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Seemann in Leipzig +1919 + + + + + + +GRUSS AN DIE GROSSEN + + +Aus lichtem See, +über Sterne und Schnee, +rauschen die Schäume, +lauschen die Träume, +Himmel hinab, Himmel hinan, +ewige Bahn. + +Aus Kinderland, +über Acker und Sand, +wachsen die Gluten, +die bösen, die guten, +Himmel hinab, Himmel hinan, +ewige Bahn. + + + +GRUSS AN DIE KLEINEN + + +Ich möcht euch alle miteinander +auf bunten Wiesen sehn, +bei Klarinetten und Geigen +die Füßchen im Tanze drehn. + +Ich möcht euch alle miteinander +mitnehmen im Fliegerkahn, +euch die schöne Erde zeigen, +und was fleißige Menschen getan. + +Ich möcht euch alle miteinander +still führen an der Hand, +euch heimliche Dinge sagen +von Gott und dem Sternenland. + + + + + +ERSTER TEIL + + + +WUNDERCHEN + + +Putzt die Fenster! fegt die Ecken! +Darf sich kein Staub, kein Krümel verstecken, +muß alles so blank wie Ostertag sein, +denn das Wunderchen zieht ein. +Zieht ein--schon stimmen die Englein die Geigen; +alle Könige werden sich neigen, +Hirten und Könige mit dem Stern +haben Wunderchen gern. + Wer soll Wunderchens Taufpate sein? +Sieben große Meister laden wir ein; +sieben große Helden mit Kron und Schalmein +sollen Wunderchens Taufpaten sein. + Und wer ist schnell + sein Spielgesell? +Da kommen gesprungen +die reizenden jungen +Wachholderweibchen und Fliedermännchen, +Taunixchen mit silbernen Wasserkännchen. +Aus Vogelnestern und Weidenkätzchen +gucken neugierige Schelmenmätzchen: + Wir lachen fein, + wir singen fein, +wir wollen Wunderchens Spielgesellen sein! + + + +GEHT LEISE + + +Geht leise-- +es ist müd von der Reise. +Es kommt weit her: +vom Himmel übers Meer, +vom Meer den dunklen Weg ins Land, +bis es die kleine Wiege fand-- +Geht leise. + + + +WITTEWOLL SCHLAFEN + + +Auf der Leine, auf grünem Platz +hängen sieben Hemdchen und ein Latz; +im Winkel, am Zaun, wos Spinnchen spinnt, +liegt mit großen Augen mein Kind-- +wittewoll schlafen? + +Henne macht sich ein Bett im Sand, +Fliege träumt an der Mauerwand, +Schmetterling sitzt in der Mittagsruh, +schaukelt die Flügel auf und zu-- +wittewoll schlafen? + +Suselesu, der Sonnenwind +bläst in die Augen dem müden Kind; +es will noch blinzeln--Spinnchen hält +den bunten Schleier vor die Welt-- +--wittewoll--schlafen-- -- + + + +FRÜHSTÜCK + + +So morgens um halb acht herum: +Rumpumpel macht das Mäulchen krumm. +Und keine fünf Minuten drauf +wacht Rumpumpel auf. + +Hu! kommt der kalte Badeschwamm, +Rumpumpel hält die Ohren stramm; +und schlägt die Ticke-Tacke acht, +wird ihm die Milch gebracht. + +Die schmeckt Rumpumpeln aber fein; +er patscht mit beiden Fäustchen drein +und trinkt und trinkt, bis alles leer. +Rumpumpelchen, das freut mich sehr: +morgen gibt's gut Wetter! + + + +SEEREISE + + +Pitsch--patsch--Badefaß, +Rumpumpel plantscht die Stube naß, +ist ein junger Wasserheld, +segelt durch die ganze Welt, +im Wipp--im Wapp--im Schaukelkahn +über den großen Ozean. +Stehn drüben alle Wilden still +und schrein: Was bloß Rumpumpel will? +so splitternackt und pitschenaß +in seinem kleinen Schaukelfaß? +Schnell das Badelaken! + + + +SO LALA + + +Steht ein Töpfchen rund und nett +unterm Bett, +so lala, so lala. +Reicht mir mal das Kindel her, +das braucht jetzt keine Windel mehr, +so lala, so lala. + +Rolle, rolle, ratteratt, +rollt ein Wagen durch die Stadt; +sind zwei blanke Pferdchen davor, +hinten drauf ein schwarzer Mohr. + +Horch, er hält vor unserm Haus; +steigen zwei feine Jungherren aus, +mit Federbarettchen +und goldenen Kettchen. +Schnell das Töpfchen unters Bettchen! + + + +MEIN WAGEN + + +Mein Wagen hat vier Räder, +vier Räder hat mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloß sagen. + +Mein Wagen hat 'ne Deichsel, +'ne Deichsel hat mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloß sagen. + +Mein Wagen hat ein Pferdchen, +ein Pferdchen hat mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloß sagen. + +Mein Wagen fahrt nach Potsdam, +nach Potsdam fährt mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloß sagen. + +Und wer mit mir nach Potsdam will, +in meinem neuen Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +der braucht es bloß zu sagen. + + + +KUTSCHER AUF DEM KNIE + + +Wagen im Wind. +Wie sitzt mein Kind? +Wie geht mein Pferd? +Alles verkehrt. +Holdriutsch-- +oben die Räder, unten die Kutsch! + +Wagen im Schnee. +Da guckt das Reh, +da schnuppert der Has +mit der wackligen Nas. +Holdriuff-- +da sitzt unser Kutscher wieder oben uff! + + + +EREIGNIS + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Hurra, zum ersten Mal: +Mutter, der Peter, +hurra, da steht er! +hält sich am Röckchen, +hält sich am Stöckchen, +grade wie 'n Licht, +fürchtet sich nicht. + +Hurra, zum ersten Mal: +Mutter, der Peter, +hurra, da geht er! +guck, ganz alleinechen +setzt er die Beinechen! +Aua, Geschrei-- +bautz!--vorbei. + + + +HEILSPRÜCHEL + + +Kra, kra, kalter Schnee, +dem Raben tut sein Beinchen weh, +dem Häsechen sein Herzchen; +die böse Zeit, die kalte Zeit, +ein jedes hat sein Schmerzchen. + +Heile, Fingerchen, heile, +es dauert noch 'ne Weile, +es dauert noch bis Rosmarein, +dann ist lauter Sonnenschein. + + + +SCHLIMME GESCHICHTE + + +Im Stall unser Schäfchen--bäht, +im Hof unser Hähnchen kräht, +und der Karo an der Kette +bellt mit Spitz um die Wette. +Auf'm Dach unser Kätzchen--maut, +und im Ententeich die Frösche, alle Frösche quaken laut: +Kinder, denkt euch den Schreck, +unserm kleinen Wackelbein sein linker Schuh ist weg. + + + +AUSTREIBUNG + + +Das kann doch nicht Rumpumpel sein? +So kann Rumpumpel doch nicht schrein? +Seelöwen sind in unserm Haus; +schnell, Rumpumpel, wir jagen sie raus. +Ich 'n Stock, +Du 'n Stock, +alle beide einen Stock. +Ei der Daus, +wollt ihr raus, +wollt ihr in euer Seelöwenhaus! + + + +WENN RUMPUMPEL BRUMMIG IST + + +Die Henne legt ein Ei, +da ging der Mond entzwei; +die Hälfte fiel nach Nuckenstadt +und schlug zwei große Brummer platt. + +Zwei große Brummer, brumm, +summten hier herum, +um Rumpumpels Kopf, +um Rumpumpels Bauch +und um sein dickes Näschen auch. + +Nun sind sie tot... Aber im Ei +pickt das Küken die Schale entzwei, +kriegt heraus, und wackelt mit dem Schwanz-- +--ist der Mond wieder ganz. + + + +DER PUDDING + + +Rumpumpel will essen, +nun fix gebraten: +ein Kätzel, ein Spätzel +und sieben Soldaten. + +Das gibt einen Pudding +so groß wie ein Haus. +Zuletzt leckt Rumpumpel +die Kuchenschüssel aus. + + + +ZWEI MÄULCHEN + + +Winkele, wankele, +vor der Tür steht ein Bankele, +auf der Bank sitzt mein Kindele, +spielt mit mei'm Hündele, +winkele, wankele. + +Winkele, wankele, +ich hab ein Gedankele: +ein Äpfle fürs Kindele, +ein Knöchle fürs Hündele. +Dankele. + + + +MÜCKEBOLD + + +Mückchen, Mückchen, Dünnebein, +Mückchen, laß das Stechen sein, +Stechen tut ja weh! +Mückchen, Mückchen, weißt du was: +beiß doch in das grüne Gras, +beiß doch in den Klee! + + + +DAS SCHERCHEN + + +Schnipsel, schnipsel, Scherchen, +schneid mir ein Gewehrchen; +schieß ich mir ein Häschen tot, +brat's dem Kind zum Mittagbrot. +Die Schnitzel fliegen zum Fenster hinaus +durch den Sonnenschein in des Gärtners Haus; +der hat seine Freude dran, +oder guckt sie gar nicht an, +oder streut sie in den Wind, +oder schenkt sie seinem Kind-- +schnipsel, schnipsel, Scherchen-- -- + + + +GESCHICHTCHEN VOM WINDE + + + Wer kommt dort angeflogen? + Das ist der Wind. + Der Wind ist ungezogen, + er bläst dem Kind + unters Röckchen, + an die Söckchen, + um die Ohren, an die Nase; + solch Geblase! + + Ganz zerfleddert und zerzaust + kommt Rumpumpel angesaust; + und hustet + und prustet, + das arme Tröpfchen, + und steckt sein Köpfchen + in Mutters Schoß. + +Und weißt du, warum der Wind so getollt? +Rumpumpel sollt zu Bette gehn, und hat nicht gewollt. + + + +ANZIEHLIEDCHEN + + +Wer strampelt im Bettchen? +versteckt sich wie 'n Dieb? +Das ist der Rumpumpel, +den haben wir lieb. + +Was guckt da für 'n Näschen? +Ein Bübchen sitzt dran. +Das ist der Rumpumpel, +den ziehn wir jetzt an. + +Erst wird er gewaschen, +vom Kopf bis zur Zeh; +er weint nicht, er greint nicht, +denn es tut ja nicht weh. + +Schnell her mit dem Hemdchen: +da schlüpfen wir fein, +erst rechts und dann links, +in die Ärmelchen 'rein. + +Fix an noch die Strümpfchen, +fix an auch die Schuh; +kommts Händchen, schnürts Bändchen, +schon sind sie zu. + +Nun Leibchen und Höschen, +ein Röckchen kommt auch; +sonst friert dem Rumpumpel +sein kleiner runder Bauch. + +Das Kämmchen kämmt sachte, +aber still muß man stehn; +zuletzt noch das Kleidchen, +der Tausend, wie Schön! +Nun geht er und sagt: Guten Morgen. + + + +DAS LÄMMECHEN + + +In Wolfenbüttel wohnt ein Lamm, +das hat ganz schwarze Haare. +Meint ihr, es brauche einen Kamm? +I Gott bewahre! + +Aber mein Lämmechen +braucht ein Kämmechen, +braucht ein Schwämmechen, +läßt sich nix verdrießen; +setzt sein neues Käppechen auf, +will mal Koppkegel schießen. + + + +DIE WILDEN BEINCHEN + + +Guten Morgen, ihr Beinchen! +Wie heißt ihr denn? +Ich heiße Hampel, +ich heiße Strampel; +und das ist Füßchen Übermut, +und das ist Füßchen Tunichtgut. + +Übermut und Tunichtgut +gehn auf die Reise, +platsch, durch alle Sümpfe, +naß sind Schuh und Strümpfe; +guckt die Rute um die Eck-- +laufen sie alle beide weg. + + + +DER LUMPICHTE BU + + +Ka Strümpferl im Kasten, +ka Bänderl am Schuh, +ka Knöpferl am Wams-- +oh, der lumpichte Bu! + + + +TINTENHEINZ UND PLÄTSCHERLOTTCHEN + + +Heini, Heini, +ach, ist Heini dumm: +stippt mit allen Fingerchen +im Tintenfaß herum. + +Heini, Heini, +kleiner dummer Mohr: +stippt sich alle Fingerchen, +klecks, ins Ohr. + +Und unten am Brunnen, +da steht ein Faß, +da macht sich unsre Lotte +pitschepatschenaß. + +Und oben die Sonne +hat drüber gelacht +und hat unsre Lotte +wieder trocken gemacht. + + + +ES REGNET + + +Es regnet, es regnet +der Kuh auf den Schwanz; +es regnet, es regnet +der Braut in den Kranz. + +Es regnet, es regnet, +die Welt ist schon naß; +hol 's Töpfchen, +fang 's Tröpfchen, +dann sag ich dir was: + +Wäscht du die Nase, +bleibt sie fein grade. +Wäscht du das Mündchen, +bist du 'n lieb Kindchen. +Wäscht du aber die Augen schön, +kannst du dem lieben Herrgott seinen Himmel besehn. + + + +TRÖSTERCHEN + + +Blümchen hängt das Köpfchen, +der Tau ist ihm zu schwer; +kommt der durstige Morgenwind, +trägt die Tropfen ins Meer. + +Spätzchen piepst und bettelt, +das Kröpfchen ist ihm leer; +Pferdchen hat die Krippe voll, +streut Körnerchen umher. + +Kindchen weint noch immer, +Böckchen stößt so sehr. +Schenkt ihm Mutter einen Kuß: +sieh mal, nun weint's nicht mehr. + + + +HÄSCHEN IN DER GRUBE + + +(mit Benutzung des Volkspiels) + + +Häschen in der Grube +saß und schlief, +kam der heilge Kuckdiguck +und bracht ihm einen Brief. + +Häschen, bist du müde +oder bist du krank? +Steck doch deine Läufer raus, +ob du noch hüpfen kannst. + +Und was stand geschrieben +in Kuckdiguckens Brief? +"Dem Kutscher, der nicht fahren kann, +geht der Wagen schief." + + + +HASENSPIEL + + +Hinter den Birken über den Rasen +huschen drei Hasen +an uns vorbei, +Springen über Busch und Dorn, +wollen ins junggrüne Winterkorn, +hocken da, +locken sich da, +laufen kreuz, +laufen quer, +hin und her, +als gäb's in der Welt keine Schrotflinte mehr. + +Warte, in der Weihnachtszeit +kommen die drei Hasen ins Haus geschneit. +Den größten verschicken wir, +den zweitgrößten spicken wir, +der kleinste kommt ins Hundehaus +und steckt hinten sein Schwänzchen raus. + + + +DREI BÄUMCHEN + + +Jung jung drei Bäumchen +wachsen im Wiesengras, +jung jung drei Bäumchen +sagen mir was. + +Das erste hat sich +so gequält, +hat alle seine siebentausend +Blättchen gezählt. + +Das zweite trägt Pfläumchen, +schlicker-schleckerfein; +hätt es deine Zähnchen, +es äße sie allein. + +Das dritte, das dritte +schüttelt sich bloß: +fallen lauter Blüten +in meinen Schoß. + +Sag ich schön Dank, +geh ich nach Haus, +mach ich Rumpumpeln +ein Kränzchen draus. + + + +SCHABERNACK + + +Wenn ich in die Stube geh +und den Rumpumpel seh, +tanzen wir zwei +Ringeldireih, +lachen wir, +machen wir +Schabernack, +Huckepack, +Kätzchen spielt den Dudelsack, +macht Rumpumpel Hottehüh +nach der alten Melodie: +Miau, miau, +dem Kater seine Frau, +dem Kater seine grisegrimme +gritzegraue Frau. + + + +AM ABEND + + +Still. +Was bloß das Kätzchen will? +Es streicht um meinen Schoß herum, +das Schwänzchen hoch, den Buckel krumm, +Still-- +und weißt du, was es will? + +Still. +Was bloß die Glucke will? +Sie lockt und lockt die kleine Brut +zum warmen Stall und deckt sie gut, +Still-- +und weißt du, was sie will? + +Still. +Was bloß Rumpumpel will? +Die Augen macht er schon ganz klein +und gähnt und will genommen sein, +still-- +nun weißt du, was er will. + + + +GUTENACHTLIEDCHEN + + +Leise, Peterle, leise, +der Mond geht auf die Reise; +er hat sein weißes Pferd gezäumt, +das geht so still, als ob es träumt, +leise, Peterle, leise. + +Stille, Peterle, stille, +der Mond hat eine Brille; +ein graues Wölkchen schob sich vor, +das sitzt ihm grad auf Nas' und Ohr, +stille, Peterle, stille. + +Träume, Peterle, träume, +der Mond guckt durch die Bäume; +ich glaube gar, nun bleibt er stehn, +um Peterle im Schlaf zu sehn-- +träume, Peterle, träume. + + + +FREUND HUSCH + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Husch, husch, husch, +ich schlüpfe aus dem Busch; +ich stecke mein Laternchen an, +ich zünde uns die Sternchen an, +husch. + +Husch, husch, husch, +ich putze meinen Busch. +Der Mond ist da, der Mond ist hell; +der Mond, der ist mein Spielgesell, +husch. + +Husch, husch, husch, +ich schüttel meinen Busch. +Die Kinderchen sind all zur Ruh, +ich schüttel ihnen Träume zu; +die haben wir vergangne Nacht, +der Mond und ich, uns ausgedacht, +husch, husch, husch, +im Busch. + + + +RUMPUMPELS GEBURTSTAG + + +Kräht der Hahn früh am Tage, +kräht laut, kräht weit: +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Guckt das Eichhörnchen runter: +Wenig Zeit, wenig Zeit! +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Kommt das Häschen gesprungen, +macht Männchen vor Freud: +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Steht der Kuchen auf dem Tische, +macht sich dick, macht sich breit: +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Und Vater und Mutter, +alle Kinder, alle Leut +schrein: Hoch der Rumpumpel, +sein Geburtstag ist heut! + + + +MUTTERS GEBURTSTAG + + +Leises Klopfen an der Türe: +Kann ich 'rein, Mama? +Frisch gewaschen, frisch gebügelt +steht Rumpumpel da. +Rosen in