastlos,
- Und in dem sausenden Wind' entschwand g'en Tunis die Heersmacht.
-
-
-
-
- Fünfter Gesang.
-
-
- Schon entschwebten dem Meer des heißersehneten Welttheils
- Küsten im Abendduft; schon thürmten im rosigen Westen
- Berge sich auf, ringsher umlagernd den Gürtel des Atlas,
- Dessen schneeiges Haupt anstaunt die glühende Sandwüst',
- Als in die Reih'n des meerdurcheilenden Heers ein Geschwader
- Vier schnellsegelnder Schiffe noch kam, von dem felsigen Eiland
- Malta gesandt. Aurel, die erlesenste Zierde des Ordens,
- Führte der Christenheit verherrlichte Kämpen am Schiffsbord:
- Hundert Rittern gesellt, zweitausend tapfere Krieger.
- Ihnen zu Eigen gab der erhabene Kaiser das Eiland,
- Als sie von Rhodus Suleymann vertrieb, der, rings von den Leichen
- Seines Volks umhügelt, den Greis, und Heldengebiether,
- Villiers Lisle Adam,[37] dort ehrte mit würdigem Lobspruch.
- Grüßend mit Donnergetön' und wehender Flagge den Herrscher,
- Schifften sie freudiger fort im Verein des mächtigen Heeres.
- Jetzo, der Küste genaht, hinstarrten die Krieger, vor Sehnsucht
- Glühend: den Palmenhain in den fremden Gefilden zu schauen,
- Oder das seltene Thier im Gefild', und die Hütte des Menschen.
- Doch bald hüllte das Land sich rings in des sinkenden Nachtgrau'ns
- Düsteren Schleier, und barg dem staunenden Fremdling sein Antlitz.
-
- Attila war im Gefolg des Geisterheeres im Eilflug
- Afrika's Fluren genaht. Wie an trüberen Tagen des Winters
- Endlos, Schwärme der Kräh'n und der schwarzbefiederten Raben,
- Laut vereinten Geschrei's, vor dem Schneegestöber heranzieh'n:
- Also nahten im Grau'n der Nacht die empöreten Geister.
- Attila stand, und forscht' in den Herzen der Landesgebornen,
- Welchen die Küste umher zur Huth von dem Herrscher vertraut war;
- Aber sie ruheten all' an dem Strand, vom Schlummer gefesselt.
- Zürnend sprach er darum den leis' aufhorchenden Geistern:
- »Weckt entsetzliche Träume sogleich, aus dem Schlafe zu rütteln
- Dieß entnervte Geschlecht, und donnert: »Es nahet der Feind uns!«
- Ihm in die Ohren, daß rings auf den luftigen Höhen und Warten
- Lodre die Flamm' empor, und schrecke die feindliche Schiffsmacht.
- Selber erreget die brausende Loh', und zeigt euch des Königs
- Würdig, dem, als der Geißel Gottes, erbebte der Erdkreis.«
- Also rief er: da fuhr sein Volk, wie der brausende Sturmwind,
- Ueber die Schlafenden hin. Sie sah'n im Traume die Meerfluth
- Wildempört; sie hörten aus ihr Scheusale des Abgrunds
- Heulen: »Es nahet der Feind!« und taumelten auf von dem Boden.
- Erst, mit seitwärtsgewendetem Ohr' im finsteren Nachtgrau'n
- Horchend, standen sie all', und hörten Geräusche (die Wellen
- Klatschten am schwärzlichen Kiel) dann, laufend umher an dem Meerstrand,
- Sah ihr, geschärft vor Gier umspähendes Aug' in den Lüften
- Näher und näher heran den Wald hochthürmender Masten
- Schweben, und jetzt mit den flatternden Wimpeln unzählige Segel,
- Von dem Winde gebläht, anstürmen im freudigen Eilflug.
- Aber mit lautem Geheul erklomm die bebende Volksschar
- Jäh' am Gestade, die Felsenhöh'n: der Drohung gedenkend,
- Die jüngst Hairaddins Grimm aussprach, des schrecklichen Herrschers,
- Und erweckte die Gluth im knisternden Reis, auf des Felsens
- Hochaufragenden Warten umher. Den Feigen im Rücken,
- Brauste die Geisterschar, und, als der schlummernde Nachtwind
- Noch den geschüreten Brand nicht in Flammensäulen empörte,
- Fachten die Geister, vereint, mit starrvorquellenden Augen
- Und gebläheten Backen, erhellt vom Feuer, die Gluth an.
- Siehe, und bald erhob sich die wirbelnde Loh' auf den Höhen,
- Hellte die Nacht, und warf, urschnellfortrollenden Schimmer
- Ueber die schwankenden Fluthen des Meers. Weit brannte der Abgrund
- Unter dem Wogenpfad der völkertragenden Schiffe.
- Endlos schien der Brand auf den Höh'n: denn, leuchtendem Blitz gleich,
- Hüpften vor jedem umher die Flammengestalten der Geister.
- Solches vermögen sie noch, und necken den Wand'rer die Nacht durch,
- Mit Irrlichtern vereint am Moor', und feurigen Männern.
- Leise geweckt entfuhr der Hängematte der Kaiser,
- Stieg auf das hohe Verdeck, und sah nach dem leuchtenden Meerstrand,
- Lächelnden Blick's, hinüber. Er hieß den sorglichen Guasto,
- Der ihn gewarnt, annahend im Schiff, zur Ruhe sich legen:
- Denn er kannte die List des täuschungsinnenden Feindes.
- Aber nicht senkte der liebliche Schlaf mit fächelnden Schwingen
- Auf sein Auge sich mehr: er sah nur Kampf und Errettung.
-
- Als im rosigen Duft der heilige Morgen heraufstieg,
- Himmel und Erd', und Meer der freundlicherwachenden Sonne,
- Schauernd vor Lust, entgegen streckten die Arme: da flogen
- Eilig die Krieger im Frühwind hin, umkreisten den Vorberg
- Gomert:[38] Apollo's vordem genannt, und blickten nach Bona's
- Halbeiland, das einst dem schirmenden Hermes geweiht war,
- Und in die spiegelnde See sein Klippengestade hinausdehnt.
- Nun Buschatter genaht, wo mächtig in Tagen der Vorwelt
- Utika stand, aufseufzete laut der edelste Kaiser;
- Sah, mit Trauer im Blick, nach dem kühnaufstrebenden Helden
- Ludwig, und sagte zu ihm, noch tiefbeklommen im Busen:
- »Weh'n nicht der Vorzeit heilige Schauer dich an aus den Mauern
- Dort, wo Kato, der Knechtschaft zu groß, in das eigene Schwert sank?
- Achtung gebeut sein hohes Gemüth, und die Liebe zur Freiheit,
- Der er gelebt, unwandelbar stets. Doch, dünket sein Tod dir
- Beifallswürdiger als ein Sieg, dem feindlichen Leben
- Abgerungen durch Kraft ausdauernden, muthigen Strebens?
- Frommt' es dem Vaterland, dem langentarteten, etwa,
- Daß er, der Vorzeit Sitte getreu, verfolgte den Einen,
- Der mit mächtiger Hand das, mitten im Brausen der Sturmfluth
- Leckumtreibende Schiff vom Bruche zu retten vermochte --
- Daß er den schrecklichen Dolch in die Hand des Sohnes gegeben?
- Schwer, ach, büßte die Welt den Mord des Edeln: er bahnte
- Furchtbarn Wüthrichen nur den Weg zu frecher Verachtung
- Jeglichen Rechts. Und wurde nicht strenge Vergeltung den Mördern?
- Brutus kannte die Ruhe nicht mehr; nicht erquickte der Schlummer
- Mehr sein Aug'; auch wachend sah er Gespenster, und immer
- Hört' er die Wort': »»Auch du, mein Sohn?«« in zermalmenden Tönen.«
-
- Jetzt an dem Halbeiland, Karthago's verödeter Stätte,
- Wogten die Schiffe vorbei: beklemmende Schauer erfüllten
- Jegliche Brust, und Stille herrscht' am Bord und im Schiffsraum;
- Eileten erst an dem Salzthurm hin: von der reichlichen Salzfluth
- Also genannt, die im Schooß der thürmenden Mauer emporwallt,
- Dann an dem Wasserthurm, deß' silbernfluthende Kühlung
- Auch aus dem fernen Gefild' anlockt den dürstenden Wandrer.[39]
- Aber unzähliges Volk rann fort am Gestad', in der Rechten
- Schwingend den Speer im Geschrei der wildauftobenden Kampflust,
- Und schon sausten mit Donnergetös gewaltige Kugeln
- Her von dem Strand; doch, so wie, im garbenbeladenen Wagen
- Sitzend, die Schnitter fern' im Gebirg den strömenden Regen
- Schauen, mit lächelndem Blick, da im heiteren Glanze der Sonne
- Sie von dem Aehrenfeld heimführen den Segen des Sommers:
- So, nur lächelnd, ersah'n die Schiffenden, wie die Geschosse
- Harmlos sanken umher, von den schäumenden Wogen verschlungen.
- Doch, im Schooße der Bucht, die aus felsumstarreter Mündung
- Eint vor Tunis den See mit des Meeres Gewässern, erhob jetzt,
- Schimmernd im Morgenroth, ihr Haupt die Veste Goletta,[40]
- Und einhelliges Jauchzen erscholl von den Schiffen: die Krieger
- Sehnten sich lange nach ihr, dem Ziel' unsterblicher Thaten.
- Hoch in die bläuliche Luft aufragte die herrliche Festung,
- Und in die Fluth, die, sanftergossen, im Schimmer des Morgens
- Ruhete, sank ihr Bild, doch häuptlings hinunter zum Abgrund.
- Jetzo schwankt' es umher, da, erregt von den nahenden Schiffen,
- Kräuselnd, der Wellenzug nach dem Felsengestade sich wälzte,
- Und es ertönte zugleich der Feinde Geschrei aus den Mauern;
- Aber der Kaiser rief nach Doria selber hinüber:
- »Tapferer, send' alsbald auf zwei leichtsegelnden Schiffen,
- Wohlerfahrnen Führern gesellt, versuchtere Krieger,
- Dort zu erspäh'n die Lag' und die Stärke der Veste -- zu finden
- Günstigen Landungsplatz für den Reiter zugleich und das Fußvolk;
- D'rauf erschalle der Donnerruf zur stürmischen Landung!«
- Also geschah's. Weit vorwärts bog sich der Mast, und die Wellen
- Schäumten nach jeglichem Ruderschlag', in kräuselnden Ringen,
- Hinter dem eilenden Kiel. Wie zwei langhalsige Schwän' oft,
- Männchen und Weibchen, den silbernen Teich umrudern im Spätlicht:
- Jetzt, annahend dem Strand, wohlduftende Kräuter zu pflücken,
- Jetzo, kehrend zur Mitte des Teich's, die schimmernden Furchen
- Ziehen die Fluth entlang, und mit stolzergewölbeten Hälsen
- Ihr Gefieder, wie Schnee, den Lüftchen des Abends entfalten:
- Also erforschten die zween, bald nah', bald ferne dem Meerstrand,
- Jegliches so, wie zuvor der waltende Herrscher gebothen.
-
- Hairaddin ging auf dem Söller der Burg, hoch über der Hauptstadt
- Tunis, sinnend umher. Nicht die würzigen Düfte der Blumen
- Ringsum schufen ihm Lust, nicht des Springborns holdes Gesäusel
- Reizte sein Ohr: er starrte, die Hände zum Rücken gefaltet,
- Stets mit trüberem Blick' auf den glänzenden Estrich vor sich hin.
- Wuth erfüllt' ihm die Brust: denn Omrah, der Räuber Areny's
- War ihm genaht an dem Abend. Ihm Siegesverheißung zu bringen,
- Sendet' ihn Al-Mansor; doch sah er noch fern' auf des Meers Höh'n,
- Wie er dem Feinde, besiegt, hinsank mit all dem Geschwader.
- Schnell erwürgt' er im Zorn den jammerverkündenden Bothen.
- Doch nun kam ein Sclav', und rief, zur Erde sich beugend:
- »Herr, die Christen sind da! Nicht nährt des ragenden Oehlwalds
- Grund der Bäume so viel', als feindliche Maste die See trägt.«
- Hairaddin schnob vor Wuth: »Hinweg du feiger Geselle,
- Eh' dich mein Fuß zermalmt! Die Furcht erschuf dir die Gegner.
- Hat ihr Schiff die Schwingen des Aars und die Sehnen des Straußes,
- Der auf dem Sand hinfleugt, und den Preis auch dem hurtigsten Rosse
- Raubet im Lauf? Nicht sollst du hinfort mir lügen: hinweg -- stirb!«
- Jener entfloh, und stürzte sich angstbetäubt in die Fluthen.
- Hairaddin ging nun hastiger hin auf dem Söller; er kehrte
- Nun ergrimmter zurück', und sah lautknirschend zum Himmel.
- Aber ein Zweiter begann: »Die Macht unzähliger Gegner
- Wogt an dem Vorgebirg Buschatters in Eile vorüber.«
- Und kaum war er entflohn, da kam ein Dritter, und sagte:
- »Sinam kündet dir, Herr: fünfhundert feindliche Segel
- Hab' er gezählt von den Zinnen der Vest', und nicht alle gezählt noch.
- Nah' an Goletta dem Feind die günstige Landung zu wehren,
- Stehe versammelt das tapferste Volk; doch mächtige Scharen
- Harren nur deines Geboths; du winkst: sie gehorchen in Demuth.
- Sende daher ihm noch die erlesensten Krieger, daß jenes,
- Minder an Zahl, nicht im Kampf' erliege der feindlichen Mehrzahl.«
- Hairaddin schrie: »Erliegen meinte der Feige? So meint er?
- Eile, bescheide mir Giaffar her, den tapferen Aga.«
- Jener gehorchte; doch Hairaddin sann, und rief in den Hofraum:
- »Hört! Die Feldherrn all' entbiethet ihr schnell nach Goletta;
- Aber daß keiner verzieh': denn traun, er würd' es bereuen!«
- »Wie,« so murmelt' er jetzt, ergrimmt, die Worte für sich hin,
- »Wie, sie kommen heran, mir zu rauben das edelste Kleinod,
- Tunis, dieß jüngst' und theuerste Kind? Nicht Telmessan, nicht Algier
- Acht' ich so hoch ... Den Frevel büßen sie einst in Europa
- Furchtbar, wo nicht der Greis, nicht das Kind in der Mutter verschont
- sey!«
- Dann aufschrie er: »Mein Roß!« Die Mauern des hohen Pallastes
- Drönten hinab zu dem untersten Grund', und die bebenden Sclaven
- Taumelten durcheinander vor Angst. Der stattliche Läufer
- Stand alsbald gesattelt im Raum des hallenden Thorwegs:
- Glänzend schwarz, von Arabia's edelstem Schlage; der Schneeschaum
- Flog von dem blanken Gebiß, wie er nagt' an dem Eisen, und rastlos
- Scharrt' in dem Sand; wie er schnob, und bald auf den hinteren Füßen
- Stand, erhebend die vordern, und bald aufwiehert', und ausschlug.
- Aber den Feurigen hielt der Sclav' am goldenen Zaum fest;
- Streichelt' ihm leise den Hals, und klopft' an die Decke von Purpur,
- Die den Sattel umhüllte, mit Gold und Perlen verzieret.
- Hairaddin hob sich im kreisenden Schwung' auf das Roß, und der Reiter
- Hundert jagten ihm vor, so viele ihm nach, in dem Eilflug.
- Fernhin tönte Geklirr' und Getrab', und es bebte der Boden
- Unter dem stampfenden Huf' -- aufflog der flimmernde Sandstaub.
- Jetzt durchbraust' er voll Hast die eröffneten Thore Goletta's,
- Und erstieg den gewaltigen Thurm, der nahe dem Meerstrand,
- Auch die Mündung des See's von Tunis, erhöhet im Viereck,
- Schirmt: denn landeinwärts, wohl vier gemessene Meilen
- Dehnt sich der See, am Rand des Olivengehölzes zur Stadt hin.
- Hairaddin rettete dort, besorgt, viel hundert der Schiffe
- Noch; er hieß die Mündung des See's mit lastenden Ketten
- Sperren, und pflanzte Geschütz, Abwehr ersinnend, am Strand' auf.
- Jetzt erklomm er die Zinne des Thurms, und sah nach der Gegend,
- Glühenden Blickes, hinab, wo unzählige Schiffe des Gegners
- Deckten die schimmernde Fluth, und zwei vordringende Segler
- Spähten: er sah's, und finsterer Groll zernagte die Brust ihm.
-
- Aber schon lang' umflog, dem christlichen Heere Verderben
- Sinnend, Muhamed ihn, und hoffte der Wünsche Gewährung,
- Als er das Herz erwog des thatengewaltigen Mannes.
- So wie im düsteren Flug, den Ohren nicht hörbar, die Nachtschwalb'
- Ueber uns flatternd schwebt: so flog um Hairaddin jener,
- Forschend, und sah ergrimmt, wie jetzt ihm der feindlichen Heersmacht
- Furchtbare Schau das Herz erfüllte mit nagendem Kummer.
- Leise dem Ohre genaht des Sinnenden, sprach er ihm Muth ein:
- »Solltest du beben, Hairaddin, du, ruhmwürdiger Krieger,
- Deß' zermalmender Kraft die Völker erzittern? Nicht denkst du:
- Wer das Eine nur will, fest will, der wird es erringen?
- Heiß den Wurfschütz dort vernichten den feindlichen Späher,
- Der tollkühn vordrang, und erreg' in der hohen Versammlung
- Deine Feldherrn. Horch, dieß kündet der große Prophet dir!«
- Alsbald stieg, der muthempörenden Worte gedenkend,
- Jener die Stufen herab, und eilte hinaus nach dem Walle,
- Wo der Wurfschütz saß, und gehäuft die Donnergeschosse
- Lagen, unferne dem ehernen Schlund. Mit Zorn in den Blicken
- Und in dem Laut, rief er den bombenwerfenden Söldnern:
- »Memmen ihr! Auf trüglicher Fluth, die Freunden und Feinden
- Willig den Rücken beut, erblickt ihr die feindlichen Späher:
- Wie sie erkunden die Furt, die Macht und die Schwäche der Mauern,
- Euch, ihr Feigen, zur Schmach. Zertrümmert mir eines der Schiffe --
- Jenes gleich, das dort vordringt, mit euren Geschossen.«
- Alle zugleich, gehorchend dem zürnenden Herrscher, erhoben
- Brennende Lunten, und senkten sie schnell an des furchtbaren Mörsers
- Zündrohr. Rauch quoll auf, und, durch Rauch und Flammen sich hebend,
- Flogen mit Donnergetös' empor die entsetzlichen Bomben,
- Fünfzig Mörsern entsandt, und Geheul des reißenden Luftraums
- Scholl weit hin: die sinkenden wühlten vom Grunde das Meer auf,
- Das, aufbrausend, schäumt', und wirbelnde Wogen umherwarf.
- Eine gewaltige Todeslast zerschmetterte Benno's
- Fahrzeug. Wie in der Jahr' umkreisendem Lauf sich ein Felsblock
- Still losreißt von dem Gipfel des Berg's -- alsbald in den Abgrund,
- Laut, mit Gekrach, herrollt, und unten die dürftige Hütte,
- Schmetternd, begräbt, daß weder die Spur der armen Bewohner,
- Noch der Hütte sich weist': denn Alles versinkt in dem Steinwust:
- Also vernichtete hier die entsetzliche Bombe den Helden
- Benno mit allem Volk'. Ach, vier unmündige Kinder
- Ließ er in Genua's Mauern daheim mit der weinenden Mutter!
- Dort, in dem Heldenverein die schwankenden Bretter besteigend,
- Drückt' er noch einmal die Hand der zärtlichbekümmerten Gattinn,
- Abgewandten Gesichts, daß selbe die Thränen nicht sähe;
- Aber den Kindern, die ihm umfaßten die Kniee, verhieß er
- Baldiges Wiederseh'n, und köstliche Gaben des Ostlands;
- Doch nicht sollt' er den Tag erblicken der fröhlichen Heimkehr,
- Nicht die Kinderchen mehr, nicht die liebenswürdige Gattinn:
- Denn ihn deckte die Fluth mit dreißig tapfern Gefährten.
- Aber im Nebenschiff', umhagelt von Todesgeschossen,
- Floh Ulloa zurück, der Spanier, ähnlich dem Schwan dort,
- Der, als, schmetternd, ein Ball ihm das Weibchen entriß auf dem
- Schilfteich,
- Einsam flieht: sich fern' im dunkeln Geröhre zu bergen.
- Hairaddin jubelte; warf handvoll des schimmernden Goldes
- Unter die Schützen, und ging, in der räumigen Halle die Feldherrn
- Anzufeuern zum Todeskampf. Sie spornten die Rosse
- Blutig im sausenden Ritt: wohl kennend den schrecklichen Herrscher,
- Und betraten die Hall' in drängender Hast und Verwirrung.
-
- Erst kam Sinam, der Jud'. Entschlummert am Strande des Meeres,
- Lag er in Smyrna, als Jüngling noch: da raubt' ihn, gelandet,
- Sahir, der wilde Korsar, und zwang ihn, ein Räuber zu werden.
- D'rauf vertauscht' er, als Mann, des Moses für Muhameds Lehren,
- Nur für baaren Gewinn. Stets blieb er ein Jud' in dem Herzen,
- Schlauen Verkehrs. Doch füllt' ein seltener Muth ihm den Busen
- So, daß er bald durch Kunde des Kriegs, auf der blutigen Laufbahn
- Schätze errang, und ihn Hairaddins Blick erkor zum Gebiether
- Seiner erlesensten Schar. In staunenerregender Hoheit
- Trat er heran; ihm floß der Bart, gleich silbernen Wellen,
- Tief in den Busen herab, und Ernst umhüllt' ihm die Augen.
- Dragut kam, der Kilikier, der, ein Schrecken der Gegner,
- Nur der »Satanbändiger« hieß im Munde des Volkes.
- Stets in dem schwarzen Gesicht, dem häßlichen, dreht' er die Augen,
- Spähend, umher, und nagt' an seinen gedunsenen Lippen,
- Heimlichen Grimms, der auch an der zuckenden Wange sich kund that.
- Doch nun füllt' ihm die Brust noch heißere Wuth: für Mathilden
- Kam er entbrannt daher, Toledo's herrlicher Gattinn,
- Die dem edeln Gemahl, mit der himmlischreinen Gesinnung,
- Treu bis zum Tod, des Wüthrichs Gier gewahrte mit Abscheu.
- Ihm nachschritt der Bascha von Laodikea, Tobukes,
- Der das Fußvolk lenkt' in dem Heer'. Er haßte den Herrscher,
- Hairaddin, da er ihn minder geehrt als Sinam, und er war's,
- Der ihm ersiegte den Thron von Algier in blutiger Feldschlacht.
- Rache kochte sein Herz; doch treu dem falschen Propheten,
- Nahet' er jetzt, entschlossen die christlichen Völker zu tilgen.
- Salek brauste herein, der Ionier, der in der Heer'smacht
- Hairaddins reisigem Volk' obherrscht'. In Syriens Wüsten
- Lenket' er einst, als Scheik, raubsüchtige Horden, und häufte
- Fülle des Golds, Karavanen plündernd unseliger Pilger.
- Wohl, in dem heimlichen Ueberfall die Feinde zu morden,
- So wie im Grauen der Nacht Verwirrung zu schaffen, und Jammer,
- Hatt' er gelernt, und Hairaddin rief den Kühnen zum Kampf' auf.
- Aber auch Giaffar kam, der Aga der Janitscharen,
- Stattlichen Gangs. Die flammenden Augen erhellten sein Antlitz,
- Das ihm die Herzen gewann, voll blühender, männlicher Schönheit.
- Spielend, ein Ries' an Kraft, vermocht' er des brüllenden Stieres
- Haupt, mit dem sausenden Stahl', auf einmal vom Rumpfe zu hauen;
- Oder er faßt' ihn am Horn, erhob ihn, und warf ihn zu Boden:
- Tobt' er auch noch so ergrimmt. Er griff in die Speichen des Rades,
- Rollte der Wagen dahin, von feurigen Rossen gezogen --
- Stand, und hemmte das rollende Rad, und hemmte die Rosse:
- Dennoch war er so mild, als tapfer- und edelgesinnet.
- Jetzo mit Abu-Sa-id, dem Scheik arabischer Reiter,
- Trat in den Saal der landesgebornen Numiden und Mauren
- Feldherr, Muhamed Temtes: voll List die freundlichen Mienen
- Heuchelnd: denn glühenden Haß, dem Türkenvolke geschworen,
- Nährten die beiden mit ihrem Volk' im verschlossenen Busen.
-
- Rechts, in der Ecke des Saals, dem Ehrensitz für die Moslems,
- Setzte sich Hairaddin nun, mit untergeschlagenen Beinen,
- Auf den schwellenden Pfühl, und um ihn, auf gebreitetem Teppich,
- Saßen die Feldherrn all', ihm dort aufhorchend in Demuth.
- Eh' er begann, durchfuhr sein Flammenauge den Halbkreis,
- Forschend in jeglichem Blick', und der Kühnst' erbebte dem Furchtbar'n.
- Jetzt durchwühlt' er den röthlichen Bart, tiefsinnend, und jetzo
- Faßt' er des Tulbands Bund, des Kaftans glänzenden Zobel;
- Doch nun ruhte die Link' an des Säbels goldenem Griffblatt --
- Ruhte die Recht', auf den Schenkel gestützt, und also begann er:
- »Ehre dem einigen Gott, Ruhm sey dem großen Propheten!
- Gott, der Gläubige schirmt, Ungläubige schnell in den Staub wirft,
- Wie, herbrausend im Donnersturm, der prasselnde Hagel
- D'raußen im Saatenfeld die wogenden Halme zerschmettert,
- Hat nun eurem entsetzlichen Schwert den mächtigsten Fürsten
- Unserer Gegner, am Bord viel hundert gerüsteter Schiffe
- Nahe gebracht, und ihn der Rache zum Opfer erlesen:
- Denn so will der Prophet sein Volk, nach seiner Verheißung,
- Jetzt verherrlichen, so schlug er den Gegner mit Blindheit:
- Daß er den Angriff wag' in diesen gefürchteten Monden,
- Wo in des Himmels Gluth auch die Landesgebornen verschmachten?
- Und ihm erläge der Fremdling nicht in der lastenden Rüstung?
- Sprech't, wie soll dieß feige Geschlecht, im Sande versinkend,
- Halten im blutigen Kampf die hochgepriesenen Reihen?
- Wie begegnen zugleich den Säbeln der Janitscharen
- Und dem mordenden Stahl der Araber, Mauren, Numiden,
- Welch' im Grauen der Nacht, in der Helle des Tages ihn drängen?
- Wir ersiegen uns bald ein unvergängliches Denkmaal
- Heldenruhms, wenn Carl, der größte der Christenbeherrscher,
- Büßend die Kühnheit, mit seinem Heer' in Stücke gehau'n wird,
- Oder, als ein Gefangener, uns erliegt auf dem Schlachtfeld.
- Hebe dich, Abu-Sa-id! Dir folg' auch Muhamed Temtes:
- Eil't, und verkündet den Euren, ein jeglicher freudigen Aufrufs,
- Daß sie, der Beute bedacht, zum entscheidenden Kampfe sich rüsten!«
- Aber die beiden erhoben sich schnell, und Muhamed Temtes
- Sprach, sich beugend zuvor, mit demuthheuchelnden Blicken:
- »Er, der Himmel und Erd' erschuf, verläng're dein Leben
- Fern' in die kommende Zeit. So wie die Sterne des Himmels,
- Wie der Sand an dem Meer, sey deiner Erzeugten Erzeugung,
- Und es erfülle dein Ruhm die fernsten Räume des Weltalls!«
- Jen' enteilten, und Hairaddin sprach: »Wohl kenn' ich die Falschen.
- Trugvoll ist ihr Gemüth, und keines ausharrenden Muthes,
- Fähig ihr Volk, das unzählige, das, uns feindlich gesinnet,
- Nur durch Verheißungen großen Gewinns zum Heere gelockt ward.
- Aber uns ziemt: die Krieger Suleymans, des Prächtigen, Großen,
- Welchem die Erde sich beugt, uns ziemt die Heldengesinnung,
- Kämpfend mit eisernem Muth', ihm hier zu erhalten die Herrschaft,
- Und zu erhöhen den Ruhm der Söhne des großen Propheten.«
- All' aufschrie'n, das Schwert von der Hüfte sich reißend, und riefen:
- »Gott ist Gott, und Muhamed sein erhab'ner Gesandter:
- Hairaddin sey die Treu' und dem Feinde die Rache geschworen!«
- Froh des dräuenden Schwurs, begann jetzt Hairaddin wieder:
- »Sinam, dir werde Goletta vertraut, dieß herrlichste Kleinod
- Unseres Reichs, und ruhig schlummr' ich, weil dir es vertraut ward;
- Dragut, Unwiderstehlicher, dir gehorche des Heeres
- Vorderzug, und dir, Tobukes, dem Schrecken der Gegner,
- Freudig, des Fußvolks Macht; doch du, Reih'nbändiger, Salek,
- Lenke die Reisigen kühn zum Sieg'! Ich führe den Nachzug.
- Sammelt die Scharen, vom Strand zu entfernen des Feindes Geschwader,
- Oder sogleich die Gelandeten dort zu erwürgen: denn wißt es:
- Wer sich zuerst die Stirn' umflicht mit dem Lorber des Sieges,
- Raubet oft dem Besiegten den Muth in dem Felde für immer!«
- Aufsprang Dragut, und rief mit lautumschallender Stimme:
- »Ha, nicht wehre dem Feind die kühnbeschlossene Landung:
- Leicht entflöh' er uns heut, geschreckt, auf dem rettenden Schiff noch!«
- »Eitele Furcht,« sprach Hairaddin, »o, dem christlichen Herrscher
- Schlägt ein tapferes Herz in dem Busen, und eiserner Starrsinn
- Drängt ihn fort auf erkorener Bahn: ihm wird er erliegen!«
- Jetzt erhob er sich rasch, und ging, sich in Eile zu rüsten;
- Aber die Feldherrn all', enteilten in's lärmende Lager.
-
- Regulus schwebte herbei: er sann den Sclaven der Hochburg,
- Rettend, zu nah'n, und ließ in der wimmelnden Straße von Tunis
- Sich im Fluge herab. Da saß vor Draguts Behausung
- Hugo, und weinte vor Schmerz. Ihm war die Kunde gekommen,
- Freudig und furchtbar zugleich: daß heute der Kaiser mit Heer'smacht
- Vor Goletta erschien, und wie nun befreien Mathilden,
- Listig umstellt von Draguts stets auflauernden Spähern?
- Regulus haucht' ihm, genaht, alsbald den tröstenden Rath ein:
- »Treugesinnter, du weinst, und weißt nicht, die Gattinn zu retten
- Ihrem Gemahl? Wohl kam er heran, dem heiligen Aufruf
- Folgend des Vaterlands, und folgend dem Rufe des Herzens:
- Hier in dem Kampf, voll Muths, zu ersiegen die liebende Gattinn.
- Such' im Olivengehölz den einsamlebenden Fischer,
- Der, ein Christ, der Heimath entfloh, wo ihm Jammer zu Theil ward.
- Viele der Höhlen sind dort, einst Gräber berühmter Geschlechter,
- Als Karthago's Ruhm noch erfüllte den staunenden Erdkreis.
- Dort um die Mitternacht, in eine derselben geborgen,
- Möge Toledo sie wiederseh'n in beglückender Freiheit.«
- Schnell erhob sich der Greis, und flehte, mit thränenden Augen
- Schauend empor, um des Himmels Huld: in der That zu vollbringen,
- Was ihm so wunderbar vorschwebte -- die Rettung Mathildens:
- Denn er kannte schon lang den menschenfeindlichen Fischer,
- Der am Strande des See's, umschattet vom säuselnden Oehlwald,
- Wohnt' in der Grabes-Höhl', und die Beute der Netz' und der Angeln
- Ihm feilboth vor den Thoren der Stadt am dämmernden Abend.
- Jetzt gewann er die Höhl' auf seltenbetretenen Pfaden,
- Keuchend vor Hast, und sah in des Eingangs Felsenumwölbung
- Liegen auf dürrem Moos' den unglückseligen Fremdling.
- Drüben im Frankenland, von edeln Geschlechtern entsprossen,
- Sah in des Lebens aufdämmerndem Strahl der treffliche Jüngling
- Blühen holdselig die Braut, die liebende; preßte den Freund auch,
- Treu und warm an die Brust, und jauchzte dem zweifachen Segen.
- Siehe, da rief ihn das Vaterland in den Kampf, und er folgte
- Freudig dem Ruf! Doch, als er nach Jahren, mit ehrenden Narben --
- Lohnenden Kränzen geschmückt, heimzog im Kreise der Tapfern,
- Trat im festlichen Zug die Braut an der Seite des Freundes
- Froh zum Altar'. Er eilt' aus dem brausenden Jubelgedräng weg,
- Fern in der neuern Welt ein Grab und den Frieden zu suchen.
- Doch auf Siciliens Meereshöh'n von Korsaren gefangen,
- Ward er nach Tunis geschleppt, und ein Räuber schenkt' ihm die Freiheit,
- Ehrend sein Jammergeschick, zum Hohne des schändlichen Undanks.
- Tief in der Brust den finsteren Menschenhaß und der Heimath
- Abscheu nährend, erkor er ein Grab zu seiner Behausung.
- Jetzt ihm genaht, sprach Hugo mit herzerschütternder Stimme:
- »Kurd dein Nahm', Unglücklicher? Ha, nicht gabst du des Korans
- Täuschung dich hin, ein Christ! D'rum wird, wie schmachtende Fluren,
- Säuselnd, der Regen erquickt, Mitleid mit himmlischer Wonne
- Laben dein blutendes Herz, und Gott, der über uns waltet,
- Allerbarmend, Lohn und Frieden dir geben. Vernimm jetzt
- Größeres Wehe denn dein's. Geraubt dem tapfersten Helden,
- Schmachtet sein edles Weib in Draguts grauser Gewahrsam.
- Kennst du nur eigenes Leid? Rechtfertige, Mensch, mit Ergebung
- Duldend, vor deinem Geschlecht die dunkelen Wege der Vorsicht,
- Neig' auch fremdem Jammer dein Ohr, und den eig'nen versüße
- Mitleid dir! Denn, horch, auf dem Meer mit unzähligen Schiffen
- Kamen die Christen heran, zu strafen den Räuber, und siegend
- Ihm zu entreißen den Herrscherthron, der Hassan geraubt ward.
- Bald erschallt Sieg'sruf -- erschallt geretteter Menschen
- Jubelnder Dank. Zieh' hin in das Lager der Brüder, zu treffen
- Dort Toledo, und sprich: »Wenn uns an dem Himmel der Vollmond
- Strahlt, da rettet in Grabesnacht ihm Hugo die Gattinn,
- Und du lenke den Liebenden her zur Höhle des Waldes.«
- Jener regte sich nicht, und starrte hinab in die Fluthen,
- Aehnlich dem Felsenriff, das starr aufragt an dem Meerstrand.
- »Kurd,« so sagte der Greis, »entfernt zehn Jahre der Trauer
- Bist du vom Vaterland; vergeudet wurde dein Erbtheil:
- Dürftig kommst du zurück', ein Bettelnder unter den Deinen;
- Sieh', er spendet, willfahrest du ihm, dir Goldes die Fülle,
- Dankbargesinnt, und freudig erblickst du die heimischen Fluren!«
- Aber noch finsterer starrete Kurd: da umschlang ihm der Greis dort,
- Weinend, die Knie', und rief mit leis'erbebender Stimme:
- »Hast du geliebt? Wie solltest du nicht, verstummender Dulder!
- Jammert die Gattinn nach dir? Welkt', ach, die Geliebte dir früh hin?«
- Jetzt aufriß sich vom Boden der Mann, der schrecklich geschwiegen,
- Taumelte wild umher, als sollt' er den Flehenden morden.
- Dennoch konnt' er nicht, tieferregt, von den Thränen des Greises
- Mehr verwenden den Blick, und die ewige Huld, die, erbarmend,
- Lenket des Menschen Sinn gleich fluthenden Bächen, zerschmolz ihm
- Nun durch Thränen das Herz, das, qualenbelastet, erstarrt war,
- Und ein glänzender Strom quoll ihm aus den Augen; er faßte
- Hugo's Recht', und sprach: »Du siegtest; ich stehe bereit dir.«
- Aber der Greis entfloh, von der Wonne der Rettung beflügelt.
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-
-
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- Sechster Gesang.
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-
- Siehe, schon war die Stunde der heißersehneten Landung
- Jetzt an dem Abend genaht; schon rief, vom Borde Karthago's,
- Schimmernd, die Kaiserflagge zum Kampf! Von dem Zug' an den Küsten
- Kehrte Ulloa zurück', ein Trauernder, ob des Gefährten,
- Der, mit dem Schiff' in den Grund gebohrt, dem Heere geraubt ward.
- Selber bewegt, rief doch den am Bord versammelten Feldherrn,
- Wo er des Angriffs Weise berieth, der Kaiser, erheitert:
- »Jetzo, das Höchst' im Blick, laßt uns die Trauer beherrschen,
- Die uns die Brust erfüllt -- jetzt muthig und rasch an die Landung!
- Gegen Zafrano hinaus, an der Meer'sbucht östlichem Saum hin
- Schiffen, den Feind zu täuschen, wir erst; dann, kehrend im Eilflug,
- Bleib' uns zur Linken der Wasserthurm, zur Rechten der Salzthurm:
- Wir erringen das Ziel, wo Ulloa erspähte die Anländ.
- Segen mit euch im schrecklichen Sturm und Drang der Entscheidung!«
- Jen' enteilten. Ihm trat, voll demuthheuchelnden Mißtrau'ns,
- Muley Hassan entgegen im Raume des Schiffs, und begann so:
- »Herr, dich dränget dein Herz in den Kampf! Der Weltenerschaffer
- Gebe dir Ruhm; doch soll ich, indeß du im Felde dich abmühst,
- Müßig weilen am Bord? Gewähre mir eines der Schiffe,
- Das mich schnell nach der Meeresbucht von Kabesch, dem Städtchen
- Führe, wo mir, zum Trost, die tapfern Bewohner noch treu sind,
- Auch das kühne Gebirgsvolk dort schon harret des Aufrufs:
- Abzuschütteln das Joch von Hairaddins grausamer Herrschaft.
- Dorther schaff' ich dir bald Hülfsvölker, und schaffe dir reichlich
- Mundvorrath für das Heer, das solchen entbehrt in Karthago's
- Wüstem Gefild, wenn fern des Krieges ersehnetes Ziel winkt.«
- Sagt' es mit scheuverwendetem Blick'. Ihm entgegnete jener:
- »Hassan, du bebst, und starr'st umher im zweifelnden Mißtrau'n?
- Fasse nur Muth! Gleich soll das schnellhinsegelnde Schiff dich
- Führen nach Kabesch hinauf; dann kehr' im Glücke mir wieder.«
- Also der Kaiser, und sah dem raschenteilenden Fürsten,
- Sinnend, nach: er hatt' ihn errathen. Doch jetzt ihn zu rüsten
- Trug ihm mit heiterer Stirn' Ernest, der grauende Reiter,
- Den der herrliche Max, sein ruhmvollthronender Vorfahr,
- Liebte mit Vaterhuld, das treffliche Schwert und die Spornen,
- Auch den Harnisch und Helm aus dem hüllenden Schranke herüber.
- Silbern strahlte die Wehr', umrändert mit goldenem Laubwerk,
- Ihm von der Brust; hell blitzte der goldene Kamm von dem Helm her,
- Deß' stahlblinkendes Dach kein damaszenischer Säbel
- Je durchhieb', und das Schwert umfaßte des Wehrgehängs Purpur,
- Funkelnd von Perlenreih'n, und blitzend in Edelgeschmeides
- Wechselndem Farbenglanz. So stieg er, gerüstet, zum Bord' auf.
-
- Dort entblößt' er den Stahl: ein Ruf erscholl aus dem Schiffsraum,
- Donnernd rings in dem Busen des Meers. Wie am glühenden Mittag
- Wetterschweres Gewölk' auffleugt: da regt sich kein Lüftchen;
- Brüllend kehren die Heerden heim; die kreischenden Vögel
- Flieh'n zum Gehölz', und es fährt die häusliche Schwalb' in dem Hofraum,
- Wechselnden Fluges, umher, dem Boden nah', und die Lachen
- Streifend mit fächelndem Fittig -- der Mensch, im Busen beklommen,
- Stehet verstummt; doch jetzt aufblitzet es, kracht es herunter:
- Flammen entprasseln dem Dach', und fernher sauset der Hagel:
- Also die Stille zuvor, eh', landunggebiethend, der Aufruf,
- Donnernd, erscholl, und d'rauf, wie ein Strom entstürzet der Schleußen
- Weiteröffnetem Thor', und Wogen auf Wogen sich drängen:
- Also strömten vom hohen Verdeck' in die flachen Galeeren
- Drängende Scharen herab, und ordneten schnell sich in Reihen,
- Während der Reiter das Roß festhielt an dem Zaum: denn gewahrend
- Drüben das Land, umtobt' es im Raum des engenden Fahrzeugs.
- Gegen Zafrano hinaus, dem spähenden Feinde zur Täuschung,
- Strebten sie erst, und eilig dahin entsandt' er die Horden
- Seines Volks: da flog an dem fernen Gestade der Staub auf
- (Aehnlich dem Nebel, der, nach dauerndem Regen des Herbstes,
- Dicht am Gebirg fortwallt) durchblitzt von den Waffen der Krieger,
- Und verwirrtes Getös', und Geschrei, und das Wiehern der Rosse
- Brausete laut von der staubverhülleten Küste herüber.
- Wieder ertönt' ein donnernder Ruf vom Borde des Kaisers:
- Siehe, und dieser galt, zum Sturm' aufbiethend die Krieger!
- All' aufschrie'n zugleich vor jubelndem Muth', und, die Seiten
- Wendend, flogen vereint die Galeeren zum herrlichen Ziel hin.
- Von den Rudern gepeitscht, aufschäumte das Meer, und der Fahrwind
- Saust' in dem Segelgewölk der dichtnachfolgenden Schiffe.
- Solches gewahrend, sandte der Feind unzählige Kugeln
- Von dem fernen Gestad' und den Wällen der Veste Goletta.
- Schrecklicher Donner erscholl. Doch als die Gegner, dem Salzthurm
- Nah', vorstürmten im eilenden Lauf: da wendete blitzschnell
- Wechselnd, der Steuermann die räumigen Seiten des Schiffes
- Nach dem bevölkerten Land. Sie spie'n aus flammenden Schlünden,
- Wie der Hagel prasselt, und saust, die Saat des Verderbens,
- Brüllend, hinaus: von nah' und fern aufbrannten die Hütten,
- Und des Feindes Geschütz lag rings, vernichtet, im Staub dort;
- Seine Horden entfloh'n, und Goletta's Donner verstummte.
-
- Dreimal die Länge des Manns, schied noch ein Raum die Vereinten
- Von dem Gestad', als Deutschlands Volk,[41] den ragenden Speerschaft
- Senkend hinab in den Grund, im sausenden Schwunge der Glieder,
- Allen zuvor, den feindlichen Boden errang, und es wähnten
- Dort die Krieger noch lang': es schwanke der Boden, und weiche
- Unter den Füßen zurück. Rasch hüpften die muthigen Rosse
- Nach dem Strande hinaus; der sandigen Bahn sich erfreuend,
- Hüpften, und sprangen, und schlugen sie aus, und wieherten laut auf.
- Scharen auf Scharen entstiegen dem Bord', und bedeckten das Ufer
- Weitumher, wie im Morgenwind' aus tieferen Thälern,
- Kräuselnd, der Nebel sich hebt, und des Bergs Abhänge verhüllet.
- Doch nun trat im schimmernden Waffenschmucke der Kaiser
- Freudig an's Land, und hob sich im kreisenden Schwung' auf das
- Streitroß,
- Das, von erles'nem Blut und Geschlecht', und herrlich gestaltet,
- Auf Andalusiens blühender Flur, freiweidend, heranwuchs.
- Als er, die Reihen entlang, hinflog auf dem schnaubenden Rosse,
- Tönte Gejauchz' ihm nach; er rief den Geordneten also:
- »Krieger, wir stehen auf Feindes Land, wo herrlich des Ruhmes
- Laufbahn glänzt, und Gott uns ruft zur Christenerrettung!
- Schweben die Sieg' euch vor entschwundener Jahre? Gedenk't ihr
- Eures errungenen Ruhms, nicht harrend entflammenden Aufrufs
- Tapfer zu seyn? Ihr denkt's: denn Muth in den glühenden Augen
- Seh' ich, der nur vorwärts strebt, und voll Todesverachtung
- Lächelt im brausenden Sturm der Donnergeschosse. Nur haltet
- Eisern auf Mannszucht stets, und auf Ordnung. Wer solche verschmähet,
- Schafft Unheil sich selber, und schafft dem Heere Verderben.
- Ha, schon nahet der Feind! Jetzt vor: in geschlossenen Reihen
- Greift die Unzähligen an, und erringt euch herrlichen Siegsruhm!«
- Sagt' es, und hieß nun links und rechts die Flügel des Heeres
- Rasch vorgeh'n, und eilen, gesondert, des Vorder- und Nachzugs
- Ordnungen, er in der Mitte zugleich mit dem tapferen Guasto,
- Ueber Hispania's Volk, und Oestreichs Scharen gebiethend.
-
- Siehe, den Vorderzug, der tausend tyrolische Schützen
- Zählete -- sie, vor allen geübt, das Schwarz' in den Scheiben
- Und in dem Busen das Herz aus dem schmetternden Rohre zu treffen,
- Führete Lichtstein vor, und es folgten ihm, leuchtenden Blickes,
- Tausend Reiter, Bohemia's Söhn', in Eisen gehüllet;
- Aber das Fußvolk, das in dem Heere das Leichte benennet,
- Und aus den Reih'n der allvereinten Völker erwählt war,
- Rief Toledo in's Feld: fünftausend erlesene Krieger.
- Links an dem Flügel des Heers, Lusitania's Krieger und Flanderns,
- Einend, schaltete Ludwig, der Held, und zehenmal tausend
- Krieger zu Fuß gehorchten ihm. Rechts, an der Zahl und an Kampfmuth
- Gleich, gehorchten Alarkons Ruf Italia's Völker.
- Diesem zur Seit', entboth dreitausend geharnischte Reiter
- Alba zum Kampf', und, jenem gesellt, beherrschte der Sprößling
- Hunyadis, gleich an der Zahl, roßtummelnde, kühne Magyaren.
- Aber im Nachhalt stand, mit dem tapfern Mendoza, der Ritter
- Edele Schar, und zugleich den Blick auf den Heldengebiether,
- Eberstein, gerichtet, der Hauf' gewaltiger Deutschen.
-
- Jetzo mit Allah-Geschrei und wildauftobender Mordgier
- Nahte der Feind, und Staub quoll auf. Wie im Laufe des Lenzes
- Hoch im Gebirg' ein Brand durchwüthet die Waldung: da glimmt nur
- Dunkel die Gluth aus dem saftigen Holz, nur qualmender Rauch steigt
- Auf in die bläuliche Luft: so umhüllte der Staub die Umgegend.
- Dragut jagte die Scharen heran. Voll glühender Mordlust
- Sah er nur Feindes Blut, und dachte, die landenden Haufen
- Schnell zu erwürgen im Kampf; doch jetzt, die Geordneten schauend,
- Saß er erstarrt, und stumm in dem Sattel: ihm stockte der Odem.
- Dann aufstöhnet' er laut, und rief zu den folgenden Scharen:
- »Mußte sie heute so bald entflieh'n die neidische Sonne,
- Uns nicht gönnend den Ruhm, des Feindes verächtliche Haufen
- Schnell mit würgender Hand vom Antlitz der Erde zu tilgen?
- Aber sie schaue noch hier mit den letzten, verlöschenden Blicken
- Unseren Sieg, und die Erde, von feindlichem Blute geröthet.«
- Und er entriß alsbald dem Numidier, fluchend, den Bogen,
- Zielte, und schoß: da schwirrte der Pfeil in der sausenden Luft hin,
- Und durchbohrte die Brust Waldsteins, des tapferen Feldherrn,
- Der aus den Mauern Prags, Bohemia's glänzender Hauptstadt,
- Kühn in den Kampf auszog, und daheim die Mutter und Gattinn,
- Jammernd, verließ. Sie harren, und schau'n durch quellende Zähren
- Oft nach der Straße hinaus, die er ging, und harren vergeblich
- Freudigen Wiederseh'ns: ihn decket die Erde von Tunis.
- Seitwärts sprang sein Roß, und er sank, festhaltend den Zaum noch,
- Häuptlings hinab, und färbte mit glühendem Blute den Boden.
- Draguts Hohngelächter erscholl; zu den Seinen sich wendend,
- Rief er grimmig: »Seht, der Himmel verkündigt den Sieg uns,
- Der die mordende Spitze gelenkt! Ein feindlicher Führer
- Schläft dort, blutend, im Staub', und wird wohl nimmer erwachen.
- Ha, nichts sehnlicher wünschte mein Herz, als alle mit einmal
- Also vernichtet zu schau'n, daß keiner entrönne dem Tod hier!«
- All' aufbrüllten zugleich: Numidier, Mauren, und Türken;
- Schwangen den ragenden Speer, und tummelten feurige Ross' um.
- Dicht, wie Flocken des Schnees herstürmt der heulende Nordwind,
- Flog ihr Geschoß: hellschwirrende Pfeil' und schmetternde Kugeln,
- Sausenden Lanzen vermengt. Da fiel in den Reihen des Vortrabs
- Mancher der Männer -- es wälzten sich blutende Ross' in dem Staub dort.
- Doch schon brauste mit reisigem Volk' und verhängetem Zügel
- Lichtstein hin, um mächtiger, vorgebeugt aus dem Sattel,
- Einzuhau'n, links, rechts, in die wimmelnden Haufen, und Haufen
- Sanken in Ströme von Blut. Tyrols kampfrüstige Schützen,
- Mit Toledo's erlesener Schar den Reisigen folgend,
- Eilten im Sturmschritt vor, und feuerten rasch in die Reihen
- Tödliches Blei: nun einzeln, dann vereint, im Gekrach, hin.
- Hunderte stürzten, und jetzt, ergriffen von Angst und Entsetzen,
- Wandte den Rücken der Feind: er floh in dem stäubenden Feld fort.
- Bald schied unabsehlicher Raum die Streitenden. Guasto,
- Nahend dem Herrscher voll Hast, erhob die warnende Stimme:
- »Schnell entfloh der Feind; doch wie, so er, sinnend auf Unheil,
- Uns zu erlauern im Hinterhalt, den Rücken uns wendet?
- Hemme des Vortrabs Lauf, und gebiethe des Lagers Umwallung,
- Da noch Rogendorf an dem Strand des Meeres sich abmüht,
- Auszuschiffen die Wucht des ehernen Donnergeschützes,
- Auch die dunkele Nacht, gefahrendräuend, herabsinkt.«
- Also der Greis, und Gewährung ersah er im Auge des Kaisers.
- Einer der Herolde, die, rittfertig, und stets an der Seit' ihm
- Harrten des Winks, hinüber, herüber zu jagen im Schlachtfeld,
- Eilt' im Fluge hinaus, und rief sein »Halt!« an die Scharen,
- Die, an die Stelle gebannt, zugleich dem Worte gehorchten.
-
- Drüben auf schmählicher Flucht riß Dragut den schnaubenden Läufer
- Plötzlich am Zaum, daß er, lautaufstöhnend, sich bäumt', und zurück
- sank.
- Attila war ihm genaht: es reizte der schreckliche Krieger
- Ihn, den Schrecklichen einst, und noch erbebt' er vor Ingrimm,
- Daß er, des sterblichen Leibes beraubt, nicht lenkte die Feldschlacht
- Mehr, nicht Gemetzel geboth, und gräßliche Länderverheerung.
- Leise haucht' er ihm jetzt an die Seele den schmähenden Vorwurf:
- »Dragut, du fliehst, nicht erwägend den Ruhm des entschwundenen Lebens,
- Nicht die Worte voll Muths und glänzender Siegesverheißung?
- Kehr' in Eile zurück: so folgen die fliehenden Scharen
- Schamerfüllt, dir alle; wo nicht, so suche dir selber
- Ruhm in dem einzelnen Kampf. Vielleicht gelingt es dir heut noch,
- Glücklich bewahrt, hier deinen ergrimmtesten Gegner zu tödten.«
- Als er des Geisterruf's erregende Laute vernommen,
- Wüthete Dragut noch mehr: er spornte den fliehenden Haufen
- Oft sein Streitroß vor, und trieb noch diesen und jenen,
- Scheltend, zurück'. Ihm horchte der Maur' und muthige Türk nur:
- Denn der Numidier floh g'en Tunis in Eile hinüber.
- Sieh', oft naht in dem Feld der Furcht erstarrendes Schreckbild
- Nur dem Feigen: er wankt; dann fleugt es vom Gliede zum Glied hin,
- Und der Tapfere wankt mit dem Feigen: sie wenden den Rücken
- All', und entfliehn. Wie fern auf dem Meere der brausende Sturmwind
- Wogen auf Wogen wirft, und Schiff' an Schiffen zerschmettert:
- Also stürzen sie fort, verderbend, und weder des Führers
- Scheltender Ruf, noch Strafe dereinst hemmt jetzo die Flucht mehr:
- Denn unbändige Furcht ergriff die ausreißenden Scharen.
- Aber so weit wie ein Ball, vom schmetternden Rohre geschleudert,
- Fleugt, schied drüben ein Raum nur mehr Toledo's und Lichtsteins
- Krieger vom Feind', als Dragut, von starrendem Staunen gefesselt,
- Hemmte das feurige Roß. In fest geschlossenen Reihen
- Harrten die Christen sein, und der zahllosen Scharen, und standen
- Ruhigen Blicks. Da rief er die schmähenden Worte herüber:
- »Seh' ich vor Todesfurcht in Stein verwandelt die Helden?
- Kommt, wenn Einer es wagt, ja zehen, und dreißig, und fünfzig,
- Gegen mich anzukämpfen im Feld, wie dort auf Granada's
- Flur mein Volk, der Rittersitte wohl kundig, mit euch focht,
- Eh' uns Verrath und Uebermacht Hispania's Herrschaft --
- Fluch dem Frevel, entriß! Nun kommt, mir werde der Ruhm dann:
- Keiner obsiegte der Macht des Satanbändigers Dragut!«
- Schon aufbrauste zuvor des Prahlers Worten Toledo's
- Heldenbrust; doch, als ein Nahme von drüben heran scholl,
- Welcher der schrecklichst' ihm war, und verhaßteste aller auf Erden,
- Da hielt er sich nicht mehr; er spornte sein schnaubendes Reitroß
- Auf die Fläche hinaus, und schrie dem Wüthrich entgegen:
- »Ha, nur dich, den Räuber des edelsten Weibes, des meinen,
- Suchte mein glühendes Aug': nicht wirst du künftig mehr prahlen!«
- Also mit lautem Gejauchz' aufschwang er den blitzenden Degen
- Ueber des Gegners Haupt, und es wäre, zerschmettert, gesunken,
- Wenn nicht Attila schnell, wie ein Blitz, der oben im Nachtgrau'n,
- Leuchtend die Wolken durchzischt, heruntergeflogen, sein Streitroß
- Drängte zum Seitensprung: denn fühlbarer nahen dem Thier noch,
- Und in den Nächten zumal, des Geisterreiches Bewohner,
- Bald vom Zorn gereitzt, und bald nur neckenden Launen
- Folgend: da schmiegt sich die winselnde Dogg' an die Füße des Menschen,
- Der mit Verwunderung horcht, und hinaus in das schweigende Nachtgrau'n,
- Schaudernd, starrt; im Gehöft' aufflattern die kreischenden Hühner;
- Laut mit Geschrei entstürzen die Vögel dem Wald', und die Hirschkuh
- Fährt aus dem rauschenden Laub' in die Höh', und horchet mit Beben:
- Denn hell blitzte der Geist an dem Auge des schlummernden Thier's hin:
- So, von dem Geiste geschreckt, aufsprang der schnaubende Rappe
- Draguts. Ihm zerhieb Toledo's sausender Mordstahl
- Nur die bärtige Wang', und sie blutete. Siehe, nicht säumte
- Dragut, und vorgebeugt, durchrannt' er die Linke Toledo's
- Jetzt mit dem mächtigen Speer, daß schnell der leitende Zügel
- Ihr entsank! Ein schrecklicher Kampf, und im Kampfe der Tod nur,
- Hätte die beiden getrennt: da flog, gesendet von Lichtstein,
- Hanno, der Stabs-Herold, an die Seite Toledo's; er faßte
- Dort sein Roß an dem Zaum', und führt' es zurück' in die Reihen.
- Jammernd folgt' ihm der Held: er dachte den Gegner zu tödten.
- Dragut knirschte vor Wuth, und entwich: das Strömen des Blutes
- Raubt' ihm die Kraft. Nun rief er dem maurischen Scharengebiether:
- »Muhamed Temtes, ein Hort sey du des tapfersten Volkes,
- Und ein Zeuge vor Hairaddin mir: nicht erbebend in Feigheit
- Wär' ich gewichen dem Feind. Die blutende Wunde zu stillen,
- Eil' ich zur Stadt, wo mir der kräuterkundige Diener,
- Hugo, umhüllen sie soll mit dem weheinschläfernden Balsam,
- Und bald kehr' ich zurück', allwärts ein Schrecken der Gegner.«
- Also jagt' er davon: doch jener den kommenden Scharen
- Kühn entgegen zu kämpfen, bereit, sah forschend zum Rückhalt:
- Denn er hörete dort unfreundlichen Donner; vernahm auch
- Würgender Feinde Geschrei, und ihm pochte das Herz in dem Busen.
-
- Doch, wer ordnete dort die entscheidende Rückenbestürmung?
- Traun, ein Held, Aurel, der erst mit den herrlichen Schiffen
- Malta's nahend dem Strand, die feinddurchwimmelte Gegend
- Mächtig bestreichen ließ aus ehernen Schlünden und Mörsern!
- Donnergebrüll' erscholl ringsum; aufwirbelte Sandstaub
- Nah' und fern', und die Feind' entstürzten vor Schrecken den Reihen.
- D'rauf verließ er den Bord mit fünfzig der tapfersten Ritter,
- Tausend Kriegern gesellt, drang vor, und wüthete, mordend,
- Jetzt in dem Rücken des Heer's. So wüthet die nächtliche Windsbraut
- Durch das Föhrengehölz: der Eigner jammert am Morgen,
- Schauend die Stämm' auf Stämme gehäuft, in grauser Verwüstung.
- So im Gesicht von Lichtstein, so in dem Rücken von Malta's
- Kühnem Helden bekämpft, ausriß in wilder Verwirrung
- All' das unzählige Volk, und wandte nach Tunis den Lauf hin.
-
- Hairaddin trabte den stäubenden Weg mit den _Schrecklichen_ näher:
- Also hieß er die Schar viertausend erlesener Türken,
- Die er sich selber erlas aus den kühnsten und tapfersten Kriegern.
- Wohl erwies sich ihr Muth; wohl waren die Muthigen furchtbar:
- Denn wo es galt, und, gehemmt, die Wage des Schlachtengeschickes
- Schwankte, da mußten sie vor, zu erringen des eisernen Feldes
- Herrlichen Preis, und zu steh'n, muthfest, im Kampf der Entscheidung.
- Als er den wirbelnden Staub, und im Staube die fliehenden Haufen
- Gegen sich kommen sah: da erwog er im Herzen, noch zweifelnd:
- Ob er den Schrecklichen erst die Losung gebe zum Morden,
- Um in dem Blute der Feigen den Grimm zu sänftigen; oder,
- Scheuend den Wankelmuth der Tunisier, heute noch schone?
- Gleichwie im Aethergefild der schiffaufstürmende Luftball,
- Jählings vom Flammenhauche gerafft, des mächtigen Windes
- Wechselndem Strom' zu Beut' umfleugt, und nimmer des Schiffers
- Leitung gehorcht, nun hier- nun dorthin schwebend im Luftraum
- So, daß Grauen ihn faßt, und sinnverwirrender Schwindel:
- Also wankt' er umher. Ihm nahete Muhamed Temtes
- Jetzt mit dem flüchtenden Volk'. Er riß sich, ergrimmter, den Säbel
- Von der Hüft', und schlug mit der Breite der Klinge den Feldherrn
- Ueber die Stirne, daß ihm aus den Augen sprühten die Funken.
- Aber der Sclave lächelte nur, und folgte von weitem:
- Denn auch Hairaddin floh, und das Volk nachbrausete zahllos.
-
- Schon sank tiefer die Nacht; schon gaukelten kühlere Lüftchen
- Ueber die See, und ringsumher aus unzähligen Augen
- Sah der funkelnde Himmel, als die Reisigen Lichtsteins,
- Kehrend, mit Staunen ersah'n, wie sie, nur im Blute zu ernten,
- Hier die Garben gehäuft in des Todes entsetzlichem Saatfeld.
- Auch die Helden des Felseilands mit dem kühnen Gebiether,
- Kehreten heim in die meerumwogte Behausung (am Bord nur
- Schlummert der Seemann süß) und dort aufzählend die Scharen,
- Mißten sie dreißig, im Streit gefallene Krieger mit Wehmuth.
- Also rang in dem Vorkampf jetzt der erhabene Kaiser
- Gegen Hairaddins Macht, und der treffliche Lagergebiether,
- Guasto, begann, im vereinten Müh'n unzähliger Krieger,
- Dort die schirmenden Wälle zu bau'n, wo er forschenden Blickes,
- Erst die Stell' erkor, auf welcher Karthago gestanden:
- Auf daß ihr herrliches Bild, aus Schutt und Trümmern sich hebend,
- Waffne des Kriegers Herz mit eisernem Muth' in der Feldschlacht.
- Gegen den Salzthurm hin, im sternnachbildenden Vorsprung
- Hob erlesenes Volk mit schimmernder Haue das Erdreich,
- Dämmend, zum Wall. Vor ihm aufgähnte der dunkele Graben,
- Und das ehrne Geschütz, von schnaubenden Rossen gezogen,
- Rasselte näher, und stand alsbald, in gemessenen Fernen,
- Aufgefahren umher, zu wehren dem feindlichen Andrang.
- Schnell erfüllten des Lagers Raum die jauchzenden Krieger,
- Dort zu erhöh'n in Hast die luftigen Zelte. Sie bohrten
- Pfähl' in den Grund; dann spanneten sie die schimmernde Leinwand
- Vom Querbalken des Daches hinab, an haftenden Pflöcken,
- Gegen der Stürme Gewalt sie festigend, dieß- und auch jenseits.
- Tausende standen erhöht, und flatterten, tönend, im Nachtwind.
- Aber vor allen ragte das Zelt des edelen Kaisers,
- Hochgewölbet, empor. Des höckergestalteten Lastthiers
- Wolle schirmte von außen das Zelt g'en Wetter und Regen;
- Innen deckte die Wände Damast, und ein eisernes Feldbett
- Stand in dem Hintergrund', umhüllt vom seidenen Vorhang.
- Aber mit Lächeln im Blick, der, rühmend, des Werkes Vollendung
- Würdigte, sprach der Kaiser, erfreut, zu Guasto, dem Feldherrn:
- »Herrlicher, so geling' es dir auch am kommenden Morgen,
- Schnell die Schanzen umher an Goletta zu bauen! Für jetzo
- Heiß' das Volk ausruh'n in des schirmenden Lagers Umwallung;
- Nach gehaltener Rast empöre der fröhliche Krieger
- Zahllos Flammen im Feld, bereite sein Mahl, und gedenke
- Heiterer Lust: nur möge der Wall nicht ermangeln der Wachen;
- Auch den Graben entlang mit hellumschauenden Blicken
- Forschend, die Vorhuth steh'n. Ermüdet will ich hier schlummern,
- Wenn nicht feindlich Geschrei mich weckt im nächtlichen Anfall.«
- Sagt' es, und ließ sich, gehüllt in den wolligen Mantel, im Sandstaub
- Nieder. Weder den schwellenden Pfühl, noch köstliche Speisen
- Kannt' er im Feld': erduldend jegliche Noth und Entbehrung
- Froh mit den Kriegern. Er lag in dem Kreis' umlärmenden Volkes
- Dort auf dem Sand', und bald umfing ihn der liebliche Schlummer.
-
- Gleich dem brausenden Sturm flog jetzt der Römerbesieger,
- Hermann, mit seinem Gefolg', aus Amerika's Fluren herüber:
- Denn ihn lockte des Kampfes Getös' mit freundlichem Wohllaut.
- Wie der muthige Falk', auf Beut' erpicht, in des Himmels
- Blauem Gezelt nun auf sich schwingt, nun eilender abwärts
- Fleugt, im wogenden Gras' und im schaurigen Dunkel des Fruchthains
- Sie zu erspäh'n: so erforscht' auch Hermann das Lager. Sein Haupthaar
- Quoll aus dem duftigen Helm ihm golden herab auf den Nacken,
- Und des Ur's aufstarrende Mähn' umfing ihm die Schultern.
- Muthig schwang er die Keul', und aus trotzigbläulichen Augen
- Sah er herab, die jetzt, gleich flammenden Sternen, erglänzten:
- Schauend Germania's Volk und den schlummernden Kaiser, des Volkes
- Edelsten Hort. Er haucht' ihm, genaht, die erregenden Wort' ein:
- »Ruhig schlummerst du hier im Kreise der Helden, Erzeugter
- Meines gewaltigen Stamms! Von den fernen Meeren herüber
- Kommen die Bothen des Siegs dir spät. Ich künde den Sieg dir
- Nun zur Freud', und zugleich den Jammer der Wilden, zur Trauer.
- Dein ist die Herrschaft der Welt: nie wendet die leuchtende Sonne
- Mehr die Blicke von deines Reichs endlosen Gefilden.
- Schon dient Mexiko dir; nun bändigt Peru, das Goldland,
- Deß' unschuldiges Volk der Sonne Kinder sich dünket,
- Dein Pizarro.[42] Er nahm Atahualba gefangen, den Inca,
- Und erwürgt ihn vielleicht: nicht hunderttausende scheuend,
- Nicht Millionen Volk's, von wenigen Tapfer'n umgeben,
- Wild, und grausamgesinnt. O, hemme die wüthende Blutgier
- Jener Verblendeten, die in dem Wahn, Halbmenschen zu würgen,
- Also freveln! Ich sehe dein Herz erbeben dem Jammer,
- Den die Ferne dir birgt. Ein gottbegeisterter Priester
- Deines Volks,[43] der Kränz' erlesensten würdig, bewaffnet
- Sich mit erhabenem Muth, die armen, ein rettender Anwald,
- Kühn zu beschirmen: ihn höre: so wird unsterblicher Ruhm dir.
- Schlummere ruhig und süß, in dem Kampf dir nah' ich ein Helfer!«
- Dann aufschwang er sich rasch in die Lüfte: das tosende Lager
- Hier zu erforschen, und dort des Feindes gewaltige Heersmacht.
- Aber der Kaiser stöhnt' in dem Schlaf'; erhob von dem Boden,
- Staunend, das Haupt, und sprach halbleise die Worte des Kummers:
- »Künden, düsterer Ahnung vereint, auch Träume so schrecklich,
- Meiner Krieger unmenschliche Wuth? Führ't, günstige Wind', ach,
- Schnell das ernste Geboth der Schonung und christlichen Sanftmuth,
- Das ich gesandt in dem eilenden Schiff, zu dem fernen Gestad hin!«
- Lispelte so, und versank von neuem in lieblichen Schlummer.
-
- Jetzt nach gehaltener Rast erhoben sich wieder die Krieger:
- Dürres Reis, und die Trümmer längstgestrandeter Schiffe,
- Tragend herbei, unzählige Flammen im Feld zu empören.
- Wie die Sternenheer' erglüh'n am nächtlichen Himmel,
- Glänzten die Lagerfeuer umher. Da knüpfte der Reiter
- Sorglich das Pferd an den Pflock, und both ihm den Hafer im Vollmaß;
- Oder er brachte vom rieselnden Born, in räumigen Kübeln,
- Ihm die erfrischende Fluth. Nicht enthob er ihm jetzo den Sattel,
- Wie daheim, als ihm versiegte der Schweiß nach dem Ritte:
- Denn in dem Felde gebeut des Augenblickes Entscheidung,
- Fertig zu stehen zur Wehr' und zum raschvorstürmenden Angriff.
- Andre besorgten den Brüdern das Mahl. Des eisernen Kessels
- Rußigen Bauch umschlang die Loh', und die emsigen Krieger
- Hatten das Reismus gar gekocht, die Hämmel gebraten,
- Und vertheilet den Wein mit dem wohlernährenden Kornbrot
- Jeglichem treu und gerecht. Bestrahlt von der freundlichen Flamme,
- Schmaus'ten sie dort, und wechselten stichelnden Scherz und auch Possen,
- Lautem Gelächter vermengt, und kriegerischtönenden Liedern.
- Also war auftobender Lärm und Getös' in dem Lager.
- Aber, gesondert im Kreis', kaum achtend des Mahles und Trunkes,
- Oder des herzerfreuenden Worts, ergaben die Einen,
- Heißerpicht auf Gewinn, sich dem trüglichen Locken der Würfel:
- Schüttelten erst in der hohlen Hand die klingenden lang' fort,
- Warfen sie dann querhin auf den weitgebreiteten Mantel,
- Sah'n, und zähleten laut die gewinnaufweisenden Augen.
- Andre langten die Karten hervor, vieljährigen Ansehns
- (Hätt' ein Fremder doch kaum den Buben vom König, die Grünen
- Kaum von den Rothen erkannt) vertheilten die klebenden Blätter,
- Netzend oft mit der Zunge den Daum, von der Linken zur Rechten,
- Allen umher, und spieleten Brand, und Bettel, und Mordbrand,
- Mit aufschlagender Faust und fröhlichem, lautem Gelächter.
-
- Sieh', in dem einsamen Zelt, entfernt von fröhlichen Menschen,
- Lag Toledo, verwundet am Arm; doch blutet' ihm heißer
- Noch die Wund' in der Brust, versetzt vom grausamen Schicksal,
- Das ihn so furchtbar jüngst der edelsten Gattinn beraubte.
- Jen' empört' um ihn her die schwarzen Gebilde des Unmuths.
- Grimmig umdrängten sie ihn, und weckten in seinem Gemüth nur
- Angst und Verzweiflung: er lag, erblindet bei offenen Augen,
- Dort auf dem Lager, und starrt' in die Nacht, und stöhnte vor Jammer.
- Jetzt anlandete Kurd mit dem Kahn, und flog nach dem Lager,
- Eilenden Laufes, herab. Ein »Wer da?« scholl ihm entgegen:
- »Gut Freund« gab er zurück, und frug nach Toledo, dem Feldherrn.
- Aber gewahrend des Mauren Tracht, und feindlicher Arglist
- Denkend, führeten ihn zwei tapfere Krieger mit Vorsicht
- Nach Toledo's Gezelt. Nun, dort den Leidenden schauend,
- Wollten von seiner beklommenen Brust sich die Worte des Trostes
- Lange nicht lösen. Er stand, erschüttert, und leise begann er:
- »Hugo's Worte vernimm: »»Wenn hoch an dem Himmel der Vollmond
- Strahlt, da berg' ich in Grabesnacht, errettet, Mathilden!««
- Und ich lenke dich dann zur Felsenhöhle des Oehlwalds.«
- Forschend irrte Toledo's Aug' an dem seltsamen Fremdling
- Auf und nieder: er sann, in düstere Träume verloren;
- Aber ein leuchtender Blitz auf des Jammers nächtlichem Irrpfad
- War ihm die Vollmondsnacht, der Fels, und die Höhle des Waldes.
- Stöhnend hob er sich auf, und hing am Halse des Fremdlings,
- Lautaufweinend. Ein Strom von glühenden Thränen benetzte
- Diesem die Brust; er floh zum Strand', im gleitenden Fahrzeug
- Heimzuschiffen, und dort der rettenden Stunde zu harren.
-
- Sinam sah schon lang vom ragenden Thurme Goletta's
- Nach dem feindlichen Lager hinaus, und erbebte den Feuern,
- Welch' unzählig umher aufloderten. Wie auf des Meeres
- Sturmempöreter Fluth die, aus Wolken brechende Sonne,
- Plötzlich die Wogen entflammt, daß sie endlos, hüpfend, erblitzen:
- Also erschienen ihm dort die Lagerfeuer, unzählbar,
- Und er dachte für heut' auf keine entscheidende That mehr.
- Unmuthsvoll erforschte sein Herz der Hunnen Beherrscher
- Attila; flog um ihn her, und reitzt' ihn mit stachelnden Worten:
- »Sinam, unkriegerisch, träg, und feig', erbebst du den Feinden?
- Wie, ist dem furchtbar'n Ueberfall nicht günstig die Nachtzeit,
- Der, verderbender oft als blutige Schlachten, dem Gegner
- Jammer gebiert? Wie schwach erscheinst du dem Volke; wie haßt dich
- Hairaddins Seele hinfort, der dir vertraute mit Unrecht!«
- So vernahm, im Geist, die dräuenden Worte des Geistes
- Sinam, und blickte, verwundert, umher: wer also gesprochen?
- Doch er fand sich allein; besann sich der Angst, und es färbte
- Schnell sein blasses Gesicht der Scham hellröthendes Feuer.
- Jetzo murmelt' er leis': »Ich, Thor, vergrüble die Zeit hier
- Müßig. Wohlan, der kühne Gedank' -- er werde zur That jetzt!«
- Sagt' es, und kam, und sprach zu Giaffar glühenden Blickes:
- »Giaffar, stets entflammt dir die Brust die Heldengesinnung,
- Daß du nicht Tausende scheu'st, wenn rings umdrängender Gegner
- Schlachtruf schallt, und, empört, der Waffen Getümmel ertönet!
- Siehe, schon schwinden umher die Lagerfeuer des Feindes,
- Und schlaftrunken, vom Weine betäubt, hinsinken die Feigen!
- Auf, wir stürmen in Hast mit den Janitscharen das Lager,
- Und erwürgen das wehrlose Volk in dumpfer Betäubung!«
- Jener begann: »Ha, nicht unwichtige Thaten ersinnst du,
- Schlachtenerfahrener Greis! Bald tilgt, entsetzlich, im Nachtgrau'n
- Unser Eisen die Schlummernden. Zwar in der Helle des Tages
- Mir ersehnt' ich den Kampf, nicht auf nachtumhülleten Pfaden;
- Dennoch will ich dir folgen: gebieth', und ich ordne die Scharen.«
- Sinam geboth: aufflogen die mächtigen Thore Goletta's,
- Und die gerüstete Schar zehntausend muthiger Krieger
- Drang, von Sinam geführt, und Giaffar, eilenden Laufes,
- Jetzt an die Wälle heran. So weit, als ehrner Drometen
- Klang dem Horchenden tönet im Feld, noch waren die Krieger
- Von dem Lager entfernt: da duckten sich alle zum Boden
- (Sinam geboth's) und schlichen, gebückt, gleich listigen Füchsen
- Welch', einkrümmend die Ruthe, mit weitvorgreifenden Pfoten
- So, daß am Gras' ihr Bauch hinstreift, den stillen Gehöften
- Nahen bei Nacht, um dort die befiederten Schläfer zu fahen.
- Jetzo, der Vorhuth nah', aufsprangen die Scharen, und furchtbar
- Tönete Allah-Geschrei, entsetzlich der Stürmenden Schlachtruf,
- Und, dem Säbelgeklirr vermengt, das Schmettern der Büchsen.
- Aber nicht schliefen die Schützen Tyrols: sie wachten, der Pflicht treu,
- Als die erlesene Huth an dem Graben, und weckten im Lärmschuß
- Eilig, den Wall entlang, die kühnen Gefährten zum Kampf auf.
-
- Giaffar stürmte der erst', und hieb dem kühnen Ramiro,
- Führer des Schützenvolks, die Stirn' entzwei mit des Säbels
- Sausendem Schlag: er sank, und verhauchte das Leben. In Trident
- Sah er im Handlungshaus, an der Seite des grauenden Vaters,
- Reichthum die Fülle gehäuft, der köstliche Waaren des Ostlands
- Vom venediger Freunde bezog, und versandte nach Deutschland;
- Aber ihn lockte zum Kampf gar mächtig der Kriegesdrometen
- Schmetternder Klang, auf Afrika's fernen Gefilden, und freudig
- Hofft' er, mit Siegeslorbern geschmückt, die heimischen Fluren
- Wieder zu schauen, und dort die Tage der schöneren Zukunft;
- Doch ihn ereilte des Todes Geschick, und lachenden Erben
- Wurden die Güter zu Theil des, in Gram hinschwindenden Vaters.
- Giaffars schreckliche Kraft, verstärkt von kühnen Gefährten,
- Würgt' auf dem Wall noch drei tyrolische Schützen vom Innthal --
- Brüder, und stets in dem Heere genannt »das rühmliche Kleeblatt«:
- Denn, als Jörg, der jüngste, zu Freundsbergs[44] Fahne geschworen,
- Eilten auch Günther und Jost ihm nach, zu schwören den Kriegseid
- Vor dem Vater des Volks, Freundsberg, dem Jeglicher hold war.
- Immer hielten sie treu und fest zusammen im Leben,
- Und wo im eisernen Felde Gefahr den einen bedrohte,
- Bothen die andern die Brust zum Schilde dem Bruder, und dachten,
- Liebend, des Bruders allein. Am herrlichen Tag vor Pavia
- Knüpft' an die Heldenbrust der Tapfern ein ehrendes Zeichen
- Freundsbergs Hand; doch jetzt im nächtlichen Grau'n, an des Grabens
- Weitaufgähnendem Schlund verhauchten sie, kämpfend, das Leben.
- Also hätt' in dem Ueberfall noch viele der Christen
- Tod und Verderben ereilt, und der Feind erstiegen die Wälle;
- Aber da brach Hardwin, der tapfere Führer der Schützen,
- Hohes beschließend im Geist, durch Reihen der Gegner. Er hatte
- Sinam erseh'n, der vor- die Würgenden trieb. Ihn zu tödten --
- So von den Brüdern zu fernen die Noth, vorbraust' er, und zückte
- Rasch auf Sinam das Schwert. Doch Giaffar, schauend des Feldherrn
- Grause Gefahr, entboth die Seinen sogleich, und sie flogen
- Jenem zu Hülf'. Zwar fiel der Schützen gewaltiger Feldherr,
- Salis, mit eiliggeordneter Macht dem Feind in den Rücken --
- Drängt' ihn zurück von dem Wall, und häufte Leichen auf Leichen;
- Aber es wühlten in Hardwins Brust unzählige Säbel
- Schon: der Tapfere sank, und lächelte heiter im Tod noch.
-
- Rogendorf, der stattliche Feldzeugmeister des Heeres,
- Hörte des Kampfes Getös'. Er saß in dem einsamen Kriegszelt,
- Trauernd noch stets um den Freund, den ihm entriß das Verhängniß;
- Doch, wenn Schlachtruf scholl, und ihn hieß, unzähligen Feinden
- Kühn entgegenzusteh'n: da blitzt' aus den finsteren Wimpern
- Ihm der Muth, da brachte sein Wink dem Feinde Verderben.
- Eilig erstieg er den Wall, und geboth dort jeglichem Wurfschütz,
- Fertig zu harren des Winks zu feuern, mit mächtiger Stimme:
- »Männer, vor allem gebeut uns die Nacht, dem Donnergeschütz erst
- Ein untrügliches Ziel zu ermessen im finsteren Blachfeld.
- Werf't aus dem Haubitzrohr Leuchtkugeln, sausenden Fluges,
- Ueber die Feinde hinaus, zu erhellen die Gegend, und furchtbar
- Wüthe sogleich das Donnerrohr in die wimmelnden Scharen.«
- Sinnig erfand erst jüngst die erleuchtenden Kugeln der Feldherr:
- Mengte den Salzen Harz, und Schwefel und Kohle dem Spießglas;
- Dann umhüllt' er mit Werg das Gemeng', und rundete solches.
- Jetzo des Brandrohrs Saum mit der brennenden Lunte berührend,
- Warf der Schütz aus dem Haubitzrohre die leuchtenden Kugeln
- Weit in die dunkeln Gefilde hinaus: sie erhellten, dem Mondlicht
- Aehnlich, die Nacht. Wie entzündete Luft, urplötzlichen Fluges,
- Schimmernden Sternen gleich, durchzieht den nächtlichen Himmel;
- Oder vom lärmenden Kreis' der Jünglinge, tönend dem Faustschlag,
- Ein gewaltiger Ball, den Rindesblase geschwellt hat,
- Stolz in die Luft sich erhebt, dann senket: so flogen die Kugeln
- Ueber dem Feinde dahin. Er staunte dem Wunder, und jetzo
- Faßt' ihn erschütternde Furcht, als rings erhellet die Nacht war,
- Die verrätherisch ihn preisgab nie geahntem Verderben.
- Doch schon winkete Rogendorf: da brüllten auf einmal
- Dreißig Schlünde vom Wall. In die wimmelnden Haufen geschleudert,
- Warf der Achtzehnpfünder entsetzliche Wucht aus den Gegnern
- Hundert zu Boden: die andern entfloh'n nach der Veste Goletta,
- Schreiend, in keuchender Hast, nicht hörend die Stimme der Führer --
- Sinams Stimme nicht mehr, nicht Giaffars, die in dem Nachzug,
- Einend das kühnere Volk, dem raschverfolgenden Gegner
- Bothen die Stirn': denn Salis, der kühnen tyrolischen Schützen
- Tapferer Hort, nachbrauste den fliehenden Feinden, dem Sturm gleich,
- Der auf der Heid' im Herbst die bärtigen Disteln dahinjagt,
- Und er kehrte nur spät von der blutigen Feindesverfolgung.
-
- Jetzt, vom Schlummer geweckt durch Kampfgetümmel und Schlachtruf,
- Sprang der edelste Kaiser voll Hast vom nächtlichen Lager,
- Nahte dem Wall, und sah, wie Rogendorf nach dem Feind hin
- Sandte des Todes Geschoss'. Er winkt' ihm lohnenden Beifall,
- Und begann vor Salis, und seinen Gefährten voll Huld so:
- »Eure Stirn' umkränze des Ruhms niewelkender Lorber!
- Muthig hab't ihr gekämpft: vor euren zerschmetternden Büchsen
- Floh'n in Eile die Feinde davon. Zum Lohne des Sieges
- Sollt' ihr auf jenen, so stolz sich erhebenden felsigen Höhen,
- Wo in Karthago's rühmlicher Zeit die mächtige Hochburg,
- Byrsa[45] stand, aufpflanzen die Fahn', und den Lagergenossen
- Stehen zur Huth auf der weitumschauenden Warte des Landes.«
- Und er kehrt' in das Lager zurück. Doch jauchzenden Rufes
- Klommen, von Salis geführt, die tapferen Bergebewohner
- Jetzo die Felsen hinan. Gern weilt der sinnige Bergfreund
- Auf den luftigen Höh'n, wo er all' dem niedrigen Treiben,
- Drängen, und Sorgen der Erd' entrückt, des Himmels Gefilden
- Näher, so frei und selig sich fühlt; wo das sehnende Herz ihm
- Höher im Busen schwillt: da er bald des wölbenden Aethers
- Dunklerer Bläue staunt, bald tief in den schwindligen Abgrund
- Starrt, und, mit Thränen im Blick des Waldstroms silberne Fluthen
- Eilen sieht, und des schnellentfliehenden Lebens gedenket.
- Ach, der Gebirgssohn hängt mit kindlicher Lieb' an der Heimath!
- Wie, den Alpen geraubt, hinwelket die Blume: so welkt er,
- Ihr entrissen, dahin. Stets sieht er die trauliche Hütte,
- Die ihn gebar, im hellen Grün umduftender Matten:
- Sieht das dunkele Föhrengehölz, die ragende Felswand
- Ueber ihm, und noch Berg' auf Berg' in erschütternder Hoheit
- Aufgethürmt, und glühend im Rosenschimmer des Abends.
- Immer schwebt es ihm vor -- verdunkelt ist alles um ihn her!
- Aengstlich horcht' er. Ihm däucht: er höre vom nahen Gehölz her
- Wieder das Muhen der Küh', und hoch von den Alpen herunter
- Glöcklein klingen. Ihn däucht: er höre das Rufen der Hirten,
- Oder ein Lied der Sennerinn, die, mit umschlagender Stimme,
- Freudig zum Wiederhall aufjauchzt Melodieen des Alplands.
- Immer tönt es ihm nach. Ihn fesselt der lachenden Ebnen
- Anmuth nicht; er fliehet der Städt' einengende Mauern,
- Einsam, und schaut, aufweinend, vom Hügel die heimischen Berghöh'n:
- Ach, es zieht ihn dahin mit unwiderstehlicher Sehnsucht!
-
- Aber im Osten schwebte der Mond mit strahlendem Antlitz
- Ueber die Berg' empor. Auf des Meeres fernen Gewässern
- Schwamm sein zitterndes Licht; er hellte des säuselnden Waldes
- Dunkelen Saum, und goß den silbernen Schleier, aus Aethers-
- Dufte gewoben, umher auf den sanftentschlummerten Erdkreis.
-
-
-
-
- Siebenter Gesang.
-
-
- Drüben am östlichen Himmelsthor erglühte der Morgen.
- Schaurig wehte der Wind, und fuhr mit eisigem Odem
- Ueber das Heer. Von dem lockigen Haupt und dem Mantel des Kriegers
- Träufelte fort und fort der Thau gleich schimmernden Perlen,
- Und verwandelt' in Grau die dunkele Farbe der Rosse,
- Die, von Dampf umhüllt, mit schlotternden Seiten sich drängten:
- Denn so glühend die Luft sich bei Tag auf Afrika's Fluren
- Senkt, so ergreifend haucht sie den Frost aus der schwindenden Nacht
- her.
-
- Dort nach dem Felsenhorst, den erst zum Lohne des Kampfmuths
- Sich errangen die Schützen Tyrols, erhob sich der Kaiser
- Jetzo mit Ludwig allein. Er schwieg. Die umdüsterte Vorzeit
- Schwebte ihm vor: denn, ach, er trat Karthago's Ruinen!
- Aermliche Dörfchen gewahrt' er nur: El-Mersa, und Melcha
- Näher dem Meer' -- entfernter: Sidji-Mosaid, und Darilschut,
- Ruhend, Oasen gleich, auf Karthago's wüsten Gefilden.
- Stille herrschte umher in den Hütten des flüchtenden Volkes:
- Denn o, furchtbar droht, und furchtbarer jede der Stunden
- Vor dem nahenden Feindesheer' in entsetzlicher Kriegszeit,
- Wenn, entrissen dem Schirm der väterlichwaltenden Obmacht;
- Hingegeben empörter Gewalt, unbändiger Willkühr,
- Und unleidlicher Schmach, der Mensch nach Rettung umherschaut:
- Jetzo der Gegenwart, dann wieder der nächtlichen Zukunft
- Schrecken ihn faßt, und vernichtende Angst ihm raubt die Besinnung!
- Als sie erklommen des Felsens Höh'n: da schwebte die Sonne
- Aus dem glühenden Meer mit rosenumhülletem Antlitz
- Freundlich herauf. Ihr hauchten die Fluthen, ihr dampften die Berghöh'n
- Lieblichen Opferduft empor; sie grüßten die Fluren,
- Funkelnden Blicks, und, freudigen Lautes, die Hain' und die Wälder.
-
- Nicht, wie sonst, erfüllte des holderwachenden Morgens
- Schimmer des Kaisers Brust mit Wonne der seligen Geister:
- Denn beklemmt war heute sein Herz, und düstere Schwermuth
- Hüllt' ihm die Stirn' in Nacht: er dachte die Tage der Vorwelt.
- Sinnend irrte sein Blick von der steilabstürzenden Felswand
- Nach den schimmernden Fluthen hinaus; der säuselnde Frühwind
- Wiegt' am Nacken sein lockiges Haar, und wiegte des Mantels
- Wogenden Saum. Nun setzt' er, entfernt von des Lagers Getümmel,
- Sich auf den moosigen Stein, und sprach zu dem horchenden Jüngling:
- »Siehe, so ferne dein gieriges Aug' erforschet die Fluren,
- Rings den Felsen umher, wo Byrsa, die eherne Burg stand,
- Lag Karthago, hehr, weitherrschend und mächtig verbreitet!
- Aber nicht kündet der kärgliche Schutt, umwuchert von Mooswuchs,
- Wo die Herrliche stand, und mit Staunen erfüllte den Erdkreis.
- Wehe, sie sank, des blühenden Reichs gewaltige Hauptstadt,
- Sie, der eisernen Roma zum Trotz, noch die Zierde der Welt, sank!
- Blut durchströmte die Straßen umher; die prasselnde Flamme
- Wüthete rastlos fort: im Schutt versiegte die Wuth nur.
- Aber es lebt die Erhabene noch in der Kunde der Nachwelt.
- Hehre Begeisterung schwellt den Busen des Sängers; nicht fremd mehr
- Ist ihm des Helden Sinn, nicht die That, aus jenem geboren:
- Ihr ertönt sein Gesang in vielfachwechselnden Weisen,
- Die jetzt, brausenden Stürmen gleich, erschüttern des Hörers
- Pochende Brust, und jetzt, wie liebliche Lüftchen des Abends
- Säuselnd im Veilchenbeet, ihr sanfte Wonne gewähren.
- Ha, Karthago lebt, und ewig ertönet ihr Nachruhm:
- Meererforscherinn, Städt'- und Völkergründerinn heißend;
- Lebt durch Hannibals Ruhm, des mächtigen, eidesgeweihten,
- Furchtbar'n Rächer des Vaterlands, und blühet für immer
- Ob dem erschütternden Muth: verschmähend die schimpfliche Knechtschaft,
- Unterzugeh'n, auch im Falle noch groß, in würdiger Freiheit!
- D'rum erhebe dein Herz, dem Guten und Wahren dich weihend:
- Denn sie allein entführt der Zeit fortrollende Fluth nicht,
- Und, umschwebend die Welt in ewigdauerndem Kreislauf,
- Reichen sie dir zum Lohne den Kranz nie welkender Blüthen.«
- Jetzt erhob er sich schnell, nach dem Lager zu kehren. Auch Ludwig
- Säumte nicht; doch ihm quoll die Thrän' aus den blitzenden Augen:
- »Wohl ist es schön,« so sprach er, »im Lauf enteilender Zeiten
- Ueber der niedrigen Fluth, emporgehoben, zu stehen,
- Und zu erringen den Kranz gefeierter Helden der Vorwelt;
- Doch, ach, mich entreißt die sorgliche Liebe des Herrschers
- Jeder Gefahr, und ruhmlos schwindet mir Leben und Thatkraft!«
- Freudig erklang des Jünglings muthige Rede dem Kaiser,
- Und er entgegnet' ihm so: »Schon nahet die Stunde, wo, kämpfend,
- Du in dem eisernen Feld die Schrecken der Schlachten bestehen,
- Und als Sieger, umjauchzt von tapferen Kriegesgefährten,
- Kehren, oder im Kampf erliegen sollst für die Rettung
- Tausender: ein's wie das and're erhebt; doch leitet die Vorsicht
- Dich nach der Heimath zurück, dort blühet ein schöneres Feld dir
- Ewigen Ruhms: durch Herrscherweisheit im Segen zu walten
- Ueber ein glückliches Volk, und, also der Mit- und der Nachwelt
- Frommend, im Segen zu seyn den spätesten Menschengeschlechtern.«
-
- Hannibal horchte mit Lust, wie ihn ehrte der mächtigste Herrscher.
- Seit er dem irdischen Leben entrückt, unmuthigen Herzens,
- Weilt' im dunkelen Raum des nachtumwölbenden Erdballs,
- Sah er zum erstenmal die trauten Gefilde der Heimath
- Wieder. G'en Zama[46] hinaus erhob er die glühenden Augen,
- Starrt', und ballte die Faust des Jammers Gebilden entgegen:
- Denn noch sah er die Miethlinge fliehn; durchbrochen die Reihen
- Seines Volks, und, empört, die schreckliche Schar Elephanten
- Wüthen im eigenen Heer -- entrissen auf immer den Sieg ihm:
- Sah's, und wandte sich schnell nach Karthago's Stätte hinüber.
- Aber wohin entschwand die Herrliche? Neidischverschlungen
- Hatte der Strom der Zeit auch die letzten Maale des Ruhmes.
- »War auch sie mit dem Römer im Bund'?« So seufzt' er, und hob sich
- Eilig den Felsen hinan. Dort hört' er unsterblicher Thaten
- Seelenentzückendes Lob aus dem Munde des edelsten Kaisers:
- Ihm von der Stirn' entfloh'n des Unmuths düstere Wolken;
- Heiterer blickte sein Aug', und der Groll, vom Römer empöret,
- Schmolz aus seiner besänftigten Brust, wie schimmernder Frühreif
- Schmilzt im sonnigen Strahl. Schon dacht' er, den Christen ein Helfer
- Künftig im Kampfe zu steh'n: da naht' ihm jener im Eilflug.
- Regulus sah auf den Felsenhöh'n um seinen Erwählten
- Hannibals dräuende Näh', und wähnte: verderbende Täuschung
- Sinn' er, ihm dort in die argloshorchende Seele zu hauchen.
- Wie aus dem sonnigen Thal der rauberspähende Kondur --
- Er, der Riese des Geiergeschlechts, in sausender Schnelle
- Hoch empor sich schwingt zu dem Wolkennest, zu erforschen:
- Ob nicht Gefahr dort drohe den kreischenden Jungen? so naht' er,
- Jetzo dem Kaiser im Flug, und wachte mit liebender Sorgfalt,
- Wie er die Listen vereitle durch List, und vernichte die Täuschung.
- Hannibal schnob, erneut vor Zorn: mit dräuenden Blicken
- Schwebt' er davon, und sann dem Christenheere Verderben.
- Doch in die Zeltenstadt heimkehrte mit Ludwig der Kaiser.
-
- Aber welch' Getümmel erschallt an dem Strande des Meers jetzt?
- Gegen Zafrano hinaus, auf Bona's lieblichem Vorland,
- Thürmt ein Cedernwald die dunkelen Wipfel g'en Himmel.
- Noch in dem kühleren Hauch des sanftaufdämmernden Morgens
- Schifften auf Ruderbooten dahin, von Guasto gesendet,
- Tausend, des Zimmerwerks wohlkundige Krieger: zum Schanzbau
- Stämme zu fällen. Da scholl in der hehren Stille des Morgens
- Drüben des Beils dumpfschmetternder Schlag vom tönenden Stammholz:
- Sausend entstürzte der Wald. Jahrhunderte sah er der Umwelt
- Wandelbare Gestalt; er stand, und hob sich noch immer
- Höher empor: nun streckt' ihn die grausame Schärfe des Eisens
- Nieder: in Trauer gehüllt aufragte das kahle Gebirgsland.
- Aber sogleich ersah'n die feindlichgesinneten Geister,
- Schwebend vor Muhamed her, und Attila, welche Gefahren
- Ihren Erwählten der Christ bereitete: Schauder ergriff sie.
- Siehe, da flog Ellack, des Hunnenkönigs Erzeugter,
- Näher, und rief dem Vater zugleich, und dem heuchelnden Seher:
- »Schauet die Riesenschlange dort im Schatten der Felskluft
- Liegen: Unsterbliche selbst erbeben dem schrecklichen Anblick.
- Weck't sie vom Schlaf, und, empört, hintilgt sie die kühnen Gesellen!«
- Muhamed sann umher; dann rief er den Zagenden also:
- »Hebe dich, Muhameds Volk! Erhebt euch, Attila's Scharen;
- Fahr't in des Unthiers Bauch, und erreg't dem Feinde Verderben!«
- Jetzo im sausenden Flug hinstürzten die stürmischen Geister,
- Schrie'n, und fuhren zugleich in des Scheusals umringenden Bauch ein.
- Tief in der Felsenkluft, zum furchtbarn Knäuel verschlungen,
- Lag die gräßliche Schlange (dem Rad, das, weichend des Bergstroms
- Riesengewalt, den Mühlstein dreht, im Kreise nicht ungleich)
- Schlummernd, und barg ihr Haupt in des Knäuels Mitte mit Vorsicht.
- Nur im Dunkel der Nacht, nur selten im Lichte des Tages,
- Kroch sie lauernd hervor, um ein sorglosweidendes Hausthier,
- Rasches Gewild, und auch Menschen zu fah'n; da hieß es: ein Berggeist,
- Hausend im Felslabyrinth des schauerumhülleten Waldes,
- Habe verschlungen den Raub, und der Iman heulte Gebet' auf.
-
- Als die stürmende Schar, des Herrschers Winken gehorchend,
- Im unleidlichen Drang die furchtbarn Ringe des Scheusals
- Füllte: da hob es in zitternder Wuth das gräßliche Haupt auf,
- Warf es im Bogenwurf in der Höhl' umher, und ihm zischte,
- Flammengeröthet, die Zung' aus dem weiteröffneten Rachen.
- Schrecklich erglühte sein Aug' aus den giftgeschwollenen Kreisen,
- Und, gebläht, erfüllet' es ganz die räumige Felskluft.
- Doch, als jetzo die Schar erboßtumtummelnder Geister
- Selbes noch wüthender drängt', und stachelte, froh der Empörung:
- Da durchfuhr's die entsetzliche Höhl' im sausenden Eilflug --
- Attila bebte zurück mit Muhamed: denn an dem Felsen
- Stand es, emporgethürmt, hoch über dem Haupte der Cedern.
- Heulend entstürzte die Schar holzhauender Krieger dem Dickicht,
- Eilte zum Strand', in dem Ruderboot zu entfliehen dem Tod noch;
- Aber nicht allen gelang's. Den Flüchtenden jagten die Geister
- Jetzo das Ungethüm nach, und es warf sich ergrimmter zum Boden.
- Weithin bebte der Grund; rings schwankten die luftigen Cedern,
- Welche die schnellhingleitende Schlange berührt', und das Berggras
- Welkte vor ihrem Flammenhauch, da Felsengeröll' ihr,
- Stäubend, nachrauschte vom Berg; doch dort, vom Strande des Meeres,
- Fest mit dem Schweif umschlingend die weitnachbeugende Ceder,
- Schwang sie sich über die Fluthen hinaus. Ihr bläulicher Rücken
- Blitzt' in dem Sonnenlicht, als, längs dem spiegelnden Meer hin,
- Schlängelnd, ihr Schatten flog, und sieh', da erhaschte sie pfeilschnell
- Eines der Boot', und warf's, mit schüttelndem Grimm, in den Abgrund!
- Nichtigem Spielwerk gleich, das zürnend der Knabe zertrümmert,
- Flog des Schiffes Gebälk mit lautem Gekrach aus den Fugen.
- Trümmer und Leichen bedeckten des Meer's aufwirbelnde Fluthen;
- Aber sie sank, ermattet, zurück, und rollt' an dem Stamme,
- Ringelnd, sich auf: wie ein Seil umringelt den kreisenden Wellbaum,
- Wenn von des Meeres Grund die gewichtigen Anker sich heben.
- Und die Ceder erbebte der Last des lauernden Unthiers.
-
- Staunend vernahm der Kaiser den Lärm an Zafrano's Gestaden,
- Blickte nach Ludwig hin, und dieser enteilte gewaffnet,
- Rasch dem Gezelt; dann schifft' er auf Dorias herrlichem Fahrzeug
- Eilig hinüber zur Bucht, wo, lauernd, das Scheusal der Ceder
- Säul' umschlang. Er hielt, und sann, wie er solches bezwinge.
- Sieh', und, brausenden Flug's, naht' ihm der edelste Römer,
- Regulus: denn, begrüßend den ruhmverkläreten Schauplatz
- Seines, der Weltstadt Rom heilbringenden Todes, gewahrt' er
- Attila's Hohn, und Muhameds -- auch des gestachelten Unthiers
- Wüthenden Grimm, und des Jünglings Angst! Da rief ihm der Geist zu:
- »Denke des Regulus doch, der einst durch Schleudergeschosse
- Hier die Schlange besiegt, und dem Volk Errettung gebracht hat!«[47]
- Und es erhob sich sogleich das Bild des edelsten Römers,
- Schimmernd, vor seinem Blick: denn laut entboth er die Krieger:
- »Windet die Wucht des ehernen Donnerrohres an Tauen
- Auf an den Bord; scharf ziele der fernhintreffende Wurfschütz,
- Und zerschmett're das Haupt des unheilbrütenden Scheusals.«
- Also geschah's. Wohl zielte der fernhintreffende Wurfschütz,
- Wendend den ehernen Schlund mit dem leichtbeweglichen Richtkeil,
- Senkte die Lunt', und wandte sich. Laut, mit Donnergetümmel,
- Sauste die Kugel hinan, und riß den Wipfel der Ceder
- Krachend vom Stamm: er bebt', und still verharrte das Unthier,
- Daß es die Schiffenden näher gelockt, erhaschte; doch Ludwig
- Sann hochrühmlichen Kampf. Ihm funkelten heller die Augen:
- Denn er geboth dem Steuermann urplötzliche Landung,
- Schwang sich hinaus, um dort, auf die Kniee gesunken, zum Himmel
- Flehenden Blickes zu schau'n, und sieh', ein Glanz, wie im Nachtgraun
- Flammt der Blitz, erhellete jetzo den schimmernden Luftraum;
- Goß ihm freudigen Muth in das Herz, und hieß ihn nicht achten
- Seines Volkes Geschrei; und als er den schrecklichen Degen
- Hoch aufschwang: da glühte die Spitze des Eisens, wie nächtlich
- Glühet die Wetterstang' im Gewölk, wenn rings in den Lüften
- Gährender Donner wogt! Er drang auf das Scheusal beherzt ein.
- Schauder erfüllte die Welt. In dem ödverstummenden Blachfeld
- Scholl nur leises Gezisch des Lauernden. Jetzo dem Gegner
- Flog's in schlängelndem Blitzesflug' entgegen, und strebte
- Ihn zu erhaschen. Er wich ihm behend' nach jeglicher Seit' aus,
- Stets abwehrend mit blinkendem Stahl des offenen Rachens
- Dräuende Wuth; doch jetzt in die Luft aufschwang er den Degen,
- Hieb, und trennte das Haupt von dem Rumpfe des scheußlichen Unthiers,
- Der, entsinkend dem Stamm, mit Blut umhüllte den Boden.
- Heulend vor Schrecken und Angst, entfloh'n die Geister, und eilten
- Muhamed nach, und Attila: fern in ätherischen Höhen
- Größeres Unheil noch zu ersinnen dem Heere der Christen.
- Ludwig kehrte gepriesen, zurück: da liefen die Männer,
- Jubelnd, zum Strand', und sah'n das kühnzerschmetterte Scheusal
- Liegen im schwärzlichen Blut, und zucken, und schauern im Tod noch,
- Schaudernd sie selbst: denn gräßlich war es noch immer zu schauen.
- Dann mit des Waldes Raub belastend das räumige Fahrzeug,
- Eileten sie, zu erbau'n die vest'umzingelnden Schanzen.
-
- Wohl von den Reihen beschirmt gewaffneter Brüder -- nicht achtend
- Dicht im Donnersturm' hersausender Feindesgeschosse,
- Grub an den Schanzen das Volk, und, wo in dem sandigen Boden,
- Hügelnd, kein Damm sich hob, und den kreischenden Spaten des Aufwurfs
- Sinkende Last stets wieder ereilte: da fügten die Krieger
- Stämm' auf Stämme, dem Wall zur dauernden Stütze. Den Weiden
- Raubeten andre ihr schlankes Gezweig, und flochten die Schanzkörb',
- Welch', erfüllet mit Sand, und erhöht auf dem Damme, den Wurfschütz
- Und die Donnerschlünde zugleich beschirmten im Feuer.
- Also erbauten sie drei, verderbendräuende Schanzen
- An Goletta umher, in Gestalt des wachsenden Mondes,
- Wenn er, silbergehörnt, hinschwebt am sternigen Himmel.
- Rechts an den Oehlbaumwald, und links an den felsigen Meerstrand,
- Stieß ihr Horn, und umkreiste nur halb die trotzende Festung:
- Denn auf dem Meer' umfing sie, dem silbergehörneten Mond gleich,
- Wieder die Schiffheersmacht: aus ihres verehrten Gestirnes
- Bild, ihr kam der Jammer gesandt, und die grause Vernichtung.
- Aber das ehrne Geschütz, von schnaubenden Rossen gezogen,
- Rückte zögernd heran; die Räder, im Sande versinkend,
- Knarreten unter der Wucht, und Schaum bedeckte die Rosse.
-
- Guasto, im Ehrengefolg zu Thaten gerüsteter Feldherrn
- Nahend, rühmte des Werk's ersehnte Vollendung, und sagte:
- »Dreißig eherne Schlünd' und zehn bomb'schleudernde Mörser
- Schirmt Alarkon, der Held, in der mittleren Schanze voll Thatkraft,
- Und ihm gehorche die Schar viertausend hispanischer Krieger;
- Aber, nicht minder an Zahl, erfüllen die Schanz' an dem Meerstrand',
- Niederländern gesellt, Lusitania's Krieger: ihr Hort sey
- Ludwig, der tapfere Fürst; doch jen' an dem säuselnden Oehlwald
- Sey fünftausend Wälschen vertraut, und mein ist des Volkes
- Schirmende Huth. Das ehrne Geschütz, in jeder an Zahl gleich,
- Und an verderbender Macht, entsende zur Veste Vernichtung.«
- Aber nicht dacht' er im Ernst die Schanze der Wälschen zu schirmen:
- Denn er versuchete nur den tiefverwundeten Helden
- Sarno, den er der Feigheit zieh im unseligen Walten
- Raschauflodernden Zorns, und nimmer lächelte seither
- Sarno's trauerumflossenes Aug'. Empört in dem Busen
- Trat er nun aus dem glänzenden Kreis', und sagte zu Guasto:
- »Wolltest du mir, erlauchter Gebiether, die Stelle vertrauen
- Dort am Olivengehölz, zunächst dem feindlichen Andrang:
- Daß sich erweis' in der That, ob ich feig' erbebte dem Gegner?«
- Guasto's Aug' umwölkte die Thrän'; er sagt ihm dagegen:
- »Edler, die Schanz' am Olivengehölz, dem feindlichen Andrang
- Näher, sey dir vertraut zum Gewinn unsterblichen Ruhmes.
- Ha, nicht des Wortes mehr, des unseligen, das in dem Zorn mir
- Jüngst entfuhr, gedenk': den Tapferen ziere die Großmuth!«
- D'rauf both er ihm noch freundlich die Hand, und eilte von dannen:
- Denn schon füllten den Raum der vest'umzingelnden Schanzen
- Treffliche Völker im Freudengejauchz', und rings von den Wällen
- Gähnte der ehernen Schlünd' entsetzendräuende Mündung.
- Aber vor allen ereilten, im hurtigen Laufe die Krieger
- Sarno's ihr Ziel: sie erhob des wiedererheiterten Feldherrn
- Siegverkündender Blick, den lange die Trauer umhüllte.
- Dort auf des Wall's vorspringendem Horn erhöht' er voll Hast nun
- Seines Volkes Panier, das blutroth auf in den Lüften
- Flatterte; sah vom gehügelten Wall, mit steigender Sehnsucht,
- Nach der Pläne hinaus, zu erspäh'n die feindlichen Scharen.
- Tausende sollten ihm nah'n: er hatte beschlossen zu sterben.
-
- Jetzo wäre der Donnerrohr' und der ehernen Mörser
- Schreckliche Wuth um Goletta erwacht; doch, sausenden Rittes,
- Sprengte der Kaiser heran; ihm folgte der tapfere Alba,
- Diesem die Heldenschar zweihundert Reiter, und schimmernd
- Wehte das Friedens-Panier vor den Eilenden: denn in dem Busen
- Schlug ihm das Herz voll Huld und menschenfreundlicher Schonung.
- Nahend den Feuerwerkern im Flug', erhob er die Stimme:
- »Haltet ein! Nicht ertöne des Krieg's entsetzlicher Mordruf,
- Der in dem blindumwüthenden Grimm so vielfach des Jammers
- Opfer häuft, und so viel schuldlose Herzen zermalmet,
- Eh' denn Alba gekehrt aus dem feindlichen Lager. Wir biethen
- Auf errungenem Feld, zu furchtbarer Rache gerüstet,
- Ihm versöhnend die Hand. So er, taub, und rasend im Unsinn,
- Von sich stieße die Hand, und verschmähte des Friedens Bedingniß:
- Dann auflodere ringsumher die Flamme des Krieges.«
- Sieh', und den stachelnden Sporn in die Seiten des Rosses versenkend,
- Flog nun Alba davon mit seinem erlesenen Häuflein --
- Flog, wie ein Sturm die Heide durchtobt! Doch jetzt, von Goletta
- Kommend, scholl ihm Getös' und Waffengerassel im Rücken.
- Sinam war's, der schnell mit tausend maurischen Reitern
- Nahete: denn er sah in dem Wind das schneeige Fähnlein
- Flattern: des Friedens Bild, den er ersehnt' in dem Busen
- Ob der Schätze daheim besorgt im grauenden Alter.
- »Hemmet die Roß', ihr Christen,« so rief er, »den sühnenden Herold,
- Wenn mich das Auge nicht triegt, gewahrt' ich in eurem Gefolg dort!
- Kündigt er uns, wohlweise berathen, die Worte des Friedens?«
- »Ja,« sprach Alba beherzt, »wir bringen euch heute den Frieden;
- Nehmt ihn getrost: denn besseren Rath ersinnet ihr nimmer!«
- Jener lächelte Hohn; doch hing in dem brausenden Ritt oft,
- Seitwärtsblickend, sein staunendes Aug' an dem christlichen Feldherrn,
- Der im schimmernden Waffenschmuck, ein trefflicher Reiter,
- Eisern im Sattel saß, und stolzverstummend dahinflog.
- Jetzo die Straßen entlang von Tunis, im Donnergalopp fort
- Jagte die Schar, und das wimmelnde Volk lief ihr mit Geschrei nach:
- Denn wie im sonnigen Lenz, wenn voll von duftenden Blumen
- Pranget der Hain, und pranget das Feld und der zierliche Garten,
- Zahllos summen in würziger Luft die geschäftigen Bienen:
- Diese, mit goldner Last an jeglicher Seite beladen
- Kehren, im Korb zu erbau'n die künstlichen Zellen; die andern,
- Ihm entschwirrend in Hast, fortzieh'n, auf den blühenden Matten
- Lieblichen Honigseim mit zart eindringendem Stachel
- Aus dem duftenden Kelch zu saugen, und kehren, und ziehen
- Sonder Rast: so war des unzähligen Volkes Gewimmel.
-
- Ueber der lärmenden Stadt, in Barda's[48] Zaubergefilden,
- Wo die herrliche Sommerburg die goldenen Zinnen
- Aus dem dunkelen Grün umsäuselnder Hain' in die Wolken
- Thürmt, verweilte Hairaddin jetzt, und ordnete kundig
- Heeraufstellung und Kampf, im Kreise der horchenden Feldherrn.
- Dort im luftigen Saal, auf schwellende Pfühle gesunken,
- Sprach er mit Salek, und sprach mit Dragut und Muhamed Temtes,
- Eifernd, als Pferdegetrab in die Ohren ihm scholl, und die Nachricht
- Kam: ein Friedensboth' erscheine der christliche Herold.
- Sieh', ein Wink fuhr ihm, wie ein Blitz, aus den finsteren Wimpern,
- Und im Waffengeklirr aufkrachten die Thüren; des Vorhangs
- Purpur flog zur Seite gerollt: denn plötzlich umringten
- Hundert Janitscharn, geführt von Hassan, dem Aga,
- Schirmend des Herrschers Thron, und sah'n, verschlingenden Blickes,
- Hin nach dem Fremdlinge, der an Sinams Seite herankam,
- Und dem Throne genaht, erhob die muthige Stimme:
- »Dir, großmächtiger Herr, entbiethet der Kaiser der Deutschen,
- Und Hispania's König, durch mich, den Herzog von Alba,
- Freundlichen Gruß, und sendet, noch ehe der würgende Schlachtruf
- Tunis Gefilde durchtobt, dir sanfte Worte des Friedens,
- Daß unzähliger Völker Glück dem deinen vereint sey!
- Nicht gedenket er, dir zu entreißen die Krone von Algier;
- Aber er heischt, zum Ersatz, für Hassan jene von Tunis,
- Die er, erst jüngst, mit heiligem Eid, ihm wieder zu schaffen
- Schwur, aufbiethend unendliche Macht. Auch sollst du in Freiheit
- Ziehen mit deinem Volk; entführen die Schätz' und die Waffen,
- Wenn du zuvor den Christensclaven die Bande gelöset,
- Und gelobet ihm hast, zu entsagen der schrecklichen Willkühr,
- Die nur auf Menschenraub und Plünderung gründet die Herrschaft.
- Frei ist das Meer: ein Bild der ewigen Vorsicht, umher, rings,
- Hält es die Erd' umfaßt! Auf seinen unendlichen Bahnen
- Fliege des emsigen Kaufmanns Schiff, mit schimmerndem Fittig,
- Schnell von Port zum Port, im völkerverbindenden Handel
- Freudig den Segen der einen Welt der andern zu spenden;
- Willig trag' es, wenn Noth es erheischt, ein muthiges Kriegsvolk,
- Das sich erhob, des Wüthrichs Macht zu begegnen -- zu wehren
- Unterdrückung und Schmach, im blitzebewaffneten Bollwerk
- Hin zum sicheren Sieg; doch mög' es, empört, in den Abgrund
- Schleudern das Schiff und den Räuber zugleich, der schnöden Gewinns
- froh,
- Seine Fluthen entweiht, der Knechtschaft Opfer zu häufen!
- Unsere Losung sey: des Meers allsegnende Freiheit!«
- Dunkelröthliche Gluth flammt' auf in den Augen des Wüthrichs,
- Als er die Worte vernahm; er schwang auf dem purpurnen Pfühl sich
- Rasch herum, und ballte die Faust, und knirscht', und begann so:
- »Ha, verwegener Christ, so trotzest du mir in das Antlitz?
- Fluch sey dir, und auch ihm, der dich gesendet! Hinweg -- stirb!«
- Jetzo ereilt' ihn der Tod auf hundert blitzenden Säbeln,
- Rief nicht Sinam dem Volk: »Vergreife dich nicht am Gesandten!«
- Alsbald bebt' es zurück. Da stand voll ruhiger Hoheit
- Alba, und starrte mit festem Blick dem Wüthrich in's Antlitz,
- Der, erblassend dem Blick, verstört zum Boden hinabsah.
- Stille herrscht' in dem Saal, und lange noch starres Entsetzen.
- Aber der Milde bedacht, sprach Sinam: »Erwählter des Himmels,
- Seiner Gläubigen Hort, und Liebling des großen Propheten,
- Schone des Herolds: denn wie die Laute mit tönenden Saiten
- Lautlos schweigt, bis ihr, nun frohe, nun traurige Weisen,
- Wechselnd, des Künstlers Hand entlockt: so hat er auch jetzo
- Nur getreu verkündet das Wort, das Herrschergewalt ihn
- Sprechen hieß. Nur den verfolg', ein furchtbarer Rächer,
- Der ihn gesendet zu dir, so er stolz verschmähte den Frieden,
- Welchen du noch aus dem Born reichströmender Huld ihm gewährest.«
- Hairaddin rief: »Wohlan, vernehmet es, was ich beschlossen!
- Erst schafft ihr in Banden herbei den schwarzen Verräther,
- Muley Hassan, der, Ungläubigen selber zum Spott nur,
- Feig der Rach' entrann. Auch hundert der größeren Schiffe
- Möget ihr ohne Verzug uns geben als rettende Sühnung,
- Daß ihr noch frei heimkehrt, und entflieht der grausen Vertilgung.
- Säumtet ihr, dann Weh' euch: denn Hunderttausende harren,
- Voll blutlechzender Gier, der schrecklichen Losung des Mordens
- Nur, und ihr werdet vor ihnen wie Spreu vor dem Sturme zerstieben!«
- Und er entließ ihn jetzt mit schnödem Winke der Rechten;
- Blickte nach Dragut dann, und wieder nach Muhamed Temtes,
- Lächelnd. Er that, als acht' er ihn kaum, und ihm bebte das Herz noch
- Wegen des todverachtenden, mutherhelleten Blickes,
- Der ihm die Tiefen der Brust, gleich flammenden Blitzen, durchbohrte.
- Aber noch weilte der Held, und sprach zu dem Herrscher noch einmal:
- »Gönnet mir gnädig Gehör! Die Gattinn des edelsten Feldherrn
- Schmachtet, seiner beraubt, in Draguts harter Gewahrsam;
- Doch er gebe sie frei; die Lösung heischend nach Willkühr,
- Daß sie des Wiederseh'ns unnennbare Wonne vereine.«
- Schnaubend vor Zorn erhob sich Dragut, und rief ihm entgegen:
- »Ha, du biethest mir Gold für sie, die schön ist wie Houris[49] --
- Gold, das mir zur Beut' Europa gespendet? Ich wähnte,
- Kommen wird der Gemahl, das Weib zu ersiegen im Zweikampf.
- Liegt ihm Tunis zu fern? Erzähl' uns, ist er so furchtsam?«
- Alba, des Spötters nicht achtend, ging. Der edlere Sinam
- Folgt' ihm schweigend, und gab, an dem Thor, die maurischen Reiter
- Ihm zum Geleit, fern über Goletta hinaus zu dem Wall hin.
- Hairaddin hob sich ergrimmt von dem Pfühl, und sagte den Feldherrn:
- »Eilt an das blutige Werk, und sucht im stürmischen Angriff,
- Heimlich und offenbar, in der Kühle der Nacht und des Tages
- Menschen- und thier'ermattender Gluth, dem Feinde zu schaden,
- Bis die vereinte Macht unzähliger Bundesgenossen
- Uns auf das Schlachtfeld ruft, zum schrecklichen Kampf der
- Entscheidung!«
- Jeglicher eilte zum Heer; doch Dragut, empört in dem Busen
- Flog zu Mathilden heim, zu Toledo's unglücklicher Gattinn.
-
- Ach, sie duldete dort jetzt unaussprechlichen Jammer!
- Wie die Rose, dem wonnigen Lenz entfaltend die Knospen,
- Rings Entzücken weckt, und freudiges Staunen: so war sie;
- Aber, der Lilie gleich, da auf ihre, noch sprossenden Blüthen
- Sengender Mehlthau fiel, hinschwand die zarte Gestalt nun,
- Nahe dem Leidensziel', in des Lebens herber Vollendung:
- Denn nicht ahnte sie noch in der Stund' entsetzlicher Trennung
- Von Toledo, die größere Qual: dem Kranken nicht ungleich,
- Der in des Fiebers Gluth, von Schreckgebilden umgeben,
- Noch die Schmerzen nicht ahnt, die bald, nach der Wiederbesinnung,
- Seinen, vom Fieber entfesselten Leib empfindlicher stacheln.
- Erst in Draguts Gewalt, des Wüthrichs, gewahrte sie, bebend,
- Fülle der Schmach, wo seine, nach ihr verlangenden Augen
- Sprachen, sein Mund ihr rief: sie werde, des Kindes genesend,
- Lagersgenossinn ihm seyn. Da schwand ihr plötzlich der Hoffnung
- Letzter, leitender Stern vom graunumnachteten Himmel;
- Furchtbar gähnte vor ihr der Abgrund; schauderergriffen,
- Bebte sie matt und matter zurück, und Ströme von Thränen
- Kühlten das brennende Weh' in ihrer zerrissenen Brust nicht.
-
- Hugo, der Treue, gewahrt', und hörte den Jammer Mathildens.
- Völlig war ihm gebrochen das Herz vor lastender Wehmuth;
- Dennoch log sein Greisengesicht stets heiteren Trost noch:
- Daß nicht dem wankenden Stamm die einzige Stütze geraubt sey;
- Doch als nun der Kaiser mit Heeresmacht vor Goletta
- Stand, den Regulus ihm als Retter verheißen: da schien ihm
- Blauer die Luft, die Sonne viel glänzender, grüner das Erdrund;
- Da durchzuckt' ihm das Herz der Freude verjüngendes Feuer,
- Und er stürzte herein, und rief der Dulderinn also:
- »Segen mit dir! Erheitere schnell dein trauerndes Antlitz:
- Draußen am Strand erschien der Christen unendliche Heersmacht,
- Hairaddins Frevelgewalt zu vernichten im Kampf der Entscheidung,
- Und wo Siegsruhm winkt, auf dem Felde der Ehre, da sollten
- Wälschlands Helden nicht seyn? Nicht mit ihnen der edle Toledo?
- Hört' ich es -- hört' ich es nicht: er sey zugegen? Er ist es.
- Himmlische Wort', o möchten sie Muth und freudige Hoffnung
- Wecken in deiner Brust! Dem Jammer mußte sein Ziel steh'n;
- Kränze des Sieg's reicht euch, erbarmend, die ewige Vorsicht
- Nun am Ziel, in der Wonne der seligen Wiedervereinung.«
- Staunend erst, dann zürnend vernahm Mathilde des Greises
- Jubelnde Worte. Sie wähnte betrübt: unwürdigen Scherz nur
- Sinne der Greis; doch jetzt entzückenstrahlende Wahrheit
- Schauend in seinem Gesicht, ergriff sie vernichtender Schrecken.
- Bleich entfuhr sie dem Stuhl, ihr bebten geöffnet die Lippen,
- Wankte näher, und stand, und hielt den pochenden Busen,
- Aechzend; wankte zurück, und starrte durch quellende Zähren.
- »Wie, und du weinst?« sprach Hugo erstaunt, »das gönnt' ich dir endlich:
- Denn oft stillet die Thrän' unendliches Weh' in dem Herzen;
- Aber nicht Thränen der Freud' ersieht mein Aug' in den deinen,
- Die es zu sehen gehofft, und ach, vergeblich gehofft hat!«
- Und sie begann: »Nicht Thränen der Freud' erblickst du für jetzt noch,
- Redlicher; doch versiegen wird nun jene des Kummers!
- Nein, ich weine nicht mehr: denn soll ich den Ewiggeliebten
- Wiederseh'n, o, dann, dann werden die heißesten Wünsch' all'
- Mir in dem einen gewährt: daß ich sterb' an dem Herzen Toledo's!«
- »Ach,« so schluchzte der Greis, »den Tod ersehntest du jetzo?
- Heimwärts schiffet ihr bald, und spät im grauenden Alter
- Schlummert ihr beide beglückt zum schöneren Leben hinüber!«
- Aber sie schüttelt' ihr Haupt, und begann in sinnender Schwermuth:
- »Wie die unschuldige Taube, verscheucht, und im Fluge gemordet
- Von dem schmetternden Blei, ihr Nestchen verödet zurückließ:
- So aus der öden Brust entfloh mir die Hoffnung für immer;
- Nie kehrt sie mehr zurück. Des Ewigen Wille geschehe!«
- Und noch hellere Fluth entstürzte den Augen Mathildens.
-
- Jetzt ertönte Geräusch, und Dragut, der Schreckliche, stürmte
- Hastig herein: sie erbebte vor ihm, und wandte sich seitwärts.
- Häßlicher noch von der Wund' im Gesicht', die gestern Toledo
- Ihm versetzte, begann er vor ihr mit grimmigem Lächeln:
- »Thränen umhüllen dein Aug', nun dir der zärtliche Gatte
- Nah' ist? Die Schulter durchrannt' ich ihm, kämpfend, erst; von dem
- Nacken
- Hätt' ich gehauen sein Haupt, und dir vor die Füße geworfen;
- Wär' er nicht feig entfloh'n vor dieser gefürchteten Rechten.«
- Flammende Röth' umzog die Lilienwangen der Edlen,
- Und sie erhob die, sonst zur Erde gehefteten Augen
- Ob des schmähenden Wort's nun stolz, und voll kühner Verachtung
- Gegen den Wüthrich, und schwieg. Da sprach er von neuem ergrimmter:
- »Wähn't ihr thöricht im Geist: wir sollen erliegen im Schlachtfeld
- Euerem Volk? Welch eiteler Wahn! Und sollt' es geschehen,
- Dann, ich schwör' es zu Gott und dem großen Propheten, erwürg' ich
- Dich mit eigener Hand, eh' dich dein Gatte mir raube!«
- Also droht' er, und ging. Mathilde erforschte den Treuen,
- Aengstlichen Blicks; sie rang die Händ', und sagte vergehend:
- »Seine Schulter durchrannt von Draguts tödlichem Eisen?
- Weh', er starb: nicht an seiner Brust verhauch' ich das Leben!«
- Hugo spähet' umher, und sagte mit leiserer Stimme:
- »Traue dem Lügner doch nicht. Toledo's blitzendem Degen
- Wär' er genaht, und lebete noch? Bald leuchtet der Vollmond
- Dir auf dem nächtlichen Pfad zur Felsenhöhle des Waldes.
- Staune nicht so: das Schiffchen harrt, und trägt dich, errettend,
- Ueber den See, Toledo's geöffneten Armen entgegen.«
- »Hugo, und du,« sprach jene bewegt, »willst du mich verlassen?«
- Unstät irrte sein Blick umher, dann sprach er im Abgeh'n:
- »Lauern des Wüthrichs Späher nicht auf? Nur diese zu täuschen,
- Harr' ich des Morgens noch, und werde dir, Gütige, folgen.«
- Sagt' es, und ging voll Hast, als drängten ihn wichtige Sorgen;
- Aber sie stand, und bebte: sie hatte den Treuen errathen.
-
- Drüben im Lager vernahm der Kaiser von Alba mit Staunen
- Hairaddins Trotz: wie er ihm auf Tod und Leben den Kampf both.
- Ernst umwölkte sein Aug', und jetzt, erhebend den Degen,
- Hieß er beginnen den Sturm, von den Wällen umher, auf Goletta.
- Sieh', als wären der Hölle zugleich entronnen die Schrecken
- All', so wüthete Lärm und Getös' um die Veste! Der Wurfschütz'
- Rührte des Brändchens Rohr mit der Lunt': im bläulichen Rauch flog
- Flamm' empor; zurück, dann eilender wieder zur Stelle
- Rollte der eherne Schlund, und warf durch Feuer und Flammen,
- Donnernd, im Bogenwurf die Kugel zur Veste hinüber.
- So von den Schanzen, und so von dem Meer hinsausten die Kugeln;
- Aber nicht minder zurück von dem Wall der trotzenden Festung
- Sausten sie hin und daher, voll Grau'ns: denn hoch in des Himmels
- Bläulichem Zelt durchkreuzten sich oft die feindlichen; bebend
- Drönte die Erd' umher, und laut aufheulte der Luftraum.
-
- Herrschend mit Allmacht saß die goldenstrahlende Sonne
- Nun auf ihrem mittäglichen Thron, und schleuderte rastlos
- Glühende Pfeil' auf Afrika's Sandgefilde herunter.
- Nicht die befiederten Sänger der Luft, nicht das zahmere Hausthier,
- Noch das Gewild, belebten die Welt; sie suchten des Hofraums
- Schatten, die Nacht der Höhl', und des säuselnden Waldes Umlaubung.
- Auch der Städter zugleich, und der niedrigen Hütte Bewohner
- Schlummerte sorglos jetzt in der Kühle der dunkelen Kammer.
- Aber nicht weht' in des Lagers Raum erfreuende Kühlung,
- Wo das luftige Zelt nicht schirmte den lechzenden Krieger
- Gegen den glühenden Hauch des Tag's, und nirgend ein Bäumchen,
- Nirgend ein Strauch ihm both die Zweige zum schattenden Obdach.
- Schweraufathmend und träg', umwandelten dort auf dem Walle,
- Und den Graben entlang, die Wachen; des blanken Gewehrs Last,
- Sonst dem Krieger ein Spiel, lähmt' ihm den Arm und die Schulter.
- Düster blickte sein Aug' aus den halbgeschlossenen Liedern
- Hinter dem glühenden Helm hervor; in gewichtigen Tropfen
- Rann ihm der Schweiß von der schmerzgefalteten Stirne herunter,
- Und die schmachtende Zung' erstarrt' an dem trockenen Gaumen.
- Deutschlands Söhne, vor allen zuerst, entnervte der Sonne
- Sengender Strahl: sie wähnten sich all' in der Fremde verloren.
- D'rum rief Siegmar jetzt, der Hesse, zu Walther dem Bayer:
- »Welch ein Geschick ereilt uns hier in dem Lande des Fluches:
- Wären wir nie ihm genaht! O Deutschland, edele Heimath,
- Schön vor jeglichem Land, das rings im kreisenden Umschwung
- Irgend die Sonne bescheint! Den Deutschen, der dich nicht ehrte --
- Liebte vor jeglichem, ha, den treffe nur Schmach und Verachtung!
- Siehe, wie lästig dahier der ewigheitere Himmel
- Lächelt, und o wie entzückt mich dort des stürmischen Winters
- Ernste Stirn', umhüllt von schneebelasteten Wolken:
- Denn sie entschütteln die Last, und ringsum schimmert die Gegend
- Hell bei Tag und bei Nacht, im Sterngefunkel und Mondglanz.
- Eisern faßt mich am Morgen sein Hauch, und unter den Sohlen
- Knarrt der Schnee; mein Odem wallt, gleich Nebeln, um mich her.
- Bald ergreift mich die Lust, mit höherer Gluth auf den Wangen,
- Hinzugleiten auf spiegelndem Eis, das unter den Schlittschuh'n
- Ehern tönt; bald spann' ich mit Freuden das schellenbekränzte,
- Dampfende Roß an den Schlitten, und flieg' in dem windenden Thal hin
- So, daß das frohe Geklingel umher von den Bergen zurückhallt;
- Doch heimkehrend, erseh' ich, bewegt, wie im rosigen Abend
- Glühen die Berg', und fern' im Gefild vom lastenden Schneedach
- Wirbelt die Säule des Rauchs, der dort mich zu Freuden des Lebens
- Ladet im Kreise der Lieben, beim herzerheiternden Festmahl.
- Deutschland, edeles Land, stets sollst du vor jedem mir werth seyn!«
- Unmuthvoll ihm sagte darauf der mürrische Walther:
- »Froh gedenkst du des Schnee's, und der Freuden des eisigen Winters
- Nun; doch kühlest du mir die Gluth der schmachtenden Brust nicht.«
- So besprachen sich dort die tapferen Kriegesgefährten.
- Auch die muthigen Ross' erschlafften des heißeren Mittags
- Glühendem Hauch: sie beugten, und hoben ihr Haupt in die Luft auf,
- Rastlos; suchten, gedrängt im Kreis', des eigenen Schattens
- Kühl', und stampften, und scheuchten, gequält, die lästigen Fliegen
- Sich mit dem tönenden Schweif, von der Seit' und dem zuckenden Bauch
- fort;
- Aber nur gieriger summten sie auf, und kehrten erboßter.
-
- Muhamed sah vom Gewölk, wie Salek, der listige Feldherr,
- Ordnend den Hinterhalt, von Goletta herüber im Hohlweg
- Mächtige Scharen barg, und mit tausend numidischen Reitern,
- Spähend den Wald entlang, herzog dem Feinde zum Unheil.
- Jetzt auf dem Wall erblickend die Wache besorgenden Christen,
- Hemmt' er, vor Angst erbebend, den Zug, und wäre geflohen.
- Doch, wie die lauernde Spinne hervor aus dem Winkel am Fenster
- Dorthin fleugt, wo im schwebenden Netze die Fliege, gefangen,
- Nun vergeblich sich müht zu entkommen den klebrigen Fäden:
- Denn sie ergeußt der Bande noch mehr, sie ganz zu umspinnen:
- Muhamed stürzete so zu Salek herunter, und nimmer
- Konnt' er entflieh'n, bethört von des Geistes verderbenden Worten.
- »Salek,« so rief er ihm zu, »die Söhne der Fremde besiegte
- Frühe schon Hitz' und Durst; erkämpfe den leichteren Sieg dir
- Heut' in dem furchtbar'n Hinterhalt! Du lockest des Feindes
- Tapferen Hort, der dort umwandelt in sinnender Schwermuth,
- Durch verstellete Flucht in des Hohlwegs tödliche Falle.«
- Also der Geist. Da flog, gehorchend, der Zögernde vorwärts.
- Sarno war's, der hoch auf dem Wall', in sinnender Schwermuth
- Wandelte. Jetzt, aufqualmenden Staub in der Ferne gewahrend --
- Hörend der Pferde Getrab, entriß er der Scheide den Degen
- Halb, und stand, und harrte der Kommenden; aber voll Unmuths
- Drängt' er den Stahl in die Scheide zurück: denn viel zu gering' ihm
- Dünkte des Feindes Macht, und rief zu Belindo, dem Hauptmann:
- »Eile den Frechen dort mit hundert erlesenen Kriegern
- Muthig entgegen; sie flieh'n vor eurem zermalmenden Blick schon.«
- Jetzt, wie im dunkeln Forst der leis'auftretende Weidmann,
- Schauend die weidende Schar der Hirsch' auf den blumigen Matten,
- Die, an der Schnur gekoppelten Hund', entledigend, vortreibt:
- Diese entfahren mit lautem Gebell dem felsigen Abhang,
- Jene erheben ihr ästiges Haupt, und fliehen geschreckt fort:
- So, von Belindo geführt, entfuhren die tapferen Krieger,
- Brausend, dem Wall', und streckten mit mordenden Feuergewehren
- Aus der fliehenden Schar wohl dreißig, getödtet, zu Boden.
- Bald entschwanden sie all', und jauchzend kehrten die Sieger.
- Aber nicht lange, da kam, von mächtigen Scharen umgeben,
- Salek zurück, und rief die höhnenden Worte herüber:
- »Traun, nicht unhold ist's, dort hinter den schirmenden Wällen
- Ruhig im Mittagsschlaf die faulen Glieder zu dehnen;
- Hinter gethürmetem Bollwerk sucht der feigere Krieger
- Gerne sein Heil -- der tapfere Mann in dem eigenen Muth nur!
- Kommt, wir sandten die Reiter zurück, vor welchen ihr bebtet;
- Laßt uns in gleicher Zahl versuchen des Kampfes Entscheidung!«
- Sarno schrie ergrimmt: »Fünfhunderte mögen mir folgen!«
- Sagt' es, und stürzte vom Wall' -- ihm folgten die tapferen Krieger.
- Kaum entbrannte der Kampf; nur sparsam benetzte den Sand erst
- Maurisches Blut: da floh'n, ablenkend, die listigen Scharen
- Vom Olivengehölz zu dem trugverbergenden Hohlweg.
- Rastlos wüthete Sarno's Schwert dem Feind in dem Rücken,
- Und er häuft' ergrimmt die Leichen: dem Schnitter nicht ungleich,
- Der mit dem blinkenden Stahl die Garben häuft auf dem Saatfeld;
- Doch, da stürmte vom Walde heran, von Goletta herüber,
- Und aus den Tiefen herauf des schlauverborgenen Feindes
- Wimmelnde Meng' auf Sarno: er stand, und es bebt' ihm das Herz nicht,
- Das nur Schlachten ersehnt, und Gefahren des Todes gewollt hat.
-
- Salek kam, wie ein Hagelgewölk im brausenden Sturmflug,
- Näher mit seinem Volk. Nie hatt' ihn das feurige Streitroß
- Also getragen: so schnell, so wild empört, und vor Ingrimm
- Schnaubend. Muhamed war's, der jetzt mit seinen Erwählten
- Jeglichen Reiters Pferd durch schreckende Gaukelgestalten
- Vorwärts trieb: denn solches vermögen die luftigen Geister.
- Salek ersah das Weiß' im dräuenden Auge des Gegners
- Schon, und riß sein wüthendes Roß zurück mit dem Zügel:
- Aechzend bäumt' es sich auf, und bog, umlenkend im Sandstaub,
- Gegen Sarno die Brust, der, eh' es den vorderen Huf noch
- Senkte, den blinkenden Stahl ihm tief in die Weiche des Bauches
- Stieß, daß es laut hinkracht' im Fall, und den Reiter herabwarf.
- Salek raffte sich auf, und schwang den blitzenden Säbel
- Ueber des Gegners Haupt; doch, ehe der tödliche Streich fiel,
- Bohrt' er auch ihm den rauchenden Stahl mit der nervigen Rechten
- Fest in die Brust. Sein Auge brach; die geöffneten Lippen
- Bebten ihm; bleich im Tod hinsank er, und regte sich nimmer.
-
- Muhamed floh, und ihm heulte, bestürzt, sein luftiges Volk nach.
- Auch erstarrten die Mauren vor Angst: den sterbenden Feldherrn
- Schauend in seinem Blut; doch bald erwachte des Mordens
- Wüthende Gier in allen zugleich; sie schrie'n zu dem Himmel
- Fluch und Verwünschungen auf, und umbrausten den Sieger. Nicht anders,
- Wenn der Jäger im Hain, todsinnend dem kleinen Gevögel,
- Einen stattlichen Uhu mit List an den ragenden Lockbaum
- Aufstellt, wüthen die Vögel um ihn, und kreischen, und schreien,
- Rach'erfüllt: denn oft raubt' er im nächtlichen Dunkel,
- Von dem belaubten Zweig die Entschlummerten, oft aus der Felskluft;
- Aber er schaut, aus großen, der Sonn' erblindeten Augen,
- Ruhig umher, und scheuchet die furchtsamen hin und herüber:
- Also umdrängten auch hier den edeln Sarno die Gegner,
- Rache schnaubend, und links, und rechts sank Reiter und Fußvolk,
- Das ihm genaht. Auch kämpften um ihn die treuen Gefährten,
- Heldenmüthigen Sinns, und tilgten die feindlichen Haufen.
- Jetzt an des Todes grimmigem Fest, umhügelt von Leichen,
- Triefend von Schweiß und Blut, erwachte die Liebe des Lebens
- Mächtig in seiner Brust. Er wollte sich fechtend zurückzieh'n,
- Da er im rühmlichen Kampf, hier weichend der schrecklichen Mehrzahl
- Nur, so dacht' er, bewies: ihn schmäht' einst Guasto mit Unrecht.
- Sieh', und als er das Volk in dem Rückzug ordnend, sich wandte,
- Und verrätherisch sich vom Helm' der glänzende Harnisch
- Sonderte, da durchfuhr mit schmetterndem Schlage die Kugel
- Ihm das Genick; er sank, und röchelte sterbend am Boden!
- Feindliches Jauchzen erscholl, und es droht' ihm entsetzlicher Frevel;
- Aber Belindo sprang vor ihn hin, und rief den Gefährten:
- »Ewige Schande für euch, laßt ihr die Leiche des Helden,
- Feiggesinnet, dem Feind' zum Gespött' und frevelnden Unfug.«
- Schon umstürmt' ihn der Feind; doch so wie die säugende Bärinn
- Sich vor der Höhl' aufstellt, wenn rings die grimmigen Rüden
- Von dem Jäger gehetzt, ihr nah'n, und immer zurückschaut,
- Immer den nächsten erhascht, und mit furchtbarrüstigen Klauen
- Ihn umklammernd zerreißt, daß heulend die andern entfliehen:
- Also hielt er die tobende Schar von der Leiche des Feldherrn,
- Fechtend, zurück, bis zween, an Kraft gepriesene Krieger,
- Ihn, zur Erde gebückt, auf die Schultern erhoben, und heimwärts
- Trugen voll Eil' und Hast, nach den trefflich geschirmeten Wällen.
- Ihnen folgten am Fuß die schnellverwaisten Gefährten --
- Auch von Belindo verwaist: denn ach, unzählige Lanzen
- Wühlten in seiner gewaltigen Brust, und, vom Rumpfe gehauen,
- Sollte sein edeles Haupt zur Schau dem gaffenden Volk seyn!
- Aber die Christen floh'n nicht feig' und in wilder Verwirrung:
- Denn sie wendeten oft die trotzige Stirne dem Gegner,
- Feuernd aus schmetterndem Rohr, entgegen. Da brausten die Scharen
- Wieder zurücke mit lautem Geschrei: wie die Hunde des Schäfers,
- Die den muthigen Stier mit Gebell verfolgen im Blachfeld,
- Heulend entflieh'n, so oft er, gesenkt, die furchtbaren Hörner
- Gegen sie wendet, und brüllt, und Sand aufschleudert zum Himmel.
-
- Jetzt ersah'n vom Wall die wachebesorgenden Krieger
- Unheilkündenden Staub; dann näher die flüchtigen Scharen
- Ihres Volks, von dem Feinde gedrängt; sie hörten vernehmbar
- Kampfesgetös' -- o Jammer, sie sah'n und erkannten den Todten!
- All' entfuhren zugleich dem Wall, den theuren Gefährten
- Rettend zu nah'n, und es bebte der Feind den Dräuenden. Alsbald
- Wandt' er den Rücken, und floh nach Goletta's Mauern hinüber.
- Schweigend nahten die Krieger dem Wall. Zur Erde geheftet
- Starrete jegliches Aug': es blickte zuweilen mit Angst nur
- Nach dem Entseeleten hin, und goß dann hellere Tropfen
- Ueber die bebende Wang', auf die bärtige Lippe herunter.
-
- Doch vor seinem Gezelt, auf zwölf, untadligen Schilden
- Lag er jetzt mit der Fahne des Ruhms, die er einst vor Pavia's
- Mauern errang, wo Frankreichs Stolz dem siegenden Kaiser
- Huldigte. Dort sollt' ihm ein Ehrenmaal sich erheben:
- Denn sie erhöhten den Schaft hochragender Speere: zum Haupt hin
- Zween, und zween zu den Füßen, gebohrt in den Rasen, im Viereck;
- Hingen zum Wappenschild gewehrdurchkreuzende Degen,
- Schimmernde Panzer und Helm', in der Mitte des ragenden Speers auf;
- Kehreten dann g'en Mitternacht, und kehrten zum Mittag,
- Auch zum Auf- und zum Niedergang des ehrnen Geschützes
- Dräuende Mündung hinaus. Er lag, das Antlitz zum Himmel
- Wendend; die Linke bedeckte die Brust, und den tapferen Degen
- Hielt die Rechte umfaßt, noch wie zu dem Kampfe gerüstet.
- Rings umstand ihn das Volk. Ein Tapferer rühmte mit Thränen
- Allen umher den Heldenmuth des edelsten Führers,
- Als Amino gesprungen kam, der treffliche Spürer
- Hochgewilds: sein Liebling, ihm treu, und ergeben, und wachsam.
- Winselnd roch er das bleiche Gesicht und die schneeige Hand ihm;
- Sah zu den staunenden Kriegern empor, und heulte dann laut auf,
- Und von neuem begann Wehklag' um den edelsten Feldherrn.
-
-
-
-
- Achter Gesang.
-
-
- Stets erschütternder scholl ob Sarno's Tod in dem Lager
- Lärm aufjammernden Volks: denn erst nur ein leises Geflister,
- Dann der Rache Geschrei flog schnell vom Zelt zum Gezelt hin
- Brausend. Wie der nahende Sturm das Laub in dem Hochwald
- Erst nur leise bewegt; dann bald, empörteren Grimmes,
- Schüttelt, und wüthender, Zweig' auf Zweig', und Wipfel auf Wipfel
- Schleudert, daß zwei, zur Reise gesellt, hineilende Wand'rer,
- In dem Gebraus', auch schreiend, nicht hören das eigene Wort mehr:
- Also erscholl Wehklag' und Lärm umher in dem Lager,
- Bis er erreichte des Herrschers Ohr, der, stehend am Eingang
- Seines Gezelts, dem nahenden Guasto voll Ungeduld zurief:
- »Haben die Feinde gesiegt? Uns irgend Verderben bereitet?«
- »Unser die Schuld!« sprach jener. »Vom Feind, in die Falle gelockt,
- starb
- Sarno den selbsterkorenen Tod; der tapfersten Krieger
- Fünfzig fielen mit ihm; Verwundete zählen wir hundert.«
- Und er kehrte zurück mit trauerndem Herzen. Des Helden
- Jammergeschick, den er im eifernden Zorne der Feigheit
- Zieh, schmolz nun sein starrendes Herz, und ihm thauten die Wimpern.
- Aber der Kaiser schwang sich rasch in den Sattel, und jagte
- Brausend zur Schanze hinaus, wo Sarno erhöht auf dem Schildbett
- Lag. Nicht erkühnte sich jetzt sein Volk, das, trauererfüllet,
- Ihn umgab, zum Herrscher den düsteren Blick zu erheben:
- Denn es erbebte der Schmach, den Lorber verwelket zu schauen,
- Der ihm die Fahn' umwand zum Lohn errungenen Sieges.
- Innig bewegt ersah der edelste Kaiser des Volkes
- Trauer; er lächelte mild, und rief mit ermunternden Blicken:
- »Wandelbar ist der Schlachten Geschick. Wer schildert den Unhold,
- Der es beherrscht, und oft von dem früheren Günstling das Antlitz,
- Schön und furchtbar zugleich, zu dem Letzterkorenen wendet?
- Aber ihn halte der muthige nur mit eisernen Sehnen
- Fest: er kehrt, und jauchzt mit donnerndem Schlund ihm den Sieg zu.
- Soll euch schmäh'n der Tapf're, daß ihr, gedrängt von der Mehrzahl,
- Und des Gebiethers beraubt, mit zögerndem Schritte gewichen?
- Ferne sey's! Doch jetzt versenket die Leiche des Feldherrn
- Schnell in das Grab; verhüllt es mit grünenden Zweigen und häuft dann
- Erde darauf, bis wir ihm erhöh'n ein dauerndes Denkmaal.«
- Eiliger ritt er zurück: da priesen die Krieger des Kaisers
- Unbegrenzete Huld, der statt verwundenden Tadels
- Worte des Trostes sprach, und den Tapferen Ehre gewährte.
- Und sie bestellten die Leich' alsbald, dem Herrscher gehorchend.
-
- Aber es wüthete fort und fort des schweren Geschützes
- Donnernde Macht um Goletta: denn bald von den kreisenden Schanzen,
- Bald von dem wogenden Meer hinsausten die Bomben und Kugeln,
- Und nicht minder zurück von den Wällen der trotzenden Festung
- Sausten im Donnersturm die schrecklichen her nach den beiden.
- Stets verderbender warf die Macht der entsetzlichen Mörser
- Mauern und Schanzen in Schutt, und häufte zermalmend die Leichen.
- Dort in dem grausen Getös' umhagelnder Donnergeschosse
- Sprengte der Kaiser den Wall entlang, und erweckte die Völker,
- Ruh'ausstrahlenden Blick's, zu freudigem Muth in Gefahren.
- D'rauf, zu Guasto gekehrt, aufboth er ihn, scheidend, noch also:
- »Sieh', bald dämmert die Nacht: dann strebe, noch ehe der Vollmond
- Ueber die schlummernde Welt sein Strahlenantlitz heraufhebt,
- Durch Laufgräben[50] und Schanzenbau Goletta zu nahen,
- Daß sie uns neige das Haupt, erstürmt am kommenden Morgen!«
- Sieh', und als er jetzt zu dem Grab, das eben die Krieger
- Sarno erhöheten, kam, da däucht' ihn: ein Stöhnen und Aechzen
- Komm' aus dem schattenden Laub! Er sprang aus den stählernen Bügeln,
- Innigbewegt: denn einen verwundeten Krieger zu schauen,
- Wähnt' er, und, ach, ihm kroch, aufheulend, der treue Amino
- Sarno's entgegen, und leckt' ihm die Hand! Er streichelt' ihm freundlich
- Rücken und Haupt, und lockt' ihn fort, enteilend, und kehrend;
- Doch er schleppte sich langsam zurück, und senkt' auf die Pfoten
- Hin sein müdes Haupt; dann winselt' er sterbend am Grab noch
- Seines getödteten Herrn. Heiß rann an den Wangen des Kaisers
- Jetzo die Thräne herab; er kehrte beklommen in's Lager.
-
- Abendlich zitterten schon die riesigen Schatten der Krieger
- Auf dem glühenden Sand; schon hauchte die schimmernde Meersfluth
- Kühlere Luft, und es blickte die scheidende Sonne noch einmal
- Ueber der Flammenbahn endloser Fluthen herüber --
- Nickt', und sank in ihr Wogenbett im rosigen Westen.
- Aber sie hauchte noch lang, mit sanftverglühendem Antlitz,
- Purpurröthlichen Duft nach Osten: des kommenden Morgens
- Heitre verkündend, und, sieh', in langen Zügen der Hochlust,
- Sog ein jeglicher Mann im Heere die liebliche Kühlung
- Ein, und jubelte laut: denn schnell versiegte der Schweiß ihm
- Jetzt an seinen, vom Abendwind umsäuselten Gliedern!
- Diese besorgten das Mahl, unzählige Flammen empörend;
- Jene gruben die blitznachahmenden Weg' in dem Zickzack,
- Sonst Laufgräben genannt, die Erde zur schirmenden Brustwehr
- Gegen die Vest' aufdämmend, und dort, dem Ziele genahet,
- Gruben sie auch die Schanzen umher, und führten Geschütz ein.
- Furchtbarer drönte die Erd'; aufheulte der flammende Luftkreis:
- Denn von neuem begann der vestenzertrümmernde Donner.
-
- Jetzt umhüllte die Nacht mit dunkelem Schleier die Gegend:
- Jene, so langersehnete Nacht, des lieblichen Vollmonds
- Stille Verkündigerinn, die jüngst, mit der Freiheit, Mathilden
- Himmelswonne verhieß, und, ach, voll Jammers dahinschwand!
- Sieh', in dem schattenden Laubengang des zierlichen Gartens,
- Der an des See's Gestad', von thürmenden Mauern umfangen,
- Lag, lustwandelte sie in des Abends heiliger Stille
- Täglich umher! Sie erzählete dort lautweinend den Bäumen
- All ihr Wehe: sie säuselten Trost, und den Blumen ihr Unglück:
- Ihr erglänzte die Zähr' aus dem duftenden Kelch, und ihr Wehruf
- Scholl, dem klagenden Laut der Nachtigall ähnlich im Lenzmond.
- Keiner der Männer betrat, die Straf' urplötzlichen Todes
- Scheuend, den Laubengang am dämmernden Abend; nur Hugo
- Durfte der Einsamen nah'n, dem Dragut vertraute vor allen.
- Aber es hatt' erst jüngst ein Fischer die dürftige Hütte
- Nahe der furchtbar'n Mauer erbaut aus duftendem Schilfrohr;
- Zog im Grauen der Nacht das weitumschwimmende Fangnetz
- Nach dem gleitenden Kahn, und both den kärglichen Vorrath
- Morgens, am Strande des See's dann feil, laut rufend, und rühmend.
- Nicht verdächtig erschien dort Kurd, der trauernde Fremdling.
- Emsig trocknet' er heute sein Netz am heimlichen Pförtchen,
- Das im dunkeln Gebüsch, in der Mauer der spähende Hugo
- Fand, und harrte mit Angst der Stunde der Flucht und Errettung;
- Doch von dem Minaret verkündete jetzt die ersehnte,
- Heiseren Ruf's, der finstere, stundausrufende Iman.
- Heftig bebte Mathild', als Hugo's eilender Fußtritt
- Näher erscholl. »Was pocht dieß trauernde Herz so gewaltig?«
- Sprach sie, und hielt sich die Brust, und schritt nun hin- und herüber
- Eilend, als sollte sie flieh'n. Dann rief ihr flehender Blick noch:
- »Lass' an des Gatten Brust es brechen, o ewige Vorsicht!«
- Hugo ergriff Mathilden am Arm, und führte sie schweigend
- Durch verschlung'nes Gesträuch zu dem leis'eröffneten Pförtchen,
- Sank auf die Knie', und drückte mit langem, mit innigem Kusse,
- Seinen Mund auf den Saum von ihrem wehenden Kleid noch.
- Aber sie stand todbleich, und faßte mit zitternden Händen
- Hugo's grauendes Haupt, und weint', und konnte nicht sprechen.
- Nun geboth er die Flucht, und eilte zurück in den Hofraum:
- Keiner gewahrte die Thrän' an seinen zuckenden Wangen.
-
- Siehe, der Vollmond hob sein silbernstrahlendes Antlitz
- Eben in Osten herauf, als Dragut zur eiligen Heimkehr
- Spornte sein schnaubendes Roß; im Klirren des Waffengeschmeides
- Sprang er vom Sattel, und schrie, daß rings erbebten die Hallen:
- »Hugo, weilt die Gebietherinn noch lustwandelnd im Schatten?
- Wehe dir, thörichter Arzt, wenn, kühlumschwärmend, des Lüftchens
- Hauch ihr Leiden erregt, und nagender Gram mir zu Theil wird!«
- Schweigend winkt' ihm der Greis, und lang' umirrend, mit Absicht,
- Durch des laubigen Hains verschlungene Pfade, nur spät erst,
- Kam er zum Pförtchen im Busch, und sprach: »Die erbarmende Vorsicht
- Zeigte den Ausweg mir zur Rettung der edelsten Gattinn
- Meines Gebiethers: sie floh im gleitenden Kahn, und Toledo
- Trägt auf den Armen sie heim, wo im seligen Bunde der Herzen
- Sie vergesse des Raubs, und der schrecklichen Nähe des Räubers.
- Wüthe nach Willkühr jetzt: hier liegt dein williges Opfer.«
- Sagt' es, und both, auf beide Kniee gesunken, das Haupt ihm
- Lächelnd zum Tode dar. Im himmlischen Siege der Großmuth
- Schwelgte sein edeles Herz auf jener geheiligten Stelle,
- Wo er des scheidenden Engels Kleid an die Lippen gepreßt hielt.
- Leblos stand, und starrt', an jeglicher Miene verzerret,
- Dragut nach Hugo hinab; nur langsam löste der Wuthkrampf
- Seiner Glieder sich auf: sie bebten, vernehmlich den Ohren,
- Und das Knirschen der Zähn' erscholl in dem Laubengewölb' dort.
- Endlich begann er -- nicht mit des Zorns zermalmenden Lauten,
- Dennoch schrecklicher: kalt, und grimmig, so vor dem Alten:
- »Elender, wie, durch Draguts Hände zu sterben, verlangst du?
- Keiner ersann noch den Tod, der dir, Verruchter, zu Theil wird!«
- Schnaubend floh er von ihm; bald klirrten die lastenden Ketten
- Näher. Mit lächelndem Blick darboth er den Knechten des Wüthrichs,
- Die ihm nur schüchtern genaht, die Händ' und die Füße zur Fess'lung,
- Und sie schleppten ihn fort in die Todeshöhlen der Hochburg.
-
- Aber die sanfte Dulderinn lag im eilenden Fahrzeug
- Dicht mit Netzen verhüllt, und starrte hinauf in des Vollmonds
- Liebliche Helle: der Gegenwart zermalmende Leiden
- Schwanden vor ihrem Blick. Wie, fern verschlagen, der Schiffer
- Freudig den Hafen schaut durch schwindende Nebel des Morgens,
- Sah sie entzückt des Friedens Gefild', und hörte mit Wonne
- Sanft verhallen im Sternenzelt Harmonieen des Himmels.
- Jetzt, entronnen des Wüthrichs Macht, am felsigen Ufer
- Landend, hob sie sich auf aus der Tiefe des schwankenden Kahnes.
- Kurd erschrack: denn ein' Unsterbliche wähnt' er zu schauen:
- Also erhaben an Huld ihn dünkte die Gattinn Toledo's.
- Doch an der schroffen Bahn aufwärts zur Höhle der Felswand
- Klimmend, ruhte sie oft, gestützt auf den redlichen Führer,
- Der mit heiliger Scheu an der Seite der Hehren emporstieg.
- »Hier,« so sprach er, »im stillen Schooß der räumigen Felskluft,
- Mögest du ruh'n; bald kommt, auf Flügeln der Liebe getragen,
- Dein erlauchter Gemahl; du folgst ihm zur Wonne der Zukunft.«
- Aber die Augen, von Thränen schwer, erhob sie noch einmal,
- Dankend, zum Himmel, und stieg in die schaurige Höhle hinunter.
- Jener häufte den Schutt und die Felsentrümmer mit Vorsicht
- Auf an dem gähnenden Schlund, und bog das Laub mit den Zweigen
- Ueber ihn hin, daß kein umspähendes Aug' ihn gewahre.
- D'rauf durchflog er im eilenden Lauf des schauernden Oehlwalds
- Schattenpfad, und kam Toledo die Rettung zu künden.
-
- Nicht erfreute die Nacht mit holdem Schlummer die Augen
- Hairaddins jetzt, und schon lange nicht mehr: des nahenden Kampfes
- Grau'n umschwebte sein Haupt, wie donnerschwangere Wolken
- Schwimmen des Alpbergs Höh'n umher. Auf schwellenden Pfühlen
- Saß er, und starrt' in die leuchtende Flamme, welch' in dem Prunksaal,
- Duftend von Rosenöhl aus der goldenen Lampe sich aufhob.
- Muhamed war ihm genaht, und sucht' ihm Muth und Vertrauen
- Einzuhauchen -- umsonst! Er dachte des falschen Numiden
- Schlangenlist, den Haß des Mauren, des Arabers Feigheit,
- Und die erlesene Schar, so klein im Gedränge der Feldschlacht,
- Wenn nicht Hülfe erschien, die er jüngst entbothen aus Algier.
- Aber der stürmische Geist entschwebte dem Saal, in der Burg dort
- Memi, des Harems Hort, und Hairaddins Lieblingsverschnittnen
- Suchend. Er saß in der Hall', und ballte mit sinnenden Blicken
- Grimmig die Faust: er wußte nicht, wie zu verscheuchen des Unmuths
- Dauernde Wolkennacht von Hairaddins finsterem Antlitz!
- Als ihn der Geist umflog, da hob sein wehendes Kleid sich
- Ihm an der Brust: er sah im nächtlichen Dunkel der Halle
- Lange, verstört, umher; doch Muhamed schalt ihn ergrimmt so:
- »Wie, nicht Hülfe, nicht Rath ersinnest du, heilloser Schwächling,
- Daß entschwinde der Gram aus der Seele des Völkergebiethers?
- Wurde das _Thor der Wonne_[51] nicht jüngst, vor allen Erwählten,
- Dir zur Sorge vertraut, und schlummern nicht rosige Mägdlein,
- Die der Handelsmann aus Cirkassia's[52] Thälern gesendet,
- Hier in dem Harem, so hold und schön, wie liebliche Houris,
- Die sich Muhamed einst in himmlischen Fluren erträumte,
- Ach, und erwachend, nicht fand? Wem red' ich die Worte vergeblich?
- Gehe, verstümmelter Sclav', und heiße die zartesten Jungfrau'n
- Eilig durch Tänz' und Spiele der bergumschlossenen Heimath,
- Holdem Getöne vereint, erfreuen die Seele des Herrschers!«
- Dem gleich, welcher um Mitternacht vom leuchtenden Blitzstrahl
- Aus dem Schlummer geweckt, in Hast auffährt von dem Lager,
- Fuhr auch Memi vom Stuhl, und, eilig die Pforte des Harems
- Oeffnend, schritt er, die Hallen entlang, zur entlegensten Kammer,
- Wo die erlesenen Drei, auf schwellende Pfühle gesunken,
- Schlummerten; sah, wie dort des Mondes lieblicher Schimmer
- Zart die Holden umfing, die Welle des schneeigen Busens
- Rastlos stieg, und sank; er hörte, hinübergebogen,
- Ihres Odems melodisches Weh'n, und erdrückte, vor Ingrimm
- Aechzend, die Thrän', die empor aus seinem zerrissenen Herzen
- Drang, und im eilenden Lauf' dem trüberen Auge genaht war.
- Jetzo weckt' er sie, sanft an der Schulter berührend, mit leisem,
- Lispelndem Ruf. So folgten sie, die Gefährtinnen scheuend,
- Die, an der Zahl zweihundert, und mehr noch, in räumigen Kammern
- Ruheten: all' erwählt des Herrschers Lüsten zu fröhnen.
- Sclavinnen nur, nicht Frau'n. Nicht im Worte des Heiles geschlossen
- Ward ihr Bund, wo die Einzige treu verharret dem Einen
- Bis in den Tod, und treu die Bürde des Lebens ihm tragen
- Hilft, als Mutter der holdaufblühenden Kinder, als Gattinn,
- Und als Freundinn zugleich, in seliger Einung der Herzen.
- Eilen hieß er sie erst zur badumwölbenden Halle
- Unten im Schooße der Burg. Sie tauchten die reizenden Glieder
- Dort in die liebliche Fluth, und salbten mit duftendem Oel sie.
- Dann aufschloß er mit lächelndem Blick den Schrank in der Mauer,
- Weisend die Pracht der Edelstein' und der festlichen Kleider.
- Freudige Röth' umzog die Wangen der Mädchen, als Memi
- Jetzo das Tuch darboth, gewebt von dem emsigen Hindou
- Aus der Wolle des Baums. So zart und duftig wie Nebel,
- Die in dem Morgenroth umfließen die blühenden Rosen,
- Hüllet' ihr Unterkleid das zarte Geweb', und er both dann,
- Lächelnd, den Gürtel dar, der unter dem schwebenden Busen,
- Schimmernd von Gold, den Leib umfing; den wallenden Kaftan
- Von blaßrother Seide, verbrämt mit bräunlichem Zobel,
- Auch die Saffianschuh', des Hauptes Zierde, den Kalpack,
- Dem des Reihers Gefieder entstieg, und die köstlichen Perlen
- Für den Lilienhals -- für die Ohren Gehänge von Demant.
- Also geschmückt nachfolgten sie jetzt dem winkenden Aga.
-
- Leise die Pfort' eröffnend, und erst mit spähenden Augen,
- Ueber die Schwelle gebeugt, vorschauend, sah er des Herrschers
- Leblosstarrenden Blick. Er drängte die schüchternen Kinder
- Eilender vor: sie nahten mit Angst dem Sinnenden. Memi
- Weckte zugleich auf dem Schrank die flötenbeseelende Kunstuhr,
- Die an dem Strand Amalfi's jüngst erbeutete Dragut,
- Plündernd die fürstliche Burg, und Hairaddin dann zum Geschenk gab.
- Auch stand, Wunder zu schau'n, auf dem Schrank ein goldener Käfich,
- D'rinnen ein Vögelchen saß, ein Hänfling, wie lebend gestaltet.
- Als nun Orgelgetön im Schooße des zierlichen Schrankes
- Weckte die Uhr: da sang das Vögelchen zart, wie im Lenzmond
- Flötet der Hänfling im Busch; die tönende Kehle bewegend,
- Wandt' es den Kopf nun links, nun rechts, und breitete fächelnd
- Oft die Flügelchen aus, und wühlt' in der Brust mit dem Schnabel.
- Weder des Hänflings Sang, noch Getöne der künstlichen Orgel
- Traf nun Hairaddins Ohr: er starrte noch immer vor sich hin;
- Doch, als jetzt, verschlungen im Kreis', die Mädchen ihm nahten,
- Ihm zu erheitern das Herz mit Tänzen der Heimath, und Memi
- Schon aufhüpfte vor Lust: da fuhr er vom Lager, und schrie laut:
- »Fort, ich zertret' euch!« Und sie entfloh'n, wie schüchterne Tauben
- Flieh'n vom Feld, wenn Geiers Geschrei aus den Lüften herabtönt.
-
- Schnaubend ging er umher: ihm scholl von dem fernen Goletta
- Donnergemurmel an's horchende Ohr, und er sandte dann endlich
- Nach Tobukes, nach Abu-Sa-id, und Muhamed Temtes.
- Doch sie nahten im Flug, und bebten der Rede des Herrschers:
- »Führer der Völker, die zu Fuß, und auf feurigen Rossen
- Mächtige Heere zerstreu'n, vernehmt es, was ich gebiethe:
- Ehe des Morgens Dämmerlicht den östlichen Himmel
- Röthet, stürmst du, Tobukes, gewohnt im heimlichen Anfall
- Sieger zu seyn, mit zwanzigtausend Erwählten des Feindes
- Mittlere Schanz', und ich, von den schrecklichen Kriegern umgeben,
- Dringe durch das Olivengehölz, wenn, schimmernd, des Meeres
- Fluthen die Sonn' entsteigt, und dort auch Muhamed Temtes
- Von Goletta heran, zu erstürmen des Lagers Umwallung,
- Während uns Abu-Sa-id, Arabia's treffliche Reiter
- Führend, gleich dem Orkan, dem sinkende Wälder erkrachen,
- Rasch nachdringt, und den fliehenden Feind vernichtet auf einmal.
- Also gewahrt ihr im Sieg den Segen des großen Propheten!«
- Jene, entflammt in der Brust von den Worten des furchtbaren Herrschers,
- Eilten zum Kampf. Entlang Medscherda's Ufern (Bagrada[53]
- Hieß der mächtige Strom in Karthago's verschollenen Tagen)
- Wogten des Arabers bräunliche Zelt' im Hauche des Windes
- Weit umher. Er bauet sein Zelt, dem höckrigen Lastthier
- Gleich an Gestalt, das fort, ein lebendes Schiff, in des Sandmeers
- Wüsten wandelt: ihr Sohn, so fromm und so duldend. Es ruhte
- Noch entschlummert das Volk, und die losgebundenen Rosse
- Weideten frei im Gefild. Doch als nun die ehernen Becken
- Abu-Sa-ids erschollen; als laut ertönte der Schlachtruf:
- Da fuhr jeglicher Mann gerüstet vom Lager, und rief dann
- Vor dem Gezelt sein edeles Roß bei'm Namen. Sie flogen
- Wiehernd herbei, und bothen dem wolligen Sattel den Rücken --
- Bothen die Zunge dem Zaum, und bäumten sich hoch mit dem Reiter.
- Aber Afrika's bräunliche Söhn' erweckte Drometen-
- Schall, und Barda's Höh'n entströmten die lärmenden Scharen,
- Wie im thauenden Lenz von der schimmernden Kuppe der Alpen
- Schneefluth kommt, und laut herrauscht in die Thäler. Sie führte
- Muhamed Temtes zum Kampf, des Fußvolks kühner Gebiether.
- Scheidend senkte der Mond im Westen sein blässeres Antlitz
- Jetzt in Nebelgewölk, und dämmernd erhob sich der Morgen.
- Hairaddin hielt am Olivengehölz mit den Schrecklichen. Allen
- Kam er zuvor, und hieß, des Kampfs wohlkundig, die Schanzen
- Eilig erbau'n auf den Höhn des ragenden Felsengebirges,
- Das Mathilden im Schooß der schaurigen Höhle, seit gestern
- Barg. Dort lag die unglückliche Frau (der nahen Entbindung
- Wehen durchzuckten ihr Mark und Gebein) unsägliche Qualen
- Duldend, und harrend mit Angst des heißersehneten Gatten.
