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authorRoger Frank <rfrank@pglaf.org>2025-10-14 18:38:05 -0700
committerRoger Frank <rfrank@pglaf.org>2025-10-14 18:38:05 -0700
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+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 44258 ***
+
+ ANNETTE KOLB
+ DIE LAST
+
+
+ Max Rascher Verlag A.-G. in Zürich 1918
+
+ 1. bis 3. Tausend
+
+ Copyright by Max Rascher Verlag A. G., in Zürich 1918
+
+ Buchdruckerei zur Alten Universität, Zürich
+
+
+
+
+Epilog zu den Briefen an einen Toten.
+
+
+Es gibt Leute, welche die Worte: »Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu
+bringen, sondern das Schwert« mit besonderer Vorliebe herausgreifen, andere
+wieder, welche meinen, Christus könne sich unmöglich so geäussert haben.
+Ich zweifle keinen Augenblick, dass er so sprach, so wenig ich glaube, dass
+er dabei an unsere heutigen Stickgase, Flatterminen und Sprengbomben
+dachte. Aber ich weiss eine Schlacht, zu der ich noch als ein Schatten
+jubelnd hinstürmen würde, tagte er endlich, der grosse europäische Bruch
+mit unseren Trollen, unseren Ab- und Unterarten und dem Tross der
+Seelenlosen, deren Triumph das heutige Chaos besiegelt. Denn eines Tages
+werden wir es vor uns herjagen, das Heer der böswilligen Toren wie der
+Unterworfenen, nicht länger gewillt, ihre Übermacht zu ertragen. Von langer
+Hand ist der Rache vorzuarbeiten, von jetzt ab schon und inmitten der
+unerhörten Niederlage noch, welche die Kinder des Lichts von den Söhnen der
+Finsternis erdulden. Ist das, was sich heute ereignet, etwas anderes als
+das erweiterte Bild desjenigen Krieges, der unablässig auf der Erde wütet,
+das Glück der Familien untergräbt und die Häuser niederreisst? Haben die
+Knechtischen jemals aufgehört, den Besonnenen zu verfolgen? Ist je ein
+Waffenstillstand zwischen ihnen gewesen? Liessen sie je ab, den Edlen zu
+bedrängen, auf dass er stürze oder sein Wirken wieder vereitelt werde? Kein
+Gesetz, nichts auf Erden störte sie je, das goldene Saitenspiel seines
+Herzens zu zerschlagen. Wir wissen genug. Wer brennenden Auges in diese
+Welt hineinsah, dem ist dieser Krieg kein Rätsel, noch die Worte
+desjenigen, dessen Kommen der Engelsruf verkündete: »Friede den Menschen,
+die guten Willens sind,« und der doch gesagt hat: »Ich bin nicht gekommen,
+den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.« Die weit verstreuten
+_Menschen_ sind heute überall die Unterlegenen, die ihre Einigung noch
+nicht festlegten, um als das auserwählte Volk -- furchtbar genug -- den
+Fuss auf den Nacken der Schlechten, der Unentwickelten, der Unterarten zu
+setzen, nicht mehr willens, mit ihnen, die nichts so sehr scheuen wie ihre
+Namen, die Herrschaft über diesen Planeten zu teilen. Durch alle Nationen,
+alle ihre Schichten hindurch ist der Genius dieses Krieges, seinem
+Charakter entsprechend, der Würgengel der Besten gewesen, der besten Söhne
+überall, und der ungeborenen Söhne dieser Söhne. Fragt einen Arbeitgeber,
+wo immer Ihr wollt: seine besten Leute sind es, die er beklagt. Rache für
+sie, für alle Prediger in der Wüste, für alle jene Staatsmänner auch, die
+-- hier und drüben -- mit reinen Händen in diesen Krieg gerissen wurden,
+Rache für sie und ihren Gram. _Ihre_ Erhebung und _ihr_ Zusammenschluss ist
+die grosse Notwendigkeit. Man sage mir nicht, dass es unmöglich sei. Ein
+Ruf dringt schon durch das Getöse. Wie mit Feuerzungen ist schon die Luft
+von den Stimmen der Dichter erfüllt. Inmitten welcher Drangsal, welcher
+Todesnot, aus ihren Gräben, ihren Gräbern ach! haben sie nach der
+Herrschaft des guten Menschen gerufen.
+
+»Sein ist die Kraft, das Regiment der Sterne.«
+
+Und es gilt nicht von Utopien zu reden. _Es gibt keine Utopien._ Er wäre
+denn nur ein Utopist gewesen, der nicht gekommen ist, den Frieden zu
+bringen, sondern das Schwert, und der gesagt hat: »Selig sind die
+Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.«
+
+
+
+
+Ausblick.
+
+
+In einem Essay über die Markgräfin von Bayreuth schrieb ich vor einigen
+Jahren, der Frau fehle es zwar nicht an literarischer Begabung, wohl aber
+an literarischer Perspektive, und für die Realität des geschriebenen Wortes
+wohne ihr auch nicht entfernt dasselbe scharfe Gefühl inne wie dem Manne.
+Heute füge ich hinzu, ihr Interesse und ihr Verständnis für Presse wie für
+Parteiwesen sei in der Regel gering, und auf jene allerletzten Endes so
+gedankenlose Parole: right or wrong my country (an welche sich übrigens die
+überlegteren Engländer während des Burenkrieges nicht hielten), wäre die
+Frau nicht verfallen.
+
+So wird sie denn nur wenig von bisheriger Politik verstehen, dafür um so
+mehr von der kommenden. Denn es ist ganz gewiss falsch, zu behaupten, man
+dürfe Politik nicht mit dem Gefühle treiben. Wie veraltet die ohne Gefühl
+betriebene sogenannte Realpolitik im Grunde schon war, hatten die zuletzt
+auf dem Plan erschienenen jungslavischen Völker sehr wohl erkannt, als sie
+jenen brüderlichen Balkanbund zu gründen beschlossen, welcher dann am
+Widerstand der europäischen Kabinette scheiterte. So dringen Schneeglocken
+verfrüht an die schneidende Luft und werden von der Härte des Winters
+getötet, aber die Ahnung des Frühlings lassen sie zurück.
+
+Es klingt ja angesichts der Tatsachen so grotesk, dass man es kaum zu sagen
+wagt, aber die Welt ist besser geworden. Denn rohe Gewaltmittel, mögen sie
+sich noch so radikal durchsetzen, haben jedes Ansehen verloren. Es waren
+auch in der Tat schon Ansätze vorhanden zu der Erkenntnis, dass die Politik
+nicht mehr wie auf dem Schachbrett zwischen _Spielern_ betrieben werden
+dürfte, und es dämmerte die Erkenntnis von der Unhaltbarkeit des Satzes:
+»In der Politik gibt es keine Moral.« Mit richtigem Instinkt waren die
+Nationen durch überlebensgrosse Menschengestalten versinnbildlicht worden:
+Marianne, John Bull, Michel, Uncle Sam . . . Von hier aus zog sich mit
+vollkommener Deutlichkeit ein Weg zur Einsicht, dass den Beziehungen
+zwischen hochstehenden Völkern billigerweise genau dieselben Grundsätze
+unterliegen sollten wie zwischen hochstehenden Menschen. Diese, statt sich
+zu überlisten und brutal zu übervorteilen, suchen sich im Gegenteil an
+Schonung, Grossmut und Rücksicht _gegenseitig_ zu überbieten. Der Wetteifer
+um den Rücksitz hat als Ergebnis, dass man sich darin teilt; statt einander
+zu berauben, hilft man einander aus. Man gesteht sein Unrecht und wird
+vernommen statt verdammt.
+
+Ich hätte mir vorstellen können -- ich weiss nicht, ob ich es noch kann --,
+dass auf einer solchen Grundlage hin ein Dialog zustande gekommen wäre
+zwischen Michel und der unversöhnlich von ihm abgewandten Marianne. Ich
+könnte mir wahrhaftigen Gottes vorstellen, dass er -- nach Art der
+Liebhaber -- zu ihren Füssen hingerissen, in leidenschaftlicher
+Selbstanklage die elsässische Frage vor ihr zur Sprache brächte; ich könnte
+mir vorstellen, dass im Laufe dieses Dialogs endlich ein Wendepunkt sich
+ergäbe, von wo ab beteuert würde, was verneint worden war . . . und in
+dieser Tonart lange hin und wieder so beharrlich! -- bis die wunde Frage
+sich zwischen ihnen isolierte auf einen höheren Plan gehoben, langsam, über
+ihren Häuptern wie eine enthüllte Morgengabe schillerte . . .
+
+Wem dies zu dumm ist, der begebe sich hinaus zu den vordersten Kampflinien,
+wo die gehegten Söhne holder Mütter wie Tiere jämmerlich verenden, und aus
+der Wut und Not ihrer Verlassenheit heraus den . . . Kriegskorrespondenten
+verfluchen, dessen Bericht (o würdiger Trumpf einer realpolitischen
+Presse!) mit ekler Schönfärberei ihre unnennbaren Martern unterschlägt.
+Bald nach Friedensschluss wird man sich zwar an den Kopf greifen über die
+heutige Welt; und dann wird vermutlich das andere Schlagwort aufkommen vom
+Antagonismus der weissen und der gelben Rasse; und dann wird sich der
+Himmel verfinstern von all den Schrecknissen; und dann werden die
+Überlebenden nicht mehr bestreiten, dass die europäische Psyche durch die
+Assimilierung der asiatischen eine unendliche Bereicherung, ja geradezu
+ihre letzte Vollendung erführe.
+
+Und die grauenvollen Erfahrungen, die geopferten Generationen, die
+vergeudeten Jahrzehnte, Jahrhunderte werden notwendig gewesen sein, um
+diese Welt zu Anschauungen zu bekehren, welche sich der elementarsten
+Nachdenklichkeit aufdrängen. In so verzweifelt weiten Schleifen rückt die
+Menschheit ihrem Ziel entgegen. Warum? Welch ein Geheimnis!
+
+Aber all diese Kriege, und die gewesenen sind ja nur Vorstufen zu einem
+letzten Kampf, dessen Stunde zugleich mit der Stunde der Vergeltung
+schlagen wird für jene Elemente, welche von jeher Kriege verursacht und die
+schlechte Sache in der Welt betrieben oder die gute verdorben haben. Die
+Leute also, welche auf den ewigen Krieg schwören, mögen zufrieden mit mir
+sein; denn bevor jene Elemente (und es sind stets überall dieselben) nicht
+gekennzeichnet und untergeordnet werden, glaube auch ich an keinen
+dauernden Frieden.
+
+
+
+
+Zum Aufruf an die Frauen.
+
+
+Andreas Latzko hat einen Aufruf an die Frauen veröffentlicht, welcher
+ebenso berechtigte wie unberechtigte Vorwürfe enthält.
+
+Ich gebe vollkommen zu, dass heute ein Plädoyer zu ihren Gunsten schwer
+fiele. Nachdem in den ersten Augusttagen die Männer das Zeichen des grossen
+Umfalles mit einer Promptheit gegeben haben, die man noch tags zuvor für
+unmöglich hielt, wurden die Frauen von der Schwere dieses Sturzes
+mitfortgerissen.
+
+Fast alle Zeitungen arbeiteten damals Tag und Nacht an der Herstellung
+vergifteter Pfeile in Form von Lügen und Verleumdungen und sandten sie mit
+fieberhafter Eile nach allen Richtungen aus. In Millionen von Aushängebogen
+wurden »die Feinde« täglich neu als eine schlechtere Abart von Menschen
+dahingestellt.
+
+Männer mit neun Gymnasialklassen und vier Universitätsjahren hinter sich,
+zur Unabhängigkeit des Denkens systematisch geschulte Männer waren es,
+welche solche Märchen verkündeten und kolportierten; es ist demnach
+anzunehmen, dass sie sie auch glaubten. Welche Gelegenheit für die Frauen
+zu beweisen, dass sie einsichtiger und besser seien, und wie gründlich
+wurde sie verscherzt!
+
+»Anderthalb Jahrtausende, schreibt Latzko aber, haben an dem Bild der
+christlichen Frau gemodelt; jedes Jahrhundert hatte das Antlitz mit neuen
+Zügen vertieft, veredelt, verfeinert« . . . sehr wahr und sehr schön. Aber
+der Verfasser des Aufrufs ist ein Dichter und hat als solcher Illusionen
+über die Menschheit.
+
+Die _Norm_ der Frauen taugt nicht viel mehr und nicht viel weniger als die
+Norm der Männer. Warum auch? Stammen sie nicht ebensowohl auch von ihren
+Vätern wie die Söhne auch von ihren Müttern ab? Wer war es nur, der einmal
+behauptete (ich glaube, ich bin es selbst gewesen!), dass wenn die Männer
+so leicht bei der Hand seien, um zwischen den Frauen und einer gewissen
+Abart schnatternder Vögel Vergleiche anzustellen, es ebensosehr das
+Wesentliche trifft, wenn zwischen den Männern und einem gewissen
+langohrigen Haustier eine Analogie gefunden wurde. Ich vermute, auf die
+erstere verfiel zuerst ein Mann, auf die letztere eine Frau. In Wahrheit
+sind beide Analogien sehr glücklich.
+
+Latzko zitiert erbitterten Gemütes eine dumme Person, welche ihren
+zurückgekehrten Gatten mit unglaublich gefühlsrohen Fragen anwidert. Aber
+jener selbe Mann, oder jedenfalls _sehr_ viele andere Männer waren ja zu
+Anfang vor Kriegsbegeisterung ganz ausser sich und hatten sich das
+Entsetzen und die Tränen ihrer Gattinnen ungeduldig verbeten. Ihrer Angst
+und Sorge überlassen, waren diese einzig auf ihre neu eingetrichterte
+Mentalität gestellt, die in der Tat in diesem Falle nichts anderes sein
+konnte als eine ungeheure Verdrängung mit all ihren Folgeerscheinungen. O
+der Fahnen, o der Siege, an denen die Armen sich so geschwätzig weideten, o
+der entsetzlich vielen Worte, mit denen sie ihre Bangigkeit zu betäuben
+suchten -- den ganzen Tag -- und als einzige Ablenkung für ihre tägliche
+Ungewissheit hatten sie dabei nur die täglichen Schauergeschichten der
+Zeitungen, diese Musterbilder der Roheit.
+
+_Also angeleitet_ und bei dem Gedanken an die Grausamkeit des Feindes und
+dem Schicksal ihrer Männer erstarrten und verrohten die Gemüter der Frauen.
+Heute ruft man ihnen zu: »Ach! seid wie früher! Gut und tränenreich! »Lüge,
+alles Lüge.« Es ist nicht wahr! die Menschen zerfallen überall in gute,
+mittelmässige und schlechte! die Welt ist überall gleich!«
+
+Ja, aber warum hätten die seit Jahrtausenden zur Unselbständigkeit des
+Denkens systematisch angehaltenen armen Dinger glauben sollen, dass Ihr sie
+belogt? Dass die Männer, zu welchen sie aufblicken sollten, Lügner waren,
+die noch dazu wussten, dass sie logen, oder nicht einmal wussten, dass sie
+logen?
+
+»Lüge, alles Lüge?« ja, aber wer hat denn gelogen? Und ist es an dem Lügner
+den Belogenen abzukanzeln? Nein ihr Herren! Wenn die Frauen versagten, so
+habt Ihr an ihnen die Saaten eurer Lügen geerntet. Wenn Latzko den Frauen
+zuruft: »Ich weiss, Ihr seid nicht alle so. Vielleicht sind Viele, ich
+glaube die meisten von Euch sind anders. Aber, wo seid ihr? Man hört Euch
+nicht!« . . . so könnten sie ihm erwidern: »Wir sind da. Wo seid Ihr, dass
+Ihr uns nicht vernehmt, wenn wir unsere Stimme erheben? Aber wir sind noch
+ohnmächtiger wie ihr!«
+
+Wer hat vielen von ihnen die Pässe verweigert, als sie in Holland tagen
+wollten, lang bevor Ihr an Stockholm dachtet. Wer hat vor diesem Kriege
+gewarnt, ein Lebensalter hindurch nichts anderes getan und wurde dafür von
+den Männern verhöhnt und zur lächerlichen Figur gestempelt? Wer hat die
+»dicke Berta« der »Friedensberta« vorgezogen, wenn nicht die allmächtigen
+Männer?
+
+Denn das grosse Verbrechen der Menschheit, das ihr durch diesen Krieg ein
+Denkmal ewiger Schande setzte, bestand schon vorher. Gedankenlosigkeit,
+Trägheit des Geistes wie des Herzens, Sünde wider den Geist hat uns in den
+Abgrund gestürzt.
+
+Menschen (würdig des Namens!), ob Männer oder Frauen, verbündet Euch!
+Schliesst Euch zusammen, und knechtet den geistigen Mob. Er ist es, der zur
+Herrschaft gelangte und sich triumphierend behauptet. Setzt ihn ab. Er ist
+der Feind. Erkenntnis ist Güte. Der Verfasser des Aufrufes gehört, seinem
+Werk wie seiner Gesinnung nach, zur auserwählten Klasse derer, welche den
+Kampf um die Vorherrschaft »bis zum siegreichen Ende« führen müssen. So
+wenig zahlreich sie sind, wären sie, durch die ganze Welt hindurch
+geeinigt, mächtig genug, um ihr Tribunal zu eröffnen, das die Schlechten
+unterjochen würde und alle Mittelmässigen wie alle Esel und alle Gänse an
+den richtigen Platz verwiese. Gelingt es den Auserwählten nicht, durch alle
+Länder und über alle Grenzpfähle hin ihre Macht durch ihre Einigung zu
+sichern, so wird der Friede ohnmächtig und mit leeren Händen vorüberziehen.
+
+
+
+
+Letzte Folgerungen.
+
+
+Nicht die so brennenden und viel erörterten Probleme der Rassen und der
+grossen Interessen, nicht Sieg oder Niederlage, selbst die fernerliegenden
+oder die unmittelbaren Ursachen des Krieges nicht, sondern was er
+_bedeutet_, das ist's, was heute die Aufmerksamkeit der Nachdenklichen in
+immer steigendem Masse beschäftigt. Immer deutlicher geht für sie aus dem
+ungeheuren Trugwerk dieses Krieges, seiner Einsätze und seiner Schlagworte
+-- der Triumph des Sklaven über den Freien hervor, und immer drohender die
+Forderung, dass dieser Triumph uns nicht nur eine Lehre und eine Warnung
+sei (denn dies genügt schon lange nicht mehr!), sondern dass wir uns selbst
+aus der gemachten Erfahrung jenes letzte Gericht erstehen lassen, von dem
+geschrieben steht, dass es auf immer die Scheidung zwischen den Menschen,
+die guten Willens sind -- und den anderen -- entscheidet, ja! nicht die
+grosse Einigung, den grossen _Bruch_ gilt es, als Lohn für alle die Opfer
+zu erzielen. Es muss die unlösliche, herrische und heilige Allianz der
+menschenwürdigen Menschen zustande kommen, um jene »Untermenschen«, welche
+schon Villiers de l'Isle Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte,
+an die rechte Stelle zu weisen.
+
+Nicht nur Europa, die Menschheit selbst steht heute vor ihrem
+gefährlichsten Wendepunkt. Ihr Niedergang ist unaufhaltsam, wenn jenen
+untergeordneten, allzu lange geduldeten Elementen, dasselbe Stimmrecht wie
+bisher verbleibt. Denn ihnen danken wir es, dass noch alle grossen und
+bahnbrechenden Ideen in Verwirrung ausarteten, und dass eine Sache um so
+sicherer verdarb, je edler sie war. Das Christentum selbst ist unter die
+Räder geraten, weil _Unzulänglichkeit_, und weil _Niedertracht_ das grosse
+Wort zu führen in der Lage sind. Die Welt hat nichts zu hoffen, solange
+diese Gattung ihr Herrenrecht behält. Solange nicht ein neuer Korpgeist
+entsteht, wird die Menschheit wie ein Kranker sein, der sein Übel zu
+betäuben sucht, indem er sich auf seinem Schmerzenslager dreht und wendet,
+oder, hoch aufgerichtet, nach Atem ringt, um doch nur eine illusorische
+Erleichterung zu finden. -- So wird sie alle Regierungsformen, eine nach
+der andern, erproben, und ob sie auch ihre Könige gegen Republiken
+eintauscht -- oder umgekehrt --, es werden doch nur falsche Monarchien und
+falsche Republiken sein, und auch die Anarchie wird sich als nichts anderes
+herausstellen als einen Missbrauch der Macht.
+
+Es gibt ja Leute, ich weiss, welche ganz ehrlich der Meinung sind, dieser
+Krieg sollte von Rechts wegen noch recht lange dauern. Die moralischen
+Ansichten, die sich dabei geltend machen, sind auch nur deshalb so heillos
+falsch, weil dieser Krieg eine auf _Zurückentwicklung_ gerichtete Zuchtwahl
+ist und jede Schlacht die Zahl der Tauglichen herabsetzt zugunsten der
+Untauglichen wie der Schuldigen und der Profiteure. Letztere sind ja so
+fest entschlossen, dem Abgrund zu entrinnen, den sie offen halten oder
+bereiteten, dass ihre Spitzfindigkeit auch die strengste Kontrolle
+überlisten wird. Nichts scheuen ja diese Leute so sehr wie das Ende des
+Krieges, da sie wissen, dass seine Verlängerung sehr wohl mit ihrer
+Gnadenfrist zusammenfallen dürfte, und dass die Untersuchung gegen die
+Verantwortlichen so lange unterbleiben wird, als das Gemetzel der
+Unschuldigen anhält. Ach! Dies sollten jene Moralisten wohl bedenken,
+welche diesen Krieg bis ans letzte Ende geführt sehen möchten, auf dass er
+seinen endgültigen Garaus fände. Ach, was glauben sie denn? Glauben sie
+wirklich an einen Rückfall in diesen Zustand? Glauben sie allen Ernstes,
+dass nach einer solchen Erfahrung die Völker sich noch einmal narren
+liessen? Haben sie so wenig die Geschichte der menschlichen Irrtümer
+ergründet, und erkannten sie noch nicht, dass ihr normaler Verlauf (wie die
+Ärzte sagen) dem der Epidemien gleichkommt und darin besteht, dass ihre
+Keime anfänglich unter trügerischen Symptomen um sich greifen, um toll und
+mörderisch auszubrechen und endlich zu ersticken, indem sie triumphieren.