beiden Händchen; +wie der Kerl sich freut! +Kommt ans Bett, sagt: Guten Morgen, +Mutti Burtstag heut. +Vater putzt die große Stube, +die ist mächtig schön. +Lauter Blumen! Und die Torte! +Komm, zu Vati gehn! + + + +RUMPUMPEL TANZT + + +Rumpumpel tanzt, Rumpumpel tanzt, +es blitzen seine Schuh; +der Kreisel und der Hampelmann +sehn verwundert zu. + +Der Kreisel pufft den Hampelmann: +guck, Hans, was sagst du nur? +der Junge tanzt, der Junge tanzt +und sitzt an keiner Schnur. + +Der Hampelmann zieht ein Gesicht +und schlenkert und sagt: puh, +auch eine Peitsche braucht er nicht, +tanzt doch so schön wie du. + +Rumpumpel tanzt, Rumpumpel tanzt, +die liebe Sonne scheint; +der Kreisel und der Hampelmann +sind sich spinnefeind. + + + +KREISELLIEDCHEN + + +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein +rundum, rundum, +kommt die dicke Marmelkugel, +rollt ihn um, rollt ihn um; +paß auf, Herr Dreidel! +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein +rundum, rundum, +pfeift der Wind aus einer Ecke, +pfeift ihn um, pfeift ihn um; +steh auf, Herr Dreidel! +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein, +peitsch di Hieb, peitsch di Hieb; +hopp hopp, wie springt das Brüderlein, +halt den Dieb, halt den Dieb, +heißa, Herr Dreidel! + + + +KONZERT + + +Musik, Musik, die Flöte kommt, +Rumpumpel tut's begreifen: +er horcht und hebt das Fingerchen, +fängt gleich an mitzupfeifen. + +Musik, Musik, die Geige kommt, +die Geige tut fein klingen; +Rumpumpel hebt das Fingerchen, +fängt leise an zu singen. + +Musik, Musik, der Brummbaß kommt, +ganz deutlich hört man's summen; +Rumpumpel hebt das Fingerchen, +tut wie 'ne Hummel brummen. + +Das gibt ein herrliches Konzert, +ihr Kinder, kommt, ich bitte! +Drei Kirschen kost't der erste Platz, +und eine kost't die Mitte. + +Hinten herum ist alles frei, +großmütig sind wir heute; +der Mohr, der Spitz, der Hampelmann +sind gar zu arme Leute. + + + +DIE ERSTEN HÖSCHEN + + +Der Schneidermeister Piekenich +ist ein geschickter Mann, +er kommt und mißt dem Peterle +die ersten Hosen an. + +Er nimmt sein Buch und Metermaß, +schreibt sich die Zahlen auf; +und wenn der Bub nicht stille steht, +kriegt er eins hinten drauf. + +"Du lieber Meister Piekenich, +mach die Hosen recht schön! +Ich will ja unter den Linden +damit spazieren gehn. + +Und alle kleinen Jungens +gucken nach mir hin +und sehn an meinen Höschen, +daß ich auch ein Junge bin." + + + +DER KLEINE SÜNDER + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Gestern lief der Peter weg, +spinnefix verstohlen. +Setzt sich Mutter den Bänderhut auf: +wart, ich will dich holen. +Sausepeter, +Flausepeter, +kleiner Sünder, wo bist du? + +Hahnematz steht auf der Wiese, +"Kiek ins Grüne" kräht er; +sag mir, bunter Kikeriki, wo ist unser Peter? +Bummelpeter, +Schummelpeter, +kleiner Sünder, wo bist du? + +Wie sie sich im Garten umguckt, +ist er nicht zu sehen, +bleibt sie neben dem Spargelbeet +unterm Pflaumbaum stehen. +Aber Peter, +nirgends steht er; +kleiner Sünder, wo bist du? + +Hört sie etwas lachen, horch +oben aus dem Baume; +sitzt der Peter seelenvergnügt, +pflückt sich eine Pflaume. +Wirft ein Steinchen, +schwenkt die Beinchen, +wupptich--: Mutter, da bin ich! + + + +FLUTSCHPETER + + +Flutschpeter lief nie gradeaus; +ja, und warum? Er lief +getreulich seiner Nase nach, +und die, ja die war--schief. + + + +DIE TROMMELPARTIE + + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt das Kätzchen +Mausemätzchen, +das will mit. + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt das Hündchen +Belleinstündchen, +das will mit. + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt das Schweinchen +Rosenfeinchen, +das will mit. + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt der Bär +Brummesehr, +der will mit. + +So geht's im Trab, +bergauf, bergab, +durch Dünn und Dick, +durch Schlamm und Schlick; +Rumpumpel schlägt die Trommel. + +Das Kätzchen maut, +das Hündchen bellt, +das Schweinchen quiekt, +der Bär brummt: was 'ne dumme Welt! +Rumpumpel schlägt die Trommel. + + + +RUMPELREIM + + +Ride-bide-Bummstock fing 'ne Maus, +Ride-bide-Bummstock ließ sie wieder raus; +Ride-bide-Bummstock, du bist dumm, +die Mäuse sind 'n Rackerpack, das bringt man um. + + + +DAS KARNICKEL + + +Hans Wackelohr, Hans Wackelohr, +was bist du heut so still? +Sieh her, ich habe Kohl für dich, +sitz doch nicht gar so feierlich! +Hans Wackelohr, Hans Wackelohr, +wie kommst du mir heut vor! + +Hans Schnupperschnut, Hans Schnupperschnut, +ist dir dein Haus zu eng? +Ein Weilchen darfst du aus dem Stall, +bloß friß mir nicht die Knospen all! +Hans Schnupperschnut, Hans Schnupperschnut, +bist mir nun wieder gut? + + + +LEKTION + + +Hühner, wollt ihr wohl artig sein! +hübsch langsam essen und nicht so schrein! +Müßt ihr denn immer zanken und beißen? +euch um jedes Körnchen reißen? +Pfui, dicke Henne, abscheuliches Tier, +du ißt ja für vier. +Weg! hörst du nicht? du sollst dich trollen! +Die niedlichen kleinen Küken wollen +auch mal heran an das schöne Futter. +Wenn du nicht hörst, sag ich's der Mutter; +die fängt dich ein und macht dich tot, +dann essen wir dich zum Mittagbrot. + + + +LIED DES HÜHNCHENS + + + Tuck--tuck--heut ist Regentag, + und ich muß mich plagen; + kratze schon acht Stunden, tuck, + und noch knurrt mein Magen. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck die Enten, tuck die Enten, + Enten sind doch Narren; + gehn ins Wasser, tuck ins Wasser, + als könnte man da scharren. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Pferde, tuck tuck tuck, und Kühe + haben große Köpfe, + aber keine Kröpfe, tuck; + traurige Geschöpfe! +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck, wie war der Hahn galant, + suchte mir manch Krümchen; + heute geht er, tuck tuck tuck, + mit Cochinchina-Mühmchen. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck, du fetter Regenwurm, + dich muß ich noch ergattern; + schimpft nur, tuck, vor Neid, tuck tuck, + Muhmen und Gevattern! +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck, wär ich doch endlich satt, + tuck, das wär ein Segen; + muß Rumpumpeln, tuck tuck tuck, + sein Frühstücks-Ei noch legen. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +ach, wann hat man wohl genug? + + + +SO SIEHT UNSRE WIRTSCHAFT AUS + + +Unser Müller hat ein Mühlenhaus, +mi-ma-Mühlenhaus, +kommt Korn hinein und Mehl heraus, +mi-ma-Mehl heraus; +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unser Bäcker, der backt weiße Wecken, +wi-wa-weiße Wecken, +und braunes Brot und Streußelschnecken, +stri-stra-Streußelschnecken; +weiße Wecken, Streußelschnecken, +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unser Schlächter schlacht't ein feistes Schwein, +fi-fa-feistes Schwein, +und pökelt Wurst und Schinken ein, +schi-scha-Schinken ein; +feistes Schwein, Schinken ein, +weiße Wecken, Streußelschnecken, +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unsre Mutter hat 'ne bunte Kuh, +bi-ba-bunte Kuh, +die gibt uns Milch und Butter dazu, +bi-ba-Butter dazu; +bunte Kuh, Butter dazu, +feistes Schwein, Schinken ein, +weiße Wecken, Streußelschnecken, +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unsre Henne macht ein laut Geschrei, +li-la-laut Geschrei, +und legt dabei ein frisches Ei, +fri-fra-frisches Ei; +frisches Ei, laut Geschrei, +bunte Kuh, Butter dazu, +feistes Schwein, Schinken ein, +weiße Wecken, Streußelschnecken, +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. +[Transkriptions-Notiz: Fehlendes "aus" hinzugefügt.] + +Rumpumpel ist ein kluges Kind, +kli-kla-kluges Kind, +das fragt nicht viel und ißt geschwind, +i-a-ißt geschwind; +kluges Kind, ißt geschwind, +frisches Ei, laut Geschrei, +bunte Kuh, Butter dazu, +feistes Schwein, Schinken ein, +weiße Wecken, Streußelschnecken, +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + + + + + +ZWEITER TEIL + + + +DAS HAUS + + +Ich bau, ich bau ein steinern Haus; +vorne guckt ein Esel raus, +hinten eine Kuh, +muh. + + + +MIT TROMMEL UND TRAB + + +Sitzen zwei alte Weiber im Sand, +spinnen viel feine Fäden über Land, +über Bäume, +über Zäune, +um Stoppel und Dorn, +immer von vorn. + +Für wen sitzen die alten Weiber im Sand, +spinnen viel feine Fäden über Land? +Für Wildbub Kraushaar, +kommt alle hundert Jahr +mit Trommel und Trab +vom Himmel herab, +reißt alle Fäden auf einmal ab, +macht sich ein'n Mützenpuschel draus +und lacht die alten Weiber aus. + + + +SIEBENSCHLÄFER + + +Ihr Siebenschläfer in den Höhlen, +reckt euch, streckt euch, aufgewacht! +Der Frühling leuchtet in den Himmel +nach einer einzigen warmen Nacht. + +Schnell, schüttelt eure grauen Zotteln, +und blinzelt in das blaue Licht; +Herrgott, wer wird so langsam trotteln, +ich lauf voraus, ich warte nicht. + +Die Amsel übt schon ihre Lieder, +ich pfeif sie nach, ich sing sie auch; +und denkt euch nur, der blaue Flieder +hat Knospen, und der Haselstrauch. + +Der Teckel bellt vor lauter Wonne +und wühlt die frische Erde um-- +Na? seid ihr noch nicht in der Sonne, +ihr Siebenschläfer faul und dumm? + + + +OSTERLIED + + +Has, Has, Osterhas, +wir möchten nicht mehr warten. +Der Krokus und das Tausendschön, +Vergißmeinnicht und Tulpen stehn +schon lang in unserm Garten. + +Has, Has, Osterhas, +mit deinen bunten Eiern. +Der Star lugt aus dem Kasten aus, +Blühkätzchen sitzen um sein Haus; +wann kommst du Frühling feiern? + +Has, Has, Osterhas, +ich wünsche mir das Beste: +ein großes Ei, ein kleines Ei +und ein lustiges Dideldumdei, +alles in einem Neste. + + + +MAIWUNDER + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Maikönig kommt gefahren, +in seinem grüngoldnen Wagen, +mit Saus und Gesinge. +Seine Zügel sind Sonnenstrahlen, +große blaue Schmetterlinge +ziehn ihn über Busch und Bach, +daß die weißen Blütenglocken +in seinen Locken +schwingen und springen, +und Hans guckt ihm nach +und hört sein Lied: +wer zieht mit? zieht mit? + +Kommt das Maienweibchen, +trägt ein weißes Kleidchen, +trägt ein grünes Kränzchen, +sagt zu unserm Hänschen: +Eia, Hans, +komm zum Tanz! +Einen Schritt Frau Nixe, +einen Schritt Herr Nix, +Ringeldireih, Ringeldireih, +Dienerchen, +Knix! + + + +HANSEL UND GRETEL + + +Hansel und Gretel stehen zu zwein, +der Hansel ist grob, +und die Gretel ist fein, +der Hansel ist dick, +und die Gretel ist dünn, +der Hansel ist aus Birkenholz, +die Gretel ist aus Zinn. +Heißa, juchheißa, wer wird nun König? +Was der eine zu viel hat, hat der andre zu wenig. + + + +PRINZESSCHEN + + +Wer tanzt mit mir? +wer spielt mit mir? +ich bin so sehr allein. +Kam da der gelbe Sonnenstrahl: +Ich tanze Tippel-huschemal, +willst du meine Tänzerin sein? + +Wer tanzt mit mir? +wer spielt mit mir? +der Sonnenstrahl ist zu fein. +Kam da der wilde Pustewind: +Heidih, ich spiele Wegefind, +lauf doch, fang mich ein! + +Wer tanzt mit mir? +wer spielt mit mir? +der Wind macht mein Krönchen entzwei. +Kam da unser brauner Junge an, +macht 'nen Diener wie 'n Edelmann: +Prinzeß, ich bin so frei. + + + +DAS GROSSE LOCH + + +Das große Loch, +wie kam es doch +in Gretens neuen Schuh? +Die ganzen Zehn +sind ja zu sehn; +wer macht das Loch uns zu? + +Drüben hinterm Rathaus +hängt ein großes Schild raus, +goldner Stiefel drauf. +Da wohnt der Schuster Firlefanz, +der macht dein Schuhchen wieder ganz; +lauf, Grete, lauf! + + + +ZWEI GESELLEN + + +Es tanzen zwei Gesellen + hier herum; +der eine, der ist klug, +und der andre, der ist dumm. +Der eine liegt im Grase, +der andre sitzt am Tisch; +der eine kaut den Kanten, +der andre ißt den Fisch + ißt den Fisch. + +Es tanzen zwei Gesellen + hier herum; +der eine, der ist grad, +und der andre, der ist krumm. +Der eine, der bleibt mager, +der andre, der wird fett; +der eine kommt an'n Galgen, +der andre stirbt im Bett. + Je nun, je nun, + was ist dabei zu tun. + + + +WENN'S PFINGSTEN REGNET + + +Oben aus dem Fahnenhaus +guckt das schwarze Wettermännchen raus, +spreizt die Beine und grinst uns an; +schäme dich, alter Wettermann! +Am Ostersonntag, vor sieben Wochen, +hast du dem Fritze fest versprochen, +daß zu Pfingsten, im Monat Mai, +das allerschönste Wetter sei. +Und nun regnet's, liebe Not, +alle hellen Blüten tot; +sie liegen da wie nasser Schnee. +Auf den Wegen steht See an See; +ja, wenn wir noch drin baden könnten, +wie die Spatzen oder die Enten. +Wir dürfen aber gar nicht raus, +sehn so mucksch wie Maulwürfe aus; +röche nicht der Kuchen so lecker her, +wüßte man gar nicht, daß Feiertag wär. +Nicht mal die Pfingstkleider kriegt man an; +Schäme dich, schwarzer Wettermann! + + + +EINE HÜHNERGESCHICHTE + + +Vor der Laube kräht der Hahn, +ein rot-schwarz-gelb und grüner: +Kuchen, Kuchen, Kuchen auf dem Tisch, +fix, kommt fix, ihr Hühner! + +Seht die Hennen, +wie sie rennen, +aus Verstecken, +über Zäune, über Hecken, +gackern, beißen sich und schrein, +jede will die erste sein. +Wie sie fliegen, wie sie flattern, +um ein Plätzchen zu ergattern. +Oben auf des Tisches Mitte +steht Herr Hahn: +Bitte, meine Damen, bitte, +fangt nur an! +Pick und schluck, +nicht genug, +immer mehr +Kuchen her! +Unser Kropf +ist ein Topf, +wird nicht voll, +wird nicht leer, +darum mehr +Kuchen her, +bis der Teller leckeleer! + +Drüben aus des Gärtners Haus +guckt der kleine Fritz und lacht: +Ei, wie sah das lustig aus, +das haben die Hühner klug gemacht. + + + +MARIEKEN UND DIE KÜKEN + + +Marie, Marei, Marieken +mit deinen sieben Küken, +was willst du tun? + +"Die alte Kluckenmutter ist tot, +nun frieren die Kinder und finden kein Brot; +ich will sie pflegen." + +Marie, Marei, Marieken +mit deinen sieben Küken, +was hast du im Sack? + +"Kartoffelmus und Hirsekern, +das essen meine Kinderchen gern, +das streu ich ihnen." + +Marie, Marei, Marieken, +gib mir eins von deinen Küken, +du hast noch genug. + +"Wenn ich meine Kinder verschenken tät, +müßt ich weinen von früh bis spät, +daß sollst du wissen." + +Marie, Marei, Marieken, +Zu Hühnern werden die Küken; +was machst du dann? + +"Und werden hübsch bunt und werden groß, +fliegen mir alle um Kopf und Schoß, +hei, alle sieben!" + + + +KINDERKÜCHE + + +Marie-Marei will Braten machen, +hat keine Pfanne; +nimmt sie sich die Schiefertafel +von klein Schwester Hanne. +Hat sie eine Pfanne. + +Marie-Marei will Braten machen, +hat keine Butter; +borgt sie beim Kanarienvogel +rasch ein bißchen Futter. +Hat sie Butter. + +Marie-Marei will Braten machen, +hat keine Kohlen; +vor der Tür blüht roter Mohn, +geht sie den sich holen. +Hat sie Kohlen. + +Marie-Marei will Braten machen, +fehlt noch das Gänschen; +nimmt sie