-
- Eilenden Laufs war Kurd dem Lager der Christen genahet,
- Trat in Toledo's Gezelt, und sprach, tiefathmend, und bebend:
- »Hugo's Worte verkündet mein Mund: ihn mögest du hören.
- Siehe, der Morgen grau't, der langgetrennete Herzen
- Wieder vereint! Schon harrt in traulicher Felsenumhüllung
- Dein die Gattinn mit Angst: o trage sie jetzt auf den Armen,
- Freudigerrettend, heim zu nimmer versiegender Wonne --
- Heim in das Vaterland! Ein liebender Vater den Waisen
- Hugo's mögest du seyn, der dich in der hülflosen Kindheit
- Oft auf den Armen trug, dich fröhliche Spiele gelehret,
- Und die Treue dir stets in dem redlichen Herzen bewahrt hat.«
- »Kurd,« so jauchzte Toledo ihm zu, »Kurd, waffne dich eilig,
- Du mein Freund fortan, mein Bruder und Waffengefährt' jetzt;
- Säume nicht, schnell geleite mich hin zur Höhle des Waldes!«
- Hastig reicht' er die Waffen ihm dar. Die finsteren Augen
- Kurd's entflammten sich hell, und des Kummers tiefere Furchen
- Schwanden von seiner Stirn' und Wange: nur Jauchzen des Sieges
- Scholl um ihn her aus den Tagen des Ruhms erretteter Heimath,
- Und, im versöhnten Gemüth gedacht' er nicht seines Geschicks mehr.
- Jetzo, im Waffenschmuck auf feurige Rosse sich schwingend,
- Jagten die Helden hinaus, entgegen der Höhle des Waldes.
-
- Lauter säuselte schon aus Osten der schaurige Frühwind;
- Purpurröthlicher Glanz entfloß des goldenen Morgens
- Weiteröffnetem Thor; aus den dämmernden Wolkengefilden
- Sah die wirbelnde Lerche zuerst erwachen die Sonne,
- Und, jungfräulichverschämt, mit höherer Gluth auf den Wangen,
- Dort dem rosigen Lager entflieh'n: als schauernde Wälder,
- Noch in Dunkel gehüllt, mit leisem Zwitschern und Flistern
- Ihr anstimmten den Morgengruß, und die Wellen des Meeres,
- Hocherhebend das Haupt, sich sehnten, die Holde zu schauen;
- Aber nur Blut, nur Mord, nur sterbender Menschen Geröchel
- Wallt' ihr zum Morgengruß aus Goletta's Fluren entgegen.
- Eilender stürmte Tobukes heran. Wie ein reißender Bergstrom
- In der Gewitternacht anschwillt, und des Landes Bewohner
- Schnell vom lieblichen Schlaf erwecket zur Angst und Verzweiflung:
- Denn sie vernahmen es nicht, daß fern im finsteren Waldthal
- Sausend die Wolke zerbarst, und Fluth entstürzte dem Abhang:
- So, von Tobukes geführt, herströmten die Scharen, und stürzten
- Auf Hispania's Macht. Da gaben die spähenden Wachen,
- Staub gewahrend, und Volk in dem Staub, durch Büchsengeschmetter
- Zeichen der Noth und Gefahr: aufrafften sich eilig die Krieger,
- Und sie folgten beherzt dem trefflichen Führer Alarkon.
- »Brüder,« so rief er laut, »nun vorwärts! Eiserngeschlossen
- Haltet die Reih'n, und dränget den Feind vom Rande des Grabens
- Muthig zurück; besiegt entflieh' er vor unseren Augen.
- Denket der Wälschen, die erst vorschnell, nur flammender Kühnheit,
- Nicht vorschauendem Muth gehorchend, im Felde der Waffen
- Bluteten. Auf, Hispania's Volk: du stehe, dem Felsen
- Gleich im Sturme der Schlacht, des sicheren Sieges gewärtig!«
- Und er führte die Reih'n zum schanzumkreisenden Wall hin.
- Aber wie dort an dem Mohrenstrand, hoch über der Meersfluth,
- Schwebt die schreckliche Wassertrompet', ein winzig Gewölk erst;
- Dann urplötzlich mit Donnerschall auf die Fluthen herabfährt,
- Wirbelnd sie faßt, in die Luft aufhebt, und brausend im Jähsturz,
- Hier die Schiffe zerschellt auf dem Meer, und dort an dem Ufer
- Wüthend, unseliges Volk, und Hütten, und Saaten vernichtet:
- Also erstiegen die Feinde den Wall im schrecklichen Anlauf.
- Allah-Geschrei und Gekrach der stürzenden Pfähl' an dem Graben
- Brauste vor ihnen daher; geschwungener Säbel Gezisch scholl;
- Staub flog auf. Schon wandten sich eilig die Christen: die Vorschar
- Stürzt' auf die folgende, wie, vom wüthenden Sturme gehoben,
- Wog' auf Woge sich stürzt, und trennte die Ordnungen weithin.
- Jetzt vom Schrecken betäubt, nicht hörend die Stimme des Führers,
- Wichen sie all'. Er stand, und bohrte den Flüchtenden links, rechts,
- Zürnend, das Schwert in die Brust, und ging, und wär' er allein nur,
- Rühmlichen Kampf und Tod im Sinn, den Feinden entgegen.
- Aber, glühend vor Scham, gewahrten die Krieger sich alle
- Fortgerissen zu schmählicher Flucht. Sie kehrten im Sturmschritt
- Wieder zurück; dann schnell die Gewehr' an die Wange sich pressend,
- Zielten, und drückten sie los, und Stein und Stahl an dem Schlosse
- Schleuderte Blitz'; aufflammt' an der Pfanne das Pulver: hinausfuhr
- Krachend die Kugel -- sie flog in die stürmenden Haufen, und Volk sank.
- Dann mit glühendem Muth, stets unaufhaltsamer, jauchzend,
- Drangen die Tapferen vor, und warfen die stürmenden Haufen
- Wieder zurück auf den Wall. Dort stand Alarkon vor allen.
- Sieh', ihm nahte, beherzt, der einzige Sohn Abdul Hamids,
- Des zu Tripoli herrschenden Dey's! Ihn sandte der Vater,
- Daß er in Hairaddins Heer', erringend die Kränze des Sieges,
- Kehre zur Freud' ihm heim, und zum Trost im grauenden Alter.
- Aber er freue sich nicht, den Tag der fröhlichen Heimkehr
- Seines Erzeugten zu seh'n: ihn hüllet die Erde vor Tunis.
- Weitvorhaltend den Speer, eindrang er mit Wuth auf Alarkon,
- Daß ihm der Schaft in der Faust erzitterte; dennoch, dem Kampf schon
- Lange geübt, vermied im Sprung', Alarkon des Speeres
- Tödlichen Stoß. Er hieb, mit kräftiger Rechte den Degen
- Schwingend, den Schaft entzwei, und rannte den blitzenden Stahl ihm
- Jetzt so tief in die Brust, daß er, scharfgeschliffen, ihm alsbald
- Auch die Schulter durchfuhr: er sank, und stöhnt' in dem Tod noch.
- D'rauf, entreißend den Stahl, zerschlug er dem Bascha von Tarsus,
- Ahmet, die ragende Stirn': er taumelt' am Rande des Walles
- Nieder, und fiel, die Händ' ausbreitend, hinab in den Graben.
- Wie der flüchtige Hirsch, den heiß verfolget der Schweißhund,
- Nah' an des schwindligen Abgrunds Rand, erlegt von dem Weidmann,
- Jählings entstürzt: dumpf kracht sein Geweih an dem Felsen hinunter:
- Ahmet entstürzte so schnell: ihm krachten im Falle die Glieder.
- Aber da schlich Tobukes, ergrimmt, an den Rücken Alarkons;
- Jauchzt', und bohrt' ihm, weitausholend, den Dolch in den Nacken.
- Sterbend lag er am Wall, doch winkt' er dem kühnen Sarmento,
- Führer zu seyn des Volk's in entsetzlicher Stunde des Wuthkampfs.
- Zärtliche Freundschaft wand die Blüthen der fröhlichen Jugend
- Immer noch frisch und duftend um beider Herzen: sie wallten,
- Innigvereint, des Ruhmes Pfad im Leben und Tod noch.
- Ob des Freundes Geschick aufstöhnend, brauste Sarmento
- Vor, und schrie, und erweckte den Muth der zagenden Krieger,
- Und von neuem begann auf dem Walle das grause Gemetzel.
- Warf Sarmento den Feind, vordringend, zurück in den Graben,
- Stürmte Tobukes ergrimmter herauf, nicht achtend der Haufen
- Seines getödteten Volks: denn viele der Christen erlegt' er.
- Gleich dem Nebelgewölk, das hoch in den bläulichen Luftraum
- Aufschwebt; dann von zween sich bekämpfenden Winden ergriffen,
- Hier- und dorthin treibt: so schwankte des Kampfes Entscheidung.
-
- Einst Germania's Hort, und im Kampf: Legionenzertrümm'rer,
- Hermann, sah die Gefahr, und fuhr im sausenden Eilflug
- Nach des Kaisers Gezelt, der dort, tiefsinnenden Blickes,
- Einsam saß, und erregt' ihn so mit den muthigen Worten:
- »Säume nicht: heiß bestürmet der Feind Hispania's Krieger;
- Eile hinaus: dein Blick gebiethe den Sieg in dem Schlachtfeld.«
- Hastig entfuhr er dem Stuhl', und blickte, verwundert, um sich her.
- »Ahnt mir Gefahr?« so dacht' er, dem Zelt enteilend. Er schwang sich
- Draußen auf's feurige Roß, und flog nach der Schanze hinüber.
- Ihm nachjagte Gefolg', und unter den stampfenden Hufen
- Drönte der Boden umher; aufquoll der flimmernde Sandstaub.
- Jetzo der Schanze genaht, begann der zürnende Kaiser:
- »Wie, Hispania's Volk, dich nannte die staunende Mitwelt,
- Rühmend, das Erst' im Feld, und du weichest dem feindlichen Andrang?
- Auf, und rette den heimischen Ruhm! Ein glänzender Leitstern
- Sey er dem Krieger im Kampf: nur mit ihm verlösche sein Leben!«
- Lodernden Flammen gleich, ergriff die Herzen des Kaisers
- Zornausruf: da brannt' auch der schwächere Mann in den Reihen,
- Gegen die Feinde des Kriegs vernichtende Schrecken zu tragen,
- Und sie kehrten sogleich. Wie ein bergabtaumelnder Felsblock,
- Dem die Wälder erkrachen, Geröll' und Erde zerstäubt weicht;
- Oder vom dauernden Regen geschwellt hinbrauset ein Bergstrom
- Durch die Fluren, und Hain' und blühende Saaten zerstöret:
- So in des Feindes Reih'n umwütheten jetzo die Krieger,
- Rächend des Rückzugs Schmach. Doch wehe, da stürzte Sarmento,
- Von Tobukes durchbohrt, und haucht' an dem Busen des Freundes,
- Der auf dem Walle getödtet lag, den muthigen Geist aus!
- Glückliches Los, das so die liebenden Freunde vereinte!
- Ueber ihn hin (betrübt zwar, doch des eisernen Krieges
- Stimme geboth's) und über die Hügel erschlagenen Volkes,
- Eilten die Reihen auf Reih'n jetzt vor, und warfen die Gegner
- Von dem Wall' in den Graben -- aus ihm hinüber in's Blachfeld,
- Raschverfolgend. Nicht half das Schrei'n des Führers, Tobukes,
- Nicht die knirschende Wuth des Volks: denn, Hagelgewittern
- Aehnlich, folgte der Sieger ihm nach, und grause Vertilgung.
- Unter den Letzteren floh Tobukes, und stöhnte vor Ingrimm.
- Furchtbar war sein Arm in dem Kampf, und, glühend vor Sehnsucht,
- Gohr ihm die Brust, daß Hairaddin bald vom Olivengehölz her
- Nahend, ihm eine die Macht, zu vernichten die feindlichen Scharen.
- Aber er harrt' umsonst, und jetzo, von Wunden ermattet,
- Sann, und erwog er im finstern Gemüth': ob Hairaddins Rach' ihn,
- Da er ihn haßte, vielleicht dem sicheren Tode hier preisgab?
- Unerträglich erschien dem Zweifler des nächtlichen Irrwahns
- Täuschendes Licht; er riß ergrimmt von der Seite den Mordstahl,
- Stieß ihn tief in die Brust, und fiel, und röchelte sterbend.
- Aber, vor Schrecken erstarrt, gewahrten die Krieger des Feldherrn
- Blutige That, und floh'n jetzt eilender fort nach Goletta.
-
- Hairaddin hörte des Kampf's grau'nvolles Getös' in dem Waldthal;
- Doch ihm scholl's erfreuender, als in dem silbernen Mondlicht
- Liebenden tönt Harmonikaklang und Harfengelispel.
- Vorwärts drängt' ihn der Muth und die Blutgier; aber er hielt noch,
- Bis er die Schanz', erbaut auf den Felsenhöhen, gewahrte,
- Und das eh'rne Geschütz, das weit in die Ferne hinüber
- Schleudert den Ball (Feldschlange genannt), in jene geschafft war.
- D'rauf begann er so, vor dem Meister des schweren Geschützes:
- »Bujukdur, Sohn Hafis, horch! wenn außer dem Oehlwald
- Schimmert die Fahne des Vorderzugs: dann feu're, verderbend,
- Nach dem Lager hinaus. Abdallah, der muthige Feldherr,
- Sey dir schirmend gesellt mit tausend erlesenen Kriegern.«
- Und nun führt' er das Heer, ihm tiefere Stille gebiethend,
- Durch den Olivenwald, dem Lager der Christen entgegen.
- Siehe, da jagte mit Kurd, auf schnaubendem Rosse, Toledo
- Näher. Es hing sein thränendes Aug' an den Höhen der Felswand,
- Welche die Gattinn ihm barg, und im rosigen Morgen die Scheitel
- Glühend erhob. Wie dort dem leidenerfahrenen Jüngling,
- Den ein feindlich' Geschick aus den Armen der liebenden Aeltern
- Riß, das Herz erpocht, so nach Jahren der schmerzlichen Trennung,
- Er, heimkehrend im Schiff von Amerika's wüsten Gestaden,
- Jetzo die Thürme der Vaterstadt in der Ferne gewahret,
- Jetzt sein väterlich Haus, und jetzo den Hügel und Anger
- Wieder erkennet, wo ihm die seligen Jahre der Kindheit
- Schimmernd entfloh'n: nur vorwärts strebt er, und weiter entfernet
- Däucht ihn das Ziel, als einst von des Meer's endlosen Gewässern:
- Also pocht' ihm die Brust, und eilender jagt' er das Roß hin:
- Schauend den Fels, der hell vom Morgenschimmer ihm winkte.
- Plötzlich hemmt' er das Roß, und starrte mit tiefem Entsetzen
- Vor sich hin, da er nun die raschvordringenden Scharen
- Nahe der Höhl' ersah. Kurd rief mit leisem Gelispel:
- »Kehr' in Eile zurück: dort nah'n unzählige Feind' uns!«
- »Kurd,« entgegnet er sanft, »ich sehe die Feind' an dem Felsen:
- Hin ist die Hoffnung -- Mathild' ist todt! Nun will ich im Kampf hier
- Sterben, dem Schicksal zum Hohn, den Tod des tapferen Kriegers.«
- Schnell entblößt' er den blinkenden Stahl, und flog auf das Blachfeld
- Muthig hinaus: da erfaßte noch Kurd das Roß an dem Zügel,
- Riß es gewaltig zurück, und rief dem Tobenden also:
- »Soll die unglückliche Frau vergehen in schrecklichem Jammer,
- Deiner beraubt? Sie ruht in der dunkeln Höhle geborgen.
- Lass' uns, des Ueberfalls Verkündiger, eilen in's Lager;
- Wecken die Brüder zum Kampf', und erretten im Sieg' auch Mathilden!«
- Hastig trieb er sein Roß, und mit diesem den Renner Toledo's
- Wieder zurück, der, tiefverstummend, die Augen zuweilen
- Gegen den Himmel erhob, und laut aufseufzte vor Herzleid.
- Aber in stürmischer Hast hinflogen die schnaubenden Rosse;
- Staub quoll auf in die Lüfte, der Wald, die Berg' und die Hügel
- Wichen im Fluge zurück, und die Helden durchbrausten das Lager.
-
- Dort des Ueberfalls, des nächtlichen, denkend mit Unmuth,
- Hatte der Kaiser das Volk ringsher gerufen zur Heerschau.
- Rastlos schmetterten fort die eh'rnen Drometen; die Trommeln
- Wirbelten dumpf, und riefen verständliche Laute den Kriegern.
- Wie das unzählige Volk der Schwalben im sonnigen Spätherbst
- Rings mit lautem Geschrei, vorahnend die Stürme des Winters,
- Sich anschickt, entgegen zu zieh'n besonnten Gefilden:
- Meng' an Menge gedrängt, versammeln sich eilig die Scharen:
- Also vereinten sich hier die tapferen Krieger zur Heerschau.
- Ernsten, musternden Blicks, hinritt an den Reihen der Kaiser.
- Jegliche Fahne sank; die Feldherrn all', und die Führer,
- Hielten den Degen gesenkt zum ehrenden Gruße; das Fußvolk
- Schwenkte die Lanz' und das blanke Gewehr, und der Reiter den Säbel.
- Aber die Trommel scholl, und Drometengeschmetter ertönte.
- Jetzo hätt' er dem Heer gewichtige Worte gesprochen,
- Ruhm den Tapfern gezollt, und gerügt Verblendung und Saumsal;
- Aber da flog mit Kurd, im eilenden Laufe, Toledo
- Näher, und hielt, kampfdürstenden Blicks, an der Spitze der Seinen.
- Jener, dem Herrscher genaht, erhob tiefathmend die Stimme:
- »Herr, wie die Fluthen des Meer's im Hauch des stürmischen Nordwinds,
- Zahllos, Wog' an Woge gereiht, zum Strande sich wälzen,
- So vom Olivengehölz dir nahen die feindlichen Scharen!«
- Noch entfloh den Lippen nicht ganz die unfreudige Nachricht,
- Als von den Felsenhöh'n mit Donnergetös' und Gebrülle,
- Lastende Kugeln heran, in des Lagers Mitte geschleudert,
- Flogen: da sank in Reih'n und Gliedern, Jammer dem Anblick,
- Häufig der tapferste Mann! Schnell riß die zischende Kugel
- Diesem die Füße vom Leib, und warf sie, zerschmettert, zum Boden,
- Jenem den Arm, und dem Dritten das Haupt, entsetzlich und furchtbar
- Von dem taumelnden Rumpf', und es wälzten sich treffliche Rosse
- Dort mit dem Reiter, verwundet, im Blut. Unsichtbaren Fluges,
- Treffen des Todes Geschoss' aus den lautumdonnernden Schlünden:
- Weder Kraft, noch Muth errettet von grauser Vertilgung,
- Die aus der Fern' urplötzlich Bewehrt' und Wehrlose hinstreckt.
- Jetzo gebothen sogleich des Krieg's wohlkundige Führer
- Wechselnde Stellung, und vor- und rückwärts, schief, und gerad' hin,
- Wogte das Heer: das Ziel zu entrücken der feindlichen Obmacht.
- Aber der Kaiser sann. Er winkt'. Ihm nahte der Feldherr
- Lichtstein: denn er gewahrte den Blitz in dem Auge des Fürsten.
- »Lichtstein,« also sprach er, »du ziehst den engeren Thalweg
- Hinter dem Salzthurm fort, zu erstürmen die Schanze der Felshöh'n:
- Weder Medscherda's reißende Fluth, noch die schroffe Gebirgswand
- Hemme des Siegers Lauf! Vier tausend muthige Schützen,
- Tausend Reitern gesellt, genügen dir. Ist es gelungen:
- Dann bedrohe den Feind, nicht achtlos Unser, im Rücken.«
- Jener entschwand: ihm hob die Heldenseele des Herrschers
- Ehrender Ruf, und erkor in Eile die tapfern Gefährten:
- Oestreichs Reiter und Ungerns, die den tyrolischen Schützen
- Folgten im munteren Schritt, und des Spessarts Kriegern, und Hessens.
- Auch entboth er den Troß der fährschiffführenden Wägen,
- Rossebespannt zu folgen der Schar werkkundiger Brückner.
- Wieder begann der Herrscher, und rief mit leuchtendem Antlitz:
- »Fort in den Kampf! Voraus die Reisigen, welche Mendoza
- Heut' in dem Vortrab lenkt, zum Ruhme der hohen Cortezza.
- Ihnen folg' in gemessenem Schritt, im Trommelgewirbel,
- Und die Fahn' im Blick, Neapels muthiges Kriegsvolk,
- Jenem gesellt, das uns die erlauchte Roma gesendet.
- Ueber sie heischt Toledo's Blick die Leitung -- sie werd' ihm:
- Denn ihm winket des Sieges Preis in der Stille der Felsnacht.
- Aber die Ritter-Schar führt Garzia Lasso, und Alba,
- Flammenden Muth's, der Spanier schwergeharnischte Reiter
- Gegen den Feind; nur Eberstein verharr' in dem Lager,
- Ihm ein schirmender Hort, mit den treuverlässigen Deutschen.«
- Also geordnet, eilte das Heer in die stürmende Feldschlacht.
-
-
-
-
- Neunter Gesang.
-
-
- Wie der Heuschrecken Heere, gejagt aus Syriens Wüsten
- Von zerstörender Gier, anstürmen im Sommer, daß weithin
- Sauset die Luft, und die Sonne verlischt in der Helle des Mittags:
- Also schwebten auch jetzt in zwei gesonderten Haufen,
- Brausend, die Geister heran, und jeglichem eilten die Herrscher,
- Muhamed erst, dann Attila vor: zwei finsteren Wolken
- Gleich, die donnerschwer, in dräuender Stille heraufzieh'n.
- Unmuth gohr in dem wilden Blicke des hunnischen Königs;
- Auch die glühende Stirn' und Wange des Koran-Verkünders
- Zuckte vor Wuth: nicht die Christen all' im Kampf der Entscheidung
- Schauend. Lechzende Gier nach Blut erfüllte die Furchtbar'n.
- Muhamed rief: »Erblick' ich dort Arabia's Krieger?
- Wehe, denn weder an Muth, noch an Thaten sind sie mir ähnlich
- Mehr, die Feig'umschwärmenden! Jetzt, und hinfort mir ein Liebling
- Seye der Türk'. Aus Turkestans[54] sandiger Flur sich erhebend,
- Kam er, ein brausender Sturm, und säte des heiligen Korans
- Samen aus in die Welt, und lenkt' an die Keime den Blutstrom,
- Daß er erwuchs, und die Ernt' in üppiger Fülle sich fortmehrt.
- Hebe dich, luftige Schar: dem Christen errege die Gegner,
- Daß er besiegt hinschwind', und nie rückkehre zur Heimath!«
- »Tapfere Scythen, ihr!« rief laut der Hunnen-Beherrscher,
- »Die, nach Attila's Wink, den allverheerenden Flammen
- Aehnlich, im Garbenfeld der schmachgereifeten Menschheit,
- Wüthetet, als uns Rom auf den sieben Hügeln erbebte --
- Byzanz neigte das Haupt: erhebet die luftigen Waffen,
- Weil, der sterblichen Hüll' entrückt, der Thaten Vollendung
- Nimmer den Busen uns labt, nicht der Sieg im Jauchzen der Mordlust;
- Auf, und dränget der Janitschar'n blutdürstende Rotten
- Rastlos vor zum Gewürg' in volkzermalmender Feldschlacht!«
- Jauchzend vernahmen des Herrschers Ruf die luftigen Scharen;
- Aber so laut und so mächtig sie schrie'n -- es zischte nur leises,
- Schwaches Geflister herab. Wohl starrt' in der eilenden Heersmacht
- Mancher der Krieger empor; doch leer ihn dünkte der Luftraum.
-
- Leise, mit weitvorstrebendem Fuß, die klirrenden Waffen
- Pressend im Arm, und das Roß, daß es schweig', an den wallenden Mähnen
- Streichelnd, nahte der Feind in täuschender Stille vom Wald her.
- Doch als jetzt von den Felsenhöh'n das wichtige Zeichen
- Donnernd erscholl, und fern in des Lagers Mitte Verderben
- Säte der eherne Schlund: da jagten die listigen Scharen
- All', im geflügelten Lauf, im Getös' empöreter Mordwuth,
- Allah! Allah! brüllend, heran an des Lagers Umwallung:
- Denn urschnell und in wilder Verzweiflung sollte der Christen
- Schlummerndes Volk, so wähnete Hairaddin, Jammer ereilen.
- Siehe, und als dem Wald, wie am wetterverheißenden Morgen
- Zürnende Bienen dem Korb', entströmte sein lärmendes Kriegsvolk,
- Führt' ihm Mendoza, der Held, im Blitze des Waffengeschmeides
- Schon entgegen die reisige Schar: er selber den Kampfpreis
- Heischend vor ihm, und kühneren Blick's vorstürmend zum Angriff!
- Wie, wenn lechzend nach Blut, der schreckliche Tieger im Dickicht
- Leises Geräusche vernimmt, und dort, nur scheue Gazellen
- Suchend, den Leu'n, den langvermied'nen, gewahret, da wankt' er
- Vor dem entsetzlichen Feinde zurück, und denket der Flucht schon;
- Doch bald kehrt ihm die Wuth: er senkt die Brauen ergrimmter
- Nieder, und fletschet die Zähn', ihm den letzten der Kämpfe zu biethen:
- So mit staunendem Blick sah Hairaddin jetzo die Gegner
- Kommen im Feld, die er, würgend, vom Schlaf zu erwecken gedachte.
- Aber er säumte nicht, trieb, und jagte die Zögernden vorwärts,
- Und der Geister aufjauchzendes Heer flog brausend hernieder,
- Nahte den Kriegern, und schrie in das Ohr dort Jeglichem: »Vorwärts!«
- Wie der Bremsen erboßter Schwarm in der Stunde des Mittags
- Rasch auf die Heerde des trägeren Hornvieh's, dann auf der Rosse
- Munt'res Gestütt' sich wirft, und all' in rasendem Taumel,
- Brüllen, wiehern, und flieh'n: denn, ob ein schwindliger Abgrund,
- Oder die tobende Fluth tief unten dräuet -- sie stürzen
- Unaufhaltsam hinab; so drängten die luftigen Geister
- Hairaddins Volk an die Feind', und furchtbar tönte der Schlachtruf.
-
- Siehe, die Reiterschar der Araber tauchte vor allen,
- Spornend das feurige Roß, und vorgebeugt aus dem Sattel
- Bis zu den Mähnen, die Spitze des hochaufragenden Speeres
- Dort in Mendoza's Reih'n. Da fiel Segorbia's Kampfheld,
- Aguillar, und mit ihm Morillo, den Murzia sandte,
- Fahnenjunker im Heer, mit dreißig erlesenen Kriegern,
- Und in dem Waffengemeng' erbebte Hispania's Jugend,
- Die zum ersten Male des Kriegs betäubendem Schrecken,
- Hier in dem Feld, entgegen sich warf, und dachte der Flucht schon.
- Doch jetzt nahte mit Sturmes Flug vor seinen Gefährten
- Hermann heran: ihn lockte des Kampfs erwachender Donner
- Fernher. Aehnlich dem Aar, der tief im schattigen Thalgrund
- Beut' ersehend, sogleich in sausender Schnelle herabfährt:
- Also fuhr er herab, und rief dem edlen Mendoza:
- »Sollten die Jünglinge flieh'n, ihr Ruhm ist gefährdet für immer.
- Schau in die Vorwelt auf, wie dort der Heldengebiether
- Hermann, den flüchtenden Kriegern zur Schmach und Wiederbesinnung,
- Muthig den Schild ergriff, vordrang, und so, mit den Scharen
- Wiedervereint, sich herrlichen Siegsruhm über des Varus[55]
- Drei Legionen errang in dem eisernen Felde der Waffen:
- Also mögest du jetzt den jüngst geworbenen Kriegern,
- Kämpfend, ein Leitstern seyn auf dem grau'numnachteten Schlachtfeld!«
- Glühende Röth' umzog Mendoza's Wangen; er dachte
- Seines errungenen Ruhms Verdunkelung; schrie, und begann so:
- »Spanier, kühn mir nach: nicht täuschet der edeln Cortezza
- Hohes Vertrau'n, die euch sandte zum Heer; nicht gewahre der Herrscher
- Euch unkriegerisch, feig; mir nach! Eh' treffe der Tod mich
- Selber durch Feindeshand, eh' hier die Schande mich treffe.«
- Jauchzend flog er dahin, und voll kühner Todesverachtung
- Sprengten die Reiter ihm nach. Entscheidend für kommende Zeiten
- Lenkt ein Held im Gefecht den neugeworbenen Krieger:
- Denn nicht weicht er, und fällt, besiegt, im rühmlichen Tod nur:
- Stets erfüllt ihm die Brust die erhabene Heldengesinnung.
- Jetzo die stürmende Lanz', und jetzt des sausenden Säbels
- Blitz und Schlag ereilte der Araber dichte Geschwader
- Mordend; es sank das Volk, und es sanken die Rosse getödtet.
-
- Assad riß sich hervor, der Emir. Einst Beduine,[56]
- Zog er in Syriens Wüsten umher, und häufte sich Reichthum,
- Dort der Karavan' auflauernd im einsamen Hohlweg.
- Deß' sich zu freu'n, wohnt' er zu Tunis im stolzen Pallast nun:
- Seinem Volke verhaßt, dem stets das Leben in Zelten,
- Draußen im Steppengefild des Menschen würdiger dünket.
- Jetzo im sausenden Ritt Mendoza genaht, und vertrauend
- Eiserner Kraft, dacht' er, mit dem blinkenden Speer ihn zu tödten;
- Doch Mendoza riß an dem Zaum: sein mächtiges Streitroß
- Setzt', im kreisenden Sprung', ihn schnell an die Seite des Emirs,
- Und er jagt' ihm das Schwert mit festnachstürmender Rechten
- Tief in die Brust: er sank vom Sattel, und stöhnt' in dem Tod noch.
- Aber ihm naht' Abulkassem, sein Sohn, ein furchtbarer Rächer.
- Stöhnend vor Wuth durchrannt' er Mendoza's Arm mit dem Säbel,
- Als er, gewendet, die Reih'n aufboth zum stürmenden Angriff.
- Wieder erhob er den Stahl, und hätt' ihn getödtet, da sprengte,
- Rettend, Alonzo Cueva heran, der tapfere Hauptmann,
- Schrie, und scheucht' ihn zurück. Er barg sich schnell im Gewimmel
- Seines Volk's, das jetzt, des Feldherrn Wunde gewahrend,
- Muthiger vorwärts drang, und laut aufbrüllte vor Mordlust.
- Aber dem Schlachtengemeng' entrissen die Krieger den Helden;
- Eilten in's Lager zurück, daß dort heilkundig der Arzt ihm
- Stille das Blut, und träufle den weh'einschläfernden Balsam.
- Und er ermahnete scheidend noch mit blässerem Antlitz,
- Alle, zu folgen dem Wink des Helden Alonzo Cueva.
-
- Heißer entbrannte die Schlacht. Wie im Süd- und Norden empöret
- Donnerstürme sich nah'n, und, vermengt, zur Erde Verderben
- Speien im Flammengezisch und im schrecklichen Hagelgeprassel:
- Also prallten die Araber an, und zugleich die Hispaner:
- Diese von Rach' entflammt ob ihres verwundeten Führers,
- Jene, voll Muths vorstürmend, und lautaufjubelnd im Vortheil.
- Als sich gemengt im Feld die Wüthenden trafen, da tönte
- Schrecklich der Mordausruf und das Schmettern der Waffen, dem Donner
- Eherner Schlünde vereint, und Blut beströmte den Boden.
- Schon warf zweimal der Christ des Mahoms Verehrer, im Sturmritt,
- Drängend, zurück; schon jauchzt' er des Sieg's aufstrahlender Hoffnung;
- Aber da warf, ergrimmt, auf Alonzo Cueva, den Dränger,
- Abu-Sa-id den Dolch, und durchbohrt' ihm den Hals und den Nacken,
- Solchem Kampfe geübt; er sank, und verhauchte das Leben.
- Siehe, den endlos Trauernden faßt' am dämmernden Morgen,
- Vor des Kampfes Beginn, heut' ahnungentsprossene Schwermuth
- So, daß ihm Jeglicher staunt'. Ach, seines erblindeten Vaters
- Greisengesicht, und das wankende Haupt, wie schneeiger Tauben
- Dunen, so weiß, schien ihm noch immer zu dräu'n ob dem Frevel
- Stürmischer Jugendzeit: da er leis'annahend, des Vaters
- Händen den Stab entwand, und der zürnende Greis, an der Schwelle
- Stolpernd, kopflangs stürzt', und blutete -- Jammer zu schauen!
- Immer trübte die That ihm jegliche Freude des Lebens
- Seither. Aber der Vater horcht, vor dem Haus' auf der Bank sich
- Sonnend, dereinst begieriger auf, wenn kehrender Sieger
- Jauchzen, der Waffen Geklirr, und das Wiehern der Rosse herantönt;
- Ringsum Hast und Getös' die Heimgebliebenen aufregt,
- Und die Straßen entlang: »Willkommen uns in der Heimath!«
- Jubelnden Rufs erschallt in mancherlei Stimmen des Alters.
- Vor vom Sitze gebeugt, horcht er: ob endlich des Sohnes
- Gruß er vernehm', und harrt, hinzitternd, der frohen Umarmung:
- Ach, umsonst: ihm sank der Theuere kämpfend vor Tunis!
- Schrecken befiel die wiederverwaiseten Krieger: dem Unglück
- Bebt' ihr muthiges Herz, nicht den wildaufrasenden Gegnern.
- Also, verschüchtert, wichen sie nun, und ihnen im Rücken
- Brauste der Feind, und häuft' im Felde die blutigen Leichen.
-
- Sieh', welch tapferes Häuflein kommt, die schnaubenden Rosse
- Spornend, heran? Hell sprüht der zierliche Helm und der Harnisch
- Hüpfende Funken umher; vom hochaufragenden Speerschaft
- Blitzet der tödliche Stahl, und es blitzen die Augen der Männer.
- Fünfzig sind's der Edlen. Sie führt auf der rühmlichen Laufbahn
- Garzia Lasso, der Held, und Hispania's lieblichster Sänger.
- Jetzo, dem Feinde genaht, und vorgebeugt aus dem Sattel,
- Senkten die Kühnen den Speer, und warfen im sausenden Eilflug
- Fünfzig der Feind' in den Staub: da floh'n die entlasteten Rosse
- Wiehernd zurück: weit gähnte die Kluft im dichten Geschwader.
- Wie, wenn brückendes Eis auf dem breiten Rücken der Donau,
- Oder des Rheins, das heut' am Morgen noch eiserngefroren,
- Unter der Wucht des schweren Gespanns und der lastenden Wägen
- Drönete, nun ergriffen vom schmelzenden Hauche des Westwinds,
- Krachend zerbirst, und zertrümmert im Schwall der finsteren Fluthen
- Schwindet, daß links am Gestad', und rechts das schimmernde Landeis
- Aufragt: also standen die Reih'n, im entsetzlichen Durchbruch
- Weitgeschieden im Feld': sie blickten erstarrt in den leeren,
- Scheidenden Raum: ihr Mordruf starb auf den bebenden Lippen.
- Aber nicht rasteten dort die Scharenzertrümm'rer: sie würgten,
- Was entgegen sich warf, in siegbeflügelter Hast noch.
- Auch der Jünglinge Schar flog nun, um nimmer zu weichen,
- Wieder im Felde heran, und vereint den siegenden Rittern,
- Uebt' ihr blitzendes Schwert vergeltende Rach' an dem Gegner,
- Der, von Schrecken betäubt, mit verhängtem Zügel den Läufer
- Rückwärts trieb zu Hairaddins dichtannahender Heersmacht.
-
- Unabsehbar herab vom Olivengehölz auf das Blachfeld
- Lenkt' er die Janitschar'n und fünfzig numidischer Horden
- Wimmelndes Volk zum Kampf, als hier die Zersprengten dem Vortrab
- Nahten. Er biß sich die Lippen vor Wuth; dann, eilig sich wendend,
- Hieß er die Janitschar'n mit ausgebreiteten Armen,
- Trennen die mittleren Reih'n, und erretten die flüchtenden Scharen,
- Jene gehorchten dem Wink: mit rückwärtsstrebenden Fersen
- Schwenkten die Reihen sich links und rechts: geräumigen Durchgang
- Oeffnend dem flüchtigen Volk. So, wie, gehemmt in den Schleußen
- Ruhet der brausende Strom, ein See, bis früh an dem Morgen
- Oeffnen sie heißt der Schwemm' erfahrener Meister: da stürzen
- Wog' auf Wog' und Schwall auf Schwall, im Gebrause des Donners,
- Zur verschlingenden Kluft die langegehemmten Gewässer:
- Also stürzten, gedrängt, und drängend, mit wildem Getümmel
- Durch den geöffneten Raum zugleich die erretteten Scharen:
- Denn nachjagte der Feind, und rastete nicht; in dem Rücken
- Sauste des Säbels Schlag und der Lanz' einstürmender Mordstoß.
- Aber die Janitscharen, die erst, sie schirmend, im Rückschritt
- Wichen, kehrten zurück, und heischten, geordnet, den Angriff.
- Hairaddin flog die Reihen entlang, und schrie im Getös' hin:
- »Söhne des großen Propheten, des Muths und der flammenden Kühnheit,
- Denket, welch' ihm die Erde, besiegt, gleich niedrigem Schämel,
- Unter die Ferse gestellt: sie lag, und schmiegte sich duldend
- Ihrem Druck. O dessen gedenkt! Ihr sehet die Gegner
- Seines Nahmens vor euch; vernichtet sie, würgt sie gesammt hin.«
- Muhamed, der ihn stets umschwebte mit liebender Sorgfalt,
- Hörte mit Lächeln es an, wie er ihm vor gläubigen Moslems
- Ruhm und Ehre gezollt; er selber, die Pfade des Lichtreichs
- Fliehend, warnete nicht die Verblendeten, lächelte stolz noch!
- Doch nun sah er erstaunt, daß Attila selbst, vor Entsetzen
- Bebend, ihm nahte mit Sturmes Flug', und rief ihm entgegen:
- »Haben die furchtbar'n Mächte gesiegt? Soll Schreckliches kommen,
- Fallen vom Himmel der Mond mit den glänzenden Sternen; die Sonne
- Ausgebrannt hinschwinden in ewige Nacht und Zerstörung,
- Spurlos? Attila bebt, der nie zu erschütternde Krieger?
- Jener wiegte das struppige Haupt, und als er noch einmal
- Nach den felsigen Höh'n aufsah, entgegnet' er grimmig:
- »Sieh', dort fleugt ein Mann g'en Hairaddin! Angst und Verzweiflung
- Trägt er im Busen: er kommt, Unheil zu verkünden dem Herrscher.
- Willst du vernehmen die That, die entsetzliche, der ich erbebte?«
-
- Doch was kündet der Bote voll Angst? ... Daß der tapfere Feldherr,
- Lichtstein, glühenden Muths, die Schanz' auf dem Felsen erstürmte.
- Schon durchzog er zuvor die schaurigen Pfade des Waldthals,
- Leis' nur, wie es der Kaiser geboth: nicht Trommelgewirbel
- Kündigte ferne den Zug, nicht schmetterten Lust die Drometen
- Heut' in dem eilenden Ritt dem Reiter und Roß in die Ohren;
- Doch, als jetzt Medscherda, mit lautaufrauschenden Wogen,
- Ihnen am Felsengestad' entgegen sich dämmte, da hoben
- Eilig die Brückner die Fähren herab von den knarrenden Achsen;
- Warfen sie all' in die Fluth, versenkten die zackigen Anker,
- Gegen den Strom mit Tau'n sie festigend, und in des Bogens
- Krümmung einete Fähr' auf Fähr' die gesonderten Ufer.
- D'rauf hinreihend das lange Gebälk', und quer auf die Balken
- Breitend die Bohle, besiegten sie schnell die hemmenden Fluthen.
- Unter des Rosses Huf und den Füßen der eilenden Krieger
- Drönete fort und fort die schwankende Brück' auf dem Strom hin.
- Aber drüben vom schroffen Gestad' erhob sich die Felsbahn
- Schroffer noch himmelwärts. Der Reisige stieg aus dem Sattel,
- Führte das Roß am Zaum', und keucht', und strauchelte häufig,
- Ganz unkundig des Kletterns, und fremd in der hehren Gebirgswelt.
- Aber es klomm, wie die Gemse, der Schütze Tyrols an der Felswand,
- Tapferen Hessen vereint, und Spessartern, auf zu den Höhen.
- Also errungen waren sie jetzt, und die Scharen geordnet.
- Lichtsteins Ruf erscholl: »Hinan, tyrolische Männer!
- Spessarter, vor mit den Hessen! Euch folge das Reiter-Geschwader
- Dann, in gemessener Fern', entscheidend zum blutigen Angriff.«
- Jauchzend, im Sturmlauf ging's an den Wall. Kaum trauend den Augen,
- Sah der staunende Feind den Scharen des Feindes entgegen.
- D'rauf erhob er Geschrei, und hieß des eh'rnen Geschützes
- Donnergebrüll' mit dem Schmettern der Büchsen erschallen, und säte
- Saat der Vernichtung. Da fiel Arnulf, der kühne Passeyer,
- Der sich am Ortheles einst, dem felsaufklimmenden Steinbock
- Folgend, verstieg, wo ihm bald der Strahl der Lebenserrettung
- Völlig erlosch. Erhob er die Blicke: da wölbte die Steinwand
- Ueber ihm thürmend sich auf, und senkt' er sie nieder, mit Vorsicht
- Fassend den zackigen Fels: da bebt' er, vom Schwindel ergriffen,
- Zitternd wieder zurück: denn weit hinaus auf den Abgrund
- Bog sich die Wand, und eingekrümmt entschwand ihm die Mauer.
- Kaum erspähte sein Aug' des Waldstroms Schimmer; verhallt war
- Ihm sein Gebraus', und verstummt das Leben im einsamen Luftraum.
- Dort sich mit reuigem Sinn, zum Hungertode bereitend,
- Sah er schon zweimal des Tages Licht aufdämmern im Osten,
- Zweimal erblassen im Abendroth; doch sieh', ihn vermißte
- Jetzo der redliche Freund! Er wagte den Gang auf dem Felsgrath
- Muthig, und schrie, und Geschrei vernehmend, senkt' er das Bastseil
- Nieder vom jähen Geklipp', und rettete so den Gefährten.
- Wie der Fischer empor zum Gestad', der Ruth', und des Fadens
- Leises Zucken gewahrend, schnellt das zappelnde Fischchen:
- Also entriß er den Freund, lautjubelnd, dem schrecklichen Tod dort,
- Den er dahier nicht mied, durchbohrt von der schmetternden Kugel.
- Neben ihm sank auch Eberhard, der erste der Schützen:
- Nie verfehlt' er das Schwarz' in der kreisenden Scheib', und er both
- sich
- Selber dahier zum Ziel', in des Herzens Mitte getroffen.
- Feuriger: denn der Getödteten furchtbare Rächer, bestürmten
- Ihre Gefährten den Wall, und rastlos krachten die Büchsen,
- Rastlos tönte Geschrei, zu wecken den Muth der Entscheidung.
- Weder die Spessarter, noch die gleichgewaltigen Hessen
- Weileten fern', einmüthig rang dem Helden der Held nach.
- Wo die sternnachbildende Schanz' im engeren Vorsprung
- Ragt', aufdrangen zuerst die muthigen Führer der Deutschen,
- Werner und Wittekind, vom Graben. Erbebend der Kühnheit,
- Wichen die Feinde zurück: da both Abdallah, des Bollwerks
- Hort, im drometenden Ruf Stillstand, und rief im Getös' her:
- »Stillstand bieth ich euch an: wir räumen den Wall und die Schanzen
- Eurer Gewalt, so ihr Abzug gönnt in würdiger Freiheit;
- Oder, wollen wir erst den Wink der Herrscher erkunden?«
- »Hör't,« schrie Lichtstein auf, »euch täusche die feindliche List nicht!
- Muthig hinan: ihr kämpfet hinfort um den leichteren Sieg nur!«
- Rascher eilten die Reih'n auf Reih'n jetzt vor, und erstiegen
- Kämpfend den Wall: denn schrecklich erwies sich der Feind in der
- Nothwehr.
- Werners Arm erlag Abdallah, der Schirmer des Bollwerks;
- Aber ihm bohrte zugleich ein Derwisch, Fluch und Verwünschung
- Brüllend gegen das stürmende Volk, den Dolch in den Nacken
- So, daß dem Sinkenden schnell das Blut und das Leben entströmte.
- Schwer vermißt ihn daheim die liebende Mutter, in Kummer
- Lebend, seit ihr der Gatte versank in den Fluthen des Mainstroms,
- Wo er vom berstenden Eis lautjammernde Menschen gerettet.
- Nur ihr Einziger war ihr Trost in der schrecklichen Trennung
- Von dem Gemahl, und Ernährer: denn stets heimbrachte der Sohn ihr,
- Frommgesinnet, den Sold, und küßt' ihr die Hände mit Ehrfurcht:
- Dankbar sorgend für jene, die ihn mit Schmerzen geboren,
- Oft den Schlummer entbehrt', und viel herznagenden Kummer
- Duldet' um ihn mit Lieb', in hülfebedürftiger Kindheit.
- Ach, nun harrt sie umsonst des Guten! Ihn tödtet' ein Derwisch
- Hier auf dem Wall. Doch Wittekind ereilte den Meuchler
- Schnell; erhob den Degen, und traf ihn mit kräftiger Rechten
- Tief in's Genick, daß er röchelnd sank, und im Blute sich wälzte.
- Ihn umhäufeten bald, ringsher, die tapfersten Krieger.
- Rasch umlenkend das Roß, aufschwang der Scharen Gebiether,
- Lichtstein, jetzo das Schwert: verständlich blitzt' es dem Volk' auf.
- Alsbald rief die Dromet' in hellerklingenden Tönen
- Roß und Reiter zum Sturm, und zugleich, dem Sporn in den Seiten
- Stöhnend, flogen die Läufer gestreckt an den Graben. Sie setzten
- Ueber ihn hin, und klommen, daß fest an dem Hals' und den Mähnen
- Pochte des Reiters Brust, an dem sandgehügelten Wall auf.
- Dort war jetzt ringsum Gewürg', und Gemetzel, und Wuthschrei:
- Denn nicht der Hagel prasselt so laut aus berstenden Wolken
- Nieder auf's Breterdach (der Wandrer bebt vor Entsetzen,
- Der sich unter ihm barg, zu entflieh'n dem grausen Gewitter)
- Als der sausende Stahl, entlang den Wällen, auf Stirnbund,
- Tulban, Harnisch, und Helm herrasselte, mordend die Scharen.
-
- Mechmet entrann. Nun beugt' er die Stirne vor Hairaddin dreimal
- Tief in den Staub; dann stand er, und wollte beginnen, vermocht's nicht.
- Hairaddin faßt' ergrimmt, des Zögernden Stirne zu spalten,
- Schon den Säbel; da rief der bleichaufathmende Krieger:
- »Herr, stets glänze dein Ruhm, wie, strahlend, die Sonne vom Aufgang
- Glänzet zum Niedergang, und mögen die Feinde, vernichtet,
- Schwinden vor ihm! Doch weh'! Entsetzliches muß ich dir künden --
- Zittern vor deinem Zorn. Vernimm's! Die Schanz ist erstürmet.
- Keiner der Unsern lebt; ich allein entrann dem Gemetzel,
- Dir zum Wohl: denn siehe, dein Sclav' entriß sich dem Kampf nur,
- Daß du es hörest von ihm: dir nahen die Feind' in dem Rücken!«
- Und er stieß sich den Dolch in die Brust. Da floß an den Wangen
- Hairaddins wohl die Thräne herab, als dort in dem Sandstaub
- Jener verhauchte den Geist? Ach, niemals hoben sich Thränen
- Ihm aus der Brust empor zu den grimmgerötheten Augen;
- Ihnen entstrahlte kein Mitgefühl, kein himmlisches Mitleid!
- Schweigend starrt' er umher; dann, so, wie ein Blitz in der Sturmnacht
- Durch das finst're Gewölk hinfleugt, umröthete plötzlich
- Tiefaufgährender Zorn ihm die blässergewordenen Wangen,
- Und er rief, daß Muhameds Aug' erglänzte vor Wonne,
- Grimmig den Janitschar'n entgegen, und schrie im Getös' hin:
- »Mögen sie immer im Rücken uns nah'n. Nicht eher verlassen
- Wir die dürstende Heide, bis satt mit feindlichem Blut wir
- Sie getränkt, und genügend ihr tischten das schreckliche Schlachtmahl.«
- D'rauf, wie dort in des Waldthals Schlucht, aus berstenden Wolken
- Niedergestürzt, ein Strom entgegen sich dränget dem ander'n,
- Laut mit wildem Geräusch', und im schrecklichen Wogengewirbel,
- Tief aus dem Grunde gewühlt, die Vesten der Berge versinken
- Links und rechts: da rollen die Felsen, da stürzen die Wälder
- Gegen einander hinab in den brausenden Schaum der Gewässer:
- Also stießen auch hier die feindlichen Heere zusammen.
-
- Eilend vor Alba's Reiterschar, flog Garzia Lasso
- Jetzt mit den Rittern heran. Des Fußvolks treffliche Reihen
- Folgten dem Kaiser selbst, dem stattlichen: kühn den Gefahren
- Stehend im Kampf', und stolz im Gefühle des sicheren Sieges.
- Furchtbar donnerten schon die mächtigen Schlünde; zugleich flog
- Lastendes Eisen, im Bogenwurf sich kreuzend im Luftraum,
- Hin, und daher gesandt, entsetzlichen Jammer zu schaffen.
- Fort und fort, im Gekrach der rastlosfeuernden Büchsen,
- Prasselte Kugelsaat auf den Feind; laut kreischte der Säbel,
- Zischte der Pfeil, ersausten die Speer' und die Lanzen, und ringsum
- Strömte das Blut: stets grimmiger wüthete Mord und Empörung.
- Rechts, wo Hairaddins Heer, entfaltend die Flügel, der Mauren
- Reisiges Volk aufwies, zog Alba, und Garzia Lasso
- Links an die Araber, die voll Grimms gluthschnaubende Rosse
- Tummelten, ihm entgegen zu steh'n im Gemenge der Waffen:
- Denn im sausenden Flug' umschwebte sie Muhamed selber,
- Mit dem ergrimmten Gefolg ringsher anstürmender Geister,
- Rastete nicht, und haucht' empörende Gluth in die Herzen.
- Listengeübt ersann er jetzt dem Garzia Lasso
- Schnelles Verderben. Er sah, wie er, senkend den Speer, an die Gegner
- Spornte das Roß; er eilet' ihm vor, und empörte die Natter,[57]
- Die, in dem Munde des Volks die Königsschlange gepriesen,
- Gleich dem regen Gewürm die rührigen Hörner bewegend,
- Sich in dem Sande vergräbt, dort schlau zu berücken die Vögel,
- Daß sie ihr selbst, harmlos annahend, zur Beute sich böthen.
- Zischend fuhr das grimmige, sandaufschnellende Giftthier
- Vor dem Roß in die Höh', und es schnob im taumelnden Aufsprung.
- Dann, nicht achtend des Schmeichelworts, nicht des hemmenden Zügels,
- Flog es hinüber, und trug den edelen Herrn an den Feind hin.
- Dort, von den Seinen getrennt, und dem sicheren Tode geopfert,
- Seufzt' er im Geist: »Nun stirb -- doch nicht unrühmlich, ein Feiger!«
- Und den blinkenden Speer fortschleudernd, riß er das Eisen
- Sich von der Hüft', und hieb den ersten vor allen, Kilikdar,
- Emir des Steppenvolks, vom Sattel: er regte sich nicht mehr.
- Also blitzte sein Schwert nach jeglicher Seite, verderbend;
- Doch, nun jagten wohl Hunderte her, den Ruhm zu erringen:
- Daß sie die tapferste Brust mit dem tödlichen Stahle durchbohrten.
- Hermann sah's, in der Luft herschwebend, welche Gefahr ihm
- Droht'; er schwang sich herab, und rief dem Kaiser mit Hast zu:
- »Schaue von Feinden umringt den tapferen Garzia Lasso:
- Rett' ihn beherzt! Was schön und groß sich erweiset auf Erden,
- Führet des Liedes Macht auf goldenen Schwingen zur Nachwelt.
- Nur ein Schwall im Strome der Zeiten, entschwindet das Leben;
- Aber der Sänger hascht im Fluge die zartesten Strahlen,
- Die vom eilenden Schwall sich heben, ätherischer Schönheit,
- Eint, und hägt sie in treuer Brust, und rettet mit Sorgfalt
- Sie noch dem fernsten Geschlecht' in ewiglebenden Tönen.«
- Also sprach er in Hast, und winkte den Lüftegenossen,
- Mutheinhauchend, den Christen zu nah'n: sie jauchzten ihm Beifall,
- Schwingend den Speer und den Schild, aus schimmerndem Aether gebildet.
- Aber des Kaisers Brust erpocht' im hohen Gefühl jetzt,
- Retter zu seyn des schwert- und liedergewaltigen Mannes.
- Links, rechts, gab er dem Pferde die Sporn': ihm wichen die Reihen;
- Ihm nachjagte Gefolg', nicht forschend, nicht lange besinnend;
- Nur Del Guasto erblaßt'. Er hob die Hände vor allen
- Ueber das grauende Haupt empor, und jammerte laut auf:
- »Stirb, unglücklicher Greis, eh' brechend dein Auge des Jammers
- Fülle gewahrt! Wagt also ein Herrscher das edelste Leben?
- Nichts gilt Weisheit mehr, nichts warnenden Alters Erfahrung.
- Auf, ihr Tapferen, auf, und rettet den Kaiser! Auch Alba
- Lenke die Reiter heran, zu erringen den herrlichsten Kampfpreis.«
- Also geboth er dem Volk. Im Sturmlauf brachen die Scharen
- Gegen den Feind. Hinflog auf dem schnaubenden Rosse der Herold,
- Gomez, des Feldherrn Wort zu künden dem Heldengebiether,
- Alba, und sieh', nun schwebte der Angst umnachtendes Dunkel
- Ueber dem Christen-Heer', in des furchtbar'n Kampfes Entscheidung!
-
- Ha, schon fiel der Rappe Garzia Lasso's, getödtet.
- Mühend entwand er das Bein dem lastenden Thier, und ihm selber
- Warf jetzt Abu-Sa-id den blinkenden Speer in die Schulter,
- Daß der erhobenen Faust, bluttriefend der Degen entschlüpfte,
- Ihm einbrachen die Knie', und die Augen umhüllete Nachtgrau'n.
- Wieder erhob Scheik Roßlan das Schwert, ihm die Stirne zu spalten;
- Aber da flog aus der Rechte des nahenden Kaisers der Wurfspieß:
- Roßlan röchelt' im Sand', und schnell, noch ehe der Ritter
- Kommende Schar das Weiß' im Auge des Feindes gewahrte,
- Fiel noch Jusuff, und Ismail Beg, und Haroun, der Emir,
- Seines mordenden Stahls Blutgier und der Rechte Gewalthieb.
- Nahend im Flug, und lautaufjauchzend den Thaten des Herrschers,
- Rächten die Ritter zugleich den schwerverwundeten Führer.
- Doch, wie ein mächtiger Schlag des lauterkrachenden Donners,
- Der von des Himmels Rand' auftobte zum finsteren Nordpol,
- Wieder von Osten zurück mit tiefempöretem Ingrimm
- Kehrt, und aus Wolkennacht herrollet im dumpferen Nachhall:
- Also erscholl aus der Ferne heran der mächtigen Rosse
- Donnernder Huf: denn Alba kam mit den Reitern geflogen.
- Und, wie die stürzende Last der Gewitterfluth auf dem Saatfeld
- Plötzlich die goldenen Halme zerschlägt: nicht im Windesgesäusel
- Wogen sie mehr; sie liegen zerknickt, und zerschmettert im Staub dort:
- Eben so ritt hier Mann und Roß das eisengehüllte,
- Kräftige Reitervolk, andalusische Hengst' an die schlanken,
- Zartgestalteten Rosse der Araber, spornend, zu Boden.
- Lautes Geheul erscholl jetzt unter den stampfenden Hufen;
- Ringsum Waffengeklirr und tödlicher Büchsen Geschmetter.
-
- Drüben rang in dem heißeren Kampf Del Guasto, des Fußvolks
- Eiserngeschlossene Reih'n entgegendrängend dem Anfall
- Wüthender Janitschar'n. Jetzt hin, dann wieder herüber,
- Wie in der felsigen Bucht sich drehet die wirbelnde Brandung,
- Wogten die Kämpfenden. Sieh', und er wäre gewichen! Da brachen,
- Fliehend vor Alba's blitzendem Schwert, Arabias Völker
- Durch die Reihen der Janitschar'n; sie schufen Verwirrung
- Rings, und erfüllten Hairaddins Brust mit Wuth und Verzweiflung.
- Furchtbar glühte sein Aug'; er ballte die Faust an der Stirn' hin,
- Hing aus dem Sattel vor, und sann entsetzliche Thaten;
- Doch, von geworfenen Haufen umdrängt, und der Rettung gedenkend,
- Führt' er die Scharen zurück: ihm brauste sein flüchtendes Volk nach.
- Nicht der Sorge vergaß für Garzia Lasso der Kaiser.
- Blutend lag er im Staub, und lehnte das Haupt an den Rücken
- Seines getödteten Thiers. Als nun der Retter vor ihm stand,
- Strebt' er noch den zerschmetterten Leib von dem Boden zu heben,
- Sah durch Thränen ihn an, und lächelte. Jetzo begann er:
- »Herrlich hast du gesiegt, und errettet den Sänger. Von nun an
- Töne mein Saitenspiel nur dir, ruhmwürdiger Herrscher,
- Daß im entzückenden Klang vernehme die staunende Nachwelt:
- Wie du, erhabengesinnt, nach der Bürgerkrone dich sehntest,
- Die, in dem Schlachtengefild', einst Rom dem Retter des Kriegers
- Aus umdrängender Noth um die Heldenstirne geschlungen!«[58]
- Sprach's. Da wandte sich jener behend, die Thräne zu bergen;
- Winkte zugleich, und sanft erhoben die Krieger den Helden,
- Ihn zu entreißen dem Sturm der Geschoß', und eilten in's Lager,
- Daß er, mit Liebe gepflegt, sich freue der holden Genesung.
- Aber auch allen umher den Verwundeten, sagte der Kaiser
- Tröstende Wort', und geboth, was Aller Rettung erheischte:
- Ehrend den Menschen im hohen Gemüth, der vielfachen Jammer
- Duldet, des Vaterlands erhabenem Rufe gehorchend.
- Jetzt ersah er mit Lust, wie schnell die Krieger Toledo's
- Ihm nachbrausten im Feld, des Sieges Preis zu erringen;
- Blößte das Schwert, und rief dann laut dem tapferen Feldherrn:
- »Dort des See's Gestad' entlang beschirme des Heeres
- Rücken mit Muth, und halte dich fest an dem Felsen, dem Fels gleich,
- Den die zürnende Fluth umbraust mit eitelm Getümmel.
- Herrlich strahlt aus dem Sieg das leidenlohnende Ziel dir.«
- Mächtig erschüttert hob die flammenden Augen Toledo
- Nach dem gütigen Herrscher empor, der, ahnend des Herzens
- Schreckliche Qual, mit erhabenem Sinn ihm lindernden Balsam
- Träufelte; ging, und führte sein Volk am Strande des See's hin.
- Wie auf dem Meer der kehrende Schiffer, den in der Sturmnacht,
- Nahe dem schirmenden Port', ein Donnergewitter ereilet,
- Mitten im lauten Gebrüll der hochaufschäumenden Wogen,
- Und in des Todes Grau'n, das rings sich lagert, der Hoffnung
- Sehnsuchtsblick stets fest auf die strahlende Flamme geheftet
- Hält, die hoch auf dem Leuchtthurm nährt die sorgliche Seestadt:
- Also haftete jetzt sein Aug' an den ragenden Felshöh'n,
- Als an dem sicheren Port, in welchem sein Alles gerettet,
- Und geborgen ihm schien, nach dauernden Stürmen des Lebens.
-
- Ach, und hatte die Dulderinn noch des bitteren Kelches
- Letzte Hefen geleert; noch sterbend vernommen den Donner
- Von dem Hügel herab; der Höhle vorüber den Hufschlag
- Feindlicher Ross', und Eil' und Hast unmenschlicher Räuber;
- D'rauf die wilde Losung des Mords, Wuthschrei der Besiegten,
- Jauchzen der Sieger, Geheul Verwundeter, Sterbender Röcheln?
- Doch nur am tauben Gestein, am dunkeln Gewölbe des Grabes,
- Hallte der Jammer hin -- dem Ohre der Todten nicht hörbar.
- Dort, geborgen durch Treu' und Liebe des redlichen Greises,
- Lag sie auf schwellendem Moos', in der hehren Stille der Mondnacht.
- Schneidend' Weh und dumpfes Bangen drängte sich wieder
- Ihr durch Mark und Gebein: denn oft verging sie in Ohnmacht,
- Wachte wieder, und litt. Ach! keine mitleidigen Seelen
- Nähern sich hülfreich ihr in der Stunde der Angst und des Jammers?
- Siehe, und Roma's Stolz, Cornelia,[59] Mutter der Gracchen,
- Schwebte heran! So wie durch leuchtende Scheiben des Fensters
- Dringet der Sonnenstrahl; so dringt ätherisch der Geist auch
- Durch das dichte Gestein. Sie hörte die Jammernde, bebte,
- Forscht' in Hast ringsher: ob hülfekundig ein Wesen
- Athme, ihr Rettung zu bringen? Umsonst! Des Tages Geräusch' war
- Lange verhallt, entfernt die Stadt, und still das Gehölz her.
- Knieend hielt sie das Haupt der Leidenden, und, so verlassen,
- Suchte sie, leidengeübt, ihr Muth in dem Herzen zu wecken.
- Jetzo entwand sich in Weh'n dem Schooße Mathildens ein Knäblein.
- Aber sie legt' ihn matt an die todbleichschwebende Brust hin;
- Griff nach der rieselnden Fluth, und taufte mit zitternder Rechten,
- Ihn in dem heiligen Nahmen des Ein-Dreieinigen Gottes.
- Dann noch fühlte sie tief, im eisigen Schauer des Todes --
- Fühlt' es, mit liebendem Blick nach Oben: ein Himmlischer löse
- Sanft und mild das Band des irdischen Lebens. Ihr Herz schlug
- Immer leiser und leiser. Es stand, und regte sich nicht mehr.
- Schwebend über dem Fels, im hehren Flug zu des Himmels
- Strahlenbahn, noch einmal senkte zur irdischen Heimath
- Sie den verkläreten Blick, und sah am verblichenen Leichnam
- Liegen ihr wimmerndes Kind, und suchen vergeblich um Nahrung
- Dort an der bleicheren Brust umher. Da entstürzten die Thränen
- Ihrem Aug'; doch Thränen der Wonn': im himmlischen Eden
- Harre der zarten Knospe Gedeih'n und Fülle der Nahrung,
- Daß sie entfaltet blüh' in nievergänglicher Schönheit,
- Frische, und Kraft: denn jetzt verlosch auf dem ruhenden Herzen,
- Aehnlich dem Abendstrahl, das mattaufflimmernde Leben.
- Doch, wie ein glühender Docht, der Flamme genahet, sich wieder
- Eilig entflammt: es hüpft die fächelnde Lohe nach ihr hin:
- Wie die getrennte Fluth der bergentsprossenen Quelle
- Schnell den blumigen Hügel umfließt, den sinnig der Gärtner
- Jüngst in dem Lusthain schuf: die beiden Arme, gesondert,
- Streben sich wieder zu einen, und flieh'n im schöneren Lauf fort:
- Wonne, so flog an die Brust der überseligen Mutter
- Nun ein Engel, ihr Kind; umschlang den glänzenden Hals ihr,
- Holdauflächelnd, und lallt' ihr entzückt Willkommen und Gruß nach!
- Aber sie hob ihn empor; sie jauchzte hinauf in den Himmel,
- Eilt', und flog, wie ein Stern hinschwindend im glänzenden Aether,
- Nach dem Gezelt, wo ihr Gatte, versunken in tödlicher Schwermuth,
- Saß, und nach ihr sich sehnt' in unaussprechlicher Rührung.
- Nah' ihm schwebte sie leis': ihr pochte das Herz in dem Busen
- Ob der Erinnerung ihres einstigen Glücks und der Leiden,
- Die sie erduldeten beid', in der Zeit entsetzlicher Trennung;
- Legte den einen Arm um den Nacken ihm, legte das Söhnlein
- Ihm an die Brust. Er stöhnt', und blickt' in schaudernder Ahnung
- Um sich her: ihn ergriff die Näh' unsterblicher Seelen.
- Sieh', ihn herzte das Kind, mit sanftumschlingenden Händchen
- Hängend an seinem Hals, und pressend die Wang' an die Wangen!
- Doch sie sprach ihm leis' an die Seele die Worte des Trostes:
- »Gottes Friede mit dir! Der seligen Wiedervereinung
- Stunde ist nah': denn bald, verhauchend das tapfere Leben,
- Eilst du mir freudig nach in die Segensgefilde des Himmels,
- Wo kein Scheiden mehr ist, kein feindliches Schicksal, kein Tod mehr
- Glückliche Herzen trennt; wo jegliche Thräne versieget,
- Jede Klage verstummt, und Mathild' dein harret mit Sehnsucht.«
- Lispelte so. Sie küßte die thränenumflossenen Augen,
- Leis'erbebend, ihm noch im innigen Kusse der Seelen,
- Und entschwand, mit dem Engel im Arm, noch häufig herunter
- Schauend, verklärt, und strahlender stets, wie ein Blitz in den Lüften.
-
- Dort von des Felsens Höh'n ihr folgten Cornelia's Augen.
- Weinend hob sie die Händ' ihr nach, und sagte beklommen:
- »Vieles duldet' ich einst: mit ehernem Muthe getragen
- Hab' ich den Tod der Söhn', wie es heischte die Würd' und der Ahnen
- Beispiel. Im Busen erglühte mir heiß die Liebe des Nachruhms:
- Mutter der Gracchen zu seyn, und zu heißen der römischen Frauen
- Erst' in der Gegenwart und spät in der kommenden Zeit noch,
- Und mich ehrte mein Volk; doch, sah, bewundernd, ein Aug' hier,
- Welche Qualen sie litt, und wie, in der einsamen Felsnacht?
- Nur das hohe Gesetz des göttlichen Lehrers ihr Leitstern;
- Seine Lieb' ihr Trost; ihr Ziel das bessere Leben.
- O daß ich fern ihm wandelte -- fern, auf dem düsteren Irrpfad!«
- Süßer als Harfengetön im Zauber der nächtlichen Stille
- Scholl aus dem Luftraum ihr der sanfteinladende Zuruf:
- »Schweb' empor, Cornelia! Einst tönt dir aus den Himmeln,
- Wonnig-ersäuselnd, der Born unendlicher Huld und Erbarmung!«
- Wie des Morgens Strahl auffleugt am rosigen Himmel,
- Flog sie empor, auf einem der flammenden Sterne zu weilen,
- Welche, dem Lichtreich nah', im schöneren Laufe dahinzieh'n.
-
- Doch nun drang Toledo, der Held, dem Sturme vergleichbar,
- Der die Heide durchtobt in trüberen Tagen des Herbstes,
- Immer des See's Gestad' entlang zum Felsen hinüber.
- Freudig brausten die Scharen ihm nach. An dem edelen Feldherrn
- Hing mit Liebe das Volk, der, immer so kühn, in Gefahren
- Ruhm sich errang, und Ruhm und Ehre gewährte dem Krieger.
- Schon erblickt' er das Ziel; doch, ach, von Schauder ergriffen,
- Sah er zugleich unendliche Macht der feindlichen Reiter,
- Spähend, umstellen den Fels, geführt von dem schrecklichen Dragut!
- Lautaufseufzte der Held: er wähnte verrathen des Felsens
- Dunkele Höhl', und ihm entrissen das edelste Kleinod.
- Dragut gewahret' ihn auch, und sann: ob er dem Verhaßten
- Nahe, ob nicht? Doch schnell gedacht' er der List, und urplötzlich
- Jagt' er davon, zum Hinterhalte die Feinde zu locken.
- »Tapferer Greis,« so rief Toledo dem römischen Feldherrn,
- »Sey des Volkes leitender Hort! Verfolge die Gegner
- Rasch hin, bis ich die Gattinn erlöst' aus dem bergenden Fels hier,
- Und mit Kurd, dem edelen Freund, entsandt' in das Lager:
- Denn mich heißet die Pflicht noch fürder im Kampfe zu stehen.«
- Freudig gehorchte der tapfere Greis, Ursini. Des Jünglings
- Feuer beseelt' ihm die Brust: er eilte dem fliehenden Feind nach.
- Wie die Löwinn, die erst auf dem Lager die Jungen zurückließ,
- Hörend des Panthers Gebrüll fernher, schnell wieder zurückkehrt,
- Vor die Höhle sich stellt, und harret des kommenden Gegners:
- Denn sie vertrauet dem Muth und der siegenden Stärke: so muthig
- Blickte Toledo umher (nicht Tausenden wär' er gewichen)
- Sprang aus dem Sattel mit Kurd, und legte mit zitternden Händen,
- Nahe dem Felseingang, die blinkenden Waffen dann nieder;
- D'rauf, nicht ahnend im Geist die entsetzliche Nähe des Jammers,
- Half er dem treuen Gefährten, und hob, und wälzte vom Eingang,
- Stöhnend, den mächtigen Block, und räumete Schutt und Gesträuch weg.
- Weit aufgähnte die Höhl'. Er stieg: »Mathilde! Mathilde!«
- Rufend, hinab. O Jammer, da sträubten, wie Stacheln des Igels,
- Ihm von der Scheitel die Haare sich auf. Ein Schrei des Entsetzens
- Schmettert' aus seiner Brust; weit vorgebogen, und krampfhaft
- Faltend die Händ' an der Stirn', hinstarrt' er mit leblosen Augen --
- Starrt', und sah die Gattinn entseelt auf dem Boden, und ihr gleich,
- Schlummernd an holder Mutterbrust den lieblichen Säugling.
- Leis' nur athmet' er noch, und sank erblassend zusammen.
-
- D'rüben lag Ursini dem Feind, verfolgend, im Rücken.
- Unablässig erkrachte das Rohr, und säte Vernichtung
- Unter die fliehende Schar; doch plötzlich brach vom Gehölz her,
- Lauernd im Hinterhalte, der Feind auf den Sieger, und sandte
- Zahllosschwirrende Pfeile heran. Da wandte sich Dragut
- Eilig zu seinem Volk, und rief mit grimmigen Blicken:
- »Jetzt umzingelt sie schnell. Sie sollen den Frevel mir büßen,
- Den ihr Führer verübt'. Und, ha, nicht erseh' ich ihn drüben
- Unter der Schar! Hat etwa der Unsern Geschoß ihn ereilet,
- Oder, wich er feige zurück, weil Dragut ihm nahte?«
- Flugs umbrausten mit wildem Geschrei die maurischen Reiter,
- Dragut folgend, und flugs numidische Horden, die Christen.
- Aber der tapfere Greis, dem jetzt die feindliche Kugel
- Stürmend die Rechte durchfuhr, erhob mit der Linken den Degen,
- Ordnete schnell die Reihen, und rief den Geordneten: »Feuer!«
- Denn sie hatten gezielt: da feuerten alle mit einmal
- Ihre Gewehr' ab: sie krachten, durch Rauch und Flammen versendend
- Furchtbare Kugelsaat zur blutigen Ernte des Todes.
- Schnaubend prallten die Rosse zurück; der wilde Numider
- Wankte; von Schrecken betäubt, verweilte der maurische Reiter.
- Nun gedacht' Ursini der Flucht, der rettenden. Fliehend
- Drängt' in das Feuerrohr der Krieger des Todes Geschosse;
- Stellte sich wieder, ereilt, und trieb die stürmenden Haufen
- Mordend zurück. Doch wie der Staar' unzählige Scharen,
- Lüstern nach Traubenblut, die Rebenhügel umflattern:
- Weder der Hüther Geschrei, noch die rastlos tönende Klapper
- Scheucht sie völlig hinweg -- stets kehren die Lästigen wieder:
- Also umschwärmte der Feind die Fliehenden: Manchem das Leben
- Raubend mit tödlichem Stahl, und fernhin scholl das Getümmel.
- Dragut sah, erstaunt, die Waffen Toledo's am Boden
- Liegen. Er sprang voll Hast aus dem Sattel, und stieg in den Felsschlund
- Rachebeflügelt hinab. Sein spähendes Auge gewahrte
- Bald den Ersehnten im Grabesgewölb', und er jauchzte vor Wuth auf;
- Aber sein Flammenblick, den starrenden Blicken Toledo's
- Folgend, sah die entseelete Frau. Da faßte des Todes
- Schauer ihn an: der Laut erstarb auf den Lippen ihm; wankend
- Sucht' er des Tages Licht, und stöhnte noch laut vor Entsetzen.
- Schon braust' ihm sein Volk entgegen im schmählichen Rückzug,
- Von dem Feinde gejagt: denn Alba's siegende Reiter
- Brachten Ursini's umstürmter Schar ersehnete Rettung.
- Dragut schwang sich behend auf's Pferd, zu entkommen den Augen
- Hairaddins, daß er nicht feig ihn heiße, die blässeren Wangen
- Schauend im Waffenfeld: nicht ahnend, was ihn betroffen.
-
- Muhamed, der die Wälschen umdrängt, in grauser Verfolgung
- Weichen sah, erregte den Muth des flüchtenden Herrschers,
- Hairaddin, kühn zu besteh'n des Kaisers anstürmende Heersmacht.
- »Wie,« so rief ihm der Geist, »du, Hairaddin, schrecklicher Krieger,
- Wendest den Rücken dem Feind'? Erschlafften des tapfersten Herzens
- Schwingen so ganz, daß es scheu vor Schlachtengetümmel zurückbebt?
- Auf, und versuch' erneueten Kampf: denn Siegesgejauchz' tönt
- Dort von des See's Gestad', wo Dragut, der Schreckliche, kämpfte!«
- Hairaddin horcht', und vernahm fernher Getümmel und Schlachtruf.
- Donnernd schrie er den Flüchtenden: »Halt!« und stellte die Haufen
- Gegen des Feindes Macht mit kampfanbiethender Stirn auf.
- Auch das Siegel von Gold, das hell an der tapferen Brust ihm
- Schimmerte, sandt' er an Dragut hin: ein furchtbares Zeichen
- Großer Gefahr, und des Ungehorsams dräuender Strafen,
- Daß er ihm eine die Macht. Wie auf Windes Flügeln enteilte --
- Spornte das Roß Ben-Dar, der Araber, der ihm ein Liebling
- War vor allen im Heer' mit dem kühnvordringenden Kampfmuth.
- Aber vergebens spornt' er das Blut aus den Seiten des Renners;
- Hairaddin forschte nach Dragut umsonst: denn, fern von dem Schlachtfeld,
- Nahet' er schon im Flug den Thoren von Tunis, getrieben
- Von entsetzlicher Angst. Ihm keuchte sein bebendes Volk nach.
- Wie, verirrt auf Sibiriens schneeiger Heide, der Weidmann
- Aengstlich forschend sich müht, den ihm entschwundenen Heimweg
- Wieder zu finden, und jetzt am Rande des Himmels ein Wölkchen
- Leis' aufschwebt: da wähnt' er, getäuscht, die trauliche Hütte
- Sey es, und freut sich der Gattinn schon und der harrenden Kindlein;
- Aber das Wölkchen schwand, und trostlos kehrt ihm der Abend:
- Also getäuscht sah Hairaddin unmuthsvoll zu dem Seestrand
- Forschend hinaus: denn fern' ihm floh die ersehnete Kriegsschar.
- Sieh', und jetzt durchtobte zugleich das entsetzliche Schlachtfeld
- Lärmenden Sieges Getös', und Flucht und grause Verwirrung!
- Dort brach Lichtsteins Volk, des herrlichen Schanzenerstürmers,
- Jauchzend heran, und hier ihm brauste, dem wilden Orkan gleich,
- Alba's siegende Macht entgegen. Er blickte verzweifelnd
- Um sich her, und geboth den bebenden Scharen den Heimzug.
- Mordend folgten die Sieger ihm nach. Vom Blute geröthet
- Wies sich den Kehrenden weit die siegverherrlichte Laufbahn.
-
- Nahe dem Felsenschlund saß Kurd. Er senkte die Augen
- Tief zur Brust, und schimmernde Thränen benetzten sein Antlitz,
- Als der Kaiser an ihm vorüberzog in dem Siegslauf.
- Dieser sprengte das Roß jetzt näher, und forschte mit Sorgfalt:
- Was ihn betrübt'? Doch Kurd erhob sich, und führte den Herrscher
- Ein in des Grabes Nacht, in die Wohnung unsäglicher Trauer.
- Dort erbebte sein fühlendes Herz des Menschengeschickes
- Nächtlichstem Bild. Er schwieg; doch dringender Hülfe gedenkend,
- Faßt' er Toledo am Arm, und stieg in die Helle des Tages
- Rasch mit dem Wankenden auf; dann rief er dem treuen Gefährten:
- »Kurd, erhebe dich schnell, und häufe die Trümmer mit Vorsicht
- Auf an dem Schlund: denn bald erhöh'n wir, als Sieger, Mathildens
- Denkstein, der ihr Trauergeschick verkünde der Nachwelt,
- Und an den Wechsel des Erdenglücks den Sterblichen mahne!«
- Also geschah's. Doch heim zu dem Zelte des gütigen Kaisers
- Schritt mit Toledo das trauernde Roß; er lenkte das eig'ne
- Sorglich ihm an der Seit', und sann voll Huld auf dem Heimweg,
- Wie er das leidenerstarrete Herz zum Leben erwärme?
- Und der ersehnete Abend sank. Die kehrenden Scharen
- Eilten mit Siegesgesang, vom Gewirbel der drönenden Trommel
- Und Drometengeschmetter umtönt, zurück nach dem Lager.
- Weithin dehnte sich schon der riesige Schatten der Krieger
- Und der Ross', auf dem Sand. Die Sonne blickte noch einmal
- Ueber des Meer's hellschimmernde Fluthen herüber, und sandte
- Scheidend, aus Rosengluth, auf den Fittigen säuselnder Lüftchen,
- Endlich die Labung dem Heer' in der mildumschmeichelnden Kühlung.
-
-
-
-
- Zehnter Gesang.
-
-
- Noch umhüllete Nacht mit finsterem Schleier Goletta's
- Schweigende Flur; nicht sanftaufdämmerndes Roth an des Ostens
- Duftigem Himmelsthor, nicht Geflister der lieblichen Sänger
- Kündigte noch das Erwachen des Tag's aus schauernden Zweigen,
- Als im erleuchteten Zelt der Kaiser mit seinen Erwählten,
- Doria, Guasto, und Eberstein, im wichtigen Kriegsrath
- Saß, und Jegliches ordnete, nun zu erstürmen die Festung.
- Näher gerückt war ihr das schanzende Volk, und gewahrte
- Jetzo gerechtes Ziel, die furchtbare Bombe zu schleudern.
- Mächtige Schlünde, den Kriegern genannt die »Mauerzertrümmrer«,
- Sah'n aus dem Schanzkorb schon zur Veste hinüber, und ringsum
- Lagen am Wall Sturmleitern gehäuft. Entlassend die Helden
- Aus dem Gezelt, sprach noch der erhabene Kaiser mit Nachdruck:
- »Segen des Himmels mit euch! Bald soll in heißeren Stunden
- Sturmdrometender Ruf vor Goletta's Mauern uns einen.«
- Doria eilte zum Meeresstrand, zur spähenden Vorhuth
- Guasto; nur Eberstein stand noch, und sagte bekümmert:
- »Nagender Gram erfüllet die Brust der Deutschen; sie klagen:
- Nur Hispaniens Söhn' und Wälschlands theilten Gefahren,
- Ruhm und Ehre mit dir; sie stünden vergessen im Lager,
- Minder geachtet im Heer und deines Vertrauens nicht würdig.«
- Lächelnden Blick's, doch sanft verweisend, entgegnete jener:
- »Häget des muthigen Volkes Hort den nagenden Unmuth
- Auch in der tapferen Brust? Nicht vorlaut tadle der Krieger,
- Was ich im ernsten Gemüth, auf Jegliches achtend, beschlossen.
- Spanier, Wälsch', und Deutsche, sie all' sind theuere Kinder
- Mir, und jen' errangen sich schon erfreuenden Siegsruhm;
- Aber noch höheren Muth erheischt, im Felde der Waffen,
- Winkend zu Thaten, das höhere Ziel. Bald sollt ihr ersehen,
- Ob ich dem Deutschen vertraut', ein Deutscher, und dankend mich ehren.«
- Freudigen Blick's enteilte der Held, den harrenden Brüdern
- Tröstend zu nah'n, und zu ordnen die Scharen zum Sturme Goletta's:
- Denn schon wüthete ringsumher des eh'rnen Geschützes
- Furchtbar donnernde Macht. Bald hier von den kreisenden Schanzen;
- Bald von dem Meerstrand dort, hinsausten die schrecklichen Kugeln.
- Aber nicht minder zurück vom Walle der trotzenden Festung
- Sausten im Donnerlaut die schmetternden hin und herüber:
- Bebend drönte die Erd', aufheulte der flammende Luftkreis.
-
- Hannibal sah vom Gewölk die Christen im mächtigen Vortheil;
- Sah nach Goletta hin die Donnerschlünde gewendet,
- Ringsum Gedräng' und Hast, das herrliche Ziel zu erringen,
- Und erbebte vor Zorn. Der Kampferfahrne gedachte
- Jetzo der List, und flog nach der Veste hinüber, wo Sinam
- Erst auf dem Rasen des Walls entschlummerte, sorgenermüdet:
- Denn in dem nächtlichen Grau'n vernahm er Getös' in den Schanzen,
- Und entsandte die Späher sogleich. Nun sah er im Traumbild
- Rings versinken den Wall umher, und die Mauern Goletta's
- Stürzen, zertrümmert, in Staub, daß furchtbar gähnte der Abgrund.
- Krampfhaft faßt' er den Rasen, und stöhnt', als Hannibal jetzt ihn,
- Leise genaht, aufboth mit den mutherregenden Worten:
- »Sinam, du ruhest dahier, ein Träumender? Schande dem Trägen!
- Sieh' schon wühlte der Feind, wie im nächtlichen Boden der Maulwurf,
- Viel verzweigte Gänge sich bahnt, Laufgräben von Neuem,
- Gegen die Veste sich auf; er häufte die Schanzen, und führte
- Riesenschlünde heran, zermalmenden Donner zu wecken!
- Schwand dir völlig die Kraft, Abwehr zu ersinnen und Kriegslist?
- Wie, wenn Tapfere, nur das Geschütz zu verderben, entschlossen,
- Hastig am Zündrohr dort einkeilten den eisernen Nagel
- So, daß im weicheren Erz die scharf gehämmerten Kanten
- Hafteten, und der Entschluß Errettung schaffte den Eu'ren?
- Auf, und erwäge die That: dem Kühnen gesellt sich das Glück nur!«
- Sinam entfuhr dem Rasen voll Hast, und dachte verwundert:
- Ob er geträumt -- ob Gottes Prophete den kühnen Gedanken
- Ihm in die Seele gelegt? Doch als er die Späher vernommen,
- Flog er zu Giaffar hin, und sagte mit leuchtendem Antlitz:
- »Tapferer Aga, vernimm mit Staunen, was Gottes Prophet' erst
- Mir an die Seele gehaucht, im sinnebetäubenden Schlummer!
- Wieder gelang's, so melden die Späher, dem Feinde, Goletta's
- Mauern durch Schanzen zu nah'n: uns droht gewisses Verderben
- Heute noch, wo uns nicht rettet der Muth und entschlossene Kühnheit.
- Auf zu dem herrlichsten Sieg! In der glühenden Stunde des Mittags,
- Wenn, ermattet, die Fremdlinge ruh'n, bestürme die Schanzen
- Du mit erlesenem Volk. Das schwere Geschütz zu verderben,
- Hastig am Zündrohr dort einkeil' es den eisernen Nagel
- So, daß im weicheren Erz die scharfgehämmerten Kanten
- Haften, und uns hinfort die Vestezertrümmrer nicht schaden.
- Groß ist des Sieges Gewinn, und dein: unsterblicher Nachruhm!«
- Giaffar blickte mit Ernst dem stattlichen Schirmer Goletta's
- Lang' in die flammenden Augen, und sprach, als jener verstummte:
- »Nicht Unwichtiges sann, du Tapferer, jetzo dein Geist aus;
- Oder dir nahte der große Prophet, wie du sagtest, in Wahrheit,
- Sturm gebiethend, und dort das Vernageln des Donnergeschützes,
- Wo in den Schanzen umher unzählig die tapferen Völker
- Wachen! Aber, wohlan: nie bebte des Kampfes Gefahren
- Giaffar noch, und sollt' er im Sturm auch fallen, er bebt nicht!«
- Also enteilt' er sogleich, und rief die kühnen Gefährten,
- Jauchzend, zum Sturmgang auf; doch Sinam sah ihm erstaunt nach.
-
- Schon entfloh'n die Schatten der Nacht; der freundliche Morgen
- Streuete Rosen umher an des hellaufstrahlenden Ostens
- Goldenem Thor, und mit glühender Stirn' erhob sich die Sonne,
- Froh zu durchlaufen die Bahn in des Weltalls endlosen Räumen;
- Aber nicht lange, so fleugt vor ihrem Blicke Verderben,
- Jammer, und Tod aus den furchtbar'n Gluthgefilden der Wüsten
- Ueber die Christen heran: denn schon empöret der Windstoß,
- Wirbelnd, den flimmernden Sand; weit gährt, und zischet die Meersfluth.
- Wer entflammte den Unhold dort, dem Heere der Christen
- Tödlich zu nah'n? Wer stand ein Rettender über dem Kriegsheer?
- Muhamed saß, ergrimmteren Blick's, auf dem goldenen Halbmond,
- Der von den Zinnen des Minarets, des wolkengethürmten,
- Ueber die mächtige Stadt hinschimmerte, Moslems zur Wonne.
- Wie Gewittergewölk auf das Hochgebirge sich lagert:
- Gährende Blitz' umröthen den Saum des finster'n, und furchtbar
- Droht in die Thäler herab sein bald erkrachender Donner:
- Also saß er erhöht auf dem Thurm. Die Schanzen gewahrend,
- Dacht' er Goletta's Sturz, und der Feind' unendlichen Sieg'sruhm --
- Dacht' es, und knirschte vor Wuth, und wühlte mit zuckender Rechten
- Dann in dem Busen; die Linke zerkrümmte die Hörner des Halbmonds.
- Jetzt auffuhr er in Hast. Wie aus tiefen Träumen erwachend,
- Starrt' er umher, und winkte den ringsumschwebenden Geistern:
- Attila selbst, mit dem wilden Gefolg, dann seinen Erwählten;
- Jetzt auch Hannibals Schar: denn er umschwebte Goletta's
- Mauern, und harrte des Kampfs im schlündeverderbenden Anfall.
- »Mir nach,« rief er der Geisterschar, »Aethiopiens Scheusal
- Beut uns schreckliche Macht zur Rach', in des Feindes Vernichtung!«
- Und sie entflogen all' im Schrei des empöreten Ingrimms.
-
- Ueber Zender und Gingir[60] hinaus, wo rings um den Erdball
- Sich der Gleicher[61] schlingt, gleich fern von dem Süd- und dem Nordpol
- (Denn so ersann der stern'erforschende Weise das Zeichen:
- Ahnend der Erd' Umschwung um die eigene Achse, mit jenem
- Schräg' an der Sonn' umher, in des Jahrs umrollenden Tagen)
- Dort in Afrika's Schooß, wo im öden Gefilde nicht, schattend,
- Säuselt der Baum, nicht liebliches Grün entzücket die Augen,
- Und von dem Flammenthron, senkrecht, versengende Strahlen
- Schleudert die Sonn' auf den kochenden Sand, der ewig der Wüsten
- Unermeßlichen Raum in des Todes Trauergewand hüllt:
- Dort umstarrt, gen Himmel gethürmt, ein Felsengebirg rings
- Ein entsetzliches Thal, wohl hundert Meilen im Umkreis.
- Nicht die Gems' mit dem eisernen Muth und den ehernen Klauen,
- Fänd', aufklimmend, Bahn an der steilaufragenden Felswand,
- Und aus der Tiefe herauf, die gräulich, vom Donner gespalten,
- Gähnet, erhebt sich ein Flammenmeer, und wirbelt, und brauset
- Auf zu des Kessels Rand, vom kochenden Schwefel und Erdharz
- Unversiegend genährt. Doch weh', wenn, übergefüllet,
- Ihm entstürzet die Fluth! Da erbraust urplötzlich der Luftraum;
- Weit erbebet die Erd'; aufhebt sich des Windes Vermögen:
- Säul' an Säule gedrückt, fortstürzt er im Flug um den Erdball.
- Wenn er vom Mittelmeer nach Hesperiens Zaubergefilden
- Fleugt: da glühet sein Odem noch, und erschlaffet die Menschen,
- Trübumwölkten Gemüth's. Umkreist er aus Süden des Nordpols
- Eisige Stirn: da deckt der glänzende Reif ihm die Schwingen,
- Und er schüttelt uns Schnee und den blütheverderbenden Frost her;
- Aber, im schnelleren Flug durchbrausend des rosigen Aufgangs
- Fluren, und d'rauf, heimkehrend im Sturm, von des Abends Gefilden,
- Haucht er den Regen heran, den dauernden, der aus dem Weltmeer
- Dunstgeboren sich hebt, und die schimmernden Lüfte verdüstert --
- So wie im Gegenlauf, an des Altais[62] Höh'n, und des Urals[63]
- Oestlichem Rücken erfrischt, er die Regengewölke verscheuchet
- So, daß lieblich und kühl die Bläue des Himmels herabglänzt.
- Also kehret er stets nach den grau'numhüllenden Felshöh'n
- Wieder, an welchen er ruht, und die Lüft' umschwimmen im Gleichmaß.
-
- Dorthin, glühend vor Hast, kam Muhamed jetzt mit den Scharen
- Zahlloser Geister, und hieß sie, mit drohendem Winke der Brauen,
- Schnell umringen den Saum des furchtbarn Felsengebirges;
- Aber er stand. Ihm leckten die dunkelgerötheten Flammen,
- Prasselnd, die Füß', und floh'n, und kehrten in wirbelnden Wogen.
- Finster blickte sein Aug', und glüht' im Glanze des Feuers
- Schrecklicher noch, da er laut erhob die gewaltige Stimme:
- »Seht, Erwählte des Ruhms, vor allen Scythia's Helden,
- Welchen des Südens Wundergebieth erst heute sich aufhellt,
- Hier im flammenden See den Samyel[64] -- Völker erbeben
- Schon dem Nahmen allein des todaushauchenden Unholds --
- Lauern! Er mordet, geweckt, das Leben; im sausenden Eilflug
- Hebt er die Wüst', und stäubt sie empor in die Lüfte: sie wandelt
- Hoch in dem Wolkenreich, nun schnell, nun zögernder vorwärts
- Schreitend die Bahn, und deckt, entstürzend, mit thürmenden Bergen
- Weit die Gefilde. O seh't, o seh't, nach Sahara hinüber!
- Dort in dem Sandmeer wallt, verschmachtenden Herzens, seit Monden
- Schon Karawanengefolg' den heimischen Fluren entgegen;
- Weh', und Araber sind's, mein Volk! O, nimmer erblicken
- Sie das Heimathland! Von sinkenden Hügeln begraben,
- Schwinden sie all': ein Schauspiel noch entfernten Geschlechtern,
- Wenn verweht die Hügel entflieh'n, und die Starren enthüllt sind.
- D'rum jetzt Rache verübt, die schrecklichste, die noch verübt ward,
- Dort an der christlichen Heeresmacht, der zahllose Moslems
- Schon erlagen im Kampf für den welterleuchtenden Koran,
- Für errungenen Ruhm, und die völkerverschlingende Herrschaft.
- Stürzet vereint in den Flammensee, und empört der Vernichtung
- Gährende Fluth noch mehr, daß selbe nach Tunis hinüber
- Sende den Samyel, der, verschonend die tapferen Moslems,
- Tilge sogleich die Ungläubigen dort mit erstickendem Gluthhauch.«
- Siehe, da stürzten sich all', empört von dem schrecklichen Herrscher,
- Jauchzenden Ruf's in den Flammensee. Sie tauchten hinunter
- Bis in des Abgrunds Nacht, und fuhren herauf, und erregten
- Also die Fluth, daß Wog' auf Woge geschleudert dahinsank.
- So, wie der Schilfteich braust, wenn plötzlich auf ihn des Orkans Wuth
- Niederstürzt vom Gewölk, und rings die umufernden Dämme
- Ueberfluthend, ergeußt sein dunkles Gewässer: so stürzte
- Von dem Felsen die feurige Fluth. Entsetzlich zu schauen!
- Himmel und Erd', im furchtbar'n Wuthkampf ringend; die Sandwüst'
- Wandelnd in Wolkenhöh'n, und der todaushauchende Gluthwind
- Prasselnd im Sturmesflug nach dem Lager der Christen hinüber,
- Drohten der zitternden Welt die Schrecken des letzten der Tag' an.
-
- Doch, auf Goletta's Wall stand Giaffar, herrlichgerüstet,
- Schon vor den Reihen der Janitschar'n. Sie staunten dem Hauptschmuck,
- Der von des Tulbans Bund herschimmerte, zierend des Reihers
- Schneegefieder, und gleich dem Fittig des Aars, sich entfaltend;
- Staunten des Säbels Gehäng', voll blitzenden Edelgeschmeides,
- Den Suleyman ihm both, der Prächtige, als er vor Rhodus
- Ruhm sich erwarb, im Sturm durchbrechend das eiserne Seethor.
- Nie gewahrt' ihn das Volk so reichgeschmückt in dem Feld noch.
- Jetzo mit leuchtendem Blick' erhob er die mächtige Stimme:
- »Hört mich, Söhne des Siegs! Schon oft erlagen im Schlachtfeld
- Eurem schrecklichen Arm die Ungläubigen; aber er wüthe
- Heute noch mehr, als dort im Süden der wilde Hamaddan,[64]
- Der im Feuergewölk auffleugt, und mit glühendem Odem
- Bald das Lebende tilgt. Auch tödte sie Gram und Verzweiflung,
- Jetzt in dem Ueberfall ihr Geschütz vernichtet zu schauen.
- Auf, und erringet des Sieges Preis, nicht der sinkenden Brüder
- Achtend! Falle wer muß: nur mögen die Seinen ihn rächen!«
- Also entflammt' er das Volk. Da scholl, wie brandender Wogen
- Rauschen im Meeressturm, und das Brausen im dunkelen Eichwald,
- Den der heulende Nord durchtobt, des stürmischen Volkes
- Wuthausruf, von Goletta's geöffnetem Thore; da rannten
- Alle voll Hast nach der Schanze hinaus, die Ludwig, als Feldherr,
- Strahlend in Jugendglanz, mit den niederländischen Helden
- Und Lusitania's tapferem Volk, krieg'skundig beschirmte.
- Dort war lautes Getös', war Rufen. Zur muthigen Abwehr
- Eilte das Volk; doch unaufhaltsam, die Schanzen entlang hin --
- Nicht des hagelnden Donnerrohr's, nicht der sinkenden Brüder
- Achtend, drangen die Wüthenden auf, und ihr gieriger Aarblick
- Hing an den ehernen Schlünden allein. Ach, sieben umringten
- Sie, vorstürmend in Hast! Bald töneten schmetternde Hämmer
- An dem geflachten Kopf der eisernen Nägel: sie drangen
- Fest in das weichere Erz, des Zündrohrs Höhle verkeilend,
- Und zerstörend des Feldzeugs Macht mit den schneidenden Kanten.
-
- Jetzo wäre noch mehr des schrecklichen Frevels geschehen;
- Aber schon kam, und schrie Lusitania's Zierde den Scharen:
- »Brüder, hört! So ihr feig nicht rächet den schändlichen Frevel,
- Welchen der Feind verübt', entsag' ich dem Stabe des Feldherrn
- Jetzt, und hinfort, den mir der edelste Herrscher vertraute,
- Euch zu lenken im Waffenfeld zu Thaten des Ruhmes.
- Ha, willkommen der Tod, wo Schande, nicht Ruhm, mir zu Theil wird!«
- Alsbald stürmt' er vor, und hieb mit dem sausenden Mordstahl
- Ein in die Scharen, daß links und rechts die Getödteten sanken.
- Wie in dem dunkelen Forst, im Gebell verfolgender Rüden,
- Schnaubend daher ein Eber fleugt: er suchet des Dickichts
- Rings umschattende Nacht, und mäht mit den schrecklichen Hauern
- Nieder die schlanken Stämme -- dem Wüthenden sinket der Wald hin:
- Also stürzete Mann auf Mann des Heldengebiethers
- Würgendem Schwert. Sein Volk, vernehmend den schrecklichen Vorwurf --
- Schauend den Helden im Kampf, schnob Rache. Nicht Büchsengeschmetter,
- Sausen des Säbels und Speers war jetzt zu vernehmen: die Krieger
- Faßten den Lauf des Feuerrohr's, und schlugen, und drängten,
- Mordend, die Feinde vom Wall. Sie floh'n, und Sterbender Röcheln
- Scholl aus dem Graben herauf. Doch bebte das Herz in dem Busen
- Giaffars nicht; er einte die Fliehenden schnell, und gedachte
- Jetzt verderbender noch in den Schanzen des spanischen Volkes,
- Wüthend im Ueberfall, den ehernen Schlünden zu nahen.
- Siehe, da schwebt' aus Wolkenhöh'n im brausenden Flug' ihm
- Attila näher, und schalt im Geistergelispel ihn also:
- »Trotzest du nicht auf Kraft und Stärk' in dem Heere vor allen?
- Aber nur eitelen Trotz, nicht Thaten gewahrte das Heer noch.
- Kehre zurück, und ford're die tapfersten Gegner zum Zweikampf:
- Ob nicht der Feldherr selbst, im glühenden Muthe der Jugend,
- Dir sich stellt, und erliegt, und zur Sonne dein Nahme sich
- aufschwingt?«
- Giaffar stand, und sann: »Heut hol' ich,« so rief er, »den Tod mir,
- Oder den herrlichsten Ruhm. Drometer, gebiethe den Stillstand!«
- Fröhlich ertönte das Erz, und Ludewig, kundig der Ritter-
- Sitte, horchte dem ehernen Ruf', und hemmte die Seinen.
- »Wer sich von euch,« schrie Giaffar laut, »im Heere vor allen
- Tapfer erwies, der trete hervor, und stehe zum Kampf mir,
- Einzeln dem einzelnen Mann, so wie einst in der schöneren Vorzeit,
- Schild auf Schild, nah' an, die muthigen Helden sich trafen,
- Eh' noch Pulver und Blei, o Schmach, aus der Ferne den Tapfer'n
- Tückisch zu Boden schlug, und dem Feigeren schonend vorbeiflog!
- Keiner besorge mir Trug und Hinterlist. Ehre gewinnen
- Will ich nach Ritterbrauch: deß ruf' ich Allah zum Zeugen.«
-
- Grimmig schritt Alfred, der niederländische Hauptmann,
- Gegen ihn vor, deß' Riesenkraft in dem Heere gerühmt war --
- Stand, und führte den Streich: doch Giaffar schlug ihm das Eisen
- Aus der erstarrenden Faust, daß es blitzend am Sande dahinfuhr.
- Raubet' er jetzo vielleicht dem wehrlosen Christen das Leben?
- Nein: denn edeler Stolz erfüllt' ihm die Seele mit Großmuth.
- Schnell barg er das blitzende Schwert in die Scheid', und es faßten
- Beide Kämpfer zugleich mit festumklammernden Armen
- Eisern sich an, und beugten einander gleich ringenden Bären,
- Pressend die Brust an die Brust, zur Rechten, zur Linken, daß beiden
- Knirschte der Rücken, und Schweiß von den Gliedern in Strömen herabrann.
- Jener gedachte der List, und schlug von hinten dem Türken
- Rasch mit der Ferse die Beuge des Knie's: ihn niederzustürzen;
- Aber Giaffar stand wie die Eiche so fest auf dem Boden.
- Jetzo, der Uebermacht sich bewußt, und zürnend der Arglist,
- Hob er den Gegner empor, und drückte mit eisernen Sehnen
- Ihn stets fester zur ehernen Brust, daß er, odemberaubet,
- Dort verhauchte den Geist: aus seinen eröffneten Armen
- Fiel er, langgestreckt, auf den Sand. Wie im Schimmer des Abends,
- Lauernd, die Riesenschlang' vom Wipfel des Baums, auf den Tieger,
- Der ihm vorüberzieht, urplötzlichen Flugs sich hinüber
- Schwingt, ihn schnell umringelt, und dann zum schütternden Stamm zieht;
- Wie er auch brüllt, und sich mühet, der klemmenden Reife nur einen
- Fest mit den Zähnen und Klau'n zu fassen -- umsonst: sie erwürget
- Ihn an dem Stamm', daß ihm laut zerkrachen die Knochen: so würgte
- Giaffars mächtiger Arm den Gegner, und streckt' ihn entseelt hin.
- Ganz unduldbarer Schmerz ergriff des tapferen Ludwigs
- Brust: er schrie laut auf, und stürzte dem Türken entgegen.
- Sieh', da nahte, gelockt von des Kampfes Getöse, der Kaiser,
- Und erstaunte, wie dort Lusitania's herrlicher Sprößling
- Kühn in die Schranken trat mit dem stärkeren Gegner! Ihm schwebte,
- Angstgeweckt, auf die Zung' ein Laut, der muthige Krieger
- Hätte gerufen zum Kampf und zur Rettung des trefflichen Jünglings;
- Aber er hemmt' auf der Zunge den Laut, daß unrühmliches Mißtrau'n
- Nicht mit giftigem Zahn, wie der Borkenkäfer im Hochwald
- Sprossende Bäume zernagt am Mark, daß sie, trauernd, verdorren,
- Ihn verwundete. Doch wie erblick' er den Stahl in den Busen
- Seines Lieblings versenkt, und dampfend vom Blute des Theuern?
- Dennoch beherrscht' er die Angst, und sah vom gehügelten Erdwall
- Nach dem Waffengefild', ein Sinnender, schweigend hinüber.
-
- Giaffar, stolz des sicheren Sieg's, gewahrte den Jüngling,
- Lächelnd: er pries nun Gott, und dankte dem großen Propheten,
- Der den blühenden Fürstensohn ihm entgegengeführt hat;
- Doch, da er jetzt, wie ein junger Leu dem stärkeren Panther
- Kühn entgegen sich wirft, im schimmernden Felde der Waffen,
- Ueber den blanken Helm den Degen erhebend, daherkam,
- Und sein Blick, mit des Todes Schrecken bewaffnet, ihn faßte,
- Ha, da pocht' ihm das Herz, ergriffen von heimlichem Schauder!
- Nun das glühend' Aug' auf das Auge des Gegners geheftet --
- Vorwärts stemmend den rechten Fuß im knisternden Sandstaub,
- Strebten die beiden, ergrimmt, die tödlichen Streiche zu führen,
- Und es erbebte die Luft dem rastlos sausenden Mordstahl.
- Da von dem Helm, und dort von dem Stirnbund, Panzer, und Leibrock
- Wußte der Kämpe, gewandt, die Waffe des Kämpen zu fernen:
- Jetzt auffangend den Hieb, und jetzo vereitelnd den Herzstoß.
- Und so hätte die sinkende Nacht allein, in dem Dunkel,
- Heute die Helden getrennt, nicht des Sieg's entscheidender Vortheil;
- Doch als Giaffars Arm zum schrecklichsten Schlage den Säbel
- Hoch aufschwang: da kreischete Ludwigs blitzender Degen
- Laut, an des Säbels Kling' abgleitend; da bohrte den Mordstahl
- Sein nachstürmender Arm ihm tief in die pochende Brust ein.
- Rücklings stürzte der stattliche Held; hoch spritzte der Sand auf,
- Als er sank, von der Hand des tapferen Jünglings getödtet.
- Aehnlich der Fichte lag er, die erst die nächtliche Windsbraut
- Krachend dem Boden entriß; der Weidmann schauet am Morgen
- Forschend nach ihr, die rings ihm diente zum leitenden Merkmaal:
- Denn sie ragete hoch, vor allen Bäumen des Waldes,
- Schon Jahrhunderte lang; nun liegt sie zertrümmert am Boden:
- Also lag er im Staub, und erschütternde Stille war ringsum.
- Attila schüttelte grimmig das Haupt: denn seinem Geflister
- Horchte der Kühne zuvor. Er floh, umschart, in der Luft fort.
- Als ein lohnender Ruf den Lippen des Kaisers entfloh'n war,
- Und den Sieger umjauchzte sein Volk: da brachen die Gegner
- Furchtbar heran, und Gebrüll, und Fluch, und Verwünschung ertönte
- Schrecklicher noch als der Säbel Geklirr und Geschmetter der Büchsen.
-
- Hoch von Goletta's Wall gewahrte der tapfere Sinam,
- Wie sein muthiges Volk, erstürmend die Schanze des Feindes,
- Dort zerstörte das eh'rne Geschütz, und er hüpfte vor Lust auf;
- Doch als Giaffar wich; zum Zweikampf rief der Drometer --
- Rief zu Giaffars Fall: da hob er die Hände vor allen,
- Himmelempor, und schrie den versammelten Kriegesgefährten:
- »Weh, unseliger Muth, der, treulosen Feinden entgegen,
- Giaffars Seele gereizt! Hinaus, durch jegliches Thor fort,
- Drüben aus grauser Noth den tapfersten Mann zu erretten!«
- Also geschah's. Da brausten die Wüthenden näher: so brausen
- Stürme vom Nord, und schleudern die schäumende Fluth zu dem Meerstrand.
- Zwar nicht rettet' ihr Muth den Tapferen: denn auf dem Boden
- Lag er gestreckt im Blut, von Ludwigs Rechter getödtet;
- Aber sie stürzten, zur Wuth entflammt, und entsetzlicher Rachgier,
- Eilig daher an den Wall, und gräßlich ertönte der Mordruf.
-
- Jetzo ersah das streitende Volk vom fernen Kairwan[65]
- Und Constantina[66] herauf, des wildempörten Hamaddans
- Dräuenden Flug, und bebte. In tausend gewirbelten Säulen
- Eilte die Wüst' ihm vor: im Knistern des Feuergewölkes
- Deckend des Himmels Bläue mit Grau'n und Entsetzen. Die Sonne
- Blinkete trauernd aus ihr, und goß nur düstere Dämm'rung
- Ueber die Welt. Ein flammendes Meer aus den schwärzlichen Lüften,
- Und dem Boden nah', anstürmend, der prasselnde Gluthstrom,
- Drohte den Lebenden rings urplötzliche, schnelle Vernichtung.
- Doch zu den Kriegern gewandt, rief laut der erhabene Kaiser:
- »Sollt' uns der Samyel nah'n, der flammende Menschenerwürger,
- Da gedenket des warnenden Winks: zur Erde geworfen,
- Hüll't in Gewande das Haupt, und harr't an dem Boden, nicht athmend,
- Einige Zeit. Bald tobt der Unhold vorüber -- ihr lebet.«
- Dann noch rief er, den flehenden Blick zum Himmel erhebend:
- »Allmacht fleugt vor deinem Hauche daher, du Erbarmer;
- Nah' uns mit Huld, und errett' uns jetzt vor des Samyels Wuth dort!«
- Und aus dem Aethergefild flog nun, dem strahlenden Blitz gleich,
- Seraph Eloa herab, den Christen zur Rettung gesendet.
- Sonst sein Auge so mild wie des Himmels Bläu', und die Stimme
- Sanft wie Harfengetön, war jetzt entsetzlich zu hören,
- Furchtbar zu schau'n. Er rief dem Samyel: »Halt, und entweiche!«
- Und der Schreckliche floh. Auch kehrten die wirbelnden Säulen,
- Seinem Winke gehorchend, zurück in die einsamen Wüsten.
- Dann auf Muhamed, der zuvor in dem furchtbaren Gluthwind
- Nahte, voll heißer Gier, die Christen vernichtet zu schauen,
- Warf er einen der Blicke herab, der thürmende Felsen
- Hüb' aus den Vesten der Erd', und aus Nachtabgründen die Meersfluth.
- Jener entwich. Wie dürres Laub, verweht von dem Sturmwind,
- Schwindet: so schwand er mit seinem Volk. Auch Attila folgte,
- Schreckenbetäubt, ihm nach; aufheulten die flüchtenden Scharen.
-
- Sinam drängete zweimal schon die Christen vom Blachfeld
- Bis an des Grabens Rand, und so oft, nur schrecklicher warf ihn
- Ludwig wieder dahin, wo, umhügelt von starrenden Leichen,
- Giaffar lag, und im Blutbad schwamm: denn heißer entflammte
- Dort des Getödteten Schau in dem Busen der Seinen des Mordens
- Schreckliche Gier, daß sie standen im Kampf der Entscheidung, und
- furchtbar
- Wüthete jetzo der Tod auf der siegverherrlichten Stelle.
- Als der Samyel erst, des Seraphs Stimme gehorchend,
- Heim in die Wüste floh, da weckte sein brausender Odem
- Hoch in der Luft und im Schooße der Erd' Aufruhr und Empörung.
- Plötzlich thürmte Gewittergewölk am bläulichen Himmel
- Furchtbar sich auf, und goß ein mitternächtliches Dunkel
- Ueber das Waffenfeld, daß der Gegner dem Gegner entrückt schien.
- Nur das Blitzen des Feuerrohr's erhellte zuweilen
- Noch das umnachtete Volk, entflammte des starrenden Kriegers
- Aug', und Harnisch, und Helm, und wies auf dem Feld des Entsetzens
- Leichen auf Leichen gehäuft. Nun schwankte, den Wellen des Meer's
- gleich,
- Unter den Füßen des Kriegers der Grund; des Kampfes Getümmel
- Schwieg, und »Erdbeben!« scholl's die zitternden Reihen hinunter.
- Grau'nvoll rauschte das Meer; das Schmettern der Schiff' an die Schiffe
- Tönete schrecklich, vereint dem Geheul aus der Veste, dem Brüllen
- Aus dem Gehölz, und rings dem Kreischen des kleinen Gevögels,
- Das dem erschütterten Wald entstürzte mit kläglichem Angstruf.
- Jetzt aufflammte der Blitz, und zerriß, von Osten bis Westen
- Strahlend, die finstere Wolkennacht: der furchtbare Donner
- Rollt' auf ehernen Rädern ihm nach, und krachte zum Abgrund
- Dumpf, und dumpfer hinab, an des Himmels drönendem Rand hin.
- Brausend erhob der Sturm die sandige Fläche; die Fahnen
- Haucht' er zum Himmel empor, und riß auch die Zelt' in dem Lager
- Von dem ragenden Pfahl, und wälzte sie fort auf dem Flugsand.
- Schreckenbetäubt entfloh der Feind; doch Ludewig folgte,
- Unerschütterten Muth's, dem flüchtenden nach bis Goletta.
-
- Guasto aufathmete tief; er hielt, von dem Sturme gewendet,
- Jetzo des Mantels flatternden Saum, und sagte dem Kaiser:
- »Wie, du weilest noch hier, unbändigen Sinnes, und achtlos
- All der Gefahr, die uns heut' aus den hellaufflammenden Lüften,
- Und aus dem Schooße des Abgrunds dräut? Auch stürzet des Regens
- Prasselnde Fluth nun bald aus dem berstenden Wettergewölk her;
- Eile nach deinem Gezelt: es trotzte dem schrecklichen Sturm noch,
- Festeren Bau's; schon fliehen die Feinde vor deinen Erwählten.«
- Weder der donnererweckende Blitz, noch der schwankende Boden
- Zog des Kaisers sinnenden Blick vom Kampfe der Helden
- Ab. Er lächelte sanft auch jetzt, und sprach zu Del-Guasto:
- »Laß mir den Frieden, o Greis! Ein Gleiches erduldet ihr Tapfer'n
- Alle mit mir. Wer schirmt vor Gefahr, die hoch aus den Lüften,
- Tief aus des Abgrunds Nacht uns dräut', als Er, der Erbarmer?
- Sein ist die Macht! Mir wohnt der Fried' im vertrauenden Herzen.«
- Doch nun flammte sein Blick, nun bebt' ihm die Rechte; den Harnisch
- Hob ihm die pochende Brust, und furchtbar scholl's, da er sagte:
- »Donner und Blitz sind mir die Stimme des Herrn, daß ich eile.
- Hebe dich nun, mein tapferer Held, an's Werk der Entscheidung:
- Lenke die Völker heran. Laut brülle sogleich von den Schanzen --
- Brülle vom Meer das Donnergeschütz zum endlichen Wallbruch,
- Daß wir jetzt in dem Sturm erringen die Veste Goletta!«
- Schaudernd blickte der Greis in die flammenden Augen des Herrschers,
- Horcht' ihm, schweigend, und ging, nun Jedes in Eile zu ordnen.
-
- Schon entströmte der Wolkennacht unendlicher Regen,
- Prasselnd durch Windesgeheul und Gebrülle des rollenden Donners,
- Und umfloß, ein See, die Füße der triefenden Krieger.
- Aber er löschte den Staub, und fesselte mächtig den Flugsand.
- Wie in des Frostes Hauch der fluthende Weiher gefesselt
- Starrt, daß auf ihm, lärmfroh, die muntere Jugend der Eisbahn
- Räume durchfleugt: so erstarrte der Sand, und brachte den Christen
- Frohen Gewinn: denn geübt, im ermattenden Sande zu laufen,
- Nahte der fliehende Feind den Thoren der Veste Goletta.
- Ihm nachbrauste der Sieger im Flug', und Sinam gewahrte,
- Bebend vor Schrecken und Angst, im nah'umzingelnden Vorsprung,
- Hier den Gedrängten vermengt die Dränger zugleich, und er rief nun,
- Rettung gebiethend, dem Volk'. Aufkrachten des mächtigen Thores
- Flügel, und d'rauf, wie ein Bergstrom braust, wenn hoch von dem
- Gletscher
- Niedergerollt, ein Block erfüllet die engere Thalschlucht,
- Bis er des Bergs Abhang, mit steigendem Grimme, durchwühlend,
- Bahn sich bricht, und die langgehemmten Fluthen zum Abgrund
- Wälzet in schäumender Hast: so stürzten die flüchtenden Scharen
- Sinams durch das geöffnete Thor, mit Lärm und Getümmel.
- Doch nun sandte der Feind, dem also die Rettung gelungen,
- Hagelnde Donnergeschoss' und befiederte Pfeile vom Wall her,
- Jubelnd, und warf aus der Schar der raschnachstürmenden Christen
- Manchen Tapferen todt in den Staub. Da dachte des Heimzugs
- Ludwig, der Held, und hieß im drometenden Rufe die Krieger
- Kehren. Nicht folgte des Feldherrn Ruf Diego Davila,
- Fahnenjunker im Heer, entsprossen aus Lissabons Mauern,
- Trotzend auf Jugendkraft, und kühnerer Thaten sich freuend.
- Als er das Jubeln der Feinde vernahm: da ergrimmt' er im Herzen,
- Eilte zurück, und klomm, ein kundiger Kletterer, jauchzend
- Auf an dem Wall', und erhöhte die Fahn' auf den Zinnen der Festung.
- Jene wehrten es nicht, von erstarrendem Staunen gefesselt;
- Doch bald wühlten in seiner Brust unzählige Lanzen.
- Sinkend faßt er die Fahn', und warf sie herab von der Mauer,
- Sie zu entreißen dem Feind'. Er rief dem getreuen Gefährten:
- »Albin, rette die Fahne! Sie stand erhöht auf dem Wall hier:
- Herrlichen Siegesruhm winkt' euch ihr wehender Schimmer;
- Rette sie kühn, und jenseits noch dir dankt es Davila!«
- Sieh', er lächelte sanft, und freute sich sterbend der That noch!
- Aber der Muthige kam, ergriff, von sausenden Kugeln
- Rings umstürmt, die Fahn', und brachte sie freudig in's Lager.
- Diesem entströmten jetzt die Tapferen, herrlich geordnet.
- Rechts hin führete Guasto die Macht hispanischen Fußvolks,
- Wälschen vereint, und Eberstein, in der Mitte, die Heerschar,
- Die er in Deutschland warb, nun endlich zu Thaten gerufen.
- Aber die Macht lusitanischen Volks und brabantischer Scharen,
- Führete drüben der Held, der Giaffarn siegend erlegte.
-
- Laut erkrachten die Schlünd' und Mörser zum endlichen Wallbruch.
- Furchtbar wüthete zwar der Sturm und das grause Gewitter
- Noch, und der röthliche Blitz, im Gefolg des schrecklichen Donners,
- Zischt' umher im Gewölk, erhellend die sinkenden Fluthen;
- Aber entsetzlicher noch, mit den Schrecken der Lüfte vermenget,
- Scholl das Krachen der Schlünd' umher an der Veste. Der Wurfschütz
- Rührte des Brändchens Rohr mit der Lunt': im bläulichen Rauch flog
- Flamm' empor; zurück, dann eilender wieder zur Stelle
- Rollte der eherne Schlund, und warf durch Feuer und Flammen,
- Donnernd, im Bogenwurf, die Kugel zur Veste hinüber.
- So von den Schanzen, und so von dem Meer hinsausten die Kugeln;
- Aber nicht minder zurück von dem Wall der trotzenden Festung,
- Sausten im Donnerlaut die schrecklichen her, und hinüber.
- Rings erbebte der Grund, als sollten die Vesten des Erdballs,
- Von den Orkanen der ewigen Nacht erschüttert, versinken,
- Und die Gefild' umher nachstürzen in wüster Zertrümmrung.
- Drüben umfing sie am Meer, dem silbergehörneten Mond gleich,
- Doria's wogende Macht. Aus ihres verehrten Gestirnes
- Bild ihr kam der Jammer gesandt, und die grause Vertilgung.
- Immer entfuhr die _Volle Lage_[67] dem Raume des Schiffes,
- Das sich der furchtbar'n, eiserne Last, aus Rauch und aus Flammen
- Schleudernden Donnergewalt nachbog, und mit sinkendem Rand noch
- Streifte die Fluth. Die sanftergossene Fläche des Meeres
- Rauscht' aufbrandend empor. Bald schäumten die bläulichen Wogen,
- Bald erglühten sie tief im Glanze des röthenden Feuers,
- Welches im Flug durchzuckte die Luft. Die Mauern erkrachten --
- Sanken in Schutt, und dumpf ertönte der Steine Gerassel.
- Sieh', die Malta gesandt, die nächsten dem felsigen Ufer,
- Schleuderten sonder Rast nach dem Thurm, der hoch aus dem Vorgrund
- Ragte, Verderben! Er neigte das Haupt, sturzdrohend, ein paar Mal;
- Zitterte jetzt, und sank mit grausem Gepolter zusammen:
- Staub flog auf, und Geschrei, wehklagend, und jubelnd ertönte.
- Aber der Kaiser rief: »Verdoppelt das Feuer!« So riefen
- Guasto, und Rogendorf, und jeglicher Schanze Gebiether,
- Und noch schrecklicher tobte die Wuth des ehernen Feldzeugs.
- Doria brach von dem Meer' her donnernd, das eiserne Seethor
- So, daß des Feindes Geschütz dort schon auf dem Walle vernichtet
- Lag, und verstummt'. Dann öffnete dicht am Thor von Buschatter
- Ludwig aus seiner Schanz', urplötzlich nach jenem, den Wallbruch,
- Weit, daß ein Wagen durchfuhr, der heim die Garben vom Feld führt;
- Aber die breitere Kluft, daß zwanzig der Krieger, gereihet
- Aneinander, sie leicht durcheileten, sah nach dem Oehlwald,
- Gähnend hinaus: eröffnet mit Macht aus der Schanze der Wälschen,
- Die von Toledo verwaist, nun Guasto's Winken gehorchten.
- Vorwärts stürzte der Wall und die Mauer, und ebnete weithin
- Dort die ersehnete Bahn den Stürmenden, füllend den Graben.
-
- Nun verstummte zugleich am Himmel das grause Gewitter,
- Nur an des Erdballs drönendem Rand noch murrte der Donner
- Dumpfer hinab, wenn dort der Blitz die feurigen Schwingen,
- Fächelnd, erhob. Aus zerriss'nem Gewölk sah bläulich der Himmel
- Her auf das regenerfrischte Gefild, und die scheidende Sonne
- Goß aus dem rosigen Duft des Abends Schimmer herüber,
- Und erhellte gar wunderbar die belagerte Festung.
- Lauter pochte die Brust des edelsten Kaisers; ihm rief nun
- Ahnend das Herz: schon sey die entscheidende Stunde gekommen.
- Jetzt erhob er das Schwert, den Feldherrn Thaten gebiethend,
- Und sie gehorchten dem Wink'. Auf dem Land und im wogenden Schiffsraum
- Schwieg, verhallend umher, der ehernen Schlünde Getümmel.
- So an dem felsumstarreten See verhallet des Waldhorns
- Klang, den fern im Ruderschiff erweckte der Künstler,
- Horchenden Freunden zur Lust: nun da, nun dort am Gebirg hin,
- Tönt er im Wiederhall, bis er dann, stets leiser, dahinstirbt.
- Aengstliche Stille herrschte rings, und beklemmendes Schweigen.
- All' aufmerkten dem Wink: da zogen in brausendem Eilflug
- Scharen auf Scharen dahin, und jauchzten der rühmlichen Arbeit.
- Dort an den Mauerbruch, der weit aufgähnte zum Oehlwald,
- Eileten Wälsch' und Hispaner, zum Thor von Buschatter die Deutschen;
- Doch Lusitania's Volk, den Niederländern und Malta's
- Muthigen Kriegern vereint, erreichte das eiserne Seethor.
- Tausend ergriffen bei jeglicher Schar die ragenden Leitern:
- Kühneres Volk, zu erklimmen den Wall im stürmenden Anlauf.
-
- Welches der Völker kam dem andern zuvor in dem Wettlauf?
- Erst das hispanische; d'rauf nachdrangen den Wälschen die Krieger
- Portugalls und Brabants. Wie, stürmten die tapferen Deutschen
- Nicht vor allen zuerst? Sie hemmte der kühne Cherusker,
- Hermann: denn, sein edeles Volk vor Tücke zu wahren,
- Schwang er in Hast nach Eberstein sich herunter, und rief ihm:
- »Hemme den rascheren Lauf, vorschauend, und Tücke vermeidend:
- Weit durchhöhlte der Feind, vor deinem Ziele, des Erdreichs
- Dunkelen Schooß; ihm nahet die Lunt', und donnernd erhebt sich
- Bald entsetzlicher Rauch, und Feuer, und wilde Zertrümm'rung.«
- Jener hemmte sein Volk. Zwar ächzte der Krieger, und Thränen
- Netzten sein glühendes Aug', im Vorsprung schauend die Fremden;
- An dem Gewehr' ihm bebte die Faust, und die strebenden Fersen
- Bohrten tiefere Spur unwilliger Rast in den Sand ein.
- Doch nun schwankte der Grund: aufflog, die Lüfte verfinsternd,
- Qualmender Rauch, und Loh', und Wust des berstenden Erdreichs
- Ueber den Flatterhöhlen umher, die rings an dem Wall sich
- Kreuzten, erfüllt mit der Last des entflammenden, schrecklichen
- Zündstaubs.
- Bebend stürzten die Reihen zurück; aus den Augen der Krieger
- Glänzte dem Feldherrn Dank, der so sie entriß dem Verderben.
- Aber er wandte sich nun, und rief mit gewaltiger Stimme:
- »Dort das herrliche Ziel, wo Siegespalmen dir winken,
- Schaue, mein edeles Volk -- nicht des Todes gähnenden Abgrund!
- Schwer ist die That; die Stelle gefahrvoll; aber uns ehrte
- Deutschlands edelster Hort, da er Deutschen das Höchste vertraut hat.
- Tapferer Radburg, vor mit den muthigen Bayern, und Stollberg
- Vor mit den Sachsen zum Sieg! Du, Römhild, entflamme die Helden
- Schwabens, und jene aus Brandenburg ermuthige, Siegfried,
- Jetzo dein Ruf. Vereint erringet den Preis der Entscheidung.«
- Hermanns luftige Schar aufjauchzte des Heldengebiethers
- Worten, und kam, und mehrte den Muth ruhmdürstender Männer,
- Dort zu erstürmen den Wall, wo am blutigsten winkte des Sieg's Preis.
-
- Sinams Riesenkraft rang dort den Stürmern entgegen.
- Ihm war Hannibal brausend genaht: denn mächtig erschreckt' ihn
- Drüben das Stürzen der Wäll' und das Jauchzen der kommenden Sieger,
- Ringsum. Listengeübt haucht' er ihm jetzo den Rath ein:
- »Ha, nun gilt's mit festausharrendem Muthe des Feindes
- Wuthandrange zu steh'n, und nicht entehrender Feigheit
- Heute zu opfern den Ruhm entschwundener Jahre! Wohlan, horch!
- Schafft der gewichtige Ball, vom Donnerrohr in die Haufen
- Wimmelnder Feinde geschleudert, schon entsetzliches Unheil:
- Welch' entsetzlicher's noch ersähst du mit staunenden Blicken,
- Wenn, umhüllt von geplättetem Eisen, die Büchsengeschosse
- Mit zertrümmertem Blei in die nah'anstürmenden Gegner
- Wütheten? Auf, und gebiethe den Mord und die grause Vernichtung!«
- So rief Hannibal; doch nun sah, voll Zorn in dem Busen,
- Hermann zugleich, wie schnell, dem listigen Gegner gehorchend,
- Sinam die Donnerrohr' in der Breite des gähnenden Wallbruchs
- Pflanzen hieß, daß im kreuzenden Feuer der gräßliche Hagel
- Tilge des Feindes Reih'n. Er jammerte laut und begann so:
- »Schmacherfindende Zeit! Daß nichts mehr gelte des Tapfer'n
- Eigene Kraft; daß nimmer das Aug' in das Auge des Gegners
- Schleudre des Todes Blitz', und, heimgekehret, der Krieger
- Nimmer weise mit Stolz dem grauenden Vater, der Mutter,
- Oder der Gattinn die ehrende Narb' an der Brust und der Scheitel,
- Und erzähle zugleich, wie solche der Feind ihm geschlagen
- Dicht im Gemeng', wo jener ihm sank, in dem Kampfe getödtet --
- Nein, daß er dort: ob feig', ob tapfer, ein elender Krüppel
- Arm- und beineberaubt, umhinke, den Seinen zur Trauer,
- Hast du das Scheusal erzeugt, die Würgerinn heißend Kartätsche!«
-
- Sieh', Ursini der Greis, flog hin, wie ein feuriger Renner
- Fort auf der Rennbahn fleugt, zu erringen dem Reiter den Wettpreis:
- Hoch von dem Nacken ihm flattert die Mähn', und vom blanken Gebisse
- Ueberschneiet der Schaum ihm die Brust; er schnaubet, und sprühet
- Gluth aus der starrenden Nas', und ihm blitzen die spähenden Augen
- Feuriger stets, da er jetzt mit lauterem Hufesgerassel,
- Sprung auf Sprung, im Galopp vorbraust zum winkenden Ziel hin;
- Fern ihm folgen, gespornt von den Reitern, die schwächeren Rosse:
- Also strebte der Greis im edelen Muthe des Herzens
- Gegen den Wall, wo Darjuh, an Giaffars Stelle der Aga,
- Nach den Gefahren des Kampf's und glänzenden Thaten sich sehnte.
- Als er den Greis ersah, da entriß er das mächtige Schießrohr,
- Doppelhaken genannt, den Händen des Kriegers, und jagte,
- Schmetternd, verdoppeltes Blei in die Stirne des tapferen Feldherrn.
- Lautlos sank er zur Erd': ihm färbte das silberne Haupthaar
- Quellendes Blut. Ach, nimmer bewirthet der freundliche Greis mehr
- Fremd' in seinem Palast, die aus nahen und fernen Gefilden
- Heilige Sehnsucht trieb, der ewigen Roma zu nahen,
- Und im Schutt noch die Wunder zu schau'n gewaltiger Vorzeit:
- Denn er stürzte verwundet zur Erd', und verhauchte das Leben.
- Aber Ludewigs Schar rang dort am zertrümmerten Seethor,
- Schnell zu erklimmen den Wall, wo, empört durch Attila's Ingrimm,
- Und durch Hannibals Muth, das Volk in grausamer Nothwehr
- Wüthete. Pech, noch siedend, und Oehl, noch wallend der Flamme
- Goß, erbittert, der Feind auf die Stürmenden -- wälzte der Mauer
- Lastende Blöcke herab, und solch' unrühmlichem Tod, ach,
- Sanken die Tapfersten schon! Auch tödtete Manchen der Speerstahl,
- Manchen das krachende Rohr, wenn, kühnerhöhend, die Leitern,
- Sie aufrangen zum Wall aus der Tiefe des dunkelen Grabens.
- Doch weit schrecklicher noch, und entsetzlicher, scholl vor Buschatters
- Thor Mordruf und Gewürg', wo Deutschlands herrlichvereinte,
- Siegsruhmdürstende Schar, im Auge den Heldengebiether --
- Muth und Gluth in der Brust, und des kreuzenden Feuers nicht achtend,
- Vorwärts drang. Schon dreimal flog, mit dem kühnen Geschwader
- Brandenburgs, dort Siegfried hinan, den Wall zu erklimmen,
- Und er kehrete stets erbitterter, ähnlich dem Rüden,
- Der, vom Jäger gedrängt, dem verwundeten Bären genaht ist --
- Doch bald flieht, bald kehrt: denn immer scheuchen die Klauen
- Und das Gebrülle des Thiers ihn fern: so wüthete jener.
- Jetzt, im erneueten Lauf, durchbohrte das muthige Herz ihm
- Schmetterndes Blei, und er sank. Auch blutete neben ihm Hinkmar,
- Strebend mit matter Hand, den Pfeil aus der Lunge zu reißen.
- Eberstein sah dort hinsinken die tapferen Helden
- Brandenburgs; alsbald entriß er die Fahne dem Junker,
- Schwang sie empor in die Luft, und rief hellleuchtenden Blickes:
- »Jetzo mir nach, wem deutsches Blut in der Ader und Kampfgier
- Glüht in der männlichen Brust! Wir löschen das feindliche Feuer,
- Das entsetzlich die Unser'n tilgt aus der grausen Kartätsche,
- Nur mit des Feindes Blut; mir nach! Nie sterben die Tapfern!«
- Sagt' es, und drang, wie ein Pfeil, in sausender Eile zum Wall hin.
- Aber Stollberg zog mit kräftiger Rechten den Helden
- Wieder zurück, und rief: »Nicht dir -- uns werde die Stelle!«
- Also jubelten laut wohl tausend Stimmen auf einmal.
- D'rauf, erklimmend den Wall, und durcheilend die Tiefe des Grabens,
- Drangen mit Lärm und Getös' Germania's tapfere Völker
- Ein in den Mauerbruch, wo erlesene, muthige Gegner
- Standen zur Gegenwehr, der sinkenden Brüder nicht achtend,
- Und zu sterben bereit, ein Jeglicher -- alle für Einen.
- Wenn dem Donnergewölk' entstürzen die Fluthen, und plötzlich
- Ueberschwemmen die Stadt, daß laut in den engenden Gassen
- Brauset der Strom, aufschäumt die Wog' an die Fenster: da flüchtet
- Volk auf die Berge hinaus, und Volk auf die luftigen Zinnen:
- Also erklommen auch hier die muthigen Deutschen die Höhen --
- Stollberg allen zuvor; dann Scharen auf Scharen, und würgten,
- Racheschnaubenden Grimm's, die Kämpfenden rings auf der Mauer.
- Sinam entfloh. Nicht mied er zuvor des wüthenden Kampfes
- Schrecknisse, fest, wie ein Fels, die Stirn' darbiethend den Feinden;
- Doch, als jetzt im Sturm eindrangen die Deutschen: da wankte,
- Bebte der tapfere Greis, und floh, das heimliche Pförtchen
- Oeffnend am Damme des See's, mit tausend Gefährten nach Tunis.
- Dorther naht' ihm unzähliges Volk, von dem Herrscher gesendet;
- Aber mit Thränen im Blick, erhebend die Rechte, geboth er
- Allen errettende Flucht aus den Händen des schrecklichen Feindes.
-
- Schon war Siegesgejauchz' am Seethor, schon an dem Wallbruch
- Dort, wo Wälsch' und Hispaner im Sturm erstiegen die Mauern,
- Wo ringsher Mordruf ertönete -- rings in den Straßen
- Strömte das Blut, bis jetzt, zu den Füßen des Siegers gesunken,
- Bleich, mit verstörtem Gesicht, der Feind erflehte die Schonung.
- Nun verklang das Getös'; nur Jubel des Kriegers ertönte,
- Der von den Wällen herab in den Graben den finsteren Roßschweif
- Warf, und dort aufpflanzte mit Stolz die Fahne der Heimath.
- Lieblich flog sie umher in dem Abendwind, und erregte,
- Ruhmausstrahlend, in jeglicher Brust noch höhere Wonne.
- Durch das hallende Thor, umjauchzt von unzähligen Stimmen,
- Kam in die Veste der Kaiser herauf. Stets enger, und enger
- Schloß sich der Lärmenden Kreis um ihn her, und, als sie verstummten,
- Hob er die Händ' empor zu dem Himmel, und stimmte das Loblied:
- »Herr, dich loben wir!« an. Ein heiliges Feuer entflammte
- Jegliches Herz. Erschütternd zu schau'n: wie aus Tausender Augen
- Stürzen die Thränen zugleich; wie Tausender Hände zum Himmel
- Fleh'n, und zu hören erschütternder noch: wie Tausender Stimmen
- Wirbeln empor in die Luft, und sie all' Dank rufen im Einklang.
-
- Hassan, der König, erschien. Er war an dem dämmernden Abend
- Gestern gelandet, und barg sich scheu in der einsamen Herberg,
- Die Zafrano ihm both, von schattenden Cedern umfangen.
- Weder gerüstetes Volk, noch Mundvorrath, in des Krieges
- Zehrenden Tagen ersehnt, bracht' er dem Bundesgenossen:
- Denn er lauerte nur, ob Hairaddin, oder der Christen
- Mächtiger Herrscher erringe den Sieg? in den Mauern von Kabesch.
- Tief sich beugend zuvor, begann er jetzt vor dem Herrscher:
- »Gott ist mit dir, und Segen die Fülle: des herrlichsten Sieges
- Ruf verkündet es bald den fernsten Völkern zum Staunen.
- Ach, nicht bieth' ich dir Mundvorrath und tapferes Hülfsvolk,
- Wie ich's verhieß! Nicht horchte der Muselman mehr dem König,
- Der sich dem Christenvolke verband: hier steh' ich als Bettler!«
- Und er sank auf die Knie'; da sah der edelste Kaiser,
- Wie der Mond, umflort vom Regengewölk auf den Hügel
- Heftet den Schwermuthsblick, nach dem Flehenden trauernd hinunter,
- Hob ihn empor, und rief ihm mit trostverheißendem Lächeln:
- »Sieh' eröffnet des Reiches Thor, das Hairaddins Herrschgier
- Dir entriß;[68] dein sey's mit jeglichem Segen des Himmels!«
- Hassan stammelte Dank; laut zollt' ihn der Kaiser den Helden
- Allen umher, die im Sturm errangen die trotzende Festung.
- Aber zu Stollberg sprach er dann mit lohnendem Blick so:
- »Werde Goletta's Hort und Vertheidiger; ordne der Mauer
- Feind'abwehrenden Bau; doch jetzt gebiethe mit Sorgfalt,
- Daß die Verwundeten all' errettender Hülfe sich freuen!
- Morgen am Tage des Herrn, das Denkmaal unseres Heiles
- Feiernd, gedenken wir auch, zu bestatten die Todten, und dankbar
- Ihnen die Maale des Ruhm's zu erhöh'n für die kommende Zeit noch.«
- Jetzo führt' er die Scharen zurück in des Lagers Umwallung,
- Sie zu erquicken durch Rast; doch Stollberg ging, daß er übe
- Alles und Jedes sogleich nach dem Willen des gütigen Herrschers.
- Und die Schatten der Nacht umhüllten den schlummernden Erdkreis.
-
-
-
-
- Eilfter Gesang.
-
-
- Hairaddin stand auf dem Söller der Burg, aufhorchend im Zwielicht
- Sinkender Nacht. Von Goletta heran vernahm er des Feldzeugs
- Rastlosdonnernden Sturm, dem die Erd' erbebte, die Fenster
- Klirrten, und drönte die Wand zu dem untersten Grunde der Mauern,
- Und, wie im Abendwind die Welle des fluthenden Weihers
- Nun sich hebt, nun sinket: so wechselte Furcht und Verzweiflung
- Oft mit der Hoffnung des Sieg's in seinem zerrissenen Herzen;
- Aber er horcht' umsonst noch gieriger jetzt, nach Goletta
- Wendend das Ohr, nicht athmend, die starrenden Blicke zum Boden
- Heftend. Nicht donnerten mehr die entsetzlichen Schlünde; verhallt war
- Drüben der Mörser Gebrüll und das Schmettern des Feuergewehres.
- »Sie ist verloren!« so rief er, stampfte den Estrich, und eilte
- Schnaubend herab. Dann schritt er im hellerleuchteten Saal hin,
- Kehrete wieder, und stand, und horchte, die Bothen erwartend.
- Immer vernehmlicher wähnt' er Getrab anstürmender Rosse --
- Wähnte verwirrtes Geschrei heimflüchtender Krieger zu hören:
- Aehnlich dem sturmentmasteten Schiff, das fern auf dem Weltmeer
- Wechselnde Strömung entrafft, und endlos dreht auf dem Irrpfad,
- Schwankt' er umher, im Gemüth nicht Dieß', nicht Jenes beschließend.
- Bald erhob sich Suleymans Grimm wie ein nächtlicher Unhold,
- Dräuend, vor seinem Blick; bald lächelte Muley Hassan
- Hohn ihm entgegen im Glanz der wiedergewonnenen Herrschaft.
- Ihn umnachtete rings nur wilde Verzweiflung: den Schimmer
- Seines errungenen Ruhms auf immer erloschen zu schauen.
- »Ha,« so rief er ergrimmt, »eh' solche Schande mich treffe ...
- Schande?« Er faßte den Dolch; nach dauerndem Schweigen begann er:
- »Fiel Goletta, erstürmt, so werden sie kommen, mir Algiers
- Und Telmessans Thron, und den Zepter von Tunis zu rauben;
- Werden mich stürzen hinab in den Staub, daß sich krümme des Glückes
- Liebling, ein Sclave, voll Angst, an des Siegers zermalmenden Fersen.
- Ha, nicht des Tages Licht gedenk' ich fürder zu schauen:
- Denn es enthüllte nur Schmach! D'rum fort -- hinab in das Dunkel
- Ewiger Nacht, zu entgeh'n der Qual, die jetzo mir droht! ... Doch
- Soll ich verschleudern das Ein', und Einzige, das ich erkenne?
- Schwand mir völlig die Hoffnung dahin? Ist Alles verloren?
- Drängt nicht Hunderttausende noch mein Wink in die Feldschlacht,
- Heute -- sogleich? Zurück in die Scheide, geschliffener Mordstahl:
- Nur dem Gegner, nicht mir, zerfleische das Herz in dem Busen!«
- Sagt' es, und barg in den Gürtel den Dolch. Mit schüchternen Blicken:
- Denn er scheut' Eloa's Zorn, war Muhamed jetzt ihm
- Wieder genaht. Er hörte die zagenden Worte des Herrschers,
- Ballte die Faust vor Wuth, und kam, der schrecklichsten Thaten
- Allerschrecklichste noch, in die gährende Brust ihm zu hauchen.
- Wie auf des Südens Meereiland der scheußliche Vampyr[69]
- Ueber dem Schlummernden schwebt, und, mit weitgebreiteten Flügeln
- Fächelnd, den Schlaf ihm mehrt, das Blut zu entsaugen der Ader:
- Also schwebt' auch Muhamed leis' auf Hairaddin nieder,
- Schaudernd und bleich, der Fluchthat selber erbebend: er hauchte
- Höllenfrevel ihm ein, und floh durch die finstere Nacht fort.
- Hairaddin stand, und sann: ihm rollten die feurigen Augen,
- Aehnlich dem Blitz im Gewittergewölk, in den finsteren Wimpern.
-
- Jetzo die Straßen herauf ertönte des eisernen Hufes
- Schmetternder Schlag; in dem Hofraum scholl absitzender Krieger
- Rufen. Nicht lang, so trat der tapfere Sinam mit Dragut,
- Muhamed Temtes, und Abu-Sa-id, tieftrauernden Blickes,
- In den erleuchteten Saal, den zürnenden Herrscher zu söhnen.
- Rasch ging dieser umher vor den Bebenden, und nur zuweilen
- Traf sein verachtender Blick vor Sinams Füßen den Boden;
- Doch nun stand er, und rief, durch die festgeklammerten Lippen,
- Stöhnend, das Wort: »Ihr Feigen!« und lächelte grimmig für sich hin.
- Stolzer erhob nun Sinam das Haupt, und sagte verweisend:
- »Welch ein Wort, Gewaltiger! floh dir, scheu, von den Lippen,
- So die tapferen Männer zu schmäh'n? Wir feig in der Feldschlacht?
- Zahllos jammern daheim die Verwaiseten -- jammern die Bräute,
- Wie auch die Gattinnen, bald, und auf immer die Lieben vermissend,
- Die, zu Hügeln gehäuft, wir tödteten rings um den Wall her.
- Galt es, mit Sterblichen nur in die Schranken zu treten: wir hätten
- Herrlich gesiegt. Doch heimlich vereint mit den Geistern der Hölle,
- War der bebende Grund mit jeglichem Schrecken des Luftraums
- Aufgestürmt um Goletta: wir wichen den furchtbaren Mächten,
- Aber nicht feig', da wir zu dem blutigsten Kampfe bereit steh'n.«
- Also der tapfere Greis; da höhnete Dragut den Helden:
- »Armer, du schwärmst vor Angst! Auch uns erklangen die Ohren,
- Als der brüllende Donner erscholl; mit dem bebenden Boden
- Wankten auch wir; uns schlug nicht minder der prasselnde Regen.
- O, daß ich fern' war! Nein, nie hätte den Geistern der Hölle
- Dragut gebebt, von dem das Volk sich erzählet: er würde
- Selber den Satan besteh'n in nie zu erschütternder Kühnheit.«
- Sinam schwieg; doch Hairaddin trat den Hadernden näher,
- Faßte den Dolch, und sprach mit zornausblitzenden Augen:
- »Denket der Trauer nicht mehr, weil uns die Veste geraubt ward,
- Die mit wuchernden Blutes Gewinn ein herrlicher Sieg uns
- Wieder erringt. Zum Kampf denn! Am Morgen ertöne der Schlachtruf --
- Töne so schrecklich, so laut, daß umher die Gefilde des Todes
- Schauern vor Angst. Doch hört, was dringend erheischet die Vorsicht,
- Und die Rache gebeut ob Giaffars Fall, und Goletta's.
- Unter den Kerkern der Burg, wo in Banden die christlichen Sclaven
- Liegen, und all', im thörichten Wahn: der tapfere Moslem
- Falle dem Christen so leicht, nun harren des kommenden Retters,
- Häuften im ringsdurchhöhleten Grund die Söldner des Zündstaubs
- Furchtbare Last. Entflammt aufschleudre sie jetzo die Hochburg --
- Schleudre zerschmettert die Sclaven all' empor in den Luftraum
- So, daß nicht einer entrinne dem Tod und dem grausen Verderben.
- Also gescheh's, noch ehe der Morgen im Osten heraufglänzt!«
- Sinam erblaßt'; auch Abu-Sa-id und Muhamed Temtes
- Zitterten; doch noch frecher begann der schreckliche Dragut:
- »Wahrlich,« so rief er, »nur Gott, und sein erhabner Prophet nur
- Gab den Gedanken dir ein: ich beuge mich tief vor Erstaunen!
- Alle zugleich! So möge mit Jenen der heuchelnde Graukopf,
- Der mir Mathilden entriß, zerschmettert, verhauchen das Leben:
- Denn ich sann ihm entsetzlichen Tod: er fahre zur Hölle!«
- Grimmig lächelt' er nun. Da wandt' ihm, von Schauder ergriffen,
- Sinam den Rücken, und sprach zu Hairaddin schmeichelnden Lautes:
- »Mächtiger, wie, du solltest den Ruhm errungener Lorbern
- Heute durch solch' entsetzliche That auf immer beflecken,
- Die von der Feigheit gezeugt, und Verzweiflung geboren, zum Abscheu
- Allen, Suleymans Huld dir entzöge für jetzt und auf immer?
- Wie der Morgenstern vor jeglichem strahlt an dem Himmel,
- Also zieret sein Herz der Tugenden schönste, die Großmuth.
- Was vermöcht' in der Felsenburg der wehrlosen Sclaven
- Fesselbelastete Schar? Sie mög' in festlichen Reihen,
- Nach vollendetem Krieg, den Siegeswagen dir schmücken!«
- Aber der Wüthrich schwieg. Noch kämpfte die Furcht mit der Mordlust,
- Ob Suleymans Zorn, in seinem beklommenen Busen;
- Endlich obsiegte die Furcht. Er sprach, tiefsinnenden Blickes:
- »Ha, wenn Reue mir würde dereinst, der klügelnden Weisheit
- Sinams gewichen zu seyn! Ich bebe der dunkelen Ahnung,
- Die mich ergreift. Wohlan, ich weiche dir! Eilt in das Lager,
- Dort zu erregen das Heer; ich entwaffne die Freunde des Hassan
- Hier in der Stadt, die mich verriethen im Kampf der Entscheidung.«
- Jene, gehorchend dem Wort, enteileten; aber der Wüthrich
- Zog in den Straßen umher mit Gefolg, das Volk zu entwaffnen.
- Wie in der Schreckenszeit volktödtender Seuche, der Hauptstadt
- Einsame Straßen entlang, nur leichensammelnder Träger
- Fußtritt schallt, und mit Angst erfüllet die Herzen der Menschen,
- Die sich, verborgen daheim in der Kammer, ergeben der Hoffnung,
- Dort zu entgehen der scheußlichen Pest: so flüchteten, bebend,
- Jetzt die Tunisier heim in der Nacht, als rings mit Getümmel
- Hairaddins Würgerschar durchtobte die hallenden Straßen.
-
- Trauernden Blickes saß auf der Zinne der luftigen Hochburg
- Regulus: denn er sah, wie jüngst der grausame Wüthrich
- Unter den Kerkern umher, die Last des schrecklichen Zündstaubs
- Häufen ließ, die Sclaven gesammt urplötzlich zu tödten.
- Muhamed brauste heran, der grau'nerregenden Unthat
- Zeuge zu seyn, die er Hairaddin erst einhauchte voll Arglist.
- Auf der Zinne der Burg den Einsamen schauend, begann er:
- »Stets entfernt von der Heldenbahn, der rühmlichen Vorzeit
- Nicht gedenkend, nur Hülf' und Errettung sinnend dem Volk hier,
- Das nicht deines Geschlechts, nicht deines Glaubens sich rühmet,
- Irrst du umher, Verblendeter! Bald vernimmst du mit Schauder --
- Schauest mit Schrecken es an, wie die Lunt' ein kühner Geselle
- Hin zu dem Zündstaub senkt, die Flamm' auffleugt zu dem Himmel,
- Donner erkracht, und der Berg, aus seinen berstenden Vesten
- Taumelnd vor Angst, empor in den sturmbewegeten Luftraum
- Schleudert unendlichen Wust, und im Wuste die christlichen Sclaven,
- Die dein Herz erkor, zerschmettert entschwinden dem Erdkreis.
- Jammere dann! Nichts half dir all dein wüstes Beginnen.«
- Rief's, und entschwand. Doch Regulus sah nach Medelin: er horchte
- Von dem Erker der Burg in die Nacht. Vor dem kommenden Sieger
- Schwieg das Gefild umher, und der Lärm verhallte zu Tunis.
- Bald des Siegers gedacht' er mit Angst: denn schändlich verrathen
- Hatt' er sein Volk, und für Trug verschmähet die heilige Wahrheit;
- Bald umgaukelten ihn die Bilder der lieblichen Heimath,
- Dort die fröhliche Jugendzeit, verlebt in dem Umgang
- Holder Gespielen, und dort die liebende Mutter in Jammer
- Ob des Sohnes Verlust -- in Trauer die Freund' und Verwandten.
- Gleich dem starrenden Eis, das schnell des laueren Westwinds
- Odem schmilzt, begann ihm die Wuth in dem Busen zu schmelzen,
- Und sein Aug', das lange nicht mehr des reuigen Herzens
- Sanftere Thräne gekannt, erhellten schimmernde Perlen.
- Regulus schwebte herab, umschlang den Nacken Medelins,
- Daß er in seiner Brust entflammte des himmlischen Mitleids
- Glimmende Funken, und regt' ihn auf in dem Seelengelispel:
- »Hast du dem Vaterland, den Lieben daheim und dem Glauben
- Deiner Väter entsagt, und geopfert für schändlichen Reichthum
- Ruh' und Glück? Doch sieh', nicht bringt dir solcher hienieden
- Jemals Gewinn: denn bald, in entsetzlicher Stunde der Nothwehr
- Wenn nicht Sinam es hemmt, der mildergesinnete Feldherr,
- Schleudert des Wüthrichs Grimm die Sclaven, und schleudert dich selber,
- Flammenumbraust, in die Luft. O, rette die armen: dem Mitleid
- Oeffne dein Herz, und der Reue, zu sühnen den schändlichen Undank!«
- Schaudernd vernahm im Geist die schrecklichen Worte Medelin;
- Stieg die Stufen herab, und Regulus blickte, vor Wonne
- Bebend, ihm nach: er ging, die Brüder zu retten, entschlossen.
- Jetzt urplötzlich umstrahlt von seelenentzückender Klarheit,
- Und vernehmend den Ruf unendlicher Lieb' und Erbarmung,
- Fuhr der Geist verklärt empor, in lichteren Räumen
- Seliger stets, der Himmelshuld entgegen zu harren.
- Doch schon stand Medelin umringt von den Christen im Kerker;
- Riß sich das Kleid entzwei; zerschlug sich die Brust und die Hüften,
- Lautaufjammernd, und rief mit thränenumhülletem Blick so:
- »Wehe mir schändlichem Mann: den heiligen Glauben verläugnet
- Hab' ich für schnöden Gewinn, verkauft dem falschen Propheten
- Ruh' und Glück; doch über das Haupt des schändlichen Räubers,
- Hairaddin, komme der Fluch! Ihr all', o Frevel der Hölle,
- Solltet jetzt, in die Luft geschleudert, zerstieben im Zündstaub,
- Den er gehäuft im Fels tief unter den Kerkern! Nur Sinam
- Hemmte den Wüthenden noch, und siegt'. Mir schwand die Verblendung
- Schnell vor den Augen: ich schwur, dem Gräuel erbebend, euch Rettung,
- Und, wenn Reue noch frommt, so wird erbarmende Huld mir.
- Hör't, nur tödt' euch die Freude nicht, hör't! Euch Freiheit zu
- schaffen,
- Rückten die Christen mit Heer'smacht an; im Sturme bezwungen,
- Liegt Goletta im Staub; die goldenen Zinnen von Tunis
- Beben dem Sieger; der Wüthrich flieht, und der schimmernde Halbmond
- Sinkt vor dem heil'gen Panier, das unser'n Erlöser getragen.«
- Rief's, und, als er die Bande gelöst von den Händen und Füßen
- Hugo's, da sprach er zu ihm, mit thränenerhelleten Augen:
- »Eile zu unserm Gebiether und Herrn, dem Kaiser, und künd' ihm,
- Was hier eben gescheh'n. Die eisernen Thore der Hochburg
- Will ich verschließen vor Hairaddins Wuth, die entfesselten Sclaven
- Waffnen, und harren des Wink's zum Verein mit ihm und der Heersmacht;
- Aber er eile heran: denn furchtbar wäre das Säumen.«
- Als er geendet, da scholl um ihn her entsetzliches Rufen,
- Weinen, und Jauchzen des Volk's, daß er selber in bebenden Schauern,
- Wonn'entseelt, hinsank, und stöhnete. Freudig enteilte
- Hugo des Kerkers Nacht, dem Kaiser die Kunde zu bringen.
-
- Liebliche Still' umfing das Lager der Christen. Entschlummert
- Ruhte der Krieger im luftigen Zelt; nur rings um den Wall her
- Stand die Wache, nicht scheuend für heut' den feindlichen Anfall
- Mehr, und summte, gelehnt an's Gewehr, ein munteres Liedchen
- Leis' in die Stille hinaus, sich die nächtlichen Stunden zu kürzen.
- Ueber die Cedern herauf, an Zafrano's entfernteren Höhen,
- Schwebte der Mond, und erhellete rings den schweigenden Erdkreis.
- Draußen im duftigen Meer, auf den fern entgleitenden Wellen,
- Glomm sein düsteres Licht; er zog in dem finstern Gewässer
- Hin die strahlende Bahn. Vom Schilf her säuselte Kühlung;
- Summend wiegten die Mücken der Nacht sich in würzigen Lüften,
- Und in das leise Getös' der fern' aufbrandenden Wogen
- Mengte vom dunkelen Hain die kreischende Stimme der Laubfrosch:
- Rings verstummte die Welt, und entschlummert ruhten die Krieger.
- Aber kein Schlummer umfing die glühenden Augen des Kaisers.
- Sinnend saß er vor seinem Gezelt, und blickte zuweilen
- Schwermuthsvoll in die liebliche Helle des Mondes, zuweilen
- Nach dem trüblichen Schimmer hinaus auf den gleitenden Wellen,
- Hörte der Wogen Geräusch am fernen Gestade; der Mücken
- Summenden Flug, und das Kreischen der grünlichen Zweigebewohner,
- Und er seufzte dann laut des Herzens nagendem Kummer.
-
- Sieh', nicht schlummert' auch Eberstein! Ihm brannten die Wunden
- Noch an dem Arm, den erst, im Sturm der Veste Goletta,
- Ein befiederter Pfeil durchfuhr. Er lag in dem Mondlicht,
- Vor dem Gezelt, die Labung kühlumsäuselnder Lüftchen
- Athmend. Nun horcht' er bewegt, und blickte verwundert um sich her,
- Als er die Seufzer vernahm vor dem Zelteingange des Herrschers.
- »Wer durchstöhnet die Nacht?« so rief er, dem einsamen Denker
- Nahend mit zögerndem Schritt. »Er selber?« Da wich er betroffen,
- Kehrete wieder, und sann: ob er dort den Einsamen störe?
- Doch sein trauerndes Aug' entlockte dem Zweifler das Wort jetzt:
- »Hat mich das Lüftchen getäuscht, das leis' in den Zweigen des Oehlbaums
- Säuselt, Seufzenden gleich? Geußt Blässe des Todes der Mond nur
- Dir auf die Wangen? Wie, du wachest, in Trauer versunken,
- Nach dem Tage des herrlichsten Sieg's, dem Falle Goletta's?
- Sprich, Erlauchter, warum denn ewig dir finstere Schwermuth
- Falte die Stirn'? Enthülle dem Treuen des Herzens Geheimniß:
- Haben die Sorgen des Thron's, hat unverschuldetes Herzleid
- Sie schon frühe gezeugt, und großgezogen zum Jammer?«
- Ernster wandte nach ihm die sinnenden Blicke der Kaiser;
- Legte die Hand auf die Brust, und begann mit erschütternder Stimme:
- »Lasest im Antlitz du die Züge des nagenden Kummers?
- O, so schaue sie kenntlicher noch mir im Herzen, und schweige!
- Früher Gram, vermengt mit den zartesten Freuden der Kindheit
- Wurzelt' in dieser Brust, die dort des herrlichen Vaters
- Tod, und um ihn, der Mutter im Wahnsinn endende Trauer,
- Grausam zerriß. Doch winkte mir ewig der Völkerbeherrschung
- Ernstes Ziel; ihm weiht' ich die fröhlichen Jahre der Jugend,
- Schweigend, der Blödigkeit Bild, bis Valladolids Turnierbahn,[70]
- Und des Schild's hochsinniger Spruch mir glänzenden Ruhm gab.
- Als ich Hispania's Zepter ergriff, durchtobten des Aufruhrs
- Schrecken das herrliche Land. Von Bürgerblute besudelt,
- Weckt' es Entsetzen mir an den Schranken der furchtbaren Laufbahn;[71]
- Aber zugleich erstand auf der dornenvollen ein Feind mir,
- Unversöhnlich, den Thron des heiligen, römischen Reiches
- Neidend, und glühend vor Haß, in Frankreichs stolzem Beherrscher.[72]
- Hat er nicht endlos Krieg, und ach, unnennbares Elend
- Rings auf unsere Völker gewälzt: zu Bundesgenossen,
- Er, deß' Thron in dem Nachruhm prangt des _Christlichsten Königs_,[73]
- Mahoms Söhne gewählt,[74] des Kreutzes schrecklichen Erbfeind,
- Den ich im seligen Jugendtraum, dereinst Europa's
- Rettender Hort, zurück nach Asia's Steppen zu drängen
- Hoffte? Sieh', auch jetzt, als uns viel tausender Christen
- Schreckliche Noth nach Afrika's ferne Gestade gerufen,
- Weckt er daheim mir Haß, und nährt verderbenden Aufruhr!
- Deutschland -- Mann, du erbebst dem Jammergeschicke der Heimath,
- Fröhnt ihm sogar, verkennend mein treues und redliches Streben:
- Durch den freien Verein so vielfachgesonderter Gauen
- Endlich die heimische Macht und Würde für immer zu gründen!
- Doch nun trennt sie ein Streit, das Heiligste, Höchste der Menschheit:
- Gottes Wort, sich erkiesend zum strenggebiethenden Vorwand:
- Jeden Verein zum Wohl noch kommender Zeiten zu fernen.[75]
- Wahr, daß Schatten das Licht umhülleten; heilig wie Gottes
- Satzung, der Unfug dünkte dem Volk', und die Wiedergestaltung
- So an dem Haupt wie den Gliedern ersehnt' auch die bessere Mehrzahl,
- Die dem Heiland getreu verharrt für immer und ewig!
- Doch nur von Schlacken das Gold, von der Spreu zu sondern das
- Fruchtkorn,
- Heischte die Lieb', und es hob sich schon der Tempel der Eintracht
- Herrlich empor: er ward zertrümmert in schrecklicher Willkühr.
- Nur zerstörend wollte man bau'n. Die reitzende Neu'rung
- Und der empörende Ruf unwahrgedeuteter Freiheit
- Lockte das Volk -- das Eigen der Kirche die Fürsten. So rang ich,
- Denkend des schrecklichen Bauernkriegs,[76] und der Gräueln der Zukunft,
- Lang' entgegen dem Strom, dem Jammer zu wehren, vergebens!
- Ha, ein Gesicht, erst jüngst in des Heiligthums Dunkel enthüllet,
- Sträubte das Haar an der Scheitel mir auf! Ich zitterte, bebte:
- Deutschland sah ich erwürgt nach dreißigjährigem Wuthkampf,[77]
- Rauchend im Schutt die Burgen, Paläst', und Hütten, und Tempeln;
- Heiliges frech entweiht, die Määler der Künste vernichtet,
- Und verödet die Gau'n. Wo früher die goldenen Aehren
- Wogten im schimmernden Abendroth; wo blöckende Heerden
- Hüpften im lachenden Grün; der Mensch in seliger Unschuld
- Gleichbeseligte Menschen ersah, und sich freute des Daseyns,
- Herrschte nur Grabesstill', und im dornumwucherten Saatfeld
- Bleichte das nackte Gebein weithin erschlagener Völker.
- Spät erst wagte, mit schüchternem Blick, der Verscheucht' aus dem
- Schutte
- Sich zu erheben, und sah er nun dort den Schüchternen kommen,
- Dacht' er, »Weß Glaubens er sey?« und brütete Haß und Verfolgung.
- Sieh', Jahrhunderte floh'n! Da lag auf den Fluren der Heimath
- Finstres Gewölk; die röthlichen Blitz' erhellten zuweilen
- Hinter der Wolkennacht, die Jammergefilde der Zukunft.
- Ueber dem Rhein scholl Mordausruf: bald wirbelten endlos
- Auch in die deutschen Gau'n, vernichtend, herüber des Aufruhrs
- Flammen, und laut umher ertönte Gebrülle von Freiheit!
- Gleichheit! Doch von dem Wagen des lautumjauchzeten Siegers
- Klirrten die Fesseln schon entehrender, schimpflicher Knechtschaft.
- Fiele der Deutsche so tief? Er beugte den kräftigen Nacken
- Selber der Schmach? O dahin, ich wußt' es, unselige Trennung,
- Führst du mein edeles Volk: dir rang ich vergeblich entgegen!«[78]
-
- Jetzo verstummt' er, und neigte zum pochenden Busen das Antlitz,
- Thränenumflossen, herab; doch sieh', er hob es, erschüttert,
- Wieder empor: im Blitz erhab'ner Gesichte der Zukunft
- Schwand ihm die Gegenwart! Er sah in beglückteren Tagen,
- Freiheit bringend und Ruhm, an den lieblichen Ufern der Pleisse[79]
- Siegender Heere Verein: erstanden in ihrem Vermögen
- Deutschlands Völker, geschlossen den Bund hochsinniger Fürsten,
- Schlacht und Feindesflucht, im helleren Glanze des Rheinstroms
- Freihinwallende Fluth, und Sieg auf Siege gehäuft fort --
- Sah vorstrahlend im Fürstenbund den glücklichen Enkel:
- Glücklich im hohen Gefühl des ruhmgekröneten Lebens,
- Und in der Liebe des Volk's, das treu und redlich ihm anhing,
- Auch in dem nächtlichsten Sturme der Zeit.[80] Da schwand ihm des
- Anblicks
- Zauber; er starrt' umher, und rief: »Ein täuschender Traum war's!«
- Und mit dem Blick voll inniger Trauer begann er von neuem:
- »Solcher Kummer belastet mein Herz: ich denke der Zukunft.
- Alles, was ihr dieß Herz mit Liebe zu weihen sich sehnte,
- Hemmte der Sectenwuth blindlingsvernichtender Unsinn,
- Der, mein Leben begeifernd mit Gift, mir Haß in der Nachwelt
- Fernsten Tagen erregt, und Schmähung bereitet die Fülle.
- D'rum lechzt meine verwundete Brust nach freieren Lüften,
- Ferne vom Thron, wo nie die Freude mir lächelte, rastlos
- Feindlicher Haß mich traf, und herzzermalmender Undank.
- Aber ich sehe das Morgenroth, das mir an dem Abend
- Noch die Sonne verheißt nach dauernden Stürmen des Tages.
- Jüngst, nach ermüdendem Weidwerk, both in Estremadura's
- Lieblichem Thal, Sankt-Just,[81] der Hieronymitaner
- Einsames Kloster uns Ruh'. In der hehren Stille des Abends
- Faßt' uns gar wunderbar vom erhelleten Dome der Psalmen
- Herrliche Festmelodie, der Orgel mitwallender Jubel,
- Und das wehmuthsvolle Getön der Glocke vom Thurm her,
- Die zum Abendgebeth uns lud, und zu stiller Betrachtung.
- Schweigend durchirreten wir des vielfachgesonderten Gartens
- Dunkle Pfade, wo frei, nach Lust unschuldiger Willkühr,
- Jeder im Bruderverein mit Sorgfalt baute sein Gärtchen.
- Einer mit silbernem Haupt und himmlischheiterem Antlitz,
- Wandelte dort: er band, dem festlichen Morgen zur Feier,
- Kränze, mit zartem Sinn vermengend mancherlei Farben;
- Knüpfte, hinwandelnd im Duft, gesunkene Blumen an Stäbchen
- Fest, und labte die schmachtende Flur, aus der Fülle des Springquells
- Schöpfend die Silberfluth mit hellerglänzender Kanne.
- Freundlich nickt' er den Gruß erst mir, dann meinen Gefährten
- Freundlicher noch; er ging, und waltete, meiner nicht achtend,
- Wieder so ruhig fort in überseligem Frieden.
- O, so dacht' ich, nicht fühlt er die herzzernagenden Sorgen,
- Die mein Antheil sind auf des Lebens verworrenen Pfaden!
- Ihm ist sein Blumenbeete die Welt, von sanften Bewohnern
- Blühend und duftend belebt; sie lohnen mit seligen Freuden
- Stets ihm jegliche Müh': er herrscht und waltet im Segen.
- Schnell wie ein Blitz aufflammt' in meinem Busen ein Vorsatz,
- Welchen das Herz ergriff, festhielt, und erwählte für immer.
- Staune nicht so, mein Held! Einst siehst du mich glücklicher. Reift nur
- Mein Erzeugter zum Manne heran, auf dem Pfade des Herrschers
- Würdig zu wandeln: dann, o sehnlich erwarteter Festtag,
- Eil' ich mit Adlers Flug in des Friedens himmlische Thäler:
- Denn, wie, kämpfend mit Sturm und Noth, der zagende Schiffer
- Fern auf dem Meer umtreibt, als berstend die Maste vom Bord ihm
- Stürzen, die schäumende Fluth fortwälzt die Tau' und die Segel,
- Und sein Fahrzeug, leck, schon tiefer sinket, er plötzlich
- »Land! Land!« hört, da füllt ihm die Brust unnennbare Sehnsucht,
- Und sein thränender Blick hängt starr an den fernen Gestaden:
- Also zieht mich das Herz hinüber nach Estremadura's
- Winkendem Friedensport, und Sankt-Justs heiligen Mauern.
- Dort, den Sorgen der Erd' entrückt, vom Menschengewühl fern,
- Und dem Himmel geweiht, entschwind' in seliger Stille
- Jede Erinnerung mir der leidenerfülleten Vorzeit!