+
+So erreichten die Religionskriege ihren Paroxysmus und verschwanden.
+
+So ist durch die eklatante Torheit und Schmach dieses rückständigen Krieges
+die Rechnung der Kriege, wenigstens für die europäischen Völker, gemacht.
+Ich fürchte von der Zukunft kein Dementi für diese Behauptung. Nein! Die
+Welt fällt nicht zweimal in dieselben Irrtümer zurück. Aber wehe den Neuen!
+Wenn die rohen und bösartigen Elemente in diesen Tagen ihre Betriebsamkeit
+unendlich erhöhten und sich überall unendlich bösartiger und roher
+erwiesen, so sind dafür die Guten überall unendlich besser geworden. Ihre
+Einigung und infolgedessen ihre Machtstellung durch alle Länder hin hat der
+Welt noch immer gefehlt. Es gilt, ihre Reihen zu schliessen und ihre
+_Solidarität_ zu organisieren im Hinblick einer letzten und unerbittlichen
+Fehde; -- und es gilt den Frieden, weil der Kampf um die wahre
+Vorherrschaft nicht entbrennen kann, solange dieser Krieg noch besteht.
+
+Und die Freiheit?
+
+Wie aber könnte die einzig wirkliche Freiheit entstehen, wenn nicht durch
+die Knechtung desjenigen Pöbels, der allerorts alle Klassen der
+menschlichen Gesellschaft, von den höchsten bis zu den sogenannten
+niedrigsten Schichten verheert. Hierarchien aber sind es ja gerade --
+weniger rudimentär und kindisch nur als diejenigen, welche man sich bisher
+aufoktroyieren liess. _Hierarchien_ sind es, die auf neuer und
+gerechtfertigter Basis zu errichten sind. Geben wir uns keinen Täuschungen
+hin: die Klasse der Könige, der Fürsten und der Herren, ja der ganze Tross
+der kleinen Gentry sogar, er ist vorhanden (nur so anders!) und alle wahren
+Adelsbriefe, die sich in unendlichen Fluktuationen aus der menschlichen
+Würde ergeben, existieren auch sie. In allen »Kreisen« aber und durch alle
+Zeiten hin wurde die wahre Elite gepeinigt, geopfert oder zu wahrer
+Ohnmacht verdammt, weil urteilslose oder niedrig gesinnte Elemente, die
+sich weder in Gleichheit noch in Brüderlichkeit zu ihr verhalten, dasselbe
+Stimmrecht geniessen.
+
+Echte Demokratien sind die Notwendigkeit: sie sind aber nur insofern nicht
+illusorisch, als sie aristokratisch sind. Man rede also für die Zukunft
+nicht von Utopien, sondern von neuen Gesetzbüchern und neuen Statuten.
+
+
+
+
+»Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.«
+
+
+ »Je songe à une guerre de droit
+ ou de force, de logique bien imprévue.
+ C'est aussi simple qu'une
+ phrase musicale.«
+
+_(Rimbaud.)_
+
+Jedes Innehalten ist heute vermehrte Unrast. Wir sind halbwegs Gebliebene,
+sofern wir Zeit unseres Lebens stillestehen. So ist es über uns verhängt,
+weil unsere Existenz mit so gewaltigen Umwälzungen zusammenfällt, dass
+Fragen, die gestern noch in ihren Anfängen steckten, plötzlich zu
+überhitzter Reife ans Licht gerissen wurden. Es sind aber Fragen,
+Erkenntnisse und Entdeckungen so schwieriger Natur, dass der einzelne, wie
+stark er immer sei, niemals imstande sein könnte, ihre Geltung
+durchzusetzen. Sie wäre nur möglich durch das kollektive Wirken ganz
+bestimmter, durch Erfahrungen aufmerksam gewordener Menschen, welche das
+Schicksal zusammenführte, damit sie die Tabelle ihrer Erlebnisse
+vergleichen. So bedurfte es der Konstellation einer Konstellation, um der
+Sinnfälligkeit einer Wahrheit so vorzuarbeiten, dass sie wie ein von jeher
+dagewesenes, aber noch nie vorher gesichtetes Sternbild zu voller
+Deutlichkeit gelangt.
+
+Aber noch schwebt sie nicht über uns, diese heute schon nicht mehr
+wegzudenkende Wahrheit, sondern sie harrt noch unerlöst am Wegesrand, so
+alt sie ist. Von Natur aus gerät ja keiner auf sie, Erfahrung allein kann
+den Menschen darauf bringen, und noch immer stürzte er, ohne sie zu
+erkennen, über sie hin. Weil aber der Zeitpunkt gekommen ist, an dem sie
+ein Gesicht erhalten soll und Augen, uns anzustarren, ergab sich eben jener
+Komplex von Erfahrungen, mit dem sich das grosse 2 × 2 = 5 dieser Welt so
+gründlich vornehmen lässt wie eine Haussuchung mit Hilfe richtiger
+Schlüssel.
+
+Dass sich jene weit verstreuten paar Menschen mit den analogen
+Wahrnehmungen, den analogen Erlebnissen und der analogen Geistesart eines
+Tages begegneten, gehört zu den grossen sogenannten Zufällen des Lebens.
+Auf jeden Fall obliegt es ihnen, die Dinge, um welche es heute geht, in
+allen Tonarten und den weitausgreifendsten Steigerungen zu formulieren.
+
+Erkenntnismässig ist ja ihr Weg vollkommen deutlich ausgestreckt, und schon
+sind alle Hochgefühle irgendwie von der Bewältigung seiner Fährnisse
+abhängig. -- O Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit! wie bezeichnend ist
+es, dass euer göttlicher Impuls euch nicht davor bewahren konnte, zum
+Kompendium aller Irrtümer zu werden! Die Menschen sind _nicht_ gleich. Ihre
+schief aufgerichtete Gleichheit wird vornüber stürzen, mit ihrer
+Brüderlichkeit wird es so eine Sache sein wie bisher, und die auf krummer
+Axe gehobene Welt läuft Gefahr, endgültig ihren falschen Dreh zu nehmen,
+wenn nicht alle Anstrengungen geschehen, die missverstandene Brüderlichkeit
+und die misshandelte Freiheit nach einer anderen Himmelsrichtung und unter
+veränderten Gesichtspunkten neu aufzurichten. Wie aus einer brennenden
+Stadt müssen wir heute diese Begriffe retten und aus dem zerfallenen Tor
+unserer Zeit mit ihnen fliehen. Wer die menschliche Gesellschaft in allen
+ihren Schichten kennen lernte, hat keine Illusionen mehr. Dass es einen
+Plebs im Adel gibt, macht den Pöbel um nichts schöner! Tausendfältige
+Ungleichheit ist eben das Prinzip, auf dem die Menschheit wie auf Sprossen
+anhebt. Ein Feststellen, ein Unterordnen der wahren, bis in die tiefsten
+Ursprünge zurückzuleitenden Ungleichheiten könnte allein die wahre
+Gleichheit zu ihrem Rechte bringen und nur in Wahrung der (ach so
+vorhandenen!) Distanzen könnte die Brüderlichkeit unverletzt aufleben. Hier
+liegt das Problem der künftigen Jahrzehnte, Jahrhunderte. Es ist der Sinn
+der Leiter, von welcher Jakob träumte, und wir leben heute wirklich nur
+noch um der Erläuterungen willen, welche diese Dinge verlangen.
+
+
+
+
+Wiederholungen.
+
+
+So hätten wir heute alles von der Methode jener glücklichen Spekulanten zu
+lernen, welche sich offenkundig als die weitaus schärfsten Psychologen
+erwiesen, indem sie irgend ein Präparat, eine Zahntinktur oder ein Extrakt
+dadurch zu allgemeinster Geltung verhelfen, dass sie deren Bezeichnungen in
+grellen Riesenbuchstaben an Mauern, Säulen und Schlöten anschlagen, sich
+gleichsam an die Fersen des Vorübergehenden heften, selbst auf Bergeshöhen
+sich zwischen ihm und der Aussicht schieben, ja von Felswänden herab ihm
+unerwartet Odol! Haarlin! oder Bovril! entgegenschreien.
+
+Wäre heute nicht die Beachtung gewisser Zustände mit einer so vorbildlichen
+Hartnäckigkeit zu erzwingen? Durch ein ungeheures Preisausschreiben etwa,
+das an alle Maler, der ältesten wie der neuesten Schule erginge, um auf
+Bildern oder Plakaten, mit beliebigem Raumverbrauch die Wirklichkeit zu
+illustrieren und zu illuminieren; allen Brücken und Wegen entlang sie
+immerzu neu einer Allgemeinheit zu veranschaulichen, deren geistigen
+Stumpfsinn nur jene Menschenkenner von Spekulanten voll ergründeten. Dass
+es keine intellektuelle Notwehr, dagegen einen hemmungslosen Mangel an
+Logik gibt, und dass wir lieber untergehen, als dass wir dächten, hielten
+wir ja nicht für möglich, bevor wir es erlebten. Wie hätte sonst über
+unsere Köpfe hinweg jene Phalanx der Niedrigen zustande kommen können, die
+sich heute mit so bewundernswerter Regie über alle Grenzen hin in die Hände
+arbeiten? Dass sie dabei sehr ausdrücklich in Freunde und Feinde zerfallen,
+macht ihren stummen Pakt nur um so fester. Wir anderen aber, welche den
+entsetzlichen Humbug dieser »Feindschaft« durchschauen, auf uns, die ihn
+gewähren lassen, auf uns fällt der Fluch dieser Zeit zurück. Nicht auf die
+Schlechten, deren Tun im Einklang steht mit ihrem Wollen; auf uns, nicht
+auf die Knechte, welche sich zu unsern Herren machten, sondern auf uns, die
+wir uns von ihnen knechten liessen! Sollte der Tag hereinbrechen, an dem es
+zu spät sein wird für unser Zusammengehen, so werden wir, die guten Willens
+sind, als die Schuldigen stehen, weil uns der Mut unseres besseren Wissens
+gebrach, dem Genius des Krieges, die Siegermaske von der gedankenlosen
+Stirn zu reissen. Ah! wir bedachten nicht den tiefen Sinn jener Sage,
+welche dem Drachentöter die Sprache der Vögel verstehen liess, als er vom
+Blut des erlegten Ungeheuers genoss.
+
+So läge es in unserer Macht, das Elend des Weltkrieges zum Segen zu wenden,
+wenn wir aus den Trümmern, die er häufte, das _Weltgericht_ mit letzter
+Anstrengung und letzter Entschlossenheit heben; mit ihm die grosse
+reinliche Scheidung, das Ende der Verkehrtheit, der falschen
+Gleichstellungen und des Gewühls; den Anfang jener neuen Hierarchie, nach
+der wir lechzen.
+
+Uns aber, der kleinen, geschlagenen Avantgarde, welche der Krieg um ihre
+letzte Neugier brachte, wir, die seine Verwerflichkeit und Stupidität von
+jeher, lang bevor es ein Wort wie Defaitismus gab, kennzeichneten, uns
+steht heute das traurige Vorrecht zu, die neue Scheidung und den neuen
+Kampf hinauszurufen, bevor der Schutt der alten Zeit uns begräbt.
+
+
+
+
+Schlusswort.
+
+
+Die Heftigkeit, mit welcher wir unsere Notsignale abgeben, hindert nicht,
+dass sie schon unter dem Druck einer geradezu monströs gewordenen
+Langeweile aufziehen, und dass unser eigener Pathos mit der ganzen Öde
+eines Frohndienstes auf uns lastet.
+
+Es kann jedoch sein, dass unser Gewissen oder unsere innere Stimme (wie man
+es nennen will) laut und unerbittlich die Forderung an uns stellt dies oder
+jenes _noch zu sagen_, bevor wir schweigen. Wer von uns wird nach dem
+Kriege noch von ihm reden? heute aber will ein désintéressement von den
+Dingen, die geschehen, erst erworben sein, denn unsere Zeugenschaft hat uns
+zu ihren Teilhabern gemacht, und auch wir haben verspielt.
+
+Von allen, die heute leben, wird keiner den Bau betreten, zu dessen
+Grundlegung ich Steine herbeischleppe -- so eilfertig und unter
+Hohngelächter gewiss! -- denn wo fände ich Glauben? -- Das Gerüst allein
+dürfte die Arbeit von Generationen sein, sein Ausbau die von Jahrhunderten
+vielleicht, ja, vielleicht sind die ewig unvollendet gebliebenen
+Kathedralen sein Symbol. Aber worauf es ankommt: bei allen Opfern, die er
+erheischen wird, allen Kämpfen, die ihm bevorstehen, ist er _möglich_.
+
+Bis zum heutigen Wendepunkt unserer Geschichte gehörte es zu ihren
+integralen Beständen, dass unseren vielgenannten »heiligsten Gütern«
+niemals auch nur von ferne ein schützendes Patent zuteil wurde, je
+erhabener eine Idee, um so grauenhafter die Verbrechen, die in ihrem Namen
+geschahen, je tiefer eine Erkenntnis, desto grösser der Unsinn, der daraus
+entstand.
+
+Die richtige Einsicht, dass es (merkwürdigerweise) niedrige und hohe
+Menschen gibt, führte folgerichtig zu Rang- und Standesunterschieden. Bei
+ihrer Aufrechthaltung aber gerieten jene Ungleichheiten, welche doch erst
+die Berechtigung solcher Klassifikationen bilden, immer mehr ausser acht,
+und bei dem Schrittmachen, das im Schwunge blieb, mischte sich in immer
+gemeinerer Weise das Bestreben jene Distanzen, welche der Wert zwischen den
+einzelnen liegt zu ignorieren. Das Missverständnis artete immer wilder aus:
+der königliche Mozart speiste mit dem Gesinde, und ein lakaienhafter
+Kavalier warf ihn mit einem Fusstritt ohne weiteres vor die Tür. In der
+Tat, wir wissen alle, was wir der französischen Revolution verdanken. Doch,
+als sie das falsche Spiegelbild in edler Empörung zerschlug, wurde mit
+diesem drastischen Vorgehen leider erst recht nur eine halbe Massnahme
+getroffen.
+
+Kein Missbrauch wurde an der Wurzel gefasst, vielmehr entrann der
+Missetäter froh durch die Tür. So brach die französische Revolution wie das
+Christentum, dem sie entsprang, in sich selber zusammen und wir sind heute
+wie bankrotte Leute, die von vorn anfangen müssen. Wir stehen wieder am
+Anfang aller Tage. Das heisst am Ende. Denn für das erkennende Auge sind ja
+die Menschen längst in jene zwei Lager zerfallen, von welchen geschrieben
+steht. Freilich ist vorläufig erst der Aufmarsch der Böcke geglückt, und
+unsere Absicht, ihrem Konsortium entgegenzutreten, dürfte auch fernerhin
+ein frommer Wunsch verbleiben, solange wir jene dunkle und geheimnisvolle
+Tatsache nicht ergründeten, dass die von schlechten Instinkten Gemeisterten
+so viel deutlicher die Hochgesinnten herausspüren, als diese sich unter
+sich erkennen. Wahrlich diese dunkle und rätselvolle Tatsache birgt
+Perspektiven von lockender Tiefe, und sie ziehen sich wie weite
+Zimmerflüchte nach allen Richtungen, reich an Verborgenheiten, hin. --
+
+Es heisst vom Himmelreich, es litte Gewalt. Indessen sehen wir zu, wie die
+Hölle immer mehr das Erdreich verschlingt. Dass allerorts so und so viele
+darüber jammern, ja auch vernünftig darüber raisonieren, hilft uns keinen
+Schritt vorwärts. Denn wo bleibt unser Zustrom, wo insbesondere bleibt
+unsere Sichtung?
+
+Um Machtfragen werden sich nach wie vor die Dinge drehen, und nach wie vor
+wird sich herausstellen, dass es nichts Neues unter der Sonne gibt. Macht
+wird vor Recht gehen, denn Macht geht vor Recht. Es ist Sache des Rechts,
+die Macht an sich zu reissen, eine neue Realpolitik zu ermöglichen, nicht
+ausdrückbar durch Lüge, Feuer und Mord; eine Exekutive zu befestigen,
+welche die aus Lüge, Feuer und Mord errungenen Vorteile verschmähen, und
+Lüge, Feuer und Mord nicht ausspielen würde gegen Lüge, Feuer und Mord.
+Sache des Rechts ist es, die Bahn solcher Gewalthaber zu bereiten, und was
+mich angeht, so musste ich, um meiner eigenen Grabesruhe willen, diese
+zukünftigen, für ein feineres Ohr heute schon ödesten Gemeinplätze noch
+äussern, bevor ich schweige oder von etwas anderem rede.
+
+
+
+
+INHALT.
+
+
+ Seite
+ Epilog zu den Briefen an einen Toten 3--4
+ August 1916 »Weisse Blätter«
+
+ Ausblick 4--6
+ Mai 1917 »Friedenswarte«
+
+ Zum Aufruf an die Frauen 6--8
+ 26. August 1917 »Neue Zürcher Zeitung«
+
+ Letzte Folgerungen 8--11
+ 22. Oktober 1917 »Neue Zürcher Zeitung«
+
+ Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit 11--12
+ März 1918 »Friedenswarte«
+
+ Wiederholungen 12--14
+ Juli 1918 »Friedenswarte«
+
+ Schlusswort 14--15
+
+
+
+
+Anmerkungen zur Transkription
+
+
+Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt
+(vorher/nachher):
+
+ [p. 4]:
+ ... besitzen. ...
+ ... besitzen.« ...
+
+ [p. 6]:
+ ... Aber all diese Kriege und die gewesenen sind ja nur Vorstufen ...
+ ... Aber all diese Kriege, und die gewesenen sind ja nur Vorstufen ...
+
+ [p. 7]:
+ ... ihrer Gattinen ungeduldig verbeten. Ihrer Angst und Sorge
+ überlassen, ...
+ ... ihrer Gattinnen ungeduldig verbeten. Ihrer Angst und Sorge
+ überlassen, ...
+
+ [p. 8]:
+ ... die ganze Welt hindurch geeinigt, mächtig genug, um ihr Tribmal ...
+ ... die ganze Welt hindurch geeinigt, mächtig genug, um ihr Tribunal ...
+
+ [p. 9]:
+ ... l'Ile Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte, an ...
+ ... l'Isle Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte, an ...
+
+ [p. 12]:
+ ... veränderten Gesichtspunken neu aufzurichten. Wie aus einer ...
+ ... veränderten Gesichtspunkten neu aufzurichten. Wie aus einer ...
+
+ [p. 13]:
+ ... des Gewühls; den Anfang jener neuen Hierarche, nach der ...
+ ... des Gewühls; den Anfang jener neuen Hierarchie, nach der ...
+
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Die Last, by Annette Kolb
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 44258 ***
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+<title>The Project Gutenberg eBook of Die Last, by Annette Kolb</title>
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+<h1 class="tit" id="part-1">
+<a id="page-1" class="pagenum" title="1"></a>
+<span class="line1">ANNETTE KOLB</span><br />
+<span class="line2">DIE LAST</span>
+</h1>
+
+<p class="pub">
+Max Rascher Verlag A.-G. in Zürich 1918
+</p>
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+</div>
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+<div class="titlematter">
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+<p class="imp">
+<a id="page-2" class="pagenum" title="2"></a>
+1. bis 3. Tausend
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+<p class="imp">
+Copyright by Max Rascher Verlag A. G., in Zürich 1918
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+<p class="imp">
+Buchdruckerei zur Alten Universität, Zürich
+</p>
+
+</div>
+
+<h2 class="pb chapter" id="chapter-1-1">
+<a id="page-3" class="pagenum" title="3"></a>
+Epilog zu den Briefen an einen Toten.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">E</span>s gibt Leute, welche die Worte: &bdquo;Ich bin nicht gekommen,
+den Frieden zu bringen, sondern das Schwert&ldquo; mit besonderer
+Vorliebe herausgreifen, andere wieder, welche meinen, Christus
+könne sich unmöglich so geäussert haben. Ich zweifle keinen
+Augenblick, dass er so sprach, so wenig ich glaube, dass er dabei
+an unsere heutigen Stickgase, Flatterminen und Sprengbomben
+dachte. Aber ich weiss eine Schlacht, zu der ich noch als ein
+Schatten jubelnd hinstürmen würde, tagte er endlich, der grosse
+europäische Bruch mit unseren Trollen, unseren Ab- und Unterarten
+und dem Tross der Seelenlosen, deren Triumph das heutige
+Chaos besiegelt. Denn eines Tages werden wir es vor uns herjagen,
+das Heer der böswilligen Toren wie der Unterworfenen,
+nicht länger gewillt, ihre Übermacht zu ertragen. Von langer
+Hand ist der Rache vorzuarbeiten, von jetzt ab schon und inmitten
+der unerhörten Niederlage noch, welche die Kinder des
+Lichts von den Söhnen der Finsternis erdulden. Ist das, was
+sich heute ereignet, etwas anderes als das erweiterte Bild desjenigen
+Krieges, der unablässig auf der Erde wütet, das Glück
+der Familien untergräbt und die Häuser niederreisst? Haben die
+Knechtischen jemals aufgehört, den Besonnenen zu verfolgen?
+Ist je ein Waffenstillstand zwischen ihnen gewesen? Liessen sie
+je ab, den Edlen zu bedrängen, auf dass er stürze oder sein
+Wirken wieder vereitelt werde? Kein Gesetz, nichts auf Erden
+störte sie je, das goldene Saitenspiel seines Herzens zu zerschlagen.