sich die Pudelmütze +von klein Bruder Fränzchen. +Hat sies Gänschen. + +Hei, mit diesen Wunderdingen +muß der Braten wohlgelingen; +bitte zu Tisch! + + + +ESSENSREGELN + + +Spitzt das Ohr und merkt euch still, +was die gute Sitte will! +Wer die schöne Form erfaßt, +ist ein gern gesehner Gast; +wer sich frech und plump beträgt, +wird ohne Besen hinausgefegt. + + +--1-- + +Ein Kind soll nicht vorher von Speisen naschen, +soll Mund und Hände sich sauber waschen, +sich erst setzen, wenn die andern sitzen, +das Mäulchen bei Tisch nicht zum Pfeifen spitzen, +nicht plappern, wenn große Leute sprechen, +das Brot nicht zerkrümeln, zerkneten, nur Bissen abbrechen. + + +--2-- + +Rückt immer den Stuhl so dicht heran, +daß Löffel und Gabel zum Munde kann, +ohne das Tischtuch zu betrippen; +und schließt beim Kauen hübsch die Lippen! +Turnen beim Essen, das will nicht passen; +also die Ellbogen hübsch unten lassen! + + +--3-- + +Nicht gierig stopfen! langsam essen! +auch keinen Rest auf dem Teller vergessen! +Nicht wie Hunde oder Katzen +schlecken, schlürfen, schnaufen, schmatzen! +Nicht kichern und nicht heimlich fragen, +und immer schön bitte und danke sagen! + + +--4-- + +Seid ihr beim Essen und trinkt dazwischen, +sollt ihr zuvor die Lippen wischen. +Kartoffeln und Fisch mit Stahlmessern schneiden, +das wird ein Mensch, der Geschmack hat, vermeiden. +Brot nimmt man zuhilfe, wenn Fischmesser fehlen; +auch Obst soll man nicht mit Stahlklingen schälen. + + +--6-- + +Wer stochert in den Zähnen, +nicht unterdrückt das Gähnen, +das Messer in den Mund steckt, +Gabel und Teller ableckt, +zuviel packt auf den Löffel, +gilt als Flegel und Töffel. + + + +DIE BÖSE MIES + + +Es war einmal ein Kätzchen, +ein allerliebstes Frätzchen. +Es hatte das Mamsellchen +ein seidenweiches Fellchen +und einen Bart ums Schnäuzchen +und Augen wie ein Käuzchen. +Es machte gern den Rücken krumm +und brachte viele Mäuse um, +dann schlich es auf die Ofenbank +und leckte sich die Pfoten blank. + +Einst aber, oh das Kätzchen, +was tut das liebe Frätzchen? +Einst stand auf unserm Tische +ein Teller Bratenfische. +Hopp, ist das Kätzchen oben: +die Fische muß ich loben. +So denkt es sich und sitzt und schmaust, +doch Mutterchen kommt angesaust, +und gibt dem Naschmamsellchen +--na warte--eins aufs Fellchen. + +Nein, unser Miesekätzchen +war gar kein liebes Frätzchen: +los auf die gute Mutter, +und durch das Ärmelfutter +--kratz--in den Ellenbogen! +War das nicht ungezogen? +Dann lief es voller Wut hinaus +und kam erst abends spät nach Haus, +und schlich sich auf die Ofenbank +und leckte sich die Pfoten blank. + + + +POTTKIEKER + + +Mutti, Mutti, was ist denn da drin? + "Hoppel-poppel-Appelreis, + mach dich weg, Naseweis, + kann dich hier nicht brauchen, + der Ofen tut rauchen, + muß Spähne suchen, + sonst brennt der Kuchen, + muß Gänse schlachten, + in sechs Wochen ist Weihnachten." + +Mutti, Mutti, wo soll ich denn hin? + "Ei, tanz mit dem Schimmel, + bohr Löcher in den Himmel, + lehr die Katz das Alphabet, + sieh nach, ob sich der Kirchturm dreht, + oder lauf ans Ende der Welt, + paß auf, daß keiner runter fällt, + marsch!" + + + +DER REITERSMANN + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Schimmel, willst du laufen, +will ich uns was kaufen. +Heißa, lauf nach Mexiko, +da kaufe ich dir Bohnenstroh; +laufe nach der Mongolei, +da kauf ich mir ein Osterei, +hopp! + +Eile, Schimmel, eile, +oder du kriegst Keile. +Hoppßa, lauf nach Hindostan, +da kaufe ich mir Marzipan; +laufe nach Kap Morgenrot, +da kauf ich dir ein Dreierbrot, +burr! + + + +DAS RICHTIGE PFERD + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Wer schenkt mir ein lebendiges Pferd! +Mein Schaukelpferd ist gar nichts wert, +es hat so steife Beine, +es stampft nicht, frißt nicht, wiehert nicht, +und macht solch ledernes Gesicht, +und weiß nicht, was ich meine. + +Wenn mir der Weihnachtsmann ein Pferd, +ein wirklich richtiges Pferd beschert, +dann reit ich über die Brücke, +und reite durch den Kiefernforst +nach Vehlefanz und Haselhorst +und noch fünf große Stücke. + +Dann bin ich mitten in der Welt, +da such ich mir ein Haberfeld +und lasse mein Pferdchen grasen. +Und dann, dann reit ich ans Ende der Welt, +wo der Riese den Regenbogen hält, +und--schick euch 'ne Ansichtspostkarte. + + + +DER KLEINE REKRUT + + +Ich hab einen Helm aus Packpapier, +mit einem Federbusche; +der Wilhelm malt mir 'n Adler drauf +mit schwarz-weiß-roter Tusche. + +Einen hölzernen Säbel hab ich auch, +mit einem richtgen Griffe; +wenn nur der Scherenschleifer käm, +daß er ihn endlich schliffe! + +Meine Mutter ist 'ne gute Frau, +die schenkt mir einen Dukaten, +dann kauf ich mir ein Schießgewehr, +geh unter die Soldaten. + + + +DER HAUPTMANN + + +Ich bin der Hauptmann, +ihr die Soldaten; +immer gehorsam, +das will ich euch raten, +hört ihr! + +Eins, zwei, immer hinterher, +eins, zwei, schultert das Gewehr, +marsch! + +Seht euch nicht um, +seht euch nicht an, +immer hübsch stramm, +Mann hinter Mann, +halt! + +Eins, zwei, immer hinterher, +eins, zwei, schultert das Gewehr, +marsch! + + + +ABZÄHLREIM + + +Rechts, links, über Eck, +die Henne legt die Eier weg, +legt sie in ein Bündel Stroh, +irgendwie, irgendwo; +kommt der Marder Wagemut, +jagt die Henne von der Brut, +rechts, links, über Eck-- +ein Küken hat--er--weg. + + + +FRAGEFRITZE UND DIE PLAPPERTASCHE + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Fritz, ich möcht den Spaten haben. +"Mutterchen, warum?" +Möchte eine Grube graben. +"Mutterchen, warum?" + +Möchte drin ein Bäumchen pflanzen. +"Mutterchen, warum?" +Wird mein Fritze drunter tanzen. +"Mutterchen, warum?" + +Wird das Bäumchen Kirschen tragen. +"Mutterchen, warum?" +Ei, du mußt die Spatzen fragen, +die sind nicht so dumm!-- + +Kommt die kleine Plappertasche: +"Mutterchen, nicht wahr, +ich bin klüger als der Fritze, +bin schon bald sechs Jahr. + +"Mutterchen, nicht wahr, der Fritze +ist ein Schaf, o je! +Ich kann schon bis zwanzig zählen +und das A-B-C." + +I, du kleine Plappertasche, +laß den Fritz in Ruh. +Plappertasche, wische wasche, +halt das Mäulchen zu. + +Übermorgen in vier Wochen +kommt der Weihnachtsmann; +wenn du dann noch immer plapperst, +was bekommst du dann? + +Einen großen Maulkorb!-- + + + +PLAPPERMÜNDCHEN + + +In Leipzig wohnt ein Bäckermeister, +Hans-back-die-Semmeln-größer heißt er; +Seine Mutter, die Frau Meisterin, +zieht den Teig wer weiß wie dünn, +rollt ihn mit der Mangel aus, +macht sieben bucklige Bretzeln draus, +drei für den Vater, +drei für die Mutter, +eine für unser Plappermündchen, +dann schweigt's vielleicht ein Viertelstündchen. + + + +PUPPENDOKTOR + + +Lieber Doktor Pillermann, +guck dir bloß mein Püppchen an. +Drei Tage hat es nichts gegessen, +hat immer so stumm dagesessen, +es will nicht einmal Zuckerbrot, +die Arme hängen ihr wie tot. +Ach, lieber Doktor, sag mir ehrlich, +ist diese Krankheit sehr gefährlich? + +Madam, Sie ängstigen sich noch krank; +der Puls geht ruhig, Gott sei Dank. +Doch darf sie nicht im Zimmer sitzen, +sie muß zu Bett und tüchtig schwitzen; +drei Kiebitzeier gebt ihr ein, +dann wird es morgen besser sein. +Empfehle mich. + + + +KLEINER EINKAUF + + +Guten Tag, guten Tag, liebe Grünkramfrau, +Gemüse will ich kaufen, +ich bin mit meinem Henkelkorb +extra hergelaufen; +auch schöne frische Eier will ich, +hoffentlich sind sie heute billig. + +Die Schoten hier gefallen mir, +zuckersüße Kerne; +auch von den Rübchen möchte ich +ein halbes Liter gerne. +Kohlrüben? lieben wir nicht sehr; +doch zeigen Sie mal die Pflaumen her! + +Davon will ich fünf Litermaß, +haufenvoll gemessen! +weil meine Kinderchen zu Haus +alle gern Pflaumen essen. +Geld schick ich Ihnen morgen her; +ich denke doch, es eilt nicht sehr, +ich hab es grad vergessen. + + + +VATERS GEBURTSTAG + + +Schnell, schnell, Besen, +feg die Stube rein; +wenn Väterchen zum Kaffee kommt, +muß alles sauber sein. + +Wisch, wisch, Lappen, +über Stuhl und Schrank; +wenn Väterchen zum Kaffee kommt, +sind sie blitzeblank. + +Blüh, blüh, Blume, +blüh recht frisch; +wenn Väterchen zum Kaffee kommt, +Stehst du auf dem Tisch. + +Herz-Herz-Muttchen, +schnell das neue Kleid; +bis Väterchen zum Kaffee kommt, +ist nur noch wenig Zeit. + +Tick, tick, Uhrchen, +renn doch nicht so fix; +wenn Väterchen zum Kaffee kommt, +mach ich meinen Knix. + +Fertig, alles fertig, +der Kuchen auch ist da; +der Kaffee kommt, der Vater kommt, +mein Verschen kann ich ja: +"Heut ist dein Geburtstag!" + + + +DAS HIMMELSPRINZESSCHEN + + +Ich bin das Himmelsprinzeßchen, +habe Flügel von blauem Duft, +ich schlafe im Wolkenbettchen +und bade in Licht und Luft. +Mir gehört die silberne Schaukel +hoch oben im Himmelssaal; +wenn die goldenen Seile schwingen, +blitzt es unten im Tal. + +Der alte Wetterriese +donnert und schilt mich aus, +ich flitze über die Sterne +und lache den Brummbart aus. +Die Mirlamein vom Monde +webt meine Kleider und Schuh, +die gute Mutter Sonne +gibt goldne Spangen dazu. + +Der liebe Gott hat mich gerne, +ich bin sein liebes Kind; +er nimmt uns auf die Kniee, +mich und den Frühlingswind. + +Des Abends sitzen wir stille +bei Mirlamein im Zelt +und spinnen Wünsche und Träume +und streuen sie über die Welt. + + + +WINDFREUDE + + +Wenn der Wind über Wiesen und Felder rennt, +renn ich mit; +da denk ich, daß ich fliegen kann, +und guck mir lustig die Vögel an, +susewitt, susewitt. + +Wenn der Wind durch die Sträucher und Bäume fegt, +feg ich mit; +die Blütenkätzchen feg ich zu Hauf +und setz mir vom Ahorn ein Nasenhütchen auf, +susewitt, susewitt. + +Wenn der Wind durch die Turmlöcher singt und pfeift, +pfeif ich mit; +sein Jodler wird mir gar nicht schwer, +und den Brummbaß lern ich nebenher, +susewitt, susewitt. + + + +LIED VOM MONDE + + +Wind, Wind, sause, +der Mond ist nicht zu Hause; +er ist wohl hinter den Berg gegangen, +will vielleicht eine Sternschnuppe fangen, +Wind, Wind, sause. + +Stern, Stern, scheine, +der Mond, der ist noch kleine; +er hat die Sichel in der Hand, +er mäht das Gras am Himmelsrand, +Stern, Stern, scheine. + +Singe, Vogel, singe, +der Mond ist guter Dinge; +er steckt den halben Taler raus, +das sieht blank und lustig aus, +singe, Vogel, singe. + +Und hell wird's, immer heller; +der Mond, der hat 'nen Teller, +mit allerfeinstem Silbersand, +den streut er über Meer und Land, +und hell wird's, immer heller. + + + +WEIHNACHTSSCHNEE + + +Ihr Kinder, sperrt die Näschen auf, +es riecht nach Weihnachtstorten; +Knecht Ruprecht steht am Himmelsherd +und backt die feinsten Sorten. + +Ihr Kinder, sperrt die Augen auf, +sonst nehmt den Operngucker: +die große Himmelsbüchse, seht, +tut Ruprecht ganz voll Zucker. + +Er streut--die Kuchen sind schon voll-- +er streut--na, das wird munter: +er schüttelt die Büchse und streut und streut +den ganzen Zucker runter. + +Ihr Kinder, sperrt die Mäulchen auf, +schnell! Zucker schneit es heute! +Fangt auf, holt Schüsseln!--Ihr glaubt es nicht? +Ihr seid ungläubige Leute! + + + +KNECHT RUPRECHT IN NÖTEN + + +Knecht Ruprecht kratzt sich seinen Bart +und rückt zurecht die Brille: +Ihr Engelskinder, lärmt nicht so, +seid mal ein bißchen stille! +Kommt, rückt hübsch artig zu mir ran, +seht euch mal das Bestellbuch an! + +Was steht hier auf dem ersten Blatt? +was auf dem zweiten, dritten? +was steht am Ende von dem Buch? +was steht hier in der Mitten?--: +Ach Weihnachtsmann, wir bitten sehr, +Schick uns doch mal das Luftschiff her! + +Hans möchte nach Amerika, +und Fritz zu Tante Lotte, +Kurt durch die Luft zu Großpapa, +Marie zum lieben Gotte; +Georg will bloß nach Neuruppin +mit Zeppelin, mit Zeppelin. + +Ach Zeppelin, du Zaubermann, +'s ist aus der Haut zu fahren, +das ganze liebe kleine Pack +will bloß noch Luftschiff fahren; +dein Fahrzeug ist ja viel zu klein, +da gehn nicht alle Kinder 'rein. + +Ihr Engelskinder, helft mir doch +in meinen Weihnachtsnöten, +baut mir ein Luftschiff riesengroß +mit hunderttaufend Böten, +laßt lustig die Propeller gehn, +da sollt ihr mal die Freude sehn! + +Hurra, schreit da die Engelschar, +wir helfen alle, alle. +Nach dreien Tagen, blitzeblank, +stehts Luftschiff in der Halle. +Dank schön, sagt Ruprecht, fährt hinab, +holt alle Jungs und Mädels ab +zur Flugfahrt durch die Welten. +Ob sie sich nicht erkälten? + + + +FROHE BOTSCHAFT + + +Früh, eh ich's konnt begreifen, +hört ich schon etwas pfeifen, +hört ich Schon etwas brummen, +wie tausend Bienen summen. + Was ist denn los? Ach ja: + der Weihnachtsmann ist da! + +Die Raben und die Spatzen, +sie müssen's weiterschwatzen; +in alle Häuser dringt es, +von allen Glocken klingt es. + Was läuten sie? O ja: + der Weihnachtsmann ist da! + +Mit seinem braven Esel +zieht er von Thorn bis Wesel; +wo Mädels sind und Buben, +tritt er in ihre Stuben +und langt aus Sack und Taschen +zum Spielen was und Naschen. + Wo habt ihr's her? Na ja: + der Weihnachtsmann war da! + + + +DER LIEBE WEIHNACHTSMANN + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Der Esel, der Esel, +wo kommt der Esel her? +Von Wesel, von Wesel, +er will ans schwarze Meer. + +Wer hat denn, wer hat denn +den Esel so bepackt? +Knecht Ruprecht, Knecht Ruprecht +mit seinem Klappersack. + +Mit Nüssen, mit Äpfeln, +mit Spielzeug allerlei, +und Kuchen, ja Kuchen +aus seiner Bäckerei. + +Wo bäckt denn, wo bäckt denn +Knecht Ruprecht seine Speis? +In Island, in Island, +drum ist sein Bart so weiß. + +Die Rute, die Rute +hat er dabei verbrannt; +heut sind die Kinder artig +im ganzen deutschen Land. + +Ach Ruprecht, ach Ruprecht, +du lieber Weihnachtsmann: +komm auch zu mir mit deinem +Sack heran! + + + +SANKT NIKLAS' AUSZUG + + +Sankt Niklas zieht den Schlafrock aus, +klopft seine lange Pfeife aus +und sagt zur heiligen Kathrein: +Öl mir die Wasserstiefel ein, +bitte hol auch den Knotenstock +vom Boden und den Fuchspelzrock, +die Mütze lege oben drauf, +und schütte dem Esel tüchtig auf, +halt auch sein Sattelzeug bereit; +wir reisen, es ist Weihnachtszeit. +Und daß ich's nicht vergeß, ein Loch +ist vorn im Sack, das stopfe noch! +Ich geh derweil zu Gottes Sohn +und hol mir meine Instruktion. + +Die heilige Käthe, sanft und still, +tut alles, was Sankt Niklas will. +Der klopft indes beim Herrgott an, +Sankt Peter hat ihm aufgetan +und sagt: Grüß Gott! wie schaut's denn aus? +und führt ihn ins himmlische Werkstättenhaus. + +Da sitzen die Englein an langen Tischen, +ab und zu Feen dazwischen, +die den kleinsten zeigen, wie's zu machen, +und weben und kleben die niedlichsten Sachen, +hämmern und häkeln, schnitzen und schneidern, +fälteln