- Sieh', schon glänzet der Abendstern, verwandelt, des Morgens
- Herold: die Nacht entweicht! Schon wecken die rasselnden Trommeln --
- Wecken Drometen das schlummernde Volk. Nun will ich des Sonntags
- Heilige Feier begeh'n im Kreise der tapferen Krieger,
- Dann, will's Gott, erringen das Ziel in dem Kampfe vor Tunis!«
-
- Waffengeräusch erscholl im dunkeln Gezelte des Kaisers,
- Wo seither dem düsteren Schmerz ergeben, Toledo
- Trauerte. Ihn zu erheitern sann der gütige Herrscher;
- Aber umsonst: denn kalt und schweigend verschloß er die Brust ihm.
- Jetzt, aufhorchend im Zelt dem Klagenden, fühlet' er plötzlich
- Wieder erglühen den Muth im schmerzerstarreten Busen;
- Sprang vom Lager behend', umfaßte die glänzenden Waffen,
- Gürtete sich, und kam, und sprach zu dem Staunenden also:
- »Wie, so wohnet denn Gram auch im edelsten Herzen? So lohnt ihm
- Völkerbeglückende Müh' und Sorge nur schändlicher Undank?
- Schwinde, mein Leid! Verstumm't, ihr Klagen! Ich wähnet' euch endlos;
- Doch nun tret ich, beschämt, vor diesen erhabenen Dulder,
- Der dem größeren Schmerz obsiegt, und handelt, der Pflicht treu.
- Hör' ich drometenden Ruf -- der weckenden Trommel Gewirbel?
- Fleugt das Schlachtroß wiehernd im Feld, und blitzen die Waffen
- Tod in den Feind? Ich komme! Mit Schrecken gewahrt er Toledo's
- Waffen, und netzt sie mit Blut, und, wenn auch Thränen sie netzten --
- Meine Thränen: ich trockne sie schnell, des Dulders gedenkend.«
- Rasch enteilt' er dem Zelt. Dem Nahenden jauchzten die Krieger
- Freudigen Gruß: denn liebend hing das Volk an dem Helden.
- Aber ihm folgte bewegt, mit den tapfersten Führern der Kaiser
- Jetzt in das Lager hinaus, Aufbruch zu gebiethen der Heersmacht.
-
- Schon versank am fernen Gebirg der blässere Vollmond;
- Leise verhüllten die Stern' ihr Strahlenhaupt, und im Frühroth
- Glomm die erwachende Welt, als jetzt das geordnete Kriegsheer
- Sich nach Goletta erhob. In tieferschütternder Stille
- Schritt es einher. Nun wurde die finstere Stirne des Kriegers
- Mild, nun sanft sein drohender Blick: denn heiliger Andacht
- Sollt' er am Tage des Herrn sich weih'n; des göttlichen Mahles
- Andenken würdig feiern, und dann die erschlagenen Krieger
- Senken in's dunkele Grab, und den Tapfern erhöhen den Denkstein,
- Daß er entflamme des Kriegers Brust in der kommenden Zeit noch.
- Sieh', am Strande des See's, auf dem weitumschauenden Hügel
- Hob sich über dem Zelt aus Zweigen des säuselnden Oehlwalds
- Eine Laube, dem Opferaltar zum wölbenden Dom auf.
- Krieger pflanzten die Laub' in Hast, und zur Linken und Rechten
- Neben dem Bild des Gekreuzigten, nährt' auf silbernen Leuchtern
- Emsiger Bienchen Fleiß die fächelnde Flamme der Kerzen.
- Als die erlesene Heeresmacht, dem schimmernden Halbmond
- Aehnlich, die Laub' umgab: da folgte der stattliche Priester
- Eilig, im Feiergewand, dem dienenden Jüngling zum Altar.
- Dort vor dem Allerheiligsten sprach er die offene Schuld erst;
- Dann lobsang er dem Herrn, und bethet' um Himmelserleuchtung,
- Daß das sehnende Herz erkenne die Wege der Wahrheit;
- Kündigte dann aus dem Brief des großen Jüngers die Tröstung
- An die fromme Gemein': »Einst soll, was dunkel im Leben,
- Wie in umflortem Spiegel erschien, auf immer enträthselt,
- Schimmerndhell uns werden im Anschaun ewiger Wahrheit.«
- Dann die Worte des Evangeliums, mild und erhebend:
- »Liebet auch euren Feind, als Kinder des Einen und Höchsten,
- Der mit Vaterhuld für den Frommen und Bösen die Sonne
- Aufgehn heißt mit erwärmendem Strahl, und gedeihlichen Regen
- Sendet der Saat des einen, und andern!« Auch sprach er des Glaubens
- Frohes Bekenntniß, und opferte Brot und Wein zur Versöhnung
- Unserer Schuld; doch bald nach dem Dreimal-Heilig erhob er
- Nun das Heiligste selbst, und, als er im frommen Gebeth auch
- Jener gedacht, die, schon entrückt, im Lande des Friedens
- Schlummerten, sprach er das hohe Gebeth des Herrn, und, in Demuth
- Schlagend die Brust vor dem Lamm, das, uns Erlösung zu bringen
- Sich in den Tod hingab, genoß er die Speise der Seelen.
- Jetzt noch fleht' er um frohe Geduld in den Tagen der Trübsal,
- Und entließ mit segnender Rechte die Christenversammlung.
- Aber das Haupt entblößt, und die Augen zur Erde geheftet,
- Stand umkreisend das Heer, und ehrte die heilige Sühnung
- Durch erhabnen Gesang: die melodischen Laute des Herzens
- Flogen zum Himmel empor, und weckten die sanfteren Thränen,
- Die nur die Andacht weint in wonn'erhöhter Empfindung.
- Glänzender wölbte sich rings des Himmels blaues Gezelt auf,
- Und ein Sonnenmeer umwogte das hehre Geheimniß
- Unseres Heils. Der schimmernde See, von milderen Lüftchen
- Leise geküßt, erhob in schauernder Wonne die Wellen
- Nach dem Strand, wo in lispelndem Grün der Opferaltar stand.
- Freudig neigten sich ihm die Wipfel der Cedern Zafrano's;
- Auch das Olivengehölz ersäuselte sanft, und des Luftraums
- Liebliche Sänger horchten still in den flisternden Zweigen;
- Feierlich schwieg umher die tiefanbethende Schöpfung.
-
- Als gefeiert das Fest, und vollendet das göttliche Mahl war:
- Da geboth der Kaiser dem Volk die Begrabung der Todten.
- »Eilt,« so rief er, »an's heilige Werk: der Erde zu geben
- Leichtverwesliche Saat zur Ernte des ewigen Lebens,
- Wenn der Posaune Klang uns all' aus den Gräbern hervorruft!
- Denket des tapferen Sarno zugleich, den ehrenden Denkstein
- Ihm erhöhend. Auch Giaffar sey an den Mauern Goletta's
- Ehrend die Säule geweiht: denn schön ist es, kommenden Zeiten
- Noch den Heldenmuth erschlagener Feinde zu künden.«
- Eilig gruben die Krieger das Grab; weit gähnte das Erdreich,
- Biethend die Ruh' im dunkeln Schooß den entschlummerten Todten.
- Thränenden Blick's hintrug so mancher den treuen Gefährten,
- Der auf des Lebens Dornenpfad' ihm redlich die Bürden
- Tragen half, und treu sich bewähret' in Noth und Gefahren.
- D'rauf, als alle das Grab umfing, und der ehrende Hügel
- Deckte: da hob, aufblickend, der Priester den Trauergesang an;
- Sprengte geweihetes Wasser umher, und schwenkte des Fäßchens
- Weihrauchduftende Gluth der Ruhestätte zum Segen.
- Dann versenkten sie auch im gesonderten Grabe, die Leichen
- Ihrer Gegner, vereint; erhöhten mit Liebe den Denkstein
- Sarno's Ruhme geweiht -- auch Giaffars. Freudig gewahrte
- Ludwig das Ehrenmaal des Tapferen, den er erlegte.
-
- Hell, in des Mittags Gluth erglänzten die Zinnen der Festung,
- Als die christliche Heeresmacht, dem Herrscher gehorchend,
- Sich g'en Tunis erhob. Der Wetterwolke nicht ungleich,
- Die an dem fernen Gebirg aufschwebt, dann eilenden Fluges,
- Rings die Lüft' umhüllt, und des Himmels Bläue verschlinget,
- Deckten die Kriegsheerscharen das Land. Sonst tapfere Krieger,
- Lechzend vor Durst im qualmenden Staub, der unter des Rosses
- Huf und des Mann's vorstrebendem Fuß zu den Wolken emporstieg,
- Murreten jetzt in den Reih'n: da schwang der Kaiser voll Hast sich
- Aus dem Sattel; er zog in mutheinflößender Hoheit,
- Selbst mit den Scharen einher, und führte sie vor auf dem Heerweg.
- Plötzlich verstummte die Klag', und, wie durch kühlendes Wasser,
- War die lechzende Zunge gelabt, der finstere Sandstaub
- Ohne Beschwerd', und die Gluth der schrecklichen Sonne verloschen.
- Doch als jetzt in des Meeres Fluth g'en Westen ihr Antlitz,
- Goldumflammt, sich spiegelte; dort- und vom nahen Gehölz her
- Liebliche Kühlung kam: da ersah'n die staunenden Krieger
- Tunis, mit thürmenden Minarets und prangenden Häusern
- Glühen im rosigen Licht der ersehneten Stunde des Abends.
- Lautaufjauchzten sie all', und schlugen mit nervigen Rechten
- Dann an die blanken Gewehr': entscheidender Thaten sich freuend.
- Aber der Kaiser geboth, urschnell erforschend die Gegend,
- Seinen Tapferen »Halt!« denn links am Gestade des See's hin,
- Rechts am Olivengehölz, wo droben die Schanze der Felshöh'n
- Salis bewähretem Muthe vertraut, der lagernden Heersmacht
- Sichere Stellung verhieß, und die silbernrieselnde Quelle
- Labung ihm both, gedacht' er des Heers kampfrüstige Flügel
- Auszubreiten, und dort der Morgenröthe zu harren.
- Und, wie im wölbenden Dom die unzähligen Laute der Orgel,
- Von dem Künstler geweckt, sich all' in brausender Strömung
- Herzerschütternder Harmonie'n vereinen zum Wohlklang;
- Oder so wie die Räder all' im vollendeten Uhrwerk
- Willig sich dreh'n nach des Penduls Schlag, und die Zeiger der Stunden
- Kreisenden Lauf und die Bahn der Stern', und der Sonn' und des Mondes
- Weisen zugleich auf dem Zifferblatt: so folgten die Krieger
- Jetzo des Herrschers Wink. Und schnell, wie im künstlichen Webstuhl,
- Kreisenden Spuhlen entfloh'n, im Zug sich entwirren die Fäden,
- Und verschlingen zum schönen Gebild: so entwirrten sich alsbald
- Hier die verschlungenen Reih'n, und lagerten dann in dem Blachfeld
- Trefflich geordnet umher. Die Reiter, auf jedem der Flügel
- Deckten schirmend des Fußvolks Macht und des eh'rnen Geschützes
- Ordnungen, die von dem Vorderzug das mittlere Treffen
- Sonderten. So gestellt, nachtlagerten jetzo die Krieger.
-
- Sieh', da nahten die Feind' unzählig herüber von Tunis,
- Hairaddins drohendem Blick und schrecklichem Rufe gehorchend!
- Wie auf dem Stillen-Meer des Sturms erbrausender Odem
- Weit die Fluthen empört, und endlosstarrende Wogen
- Fort zum entferneten Welttheil wälzt -- sie stürzen gedrängt hin:
- Zahllos so, herübergejagt von dem furchtbaren Herrscher,
- Nahten die Moslemim: denn im Gemüth nicht Tausender Leben
- Achtend, däucht' es ihn leicht, die schmählichverlorene Festung,
- Jetzt im nächtlichen Ueberfall dem Feind' zu entreißen.
- Grimmig verlacht' er darum die Worte der Späher: ihm stehe
- Dräuend entgegen der Feind, und ordne die Scharen zum Kampf schon;
- Dennoch drängt' er den Sporn in die Seite des ächzenden Rosses,
- Das ihn im Staubgewölk und im sausenden Donnergalopp hin
- Bis an die Vorhuth trug. Dort hielt er, und sah, vor Erstaunen
- Starr, die Gerüsteten: Wuth und Verzweiflung engte die Brust ihm.
- Wie die Wetterfahn' im Hauch des wechselnden Windstroms,
- Bald nach Osten, und bald nach Westen gewendet, umherfleugt:
- Also schwankte sein Geist, im Sturm und Drange des Herzens,
- Unentschlossen, umher: denn schnell, mit dem Blicke des Adlers,
- Heeraufstellender Kunst und Angriffs kundig, gewahrte
- Sein umspähendes Auge das Heer des mächtigen Gegners
- Trefflich beschirmt, und ihm entfloh'n die Stunde des Angriffs.
- Schweigend kehrt' er zurück, und rief den Scharengebiethern,
- Frohsinn heuchelnd, und Muth, weil Angst ihm füllte den Busen:
- »Preist den Herrn der Welt und seinen erhabnen Propheten,
- Der uns herrlichen Sieg verheißt, und dem Feinde Verderben
- Sendet! Die Nacht entsinkt dem Sternengefilde; nicht kämpfen
- Heut' wir mehr: denn hör't! Nur tobenden Muthes Getümmel,
- Sang und Klang ertöne vom Lager; unzählige Feuer
- Mögen die dunkle Nacht umwandeln zur Helle des Tages,
- Und enthüllen das Heer, das schon an dem kommenden Morgen,
- Gleich dem Sturm vorbrausend im Feld, hintilge die Christen.
- Abu-Sa-id, dich ruft vor jeglichem Führer dein König
- Heute zur That! Zeuch hin mit zwanzigtausend Erwählten,
- Sonder Geräusch, entlang die felsigen Ufer Medscherda's,
- Nach Buschatter, um dort zu umgehen das feindliche Lager;
- D'rauf, den flammenden Blitz des Donnerrohrs und der Büchsen,
- Schauend in dämmernder Früh', und des Kampf's erwachtes Getümmel
- Hörend, erklimme die Höh'n, und stürze dich, ähnlich dem Gießbach,
- Der im zerstörenden Lauf fortbraust nach unendlichem Regen,
- Rasch in das Lager hinab, daß uns die flüchtigen Scharen,
- Seiner Wälle beraubt, dann all' erliegen im Schlachtfeld.
- Denke des herrlichen Zugs, und der Beut' unsäglichen Werthes!«
- Sagt' es, und Abu-Sa-id ging stolzumschauenden Blickes,
- Seinem harrenden Volk und dem nahen Verderben entgegen.
- Doch, auf Hairaddins Wink, des furchtbar'n Mannes, erwachte
- Jetzt Aufruhr, und Lärm, und Getös' in dem wimmelnden Lager:
- Denn des Kessels schmetternden Klang hier mengten die Einen --
- Dort des Horns Gebrüll die Andern (mit schwellenden Backen
- Und vorquellendem Aug' erzwingend des Erzes Gewaltton)
- Furchtbarer stets, in das laute Geschrei der rasenden Krieger
- So, daß die schlummernde Welt vor Angst aufschauderte ringsum!
- Und in den hellsten Tag verwandelte, prasselnd, des Reisigs
- Mächtige Lohe die Nacht. An den Zelten der Völker hinunter
- Trugen ragende Pfähl' unzählbarflammende Kessel,
- Leuchtend, empor: ihr fächelnder Schein durchblitzte die Gegend
- Endlos, immer geweckt von des Harzes aufwallenden Fluthen.
- Raschelnd wogte vor Hairaddins Zelt die _Heilige_ Schlachtfahn' --
- Also dem Volke genannt, in die Lüfte. Die türkische Tonkunst
- Feierte dort ihr Fest: die Trommel polterte; Teller
- Zischten mit ehernem Laut; hell klingelten Schellen und Glocken;
- Pfeifchen gellten mit Zink- und Hörnerklängen vereinet.
- Doch vor des Bascha Zelt, vor jeglichem rings in dem Lager,
- Stand das düstre Panier, von des Rosses buschigem Schweifhaar
- Zwei- auch dreifach erhöht: die Würde des Orta-Gebiethers
- Kündend. Also durchwachten die Nacht die empöreten Völker.
-
- Abu-Sa-id entschlich, dem wildaufspürenden Weidmann
- Aehnlich, dem Heer', und eilte Medscherda's Fluthen hinunter,
- Mit erlesenem Volk, ihm Stille gebiethend, zum Ziel hin.
- Lange noch hört' er des Lagers Getös', und freute der List sich.
- Aber da lag auf des Felsens Höh'n, im Kreise der Schützen,
- Salis, der tapfere Hort, und sah nach den Sternengefilden
- Schweigend empor. Er bebte, daß dort, millionen von Meilen
- Ueber dem glänzenden Sirius noch, das Aug', mit des Fernrohrs
- Zaubermacht bewehrt, aufdrang, und dennoch kein Ziel fand;
- Zahllos über ihm noch die Sonnen wandeln, und zahllos
- Erden und Monde sich dreh'n im Raum des unendlichen Weltalls:
- Das erfüllt' ihm die Brust mit Schauern der nahen Vernichtung!
- Weinend senkt' er den Blick zum niedrigen Staube hinunter --
- Dachte sich selber nur Staub im wehenden Hauche der Allmacht.
- Sieh', da flog, auf des Lüftchens Fittigen säuselnd im Nachtgrau'n,
- Eilender Schritte Getös' und klirrender Waffen Getümmel
- Ihm an das horchend' Ohr. Mit dem spähenden Auge des Falken,
- Der aus Wolkenhöh'n im dunkelen Grase den Raub sieht,
- Forscht' er rings in den Thälern umher, und sah an Medscherda's
- Ufer annahendes Volk. Schnell ahnt' er, besorgt in dem Herzen,
- Feindlichen Ueberfall, und, gedenkend entscheidender Abwehr,
- Flog alsbald, gesendet von ihm, Ruinard in das Lager,
- Von dem Kaiser verstärkende Macht zu erfleh'n: und sie ward ihm.
- Bald erklommen die Höh'n noch tausend erlesene Schützen,
- Löwenbeherzt, und froh der feindabwehrenden Arbeit.
-
- Aber am Strande des See's, wo im Lager die Scharen der Christen
- Ruheten, war nicht Getös' auftobenden Volkes zu hören.
- Nicht erleuchtete Flammenschein (so wollt' es der Herrscher)
- Dort die dunkele Nacht, daß in ihrem Schleier geborgen,
- Fest vertrauend dem Muth in der Brust und der leitenden Weisheit,
- Lächle der Tapfre getrost des schreckenvollen Getümmels,
- Das die Verzweiflung gebar, nur feigeren Seelen zur Täuschung.
- D'rauf erquickte nur Brot die Lagernden, heute zum Spätmahl
- Kärglich gespendet; sie löschten den Durst nur am Born, und gedachten,
- Scherzend, des reichlichen Mahls zu Tunis, am kommenden Abend.
- Aber der Kaiser ging im Kreise der schmausenden Krieger,
- Zögernden Schrittes umher, und sagte mit Lächeln dem Einen,
- Und dem Ander'n ein freundliches Wort, beim Nahmen ihn nennend:
- Da in dem zahllosen Heer' kein Tapferer fremd ihm geblieben.
- Doch nun rief ihm der Reisige, Horst, der früher des Kaisers
- Dienender Mundschenk war, da er ging, im heiteren Scherz nach:
- »Carolus, unser gebiethender Herr,« so spöttelt' er, winkend
- Noch mit den Augen, ihm nach, »vermisset mit trauerndem Herzen,
- Heute wohl auch die erlesene Menge der Speisen im Prunksaal,
- Wo er dem Tisch sonst naht in traulicher, lieber Gesellschaft:
- Denn nicht dampfen aus China's buntem Geschirr ihm die Brühen
- Würzig entgegen, und nicht das Fleisch gemästeten Rindes,
- Mancherlei Brühen gesellt, nicht das zarte Gemüse, des Rehes
- Saftiger Rücken, des Wildschweins Kopf, mit grünenden Sträußchen
- Zierlich umhüllt, nicht der Braten von zahm- und wildem Geflügel.
- Auch das feine Gebäck, so vielfachgestaltet aus Rohrmehl,
- Das uns die Neue Welt hersendet in schimmernden Kegeln,
- Reitzt nicht heut' ihm den Gaum, nicht das Obst, erzwungen im Treibhaus,
- Oder weit schöner gereift von Gottes gewaltiger Sonne.
- Weder des Rheinweins Gold, noch Malaga's dunkler Gewürzsaft,
- Und des Tokayers Gluth weckt ihm aus silbernen Bechern
- Heute mehr Lust. Erwünscht nun wäre mir selber der Speisen
- Abhub, der uns Dienenden ward nach vollendetem Gastmahl;
- Aber getrost: uns winkt aus Tunis der freundliche Wirth schon!«
- Also sprach er im Scherz, und laut auflachten die Krieger.
- Abgewandten Gesichts horcht' ihm der edelste Kaiser;
- Doch nun wandt' er sich schnell, und lächelt' ihm, als er den Finger
- Gegen ihn drohend erhob. Dem Scheidenden folgte der Krieger
- Jubelgeschrei, noch weit zu seinem erhellten Gezelt hin.
-
- Sieh', jetzt kam ein christlicher Sclav' im nächtlichen Dunkel
- Eilenden Lauf's zur Vorhuth; stand, und streckte zum Himmel,
- Dankend, die Händ' empor; dann rief er: »Erkennet ihr Hugo?
- Ich bin's! O, wer führt mich schnell zu dem waltenden Herrscher?«
- »Hugo?« so rief Toledo im Schlaf, und riß sich vom Boden,
- Lautaufstöhnend. Er lag, der äußersten Scharen Gebiether,
- Dort entschlummert im Feld. Nun küßte die bebende Hand ihm,
- Auf die Kniee gesunken, der Greis, und schluchzete sprachlos;
- Aber Toledo hing mit schrecklicherblassendem Antlitz
- Ueber dem weinenden Greis', und tief aus den Tiefen des Herzens
- Seufzend, sah er ein strahlendes Bild hinschwinden im Nachtgrau'n:
- Dann noch dunkler das Leben umher; er stürzte zum Meer fort.
- Hugo, bebend vor Angst, vernahm von den Kriegern Mathildens
- Trauergeschick und Toledo's herzzermalmenden Jammer,
- Und im wechselnden Kampf erblutete jetzo die Brust ihm:
- Denn bald sah er die Flucht des unglückseligen Gatten,
- Bald vernahm er im Ohr Wehklag' und Geschrei nach Errettung
- Tausender, die ihn gesandt aus den scheußlichen Höhlen des Todes;
- Doch, was höher ihm schien, und galt im redlichen Herzen,
- War ihm Gesetz. In Hast eintretend zum Herrscher, begann er:
- »Herr, kein Fremdling vor dir, erscheine ich heut' ein Gesandter
- Zwanzigtausend in Noth und Jammer verschmachtender Christen!
- O, ich habe den Jammer geseh'n, und wäre gestorben,
- Hätte nicht himmlische Huld mich bewahrt bei dem gräßlichen Anblick!
- Allerbarmend ist Gott, er lenkte die Seele Medelins
- Wieder zurück auf die Wege des Heil's, die er treulosen Sinnes
- Abschwur, und erboßt, den Christensclaven ein Henker,
- Wüthete. Sieh', er kam, und löste den armen die Fesseln --
- Löste sie mir, dem Draguts Rache den schrecklichsten Tod sann,
- Daß ich dir künde zuvor: verschließen wird er der Hochburg
- Eiserne Thore des Wüthrichs Macht, die entfesselten Sclaven
- Waffnen, und harren des Wink's zum Verein mit dir, und den Deinen!
- Als ich der Höhl' entfloh, da tönte herauf aus dem Abgrund
- Freudengeschrei und Gerassel der sinkenden Ketten, daß alsbald
- Mir erstarrte das Blut in den Adern vor Angst und Entzücken.
- Wahrlich, mich leitete jetzt der Himmlischen einer in's Lager
- Her, in der dunkeln Nacht, Medelins Worte zu künden:
- Herr, der Rettung gedenk': denn furchtbar wäre das Säumen!«
- Hastig enteilt' er jetzt, die Spur zu erforschen Toledo's.
- Aber mit pochender Brust, mit thränenumflossenen Wimpern
- Blickte der Kaiser ihm nach, und rief den tapferen Radburg,
- Dann auch Römhild auf, die Führer der Bayern und Schwaben:
- »Eil't, ihr beide, vereint, mit tausend erlesenen Kriegern
- Jeglicher, nach der Felsenburg; im nächtlichen Dunkel
- Führt euch Hugo, der Greis, und dort eröffnet Medelin
- Euch die Thor', aus welchen noch heut', o Wonne, der Christen
- Eiserngefesselte Schar auszieht in seliger Freiheit!
- Haltet die Veste besetzt, bis wir im schallenden Sieg'sruf
- Nah'n, und die armen all', entfloh'n dem Kerker, uns danken.«
- Also geschah's: denn schnell entbothen die muthigen Führer
- Ihr erlesenes Volk, die Burg zu erreichen im Nachtgrau'n.
-
- Draußen am Meeresgestad', am schwindligen Rande des Felsens,
- Stand Toledo gebeugt, und sah mit erblassendem Antlitz
- Starr in die schimmernde Fluth. Ihm schwand dort die Erd' und der
- Himmel:
- Denn jetzt horcht' er, verwirrt, dem fluthenden Geistergelispel --
- Stöhnete dann, und horchte wieder: die wechselnden Wellen
- Sanken, stiegen, und schienen allein in dem frostigen Meergrund
- Für sein brennend Weh' ihm labende Kühlung zu biethen.
- Also fand ihn der Greis! er hob die Händ' und die Augen
- Weinend zum Himmel empor, und bethete leise für sich hin:
- »Der du, ein guter Hirt in der Wüste das irrende Schäflein
- Suchtest, und so das Gefundene, liebendumfaßt, auf den Schultern
- Heimtrugst: laß auch ihn nicht verloren seyn, du Erbarmer!«
- Dann umfaßt' er ihn schnell; bedeckte mit brennenden Küssen
- Ihm den Nacken, und rief mit leisem Gewimmer: »Mathilde!«
- Lautaufstöhnt' er dem Wort', und wandte sich, starrend in Hugo's
- Thränendes Aug'; doch jetzt ergriff er die Hand des Getreuen,
- Preßte sie heftig, und floh nach dem Lager zurücke. Der Wogen
- Dumpfes Rauschen erfüllte noch fern ihm die Seele mit Schauder.
-
-
-
-
- Zwölfter Gesang.
-
-
- Hairaddins Völker umfing noch bleierner Schlaf und Betäubung.
- Wie aus dem dämmernden Saal, nach lautem Gelage der Fastnacht,
- Schleicht ermüdetes Volk; das schimmernde Licht von den Leuchtern
- Schwindet; Tanz und Getöne verstummt, und Getümmel verhallet;
- Also verhallte der Lärm in dem weitumkreisenden Lager
- Hairaddins; doch, vom Schlummer erquickt, und zum Kampfe gerüstet,
- Harrten die Christen schon des donnernden Zeichens zum Angriff.
-
- Siehe, der Morgen erhob die Stirn' an dem östlichen Himmel,
- Rosenumkränzt, und sah mit schüchternerröthenden Wangen
- Nach der Erde herab, die, sich des nächtlichen Grauens
- Arm entwindend, aus Wolkenhöh'n mit dem Jubel der Lerchen,
- Und in den Fluren rings mit schimmernden Thränen ihn grüßte!
- Jetzt, in des Morgens Hauch, zum Kampf entbiethend die Scharen,
- Schwang der Kaiser das Schwert in die Luft. Des Winkes gewärtig,
- Eilte der Wurfschütz vor, und senkte die Lunte mit Vorsicht
- Hin an des Zündrohrs dunkelen Rand: aufflammte das Pulver.
- Erst nur ein weniges vor -- dann eilender wieder zur Stelle
- Rollte der eherne Schlund, und warf im Donnergetümmel
- Durch die Lüfte den Ball nach dem feindlichen Lager hinüber.
- Einst, wie zum Weltgericht die Posaun' erschallt in dem Luftraum,
- Schnell die Gebein' aus Staub und Moder zum Leben sich regen,
- Und in schaudernder Hast, dem Rufe folgend, die Todten
- Alle ersteh'n: so scholl, in der heiligen Frühe, des Schlachtrufs
- Donnergetümmel dem Feind'. Alsbald ergreifend die Waffen,
- Stürzeten alle zugleich mit Lärm und Getös' in die Reihen.
- Rings in die Umwelt flog auf den Fittigen säuselnder Lüftchen,
- Donnergetön, und traf in dem fernentlegenen Waldthal
- Abu-Sa-ids aufhorchendes Ohr. Er wähnte: begonnen
- Wüthe die Schlacht -- besiegt von Hairaddin, fliehe der Fremdling
- Schon, dem er den schirmenden Wall zu entreißen herankam.
- Schnell entboth er sein Volk, und klomm an der ragenden Bergwand
- Aufwärts, keuchend vor Hast, und triefend von Schweiß an den Gliedern:
- Denn ihn drängte nach Beute die Gier, die Hairaddin gestern,
- Träumend von Siegen, ihm both. Er hieß die folgenden Scharen
- Leis' erklimmen den Berg, und winkte mit Augen und Händen;
- Zischt', und pressete fest an die Lippen den dräuenden Finger,
- Daß sie den wehrlosen Feind erwürgten im plötzlichen Anfall.
- Aber nicht achtlos saß auf dem buschigen Saume der Felshöh'n
- Salis, der Held. Im Kreise der ringsumspähenden Schützen,
- Sah er hinschwinden die Nacht, und jetzt vernahm er vom Wald her
- Nahender Laute Gezisch: denn unter den eilenden Füßen
- Rauschte das Laub, und verrieth die Kommenden. Muthigen Herzens
- Fuhr er vom Boden, und rief dem Volk: »Gebt Acht!« und die Schützen,
- Beugend das rechte Knie', an die Wange pressend des Rohres
- Zierlichen Schaft, mit gespanntem Hahn, scharf zielenden Augen
- Harrten des »Feuer!« gebiethenden Ruf's. Da faßte der Feldherr
- Selber den kunstgezogenen Lauf, den er auf dem Herweg
- Kaufte für blinkendes Gold von dem tridentinischen Meister,
- Stand, und zielete. Jetzt, in des dunkel'n Waldes Umlaubung,
- Schauend Abu-Sa-id, der stolz vor den Seinen daherkam,
- Ließ er erkrachen das tödliche Rohr. Die schmetternde Kugel
- Röthete schnell ihm die Stirn', und sterbend sank er zu Boden.
- Also birgt sich im Schooß des hundertjährigen Ahorns,
- Lauernd, der Luchs, da im Lauf hereilt der muntere Rehbock;
- Aber er fahet ihn nicht: denn drüben erkrachet des Hirsches
- Sechzehnendiger Krone bereits der hemmende Hochwald,
- Und er stürzt sich jetzt auf den harmlos Nahenden, Blutgier
- Athmend, herab, und zernagt den Hals und den Rücken des armen,
- Im verzweifelten Lauf, bis ganz ermattet er hinsinkt:
- Salis erlauerte so vor allen den Führer des Volkes,
- Abu-Sa-id, und warf ihn entseelt hinunter am Abhang.
- Schreckenbetäubt, nicht ahnend woher die entsetzliche Kugel
- Brausete, stand sein Volk, und starrt' umher in dem Dunkel;
- Doch als endlos fort vom Gebüsch der Büchsen Geschmetter
- Tobte; nach jeglichem Schuß Gejauchze des Schützen ertönte,
- Der, scharfzielend, durchbohrte die Brust des einmal Erkornen;
- Als die schreckliche Wucht entrollender Steine, des Berges
- Saum entlang, wo in dunkeler Nacht sie häuften die Schützen,
- Donnernd die Reihen begrub, und Reihen verwundet umherwarf:
- Da scholl Jammergestöhn' verwundeten -- Lärm und Getümmel
- Flüchtenden Volk's, das schnell hinunter den stäubenden Abhang
- Stürmt' und von Schrecken gejagt, im Thal forteilte g'en Tunis.
- Stille herrschete rings, und so, wie berstende Wolken
- Brausen vom Hochgebirg in das Thal, die entwurzelte Waldung
- Schwindet, und kahl aufstarrt das Gefild: so brausten die Mauren,
- Flüchtend, im Waldthal fort, und rings verstummte die Gegend.
-
- Freudig erscholl fernher das Schmettern der Büchsen des Kaisers
- Horchendem Ohr; doch freudiger noch ihr schnelles Verstummen:
- Denn er ahnte den Sieg auf den Höh'n, und führte die Scharen
- Eilender vor. Da flog, vom schnaubenden Rosse getragen,
- Guasto, der Greis, ihm entgegen, und rief, ein Flehender, also:
- »Herrlich dämmert dein Siegestag, erlauchter Gebiether;
- Laß dieß grauende Haupt mit dem schönsten der Kränze geschmücket,
- Kehren vom Kampf, so ich heut', beherrschend den muthigen Vortrab,
- Dir bereite die Bahn zu dem Sieg voll ewigen Nachruhms!«
- Als ihm des Herrschers lächelnder Blick die Bitte gewährte,
- Spornte das Roß Del-Guasto, und flog, wie Wettergewölk fleugt,
- Von dem Sturme gejagt, an die Spitze des muthigen Vor-Zugs,
- Wo des Fußvolks Reih'n, fünftausend erlesener Wälschen,
- Oestreichs tapferen Reitern gesellt, mit Jubel ihn grüßten.
- Jene lenkte Toledo zum Kampf, und die Reisigen Lichtstein:
- Beide Söhne des Ruhms, erzogen im Felde der Waffen.
- Wie in dem Sternenzelt, verherrlicht vor allen, des Morgens
- Glänzender Stern aufschwebt: so kam an dem Flügel zur Linken
- Ludwig, der siegverherrlichte Held, neuntausend der Krieger,
- Die aus Brabant, und mit ihm her aus Lusitanien zogen,
- Vorzuführen im Feld. So folgten zur Rechten die Deutschen
- Ebersteins Panier, der kühn, wie ein Eber des Waldes
- Sich auf den Gegner warf im Gefecht; wie ein Fels in dem Meergrund
- Stand im wilden Tumult umdräuender Todesgefahren,
- Und in dem Busen (den Edelstein) das edelste Herz trug.
- Hunyady eint' ihm die Macht roßtummelnder, kühner Magyaren
- Hier, voll Muths vorstürmend im Feld; dort nahte mit Ludwig
- Alba heran, der stets ein Schrecken der Feinde, der Heimath
- Schwergeharnischte, reisige Schar, entflammte zu Thaten.
- Doch, wie Sterne der Mond, den Mond, aufstrahlend, die Sonne
- Schnell verdunkelt an Pracht: so ragte der edelste Kaiser
- Vor in der Mitte des Heers. Ihm folgten aus jedem der Völker
- Tausend Erwählte zum Kampf, daß jegliches, gleich in Gefahren,
- Gleich in des Ruhms hochlohnendem Glanz, sich freue des Vorzugs.
- Aber im Nachhalt stand Aurel mit den Tapfern von Malta,
- Und, den Rittern gesellt, den furchtbarn, standen die Reiter,
- Die Hispania's Cortes entsandt' im rühmlichen Wettstreit:
- Doria's Heldenkraft vertraute der Kaiser die Scharen.
-
- Jetzo herauf und hinunter im Feld, die Reihen zu mustern,
- Jagt' er das feurige Roß, und es streute vom blanken Gebisse
- Schneeigen Schaum, und wieherte stolz in dem sausenden Ritt hin.
- Doch nun hemmt' er, zur Mitte gekehrt, den schnaubenden Läufer,
- Hob vom Haupte den Helm, und wandte sich gegen die Krieger.
- Siehe, da fuhr an des Himmels Rand' im Osten die Sonne,
- Rosigschimmernd, herauf, und weckte den lieblichsten Morgen,
- Der sich je zur Erd' auf goldenen Fittigen senkte!
- Ringsum jauchzt' ihr entgegen die Welt: denn wonnige Kühlung
- Hauchte das Meer und der See von Tunis herüber, des Kriegers
- Busen erfüllend mit dauernder Kraft, und am blaueren Himmel,
- Dem erhabnen Altar des Herrn des kreisenden Weltalls,
- Schwamm ein zartes Gewölk umher, gleich duftendem Weihrauch,
- Der zum Dank aufwallt in der heiligen Stunde der Andacht.
- Als er entblößte das Haupt, da hellte die strahlende Sonne
- Ihm die erhabene Stirn'; er bethete laut vor den Scharen:
- »Herr, nun stärke dein Volk! Nicht trieb uns im dunkelen Schiffsraum
- Gier nach Beute heran; nur deinen Bekennern die Freiheit --
- Frieden dem raubgefährdeten Meer zu erkämpfen im Schlachtfeld,
- Ziehen wir freudig das Schwert. Von dir kommt Sieg und Errettung.«
- Dann aufschwang er den Stahl mit der Rechten; er barg mit der Linken
- Schnell das Haupt in den Helm, und rief, erschütternd, den Kriegern:
- »Golgotha's Hügel herab entströmte des sterbenden Mittlers
- Kreuze die knechtschafttilgende Huld: sie bracht' uns Erlösung.
- Christen, des Kreuzes gedenkt, und errettet die schmachtenden Brüder!«
- All' aufjauchzten dem Wort mit thränendem Blick, und im Sturmflug
- Ihres empöreten Muths erscholl ihr brausender Zuruf:
- »Fort, in die blutige Schlacht! Nicht allein auf dem Felde vor Tunis
- Streite dein Volk; auch fern an Jerusalems heiligen Mauern
- Stirbt es den Heldentod für dich, zu erringen der Kronen
- Erste dem edelsten Haupt. Jetzt hin, wo im Donnergetümmel
- Blitzt das würgende Schwert; wir schmettern die Feinde zu Boden!«
- Also erscholl's in dem Heer. Da flammte plötzlich der Luftraum
- Auf; die Wolken floh'n; laut rauschten des Meeres Gewässer,
- Und es erbebte die Erd', als sollte zerstieben das Weltall:
- Denn aus den glänzenden Höh'n der endlosen Räume des Himmels
- Kam Eloa herab: von den streitenden Heeren der Geister
- Wilden-Muth-empörende Schar zu entfernen. Sie bebten,
- Als er das flammende Schwert aufschwang, und mit dräuendem Blick rief:
- »Hör't, daß Keiner aus euch den Völkern: nicht diesem, nicht jenem,
- Nahe mit thatenerweckendem Hauch: denn selber bewähren
- Soll sich der Muth, der hier den Sclaven erringet die Freiheit!«
- Nun, da er fern' im bläulichen Aethergefilde dahinschwand,
- Sah'n sie trauernd ihm nach. Ihr Herz erfüllte die Sehnsucht
- Nach dem seligen Land: des Friedens ewiger Heimath.
- Dann, gesondert im Kreis', auf schimmernden Wolken sich lagernd,
- Ruheten all' umher, und blickten herunter auf's Schlachtfeld.
- Muhamed floh mit den Seinen davon: ihn schreckte des Seraphs
- Dräuender Blick, und Gram entflohener Hoffnung ergriff ihn.
-
- Sieh', auch Hairaddin trieb des brausenden Heeres Geschwader
- Zahllos gegen die Christen heran: so brauset des Meeres
- Sturmgeschaukelte Fluth in tausender Wogen Empörung!
- Erst die reisige Schar der Araber, feurige Rosse
- Bändigend, und ermüdend im Kampf durch wechselnden Anfall,
- Flog den Numidiern vor, die rasch von der Sehne des Bogens
- Schnellen den schwirrenden Pfeil, und fern durchbohren den Gegner.
- D'rauf, wie die Schwärme der Kräh'n anstürmen im Herbst, und erfüllen
- Weit mit lautem Gekrächze die Luft: so folgte der Mauren
- Lanzengewaltiges Volk den Numidiern, und in dem Rücken
- Dieser Unzähligen kam, von schnaubenden Rossen gezogen,
- Rasselnd, im sanddurchpflügenden Zug, des schweren Geschützes
- Dräuende Macht. Nach jeglichem Donnerrohr', in der Rechten
- Schwingend die dampfende Lunte zur Luft, und den Helfern gebiethend,
- Schritt der Wurfschütz her, und siebenzig waren der Schützen:
- Dragut führte dieß Volk, dem Vorderzuge gebiethend.
- Aber die Janitschar'n, gewaltiger Thaten sich freuend:
- Jetzo des Feindes Reih'n mit des Säbels sausendem Mordschlag
- Niederzuwerfen, und jetzt, aus schmetternden Feuergewehren,
- Mitten in Feindesbrust zu entsenden die tödliche Kugel,
- Eilten im Nachzug vor. Da waren die Brauen der Krieger
- Tiefer gesenkt, das Auge geröthet vor Wuth, und die Lippen,
- Gleich dem gespannten Bogen gekrümmt, voll schrecklichen Ingrimms.
- Hairaddin spornte das Roß herauf und hinunter: von Unmuth
- Gohr ihm die Brust, daß er jüngst von Sinam bethöret, nicht würgte
- Dort die Sclaven gesammt, aufschleudernd die Burg in den Luftraum.
- Grimmig hing sein Blick an der Burg, und er wandte das Schlachtroß
- Nach den felsigen Höh'n, den armen verderbend zu nahen;
- Doch schon brausten die Christen heran, und heischten drometend,
- Trommeln wirbelnd, Kampf, und Gemenge der mordenden Waffen.
-
- Jetzt, wie im thauenden Lenz von zween aufstarrenden Bergen
- Plötzlich der Schnee sich lös't, und gegen einander gewirbelt,
- Link's, und rechts herdonnern in's Thal die grausen Lawinen:
- Weit erbebet die Luft; zerschmetterte Wälder erkrachen,
- Und die Hütten umher mit den Lebenden deckt die Zertrümm'rung;
- Aber zugleich wie zween aufbrausende Ströme der Lava,
- Der aus Süden gejagt, und jener aus Norden, sich plötzlich,
- Tief in des Abgrunds Nacht begegnen im feindlichen Ansturz:
- Siehe, da zittert die Welt; im Beben der Erde versinken
- Mächtige Städt', und der berstende Berg speit Flammen zum Himmel:
- Also trafen dahier die feindlichen Heere zusammen:
- Da war Mordesgetös' und Geschrei, war Sausen der Lanzen,
- Zischen der Pfeil', und Klirren der Säbel umher in dem Blachfeld.
- Dragut stürmte zuerst mit einem erlesenen Haufen
- Kühner Araber vor, und hieb in den Reihen der Vorhuth
- Ein, wo Wälschlands blühendes Volk entgegen ihm kämpfte.
- Blut durchströmte den Sand: denn hundert blühende Krieger
- Lagen erwürgt, eh' noch mit verhängtem Zügel die Reiter
- Oestreichs nahten, und schnell für jeden erschlag'nen Gefährten
- Zween erlegten dem Feind' im Gemenge der blitzenden Säbel.
- Aber so tapfer die reisige Schar, vereint mit dem Fußvolk,
- Drängte des Drängers Macht, so vieler Getödteten Blut floß,
- Dennoch siegten sie nicht: denn zahllos stürmten die Mauren,
- Mit den empörten Numidiern vor, und stärkten des Vor-Zugs
- Wankende Reih'n. So stemmen umsonst des berstenden Eises
- Tausendfältiger Macht die Pfähl' in dem Strom sich entgegen:
- Krachend thürmen die Schollen sich auf, und über den Damm hin
- Braust ihr verheerender Zug: wie hier den wimmelnden Scharen
- Guasto's tapfere Krieger umsonst entgegen sich stemmten.
- Doch schon nahte der Greis. Er führte die Scharen vom Nachzug
- Eilig im Sturmlauf vor, und die ehernen Kriegesdrometen
- Schmetterten heller, und lauter erscholl im Sturme der Trommeln
- Wirbelnder Ruf; empöreter stets aufjauchzten die Krieger,
- Stöhnten die Rosse hinan zum entsetzlichen Kampf der Entscheidung.
-
- Wer durchsprengt im sausenden Flug die Reihen, vor allen
- Heischend den Todeskampf? Wer wagt es, entgegen zu stehen
- Dragut, dem Schrecklichen? Wer, als Toledo, der edelste Feldherr?
- Fröhlich umgab er sich heut' am dämmernden Morgen die Rüstung,
- Die ihm der Kaiser gab zum Geschenk, und trat aus dem Zeltthor
- Heiteren Blickes zu Kurd, dem treubefundenen Freund hin.
- Schüttelnd ihm traulich die Hand, begann er mit sanfterer Stimme:
- »Kurd, in der Blüthe der Jahr', im Rosenschimmer des Morgens,
- Goß ein Gewittersturm urplötzlich ein nächtliches Dunkel
- Um mich her; zerknickte voll Wuth die Blüthen mir alle:
- Hinschwand jegliches Licht, und ich taumelte fort an des Abgrunds
- Schwindligem Rand; doch jetzt erseh' ich des schöneren Morgens
- Hellaufdämmernden Strahl, und die hehren Gefilde des Friedens,
- Wo des Dulders lohnendes Ziel, Mathilde, mir winket,
- Ewig beglückt! Leb' wohl, und fall' ich, so denke mit Sorgfalt
- Hugo's, des treuen, und werd' ein Tröster dem trauernden Vater!«
- Ach, der arme, nicht ahnt' er's nun, daß der trauernde Vater,
- Ob des Sohnes Geschick, erst jüngst verhauchte das Leben,
- Und ihn deckte das Grab mit tiefumnachtenden Schauern!
- Also sprach er dem Freund, in den Sattel sich schwingend, und horchte
- Gierig des schlachtgebiethenden Ruf's. Die Kriegesdrometen
- Schmetterten kaum, so flog er hinaus, und stürmte die Reihen
- Seiner Erlesenen durch. Er hatte Dragut ersehen.
- Aber auch Dragut sah ihn schon fern', und dachte, Verderben
- Ahnend, der Flucht; doch, ach, wie ertrüg' er Hairaddins Ingrimm,
- Wie den höhnenden Blick des feindlichgesinneten Sinam!
- Zweifelnd wankt' ihm die Hand an dem leitenden Zaum; vor den Augen
- Dunkelte rings ihm die Welt, und aus seinen erblassenden Lippen
- Stöhnte die Wuth; doch sieh', nun rafft' er in seinem Vermögen
- Nur ergrimmter sich auf, und warf mit umschwingender Rechten,
- Zielend, den blinkenden Dolch dem furchtbar'n Rächer Mathildens
- Weit entgegen! Er traf, im sausenden Fluge, Toledo
- Meidend, den tapferen Kurd, der rasch dem Freunde gefolgt war:
- Lautlos sank er vom Sattel herab, in die Stirne getroffen,
- Und verhauchte den Geist. Toledo, vor allen den Einen
- Nur im Aug': denn rach'entflammt, gewahrte des Freundes
- Schrecklichen Unfall nicht. Er spornte den schäumenden Läufer
- Dicht an das Schlachtroß Draguts hin, daß die wallenden Mähnen
- Beider sich streiften im Gegensprung, und, jetzt ihn ereilend,
- Brach durch Stirnbund, Haut und Bein sein schmetternder Degen
- Sich die blutige Bahn: er neigte die Stirn', wie ein Mohnhaupt,
- Das in der Reife, vom Sturm zerknickt, sich neigt, und des Samens
- Schwärzlichen Strom zur Erd' ergeußt; dann folgend dem Blutstrom,
- Sank er vom Sattel hinab, und röchelte sterbend im Sand dort.
- Doch nun wandte das schnaubende Roß der Rächer Mathildens
- Von dem Todten, und rief zu vereintem Gewürge den Freund auf.
- Wehe, er lag entseelt auf dem Sand'! Er blickte verstummend
- Auf ihn nieder: nur zwei, im Sturz, hellschimmernde Thränen
- Weihet' er, hingebeugt, dem Theuern; drückte die Spornen
- Dann in des Rosses Bauch, und schwang, vor entsetzlicher Rachgier
- Stöhnend, das Schwert: um ihn her, zur Sühne, die Leichen zu häufen.
- Wie der schreckliche Wolf, vom wüthenden Hunger getrieben,
- Weder der nahenden Hunde Gebell, noch drüben der Hirten
- Lautes Geschrei, die gern von der Heerde der Lämmer ihn scheuchten,
- Achtet: denn er würgt voll Hast die in Haufen Gedrängten
- Links und rechts, und nach jeglichem Mord noch wächst ihm die Blutgier:
- Also rächt' er den Freund in des Feindes Blut. Abdorrahman
- Sank ihm zuerst, der laut mit Geschrei vordrängte die Mauren;
- Dann Ben-Esrid, der Scheik arabischer Horden (im Schlachtgrau'n
- War er den Reisigen stets ein Leitstern) ihn aus dem Sattel
- Riß er behend', und hieb, mit kräftigem Schwunge des Degens,
- Ihm die Scheitel entzwei, daß lautaufstöhnend er hinsank.
- Wie auf der Heid', im Herbst, das Feuer die bärtigen Disteln
- Tilgt, vom Sturme gejagt; so tilgte sein Eisen die Gegner.
-
- Nahend dem Vorderzug gewahrte der Kaiser Toledo's
- Waffenthaten, und schrie mit jubelndem Laut im Getös' hin:
- »Tapferer, so besiegst du Tausende! Muthig, nur vorwärts!
- Ha, der sank, und dort auch jener, und nimmerermüdend
- Würgt dein schrecklicher Stahl? Nie welkenden Lorber erringt dir
- Heute dein Muth: er reißt im Sturm die Helden zum Sieg fort!«
- Aber wie Glockengeläut' im Sturm bald näher und näher,
- Heller und lauter erschallt, bald wieder vom wechselnden Windschwall
- Ferne verweht, in der sausenden Luft verhallet den Ohren:
- So verschlang das Getös' des Kaisers lohnenden Zuruf.
- Jetzo nach Rogendorf, dem tapferen Meister des Feldzeugs,
- Sah er zurück, und erhob, zum verständlichen Wink ihm, den Degen.
- Jener entschwand auf dem feurigen Roß, und, als er vom Nachhalt,
- Gegen den Vorderzug die Donnerrohre zu führen
- Nahete, rief er noch laut den Feuerwerkern, im Vorgeh'n:
- »Schaffet mir Ruhm! Euch winkt im Feuer mein blitzender Degen
- Heute zum letzten Mal. Mit trauerndem Herzen des Freundes,
- Salm, gedenkend, will ich hinfort in der einsamen Kammer
- Weilen daheim, und harren des Tag's ersehnter Vollendung.«
- Also entflammt' er das Volk, und, schnell zur Stelle gefahren,
- Schleuderten jetzt die Donnerrohr' in den Reihen des Feindes
- Tod und Verderben umher: obsiegend dem donnernden Feldzeug
- Hairaddins. Denn wie ein Sturm, der, plötzlich die Lüfte verfinsternd,
- Saust, entschüttelt das Eis, und die wogenden Saaten zerschmettert,
- Warf des Kaisers Geschütz im dichten Gedränge der Gegner
- Hunderte nieder, da hier in den Reih'n der tapferen Christen,
- Jenes nur wenige traf, durch Schuld unkundiger Schützen.
- Hairaddin bebte vor Wuth, und fluchte laut vor den Scharen
- Auf das schwere Geschütz, das dort im Donnergetümmel
- Weder verstummen hieß das feindliche, noch in dem Blutfeld,
- Jenem gleich, vertilgte das Volk: ihm schrecklich zu schauen!
-
- Doch nun spornte Del-Guasto das Roß in die Nähe des Kaisers,
- Neigte vor ihm das Haupt, und rief mit leuchtenden Augen:
- »Jetzt, wo hochentflammt die Seele des Kriegers nach Thaten
- Lechzet, das Aug' ihm glüht, in das Auge zu schauen des Gegners,
- Und die Faust ihm zuckt, und die strebenden Füße nicht rasten:
- Jetzo gebieth' im Sturmanlauf des Kampfes Entscheidung!
- Doch du weiche zurück: o säume nicht, weiche zum Nachhalt,
- Daß du, gefahrenumdroht, nicht Angst erweckest den Deinen!«
- Kaum daß der warnende Ruf den Lippen des Greises entflohn war,
- Warf zerschmetternd ein Eisenball den tapferen Ottmar,
- Oberleitmann im Heer', an der Seite des Kaisers zu Boden:
- Blutend lag er im Staub. Entsprossen der freundlichen Hauptstadt,
- Die in dem weitumkreisenden Thal mit silbernen Wellen
- Rasch durchfluthet die Muhr,[82] ein Sohn ruhmwürdiger Aeltern,
- Wählt' er des Kriegers Bahn, als dort der stattliche Kaiser,
- Nahend in siegender Heere Verein Vindobona, der hohen,
- Mächtigen Kaiserstadt, Suleyman, den schrecklichen Großherrn,
- Fliehen hieß mit unzähliger Macht.[83] Stets folget' er seither
- Seinem Panier; doch jetzt hinsank er im Kampfe vor Tunis.
- Laut aufschrie'n die Krieger vor Angst; es erblaßte Del-Guasto,
- Ob des Herrschers besorgt; da rief er mit lächelndem Antlitz:
- »Fernet die Angst: kein Kaiser erlag dem Donnergeschütz noch!«[84]
- Und er geboth alsbald des Angriffs Weisen den Feldherrn.
- Wie, durch Flammen geweckt, die Dämpfe des siedenden Wassers
- Aus dem eisernen Bauch des ringsumschlossenen Kessels
- Drängen im unaufhaltsamen Flug; doch weiß sie der Meister
- Sinnig zu hemmen, und heißt sie Gewaltiges wirken, und schaffen
- So, daß Unkundige Furcht und Schauder ergreifet bei'm Anblick
- Jener verborgenen Macht: so wundersam lenkte zum Angriff
- Hier die unendlichen Reih'n ein Wink des waltenden Herrschers,
- Und von neuem begann des schrecklichen Kampfes Getümmel.
- Ludwig warf vor allen zuerst vom schimmernden See her
- Sich auf die feindlichen Reih'n. Das Feuerrohr an die Wangen
- Pressend, feuerten, bald im Verein, bald einzeln, die Krieger
- Jauchzend, es los: dumpf, schmetternd, scharf, erkrachten die Büchsen,
- Und in des Mittags Glanz umhüllte des flammenden Pulvers
- Dichtaufwallender Rauch die Völker mit nächtlichem Dunkel.
- D'rauf hinstürmt' im Flug, von dem tapfersten Helden geführet,
- Alba's reisige Schar. Sie schmetterte da Janitscharen,
- Dort Numider, und hier arabische Reiter zu Boden,
- Pferd' und Mannen zugleich: weit deckten die Todten den Staub dort.
- Rechts vom Olivengehölz drang Eberstein mit den Deutschen,
- Ehernen Muth's in der Brust, unzähligen Mauren entgegen,
- Die, von Muhamed Temtes empört, gleich wüthenden Thieren,
- An die gesenkten Speer' und die flammenden Rohre sich stürzten.
- Aber da rief Held Eberstein den Tapferen laut zu:
- »Jetzt noch fester geschlossen die Reih'n! Des edleren Muthes
- Flammendrang in der Brust, nicht blind umtobender Ingrimm,
- Heißt den Krieger zum winkenden Ziel vorstürmen im Schlachtfeld!«
- Also ermahnt, besiegte die Macht des empöreten Feindes
- Deutschlands tapferes Volk: es stemmte sich, gleich der Gebirgswand,
- Die vom blühenden Thal des Sturm's verderbenden Ingrimm
- Abwehrt, ihm entgegen, und drängt' unbändigen Muth's ihn,
- Wieder zurück. Auch warf die tapferen Reisigen Ungerns
- Hunyady jetzt, in gedehneten Zügen ihm rasch in die Seiten.
- Hochaufqualmte der Staub, und den stampfenden Hufen erbebte,
- Drönend, der Grund, als vor- zu dem mähnigen Halse sich beugend,
- Und zu des Kalpacks Zier erhebend den blitzenden Säbel,
- Flogen die Reiter im Feld. Den Kommenden streckten die Mauren
- Speere, so dicht, wie im Forst aufragen die Fichten, entgegen;
- Doch der muthige Reiter zerhieb, im gewaltigen Aufschwung
- Führend den schneidenden Stahl von der Linken zur Rechten, von unten
- Aufwärts, jeglichen Speerschaft so, daß umher in den Lüften
- Sausten die Trümmer im Flug', und die Geister da oben erbebten:
- Denn entsetzlich erscholl des würgenden Kampfes Getümmel.
- Aber im Vortrab, wo Toledo geboth, und der Ritter
- Glänzende Schar, entflammt zum blutigen Kampf der Entscheidung,
- Eilete, scholl entsetzlicher noch Getümmel und Schlachtruf.
- Wie der schreckliche Brand, der fern an den äußersten Straßen
- Einer ummauerten Stadt sich erhob, bald weiter und weiter
- Wüthet im brausenden Sturm, bis rings die unzähligen Häuser,
- Dom', und Thürme zugleich, auflodern, und Jammer erschallet:
- Also entbrannte die Riesenschlacht, und schrecklich ertönte
- Sterbenden Volk's Wehklag', vermengt dem Jauchzen des Siegers,
- Und der Verwundeten Schrei dem Wiehern der tobenden Rosse.
- Blut durchströmte das Feld, und wandte den schäumenden Lauf oft,
- Von den Haufen der Todten gehemmt, an Menschen und Thieren.
-
- Hairaddin sah der Seinen so viel' im Kampfe getödtet,
- Und erblaßte vor Wuth. Doch, als auch Dungur Toledo's
- Blitzendem Schwert erlag, der Algiers Thron ihm zu schaffen,
- Selber mit frevelnder Hand Euthemi, den König, erwürgte,
- Da verflucht' er sich selbst, und rief, daß die Völker erbebten:
- »Wer verschlinget, voll schrecklicher Gier, die Theuren mir alle?
- Ha, nicht schaut er hinfort die leuchtende Sonn' an dem Himmel!«
- Sieh', und er spornte sogleich, den Speer erhebend, das Streitroß
- Vor, und drang auf Toledo mit todausblitzendem Aug' ein!
- Diesem erpochte vor Wonne die Brust: den mächtigsten Gegner
- Dort zu besteh'n, ihn siegend zu bändigen, oder des Lebens
- Dornenbesäete Bahn zu vollenden im rühmlichen Wettlauf.
- Flugs hinspornte das Roß auch er, und hieb, in den Bügeln
- Sich erhebend, auf Hairaddin ein; doch dieser entwich ihm,
- Und sein Schwert durchschnitt nur die Riemen des leitenden Zügels,
- Auch das muthige Roß am wölbenden Halse verwundend,
- Daß es, gebäumt, aufschnob, und ächzte, von Schmerzen gefoltert.
- Jetzt war's um ihn gescheh'n; doch Hairaddin lenket' im Eilflug
- Sein gelehriges Thier, mit eisernem Drucke der Schenkel
- Wieder herum, und stieß den tödlichen Speer ihm so mächtig
- Durch die tapfere Brust, daß er flugs dem Sattel entstürzend,
- Auch den Schaft aus Hairaddins festumklammernder Faust riß.
- Wie der ragende Mast, der erst die wehenden Wimpel
- Noch in die bläuliche Luft erhob, vom Donner getroffen,
- Sausend dem Bord' entstürzt: auffleugt im Falle des Leines
- Schimmergewebe: so fiel er, den Speer im pochenden Herzen
- Tragend, vom Roß. Sein Auge verglomm, wie drüben des Abends
- Schimmer, und sein verblutendes Herz bewegte den Speer noch
- Leis'; dann stand's, entrückt des Lebens Geschossen für immer:
- Denn die Krone des Siegers im Schooß der himmlischen Freundinn
- Schauend, entschwebte der Geist den trüben Gefilden des Erdballs.
- Hairaddin kehrte zurück: mit noch empörterer Blutgier
- Führt' er die Janitschar'n und die Reihen der Schrecklichen vorwärts,
- Und von neuem begann des wüthenden Kampfes Getümmel.
-
- Dort, wo vor Toledo zuvor, das maurische Kriegsvolk
- Wich, da brausete jetzt mit Orkanengewalt und des Blitzes
- Flug', erhebend sein Allah-Geschrei, der schreckliche Türk her.
- Rechts war Eberstein, und links Lusitania's Ludwig
- Vorgedrungen, und so das mittlere Treffen gesondert,
- Feind'umschart, und verloren im Feld. Es erblaßte Del-Guasto;
- Aber nicht wich ihm der Muth. Er rief den tapferen Führern:
- »Trennet die Reihen des Volk's, und heißt sie nach Osten und Westen,
- Heißt sie nach Süden und Norden, die Stirn' im dräuenden Viereck
- Wenden sogleich, und bestehen den Kampf, wie es Helden geziemet!«
- Also der Greis: da tönte der Ruf, da erblitzte der Degen
- Tapferer Führer; es stand das Volk geschlossen im Viereck,
- Und in dem mittleren Raum, mit den Herolden, schaltend, Del-Guasto.
- Mochte der Feind nun da, nun dort anprallen: dem Felsen
- Gleich, den draußen im Sturm umbrausen die wüthenden Wogen,
- Standen die Tapfer'n im Feld; sie hielten die stürmenden Scharen
- Kämpfend zurück, und häuften umher unzählige Leichen.
- Solches gewahrend, entboth der edelste Kaiser die Völker,
- Die zum entscheidenden Schlag er heut' erkor in dem Heer', so:
- »Jetzo hinaus an den Feind! Dem winket der schönste der Lorbern,
- Der hier seiner Gewalt entreißt die tapfer'n Gefährten.
- Vorwärts! Hier in dem Feld und dort in der felsigen Hochburg
- Winket des Sieges Preis erhabener Christenerrettung.«
- Sieh', und er führte sogleich die erlesenen Scharen vom Nachhalt
- Gegen des Feindes Macht! Die jauchzenden Krieger bewegten,
- Eilend dahin im Waffenfeld, die hurtigen Schenkel,
- Wie das muthige Roß, dem Ziele genaht, in dem Wettlauf,
- Immer schnelleren Flugs durchbraust die stäubende Rennbahn.
- Hairaddin sah die Kommenden. Ihm erbebte der Busen
- Jetzo vor Angst: denn ach, sein mächtiger Gegner, der Kaiser,
- Flog an der Spitze der Kühnen daher! Er wandte das Reitroß
- Schnell, und entfloh. Da erhellte des Sieg's aufstrahlende Hoffnung
- Sein umwölktes Gemüth: er fluchte der niedrigen Feigheit,
- Die so fremd ihm war, wie draußen dem schrecklichen Löwen,
- Der die Wüste durchbrüllt, den Gegner zu wecken; dann faßt' er
- Gierig den ragenden Speer, und schwang sich zurecht in dem Sattel.
- Doch schon war ihm dahier der siegverherrlichte Kaiser,
- Brausend genaht, und warf ihm die Lanze mit kräftiger Rechten,
- Weitausholend zuvor, so rasch entgegen, und traf ihn
- Jetzt in die Rechte so fest, daß ihr entschlüpfte der Speerschaft,
- Und der Verwundete floh, von Wuth und Schmerzen gefoltert,
- Schnaubend zurück: ihm schlug der Feind' umhallender Sieg'sruf
- Jetzo der Wunden noch mehr; dann hieß er die Schrecklichen vorgeh'n,
- Kämpfen, und metzeln, von Rach' erfüllt, und schrecklicher Mordgier.
-
- Ha, zu dem letzten Gewürg' ereilten sich jetzo die Gegner!
- Nicht der sturmentwurzelte Wald, nicht der schreckliche Donner,
- Der in des Mittags Gluth den schwarzumnachteten Himmel
- Durchras't, krachet so laut, als hier erkrachten die Waffen,
- Und wie im engeren Thal des Strom's ergossenen Fluthen
- Stürzt das Föhrengehölz, daß, übereinandergeworfen,
- Liegen die Stämm' auf dem Grund', und mengen die Aest' und die Wipfel:
- Also lagen im Feld die Erschlagenen, welche vor allen
- Sich in dem Vorderzug hinwürgten in Hast und Erbitt'rung.
- Aber nicht lang': da floh'n die völliggeworfenen Scharen
- Hairaddins fort mit Geschrei und in wilder Verwirrung nach Tunis,
- Und er folgte den Flüchtigen stumm, und verachtenden Blick's, nach.
- Sinam, des Nachzugs Hort, erwägend des fliehenden Heeres
- Noth, und scheuend des Herrschers Grimm, da er gestern die Sclaven
- Rettete, hielt nun da, nun dort die ausreißende Schar auf;
- Aber vergeblich. Wie dort die flüchtigen Gemsen der Weidmann
- Ein in das felsenumstarrete Thal, wo gierig die Schützen
- Harren, im Lärm und Getös' nachstürmenden Volkes zu treiben
- Nimmer vermag: denn fern erwitterten jene die Schützen
- Schon, und brechen dahier und dort durch lärmende Treiber:
- Also entfloh sein Volk. Doch er, wohlkundig des Krieges,
- Rastete nicht, und deckte mit tausend erlesenen Türken:
- Jetzo entfliehend mit List, und jetzt mit unbändiger Kühnheit
- Wagend erneueten Kampf, den Rücken des flüchtigen Heeres,
- Bis urschnell, wie ein Hagelgewölk, hervor aus dem Nachhalt
- Doria kam, und den Feind sein reisiges Volk mit dem Faustrohr,
- Das an dem Sattel ihm, links und rechts in der Halfter geborgen,
- Ruhte, vertrieb: den Zaum mit den Zähnen fassend im Anlauf,
- Und aus jeglicher Hand abfeuernd das knallende Faustrohr.
- Jen' entfloh'n wie Spreu im Hauch des stürmenden Windes.
-
- Jetzt, am errungenen Ziel, der nächtlichen Weihe gedenkend,
- Welch' ihm Solches verhieß, erhob der stattliche Kaiser
- Seine, von Thränen des Danks umhülleten Blicke zum Himmel.
- Zahllos schwebten die Geister herab: sie umjauchzten des Siegers
- Ruhmgekrönetes Haupt und des Heer's unendliche Reihen.
- Aber, so laut und so mächtig sie schrie'n: des horchenden Kriegers
- Ohren vorüber erscholl nur ein leises Geflister; er blickte
- Staunend umher. Da hob zu dem übersinnlichen Luftraum
- Attila finster sich auf. Sein Aug', erhellet von Muth sonst
- War erloschen -- erschüttert sein Herz. Er zürnte dem Seher
- Muhamed, der ihn mit ruhm- und siegverheissenden Worten
- Wieder herab aus den Höhen gelockt. Nun sah er von dorther
- Mit umdüstertem Blick entgegen der dunkelen Zukunft.
- Aber die andern entfloh'n, und zogen umher in den Lüften,
- Wie das Herz sie drängt' auf dem Pfade der Läuterung, jenseits.
-
- Hugo nahte voll Angst. Nicht erspähte sein Auge Toledo's
- Schimmernden Helm in dem Vorderzug, nicht das blitzende Schwert mehr,
- Dem die Feinde gebebt; doch jetzt gewahrt' es ihn blutend --
- Todt in dem Staub, und neben ihm Kurd, den treuesten Freund auch.
- Gleich zween säugenden Leu'n, die ein grimmiger Panther erwürgte,
- Als entfernt nach Beut' umirrte die sorgliche Mutter,
- Lagen sie dort; und, wie die Kehrende heulet, und wehklagt
- Um die Lieben, daß rings, mittrauernd, die Wälder erschallen:
- So wehklagte der Greis, und rief zu Toledo gebeugt hin:
- »Mußtest du sterben dahier im fern entlegenen Welttheil,
- Ferne der Heimath: den Lieben fern, du Herzensgeliebter!
- Hugo kehret allein! Nicht schaust du vom kehrenden Schiff mehr
- Dort den hohen Palast, wo in unbehülflicher Kindheit
- Er dein erstes Lallen vernahm, auf den Armen dich wiegend;
- Nicht umfängt, aufweinend vor Wonne, der fürstliche Vater
- Dich Gelandeten dort, nicht die zärtliche Gattinn -- was sagt' ich?
- Sie ist nicht mehr! Schon floh der Engel zur besseren Heimath
- Wieder zurück: du folgtest ihm schnell in liebender Sehnsucht.
- Ruhet denn beide vereint, im nämlichen Grab, und es ruhe
- Neben euch dort im Frieden die Hülle des theuersten Freundes!
- Dann erhoben, auf seinen Wink, die tapferen Krieger,
- Die er so oft zum Kampf' und zum Siege geführet, den Helden
- Dort mit dem treuesten Freund' auf die Schultern, und folgten ihm,
- schweigend
- All', und mit Thränen im Blick, zum moosumwucherten Fels hin.
- Als er den finsteren Schlund der Höhl', entfernend den Steinwust,
- Selber enthüllt'; als jetzt an der Seite Mathildens Toledo
- Lag, zu dem Engel gewandt, der ruhend am Herzen der Mutter
- Lächelte, sah er sie lange noch an, und sagte mit Andacht:
- »Schlummert im Frieden dahier der Auferstehung entgegen,
- Bis der Posaunenruf euch dann zu dauernder Wonne
- Wiedererweckt. So sey's! Sie wandelten weinend, und sä'ten
- Saat der Verwesung; allein, bald kehren sie jauchzend, und tragen
- Freudig die Garben heim in die Scheuern des ewigen Lebens.«[85]
- Sieh', und als er auch Kurd, den redlichen Freund, an des Freundes
- Seite gelegt, und das Schwert ihm dort in die Rechte gegeben,
- Das er zur Rettung des Freundes gezückt: da stieg er beklommen,
- Und mit thränendem Blick noch oft zu den Todten sich wendend,
- Wieder zur Tageshelle herauf. Er winkte den Kriegern,
- Und sie wälzten sogleich den lastenden Stein an der Höhl' auf:
- Vor unheiligem Blick die Hülle der Edeln zu wahren.
- Aber er ging, und harrt' am Strand der ersehneten Heimfahrt.
-
- Hairaddins Völker floh'n, durchbrausend die Straßen von Tunis,
- Und er folgte den Feigen voll Grimms; doch jetzo die Hochburg
- Schauend im Abendglanz, erwog er noch zweifelnden Sinnes:
- Ob er erklimme die Höh'n, und dort, die entfesselten Sclaven
- Waffnend, stehe zur Wehr', und fall' im rühmlichen Tod nur?
- Hastig spornt' er das Roß bergan, zu erklimmen die Höhen;
- Doch nun hielt er erstaunt. Ihm brausete Fluch und Verwünschung
- Schrecklich an's Ohr; hellschwirrende Pfeil' und schmetternde Kugeln
- Wühlten um ihn, entsinkend der Luft, im Staub, und die Mörser
- Spie'n mit Donnergetös' ihm zermalmende Kugeln entgegen.
- Und, o schreckliche Schau: es wehte die Fahne des Kaisers
- Hell von den Zinnen der Burg, die dort aufpflanzten die Deutschen!
- Jetzt ergriff er die Flucht. Entfaltend die nächtlichen Flügel,
- Rauscht' ihm Verzweiflung, Angst, und Todes-Grau'n in dem Rücken;
- Doch gewahrend im flüchtenden Heer' auch Sinam, des Nach-Zugs
- Tapferen Hort, ergrimmt' er sogleich, und schmähte den Greis so:
- »Ha, wer siegte mir ob mit tönender Zunge voll Arglist,
- Daß ich die Sclaven gesammt nicht erwürgen ließ in der Burg dort?
- Sey verflucht dein Rath -- verflucht du selber auf immer!«
- So vom Zorn entflammt, entriß er dem Krieger den Bogen,
- Zog die Sehn' an die Brust, und schoß nach den Zinnen der Hochburg,
- In ohnmächtiger Wuth, den breitbefiederten Pfeil hin;
- Dann entfloh er nach Bona hinaus, wo seiner die Schiffsmacht
- Harrt', und Sinam folgt' entfernt mit dem schweigenden Heer nach.
-
- Als nun rings im Gefild' des Krieges Getümmel verhallt war,
- Herrschte, die Straßen entlang, in der meilenumkreisenden Hauptstadt,
- Grabesstille. Verstummt, und zitternd bei jeglichem Laut schon
- Saßen die Menschen daheim, und harrten des nahenden Feindes.
- Aber mit wankendem Schritt und thränenumflossenen Wimpern
- Traten, je zwei und zwei, die Greis' aus dem Thore von Tunis:
- Aelteste nennt sie das Volk, die am Markt und im wölbenden Stadtthor
- Sitzend, sprechen des Rechts Urtheil als kundige Richter.
- Fünfzig kamen der Greis'. Ihr Haupt von silbernen Haaren
- Spärlich umhüllt, erweckete Mitleid; Achtung geboth ihr
- Schneeiger Bart, der tief zu dem goldenen Gürtel herabfloß.
- Jeglicher trug in der Rechte herbei den grünenden Oehlzweig, --
- Trug in der Linken Geschenk', und horcht', erbebend vor Angst, auf:
- Denn schon tönete laut, und lauter des eisernen Hufes
- Schmetternder Schlag: schon klang das Rasseln der blitzenden Waffen
- Näher; des Vor-Zugs reisige Schar herbrauste, dem Sturmwind
- Aehnlich, und drang in die Stadt, der bebenden Greise nicht achtend.
- Dort, noch glühend vom Kampf, und entrüstet in blutiger Arbeit,
- Würgt' ihr Schwert unseliges Volk, das thörichten Herzens
- Hairaddins Worten vertraut', und, dem Schrecklichen treu sich bewährend,
- Muthige Abwehr sann, und furchtbarer Rache gedachte.[86]
- Aber umsonst: bald floh die unzählige Menge zerstäubt fort.
-
- Jetzt an der Spitze des jauchzenden Heer's, in eherner Trommeln
- Wirbelndem Ruf, im Drometengetön, und der flatternden Fahnen
- Sanftem Gesäusel, erschien der stattliche Kaiser. Die Feldherrn,
- Eberstein und Doria rechts -- links Guasto mit Ludwig
- Folgten ihm. Doria, groß und mächtig im Sturme der Seeschlacht,
- Sah ihn erringen den Sieg, und heftete seitdem die Augen
- Schweigend auf ihn; ihm pochte die Brust vor erschütternder Ehrfurcht.
- Als der Herrscher die Greise, gebeugt im Staube, gewahrte,
- Sprang er vom Sattel, und hieß sie mit sanftgebiethender Stimme
- Stehen, und sprechen vor ihm mit Muth und würdiger Freiheit.
- Siehe, da sprach El-Had, der hundertjährige Greis so:
- »Segen mit dir, gewaltiger Heer'- und Völkerbesieger,
- Der du mit Huld uns hörst! Nun herrsch' in Fülle des Glückes
- Ueber ein Volk, das jüngst im strafenden Zorne die Vorsicht
- Hairaddins Wuth preis gab, des grausamgesinneten Mannes!
- Ach, und wir haben doch einst viel bessere Tage gesehen,
- Als auf dem Thron von Tunis ein Fürst voll göttlicher Weisheit,
- Maula Mehemed, saß, deß' Staub der Segen des Himmels,
- Wie die Sommerflur der thauende Morgen, erquicke;
- Als des Siegers Schwert' erbebten die Gegner, im Frieden
- Blühte dieß Land, und rings auf dem weltverbindenden Meer noch
- Wogte sein Handelsschiff, des Segens Fülle verbreitend --
- Sammelnd im frohen Verkehr! Doch zürne dem eifernden Greis' nicht,
- Herr: denn stets umschwebt ihn das Bild entflohener Zeiten,
- Und errette das Volk in den Mauern der zitternden Hauptstadt,
- Wo nach dem schrecklichen Kampf der rach'erfüllete Sieger
- Wüthet. Vielleicht, daß auch dir ein grauender Vater daheimblieb,
- Welcher im Gram des Tages gedenkt, an welchem du hingingst;
- Oder am Strande des Meer's die Mutter des blühenden Säuglings
- Deiner, des Gatten, beraubt, aufweint in trauernder Sehnsucht.
- Solches erwäg', und errette -- gebiethe dem stürmischen Krieger,
- Daß er den lüsternen Blick, voll heiliger Scheu, von des Harems
- Thüre verwende, und Leib und Gut dir opfert dein Volk dann!«
- Also der Greis, und mild, wie ein liebender Vater den Kindern
- Streichelt die Wange zum Trost, zur Ermunterung, nahte der Kaiser
- Jetzo dem flehenden Greis', und sprach mit erheiterten Blicken:
- »Ein, und derselb' erbarmende Gott ist über uns allen,
- Der den Sieg uns gab, und den frevelnden Räuber in Staub warf.
- Aber nicht mir und den Meinen, nur Muley Hassan, dem König,
- Huldige fürder dieß Land: ihm werde das Erbe der Väter,
- Ihm der entrissene Thron, die Lieb' und die Treue des Volkes.
- Möge die Zukunft ihm und euch im Segen erblühen!«
- Sagt' es, und nahm die Geschenk' an köstlichen Früchten und Blumen,
- Die, nach der Sitte des Land's, ihm die zitternden Greise verehrten,
- Nahend je zwei und zwei, und die Herolde hieß er, den Kriegern
- Einhalt thun mit gebiethendem Wort', in den Straßen von Tunis.
- Jene gehorchten, und bald verstummte der Waffen Getümmel.
-
- Doch welch' dunkeler Strom ergeußt sich vom Felsengebirg her?
- Zahlloswimmelndes Volk entströmt den Thoren der Hochburg.
- Ha, die Geretteten sind's -- sie sind's, erschütternd zu schauen!
- Wie, zum Schwarme gereift, die unzählige Menge der Bienen,
- Summend, dem duftenden Korb entfährt am sonnigen Lenztag:
- Also entströmten auch hier wohl zwanzigtausend der Christen --
- Jetzo nicht Sclaven mehr, den Kerkern der Stadt und der Hochburg:
- Bleich, ermattet durch Qual, durch Hunger und grause Behandlung!
- Glückliche, die nun zuerst umschlangen die Kniee des Kaisers,
- Knieend im Staub; auf die Hand ihm preßten die zitternden Lippen --
- Netzten mit glühenden Thränen sein Kleid! Nur Stöhnen und Schluchzen
- Tönte noch ringsumher aus der angsterregenden Stille.
- Jetzt ein Weinen und Heulen erscholl, und jetzo mit einmal,
- Furchtbar, hallte Geschrei: »O Vater, Retter, Befreier!«
- Wie die Meeresfluth, vom nahenden Sturme gehoben,
- Erst nur leis' aufrauscht; doch bald im schrecklichen Aufruhr
- Heulet in Wolkenhöh'n, und braust in des gähnenden Abgrunds
- Tiefen, daß, schaudernd vor Angst, ihr die Erd' und der Himmel erdrönet:
- Also ertönte der Schrei der Glücklichen rings um den Kaiser.
- Tausender Händ' empor zu dem Vater im Himmel gehoben,
- Zeigten die Bahn, auf welcher des tieferschütterten Herzens
- Dank aufflog, und des Segens Füll' erflehte dem Retter.
-
- Lauter ward das Getös', und bewegter die wimmelnde Schar dort.
- Einer dem andern sank an die Brust, und fragte noch zweifelnd:
- »Ist es gewiß: wir frei -- entronnen auf immer den Banden?«
- Einzeln, dann wieder vereint, dann immer gewaltiger scholl's nun:
- »Werd' ich dich wiederseh'n, o Vaterland -- in der Heimath
- Seh'n dich, väterlich Haus, wo mir der fröhlichen Kindheit
- Jahre entschwanden im Glück? Werd' ich den zärtlichen Vater --
- Ich die liebende Mutter umfah'n -- die holde Geliebt' ich,
- Liebend und treu, und ich, den Freund, die Kinder, und Gattinn?«
- Also erscholl's aus dem brausenden Strom endlosen Entzückens;
- Aber der Retter stand im Kreise der staunenden Feldherrn,
- Von den seligen Scharen umjauchzt. Er blickte, verstummend,
- Ueber die Menge hinaus, in des hochaufwölbenden Aethers
- Schimmernden Raum empor (an seinen Wangen herunter
- Stürzte die Thrän') und als er nun senkte das Haupt, und voll Dankes
- Preßte die Recht' an das pochende Herz: da wandt' er sich lächelnd,
- Weinend, nach Eberstein, und sagte mit leiserer Stimme:
- »Stürb' ich doch jetzt: denn ach, mir wurde die Wonne des Himmels!«
- D'rauf mit erheitertem Blick begann er, und sagte zu Guasto:
- »Edeler Greis, vertraut sey dir die Pflege der Freien,
- Daß du mit Vaterhuld, und weis'umschauender Sorgfalt
- Stillest die Noth der Hungrigen, und bekleidest die Nackten!
- Heimwärts schiffen wir bald. In des Meer's freiwogenden Fluthen
- Rauschet der Kiel, und vom Mast erglänzen die Kränze der Sieger:
- Dort den Lieben zur wonnigen Schau. Doch nimmer entschwindet
- Uns das errungene Ziel hinfort; nicht welket der Kranz mehr,
- Der uns geworden: denn seht: er keimte hienieden, und blühet
- Unvergänglich fort in den hehren Gefilden des Himmels!«
- Jener führte die jauchzende Schar zu des Meeres Gestad hin,
- Sorgend für Aller Wohl nach dem Willen des edelsten Herrschers;
- Aber er trat voll Wehmuth ein in die Thore von Tunis!
-
-
-
-
- Anmerkungen zur Tunisias.
-
-
- Erster Gesang.
-
- [1] Vers 27.
-
-Nach der Schlacht von Zama, soll P. Corn. Scipio den Hannibal gefragt
-haben: wen er für den größten Feldherrn halte? Dieser nannte zuerst
-Alexander den Großen, dann Pyrrhus den Epiroten, und den dritten sich
-selber. Scipio, darüber empfindlich, sprach weiter: »und was würdest du
-erst gesagt haben, wenn du auch mich überwunden hättest?« -- »Dann«
-entgegnet' ihm jener -- »würde ich mich weit über jene Beiden gesetzt
-haben.«
-
- [2] Vers 29.
-
-Ludwig IX. (der Heilige), König von Frankreich, Sohn Ludwigs VIII. und
-Blanca's von Castilien (geb. den 25. April 1215), der durch seine
-Frömmigkeit, Weisheit in Regierungsgeschäften, und durch persönliche
-Tapferkeit sich allgemeine Hochachtung erworben hatte, unternahm zuerst
-einen Kreutzzug nach dem gelobten Lande; eroberte im Jahre 1249 Damiata,
-und schlug den Sultan von Aegypten zu wiederholten Malen. Allein durch
-Hungersnoth und ansteckende Krankheiten zum Rückzug gezwungen, verlor er
-die errungenen Vortheile mit der Freiheit, die er nur durch die
-Zurückgabe von Damiata, und durch ein großes Lösegeld für sein
-mitgefangenes Heer, wieder erhielt. Im Jahr 1270 unternahm er einen
-zweiten Kreutzzug, schiffte nach Afrika über, und eroberte die Veste von
-Tunis; doch auch hier, wie in Syrien, raffte eine ansteckende Krankheit
-einen Theil seines Heeres weg, deren Opfer er selbst, am 25. August
-desselben Jahres, geworden ist. (Siehe _dessen Lebensbeschreibung_ durch
-_Delachaise_ und des Abtes _de Choisi_.)
-
- [3] Vers 40.
-
-_Hairaddin_ (Chereddin) und Horuc-Barbarossa, von Mitylene, auf der
-Insel Lesbos, gebürtig, und, als Korsaren, der Schrecken des
-mittelländischen Meeres, bemächtigten sich des Thrones von Algier, wohin
-sie Selim-Euthemi, der König, gegen die Spanier zu Hülfe gerufen hatte.
-Chereddin übertraf seinen Bruder noch an Kühnheit, und begründete
-eigentlich das so lange, zur Schande Europa's, bestehende System der
-Seeräuberei an der Nordküste Afrika's. Nachdem er Constantina und noch
-andere Städte daselbst wegnahm, ernannte ihn Solyman II., oder
-_Prächtige_, zum Oberbefehlshaber seiner Flotten. Im Jahr 1535
-bemächtigte er sich durch Verrath der Stadt Tunis; sammelte dort eine
-bedeutende Seemacht, und anstatt, wie im vergangenen Jahre, nur die
-Küsten Italiens zu plündern, ging er mit nichts Geringerem um, als
-Sicilien mit einer Menge Türken und Mauren zu erobern, wodurch er sich
-die Wege zu dem Throne Neapels zu bahnen gedachte. In demselben Jahre
-wurden seine unabsehbaren Plane durch Carls V. herrlichen Zug nach Tunis
-vereitelt. Doch Carls unversöhnlicher Feind, Franz I., König von
-Frankreich, ward Chereddins Verbündeter, mit dessen Macht vereint, er im
-Jahr 1543 Nizza wegnahm. Er starb im Jahr 1546 zu Constantinopel, -- im
-88. seines Lebens. An dem Strande des Meeres zu Beschiktasch, am
-europäischen Ufer des Bosphorus, ist sein Grabmahl (wie Hofrath v.
-Hammer in seiner Verfassung des osmanischen Reichs Theil II., Seite 317,
-sagt), und erregt ernste Gefühle bei dem Geräusche der Wogen, die an ihm
-emporklimmen. (__Paul. Jov. in Elog._ I. 6. -- _Hist._ I. 33. 41. 44. --
-_Thuan. Hist._ L. III._)
-
- [4] Vers 55.
-
-_Andreas Doria_ (geb. 1468) aus einem altadelichen Geschlechte Genua's,
-war früher französischer Admiral, wählte aber freiwillig Kaiser Carls V.
-Flagge, und blieb zur See in dessen Diensten bis zu seinem Tode im J.
-1560. Er war der größte Seeheld seiner Zeit; gab Genua eine bessere
-Verfassung, und ward der _Vater und Befreier des Vaterlandes_ genannt,
-das er im J. 1528 vom Joche der Franzosen befreiet hatte.
-
- [5] Vers 61.
-
-_Muley Hassan_ (Maula-Hascen), Maula Mehemeds Sohn, König von Tunis. Er
-war der jüngste Sohn von zwei und zwanzig Geschwistern, unter welchen er
-seine Brüder, auf den Rath seiner unnatürlichen Mutter, theils blenden,
-theils tödten ließ, um also zum Throne zu gelangen. Sein älterer
-Zwillingsbruder, Al-Raschid, entfloh nach Constantinopel, bei Solyman
-Hülfe zu suchen. Er ward heimlich erwürgt, und der eben von dort
-absegelnde Chereddin eilte nach Tunis, und bekam bald, im Nahmen des
-todten Al-Raschid gebiethend, dem das Volk anhing, Goletta die Veste,
-und dann auch Tunis in seine Gewalt. Muley Hassan ward zwar durch den
-siegreichen Kaiser in sein ihm entrissenes Land wieder eingesetzt, wurde
-aber nach wenigen Jahren von seinem Sohn, Hamida, des Thrones beraubt,
-und geblendet. So kam er zu dem Kaiser nach Augsburg, nochmals um Hülfe
-zu flehen, und starb auf der Rückreise in Rom. (Siehe: __M. Cardonne
-Histoire de l'Afrique et de l'Espagne_ etc. T. III. _Paris_ chez
-Saillant_ 1765, und __Jov. Hist._ 33. c._)
-
- [6] Vers 99.
-
-_Solyman II._ (Suleyman, der _Prächtige_ benannt) folgte Selim I.,
-seinem Vater, im Jahre 1520 in dem türkischen Kaiserreiche nach. Nie ist
-dieses Reich auf einer glänzenderen Stufe der Macht und des Ruhmes
-gestanden, als unter diesem, durch Herrscherweisheit und Thatkraft
-ausgezeichneten Fürsten. Im Jahre 1521 eroberte er Belgrad, und im
-folgenden Jahre die Insel Rhodus, von wo er die Johanniter-Ritter
-vertrieb. Im Jahre 1526 gewann er in der Schlacht von Mohatsch den Sieg
-über den König der Ungern, Ludwig II., der sammt seinem Pferde in einem
-Moraste zu Grunde ging, und, nachdem er einen großen Theil von Ungern in
-seine Gewalt bekommen hatte, rückte er im J. 1529 vor Wien, von wo er
-nach einer vergeblichen Belagerung, da der Kaiser, Carl V., mit einem
-Heere näher gerückt war, sich schnell nach Ungern hinabzog. Er starb
-daselbst am 4. September 1566, bei der Belagerung der Veste Sigeth, die
-Niklas Zriny, ein zweiter Leonidas, so heldenmüthig gegen ihn
-vertheidigt hatte, im 72. Jahre seines Alters, und im 46. seiner
-Regierung. (__Paul Jov. in Solim.__)
-
- [7] Vers 105.
-
-_Istambul_, Stambul, nennen die Türken die Stadt Constantinopel.
-
- [8] Vers 406.
-
-Die heiligen Urkunden sprechen von einem Orte der ewigen Seligkeit,
-wohin die _Guten_ kommen, und von welchem die _Bösen_ auf immer
-ausgeschlossen bleiben. Aus ihnen schöpfte die Allgemeine Kirche die
-Lehre von einem Mittelzustande, von jenem der _Läuterung_, durch welche
-der Uebergang zu jenem möglich wird. Ueber alle drei ist in dieser
-Kirche, seit der ersten Zeit ihrer Verbreitung bis zu dem heutigen Tage,
-ein, und derselbe Glaube geblieben, welchen sie bestimmt, und deutlich
-gelehret hat. In Bezug auf dieses dreifache _Geisterreich_, von welchem
-die Kirche Beschreibungen zu geben, weder konnte, noch wollte, ließ sie
-auch einige Stellen in den Briefen des Apostel Paulus unberührt, die mit
-jenem in Verbindung gebracht werden konnten. Dieß sind die Stellen, in
-welchen er von den, im Luftraum wohnenden Geistern spricht, und auf
-welche der Sänger der Tunisias, und des Rudolph von Habsburg, sein
-_Wunderbares_ im Epos, (nicht als Exeget, sondern als Dichter) gegründet
-hat. Im Brief an die Epheser VI. vom 11-13. Vers (»Ziehet an die volle
-Rüstung Gottes, damit ihr stehen könnet gegen die Nachstellungen des
-Versuchers: denn unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern
-wider Fürstenthümer, Gewalten und Weltherrscher der finsteren Gegenwart:
-wider die bösen Geister im Uebersinnlichen«) ist von Geistern die Rede,
-die böser Natur sind, und gegen deren Einflisterungen der Christ zu
-kämpfen hat. Vorher, III. Cap. 10. V. (»Damit den Mächten und Gewalten,
-im Uebersinnlichen, durch die Kirche« -- die Bekenner der christlichen
-Lehre, »die mannigfaltige Weisheit Gottes bekannt werde«) spricht er
-aber von solchen, welchen auf dem Pfade der Läuterung ein Aufschreiten
-vergönnt zu seyn scheint. Besonders die erstere Stelle fände ihre
-Erläuterung in jener im I. Brief an die Chorinther XV. Cap. 24. V. &c.,
-wo Paulus von dem _Weltende_ spricht: (»... Dann ist das Ende, wenn Gott
-die Fürsten, Mächte und Gewalten« -- im Uebersinnlichen -- »außer
-Wirksamkeit gesetzt haben wird. Das Letzte aber, was sein Ende erreichen
-soll, ist der Tod.«)
-
-Daß diese Stellen in den Briefen des Apostel Paulus schon in den ersten
-Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung auf eine ähnliche Art
-ausgelegt wurden, beweisen die merkwürdigen Worte des größten
-Schriftauslegers aller Zeiten, des h. Hieronymus, der zu obiger Stelle
-im VI. Cap. des Briefes an die Epheser, sagt: _»Haec autem omnium
-Doctorum opinio est: quod aer iste, qui coelum et terram medius
-dividens, inane appellatur, plenus sit contrariis Fortitudinibus.« _S.
-Hieronym. Comment. in Epist. ad Ephes. Q. 3. c. 5.__
-
- [9] Vers 465.
-
-Die grundlose Beschuldigung, die der Sectenhaß so vielen, selbst
-ausgezeichneten Geschichtschreibern eingab, daß nämlich Carl V. nach der
-Alleinherrschaft in Europa gestrebt habe, ist dem Unpartheiischen wohl
-aus seinem ganzen Herrscherleben klar genug; doch findet er sie völlig
-widerlegt durch seine Lage nach dem berühmten Siege, den er bei Mühlberg
-(24. April 1547) über den Smalkaldischen Bund errungen hatte. Seine
-ergrimmtesten Gegner sanken dort überwunden zu seinen Füßen; seine
-spanischen Veteranen, mit vielen italienischen Scharen, standen ihm zu
-Geboth, und er -- begnügte sich dem frechen Uebermuth, der ihn nur als
-_Carl von Gent_ mehr gelten ließ, ein Ziel gesetzt zu haben, entließ
-seine sieghaften Scharen, baute auf Treu und Glauben: denn das hatte er
-wohl nie gedacht, daß sein Liebling, Moritz von Sachsen, den er an
-seinem Herzen groß gezogen hatte, so undankbar an ihm handeln würde, und
-gerieth, von diesem mit einem Ueberfall bedroht, schon fünf Jahre (J.
-1552) nach jenem Siege, in solche Gefahr, daß er sich, von
-Gichtschmerzen gefoltert, in einem Tragsessel noch in der Nacht von
-Innsbruck fort über die Gebirge nach Kärnthen, als ein Flüchtender,
-mußte tragen lassen.
-
-
- Zweiter Gesang.
-
- [10] Vers 23.
-
-_Ortilo_, dessen wichtige _Fragmente von den Babenbergern_, als
-Herrschern Oestreichs, Chrysostomus Hanthaler aufgefunden und bekannt
-gemacht hatte, sagt zu dem Jahr 1191 von _Leopold_ dem _Tugendhaften_,
-unter anderm: »Da der Herzog bei der Belagerung (von Ptolemais) so
-tapfer focht, daß sein ganzer Körper, mit Ausnahme jenes Theils, den der
-Leibgurt umgab, mit Feindes Blut bespritzt war, so hat in der Folge der
-Kaiser, Heinrich VI., den Schild Oestreichs, in dem bisher fünf Lerchen
-zu sehen waren, geändert, und zeichnete solchen durch ein _rothes Feld_
-aus, das durch einen _weißen Querbalken_ mitten durchschnitten ist.«
-Ortilo war ein Zeitgenosse Leopold des Tugendhaften, und vier Jahre
-darauf, bei seiner Begräbniß in heil. Kreuz, gegenwärtig. Spätere
-Schriftsteller, wie Cuspinian, Lazius &c. &c. sind anderer Meinung über
-die Bedeutung dieses Wapens. (Siehe __Fast Campil._ T. I. pag._ 434, und
-__Recens. Dipl. Geneal. Arch. Campil._ pag. 196._)
-
- [11] Vers 58.
-
-In dem Werkchen: __Eutropii Diarium Expeditionis Tunetanae_ a. 1535_,
-die in der Sammlung »_Scriptores Rer. Germ. per S. Schardium_,« Gießen,
-1673, enthalten ist, wird ausdrücklich gesagt, daß der Kaiser während
-seiner Abwesenheit die Regierung Spaniens seiner Gemahlinn, Isabella,
-übergeben, und sogar sein Testament hinterlassen habe: _»priusquam
-Madritio discederet, omnibus adhibitis solemnitatibus testamentum suum
-condidit,« pag. 321_.
-
- [12] Vers 91.
-
-_Hermann_, der Sohn des Cherusker-Fürsten, Siegmar (geb. 18 J. vor
-Chr.), ward in Rom erzogen, und im römischen Heere angestellt. Doch, er
-beschloß der Retter seines Vaterlands zu werden; vernichtete in seinem
-26. Jahre die Legionen des Quintilius Varus in dem Teutoburger Walde,
-und nachdem er zwölf Jahre hindurch die Angelegenheiten Deutschlands
-geleitet hatte, besiegte er Marbod, den König der Marcomannen, zwei
-Jahre vor seinem Tode. Er soll, weil er nach Alleinherrschaft strebte,
-von seinen Anverwandten ermordet worden seyn. (__Tacit._ L. I. et II.
-_Annal.__)
-
- [13] Vers 97.
-
-_Hannibal_, der Sohn des Hamilkar Barkas (geb. im J. 247 vor Chr. zu
-Karthago), nach seinem berühmten Zuge über die Alpen der Besieger der
-Römer an der Trebbia, am Trasimenus, vor Cannä &c., wurde bei Zama von
-dem ältern Scipio besiegt, und starb als Flüchtling in Bithynien (183 J.
-vor Chr.) in seinem 65. Jahre, nachdem er in seinem 26. den großen Kampf
-gegen die Römer begonnen hatte. (_Polyb. L. III. c. 17 et 64. _Livius_.
-L. 21._)
-
- [14] Vers 97.
-
-_Regulus_ (Marcus Attilius), um das Jahr 254 vor Chr. Consul von Rom,
-ward (_siehe die folgende Anmerkung_) in der Schlacht von Tunis
-gefangen, und von den Karthagern, wegen der Auslösung ihrer Gefangenen,
-mit noch andern Abgeordneten, nach Rom gesandt, wo er dem Senat, mit
-wahrer Römergröße, rieth: die Gefangenen nicht zu lösen. Er kehrte,
-seinem Eidschwur treu, als Gefangener nach Karthago wieder zurück, und
-soll dort, nach Einigen, grausam hingerichtet, nach Andern, eines
-natürlichen Todes gestorben seyn. (__Polyb. Lib. I._ -- _Liv_. 17 et 18.
--- _Palmerius, in Appian._ pag. 151._)
-
- [15] Vers 143.
-
-_Xanthippos_ hieß der edle Spartaner, der Karthago einen glänzenden Sieg
-über Rom verschaffte. Nach der Niederlage von Eknomos, die jene im J.
-254 v. Chr. zur See gegen die Consuln Cajus Sulpitius, und Attilius
-Regulus erlitt, ward sie von dem Letzteren, der in Afrika landete, und
-Tunis zu seinem Waffenplatze erkor, an den Rand des Verderbens gebracht.
-Da landete mit einem Schiffe griechischer Miethlinge auch Xanthippos,
-der von Gestalt unansehnliche, aber geist- und kraftbegabte Spartaner,
-von dem _C. Sil. Pun. L. 6_ singt:
-
- Nulla viro species, decorisque et frontis egenum
- Corpus; in exiguis vigor, admirabile, membris
- Vividus, et nisu magnos qui vinceret artus.
-
-Er machte den Senat auf die Fehler seiner Heerführer aufmerksam; übte
-das ihm anvertraute Heer nach griechischer Kriegskunde zuvor ein;
-besiegte die Römer in der Schlacht von Tunis, und nahm den Consul A.
-Regulus mit dem Ueberreste seines Heeres gefangen. -- Ihm war das stolze
-Bewußtseyn genug: eine ganze Nation dem Untergange entrissen zu haben:
-denn er kehrte gleich darauf wieder nach seinem Sparta zurück. (_Siehe
-Fr. Mich. Vierthalers_ vortreffliche _Philosophische Geschichte der
-Menschen und Völker_ V. B. S. 306.)
-
- [16] Vers 212.
-
-_Attila_, König der Hunnen, die aus Scythien kommend, sich in Pannonien
-niedergelassen hatten, gelangte im J. 434 zur Herrschaft. Nachdem er
-sich gerühmt: das Schwert Tyr's, des Kriegsgottes, aufgefunden zu haben,
-ermordete er seinen Bruder Bleda, und entboth ein ungeheuer zahlreiches
-Heer, um als _die Geißel Gottes_, wie er sich nannte, die Erde
-verheerend zu durchziehen. Er fiel um das J. 441 zuerst in Thrazien ein,
-drang bis nach Armenien vor, und verwüstete dann das morgenländische
-Kaiserthum, zwingend den Kaiser Theodosius, den er überwunden hatte, ihm
-einen Tribut zu zahlen. Auf seinem zweiten großen Verheerungszuge nach
-Frankreich wurde er bei _Chalons sur Marne_, durch die vereinte Macht
-der Römer unter Aetius, und der Westgothen unter Theodorich, auf das
-Haupt geschlagen; zog sich über den Rhein zurück, und wandte sich zu dem
-dritten, gegen Rom selbst, da er Honoria, die Schwester Valentinian
-III., zur Ehe verlangte, und diese ihm abgeschlagen worden war. Er
-verwüstete ganz Ober-Italien, bei welcher Gelegenheit die Flüchtlinge
-auf den Inseln der Lagune dem berühmten Venedig den Ursprung gaben. Von
-der Zerstörung Roms hielt ihn der Papst, Leo der Große, ab. Er kehrte
-nach Pannonien zurück, wo er im J. 453, in der Nacht nach seiner
-Vermählung mit der baktrianischen Prinzessin, Ildiko, in seinem Blute
-erstickt gefunden ward. (_Siehe Jornandes_; und __Bonfinii Hist. Decad._
-I. L. 7._)
-
- [17] Vers 245.
-
-_Tyr_ nach der nordischen Götterlehre, der Sohn Odins, und der tapferste
-unter den Göttern, wie es bei den Griechen _Ares_ war, den die Römer
-Mars benannten.
-
- [18] Vers 321.
-
-_Kabesch_. Kabes, eine Stadt im Königreiche Tunis von 25,000 Einwohnern.
-Sie liegt in dem Golf gleiches Nahmens, sonst auch die Kleine-Syrte
-genannt.
-
-
- Dritter Gesang.
-
- [19] Vers 26.
-
-_Ludwig_, Infant, Bruder des Königs Emanuel von Portugal, und der
-Isabella, Gemahlinn des Kaisers Carl V.
-
- [20] Vers 35.
-
-_Ruyter_. Hier ist keineswegs der berühmte holländische Seeheld, Michael
-Hadrian Ruyter (geb. zu Vließingen im J. 1607, gest. 1676) gemeint, der
-sich vom gemeinen Matrosen bis zum Range eines Admirals aufschwang; die
-englische Seemacht zu verschiedenen Malen schlug; von seinem Vaterlande
-nach Verdienst geehret ward, und endlich bei der Unterstützung der
-Spanier in Sicilien, dem Aetna gegenüber, in einem Treffen durch eine
-Kanonenkugel den Fuß verlor, an welcher Wunde er bald darauf in der Bay
-von Syrakus starb, sondern _Franz Ruyter_, den Paul Jovius in seiner
-Geschichte des tunetanischen Feldzugs unter den Feldherrn aufführt.
-(_Siehe:_ __Paul Jov. Hist. Lib._ 34. pag. 284 _Basileae_ an. 1578._)
-
- [21] Vers 47.
-
-_Porto Venere_ an der südwestlichen Spitze des Genueser Gebiethes.
-
- [22] Vers 49.
-
-Alphons Avalos, Marchese del Vasto (auch _Guasto_), einer der
-berühmtesten Feldherrn Carls V. aus dem Hause der Pescara im Königreich
-Neisen, im J. 1502 geboren, wohnte der Schlacht von Bicocca (im J. 1522)
-bei; wurde nach Anton Leyva's Tode Gouverneur von Mailand, und hatte den
-Oberbefehl des Heeres bei dem Kriegszug nach Tunis. Im J. 1543 entsetzte
-er Nizza, das von den Franzosen, und ihrem Verbündeten, Chereddin
-Barbarossa, belagert war. Er starb im J. 1546 zu Vigevano,
-wahrscheinlich aus Kummer, den ihm die gegen die Franzosen verlorne
-Schlacht von Cerisoles in Piemont (14. April 1544) zugezogen hatte.
-(__P. Jov. Hist._ et _Roscio Capit. illustr._ p. 288._)
-
- [23] Vers 57.
-
-Das Geschlecht der _Ebersteine_ soll schon zu Carl d. Gr. Zeiten in
-großem Ansehen gestanden seyn. Was die Geschichte Gewisseres von ihnen
-gibt, ist: daß Eberhard, der Stammvater der Ebersteine, Hedwig, die
-Tochter Kaisers Heinrich I. geehlicht, und seinen Hof in Hohentviel
-gehabt habe. Als Abgesandter des Kaisers an den Papst, erhielt er von
-diesem am Pfingstfeste zu Rom die goldne Rose zum Geschenk, die er, nach
-dem Gebrauche der römischen Kirche, getragen hatte, und die bei seiner
-Heimkunft der Kaiser in den Wapenschild der Ebersteine setzen hieß. Sein
-Sohn Ludwig wohnte der Schlacht Heinrichs I. gegen die Ungern vor
-Merseburg bei. -- Die zweite Stammlinie der Ebersteine richtete Graf
-Otto I. in Pommern zu Neugarten auf. Otto III. der um das Jahr 1370
-gelebt, soll der Stifter der würtembergischen Hauptlinie seyn. -- Otto
-II. ein anderer Stammvater der Ebersteine, verbesserte die Herrschaft an
-der Weser, und erbaute das Schloß Ottenstein. Man sieht noch die Ruinen
-des Schlosses Eberstein unweit Holzminden an der Weser. (__Meibom. Rerum
-Germ._ T. II. p. 515. Luca:_ _Grafen-Saal_, _pag. 943._)
-
- [24] Vers 74.
-
-_Donau_, _Danubius_ (Ister hieß er den Alten von Wien hinab) einer der
-größten Flüsse Europas, da er nach Büsching eine Strecke von 700 Meilen
-durchläuft, und mehr als 160 größere und kleinere Flüsse in sich
-aufnimmt, entspringt, nach der gewöhnlichen Meinung, am Schwarzwalde bei
-Donaueschingen, obschon Andere diese Ehre zwei anderen Quellen, der
-_Brega_ und _Brigach_, mit welcher sich jene vereinigt, ertheilen. Die
-Donau endet an der Küste Bessarabiens ihren Lauf, und stürzt sich durch
-sechs Arme mit solcher Gewalt in das schwarze Meer, daß ihr Wasser
-mehrere Meilen weit im Meer noch süß und erkennbar seyn soll.
-
- [25] Vers 119.
-
-_Hunyady_ (Johann Corvinus Hunniades), den, nach einigen, ein
-walachischer Bojar mit der Elisabeth Paläologa, aus dem Geschlechte der
-letzten griechischen Kaiser; nach Andern, König Sigismund, außerehlich
--- mit der Tochter eines edeln Walachen erzeugt haben soll, wurde zu
-Ende des vierzehnten Jahrhunderts geboren. Er war, während der
-Minderjährigkeit des Königs Ladislaus Posth., Statthalter von Ungern,
-während seines ganzen Lebens ein Schrecken der Türken, die er in
-verschiedenen Schlachten besiegte, und zuletzt (am 6. August 1456) von
-Belgrad vertrieb, und starb am 16. Sept. desselben Jahrs. Von seinen
-zwei Söhnen wurde der ältere, Ladislaus, im folgenden Jahre zu Ofen
-enthauptet. Der jüngere, Mathias (Corvinus), gelangte zur ungarischen
-Krone. (__Bonfin. Hist. Hung.__)
-
- [26] Vers 132.
-
-_Zirknitz_ (Czirknitzer See) im Lande Krain, sechs Stunden von Laibach,
-gibt dem anstoßenden See den Nahmen, der eine Meile lang, und eine halbe
-breit ist. Das Wasser dieses wunderbaren Sees versinket gewöhnlich des
-Jahres einmal durch Oeffnungen, die sich in seinem Bette befinden.
-Sobald es sich zum Ablauf neiget, eilt Jung und Alt, die Fische in
-großer Menge herauszuziehen. Nach beiläufig zwanzig Tagen wächst dort,
-wo erst das Wasser stand, vortreffliches Gras, und nachdem dieses
-eingeerntet ist, wird noch Hirse darin gebaut, wo auch die Jagdfreunde
-an Hasen und wildem Geflügel reichliche Beute finden.
-
- [27] Vers 149.
-
-Niclas _Salm_ und Wilhelm _Roggendorf_, dessen Tochter die Gemahlinn des
-ersteren war, vereinte auch das Band der zärtlichsten Freundschaft.
-Beiden als Feldherrn, war die Vertheidigung Wiens gegen Solymans
-zahlloses Belagerungsheer anvertraut. Eine Kanonenkugel fuhr in den
-Wall, und schleuderte einen zertrümmerten Stein gegen Salms Schenkel,
-bei dem letzten Sturm, den Solyman am 14. October 1529 gegen die Wälle
-Wiens unternahm. An der erhaltenen Wunde starb dann Salm am 4. Mai 1530
-zu Marcheck, wohin er sich hatte bringen lassen. (_Siehe Taschenbuch für
-die vaterländische Geschichte durch Freih. von Hormayr &c. vierter
-Jahrgang._ S. 102.)
-
- [28] Vers 238.
-
-_Elba_, eine kleine Insel des mittelländischen Meeres, von beiläufig
-zwölf Meilen, Livorno gegenüber. Ihr Hauptreichthum sind die Eisenminen
-von Rio, deren Erze mehr als die Hälfte reines Metall geben, und von
-ihrer schillernden Farbe (_Eisenglanz_) bekannt sind. Porto Ferrajo
-(_Eisenport_), mit einer guten Rhede und 3000 Einwohnern, ist die
-Hauptstadt der Insel.
-
- [29] Vers 372.
-
-_Toledo_, Pedro Alvarez de Toledo, Vice-König von Neapel, ein Sohn des
-zweiten Herzogs von Alba, bekam mit seiner Gemahlinn Maria Osorio
-Pimentel den Staat von Villafranca, und war der Schwieger des ersten
-Herzogs von Florenz, Cosmus von Medicis.
-
-
- Vierter Gesang.
-
- [30] Vers 43.
-
-_Alba_ (Ferdinand Alvarez von Toledo, Herzog von) war im J. 1508
-geboren. Erst unter Carl V., dann unter Philipp II., seinem Sohn, war er
-stets ein siegreicher Feldherr ihrer Heere. In dem Kriege gegen die
-Niederländer hatte er nach seiner und seines Herrn Ueberzeugung,
-Rebellen bekämpft, und in solchen Kriegen hat man wohl sonst auch von
-ähnlichen, und noch größeren Grausamkeiten gehört; doch da dieser Krieg
-den Protestanten für einen Religionskrieg galt, und noch heut zu Tag
-dafür gegeben wird, so mußte er, besonders seit Schillers
-poetisch-entworfenem Bilde von ihm, als einer der grausamsten Wüthriche
-geschildert, erscheinen. Andere rühmen an ihm, nebst seinen großen
-Feldherrntalenten, seine unerschütterliche Treue, und dabei sein freies,
-offenes Benehmen gegen seinen Regenten, seinen Edelmuth und Weisheit.
-Indeß ist er von Härte und Grausamkeit nicht frei geblieben. Er starb im
-J. 1582 im 74sten Jahre seines Lebens.
-
- [31] Vers 43.
-
-_Alarcon_ (Ferdinand d'Alarzon), einer der tapfersten spanischen
-Feldherrn Carls V. Nach dem Siege von Pavia (24. April 1525), wurde ihm
-die Bewachung des gefangenen Königs von Frankreich, Franz I.,
-anvertraut, so wie zwei Jahre später, jene über den Papst, Clemens VII.,
-der sich den Kaiserlichen ergeben hatte. (__Jov. Hist._ 34. cap. --
-_Imhof. Geneal. 20. Fam. Hisp._ p. 203._)
-
- [32] Vers 45.
-
-_Garzia Lasso_ (Garzilaso de la Vega), im J. 1503 zu Toledo geboren, ein
-berühmter spanischer Dichter in der Gattung der Ekloge, Epistel, Oden,
-Lieder und Sonette. Er wohnte unter Carl V. den Feldzügen im Jahr 1529
-gegen Solyman, und im J. 1535 gegen Tunis bei; in dem letzteren wurde er
-an dem Arm verwundet. Im folgenden Jahre zog er mit dem Kaiser gegen
-Marseille, als Befehlshaber eines Heertheils, und erhielt bei der
-Bestürmung eines Thurms die gefährliche Kopfwunde, an welcher er nach
-drei Wochen im 33. Jahre seines Alters starb. Sein Leichnam wurde in der
-Folge nach Toledo gebracht. (__Jov. Elog.__)
-
- [33] Vers 97.
-
-_Constantin der Große_ (geb. im J. 274), erster christlicher Kaiser,
-soll vor der Entscheidungsschlacht an dem Ponte Milvio (h. z. T. Ponte
-Molle) bei Rom, gegen den Maxentius, am hellen Mittage, unterhalb der
-Sonne, ein flammendes Kreuz mit der Inschrift: »__In hoc vinces__,«
-erblickt haben. (__Eusebius in Vita Constantini_ M. et _Hist.__)
-
- [34] Vers 179.
-
-_Atlas_. Der Berg, besteht eigentlich aus zwei Ketten, die sich über den
-größten Theil von Nordafrika verbreiten. Die eine heißt der _Große_
-Atlas (mehr als 11,000 Fuß über der Meeresfläche erhöht), welcher sich
-vom Reiche Marrokko bis zur Wüste Sahara hinabzieht, und die andre der
-_Kleine_ Atlas, der sich von Osten nach Westen bis zum Mittelländischen
-Meere erstreckt. -- Nach der Mythologie der Griechen war er einer der
-Titanen, dem Zeus die Strafe auferlegte, das Himmelsgewölbe zu tragen.
-
- [35] Vers 239.
-
-_Janssen von Middelburg._ Zacharias Janssen, ein Brillenmacher zu
-Middelburg in Seeland, war der Erfinder des Fernrohrs im Jahre 1590,
-indem er zwei Linsen, eine convex, die andere concav, in verschiedener
-Richtung von dem Auge hielt. Er brachte sie dann in eine Röhre, und bot
-die gelungensten zwei, von 16 Zoll Länge, dem Prinzen Moritz von Nassau,
-und Erzherzog Albert an. Der berühmte Galiläi hörte davon in Venedig,
-und machte sogleich darauf einen Versuch. (Siehe: __Hier. Sirturus de
-Telescop__; und __Petr. Borell de vero Telescopii Inventore.
-Hagae-Comitum.__ 1655.)
-
- [36] Vers 526.
-
-Die Franzosen, unter Lautrec, und die mit ihnen vereinten Schweitzer,
-wurden bei Bicocca, unweit Mailand, im Mai 1522 durch die Truppen Carls
-des V. mit großem Verluste geschlagen.
-
-
- Fünfter Gesang.
-
- [37] Vers 13.
-
-_Villiers-L'isle-Adam_ (Philipp v.), zu Ende des fünfzehnten
-Jahrhunderts in Frankreich geboren, und zum Großmeister des
-Johanniter-Ordens von Jerusalem im J. 1521 erwählt. Im folgenden Jahre
-überzog Solyman die Insel mit einer großen Belagerungsmacht, die jener
-so tapfer gegen ihn vertheidigte, daß über 100,000 Türken dabei das
-Leben einbüßten. Amarat, des Ordens Kanzler, ward an ihm zum Verräther,
-und nur so gelang es endlich Solyman, die Insel gegen Capitulation, und
-unter der Bedingniß eines freien Abzugs der Ritter und der christlichen
-Einwohner, zu erringen. Vergeblich suchte er L'isle-Adam in seine
-Dienste zu ziehen, dessen Heldenmuth er vor seinem Heere, und
-mitten unter den Leichen der Gefallenen lautes Lob ertheilte.
-Villiers-L'isle-Adam starb im J. 1534 als Großmeister des Ordens zu
-Maltha, welche Insel Carl V. ihm zum neuen Ordenssitze geschenkt hatte.
-(Siehe: __Bouhors Siège de Rhodes__.)
-
- [38] Vers 75.
-
-_Gomert_ oder _Zafrano_ rechts, und _Bona_ links, heißen h. z. T. die
-zwei Vorgebirge, von welchen jenes einst dem Apoll, und dieses dem
-Hermes geweiht war, welchen vorüber die Einfahrt in den tiefer liegenden
-karthaginensischen Meerbusen geschah. Von dort dehnt er sich im halben
-Zirkel, bis an die Mündung des hinterhalb liegenden Landsees von Goletta
-hin, wobei die Landschaft der vormals wegen ihrer heilsamen Bäder
-berühmten Stadt Rada zur Linken bleibt, und jener gegenüber zeigt sich
-dann die Lage des zerstörten Karthago, des Oehlwalds, und der steilen
-Hügel, über welche man zu dem Flusse _Makar_ gelangte. (__Jov. Hist.
-Lib._ 34._)
-
- [39] Vers 105.
-
-Der _Wasserthurm_ steht nördlich von dem steilen Felsen -- einst die
-hohe Byrsa, auf welcher der berühmte Tempel des Aeskulap stand, und nahe
-der schmalen Erdzunge, die das feste Land mit der Halbinsel verband, auf
-welcher Karthago erbaut war. Auf dieser befanden sich wahrscheinlich die
-Ställe der Elephanten. Obige Cisternen sind fast die einzigen noch
-erhaltenen Ueberreste der zerstörten Karthago.
-
- [40] Vers 117.
-
-_Goletta_, die Veste, hatte zur Zeit Carls V. eine beinahe viereckige
-Form, und zwei Abtheilungen, von welchen die Wälle der oberen 40, und
-der unteren 50 Schritte breit waren. Sie enthielt eine vortreffliche
-Cisterne, in welcher sich das Regenwasser sammelte, und viele
-bombenfeste Gewölbe zur Aufbewahrung des Kriegsbedarfs. Mit ihr in
-Verbindung stand vorne an der Mündung des Sees von Tunis, ein mit Wällen
-versehener Thurm, der vom Meere her jedem Schiffe den Eingang verwehrte.
-Der See, beiläufig 12,000 Schritte breit und eben so lang, erhält aus
-dem karthaginensischen Meerbusen sein Gewässer, und ist auf beiden
-Seiten so seicht, daß man nur in der Mitte desselben auf kleinen
-Fahrzeugen nach Tunis gelangen kann. (__Eutropii Diar. Exp. Tunet. apud
-Schard._ pag. 331._ und __Jov. Hist. Lib. 34.__)
-
-
- Sechster Gesang.
-
- [41] Vers 83.
-
-_Eutropius_ in seinem __Diar. Exped. Tunet._ p. 325. (_Rerum Germ.
-Scrip. apud Schard_)_, sagt ausdrücklich: daß vor Allen die Deutschen
-bei der Landung, über jeden Aufschub ungeduldig, sich auf ihren, in das
-Wasser gesenkten Speeren auf das Land hinaus geschwungen, und den Kampf
-mit dem Feinde sogleich begonnen haben.
-
- [42] Vers 79.
-
-_Pizarro_ (Francisco), ein Spanier, von unbekannter Herkunft, ging mit
-noch andern Abenteurern nach der neuen Welt, verband sich im J. 1524 mit
-Diego d'Almagro, und eroberte Peru, nachdem er den Inca Atahualba auf
-eine grausame Art hatte hinrichten lassen. Er war schon früher zum
-Statthalter der neu zu entdeckenden Länder ernannt worden, und er traf
-wirklich sehr viele Vorkehrungen zum Besten jener Länder, die um so mehr
-in Erstaunen setzen, da er nicht einmal des Lesens und des Schreibens
-kundig war. Er wurde im Jahr 1541 durch einen Anverwandten Almagro's
-getödtet, nachdem früher dieser von Pizarro zum Tode verurtheilt worden
-war. Die Stadt Lima verdankt ihm ihre Gründung. Sonst ist sein Nahme mit
-der Beigabe eines grausamen Eroberers auf die Nachwelt gekommen. (Siehe
-__W. Robertson History of America in II Volumes London_ 1777_.)
-
- [43] Vers 386.
-
-_Casas_ (Bartholomeo de las), Bischof von Chiapa in Mexico, im J. 1471
-in Sevilla geboren. Schon in seinem 19. Jahre reiste er mit dem
-Weltentdecker Columbus nach St. Domingo, kehrte aber von dort wieder
-nach Spanien zurück, um sich im Orden der Dominikaner zum Missionär
-vorzubereiten. Voll glühendem Enthusiasmus für ein wichtiges Anliegen
-der Menschheit, stand er beinahe durch 50 Jahre als ein Anwald der
-mißhandelten Einwohner der neuen Welt da, und schrieb, und unternahm
-häufige Reisen nach Europa, sie vor dem Throne zu vertreten; doch war
-das Interesse so vieler Großen dabei gefährdet, und er starb im Jahr
-1556 zu Madrid, ohne daß er bedeutende Vortheile für jene erwirkt hätte.
-Unter seinen Schriften (gedruckt Sevilla im J. 1552) ist auch eine
-Geschichte von Westindien. (Siehe _Perez del Castillo Mex. Hist._)
-
- [44] Vers 521.
-
-_Freundsberg_ (Georg von _Frundsberg_, _Frondsberg_ &c. Herr von
-Mindelheim, geb. 1475 und gest. 1528 daselbst), kaiserlicher Feldherr,
-wegen seiner persönlichen Tapferkeit und Leibesstärke berühmt, da er ein
-wildanlaufendes Pferd sogleich fest halten, und den stärksten Mann mit
-einem Finger von der Stelle drängen konnte. Er bildete sich unter Max I.
-und Carl V. in der Kriegskunst aus, half dem Letztern die Schlacht von
-Pavia (im J. 1525) gewinnen, und führte auch das folgende Jahr 12,000,
-auf eigene Kosten geworbene Krieger, dem kais. Feldherrn Carl von
-Bourbon, gegen Clemens VII. nach Italien zur Verstärkung zu, wo ihn bei
-Ferrara, bei einem Aufstand der Krieger wegen rückständiger Löhnung, der
-Schlag traf, und dann zwei Jahre darauf sein Tod erfolgte. (_Siehe Herrn
-Georgen und Kasparn von Frundsberg ritterliche Kriegsthaten. -- _Jov. in
-Elog. Hist.__)
-
- [45] Vers 592.
-
-_Byrsa_ hieß die Burg von Karthago, auf dem Gipfel eines steilen
-Felsens, um welchen ringsher die einst mächtige Stadt Karthago erbaut
-war. Dort befand sich der herrliche Tempel des Aeskulap, zu welchem man
-auf 50 Stufen hinanstieg, und in dessen Flammen die Gattinn Hasdrubals,
-der zu dem Zerstörer Karthago's, Scipio, überging, sich stürzte, nachdem
-sie vorher im Angesichte der Römer und ihres feigen Gemahls, ihre beiden
-Kinder ermordet hatte. J. 146 vor Chr. G. (_Siehe Vierthalers phil.
-Gesch. der Menschen und Völker. V. Band._)
-
-
- Siebenter Gesang.
-
- [46] Vers 85.
-
-_Zama_, der Ort, vor welchem der große Held Karthagos, Hannibal, durch
-den römischen Feldherrn Scipio im J. 201 vor Chr. überwunden ward, lag
-zwischen Adrumetum und dem, fünf Tagreisen davon entfernten, Karthago.
-
- [47] Vers 190.
-
-An dem Ufer des _Bagrada_ (h. z. T. Medscherdah), der nicht fern von
-Utika vorüberfloß, soll der Consul M. Atil. Regulus eine ungeheure
-Schlange, deren Länge auf 120 Fuß angegeben wird, mit Katapulten
-beschossen, und getödtet haben. (__A. Gell._ L. VI. c. 3. -- _Valer.
-Max._ L. I. c. 8._) Wahrscheinlich war sie eine Riesenschlange (_Boa
-Constrictor_).
-
- [48] Vers 329.
-
-_Barda_ heißt die Sommerresidenz des Dey von Tunis, mit einem
-weitläufigen Schlosse, und den schon zu Carls V. Zeiten berühmten
-bardäischen Gärten an der Küste von Maritia. Sie liegt an der Westseite
-von Tunis, und hängt durch die Gärten mit der Stadt zusammen.
-
- [49] Vers 410.
-
-_Houris_ sind, nach Muhameds Lehre, die blendend schönen Jungfrauen,
-welche von zarter, ätherischer Gestalt, die Seligkeit der Männer in
-seinem Paradiese ausmachen. Die Schilderungen von ihnen sind ganz in dem
-orientalisch-üppigen Geschmack entworfen.
-
-
- Achter Gesang.
-
- [50] Vers 54.
-
-_Laufgräben_ (_tranchée's_) sind drei bis sechs Fuß tiefe, zehn und
-zwölf Fuß breite, in verschiedener Richtung gegrabene Wege, welche mit
-der zum Wall, gegen eine belagerte Festung aufgeworfenen Erde, die
-Belagerer in den Stand setzt, sich ihr mit Sicherheit nähern zu können.
-
- [51] Vers 199.
-
-_Thor der Glückseligkeit_, heißt der Eingang zu dem Harem des Großherrn,
-der dem Aga der Verschnittenen anvertraut ist. (_Siehe Hrn. Joseph von
-Hammers Verfassung des osmanischen Reichs, Band II. Seite 9._)
-
- [52] Vers 201.
-
-_Circassien_, eine große Landschaft in Asien, welche sich von dem
-schwarzen bis zum caspischen Meere erstreckt, und nördlich von dem
-Caucasus begränzt wird. Ihre Bewohner, sowohl männlichen als weiblichen
-Geschlechts, sind sehr wohlgestaltet, und die Letzteren werden
-vorzüglich für die türkischen Harems gesucht. Ihre Männer sind
-treffliche Reiter, ungemein tapfer im Felde, und daheim Verehrer des
-Gastrechts. Der größte Theil ihres Landes ist dermalen unter russischer
-Bothmäßigkeit.
-
- [53] Vers 284.
-
-_Bagrada_, h. z. T. Medscherdah, ein Fluß, der in der Nähe von
-Buschatter (Utika) sich in das Mittelmeer ergießt.
-
-
- Neunter Gesang.
-
- [54] Vers 15.
-
-_Turkestan_, das eigentliche Stammland der heutigen Türken, ist eine
-Landschaft in Mittel-Asien, die von dem Königreiche des großen Moguls,
-von der großen Tartarey, von Catay und Zagatey begränzt wird. Das Land
-ist sehr fruchtbar, dessen Einwohner Tartaren sind, und sich zur
-muhamedanischen Lehre bekennen.
-
- [55] Vers 58.
-
-_Varus_ (Quintilius), unter Augusts Regierung erst Proconsul in Syrien,
-dann in denen, seit Julius Cäsar eroberten deutschen Provinzen, wurde
-durch das Haupt der Cherusker, Hermann, aus seinem verschanzten Lager
-bis in den Teutoburger-Wald, h. z. T. Grafschaft Lippe, gelockt und dort
-sammt seinen drei Legionen zu Grunde gerichtet. Varus entleibte sich
-selbst. August soll sich bei der erhaltenen Nachricht die Haare gerauft,
-und ausgerufen haben: »_Varus, schaffe mir meine Legionen wieder!_«
-(__Tacit. Sveton. Velej. Pater._ L. I. 2._)
-
- [56] Vers 103.
-
-_Beduinen_, oder nomadische Araber, sind unabhängige, freie Stämme
-muhamedanischer Religion, die unter ihren Fürsten (Emir) oder
-Familienhäuptern (Scheich) die Wüste, größten Theils unter Zelten
-lebend, bewohnen. Sie sind Krieger und Hirten zugleich, und verachten
-stolz alle übrigen Beschäftigungen. Seit Jahrtausenden sind ihre Sitten
-dieselben geblieben, wie sie in den allerältesten Urkunden, nämlich in
-der h. Schrift, durch Moses, geschildert werden. (_Niebuhr, Beschreibung
-von Arabien_, S. 379 und f. -- _D'Arvieux_ III. 125.)
-
- [57] Vers 382.
-
-_Natter_. (_Cerastes_) _Hornschlange_ -- nach dem Volksglauben auch die
-_Königsschlange_ genannt, weil sie, laut jenem, eine Krone auf dem
-Haupte haben soll. Die arabischen Gaukler pflegen der Hornschlange zarte
-Vogelklauen einzusetzen, um damit das Volk zu täuschen.
-
- [58] Vers 477.
-
-_Bürgerkrone_, war bei den Römern eine große Auszeichnung für Jenen, der
-in der Schlacht einem Bürger das Leben gerettet hatte. Sie war von
-Eichenlaub gemacht, und führte die Aufschrift: »_Ob civem servatum._«
-Bei Schauspielen, oder im Senate, wo sie getragen wurden, stand die
-ganze Versammlung vor ihm auf.
-
- [59] Vers 520.
-
-_Cornelia_, die Mutter der Gracchen, war die Tochter des älteren Scipio,
-des Siegers bei Zama, und hatte zwei Söhne, Tiberius Sempronius, und
-Cajus, mit ihrem verstorbenen Gatten, Tib. Semp. Gracchus, erzeugt, der
-zweimal Consul war, und die Insel Sardinien eroberte. Jene beiden, von
-ihrer trefflichen Mutter gebildeten, und mit den schätzbarsten
-Eigenschaften ausgerüsteten Söhne, fanden in den, von ihnen erregten
-bürgerlichen Gährungen (der ältere im J. 133, und der jüngere im J. 121
-vor Chr.) den Tod, indem sie als Tribunen zu sehr nach der Volksgunst
-gestrebt, und das agrarische Gesetz gegen den Senat durchzusetzen
-gesucht hatten. (__Liv._ I. 41. c. 12. -- _Valer. M. Plutarch_ etc._)
-
-
- Zehnter Gesang.
-
- [60] Vers 116.
-
-_Zender_ und _Gingir_, zwei große, gen Süden unterhalb des Aequators
-liegende Länder in Afrika, unter dem 50-55. Grad der Länge, und dem 5-8.
-Grad der Breite.
-
- [61] Vers 117.
-
-_Gleicher_, Aequator der Erde, oder Aequinoctial-Linie, und von den
-Seefahrern die _Linie_ genannt, ist derjenige größte Kreis unserer
-Erdkugel, der von den Polen der Erde in allen Punkten um neunzig Grade
-absteht. Alle Orte, die er durchschneidet, haben gleich lange Tage und
-Nächte: daher der Nahme _Aequator_.
-
- [62] Vers 146.
-
-_Altai_, auch _Belgian_ genannt, ein großes Gebirg Asiens in der
-Nord-Tartarey, und im Königreiche Montgal.
-
- [63] Vers 146.
-
-_Ural_, in der tartarischen Sprache ein _Gürtel_, ist die beinahe 300
-Meilen lange Gebirgskette, die von dem caspischen Meere beginnend,
-Europa von Asien scheidet, und Sibirien von dem übrigen Theile Rußlands
-trennt.
-
- [64] Vers 160.
-
-_Samum_ von den Arabern; von den Hebräern [Hebräisch: zil'afa]; von den
-Türken _Samyel_, und in Afrika Hamaddan genannt, ein heißer Wind, der in
-den Monathen Juni und Juli in Arabien, Persien, Babylonien, und in den
-Wüsten von Aegypten; aber am heftigsten, zuweilen schon im März und noch
-im November, in Nubien weht. Er dauert höchstens nur 7 bis 8 Minuten,
-aber er tödtet augenblicklich Alle, die aufrecht stehen; daher ist es
-nöthig, sich auf das Antlitz niederzuwerfen, die Sohlen dem Winde
-zuzukehren, und so wenig als möglich Athem holend, den Mund auf den
-Boden zu pressen. So streicht er dann unschädlich vorüber, da er zwei
-Schuh hoch über der Erde dahin zieht, aber dennoch ein heftiges Zittern
-und starken Schweiß verursacht. Die Thiere tödtet er zwar nicht, doch
-senken auch sie den Kopf zur Erde, und zittern am ganzen Leibe. Die
-Vorbothen des Samums sind, nach Brüce, röthliche Sandsäulen, die sich in
-die Luft erheben und stets näher schweben. Die Getödteten werden
-sogleich schwarz und zu Mumien gedörrt. (_Brüce's Reisen &c. im Auszug
-Rinteln_ I. S. 496 und S. 129 folg. &c. -- __Thevenot Voy.__ 295. --
-Ives II. 83. &c.)
-
- [65] Vers 358.
-
-_Kairvan_ (Cairoan, Carvan), eine Stadt im Gebiethe von Tunis nicht
-ferne von dem Meerbusen von Kabesch. Sie war die erste, welche die
-Muhamedaner in Afrika, unter dem dritten Kalifen in Syrien, Ottmann,
-gegründet hatten, und wegen ihrer hohen Schule berühmt. Doch wurde sie,
-bald nach der Heimkehr Carls V. von Tunis, mit diesem Königreiche
-vereinigt. (_Marmol. Africae L. 6._)
-
- [66] Vers 359.
-
-_Constantina_ (Cuguntina), die Stadt, nach Einigen das alte Cirtha, in
-Nord-Afrika, liegt auf einem hartzugänglichen Felsengebirge, weßwegen
-sie überaus fest ist, und gehört nun zu Algier. Zu Anfange des vierten
-und fünften Jahrhunderts sind da zwei Concilien gehalten worden, von
-welchen in den Werken des h. Augustinus die _Acta_ aufbewahrt sind.
-
- [67] Vers 510.
-
-_Die volle Lage geben_, heißt das schnelle Abfeuern aller Kanonen auf
-der Seite eines Kriegsschiffes.
-
- [68] Vers 732.
-
-_»The Emperor marched into the Goletta through the breach; and turning
-to Muley-Hassan, who attended him, »Here« -- Says he -- »is a gate open
-to you, by which you shall return to take possession of your dominions.«
-(_Robertson Histor. of Charles V. III. T. Book V._)_
-
-
- Eilfter Gesang.
-
- [69] Vers 44.
-
-_Vampyren_, die größte Gattung der Fledermäuse; und unter diesen wird
-hier der so genannte _Blutsauger_ (_V. Spectrum_) gemeint, dessen
-Heimath die neue Welt, Surinam, Guiana, Brasilien u. s. w. ist. Durch
-das Wehen seiner Flügel erquickt er den Schlummernden, leckt ihm mit
-seiner rauhen Zunge die Haut auf, und wenn das Blut, an welchem er sich
-satt gesogen hatte, aus einer Hauptader strömt, so kann sich der
-Fortschlummernde leicht verbluten. (_S. Tob. Wilhelm Unterh. aus der
-Naturgeschichte der Säugethiere_, 1. Thl.)
-
- [70] Vers 255.
-
-_Valladolids Turnierbahn_. Carl V. ließ in seinem bereits vorgerückten
-Jünglingsalter noch wenig von dem hohen Verstande, und der Thatkraft
-ahnen, die ihn in der Folge als Herrscher so sehr auszeichneten, so, daß
-Viele, die nicht tief genug sahen, versucht waren, ihn für blödsinnig zu
-halten, bis er auf dem Turniere zu Valladolid (im J. 1517), durch seine
-Gewandtheit in allen ritterlichen Uebungen, und den Wahlspruch seines
-Schildes: »__Nondum!__« All' in Erstaunen setzte. (Siehe _Freih. von
-Hormayrs Oestr. Plut. 6. Heft_ S. 423.)
-
- [71] Vers 259.
-
-Während Carl V. nach seiner Wahl zum röm. Kaiser, und wegen entstandener
-Feindseligkeiten mit Frankreich, in Deutschland, in den Niederlanden und
-in England, von Spanien abwesend war, brach Empörung und Bürgerkrieg in
-allen Theilen dieses Königreichs aus. Er begann im Mai 1520 zu Toledo,
-wo das Haupt der Empörer, Don Juan de Padilla, Sohn des Commandanten von
-Castilien, war, und in den spätern Gefechten, im April des Jahrs 1521
-von dem Generale der königlichen Truppen gefangen und enthauptet ward.
-(__Robertson History of the Reign of the Emp. Charles V. II. Volume. B.
-3.__)
-
- [72] Vers 262.
-
-_Franz I._, König von Frankreich, bewarb sich sehr heiß um die deutsche
-Kaiserkrone; da aber diese seinem Nebenbuhler, Carl V., zu Theil ward,
-so trieb ihn, von jener Zeit an, die Rachgier unaufhörlich, diesen zu
-demüthigen, und ihm in seinen Unternehmungen Hindernisse in den Weg zu
-legen. Vereint -- und Beide hatten so viele Ursache, sich gegenseitig zu
-achten! -- hätten sie unsäglichem Jammer, der erst Deutschland, dann
-mehrere Länder Europa's traf, wehren können. (_Siehe obiges Werk_, II.
-B.)
-
- [73] Vers 265.
-
-Den Titel _christlichste Majestät_, führten die Könige von Frankreich
-bis auf die neuesten Zeiten, und zwar seit Chlodwig dem G. J. 496, wo er
-ihm selber von dem Pabst beigelegt ward.
-
- [74] Vers 266.
-
-Franz I. war der erste christliche Fürst, der mit dem Erbfeind der
-Christenheit offenbar in ein Bündniß trat. La Forest, sein
-Geschäftsträger in Constantinopel, schloß (im J. 1336) solches mit
-Solyman II. ab, vermöge welchem dieser Neapel und Ungarn feindlich
-überziehen sollte. Es wurde ihm auf eine furchtbare Art Genüge
-geleistet! (_Siehe obiges Werk_, III. B.)
-
- [75] Vers 278.
-
-Man sehe _Vogts Staats-Relationen_. VI. Bandes 2. Heft.
-
- [76] Vers 289.
-
-Der _Bauernkrieg_ in Franken und Schwaben wurde durch _Johann Böhme_,
-einen Bänkelsänger im Würzburgischen, veranlaßt, wo er Freiheit und
-Gleichheit aller Stände predigte. Der Krieg kam dort im J. 1525 zum
-Ausbruch, und kostete über 50,000 Bauern das Leben. Mehr als 180
-Schlösser und Burgen lagen im Schutt, und 26 Klöster waren vernichtet.
--- Er verpflanzte sich auch nach Sachsen und Thüringen, wo _Thomas
-Münzer_, erst Schullehrer in Aschersleben, dann Prediger in Zwickau,
-sich mit dem Haupte der Wiedertäufer, _Klaus Storch_, verband, und
-später zu Altstedt in Thüringen die Gemeinschaft der Güter predigte. Er
-kehrte nach Sachsen zurück, verband sich mit einem andern Schwärmer,
-_Pfeiffer_, und sammelte einen großen Haufen Aufrührer um sich, bis er
-gegen die ausgesandten sächsischen, hessischen und braunschweigischen
-Heerhaufen (15. Mai 1525) die Schlacht verlor, sammt seinem Anhänger,
-Pfeiffer, gefangen, und in Mühlhausen hingerichtet ward. (__Sleidan. de
-statu rel._ L. 5. -- _Fabritius de orig. Sax.__)
-
- [77] Vers 293.
-
-_Der dreißigjährige Krieg_ (von 1618-1649) -- eine Folge der Reformation
--- biethet ein Schauspiel unerhörter Grausamkeiten dar. Während diesen
-ward Deutschland von einem Ende zum andern durch Mord und Brand verödet,
-und um viele Millionen Menschen ärmer gemacht. Der westphälische Friede
-setzte ihm zwar ein Ziel; aber was durch ihn zerstört worden, wird wohl
-keine Zeit mehr ersetzen. (_Siehe Schillers und Westenrieders Geschichte
-des dreißigjährigen Krieges._)
-
- [78] Vers 315.
-
-Die Geschichte von beinahe zwei Jahrzehenden vor der Völkerschlacht von
-Leipzig liefert die unwiderlegbaren Belege zu dieser Stelle!
-
- [79] Vers 320.
-
-18. Oktober 1813!!
-
- [80] Vers 328.
-
-_Leser!_ möchte dir der Zuruf nicht fremd seyn, welchen der gütigste
-Landesvater am 1. Hornung 1806 an seine Völker richtete, und der mit den
-Worten beginnt: »Ich habe meinen guten und treuen Völkern den Frieden
-gegeben!« -- und mit den Worten endet: »Durch das wechselseitige Band
-des festesten Vertrauens und der innigsten Liebe mit meinen Unterthanen
-verbunden, werde ich nur dann erst glauben, meinem Herzen als Fürst und
-Vater genug gethan zu haben: wenn Oestreichs Flor fest gegründet, wenn
-vergessen ist, was seine Bürger litten, und nur das Andenken an meine
-Opfer, an ihre Treue, und an ihre hohe unerschütterliche Vaterlandsliebe
-noch lebt!«
-
- [81] Vers 342.
-
-_St. Just_. Nicht ferne von der Stadt Placenzia, in Estremadura, lag das
-einsame Kloster der Hieronymitaner, St. Just, das Carl V. viele Jahre
-vor seiner Abdankung zu seinem einstigen Asyl erkoren hatte. Es lag in
-einem lieblichen Thale mit einem hellen Bach, mit Hügeln und Wäldern
-umher, und war wegen seiner gesunden Luft berühmt. Einige Monate vor
-seiner Ankunft erschienen dort Werkleute, die seine aus fünf bis sechs
-Klosterzellen bestehende Wohnung, mit einem Ausgang in den Garten, den
-er selbst pflegen, und dem andern in die Capelle, wo er seine Andacht
-halten wollte, bereiteten. Er zog daselbst am 24. Februar des J. 1557
-ein, und starb am 12. September 1558 in seinem 59. Lebensjahre.
-
-
- Zwölfter Gesang.
-
- [82] Vers 336.
-
-_Grätz_, die Hauptstadt der Steyermark, und der Sitz des Guberniums von
-Inner-Oestreich, mit beiläufig 40,000 Einwohnern.
-
- [83] Vers 340.
-
-Im Jahre 1532 stand Solymann II. mit einer ungeheuren Macht vor Wien,
-und zog sich bei der Annäherung Carls V., der an der Spitze eines Heeres
-von mehr denn 90,000 Mann zum Entsatz herbeieilte, durch Ungarn bis nach
-Constantinopel zurück. (__Jov. Hist._ L. 30. p. 100._)
-
- [84] Vers 344.
-
-Bei der Beschreibung des letzten Kampfes vor Tunis, führt Jovius
-(__Hist._ L. 34. p. 361 _apud Schard.__) die Worte Carl V. an, der
-mitten im Kugelregen Del Guasto diese Antwort gab. (_»Subridens Caesar,
-et ne id timeret, subdens, quando Augustorum Caesarum nemo unquam
-tormenti violentia concidisset.«_)
-
- [85] Vers 555.
-
-Psalm 125.
-
- [86] Vers 608.
-
-Robertson sagt von der Plünderung der Stadt Tunis durch die Christen
-(__History of the Reign of the Emperor Charles_ V. Vol III. p. 115_):
-»_Above thirty thousand of the innocent inhabitants perished on that
-unhappy day, and ten thousand were carried away as slaves._« --
-Eutropius im Werke (__Diarium Expeditionis Tunetanae_ p. 334. _apud
-Schard.__) sagt: »_Post introitum Imperatoris in urbem, ecce tibi Miles
-Hispanus aliquotque alii stationarii, passim in aedes magno impetu
-irruunt, .... _Mauros resistentes_ occidunt, spoliant, compilant,
-evertunt omnia cum pulvere._« -- __P. Jovius Hist. Lib._ 34. pag. 363
-_apud Schard__ sagt: »_Primus inhiantium praedae impetus, uti
-invadentium et effringentium fores varii casus tulerunt, promiscua caede
-cruentus fuit._« -- Beide setzen hinzu: »__Caesar sevitiae modum
-imposuit, pronunciarique jussit, capitale fore, si quis Tunetanum
-violaret civem, aut in servitutem abduceret.__« -- Sepulveda, dem Carl
-V. sein ganzes Leben erzählte, und mit jenen Beiden ihm gleichzeitig
-war, sagt: »_In hac direptione ex oppidanis _pauci_ gladio conciderunt,
-et hi suo magna ex parte stulto consilio, qui muros rebus desperatis, ne
-conati quidem tueri, suas domos, uxoresque et liberos defendere quidam
-tentaverunt. Qua temeritate milites irritati _in nonnullos_ sine
-discrimine parumper saevierunt, praesertim Germani etc._« (Siehe:
-__Opera P. Sepulvedae_ Vol. I. p. 405. Matriti ex Typ. Reg. 1780._) --
-Dieß zur Würdigung obiger Geschichte!
-
-
-
-
- Anmerkungen zur Transkription
-
-
-Die Schreibweise der Buchvorlage wurde weitgehend beibehalten.
-
-Satzzeichen wurden in eindeutigen Fällen stillschweigend korrigiert.
-Einige wenige weitere Fehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt,
-teilweise unter Verwendung weiterer Ausgaben (vorher/nachher):
-
- [S. 50]:
- ... Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und lauft auf
- dem Sandpfad ...
- ... Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und läuft auf
- dem Sandpfad ...
-
- [S. 405]:
- ... Samum von den Arabern; von den Hebräern [Hebräisch:
- vil'afah]; von den ...
- ... Samum von den Arabern; von den Hebräern [Hebräisch: zil'afa];
- von den ...
-
-
-
-
-
-
-End of the Project Gutenberg EBook of Tunisias, by Johann Ladislav Pyrker
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK TUNISIAS ***
-
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-The Foundation's principal office is in Fairbanks, Alaska, with the
-mailing address: PO Box 750175, Fairbanks, AK 99775, but its
-volunteers and employees are scattered throughout numerous
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-<title>The Project Gutenberg eBook of Tunisias, by Johann Ladislav Pyrker</title>
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-The Project Gutenberg EBook of Tunisias, by Johann Ladislav Pyrker
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-This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most
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-
-Title: Tunisias
- Johann Ladislav Pyrker's sämmtliche Werke (1/3)
-
-Author: Johann Ladislav Pyrker
-
-Release Date: November 30, 2017 [EBook #56086]
-
-Language: German
-
-Character set encoding: ISO-8859-1
-
-*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK TUNISIAS ***
-
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-
-Produced by richyfourtytwo, Heiko Evermann, Jens Sadowski,
-and the Online Distributed Proofreading Team at
-http://www.pgdp.net.
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-
-
-
-
-</pre>
-
-
-<div class="frontmatter">
-<div class="centerpic">
-<img src="images/pyrker.jpg" alt="" />
-<p class="cap">
-Pyrker
-</p>
-
-</div>
-
-</div>
-
-<div class="frontmatter">
-<p class="aut">
-Johann Ladislav Pyker&rsquo;s
-</p>
-
-<p class="ser">
-sämmtliche Werke.
-</p>
-
-<p class="run">
-Neue durchaus verbesserte Ausgabe.
-</p>
-
-<p class="vol">
-Erster Band.
-</p>
-
-<hr class="hr10" />
-
-<p class="pub">
-<span class="line1">Stuttgart und Tübingen.</span><br />
-<span class="line2">J.B. Cotta&rsquo;scher Verlag.</span><br />
-<span class="line3">1855.</span>
-</p>
-
- <div class="frontmatter">
-<div class="centerpic">
-<img src="images/tunisias.jpg" alt="" />
-<p class="cap">
-Tunisias
-</p>
-
-</div>
-
- </div>
-</div>
-
-<div class="frontmatter">
-<h1 class="title">
-Tunisias.
-</h1>
-
-<p class="subt">
-Ein Heldengedicht in zwölf Gesängen.
-</p>
-
-</div>
-
-<h2 class="toc" id="part-1">
-<a id="page-3" class="pagenum" title="3"></a>
-Inhalt der zwölf Gesänge.
-</h2>
-
-<div class="toc">
-<h3 class="sub" id="chapter-1-1">
-<a href="#part-2">Erster Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Eingang. Ein Eilbothe meldet dem Kaiser, die Schiffsmacht der Feinde
-sey gegen Barcellona im Anzug. Zugleich kommt Muley Hassan, der
-vertriebene König von Tunis, von ihm Schutz zu erflehen. Des Kaisers
-Abendgebeth im Dom zu Madrid. Die Stunde der Weihe. Muhamed
-in der Felsenhöhle des Aetna. Er erhebt sich mit seiner Geisterschar dem
-Hairaddin helfend zu nahen.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-2">
-<a href="#part-3">Zweiter Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Der Kaiser beruft noch in der Nacht die Versammlung der Cortes,
-und eilt mit Muley Hassan nach Barcellona. Aus dem Schooße des Erdballs
-ziehen Hannibal, Hermann, und Regulus dem Kaiser zu Hülfe.
-Regulus eilt nach Tunis voraus, und haucht den gefangenen Christen
-Trost ein. Muhamed ruft aus dem übersinnlichen Raum noch den Attila
-zu Hülfe. Er erregt Mißtrauen in Muley Hassans Brust. Nächtliche
-Landung, und Raub der Corsaren.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-3">
-<a href="#part-4">Dritter Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Ein Theil der Seemacht versammelt sich vor Barcellona. Erst kommt
-Doria, dann Ludwig von Portugal, dann Ruyter mit den Niederländern.
-Der andere Theil an der wälschen Küste zu Porto Venere. Einschiffung
-der Wälschen und Deutschen. Aufzählung der deutschen Scharen. Ihre
-Abfahrt. Nacht. Muhamed erregt den Corsaren, Abdul, das nachsegelnde
-Schiff Sarno&rsquo;s zu entern. Sarno gefangen. Die römische Macht vereint
-sich mit jenen. Ankunft vor Neapel. Toledo, des Vicekönigs Sohn, dessen
-von den Corsaren geraubte Gattinn, Mathilde, sich zu Tunis befindet,
-schließt sich mit Neapels Macht an. Abfahrt nach Cagliari.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-4">
-<a href="#part-5">Vierter Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Ankunft des Kaisers zu Barcellona. Einschiffung und Abfahrt nach
-Cagliari. Ausbruch des Aetna. Seesturm. Morgen. Die feindliche
-<a id="page-4" class="pagenum" title="4"></a>
-Schiffsmacht jener des Kaisers entgegen. Die Geister nahen. Muhamed eilt
-nach Afrika voraus. Die übrigen bleiben. Doria fordert vom Kaiser die
-Schlacht, und die Leitung derselben. Hermann will den Kaiser selbst zum
-Oberbefehle vermögen: dieser widersteht. Seeschlacht. Die feindliche Flotte
-anfangs im Vortheil. Regulus dringt in den Doria sie zu trennen. Die
-feindliche Schiffsmacht vernichtet. Sarno befreiet. Hannibal tritt bei
-dem Anblick des waltenden Römers auf die Seite Hairaddins, und eilt
-in sein altes Vaterland. Abfahrt nach Tunis.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-5">
-<a href="#part-6">Fünfter Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Auf dem Wege schließt sich das Geschwader Maltha&rsquo;s an. Drohende
-Wachfeuer an der afrikanischen Küste. Ankunft vor Buschatter (Utika),
-dann am Vorgebirge Karthago&rsquo;s, und Goletta. Der Kaiser sendet zwei
-Späherschiffe die Landungsplätze zu erkunden. Hairaddin wird die Ankunft
-der Christen gemeldet. Er eilt nach Goletta. Muhamed erregt ihn,
-eines der Späherschiffe vernichten zu lassen. Drauf beruft er seine Feldherrn
-zum Kriegsrath, und kehrt nach Tunis zurück. Regulus zeigt Hugo,
-dem treuen Diener Mathildens, die Weise sie zu retten. Kurd.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-6">
-<a href="#part-7">Sechster Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Der Kaiser entläßt aus dem Kriegsrath die versammelten Feldherrn.
-Waffnet sich. Landung. Seine Rede an das gelandete Heer. Ordnung
-desselben. Dragut, in dessen Macht sich Mathilde befindet, nahet mit dem
-Vortrab. Vorkampf. Lichtstein verjagt die Feinde. Attila reitzt den Dragut
-zurückzukehren; er fordert den feindlichen Führer zum Zweikampf.
-Toledo ihm entgegen. Sie verwunden sich beide, und werden getrennt.
-Die Maltheser beschießen vom Meere heran die feindliche Stellung, landen,
-und verjagen mit Lichtsteins Reitern den Vortrab. Hairaddin, der ihm zu
-Hülfe eilt, wird mit fortgerissen. Das christliche Lager noch in der Nacht
-auf Karthago&rsquo;s Stätte erbaut. Der Kaiser im Kreise der Krieger entschlummert.
-Ihm nahet Hermann, und kündet ihm seine Siege jenseits der
-Meere. Die Krieger entflammen die Lagerfeuer, kochen ab, und genießen
-das Nachtmahl. Kurd kündet Toledo die Rettung Mathildens. Attila
-erregt den Sinam das Lager der Christen zu überfallen. Viele Christen
-getödtet. Hardwins Opfertod. Rogendorf, der Feldzeugmeister, feuert mit
-Donnerröhren in die Feinde. Salis verfolgt mit den tyrolischen Schützen
-die Fliehenden, und wird von dem Kaiser ausgezeichnet.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-7">
-<a href="#part-8">Siebenter Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Morgen. Der Kaiser auf den Ruinen Karthago&rsquo;s. Muhamed und
-Attila mit ihren Scharen erregen im Cedernwald von Zafrano eine
-<a id="page-5" class="pagenum" title="5"></a>
-Riesenschlange, die Christen an der Errichtung der Schanzen zu hindern.
-Viele durch sie getödtet. Ludwig eilt ihnen zu Hülfe. Regulus. Die Riesenschlange
-durch Ludwig erlegt. Die Schanzen gegen Goletta erbauet.
-Sarno mit den Wälschen besetzt die äußersten Schanzen. Alba als Friedensgesandter
-zu Tunis. Der Friede von Hairaddin verworfen. Mathilde.
-Hugo macht ihr die Anstalten zu ihrer Rettung bekannt. Die Beschießung
-Goletta&rsquo;s beginnt. Große Hitze. Saleck greift die Schanzen der Wälschen
-an. Sarno, aus den Schanzen gelockt, tödtet den Saleck, aber auch er
-wird durch eine Kugel getödtet. Seine Krieger kehren mit seiner Leiche
-fechtend zurück.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-8">
-<a href="#part-9">Achter Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Der Kaiser tröstet die Krieger Sarno&rsquo;s, und gebiethet der Veste durch
-Schanzen und durch bedeckte Wege näher zu rücken. Hugo hilft Mathilden
-entfliehen, und wird gefesselt in die Kerker der Hochburg geschleppt. Mathilde
-in der Höhle des Olivenwaldes empfindet die Wehen der nahen Entbindung.
-Cornelia. Hairaddins Unruhe. Muhamed erregt den Verschnittenen Memi,
-ihn durch Tanz und Spiele circassischer Jungfrauen zu erheitern, aber vergebens.
-Hairaddin heißt den Tobukes die Schanze der Spanier stürmen.
-Die Spanier überwältigt, fliehen. Der Kaiser, von Hermann gewarnt,
-eilt heran, und die Feinde werden zurückgetrieben. Tobukes ermordet sich
-selbst. Hairaddin rückt durch das Olivengehölz vor. Toledo mit Kurd auf
-dem Wege zur Höhle, kehrt bei Erblickung der Feinde zurück in das Lager,
-wo der Kaiser eben Heerschau hält. Dieser sendet den Lichtstein mit erlesenem
-Volk die Bergschanze zu erstürmen, und rückt mit einem Theile des
-Heeres dem Feinde entgegen.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-9">
-<a href="#part-10">Neunter Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Muhamed und Attila treiben die Feinde eilender vor. Angriff Hairaddins
-in dem Olivengehölz. Die Spanier weichen. Mendoza führt sie
-wieder vor. Er wird verwundet. Garzia Lasso führt ihm die Reiterschar
-zu Hülfe. Erstürmung der Bergschanze. Hairaddin gebiethet erneuerte
-Schlacht. Muhamed bringt Garzia Lasso in große Gefahr, aus welcher
-ihn der Kaiser errettet. Mathildens Tod. Toledo dringt zur Höhle vor,
-und findet dort seine entseelte Gattinn. Heftiger Kampf an dem linken
-Flügel des Heeres. Ursini, der römische Feldherr, weicht; doch Alba bringt
-ihm mit den schwergeharnischten Reitern Hülfe, und zwingt auch Hairaddin
-zum Rückzug. Der Kaiser kommt zur Höhle, und führt Toledo nach
-dem Lager.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-10">
-<a id="page-6" class="pagenum" title="6"></a>
-<a href="#part-11">Zehnter Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Hannibal fordert den Sinam auf, das schwere Geschütz der Christen
-zu vernageln. Muhamed aber eilt mit Attila, und ihren Scharen nach
-dem Innern Aethiopiens, und erregt den Samum, daß er mit seinem
-Flammenhauch das christliche Heer vernichte. Giaffar stürmt die Schanze
-der Niederländer und Portugiesen, und vernagelt einiges Geschütz. Zweikampf.
-Don Ludwig tödtet den Giaffar. Sinam kommt den Seinen zu
-Hülfe. Heftiger Kampf. Der Samum nahet, wird aber von einem Unsterblichen
-zurückgetrieben. Erdbeben, Donner und Stürme wüthen. Der
-Kaiser befiehlt in denselben Goletta&rsquo;s Erstürmung. Rückzug des Feindes.
-Die letzte Beschießung der Veste beginnt. Die geordneten Scharen der
-Christen dringen vor. Goletta erstürmt.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-11">
-<a href="#part-12">Eilfter Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Nacht. Hairaddin sinnt auf Selbstmord. Muhamed dringt in ihn,
-die Christensclaven zu tödten. Sinam bringt ihn von seinem Entschlusse
-ab. Die Einwohner von Tunis werden entwaffnet. Regulus bewegt den
-Renegaten, Medelin, daß er den Christensclaven die Bande löse. Des
-Kaisers Trauer. Gespräch mit Eberstein, dem er seinen Entschluß entdeckt,
-einst in der Einsamkeit sein Leben zu enden. Toledo ermannt sich. Morgen,
-Feier des Abendmahls. Begrabung der Todten. Aufbruch des Heeres
-nach Tunis. Hairaddin nahet von dort mit dem Heere. Der Angriff
-wird auf den folgenden Tag verschoben. Er sendet den Abu-Sa-id, das
-Lager der Christen, im Rücken, zu stürmen. Hugo entkommt dem Kerker,
-und bringt dem Kaiser von den Christensclaven Kunde.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-1-12">
-<a href="#part-13">Zwölfter Gesang.</a>
-</h3>
-
-<p>
-Morgen. Der Kaiser gibt das Zeichen des Angriffs. Salis vereitelt
-Abu-Sa-ids List, und tödtet ihn. Schlachtordnung der Christen. Der
-Kaiser hält eine Rede an sie, und führt sie dem Feinde entgegen. Die
-Geister der Schlacht entrückt. Vorgefecht. Heftiges Schießen aus dem
-großen Geschütz. Angriff. Dragut von Toledo getödtet. Allgemeine Schlacht.
-Toledo von Hairaddin erlegt. Die Feinde dringen vor, und umzingeln del
-Guasto, der sich in der Stellung des Vierecks wehrt. Der Kaiser kommt
-ihm zu Hülfe, und verwundet den Hairaddin. Letzter mörderischer Kampf.
-Flucht der Türken. Hugo findet seinen getödteten Herrn, und begräbt ihn
-in der Höhle des Olivenwaldes, an der Seite seiner Gattinn. Der Vortrab
-dringt in die Stadt. Der Kaiser langt an den Thoren an, wo ihm die
-Aeltesten entgegen kommen. Befreiung der Christensclaven. Einzug zu
-Tunis!