+Wir wissen genug. Wer brennenden Auges in diese Welt hineinsah,
+dem ist dieser Krieg kein Rätsel, noch die Worte desjenigen,
+dessen Kommen der Engelsruf verkündete: &bdquo;Friede den Menschen,
+die guten Willens sind,&ldquo; und der doch gesagt hat: &bdquo;Ich bin nicht
+gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.&ldquo; Die
+weit verstreuten <em class="em">Menschen</em> sind heute überall die Unterlegenen,
+die ihre Einigung noch nicht festlegten, um als das auserwählte
+Volk &mdash; furchtbar genug &mdash; den Fuss auf den Nacken der
+Schlechten, der Unentwickelten, der Unterarten zu setzen, nicht
+mehr willens, mit ihnen, die nichts so sehr scheuen wie ihre
+Namen, die Herrschaft über diesen Planeten zu teilen. Durch alle
+Nationen, alle ihre Schichten hindurch ist der Genius dieses
+<a id="page-4" class="pagenum" title="4"></a>
+Krieges, seinem Charakter entsprechend, der Würgengel der
+Besten gewesen, der besten Söhne überall, und der ungeborenen
+Söhne dieser Söhne. Fragt einen Arbeitgeber, wo immer Ihr
+wollt: seine besten Leute sind es, die er beklagt. Rache für sie,
+für alle Prediger in der Wüste, für alle jene Staatsmänner auch,
+die &mdash; hier und drüben &mdash; mit reinen Händen in diesen Krieg
+gerissen wurden, Rache für sie und ihren Gram. <em class="em">Ihre</em> Erhebung
+und <em class="em">ihr</em> Zusammenschluss ist die grosse Notwendigkeit. Man
+sage mir nicht, dass es unmöglich sei. Ein Ruf dringt schon
+durch das Getöse. Wie mit Feuerzungen ist schon die Luft von
+den Stimmen der Dichter erfüllt. Inmitten welcher Drangsal,
+welcher Todesnot, aus ihren Gräben, ihren Gräbern ach! haben
+sie nach der Herrschaft des guten Menschen gerufen.
+</p>
+
+<p class="center">
+&bdquo;Sein ist die Kraft, das Regiment der Sterne.&ldquo;
+</p>
+
+<p class="noindent">
+Und es gilt nicht von Utopien zu reden. <em class="em">Es gibt keine Utopien.</em>
+Er wäre denn nur ein Utopist gewesen, der nicht gekommen ist,
+den Frieden zu bringen, sondern das Schwert, und der gesagt
+hat: &bdquo;Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich
+besitzen.<a id="corr-0"></a>&ldquo;
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-2">
+Ausblick.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">I</span>n einem Essay über die Markgräfin von Bayreuth schrieb ich
+vor einigen Jahren, der Frau fehle es zwar nicht an literarischer
+Begabung, wohl aber an literarischer Perspektive, und für die
+Realität des geschriebenen Wortes wohne ihr auch nicht entfernt
+dasselbe scharfe Gefühl inne wie dem Manne. Heute füge ich
+hinzu, ihr Interesse und ihr Verständnis für Presse wie für Parteiwesen
+sei in der Regel gering, und auf jene allerletzten Endes
+so gedankenlose Parole: right or wrong my country (an welche
+sich übrigens die überlegteren Engländer während des Burenkrieges
+nicht hielten), wäre die Frau nicht verfallen.
+</p>
+
+<p>
+So wird sie denn nur wenig von bisheriger Politik verstehen,
+dafür um so mehr von der kommenden. Denn es ist ganz gewiss
+falsch, zu behaupten, man dürfe Politik nicht mit dem
+Gefühle treiben. Wie veraltet die ohne Gefühl betriebene sogenannte
+Realpolitik im Grunde schon war, hatten die zuletzt
+auf dem Plan erschienenen jungslavischen Völker sehr wohl
+erkannt, als sie jenen brüderlichen Balkanbund zu gründen beschlossen,
+welcher dann am Widerstand der europäischen Kabinette
+scheiterte. So dringen Schneeglocken verfrüht an die
+schneidende Luft und werden von der Härte des Winters getötet,
+aber die Ahnung des Frühlings lassen sie zurück.
+</p>
+
+<p>
+<a id="page-5" class="pagenum" title="5"></a>
+Es klingt ja angesichts der Tatsachen so grotesk, dass man
+es kaum zu sagen wagt, aber die Welt ist besser geworden.
+Denn rohe Gewaltmittel, mögen sie sich noch so radikal durchsetzen,
+haben jedes Ansehen verloren. Es waren auch in der
+Tat schon Ansätze vorhanden zu der Erkenntnis, dass die Politik
+nicht mehr wie auf dem Schachbrett zwischen <em class="em">Spielern</em> betrieben
+werden dürfte, und es dämmerte die Erkenntnis von der Unhaltbarkeit
+des Satzes: &bdquo;In der Politik gibt es keine Moral.&ldquo; Mit
+richtigem Instinkt waren die Nationen durch überlebensgrosse
+Menschengestalten versinnbildlicht worden: Marianne, John Bull,
+Michel, Uncle Sam .&nbsp;.&nbsp;. Von hier aus zog sich mit vollkommener
+Deutlichkeit ein Weg zur Einsicht, dass den Beziehungen zwischen
+hochstehenden Völkern billigerweise genau dieselben Grundsätze
+unterliegen sollten wie zwischen hochstehenden Menschen. Diese,
+statt sich zu überlisten und brutal zu übervorteilen, suchen sich im
+Gegenteil an Schonung, Grossmut und Rücksicht <em class="em">gegenseitig</em> zu
+überbieten. Der Wetteifer um den Rücksitz hat als Ergebnis,
+dass man sich darin teilt; statt einander zu berauben, hilft man
+einander aus. Man gesteht sein Unrecht und wird vernommen
+statt verdammt.
+</p>
+
+<p>
+Ich hätte mir vorstellen können &mdash; ich weiss nicht, ob ich
+es noch kann &mdash;, dass auf einer solchen Grundlage hin ein Dialog
+zustande gekommen wäre zwischen Michel und der unversöhnlich
+von ihm abgewandten Marianne. Ich könnte mir wahrhaftigen
+Gottes vorstellen, dass er &mdash; nach Art der Liebhaber &mdash; zu
+ihren Füssen hingerissen, in leidenschaftlicher Selbstanklage die
+elsässische Frage vor ihr zur Sprache brächte; ich könnte mir
+vorstellen, dass im Laufe dieses Dialogs endlich ein Wendepunkt
+sich ergäbe, von wo ab beteuert würde, was verneint worden
+war .&nbsp;.&nbsp;. und in dieser Tonart lange hin und wieder so beharrlich!
+&mdash; bis die wunde Frage sich zwischen ihnen isolierte
+auf einen höheren Plan gehoben, langsam, über ihren Häuptern
+wie eine enthüllte Morgengabe schillerte .&nbsp;.&nbsp;.
+</p>
+
+<p>
+Wem dies zu dumm ist, der begebe sich hinaus zu den
+vordersten Kampflinien, wo die gehegten Söhne holder Mütter
+wie Tiere jämmerlich verenden, und aus der Wut und Not ihrer
+Verlassenheit heraus den .&nbsp;.&nbsp;. Kriegskorrespondenten verfluchen,
+dessen Bericht (o würdiger Trumpf einer realpolitischen Presse!)
+mit ekler Schönfärberei ihre unnennbaren Martern unterschlägt.
+Bald nach Friedensschluss wird man sich zwar an den Kopf
+greifen über die heutige Welt; und dann wird vermutlich das
+andere Schlagwort aufkommen vom Antagonismus der weissen
+<a id="page-6" class="pagenum" title="6"></a>
+und der gelben Rasse; und dann wird sich der Himmel verfinstern
+von all den Schrecknissen; und dann werden die Überlebenden
+nicht mehr bestreiten, dass die europäische Psyche durch
+die Assimilierung der asiatischen eine unendliche Bereicherung,
+ja geradezu ihre letzte Vollendung erführe.
+</p>
+
+<p>
+Und die grauenvollen Erfahrungen, die geopferten Generationen,
+die vergeudeten Jahrzehnte, Jahrhunderte werden notwendig
+gewesen sein, um diese Welt zu Anschauungen zu
+bekehren, welche sich der elementarsten Nachdenklichkeit aufdrängen.
+In so verzweifelt weiten Schleifen rückt die Menschheit
+ihrem Ziel entgegen. Warum? Welch ein Geheimnis!
+</p>
+
+<p>
+Aber all diese Kriege<a id="corr-1"></a>, und die gewesenen sind ja nur Vorstufen
+zu einem letzten Kampf, dessen Stunde zugleich mit der
+Stunde der Vergeltung schlagen wird für jene Elemente, welche
+von jeher Kriege verursacht und die schlechte Sache in der Welt
+betrieben oder die gute verdorben haben. Die Leute also, welche
+auf den ewigen Krieg schwören, mögen zufrieden mit mir sein;
+denn bevor jene Elemente (und es sind stets überall dieselben)
+nicht gekennzeichnet und untergeordnet werden, glaube auch ich
+an keinen dauernden Frieden.
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-3">
+Zum Aufruf an die Frauen.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">A</span>ndreas Latzko hat einen Aufruf an die Frauen veröffentlicht,
+welcher ebenso berechtigte wie unberechtigte Vorwürfe enthält.
+</p>
+
+<p>
+Ich gebe vollkommen zu, dass heute ein Plädoyer zu ihren
+Gunsten schwer fiele. Nachdem in den ersten Augusttagen die
+Männer das Zeichen des grossen Umfalles mit einer Promptheit
+gegeben haben, die man noch tags zuvor für unmöglich hielt,
+wurden die Frauen von der Schwere dieses Sturzes mitfortgerissen.
+</p>
+
+<p>
+Fast alle Zeitungen arbeiteten damals Tag und Nacht an der
+Herstellung vergifteter Pfeile in Form von Lügen und Verleumdungen
+und sandten sie mit fieberhafter Eile nach allen Richtungen
+aus. In Millionen von Aushängebogen wurden &bdquo;die Feinde&ldquo;
+täglich neu als eine schlechtere Abart von Menschen dahingestellt.
+</p>
+
+<p>
+Männer mit neun Gymnasialklassen und vier Universitätsjahren
+hinter sich, zur Unabhängigkeit des Denkens systematisch geschulte
+Männer waren es, welche solche Märchen verkündeten und kolportierten;
+es ist demnach anzunehmen, dass sie sie auch glaubten.
+Welche Gelegenheit für die Frauen zu beweisen, dass sie einsichtiger
+und besser seien, und wie gründlich wurde sie verscherzt!
+</p>
+
+<p>
+&bdquo;Anderthalb Jahrtausende, schreibt Latzko aber, haben an
+dem Bild der christlichen Frau gemodelt; jedes Jahrhundert hatte
+<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a>
+das Antlitz mit neuen Zügen vertieft, veredelt, verfeinert&ldquo; .&nbsp;.&nbsp;.
+sehr wahr und sehr schön. Aber der Verfasser des Aufrufs ist
+ein Dichter und hat als solcher Illusionen über die Menschheit.
+</p>
+
+<p>
+Die <em class="em">Norm</em> der Frauen taugt nicht viel mehr und nicht viel
+weniger als die Norm der Männer. Warum auch? Stammen sie
+nicht ebensowohl auch von ihren Vätern wie die Söhne auch
+von ihren Müttern ab? Wer war es nur, der einmal behauptete
+(ich glaube, ich bin es selbst gewesen!), dass wenn die Männer
+so leicht bei der Hand seien, um zwischen den Frauen und einer
+gewissen Abart schnatternder Vögel Vergleiche anzustellen, es
+ebensosehr das Wesentliche trifft, wenn zwischen den Männern und
+einem gewissen langohrigen Haustier eine Analogie gefunden wurde.
+Ich vermute, auf die erstere verfiel zuerst ein Mann, auf die letztere
+eine Frau. In Wahrheit sind beide Analogien sehr glücklich.
+</p>
+
+<p>
+Latzko zitiert erbitterten Gemütes eine dumme Person,
+welche ihren zurückgekehrten Gatten mit unglaublich gefühlsrohen
+Fragen anwidert. Aber jener selbe Mann, oder jedenfalls <em class="em">sehr</em>
+viele andere Männer waren ja zu Anfang vor Kriegsbegeisterung
+ganz ausser sich und hatten sich das Entsetzen und die Tränen
+ihrer <a id="corr-2"></a>Gattinnen ungeduldig verbeten. Ihrer Angst und Sorge überlassen,
+waren diese einzig auf ihre neu eingetrichterte Mentalität
+gestellt, die in der Tat in diesem Falle nichts anderes sein
+konnte als eine ungeheure Verdrängung mit all ihren Folgeerscheinungen.
+O der Fahnen, o der Siege, an denen die Armen
+sich so geschwätzig weideten, o der entsetzlich vielen Worte,
+mit denen sie ihre Bangigkeit zu betäuben suchten &mdash; den ganzen
+Tag &mdash; und als einzige Ablenkung für ihre tägliche Ungewissheit
+hatten sie dabei nur die täglichen Schauergeschichten der Zeitungen,
+diese Musterbilder der Roheit.
+</p>
+
+<p>
+<em class="em">Also angeleitet</em> und bei dem Gedanken an die Grausamkeit
+des Feindes und dem Schicksal ihrer Männer erstarrten und verrohten
+die Gemüter der Frauen. Heute ruft man ihnen zu: &bdquo;Ach!
+seid wie früher! Gut und tränenreich! &bdquo;Lüge, alles Lüge.&ldquo; Es ist
+nicht wahr! die Menschen zerfallen überall in gute, mittelmässige
+und schlechte! die Welt ist überall gleich!&ldquo;
+</p>
+
+<p>
+Ja, aber warum hätten die seit Jahrtausenden zur Unselbständigkeit
+des Denkens systematisch angehaltenen armen Dinger
+glauben sollen, dass Ihr sie belogt? Dass die Männer, zu welchen
+sie aufblicken sollten, Lügner waren, die noch dazu wussten,
+dass sie logen, oder nicht einmal wussten, dass sie logen?
+</p>
+
+<p>
+&bdquo;Lüge, alles Lüge?&ldquo; ja, aber wer hat denn gelogen? Und
+ist es an dem Lügner den Belogenen abzukanzeln? Nein ihr
+<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a>
+Herren! Wenn die Frauen versagten, so habt Ihr an ihnen die
+Saaten eurer Lügen geerntet. Wenn Latzko den Frauen zuruft:
+&bdquo;Ich weiss, Ihr seid nicht alle so. Vielleicht sind Viele, ich glaube
+die meisten von Euch sind anders. Aber, wo seid ihr? Man
+hört Euch nicht!&ldquo; .&nbsp;.&nbsp;. so könnten sie ihm erwidern: &bdquo;Wir sind
+da. Wo seid Ihr, dass Ihr uns nicht vernehmt, wenn wir unsere
+Stimme erheben? Aber wir sind noch ohnmächtiger wie ihr!&ldquo;
+</p>
+
+<p>
+Wer hat vielen von ihnen die Pässe verweigert, als sie in
+Holland tagen wollten, lang bevor Ihr an Stockholm dachtet.
+Wer hat vor diesem Kriege gewarnt, ein Lebensalter hindurch
+nichts anderes getan und wurde dafür von den Männern verhöhnt
+und zur lächerlichen Figur gestempelt? Wer hat die &bdquo;dicke
+Berta&ldquo; der &bdquo;Friedensberta&ldquo; vorgezogen, wenn nicht die allmächtigen
+Männer?
+</p>
+
+<p>
+Denn das grosse Verbrechen der Menschheit, das ihr durch
+diesen Krieg ein Denkmal ewiger Schande setzte, bestand schon
+vorher. Gedankenlosigkeit, Trägheit des Geistes wie des Herzens,
+Sünde wider den Geist hat uns in den Abgrund gestürzt.
+</p>
+
+<p>
+Menschen (würdig des Namens!), ob Männer oder Frauen,
+verbündet Euch! Schliesst Euch zusammen, und knechtet den
+geistigen Mob. Er ist es, der zur Herrschaft gelangte und sich
+triumphierend behauptet. Setzt ihn ab. Er ist der Feind. Erkenntnis
+ist Güte. Der Verfasser des Aufrufes gehört, seinem Werk wie
+seiner Gesinnung nach, zur auserwählten Klasse derer, welche
+den Kampf um die Vorherrschaft &bdquo;bis zum siegreichen Ende&ldquo;
+führen müssen. So wenig zahlreich sie sind, wären sie, durch
+die ganze Welt hindurch geeinigt, mächtig genug, um ihr <a id="corr-3"></a>Tribunal
+zu eröffnen, das die Schlechten unterjochen würde und alle
+Mittelmässigen wie alle Esel und alle Gänse an den richtigen
+Platz verwiese. Gelingt es den Auserwählten nicht, durch alle
+Länder und über alle Grenzpfähle hin ihre Macht durch ihre
+Einigung zu sichern, so wird der Friede ohnmächtig und mit
+leeren Händen vorüberziehen.
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-4">
+Letzte Folgerungen.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">N</span>icht die so brennenden und viel erörterten Probleme der
+Rassen und der grossen Interessen, nicht Sieg oder Niederlage,
+selbst die fernerliegenden oder die unmittelbaren Ursachen des
+Krieges nicht, sondern was er <em class="em">bedeutet</em>, das ist&rsquo;s, was heute die
+Aufmerksamkeit der Nachdenklichen in immer steigendem Masse
+beschäftigt. Immer deutlicher geht für sie aus dem ungeheuren
+Trugwerk dieses Krieges, seiner Einsätze und seiner Schlagworte
+<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a>
+&mdash; der Triumph des Sklaven über den Freien hervor, und immer
+drohender die Forderung, dass dieser Triumph uns nicht nur
+eine Lehre und eine Warnung sei (denn dies genügt schon lange
+nicht mehr!), sondern dass wir uns selbst aus der gemachten
+Erfahrung jenes letzte Gericht erstehen lassen, von dem geschrieben
+steht, dass es auf immer die Scheidung zwischen den Menschen,
+die guten Willens sind &mdash; und den anderen &mdash; entscheidet, ja!
+nicht die grosse Einigung, den grossen <em class="em">Bruch</em> gilt es, als Lohn
+für alle die Opfer zu erzielen. Es muss die unlösliche, herrische
+und heilige Allianz der menschenwürdigen Menschen zustande
+kommen, um jene &bdquo;Untermenschen&ldquo;, welche schon Villiers de
+l&rsquo;<a id="corr-4"></a>Isle Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte, an
+die rechte Stelle zu weisen.
+</p>
+
+<p>
+Nicht nur Europa, die Menschheit selbst steht heute vor ihrem
+gefährlichsten Wendepunkt. Ihr Niedergang ist unaufhaltsam,
+wenn jenen untergeordneten, allzu lange geduldeten Elementen,
+dasselbe Stimmrecht wie bisher verbleibt. Denn ihnen danken
+wir es, dass noch alle grossen und bahnbrechenden Ideen in
+Verwirrung ausarteten, und dass eine Sache um so sicherer verdarb,
+je edler sie war. Das Christentum selbst ist unter die
+Räder geraten, weil <em class="em">Unzulänglichkeit</em>, und weil <em class="em">Niedertracht</em>
+das grosse Wort zu führen in der Lage sind. Die Welt hat
+nichts zu hoffen, solange diese Gattung ihr Herrenrecht behält.
+Solange nicht ein neuer Korpgeist entsteht, wird die Menschheit
+wie ein Kranker sein, der sein Übel zu betäuben sucht, indem
+er sich auf seinem Schmerzenslager dreht und wendet, oder,
+hoch aufgerichtet, nach Atem ringt, um doch nur eine illusorische
+Erleichterung zu finden. &mdash; So wird sie alle Regierungsformen,
+eine nach der andern, erproben, und ob sie auch ihre Könige
+gegen Republiken eintauscht &mdash; oder umgekehrt &mdash;, es werden
+doch nur falsche Monarchien und falsche Republiken sein, und
+auch die Anarchie wird sich als nichts anderes herausstellen
+als einen Missbrauch der Macht.
+</p>
+
+<p>
+Es gibt ja Leute, ich weiss, welche ganz ehrlich der Meinung
+sind, dieser Krieg sollte von Rechts wegen noch recht lange
+dauern. Die moralischen Ansichten, die sich dabei geltend machen,
+sind auch nur deshalb so heillos falsch, weil dieser Krieg eine
+auf <em class="em">Zurückentwicklung</em> gerichtete Zuchtwahl ist und jede Schlacht
+die Zahl der Tauglichen herabsetzt zugunsten der Untauglichen
+wie der Schuldigen und der Profiteure. Letztere sind ja so fest
+entschlossen, dem Abgrund zu entrinnen, den sie offen halten
+oder bereiteten, dass ihre Spitzfindigkeit auch die strengste Kontrolle
+<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a>
+überlisten wird. Nichts scheuen ja diese Leute so sehr wie
+das Ende des Krieges, da sie wissen, dass seine Verlängerung
+sehr wohl mit ihrer Gnadenfrist zusammenfallen dürfte, und dass
+die Untersuchung gegen die Verantwortlichen so lange unterbleiben
+wird, als das Gemetzel der Unschuldigen anhält. Ach!
+Dies sollten jene Moralisten wohl bedenken, welche diesen Krieg
+bis ans letzte Ende geführt sehen möchten, auf dass er seinen
+endgültigen Garaus fände. Ach, was glauben sie denn? Glauben
+sie wirklich an einen Rückfall in diesen Zustand? Glauben sie
+allen Ernstes, dass nach einer solchen Erfahrung die Völker sich
+noch einmal narren liessen? Haben sie so wenig die Geschichte
+der menschlichen Irrtümer ergründet, und erkannten sie noch
+nicht, dass ihr normaler Verlauf (wie die Ärzte sagen) dem der
+Epidemien gleichkommt und darin besteht, dass ihre Keime
+anfänglich unter trügerischen Symptomen um sich greifen, um
+toll und mörderisch auszubrechen und endlich zu ersticken, indem
+sie triumphieren.