die Stoffe zu zierlichen Kleidern, +packen die Schachteln, binden sie zu +und haben so glühende Bäckchen wie Du. +Herr Jesus sitzt an seinem Pult +und schreibt mit Liebe und Geduld +eine lange Liste. Potz Element, +wieviel artige Kinder Herr Jesus kennt! +Die sollen die schönen Engelsgaben +zu Weihnachten haben. + +Was fertig ist, wird eingesackt +und auf das Eselchen gepackt. +Sankt Niklas zieht sich recht warm an; +Kinder, er ist ein alter Mann, +und es fängt tüchtig an zu schnein, +da muß er schon vorsichtig sein. + +So geht es durch die Wälder im Schritt, +manch Tannenbäumchen nimmt er mit; +und wo er wandert, bleibt im Schnee +manch Futterkörnchen für Hase und Reh. +Aus Haus und Hütte strahlt es hell, +da hebt er dem Esel den Sack vom Fell, +macht leise alle Türen auf, +jubelnd umdrängt ihn der kleine Hauf: +Sankt Niklas, Sankt Niklas, +was hast du gebracht? +was haben die Englein +für uns gemacht? +"Schön Ding, gut Ding, +aus dem himmlischen Haus; +langt in den Sack! holt euch was raus!" + + + +BESCHEIDENE FRAGE + + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +bringst du der flinken Grete was? +Sie ist fast immer artig gewesen, +hat fleißig in ihrer Fibel gelesen, +kann das große H schon ganz richtig schreiben, +wird Ostern gewiß nicht sitzen bleiben; + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du ihr was? + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +bringst du dem dicken Peterle was? +Er ist noch zu klein, um zur Schule zu gehn, +aber beten kann er schon wunderschön: +"Lieber Dott, mach alle Menßen dut, +nimm alle unter deinen Hut'" + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du ihm was? + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +bringst du der kleinen Lene was? +Sie gehört der armen Flick-Marie +und hat schon lange ein schlimmes Knie; +zum Spielen kommt sie gar nicht mehr raus, +sieht immer so blaß und ängstlich aus. + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du ihr was? + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +ich wünsch mir selber auch noch was: +möcht in der Weihnacht mit dir gehn, +mir all die fröhlichen Kinder besehn, +wie sie tanzen und tuten, knabbern und schlucken +und am strahlenden Christbaum die Wunder angucken. + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du mir das? + + + + + +DRITTER TEIL + + + +WIDMUNG + + +Klänge wachsen auf den Wegen +im Gebüsch, im jungen Grün; +alle meine Melodien +möchte ich mit leisem Segen +abends auf dein Kissen legen. + +Wilde Blumen, seltne Früchte: +was der reife Sommer bringt, +möcht ich in dein Zimmer tragen, +sollst mir keine Antwort sagen-- +Still--der Traum versinkt--verklingt. + + + +SONNE + + +Sonne scheint draußen und scheint in die Stube, +unten am Boden kugelt mein Bube, +greift nach den schimmernden, flimmernden Stäubchen; +ich sitze am Fenster und nähe ein Häubchen, +ein ganz kleines Häubchen aus weißem Batist. +Ob's wohl ein Mädel ist?-- +Und hat's _seine_ Augen, _seinen_ trotzfrohen Sinn, +dann weiß kein Mensch, wie glücklich ich bin! +Bloß Er--Er--sein liebes Gesicht-- -- +"Na, Bub? Hast du die Sonne noch nicht?"-- + + + +MARIENLIED + + +Maria herzt ihr Kindlein +und küßt sein rotes Mündlein; +sie weiß es nicht, +daß einst zu Golgatha +sein Kreuz wird aufgericht't. + +Der Wind mit Blumendüften +tut des Kindes Härlein lüften; +nicht weiß der Wind, +daß einst zu Golgatha +unschuldig Blut verrinnt. + +Sein Lämmlein kommt gesprungen, +spielt um den holden Jungen; +sieht nicht von fern, +daß man zu Golgatha +einst höhnt den lieben Herrn. + +Ihr sorgend Mutterherzen +müßt es fein still verschmerzen; +ihr wißt es nicht, +wann eurem teuren Kindlein +sein Kreuz wird aufgericht't. + + + +KORSISCHES WIEGENLIED + + +Schlafe, mein kleiner Wildling, +du schlankes Reis, schlaf ein; +draußen im Mondschein die Pappel +sieht auf dein Bett herein. + +Träume, mein heißer Wildling; +was ballst du die kleine Faust? +Kühl geht der Wind durchs Fenster, +die hohe Pappel braust. + +Wachse, mein trotziger Wildling, +wachse dich hoch und frei, +horch auf die herrischen Stürme +und des Adlers stolzen Schrei! + +Räche mich, Sohn meiner Wildheit, +räche den Mutterleib, +Schärfe den Dolch und töte, +töte das fremde Weib! + + + +KÖNIGSKIND + + +--1-- + +Schlafe ruhig, Königskind; +wie im Traume singt der Wind, +schweigend sitzt der Mond zu Haus, +gießt die weißen Strahlen aus, +gießt sie über das weite Land, +über Wald und Hügelwand. + +Taube gurrt im dunklen Laub, +Käfer surrt und fliegt auf Raub, +Fischlein steht im Wasser still, +weiß nicht, ob es schwimmen will. +Was dir auch das Leben spinnt: +träume, Königskind! + + +--2-- + +Ein Vogel flog aus dem Heimatland, +er flog wohl sieben Tage lang +über fremde Wälder und Seen; +da wurden ihm die Flügel lahm, +und als er ans große Wasser kam, +konnt er nicht weiter. + +Ein Mägdlein mußte von Hause fort, +in ein fernes Land an fremden Ort, +so bang und alleine. +Die Mutter gab ihr drei Tropfen Blut: +Tochter, liebe Tochter, wahre sie gut, +sonst trifft dich ein Unheil. + +Das Vöglein fiel aus der Höh herab, +brach die Flügel beide und fand sein Grab +im öden Lande; +das Mägdlein verlor der Mutter Blut, +verlor den Weg und verlor den Mut +und irrt in der Fremde. + + +--3-- + +Waldtaube saß gefangen, +Kuruh, das Vögelein, +wohl hinter Gitter und Stangen; +da ließ das Köpflein hangen +Kuruh das Vögelein. + +Waldtaube saß am Gitter, +Kuruh, das Vögelein, +da kam ein blauer Ritter, +ein Falke an ihr Gitter: +Kuruh, mein Vögelein. + +Und bist du auch gefangen, +Kuruh, mein Vögelein, +meine Liebe zerbricht die Stangen, +zu dir will ich gelangen, +Kuruh, mein Vögelein. + +Mit seinen starken Fängen +tat er das Gitter aufzwängen, +Kuruh, mein Vögelein. +Sie breiteten aus die Flügel, +flogen weithin über die Hügel, +grad in die Sonne hinein, +Kuruh, mein Vögelein. + + + +HEIMWEH + + +Quellchen geht in den Rauschebach, +Bach geht in den Fluß, +Fluß geht vorbei am Elternhaus, +Mütterchen hört seinen Gruß; +grüße mir, Quellchen, grüße mir fein +Vater und Mutter, vergiß es nicht, nein? + +Vater pfeift seinem Hühnerhund, +Mutter sorgt für den Herd, +Schwesterchen gießt ihre Tausendschön, +Bruder zäumt sich sein Pferd; +grüße mir, Quellchen, ich bin so allein, +Bruder und Schwester, vergiß es nicht, nein? + + + +ELFENREIGEN + + + Eia, wir Elfen, + wir kommen und helfen, + eh du's gedacht, Kind, eh du's gedacht. + Wir kommen + im frommen + Geleuchte der Nacht, + Gewänder + und Bänder + vom Monde erdacht; + wir schweben + und heben + im Reigenspiel sacht + die Schleier + zur Feier + der freundlichen Nacht. + Eia, wir reichen + uns schmeichelnd die weichen + Hände im gleichen + lieblichen Takt, im lieblichen Takt. + Wir gleiten + durch Weiten + der wandernden Welt, + wie ziehende + fliehende + Nebel im Feld; + wir lauschen, + dem Rauschen + der Quellen gesellt, + und schauen + die blauen + Gefilde bestellt. + Eia, wir zeigen + im silbernen Reigen + mit Nicken und Neigen +die Zauber der Welt, die Zauber der Welt. + + + +WIEGENMÄRCHEN + + +Des Mondes Tochter, Mirlamein, +kam in die warme Welt herein, +sie kam aus ihres Vaters Haus +auf einer weißen Fledermaus. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Da saß Prinzessin Mirlamein +auf einem großen weißen Stein +mitten in blühender Heide +in ihrem milchweißen Kleide. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +In ihren Händen bleich und fein +hielt sie die Flöte aus Elfenbein; +sie blies--das klang so hell und hold, +als ob ein Engel uns trösten wollt. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Gleich stecken alle Vögelein +den Kopf in die Flügel und schlummern ein, +die Hirsche und Rehe im tiefen Wald +suchen ihr Lager und schlafen bald. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Glühwürmchen löscht das Lämpchen aus, +fliegt müde in sein Blätterhaus, +die Tauben gurren im Schlaf kuruh, +mein Kind macht auch die Augen zu. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Die Flöte verklingt. Vom Heidestein +wehen die Schleier der Mirlamein, +Sie winkt der weißen Fledermaus +und fliegt zum stillen Mond nach Haus. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + + + +TRAUMBALLADE + + +Traumkönig geht durch bleiches Land, +rings grüßen ihn verstohlen +die braunen Nachtviolen; +Marlenchen geht an seiner Hand, +Marlenchen, jung Marlenchen. + +Traumkönig geht an den Rosmarinstrauch, +da brennen die Lebenskerzen, +sie brennen mit roten Herzen; +Marlenchen fühlt ihren heißen Hauch, +Marlenchen, jung Marlenchen. + +Traumkönig geht am See entlang, +die Wasserelfen singen +ein Lied von kühlen Dingen; +Marlenchen überkommt es bang, +Marlenchen, jung Marlenchen. + +Traumkönig geht mit leisem Schritt +hinein in die weichen Wellen, +die silbern im Mond aufquellen; +Marlenchen geht in die Tiefe mit, +Marlenchen, jung Marlenchen. + + + +MUTTER HULE + + +(nach einer alten Volksdichtung) + + +Die alte Mutter Hule +kann reisen ohne Geld: +sie setzt sich auf den Gänserich +und reitet durch die Welt. + +Die alte Mutter Hule, +die hat im Wald ein Haus; +der Uhu sitzt als Wächter davor, +läßt niemand 'rein und 'raus. + +Frau Hulens Sohn heißt Michel, +der ist nicht grad, nicht krumm; +am Sonntag ist er manchmal klug +und Montags manchmal dumm. + +Sie schickte ihn zum Markte, +da kauft er sich 'ne Gans; +die flatterte und schnatterte +und wippte mit dem Schwanz. + +Frau Hule holt den Ganter; +wie liebten sie sich gleich! +Sie fraßen zusammen aus einem Napf +und schwammen in einem Teich. + +Des Morgens in der Frühe +fand Michel ein großes Ei; +das hatte die liebe Gans gelegt, +der Gänserich stand dabei. + +Der Michel lief zur Hule: +guck, was ich dir gebracht, +ein goldnes Ei. Die Hule sagt: +das hast du brav gemacht. + +Der Michel trug's zu Markte, +drei Dukaten wollt er haben; +der Jud wollt bloß die Hälfte geben, +da schmiß er ihn in'n Graben. + +Er ging am Schloß vorüber, +da stand ein Fräulein lilienschön; +dem Michel schwoll das Herze, +er blieb ein bißchen bei ihr stehn. + +Der Jude und ein Ritter +fielen über Michel her +von vorne und von hinten, +da schrie der Michel sehr. + +Die alte Mutter Hule +flog über Prag und Wien, +verwandelt ihren Michel schnell +in einen Harlekin. + +Und auch das Fräulein rührte sie +mit ihrem Flederwisch, +da stand ein Kolombinchen da +mit Backen rot und frisch. + +Wo blieb das goldne Ei, huchjee? +Das rollte weit ins Meer. +Der Michel zog die Stiefel aus +und sockte hinterher. + +Die alte Mutter Hule +sattelt hui die große Gans +und flog damit zum roten Mond, +denn da war Fastnachtstanz. + + + +EIN SINGSANG VOM RHEINE + + +Herr Steuermann, Herr Steuermann, +leg an der Brück von Köllen an! +Ein Schifflein kommt gefahren +wohl über den grünen Rhein. +Was hat das Schiff geladen? + Ei, roten Wein, + ei, weißen Wein, +den hat das Schiff geladen. + +Zu Köllen an der Brücke, +da tagt der hohe Rat am Rhein. +Was wollen die Herren trinken? + Ei, roten Wein, + ei, weißen Wein, +den wollen die Herren trinken. + +Ein Schifflein kommt gefahren +wohl über den grünen Rhein. +Was hat das Schiff geladen? + Ei, blonde Jüngferlein, + ei, braune Jüngferlein, +die hat das Schiff geladen. + +Zu Köllen an der Brücke, +da tagt der hohe Rat am Rhein. +Wen wollen die Herren küssen? + Ei, blonde Jüngferlein, + ei, braune Jüngferlein, +die wollen die Herren küssen. + +Herr Steuermann, Herr Steuermann, +leg an der Brück von Köllen an! + + + +BADEBALLADE + + +Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß +badeten im Teiche, +strampelten, tauchten, +plantschten und fauchten; + --hell lachte die alte Eiche. + +Murrian Knurr, der Pudelhund, +kam vorbei am Teiche, +erhob ein Geschrei: Herbei! Polizei! +da baden zwei, nackend und frei! + --hell lachte die alte Eiche. + +Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß +sprangen aus dem Teiche, +faßten Murrian am Kopf, an Schwanz und Zopf, +seiften ihn ein, trotz Bellen und Schrein, + --hell lachte die alte Eiche. + +Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß +baden wieder im Teiche, +hampeln und strampeln, spritzen und tauchen, +patschen und plantschen, prusten und fauchen, + --hell lacht die alte Eiche. + + + +DER TEUFEL UND DIE KATZ + + +(nach Schwinds Bildern) + + +Ein Kätzlein ging einst jagen, +welch schöne Katz, welch feine Katz; +an einer Kirchhofsmauer, +da lag sie auf der Lauer +und fing sich einen Ratz. + +"Ach Kätzlein, laß mich leben, +du schöne Katz, du feine Katz; +will dienen deinem Willen, +jed Wünschlein dir erfüllen +als dein getreuer Schatz." + +Das Kätzlein ließ sich rühren, +die schöne Katz, die feine Katz; +sie ließ die Ratte leben, +tat ihr ein Laternchen geben, +zu leuchten bei der Hatz. + +"Ich tu dir wacker helfen, +du schöne Katz, du feine Katz; +brauchst bloß die Öhrlein spitzen, +da laufen aus Spalt und Ritzen +Langschwänze auf den Platz." + +Der Ratz ward groß und größer-- +"Du schöne Katz, du feine Katz, +wir wollen beid spazieren, +am Arm will ich dich führen +als dein getreuer Schatz. + +Dein Schwänzlein will ich kämmen, +ei schöne Katz, ei feine Katz!" +Er rupft sie zum Erbarmen, +kein Mauen hilft der armen, +vor Schmerz tut sie 'nen Satz. + +Hätt ich dich doch gefressen, +ich gute Katz, ich feine Katz; +ein Untier bist du worden, +wirst mich gewiß noch morden, +du Ungetüm von Ratz. + +Er sprang ihr auf den Rücken: +"Hei, Schöne Katz, hei, feine Katz, +jetzt habe _ich_ zu sagen, +mußt mich als Reiter tragen +auch ohne Zaum und Latz. + +Jetzt fahren wir zur Hölle, +du schöne Katz, du feine Katz; +heidi, ein Katzenbraten +wird dem Teufel schon geraten, +ich schür den Ofen, Schatz." + + + +DER ESEL UND DIE LÖWENHAUT + + +(nach der Fabel von Hans Sachs) + + +Ein Müllersmann aus Oberwesel +hatt 'nen gewitzten jungen Esel; +der weidete auf grünem Gras +und dachte sich so dies und das, +wollt für sein Leben gern auf Erden +was Bessers als ein Esel werden. +Da fand er--und sein Herz schlug schnell-- +ein unversehrtes Löwenfell. +Er kriecht hinein, es paßt ihm gut, +er fühlt auch gleich des Löwen Mut +und denkt mit innerstem Behagen: +nun brauchst du nicht mehr Säcke tragen. +Stolz trabt er durch den Wald daher, +tut ganz, als ob ein Leu er wär, +schüttelt die Mähne, schlägt mit dem Schweif +und setzt die Tatzen breit und steif. +Das Häslein spitzt das lange Ohr, +die Sache kommt ihm kitzlig vor, +es springt hinweg; das Rehlein auch. +Wie freut sich da der eitle Gauch! +Und als der Müller, der ihn sieht +von weitem, auch erschrocken flieht, +kann er vor Wonne kaum sich fassen, +muß laut