-</p>
-
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-2">
-<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a>
-Erster Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">T</span><span class="postfirstchar">ön&rsquo;</span> o Heldengesang, die Waffenthaten des Kaisers</p>
- <p class="line">Carol, die er vollbracht&rsquo; auf dem wogenden Meer&rsquo; und dem Festland,</p>
- <p class="line">Als er vom schmählichen Joch tunisischer Räuber die Christen</p>
- <p class="line">Lös&rsquo;te mit Siegers Hand, Europa&rsquo;s zagenden Völkern</p>
- <p class="line">Frieden errang, und dem Meer&rsquo; erkämpfte die heilige Freiheit.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Haben Unsterbliche jetzt, in der Stunde der Weihe, vor allen</p>
- <p class="line">Mir das Auge berührt? Ich seh&rsquo; urplötzlich der Geister</p>
- <p class="line">Schauderumnachtetes Reich erhellt, und im freudigen Eilflug</p>
- <p class="line">Zahllos schreiten einher die Heldensöhne der Vorwelt,</p>
- <p class="line">Die in dem Schlachtengefild&rsquo;, entzweiet, die Völker empören;</p>
- <p class="line">Sehe den Kaiser zuerst, im Sturm des Donnergeschützes,</p>
- <p class="line">Werfen des Feindes Schiffheersmacht in den brausenden Abgrund;</p>
- <p class="line">Dann ihn, laut umjauchzt von Tausenden, landen vor Tunis,</p>
- <p class="line">Schimmern die Fahne des Siegs von Goletta, vom blutigen Schlachtfeld</p>
-<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a>
- <p class="line">Fliehen den Feind, und dort in dem Staub die entfesselten Sclaven</p>
- <p class="line">Knieen, und netzen des Retters Hand mit glühenden Thränen,</p>
- <p class="line">Der, o Wonne, sie heim in das Vaterland, und entgegen</p>
- <p class="line">Segnenden Lieben führt aus Schmach, und Qual, und Verzweiflung!</p>
- <p class="line">O wie bebt mir die Brust: herauf aus den Tiefen des Herzens</p>
- <p class="line">Strömt der Gesang, und kündet der Thaten erhab&rsquo;ne Vollendung!</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hoch auf dem Erker der Burg, im Duft der Acacienblüthen,</p>
- <p class="line">Sanftumschimmert vom Abendgold, saß jetzo der Kaiser,</p>
- <p class="line">Sinnend allein. Er dachte des eilegebiethenden Heerzugs;</p>
- <p class="line">D&rsquo;rüben vor Tunis der Schlacht, und des wechselnden Schlachtengeschickes</p>
- <p class="line">Ernstumhülleten Blick&rsquo;s. Gestalten der mächtigen Vorzeit</p>
- <p class="line">Schwebten ihm, dräuend, vorbei; er sah die verödeten Felder</p>
- <p class="line">Einstigen Ruhms, wo Hannibals Stolz dem gewaltigen Römer<a class="fnote" href="#footnote-1" id="fnote-1">[1]</a></p>
- <p class="line">Huldigte, und für den Sieg des weltversöhnenden Kreuzes</p>
- <p class="line">Frankreichs Ludwig starb: fürwahr ein heiliger König!<a class="fnote" href="#footnote-2" id="fnote-2">[2]</a></p>
- <p class="line">Und ihm pochte die Brust laut auf in der Stille des Abends.</p>
- <p class="line">Siehe, da scholl entlang die Wölbung des drönenden Thorwegs</p>
- <p class="line">Hufesgerassel, und Leben erwacht&rsquo; in den untersten Hallen!</p>
- <p class="line">Näher die Stufen herauf, im Klirren des Waffengeschmeides,</p>
- <p class="line">Kam ein Ritter: Alonzo-Cid, des spanischen Fußvolks</p>
-<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a>
- <p class="line">Führer, das an dem Meer&rsquo;, unferne dem Strand Barcellona&rsquo;s,</p>
- <p class="line">Harrte des heiligen Kampfs für Recht, für Glauben und Freiheit.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzo dem Herrscher genaht, sprach er, empört in dem Busen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Herr, von Mendoza gesandt, dem tapferen Heldengebiether,</p>
- <p class="line">Komm&rsquo; ich, ein eilender Bothe heran: uns nahen die Gegner!</p>
- <p class="line">Hairaddins<a class="fnote" href="#footnote-3" id="fnote-3">[3]</a> Seemacht kreuzt vor Hispania&rsquo;s schönen Gestaden,</p>
- <p class="line">Jetzo gerüstet zur Schlacht, dann wieder unendlichen Jammer</p>
- <p class="line">Dräuend dem Küstenvolk und den heereversammelnden Schiffen.&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie,&ldquo; so rief ihm der Kaiser, erstaunt: &bdquo;noch wagte der Räuber</p>
- <p class="line">Uns in Europa zu nah&rsquo;n, da wir nach Afrika&rsquo;s Küsten</p>
- <p class="line">Wenden den Kiel, und lösen die schimmernden Segel zur Abfahrt?</p>
- <p class="line">Wehe dem Wüthrich, denn dort, wo empor aus blutigem Raubwust</p>
- <p class="line">Sein entsetzlicher Thron sich hob, und unzählige Christen</p>
- <p class="line">Decket in Kerkersnacht: dort treff&rsquo; ihn die Rach&rsquo; und Verderben &mdash;</p>
- <p class="line">Treffe Fluch ihn, und Schmach zur Vergeltung unendlichen Jammers!</p>
- <p class="line">Eile zurück&rsquo;, und entbiethe von mir dem tapferen Feldherrn,</p>
- <p class="line">Daß er versammle sein Volk an dem Meer&rsquo;, und wehre den Räubern</p>
- <p class="line">Dort den Ueberfall und die Landung: denn nur im Dunkeln,</p>
- <p class="line">Wie der hungernde Wolf, der Nachts die Hürde bestürmet,</p>
- <p class="line">Dräu&rsquo;n sie Schrecken dem Feind, nicht im Lichte der brausenden Seeschlacht,</p>
-<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a>
- <p class="line">Die mein Doria<a class="fnote" href="#footnote-4" id="fnote-4">[4]</a> kämpft, ein Adler im Fluge zum Himmel.</p>
- <p class="line">Gehe mit Gott! Ich folge dir schnell zu dem Strande des Meers hin.&ldquo;</p>
- <p class="line">Und er winkte mit Huld dem gepriesenen Führer zum Abschied.</p>
- <p class="line">Aber er zögerte noch, und begann: &bdquo;Dem Räuber entfliehend,</p>
- <p class="line">Wie vor dem grimmigen Luchs ein Reh durch Schnelle sich rettet,</p>
- <p class="line">Stieg, erst heute vom Bord des raschhersegelnden Schiffes</p>
- <p class="line">Muley-Hassan<a class="fnote" href="#footnote-5" id="fnote-5">[5]</a> an&rsquo;s Land, dem Hairaddin, schnaubend vor Herrschsucht,</p>
- <p class="line">Jüngst die Krone von Tunis geraubt. Er folgte mir schweigend</p>
- <p class="line">Nach Madrid, zum Palast, ein Flehender, daß du ihn hörest.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jetzt erhob sich, bewegt, der hochgesinnete Kaiser;</p>
- <p class="line">Eilte die Wendeltreppe herab, und sah nach dem Fremdling</p>
- <p class="line">Forschend umher. Er saß an der Marmorsäule der Halle,</p>
- <p class="line">Selber ein Marmorbild, auf die kreuzenden Beine gesunken,</p>
- <p class="line">Die das räumige Kleid umfing, und der wallende Kaftan</p>
- <p class="line">Deckte, mit Zobel umbrämt. Sein finsteres Auge, beschattet</p>
- <p class="line">Tief von des Tulbans Bund, hing starr am glänzenden Estrich,</p>
- <p class="line">Und er regte sich nicht, voll Grams hinbrütend, ein Schaubild</p>
- <p class="line">Wechselnden Erdenglücks und leichtentschwindender Hoheit.</p>
- <p class="line">Jetzo vernahm er den Tritt des nahenden Herrschers. Er bebte,</p>
- <p class="line">Sank auf die Knie&rsquo;, und rief, mit tiefergreifender Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;König des Abendlands, dir wirft sich ein König zu Füßen,</p>
- <p class="line">Gleich den Sclaven, die einst vor ihm zum Staube sich bückten!</p>
- <p class="line">Ach, ein König nicht mehr: ein Flüchtling zu Land&rsquo; und zu Wasser,</p>
-<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a>
- <p class="line">Freundlos, reich nur an Gram und an Haß unzähliger Gegner,</p>
- <p class="line">Fleht er um Hülfe zu dir &mdash; ein Würdiger, so du verzeihest,</p>
- <p class="line">Christenbeherrscher, daß er im Gesetz des Propheten geboren ...&ldquo;</p>
- <p class="line">Also der König: da hob, im Innern erschüttert, der Kaiser</p>
- <p class="line">Schnell von dem Boden ihn auf. Er drückte, freundlichen Blickes,</p>
- <p class="line">Ihm die zitternde Recht&rsquo;, und entgegnet&rsquo; ihm rasch und entschlossen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sey willkommen im Abendland! Den Glauben, o Fremdling,</p>
- <p class="line">Wägt ein Höh&rsquo;rer, denn wir; doch Menschen ist heilig das Unglück:</p>
- <p class="line">D&rsquo;rum verkünde das deinige jetzt mit Muth und Vertrauen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Hassan staunte mit Thränen ihn an, und als er, zum Zeichen</p>
- <p class="line">Innigen Dankes, den wogenden Bart mit der Linken berührte &mdash;</p>
- <p class="line">Segnend die Recht&rsquo; erhob, begann er mit Muth und Vertrauen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Gott, der Alles erschuf, und die Erde mit allen Gestirnen</p>
- <p class="line">Lenkt, allmächtigen Winks, gewähre dir Fülle des Segens,</p>
- <p class="line">Weil du, o Herr, den Flehenden ehrst, den mitten im Frieden</p>
- <p class="line">Hairaddins Meuchelschwert, noch rauchend vom Blute der Fürsten,</p>
- <p class="line">Jüngst aus dem Erbe der Väter vertrieb. Er raubte Telmessans,</p>
- <p class="line">Algiers Thron: hier Selim Euthemi, den König, erdrosselnd,</p>
- <p class="line">Dort erwürgend zugleich Abu-Hamu, den Herrscher, und Masud,</p>
- <p class="line">Dem er die Krone verhieß, mit sieben aufblühenden Söhnen.</p>
- <p class="line">Soll, Hohn biethend dem Recht, noch Huldigung lohnen dem Frevel?</p>
-<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a>
- <p class="line">Wehe, Suleyman,<a class="fnote" href="#footnote-6" id="fnote-6">[6]</a> der große genannt von niedrigen Seelen,</p>
- <p class="line">Ehrte des Räubers That, und gab mein herrliches Erbland</p>
- <p class="line">Ihm zum Lohn&rsquo;, als schändlicher Treubruch auch in des Bruders</p>
- <p class="line">Herzen die giftigen Keime geweckt! Al-Raschid, der Frevler,</p>
- <p class="line">Zwillinggeboren mit mir, denn liebend säugt&rsquo; uns die Mutter</p>
- <p class="line">Selbst an der zärtlichen Brust, dem grauenden Vater zur Wonne,</p>
- <p class="line">Eilte nach Istambul,<a class="fnote" href="#footnote-7" id="fnote-7">[7]</a> ein Flüchtender, frecher Empörung</p>
- <p class="line">Strafe scheuend. Sie ward ihm dort: denn meuchlingsgemordet,</p>
- <p class="line">Fröhnt&rsquo; er nur Hairaddins List, der schnell Goletta, die Festung,</p>
- <p class="line">Dann auch Tunis gewann, im Nahmen des Todten gebiethend,</p>
- <p class="line">Welchem das Volk anhing, das immer der Neuerung hold ist.</p>
- <p class="line">Schwer entrann ich des Wüthrichs Hand, und beuge mich jetzo</p>
- <p class="line">Tief im Staube vor dir, Hispania&rsquo;s mächtiger König,</p>
- <p class="line">Daß mir werde der Väter Thron im Kampfe der Rettung</p>
- <p class="line">Tausender, den du beginnst! Dein sey von Tunis die Herrschaft &mdash;</p>
- <p class="line">Muley Hassan, Mehemeds Sohn, dein treuer Vasall nur.&ldquo;</p>
- <p class="line">Doch mit der Recht&rsquo; an der Brust begann dann jener, betheuernd:</p>
- <p class="line">&bdquo;Frei zu kämpfen mein Volk &mdash; zu rächen die Schmach und die Freveln,</p>
- <p class="line">Die von dem frechen Korsaren es litt an den heimischen Küsten</p>
- <p class="line">Und auf dem Meer, das segenspendend die Welten vereine,</p>
- <p class="line">Sey mir das heilige Ziel im Waffengefilde vor Tunis.</p>
- <p class="line">Dein ist der Ahnen-Thron, und soll dir werden in Freiheit:</p>
- <p class="line">Deß&rsquo; sey Gott, der allwissend&rsquo;, ein Zeug&rsquo;, und ein Rächer des Meineids!&ldquo;</p>
-<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a>
- <p class="line">Also rief er, bewegt, und Hassans finsteres Antlitz</p>
- <p class="line">Leuchtete gleich dem Mond, der Wetterwolken entschwebte.</p>
- <p class="line">Gastlich sah er sich dann im hohen Palaste beherbergt.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Aber zum heiligen Dom&rsquo; hinwandelte jetzt in des Abends</p>
- <p class="line">Stille der Kaiser allein, um dort, auf die Kniee gesunken,</p>
- <p class="line">Seine Seele mit Muth und Stärke zu rüsten. Er flehte:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ewiger, dein allmächtiger Arm hat Israels Scharen</p>
- <p class="line">Durch die Tiefen geführt des seitwärtsweichenden Meeres,</p>
- <p class="line">Daß sie die Fluthenwand entlang, wie auf grünenden Matten</p>
- <p class="line">Wandelten! Schnell, wie ein Sturm herbraust, so stürzte dein Odem</p>
- <p class="line">Ueber Pharao&rsquo;s Macht die Wässer zusammen, daß alle,</p>
- <p class="line">Mann, und Wagen, und Roß, wie Blei versanken im Abgrund.</p>
- <p class="line">Deinem allmächtigen Hauch&rsquo; erbebten Jericho&rsquo;s Mauern,</p>
- <p class="line">Und versanken in Schutt, als Josua&rsquo;s Volk sie im Sieg&rsquo;sruf</p>
- <p class="line">Seiner Drometen umfing. Ich ziehe zu Felde: gewähre</p>
- <p class="line">Mir ein Zeichen der Huld und der beifallwinkenden Allmacht!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also bethet&rsquo; er leis&rsquo;. Aus den farbigen Scheiben des Fensters</p>
- <p class="line">Flog ein leuchtender Strahl der Abendsonn&rsquo; ihm vorüber;</p>
- <p class="line">Aber zugleich ein Glanz, dem tausende Sonnen verlöschen,</p>
- <p class="line">Flammte mit Donnergetön&rsquo; in dem Allerheiligsten nieder,</p>
- <p class="line">Und des unendlichen Doms aufthürmende Säulen erbebten.</p>
- <p class="line">Leise wogte der Grund. Aus der silbernstrahlenden Orgel</p>
- <p class="line">Töneten hehr&rsquo; Accorde heran, und Gesänge des Himmels,</p>
- <p class="line">Wie kein Sterblicher sie noch vernahm, verhallten im Luftraum.</p>
-<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a>
- <p class="line">Aber der Bethende schloß die lichtgeblendeten Augen:</p>
- <p class="line">Denn nur ein leises Weh&rsquo;n, die erblassenden Wangen vorüber,</p>
- <p class="line">Fühlt&rsquo; er noch, und Schauder der nahen Vernichtung ergriff ihn.</p>
- <p class="line">&bdquo;Ha, welch&rsquo; Wunder,&ldquo; er rief&rsquo;s, &bdquo;da sinkt die sterbliche Hülle,</p>
- <p class="line">Die mich im Staub&rsquo; umgab, entseelt in lieblichen Schlummer,</p>
- <p class="line">Und ich entschweb&rsquo; ihr verzückt? Wie, wär&rsquo;s ein täuschender Traum nur,</p>
- <p class="line">Oder ein Nachtgesicht, aus Himmelsdufte gewoben?&ldquo;</p>
- <p class="line">Wie der schwebende Flaum, gerafft vom Hauche des Windes,</p>
- <p class="line">Schnell zum Gewölk auffleugt: so hob sein geistiger Leib sich</p>
- <p class="line">Leicht von der Erd&rsquo; empor, und schwebt&rsquo; im sausenden Eilflug</p>
- <p class="line">Ueber dem Luftraum schon, den keiner der Erdebewohner,</p>
- <p class="line">Lebend, durchschifft&rsquo;: er mißt&rsquo;, urplötzlich, Besinnung und Odem.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt an dem holden Gestirn, das sonst die Nächte des Erdballs,</p>
- <p class="line">Wechselnd, mit silbernem Schimmer erhellt, erbrauste sein Aufflug.</p>
- <p class="line">Dunkeles Land mit glänzenden Meeren, und Strömen, und Flüssen,</p>
- <p class="line">Däucht&rsquo; ihn, umgeb&rsquo; auch hier den rastloskreisenden Mondball,</p>
- <p class="line">Und ihn däucht&rsquo;: er hörte das Rauschen der brandenden Wogen,</p>
- <p class="line">Mächtigbevölkerter Städte Getös&rsquo;, und, dem Brüllen der Heerden</p>
- <p class="line">Rings vermengt, Geschrei der befiederten Lüftebewohner.</p>
-<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a>
- <p class="line">Doch er verweilt&rsquo;, und staunte, daß alle die Länder des Erdballs</p>
- <p class="line">Und das umgürtende Meer ihm jetzt ein schimmernder Punkt nur</p>
- <p class="line">Schien in des Weltalls Raum, dem Ozean flammender Sonnen,</p>
- <p class="line">Sonder Gestad&rsquo; &mdash; endlos nach oben, nach unten, und ringsum:</p>
- <p class="line">Denn, wie in heiterer Nacht, wo jegliches Lüftchen verstummet,</p>
- <p class="line">Und im sanftergossenen Licht der silberne See ruht,</p>
- <p class="line">Innig bewegt, ein Wanderer bald den schimmernden Aether</p>
- <p class="line">Ueber sich schaut, und bald in des See&rsquo;s hinfluthendem Spiegel,</p>
- <p class="line">Tiefhinuntergewölbt, ihn erblickt mit den goldenen Sternen:</p>
- <p class="line">Also ersah der Bebende dort die unzähligen Welten,</p>
- <p class="line">Schimmernd, und dacht&rsquo;, ohnmächtig im Aethergefild zu vergehen!</p>
- <p class="line">Aber ihm nahete jetzt, voll Hast, der Himmlischen Einer.</p>
- <p class="line">Lieblich strahlte sein Aug&rsquo; und sandte dem Erdebewohner</p>
- <p class="line">Zärtliches Mitleid zu. Holdseliges Lächeln umschwebte</p>
- <p class="line">Seinen rosigen Mund; es wehten die goldenen Locken</p>
- <p class="line">Ihm um die denkende Stirn&rsquo; und die Flammensäule des Nackens,</p>
- <p class="line">Und vom glänzenden Leib, in Fülle der ewigen Jugend,</p>
- <p class="line">Wallte das Strahlengewand wie morgenröthlicher Schimmer.</p>
- <p class="line">Als er den Fremdling sanft erhob, begann er, voll Anmuth:</p>
- <p class="line">&bdquo;Fürchte dich nicht! Unzählbar blüh&rsquo;n in den Auen des Himmels</p>
- <p class="line">Dir die Blumen der ewigen Huld: du pflückst sie mit Andacht,</p>
- <p class="line">Und sie duften dir noch, erquickend, im irdischen Leben,</p>
-<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a>
- <p class="line">Daß du erringest das Ziel auf gottgefälliger Laufbahn.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und faßt&rsquo; ihn, und schwang sich mit ihm, urplötzlichen Fluges,</p>
- <p class="line">Eilender stets, im Glanz&rsquo; ätherischer Räume herunter.</p>
- <p class="line">Nicht das lastende Blei, von der Zinne des Thurmes geschleudert,</p>
- <p class="line">Sinket zur Erde so schnell; nicht der Sturm umbrauset des Erdballs</p>
- <p class="line">Unermeßliche Reiche so rasch, und des Menschen Gedanken</p>
- <p class="line">Dringen nicht also geschwind vom eisigen Nord- zu dem Südpol:</p>
- <p class="line">Als der Hocherhobene jetzt, an der Seite des Freundes</p>
- <p class="line">Aus ätherischen Höh&rsquo;n zur heimischen Erde herabsank.</p>
- <p class="line">Und, als hätt&rsquo; er Jahrhunderte schon in des schnellen Herabflugs</p>
- <p class="line">Augenblicken durchlebt, so wähnt&rsquo; er: ein irrender Fremdling</p>
- <p class="line">Diesseits noch, und gebannt in des Fleisches umschränkende Hülle.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Da, wo in engerer Bahn, an Siciliens Felsengestaden</p>
- <p class="line">Und Calabriens Klippen vorbei, sich die salzige Meerfluth</p>
- <p class="line">Strömend ergießt: traf jetzt mit sanften, melodischen Tönen,</p>
- <p class="line">Brausender Wogen Gebrüll&rsquo; und wirbelnder Fluthen Getümmel</p>
- <p class="line">Sein aufhorchendes Ohr, und seine erheiterten Augen</p>
- <p class="line">Hafteten sehnsuchtsvoll an der dampfenden Kuppe des Aetna:</p>
- <p class="line">Denn, nur eben entrückt dem mildbefreundeten Leben,</p>
- <p class="line">War ihm die Erde noch stets die liebe, die trauliche Heimath.</p>
-<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a>
- <p class="line">Doch auf den schwindligen Höh&rsquo;n, wo Stille herrscht, und des Wand&rsquo;rers</p>
- <p class="line">Ohren kein Laut erschallt, wenn dort nicht der einsame Gemsaar,</p>
- <p class="line">Von dem mittleren Raum, mit kreischender Kehle, sich aufschwingt;</p>
- <p class="line">Wo in des Frühwinds frostigem Hauch nur gelbliches Steingras</p>
- <p class="line">Rauschet, und gleißt, und am Felsenkamm kein Rasen ergrünet:</p>
- <p class="line">Dort erblüheten jetzt rings her die erlesensten Blumen &mdash;</p>
- <p class="line">Nickten, und trugen die beiden vereint auf den schimmernden Kelchen</p>
- <p class="line">Sanft von der Erd&rsquo; empor, und verbreiteten Düfte des Himmels.</p>
- <p class="line">Doch der Unsterbliche sank auf die Knie&rsquo;, und sah zu dem Lichtreich</p>
- <p class="line">Flehenden Blickes empor, die Stimme des Herrn zu vernehmen.</p>
- <p class="line">Und sie erscholl leis&rsquo; erst, wie ein Frühlingslüftchen die Blüthen,</p>
- <p class="line">Lispelnd bewegt; dann ähnlich dem Sturm, der hoch zu den Wolken</p>
- <p class="line">Stäubet die Felder, entwurzelt den Forst, und empöret den Waldstrom,</p>
- <p class="line">Daß er mit schwellendem Grimm&rsquo; ausbricht in die Fluren und wüstet</p>
- <p class="line">Thäler und Hügel umher, zu trauererregendem Anblick;</p>
-<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a>
- <p class="line">Wie der furchtbare Donner, der des umnachteten Himmels</p>
- <p class="line">Eh&rsquo;rnes Gewölb, weithin, durchbrüllt, und mit krachenden Schlägen</p>
- <p class="line">Dumpf fortrollt, und murrt, daß die Vesten erzittern des Erdballs:</p>
- <p class="line">Also, Vernichtung drohend, erscholl&rsquo;s dem sinkenden Fremdling,</p>
- <p class="line">Als der Ewige sprach; doch jener vernahm&rsquo;s mit Entzücken.</p>
- <p class="line">Wie der leis&rsquo; Erwachende horcht, wenn nächtliche Lüftchen,</p>
- <p class="line">Flisternden Hauchs, die Saiten der Aeolsharfe durchsäuseln,</p>
- <p class="line">Und der entzückende Klang in den stillen Räumen dahinstirbt:</p>
- <p class="line">Also horchte der Himmlische. Doch nun hob er den Fremdling</p>
- <p class="line">Liebend an seine Brust, und drückte die rosigen Lippen</p>
- <p class="line">Dann mit erweckender Gluth an seine geschlossenen Wimpern.</p>
- <p class="line">Staunend blickt&rsquo; er umher: er sah durch Thränen der Wonne,</p>
- <p class="line">Fest an den Busen des Holden geschmiegt, die Gefilde des Himmels</p>
- <p class="line">Plötzlich enthüllt, und stand verloren in seliger Anschau.</p>
- <p class="line">Wie in des eisigen Winters Zeit, wenn düstere Nebel</p>
- <p class="line">Lange die Thäler umher, dicht lagernd, verhüllten, der Ostwind</p>
- <p class="line">Sausenden Flugs anstürmt, und die lästigen ferne verscheuchet:</p>
- <p class="line">Da glänzt herrlicher noch der hochaufwölbende Luftraum,</p>
- <p class="line">Und der bereifte Wald erhebt von den starren Gebirgshöh&rsquo;n,</p>
- <p class="line">Schimmernd, das Haupt &mdash; hell glühet der Strom im sonnigen Thal fort:</p>
- <p class="line">Also zerfloß auch hier, vor den Augen des staunenden Fremdlings</p>
-<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a>
- <p class="line">Leise die Wolkennacht, und er sah ... wer wagt&rsquo; es zu sagen,</p>
- <p class="line">Was er geseh&rsquo;n, gehört, und gefühlt in den Tiefen des Herzens?</p>
- <p class="line">Nur in dem Augenblick, wie er uns auf Erden entschwindet,</p>
- <p class="line">Wurden die hohen Gesicht&rsquo; ihm enthüllt: im duftigen Goldglanz</p>
- <p class="line">Schwanden sogleich vor seinen Blicken die Räume des Himmels.</p>
- <p class="line">Aber er stand, und starrte noch immer, erschüttert, vor sich hin,</p>
- <p class="line">Wie der Wand&rsquo;rer im strahlenden Blitz die nächtliche Gegend</p>
- <p class="line">Plötzlich erhellet schaut, dann blind hinstarrt in die Sturmnacht.</p>
- <p class="line">Und der Unsterbliche rief ihm jetzt ermunternden Blickes:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sohn des Staubes, o nie vergiß der Huld des Erbarmers,</p>
- <p class="line">Die zu Gefilden dich hob, wohin kein sterbliches Aug&rsquo; noch</p>
- <p class="line">Drang. Lobsinge dem Herrn, dem einigen Lenker des Weltalls!</p>
- <p class="line">Hier auf den dampfenden Höh&rsquo;n verkünd&rsquo; ich dir seine Beschlüsse,</p>
- <p class="line">Wie erst zuvor mein Ohr sie vernahm in unsäglicher Wonne.</p>
- <p class="line">Er durchschaute dein Herz, das heiß für unzähliger Völker</p>
- <p class="line">Wohlfahrt schlägt, und jetzt den Sclaven Errettung bereitet.</p>
- <p class="line">Schön ist der Kampf für Recht und des Menschen heilige Freiheit;</p>
- <p class="line">Gottgesegnet der Muth, die schmähliche Kette zu brechen,</p>
- <p class="line">Die der freche Tyrann, im Wahnsinn höhnenden Stolzes,</p>
- <p class="line">Jenen ersann, die Brüder ihm sind, und Erkor&rsquo;ne des Himmels.</p>
- <p class="line">Herrlichen Sieg gewähret dir Gott; erkenne dieß Zeichen</p>
-<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a>
- <p class="line">Seiner unendlichen Huld und der beifallwinkenden Allmacht.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jener beugte die Stirne zum Staub&rsquo;; erhob sich, und sah dann</p>
- <p class="line">Freudig empor: sein Aug&rsquo; erglänzte von Thränen des Dankes.</p>
- <p class="line">Jetzt ergriff er die Hand des Himmlischen, starrte verwundert</p>
- <p class="line">Noch in die Lüfte hinaus, und sprach mit leiserer Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ringsum sah ich die Luft von Scharen unsterblicher Geister</p>
- <p class="line">Wimmeln, und dort die Wege der Sterblichen gierig erforschen.</p>
- <p class="line">O, verhehl&rsquo; es mir nicht: was sollen die hohen Gestalten,</p>
- <p class="line">Die, verdunkelt, nicht dir, nicht mir, dem Fremdlinge, gleichen?&ldquo;</p>
- <p class="line">Und der Unsterbliche rief mit ernstumwölketen Augen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Erdebewohner, du wolltest erschau&rsquo;n des unendlichen Weltalls</p>
- <p class="line">Tiefen und Höh&rsquo;n; dich kühn auf der Stufenleiter der Wesen</p>
- <p class="line">Schwingen hinauf und hinab, und erkennen, wie Glied sich auf Glied dort</p>
- <p class="line">Reih&rsquo; an der Kette, mit dem die allmächtige Rechte des Ew&rsquo;gen,</p>
- <p class="line">Alles, was athmet, und lebt, und was nicht lebet, noch athmet,</p>
- <p class="line">Liebend umschlungen hält? Du sänkest zurück&rsquo; in den Urstaub</p>
- <p class="line">Vor dem Geheimniß des All&rsquo;s, dem selbst der Cherub erbebte.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, in des Himmels Höh&rsquo;n ist Seligkeit; tief in des Abgrunds</p>
- <p class="line">Höllengefilden ist Qual: auf immer dort dem Gerechten</p>
- <p class="line">Unaussprechlicher Lohn, hier Strafe verhärteten Frevlern!</p>
- <p class="line">Aber inmitten der scheidenden Bahn des Heil&rsquo;s und Verderbens</p>
- <p class="line">Dämmert der Pfad der Läuterung noch: ihn wandeln die Seelen,</p>
-<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a>
- <p class="line">Schuldig des leichteren Fehl&rsquo;s aus Irrthum, oder Verblendung,</p>
- <p class="line">Dem auch jene Unglücklichen dort einst fröhnten auf Erden,</p>
- <p class="line">Daß sie, gereint, der hohen Erbarmungen würdig erscheinen,</p>
- <p class="line">Wenn in des Richters erhobener Hand, an dem letzten Gerichtstag,</p>
- <p class="line">Furchtbar die Wag&rsquo; ertönt. Sie wandeln den läuternden Weg noch.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und jener begann voll Hast: &bdquo;Wo weilen die armen?</p>
- <p class="line">Ueber der Erd&rsquo; umher, nicht ferne der Menschen Gemeinschaft,</p>
- <p class="line">Oder fern&rsquo; im Verborgenen?&ldquo; Doch, die lichte Gestalt rief:</p>
- <p class="line">&bdquo;Als das &bdquo;<em>Werde!</em>&ldquo; erscholl: da brausten die endlichen Wesen</p>
- <p class="line">All&rsquo;, erschaffen aus Nichts, von des Herrn allmächtigem Odem</p>
- <p class="line">In den unendlichen Raum geschleudert, mit Donnergetös&rsquo; hin!</p>
- <p class="line">Aber im kreisenden Flug vereinte sich Sprödes und Weiches,</p>
- <p class="line">Erd&rsquo; und Gestein, und strebte hinaus, zur äußersten Rundung</p>
- <p class="line">Sich zu dehnen. So ward im finstern Schooße des Erdballs</p>
- <p class="line">Weitverbreitete Leer&rsquo; umwölbt, die nimmer der Sonne</p>
- <p class="line">Strahlender Blick erfreut, nie Sterngefunkel und Mondglanz.</p>
- <p class="line">Dort verweilt nicht selten die Schar der trauernden Geister,</p>
- <p class="line">Deren so manchen du erst in den schimmernden Lüften erblickt hast;</p>
- <p class="line">Doch sie nah&rsquo;n, zuweilen den nächtlichen Räumen entschwebend,</p>
- <p class="line">Gerne dem Menschen als Freund&rsquo;, und suchen ihm Hülf&rsquo; und Errettung,</p>
-<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a>
- <p class="line">Kraft, und Muth, und, was sie noch sonst an edler Gesinnung</p>
- <p class="line">Einst in dem Leben erhob, in die horchende Seele zu hauchen:</p>
- <p class="line">Denn sie erkennen schnell der Seelen geheimste Gedanken,</p>
- <p class="line">Sterblicher Hüll&rsquo; entrückt; sie schauen des irdischen Lebens</p>
- <p class="line">Reinern Gehalt, und ihr Herz erglüht in heiliger Sehnsucht</p>
- <p class="line">Nach dem erquickenden Segensborn des Guten und Wahren.</p>
- <p class="line">Bald in dem Schlachtengemeng&rsquo;, umschweben sie dich und die Deinen</p>
- <p class="line">Hülfreich; aber du kennest das Wort des ewigen Lebens:</p>
- <p class="line">Solchem vertraue allein mit nie zu erschütterndem Herzen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sprach&rsquo;s, und die Stimme des Holden erklang, wie Harfengelispel</p>
- <p class="line">Tönt in des Mondes Zauberlicht, wenn alles entzückt horcht;</p>
- <p class="line">Doch sie erscholl, wohl hundert vereinten Donnern nicht ungleich,</p>
- <p class="line">Welchen die Erd&rsquo; erbebt, als, über dem flammenden Abgrund</p>
- <p class="line">Schwebend, er jetzt die tieferschütternden Worte hinabrief:</p>
- <p class="line">&bdquo;Geister, herauf! Euch winkt die ersehnete Stunde vor Tunis.&ldquo;</p>
- <p class="line">Und ein lautes Getös&rsquo; erscholl in den Tiefen des Erdballs.</p>
- <p class="line">Wie, vom stürmenden Wind&rsquo; empört, sich Wogen auf Wogen</p>
- <p class="line">Stürzen; Geheul und Gebrüll der schrecklichen schallt, und die Küsten</p>
- <p class="line">Ringsumher dem wilden Tumult stets lauter erdrönen:</p>
- <p class="line">Also erhob, und mehrte sich tief in der Wölbung des Erdballs</p>
- <p class="line">Dumpfes Gemurmel zuerst, und sofort unendliches Jauchzen.</p>
- <p class="line">Schauernd wogte der Grund; aufrauschten des Meeres Gewässer;</p>
-<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a>
- <p class="line">Finsterer quoll der Rauch aus dem Schlunde des Berges; die Flammen</p>
- <p class="line">Prasselten hoch in die Luft, und die glühenden Fluthen der Lava</p>
- <p class="line">Braus&rsquo;ten herauf und hinunter, im Flug durchwüthend den Abgrund.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Eilend erhob sich nun der Herrliche, der ihm der Geister</p>
- <p class="line">Reich enthüllt&rsquo;, in die schimmernde Luft, und, leiseverhallend,</p>
- <p class="line">Tönten vom Aethergefild noch die lieblichen Worte herunter:</p>
- <p class="line">&bdquo;Senke dich durch den Schlund, durch Qualm und flackernde Flammen</p>
- <p class="line">Muthig hinab zur Höhl&rsquo; im Schooße des dampfenden Aetna,</p>
- <p class="line">Und erringe das Ziel nach der hehren Geistesverzückung.&ldquo;</p>
- <p class="line">Weinend hob nun jener den Blick zu dem seligen Freund&rsquo; auf,</p>
- <p class="line">Der, umstrahlt vom Glanz unsterblicher Seelengemeinschaft,</p>
- <p class="line">Fern&rsquo; in den Lüften schwand, und fuhr jetzt, brausenden Fluges,</p>
- <p class="line">Nieder im finstern Schlund, durch Qualm und flackernde Flammen,</p>
- <p class="line">Bis in dem Zwielicht weit vor seinen Augen der Eingang</p>
- <p class="line">Klafft&rsquo;, und die Höhle sich wies in angsterweckender Anschau!</p>
- <p class="line">Furchtbar wölbte die Felsenwand aus schwindligen Höhen</p>
- <p class="line">Höher sich auf. Es jagte zuweilen der wirbelnde Zugwind</p>
- <p class="line">Tief in den Riesendom die Flammensäule; sie hob sich,</p>
- <p class="line">Züngelnd, die Wände hinan, und leuchtete hoch in die Nacht auf;</p>
-<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a>
- <p class="line">Doch erflog ihr fernster Schimmer des nächtlichen Dunkels</p>
- <p class="line">Hälfte noch kaum, das endlos herrscht&rsquo; in des Felsens Umwölbung.</p>
- <p class="line">Hier nicht weilet die Ruh&rsquo;, und athmet nicht liebliche Stille;</p>
- <p class="line">Rastlos tobt &mdash; aufbraus&rsquo;t im Sturm, der kochenden Lava</p>
- <p class="line">Urstoff: Erz im Gestein, und Schwefel, mit dunkelem Erdharz</p>
- <p class="line">Gährend, zur Wolkenhöh&rsquo;, an des Berges geöffneten Rachen.</p>
- <p class="line">Donnernde Ström&rsquo; entstürzen rings den Schluchten; sie rauschen</p>
- <p class="line">Tief in des Abgrunds Nacht, und wälzen, dem berstenden Kerker</p>
- <p class="line">Unten entfloh&rsquo;n, zum Meeresgestade die finstere Fluth fort.</p>
- <p class="line">Ihrem Sturz&rsquo; erdrönet die Höhl&rsquo;, und vom eisigen Abgrund</p>
- <p class="line">Fleugt Entsetzen, Frost, und Schauder in Windesgeheul auf.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Dorthin, kommend herab aus dem übersinnlichen Luftraum,</p>
- <p class="line">War ihm Muhamed erst, umringt von Scharen der Geister,</p>
- <p class="line">Die er entboth, voraus in die schaurige Höhle geflogen.</p>
- <p class="line">Ueber der allbelebenden Luft, die rings an dem Erdball,</p>
- <p class="line">So an dem Mond&rsquo;, und den endlos hin entflammten Gestirnen,</p>
- <p class="line">Schwimmt umher, erhebt sich der übersinnliche Luftraum</p>
- <p class="line">Dräuend in seiner Leer&rsquo;, und unwohnbar sterblichen Menschen:</p>
- <p class="line">Denn, wie, umhüllt vom glockengestalten Glase, der Sperling</p>
- <p class="line">Schnell das Leben verhaucht, wenn wißbegierige Forscher</p>
- <p class="line">Schonungslos ihm rauben die Luft mit den künstlichen Pumpen</p>
-<a id="page-25" class="pagenum" title="25"></a>
- <p class="line">Also würd&rsquo; in des Menschen Brust urplötzlich das Leben</p>
- <p class="line">Stocken, der in das Uebersinnliche kühn sich erhöbe;</p>
- <p class="line">Aber des sterblichen Leibes beraubt, bewohnen die <em>Fürsten</em>,</p>
- <p class="line"><em>Mächt&rsquo;</em>, und <em>Gewalten</em> des ewigen Feind&rsquo;s, auf Arges gesinnet,</p>
- <p class="line">Solches mit Lust: Verworf&rsquo;ne vom Herrn, die am letzten Gerichtstag</p>
- <p class="line">Dann mit dem <em>Tode</em> zugleich, dem <em>letzten</em> der Uebel, vergehen.<a class="fnote" href="#footnote-8" id="fnote-8">[8]</a></p>
- <p class="line">Dorther schwang mit Gefolg sich Muhamed, glühenden Blickes,</p>
- <p class="line">Jetzo herab. Er saß in der Höhl&rsquo;, auf dem ragenden Felsblock,</p>
- <p class="line">Ueber die Scharen erhöht. Der dunkelröthliche Schimmer,</p>
- <p class="line">Welchen der Flammenstrom entsandt&rsquo; aus der Ferne des Eingangs,</p>
- <p class="line">Schwebt&rsquo; in flatterndem Flug&rsquo; an seinem blässeren Antlitz.</p>
- <p class="line">Feuer sprühte sein Aug&rsquo;; in silbernkräuselnden Wellen</p>
- <p class="line">Floß ihm der Bart in den Busen herab, und die luftigen Glieder</p>
- <p class="line">Hüllet&rsquo; in Schatten das Unterkleid und der wallende Kaftan.</p>
- <p class="line">Jetzt erhob er die Recht&rsquo; an des Stirnbunds Zier; mit der Linken</p>
- <p class="line">Wühlt&rsquo; er die Blätter des Korans auf: sie rauschten, den Stürmen</p>
- <p class="line">Aehnlich im Herbst, da ihr Hauch die trauernden Wälder entblättert.</p>
- <p class="line">&bdquo;Hör&rsquo; es, mein Volk,&ldquo; so rief er, &bdquo;was dir im nächtlichen Dunkel,</p>
- <p class="line">Ferne vom spähenden Blick&rsquo; uns feindlichgesinneter Geister,</p>
-<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a>
- <p class="line">Meine Zung&rsquo; enthüllt, und zeige dich würdig des Herrschers!</p>
- <p class="line">Unheil droht von Hesperiens Küsten dem Lande g&rsquo;en Aufgang &mdash;</p>
- <p class="line">Dieser erwählten Blum&rsquo; im Kranz der Schöpfungen Gottes,</p>
- <p class="line">Dieser Perle der Welt, und der Wiege des Menschengeschlechtes.</p>
- <p class="line">Jüngst erhascht&rsquo; es mein Ohr auf Deutschlands gährenden Gauen,</p>
- <p class="line">Die der Neuerung Flamme durchtobt: es sinne der Kaiser</p>
- <p class="line">Jenem ein schmähliches Joch, und sich weltherrschende Hoheit.</p>
- <p class="line">Seh&rsquo;t, was mich, den heimlichen Forscher, nur Täuschung bedünkte,</p>
- <p class="line">Fügt sich in Wahrheit schon! Er ruft, und rüstet die Völker</p>
- <p class="line">Rings zum Kampf, von den schimmernden Höh&rsquo;n zu Tunis den Halbmond</p>
- <p class="line">Niederzuschmettern, und ha, fällt Afrika jetzo, gebändigt,</p>
- <p class="line">Seiner Gewalt: dann lechzt er wohl gar nach Asia&rsquo;s Herrschaft,</p>
- <p class="line">Daß er die heiligen Städt&rsquo;, und dort der gläubigen Pilger</p>
- <p class="line">Freudiges Ziel, mein Grab, mit stolzer Ferse zerstampfe?</p>
- <p class="line">Aber nicht also gescheh&rsquo;s! Wir zieh&rsquo;n, des edelsten Welttheils</p>
- <p class="line">Söhn&rsquo;, ihm entgegen, nicht scheuend den Trotz der Gegner im Luftraum,</p>
- <p class="line">Welche zuvor des Erdballs Schooß&rsquo; entschwebten, und uns stets</p>
- <p class="line">Feindlichgesinnt, ihm bald mit thatenerweckendem Eifer</p>
- <p class="line">Beisteh&rsquo;n: denn auch Hairaddins Brust, des treuen Bekenners</p>
-<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a>
- <p class="line">Meiner Lehre, will ich mit Kraft erfüllen und Kühnheit.</p>
- <p class="line">Jetzo nach Tunis geeilt, und nie vergesset des Wortes:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wer das Eine nur will, fest will, der wird es erringen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und hob sich empor. Ihm folgten unzählige Geister,</p>
- <p class="line">Jauchzend; aber es zischt&rsquo; ihr Schrei nur schwach im Gewölb hin.</p>
- <p class="line">So, wie in dunkler Gewitternacht der einsame Wand&rsquo;rer,</p>
- <p class="line">Keuchend, die Leucht&rsquo; in der Hand mit halbverlöschendem Flämmchen,</p>
- <p class="line">Endlich die Höhle betritt im verborgenen Raume der Felswand:</p>
- <p class="line">Ihm umschwirren sogleich die Fledermäuse, geblendet,</p>
- <p class="line">Rings das Haupt, und er wankt erschrocken zurück nach dem Eingang:</p>
- <p class="line">Also bebte vor Angst der leis&rsquo;aufhorchende Fremdling</p>
- <p class="line">Vor den flüchtenden Geistern zurück&rsquo;, und eilt&rsquo;, in des Tages</p>
- <p class="line">Lichte Gefilde zu schau&rsquo;n nach schrecklicher Nacht der Verbannung.</p>
- <p class="line">Tief zerfleischte sein Herz, voll himmlischer Milde, des Sehers</p>
- <p class="line">Haßverkündendes Wort. Er saß, und drückte die Augen</p>
- <p class="line">Fest in die Hand, und sieh&rsquo;, es schwebten aus kommenden Tagen</p>
- <p class="line">Dunkler Ahnung Gebild&rsquo; ihm vor: das wilde Gebären</p>
- <p class="line">Thatenschwangerer Zeit, und zerstörendes End&rsquo; im Beginne!</p>
-<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a>
- <p class="line">Schatten floh&rsquo;n, und kamen, und eilten vom wechselnden Schauplatz;</p>
- <p class="line">Aber, weit durchströmt von den schimmernden Fluthen der Elbe,</p>
- <p class="line">Hüllte sich Mühlbergs Heid&rsquo; ihm auf. Er horchte dem Siegsruf;</p>
- <p class="line">Sah die ihn höhnten, besiegt, ihm die Knie&rsquo; umfassen, und wähnte</p>
- <p class="line">Schon die Deutschen vereint nach des Glaubens schrecklichem Zwiespalt:</p>
- <p class="line">Wie, und er flieht dann bald im Grau&rsquo;n der finsteren Sturmnacht,</p>
- <p class="line">Wehrlos, alt, und krank, dem nimmergeahneten Undank</p>
- <p class="line">Weichend, fort aus Tyrols, der Treue geheiligten Thälern?</p>
- <p class="line">Und so bald versah er das Ziel weltherrschender Hoheit?<a class="fnote" href="#footnote-9" id="fnote-9">[9]</a></p>
- <p class="line">Aechzend erhob er den Blick: die trüben Gesichte der Zukunft</p>
- <p class="line">Schwanden in Nacht; er floh, und kehrt&rsquo; in die sterbliche Hülle.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und es regte sich nun der schlummernde Kaiser! Ihm pochte</p>
- <p class="line">Hörbar die Brust; sein Athem flog, und häufiger Schweiß rann</p>
- <p class="line">Ihm von der glühenden Stirn&rsquo;. Er blickte lange verwundert</p>
- <p class="line">Rings in den Hallen umher, und sann, ein wachender Träumer.</p>
- <p class="line">Jetzt ein dämmernder Strahl, und jetzt &mdash; kaum wagt&rsquo; er&rsquo;s zu denken,</p>
-<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a>
- <p class="line">Was so erhaben und groß vor seinem Geiste dahinschwand,</p>
- <p class="line">Und ihn entzückte zuvor: ihm drohte vernichtende Wonne,</p>
- <p class="line">Und, was unerhörbar war den Ohren sterblicher Menschen,</p>
- <p class="line">Barg für immer sein treues Gemüth. Nie lächelt&rsquo; er wieder</p>
- <p class="line">Und sein sehnender Blick hing stets an dem Bilde des Grabes.</p>
- <p class="line">Doch nun kehrt&rsquo; er heim in die Burg, und Stille war ringsum.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-3">
-<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a>
-Zweiter Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">S</span><span class="postfirstchar">iehe,</span> der Kaiser entboth im mitternächtlichen Dunkel</p>
- <p class="line">Noch in die Königsburg Hispania&rsquo;s hohe Cortezza:</p>
- <p class="line">Denn kein Schlummer umfing sein glühendes Auge; des Kampfes</p>
- <p class="line">Nahender Augenblick und die drängende Sorge der Rüstung</p>
- <p class="line">Scheuchten ihn fern&rsquo;: er sah, und hörte nur Sieg und Errettung!</p>
- <p class="line">Jene harrten im prächtigen Saal des edelsten Herrschers.</p>
- <p class="line">Nun, da er kam, entfuhren sie alle den schwellenden Pfühlen;</p>
- <p class="line">Blößten vor ihm, verneigend, das Haupt, und deckten es wieder,</p>
- <p class="line">Würdigen Ernstes voll, nach altherkömmlichem Vorrecht.</p>
- <p class="line">Aber er schritt im Gefolg der Großen und Edeln zum Thron&rsquo; auf,</p>
- <p class="line">Deß&rsquo; erlesene Pracht mit Staunen erfüllte den Fremdling.</p>
- <p class="line">Schwarz aufragte vom Dach der Doppel-Aar, mit dem Zepter</p>
- <p class="line">Und mit der Krone geschmückt, voll hellaufblitzenden Demant&rsquo;s,</p>
- <p class="line">Den der Hindou dem Schacht&rsquo; entriß, und der bataver Künstler</p>
-<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a>
- <p class="line">Glättete, ringsumher verzierend mit schimmernden Kanten;</p>
- <p class="line">Doch an dem Purpurtuch, vom Dach zu dem Sitze herunter</p>
- <p class="line">Glänzten die Wapen, vereint, von Gott gesegneter Länder,</p>
- <p class="line">Die er beherrscht&rsquo;: ein Meisterwerk kunstfertiger Nadel.</p>
- <p class="line">Dreizehn Königreich&rsquo;, umschlingend Castiliens Kronen,</p>
- <p class="line">Wies, vorstrahlend, das Tuch zum Ruhme der spanischen Herrschaft;</p>
- <p class="line">Unter ihm Austria&rsquo;s Schild: den schneeigen Gürtel im Blutfeld,</p>
- <p class="line">Der in dem Kampf rein hielt von feindlichem Blute den Panzer</p>
- <p class="line">Leupold, des Tugendhaften, vor Ptolemais: sein Denkmahl!<a class="fnote" href="#footnote-10" id="fnote-10">[10]</a></p>
- <p class="line">Rechts, im schönen Verein von sechs verbrüderten Reichen,</p>
- <p class="line">Ungerns doppelten Schild; vier Ströme durchfluthen den einen &mdash;</p>
- <p class="line">Aber das Haupt der Karpathen hebt, dreizackig, im andern</p>
- <p class="line">Ueber dem fruchtbar&rsquo;n Land, das tapfere Völker bewohnen,</p>
- <p class="line">Schimmernd, die Kron&rsquo; und das Doppelkreutz, von Silber, zur Luft auf.</p>
- <p class="line">Links, in dem rothen Feld Bohemia&rsquo;s silbernen Löwen:</p>
- <p class="line">Eines löwenmüthigen Volks hochrühmliches Zeichen.</p>
- <p class="line">Tiefer, im grünen Feld den flammensprühenden Panther:</p>
- <p class="line">Stiria&rsquo;s eisenerzausschmelzenden Essen zu Ehren;</p>
- <p class="line">Dann Carinthia&rsquo;s Leu&rsquo;n und Pfeile, des trefflichen Landes,</p>
- <p class="line">Wo das Blei ausbeutet der Bergmann: schrecklich ersetzte</p>
- <p class="line">Tödlichschmetterndes Blei die Pfeil&rsquo; im Felde der Waffen;</p>
- <p class="line">Dann, aufstrebend zur Sonnenbahn, Carniolia&rsquo;s Adler &mdash;</p>
- <p class="line">Morawa&rsquo;s Aar, und Tyrols, der Treue geheiligter Länder.</p>
-<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a>
- <p class="line">Aber der Löwe Brabants, im Schooß umgränzender Gauen,</p>
- <p class="line">Zeigt uns im hehren Ruhm des edelsten Kaisers Geburtsland.</p>
- <p class="line">Ihm zur Seite verschlingt Lombardia&rsquo;s Schlange den Mohren;</p>
- <p class="line">Ihn umgibt Neapoli&rsquo;s Lilienglanz, und ihm huldigt,</p>
- <p class="line">Jugendlich schön aus des Meeres Fluth aufschwebend, des Morgens</p>
- <p class="line">Freundlicher Strahl, und erhellt Amerika&rsquo;s winkenden Meerstrand.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Dort die Stufen hinan, die ein niederländischer Teppich</p>
- <p class="line">Hüllete, schön im Geweb&rsquo; darstellend die Freude des Weidwerks,</p>
- <p class="line">Schritt der Kaiser. Er stand, gewendet, im Glanze des Thrones;</p>
- <p class="line">Blickte nach Allen umher, und, als er auf blähenden Purpur</p>
- <p class="line">Nieder sich ließ, begann er mit sanfterglühenden Augen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Edle des Reichs, und Räthe! Der Tag der Christenerrettung</p>
- <p class="line">Ruft zu dem heiligen Kampf Europa&rsquo;s vereinte Geschwader,</p>
- <p class="line">Und, entfaltend am Maste die Flagg&rsquo; und die wehenden Wimpel,</p>
- <p class="line">Harren die Völker, vereint, der Abfahrt donnerndem Wink nur,</p>
- <p class="line">Daß sie im Felde des Ruhms, vor Tunis, am frevelnden Räuber</p>
- <p class="line">Rächen die Schmach, und dem schrecklichen Joch&rsquo; entreißen die Brüder.</p>
- <p class="line">Laut ruft uns Barcellona&rsquo;s Gestad, wo dort auf des Meer&rsquo;s Höh&rsquo;n,</p>
-<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a>
- <p class="line">Nun gerüstet zur Schlacht, nun wehrlosen Küstenbewohnern</p>
- <p class="line">Jammer dräuend und Noth, sein Raubgeschwader sich zeiget.</p>
- <p class="line">Gottes Segen mit uns und dem Lande! Mein endlicher Wille<a class="fnote" href="#footnote-11" id="fnote-11">[11]</a></p>
- <p class="line">Liegt gefertigt im Schrank: so im heiligen Kampf&rsquo; ich erläge,</p>
- <p class="line">Und nicht wiederkehrte zu euch, zur liebenden Gattinn,</p>
- <p class="line">Und zu dem Sohn, der einst, so Gott will, würdig den Zepter</p>
- <p class="line">Führe nach mir, vor allen Hispania&rsquo;s Ländern zum Frommen.</p>
- <p class="line">Eurer Sorgfalt, Treu&rsquo;, und Liebe vertrau&rsquo; ich die beiden</p>
- <p class="line">Jetzt, und scheide getrost: sie sind da trefflich geborgen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also der Fürst. Da quoll&rsquo;s von Thränen im Auge der Edeln;</p>
- <p class="line">All&rsquo; entfuhren der Bank, und streckten die Händ&rsquo; ihm entgegen.</p>
- <p class="line">Wie der Gießbach rauscht, der hoch vom dauernden Regen</p>
- <p class="line">Angeschwollen, dem Felsenbett&rsquo; entstürzet, und rastlos</p>
- <p class="line">Rasselnde Kiesel wälzt, und Felsengerölle mit fortreißt:</p>
- <p class="line">Also erscholl in dem Saal&rsquo; ihr lauterbrausender Zuruf;</p>
- <p class="line">Doch bald hier, bald dort ertönt&rsquo; er vernehmlicher, lauter:</p>
- <p class="line">&bdquo;Kehre beglückt uns heim, und herrsch&rsquo; in dem Segen der Völker,</p>
- <p class="line">Allgeliebter, noch lange! Mit strahlenden Lorbern des Sieges</p>
- <p class="line">Kommt Europa dir bald, dem Retter, entgegen, und jauchzt dir</p>
- <p class="line">Lauten Triumph in der Glocken Getön&rsquo; und des ehrnen Geschützes</p>
- <p class="line">Freudigen Donnerhall: dein Ruhm erfüllet den Erdkreis.&ldquo;</p>
-<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a>
- <p class="line">Aber er stand, erschüttert, am Thron&rsquo;, und sandte nach Allen</p>
- <p class="line">Heißen Dank aus der Himmelsbläue der glänzenden Augen,</p>
- <p class="line">Eilte die Stufen herab, und ging. Aufflogen der Thüren</p>
- <p class="line">Mächtige Flügel vor ihm; er schwand mit seinem Gefolg dann</p>
- <p class="line">Fern&rsquo; im Gang. Da kehrten zugleich die Großen des Reiches</p>
- <p class="line">Nach der heimischen Flur, um dort in der einsamen Felsburg,</p>
- <p class="line">Oder in menschenversammelnder Stadt noch heute zu fördern,</p>
- <p class="line">Was zu dem Rettungskampf des Herrschers Wille gebothen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Eh&rsquo; in des Erdballs Schooß, in die düstere Wohnung der Trauer,</p>
- <p class="line">Noch der Ruf des Unsterblichen drang, erlesenen Geistern</p>
- <p class="line">Dort zu verkünden den bald umwüthenden Kampf in Karthago&rsquo;s</p>
- <p class="line">Rühmlichem Feld, schwang Hermann,<a class="fnote" href="#footnote-12" id="fnote-12">[12]</a> einst der kühnen Cherusker</p>
- <p class="line">Tapferer Hort, sich herunter. Ihm flogen die goldenen Locken</p>
- <p class="line">Weit von dem Nacken, sein blitzendes Aug&rsquo; und die glühenden Wangen</p>
- <p class="line">Kündigten freudigen Muth und trostverheißende Bothschaft.</p>
- <p class="line">Gierig forscht&rsquo; er umher, die Freunde sogleich in den Scharen</p>
- <p class="line">Gleichgesinneter Geister zu schau&rsquo;n, und er fand sie vereint dort.</p>
- <p class="line">Hannibal,<a class="fnote" href="#footnote-13" id="fnote-13">[13]</a> der dem Regulus<a class="fnote" href="#footnote-14" id="fnote-14">[14]</a> nah&rsquo;, auf schwellendem Mooswuchs</p>
-<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a>
- <p class="line">Ruhte, erhob das Haupt, und rief ihm finster entgegen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Freude verkündet dein Flammenblick, unbändiger Krieger!</p>
- <p class="line">Wie, nur Kampf, Gewürg&rsquo;, und Schlachtengetümmel ergetzt dich</p>
- <p class="line">Noch, das rastlos fort im Geschlechte der Sterblichen wüthet?</p>
- <p class="line">Aber ich athme nicht Erdenluft, und meide, voll Unmuths,</p>
- <p class="line">Seit Jahrhunderten schon, der Sonn&rsquo; erfreuenden Anblick.</p>
- <p class="line">Siehe, wir führen erneueten Streit: ob würdiger Roma,</p>
- <p class="line">Oder Karthago gedacht, und gehandelt, als Herrscherinn? Roma</p>
- <p class="line">Trat mit ehernem Fuß&rsquo; allwärts die Blüthe der Menschheit</p>
- <p class="line">Nieder, als Siegerinn, da Karthago der milderen Herrschaft,</p>
- <p class="line">Segen pflanzend rings an den Küsten des Meer&rsquo;s, sich erfreute.</p>
- <p class="line">O, ich hätte mein Vaterland und die Welt, die ergrimmend,</p>
- <p class="line">Sie in dem Sclavenjoch ausmordete, schrecklich gerächt noch:</p>
- <p class="line">Hätte nicht Haß und niedriger Neid die Scharen verweigert,</p>
- <p class="line">Die ich entboth, euch, Wolfesbrut, ganz niederzuschmettern!&ldquo;</p>
- <p class="line">Regulus schwieg; doch Hermann rief den zürnenden Helden:</p>
- <p class="line">&bdquo;Schon seit lange versöhnt, und verbunden in traulicher Freundschaft,</p>
- <p class="line">Wollet ihr euch denn heut&rsquo; entzwei&rsquo;n durch Worte des Haders?</p>
- <p class="line">Laßt die Vergangenheit; nur, wie im zaubergewaltigen Spiegel,</p>
- <p class="line">Gaukelnd, kommen, und flieh&rsquo;n die buntvermengten Gestalten,</p>
- <p class="line">Stehe vor eurem Gemüth&rsquo; ihr grau&rsquo;numhülletes Bild noch.</p>
-<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a>
- <p class="line">Hört, was, tröstend für uns, der Erde Bewohner beginnen!</p>
- <p class="line">Schon ist dem Heldenvolk zum fernentlegenen Tunis</p>
- <p class="line">Offen die glänzende Bahn; schon waffnet der edelste Kaiser</p>
- <p class="line">Scharen der Krieger am Meeresstrand, wo unzählige Schiffe</p>
- <p class="line">Decken die schimmernde Fluth, und entfalten die Segel zur Abfahrt.</p>
- <p class="line">Ein Welttheil entboth die Tapferen gegen den andern;</p>
- <p class="line">Ringsum regt sich die Erd&rsquo;, und ihr denkt hier müßig zu weilen?</p>
- <p class="line">Auf, wir wollen vereint hinzieh&rsquo;n, und entflammen die Krieger</p>
- <p class="line">Oben im Kampf! Gedenket des Ruhms entflohener Zeiten!&ldquo;</p>
- <p class="line">Hannibal schwang sich empor, und rief mit gewaltiger Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Fort, auf die Oberwelt! Ich will in dem Felde der Waffen</p>
- <p class="line">Schauen die Helden der neueren Zeit. So herrliche Krieger,</p>
- <p class="line">Als am Trasimen und vor Cannä die Erde gewahrte:</p>
- <p class="line">Staunend den Söhnen des Sieg&rsquo;s, die werd&rsquo; ich wohl nimmer ersehen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Regulus stand, verdüsterten Blicks, und sagte den Beiden:</p>
- <p class="line">&bdquo;Möget ihr immerhin dem furchtbar&rsquo;n Schlachtengetümmel</p>
- <p class="line">Horchen mit Lust, und drängen, und treiben mit stachelnden Worten</p>
- <p class="line">Eure Erwählten: nur wenig frommt&rsquo;s, nur wenig genügt&rsquo;s euch!</p>
- <p class="line">Aber mich reizet ihr nicht, zu entfliehen den nächtlichen Räumen.&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie,&ldquo; rief Hermann, &bdquo;du bliebest zurück&rsquo;, und rings in Karthago&rsquo;s</p>
-<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a>
- <p class="line">Hehrem Gefild tönt bald Siegsruf im Getümmel der Waffen?</p>
- <p class="line">Sehntest dich nimmer zu schau&rsquo;n die Heldenmaale der Vorwelt?</p>
- <p class="line">Zwar es fing dich im Kampf der hochgesinnte Spartaner,</p>
- <p class="line">Xanthippos,<a class="fnote" href="#footnote-15" id="fnote-15">[15]</a> dem Volk Karthago&rsquo;s gebiethend als Feldherr:</p>
- <p class="line">Doch du sühntest die Schmach, gabst hin die unschätzbare Freiheit</p>
- <p class="line">Für dein Vaterland, und auf immer preist dich die Nachwelt.</p>
- <p class="line">Komm&rsquo;, und folge mir, dort zu entflammen den Muth in den Schlachtreih&rsquo;n!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also der Held: da erscholl des Unsterblichen donnernde Stimme,</p>
- <p class="line">Die von des Aetna Schlund durch wirbelnder Flammen Geprassel</p>
- <p class="line">Brausend, die Scharen der Geister hinauf zum erwachenden Kampf lud.</p>
- <p class="line">Neunmal umkreis&rsquo;te der Donnerruf den unendlichen Raum dort;</p>
- <p class="line">Neunmal erwiedert&rsquo; ihn auch der Geister empörterer Jubel,</p>
- <p class="line">Und die beiden entschwebten, vereint, und von Kriegern umgeben,</p>
- <p class="line">Welchen sie einst gebothen im Kampf, dem Schooße des Erdballs.</p>
- <p class="line">Aber Regulus stand, verlassen von seinen Gefährten,</p>
- <p class="line">Sinnend, allein, und blickte starr in die Tiefe hinunter.</p>
- <p class="line">Jetzo wollt&rsquo; er entflieh&rsquo;n, um fern&rsquo; in des eisigen Nordpols</p>
- <p class="line">Wölbung den glühenden Durst, der mächtig ihn drängte, zu stillen;</p>
- <p class="line">Doch er entbrannte noch mehr: das Schmettern der Kriegesdrometen,</p>
-<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a>
- <p class="line">Dann das Wiehern der stampfenden Ross&rsquo;, und der Würgenden Schlachtruf</p>
- <p class="line">Töneten, wechselnd, um ihn, und von tausend Gebilden ergriffen,</p>
- <p class="line">Stand er, triefend von Schweiß, und zitternd vor steigender Kampflust.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, nun ballt&rsquo; er die Faust, und rief mit gewaltiger Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Deutschlands Hort, so sagte zuvor der kühne Cherusker,</p>
- <p class="line">Kommend herab von der oberen Welt, entboth Europa&rsquo;s</p>
- <p class="line">Völker zur Heldenfahrt: viel tausend gefangene Menschen</p>
- <p class="line">Aus des Räubers Gewalt, aus Schmach und Fesseln zu retten? ...</p>
- <p class="line">Weh&rsquo;, auch ich trug einst die schmähliche Kette! Sie both mir</p>
- <p class="line">Ruhm und Lohn; doch fühlt&rsquo; ich es oft in vernichtender Schwermuth,</p>
- <p class="line">Wie in dem dumpfen Gewölb sie lastete, wo mich die Stunden</p>
- <p class="line">Länger als Tag&rsquo;, und diese zu trägen Jahren gedehnet,</p>
- <p class="line">Dünkten. Auch mir erscholl die höhnende Stimme des Wüthrichs &mdash;</p>
- <p class="line">Drohte sein finsterer Blick stets größere Qualen; ich fühlte</p>
- <p class="line">So die entsetzlichste: fern von der hochgesinneten Gattinn</p>
- <p class="line">Und den Erzeugten, das Leben in Kerkersnacht zu verhauchen.</p>
- <p class="line">Jetzo hinauf, hinauf nach Tunis, dem einstigen Schauplatz</p>
- <p class="line">Dort unsterblichen Ruhms und herzzerreißenden Jammers,</p>
- <p class="line">Daß ich vielleicht noch selbst Unglücklichen Hülfe gewähre!&ldquo;</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf schwang er sich empor zu den sonnigen Fluren des Erdballs,</p>
-<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a>
- <p class="line">Dort vor allen zuerst die düstern Gefilde von Tunis</p>
- <p class="line">Wiederzuseh&rsquo;n. Nicht wandt&rsquo; er den Blick nach dem Felde der Waffen,</p>
- <p class="line">Wo der Griech&rsquo; ihn bezwang, Xanthippos, der in die Schlachtreih&rsquo;n</p>
- <p class="line">Sein&rsquo; Elephanten gestellt &mdash; das Heer im Rücken bestürmend,</p>
- <p class="line">Schnell die Reih&rsquo;n durchbrach, ihn fing, und Karthago den Sieg gab.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Nahe der Stadt, auf Felsen, erhob sich die thürmende Hochburg,</p>
- <p class="line">Die in dem finsteren Schooß viel tausend gefangene Christen</p>
- <p class="line">Eisern barg: die Wohnung der Qual und des Jammers Behausung!</p>
- <p class="line">Dorthin eilt&rsquo; er, und senkte sich leis&rsquo; auf die Zinne der Burg hin.</p>
- <p class="line">Ach, aus der Tief&rsquo; erscholl der unglückseligen Sclaven</p>
- <p class="line">Jammergestöhn! Wie ein Falk, der schnell aus den Lüften herabfährt,</p>
- <p class="line">Weil er die girrenden Küchlein sah im Schatten des Hofraums,</p>
- <p class="line">Fuhr der Lüftebewohner hinab, und schauderte, bebte:</p>
- <p class="line">Denn in des Kerkers Nacht, in der Felsentiefe der Hochburg,</p>
- <p class="line">Sah er, beim düsteren Schein der mattaufflimmernden Lampen,</p>
- <p class="line">Bleiche, durch Moderluft und Hunger entfleischte Gestalten;</p>
- <p class="line">Sah dort Qual und Verzweiflung zugleich auf den zuckenden Wangen</p>
-<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a>
- <p class="line">Und im erloschenen Blick, der endlich zum grimmigen Hohn ward;</p>
- <p class="line">Hörete Ketten-Geklirr, und dumpfes Aechzen und Stöhnen</p>
- <p class="line">In dem Gewölb. Sie rückte heran, die Stunde des Jammers,</p>
- <p class="line">Wo Medelin, der Renegat aus Genua&rsquo;s Landen,</p>
- <p class="line">Forschend die Höhlen des Graun&rsquo;s durchschritt, und mit eherner Geißel</p>
- <p class="line">Peitschte die Murrenden dort, nach Hairaddins schrecklichem Machtwort.</p>
- <p class="line">Zorn erglüht&rsquo; im Blick des edelgesinneten Geistes.</p>
- <p class="line">Doch nun brauset&rsquo; er über sie hin, und rief im Gelispel</p>
- <p class="line">Dunkelen Geisterrufs: &bdquo;Euch nahet ein Retter, erhebt euch!&ldquo;</p>
- <p class="line">Alle fuhren empor, und schreckliches Kettengerassel</p>
- <p class="line">Scholl im Gewölb: nicht wußten die armen die Tröstung zu deuten.</p>
- <p class="line">Doch er kehrte zurück, Hispania&rsquo;s Erd&rsquo;, und den Retter</p>
- <p class="line">Dort zu erschau&rsquo;n, der jetzt nah&rsquo; war Barcellona&rsquo;s Gestaden.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Muhamed sah ihn. Er schwebt&rsquo; im Gefolg&rsquo; unzähliger Geister</p>
- <p class="line">Auf von des Aetna Schlund, und hieß die Empöreten harren,</p>
- <p class="line">Bis er vom übersinnlichen Raum mit dem Bundesgenossen</p>
- <p class="line">Kehrete: denn er ging, dort Attila&rsquo;s<a class="fnote" href="#footnote-16" id="fnote-16">[16]</a> Brust zu entflammen &mdash;</p>
- <p class="line">Ihn zu erregen zum Kampf&rsquo; und zu wichtiger Thaten Vollendung.</p>
- <p class="line">Bald erspähte sein forschender Blick den König der Hunnen.</p>
- <p class="line">Ueber dem caspischen Meer, wohl tausend Meilen erhoben,</p>
- <p class="line">Saß er im Wolkenzelt, so wie einst, von den Helden umgeben,</p>
-<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a>
- <p class="line">Nach vollendetem Mahl. Der Söhne geliebtester, Ellack,</p>
- <p class="line">Neigte sein Haupt ihm sanft auf die Schulter; der wilde Tuhutum</p>
- <p class="line">Saß ihm zunächst; Zombor, der schreckliche Krieger, mit Tursol,</p>
- <p class="line">Und mit Retel und Bojt, unbändigen Würgern im Schlachtfeld,</p>
- <p class="line">Saßen im Kreis&rsquo; um ihn her, dem liedergewaltigen Sänger</p>
- <p class="line">Horchend, der, im Sturm des pochenden Busens, der Zither</p>
- <p class="line">Saiten empörender schlug, und jetzt der herrlichen Vorzeit</p>
- <p class="line">Helden pries in dem Lied&rsquo;, unsterblicher Thaten gedenkend,</p>
- <p class="line">Daß sich des Ahnenruhms, gleich tapfer, erfreue der Enkel.</p>
- <p class="line">All&rsquo; aufhorchten ihm still&rsquo;. Auf die bärtigen Lippen der Krieger</p>
- <p class="line">Stürzte die schimmernde Thräne herab; sie wiegten das Haupt oft</p>
- <p class="line">Bei des Gesangs Allmacht ergriffen von stürmischer Wehmuth.</p>
- <p class="line">Muhamed braus&rsquo;te herein; der Sänger verstummte; die Krieger</p>
- <p class="line">Fuhren vom Sitz, da er so zum Kampf&rsquo; aufboth den Beherrscher:</p>
- <p class="line">&bdquo;Attila, auf, zur Rache, zum Sieg! Die mächtigsten Geister</p>
- <p class="line">Hieß des Unsterblichen Ruf entfahren dem Schooße des Erdballs,</p>
- <p class="line">Daß sie dem Christenvolk, nur uns zu verhöhnen entschlossen,</p>
- <p class="line">Stehen als Retter im Kampf. Wir sollten es dulden? Der Blutschuld</p>
- <p class="line">Denkest du noch, die Roms entartete Söhne nicht büßten,</p>
-<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a>
- <p class="line">Wie dein eisernes Herz es gewollt? Und fuhr nicht der Römer,</p>
- <p class="line">Trotzigen Blicks, erst hin, den Christen als Helfer zu nahen?</p>
- <p class="line">Nun sey List dem Muthe vereint, stets wachsam die Rachgier,</p>
- <p class="line">Schmach auf die Feinde gehäuft, und errungen der herrlichste Sieg uns.&ldquo;</p>
- <p class="line">Attila winket&rsquo; ihm Beifall zu. Des schrecklichen Rohrwolfs</p>
- <p class="line">Zähne, deß&rsquo; zottiger Pelz ihm Rücken und Fersen umhüllte,</p>
- <p class="line">Starrten von seiner Stirn&rsquo;, und tief, wie aus nächtlichem Schacht her</p>
- <p class="line">Strahlet des Bergmanns Grubenlicht, ihm glommen die Augen</p>
- <p class="line">Aus dem finstern Gesicht&rsquo;. Er faßte den blutigen Säbel</p>
- <p class="line">Tyrs,<a class="fnote" href="#footnote-17" id="fnote-17">[17]</a> den einst (so kündet die Sage) der furchtbare Kriegsgott</p>
- <p class="line">Selbst auf der Heide vergrub, daß seiner Gewalt nicht die Völker</p>
- <p class="line">All&rsquo; erlägen: umsonst! Der Schreckliche, der sich die Geißel</p>
- <p class="line">Gottes im furchtbar&rsquo;n Trotze genannt, entriß ihn des Feldes</p>
- <p class="line">Tiefverhüllendem Schooß&rsquo;. Auch jetzt aufschwang er das Eisen,</p>
- <p class="line">Jauchzend, und eilte Muhamed nach. Unzählige Scharen</p>
- <p class="line">Folgten ihm, dürstend nach Blut und brausendem Kampfesgetümmel.</p>
- <p class="line">So durchstürmten die Luft ringsher die empöreten Geister.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Aber der Kaiser drückte voll Hast, Isabella, die Gattinn,</p>
- <p class="line">Noch an die pochende Brust, und mengte die Thräne mit Thränen;</p>
- <p class="line">Segnete, tiefbewegt, sein störrischblickendes Söhnlein,</p>
-<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a>
- <p class="line">Schwang sich auf&rsquo;s wiehernde Roß, und flog aus dem drönenden Thorweg,</p>
- <p class="line">Mitten im Ehrengefolg fünfhundert erlesener Reiter,</p>
- <p class="line">Schnell g&rsquo;en Barcellona hinaus, der prächtigen Seestadt.</p>
- <p class="line">Nah&rsquo; ihm spornte das Roß der einst gewaltige König,</p>
- <p class="line">Muley Hassan, und sann, verstummend, und düster, den Pfad hin.</p>
- <p class="line">Muhamed naht&rsquo; ihm ergrimmt. Er sah, wie finsteres Mißtrau&rsquo;n</p>
- <p class="line">Ihm zerwühlte die Brust vor Furcht und banger Erwartung:</p>
- <p class="line">Ob der Christ ihm dereinst, wenn Hairaddins Macht er bezwungen,</p>
- <p class="line">Treu dem heiligen Eidschwur, noch den Zepter von Tunis</p>
- <p class="line">Frei gibt &mdash; oder ihn selber behält, mit räub&rsquo;rischen Händen?</p>
- <p class="line">Sah&rsquo;s, und schwang sich herab. Gleich einem gewaltigen Uhu,</p>
- <p class="line">Der vom Hunger gequält, mit erblindeten, feurigen Augen</p>
- <p class="line">Harrt in der Felsenkluft der Dämmerung; dann, sich erhebend,</p>
- <p class="line">Leis&rsquo; in dem Thal&rsquo; umher, mit weitgebreiteten Flügeln</p>
- <p class="line">Flattert, nach Beute zu späh&rsquo;n: so naht&rsquo; auch Muhamed jetzo</p>
- <p class="line">Hassans geistigem Leib, der leicht wie die Strahlen der Sonne,</p>
- <p class="line">Jegliche Nerve durchdringt, und schnell, wie in dumpfer Betäubung,</p>
- <p class="line">Und wie entkörpert, vernahm er den Geist im Seelengelispel:</p>
- <p class="line">&bdquo;Träumender, ha, du sankst erst jüngst dem ungläubigen Fürsten</p>
-<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a>
- <p class="line">Feig zu den Füßen, und hoffst, auf die Rechte des Siegers dich stützend,</p>
- <p class="line">Den, nach schrecklichem Mord&rsquo; ererbeten Thron zu besteigen?</p>
- <p class="line">Thor, der also sich täuscht: der Christ, und ein Christenbeherrscher</p>
- <p class="line">Zöge für dich in den Kampf, und opferte dir zu Gefallen</p>
- <p class="line">Menschen und Gold, daß du dich dann erfreuest der Herrschaft?</p>
- <p class="line">Wiss&rsquo; es: er sinnt dir Schmach und Verrath, und gibt dich der Rachgier</p>
- <p class="line">Hairaddins hin &mdash; vielleicht als Preis für die Veste Goletta.</p>
- <p class="line">Solltest du nicht, bald heimgekehrt, auf täuschendem Pfad&rsquo; ihm</p>
- <p class="line">Jammer bereiten, und ihn verderben, dir selber zur Rettung?&ldquo;</p>
- <p class="line">Hassan horchte verwundert, und sann, wer ihm in dem Herzen</p>
- <p class="line">Solch&rsquo; Empörung erregt, das sonst schon zweifelerfüllt war?</p>
- <p class="line">Doch nun hemmt&rsquo; er das Roß mit dem Zaum&rsquo;: im zögernden Schritte</p>
- <p class="line">Sich zu entzieh&rsquo;n der Schar, die rasch zum rühmlichen Ziel fort</p>
- <p class="line">Eilete; sah dann zurück, nach Mosul, dem Sclaven, und sagte:</p>
- <p class="line">&bdquo;Mosul, vernimm, wie dir des Busens geheimste Gedanken</p>
- <p class="line">Dein Gebiether enthüllt: denn ach, so beugete Hassans</p>
- <p class="line">Haupt das Geschick, daß er selbst dem niedrigen Sclaven sie kund thut!</p>
- <p class="line">Siehe, wie dort hineilt der mächtige Christenbeherrscher,</p>
- <p class="line">Bald an der Spitze des Heeres zu steh&rsquo;n, zu entfalten die Segel,</p>
-<a id="page-45" class="pagenum" title="45"></a>
- <p class="line">Und zu entschiffen, im Flug nach Tunis, dem herrlichen Erbland.</p>
- <p class="line">Hoffst du, er werde des Schwurs, des heiligen: mir das Entriss&rsquo;ne</p>
- <p class="line">Wieder zu schaffen mit Waffengewalt, auch drüben gedenken?</p>
- <p class="line">Ach, mir sinnet er Schmach und sich unendlichen Vortheil,</p>
- <p class="line">So er dem schrecklichen Feind mich verräth, dem solches ersehnt ist!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, bewegt. &bdquo;Nicht zürn&rsquo;, o Herr,&ldquo; so entgegnete jener,</p>
- <p class="line">&bdquo;Daß ein niedriger Knecht vor deinem erhabenen Antlitz</p>
- <p class="line">Sich zu reden erkühnt. Hast du nicht am dämmernden Abend</p>
- <p class="line">Gestern geseh&rsquo;n, wie mildgesinnt der Christenbeherrscher</p>
- <p class="line">Dich aufnahm im Palast, wie gütig sein thränender Blick war?</p>
- <p class="line">Nicht vernommen den Eidschwur dort, beim einigen Gotte</p>
- <p class="line">Dir geschworen, daß er den entrissenen Zepter der Väter,</p>
- <p class="line">So er den Räuber besiegt, dir wieder zu geben bereit sey?</p>
- <p class="line">Ach, nicht brächt&rsquo; ihm die Täuschung Gewinn: ein irrender Fremdling</p>
- <p class="line">Stehst du vor ihm ... vertrau&rsquo; im edelen Herzen dem Edeln!&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Schweig,&ldquo; so rief der Zürnende jetzt, &bdquo;im lächelnden Antlitz</p>
- <p class="line">Lauert der Trug &mdash; dein lacht im freundlichen Auge die Falschheit!</p>
- <p class="line">Hat das unselige Volk nicht Hairaddins List mit Al-Raschids</p>
- <p class="line">Leiche getäuscht? Droht mir, dem Muselman, nicht von dem Christen</p>
- <p class="line">Größeres Unheil noch? Merk&rsquo; auf! Im engenden Schiffsraum,</p>
-<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a>
- <p class="line">Nicht wie im stolzen Palast durch weite Hallen gesondert</p>
- <p class="line">Von dem Beherrscher selbst und den Seinen, erhaschest du leicht wohl,</p>
- <p class="line">Achtlosscheinend, ein Wort, das uns die schändliche Täuschung</p>
- <p class="line">Aufhüllt: nicht mißtraut sein Gefolg dem niedrigen Sclaven.</p>
- <p class="line">Angelangt an dem heimischen Strand&rsquo;, erseh&rsquo; ich den Vortheil</p>
- <p class="line">Mir dann schnell, und entflieh&rsquo; in der Dämmerung; oder ich heische,</p>
- <p class="line">So er von Tunis den Thron mir wieder zu geben gesinnt ist,</p>
- <p class="line">Selber von ihm das Schiff, Hülfsvolk aus den Bergen von Kabesch<a class="fnote" href="#footnote-18" id="fnote-18">[18]</a></p>
- <p class="line">Ihm zu schaffen, wo mir die tapfern Bewohner noch treu sind.&ldquo;</p>
- <p class="line">Und er spornte das schnaubende Roß, der Seite des Kaisers</p>
- <p class="line">Wieder zu nah&rsquo;n, der eilender g&rsquo;en Barcellona hinausritt.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Doch, ach, welch Geschrei erschallt unferne der Seestadt,</p>
- <p class="line">Drüben am Strand&rsquo; Areny&rsquo;s, des hainumsäuselten Dörfchens?</p>
- <p class="line">Wer betrübte so tief des Dörfchens stille Bewohner,</p>
- <p class="line">Daß sie mit Thränen im Blick&rsquo;, entfärbete Todesgestalten,</p>
- <p class="line">Stumm, und bebend vor Angst, aufschau&rsquo;n zu dem nächtlichen Himmel,</p>
- <p class="line">Ob er sie schirm&rsquo;, ob Flammen speie sein rächender Donner?</p>
- <p class="line">Heiter entschwand die Sonn&rsquo; im rosigen Duft&rsquo;, und der Himmel</p>
- <p class="line">Lächelte mild. Wie ein Säugling am Busen der liebenden Mutter</p>
- <p class="line">Schlummert, so lag, entzückend, am Saume der luftigen Berghöh&rsquo;n</p>
-<a id="page-47" class="pagenum" title="47"></a>
- <p class="line">Abendröthliche Gluth. Im Gesang heimkehrten die Schnitter;</p>
- <p class="line">Laut ertönte des Hirten Schalmei, und die blöckenden Heerden</p>
- <p class="line">Eilten durch Wolken Staub&rsquo;s, der hoch in den röthlichen Himmel</p>
- <p class="line">Aufquoll, hüpfend zum duftenden Stall, nach Ruhe sich sehnend.</p>
- <p class="line">Als sich die Müden getrocknet den Schweiß, und die dämmernde Kammer</p>
- <p class="line">Alle versammelt&rsquo; umher, da tischte die sorgliche Hausfrau</p>
- <p class="line">Jenes zur Abendkost, was ihr der Garten gespendet,</p>
- <p class="line">Was die Heerd&rsquo; ihr both aus strotzenden Eitern. Sie stillten</p>
- <p class="line">Fröhlich den Hunger, und bald verstummte des Tages Getümmel</p>
- <p class="line">Ringsum; nur vom Thurme herab noch mahnte das Glöcklein,</p>
- <p class="line">Fromm zu erheben das Herz. Sie betheten, eilten zu ruhen,</p>
- <p class="line">Und der erquickende Schlaf umfing sie mit süßer Betäubung.</p>
- <p class="line">Glückliche, wacht: denn nah&rsquo; ist der Sturm, der plötzlich den Himmel</p>
- <p class="line">Eures Friedens bewölkt mit schwarzumnachtender Trauer!</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Lauernd durchpflügte die See, mit hundert gerüsteten Schiffen,</p>
- <p class="line">Hairaddins Liebling, Al-Mansor, dem, scheidend, am Bord&rsquo; er</p>
- <p class="line">Noch in die Seele gelegt: so draußen auf offener Meersfluth</p>
- <p class="line">Kühn dem Feind&rsquo; entgegen zu steh&rsquo;n, so rings an den Küsten</p>
- <p class="line">Furchtbar&rsquo;n Ueberfall in nächtlicher Stunde zu wagen,</p>
- <p class="line">Und zu entwinden das Schwert des Feindes Hand in Europa,</p>
-<a id="page-48" class="pagenum" title="48"></a>
- <p class="line">Das er nach Afrika, dräuend, gezückt, ihm selber zum Unheil.</p>
- <p class="line">Wühlend im röthlichen Bart, der ihm zu dem Gürtel herabfloß,</p>
- <p class="line">Sprach nun Al-Mansor zu Omrah, dem tapferen Aga:</p>
- <p class="line">&bdquo;Omrah, Mustapha&rsquo;s Sohn, vernimm mich jetzt, den Gebiether!</p>
- <p class="line">Bald entsinket die Nacht dem erdumwölbenden Himmel;</p>
- <p class="line">Spanne die Segel dem Wind&rsquo;. Unferne der Stadt Barcellona</p>
- <p class="line">Landend, raub&rsquo; entschlummertes Volk der niedrigen Hütte,</p>
- <p class="line">Oder dem stolzen Palast, daß wir erkunden in Wahrheit:</p>
- <p class="line">Ob in die thürmende Stadt der Christenbeherrscher gekommen,</p>
- <p class="line">Kampfgerüstet, ob nicht? denn eilig geböth&rsquo; er die Fahrt dann.</p>
- <p class="line">Tapferer, was du beginnest mit Muth, vollende mit Kühnheit!&ldquo;</p>
- <p class="line">Omrah gehorchte dem Wort&rsquo;. Er löste dem Winde die Segel,</p>
- <p class="line">Und aus dem dunkeln Schooß Verderben dräuend und Jammer,</p>
- <p class="line">Flog sein Schiff dem Strand&rsquo; entgegen am dämmernden Abend.</p>
- <p class="line">Dort in der Felsenbucht, nicht ferne den Marken Areny&rsquo;s,</p>
- <p class="line">Harret&rsquo; er, lauernd, der Nacht. Sie kam: rings schwanden die Lichter;</p>
- <p class="line">Jeglicher Laut erstarb; nur die Wellen rauschten am Schiffskiel</p>
- <p class="line">Leis&rsquo; empor, nur die Brandung scholl an den fernen Gestaden.</p>
- <p class="line">Eilig umschifft&rsquo; er den bergenden Fels; dann flog er zum Strand hin,</p>
- <p class="line">Landete, trieb sein Volk zum Raub&rsquo;, ihm Eile gebiethend.</p>
- <p class="line">Und, wie in dunkler Mitternacht aus säuselndem Schilfrohr,</p>
-<a id="page-49" class="pagenum" title="49"></a>
- <p class="line">Plötzlich, die wilde Schar langhungernder Wölfe sich aufmacht,</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf, der Hürde genaht, einstürmt, und die zitternden Lämmer</p>
- <p class="line">Raubet in Hast; wie jährige Stier&rsquo; im blutigen Rachen</p>
- <p class="line">Tragend, die Jaguar, Westindiens schreckliche Tieger,</p>
- <p class="line">Fliehen den Berg aufwärts: so drangen die furchtbaren Räuber,</p>
- <p class="line">Gräßlichen Mord im Blick, durch berstende Thüren und Fenster</p>
- <p class="line">Ein in die Hütten; so raubten sie dort den blühenden Jüngling,</p>
- <p class="line">Grauender Aeltern einzigen Trost, und des liebenden Weibes</p>
- <p class="line">Theuern Gatten, und floh&rsquo;n zum Bord des harrenden Schiffs hin.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Wehklag&rsquo; scholl. Als jetzt sie erweckte des Dörfchens Bewohner,</p>
- <p class="line">Die, noch solchem Geschick&rsquo; entronnen, der Spur der Geraubten</p>
- <p class="line">Folgten, ächzend vor Schmerz und drängender Sorge der Rettung,</p>
- <p class="line">Tönte schon fern&rsquo; ihr Schrei von den rauschenden Wogen herüber.</p>
- <p class="line">Schrecklich zu schau&rsquo;n! Da steht mit fliegendem Haar, mit Verzweiflung</p>
- <p class="line">In dem Gesicht, mit Gluth in der Brust, die Gattinn, und breitet</p>
-<a id="page-50" class="pagenum" title="50"></a>
- <p class="line">Zitternd die Arme dem Gatten nach: mit bebenden Lippen</p>
- <p class="line">Will sie noch einmal zurück, mit Gewalt, ihn rufen, und stöhnt nur.</p>
- <p class="line">Dort auf den Sand hinstürzet der Greis, und rauft sich die Haar&rsquo; aus</p>
- <p class="line">Ob des Töchterchens, ob des Sohn&rsquo;s. Da knie&rsquo;t an dem Ufer,</p>
- <p class="line">Schaudernd im Fieber, die Braut, und blickt mit wilden Geberden</p>
- <p class="line">Jetzo dem Vater, und jetzt der weinenden Mutter in&rsquo;s Antlitz;</p>
- <p class="line">Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und <a id="corr-2"></a>läuft auf dem Sandpfad</p>
- <p class="line">Plötzlich dahin. Ein gellender Schrei aus dem fliegenden Busen</p>
- <p class="line">Füllet die Luft und die Herzen des Volk&rsquo;s, mit starrem Entsetzen.</p>
- <p class="line">Ach, sie stürzt&rsquo; in die Fluth; doch hängen die zarten Geschwister,</p>
- <p class="line">Wimmernd, an ihrem wehenden Kleid&rsquo;, und rufen ihr liebvoll</p>
- <p class="line">Trost in das Herz, vereint dem Fleh&rsquo;n des weinenden Volkes,</p>
- <p class="line">Das an den Vater im Himmel sie mahnt, den Rächer der Unschuld!</p>
- <p class="line">Aber schon nahte der Rächer, im Flug, Barcellona&rsquo;s Gefilden,</p>
- <p class="line">Glühend im Herzen dem Ruf&rsquo; erhabener Christenerrettung.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-4">
-<a id="page-51" class="pagenum" title="51"></a>
-Dritter Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">S</span><span class="postfirstchar">iehe,</span> wie stolz erhebt Barcellona, die herrliche Seestadt,</p>
- <p class="line">Heute die Stirn&rsquo; in die Luft; wie schimmert so hell in des Meeres</p>
- <p class="line">Fluthendem Spiegel ihr Bild; im freudigen Lärm und Getümmel</p>
- <p class="line">Jauchzt in den Gassen das Volk, und jauchzt in dem hallenden Hafen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Heil uns, Doria kommt, der langersehnete Seeheld!&ldquo;</p>
- <p class="line">Dreißig der Schiff&rsquo; erkennet das Aug&rsquo; an den flatternden Segeln</p>
- <p class="line">Fern&rsquo; auf dem Meer. Sie führen fünftausend erlesene Krieger,</p>
- <p class="line">Genua&rsquo;s tapferes Volk, zum heiligen Kampfe der Rettung.</p>
- <p class="line">Dreißigmal grüßt das Donnerrohr von dem Walle den Helden:</p>
- <p class="line">Also schallt von dem Meere sein Dank im Donner herüber;</p>
- <p class="line">Doch, wie die Echo, geweckt in der felsumstarreten Bergschlucht,</p>
- <p class="line">Einen gewaltigen Ruf erst laut und mächtig erwiedert,</p>
-<a id="page-52" class="pagenum" title="52"></a>
- <p class="line">Dann nur leis&rsquo; aushaucht, und wieder verstummt in der Stille:</p>
- <p class="line">So von des Meeres Höh&rsquo;n herflog, mit ermattenden Schwingen,</p>
- <p class="line">Dreißig Grüßen zum Dank, der dumpfummurrende Nachhall.</p>
- <p class="line">Jetzt aufrauschte die Fluth: sie sprang an dem schwärzlichen Schiffskiel,</p>
- <p class="line">Schäumend, umher, und wogte sie all&rsquo; in den schirmenden Hafen.</p>
- <p class="line">Jetzt entsank dem Busen des Schiff&rsquo;s der gewichtige Anker,</p>
- <p class="line">Rasselnden Schwungs, und ihm, geschleudert vom kreisenden Wellbaum,</p>
- <p class="line">Folgte das mächtige Seil, bis er haftete fest in dem Boden.</p>
- <p class="line">Lange wiegte die Fluth das eiserngeheftete Schiff noch.</p>
- <p class="line">Doch nun schwang sich der Held, mit den obersten Schiffesgebiethern,</p>
- <p class="line">Schnell in das zierliche Boot, und eilte dem Ufer entgegen:</p>
- <p class="line">Ihn umbraus&rsquo;te des Volks ringsher auftobender Jubel.</p>
- <p class="line">Aber es scholl erneut in dem wimmelnden Hafen der Zuruf:</p>
- <p class="line">&bdquo;Heil dem nahenden Freund!&ldquo; denn Ludwig,<a class="fnote" href="#footnote-19" id="fnote-19">[19]</a> der Bruder der Kais&rsquo;rinn,</p>
- <p class="line">Und Lusitaniens Stolz, kam jetzt mit zwanzig der Segel</p>
- <p class="line">Näher dem Port&rsquo;. Er warb viertausend tapfere Streiter</p>
- <p class="line">Drüben am Tajo, und kam, Siegsruhm zu erringen entschlossen.</p>
- <p class="line">Als er, gelandet, am Strand hinging: da staunte mit Ehrfurcht</p>
- <p class="line">Jegliches Aug&rsquo; ihm nach, da er schon im Lenze des Lebens,</p>
- <p class="line">Heiter die muthige Brust darboth des Krieges Gefahren.</p>
-<a id="page-53" class="pagenum" title="53"></a>
- <p class="line">Wieder erscholl&rsquo;s: &bdquo;Heil dort den nahenden Schiffen!&ldquo; und sechzig</p>
- <p class="line">Zählte des Strandes Wart von dem hochaufthürmenden Leuchtthurm.</p>
- <p class="line">Ruyter<a class="fnote" href="#footnote-20" id="fnote-20">[20]</a> kam, der jüngst die flandrischen durch Gibilterra&rsquo;s</p>
- <p class="line">Enge geführt, und auf Malaga&rsquo;s Höh&rsquo;n mit jenen vereinte,</p>
- <p class="line">Die Hispania&rsquo;s Städte gesandt, im rühmlichen Wettstreit.</p>
- <p class="line">Hundert Krieger am Bord trug jedes der räumigen Schiffe &mdash;</p>
- <p class="line">Trug in dem dunkeln Schooß Geräthe des dauernden Krieges,</p>
- <p class="line">Mundvorrath und Geschoß, mit den ehernen Schlünden und Mörsern.</p>
- <p class="line">Rastlos brüllten die Donnerschlünd&rsquo;, als jetzt in des Morgens</p>
- <p class="line">Stunden sich eint&rsquo;, im Port, zu dem Heldenzuge die Heersmacht.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Aber auch drüben an Wälschlands weitumkreisenden Ufern</p>
- <p class="line">Wogten des Krieges Banner, erhöht, in dem Wind&rsquo;, und die Völker</p>
- <p class="line">Harrten der Siegesfahrt. In Genua&rsquo;s äußerstem Hafen,</p>
- <p class="line">Den im holden Gefild schon längst entschwund&rsquo;ne Geschlechter</p>
- <p class="line">Weihten der Liebesgöttinn zum Sitz,<a class="fnote" href="#footnote-21" id="fnote-21">[21]</a> einschiffte die Scharen</p>
- <p class="line">Genua&rsquo;s &mdash; auch Hetruriens und Lombardia&rsquo;s Krieger,</p>
- <p class="line">Guasto, der tapfere Greis, des Fußvolks oberster Feldherr.<a class="fnote" href="#footnote-22" id="fnote-22">[22]</a></p>
- <p class="line">Finster blickte sein Aug&rsquo;. Ergraut in den eisernen Waffen,</p>
- <p class="line">Nährt&rsquo; er im stetsumwölkten Gemüth&rsquo; unziemliches Mißtrau&rsquo;n</p>
- <p class="line">Gegen die Welt: ihn scheuten &mdash; nicht liebten die Waffengefährten.</p>
-<a id="page-54" class="pagenum" title="54"></a>
- <p class="line">Jetzt von der einsamen Burg von Ischia rief ihn der Kaiser</p>
- <p class="line">Wieder zum Kampf, nach erkorener Ruh&rsquo; im grauenden Alter:</p>
- <p class="line">Denn er kannte die Kraft des schlachtanordnenden Greises.</p>
- <p class="line">Als er vom Meeresstrand&rsquo; einschiffte die Völker: da nahte</p>
- <p class="line">Eberstein,<a class="fnote" href="#footnote-23" id="fnote-23">[23]</a> zehntausend erlesene Krieger aus Deutschland</p>
- <p class="line">Führend im freudigen Muth zu dem rühmlichen Kampfe der Rettung.</p>
- <p class="line">Eine Ros&rsquo; in dem Schild&rsquo;, enthüllete, schimmernd, sein Fähnlein &mdash;</p>
- <p class="line">Sie, des trefflichen Ahns Stammzier, den ehrend der Kaiser</p>
- <p class="line">Heinrich, der Finkler genannt, zu der hohen Roma gesendet,</p>
- <p class="line">Daß er der Völker Wohl mit dem Hirten der Kirche berathe.</p>
- <p class="line">Dort an dem festlichen Tag, wo, Flammen gleich, von dem Himmel</p>
- <p class="line">Sich auf die Jünger herab, der Geist, der <em>Heilige</em>, senkte,</p>
- <p class="line">Ward ihm die Rose gereicht von dem Heiligen Vater, und Heinrich</p>
- <p class="line">Pflanzte die Ros&rsquo; in den Wappenschild des tapferen Ritters,</p>
- <p class="line">Welcher die Freiheitsschlacht auf Mörsburgs sandigen Fluren</p>
- <p class="line">Kämpfte mit ihm, das Volk zu erretten vom Joche der Ungern.</p>
- <p class="line">Solchen Ahnen entsproß der Führer germanischer Völker.</p>
- <p class="line">Aber er einte vor Mailand jüngst die kühnen Gefährten,</p>
- <p class="line">Die er in Deutschland warb &mdash; in dem Vaterlande der Helden:</p>
- <p class="line">Denn in Schwabens freundlichen Gau&rsquo;n, wo silbernergossen</p>
- <p class="line">Schimmert der Bodensee, und die rühmliche Quelle der Donau,</p>
-<a id="page-55" class="pagenum" title="55"></a>
- <p class="line">Unversiegbar, nährt des Schwarzwalds heiliges Dunkel,<a class="fnote" href="#footnote-24" id="fnote-24">[24]</a></p>
- <p class="line">Daß sie, ein Ries&rsquo;, auf siebenhundert Meilen entlang hin</p>
- <p class="line">Netze den Bord unzähliger Städt&rsquo;, und Dörfer, und Vesten,</p>
- <p class="line">Fröhlicher Traubengebirg&rsquo;, und erblühender Gärten und Wälder,</p>
- <p class="line">Und in dem Schwarzen-Meer, des Schwarzwalds Höhen entsprossen,</p>
- <p class="line">Stets nach Osten gewandt, vollende die herrliche Laufbahn:</p>
- <p class="line">Dort begrüßten zuerst zwölfhundert erlesene Krieger,</p>
- <p class="line">Lanzenbewaffnetes Volk, mit Römhild, dem tapferen Führer,</p>
- <p class="line">Ebersteins Panier mit lautaufschallendem Jubel.</p>
- <p class="line">Doch wo des Spessarts Grau&rsquo;n, so wie auch des lieblichen Mainstroms</p>
- <p class="line">Schimmer das Herz erhebt, im schönen Lande der Franken,</p>
- <p class="line">Flatterte hoch in die Luft des Führers erhobenes Fähnlein,</p>
- <p class="line">Werners: ihm folgte die Schar achthundert trefflicher Schützen.</p>
- <p class="line">Also das muthige Volk der bergbewohnenden Hessen</p>
- <p class="line">Folgete Wittekind nach, dem Helden: er zählte der Krieger</p>
- <p class="line">Tausend um sich, und kam, ruhmdürstend, heran in dem Kriegszug.</p>
- <p class="line">Und an den Ufern der Isar hinab zu dem freundlichen München,</p>
- <p class="line">Reihte sogleich die Schar zweitausend gerüsteter Bayern</p>
- <p class="line">Sich an den schwellenden Zug. Gedenkend der trefflichen Heimath,</p>
- <p class="line">Schwur ein jeder ihr herrlichen Ruhm zu erkämpfen vor Tunis.</p>
- <p class="line">Radburg führte sie an, des Herzogs tapferer Sprößling.</p>
-<a id="page-56" class="pagenum" title="56"></a>
- <p class="line">Auch wo im Sande die Spree der brandenburgischen Hauptstadt</p>
- <p class="line">Blässere Fluthen entgegenrollt, und die Oder des Landes</p>
- <p class="line">Blühende Fluren durchströmt, ertönte der mächtige Heerruf.</p>
- <p class="line">Schnell erhob sich die Schar von tausend erlesenen Kriegern,</p>
- <p class="line">Löwenbeherzt, und folgete Siegfrieds winkendem Banner.</p>
- <p class="line">Und wie folgte nicht, Stollberg, dir, im Muthe der Helden,</p>
- <p class="line">Sachsens edeles Volk, das mächtig umher an der Elbe,</p>
- <p class="line">So an der Pleiß&rsquo; und der Ilm, ruhmwürdige Städte bewohnet;</p>
- <p class="line">Wo den Musen ihr Kranz erblüht&rsquo;, und die forschende Weisheit</p>
- <p class="line">Glänzende Höhen errang. Sie sendeten freudig nach Mailand,</p>
- <p class="line">Ueber Tyrols Berghöh&rsquo;n, achthundert gewaltige Krieger.</p>
- <p class="line">Treues Tyrol, auch deinen Gebirgen und Thälern entströmte,</p>
- <p class="line">Jauchzenden Muthes, die Schar gepriesener Schützen! Sie nahten,</p>
- <p class="line">Tausend an Zahl, und, vereint fünfhundert muthigen Bündtnern,</p>
- <p class="line">Führte sie Salis zum Kampf, Oestreichs hochherziger Feldherr.</p>
- <p class="line">Ha, nicht weilten daheim die Helden des glücklichen Reiches,</p>
- <p class="line">Das in dem Bruderbund&rsquo; unzählige Völker vereinet,</p>
- <p class="line">Und den Vereinten durch Weisheit, Mild&rsquo;, und Gerechtigkeit obherrscht:</p>
- <p class="line">Denn es entsandte zum Heer fünfhundert geharnischte Reiter:</p>
- <p class="line">Böhmens tapferes Volk, das, eisern, im eisernen Schlachtfeld</p>
- <p class="line">Ausharrt, und im entscheidenden Kampf den Feind in den Staub wirft;</p>
-<a id="page-57" class="pagenum" title="57"></a>
- <p class="line">Sandte der Ungern muthige Schar, die auf feurigen Rossen,</p>
- <p class="line">In der gewaltigen Faust den blinkenden Säbel erhebend,</p>
- <p class="line">Schnell, wie der Blitz, im Flug, die feindlichen Reihen zerschmettern.</p>
- <p class="line">Jenen geboth Waldstein, und diesen Hunyadi&rsquo;s<a class="fnote" href="#footnote-25" id="fnote-25">[25]</a> Enkel,</p>
- <p class="line">Der, Europa&rsquo;s Hort, die Macht der Osmanen gebrochen.</p>
- <p class="line">Ihnen gesellt, annahte das siegsruhmdürstende Fußvolk,</p>
- <p class="line">Das sich aus deinem Wall&rsquo; und Fluren erhob, Vindobona,</p>
- <p class="line">Austria&rsquo;s herrliche Kaiserstadt! Wer rühmte dich würdig?</p>
- <p class="line">Ha, wie lieblich bespühlt die breitherrollende Donau</p>
- <p class="line">Deinen erhabenen Sitz! Wie stolz dir winken die Berghöh&rsquo;n,</p>
- <p class="line">Säuseln die Hain&rsquo; umher, und die lustaushauchenden Gärten!</p>
- <p class="line">Herrlich umglänzt dich der Aehren Gold, des fröhlichen Weinbergs</p>
- <p class="line">Labende Frucht; dir blüh&rsquo;n rings Edens wonnige Fluren!</p>
- <p class="line">Nun entbothst du die Schar fünfhundert erlesener Krieger.</p>
- <p class="line">Aber noch dreimal die Zahl entsandten die trefflichen Länder,</p>
- <p class="line">Welche die March, die Muhr, und die Drau durchströmet, und jenes,</p>
- <p class="line">Das in dem freundlichen Schooß der Zirknitz<a class="fnote" href="#footnote-26" id="fnote-26">[26]</a> zaub&rsquo;rischen See birgt:</p>
- <p class="line">Wo in den Tagen des rollenden Jahrs bald emsige Fischer</p>
- <p class="line">Jubeln der Beut&rsquo; in dem Netz&rsquo;, und bald die Schnitter und Jäger</p>
- <p class="line">Strecken die Halm&rsquo; und das Wild auf dem fluthentblößeten Raum hin.</p>
- <p class="line">Lichtstein führte dieß Volk. Hoch flattert&rsquo; im Winde sein Fähnlein,</p>
-<a id="page-58" class="pagenum" title="58"></a>
- <p class="line">Wo das purpurne Feld, vom güldenen Felde gesondert,</p>
- <p class="line">Auf dem Schilde sich wies, und des Helms hochragender Fittig.</p>
- <p class="line">Hinter den zahllosen kam, von schnaubenden Rossen gezogen,</p>
- <p class="line">Näher die Wucht von hundert donnernden Schlünden und Mörsern.</p>
- <p class="line">Rückwärts gähnet&rsquo; ihr dräuender Mund, und jeglichem folgte,</p>
- <p class="line">Rasch, mit der Lunt&rsquo; an der Brust, der Wurfschütz &mdash; folgten Gehülfen,</p>
- <p class="line">Sonder Scheu, an dem Wagen, voll tödlicher Feuergeschosse.</p>
- <p class="line">Rogendorf, der Feldzeugmeister im Heere des Kaisers,</p>
- <p class="line">Führte des Feldzeugs Macht. Er hemmte zuweilen mit Vorsicht</p>
- <p class="line">Sein gluthschnaubendes Roß, daß all&rsquo; ihm folgten in Ordnung.</p>
- <p class="line">Trauer erfüllte sein Herz. Ihm sank der Gefährte der Jugend,</p>
- <p class="line">Salm, auf Wiens hochragendem Wall, wo beide, den Leu&rsquo;n gleich,</p>
- <p class="line">Kämpften gegen Suleymans Wuth.<a class="fnote" href="#footnote-27" id="fnote-27">[27]</a> Dort schwand ihm des Glückes</p>
- <p class="line">Freundlicher Strahl: vom Grau&rsquo;n des nächtlichen Kummers umgeben,</p>
- <p class="line">Sah er schweigend hinaus nach des Lebens verödeten Räumen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Also lenkte zum Meeresstrand die tapferen Völker</p>
- <p class="line">Ebersteins Heerruf. Laut wirbelte, drönte die Trommel;</p>
- <p class="line">Schmetternd erklang die Dromet&rsquo;, und das Wiehern der stampfenden Rosse</p>
-<a id="page-59" class="pagenum" title="59"></a>
- <p class="line">Scholl aus dem Waffengeblitz herüber vom stäubenden Fahrweg.</p>
- <p class="line">Doch nun rollt&rsquo; er die Reih&rsquo;n am tosenden Strande des Meers auf:</p>
- <p class="line">Guasto&rsquo;s Feldherrnauge zur Schau. Sie jagten hinunter,</p>
- <p class="line">Jagten herauf das muthige Roß, die herrlichen Scharen</p>
- <p class="line">Musternd, und staunenden Blicks ersah der oberste Feldherr</p>
- <p class="line">Deutschlands Heldenvolk, das, trefflichgerüstet, daherzog:</p>
- <p class="line">Diese bewehrt mit dem Helm&rsquo; und dem Panzerhemde von Eisen,</p>
- <p class="line">Haltend die hochaufragende Lanze gelehnt an die Schulter;</p>
- <p class="line">Jene, das Feuerrohr im Arm, dem krachend des Todes</p>
- <p class="line">Kugel entfleugt, und fern&rsquo; aus den Reihen die Männer in Staub wirft.</p>
- <p class="line">Allen umhüllte die Brust der todabwehrende Koller,</p>
- <p class="line">Von dem Felle des Elennthiers, und die eisernen Hauben</p>
- <p class="line">Schirmten vor tödlichem Hieb ihr Haupt im Gemenge der Waffen.</p>
- <p class="line">Aber die Reiterschar, gleich Flügeln umgebend das Fußvolk,</p>
- <p class="line">Hob den blinkenden Stahl in der nervigen Rechte zur Schulter.</p>
- <p class="line">Alle blickten nach Eberstein: Die rechts, und die Ander&rsquo;n</p>
- <p class="line">Links, wie er nun, zur Mitte gekehrt, vor den Scharen das Wort nahm:</p>
- <p class="line">&bdquo;Seht uns am Strande des Meers! Verkünden die thränenden Wimpern,</p>
- <p class="line">Kündet die Stille mir, wie jetzt des herrlichen Anschau</p>
- <p class="line">Euern Busen ergriff in spracherstickender Wonne?</p>
- <p class="line">Endlos wogt es dahin, in des Himmels umwölbenden Busen</p>
-<a id="page-60" class="pagenum" title="60"></a>
- <p class="line">Schwindend: ein Bild der allumfassenden Liebe. Gesegnet</p>
- <p class="line">Sey uns die Fluthenbahn: nach dem fernentlegenen Welttheil</p>
- <p class="line">Führe sie schnell die Helden zum Kampf für Rettung und Freiheit!</p>
- <p class="line">Brüder, wir kämpfen ihn dort, als Deutsche, der heiligen Pflicht treu,</p>
- <p class="line">Glühend von edelem Muth&rsquo;, und denkend des heimischen Ruhmes!</p>
- <p class="line">Gott und der Kaiser mit uns, die stets den Tapferen hold sind!&ldquo;</p>
- <p class="line">Tausende schrie&rsquo;n, aufjauchzte das Heer: &bdquo;Gebiethe die Abfahrt:</p>
- <p class="line">Gott und der Kaiser mit uns, die stets den Tapferen hold sind!&ldquo;</p>
- <p class="line">Hastig drängten sich alle zum Strand&rsquo;, und sah&rsquo;n auf die Meer&rsquo;sfluth,</p>
- <p class="line">Schweigend, hinaus. Erschüttert bückte sich Dieser, und tauchte</p>
- <p class="line">Freudig die Hand in die Fluth des schauererregenden Abgrunds;</p>
- <p class="line">Jener staunte der Pracht der Kriegesschiff&rsquo; und Galeeren &mdash;</p>
- <p class="line">Auch der Menge der Tau&rsquo; und der Höhe des thürmenden Mastbaums.</p>
- <p class="line">Rastlos fuhren die Boot&rsquo; umher. Da schifften am Ufer</p>
- <p class="line">Haufen sich ein; dort stiegen auf hänfenen Leitern die andern,</p>
- <p class="line">Eiliger, auf zu dem Raum des hochgewölbeten Schiffbords.</p>
- <p class="line">Aber die Reiter und Ross&rsquo;, Feldzeug und Geräthe des Krieges</p>
- <p class="line">Faßte der breitere Raum der offenen, niedern Galeeren,</p>
- <p class="line">Wo das muthige Roß, das erst, voll schnaubenden Ingrimms,</p>
-<a id="page-61" class="pagenum" title="61"></a>
- <p class="line">Tobte, bezähmt, und zitternd stand, und den mähnigen Nacken</p>
- <p class="line">Furchtsam erhob: zu schau&rsquo;n die ringserhellten Gewässer.</p>
- <p class="line">Jetzt erscholl der Abfahrt lauterdonnerndes Zeichen.</p>
- <p class="line">Freundlich weht&rsquo; aus Osten der Wind, und führte die Schiffe</p>
- <p class="line">Auf die unendliche Fläche hinaus. Die Menge des Volkes</p>
- <p class="line">Sah den herrlichen Zug von hundert Segeln, und jauchzt&rsquo; ihm,</p>
- <p class="line">Lange vom schwindenden Strand, die Wünsche der günstigen Meerfahrt</p>
- <p class="line">Und des ersehnten Wiederseh&rsquo;ns mit gewaltigem Laut nach.</p>
- <p class="line">Abend nahte heran. In den weitvorstrebenden Segeln</p>
- <p class="line">Säuselte sanfter der Wind; die goldenstrahlende Sonne</p>
- <p class="line">Sank g&rsquo;en Westen hinab: sie taucht&rsquo; ihr breiteres Antlitz</p>
- <p class="line">Leis&rsquo; in die Spiegelfluth, und blickt&rsquo; auf der flammenden Bahn dort,</p>
- <p class="line">Scheidend, heran, die, im Wellengeblitz erzitternd, ihr nachflog,</p>
- <p class="line">Und an des Himmels Rand&rsquo; entschwand. Im rosigen Aether</p>
- <p class="line">Flatterten Wölkchen empor, die an ihrem verglühenden Saum noch</p>
- <p class="line">Lange den huldausstrahlenden Wink der Lieblichen zeigten.</p>
- <p class="line">Aber die Krieger ergriff die süße Wonne der Wehmuth:</p>
- <p class="line">Lautlos starrten sie hin, und dachten des lieblichen Schlafs nicht,</p>
- <p class="line">Mahnte nicht Guasto&rsquo;s ernster Wink und die Stimme der Führer.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-62" class="pagenum" title="62"></a>
- <p class="line">Siehe, der finstere Schleier der Nacht umhüllte des Heeres</p>
- <p class="line">Fluthenbahn! Eintönig rauschten die schwankenden Wogen</p>
- <p class="line">Jetzt an dem Kiele des Schiffs umher; scharf hauchte der Fahrwind,</p>
- <p class="line">Und in Eil&rsquo; entschwand die Heersmacht Genua&rsquo;s Küsten.</p>
- <p class="line">Aber nicht achtlos sah der Christen ergrimmtester Gegner,</p>
- <p class="line">Muhamed, her aus dem Wolkenreich: wie drüben die Völker,</p>
- <p class="line">Lautaufjubelnden Rufs, entfalteten Segel auf Segel,</p>
- <p class="line">Und vom hohen Verdeck die funkelnden Blicke des Kriegers</p>
- <p class="line">Grause Vernichtung drohten dem Volk, das gläubig ihn ehret.</p>
- <p class="line">Gierig forscht&rsquo; er umher, ob nicht ein wüthender Sturmwind</p>
- <p class="line">Fern&rsquo; an des Himmels Rand&rsquo; aufgährete? Doch in den Lüften</p>
- <p class="line">Herrschte liebliche Ruh&rsquo;, und hell erglänzte die Sternflur;</p>
- <p class="line">Forschte zugleich: ob Al-Mansors vereintes Geschwader</p>
- <p class="line">Nahete, den erst jüngst aus Algier Hairaddin sandte,</p>
- <p class="line">Daß er des Kaisers Macht hintilg&rsquo; in brausender Seeschlacht?</p>
- <p class="line">Aber der Schreckliche trieb noch fern&rsquo; auf den Fluthen des Meers um,</p>
- <p class="line">Das, Sardiniens Strand von Siciliens lieblichen Ufern</p>
- <p class="line">Trennend, die Bahn ihm wies, wo bald (so wähnt&rsquo; er vermessen)</p>
- <p class="line">Ihm erliege, besiegt, der erhabene Herrscher der Christen;</p>
- <p class="line">Dennoch entsandt&rsquo; er erst heut zwei leichthinsegelnde Schiffe,</p>
- <p class="line">Die, von Abdul beherrscht, vor Wälschlands schönen Gestaden</p>
- <p class="line">Kreutzten, und spähten umher: wohin sich wende Del-Guasto?</p>
- <p class="line">Abdul gewahrte des Heer&rsquo;s Abfahrt: denn zahllose Ruder</p>
-<a id="page-63" class="pagenum" title="63"></a>
- <p class="line">Peitschten die See, und die Luft durchfächelten Segel auf Segel.</p>
- <p class="line">Alsbald eilt&rsquo; er nach Elba<a class="fnote" href="#footnote-28" id="fnote-28">[28]</a> hinaus, dem felsigen Eiland,</p>
- <p class="line">Wo von dem Schacht, gehaltreich, schillerndes Eisen der Bergmann</p>
- <p class="line">Fördert zu Tag&rsquo;, und steuerte, bald aus der dunkelen Felsbucht,</p>
- <p class="line">Bald aus dem Eisenport, des Feindes Fahrt zu erkunden.</p>
- <p class="line">Muhamed sah ihn ergrimmt, und naht&rsquo; ihm, scheltenden Ruf&rsquo;s, so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Bebend schaust du das Christenvolk die Meere beherrschen?</p>
- <p class="line">Sinne vielmehr ihm Leid, ein schwacher dem stärkeren Gegner.</p>
- <p class="line">Denke der List: denn sieh&rsquo;, wie dort ein zögerndes Fahrzeug</p>
- <p class="line">Einsam die Wogen durchschifft! Ihm wirf dich muthig entgegen;</p>
- <p class="line">Halte die Enterhaken bereit; mit der Sprache der Heimath</p>
- <p class="line">Täuschend, raubst du dem Feinde noch heut den tapfersten Feldherrn.&ldquo;</p>
- <p class="line">Abdul blickte verwundert um sich: wer Worte des Muthes</p>
- <p class="line">Ihm in die Seele gehaucht? und lenkte sein kühnes Geschwader</p>
- <p class="line">Gegen das einsame Schiff, am Mast&rsquo; erhöhend die Flagge</p>
- <p class="line">Genua&rsquo;s, und entflammend zum Trug den listigen Korsen,</p>
- <p class="line">Der, geboren ein Christ, dem falschen Propheten sich hingab.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sarno, den tapferen Hort und Gebiether lombardischen Volkes,</p>
- <p class="line">Trug das einsame Schiff: ein schlechterer Segler. Vor Ingrimm</p>
-<a id="page-64" class="pagenum" title="64"></a>
- <p class="line">Ballt&rsquo; er die Faust, daß nur er, der jüngste der Führer, zurückblieb.</p>
- <p class="line">Wie vor dem rauheren Herbst der Störch&rsquo; unendliche Scharen,</p>
- <p class="line">Fliehend dahin durchsausen die Luft; doch einer aus allen</p>
- <p class="line">Folgt aus der Ferne dem Zug (den Zögernden lähmte der Weidmann</p>
- <p class="line">Jüngst auf dem Stoppelfeld) und schreit, da jene verschwinden:</p>
- <p class="line">Also schwand ihm das Heer im Schleier der dunkelen Nacht hin.</p>
- <p class="line">Jetzo vernahm er Geräusch&rsquo; annahender Schiffe: die Wogen</p>
- <p class="line">Klatschten, geschleudert vom Kiel&rsquo;, und laut ersausten die Segel.</p>
- <p class="line">Ahnend Gefahr, aufboth der tapfergesinnete Feldherr</p>
- <p class="line">Schnell sein muthiges Volk. Der Wurfschütz harrte des Winks nur,</p>
- <p class="line">Gegen die Feind&rsquo;, im Donnerhall, Verderben zu senden.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf rief er: &bdquo;Wer naht?&ldquo; So schrie&rsquo;n die Krieger zugleich auf.</p>
- <p class="line">Aber vom nahenden Bord begann der Korse voll Arglist:</p>
- <p class="line">&bdquo;Kennt ihr Genua&rsquo;s Flagge nicht mehr? Uns sandte der Feldherr,</p>
- <p class="line">Daß in dem zögernden Lauf kein Gegner die eure gefährde.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also stürmten die Feinde zugleich, auf beiden den Schiffen,</p>
- <p class="line">Dieß, und auch jenseits an, und enterten, jauchzenden Rufes,</p>
- <p class="line">Sarno&rsquo;s Schiff, an mächtigen Tau&rsquo;n fünfklauige Haken</p>
- <p class="line">Schleudernd: sie hafteten fest im Gebälk&rsquo;, und mit schrecklichen Blicken,</p>
-<a id="page-65" class="pagenum" title="65"></a>
- <p class="line">Hoch in der nervigen Faust den blitzenden Säbel erhebend,</p>
- <p class="line">Schwangen sie sich dann auf zum Bord. Doch Sarno, der Feldherr,</p>
- <p class="line">Nahte, das Schwert in der Hand, nicht feige zu sterben, entschlossen.</p>
- <p class="line">Erst dem Korsen durchstieß er das Herz, das falsche; zerschmettert</p>
- <p class="line">Schnell an der Stirn&rsquo;, ihm sank Atha&rsquo;r, und Ismail stürzte</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf, in der Lunge durchbohrt, die tapfersten Aga der Scharen:</p>
- <p class="line">Orta genannt dem Muselman, die hundert und fünfzig</p>
- <p class="line">Krieger vereint. Doch jetzt, unedel im Rücken bestürmte</p>
- <p class="line">Jenen die Meng&rsquo;, und riß mit wildem Getös&rsquo; ihn zu Boden.</p>
- <p class="line">Wie der Waldurochs, den wüthende Rüden umdrängen,</p>
- <p class="line">Rings mit lautem Gebell, ergrimmter die Stirne vor ihnen</p>
- <p class="line">Senkt, und den einen durchstößt mit tödlichen Hörnern, den andern,</p>
- <p class="line">Rasch mit den ehernen Klau&rsquo;n zermalmt, und immer empörter</p>
- <p class="line">Rache schnaubt; doch jetzt, an den blutenden Ohren verbissen,</p>
- <p class="line">So an dem zottigen Halse zugleich und den kräftigen Schenkeln,</p>
- <p class="line">Zerrt die tobende Schar, bis überwältigt er hinsinkt</p>
- <p class="line">Vielen, allein: so stürzte der Held, und, schmählich gefesselt</p>
- <p class="line">Ward er mit seinem Volk&rsquo;, aus Haufen erschlagener Gegner,</p>
- <p class="line">Nach dem feindlichen Schiffe geschleppt. Sein eigenes trieb nun,</p>
- <p class="line">Menschenberaubt, umher, als Beute den stürmischen Wogen.</p>
-<a id="page-66" class="pagenum" title="66"></a>
- <p class="line">Dort im finsteren Schiffsraum lag der edelste Feldherr;</p>
- <p class="line">Preßte die Stirn&rsquo; an die Wand, und heißentquellende Thränen</p>
- <p class="line">Perlten, fort und fort, an seinen Wangen herunter:</p>
- <p class="line">Thränen, dem feindlichen Schicksal geweint, das jetzt, ihn der Freiheit</p>
- <p class="line">Schnödeberaubend, der Bahn entriß, auf welcher die Brüder,</p>
- <p class="line">Dürstend nach Sieg und Ruhm, forteilten nach Afrika&rsquo;s Küsten.</p>
- <p class="line">Aber mit Freud&rsquo; im Blick&rsquo; und Stolz in dem Busen entschiffte</p>
- <p class="line">Abdul zu Al-Mansor, der fern durchpflügte die Meerfluth.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sarno&rsquo;s Jammergeschick nicht ahnend, flog in dem Nachtwind</p>
- <p class="line">Guasto dahin, und siehe, von Ostia, wo sich der Tiber</p>
- <p class="line">Vielgepriesene Fluth ergießt in des Meeres Gewässer,</p>
- <p class="line">Und aus der Vorwelt, nun erhabenen, männlichen Sinnes</p>
- <p class="line">Herzerhebendes Bild, nun namenloser Entartung</p>
- <p class="line">Schaudergestalten uns weckt, daß wir, sie schauend, erbeben:</p>
- <p class="line">Dorther führte der Held Ursini, altrömischen Stammes</p>
- <p class="line">Edeler Zweig, ergraut im Kampf und Schlachtengetümmel,</p>
- <p class="line">Sieben der Schiffe heran, mit tausend erlesenen Kriegern,</p>
- <p class="line">Welche zu Guasto&rsquo;s Heer entsandte der Heilige Vater.</p>
- <p class="line">Nahe dem westlichen Rand des meereinmündenden Stromes</p>
- <p class="line">Thürmt sich, Warten gleich, ein Fels hoch über die Fluth auf,</p>
- <p class="line">Und beschirmt g&rsquo;en Wind und Wogen die herrliche Seestadt.</p>
- <p class="line">Dort auf dem ragenden Fels, umgeben von wimmelnden Scharen,</p>
-<a id="page-67" class="pagenum" title="67"></a>
- <p class="line">Stand im Feiergewand, mit den dienenden Priestern und Laien,</p>
- <p class="line">Auch der erhabene Hirt in schauererregender Hoheit:</p>
- <p class="line">Denn er harrte der Kommenden schon. Als endlich sie nahten,</p>
- <p class="line">Theilend die Meeresfluth mit dem gleitenden Kiele, da hallten</p>
- <p class="line">Donnernde Schlünd&rsquo; umher; harmonischer Glocken Getön&rsquo; klang;</p>
- <p class="line">Liebliche Düft&rsquo; aufhaucht&rsquo; in die Luft das silberne Rauchfaß,</p>
- <p class="line">Und weit brannte das Meer in zahlloslodernder Fackeln</p>
- <p class="line">Mächtigem Wiederschein: denn Finsterniß deckte die Welt noch.</p>
- <p class="line">Jetzt, ergreifend schnell mit der Linken den hirtlichen Krummstab,</p>
- <p class="line">Den ihm der <em>Gute Hirt</em> vertraut&rsquo;, zu des Heiles Gefilden</p>
- <p class="line">Hinzuleiten die Heerd&rsquo;, in Treu&rsquo; und liebender Sorgfalt,</p>
- <p class="line">Hob er zugleich die Recht&rsquo; empor, und segnete dreimal,</p>
- <p class="line">Rufend zum Vater, und Sohn&rsquo;, und Heiligen Geist, die Erwählten</p>
- <p class="line">Drüben, im Herrn. Hochfeierlich scholl der segnende Zuruf</p>
- <p class="line">Auf die Gewässer hinaus, und jen&rsquo;, auf die Kniee gesunken,</p>
- <p class="line">Senkten die Flagg&rsquo; und Gewehr&rsquo;, und sandten ein stilles Gebeth auf.</p>
- <p class="line">Aber die schimmernden Segel, geschwellt vom günstigen Fahrwind,</p>
- <p class="line">Führten das jauchzende Heer im Eilflug fort nach Neapel.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-68" class="pagenum" title="68"></a>
- <p class="line">Lichter wurd&rsquo; es in Osten. Des Morgens schauriger Odem</p>
- <p class="line">Flog auf den Fluthen heran. Am dämmernden Saume des Himmels</p>
- <p class="line">Schwamm ein zartes Gewölk, das, erst nur dunkelgeröthet,</p>
- <p class="line">Dann allglühend sich hob: der Sonne geflügelter Herold.</p>
- <p class="line">Wonne, sie kam: die rosenumflossene Stirn&rsquo; aus der Meerfluth</p>
- <p class="line">Tauchend mit ernstem Hoheitsblick &mdash; dann schnell, in Verklärung,</p>
- <p class="line">Heller und strahlender stets, aufschwebend am bläulichen Himmel,</p>
- <p class="line">Schön, wie ein Sieger geschmückt, zu durchlaufen die herrliche Laufbahn!</p>
- <p class="line">Ringsum jauchzte die Welt. Die gleitenden Wellen erhoben,</p>
- <p class="line">Hüpfend vor Freud&rsquo;, ihr Haupt, und, unabsehlich und endlos</p>
- <p class="line">Flammten sie all&rsquo; im hehren Glanz&rsquo; ätherischen Lichtes.</p>
- <p class="line">Aber mit pochender Brust, in stürmischer Seelenentzückung,</p>
- <p class="line">Sah&rsquo;n die Krieger hinaus auf die schimmernden Fluthen &mdash; vor allen</p>
- <p class="line">Jene, welch&rsquo; erst jüngst dem Meer&rsquo; als Fremdlinge nahten;</p>
- <p class="line">Doch bald hob ein jeder den Blick zu dem Vater im Himmel,</p>
- <p class="line">Der das Meer und die Sonne, so schön und so herrlich erschaffen.</p>
- <p class="line">Fröhlich wähnten sie schon sich entrückt dem schrecklichen Unhold,</p>
- <p class="line">Dem auch der tapferste Mann, seekrank, in schwindelnder Ohnmacht,</p>
- <p class="line">Feig&rsquo;, auf dem niedrigen Lager erliegt; doch, als das Gesäusel</p>
-<a id="page-69" class="pagenum" title="69"></a>
- <p class="line">Schiffentführender Wind&rsquo; in heißerer Stunde des Mittags</p>
- <p class="line">Leise verscholl, und schlaff an dem Maste das Segel herabhing;</p>
- <p class="line">Als das geschaukelte Schiff auf unstättreibenden Wogen,</p>
- <p class="line">Kreisend umher, nicht vorwärts kam: da fielen besiegt ihm</p>
- <p class="line">Alle zugleich, die jüngst dem schwankenden Rücken der Salzfluth</p>
- <p class="line">Sich vertrauten zur Fahrt. Sie dachten, zu sterben. Die Schiffer</p>
- <p class="line">Sah&rsquo;n, mit Lächeln, des Kriegers Furcht: denn wieder erhob sich</p>
- <p class="line">Nun der günstige Wind, und trieb sie im sausenden Flug fort.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Aber vom Jauchzen des Volks und dem Jubel des eh&rsquo;rnen Geschützes</p>
- <p class="line">Freudig begrüßt, kam jetzt vor Neapolis schimmerndem Hafen</p>
- <p class="line">Glücklich die Heersmacht an, und lud, mit gewaltiger Stimme,</p>
- <p class="line">Jene zur Heldenfahrt, die dort der Kommenden harrten!</p>
- <p class="line">Wie in dem Föhrengehölz, durchwühlt vom grausamen Wand&rsquo;rer,</p>
- <p class="line">Wimmelt ein Ameisennest von geschäftigem Volke: sie laufen</p>
- <p class="line">Auf und nieder, voll Hast, zu schirmen die glänzenden Eyer;</p>
- <p class="line">Oder sie bauen ihr thürmendes Haus von Neuem mit Sorgfalt:</p>
- <p class="line">So lief hastig das Volk in dem Hafen umher: das Geschwader</p>
- <p class="line">Rüstend, das an dem Bord dreitausend erlesene Krieger</p>
- <p class="line">Zählte. Den Kriegern geboth Toledo,<a class="fnote" href="#footnote-29" id="fnote-29">[29]</a> Don Pedro&rsquo;s Erzeugter,</p>
-<a id="page-70" class="pagenum" title="70"></a>
- <p class="line">Der, des Kaisers Vasall, statthaltend herrscht&rsquo; in dem Land dort.</p>
- <p class="line">Ach, unsäglicher Jammer zerriß des edeln Toledo&rsquo;s</p>
- <p class="line">Heldenbrust, und stieß ihn schnell aus dem rosigen Morgen</p>
- <p class="line">Täuschenden Erdenglücks in die Nacht endloser Verzweiflung!</p>
- <p class="line">Jüngst erst reicht&rsquo; ihm die Hand, am Altar, des salernischen Herzogs</p>
- <p class="line">Einziges Kind, Mathilde, die trefflichste, schönste der Frauen,</p>
- <p class="line">Und sie entfloh&rsquo;n der Stadt, in Calabria&rsquo;s Zaubergefilden</p>
- <p class="line">Suchend die meerbeherrschende Burg, in lieblicher, stiller,</p>
- <p class="line">Seliger Einsamkeit die süßesten Stunden zu leben.</p>
- <p class="line">Dort in dem Schatten umher des meerangrenzenden Fruchthains,</p>
- <p class="line">Den im grünlichen Abendgold die säuselnden Lüftchen</p>
- <p class="line">Wiegten, und rings durchtönte der Nachtigall wonniges Flöten,</p>
- <p class="line">Dort lustwandelten, Arm in Arm, in Liebe verschlungen,</p>
- <p class="line">Beide die glücklichen jetzt. Nur Hugo, ihr redlicher Diener,</p>
- <p class="line">Folgt&rsquo; entfernter, und band die Bäumchen, voll üppigen Wuchses,</p>
- <p class="line">Die er im Herbste gepflanzt, an die stützenden Pfähle mit Bast an.</p>
- <p class="line">Aber sie ließ, ermüdet, im schwellenden Grase sich nieder,</p>
- <p class="line">Kehrend den Rücken dem Meer&rsquo;, und sah mit thauenden Wimpern,</p>
- <p class="line">Wie der Gatt&rsquo; im Orangengehölz die Zweige durchspähend,</p>
- <p class="line">Fern hinschwand: denn immer die schöneren sucht&rsquo; er mit Vorsicht</p>
-<a id="page-71" class="pagenum" title="71"></a>
- <p class="line">Ihr aus der Fülle der goldenen Frucht, erlesend, zu pflücken.</p>
- <p class="line">Wehe, da lag in der Felsenhöhle des hallenden Ufers,</p>
- <p class="line">Von dem blühenden Genst und der Thränenweide verhüllet,</p>
- <p class="line">Dragut, der freche Korsar, und harrte des nächtlichen Dunkels,</p>
- <p class="line">Lauernd, im schwärzlichen Schiff&rsquo;! Als fern&rsquo;, in dem schattenden Fruchthain,</p>
- <p class="line">Forschend, Toledo entschwand: da brachen des Räubers Gefährten</p>
- <p class="line">Plötzlich heran, und schleppten die schöne, die hohe Gestalt fort;</p>
- <p class="line">Doch sie verstummte vor Angst, und verging vor Todesentsetzen.</p>
- <p class="line">Wie die Schar ergrimmter Schakal&rsquo;, aus finsteren Höhlen</p>
- <p class="line">Kommend, und dürstend nach Blut, die erschrockene, sanfte Gazelle</p>
- <p class="line">Fahet im Lauf &mdash; da fällt mit dem Unschuldsblick sie im Sandstaub</p>
- <p class="line">Lautlos nieder: so sank die arm&rsquo; am Borde des Schiffs hin.</p>
- <p class="line">Hugo gewahrte den Jammer. Er schrie; flog hin zu dem Ufer,</p>
- <p class="line">Stürzt&rsquo; in die Fluthen, und schwang, ein rüstiger Schwimmer, zum Schiffsbord,</p>
- <p class="line">Eines der Thau&rsquo; umklammernd, sich auf. Da zückte der Wüthrich</p>
- <p class="line">Dreimal den blitzenden Stahl, das grauende Haupt ihm zu spalten:</p>
- <p class="line">Dreimal entsank ihm der Stahl: ihm brach des redlichen Dieners</p>
-<a id="page-72" class="pagenum" title="72"></a>
- <p class="line">Treue das Herz. D&rsquo;rauf hieß er ihn selbst, mit sanfterer Stimme,</p>
- <p class="line">Wecken die holde Frau aus seelenumschattender Ohnmacht.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Schaudernd vor Angst und Entsetzen, vernahm ihr Gatte des Greises</p>
- <p class="line">Kläglichen Ruf, er schrie, noch die Räuber im Aug&rsquo;, auf die Fluthen</p>
- <p class="line">Lautaufjammernd, hinaus, und both unendliche Lösung.</p>
- <p class="line">Ha, schon wähnt&rsquo; er, entzückt, die kehrenden Segel zu schauen &mdash;</p>
- <p class="line">Freundliche Laute zu hören vom Bord: da brauste der Sturmwind</p>
- <p class="line">Plötzlich aus Westen heran: die triegenden Laute verhallten,</p>
- <p class="line">Und an des Himmels Rand, wie ein leis&rsquo; entfliehendes Wölkchen,</p>
- <p class="line">Schwand ihm das Schiff! Der Mond erneute sein wechselndes Licht schon</p>
- <p class="line">Siebenmal, seit er an dem Küstenlande der Räuber,</p>
- <p class="line">Forschen, und biethen hieß des Goldes die Fülle zur Lösung.</p>
- <p class="line">Doch nun sandte von ihrem Geschick die entsetzliche Bothschaft</p>
- <p class="line">Hugo: zu Tunis, in Draguts Gewalt, des wilden Korsaren,</p>
- <p class="line">Lebe Mathild&rsquo;, und wieg&rsquo;, als unglückselige Mutter,</p>
- <p class="line">Bald den Säugling im Schooß: denn nimmer zur Wonne des Vaters,</p>
- <p class="line">Ach, und voll Liebe nach ihm, erduld&rsquo; unendlichen Jammer!</p>
- <p class="line">Alsbald ahnet&rsquo; er diesen im Geist&rsquo;, und kaltes Entsetzen</p>
- <p class="line">Fuhr ihm durch Mark und Gebein. Doch jetzt dem rühmlichen Heerbann</p>
-<a id="page-73" class="pagenum" title="73"></a>
- <p class="line">Bebte vor Freude sein Herz. Er nahte mit leuchtenden Augen &mdash;</p>
- <p class="line">Trieb, und drängte die Krieger zugleich, und die hurtigen Schiffer</p>
- <p class="line">Eilig an Bord: nicht hörend des Volks umschallenden Jubel,</p>
- <p class="line">Nicht des Vaters segnenden Ruf, dem nimmer die Hand er,</p>
- <p class="line">Fromm, und kindlich gesinnt, mehr küßt, nicht die silberne Scheitel,</p>
- <p class="line">Oder das freundliche Aug&rsquo;: da er bald hinsinket vor Tunis.</p>
- <p class="line">So, mit Guasto vereint, entschiffte Neapels Geschwader,</p>
- <p class="line">Gegen Sardinia&rsquo;s Höh&rsquo;n, des ringsumflutheten Eilands,</p>
- <p class="line">Steuernd, dort in dämmernder Frühe die herrliche Seestadt</p>
- <p class="line">Cagliari zu schau&rsquo;n, und zu harren des mächtigen Kaisers:</p>
- <p class="line">Denn ihr wurde der Ruhm, aus dem schimmernden Port Europa&rsquo;s</p>
- <p class="line">Furchtbare Macht, vereint, zu entlassen nach Afrika&rsquo;s Küsten.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-5">
-<a id="page-74" class="pagenum" title="74"></a>
-Vierter Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">H</span><span class="postfirstchar">orch,</span> Barcellona&rsquo;s Thürmen entschallt mit jubelndem Wohllaut</p>
- <p class="line">Glockengetön&rsquo;; erschütternd rollt des eh&rsquo;rnen Geschützes</p>
- <p class="line">Freudendonner vom Wall&rsquo;, und im Port, wo unzählig die Masten,</p>
- <p class="line">Gleich dem entblätterten Wald, aufragen zum Himmel, erglänzen</p>
- <p class="line">Flaggen und Wimpel umher, die bald im bläulichen Luftraum,</p>
- <p class="line">Von umgaukelnden Winden gerafft, wie silberne Wölkchen</p>
- <p class="line">Flattern, und bald, am thürmenden Mast heruntergesunken,</p>
- <p class="line">Schlängelnd, über den Bord hinsäuseln zum schäumenden Abgrund.</p>
- <p class="line">Unabsehlich, die Straßen entlang, erglänzt von den Erkern</p>
- <p class="line">Festlich der Teppiche Pracht. Dort winken aus jeglichem Fenster</p>
- <p class="line">Blumen in Meng&rsquo;, und hauchen elysische Düft&rsquo; an den Häusern</p>
- <p class="line">Lieblich umher. Doch welch&rsquo; ein Lärm auftobenden Jubels</p>
- <p class="line">Füllet die Fenster zugleich, und die Erker; die schwindligen Höhen</p>
-<a id="page-75" class="pagenum" title="75"></a>
- <p class="line">Ragender Zinnen und Thürm&rsquo;, mit unzähligen Menschen? Es starren,</p>
- <p class="line">Wang&rsquo; an Wange gepreßt, ein Haupt aufragend vom Haupt noch,</p>
- <p class="line">Alle, mit leuchtendem Aug&rsquo;, in die wimmelnde Straße herunter,</p>
- <p class="line">Während die wogende Menge hinaus auf den stäubenden Heerweg</p>
- <p class="line">Braust, wo Ludwig, der Held, und Doria, mächtigen Anseh&rsquo;ns,</p>
- <p class="line">Ordnen die Krieger in Reih&rsquo;n, dem nahenden Herrscher zu Ehren.</p>
- <p class="line">Jetzo noch lauter erschallt, wie unendliches Rauschen der Sturmfluth,</p>
- <p class="line">Schön und furchtbar zugleich, ein Ruf: &bdquo;Hoch lebe der Kaiser!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, er kam! Von Mendoza geführt, dem tapferen Feldherrn,</p>
- <p class="line">Schritten vor ihm achttausend Krieger &mdash; im Heere die Alten,</p>
- <p class="line">Die, in der Reihe der Jahre versucht, und gestählt in Gefahren,</p>
- <p class="line">Siegbeherrschenden Muths und entscheidender Stärke sich rühmten.</p>
- <p class="line">Jetzo nach Wirbel und Schlag der heerebewegenden Trommel,</p>
- <p class="line">Nahten sie all&rsquo; im gemessenen Schritt, die Gewehr&rsquo; an die Schulter</p>
- <p class="line">Pressend im Arm, und zum Schall der Feldschalmeien und Flöten,</p>
-<a id="page-76" class="pagenum" title="76"></a>
- <p class="line">Ehernen Klange des Horns und des Brummrohrs tiefen Gewaltton</p>
- <p class="line">Mengend, im schönen Verein, ihr fernhinhallendes Schlachtlied.</p>
- <p class="line">Schauder ergriffen das Volk. Den Altgedienten am Fuß nach</p>
- <p class="line">Folgte die herrliche Schar viertausend erlesener Reiter,</p>
- <p class="line">Welch&rsquo; erst jüngst in Hispania&rsquo;s Gau&rsquo;n die Stimme der Cortes</p>
- <p class="line">Aufboth, Jünglinge noch, doch lechzend nach Kampf und Gefahren.</p>
- <p class="line">Hufesgerassel erscholl in&rsquo;s Geklirr des Waffengeschmeides</p>
- <p class="line">Und in den ehernen Ruf der schmetternden Kriegesdrometen.</p>
- <p class="line">Doch was schleudert noch helleren Glanz in den sonnigen Straßen,</p>
- <p class="line">Blendend, umher? Wer nennte die Rossebändiger würdig,</p>
- <p class="line">Die von silbernen Rüstungen blank, die ragenden Lanzen</p>
- <p class="line">Nervigen Rechten vertrau&rsquo;n? Zweihundert der edelen Ritter</p>
- <p class="line">Sind es: die &bdquo;Blüthe&ldquo; genannt des hohen, hispanischen Adels.</p>
- <p class="line">Aber vor allen hervor, ein Viergestirn in der Heersmacht</p>
- <p class="line">Strahlen: Alba<a class="fnote" href="#footnote-30" id="fnote-30">[30]</a> der stattliche Held, der kühne Alarcon,</p>
- <p class="line">Welchem zur Huth Frankreichs gefangener König vertraut ward,</p>
- <p class="line">Vor Pavia im Sieg;<a class="fnote" href="#footnote-31" id="fnote-31">[31]</a> Sarmento, und Garzia Lasso,<a class="fnote" href="#footnote-32" id="fnote-32">[32]</a></p>
- <p class="line">Der, ein Sänger und Held, das blitzende Schwert und der Lyra</p>
- <p class="line">Gold&rsquo;ne Saiten mit einem Kranz zu umschlingen, sich sehnte.</p>
- <p class="line">Jetzt entflammte sich jegliches Aug&rsquo;. Der mächtige Kaiser</p>
- <p class="line">Folgte der edelen Schar, und grüßte das jubelnde Volk dort</p>
- <p class="line">Links und rechts, mit freundlichem Blick. Sein feuriges Prunkroß</p>
-<a id="page-77" class="pagenum" title="77"></a>
- <p class="line">Wölbete stolzer den mähnigen Hals, und tanzte die Straßen</p>
- <p class="line">Munter hinab: nun hin, nun her sich wendend, im Halbkreis.</p>
- <p class="line">Dort, wo in festlichgeordneten Reih&rsquo;n sein harrte das Fußvolk,</p>
- <p class="line">Hemmt&rsquo; er den Rappen, und sah: wie fertig das blanke Gewehr sie</p>
- <p class="line">Schwenkten mit einetem Schlag&rsquo;. Er winkte den schaltenden Führern</p>
- <p class="line">Dank, die rasch zur Stirne den Degen erhoben, und senkten,</p>
- <p class="line">Huldigend; dann aufschrie&rsquo;n laut: &bdquo;Marsch!&ldquo; durch die hallende Stadt hin.</p>
- <p class="line">Und in dem Jubelgedräng fortwogten die trefflichen Scharen:</p>
- <p class="line">Eilend hinab in den Hafen, am Bord der harrenden Schiffe,</p>
- <p class="line">Nun zu beginnen die Fahrt nach Afrika&rsquo;s fernen Gestaden.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Staunend ersah die Meng&rsquo; im Gefolge des mächtigen Kaisers</p>
- <p class="line">Muley-Hassan. Er hob die trauerumflossenen Augen</p>
- <p class="line">Nicht von der Erd&rsquo; empor, und schwieg; doch inniges Mitleid</p>
- <p class="line">Weckte der Jammer des heimathlosumirrenden Königs.</p>
- <p class="line">Jetzo dem Herrscher genaht, rief Doria laut vor den Scharen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sehnest du dich schon heut nach dem Raum&rsquo; <em>Karthago</em>, des Heerschiffs,</p>
- <p class="line">Das vor jeglichem groß und kunstbeflissen gezimmert,</p>
- <p class="line">Prangt in dem Port, und vom Schilde den Kranz unsterblichen Ruhmes</p>
- <p class="line">Weist, der dir erblüht auf Karthago&rsquo;s rühmlicher Stätte?</p>
- <p class="line">Oder gefällt dir&rsquo;s mehr, zu ruhen im schönen Palast hier,</p>
-<a id="page-78" class="pagenum" title="78"></a>
- <p class="line">Den dir schmückte die Stadt, Barcellona, mit liebender Sorgfalt?&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Nichts von Ruhe noch Rast mir gesprochen,&ldquo; so sagt&rsquo; ihm der Kaiser,</p>
- <p class="line">Eifernd, &bdquo;jetzt, wo mir&rsquo;s nur lauter im glühenden Busen</p>
- <p class="line">Pocht, und stürmt; kein Schlaf die ermüdeten Augen erquicket,</p>
- <p class="line">Die nur Tunis im Grau&rsquo;n der einsamen Nächte, nur Tunis</p>
- <p class="line">Schau&rsquo;n in der Helle des Tags, und Schlacht, und Sieg, und Errettung!</p>
- <p class="line">Spannet die Segel! Uns winkt, gebiethend, Afrika&rsquo;s Meerstrand.&ldquo;</p>
- <p class="line">Doria führt&rsquo; ihn an Bord. Ihm folgte der munteren Schiffer</p>
- <p class="line">Hurrahgeschrei und unzähligen Volk&rsquo;s nachjubelnder Segen,</p>
- <p class="line">Bis er vom hohen Verdeck die Treppe hinunter im Schiffsraum</p>
- <p class="line">Leis&rsquo; entschwand. Und siehe, dem Staunenden öffnete dort sich,</p>
- <p class="line">Prunkend, ein hoher Saal, auf deß&rsquo; aufwölbenden Himmel</p>
- <p class="line">Titian selbst ein Meisterwerk mit zaubrischem Pinsel</p>
- <p class="line">Schuf, nach Doria&rsquo;s Wink! Ein Schlachtfeld hatt&rsquo; er gebildet.</p>
- <p class="line">Fern, wie in Nebel gehüllt, erspähet der schärfere Blick nur</p>
- <p class="line">Fliehende Feind&rsquo; am Gebirg: so winzig ist Alles und Jedes</p>
- <p class="line">Dort mit dem zarten Duft der dämmernden Ferne, verschmolzen.</p>
- <p class="line">Näher heran, am Rain des saatdurchschlängelnden Baches,</p>
- <p class="line">Wirft sich die Reiterschar auf Reiter, zum letzten Gemetzel</p>
- <p class="line">Spornend das Roß, und es fleugt, und schnaubet, mit wallenden Mähnen,</p>
-<a id="page-79" class="pagenum" title="79"></a>
- <p class="line">Flammendem Aug&rsquo; &mdash; fort über zerschmetterter Leichen und Waffen</p>
- <p class="line">Blutigen Wust, an des Gegners Roß. Die schrecklichen Kämpfer</p>
- <p class="line">Schleudern den blinkenden Speer, und schrein, und brüllen den Schlachtruf &mdash;</p>
- <p class="line">Und uns däucht: als töne Geschrei von dem klaffenden Mund her.</p>
- <p class="line">Aber schon kommen vom Waffengefild, dem dräuenden Sieger</p>
- <p class="line">Folgend, mit Schmach im Blick&rsquo;, und die Händ&rsquo; am Rücken gebunden,</p>
- <p class="line">Scharen Gefangner herauf, wo Constantin,<a class="fnote" href="#footnote-33" id="fnote-33">[33]</a> Kaiser des Weltreichs,</p>
- <p class="line">Von dem Rosse sich wirft, die Kniee zum Staube zu beugen:</p>
- <p class="line">Denn, noch schaut er, in Wonne verzückt, das Kreuz an dem Himmel</p>
- <p class="line">Flammen im Sternenkranz; noch sieht er der hohen Verheißung</p>
- <p class="line">Himmlische Wort&rsquo; in dem strahlenden Kranz: &bdquo;Du siegest mit ihm nur.&ldquo;</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Dort zu dem herrlichen Bild&rsquo;, erschüttert tief in dem Herzen,</p>
- <p class="line">Sah der Kaiser empor, und trocknete schweigend die Thränen.</p>
- <p class="line">Abendröthlicher Glanz ergoß durch leuchtende Fenster</p>
- <p class="line">Strömend, sein heiliges Licht in dem Saal&rsquo;, und liebliche Stille</p>
- <p class="line">Herrschete. Jetzt geboth sein flammendes Auge der Abfahrt</p>
-<a id="page-80" class="pagenum" title="80"></a>
- <p class="line">Donnernden Ruf: er scholl vom Borde der hohen Karthago</p>
- <p class="line">Freudig dem horchenden Krieger an&rsquo;s Ohr; durchbrüllte der Seestadt</p>
- <p class="line">Thürmende Straßen, der Felsenhöh&rsquo;n verborgenste Schluchten</p>
- <p class="line">Rings im Gefild&rsquo;, und verhallte mit oft auftobendem Grimm noch,</p>
- <p class="line">Fern&rsquo; am drönenden Rand des bläulichen Himmelsgewölbes.</p>
- <p class="line">Plötzlich erwachte Getös&rsquo; und geschäftige Hast in dem Hafen.</p>
- <p class="line">Zahllos flattern die Segel vom Mast&rsquo;; an den ächzenden Winden</p>
- <p class="line">Knistert das Seil umher, und bald enttauchet der Anker</p>
- <p class="line">Zackige Wucht den Wogen, und ruht in die Quer&rsquo; auf dem Balken,</p>
- <p class="line">Vorn&rsquo; an des Schiff&rsquo;s Brustwand. Die leitende Nadel betrachtend,</p>
- <p class="line">Sitzet der Steuermann bedächtig am Ruder, und rauschend</p>
- <p class="line">Folgt ein jegliches Schiff dem Ruderboot&rsquo;, an dem Schlepptau,</p>
- <p class="line">Fort auf des Meeres Höhen hinaus, wo ein günstiger Fahrwind,</p>
- <p class="line">Sausend von Mitternacht, vorwölbet die schimmernden Segel.</p>
- <p class="line">Aber es drängte das Volk sich am Strand&rsquo;, und bethete, weinte,</p>
- <p class="line">Jauchzte den Schwindenden nach. Wohl Mancher lief an dem Ufer,</p>
- <p class="line">Keuchend, noch hin, und schwenkte das wehende Tuch in den Lüften &mdash;</p>
- <p class="line">Schwenkte den Hut, &bdquo;zum Lebewohl,&ldquo; den theuern Bekannten!</p>
-<a id="page-81" class="pagenum" title="81"></a>
- <p class="line">Zwar nicht jauchzte die liebende Braut, nicht die zärtliche Mutter</p>
- <p class="line">Mehr an dem Strand; doch muthig bezwangen sie dennoch die Thränen:</p>
- <p class="line">Denn auf rühmlicher Bahn enteilten die Lieben der Heimath.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Freudig schiffte des Kaisers Macht im sausenden Wind hin;</p>
- <p class="line">Eilte den Balearen, im Flug, g&rsquo;en Osten vorüber,</p>
- <p class="line">Und umkreisete bald im Süden Sardinia&rsquo;s Vorland:</p>
- <p class="line">Nahend der herrlichen Stadt Cagliari, mit Guasto&rsquo;s Geschwader</p>
- <p class="line">Sich zu der Heeresfahrt nach Afrika&rsquo;s Küsten zu einen.</p>
- <p class="line">Doch nun schwebte die Nacht mit weitverbreiteten Flügeln,</p>
- <p class="line">Leiseren Fluges, herab, und umhüllte des Meeres Gewässer.</p>
- <p class="line">Guasto&rsquo;s Macht trieb noch, auf der wogenden Wüste verschlagen,</p>
- <p class="line">Fern Cagliari&rsquo;s ersehnetem Port, in der dunkelen Nacht um:</p>
- <p class="line">Denn jetzt führt&rsquo;, unhemmbaren Flugs, ein brausender Nordwind</p>
- <p class="line">Ihn nach dem meereinengenden Thal hinunter, wo vormals</p>
- <p class="line">Stets, der Charybdis zugleich und der furchtbarn Scylla der Schiffer</p>
- <p class="line">Zitterte. Dort erscholl ihm jetzt urplötzlicher Aufruhr</p>
- <p class="line">Von dem Schooße des Aetna heran. Mit Entsetzlichem schwanger</p>
- <p class="line">Lag er, kreißend, in Weh&rsquo;n. Er wüthete: stürzende Felsen</p>
-<a id="page-82" class="pagenum" title="82"></a>
- <p class="line">Schleudernd mit lautem Gekrach&rsquo;, Orkanengetümmel, und Gluthsturm,</p>
- <p class="line">Weit in den Tiefen umher, daß rings das Meer und der Erdkreis</p>
- <p class="line">Schwankte vor Angst, bis er jetzt aus- des Grauens Geburt warf.</p>
- <p class="line">Erst aus dem finsteren Schlund&rsquo;, in meilenmessendem Umfang,</p>
- <p class="line">Quoll Rauch auf: weithin am Himmel die Sterne verschlingend,</p>
- <p class="line">Und in dem wirbelnden Flug durchzuckt von bläulichen Blitzen;</p>
- <p class="line">Dann aufbrauste wie Staub, vom Winde gerafft an dem Kreuzweg,</p>
- <p class="line">Odemberaubender Schwefelqualm und Aschengestöbers</p>
- <p class="line">Dichtes Gewölk, und jetzt, in wüthender Eile geschleudert,</p>
- <p class="line">Rasselten glühende Stein&rsquo; ihm nach; jetzt hob sich die Flamme</p>
- <p class="line">Himmelempor, und leuchtete fern&rsquo; in die finstere Nacht hin.</p>
- <p class="line">Rings erglühte das Meer. So hoch die Flamm&rsquo; an die Wolken</p>
- <p class="line">Loderte, sank ihr Bild so tief in&rsquo;s dunkle Gewässer</p>
- <p class="line">Nieder, und warf in die Unterwelt hellleuchtende Funken.</p>
- <p class="line">Aber den kreißenden Berg durchwühlten noch stärkere Wehen.</p>
- <p class="line">Unterirdischer Donner rollt&rsquo;, aufrauschten die Wogen &mdash;</p>
- <p class="line">Schlugen das schäumende Haupt im Kampfe zusammen; des Aetna</p>
- <p class="line">Scheitel erbebte: denn, o des grausenerweckenden Anblicks,</p>
- <p class="line">Jetzt ausspie sein Schlund die glühende Lava: sie wälzte</p>
- <p class="line">Breiter und flammender stets, die feurigen Wogen herunter;</p>
- <p class="line">Laut aufheulten die Lüft&rsquo;, und die Schöpfung schauderte ringsum!</p>
-<a id="page-83" class="pagenum" title="83"></a>
- <p class="line">Doch Del-Guasto&rsquo;s Heer flog dann im sausenden Sturmhauch</p>
- <p class="line">Eiliger fort auf dem Meer, Sardiniens Küsten entgegen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Aber nicht war in des Berg&rsquo;s Abgründen allein der Empörung</p>
- <p class="line">Wildes Getümmel erwacht: auch hoch in den Lüften begann jetzt</p>
- <p class="line">Furchtbardräuender Kampf und seelenerschütternder Aufruhr:</p>
- <p class="line">Denn von des Aetna Fluren umher, unendlich verbreitet,</p>
- <p class="line">Hob der Flamme Gewalt auf rastlos fächelnden Schwingen</p>
- <p class="line">Schnell die Dünste der Erd&rsquo; empor zu des Aethers Gefilden.</p>
- <p class="line">Wie, der stützenden Balken beraubt, ein Schacht in dem Erzberg</p>
- <p class="line">Plötzlich zusammenstürzt: da rollen zertrümmerte Felsen,</p>
- <p class="line">Rollet die Erde, der Wald in die Tief&rsquo;, und weit aus dem Abgrund</p>
- <p class="line">Fleugt Staub auf, und Getös&rsquo; einsinkender Berge: so stürzte</p>
- <p class="line">In den verdünneten Raum, vom glühenden Süden herüber,</p>
- <p class="line">Dann sich die Meeresluft, und weckt&rsquo; im Fluge des Sturmwinds</p>
- <p class="line">Kaum besänftigte Wuth an Afrika&rsquo;s Felsengestaden.</p>
- <p class="line">Dort auf des Atlas<a class="fnote" href="#footnote-34" id="fnote-34">[34]</a> Höh&rsquo;n, des himmelanthürmenden Berges,</p>
- <p class="line">Lag Gewittergewölk&rsquo;, und sandt&rsquo; in die finsteren Thäler</p>
- <p class="line">Röthliche Blitze herab. Nur leis&rsquo; ummurrte der Donner</p>
- <p class="line">Noch in dem Schooß des Gährenden; doch von dem brausenden Sturmwind</p>
- <p class="line">Näher gejagt, aufflog&rsquo;s am funkelnden Himmel, und hüllte</p>
-<a id="page-84" class="pagenum" title="84"></a>
- <p class="line">Plötzlich des Kaisers Wogenpfad in schreckliches Dunkel.</p>
- <p class="line">Früh&rsquo; erkannten die Schiffer, vom Bord die perlenden Fluthen</p>
- <p class="line">Schauend: es nahe der Sturm. Sie zogen die dichtesten Segel</p>
- <p class="line">Auf an den Mittelmast, und ordneten sorglich die Thau&rsquo; all&rsquo;.</p>
- <p class="line">Doch nun brauste der Wind fern her: dem thürmenden Wall gleich,</p>
- <p class="line">Hob sich vor ihm die Fluth, und rauscht&rsquo; auf die gleitenden Schiffe</p>
- <p class="line">Nieder, und dann aufwogten sie rings unendlich und furchtbar.</p>
- <p class="line">Jetzo in Wolkenhöh&rsquo;n auf dem Saum der heulenden Wogen</p>
- <p class="line">Schwebten die Schiff&rsquo;, und jetzt, in des Meer&rsquo;s Abgründe geschleudert,</p>
- <p class="line">Deckte sie dunkler Fluthen Nacht, wie verloren auf immer.</p>
- <p class="line">Ueber das hohe Verdeck hinüber, herüber ergoß sich,</p>
- <p class="line">Schäumend, der Wogen Meng&rsquo;, und netzte die flatternden Wimpel.</p>
- <p class="line">Muhameds Aug&rsquo; erglänzte vor Lust, nach den gährenden Blitzen</p>
- <p class="line">Schauend im Donnergewölk, das über den Schiffen der Christen</p>
- <p class="line">Grau&rsquo;nvoll hing. Er winkte, voll Hast, den grimmigen Geistern</p>
- <p class="line">Attila&rsquo;s &mdash; winkte den Seinen zugleich: sie brausten im Eilflug</p>
- <p class="line">Näher, und, wie die Schar der schwarzbefiederten Raben,</p>
- <p class="line">Aufgeschreckt vom Knall todtschmetternder Büchse, vom Anger</p>
- <p class="line">Laut, mit Geschrei, sich erhebt, und immer in engeren Kreisen</p>
-<a id="page-85" class="pagenum" title="85"></a>
- <p class="line">Ueber des Schützen Haupt durchrauscht den sausenden Luftraum:</p>
- <p class="line">So durchstürmten auch hier die unzähligen Geister der Wolken</p>
- <p class="line">Gährenden Schooß, bis solcher in feindlicher Reibung entbrannt war.</p>
- <p class="line">Siehe, da zuckte der Blitz, und zerriß den finsteren Himmel</p>
- <p class="line">Schnell von Westen bis Osten hinauf! Dem rollenden Donner</p>
- <p class="line">Drönte die Welt umher, und Ströme des sausenden Regens</p>
- <p class="line">Peitschten, mit eh&rsquo;rnem Geprassel, die Fluth. Fort krachte der Donner &mdash;</p>
- <p class="line">Krachte durch Sturmgeheul und Gebrüll der empörten Gewässer,</p>
- <p class="line">Endlos fort. Wie links und rechts die Schiffe sich beugten,</p>
- <p class="line">Hoben zum finstern Gewölk ringsher, entsetzlich zu schauen,</p>
- <p class="line">Flammende Wogengebirg&rsquo; ihr Haupt: denn strahlender Blitzglanz,</p>
- <p class="line">Schwärze der Nacht, traf wechselnd das Aug&rsquo; des erblindeten Volks hier!</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und allen umher auf dem Bord&rsquo; erblaßten die Wangen</p>
- <p class="line">Jetzo vor Angst: sie harrten, verstummt, des nahen Verderbens;</p>
- <p class="line">Doch der edele Kaiser sah nach dem Grauen des Meersturms</p>
- <p class="line">In erhabener Ruhe hinaus: der hohen Verheißung</p>
- <p class="line">Tröstender Strahl erfüllte sein Herz, das niemals gebebt hat.</p>
- <p class="line">Bald entschwand im eilenden Flug das grause Gewitter.</p>
- <p class="line">Regen sauste nicht mehr; die Winde verstummten; der Donner</p>
- <p class="line">Wüthete nicht; nur fern&rsquo; am Rande des wölbenden Himmels</p>
- <p class="line">Murrt&rsquo; er dumpfer noch fort, wo flatternde Blitze zuweilen,</p>
-<a id="page-86" class="pagenum" title="86"></a>
- <p class="line">Kehrend, und fliehend zugleich, die dunkeln Gewässer erhellten.</p>
- <p class="line">Aber noch lange tobte das Meer, bis leise zu Hügeln</p>
- <p class="line">Schwanden die Wogengebirg&rsquo;, und die Hügel zu fluthenden Eb&rsquo;nen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Als die Sonn&rsquo; ihr Strahlenhaupt aus den duftenden Wogen</p>
- <p class="line">Aufhob; ringsum das Meer, und über dem Meere der Himmel</p>
- <p class="line">Golden erschien: da rief vom Korbe des schwindligen Mastbaums</p>
- <p class="line">Laut der Späher herab: &bdquo;Uns nahen des Feindes Geschwader.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und des Himmels Rand&rsquo; entschwebten die feindlichen Segel,</p>
- <p class="line">Gleich dem Gewittergewölk&rsquo; in glühender Stunde des Mittags!</p>
- <p class="line">Jetzt auf jeglichem Schiffsverdeck war Lärm und Gewimmel</p>
- <p class="line">Spähenden Volks. Es bebten vor heißem Verlangen die Krieger,</p>
- <p class="line">Bald in des Feindes Auge zu schau&rsquo;n, und im Kampf der Entscheidung</p>
- <p class="line">Ihm zu vergelten die Schmach der verheereten Küsten der Heimath.</p>
- <p class="line">Aber vor allen sah Held Doria gierig vom Bord hin:</p>
- <p class="line">Prüfend des Fernrohrs Wundermacht, das selber der Künstler,</p>
- <p class="line">Janssen von Middelburg<a class="fnote" href="#footnote-35" id="fnote-35">[35]</a> zum Ehrengeschenke dem Kaiser</p>
- <p class="line">Both: er lohnt&rsquo; ihm&rsquo;s reichlich mit Gold und ehrendem Beifall,</p>
-<a id="page-87" class="pagenum" title="87"></a>
- <p class="line">Schätzer alles Verdiensts, und Würdiger solcher Erfindung.</p>
- <p class="line">Attila brauste heran, und sah nach den wogenden Schiffen</p>
- <p class="line">Finster hinab; doch jetzt dem spähenden Doria nahend,</p>
- <p class="line">Drängt&rsquo; ihn die Neugier mächtiger hin, voll Hast zu erforschen:</p>
- <p class="line">Was sich im schimmernden Rohr dem Helden für Wunder gestalten?</p>
- <p class="line">Als er gebückt, ihm gleich, das Auge dem Glase genähert,</p>
- <p class="line">Fuhr er betroffen zurück. Er bückte sich wieder, und forschte</p>
- <p class="line">Jetzo mit freiem und jetzt bewaffnetem Aug&rsquo; auf dem Meer&rsquo; um,</p>
- <p class="line">Schauend nach Al-Mansors Schiffsmacht, die weit in dem Anlauf</p>
- <p class="line">Deckte das Meer. Er lächelte sinnend, und wiegte das Haupt oft;</p>
- <p class="line">Doch nun hob er ergrimmter sich auf in den schimmernden Luftraum,</p>
- <p class="line">Wo der Scythen erlesene Schar sein harrte. Dem Geist war</p>
- <p class="line">Schnell das Geheimniß enthüllt: wie hier auf dem wölbenden Glasfeld</p>
- <p class="line">Sich des Entfernten Bild abspiegelte, dann in des Auges</p>
- <p class="line">Krystallfluth der Strahl, gebrochen, vom Glas&rsquo; zu dem Glas&rsquo; fort</p>
- <p class="line">Strömt&rsquo;: im helleren Wiederschein, der Seele zur Anschau.</p>
- <p class="line">Zorn entflammte sein Aug&rsquo;. Er rief den Geistern ergrimmt so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sey es der Nachwelt Ruhm: nur Trug zu ersinnen, und Arglist!</p>
- <p class="line">Was die Ferne verhüllt, bannt dieß erfindende Volk sich,</p>
-<a id="page-88" class="pagenum" title="88"></a>
- <p class="line">Herrschend in seine Gegenwart mit dem schimmernden Fernrohr.</p>
- <p class="line">Daß sein Donnergeschoß hinstreckt in der Ferne die Reihen</p>
- <p class="line">Tapferer, däucht ihm Gewinn. Es rühmt sich: die Höllenerfindung</p>
- <p class="line">Kürze den Krieg, und spricht von Schonung im blutigen Schlachtfeld.</p>
- <p class="line">Ha, nicht also kämpften wir einst: denn nah&rsquo; in die Augen</p>
- <p class="line">Sah&rsquo;n wir gerne dem Feind! Wohlan, nun laßt uns die Scharen</p>
- <p class="line">Al-Mansors empören zur Wuth und mordender Blutgier!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jene entfloh&rsquo;n. Doch Doria sah die bläulichen Wogen</p>
- <p class="line">Schäumen am stürmenden Kiel wohl hundert feindlicher Schiffe,</p>
- <p class="line">Die von dem Bord Schlachtruf herdonnerten, trotzend auf Kühnheit</p>
- <p class="line">Kampferfahrenen Volks und auf Sieg&rsquo;, errungen im Raubzug.</p>
- <p class="line">Jetzt auf den Höhen des Meer&rsquo;s, unferne der Stadt Cagliari,</p>
- <p class="line">Hemmte der Kaiser die Schiff&rsquo; im Lauf, die anstürmenden Gegner</p>
- <p class="line">Dort zu erwarten bereit. Ihm einte sich Guasto&rsquo;s Geschwader,</p>
- <p class="line">Jauchzend, und weit umher bedeckten die Schiffe die Meersfluth.</p>
- <p class="line">Auf den Zinnen der Stadt, auf den Warten der Berg&rsquo; und der Hügel,</p>
- <p class="line">Harrt&rsquo; unzähliges Volk; so harrten im schimmernden Luftraum,</p>
- <p class="line">Hingegossen auf zartes Gewölk (doch feindlich geschieden)</p>
-<a id="page-89" class="pagenum" title="89"></a>
- <p class="line">All&rsquo; die Geister, voll Gier, der grauenerregenden Seeschlacht.</p>
- <p class="line">Aber nur Muhamed sah mit herzzernagendem Kummer</p>
- <p class="line">Al-Mansors verderblichen Trotz. Von Thränen umflossen</p>
- <p class="line">Glänzte sein Aug&rsquo;, und er rief den Seinen, ein heuchelnder Seher:</p>
- <p class="line">&bdquo;Eben vernahm mein Ohr den Flug des nächtlichen Schicksals,</p>
- <p class="line">Dem, ach, ewig bestimmt, vorschwebt des sterblichen Menschen</p>
- <p class="line">Wohl und Weh&rsquo; &mdash; dem Al-Mansor mit seinem Geschwader</p>
- <p class="line">Nimmer entflieht! Nach Afrika fort, wo Hairaddin freudig</p>
- <p class="line">Unserer Stimme gehorcht: ihm wollen wir Rettung ersinnen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Brausend schwebt&rsquo; er, mit seinem Gefolg&rsquo;, in der heulenden Luft hin;</p>
- <p class="line">Doch in den schimmernden Höh&rsquo;n, des nahen Kampfes gewärtig,</p>
- <p class="line">Harrten die übrigen all&rsquo;, und sah&rsquo;n auf die Fluthen hinunter.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Doria lenkte sein Schiff dem Borde der hohen Karthago</p>
- <p class="line">Näher, und rief dem erhabenen Herrscher mit leuchtendem Antlitz:</p>
- <p class="line">&bdquo;Gönn&rsquo; es, erlauchtester Herr, daß hundert feindlichen Segeln</p>
- <p class="line">Fünfzig der unsern entgegen sich reih&rsquo;n; daß hier auf der Meerfluth</p>
- <p class="line">Doria kämpf&rsquo;, und siege, wie du auf dem eisernen Schlachtfeld!&ldquo;</p>
- <p class="line">Aber da schwang aus der bläulichen Luft sich Hermann herunter.</p>
- <p class="line">Hell wie Sterne der Sommernacht ihm flammten die Augen,</p>
- <p class="line">Als er dem stattlichen Kaiser genaht, ermuthigend, ausrief:</p>
-<a id="page-90" class="pagenum" title="90"></a>
- <p class="line">&bdquo;Wie, du wolltest, ein Held, nicht selber verlangen des Sieges</p>
- <p class="line">Lorbern? Lenke die Schlacht: so wird unsterblicher Ruhm dir!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also bestürmt&rsquo; er das Herz des leis&rsquo;aufhorchenden Kaisers,</p>
- <p class="line">Der, erschüttert im Geiste begann: &bdquo;Wie hebt sich der Mißgunst</p>
- <p class="line">Schmachgebährender Streit in meinem bewegten Gemüth&rsquo; auf?&ldquo;</p>
- <p class="line">Schnell erkämpft&rsquo; er den heiligen Sieg, der edlere Seelen</p>
- <p class="line">Krönt in dem Kampf g&rsquo;en Trug und Bethörungen niedriger Selbstsucht,</p>
- <p class="line">Und sein schützender Engel sank in hoher Verklärung</p>
- <p class="line">Ihm an die Brust. Doch Hermann sah in dem Herzen des Edlen,</p>
- <p class="line">Staunend, den hehren Sieg: er sah die himmlische Klarheit</p>
- <p class="line">Leuchten um ihn, und floh betroffen zurück&rsquo; in den Luftraum:</p>
- <p class="line">Denn nicht durft&rsquo; er schau&rsquo;n den Himmlischen. So nach des Sommers</p>
- <p class="line">Heiß entschwundenem Tag&rsquo;, seh&rsquo;n wir den zuckenden Blitzstrahl</p>
- <p class="line">Flammen im Sternenzelt, und sprechen: der glühende Himmel</p>
- <p class="line">Kühle sich ab &mdash; nicht hörend den fernverhallenden Donner:</p>
- <p class="line">Also entwich, von dem hehren Glanze geblendet, der Geist hier.</p>
- <p class="line">Aber der Kaiser sprach zu Doria lächelnden Blickes:</p>
- <p class="line">&bdquo;Zwar ersehnte mein Herz, die Schrecken der stürmenden Seeschlacht</p>
- <p class="line">Hier zu besteh&rsquo;n, und die Kraft zu versuchen in neuen Gefahren;</p>
- <p class="line">Aber nicht Sorg&rsquo; um des Herrschers Haupt erschlaffe die Schwingen</p>
-<a id="page-91" class="pagenum" title="91"></a>
- <p class="line">Deines erhabenen Muths, und das siegerringende Schiffsheer</p>
- <p class="line">Reiche nicht ihm den Kranz, der dir umwinde die Scheitel.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und mit Thränen im Blick&rsquo;, entschiffte der treffliche Seeheld</p>
- <p class="line">Jetzt an dem Borde des doppelten Aars, deß Fittig&rsquo; er liebend</p>
- <p class="line">Wählte, sich aufzuschwingen zum Glanz&rsquo; unsterblichen Ruhmes.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf erlas er, behend&rsquo;, aus den schimmernden Reihen der Schiffe</p>