+</p>
+
+<p>
+So erreichten die Religionskriege ihren Paroxysmus und
+verschwanden.
+</p>
+
+<p>
+So ist durch die eklatante Torheit und Schmach dieses rückständigen
+Krieges die Rechnung der Kriege, wenigstens für die
+europäischen Völker, gemacht. Ich fürchte von der Zukunft kein
+Dementi für diese Behauptung. Nein! Die Welt fällt nicht zweimal
+in dieselben Irrtümer zurück. Aber wehe den Neuen! Wenn
+die rohen und bösartigen Elemente in diesen Tagen ihre Betriebsamkeit
+unendlich erhöhten und sich überall unendlich bösartiger
+und roher erwiesen, so sind dafür die Guten überall unendlich
+besser geworden. Ihre Einigung und infolgedessen ihre Machtstellung
+durch alle Länder hin hat der Welt noch immer gefehlt.
+Es gilt, ihre Reihen zu schliessen und ihre <em class="em">Solidarität</em> zu organisieren
+im Hinblick einer letzten und unerbittlichen Fehde; &mdash;
+und es gilt den Frieden, weil der Kampf um die wahre Vorherrschaft
+nicht entbrennen kann, solange dieser Krieg noch besteht.
+</p>
+
+<p>
+Und die Freiheit?
+</p>
+
+<p>
+Wie aber könnte die einzig wirkliche Freiheit entstehen,
+wenn nicht durch die Knechtung desjenigen Pöbels, der allerorts
+alle Klassen der menschlichen Gesellschaft, von den höchsten
+bis zu den sogenannten niedrigsten Schichten verheert. Hierarchien
+aber sind es ja gerade &mdash; weniger rudimentär und kindisch
+nur als diejenigen, welche man sich bisher aufoktroyieren liess.
+<em class="em">Hierarchien</em> sind es, die auf neuer und gerechtfertigter Basis
+zu errichten sind. Geben wir uns keinen Täuschungen hin: die
+<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a>
+Klasse der Könige, der Fürsten und der Herren, ja der ganze
+Tross der kleinen Gentry sogar, er ist vorhanden (nur so anders!)
+und alle wahren Adelsbriefe, die sich in unendlichen Fluktuationen
+aus der menschlichen Würde ergeben, existieren auch sie. In
+allen &bdquo;Kreisen&ldquo; aber und durch alle Zeiten hin wurde die wahre
+Elite gepeinigt, geopfert oder zu wahrer Ohnmacht verdammt,
+weil urteilslose oder niedrig gesinnte Elemente, die sich weder
+in Gleichheit noch in Brüderlichkeit zu ihr verhalten, dasselbe
+Stimmrecht geniessen.
+</p>
+
+<p>
+Echte Demokratien sind die Notwendigkeit: sie sind aber
+nur insofern nicht illusorisch, als sie aristokratisch sind. Man
+rede also für die Zukunft nicht von Utopien, sondern von neuen
+Gesetzbüchern und neuen Statuten.
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-5">
+&bdquo;Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.&ldquo;
+</h2>
+
+<p class="motto">
+&bdquo;Je songe à une guerre de droit<br />
+ou de force, de logique bien imprévue.<br />
+C&rsquo;est aussi simple qu&rsquo;une<br />
+phrase musicale.&ldquo;
+</p>
+
+<p class="signature">
+<em class="em">(Rimbaud.)</em>
+</p>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">J</span>edes Innehalten ist heute vermehrte Unrast. Wir sind halbwegs
+Gebliebene, sofern wir Zeit unseres Lebens stillestehen.
+So ist es über uns verhängt, weil unsere Existenz mit so gewaltigen
+Umwälzungen zusammenfällt, dass Fragen, die gestern
+noch in ihren Anfängen steckten, plötzlich zu überhitzter Reife
+ans Licht gerissen wurden. Es sind aber Fragen, Erkenntnisse
+und Entdeckungen so schwieriger Natur, dass der einzelne, wie
+stark er immer sei, niemals imstande sein könnte, ihre Geltung
+durchzusetzen. Sie wäre nur möglich durch das kollektive Wirken
+ganz bestimmter, durch Erfahrungen aufmerksam gewordener
+Menschen, welche das Schicksal zusammenführte, damit sie die
+Tabelle ihrer Erlebnisse vergleichen. So bedurfte es der Konstellation
+einer Konstellation, um der Sinnfälligkeit einer Wahrheit so
+vorzuarbeiten, dass sie wie ein von jeher dagewesenes, aber noch
+nie vorher gesichtetes Sternbild zu voller Deutlichkeit gelangt.
+</p>
+
+<p>
+Aber noch schwebt sie nicht über uns, diese heute schon
+nicht mehr wegzudenkende Wahrheit, sondern sie harrt noch
+unerlöst am Wegesrand, so alt sie ist. Von Natur aus gerät ja
+keiner auf sie, Erfahrung allein kann den Menschen darauf
+bringen, und noch immer stürzte er, ohne sie zu erkennen, über
+sie hin. Weil aber der Zeitpunkt gekommen ist, an dem sie ein
+Gesicht erhalten soll und Augen, uns anzustarren, ergab sich
+eben jener Komplex von Erfahrungen, mit dem sich das grosse
+<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a>
+2 × 2 = 5 dieser Welt so gründlich vornehmen lässt wie eine
+Haussuchung mit Hilfe richtiger Schlüssel.
+</p>
+
+<p>
+Dass sich jene weit verstreuten paar Menschen mit den
+analogen Wahrnehmungen, den analogen Erlebnissen und der
+analogen Geistesart eines Tages begegneten, gehört zu den
+grossen sogenannten Zufällen des Lebens. Auf jeden Fall obliegt
+es ihnen, die Dinge, um welche es heute geht, in allen Tonarten
+und den weitausgreifendsten Steigerungen zu formulieren.
+</p>
+
+<p>
+Erkenntnismässig ist ja ihr Weg vollkommen deutlich ausgestreckt,
+und schon sind alle Hochgefühle irgendwie von der
+Bewältigung seiner Fährnisse abhängig. &mdash; O Freiheit, Gleichheit
+und Brüderlichkeit! wie bezeichnend ist es, dass euer göttlicher
+Impuls euch nicht davor bewahren konnte, zum Kompendium
+aller Irrtümer zu werden! Die Menschen sind <em class="em">nicht</em> gleich.
+Ihre schief aufgerichtete Gleichheit wird vornüber stürzen, mit
+ihrer Brüderlichkeit wird es so eine Sache sein wie bisher, und
+die auf krummer Axe gehobene Welt läuft Gefahr, endgültig
+ihren falschen Dreh zu nehmen, wenn nicht alle Anstrengungen
+geschehen, die missverstandene Brüderlichkeit und die misshandelte
+Freiheit nach einer anderen Himmelsrichtung und unter
+veränderten Gesichts<a id="corr-5"></a>punkten neu aufzurichten. Wie aus einer
+brennenden Stadt müssen wir heute diese Begriffe retten und
+aus dem zerfallenen Tor unserer Zeit mit ihnen fliehen. Wer
+die menschliche Gesellschaft in allen ihren Schichten kennen
+lernte, hat keine Illusionen mehr. Dass es einen Plebs im Adel
+gibt, macht den Pöbel um nichts schöner! Tausendfältige Ungleichheit
+ist eben das Prinzip, auf dem die Menschheit wie auf
+Sprossen anhebt. Ein Feststellen, ein Unterordnen der wahren,
+bis in die tiefsten Ursprünge zurückzuleitenden Ungleichheiten
+könnte allein die wahre Gleichheit zu ihrem Rechte bringen
+und nur in Wahrung der (ach so vorhandenen!) Distanzen könnte
+die Brüderlichkeit unverletzt aufleben. Hier liegt das Problem
+der künftigen Jahrzehnte, Jahrhunderte. Es ist der Sinn der Leiter,
+von welcher Jakob träumte, und wir leben heute wirklich nur
+noch um der Erläuterungen willen, welche diese Dinge verlangen.
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-6">
+Wiederholungen.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">S</span>o hätten wir heute alles von der Methode jener glücklichen
+Spekulanten zu lernen, welche sich offenkundig als die weitaus
+schärfsten Psychologen erwiesen, indem sie irgend ein Präparat,
+eine Zahntinktur oder ein Extrakt dadurch zu allgemeinster
+Geltung verhelfen, dass sie deren Bezeichnungen in grellen
+<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a>
+Riesenbuchstaben an Mauern, Säulen und Schlöten anschlagen,
+sich gleichsam an die Fersen des Vorübergehenden heften, selbst
+auf Bergeshöhen sich zwischen ihm und der Aussicht schieben,
+ja von Felswänden herab ihm unerwartet Odol! Haarlin! oder
+Bovril! entgegenschreien.
+</p>
+
+<p>
+Wäre heute nicht die Beachtung gewisser Zustände mit
+einer so vorbildlichen Hartnäckigkeit zu erzwingen? Durch ein
+ungeheures Preisausschreiben etwa, das an alle Maler, der ältesten
+wie der neuesten Schule erginge, um auf Bildern oder Plakaten,
+mit beliebigem Raumverbrauch die Wirklichkeit zu illustrieren
+und zu illuminieren; allen Brücken und Wegen entlang sie
+immerzu neu einer Allgemeinheit zu veranschaulichen, deren
+geistigen Stumpfsinn nur jene Menschenkenner von Spekulanten
+voll ergründeten. Dass es keine intellektuelle Notwehr, dagegen
+einen hemmungslosen Mangel an Logik gibt, und dass wir lieber
+untergehen, als dass wir dächten, hielten wir ja nicht für möglich,
+bevor wir es erlebten. Wie hätte sonst über unsere Köpfe hinweg
+jene Phalanx der Niedrigen zustande kommen können,
+die sich heute mit so bewundernswerter Regie über alle Grenzen
+hin in die Hände arbeiten? Dass sie dabei sehr ausdrücklich
+in Freunde und Feinde zerfallen, macht ihren stummen Pakt
+nur um so fester. Wir anderen aber, welche den entsetzlichen
+Humbug dieser &bdquo;Feindschaft&ldquo; durchschauen, auf uns, die ihn
+gewähren lassen, auf uns fällt der Fluch dieser Zeit zurück.
+Nicht auf die Schlechten, deren Tun im Einklang steht mit ihrem
+Wollen; auf uns, nicht auf die Knechte, welche sich zu unsern
+Herren machten, sondern auf uns, die wir uns von ihnen knechten
+liessen! Sollte der Tag hereinbrechen, an dem es zu spät sein
+wird für unser Zusammengehen, so werden wir, die guten Willens
+sind, als die Schuldigen stehen, weil uns der Mut unseres besseren
+Wissens gebrach, dem Genius des Krieges, die Siegermaske von
+der gedankenlosen Stirn zu reissen. Ah! wir bedachten nicht
+den tiefen Sinn jener Sage, welche dem Drachentöter die Sprache
+der Vögel verstehen liess, als er vom Blut des erlegten Ungeheuers
+genoss.
+</p>
+
+<p>
+So läge es in unserer Macht, das Elend des Weltkrieges
+zum Segen zu wenden, wenn wir aus den Trümmern, die er
+häufte, das <em class="em">Weltgericht</em> mit letzter Anstrengung und letzter Entschlossenheit
+heben; mit ihm die grosse reinliche Scheidung,
+das Ende der Verkehrtheit, der falschen Gleichstellungen und
+des Gewühls; den Anfang jener neuen <a id="corr-6"></a>Hierarchie, nach der
+wir lechzen.
+</p>
+
+<p>
+<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a>
+Uns aber, der kleinen, geschlagenen Avantgarde, welche
+der Krieg um ihre letzte Neugier brachte, wir, die seine Verwerflichkeit
+und Stupidität von jeher, lang bevor es ein Wort
+wie Defaitismus gab, kennzeichneten, uns steht heute das traurige
+Vorrecht zu, die neue Scheidung und den neuen Kampf hinauszurufen,
+bevor der Schutt der alten Zeit uns begräbt.
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-7">
+Schlusswort.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">D</span>ie Heftigkeit, mit welcher wir unsere Notsignale abgeben,
+hindert nicht, dass sie schon unter dem Druck einer geradezu
+monströs gewordenen Langeweile aufziehen, und dass unser
+eigener Pathos mit der ganzen Öde eines Frohndienstes auf
+uns lastet.
+</p>
+
+<p>
+Es kann jedoch sein, dass unser Gewissen oder unsere
+innere Stimme (wie man es nennen will) laut und unerbittlich
+die Forderung an uns stellt dies oder jenes <em class="em">noch zu sagen</em>, bevor
+wir schweigen. Wer von uns wird nach dem Kriege noch von
+ihm reden? heute aber will ein désintéressement von den Dingen,
+die geschehen, erst erworben sein, denn unsere Zeugenschaft hat
+uns zu ihren Teilhabern gemacht, und auch wir haben verspielt.
+</p>
+
+<p>
+Von allen, die heute leben, wird keiner den Bau betreten,
+zu dessen Grundlegung ich Steine herbeischleppe &mdash; so eilfertig
+und unter Hohngelächter gewiss! &mdash; denn wo fände ich Glauben?
+&mdash; Das Gerüst allein dürfte die Arbeit von Generationen sein,
+sein Ausbau die von Jahrhunderten vielleicht, ja, vielleicht sind
+die ewig unvollendet gebliebenen Kathedralen sein Symbol.
+Aber worauf es ankommt: bei allen Opfern, die er erheischen
+wird, allen Kämpfen, die ihm bevorstehen, ist er <em class="em">möglich</em>.
+</p>
+
+<p>
+Bis zum heutigen Wendepunkt unserer Geschichte gehörte
+es zu ihren integralen Beständen, dass unseren vielgenannten
+&bdquo;heiligsten Gütern&ldquo; niemals auch nur von ferne ein schützendes
+Patent zuteil wurde, je erhabener eine Idee, um so grauenhafter
+die Verbrechen, die in ihrem Namen geschahen, je tiefer eine
+Erkenntnis, desto grösser der Unsinn, der daraus entstand.
+</p>
+
+<p>
+Die richtige Einsicht, dass es (merkwürdigerweise) niedrige
+und hohe Menschen gibt, führte folgerichtig zu Rang- und Standesunterschieden.
+Bei ihrer Aufrechthaltung aber gerieten jene
+Ungleichheiten, welche doch erst die Berechtigung solcher Klassifikationen
+bilden, immer mehr ausser acht, und bei dem Schrittmachen,
+das im Schwunge blieb, mischte sich in immer gemeinerer
+Weise das Bestreben jene Distanzen, welche der Wert
+zwischen den einzelnen liegt zu ignorieren. Das Missverständnis
+<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a>
+artete immer wilder aus: der königliche Mozart speiste mit dem
+Gesinde, und ein lakaienhafter Kavalier warf ihn mit einem Fusstritt
+ohne weiteres vor die Tür. In der Tat, wir wissen alle, was
+wir der französischen Revolution verdanken. Doch, als sie das
+falsche Spiegelbild in edler Empörung zerschlug, wurde mit
+diesem drastischen Vorgehen leider erst recht nur eine halbe
+Massnahme getroffen.
+</p>
+
+<p>
+Kein Missbrauch wurde an der Wurzel gefasst, vielmehr
+entrann der Missetäter froh durch die Tür. So brach die französische
+Revolution wie das Christentum, dem sie entsprang, in
+sich selber zusammen und wir sind heute wie bankrotte Leute,
+die von vorn anfangen müssen. Wir stehen wieder am Anfang
+aller Tage. Das heisst am Ende. Denn für das erkennende
+Auge sind ja die Menschen längst in jene zwei Lager zerfallen,
+von welchen geschrieben steht. Freilich ist vorläufig erst der
+Aufmarsch der Böcke geglückt, und unsere Absicht, ihrem Konsortium
+entgegenzutreten, dürfte auch fernerhin ein frommer
+Wunsch verbleiben, solange wir jene dunkle und geheimnisvolle
+Tatsache nicht ergründeten, dass die von schlechten Instinkten
+Gemeisterten so viel deutlicher die Hochgesinnten herausspüren,
+als diese sich unter sich erkennen. Wahrlich diese dunkle und
+rätselvolle Tatsache birgt Perspektiven von lockender Tiefe, und
+sie ziehen sich wie weite Zimmerflüchte nach allen Richtungen,
+reich an Verborgenheiten, hin. &mdash;
+</p>
+
+<p>
+Es heisst vom Himmelreich, es litte Gewalt. Indessen sehen
+wir zu, wie die Hölle immer mehr das Erdreich verschlingt. Dass
+allerorts so und so viele darüber jammern, ja auch vernünftig
+darüber raisonieren, hilft uns keinen Schritt vorwärts. Denn wo
+bleibt unser Zustrom, wo insbesondere bleibt unsere Sichtung?
+</p>
+
+<p>
+Um Machtfragen werden sich nach wie vor die Dinge drehen,
+und nach wie vor wird sich herausstellen, dass es nichts Neues
+unter der Sonne gibt. Macht wird vor Recht gehen, denn Macht
+geht vor Recht. Es ist Sache des Rechts, die Macht an sich zu
+reissen, eine neue Realpolitik zu ermöglichen, nicht ausdrückbar
+durch Lüge, Feuer und Mord; eine Exekutive zu befestigen,
+welche die aus Lüge, Feuer und Mord errungenen Vorteile verschmähen,
+und Lüge, Feuer und Mord nicht ausspielen würde
+gegen Lüge, Feuer und Mord. Sache des Rechts ist es, die Bahn
+solcher Gewalthaber zu bereiten, und was mich angeht, so musste
+ich, um meiner eigenen Grabesruhe willen, diese zukünftigen,
+für ein feineres Ohr heute schon ödesten Gemeinplätze noch
+äussern, bevor ich schweige oder von etwas anderem rede.
+</p>
+
+<h2 class="pb chapter" id="chapter-1-8">
+<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a>
+INHALT.
+</h2>
+
+
+<table class="toc" summary="TOC">
+<tbody>
+<tr><td></td><td class="right">Seite</td></tr>
+<tr><td class="left">Epilog zu den Briefen an einen Toten</td><td class="right"><a href="#chapter-1-1">3&mdash;4</a></td></tr>
+<tr><td class="src">August 1916 &bdquo;Weisse Blätter&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Ausblick</td><td class="right"><a href="#chapter-1-2">4&mdash;6</a></td></tr>
+<tr><td class="src">Mai 1917 &bdquo;Friedenswarte&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Zum Aufruf an die Frauen</td><td class="right"><a href="#chapter-1-3">6&mdash;8</a></td></tr>
+<tr><td class="src">26. August 1917 &bdquo;Neue Zürcher Zeitung&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Letzte Folgerungen</td><td class="right"><a href="#chapter-1-4">8&mdash;11</a></td></tr>
+<tr><td class="src">22. Oktober 1917 &bdquo;Neue Zürcher Zeitung&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit</td><td class="right"><a href="#chapter-1-5">11&mdash;12</a></td></tr>
+<tr><td class="src">März 1918 &bdquo;Friedenswarte&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Wiederholungen</td><td class="right"><a href="#chapter-1-6">12&mdash;14</a></td></tr>
+<tr><td class="src">Juli 1918 &bdquo;Friedenswarte&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Schlusswort</td><td class="right"><a href="#chapter-1-7">14&mdash;15</a></td></tr>
+</tbody>
+</table>
+
+<div class="titlematter">
+
+<p class="vspace6">
+&nbsp;
+</p>
+
+<div class="centerpic">
+<img src="images/backcover.jpg" alt="" />
+</div>
+
+</div>
+
+
+<div class="trnote">
+<p id="trnote"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p>
+
+<p>
+Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt (vorher/nachher):
+</p>
+
+<ul>
+
+<li>
+... besitzen. ...<br />
+... besitzen.<a href="#corr-0"><span class="underline">&ldquo;</span></a> ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... Aber all diese Kriege und die gewesenen sind ja nur Vorstufen ...<br />
+... Aber all diese Kriege<a href="#corr-1"><span class="underline">,</span></a> und die gewesenen sind ja nur Vorstufen ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... ihrer <span class="underline">Gattinen</span> ungeduldig verbeten. Ihrer Angst und Sorge überlassen, ...<br />
+... ihrer <a href="#corr-2"><span class="underline">Gattinnen</span></a> ungeduldig verbeten. Ihrer Angst und Sorge überlassen, ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... die ganze Welt hindurch geeinigt, mächtig genug, um ihr <span class="underline">Tribmal</span> ...<br />
+... die ganze Welt hindurch geeinigt, mächtig genug, um ihr <a href="#corr-3"><span class="underline">Tribunal</span></a> ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... l&rsquo;<span class="underline">Ile</span> Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte, an ...<br />
+... l&rsquo;<a href="#corr-4"><span class="underline">Isle</span></a> Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte, an ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... veränderten Gesichts<span class="underline">punken</span> neu aufzurichten. Wie aus einer ...<br />
+... veränderten Gesichts<a href="#corr-5"><span class="underline">punkten</span></a> neu aufzurichten. Wie aus einer ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... des Gewühls; den Anfang jener neuen <span class="underline">Hierarche</span>, nach der ...<br />
+... des Gewühls; den Anfang jener neuen <a href="#corr-6"><span class="underline">Hierarchie</span></a>, nach der ...<br />
+</li>
+</ul>
+</div>
+
+<div>*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 44258 ***</div>
+</body>
+</html>
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+Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for
+eBook #44258 (https://www.gutenberg.org/ebooks/44258)
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+The Project Gutenberg EBook of Die Last, by Annette Kolb
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
+
+
+Title: Die Last
+
+Author: Annette Kolb
+
+Release Date: November 23, 2013 [EBook #44258]
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE LAST ***
+
+
+
+
+Produced by Jens Sadowski
+
+
+
+
+
+
+
+
+ ANNETTE KOLB
+ DIE LAST
+
+
+ Max Rascher Verlag A.-G. in Zürich 1918
+
+ 1. bis 3. Tausend
+
+ Copyright by Max Rascher Verlag A. G., in Zürich 1918
+
+ Buchdruckerei zur Alten Universität, Zürich
+
+
+
+
+Epilog zu den Briefen an einen Toten.