sein I-A tönen lassen. +Da merkt der Müller, wen er hat, +prügelt den Esel mürb und matt +und schimpft ihn aus: du dummes Vieh! +zum Löwen wird ein Esel nie; +du hast mich mit dem Fell genarrt, +das sollst du büßen, Esel, wart! +und schlägt und pufft ihn immer mehr. +Der Esel hängt die Ohren sehr, +als so sein Meister ihn verbläut; +sein Hochmut hat ihn recht gereut, +wollt fürder Säcke tapfer tragen, +nie mehr nach Löwenhäuten fragen. + + + +EIN SPATZENGESPRÄCH + + +Ich war in Fez durch die Buden gewandelt +und hatte einen Ring erhandelt +mit einem seltsam geschliffenen Stein; +sollte der Ring König Salomos sein. +Wer ihn besäße, verstünde sofort +zahlreicher Tiere Geberde und Wort, +könnte das Gras beim Wachsen belauschen, +hörte Musik aus den Quellen rauschen, +verstünde die Sprache von Baum und Stein, +müßte aber ein Sonntagskind sein. +Nun, ich war zu meinem Frommen +Beim Glockenläuten auf die Welt gekommen, +nahm meinen Ring, bezahlte bar, +und--war jetzt klüger, als ich war. + +Fröhlich ging ich zur Stadt hinaus, +wußte da ein einsames Bauernhaus, +warf mich glatt in die Frühlingsruh, +kaute Halme und pfiff dazu, +dachte an dies und dachte an das, +wie so gedeihlich aus Ernst und Spaß +die Welt sich verbastelt zum Gottgetriebe, +dachte an Glauben, dachte an Liebe, +und wie hellauf über Zacken und Kanten, +trotz Pflichten, Gesetzen und alten Tanten, +das Leben in neue Blüten schießt, +in die der Saft der Zeit sich ergießt. +Dachte und dachte, eiferbeflissen, +glaubte den Weg aller Wege zu wissen, +genau der Länge nach und der Breite, +der die Welt zum Heile geleite; +dachte-- --was man so buntes denkt, +wenn über einem die Sonne hängt. + +Neben mir blühte lichtblauer Flieder; +ein Spatzenpärlein ließ sich drin nieder, +die plusterten zärtlich die dicken Hälschen, +zogen sich Federchen aus den Pelzchen, +sahen recht verliebt darein, +mußten wohl jung verheiratet sein. +Doch das Schweigen währte nicht lange, +bald war eine Unterhaltung im Gange; +ja, mein Ring kam mir trefflich zustatten, +deutlich verstand ich das Plaudern der Gatten +und durfte mit Vergnügen ermessen, +sie hatten höhere Interessen. + +"Männe," sagte das Spatzenfrauchen +und rückte näher an ihr Grauchen, +"du bist so klug vom vielen Reisen, +könntst mich ein wenig unterweisen. +Sag mir doch, was die Menschen wollen, +wenn sie die Erde in dicken Schollen +aufwerfen; nie kriegen sie genug +von ihrem Getue mit Spaten und Pflug." +"Hm," sagte der Spatzmann mit Bedacht, +nachdem er ein Weilchen nachgedacht, +"Hm, in der Erde gibt's schöne Dinge, +Zum Beispiel Käfer und Engerlinge, +die werden sie brauchen zu Schmaus und Festen +und werden damit ihre Jungen mästen. +Auch Körner graben sie sehr gescheit +in den Boden ein; und wenn's friert und schneit, +und es ist Futtermangel im Haus, +graben sie alle wieder aus." + +"Du bist doch der gescheiteste Spatz," +sagte die Spätzin, "mein trautester Schatz. +Doch noch was andres wollt ich dich fragen, +du kannst mir sicherlich auch sagen, +warum die Sonne morgens aufsteht +und abends wieder untergeht; +ich habe mir seit vielen Wochen +umsonst darüber den Kopf zerbrochen." +Der Spatz putzt sich den Schnabel und spricht: +"Kleines Närrchen, das weißt du nicht? +Wie sollten wir Vögel anders wissen, +wann wir morgens ausfliegen müssen? +Die Sonne ist da, um uns zu wecken +und abends uns wieder ins Nest zu stecken." + +"Ja, ja, nun wird mir alles klar," +sagte das Weibchen; "ganz offenbar +hast du da recht. Doch in der Nacht +der Mond? für wen ist der gemacht?" +"Der Mond? Ach, nenn mir den Falschen nicht; +der hält es mit dem Katzengezücht, +lockt Marder und Eulen auf unsre Brut, +drum hass' ich ihn mit aller Wut." +Und zornig sträubt der kleine Mann +die Federn und sieht sein Weibchen an. +Das drängt sich an ihn, zärtlich, dicht, +glättet ihm die Daunen an Hals und Gesicht +und flüstert erschrocken: "Du hast ja recht, +der meint es gewiß mit uns Vögeln schlecht; +nie nenn ich ihn wieder. Doch sag mir, du Bester, +ob nicht auch in der Menschen Nester +die Sonne Licht und Wärme bringt, +daß alles früh aufsteht und singt?" + +"Nein, Kind, für _uns_ ist die Sonne gemacht, +uns bringt sie Tag, uns bringt sie Nacht. +Die Menschen haben in ihren Zimmern +ihre eignen Sonnen, ich sah sie flimmern. +Als ich mal nachts, aus dem Schlaf geschreckt, +an ein Fenster stieß, hab ich's entdeckt: +sie machen bloß knips, dann haben sie Licht, +die brauchen unsre Sonne nicht." + +Das Spatzenfrauchen schien ganz beglückt +von so viel Klugheit und sah entzückt +ihr Männchen an: "Du bist ein Genie, +und weißt auch sicher, warum und wie +die Menschen in ihren Steinhäusern kleben +und nicht so frei wie wir Vögel leben?" + +Das Spätzchen guckte ein wenig ins Land, +hatte aber die Antwort schnell bei der Hand: +"Vor Mardern und Eulen und Katzengetier +sind sie in den Häusern viel sichrer als wir, +und, was der wichtigste Grund von allen, +kein Junges kann aus dem Neste fallen. +Ja, ja, die Menschen haben Geist, +sind auch den Vögeln gefällig meist, +haben sie doch von Land zu Land +lauter feste Drähte gespannt, +damit unsre Wandrer scharenweise +sich ausruhn können auf der Reise. +Auch Versammlungen werden von Jungen und Alten +im Herbste darauf abgehalten; +wir sind ihnen wirklich zu Dank verpflichtet, +so praktisch haben sie's eingerichtet." + +"Glaub's schon, die Menschen sind recht klug, +aber noch immer nicht klug genug," +sagte das Weibchen; "was würden sie geben, +könnten sie frei in den Lüften schweben, +doch sind sie zu ungeschickt zum Fliegen +und werden niemals Flügel kriegen." + +"Bloß mit den dicken seidenen Bällen +steigen sie manchmal tausend Ellen," +lachte das Männchen; "was nur die tollen +Leute bei uns in den Lüften wollen? +Jetzt baun sie sogar allerhand Gestelle +und rasen herum mit Windesschnelle. +Auch der Dompfaff lachte neulich +und meinte, er fände die Dinger abscheulich; +sinnlos wär dies Gefliege und Rattern, +kein Mücklein könnt man dabei ergattern. +Ernsthaft sitzen sie in dem Kahn +und gucken die Welt durch Röhren an; +es ist wirklich lachhaft mitanzusehn. +Komm, Schatz, wir wollen zu Bette gehn; +für heute hast du genug profitiert, +morgen wird wieder ein Stündchen doziert." +Eine Weile noch plusterte da was rum, +dann waren die Plappermäulchen stumm. + +Ich aber ging übers stille Feld; +so malt sich in Spatzenköpfen die Welt, +dacht ich und lächelte überlegen. +Da hört ich's in den Lüften sich regen, +eine alte Esche rief mir zu: +"Wieviel ist der Spatz denn beschränkter als du? +Seid ihr Menschen nicht auch allesamt +zu solchen unwissenden Tierlein verdammt, +die das große Warum und das ewige Wie +mit ihrer täppischen Kindsphantasie +zu begreifen suchen? Dürft ihr vertraun +dem Funken in euch und aufwärts schaun? +Sind eure stolzesten Grübler und eifrigsten Späher +der Gottheit nur um ein Strichelchen näher?" +So sprach die Esche. Ich sah in die Weiten, +sacht fühlt' ich den Ring mir vom Finger gleiten, +scheu blickt' ich hin--er war verschwunden, +und niemals hab ich ihn wiedergefunden. + + + +DREI KOBOLDSTREICHE + + +Fixfax der arge Kobold spricht: +die Langeweile bekommt mir nicht, +ich will in lustigen Abenteuern +den alten Koboldruhm erneuern, +denn geht's den Menschen allzu glatt, +wird ihre Seele stumpf und matt. +Drum will ich sie in diesen Tagen +ein wenig necken, ein wenig plagen; +ein Kobold will doch auch mal lachen, +sich über die Menschlein lustig machen, +die den Kern aller Dinge glauben zu kennen +und sich so leicht die Finger verbrennen. +Drum, Fixfax, auf zu keckem Wagen, +stör ein bißchen ihr Wohlbehagen, +brauchst sie ja nicht ins Unglück zu hetzen, +ihnen bloß ein paar sanfte Püffe versetzen. + + +ERSTER STREICH + +Ei, wie strömen Wohlgerüche +aus Frau Puffkes Wirtschaftsküche, +denn für hungrige Soldaten +will sie grad ein Ferkel braten; +alles ist schon gut bereit +und die Essenszeit nicht weit. +Fixfax nun, das muntre Mätzchen, +klettert hurtig wie ein Kätzchen +hoch hinauf zu Schornsteins Rand, +setzt sich listig und gewandt +mitten auf das Loch da, schwapp, +und nun zieht der Rauch nicht ab; +rückwärts strömt er in die Küche, +weg sind alle Wohlgerüche, +und Frau Puffke steht und hustet, +krebsrot im Gesicht, und prustet, +kann dem dicken Rauch nicht wehren, +sich die Sache nicht erklären. +Rennt zum Schornsteinfeger Krause, +aber der ist nicht zu Hause; +niemand weiß, wo Krause schweift, +und Frau Puffke steht und keift, +denn die Uhr läuft immer weiter. +Endlich kommt er mit der Leiter, +um den Schaden zu ergründen, +doch er kann durchaus nichts finden; +denn der Fixfax, wohlbedacht, +hat sich aus dem Staub gemacht, +und Herr Krause mit dem Besen +brummt, die Sonne sei's gewesen. +Vier Uhr schlug's, als die Soldaten +endlich kriegten ihren Braten. + + +ZWEITER STREICH + +Vor dem Spiegel, kerzengrad, +steht Herr Amtsvorsteher Plath; +tadellos und mit Geschmack +sitzt die Hose und der Frack, +ausgezeichnet auch die glatte +blütenweiße Taftkrawatte, +Kragen, Vorhemd, _comme il faut_, +und Herr Plath ist seelenfroh. +Langt noch sorglich aus dem Schrank +den Zylinder blitzeblank; +nimmt dann Stock und Handschuh munter, +steigt voll Stolz die Treppe runter, +denn er ist heut eingeladen +Zum Empfang bei ihrer Gnaden +der Prinzessin Schneckenstein, +und das hebt ihm Brust und Bein. +Fixfax aber dachte gleich: +wart, dir spiel ich einen Streich. +Auf den Taubenboden geht er +und nach losen Federn späht er, +sammelt allen Flaum ins Säckchen, +bläst verschmitzt das ganze Päckchen +über Plathens neuen Frack +und auf seinen _Chapeau-claque_. +Plath sieht ganz befiedert aus, +doch er ahnt nichts von dem Graus, +steuert durch die Nacht geschwind, +denkt bloß: was für'n arger Wind! +tritt mit Würde in den Saal, +Alle lachen--o Skandal! +Bis er endlich sich besieht +und geknickt von dannen flieht. +Draußen denkt er ärgerlich: +So ein Pech, das hab nur ich! + + +DRITTER STREICH + +Auf des Sofas weichem Grunde +schlummert sanft mit offnem Munde +Pastor Pfannkuch. Nur die Fliegen +summen sich was zum Vergnügen, +sonst ist's muckstill. Fast erledigt +liegt der Text der Sonntagspredigt +auf dem Schreibtisch. Sonnenfleckchen +spielen in den Zimmereckchen; +nichts bedroht den tiefen Frieden, +der dem frommen Mann beschieden. +Doch da stiehlt sich in die Stube +Fixfax, dieser lose Bube, +kichert, fängt ein Dutzend Fliegen, +die sind hier sehr rasch zu kriegen, +tunkt sie in das Tintenfaß, +bis sie gänzlich schwarz und naß, +läßt sie dann gleich wieder fliegen +und entfernt sich mit Vergnügen. +Nach 'nem Weilchen, ach Herrjee, +kommt Frau Pastor mit dem Tee, +ruft voll Abscheu, Schreck und Graus: +Berthold! Mensch, wie siehst du aus! +bist ja wie'n Idiot beschmiert, +Backen, Nase, schwarz karriert! +Himmel, auch die neue Predigt +ist beschmudelt und beschädigt, +und auf meinen weißen Deckchen +grinsen lauter Tintenfleckchen! +Mann, wie hast du das getan? +Und sie sehn sich grübelnd an... + +Fixfax aber, auf der Wacht, +sitzt im Mauseloch und lacht +sich ins Fäustchen ohne Reue, +und--gebt Acht--er wird sich neue +Schelmentaten ausklabuntern, +um uns Menschen aufzumuntern. + + + +SPUK + + +(nach alten Mustern) + + +Der Bauer schläft im Hirsekraut; +wer fährt dem Bauer sein Heu nach Haus? +Der rote Mond guckt übern Strauch, +der Bauer schläft und wacht nicht auf. + +Wer fährt dem Bauer sein Heu nach Haus? +Aus ihrem Loche lugt die Maus, +der Fuchs schleicht sacht aus seinem Bau; +der Bauer träumt und wacht nicht auf. + +Der Mond scheint hell und hoch herauf, +der Marder schleicht durchs fahle Laub, +die Eulen huschen schwarz und grau; +der Bauer stöhnt, doch wacht nicht auf. + +Husch, horch: Wer trippelt und trappelt zu Hauf? +Wer spannt die müden Gäule aus? +Die Gäule wissen den Weg nach Haus; +der Bauer schläft im Hirsekraut. + +Wer kichert in des Wagens Bauch? +Wohin rollen die Räder ohne Ruck, ohne Laut? +Wer hält sie an am Garten, am Zaun? +Wer fuhr dem Bauer sein Heu nach Haus? + +Der kommt verstört beim Morgengraun: +O Frau, mein Heu! O Frau, mein Traum! +Die Frau führt lachend ihn zum Zaun, +da zupft die Ziege vom Wagen das Kraut. + +"Schlaf andermal nicht und sei nicht faul, +wenn der Vollmond steigt übern Berg herauf; +die Kobolde fuhren dein Heu nach Haus, +jetzt geh und leg ihnen Speck und Kraut." + + + +DER MÄRCHENKÖNIG UND SEIN TÖCHTERLEIN + + +Herbei, ihr kleinen Wichte, +Kobold, Alraun und Wurzelmann, +schafft hunderttausend Lichte +und putzt damit die Bäume an! +Bis in die höchsten Spitzen +soll Licht bei Lichtlein blitzen. + +Der Mond und alle Sterne +sind doch bloß blasser Himmelsschaum; +mein Töchterlein will gerne +den ganzen Wald zum Weihnachtsbaum. +Drum macht, wie ich euch sage, +die Nacht zum hellen Tage! + +Der Märchenkönig spricht's. Im Nu +geht's an ein Lichterkneten; +kein einziger sieht müßig zu, +gönnt kaum sich Zeit zum Beten. +Und als die Heilige Nacht heran, +zünden sie alle Kerzen an. + +Hei, war das ein Gestrahle, +ein Leuchten, flimmern, überhell, +als brach mit einem Male +von Fels zu Fels ein Feuerquell. +Auf Zweig und Äste blicken +die Bäume mit Entzücken. + +Der Meister führt sein Töchterlein +durch diese Weihnachtspracht. +Sie schreitet wie im Sonnenschein, +fühlt Kälte nicht noch Nacht, +und flüstert traumverloren: +Die Liebe ward geboren. + +Da rauschte durch die Weiten +dies wundersame Wort, +in Erd- und Himmelsbreiten +pflanzt es sich heilig fort. +Mit hunderttausend Kerzen +glüht's heut in allen Herzen, +klingt's heut durch alle Ohren: +Die Liebe ist geboren! + + + +WEIHNACHTSGANG + + +Es war zur lieben Weihnachtszeit, +die Wälder lagen tief verschneit, +im Acker schlief in guter Ruh +das Korn und träumte dem Frühling zu, +die Winternachmittagssonne stand +wie ein gelber Fleck an weißer Wand-- +da schritt ich hinaus in die blinkende Weite +und summte ein Lied mir zum Geleite. + +Wie ich so ging auf stillen Wegen, +kam mir ein seltsamer Zug entgegen. +Ein Eselchen ganz vollgesackt +mit Schachteln und allerhand Kram bepackt, +Schritt langsam durch die Felderruh; +Sein Führer rief ihm bisweilen zu, +es war ein Alter in weißem Haar, +mit Runzelgesicht und sonderbar +altmodischem Pelzwerk, sonst gut bei Kräften, +die Füße staken in hohen Schäften +und kamen munter mit Hott und Hüh +grad auf mich zu samt dem Eselsvieh. +Potz Blitz, fällt mir auf einmal ein, +das muß doch der Gottesknecht Ruprecht sein. +Ich blicke scharf in das bärtge Gesicht: +"Grüß Gott, mein Alter, kennst du mich nicht? +Ich hab doch oft dein Loblied gesungen, +und all die Mädels und all die Jungen, +die noch an Mutters Rockzipfel hängen +oder sich auf den Schulbänken drängen, +kennen dich wie ihre großen Zehen, +doch hat wohl noch niemand dich draußen gesehen. +Sonst kamst du immer auf heimlichen Wegen +uns erst in der heimlichen Stube entgegen +mit Sack und Pack und netten Geschenken; +was soll ich, Weihnachtsmann, von dir denken? +Da stehst du nun mit Haut und Haar, +bist nicht ein bißchen unsichtbar, +wie es dir zukommt."