- <p class="line">Fünfzig, bemannt mit tapferem Volk, das oft auf dem Meer schon</p>
- <p class="line">Lorbern errang: die Schiffe der furchtbar&rsquo;n Räuber besiegend.</p>
- <p class="line">Wie der mächtige Aar, ausbreitend die rauschenden Flügel,</p>
- <p class="line">Schnell hinfleugt in dem Wind, so flog die erlesene Schiffsmacht</p>
- <p class="line">Fort auf der schimmernden See: denn rechts entfaltete Ruyter</p>
- <p class="line">Fünfzehn flandrische Flaggen, und links, der kühne Moncada,</p>
- <p class="line">Mit Hispania&rsquo;s acht, Lusitania&rsquo;s sieben vereinend,</p>
- <p class="line">Fünfzehn. Doch zu Wälschlands Ruhm, dem feindlichen Andrang</p>
- <p class="line">Muthig entgegen zu steh&rsquo;n in der Mitte des Heldengeschwaders,</p>
- <p class="line">Pflanzte Genua&rsquo;s Flagg&rsquo;, und zugleich, die Rom und Neapel</p>
- <p class="line">Einte der Heeresmacht, an zwanzig trefflichen Schiffen,</p>
- <p class="line">Doria auf. Jetzt allen umher verständliche Zeichen</p>
- <p class="line">Donnernd, erscholl vom Bord sein rüstunggebiethender Aufruf.</p>
- <p class="line">Wie Gewitterstoff von der kreisenden Scheibe des Glases,</p>
- <p class="line">Prasselnd, durch saugendes Messingrohr einströmt in der Flaschen</p>
-<a id="page-92" class="pagenum" title="92"></a>
- <p class="line">Dunkelen Schooß, und ein Mann, die leitende Kett&rsquo; in der Linken,</p>
- <p class="line">Reichet dem Nachbar die Recht&rsquo;, und dieser dem Nachbar, und so trifft</p>
- <p class="line">Hunderte dann erschütternder Schlag urplötzlich, auf einmal,</p>
- <p class="line">Wenn der glimmende Funk&rsquo; aufflammt am entladenden Kolben:</p>
- <p class="line">Also bewegte die Führer zugleich des Schlachtengebiethers</p>
- <p class="line">Donnerruf, und, nahe dem Maste die rühmliche Stelle</p>
- <p class="line">Wählend, geboth ihr Schrei dem Volke die Rüstung. Am Mastbaum</p>
- <p class="line">Kletterten Schiffer empor, und ordneten eilig die Segel,</p>
- <p class="line">Während die Krieger in Reih&rsquo;n ihr Feuergewehr auf dem Schiffsbord</p>
- <p class="line">Luden. Sie gossen zuerst entflammendes Krot in des Zündlochs</p>
- <p class="line">Pfanne; schmetterten Krot und Lot, mit dem glänzenden Ladstock,</p>
- <p class="line">Fest in das Rohr, bis auf er hüpfte vom klemmenden Läppchen,</p>
- <p class="line">Und umspannten mit fröhlichem Schlag&rsquo; es am kräftigen Kolben.</p>
- <p class="line">Auch in die furchtbar&rsquo;n Donnerschlünd&rsquo; eindrängte der Wurfschütz,</p>
- <p class="line">Dann mit dem Krote, die Wucht der eisernen Kugel; er bohrte</p>
- <p class="line">Kundig das Brandrohr ein, und facht&rsquo; an der Lunte die Gluth an.</p>
-<a id="page-93" class="pagenum" title="93"></a>
- <p class="line">Aber mit tieferem Ernst&rsquo; und erhöhtem Vertrau&rsquo;n in den Augen,</p>
- <p class="line">Sah der Kaiser vom Bord dem schlachtanbiethenden Volk nach.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt aufrauschte das Meer: es nahten die Feinde. Wie Nebel,</p>
- <p class="line">Vom Herbstwinde gejagt, weithin verhüllen der Sonne</p>
- <p class="line">Liebliche Bahn: so flogen der Feind&rsquo; unzählige Segel</p>
- <p class="line">Her auf der See. Doch Al-Mansor ergrimmte des Gegners</p>
- <p class="line">Minderzahl, und Wuth, und Hohn verzerrte sein Antlitz.</p>
- <p class="line">Doria&rsquo;s Stimme geboth vom Bord&rsquo; in donnernden Lauten:</p>
- <p class="line">&bdquo;Jegliches Schiff erwähle sich zwei der feindlichen &mdash; trenne,</p>
- <p class="line">Muthig, des Gegners Macht,&ldquo; und stürmte, der erste, zum Angriff.</p>
- <p class="line">Jetzt, wie zwei Sandhosen, gerafft vom Hauche des Aethers,</p>
- <p class="line">Schweben im Luftraum hin, durchblinkt von der trauernden Sonne,</p>
- <p class="line">Bis, von dem stürmenden Ost und West sie plötzlich vermenget,</p>
- <p class="line">Stürzen zur Erde zugleich, und dort mit Orkanengetümmel</p>
- <p class="line">Wüsten die Fluren umher, und die wimmelnden Städt&rsquo; und die Dörfer</p>
- <p class="line">So, daß bald nur Entsetzen und Grau&rsquo;n die Gefilde verhüllet;</p>
- <p class="line">Wie der feurige Blitz, im nächtlichen Donnergewitter,</p>
- <p class="line">Weitgesonderte Häuser der Stadt entzündet auf einmal:</p>
- <p class="line">Furchtbar hebt sich der Rauch; hoch lodert die prasselnde Flamme:</p>
- <p class="line">Denn unbändig herauf, unbändig hinunter, im Eilflug,</p>
-<a id="page-94" class="pagenum" title="94"></a>
- <p class="line">Wüthet das Feuer die Straß&rsquo; entlang; stets näher und näher</p>
- <p class="line">Wälzt sich der Gluthenstrom entgegen dem kommenden Gluthstrom;</p>
- <p class="line">Bald &mdash; schon sind sie vereint, und schlagen entsetzlich zusammen:</p>
- <p class="line">Also trafen sich hier die feindlichen Schiffe. Gehorchend</p>
- <p class="line">Doria&rsquo;s Ruf&rsquo;, erkor ein jeglicher Führer der Christen</p>
- <p class="line">Zwei der Gegner zum Kampf&rsquo;. Und jetzt aus dem donnernden Schiffsraum</p>
- <p class="line">Flog durch Rauch und Flammen der Tod in die feindlichen Reihen &mdash;</p>
- <p class="line">Flog vom hohen Verdeck hinüber der schmetternden Büchsen</p>
- <p class="line">Tödliche Saat. Weit deckte der Rauch die Fluthen, und weithin</p>
- <p class="line">Hallte Geschrei der Gedrängten und Dränger im Donnergetümmel.</p>
- <p class="line">Leichen schwammen umher, von den Wogen geschaukelt, und trieben</p>
- <p class="line">Näher an&rsquo;s Land; zerrissene Segel flogen im Wind hin;</p>
- <p class="line">Berstende Mast&rsquo; entstürzten dem Bord&rsquo;; aufrauschte die Meersfluth,</p>
- <p class="line">Als sie die Maste verschlang, und schäumend wieder heraufstieß.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sieh&rsquo;, Abdallah gelang&rsquo;s, der drüben, dem Feinde zur Linken,</p>
- <p class="line">Lenkte die Schlacht, das Schiff des kühnvordringenden Ruyters</p>
- <p class="line">Schnell zu umzingeln! Doch er harrt&rsquo; auf dem Borde, der Gegner,</p>
-<a id="page-95" class="pagenum" title="95"></a>
- <p class="line">Glühenden Muth&rsquo;s, wie ein Leu, der fern&rsquo; ein paar Elephanten,</p>
- <p class="line">Durch aufqualmenden Staub, mit furchtbar dräuenden Rüsseln</p>
- <p class="line">Kommen sieht, zu rächen die jüngst gemordeten Jungen;</p>
- <p class="line">Nicht erbebt ihm das Herz: genaht wuthfunkelnden Blickes,</p>
- <p class="line">Sträubt er die Mähnen, und haut um sich mit den schrecklichen Klauen:</p>
- <p class="line">Also bestand er die Menge. Da fiel, an der Stirne zerschmettert,</p>
- <p class="line">Neben ihm Otto, sein Freund und Waffengefährt&rsquo;. In der Kindheit</p>
- <p class="line">Gold&rsquo;nen Tagen vereinte sie schon des liebenden Herzens</p>
- <p class="line">Mächtiger Zug. Nun sah er ihn kaum. Ein schmerzlicher Ruf drang</p>
- <p class="line">Ihm aus der Brust; er drängte die Thräne zurücke; nur Eines</p>
- <p class="line">Galt dem Tapferen jetzt; des heiligen Kampfes Entscheidung.</p>
- <p class="line">Schnell, mit siegender Kraft, durchbrach er der feindlichen Schiffe</p>
- <p class="line">Ringsumzingelnden Kreis, und bohrte noch zween in den Abgrund,</p>
- <p class="line">Rechts und links abfeuernd das Donnergeschütz aus dem Schiffsraum.</p>
- <p class="line">Doch g&rsquo;en Doria hielt, ausdauernden, schrecklichen Muths noch</p>
- <p class="line">Al-Mansor: denn Attilas herzblutdürstende Geister</p>
- <p class="line">Drängten sein Volk mit stets empörterem Grimm&rsquo; in das Feuer</p>
-<a id="page-96" class="pagenum" title="96"></a>
- <p class="line">Mordender Schlünd&rsquo; und Gewehre. Nicht rauschten die Wogen der See mehr,</p>
- <p class="line">Leichen- und trümmerbedeckt, und vom gährenden Blute gesättigt.</p>
- <p class="line">Und schon wankte der Sieg wie das Zünglein schwankt mit der Wagschal&rsquo;,</p>
- <p class="line">Gleichem Gewichte zum Spiel. Dreimal erhob sich der Kaiser,</p>
- <p class="line">Schauend die wankende Schlacht, den Seinen errettend zu nahen;</p>
- <p class="line">So oft bezwang er sich wieder, und sah, dem Helden vertrauend &mdash;</p>
- <p class="line">Ehrend sein tapferes Volk, in die grau&rsquo;numnachtete Schlacht hin.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Doria&rsquo;s Wurfschütz traf, wohlzielend, den Sarg mit dem Zündstaub,</p>
- <p class="line">Der von der Wucht unzähliger Bomben und Kugeln umhäuft war.</p>
- <p class="line">Jetzt aufflammte die Welt. Ein Brand, entsetzlich und furchtbar,</p>
- <p class="line">Hob sich von Al-Mansors entzündetem Schiff&rsquo; in den Luftraum.</p>
- <p class="line">Gleich dem feurigen Luftgebild, dem Völker erbeben,</p>
- <p class="line">Blutigen Krieg weissagend, und Pest, und schrecklichen Hunger,</p>
- <p class="line">Flog das berstende Schiff, und schwand in den höheren Räumen</p>
-<a id="page-97" class="pagenum" title="97"></a>
- <p class="line">Fern mit lautem Gezisch. Nur spät, nur langsam, und einzeln,</p>
- <p class="line">Sank zertrümmert&rsquo; Gebälk, und sanken zerschmetterte Leichen,</p>
- <p class="line">Jetzo entfernt, jetzt nah&rsquo; in die dumpfaufplätschernden Fluthen.</p>
- <p class="line">Stille herrschte umher: da schien des kreisenden Weltalls</p>
- <p class="line">Odem gehemmt, des Windes Fittig erschlafft, und des Meeres</p>
- <p class="line">Wogende Fluth erstarrt: da sah&rsquo;n die Krieger am Schiffsbord</p>
- <p class="line">Starrend sich an, und lalleten unverständlichen Laut nur.</p>
- <p class="line">Doch nun hob sich die Wuth im Busen der feindlichen Führer;</p>
- <p class="line">Einer dem andern rief&rsquo;s mit schrecklicher Stimme: &bdquo;Wir entern!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und, alsbald mit dem sausenden Seil fünfklauige Haken</p>
- <p class="line">Schleudernd, stürmten sie an, die Gegner in wilder Verzweiflung</p>
- <p class="line">Niederzuschmettern, und laut erhob sich des Kampfes Getümmel.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Schaudernd sah&rsquo;n die Geister zuvor der wüthenden Seeschlacht</p>
- <p class="line">Grauen empört. Nun sprach zu Hannibal Regulus also:</p>
- <p class="line">&bdquo;Dort in des Erdballs Nacht, wo wir Jahrhunderte schwinden</p>
- <p class="line">Sah&rsquo;n, erfüllet von Gram, und von Banden gefesselt des Unmuth&rsquo;s,</p>
- <p class="line">Sagten umwandernde Geister uns oft von dem schrecklichen Zündstaub</p>
- <p class="line">Wunder, der, dem Blitz und dem furchtbarn Donner nicht ungleich,</p>
-<a id="page-98" class="pagenum" title="98"></a>
- <p class="line">Tod und Vernichtung sä&rsquo;et, und traun, sie redeten Wahrheit;</p>
- <p class="line">Doch, wie schmählich ereilt den Helden der Tod in dem Kampf jetzt,</p>
- <p class="line">Wo er die Brust ihm wehrlos beut, und von ferne besiegt fällt!&ldquo;</p>
- <p class="line">Siehe, da ließ sich Regulus schnell vor Doria nieder,</p>
- <p class="line">Ihn zu erregen gesinnt, und lispelt&rsquo; ihm leis&rsquo; in die Ohren:</p>
- <p class="line">&bdquo;Trenne des Feindes Reih&rsquo;n: so stritt der kühne Spartaner</p>
- <p class="line">Xanthippos in dem Kampf mit Regulus, nahe vor Tunis.</p>
- <p class="line">Ach, er fiel ihm besiegt: du erringst unsterblichen Ruhm dir!&ldquo;</p>
- <p class="line">Doria griff an das Herz, das laut dem kühnen Entschlusse</p>
- <p class="line">Pocht&rsquo;, und heller flammte sein Aug&rsquo;, da er jetzo den Degen</p>
- <p class="line">Hoch in die Luft aufschwang, und die Führer durch wehende Flaggen</p>
- <p class="line">Schnell zum Sturmgang rief: denn all&rsquo; aufmerkten den Zeichen</p>
- <p class="line">Mitten in grau&rsquo;numhülleter Schlacht. Die siegenden Flügel</p>
- <p class="line">Wichen zurück&rsquo;, und plötzlich, zum spitzigen Keile gestaltet,</p>
- <p class="line">Brach nun Doria&rsquo;s Schiffsheersmacht des Feindes Geschwader,</p>
- <p class="line">Stürmend, entzwei, daß Mast&rsquo; an Mast&rsquo;, und Segel an Segel</p>
- <p class="line">Schlugen im wilden Gekrach, und dumpf ertönte der Schiffsraum.</p>
- <p class="line">Aber, von Rach&rsquo; entflammt, vordrang der kühne Moncada,</p>
- <p class="line">Jetzo zuerst: ihm tödteten jüngst algierische Räuber</p>
- <p class="line">Nächtlich am einsamen Ufer den Freund. Er traf im Gemeng dort</p>
-<a id="page-99" class="pagenum" title="99"></a>
- <p class="line">Wüthend auf Abdul selbst, der Sarno, den Helden, gefesselt</p>
- <p class="line">Barg im Raume des Schiffs, und rasch bestürmten sich alsbald</p>
- <p class="line">Beide vom Bord zum Bord&rsquo;, im Kampf der wilden Verzweiflung,</p>
- <p class="line">Daß ringsher der Lanzen Geklirr&rsquo; erscholl, und die Leichen</p>
- <p class="line">Schwammen im Blut. Doch, glühend vor Zorn, erfaßte Moncada</p>
- <p class="line">Eines der Tau&rsquo;, und schwang sich behend&rsquo; zum feindlichen Bord&rsquo; auf,</p>
- <p class="line">Dort zu erringen den Sieg. Ihm folgten der kühneren Krieger</p>
- <p class="line">Sieben, jauchzenden Ruf&rsquo;s, zum schreckenvollen Gewürg nach.</p>
- <p class="line">Aber, geschmiegt an den Mastbaum, stand, und wehrte sich Abdul</p>
- <p class="line">Gegen die Sieben zugleich, und rannte den Speer in Moncada&rsquo;s</p>
- <p class="line">Heldenbrust, da er, kühn vordringend am schirmenden Mast&rsquo;, ihm</p>
- <p class="line">Blößte die Seit&rsquo;: er sank, und röchelte sterbend. Nicht länger</p>
- <p class="line">Freute sich jener der blutigen Rach&rsquo;: ihn erlegte der Tapfer&rsquo;n</p>
- <p class="line">Heilige Schar, mit dem Volk, das kämpfend das Leben verschmähte.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Doch aus dem Raume des Schiff&rsquo;s drang nun die flehende Stimme</p>
- <p class="line">Sarno&rsquo;s den Kriegern an&rsquo;s Ohr: sie lösten die Bande dem Helden,</p>
- <p class="line">Zitternd in freudiger Hast. Er drückte den kühnen Gefährten</p>
-<a id="page-100" class="pagenum" title="100"></a>
- <p class="line">Schweigend die Hand, und erhob die thränenden Blicke zum Himmel.</p>
- <p class="line">Als er zum hohen Verdeck aufstieg, und in seliger Freiheit</p>
- <p class="line">Himmel, und Erd&rsquo;, und Meer, lautjauchzend, begrüßte: da blinkt&rsquo; ihm</p>
- <p class="line">Aus dem blutigen Wust sein treffliches Schwert in die Augen,</p>
- <p class="line">Das ihm der Räuber entriß. Nicht der pflanzenkundige Wand&rsquo;rer</p>
- <p class="line">Freut sich so sehr, da er oben in Wolkenhöhen der Alpen</p>
- <p class="line">Blühende Matten durchspäht, und dort die seltenste findet,</p>
- <p class="line">Als der Held sich erfreute, sein Schwert auf dem Boden gewahrend.</p>
- <p class="line">Eilig rafft&rsquo; er es auf, und schwang es empor in den Luftraum,</p>
- <p class="line">Gegen den Feind urschnell die tödliche Waffe zu kehren.</p>
- <p class="line">Doch schon war errungen der Sieg, und des Feindes Geschwader</p>
- <p class="line">Strich die Segel vor Doria&rsquo;s Macht. Wie dort auf dem Thronstuhl</p>
- <p class="line">Sitzend im herrlichen Prunk, der neugekrönte Beherrscher</p>
- <p class="line">Ringsher schaut das versammelte Volk, und jetzo mit Ehrfurcht,</p>
- <p class="line">Mann für Mann, die Erwähleten nah&rsquo;n, die Hand ihm zu küssen,</p>
- <p class="line">Huldigend: so in des Sieges Glanz&rsquo; ihm huldigt&rsquo; in Demuth,</p>
- <p class="line">Ueberwunden der Feind. Da jauchzten unzählige Menschen</p>
- <p class="line">Rings von den Zinnen der Stadt, von den Warten der Berg&rsquo; und der Hügel &mdash;</p>
- <p class="line">Jauchzten umher vom Gewölk die feindlichgetrenneten Geister.</p>
-<a id="page-101" class="pagenum" title="101"></a>
- <p class="line">Doch, der einst Karthago&rsquo;s Ruhm zu den Sternen erhöhte,</p>
- <p class="line">Hannibal, sah voll Zorn, wie Regulus erst dem Gebiether</p>
- <p class="line">Doria Hülfe erwies: da erwachten der düsteren Vorzeit</p>
- <p class="line">Trauergebilde in seinem Gemüth&rsquo;, und zürnend begann er:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie, der Römer, und ich, vereint in dem Kampfe der Helden?</p>
- <p class="line">Nimmer gescheh&rsquo;s! Eh&rsquo; soll das zitternde Lamm an der Wölfinn</p>
- <p class="line">Saugen &mdash; der brausende Bach zurück zur Quelle sich heben,</p>
- <p class="line">Ehe der Pune dem Römer sich eint. Er nah&rsquo; ihm als Feind nur!</p>
- <p class="line">Jetzt in Eile hinaus nach Karthago&rsquo;s Jammergefilden,</p>
- <p class="line">Daß mich erneut empöre der Rach&rsquo; unendliches Drängen,</p>
- <p class="line">Die ich ihm schwur: ein Feind dem Freund&rsquo;, den er sich erkoren.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also rief er den Seinen, ergrimmt, und flog in den Lüften</p>
- <p class="line">Schnell g&rsquo;en Süden hinab. Ihm folgten die stürmischen Geister.</p>
- <p class="line">&bdquo;Lenkt,&ldquo; rief Doria jetzt, &bdquo;die Schiff&rsquo; in den freundlichen Hafen,</p>
- <p class="line">Daß die Verwundeten all, und auch die gefangenen Gegner,</p>
- <p class="line">Sorglich gepflegt, der menschenehrenden Milde sich freuen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Rauschend wogten die Schiffe zum Strand. So manche des Siegers</p>
- <p class="line">Mißten den Mast und die Segel; so manche, durchbohrt von Geschossen,</p>
- <p class="line">Tauchte der Fluth einströmende Last. Viel tapfere Christen</p>
- <p class="line">Both, aufschäumend, das Meer als Beute den gierigen Fischen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-102" class="pagenum" title="102"></a>
- <p class="line">Jetzt, annahend im Boot&rsquo;, erklomm mit Gefolge der Kaiser</p>
- <p class="line">Doria&rsquo;s glänzenden Bord, und schloß ihn mit heißer Umarmung</p>
- <p class="line">Lang&rsquo; an das Herz: hochehrend vor allem Volke den Helden.</p>
- <p class="line">Siehe, da flog auch Sarno heran! Mit leuchtenden Augen</p>
- <p class="line">Sah er den Sieger belohnt, und sprach zu dem Herrscher sich wendend:</p>
- <p class="line">&bdquo;Heil und Segen mit dir, Erlauchtester, daß du den Helden</p>
- <p class="line">Hoch vor allen erhebst, der mich aus schmählichen Banden</p>
- <p class="line">Rettete; doch nun sollen für mich die tapfern Gefährten</p>
- <p class="line">Zeugen: nicht hab&rsquo; ich durch eigene Schuld die Bande getragen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Aber ihm zürnete, seit dem Sieg&rsquo; auf dem Felde Bicoccas,<a class="fnote" href="#footnote-36" id="fnote-36">[36]</a></p>
- <p class="line">Guasto, der tapfere Greis: dort hemmt&rsquo; er des feurigen Jünglings</p>
- <p class="line">Stürmische Hast, und sogleich stieß dieser verwundende Wort&rsquo; aus.</p>
- <p class="line">Jetzo mit finsterem Blick&rsquo; erhob er die tadelnde Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wahrlich, der Feind erhascht&rsquo; ein träghinsegelndes Fahrzeug,</p>
- <p class="line">Weil es ein Feiger lenkt&rsquo;, und ihn nicht tapfer bekämpft hat!&ldquo;</p>
- <p class="line">Todesbläss&rsquo; umzog, und flammende Röthe bedeckte</p>
- <p class="line">Sarno&rsquo;s Wangen im wechselnden Flug&rsquo;. Er faßte des Degens</p>
- <p class="line">Griff in zitternder Hast, trat vor ... da hemmt&rsquo; ihn des Kaisers</p>
- <p class="line">Ernster Blick, der, Guasto&rsquo;s ergrauete Haare betrachtend,</p>
- <p class="line">Ruhe geboth. Ihm sank die ermattete Rechte vom Griffblatt.</p>
- <p class="line">Schweigend stand er im Kreis&rsquo;, und an seiner Wange herunter</p>
-<a id="page-103" class="pagenum" title="103"></a>
- <p class="line">Glänzte die Thrän&rsquo;. Alsbald bezwang Del-Guasto des Busens</p>
- <p class="line">Leichtaufwallenden Zorn, er seufzte vor innigem Herzleid,</p>
- <p class="line">Trat vor Sarno, und reicht&rsquo; ihm, versöhnend, die Hand, und der Edle</p>
- <p class="line">Nahm sie versöhnt. Doch bald umwölkt der nächtlichste Kummer</p>
- <p class="line">Sein verwundetes Herz, und schwindet im rühmlichen Tod nur.</p>
- <p class="line">Jetzt aufboth der Kaiser sogleich die versammelten Feldherrn:</p>
- <p class="line">&bdquo;Gott, deß mächtiger Arm, die Feinde zerschmetternd, uns Ruhm gab,</p>
- <p class="line">Leit&rsquo; uns beglückt zum Ziel&rsquo;! Entfaltet dem Winde die Segel,</p>
- <p class="line">Daß in des Sieges aufstrahlendem Glanz wir, landend vor Tunis,</p>
- <p class="line">Ernten noch schöneren Ruhm: die Wonne der Christenerrettung.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also geschah&rsquo;s. In Eil&rsquo; auf die schimmernden Fluthen des Meeres</p>
- <p class="line">Wogten die Schiffe hinaus; das Geschütz erdonnerte rastlos,</p>
- <p class="line">Und in dem sausenden Wind&rsquo; entschwand g&rsquo;en Tunis die Heersmacht.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-6">
-<a id="page-104" class="pagenum" title="104"></a>
-Fünfter Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">S</span><span class="postfirstchar">chon</span> entschwebten dem Meer des heißersehneten Welttheils</p>
- <p class="line">Küsten im Abendduft; schon thürmten im rosigen Westen</p>
- <p class="line">Berge sich auf, ringsher umlagernd den Gürtel des Atlas,</p>
- <p class="line">Dessen schneeiges Haupt anstaunt die glühende Sandwüst&rsquo;,</p>
- <p class="line">Als in die Reih&rsquo;n des meerdurcheilenden Heers ein Geschwader</p>
- <p class="line">Vier schnellsegelnder Schiffe noch kam, von dem felsigen Eiland</p>
- <p class="line">Malta gesandt. Aurel, die erlesenste Zierde des Ordens,</p>
- <p class="line">Führte der Christenheit verherrlichte Kämpen am Schiffsbord:</p>
- <p class="line">Hundert Rittern gesellt, zweitausend tapfere Krieger.</p>
- <p class="line">Ihnen zu Eigen gab der erhabene Kaiser das Eiland,</p>
- <p class="line">Als sie von Rhodus Suleymann vertrieb, der, rings von den Leichen</p>
- <p class="line">Seines Volks umhügelt, den Greis, und Heldengebiether,</p>
- <p class="line">Villiers Lisle Adam,<a class="fnote" href="#footnote-37" id="fnote-37">[37]</a> dort ehrte mit würdigem Lobspruch.</p>
- <p class="line">Grüßend mit Donnergetön&rsquo; und wehender Flagge den Herrscher,</p>
- <p class="line">Schifften sie freudiger fort im Verein des mächtigen Heeres.</p>
- <p class="line">Jetzo, der Küste genaht, hinstarrten die Krieger, vor Sehnsucht</p>
-<a id="page-105" class="pagenum" title="105"></a>
- <p class="line">Glühend: den Palmenhain in den fremden Gefilden zu schauen,</p>
- <p class="line">Oder das seltene Thier im Gefild&rsquo;, und die Hütte des Menschen.</p>
- <p class="line">Doch bald hüllte das Land sich rings in des sinkenden Nachtgrau&rsquo;ns</p>
- <p class="line">Düsteren Schleier, und barg dem staunenden Fremdling sein Antlitz.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Attila war im Gefolg des Geisterheeres im Eilflug</p>
- <p class="line">Afrika&rsquo;s Fluren genaht. Wie an trüberen Tagen des Winters</p>
- <p class="line">Endlos, Schwärme der Kräh&rsquo;n und der schwarzbefiederten Raben,</p>
- <p class="line">Laut vereinten Geschrei&rsquo;s, vor dem Schneegestöber heranzieh&rsquo;n:</p>
- <p class="line">Also nahten im Grau&rsquo;n der Nacht die empöreten Geister.</p>
- <p class="line">Attila stand, und forscht&rsquo; in den Herzen der Landesgebornen,</p>
- <p class="line">Welchen die Küste umher zur Huth von dem Herrscher vertraut war;</p>
- <p class="line">Aber sie ruheten all&rsquo; an dem Strand, vom Schlummer gefesselt.</p>
- <p class="line">Zürnend sprach er darum den leis&rsquo; aufhorchenden Geistern:</p>
- <p class="line">&bdquo;Weckt entsetzliche Träume sogleich, aus dem Schlafe zu rütteln</p>
- <p class="line">Dieß entnervte Geschlecht, und donnert: &bdquo;Es nahet der Feind uns!&ldquo;</p>
- <p class="line">Ihm in die Ohren, daß rings auf den luftigen Höhen und Warten</p>
- <p class="line">Lodre die Flamm&rsquo; empor, und schrecke die feindliche Schiffsmacht.</p>
-<a id="page-106" class="pagenum" title="106"></a>
- <p class="line">Selber erreget die brausende Loh&rsquo;, und zeigt euch des Königs</p>
- <p class="line">Würdig, dem, als der Geißel Gottes, erbebte der Erdkreis.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also rief er: da fuhr sein Volk, wie der brausende Sturmwind,</p>
- <p class="line">Ueber die Schlafenden hin. Sie sah&rsquo;n im Traume die Meerfluth</p>
- <p class="line">Wildempört; sie hörten aus ihr Scheusale des Abgrunds</p>
- <p class="line">Heulen: &bdquo;Es nahet der Feind!&ldquo; und taumelten auf von dem Boden.</p>
- <p class="line">Erst, mit seitwärtsgewendetem Ohr&rsquo; im finsteren Nachtgrau&rsquo;n</p>
- <p class="line">Horchend, standen sie all&rsquo;, und hörten Geräusche (die Wellen</p>
- <p class="line">Klatschten am schwärzlichen Kiel) dann, laufend umher an dem Meerstrand,</p>
- <p class="line">Sah ihr, geschärft vor Gier umspähendes Aug&rsquo; in den Lüften</p>
- <p class="line">Näher und näher heran den Wald hochthürmender Masten</p>
- <p class="line">Schweben, und jetzt mit den flatternden Wimpeln unzählige Segel,</p>
- <p class="line">Von dem Winde gebläht, anstürmen im freudigen Eilflug.</p>
- <p class="line">Aber mit lautem Geheul erklomm die bebende Volksschar</p>
- <p class="line">Jäh&rsquo; am Gestade, die Felsenhöh&rsquo;n: der Drohung gedenkend,</p>
- <p class="line">Die jüngst Hairaddins Grimm aussprach, des schrecklichen Herrschers,</p>
- <p class="line">Und erweckte die Gluth im knisternden Reis, auf des Felsens</p>
- <p class="line">Hochaufragenden Warten umher. Den Feigen im Rücken,</p>
- <p class="line">Brauste die Geisterschar, und, als der schlummernde Nachtwind</p>
- <p class="line">Noch den geschüreten Brand nicht in Flammensäulen empörte,</p>
- <p class="line">Fachten die Geister, vereint, mit starrvorquellenden Augen</p>
-<a id="page-107" class="pagenum" title="107"></a>
- <p class="line">Und gebläheten Backen, erhellt vom Feuer, die Gluth an.</p>
- <p class="line">Siehe, und bald erhob sich die wirbelnde Loh&rsquo; auf den Höhen,</p>
- <p class="line">Hellte die Nacht, und warf, urschnellfortrollenden Schimmer</p>
- <p class="line">Ueber die schwankenden Fluthen des Meers. Weit brannte der Abgrund</p>
- <p class="line">Unter dem Wogenpfad der völkertragenden Schiffe.</p>
- <p class="line">Endlos schien der Brand auf den Höh&rsquo;n: denn, leuchtendem Blitz gleich,</p>
- <p class="line">Hüpften vor jedem umher die Flammengestalten der Geister.</p>
- <p class="line">Solches vermögen sie noch, und necken den Wand&rsquo;rer die Nacht durch,</p>
- <p class="line">Mit Irrlichtern vereint am Moor&rsquo;, und feurigen Männern.</p>
- <p class="line">Leise geweckt entfuhr der Hängematte der Kaiser,</p>
- <p class="line">Stieg auf das hohe Verdeck, und sah nach dem leuchtenden Meerstrand,</p>
- <p class="line">Lächelnden Blick&rsquo;s, hinüber. Er hieß den sorglichen Guasto,</p>
- <p class="line">Der ihn gewarnt, annahend im Schiff, zur Ruhe sich legen:</p>
- <p class="line">Denn er kannte die List des täuschungsinnenden Feindes.</p>
- <p class="line">Aber nicht senkte der liebliche Schlaf mit fächelnden Schwingen</p>
- <p class="line">Auf sein Auge sich mehr: er sah nur Kampf und Errettung.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Als im rosigen Duft der heilige Morgen heraufstieg,</p>
- <p class="line">Himmel und Erd&rsquo;, und Meer der freundlicherwachenden Sonne,</p>
- <p class="line">Schauernd vor Lust, entgegen streckten die Arme: da flogen</p>
- <p class="line">Eilig die Krieger im Frühwind hin, umkreisten den Vorberg</p>
- <p class="line">Gomert:<a class="fnote" href="#footnote-38" id="fnote-38">[38]</a> Apollo&rsquo;s vordem genannt, und blickten nach Bona&rsquo;s</p>
- <p class="line">Halbeiland, das einst dem schirmenden Hermes geweiht war,</p>
-<a id="page-108" class="pagenum" title="108"></a>
- <p class="line">Und in die spiegelnde See sein Klippengestade hinausdehnt.</p>
- <p class="line">Nun Buschatter genaht, wo mächtig in Tagen der Vorwelt</p>
- <p class="line">Utika stand, aufseufzete laut der edelste Kaiser;</p>
- <p class="line">Sah, mit Trauer im Blick, nach dem kühnaufstrebenden Helden</p>
- <p class="line">Ludwig, und sagte zu ihm, noch tiefbeklommen im Busen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Weh&rsquo;n nicht der Vorzeit heilige Schauer dich an aus den Mauern</p>
- <p class="line">Dort, wo Kato, der Knechtschaft zu groß, in das eigene Schwert sank?</p>
- <p class="line">Achtung gebeut sein hohes Gemüth, und die Liebe zur Freiheit,</p>
- <p class="line">Der er gelebt, unwandelbar stets. Doch, dünket sein Tod dir</p>
- <p class="line">Beifallswürdiger als ein Sieg, dem feindlichen Leben</p>
- <p class="line">Abgerungen durch Kraft ausdauernden, muthigen Strebens?</p>
- <p class="line">Frommt&rsquo; es dem Vaterland, dem langentarteten, etwa,</p>
- <p class="line">Daß er, der Vorzeit Sitte getreu, verfolgte den Einen,</p>
- <p class="line">Der mit mächtiger Hand das, mitten im Brausen der Sturmfluth</p>
- <p class="line">Leckumtreibende Schiff vom Bruche zu retten vermochte &mdash;</p>
- <p class="line">Daß er den schrecklichen Dolch in die Hand des Sohnes gegeben?</p>
- <p class="line">Schwer, ach, büßte die Welt den Mord des Edeln: er bahnte</p>
- <p class="line">Furchtbarn Wüthrichen nur den Weg zu frecher Verachtung</p>
- <p class="line">Jeglichen Rechts. Und wurde nicht strenge Vergeltung den Mördern?</p>
- <p class="line">Brutus kannte die Ruhe nicht mehr; nicht erquickte der Schlummer</p>
-<a id="page-109" class="pagenum" title="109"></a>
- <p class="line">Mehr sein Aug&rsquo;; auch wachend sah er Gespenster, und immer</p>
- <p class="line">Hört&rsquo; er die Wort&rsquo;: &bdquo;&bdquo;Auch du, mein Sohn?&ldquo;&ldquo; in zermalmenden Tönen.&ldquo;</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt an dem Halbeiland, Karthago&rsquo;s verödeter Stätte,</p>
- <p class="line">Wogten die Schiffe vorbei: beklemmende Schauer erfüllten</p>
- <p class="line">Jegliche Brust, und Stille herrscht&rsquo; am Bord und im Schiffsraum;</p>
- <p class="line">Eileten erst an dem Salzthurm hin: von der reichlichen Salzfluth</p>
- <p class="line">Also genannt, die im Schooß der thürmenden Mauer emporwallt,</p>
- <p class="line">Dann an dem Wasserthurm, deß&rsquo; silbernfluthende Kühlung</p>
- <p class="line">Auch aus dem fernen Gefild&rsquo; anlockt den dürstenden Wandrer.<a class="fnote" href="#footnote-39" id="fnote-39">[39]</a></p>
- <p class="line">Aber unzähliges Volk rann fort am Gestad&rsquo;, in der Rechten</p>
- <p class="line">Schwingend den Speer im Geschrei der wildauftobenden Kampflust,</p>
- <p class="line">Und schon sausten mit Donnergetös gewaltige Kugeln</p>
- <p class="line">Her von dem Strand; doch, so wie, im garbenbeladenen Wagen</p>
- <p class="line">Sitzend, die Schnitter fern&rsquo; im Gebirg den strömenden Regen</p>
- <p class="line">Schauen, mit lächelndem Blick, da im heiteren Glanze der Sonne</p>
- <p class="line">Sie von dem Aehrenfeld heimführen den Segen des Sommers:</p>
- <p class="line">So, nur lächelnd, ersah&rsquo;n die Schiffenden, wie die Geschosse</p>
- <p class="line">Harmlos sanken umher, von den schäumenden Wogen verschlungen.</p>
- <p class="line">Doch, im Schooße der Bucht, die aus felsumstarreter Mündung</p>
-<a id="page-110" class="pagenum" title="110"></a>
- <p class="line">Eint vor Tunis den See mit des Meeres Gewässern, erhob jetzt,</p>
- <p class="line">Schimmernd im Morgenroth, ihr Haupt die Veste Goletta,<a class="fnote" href="#footnote-40" id="fnote-40">[40]</a></p>
- <p class="line">Und einhelliges Jauchzen erscholl von den Schiffen: die Krieger</p>
- <p class="line">Sehnten sich lange nach ihr, dem Ziel&rsquo; unsterblicher Thaten.</p>
- <p class="line">Hoch in die bläuliche Luft aufragte die herrliche Festung,</p>
- <p class="line">Und in die Fluth, die, sanftergossen, im Schimmer des Morgens</p>
- <p class="line">Ruhete, sank ihr Bild, doch häuptlings hinunter zum Abgrund.</p>
- <p class="line">Jetzo schwankt&rsquo; es umher, da, erregt von den nahenden Schiffen,</p>
- <p class="line">Kräuselnd, der Wellenzug nach dem Felsengestade sich wälzte,</p>
- <p class="line">Und es ertönte zugleich der Feinde Geschrei aus den Mauern;</p>
- <p class="line">Aber der Kaiser rief nach Doria selber hinüber:</p>
- <p class="line">&bdquo;Tapferer, send&rsquo; alsbald auf zwei leichtsegelnden Schiffen,</p>
- <p class="line">Wohlerfahrnen Führern gesellt, versuchtere Krieger,</p>
- <p class="line">Dort zu erspäh&rsquo;n die Lag&rsquo; und die Stärke der Veste &mdash; zu finden</p>
- <p class="line">Günstigen Landungsplatz für den Reiter zugleich und das Fußvolk;</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf erschalle der Donnerruf zur stürmischen Landung!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also geschah&rsquo;s. Weit vorwärts bog sich der Mast, und die Wellen</p>
- <p class="line">Schäumten nach jeglichem Ruderschlag&rsquo;, in kräuselnden Ringen,</p>
- <p class="line">Hinter dem eilenden Kiel. Wie zwei langhalsige Schwän&rsquo; oft,</p>
- <p class="line">Männchen und Weibchen, den silbernen Teich umrudern im Spätlicht:</p>
-<a id="page-111" class="pagenum" title="111"></a>
- <p class="line">Jetzt, annahend dem Strand, wohlduftende Kräuter zu pflücken,</p>
- <p class="line">Jetzo, kehrend zur Mitte des Teich&rsquo;s, die schimmernden Furchen</p>
- <p class="line">Ziehen die Fluth entlang, und mit stolzergewölbeten Hälsen</p>
- <p class="line">Ihr Gefieder, wie Schnee, den Lüftchen des Abends entfalten:</p>
- <p class="line">Also erforschten die zween, bald nah&rsquo;, bald ferne dem Meerstrand,</p>
- <p class="line">Jegliches so, wie zuvor der waltende Herrscher gebothen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hairaddin ging auf dem Söller der Burg, hoch über der Hauptstadt</p>
- <p class="line">Tunis, sinnend umher. Nicht die würzigen Düfte der Blumen</p>
- <p class="line">Ringsum schufen ihm Lust, nicht des Springborns holdes Gesäusel</p>
- <p class="line">Reizte sein Ohr: er starrte, die Hände zum Rücken gefaltet,</p>
- <p class="line">Stets mit trüberem Blick&rsquo; auf den glänzenden Estrich vor sich hin.</p>
- <p class="line">Wuth erfüllt&rsquo; ihm die Brust: denn Omrah, der Räuber Areny&rsquo;s</p>
- <p class="line">War ihm genaht an dem Abend. Ihm Siegesverheißung zu bringen,</p>
- <p class="line">Sendet&rsquo; ihn Al-Mansor; doch sah er noch fern&rsquo; auf des Meers Höh&rsquo;n,</p>
- <p class="line">Wie er dem Feinde, besiegt, hinsank mit all dem Geschwader.</p>
- <p class="line">Schnell erwürgt&rsquo; er im Zorn den jammerverkündenden Bothen.</p>
- <p class="line">Doch nun kam ein Sclav&rsquo;, und rief, zur Erde sich beugend:</p>
-<a id="page-112" class="pagenum" title="112"></a>
- <p class="line">&bdquo;Herr, die Christen sind da! Nicht nährt des ragenden Oehlwalds</p>
- <p class="line">Grund der Bäume so viel&rsquo;, als feindliche Maste die See trägt.&ldquo;</p>
- <p class="line">Hairaddin schnob vor Wuth: &bdquo;Hinweg du feiger Geselle,</p>
- <p class="line">Eh&rsquo; dich mein Fuß zermalmt! Die Furcht erschuf dir die Gegner.</p>
- <p class="line">Hat ihr Schiff die Schwingen des Aars und die Sehnen des Straußes,</p>
- <p class="line">Der auf dem Sand hinfleugt, und den Preis auch dem hurtigsten Rosse</p>
- <p class="line">Raubet im Lauf? Nicht sollst du hinfort mir lügen: hinweg &mdash; stirb!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jener entfloh, und stürzte sich angstbetäubt in die Fluthen.</p>
- <p class="line">Hairaddin ging nun hastiger hin auf dem Söller; er kehrte</p>
- <p class="line">Nun ergrimmter zurück&rsquo;, und sah lautknirschend zum Himmel.</p>
- <p class="line">Aber ein Zweiter begann: &bdquo;Die Macht unzähliger Gegner</p>
- <p class="line">Wogt an dem Vorgebirg Buschatters in Eile vorüber.&ldquo;</p>
- <p class="line">Und kaum war er entflohn, da kam ein Dritter, und sagte:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sinam kündet dir, Herr: fünfhundert feindliche Segel</p>
- <p class="line">Hab&rsquo; er gezählt von den Zinnen der Vest&rsquo;, und nicht alle gezählt noch.</p>
- <p class="line">Nah&rsquo; an Goletta dem Feind die günstige Landung zu wehren,</p>
- <p class="line">Stehe versammelt das tapferste Volk; doch mächtige Scharen</p>
- <p class="line">Harren nur deines Geboths; du winkst: sie gehorchen in Demuth.</p>
- <p class="line">Sende daher ihm noch die erlesensten Krieger, daß jenes,</p>
- <p class="line">Minder an Zahl, nicht im Kampf&rsquo; erliege der feindlichen Mehrzahl.&ldquo;</p>
-<a id="page-113" class="pagenum" title="113"></a>
- <p class="line">Hairaddin schrie: &bdquo;Erliegen meinte der Feige? So meint er?</p>
- <p class="line">Eile, bescheide mir Giaffar her, den tapferen Aga.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jener gehorchte; doch Hairaddin sann, und rief in den Hofraum:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hört! Die Feldherrn all&rsquo; entbiethet ihr schnell nach Goletta;</p>
- <p class="line">Aber daß keiner verzieh&rsquo;: denn traun, er würd&rsquo; es bereuen!&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie,&ldquo; so murmelt&rsquo; er jetzt, ergrimmt, die Worte für sich hin,</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie, sie kommen heran, mir zu rauben das edelste Kleinod,</p>
- <p class="line">Tunis, dieß jüngst&rsquo; und theuerste Kind? Nicht Telmessan, nicht Algier</p>
- <p class="line">Acht&rsquo; ich so hoch ... Den Frevel büßen sie einst in Europa</p>
- <p class="line">Furchtbar, wo nicht der Greis, nicht das Kind in der Mutter verschont sey!&ldquo;</p>
- <p class="line">Dann aufschrie er: &bdquo;Mein Roß!&ldquo; Die Mauern des hohen Pallastes</p>
- <p class="line">Drönten hinab zu dem untersten Grund&rsquo;, und die bebenden Sclaven</p>
- <p class="line">Taumelten durcheinander vor Angst. Der stattliche Läufer</p>
- <p class="line">Stand alsbald gesattelt im Raum des hallenden Thorwegs:</p>
- <p class="line">Glänzend schwarz, von Arabia&rsquo;s edelstem Schlage; der Schneeschaum</p>
- <p class="line">Flog von dem blanken Gebiß, wie er nagt&rsquo; an dem Eisen, und rastlos</p>
- <p class="line">Scharrt&rsquo; in dem Sand; wie er schnob, und bald auf den hinteren Füßen</p>
-<a id="page-114" class="pagenum" title="114"></a>
- <p class="line">Stand, erhebend die vordern, und bald aufwiehert&rsquo;, und ausschlug.</p>
- <p class="line">Aber den Feurigen hielt der Sclav&rsquo; am goldenen Zaum fest;</p>
- <p class="line">Streichelt&rsquo; ihm leise den Hals, und klopft&rsquo; an die Decke von Purpur,</p>
- <p class="line">Die den Sattel umhüllte, mit Gold und Perlen verzieret.</p>
- <p class="line">Hairaddin hob sich im kreisenden Schwung&rsquo; auf das Roß, und der Reiter</p>
- <p class="line">Hundert jagten ihm vor, so viele ihm nach, in dem Eilflug.</p>
- <p class="line">Fernhin tönte Geklirr&rsquo; und Getrab&rsquo;, und es bebte der Boden</p>
- <p class="line">Unter dem stampfenden Huf&rsquo; &mdash; aufflog der flimmernde Sandstaub.</p>
- <p class="line">Jetzt durchbraust&rsquo; er voll Hast die eröffneten Thore Goletta&rsquo;s,</p>
- <p class="line">Und erstieg den gewaltigen Thurm, der nahe dem Meerstrand,</p>
- <p class="line">Auch die Mündung des See&rsquo;s von Tunis, erhöhet im Viereck,</p>
- <p class="line">Schirmt: denn landeinwärts, wohl vier gemessene Meilen</p>
- <p class="line">Dehnt sich der See, am Rand des Olivengehölzes zur Stadt hin.</p>
- <p class="line">Hairaddin rettete dort, besorgt, viel hundert der Schiffe</p>
- <p class="line">Noch; er hieß die Mündung des See&rsquo;s mit lastenden Ketten</p>
- <p class="line">Sperren, und pflanzte Geschütz, Abwehr ersinnend, am Strand&rsquo; auf.</p>
- <p class="line">Jetzt erklomm er die Zinne des Thurms, und sah nach der Gegend,</p>
- <p class="line">Glühenden Blickes, hinab, wo unzählige Schiffe des Gegners</p>
-<a id="page-115" class="pagenum" title="115"></a>
- <p class="line">Deckten die schimmernde Fluth, und zwei vordringende Segler</p>
- <p class="line">Spähten: er sah&rsquo;s, und finsterer Groll zernagte die Brust ihm.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Aber schon lang&rsquo; umflog, dem christlichen Heere Verderben</p>
- <p class="line">Sinnend, Muhamed ihn, und hoffte der Wünsche Gewährung,</p>
- <p class="line">Als er das Herz erwog des thatengewaltigen Mannes.</p>
- <p class="line">So wie im düsteren Flug, den Ohren nicht hörbar, die Nachtschwalb&rsquo;</p>
- <p class="line">Ueber uns flatternd schwebt: so flog um Hairaddin jener,</p>
- <p class="line">Forschend, und sah ergrimmt, wie jetzt ihm der feindlichen Heersmacht</p>
- <p class="line">Furchtbare Schau das Herz erfüllte mit nagendem Kummer.</p>
- <p class="line">Leise dem Ohre genaht des Sinnenden, sprach er ihm Muth ein:</p>
- <p class="line">&bdquo;Solltest du beben, Hairaddin, du, ruhmwürdiger Krieger,</p>
- <p class="line">Deß&rsquo; zermalmender Kraft die Völker erzittern? Nicht denkst du:</p>
- <p class="line">Wer das Eine nur will, fest will, der wird es erringen?</p>
- <p class="line">Heiß den Wurfschütz dort vernichten den feindlichen Späher,</p>
- <p class="line">Der tollkühn vordrang, und erreg&rsquo; in der hohen Versammlung</p>
- <p class="line">Deine Feldherrn. Horch, dieß kündet der große Prophet dir!&ldquo;</p>
- <p class="line">Alsbald stieg, der muthempörenden Worte gedenkend,</p>
- <p class="line">Jener die Stufen herab, und eilte hinaus nach dem Walle,</p>
- <p class="line">Wo der Wurfschütz saß, und gehäuft die Donnergeschosse</p>
- <p class="line">Lagen, unferne dem ehernen Schlund. Mit Zorn in den Blicken</p>
- <p class="line">Und in dem Laut, rief er den bombenwerfenden Söldnern:</p>
-<a id="page-116" class="pagenum" title="116"></a>
- <p class="line">&bdquo;Memmen ihr! Auf trüglicher Fluth, die Freunden und Feinden</p>
- <p class="line">Willig den Rücken beut, erblickt ihr die feindlichen Späher:</p>
- <p class="line">Wie sie erkunden die Furt, die Macht und die Schwäche der Mauern,</p>
- <p class="line">Euch, ihr Feigen, zur Schmach. Zertrümmert mir eines der Schiffe &mdash;</p>
- <p class="line">Jenes gleich, das dort vordringt, mit euren Geschossen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Alle zugleich, gehorchend dem zürnenden Herrscher, erhoben</p>
- <p class="line">Brennende Lunten, und senkten sie schnell an des furchtbaren Mörsers</p>
- <p class="line">Zündrohr. Rauch quoll auf, und, durch Rauch und Flammen sich hebend,</p>
- <p class="line">Flogen mit Donnergetös&rsquo; empor die entsetzlichen Bomben,</p>
- <p class="line">Fünfzig Mörsern entsandt, und Geheul des reißenden Luftraums</p>
- <p class="line">Scholl weit hin: die sinkenden wühlten vom Grunde das Meer auf,</p>
- <p class="line">Das, aufbrausend, schäumt&rsquo;, und wirbelnde Wogen umherwarf.</p>
- <p class="line">Eine gewaltige Todeslast zerschmetterte Benno&rsquo;s</p>
- <p class="line">Fahrzeug. Wie in der Jahr&rsquo; umkreisendem Lauf sich ein Felsblock</p>
- <p class="line">Still losreißt von dem Gipfel des Berg&rsquo;s &mdash; alsbald in den Abgrund,</p>
- <p class="line">Laut, mit Gekrach, herrollt, und unten die dürftige Hütte,</p>
- <p class="line">Schmetternd, begräbt, daß weder die Spur der armen Bewohner,</p>
-<a id="page-117" class="pagenum" title="117"></a>
- <p class="line">Noch der Hütte sich weist&rsquo;: denn Alles versinkt in dem Steinwust:</p>
- <p class="line">Also vernichtete hier die entsetzliche Bombe den Helden</p>
- <p class="line">Benno mit allem Volk&rsquo;. Ach, vier unmündige Kinder</p>
- <p class="line">Ließ er in Genua&rsquo;s Mauern daheim mit der weinenden Mutter!</p>
- <p class="line">Dort, in dem Heldenverein die schwankenden Bretter besteigend,</p>
- <p class="line">Drückt&rsquo; er noch einmal die Hand der zärtlichbekümmerten Gattinn,</p>
- <p class="line">Abgewandten Gesichts, daß selbe die Thränen nicht sähe;</p>
- <p class="line">Aber den Kindern, die ihm umfaßten die Kniee, verhieß er</p>
- <p class="line">Baldiges Wiederseh&rsquo;n, und köstliche Gaben des Ostlands;</p>
- <p class="line">Doch nicht sollt&rsquo; er den Tag erblicken der fröhlichen Heimkehr,</p>
- <p class="line">Nicht die Kinderchen mehr, nicht die liebenswürdige Gattinn:</p>
- <p class="line">Denn ihn deckte die Fluth mit dreißig tapfern Gefährten.</p>
- <p class="line">Aber im Nebenschiff&rsquo;, umhagelt von Todesgeschossen,</p>
- <p class="line">Floh Ulloa zurück, der Spanier, ähnlich dem Schwan dort,</p>
- <p class="line">Der, als, schmetternd, ein Ball ihm das Weibchen entriß auf dem Schilfteich,</p>
- <p class="line">Einsam flieht: sich fern&rsquo; im dunkeln Geröhre zu bergen.</p>
- <p class="line">Hairaddin jubelte; warf handvoll des schimmernden Goldes</p>
- <p class="line">Unter die Schützen, und ging, in der räumigen Halle die Feldherrn</p>
- <p class="line">Anzufeuern zum Todeskampf. Sie spornten die Rosse</p>
- <p class="line">Blutig im sausenden Ritt: wohl kennend den schrecklichen Herrscher,</p>
- <p class="line">Und betraten die Hall&rsquo; in drängender Hast und Verwirrung.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-118" class="pagenum" title="118"></a>
- <p class="line">Erst kam Sinam, der Jud&rsquo;. Entschlummert am Strande des Meeres,</p>
- <p class="line">Lag er in Smyrna, als Jüngling noch: da raubt&rsquo; ihn, gelandet,</p>
- <p class="line">Sahir, der wilde Korsar, und zwang ihn, ein Räuber zu werden.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf vertauscht&rsquo; er, als Mann, des Moses für Muhameds Lehren,</p>
- <p class="line">Nur für baaren Gewinn. Stets blieb er ein Jud&rsquo; in dem Herzen,</p>
- <p class="line">Schlauen Verkehrs. Doch füllt&rsquo; ein seltener Muth ihm den Busen</p>
- <p class="line">So, daß er bald durch Kunde des Kriegs, auf der blutigen Laufbahn</p>
- <p class="line">Schätze errang, und ihn Hairaddins Blick erkor zum Gebiether</p>
- <p class="line">Seiner erlesensten Schar. In staunenerregender Hoheit</p>
- <p class="line">Trat er heran; ihm floß der Bart, gleich silbernen Wellen,</p>
- <p class="line">Tief in den Busen herab, und Ernst umhüllt&rsquo; ihm die Augen.</p>
- <p class="line">Dragut kam, der Kilikier, der, ein Schrecken der Gegner,</p>
- <p class="line">Nur der &bdquo;Satanbändiger&ldquo; hieß im Munde des Volkes.</p>
- <p class="line">Stets in dem schwarzen Gesicht, dem häßlichen, dreht&rsquo; er die Augen,</p>
- <p class="line">Spähend, umher, und nagt&rsquo; an seinen gedunsenen Lippen,</p>
- <p class="line">Heimlichen Grimms, der auch an der zuckenden Wange sich kund that.</p>
- <p class="line">Doch nun füllt&rsquo; ihm die Brust noch heißere Wuth: für Mathilden</p>
- <p class="line">Kam er entbrannt daher, Toledo&rsquo;s herrlicher Gattinn,</p>
-<a id="page-119" class="pagenum" title="119"></a>
- <p class="line">Die dem edeln Gemahl, mit der himmlischreinen Gesinnung,</p>
- <p class="line">Treu bis zum Tod, des Wüthrichs Gier gewahrte mit Abscheu.</p>
- <p class="line">Ihm nachschritt der Bascha von Laodikea, Tobukes,</p>
- <p class="line">Der das Fußvolk lenkt&rsquo; in dem Heer&rsquo;. Er haßte den Herrscher,</p>
- <p class="line">Hairaddin, da er ihn minder geehrt als Sinam, und er war&rsquo;s,</p>
- <p class="line">Der ihm ersiegte den Thron von Algier in blutiger Feldschlacht.</p>
- <p class="line">Rache kochte sein Herz; doch treu dem falschen Propheten,</p>
- <p class="line">Nahet&rsquo; er jetzt, entschlossen die christlichen Völker zu tilgen.</p>
- <p class="line">Salek brauste herein, der Ionier, der in der Heer&rsquo;smacht</p>
- <p class="line">Hairaddins reisigem Volk&rsquo; obherrscht&rsquo;. In Syriens Wüsten</p>
- <p class="line">Lenket&rsquo; er einst, als Scheik, raubsüchtige Horden, und häufte</p>
- <p class="line">Fülle des Golds, Karavanen plündernd unseliger Pilger.</p>
- <p class="line">Wohl, in dem heimlichen Ueberfall die Feinde zu morden,</p>
- <p class="line">So wie im Grauen der Nacht Verwirrung zu schaffen, und Jammer,</p>
- <p class="line">Hatt&rsquo; er gelernt, und Hairaddin rief den Kühnen zum Kampf&rsquo; auf.</p>
- <p class="line">Aber auch Giaffar kam, der Aga der Janitscharen,</p>
- <p class="line">Stattlichen Gangs. Die flammenden Augen erhellten sein Antlitz,</p>
- <p class="line">Das ihm die Herzen gewann, voll blühender, männlicher Schönheit.</p>
- <p class="line">Spielend, ein Ries&rsquo; an Kraft, vermocht&rsquo; er des brüllenden Stieres</p>
- <p class="line">Haupt, mit dem sausenden Stahl&rsquo;, auf einmal vom Rumpfe zu hauen;</p>
- <p class="line">Oder er faßt&rsquo; ihn am Horn, erhob ihn, und warf ihn zu Boden:</p>
-<a id="page-120" class="pagenum" title="120"></a>
- <p class="line">Tobt&rsquo; er auch noch so ergrimmt. Er griff in die Speichen des Rades,</p>
- <p class="line">Rollte der Wagen dahin, von feurigen Rossen gezogen &mdash;</p>
- <p class="line">Stand, und hemmte das rollende Rad, und hemmte die Rosse:</p>
- <p class="line">Dennoch war er so mild, als tapfer- und edelgesinnet.</p>
- <p class="line">Jetzo mit Abu-Sa-id, dem Scheik arabischer Reiter,</p>
- <p class="line">Trat in den Saal der landesgebornen Numiden und Mauren</p>
- <p class="line">Feldherr, Muhamed Temtes: voll List die freundlichen Mienen</p>
- <p class="line">Heuchelnd: denn glühenden Haß, dem Türkenvolke geschworen,</p>
- <p class="line">Nährten die beiden mit ihrem Volk&rsquo; im verschlossenen Busen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Rechts, in der Ecke des Saals, dem Ehrensitz für die Moslems,</p>
- <p class="line">Setzte sich Hairaddin nun, mit untergeschlagenen Beinen,</p>
- <p class="line">Auf den schwellenden Pfühl, und um ihn, auf gebreitetem Teppich,</p>
- <p class="line">Saßen die Feldherrn all&rsquo;, ihm dort aufhorchend in Demuth.</p>
- <p class="line">Eh&rsquo; er begann, durchfuhr sein Flammenauge den Halbkreis,</p>
- <p class="line">Forschend in jeglichem Blick&rsquo;, und der Kühnst&rsquo; erbebte dem Furchtbar&rsquo;n.</p>
- <p class="line">Jetzt durchwühlt&rsquo; er den röthlichen Bart, tiefsinnend, und jetzo</p>
- <p class="line">Faßt&rsquo; er des Tulbands Bund, des Kaftans glänzenden Zobel;</p>
- <p class="line">Doch nun ruhte die Link&rsquo; an des Säbels goldenem Griffblatt &mdash;</p>
- <p class="line">Ruhte die Recht&rsquo;, auf den Schenkel gestützt, und also begann er:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ehre dem einigen Gott, Ruhm sey dem großen Propheten!</p>
- <p class="line">Gott, der Gläubige schirmt, Ungläubige schnell in den Staub wirft,</p>
-<a id="page-121" class="pagenum" title="121"></a>
- <p class="line">Wie, herbrausend im Donnersturm, der prasselnde Hagel</p>
- <p class="line">D&rsquo;raußen im Saatenfeld die wogenden Halme zerschmettert,</p>
- <p class="line">Hat nun eurem entsetzlichen Schwert den mächtigsten Fürsten</p>
- <p class="line">Unserer Gegner, am Bord viel hundert gerüsteter Schiffe</p>
- <p class="line">Nahe gebracht, und ihn der Rache zum Opfer erlesen:</p>
- <p class="line">Denn so will der Prophet sein Volk, nach seiner Verheißung,</p>
- <p class="line">Jetzt verherrlichen, so schlug er den Gegner mit Blindheit:</p>
- <p class="line">Daß er den Angriff wag&rsquo; in diesen gefürchteten Monden,</p>
- <p class="line">Wo in des Himmels Gluth auch die Landesgebornen verschmachten?</p>
- <p class="line">Und ihm erläge der Fremdling nicht in der lastenden Rüstung?</p>
- <p class="line">Sprech&rsquo;t, wie soll dieß feige Geschlecht, im Sande versinkend,</p>
- <p class="line">Halten im blutigen Kampf die hochgepriesenen Reihen?</p>
- <p class="line">Wie begegnen zugleich den Säbeln der Janitscharen</p>
- <p class="line">Und dem mordenden Stahl der Araber, Mauren, Numiden,</p>
- <p class="line">Welch&rsquo; im Grauen der Nacht, in der Helle des Tages ihn drängen?</p>
- <p class="line">Wir ersiegen uns bald ein unvergängliches Denkmaal</p>
- <p class="line">Heldenruhms, wenn Carl, der größte der Christenbeherrscher,</p>
- <p class="line">Büßend die Kühnheit, mit seinem Heer&rsquo; in Stücke gehau&rsquo;n wird,</p>
- <p class="line">Oder, als ein Gefangener, uns erliegt auf dem Schlachtfeld.</p>
- <p class="line">Hebe dich, Abu-Sa-id! Dir folg&rsquo; auch Muhamed Temtes:</p>
- <p class="line">Eil&rsquo;t, und verkündet den Euren, ein jeglicher freudigen Aufrufs,</p>
- <p class="line">Daß sie, der Beute bedacht, zum entscheidenden Kampfe sich rüsten!&ldquo;</p>
- <p class="line">Aber die beiden erhoben sich schnell, und Muhamed Temtes</p>
-<a id="page-122" class="pagenum" title="122"></a>
- <p class="line">Sprach, sich beugend zuvor, mit demuthheuchelnden Blicken:</p>
- <p class="line">&bdquo;Er, der Himmel und Erd&rsquo; erschuf, verläng&rsquo;re dein Leben</p>
- <p class="line">Fern&rsquo; in die kommende Zeit. So wie die Sterne des Himmels,</p>
- <p class="line">Wie der Sand an dem Meer, sey deiner Erzeugten Erzeugung,</p>
- <p class="line">Und es erfülle dein Ruhm die fernsten Räume des Weltalls!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jen&rsquo; enteilten, und Hairaddin sprach: &bdquo;Wohl kenn&rsquo; ich die Falschen.</p>
- <p class="line">Trugvoll ist ihr Gemüth, und keines ausharrenden Muthes,</p>
- <p class="line">Fähig ihr Volk, das unzählige, das, uns feindlich gesinnet,</p>
- <p class="line">Nur durch Verheißungen großen Gewinns zum Heere gelockt ward.</p>
- <p class="line">Aber uns ziemt: die Krieger Suleymans, des Prächtigen, Großen,</p>
- <p class="line">Welchem die Erde sich beugt, uns ziemt die Heldengesinnung,</p>
- <p class="line">Kämpfend mit eisernem Muth&rsquo;, ihm hier zu erhalten die Herrschaft,</p>
- <p class="line">Und zu erhöhen den Ruhm der Söhne des großen Propheten.&ldquo;</p>
- <p class="line">All&rsquo; aufschrie&rsquo;n, das Schwert von der Hüfte sich reißend, und riefen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Gott ist Gott, und Muhamed sein erhab&rsquo;ner Gesandter:</p>
- <p class="line">Hairaddin sey die Treu&rsquo; und dem Feinde die Rache geschworen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Froh des dräuenden Schwurs, begann jetzt Hairaddin wieder:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sinam, dir werde Goletta vertraut, dieß herrlichste Kleinod</p>
- <p class="line">Unseres Reichs, und ruhig schlummr&rsquo; ich, weil dir es vertraut ward;</p>
- <p class="line">Dragut, Unwiderstehlicher, dir gehorche des Heeres</p>
- <p class="line">Vorderzug, und dir, Tobukes, dem Schrecken der Gegner,</p>
-<a id="page-123" class="pagenum" title="123"></a>
- <p class="line">Freudig, des Fußvolks Macht; doch du, Reih&rsquo;nbändiger, Salek,</p>
- <p class="line">Lenke die Reisigen kühn zum Sieg&rsquo;! Ich führe den Nachzug.</p>
- <p class="line">Sammelt die Scharen, vom Strand zu entfernen des Feindes Geschwader,</p>
- <p class="line">Oder sogleich die Gelandeten dort zu erwürgen: denn wißt es:</p>
- <p class="line">Wer sich zuerst die Stirn&rsquo; umflicht mit dem Lorber des Sieges,</p>
- <p class="line">Raubet oft dem Besiegten den Muth in dem Felde für immer!&ldquo;</p>
- <p class="line">Aufsprang Dragut, und rief mit lautumschallender Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ha, nicht wehre dem Feind die kühnbeschlossene Landung:</p>
- <p class="line">Leicht entflöh&rsquo; er uns heut, geschreckt, auf dem rettenden Schiff noch!&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Eitele Furcht,&ldquo; sprach Hairaddin, &bdquo;o, dem christlichen Herrscher</p>
- <p class="line">Schlägt ein tapferes Herz in dem Busen, und eiserner Starrsinn</p>
- <p class="line">Drängt ihn fort auf erkorener Bahn: ihm wird er erliegen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jetzt erhob er sich rasch, und ging, sich in Eile zu rüsten;</p>
- <p class="line">Aber die Feldherrn all&rsquo;, enteilten in&rsquo;s lärmende Lager.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Regulus schwebte herbei: er sann den Sclaven der Hochburg,</p>
- <p class="line">Rettend, zu nah&rsquo;n, und ließ in der wimmelnden Straße von Tunis</p>
- <p class="line">Sich im Fluge herab. Da saß vor Draguts Behausung</p>
- <p class="line">Hugo, und weinte vor Schmerz. Ihm war die Kunde gekommen,</p>
- <p class="line">Freudig und furchtbar zugleich: daß heute der Kaiser mit Heer&rsquo;smacht</p>
-<a id="page-124" class="pagenum" title="124"></a>
- <p class="line">Vor Goletta erschien, und wie nun befreien Mathilden,</p>
- <p class="line">Listig umstellt von Draguts stets auflauernden Spähern?</p>
- <p class="line">Regulus haucht&rsquo; ihm, genaht, alsbald den tröstenden Rath ein:</p>
- <p class="line">&bdquo;Treugesinnter, du weinst, und weißt nicht, die Gattinn zu retten</p>
- <p class="line">Ihrem Gemahl? Wohl kam er heran, dem heiligen Aufruf</p>
- <p class="line">Folgend des Vaterlands, und folgend dem Rufe des Herzens:</p>
- <p class="line">Hier in dem Kampf, voll Muths, zu ersiegen die liebende Gattinn.</p>
- <p class="line">Such&rsquo; im Olivengehölz den einsamlebenden Fischer,</p>
- <p class="line">Der, ein Christ, der Heimath entfloh, wo ihm Jammer zu Theil ward.</p>
- <p class="line">Viele der Höhlen sind dort, einst Gräber berühmter Geschlechter,</p>
- <p class="line">Als Karthago&rsquo;s Ruhm noch erfüllte den staunenden Erdkreis.</p>
- <p class="line">Dort um die Mitternacht, in eine derselben geborgen,</p>
- <p class="line">Möge Toledo sie wiederseh&rsquo;n in beglückender Freiheit.&ldquo;</p>
- <p class="line">Schnell erhob sich der Greis, und flehte, mit thränenden Augen</p>
- <p class="line">Schauend empor, um des Himmels Huld: in der That zu vollbringen,</p>
- <p class="line">Was ihm so wunderbar vorschwebte &mdash; die Rettung Mathildens:</p>
- <p class="line">Denn er kannte schon lang den menschenfeindlichen Fischer,</p>
- <p class="line">Der am Strande des See&rsquo;s, umschattet vom säuselnden Oehlwald,</p>
- <p class="line">Wohnt&rsquo; in der Grabes-Höhl&rsquo;, und die Beute der Netz&rsquo; und der Angeln</p>
-<a id="page-125" class="pagenum" title="125"></a>
- <p class="line">Ihm feilboth vor den Thoren der Stadt am dämmernden Abend.</p>
- <p class="line">Jetzt gewann er die Höhl&rsquo; auf seltenbetretenen Pfaden,</p>
- <p class="line">Keuchend vor Hast, und sah in des Eingangs Felsenumwölbung</p>
- <p class="line">Liegen auf dürrem Moos&rsquo; den unglückseligen Fremdling.</p>
- <p class="line">Drüben im Frankenland, von edeln Geschlechtern entsprossen,</p>
- <p class="line">Sah in des Lebens aufdämmerndem Strahl der treffliche Jüngling</p>
- <p class="line">Blühen holdselig die Braut, die liebende; preßte den Freund auch,</p>
- <p class="line">Treu und warm an die Brust, und jauchzte dem zweifachen Segen.</p>
- <p class="line">Siehe, da rief ihn das Vaterland in den Kampf, und er folgte</p>
- <p class="line">Freudig dem Ruf! Doch, als er nach Jahren, mit ehrenden Narben &mdash;</p>
- <p class="line">Lohnenden Kränzen geschmückt, heimzog im Kreise der Tapfern,</p>
- <p class="line">Trat im festlichen Zug die Braut an der Seite des Freundes</p>
- <p class="line">Froh zum Altar&rsquo;. Er eilt&rsquo; aus dem brausenden Jubelgedräng weg,</p>
- <p class="line">Fern in der neuern Welt ein Grab und den Frieden zu suchen.</p>
- <p class="line">Doch auf Siciliens Meereshöh&rsquo;n von Korsaren gefangen,</p>
- <p class="line">Ward er nach Tunis geschleppt, und ein Räuber schenkt&rsquo; ihm die Freiheit,</p>
- <p class="line">Ehrend sein Jammergeschick, zum Hohne des schändlichen Undanks.</p>
-<a id="page-126" class="pagenum" title="126"></a>
- <p class="line">Tief in der Brust den finsteren Menschenhaß und der Heimath</p>
- <p class="line">Abscheu nährend, erkor er ein Grab zu seiner Behausung.</p>
- <p class="line">Jetzt ihm genaht, sprach Hugo mit herzerschütternder Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Kurd dein Nahm&rsquo;, Unglücklicher? Ha, nicht gabst du des Korans</p>
- <p class="line">Täuschung dich hin, ein Christ! D&rsquo;rum wird, wie schmachtende Fluren,</p>
- <p class="line">Säuselnd, der Regen erquickt, Mitleid mit himmlischer Wonne</p>
- <p class="line">Laben dein blutendes Herz, und Gott, der über uns waltet,</p>
- <p class="line">Allerbarmend, Lohn und Frieden dir geben. Vernimm jetzt</p>
- <p class="line">Größeres Wehe denn dein&rsquo;s. Geraubt dem tapfersten Helden,</p>
- <p class="line">Schmachtet sein edles Weib in Draguts grauser Gewahrsam.</p>
- <p class="line">Kennst du nur eigenes Leid? Rechtfertige, Mensch, mit Ergebung</p>
- <p class="line">Duldend, vor deinem Geschlecht die dunkelen Wege der Vorsicht,</p>
- <p class="line">Neig&rsquo; auch fremdem Jammer dein Ohr, und den eig&rsquo;nen versüße</p>
- <p class="line">Mitleid dir! Denn, horch, auf dem Meer mit unzähligen Schiffen</p>
- <p class="line">Kamen die Christen heran, zu strafen den Räuber, und siegend</p>
- <p class="line">Ihm zu entreißen den Herrscherthron, der Hassan geraubt ward.</p>
- <p class="line">Bald erschallt Sieg&rsquo;sruf &mdash; erschallt geretteter Menschen</p>
- <p class="line">Jubelnder Dank. Zieh&rsquo; hin in das Lager der Brüder, zu treffen</p>
-<a id="page-127" class="pagenum" title="127"></a>
- <p class="line">Dort Toledo, und sprich: &bdquo;Wenn uns an dem Himmel der Vollmond</p>
- <p class="line">Strahlt, da rettet in Grabesnacht ihm Hugo die Gattinn,</p>
- <p class="line">Und du lenke den Liebenden her zur Höhle des Waldes.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jener regte sich nicht, und starrte hinab in die Fluthen,</p>
- <p class="line">Aehnlich dem Felsenriff, das starr aufragt an dem Meerstrand.</p>
- <p class="line">&bdquo;Kurd,&ldquo; so sagte der Greis, &bdquo;entfernt zehn Jahre der Trauer</p>
- <p class="line">Bist du vom Vaterland; vergeudet wurde dein Erbtheil:</p>
- <p class="line">Dürftig kommst du zurück&rsquo;, ein Bettelnder unter den Deinen;</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, er spendet, willfahrest du ihm, dir Goldes die Fülle,</p>
- <p class="line">Dankbargesinnt, und freudig erblickst du die heimischen Fluren!&ldquo;</p>
- <p class="line">Aber noch finsterer starrete Kurd: da umschlang ihm der Greis dort,</p>
- <p class="line">Weinend, die Knie&rsquo;, und rief mit leis&rsquo;erbebender Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hast du geliebt? Wie solltest du nicht, verstummender Dulder!</p>
- <p class="line">Jammert die Gattinn nach dir? Welkt&rsquo;, ach, die Geliebte dir früh hin?&ldquo;</p>
- <p class="line">Jetzt aufriß sich vom Boden der Mann, der schrecklich geschwiegen,</p>
- <p class="line">Taumelte wild umher, als sollt&rsquo; er den Flehenden morden.</p>
- <p class="line">Dennoch konnt&rsquo; er nicht, tieferregt, von den Thränen des Greises</p>
- <p class="line">Mehr verwenden den Blick, und die ewige Huld, die, erbarmend,</p>
- <p class="line">Lenket des Menschen Sinn gleich fluthenden Bächen, zerschmolz ihm</p>
-<a id="page-128" class="pagenum" title="128"></a>
- <p class="line">Nun durch Thränen das Herz, das, qualenbelastet, erstarrt war,</p>
- <p class="line">Und ein glänzender Strom quoll ihm aus den Augen; er faßte</p>
- <p class="line">Hugo&rsquo;s Recht&rsquo;, und sprach: &bdquo;Du siegtest; ich stehe bereit dir.&ldquo;</p>
- <p class="line">Aber der Greis entfloh, von der Wonne der Rettung beflügelt.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-7">
-<a id="page-129" class="pagenum" title="129"></a>
-Sechster Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">S</span><span class="postfirstchar">iehe,</span> schon war die Stunde der heißersehneten Landung</p>
- <p class="line">Jetzt an dem Abend genaht; schon rief, vom Borde Karthago&rsquo;s,</p>
- <p class="line">Schimmernd, die Kaiserflagge zum Kampf! Von dem Zug&rsquo; an den Küsten</p>
- <p class="line">Kehrte Ulloa zurück&rsquo;, ein Trauernder, ob des Gefährten,</p>
- <p class="line">Der, mit dem Schiff&rsquo; in den Grund gebohrt, dem Heere geraubt ward.</p>
- <p class="line">Selber bewegt, rief doch den am Bord versammelten Feldherrn,</p>
- <p class="line">Wo er des Angriffs Weise berieth, der Kaiser, erheitert:</p>
- <p class="line">&bdquo;Jetzo, das Höchst&rsquo; im Blick, laßt uns die Trauer beherrschen,</p>
- <p class="line">Die uns die Brust erfüllt &mdash; jetzt muthig und rasch an die Landung!</p>
- <p class="line">Gegen Zafrano hinaus, an der Meer&rsquo;sbucht östlichem Saum hin</p>
- <p class="line">Schiffen, den Feind zu täuschen, wir erst; dann, kehrend im Eilflug,</p>
- <p class="line">Bleib&rsquo; uns zur Linken der Wasserthurm, zur Rechten der Salzthurm:</p>
-<a id="page-130" class="pagenum" title="130"></a>
- <p class="line">Wir erringen das Ziel, wo Ulloa erspähte die Anländ.</p>
- <p class="line">Segen mit euch im schrecklichen Sturm und Drang der Entscheidung!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jen&rsquo; enteilten. Ihm trat, voll demuthheuchelnden Mißtrau&rsquo;ns,</p>
- <p class="line">Muley Hassan entgegen im Raume des Schiffs, und begann so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Herr, dich dränget dein Herz in den Kampf! Der Weltenerschaffer</p>
- <p class="line">Gebe dir Ruhm; doch soll ich, indeß du im Felde dich abmühst,</p>
- <p class="line">Müßig weilen am Bord? Gewähre mir eines der Schiffe,</p>
- <p class="line">Das mich schnell nach der Meeresbucht von Kabesch, dem Städtchen</p>
- <p class="line">Führe, wo mir, zum Trost, die tapfern Bewohner noch treu sind,</p>
- <p class="line">Auch das kühne Gebirgsvolk dort schon harret des Aufrufs:</p>
- <p class="line">Abzuschütteln das Joch von Hairaddins grausamer Herrschaft.</p>
- <p class="line">Dorther schaff&rsquo; ich dir bald Hülfsvölker, und schaffe dir reichlich</p>
- <p class="line">Mundvorrath für das Heer, das solchen entbehrt in Karthago&rsquo;s</p>
- <p class="line">Wüstem Gefild, wenn fern des Krieges ersehnetes Ziel winkt.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es mit scheuverwendetem Blick&rsquo;. Ihm entgegnete jener:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hassan, du bebst, und starr&rsquo;st umher im zweifelnden Mißtrau&rsquo;n?</p>
- <p class="line">Fasse nur Muth! Gleich soll das schnellhinsegelnde Schiff dich</p>
- <p class="line">Führen nach Kabesch hinauf; dann kehr&rsquo; im Glücke mir wieder.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also der Kaiser, und sah dem raschenteilenden Fürsten,</p>
- <p class="line">Sinnend, nach: er hatt&rsquo; ihn errathen. Doch jetzt ihn zu rüsten</p>
-<a id="page-131" class="pagenum" title="131"></a>
- <p class="line">Trug ihm mit heiterer Stirn&rsquo; Ernest, der grauende Reiter,</p>
- <p class="line">Den der herrliche Max, sein ruhmvollthronender Vorfahr,</p>
- <p class="line">Liebte mit Vaterhuld, das treffliche Schwert und die Spornen,</p>
- <p class="line">Auch den Harnisch und Helm aus dem hüllenden Schranke herüber.</p>
- <p class="line">Silbern strahlte die Wehr&rsquo;, umrändert mit goldenem Laubwerk,</p>
- <p class="line">Ihm von der Brust; hell blitzte der goldene Kamm von dem Helm her,</p>
- <p class="line">Deß&rsquo; stahlblinkendes Dach kein damaszenischer Säbel</p>
- <p class="line">Je durchhieb&rsquo;, und das Schwert umfaßte des Wehrgehängs Purpur,</p>
- <p class="line">Funkelnd von Perlenreih&rsquo;n, und blitzend in Edelgeschmeides</p>
- <p class="line">Wechselndem Farbenglanz. So stieg er, gerüstet, zum Bord&rsquo; auf.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Dort entblößt&rsquo; er den Stahl: ein Ruf erscholl aus dem Schiffsraum,</p>
- <p class="line">Donnernd rings in dem Busen des Meers. Wie am glühenden Mittag</p>
- <p class="line">Wetterschweres Gewölk&rsquo; auffleugt: da regt sich kein Lüftchen;</p>
- <p class="line">Brüllend kehren die Heerden heim; die kreischenden Vögel</p>
- <p class="line">Flieh&rsquo;n zum Gehölz&rsquo;, und es fährt die häusliche Schwalb&rsquo; in dem Hofraum,</p>
- <p class="line">Wechselnden Fluges, umher, dem Boden nah&rsquo;, und die Lachen</p>
- <p class="line">Streifend mit fächelndem Fittig &mdash; der Mensch, im Busen beklommen,</p>
- <p class="line">Stehet verstummt; doch jetzt aufblitzet es, kracht es herunter:</p>
-<a id="page-132" class="pagenum" title="132"></a>
- <p class="line">Flammen entprasseln dem Dach&rsquo;, und fernher sauset der Hagel:</p>
- <p class="line">Also die Stille zuvor, eh&rsquo;, landunggebiethend, der Aufruf,</p>
- <p class="line">Donnernd, erscholl, und d&rsquo;rauf, wie ein Strom entstürzet der Schleußen</p>
- <p class="line">Weiteröffnetem Thor&rsquo;, und Wogen auf Wogen sich drängen:</p>
- <p class="line">Also strömten vom hohen Verdeck&rsquo; in die flachen Galeeren</p>
- <p class="line">Drängende Scharen herab, und ordneten schnell sich in Reihen,</p>
- <p class="line">Während der Reiter das Roß festhielt an dem Zaum: denn gewahrend</p>
- <p class="line">Drüben das Land, umtobt&rsquo; es im Raum des engenden Fahrzeugs.</p>
- <p class="line">Gegen Zafrano hinaus, dem spähenden Feinde zur Täuschung,</p>
- <p class="line">Strebten sie erst, und eilig dahin entsandt&rsquo; er die Horden</p>
- <p class="line">Seines Volks: da flog an dem fernen Gestade der Staub auf</p>
- <p class="line">(Aehnlich dem Nebel, der, nach dauerndem Regen des Herbstes,</p>
- <p class="line">Dicht am Gebirg fortwallt) durchblitzt von den Waffen der Krieger,</p>
- <p class="line">Und verwirrtes Getös&rsquo;, und Geschrei, und das Wiehern der Rosse</p>
- <p class="line">Brausete laut von der staubverhülleten Küste herüber.</p>
- <p class="line">Wieder ertönt&rsquo; ein donnernder Ruf vom Borde des Kaisers:</p>
- <p class="line">Siehe, und dieser galt, zum Sturm&rsquo; aufbiethend die Krieger!</p>
- <p class="line">All&rsquo; aufschrie&rsquo;n zugleich vor jubelndem Muth&rsquo;, und, die Seiten</p>
- <p class="line">Wendend, flogen vereint die Galeeren zum herrlichen Ziel hin.</p>
- <p class="line">Von den Rudern gepeitscht, aufschäumte das Meer, und der Fahrwind</p>
- <p class="line">Saust&rsquo; in dem Segelgewölk der dichtnachfolgenden Schiffe.</p>
-<a id="page-133" class="pagenum" title="133"></a>
- <p class="line">Solches gewahrend, sandte der Feind unzählige Kugeln</p>
- <p class="line">Von dem fernen Gestad&rsquo; und den Wällen der Veste Goletta.</p>
- <p class="line">Schrecklicher Donner erscholl. Doch als die Gegner, dem Salzthurm</p>
- <p class="line">Nah&rsquo;, vorstürmten im eilenden Lauf: da wendete blitzschnell</p>
- <p class="line">Wechselnd, der Steuermann die räumigen Seiten des Schiffes</p>
- <p class="line">Nach dem bevölkerten Land. Sie spie&rsquo;n aus flammenden Schlünden,</p>
- <p class="line">Wie der Hagel prasselt, und saust, die Saat des Verderbens,</p>
- <p class="line">Brüllend, hinaus: von nah&rsquo; und fern aufbrannten die Hütten,</p>
- <p class="line">Und des Feindes Geschütz lag rings, vernichtet, im Staub dort;</p>
- <p class="line">Seine Horden entfloh&rsquo;n, und Goletta&rsquo;s Donner verstummte.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Dreimal die Länge des Manns, schied noch ein Raum die Vereinten</p>
- <p class="line">Von dem Gestad&rsquo;, als Deutschlands Volk,<a class="fnote" href="#footnote-41" id="fnote-41">[41]</a> den ragenden Speerschaft</p>
- <p class="line">Senkend hinab in den Grund, im sausenden Schwunge der Glieder,</p>
- <p class="line">Allen zuvor, den feindlichen Boden errang, und es wähnten</p>
- <p class="line">Dort die Krieger noch lang&rsquo;: es schwanke der Boden, und weiche</p>
- <p class="line">Unter den Füßen zurück. Rasch hüpften die muthigen Rosse</p>
- <p class="line">Nach dem Strande hinaus; der sandigen Bahn sich erfreuend,</p>
- <p class="line">Hüpften, und sprangen, und schlugen sie aus, und wieherten laut auf.</p>
- <p class="line">Scharen auf Scharen entstiegen dem Bord&rsquo;, und bedeckten das Ufer</p>
-<a id="page-134" class="pagenum" title="134"></a>
- <p class="line">Weitumher, wie im Morgenwind&rsquo; aus tieferen Thälern,</p>
- <p class="line">Kräuselnd, der Nebel sich hebt, und des Bergs Abhänge verhüllet.</p>
- <p class="line">Doch nun trat im schimmernden Waffenschmucke der Kaiser</p>
- <p class="line">Freudig an&rsquo;s Land, und hob sich im kreisenden Schwung&rsquo; auf das Streitroß,</p>
- <p class="line">Das, von erles&rsquo;nem Blut und Geschlecht&rsquo;, und herrlich gestaltet,</p>
- <p class="line">Auf Andalusiens blühender Flur, freiweidend, heranwuchs.</p>
- <p class="line">Als er, die Reihen entlang, hinflog auf dem schnaubenden Rosse,</p>
- <p class="line">Tönte Gejauchz&rsquo; ihm nach; er rief den Geordneten also:</p>
- <p class="line">&bdquo;Krieger, wir stehen auf Feindes Land, wo herrlich des Ruhmes</p>
- <p class="line">Laufbahn glänzt, und Gott uns ruft zur Christenerrettung!</p>
- <p class="line">Schweben die Sieg&rsquo; euch vor entschwundener Jahre? Gedenk&rsquo;t ihr</p>
- <p class="line">Eures errungenen Ruhms, nicht harrend entflammenden Aufrufs</p>
- <p class="line">Tapfer zu seyn? Ihr denkt&rsquo;s: denn Muth in den glühenden Augen</p>
- <p class="line">Seh&rsquo; ich, der nur vorwärts strebt, und voll Todesverachtung</p>
- <p class="line">Lächelt im brausenden Sturm der Donnergeschosse. Nur haltet</p>
- <p class="line">Eisern auf Mannszucht stets, und auf Ordnung. Wer solche verschmähet,</p>
- <p class="line">Schafft Unheil sich selber, und schafft dem Heere Verderben.</p>
- <p class="line">Ha, schon nahet der Feind! Jetzt vor: in geschlossenen Reihen</p>
- <p class="line">Greift die Unzähligen an, und erringt euch herrlichen Siegsruhm!&ldquo;</p>
-<a id="page-135" class="pagenum" title="135"></a>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und hieß nun links und rechts die Flügel des Heeres</p>
- <p class="line">Rasch vorgeh&rsquo;n, und eilen, gesondert, des Vorder- und Nachzugs</p>
- <p class="line">Ordnungen, er in der Mitte zugleich mit dem tapferen Guasto,</p>
- <p class="line">Ueber Hispania&rsquo;s Volk, und Oestreichs Scharen gebiethend.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Siehe, den Vorderzug, der tausend tyrolische Schützen</p>
- <p class="line">Zählete &mdash; sie, vor allen geübt, das Schwarz&rsquo; in den Scheiben</p>
- <p class="line">Und in dem Busen das Herz aus dem schmetternden Rohre zu treffen,</p>
- <p class="line">Führete Lichtstein vor, und es folgten ihm, leuchtenden Blickes,</p>
- <p class="line">Tausend Reiter, Bohemia&rsquo;s Söhn&rsquo;, in Eisen gehüllet;</p>
- <p class="line">Aber das Fußvolk, das in dem Heere das Leichte benennet,</p>
- <p class="line">Und aus den Reih&rsquo;n der allvereinten Völker erwählt war,</p>
- <p class="line">Rief Toledo in&rsquo;s Feld: fünftausend erlesene Krieger.</p>
- <p class="line">Links an dem Flügel des Heers, Lusitania&rsquo;s Krieger und Flanderns,</p>
- <p class="line">Einend, schaltete Ludwig, der Held, und zehenmal tausend</p>
- <p class="line">Krieger zu Fuß gehorchten ihm. Rechts, an der Zahl und an Kampfmuth</p>
- <p class="line">Gleich, gehorchten Alarkons Ruf Italia&rsquo;s Völker.</p>
- <p class="line">Diesem zur Seit&rsquo;, entboth dreitausend geharnischte Reiter</p>
- <p class="line">Alba zum Kampf&rsquo;, und, jenem gesellt, beherrschte der Sprößling</p>
- <p class="line">Hunyadis, gleich an der Zahl, roßtummelnde, kühne Magyaren.</p>
- <p class="line">Aber im Nachhalt stand, mit dem tapfern Mendoza, der Ritter</p>
-<a id="page-136" class="pagenum" title="136"></a>
- <p class="line">Edele Schar, und zugleich den Blick auf den Heldengebiether,</p>
- <p class="line">Eberstein, gerichtet, der Hauf&rsquo; gewaltiger Deutschen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzo mit Allah-Geschrei und wildauftobender Mordgier</p>
- <p class="line">Nahte der Feind, und Staub quoll auf. Wie im Laufe des Lenzes</p>
- <p class="line">Hoch im Gebirg&rsquo; ein Brand durchwüthet die Waldung: da glimmt nur</p>
- <p class="line">Dunkel die Gluth aus dem saftigen Holz, nur qualmender Rauch steigt</p>
- <p class="line">Auf in die bläuliche Luft: so umhüllte der Staub die Umgegend.</p>
- <p class="line">Dragut jagte die Scharen heran. Voll glühender Mordlust</p>
- <p class="line">Sah er nur Feindes Blut, und dachte, die landenden Haufen</p>
- <p class="line">Schnell zu erwürgen im Kampf; doch jetzt, die Geordneten schauend,</p>
- <p class="line">Saß er erstarrt, und stumm in dem Sattel: ihm stockte der Odem.</p>
- <p class="line">Dann aufstöhnet&rsquo; er laut, und rief zu den folgenden Scharen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Mußte sie heute so bald entflieh&rsquo;n die neidische Sonne,</p>
- <p class="line">Uns nicht gönnend den Ruhm, des Feindes verächtliche Haufen</p>
- <p class="line">Schnell mit würgender Hand vom Antlitz der Erde zu tilgen?</p>
- <p class="line">Aber sie schaue noch hier mit den letzten, verlöschenden Blicken</p>
- <p class="line">Unseren Sieg, und die Erde, von feindlichem Blute geröthet.&ldquo;</p>
- <p class="line">Und er entriß alsbald dem Numidier, fluchend, den Bogen,</p>
- <p class="line">Zielte, und schoß: da schwirrte der Pfeil in der sausenden Luft hin,</p>
-<a id="page-137" class="pagenum" title="137"></a>
- <p class="line">Und durchbohrte die Brust Waldsteins, des tapferen Feldherrn,</p>
- <p class="line">Der aus den Mauern Prags, Bohemia&rsquo;s glänzender Hauptstadt,</p>
- <p class="line">Kühn in den Kampf auszog, und daheim die Mutter und Gattinn,</p>
- <p class="line">Jammernd, verließ. Sie harren, und schau&rsquo;n durch quellende Zähren</p>
- <p class="line">Oft nach der Straße hinaus, die er ging, und harren vergeblich</p>
- <p class="line">Freudigen Wiederseh&rsquo;ns: ihn decket die Erde von Tunis.</p>
- <p class="line">Seitwärts sprang sein Roß, und er sank, festhaltend den Zaum noch,</p>
- <p class="line">Häuptlings hinab, und färbte mit glühendem Blute den Boden.</p>
- <p class="line">Draguts Hohngelächter erscholl; zu den Seinen sich wendend,</p>
- <p class="line">Rief er grimmig: &bdquo;Seht, der Himmel verkündigt den Sieg uns,</p>
- <p class="line">Der die mordende Spitze gelenkt! Ein feindlicher Führer</p>
- <p class="line">Schläft dort, blutend, im Staub&rsquo;, und wird wohl nimmer erwachen.</p>
- <p class="line">Ha, nichts sehnlicher wünschte mein Herz, als alle mit einmal</p>
- <p class="line">Also vernichtet zu schau&rsquo;n, daß keiner entrönne dem Tod hier!&ldquo;</p>
- <p class="line">All&rsquo; aufbrüllten zugleich: Numidier, Mauren, und Türken;</p>
- <p class="line">Schwangen den ragenden Speer, und tummelten feurige Ross&rsquo; um.</p>
-<a id="page-138" class="pagenum" title="138"></a>
- <p class="line">Dicht, wie Flocken des Schnees herstürmt der heulende Nordwind,</p>
- <p class="line">Flog ihr Geschoß: hellschwirrende Pfeil&rsquo; und schmetternde Kugeln,</p>
- <p class="line">Sausenden Lanzen vermengt. Da fiel in den Reihen des Vortrabs</p>
- <p class="line">Mancher der Männer &mdash; es wälzten sich blutende Ross&rsquo; in dem Staub dort.</p>
- <p class="line">Doch schon brauste mit reisigem Volk&rsquo; und verhängetem Zügel</p>
- <p class="line">Lichtstein hin, um mächtiger, vorgebeugt aus dem Sattel,</p>
- <p class="line">Einzuhau&rsquo;n, links, rechts, in die wimmelnden Haufen, und Haufen</p>
- <p class="line">Sanken in Ströme von Blut. Tyrols kampfrüstige Schützen,</p>
- <p class="line">Mit Toledo&rsquo;s erlesener Schar den Reisigen folgend,</p>
- <p class="line">Eilten im Sturmschritt vor, und feuerten rasch in die Reihen</p>
- <p class="line">Tödliches Blei: nun einzeln, dann vereint, im Gekrach, hin.</p>
- <p class="line">Hunderte stürzten, und jetzt, ergriffen von Angst und Entsetzen,</p>
- <p class="line">Wandte den Rücken der Feind: er floh in dem stäubenden Feld fort.</p>
- <p class="line">Bald schied unabsehlicher Raum die Streitenden. Guasto,</p>
- <p class="line">Nahend dem Herrscher voll Hast, erhob die warnende Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Schnell entfloh der Feind; doch wie, so er, sinnend auf Unheil,</p>
- <p class="line">Uns zu erlauern im Hinterhalt, den Rücken uns wendet?</p>
- <p class="line">Hemme des Vortrabs Lauf, und gebiethe des Lagers Umwallung,</p>
- <p class="line">Da noch Rogendorf an dem Strand des Meeres sich abmüht,</p>
-<a id="page-139" class="pagenum" title="139"></a>
- <p class="line">Auszuschiffen die Wucht des ehernen Donnergeschützes,</p>
- <p class="line">Auch die dunkele Nacht, gefahrendräuend, herabsinkt.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also der Greis, und Gewährung ersah er im Auge des Kaisers.</p>
- <p class="line">Einer der Herolde, die, rittfertig, und stets an der Seit&rsquo; ihm</p>
- <p class="line">Harrten des Winks, hinüber, herüber zu jagen im Schlachtfeld,</p>
- <p class="line">Eilt&rsquo; im Fluge hinaus, und rief sein &bdquo;Halt!&ldquo; an die Scharen,</p>
- <p class="line">Die, an die Stelle gebannt, zugleich dem Worte gehorchten.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Drüben auf schmählicher Flucht riß Dragut den schnaubenden Läufer</p>
- <p class="line">Plötzlich am Zaum, daß er, lautaufstöhnend, sich bäumt&rsquo;, und zurück sank.</p>
- <p class="line">Attila war ihm genaht: es reizte der schreckliche Krieger</p>
- <p class="line">Ihn, den Schrecklichen einst, und noch erbebt&rsquo; er vor Ingrimm,</p>
- <p class="line">Daß er, des sterblichen Leibes beraubt, nicht lenkte die Feldschlacht</p>
- <p class="line">Mehr, nicht Gemetzel geboth, und gräßliche Länderverheerung.</p>
- <p class="line">Leise haucht&rsquo; er ihm jetzt an die Seele den schmähenden Vorwurf:</p>
- <p class="line">&bdquo;Dragut, du fliehst, nicht erwägend den Ruhm des entschwundenen Lebens,</p>
- <p class="line">Nicht die Worte voll Muths und glänzender Siegesverheißung?</p>
- <p class="line">Kehr&rsquo; in Eile zurück: so folgen die fliehenden Scharen</p>
- <p class="line">Schamerfüllt, dir alle; wo nicht, so suche dir selber</p>
-<a id="page-140" class="pagenum" title="140"></a>
- <p class="line">Ruhm in dem einzelnen Kampf. Vielleicht gelingt es dir heut noch,</p>
- <p class="line">Glücklich bewahrt, hier deinen ergrimmtesten Gegner zu tödten.&ldquo;</p>
- <p class="line">Als er des Geisterruf&rsquo;s erregende Laute vernommen,</p>
- <p class="line">Wüthete Dragut noch mehr: er spornte den fliehenden Haufen</p>
- <p class="line">Oft sein Streitroß vor, und trieb noch diesen und jenen,</p>
- <p class="line">Scheltend, zurück&rsquo;. Ihm horchte der Maur&rsquo; und muthige Türk nur:</p>
- <p class="line">Denn der Numidier floh g&rsquo;en Tunis in Eile hinüber.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, oft naht in dem Feld der Furcht erstarrendes Schreckbild</p>
- <p class="line">Nur dem Feigen: er wankt; dann fleugt es vom Gliede zum Glied hin,</p>
- <p class="line">Und der Tapfere wankt mit dem Feigen: sie wenden den Rücken</p>
- <p class="line">All&rsquo;, und entfliehn. Wie fern auf dem Meere der brausende Sturmwind</p>
- <p class="line">Wogen auf Wogen wirft, und Schiff&rsquo; an Schiffen zerschmettert:</p>
- <p class="line">Also stürzen sie fort, verderbend, und weder des Führers</p>
- <p class="line">Scheltender Ruf, noch Strafe dereinst hemmt jetzo die Flucht mehr:</p>
- <p class="line">Denn unbändige Furcht ergriff die ausreißenden Scharen.</p>
- <p class="line">Aber so weit wie ein Ball, vom schmetternden Rohre geschleudert,</p>
- <p class="line">Fleugt, schied drüben ein Raum nur mehr Toledo&rsquo;s und Lichtsteins</p>
- <p class="line">Krieger vom Feind&rsquo;, als Dragut, von starrendem Staunen gefesselt,</p>
- <p class="line">Hemmte das feurige Roß. In fest geschlossenen Reihen</p>
-<a id="page-141" class="pagenum" title="141"></a>
- <p class="line">Harrten die Christen sein, und der zahllosen Scharen, und standen</p>
- <p class="line">Ruhigen Blicks. Da rief er die schmähenden Worte herüber:</p>
- <p class="line">&bdquo;Seh&rsquo; ich vor Todesfurcht in Stein verwandelt die Helden?</p>
- <p class="line">Kommt, wenn Einer es wagt, ja zehen, und dreißig, und fünfzig,</p>
- <p class="line">Gegen mich anzukämpfen im Feld, wie dort auf Granada&rsquo;s</p>
- <p class="line">Flur mein Volk, der Rittersitte wohl kundig, mit euch focht,</p>
- <p class="line">Eh&rsquo; uns Verrath und Uebermacht Hispania&rsquo;s Herrschaft &mdash;</p>
- <p class="line">Fluch dem Frevel, entriß! Nun kommt, mir werde der Ruhm dann:</p>
- <p class="line">Keiner obsiegte der Macht des Satanbändigers Dragut!&ldquo;</p>
- <p class="line">Schon aufbrauste zuvor des Prahlers Worten Toledo&rsquo;s</p>
- <p class="line">Heldenbrust; doch, als ein Nahme von drüben heran scholl,</p>
- <p class="line">Welcher der schrecklichst&rsquo; ihm war, und verhaßteste aller auf Erden,</p>
- <p class="line">Da hielt er sich nicht mehr; er spornte sein schnaubendes Reitroß</p>
- <p class="line">Auf die Fläche hinaus, und schrie dem Wüthrich entgegen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ha, nur dich, den Räuber des edelsten Weibes, des meinen,</p>
- <p class="line">Suchte mein glühendes Aug&rsquo;: nicht wirst du künftig mehr prahlen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also mit lautem Gejauchz&rsquo; aufschwang er den blitzenden Degen</p>
- <p class="line">Ueber des Gegners Haupt, und es wäre, zerschmettert, gesunken,</p>
- <p class="line">Wenn nicht Attila schnell, wie ein Blitz, der oben im Nachtgrau&rsquo;n,</p>
- <p class="line">Leuchtend die Wolken durchzischt, heruntergeflogen, sein Streitroß</p>
-<a id="page-142" class="pagenum" title="142"></a>
- <p class="line">Drängte zum Seitensprung: denn fühlbarer nahen dem Thier noch,</p>
- <p class="line">Und in den Nächten zumal, des Geisterreiches Bewohner,</p>
- <p class="line">Bald vom Zorn gereitzt, und bald nur neckenden Launen</p>
- <p class="line">Folgend: da schmiegt sich die winselnde Dogg&rsquo; an die Füße des Menschen,</p>
- <p class="line">Der mit Verwunderung horcht, und hinaus in das schweigende Nachtgrau&rsquo;n,</p>
- <p class="line">Schaudernd, starrt; im Gehöft&rsquo; aufflattern die kreischenden Hühner;</p>
- <p class="line">Laut mit Geschrei entstürzen die Vögel dem Wald&rsquo;, und die Hirschkuh</p>
- <p class="line">Fährt aus dem rauschenden Laub&rsquo; in die Höh&rsquo;, und horchet mit Beben:</p>
- <p class="line">Denn hell blitzte der Geist an dem Auge des schlummernden Thier&rsquo;s hin:</p>
- <p class="line">So, von dem Geiste geschreckt, aufsprang der schnaubende Rappe</p>
- <p class="line">Draguts. Ihm zerhieb Toledo&rsquo;s sausender Mordstahl</p>
- <p class="line">Nur die bärtige Wang&rsquo;, und sie blutete. Siehe, nicht säumte</p>
- <p class="line">Dragut, und vorgebeugt, durchrannt&rsquo; er die Linke Toledo&rsquo;s</p>
- <p class="line">Jetzt mit dem mächtigen Speer, daß schnell der leitende Zügel</p>
- <p class="line">Ihr entsank! Ein schrecklicher Kampf, und im Kampfe der Tod nur,</p>
- <p class="line">Hätte die beiden getrennt: da flog, gesendet von Lichtstein,</p>
- <p class="line">Hanno, der Stabs-Herold, an die Seite Toledo&rsquo;s; er faßte</p>
- <p class="line">Dort sein Roß an dem Zaum&rsquo;, und führt&rsquo; es zurück&rsquo; in die Reihen.</p>
-<a id="page-143" class="pagenum" title="143"></a>
- <p class="line">Jammernd folgt&rsquo; ihm der Held: er dachte den Gegner zu tödten.</p>
- <p class="line">Dragut knirschte vor Wuth, und entwich: das Strömen des Blutes</p>
- <p class="line">Raubt&rsquo; ihm die Kraft. Nun rief er dem maurischen Scharengebiether:</p>
- <p class="line">&bdquo;Muhamed Temtes, ein Hort sey du des tapfersten Volkes,</p>
- <p class="line">Und ein Zeuge vor Hairaddin mir: nicht erbebend in Feigheit</p>
- <p class="line">Wär&rsquo; ich gewichen dem Feind. Die blutende Wunde zu stillen,</p>
- <p class="line">Eil&rsquo; ich zur Stadt, wo mir der kräuterkundige Diener,</p>
- <p class="line">Hugo, umhüllen sie soll mit dem weheinschläfernden Balsam,</p>
- <p class="line">Und bald kehr&rsquo; ich zurück&rsquo;, allwärts ein Schrecken der Gegner.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also jagt&rsquo; er davon: doch jener den kommenden Scharen</p>
- <p class="line">Kühn entgegen zu kämpfen, bereit, sah forschend zum Rückhalt:</p>
- <p class="line">Denn er hörete dort unfreundlichen Donner; vernahm auch</p>
- <p class="line">Würgender Feinde Geschrei, und ihm pochte das Herz in dem Busen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Doch, wer ordnete dort die entscheidende Rückenbestürmung?</p>
- <p class="line">Traun, ein Held, Aurel, der erst mit den herrlichen Schiffen</p>
- <p class="line">Malta&rsquo;s nahend dem Strand, die feinddurchwimmelte Gegend</p>
- <p class="line">Mächtig bestreichen ließ aus ehernen Schlünden und Mörsern!</p>
- <p class="line">Donnergebrüll&rsquo; erscholl ringsum; aufwirbelte Sandstaub</p>
- <p class="line">Nah&rsquo; und fern&rsquo;, und die Feind&rsquo; entstürzten vor Schrecken den Reihen.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf verließ er den Bord mit fünfzig der tapfersten Ritter,</p>
-<a id="page-144" class="pagenum" title="144"></a>
- <p class="line">Tausend Kriegern gesellt, drang vor, und wüthete, mordend,</p>
- <p class="line">Jetzt in dem Rücken des Heer&rsquo;s. So wüthet die nächtliche Windsbraut</p>
- <p class="line">Durch das Föhrengehölz: der Eigner jammert am Morgen,</p>
- <p class="line">Schauend die Stämm&rsquo; auf Stämme gehäuft, in grauser Verwüstung.</p>
- <p class="line">So im Gesicht von Lichtstein, so in dem Rücken von Malta&rsquo;s</p>
- <p class="line">Kühnem Helden bekämpft, ausriß in wilder Verwirrung</p>
- <p class="line">All&rsquo; das unzählige Volk, und wandte nach Tunis den Lauf hin.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hairaddin trabte den stäubenden Weg mit den <em>Schrecklichen</em> näher:</p>
- <p class="line">Also hieß er die Schar viertausend erlesener Türken,</p>
- <p class="line">Die er sich selber erlas aus den kühnsten und tapfersten Kriegern.</p>
- <p class="line">Wohl erwies sich ihr Muth; wohl waren die Muthigen furchtbar:</p>
- <p class="line">Denn wo es galt, und, gehemmt, die Wage des Schlachtengeschickes</p>
- <p class="line">Schwankte, da mußten sie vor, zu erringen des eisernen Feldes</p>
- <p class="line">Herrlichen Preis, und zu steh&rsquo;n, muthfest, im Kampf der Entscheidung.</p>
- <p class="line">Als er den wirbelnden Staub, und im Staube die fliehenden Haufen</p>
- <p class="line">Gegen sich kommen sah: da erwog er im Herzen, noch zweifelnd:</p>
- <p class="line">Ob er den Schrecklichen erst die Losung gebe zum Morden,</p>
- <p class="line">Um in dem Blute der Feigen den Grimm zu sänftigen; oder,</p>
-<a id="page-145" class="pagenum" title="145"></a>
- <p class="line">Scheuend den Wankelmuth der Tunisier, heute noch schone?</p>
- <p class="line">Gleichwie im Aethergefild der schiffaufstürmende Luftball,</p>
- <p class="line">Jählings vom Flammenhauche gerafft, des mächtigen Windes</p>
- <p class="line">Wechselndem Strom&rsquo; zu Beut&rsquo; umfleugt, und nimmer des Schiffers</p>
- <p class="line">Leitung gehorcht, nun hier- nun dorthin schwebend im Luftraum</p>
- <p class="line">So, daß Grauen ihn faßt, und sinnverwirrender Schwindel:</p>
- <p class="line">Also wankt&rsquo; er umher. Ihm nahete Muhamed Temtes</p>
- <p class="line">Jetzt mit dem flüchtenden Volk&rsquo;. Er riß sich, ergrimmter, den Säbel</p>
- <p class="line">Von der Hüft&rsquo;, und schlug mit der Breite der Klinge den Feldherrn</p>
- <p class="line">Ueber die Stirne, daß ihm aus den Augen sprühten die Funken.</p>
- <p class="line">Aber der Sclave lächelte nur, und folgte von weitem:</p>
- <p class="line">Denn auch Hairaddin floh, und das Volk nachbrausete zahllos.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Schon sank tiefer die Nacht; schon gaukelten kühlere Lüftchen</p>
- <p class="line">Ueber die See, und ringsumher aus unzähligen Augen</p>
- <p class="line">Sah der funkelnde Himmel, als die Reisigen Lichtsteins,</p>
- <p class="line">Kehrend, mit Staunen ersah&rsquo;n, wie sie, nur im Blute zu ernten,</p>
- <p class="line">Hier die Garben gehäuft in des Todes entsetzlichem Saatfeld.</p>
- <p class="line">Auch die Helden des Felseilands mit dem kühnen Gebiether,</p>
- <p class="line">Kehreten heim in die meerumwogte Behausung (am Bord nur</p>
- <p class="line">Schlummert der Seemann süß) und dort aufzählend die Scharen,</p>
-<a id="page-146" class="pagenum" title="146"></a>
- <p class="line">Mißten sie dreißig, im Streit gefallene Krieger mit Wehmuth.</p>
- <p class="line">Also rang in dem Vorkampf jetzt der erhabene Kaiser</p>
- <p class="line">Gegen Hairaddins Macht, und der treffliche Lagergebiether,</p>
- <p class="line">Guasto, begann, im vereinten Müh&rsquo;n unzähliger Krieger,</p>
- <p class="line">Dort die schirmenden Wälle zu bau&rsquo;n, wo er forschenden Blickes,</p>
- <p class="line">Erst die Stell&rsquo; erkor, auf welcher Karthago gestanden:</p>
- <p class="line">Auf daß ihr herrliches Bild, aus Schutt und Trümmern sich hebend,</p>
- <p class="line">Waffne des Kriegers Herz mit eisernem Muth&rsquo; in der Feldschlacht.</p>
- <p class="line">Gegen den Salzthurm hin, im sternnachbildenden Vorsprung</p>
- <p class="line">Hob erlesenes Volk mit schimmernder Haue das Erdreich,</p>
- <p class="line">Dämmend, zum Wall. Vor ihm aufgähnte der dunkele Graben,</p>
- <p class="line">Und das ehrne Geschütz, von schnaubenden Rossen gezogen,</p>
- <p class="line">Rasselte näher, und stand alsbald, in gemessenen Fernen,</p>
- <p class="line">Aufgefahren umher, zu wehren dem feindlichen Andrang.</p>
- <p class="line">Schnell erfüllten des Lagers Raum die jauchzenden Krieger,</p>
- <p class="line">Dort zu erhöh&rsquo;n in Hast die luftigen Zelte. Sie bohrten</p>
- <p class="line">Pfähl&rsquo; in den Grund; dann spanneten sie die schimmernde Leinwand</p>
- <p class="line">Vom Querbalken des Daches hinab, an haftenden Pflöcken,</p>
- <p class="line">Gegen der Stürme Gewalt sie festigend, dieß- und auch jenseits.</p>
- <p class="line">Tausende standen erhöht, und flatterten, tönend, im Nachtwind.</p>
- <p class="line">Aber vor allen ragte das Zelt des edelen Kaisers,</p>
-<a id="page-147" class="pagenum" title="147"></a>
- <p class="line">Hochgewölbet, empor. Des höckergestalteten Lastthiers</p>
- <p class="line">Wolle schirmte von außen das Zelt g&rsquo;en Wetter und Regen;</p>
- <p class="line">Innen deckte die Wände Damast, und ein eisernes Feldbett</p>
- <p class="line">Stand in dem Hintergrund&rsquo;, umhüllt vom seidenen Vorhang.</p>
- <p class="line">Aber mit Lächeln im Blick, der, rühmend, des Werkes Vollendung</p>
- <p class="line">Würdigte, sprach der Kaiser, erfreut, zu Guasto, dem Feldherrn:</p>
- <p class="line">&bdquo;Herrlicher, so geling&rsquo; es dir auch am kommenden Morgen,</p>
- <p class="line">Schnell die Schanzen umher an Goletta zu bauen! Für jetzo</p>
- <p class="line">Heiß&rsquo; das Volk ausruh&rsquo;n in des schirmenden Lagers Umwallung;</p>
- <p class="line">Nach gehaltener Rast empöre der fröhliche Krieger</p>
- <p class="line">Zahllos Flammen im Feld, bereite sein Mahl, und gedenke</p>
- <p class="line">Heiterer Lust: nur möge der Wall nicht ermangeln der Wachen;</p>
- <p class="line">Auch den Graben entlang mit hellumschauenden Blicken</p>
- <p class="line">Forschend, die Vorhuth steh&rsquo;n. Ermüdet will ich hier schlummern,</p>
- <p class="line">Wenn nicht feindlich Geschrei mich weckt im nächtlichen Anfall.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und ließ sich, gehüllt in den wolligen Mantel, im Sandstaub</p>
- <p class="line">Nieder. Weder den schwellenden Pfühl, noch köstliche Speisen</p>
- <p class="line">Kannt&rsquo; er im Feld&rsquo;: erduldend jegliche Noth und Entbehrung</p>
- <p class="line">Froh mit den Kriegern. Er lag in dem Kreis&rsquo; umlärmenden Volkes</p>
- <p class="line">Dort auf dem Sand&rsquo;, und bald umfing ihn der liebliche Schlummer.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-148" class="pagenum" title="148"></a>
- <p class="line">Gleich dem brausenden Sturm flog jetzt der Römerbesieger,</p>
- <p class="line">Hermann, mit seinem Gefolg&rsquo;, aus Amerika&rsquo;s Fluren herüber:</p>
- <p class="line">Denn ihn lockte des Kampfes Getös&rsquo; mit freundlichem Wohllaut.</p>
- <p class="line">Wie der muthige Falk&rsquo;, auf Beut&rsquo; erpicht, in des Himmels</p>
- <p class="line">Blauem Gezelt nun auf sich schwingt, nun eilender abwärts</p>
- <p class="line">Fleugt, im wogenden Gras&rsquo; und im schaurigen Dunkel des Fruchthains</p>
- <p class="line">Sie zu erspäh&rsquo;n: so erforscht&rsquo; auch Hermann das Lager. Sein Haupthaar</p>
- <p class="line">Quoll aus dem duftigen Helm ihm golden herab auf den Nacken,</p>
- <p class="line">Und des Ur&rsquo;s aufstarrende Mähn&rsquo; umfing ihm die Schultern.</p>
- <p class="line">Muthig schwang er die Keul&rsquo;, und aus trotzigbläulichen Augen</p>
- <p class="line">Sah er herab, die jetzt, gleich flammenden Sternen, erglänzten:</p>
- <p class="line">Schauend Germania&rsquo;s Volk und den schlummernden Kaiser, des Volkes</p>
- <p class="line">Edelsten Hort. Er haucht&rsquo; ihm, genaht, die erregenden Wort&rsquo; ein:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ruhig schlummerst du hier im Kreise der Helden, Erzeugter</p>
- <p class="line">Meines gewaltigen Stamms! Von den fernen Meeren herüber</p>
- <p class="line">Kommen die Bothen des Siegs dir spät. Ich künde den Sieg dir</p>
- <p class="line">Nun zur Freud&rsquo;, und zugleich den Jammer der Wilden, zur Trauer.</p>
-<a id="page-149" class="pagenum" title="149"></a>
- <p class="line">Dein ist die Herrschaft der Welt: nie wendet die leuchtende Sonne</p>
- <p class="line">Mehr die Blicke von deines Reichs endlosen Gefilden.</p>
- <p class="line">Schon dient Mexiko dir; nun bändigt Peru, das Goldland,</p>
- <p class="line">Deß&rsquo; unschuldiges Volk der Sonne Kinder sich dünket,</p>
- <p class="line">Dein Pizarro.<a class="fnote" href="#footnote-42" id="fnote-42">[42]</a> Er nahm Atahualba gefangen, den Inca,</p>
- <p class="line">Und erwürgt ihn vielleicht: nicht hunderttausende scheuend,</p>
- <p class="line">Nicht Millionen Volk&rsquo;s, von wenigen Tapfer&rsquo;n umgeben,</p>
- <p class="line">Wild, und grausamgesinnt. O, hemme die wüthende Blutgier</p>
- <p class="line">Jener Verblendeten, die in dem Wahn, Halbmenschen zu würgen,</p>
- <p class="line">Also freveln! Ich sehe dein Herz erbeben dem Jammer,</p>
- <p class="line">Den die Ferne dir birgt. Ein gottbegeisterter Priester</p>
- <p class="line">Deines Volks,<a class="fnote" href="#footnote-43" id="fnote-43">[43]</a> der Kränz&rsquo; erlesensten würdig, bewaffnet</p>
- <p class="line">Sich mit erhabenem Muth, die armen, ein rettender Anwald,</p>
- <p class="line">Kühn zu beschirmen: ihn höre: so wird unsterblicher Ruhm dir.</p>
- <p class="line">Schlummere ruhig und süß, in dem Kampf dir nah&rsquo; ich ein Helfer!&ldquo;</p>
- <p class="line">Dann aufschwang er sich rasch in die Lüfte: das tosende Lager</p>
- <p class="line">Hier zu erforschen, und dort des Feindes gewaltige Heersmacht.</p>
- <p class="line">Aber der Kaiser stöhnt&rsquo; in dem Schlaf&rsquo;; erhob von dem Boden,</p>
- <p class="line">Staunend, das Haupt, und sprach halbleise die Worte des Kummers:</p>
- <p class="line">&bdquo;Künden, düsterer Ahnung vereint, auch Träume so schrecklich,</p>
-<a id="page-150" class="pagenum" title="150"></a>
- <p class="line">Meiner Krieger unmenschliche Wuth? Führ&rsquo;t, günstige Wind&rsquo;, ach,</p>
- <p class="line">Schnell das ernste Geboth der Schonung und christlichen Sanftmuth,</p>
- <p class="line">Das ich gesandt in dem eilenden Schiff, zu dem fernen Gestad hin!&ldquo;</p>
- <p class="line">Lispelte so, und versank von neuem in lieblichen Schlummer.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt nach gehaltener Rast erhoben sich wieder die Krieger:</p>
- <p class="line">Dürres Reis, und die Trümmer längstgestrandeter Schiffe,</p>
- <p class="line">Tragend herbei, unzählige Flammen im Feld zu empören.</p>
- <p class="line">Wie die Sternenheer&rsquo; erglüh&rsquo;n am nächtlichen Himmel,</p>
- <p class="line">Glänzten die Lagerfeuer umher. Da knüpfte der Reiter</p>
- <p class="line">Sorglich das Pferd an den Pflock, und both ihm den Hafer im Vollmaß;</p>
- <p class="line">Oder er brachte vom rieselnden Born, in räumigen Kübeln,</p>
- <p class="line">Ihm die erfrischende Fluth. Nicht enthob er ihm jetzo den Sattel,</p>
- <p class="line">Wie daheim, als ihm versiegte der Schweiß nach dem Ritte:</p>
- <p class="line">Denn in dem Felde gebeut des Augenblickes Entscheidung,</p>
- <p class="line">Fertig zu stehen zur Wehr&rsquo; und zum raschvorstürmenden Angriff.</p>
- <p class="line">Andre besorgten den Brüdern das Mahl. Des eisernen Kessels</p>
- <p class="line">Rußigen Bauch umschlang die Loh&rsquo;, und die emsigen Krieger</p>
- <p class="line">Hatten das Reismus gar gekocht, die Hämmel gebraten,</p>
- <p class="line">Und vertheilet den Wein mit dem wohlernährenden Kornbrot</p>
-<a id="page-151" class="pagenum" title="151"></a>
- <p class="line">Jeglichem treu und gerecht. Bestrahlt von der freundlichen Flamme,</p>
- <p class="line">Schmaus&rsquo;ten sie dort, und wechselten stichelnden Scherz und auch Possen,</p>
- <p class="line">Lautem Gelächter vermengt, und kriegerischtönenden Liedern.</p>
- <p class="line">Also war auftobender Lärm und Getös&rsquo; in dem Lager.</p>
- <p class="line">Aber, gesondert im Kreis&rsquo;, kaum achtend des Mahles und Trunkes,</p>
- <p class="line">Oder des herzerfreuenden Worts, ergaben die Einen,</p>
- <p class="line">Heißerpicht auf Gewinn, sich dem trüglichen Locken der Würfel:</p>
- <p class="line">Schüttelten erst in der hohlen Hand die klingenden lang&rsquo; fort,</p>
- <p class="line">Warfen sie dann querhin auf den weitgebreiteten Mantel,</p>
- <p class="line">Sah&rsquo;n, und zähleten laut die gewinnaufweisenden Augen.</p>
- <p class="line">Andre langten die Karten hervor, vieljährigen Ansehns</p>
- <p class="line">(Hätt&rsquo; ein Fremder doch kaum den Buben vom König, die Grünen</p>
- <p class="line">Kaum von den Rothen erkannt) vertheilten die klebenden Blätter,</p>
- <p class="line">Netzend oft mit der Zunge den Daum, von der Linken zur Rechten,</p>
- <p class="line">Allen umher, und spieleten Brand, und Bettel, und Mordbrand,</p>
- <p class="line">Mit aufschlagender Faust und fröhlichem, lautem Gelächter.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sieh&rsquo;, in dem einsamen Zelt, entfernt von fröhlichen Menschen,</p>
- <p class="line">Lag Toledo, verwundet am Arm; doch blutet&rsquo; ihm heißer</p>
- <p class="line">Noch die Wund&rsquo; in der Brust, versetzt vom grausamen Schicksal,</p>
-<a id="page-152" class="pagenum" title="152"></a>
- <p class="line">Das ihn so furchtbar jüngst der edelsten Gattinn beraubte.</p>
- <p class="line">Jen&rsquo; empört&rsquo; um ihn her die schwarzen Gebilde des Unmuths.</p>
- <p class="line">Grimmig umdrängten sie ihn, und weckten in seinem Gemüth nur</p>
- <p class="line">Angst und Verzweiflung: er lag, erblindet bei offenen Augen,</p>
- <p class="line">Dort auf dem Lager, und starrt&rsquo; in die Nacht, und stöhnte vor Jammer.</p>
- <p class="line">Jetzt anlandete Kurd mit dem Kahn, und flog nach dem Lager,</p>
- <p class="line">Eilenden Laufes, herab. Ein &bdquo;Wer da?&ldquo; scholl ihm entgegen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Gut Freund&ldquo; gab er zurück, und frug nach Toledo, dem Feldherrn.</p>
- <p class="line">Aber gewahrend des Mauren Tracht, und feindlicher Arglist</p>
- <p class="line">Denkend, führeten ihn zwei tapfere Krieger mit Vorsicht</p>
- <p class="line">Nach Toledo&rsquo;s Gezelt. Nun, dort den Leidenden schauend,</p>
- <p class="line">Wollten von seiner beklommenen Brust sich die Worte des Trostes</p>
- <p class="line">Lange nicht lösen. Er stand, erschüttert, und leise begann er:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hugo&rsquo;s Worte vernimm: &bdquo;&bdquo;Wenn hoch an dem Himmel der Vollmond</p>
- <p class="line">Strahlt, da berg&rsquo; ich in Grabesnacht, errettet, Mathilden!&ldquo;&ldquo;</p>
- <p class="line">Und ich lenke dich dann zur Felsenhöhle des Oehlwalds.&ldquo;</p>
- <p class="line">Forschend irrte Toledo&rsquo;s Aug&rsquo; an dem seltsamen Fremdling</p>
- <p class="line">Auf und nieder: er sann, in düstere Träume verloren;</p>
- <p class="line">Aber ein leuchtender Blitz auf des Jammers nächtlichem Irrpfad</p>
- <p class="line">War ihm die Vollmondsnacht, der Fels, und die Höhle des Waldes.</p>
-<a id="page-153" class="pagenum" title="153"></a>
- <p class="line">Stöhnend hob er sich auf, und hing am Halse des Fremdlings,</p>
- <p class="line">Lautaufweinend. Ein Strom von glühenden Thränen benetzte</p>
- <p class="line">Diesem die Brust; er floh zum Strand&rsquo;, im gleitenden Fahrzeug</p>
- <p class="line">Heimzuschiffen, und dort der rettenden Stunde zu harren.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sinam sah schon lang vom ragenden Thurme Goletta&rsquo;s</p>
- <p class="line">Nach dem feindlichen Lager hinaus, und erbebte den Feuern,</p>
- <p class="line">Welch&rsquo; unzählig umher aufloderten. Wie auf des Meeres</p>
- <p class="line">Sturmempöreter Fluth die, aus Wolken brechende Sonne,</p>
- <p class="line">Plötzlich die Wogen entflammt, daß sie endlos, hüpfend, erblitzen:</p>
- <p class="line">Also erschienen ihm dort die Lagerfeuer, unzählbar,</p>
- <p class="line">Und er dachte für heut&rsquo; auf keine entscheidende That mehr.</p>
- <p class="line">Unmuthsvoll erforschte sein Herz der Hunnen Beherrscher</p>
- <p class="line">Attila; flog um ihn her, und reitzt&rsquo; ihn mit stachelnden Worten:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sinam, unkriegerisch, träg, und feig&rsquo;, erbebst du den Feinden?</p>
- <p class="line">Wie, ist dem furchtbar&rsquo;n Ueberfall nicht günstig die Nachtzeit,</p>
- <p class="line">Der, verderbender oft als blutige Schlachten, dem Gegner</p>
- <p class="line">Jammer gebiert? Wie schwach erscheinst du dem Volke; wie haßt dich</p>
- <p class="line">Hairaddins Seele hinfort, der dir vertraute mit Unrecht!&ldquo;</p>
- <p class="line">So vernahm, im Geist, die dräuenden Worte des Geistes</p>
- <p class="line">Sinam, und blickte, verwundert, umher: wer also gesprochen?</p>
- <p class="line">Doch er fand sich allein; besann sich der Angst, und es färbte</p>
- <p class="line">Schnell sein blasses Gesicht der Scham hellröthendes Feuer.</p>
-<a id="page-154" class="pagenum" title="154"></a>
- <p class="line">Jetzo murmelt&rsquo; er leis&rsquo;: &bdquo;Ich, Thor, vergrüble die Zeit hier</p>
- <p class="line">Müßig. Wohlan, der kühne Gedank&rsquo; &mdash; er werde zur That jetzt!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und kam, und sprach zu Giaffar glühenden Blickes:</p>
- <p class="line">&bdquo;Giaffar, stets entflammt dir die Brust die Heldengesinnung,</p>
- <p class="line">Daß du nicht Tausende scheu&rsquo;st, wenn rings umdrängender Gegner</p>
- <p class="line">Schlachtruf schallt, und, empört, der Waffen Getümmel ertönet!</p>
- <p class="line">Siehe, schon schwinden umher die Lagerfeuer des Feindes,</p>
- <p class="line">Und schlaftrunken, vom Weine betäubt, hinsinken die Feigen!</p>
- <p class="line">Auf, wir stürmen in Hast mit den Janitscharen das Lager,</p>
- <p class="line">Und erwürgen das wehrlose Volk in dumpfer Betäubung!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jener begann: &bdquo;Ha, nicht unwichtige Thaten ersinnst du,</p>
- <p class="line">Schlachtenerfahrener Greis! Bald tilgt, entsetzlich, im Nachtgrau&rsquo;n</p>
- <p class="line">Unser Eisen die Schlummernden. Zwar in der Helle des Tages</p>
- <p class="line">Mir ersehnt&rsquo; ich den Kampf, nicht auf nachtumhülleten Pfaden;</p>
- <p class="line">Dennoch will ich dir folgen: gebieth&rsquo;, und ich ordne die Scharen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sinam geboth: aufflogen die mächtigen Thore Goletta&rsquo;s,</p>
- <p class="line">Und die gerüstete Schar zehntausend muthiger Krieger</p>
- <p class="line">Drang, von Sinam geführt, und Giaffar, eilenden Laufes,</p>
- <p class="line">Jetzt an die Wälle heran. So weit, als ehrner Drometen</p>
- <p class="line">Klang dem Horchenden tönet im Feld, noch waren die Krieger</p>
- <p class="line">Von dem Lager entfernt: da duckten sich alle zum Boden</p>
- <p class="line">(Sinam geboth&rsquo;s) und schlichen, gebückt, gleich listigen Füchsen</p>
-<a id="page-155" class="pagenum" title="155"></a>
- <p class="line">Welch&rsquo;, einkrümmend die Ruthe, mit weitvorgreifenden Pfoten</p>
- <p class="line">So, daß am Gras&rsquo; ihr Bauch hinstreift, den stillen Gehöften</p>
- <p class="line">Nahen bei Nacht, um dort die befiederten Schläfer zu fahen.</p>
- <p class="line">Jetzo, der Vorhuth nah&rsquo;, aufsprangen die Scharen, und furchtbar</p>
- <p class="line">Tönete Allah-Geschrei, entsetzlich der Stürmenden Schlachtruf,</p>
- <p class="line">Und, dem Säbelgeklirr vermengt, das Schmettern der Büchsen.</p>
- <p class="line">Aber nicht schliefen die Schützen Tyrols: sie wachten, der Pflicht treu,</p>
- <p class="line">Als die erlesene Huth an dem Graben, und weckten im Lärmschuß</p>
- <p class="line">Eilig, den Wall entlang, die kühnen Gefährten zum Kampf auf.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Giaffar stürmte der erst&rsquo;, und hieb dem kühnen Ramiro,</p>
- <p class="line">Führer des Schützenvolks, die Stirn&rsquo; entzwei mit des Säbels</p>
- <p class="line">Sausendem Schlag: er sank, und verhauchte das Leben. In Trident</p>
- <p class="line">Sah er im Handlungshaus, an der Seite des grauenden Vaters,</p>
- <p class="line">Reichthum die Fülle gehäuft, der köstliche Waaren des Ostlands</p>
- <p class="line">Vom venediger Freunde bezog, und versandte nach Deutschland;</p>
- <p class="line">Aber ihn lockte zum Kampf gar mächtig der Kriegesdrometen</p>
- <p class="line">Schmetternder Klang, auf Afrika&rsquo;s fernen Gefilden, und freudig</p>
- <p class="line">Hofft&rsquo; er, mit Siegeslorbern geschmückt, die heimischen Fluren</p>
-<a id="page-156" class="pagenum" title="156"></a>
- <p class="line">Wieder zu schauen, und dort die Tage der schöneren Zukunft;</p>
- <p class="line">Doch ihn ereilte des Todes Geschick, und lachenden Erben</p>
- <p class="line">Wurden die Güter zu Theil des, in Gram hinschwindenden Vaters.</p>
- <p class="line">Giaffars schreckliche Kraft, verstärkt von kühnen Gefährten,</p>
- <p class="line">Würgt&rsquo; auf dem Wall noch drei tyrolische Schützen vom Innthal &mdash;</p>
- <p class="line">Brüder, und stets in dem Heere genannt &bdquo;das rühmliche Kleeblatt&ldquo;:</p>
- <p class="line">Denn, als Jörg, der jüngste, zu Freundsbergs<a class="fnote" href="#footnote-44" id="fnote-44">[44]</a> Fahne geschworen,</p>
- <p class="line">Eilten auch Günther und Jost ihm nach, zu schwören den Kriegseid</p>
- <p class="line">Vor dem Vater des Volks, Freundsberg, dem Jeglicher hold war.</p>
- <p class="line">Immer hielten sie treu und fest zusammen im Leben,</p>
- <p class="line">Und wo im eisernen Felde Gefahr den einen bedrohte,</p>
- <p class="line">Bothen die andern die Brust zum Schilde dem Bruder, und dachten,</p>
- <p class="line">Liebend, des Bruders allein. Am herrlichen Tag vor Pavia</p>
- <p class="line">Knüpft&rsquo; an die Heldenbrust der Tapfern ein ehrendes Zeichen</p>
- <p class="line">Freundsbergs Hand; doch jetzt im nächtlichen Grau&rsquo;n, an des Grabens</p>
- <p class="line">Weitaufgähnendem Schlund verhauchten sie, kämpfend, das Leben.</p>
- <p class="line">Also hätt&rsquo; in dem Ueberfall noch viele der Christen</p>
- <p class="line">Tod und Verderben ereilt, und der Feind erstiegen die Wälle;</p>
-<a id="page-157" class="pagenum" title="157"></a>
- <p class="line">Aber da brach Hardwin, der tapfere Führer der Schützen,</p>
- <p class="line">Hohes beschließend im Geist, durch Reihen der Gegner. Er hatte</p>
- <p class="line">Sinam erseh&rsquo;n, der vor- die Würgenden trieb. Ihn zu tödten &mdash;</p>
- <p class="line">So von den Brüdern zu fernen die Noth, vorbraust&rsquo; er, und zückte</p>
- <p class="line">Rasch auf Sinam das Schwert. Doch Giaffar, schauend des Feldherrn</p>
- <p class="line">Grause Gefahr, entboth die Seinen sogleich, und sie flogen</p>
- <p class="line">Jenem zu Hülf&rsquo;. Zwar fiel der Schützen gewaltiger Feldherr,</p>
- <p class="line">Salis, mit eiliggeordneter Macht dem Feind in den Rücken &mdash;</p>
- <p class="line">Drängt&rsquo; ihn zurück von dem Wall, und häufte Leichen auf Leichen;</p>
- <p class="line">Aber es wühlten in Hardwins Brust unzählige Säbel</p>
- <p class="line">Schon: der Tapfere sank, und lächelte heiter im Tod noch.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Rogendorf, der stattliche Feldzeugmeister des Heeres,</p>
- <p class="line">Hörte des Kampfes Getös&rsquo;. Er saß in dem einsamen Kriegszelt,</p>
- <p class="line">Trauernd noch stets um den Freund, den ihm entriß das Verhängniß;</p>
- <p class="line">Doch, wenn Schlachtruf scholl, und ihn hieß, unzähligen Feinden</p>
- <p class="line">Kühn entgegenzusteh&rsquo;n: da blitzt&rsquo; aus den finsteren Wimpern</p>
- <p class="line">Ihm der Muth, da brachte sein Wink dem Feinde Verderben.</p>
- <p class="line">Eilig erstieg er den Wall, und geboth dort jeglichem Wurfschütz,</p>
-<a id="page-158" class="pagenum" title="158"></a>
- <p class="line">Fertig zu harren des Winks zu feuern, mit mächtiger Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Männer, vor allem gebeut uns die Nacht, dem Donnergeschütz erst</p>
- <p class="line">Ein untrügliches Ziel zu ermessen im finsteren Blachfeld.</p>
- <p class="line">Werf&rsquo;t aus dem Haubitzrohr Leuchtkugeln, sausenden Fluges,</p>
- <p class="line">Ueber die Feinde hinaus, zu erhellen die Gegend, und furchtbar</p>
- <p class="line">Wüthe sogleich das Donnerrohr in die wimmelnden Scharen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sinnig erfand erst jüngst die erleuchtenden Kugeln der Feldherr:</p>
- <p class="line">Mengte den Salzen Harz, und Schwefel und Kohle dem Spießglas;</p>
- <p class="line">Dann umhüllt&rsquo; er mit Werg das Gemeng&rsquo;, und rundete solches.</p>
- <p class="line">Jetzo des Brandrohrs Saum mit der brennenden Lunte berührend,</p>
- <p class="line">Warf der Schütz aus dem Haubitzrohre die leuchtenden Kugeln</p>
- <p class="line">Weit in die dunkeln Gefilde hinaus: sie erhellten, dem Mondlicht</p>
- <p class="line">Aehnlich, die Nacht. Wie entzündete Luft, urplötzlichen Fluges,</p>
- <p class="line">Schimmernden Sternen gleich, durchzieht den nächtlichen Himmel;</p>
- <p class="line">Oder vom lärmenden Kreis&rsquo; der Jünglinge, tönend dem Faustschlag,</p>
- <p class="line">Ein gewaltiger Ball, den Rindesblase geschwellt hat,</p>
- <p class="line">Stolz in die Luft sich erhebt, dann senket: so flogen die Kugeln</p>
-<a id="page-159" class="pagenum" title="159"></a>
- <p class="line">Ueber dem Feinde dahin. Er staunte dem Wunder, und jetzo</p>
- <p class="line">Faßt&rsquo; ihn erschütternde Furcht, als rings erhellet die Nacht war,</p>
- <p class="line">Die verrätherisch ihn preisgab nie geahntem Verderben.</p>
- <p class="line">Doch schon winkete Rogendorf: da brüllten auf einmal</p>
- <p class="line">Dreißig Schlünde vom Wall. In die wimmelnden Haufen geschleudert,</p>
- <p class="line">Warf der Achtzehnpfünder entsetzliche Wucht aus den Gegnern</p>
- <p class="line">Hundert zu Boden: die andern entfloh&rsquo;n nach der Veste Goletta,</p>
- <p class="line">Schreiend, in keuchender Hast, nicht hörend die Stimme der Führer &mdash;</p>
- <p class="line">Sinams Stimme nicht mehr, nicht Giaffars, die in dem Nachzug,</p>
- <p class="line">Einend das kühnere Volk, dem raschverfolgenden Gegner</p>
- <p class="line">Bothen die Stirn&rsquo;: denn Salis, der kühnen tyrolischen Schützen</p>
- <p class="line">Tapferer Hort, nachbrauste den fliehenden Feinden, dem Sturm gleich,</p>
- <p class="line">Der auf der Heid&rsquo; im Herbst die bärtigen Disteln dahinjagt,</p>
- <p class="line">Und er kehrte nur spät von der blutigen Feindesverfolgung.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt, vom Schlummer geweckt durch Kampfgetümmel und Schlachtruf,</p>
- <p class="line">Sprang der edelste Kaiser voll Hast vom nächtlichen Lager,</p>
- <p class="line">Nahte dem Wall, und sah, wie Rogendorf nach dem Feind hin</p>
- <p class="line">Sandte des Todes Geschoss&rsquo;. Er winkt&rsquo; ihm lohnenden Beifall,</p>
-<a id="page-160" class="pagenum" title="160"></a>
- <p class="line">Und begann vor Salis, und seinen Gefährten voll Huld so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Eure Stirn&rsquo; umkränze des Ruhms niewelkender Lorber!</p>
- <p class="line">Muthig hab&rsquo;t ihr gekämpft: vor euren zerschmetternden Büchsen</p>
- <p class="line">Floh&rsquo;n in Eile die Feinde davon. Zum Lohne des Sieges</p>
- <p class="line">Sollt&rsquo; ihr auf jenen, so stolz sich erhebenden felsigen Höhen,</p>
- <p class="line">Wo in Karthago&rsquo;s rühmlicher Zeit die mächtige Hochburg,</p>
- <p class="line">Byrsa<a class="fnote" href="#footnote-45" id="fnote-45">[45]</a> stand, aufpflanzen die Fahn&rsquo;, und den Lagergenossen</p>
- <p class="line">Stehen zur Huth auf der weitumschauenden Warte des Landes.&ldquo;</p>
- <p class="line">Und er kehrt&rsquo; in das Lager zurück. Doch jauchzenden Rufes</p>
- <p class="line">Klommen, von Salis geführt, die tapferen Bergebewohner</p>
- <p class="line">Jetzo die Felsen hinan. Gern weilt der sinnige Bergfreund</p>
- <p class="line">Auf den luftigen Höh&rsquo;n, wo er all&rsquo; dem niedrigen Treiben,</p>
- <p class="line">Drängen, und Sorgen der Erd&rsquo; entrückt, des Himmels Gefilden</p>
- <p class="line">Näher, so frei und selig sich fühlt; wo das sehnende Herz ihm</p>
- <p class="line">Höher im Busen schwillt: da er bald des wölbenden Aethers</p>
- <p class="line">Dunklerer Bläue staunt, bald tief in den schwindligen Abgrund</p>
- <p class="line">Starrt, und, mit Thränen im Blick des Waldstroms silberne Fluthen</p>
- <p class="line">Eilen sieht, und des schnellentfliehenden Lebens gedenket.</p>
- <p class="line">Ach, der Gebirgssohn hängt mit kindlicher Lieb&rsquo; an der Heimath!</p>
- <p class="line">Wie, den Alpen geraubt, hinwelket die Blume: so welkt er,</p>
- <p class="line">Ihr entrissen, dahin. Stets sieht er die trauliche Hütte,</p>
- <p class="line">Die ihn gebar, im hellen Grün umduftender Matten:</p>
-<a id="page-161" class="pagenum" title="161"></a>
- <p class="line">Sieht das dunkele Föhrengehölz, die ragende Felswand</p>
- <p class="line">Ueber ihm, und noch Berg&rsquo; auf Berg&rsquo; in erschütternder Hoheit</p>
- <p class="line">Aufgethürmt, und glühend im Rosenschimmer des Abends.</p>
- <p class="line">Immer schwebt es ihm vor &mdash; verdunkelt ist alles um ihn her!</p>
- <p class="line">Aengstlich horcht&rsquo; er. Ihm däucht: er höre vom nahen Gehölz her</p>
- <p class="line">Wieder das Muhen der Küh&rsquo;, und hoch von den Alpen herunter</p>
- <p class="line">Glöcklein klingen. Ihn däucht: er höre das Rufen der Hirten,</p>
- <p class="line">Oder ein Lied der Sennerinn, die, mit umschlagender Stimme,</p>
- <p class="line">Freudig zum Wiederhall aufjauchzt Melodieen des Alplands.</p>
- <p class="line">Immer tönt es ihm nach. Ihn fesselt der lachenden Ebnen</p>
- <p class="line">Anmuth nicht; er fliehet der Städt&rsquo; einengende Mauern,</p>
- <p class="line">Einsam, und schaut, aufweinend, vom Hügel die heimischen Berghöh&rsquo;n:</p>
- <p class="line">Ach, es zieht ihn dahin mit unwiderstehlicher Sehnsucht!</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Aber im Osten schwebte der Mond mit strahlendem Antlitz</p>
- <p class="line">Ueber die Berg&rsquo; empor. Auf des Meeres fernen Gewässern</p>
- <p class="line">Schwamm sein zitterndes Licht; er hellte des säuselnden Waldes</p>
- <p class="line">Dunkelen Saum, und goß den silbernen Schleier, aus Aethers-</p>
- <p class="line">Dufte gewoben, umher auf den sanftentschlummerten Erdkreis.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-8">
-<a id="page-162" class="pagenum" title="162"></a>
-Siebenter Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">D</span><span class="postfirstchar">rüben</span> am östlichen Himmelsthor erglühte der Morgen.</p>
- <p class="line">Schaurig wehte der Wind, und fuhr mit eisigem Odem</p>
- <p class="line">Ueber das Heer. Von dem lockigen Haupt und dem Mantel des Kriegers</p>
- <p class="line">Träufelte fort und fort der Thau gleich schimmernden Perlen,</p>
- <p class="line">Und verwandelt&rsquo; in Grau die dunkele Farbe der Rosse,</p>
- <p class="line">Die, von Dampf umhüllt, mit schlotternden Seiten sich drängten:</p>
- <p class="line">Denn so glühend die Luft sich bei Tag auf Afrika&rsquo;s Fluren</p>
- <p class="line">Senkt, so ergreifend haucht sie den Frost aus der schwindenden Nacht her.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Dort nach dem Felsenhorst, den erst zum Lohne des Kampfmuths</p>
- <p class="line">Sich errangen die Schützen Tyrols, erhob sich der Kaiser</p>
- <p class="line">Jetzo mit Ludwig allein. Er schwieg. Die umdüsterte Vorzeit</p>
- <p class="line">Schwebte ihm vor: denn, ach, er trat Karthago&rsquo;s Ruinen!</p>
- <p class="line">Aermliche Dörfchen gewahrt&rsquo; er nur: El-Mersa, und Melcha</p>
-<a id="page-163" class="pagenum" title="163"></a>
- <p class="line">Näher dem Meer&rsquo; &mdash; entfernter: Sidji-Mosaid, und Darilschut,</p>
- <p class="line">Ruhend, Oasen gleich, auf Karthago&rsquo;s wüsten Gefilden.</p>
- <p class="line">Stille herrschte umher in den Hütten des flüchtenden Volkes:</p>
- <p class="line">Denn o, furchtbar droht, und furchtbarer jede der Stunden</p>
- <p class="line">Vor dem nahenden Feindesheer&rsquo; in entsetzlicher Kriegszeit,</p>
- <p class="line">Wenn, entrissen dem Schirm der väterlichwaltenden Obmacht;</p>
- <p class="line">Hingegeben empörter Gewalt, unbändiger Willkühr,</p>
- <p class="line">Und unleidlicher Schmach, der Mensch nach Rettung umherschaut:</p>
- <p class="line">Jetzo der Gegenwart, dann wieder der nächtlichen Zukunft</p>
- <p class="line">Schrecken ihn faßt, und vernichtende Angst ihm raubt die Besinnung!</p>
- <p class="line">Als sie erklommen des Felsens Höh&rsquo;n: da schwebte die Sonne</p>
- <p class="line">Aus dem glühenden Meer mit rosenumhülletem Antlitz</p>
- <p class="line">Freundlich herauf. Ihr hauchten die Fluthen, ihr dampften die Berghöh&rsquo;n</p>
- <p class="line">Lieblichen Opferduft empor; sie grüßten die Fluren,</p>
- <p class="line">Funkelnden Blicks, und, freudigen Lautes, die Hain&rsquo; und die Wälder.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Nicht, wie sonst, erfüllte des holderwachenden Morgens</p>
- <p class="line">Schimmer des Kaisers Brust mit Wonne der seligen Geister:</p>
- <p class="line">Denn beklemmt war heute sein Herz, und düstere Schwermuth</p>
- <p class="line">Hüllt&rsquo; ihm die Stirn&rsquo; in Nacht: er dachte die Tage der Vorwelt.</p>
- <p class="line">Sinnend irrte sein Blick von der steilabstürzenden Felswand</p>
-<a id="page-164" class="pagenum" title="164"></a>
- <p class="line">Nach den schimmernden Fluthen hinaus; der säuselnde Frühwind</p>
- <p class="line">Wiegt&rsquo; am Nacken sein lockiges Haar, und wiegte des Mantels</p>
- <p class="line">Wogenden Saum. Nun setzt&rsquo; er, entfernt von des Lagers Getümmel,</p>
- <p class="line">Sich auf den moosigen Stein, und sprach zu dem horchenden Jüngling:</p>
- <p class="line">&bdquo;Siehe, so ferne dein gieriges Aug&rsquo; erforschet die Fluren,</p>
- <p class="line">Rings den Felsen umher, wo Byrsa, die eherne Burg stand,</p>
- <p class="line">Lag Karthago, hehr, weitherrschend und mächtig verbreitet!</p>
- <p class="line">Aber nicht kündet der kärgliche Schutt, umwuchert von Mooswuchs,</p>
- <p class="line">Wo die Herrliche stand, und mit Staunen erfüllte den Erdkreis.</p>
- <p class="line">Wehe, sie sank, des blühenden Reichs gewaltige Hauptstadt,</p>
- <p class="line">Sie, der eisernen Roma zum Trotz, noch die Zierde der Welt, sank!</p>
- <p class="line">Blut durchströmte die Straßen umher; die prasselnde Flamme</p>
- <p class="line">Wüthete rastlos fort: im Schutt versiegte die Wuth nur.</p>
- <p class="line">Aber es lebt die Erhabene noch in der Kunde der Nachwelt.</p>
- <p class="line">Hehre Begeisterung schwellt den Busen des Sängers; nicht fremd mehr</p>
- <p class="line">Ist ihm des Helden Sinn, nicht die That, aus jenem geboren:</p>
- <p class="line">Ihr ertönt sein Gesang in vielfachwechselnden Weisen,</p>
- <p class="line">Die jetzt, brausenden Stürmen gleich, erschüttern des Hörers</p>
- <p class="line">Pochende Brust, und jetzt, wie liebliche Lüftchen des Abends</p>
- <p class="line">Säuselnd im Veilchenbeet, ihr sanfte Wonne gewähren.</p>
-<a id="page-165" class="pagenum" title="165"></a>
- <p class="line">Ha, Karthago lebt, und ewig ertönet ihr Nachruhm:</p>
- <p class="line">Meererforscherinn, Städt&rsquo;- und Völkergründerinn heißend;</p>
- <p class="line">Lebt durch Hannibals Ruhm, des mächtigen, eidesgeweihten,</p>
- <p class="line">Furchtbar&rsquo;n Rächer des Vaterlands, und blühet für immer</p>
- <p class="line">Ob dem erschütternden Muth: verschmähend die schimpfliche Knechtschaft,</p>
- <p class="line">Unterzugeh&rsquo;n, auch im Falle noch groß, in würdiger Freiheit!</p>
- <p class="line">D&rsquo;rum erhebe dein Herz, dem Guten und Wahren dich weihend:</p>
- <p class="line">Denn sie allein entführt der Zeit fortrollende Fluth nicht,</p>
- <p class="line">Und, umschwebend die Welt in ewigdauerndem Kreislauf,</p>
- <p class="line">Reichen sie dir zum Lohne den Kranz nie welkender Blüthen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jetzt erhob er sich schnell, nach dem Lager zu kehren. Auch Ludwig</p>
- <p class="line">Säumte nicht; doch ihm quoll die Thrän&rsquo; aus den blitzenden Augen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wohl ist es schön,&ldquo; so sprach er, &bdquo;im Lauf enteilender Zeiten</p>
- <p class="line">Ueber der niedrigen Fluth, emporgehoben, zu stehen,</p>
- <p class="line">Und zu erringen den Kranz gefeierter Helden der Vorwelt;</p>
- <p class="line">Doch, ach, mich entreißt die sorgliche Liebe des Herrschers</p>
- <p class="line">Jeder Gefahr, und ruhmlos schwindet mir Leben und Thatkraft!&ldquo;</p>
- <p class="line">Freudig erklang des Jünglings muthige Rede dem Kaiser,</p>
- <p class="line">Und er entgegnet&rsquo; ihm so: &bdquo;Schon nahet die Stunde, wo, kämpfend,</p>
- <p class="line">Du in dem eisernen Feld die Schrecken der Schlachten bestehen,</p>
- <p class="line">Und als Sieger, umjauchzt von tapferen Kriegesgefährten,</p>
-<a id="page-166" class="pagenum" title="166"></a>
- <p class="line">Kehren, oder im Kampf erliegen sollst für die Rettung</p>
- <p class="line">Tausender: ein&rsquo;s wie das and&rsquo;re erhebt; doch leitet die Vorsicht</p>
- <p class="line">Dich nach der Heimath zurück, dort blühet ein schöneres Feld dir</p>
- <p class="line">Ewigen Ruhms: durch Herrscherweisheit im Segen zu walten</p>
- <p class="line">Ueber ein glückliches Volk, und, also der Mit- und der Nachwelt</p>
- <p class="line">Frommend, im Segen zu seyn den spätesten Menschengeschlechtern.&ldquo;</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hannibal horchte mit Lust, wie ihn ehrte der mächtigste Herrscher.</p>
- <p class="line">Seit er dem irdischen Leben entrückt, unmuthigen Herzens,</p>
- <p class="line">Weilt&rsquo; im dunkelen Raum des nachtumwölbenden Erdballs,</p>
- <p class="line">Sah er zum erstenmal die trauten Gefilde der Heimath</p>
- <p class="line">Wieder. G&rsquo;en Zama<a class="fnote" href="#footnote-46" id="fnote-46">[46]</a> hinaus erhob er die glühenden Augen,</p>
- <p class="line">Starrt&rsquo;, und ballte die Faust des Jammers Gebilden entgegen:</p>
- <p class="line">Denn noch sah er die Miethlinge fliehn; durchbrochen die Reihen</p>
- <p class="line">Seines Volks, und, empört, die schreckliche Schar Elephanten</p>
- <p class="line">Wüthen im eigenen Heer &mdash; entrissen auf immer den Sieg ihm:</p>
- <p class="line">Sah&rsquo;s, und wandte sich schnell nach Karthago&rsquo;s Stätte hinüber.</p>
- <p class="line">Aber wohin entschwand die Herrliche? Neidischverschlungen</p>
- <p class="line">Hatte der Strom der Zeit auch die letzten Maale des Ruhmes.</p>
-<a id="page-167" class="pagenum" title="167"></a>
- <p class="line">&bdquo;War auch sie mit dem Römer im Bund&rsquo;?&ldquo; So seufzt&rsquo; er, und hob sich</p>
- <p class="line">Eilig den Felsen hinan. Dort hört&rsquo; er unsterblicher Thaten</p>
- <p class="line">Seelenentzückendes Lob aus dem Munde des edelsten Kaisers:</p>
- <p class="line">Ihm von der Stirn&rsquo; entfloh&rsquo;n des Unmuths düstere Wolken;</p>
- <p class="line">Heiterer blickte sein Aug&rsquo;, und der Groll, vom Römer empöret,</p>
- <p class="line">Schmolz aus seiner besänftigten Brust, wie schimmernder Frühreif</p>
- <p class="line">Schmilzt im sonnigen Strahl. Schon dacht&rsquo; er, den Christen ein Helfer</p>
- <p class="line">Künftig im Kampfe zu steh&rsquo;n: da naht&rsquo; ihm jener im Eilflug.</p>
- <p class="line">Regulus sah auf den Felsenhöh&rsquo;n um seinen Erwählten</p>
- <p class="line">Hannibals dräuende Näh&rsquo;, und wähnte: verderbende Täuschung</p>
- <p class="line">Sinn&rsquo; er, ihm dort in die argloshorchende Seele zu hauchen.</p>
- <p class="line">Wie aus dem sonnigen Thal der rauberspähende Kondur &mdash;</p>
- <p class="line">Er, der Riese des Geiergeschlechts, in sausender Schnelle</p>
- <p class="line">Hoch empor sich schwingt zu dem Wolkennest, zu erforschen:</p>
- <p class="line">Ob nicht Gefahr dort drohe den kreischenden Jungen? so naht&rsquo; er,</p>
- <p class="line">Jetzo dem Kaiser im Flug, und wachte mit liebender Sorgfalt,</p>
- <p class="line">Wie er die Listen vereitle durch List, und vernichte die Täuschung.</p>
- <p class="line">Hannibal schnob, erneut vor Zorn: mit dräuenden Blicken</p>
- <p class="line">Schwebt&rsquo; er davon, und sann dem Christenheere Verderben.</p>
- <p class="line">Doch in die Zeltenstadt heimkehrte mit Ludwig der Kaiser.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-168" class="pagenum" title="168"></a>
- <p class="line">Aber welch&rsquo; Getümmel erschallt an dem Strande des Meers jetzt?</p>
- <p class="line">Gegen Zafrano hinaus, auf Bona&rsquo;s lieblichem Vorland,</p>
- <p class="line">Thürmt ein Cedernwald die dunkelen Wipfel g&rsquo;en Himmel.</p>
- <p class="line">Noch in dem kühleren Hauch des sanftaufdämmernden Morgens</p>
- <p class="line">Schifften auf Ruderbooten dahin, von Guasto gesendet,</p>
- <p class="line">Tausend, des Zimmerwerks wohlkundige Krieger: zum Schanzbau</p>
- <p class="line">Stämme zu fällen. Da scholl in der hehren Stille des Morgens</p>
- <p class="line">Drüben des Beils dumpfschmetternder Schlag vom tönenden Stammholz:</p>
- <p class="line">Sausend entstürzte der Wald. Jahrhunderte sah er der Umwelt</p>
- <p class="line">Wandelbare Gestalt; er stand, und hob sich noch immer</p>
- <p class="line">Höher empor: nun streckt&rsquo; ihn die grausame Schärfe des Eisens</p>
- <p class="line">Nieder: in Trauer gehüllt aufragte das kahle Gebirgsland.</p>
- <p class="line">Aber sogleich ersah&rsquo;n die feindlichgesinneten Geister,</p>
- <p class="line">Schwebend vor Muhamed her, und Attila, welche Gefahren</p>
- <p class="line">Ihren Erwählten der Christ bereitete: Schauder ergriff sie.</p>
- <p class="line">Siehe, da flog Ellack, des Hunnenkönigs Erzeugter,</p>
- <p class="line">Näher, und rief dem Vater zugleich, und dem heuchelnden Seher:</p>
- <p class="line">&bdquo;Schauet die Riesenschlange dort im Schatten der Felskluft</p>
- <p class="line">Liegen: Unsterbliche selbst erbeben dem schrecklichen Anblick.</p>
- <p class="line">Weck&rsquo;t sie vom Schlaf, und, empört, hintilgt sie die kühnen Gesellen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Muhamed sann umher; dann rief er den Zagenden also:</p>
-<a id="page-169" class="pagenum" title="169"></a>
- <p class="line">&bdquo;Hebe dich, Muhameds Volk! Erhebt euch, Attila&rsquo;s Scharen;</p>
- <p class="line">Fahr&rsquo;t in des Unthiers Bauch, und erreg&rsquo;t dem Feinde Verderben!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jetzo im sausenden Flug hinstürzten die stürmischen Geister,</p>
- <p class="line">Schrie&rsquo;n, und fuhren zugleich in des Scheusals umringenden Bauch ein.</p>
- <p class="line">Tief in der Felsenkluft, zum furchtbarn Knäuel verschlungen,</p>
- <p class="line">Lag die gräßliche Schlange (dem Rad, das, weichend des Bergstroms</p>
- <p class="line">Riesengewalt, den Mühlstein dreht, im Kreise nicht ungleich)</p>
- <p class="line">Schlummernd, und barg ihr Haupt in des Knäuels Mitte mit Vorsicht.</p>
- <p class="line">Nur im Dunkel der Nacht, nur selten im Lichte des Tages,</p>
- <p class="line">Kroch sie lauernd hervor, um ein sorglosweidendes Hausthier,</p>
- <p class="line">Rasches Gewild, und auch Menschen zu fah&rsquo;n; da hieß es: ein Berggeist,</p>
- <p class="line">Hausend im Felslabyrinth des schauerumhülleten Waldes,</p>
- <p class="line">Habe verschlungen den Raub, und der Iman heulte Gebet&rsquo; auf.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Als die stürmende Schar, des Herrschers Winken gehorchend,</p>
- <p class="line">Im unleidlichen Drang die furchtbarn Ringe des Scheusals</p>
- <p class="line">Füllte: da hob es in zitternder Wuth das gräßliche Haupt auf,</p>
- <p class="line">Warf es im Bogenwurf in der Höhl&rsquo; umher, und ihm zischte,</p>
- <p class="line">Flammengeröthet, die Zung&rsquo; aus dem weiteröffneten Rachen.</p>
- <p class="line">Schrecklich erglühte sein Aug&rsquo; aus den giftgeschwollenen Kreisen,</p>
- <p class="line">Und, gebläht, erfüllet&rsquo; es ganz die räumige Felskluft.</p>
-<a id="page-170" class="pagenum" title="170"></a>
- <p class="line">Doch, als jetzo die Schar erboßtumtummelnder Geister</p>
- <p class="line">Selbes noch wüthender drängt&rsquo;, und stachelte, froh der Empörung:</p>
- <p class="line">Da durchfuhr&rsquo;s die entsetzliche Höhl&rsquo; im sausenden Eilflug &mdash;</p>
- <p class="line">Attila bebte zurück mit Muhamed: denn an dem Felsen</p>
- <p class="line">Stand es, emporgethürmt, hoch über dem Haupte der Cedern.</p>
- <p class="line">Heulend entstürzte die Schar holzhauender Krieger dem Dickicht,</p>
- <p class="line">Eilte zum Strand&rsquo;, in dem Ruderboot zu entfliehen dem Tod noch;</p>
- <p class="line">Aber nicht allen gelang&rsquo;s. Den Flüchtenden jagten die Geister</p>
- <p class="line">Jetzo das Ungethüm nach, und es warf sich ergrimmter zum Boden.</p>
- <p class="line">Weithin bebte der Grund; rings schwankten die luftigen Cedern,</p>
- <p class="line">Welche die schnellhingleitende Schlange berührt&rsquo;, und das Berggras</p>
- <p class="line">Welkte vor ihrem Flammenhauch, da Felsengeröll&rsquo; ihr,</p>
- <p class="line">Stäubend, nachrauschte vom Berg; doch dort, vom Strande des Meeres,</p>
- <p class="line">Fest mit dem Schweif umschlingend die weitnachbeugende Ceder,</p>
- <p class="line">Schwang sie sich über die Fluthen hinaus. Ihr bläulicher Rücken</p>
- <p class="line">Blitzt&rsquo; in dem Sonnenlicht, als, längs dem spiegelnden Meer hin,</p>
- <p class="line">Schlängelnd, ihr Schatten flog, und sieh&rsquo;, da erhaschte sie pfeilschnell</p>
-<a id="page-171" class="pagenum" title="171"></a>
- <p class="line">Eines der Boot&rsquo;, und warf&rsquo;s, mit schüttelndem Grimm, in den Abgrund!</p>
- <p class="line">Nichtigem Spielwerk gleich, das zürnend der Knabe zertrümmert,</p>
- <p class="line">Flog des Schiffes Gebälk mit lautem Gekrach aus den Fugen.</p>
- <p class="line">Trümmer und Leichen bedeckten des Meer&rsquo;s aufwirbelnde Fluthen;</p>
- <p class="line">Aber sie sank, ermattet, zurück, und rollt&rsquo; an dem Stamme,</p>
- <p class="line">Ringelnd, sich auf: wie ein Seil umringelt den kreisenden Wellbaum,</p>
- <p class="line">Wenn von des Meeres Grund die gewichtigen Anker sich heben.</p>
- <p class="line">Und die Ceder erbebte der Last des lauernden Unthiers.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Staunend vernahm der Kaiser den Lärm an Zafrano&rsquo;s Gestaden,</p>
- <p class="line">Blickte nach Ludwig hin, und dieser enteilte gewaffnet,</p>
- <p class="line">Rasch dem Gezelt; dann schifft&rsquo; er auf Dorias herrlichem Fahrzeug</p>
- <p class="line">Eilig hinüber zur Bucht, wo, lauernd, das Scheusal der Ceder</p>
- <p class="line">Säul&rsquo; umschlang. Er hielt, und sann, wie er solches bezwinge.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und, brausenden Flug&rsquo;s, naht&rsquo; ihm der edelste Römer,</p>
- <p class="line">Regulus: denn, begrüßend den ruhmverkläreten Schauplatz</p>
- <p class="line">Seines, der Weltstadt Rom heilbringenden Todes, gewahrt&rsquo; er</p>
- <p class="line">Attila&rsquo;s Hohn, und Muhameds &mdash; auch des gestachelten Unthiers</p>
- <p class="line">Wüthenden Grimm, und des Jünglings Angst! Da rief ihm der Geist zu:</p>
- <p class="line">&bdquo;Denke des Regulus doch, der einst durch Schleudergeschosse</p>
-<a id="page-172" class="pagenum" title="172"></a>
- <p class="line">Hier die Schlange besiegt, und dem Volk Errettung gebracht hat!&ldquo;<a class="fnote" href="#footnote-47" id="fnote-47">[47]</a></p>
- <p class="line">Und es erhob sich sogleich das Bild des edelsten Römers,</p>
- <p class="line">Schimmernd, vor seinem Blick: denn laut entboth er die Krieger:</p>
- <p class="line">&bdquo;Windet die Wucht des ehernen Donnerrohres an Tauen</p>
- <p class="line">Auf an den Bord; scharf ziele der fernhintreffende Wurfschütz,</p>
- <p class="line">Und zerschmett&rsquo;re das Haupt des unheilbrütenden Scheusals.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also geschah&rsquo;s. Wohl zielte der fernhintreffende Wurfschütz,</p>
- <p class="line">Wendend den ehernen Schlund mit dem leichtbeweglichen Richtkeil,</p>
- <p class="line">Senkte die Lunt&rsquo;, und wandte sich. Laut, mit Donnergetümmel,</p>
- <p class="line">Sauste die Kugel hinan, und riß den Wipfel der Ceder</p>
- <p class="line">Krachend vom Stamm: er bebt&rsquo;, und still verharrte das Unthier,</p>
- <p class="line">Daß es die Schiffenden näher gelockt, erhaschte; doch Ludwig</p>
- <p class="line">Sann hochrühmlichen Kampf. Ihm funkelten heller die Augen:</p>
- <p class="line">Denn er geboth dem Steuermann urplötzliche Landung,</p>
- <p class="line">Schwang sich hinaus, um dort, auf die Kniee gesunken, zum Himmel</p>
- <p class="line">Flehenden Blickes zu schau&rsquo;n, und sieh&rsquo;, ein Glanz, wie im Nachtgraun</p>
- <p class="line">Flammt der Blitz, erhellete jetzo den schimmernden Luftraum;</p>
- <p class="line">Goß ihm freudigen Muth in das Herz, und hieß ihn nicht achten</p>
- <p class="line">Seines Volkes Geschrei; und als er den schrecklichen Degen</p>
- <p class="line">Hoch aufschwang: da glühte die Spitze des Eisens, wie nächtlich</p>
-<a id="page-173" class="pagenum" title="173"></a>
- <p class="line">Glühet die Wetterstang&rsquo; im Gewölk, wenn rings in den Lüften</p>
- <p class="line">Gährender Donner wogt! Er drang auf das Scheusal beherzt ein.</p>
- <p class="line">Schauder erfüllte die Welt. In dem ödverstummenden Blachfeld</p>
- <p class="line">Scholl nur leises Gezisch des Lauernden. Jetzo dem Gegner</p>
- <p class="line">Flog&rsquo;s in schlängelndem Blitzesflug&rsquo; entgegen, und strebte</p>
- <p class="line">Ihn zu erhaschen. Er wich ihm behend&rsquo; nach jeglicher Seit&rsquo; aus,</p>
- <p class="line">Stets abwehrend mit blinkendem Stahl des offenen Rachens</p>
- <p class="line">Dräuende Wuth; doch jetzt in die Luft aufschwang er den Degen,</p>
- <p class="line">Hieb, und trennte das Haupt von dem Rumpfe des scheußlichen Unthiers,</p>
- <p class="line">Der, entsinkend dem Stamm, mit Blut umhüllte den Boden.</p>
- <p class="line">Heulend vor Schrecken und Angst, entfloh&rsquo;n die Geister, und eilten</p>
- <p class="line">Muhamed nach, und Attila: fern in ätherischen Höhen</p>
- <p class="line">Größeres Unheil noch zu ersinnen dem Heere der Christen.</p>
- <p class="line">Ludwig kehrte gepriesen, zurück: da liefen die Männer,</p>
- <p class="line">Jubelnd, zum Strand&rsquo;, und sah&rsquo;n das kühnzerschmetterte Scheusal</p>
- <p class="line">Liegen im schwärzlichen Blut, und zucken, und schauern im Tod noch,</p>
- <p class="line">Schaudernd sie selbst: denn gräßlich war es noch immer zu schauen.</p>
- <p class="line">Dann mit des Waldes Raub belastend das räumige Fahrzeug,</p>
- <p class="line">Eileten sie, zu erbau&rsquo;n die vest&rsquo;umzingelnden Schanzen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-174" class="pagenum" title="174"></a>
- <p class="line">Wohl von den Reihen beschirmt gewaffneter Brüder &mdash; nicht achtend</p>
- <p class="line">Dicht im Donnersturm&rsquo; hersausender Feindesgeschosse,</p>
- <p class="line">Grub an den Schanzen das Volk, und, wo in dem sandigen Boden,</p>
- <p class="line">Hügelnd, kein Damm sich hob, und den kreischenden Spaten des Aufwurfs</p>
- <p class="line">Sinkende Last stets wieder ereilte: da fügten die Krieger</p>
- <p class="line">Stämm&rsquo; auf Stämme, dem Wall zur dauernden Stütze. Den Weiden</p>
- <p class="line">Raubeten andre ihr schlankes Gezweig, und flochten die Schanzkörb&rsquo;,</p>
- <p class="line">Welch&rsquo;, erfüllet mit Sand, und erhöht auf dem Damme, den Wurfschütz</p>
- <p class="line">Und die Donnerschlünde zugleich beschirmten im Feuer.</p>
- <p class="line">Also erbauten sie drei, verderbendräuende Schanzen</p>
- <p class="line">An Goletta umher, in Gestalt des wachsenden Mondes,</p>
- <p class="line">Wenn er, silbergehörnt, hinschwebt am sternigen Himmel.</p>
- <p class="line">Rechts an den Oehlbaumwald, und links an den felsigen Meerstrand,</p>
- <p class="line">Stieß ihr Horn, und umkreiste nur halb die trotzende Festung:</p>
- <p class="line">Denn auf dem Meer&rsquo; umfing sie, dem silbergehörneten Mond gleich,</p>
- <p class="line">Wieder die Schiffheersmacht: aus ihres verehrten Gestirnes</p>
- <p class="line">Bild, ihr kam der Jammer gesandt, und die grause Vernichtung.</p>
- <p class="line">Aber das ehrne Geschütz, von schnaubenden Rossen gezogen,</p>
-<a id="page-175" class="pagenum" title="175"></a>
- <p class="line">Rückte zögernd heran; die Räder, im Sande versinkend,</p>
- <p class="line">Knarreten unter der Wucht, und Schaum bedeckte die Rosse.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Guasto, im Ehrengefolg zu Thaten gerüsteter Feldherrn</p>
- <p class="line">Nahend, rühmte des Werk&rsquo;s ersehnte Vollendung, und sagte:</p>
- <p class="line">&bdquo;Dreißig eherne Schlünd&rsquo; und zehn bomb&rsquo;schleudernde Mörser</p>
- <p class="line">Schirmt Alarkon, der Held, in der mittleren Schanze voll Thatkraft,</p>
- <p class="line">Und ihm gehorche die Schar viertausend hispanischer Krieger;</p>
- <p class="line">Aber, nicht minder an Zahl, erfüllen die Schanz&rsquo; an dem Meerstrand&rsquo;,</p>
- <p class="line">Niederländern gesellt, Lusitania&rsquo;s Krieger: ihr Hort sey</p>
- <p class="line">Ludwig, der tapfere Fürst; doch jen&rsquo; an dem säuselnden Oehlwald</p>
- <p class="line">Sey fünftausend Wälschen vertraut, und mein ist des Volkes</p>
- <p class="line">Schirmende Huth. Das ehrne Geschütz, in jeder an Zahl gleich,</p>
- <p class="line">Und an verderbender Macht, entsende zur Veste Vernichtung.&ldquo;</p>
- <p class="line">Aber nicht dacht&rsquo; er im Ernst die Schanze der Wälschen zu schirmen:</p>
- <p class="line">Denn er versuchete nur den tiefverwundeten Helden</p>
- <p class="line">Sarno, den er der Feigheit zieh im unseligen Walten</p>
- <p class="line">Raschauflodernden Zorns, und nimmer lächelte seither</p>
- <p class="line">Sarno&rsquo;s trauerumflossenes Aug&rsquo;. Empört in dem Busen</p>
- <p class="line">Trat er nun aus dem glänzenden Kreis&rsquo;, und sagte zu Guasto:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wolltest du mir, erlauchter Gebiether, die Stelle vertrauen</p>
- <p class="line">Dort am Olivengehölz, zunächst dem feindlichen Andrang:</p>
- <p class="line">Daß sich erweis&rsquo; in der That, ob ich feig&rsquo; erbebte dem Gegner?&ldquo;</p>
-<a id="page-176" class="pagenum" title="176"></a>
- <p class="line">Guasto&rsquo;s Aug&rsquo; umwölkte die Thrän&rsquo;; er sagt ihm dagegen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Edler, die Schanz&rsquo; am Olivengehölz, dem feindlichen Andrang</p>
- <p class="line">Näher, sey dir vertraut zum Gewinn unsterblichen Ruhmes.</p>
- <p class="line">Ha, nicht des Wortes mehr, des unseligen, das in dem Zorn mir</p>
- <p class="line">Jüngst entfuhr, gedenk&rsquo;: den Tapferen ziere die Großmuth!&ldquo;</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf both er ihm noch freundlich die Hand, und eilte von dannen:</p>
- <p class="line">Denn schon füllten den Raum der vest&rsquo;umzingelnden Schanzen</p>
- <p class="line">Treffliche Völker im Freudengejauchz&rsquo;, und rings von den Wällen</p>
- <p class="line">Gähnte der ehernen Schlünd&rsquo; entsetzendräuende Mündung.</p>
- <p class="line">Aber vor allen ereilten, im hurtigen Laufe die Krieger</p>
- <p class="line">Sarno&rsquo;s ihr Ziel: sie erhob des wiedererheiterten Feldherrn</p>
- <p class="line">Siegverkündender Blick, den lange die Trauer umhüllte.</p>
- <p class="line">Dort auf des Wall&rsquo;s vorspringendem Horn erhöht&rsquo; er voll Hast nun</p>
- <p class="line">Seines Volkes Panier, das blutroth auf in den Lüften</p>
- <p class="line">Flatterte; sah vom gehügelten Wall, mit steigender Sehnsucht,</p>
- <p class="line">Nach der Pläne hinaus, zu erspäh&rsquo;n die feindlichen Scharen.</p>
- <p class="line">Tausende sollten ihm nah&rsquo;n: er hatte beschlossen zu sterben.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzo wäre der Donnerrohr&rsquo; und der ehernen Mörser</p>
- <p class="line">Schreckliche Wuth um Goletta erwacht; doch, sausenden Rittes,</p>
- <p class="line">Sprengte der Kaiser heran; ihm folgte der tapfere Alba,</p>
- <p class="line">Diesem die Heldenschar zweihundert Reiter, und schimmernd</p>
- <p class="line">Wehte das Friedens-Panier vor den Eilenden: denn in dem Busen</p>
-<a id="page-177" class="pagenum" title="177"></a>
- <p class="line">Schlug ihm das Herz voll Huld und menschenfreundlicher Schonung.</p>
- <p class="line">Nahend den Feuerwerkern im Flug&rsquo;, erhob er die Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Haltet ein! Nicht ertöne des Krieg&rsquo;s entsetzlicher Mordruf,</p>
- <p class="line">Der in dem blindumwüthenden Grimm so vielfach des Jammers</p>
- <p class="line">Opfer häuft, und so viel schuldlose Herzen zermalmet,</p>