+
+
+Es gibt Leute, welche die Worte: »Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu
+bringen, sondern das Schwert« mit besonderer Vorliebe herausgreifen, andere
+wieder, welche meinen, Christus könne sich unmöglich so geäussert haben.
+Ich zweifle keinen Augenblick, dass er so sprach, so wenig ich glaube, dass
+er dabei an unsere heutigen Stickgase, Flatterminen und Sprengbomben
+dachte. Aber ich weiss eine Schlacht, zu der ich noch als ein Schatten
+jubelnd hinstürmen würde, tagte er endlich, der grosse europäische Bruch
+mit unseren Trollen, unseren Ab- und Unterarten und dem Tross der
+Seelenlosen, deren Triumph das heutige Chaos besiegelt. Denn eines Tages
+werden wir es vor uns herjagen, das Heer der böswilligen Toren wie der
+Unterworfenen, nicht länger gewillt, ihre Übermacht zu ertragen. Von langer
+Hand ist der Rache vorzuarbeiten, von jetzt ab schon und inmitten der
+unerhörten Niederlage noch, welche die Kinder des Lichts von den Söhnen der
+Finsternis erdulden. Ist das, was sich heute ereignet, etwas anderes als
+das erweiterte Bild desjenigen Krieges, der unablässig auf der Erde wütet,
+das Glück der Familien untergräbt und die Häuser niederreisst? Haben die
+Knechtischen jemals aufgehört, den Besonnenen zu verfolgen? Ist je ein
+Waffenstillstand zwischen ihnen gewesen? Liessen sie je ab, den Edlen zu
+bedrängen, auf dass er stürze oder sein Wirken wieder vereitelt werde? Kein
+Gesetz, nichts auf Erden störte sie je, das goldene Saitenspiel seines
+Herzens zu zerschlagen. Wir wissen genug. Wer brennenden Auges in diese
+Welt hineinsah, dem ist dieser Krieg kein Rätsel, noch die Worte
+desjenigen, dessen Kommen der Engelsruf verkündete: »Friede den Menschen,
+die guten Willens sind,« und der doch gesagt hat: »Ich bin nicht gekommen,
+den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.« Die weit verstreuten
+_Menschen_ sind heute überall die Unterlegenen, die ihre Einigung noch
+nicht festlegten, um als das auserwählte Volk -- furchtbar genug -- den
+Fuss auf den Nacken der Schlechten, der Unentwickelten, der Unterarten zu
+setzen, nicht mehr willens, mit ihnen, die nichts so sehr scheuen wie ihre
+Namen, die Herrschaft über diesen Planeten zu teilen. Durch alle Nationen,
+alle ihre Schichten hindurch ist der Genius dieses Krieges, seinem
+Charakter entsprechend, der Würgengel der Besten gewesen, der besten Söhne
+überall, und der ungeborenen Söhne dieser Söhne. Fragt einen Arbeitgeber,
+wo immer Ihr wollt: seine besten Leute sind es, die er beklagt. Rache für
+sie, für alle Prediger in der Wüste, für alle jene Staatsmänner auch, die
+-- hier und drüben -- mit reinen Händen in diesen Krieg gerissen wurden,
+Rache für sie und ihren Gram. _Ihre_ Erhebung und _ihr_ Zusammenschluss ist
+die grosse Notwendigkeit. Man sage mir nicht, dass es unmöglich sei. Ein
+Ruf dringt schon durch das Getöse. Wie mit Feuerzungen ist schon die Luft
+von den Stimmen der Dichter erfüllt. Inmitten welcher Drangsal, welcher
+Todesnot, aus ihren Gräben, ihren Gräbern ach! haben sie nach der
+Herrschaft des guten Menschen gerufen.
+
+»Sein ist die Kraft, das Regiment der Sterne.«
+
+Und es gilt nicht von Utopien zu reden. _Es gibt keine Utopien._ Er wäre
+denn nur ein Utopist gewesen, der nicht gekommen ist, den Frieden zu
+bringen, sondern das Schwert, und der gesagt hat: »Selig sind die
+Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.«
+
+
+
+
+Ausblick.
+
+
+In einem Essay über die Markgräfin von Bayreuth schrieb ich vor einigen
+Jahren, der Frau fehle es zwar nicht an literarischer Begabung, wohl aber
+an literarischer Perspektive, und für die Realität des geschriebenen Wortes
+wohne ihr auch nicht entfernt dasselbe scharfe Gefühl inne wie dem Manne.
+Heute füge ich hinzu, ihr Interesse und ihr Verständnis für Presse wie für
+Parteiwesen sei in der Regel gering, und auf jene allerletzten Endes so
+gedankenlose Parole: right or wrong my country (an welche sich übrigens die
+überlegteren Engländer während des Burenkrieges nicht hielten), wäre die
+Frau nicht verfallen.
+
+So wird sie denn nur wenig von bisheriger Politik verstehen, dafür um so
+mehr von der kommenden. Denn es ist ganz gewiss falsch, zu behaupten, man
+dürfe Politik nicht mit dem Gefühle treiben. Wie veraltet die ohne Gefühl
+betriebene sogenannte Realpolitik im Grunde schon war, hatten die zuletzt
+auf dem Plan erschienenen jungslavischen Völker sehr wohl erkannt, als sie
+jenen brüderlichen Balkanbund zu gründen beschlossen, welcher dann am
+Widerstand der europäischen Kabinette scheiterte. So dringen Schneeglocken
+verfrüht an die schneidende Luft und werden von der Härte des Winters
+getötet, aber die Ahnung des Frühlings lassen sie zurück.
+
+Es klingt ja angesichts der Tatsachen so grotesk, dass man es kaum zu sagen
+wagt, aber die Welt ist besser geworden. Denn rohe Gewaltmittel, mögen sie
+sich noch so radikal durchsetzen, haben jedes Ansehen verloren. Es waren
+auch in der Tat schon Ansätze vorhanden zu der Erkenntnis, dass die Politik
+nicht mehr wie auf dem Schachbrett zwischen _Spielern_ betrieben werden
+dürfte, und es dämmerte die Erkenntnis von der Unhaltbarkeit des Satzes:
+»In der Politik gibt es keine Moral.« Mit richtigem Instinkt waren die
+Nationen durch überlebensgrosse Menschengestalten versinnbildlicht worden:
+Marianne, John Bull, Michel, Uncle Sam . . . Von hier aus zog sich mit
+vollkommener Deutlichkeit ein Weg zur Einsicht, dass den Beziehungen
+zwischen hochstehenden Völkern billigerweise genau dieselben Grundsätze
+unterliegen sollten wie zwischen hochstehenden Menschen. Diese, statt sich
+zu überlisten und brutal zu übervorteilen, suchen sich im Gegenteil an
+Schonung, Grossmut und Rücksicht _gegenseitig_ zu überbieten. Der Wetteifer
+um den Rücksitz hat als Ergebnis, dass man sich darin teilt; statt einander
+zu berauben, hilft man einander aus. Man gesteht sein Unrecht und wird
+vernommen statt verdammt.
+
+Ich hätte mir vorstellen können -- ich weiss nicht, ob ich es noch kann --,
+dass auf einer solchen Grundlage hin ein Dialog zustande gekommen wäre
+zwischen Michel und der unversöhnlich von ihm abgewandten Marianne. Ich
+könnte mir wahrhaftigen Gottes vorstellen, dass er -- nach Art der
+Liebhaber -- zu ihren Füssen hingerissen, in leidenschaftlicher
+Selbstanklage die elsässische Frage vor ihr zur Sprache brächte; ich könnte
+mir vorstellen, dass im Laufe dieses Dialogs endlich ein Wendepunkt sich
+ergäbe, von wo ab beteuert würde, was verneint worden war . . . und in
+dieser Tonart lange hin und wieder so beharrlich! -- bis die wunde Frage
+sich zwischen ihnen isolierte auf einen höheren Plan gehoben, langsam, über
+ihren Häuptern wie eine enthüllte Morgengabe schillerte . . .
+
+Wem dies zu dumm ist, der begebe sich hinaus zu den vordersten Kampflinien,
+wo die gehegten Söhne holder Mütter wie Tiere jämmerlich verenden, und aus
+der Wut und Not ihrer Verlassenheit heraus den . . . Kriegskorrespondenten
+verfluchen, dessen Bericht (o würdiger Trumpf einer realpolitischen
+Presse!) mit ekler Schönfärberei ihre unnennbaren Martern unterschlägt.
+Bald nach Friedensschluss wird man sich zwar an den Kopf greifen über die
+heutige Welt; und dann wird vermutlich das andere Schlagwort aufkommen vom
+Antagonismus der weissen und der gelben Rasse; und dann wird sich der
+Himmel verfinstern von all den Schrecknissen; und dann werden die
+Überlebenden nicht mehr bestreiten, dass die europäische Psyche durch die
+Assimilierung der asiatischen eine unendliche Bereicherung, ja geradezu
+ihre letzte Vollendung erführe.
+
+Und die grauenvollen Erfahrungen, die geopferten Generationen, die
+vergeudeten Jahrzehnte, Jahrhunderte werden notwendig gewesen sein, um
+diese Welt zu Anschauungen zu bekehren, welche sich der elementarsten
+Nachdenklichkeit aufdrängen. In so verzweifelt weiten Schleifen rückt die
+Menschheit ihrem Ziel entgegen. Warum? Welch ein Geheimnis!
+
+Aber all diese Kriege, und die gewesenen sind ja nur Vorstufen zu einem
+letzten Kampf, dessen Stunde zugleich mit der Stunde der Vergeltung
+schlagen wird für jene Elemente, welche von jeher Kriege verursacht und die
+schlechte Sache in der Welt betrieben oder die gute verdorben haben. Die
+Leute also, welche auf den ewigen Krieg schwören, mögen zufrieden mit mir
+sein; denn bevor jene Elemente (und es sind stets überall dieselben) nicht
+gekennzeichnet und untergeordnet werden, glaube auch ich an keinen
+dauernden Frieden.
+
+
+
+
+Zum Aufruf an die Frauen.
+
+
+Andreas Latzko hat einen Aufruf an die Frauen veröffentlicht, welcher
+ebenso berechtigte wie unberechtigte Vorwürfe enthält.
+
+Ich gebe vollkommen zu, dass heute ein Plädoyer zu ihren Gunsten schwer
+fiele. Nachdem in den ersten Augusttagen die Männer das Zeichen des grossen
+Umfalles mit einer Promptheit gegeben haben, die man noch tags zuvor für
+unmöglich hielt, wurden die Frauen von der Schwere dieses Sturzes
+mitfortgerissen.
+
+Fast alle Zeitungen arbeiteten damals Tag und Nacht an der Herstellung
+vergifteter Pfeile in Form von Lügen und Verleumdungen und sandten sie mit
+fieberhafter Eile nach allen Richtungen aus. In Millionen von Aushängebogen
+wurden »die Feinde« täglich neu als eine schlechtere Abart von Menschen
+dahingestellt.
+
+Männer mit neun Gymnasialklassen und vier Universitätsjahren hinter sich,
+zur Unabhängigkeit des Denkens systematisch geschulte Männer waren es,
+welche solche Märchen verkündeten und kolportierten; es ist demnach
+anzunehmen, dass sie sie auch glaubten. Welche Gelegenheit für die Frauen
+zu beweisen, dass sie einsichtiger und besser seien, und wie gründlich
+wurde sie verscherzt!
+
+»Anderthalb Jahrtausende, schreibt Latzko aber, haben an dem Bild der
+christlichen Frau gemodelt; jedes Jahrhundert hatte das Antlitz mit neuen
+Zügen vertieft, veredelt, verfeinert« . . . sehr wahr und sehr schön. Aber
+der Verfasser des Aufrufs ist ein Dichter und hat als solcher Illusionen
+über die Menschheit.
+
+Die _Norm_ der Frauen taugt nicht viel mehr und nicht viel weniger als die
+Norm der Männer. Warum auch? Stammen sie nicht ebensowohl auch von ihren
+Vätern wie die Söhne auch von ihren Müttern ab? Wer war es nur, der einmal
+behauptete (ich glaube, ich bin es selbst gewesen!), dass wenn die Männer
+so leicht bei der Hand seien, um zwischen den Frauen und einer gewissen
+Abart schnatternder Vögel Vergleiche anzustellen, es ebensosehr das
+Wesentliche trifft, wenn zwischen den Männern und einem gewissen
+langohrigen Haustier eine Analogie gefunden wurde. Ich vermute, auf die
+erstere verfiel zuerst ein Mann, auf die letztere eine Frau. In Wahrheit
+sind beide Analogien sehr glücklich.
+
+Latzko zitiert erbitterten Gemütes eine dumme Person, welche ihren
+zurückgekehrten Gatten mit unglaublich gefühlsrohen Fragen anwidert. Aber
+jener selbe Mann, oder jedenfalls _sehr_ viele andere Männer waren ja zu
+Anfang vor Kriegsbegeisterung ganz ausser sich und hatten sich das
+Entsetzen und die Tränen ihrer Gattinnen ungeduldig verbeten. Ihrer Angst
+und Sorge überlassen, waren diese einzig auf ihre neu eingetrichterte
+Mentalität gestellt, die in der Tat in diesem Falle nichts anderes sein
+konnte als eine ungeheure Verdrängung mit all ihren Folgeerscheinungen. O
+der Fahnen, o der Siege, an denen die Armen sich so geschwätzig weideten, o
+der entsetzlich vielen Worte, mit denen sie ihre Bangigkeit zu betäuben
+suchten -- den ganzen Tag -- und als einzige Ablenkung für ihre tägliche
+Ungewissheit hatten sie dabei nur die täglichen Schauergeschichten der
+Zeitungen, diese Musterbilder der Roheit.
+
+_Also angeleitet_ und bei dem Gedanken an die Grausamkeit des Feindes und
+dem Schicksal ihrer Männer erstarrten und verrohten die Gemüter der Frauen.
+Heute ruft man ihnen zu: »Ach! seid wie früher! Gut und tränenreich! »Lüge,
+alles Lüge.« Es ist nicht wahr! die Menschen zerfallen überall in gute,
+mittelmässige und schlechte! die Welt ist überall gleich!«
+
+Ja, aber warum hätten die seit Jahrtausenden zur Unselbständigkeit des
+Denkens systematisch angehaltenen armen Dinger glauben sollen, dass Ihr sie
+belogt? Dass die Männer, zu welchen sie aufblicken sollten, Lügner waren,
+die noch dazu wussten, dass sie logen, oder nicht einmal wussten, dass sie
+logen?
+
+»Lüge, alles Lüge?« ja, aber wer hat denn gelogen? Und ist es an dem Lügner
+den Belogenen abzukanzeln? Nein ihr Herren! Wenn die Frauen versagten, so
+habt Ihr an ihnen die Saaten eurer Lügen geerntet. Wenn Latzko den Frauen
+zuruft: »Ich weiss, Ihr seid nicht alle so. Vielleicht sind Viele, ich
+glaube die meisten von Euch sind anders. Aber, wo seid ihr? Man hört Euch
+nicht!« . . . so könnten sie ihm erwidern: »Wir sind da. Wo seid Ihr, dass
+Ihr uns nicht vernehmt, wenn wir unsere Stimme erheben? Aber wir sind noch
+ohnmächtiger wie ihr!«
+
+Wer hat vielen von ihnen die Pässe verweigert, als sie in Holland tagen
+wollten, lang bevor Ihr an Stockholm dachtet. Wer hat vor diesem Kriege
+gewarnt, ein Lebensalter hindurch nichts anderes getan und wurde dafür von
+den Männern verhöhnt und zur lächerlichen Figur gestempelt? Wer hat die
+»dicke Berta« der »Friedensberta« vorgezogen, wenn nicht die allmächtigen
+Männer?
+
+Denn das grosse Verbrechen der Menschheit, das ihr durch diesen Krieg ein
+Denkmal ewiger Schande setzte, bestand schon vorher. Gedankenlosigkeit,
+Trägheit des Geistes wie des Herzens, Sünde wider den Geist hat uns in den
+Abgrund gestürzt.
+
+Menschen (würdig des Namens!), ob Männer oder Frauen, verbündet Euch!
+Schliesst Euch zusammen, und knechtet den geistigen Mob. Er ist es, der zur
+Herrschaft gelangte und sich triumphierend behauptet. Setzt ihn ab. Er ist
+der Feind. Erkenntnis ist Güte. Der Verfasser des Aufrufes gehört, seinem
+Werk wie seiner Gesinnung nach, zur auserwählten Klasse derer, welche den
+Kampf um die Vorherrschaft »bis zum siegreichen Ende« führen müssen. So
+wenig zahlreich sie sind, wären sie, durch die ganze Welt hindurch
+geeinigt, mächtig genug, um ihr Tribunal zu eröffnen, das die Schlechten
+unterjochen würde und alle Mittelmässigen wie alle Esel und alle Gänse an
+den richtigen Platz verwiese. Gelingt es den Auserwählten nicht, durch alle
+Länder und über alle Grenzpfähle hin ihre Macht durch ihre Einigung zu
+sichern, so wird der Friede ohnmächtig und mit leeren Händen vorüberziehen.
+
+
+
+
+Letzte Folgerungen.
+
+
+Nicht die so brennenden und viel erörterten Probleme der Rassen und der
+grossen Interessen, nicht Sieg oder Niederlage, selbst die fernerliegenden
+oder die unmittelbaren Ursachen des Krieges nicht, sondern was er
+_bedeutet_, das ist's, was heute die Aufmerksamkeit der Nachdenklichen in
+immer steigendem Masse beschäftigt. Immer deutlicher geht für sie aus dem
+ungeheuren Trugwerk dieses Krieges, seiner Einsätze und seiner Schlagworte
+-- der Triumph des Sklaven über den Freien hervor, und immer drohender die
+Forderung, dass dieser Triumph uns nicht nur eine Lehre und eine Warnung
+sei (denn dies genügt schon lange nicht mehr!), sondern dass wir uns selbst
+aus der gemachten Erfahrung jenes letzte Gericht erstehen lassen, von dem
+geschrieben steht, dass es auf immer die Scheidung zwischen den Menschen,
+die guten Willens sind -- und den anderen -- entscheidet, ja! nicht die
+grosse Einigung, den grossen _Bruch_ gilt es, als Lohn für alle die Opfer
+zu erzielen. Es muss die unlösliche, herrische und heilige Allianz der
+menschenwürdigen Menschen zustande kommen, um jene »Untermenschen«, welche
+schon Villiers de l'Isle Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte,
+an die rechte Stelle zu weisen.
+
+Nicht nur Europa, die Menschheit selbst steht heute vor ihrem
+gefährlichsten Wendepunkt. Ihr Niedergang ist unaufhaltsam, wenn jenen
+untergeordneten, allzu lange geduldeten Elementen, dasselbe Stimmrecht wie
+bisher verbleibt. Denn ihnen danken wir es, dass noch alle grossen und
+bahnbrechenden Ideen in Verwirrung ausarteten, und dass eine Sache um so
+sicherer verdarb, je edler sie war. Das Christentum selbst ist unter die
+Räder geraten, weil _Unzulänglichkeit_, und weil _Niedertracht_ das grosse
+Wort zu führen in der Lage sind. Die Welt hat nichts zu hoffen, solange
+diese Gattung ihr Herrenrecht behält. Solange nicht ein neuer Korpgeist
+entsteht, wird die Menschheit wie ein Kranker sein, der sein Übel zu
+betäuben sucht, indem er sich auf seinem Schmerzenslager dreht und wendet,
+oder, hoch aufgerichtet, nach Atem ringt, um doch nur eine illusorische
+Erleichterung zu finden. -- So wird sie alle Regierungsformen, eine nach
+der andern, erproben, und ob sie auch ihre Könige gegen Republiken
+eintauscht -- oder umgekehrt --, es werden doch nur falsche Monarchien und
+falsche Republiken sein, und auch die Anarchie wird sich als nichts anderes
+herausstellen als einen Missbrauch der Macht.
+
+Es gibt ja Leute, ich weiss, welche ganz ehrlich der Meinung sind, dieser
+Krieg sollte von Rechts wegen noch recht lange dauern. Die moralischen
+Ansichten, die sich dabei geltend machen, sind auch nur deshalb so heillos
+falsch, weil dieser Krieg eine auf _Zurückentwicklung_ gerichtete Zuchtwahl
+ist und jede Schlacht die Zahl der Tauglichen herabsetzt zugunsten der
+Untauglichen wie der Schuldigen und der Profiteure. Letztere sind ja so
+fest entschlossen, dem Abgrund zu entrinnen, den sie offen halten oder
+bereiteten, dass ihre Spitzfindigkeit auch die strengste Kontrolle
+überlisten wird. Nichts scheuen ja diese Leute so sehr wie das Ende des
+Krieges, da sie wissen, dass seine Verlängerung sehr wohl mit ihrer
+Gnadenfrist zusammenfallen dürfte, und dass die Untersuchung gegen die
+Verantwortlichen so lange unterbleiben wird, als das Gemetzel der
+Unschuldigen anhält. Ach! Dies sollten jene Moralisten wohl bedenken,
+welche diesen Krieg bis ans letzte Ende geführt sehen möchten, auf dass er
+seinen endgültigen Garaus fände. Ach, was glauben sie denn? Glauben sie
+wirklich an einen Rückfall in diesen Zustand? Glauben sie allen Ernstes,
+dass nach einer solchen Erfahrung die Völker sich noch einmal narren
+liessen? Haben sie so wenig die Geschichte der menschlichen Irrtümer
+ergründet, und erkannten sie noch nicht, dass ihr normaler Verlauf (wie die
+Ärzte sagen) dem der Epidemien gleichkommt und darin besteht, dass ihre
+Keime anfänglich unter trügerischen Symptomen um sich greifen, um toll und
+mörderisch auszubrechen und endlich zu ersticken, indem sie triumphieren.
+
+So erreichten die Religionskriege ihren Paroxysmus und verschwanden.