--"So ist meine Art," +brummte der Alte und strich sich den Bart, +"ich denke mir gern Überraschungen aus, +für diesmal mach ich's außerm Haus; +komm mit, da sollst du was erleben, +das wird ein Extra-Vergnügen geben." +"Topp," rief ich, "Alter, ich bin dabei, +ich höre gern lustiges Kindergeschrei." + +So schritten wir rüstig zur Stadt. Am Tor +langte Ruprecht ein hölzernes Pfeifchen hervor +und blies. Wie konnte der Alte pfeifen! +Jetzt lernt ich den Rattenfänger begreifen: +aus allen Straßen, aus Tür und Tor +--mir klingt der Lärm noch immer im Ohr-- +mit Jubeln und Lachen, in bunten Haufen +kamen wohl hundert Kinder gelaufen. +Sie tanzten um Ruprecht, bettelten, baten, +eins um 'ne Kutsche, eins um Soldaten, +eins um ein Püppchen, eins um ein Büchlein, +eins um ein Rößlein, eins um ein Tüchlein, +und Ruprecht langte in seinen Sack +und gab, was es wünschte, dem kleinen Pack. +Ja, jedes Kind durfte etwas erlangen; +aber die übermütigen Rangen +schrien durcheinander und wollten mehr, +kletterten über das Eselchen her, +zupften den Ruprecht an Bart und Kragen, +wollten ihm gar die Säcke wegtragen. +Da wurde es aber dem Alten zu bunt, +er nahm sein Zauberpfeifchen, und-- +schrill kam ein Ton. Wie erschraken sie doch. +Sie wurden ganz kleinlaut, man hörte nur noch: +"Komm, Fritzchen--Hans, laß doch--nicht schreien, Marie-- +Knecht Ruprecht wird böse--seht ihr nicht wie?!" +Und sie stellten sich artig um ihn herum +und waren wie die Mäuschen stumm. +Er kommandierte: "Linksum, kehrt, +nun geht nach Hause, wie sich's gehört!" +Da faßten die Großen die Kleinen an: +"Grüß Gott und schönen Dank auch, Herr Weihnachtsmann." + +Und wieder tönte die Schalmei, +die Kinder trabten zwei zu zwei +und sangen lustig die Weise mit, +und fern und ferner klang ihr Schritt; +mein Blick verfolgte den kleinen Schwarm. +Wie sind ihre Bäckchen vor Freude warm-- +so dacht ich--und Freude ist der Saft, +den wir auf unsrer Wanderschaft +durchs Leben aus frohen Kindertagen +ins graue Alter mit hinübertragen +als verjüngendes Elixier; +ein gut Teil davon verdanken wir dir, +du alter bärtiger Gottgeselle! +Ich sah mich um--leer war die Stelle, +nur fern in der dämmernden Abendluft +verschwebte ein Wölkchen wie Weihrauchduft, +und durch die feiernde Stille drang +der erste hohe Glockenklang. + + + +WEIHNACHTSBESUCH + + +Ländliche Straßen, dicht beschneit. +Knirschen, Geläut, +ein Schlitten; +inmitten +sitzen drei kleine Leut +bis zu den Öhrchen vermummt. +Es singt und summt +von Weihnachtsglocken; +ein paar neugierige Flocken +lassen vom Wind sich herüberwehn, +wollen durchaus das Mädelchen sehn +mit den roten Kältebäckchen +und den goldbraunen Zottellöckchen +und das Bübchen daneben, +das sich eben +das immer tropfende Näschen putzt. +Großäugig, verdutzt, +bis zum Mäulchen zugedeckt, +im Wollmützchen fast versteckt, +sitzt das Kleinste auf Mutters Schoß. +"Kutscher, ein bißchen los, +es wird kalt; +Sie wissen doch, drüben zum Förster am Wald." +Der Alte schmunzelt und knallt +mit der Peitsche, hüh, hott-- +die Gäule bleiben bei ihrem Trott. +... Von drüben her Lichter, +Zwei altliebe Gesichter +hinter den Scheiben: +"Wo sie nur bleiben? +Ist schon die fünfte Stunde!" +Da knurren die Hunde, +bellen, wollen hinaus; +Großmutter läuft vors Haus. +Da:--Knirschen, Geläut, +ein Schlitten, +inmitten +sitzen vier liebe Leut. +Wie das Altchen sich freut! +Unter Lachen und Weinen +wickelt sie aus den Tüchern die Kleinen, +küßt die Tochter, nimmt ihr das Jüngste vom Knie: +"Ein prächtiges Kindchen! Gott schütz es, Marie!" +Neben ihr sprudelt ein Zünglein: +"Großmutter, komm doch 'rein! +Großmutter, sind die Hühner noch wach? +Großmutter, Vater kommt morgen nach, +er läßt schön grüßen." +... Auf bedächtigen Füßen, +als ging ihn die Sache nichts an, +kommt auch der Förster langsam heran. +"Na? +Seid ihr endlich da?" +Gleich läuft der Fritz auf ihn zu: +"Großvater, Du, +guck mal drüben den roten Fleck! +och, Großvater, nu is die Sonne weg." +"Die Sonne? Hm, laß man; drin is noch eine, +'ne ganze feine, +die wird uns bald blinken-- +nu aber, bitte, kommt Kaffee trinken." +... Der Platz wird leer, +schneestill und stumm. +Der alte Kutscher lenkt langsam um, +nickt vor sich her, +gedankenschwer, +und brummelt für sich: +"Der oll Förster hett's gaud, manch enner hett's nich." + + + +KÖNIG KUCHEN UND KÖNIGIN SCHOKOLADE + + +Bei König Kuchen und Königin Schokoladen +war ich mit Linchen heut Nacht in Gnaden +zu Gaste geladen. +Ein prachtvolles Fuhrwerk, tripp, tripp, trapp, +holte uns stolz von Hause ab. +Vorn stampften zwei schneeweiße Vollblutjucker +aus feinem biegsamen Lederzucker, +auf dem Kutschbock der dicke Mohr +kam uns marzipanisch vor, +und neben ihm der fette Mops +war ganz gefüllt mit englischen Drops. +Die Kutsche, aus weißem Zuckerkant, +erstrahlte hell wie Diamant; +sie ging auf zierlichen Süßholzrädern, +aus Vanille waren die Deichsel, die Federn, +dicke Polster aus Traubenrosinen +sollten uns als Sitze dienen, +aber in den Bätterteig-Wagentaschen +gab es allerhand Gutes zum Naschen. +Ein allerliebster Praliné-Page +dienerte neben der Equipage +in einem rot kandierten Frack +und öffnete uns den Wagenschlag. +Wir stiegen ein und fuhren im Nu +durch Rußland und Asien nach China zu. +Bald kamen wir in jenes Land, +wo König Kuchen, der Süße genannt, +unumschränkt herrscht in seinen Reichen +mit seiner Fürstin ohnegleichen, +der herrlichen Königin Schokolade, +die uns zum Fest befohlen in Gnade. + +Das goldgelb glacierte Ballfesthaus +sah wie ein riesiger Napfkuchen aus, +umgeben von einem Spritzkuchengitter; +als Wache davor zwei braune Ritter +aus Pfefferkuchen mit Gußfiligran, +die hatten Knackmandel-Harnische an. +Als Führer dienten mir und Linchen +zwei allerliebste Thorner Kathrinchen; +sie verbeugten sich höflich als wir kamen, +und sagten: bitte, meine Damen. + +Ach, Kinder, wie das Herz mir lacht, +denk ich zurück an all die Pracht! +Die Wände waren von Makronen, +verbrämt mit Schokoladenbohnen, +aus grünen Bonbons die glatten Dielen, +daß wir nachher beim Tanz fast fielen, +die Säulen aus mächtigen Baumkuchentorten +von den allerhöchsten und edelsten Sorten, +die Tische aus marmoriertem Konfekt, +mit drolligen Lutschfigürchen bedeckt, +die Stühle Fäßchen mit Gelees, +mit Eingemachtem und Knusperknees; +rings auf appetitlichen Zimmetstaffeln +lagen Biskuits und Keks und Waffeln. +Im Hintergrunde ein Gletschersee, +mit Vanille-Eisbergen und Schlagsahnen-Schnee, +entsandte in doppelter Kaskade +Zitronen- und Himbeer-Limonade; +und hoch über allem, im glanzvollen Saal, +strahlte eine Sonne aus Zucker-Opal. + +In der Mitte aber stand ein Thron, +gebaut aus Bretzeln mit blauem Mohn, +darauf saß liebreich in ihrer Gnade +die herrliche Königin Schokolade. +Sie harrte huldvoll, bis die Schar +der Kinder ganz versammelt war, +die sie aus kalter und warmer Zone +herbefohlen zu ihrem Throne, +um ihnen mit königlichen Händen +von ihren süßen Kleinodien zu spenden; +ihr hoher Gemahl, der König Kuchen, +hatte Mühe, sie auszusuchen. +Da waren Kinder aus Deutschland und Spanien, +aus Frankreich, Chile, Mesopotamien, +Kinder von Kaffern und Hottentotten, +von Persern, Eskimos und Schotten, +Kinder aus Süden und Kinder aus Norden +von den feinsten Familien und den wildesten Horden, +denn alle Kinder zu allen Zeiten +essen gerne Süßigkeiten. + +An der Königin Seite, im leckeren Grase +machte Männchen ein stattlicher Osterhase, +und als die Kinder versammelt waren, +ordnete er die bunten Scharen; +rechts gingen die Mädchen, links die Knaben, +so wollt es der König Kuchen haben, +und jedes Kind in jeder Reih +bekam ein prächtiges Osterei, +die Mädchen blaue, rote die Jungen, +dann ist das Häschen davongesprungen. + +Nun fing die Kapelle zu spielen an, +vorn geigte ein Nürnberger Lebkuchenmann; +ich sag euch, es war 'ne Musik für Kenner, +und waren doch alles gebackene Männer, +mit Rosinenaugen und Mandelnasen, +und konnten so lieblich flöten und blasen. +Es wurde getanzt, gespielt, gelacht, +damit verging die schöne Nacht. +Zuguterletzt, nicht zu vergessen, +wurde alles aufgegessen, +artig gedankt und Abschied genommen; +wir fuhren heim, wie wir gekommen, +und erwachten in unserm Bett-- +Kinder, Kinder, wie war das nett!-- + + + +DER ERSTE MAI + + +Nein, Kinder, immer kann man nicht dichten, +immer weiß man nicht neue Geschichten; +oft sind die Märchengeister stumm, +als wären sie wer weiß wie dumm, +und alle Wände grinsen mich an, +als hätt ich ihnen was angetan. +So war's auch neulich. Bei mir zu Haus +sah alles öde und langweilig aus, +da bin ich in den Abend geschlendert; +der Himmel hing rosenrot umbändert, +die Wolken türmten sich wie ein Tor, +plötzlich stand ich grade davor +und sah hinein in das Himmelsschloß. +"Na, Petrus, was ist denn hier oben los?" +fragt ich; "hier sieht's ja munter aus." +Da schmunzelt der alte Wächter vom Haus +und sagt mir--aber ihr dürft nicht lachen--: +Im Himmel wäre groß Reinemachen, +die Jungfrau Maria tät revidieren +und die himmlischen Scharen zum Scheuerfest führen. +Die kleinsten Englein müßten ran, +kriegten große Schürzen an, +dürfte keins spielen und müßig bleiben, +müßten fegen und wischen, seifen und reiben. +Da würden die Sterne blitzblank geputzt, +den kleinen Kometen die Schwänzchen gestutzt, +der Himmel mit Wunderblau lackiert, +der Regenbogen neu ausstaffiert; +dem Vollmond würde, wie er sich auch steift, +mal gründlich wieder die Glatze geseift, +und damit am klaren Firmament +die liebe Sonne schön leuchten könnt, +würden die Wolken fest ausgedrückt +und hinter den Horizont geschickt. +Wenn alles fertig, wüschen sich +die Englein die Flügel säuberlich-- +denn morgen sei ja der erste Mai-- -- +Ich fragte, was an dem Tage sei, +da blitzte mich Petrus an und sprach: +"Na, weißt du, das ist doch wirklich 'ne Schmach; +da sieht man wieder, wie wenig ihr wißt, +nicht mal, wann Gottes Geburtstag ist." +Na, Kinder, ich machte ein dummes Gesicht; +das wußt ich bei aller Gelehrsamkeit nicht. +Doch nun wurde mir auf einmal klar: +Darum putzt sich die Erde Jahr für Jahr +mit Blumen und Kräutern im bunten Gemisch, +darum grünen die Hecken, die Bäume so frisch, +darum üben die Vögel die Festmelodie, +und Bienen und Grillen begleiten sie, +darum wird dem Menschen die Freude so groß, +als säß er dem lieben Gott im Schoß, +wenn der Maiwind kommt über Berg und Tal-- +nun begriff ich den Frühling mit einem Mal. +Und ich fragte Petrus aus froher Seele: +Erlaubst du, daß ich das weiter erzähle? +"Immerzu," sagte der und strich sich den Magen; +"kannst den neugierigen Leuten gleich noch sagen, +daß an Gottes Geburtstag, dem ersten Mai, +auch der Tanztag für Teufel und Hexen sei. +Sonst dürfen sie, zu Aller Segen, +sich keinen Schritt ohne Leine bewegen; +doch an dem Tage sind sie frei, +--da macht die Bande genug Geschrei," +entfuhr es brummend dem alten Knaben-- +"doch Gott ist der Herr und will es so haben. +Er sieht in hoher heiliger Ruh +dem tollen Blocksbergvergnügen zu; +und treibt es einer zu arg von der Sippe, +kommt er sofort wieder an die Strippe. +Nun aber leb wohl, ich wünsch gute Nacht, +um neun wird der Himmel zugemacht." +Langsam schloß sich das Wolkentor; +ich ging, ein Liedchen klang mir im Ohr. +Zu Haus in heimlicher Abendruh +nickt ich den Sternen fröhlich zu +und betete: Ich bin nur ein Zwerg, +und die herrliche Welt, sie ist dein Werk, +o Gott; du hast alles, nichts kann man dir schenken, +nur deiner in Freude und Demut gedenken. +So nimm dieses Liedchen, ich hab es erdacht +in dieser Frühlings-Geburstagsnacht. + + + +WETTERWUNSCH + + +Scheine, Sonne, scheine, +die Wäsch hängt auf der Leine; +unsre Hemden, unsre Socken, +mach sie uns bis Sonntag trocken, +scheine, Sonne, scheine! + +Rausche, rausche, Regen, +gib uns deinen Segen, +wasch die armen Sünder rein, +gib uns Brot und gib uns Wein, +rausche, rausche, Regen! + +Zu best ist allerwegen +Sonnenschein _und_ Regen; +auch der Wind muß pfeifen, +soll die Ernte reifen. +Regen, Wind und Sonnenschein +mögen bei unserm Hause sein! + + + +HAMMERLIEDCHEN + + +Pink, pank, Hammerschlag, +der Nagel hat 'nen Kopf; +und wenn er keine Spitze hat, +ist er ein armer Tropf. + Mein Hämmerlein du, + schlag zu, schlag zu! + +Pink, pank, Hammerschlag, +hast du der Nägel zehn +und nagelst du ein Särglein zu, +ist's um einen geschehn. + Mein Feuerlein du, + blas zu, blas zu! + + + +IM SONNENSCHEIN + + +(nach einer alten Fabel) + + +Kribbel-krabbel-Käfer +läuft hinab zum See, +er kommt vom grünen Hügel, +hell leuchten seine Flügel + im Sonnenschein. + +Kommt der Fisch geschwommen, +Sperrt das Fischmaul auf, +da ist in zwei Sekunden +der Käfer drin verschwunden + im Sonnenschein. + +Überm See der Reiher +sieht, wies Fischlein schnappt, +nimmt seinen spitzen Schnabel +und spießt es auf die Gabel + im Sonnenschein. + +Wie nun stolz der Reiher +seine Kreise zieht +mit leuchtendem Gefieder, +knallt ihn der Jäger nieder + im Sonnenschein. + + + +WANDERLIED + + + Sonnenlichter, + Frühlingswichter +spielen auf der dunkeln Wand. +Prüfend öffne ich das Fenster; +seht die Wolken, die Gespenster +lösen sich am Himmelsrand. + + Holla, Jungen, + aufgesprungen, +schnell das Ränzel aus dem Spind! +Kommt, wir wandern durch die feuchten +Saaten; wie Smaragden leuchten +Halm an Halm im Morgenwind. + + Feste Schritte, + Männersitte; +wie die Ferne lockt und wirbt! +Und wir lassen sie im Schreiten +achtlos oft vorübergleiten, +bis sie hinter uns erstirbt. + + Hohe Ziele, + nicht zum Spiele; +immer steiler wächst der Paß. +Aber oben wolln wir rasten +nach der Arbeit, nach dem Fasten; +Jungens, trinkt, ich komm euch was! + + Hoch im Blauen + selig Schauen, +unter uns der Erde Glück! +Doch es zieht mit tausend Armen +immer wieder zu den warmen +Menschenstätten uns zurück. + + + + + +VIERTER TEIL + + + +SPRUCH FÜRS LEBEN + + +Hinüber, hinein! +über Wipfel und Stein! +die Herzen zu baden +im Goldsonnenschein! +Auf schwierigen Pfaden +zu lichten Gnaden! +über Wipfel und Stein, +hinunter, hinein! + + + +ALLERLEI RÄTSEL + + +(Die Lösungen stehen im Verzeichnis der