- <p class="line">Eh&rsquo; denn Alba gekehrt aus dem feindlichen Lager. Wir biethen</p>
- <p class="line">Auf errungenem Feld, zu furchtbarer Rache gerüstet,</p>
- <p class="line">Ihm versöhnend die Hand. So er, taub, und rasend im Unsinn,</p>
- <p class="line">Von sich stieße die Hand, und verschmähte des Friedens Bedingniß:</p>
- <p class="line">Dann auflodere ringsumher die Flamme des Krieges.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und den stachelnden Sporn in die Seiten des Rosses versenkend,</p>
- <p class="line">Flog nun Alba davon mit seinem erlesenen Häuflein &mdash;</p>
- <p class="line">Flog, wie ein Sturm die Heide durchtobt! Doch jetzt, von Goletta</p>
- <p class="line">Kommend, scholl ihm Getös&rsquo; und Waffengerassel im Rücken.</p>
- <p class="line">Sinam war&rsquo;s, der schnell mit tausend maurischen Reitern</p>
- <p class="line">Nahete: denn er sah in dem Wind das schneeige Fähnlein</p>
- <p class="line">Flattern: des Friedens Bild, den er ersehnt&rsquo; in dem Busen</p>
- <p class="line">Ob der Schätze daheim besorgt im grauenden Alter.</p>
- <p class="line">&bdquo;Hemmet die Roß&rsquo;, ihr Christen,&ldquo; so rief er, &bdquo;den sühnenden Herold,</p>
- <p class="line">Wenn mich das Auge nicht triegt, gewahrt&rsquo; ich in eurem Gefolg dort!</p>
-<a id="page-178" class="pagenum" title="178"></a>
- <p class="line">Kündigt er uns, wohlweise berathen, die Worte des Friedens?&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Ja,&ldquo; sprach Alba beherzt, &bdquo;wir bringen euch heute den Frieden;</p>
- <p class="line">Nehmt ihn getrost: denn besseren Rath ersinnet ihr nimmer!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jener lächelte Hohn; doch hing in dem brausenden Ritt oft,</p>
- <p class="line">Seitwärtsblickend, sein staunendes Aug&rsquo; an dem christlichen Feldherrn,</p>
- <p class="line">Der im schimmernden Waffenschmuck, ein trefflicher Reiter,</p>
- <p class="line">Eisern im Sattel saß, und stolzverstummend dahinflog.</p>
- <p class="line">Jetzo die Straßen entlang von Tunis, im Donnergalopp fort</p>
- <p class="line">Jagte die Schar, und das wimmelnde Volk lief ihr mit Geschrei nach:</p>
- <p class="line">Denn wie im sonnigen Lenz, wenn voll von duftenden Blumen</p>
- <p class="line">Pranget der Hain, und pranget das Feld und der zierliche Garten,</p>
- <p class="line">Zahllos summen in würziger Luft die geschäftigen Bienen:</p>
- <p class="line">Diese, mit goldner Last an jeglicher Seite beladen</p>
- <p class="line">Kehren, im Korb zu erbau&rsquo;n die künstlichen Zellen; die andern,</p>
- <p class="line">Ihm entschwirrend in Hast, fortzieh&rsquo;n, auf den blühenden Matten</p>
- <p class="line">Lieblichen Honigseim mit zart eindringendem Stachel</p>
- <p class="line">Aus dem duftenden Kelch zu saugen, und kehren, und ziehen</p>
- <p class="line">Sonder Rast: so war des unzähligen Volkes Gewimmel.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Ueber der lärmenden Stadt, in Barda&rsquo;s<a class="fnote" href="#footnote-48" id="fnote-48">[48]</a> Zaubergefilden,</p>
- <p class="line">Wo die herrliche Sommerburg die goldenen Zinnen</p>
- <p class="line">Aus dem dunkelen Grün umsäuselnder Hain&rsquo; in die Wolken</p>
-<a id="page-179" class="pagenum" title="179"></a>
- <p class="line">Thürmt, verweilte Hairaddin jetzt, und ordnete kundig</p>
- <p class="line">Heeraufstellung und Kampf, im Kreise der horchenden Feldherrn.</p>
- <p class="line">Dort im luftigen Saal, auf schwellende Pfühle gesunken,</p>
- <p class="line">Sprach er mit Salek, und sprach mit Dragut und Muhamed Temtes,</p>
- <p class="line">Eifernd, als Pferdegetrab in die Ohren ihm scholl, und die Nachricht</p>
- <p class="line">Kam: ein Friedensboth&rsquo; erscheine der christliche Herold.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, ein Wink fuhr ihm, wie ein Blitz, aus den finsteren Wimpern,</p>
- <p class="line">Und im Waffengeklirr aufkrachten die Thüren; des Vorhangs</p>
- <p class="line">Purpur flog zur Seite gerollt: denn plötzlich umringten</p>
- <p class="line">Hundert Janitscharn, geführt von Hassan, dem Aga,</p>
- <p class="line">Schirmend des Herrschers Thron, und sah&rsquo;n, verschlingenden Blickes,</p>
- <p class="line">Hin nach dem Fremdlinge, der an Sinams Seite herankam,</p>
- <p class="line">Und dem Throne genaht, erhob die muthige Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Dir, großmächtiger Herr, entbiethet der Kaiser der Deutschen,</p>
- <p class="line">Und Hispania&rsquo;s König, durch mich, den Herzog von Alba,</p>
- <p class="line">Freundlichen Gruß, und sendet, noch ehe der würgende Schlachtruf</p>
- <p class="line">Tunis Gefilde durchtobt, dir sanfte Worte des Friedens,</p>
- <p class="line">Daß unzähliger Völker Glück dem deinen vereint sey!</p>
- <p class="line">Nicht gedenket er, dir zu entreißen die Krone von Algier;</p>
- <p class="line">Aber er heischt, zum Ersatz, für Hassan jene von Tunis,</p>
- <p class="line">Die er, erst jüngst, mit heiligem Eid, ihm wieder zu schaffen</p>
- <p class="line">Schwur, aufbiethend unendliche Macht. Auch sollst du in Freiheit</p>
-<a id="page-180" class="pagenum" title="180"></a>
- <p class="line">Ziehen mit deinem Volk; entführen die Schätz&rsquo; und die Waffen,</p>
- <p class="line">Wenn du zuvor den Christensclaven die Bande gelöset,</p>
- <p class="line">Und gelobet ihm hast, zu entsagen der schrecklichen Willkühr,</p>
- <p class="line">Die nur auf Menschenraub und Plünderung gründet die Herrschaft.</p>
- <p class="line">Frei ist das Meer: ein Bild der ewigen Vorsicht, umher, rings,</p>
- <p class="line">Hält es die Erd&rsquo; umfaßt! Auf seinen unendlichen Bahnen</p>
- <p class="line">Fliege des emsigen Kaufmanns Schiff, mit schimmerndem Fittig,</p>
- <p class="line">Schnell von Port zum Port, im völkerverbindenden Handel</p>
- <p class="line">Freudig den Segen der einen Welt der andern zu spenden;</p>
- <p class="line">Willig trag&rsquo; es, wenn Noth es erheischt, ein muthiges Kriegsvolk,</p>
- <p class="line">Das sich erhob, des Wüthrichs Macht zu begegnen &mdash; zu wehren</p>
- <p class="line">Unterdrückung und Schmach, im blitzebewaffneten Bollwerk</p>
- <p class="line">Hin zum sicheren Sieg; doch mög&rsquo; es, empört, in den Abgrund</p>
- <p class="line">Schleudern das Schiff und den Räuber zugleich, der schnöden Gewinns froh,</p>
- <p class="line">Seine Fluthen entweiht, der Knechtschaft Opfer zu häufen!</p>
- <p class="line">Unsere Losung sey: des Meers allsegnende Freiheit!&ldquo;</p>
- <p class="line">Dunkelröthliche Gluth flammt&rsquo; auf in den Augen des Wüthrichs,</p>
- <p class="line">Als er die Worte vernahm; er schwang auf dem purpurnen Pfühl sich</p>
-<a id="page-181" class="pagenum" title="181"></a>
- <p class="line">Rasch herum, und ballte die Faust, und knirscht&rsquo;, und begann so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ha, verwegener Christ, so trotzest du mir in das Antlitz?</p>
- <p class="line">Fluch sey dir, und auch ihm, der dich gesendet! Hinweg &mdash; stirb!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jetzo ereilt&rsquo; ihn der Tod auf hundert blitzenden Säbeln,</p>
- <p class="line">Rief nicht Sinam dem Volk: &bdquo;Vergreife dich nicht am Gesandten!&ldquo;</p>
- <p class="line">Alsbald bebt&rsquo; es zurück. Da stand voll ruhiger Hoheit</p>
- <p class="line">Alba, und starrte mit festem Blick dem Wüthrich in&rsquo;s Antlitz,</p>
- <p class="line">Der, erblassend dem Blick, verstört zum Boden hinabsah.</p>
- <p class="line">Stille herrscht&rsquo; in dem Saal, und lange noch starres Entsetzen.</p>
- <p class="line">Aber der Milde bedacht, sprach Sinam: &bdquo;Erwählter des Himmels,</p>
- <p class="line">Seiner Gläubigen Hort, und Liebling des großen Propheten,</p>
- <p class="line">Schone des Herolds: denn wie die Laute mit tönenden Saiten</p>
- <p class="line">Lautlos schweigt, bis ihr, nun frohe, nun traurige Weisen,</p>
- <p class="line">Wechselnd, des Künstlers Hand entlockt: so hat er auch jetzo</p>
- <p class="line">Nur getreu verkündet das Wort, das Herrschergewalt ihn</p>
- <p class="line">Sprechen hieß. Nur den verfolg&rsquo;, ein furchtbarer Rächer,</p>
- <p class="line">Der ihn gesendet zu dir, so er stolz verschmähte den Frieden,</p>
- <p class="line">Welchen du noch aus dem Born reichströmender Huld ihm gewährest.&ldquo;</p>
- <p class="line">Hairaddin rief: &bdquo;Wohlan, vernehmet es, was ich beschlossen!</p>
- <p class="line">Erst schafft ihr in Banden herbei den schwarzen Verräther,</p>
- <p class="line">Muley Hassan, der, Ungläubigen selber zum Spott nur,</p>
- <p class="line">Feig der Rach&rsquo; entrann. Auch hundert der größeren Schiffe</p>
-<a id="page-182" class="pagenum" title="182"></a>
- <p class="line">Möget ihr ohne Verzug uns geben als rettende Sühnung,</p>
- <p class="line">Daß ihr noch frei heimkehrt, und entflieht der grausen Vertilgung.</p>
- <p class="line">Säumtet ihr, dann Weh&rsquo; euch: denn Hunderttausende harren,</p>
- <p class="line">Voll blutlechzender Gier, der schrecklichen Losung des Mordens</p>
- <p class="line">Nur, und ihr werdet vor ihnen wie Spreu vor dem Sturme zerstieben!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und er entließ ihn jetzt mit schnödem Winke der Rechten;</p>
- <p class="line">Blickte nach Dragut dann, und wieder nach Muhamed Temtes,</p>
- <p class="line">Lächelnd. Er that, als acht&rsquo; er ihn kaum, und ihm bebte das Herz noch</p>
- <p class="line">Wegen des todverachtenden, mutherhelleten Blickes,</p>
- <p class="line">Der ihm die Tiefen der Brust, gleich flammenden Blitzen, durchbohrte.</p>
- <p class="line">Aber noch weilte der Held, und sprach zu dem Herrscher noch einmal:</p>
- <p class="line">&bdquo;Gönnet mir gnädig Gehör! Die Gattinn des edelsten Feldherrn</p>
- <p class="line">Schmachtet, seiner beraubt, in Draguts harter Gewahrsam;</p>
- <p class="line">Doch er gebe sie frei; die Lösung heischend nach Willkühr,</p>
- <p class="line">Daß sie des Wiederseh&rsquo;ns unnennbare Wonne vereine.&ldquo;</p>
- <p class="line">Schnaubend vor Zorn erhob sich Dragut, und rief ihm entgegen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ha, du biethest mir Gold für sie, die schön ist wie Houris<a class="fnote" href="#footnote-49" id="fnote-49">[49]</a> &mdash;</p>
- <p class="line">Gold, das mir zur Beut&rsquo; Europa gespendet? Ich wähnte,</p>
- <p class="line">Kommen wird der Gemahl, das Weib zu ersiegen im Zweikampf.</p>
- <p class="line">Liegt ihm Tunis zu fern? Erzähl&rsquo; uns, ist er so furchtsam?&ldquo;</p>
-<a id="page-183" class="pagenum" title="183"></a>
- <p class="line">Alba, des Spötters nicht achtend, ging. Der edlere Sinam</p>
- <p class="line">Folgt&rsquo; ihm schweigend, und gab, an dem Thor, die maurischen Reiter</p>
- <p class="line">Ihm zum Geleit, fern über Goletta hinaus zu dem Wall hin.</p>
- <p class="line">Hairaddin hob sich ergrimmt von dem Pfühl, und sagte den Feldherrn:</p>
- <p class="line">&bdquo;Eilt an das blutige Werk, und sucht im stürmischen Angriff,</p>
- <p class="line">Heimlich und offenbar, in der Kühle der Nacht und des Tages</p>
- <p class="line">Menschen- und thier&rsquo;ermattender Gluth, dem Feinde zu schaden,</p>
- <p class="line">Bis die vereinte Macht unzähliger Bundesgenossen</p>
- <p class="line">Uns auf das Schlachtfeld ruft, zum schrecklichen Kampf der Entscheidung!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jeglicher eilte zum Heer; doch Dragut, empört in dem Busen</p>
- <p class="line">Flog zu Mathilden heim, zu Toledo&rsquo;s unglücklicher Gattinn.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Ach, sie duldete dort jetzt unaussprechlichen Jammer!</p>
- <p class="line">Wie die Rose, dem wonnigen Lenz entfaltend die Knospen,</p>
- <p class="line">Rings Entzücken weckt, und freudiges Staunen: so war sie;</p>
- <p class="line">Aber, der Lilie gleich, da auf ihre, noch sprossenden Blüthen</p>
- <p class="line">Sengender Mehlthau fiel, hinschwand die zarte Gestalt nun,</p>
- <p class="line">Nahe dem Leidensziel&rsquo;, in des Lebens herber Vollendung:</p>
- <p class="line">Denn nicht ahnte sie noch in der Stund&rsquo; entsetzlicher Trennung</p>
- <p class="line">Von Toledo, die größere Qual: dem Kranken nicht ungleich,</p>
- <p class="line">Der in des Fiebers Gluth, von Schreckgebilden umgeben,</p>
- <p class="line">Noch die Schmerzen nicht ahnt, die bald, nach der Wiederbesinnung,</p>
-<a id="page-184" class="pagenum" title="184"></a>
- <p class="line">Seinen, vom Fieber entfesselten Leib empfindlicher stacheln.</p>
- <p class="line">Erst in Draguts Gewalt, des Wüthrichs, gewahrte sie, bebend,</p>
- <p class="line">Fülle der Schmach, wo seine, nach ihr verlangenden Augen</p>
- <p class="line">Sprachen, sein Mund ihr rief: sie werde, des Kindes genesend,</p>
- <p class="line">Lagersgenossinn ihm seyn. Da schwand ihr plötzlich der Hoffnung</p>
- <p class="line">Letzter, leitender Stern vom graunumnachteten Himmel;</p>
- <p class="line">Furchtbar gähnte vor ihr der Abgrund; schauderergriffen,</p>
- <p class="line">Bebte sie matt und matter zurück, und Ströme von Thränen</p>
- <p class="line">Kühlten das brennende Weh&rsquo; in ihrer zerrissenen Brust nicht.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hugo, der Treue, gewahrt&rsquo;, und hörte den Jammer Mathildens.</p>
- <p class="line">Völlig war ihm gebrochen das Herz vor lastender Wehmuth;</p>
- <p class="line">Dennoch log sein Greisengesicht stets heiteren Trost noch:</p>
- <p class="line">Daß nicht dem wankenden Stamm die einzige Stütze geraubt sey;</p>
- <p class="line">Doch als nun der Kaiser mit Heeresmacht vor Goletta</p>
- <p class="line">Stand, den Regulus ihm als Retter verheißen: da schien ihm</p>
- <p class="line">Blauer die Luft, die Sonne viel glänzender, grüner das Erdrund;</p>
- <p class="line">Da durchzuckt&rsquo; ihm das Herz der Freude verjüngendes Feuer,</p>
- <p class="line">Und er stürzte herein, und rief der Dulderinn also:</p>
- <p class="line">&bdquo;Segen mit dir! Erheitere schnell dein trauerndes Antlitz:</p>
- <p class="line">Draußen am Strand erschien der Christen unendliche Heersmacht,</p>
- <p class="line">Hairaddins Frevelgewalt zu vernichten im Kampf der Entscheidung,</p>
-<a id="page-185" class="pagenum" title="185"></a>
- <p class="line">Und wo Siegsruhm winkt, auf dem Felde der Ehre, da sollten</p>
- <p class="line">Wälschlands Helden nicht seyn? Nicht mit ihnen der edle Toledo?</p>
- <p class="line">Hört&rsquo; ich es &mdash; hört&rsquo; ich es nicht: er sey zugegen? Er ist es.</p>
- <p class="line">Himmlische Wort&rsquo;, o möchten sie Muth und freudige Hoffnung</p>
- <p class="line">Wecken in deiner Brust! Dem Jammer mußte sein Ziel steh&rsquo;n;</p>
- <p class="line">Kränze des Sieg&rsquo;s reicht euch, erbarmend, die ewige Vorsicht</p>
- <p class="line">Nun am Ziel, in der Wonne der seligen Wiedervereinung.&ldquo;</p>
- <p class="line">Staunend erst, dann zürnend vernahm Mathilde des Greises</p>
- <p class="line">Jubelnde Worte. Sie wähnte betrübt: unwürdigen Scherz nur</p>
- <p class="line">Sinne der Greis; doch jetzt entzückenstrahlende Wahrheit</p>
- <p class="line">Schauend in seinem Gesicht, ergriff sie vernichtender Schrecken.</p>
- <p class="line">Bleich entfuhr sie dem Stuhl, ihr bebten geöffnet die Lippen,</p>
- <p class="line">Wankte näher, und stand, und hielt den pochenden Busen,</p>
- <p class="line">Aechzend; wankte zurück, und starrte durch quellende Zähren.</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie, und du weinst?&ldquo; sprach Hugo erstaunt, &bdquo;das gönnt&rsquo; ich dir endlich:</p>
- <p class="line">Denn oft stillet die Thrän&rsquo; unendliches Weh&rsquo; in dem Herzen;</p>
- <p class="line">Aber nicht Thränen der Freud&rsquo; ersieht mein Aug&rsquo; in den deinen,</p>
- <p class="line">Die es zu sehen gehofft, und ach, vergeblich gehofft hat!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und sie begann: &bdquo;Nicht Thränen der Freud&rsquo; erblickst du für jetzt noch,</p>
- <p class="line">Redlicher; doch versiegen wird nun jene des Kummers!</p>
- <p class="line">Nein, ich weine nicht mehr: denn soll ich den Ewiggeliebten</p>
- <p class="line">Wiederseh&rsquo;n, o, dann, dann werden die heißesten Wünsch&rsquo; all&rsquo;</p>
-<a id="page-186" class="pagenum" title="186"></a>
- <p class="line">Mir in dem einen gewährt: daß ich sterb&rsquo; an dem Herzen Toledo&rsquo;s!&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Ach,&ldquo; so schluchzte der Greis, &bdquo;den Tod ersehntest du jetzo?</p>
- <p class="line">Heimwärts schiffet ihr bald, und spät im grauenden Alter</p>
- <p class="line">Schlummert ihr beide beglückt zum schöneren Leben hinüber!&ldquo;</p>
- <p class="line">Aber sie schüttelt&rsquo; ihr Haupt, und begann in sinnender Schwermuth:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie die unschuldige Taube, verscheucht, und im Fluge gemordet</p>
- <p class="line">Von dem schmetternden Blei, ihr Nestchen verödet zurückließ:</p>
- <p class="line">So aus der öden Brust entfloh mir die Hoffnung für immer;</p>
- <p class="line">Nie kehrt sie mehr zurück. Des Ewigen Wille geschehe!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und noch hellere Fluth entstürzte den Augen Mathildens.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt ertönte Geräusch, und Dragut, der Schreckliche, stürmte</p>
- <p class="line">Hastig herein: sie erbebte vor ihm, und wandte sich seitwärts.</p>
- <p class="line">Häßlicher noch von der Wund&rsquo; im Gesicht&rsquo;, die gestern Toledo</p>
- <p class="line">Ihm versetzte, begann er vor ihr mit grimmigem Lächeln:</p>
- <p class="line">&bdquo;Thränen umhüllen dein Aug&rsquo;, nun dir der zärtliche Gatte</p>
- <p class="line">Nah&rsquo; ist? Die Schulter durchrannt&rsquo; ich ihm, kämpfend, erst; von dem Nacken</p>
- <p class="line">Hätt&rsquo; ich gehauen sein Haupt, und dir vor die Füße geworfen;</p>
- <p class="line">Wär&rsquo; er nicht feig entfloh&rsquo;n vor dieser gefürchteten Rechten.&ldquo;</p>
- <p class="line">Flammende Röth&rsquo; umzog die Lilienwangen der Edlen,</p>
- <p class="line">Und sie erhob die, sonst zur Erde gehefteten Augen</p>
- <p class="line">Ob des schmähenden Wort&rsquo;s nun stolz, und voll kühner Verachtung</p>
-<a id="page-187" class="pagenum" title="187"></a>
- <p class="line">Gegen den Wüthrich, und schwieg. Da sprach er von neuem ergrimmter:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wähn&rsquo;t ihr thöricht im Geist: wir sollen erliegen im Schlachtfeld</p>
- <p class="line">Euerem Volk? Welch eiteler Wahn! Und sollt&rsquo; es geschehen,</p>
- <p class="line">Dann, ich schwör&rsquo; es zu Gott und dem großen Propheten, erwürg&rsquo; ich</p>
- <p class="line">Dich mit eigener Hand, eh&rsquo; dich dein Gatte mir raube!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also droht&rsquo; er, und ging. Mathilde erforschte den Treuen,</p>
- <p class="line">Aengstlichen Blicks; sie rang die Händ&rsquo;, und sagte vergehend:</p>
- <p class="line">&bdquo;Seine Schulter durchrannt von Draguts tödlichem Eisen?</p>
- <p class="line">Weh&rsquo;, er starb: nicht an seiner Brust verhauch&rsquo; ich das Leben!&ldquo;</p>
- <p class="line">Hugo spähet&rsquo; umher, und sagte mit leiserer Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Traue dem Lügner doch nicht. Toledo&rsquo;s blitzendem Degen</p>
- <p class="line">Wär&rsquo; er genaht, und lebete noch? Bald leuchtet der Vollmond</p>
- <p class="line">Dir auf dem nächtlichen Pfad zur Felsenhöhle des Waldes.</p>
- <p class="line">Staune nicht so: das Schiffchen harrt, und trägt dich, errettend,</p>
- <p class="line">Ueber den See, Toledo&rsquo;s geöffneten Armen entgegen.&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Hugo, und du,&ldquo; sprach jene bewegt, &bdquo;willst du mich verlassen?&ldquo;</p>
- <p class="line">Unstät irrte sein Blick umher, dann sprach er im Abgeh&rsquo;n:</p>
- <p class="line">&bdquo;Lauern des Wüthrichs Späher nicht auf? Nur diese zu täuschen,</p>
- <p class="line">Harr&rsquo; ich des Morgens noch, und werde dir, Gütige, folgen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und ging voll Hast, als drängten ihn wichtige Sorgen;</p>
- <p class="line">Aber sie stand, und bebte: sie hatte den Treuen errathen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-188" class="pagenum" title="188"></a>
- <p class="line">Drüben im Lager vernahm der Kaiser von Alba mit Staunen</p>
- <p class="line">Hairaddins Trotz: wie er ihm auf Tod und Leben den Kampf both.</p>
- <p class="line">Ernst umwölkte sein Aug&rsquo;, und jetzt, erhebend den Degen,</p>
- <p class="line">Hieß er beginnen den Sturm, von den Wällen umher, auf Goletta.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, als wären der Hölle zugleich entronnen die Schrecken</p>
- <p class="line">All&rsquo;, so wüthete Lärm und Getös&rsquo; um die Veste! Der Wurfschütz&rsquo;</p>
- <p class="line">Rührte des Brändchens Rohr mit der Lunt&rsquo;: im bläulichen Rauch flog</p>
- <p class="line">Flamm&rsquo; empor; zurück, dann eilender wieder zur Stelle</p>
- <p class="line">Rollte der eherne Schlund, und warf durch Feuer und Flammen,</p>
- <p class="line">Donnernd, im Bogenwurf die Kugel zur Veste hinüber.</p>
- <p class="line">So von den Schanzen, und so von dem Meer hinsausten die Kugeln;</p>
- <p class="line">Aber nicht minder zurück von dem Wall der trotzenden Festung</p>
- <p class="line">Sausten sie hin und daher, voll Grau&rsquo;ns: denn hoch in des Himmels</p>
- <p class="line">Bläulichem Zelt durchkreuzten sich oft die feindlichen; bebend</p>
- <p class="line">Drönte die Erd&rsquo; umher, und laut aufheulte der Luftraum.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Herrschend mit Allmacht saß die goldenstrahlende Sonne</p>
- <p class="line">Nun auf ihrem mittäglichen Thron, und schleuderte rastlos</p>
- <p class="line">Glühende Pfeil&rsquo; auf Afrika&rsquo;s Sandgefilde herunter.</p>
-<a id="page-189" class="pagenum" title="189"></a>
- <p class="line">Nicht die befiederten Sänger der Luft, nicht das zahmere Hausthier,</p>
- <p class="line">Noch das Gewild, belebten die Welt; sie suchten des Hofraums</p>
- <p class="line">Schatten, die Nacht der Höhl&rsquo;, und des säuselnden Waldes Umlaubung.</p>
- <p class="line">Auch der Städter zugleich, und der niedrigen Hütte Bewohner</p>
- <p class="line">Schlummerte sorglos jetzt in der Kühle der dunkelen Kammer.</p>
- <p class="line">Aber nicht weht&rsquo; in des Lagers Raum erfreuende Kühlung,</p>
- <p class="line">Wo das luftige Zelt nicht schirmte den lechzenden Krieger</p>
- <p class="line">Gegen den glühenden Hauch des Tag&rsquo;s, und nirgend ein Bäumchen,</p>
- <p class="line">Nirgend ein Strauch ihm both die Zweige zum schattenden Obdach.</p>
- <p class="line">Schweraufathmend und träg&rsquo;, umwandelten dort auf dem Walle,</p>
- <p class="line">Und den Graben entlang, die Wachen; des blanken Gewehrs Last,</p>
- <p class="line">Sonst dem Krieger ein Spiel, lähmt&rsquo; ihm den Arm und die Schulter.</p>
- <p class="line">Düster blickte sein Aug&rsquo; aus den halbgeschlossenen Liedern</p>
- <p class="line">Hinter dem glühenden Helm hervor; in gewichtigen Tropfen</p>
- <p class="line">Rann ihm der Schweiß von der schmerzgefalteten Stirne herunter,</p>
- <p class="line">Und die schmachtende Zung&rsquo; erstarrt&rsquo; an dem trockenen Gaumen.</p>
- <p class="line">Deutschlands Söhne, vor allen zuerst, entnervte der Sonne</p>
- <p class="line">Sengender Strahl: sie wähnten sich all&rsquo; in der Fremde verloren.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rum rief Siegmar jetzt, der Hesse, zu Walther dem Bayer:</p>
-<a id="page-190" class="pagenum" title="190"></a>
- <p class="line">&bdquo;Welch ein Geschick ereilt uns hier in dem Lande des Fluches:</p>
- <p class="line">Wären wir nie ihm genaht! O Deutschland, edele Heimath,</p>
- <p class="line">Schön vor jeglichem Land, das rings im kreisenden Umschwung</p>
- <p class="line">Irgend die Sonne bescheint! Den Deutschen, der dich nicht ehrte &mdash;</p>
- <p class="line">Liebte vor jeglichem, ha, den treffe nur Schmach und Verachtung!</p>
- <p class="line">Siehe, wie lästig dahier der ewigheitere Himmel</p>
- <p class="line">Lächelt, und o wie entzückt mich dort des stürmischen Winters</p>
- <p class="line">Ernste Stirn&rsquo;, umhüllt von schneebelasteten Wolken:</p>
- <p class="line">Denn sie entschütteln die Last, und ringsum schimmert die Gegend</p>
- <p class="line">Hell bei Tag und bei Nacht, im Sterngefunkel und Mondglanz.</p>
- <p class="line">Eisern faßt mich am Morgen sein Hauch, und unter den Sohlen</p>
- <p class="line">Knarrt der Schnee; mein Odem wallt, gleich Nebeln, um mich her.</p>
- <p class="line">Bald ergreift mich die Lust, mit höherer Gluth auf den Wangen,</p>
- <p class="line">Hinzugleiten auf spiegelndem Eis, das unter den Schlittschuh&rsquo;n</p>
- <p class="line">Ehern tönt; bald spann&rsquo; ich mit Freuden das schellenbekränzte,</p>
- <p class="line">Dampfende Roß an den Schlitten, und flieg&rsquo; in dem windenden Thal hin</p>
- <p class="line">So, daß das frohe Geklingel umher von den Bergen zurückhallt;</p>
- <p class="line">Doch heimkehrend, erseh&rsquo; ich, bewegt, wie im rosigen Abend</p>
-<a id="page-191" class="pagenum" title="191"></a>
- <p class="line">Glühen die Berg&rsquo;, und fern&rsquo; im Gefild vom lastenden Schneedach</p>
- <p class="line">Wirbelt die Säule des Rauchs, der dort mich zu Freuden des Lebens</p>
- <p class="line">Ladet im Kreise der Lieben, beim herzerheiternden Festmahl.</p>
- <p class="line">Deutschland, edeles Land, stets sollst du vor jedem mir werth seyn!&ldquo;</p>
- <p class="line">Unmuthvoll ihm sagte darauf der mürrische Walther:</p>
- <p class="line">&bdquo;Froh gedenkst du des Schnee&rsquo;s, und der Freuden des eisigen Winters</p>
- <p class="line">Nun; doch kühlest du mir die Gluth der schmachtenden Brust nicht.&ldquo;</p>
- <p class="line">So besprachen sich dort die tapferen Kriegesgefährten.</p>
- <p class="line">Auch die muthigen Ross&rsquo; erschlafften des heißeren Mittags</p>
- <p class="line">Glühendem Hauch: sie beugten, und hoben ihr Haupt in die Luft auf,</p>
- <p class="line">Rastlos; suchten, gedrängt im Kreis&rsquo;, des eigenen Schattens</p>
- <p class="line">Kühl&rsquo;, und stampften, und scheuchten, gequält, die lästigen Fliegen</p>
- <p class="line">Sich mit dem tönenden Schweif, von der Seit&rsquo; und dem zuckenden Bauch fort;</p>
- <p class="line">Aber nur gieriger summten sie auf, und kehrten erboßter.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Muhamed sah vom Gewölk, wie Salek, der listige Feldherr,</p>
- <p class="line">Ordnend den Hinterhalt, von Goletta herüber im Hohlweg</p>
- <p class="line">Mächtige Scharen barg, und mit tausend numidischen Reitern,</p>
- <p class="line">Spähend den Wald entlang, herzog dem Feinde zum Unheil.</p>
- <p class="line">Jetzt auf dem Wall erblickend die Wache besorgenden Christen,</p>
-<a id="page-192" class="pagenum" title="192"></a>
- <p class="line">Hemmt&rsquo; er, vor Angst erbebend, den Zug, und wäre geflohen.</p>
- <p class="line">Doch, wie die lauernde Spinne hervor aus dem Winkel am Fenster</p>
- <p class="line">Dorthin fleugt, wo im schwebenden Netze die Fliege, gefangen,</p>
- <p class="line">Nun vergeblich sich müht zu entkommen den klebrigen Fäden:</p>
- <p class="line">Denn sie ergeußt der Bande noch mehr, sie ganz zu umspinnen:</p>
- <p class="line">Muhamed stürzete so zu Salek herunter, und nimmer</p>
- <p class="line">Konnt&rsquo; er entflieh&rsquo;n, bethört von des Geistes verderbenden Worten.</p>
- <p class="line">&bdquo;Salek,&ldquo; so rief er ihm zu, &bdquo;die Söhne der Fremde besiegte</p>
- <p class="line">Frühe schon Hitz&rsquo; und Durst; erkämpfe den leichteren Sieg dir</p>
- <p class="line">Heut&rsquo; in dem furchtbar&rsquo;n Hinterhalt! Du lockest des Feindes</p>
- <p class="line">Tapferen Hort, der dort umwandelt in sinnender Schwermuth,</p>
- <p class="line">Durch verstellete Flucht in des Hohlwegs tödliche Falle.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also der Geist. Da flog, gehorchend, der Zögernde vorwärts.</p>
- <p class="line">Sarno war&rsquo;s, der hoch auf dem Wall&rsquo;, in sinnender Schwermuth</p>
- <p class="line">Wandelte. Jetzt, aufqualmenden Staub in der Ferne gewahrend &mdash;</p>
- <p class="line">Hörend der Pferde Getrab, entriß er der Scheide den Degen</p>
- <p class="line">Halb, und stand, und harrte der Kommenden; aber voll Unmuths</p>
- <p class="line">Drängt&rsquo; er den Stahl in die Scheide zurück: denn viel zu gering&rsquo; ihm</p>
- <p class="line">Dünkte des Feindes Macht, und rief zu Belindo, dem Hauptmann:</p>
- <p class="line">&bdquo;Eile den Frechen dort mit hundert erlesenen Kriegern</p>
-<a id="page-193" class="pagenum" title="193"></a>
- <p class="line">Muthig entgegen; sie flieh&rsquo;n vor eurem zermalmenden Blick schon.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jetzt, wie im dunkeln Forst der leis&rsquo;auftretende Weidmann,</p>
- <p class="line">Schauend die weidende Schar der Hirsch&rsquo; auf den blumigen Matten,</p>
- <p class="line">Die, an der Schnur gekoppelten Hund&rsquo;, entledigend, vortreibt:</p>
- <p class="line">Diese entfahren mit lautem Gebell dem felsigen Abhang,</p>
- <p class="line">Jene erheben ihr ästiges Haupt, und fliehen geschreckt fort:</p>
- <p class="line">So, von Belindo geführt, entfuhren die tapferen Krieger,</p>
- <p class="line">Brausend, dem Wall&rsquo;, und streckten mit mordenden Feuergewehren</p>
- <p class="line">Aus der fliehenden Schar wohl dreißig, getödtet, zu Boden.</p>
- <p class="line">Bald entschwanden sie all&rsquo;, und jauchzend kehrten die Sieger.</p>
- <p class="line">Aber nicht lange, da kam, von mächtigen Scharen umgeben,</p>
- <p class="line">Salek zurück, und rief die höhnenden Worte herüber:</p>
- <p class="line">&bdquo;Traun, nicht unhold ist&rsquo;s, dort hinter den schirmenden Wällen</p>
- <p class="line">Ruhig im Mittagsschlaf die faulen Glieder zu dehnen;</p>
- <p class="line">Hinter gethürmetem Bollwerk sucht der feigere Krieger</p>
- <p class="line">Gerne sein Heil &mdash; der tapfere Mann in dem eigenen Muth nur!</p>
- <p class="line">Kommt, wir sandten die Reiter zurück, vor welchen ihr bebtet;</p>
- <p class="line">Laßt uns in gleicher Zahl versuchen des Kampfes Entscheidung!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sarno schrie ergrimmt: &bdquo;Fünfhunderte mögen mir folgen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und stürzte vom Wall&rsquo; &mdash; ihm folgten die tapferen Krieger.</p>
- <p class="line">Kaum entbrannte der Kampf; nur sparsam benetzte den Sand erst</p>
-<a id="page-194" class="pagenum" title="194"></a>
- <p class="line">Maurisches Blut: da floh&rsquo;n, ablenkend, die listigen Scharen</p>
- <p class="line">Vom Olivengehölz zu dem trugverbergenden Hohlweg.</p>
- <p class="line">Rastlos wüthete Sarno&rsquo;s Schwert dem Feind in dem Rücken,</p>
- <p class="line">Und er häuft&rsquo; ergrimmt die Leichen: dem Schnitter nicht ungleich,</p>
- <p class="line">Der mit dem blinkenden Stahl die Garben häuft auf dem Saatfeld;</p>
- <p class="line">Doch, da stürmte vom Walde heran, von Goletta herüber,</p>
- <p class="line">Und aus den Tiefen herauf des schlauverborgenen Feindes</p>
- <p class="line">Wimmelnde Meng&rsquo; auf Sarno: er stand, und es bebt&rsquo; ihm das Herz nicht,</p>
- <p class="line">Das nur Schlachten ersehnt, und Gefahren des Todes gewollt hat.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Salek kam, wie ein Hagelgewölk im brausenden Sturmflug,</p>
- <p class="line">Näher mit seinem Volk. Nie hatt&rsquo; ihn das feurige Streitroß</p>
- <p class="line">Also getragen: so schnell, so wild empört, und vor Ingrimm</p>
- <p class="line">Schnaubend. Muhamed war&rsquo;s, der jetzt mit seinen Erwählten</p>
- <p class="line">Jeglichen Reiters Pferd durch schreckende Gaukelgestalten</p>
- <p class="line">Vorwärts trieb: denn solches vermögen die luftigen Geister.</p>
- <p class="line">Salek ersah das Weiß&rsquo; im dräuenden Auge des Gegners</p>
- <p class="line">Schon, und riß sein wüthendes Roß zurück mit dem Zügel:</p>
- <p class="line">Aechzend bäumt&rsquo; es sich auf, und bog, umlenkend im Sandstaub,</p>
- <p class="line">Gegen Sarno die Brust, der, eh&rsquo; es den vorderen Huf noch</p>
- <p class="line">Senkte, den blinkenden Stahl ihm tief in die Weiche des Bauches</p>
-<a id="page-195" class="pagenum" title="195"></a>
- <p class="line">Stieß, daß es laut hinkracht&rsquo; im Fall, und den Reiter herabwarf.</p>
- <p class="line">Salek raffte sich auf, und schwang den blitzenden Säbel</p>
- <p class="line">Ueber des Gegners Haupt; doch, ehe der tödliche Streich fiel,</p>
- <p class="line">Bohrt&rsquo; er auch ihm den rauchenden Stahl mit der nervigen Rechten</p>
- <p class="line">Fest in die Brust. Sein Auge brach; die geöffneten Lippen</p>
- <p class="line">Bebten ihm; bleich im Tod hinsank er, und regte sich nimmer.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Muhamed floh, und ihm heulte, bestürzt, sein luftiges Volk nach.</p>
- <p class="line">Auch erstarrten die Mauren vor Angst: den sterbenden Feldherrn</p>
- <p class="line">Schauend in seinem Blut; doch bald erwachte des Mordens</p>
- <p class="line">Wüthende Gier in allen zugleich; sie schrie&rsquo;n zu dem Himmel</p>
- <p class="line">Fluch und Verwünschungen auf, und umbrausten den Sieger. Nicht anders,</p>
- <p class="line">Wenn der Jäger im Hain, todsinnend dem kleinen Gevögel,</p>
- <p class="line">Einen stattlichen Uhu mit List an den ragenden Lockbaum</p>
- <p class="line">Aufstellt, wüthen die Vögel um ihn, und kreischen, und schreien,</p>
- <p class="line">Rach&rsquo;erfüllt: denn oft raubt&rsquo; er im nächtlichen Dunkel,</p>
- <p class="line">Von dem belaubten Zweig die Entschlummerten, oft aus der Felskluft;</p>
- <p class="line">Aber er schaut, aus großen, der Sonn&rsquo; erblindeten Augen,</p>
- <p class="line">Ruhig umher, und scheuchet die furchtsamen hin und herüber:</p>
- <p class="line">Also umdrängten auch hier den edeln Sarno die Gegner,</p>
- <p class="line">Rache schnaubend, und links, und rechts sank Reiter und Fußvolk,</p>
-<a id="page-196" class="pagenum" title="196"></a>
- <p class="line">Das ihm genaht. Auch kämpften um ihn die treuen Gefährten,</p>
- <p class="line">Heldenmüthigen Sinns, und tilgten die feindlichen Haufen.</p>
- <p class="line">Jetzt an des Todes grimmigem Fest, umhügelt von Leichen,</p>
- <p class="line">Triefend von Schweiß und Blut, erwachte die Liebe des Lebens</p>
- <p class="line">Mächtig in seiner Brust. Er wollte sich fechtend zurückzieh&rsquo;n,</p>
- <p class="line">Da er im rühmlichen Kampf, hier weichend der schrecklichen Mehrzahl</p>
- <p class="line">Nur, so dacht&rsquo; er, bewies: ihn schmäht&rsquo; einst Guasto mit Unrecht.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und als er das Volk in dem Rückzug ordnend, sich wandte,</p>
- <p class="line">Und verrätherisch sich vom Helm&rsquo; der glänzende Harnisch</p>
- <p class="line">Sonderte, da durchfuhr mit schmetterndem Schlage die Kugel</p>
- <p class="line">Ihm das Genick; er sank, und röchelte sterbend am Boden!</p>
- <p class="line">Feindliches Jauchzen erscholl, und es droht&rsquo; ihm entsetzlicher Frevel;</p>
- <p class="line">Aber Belindo sprang vor ihn hin, und rief den Gefährten:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ewige Schande für euch, laßt ihr die Leiche des Helden,</p>
- <p class="line">Feiggesinnet, dem Feind&rsquo; zum Gespött&rsquo; und frevelnden Unfug.&ldquo;</p>
- <p class="line">Schon umstürmt&rsquo; ihn der Feind; doch so wie die säugende Bärinn</p>
- <p class="line">Sich vor der Höhl&rsquo; aufstellt, wenn rings die grimmigen Rüden</p>
- <p class="line">Von dem Jäger gehetzt, ihr nah&rsquo;n, und immer zurückschaut,</p>
- <p class="line">Immer den nächsten erhascht, und mit furchtbarrüstigen Klauen</p>
- <p class="line">Ihn umklammernd zerreißt, daß heulend die andern entfliehen:</p>
-<a id="page-197" class="pagenum" title="197"></a>
- <p class="line">Also hielt er die tobende Schar von der Leiche des Feldherrn,</p>
- <p class="line">Fechtend, zurück, bis zween, an Kraft gepriesene Krieger,</p>
- <p class="line">Ihn, zur Erde gebückt, auf die Schultern erhoben, und heimwärts</p>
- <p class="line">Trugen voll Eil&rsquo; und Hast, nach den trefflich geschirmeten Wällen.</p>
- <p class="line">Ihnen folgten am Fuß die schnellverwaisten Gefährten &mdash;</p>
- <p class="line">Auch von Belindo verwaist: denn ach, unzählige Lanzen</p>
- <p class="line">Wühlten in seiner gewaltigen Brust, und, vom Rumpfe gehauen,</p>
- <p class="line">Sollte sein edeles Haupt zur Schau dem gaffenden Volk seyn!</p>
- <p class="line">Aber die Christen floh&rsquo;n nicht feig&rsquo; und in wilder Verwirrung:</p>
- <p class="line">Denn sie wendeten oft die trotzige Stirne dem Gegner,</p>
- <p class="line">Feuernd aus schmetterndem Rohr, entgegen. Da brausten die Scharen</p>
- <p class="line">Wieder zurücke mit lautem Geschrei: wie die Hunde des Schäfers,</p>
- <p class="line">Die den muthigen Stier mit Gebell verfolgen im Blachfeld,</p>
- <p class="line">Heulend entflieh&rsquo;n, so oft er, gesenkt, die furchtbaren Hörner</p>
- <p class="line">Gegen sie wendet, und brüllt, und Sand aufschleudert zum Himmel.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt ersah&rsquo;n vom Wall die wachebesorgenden Krieger</p>
- <p class="line">Unheilkündenden Staub; dann näher die flüchtigen Scharen</p>
- <p class="line">Ihres Volks, von dem Feinde gedrängt; sie hörten vernehmbar</p>
- <p class="line">Kampfesgetös&rsquo; &mdash; o Jammer, sie sah&rsquo;n und erkannten den Todten!</p>
- <p class="line">All&rsquo; entfuhren zugleich dem Wall, den theuren Gefährten</p>
-<a id="page-198" class="pagenum" title="198"></a>
- <p class="line">Rettend zu nah&rsquo;n, und es bebte der Feind den Dräuenden. Alsbald</p>
- <p class="line">Wandt&rsquo; er den Rücken, und floh nach Goletta&rsquo;s Mauern hinüber.</p>
- <p class="line">Schweigend nahten die Krieger dem Wall. Zur Erde geheftet</p>
- <p class="line">Starrete jegliches Aug&rsquo;: es blickte zuweilen mit Angst nur</p>
- <p class="line">Nach dem Entseeleten hin, und goß dann hellere Tropfen</p>
- <p class="line">Ueber die bebende Wang&rsquo;, auf die bärtige Lippe herunter.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Doch vor seinem Gezelt, auf zwölf, untadligen Schilden</p>
- <p class="line">Lag er jetzt mit der Fahne des Ruhms, die er einst vor Pavia&rsquo;s</p>
- <p class="line">Mauern errang, wo Frankreichs Stolz dem siegenden Kaiser</p>
- <p class="line">Huldigte. Dort sollt&rsquo; ihm ein Ehrenmaal sich erheben:</p>
- <p class="line">Denn sie erhöhten den Schaft hochragender Speere: zum Haupt hin</p>
- <p class="line">Zween, und zween zu den Füßen, gebohrt in den Rasen, im Viereck;</p>
- <p class="line">Hingen zum Wappenschild gewehrdurchkreuzende Degen,</p>
- <p class="line">Schimmernde Panzer und Helm&rsquo;, in der Mitte des ragenden Speers auf;</p>
- <p class="line">Kehreten dann g&rsquo;en Mitternacht, und kehrten zum Mittag,</p>
- <p class="line">Auch zum Auf- und zum Niedergang des ehrnen Geschützes</p>
- <p class="line">Dräuende Mündung hinaus. Er lag, das Antlitz zum Himmel</p>
- <p class="line">Wendend; die Linke bedeckte die Brust, und den tapferen Degen</p>
- <p class="line">Hielt die Rechte umfaßt, noch wie zu dem Kampfe gerüstet.</p>
- <p class="line">Rings umstand ihn das Volk. Ein Tapferer rühmte mit Thränen</p>
-<a id="page-199" class="pagenum" title="199"></a>
- <p class="line">Allen umher den Heldenmuth des edelsten Führers,</p>
- <p class="line">Als Amino gesprungen kam, der treffliche Spürer</p>
- <p class="line">Hochgewilds: sein Liebling, ihm treu, und ergeben, und wachsam.</p>
- <p class="line">Winselnd roch er das bleiche Gesicht und die schneeige Hand ihm;</p>
- <p class="line">Sah zu den staunenden Kriegern empor, und heulte dann laut auf,</p>
- <p class="line">Und von neuem begann Wehklag&rsquo; um den edelsten Feldherrn.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-9">
-<a id="page-200" class="pagenum" title="200"></a>
-Achter Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">S</span><span class="postfirstchar">tets</span> erschütternder scholl ob Sarno&rsquo;s Tod in dem Lager</p>
- <p class="line">Lärm aufjammernden Volks: denn erst nur ein leises Geflister,</p>
- <p class="line">Dann der Rache Geschrei flog schnell vom Zelt zum Gezelt hin</p>
- <p class="line">Brausend. Wie der nahende Sturm das Laub in dem Hochwald</p>
- <p class="line">Erst nur leise bewegt; dann bald, empörteren Grimmes,</p>
- <p class="line">Schüttelt, und wüthender, Zweig&rsquo; auf Zweig&rsquo;, und Wipfel auf Wipfel</p>
- <p class="line">Schleudert, daß zwei, zur Reise gesellt, hineilende Wand&rsquo;rer,</p>
- <p class="line">In dem Gebraus&rsquo;, auch schreiend, nicht hören das eigene Wort mehr:</p>
- <p class="line">Also erscholl Wehklag&rsquo; und Lärm umher in dem Lager,</p>
- <p class="line">Bis er erreichte des Herrschers Ohr, der, stehend am Eingang</p>
- <p class="line">Seines Gezelts, dem nahenden Guasto voll Ungeduld zurief:</p>
- <p class="line">&bdquo;Haben die Feinde gesiegt? Uns irgend Verderben bereitet?&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Unser die Schuld!&ldquo; sprach jener. &bdquo;Vom Feind, in die Falle gelockt, starb</p>
- <p class="line">Sarno den selbsterkorenen Tod; der tapfersten Krieger</p>
-<a id="page-201" class="pagenum" title="201"></a>
- <p class="line">Fünfzig fielen mit ihm; Verwundete zählen wir hundert.&ldquo;</p>
- <p class="line">Und er kehrte zurück mit trauerndem Herzen. Des Helden</p>
- <p class="line">Jammergeschick, den er im eifernden Zorne der Feigheit</p>
- <p class="line">Zieh, schmolz nun sein starrendes Herz, und ihm thauten die Wimpern.</p>
- <p class="line">Aber der Kaiser schwang sich rasch in den Sattel, und jagte</p>
- <p class="line">Brausend zur Schanze hinaus, wo Sarno erhöht auf dem Schildbett</p>
- <p class="line">Lag. Nicht erkühnte sich jetzt sein Volk, das, trauererfüllet,</p>
- <p class="line">Ihn umgab, zum Herrscher den düsteren Blick zu erheben:</p>
- <p class="line">Denn es erbebte der Schmach, den Lorber verwelket zu schauen,</p>
- <p class="line">Der ihm die Fahn&rsquo; umwand zum Lohn errungenen Sieges.</p>
- <p class="line">Innig bewegt ersah der edelste Kaiser des Volkes</p>
- <p class="line">Trauer; er lächelte mild, und rief mit ermunternden Blicken:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wandelbar ist der Schlachten Geschick. Wer schildert den Unhold,</p>
- <p class="line">Der es beherrscht, und oft von dem früheren Günstling das Antlitz,</p>
- <p class="line">Schön und furchtbar zugleich, zu dem Letzterkorenen wendet?</p>
- <p class="line">Aber ihn halte der muthige nur mit eisernen Sehnen</p>
- <p class="line">Fest: er kehrt, und jauchzt mit donnerndem Schlund ihm den Sieg zu.</p>
- <p class="line">Soll euch schmäh&rsquo;n der Tapf&rsquo;re, daß ihr, gedrängt von der Mehrzahl,</p>
- <p class="line">Und des Gebiethers beraubt, mit zögerndem Schritte gewichen?</p>
- <p class="line">Ferne sey&rsquo;s! Doch jetzt versenket die Leiche des Feldherrn</p>
- <p class="line">Schnell in das Grab; verhüllt es mit grünenden Zweigen und häuft dann</p>
-<a id="page-202" class="pagenum" title="202"></a>
- <p class="line">Erde darauf, bis wir ihm erhöh&rsquo;n ein dauerndes Denkmaal.&ldquo;</p>
- <p class="line">Eiliger ritt er zurück: da priesen die Krieger des Kaisers</p>
- <p class="line">Unbegrenzete Huld, der statt verwundenden Tadels</p>
- <p class="line">Worte des Trostes sprach, und den Tapferen Ehre gewährte.</p>
- <p class="line">Und sie bestellten die Leich&rsquo; alsbald, dem Herrscher gehorchend.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Aber es wüthete fort und fort des schweren Geschützes</p>
- <p class="line">Donnernde Macht um Goletta: denn bald von den kreisenden Schanzen,</p>
- <p class="line">Bald von dem wogenden Meer hinsausten die Bomben und Kugeln,</p>
- <p class="line">Und nicht minder zurück von den Wällen der trotzenden Festung</p>
- <p class="line">Sausten im Donnersturm die schrecklichen her nach den beiden.</p>
- <p class="line">Stets verderbender warf die Macht der entsetzlichen Mörser</p>
- <p class="line">Mauern und Schanzen in Schutt, und häufte zermalmend die Leichen.</p>
- <p class="line">Dort in dem grausen Getös&rsquo; umhagelnder Donnergeschosse</p>
- <p class="line">Sprengte der Kaiser den Wall entlang, und erweckte die Völker,</p>
- <p class="line">Ruh&rsquo;ausstrahlenden Blick&rsquo;s, zu freudigem Muth in Gefahren.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf, zu Guasto gekehrt, aufboth er ihn, scheidend, noch also:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sieh&rsquo;, bald dämmert die Nacht: dann strebe, noch ehe der Vollmond</p>
- <p class="line">Ueber die schlummernde Welt sein Strahlenantlitz heraufhebt,</p>
- <p class="line">Durch Laufgräben<a class="fnote" href="#footnote-50" id="fnote-50">[50]</a> und Schanzenbau Goletta zu nahen,</p>
- <p class="line">Daß sie uns neige das Haupt, erstürmt am kommenden Morgen!&ldquo;</p>
-<a id="page-203" class="pagenum" title="203"></a>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und als er jetzt zu dem Grab, das eben die Krieger</p>
- <p class="line">Sarno erhöheten, kam, da däucht&rsquo; ihn: ein Stöhnen und Aechzen</p>
- <p class="line">Komm&rsquo; aus dem schattenden Laub! Er sprang aus den stählernen Bügeln,</p>
- <p class="line">Innigbewegt: denn einen verwundeten Krieger zu schauen,</p>
- <p class="line">Wähnt&rsquo; er, und, ach, ihm kroch, aufheulend, der treue Amino</p>
- <p class="line">Sarno&rsquo;s entgegen, und leckt&rsquo; ihm die Hand! Er streichelt&rsquo; ihm freundlich</p>
- <p class="line">Rücken und Haupt, und lockt&rsquo; ihn fort, enteilend, und kehrend;</p>
- <p class="line">Doch er schleppte sich langsam zurück, und senkt&rsquo; auf die Pfoten</p>
- <p class="line">Hin sein müdes Haupt; dann winselt&rsquo; er sterbend am Grab noch</p>
- <p class="line">Seines getödteten Herrn. Heiß rann an den Wangen des Kaisers</p>
- <p class="line">Jetzo die Thräne herab; er kehrte beklommen in&rsquo;s Lager.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Abendlich zitterten schon die riesigen Schatten der Krieger</p>
- <p class="line">Auf dem glühenden Sand; schon hauchte die schimmernde Meersfluth</p>
- <p class="line">Kühlere Luft, und es blickte die scheidende Sonne noch einmal</p>
- <p class="line">Ueber der Flammenbahn endloser Fluthen herüber &mdash;</p>
- <p class="line">Nickt&rsquo;, und sank in ihr Wogenbett im rosigen Westen.</p>
- <p class="line">Aber sie hauchte noch lang, mit sanftverglühendem Antlitz,</p>
- <p class="line">Purpurröthlichen Duft nach Osten: des kommenden Morgens</p>
- <p class="line">Heitre verkündend, und, sieh&rsquo;, in langen Zügen der Hochlust,</p>
-<a id="page-204" class="pagenum" title="204"></a>
- <p class="line">Sog ein jeglicher Mann im Heere die liebliche Kühlung</p>
- <p class="line">Ein, und jubelte laut: denn schnell versiegte der Schweiß ihm</p>
- <p class="line">Jetzt an seinen, vom Abendwind umsäuselten Gliedern!</p>
- <p class="line">Diese besorgten das Mahl, unzählige Flammen empörend;</p>
- <p class="line">Jene gruben die blitznachahmenden Weg&rsquo; in dem Zickzack,</p>
- <p class="line">Sonst Laufgräben genannt, die Erde zur schirmenden Brustwehr</p>
- <p class="line">Gegen die Vest&rsquo; aufdämmend, und dort, dem Ziele genahet,</p>
- <p class="line">Gruben sie auch die Schanzen umher, und führten Geschütz ein.</p>
- <p class="line">Furchtbarer drönte die Erd&rsquo;; aufheulte der flammende Luftkreis:</p>
- <p class="line">Denn von neuem begann der vestenzertrümmernde Donner.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt umhüllte die Nacht mit dunkelem Schleier die Gegend:</p>
- <p class="line">Jene, so langersehnete Nacht, des lieblichen Vollmonds</p>
- <p class="line">Stille Verkündigerinn, die jüngst, mit der Freiheit, Mathilden</p>
- <p class="line">Himmelswonne verhieß, und, ach, voll Jammers dahinschwand!</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, in dem schattenden Laubengang des zierlichen Gartens,</p>
- <p class="line">Der an des See&rsquo;s Gestad&rsquo;, von thürmenden Mauern umfangen,</p>
- <p class="line">Lag, lustwandelte sie in des Abends heiliger Stille</p>
- <p class="line">Täglich umher! Sie erzählete dort lautweinend den Bäumen</p>
- <p class="line">All ihr Wehe: sie säuselten Trost, und den Blumen ihr Unglück:</p>
- <p class="line">Ihr erglänzte die Zähr&rsquo; aus dem duftenden Kelch, und ihr Wehruf</p>
-<a id="page-205" class="pagenum" title="205"></a>
- <p class="line">Scholl, dem klagenden Laut der Nachtigall ähnlich im Lenzmond.</p>
- <p class="line">Keiner der Männer betrat, die Straf&rsquo; urplötzlichen Todes</p>
- <p class="line">Scheuend, den Laubengang am dämmernden Abend; nur Hugo</p>
- <p class="line">Durfte der Einsamen nah&rsquo;n, dem Dragut vertraute vor allen.</p>
- <p class="line">Aber es hatt&rsquo; erst jüngst ein Fischer die dürftige Hütte</p>
- <p class="line">Nahe der furchtbar&rsquo;n Mauer erbaut aus duftendem Schilfrohr;</p>
- <p class="line">Zog im Grauen der Nacht das weitumschwimmende Fangnetz</p>
- <p class="line">Nach dem gleitenden Kahn, und both den kärglichen Vorrath</p>
- <p class="line">Morgens, am Strande des See&rsquo;s dann feil, laut rufend, und rühmend.</p>
- <p class="line">Nicht verdächtig erschien dort Kurd, der trauernde Fremdling.</p>
- <p class="line">Emsig trocknet&rsquo; er heute sein Netz am heimlichen Pförtchen,</p>
- <p class="line">Das im dunkeln Gebüsch, in der Mauer der spähende Hugo</p>
- <p class="line">Fand, und harrte mit Angst der Stunde der Flucht und Errettung;</p>
- <p class="line">Doch von dem Minaret verkündete jetzt die ersehnte,</p>
- <p class="line">Heiseren Ruf&rsquo;s, der finstere, stundausrufende Iman.</p>
- <p class="line">Heftig bebte Mathild&rsquo;, als Hugo&rsquo;s eilender Fußtritt</p>
- <p class="line">Näher erscholl. &bdquo;Was pocht dieß trauernde Herz so gewaltig?&ldquo;</p>
- <p class="line">Sprach sie, und hielt sich die Brust, und schritt nun hin- und herüber</p>
- <p class="line">Eilend, als sollte sie flieh&rsquo;n. Dann rief ihr flehender Blick noch:</p>
- <p class="line">&bdquo;Lass&rsquo; an des Gatten Brust es brechen, o ewige Vorsicht!&ldquo;</p>
- <p class="line">Hugo ergriff Mathilden am Arm, und führte sie schweigend</p>
- <p class="line">Durch verschlung&rsquo;nes Gesträuch zu dem leis&rsquo;eröffneten Pförtchen,</p>
-<a id="page-206" class="pagenum" title="206"></a>
- <p class="line">Sank auf die Knie&rsquo;, und drückte mit langem, mit innigem Kusse,</p>
- <p class="line">Seinen Mund auf den Saum von ihrem wehenden Kleid noch.</p>
- <p class="line">Aber sie stand todbleich, und faßte mit zitternden Händen</p>
- <p class="line">Hugo&rsquo;s grauendes Haupt, und weint&rsquo;, und konnte nicht sprechen.</p>
- <p class="line">Nun geboth er die Flucht, und eilte zurück in den Hofraum:</p>
- <p class="line">Keiner gewahrte die Thrän&rsquo; an seinen zuckenden Wangen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Siehe, der Vollmond hob sein silbernstrahlendes Antlitz</p>
- <p class="line">Eben in Osten herauf, als Dragut zur eiligen Heimkehr</p>
- <p class="line">Spornte sein schnaubendes Roß; im Klirren des Waffengeschmeides</p>
- <p class="line">Sprang er vom Sattel, und schrie, daß rings erbebten die Hallen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hugo, weilt die Gebietherinn noch lustwandelnd im Schatten?</p>
- <p class="line">Wehe dir, thörichter Arzt, wenn, kühlumschwärmend, des Lüftchens</p>
- <p class="line">Hauch ihr Leiden erregt, und nagender Gram mir zu Theil wird!&ldquo;</p>
- <p class="line">Schweigend winkt&rsquo; ihm der Greis, und lang&rsquo; umirrend, mit Absicht,</p>
- <p class="line">Durch des laubigen Hains verschlungene Pfade, nur spät erst,</p>
- <p class="line">Kam er zum Pförtchen im Busch, und sprach: &bdquo;Die erbarmende Vorsicht</p>
- <p class="line">Zeigte den Ausweg mir zur Rettung der edelsten Gattinn</p>
- <p class="line">Meines Gebiethers: sie floh im gleitenden Kahn, und Toledo</p>
-<a id="page-207" class="pagenum" title="207"></a>
- <p class="line">Trägt auf den Armen sie heim, wo im seligen Bunde der Herzen</p>
- <p class="line">Sie vergesse des Raubs, und der schrecklichen Nähe des Räubers.</p>
- <p class="line">Wüthe nach Willkühr jetzt: hier liegt dein williges Opfer.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und both, auf beide Kniee gesunken, das Haupt ihm</p>
- <p class="line">Lächelnd zum Tode dar. Im himmlischen Siege der Großmuth</p>
- <p class="line">Schwelgte sein edeles Herz auf jener geheiligten Stelle,</p>
- <p class="line">Wo er des scheidenden Engels Kleid an die Lippen gepreßt hielt.</p>
- <p class="line">Leblos stand, und starrt&rsquo;, an jeglicher Miene verzerret,</p>
- <p class="line">Dragut nach Hugo hinab; nur langsam löste der Wuthkrampf</p>
- <p class="line">Seiner Glieder sich auf: sie bebten, vernehmlich den Ohren,</p>
- <p class="line">Und das Knirschen der Zähn&rsquo; erscholl in dem Laubengewölb&rsquo; dort.</p>
- <p class="line">Endlich begann er &mdash; nicht mit des Zorns zermalmenden Lauten,</p>
- <p class="line">Dennoch schrecklicher: kalt, und grimmig, so vor dem Alten:</p>
- <p class="line">&bdquo;Elender, wie, durch Draguts Hände zu sterben, verlangst du?</p>
- <p class="line">Keiner ersann noch den Tod, der dir, Verruchter, zu Theil wird!&ldquo;</p>
- <p class="line">Schnaubend floh er von ihm; bald klirrten die lastenden Ketten</p>
- <p class="line">Näher. Mit lächelndem Blick darboth er den Knechten des Wüthrichs,</p>
-<a id="page-208" class="pagenum" title="208"></a>
- <p class="line">Die ihm nur schüchtern genaht, die Händ&rsquo; und die Füße zur Fess&rsquo;lung,</p>
- <p class="line">Und sie schleppten ihn fort in die Todeshöhlen der Hochburg.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Aber die sanfte Dulderinn lag im eilenden Fahrzeug</p>
- <p class="line">Dicht mit Netzen verhüllt, und starrte hinauf in des Vollmonds</p>
- <p class="line">Liebliche Helle: der Gegenwart zermalmende Leiden</p>
- <p class="line">Schwanden vor ihrem Blick. Wie, fern verschlagen, der Schiffer</p>
- <p class="line">Freudig den Hafen schaut durch schwindende Nebel des Morgens,</p>
- <p class="line">Sah sie entzückt des Friedens Gefild&rsquo;, und hörte mit Wonne</p>
- <p class="line">Sanft verhallen im Sternenzelt Harmonieen des Himmels.</p>
- <p class="line">Jetzt, entronnen des Wüthrichs Macht, am felsigen Ufer</p>
- <p class="line">Landend, hob sie sich auf aus der Tiefe des schwankenden Kahnes.</p>
- <p class="line">Kurd erschrack: denn ein&rsquo; Unsterbliche wähnt&rsquo; er zu schauen:</p>
- <p class="line">Also erhaben an Huld ihn dünkte die Gattinn Toledo&rsquo;s.</p>
- <p class="line">Doch an der schroffen Bahn aufwärts zur Höhle der Felswand</p>
- <p class="line">Klimmend, ruhte sie oft, gestützt auf den redlichen Führer,</p>
- <p class="line">Der mit heiliger Scheu an der Seite der Hehren emporstieg.</p>
- <p class="line">&bdquo;Hier,&ldquo; so sprach er, &bdquo;im stillen Schooß der räumigen Felskluft,</p>
- <p class="line">Mögest du ruh&rsquo;n; bald kommt, auf Flügeln der Liebe getragen,</p>
- <p class="line">Dein erlauchter Gemahl; du folgst ihm zur Wonne der Zukunft.&ldquo;</p>
-<a id="page-209" class="pagenum" title="209"></a>
- <p class="line">Aber die Augen, von Thränen schwer, erhob sie noch einmal,</p>
- <p class="line">Dankend, zum Himmel, und stieg in die schaurige Höhle hinunter.</p>
- <p class="line">Jener häufte den Schutt und die Felsentrümmer mit Vorsicht</p>
- <p class="line">Auf an dem gähnenden Schlund, und bog das Laub mit den Zweigen</p>
- <p class="line">Ueber ihn hin, daß kein umspähendes Aug&rsquo; ihn gewahre.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf durchflog er im eilenden Lauf des schauernden Oehlwalds</p>
- <p class="line">Schattenpfad, und kam Toledo die Rettung zu künden.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Nicht erfreute die Nacht mit holdem Schlummer die Augen</p>
- <p class="line">Hairaddins jetzt, und schon lange nicht mehr: des nahenden Kampfes</p>
- <p class="line">Grau&rsquo;n umschwebte sein Haupt, wie donnerschwangere Wolken</p>
- <p class="line">Schwimmen des Alpbergs Höh&rsquo;n umher. Auf schwellenden Pfühlen</p>
- <p class="line">Saß er, und starrt&rsquo; in die leuchtende Flamme, welch&rsquo; in dem Prunksaal,</p>
- <p class="line">Duftend von Rosenöhl aus der goldenen Lampe sich aufhob.</p>
- <p class="line">Muhamed war ihm genaht, und sucht&rsquo; ihm Muth und Vertrauen</p>
- <p class="line">Einzuhauchen &mdash; umsonst! Er dachte des falschen Numiden</p>
- <p class="line">Schlangenlist, den Haß des Mauren, des Arabers Feigheit,</p>
- <p class="line">Und die erlesene Schar, so klein im Gedränge der Feldschlacht,</p>
- <p class="line">Wenn nicht Hülfe erschien, die er jüngst entbothen aus Algier.</p>
-<a id="page-210" class="pagenum" title="210"></a>
- <p class="line">Aber der stürmische Geist entschwebte dem Saal, in der Burg dort</p>
- <p class="line">Memi, des Harems Hort, und Hairaddins Lieblingsverschnittnen</p>
- <p class="line">Suchend. Er saß in der Hall&rsquo;, und ballte mit sinnenden Blicken</p>
- <p class="line">Grimmig die Faust: er wußte nicht, wie zu verscheuchen des Unmuths</p>
- <p class="line">Dauernde Wolkennacht von Hairaddins finsterem Antlitz!</p>
- <p class="line">Als ihn der Geist umflog, da hob sein wehendes Kleid sich</p>
- <p class="line">Ihm an der Brust: er sah im nächtlichen Dunkel der Halle</p>
- <p class="line">Lange, verstört, umher; doch Muhamed schalt ihn ergrimmt so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie, nicht Hülfe, nicht Rath ersinnest du, heilloser Schwächling,</p>
- <p class="line">Daß entschwinde der Gram aus der Seele des Völkergebiethers?</p>
- <p class="line">Wurde das <em>Thor der Wonne</em><a class="fnote" href="#footnote-51" id="fnote-51">[51]</a> nicht jüngst, vor allen Erwählten,</p>
- <p class="line">Dir zur Sorge vertraut, und schlummern nicht rosige Mägdlein,</p>
- <p class="line">Die der Handelsmann aus Cirkassia&rsquo;s<a class="fnote" href="#footnote-52" id="fnote-52">[52]</a> Thälern gesendet,</p>
- <p class="line">Hier in dem Harem, so hold und schön, wie liebliche Houris,</p>
- <p class="line">Die sich Muhamed einst in himmlischen Fluren erträumte,</p>
- <p class="line">Ach, und erwachend, nicht fand? Wem red&rsquo; ich die Worte vergeblich?</p>
- <p class="line">Gehe, verstümmelter Sclav&rsquo;, und heiße die zartesten Jungfrau&rsquo;n</p>
- <p class="line">Eilig durch Tänz&rsquo; und Spiele der bergumschlossenen Heimath,</p>
-<a id="page-211" class="pagenum" title="211"></a>
- <p class="line">Holdem Getöne vereint, erfreuen die Seele des Herrschers!&ldquo;</p>
- <p class="line">Dem gleich, welcher um Mitternacht vom leuchtenden Blitzstrahl</p>
- <p class="line">Aus dem Schlummer geweckt, in Hast auffährt von dem Lager,</p>
- <p class="line">Fuhr auch Memi vom Stuhl, und, eilig die Pforte des Harems</p>
- <p class="line">Oeffnend, schritt er, die Hallen entlang, zur entlegensten Kammer,</p>
- <p class="line">Wo die erlesenen Drei, auf schwellende Pfühle gesunken,</p>
- <p class="line">Schlummerten; sah, wie dort des Mondes lieblicher Schimmer</p>
- <p class="line">Zart die Holden umfing, die Welle des schneeigen Busens</p>
- <p class="line">Rastlos stieg, und sank; er hörte, hinübergebogen,</p>
- <p class="line">Ihres Odems melodisches Weh&rsquo;n, und erdrückte, vor Ingrimm</p>
- <p class="line">Aechzend, die Thrän&rsquo;, die empor aus seinem zerrissenen Herzen</p>
- <p class="line">Drang, und im eilenden Lauf&rsquo; dem trüberen Auge genaht war.</p>
- <p class="line">Jetzo weckt&rsquo; er sie, sanft an der Schulter berührend, mit leisem,</p>
- <p class="line">Lispelndem Ruf. So folgten sie, die Gefährtinnen scheuend,</p>
- <p class="line">Die, an der Zahl zweihundert, und mehr noch, in räumigen Kammern</p>
- <p class="line">Ruheten: all&rsquo; erwählt des Herrschers Lüsten zu fröhnen.</p>
- <p class="line">Sclavinnen nur, nicht Frau&rsquo;n. Nicht im Worte des Heiles geschlossen</p>
- <p class="line">Ward ihr Bund, wo die Einzige treu verharret dem Einen</p>
-<a id="page-212" class="pagenum" title="212"></a>
- <p class="line">Bis in den Tod, und treu die Bürde des Lebens ihm tragen</p>
- <p class="line">Hilft, als Mutter der holdaufblühenden Kinder, als Gattinn,</p>
- <p class="line">Und als Freundinn zugleich, in seliger Einung der Herzen.</p>
- <p class="line">Eilen hieß er sie erst zur badumwölbenden Halle</p>
- <p class="line">Unten im Schooße der Burg. Sie tauchten die reizenden Glieder</p>
- <p class="line">Dort in die liebliche Fluth, und salbten mit duftendem Oel sie.</p>
- <p class="line">Dann aufschloß er mit lächelndem Blick den Schrank in der Mauer,</p>
- <p class="line">Weisend die Pracht der Edelstein&rsquo; und der festlichen Kleider.</p>
- <p class="line">Freudige Röth&rsquo; umzog die Wangen der Mädchen, als Memi</p>
- <p class="line">Jetzo das Tuch darboth, gewebt von dem emsigen Hindou</p>
- <p class="line">Aus der Wolle des Baums. So zart und duftig wie Nebel,</p>
- <p class="line">Die in dem Morgenroth umfließen die blühenden Rosen,</p>
- <p class="line">Hüllet&rsquo; ihr Unterkleid das zarte Geweb&rsquo;, und er both dann,</p>
- <p class="line">Lächelnd, den Gürtel dar, der unter dem schwebenden Busen,</p>
- <p class="line">Schimmernd von Gold, den Leib umfing; den wallenden Kaftan</p>
- <p class="line">Von blaßrother Seide, verbrämt mit bräunlichem Zobel,</p>
- <p class="line">Auch die Saffianschuh&rsquo;, des Hauptes Zierde, den Kalpack,</p>
- <p class="line">Dem des Reihers Gefieder entstieg, und die köstlichen Perlen</p>
- <p class="line">Für den Lilienhals &mdash; für die Ohren Gehänge von Demant.</p>
- <p class="line">Also geschmückt nachfolgten sie jetzt dem winkenden Aga.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Leise die Pfort&rsquo; eröffnend, und erst mit spähenden Augen,</p>
- <p class="line">Ueber die Schwelle gebeugt, vorschauend, sah er des Herrschers</p>
-<a id="page-213" class="pagenum" title="213"></a>
- <p class="line">Leblosstarrenden Blick. Er drängte die schüchternen Kinder</p>
- <p class="line">Eilender vor: sie nahten mit Angst dem Sinnenden. Memi</p>
- <p class="line">Weckte zugleich auf dem Schrank die flötenbeseelende Kunstuhr,</p>
- <p class="line">Die an dem Strand Amalfi&rsquo;s jüngst erbeutete Dragut,</p>
- <p class="line">Plündernd die fürstliche Burg, und Hairaddin dann zum Geschenk gab.</p>
- <p class="line">Auch stand, Wunder zu schau&rsquo;n, auf dem Schrank ein goldener Käfich,</p>
- <p class="line">D&rsquo;rinnen ein Vögelchen saß, ein Hänfling, wie lebend gestaltet.</p>
- <p class="line">Als nun Orgelgetön im Schooße des zierlichen Schrankes</p>
- <p class="line">Weckte die Uhr: da sang das Vögelchen zart, wie im Lenzmond</p>
- <p class="line">Flötet der Hänfling im Busch; die tönende Kehle bewegend,</p>
- <p class="line">Wandt&rsquo; es den Kopf nun links, nun rechts, und breitete fächelnd</p>
- <p class="line">Oft die Flügelchen aus, und wühlt&rsquo; in der Brust mit dem Schnabel.</p>
- <p class="line">Weder des Hänflings Sang, noch Getöne der künstlichen Orgel</p>
- <p class="line">Traf nun Hairaddins Ohr: er starrte noch immer vor sich hin;</p>
- <p class="line">Doch, als jetzt, verschlungen im Kreis&rsquo;, die Mädchen ihm nahten,</p>
- <p class="line">Ihm zu erheitern das Herz mit Tänzen der Heimath, und Memi</p>
- <p class="line">Schon aufhüpfte vor Lust: da fuhr er vom Lager, und schrie laut:</p>
- <p class="line">&bdquo;Fort, ich zertret&rsquo; euch!&ldquo; Und sie entfloh&rsquo;n, wie schüchterne Tauben</p>
- <p class="line">Flieh&rsquo;n vom Feld, wenn Geiers Geschrei aus den Lüften herabtönt.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-214" class="pagenum" title="214"></a>
- <p class="line">Schnaubend ging er umher: ihm scholl von dem fernen Goletta</p>
- <p class="line">Donnergemurmel an&rsquo;s horchende Ohr, und er sandte dann endlich</p>
- <p class="line">Nach Tobukes, nach Abu-Sa-id, und Muhamed Temtes.</p>
- <p class="line">Doch sie nahten im Flug, und bebten der Rede des Herrschers:</p>
- <p class="line">&bdquo;Führer der Völker, die zu Fuß, und auf feurigen Rossen</p>
- <p class="line">Mächtige Heere zerstreu&rsquo;n, vernehmt es, was ich gebiethe:</p>
- <p class="line">Ehe des Morgens Dämmerlicht den östlichen Himmel</p>
- <p class="line">Röthet, stürmst du, Tobukes, gewohnt im heimlichen Anfall</p>
- <p class="line">Sieger zu seyn, mit zwanzigtausend Erwählten des Feindes</p>
- <p class="line">Mittlere Schanz&rsquo;, und ich, von den schrecklichen Kriegern umgeben,</p>
- <p class="line">Dringe durch das Olivengehölz, wenn, schimmernd, des Meeres</p>
- <p class="line">Fluthen die Sonn&rsquo; entsteigt, und dort auch Muhamed Temtes</p>
- <p class="line">Von Goletta heran, zu erstürmen des Lagers Umwallung,</p>
- <p class="line">Während uns Abu-Sa-id, Arabia&rsquo;s treffliche Reiter</p>
- <p class="line">Führend, gleich dem Orkan, dem sinkende Wälder erkrachen,</p>
- <p class="line">Rasch nachdringt, und den fliehenden Feind vernichtet auf einmal.</p>
- <p class="line">Also gewahrt ihr im Sieg den Segen des großen Propheten!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jene, entflammt in der Brust von den Worten des furchtbaren Herrschers,</p>
- <p class="line">Eilten zum Kampf. Entlang Medscherda&rsquo;s Ufern (Bagrada<a class="fnote" href="#footnote-53" id="fnote-53">[53]</a></p>
- <p class="line">Hieß der mächtige Strom in Karthago&rsquo;s verschollenen Tagen)</p>
- <p class="line">Wogten des Arabers bräunliche Zelt&rsquo; im Hauche des Windes</p>
- <p class="line">Weit umher. Er bauet sein Zelt, dem höckrigen Lastthier</p>
-<a id="page-215" class="pagenum" title="215"></a>
- <p class="line">Gleich an Gestalt, das fort, ein lebendes Schiff, in des Sandmeers</p>
- <p class="line">Wüsten wandelt: ihr Sohn, so fromm und so duldend. Es ruhte</p>
- <p class="line">Noch entschlummert das Volk, und die losgebundenen Rosse</p>
- <p class="line">Weideten frei im Gefild. Doch als nun die ehernen Becken</p>
- <p class="line">Abu-Sa-ids erschollen; als laut ertönte der Schlachtruf:</p>
- <p class="line">Da fuhr jeglicher Mann gerüstet vom Lager, und rief dann</p>
- <p class="line">Vor dem Gezelt sein edeles Roß bei&rsquo;m Namen. Sie flogen</p>
- <p class="line">Wiehernd herbei, und bothen dem wolligen Sattel den Rücken &mdash;</p>
- <p class="line">Bothen die Zunge dem Zaum, und bäumten sich hoch mit dem Reiter.</p>
- <p class="line">Aber Afrika&rsquo;s bräunliche Söhn&rsquo; erweckte Drometen-</p>
- <p class="line">Schall, und Barda&rsquo;s Höh&rsquo;n entströmten die lärmenden Scharen,</p>
- <p class="line">Wie im thauenden Lenz von der schimmernden Kuppe der Alpen</p>
- <p class="line">Schneefluth kommt, und laut herrauscht in die Thäler. Sie führte</p>
- <p class="line">Muhamed Temtes zum Kampf, des Fußvolks kühner Gebiether.</p>
- <p class="line">Scheidend senkte der Mond im Westen sein blässeres Antlitz</p>
- <p class="line">Jetzt in Nebelgewölk, und dämmernd erhob sich der Morgen.</p>
- <p class="line">Hairaddin hielt am Olivengehölz mit den Schrecklichen. Allen</p>
- <p class="line">Kam er zuvor, und hieß, des Kampfs wohlkundig, die Schanzen</p>
- <p class="line">Eilig erbau&rsquo;n auf den Höhn des ragenden Felsengebirges,</p>
-<a id="page-216" class="pagenum" title="216"></a>
- <p class="line">Das Mathilden im Schooß der schaurigen Höhle, seit gestern</p>
- <p class="line">Barg. Dort lag die unglückliche Frau (der nahen Entbindung</p>
- <p class="line">Wehen durchzuckten ihr Mark und Gebein) unsägliche Qualen</p>
- <p class="line">Duldend, und harrend mit Angst des heißersehneten Gatten.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Eilenden Laufs war Kurd dem Lager der Christen genahet,</p>
- <p class="line">Trat in Toledo&rsquo;s Gezelt, und sprach, tiefathmend, und bebend:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hugo&rsquo;s Worte verkündet mein Mund: ihn mögest du hören.</p>
- <p class="line">Siehe, der Morgen grau&rsquo;t, der langgetrennete Herzen</p>
- <p class="line">Wieder vereint! Schon harrt in traulicher Felsenumhüllung</p>
- <p class="line">Dein die Gattinn mit Angst: o trage sie jetzt auf den Armen,</p>
- <p class="line">Freudigerrettend, heim zu nimmer versiegender Wonne &mdash;</p>
- <p class="line">Heim in das Vaterland! Ein liebender Vater den Waisen</p>
- <p class="line">Hugo&rsquo;s mögest du seyn, der dich in der hülflosen Kindheit</p>
- <p class="line">Oft auf den Armen trug, dich fröhliche Spiele gelehret,</p>
- <p class="line">Und die Treue dir stets in dem redlichen Herzen bewahrt hat.&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Kurd,&ldquo; so jauchzte Toledo ihm zu, &bdquo;Kurd, waffne dich eilig,</p>
- <p class="line">Du mein Freund fortan, mein Bruder und Waffengefährt&rsquo; jetzt;</p>
- <p class="line">Säume nicht, schnell geleite mich hin zur Höhle des Waldes!&ldquo;</p>
- <p class="line">Hastig reicht&rsquo; er die Waffen ihm dar. Die finsteren Augen</p>
- <p class="line">Kurd&rsquo;s entflammten sich hell, und des Kummers tiefere Furchen</p>
- <p class="line">Schwanden von seiner Stirn&rsquo; und Wange: nur Jauchzen des Sieges</p>
-<a id="page-217" class="pagenum" title="217"></a>
- <p class="line">Scholl um ihn her aus den Tagen des Ruhms erretteter Heimath,</p>
- <p class="line">Und, im versöhnten Gemüth gedacht&rsquo; er nicht seines Geschicks mehr.</p>
- <p class="line">Jetzo, im Waffenschmuck auf feurige Rosse sich schwingend,</p>
- <p class="line">Jagten die Helden hinaus, entgegen der Höhle des Waldes.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Lauter säuselte schon aus Osten der schaurige Frühwind;</p>
- <p class="line">Purpurröthlicher Glanz entfloß des goldenen Morgens</p>
- <p class="line">Weiteröffnetem Thor; aus den dämmernden Wolkengefilden</p>
- <p class="line">Sah die wirbelnde Lerche zuerst erwachen die Sonne,</p>
- <p class="line">Und, jungfräulichverschämt, mit höherer Gluth auf den Wangen,</p>
- <p class="line">Dort dem rosigen Lager entflieh&rsquo;n: als schauernde Wälder,</p>
- <p class="line">Noch in Dunkel gehüllt, mit leisem Zwitschern und Flistern</p>
- <p class="line">Ihr anstimmten den Morgengruß, und die Wellen des Meeres,</p>
- <p class="line">Hocherhebend das Haupt, sich sehnten, die Holde zu schauen;</p>
- <p class="line">Aber nur Blut, nur Mord, nur sterbender Menschen Geröchel</p>
- <p class="line">Wallt&rsquo; ihr zum Morgengruß aus Goletta&rsquo;s Fluren entgegen.</p>
- <p class="line">Eilender stürmte Tobukes heran. Wie ein reißender Bergstrom</p>
- <p class="line">In der Gewitternacht anschwillt, und des Landes Bewohner</p>
- <p class="line">Schnell vom lieblichen Schlaf erwecket zur Angst und Verzweiflung:</p>
- <p class="line">Denn sie vernahmen es nicht, daß fern im finsteren Waldthal</p>
- <p class="line">Sausend die Wolke zerbarst, und Fluth entstürzte dem Abhang:</p>
-<a id="page-218" class="pagenum" title="218"></a>
- <p class="line">So, von Tobukes geführt, herströmten die Scharen, und stürzten</p>
- <p class="line">Auf Hispania&rsquo;s Macht. Da gaben die spähenden Wachen,</p>
- <p class="line">Staub gewahrend, und Volk in dem Staub, durch Büchsengeschmetter</p>
- <p class="line">Zeichen der Noth und Gefahr: aufrafften sich eilig die Krieger,</p>
- <p class="line">Und sie folgten beherzt dem trefflichen Führer Alarkon.</p>
- <p class="line">&bdquo;Brüder,&ldquo; so rief er laut, &bdquo;nun vorwärts! Eiserngeschlossen</p>
- <p class="line">Haltet die Reih&rsquo;n, und dränget den Feind vom Rande des Grabens</p>
- <p class="line">Muthig zurück; besiegt entflieh&rsquo; er vor unseren Augen.</p>
- <p class="line">Denket der Wälschen, die erst vorschnell, nur flammender Kühnheit,</p>
- <p class="line">Nicht vorschauendem Muth gehorchend, im Felde der Waffen</p>
- <p class="line">Bluteten. Auf, Hispania&rsquo;s Volk: du stehe, dem Felsen</p>
- <p class="line">Gleich im Sturme der Schlacht, des sicheren Sieges gewärtig!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und er führte die Reih&rsquo;n zum schanzumkreisenden Wall hin.</p>
- <p class="line">Aber wie dort an dem Mohrenstrand, hoch über der Meersfluth,</p>
- <p class="line">Schwebt die schreckliche Wassertrompet&rsquo;, ein winzig Gewölk erst;</p>
- <p class="line">Dann urplötzlich mit Donnerschall auf die Fluthen herabfährt,</p>
- <p class="line">Wirbelnd sie faßt, in die Luft aufhebt, und brausend im Jähsturz,</p>
- <p class="line">Hier die Schiffe zerschellt auf dem Meer, und dort an dem Ufer</p>
-<a id="page-219" class="pagenum" title="219"></a>
- <p class="line">Wüthend, unseliges Volk, und Hütten, und Saaten vernichtet:</p>
- <p class="line">Also erstiegen die Feinde den Wall im schrecklichen Anlauf.</p>
- <p class="line">Allah-Geschrei und Gekrach der stürzenden Pfähl&rsquo; an dem Graben</p>
- <p class="line">Brauste vor ihnen daher; geschwungener Säbel Gezisch scholl;</p>
- <p class="line">Staub flog auf. Schon wandten sich eilig die Christen: die Vorschar</p>
- <p class="line">Stürzt&rsquo; auf die folgende, wie, vom wüthenden Sturme gehoben,</p>
- <p class="line">Wog&rsquo; auf Woge sich stürzt, und trennte die Ordnungen weithin.</p>
- <p class="line">Jetzt vom Schrecken betäubt, nicht hörend die Stimme des Führers,</p>
- <p class="line">Wichen sie all&rsquo;. Er stand, und bohrte den Flüchtenden links, rechts,</p>
- <p class="line">Zürnend, das Schwert in die Brust, und ging, und wär&rsquo; er allein nur,</p>
- <p class="line">Rühmlichen Kampf und Tod im Sinn, den Feinden entgegen.</p>
- <p class="line">Aber, glühend vor Scham, gewahrten die Krieger sich alle</p>
- <p class="line">Fortgerissen zu schmählicher Flucht. Sie kehrten im Sturmschritt</p>
- <p class="line">Wieder zurück; dann schnell die Gewehr&rsquo; an die Wange sich pressend,</p>
- <p class="line">Zielten, und drückten sie los, und Stein und Stahl an dem Schlosse</p>
- <p class="line">Schleuderte Blitz&rsquo;; aufflammt&rsquo; an der Pfanne das Pulver: hinausfuhr</p>
-<a id="page-220" class="pagenum" title="220"></a>
- <p class="line">Krachend die Kugel &mdash; sie flog in die stürmenden Haufen, und Volk sank.</p>
- <p class="line">Dann mit glühendem Muth, stets unaufhaltsamer, jauchzend,</p>
- <p class="line">Drangen die Tapferen vor, und warfen die stürmenden Haufen</p>
- <p class="line">Wieder zurück auf den Wall. Dort stand Alarkon vor allen.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, ihm nahte, beherzt, der einzige Sohn Abdul Hamids,</p>
- <p class="line">Des zu Tripoli herrschenden Dey&rsquo;s! Ihn sandte der Vater,</p>
- <p class="line">Daß er in Hairaddins Heer&rsquo;, erringend die Kränze des Sieges,</p>
- <p class="line">Kehre zur Freud&rsquo; ihm heim, und zum Trost im grauenden Alter.</p>
- <p class="line">Aber er freue sich nicht, den Tag der fröhlichen Heimkehr</p>
- <p class="line">Seines Erzeugten zu seh&rsquo;n: ihn hüllet die Erde vor Tunis.</p>
- <p class="line">Weitvorhaltend den Speer, eindrang er mit Wuth auf Alarkon,</p>
- <p class="line">Daß ihm der Schaft in der Faust erzitterte; dennoch, dem Kampf schon</p>
- <p class="line">Lange geübt, vermied im Sprung&rsquo;, Alarkon des Speeres</p>
- <p class="line">Tödlichen Stoß. Er hieb, mit kräftiger Rechte den Degen</p>
- <p class="line">Schwingend, den Schaft entzwei, und rannte den blitzenden Stahl ihm</p>
- <p class="line">Jetzt so tief in die Brust, daß er, scharfgeschliffen, ihm alsbald</p>
- <p class="line">Auch die Schulter durchfuhr: er sank, und stöhnt&rsquo; in dem Tod noch.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf, entreißend den Stahl, zerschlug er dem Bascha von Tarsus,</p>
- <p class="line">Ahmet, die ragende Stirn&rsquo;: er taumelt&rsquo; am Rande des Walles</p>
-<a id="page-221" class="pagenum" title="221"></a>
- <p class="line">Nieder, und fiel, die Händ&rsquo; ausbreitend, hinab in den Graben.</p>
- <p class="line">Wie der flüchtige Hirsch, den heiß verfolget der Schweißhund,</p>
- <p class="line">Nah&rsquo; an des schwindligen Abgrunds Rand, erlegt von dem Weidmann,</p>
- <p class="line">Jählings entstürzt: dumpf kracht sein Geweih an dem Felsen hinunter:</p>
- <p class="line">Ahmet entstürzte so schnell: ihm krachten im Falle die Glieder.</p>
- <p class="line">Aber da schlich Tobukes, ergrimmt, an den Rücken Alarkons;</p>
- <p class="line">Jauchzt&rsquo;, und bohrt&rsquo; ihm, weitausholend, den Dolch in den Nacken.</p>
- <p class="line">Sterbend lag er am Wall, doch winkt&rsquo; er dem kühnen Sarmento,</p>
- <p class="line">Führer zu seyn des Volk&rsquo;s in entsetzlicher Stunde des Wuthkampfs.</p>
- <p class="line">Zärtliche Freundschaft wand die Blüthen der fröhlichen Jugend</p>
- <p class="line">Immer noch frisch und duftend um beider Herzen: sie wallten,</p>
- <p class="line">Innigvereint, des Ruhmes Pfad im Leben und Tod noch.</p>
- <p class="line">Ob des Freundes Geschick aufstöhnend, brauste Sarmento</p>
- <p class="line">Vor, und schrie, und erweckte den Muth der zagenden Krieger,</p>
- <p class="line">Und von neuem begann auf dem Walle das grause Gemetzel.</p>
- <p class="line">Warf Sarmento den Feind, vordringend, zurück in den Graben,</p>
- <p class="line">Stürmte Tobukes ergrimmter herauf, nicht achtend der Haufen</p>
- <p class="line">Seines getödteten Volks: denn viele der Christen erlegt&rsquo; er.</p>
- <p class="line">Gleich dem Nebelgewölk, das hoch in den bläulichen Luftraum</p>
-<a id="page-222" class="pagenum" title="222"></a>
- <p class="line">Aufschwebt; dann von zween sich bekämpfenden Winden ergriffen,</p>
- <p class="line">Hier- und dorthin treibt: so schwankte des Kampfes Entscheidung.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Einst Germania&rsquo;s Hort, und im Kampf: Legionenzertrümm&rsquo;rer,</p>
- <p class="line">Hermann, sah die Gefahr, und fuhr im sausenden Eilflug</p>
- <p class="line">Nach des Kaisers Gezelt, der dort, tiefsinnenden Blickes,</p>
- <p class="line">Einsam saß, und erregt&rsquo; ihn so mit den muthigen Worten:</p>
- <p class="line">&bdquo;Säume nicht: heiß bestürmet der Feind Hispania&rsquo;s Krieger;</p>
- <p class="line">Eile hinaus: dein Blick gebiethe den Sieg in dem Schlachtfeld.&ldquo;</p>
- <p class="line">Hastig entfuhr er dem Stuhl&rsquo;, und blickte, verwundert, um sich her.</p>
- <p class="line">&bdquo;Ahnt mir Gefahr?&ldquo; so dacht&rsquo; er, dem Zelt enteilend. Er schwang sich</p>
- <p class="line">Draußen auf&rsquo;s feurige Roß, und flog nach der Schanze hinüber.</p>
- <p class="line">Ihm nachjagte Gefolg&rsquo;, und unter den stampfenden Hufen</p>
- <p class="line">Drönte der Boden umher; aufquoll der flimmernde Sandstaub.</p>
- <p class="line">Jetzo der Schanze genaht, begann der zürnende Kaiser:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie, Hispania&rsquo;s Volk, dich nannte die staunende Mitwelt,</p>
- <p class="line">Rühmend, das Erst&rsquo; im Feld, und du weichest dem feindlichen Andrang?</p>
- <p class="line">Auf, und rette den heimischen Ruhm! Ein glänzender Leitstern</p>
-<a id="page-223" class="pagenum" title="223"></a>
- <p class="line">Sey er dem Krieger im Kampf: nur mit ihm verlösche sein Leben!&ldquo;</p>
- <p class="line">Lodernden Flammen gleich, ergriff die Herzen des Kaisers</p>
- <p class="line">Zornausruf: da brannt&rsquo; auch der schwächere Mann in den Reihen,</p>
- <p class="line">Gegen die Feinde des Kriegs vernichtende Schrecken zu tragen,</p>
- <p class="line">Und sie kehrten sogleich. Wie ein bergabtaumelnder Felsblock,</p>
- <p class="line">Dem die Wälder erkrachen, Geröll&rsquo; und Erde zerstäubt weicht;</p>
- <p class="line">Oder vom dauernden Regen geschwellt hinbrauset ein Bergstrom</p>
- <p class="line">Durch die Fluren, und Hain&rsquo; und blühende Saaten zerstöret:</p>
- <p class="line">So in des Feindes Reih&rsquo;n umwütheten jetzo die Krieger,</p>
- <p class="line">Rächend des Rückzugs Schmach. Doch wehe, da stürzte Sarmento,</p>
- <p class="line">Von Tobukes durchbohrt, und haucht&rsquo; an dem Busen des Freundes,</p>
- <p class="line">Der auf dem Walle getödtet lag, den muthigen Geist aus!</p>
- <p class="line">Glückliches Los, das so die liebenden Freunde vereinte!</p>
- <p class="line">Ueber ihn hin (betrübt zwar, doch des eisernen Krieges</p>
- <p class="line">Stimme geboth&rsquo;s) und über die Hügel erschlagenen Volkes,</p>
- <p class="line">Eilten die Reihen auf Reih&rsquo;n jetzt vor, und warfen die Gegner</p>
- <p class="line">Von dem Wall&rsquo; in den Graben &mdash; aus ihm hinüber in&rsquo;s Blachfeld,</p>
- <p class="line">Raschverfolgend. Nicht half das Schrei&rsquo;n des Führers, Tobukes,</p>
- <p class="line">Nicht die knirschende Wuth des Volks: denn, Hagelgewittern</p>
- <p class="line">Aehnlich, folgte der Sieger ihm nach, und grause Vertilgung.</p>
- <p class="line">Unter den Letzteren floh Tobukes, und stöhnte vor Ingrimm.</p>
-<a id="page-224" class="pagenum" title="224"></a>
- <p class="line">Furchtbar war sein Arm in dem Kampf, und, glühend vor Sehnsucht,</p>
- <p class="line">Gohr ihm die Brust, daß Hairaddin bald vom Olivengehölz her</p>
- <p class="line">Nahend, ihm eine die Macht, zu vernichten die feindlichen Scharen.</p>
- <p class="line">Aber er harrt&rsquo; umsonst, und jetzo, von Wunden ermattet,</p>
- <p class="line">Sann, und erwog er im finstern Gemüth&rsquo;: ob Hairaddins Rach&rsquo; ihn,</p>
- <p class="line">Da er ihn haßte, vielleicht dem sicheren Tode hier preisgab?</p>
- <p class="line">Unerträglich erschien dem Zweifler des nächtlichen Irrwahns</p>
- <p class="line">Täuschendes Licht; er riß ergrimmt von der Seite den Mordstahl,</p>
- <p class="line">Stieß ihn tief in die Brust, und fiel, und röchelte sterbend.</p>
- <p class="line">Aber, vor Schrecken erstarrt, gewahrten die Krieger des Feldherrn</p>
- <p class="line">Blutige That, und floh&rsquo;n jetzt eilender fort nach Goletta.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hairaddin hörte des Kampf&rsquo;s grau&rsquo;nvolles Getös&rsquo; in dem Waldthal;</p>
- <p class="line">Doch ihm scholl&rsquo;s erfreuender, als in dem silbernen Mondlicht</p>
- <p class="line">Liebenden tönt Harmonikaklang und Harfengelispel.</p>
- <p class="line">Vorwärts drängt&rsquo; ihn der Muth und die Blutgier; aber er hielt noch,</p>
- <p class="line">Bis er die Schanz&rsquo;, erbaut auf den Felsenhöhen, gewahrte,</p>
- <p class="line">Und das eh&rsquo;rne Geschütz, das weit in die Ferne hinüber</p>
- <p class="line">Schleudert den Ball (Feldschlange genannt), in jene geschafft war.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf begann er so, vor dem Meister des schweren Geschützes:</p>
-<a id="page-225" class="pagenum" title="225"></a>
- <p class="line">&bdquo;Bujukdur, Sohn Hafis, horch! wenn außer dem Oehlwald</p>
- <p class="line">Schimmert die Fahne des Vorderzugs: dann feu&rsquo;re, verderbend,</p>
- <p class="line">Nach dem Lager hinaus. Abdallah, der muthige Feldherr,</p>
- <p class="line">Sey dir schirmend gesellt mit tausend erlesenen Kriegern.&ldquo;</p>
- <p class="line">Und nun führt&rsquo; er das Heer, ihm tiefere Stille gebiethend,</p>
- <p class="line">Durch den Olivenwald, dem Lager der Christen entgegen.</p>
- <p class="line">Siehe, da jagte mit Kurd, auf schnaubendem Rosse, Toledo</p>
- <p class="line">Näher. Es hing sein thränendes Aug&rsquo; an den Höhen der Felswand,</p>
- <p class="line">Welche die Gattinn ihm barg, und im rosigen Morgen die Scheitel</p>
- <p class="line">Glühend erhob. Wie dort dem leidenerfahrenen Jüngling,</p>
- <p class="line">Den ein feindlich&rsquo; Geschick aus den Armen der liebenden Aeltern</p>
- <p class="line">Riß, das Herz erpocht, so nach Jahren der schmerzlichen Trennung,</p>
- <p class="line">Er, heimkehrend im Schiff von Amerika&rsquo;s wüsten Gestaden,</p>
- <p class="line">Jetzo die Thürme der Vaterstadt in der Ferne gewahret,</p>
- <p class="line">Jetzt sein väterlich Haus, und jetzo den Hügel und Anger</p>
- <p class="line">Wieder erkennet, wo ihm die seligen Jahre der Kindheit</p>
- <p class="line">Schimmernd entfloh&rsquo;n: nur vorwärts strebt er, und weiter entfernet</p>
- <p class="line">Däucht ihn das Ziel, als einst von des Meer&rsquo;s endlosen Gewässern:</p>
- <p class="line">Also pocht&rsquo; ihm die Brust, und eilender jagt&rsquo; er das Roß hin:</p>
- <p class="line">Schauend den Fels, der hell vom Morgenschimmer ihm winkte.</p>
- <p class="line">Plötzlich hemmt&rsquo; er das Roß, und starrte mit tiefem Entsetzen</p>
-<a id="page-226" class="pagenum" title="226"></a>
- <p class="line">Vor sich hin, da er nun die raschvordringenden Scharen</p>
- <p class="line">Nahe der Höhl&rsquo; ersah. Kurd rief mit leisem Gelispel:</p>
- <p class="line">&bdquo;Kehr&rsquo; in Eile zurück: dort nah&rsquo;n unzählige Feind&rsquo; uns!&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Kurd,&ldquo; entgegnet er sanft, &bdquo;ich sehe die Feind&rsquo; an dem Felsen:</p>
- <p class="line">Hin ist die Hoffnung &mdash; Mathild&rsquo; ist todt! Nun will ich im Kampf hier</p>
- <p class="line">Sterben, dem Schicksal zum Hohn, den Tod des tapferen Kriegers.&ldquo;</p>
- <p class="line">Schnell entblößt&rsquo; er den blinkenden Stahl, und flog auf das Blachfeld</p>
- <p class="line">Muthig hinaus: da erfaßte noch Kurd das Roß an dem Zügel,</p>
- <p class="line">Riß es gewaltig zurück, und rief dem Tobenden also:</p>
- <p class="line">&bdquo;Soll die unglückliche Frau vergehen in schrecklichem Jammer,</p>
- <p class="line">Deiner beraubt? Sie ruht in der dunkeln Höhle geborgen.</p>
- <p class="line">Lass&rsquo; uns, des Ueberfalls Verkündiger, eilen in&rsquo;s Lager;</p>
- <p class="line">Wecken die Brüder zum Kampf&rsquo;, und erretten im Sieg&rsquo; auch Mathilden!&ldquo;</p>
- <p class="line">Hastig trieb er sein Roß, und mit diesem den Renner Toledo&rsquo;s</p>
- <p class="line">Wieder zurück, der, tiefverstummend, die Augen zuweilen</p>
- <p class="line">Gegen den Himmel erhob, und laut aufseufzte vor Herzleid.</p>
- <p class="line">Aber in stürmischer Hast hinflogen die schnaubenden Rosse;</p>
- <p class="line">Staub quoll auf in die Lüfte, der Wald, die Berg&rsquo; und die Hügel</p>
- <p class="line">Wichen im Fluge zurück, und die Helden durchbrausten das Lager.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Dort des Ueberfalls, des nächtlichen, denkend mit Unmuth,</p>
- <p class="line">Hatte der Kaiser das Volk ringsher gerufen zur Heerschau.</p>
-<a id="page-227" class="pagenum" title="227"></a>
- <p class="line">Rastlos schmetterten fort die eh&rsquo;rnen Drometen; die Trommeln</p>
- <p class="line">Wirbelten dumpf, und riefen verständliche Laute den Kriegern.</p>
- <p class="line">Wie das unzählige Volk der Schwalben im sonnigen Spätherbst</p>
- <p class="line">Rings mit lautem Geschrei, vorahnend die Stürme des Winters,</p>
- <p class="line">Sich anschickt, entgegen zu zieh&rsquo;n besonnten Gefilden:</p>
- <p class="line">Meng&rsquo; an Menge gedrängt, versammeln sich eilig die Scharen:</p>
- <p class="line">Also vereinten sich hier die tapferen Krieger zur Heerschau.</p>
- <p class="line">Ernsten, musternden Blicks, hinritt an den Reihen der Kaiser.</p>
- <p class="line">Jegliche Fahne sank; die Feldherrn all&rsquo;, und die Führer,</p>
- <p class="line">Hielten den Degen gesenkt zum ehrenden Gruße; das Fußvolk</p>
- <p class="line">Schwenkte die Lanz&rsquo; und das blanke Gewehr, und der Reiter den Säbel.</p>
- <p class="line">Aber die Trommel scholl, und Drometengeschmetter ertönte.</p>
- <p class="line">Jetzo hätt&rsquo; er dem Heer gewichtige Worte gesprochen,</p>
- <p class="line">Ruhm den Tapfern gezollt, und gerügt Verblendung und Saumsal;</p>
- <p class="line">Aber da flog mit Kurd, im eilenden Laufe, Toledo</p>
- <p class="line">Näher, und hielt, kampfdürstenden Blicks, an der Spitze der Seinen.</p>
- <p class="line">Jener, dem Herrscher genaht, erhob tiefathmend die Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Herr, wie die Fluthen des Meer&rsquo;s im Hauch des stürmischen Nordwinds,</p>
- <p class="line">Zahllos, Wog&rsquo; an Woge gereiht, zum Strande sich wälzen,</p>
- <p class="line">So vom Olivengehölz dir nahen die feindlichen Scharen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Noch entfloh den Lippen nicht ganz die unfreudige Nachricht,</p>
-<a id="page-228" class="pagenum" title="228"></a>
- <p class="line">Als von den Felsenhöh&rsquo;n mit Donnergetös&rsquo; und Gebrülle,</p>
- <p class="line">Lastende Kugeln heran, in des Lagers Mitte geschleudert,</p>
- <p class="line">Flogen: da sank in Reih&rsquo;n und Gliedern, Jammer dem Anblick,</p>
- <p class="line">Häufig der tapferste Mann! Schnell riß die zischende Kugel</p>
- <p class="line">Diesem die Füße vom Leib, und warf sie, zerschmettert, zum Boden,</p>
- <p class="line">Jenem den Arm, und dem Dritten das Haupt, entsetzlich und furchtbar</p>
- <p class="line">Von dem taumelnden Rumpf&rsquo;, und es wälzten sich treffliche Rosse</p>
- <p class="line">Dort mit dem Reiter, verwundet, im Blut. Unsichtbaren Fluges,</p>
- <p class="line">Treffen des Todes Geschoss&rsquo; aus den lautumdonnernden Schlünden:</p>
- <p class="line">Weder Kraft, noch Muth errettet von grauser Vertilgung,</p>
- <p class="line">Die aus der Fern&rsquo; urplötzlich Bewehrt&rsquo; und Wehrlose hinstreckt.</p>
- <p class="line">Jetzo gebothen sogleich des Krieg&rsquo;s wohlkundige Führer</p>
- <p class="line">Wechselnde Stellung, und vor- und rückwärts, schief, und gerad&rsquo; hin,</p>
- <p class="line">Wogte das Heer: das Ziel zu entrücken der feindlichen Obmacht.</p>
- <p class="line">Aber der Kaiser sann. Er winkt&rsquo;. Ihm nahte der Feldherr</p>
- <p class="line">Lichtstein: denn er gewahrte den Blitz in dem Auge des Fürsten.</p>
- <p class="line">&bdquo;Lichtstein,&ldquo; also sprach er, &bdquo;du ziehst den engeren Thalweg</p>
- <p class="line">Hinter dem Salzthurm fort, zu erstürmen die Schanze der Felshöh&rsquo;n:</p>
-<a id="page-229" class="pagenum" title="229"></a>
- <p class="line">Weder Medscherda&rsquo;s reißende Fluth, noch die schroffe Gebirgswand</p>
- <p class="line">Hemme des Siegers Lauf! Vier tausend muthige Schützen,</p>
- <p class="line">Tausend Reitern gesellt, genügen dir. Ist es gelungen:</p>
- <p class="line">Dann bedrohe den Feind, nicht achtlos Unser, im Rücken.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jener entschwand: ihm hob die Heldenseele des Herrschers</p>
- <p class="line">Ehrender Ruf, und erkor in Eile die tapfern Gefährten:</p>
- <p class="line">Oestreichs Reiter und Ungerns, die den tyrolischen Schützen</p>
- <p class="line">Folgten im munteren Schritt, und des Spessarts Kriegern, und Hessens.</p>
- <p class="line">Auch entboth er den Troß der fährschiffführenden Wägen,</p>
- <p class="line">Rossebespannt zu folgen der Schar werkkundiger Brückner.</p>
- <p class="line">Wieder begann der Herrscher, und rief mit leuchtendem Antlitz:</p>
- <p class="line">&bdquo;Fort in den Kampf! Voraus die Reisigen, welche Mendoza</p>
- <p class="line">Heut&rsquo; in dem Vortrab lenkt, zum Ruhme der hohen Cortezza.</p>
- <p class="line">Ihnen folg&rsquo; in gemessenem Schritt, im Trommelgewirbel,</p>
- <p class="line">Und die Fahn&rsquo; im Blick, Neapels muthiges Kriegsvolk,</p>
- <p class="line">Jenem gesellt, das uns die erlauchte Roma gesendet.</p>
- <p class="line">Ueber sie heischt Toledo&rsquo;s Blick die Leitung &mdash; sie werd&rsquo; ihm:</p>
- <p class="line">Denn ihm winket des Sieges Preis in der Stille der Felsnacht.</p>
- <p class="line">Aber die Ritter-Schar führt Garzia Lasso, und Alba,</p>
- <p class="line">Flammenden Muth&rsquo;s, der Spanier schwergeharnischte Reiter</p>
- <p class="line">Gegen den Feind; nur Eberstein verharr&rsquo; in dem Lager,</p>
- <p class="line">Ihm ein schirmender Hort, mit den treuverlässigen Deutschen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also geordnet, eilte das Heer in die stürmende Feldschlacht.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-10">
-<a id="page-230" class="pagenum" title="230"></a>
-Neunter Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">W</span><span class="postfirstchar">ie</span> der Heuschrecken Heere, gejagt aus Syriens Wüsten</p>
- <p class="line">Von zerstörender Gier, anstürmen im Sommer, daß weithin</p>
- <p class="line">Sauset die Luft, und die Sonne verlischt in der Helle des Mittags:</p>
- <p class="line">Also schwebten auch jetzt in zwei gesonderten Haufen,</p>
- <p class="line">Brausend, die Geister heran, und jeglichem eilten die Herrscher,</p>
- <p class="line">Muhamed erst, dann Attila vor: zwei finsteren Wolken</p>
- <p class="line">Gleich, die donnerschwer, in dräuender Stille heraufzieh&rsquo;n.</p>
- <p class="line">Unmuth gohr in dem wilden Blicke des hunnischen Königs;</p>
- <p class="line">Auch die glühende Stirn&rsquo; und Wange des Koran-Verkünders</p>
- <p class="line">Zuckte vor Wuth: nicht die Christen all&rsquo; im Kampf der Entscheidung</p>
- <p class="line">Schauend. Lechzende Gier nach Blut erfüllte die Furchtbar&rsquo;n.</p>
- <p class="line">Muhamed rief: &bdquo;Erblick&rsquo; ich dort Arabia&rsquo;s Krieger?</p>
- <p class="line">Wehe, denn weder an Muth, noch an Thaten sind sie mir ähnlich</p>
- <p class="line">Mehr, die Feig&rsquo;umschwärmenden! Jetzt, und hinfort mir ein Liebling</p>
-<a id="page-231" class="pagenum" title="231"></a>
- <p class="line">Seye der Türk&rsquo;. Aus Turkestans<a class="fnote" href="#footnote-54" id="fnote-54">[54]</a> sandiger Flur sich erhebend,</p>
- <p class="line">Kam er, ein brausender Sturm, und säte des heiligen Korans</p>
- <p class="line">Samen aus in die Welt, und lenkt&rsquo; an die Keime den Blutstrom,</p>
- <p class="line">Daß er erwuchs, und die Ernt&rsquo; in üppiger Fülle sich fortmehrt.</p>
- <p class="line">Hebe dich, luftige Schar: dem Christen errege die Gegner,</p>
- <p class="line">Daß er besiegt hinschwind&rsquo;, und nie rückkehre zur Heimath!&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Tapfere Scythen, ihr!&ldquo; rief laut der Hunnen-Beherrscher,</p>
- <p class="line">&bdquo;Die, nach Attila&rsquo;s Wink, den allverheerenden Flammen</p>
- <p class="line">Aehnlich, im Garbenfeld der schmachgereifeten Menschheit,</p>
- <p class="line">Wüthetet, als uns Rom auf den sieben Hügeln erbebte &mdash;</p>
- <p class="line">Byzanz neigte das Haupt: erhebet die luftigen Waffen,</p>
- <p class="line">Weil, der sterblichen Hüll&rsquo; entrückt, der Thaten Vollendung</p>
- <p class="line">Nimmer den Busen uns labt, nicht der Sieg im Jauchzen der Mordlust;</p>
- <p class="line">Auf, und dränget der Janitschar&rsquo;n blutdürstende Rotten</p>
- <p class="line">Rastlos vor zum Gewürg&rsquo; in volkzermalmender Feldschlacht!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jauchzend vernahmen des Herrschers Ruf die luftigen Scharen;</p>
- <p class="line">Aber so laut und so mächtig sie schrie&rsquo;n &mdash; es zischte nur leises,</p>
- <p class="line">Schwaches Geflister herab. Wohl starrt&rsquo; in der eilenden Heersmacht</p>
- <p class="line">Mancher der Krieger empor; doch leer ihn dünkte der Luftraum.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-232" class="pagenum" title="232"></a>
- <p class="line">Leise, mit weitvorstrebendem Fuß, die klirrenden Waffen</p>
- <p class="line">Pressend im Arm, und das Roß, daß es schweig&rsquo;, an den wallenden Mähnen</p>
- <p class="line">Streichelnd, nahte der Feind in täuschender Stille vom Wald her.</p>
- <p class="line">Doch als jetzt von den Felsenhöh&rsquo;n das wichtige Zeichen</p>
- <p class="line">Donnernd erscholl, und fern in des Lagers Mitte Verderben</p>
- <p class="line">Säte der eherne Schlund: da jagten die listigen Scharen</p>
- <p class="line">All&rsquo;, im geflügelten Lauf, im Getös&rsquo; empöreter Mordwuth,</p>
- <p class="line">Allah! Allah! brüllend, heran an des Lagers Umwallung:</p>
- <p class="line">Denn urschnell und in wilder Verzweiflung sollte der Christen</p>
- <p class="line">Schlummerndes Volk, so wähnete Hairaddin, Jammer ereilen.</p>
- <p class="line">Siehe, und als dem Wald, wie am wetterverheißenden Morgen</p>
- <p class="line">Zürnende Bienen dem Korb&rsquo;, entströmte sein lärmendes Kriegsvolk,</p>
- <p class="line">Führt&rsquo; ihm Mendoza, der Held, im Blitze des Waffengeschmeides</p>
- <p class="line">Schon entgegen die reisige Schar: er selber den Kampfpreis</p>
- <p class="line">Heischend vor ihm, und kühneren Blick&rsquo;s vorstürmend zum Angriff!</p>
- <p class="line">Wie, wenn lechzend nach Blut, der schreckliche Tieger im Dickicht</p>
- <p class="line">Leises Geräusche vernimmt, und dort, nur scheue Gazellen</p>
- <p class="line">Suchend, den Leu&rsquo;n, den langvermied&rsquo;nen, gewahret, da wankt&rsquo; er</p>
- <p class="line">Vor dem entsetzlichen Feinde zurück, und denket der Flucht schon;</p>
-<a id="page-233" class="pagenum" title="233"></a>
- <p class="line">Doch bald kehrt ihm die Wuth: er senkt die Brauen ergrimmter</p>
- <p class="line">Nieder, und fletschet die Zähn&rsquo;, ihm den letzten der Kämpfe zu biethen:</p>
- <p class="line">So mit staunendem Blick sah Hairaddin jetzo die Gegner</p>
- <p class="line">Kommen im Feld, die er, würgend, vom Schlaf zu erwecken gedachte.</p>
- <p class="line">Aber er säumte nicht, trieb, und jagte die Zögernden vorwärts,</p>
- <p class="line">Und der Geister aufjauchzendes Heer flog brausend hernieder,</p>
- <p class="line">Nahte den Kriegern, und schrie in das Ohr dort Jeglichem: &bdquo;Vorwärts!&ldquo;</p>
- <p class="line">Wie der Bremsen erboßter Schwarm in der Stunde des Mittags</p>
- <p class="line">Rasch auf die Heerde des trägeren Hornvieh&rsquo;s, dann auf der Rosse</p>
- <p class="line">Munt&rsquo;res Gestütt&rsquo; sich wirft, und all&rsquo; in rasendem Taumel,</p>
- <p class="line">Brüllen, wiehern, und flieh&rsquo;n: denn, ob ein schwindliger Abgrund,</p>
- <p class="line">Oder die tobende Fluth tief unten dräuet &mdash; sie stürzen</p>
- <p class="line">Unaufhaltsam hinab; so drängten die luftigen Geister</p>
- <p class="line">Hairaddins Volk an die Feind&rsquo;, und furchtbar tönte der Schlachtruf.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Siehe, die Reiterschar der Araber tauchte vor allen,</p>
- <p class="line">Spornend das feurige Roß, und vorgebeugt aus dem Sattel</p>
- <p class="line">Bis zu den Mähnen, die Spitze des hochaufragenden Speeres</p>
- <p class="line">Dort in Mendoza&rsquo;s Reih&rsquo;n. Da fiel Segorbia&rsquo;s Kampfheld,</p>
-<a id="page-234" class="pagenum" title="234"></a>
- <p class="line">Aguillar, und mit ihm Morillo, den Murzia sandte,</p>
- <p class="line">Fahnenjunker im Heer, mit dreißig erlesenen Kriegern,</p>
- <p class="line">Und in dem Waffengemeng&rsquo; erbebte Hispania&rsquo;s Jugend,</p>
- <p class="line">Die zum ersten Male des Kriegs betäubendem Schrecken,</p>
- <p class="line">Hier in dem Feld, entgegen sich warf, und dachte der Flucht schon.</p>
- <p class="line">Doch jetzt nahte mit Sturmes Flug vor seinen Gefährten</p>
- <p class="line">Hermann heran: ihn lockte des Kampfs erwachender Donner</p>
- <p class="line">Fernher. Aehnlich dem Aar, der tief im schattigen Thalgrund</p>
- <p class="line">Beut&rsquo; ersehend, sogleich in sausender Schnelle herabfährt:</p>
- <p class="line">Also fuhr er herab, und rief dem edlen Mendoza:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sollten die Jünglinge flieh&rsquo;n, ihr Ruhm ist gefährdet für immer.</p>
- <p class="line">Schau in die Vorwelt auf, wie dort der Heldengebiether</p>
- <p class="line">Hermann, den flüchtenden Kriegern zur Schmach und Wiederbesinnung,</p>
- <p class="line">Muthig den Schild ergriff, vordrang, und so, mit den Scharen</p>
- <p class="line">Wiedervereint, sich herrlichen Siegsruhm über des Varus<a class="fnote" href="#footnote-55" id="fnote-55">[55]</a></p>
- <p class="line">Drei Legionen errang in dem eisernen Felde der Waffen:</p>
- <p class="line">Also mögest du jetzt den jüngst geworbenen Kriegern,</p>
- <p class="line">Kämpfend, ein Leitstern seyn auf dem grau&rsquo;numnachteten Schlachtfeld!&ldquo;</p>
- <p class="line">Glühende Röth&rsquo; umzog Mendoza&rsquo;s Wangen; er dachte</p>
- <p class="line">Seines errungenen Ruhms Verdunkelung; schrie, und begann so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Spanier, kühn mir nach: nicht täuschet der edeln Cortezza</p>
-<a id="page-235" class="pagenum" title="235"></a>
- <p class="line">Hohes Vertrau&rsquo;n, die euch sandte zum Heer; nicht gewahre der Herrscher</p>
- <p class="line">Euch unkriegerisch, feig; mir nach! Eh&rsquo; treffe der Tod mich</p>
- <p class="line">Selber durch Feindeshand, eh&rsquo; hier die Schande mich treffe.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jauchzend flog er dahin, und voll kühner Todesverachtung</p>
- <p class="line">Sprengten die Reiter ihm nach. Entscheidend für kommende Zeiten</p>
- <p class="line">Lenkt ein Held im Gefecht den neugeworbenen Krieger:</p>
- <p class="line">Denn nicht weicht er, und fällt, besiegt, im rühmlichen Tod nur:</p>
- <p class="line">Stets erfüllt ihm die Brust die erhabene Heldengesinnung.</p>
- <p class="line">Jetzo die stürmende Lanz&rsquo;, und jetzt des sausenden Säbels</p>
- <p class="line">Blitz und Schlag ereilte der Araber dichte Geschwader</p>
- <p class="line">Mordend; es sank das Volk, und es sanken die Rosse getödtet.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Assad riß sich hervor, der Emir. Einst Beduine,<a class="fnote" href="#footnote-56" id="fnote-56">[56]</a></p>
- <p class="line">Zog er in Syriens Wüsten umher, und häufte sich Reichthum,</p>
- <p class="line">Dort der Karavan&rsquo; auflauernd im einsamen Hohlweg.</p>
- <p class="line">Deß&rsquo; sich zu freu&rsquo;n, wohnt&rsquo; er zu Tunis im stolzen Pallast nun:</p>
- <p class="line">Seinem Volke verhaßt, dem stets das Leben in Zelten,</p>
- <p class="line">Draußen im Steppengefild des Menschen würdiger dünket.</p>
- <p class="line">Jetzo im sausenden Ritt Mendoza genaht, und vertrauend</p>
- <p class="line">Eiserner Kraft, dacht&rsquo; er, mit dem blinkenden Speer ihn zu tödten;</p>
- <p class="line">Doch Mendoza riß an dem Zaum: sein mächtiges Streitroß</p>
- <p class="line">Setzt&rsquo;, im kreisenden Sprung&rsquo;, ihn schnell an die Seite des Emirs,</p>
-<a id="page-236" class="pagenum" title="236"></a>
- <p class="line">Und er jagt&rsquo; ihm das Schwert mit festnachstürmender Rechten</p>
- <p class="line">Tief in die Brust: er sank vom Sattel, und stöhnt&rsquo; in dem Tod noch.</p>
- <p class="line">Aber ihm naht&rsquo; Abulkassem, sein Sohn, ein furchtbarer Rächer.</p>
- <p class="line">Stöhnend vor Wuth durchrannt&rsquo; er Mendoza&rsquo;s Arm mit dem Säbel,</p>
- <p class="line">Als er, gewendet, die Reih&rsquo;n aufboth zum stürmenden Angriff.</p>
- <p class="line">Wieder erhob er den Stahl, und hätt&rsquo; ihn getödtet, da sprengte,</p>
- <p class="line">Rettend, Alonzo Cueva heran, der tapfere Hauptmann,</p>
- <p class="line">Schrie, und scheucht&rsquo; ihn zurück. Er barg sich schnell im Gewimmel</p>
- <p class="line">Seines Volk&rsquo;s, das jetzt, des Feldherrn Wunde gewahrend,</p>
- <p class="line">Muthiger vorwärts drang, und laut aufbrüllte vor Mordlust.</p>
- <p class="line">Aber dem Schlachtengemeng&rsquo; entrissen die Krieger den Helden;</p>
- <p class="line">Eilten in&rsquo;s Lager zurück, daß dort heilkundig der Arzt ihm</p>
- <p class="line">Stille das Blut, und träufle den weh&rsquo;einschläfernden Balsam.</p>
- <p class="line">Und er ermahnete scheidend noch mit blässerem Antlitz,</p>
- <p class="line">Alle, zu folgen dem Wink des Helden Alonzo Cueva.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Heißer entbrannte die Schlacht. Wie im Süd- und Norden empöret</p>
- <p class="line">Donnerstürme sich nah&rsquo;n, und, vermengt, zur Erde Verderben</p>
- <p class="line">Speien im Flammengezisch und im schrecklichen Hagelgeprassel:</p>
-<a id="page-237" class="pagenum" title="237"></a>
- <p class="line">Also prallten die Araber an, und zugleich die Hispaner:</p>
- <p class="line">Diese von Rach&rsquo; entflammt ob ihres verwundeten Führers,</p>
- <p class="line">Jene, voll Muths vorstürmend, und lautaufjubelnd im Vortheil.</p>
- <p class="line">Als sich gemengt im Feld die Wüthenden trafen, da tönte</p>
- <p class="line">Schrecklich der Mordausruf und das Schmettern der Waffen, dem Donner</p>
- <p class="line">Eherner Schlünde vereint, und Blut beströmte den Boden.</p>
- <p class="line">Schon warf zweimal der Christ des Mahoms Verehrer, im Sturmritt,</p>
- <p class="line">Drängend, zurück; schon jauchzt&rsquo; er des Sieg&rsquo;s aufstrahlender Hoffnung;</p>
- <p class="line">Aber da warf, ergrimmt, auf Alonzo Cueva, den Dränger,</p>
- <p class="line">Abu-Sa-id den Dolch, und durchbohrt&rsquo; ihm den Hals und den Nacken,</p>
- <p class="line">Solchem Kampfe geübt; er sank, und verhauchte das Leben.</p>
- <p class="line">Siehe, den endlos Trauernden faßt&rsquo; am dämmernden Morgen,</p>
- <p class="line">Vor des Kampfes Beginn, heut&rsquo; ahnungentsprossene Schwermuth</p>
- <p class="line">So, daß ihm Jeglicher staunt&rsquo;. Ach, seines erblindeten Vaters</p>
- <p class="line">Greisengesicht, und das wankende Haupt, wie schneeiger Tauben</p>
- <p class="line">Dunen, so weiß, schien ihm noch immer zu dräu&rsquo;n ob dem Frevel</p>
- <p class="line">Stürmischer Jugendzeit: da er leis&rsquo;annahend, des Vaters</p>
- <p class="line">Händen den Stab entwand, und der zürnende Greis, an der Schwelle</p>
-<a id="page-238" class="pagenum" title="238"></a>
- <p class="line">Stolpernd, kopflangs stürzt&rsquo;, und blutete &mdash; Jammer zu schauen!</p>
- <p class="line">Immer trübte die That ihm jegliche Freude des Lebens</p>
- <p class="line">Seither. Aber der Vater horcht, vor dem Haus&rsquo; auf der Bank sich</p>
- <p class="line">Sonnend, dereinst begieriger auf, wenn kehrender Sieger</p>
- <p class="line">Jauchzen, der Waffen Geklirr, und das Wiehern der Rosse herantönt;</p>
- <p class="line">Ringsum Hast und Getös&rsquo; die Heimgebliebenen aufregt,</p>
- <p class="line">Und die Straßen entlang: &bdquo;Willkommen uns in der Heimath!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jubelnden Rufs erschallt in mancherlei Stimmen des Alters.</p>
- <p class="line">Vor vom Sitze gebeugt, horcht er: ob endlich des Sohnes</p>
- <p class="line">Gruß er vernehm&rsquo;, und harrt, hinzitternd, der frohen Umarmung:</p>
- <p class="line">Ach, umsonst: ihm sank der Theuere kämpfend vor Tunis!</p>
- <p class="line">Schrecken befiel die wiederverwaiseten Krieger: dem Unglück</p>
- <p class="line">Bebt&rsquo; ihr muthiges Herz, nicht den wildaufrasenden Gegnern.</p>
- <p class="line">Also, verschüchtert, wichen sie nun, und ihnen im Rücken</p>
- <p class="line">Brauste der Feind, und häuft&rsquo; im Felde die blutigen Leichen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sieh&rsquo;, welch tapferes Häuflein kommt, die schnaubenden Rosse</p>
- <p class="line">Spornend, heran? Hell sprüht der zierliche Helm und der Harnisch</p>
- <p class="line">Hüpfende Funken umher; vom hochaufragenden Speerschaft</p>
- <p class="line">Blitzet der tödliche Stahl, und es blitzen die Augen der Männer.</p>
-<a id="page-239" class="pagenum" title="239"></a>
- <p class="line">Fünfzig sind&rsquo;s der Edlen. Sie führt auf der rühmlichen Laufbahn</p>
- <p class="line">Garzia Lasso, der Held, und Hispania&rsquo;s lieblichster Sänger.</p>
- <p class="line">Jetzo, dem Feinde genaht, und vorgebeugt aus dem Sattel,</p>
- <p class="line">Senkten die Kühnen den Speer, und warfen im sausenden Eilflug</p>
- <p class="line">Fünfzig der Feind&rsquo; in den Staub: da floh&rsquo;n die entlasteten Rosse</p>
- <p class="line">Wiehernd zurück: weit gähnte die Kluft im dichten Geschwader.</p>
- <p class="line">Wie, wenn brückendes Eis auf dem breiten Rücken der Donau,</p>
- <p class="line">Oder des Rheins, das heut&rsquo; am Morgen noch eiserngefroren,</p>
- <p class="line">Unter der Wucht des schweren Gespanns und der lastenden Wägen</p>
- <p class="line">Drönete, nun ergriffen vom schmelzenden Hauche des Westwinds,</p>
- <p class="line">Krachend zerbirst, und zertrümmert im Schwall der finsteren Fluthen</p>
- <p class="line">Schwindet, daß links am Gestad&rsquo;, und rechts das schimmernde Landeis</p>
- <p class="line">Aufragt: also standen die Reih&rsquo;n, im entsetzlichen Durchbruch</p>
- <p class="line">Weitgeschieden im Feld&rsquo;: sie blickten erstarrt in den leeren,</p>
- <p class="line">Scheidenden Raum: ihr Mordruf starb auf den bebenden Lippen.</p>
- <p class="line">Aber nicht rasteten dort die Scharenzertrümm&rsquo;rer: sie würgten,</p>
- <p class="line">Was entgegen sich warf, in siegbeflügelter Hast noch.</p>
- <p class="line">Auch der Jünglinge Schar flog nun, um nimmer zu weichen,</p>
- <p class="line">Wieder im Felde heran, und vereint den siegenden Rittern,</p>
-<a id="page-240" class="pagenum" title="240"></a>
- <p class="line">Uebt&rsquo; ihr blitzendes Schwert vergeltende Rach&rsquo; an dem Gegner,</p>
- <p class="line">Der, von Schrecken betäubt, mit verhängtem Zügel den Läufer</p>
- <p class="line">Rückwärts trieb zu Hairaddins dichtannahender Heersmacht.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Unabsehbar herab vom Olivengehölz auf das Blachfeld</p>
- <p class="line">Lenkt&rsquo; er die Janitschar&rsquo;n und fünfzig numidischer Horden</p>
- <p class="line">Wimmelndes Volk zum Kampf, als hier die Zersprengten dem Vortrab</p>
- <p class="line">Nahten. Er biß sich die Lippen vor Wuth; dann, eilig sich wendend,</p>
- <p class="line">Hieß er die Janitschar&rsquo;n mit ausgebreiteten Armen,</p>
- <p class="line">Trennen die mittleren Reih&rsquo;n, und erretten die flüchtenden Scharen,</p>
- <p class="line">Jene gehorchten dem Wink: mit rückwärtsstrebenden Fersen</p>
- <p class="line">Schwenkten die Reihen sich links und rechts: geräumigen Durchgang</p>
- <p class="line">Oeffnend dem flüchtigen Volk. So, wie, gehemmt in den Schleußen</p>
- <p class="line">Ruhet der brausende Strom, ein See, bis früh an dem Morgen</p>
- <p class="line">Oeffnen sie heißt der Schwemm&rsquo; erfahrener Meister: da stürzen</p>
- <p class="line">Wog&rsquo; auf Wog&rsquo; und Schwall auf Schwall, im Gebrause des Donners,</p>
- <p class="line">Zur verschlingenden Kluft die langegehemmten Gewässer:</p>
- <p class="line">Also stürzten, gedrängt, und drängend, mit wildem Getümmel</p>
-<a id="page-241" class="pagenum" title="241"></a>
- <p class="line">Durch den geöffneten Raum zugleich die erretteten Scharen:</p>
- <p class="line">Denn nachjagte der Feind, und rastete nicht; in dem Rücken</p>
- <p class="line">Sauste des Säbels Schlag und der Lanz&rsquo; einstürmender Mordstoß.</p>
- <p class="line">Aber die Janitscharen, die erst, sie schirmend, im Rückschritt</p>
- <p class="line">Wichen, kehrten zurück, und heischten, geordnet, den Angriff.</p>
- <p class="line">Hairaddin flog die Reihen entlang, und schrie im Getös&rsquo; hin:</p>
- <p class="line">&bdquo;Söhne des großen Propheten, des Muths und der flammenden Kühnheit,</p>
- <p class="line">Denket, welch&rsquo; ihm die Erde, besiegt, gleich niedrigem Schämel,</p>
- <p class="line">Unter die Ferse gestellt: sie lag, und schmiegte sich duldend</p>
- <p class="line">Ihrem Druck. O dessen gedenkt! Ihr sehet die Gegner</p>
- <p class="line">Seines Nahmens vor euch; vernichtet sie, würgt sie gesammt hin.&ldquo;</p>
- <p class="line">Muhamed, der ihn stets umschwebte mit liebender Sorgfalt,</p>
- <p class="line">Hörte mit Lächeln es an, wie er ihm vor gläubigen Moslems</p>
- <p class="line">Ruhm und Ehre gezollt; er selber, die Pfade des Lichtreichs</p>
- <p class="line">Fliehend, warnete nicht die Verblendeten, lächelte stolz noch!</p>
- <p class="line">Doch nun sah er erstaunt, daß Attila selbst, vor Entsetzen</p>
- <p class="line">Bebend, ihm nahte mit Sturmes Flug&rsquo;, und rief ihm entgegen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Haben die furchtbar&rsquo;n Mächte gesiegt? Soll Schreckliches kommen,</p>
- <p class="line">Fallen vom Himmel der Mond mit den glänzenden Sternen; die Sonne</p>
- <p class="line">Ausgebrannt hinschwinden in ewige Nacht und Zerstörung,</p>
-<a id="page-242" class="pagenum" title="242"></a>
- <p class="line">Spurlos? Attila bebt, der nie zu erschütternde Krieger?</p>
- <p class="line">Jener wiegte das struppige Haupt, und als er noch einmal</p>
- <p class="line">Nach den felsigen Höh&rsquo;n aufsah, entgegnet&rsquo; er grimmig:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sieh&rsquo;, dort fleugt ein Mann g&rsquo;en Hairaddin! Angst und Verzweiflung</p>
- <p class="line">Trägt er im Busen: er kommt, Unheil zu verkünden dem Herrscher.</p>
- <p class="line">Willst du vernehmen die That, die entsetzliche, der ich erbebte?&ldquo;</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Doch was kündet der Bote voll Angst? ... Daß der tapfere Feldherr,</p>
- <p class="line">Lichtstein, glühenden Muths, die Schanz&rsquo; auf dem Felsen erstürmte.</p>
- <p class="line">Schon durchzog er zuvor die schaurigen Pfade des Waldthals,</p>
- <p class="line">Leis&rsquo; nur, wie es der Kaiser geboth: nicht Trommelgewirbel</p>
- <p class="line">Kündigte ferne den Zug, nicht schmetterten Lust die Drometen</p>
- <p class="line">Heut&rsquo; in dem eilenden Ritt dem Reiter und Roß in die Ohren;</p>
- <p class="line">Doch, als jetzt Medscherda, mit lautaufrauschenden Wogen,</p>
- <p class="line">Ihnen am Felsengestad&rsquo; entgegen sich dämmte, da hoben</p>
- <p class="line">Eilig die Brückner die Fähren herab von den knarrenden Achsen;</p>
- <p class="line">Warfen sie all&rsquo; in die Fluth, versenkten die zackigen Anker,</p>
- <p class="line">Gegen den Strom mit Tau&rsquo;n sie festigend, und in des Bogens</p>
- <p class="line">Krümmung einete Fähr&rsquo; auf Fähr&rsquo; die gesonderten Ufer.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf hinreihend das lange Gebälk&rsquo;, und quer auf die Balken</p>
- <p class="line">Breitend die Bohle, besiegten sie schnell die hemmenden Fluthen.</p>
-<a id="page-243" class="pagenum" title="243"></a>
- <p class="line">Unter des Rosses Huf und den Füßen der eilenden Krieger</p>
- <p class="line">Drönete fort und fort die schwankende Brück&rsquo; auf dem Strom hin.</p>
- <p class="line">Aber drüben vom schroffen Gestad&rsquo; erhob sich die Felsbahn</p>
- <p class="line">Schroffer noch himmelwärts. Der Reisige stieg aus dem Sattel,</p>
- <p class="line">Führte das Roß am Zaum&rsquo;, und keucht&rsquo;, und strauchelte häufig,</p>
- <p class="line">Ganz unkundig des Kletterns, und fremd in der hehren Gebirgswelt.</p>
- <p class="line">Aber es klomm, wie die Gemse, der Schütze Tyrols an der Felswand,</p>
- <p class="line">Tapferen Hessen vereint, und Spessartern, auf zu den Höhen.</p>
- <p class="line">Also errungen waren sie jetzt, und die Scharen geordnet.</p>
- <p class="line">Lichtsteins Ruf erscholl: &bdquo;Hinan, tyrolische Männer!</p>
- <p class="line">Spessarter, vor mit den Hessen! Euch folge das Reiter-Geschwader</p>
- <p class="line">Dann, in gemessener Fern&rsquo;, entscheidend zum blutigen Angriff.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jauchzend, im Sturmlauf ging&rsquo;s an den Wall. Kaum trauend den Augen,</p>
- <p class="line">Sah der staunende Feind den Scharen des Feindes entgegen.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf erhob er Geschrei, und hieß des eh&rsquo;rnen Geschützes</p>
- <p class="line">Donnergebrüll&rsquo; mit dem Schmettern der Büchsen erschallen, und säte</p>
- <p class="line">Saat der Vernichtung. Da fiel Arnulf, der kühne Passeyer,</p>
- <p class="line">Der sich am Ortheles einst, dem felsaufklimmenden Steinbock</p>
- <p class="line">Folgend, verstieg, wo ihm bald der Strahl der Lebenserrettung</p>
-<a id="page-244" class="pagenum" title="244"></a>
- <p class="line">Völlig erlosch. Erhob er die Blicke: da wölbte die Steinwand</p>
- <p class="line">Ueber ihm thürmend sich auf, und senkt&rsquo; er sie nieder, mit Vorsicht</p>
- <p class="line">Fassend den zackigen Fels: da bebt&rsquo; er, vom Schwindel ergriffen,</p>
- <p class="line">Zitternd wieder zurück: denn weit hinaus auf den Abgrund</p>
- <p class="line">Bog sich die Wand, und eingekrümmt entschwand ihm die Mauer.</p>
- <p class="line">Kaum erspähte sein Aug&rsquo; des Waldstroms Schimmer; verhallt war</p>
- <p class="line">Ihm sein Gebraus&rsquo;, und verstummt das Leben im einsamen Luftraum.</p>
- <p class="line">Dort sich mit reuigem Sinn, zum Hungertode bereitend,</p>
- <p class="line">Sah er schon zweimal des Tages Licht aufdämmern im Osten,</p>
- <p class="line">Zweimal erblassen im Abendroth; doch sieh&rsquo;, ihn vermißte</p>
- <p class="line">Jetzo der redliche Freund! Er wagte den Gang auf dem Felsgrath</p>
- <p class="line">Muthig, und schrie, und Geschrei vernehmend, senkt&rsquo; er das Bastseil</p>
- <p class="line">Nieder vom jähen Geklipp&rsquo;, und rettete so den Gefährten.</p>
- <p class="line">Wie der Fischer empor zum Gestad&rsquo;, der Ruth&rsquo;, und des Fadens</p>
- <p class="line">Leises Zucken gewahrend, schnellt das zappelnde Fischchen:</p>
- <p class="line">Also entriß er den Freund, lautjubelnd, dem schrecklichen Tod dort,</p>
- <p class="line">Den er dahier nicht mied, durchbohrt von der schmetternden Kugel.</p>
-<a id="page-245" class="pagenum" title="245"></a>
- <p class="line">Neben ihm sank auch Eberhard, der erste der Schützen:</p>
- <p class="line">Nie verfehlt&rsquo; er das Schwarz&rsquo; in der kreisenden Scheib&rsquo;, und er both sich</p>
- <p class="line">Selber dahier zum Ziel&rsquo;, in des Herzens Mitte getroffen.</p>
- <p class="line">Feuriger: denn der Getödteten furchtbare Rächer, bestürmten</p>
- <p class="line">Ihre Gefährten den Wall, und rastlos krachten die Büchsen,</p>
- <p class="line">Rastlos tönte Geschrei, zu wecken den Muth der Entscheidung.</p>
- <p class="line">Weder die Spessarter, noch die gleichgewaltigen Hessen</p>
- <p class="line">Weileten fern&rsquo;, einmüthig rang dem Helden der Held nach.</p>
- <p class="line">Wo die sternnachbildende Schanz&rsquo; im engeren Vorsprung</p>
- <p class="line">Ragt&rsquo;, aufdrangen zuerst die muthigen Führer der Deutschen,</p>
- <p class="line">Werner und Wittekind, vom Graben. Erbebend der Kühnheit,</p>
- <p class="line">Wichen die Feinde zurück: da both Abdallah, des Bollwerks</p>
- <p class="line">Hort, im drometenden Ruf Stillstand, und rief im Getös&rsquo; her:</p>
- <p class="line">&bdquo;Stillstand bieth ich euch an: wir räumen den Wall und die Schanzen</p>
- <p class="line">Eurer Gewalt, so ihr Abzug gönnt in würdiger Freiheit;</p>
- <p class="line">Oder, wollen wir erst den Wink der Herrscher erkunden?&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Hör&rsquo;t,&ldquo; schrie Lichtstein auf, &bdquo;euch täusche die feindliche List nicht!</p>
- <p class="line">Muthig hinan: ihr kämpfet hinfort um den leichteren Sieg nur!&ldquo;</p>
- <p class="line">Rascher eilten die Reih&rsquo;n auf Reih&rsquo;n jetzt vor, und erstiegen</p>
- <p class="line">Kämpfend den Wall: denn schrecklich erwies sich der Feind in der Nothwehr.</p>
- <p class="line">Werners Arm erlag Abdallah, der Schirmer des Bollwerks;</p>
- <p class="line">Aber ihm bohrte zugleich ein Derwisch, Fluch und Verwünschung</p>
-<a id="page-246" class="pagenum" title="246"></a>
- <p class="line">Brüllend gegen das stürmende Volk, den Dolch in den Nacken</p>
- <p class="line">So, daß dem Sinkenden schnell das Blut und das Leben entströmte.</p>
- <p class="line">Schwer vermißt ihn daheim die liebende Mutter, in Kummer</p>
- <p class="line">Lebend, seit ihr der Gatte versank in den Fluthen des Mainstroms,</p>
- <p class="line">Wo er vom berstenden Eis lautjammernde Menschen gerettet.</p>
- <p class="line">Nur ihr Einziger war ihr Trost in der schrecklichen Trennung</p>
- <p class="line">Von dem Gemahl, und Ernährer: denn stets heimbrachte der Sohn ihr,</p>
- <p class="line">Frommgesinnet, den Sold, und küßt&rsquo; ihr die Hände mit Ehrfurcht:</p>
- <p class="line">Dankbar sorgend für jene, die ihn mit Schmerzen geboren,</p>
- <p class="line">Oft den Schlummer entbehrt&rsquo;, und viel herznagenden Kummer</p>
- <p class="line">Duldet&rsquo; um ihn mit Lieb&rsquo;, in hülfebedürftiger Kindheit.</p>
- <p class="line">Ach, nun harrt sie umsonst des Guten! Ihn tödtet&rsquo; ein Derwisch</p>
- <p class="line">Hier auf dem Wall. Doch Wittekind ereilte den Meuchler</p>
- <p class="line">Schnell; erhob den Degen, und traf ihn mit kräftiger Rechten</p>
- <p class="line">Tief in&rsquo;s Genick, daß er röchelnd sank, und im Blute sich wälzte.</p>
- <p class="line">Ihn umhäufeten bald, ringsher, die tapfersten Krieger.</p>
- <p class="line">Rasch umlenkend das Roß, aufschwang der Scharen Gebiether,</p>
- <p class="line">Lichtstein, jetzo das Schwert: verständlich blitzt&rsquo; es dem Volk&rsquo; auf.</p>
- <p class="line">Alsbald rief die Dromet&rsquo; in hellerklingenden Tönen</p>
- <p class="line">Roß und Reiter zum Sturm, und zugleich, dem Sporn in den Seiten</p>
-<a id="page-247" class="pagenum" title="247"></a>
- <p class="line">Stöhnend, flogen die Läufer gestreckt an den Graben. Sie setzten</p>
- <p class="line">Ueber ihn hin, und klommen, daß fest an dem Hals&rsquo; und den Mähnen</p>
- <p class="line">Pochte des Reiters Brust, an dem sandgehügelten Wall auf.</p>
- <p class="line">Dort war jetzt ringsum Gewürg&rsquo;, und Gemetzel, und Wuthschrei:</p>
- <p class="line">Denn nicht der Hagel prasselt so laut aus berstenden Wolken</p>
- <p class="line">Nieder auf&rsquo;s Breterdach (der Wandrer bebt vor Entsetzen,</p>
- <p class="line">Der sich unter ihm barg, zu entflieh&rsquo;n dem grausen Gewitter)</p>
- <p class="line">Als der sausende Stahl, entlang den Wällen, auf Stirnbund,</p>
- <p class="line">Tulban, Harnisch, und Helm herrasselte, mordend die Scharen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Mechmet entrann. Nun beugt&rsquo; er die Stirne vor Hairaddin dreimal</p>
- <p class="line">Tief in den Staub; dann stand er, und wollte beginnen, vermocht&rsquo;s nicht.</p>
- <p class="line">Hairaddin faßt&rsquo; ergrimmt, des Zögernden Stirne zu spalten,</p>
- <p class="line">Schon den Säbel; da rief der bleichaufathmende Krieger:</p>
- <p class="line">&bdquo;Herr, stets glänze dein Ruhm, wie, strahlend, die Sonne vom Aufgang</p>
- <p class="line">Glänzet zum Niedergang, und mögen die Feinde, vernichtet,</p>
- <p class="line">Schwinden vor ihm! Doch weh&rsquo;! Entsetzliches muß ich dir künden &mdash;</p>
- <p class="line">Zittern vor deinem Zorn. Vernimm&rsquo;s! Die Schanz ist erstürmet.</p>
-<a id="page-248" class="pagenum" title="248"></a>
- <p class="line">Keiner der Unsern lebt; ich allein entrann dem Gemetzel,</p>
- <p class="line">Dir zum Wohl: denn siehe, dein Sclav&rsquo; entriß sich dem Kampf nur,</p>
- <p class="line">Daß du es hörest von ihm: dir nahen die Feind&rsquo; in dem Rücken!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und er stieß sich den Dolch in die Brust. Da floß an den Wangen</p>
- <p class="line">Hairaddins wohl die Thräne herab, als dort in dem Sandstaub</p>
- <p class="line">Jener verhauchte den Geist? Ach, niemals hoben sich Thränen</p>
- <p class="line">Ihm aus der Brust empor zu den grimmgerötheten Augen;</p>
- <p class="line">Ihnen entstrahlte kein Mitgefühl, kein himmlisches Mitleid!</p>
- <p class="line">Schweigend starrt&rsquo; er umher; dann, so, wie ein Blitz in der Sturmnacht</p>
- <p class="line">Durch das finst&rsquo;re Gewölk hinfleugt, umröthete plötzlich</p>
- <p class="line">Tiefaufgährender Zorn ihm die blässergewordenen Wangen,</p>
- <p class="line">Und er rief, daß Muhameds Aug&rsquo; erglänzte vor Wonne,</p>
- <p class="line">Grimmig den Janitschar&rsquo;n entgegen, und schrie im Getös&rsquo; hin:</p>
- <p class="line">&bdquo;Mögen sie immer im Rücken uns nah&rsquo;n. Nicht eher verlassen</p>
- <p class="line">Wir die dürstende Heide, bis satt mit feindlichem Blut wir</p>
- <p class="line">Sie getränkt, und genügend ihr tischten das schreckliche Schlachtmahl.&ldquo;</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf, wie dort in des Waldthals Schlucht, aus berstenden Wolken</p>
- <p class="line">Niedergestürzt, ein Strom entgegen sich dränget dem ander&rsquo;n,</p>
- <p class="line">Laut mit wildem Geräusch&rsquo;, und im schrecklichen Wogengewirbel,</p>
-<a id="page-249" class="pagenum" title="249"></a>
- <p class="line">Tief aus dem Grunde gewühlt, die Vesten der Berge versinken</p>
- <p class="line">Links und rechts: da rollen die Felsen, da stürzen die Wälder</p>
- <p class="line">Gegen einander hinab in den brausenden Schaum der Gewässer:</p>
- <p class="line">Also stießen auch hier die feindlichen Heere zusammen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Eilend vor Alba&rsquo;s Reiterschar, flog Garzia Lasso</p>
- <p class="line">Jetzt mit den Rittern heran. Des Fußvolks treffliche Reihen</p>
- <p class="line">Folgten dem Kaiser selbst, dem stattlichen: kühn den Gefahren</p>
- <p class="line">Stehend im Kampf&rsquo;, und stolz im Gefühle des sicheren Sieges.</p>
- <p class="line">Furchtbar donnerten schon die mächtigen Schlünde; zugleich flog</p>
- <p class="line">Lastendes Eisen, im Bogenwurf sich kreuzend im Luftraum,</p>
- <p class="line">Hin, und daher gesandt, entsetzlichen Jammer zu schaffen.</p>
- <p class="line">Fort und fort, im Gekrach der rastlosfeuernden Büchsen,</p>
- <p class="line">Prasselte Kugelsaat auf den Feind; laut kreischte der Säbel,</p>
- <p class="line">Zischte der Pfeil, ersausten die Speer&rsquo; und die Lanzen, und ringsum</p>
- <p class="line">Strömte das Blut: stets grimmiger wüthete Mord und Empörung.</p>
- <p class="line">Rechts, wo Hairaddins Heer, entfaltend die Flügel, der Mauren</p>
- <p class="line">Reisiges Volk aufwies, zog Alba, und Garzia Lasso</p>
- <p class="line">Links an die Araber, die voll Grimms gluthschnaubende Rosse</p>
- <p class="line">Tummelten, ihm entgegen zu steh&rsquo;n im Gemenge der Waffen:</p>
- <p class="line">Denn im sausenden Flug&rsquo; umschwebte sie Muhamed selber,</p>
- <p class="line">Mit dem ergrimmten Gefolg ringsher anstürmender Geister,</p>
- <p class="line">Rastete nicht, und haucht&rsquo; empörende Gluth in die Herzen.</p>
-<a id="page-250" class="pagenum" title="250"></a>
- <p class="line">Listengeübt ersann er jetzt dem Garzia Lasso</p>
- <p class="line">Schnelles Verderben. Er sah, wie er, senkend den Speer, an die Gegner</p>
- <p class="line">Spornte das Roß; er eilet&rsquo; ihm vor, und empörte die Natter,<a class="fnote" href="#footnote-57" id="fnote-57">[57]</a></p>
- <p class="line">Die, in dem Munde des Volks die Königsschlange gepriesen,</p>
- <p class="line">Gleich dem regen Gewürm die rührigen Hörner bewegend,</p>
- <p class="line">Sich in dem Sande vergräbt, dort schlau zu berücken die Vögel,</p>
- <p class="line">Daß sie ihr selbst, harmlos annahend, zur Beute sich böthen.</p>
- <p class="line">Zischend fuhr das grimmige, sandaufschnellende Giftthier</p>
- <p class="line">Vor dem Roß in die Höh&rsquo;, und es schnob im taumelnden Aufsprung.</p>
- <p class="line">Dann, nicht achtend des Schmeichelworts, nicht des hemmenden Zügels,</p>
- <p class="line">Flog es hinüber, und trug den edelen Herrn an den Feind hin.</p>
- <p class="line">Dort, von den Seinen getrennt, und dem sicheren Tode geopfert,</p>
- <p class="line">Seufzt&rsquo; er im Geist: &bdquo;Nun stirb &mdash; doch nicht unrühmlich, ein Feiger!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und den blinkenden Speer fortschleudernd, riß er das Eisen</p>
- <p class="line">Sich von der Hüft&rsquo;, und hieb den ersten vor allen, Kilikdar,</p>
- <p class="line">Emir des Steppenvolks, vom Sattel: er regte sich nicht mehr.</p>
- <p class="line">Also blitzte sein Schwert nach jeglicher Seite, verderbend;</p>
- <p class="line">Doch, nun jagten wohl Hunderte her, den Ruhm zu erringen:</p>
- <p class="line">Daß sie die tapferste Brust mit dem tödlichen Stahle durchbohrten.</p>
- <p class="line">Hermann sah&rsquo;s, in der Luft herschwebend, welche Gefahr ihm</p>
-<a id="page-251" class="pagenum" title="251"></a>
- <p class="line">Droht&rsquo;; er schwang sich herab, und rief dem Kaiser mit Hast zu:</p>
- <p class="line">&bdquo;Schaue von Feinden umringt den tapferen Garzia Lasso:</p>
- <p class="line">Rett&rsquo; ihn beherzt! Was schön und groß sich erweiset auf Erden,</p>
- <p class="line">Führet des Liedes Macht auf goldenen Schwingen zur Nachwelt.</p>
- <p class="line">Nur ein Schwall im Strome der Zeiten, entschwindet das Leben;</p>
- <p class="line">Aber der Sänger hascht im Fluge die zartesten Strahlen,</p>
- <p class="line">Die vom eilenden Schwall sich heben, ätherischer Schönheit,</p>
- <p class="line">Eint, und hägt sie in treuer Brust, und rettet mit Sorgfalt</p>
- <p class="line">Sie noch dem fernsten Geschlecht&rsquo; in ewiglebenden Tönen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also sprach er in Hast, und winkte den Lüftegenossen,</p>
- <p class="line">Mutheinhauchend, den Christen zu nah&rsquo;n: sie jauchzten ihm Beifall,</p>
- <p class="line">Schwingend den Speer und den Schild, aus schimmerndem Aether gebildet.</p>
- <p class="line">Aber des Kaisers Brust erpocht&rsquo; im hohen Gefühl jetzt,</p>
- <p class="line">Retter zu seyn des schwert- und liedergewaltigen Mannes.</p>
- <p class="line">Links, rechts, gab er dem Pferde die Sporn&rsquo;: ihm wichen die Reihen;</p>
- <p class="line">Ihm nachjagte Gefolg&rsquo;, nicht forschend, nicht lange besinnend;</p>
- <p class="line">Nur Del Guasto erblaßt&rsquo;. Er hob die Hände vor allen</p>
- <p class="line">Ueber das grauende Haupt empor, und jammerte laut auf:</p>
- <p class="line">&bdquo;Stirb, unglücklicher Greis, eh&rsquo; brechend dein Auge des Jammers</p>
- <p class="line">Fülle gewahrt! Wagt also ein Herrscher das edelste Leben?</p>
-<a id="page-252" class="pagenum" title="252"></a>
- <p class="line">Nichts gilt Weisheit mehr, nichts warnenden Alters Erfahrung.</p>
- <p class="line">Auf, ihr Tapferen, auf, und rettet den Kaiser! Auch Alba</p>
- <p class="line">Lenke die Reiter heran, zu erringen den herrlichsten Kampfpreis.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also geboth er dem Volk. Im Sturmlauf brachen die Scharen</p>
- <p class="line">Gegen den Feind. Hinflog auf dem schnaubenden Rosse der Herold,</p>
- <p class="line">Gomez, des Feldherrn Wort zu künden dem Heldengebiether,</p>
- <p class="line">Alba, und sieh&rsquo;, nun schwebte der Angst umnachtendes Dunkel</p>
- <p class="line">Ueber dem Christen-Heer&rsquo;, in des furchtbar&rsquo;n Kampfes Entscheidung!</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Ha, schon fiel der Rappe Garzia Lasso&rsquo;s, getödtet.</p>
- <p class="line">Mühend entwand er das Bein dem lastenden Thier, und ihm selber</p>
- <p class="line">Warf jetzt Abu-Sa-id den blinkenden Speer in die Schulter,</p>
- <p class="line">Daß der erhobenen Faust, bluttriefend der Degen entschlüpfte,</p>
- <p class="line">Ihm einbrachen die Knie&rsquo;, und die Augen umhüllete Nachtgrau&rsquo;n.</p>
- <p class="line">Wieder erhob Scheik Roßlan das Schwert, ihm die Stirne zu spalten;</p>
- <p class="line">Aber da flog aus der Rechte des nahenden Kaisers der Wurfspieß:</p>
- <p class="line">Roßlan röchelt&rsquo; im Sand&rsquo;, und schnell, noch ehe der Ritter</p>
- <p class="line">Kommende Schar das Weiß&rsquo; im Auge des Feindes gewahrte,</p>
- <p class="line">Fiel noch Jusuff, und Ismail Beg, und Haroun, der Emir,</p>
-<a id="page-253" class="pagenum" title="253"></a>
- <p class="line">Seines mordenden Stahls Blutgier und der Rechte Gewalthieb.</p>
- <p class="line">Nahend im Flug, und lautaufjauchzend den Thaten des Herrschers,</p>
- <p class="line">Rächten die Ritter zugleich den schwerverwundeten Führer.</p>
- <p class="line">Doch, wie ein mächtiger Schlag des lauterkrachenden Donners,</p>
- <p class="line">Der von des Himmels Rand&rsquo; auftobte zum finsteren Nordpol,</p>
- <p class="line">Wieder von Osten zurück mit tiefempöretem Ingrimm</p>
- <p class="line">Kehrt, und aus Wolkennacht herrollet im dumpferen Nachhall:</p>
- <p class="line">Also erscholl aus der Ferne heran der mächtigen Rosse</p>
- <p class="line">Donnernder Huf: denn Alba kam mit den Reitern geflogen.</p>
- <p class="line">Und, wie die stürzende Last der Gewitterfluth auf dem Saatfeld</p>
- <p class="line">Plötzlich die goldenen Halme zerschlägt: nicht im Windesgesäusel</p>
- <p class="line">Wogen sie mehr; sie liegen zerknickt, und zerschmettert im Staub dort:</p>
- <p class="line">Eben so ritt hier Mann und Roß das eisengehüllte,</p>
- <p class="line">Kräftige Reitervolk, andalusische Hengst&rsquo; an die schlanken,</p>
- <p class="line">Zartgestalteten Rosse der Araber, spornend, zu Boden.</p>
- <p class="line">Lautes Geheul erscholl jetzt unter den stampfenden Hufen;</p>
- <p class="line">Ringsum Waffengeklirr und tödlicher Büchsen Geschmetter.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Drüben rang in dem heißeren Kampf Del Guasto, des Fußvolks</p>
- <p class="line">Eiserngeschlossene Reih&rsquo;n entgegendrängend dem Anfall</p>
- <p class="line">Wüthender Janitschar&rsquo;n. Jetzt hin, dann wieder herüber,</p>
- <p class="line">Wie in der felsigen Bucht sich drehet die wirbelnde Brandung,</p>
- <p class="line">Wogten die Kämpfenden. Sieh&rsquo;, und er wäre gewichen! Da brachen,</p>
-<a id="page-254" class="pagenum" title="254"></a>
- <p class="line">Fliehend vor Alba&rsquo;s blitzendem Schwert, Arabias Völker</p>
- <p class="line">Durch die Reihen der Janitschar&rsquo;n; sie schufen Verwirrung</p>
- <p class="line">Rings, und erfüllten Hairaddins Brust mit Wuth und Verzweiflung.</p>
- <p class="line">Furchtbar glühte sein Aug&rsquo;; er ballte die Faust an der Stirn&rsquo; hin,</p>
- <p class="line">Hing aus dem Sattel vor, und sann entsetzliche Thaten;</p>
- <p class="line">Doch, von geworfenen Haufen umdrängt, und der Rettung gedenkend,</p>
- <p class="line">Führt&rsquo; er die Scharen zurück: ihm brauste sein flüchtendes Volk nach.</p>
- <p class="line">Nicht der Sorge vergaß für Garzia Lasso der Kaiser.</p>
- <p class="line">Blutend lag er im Staub, und lehnte das Haupt an den Rücken</p>
- <p class="line">Seines getödteten Thiers. Als nun der Retter vor ihm stand,</p>
- <p class="line">Strebt&rsquo; er noch den zerschmetterten Leib von dem Boden zu heben,</p>
- <p class="line">Sah durch Thränen ihn an, und lächelte. Jetzo begann er:</p>
- <p class="line">&bdquo;Herrlich hast du gesiegt, und errettet den Sänger. Von nun an</p>
- <p class="line">Töne mein Saitenspiel nur dir, ruhmwürdiger Herrscher,</p>
- <p class="line">Daß im entzückenden Klang vernehme die staunende Nachwelt:</p>
- <p class="line">Wie du, erhabengesinnt, nach der Bürgerkrone dich sehntest,</p>
- <p class="line">Die, in dem Schlachtengefild&rsquo;, einst Rom dem Retter des Kriegers</p>
- <p class="line">Aus umdrängender Noth um die Heldenstirne geschlungen!&ldquo;<a class="fnote" href="#footnote-58" id="fnote-58">[58]</a></p>
-<a id="page-255" class="pagenum" title="255"></a>
- <p class="line">Sprach&rsquo;s. Da wandte sich jener behend, die Thräne zu bergen;</p>
- <p class="line">Winkte zugleich, und sanft erhoben die Krieger den Helden,</p>
- <p class="line">Ihn zu entreißen dem Sturm der Geschoß&rsquo;, und eilten in&rsquo;s Lager,</p>
- <p class="line">Daß er, mit Liebe gepflegt, sich freue der holden Genesung.</p>
- <p class="line">Aber auch allen umher den Verwundeten, sagte der Kaiser</p>
- <p class="line">Tröstende Wort&rsquo;, und geboth, was Aller Rettung erheischte:</p>
- <p class="line">Ehrend den Menschen im hohen Gemüth, der vielfachen Jammer</p>
- <p class="line">Duldet, des Vaterlands erhabenem Rufe gehorchend.</p>
- <p class="line">Jetzt ersah er mit Lust, wie schnell die Krieger Toledo&rsquo;s</p>
- <p class="line">Ihm nachbrausten im Feld, des Sieges Preis zu erringen;</p>
- <p class="line">Blößte das Schwert, und rief dann laut dem tapferen Feldherrn:</p>
- <p class="line">&bdquo;Dort des See&rsquo;s Gestad&rsquo; entlang beschirme des Heeres</p>
- <p class="line">Rücken mit Muth, und halte dich fest an dem Felsen, dem Fels gleich,</p>
- <p class="line">Den die zürnende Fluth umbraust mit eitelm Getümmel.</p>
- <p class="line">Herrlich strahlt aus dem Sieg das leidenlohnende Ziel dir.&ldquo;</p>
- <p class="line">Mächtig erschüttert hob die flammenden Augen Toledo</p>
- <p class="line">Nach dem gütigen Herrscher empor, der, ahnend des Herzens</p>
- <p class="line">Schreckliche Qual, mit erhabenem Sinn ihm lindernden Balsam</p>
- <p class="line">Träufelte; ging, und führte sein Volk am Strande des See&rsquo;s hin.</p>
- <p class="line">Wie auf dem Meer der kehrende Schiffer, den in der Sturmnacht,</p>
-<a id="page-256" class="pagenum" title="256"></a>
- <p class="line">Nahe dem schirmenden Port&rsquo;, ein Donnergewitter ereilet,</p>
- <p class="line">Mitten im lauten Gebrüll der hochaufschäumenden Wogen,</p>
- <p class="line">Und in des Todes Grau&rsquo;n, das rings sich lagert, der Hoffnung</p>
- <p class="line">Sehnsuchtsblick stets fest auf die strahlende Flamme geheftet</p>
- <p class="line">Hält, die hoch auf dem Leuchtthurm nährt die sorgliche Seestadt:</p>
- <p class="line">Also haftete jetzt sein Aug&rsquo; an den ragenden Felshöh&rsquo;n,</p>
- <p class="line">Als an dem sicheren Port, in welchem sein Alles gerettet,</p>
- <p class="line">Und geborgen ihm schien, nach dauernden Stürmen des Lebens.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Ach, und hatte die Dulderinn noch des bitteren Kelches</p>
- <p class="line">Letzte Hefen geleert; noch sterbend vernommen den Donner</p>
- <p class="line">Von dem Hügel herab; der Höhle vorüber den Hufschlag</p>
- <p class="line">Feindlicher Ross&rsquo;, und Eil&rsquo; und Hast unmenschlicher Räuber;</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf die wilde Losung des Mords, Wuthschrei der Besiegten,</p>
- <p class="line">Jauchzen der Sieger, Geheul Verwundeter, Sterbender Röcheln?</p>
- <p class="line">Doch nur am tauben Gestein, am dunkeln Gewölbe des Grabes,</p>
- <p class="line">Hallte der Jammer hin &mdash; dem Ohre der Todten nicht hörbar.</p>
- <p class="line">Dort, geborgen durch Treu&rsquo; und Liebe des redlichen Greises,</p>
- <p class="line">Lag sie auf schwellendem Moos&rsquo;, in der hehren Stille der Mondnacht.</p>
- <p class="line">Schneidend&rsquo; Weh und dumpfes Bangen drängte sich wieder</p>
- <p class="line">Ihr durch Mark und Gebein: denn oft verging sie in Ohnmacht,</p>
- <p class="line">Wachte wieder, und litt. Ach! keine mitleidigen Seelen</p>
-<a id="page-257" class="pagenum" title="257"></a>
- <p class="line">Nähern sich hülfreich ihr in der Stunde der Angst und des Jammers?</p>
- <p class="line">Siehe, und Roma&rsquo;s Stolz, Cornelia,<a class="fnote" href="#footnote-59" id="fnote-59">[59]</a> Mutter der Gracchen,</p>
- <p class="line">Schwebte heran! So wie durch leuchtende Scheiben des Fensters</p>
- <p class="line">Dringet der Sonnenstrahl; so dringt ätherisch der Geist auch</p>
- <p class="line">Durch das dichte Gestein. Sie hörte die Jammernde, bebte,</p>
- <p class="line">Forscht&rsquo; in Hast ringsher: ob hülfekundig ein Wesen</p>
- <p class="line">Athme, ihr Rettung zu bringen? Umsonst! Des Tages Geräusch&rsquo; war</p>
- <p class="line">Lange verhallt, entfernt die Stadt, und still das Gehölz her.</p>
- <p class="line">Knieend hielt sie das Haupt der Leidenden, und, so verlassen,</p>
- <p class="line">Suchte sie, leidengeübt, ihr Muth in dem Herzen zu wecken.</p>
- <p class="line">Jetzo entwand sich in Weh&rsquo;n dem Schooße Mathildens ein Knäblein.</p>
- <p class="line">Aber sie legt&rsquo; ihn matt an die todbleichschwebende Brust hin;</p>
- <p class="line">Griff nach der rieselnden Fluth, und taufte mit zitternder Rechten,</p>
- <p class="line">Ihn in dem heiligen Nahmen des Ein-Dreieinigen Gottes.</p>
- <p class="line">Dann noch fühlte sie tief, im eisigen Schauer des Todes &mdash;</p>
- <p class="line">Fühlt&rsquo; es, mit liebendem Blick nach Oben: ein Himmlischer löse</p>
- <p class="line">Sanft und mild das Band des irdischen Lebens. Ihr Herz schlug</p>
- <p class="line">Immer leiser und leiser. Es stand, und regte sich nicht mehr.</p>
- <p class="line">Schwebend über dem Fels, im hehren Flug zu des Himmels</p>
- <p class="line">Strahlenbahn, noch einmal senkte zur irdischen Heimath</p>
-<a id="page-258" class="pagenum" title="258"></a>
- <p class="line">Sie den verkläreten Blick, und sah am verblichenen Leichnam</p>
- <p class="line">Liegen ihr wimmerndes Kind, und suchen vergeblich um Nahrung</p>
- <p class="line">Dort an der bleicheren Brust umher. Da entstürzten die Thränen</p>
- <p class="line">Ihrem Aug&rsquo;; doch Thränen der Wonn&rsquo;: im himmlischen Eden</p>
- <p class="line">Harre der zarten Knospe Gedeih&rsquo;n und Fülle der Nahrung,</p>
- <p class="line">Daß sie entfaltet blüh&rsquo; in nievergänglicher Schönheit,</p>
- <p class="line">Frische, und Kraft: denn jetzt verlosch auf dem ruhenden Herzen,</p>
- <p class="line">Aehnlich dem Abendstrahl, das mattaufflimmernde Leben.</p>
- <p class="line">Doch, wie ein glühender Docht, der Flamme genahet, sich wieder</p>
- <p class="line">Eilig entflammt: es hüpft die fächelnde Lohe nach ihr hin:</p>
- <p class="line">Wie die getrennte Fluth der bergentsprossenen Quelle</p>
- <p class="line">Schnell den blumigen Hügel umfließt, den sinnig der Gärtner</p>
- <p class="line">Jüngst in dem Lusthain schuf: die beiden Arme, gesondert,</p>
- <p class="line">Streben sich wieder zu einen, und flieh&rsquo;n im schöneren Lauf fort:</p>
- <p class="line">Wonne, so flog an die Brust der überseligen Mutter</p>
- <p class="line">Nun ein Engel, ihr Kind; umschlang den glänzenden Hals ihr,</p>
- <p class="line">Holdauflächelnd, und lallt&rsquo; ihr entzückt Willkommen und Gruß nach!</p>
- <p class="line">Aber sie hob ihn empor; sie jauchzte hinauf in den Himmel,</p>
- <p class="line">Eilt&rsquo;, und flog, wie ein Stern hinschwindend im glänzenden Aether,</p>
- <p class="line">Nach dem Gezelt, wo ihr Gatte, versunken in tödlicher Schwermuth,</p>
-<a id="page-259" class="pagenum" title="259"></a>
- <p class="line">Saß, und nach ihr sich sehnt&rsquo; in unaussprechlicher Rührung.</p>
- <p class="line">Nah&rsquo; ihm schwebte sie leis&rsquo;: ihr pochte das Herz in dem Busen</p>
- <p class="line">Ob der Erinnerung ihres einstigen Glücks und der Leiden,</p>
- <p class="line">Die sie erduldeten beid&rsquo;, in der Zeit entsetzlicher Trennung;</p>
- <p class="line">Legte den einen Arm um den Nacken ihm, legte das Söhnlein</p>
- <p class="line">Ihm an die Brust. Er stöhnt&rsquo;, und blickt&rsquo; in schaudernder Ahnung</p>
- <p class="line">Um sich her: ihn ergriff die Näh&rsquo; unsterblicher Seelen.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, ihn herzte das Kind, mit sanftumschlingenden Händchen</p>
- <p class="line">Hängend an seinem Hals, und pressend die Wang&rsquo; an die Wangen!</p>
- <p class="line">Doch sie sprach ihm leis&rsquo; an die Seele die Worte des Trostes:</p>
- <p class="line">&bdquo;Gottes Friede mit dir! Der seligen Wiedervereinung</p>
- <p class="line">Stunde ist nah&rsquo;: denn bald, verhauchend das tapfere Leben,</p>
- <p class="line">Eilst du mir freudig nach in die Segensgefilde des Himmels,</p>
- <p class="line">Wo kein Scheiden mehr ist, kein feindliches Schicksal, kein Tod mehr</p>
- <p class="line">Glückliche Herzen trennt; wo jegliche Thräne versieget,</p>
- <p class="line">Jede Klage verstummt, und Mathild&rsquo; dein harret mit Sehnsucht.&ldquo;</p>
- <p class="line">Lispelte so. Sie küßte die thränenumflossenen Augen,</p>
- <p class="line">Leis&rsquo;erbebend, ihm noch im innigen Kusse der Seelen,</p>
- <p class="line">Und entschwand, mit dem Engel im Arm, noch häufig herunter</p>
- <p class="line">Schauend, verklärt, und strahlender stets, wie ein Blitz in den Lüften.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-260" class="pagenum" title="260"></a>
- <p class="line">Dort von des Felsens Höh&rsquo;n ihr folgten Cornelia&rsquo;s Augen.</p>
- <p class="line">Weinend hob sie die Händ&rsquo; ihr nach, und sagte beklommen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Vieles duldet&rsquo; ich einst: mit ehernem Muthe getragen</p>
- <p class="line">Hab&rsquo; ich den Tod der Söhn&rsquo;, wie es heischte die Würd&rsquo; und der Ahnen</p>
- <p class="line">Beispiel. Im Busen erglühte mir heiß die Liebe des Nachruhms:</p>
- <p class="line">Mutter der Gracchen zu seyn, und zu heißen der römischen Frauen</p>
- <p class="line">Erst&rsquo; in der Gegenwart und spät in der kommenden Zeit noch,</p>
- <p class="line">Und mich ehrte mein Volk; doch, sah, bewundernd, ein Aug&rsquo; hier,</p>
- <p class="line">Welche Qualen sie litt, und wie, in der einsamen Felsnacht?</p>
- <p class="line">Nur das hohe Gesetz des göttlichen Lehrers ihr Leitstern;</p>
- <p class="line">Seine Lieb&rsquo; ihr Trost; ihr Ziel das bessere Leben.</p>
- <p class="line">O daß ich fern ihm wandelte &mdash; fern, auf dem düsteren Irrpfad!&ldquo;</p>
- <p class="line">Süßer als Harfengetön im Zauber der nächtlichen Stille</p>
- <p class="line">Scholl aus dem Luftraum ihr der sanfteinladende Zuruf:</p>
- <p class="line">&bdquo;Schweb&rsquo; empor, Cornelia! Einst tönt dir aus den Himmeln,</p>
- <p class="line">Wonnig-ersäuselnd, der Born unendlicher Huld und Erbarmung!&ldquo;</p>
- <p class="line">Wie des Morgens Strahl auffleugt am rosigen Himmel,</p>
- <p class="line">Flog sie empor, auf einem der flammenden Sterne zu weilen,</p>
- <p class="line">Welche, dem Lichtreich nah&rsquo;, im schöneren Laufe dahinzieh&rsquo;n.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-261" class="pagenum" title="261"></a>
- <p class="line">Doch nun drang Toledo, der Held, dem Sturme vergleichbar,</p>