+
+So ist durch die eklatante Torheit und Schmach dieses rückständigen Krieges
+die Rechnung der Kriege, wenigstens für die europäischen Völker, gemacht.
+Ich fürchte von der Zukunft kein Dementi für diese Behauptung. Nein! Die
+Welt fällt nicht zweimal in dieselben Irrtümer zurück. Aber wehe den Neuen!
+Wenn die rohen und bösartigen Elemente in diesen Tagen ihre Betriebsamkeit
+unendlich erhöhten und sich überall unendlich bösartiger und roher
+erwiesen, so sind dafür die Guten überall unendlich besser geworden. Ihre
+Einigung und infolgedessen ihre Machtstellung durch alle Länder hin hat der
+Welt noch immer gefehlt. Es gilt, ihre Reihen zu schliessen und ihre
+_Solidarität_ zu organisieren im Hinblick einer letzten und unerbittlichen
+Fehde; -- und es gilt den Frieden, weil der Kampf um die wahre
+Vorherrschaft nicht entbrennen kann, solange dieser Krieg noch besteht.
+
+Und die Freiheit?
+
+Wie aber könnte die einzig wirkliche Freiheit entstehen, wenn nicht durch
+die Knechtung desjenigen Pöbels, der allerorts alle Klassen der
+menschlichen Gesellschaft, von den höchsten bis zu den sogenannten
+niedrigsten Schichten verheert. Hierarchien aber sind es ja gerade --
+weniger rudimentär und kindisch nur als diejenigen, welche man sich bisher
+aufoktroyieren liess. _Hierarchien_ sind es, die auf neuer und
+gerechtfertigter Basis zu errichten sind. Geben wir uns keinen Täuschungen
+hin: die Klasse der Könige, der Fürsten und der Herren, ja der ganze Tross
+der kleinen Gentry sogar, er ist vorhanden (nur so anders!) und alle wahren
+Adelsbriefe, die sich in unendlichen Fluktuationen aus der menschlichen
+Würde ergeben, existieren auch sie. In allen »Kreisen« aber und durch alle
+Zeiten hin wurde die wahre Elite gepeinigt, geopfert oder zu wahrer
+Ohnmacht verdammt, weil urteilslose oder niedrig gesinnte Elemente, die
+sich weder in Gleichheit noch in Brüderlichkeit zu ihr verhalten, dasselbe
+Stimmrecht geniessen.
+
+Echte Demokratien sind die Notwendigkeit: sie sind aber nur insofern nicht
+illusorisch, als sie aristokratisch sind. Man rede also für die Zukunft
+nicht von Utopien, sondern von neuen Gesetzbüchern und neuen Statuten.
+
+
+
+
+»Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.«
+
+
+ »Je songe à une guerre de droit
+ ou de force, de logique bien imprévue.
+ C'est aussi simple qu'une
+ phrase musicale.«
+
+_(Rimbaud.)_
+
+Jedes Innehalten ist heute vermehrte Unrast. Wir sind halbwegs Gebliebene,
+sofern wir Zeit unseres Lebens stillestehen. So ist es über uns verhängt,
+weil unsere Existenz mit so gewaltigen Umwälzungen zusammenfällt, dass
+Fragen, die gestern noch in ihren Anfängen steckten, plötzlich zu
+überhitzter Reife ans Licht gerissen wurden. Es sind aber Fragen,
+Erkenntnisse und Entdeckungen so schwieriger Natur, dass der einzelne, wie
+stark er immer sei, niemals imstande sein könnte, ihre Geltung
+durchzusetzen. Sie wäre nur möglich durch das kollektive Wirken ganz
+bestimmter, durch Erfahrungen aufmerksam gewordener Menschen, welche das
+Schicksal zusammenführte, damit sie die Tabelle ihrer Erlebnisse
+vergleichen. So bedurfte es der Konstellation einer Konstellation, um der
+Sinnfälligkeit einer Wahrheit so vorzuarbeiten, dass sie wie ein von jeher
+dagewesenes, aber noch nie vorher gesichtetes Sternbild zu voller
+Deutlichkeit gelangt.
+
+Aber noch schwebt sie nicht über uns, diese heute schon nicht mehr
+wegzudenkende Wahrheit, sondern sie harrt noch unerlöst am Wegesrand, so
+alt sie ist. Von Natur aus gerät ja keiner auf sie, Erfahrung allein kann
+den Menschen darauf bringen, und noch immer stürzte er, ohne sie zu
+erkennen, über sie hin. Weil aber der Zeitpunkt gekommen ist, an dem sie
+ein Gesicht erhalten soll und Augen, uns anzustarren, ergab sich eben jener
+Komplex von Erfahrungen, mit dem sich das grosse 2 × 2 = 5 dieser Welt so
+gründlich vornehmen lässt wie eine Haussuchung mit Hilfe richtiger
+Schlüssel.
+
+Dass sich jene weit verstreuten paar Menschen mit den analogen
+Wahrnehmungen, den analogen Erlebnissen und der analogen Geistesart eines
+Tages begegneten, gehört zu den grossen sogenannten Zufällen des Lebens.
+Auf jeden Fall obliegt es ihnen, die Dinge, um welche es heute geht, in
+allen Tonarten und den weitausgreifendsten Steigerungen zu formulieren.
+
+Erkenntnismässig ist ja ihr Weg vollkommen deutlich ausgestreckt, und schon
+sind alle Hochgefühle irgendwie von der Bewältigung seiner Fährnisse
+abhängig. -- O Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit! wie bezeichnend ist
+es, dass euer göttlicher Impuls euch nicht davor bewahren konnte, zum
+Kompendium aller Irrtümer zu werden! Die Menschen sind _nicht_ gleich. Ihre
+schief aufgerichtete Gleichheit wird vornüber stürzen, mit ihrer
+Brüderlichkeit wird es so eine Sache sein wie bisher, und die auf krummer
+Axe gehobene Welt läuft Gefahr, endgültig ihren falschen Dreh zu nehmen,
+wenn nicht alle Anstrengungen geschehen, die missverstandene Brüderlichkeit
+und die misshandelte Freiheit nach einer anderen Himmelsrichtung und unter
+veränderten Gesichtspunkten neu aufzurichten. Wie aus einer brennenden
+Stadt müssen wir heute diese Begriffe retten und aus dem zerfallenen Tor
+unserer Zeit mit ihnen fliehen. Wer die menschliche Gesellschaft in allen
+ihren Schichten kennen lernte, hat keine Illusionen mehr. Dass es einen
+Plebs im Adel gibt, macht den Pöbel um nichts schöner! Tausendfältige
+Ungleichheit ist eben das Prinzip, auf dem die Menschheit wie auf Sprossen
+anhebt. Ein Feststellen, ein Unterordnen der wahren, bis in die tiefsten
+Ursprünge zurückzuleitenden Ungleichheiten könnte allein die wahre
+Gleichheit zu ihrem Rechte bringen und nur in Wahrung der (ach so
+vorhandenen!) Distanzen könnte die Brüderlichkeit unverletzt aufleben. Hier
+liegt das Problem der künftigen Jahrzehnte, Jahrhunderte. Es ist der Sinn
+der Leiter, von welcher Jakob träumte, und wir leben heute wirklich nur
+noch um der Erläuterungen willen, welche diese Dinge verlangen.
+
+
+
+
+Wiederholungen.
+
+
+So hätten wir heute alles von der Methode jener glücklichen Spekulanten zu
+lernen, welche sich offenkundig als die weitaus schärfsten Psychologen
+erwiesen, indem sie irgend ein Präparat, eine Zahntinktur oder ein Extrakt
+dadurch zu allgemeinster Geltung verhelfen, dass sie deren Bezeichnungen in
+grellen Riesenbuchstaben an Mauern, Säulen und Schlöten anschlagen, sich
+gleichsam an die Fersen des Vorübergehenden heften, selbst auf Bergeshöhen
+sich zwischen ihm und der Aussicht schieben, ja von Felswänden herab ihm
+unerwartet Odol! Haarlin! oder Bovril! entgegenschreien.
+
+Wäre heute nicht die Beachtung gewisser Zustände mit einer so vorbildlichen
+Hartnäckigkeit zu erzwingen? Durch ein ungeheures Preisausschreiben etwa,
+das an alle Maler, der ältesten wie der neuesten Schule erginge, um auf
+Bildern oder Plakaten, mit beliebigem Raumverbrauch die Wirklichkeit zu
+illustrieren und zu illuminieren; allen Brücken und Wegen entlang sie
+immerzu neu einer Allgemeinheit zu veranschaulichen, deren geistigen
+Stumpfsinn nur jene Menschenkenner von Spekulanten voll ergründeten. Dass
+es keine intellektuelle Notwehr, dagegen einen hemmungslosen Mangel an
+Logik gibt, und dass wir lieber untergehen, als dass wir dächten, hielten
+wir ja nicht für möglich, bevor wir es erlebten. Wie hätte sonst über
+unsere Köpfe hinweg jene Phalanx der Niedrigen zustande kommen können, die
+sich heute mit so bewundernswerter Regie über alle Grenzen hin in die Hände
+arbeiten? Dass sie dabei sehr ausdrücklich in Freunde und Feinde zerfallen,
+macht ihren stummen Pakt nur um so fester. Wir anderen aber, welche den
+entsetzlichen Humbug dieser »Feindschaft« durchschauen, auf uns, die ihn
+gewähren lassen, auf uns fällt der Fluch dieser Zeit zurück. Nicht auf die
+Schlechten, deren Tun im Einklang steht mit ihrem Wollen; auf uns, nicht
+auf die Knechte, welche sich zu unsern Herren machten, sondern auf uns, die
+wir uns von ihnen knechten liessen! Sollte der Tag hereinbrechen, an dem es
+zu spät sein wird für unser Zusammengehen, so werden wir, die guten Willens
+sind, als die Schuldigen stehen, weil uns der Mut unseres besseren Wissens
+gebrach, dem Genius des Krieges, die Siegermaske von der gedankenlosen
+Stirn zu reissen. Ah! wir bedachten nicht den tiefen Sinn jener Sage,
+welche dem Drachentöter die Sprache der Vögel verstehen liess, als er vom
+Blut des erlegten Ungeheuers genoss.
+
+So läge es in unserer Macht, das Elend des Weltkrieges zum Segen zu wenden,
+wenn wir aus den Trümmern, die er häufte, das _Weltgericht_ mit letzter
+Anstrengung und letzter Entschlossenheit heben; mit ihm die grosse
+reinliche Scheidung, das Ende der Verkehrtheit, der falschen
+Gleichstellungen und des Gewühls; den Anfang jener neuen Hierarchie, nach
+der wir lechzen.
+
+Uns aber, der kleinen, geschlagenen Avantgarde, welche der Krieg um ihre
+letzte Neugier brachte, wir, die seine Verwerflichkeit und Stupidität von
+jeher, lang bevor es ein Wort wie Defaitismus gab, kennzeichneten, uns
+steht heute das traurige Vorrecht zu, die neue Scheidung und den neuen
+Kampf hinauszurufen, bevor der Schutt der alten Zeit uns begräbt.
+
+
+
+
+Schlusswort.
+
+
+Die Heftigkeit, mit welcher wir unsere Notsignale abgeben, hindert nicht,
+dass sie schon unter dem Druck einer geradezu monströs gewordenen
+Langeweile aufziehen, und dass unser eigener Pathos mit der ganzen Öde
+eines Frohndienstes auf uns lastet.
+
+Es kann jedoch sein, dass unser Gewissen oder unsere innere Stimme (wie man
+es nennen will) laut und unerbittlich die Forderung an uns stellt dies oder
+jenes _noch zu sagen_, bevor wir schweigen. Wer von uns wird nach dem
+Kriege noch von ihm reden? heute aber will ein désintéressement von den
+Dingen, die geschehen, erst erworben sein, denn unsere Zeugenschaft hat uns
+zu ihren Teilhabern gemacht, und auch wir haben verspielt.
+
+Von allen, die heute leben, wird keiner den Bau betreten, zu dessen
+Grundlegung ich Steine herbeischleppe -- so eilfertig und unter
+Hohngelächter gewiss! -- denn wo fände ich Glauben? -- Das Gerüst allein
+dürfte die Arbeit von Generationen sein, sein Ausbau die von Jahrhunderten
+vielleicht, ja, vielleicht sind die ewig unvollendet gebliebenen
+Kathedralen sein Symbol. Aber worauf es ankommt: bei allen Opfern, die er
+erheischen wird, allen Kämpfen, die ihm bevorstehen, ist er _möglich_.
+
+Bis zum heutigen Wendepunkt unserer Geschichte gehörte es zu ihren
+integralen Beständen, dass unseren vielgenannten »heiligsten Gütern«
+niemals auch nur von ferne ein schützendes Patent zuteil wurde, je
+erhabener eine Idee, um so grauenhafter die Verbrechen, die in ihrem Namen
+geschahen, je tiefer eine Erkenntnis, desto grösser der Unsinn, der daraus
+entstand.
+
+Die richtige Einsicht, dass es (merkwürdigerweise) niedrige und hohe
+Menschen gibt, führte folgerichtig zu Rang- und Standesunterschieden. Bei
+ihrer Aufrechthaltung aber gerieten jene Ungleichheiten, welche doch erst
+die Berechtigung solcher Klassifikationen bilden, immer mehr ausser acht,
+und bei dem Schrittmachen, das im Schwunge blieb, mischte sich in immer
+gemeinerer Weise das Bestreben jene Distanzen, welche der Wert zwischen den
+einzelnen liegt zu ignorieren. Das Missverständnis artete immer wilder aus:
+der königliche Mozart speiste mit dem Gesinde, und ein lakaienhafter
+Kavalier warf ihn mit einem Fusstritt ohne weiteres vor die Tür. In der
+Tat, wir wissen alle, was wir der französischen Revolution verdanken. Doch,
+als sie das falsche Spiegelbild in edler Empörung zerschlug, wurde mit
+diesem drastischen Vorgehen leider erst recht nur eine halbe Massnahme
+getroffen.
+
+Kein Missbrauch wurde an der Wurzel gefasst, vielmehr entrann der
+Missetäter froh durch die Tür. So brach die französische Revolution wie das
+Christentum, dem sie entsprang, in sich selber zusammen und wir sind heute
+wie bankrotte Leute, die von vorn anfangen müssen. Wir stehen wieder am
+Anfang aller Tage. Das heisst am Ende. Denn für das erkennende Auge sind ja
+die Menschen längst in jene zwei Lager zerfallen, von welchen geschrieben
+steht. Freilich ist vorläufig erst der Aufmarsch der Böcke geglückt, und
+unsere Absicht, ihrem Konsortium entgegenzutreten, dürfte auch fernerhin
+ein frommer Wunsch verbleiben, solange wir jene dunkle und geheimnisvolle
+Tatsache nicht ergründeten, dass die von schlechten Instinkten Gemeisterten
+so viel deutlicher die Hochgesinnten herausspüren, als diese sich unter
+sich erkennen. Wahrlich diese dunkle und rätselvolle Tatsache birgt
+Perspektiven von lockender Tiefe, und sie ziehen sich wie weite
+Zimmerflüchte nach allen Richtungen, reich an Verborgenheiten, hin. --
+
+Es heisst vom Himmelreich, es litte Gewalt. Indessen sehen wir zu, wie die
+Hölle immer mehr das Erdreich verschlingt. Dass allerorts so und so viele
+darüber jammern, ja auch vernünftig darüber raisonieren, hilft uns keinen
+Schritt vorwärts. Denn wo bleibt unser Zustrom, wo insbesondere bleibt
+unsere Sichtung?
+
+Um Machtfragen werden sich nach wie vor die Dinge drehen, und nach wie vor
+wird sich herausstellen, dass es nichts Neues unter der Sonne gibt. Macht
+wird vor Recht gehen, denn Macht geht vor Recht. Es ist Sache des Rechts,
+die Macht an sich zu reissen, eine neue Realpolitik zu ermöglichen, nicht
+ausdrückbar durch Lüge, Feuer und Mord; eine Exekutive zu befestigen,
+welche die aus Lüge, Feuer und Mord errungenen Vorteile verschmähen, und
+Lüge, Feuer und Mord nicht ausspielen würde gegen Lüge, Feuer und Mord.
+Sache des Rechts ist es, die Bahn solcher Gewalthaber zu bereiten, und was
+mich angeht, so musste ich, um meiner eigenen Grabesruhe willen, diese
+zukünftigen, für ein feineres Ohr heute schon ödesten Gemeinplätze noch
+äussern, bevor ich schweige oder von etwas anderem rede.
+
+
+
+
+INHALT.
+
+
+ Seite
+ Epilog zu den Briefen an einen Toten 3--4
+ August 1916 »Weisse Blätter«
+
+ Ausblick 4--6
+ Mai 1917 »Friedenswarte«
+
+ Zum Aufruf an die Frauen 6--8
+ 26. August 1917 »Neue Zürcher Zeitung«
+
+ Letzte Folgerungen 8--11
+ 22. Oktober 1917 »Neue Zürcher Zeitung«
+
+ Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit 11--12
+ März 1918 »Friedenswarte«
+
+ Wiederholungen 12--14
+ Juli 1918 »Friedenswarte«
+
+ Schlusswort 14--15
+
+
+
+
+Anmerkungen zur Transkription
+
+
+Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt
+(vorher/nachher):
+
+ [p. 4]:
+ ... besitzen. ...
+ ... besitzen.« ...
+
+ [p. 6]:
+ ... Aber all diese Kriege und die gewesenen sind ja nur Vorstufen ...
+ ... Aber all diese Kriege, und die gewesenen sind ja nur Vorstufen ...
+
+ [p. 7]:
+ ... ihrer Gattinen ungeduldig verbeten. Ihrer Angst und Sorge
+ überlassen, ...
+ ... ihrer Gattinnen ungeduldig verbeten. Ihrer Angst und Sorge
+ überlassen, ...
+
+ [p. 8]:
+ ... die ganze Welt hindurch geeinigt, mächtig genug, um ihr Tribmal ...
+ ... die ganze Welt hindurch geeinigt, mächtig genug, um ihr Tribunal ...
+
+ [p. 9]:
+ ... l'Ile Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte, an ...
+ ... l'Isle Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte, an ...
+
+ [p. 12]:
+ ... veränderten Gesichtspunken neu aufzurichten. Wie aus einer ...
+ ... veränderten Gesichtspunkten neu aufzurichten. Wie aus einer ...
+
+ [p. 13]:
+ ... des Gewühls; den Anfang jener neuen Hierarche, nach der ...
+ ... des Gewühls; den Anfang jener neuen Hierarchie, nach der ...
+
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Die Last, by Annette Kolb
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE LAST ***
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+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
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+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
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+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
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+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
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+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation information page at www.gutenberg.org
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+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
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+North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email
+contact links and up to date contact information can be found at the
+Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact
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+ Chief Executive and Director
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+Literary Archive Foundation
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+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
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+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit www.gutenberg.org/donate
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+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
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+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including checks, online payments and credit card donations.
+To donate, please visit: www.gutenberg.org/donate
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+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For forty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
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+<title>The Project Gutenberg eBook of Die Last, by Annette Kolb</title>
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+The Project Gutenberg EBook of Die Last, by Annette Kolb
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
+
+
+Title: Die Last
+
+Author: Annette Kolb
+
+Release Date: November 23, 2013 [EBook #44258]
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+Language: German
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+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE LAST ***
+
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+
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+Produced by Jens Sadowski
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+<div class="centerpic">
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+<h1 class="tit" id="part-1">
+<a id="page-1" class="pagenum" title="1"></a>
+<span class="line1">ANNETTE KOLB</span><br />
+<span class="line2">DIE LAST</span>
+</h1>
+
+<p class="pub">
+Max Rascher Verlag A.-G. in Zürich 1918
+</p>
+
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+<div class="titlematter">
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+<p class="imp">
+<a id="page-2" class="pagenum" title="2"></a>
+1. bis 3. Tausend
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+
+<p class="imp">
+Copyright by Max Rascher Verlag A. G., in Zürich 1918
+</p>
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+<p class="imp">
+Buchdruckerei zur Alten Universität, Zürich
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+</div>
+
+<h2 class="pb chapter" id="chapter-1-1">
+<a id="page-3" class="pagenum" title="3"></a>
+Epilog zu den Briefen an einen Toten.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">E</span>s gibt Leute, welche die Worte: &bdquo;Ich bin nicht gekommen,
+den Frieden zu bringen, sondern das Schwert&ldquo; mit besonderer
+Vorliebe herausgreifen, andere wieder, welche meinen, Christus
+könne sich unmöglich so geäussert haben. Ich zweifle keinen
+Augenblick, dass er so sprach, so wenig ich glaube, dass er dabei
+an unsere heutigen Stickgase, Flatterminen und Sprengbomben
+dachte. Aber ich weiss eine Schlacht, zu der ich noch als ein
+Schatten jubelnd hinstürmen würde, tagte er endlich, der grosse
+europäische Bruch mit unseren Trollen, unseren Ab- und Unterarten
+und dem Tross der Seelenlosen, deren Triumph das heutige
+Chaos besiegelt. Denn eines Tages werden wir es vor uns herjagen,
+das Heer der böswilligen Toren wie der Unterworfenen,
+nicht länger gewillt, ihre Übermacht zu ertragen. Von langer
+Hand ist der Rache vorzuarbeiten, von jetzt ab schon und inmitten
+der unerhörten Niederlage noch, welche die Kinder des
+Lichts von den Söhnen der Finsternis erdulden. Ist das, was
+sich heute ereignet, etwas anderes als das erweiterte Bild desjenigen
+Krieges, der unablässig auf der Erde wütet, das Glück
+der Familien untergräbt und die Häuser niederreisst? Haben die
+Knechtischen jemals aufgehört, den Besonnenen zu verfolgen?
+Ist je ein Waffenstillstand zwischen ihnen gewesen? Liessen sie
+je ab, den Edlen zu bedrängen, auf dass er stürze oder sein
+Wirken wieder vereitelt werde? Kein Gesetz, nichts auf Erden
+störte sie je, das goldene Saitenspiel seines Herzens zu zerschlagen.