Überschriften) + + +--1-- + +Ich habe Flügel--rate, Kind-- +doch flieg ich nur im Kreise; +und singen tu ich, wenn der Wind +mir vorpfeift, laut und leise. +Was ihr den Feldern abgewinnt, +kau ich auf meine Weise; +doch was mir durch die Kehle rinnt, +das mundet euch als Speise. + + +--2-- + +Standen vier weiße Ritterchen +auf einem roten Gitterchen, +die machten alles klitzeklein +und warfen es in ein Loch hinein. +Als das die andern Ritter sahn, +zogen sie neue Harnische an, +kamen aus ihren Burgen herbei, +stellten sich tapfer in die Reih +und machten hack +und sagten knack +und warfen alles in einen Sack. + + +--3-- + +Die erste frißt, +der zweite ißt, +das dritte wird gefressen; +das ganze wird zu Pökelfleisch +und Erbsenbrei gegessen. + + +--4-- + +Mein erstes ist ein Hund, +mein zweites ist ein Junge, +mein ganzes ist ein Dieb, +kein Hundejunge! + + +--5-- + +Die ersten sind ein Untertan, +die dritte ist ein Untertan, +das ganze ist ein Untertan, +wird von dem andern Untertan +unter den ersten Untertan +ganz untertänigst untergetan. + + +--6-- + +Wenn das R am Anfang steht, +liebt man es nicht sauer; +wenn es bis ans Ende rutscht, +hüt dich vor dem Hauer! + +Wenn das R am Anfang steht, +ist's ein Heldenname; +wenn es bis ans Ende rutscht, +wird's ein Waldbaumsame. + +Wenn das R am Anfang steht, +sind es böse Leute; +wenn es bis ans Ende rutscht, +gerbt man seine Häute. + +Wenn das R am Anfang steht, +ist es eine Schale; +wenn es bis ans Ende rutscht, +wird's ein Orientale. + +Wenn das R am Anfang steht, +ist's ein klein schwarz Luder; +wenn es bis ans Ende rutscht, +ist's von "wenn" der Bruder. + + +--7-- + +Wächst einer alten Dame +ein Buckel kleinster Sorte, +verwandelt sie sich augenblicks +in ein Stück Mandeltorte. +Doch nimmst du ihr den Rücken, +auf dem der Buckel wächst, +hast du die alte Dame +zur trocknen Frucht verhext. + + +--8-- + +Ich stand begehrlich am Worte, +umgekehrt wuchs es nicht weit; +ein arges Diebsgelüste +besiegte die Redlichkeit. +Ich stahl das umgekehrte, +kein Argus achtete drauf; +Schmunzelnd enteilt' ich dem Worte +und aß es umgekehrt auf. + + +--9-- + +Mein erstes ist nicht wenig, +mein zweites ist nicht schwer; +mein ganzes läßt dich hoffen, +doch hoffe nicht zu sehr! + + +--10-- + +Es läuft und hat keine Beine, +es gibt viele und doch nur eine. +Wer zuviel hat, kann's nicht verschenken; +wer zu wenig hat, muß es beschränken. +Bald geht es langsam, bald schnell; +mal ist es dunkel, mal hell. + + +--11-- + +Christkindchen lag im Stalle +und hörte die ersten schrein; +die zweiten tragen wir alle +zur Weihnachtszeit am Bein. + + +--12-- + +Sind es die Stiefel, halten sie 'ne Weile; +wird es der Junge, kriegt er halt Keile. + + +--13-- + +Der Vater will's das Fritzchen +(die erste Silbe betont)-- +jedoch die Mutter bittet, +da ward der Schelm verschont. +Sie sprach: Du mußt dir's, Liebster, +(die dritte Silbe betont)-- +denn Nachsicht mit den Kleinen +wird oft von Herzen belohnt. +Denk doch, wie du's dem Jungen +an Einsicht bist und Geist; +du mußt was andres dasselbe, +das ihn sich bessern heißt. + + +--14-- + +Klärchen nähte an dem ersten +und war ganz die beiden zweiten, +denn sie durfte Sonntag reiten, +Leutnant Kurt wollt sie begleiten; +ihre Augen wurden groß, +müßig lag die Hand im Schoß. + +Mutter näht am andern Fenster, +sah's und runzelte die Brauen: +Höre, Kind, Luftschlösser bauen +taugt nicht viel für fleißige Frauen, +weil man leicht die Pflicht vergißt +und zu sehr das Ganze ist. + + +--15-- + +Mariechen war's. Mit meinem Kuchen +stand ich nun da und dem Bukett. +Wo soll ich bloß das Mädel suchen? +Wenn sie doch nur geschrieben hätt! + +Ja ja, ich hab sie es seit Jahren; +ich gebe zu, das war recht dumm. +Nein, welch ein rücksichtslos Gebaren! +Und schwer geärgert kehrt' ich um. + + +--16-- + +Froh singt ihr Lied am Sommertag +die eins-zwei früh und spat. +Die drei wünscht jeder Jüngling sich; +doch bricht er ab, ist's schad. +Das Ganze war ein König, der +lustig und unverschämt +die stolze Prinzeß, die ihn nicht wollt, +bestraft hat und gezähmt. + + +--17-- + +In eins-zwei-drei lebt ganz gemütlich +Herr Müller mit Herrn Schulze friedlich; +bis Müller einst, wer hätt's gedacht, +Anspruch auf Schulzes zwei-drei macht. +Da hörte man ein bös Geschrei: +So denk doch eins, mein Herr eins-zwei! +Ich muß stets alles zwei bezahlen, +kann nicht mit zuviel zwei-drei prahlen; +kommst du noch mal mir drum ins Haus, +ist's mit der guten eins-zwei-drei aus. + + +--18-- + +Er geht in sich, um sich zu pflegen, +und ist in sich um sich verlegen. + + +--19-- + +Rate, Freund, es ist nicht schwer: +Wer's hat, hat, was er hatte, nicht mehr. +Wer's aber ist, den äfft des Teufels Brut; +man sperrt ihn ein und fürchtet seine Wut. + + +--20-- + +Wer es hat, der ist betrübt; +aber froh und stolz, wer's gibt. + + +--21-- + +Das Wort pflegt zu erhöhn +den Glanz des Edelsteins; +solang man es bewahrt, +ist man der Herr des Seins. + + +--22-- + +Sind es die Feinde, muß man sich wehren; +sind's deine Backen, mußt du sie nähren. +Ist mir's ein Rätsel, schreib ich es nieder; +ist es mein Haus--nun, so bau ich es wieder. + + +--23-- + +Wenn es von Freund und Liebchen kommt, +oder von dir verfaßt, +so liebst du wohl das erste Wort; +sonst ist es dir verhaßt. + +Das zweite Wort, so klug wir sind, +machen wir Menschen viel; +und was dich reut, oft andre freut +im schadenfrohen Spiel. + +Der Schluß: gefürchtet und geneckt, +teils boshaft und teils dumm, +geht er als Geist des Widerspruchs +in Schrift und Mären um. + +Die drei vereint: wir stehn verdutzt, +wie Zufalls Koboldmacht +das Wort entstellt, den Sinn verdreht-- +man ärgert sich und lacht. + + +--24-- + +Zwei Worte weiß ich, die einander feind, +das eine sucht das andre zu verderben, +in beiden müssen viel Geschöpfe sterben; +und hast du sie zu einem Wort vereint, +eint sich auch ihre zehrend böse Kraft, +schon manchen Volksstamm hat es hingerafft. + + +--25-- + +Auf der höchsten Berge Rücken +ist es immer leicht zu finden, +wo die kleinen Gletscherbäche +schäumend sich zu Tale winden. + +Tausch die Silben--ach, verlegen +steh ich vor gemischten Dingen, +Chemiker und Apotheker +mögen dir die Lösung bringen. + + +--26-- + +Ich hab keine Hände und kann doch tragen, +hab keine Flinte und kann doch jagen; +kann klettern und schwere Lasten heben +und bin doch ein zartes, hinfälliges Leben. + + +--27-- + +Viel Glieder hab ich, die einander gleichen. +Ich helf auf des Verbrechens dunklem Pfade, +doch himmelshell führ ich empor zur Gnade; +manch hohen Stand kannst du mit mir erreichen. + +Bist du's, so darfst du wanken nicht noch weichen; +denn Ehre trägst du neben mancher Last, +die arbeitsfroh du übernommen hast, +ob du im Kleinen wirkst, ob hoch im Grade. + + +--28-- + +Getrieben werd ich, doch ich treibe wieder; +mir folgen arbeitsam viel erzne Glieder. +Seit Jahrmillionen geh ich auf und nieder, +bald sanft, bald wild, doch niemals ohne Brüder. + +Hitze und Kälte trag ich, hin und wider; +übt mich der Knabe, stärkt er seine Glieder. +Die Luft durcheil ich ohne jed' Gefieder; +den Augen bring ich Schau, den Ohren Lieder. + + +--29-- + +Stets bin ich eines Leuchtenden Trabant, +teils nah, teils fern ihm, wie's der Himmel will. +Bescheiden bin ich selten, niemals still; +ja, Schweigen ist mir gänzlich unbekannt. + +Ein Wort füg an, das keiner gern empfängt +und das die Kinder schreckt von Alters her; +doch ohne es fällt manche Arbeit schwer, +weil's feste Massen auseinander drängt. + +Das ganze Wort sind Steinchen unter Steinen, +die im Geröll sich finden, glatt und spitz; +du hebst sie auf und freust dich an dem Witz, +den die Natur sich hat erlaubt im Kleinen. + + +--30-- + +Ich bin nur klein, doch banne ich die Welt +in meinen Kreis bis hoch ins Sternenzelt; +dem Vorbild der Natur einst nachgeschafft +vertiefte ich den Blick der Forschungskraft. +Ein Wort füg an, das sich der Mensch gesetzt +zur Ordnung gegen den, der sie verletzt; +der Fromme fühlt es oft von Gott gesandt, +ans Letzte, Jüngste denkt er furchtgebannt, +an Weltkrieg, Hungersnot und Aufruhrleid-- +da ist das Ganze eine Seltenheit. + + +--31-- + +Die erste Silbe führt die krause Schar, +die uns vertraut seit unsrer Klippschulzeit. +Die zweite tönt durch Weiten hell und klar, +ruft bald zur Ruhe, bald zu wildem Streit. +Und wenn der tapfre Krieger +sein junges Leben gab, +fällt ihm vielleicht der Schatten +des Ganzen auf sein Grab. + + +--32-- + +Ein deutscher Meister war es, gottgesandt, +der jenes edle Tonstück uns geschenkt; +der Vogel übt's, der seine Flügel lenkt-- +dir wünsch ich es, mein deutsches Vaterland. + +Was allen Flügelwesen wohlbekannt, +was jedes Blatt, das aus der Hülle bricht, +ersehnt; was man von Kraft und Tugend spricht-- +das wünsch ich dir, mein deutsches Vaterland. + +Ein Flüßchen, an der Schieferberge Rand, +sehr vielen ist sein Name leerer Schall, +ein kleines Wort, doch wir ersehnen's all-- +wünsch ich dir auch, mein deutsches Vaterland. + +Auch ihn, der tief verabscheut Mord und Brand, +den Engel, der auf Morgenwiesen geht, +doch oft verhüllten Hauptes abseits steht-- +ihn sende Gott dir, o mein Vaterland! + + +--33-- + +In Not und Gefahr +greife ich ein, +Schmerzlich willkommen +der Angst und der Pein; +lies mich von vorn, +lies mich verkehrt, +immer der gleiche, +geschmäht und geehrt. + + +--34-- + +Wir sind's mit Stamm und Vaterland, +mit Menschen, die uns lieb und blutsverwandt, +mit jeder Arbeit, die der Seele wert; +der Reiter rühmt: wir sind's, ich und mein Pferd. + +Doch wer es ist, trägt eine schwere Last, +er ist sich selbst ein mißgeschickter Gast; +Statt Liebe blüht ihm Mitleid, und im Schwarm +gesunder Jugend fühlt er doppelt Harm. + + +--35-- + +Wir sind's gewiß in vielen Dingen +in einem sind wir's nimmermehr; +die sind's, die wir zu Grabe bringen, +und eben die sind's bald nicht mehr. + Drum, weil wir leben, + sind wir's eben + an Wesen wie Gesicht; + drum, weil wir leben, + sind wir's eben + zur Zeit noch nicht. + + +--36-- + +Nennst du das Ganze, tönt es uns entgegen +von Sommernächten, wo des Mondes Horn +verschwärmten Pärchen winkt auf lauschigen Wegen, +und wo aus seinem wundersamen Born +das Märchen auftaucht und in tiefem Sinnen +uns anschaut, und verträumte Bäche rinnen. + +Teilst du das Wort, stellt dir zuerst sich dar +die Stadt, die wir mit Ehrfurcht gern beschauen, +die Heiden einst wie Christen heilig war, +wo Pilger heut und Kenner sich erbauen; +ein Teil der Stadt ist noch des Wortes Rest +und hält den Glanz vergangner Zeiten fest. + + +--37-- + +Ohne Zepter, ohne Krone +herrsche ich auf dieser Erde, +buntes Spiel vor meinem Throne +zaubert stets mein Wort: Es werde! + +Noch zwei Zeichen: Alles wich, +Pracht und Buntheit sind verschwunden, +und in künftigen dunklen Stunden +werden es auch du und ich. + +Aber ändre den Akzent: +sieh, schon quillt das Leben wieder, +neue Schau und neue Lieder, +die man gern mit mir benennt. + + +--38-- + +Mein Strom ergießt sich sickernd durch die Welt, +ich dring in Haus und Hütte, Schloß und Zelt. + +Seitdem der Mensch Urkunden aufbewahrt, +sind Geist und Wille durch mich offenbart. + +Ich schüre Gluten, wirke Herzeleid, +tief wird durch mich verdammt und hoch gebenedeit. + +Versöhnung bring ich und entfache Streit, +zeig manchen töricht, manchen grundgescheit. + +Doch sitzt du in mir, fühlst du dich geknickt; +vielleicht, daß dir durch mich die Rettung glückt. + + +--39-- + +Ich nähre mich von fremden Stoffen, +doch kann auch ohne sie bestehn; +ich bin's, auf das die Weisen hoffen, +und alle Weiten stehn mir offen, +ihr würdet ohne mich vergehn. + +Am hellen Tage herrsch ich gerne, +doch auch die Nacht ist mir vertraut; +ich wohne auf dem kleinsten Sterne, +mich schreckt sie nicht, die große Ferne +die mich mit Geisterhänden baut. + +Ich wirke in den Himmelsblitzen, +versteckter Tat bin ich verhaßt; +wo grübelnd die Gelehrten sitzen +und ratlos ob der Lösung schwitzen, +bin ich ein hochwillkommner Gast. + + +--40-- + +In alten Zeiten +hat mich der Mensch erdacht +und Ordnung mit mir +in die Dinge gebracht. + +Wie nötig bin ich +der Wissenschaft, +wie zeige ich +der Völker Kraft! + +Wenn ich nicht eng +ihm verbunden wär, +wie würde erliegen +das tapferste Heer! + +Und doch weiß jeder, +wie schwach ich bin, +denn erst mein Nachbar +gibt Halt mir und Sinn. + + +--41-- + +Als ich noch klein war, war ich recht beschaulich; +mein Leben ging so lind wie Frühlingswellen, +und zaghaft flossen meines Geistes Quellen, + eng, doch erbaulich. + +Ich wuchs und wuchs, es schwollen meine Adern, +sie dehnten sich wie meine Machtgedanken; +mein Schaffenswille türmte ohne Schranken + Quadern auf Quadern. + +Den Künsten schuf ich manche Pflegestätte, +ich half der Wissenschaft zu vollem Wirken, +und Geist und Arbeit gaben den Bezirken + die feste Kette. + +Doch Ruh und Frieden mußten weiterziehen; +und meine Kinder lassen gern sich locken +von grünen Wäldern, sanften Herdenglocken, + mir zu entfliehen. + + +--42-- + +Mein erstes Wort, im engen Raum genährt, +strebt weit hinaus, daß es die Welt regiere; +wir stäken noch im Dämmersinn der Tiere, +hätte nicht Gott dem Menschen es gewährt. + +Mein zweites hat der Kaiser und der König, +und ist es auch zumeist; fast jeder strebt +es irgendwie zu sein, solang er lebt, +und wer es ist, dem scheint es oft zu wenig. + +Der, der das Ganze ist, wirft manchen Blitz +anfeuernd ins Gespräch und ins Gerede, +ein wohlgelittner Schalk selbst in der Fehde; +man lobt den Scharfsinn, freut sich an dem Witz. + + +--43-- + +Willst du das erste Wort stets sein und handeln, +so hast du eine schwere Arbeit vor, +so leicht sie scheinen mag; doch stets erkor +der Edle sie, wie auch die Zeiten wandeln. + +Das andre Wort scheint winzig und gering, +doch schlummern in ihm unbegrenzte Kräfte; +es schwillt und wächst, wenn es die rechten Säfte, +die nur Natur verleihen kann, empfing. + +Vereint die Worte: altverbriefte Rechte, +Gemeinden oder Ständen zuerkannt, +beherrschten sie vor Zeiten Stadt und Land, +doch schwinden hin im späteren Geschlechte. + + +--44-- + +Mein Reich ist unbegrenzt; bis in die fernste Zone +flieg ich hinaus. Selbst hin zu Gottes Throne +bahn ich den Weg mir aus der engen Zelle, +in der ich ward. Ich liebe Klarheit, Helle. +Dem Willen beigesellt, der Kind mir und Berater, +bin ich--ich sag es stolz--der größten Taten Vater. + +Ein neues Wort schließ an: Es ist des Künstlers Ziel, +dir zu vermitteln fremder Geister Spiel, +das er mit seinem Lebensblute tränkt +und