- <p class="line">Der die Heide durchtobt in trüberen Tagen des Herbstes,</p>
- <p class="line">Immer des See&rsquo;s Gestad&rsquo; entlang zum Felsen hinüber.</p>
- <p class="line">Freudig brausten die Scharen ihm nach. An dem edelen Feldherrn</p>
- <p class="line">Hing mit Liebe das Volk, der, immer so kühn, in Gefahren</p>
- <p class="line">Ruhm sich errang, und Ruhm und Ehre gewährte dem Krieger.</p>
- <p class="line">Schon erblickt&rsquo; er das Ziel; doch, ach, von Schauder ergriffen,</p>
- <p class="line">Sah er zugleich unendliche Macht der feindlichen Reiter,</p>
- <p class="line">Spähend, umstellen den Fels, geführt von dem schrecklichen Dragut!</p>
- <p class="line">Lautaufseufzte der Held: er wähnte verrathen des Felsens</p>
- <p class="line">Dunkele Höhl&rsquo;, und ihm entrissen das edelste Kleinod.</p>
- <p class="line">Dragut gewahret&rsquo; ihn auch, und sann: ob er dem Verhaßten</p>
- <p class="line">Nahe, ob nicht? Doch schnell gedacht&rsquo; er der List, und urplötzlich</p>
- <p class="line">Jagt&rsquo; er davon, zum Hinterhalte die Feinde zu locken.</p>
- <p class="line">&bdquo;Tapferer Greis,&ldquo; so rief Toledo dem römischen Feldherrn,</p>
- <p class="line">&bdquo;Sey des Volkes leitender Hort! Verfolge die Gegner</p>
- <p class="line">Rasch hin, bis ich die Gattinn erlöst&rsquo; aus dem bergenden Fels hier,</p>
- <p class="line">Und mit Kurd, dem edelen Freund, entsandt&rsquo; in das Lager:</p>
- <p class="line">Denn mich heißet die Pflicht noch fürder im Kampfe zu stehen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Freudig gehorchte der tapfere Greis, Ursini. Des Jünglings</p>
-<a id="page-262" class="pagenum" title="262"></a>
- <p class="line">Feuer beseelt&rsquo; ihm die Brust: er eilte dem fliehenden Feind nach.</p>
- <p class="line">Wie die Löwinn, die erst auf dem Lager die Jungen zurückließ,</p>
- <p class="line">Hörend des Panthers Gebrüll fernher, schnell wieder zurückkehrt,</p>
- <p class="line">Vor die Höhle sich stellt, und harret des kommenden Gegners:</p>
- <p class="line">Denn sie vertrauet dem Muth und der siegenden Stärke: so muthig</p>
- <p class="line">Blickte Toledo umher (nicht Tausenden wär&rsquo; er gewichen)</p>
- <p class="line">Sprang aus dem Sattel mit Kurd, und legte mit zitternden Händen,</p>
- <p class="line">Nahe dem Felseingang, die blinkenden Waffen dann nieder;</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf, nicht ahnend im Geist die entsetzliche Nähe des Jammers,</p>
- <p class="line">Half er dem treuen Gefährten, und hob, und wälzte vom Eingang,</p>
- <p class="line">Stöhnend, den mächtigen Block, und räumete Schutt und Gesträuch weg.</p>
- <p class="line">Weit aufgähnte die Höhl&rsquo;. Er stieg: &bdquo;Mathilde! Mathilde!&ldquo;</p>
- <p class="line">Rufend, hinab. O Jammer, da sträubten, wie Stacheln des Igels,</p>
- <p class="line">Ihm von der Scheitel die Haare sich auf. Ein Schrei des Entsetzens</p>
- <p class="line">Schmettert&rsquo; aus seiner Brust; weit vorgebogen, und krampfhaft</p>
- <p class="line">Faltend die Händ&rsquo; an der Stirn&rsquo;, hinstarrt&rsquo; er mit leblosen Augen &mdash;</p>
-<a id="page-263" class="pagenum" title="263"></a>
- <p class="line">Starrt&rsquo;, und sah die Gattinn entseelt auf dem Boden, und ihr gleich,</p>
- <p class="line">Schlummernd an holder Mutterbrust den lieblichen Säugling.</p>
- <p class="line">Leis&rsquo; nur athmet&rsquo; er noch, und sank erblassend zusammen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">D&rsquo;rüben lag Ursini dem Feind, verfolgend, im Rücken.</p>
- <p class="line">Unablässig erkrachte das Rohr, und säte Vernichtung</p>
- <p class="line">Unter die fliehende Schar; doch plötzlich brach vom Gehölz her,</p>
- <p class="line">Lauernd im Hinterhalte, der Feind auf den Sieger, und sandte</p>
- <p class="line">Zahllosschwirrende Pfeile heran. Da wandte sich Dragut</p>
- <p class="line">Eilig zu seinem Volk, und rief mit grimmigen Blicken:</p>
- <p class="line">&bdquo;Jetzt umzingelt sie schnell. Sie sollen den Frevel mir büßen,</p>
- <p class="line">Den ihr Führer verübt&rsquo;. Und, ha, nicht erseh&rsquo; ich ihn drüben</p>
- <p class="line">Unter der Schar! Hat etwa der Unsern Geschoß ihn ereilet,</p>
- <p class="line">Oder, wich er feige zurück, weil Dragut ihm nahte?&ldquo;</p>
- <p class="line">Flugs umbrausten mit wildem Geschrei die maurischen Reiter,</p>
- <p class="line">Dragut folgend, und flugs numidische Horden, die Christen.</p>
- <p class="line">Aber der tapfere Greis, dem jetzt die feindliche Kugel</p>
- <p class="line">Stürmend die Rechte durchfuhr, erhob mit der Linken den Degen,</p>
- <p class="line">Ordnete schnell die Reihen, und rief den Geordneten: &bdquo;Feuer!&ldquo;</p>
- <p class="line">Denn sie hatten gezielt: da feuerten alle mit einmal</p>
- <p class="line">Ihre Gewehr&rsquo; ab: sie krachten, durch Rauch und Flammen versendend</p>
- <p class="line">Furchtbare Kugelsaat zur blutigen Ernte des Todes.</p>
-<a id="page-264" class="pagenum" title="264"></a>
- <p class="line">Schnaubend prallten die Rosse zurück; der wilde Numider</p>
- <p class="line">Wankte; von Schrecken betäubt, verweilte der maurische Reiter.</p>
- <p class="line">Nun gedacht&rsquo; Ursini der Flucht, der rettenden. Fliehend</p>
- <p class="line">Drängt&rsquo; in das Feuerrohr der Krieger des Todes Geschosse;</p>
- <p class="line">Stellte sich wieder, ereilt, und trieb die stürmenden Haufen</p>
- <p class="line">Mordend zurück. Doch wie der Staar&rsquo; unzählige Scharen,</p>
- <p class="line">Lüstern nach Traubenblut, die Rebenhügel umflattern:</p>
- <p class="line">Weder der Hüther Geschrei, noch die rastlos tönende Klapper</p>
- <p class="line">Scheucht sie völlig hinweg &mdash; stets kehren die Lästigen wieder:</p>
- <p class="line">Also umschwärmte der Feind die Fliehenden: Manchem das Leben</p>
- <p class="line">Raubend mit tödlichem Stahl, und fernhin scholl das Getümmel.</p>
- <p class="line">Dragut sah, erstaunt, die Waffen Toledo&rsquo;s am Boden</p>
- <p class="line">Liegen. Er sprang voll Hast aus dem Sattel, und stieg in den Felsschlund</p>
- <p class="line">Rachebeflügelt hinab. Sein spähendes Auge gewahrte</p>
- <p class="line">Bald den Ersehnten im Grabesgewölb&rsquo;, und er jauchzte vor Wuth auf;</p>
- <p class="line">Aber sein Flammenblick, den starrenden Blicken Toledo&rsquo;s</p>
- <p class="line">Folgend, sah die entseelete Frau. Da faßte des Todes</p>
- <p class="line">Schauer ihn an: der Laut erstarb auf den Lippen ihm; wankend</p>
- <p class="line">Sucht&rsquo; er des Tages Licht, und stöhnte noch laut vor Entsetzen.</p>
- <p class="line">Schon braust&rsquo; ihm sein Volk entgegen im schmählichen Rückzug,</p>
-<a id="page-265" class="pagenum" title="265"></a>
- <p class="line">Von dem Feinde gejagt: denn Alba&rsquo;s siegende Reiter</p>
- <p class="line">Brachten Ursini&rsquo;s umstürmter Schar ersehnete Rettung.</p>
- <p class="line">Dragut schwang sich behend auf&rsquo;s Pferd, zu entkommen den Augen</p>
- <p class="line">Hairaddins, daß er nicht feig ihn heiße, die blässeren Wangen</p>
- <p class="line">Schauend im Waffenfeld: nicht ahnend, was ihn betroffen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Muhamed, der die Wälschen umdrängt, in grauser Verfolgung</p>
- <p class="line">Weichen sah, erregte den Muth des flüchtenden Herrschers,</p>
- <p class="line">Hairaddin, kühn zu besteh&rsquo;n des Kaisers anstürmende Heersmacht.</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie,&ldquo; so rief ihm der Geist, &bdquo;du, Hairaddin, schrecklicher Krieger,</p>
- <p class="line">Wendest den Rücken dem Feind&rsquo;? Erschlafften des tapfersten Herzens</p>
- <p class="line">Schwingen so ganz, daß es scheu vor Schlachtengetümmel zurückbebt?</p>
- <p class="line">Auf, und versuch&rsquo; erneueten Kampf: denn Siegesgejauchz&rsquo; tönt</p>
- <p class="line">Dort von des See&rsquo;s Gestad&rsquo;, wo Dragut, der Schreckliche, kämpfte!&ldquo;</p>
- <p class="line">Hairaddin horcht&rsquo;, und vernahm fernher Getümmel und Schlachtruf.</p>
- <p class="line">Donnernd schrie er den Flüchtenden: &bdquo;Halt!&ldquo; und stellte die Haufen</p>
- <p class="line">Gegen des Feindes Macht mit kampfanbiethender Stirn auf.</p>
-<a id="page-266" class="pagenum" title="266"></a>
- <p class="line">Auch das Siegel von Gold, das hell an der tapferen Brust ihm</p>
- <p class="line">Schimmerte, sandt&rsquo; er an Dragut hin: ein furchtbares Zeichen</p>
- <p class="line">Großer Gefahr, und des Ungehorsams dräuender Strafen,</p>
- <p class="line">Daß er ihm eine die Macht. Wie auf Windes Flügeln enteilte &mdash;</p>
- <p class="line">Spornte das Roß Ben-Dar, der Araber, der ihm ein Liebling</p>
- <p class="line">War vor allen im Heer&rsquo; mit dem kühnvordringenden Kampfmuth.</p>
- <p class="line">Aber vergebens spornt&rsquo; er das Blut aus den Seiten des Renners;</p>
- <p class="line">Hairaddin forschte nach Dragut umsonst: denn, fern von dem Schlachtfeld,</p>
- <p class="line">Nahet&rsquo; er schon im Flug den Thoren von Tunis, getrieben</p>
- <p class="line">Von entsetzlicher Angst. Ihm keuchte sein bebendes Volk nach.</p>
- <p class="line">Wie, verirrt auf Sibiriens schneeiger Heide, der Weidmann</p>
- <p class="line">Aengstlich forschend sich müht, den ihm entschwundenen Heimweg</p>
- <p class="line">Wieder zu finden, und jetzt am Rande des Himmels ein Wölkchen</p>
- <p class="line">Leis&rsquo; aufschwebt: da wähnt&rsquo; er, getäuscht, die trauliche Hütte</p>
- <p class="line">Sey es, und freut sich der Gattinn schon und der harrenden Kindlein;</p>
- <p class="line">Aber das Wölkchen schwand, und trostlos kehrt ihm der Abend:</p>
- <p class="line">Also getäuscht sah Hairaddin unmuthsvoll zu dem Seestrand</p>
-<a id="page-267" class="pagenum" title="267"></a>
- <p class="line">Forschend hinaus: denn fern&rsquo; ihm floh die ersehnete Kriegsschar.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und jetzt durchtobte zugleich das entsetzliche Schlachtfeld</p>
- <p class="line">Lärmenden Sieges Getös&rsquo;, und Flucht und grause Verwirrung!</p>
- <p class="line">Dort brach Lichtsteins Volk, des herrlichen Schanzenerstürmers,</p>
- <p class="line">Jauchzend heran, und hier ihm brauste, dem wilden Orkan gleich,</p>
- <p class="line">Alba&rsquo;s siegende Macht entgegen. Er blickte verzweifelnd</p>
- <p class="line">Um sich her, und geboth den bebenden Scharen den Heimzug.</p>
- <p class="line">Mordend folgten die Sieger ihm nach. Vom Blute geröthet</p>
- <p class="line">Wies sich den Kehrenden weit die siegverherrlichte Laufbahn.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Nahe dem Felsenschlund saß Kurd. Er senkte die Augen</p>
- <p class="line">Tief zur Brust, und schimmernde Thränen benetzten sein Antlitz,</p>
- <p class="line">Als der Kaiser an ihm vorüberzog in dem Siegslauf.</p>
- <p class="line">Dieser sprengte das Roß jetzt näher, und forschte mit Sorgfalt:</p>
- <p class="line">Was ihn betrübt&rsquo;? Doch Kurd erhob sich, und führte den Herrscher</p>
- <p class="line">Ein in des Grabes Nacht, in die Wohnung unsäglicher Trauer.</p>
- <p class="line">Dort erbebte sein fühlendes Herz des Menschengeschickes</p>
- <p class="line">Nächtlichstem Bild. Er schwieg; doch dringender Hülfe gedenkend,</p>
- <p class="line">Faßt&rsquo; er Toledo am Arm, und stieg in die Helle des Tages</p>
- <p class="line">Rasch mit dem Wankenden auf; dann rief er dem treuen Gefährten:</p>
-<a id="page-268" class="pagenum" title="268"></a>
- <p class="line">&bdquo;Kurd, erhebe dich schnell, und häufe die Trümmer mit Vorsicht</p>
- <p class="line">Auf an dem Schlund: denn bald erhöh&rsquo;n wir, als Sieger, Mathildens</p>
- <p class="line">Denkstein, der ihr Trauergeschick verkünde der Nachwelt,</p>
- <p class="line">Und an den Wechsel des Erdenglücks den Sterblichen mahne!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also geschah&rsquo;s. Doch heim zu dem Zelte des gütigen Kaisers</p>
- <p class="line">Schritt mit Toledo das trauernde Roß; er lenkte das eig&rsquo;ne</p>
- <p class="line">Sorglich ihm an der Seit&rsquo;, und sann voll Huld auf dem Heimweg,</p>
- <p class="line">Wie er das leidenerstarrete Herz zum Leben erwärme?</p>
- <p class="line">Und der ersehnete Abend sank. Die kehrenden Scharen</p>
- <p class="line">Eilten mit Siegesgesang, vom Gewirbel der drönenden Trommel</p>
- <p class="line">Und Drometengeschmetter umtönt, zurück nach dem Lager.</p>
- <p class="line">Weithin dehnte sich schon der riesige Schatten der Krieger</p>
- <p class="line">Und der Ross&rsquo;, auf dem Sand. Die Sonne blickte noch einmal</p>
- <p class="line">Ueber des Meer&rsquo;s hellschimmernde Fluthen herüber, und sandte</p>
- <p class="line">Scheidend, aus Rosengluth, auf den Fittigen säuselnder Lüftchen,</p>
- <p class="line">Endlich die Labung dem Heer&rsquo; in der mildumschmeichelnden Kühlung.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-11">
-<a id="page-269" class="pagenum" title="269"></a>
-Zehnter Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">N</span><span class="postfirstchar">och</span> umhüllete Nacht mit finsterem Schleier Goletta&rsquo;s</p>
- <p class="line">Schweigende Flur; nicht sanftaufdämmerndes Roth an des Ostens</p>
- <p class="line">Duftigem Himmelsthor, nicht Geflister der lieblichen Sänger</p>
- <p class="line">Kündigte noch das Erwachen des Tag&rsquo;s aus schauernden Zweigen,</p>
- <p class="line">Als im erleuchteten Zelt der Kaiser mit seinen Erwählten,</p>
- <p class="line">Doria, Guasto, und Eberstein, im wichtigen Kriegsrath</p>
- <p class="line">Saß, und Jegliches ordnete, nun zu erstürmen die Festung.</p>
- <p class="line">Näher gerückt war ihr das schanzende Volk, und gewahrte</p>
- <p class="line">Jetzo gerechtes Ziel, die furchtbare Bombe zu schleudern.</p>
- <p class="line">Mächtige Schlünde, den Kriegern genannt die &bdquo;Mauerzertrümmrer&ldquo;,</p>
- <p class="line">Sah&rsquo;n aus dem Schanzkorb schon zur Veste hinüber, und ringsum</p>
- <p class="line">Lagen am Wall Sturmleitern gehäuft. Entlassend die Helden</p>
- <p class="line">Aus dem Gezelt, sprach noch der erhabene Kaiser mit Nachdruck:</p>
- <p class="line">&bdquo;Segen des Himmels mit euch! Bald soll in heißeren Stunden</p>
-<a id="page-270" class="pagenum" title="270"></a>
- <p class="line">Sturmdrometender Ruf vor Goletta&rsquo;s Mauern uns einen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Doria eilte zum Meeresstrand, zur spähenden Vorhuth</p>
- <p class="line">Guasto; nur Eberstein stand noch, und sagte bekümmert:</p>
- <p class="line">&bdquo;Nagender Gram erfüllet die Brust der Deutschen; sie klagen:</p>
- <p class="line">Nur Hispaniens Söhn&rsquo; und Wälschlands theilten Gefahren,</p>
- <p class="line">Ruhm und Ehre mit dir; sie stünden vergessen im Lager,</p>
- <p class="line">Minder geachtet im Heer und deines Vertrauens nicht würdig.&ldquo;</p>
- <p class="line">Lächelnden Blick&rsquo;s, doch sanft verweisend, entgegnete jener:</p>
- <p class="line">&bdquo;Häget des muthigen Volkes Hort den nagenden Unmuth</p>
- <p class="line">Auch in der tapferen Brust? Nicht vorlaut tadle der Krieger,</p>
- <p class="line">Was ich im ernsten Gemüth, auf Jegliches achtend, beschlossen.</p>
- <p class="line">Spanier, Wälsch&rsquo;, und Deutsche, sie all&rsquo; sind theuere Kinder</p>
- <p class="line">Mir, und jen&rsquo; errangen sich schon erfreuenden Siegsruhm;</p>
- <p class="line">Aber noch höheren Muth erheischt, im Felde der Waffen,</p>
- <p class="line">Winkend zu Thaten, das höhere Ziel. Bald sollt ihr ersehen,</p>
- <p class="line">Ob ich dem Deutschen vertraut&rsquo;, ein Deutscher, und dankend mich ehren.&ldquo;</p>
- <p class="line">Freudigen Blick&rsquo;s enteilte der Held, den harrenden Brüdern</p>
- <p class="line">Tröstend zu nah&rsquo;n, und zu ordnen die Scharen zum Sturme Goletta&rsquo;s:</p>
- <p class="line">Denn schon wüthete ringsumher des eh&rsquo;rnen Geschützes</p>
- <p class="line">Furchtbar donnernde Macht. Bald hier von den kreisenden Schanzen;</p>
- <p class="line">Bald von dem Meerstrand dort, hinsausten die schrecklichen Kugeln.</p>
-<a id="page-271" class="pagenum" title="271"></a>
- <p class="line">Aber nicht minder zurück vom Walle der trotzenden Festung</p>
- <p class="line">Sausten im Donnerlaut die schmetternden hin und herüber:</p>
- <p class="line">Bebend drönte die Erd&rsquo;, aufheulte der flammende Luftkreis.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hannibal sah vom Gewölk die Christen im mächtigen Vortheil;</p>
- <p class="line">Sah nach Goletta hin die Donnerschlünde gewendet,</p>
- <p class="line">Ringsum Gedräng&rsquo; und Hast, das herrliche Ziel zu erringen,</p>
- <p class="line">Und erbebte vor Zorn. Der Kampferfahrne gedachte</p>
- <p class="line">Jetzo der List, und flog nach der Veste hinüber, wo Sinam</p>
- <p class="line">Erst auf dem Rasen des Walls entschlummerte, sorgenermüdet:</p>
- <p class="line">Denn in dem nächtlichen Grau&rsquo;n vernahm er Getös&rsquo; in den Schanzen,</p>
- <p class="line">Und entsandte die Späher sogleich. Nun sah er im Traumbild</p>
- <p class="line">Rings versinken den Wall umher, und die Mauern Goletta&rsquo;s</p>
- <p class="line">Stürzen, zertrümmert, in Staub, daß furchtbar gähnte der Abgrund.</p>
- <p class="line">Krampfhaft faßt&rsquo; er den Rasen, und stöhnt&rsquo;, als Hannibal jetzt ihn,</p>
- <p class="line">Leise genaht, aufboth mit den mutherregenden Worten:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sinam, du ruhest dahier, ein Träumender? Schande dem Trägen!</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo; schon wühlte der Feind, wie im nächtlichen Boden der Maulwurf,</p>
- <p class="line">Viel verzweigte Gänge sich bahnt, Laufgräben von Neuem,</p>
- <p class="line">Gegen die Veste sich auf; er häufte die Schanzen, und führte</p>
-<a id="page-272" class="pagenum" title="272"></a>
- <p class="line">Riesenschlünde heran, zermalmenden Donner zu wecken!</p>
- <p class="line">Schwand dir völlig die Kraft, Abwehr zu ersinnen und Kriegslist?</p>
- <p class="line">Wie, wenn Tapfere, nur das Geschütz zu verderben, entschlossen,</p>
- <p class="line">Hastig am Zündrohr dort einkeilten den eisernen Nagel</p>
- <p class="line">So, daß im weicheren Erz die scharf gehämmerten Kanten</p>
- <p class="line">Hafteten, und der Entschluß Errettung schaffte den Eu&rsquo;ren?</p>
- <p class="line">Auf, und erwäge die That: dem Kühnen gesellt sich das Glück nur!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sinam entfuhr dem Rasen voll Hast, und dachte verwundert:</p>
- <p class="line">Ob er geträumt &mdash; ob Gottes Prophete den kühnen Gedanken</p>
- <p class="line">Ihm in die Seele gelegt? Doch als er die Späher vernommen,</p>
- <p class="line">Flog er zu Giaffar hin, und sagte mit leuchtendem Antlitz:</p>
- <p class="line">&bdquo;Tapferer Aga, vernimm mit Staunen, was Gottes Prophet&rsquo; erst</p>
- <p class="line">Mir an die Seele gehaucht, im sinnebetäubenden Schlummer!</p>
- <p class="line">Wieder gelang&rsquo;s, so melden die Späher, dem Feinde, Goletta&rsquo;s</p>
- <p class="line">Mauern durch Schanzen zu nah&rsquo;n: uns droht gewisses Verderben</p>
- <p class="line">Heute noch, wo uns nicht rettet der Muth und entschlossene Kühnheit.</p>
- <p class="line">Auf zu dem herrlichsten Sieg! In der glühenden Stunde des Mittags,</p>
- <p class="line">Wenn, ermattet, die Fremdlinge ruh&rsquo;n, bestürme die Schanzen</p>
-<a id="page-273" class="pagenum" title="273"></a>
- <p class="line">Du mit erlesenem Volk. Das schwere Geschütz zu verderben,</p>
- <p class="line">Hastig am Zündrohr dort einkeil&rsquo; es den eisernen Nagel</p>
- <p class="line">So, daß im weicheren Erz die scharfgehämmerten Kanten</p>
- <p class="line">Haften, und uns hinfort die Vestezertrümmrer nicht schaden.</p>
- <p class="line">Groß ist des Sieges Gewinn, und dein: unsterblicher Nachruhm!&ldquo;</p>
- <p class="line">Giaffar blickte mit Ernst dem stattlichen Schirmer Goletta&rsquo;s</p>
- <p class="line">Lang&rsquo; in die flammenden Augen, und sprach, als jener verstummte:</p>
- <p class="line">&bdquo;Nicht Unwichtiges sann, du Tapferer, jetzo dein Geist aus;</p>
- <p class="line">Oder dir nahte der große Prophet, wie du sagtest, in Wahrheit,</p>
- <p class="line">Sturm gebiethend, und dort das Vernageln des Donnergeschützes,</p>
- <p class="line">Wo in den Schanzen umher unzählig die tapferen Völker</p>
- <p class="line">Wachen! Aber, wohlan: nie bebte des Kampfes Gefahren</p>
- <p class="line">Giaffar noch, und sollt&rsquo; er im Sturm auch fallen, er bebt nicht!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also enteilt&rsquo; er sogleich, und rief die kühnen Gefährten,</p>
- <p class="line">Jauchzend, zum Sturmgang auf; doch Sinam sah ihm erstaunt nach.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Schon entfloh&rsquo;n die Schatten der Nacht; der freundliche Morgen</p>
- <p class="line">Streuete Rosen umher an des hellaufstrahlenden Ostens</p>
- <p class="line">Goldenem Thor, und mit glühender Stirn&rsquo; erhob sich die Sonne,</p>
- <p class="line">Froh zu durchlaufen die Bahn in des Weltalls endlosen Räumen;</p>
-<a id="page-274" class="pagenum" title="274"></a>
- <p class="line">Aber nicht lange, so fleugt vor ihrem Blicke Verderben,</p>
- <p class="line">Jammer, und Tod aus den furchtbar&rsquo;n Gluthgefilden der Wüsten</p>
- <p class="line">Ueber die Christen heran: denn schon empöret der Windstoß,</p>
- <p class="line">Wirbelnd, den flimmernden Sand; weit gährt, und zischet die Meersfluth.</p>
- <p class="line">Wer entflammte den Unhold dort, dem Heere der Christen</p>
- <p class="line">Tödlich zu nah&rsquo;n? Wer stand ein Rettender über dem Kriegsheer?</p>
- <p class="line">Muhamed saß, ergrimmteren Blick&rsquo;s, auf dem goldenen Halbmond,</p>
- <p class="line">Der von den Zinnen des Minarets, des wolkengethürmten,</p>
- <p class="line">Ueber die mächtige Stadt hinschimmerte, Moslems zur Wonne.</p>
- <p class="line">Wie Gewittergewölk auf das Hochgebirge sich lagert:</p>
- <p class="line">Gährende Blitz&rsquo; umröthen den Saum des finster&rsquo;n, und furchtbar</p>
- <p class="line">Droht in die Thäler herab sein bald erkrachender Donner:</p>
- <p class="line">Also saß er erhöht auf dem Thurm. Die Schanzen gewahrend,</p>
- <p class="line">Dacht&rsquo; er Goletta&rsquo;s Sturz, und der Feind&rsquo; unendlichen Sieg&rsquo;sruhm &mdash;</p>
- <p class="line">Dacht&rsquo; es, und knirschte vor Wuth, und wühlte mit zuckender Rechten</p>
- <p class="line">Dann in dem Busen; die Linke zerkrümmte die Hörner des Halbmonds.</p>
- <p class="line">Jetzt auffuhr er in Hast. Wie aus tiefen Träumen erwachend,</p>
-<a id="page-275" class="pagenum" title="275"></a>
- <p class="line">Starrt&rsquo; er umher, und winkte den ringsumschwebenden Geistern:</p>
- <p class="line">Attila selbst, mit dem wilden Gefolg, dann seinen Erwählten;</p>
- <p class="line">Jetzt auch Hannibals Schar: denn er umschwebte Goletta&rsquo;s</p>
- <p class="line">Mauern, und harrte des Kampfs im schlündeverderbenden Anfall.</p>
- <p class="line">&bdquo;Mir nach,&ldquo; rief er der Geisterschar, &bdquo;Aethiopiens Scheusal</p>
- <p class="line">Beut uns schreckliche Macht zur Rach&rsquo;, in des Feindes Vernichtung!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und sie entflogen all&rsquo; im Schrei des empöreten Ingrimms.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Ueber Zender und Gingir<a class="fnote" href="#footnote-60" id="fnote-60">[60]</a> hinaus, wo rings um den Erdball</p>
- <p class="line">Sich der Gleicher<a class="fnote" href="#footnote-61" id="fnote-61">[61]</a> schlingt, gleich fern von dem Süd- und dem Nordpol</p>
- <p class="line">(Denn so ersann der stern&rsquo;erforschende Weise das Zeichen:</p>
- <p class="line">Ahnend der Erd&rsquo; Umschwung um die eigene Achse, mit jenem</p>
- <p class="line">Schräg&rsquo; an der Sonn&rsquo; umher, in des Jahrs umrollenden Tagen)</p>
- <p class="line">Dort in Afrika&rsquo;s Schooß, wo im öden Gefilde nicht, schattend,</p>
- <p class="line">Säuselt der Baum, nicht liebliches Grün entzücket die Augen,</p>
- <p class="line">Und von dem Flammenthron, senkrecht, versengende Strahlen</p>
- <p class="line">Schleudert die Sonn&rsquo; auf den kochenden Sand, der ewig der Wüsten</p>
- <p class="line">Unermeßlichen Raum in des Todes Trauergewand hüllt:</p>
- <p class="line">Dort umstarrt, gen Himmel gethürmt, ein Felsengebirg rings</p>
-<a id="page-276" class="pagenum" title="276"></a>
- <p class="line">Ein entsetzliches Thal, wohl hundert Meilen im Umkreis.</p>
- <p class="line">Nicht die Gems&rsquo; mit dem eisernen Muth und den ehernen Klauen,</p>
- <p class="line">Fänd&rsquo;, aufklimmend, Bahn an der steilaufragenden Felswand,</p>
- <p class="line">Und aus der Tiefe herauf, die gräulich, vom Donner gespalten,</p>
- <p class="line">Gähnet, erhebt sich ein Flammenmeer, und wirbelt, und brauset</p>
- <p class="line">Auf zu des Kessels Rand, vom kochenden Schwefel und Erdharz</p>
- <p class="line">Unversiegend genährt. Doch weh&rsquo;, wenn, übergefüllet,</p>
- <p class="line">Ihm entstürzet die Fluth! Da erbraust urplötzlich der Luftraum;</p>
- <p class="line">Weit erbebet die Erd&rsquo;; aufhebt sich des Windes Vermögen:</p>
- <p class="line">Säul&rsquo; an Säule gedrückt, fortstürzt er im Flug um den Erdball.</p>
- <p class="line">Wenn er vom Mittelmeer nach Hesperiens Zaubergefilden</p>
- <p class="line">Fleugt: da glühet sein Odem noch, und erschlaffet die Menschen,</p>
- <p class="line">Trübumwölkten Gemüth&rsquo;s. Umkreist er aus Süden des Nordpols</p>
- <p class="line">Eisige Stirn: da deckt der glänzende Reif ihm die Schwingen,</p>
- <p class="line">Und er schüttelt uns Schnee und den blütheverderbenden Frost her;</p>
- <p class="line">Aber, im schnelleren Flug durchbrausend des rosigen Aufgangs</p>
- <p class="line">Fluren, und d&rsquo;rauf, heimkehrend im Sturm, von des Abends Gefilden,</p>
-<a id="page-277" class="pagenum" title="277"></a>
- <p class="line">Haucht er den Regen heran, den dauernden, der aus dem Weltmeer</p>
- <p class="line">Dunstgeboren sich hebt, und die schimmernden Lüfte verdüstert &mdash;</p>
- <p class="line">So wie im Gegenlauf, an des Altais<a class="fnote" href="#footnote-62" id="fnote-62">[62]</a> Höh&rsquo;n, und des Urals<a class="fnote" href="#footnote-63" id="fnote-63">[63]</a></p>
- <p class="line">Oestlichem Rücken erfrischt, er die Regengewölke verscheuchet</p>
- <p class="line">So, daß lieblich und kühl die Bläue des Himmels herabglänzt.</p>
- <p class="line">Also kehret er stets nach den grau&rsquo;numhüllenden Felshöh&rsquo;n</p>
- <p class="line">Wieder, an welchen er ruht, und die Lüft&rsquo; umschwimmen im Gleichmaß.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Dorthin, glühend vor Hast, kam Muhamed jetzt mit den Scharen</p>
- <p class="line">Zahlloser Geister, und hieß sie, mit drohendem Winke der Brauen,</p>
- <p class="line">Schnell umringen den Saum des furchtbarn Felsengebirges;</p>
- <p class="line">Aber er stand. Ihm leckten die dunkelgerötheten Flammen,</p>
- <p class="line">Prasselnd, die Füß&rsquo;, und floh&rsquo;n, und kehrten in wirbelnden Wogen.</p>
- <p class="line">Finster blickte sein Aug&rsquo;, und glüht&rsquo; im Glanze des Feuers</p>
- <p class="line">Schrecklicher noch, da er laut erhob die gewaltige Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Seht, Erwählte des Ruhms, vor allen Scythia&rsquo;s Helden,</p>
- <p class="line">Welchen des Südens Wundergebieth erst heute sich aufhellt,</p>
- <p class="line">Hier im flammenden See den Samyel<a class="fnote" href="#footnote-64" id="fnote-64">[64]</a> &mdash; Völker erbeben</p>
- <p class="line">Schon dem Nahmen allein des todaushauchenden Unholds &mdash;</p>
- <p class="line">Lauern! Er mordet, geweckt, das Leben; im sausenden Eilflug</p>
-<a id="page-278" class="pagenum" title="278"></a>
- <p class="line">Hebt er die Wüst&rsquo;, und stäubt sie empor in die Lüfte: sie wandelt</p>
- <p class="line">Hoch in dem Wolkenreich, nun schnell, nun zögernder vorwärts</p>
- <p class="line">Schreitend die Bahn, und deckt, entstürzend, mit thürmenden Bergen</p>
- <p class="line">Weit die Gefilde. O seh&rsquo;t, o seh&rsquo;t, nach Sahara hinüber!</p>
- <p class="line">Dort in dem Sandmeer wallt, verschmachtenden Herzens, seit Monden</p>
- <p class="line">Schon Karawanengefolg&rsquo; den heimischen Fluren entgegen;</p>
- <p class="line">Weh&rsquo;, und Araber sind&rsquo;s, mein Volk! O, nimmer erblicken</p>
- <p class="line">Sie das Heimathland! Von sinkenden Hügeln begraben,</p>
- <p class="line">Schwinden sie all&rsquo;: ein Schauspiel noch entfernten Geschlechtern,</p>
- <p class="line">Wenn verweht die Hügel entflieh&rsquo;n, und die Starren enthüllt sind.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rum jetzt Rache verübt, die schrecklichste, die noch verübt ward,</p>
- <p class="line">Dort an der christlichen Heeresmacht, der zahllose Moslems</p>
- <p class="line">Schon erlagen im Kampf für den welterleuchtenden Koran,</p>
- <p class="line">Für errungenen Ruhm, und die völkerverschlingende Herrschaft.</p>
- <p class="line">Stürzet vereint in den Flammensee, und empört der Vernichtung</p>
- <p class="line">Gährende Fluth noch mehr, daß selbe nach Tunis hinüber</p>
- <p class="line">Sende den Samyel, der, verschonend die tapferen Moslems,</p>
- <p class="line">Tilge sogleich die Ungläubigen dort mit erstickendem Gluthhauch.&ldquo;</p>
-<a id="page-279" class="pagenum" title="279"></a>
- <p class="line">Siehe, da stürzten sich all&rsquo;, empört von dem schrecklichen Herrscher,</p>
- <p class="line">Jauchzenden Ruf&rsquo;s in den Flammensee. Sie tauchten hinunter</p>
- <p class="line">Bis in des Abgrunds Nacht, und fuhren herauf, und erregten</p>
- <p class="line">Also die Fluth, daß Wog&rsquo; auf Woge geschleudert dahinsank.</p>
- <p class="line">So, wie der Schilfteich braust, wenn plötzlich auf ihn des Orkans Wuth</p>
- <p class="line">Niederstürzt vom Gewölk, und rings die umufernden Dämme</p>
- <p class="line">Ueberfluthend, ergeußt sein dunkles Gewässer: so stürzte</p>
- <p class="line">Von dem Felsen die feurige Fluth. Entsetzlich zu schauen!</p>
- <p class="line">Himmel und Erd&rsquo;, im furchtbar&rsquo;n Wuthkampf ringend; die Sandwüst&rsquo;</p>
- <p class="line">Wandelnd in Wolkenhöh&rsquo;n, und der todaushauchende Gluthwind</p>
- <p class="line">Prasselnd im Sturmesflug nach dem Lager der Christen hinüber,</p>
- <p class="line">Drohten der zitternden Welt die Schrecken des letzten der Tag&rsquo; an.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Doch, auf Goletta&rsquo;s Wall stand Giaffar, herrlichgerüstet,</p>
- <p class="line">Schon vor den Reihen der Janitschar&rsquo;n. Sie staunten dem Hauptschmuck,</p>
- <p class="line">Der von des Tulbans Bund herschimmerte, zierend des Reihers</p>
- <p class="line">Schneegefieder, und gleich dem Fittig des Aars, sich entfaltend;</p>
-<a id="page-280" class="pagenum" title="280"></a>
- <p class="line">Staunten des Säbels Gehäng&rsquo;, voll blitzenden Edelgeschmeides,</p>
- <p class="line">Den Suleyman ihm both, der Prächtige, als er vor Rhodus</p>
- <p class="line">Ruhm sich erwarb, im Sturm durchbrechend das eiserne Seethor.</p>
- <p class="line">Nie gewahrt&rsquo; ihn das Volk so reichgeschmückt in dem Feld noch.</p>
- <p class="line">Jetzo mit leuchtendem Blick&rsquo; erhob er die mächtige Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hört mich, Söhne des Siegs! Schon oft erlagen im Schlachtfeld</p>
- <p class="line">Eurem schrecklichen Arm die Ungläubigen; aber er wüthe</p>
- <p class="line">Heute noch mehr, als dort im Süden der wilde Hamaddan,[<a href="#footnote-64">64</a>]</p>
- <p class="line">Der im Feuergewölk auffleugt, und mit glühendem Odem</p>
- <p class="line">Bald das Lebende tilgt. Auch tödte sie Gram und Verzweiflung,</p>
- <p class="line">Jetzt in dem Ueberfall ihr Geschütz vernichtet zu schauen.</p>
- <p class="line">Auf, und erringet des Sieges Preis, nicht der sinkenden Brüder</p>
- <p class="line">Achtend! Falle wer muß: nur mögen die Seinen ihn rächen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also entflammt&rsquo; er das Volk. Da scholl, wie brandender Wogen</p>
- <p class="line">Rauschen im Meeressturm, und das Brausen im dunkelen Eichwald,</p>
- <p class="line">Den der heulende Nord durchtobt, des stürmischen Volkes</p>
- <p class="line">Wuthausruf, von Goletta&rsquo;s geöffnetem Thore; da rannten</p>
- <p class="line">Alle voll Hast nach der Schanze hinaus, die Ludwig, als Feldherr,</p>
- <p class="line">Strahlend in Jugendglanz, mit den niederländischen Helden</p>
- <p class="line">Und Lusitania&rsquo;s tapferem Volk, krieg&rsquo;skundig beschirmte.</p>
-<a id="page-281" class="pagenum" title="281"></a>
- <p class="line">Dort war lautes Getös&rsquo;, war Rufen. Zur muthigen Abwehr</p>
- <p class="line">Eilte das Volk; doch unaufhaltsam, die Schanzen entlang hin &mdash;</p>
- <p class="line">Nicht des hagelnden Donnerrohr&rsquo;s, nicht der sinkenden Brüder</p>
- <p class="line">Achtend, drangen die Wüthenden auf, und ihr gieriger Aarblick</p>
- <p class="line">Hing an den ehernen Schlünden allein. Ach, sieben umringten</p>
- <p class="line">Sie, vorstürmend in Hast! Bald töneten schmetternde Hämmer</p>
- <p class="line">An dem geflachten Kopf der eisernen Nägel: sie drangen</p>
- <p class="line">Fest in das weichere Erz, des Zündrohrs Höhle verkeilend,</p>
- <p class="line">Und zerstörend des Feldzeugs Macht mit den schneidenden Kanten.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzo wäre noch mehr des schrecklichen Frevels geschehen;</p>
- <p class="line">Aber schon kam, und schrie Lusitania&rsquo;s Zierde den Scharen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Brüder, hört! So ihr feig nicht rächet den schändlichen Frevel,</p>
- <p class="line">Welchen der Feind verübt&rsquo;, entsag&rsquo; ich dem Stabe des Feldherrn</p>
- <p class="line">Jetzt, und hinfort, den mir der edelste Herrscher vertraute,</p>
- <p class="line">Euch zu lenken im Waffenfeld zu Thaten des Ruhmes.</p>
- <p class="line">Ha, willkommen der Tod, wo Schande, nicht Ruhm, mir zu Theil wird!&ldquo;</p>
- <p class="line">Alsbald stürmt&rsquo; er vor, und hieb mit dem sausenden Mordstahl</p>
- <p class="line">Ein in die Scharen, daß links und rechts die Getödteten sanken.</p>
- <p class="line">Wie in dem dunkelen Forst, im Gebell verfolgender Rüden,</p>
- <p class="line">Schnaubend daher ein Eber fleugt: er suchet des Dickichts</p>
-<a id="page-282" class="pagenum" title="282"></a>
- <p class="line">Rings umschattende Nacht, und mäht mit den schrecklichen Hauern</p>
- <p class="line">Nieder die schlanken Stämme &mdash; dem Wüthenden sinket der Wald hin:</p>
- <p class="line">Also stürzete Mann auf Mann des Heldengebiethers</p>
- <p class="line">Würgendem Schwert. Sein Volk, vernehmend den schrecklichen Vorwurf &mdash;</p>
- <p class="line">Schauend den Helden im Kampf, schnob Rache. Nicht Büchsengeschmetter,</p>
- <p class="line">Sausen des Säbels und Speers war jetzt zu vernehmen: die Krieger</p>
- <p class="line">Faßten den Lauf des Feuerrohr&rsquo;s, und schlugen, und drängten,</p>
- <p class="line">Mordend, die Feinde vom Wall. Sie floh&rsquo;n, und Sterbender Röcheln</p>
- <p class="line">Scholl aus dem Graben herauf. Doch bebte das Herz in dem Busen</p>
- <p class="line">Giaffars nicht; er einte die Fliehenden schnell, und gedachte</p>
- <p class="line">Jetzt verderbender noch in den Schanzen des spanischen Volkes,</p>
- <p class="line">Wüthend im Ueberfall, den ehernen Schlünden zu nahen.</p>
- <p class="line">Siehe, da schwebt&rsquo; aus Wolkenhöh&rsquo;n im brausenden Flug&rsquo; ihm</p>
- <p class="line">Attila näher, und schalt im Geistergelispel ihn also:</p>
- <p class="line">&bdquo;Trotzest du nicht auf Kraft und Stärk&rsquo; in dem Heere vor allen?</p>
- <p class="line">Aber nur eitelen Trotz, nicht Thaten gewahrte das Heer noch.</p>
- <p class="line">Kehre zurück, und ford&rsquo;re die tapfersten Gegner zum Zweikampf:</p>
- <p class="line">Ob nicht der Feldherr selbst, im glühenden Muthe der Jugend,</p>
- <p class="line">Dir sich stellt, und erliegt, und zur Sonne dein Nahme sich aufschwingt?&ldquo;</p>
-<a id="page-283" class="pagenum" title="283"></a>
- <p class="line">Giaffar stand, und sann: &bdquo;Heut hol&rsquo; ich,&ldquo; so rief er, &bdquo;den Tod mir,</p>
- <p class="line">Oder den herrlichsten Ruhm. Drometer, gebiethe den Stillstand!&ldquo;</p>
- <p class="line">Fröhlich ertönte das Erz, und Ludewig, kundig der Ritter-</p>
- <p class="line">Sitte, horchte dem ehernen Ruf&rsquo;, und hemmte die Seinen.</p>
- <p class="line">&bdquo;Wer sich von euch,&ldquo; schrie Giaffar laut, &bdquo;im Heere vor allen</p>
- <p class="line">Tapfer erwies, der trete hervor, und stehe zum Kampf mir,</p>
- <p class="line">Einzeln dem einzelnen Mann, so wie einst in der schöneren Vorzeit,</p>
- <p class="line">Schild auf Schild, nah&rsquo; an, die muthigen Helden sich trafen,</p>
- <p class="line">Eh&rsquo; noch Pulver und Blei, o Schmach, aus der Ferne den Tapfer&rsquo;n</p>
- <p class="line">Tückisch zu Boden schlug, und dem Feigeren schonend vorbeiflog!</p>
- <p class="line">Keiner besorge mir Trug und Hinterlist. Ehre gewinnen</p>
- <p class="line">Will ich nach Ritterbrauch: deß ruf&rsquo; ich Allah zum Zeugen.&ldquo;</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Grimmig schritt Alfred, der niederländische Hauptmann,</p>
- <p class="line">Gegen ihn vor, deß&rsquo; Riesenkraft in dem Heere gerühmt war &mdash;</p>
- <p class="line">Stand, und führte den Streich: doch Giaffar schlug ihm das Eisen</p>
- <p class="line">Aus der erstarrenden Faust, daß es blitzend am Sande dahinfuhr.</p>
- <p class="line">Raubet&rsquo; er jetzo vielleicht dem wehrlosen Christen das Leben?</p>
- <p class="line">Nein: denn edeler Stolz erfüllt&rsquo; ihm die Seele mit Großmuth.</p>
-<a id="page-284" class="pagenum" title="284"></a>
- <p class="line">Schnell barg er das blitzende Schwert in die Scheid&rsquo;, und es faßten</p>
- <p class="line">Beide Kämpfer zugleich mit festumklammernden Armen</p>
- <p class="line">Eisern sich an, und beugten einander gleich ringenden Bären,</p>
- <p class="line">Pressend die Brust an die Brust, zur Rechten, zur Linken, daß beiden</p>
- <p class="line">Knirschte der Rücken, und Schweiß von den Gliedern in Strömen herabrann.</p>
- <p class="line">Jener gedachte der List, und schlug von hinten dem Türken</p>
- <p class="line">Rasch mit der Ferse die Beuge des Knie&rsquo;s: ihn niederzustürzen;</p>
- <p class="line">Aber Giaffar stand wie die Eiche so fest auf dem Boden.</p>
- <p class="line">Jetzo, der Uebermacht sich bewußt, und zürnend der Arglist,</p>
- <p class="line">Hob er den Gegner empor, und drückte mit eisernen Sehnen</p>
- <p class="line">Ihn stets fester zur ehernen Brust, daß er, odemberaubet,</p>
- <p class="line">Dort verhauchte den Geist: aus seinen eröffneten Armen</p>
- <p class="line">Fiel er, langgestreckt, auf den Sand. Wie im Schimmer des Abends,</p>
- <p class="line">Lauernd, die Riesenschlang&rsquo; vom Wipfel des Baums, auf den Tieger,</p>
- <p class="line">Der ihm vorüberzieht, urplötzlichen Flugs sich hinüber</p>
- <p class="line">Schwingt, ihn schnell umringelt, und dann zum schütternden Stamm zieht;</p>
- <p class="line">Wie er auch brüllt, und sich mühet, der klemmenden Reife nur einen</p>
- <p class="line">Fest mit den Zähnen und Klau&rsquo;n zu fassen &mdash; umsonst: sie erwürget</p>
- <p class="line">Ihn an dem Stamm&rsquo;, daß ihm laut zerkrachen die Knochen: so würgte</p>
-<a id="page-285" class="pagenum" title="285"></a>
- <p class="line">Giaffars mächtiger Arm den Gegner, und streckt&rsquo; ihn entseelt hin.</p>
- <p class="line">Ganz unduldbarer Schmerz ergriff des tapferen Ludwigs</p>
- <p class="line">Brust: er schrie laut auf, und stürzte dem Türken entgegen.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, da nahte, gelockt von des Kampfes Getöse, der Kaiser,</p>
- <p class="line">Und erstaunte, wie dort Lusitania&rsquo;s herrlicher Sprößling</p>
- <p class="line">Kühn in die Schranken trat mit dem stärkeren Gegner! Ihm schwebte,</p>
- <p class="line">Angstgeweckt, auf die Zung&rsquo; ein Laut, der muthige Krieger</p>
- <p class="line">Hätte gerufen zum Kampf und zur Rettung des trefflichen Jünglings;</p>
- <p class="line">Aber er hemmt&rsquo; auf der Zunge den Laut, daß unrühmliches Mißtrau&rsquo;n</p>
- <p class="line">Nicht mit giftigem Zahn, wie der Borkenkäfer im Hochwald</p>
- <p class="line">Sprossende Bäume zernagt am Mark, daß sie, trauernd, verdorren,</p>
- <p class="line">Ihn verwundete. Doch wie erblick&rsquo; er den Stahl in den Busen</p>
- <p class="line">Seines Lieblings versenkt, und dampfend vom Blute des Theuern?</p>
- <p class="line">Dennoch beherrscht&rsquo; er die Angst, und sah vom gehügelten Erdwall</p>
- <p class="line">Nach dem Waffengefild&rsquo;, ein Sinnender, schweigend hinüber.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Giaffar, stolz des sicheren Sieg&rsquo;s, gewahrte den Jüngling,</p>
- <p class="line">Lächelnd: er pries nun Gott, und dankte dem großen Propheten,</p>
- <p class="line">Der den blühenden Fürstensohn ihm entgegengeführt hat;</p>
-<a id="page-286" class="pagenum" title="286"></a>
- <p class="line">Doch, da er jetzt, wie ein junger Leu dem stärkeren Panther</p>
- <p class="line">Kühn entgegen sich wirft, im schimmernden Felde der Waffen,</p>
- <p class="line">Ueber den blanken Helm den Degen erhebend, daherkam,</p>
- <p class="line">Und sein Blick, mit des Todes Schrecken bewaffnet, ihn faßte,</p>
- <p class="line">Ha, da pocht&rsquo; ihm das Herz, ergriffen von heimlichem Schauder!</p>
- <p class="line">Nun das glühend&rsquo; Aug&rsquo; auf das Auge des Gegners geheftet &mdash;</p>
- <p class="line">Vorwärts stemmend den rechten Fuß im knisternden Sandstaub,</p>
- <p class="line">Strebten die beiden, ergrimmt, die tödlichen Streiche zu führen,</p>
- <p class="line">Und es erbebte die Luft dem rastlos sausenden Mordstahl.</p>
- <p class="line">Da von dem Helm, und dort von dem Stirnbund, Panzer, und Leibrock</p>
- <p class="line">Wußte der Kämpe, gewandt, die Waffe des Kämpen zu fernen:</p>
- <p class="line">Jetzt auffangend den Hieb, und jetzo vereitelnd den Herzstoß.</p>
- <p class="line">Und so hätte die sinkende Nacht allein, in dem Dunkel,</p>
- <p class="line">Heute die Helden getrennt, nicht des Sieg&rsquo;s entscheidender Vortheil;</p>
- <p class="line">Doch als Giaffars Arm zum schrecklichsten Schlage den Säbel</p>
- <p class="line">Hoch aufschwang: da kreischete Ludwigs blitzender Degen</p>
- <p class="line">Laut, an des Säbels Kling&rsquo; abgleitend; da bohrte den Mordstahl</p>
- <p class="line">Sein nachstürmender Arm ihm tief in die pochende Brust ein.</p>
- <p class="line">Rücklings stürzte der stattliche Held; hoch spritzte der Sand auf,</p>
- <p class="line">Als er sank, von der Hand des tapferen Jünglings getödtet.</p>
- <p class="line">Aehnlich der Fichte lag er, die erst die nächtliche Windsbraut</p>
-<a id="page-287" class="pagenum" title="287"></a>
- <p class="line">Krachend dem Boden entriß; der Weidmann schauet am Morgen</p>
- <p class="line">Forschend nach ihr, die rings ihm diente zum leitenden Merkmaal:</p>
- <p class="line">Denn sie ragete hoch, vor allen Bäumen des Waldes,</p>
- <p class="line">Schon Jahrhunderte lang; nun liegt sie zertrümmert am Boden:</p>
- <p class="line">Also lag er im Staub, und erschütternde Stille war ringsum.</p>
- <p class="line">Attila schüttelte grimmig das Haupt: denn seinem Geflister</p>
- <p class="line">Horchte der Kühne zuvor. Er floh, umschart, in der Luft fort.</p>
- <p class="line">Als ein lohnender Ruf den Lippen des Kaisers entfloh&rsquo;n war,</p>
- <p class="line">Und den Sieger umjauchzte sein Volk: da brachen die Gegner</p>
- <p class="line">Furchtbar heran, und Gebrüll, und Fluch, und Verwünschung ertönte</p>
- <p class="line">Schrecklicher noch als der Säbel Geklirr und Geschmetter der Büchsen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hoch von Goletta&rsquo;s Wall gewahrte der tapfere Sinam,</p>
- <p class="line">Wie sein muthiges Volk, erstürmend die Schanze des Feindes,</p>
- <p class="line">Dort zerstörte das eh&rsquo;rne Geschütz, und er hüpfte vor Lust auf;</p>
- <p class="line">Doch als Giaffar wich; zum Zweikampf rief der Drometer &mdash;</p>
- <p class="line">Rief zu Giaffars Fall: da hob er die Hände vor allen,</p>
- <p class="line">Himmelempor, und schrie den versammelten Kriegesgefährten:</p>
- <p class="line">&bdquo;Weh, unseliger Muth, der, treulosen Feinden entgegen,</p>
- <p class="line">Giaffars Seele gereizt! Hinaus, durch jegliches Thor fort,</p>
- <p class="line">Drüben aus grauser Noth den tapfersten Mann zu erretten!&ldquo;</p>
-<a id="page-288" class="pagenum" title="288"></a>
- <p class="line">Also geschah&rsquo;s. Da brausten die Wüthenden näher: so brausen</p>
- <p class="line">Stürme vom Nord, und schleudern die schäumende Fluth zu dem Meerstrand.</p>
- <p class="line">Zwar nicht rettet&rsquo; ihr Muth den Tapferen: denn auf dem Boden</p>
- <p class="line">Lag er gestreckt im Blut, von Ludwigs Rechter getödtet;</p>
- <p class="line">Aber sie stürzten, zur Wuth entflammt, und entsetzlicher Rachgier,</p>
- <p class="line">Eilig daher an den Wall, und gräßlich ertönte der Mordruf.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzo ersah das streitende Volk vom fernen Kairwan<a class="fnote" href="#footnote-65" id="fnote-65">[65]</a></p>
- <p class="line">Und Constantina<a class="fnote" href="#footnote-66" id="fnote-66">[66]</a> herauf, des wildempörten Hamaddans</p>
- <p class="line">Dräuenden Flug, und bebte. In tausend gewirbelten Säulen</p>
- <p class="line">Eilte die Wüst&rsquo; ihm vor: im Knistern des Feuergewölkes</p>
- <p class="line">Deckend des Himmels Bläue mit Grau&rsquo;n und Entsetzen. Die Sonne</p>
- <p class="line">Blinkete trauernd aus ihr, und goß nur düstere Dämm&rsquo;rung</p>
- <p class="line">Ueber die Welt. Ein flammendes Meer aus den schwärzlichen Lüften,</p>
- <p class="line">Und dem Boden nah&rsquo;, anstürmend, der prasselnde Gluthstrom,</p>
- <p class="line">Drohte den Lebenden rings urplötzliche, schnelle Vernichtung.</p>
- <p class="line">Doch zu den Kriegern gewandt, rief laut der erhabene Kaiser:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sollt&rsquo; uns der Samyel nah&rsquo;n, der flammende Menschenerwürger,</p>
- <p class="line">Da gedenket des warnenden Winks: zur Erde geworfen,</p>
- <p class="line">Hüll&rsquo;t in Gewande das Haupt, und harr&rsquo;t an dem Boden, nicht athmend,</p>
- <p class="line">Einige Zeit. Bald tobt der Unhold vorüber &mdash; ihr lebet.&ldquo;</p>
-<a id="page-289" class="pagenum" title="289"></a>
- <p class="line">Dann noch rief er, den flehenden Blick zum Himmel erhebend:</p>
- <p class="line">&bdquo;Allmacht fleugt vor deinem Hauche daher, du Erbarmer;</p>
- <p class="line">Nah&rsquo; uns mit Huld, und errett&rsquo; uns jetzt vor des Samyels Wuth dort!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und aus dem Aethergefild flog nun, dem strahlenden Blitz gleich,</p>
- <p class="line">Seraph Eloa herab, den Christen zur Rettung gesendet.</p>
- <p class="line">Sonst sein Auge so mild wie des Himmels Bläu&rsquo;, und die Stimme</p>
- <p class="line">Sanft wie Harfengetön, war jetzt entsetzlich zu hören,</p>
- <p class="line">Furchtbar zu schau&rsquo;n. Er rief dem Samyel: &bdquo;Halt, und entweiche!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und der Schreckliche floh. Auch kehrten die wirbelnden Säulen,</p>
- <p class="line">Seinem Winke gehorchend, zurück in die einsamen Wüsten.</p>
- <p class="line">Dann auf Muhamed, der zuvor in dem furchtbaren Gluthwind</p>
- <p class="line">Nahte, voll heißer Gier, die Christen vernichtet zu schauen,</p>
- <p class="line">Warf er einen der Blicke herab, der thürmende Felsen</p>
- <p class="line">Hüb&rsquo; aus den Vesten der Erd&rsquo;, und aus Nachtabgründen die Meersfluth.</p>
- <p class="line">Jener entwich. Wie dürres Laub, verweht von dem Sturmwind,</p>
- <p class="line">Schwindet: so schwand er mit seinem Volk. Auch Attila folgte,</p>
- <p class="line">Schreckenbetäubt, ihm nach; aufheulten die flüchtenden Scharen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sinam drängete zweimal schon die Christen vom Blachfeld</p>
-<a id="page-290" class="pagenum" title="290"></a>
- <p class="line">Bis an des Grabens Rand, und so oft, nur schrecklicher warf ihn</p>
- <p class="line">Ludwig wieder dahin, wo, umhügelt von starrenden Leichen,</p>
- <p class="line">Giaffar lag, und im Blutbad schwamm: denn heißer entflammte</p>
- <p class="line">Dort des Getödteten Schau in dem Busen der Seinen des Mordens</p>
- <p class="line">Schreckliche Gier, daß sie standen im Kampf der Entscheidung, und furchtbar</p>
- <p class="line">Wüthete jetzo der Tod auf der siegverherrlichten Stelle.</p>
- <p class="line">Als der Samyel erst, des Seraphs Stimme gehorchend,</p>
- <p class="line">Heim in die Wüste floh, da weckte sein brausender Odem</p>
- <p class="line">Hoch in der Luft und im Schooße der Erd&rsquo; Aufruhr und Empörung.</p>
- <p class="line">Plötzlich thürmte Gewittergewölk am bläulichen Himmel</p>
- <p class="line">Furchtbar sich auf, und goß ein mitternächtliches Dunkel</p>
- <p class="line">Ueber das Waffenfeld, daß der Gegner dem Gegner entrückt schien.</p>
- <p class="line">Nur das Blitzen des Feuerrohr&rsquo;s erhellte zuweilen</p>
- <p class="line">Noch das umnachtete Volk, entflammte des starrenden Kriegers</p>
- <p class="line">Aug&rsquo;, und Harnisch, und Helm, und wies auf dem Feld des Entsetzens</p>
- <p class="line">Leichen auf Leichen gehäuft. Nun schwankte, den Wellen des Meer&rsquo;s gleich,</p>
- <p class="line">Unter den Füßen des Kriegers der Grund; des Kampfes Getümmel</p>
- <p class="line">Schwieg, und &bdquo;Erdbeben!&ldquo; scholl&rsquo;s die zitternden Reihen hinunter.</p>
-<a id="page-291" class="pagenum" title="291"></a>
- <p class="line">Grau&rsquo;nvoll rauschte das Meer; das Schmettern der Schiff&rsquo; an die Schiffe</p>
- <p class="line">Tönete schrecklich, vereint dem Geheul aus der Veste, dem Brüllen</p>
- <p class="line">Aus dem Gehölz, und rings dem Kreischen des kleinen Gevögels,</p>
- <p class="line">Das dem erschütterten Wald entstürzte mit kläglichem Angstruf.</p>
- <p class="line">Jetzt aufflammte der Blitz, und zerriß, von Osten bis Westen</p>
- <p class="line">Strahlend, die finstere Wolkennacht: der furchtbare Donner</p>
- <p class="line">Rollt&rsquo; auf ehernen Rädern ihm nach, und krachte zum Abgrund</p>
- <p class="line">Dumpf, und dumpfer hinab, an des Himmels drönendem Rand hin.</p>
- <p class="line">Brausend erhob der Sturm die sandige Fläche; die Fahnen</p>
- <p class="line">Haucht&rsquo; er zum Himmel empor, und riß auch die Zelt&rsquo; in dem Lager</p>
- <p class="line">Von dem ragenden Pfahl, und wälzte sie fort auf dem Flugsand.</p>
- <p class="line">Schreckenbetäubt entfloh der Feind; doch Ludewig folgte,</p>
- <p class="line">Unerschütterten Muth&rsquo;s, dem flüchtenden nach bis Goletta.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Guasto aufathmete tief; er hielt, von dem Sturme gewendet,</p>
- <p class="line">Jetzo des Mantels flatternden Saum, und sagte dem Kaiser:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie, du weilest noch hier, unbändigen Sinnes, und achtlos</p>
- <p class="line">All der Gefahr, die uns heut&rsquo; aus den hellaufflammenden Lüften,</p>
- <p class="line">Und aus dem Schooße des Abgrunds dräut? Auch stürzet des Regens</p>
-<a id="page-292" class="pagenum" title="292"></a>
- <p class="line">Prasselnde Fluth nun bald aus dem berstenden Wettergewölk her;</p>
- <p class="line">Eile nach deinem Gezelt: es trotzte dem schrecklichen Sturm noch,</p>
- <p class="line">Festeren Bau&rsquo;s; schon fliehen die Feinde vor deinen Erwählten.&ldquo;</p>
- <p class="line">Weder der donnererweckende Blitz, noch der schwankende Boden</p>
- <p class="line">Zog des Kaisers sinnenden Blick vom Kampfe der Helden</p>
- <p class="line">Ab. Er lächelte sanft auch jetzt, und sprach zu Del-Guasto:</p>
- <p class="line">&bdquo;Laß mir den Frieden, o Greis! Ein Gleiches erduldet ihr Tapfer&rsquo;n</p>
- <p class="line">Alle mit mir. Wer schirmt vor Gefahr, die hoch aus den Lüften,</p>
- <p class="line">Tief aus des Abgrunds Nacht uns dräut&rsquo;, als Er, der Erbarmer?</p>
- <p class="line">Sein ist die Macht! Mir wohnt der Fried&rsquo; im vertrauenden Herzen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Doch nun flammte sein Blick, nun bebt&rsquo; ihm die Rechte; den Harnisch</p>
- <p class="line">Hob ihm die pochende Brust, und furchtbar scholl&rsquo;s, da er sagte:</p>
- <p class="line">&bdquo;Donner und Blitz sind mir die Stimme des Herrn, daß ich eile.</p>
- <p class="line">Hebe dich nun, mein tapferer Held, an&rsquo;s Werk der Entscheidung:</p>
- <p class="line">Lenke die Völker heran. Laut brülle sogleich von den Schanzen &mdash;</p>
- <p class="line">Brülle vom Meer das Donnergeschütz zum endlichen Wallbruch,</p>
-<a id="page-293" class="pagenum" title="293"></a>
- <p class="line">Daß wir jetzt in dem Sturm erringen die Veste Goletta!&ldquo;</p>
- <p class="line">Schaudernd blickte der Greis in die flammenden Augen des Herrschers,</p>
- <p class="line">Horcht&rsquo; ihm, schweigend, und ging, nun Jedes in Eile zu ordnen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Schon entströmte der Wolkennacht unendlicher Regen,</p>
- <p class="line">Prasselnd durch Windesgeheul und Gebrülle des rollenden Donners,</p>
- <p class="line">Und umfloß, ein See, die Füße der triefenden Krieger.</p>
- <p class="line">Aber er löschte den Staub, und fesselte mächtig den Flugsand.</p>
- <p class="line">Wie in des Frostes Hauch der fluthende Weiher gefesselt</p>
- <p class="line">Starrt, daß auf ihm, lärmfroh, die muntere Jugend der Eisbahn</p>
- <p class="line">Räume durchfleugt: so erstarrte der Sand, und brachte den Christen</p>
- <p class="line">Frohen Gewinn: denn geübt, im ermattenden Sande zu laufen,</p>
- <p class="line">Nahte der fliehende Feind den Thoren der Veste Goletta.</p>
- <p class="line">Ihm nachbrauste der Sieger im Flug&rsquo;, und Sinam gewahrte,</p>
- <p class="line">Bebend vor Schrecken und Angst, im nah&rsquo;umzingelnden Vorsprung,</p>
- <p class="line">Hier den Gedrängten vermengt die Dränger zugleich, und er rief nun,</p>
- <p class="line">Rettung gebiethend, dem Volk&rsquo;. Aufkrachten des mächtigen Thores</p>
- <p class="line">Flügel, und d&rsquo;rauf, wie ein Bergstrom braust, wenn hoch von dem Gletscher</p>
-<a id="page-294" class="pagenum" title="294"></a>
- <p class="line">Niedergerollt, ein Block erfüllet die engere Thalschlucht,</p>
- <p class="line">Bis er des Bergs Abhang, mit steigendem Grimme, durchwühlend,</p>
- <p class="line">Bahn sich bricht, und die langgehemmten Fluthen zum Abgrund</p>
- <p class="line">Wälzet in schäumender Hast: so stürzten die flüchtenden Scharen</p>
- <p class="line">Sinams durch das geöffnete Thor, mit Lärm und Getümmel.</p>
- <p class="line">Doch nun sandte der Feind, dem also die Rettung gelungen,</p>
- <p class="line">Hagelnde Donnergeschoss&rsquo; und befiederte Pfeile vom Wall her,</p>
- <p class="line">Jubelnd, und warf aus der Schar der raschnachstürmenden Christen</p>
- <p class="line">Manchen Tapferen todt in den Staub. Da dachte des Heimzugs</p>
- <p class="line">Ludwig, der Held, und hieß im drometenden Rufe die Krieger</p>
- <p class="line">Kehren. Nicht folgte des Feldherrn Ruf Diego Davila,</p>
- <p class="line">Fahnenjunker im Heer, entsprossen aus Lissabons Mauern,</p>
- <p class="line">Trotzend auf Jugendkraft, und kühnerer Thaten sich freuend.</p>
- <p class="line">Als er das Jubeln der Feinde vernahm: da ergrimmt&rsquo; er im Herzen,</p>
- <p class="line">Eilte zurück, und klomm, ein kundiger Kletterer, jauchzend</p>
- <p class="line">Auf an dem Wall&rsquo;, und erhöhte die Fahn&rsquo; auf den Zinnen der Festung.</p>
- <p class="line">Jene wehrten es nicht, von erstarrendem Staunen gefesselt;</p>
- <p class="line">Doch bald wühlten in seiner Brust unzählige Lanzen.</p>
- <p class="line">Sinkend faßt er die Fahn&rsquo;, und warf sie herab von der Mauer,</p>
- <p class="line">Sie zu entreißen dem Feind&rsquo;. Er rief dem getreuen Gefährten:</p>
-<a id="page-295" class="pagenum" title="295"></a>
- <p class="line">&bdquo;Albin, rette die Fahne! Sie stand erhöht auf dem Wall hier:</p>
- <p class="line">Herrlichen Siegesruhm winkt&rsquo; euch ihr wehender Schimmer;</p>
- <p class="line">Rette sie kühn, und jenseits noch dir dankt es Davila!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, er lächelte sanft, und freute sich sterbend der That noch!</p>
- <p class="line">Aber der Muthige kam, ergriff, von sausenden Kugeln</p>
- <p class="line">Rings umstürmt, die Fahn&rsquo;, und brachte sie freudig in&rsquo;s Lager.</p>
- <p class="line">Diesem entströmten jetzt die Tapferen, herrlich geordnet.</p>
- <p class="line">Rechts hin führete Guasto die Macht hispanischen Fußvolks,</p>
- <p class="line">Wälschen vereint, und Eberstein, in der Mitte, die Heerschar,</p>
- <p class="line">Die er in Deutschland warb, nun endlich zu Thaten gerufen.</p>
- <p class="line">Aber die Macht lusitanischen Volks und brabantischer Scharen,</p>
- <p class="line">Führete drüben der Held, der Giaffarn siegend erlegte.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Laut erkrachten die Schlünd&rsquo; und Mörser zum endlichen Wallbruch.</p>
- <p class="line">Furchtbar wüthete zwar der Sturm und das grause Gewitter</p>
- <p class="line">Noch, und der röthliche Blitz, im Gefolg des schrecklichen Donners,</p>
- <p class="line">Zischt&rsquo; umher im Gewölk, erhellend die sinkenden Fluthen;</p>
- <p class="line">Aber entsetzlicher noch, mit den Schrecken der Lüfte vermenget,</p>
- <p class="line">Scholl das Krachen der Schlünd&rsquo; umher an der Veste. Der Wurfschütz</p>
- <p class="line">Rührte des Brändchens Rohr mit der Lunt&rsquo;: im bläulichen Rauch flog</p>
-<a id="page-296" class="pagenum" title="296"></a>
- <p class="line">Flamm&rsquo; empor; zurück, dann eilender wieder zur Stelle</p>
- <p class="line">Rollte der eherne Schlund, und warf durch Feuer und Flammen,</p>
- <p class="line">Donnernd, im Bogenwurf, die Kugel zur Veste hinüber.</p>
- <p class="line">So von den Schanzen, und so von dem Meer hinsausten die Kugeln;</p>
- <p class="line">Aber nicht minder zurück von dem Wall der trotzenden Festung,</p>
- <p class="line">Sausten im Donnerlaut die schrecklichen her, und hinüber.</p>
- <p class="line">Rings erbebte der Grund, als sollten die Vesten des Erdballs,</p>
- <p class="line">Von den Orkanen der ewigen Nacht erschüttert, versinken,</p>
- <p class="line">Und die Gefild&rsquo; umher nachstürzen in wüster Zertrümmrung.</p>
- <p class="line">Drüben umfing sie am Meer, dem silbergehörneten Mond gleich,</p>
- <p class="line">Doria&rsquo;s wogende Macht. Aus ihres verehrten Gestirnes</p>
- <p class="line">Bild ihr kam der Jammer gesandt, und die grause Vertilgung.</p>
- <p class="line">Immer entfuhr die <em>Volle Lage</em><a class="fnote" href="#footnote-67" id="fnote-67">[67]</a> dem Raume des Schiffes,</p>
- <p class="line">Das sich der furchtbar&rsquo;n, eiserne Last, aus Rauch und aus Flammen</p>
- <p class="line">Schleudernden Donnergewalt nachbog, und mit sinkendem Rand noch</p>
- <p class="line">Streifte die Fluth. Die sanftergossene Fläche des Meeres</p>
- <p class="line">Rauscht&rsquo; aufbrandend empor. Bald schäumten die bläulichen Wogen,</p>
- <p class="line">Bald erglühten sie tief im Glanze des röthenden Feuers,</p>
- <p class="line">Welches im Flug durchzuckte die Luft. Die Mauern erkrachten &mdash;</p>
-<a id="page-297" class="pagenum" title="297"></a>
- <p class="line">Sanken in Schutt, und dumpf ertönte der Steine Gerassel.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, die Malta gesandt, die nächsten dem felsigen Ufer,</p>
- <p class="line">Schleuderten sonder Rast nach dem Thurm, der hoch aus dem Vorgrund</p>
- <p class="line">Ragte, Verderben! Er neigte das Haupt, sturzdrohend, ein paar Mal;</p>
- <p class="line">Zitterte jetzt, und sank mit grausem Gepolter zusammen:</p>
- <p class="line">Staub flog auf, und Geschrei, wehklagend, und jubelnd ertönte.</p>
- <p class="line">Aber der Kaiser rief: &bdquo;Verdoppelt das Feuer!&ldquo; So riefen</p>
- <p class="line">Guasto, und Rogendorf, und jeglicher Schanze Gebiether,</p>
- <p class="line">Und noch schrecklicher tobte die Wuth des ehernen Feldzeugs.</p>
- <p class="line">Doria brach von dem Meer&rsquo; her donnernd, das eiserne Seethor</p>
- <p class="line">So, daß des Feindes Geschütz dort schon auf dem Walle vernichtet</p>
- <p class="line">Lag, und verstummt&rsquo;. Dann öffnete dicht am Thor von Buschatter</p>
- <p class="line">Ludwig aus seiner Schanz&rsquo;, urplötzlich nach jenem, den Wallbruch,</p>
- <p class="line">Weit, daß ein Wagen durchfuhr, der heim die Garben vom Feld führt;</p>
- <p class="line">Aber die breitere Kluft, daß zwanzig der Krieger, gereihet</p>
- <p class="line">Aneinander, sie leicht durcheileten, sah nach dem Oehlwald,</p>
- <p class="line">Gähnend hinaus: eröffnet mit Macht aus der Schanze der Wälschen,</p>
- <p class="line">Die von Toledo verwaist, nun Guasto&rsquo;s Winken gehorchten.</p>
- <p class="line">Vorwärts stürzte der Wall und die Mauer, und ebnete weithin</p>
- <p class="line">Dort die ersehnete Bahn den Stürmenden, füllend den Graben.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-298" class="pagenum" title="298"></a>
- <p class="line">Nun verstummte zugleich am Himmel das grause Gewitter,</p>
- <p class="line">Nur an des Erdballs drönendem Rand noch murrte der Donner</p>
- <p class="line">Dumpfer hinab, wenn dort der Blitz die feurigen Schwingen,</p>
- <p class="line">Fächelnd, erhob. Aus zerriss&rsquo;nem Gewölk sah bläulich der Himmel</p>
- <p class="line">Her auf das regenerfrischte Gefild, und die scheidende Sonne</p>
- <p class="line">Goß aus dem rosigen Duft des Abends Schimmer herüber,</p>
- <p class="line">Und erhellte gar wunderbar die belagerte Festung.</p>
- <p class="line">Lauter pochte die Brust des edelsten Kaisers; ihm rief nun</p>
- <p class="line">Ahnend das Herz: schon sey die entscheidende Stunde gekommen.</p>
- <p class="line">Jetzt erhob er das Schwert, den Feldherrn Thaten gebiethend,</p>
- <p class="line">Und sie gehorchten dem Wink&rsquo;. Auf dem Land und im wogenden Schiffsraum</p>
- <p class="line">Schwieg, verhallend umher, der ehernen Schlünde Getümmel.</p>
- <p class="line">So an dem felsumstarreten See verhallet des Waldhorns</p>
- <p class="line">Klang, den fern im Ruderschiff erweckte der Künstler,</p>
- <p class="line">Horchenden Freunden zur Lust: nun da, nun dort am Gebirg hin,</p>
- <p class="line">Tönt er im Wiederhall, bis er dann, stets leiser, dahinstirbt.</p>
- <p class="line">Aengstliche Stille herrschte rings, und beklemmendes Schweigen.</p>
- <p class="line">All&rsquo; aufmerkten dem Wink: da zogen in brausendem Eilflug</p>
- <p class="line">Scharen auf Scharen dahin, und jauchzten der rühmlichen Arbeit.</p>
- <p class="line">Dort an den Mauerbruch, der weit aufgähnte zum Oehlwald,</p>
-<a id="page-299" class="pagenum" title="299"></a>
- <p class="line">Eileten Wälsch&rsquo; und Hispaner, zum Thor von Buschatter die Deutschen;</p>
- <p class="line">Doch Lusitania&rsquo;s Volk, den Niederländern und Malta&rsquo;s</p>
- <p class="line">Muthigen Kriegern vereint, erreichte das eiserne Seethor.</p>
- <p class="line">Tausend ergriffen bei jeglicher Schar die ragenden Leitern:</p>
- <p class="line">Kühneres Volk, zu erklimmen den Wall im stürmenden Anlauf.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Welches der Völker kam dem andern zuvor in dem Wettlauf?</p>
- <p class="line">Erst das hispanische; d&rsquo;rauf nachdrangen den Wälschen die Krieger</p>
- <p class="line">Portugalls und Brabants. Wie, stürmten die tapferen Deutschen</p>
- <p class="line">Nicht vor allen zuerst? Sie hemmte der kühne Cherusker,</p>
- <p class="line">Hermann: denn, sein edeles Volk vor Tücke zu wahren,</p>
- <p class="line">Schwang er in Hast nach Eberstein sich herunter, und rief ihm:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hemme den rascheren Lauf, vorschauend, und Tücke vermeidend:</p>
- <p class="line">Weit durchhöhlte der Feind, vor deinem Ziele, des Erdreichs</p>
- <p class="line">Dunkelen Schooß; ihm nahet die Lunt&rsquo;, und donnernd erhebt sich</p>
- <p class="line">Bald entsetzlicher Rauch, und Feuer, und wilde Zertrümm&rsquo;rung.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jener hemmte sein Volk. Zwar ächzte der Krieger, und Thränen</p>
- <p class="line">Netzten sein glühendes Aug&rsquo;, im Vorsprung schauend die Fremden;</p>
-<a id="page-300" class="pagenum" title="300"></a>
- <p class="line">An dem Gewehr&rsquo; ihm bebte die Faust, und die strebenden Fersen</p>
- <p class="line">Bohrten tiefere Spur unwilliger Rast in den Sand ein.</p>
- <p class="line">Doch nun schwankte der Grund: aufflog, die Lüfte verfinsternd,</p>
- <p class="line">Qualmender Rauch, und Loh&rsquo;, und Wust des berstenden Erdreichs</p>
- <p class="line">Ueber den Flatterhöhlen umher, die rings an dem Wall sich</p>
- <p class="line">Kreuzten, erfüllt mit der Last des entflammenden, schrecklichen Zündstaubs.</p>
- <p class="line">Bebend stürzten die Reihen zurück; aus den Augen der Krieger</p>
- <p class="line">Glänzte dem Feldherrn Dank, der so sie entriß dem Verderben.</p>
- <p class="line">Aber er wandte sich nun, und rief mit gewaltiger Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Dort das herrliche Ziel, wo Siegespalmen dir winken,</p>
- <p class="line">Schaue, mein edeles Volk &mdash; nicht des Todes gähnenden Abgrund!</p>
- <p class="line">Schwer ist die That; die Stelle gefahrvoll; aber uns ehrte</p>
- <p class="line">Deutschlands edelster Hort, da er Deutschen das Höchste vertraut hat.</p>
- <p class="line">Tapferer Radburg, vor mit den muthigen Bayern, und Stollberg</p>
- <p class="line">Vor mit den Sachsen zum Sieg! Du, Römhild, entflamme die Helden</p>
- <p class="line">Schwabens, und jene aus Brandenburg ermuthige, Siegfried,</p>
- <p class="line">Jetzo dein Ruf. Vereint erringet den Preis der Entscheidung.&ldquo;</p>
- <p class="line">Hermanns luftige Schar aufjauchzte des Heldengebiethers</p>
-<a id="page-301" class="pagenum" title="301"></a>
- <p class="line">Worten, und kam, und mehrte den Muth ruhmdürstender Männer,</p>
- <p class="line">Dort zu erstürmen den Wall, wo am blutigsten winkte des Sieg&rsquo;s Preis.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sinams Riesenkraft rang dort den Stürmern entgegen.</p>
- <p class="line">Ihm war Hannibal brausend genaht: denn mächtig erschreckt&rsquo; ihn</p>
- <p class="line">Drüben das Stürzen der Wäll&rsquo; und das Jauchzen der kommenden Sieger,</p>
- <p class="line">Ringsum. Listengeübt haucht&rsquo; er ihm jetzo den Rath ein:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ha, nun gilt&rsquo;s mit festausharrendem Muthe des Feindes</p>
- <p class="line">Wuthandrange zu steh&rsquo;n, und nicht entehrender Feigheit</p>
- <p class="line">Heute zu opfern den Ruhm entschwundener Jahre! Wohlan, horch!</p>
- <p class="line">Schafft der gewichtige Ball, vom Donnerrohr in die Haufen</p>
- <p class="line">Wimmelnder Feinde geschleudert, schon entsetzliches Unheil:</p>
- <p class="line">Welch&rsquo; entsetzlicher&rsquo;s noch ersähst du mit staunenden Blicken,</p>
- <p class="line">Wenn, umhüllt von geplättetem Eisen, die Büchsengeschosse</p>
- <p class="line">Mit zertrümmertem Blei in die nah&rsquo;anstürmenden Gegner</p>
- <p class="line">Wütheten? Auf, und gebiethe den Mord und die grause Vernichtung!&ldquo;</p>
- <p class="line">So rief Hannibal; doch nun sah, voll Zorn in dem Busen,</p>
- <p class="line">Hermann zugleich, wie schnell, dem listigen Gegner gehorchend,</p>
- <p class="line">Sinam die Donnerrohr&rsquo; in der Breite des gähnenden Wallbruchs</p>
- <p class="line">Pflanzen hieß, daß im kreuzenden Feuer der gräßliche Hagel</p>
-<a id="page-302" class="pagenum" title="302"></a>
- <p class="line">Tilge des Feindes Reih&rsquo;n. Er jammerte laut und begann so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Schmacherfindende Zeit! Daß nichts mehr gelte des Tapfer&rsquo;n</p>
- <p class="line">Eigene Kraft; daß nimmer das Aug&rsquo; in das Auge des Gegners</p>
- <p class="line">Schleudre des Todes Blitz&rsquo;, und, heimgekehret, der Krieger</p>
- <p class="line">Nimmer weise mit Stolz dem grauenden Vater, der Mutter,</p>
- <p class="line">Oder der Gattinn die ehrende Narb&rsquo; an der Brust und der Scheitel,</p>
- <p class="line">Und erzähle zugleich, wie solche der Feind ihm geschlagen</p>
- <p class="line">Dicht im Gemeng&rsquo;, wo jener ihm sank, in dem Kampfe getödtet &mdash;</p>
- <p class="line">Nein, daß er dort: ob feig&rsquo;, ob tapfer, ein elender Krüppel</p>
- <p class="line">Arm- und beineberaubt, umhinke, den Seinen zur Trauer,</p>
- <p class="line">Hast du das Scheusal erzeugt, die Würgerinn heißend Kartätsche!&ldquo;</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sieh&rsquo;, Ursini der Greis, flog hin, wie ein feuriger Renner</p>
- <p class="line">Fort auf der Rennbahn fleugt, zu erringen dem Reiter den Wettpreis:</p>
- <p class="line">Hoch von dem Nacken ihm flattert die Mähn&rsquo;, und vom blanken Gebisse</p>
- <p class="line">Ueberschneiet der Schaum ihm die Brust; er schnaubet, und sprühet</p>
- <p class="line">Gluth aus der starrenden Nas&rsquo;, und ihm blitzen die spähenden Augen</p>
- <p class="line">Feuriger stets, da er jetzt mit lauterem Hufesgerassel,</p>
- <p class="line">Sprung auf Sprung, im Galopp vorbraust zum winkenden Ziel hin;</p>
-<a id="page-303" class="pagenum" title="303"></a>
- <p class="line">Fern ihm folgen, gespornt von den Reitern, die schwächeren Rosse:</p>
- <p class="line">Also strebte der Greis im edelen Muthe des Herzens</p>
- <p class="line">Gegen den Wall, wo Darjuh, an Giaffars Stelle der Aga,</p>
- <p class="line">Nach den Gefahren des Kampf&rsquo;s und glänzenden Thaten sich sehnte.</p>
- <p class="line">Als er den Greis ersah, da entriß er das mächtige Schießrohr,</p>
- <p class="line">Doppelhaken genannt, den Händen des Kriegers, und jagte,</p>
- <p class="line">Schmetternd, verdoppeltes Blei in die Stirne des tapferen Feldherrn.</p>
- <p class="line">Lautlos sank er zur Erd&rsquo;: ihm färbte das silberne Haupthaar</p>
- <p class="line">Quellendes Blut. Ach, nimmer bewirthet der freundliche Greis mehr</p>
- <p class="line">Fremd&rsquo; in seinem Palast, die aus nahen und fernen Gefilden</p>
- <p class="line">Heilige Sehnsucht trieb, der ewigen Roma zu nahen,</p>
- <p class="line">Und im Schutt noch die Wunder zu schau&rsquo;n gewaltiger Vorzeit:</p>
- <p class="line">Denn er stürzte verwundet zur Erd&rsquo;, und verhauchte das Leben.</p>
- <p class="line">Aber Ludewigs Schar rang dort am zertrümmerten Seethor,</p>
- <p class="line">Schnell zu erklimmen den Wall, wo, empört durch Attila&rsquo;s Ingrimm,</p>
- <p class="line">Und durch Hannibals Muth, das Volk in grausamer Nothwehr</p>
- <p class="line">Wüthete. Pech, noch siedend, und Oehl, noch wallend der Flamme</p>
- <p class="line">Goß, erbittert, der Feind auf die Stürmenden &mdash; wälzte der Mauer</p>
-<a id="page-304" class="pagenum" title="304"></a>
- <p class="line">Lastende Blöcke herab, und solch&rsquo; unrühmlichem Tod, ach,</p>
- <p class="line">Sanken die Tapfersten schon! Auch tödtete Manchen der Speerstahl,</p>
- <p class="line">Manchen das krachende Rohr, wenn, kühnerhöhend, die Leitern,</p>
- <p class="line">Sie aufrangen zum Wall aus der Tiefe des dunkelen Grabens.</p>
- <p class="line">Doch weit schrecklicher noch, und entsetzlicher, scholl vor Buschatters</p>
- <p class="line">Thor Mordruf und Gewürg&rsquo;, wo Deutschlands herrlichvereinte,</p>
- <p class="line">Siegsruhmdürstende Schar, im Auge den Heldengebiether &mdash;</p>
- <p class="line">Muth und Gluth in der Brust, und des kreuzenden Feuers nicht achtend,</p>
- <p class="line">Vorwärts drang. Schon dreimal flog, mit dem kühnen Geschwader</p>
- <p class="line">Brandenburgs, dort Siegfried hinan, den Wall zu erklimmen,</p>
- <p class="line">Und er kehrete stets erbitterter, ähnlich dem Rüden,</p>
- <p class="line">Der, vom Jäger gedrängt, dem verwundeten Bären genaht ist &mdash;</p>
- <p class="line">Doch bald flieht, bald kehrt: denn immer scheuchen die Klauen</p>
- <p class="line">Und das Gebrülle des Thiers ihn fern: so wüthete jener.</p>
- <p class="line">Jetzt, im erneueten Lauf, durchbohrte das muthige Herz ihm</p>
- <p class="line">Schmetterndes Blei, und er sank. Auch blutete neben ihm Hinkmar,</p>
- <p class="line">Strebend mit matter Hand, den Pfeil aus der Lunge zu reißen.</p>
- <p class="line">Eberstein sah dort hinsinken die tapferen Helden</p>
- <p class="line">Brandenburgs; alsbald entriß er die Fahne dem Junker,</p>
-<a id="page-305" class="pagenum" title="305"></a>
- <p class="line">Schwang sie empor in die Luft, und rief hellleuchtenden Blickes:</p>
- <p class="line">&bdquo;Jetzo mir nach, wem deutsches Blut in der Ader und Kampfgier</p>
- <p class="line">Glüht in der männlichen Brust! Wir löschen das feindliche Feuer,</p>
- <p class="line">Das entsetzlich die Unser&rsquo;n tilgt aus der grausen Kartätsche,</p>
- <p class="line">Nur mit des Feindes Blut; mir nach! Nie sterben die Tapfern!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und drang, wie ein Pfeil, in sausender Eile zum Wall hin.</p>
- <p class="line">Aber Stollberg zog mit kräftiger Rechten den Helden</p>
- <p class="line">Wieder zurück, und rief: &bdquo;Nicht dir &mdash; uns werde die Stelle!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also jubelten laut wohl tausend Stimmen auf einmal.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf, erklimmend den Wall, und durcheilend die Tiefe des Grabens,</p>
- <p class="line">Drangen mit Lärm und Getös&rsquo; Germania&rsquo;s tapfere Völker</p>
- <p class="line">Ein in den Mauerbruch, wo erlesene, muthige Gegner</p>
- <p class="line">Standen zur Gegenwehr, der sinkenden Brüder nicht achtend,</p>
- <p class="line">Und zu sterben bereit, ein Jeglicher &mdash; alle für Einen.</p>
- <p class="line">Wenn dem Donnergewölk&rsquo; entstürzen die Fluthen, und plötzlich</p>
- <p class="line">Ueberschwemmen die Stadt, daß laut in den engenden Gassen</p>
- <p class="line">Brauset der Strom, aufschäumt die Wog&rsquo; an die Fenster: da flüchtet</p>
- <p class="line">Volk auf die Berge hinaus, und Volk auf die luftigen Zinnen:</p>
- <p class="line">Also erklommen auch hier die muthigen Deutschen die Höhen &mdash;</p>
- <p class="line">Stollberg allen zuvor; dann Scharen auf Scharen, und würgten,</p>
-<a id="page-306" class="pagenum" title="306"></a>
- <p class="line">Racheschnaubenden Grimm&rsquo;s, die Kämpfenden rings auf der Mauer.</p>
- <p class="line">Sinam entfloh. Nicht mied er zuvor des wüthenden Kampfes</p>
- <p class="line">Schrecknisse, fest, wie ein Fels, die Stirn&rsquo; darbiethend den Feinden;</p>
- <p class="line">Doch, als jetzt im Sturm eindrangen die Deutschen: da wankte,</p>
- <p class="line">Bebte der tapfere Greis, und floh, das heimliche Pförtchen</p>
- <p class="line">Oeffnend am Damme des See&rsquo;s, mit tausend Gefährten nach Tunis.</p>
- <p class="line">Dorther naht&rsquo; ihm unzähliges Volk, von dem Herrscher gesendet;</p>
- <p class="line">Aber mit Thränen im Blick, erhebend die Rechte, geboth er</p>
- <p class="line">Allen errettende Flucht aus den Händen des schrecklichen Feindes.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Schon war Siegesgejauchz&rsquo; am Seethor, schon an dem Wallbruch</p>
- <p class="line">Dort, wo Wälsch&rsquo; und Hispaner im Sturm erstiegen die Mauern,</p>
- <p class="line">Wo ringsher Mordruf ertönete &mdash; rings in den Straßen</p>
- <p class="line">Strömte das Blut, bis jetzt, zu den Füßen des Siegers gesunken,</p>
- <p class="line">Bleich, mit verstörtem Gesicht, der Feind erflehte die Schonung.</p>
- <p class="line">Nun verklang das Getös&rsquo;; nur Jubel des Kriegers ertönte,</p>
- <p class="line">Der von den Wällen herab in den Graben den finsteren Roßschweif</p>
-<a id="page-307" class="pagenum" title="307"></a>
- <p class="line">Warf, und dort aufpflanzte mit Stolz die Fahne der Heimath.</p>
- <p class="line">Lieblich flog sie umher in dem Abendwind, und erregte,</p>
- <p class="line">Ruhmausstrahlend, in jeglicher Brust noch höhere Wonne.</p>
- <p class="line">Durch das hallende Thor, umjauchzt von unzähligen Stimmen,</p>
- <p class="line">Kam in die Veste der Kaiser herauf. Stets enger, und enger</p>
- <p class="line">Schloß sich der Lärmenden Kreis um ihn her, und, als sie verstummten,</p>
- <p class="line">Hob er die Händ&rsquo; empor zu dem Himmel, und stimmte das Loblied:</p>
- <p class="line">&bdquo;Herr, dich loben wir!&ldquo; an. Ein heiliges Feuer entflammte</p>
- <p class="line">Jegliches Herz. Erschütternd zu schau&rsquo;n: wie aus Tausender Augen</p>
- <p class="line">Stürzen die Thränen zugleich; wie Tausender Hände zum Himmel</p>
- <p class="line">Fleh&rsquo;n, und zu hören erschütternder noch: wie Tausender Stimmen</p>
- <p class="line">Wirbeln empor in die Luft, und sie all&rsquo; Dank rufen im Einklang.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hassan, der König, erschien. Er war an dem dämmernden Abend</p>
- <p class="line">Gestern gelandet, und barg sich scheu in der einsamen Herberg,</p>
- <p class="line">Die Zafrano ihm both, von schattenden Cedern umfangen.</p>
- <p class="line">Weder gerüstetes Volk, noch Mundvorrath, in des Krieges</p>
- <p class="line">Zehrenden Tagen ersehnt, bracht&rsquo; er dem Bundesgenossen:</p>
- <p class="line">Denn er lauerte nur, ob Hairaddin, oder der Christen</p>
- <p class="line">Mächtiger Herrscher erringe den Sieg? in den Mauern von Kabesch.</p>
-<a id="page-308" class="pagenum" title="308"></a>
- <p class="line">Tief sich beugend zuvor, begann er jetzt vor dem Herrscher:</p>
- <p class="line">&bdquo;Gott ist mit dir, und Segen die Fülle: des herrlichsten Sieges</p>
- <p class="line">Ruf verkündet es bald den fernsten Völkern zum Staunen.</p>
- <p class="line">Ach, nicht bieth&rsquo; ich dir Mundvorrath und tapferes Hülfsvolk,</p>
- <p class="line">Wie ich&rsquo;s verhieß! Nicht horchte der Muselman mehr dem König,</p>
- <p class="line">Der sich dem Christenvolke verband: hier steh&rsquo; ich als Bettler!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und er sank auf die Knie&rsquo;; da sah der edelste Kaiser,</p>
- <p class="line">Wie der Mond, umflort vom Regengewölk auf den Hügel</p>
- <p class="line">Heftet den Schwermuthsblick, nach dem Flehenden trauernd hinunter,</p>
- <p class="line">Hob ihn empor, und rief ihm mit trostverheißendem Lächeln:</p>
- <p class="line">&bdquo;Sieh&rsquo; eröffnet des Reiches Thor, das Hairaddins Herrschgier</p>
- <p class="line">Dir entriß;<a class="fnote" href="#footnote-68" id="fnote-68">[68]</a> dein sey&rsquo;s mit jeglichem Segen des Himmels!&ldquo;</p>
- <p class="line">Hassan stammelte Dank; laut zollt&rsquo; ihn der Kaiser den Helden</p>
- <p class="line">Allen umher, die im Sturm errangen die trotzende Festung.</p>
- <p class="line">Aber zu Stollberg sprach er dann mit lohnendem Blick so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Werde Goletta&rsquo;s Hort und Vertheidiger; ordne der Mauer</p>
- <p class="line">Feind&rsquo;abwehrenden Bau; doch jetzt gebiethe mit Sorgfalt,</p>
- <p class="line">Daß die Verwundeten all&rsquo; errettender Hülfe sich freuen!</p>
- <p class="line">Morgen am Tage des Herrn, das Denkmaal unseres Heiles</p>
- <p class="line">Feiernd, gedenken wir auch, zu bestatten die Todten, und dankbar</p>
- <p class="line">Ihnen die Maale des Ruhm&rsquo;s zu erhöh&rsquo;n für die kommende Zeit noch.&ldquo;</p>
-<a id="page-309" class="pagenum" title="309"></a>
- <p class="line">Jetzo führt&rsquo; er die Scharen zurück in des Lagers Umwallung,</p>
- <p class="line">Sie zu erquicken durch Rast; doch Stollberg ging, daß er übe</p>
- <p class="line">Alles und Jedes sogleich nach dem Willen des gütigen Herrschers.</p>
- <p class="line">Und die Schatten der Nacht umhüllten den schlummernden Erdkreis.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-12">
-<a id="page-310" class="pagenum" title="310"></a>
-Eilfter Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">H</span><span class="postfirstchar">airaddin</span> stand auf dem Söller der Burg, aufhorchend im Zwielicht</p>
- <p class="line">Sinkender Nacht. Von Goletta heran vernahm er des Feldzeugs</p>
- <p class="line">Rastlosdonnernden Sturm, dem die Erd&rsquo; erbebte, die Fenster</p>
- <p class="line">Klirrten, und drönte die Wand zu dem untersten Grunde der Mauern,</p>
- <p class="line">Und, wie im Abendwind die Welle des fluthenden Weihers</p>
- <p class="line">Nun sich hebt, nun sinket: so wechselte Furcht und Verzweiflung</p>
- <p class="line">Oft mit der Hoffnung des Sieg&rsquo;s in seinem zerrissenen Herzen;</p>
- <p class="line">Aber er horcht&rsquo; umsonst noch gieriger jetzt, nach Goletta</p>
- <p class="line">Wendend das Ohr, nicht athmend, die starrenden Blicke zum Boden</p>
- <p class="line">Heftend. Nicht donnerten mehr die entsetzlichen Schlünde; verhallt war</p>
- <p class="line">Drüben der Mörser Gebrüll und das Schmettern des Feuergewehres.</p>
-<a id="page-311" class="pagenum" title="311"></a>
- <p class="line">&bdquo;Sie ist verloren!&ldquo; so rief er, stampfte den Estrich, und eilte</p>
- <p class="line">Schnaubend herab. Dann schritt er im hellerleuchteten Saal hin,</p>
- <p class="line">Kehrete wieder, und stand, und horchte, die Bothen erwartend.</p>
- <p class="line">Immer vernehmlicher wähnt&rsquo; er Getrab anstürmender Rosse &mdash;</p>
- <p class="line">Wähnte verwirrtes Geschrei heimflüchtender Krieger zu hören:</p>
- <p class="line">Aehnlich dem sturmentmasteten Schiff, das fern auf dem Weltmeer</p>
- <p class="line">Wechselnde Strömung entrafft, und endlos dreht auf dem Irrpfad,</p>
- <p class="line">Schwankt&rsquo; er umher, im Gemüth nicht Dieß&rsquo;, nicht Jenes beschließend.</p>
- <p class="line">Bald erhob sich Suleymans Grimm wie ein nächtlicher Unhold,</p>
- <p class="line">Dräuend, vor seinem Blick; bald lächelte Muley Hassan</p>
- <p class="line">Hohn ihm entgegen im Glanz der wiedergewonnenen Herrschaft.</p>
- <p class="line">Ihn umnachtete rings nur wilde Verzweiflung: den Schimmer</p>
- <p class="line">Seines errungenen Ruhms auf immer erloschen zu schauen.</p>
- <p class="line">&bdquo;Ha,&ldquo; so rief er ergrimmt, &bdquo;eh&rsquo; solche Schande mich treffe ...</p>
- <p class="line">Schande?&ldquo; Er faßte den Dolch; nach dauerndem Schweigen begann er:</p>
- <p class="line">&bdquo;Fiel Goletta, erstürmt, so werden sie kommen, mir Algiers</p>
- <p class="line">Und Telmessans Thron, und den Zepter von Tunis zu rauben;</p>
- <p class="line">Werden mich stürzen hinab in den Staub, daß sich krümme des Glückes</p>
- <p class="line">Liebling, ein Sclave, voll Angst, an des Siegers zermalmenden Fersen.</p>
-<a id="page-312" class="pagenum" title="312"></a>
- <p class="line">Ha, nicht des Tages Licht gedenk&rsquo; ich fürder zu schauen:</p>
- <p class="line">Denn es enthüllte nur Schmach! D&rsquo;rum fort &mdash; hinab in das Dunkel</p>
- <p class="line">Ewiger Nacht, zu entgeh&rsquo;n der Qual, die jetzo mir droht! ... Doch</p>
- <p class="line">Soll ich verschleudern das Ein&rsquo;, und Einzige, das ich erkenne?</p>
- <p class="line">Schwand mir völlig die Hoffnung dahin? Ist Alles verloren?</p>
- <p class="line">Drängt nicht Hunderttausende noch mein Wink in die Feldschlacht,</p>
- <p class="line">Heute &mdash; sogleich? Zurück in die Scheide, geschliffener Mordstahl:</p>
- <p class="line">Nur dem Gegner, nicht mir, zerfleische das Herz in dem Busen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und barg in den Gürtel den Dolch. Mit schüchternen Blicken:</p>
- <p class="line">Denn er scheut&rsquo; Eloa&rsquo;s Zorn, war Muhamed jetzt ihm</p>
- <p class="line">Wieder genaht. Er hörte die zagenden Worte des Herrschers,</p>
- <p class="line">Ballte die Faust vor Wuth, und kam, der schrecklichsten Thaten</p>
- <p class="line">Allerschrecklichste noch, in die gährende Brust ihm zu hauchen.</p>
- <p class="line">Wie auf des Südens Meereiland der scheußliche Vampyr<a class="fnote" href="#footnote-69" id="fnote-69">[69]</a></p>
- <p class="line">Ueber dem Schlummernden schwebt, und, mit weitgebreiteten Flügeln</p>
- <p class="line">Fächelnd, den Schlaf ihm mehrt, das Blut zu entsaugen der Ader:</p>
- <p class="line">Also schwebt&rsquo; auch Muhamed leis&rsquo; auf Hairaddin nieder,</p>
- <p class="line">Schaudernd und bleich, der Fluchthat selber erbebend: er hauchte</p>
-<a id="page-313" class="pagenum" title="313"></a>
- <p class="line">Höllenfrevel ihm ein, und floh durch die finstere Nacht fort.</p>
- <p class="line">Hairaddin stand, und sann: ihm rollten die feurigen Augen,</p>
- <p class="line">Aehnlich dem Blitz im Gewittergewölk, in den finsteren Wimpern.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzo die Straßen herauf ertönte des eisernen Hufes</p>
- <p class="line">Schmetternder Schlag; in dem Hofraum scholl absitzender Krieger</p>
- <p class="line">Rufen. Nicht lang, so trat der tapfere Sinam mit Dragut,</p>
- <p class="line">Muhamed Temtes, und Abu-Sa-id, tieftrauernden Blickes,</p>
- <p class="line">In den erleuchteten Saal, den zürnenden Herrscher zu söhnen.</p>
- <p class="line">Rasch ging dieser umher vor den Bebenden, und nur zuweilen</p>
- <p class="line">Traf sein verachtender Blick vor Sinams Füßen den Boden;</p>
- <p class="line">Doch nun stand er, und rief, durch die festgeklammerten Lippen,</p>
- <p class="line">Stöhnend, das Wort: &bdquo;Ihr Feigen!&ldquo; und lächelte grimmig für sich hin.</p>
- <p class="line">Stolzer erhob nun Sinam das Haupt, und sagte verweisend:</p>
- <p class="line">&bdquo;Welch ein Wort, Gewaltiger! floh dir, scheu, von den Lippen,</p>
- <p class="line">So die tapferen Männer zu schmäh&rsquo;n? Wir feig in der Feldschlacht?</p>
- <p class="line">Zahllos jammern daheim die Verwaiseten &mdash; jammern die Bräute,</p>
- <p class="line">Wie auch die Gattinnen, bald, und auf immer die Lieben vermissend,</p>
- <p class="line">Die, zu Hügeln gehäuft, wir tödteten rings um den Wall her.</p>
- <p class="line">Galt es, mit Sterblichen nur in die Schranken zu treten: wir hätten</p>
-<a id="page-314" class="pagenum" title="314"></a>
- <p class="line">Herrlich gesiegt. Doch heimlich vereint mit den Geistern der Hölle,</p>
- <p class="line">War der bebende Grund mit jeglichem Schrecken des Luftraums</p>
- <p class="line">Aufgestürmt um Goletta: wir wichen den furchtbaren Mächten,</p>
- <p class="line">Aber nicht feig&rsquo;, da wir zu dem blutigsten Kampfe bereit steh&rsquo;n.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also der tapfere Greis; da höhnete Dragut den Helden:</p>
- <p class="line">&bdquo;Armer, du schwärmst vor Angst! Auch uns erklangen die Ohren,</p>
- <p class="line">Als der brüllende Donner erscholl; mit dem bebenden Boden</p>
- <p class="line">Wankten auch wir; uns schlug nicht minder der prasselnde Regen.</p>
- <p class="line">O, daß ich fern&rsquo; war! Nein, nie hätte den Geistern der Hölle</p>
- <p class="line">Dragut gebebt, von dem das Volk sich erzählet: er würde</p>
- <p class="line">Selber den Satan besteh&rsquo;n in nie zu erschütternder Kühnheit.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sinam schwieg; doch Hairaddin trat den Hadernden näher,</p>
- <p class="line">Faßte den Dolch, und sprach mit zornausblitzenden Augen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Denket der Trauer nicht mehr, weil uns die Veste geraubt ward,</p>
- <p class="line">Die mit wuchernden Blutes Gewinn ein herrlicher Sieg uns</p>
- <p class="line">Wieder erringt. Zum Kampf denn! Am Morgen ertöne der Schlachtruf &mdash;</p>
- <p class="line">Töne so schrecklich, so laut, daß umher die Gefilde des Todes</p>
- <p class="line">Schauern vor Angst. Doch hört, was dringend erheischet die Vorsicht,</p>
-<a id="page-315" class="pagenum" title="315"></a>
- <p class="line">Und die Rache gebeut ob Giaffars Fall, und Goletta&rsquo;s.</p>
- <p class="line">Unter den Kerkern der Burg, wo in Banden die christlichen Sclaven</p>
- <p class="line">Liegen, und all&rsquo;, im thörichten Wahn: der tapfere Moslem</p>
- <p class="line">Falle dem Christen so leicht, nun harren des kommenden Retters,</p>
- <p class="line">Häuften im ringsdurchhöhleten Grund die Söldner des Zündstaubs</p>
- <p class="line">Furchtbare Last. Entflammt aufschleudre sie jetzo die Hochburg &mdash;</p>
- <p class="line">Schleudre zerschmettert die Sclaven all&rsquo; empor in den Luftraum</p>
- <p class="line">So, daß nicht einer entrinne dem Tod und dem grausen Verderben.</p>
- <p class="line">Also gescheh&rsquo;s, noch ehe der Morgen im Osten heraufglänzt!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sinam erblaßt&rsquo;; auch Abu-Sa-id und Muhamed Temtes</p>
- <p class="line">Zitterten; doch noch frecher begann der schreckliche Dragut:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wahrlich,&ldquo; so rief er, &bdquo;nur Gott, und sein erhabner Prophet nur</p>
- <p class="line">Gab den Gedanken dir ein: ich beuge mich tief vor Erstaunen!</p>
- <p class="line">Alle zugleich! So möge mit Jenen der heuchelnde Graukopf,</p>
- <p class="line">Der mir Mathilden entriß, zerschmettert, verhauchen das Leben:</p>
- <p class="line">Denn ich sann ihm entsetzlichen Tod: er fahre zur Hölle!&ldquo;</p>
- <p class="line">Grimmig lächelt&rsquo; er nun. Da wandt&rsquo; ihm, von Schauder ergriffen,</p>
- <p class="line">Sinam den Rücken, und sprach zu Hairaddin schmeichelnden Lautes:</p>
-<a id="page-316" class="pagenum" title="316"></a>
- <p class="line">&bdquo;Mächtiger, wie, du solltest den Ruhm errungener Lorbern</p>
- <p class="line">Heute durch solch&rsquo; entsetzliche That auf immer beflecken,</p>
- <p class="line">Die von der Feigheit gezeugt, und Verzweiflung geboren, zum Abscheu</p>
- <p class="line">Allen, Suleymans Huld dir entzöge für jetzt und auf immer?</p>
- <p class="line">Wie der Morgenstern vor jeglichem strahlt an dem Himmel,</p>
- <p class="line">Also zieret sein Herz der Tugenden schönste, die Großmuth.</p>
- <p class="line">Was vermöcht&rsquo; in der Felsenburg der wehrlosen Sclaven</p>
- <p class="line">Fesselbelastete Schar? Sie mög&rsquo; in festlichen Reihen,</p>
- <p class="line">Nach vollendetem Krieg, den Siegeswagen dir schmücken!&ldquo;</p>
- <p class="line">Aber der Wüthrich schwieg. Noch kämpfte die Furcht mit der Mordlust,</p>
- <p class="line">Ob Suleymans Zorn, in seinem beklommenen Busen;</p>
- <p class="line">Endlich obsiegte die Furcht. Er sprach, tiefsinnenden Blickes:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ha, wenn Reue mir würde dereinst, der klügelnden Weisheit</p>
- <p class="line">Sinams gewichen zu seyn! Ich bebe der dunkelen Ahnung,</p>
- <p class="line">Die mich ergreift. Wohlan, ich weiche dir! Eilt in das Lager,</p>
- <p class="line">Dort zu erregen das Heer; ich entwaffne die Freunde des Hassan</p>
- <p class="line">Hier in der Stadt, die mich verriethen im Kampf der Entscheidung.&ldquo;</p>
- <p class="line">Jene, gehorchend dem Wort, enteileten; aber der Wüthrich</p>
- <p class="line">Zog in den Straßen umher mit Gefolg, das Volk zu entwaffnen.</p>
- <p class="line">Wie in der Schreckenszeit volktödtender Seuche, der Hauptstadt</p>
-<a id="page-317" class="pagenum" title="317"></a>
- <p class="line">Einsame Straßen entlang, nur leichensammelnder Träger</p>
- <p class="line">Fußtritt schallt, und mit Angst erfüllet die Herzen der Menschen,</p>
- <p class="line">Die sich, verborgen daheim in der Kammer, ergeben der Hoffnung,</p>
- <p class="line">Dort zu entgehen der scheußlichen Pest: so flüchteten, bebend,</p>
- <p class="line">Jetzt die Tunisier heim in der Nacht, als rings mit Getümmel</p>
- <p class="line">Hairaddins Würgerschar durchtobte die hallenden Straßen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Trauernden Blickes saß auf der Zinne der luftigen Hochburg</p>
- <p class="line">Regulus: denn er sah, wie jüngst der grausame Wüthrich</p>
- <p class="line">Unter den Kerkern umher, die Last des schrecklichen Zündstaubs</p>
- <p class="line">Häufen ließ, die Sclaven gesammt urplötzlich zu tödten.</p>
- <p class="line">Muhamed brauste heran, der grau&rsquo;nerregenden Unthat</p>
- <p class="line">Zeuge zu seyn, die er Hairaddin erst einhauchte voll Arglist.</p>
- <p class="line">Auf der Zinne der Burg den Einsamen schauend, begann er:</p>
- <p class="line">&bdquo;Stets entfernt von der Heldenbahn, der rühmlichen Vorzeit</p>
- <p class="line">Nicht gedenkend, nur Hülf&rsquo; und Errettung sinnend dem Volk hier,</p>
- <p class="line">Das nicht deines Geschlechts, nicht deines Glaubens sich rühmet,</p>
- <p class="line">Irrst du umher, Verblendeter! Bald vernimmst du mit Schauder &mdash;</p>
- <p class="line">Schauest mit Schrecken es an, wie die Lunt&rsquo; ein kühner Geselle</p>
-<a id="page-318" class="pagenum" title="318"></a>
- <p class="line">Hin zu dem Zündstaub senkt, die Flamm&rsquo; auffleugt zu dem Himmel,</p>
- <p class="line">Donner erkracht, und der Berg, aus seinen berstenden Vesten</p>
- <p class="line">Taumelnd vor Angst, empor in den sturmbewegeten Luftraum</p>
- <p class="line">Schleudert unendlichen Wust, und im Wuste die christlichen Sclaven,</p>
- <p class="line">Die dein Herz erkor, zerschmettert entschwinden dem Erdkreis.</p>
- <p class="line">Jammere dann! Nichts half dir all dein wüstes Beginnen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Rief&rsquo;s, und entschwand. Doch Regulus sah nach Medelin: er horchte</p>
- <p class="line">Von dem Erker der Burg in die Nacht. Vor dem kommenden Sieger</p>
- <p class="line">Schwieg das Gefild umher, und der Lärm verhallte zu Tunis.</p>
- <p class="line">Bald des Siegers gedacht&rsquo; er mit Angst: denn schändlich verrathen</p>
- <p class="line">Hatt&rsquo; er sein Volk, und für Trug verschmähet die heilige Wahrheit;</p>
- <p class="line">Bald umgaukelten ihn die Bilder der lieblichen Heimath,</p>
- <p class="line">Dort die fröhliche Jugendzeit, verlebt in dem Umgang</p>
- <p class="line">Holder Gespielen, und dort die liebende Mutter in Jammer</p>
- <p class="line">Ob des Sohnes Verlust &mdash; in Trauer die Freund&rsquo; und Verwandten.</p>
- <p class="line">Gleich dem starrenden Eis, das schnell des laueren Westwinds</p>
- <p class="line">Odem schmilzt, begann ihm die Wuth in dem Busen zu schmelzen,</p>
-<a id="page-319" class="pagenum" title="319"></a>
- <p class="line">Und sein Aug&rsquo;, das lange nicht mehr des reuigen Herzens</p>
- <p class="line">Sanftere Thräne gekannt, erhellten schimmernde Perlen.</p>
- <p class="line">Regulus schwebte herab, umschlang den Nacken Medelins,</p>
- <p class="line">Daß er in seiner Brust entflammte des himmlischen Mitleids</p>
- <p class="line">Glimmende Funken, und regt&rsquo; ihn auf in dem Seelengelispel:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hast du dem Vaterland, den Lieben daheim und dem Glauben</p>
- <p class="line">Deiner Väter entsagt, und geopfert für schändlichen Reichthum</p>
- <p class="line">Ruh&rsquo; und Glück? Doch sieh&rsquo;, nicht bringt dir solcher hienieden</p>
- <p class="line">Jemals Gewinn: denn bald, in entsetzlicher Stunde der Nothwehr</p>
- <p class="line">Wenn nicht Sinam es hemmt, der mildergesinnete Feldherr,</p>
- <p class="line">Schleudert des Wüthrichs Grimm die Sclaven, und schleudert dich selber,</p>
- <p class="line">Flammenumbraust, in die Luft. O, rette die armen: dem Mitleid</p>
- <p class="line">Oeffne dein Herz, und der Reue, zu sühnen den schändlichen Undank!&ldquo;</p>
- <p class="line">Schaudernd vernahm im Geist die schrecklichen Worte Medelin;</p>
- <p class="line">Stieg die Stufen herab, und Regulus blickte, vor Wonne</p>
- <p class="line">Bebend, ihm nach: er ging, die Brüder zu retten, entschlossen.</p>
- <p class="line">Jetzt urplötzlich umstrahlt von seelenentzückender Klarheit,</p>
- <p class="line">Und vernehmend den Ruf unendlicher Lieb&rsquo; und Erbarmung,</p>
- <p class="line">Fuhr der Geist verklärt empor, in lichteren Räumen</p>
- <p class="line">Seliger stets, der Himmelshuld entgegen zu harren.</p>
-<a id="page-320" class="pagenum" title="320"></a>
- <p class="line">Doch schon stand Medelin umringt von den Christen im Kerker;</p>
- <p class="line">Riß sich das Kleid entzwei; zerschlug sich die Brust und die Hüften,</p>
- <p class="line">Lautaufjammernd, und rief mit thränenumhülletem Blick so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wehe mir schändlichem Mann: den heiligen Glauben verläugnet</p>
- <p class="line">Hab&rsquo; ich für schnöden Gewinn, verkauft dem falschen Propheten</p>
- <p class="line">Ruh&rsquo; und Glück; doch über das Haupt des schändlichen Räubers,</p>
- <p class="line">Hairaddin, komme der Fluch! Ihr all&rsquo;, o Frevel der Hölle,</p>
- <p class="line">Solltet jetzt, in die Luft geschleudert, zerstieben im Zündstaub,</p>
- <p class="line">Den er gehäuft im Fels tief unter den Kerkern! Nur Sinam</p>
- <p class="line">Hemmte den Wüthenden noch, und siegt&rsquo;. Mir schwand die Verblendung</p>
- <p class="line">Schnell vor den Augen: ich schwur, dem Gräuel erbebend, euch Rettung,</p>
- <p class="line">Und, wenn Reue noch frommt, so wird erbarmende Huld mir.</p>
- <p class="line">Hör&rsquo;t, nur tödt&rsquo; euch die Freude nicht, hör&rsquo;t! Euch Freiheit zu schaffen,</p>
- <p class="line">Rückten die Christen mit Heer&rsquo;smacht an; im Sturme bezwungen,</p>
- <p class="line">Liegt Goletta im Staub; die goldenen Zinnen von Tunis</p>
- <p class="line">Beben dem Sieger; der Wüthrich flieht, und der schimmernde Halbmond</p>
-<a id="page-321" class="pagenum" title="321"></a>
- <p class="line">Sinkt vor dem heil&rsquo;gen Panier, das unser&rsquo;n Erlöser getragen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Rief&rsquo;s, und, als er die Bande gelöst von den Händen und Füßen</p>
- <p class="line">Hugo&rsquo;s, da sprach er zu ihm, mit thränenerhelleten Augen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Eile zu unserm Gebiether und Herrn, dem Kaiser, und künd&rsquo; ihm,</p>
- <p class="line">Was hier eben gescheh&rsquo;n. Die eisernen Thore der Hochburg</p>
- <p class="line">Will ich verschließen vor Hairaddins Wuth, die entfesselten Sclaven</p>
- <p class="line">Waffnen, und harren des Wink&rsquo;s zum Verein mit ihm und der Heersmacht;</p>
- <p class="line">Aber er eile heran: denn furchtbar wäre das Säumen.&ldquo;</p>
- <p class="line">Als er geendet, da scholl um ihn her entsetzliches Rufen,</p>
- <p class="line">Weinen, und Jauchzen des Volk&rsquo;s, daß er selber in bebenden Schauern,</p>
- <p class="line">Wonn&rsquo;entseelt, hinsank, und stöhnete. Freudig enteilte</p>
- <p class="line">Hugo des Kerkers Nacht, dem Kaiser die Kunde zu bringen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Liebliche Still&rsquo; umfing das Lager der Christen. Entschlummert</p>
- <p class="line">Ruhte der Krieger im luftigen Zelt; nur rings um den Wall her</p>
- <p class="line">Stand die Wache, nicht scheuend für heut&rsquo; den feindlichen Anfall</p>
- <p class="line">Mehr, und summte, gelehnt an&rsquo;s Gewehr, ein munteres Liedchen</p>
-<a id="page-322" class="pagenum" title="322"></a>
- <p class="line">Leis&rsquo; in die Stille hinaus, sich die nächtlichen Stunden zu kürzen.</p>
- <p class="line">Ueber die Cedern herauf, an Zafrano&rsquo;s entfernteren Höhen,</p>
- <p class="line">Schwebte der Mond, und erhellete rings den schweigenden Erdkreis.</p>
- <p class="line">Draußen im duftigen Meer, auf den fern entgleitenden Wellen,</p>
- <p class="line">Glomm sein düsteres Licht; er zog in dem finstern Gewässer</p>
- <p class="line">Hin die strahlende Bahn. Vom Schilf her säuselte Kühlung;</p>
- <p class="line">Summend wiegten die Mücken der Nacht sich in würzigen Lüften,</p>
- <p class="line">Und in das leise Getös&rsquo; der fern&rsquo; aufbrandenden Wogen</p>
- <p class="line">Mengte vom dunkelen Hain die kreischende Stimme der Laubfrosch:</p>
- <p class="line">Rings verstummte die Welt, und entschlummert ruhten die Krieger.</p>
- <p class="line">Aber kein Schlummer umfing die glühenden Augen des Kaisers.</p>
- <p class="line">Sinnend saß er vor seinem Gezelt, und blickte zuweilen</p>
- <p class="line">Schwermuthsvoll in die liebliche Helle des Mondes, zuweilen</p>
- <p class="line">Nach dem trüblichen Schimmer hinaus auf den gleitenden Wellen,</p>
- <p class="line">Hörte der Wogen Geräusch am fernen Gestade; der Mücken</p>
- <p class="line">Summenden Flug, und das Kreischen der grünlichen Zweigebewohner,</p>
- <p class="line">Und er seufzte dann laut des Herzens nagendem Kummer.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sieh&rsquo;, nicht schlummert&rsquo; auch Eberstein! Ihm brannten die Wunden</p>
- <p class="line">Noch an dem Arm, den erst, im Sturm der Veste Goletta,</p>
-<a id="page-323" class="pagenum" title="323"></a>
- <p class="line">Ein befiederter Pfeil durchfuhr. Er lag in dem Mondlicht,</p>
- <p class="line">Vor dem Gezelt, die Labung kühlumsäuselnder Lüftchen</p>
- <p class="line">Athmend. Nun horcht&rsquo; er bewegt, und blickte verwundert um sich her,</p>
- <p class="line">Als er die Seufzer vernahm vor dem Zelteingange des Herrschers.</p>
- <p class="line">&bdquo;Wer durchstöhnet die Nacht?&ldquo; so rief er, dem einsamen Denker</p>
- <p class="line">Nahend mit zögerndem Schritt. &bdquo;Er selber?&ldquo; Da wich er betroffen,</p>
- <p class="line">Kehrete wieder, und sann: ob er dort den Einsamen störe?</p>
- <p class="line">Doch sein trauerndes Aug&rsquo; entlockte dem Zweifler das Wort jetzt:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hat mich das Lüftchen getäuscht, das leis&rsquo; in den Zweigen des Oehlbaums</p>
- <p class="line">Säuselt, Seufzenden gleich? Geußt Blässe des Todes der Mond nur</p>
- <p class="line">Dir auf die Wangen? Wie, du wachest, in Trauer versunken,</p>
- <p class="line">Nach dem Tage des herrlichsten Sieg&rsquo;s, dem Falle Goletta&rsquo;s?</p>
- <p class="line">Sprich, Erlauchter, warum denn ewig dir finstere Schwermuth</p>
- <p class="line">Falte die Stirn&rsquo;? Enthülle dem Treuen des Herzens Geheimniß:</p>
- <p class="line">Haben die Sorgen des Thron&rsquo;s, hat unverschuldetes Herzleid</p>
- <p class="line">Sie schon frühe gezeugt, und großgezogen zum Jammer?&ldquo;</p>
- <p class="line">Ernster wandte nach ihm die sinnenden Blicke der Kaiser;</p>
- <p class="line">Legte die Hand auf die Brust, und begann mit erschütternder Stimme:</p>
-<a id="page-324" class="pagenum" title="324"></a>
- <p class="line">&bdquo;Lasest im Antlitz du die Züge des nagenden Kummers?</p>
- <p class="line">O, so schaue sie kenntlicher noch mir im Herzen, und schweige!</p>
- <p class="line">Früher Gram, vermengt mit den zartesten Freuden der Kindheit</p>
- <p class="line">Wurzelt&rsquo; in dieser Brust, die dort des herrlichen Vaters</p>
- <p class="line">Tod, und um ihn, der Mutter im Wahnsinn endende Trauer,</p>
- <p class="line">Grausam zerriß. Doch winkte mir ewig der Völkerbeherrschung</p>
- <p class="line">Ernstes Ziel; ihm weiht&rsquo; ich die fröhlichen Jahre der Jugend,</p>
- <p class="line">Schweigend, der Blödigkeit Bild, bis Valladolids Turnierbahn,<a class="fnote" href="#footnote-70" id="fnote-70">[70]</a></p>
- <p class="line">Und des Schild&rsquo;s hochsinniger Spruch mir glänzenden Ruhm gab.</p>
- <p class="line">Als ich Hispania&rsquo;s Zepter ergriff, durchtobten des Aufruhrs</p>
- <p class="line">Schrecken das herrliche Land. Von Bürgerblute besudelt,</p>
- <p class="line">Weckt&rsquo; es Entsetzen mir an den Schranken der furchtbaren Laufbahn;<a class="fnote" href="#footnote-71" id="fnote-71">[71]</a></p>
- <p class="line">Aber zugleich erstand auf der dornenvollen ein Feind mir,</p>
- <p class="line">Unversöhnlich, den Thron des heiligen, römischen Reiches</p>
- <p class="line">Neidend, und glühend vor Haß, in Frankreichs stolzem Beherrscher.<a class="fnote" href="#footnote-72" id="fnote-72">[72]</a></p>
- <p class="line">Hat er nicht endlos Krieg, und ach, unnennbares Elend</p>
- <p class="line">Rings auf unsere Völker gewälzt: zu Bundesgenossen,</p>
- <p class="line">Er, deß&rsquo; Thron in dem Nachruhm prangt des <em>Christlichsten Königs</em>,<a class="fnote" href="#footnote-73" id="fnote-73">[73]</a></p>
- <p class="line">Mahoms Söhne gewählt,<a class="fnote" href="#footnote-74" id="fnote-74">[74]</a> des Kreutzes schrecklichen Erbfeind,</p>
-<a id="page-325" class="pagenum" title="325"></a>
- <p class="line">Den ich im seligen Jugendtraum, dereinst Europa&rsquo;s</p>
- <p class="line">Rettender Hort, zurück nach Asia&rsquo;s Steppen zu drängen</p>
- <p class="line">Hoffte? Sieh&rsquo;, auch jetzt, als uns viel tausender Christen</p>
- <p class="line">Schreckliche Noth nach Afrika&rsquo;s ferne Gestade gerufen,</p>
- <p class="line">Weckt er daheim mir Haß, und nährt verderbenden Aufruhr!</p>
- <p class="line">Deutschland &mdash; Mann, du erbebst dem Jammergeschicke der Heimath,</p>
- <p class="line">Fröhnt ihm sogar, verkennend mein treues und redliches Streben:</p>
- <p class="line">Durch den freien Verein so vielfachgesonderter Gauen</p>
- <p class="line">Endlich die heimische Macht und Würde für immer zu gründen!</p>
- <p class="line">Doch nun trennt sie ein Streit, das Heiligste, Höchste der Menschheit:</p>
- <p class="line">Gottes Wort, sich erkiesend zum strenggebiethenden Vorwand:</p>
- <p class="line">Jeden Verein zum Wohl noch kommender Zeiten zu fernen.<a class="fnote" href="#footnote-75" id="fnote-75">[75]</a></p>
- <p class="line">Wahr, daß Schatten das Licht umhülleten; heilig wie Gottes</p>
- <p class="line">Satzung, der Unfug dünkte dem Volk&rsquo;, und die Wiedergestaltung</p>
- <p class="line">So an dem Haupt wie den Gliedern ersehnt&rsquo; auch die bessere Mehrzahl,</p>
- <p class="line">Die dem Heiland getreu verharrt für immer und ewig!</p>
- <p class="line">Doch nur von Schlacken das Gold, von der Spreu zu sondern das Fruchtkorn,</p>
- <p class="line">Heischte die Lieb&rsquo;, und es hob sich schon der Tempel der Eintracht</p>
- <p class="line">Herrlich empor: er ward zertrümmert in schrecklicher Willkühr.</p>
-<a id="page-326" class="pagenum" title="326"></a>
- <p class="line">Nur zerstörend wollte man bau&rsquo;n. Die reitzende Neu&rsquo;rung</p>
- <p class="line">Und der empörende Ruf unwahrgedeuteter Freiheit</p>
- <p class="line">Lockte das Volk &mdash; das Eigen der Kirche die Fürsten. So rang ich,</p>
- <p class="line">Denkend des schrecklichen Bauernkriegs,<a class="fnote" href="#footnote-76" id="fnote-76">[76]</a> und der Gräueln der Zukunft,</p>
- <p class="line">Lang&rsquo; entgegen dem Strom, dem Jammer zu wehren, vergebens!</p>
- <p class="line">Ha, ein Gesicht, erst jüngst in des Heiligthums Dunkel enthüllet,</p>
- <p class="line">Sträubte das Haar an der Scheitel mir auf! Ich zitterte, bebte:</p>
- <p class="line">Deutschland sah ich erwürgt nach dreißigjährigem Wuthkampf,<a class="fnote" href="#footnote-77" id="fnote-77">[77]</a></p>
- <p class="line">Rauchend im Schutt die Burgen, Paläst&rsquo;, und Hütten, und Tempeln;</p>
- <p class="line">Heiliges frech entweiht, die Määler der Künste vernichtet,</p>
- <p class="line">Und verödet die Gau&rsquo;n. Wo früher die goldenen Aehren</p>
- <p class="line">Wogten im schimmernden Abendroth; wo blöckende Heerden</p>
- <p class="line">Hüpften im lachenden Grün; der Mensch in seliger Unschuld</p>
- <p class="line">Gleichbeseligte Menschen ersah, und sich freute des Daseyns,</p>
- <p class="line">Herrschte nur Grabesstill&rsquo;, und im dornumwucherten Saatfeld</p>
- <p class="line">Bleichte das nackte Gebein weithin erschlagener Völker.</p>
- <p class="line">Spät erst wagte, mit schüchternem Blick, der Verscheucht&rsquo; aus dem Schutte</p>
- <p class="line">Sich zu erheben, und sah er nun dort den Schüchternen kommen,</p>
- <p class="line">Dacht&rsquo; er, &bdquo;Weß Glaubens er sey?&ldquo; und brütete Haß und Verfolgung.</p>
-<a id="page-327" class="pagenum" title="327"></a>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, Jahrhunderte floh&rsquo;n! Da lag auf den Fluren der Heimath</p>
- <p class="line">Finstres Gewölk; die röthlichen Blitz&rsquo; erhellten zuweilen</p>
- <p class="line">Hinter der Wolkennacht, die Jammergefilde der Zukunft.</p>
- <p class="line">Ueber dem Rhein scholl Mordausruf: bald wirbelten endlos</p>
- <p class="line">Auch in die deutschen Gau&rsquo;n, vernichtend, herüber des Aufruhrs</p>
- <p class="line">Flammen, und laut umher ertönte Gebrülle von Freiheit!</p>
- <p class="line">Gleichheit! Doch von dem Wagen des lautumjauchzeten Siegers</p>
- <p class="line">Klirrten die Fesseln schon entehrender, schimpflicher Knechtschaft.</p>
- <p class="line">Fiele der Deutsche so tief? Er beugte den kräftigen Nacken</p>
- <p class="line">Selber der Schmach? O dahin, ich wußt&rsquo; es, unselige Trennung,</p>
- <p class="line">Führst du mein edeles Volk: dir rang ich vergeblich entgegen!&ldquo;<a class="fnote" href="#footnote-78" id="fnote-78">[78]</a></p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzo verstummt&rsquo; er, und neigte zum pochenden Busen das Antlitz,</p>
- <p class="line">Thränenumflossen, herab; doch sieh&rsquo;, er hob es, erschüttert,</p>
- <p class="line">Wieder empor: im Blitz erhab&rsquo;ner Gesichte der Zukunft</p>
- <p class="line">Schwand ihm die Gegenwart! Er sah in beglückteren Tagen,</p>
- <p class="line">Freiheit bringend und Ruhm, an den lieblichen Ufern der Pleisse<a class="fnote" href="#footnote-79" id="fnote-79">[79]</a></p>
- <p class="line">Siegender Heere Verein: erstanden in ihrem Vermögen</p>
- <p class="line">Deutschlands Völker, geschlossen den Bund hochsinniger Fürsten,</p>
-<a id="page-328" class="pagenum" title="328"></a>
- <p class="line">Schlacht und Feindesflucht, im helleren Glanze des Rheinstroms</p>
- <p class="line">Freihinwallende Fluth, und Sieg auf Siege gehäuft fort &mdash;</p>
- <p class="line">Sah vorstrahlend im Fürstenbund den glücklichen Enkel:</p>
- <p class="line">Glücklich im hohen Gefühl des ruhmgekröneten Lebens,</p>
- <p class="line">Und in der Liebe des Volk&rsquo;s, das treu und redlich ihm anhing,</p>
- <p class="line">Auch in dem nächtlichsten Sturme der Zeit.<a class="fnote" href="#footnote-80" id="fnote-80">[80]</a> Da schwand ihm des Anblicks</p>
- <p class="line">Zauber; er starrt&rsquo; umher, und rief: &bdquo;Ein täuschender Traum war&rsquo;s!&ldquo;</p>
- <p class="line">Und mit dem Blick voll inniger Trauer begann er von neuem:</p>
- <p class="line">&bdquo;Solcher Kummer belastet mein Herz: ich denke der Zukunft.</p>
- <p class="line">Alles, was ihr dieß Herz mit Liebe zu weihen sich sehnte,</p>
- <p class="line">Hemmte der Sectenwuth blindlingsvernichtender Unsinn,</p>
- <p class="line">Der, mein Leben begeifernd mit Gift, mir Haß in der Nachwelt</p>
- <p class="line">Fernsten Tagen erregt, und Schmähung bereitet die Fülle.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rum lechzt meine verwundete Brust nach freieren Lüften,</p>
- <p class="line">Ferne vom Thron, wo nie die Freude mir lächelte, rastlos</p>
- <p class="line">Feindlicher Haß mich traf, und herzzermalmender Undank.</p>
- <p class="line">Aber ich sehe das Morgenroth, das mir an dem Abend</p>
- <p class="line">Noch die Sonne verheißt nach dauernden Stürmen des Tages.</p>
- <p class="line">Jüngst, nach ermüdendem Weidwerk, both in Estremadura&rsquo;s</p>
- <p class="line">Lieblichem Thal, Sankt-Just,<a class="fnote" href="#footnote-81" id="fnote-81">[81]</a> der Hieronymitaner</p>
- <p class="line">Einsames Kloster uns Ruh&rsquo;. In der hehren Stille des Abends</p>
-<a id="page-329" class="pagenum" title="329"></a>
- <p class="line">Faßt&rsquo; uns gar wunderbar vom erhelleten Dome der Psalmen</p>
- <p class="line">Herrliche Festmelodie, der Orgel mitwallender Jubel,</p>
- <p class="line">Und das wehmuthsvolle Getön der Glocke vom Thurm her,</p>
- <p class="line">Die zum Abendgebeth uns lud, und zu stiller Betrachtung.</p>
- <p class="line">Schweigend durchirreten wir des vielfachgesonderten Gartens</p>
- <p class="line">Dunkle Pfade, wo frei, nach Lust unschuldiger Willkühr,</p>
- <p class="line">Jeder im Bruderverein mit Sorgfalt baute sein Gärtchen.</p>
- <p class="line">Einer mit silbernem Haupt und himmlischheiterem Antlitz,</p>
- <p class="line">Wandelte dort: er band, dem festlichen Morgen zur Feier,</p>
- <p class="line">Kränze, mit zartem Sinn vermengend mancherlei Farben;</p>
- <p class="line">Knüpfte, hinwandelnd im Duft, gesunkene Blumen an Stäbchen</p>
- <p class="line">Fest, und labte die schmachtende Flur, aus der Fülle des Springquells</p>
- <p class="line">Schöpfend die Silberfluth mit hellerglänzender Kanne.</p>
- <p class="line">Freundlich nickt&rsquo; er den Gruß erst mir, dann meinen Gefährten</p>
- <p class="line">Freundlicher noch; er ging, und waltete, meiner nicht achtend,</p>
- <p class="line">Wieder so ruhig fort in überseligem Frieden.</p>
- <p class="line">O, so dacht&rsquo; ich, nicht fühlt er die herzzernagenden Sorgen,</p>
- <p class="line">Die mein Antheil sind auf des Lebens verworrenen Pfaden!</p>
- <p class="line">Ihm ist sein Blumenbeete die Welt, von sanften Bewohnern</p>
- <p class="line">Blühend und duftend belebt; sie lohnen mit seligen Freuden</p>
- <p class="line">Stets ihm jegliche Müh&rsquo;: er herrscht und waltet im Segen.</p>
- <p class="line">Schnell wie ein Blitz aufflammt&rsquo; in meinem Busen ein Vorsatz,</p>
- <p class="line">Welchen das Herz ergriff, festhielt, und erwählte für immer.</p>
-<a id="page-330" class="pagenum" title="330"></a>
- <p class="line">Staune nicht so, mein Held! Einst siehst du mich glücklicher. Reift nur</p>
- <p class="line">Mein Erzeugter zum Manne heran, auf dem Pfade des Herrschers</p>
- <p class="line">Würdig zu wandeln: dann, o sehnlich erwarteter Festtag,</p>
- <p class="line">Eil&rsquo; ich mit Adlers Flug in des Friedens himmlische Thäler:</p>
- <p class="line">Denn, wie, kämpfend mit Sturm und Noth, der zagende Schiffer</p>
- <p class="line">Fern auf dem Meer umtreibt, als berstend die Maste vom Bord ihm</p>
- <p class="line">Stürzen, die schäumende Fluth fortwälzt die Tau&rsquo; und die Segel,</p>
- <p class="line">Und sein Fahrzeug, leck, schon tiefer sinket, er plötzlich</p>
- <p class="line">&bdquo;Land! Land!&ldquo; hört, da füllt ihm die Brust unnennbare Sehnsucht,</p>
- <p class="line">Und sein thränender Blick hängt starr an den fernen Gestaden:</p>
- <p class="line">Also zieht mich das Herz hinüber nach Estremadura&rsquo;s</p>
- <p class="line">Winkendem Friedensport, und Sankt-Justs heiligen Mauern.</p>
- <p class="line">Dort, den Sorgen der Erd&rsquo; entrückt, vom Menschengewühl fern,</p>
- <p class="line">Und dem Himmel geweiht, entschwind&rsquo; in seliger Stille</p>
- <p class="line">Jede Erinnerung mir der leidenerfülleten Vorzeit!</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, schon glänzet der Abendstern, verwandelt, des Morgens</p>
- <p class="line">Herold: die Nacht entweicht! Schon wecken die rasselnden Trommeln &mdash;</p>
- <p class="line">Wecken Drometen das schlummernde Volk. Nun will ich des Sonntags</p>
-<a id="page-331" class="pagenum" title="331"></a>
- <p class="line">Heilige Feier begeh&rsquo;n im Kreise der tapferen Krieger,</p>
- <p class="line">Dann, will&rsquo;s Gott, erringen das Ziel in dem Kampfe vor Tunis!&ldquo;</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Waffengeräusch erscholl im dunkeln Gezelte des Kaisers,</p>
- <p class="line">Wo seither dem düsteren Schmerz ergeben, Toledo</p>
- <p class="line">Trauerte. Ihn zu erheitern sann der gütige Herrscher;</p>
- <p class="line">Aber umsonst: denn kalt und schweigend verschloß er die Brust ihm.</p>
- <p class="line">Jetzt, aufhorchend im Zelt dem Klagenden, fühlet&rsquo; er plötzlich</p>
- <p class="line">Wieder erglühen den Muth im schmerzerstarreten Busen;</p>
- <p class="line">Sprang vom Lager behend&rsquo;, umfaßte die glänzenden Waffen,</p>
- <p class="line">Gürtete sich, und kam, und sprach zu dem Staunenden also:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wie, so wohnet denn Gram auch im edelsten Herzen? So lohnt ihm</p>
- <p class="line">Völkerbeglückende Müh&rsquo; und Sorge nur schändlicher Undank?</p>
- <p class="line">Schwinde, mein Leid! Verstumm&rsquo;t, ihr Klagen! Ich wähnet&rsquo; euch endlos;</p>
- <p class="line">Doch nun tret ich, beschämt, vor diesen erhabenen Dulder,</p>
- <p class="line">Der dem größeren Schmerz obsiegt, und handelt, der Pflicht treu.</p>
- <p class="line">Hör&rsquo; ich drometenden Ruf &mdash; der weckenden Trommel Gewirbel?</p>
- <p class="line">Fleugt das Schlachtroß wiehernd im Feld, und blitzen die Waffen</p>
- <p class="line">Tod in den Feind? Ich komme! Mit Schrecken gewahrt er Toledo&rsquo;s</p>
-<a id="page-332" class="pagenum" title="332"></a>
- <p class="line">Waffen, und netzt sie mit Blut, und, wenn auch Thränen sie netzten &mdash;</p>
- <p class="line">Meine Thränen: ich trockne sie schnell, des Dulders gedenkend.&ldquo;</p>
- <p class="line">Rasch enteilt&rsquo; er dem Zelt. Dem Nahenden jauchzten die Krieger</p>
- <p class="line">Freudigen Gruß: denn liebend hing das Volk an dem Helden.</p>
- <p class="line">Aber ihm folgte bewegt, mit den tapfersten Führern der Kaiser</p>
- <p class="line">Jetzt in das Lager hinaus, Aufbruch zu gebiethen der Heersmacht.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Schon versank am fernen Gebirg der blässere Vollmond;</p>
- <p class="line">Leise verhüllten die Stern&rsquo; ihr Strahlenhaupt, und im Frühroth</p>
- <p class="line">Glomm die erwachende Welt, als jetzt das geordnete Kriegsheer</p>
- <p class="line">Sich nach Goletta erhob. In tieferschütternder Stille</p>
- <p class="line">Schritt es einher. Nun wurde die finstere Stirne des Kriegers</p>
- <p class="line">Mild, nun sanft sein drohender Blick: denn heiliger Andacht</p>
- <p class="line">Sollt&rsquo; er am Tage des Herrn sich weih&rsquo;n; des göttlichen Mahles</p>
- <p class="line">Andenken würdig feiern, und dann die erschlagenen Krieger</p>
- <p class="line">Senken in&rsquo;s dunkele Grab, und den Tapfern erhöhen den Denkstein,</p>
-<a id="page-333" class="pagenum" title="333"></a>
- <p class="line">Daß er entflamme des Kriegers Brust in der kommenden Zeit noch.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, am Strande des See&rsquo;s, auf dem weitumschauenden Hügel</p>
- <p class="line">Hob sich über dem Zelt aus Zweigen des säuselnden Oehlwalds</p>
- <p class="line">Eine Laube, dem Opferaltar zum wölbenden Dom auf.</p>
- <p class="line">Krieger pflanzten die Laub&rsquo; in Hast, und zur Linken und Rechten</p>
- <p class="line">Neben dem Bild des Gekreuzigten, nährt&rsquo; auf silbernen Leuchtern</p>
- <p class="line">Emsiger Bienchen Fleiß die fächelnde Flamme der Kerzen.</p>
- <p class="line">Als die erlesene Heeresmacht, dem schimmernden Halbmond</p>
- <p class="line">Aehnlich, die Laub&rsquo; umgab: da folgte der stattliche Priester</p>
- <p class="line">Eilig, im Feiergewand, dem dienenden Jüngling zum Altar.</p>
- <p class="line">Dort vor dem Allerheiligsten sprach er die offene Schuld erst;</p>
- <p class="line">Dann lobsang er dem Herrn, und bethet&rsquo; um Himmelserleuchtung,</p>
- <p class="line">Daß das sehnende Herz erkenne die Wege der Wahrheit;</p>
- <p class="line">Kündigte dann aus dem Brief des großen Jüngers die Tröstung</p>
- <p class="line">An die fromme Gemein&rsquo;: &bdquo;Einst soll, was dunkel im Leben,</p>
- <p class="line">Wie in umflortem Spiegel erschien, auf immer enträthselt,</p>
- <p class="line">Schimmerndhell uns werden im Anschaun ewiger Wahrheit.&ldquo;</p>
- <p class="line">Dann die Worte des Evangeliums, mild und erhebend:</p>
- <p class="line">&bdquo;Liebet auch euren Feind, als Kinder des Einen und Höchsten,</p>
- <p class="line">Der mit Vaterhuld für den Frommen und Bösen die Sonne</p>
-<a id="page-334" class="pagenum" title="334"></a>
- <p class="line">Aufgehn heißt mit erwärmendem Strahl, und gedeihlichen Regen</p>
- <p class="line">Sendet der Saat des einen, und andern!&ldquo; Auch sprach er des Glaubens</p>
- <p class="line">Frohes Bekenntniß, und opferte Brot und Wein zur Versöhnung</p>
- <p class="line">Unserer Schuld; doch bald nach dem Dreimal-Heilig erhob er</p>
- <p class="line">Nun das Heiligste selbst, und, als er im frommen Gebeth auch</p>
- <p class="line">Jener gedacht, die, schon entrückt, im Lande des Friedens</p>
- <p class="line">Schlummerten, sprach er das hohe Gebeth des Herrn, und, in Demuth</p>
- <p class="line">Schlagend die Brust vor dem Lamm, das, uns Erlösung zu bringen</p>
- <p class="line">Sich in den Tod hingab, genoß er die Speise der Seelen.</p>
- <p class="line">Jetzt noch fleht&rsquo; er um frohe Geduld in den Tagen der Trübsal,</p>
- <p class="line">Und entließ mit segnender Rechte die Christenversammlung.</p>
- <p class="line">Aber das Haupt entblößt, und die Augen zur Erde geheftet,</p>
- <p class="line">Stand umkreisend das Heer, und ehrte die heilige Sühnung</p>
- <p class="line">Durch erhabnen Gesang: die melodischen Laute des Herzens</p>
- <p class="line">Flogen zum Himmel empor, und weckten die sanfteren Thränen,</p>
- <p class="line">Die nur die Andacht weint in wonn&rsquo;erhöhter Empfindung.</p>
- <p class="line">Glänzender wölbte sich rings des Himmels blaues Gezelt auf,</p>
- <p class="line">Und ein Sonnenmeer umwogte das hehre Geheimniß</p>
- <p class="line">Unseres Heils. Der schimmernde See, von milderen Lüftchen</p>
-<a id="page-335" class="pagenum" title="335"></a>
- <p class="line">Leise geküßt, erhob in schauernder Wonne die Wellen</p>
- <p class="line">Nach dem Strand, wo in lispelndem Grün der Opferaltar stand.</p>
- <p class="line">Freudig neigten sich ihm die Wipfel der Cedern Zafrano&rsquo;s;</p>
- <p class="line">Auch das Olivengehölz ersäuselte sanft, und des Luftraums</p>
- <p class="line">Liebliche Sänger horchten still in den flisternden Zweigen;</p>
- <p class="line">Feierlich schwieg umher die tiefanbethende Schöpfung.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Als gefeiert das Fest, und vollendet das göttliche Mahl war:</p>
- <p class="line">Da geboth der Kaiser dem Volk die Begrabung der Todten.</p>
- <p class="line">&bdquo;Eilt,&ldquo; so rief er, &bdquo;an&rsquo;s heilige Werk: der Erde zu geben</p>
- <p class="line">Leichtverwesliche Saat zur Ernte des ewigen Lebens,</p>
- <p class="line">Wenn der Posaune Klang uns all&rsquo; aus den Gräbern hervorruft!</p>
- <p class="line">Denket des tapferen Sarno zugleich, den ehrenden Denkstein</p>
- <p class="line">Ihm erhöhend. Auch Giaffar sey an den Mauern Goletta&rsquo;s</p>
- <p class="line">Ehrend die Säule geweiht: denn schön ist es, kommenden Zeiten</p>
- <p class="line">Noch den Heldenmuth erschlagener Feinde zu künden.&ldquo;</p>
- <p class="line">Eilig gruben die Krieger das Grab; weit gähnte das Erdreich,</p>
- <p class="line">Biethend die Ruh&rsquo; im dunkeln Schooß den entschlummerten Todten.</p>
- <p class="line">Thränenden Blick&rsquo;s hintrug so mancher den treuen Gefährten,</p>
- <p class="line">Der auf des Lebens Dornenpfad&rsquo; ihm redlich die Bürden</p>
- <p class="line">Tragen half, und treu sich bewähret&rsquo; in Noth und Gefahren.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf, als alle das Grab umfing, und der ehrende Hügel</p>
-<a id="page-336" class="pagenum" title="336"></a>
- <p class="line">Deckte: da hob, aufblickend, der Priester den Trauergesang an;</p>
- <p class="line">Sprengte geweihetes Wasser umher, und schwenkte des Fäßchens</p>
- <p class="line">Weihrauchduftende Gluth der Ruhestätte zum Segen.</p>
- <p class="line">Dann versenkten sie auch im gesonderten Grabe, die Leichen</p>
- <p class="line">Ihrer Gegner, vereint; erhöhten mit Liebe den Denkstein</p>
- <p class="line">Sarno&rsquo;s Ruhme geweiht &mdash; auch Giaffars. Freudig gewahrte</p>
- <p class="line">Ludwig das Ehrenmaal des Tapferen, den er erlegte.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hell, in des Mittags Gluth erglänzten die Zinnen der Festung,</p>
- <p class="line">Als die christliche Heeresmacht, dem Herrscher gehorchend,</p>
- <p class="line">Sich g&rsquo;en Tunis erhob. Der Wetterwolke nicht ungleich,</p>
- <p class="line">Die an dem fernen Gebirg aufschwebt, dann eilenden Fluges,</p>
- <p class="line">Rings die Lüft&rsquo; umhüllt, und des Himmels Bläue verschlinget,</p>
- <p class="line">Deckten die Kriegsheerscharen das Land. Sonst tapfere Krieger,</p>
- <p class="line">Lechzend vor Durst im qualmenden Staub, der unter des Rosses</p>
- <p class="line">Huf und des Mann&rsquo;s vorstrebendem Fuß zu den Wolken emporstieg,</p>
- <p class="line">Murreten jetzt in den Reih&rsquo;n: da schwang der Kaiser voll Hast sich</p>
- <p class="line">Aus dem Sattel; er zog in mutheinflößender Hoheit,</p>
- <p class="line">Selbst mit den Scharen einher, und führte sie vor auf dem Heerweg.</p>
-<a id="page-337" class="pagenum" title="337"></a>
- <p class="line">Plötzlich verstummte die Klag&rsquo;, und, wie durch kühlendes Wasser,</p>
- <p class="line">War die lechzende Zunge gelabt, der finstere Sandstaub</p>
- <p class="line">Ohne Beschwerd&rsquo;, und die Gluth der schrecklichen Sonne verloschen.</p>
- <p class="line">Doch als jetzt in des Meeres Fluth g&rsquo;en Westen ihr Antlitz,</p>
- <p class="line">Goldumflammt, sich spiegelte; dort- und vom nahen Gehölz her</p>
- <p class="line">Liebliche Kühlung kam: da ersah&rsquo;n die staunenden Krieger</p>
- <p class="line">Tunis, mit thürmenden Minarets und prangenden Häusern</p>
- <p class="line">Glühen im rosigen Licht der ersehneten Stunde des Abends.</p>
- <p class="line">Lautaufjauchzten sie all&rsquo;, und schlugen mit nervigen Rechten</p>
- <p class="line">Dann an die blanken Gewehr&rsquo;: entscheidender Thaten sich freuend.</p>
- <p class="line">Aber der Kaiser geboth, urschnell erforschend die Gegend,</p>
- <p class="line">Seinen Tapferen &bdquo;Halt!&ldquo; denn links am Gestade des See&rsquo;s hin,</p>
- <p class="line">Rechts am Olivengehölz, wo droben die Schanze der Felshöh&rsquo;n</p>
- <p class="line">Salis bewähretem Muthe vertraut, der lagernden Heersmacht</p>
- <p class="line">Sichere Stellung verhieß, und die silbernrieselnde Quelle</p>
- <p class="line">Labung ihm both, gedacht&rsquo; er des Heers kampfrüstige Flügel</p>
- <p class="line">Auszubreiten, und dort der Morgenröthe zu harren.</p>
- <p class="line">Und, wie im wölbenden Dom die unzähligen Laute der Orgel,</p>
- <p class="line">Von dem Künstler geweckt, sich all&rsquo; in brausender Strömung</p>
- <p class="line">Herzerschütternder Harmonie&rsquo;n vereinen zum Wohlklang;</p>
- <p class="line">Oder so wie die Räder all&rsquo; im vollendeten Uhrwerk</p>
-<a id="page-338" class="pagenum" title="338"></a>
- <p class="line">Willig sich dreh&rsquo;n nach des Penduls Schlag, und die Zeiger der Stunden</p>
- <p class="line">Kreisenden Lauf und die Bahn der Stern&rsquo;, und der Sonn&rsquo; und des Mondes</p>
- <p class="line">Weisen zugleich auf dem Zifferblatt: so folgten die Krieger</p>
- <p class="line">Jetzo des Herrschers Wink. Und schnell, wie im künstlichen Webstuhl,</p>
- <p class="line">Kreisenden Spuhlen entfloh&rsquo;n, im Zug sich entwirren die Fäden,</p>
- <p class="line">Und verschlingen zum schönen Gebild: so entwirrten sich alsbald</p>
- <p class="line">Hier die verschlungenen Reih&rsquo;n, und lagerten dann in dem Blachfeld</p>
- <p class="line">Trefflich geordnet umher. Die Reiter, auf jedem der Flügel</p>
- <p class="line">Deckten schirmend des Fußvolks Macht und des eh&rsquo;rnen Geschützes</p>
- <p class="line">Ordnungen, die von dem Vorderzug das mittlere Treffen</p>
- <p class="line">Sonderten. So gestellt, nachtlagerten jetzo die Krieger.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sieh&rsquo;, da nahten die Feind&rsquo; unzählig herüber von Tunis,</p>
- <p class="line">Hairaddins drohendem Blick und schrecklichem Rufe gehorchend!</p>
- <p class="line">Wie auf dem Stillen-Meer des Sturms erbrausender Odem</p>
- <p class="line">Weit die Fluthen empört, und endlosstarrende Wogen</p>
- <p class="line">Fort zum entferneten Welttheil wälzt &mdash; sie stürzen gedrängt hin:</p>
- <p class="line">Zahllos so, herübergejagt von dem furchtbaren Herrscher,</p>
- <p class="line">Nahten die Moslemim: denn im Gemüth nicht Tausender Leben</p>
-<a id="page-339" class="pagenum" title="339"></a>
- <p class="line">Achtend, däucht&rsquo; es ihn leicht, die schmählichverlorene Festung,</p>
- <p class="line">Jetzt im nächtlichen Ueberfall dem Feind&rsquo; zu entreißen.</p>
- <p class="line">Grimmig verlacht&rsquo; er darum die Worte der Späher: ihm stehe</p>
- <p class="line">Dräuend entgegen der Feind, und ordne die Scharen zum Kampf schon;</p>
- <p class="line">Dennoch drängt&rsquo; er den Sporn in die Seite des ächzenden Rosses,</p>
- <p class="line">Das ihn im Staubgewölk und im sausenden Donnergalopp hin</p>
- <p class="line">Bis an die Vorhuth trug. Dort hielt er, und sah, vor Erstaunen</p>
- <p class="line">Starr, die Gerüsteten: Wuth und Verzweiflung engte die Brust ihm.</p>
- <p class="line">Wie die Wetterfahn&rsquo; im Hauch des wechselnden Windstroms,</p>
- <p class="line">Bald nach Osten, und bald nach Westen gewendet, umherfleugt:</p>
- <p class="line">Also schwankte sein Geist, im Sturm und Drange des Herzens,</p>
- <p class="line">Unentschlossen, umher: denn schnell, mit dem Blicke des Adlers,</p>
- <p class="line">Heeraufstellender Kunst und Angriffs kundig, gewahrte</p>
- <p class="line">Sein umspähendes Auge das Heer des mächtigen Gegners</p>
- <p class="line">Trefflich beschirmt, und ihm entfloh&rsquo;n die Stunde des Angriffs.</p>
- <p class="line">Schweigend kehrt&rsquo; er zurück, und rief den Scharengebiethern,</p>
- <p class="line">Frohsinn heuchelnd, und Muth, weil Angst ihm füllte den Busen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Preist den Herrn der Welt und seinen erhabnen Propheten,</p>
-<a id="page-340" class="pagenum" title="340"></a>
- <p class="line">Der uns herrlichen Sieg verheißt, und dem Feinde Verderben</p>
- <p class="line">Sendet! Die Nacht entsinkt dem Sternengefilde; nicht kämpfen</p>
- <p class="line">Heut&rsquo; wir mehr: denn hör&rsquo;t! Nur tobenden Muthes Getümmel,</p>
- <p class="line">Sang und Klang ertöne vom Lager; unzählige Feuer</p>
- <p class="line">Mögen die dunkle Nacht umwandeln zur Helle des Tages,</p>
- <p class="line">Und enthüllen das Heer, das schon an dem kommenden Morgen,</p>
- <p class="line">Gleich dem Sturm vorbrausend im Feld, hintilge die Christen.</p>
- <p class="line">Abu-Sa-id, dich ruft vor jeglichem Führer dein König</p>
- <p class="line">Heute zur That! Zeuch hin mit zwanzigtausend Erwählten,</p>
- <p class="line">Sonder Geräusch, entlang die felsigen Ufer Medscherda&rsquo;s,</p>
- <p class="line">Nach Buschatter, um dort zu umgehen das feindliche Lager;</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf, den flammenden Blitz des Donnerrohrs und der Büchsen,</p>
- <p class="line">Schauend in dämmernder Früh&rsquo;, und des Kampf&rsquo;s erwachtes Getümmel</p>
- <p class="line">Hörend, erklimme die Höh&rsquo;n, und stürze dich, ähnlich dem Gießbach,</p>
- <p class="line">Der im zerstörenden Lauf fortbraust nach unendlichem Regen,</p>
- <p class="line">Rasch in das Lager hinab, daß uns die flüchtigen Scharen,</p>
- <p class="line">Seiner Wälle beraubt, dann all&rsquo; erliegen im Schlachtfeld.</p>
- <p class="line">Denke des herrlichen Zugs, und der Beut&rsquo; unsäglichen Werthes!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und Abu-Sa-id ging stolzumschauenden Blickes,</p>
- <p class="line">Seinem harrenden Volk und dem nahen Verderben entgegen.</p>
- <p class="line">Doch, auf Hairaddins Wink, des furchtbar&rsquo;n Mannes, erwachte</p>
-<a id="page-341" class="pagenum" title="341"></a>
- <p class="line">Jetzt Aufruhr, und Lärm, und Getös&rsquo; in dem wimmelnden Lager:</p>
- <p class="line">Denn des Kessels schmetternden Klang hier mengten die Einen &mdash;</p>
- <p class="line">Dort des Horns Gebrüll die Andern (mit schwellenden Backen</p>
- <p class="line">Und vorquellendem Aug&rsquo; erzwingend des Erzes Gewaltton)</p>
- <p class="line">Furchtbarer stets, in das laute Geschrei der rasenden Krieger</p>
- <p class="line">So, daß die schlummernde Welt vor Angst aufschauderte ringsum!</p>
- <p class="line">Und in den hellsten Tag verwandelte, prasselnd, des Reisigs</p>
- <p class="line">Mächtige Lohe die Nacht. An den Zelten der Völker hinunter</p>
- <p class="line">Trugen ragende Pfähl&rsquo; unzählbarflammende Kessel,</p>
- <p class="line">Leuchtend, empor: ihr fächelnder Schein durchblitzte die Gegend</p>
- <p class="line">Endlos, immer geweckt von des Harzes aufwallenden Fluthen.</p>
- <p class="line">Raschelnd wogte vor Hairaddins Zelt die <em>Heilige</em> Schlachtfahn&rsquo; &mdash;</p>
- <p class="line">Also dem Volke genannt, in die Lüfte. Die türkische Tonkunst</p>
- <p class="line">Feierte dort ihr Fest: die Trommel polterte; Teller</p>
- <p class="line">Zischten mit ehernem Laut; hell klingelten Schellen und Glocken;</p>
- <p class="line">Pfeifchen gellten mit Zink- und Hörnerklängen vereinet.</p>
- <p class="line">Doch vor des Bascha Zelt, vor jeglichem rings in dem Lager,</p>
- <p class="line">Stand das düstre Panier, von des Rosses buschigem Schweifhaar</p>
- <p class="line">Zwei- auch dreifach erhöht: die Würde des Orta-Gebiethers</p>
- <p class="line">Kündend. Also durchwachten die Nacht die empöreten Völker.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-342" class="pagenum" title="342"></a>
- <p class="line">Abu-Sa-id entschlich, dem wildaufspürenden Weidmann</p>
- <p class="line">Aehnlich, dem Heer&rsquo;, und eilte Medscherda&rsquo;s Fluthen hinunter,</p>
- <p class="line">Mit erlesenem Volk, ihm Stille gebiethend, zum Ziel hin.</p>
- <p class="line">Lange noch hört&rsquo; er des Lagers Getös&rsquo;, und freute der List sich.</p>
- <p class="line">Aber da lag auf des Felsens Höh&rsquo;n, im Kreise der Schützen,</p>
- <p class="line">Salis, der tapfere Hort, und sah nach den Sternengefilden</p>
- <p class="line">Schweigend empor. Er bebte, daß dort, millionen von Meilen</p>
- <p class="line">Ueber dem glänzenden Sirius noch, das Aug&rsquo;, mit des Fernrohrs</p>
- <p class="line">Zaubermacht bewehrt, aufdrang, und dennoch kein Ziel fand;</p>
- <p class="line">Zahllos über ihm noch die Sonnen wandeln, und zahllos</p>
- <p class="line">Erden und Monde sich dreh&rsquo;n im Raum des unendlichen Weltalls:</p>
- <p class="line">Das erfüllt&rsquo; ihm die Brust mit Schauern der nahen Vernichtung!</p>
- <p class="line">Weinend senkt&rsquo; er den Blick zum niedrigen Staube hinunter &mdash;</p>
- <p class="line">Dachte sich selber nur Staub im wehenden Hauche der Allmacht.</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, da flog, auf des Lüftchens Fittigen säuselnd im Nachtgrau&rsquo;n,</p>
- <p class="line">Eilender Schritte Getös&rsquo; und klirrender Waffen Getümmel</p>
- <p class="line">Ihm an das horchend&rsquo; Ohr. Mit dem spähenden Auge des Falken,</p>
- <p class="line">Der aus Wolkenhöh&rsquo;n im dunkelen Grase den Raub sieht,</p>
- <p class="line">Forscht&rsquo; er rings in den Thälern umher, und sah an Medscherda&rsquo;s</p>
- <p class="line">Ufer annahendes Volk. Schnell ahnt&rsquo; er, besorgt in dem Herzen,</p>
-<a id="page-343" class="pagenum" title="343"></a>
- <p class="line">Feindlichen Ueberfall, und, gedenkend entscheidender Abwehr,</p>
- <p class="line">Flog alsbald, gesendet von ihm, Ruinard in das Lager,</p>
- <p class="line">Von dem Kaiser verstärkende Macht zu erfleh&rsquo;n: und sie ward ihm.</p>
- <p class="line">Bald erklommen die Höh&rsquo;n noch tausend erlesene Schützen,</p>
- <p class="line">Löwenbeherzt, und froh der feindabwehrenden Arbeit.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Aber am Strande des See&rsquo;s, wo im Lager die Scharen der Christen</p>
- <p class="line">Ruheten, war nicht Getös&rsquo; auftobenden Volkes zu hören.</p>
- <p class="line">Nicht erleuchtete Flammenschein (so wollt&rsquo; es der Herrscher)</p>
- <p class="line">Dort die dunkele Nacht, daß in ihrem Schleier geborgen,</p>
- <p class="line">Fest vertrauend dem Muth in der Brust und der leitenden Weisheit,</p>
- <p class="line">Lächle der Tapfre getrost des schreckenvollen Getümmels,</p>
- <p class="line">Das die Verzweiflung gebar, nur feigeren Seelen zur Täuschung.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf erquickte nur Brot die Lagernden, heute zum Spätmahl</p>
- <p class="line">Kärglich gespendet; sie löschten den Durst nur am Born, und gedachten,</p>
- <p class="line">Scherzend, des reichlichen Mahls zu Tunis, am kommenden Abend.</p>
- <p class="line">Aber der Kaiser ging im Kreise der schmausenden Krieger,</p>
- <p class="line">Zögernden Schrittes umher, und sagte mit Lächeln dem Einen,</p>
- <p class="line">Und dem Ander&rsquo;n ein freundliches Wort, beim Nahmen ihn nennend:</p>
- <p class="line">Da in dem zahllosen Heer&rsquo; kein Tapferer fremd ihm geblieben.</p>
-<a id="page-344" class="pagenum" title="344"></a>
- <p class="line">Doch nun rief ihm der Reisige, Horst, der früher des Kaisers</p>
- <p class="line">Dienender Mundschenk war, da er ging, im heiteren Scherz nach:</p>
- <p class="line">&bdquo;Carolus, unser gebiethender Herr,&ldquo; so spöttelt&rsquo; er, winkend</p>
- <p class="line">Noch mit den Augen, ihm nach, &bdquo;vermisset mit trauerndem Herzen,</p>
- <p class="line">Heute wohl auch die erlesene Menge der Speisen im Prunksaal,</p>
- <p class="line">Wo er dem Tisch sonst naht in traulicher, lieber Gesellschaft:</p>
- <p class="line">Denn nicht dampfen aus China&rsquo;s buntem Geschirr ihm die Brühen</p>
- <p class="line">Würzig entgegen, und nicht das Fleisch gemästeten Rindes,</p>
- <p class="line">Mancherlei Brühen gesellt, nicht das zarte Gemüse, des Rehes</p>
- <p class="line">Saftiger Rücken, des Wildschweins Kopf, mit grünenden Sträußchen</p>
- <p class="line">Zierlich umhüllt, nicht der Braten von zahm- und wildem Geflügel.</p>
- <p class="line">Auch das feine Gebäck, so vielfachgestaltet aus Rohrmehl,</p>
- <p class="line">Das uns die Neue Welt hersendet in schimmernden Kegeln,</p>
- <p class="line">Reitzt nicht heut&rsquo; ihm den Gaum, nicht das Obst, erzwungen im Treibhaus,</p>
- <p class="line">Oder weit schöner gereift von Gottes gewaltiger Sonne.</p>
- <p class="line">Weder des Rheinweins Gold, noch Malaga&rsquo;s dunkler Gewürzsaft,</p>
- <p class="line">Und des Tokayers Gluth weckt ihm aus silbernen Bechern</p>
- <p class="line">Heute mehr Lust. Erwünscht nun wäre mir selber der Speisen</p>
-<a id="page-345" class="pagenum" title="345"></a>
- <p class="line">Abhub, der uns Dienenden ward nach vollendetem Gastmahl;</p>
- <p class="line">Aber getrost: uns winkt aus Tunis der freundliche Wirth schon!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also sprach er im Scherz, und laut auflachten die Krieger.</p>
- <p class="line">Abgewandten Gesichts horcht&rsquo; ihm der edelste Kaiser;</p>
- <p class="line">Doch nun wandt&rsquo; er sich schnell, und lächelt&rsquo; ihm, als er den Finger</p>
- <p class="line">Gegen ihn drohend erhob. Dem Scheidenden folgte der Krieger</p>
- <p class="line">Jubelgeschrei, noch weit zu seinem erhellten Gezelt hin.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sieh&rsquo;, jetzt kam ein christlicher Sclav&rsquo; im nächtlichen Dunkel</p>
- <p class="line">Eilenden Lauf&rsquo;s zur Vorhuth; stand, und streckte zum Himmel,</p>
- <p class="line">Dankend, die Händ&rsquo; empor; dann rief er: &bdquo;Erkennet ihr Hugo?</p>
- <p class="line">Ich bin&rsquo;s! O, wer führt mich schnell zu dem waltenden Herrscher?&ldquo;</p>
- <p class="line">&bdquo;Hugo?&ldquo; so rief Toledo im Schlaf, und riß sich vom Boden,</p>
- <p class="line">Lautaufstöhnend. Er lag, der äußersten Scharen Gebiether,</p>
- <p class="line">Dort entschlummert im Feld. Nun küßte die bebende Hand ihm,</p>
- <p class="line">Auf die Kniee gesunken, der Greis, und schluchzete sprachlos;</p>
- <p class="line">Aber Toledo hing mit schrecklicherblassendem Antlitz</p>
- <p class="line">Ueber dem weinenden Greis&rsquo;, und tief aus den Tiefen des Herzens</p>
- <p class="line">Seufzend, sah er ein strahlendes Bild hinschwinden im Nachtgrau&rsquo;n:</p>
- <p class="line">Dann noch dunkler das Leben umher; er stürzte zum Meer fort.</p>
-<a id="page-346" class="pagenum" title="346"></a>
- <p class="line">Hugo, bebend vor Angst, vernahm von den Kriegern Mathildens</p>
- <p class="line">Trauergeschick und Toledo&rsquo;s herzzermalmenden Jammer,</p>
- <p class="line">Und im wechselnden Kampf erblutete jetzo die Brust ihm:</p>
- <p class="line">Denn bald sah er die Flucht des unglückseligen Gatten,</p>
- <p class="line">Bald vernahm er im Ohr Wehklag&rsquo; und Geschrei nach Errettung</p>
- <p class="line">Tausender, die ihn gesandt aus den scheußlichen Höhlen des Todes;</p>
- <p class="line">Doch, was höher ihm schien, und galt im redlichen Herzen,</p>
- <p class="line">War ihm Gesetz. In Hast eintretend zum Herrscher, begann er:</p>
- <p class="line">&bdquo;Herr, kein Fremdling vor dir, erscheine ich heut&rsquo; ein Gesandter</p>
- <p class="line">Zwanzigtausend in Noth und Jammer verschmachtender Christen!</p>
- <p class="line">O, ich habe den Jammer geseh&rsquo;n, und wäre gestorben,</p>
- <p class="line">Hätte nicht himmlische Huld mich bewahrt bei dem gräßlichen Anblick!</p>
- <p class="line">Allerbarmend ist Gott, er lenkte die Seele Medelins</p>
- <p class="line">Wieder zurück auf die Wege des Heil&rsquo;s, die er treulosen Sinnes</p>
- <p class="line">Abschwur, und erboßt, den Christensclaven ein Henker,</p>
- <p class="line">Wüthete. Sieh&rsquo;, er kam, und löste den armen die Fesseln &mdash;</p>
- <p class="line">Löste sie mir, dem Draguts Rache den schrecklichsten Tod sann,</p>
- <p class="line">Daß ich dir künde zuvor: verschließen wird er der Hochburg</p>
- <p class="line">Eiserne Thore des Wüthrichs Macht, die entfesselten Sclaven</p>
- <p class="line">Waffnen, und harren des Wink&rsquo;s zum Verein mit dir, und den Deinen!</p>
-<a id="page-347" class="pagenum" title="347"></a>
- <p class="line">Als ich der Höhl&rsquo; entfloh, da tönte herauf aus dem Abgrund</p>
- <p class="line">Freudengeschrei und Gerassel der sinkenden Ketten, daß alsbald</p>
- <p class="line">Mir erstarrte das Blut in den Adern vor Angst und Entzücken.</p>
- <p class="line">Wahrlich, mich leitete jetzt der Himmlischen einer in&rsquo;s Lager</p>
- <p class="line">Her, in der dunkeln Nacht, Medelins Worte zu künden:</p>
- <p class="line">Herr, der Rettung gedenk&rsquo;: denn furchtbar wäre das Säumen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Hastig enteilt&rsquo; er jetzt, die Spur zu erforschen Toledo&rsquo;s.</p>
- <p class="line">Aber mit pochender Brust, mit thränenumflossenen Wimpern</p>
- <p class="line">Blickte der Kaiser ihm nach, und rief den tapferen Radburg,</p>
- <p class="line">Dann auch Römhild auf, die Führer der Bayern und Schwaben:</p>
- <p class="line">&bdquo;Eil&rsquo;t, ihr beide, vereint, mit tausend erlesenen Kriegern</p>
- <p class="line">Jeglicher, nach der Felsenburg; im nächtlichen Dunkel</p>
- <p class="line">Führt euch Hugo, der Greis, und dort eröffnet Medelin</p>
- <p class="line">Euch die Thor&rsquo;, aus welchen noch heut&rsquo;, o Wonne, der Christen</p>
- <p class="line">Eiserngefesselte Schar auszieht in seliger Freiheit!</p>
- <p class="line">Haltet die Veste besetzt, bis wir im schallenden Sieg&rsquo;sruf</p>
- <p class="line">Nah&rsquo;n, und die armen all&rsquo;, entfloh&rsquo;n dem Kerker, uns danken.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also geschah&rsquo;s: denn schnell entbothen die muthigen Führer</p>
- <p class="line">Ihr erlesenes Volk, die Burg zu erreichen im Nachtgrau&rsquo;n.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Draußen am Meeresgestad&rsquo;, am schwindligen Rande des Felsens,</p>
- <p class="line">Stand Toledo gebeugt, und sah mit erblassendem Antlitz</p>
-<a id="page-348" class="pagenum" title="348"></a>
- <p class="line">Starr in die schimmernde Fluth. Ihm schwand dort die Erd&rsquo; und der Himmel:</p>
- <p class="line">Denn jetzt horcht&rsquo; er, verwirrt, dem fluthenden Geistergelispel &mdash;</p>
- <p class="line">Stöhnete dann, und horchte wieder: die wechselnden Wellen</p>
- <p class="line">Sanken, stiegen, und schienen allein in dem frostigen Meergrund</p>
- <p class="line">Für sein brennend Weh&rsquo; ihm labende Kühlung zu biethen.</p>
- <p class="line">Also fand ihn der Greis! er hob die Händ&rsquo; und die Augen</p>
- <p class="line">Weinend zum Himmel empor, und bethete leise für sich hin:</p>
- <p class="line">&bdquo;Der du, ein guter Hirt in der Wüste das irrende Schäflein</p>
- <p class="line">Suchtest, und so das Gefundene, liebendumfaßt, auf den Schultern</p>
- <p class="line">Heimtrugst: laß auch ihn nicht verloren seyn, du Erbarmer!&ldquo;</p>
- <p class="line">Dann umfaßt&rsquo; er ihn schnell; bedeckte mit brennenden Küssen</p>
- <p class="line">Ihm den Nacken, und rief mit leisem Gewimmer: &bdquo;Mathilde!&ldquo;</p>
- <p class="line">Lautaufstöhnt&rsquo; er dem Wort&rsquo;, und wandte sich, starrend in Hugo&rsquo;s</p>
- <p class="line">Thränendes Aug&rsquo;; doch jetzt ergriff er die Hand des Getreuen,</p>
- <p class="line">Preßte sie heftig, und floh nach dem Lager zurücke. Der Wogen</p>
- <p class="line">Dumpfes Rauschen erfüllte noch fern ihm die Seele mit Schauder.</p>
-</div>
-
-<h2 class="chapter" id="part-13">
-<a id="page-349" class="pagenum" title="349"></a>
-Zwölfter Gesang.