+Wir wissen genug. Wer brennenden Auges in diese Welt hineinsah,
+dem ist dieser Krieg kein Rätsel, noch die Worte desjenigen,
+dessen Kommen der Engelsruf verkündete: &bdquo;Friede den Menschen,
+die guten Willens sind,&ldquo; und der doch gesagt hat: &bdquo;Ich bin nicht
+gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.&ldquo; Die
+weit verstreuten <em class="em">Menschen</em> sind heute überall die Unterlegenen,
+die ihre Einigung noch nicht festlegten, um als das auserwählte
+Volk &mdash; furchtbar genug &mdash; den Fuss auf den Nacken der
+Schlechten, der Unentwickelten, der Unterarten zu setzen, nicht
+mehr willens, mit ihnen, die nichts so sehr scheuen wie ihre
+Namen, die Herrschaft über diesen Planeten zu teilen. Durch alle
+Nationen, alle ihre Schichten hindurch ist der Genius dieses
+<a id="page-4" class="pagenum" title="4"></a>
+Krieges, seinem Charakter entsprechend, der Würgengel der
+Besten gewesen, der besten Söhne überall, und der ungeborenen
+Söhne dieser Söhne. Fragt einen Arbeitgeber, wo immer Ihr
+wollt: seine besten Leute sind es, die er beklagt. Rache für sie,
+für alle Prediger in der Wüste, für alle jene Staatsmänner auch,
+die &mdash; hier und drüben &mdash; mit reinen Händen in diesen Krieg
+gerissen wurden, Rache für sie und ihren Gram. <em class="em">Ihre</em> Erhebung
+und <em class="em">ihr</em> Zusammenschluss ist die grosse Notwendigkeit. Man
+sage mir nicht, dass es unmöglich sei. Ein Ruf dringt schon
+durch das Getöse. Wie mit Feuerzungen ist schon die Luft von
+den Stimmen der Dichter erfüllt. Inmitten welcher Drangsal,
+welcher Todesnot, aus ihren Gräben, ihren Gräbern ach! haben
+sie nach der Herrschaft des guten Menschen gerufen.
+</p>
+
+<p class="center">
+&bdquo;Sein ist die Kraft, das Regiment der Sterne.&ldquo;
+</p>
+
+<p class="noindent">
+Und es gilt nicht von Utopien zu reden. <em class="em">Es gibt keine Utopien.</em>
+Er wäre denn nur ein Utopist gewesen, der nicht gekommen ist,
+den Frieden zu bringen, sondern das Schwert, und der gesagt
+hat: &bdquo;Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich
+besitzen.<a id="corr-0"></a>&ldquo;
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-2">
+Ausblick.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">I</span>n einem Essay über die Markgräfin von Bayreuth schrieb ich
+vor einigen Jahren, der Frau fehle es zwar nicht an literarischer
+Begabung, wohl aber an literarischer Perspektive, und für die
+Realität des geschriebenen Wortes wohne ihr auch nicht entfernt
+dasselbe scharfe Gefühl inne wie dem Manne. Heute füge ich
+hinzu, ihr Interesse und ihr Verständnis für Presse wie für Parteiwesen
+sei in der Regel gering, und auf jene allerletzten Endes
+so gedankenlose Parole: right or wrong my country (an welche
+sich übrigens die überlegteren Engländer während des Burenkrieges
+nicht hielten), wäre die Frau nicht verfallen.
+</p>
+
+<p>
+So wird sie denn nur wenig von bisheriger Politik verstehen,
+dafür um so mehr von der kommenden. Denn es ist ganz gewiss
+falsch, zu behaupten, man dürfe Politik nicht mit dem
+Gefühle treiben. Wie veraltet die ohne Gefühl betriebene sogenannte
+Realpolitik im Grunde schon war, hatten die zuletzt
+auf dem Plan erschienenen jungslavischen Völker sehr wohl
+erkannt, als sie jenen brüderlichen Balkanbund zu gründen beschlossen,
+welcher dann am Widerstand der europäischen Kabinette
+scheiterte. So dringen Schneeglocken verfrüht an die
+schneidende Luft und werden von der Härte des Winters getötet,
+aber die Ahnung des Frühlings lassen sie zurück.
+</p>
+
+<p>
+<a id="page-5" class="pagenum" title="5"></a>
+Es klingt ja angesichts der Tatsachen so grotesk, dass man
+es kaum zu sagen wagt, aber die Welt ist besser geworden.
+Denn rohe Gewaltmittel, mögen sie sich noch so radikal durchsetzen,
+haben jedes Ansehen verloren. Es waren auch in der
+Tat schon Ansätze vorhanden zu der Erkenntnis, dass die Politik
+nicht mehr wie auf dem Schachbrett zwischen <em class="em">Spielern</em> betrieben
+werden dürfte, und es dämmerte die Erkenntnis von der Unhaltbarkeit
+des Satzes: &bdquo;In der Politik gibt es keine Moral.&ldquo; Mit
+richtigem Instinkt waren die Nationen durch überlebensgrosse
+Menschengestalten versinnbildlicht worden: Marianne, John Bull,
+Michel, Uncle Sam .&nbsp;.&nbsp;. Von hier aus zog sich mit vollkommener
+Deutlichkeit ein Weg zur Einsicht, dass den Beziehungen zwischen
+hochstehenden Völkern billigerweise genau dieselben Grundsätze
+unterliegen sollten wie zwischen hochstehenden Menschen. Diese,
+statt sich zu überlisten und brutal zu übervorteilen, suchen sich im
+Gegenteil an Schonung, Grossmut und Rücksicht <em class="em">gegenseitig</em> zu
+überbieten. Der Wetteifer um den Rücksitz hat als Ergebnis,
+dass man sich darin teilt; statt einander zu berauben, hilft man
+einander aus. Man gesteht sein Unrecht und wird vernommen
+statt verdammt.
+</p>
+
+<p>
+Ich hätte mir vorstellen können &mdash; ich weiss nicht, ob ich
+es noch kann &mdash;, dass auf einer solchen Grundlage hin ein Dialog
+zustande gekommen wäre zwischen Michel und der unversöhnlich
+von ihm abgewandten Marianne. Ich könnte mir wahrhaftigen
+Gottes vorstellen, dass er &mdash; nach Art der Liebhaber &mdash; zu
+ihren Füssen hingerissen, in leidenschaftlicher Selbstanklage die
+elsässische Frage vor ihr zur Sprache brächte; ich könnte mir
+vorstellen, dass im Laufe dieses Dialogs endlich ein Wendepunkt
+sich ergäbe, von wo ab beteuert würde, was verneint worden
+war .&nbsp;.&nbsp;. und in dieser Tonart lange hin und wieder so beharrlich!
+&mdash; bis die wunde Frage sich zwischen ihnen isolierte
+auf einen höheren Plan gehoben, langsam, über ihren Häuptern
+wie eine enthüllte Morgengabe schillerte .&nbsp;.&nbsp;.
+</p>
+
+<p>
+Wem dies zu dumm ist, der begebe sich hinaus zu den
+vordersten Kampflinien, wo die gehegten Söhne holder Mütter
+wie Tiere jämmerlich verenden, und aus der Wut und Not ihrer
+Verlassenheit heraus den .&nbsp;.&nbsp;. Kriegskorrespondenten verfluchen,
+dessen Bericht (o würdiger Trumpf einer realpolitischen Presse!)
+mit ekler Schönfärberei ihre unnennbaren Martern unterschlägt.
+Bald nach Friedensschluss wird man sich zwar an den Kopf
+greifen über die heutige Welt; und dann wird vermutlich das
+andere Schlagwort aufkommen vom Antagonismus der weissen
+<a id="page-6" class="pagenum" title="6"></a>
+und der gelben Rasse; und dann wird sich der Himmel verfinstern
+von all den Schrecknissen; und dann werden die Überlebenden
+nicht mehr bestreiten, dass die europäische Psyche durch
+die Assimilierung der asiatischen eine unendliche Bereicherung,
+ja geradezu ihre letzte Vollendung erführe.
+</p>
+
+<p>
+Und die grauenvollen Erfahrungen, die geopferten Generationen,
+die vergeudeten Jahrzehnte, Jahrhunderte werden notwendig
+gewesen sein, um diese Welt zu Anschauungen zu
+bekehren, welche sich der elementarsten Nachdenklichkeit aufdrängen.
+In so verzweifelt weiten Schleifen rückt die Menschheit
+ihrem Ziel entgegen. Warum? Welch ein Geheimnis!
+</p>
+
+<p>
+Aber all diese Kriege<a id="corr-1"></a>, und die gewesenen sind ja nur Vorstufen
+zu einem letzten Kampf, dessen Stunde zugleich mit der
+Stunde der Vergeltung schlagen wird für jene Elemente, welche
+von jeher Kriege verursacht und die schlechte Sache in der Welt
+betrieben oder die gute verdorben haben. Die Leute also, welche
+auf den ewigen Krieg schwören, mögen zufrieden mit mir sein;
+denn bevor jene Elemente (und es sind stets überall dieselben)
+nicht gekennzeichnet und untergeordnet werden, glaube auch ich
+an keinen dauernden Frieden.
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-3">
+Zum Aufruf an die Frauen.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">A</span>ndreas Latzko hat einen Aufruf an die Frauen veröffentlicht,
+welcher ebenso berechtigte wie unberechtigte Vorwürfe enthält.
+</p>
+
+<p>
+Ich gebe vollkommen zu, dass heute ein Plädoyer zu ihren
+Gunsten schwer fiele. Nachdem in den ersten Augusttagen die
+Männer das Zeichen des grossen Umfalles mit einer Promptheit
+gegeben haben, die man noch tags zuvor für unmöglich hielt,
+wurden die Frauen von der Schwere dieses Sturzes mitfortgerissen.
+</p>
+
+<p>
+Fast alle Zeitungen arbeiteten damals Tag und Nacht an der
+Herstellung vergifteter Pfeile in Form von Lügen und Verleumdungen
+und sandten sie mit fieberhafter Eile nach allen Richtungen
+aus. In Millionen von Aushängebogen wurden &bdquo;die Feinde&ldquo;
+täglich neu als eine schlechtere Abart von Menschen dahingestellt.
+</p>
+
+<p>
+Männer mit neun Gymnasialklassen und vier Universitätsjahren
+hinter sich, zur Unabhängigkeit des Denkens systematisch geschulte
+Männer waren es, welche solche Märchen verkündeten und kolportierten;
+es ist demnach anzunehmen, dass sie sie auch glaubten.
+Welche Gelegenheit für die Frauen zu beweisen, dass sie einsichtiger
+und besser seien, und wie gründlich wurde sie verscherzt!
+</p>
+
+<p>
+&bdquo;Anderthalb Jahrtausende, schreibt Latzko aber, haben an
+dem Bild der christlichen Frau gemodelt; jedes Jahrhundert hatte
+<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a>
+das Antlitz mit neuen Zügen vertieft, veredelt, verfeinert&ldquo; .&nbsp;.&nbsp;.
+sehr wahr und sehr schön. Aber der Verfasser des Aufrufs ist
+ein Dichter und hat als solcher Illusionen über die Menschheit.
+</p>
+
+<p>
+Die <em class="em">Norm</em> der Frauen taugt nicht viel mehr und nicht viel
+weniger als die Norm der Männer. Warum auch? Stammen sie
+nicht ebensowohl auch von ihren Vätern wie die Söhne auch
+von ihren Müttern ab? Wer war es nur, der einmal behauptete
+(ich glaube, ich bin es selbst gewesen!), dass wenn die Männer
+so leicht bei der Hand seien, um zwischen den Frauen und einer
+gewissen Abart schnatternder Vögel Vergleiche anzustellen, es
+ebensosehr das Wesentliche trifft, wenn zwischen den Männern und
+einem gewissen langohrigen Haustier eine Analogie gefunden wurde.
+Ich vermute, auf die erstere verfiel zuerst ein Mann, auf die letztere
+eine Frau. In Wahrheit sind beide Analogien sehr glücklich.
+</p>
+
+<p>
+Latzko zitiert erbitterten Gemütes eine dumme Person,
+welche ihren zurückgekehrten Gatten mit unglaublich gefühlsrohen
+Fragen anwidert. Aber jener selbe Mann, oder jedenfalls <em class="em">sehr</em>
+viele andere Männer waren ja zu Anfang vor Kriegsbegeisterung
+ganz ausser sich und hatten sich das Entsetzen und die Tränen
+ihrer <a id="corr-2"></a>Gattinnen ungeduldig verbeten. Ihrer Angst und Sorge überlassen,
+waren diese einzig auf ihre neu eingetrichterte Mentalität
+gestellt, die in der Tat in diesem Falle nichts anderes sein
+konnte als eine ungeheure Verdrängung mit all ihren Folgeerscheinungen.
+O der Fahnen, o der Siege, an denen die Armen
+sich so geschwätzig weideten, o der entsetzlich vielen Worte,
+mit denen sie ihre Bangigkeit zu betäuben suchten &mdash; den ganzen
+Tag &mdash; und als einzige Ablenkung für ihre tägliche Ungewissheit
+hatten sie dabei nur die täglichen Schauergeschichten der Zeitungen,
+diese Musterbilder der Roheit.
+</p>
+
+<p>
+<em class="em">Also angeleitet</em> und bei dem Gedanken an die Grausamkeit
+des Feindes und dem Schicksal ihrer Männer erstarrten und verrohten
+die Gemüter der Frauen. Heute ruft man ihnen zu: &bdquo;Ach!
+seid wie früher! Gut und tränenreich! &bdquo;Lüge, alles Lüge.&ldquo; Es ist
+nicht wahr! die Menschen zerfallen überall in gute, mittelmässige
+und schlechte! die Welt ist überall gleich!&ldquo;
+</p>
+
+<p>
+Ja, aber warum hätten die seit Jahrtausenden zur Unselbständigkeit
+des Denkens systematisch angehaltenen armen Dinger
+glauben sollen, dass Ihr sie belogt? Dass die Männer, zu welchen
+sie aufblicken sollten, Lügner waren, die noch dazu wussten,
+dass sie logen, oder nicht einmal wussten, dass sie logen?
+</p>
+
+<p>
+&bdquo;Lüge, alles Lüge?&ldquo; ja, aber wer hat denn gelogen? Und
+ist es an dem Lügner den Belogenen abzukanzeln? Nein ihr
+<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a>
+Herren! Wenn die Frauen versagten, so habt Ihr an ihnen die
+Saaten eurer Lügen geerntet. Wenn Latzko den Frauen zuruft:
+&bdquo;Ich weiss, Ihr seid nicht alle so. Vielleicht sind Viele, ich glaube
+die meisten von Euch sind anders. Aber, wo seid ihr? Man
+hört Euch nicht!&ldquo; .&nbsp;.&nbsp;. so könnten sie ihm erwidern: &bdquo;Wir sind
+da. Wo seid Ihr, dass Ihr uns nicht vernehmt, wenn wir unsere
+Stimme erheben? Aber wir sind noch ohnmächtiger wie ihr!&ldquo;
+</p>
+
+<p>
+Wer hat vielen von ihnen die Pässe verweigert, als sie in
+Holland tagen wollten, lang bevor Ihr an Stockholm dachtet.
+Wer hat vor diesem Kriege gewarnt, ein Lebensalter hindurch
+nichts anderes getan und wurde dafür von den Männern verhöhnt
+und zur lächerlichen Figur gestempelt? Wer hat die &bdquo;dicke
+Berta&ldquo; der &bdquo;Friedensberta&ldquo; vorgezogen, wenn nicht die allmächtigen
+Männer?
+</p>
+
+<p>
+Denn das grosse Verbrechen der Menschheit, das ihr durch
+diesen Krieg ein Denkmal ewiger Schande setzte, bestand schon
+vorher. Gedankenlosigkeit, Trägheit des Geistes wie des Herzens,
+Sünde wider den Geist hat uns in den Abgrund gestürzt.
+</p>
+
+<p>
+Menschen (würdig des Namens!), ob Männer oder Frauen,
+verbündet Euch! Schliesst Euch zusammen, und knechtet den
+geistigen Mob. Er ist es, der zur Herrschaft gelangte und sich
+triumphierend behauptet. Setzt ihn ab. Er ist der Feind. Erkenntnis
+ist Güte. Der Verfasser des Aufrufes gehört, seinem Werk wie
+seiner Gesinnung nach, zur auserwählten Klasse derer, welche
+den Kampf um die Vorherrschaft &bdquo;bis zum siegreichen Ende&ldquo;
+führen müssen. So wenig zahlreich sie sind, wären sie, durch
+die ganze Welt hindurch geeinigt, mächtig genug, um ihr <a id="corr-3"></a>Tribunal
+zu eröffnen, das die Schlechten unterjochen würde und alle
+Mittelmässigen wie alle Esel und alle Gänse an den richtigen
+Platz verwiese. Gelingt es den Auserwählten nicht, durch alle
+Länder und über alle Grenzpfähle hin ihre Macht durch ihre
+Einigung zu sichern, so wird der Friede ohnmächtig und mit
+leeren Händen vorüberziehen.
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-4">
+Letzte Folgerungen.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">N</span>icht die so brennenden und viel erörterten Probleme der
+Rassen und der grossen Interessen, nicht Sieg oder Niederlage,
+selbst die fernerliegenden oder die unmittelbaren Ursachen des
+Krieges nicht, sondern was er <em class="em">bedeutet</em>, das ist&rsquo;s, was heute die
+Aufmerksamkeit der Nachdenklichen in immer steigendem Masse
+beschäftigt. Immer deutlicher geht für sie aus dem ungeheuren
+Trugwerk dieses Krieges, seiner Einsätze und seiner Schlagworte
+<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a>
+&mdash; der Triumph des Sklaven über den Freien hervor, und immer
+drohender die Forderung, dass dieser Triumph uns nicht nur
+eine Lehre und eine Warnung sei (denn dies genügt schon lange
+nicht mehr!), sondern dass wir uns selbst aus der gemachten
+Erfahrung jenes letzte Gericht erstehen lassen, von dem geschrieben
+steht, dass es auf immer die Scheidung zwischen den Menschen,
+die guten Willens sind &mdash; und den anderen &mdash; entscheidet, ja!
+nicht die grosse Einigung, den grossen <em class="em">Bruch</em> gilt es, als Lohn
+für alle die Opfer zu erzielen. Es muss die unlösliche, herrische
+und heilige Allianz der menschenwürdigen Menschen zustande
+kommen, um jene &bdquo;Untermenschen&ldquo;, welche schon Villiers de
+l&rsquo;<a id="corr-4"></a>Isle Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte, an
+die rechte Stelle zu weisen.
+</p>
+
+<p>
+Nicht nur Europa, die Menschheit selbst steht heute vor ihrem
+gefährlichsten Wendepunkt. Ihr Niedergang ist unaufhaltsam,
+wenn jenen untergeordneten, allzu lange geduldeten Elementen,
+dasselbe Stimmrecht wie bisher verbleibt. Denn ihnen danken
+wir es, dass noch alle grossen und bahnbrechenden Ideen in
+Verwirrung ausarteten, und dass eine Sache um so sicherer verdarb,
+je edler sie war. Das Christentum selbst ist unter die
+Räder geraten, weil <em class="em">Unzulänglichkeit</em>, und weil <em class="em">Niedertracht</em>
+das grosse Wort zu führen in der Lage sind. Die Welt hat
+nichts zu hoffen, solange diese Gattung ihr Herrenrecht behält.
+Solange nicht ein neuer Korpgeist entsteht, wird die Menschheit
+wie ein Kranker sein, der sein Übel zu betäuben sucht, indem
+er sich auf seinem Schmerzenslager dreht und wendet, oder,
+hoch aufgerichtet, nach Atem ringt, um doch nur eine illusorische
+Erleichterung zu finden. &mdash; So wird sie alle Regierungsformen,
+eine nach der andern, erproben, und ob sie auch ihre Könige
+gegen Republiken eintauscht &mdash; oder umgekehrt &mdash;, es werden
+doch nur falsche Monarchien und falsche Republiken sein, und
+auch die Anarchie wird sich als nichts anderes herausstellen
+als einen Missbrauch der Macht.
+</p>
+
+<p>
+Es gibt ja Leute, ich weiss, welche ganz ehrlich der Meinung
+sind, dieser Krieg sollte von Rechts wegen noch recht lange
+dauern. Die moralischen Ansichten, die sich dabei geltend machen,
+sind auch nur deshalb so heillos falsch, weil dieser Krieg eine
+auf <em class="em">Zurückentwicklung</em> gerichtete Zuchtwahl ist und jede Schlacht
+die Zahl der Tauglichen herabsetzt zugunsten der Untauglichen
+wie der Schuldigen und der Profiteure. Letztere sind ja so fest
+entschlossen, dem Abgrund zu entrinnen, den sie offen halten
+oder bereiteten, dass ihre Spitzfindigkeit auch die strengste Kontrolle
+<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a>
+überlisten wird. Nichts scheuen ja diese Leute so sehr wie
+das Ende des Krieges, da sie wissen, dass seine Verlängerung
+sehr wohl mit ihrer Gnadenfrist zusammenfallen dürfte, und dass
+die Untersuchung gegen die Verantwortlichen so lange unterbleiben
+wird, als das Gemetzel der Unschuldigen anhält. Ach!
+Dies sollten jene Moralisten wohl bedenken, welche diesen Krieg
+bis ans letzte Ende geführt sehen möchten, auf dass er seinen
+endgültigen Garaus fände. Ach, was glauben sie denn? Glauben
+sie wirklich an einen Rückfall in diesen Zustand? Glauben sie
+allen Ernstes, dass nach einer solchen Erfahrung die Völker sich
+noch einmal narren liessen? Haben sie so wenig die Geschichte
+der menschlichen Irrtümer ergründet, und erkannten sie noch
+nicht, dass ihr normaler Verlauf (wie die Ärzte sagen) dem der
+Epidemien gleichkommt und darin besteht, dass ihre Keime
+anfänglich unter trügerischen Symptomen um sich greifen, um
+toll und mörderisch auszubrechen und endlich zu ersticken, indem
+sie triumphieren.