-</h2>
-
-<div class="first poem">
- <p class="line"><span class="firstchar">H</span><span class="postfirstchar">airaddins</span> Völker umfing noch bleierner Schlaf und Betäubung.</p>
- <p class="line">Wie aus dem dämmernden Saal, nach lautem Gelage der Fastnacht,</p>
- <p class="line">Schleicht ermüdetes Volk; das schimmernde Licht von den Leuchtern</p>
- <p class="line">Schwindet; Tanz und Getöne verstummt, und Getümmel verhallet;</p>
- <p class="line">Also verhallte der Lärm in dem weitumkreisenden Lager</p>
- <p class="line">Hairaddins; doch, vom Schlummer erquickt, und zum Kampfe gerüstet,</p>
- <p class="line">Harrten die Christen schon des donnernden Zeichens zum Angriff.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Siehe, der Morgen erhob die Stirn&rsquo; an dem östlichen Himmel,</p>
- <p class="line">Rosenumkränzt, und sah mit schüchternerröthenden Wangen</p>
- <p class="line">Nach der Erde herab, die, sich des nächtlichen Grauens</p>
- <p class="line">Arm entwindend, aus Wolkenhöh&rsquo;n mit dem Jubel der Lerchen,</p>
-<a id="page-350" class="pagenum" title="350"></a>
- <p class="line">Und in den Fluren rings mit schimmernden Thränen ihn grüßte!</p>
- <p class="line">Jetzt, in des Morgens Hauch, zum Kampf entbiethend die Scharen,</p>
- <p class="line">Schwang der Kaiser das Schwert in die Luft. Des Winkes gewärtig,</p>
- <p class="line">Eilte der Wurfschütz vor, und senkte die Lunte mit Vorsicht</p>
- <p class="line">Hin an des Zündrohrs dunkelen Rand: aufflammte das Pulver.</p>
- <p class="line">Erst nur ein weniges vor &mdash; dann eilender wieder zur Stelle</p>
- <p class="line">Rollte der eherne Schlund, und warf im Donnergetümmel</p>
- <p class="line">Durch die Lüfte den Ball nach dem feindlichen Lager hinüber.</p>
- <p class="line">Einst, wie zum Weltgericht die Posaun&rsquo; erschallt in dem Luftraum,</p>
- <p class="line">Schnell die Gebein&rsquo; aus Staub und Moder zum Leben sich regen,</p>
- <p class="line">Und in schaudernder Hast, dem Rufe folgend, die Todten</p>
- <p class="line">Alle ersteh&rsquo;n: so scholl, in der heiligen Frühe, des Schlachtrufs</p>
- <p class="line">Donnergetümmel dem Feind&rsquo;. Alsbald ergreifend die Waffen,</p>
- <p class="line">Stürzeten alle zugleich mit Lärm und Getös&rsquo; in die Reihen.</p>
- <p class="line">Rings in die Umwelt flog auf den Fittigen säuselnder Lüftchen,</p>
- <p class="line">Donnergetön, und traf in dem fernentlegenen Waldthal</p>
- <p class="line">Abu-Sa-ids aufhorchendes Ohr. Er wähnte: begonnen</p>
- <p class="line">Wüthe die Schlacht &mdash; besiegt von Hairaddin, fliehe der Fremdling</p>
- <p class="line">Schon, dem er den schirmenden Wall zu entreißen herankam.</p>
- <p class="line">Schnell entboth er sein Volk, und klomm an der ragenden Bergwand</p>
-<a id="page-351" class="pagenum" title="351"></a>
- <p class="line">Aufwärts, keuchend vor Hast, und triefend von Schweiß an den Gliedern:</p>
- <p class="line">Denn ihn drängte nach Beute die Gier, die Hairaddin gestern,</p>
- <p class="line">Träumend von Siegen, ihm both. Er hieß die folgenden Scharen</p>
- <p class="line">Leis&rsquo; erklimmen den Berg, und winkte mit Augen und Händen;</p>
- <p class="line">Zischt&rsquo;, und pressete fest an die Lippen den dräuenden Finger,</p>
- <p class="line">Daß sie den wehrlosen Feind erwürgten im plötzlichen Anfall.</p>
- <p class="line">Aber nicht achtlos saß auf dem buschigen Saume der Felshöh&rsquo;n</p>
- <p class="line">Salis, der Held. Im Kreise der ringsumspähenden Schützen,</p>
- <p class="line">Sah er hinschwinden die Nacht, und jetzt vernahm er vom Wald her</p>
- <p class="line">Nahender Laute Gezisch: denn unter den eilenden Füßen</p>
- <p class="line">Rauschte das Laub, und verrieth die Kommenden. Muthigen Herzens</p>
- <p class="line">Fuhr er vom Boden, und rief dem Volk: &bdquo;Gebt Acht!&ldquo; und die Schützen,</p>
- <p class="line">Beugend das rechte Knie&rsquo;, an die Wange pressend des Rohres</p>
- <p class="line">Zierlichen Schaft, mit gespanntem Hahn, scharf zielenden Augen</p>
- <p class="line">Harrten des &bdquo;Feuer!&ldquo; gebiethenden Ruf&rsquo;s. Da faßte der Feldherr</p>
- <p class="line">Selber den kunstgezogenen Lauf, den er auf dem Herweg</p>
- <p class="line">Kaufte für blinkendes Gold von dem tridentinischen Meister,</p>
- <p class="line">Stand, und zielete. Jetzt, in des dunkel&rsquo;n Waldes Umlaubung,</p>
- <p class="line">Schauend Abu-Sa-id, der stolz vor den Seinen daherkam,</p>
-<a id="page-352" class="pagenum" title="352"></a>
- <p class="line">Ließ er erkrachen das tödliche Rohr. Die schmetternde Kugel</p>
- <p class="line">Röthete schnell ihm die Stirn&rsquo;, und sterbend sank er zu Boden.</p>
- <p class="line">Also birgt sich im Schooß des hundertjährigen Ahorns,</p>
- <p class="line">Lauernd, der Luchs, da im Lauf hereilt der muntere Rehbock;</p>
- <p class="line">Aber er fahet ihn nicht: denn drüben erkrachet des Hirsches</p>
- <p class="line">Sechzehnendiger Krone bereits der hemmende Hochwald,</p>
- <p class="line">Und er stürzt sich jetzt auf den harmlos Nahenden, Blutgier</p>
- <p class="line">Athmend, herab, und zernagt den Hals und den Rücken des armen,</p>
- <p class="line">Im verzweifelten Lauf, bis ganz ermattet er hinsinkt:</p>
- <p class="line">Salis erlauerte so vor allen den Führer des Volkes,</p>
- <p class="line">Abu-Sa-id, und warf ihn entseelt hinunter am Abhang.</p>
- <p class="line">Schreckenbetäubt, nicht ahnend woher die entsetzliche Kugel</p>
- <p class="line">Brausete, stand sein Volk, und starrt&rsquo; umher in dem Dunkel;</p>
- <p class="line">Doch als endlos fort vom Gebüsch der Büchsen Geschmetter</p>
- <p class="line">Tobte; nach jeglichem Schuß Gejauchze des Schützen ertönte,</p>
- <p class="line">Der, scharfzielend, durchbohrte die Brust des einmal Erkornen;</p>
- <p class="line">Als die schreckliche Wucht entrollender Steine, des Berges</p>
- <p class="line">Saum entlang, wo in dunkeler Nacht sie häuften die Schützen,</p>
- <p class="line">Donnernd die Reihen begrub, und Reihen verwundet umherwarf:</p>
- <p class="line">Da scholl Jammergestöhn&rsquo; verwundeten &mdash; Lärm und Getümmel</p>
- <p class="line">Flüchtenden Volk&rsquo;s, das schnell hinunter den stäubenden Abhang</p>
- <p class="line">Stürmt&rsquo; und von Schrecken gejagt, im Thal forteilte g&rsquo;en Tunis.</p>
-<a id="page-353" class="pagenum" title="353"></a>
- <p class="line">Stille herrschete rings, und so, wie berstende Wolken</p>
- <p class="line">Brausen vom Hochgebirg in das Thal, die entwurzelte Waldung</p>
- <p class="line">Schwindet, und kahl aufstarrt das Gefild: so brausten die Mauren,</p>
- <p class="line">Flüchtend, im Waldthal fort, und rings verstummte die Gegend.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Freudig erscholl fernher das Schmettern der Büchsen des Kaisers</p>
- <p class="line">Horchendem Ohr; doch freudiger noch ihr schnelles Verstummen:</p>
- <p class="line">Denn er ahnte den Sieg auf den Höh&rsquo;n, und führte die Scharen</p>
- <p class="line">Eilender vor. Da flog, vom schnaubenden Rosse getragen,</p>
- <p class="line">Guasto, der Greis, ihm entgegen, und rief, ein Flehender, also:</p>
- <p class="line">&bdquo;Herrlich dämmert dein Siegestag, erlauchter Gebiether;</p>
- <p class="line">Laß dieß grauende Haupt mit dem schönsten der Kränze geschmücket,</p>
- <p class="line">Kehren vom Kampf, so ich heut&rsquo;, beherrschend den muthigen Vortrab,</p>
- <p class="line">Dir bereite die Bahn zu dem Sieg voll ewigen Nachruhms!&ldquo;</p>
- <p class="line">Als ihm des Herrschers lächelnder Blick die Bitte gewährte,</p>
- <p class="line">Spornte das Roß Del-Guasto, und flog, wie Wettergewölk fleugt,</p>
- <p class="line">Von dem Sturme gejagt, an die Spitze des muthigen Vor-Zugs,</p>
- <p class="line">Wo des Fußvolks Reih&rsquo;n, fünftausend erlesener Wälschen,</p>
-<a id="page-354" class="pagenum" title="354"></a>
- <p class="line">Oestreichs tapferen Reitern gesellt, mit Jubel ihn grüßten.</p>
- <p class="line">Jene lenkte Toledo zum Kampf, und die Reisigen Lichtstein:</p>
- <p class="line">Beide Söhne des Ruhms, erzogen im Felde der Waffen.</p>
- <p class="line">Wie in dem Sternenzelt, verherrlicht vor allen, des Morgens</p>
- <p class="line">Glänzender Stern aufschwebt: so kam an dem Flügel zur Linken</p>
- <p class="line">Ludwig, der siegverherrlichte Held, neuntausend der Krieger,</p>
- <p class="line">Die aus Brabant, und mit ihm her aus Lusitanien zogen,</p>
- <p class="line">Vorzuführen im Feld. So folgten zur Rechten die Deutschen</p>
- <p class="line">Ebersteins Panier, der kühn, wie ein Eber des Waldes</p>
- <p class="line">Sich auf den Gegner warf im Gefecht; wie ein Fels in dem Meergrund</p>
- <p class="line">Stand im wilden Tumult umdräuender Todesgefahren,</p>
- <p class="line">Und in dem Busen (den Edelstein) das edelste Herz trug.</p>
- <p class="line">Hunyady eint&rsquo; ihm die Macht roßtummelnder, kühner Magyaren</p>
- <p class="line">Hier, voll Muths vorstürmend im Feld; dort nahte mit Ludwig</p>
- <p class="line">Alba heran, der stets ein Schrecken der Feinde, der Heimath</p>
- <p class="line">Schwergeharnischte, reisige Schar, entflammte zu Thaten.</p>
- <p class="line">Doch, wie Sterne der Mond, den Mond, aufstrahlend, die Sonne</p>
- <p class="line">Schnell verdunkelt an Pracht: so ragte der edelste Kaiser</p>
- <p class="line">Vor in der Mitte des Heers. Ihm folgten aus jedem der Völker</p>
- <p class="line">Tausend Erwählte zum Kampf, daß jegliches, gleich in Gefahren,</p>
- <p class="line">Gleich in des Ruhms hochlohnendem Glanz, sich freue des Vorzugs.</p>
-<a id="page-355" class="pagenum" title="355"></a>
- <p class="line">Aber im Nachhalt stand Aurel mit den Tapfern von Malta,</p>
- <p class="line">Und, den Rittern gesellt, den furchtbarn, standen die Reiter,</p>
- <p class="line">Die Hispania&rsquo;s Cortes entsandt&rsquo; im rühmlichen Wettstreit:</p>
- <p class="line">Doria&rsquo;s Heldenkraft vertraute der Kaiser die Scharen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzo herauf und hinunter im Feld, die Reihen zu mustern,</p>
- <p class="line">Jagt&rsquo; er das feurige Roß, und es streute vom blanken Gebisse</p>
- <p class="line">Schneeigen Schaum, und wieherte stolz in dem sausenden Ritt hin.</p>
- <p class="line">Doch nun hemmt&rsquo; er, zur Mitte gekehrt, den schnaubenden Läufer,</p>
- <p class="line">Hob vom Haupte den Helm, und wandte sich gegen die Krieger.</p>
- <p class="line">Siehe, da fuhr an des Himmels Rand&rsquo; im Osten die Sonne,</p>
- <p class="line">Rosigschimmernd, herauf, und weckte den lieblichsten Morgen,</p>
- <p class="line">Der sich je zur Erd&rsquo; auf goldenen Fittigen senkte!</p>
- <p class="line">Ringsum jauchzt&rsquo; ihr entgegen die Welt: denn wonnige Kühlung</p>
- <p class="line">Hauchte das Meer und der See von Tunis herüber, des Kriegers</p>
- <p class="line">Busen erfüllend mit dauernder Kraft, und am blaueren Himmel,</p>
- <p class="line">Dem erhabnen Altar des Herrn des kreisenden Weltalls,</p>
- <p class="line">Schwamm ein zartes Gewölk umher, gleich duftendem Weihrauch,</p>
- <p class="line">Der zum Dank aufwallt in der heiligen Stunde der Andacht.</p>
- <p class="line">Als er entblößte das Haupt, da hellte die strahlende Sonne</p>
- <p class="line">Ihm die erhabene Stirn&rsquo;; er bethete laut vor den Scharen:</p>
-<a id="page-356" class="pagenum" title="356"></a>
- <p class="line">&bdquo;Herr, nun stärke dein Volk! Nicht trieb uns im dunkelen Schiffsraum</p>
- <p class="line">Gier nach Beute heran; nur deinen Bekennern die Freiheit &mdash;</p>
- <p class="line">Frieden dem raubgefährdeten Meer zu erkämpfen im Schlachtfeld,</p>
- <p class="line">Ziehen wir freudig das Schwert. Von dir kommt Sieg und Errettung.&ldquo;</p>
- <p class="line">Dann aufschwang er den Stahl mit der Rechten; er barg mit der Linken</p>
- <p class="line">Schnell das Haupt in den Helm, und rief, erschütternd, den Kriegern:</p>
- <p class="line">&bdquo;Golgotha&rsquo;s Hügel herab entströmte des sterbenden Mittlers</p>
- <p class="line">Kreuze die knechtschafttilgende Huld: sie bracht&rsquo; uns Erlösung.</p>
- <p class="line">Christen, des Kreuzes gedenkt, und errettet die schmachtenden Brüder!&ldquo;</p>
- <p class="line">All&rsquo; aufjauchzten dem Wort mit thränendem Blick, und im Sturmflug</p>
- <p class="line">Ihres empöreten Muths erscholl ihr brausender Zuruf:</p>
- <p class="line">&bdquo;Fort, in die blutige Schlacht! Nicht allein auf dem Felde vor Tunis</p>
- <p class="line">Streite dein Volk; auch fern an Jerusalems heiligen Mauern</p>
- <p class="line">Stirbt es den Heldentod für dich, zu erringen der Kronen</p>
- <p class="line">Erste dem edelsten Haupt. Jetzt hin, wo im Donnergetümmel</p>
- <p class="line">Blitzt das würgende Schwert; wir schmettern die Feinde zu Boden!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also erscholl&rsquo;s in dem Heer. Da flammte plötzlich der Luftraum</p>
-<a id="page-357" class="pagenum" title="357"></a>
- <p class="line">Auf; die Wolken floh&rsquo;n; laut rauschten des Meeres Gewässer,</p>
- <p class="line">Und es erbebte die Erd&rsquo;, als sollte zerstieben das Weltall:</p>
- <p class="line">Denn aus den glänzenden Höh&rsquo;n der endlosen Räume des Himmels</p>
- <p class="line">Kam Eloa herab: von den streitenden Heeren der Geister</p>
- <p class="line">Wilden-Muth-empörende Schar zu entfernen. Sie bebten,</p>
- <p class="line">Als er das flammende Schwert aufschwang, und mit dräuendem Blick rief:</p>
- <p class="line">&bdquo;Hör&rsquo;t, daß Keiner aus euch den Völkern: nicht diesem, nicht jenem,</p>
- <p class="line">Nahe mit thatenerweckendem Hauch: denn selber bewähren</p>
- <p class="line">Soll sich der Muth, der hier den Sclaven erringet die Freiheit!&ldquo;</p>
- <p class="line">Nun, da er fern&rsquo; im bläulichen Aethergefilde dahinschwand,</p>
- <p class="line">Sah&rsquo;n sie trauernd ihm nach. Ihr Herz erfüllte die Sehnsucht</p>
- <p class="line">Nach dem seligen Land: des Friedens ewiger Heimath.</p>
- <p class="line">Dann, gesondert im Kreis&rsquo;, auf schimmernden Wolken sich lagernd,</p>
- <p class="line">Ruheten all&rsquo; umher, und blickten herunter auf&rsquo;s Schlachtfeld.</p>
- <p class="line">Muhamed floh mit den Seinen davon: ihn schreckte des Seraphs</p>
- <p class="line">Dräuender Blick, und Gram entflohener Hoffnung ergriff ihn.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Sieh&rsquo;, auch Hairaddin trieb des brausenden Heeres Geschwader</p>
- <p class="line">Zahllos gegen die Christen heran: so brauset des Meeres</p>
- <p class="line">Sturmgeschaukelte Fluth in tausender Wogen Empörung!</p>
-<a id="page-358" class="pagenum" title="358"></a>
- <p class="line">Erst die reisige Schar der Araber, feurige Rosse</p>
- <p class="line">Bändigend, und ermüdend im Kampf durch wechselnden Anfall,</p>
- <p class="line">Flog den Numidiern vor, die rasch von der Sehne des Bogens</p>
- <p class="line">Schnellen den schwirrenden Pfeil, und fern durchbohren den Gegner.</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf, wie die Schwärme der Kräh&rsquo;n anstürmen im Herbst, und erfüllen</p>
- <p class="line">Weit mit lautem Gekrächze die Luft: so folgte der Mauren</p>
- <p class="line">Lanzengewaltiges Volk den Numidiern, und in dem Rücken</p>
- <p class="line">Dieser Unzähligen kam, von schnaubenden Rossen gezogen,</p>
- <p class="line">Rasselnd, im sanddurchpflügenden Zug, des schweren Geschützes</p>
- <p class="line">Dräuende Macht. Nach jeglichem Donnerrohr&rsquo;, in der Rechten</p>
- <p class="line">Schwingend die dampfende Lunte zur Luft, und den Helfern gebiethend,</p>
- <p class="line">Schritt der Wurfschütz her, und siebenzig waren der Schützen:</p>
- <p class="line">Dragut führte dieß Volk, dem Vorderzuge gebiethend.</p>
- <p class="line">Aber die Janitschar&rsquo;n, gewaltiger Thaten sich freuend:</p>
- <p class="line">Jetzo des Feindes Reih&rsquo;n mit des Säbels sausendem Mordschlag</p>
- <p class="line">Niederzuwerfen, und jetzt, aus schmetternden Feuergewehren,</p>
- <p class="line">Mitten in Feindesbrust zu entsenden die tödliche Kugel,</p>
- <p class="line">Eilten im Nachzug vor. Da waren die Brauen der Krieger</p>
- <p class="line">Tiefer gesenkt, das Auge geröthet vor Wuth, und die Lippen,</p>
- <p class="line">Gleich dem gespannten Bogen gekrümmt, voll schrecklichen Ingrimms.</p>
- <p class="line">Hairaddin spornte das Roß herauf und hinunter: von Unmuth</p>
- <p class="line">Gohr ihm die Brust, daß er jüngst von Sinam bethöret, nicht würgte</p>
-<a id="page-359" class="pagenum" title="359"></a>
- <p class="line">Dort die Sclaven gesammt, aufschleudernd die Burg in den Luftraum.</p>
- <p class="line">Grimmig hing sein Blick an der Burg, und er wandte das Schlachtroß</p>
- <p class="line">Nach den felsigen Höh&rsquo;n, den armen verderbend zu nahen;</p>
- <p class="line">Doch schon brausten die Christen heran, und heischten drometend,</p>
- <p class="line">Trommeln wirbelnd, Kampf, und Gemenge der mordenden Waffen.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt, wie im thauenden Lenz von zween aufstarrenden Bergen</p>
- <p class="line">Plötzlich der Schnee sich lös&rsquo;t, und gegen einander gewirbelt,</p>
- <p class="line">Link&rsquo;s, und rechts herdonnern in&rsquo;s Thal die grausen Lawinen:</p>
- <p class="line">Weit erbebet die Luft; zerschmetterte Wälder erkrachen,</p>
- <p class="line">Und die Hütten umher mit den Lebenden deckt die Zertrümm&rsquo;rung;</p>
- <p class="line">Aber zugleich wie zween aufbrausende Ströme der Lava,</p>
- <p class="line">Der aus Süden gejagt, und jener aus Norden, sich plötzlich,</p>
- <p class="line">Tief in des Abgrunds Nacht begegnen im feindlichen Ansturz:</p>
- <p class="line">Siehe, da zittert die Welt; im Beben der Erde versinken</p>
- <p class="line">Mächtige Städt&rsquo;, und der berstende Berg speit Flammen zum Himmel:</p>
- <p class="line">Also trafen dahier die feindlichen Heere zusammen:</p>
- <p class="line">Da war Mordesgetös&rsquo; und Geschrei, war Sausen der Lanzen,</p>
- <p class="line">Zischen der Pfeil&rsquo;, und Klirren der Säbel umher in dem Blachfeld.</p>
- <p class="line">Dragut stürmte zuerst mit einem erlesenen Haufen</p>
-<a id="page-360" class="pagenum" title="360"></a>
- <p class="line">Kühner Araber vor, und hieb in den Reihen der Vorhuth</p>
- <p class="line">Ein, wo Wälschlands blühendes Volk entgegen ihm kämpfte.</p>
- <p class="line">Blut durchströmte den Sand: denn hundert blühende Krieger</p>
- <p class="line">Lagen erwürgt, eh&rsquo; noch mit verhängtem Zügel die Reiter</p>
- <p class="line">Oestreichs nahten, und schnell für jeden erschlag&rsquo;nen Gefährten</p>
- <p class="line">Zween erlegten dem Feind&rsquo; im Gemenge der blitzenden Säbel.</p>
- <p class="line">Aber so tapfer die reisige Schar, vereint mit dem Fußvolk,</p>
- <p class="line">Drängte des Drängers Macht, so vieler Getödteten Blut floß,</p>
- <p class="line">Dennoch siegten sie nicht: denn zahllos stürmten die Mauren,</p>
- <p class="line">Mit den empörten Numidiern vor, und stärkten des Vor-Zugs</p>
- <p class="line">Wankende Reih&rsquo;n. So stemmen umsonst des berstenden Eises</p>
- <p class="line">Tausendfältiger Macht die Pfähl&rsquo; in dem Strom sich entgegen:</p>
- <p class="line">Krachend thürmen die Schollen sich auf, und über den Damm hin</p>
- <p class="line">Braust ihr verheerender Zug: wie hier den wimmelnden Scharen</p>
- <p class="line">Guasto&rsquo;s tapfere Krieger umsonst entgegen sich stemmten.</p>
- <p class="line">Doch schon nahte der Greis. Er führte die Scharen vom Nachzug</p>
- <p class="line">Eilig im Sturmlauf vor, und die ehernen Kriegesdrometen</p>
- <p class="line">Schmetterten heller, und lauter erscholl im Sturme der Trommeln</p>
- <p class="line">Wirbelnder Ruf; empöreter stets aufjauchzten die Krieger,</p>
- <p class="line">Stöhnten die Rosse hinan zum entsetzlichen Kampf der Entscheidung.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-361" class="pagenum" title="361"></a>
- <p class="line">Wer durchsprengt im sausenden Flug die Reihen, vor allen</p>
- <p class="line">Heischend den Todeskampf? Wer wagt es, entgegen zu stehen</p>
- <p class="line">Dragut, dem Schrecklichen? Wer, als Toledo, der edelste Feldherr?</p>
- <p class="line">Fröhlich umgab er sich heut&rsquo; am dämmernden Morgen die Rüstung,</p>
- <p class="line">Die ihm der Kaiser gab zum Geschenk, und trat aus dem Zeltthor</p>
- <p class="line">Heiteren Blickes zu Kurd, dem treubefundenen Freund hin.</p>
- <p class="line">Schüttelnd ihm traulich die Hand, begann er mit sanfterer Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Kurd, in der Blüthe der Jahr&rsquo;, im Rosenschimmer des Morgens,</p>
- <p class="line">Goß ein Gewittersturm urplötzlich ein nächtliches Dunkel</p>
- <p class="line">Um mich her; zerknickte voll Wuth die Blüthen mir alle:</p>
- <p class="line">Hinschwand jegliches Licht, und ich taumelte fort an des Abgrunds</p>
- <p class="line">Schwindligem Rand; doch jetzt erseh&rsquo; ich des schöneren Morgens</p>
- <p class="line">Hellaufdämmernden Strahl, und die hehren Gefilde des Friedens,</p>
- <p class="line">Wo des Dulders lohnendes Ziel, Mathilde, mir winket,</p>
- <p class="line">Ewig beglückt! Leb&rsquo; wohl, und fall&rsquo; ich, so denke mit Sorgfalt</p>
- <p class="line">Hugo&rsquo;s, des treuen, und werd&rsquo; ein Tröster dem trauernden Vater!&ldquo;</p>
- <p class="line">Ach, der arme, nicht ahnt&rsquo; er&rsquo;s nun, daß der trauernde Vater,</p>
-<a id="page-362" class="pagenum" title="362"></a>
- <p class="line">Ob des Sohnes Geschick, erst jüngst verhauchte das Leben,</p>
- <p class="line">Und ihn deckte das Grab mit tiefumnachtenden Schauern!</p>
- <p class="line">Also sprach er dem Freund, in den Sattel sich schwingend, und horchte</p>
- <p class="line">Gierig des schlachtgebiethenden Ruf&rsquo;s. Die Kriegesdrometen</p>
- <p class="line">Schmetterten kaum, so flog er hinaus, und stürmte die Reihen</p>
- <p class="line">Seiner Erlesenen durch. Er hatte Dragut ersehen.</p>
- <p class="line">Aber auch Dragut sah ihn schon fern&rsquo;, und dachte, Verderben</p>
- <p class="line">Ahnend, der Flucht; doch, ach, wie ertrüg&rsquo; er Hairaddins Ingrimm,</p>
- <p class="line">Wie den höhnenden Blick des feindlichgesinneten Sinam!</p>
- <p class="line">Zweifelnd wankt&rsquo; ihm die Hand an dem leitenden Zaum; vor den Augen</p>
- <p class="line">Dunkelte rings ihm die Welt, und aus seinen erblassenden Lippen</p>
- <p class="line">Stöhnte die Wuth; doch sieh&rsquo;, nun rafft&rsquo; er in seinem Vermögen</p>
- <p class="line">Nur ergrimmter sich auf, und warf mit umschwingender Rechten,</p>
- <p class="line">Zielend, den blinkenden Dolch dem furchtbar&rsquo;n Rächer Mathildens</p>
- <p class="line">Weit entgegen! Er traf, im sausenden Fluge, Toledo</p>
- <p class="line">Meidend, den tapferen Kurd, der rasch dem Freunde gefolgt war:</p>
- <p class="line">Lautlos sank er vom Sattel herab, in die Stirne getroffen,</p>
- <p class="line">Und verhauchte den Geist. Toledo, vor allen den Einen</p>
- <p class="line">Nur im Aug&rsquo;: denn rach&rsquo;entflammt, gewahrte des Freundes</p>
- <p class="line">Schrecklichen Unfall nicht. Er spornte den schäumenden Läufer</p>
-<a id="page-363" class="pagenum" title="363"></a>
- <p class="line">Dicht an das Schlachtroß Draguts hin, daß die wallenden Mähnen</p>
- <p class="line">Beider sich streiften im Gegensprung, und, jetzt ihn ereilend,</p>
- <p class="line">Brach durch Stirnbund, Haut und Bein sein schmetternder Degen</p>
- <p class="line">Sich die blutige Bahn: er neigte die Stirn&rsquo;, wie ein Mohnhaupt,</p>
- <p class="line">Das in der Reife, vom Sturm zerknickt, sich neigt, und des Samens</p>
- <p class="line">Schwärzlichen Strom zur Erd&rsquo; ergeußt; dann folgend dem Blutstrom,</p>
- <p class="line">Sank er vom Sattel hinab, und röchelte sterbend im Sand dort.</p>
- <p class="line">Doch nun wandte das schnaubende Roß der Rächer Mathildens</p>
- <p class="line">Von dem Todten, und rief zu vereintem Gewürge den Freund auf.</p>
- <p class="line">Wehe, er lag entseelt auf dem Sand&rsquo;! Er blickte verstummend</p>
- <p class="line">Auf ihn nieder: nur zwei, im Sturz, hellschimmernde Thränen</p>
- <p class="line">Weihet&rsquo; er, hingebeugt, dem Theuern; drückte die Spornen</p>
- <p class="line">Dann in des Rosses Bauch, und schwang, vor entsetzlicher Rachgier</p>
- <p class="line">Stöhnend, das Schwert: um ihn her, zur Sühne, die Leichen zu häufen.</p>
- <p class="line">Wie der schreckliche Wolf, vom wüthenden Hunger getrieben,</p>
- <p class="line">Weder der nahenden Hunde Gebell, noch drüben der Hirten</p>
- <p class="line">Lautes Geschrei, die gern von der Heerde der Lämmer ihn scheuchten,</p>
-<a id="page-364" class="pagenum" title="364"></a>
- <p class="line">Achtet: denn er würgt voll Hast die in Haufen Gedrängten</p>
- <p class="line">Links und rechts, und nach jeglichem Mord noch wächst ihm die Blutgier:</p>
- <p class="line">Also rächt&rsquo; er den Freund in des Feindes Blut. Abdorrahman</p>
- <p class="line">Sank ihm zuerst, der laut mit Geschrei vordrängte die Mauren;</p>
- <p class="line">Dann Ben-Esrid, der Scheik arabischer Horden (im Schlachtgrau&rsquo;n</p>
- <p class="line">War er den Reisigen stets ein Leitstern) ihn aus dem Sattel</p>
- <p class="line">Riß er behend&rsquo;, und hieb, mit kräftigem Schwunge des Degens,</p>
- <p class="line">Ihm die Scheitel entzwei, daß lautaufstöhnend er hinsank.</p>
- <p class="line">Wie auf der Heid&rsquo;, im Herbst, das Feuer die bärtigen Disteln</p>
- <p class="line">Tilgt, vom Sturme gejagt; so tilgte sein Eisen die Gegner.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Nahend dem Vorderzug gewahrte der Kaiser Toledo&rsquo;s</p>
- <p class="line">Waffenthaten, und schrie mit jubelndem Laut im Getös&rsquo; hin:</p>
- <p class="line">&bdquo;Tapferer, so besiegst du Tausende! Muthig, nur vorwärts!</p>
- <p class="line">Ha, der sank, und dort auch jener, und nimmerermüdend</p>
- <p class="line">Würgt dein schrecklicher Stahl? Nie welkenden Lorber erringt dir</p>
- <p class="line">Heute dein Muth: er reißt im Sturm die Helden zum Sieg fort!&ldquo;</p>
- <p class="line">Aber wie Glockengeläut&rsquo; im Sturm bald näher und näher,</p>
- <p class="line">Heller und lauter erschallt, bald wieder vom wechselnden Windschwall</p>
-<a id="page-365" class="pagenum" title="365"></a>
- <p class="line">Ferne verweht, in der sausenden Luft verhallet den Ohren:</p>
- <p class="line">So verschlang das Getös&rsquo; des Kaisers lohnenden Zuruf.</p>
- <p class="line">Jetzo nach Rogendorf, dem tapferen Meister des Feldzeugs,</p>
- <p class="line">Sah er zurück, und erhob, zum verständlichen Wink ihm, den Degen.</p>
- <p class="line">Jener entschwand auf dem feurigen Roß, und, als er vom Nachhalt,</p>
- <p class="line">Gegen den Vorderzug die Donnerrohre zu führen</p>
- <p class="line">Nahete, rief er noch laut den Feuerwerkern, im Vorgeh&rsquo;n:</p>
- <p class="line">&bdquo;Schaffet mir Ruhm! Euch winkt im Feuer mein blitzender Degen</p>
- <p class="line">Heute zum letzten Mal. Mit trauerndem Herzen des Freundes,</p>
- <p class="line">Salm, gedenkend, will ich hinfort in der einsamen Kammer</p>
- <p class="line">Weilen daheim, und harren des Tag&rsquo;s ersehnter Vollendung.&ldquo;</p>
- <p class="line">Also entflammt&rsquo; er das Volk, und, schnell zur Stelle gefahren,</p>
- <p class="line">Schleuderten jetzt die Donnerrohr&rsquo; in den Reihen des Feindes</p>
- <p class="line">Tod und Verderben umher: obsiegend dem donnernden Feldzeug</p>
- <p class="line">Hairaddins. Denn wie ein Sturm, der, plötzlich die Lüfte verfinsternd,</p>
- <p class="line">Saust, entschüttelt das Eis, und die wogenden Saaten zerschmettert,</p>
- <p class="line">Warf des Kaisers Geschütz im dichten Gedränge der Gegner</p>
- <p class="line">Hunderte nieder, da hier in den Reih&rsquo;n der tapferen Christen,</p>
- <p class="line">Jenes nur wenige traf, durch Schuld unkundiger Schützen.</p>
- <p class="line">Hairaddin bebte vor Wuth, und fluchte laut vor den Scharen</p>
-<a id="page-366" class="pagenum" title="366"></a>
- <p class="line">Auf das schwere Geschütz, das dort im Donnergetümmel</p>
- <p class="line">Weder verstummen hieß das feindliche, noch in dem Blutfeld,</p>
- <p class="line">Jenem gleich, vertilgte das Volk: ihm schrecklich zu schauen!</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Doch nun spornte Del-Guasto das Roß in die Nähe des Kaisers,</p>
- <p class="line">Neigte vor ihm das Haupt, und rief mit leuchtenden Augen:</p>
- <p class="line">&bdquo;Jetzt, wo hochentflammt die Seele des Kriegers nach Thaten</p>
- <p class="line">Lechzet, das Aug&rsquo; ihm glüht, in das Auge zu schauen des Gegners,</p>
- <p class="line">Und die Faust ihm zuckt, und die strebenden Füße nicht rasten:</p>
- <p class="line">Jetzo gebieth&rsquo; im Sturmanlauf des Kampfes Entscheidung!</p>
- <p class="line">Doch du weiche zurück: o säume nicht, weiche zum Nachhalt,</p>
- <p class="line">Daß du, gefahrenumdroht, nicht Angst erweckest den Deinen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Kaum daß der warnende Ruf den Lippen des Greises entflohn war,</p>
- <p class="line">Warf zerschmetternd ein Eisenball den tapferen Ottmar,</p>
- <p class="line">Oberleitmann im Heer&rsquo;, an der Seite des Kaisers zu Boden:</p>
- <p class="line">Blutend lag er im Staub. Entsprossen der freundlichen Hauptstadt,</p>
- <p class="line">Die in dem weitumkreisenden Thal mit silbernen Wellen</p>
- <p class="line">Rasch durchfluthet die Muhr,<a class="fnote" href="#footnote-82" id="fnote-82">[82]</a> ein Sohn ruhmwürdiger Aeltern,</p>
- <p class="line">Wählt&rsquo; er des Kriegers Bahn, als dort der stattliche Kaiser,</p>
- <p class="line">Nahend in siegender Heere Verein Vindobona, der hohen,</p>
- <p class="line">Mächtigen Kaiserstadt, Suleyman, den schrecklichen Großherrn,</p>
-<a id="page-367" class="pagenum" title="367"></a>
- <p class="line">Fliehen hieß mit unzähliger Macht.<a class="fnote" href="#footnote-83" id="fnote-83">[83]</a> Stets folget&rsquo; er seither</p>
- <p class="line">Seinem Panier; doch jetzt hinsank er im Kampfe vor Tunis.</p>
- <p class="line">Laut aufschrie&rsquo;n die Krieger vor Angst; es erblaßte Del-Guasto,</p>
- <p class="line">Ob des Herrschers besorgt; da rief er mit lächelndem Antlitz:</p>
- <p class="line">&bdquo;Fernet die Angst: kein Kaiser erlag dem Donnergeschütz noch!&ldquo;<a class="fnote" href="#footnote-84" id="fnote-84">[84]</a></p>
- <p class="line">Und er geboth alsbald des Angriffs Weisen den Feldherrn.</p>
- <p class="line">Wie, durch Flammen geweckt, die Dämpfe des siedenden Wassers</p>
- <p class="line">Aus dem eisernen Bauch des ringsumschlossenen Kessels</p>
- <p class="line">Drängen im unaufhaltsamen Flug; doch weiß sie der Meister</p>
- <p class="line">Sinnig zu hemmen, und heißt sie Gewaltiges wirken, und schaffen</p>
- <p class="line">So, daß Unkundige Furcht und Schauder ergreifet bei&rsquo;m Anblick</p>
- <p class="line">Jener verborgenen Macht: so wundersam lenkte zum Angriff</p>
- <p class="line">Hier die unendlichen Reih&rsquo;n ein Wink des waltenden Herrschers,</p>
- <p class="line">Und von neuem begann des schrecklichen Kampfes Getümmel.</p>
- <p class="line">Ludwig warf vor allen zuerst vom schimmernden See her</p>
- <p class="line">Sich auf die feindlichen Reih&rsquo;n. Das Feuerrohr an die Wangen</p>
- <p class="line">Pressend, feuerten, bald im Verein, bald einzeln, die Krieger</p>
- <p class="line">Jauchzend, es los: dumpf, schmetternd, scharf, erkrachten die Büchsen,</p>
- <p class="line">Und in des Mittags Glanz umhüllte des flammenden Pulvers</p>
- <p class="line">Dichtaufwallender Rauch die Völker mit nächtlichem Dunkel.</p>
-<a id="page-368" class="pagenum" title="368"></a>
- <p class="line">D&rsquo;rauf hinstürmt&rsquo; im Flug, von dem tapfersten Helden geführet,</p>
- <p class="line">Alba&rsquo;s reisige Schar. Sie schmetterte da Janitscharen,</p>
- <p class="line">Dort Numider, und hier arabische Reiter zu Boden,</p>
- <p class="line">Pferd&rsquo; und Mannen zugleich: weit deckten die Todten den Staub dort.</p>
- <p class="line">Rechts vom Olivengehölz drang Eberstein mit den Deutschen,</p>
- <p class="line">Ehernen Muth&rsquo;s in der Brust, unzähligen Mauren entgegen,</p>
- <p class="line">Die, von Muhamed Temtes empört, gleich wüthenden Thieren,</p>
- <p class="line">An die gesenkten Speer&rsquo; und die flammenden Rohre sich stürzten.</p>
- <p class="line">Aber da rief Held Eberstein den Tapferen laut zu:</p>
- <p class="line">&bdquo;Jetzt noch fester geschlossen die Reih&rsquo;n! Des edleren Muthes</p>
- <p class="line">Flammendrang in der Brust, nicht blind umtobender Ingrimm,</p>
- <p class="line">Heißt den Krieger zum winkenden Ziel vorstürmen im Schlachtfeld!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also ermahnt, besiegte die Macht des empöreten Feindes</p>
- <p class="line">Deutschlands tapferes Volk: es stemmte sich, gleich der Gebirgswand,</p>
- <p class="line">Die vom blühenden Thal des Sturm&rsquo;s verderbenden Ingrimm</p>
- <p class="line">Abwehrt, ihm entgegen, und drängt&rsquo; unbändigen Muth&rsquo;s ihn,</p>
- <p class="line">Wieder zurück. Auch warf die tapferen Reisigen Ungerns</p>
- <p class="line">Hunyady jetzt, in gedehneten Zügen ihm rasch in die Seiten.</p>
- <p class="line">Hochaufqualmte der Staub, und den stampfenden Hufen erbebte,</p>
- <p class="line">Drönend, der Grund, als vor- zu dem mähnigen Halse sich beugend,</p>
-<a id="page-369" class="pagenum" title="369"></a>
- <p class="line">Und zu des Kalpacks Zier erhebend den blitzenden Säbel,</p>
- <p class="line">Flogen die Reiter im Feld. Den Kommenden streckten die Mauren</p>
- <p class="line">Speere, so dicht, wie im Forst aufragen die Fichten, entgegen;</p>
- <p class="line">Doch der muthige Reiter zerhieb, im gewaltigen Aufschwung</p>
- <p class="line">Führend den schneidenden Stahl von der Linken zur Rechten, von unten</p>
- <p class="line">Aufwärts, jeglichen Speerschaft so, daß umher in den Lüften</p>
- <p class="line">Sausten die Trümmer im Flug&rsquo;, und die Geister da oben erbebten:</p>
- <p class="line">Denn entsetzlich erscholl des würgenden Kampfes Getümmel.</p>
- <p class="line">Aber im Vortrab, wo Toledo geboth, und der Ritter</p>
- <p class="line">Glänzende Schar, entflammt zum blutigen Kampf der Entscheidung,</p>
- <p class="line">Eilete, scholl entsetzlicher noch Getümmel und Schlachtruf.</p>
- <p class="line">Wie der schreckliche Brand, der fern an den äußersten Straßen</p>
- <p class="line">Einer ummauerten Stadt sich erhob, bald weiter und weiter</p>
- <p class="line">Wüthet im brausenden Sturm, bis rings die unzähligen Häuser,</p>
- <p class="line">Dom&rsquo;, und Thürme zugleich, auflodern, und Jammer erschallet:</p>
- <p class="line">Also entbrannte die Riesenschlacht, und schrecklich ertönte</p>
- <p class="line">Sterbenden Volk&rsquo;s Wehklag&rsquo;, vermengt dem Jauchzen des Siegers,</p>
- <p class="line">Und der Verwundeten Schrei dem Wiehern der tobenden Rosse.</p>
-<a id="page-370" class="pagenum" title="370"></a>
- <p class="line">Blut durchströmte das Feld, und wandte den schäumenden Lauf oft,</p>
- <p class="line">Von den Haufen der Todten gehemmt, an Menschen und Thieren.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hairaddin sah der Seinen so viel&rsquo; im Kampfe getödtet,</p>
- <p class="line">Und erblaßte vor Wuth. Doch, als auch Dungur Toledo&rsquo;s</p>
- <p class="line">Blitzendem Schwert erlag, der Algiers Thron ihm zu schaffen,</p>
- <p class="line">Selber mit frevelnder Hand Euthemi, den König, erwürgte,</p>
- <p class="line">Da verflucht&rsquo; er sich selbst, und rief, daß die Völker erbebten:</p>
- <p class="line">&bdquo;Wer verschlinget, voll schrecklicher Gier, die Theuren mir alle?</p>
- <p class="line">Ha, nicht schaut er hinfort die leuchtende Sonn&rsquo; an dem Himmel!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und er spornte sogleich, den Speer erhebend, das Streitroß</p>
- <p class="line">Vor, und drang auf Toledo mit todausblitzendem Aug&rsquo; ein!</p>
- <p class="line">Diesem erpochte vor Wonne die Brust: den mächtigsten Gegner</p>
- <p class="line">Dort zu besteh&rsquo;n, ihn siegend zu bändigen, oder des Lebens</p>
- <p class="line">Dornenbesäete Bahn zu vollenden im rühmlichen Wettlauf.</p>
- <p class="line">Flugs hinspornte das Roß auch er, und hieb, in den Bügeln</p>
- <p class="line">Sich erhebend, auf Hairaddin ein; doch dieser entwich ihm,</p>
- <p class="line">Und sein Schwert durchschnitt nur die Riemen des leitenden Zügels,</p>
- <p class="line">Auch das muthige Roß am wölbenden Halse verwundend,</p>
- <p class="line">Daß es, gebäumt, aufschnob, und ächzte, von Schmerzen gefoltert.</p>
-<a id="page-371" class="pagenum" title="371"></a>
- <p class="line">Jetzt war&rsquo;s um ihn gescheh&rsquo;n; doch Hairaddin lenket&rsquo; im Eilflug</p>
- <p class="line">Sein gelehriges Thier, mit eisernem Drucke der Schenkel</p>
- <p class="line">Wieder herum, und stieß den tödlichen Speer ihm so mächtig</p>
- <p class="line">Durch die tapfere Brust, daß er flugs dem Sattel entstürzend,</p>
- <p class="line">Auch den Schaft aus Hairaddins festumklammernder Faust riß.</p>
- <p class="line">Wie der ragende Mast, der erst die wehenden Wimpel</p>
- <p class="line">Noch in die bläuliche Luft erhob, vom Donner getroffen,</p>
- <p class="line">Sausend dem Bord&rsquo; entstürzt: auffleugt im Falle des Leines</p>
- <p class="line">Schimmergewebe: so fiel er, den Speer im pochenden Herzen</p>
- <p class="line">Tragend, vom Roß. Sein Auge verglomm, wie drüben des Abends</p>
- <p class="line">Schimmer, und sein verblutendes Herz bewegte den Speer noch</p>
- <p class="line">Leis&rsquo;; dann stand&rsquo;s, entrückt des Lebens Geschossen für immer:</p>
- <p class="line">Denn die Krone des Siegers im Schooß der himmlischen Freundinn</p>
- <p class="line">Schauend, entschwebte der Geist den trüben Gefilden des Erdballs.</p>
- <p class="line">Hairaddin kehrte zurück: mit noch empörterer Blutgier</p>
- <p class="line">Führt&rsquo; er die Janitschar&rsquo;n und die Reihen der Schrecklichen vorwärts,</p>
- <p class="line">Und von neuem begann des wüthenden Kampfes Getümmel.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Dort, wo vor Toledo zuvor, das maurische Kriegsvolk</p>
- <p class="line">Wich, da brausete jetzt mit Orkanengewalt und des Blitzes</p>
- <p class="line">Flug&rsquo;, erhebend sein Allah-Geschrei, der schreckliche Türk her.</p>
-<a id="page-372" class="pagenum" title="372"></a>
- <p class="line">Rechts war Eberstein, und links Lusitania&rsquo;s Ludwig</p>
- <p class="line">Vorgedrungen, und so das mittlere Treffen gesondert,</p>
- <p class="line">Feind&rsquo;umschart, und verloren im Feld. Es erblaßte Del-Guasto;</p>
- <p class="line">Aber nicht wich ihm der Muth. Er rief den tapferen Führern:</p>
- <p class="line">&bdquo;Trennet die Reihen des Volk&rsquo;s, und heißt sie nach Osten und Westen,</p>
- <p class="line">Heißt sie nach Süden und Norden, die Stirn&rsquo; im dräuenden Viereck</p>
- <p class="line">Wenden sogleich, und bestehen den Kampf, wie es Helden geziemet!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also der Greis: da tönte der Ruf, da erblitzte der Degen</p>
- <p class="line">Tapferer Führer; es stand das Volk geschlossen im Viereck,</p>
- <p class="line">Und in dem mittleren Raum, mit den Herolden, schaltend, Del-Guasto.</p>
- <p class="line">Mochte der Feind nun da, nun dort anprallen: dem Felsen</p>
- <p class="line">Gleich, den draußen im Sturm umbrausen die wüthenden Wogen,</p>
- <p class="line">Standen die Tapfer&rsquo;n im Feld; sie hielten die stürmenden Scharen</p>
- <p class="line">Kämpfend zurück, und häuften umher unzählige Leichen.</p>
- <p class="line">Solches gewahrend, entboth der edelste Kaiser die Völker,</p>
- <p class="line">Die zum entscheidenden Schlag er heut&rsquo; erkor in dem Heer&rsquo;, so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Jetzo hinaus an den Feind! Dem winket der schönste der Lorbern,</p>
- <p class="line">Der hier seiner Gewalt entreißt die tapfer&rsquo;n Gefährten.</p>
- <p class="line">Vorwärts! Hier in dem Feld und dort in der felsigen Hochburg</p>
-<a id="page-373" class="pagenum" title="373"></a>
- <p class="line">Winket des Sieges Preis erhabener Christenerrettung.&ldquo;</p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und er führte sogleich die erlesenen Scharen vom Nachhalt</p>
- <p class="line">Gegen des Feindes Macht! Die jauchzenden Krieger bewegten,</p>
- <p class="line">Eilend dahin im Waffenfeld, die hurtigen Schenkel,</p>
- <p class="line">Wie das muthige Roß, dem Ziele genaht, in dem Wettlauf,</p>
- <p class="line">Immer schnelleren Flugs durchbraust die stäubende Rennbahn.</p>
- <p class="line">Hairaddin sah die Kommenden. Ihm erbebte der Busen</p>
- <p class="line">Jetzo vor Angst: denn ach, sein mächtiger Gegner, der Kaiser,</p>
- <p class="line">Flog an der Spitze der Kühnen daher! Er wandte das Reitroß</p>
- <p class="line">Schnell, und entfloh. Da erhellte des Sieg&rsquo;s aufstrahlende Hoffnung</p>
- <p class="line">Sein umwölktes Gemüth: er fluchte der niedrigen Feigheit,</p>
- <p class="line">Die so fremd ihm war, wie draußen dem schrecklichen Löwen,</p>
- <p class="line">Der die Wüste durchbrüllt, den Gegner zu wecken; dann faßt&rsquo; er</p>
- <p class="line">Gierig den ragenden Speer, und schwang sich zurecht in dem Sattel.</p>
- <p class="line">Doch schon war ihm dahier der siegverherrlichte Kaiser,</p>
- <p class="line">Brausend genaht, und warf ihm die Lanze mit kräftiger Rechten,</p>
- <p class="line">Weitausholend zuvor, so rasch entgegen, und traf ihn</p>
- <p class="line">Jetzt in die Rechte so fest, daß ihr entschlüpfte der Speerschaft,</p>
- <p class="line">Und der Verwundete floh, von Wuth und Schmerzen gefoltert,</p>
- <p class="line">Schnaubend zurück: ihm schlug der Feind&rsquo; umhallender Sieg&rsquo;sruf</p>
-<a id="page-374" class="pagenum" title="374"></a>
- <p class="line">Jetzo der Wunden noch mehr; dann hieß er die Schrecklichen vorgeh&rsquo;n,</p>
- <p class="line">Kämpfen, und metzeln, von Rach&rsquo; erfüllt, und schrecklicher Mordgier.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Ha, zu dem letzten Gewürg&rsquo; ereilten sich jetzo die Gegner!</p>
- <p class="line">Nicht der sturmentwurzelte Wald, nicht der schreckliche Donner,</p>
- <p class="line">Der in des Mittags Gluth den schwarzumnachteten Himmel</p>
- <p class="line">Durchras&rsquo;t, krachet so laut, als hier erkrachten die Waffen,</p>
- <p class="line">Und wie im engeren Thal des Strom&rsquo;s ergossenen Fluthen</p>
- <p class="line">Stürzt das Föhrengehölz, daß, übereinandergeworfen,</p>
- <p class="line">Liegen die Stämm&rsquo; auf dem Grund&rsquo;, und mengen die Aest&rsquo; und die Wipfel:</p>
- <p class="line">Also lagen im Feld die Erschlagenen, welche vor allen</p>
- <p class="line">Sich in dem Vorderzug hinwürgten in Hast und Erbitt&rsquo;rung.</p>
- <p class="line">Aber nicht lang&rsquo;: da floh&rsquo;n die völliggeworfenen Scharen</p>
- <p class="line">Hairaddins fort mit Geschrei und in wilder Verwirrung nach Tunis,</p>
- <p class="line">Und er folgte den Flüchtigen stumm, und verachtenden Blick&rsquo;s, nach.</p>
- <p class="line">Sinam, des Nachzugs Hort, erwägend des fliehenden Heeres</p>
- <p class="line">Noth, und scheuend des Herrschers Grimm, da er gestern die Sclaven</p>
- <p class="line">Rettete, hielt nun da, nun dort die ausreißende Schar auf;</p>
- <p class="line">Aber vergeblich. Wie dort die flüchtigen Gemsen der Weidmann</p>
- <p class="line">Ein in das felsenumstarrete Thal, wo gierig die Schützen</p>
- <p class="line">Harren, im Lärm und Getös&rsquo; nachstürmenden Volkes zu treiben</p>
-<a id="page-375" class="pagenum" title="375"></a>
- <p class="line">Nimmer vermag: denn fern erwitterten jene die Schützen</p>
- <p class="line">Schon, und brechen dahier und dort durch lärmende Treiber:</p>
- <p class="line">Also entfloh sein Volk. Doch er, wohlkundig des Krieges,</p>
- <p class="line">Rastete nicht, und deckte mit tausend erlesenen Türken:</p>
- <p class="line">Jetzo entfliehend mit List, und jetzt mit unbändiger Kühnheit</p>
- <p class="line">Wagend erneueten Kampf, den Rücken des flüchtigen Heeres,</p>
- <p class="line">Bis urschnell, wie ein Hagelgewölk, hervor aus dem Nachhalt</p>
- <p class="line">Doria kam, und den Feind sein reisiges Volk mit dem Faustrohr,</p>
- <p class="line">Das an dem Sattel ihm, links und rechts in der Halfter geborgen,</p>
- <p class="line">Ruhte, vertrieb: den Zaum mit den Zähnen fassend im Anlauf,</p>
- <p class="line">Und aus jeglicher Hand abfeuernd das knallende Faustrohr.</p>
- <p class="line">Jen&rsquo; entfloh&rsquo;n wie Spreu im Hauch des stürmenden Windes.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt, am errungenen Ziel, der nächtlichen Weihe gedenkend,</p>
- <p class="line">Welch&rsquo; ihm Solches verhieß, erhob der stattliche Kaiser</p>
- <p class="line">Seine, von Thränen des Danks umhülleten Blicke zum Himmel.</p>
- <p class="line">Zahllos schwebten die Geister herab: sie umjauchzten des Siegers</p>
- <p class="line">Ruhmgekrönetes Haupt und des Heer&rsquo;s unendliche Reihen.</p>
- <p class="line">Aber, so laut und so mächtig sie schrie&rsquo;n: des horchenden Kriegers</p>
- <p class="line">Ohren vorüber erscholl nur ein leises Geflister; er blickte</p>
- <p class="line">Staunend umher. Da hob zu dem übersinnlichen Luftraum</p>
-<a id="page-376" class="pagenum" title="376"></a>
- <p class="line">Attila finster sich auf. Sein Aug&rsquo;, erhellet von Muth sonst</p>
- <p class="line">War erloschen &mdash; erschüttert sein Herz. Er zürnte dem Seher</p>
- <p class="line">Muhamed, der ihn mit ruhm- und siegverheissenden Worten</p>
- <p class="line">Wieder herab aus den Höhen gelockt. Nun sah er von dorther</p>
- <p class="line">Mit umdüstertem Blick entgegen der dunkelen Zukunft.</p>
- <p class="line">Aber die andern entfloh&rsquo;n, und zogen umher in den Lüften,</p>
- <p class="line">Wie das Herz sie drängt&rsquo; auf dem Pfade der Läuterung, jenseits.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hugo nahte voll Angst. Nicht erspähte sein Auge Toledo&rsquo;s</p>
- <p class="line">Schimmernden Helm in dem Vorderzug, nicht das blitzende Schwert mehr,</p>
- <p class="line">Dem die Feinde gebebt; doch jetzt gewahrt&rsquo; es ihn blutend &mdash;</p>
- <p class="line">Todt in dem Staub, und neben ihm Kurd, den treuesten Freund auch.</p>
- <p class="line">Gleich zween säugenden Leu&rsquo;n, die ein grimmiger Panther erwürgte,</p>
- <p class="line">Als entfernt nach Beut&rsquo; umirrte die sorgliche Mutter,</p>
- <p class="line">Lagen sie dort; und, wie die Kehrende heulet, und wehklagt</p>
- <p class="line">Um die Lieben, daß rings, mittrauernd, die Wälder erschallen:</p>
- <p class="line">So wehklagte der Greis, und rief zu Toledo gebeugt hin:</p>
- <p class="line">&bdquo;Mußtest du sterben dahier im fern entlegenen Welttheil,</p>
- <p class="line">Ferne der Heimath: den Lieben fern, du Herzensgeliebter!</p>
- <p class="line">Hugo kehret allein! Nicht schaust du vom kehrenden Schiff mehr</p>
-<a id="page-377" class="pagenum" title="377"></a>
- <p class="line">Dort den hohen Palast, wo in unbehülflicher Kindheit</p>
- <p class="line">Er dein erstes Lallen vernahm, auf den Armen dich wiegend;</p>
- <p class="line">Nicht umfängt, aufweinend vor Wonne, der fürstliche Vater</p>
- <p class="line">Dich Gelandeten dort, nicht die zärtliche Gattinn &mdash; was sagt&rsquo; ich?</p>
- <p class="line">Sie ist nicht mehr! Schon floh der Engel zur besseren Heimath</p>
- <p class="line">Wieder zurück: du folgtest ihm schnell in liebender Sehnsucht.</p>
- <p class="line">Ruhet denn beide vereint, im nämlichen Grab, und es ruhe</p>
- <p class="line">Neben euch dort im Frieden die Hülle des theuersten Freundes!</p>
- <p class="line">Dann erhoben, auf seinen Wink, die tapferen Krieger,</p>
- <p class="line">Die er so oft zum Kampf&rsquo; und zum Siege geführet, den Helden</p>
- <p class="line">Dort mit dem treuesten Freund&rsquo; auf die Schultern, und folgten ihm, schweigend</p>
- <p class="line">All&rsquo;, und mit Thränen im Blick, zum moosumwucherten Fels hin.</p>
- <p class="line">Als er den finsteren Schlund der Höhl&rsquo;, entfernend den Steinwust,</p>
- <p class="line">Selber enthüllt&rsquo;; als jetzt an der Seite Mathildens Toledo</p>
- <p class="line">Lag, zu dem Engel gewandt, der ruhend am Herzen der Mutter</p>
- <p class="line">Lächelte, sah er sie lange noch an, und sagte mit Andacht:</p>
- <p class="line">&bdquo;Schlummert im Frieden dahier der Auferstehung entgegen,</p>
- <p class="line">Bis der Posaunenruf euch dann zu dauernder Wonne</p>
- <p class="line">Wiedererweckt. So sey&rsquo;s! Sie wandelten weinend, und sä&rsquo;ten</p>
-<a id="page-378" class="pagenum" title="378"></a>
- <p class="line">Saat der Verwesung; allein, bald kehren sie jauchzend, und tragen</p>
- <p class="line">Freudig die Garben heim in die Scheuern des ewigen Lebens.&ldquo;<a class="fnote" href="#footnote-85" id="fnote-85">[85]</a></p>
- <p class="line">Sieh&rsquo;, und als er auch Kurd, den redlichen Freund, an des Freundes</p>
- <p class="line">Seite gelegt, und das Schwert ihm dort in die Rechte gegeben,</p>
- <p class="line">Das er zur Rettung des Freundes gezückt: da stieg er beklommen,</p>
- <p class="line">Und mit thränendem Blick noch oft zu den Todten sich wendend,</p>
- <p class="line">Wieder zur Tageshelle herauf. Er winkte den Kriegern,</p>
- <p class="line">Und sie wälzten sogleich den lastenden Stein an der Höhl&rsquo; auf:</p>
- <p class="line">Vor unheiligem Blick die Hülle der Edeln zu wahren.</p>
- <p class="line">Aber er ging, und harrt&rsquo; am Strand der ersehneten Heimfahrt.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Hairaddins Völker floh&rsquo;n, durchbrausend die Straßen von Tunis,</p>
- <p class="line">Und er folgte den Feigen voll Grimms; doch jetzo die Hochburg</p>
- <p class="line">Schauend im Abendglanz, erwog er noch zweifelnden Sinnes:</p>
- <p class="line">Ob er erklimme die Höh&rsquo;n, und dort, die entfesselten Sclaven</p>
- <p class="line">Waffnend, stehe zur Wehr&rsquo;, und fall&rsquo; im rühmlichen Tod nur?</p>
- <p class="line">Hastig spornt&rsquo; er das Roß bergan, zu erklimmen die Höhen;</p>
-<a id="page-379" class="pagenum" title="379"></a>
- <p class="line">Doch nun hielt er erstaunt. Ihm brausete Fluch und Verwünschung</p>
- <p class="line">Schrecklich an&rsquo;s Ohr; hellschwirrende Pfeil&rsquo; und schmetternde Kugeln</p>
- <p class="line">Wühlten um ihn, entsinkend der Luft, im Staub, und die Mörser</p>
- <p class="line">Spie&rsquo;n mit Donnergetös&rsquo; ihm zermalmende Kugeln entgegen.</p>
- <p class="line">Und, o schreckliche Schau: es wehte die Fahne des Kaisers</p>
- <p class="line">Hell von den Zinnen der Burg, die dort aufpflanzten die Deutschen!</p>
- <p class="line">Jetzt ergriff er die Flucht. Entfaltend die nächtlichen Flügel,</p>
- <p class="line">Rauscht&rsquo; ihm Verzweiflung, Angst, und Todes-Grau&rsquo;n in dem Rücken;</p>
- <p class="line">Doch gewahrend im flüchtenden Heer&rsquo; auch Sinam, des Nach-Zugs</p>
- <p class="line">Tapferen Hort, ergrimmt&rsquo; er sogleich, und schmähte den Greis so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ha, wer siegte mir ob mit tönender Zunge voll Arglist,</p>
- <p class="line">Daß ich die Sclaven gesammt nicht erwürgen ließ in der Burg dort?</p>
- <p class="line">Sey verflucht dein Rath &mdash; verflucht du selber auf immer!&ldquo;</p>
- <p class="line">So vom Zorn entflammt, entriß er dem Krieger den Bogen,</p>
- <p class="line">Zog die Sehn&rsquo; an die Brust, und schoß nach den Zinnen der Hochburg,</p>
- <p class="line">In ohnmächtiger Wuth, den breitbefiederten Pfeil hin;</p>
- <p class="line">Dann entfloh er nach Bona hinaus, wo seiner die Schiffsmacht</p>
- <p class="line">Harrt&rsquo;, und Sinam folgt&rsquo; entfernt mit dem schweigenden Heer nach.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-380" class="pagenum" title="380"></a>
- <p class="line">Als nun rings im Gefild&rsquo; des Krieges Getümmel verhallt war,</p>
- <p class="line">Herrschte, die Straßen entlang, in der meilenumkreisenden Hauptstadt,</p>
- <p class="line">Grabesstille. Verstummt, und zitternd bei jeglichem Laut schon</p>
- <p class="line">Saßen die Menschen daheim, und harrten des nahenden Feindes.</p>
- <p class="line">Aber mit wankendem Schritt und thränenumflossenen Wimpern</p>
- <p class="line">Traten, je zwei und zwei, die Greis&rsquo; aus dem Thore von Tunis:</p>
- <p class="line">Aelteste nennt sie das Volk, die am Markt und im wölbenden Stadtthor</p>
- <p class="line">Sitzend, sprechen des Rechts Urtheil als kundige Richter.</p>
- <p class="line">Fünfzig kamen der Greis&rsquo;. Ihr Haupt von silbernen Haaren</p>
- <p class="line">Spärlich umhüllt, erweckete Mitleid; Achtung geboth ihr</p>
- <p class="line">Schneeiger Bart, der tief zu dem goldenen Gürtel herabfloß.</p>
- <p class="line">Jeglicher trug in der Rechte herbei den grünenden Oehlzweig, &mdash;</p>
- <p class="line">Trug in der Linken Geschenk&rsquo;, und horcht&rsquo;, erbebend vor Angst, auf:</p>
- <p class="line">Denn schon tönete laut, und lauter des eisernen Hufes</p>
- <p class="line">Schmetternder Schlag: schon klang das Rasseln der blitzenden Waffen</p>
- <p class="line">Näher; des Vor-Zugs reisige Schar herbrauste, dem Sturmwind</p>
- <p class="line">Aehnlich, und drang in die Stadt, der bebenden Greise nicht achtend.</p>
-<a id="page-381" class="pagenum" title="381"></a>
- <p class="line">Dort, noch glühend vom Kampf, und entrüstet in blutiger Arbeit,</p>
- <p class="line">Würgt&rsquo; ihr Schwert unseliges Volk, das thörichten Herzens</p>
- <p class="line">Hairaddins Worten vertraut&rsquo;, und, dem Schrecklichen treu sich bewährend,</p>
- <p class="line">Muthige Abwehr sann, und furchtbarer Rache gedachte.<a class="fnote" href="#footnote-86" id="fnote-86">[86]</a></p>
- <p class="line">Aber umsonst: bald floh die unzählige Menge zerstäubt fort.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Jetzt an der Spitze des jauchzenden Heer&rsquo;s, in eherner Trommeln</p>
- <p class="line">Wirbelndem Ruf, im Drometengetön, und der flatternden Fahnen</p>
- <p class="line">Sanftem Gesäusel, erschien der stattliche Kaiser. Die Feldherrn,</p>
- <p class="line">Eberstein und Doria rechts &mdash; links Guasto mit Ludwig</p>
- <p class="line">Folgten ihm. Doria, groß und mächtig im Sturme der Seeschlacht,</p>
- <p class="line">Sah ihn erringen den Sieg, und heftete seitdem die Augen</p>
- <p class="line">Schweigend auf ihn; ihm pochte die Brust vor erschütternder Ehrfurcht.</p>
- <p class="line">Als der Herrscher die Greise, gebeugt im Staube, gewahrte,</p>
- <p class="line">Sprang er vom Sattel, und hieß sie mit sanftgebiethender Stimme</p>
- <p class="line">Stehen, und sprechen vor ihm mit Muth und würdiger Freiheit.</p>
- <p class="line">Siehe, da sprach El-Had, der hundertjährige Greis so:</p>
- <p class="line">&bdquo;Segen mit dir, gewaltiger Heer&rsquo;- und Völkerbesieger,</p>
- <p class="line">Der du mit Huld uns hörst! Nun herrsch&rsquo; in Fülle des Glückes</p>
-<a id="page-382" class="pagenum" title="382"></a>
- <p class="line">Ueber ein Volk, das jüngst im strafenden Zorne die Vorsicht</p>
- <p class="line">Hairaddins Wuth preis gab, des grausamgesinneten Mannes!</p>
- <p class="line">Ach, und wir haben doch einst viel bessere Tage gesehen,</p>
- <p class="line">Als auf dem Thron von Tunis ein Fürst voll göttlicher Weisheit,</p>
- <p class="line">Maula Mehemed, saß, deß&rsquo; Staub der Segen des Himmels,</p>
- <p class="line">Wie die Sommerflur der thauende Morgen, erquicke;</p>
- <p class="line">Als des Siegers Schwert&rsquo; erbebten die Gegner, im Frieden</p>
- <p class="line">Blühte dieß Land, und rings auf dem weltverbindenden Meer noch</p>
- <p class="line">Wogte sein Handelsschiff, des Segens Fülle verbreitend &mdash;</p>
- <p class="line">Sammelnd im frohen Verkehr! Doch zürne dem eifernden Greis&rsquo; nicht,</p>
- <p class="line">Herr: denn stets umschwebt ihn das Bild entflohener Zeiten,</p>
- <p class="line">Und errette das Volk in den Mauern der zitternden Hauptstadt,</p>
- <p class="line">Wo nach dem schrecklichen Kampf der rach&rsquo;erfüllete Sieger</p>
- <p class="line">Wüthet. Vielleicht, daß auch dir ein grauender Vater daheimblieb,</p>
- <p class="line">Welcher im Gram des Tages gedenkt, an welchem du hingingst;</p>
- <p class="line">Oder am Strande des Meer&rsquo;s die Mutter des blühenden Säuglings</p>
- <p class="line">Deiner, des Gatten, beraubt, aufweint in trauernder Sehnsucht.</p>
- <p class="line">Solches erwäg&rsquo;, und errette &mdash; gebiethe dem stürmischen Krieger,</p>
-<a id="page-383" class="pagenum" title="383"></a>
- <p class="line">Daß er den lüsternen Blick, voll heiliger Scheu, von des Harems</p>
- <p class="line">Thüre verwende, und Leib und Gut dir opfert dein Volk dann!&ldquo;</p>
- <p class="line">Also der Greis, und mild, wie ein liebender Vater den Kindern</p>
- <p class="line">Streichelt die Wange zum Trost, zur Ermunterung, nahte der Kaiser</p>
- <p class="line">Jetzo dem flehenden Greis&rsquo;, und sprach mit erheiterten Blicken:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ein, und derselb&rsquo; erbarmende Gott ist über uns allen,</p>
- <p class="line">Der den Sieg uns gab, und den frevelnden Räuber in Staub warf.</p>
- <p class="line">Aber nicht mir und den Meinen, nur Muley Hassan, dem König,</p>
- <p class="line">Huldige fürder dieß Land: ihm werde das Erbe der Väter,</p>
- <p class="line">Ihm der entrissene Thron, die Lieb&rsquo; und die Treue des Volkes.</p>
- <p class="line">Möge die Zukunft ihm und euch im Segen erblühen!&ldquo;</p>
- <p class="line">Sagt&rsquo; es, und nahm die Geschenk&rsquo; an köstlichen Früchten und Blumen,</p>
- <p class="line">Die, nach der Sitte des Land&rsquo;s, ihm die zitternden Greise verehrten,</p>
- <p class="line">Nahend je zwei und zwei, und die Herolde hieß er, den Kriegern</p>
- <p class="line">Einhalt thun mit gebiethendem Wort&rsquo;, in den Straßen von Tunis.</p>
- <p class="line">Jene gehorchten, und bald verstummte der Waffen Getümmel.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
-<a id="page-384" class="pagenum" title="384"></a>
- <p class="line">Doch welch&rsquo; dunkeler Strom ergeußt sich vom Felsengebirg her?</p>
- <p class="line">Zahlloswimmelndes Volk entströmt den Thoren der Hochburg.</p>
- <p class="line">Ha, die Geretteten sind&rsquo;s &mdash; sie sind&rsquo;s, erschütternd zu schauen!</p>
- <p class="line">Wie, zum Schwarme gereift, die unzählige Menge der Bienen,</p>
- <p class="line">Summend, dem duftenden Korb entfährt am sonnigen Lenztag:</p>
- <p class="line">Also entströmten auch hier wohl zwanzigtausend der Christen &mdash;</p>
- <p class="line">Jetzo nicht Sclaven mehr, den Kerkern der Stadt und der Hochburg:</p>
- <p class="line">Bleich, ermattet durch Qual, durch Hunger und grause Behandlung!</p>
- <p class="line">Glückliche, die nun zuerst umschlangen die Kniee des Kaisers,</p>
- <p class="line">Knieend im Staub; auf die Hand ihm preßten die zitternden Lippen &mdash;</p>
- <p class="line">Netzten mit glühenden Thränen sein Kleid! Nur Stöhnen und Schluchzen</p>
- <p class="line">Tönte noch ringsumher aus der angsterregenden Stille.</p>
- <p class="line">Jetzt ein Weinen und Heulen erscholl, und jetzo mit einmal,</p>
- <p class="line">Furchtbar, hallte Geschrei: &bdquo;O Vater, Retter, Befreier!&ldquo;</p>
- <p class="line">Wie die Meeresfluth, vom nahenden Sturme gehoben,</p>
- <p class="line">Erst nur leis&rsquo; aufrauscht; doch bald im schrecklichen Aufruhr</p>
- <p class="line">Heulet in Wolkenhöh&rsquo;n, und braust in des gähnenden Abgrunds</p>
- <p class="line">Tiefen, daß, schaudernd vor Angst, ihr die Erd&rsquo; und der Himmel erdrönet:</p>
-<a id="page-385" class="pagenum" title="385"></a>
- <p class="line">Also ertönte der Schrei der Glücklichen rings um den Kaiser.</p>
- <p class="line">Tausender Händ&rsquo; empor zu dem Vater im Himmel gehoben,</p>
- <p class="line">Zeigten die Bahn, auf welcher des tieferschütterten Herzens</p>
- <p class="line">Dank aufflog, und des Segens Füll&rsquo; erflehte dem Retter.</p>
-</div>
-
-<div class="poem">
- <p class="line">Lauter ward das Getös&rsquo;, und bewegter die wimmelnde Schar dort.</p>
- <p class="line">Einer dem andern sank an die Brust, und fragte noch zweifelnd:</p>
- <p class="line">&bdquo;Ist es gewiß: wir frei &mdash; entronnen auf immer den Banden?&ldquo;</p>
- <p class="line">Einzeln, dann wieder vereint, dann immer gewaltiger scholl&rsquo;s nun:</p>
- <p class="line">&bdquo;Werd&rsquo; ich dich wiederseh&rsquo;n, o Vaterland &mdash; in der Heimath</p>
- <p class="line">Seh&rsquo;n dich, väterlich Haus, wo mir der fröhlichen Kindheit</p>
- <p class="line">Jahre entschwanden im Glück? Werd&rsquo; ich den zärtlichen Vater &mdash;</p>
- <p class="line">Ich die liebende Mutter umfah&rsquo;n &mdash; die holde Geliebt&rsquo; ich,</p>
- <p class="line">Liebend und treu, und ich, den Freund, die Kinder, und Gattinn?&ldquo;</p>
- <p class="line">Also erscholl&rsquo;s aus dem brausenden Strom endlosen Entzückens;</p>
- <p class="line">Aber der Retter stand im Kreise der staunenden Feldherrn,</p>
- <p class="line">Von den seligen Scharen umjauchzt. Er blickte, verstummend,</p>
- <p class="line">Ueber die Menge hinaus, in des hochaufwölbenden Aethers</p>
- <p class="line">Schimmernden Raum empor (an seinen Wangen herunter</p>
- <p class="line">Stürzte die Thrän&rsquo;) und als er nun senkte das Haupt, und voll Dankes</p>
-<a id="page-386" class="pagenum" title="386"></a>
- <p class="line">Preßte die Recht&rsquo; an das pochende Herz: da wandt&rsquo; er sich lächelnd,</p>
- <p class="line">Weinend, nach Eberstein, und sagte mit leiserer Stimme:</p>
- <p class="line">&bdquo;Stürb&rsquo; ich doch jetzt: denn ach, mir wurde die Wonne des Himmels!&ldquo;</p>
- <p class="line">D&rsquo;rauf mit erheitertem Blick begann er, und sagte zu Guasto:</p>
- <p class="line">&bdquo;Edeler Greis, vertraut sey dir die Pflege der Freien,</p>
- <p class="line">Daß du mit Vaterhuld, und weis&rsquo;umschauender Sorgfalt</p>
- <p class="line">Stillest die Noth der Hungrigen, und bekleidest die Nackten!</p>
- <p class="line">Heimwärts schiffen wir bald. In des Meer&rsquo;s freiwogenden Fluthen</p>
- <p class="line">Rauschet der Kiel, und vom Mast erglänzen die Kränze der Sieger:</p>
- <p class="line">Dort den Lieben zur wonnigen Schau. Doch nimmer entschwindet</p>
- <p class="line">Uns das errungene Ziel hinfort; nicht welket der Kranz mehr,</p>
- <p class="line">Der uns geworden: denn seht: er keimte hienieden, und blühet</p>
- <p class="line">Unvergänglich fort in den hehren Gefilden des Himmels!&ldquo;</p>
- <p class="line">Jener führte die jauchzende Schar zu des Meeres Gestad hin,</p>
- <p class="line">Sorgend für Aller Wohl nach dem Willen des edelsten Herrschers;</p>
- <p class="line">Aber er trat voll Wehmuth ein in die Thore von Tunis!</p>
-</div>
-
-<h2 class="footnotes" id="part-14">
-<a id="page-387" class="pagenum" title="387"></a>
-Anmerkungen zur Tunisias.
-</h2>
-
-<div class="footnotes">
-<h3 class="sub" id="chapter-14-1">
-Erster Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-1" id="footnote-1">[1]</a> Vers 27.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Nach der Schlacht von Zama, soll P. Corn. Scipio den Hannibal gefragt
-haben: wen er für den größten Feldherrn halte? Dieser nannte zuerst
-Alexander den Großen, dann Pyrrhus den Epiroten, und den dritten sich
-selber. Scipio, darüber empfindlich, sprach weiter: &bdquo;und was würdest du
-erst gesagt haben, wenn du auch mich überwunden hättest?&ldquo; &mdash; &bdquo;Dann&ldquo;
-entgegnet&rsquo; ihm jener &mdash; &bdquo;würde ich mich weit über jene Beiden gesetzt haben.&ldquo;
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-2" id="footnote-2">[2]</a> Vers 29.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Ludwig IX. (der Heilige), König von Frankreich, Sohn Ludwigs VIII.
-und Blanca&rsquo;s von Castilien (geb. den 25. April 1215), der durch seine
-Frömmigkeit, Weisheit in Regierungsgeschäften, und durch persönliche
-Tapferkeit sich allgemeine Hochachtung erworben hatte, unternahm zuerst
-einen Kreutzzug nach dem gelobten Lande; eroberte im Jahre 1249 Damiata,
-und schlug den Sultan von Aegypten zu wiederholten Malen. Allein
-durch Hungersnoth und ansteckende Krankheiten zum Rückzug gezwungen,
-verlor er die errungenen Vortheile mit der Freiheit, die er nur durch die
-Zurückgabe von Damiata, und durch ein großes Lösegeld für sein mitgefangenes
-Heer, wieder erhielt. Im Jahr 1270 unternahm er einen zweiten
-Kreutzzug, schiffte nach Afrika über, und eroberte die Veste von Tunis; doch
-auch hier, wie in Syrien, raffte eine ansteckende Krankheit einen Theil
-seines Heeres weg, deren Opfer er selbst, am 25. August desselben Jahres,
-geworden ist. (Siehe <em>dessen Lebensbeschreibung</em> durch <em>Delachaise</em>
-und des Abtes <em>de Choisi</em>.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-3" id="footnote-3">[3]</a> Vers 40.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<a id="page-388" class="pagenum" title="388"></a>
-<em>Hairaddin</em> (Chereddin) und Horuc-Barbarossa, von Mitylene, auf
-der Insel Lesbos, gebürtig, und, als Korsaren, der Schrecken des mittelländischen
-Meeres, bemächtigten sich des Thrones von Algier, wohin sie
-Selim-Euthemi, der König, gegen die Spanier zu Hülfe gerufen hatte.
-Chereddin übertraf seinen Bruder noch an Kühnheit, und begründete eigentlich
-das so lange, zur Schande Europa&rsquo;s, bestehende System der Seeräuberei
-an der Nordküste Afrika&rsquo;s. Nachdem er Constantina und noch andere Städte
-daselbst wegnahm, ernannte ihn Solyman II., oder <em>Prächtige</em>, zum Oberbefehlshaber
-seiner Flotten. Im Jahr 1535 bemächtigte er sich durch Verrath
-der Stadt Tunis; sammelte dort eine bedeutende Seemacht, und anstatt,
-wie im vergangenen Jahre, nur die Küsten Italiens zu plündern,
-ging er mit nichts Geringerem um, als Sicilien mit einer Menge Türken
-und Mauren zu erobern, wodurch er sich die Wege zu dem Throne Neapels
-zu bahnen gedachte. In demselben Jahre wurden seine unabsehbaren Plane
-durch Carls V. herrlichen Zug nach Tunis vereitelt. Doch Carls unversöhnlicher
-Feind, Franz I., König von Frankreich, ward Chereddins Verbündeter,
-mit dessen Macht vereint, er im Jahr 1543 Nizza wegnahm. Er
-starb im Jahr 1546 zu Constantinopel, &mdash; im 88. seines Lebens. An dem
-Strande des Meeres zu Beschiktasch, am europäischen Ufer des Bosphorus,
-ist sein Grabmahl (wie Hofrath v. Hammer in seiner Verfassung des osmanischen
-Reichs Theil II., Seite 317, sagt), und erregt ernste Gefühle bei
-dem Geräusche der Wogen, die an ihm emporklimmen. (<span class="antiqua"><em>Paul. Jov. in
-Elog.</em> I. 6. &mdash; <em>Hist.</em> I. 33. 41. 44. &mdash; <em>Thuan. Hist.</em> L. III.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-4" id="footnote-4">[4]</a> Vers 55.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Andreas Doria</em> (geb. 1468) aus einem altadelichen Geschlechte
-Genua&rsquo;s, war früher französischer Admiral, wählte aber freiwillig Kaiser
-Carls V. Flagge, und blieb zur See in dessen Diensten bis zu seinem Tode
-im J. 1560. Er war der größte Seeheld seiner Zeit; gab Genua eine bessere
-Verfassung, und ward der <em>Vater und Befreier des Vaterlandes</em>
-genannt, das er im J. 1528 vom Joche der Franzosen befreiet hatte.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-5" id="footnote-5">[5]</a> Vers 61.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Muley Hassan</em> (Maula-Hascen), Maula Mehemeds Sohn, König
-von Tunis. Er war der jüngste Sohn von zwei und zwanzig Geschwistern,
-unter welchen er seine Brüder, auf den Rath seiner unnatürlichen Mutter,
-theils blenden, theils tödten ließ, um also zum Throne zu gelangen. Sein
-älterer Zwillingsbruder, Al-Raschid, entfloh nach Constantinopel, bei
-<a id="page-389" class="pagenum" title="389"></a>
-Solyman Hülfe zu suchen. Er ward heimlich erwürgt, und der eben von dort
-absegelnde Chereddin eilte nach Tunis, und bekam bald, im Nahmen des
-todten Al-Raschid gebiethend, dem das Volk anhing, Goletta die Veste, und
-dann auch Tunis in seine Gewalt. Muley Hassan ward zwar durch den
-siegreichen Kaiser in sein ihm entrissenes Land wieder eingesetzt, wurde aber
-nach wenigen Jahren von seinem Sohn, Hamida, des Thrones beraubt,
-und geblendet. So kam er zu dem Kaiser nach Augsburg, nochmals um
-Hülfe zu flehen, und starb auf der Rückreise in Rom. (Siehe: <span class="antiqua"><em>M. Cardonne
-Histoire de l&rsquo;Afrique et de l&rsquo;Espagne</em> etc. T. III. <em>Paris</em>
-chez Saillant</span> 1765, und <span class="antiqua"><em>Jov. Hist.</em> 33. c.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-6" id="footnote-6">[6]</a> Vers 99.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Solyman II.</em> (Suleyman, der <em>Prächtige</em> benannt) folgte Selim I.,
-seinem Vater, im Jahre 1520 in dem türkischen Kaiserreiche nach. Nie ist
-dieses Reich auf einer glänzenderen Stufe der Macht und des Ruhmes gestanden,
-als unter diesem, durch Herrscherweisheit und Thatkraft ausgezeichneten
-Fürsten. Im Jahre 1521 eroberte er Belgrad, und im folgenden
-Jahre die Insel Rhodus, von wo er die Johanniter-Ritter vertrieb. Im
-Jahre 1526 gewann er in der Schlacht von Mohatsch den Sieg über den
-König der Ungern, Ludwig II., der sammt seinem Pferde in einem Moraste
-zu Grunde ging, und, nachdem er einen großen Theil von Ungern in seine
-Gewalt bekommen hatte, rückte er im J. 1529 vor Wien, von wo er nach
-einer vergeblichen Belagerung, da der Kaiser, Carl V., mit einem Heere
-näher gerückt war, sich schnell nach Ungern hinabzog. Er starb daselbst am
-4. September 1566, bei der Belagerung der Veste Sigeth, die Niklas Zriny,
-ein zweiter Leonidas, so heldenmüthig gegen ihn vertheidigt hatte, im 72.
-Jahre seines Alters, und im 46. seiner Regierung. (<span class="antiqua"><em>Paul Jov. in Solim.</em></span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-7" id="footnote-7">[7]</a> Vers 105.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Istambul</em>, Stambul, nennen die Türken die Stadt Constantinopel.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-8" id="footnote-8">[8]</a> Vers 406.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Die heiligen Urkunden sprechen von einem Orte der ewigen Seligkeit,
-wohin die <em>Guten</em> kommen, und von welchem die <em>Bösen</em> auf immer ausgeschlossen
-bleiben. Aus ihnen schöpfte die Allgemeine Kirche die Lehre von
-einem Mittelzustande, von jenem der <em>Läuterung</em>, durch welche der Uebergang
-zu jenem möglich wird. Ueber alle drei ist in dieser Kirche, seit der
-ersten Zeit ihrer Verbreitung bis zu dem heutigen Tage, ein, und derselbe
-Glaube geblieben, welchen sie bestimmt, und deutlich gelehret hat. In
-<a id="page-390" class="pagenum" title="390"></a>
-Bezug auf dieses dreifache <em>Geisterreich</em>, von welchem die Kirche Beschreibungen
-zu geben, weder konnte, noch wollte, ließ sie auch einige Stellen
-in den Briefen des Apostel Paulus unberührt, die mit jenem in Verbindung
-gebracht werden konnten. Dieß sind die Stellen, in welchen er von
-den, im Luftraum wohnenden Geistern spricht, und auf welche der Sänger
-der Tunisias, und des Rudolph von Habsburg, sein <em>Wunderbares</em> im
-Epos, (nicht als Exeget, sondern als Dichter) gegründet hat. Im Brief an
-die Epheser VI. vom 11-13. Vers (&bdquo;Ziehet an die volle Rüstung Gottes,
-damit ihr stehen könnet gegen die Nachstellungen des Versuchers: denn unser
-Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider Fürstenthümer,
-Gewalten und Weltherrscher der finsteren Gegenwart: wider die bösen Geister
-im Uebersinnlichen&ldquo;) ist von Geistern die Rede, die böser Natur sind, und
-gegen deren Einflisterungen der Christ zu kämpfen hat. Vorher, III. Cap.
-10. V. (&bdquo;Damit den Mächten und Gewalten, im Uebersinnlichen, durch
-die Kirche&ldquo; &mdash; die Bekenner der christlichen Lehre, &bdquo;die mannigfaltige
-Weisheit Gottes bekannt werde&ldquo;) spricht er aber von solchen, welchen auf
-dem Pfade der Läuterung ein Aufschreiten vergönnt zu seyn scheint. Besonders
-die erstere Stelle fände ihre Erläuterung in jener im I. Brief an die
-Chorinther XV. Cap. 24. V. &amp;c., wo Paulus von dem <em>Weltende</em> spricht:
-(&bdquo;... Dann ist das Ende, wenn Gott die Fürsten, Mächte und Gewalten&ldquo; &mdash; im
-Uebersinnlichen &mdash; &bdquo;außer Wirksamkeit gesetzt haben wird. Das
-Letzte aber, was sein Ende erreichen soll, ist der Tod.&ldquo;)
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Daß diese Stellen in den Briefen des Apostel Paulus schon in den
-ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung auf eine ähnliche Art
-ausgelegt wurden, beweisen die merkwürdigen Worte des größten Schriftauslegers
-aller Zeiten, des h. Hieronymus, der zu obiger Stelle im VI. Cap.
-des Briefes an die Epheser, sagt: <span class="antiqua">&bdquo;Haec autem omnium Doctorum opinio
-est: quod aer iste, qui coelum et terram medius dividens, inane appellatur,
-plenus sit contrariis Fortitudinibus.&ldquo; <em>S. Hieronym. Comment.
-in Epist. ad Ephes. Q. 3. c. 5.</em></span>
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-9" id="footnote-9">[9]</a> Vers 465.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Die grundlose Beschuldigung, die der Sectenhaß so vielen, selbst ausgezeichneten
-Geschichtschreibern eingab, daß nämlich Carl V. nach der Alleinherrschaft
-in Europa gestrebt habe, ist dem Unpartheiischen wohl aus
-seinem ganzen Herrscherleben klar genug; doch findet er sie völlig widerlegt
-durch seine Lage nach dem berühmten Siege, den er bei Mühlberg (24. April
-1547) über den Smalkaldischen Bund errungen hatte. Seine ergrimmtesten
-<a id="page-391" class="pagenum" title="391"></a>
-Gegner sanken dort überwunden zu seinen Füßen; seine spanischen Veteranen,
-mit vielen italienischen Scharen, standen ihm zu Geboth, und er &mdash; begnügte
-sich dem frechen Uebermuth, der ihn nur als <em>Carl von Gent</em>
-mehr gelten ließ, ein Ziel gesetzt zu haben, entließ seine sieghaften Scharen,
-baute auf Treu und Glauben: denn das hatte er wohl nie gedacht, daß
-sein Liebling, Moritz von Sachsen, den er an seinem Herzen groß gezogen
-hatte, so undankbar an ihm handeln würde, und gerieth, von diesem mit
-einem Ueberfall bedroht, schon fünf Jahre (J. 1552) nach jenem Siege, in
-solche Gefahr, daß er sich, von Gichtschmerzen gefoltert, in einem Tragsessel
-noch in der Nacht von Innsbruck fort über die Gebirge nach Kärnthen, als
-ein Flüchtender, mußte tragen lassen.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-2">
-Zweiter Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-10" id="footnote-10">[10]</a> Vers 23.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Ortilo</em>, dessen wichtige <em>Fragmente von den Babenbergern</em>,
-als Herrschern Oestreichs, Chrysostomus Hanthaler aufgefunden und bekannt
-gemacht hatte, sagt zu dem Jahr 1191 von <em>Leopold</em> dem <em>Tugendhaften</em>,
-unter anderm: &bdquo;Da der Herzog bei der Belagerung (von Ptolemais)
-so tapfer focht, daß sein ganzer Körper, mit Ausnahme jenes Theils, den
-der Leibgurt umgab, mit Feindes Blut bespritzt war, so hat in der Folge
-der Kaiser, Heinrich VI., den Schild Oestreichs, in dem bisher fünf Lerchen
-zu sehen waren, geändert, und zeichnete solchen durch ein <em>rothes Feld</em>
-aus, das durch einen <em>weißen Querbalken</em> mitten durchschnitten ist.&ldquo;
-Ortilo war ein Zeitgenosse Leopold des Tugendhaften, und vier Jahre darauf,
-bei seiner Begräbniß in heil. Kreuz, gegenwärtig. Spätere Schriftsteller,
-wie Cuspinian, Lazius &amp;c. &amp;c. sind anderer Meinung über die Bedeutung
-dieses Wapens. (Siehe <span class="antiqua"><em>Fast Campil.</em> T. I. pag.</span> 434, und
-<span class="antiqua"><em>Recens. Dipl. Geneal. Arch. Campil.</em> pag. 196.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-11" id="footnote-11">[11]</a> Vers 58.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-In dem Werkchen: <span class="antiqua"><em>Eutropii Diarium Expeditionis Tunetanae</em>
-a. 1535</span>, die in der Sammlung &bdquo;<span class="antiqua">Scriptores Rer. Germ. per S.
-Schardium</span>,&ldquo; Gießen, 1673, enthalten ist, wird ausdrücklich gesagt, daß
-der Kaiser während seiner Abwesenheit die Regierung Spaniens seiner
-<a id="page-392" class="pagenum" title="392"></a>
-Gemahlinn, Isabella, übergeben, und sogar sein Testament hinterlassen
-habe: <span class="antiqua">&bdquo;priusquam Madritio discederet, omnibus adhibitis solemnitatibus
-testamentum suum condidit,&ldquo; pag. 321</span>.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-12" id="footnote-12">[12]</a> Vers 91.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Hermann</em>, der Sohn des Cherusker-Fürsten, Siegmar (geb. 18 J.
-vor Chr.), ward in Rom erzogen, und im römischen Heere angestellt.
-Doch, er beschloß der Retter seines Vaterlands zu werden; vernichtete in
-seinem 26. Jahre die Legionen des Quintilius Varus in dem Teutoburger
-Walde, und nachdem er zwölf Jahre hindurch die Angelegenheiten Deutschlands
-geleitet hatte, besiegte er Marbod, den König der Marcomannen,
-zwei Jahre vor seinem Tode. Er soll, weil er nach Alleinherrschaft strebte,
-von seinen Anverwandten ermordet worden seyn. (<span class="antiqua"><em>Tacit.</em> L. I. et II.
-<em>Annal.</em></span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-13" id="footnote-13">[13]</a> Vers 97.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Hannibal</em>, der Sohn des Hamilkar Barkas (geb. im J. 247 vor Chr.
-zu Karthago), nach seinem berühmten Zuge über die Alpen der Besieger
-der Römer an der Trebbia, am Trasimenus, vor Cannä &amp;c., wurde bei
-Zama von dem ältern Scipio besiegt, und starb als Flüchtling in Bithynien
-(183 J. vor Chr.) in seinem 65. Jahre, nachdem er in seinem 26. den
-großen Kampf gegen die Römer begonnen hatte. (<span class="antiqua">Polyb. L. III. c. 17 et
-64. <em>Livius</em>. L. 21.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-14" id="footnote-14">[14]</a> Vers 97.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Regulus</em> (Marcus Attilius), um das Jahr 254 vor Chr. Consul von
-Rom, ward (<em>siehe die folgende Anmerkung</em>) in der Schlacht von
-Tunis gefangen, und von den Karthagern, wegen der Auslösung ihrer
-Gefangenen, mit noch andern Abgeordneten, nach Rom gesandt, wo er
-dem Senat, mit wahrer Römergröße, rieth: die Gefangenen nicht zu lösen.
-Er kehrte, seinem Eidschwur treu, als Gefangener nach Karthago wieder
-zurück, und soll dort, nach Einigen, grausam hingerichtet, nach Andern,
-eines natürlichen Todes gestorben seyn. (<span class="antiqua"><em>Polyb. Lib. I.</em> &mdash; <em>Liv</em>. 17 et 18.
-&mdash; <em>Palmerius, in Appian.</em> pag. 151.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-15" id="footnote-15">[15]</a> Vers 143.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Xanthippos</em> hieß der edle Spartaner, der Karthago einen glänzenden
-Sieg über Rom verschaffte. Nach der Niederlage von Eknomos, die jene
-im J. 254 v. Chr. zur See gegen die Consuln Cajus Sulpitius, und Attilius
-Regulus erlitt, ward sie von dem Letzteren, der in Afrika landete,
-<a id="page-393" class="pagenum" title="393"></a>
-und Tunis zu seinem Waffenplatze erkor, an den Rand des Verderbens
-gebracht. Da landete mit einem Schiffe griechischer Miethlinge auch Xanthippos,
-der von Gestalt unansehnliche, aber geist- und kraftbegabte Spartaner,
-von dem <span class="antiqua">C. Sil. Pun. L. 6</span> singt:
-</p>
-
- <div class="poem footnote2">
- <p class="line">Nulla viro species, decorisque et frontis egenum</p>
- <p class="line">Corpus; in exiguis vigor, admirabile, membris</p>
- <p class="line">Vividus, et nisu magnos qui vinceret artus.</p>
- </div>
-<p class="footnote2">
-Er machte den Senat auf die Fehler seiner Heerführer aufmerksam;
-übte das ihm anvertraute Heer nach griechischer Kriegskunde zuvor ein;
-besiegte die Römer in der Schlacht von Tunis, und nahm den Consul A.
-Regulus mit dem Ueberreste seines Heeres gefangen. &mdash; Ihm war das stolze
-Bewußtseyn genug: eine ganze Nation dem Untergange entrissen zu haben:
-denn er kehrte gleich darauf wieder nach seinem Sparta zurück. (<em>Siehe
-Fr. Mich. Vierthalers</em> vortreffliche <em>Philosophische Geschichte der
-Menschen und Völker</em> V. B. S. 306.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-16" id="footnote-16">[16]</a> Vers 212.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Attila</em>, König der Hunnen, die aus Scythien kommend, sich in Pannonien
-niedergelassen hatten, gelangte im J. 434 zur Herrschaft. Nachdem
-er sich gerühmt: das Schwert Tyr&rsquo;s, des Kriegsgottes, aufgefunden
-zu haben, ermordete er seinen Bruder Bleda, und entboth ein ungeheuer
-zahlreiches Heer, um als <em>die Geißel Gottes</em>, wie er sich nannte, die
-Erde verheerend zu durchziehen. Er fiel um das J. 441 zuerst in Thrazien
-ein, drang bis nach Armenien vor, und verwüstete dann das morgenländische
-Kaiserthum, zwingend den Kaiser Theodosius, den er überwunden
-hatte, ihm einen Tribut zu zahlen. Auf seinem zweiten großen Verheerungszuge
-nach Frankreich wurde er bei <span class="antiqua">Chalons sur Marne</span>, durch die
-vereinte Macht der Römer unter Aetius, und der Westgothen unter Theodorich,
-auf das Haupt geschlagen; zog sich über den Rhein zurück, und
-wandte sich zu dem dritten, gegen Rom selbst, da er Honoria, die Schwester
-Valentinian III., zur Ehe verlangte, und diese ihm abgeschlagen worden
-war. Er verwüstete ganz Ober-Italien, bei welcher Gelegenheit die Flüchtlinge
-auf den Inseln der Lagune dem berühmten Venedig den Ursprung
-gaben. Von der Zerstörung Roms hielt ihn der Papst, Leo der Große, ab.
-Er kehrte nach Pannonien zurück, wo er im J. 453, in der Nacht nach
-seiner Vermählung mit der baktrianischen Prinzessin, Ildiko, in seinem
-Blute erstickt gefunden ward. (<em>Siehe Jornandes</em>; und <span class="antiqua"><em>Bonfinii Hist.
-Decad.</em> I. L. 7.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-17" id="footnote-17">[17]</a> Vers 245.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<a id="page-394" class="pagenum" title="394"></a>
-<em>Tyr</em> nach der nordischen Götterlehre, der Sohn Odins, und der tapferste
-unter den Göttern, wie es bei den Griechen <em>Ares</em> war, den die Römer
-Mars benannten.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-18" id="footnote-18">[18]</a> Vers 321.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Kabesch</em>. Kabes, eine Stadt im Königreiche Tunis von 25,000 Einwohnern.
-Sie liegt in dem Golf gleiches Nahmens, sonst auch die Kleine-Syrte
-genannt.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-3">
-Dritter Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-19" id="footnote-19">[19]</a> Vers 26.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Ludwig</em>, Infant, Bruder des Königs Emanuel von Portugal, und
-der Isabella, Gemahlinn des Kaisers Carl V.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-20" id="footnote-20">[20]</a> Vers 35.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Ruyter</em>. Hier ist keineswegs der berühmte holländische Seeheld,
-Michael Hadrian Ruyter (geb. zu Vließingen im J. 1607, gest. 1676) gemeint,
-der sich vom gemeinen Matrosen bis zum Range eines Admirals
-aufschwang; die englische Seemacht zu verschiedenen Malen schlug; von
-seinem Vaterlande nach Verdienst geehret ward, und endlich bei der Unterstützung
-der Spanier in Sicilien, dem Aetna gegenüber, in einem Treffen
-durch eine Kanonenkugel den Fuß verlor, an welcher Wunde er bald darauf
-in der Bay von Syrakus starb, sondern <em>Franz Ruyter</em>, den Paul Jovius
-in seiner Geschichte des tunetanischen Feldzugs unter den Feldherrn aufführt.
-(<em>Siehe:</em> <span class="antiqua"><em>Paul Jov. Hist. Lib.</em> 34. pag. 284 <em>Basileae</em> an.
-1578.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-21" id="footnote-21">[21]</a> Vers 47.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Porto Venere</em> an der südwestlichen Spitze des Genueser Gebiethes.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-22" id="footnote-22">[22]</a> Vers 49.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Alphons Avalos, Marchese del Vasto (auch <em>Guasto</em>), einer der berühmtesten
-Feldherrn Carls V. aus dem Hause der Pescara im Königreich Neisen,
-im J. 1502 geboren, wohnte der Schlacht von Bicocca (im J. 1522) bei;
-<a id="page-395" class="pagenum" title="395"></a>
-wurde nach Anton Leyva&rsquo;s Tode Gouverneur von Mailand, und hatte den
-Oberbefehl des Heeres bei dem Kriegszug nach Tunis. Im J. 1543 entsetzte
-er Nizza, das von den Franzosen, und ihrem Verbündeten, Chereddin
-Barbarossa, belagert war. Er starb im J. 1546 zu Vigevano, wahrscheinlich
-aus Kummer, den ihm die gegen die Franzosen verlorne Schlacht von
-Cerisoles in Piemont (14. April 1544) zugezogen hatte. (<span class="antiqua"><em>P. Jov. Hist.</em> et
-<em>Roscio Capit. illustr.</em> p. 288.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-23" id="footnote-23">[23]</a> Vers 57.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Das Geschlecht der <em>Ebersteine</em> soll schon zu Carl d. Gr. Zeiten in
-großem Ansehen gestanden seyn. Was die Geschichte Gewisseres von ihnen
-gibt, ist: daß Eberhard, der Stammvater der Ebersteine, Hedwig, die Tochter
-Kaisers Heinrich I. geehlicht, und seinen Hof in Hohentviel gehabt habe.
-Als Abgesandter des Kaisers an den Papst, erhielt er von diesem am Pfingstfeste
-zu Rom die goldne Rose zum Geschenk, die er, nach dem Gebrauche der
-römischen Kirche, getragen hatte, und die bei seiner Heimkunft der Kaiser
-in den Wapenschild der Ebersteine setzen hieß. Sein Sohn Ludwig wohnte
-der Schlacht Heinrichs I. gegen die Ungern vor Merseburg bei. &mdash; Die
-zweite Stammlinie der Ebersteine richtete Graf Otto I. in Pommern zu
-Neugarten auf. Otto III. der um das Jahr 1370 gelebt, soll der Stifter
-der würtembergischen Hauptlinie seyn. &mdash; Otto II. ein anderer Stammvater
-der Ebersteine, verbesserte die Herrschaft an der Weser, und erbaute das
-Schloß Ottenstein. Man sieht noch die Ruinen des Schlosses Eberstein
-unweit Holzminden an der Weser. (<span class="antiqua"><em>Meibom. Rerum Germ.</em> T. II.
-p. 515. Luca:</span> <em>Grafen-Saal</em>, <span class="antiqua">pag. 943.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-24" id="footnote-24">[24]</a> Vers 74.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Donau</em>, <span class="antiqua">Danubius</span> (Ister hieß er den Alten von Wien hinab) einer
-der größten Flüsse Europas, da er nach Büsching eine Strecke von 700 Meilen
-durchläuft, und mehr als 160 größere und kleinere Flüsse in sich aufnimmt,
-entspringt, nach der gewöhnlichen Meinung, am Schwarzwalde
-bei Donaueschingen, obschon Andere diese Ehre zwei anderen Quellen, der
-<em>Brega</em> und <em>Brigach</em>, mit welcher sich jene vereinigt, ertheilen. Die
-Donau endet an der Küste Bessarabiens ihren Lauf, und stürzt sich durch
-sechs Arme mit solcher Gewalt in das schwarze Meer, daß ihr Wasser
-mehrere Meilen weit im Meer noch süß und erkennbar seyn soll.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-25" id="footnote-25">[25]</a> Vers 119.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Hunyady</em> (Johann Corvinus Hunniades), den, nach einigen, ein walachischer
-Bojar mit der Elisabeth Paläologa, aus dem Geschlechte der letzten
-<a id="page-396" class="pagenum" title="396"></a>
-griechischen Kaiser; nach Andern, König Sigismund, außerehlich &mdash; mit
-der Tochter eines edeln Walachen erzeugt haben soll, wurde zu Ende des
-vierzehnten Jahrhunderts geboren. Er war, während der Minderjährigkeit
-des Königs Ladislaus Posth., Statthalter von Ungern, während seines
-ganzen Lebens ein Schrecken der Türken, die er in verschiedenen Schlachten
-besiegte, und zuletzt (am 6. August 1456) von Belgrad vertrieb, und starb
-am 16. Sept. desselben Jahrs. Von seinen zwei Söhnen wurde der ältere,
-Ladislaus, im folgenden Jahre zu Ofen enthauptet. Der jüngere, Mathias
-(Corvinus), gelangte zur ungarischen Krone. (<span class="antiqua"><em>Bonfin. Hist. Hung.</em></span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-26" id="footnote-26">[26]</a> Vers 132.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Zirknitz</em> (Czirknitzer See) im Lande Krain, sechs Stunden von Laibach,
-gibt dem anstoßenden See den Nahmen, der eine Meile lang, und
-eine halbe breit ist. Das Wasser dieses wunderbaren Sees versinket gewöhnlich
-des Jahres einmal durch Oeffnungen, die sich in seinem Bette befinden.
-Sobald es sich zum Ablauf neiget, eilt Jung und Alt, die Fische in
-großer Menge herauszuziehen. Nach beiläufig zwanzig Tagen wächst dort,
-wo erst das Wasser stand, vortreffliches Gras, und nachdem dieses eingeerntet
-ist, wird noch Hirse darin gebaut, wo auch die Jagdfreunde an Hasen
-und wildem Geflügel reichliche Beute finden.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-27" id="footnote-27">[27]</a> Vers 149.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Niclas <em>Salm</em> und Wilhelm <em>Roggendorf</em>, dessen Tochter die Gemahlinn
-des ersteren war, vereinte auch das Band der zärtlichsten Freundschaft.
-Beiden als Feldherrn, war die Vertheidigung Wiens gegen Solymans
-zahlloses Belagerungsheer anvertraut. Eine Kanonenkugel fuhr in
-den Wall, und schleuderte einen zertrümmerten Stein gegen Salms Schenkel,
-bei dem letzten Sturm, den Solyman am 14. October 1529 gegen die Wälle
-Wiens unternahm. An der erhaltenen Wunde starb dann Salm am 4. Mai
-1530 zu Marcheck, wohin er sich hatte bringen lassen. (<em>Siehe Taschenbuch
-für die vaterländische Geschichte durch Freih. von Hormayr
-&amp;c. vierter Jahrgang.</em> S. 102.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-28" id="footnote-28">[28]</a> Vers 238.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Elba</em>, eine kleine Insel des mittelländischen Meeres, von beiläufig
-zwölf Meilen, Livorno gegenüber. Ihr Hauptreichthum sind die Eisenminen
-von Rio, deren Erze mehr als die Hälfte reines Metall geben, und von
-ihrer schillernden Farbe (<em>Eisenglanz</em>) bekannt sind. Porto Ferrajo (<em>Eisenport</em>),
-mit einer guten Rhede und 3000 Einwohnern, ist die Hauptstadt
-der Insel.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-29" id="footnote-29">[29]</a> Vers 372.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<a id="page-397" class="pagenum" title="397"></a>
-<em>Toledo</em>, Pedro Alvarez de Toledo, Vice-König von Neapel, ein Sohn
-des zweiten Herzogs von Alba, bekam mit seiner Gemahlinn Maria Osorio
-Pimentel den Staat von Villafranca, und war der Schwieger des ersten
-Herzogs von Florenz, Cosmus von Medicis.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-4">
-Vierter Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-30" id="footnote-30">[30]</a> Vers 43.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Alba</em> (Ferdinand Alvarez von Toledo, Herzog von) war im J. 1508
-geboren. Erst unter Carl V., dann unter Philipp II., seinem Sohn, war
-er stets ein siegreicher Feldherr ihrer Heere. In dem Kriege gegen die Niederländer
-hatte er nach seiner und seines Herrn Ueberzeugung, Rebellen bekämpft,
-und in solchen Kriegen hat man wohl sonst auch von ähnlichen,
-und noch größeren Grausamkeiten gehört; doch da dieser Krieg den Protestanten
-für einen Religionskrieg galt, und noch heut zu Tag dafür gegeben wird,
-so mußte er, besonders seit Schillers poetisch-entworfenem Bilde von ihm,
-als einer der grausamsten Wüthriche geschildert, erscheinen. Andere rühmen
-an ihm, nebst seinen großen Feldherrntalenten, seine unerschütterliche Treue,
-und dabei sein freies, offenes Benehmen gegen seinen Regenten, seinen
-Edelmuth und Weisheit. Indeß ist er von Härte und Grausamkeit nicht
-frei geblieben. Er starb im J. 1582 im 74sten Jahre seines Lebens.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-31" id="footnote-31">[31]</a> Vers 43.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Alarcon</em> (Ferdinand d&rsquo;Alarzon), einer der tapfersten spanischen Feldherrn
-Carls V. Nach dem Siege von Pavia (24. April 1525), wurde ihm
-die Bewachung des gefangenen Königs von Frankreich, Franz I., anvertraut,
-so wie zwei Jahre später, jene über den Papst, Clemens VII., der
-sich den Kaiserlichen ergeben hatte. (<span class="antiqua"><em>Jov. Hist.</em> 34. cap. &mdash; <em>Imhof.
-Geneal. 20. Fam. Hisp.</em> p. 203.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-32" id="footnote-32">[32]</a> Vers 45.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Garzia Lasso</em> (Garzilaso de la Vega), im J. 1503 zu Toledo geboren,
-ein berühmter spanischer Dichter in der Gattung der Ekloge, Epistel, Oden,
-Lieder und Sonette. Er wohnte unter Carl V. den Feldzügen im Jahr 1529
-<a id="page-398" class="pagenum" title="398"></a>
-gegen Solyman, und im J. 1535 gegen Tunis bei; in dem letzteren wurde
-er an dem Arm verwundet. Im folgenden Jahre zog er mit dem Kaiser
-gegen Marseille, als Befehlshaber eines Heertheils, und erhielt bei der
-Bestürmung eines Thurms die gefährliche Kopfwunde, an welcher er nach
-drei Wochen im 33. Jahre seines Alters starb. Sein Leichnam wurde in
-der Folge nach Toledo gebracht. (<span class="antiqua"><em>Jov. Elog.</em></span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-33" id="footnote-33">[33]</a> Vers 97.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Constantin der Große</em> (geb. im J. 274), erster christlicher Kaiser,
-soll vor der Entscheidungsschlacht an dem Ponte Milvio (h. z. T. Ponte
-Molle) bei Rom, gegen den Maxentius, am hellen Mittage, unterhalb
-der Sonne, ein flammendes Kreuz mit der Inschrift: &bdquo;<span class="antiqua"><em>In hoc vinces</em></span>,&ldquo;
-erblickt haben. (<span class="antiqua"><em>Eusebius in Vita Constantini</em> M. et <em>Hist.</em></span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-34" id="footnote-34">[34]</a> Vers 179.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Atlas</em>. Der Berg, besteht eigentlich aus zwei Ketten, die sich über
-den größten Theil von Nordafrika verbreiten. Die eine heißt der <em>Große</em>
-Atlas (mehr als 11,000 Fuß über der Meeresfläche erhöht), welcher sich vom
-Reiche Marrokko bis zur Wüste Sahara hinabzieht, und die andre der
-<em>Kleine</em> Atlas, der sich von Osten nach Westen bis zum Mittelländischen
-Meere erstreckt. &mdash; Nach der Mythologie der Griechen war er einer der Titanen,
-dem Zeus die Strafe auferlegte, das Himmelsgewölbe zu tragen.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-35" id="footnote-35">[35]</a> Vers 239.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Janssen von Middelburg.</em> Zacharias Janssen, ein Brillenmacher
-zu Middelburg in Seeland, war der Erfinder des Fernrohrs im
-Jahre 1590, indem er zwei Linsen, eine convex, die andere concav, in verschiedener
-Richtung von dem Auge hielt. Er brachte sie dann in eine Röhre,
-und bot die gelungensten zwei, von 16 Zoll Länge, dem Prinzen Moritz von
-Nassau, und Erzherzog Albert an. Der berühmte Galiläi hörte davon in
-Venedig, und machte sogleich darauf einen Versuch. (Siehe: <span class="antiqua"><em>Hier. Sirturus
-de Telescop</em></span>; und <span class="antiqua"><em>Petr. Borell de vero Telescopii Inventore.
-Hagae-Comitum.</em></span> 1655.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-36" id="footnote-36">[36]</a> Vers 526.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Die Franzosen, unter Lautrec, und die mit ihnen vereinten Schweitzer,
-wurden bei Bicocca, unweit Mailand, im Mai 1522 durch die Truppen
-Carls des V. mit großem Verluste geschlagen.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-5">
-<a id="page-399" class="pagenum" title="399"></a>
-Fünfter Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-37" id="footnote-37">[37]</a> Vers 13.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Villiers-L&rsquo;isle-Adam</em> (Philipp v.), zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts
-in Frankreich geboren, und zum Großmeister des Johanniter-Ordens
-von Jerusalem im J. 1521 erwählt. Im folgenden Jahre überzog Solyman
-die Insel mit einer großen Belagerungsmacht, die jener so tapfer gegen
-ihn vertheidigte, daß über 100,000 Türken dabei das Leben einbüßten.
-Amarat, des Ordens Kanzler, ward an ihm zum Verräther, und nur so
-gelang es endlich Solyman, die Insel gegen Capitulation, und unter der
-Bedingniß eines freien Abzugs der Ritter und der christlichen Einwohner,
-zu erringen. Vergeblich suchte er L&rsquo;isle-Adam in seine Dienste zu ziehen,
-dessen Heldenmuth er vor seinem Heere, und mitten unter den Leichen der
-Gefallenen lautes Lob ertheilte. Villiers-L&rsquo;isle-Adam starb im J. 1534 als
-Großmeister des Ordens zu Maltha, welche Insel Carl V. ihm zum neuen
-Ordenssitze geschenkt hatte. (Siehe: <span class="antiqua"><em>Bouhors Siège de Rhodes</em></span>.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-38" id="footnote-38">[38]</a> Vers 75.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Gomert</em> oder <em>Zafrano</em> rechts, und <em>Bona</em> links, heißen h. z. T.
-die zwei Vorgebirge, von welchen jenes einst dem Apoll, und dieses dem
-Hermes geweiht war, welchen vorüber die Einfahrt in den tiefer liegenden
-karthaginensischen Meerbusen geschah. Von dort dehnt er sich im halben
-Zirkel, bis an die Mündung des hinterhalb liegenden Landsees von Goletta
-hin, wobei die Landschaft der vormals wegen ihrer heilsamen Bäder berühmten
-Stadt Rada zur Linken bleibt, und jener gegenüber zeigt sich dann
-die Lage des zerstörten Karthago, des Oehlwalds, und der steilen Hügel,
-über welche man zu dem Flusse <em>Makar</em> gelangte. (<span class="antiqua"><em>Jov. Hist. Lib.</em> 34.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-39" id="footnote-39">[39]</a> Vers 105.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Der <em>Wasserthurm</em> steht nördlich von dem steilen Felsen &mdash; einst die
-hohe Byrsa, auf welcher der berühmte Tempel des Aeskulap stand, und
-nahe der schmalen Erdzunge, die das feste Land mit der Halbinsel verband,
-auf welcher Karthago erbaut war. Auf dieser befanden sich wahrscheinlich
-die Ställe der Elephanten. Obige Cisternen sind fast die einzigen noch erhaltenen
-Ueberreste der zerstörten Karthago.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-40" id="footnote-40">[40]</a> Vers 117.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Goletta</em>, die Veste, hatte zur Zeit Carls V. eine beinahe viereckige
-Form, und zwei Abtheilungen, von welchen die Wälle der oberen 40, und
-<a id="page-400" class="pagenum" title="400"></a>
-der unteren 50 Schritte breit waren. Sie enthielt eine vortreffliche Cisterne,
-in welcher sich das Regenwasser sammelte, und viele bombenfeste Gewölbe
-zur Aufbewahrung des Kriegsbedarfs. Mit ihr in Verbindung stand vorne
-an der Mündung des Sees von Tunis, ein mit Wällen versehener Thurm,
-der vom Meere her jedem Schiffe den Eingang verwehrte. Der See, beiläufig
-12,000 Schritte breit und eben so lang, erhält aus dem karthaginensischen
-Meerbusen sein Gewässer, und ist auf beiden Seiten so seicht, daß
-man nur in der Mitte desselben auf kleinen Fahrzeugen nach Tunis gelangen
-kann. (<span class="antiqua"><em>Eutropii Diar. Exp. Tunet. apud Schard.</em> pag. 331.</span>
-und <span class="antiqua"><em>Jov. Hist. Lib. 34.</em></span>)
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-6">
-Sechster Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-41" id="footnote-41">[41]</a> Vers 83.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Eutropius</em> in seinem <span class="antiqua"><em>Diar. Exped. Tunet.</em> p. 325. (<em>Rerum
-Germ. Scrip. apud Schard</em>)</span>, sagt ausdrücklich: daß vor Allen die
-Deutschen bei der Landung, über jeden Aufschub ungeduldig, sich auf ihren,
-in das Wasser gesenkten Speeren auf das Land hinaus geschwungen, und
-den Kampf mit dem Feinde sogleich begonnen haben.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-42" id="footnote-42">[42]</a> Vers 79.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Pizarro</em> (Francisco), ein Spanier, von unbekannter Herkunft, ging
-mit noch andern Abenteurern nach der neuen Welt, verband sich im J.
-1524 mit Diego d&rsquo;Almagro, und eroberte Peru, nachdem er den Inca Atahualba
-auf eine grausame Art hatte hinrichten lassen. Er war schon früher
-zum Statthalter der neu zu entdeckenden Länder ernannt worden, und er
-traf wirklich sehr viele Vorkehrungen zum Besten jener Länder, die um so
-mehr in Erstaunen setzen, da er nicht einmal des Lesens und des Schreibens
-kundig war. Er wurde im Jahr 1541 durch einen Anverwandten Almagro&rsquo;s
-getödtet, nachdem früher dieser von Pizarro zum Tode verurtheilt
-worden war. Die Stadt Lima verdankt ihm ihre Gründung. Sonst ist
-sein Nahme mit der Beigabe eines grausamen Eroberers auf die Nachwelt
-gekommen. (Siehe <span class="antiqua"><em>W. Robertson History of America in II Volumes
-London</em> 1777</span>.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-43" id="footnote-43">[43]</a> Vers 386.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Casas</em> (Bartholomeo de las), Bischof von Chiapa in Mexico, im J.
-1471 in Sevilla geboren. Schon in seinem 19. Jahre reiste er mit dem
-<a id="page-401" class="pagenum" title="401"></a>
-Weltentdecker Columbus nach St. Domingo, kehrte aber von dort wieder
-nach Spanien zurück, um sich im Orden der Dominikaner zum Missionär
-vorzubereiten. Voll glühendem Enthusiasmus für ein wichtiges Anliegen
-der Menschheit, stand er beinahe durch 50 Jahre als ein Anwald der mißhandelten
-Einwohner der neuen Welt da, und schrieb, und unternahm
-häufige Reisen nach Europa, sie vor dem Throne zu vertreten; doch war
-das Interesse so vieler Großen dabei gefährdet, und er starb im Jahr 1556
-zu Madrid, ohne daß er bedeutende Vortheile für jene erwirkt hätte. Unter
-seinen Schriften (gedruckt Sevilla im J. 1552) ist auch eine Geschichte von
-Westindien. (Siehe <span class="antiqua">Perez del Castillo Mex. Hist.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-44" id="footnote-44">[44]</a> Vers 521.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Freundsberg</em> (Georg von <em>Frundsberg</em>, <em>Frondsberg</em> &amp;c. Herr
-von Mindelheim, geb. 1475 und gest. 1528 daselbst), kaiserlicher Feldherr,
-wegen seiner persönlichen Tapferkeit und Leibesstärke berühmt, da er ein
-wildanlaufendes Pferd sogleich fest halten, und den stärksten Mann mit
-einem Finger von der Stelle drängen konnte. Er bildete sich unter Max I.
-und Carl V. in der Kriegskunst aus, half dem Letztern die Schlacht von
-Pavia (im J. 1525) gewinnen, und führte auch das folgende Jahr 12,000,
-auf eigene Kosten geworbene Krieger, dem kais. Feldherrn Carl von Bourbon,
-gegen Clemens VII. nach Italien zur Verstärkung zu, wo ihn bei
-Ferrara, bei einem Aufstand der Krieger wegen rückständiger Löhnung, der
-Schlag traf, und dann zwei Jahre darauf sein Tod erfolgte. (<em>Siehe Herrn
-Georgen und Kasparn von Frundsberg ritterliche Kriegsthaten. &mdash; <span class="antiqua">Jov.
-in Elog. Hist.</span></em>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-45" id="footnote-45">[45]</a> Vers 592.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Byrsa</em> hieß die Burg von Karthago, auf dem Gipfel eines steilen
-Felsens, um welchen ringsher die einst mächtige Stadt Karthago erbaut
-war. Dort befand sich der herrliche Tempel des Aeskulap, zu welchem man
-auf 50 Stufen hinanstieg, und in dessen Flammen die Gattinn Hasdrubals,
-der zu dem Zerstörer Karthago&rsquo;s, Scipio, überging, sich stürzte, nachdem
-sie vorher im Angesichte der Römer und ihres feigen Gemahls, ihre beiden
-Kinder ermordet hatte. J. 146 vor Chr. G. (<em>Siehe Vierthalers
-phil. Gesch. der Menschen und Völker. V. Band.</em>)
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-7">
-<a id="page-402" class="pagenum" title="402"></a>
-Siebenter Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-46" id="footnote-46">[46]</a> Vers 85.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Zama</em>, der Ort, vor welchem der große Held Karthagos, Hannibal,
-durch den römischen Feldherrn Scipio im J. 201 vor Chr. überwunden
-ward, lag zwischen Adrumetum und dem, fünf Tagreisen davon entfernten,
-Karthago.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-47" id="footnote-47">[47]</a> Vers 190.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-An dem Ufer des <em>Bagrada</em> (h. z. T. Medscherdah), der nicht fern
-von Utika vorüberfloß, soll der Consul M. Atil. Regulus eine ungeheure
-Schlange, deren Länge auf 120 Fuß angegeben wird, mit Katapulten beschossen,
-und getödtet haben. (<span class="antiqua"><em>A. Gell.</em> L. VI. c. 3. &mdash; <em>Valer. Max.</em>
-L. I. c. 8.</span>) Wahrscheinlich war sie eine Riesenschlange (<span class="antiqua">Boa Constrictor</span>).
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-48" id="footnote-48">[48]</a> Vers 329.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Barda</em> heißt die Sommerresidenz des Dey von Tunis, mit einem
-weitläufigen Schlosse, und den schon zu Carls V. Zeiten berühmten bardäischen
-Gärten an der Küste von Maritia. Sie liegt an der Westseite
-von Tunis, und hängt durch die Gärten mit der Stadt zusammen.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-49" id="footnote-49">[49]</a> Vers 410.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Houris</em> sind, nach Muhameds Lehre, die blendend schönen Jungfrauen,
-welche von zarter, ätherischer Gestalt, die Seligkeit der Männer
-in seinem Paradiese ausmachen. Die Schilderungen von ihnen sind ganz
-in dem orientalisch-üppigen Geschmack entworfen.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-8">
-Achter Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-50" id="footnote-50">[50]</a> Vers 54.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Laufgräben</em> (<span class="antiqua">tranchée&rsquo;s</span>) sind drei bis sechs Fuß tiefe, zehn und
-zwölf Fuß breite, in verschiedener Richtung gegrabene Wege, welche mit
-der zum Wall, gegen eine belagerte Festung aufgeworfenen Erde, die Belagerer
-in den Stand setzt, sich ihr mit Sicherheit nähern zu können.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-51" id="footnote-51">[51]</a> Vers 199.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<a id="page-403" class="pagenum" title="403"></a>
-<em>Thor der Glückseligkeit</em>, heißt der Eingang zu dem Harem des
-Großherrn, der dem Aga der Verschnittenen anvertraut ist. (<em>Siehe Hrn.
-Joseph von Hammers Verfassung des osmanischen Reichs,
-Band II. Seite 9.</em>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-52" id="footnote-52">[52]</a> Vers 201.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Circassien</em>, eine große Landschaft in Asien, welche sich von dem
-schwarzen bis zum caspischen Meere erstreckt, und nördlich von dem Caucasus
-begränzt wird. Ihre Bewohner, sowohl männlichen als weiblichen
-Geschlechts, sind sehr wohlgestaltet, und die Letzteren werden vorzüglich für
-die türkischen Harems gesucht. Ihre Männer sind treffliche Reiter, ungemein
-tapfer im Felde, und daheim Verehrer des Gastrechts. Der größte
-Theil ihres Landes ist dermalen unter russischer Bothmäßigkeit.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-53" id="footnote-53">[53]</a> Vers 284.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Bagrada</em>, h. z. T. Medscherdah, ein Fluß, der in der Nähe von
-Buschatter (Utika) sich in das Mittelmeer ergießt.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-9">
-Neunter Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-54" id="footnote-54">[54]</a> Vers 15.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Turkestan</em>, das eigentliche Stammland der heutigen Türken, ist
-eine Landschaft in Mittel-Asien, die von dem Königreiche des großen Moguls,
-von der großen Tartarey, von Catay und Zagatey begränzt wird.
-Das Land ist sehr fruchtbar, dessen Einwohner Tartaren sind, und sich
-zur muhamedanischen Lehre bekennen.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-55" id="footnote-55">[55]</a> Vers 58.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Varus</em> (Quintilius), unter Augusts Regierung erst Proconsul in
-Syrien, dann in denen, seit Julius Cäsar eroberten deutschen Provinzen,
-wurde durch das Haupt der Cherusker, Hermann, aus seinem verschanzten
-Lager bis in den Teutoburger-Wald, h. z. T. Grafschaft Lippe, gelockt
-und dort sammt seinen drei Legionen zu Grunde gerichtet. Varus entleibte
-sich selbst. August soll sich bei der erhaltenen Nachricht die Haare
-gerauft, und ausgerufen haben: &bdquo;<em>Varus, schaffe mir meine
-Legionen wieder!</em>&ldquo; (<span class="antiqua"><em>Tacit. Sveton. Velej. Pater.</em> L. I. 2.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-56" id="footnote-56">[56]</a> Vers 103.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<a id="page-404" class="pagenum" title="404"></a>
-<em>Beduinen</em>, oder nomadische Araber, sind unabhängige, freie Stämme
-muhamedanischer Religion, die unter ihren Fürsten (Emir) oder Familienhäuptern
-(Scheich) die Wüste, größten Theils unter Zelten lebend, bewohnen.
-Sie sind Krieger und Hirten zugleich, und verachten stolz alle übrigen
-Beschäftigungen. Seit Jahrtausenden sind ihre Sitten dieselben geblieben,
-wie sie in den allerältesten Urkunden, nämlich in der h. Schrift, durch
-Moses, geschildert werden. (<em>Niebuhr, Beschreibung von Arabien</em>,
-S. 379 und f. &mdash; <em>D&rsquo;Arvieux</em> III. 125.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-57" id="footnote-57">[57]</a> Vers 382.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Natter</em>. (<span class="antiqua">Cerastes</span>) <em>Hornschlange</em> &mdash; nach dem Volksglauben
-auch die <em>Königsschlange</em> genannt, weil sie, laut jenem, eine Krone
-auf dem Haupte haben soll. Die arabischen Gaukler pflegen der Hornschlange
-zarte Vogelklauen einzusetzen, um damit das Volk zu täuschen.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-58" id="footnote-58">[58]</a> Vers 477.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Bürgerkrone</em>, war bei den Römern eine große Auszeichnung für
-Jenen, der in der Schlacht einem Bürger das Leben gerettet hatte. Sie
-war von Eichenlaub gemacht, und führte die Aufschrift: &bdquo;<span class="antiqua">Ob civem servatum.</span>&ldquo;
-Bei Schauspielen, oder im Senate, wo sie getragen wurden, stand
-die ganze Versammlung vor ihm auf.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-59" id="footnote-59">[59]</a> Vers 520.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Cornelia</em>, die Mutter der Gracchen, war die Tochter des älteren
-Scipio, des Siegers bei Zama, und hatte zwei Söhne, Tiberius Sempronius,
-und Cajus, mit ihrem verstorbenen Gatten, Tib. Semp. Gracchus,
-erzeugt, der zweimal Consul war, und die Insel Sardinien eroberte.
-Jene beiden, von ihrer trefflichen Mutter gebildeten, und mit den schätzbarsten
-Eigenschaften ausgerüsteten Söhne, fanden in den, von ihnen erregten
-bürgerlichen Gährungen (der ältere im J. 133, und der jüngere im
-J. 121 vor Chr.) den Tod, indem sie als Tribunen zu sehr nach der Volksgunst
-gestrebt, und das agrarische Gesetz gegen den Senat durchzusetzen gesucht
-hatten. (<span class="antiqua"><em>Liv.</em> I. 41. c. 12. &mdash; <em>Valer. M. Plutarch</em> etc.</span>)
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-10">
-<a id="page-405" class="pagenum" title="405"></a>
-Zehnter Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-60" id="footnote-60">[60]</a> Vers 116.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Zender</em> und <em>Gingir</em>, zwei große, gen Süden unterhalb des Aequators
-liegende Länder in Afrika, unter dem 50-55. Grad der Länge, und
-dem 5-8. Grad der Breite.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-61" id="footnote-61">[61]</a> Vers 117.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Gleicher</em>, Aequator der Erde, oder Aequinoctial-Linie, und von den
-Seefahrern die <em>Linie</em> genannt, ist derjenige größte Kreis unserer Erdkugel,
-der von den Polen der Erde in allen Punkten um neunzig Grade absteht.
-Alle Orte, die er durchschneidet, haben gleich lange Tage und Nächte: daher
-der Nahme <em>Aequator</em>.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-62" id="footnote-62">[62]</a> Vers 146.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Altai</em>, auch <em>Belgian</em> genannt, ein großes Gebirg Asiens in der
-Nord-Tartarey, und im Königreiche Montgal.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-63" id="footnote-63">[63]</a> Vers 146.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Ural</em>, in der tartarischen Sprache ein <em>Gürtel</em>, ist die beinahe
-300 Meilen lange Gebirgskette, die von dem caspischen Meere beginnend,
-Europa von Asien scheidet, und Sibirien von dem übrigen Theile Rußlands
-trennt.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-64" id="footnote-64">[64]</a> Vers 160.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Samum</em> von den Arabern; von den Hebräern <a id="corr-6"></a><span class="hebrew">&#1494;&#1460;&#1500;&#1456;&#1506;&#1464;&#1508;&#1464;&#1492;</span>; von den
-Türken <em>Samyel</em>, und in Afrika Hamaddan genannt, ein heißer Wind,
-der in den Monathen Juni und Juli in Arabien, Persien, Babylonien,
-und in den Wüsten von Aegypten; aber am heftigsten, zuweilen schon im
-März und noch im November, in Nubien weht. Er dauert höchstens nur
-7 bis 8 Minuten, aber er tödtet augenblicklich Alle, die aufrecht stehen;
-daher ist es nöthig, sich auf das Antlitz niederzuwerfen, die Sohlen dem
-Winde zuzukehren, und so wenig als möglich Athem holend, den Mund
-auf den Boden zu pressen. So streicht er dann unschädlich vorüber, da er
-zwei Schuh hoch über der Erde dahin zieht, aber dennoch ein heftiges Zittern
-und starken Schweiß verursacht. Die Thiere tödtet er zwar nicht, doch
-senken auch sie den Kopf zur Erde, und zittern am ganzen Leibe. Die Vorbothen
-des Samums sind, nach Brüce, röthliche Sandsäulen, die sich in
-<a id="page-406" class="pagenum" title="406"></a>
-die Luft erheben und stets näher schweben. Die Getödteten werden sogleich
-schwarz und zu Mumien gedörrt. (<em>Brüce&rsquo;s Reisen &amp;c. im Auszug
-Rinteln</em> I. S. 496 und S. 129 folg. &amp;c. &mdash; <span class="antiqua"><em>Thevenot Voy.</em></span> 295. &mdash; Ives
-II. 83. &amp;c.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-65" id="footnote-65">[65]</a> Vers 358.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Kairvan</em> (Cairoan, Carvan), eine Stadt im Gebiethe von Tunis
-nicht ferne von dem Meerbusen von Kabesch. Sie war die erste, welche
-die Muhamedaner in Afrika, unter dem dritten Kalifen in Syrien, Ottmann,
-gegründet hatten, und wegen ihrer hohen Schule berühmt. Doch
-wurde sie, bald nach der Heimkehr Carls V. von Tunis, mit diesem Königreiche
-vereinigt. (<span class="antiqua">Marmol. Africae L. 6.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-66" id="footnote-66">[66]</a> Vers 359.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Constantina</em> (Cuguntina), die Stadt, nach Einigen das alte Cirtha,
-in Nord-Afrika, liegt auf einem hartzugänglichen Felsengebirge, weßwegen
-sie überaus fest ist, und gehört nun zu Algier. Zu Anfange des vierten
-und fünften Jahrhunderts sind da zwei Concilien gehalten worden, von
-welchen in den Werken des h. Augustinus die <span class="antiqua">Acta</span> aufbewahrt sind.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-67" id="footnote-67">[67]</a> Vers 510.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Die volle Lage geben</em>, heißt das schnelle Abfeuern aller Kanonen
-auf der Seite eines Kriegsschiffes.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-68" id="footnote-68">[68]</a> Vers 732.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<span class="antiqua">&bdquo;The Emperor marched into the Goletta through the breach; and
-turning to Muley-Hassan, who attended him, &bdquo;Here&ldquo; &mdash; Says he &mdash; &bdquo;is
-a gate open to you, by which you shall return to take possession of
-your dominions.&ldquo; (<em>Robertson Histor. of Charles V. III. T.
-Book V.</em>)</span>
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-11">
-Eilfter Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-69" id="footnote-69">[69]</a> Vers 44.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Vampyren</em>, die größte Gattung der Fledermäuse; und unter diesen
-wird hier der so genannte <em>Blutsauger</em> (<span class="antiqua">V. Spectrum</span>) gemeint, dessen
-Heimath die neue Welt, Surinam, Guiana, Brasilien u. s. w. ist. Durch
-<a id="page-407" class="pagenum" title="407"></a>
-das Wehen seiner Flügel erquickt er den Schlummernden, leckt ihm mit
-seiner rauhen Zunge die Haut auf, und wenn das Blut, an welchem er
-sich satt gesogen hatte, aus einer Hauptader strömt, so kann sich der Fortschlummernde
-leicht verbluten. (<em>S. Tob. Wilhelm Unterh. aus der
-Naturgeschichte der Säugethiere</em>, 1. Thl.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-70" id="footnote-70">[70]</a> Vers 255.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Valladolids Turnierbahn</em>. Carl V. ließ in seinem bereits vorgerückten
-Jünglingsalter noch wenig von dem hohen Verstande, und der
-Thatkraft ahnen, die ihn in der Folge als Herrscher so sehr auszeichneten,
-so, daß Viele, die nicht tief genug sahen, versucht waren, ihn für blödsinnig
-zu halten, bis er auf dem Turniere zu Valladolid (im J. 1517),
-durch seine Gewandtheit in allen ritterlichen Uebungen, und den Wahlspruch
-seines Schildes: &bdquo;<span class="antiqua"><em>Nondum!</em></span>&ldquo; All&rsquo; in Erstaunen setzte. (Siehe
-<em>Freih. von Hormayrs Oestr. Plut. 6. Heft</em> S. 423.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-71" id="footnote-71">[71]</a> Vers 259.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Während Carl V. nach seiner Wahl zum röm. Kaiser, und wegen
-entstandener Feindseligkeiten mit Frankreich, in Deutschland, in den Niederlanden
-und in England, von Spanien abwesend war, brach Empörung
-und Bürgerkrieg in allen Theilen dieses Königreichs aus. Er begann im
-Mai 1520 zu Toledo, wo das Haupt der Empörer, Don Juan de Padilla,
-Sohn des Commandanten von Castilien, war, und in den spätern Gefechten,
-im April des Jahrs 1521 von dem Generale der königlichen Truppen
-gefangen und enthauptet ward. (<span class="antiqua"><em>Robertson History of the Reign
-of the Emp. Charles V. II. Volume. B. 3.</em></span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-72" id="footnote-72">[72]</a> Vers 262.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Franz I.</em>, König von Frankreich, bewarb sich sehr heiß um die deutsche
-Kaiserkrone; da aber diese seinem Nebenbuhler, Carl V., zu Theil ward,
-so trieb ihn, von jener Zeit an, die Rachgier unaufhörlich, diesen zu demüthigen,
-und ihm in seinen Unternehmungen Hindernisse in den Weg zu legen.
-Vereint &mdash; und Beide hatten so viele Ursache, sich gegenseitig zu achten! &mdash; hätten
-sie unsäglichem Jammer, der erst Deutschland, dann mehrere
-Länder Europa&rsquo;s traf, wehren können. (<em>Siehe obiges Werk</em>, II. B.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-73" id="footnote-73">[73]</a> Vers 265.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Den Titel <em>christlichste Majestät</em>, führten die Könige von Frankreich
-bis auf die neuesten Zeiten, und zwar seit Chlodwig dem G. J. 496,
-wo er ihm selber von dem Pabst beigelegt ward.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-74" id="footnote-74">[74]</a> Vers 266.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<a id="page-408" class="pagenum" title="408"></a>
-Franz I. war der erste christliche Fürst, der mit dem Erbfeind der
-Christenheit offenbar in ein Bündniß trat. La Forest, sein Geschäftsträger
-in Constantinopel, schloß (im J. 1336) solches mit Solyman II. ab, vermöge
-welchem dieser Neapel und Ungarn feindlich überziehen sollte. Es
-wurde ihm auf eine furchtbare Art Genüge geleistet! (<em>Siehe obiges
-Werk</em>, III. B.)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-75" id="footnote-75">[75]</a> Vers 278.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Man sehe <em>Vogts Staats-Relationen</em>. VI. Bandes 2. Heft.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-76" id="footnote-76">[76]</a> Vers 289.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Der <em>Bauernkrieg</em> in Franken und Schwaben wurde durch <em>Johann
-Böhme</em>, einen Bänkelsänger im Würzburgischen, veranlaßt, wo er Freiheit
-und Gleichheit aller Stände predigte. Der Krieg kam dort im J. 1525
-zum Ausbruch, und kostete über 50,000 Bauern das Leben. Mehr als
-180 Schlösser und Burgen lagen im Schutt, und 26 Klöster waren vernichtet. &mdash; Er
-verpflanzte sich auch nach Sachsen und Thüringen, wo
-<em>Thomas Münzer</em>, erst Schullehrer in Aschersleben, dann Prediger in
-Zwickau, sich mit dem Haupte der Wiedertäufer, <em>Klaus Storch</em>, verband,
-und später zu Altstedt in Thüringen die Gemeinschaft der Güter
-predigte. Er kehrte nach Sachsen zurück, verband sich mit einem andern
-Schwärmer, <em>Pfeiffer</em>, und sammelte einen großen Haufen Aufrührer
-um sich, bis er gegen die ausgesandten sächsischen, hessischen und braunschweigischen
-Heerhaufen (15. Mai 1525) die Schlacht verlor, sammt seinem
-Anhänger, Pfeiffer, gefangen, und in Mühlhausen hingerichtet ward.
-(<span class="antiqua"><em>Sleidan. de statu rel.</em> L. 5. &mdash; <em>Fabritius de orig. Sax.</em></span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-77" id="footnote-77">[77]</a> Vers 293.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Der dreißigjährige Krieg</em> (von 1618-1649) &mdash; eine Folge der
-Reformation &mdash; biethet ein Schauspiel unerhörter Grausamkeiten dar.
-Während diesen ward Deutschland von einem Ende zum andern durch Mord
-und Brand verödet, und um viele Millionen Menschen ärmer gemacht.
-Der westphälische Friede setzte ihm zwar ein Ziel; aber was durch ihn zerstört
-worden, wird wohl keine Zeit mehr ersetzen. (<em>Siehe Schillers
-und Westenrieders Geschichte des dreißigjährigen Krieges.</em>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-78" id="footnote-78">[78]</a> Vers 315.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Die Geschichte von beinahe zwei Jahrzehenden vor der Völkerschlacht
-von Leipzig liefert die unwiderlegbaren Belege zu dieser Stelle!
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-79" id="footnote-79">[79]</a> Vers 320.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<a id="page-409" class="pagenum" title="409"></a>
-18. Oktober 1813!!
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-80" id="footnote-80">[80]</a> Vers 328.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Leser!</em> möchte dir der Zuruf nicht fremd seyn, welchen der gütigste
-Landesvater am 1. Hornung 1806 an seine Völker richtete, und der mit den
-Worten beginnt: &bdquo;Ich habe meinen guten und treuen Völkern den Frieden
-gegeben!&ldquo; &mdash; und mit den Worten endet: &bdquo;Durch das wechselseitige Band
-des festesten Vertrauens und der innigsten Liebe mit meinen Unterthanen
-verbunden, werde ich nur dann erst glauben, meinem Herzen als Fürst
-und Vater genug gethan zu haben: wenn Oestreichs Flor fest gegründet,
-wenn vergessen ist, was seine Bürger litten, und nur das Andenken an
-meine Opfer, an ihre Treue, und an ihre hohe unerschütterliche Vaterlandsliebe
-noch lebt!&ldquo;
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-81" id="footnote-81">[81]</a> Vers 342.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>St. Just</em>. Nicht ferne von der Stadt Placenzia, in Estremadura, lag
-das einsame Kloster der Hieronymitaner, St. Just, das Carl V. viele Jahre
-vor seiner Abdankung zu seinem einstigen Asyl erkoren hatte. Es lag in
-einem lieblichen Thale mit einem hellen Bach, mit Hügeln und Wäldern
-umher, und war wegen seiner gesunden Luft berühmt. Einige Monate
-vor seiner Ankunft erschienen dort Werkleute, die seine aus fünf bis sechs
-Klosterzellen bestehende Wohnung, mit einem Ausgang in den Garten,
-den er selbst pflegen, und dem andern in die Capelle, wo er seine Andacht
-halten wollte, bereiteten. Er zog daselbst am 24. Februar des J. 1557 ein,
-und starb am 12. September 1558 in seinem 59. Lebensjahre.
-</p>
-
-<h3 class="sub" id="chapter-14-12">
-Zwölfter Gesang.
-</h3>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-82" id="footnote-82">[82]</a> Vers 336.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-<em>Grätz</em>, die Hauptstadt der Steyermark, und der Sitz des Guberniums
-von Inner-Oestreich, mit beiläufig 40,000 Einwohnern.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-83" id="footnote-83">[83]</a> Vers 340.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Im Jahre 1532 stand Solymann II. mit einer ungeheuren Macht vor
-Wien, und zog sich bei der Annäherung Carls V., der an der Spitze eines
-<a id="page-410" class="pagenum" title="410"></a>
-Heeres von mehr denn 90,000 Mann zum Entsatz herbeieilte, durch Ungarn
-bis nach Constantinopel zurück. (<span class="antiqua"><em>Jov. Hist.</em> L. 30. p. 100.</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-84" id="footnote-84">[84]</a> Vers 344.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Bei der Beschreibung des letzten Kampfes vor Tunis, führt Jovius
-(<span class="antiqua"><em>Hist.</em> L. 34. p. 361 <em>apud Schard.</em></span>) die Worte Carl V. an, der mitten
-im Kugelregen Del Guasto diese Antwort gab. (<span class="antiqua">&bdquo;Subridens Caesar, et ne
-id timeret, subdens, quando Augustorum Caesarum nemo unquam
-tormenti violentia concidisset.&ldquo;</span>)
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-85" id="footnote-85">[85]</a> Vers 555.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Psalm 125.
-</p>
-
-<p class="footnote">
-<a class="footnote" href="#fnote-86" id="footnote-86">[86]</a> Vers 608.
-</p>
-
-<p class="footnote2">
-Robertson sagt von der Plünderung der Stadt Tunis durch die Christen
-(<span class="antiqua"><em>History of the Reign of the Emperor Charles</em> V. Vol III.
-p. 115</span>): &bdquo;<span class="antiqua">Above thirty thousand of the innocent inhabitants perished
-on that unhappy day, and ten thousand were carried away as slaves.</span>&ldquo; &mdash; Eutropius
-im Werke (<span class="antiqua"><em>Diarium Expeditionis Tunetanae</em>
-p. 334. <em>apud Schard.</em></span>) sagt: &bdquo;<span class="antiqua">Post introitum Imperatoris in urbem,
-ecce tibi Miles Hispanus aliquotque alii stationarii, passim in aedes
-magno impetu irruunt, .... <em>Mauros resistentes</em> occidunt, spoliant,
-compilant, evertunt omnia cum pulvere.</span>&ldquo; &mdash; <span class="antiqua"><em>P. Jovius Hist. Lib.</em>
-34. pag. 363 <em>apud Schard</em></span> sagt: &bdquo;<span class="antiqua">Primus inhiantium praedae impetus,
-uti invadentium et effringentium fores varii casus tulerunt, promiscua
-caede cruentus fuit.</span>&ldquo; &mdash; Beide setzen hinzu: &bdquo;<em><span class="antiqua">Caesar sevitiae modum
-imposuit, pronunciarique jussit, capitale fore,
-si quis Tunetanum violaret civem, aut in servitutem abduceret.</span></em>&ldquo; &mdash; Sepulveda,
-dem Carl V. sein ganzes Leben erzählte, und
-mit jenen Beiden ihm gleichzeitig war, sagt: &bdquo;<span class="antiqua">In hac direptione ex oppidanis
-<em>pauci</em> gladio conciderunt, et hi suo magna ex parte stulto consilio,
-qui muros rebus desperatis, ne conati quidem tueri, suas domos,
-uxoresque et liberos defendere quidam tentaverunt. Qua temeritate
-milites irritati <em>in nonnullos</em> sine discrimine parumper saevierunt,
-praesertim Germani etc.</span>&ldquo; (Siehe: <span class="antiqua"><em>Opera P. Sepulvedae</em> Vol. I. p.
-405. Matriti ex Typ. Reg. 1780.</span>) &mdash; Dieß zur Würdigung obiger Geschichte!
-</p>
-
-</div>
-
-<div class="trnote">
-<p class="transnote">
-Anmerkungen zur Transkription
-</p>
-
-<p>
-Die Schreibweise der Buchvorlage wurde weitgehend beibehalten.
-</p>
-
-<p>
-Satzzeichen wurden in eindeutigen Fällen stillschweigend korrigiert. Einige wenige
-weitere Fehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt, teilweise unter Verwendung
-weiterer Ausgaben (vorher/nachher):
-</p>
-
-
-
-<ul>
-
-<li>
-... Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und <span class="underline">lauft</span> auf dem Sandpfad ...<br />
-... Horcht nach den Fluthen hinaus, erhebt sich, und <a href="#corr-2"><span class="underline">läuft</span></a> auf dem Sandpfad ...<br />
-</li>
-
-<li>
-... Samum von den Arabern; von den Hebräern <span class="underline"><span class="hebrew">&#1493;&#1460;&#1500;&#1456;&#1506;&#1464;&#1508;&#1464;&#1492;&#1468;</span></span>; von den ...<br />
-... Samum von den Arabern; von den Hebräern <a href="#corr-6"><span class="underline"><span class="hebrew">&#1494;&#1460;&#1500;&#1456;&#1506;&#1464;&#1508;&#1464;&#1492;</span></span></a>; von den ...<br />
-</li>
-</ul>
-</div>
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-<pre>
-
-
-
-
-
-End of the Project Gutenberg EBook of Tunisias, by Johann Ladislav Pyrker
-
-*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK TUNISIAS ***
-
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