+</p>
+
+<p>
+So erreichten die Religionskriege ihren Paroxysmus und
+verschwanden.
+</p>
+
+<p>
+So ist durch die eklatante Torheit und Schmach dieses rückständigen
+Krieges die Rechnung der Kriege, wenigstens für die
+europäischen Völker, gemacht. Ich fürchte von der Zukunft kein
+Dementi für diese Behauptung. Nein! Die Welt fällt nicht zweimal
+in dieselben Irrtümer zurück. Aber wehe den Neuen! Wenn
+die rohen und bösartigen Elemente in diesen Tagen ihre Betriebsamkeit
+unendlich erhöhten und sich überall unendlich bösartiger
+und roher erwiesen, so sind dafür die Guten überall unendlich
+besser geworden. Ihre Einigung und infolgedessen ihre Machtstellung
+durch alle Länder hin hat der Welt noch immer gefehlt.
+Es gilt, ihre Reihen zu schliessen und ihre <em class="em">Solidarität</em> zu organisieren
+im Hinblick einer letzten und unerbittlichen Fehde; &mdash;
+und es gilt den Frieden, weil der Kampf um die wahre Vorherrschaft
+nicht entbrennen kann, solange dieser Krieg noch besteht.
+</p>
+
+<p>
+Und die Freiheit?
+</p>
+
+<p>
+Wie aber könnte die einzig wirkliche Freiheit entstehen,
+wenn nicht durch die Knechtung desjenigen Pöbels, der allerorts
+alle Klassen der menschlichen Gesellschaft, von den höchsten
+bis zu den sogenannten niedrigsten Schichten verheert. Hierarchien
+aber sind es ja gerade &mdash; weniger rudimentär und kindisch
+nur als diejenigen, welche man sich bisher aufoktroyieren liess.
+<em class="em">Hierarchien</em> sind es, die auf neuer und gerechtfertigter Basis
+zu errichten sind. Geben wir uns keinen Täuschungen hin: die
+<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a>
+Klasse der Könige, der Fürsten und der Herren, ja der ganze
+Tross der kleinen Gentry sogar, er ist vorhanden (nur so anders!)
+und alle wahren Adelsbriefe, die sich in unendlichen Fluktuationen
+aus der menschlichen Würde ergeben, existieren auch sie. In
+allen &bdquo;Kreisen&ldquo; aber und durch alle Zeiten hin wurde die wahre
+Elite gepeinigt, geopfert oder zu wahrer Ohnmacht verdammt,
+weil urteilslose oder niedrig gesinnte Elemente, die sich weder
+in Gleichheit noch in Brüderlichkeit zu ihr verhalten, dasselbe
+Stimmrecht geniessen.
+</p>
+
+<p>
+Echte Demokratien sind die Notwendigkeit: sie sind aber
+nur insofern nicht illusorisch, als sie aristokratisch sind. Man
+rede also für die Zukunft nicht von Utopien, sondern von neuen
+Gesetzbüchern und neuen Statuten.
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-5">
+&bdquo;Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.&ldquo;
+</h2>
+
+<p class="motto">
+&bdquo;Je songe à une guerre de droit<br />
+ou de force, de logique bien imprévue.<br />
+C&rsquo;est aussi simple qu&rsquo;une<br />
+phrase musicale.&ldquo;
+</p>
+
+<p class="signature">
+<em class="em">(Rimbaud.)</em>
+</p>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">J</span>edes Innehalten ist heute vermehrte Unrast. Wir sind halbwegs
+Gebliebene, sofern wir Zeit unseres Lebens stillestehen.
+So ist es über uns verhängt, weil unsere Existenz mit so gewaltigen
+Umwälzungen zusammenfällt, dass Fragen, die gestern
+noch in ihren Anfängen steckten, plötzlich zu überhitzter Reife
+ans Licht gerissen wurden. Es sind aber Fragen, Erkenntnisse
+und Entdeckungen so schwieriger Natur, dass der einzelne, wie
+stark er immer sei, niemals imstande sein könnte, ihre Geltung
+durchzusetzen. Sie wäre nur möglich durch das kollektive Wirken
+ganz bestimmter, durch Erfahrungen aufmerksam gewordener
+Menschen, welche das Schicksal zusammenführte, damit sie die
+Tabelle ihrer Erlebnisse vergleichen. So bedurfte es der Konstellation
+einer Konstellation, um der Sinnfälligkeit einer Wahrheit so
+vorzuarbeiten, dass sie wie ein von jeher dagewesenes, aber noch
+nie vorher gesichtetes Sternbild zu voller Deutlichkeit gelangt.
+</p>
+
+<p>
+Aber noch schwebt sie nicht über uns, diese heute schon
+nicht mehr wegzudenkende Wahrheit, sondern sie harrt noch
+unerlöst am Wegesrand, so alt sie ist. Von Natur aus gerät ja
+keiner auf sie, Erfahrung allein kann den Menschen darauf
+bringen, und noch immer stürzte er, ohne sie zu erkennen, über
+sie hin. Weil aber der Zeitpunkt gekommen ist, an dem sie ein
+Gesicht erhalten soll und Augen, uns anzustarren, ergab sich
+eben jener Komplex von Erfahrungen, mit dem sich das grosse
+<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a>
+2 × 2 = 5 dieser Welt so gründlich vornehmen lässt wie eine
+Haussuchung mit Hilfe richtiger Schlüssel.
+</p>
+
+<p>
+Dass sich jene weit verstreuten paar Menschen mit den
+analogen Wahrnehmungen, den analogen Erlebnissen und der
+analogen Geistesart eines Tages begegneten, gehört zu den
+grossen sogenannten Zufällen des Lebens. Auf jeden Fall obliegt
+es ihnen, die Dinge, um welche es heute geht, in allen Tonarten
+und den weitausgreifendsten Steigerungen zu formulieren.
+</p>
+
+<p>
+Erkenntnismässig ist ja ihr Weg vollkommen deutlich ausgestreckt,
+und schon sind alle Hochgefühle irgendwie von der
+Bewältigung seiner Fährnisse abhängig. &mdash; O Freiheit, Gleichheit
+und Brüderlichkeit! wie bezeichnend ist es, dass euer göttlicher
+Impuls euch nicht davor bewahren konnte, zum Kompendium
+aller Irrtümer zu werden! Die Menschen sind <em class="em">nicht</em> gleich.
+Ihre schief aufgerichtete Gleichheit wird vornüber stürzen, mit
+ihrer Brüderlichkeit wird es so eine Sache sein wie bisher, und
+die auf krummer Axe gehobene Welt läuft Gefahr, endgültig
+ihren falschen Dreh zu nehmen, wenn nicht alle Anstrengungen
+geschehen, die missverstandene Brüderlichkeit und die misshandelte
+Freiheit nach einer anderen Himmelsrichtung und unter
+veränderten Gesichts<a id="corr-5"></a>punkten neu aufzurichten. Wie aus einer
+brennenden Stadt müssen wir heute diese Begriffe retten und
+aus dem zerfallenen Tor unserer Zeit mit ihnen fliehen. Wer
+die menschliche Gesellschaft in allen ihren Schichten kennen
+lernte, hat keine Illusionen mehr. Dass es einen Plebs im Adel
+gibt, macht den Pöbel um nichts schöner! Tausendfältige Ungleichheit
+ist eben das Prinzip, auf dem die Menschheit wie auf
+Sprossen anhebt. Ein Feststellen, ein Unterordnen der wahren,
+bis in die tiefsten Ursprünge zurückzuleitenden Ungleichheiten
+könnte allein die wahre Gleichheit zu ihrem Rechte bringen
+und nur in Wahrung der (ach so vorhandenen!) Distanzen könnte
+die Brüderlichkeit unverletzt aufleben. Hier liegt das Problem
+der künftigen Jahrzehnte, Jahrhunderte. Es ist der Sinn der Leiter,
+von welcher Jakob träumte, und wir leben heute wirklich nur
+noch um der Erläuterungen willen, welche diese Dinge verlangen.
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-6">
+Wiederholungen.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">S</span>o hätten wir heute alles von der Methode jener glücklichen
+Spekulanten zu lernen, welche sich offenkundig als die weitaus
+schärfsten Psychologen erwiesen, indem sie irgend ein Präparat,
+eine Zahntinktur oder ein Extrakt dadurch zu allgemeinster
+Geltung verhelfen, dass sie deren Bezeichnungen in grellen
+<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a>
+Riesenbuchstaben an Mauern, Säulen und Schlöten anschlagen,
+sich gleichsam an die Fersen des Vorübergehenden heften, selbst
+auf Bergeshöhen sich zwischen ihm und der Aussicht schieben,
+ja von Felswänden herab ihm unerwartet Odol! Haarlin! oder
+Bovril! entgegenschreien.
+</p>
+
+<p>
+Wäre heute nicht die Beachtung gewisser Zustände mit
+einer so vorbildlichen Hartnäckigkeit zu erzwingen? Durch ein
+ungeheures Preisausschreiben etwa, das an alle Maler, der ältesten
+wie der neuesten Schule erginge, um auf Bildern oder Plakaten,
+mit beliebigem Raumverbrauch die Wirklichkeit zu illustrieren
+und zu illuminieren; allen Brücken und Wegen entlang sie
+immerzu neu einer Allgemeinheit zu veranschaulichen, deren
+geistigen Stumpfsinn nur jene Menschenkenner von Spekulanten
+voll ergründeten. Dass es keine intellektuelle Notwehr, dagegen
+einen hemmungslosen Mangel an Logik gibt, und dass wir lieber
+untergehen, als dass wir dächten, hielten wir ja nicht für möglich,
+bevor wir es erlebten. Wie hätte sonst über unsere Köpfe hinweg
+jene Phalanx der Niedrigen zustande kommen können,
+die sich heute mit so bewundernswerter Regie über alle Grenzen
+hin in die Hände arbeiten? Dass sie dabei sehr ausdrücklich
+in Freunde und Feinde zerfallen, macht ihren stummen Pakt
+nur um so fester. Wir anderen aber, welche den entsetzlichen
+Humbug dieser &bdquo;Feindschaft&ldquo; durchschauen, auf uns, die ihn
+gewähren lassen, auf uns fällt der Fluch dieser Zeit zurück.
+Nicht auf die Schlechten, deren Tun im Einklang steht mit ihrem
+Wollen; auf uns, nicht auf die Knechte, welche sich zu unsern
+Herren machten, sondern auf uns, die wir uns von ihnen knechten
+liessen! Sollte der Tag hereinbrechen, an dem es zu spät sein
+wird für unser Zusammengehen, so werden wir, die guten Willens
+sind, als die Schuldigen stehen, weil uns der Mut unseres besseren
+Wissens gebrach, dem Genius des Krieges, die Siegermaske von
+der gedankenlosen Stirn zu reissen. Ah! wir bedachten nicht
+den tiefen Sinn jener Sage, welche dem Drachentöter die Sprache
+der Vögel verstehen liess, als er vom Blut des erlegten Ungeheuers
+genoss.
+</p>
+
+<p>
+So läge es in unserer Macht, das Elend des Weltkrieges
+zum Segen zu wenden, wenn wir aus den Trümmern, die er
+häufte, das <em class="em">Weltgericht</em> mit letzter Anstrengung und letzter Entschlossenheit
+heben; mit ihm die grosse reinliche Scheidung,
+das Ende der Verkehrtheit, der falschen Gleichstellungen und
+des Gewühls; den Anfang jener neuen <a id="corr-6"></a>Hierarchie, nach der
+wir lechzen.
+</p>
+
+<p>
+<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a>
+Uns aber, der kleinen, geschlagenen Avantgarde, welche
+der Krieg um ihre letzte Neugier brachte, wir, die seine Verwerflichkeit
+und Stupidität von jeher, lang bevor es ein Wort
+wie Defaitismus gab, kennzeichneten, uns steht heute das traurige
+Vorrecht zu, die neue Scheidung und den neuen Kampf hinauszurufen,
+bevor der Schutt der alten Zeit uns begräbt.
+</p>
+
+<h2 class="chapter" id="chapter-1-7">
+Schlusswort.
+</h2>
+
+<p class="first">
+<span class="firstchar">D</span>ie Heftigkeit, mit welcher wir unsere Notsignale abgeben,
+hindert nicht, dass sie schon unter dem Druck einer geradezu
+monströs gewordenen Langeweile aufziehen, und dass unser
+eigener Pathos mit der ganzen Öde eines Frohndienstes auf
+uns lastet.
+</p>
+
+<p>
+Es kann jedoch sein, dass unser Gewissen oder unsere
+innere Stimme (wie man es nennen will) laut und unerbittlich
+die Forderung an uns stellt dies oder jenes <em class="em">noch zu sagen</em>, bevor
+wir schweigen. Wer von uns wird nach dem Kriege noch von
+ihm reden? heute aber will ein désintéressement von den Dingen,
+die geschehen, erst erworben sein, denn unsere Zeugenschaft hat
+uns zu ihren Teilhabern gemacht, und auch wir haben verspielt.
+</p>
+
+<p>
+Von allen, die heute leben, wird keiner den Bau betreten,
+zu dessen Grundlegung ich Steine herbeischleppe &mdash; so eilfertig
+und unter Hohngelächter gewiss! &mdash; denn wo fände ich Glauben?
+&mdash; Das Gerüst allein dürfte die Arbeit von Generationen sein,
+sein Ausbau die von Jahrhunderten vielleicht, ja, vielleicht sind
+die ewig unvollendet gebliebenen Kathedralen sein Symbol.
+Aber worauf es ankommt: bei allen Opfern, die er erheischen
+wird, allen Kämpfen, die ihm bevorstehen, ist er <em class="em">möglich</em>.
+</p>
+
+<p>
+Bis zum heutigen Wendepunkt unserer Geschichte gehörte
+es zu ihren integralen Beständen, dass unseren vielgenannten
+&bdquo;heiligsten Gütern&ldquo; niemals auch nur von ferne ein schützendes
+Patent zuteil wurde, je erhabener eine Idee, um so grauenhafter
+die Verbrechen, die in ihrem Namen geschahen, je tiefer eine
+Erkenntnis, desto grösser der Unsinn, der daraus entstand.
+</p>
+
+<p>
+Die richtige Einsicht, dass es (merkwürdigerweise) niedrige
+und hohe Menschen gibt, führte folgerichtig zu Rang- und Standesunterschieden.
+Bei ihrer Aufrechthaltung aber gerieten jene
+Ungleichheiten, welche doch erst die Berechtigung solcher Klassifikationen
+bilden, immer mehr ausser acht, und bei dem Schrittmachen,
+das im Schwunge blieb, mischte sich in immer gemeinerer
+Weise das Bestreben jene Distanzen, welche der Wert
+zwischen den einzelnen liegt zu ignorieren. Das Missverständnis
+<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a>
+artete immer wilder aus: der königliche Mozart speiste mit dem
+Gesinde, und ein lakaienhafter Kavalier warf ihn mit einem Fusstritt
+ohne weiteres vor die Tür. In der Tat, wir wissen alle, was
+wir der französischen Revolution verdanken. Doch, als sie das
+falsche Spiegelbild in edler Empörung zerschlug, wurde mit
+diesem drastischen Vorgehen leider erst recht nur eine halbe
+Massnahme getroffen.
+</p>
+
+<p>
+Kein Missbrauch wurde an der Wurzel gefasst, vielmehr
+entrann der Missetäter froh durch die Tür. So brach die französische
+Revolution wie das Christentum, dem sie entsprang, in
+sich selber zusammen und wir sind heute wie bankrotte Leute,
+die von vorn anfangen müssen. Wir stehen wieder am Anfang
+aller Tage. Das heisst am Ende. Denn für das erkennende
+Auge sind ja die Menschen längst in jene zwei Lager zerfallen,
+von welchen geschrieben steht. Freilich ist vorläufig erst der
+Aufmarsch der Böcke geglückt, und unsere Absicht, ihrem Konsortium
+entgegenzutreten, dürfte auch fernerhin ein frommer
+Wunsch verbleiben, solange wir jene dunkle und geheimnisvolle
+Tatsache nicht ergründeten, dass die von schlechten Instinkten
+Gemeisterten so viel deutlicher die Hochgesinnten herausspüren,
+als diese sich unter sich erkennen. Wahrlich diese dunkle und
+rätselvolle Tatsache birgt Perspektiven von lockender Tiefe, und
+sie ziehen sich wie weite Zimmerflüchte nach allen Richtungen,
+reich an Verborgenheiten, hin. &mdash;
+</p>
+
+<p>
+Es heisst vom Himmelreich, es litte Gewalt. Indessen sehen
+wir zu, wie die Hölle immer mehr das Erdreich verschlingt. Dass
+allerorts so und so viele darüber jammern, ja auch vernünftig
+darüber raisonieren, hilft uns keinen Schritt vorwärts. Denn wo
+bleibt unser Zustrom, wo insbesondere bleibt unsere Sichtung?
+</p>
+
+<p>
+Um Machtfragen werden sich nach wie vor die Dinge drehen,
+und nach wie vor wird sich herausstellen, dass es nichts Neues
+unter der Sonne gibt. Macht wird vor Recht gehen, denn Macht
+geht vor Recht. Es ist Sache des Rechts, die Macht an sich zu
+reissen, eine neue Realpolitik zu ermöglichen, nicht ausdrückbar
+durch Lüge, Feuer und Mord; eine Exekutive zu befestigen,
+welche die aus Lüge, Feuer und Mord errungenen Vorteile verschmähen,
+und Lüge, Feuer und Mord nicht ausspielen würde
+gegen Lüge, Feuer und Mord. Sache des Rechts ist es, die Bahn
+solcher Gewalthaber zu bereiten, und was mich angeht, so musste
+ich, um meiner eigenen Grabesruhe willen, diese zukünftigen,
+für ein feineres Ohr heute schon ödesten Gemeinplätze noch
+äussern, bevor ich schweige oder von etwas anderem rede.
+</p>
+
+<h2 class="pb chapter" id="chapter-1-8">
+<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a>
+INHALT.
+</h2>
+
+
+<table class="toc" summary="TOC">
+<tbody>
+<tr><td></td><td class="right">Seite</td></tr>
+<tr><td class="left">Epilog zu den Briefen an einen Toten</td><td class="right"><a href="#chapter-1-1">3&mdash;4</a></td></tr>
+<tr><td class="src">August 1916 &bdquo;Weisse Blätter&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Ausblick</td><td class="right"><a href="#chapter-1-2">4&mdash;6</a></td></tr>
+<tr><td class="src">Mai 1917 &bdquo;Friedenswarte&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Zum Aufruf an die Frauen</td><td class="right"><a href="#chapter-1-3">6&mdash;8</a></td></tr>
+<tr><td class="src">26. August 1917 &bdquo;Neue Zürcher Zeitung&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Letzte Folgerungen</td><td class="right"><a href="#chapter-1-4">8&mdash;11</a></td></tr>
+<tr><td class="src">22. Oktober 1917 &bdquo;Neue Zürcher Zeitung&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit</td><td class="right"><a href="#chapter-1-5">11&mdash;12</a></td></tr>
+<tr><td class="src">März 1918 &bdquo;Friedenswarte&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Wiederholungen</td><td class="right"><a href="#chapter-1-6">12&mdash;14</a></td></tr>
+<tr><td class="src">Juli 1918 &bdquo;Friedenswarte&ldquo;</td></tr>
+<tr><td class="left">Schlusswort</td><td class="right"><a href="#chapter-1-7">14&mdash;15</a></td></tr>
+</tbody>
+</table>
+
+<div class="titlematter">
+
+<p class="vspace6">
+&nbsp;
+</p>
+
+<div class="centerpic">
+<img src="images/backcover.jpg" alt="" />
+</div>
+
+</div>
+
+
+<div class="trnote">
+<p id="trnote"><b>Anmerkungen zur Transkription</b></p>
+
+<p>
+Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert wie hier aufgeführt (vorher/nachher):
+</p>
+
+<ul>
+
+<li>
+... besitzen. ...<br />
+... besitzen.<a href="#corr-0"><span class="underline">&ldquo;</span></a> ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... Aber all diese Kriege und die gewesenen sind ja nur Vorstufen ...<br />
+... Aber all diese Kriege<a href="#corr-1"><span class="underline">,</span></a> und die gewesenen sind ja nur Vorstufen ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... ihrer <span class="underline">Gattinen</span> ungeduldig verbeten. Ihrer Angst und Sorge überlassen, ...<br />
+... ihrer <a href="#corr-2"><span class="underline">Gattinnen</span></a> ungeduldig verbeten. Ihrer Angst und Sorge überlassen, ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... die ganze Welt hindurch geeinigt, mächtig genug, um ihr <span class="underline">Tribmal</span> ...<br />
+... die ganze Welt hindurch geeinigt, mächtig genug, um ihr <a href="#corr-3"><span class="underline">Tribunal</span></a> ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... l&rsquo;<span class="underline">Ile</span> Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte, an ...<br />
+... l&rsquo;<a href="#corr-4"><span class="underline">Isle</span></a> Adam mit so grossem Nachdruck beim Namen nannte, an ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... veränderten Gesichts<span class="underline">punken</span> neu aufzurichten. Wie aus einer ...<br />
+... veränderten Gesichts<a href="#corr-5"><span class="underline">punkten</span></a> neu aufzurichten. Wie aus einer ...<br />
+</li>
+
+<li>
+... des Gewühls; den Anfang jener neuen <span class="underline">Hierarche</span>, nach der ...<br />
+... des Gewühls; den Anfang jener neuen <a href="#corr-6"><span class="underline">Hierarchie</span></a>, nach der ...<br />
+</li>
+</ul>
+</div>
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+<pre>
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Die Last, by Annette Kolb
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE LAST ***
+
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+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
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+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
+people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
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+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation information page at www.gutenberg.org
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
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+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
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+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
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+
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+
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+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
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+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
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+
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For forty years, he produced and distributed Project
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+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
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