eigne Kraft den fremden Seelen schenkt. +Erschrocken sieht's der Arzt, fragt: wie? woher? +Manch Leben bliebe heil, wenn ich nicht wär. + +Vereine beide Worte: Welch ein Wissen +von Mensch zu Mensch! In fremdes Sein gerissen +stehn wir vor unbegreiflich zarten Dingen, +die unsrer Seele dunkle Träume bringen, +und fühlen scheu des Geistes Doppelwesen. +Du großes Rätsel, wer wird je dich lösen? + + + +POLTERABENDGEDICHT + + +für ein kleines Mädchen + +(mit einer Schlüssel-Atrappe) + + +Ich bin eine kleine Sternschnuppe +und rutschte herab vom Himmel +und fiel aus der großen Milchstraße +grad hier in das Gewimmel. +Verwundert fragt' ich die Leute: +Wo kommt ihr denn alle her? +Da sagten sie mir, daß heute +hier Polterabend wär. +Die Ehen schließt man im Himmel, +und Donnergepolter gibt's auch; +da bin ich ja wie zu Hause +und bring meine Gabe auch. +Nehmt hier den Zauberschlüssel, +vom Sirius bracht ich ihn mit +in meiner Sternentasche, +als ich herunter glitt. +Stets häng er zu euern Häupten, +und zieht es euch hinauf, +schließt er zu jeder Stunde +den ganzen Himmel auf. + + + +HOCHZEITSGEDICHT + + +(mit einem Frühlingsblumenstrauß) + +Maienkönig schickt mich her, +sagte, daß hier Hochzeit wär, +sollt fein gratulieren; +suchte einen vollen Strauß +allerschönster Blüten aus, +euer Haus zu zieren. + +Himmelschlüssel, goldig, zart, +Blumen von besondrer Art, +schickt er euch mit Grüßen. +Seht, sie leuchten sonnengleich; +Liebe heißt das Himmelreich, +das sie euch erschließen. + +Dieses blaue Sternchen spricht +frommen Sinns: Vergiß-mein-nicht, +vergiß mir nicht die Treue! +Treue, die zu Liebe steht, +ist so stark wie ein Gebet, +tröstet stets aufs neue. + +Hier Narzissen. Weiß und rein, +ohne Makel sollt ihr sein, +hütet Sinn und Herzen! +Seht der Unschuld klares Bild; +wer an ihm sich stärkt und stillt, +trägt leicht Not und Schmerzen. + +Nehmt hin, was der Mai geschickt, +nehmt den Strauß und seid beglückt +für ein langes Leben! +Unverwelklich blüh er fort, +tief in eurer Seele Hort +glühe göttlich Streben! + + + +NEUJAHRSSPIEL + + +DAS ALTE JAHR + +(tritt in grauem Mantel ein) + +Grüß Gott, ihr Leute, ich bin das Jahr, +das immer ist und immer war, +das immer kommt und immer geht +und niemals zaudernd stille steht, +das mit geheimem Pendelschlag +die Weltuhr regelt Tag für Tag. +Die Würfel werf ich: Leben und Tod, +Glück oder Unglück, Heil oder Not-- +sie fallen gewichtig und ordnen die Welt, +einem Höheren unterstellt. +Zwölf Kinder hab ich zur Welt gebracht, +sie gleichen sich wenig, doch jedes hat Macht; +sie ziehen gestaltend durch die Welt, +eins mir immer zugesellt, +während die andern harren und ruhn +zu neuer Arbeit, zu frischem Tun. +Nur heute an meinem Geburtstag sind +sie alle gekommen, aus Regen und Wind, +aus Sonne und Nebel, aus Tiefen und Höhn, +ihre alte Mutter wiederzusehn. +Herein, meine Söhne, ein Kompliment, +und sagt den Leuten, was ihr könnt! + + +JANUAR + +(in dickem Pelz, mit Schlittschuhen und Schellen) + +Grüß Gott! Ich bin der Januar, +voll Schnee und Eis hängt Bart und Haar; +der Vetter Nordwind versteht das Blasen, +steif sind die Ohren, rot die Nasen. +Zugefroren ist See und Fluß; +rasch den Schlittschuh unter den Fuß! + Die Eisen gleiten + durch blitzende Weiten + in Bogen und Zacken, + das gibt rote Backen! +Hört ihr das Schellengeläut? Meine Gäste +sausen durch Schnee und Rauhreifgeäste. + + +FEBRUAR + +(in Karnevalskostüm mit Pritsche) + +Grüß Gott! Ich heiße Februar, +gleiche dem Bruder fast aufs Haar, +nur trage ich gern ein Maskenröckchen, +an meiner Kappe klingeln Glöckchen. +Weil ich im Spiel und Tanzen tüchtig, +schelten sie mich vergnügungssüchtig, +spotten und lachen hinter mir her, +weil ich zu kurz geraten wär, + rufen: "Prinz Karneval, + Narren gibt's überall!" +Doch meinen Punsch und Pfannekuchen +möchten Narren wie Weise versuchen. + + +MÄRZ + +(in Landstreichertracht, mit einem Veilchensträußchen) + +Grüß Gott! Ich bin der Bruder März, +ich habe ein wildes, stürmisches Herz. +Kann mich nicht mit den Brüdern vertragen, +puste ihnen den Schnee vom Kragen. + Säubre die Wälder, + fege die Felder, +tu aus der Seele das Kalte hassen, +muß es doch oft mir gefallen lassen; +aber bin ich erst König ein Weilchen, +grüßt ihr mit mir die ersten Veilchen, +seht ihr die Spitzen an Sträuchern und Bäumen, +die selig von künftger Entfaltung träumen. + + +APRIL + +(in Wandervogeltracht mit Zupfgeige) + +Grüß Gott! Ich bin der lustge April, +der immer tut, was er grade will. +Mal liebe ich's naß, mal liebe ich's trocken, +die Zugvögel tu ich nach Hause locken. + Schneewassergüsse + schwellen die Flüsse, +ich aber streif durch den Wiesengrund, +öffne der Obstblüte lieblichen Mund +und nicke den närrischen Träumern zu; +mit denen steh ich auf du und du, +_schickt_ sie nur immer! ich lehre sie lachen +und sich aus den Plagen der Welt nichts machen. + + +MAI + +(in Bauerntracht mit Maiglöckchenstrauß) + +Grüß Gott! Der Mai darf kaum noch wagen, +Besondres von sich auszusagen. +Ich schäme mich wirklich; bin so bekannt +wie ein bunter Pudel rings im Land. +Diese sammetlockigen teutschen Tichter, +hol der Kuckuck das Reimgelichter: + "--der süße Mai, + der entzückende Mai, +der blütenbekränzte, der himmlische Mai--" +mir wird ganz blümerant dabei, +denk ich an all die Dudelei. +Die Kinder lob ich; das lärmt und lacht +und feiert ganz ungereimt meine Pracht. + + +JUNI + +(in Gärtnertracht, mit Gießkanne und Rosenstrauß) + +Grüß Gott! Ich werde Juni genannt, +Farben und Düfte bring ich ins Land. +Seht, wie's im Garten knospet und quillt, +seht, wie die Frucht sich rundet und schwillt! +Vor allem muß ich die Rosen wecken, +ich küsse sie wach an Stamm und Hecken. + Sind Regen und Wind + mir wohlgesinnt, +schaff ich und wirk ich am grünen Gewande, +halte die Hoffnung am schimmernden Bande +und pflege das Wachstum der kommenden Zeit; +wenn der Schnitter prüft, ist die Saat bereit. + + +JULI + +(in Schäfertracht, mit Kornblumenstrauß) + +Grüß Gott! Erlaubt mir, daß ich sitze, +ich bin der Juli; spürt ihr die Hitze? +Kaum weiß ich, was ich noch schaffen soll, +die Ähren sind zum Bersten voll; +reif sind die Beeren, die blauen und roten, +saftig sind Möhren und Bohnen und Schoten. +So habe ich ziemlich wenig zu tun, +darf mich ein bißchen im Schatten ruhn. + Duftender Lindenbaum, + rausche den Sommertraum! +Seht ihr die Wolke? fühlt ihr die Schwüle? +Bald bringt Gewitter Regen und Kühle. + + +AUGUST + +(in Schnittertracht, mit Sichel und Harke) + +Grüß Gott! Ich bin der Monat August, +bin ernster Pflichten mir bewußt; +muß Frucht und Korn zur Ernte reifen, +meine Lieblingsmusik ist das Sensenschleifen. +Bald kommt die Ernte; der Himmel lacht, +der Segen wird in die Scheunen gebracht. + Zum fröhlichen Reigen + jubeln die Geigen. +Doch mancher steht abseits vom Taumel und denkt +des Schöpfers, der alles zum Besten lenkt, +der Ordnung bringt in den Gang der Dinge, +daß Schweiß und Fleiß auch Freude bringe. + + +SEPTEMBER + +(im Touristenkostüm) + +Grüß Gott! Ich bin der September, ich ziere +mit rotem Weinlaub eure Spaliere. +Dem Wandrer lachen auf allen Wegen +köstlich die reifenden Früchte entgegen, +die gelben und blauen. Ich liebe die Ferne, +am Ufer der Meere träume ich gerne, + wo die Welle beginnt, + wo die Welle zerrinnt, +wo die Brandung braust und überschäumt +und ein Zugvogelschwarm den Himmel säumt; +da lieg ich und grüble und suche vergebens +den Sinn des Sterbens, den Sinn des Lebens. + + +OKTOBER + +(in Winzertracht mit Weinglas und Flasche) + +Grüß Gott! Ich bin der Bruder Oktober; +die Nase glänzt mir wie Zinnober, +das kommt vom Gucken ins Gläschen. Vor Zeiten +lehrt ich die Menschen Wein bereiten; +der wurde bald ihr Lieblingsgetränke, +jetzt kriegt man ihn in jeder Schänke. + Kommt mit zum Wein, + ich lade euch ein! +Seht, wie die Wälder sich buntselig färben, +sie wissen: ein Schlaf nur ist alles Sterben. +So kommt und sinnt und fragt nicht viel; +"das Leben ist des Lebens Ziel!" + + +NOVEMBER + +(in Jägertracht mit Gewehr) + +Grüß Gott! Der November stellt sich vor. +Mir ist ergeben der große Chor +der Winde und Stürme, die das Gefilde +von Unrat säubern; und auch die Gilde +der Nebel und Wolken ist mir vertraut. +Wer auf des Meeres Sanftmut baut, +wagt sein Leben, wenn ich regiere; +ich hasse den Frohsinn in meinem Reviere, +ich hasse die Sonne, hasse die Milde, +zerreiße im Felde das letzte Gebilde. +Ich liebe nur eins: wenn das Jagdhorn schallt, +hinter scheuem Wild die Büchse knallt. + + +DEZEMBER + +(in beflittertem Pelz, mit kleinem Weihnachtsbäumchen) + +Grüß Gott! Ich bin der Dezember und flechte +zu kurzen Tagen die langen Nächte. +Karg ist die Sonne in meinem Gezelt, +doch bring ich ins Haus eine schimmernde Welt. +Wenn im Ofen die Bratäpfel schmoren, +flüstert es leise von Mündern zu Ohren, +gibt es ein Reden, ein Kichern und Necken, +ein Fragen und Freuen, Pakete verstecken, +ein "bitte, Mama", ein "sag doch, Papa, +ists Christkindel denn noch nicht da?" +Wenn am Heiligen Abend der Tannenbaum brennt, +bin ich in meinem Element; + hell sind die Kerzen, + warm sind die Herzen, +uns kümmert nicht Kälte noch Regen noch Wind. +Und denen, die arm und traurig sind, +und wo die Not sonst die Freude verbannt, +geben wir gern mit Herz und Hand. + + +DAS JAHR + +(läßt den grauen Mantel allmählich fallen, steht dann in hellem Festgewand) + +Wohl, meine Kinder! Jetzt aber denkt +an den Wechsel der Dinge und Den, der sie lenkt! +Stein wird zu Sand, Lebendges zu Stein, +Luft wird zu Wasser, Glut zu Wein, +Frucht wird zum Samen, Samen zum Baum, +Raum wird zu Zeit, und Zeit zu Raum. +Und immer rollt durchs Himmelszelt +die Erde, unsre alte Welt, +die stets verjüngt, in neuer Kraft, +fruchtbar ihr prangendes Kleid sich schafft. +Jedoch ihr Diadem und Zier, +ihr Menschenkinder, das seid ihr! +Drum freut euch ihrer Herrlichkeit, +freut euch des Meeres, so stark und weit, +freut euch der Wälder, der Blüte, der Frucht, +freut euch der Berge mit Tal und Schlucht! +Und freut euch eurer eignen Kraft, +die der Erkenntnis Wunder schafft; +seid glücklich, daß ihr Menschen seid, +der schönste Schmuck an Gottes Kleid, +wenn ihr euch seiner wert gestaltet, +euch immer göttlicher entfaltet. +Seid glaubensstark, seid willensklar, +das wünscht das neue Erdenjahr! + + +CHOR DER MONATE + +Seid friedensstark, seid liebesklar, +das wünscht der Monate bunte Schaar! + Prosit Neujahr! + Nun reicht euch zur Wende + des Jahres die Hände + und grüßt euch mit Neigen + und schlingt einen Reigen! + Spiel auf, Musik, begleite sie, + des Jahres Schluß sei Harmonie! + + + +RÄUBER UND PRINZESSIN + + +Eine Kartoffelkomödie + + +EINFÜHRUNG + +Habt ihr schon mal was von der Kartoffelkomödie gehört? Nein? So will ich +euch erzählen, was das ist. + +Die Kartoffelkomödie ist ein Theaterstück, das statt mit Puppen mit +Kartoffeln gespielt wird. Ihr bittet um ein Paar glatte, nicht zu große +Kartoffeln, bohrt mit dem Messer in jede ein rundes Loch, so daß ihr euern +Zeigefinger bis zum ersten Glied hineinstecken könnt, und die Hauptsache +ist fertig. Ein paar mit Stecknadeln angepiekte Hemdknöpfchen als Augen, +ein Stückchen Rübe als Mund, und eins als Nase, bilden das Gesicht. Ein +farbiger Puppenlappen wird oben mit einer Schnur zusammengezogen und um +den Zeigefinger gebunden, nachdem zwei kleine Löcher für Daumen und +Mittelfinger hineingeschnitten sind. Ihr werdet euch wundern, wie fein man +die Finger als Arme und Hände benutzen kann. + +Natürlich muß man sich in der Kleidung ein bißchen nach den Personen des +Stückes richten. In unsrer Komödie, die ich nach einer älteren Vorlage +ausgebaut habe, bekommt der König eine Krone von Goldpapier und ein rotes +oder grünes Gewand, das ihr auch etwas mit Goldstreifen besetzen könnt. +Pumpfia trägt am besten einen kleinen Schleier mit einem Streifchen +Silberpapier um den Kopf, Jagomir einen großen braunen oder grauen Hut +mit einer roten Feder, der Kanzler einen schwarzen Zylinder. Natürlich +wird all das aus Papier gemacht. Die Kleider könnt ihr euch selbst +ausdenken, jeder Flicken ist dazu brauchbar. + +Wenn ihr das Stück aufführen wollt, ist es am bequemsten, ihr spannt +irgendeine Decke oder ein Tuch in einen offenen Türrahmen, und zwar so +hoch, daß ihr bequem mit den Händen hinauflangen könnt; eure Köpfe dürfen +natürlich ebenso wenig zu sehen sein wie eure Füße. Einen Vorhang braucht +man nicht; die Puppen verschwinden einfach hinter dem Tuch und kommen auch +wieder so zum Vorschein. Jedes Kind kann zwei Puppen spielen, mit jeder +Hand eine; bei einer muß es dann seine Stimme etwas verstellen. + +So, nun versucht mal euer Heil! Es wird euch viel Spaß machen; und den +Zuschauern auch. + + +PERSONEN: + +König Pflaumenmus. +Prinzessin Pumpfia. +Der Kanzler. +Der Räuber Jagomir. + + +ERSTE SZENE. + +Der König tritt auf, vom Kanzler begleitet. + + +KÖNIG: + +Der Sommerabend ist so schön, +da muß man doch spazieren gehn. +Die Rosen duften süß, hazieh! +Die Nachtigall singt türütü-- +--wie schmerzt mein linker großer Zeh, +und auch der rechte tut schon weh. +Den Schuster häng mir an den Galgen, +(Kanzler verbeugt sich) +denn er gehört zu den Kanallgen. +(König schnüffelt in die Luft) +Wie duftet's hier nach Bratkartoffeln, +da kriegt man wirklich Appetit. +Geh, Kanzler, hol mir die Pantoffeln, +und bring die Abendzeitung mit. +(Kanzler verbeugt sich und will gehn) +Halt! hemme noch den eiligen Lauf +und setz mir erst die Brille auf. +(Kanzler tut's, dann ab.) +Ein König muß sich informieren, +es könnt doch was im Land passieren. +(Kanzler kommt mit der Zeitung und den Pantoffeln zurück.) + + +KANZLER: + +Hier, König, bringe ich die Zeitung, +die allerneuste Meinungsleitung. +Auch Schlupfschuh hier aus Woll' und Watte, +wie Majestät befohlen hatte; +und frage untertänigst an, +ob ich noch sonstwie dienen kann. + + +KÖNIG: + +Nun ja, rück mir die Krone grade; +denn fiel sie runter, wär's doch schade. +(Kanzler rückt die Krone zurecht.) +Was steht denn hier im Tageblatt? +Prinz Kasimir kommt in die Stadt? +Da wird er uns gewiß besuchen. +He, Kanzler, haben wir noch Kuchen? + + +KANZLER: + +Herr, nicht 'ne einzige Butterschrippe. + + +KÖNIG: + +Na, häng nicht gleich die Unterlippe; +hol Streußelkuchen vom Konditor, +auch Vollmilch, einen halben Litor. + + +KANZLER: + +Ach, Herr, von Geld ist keine Spur. + + +KÖNIG: + +Das schad't nix, Kanzler; pumpe nur. +Wir Könige lassen uns nicht lumpen, +und sollten wir die Welt auspumpen. +Geh jetzt und sorge für mein Land +mit Militär und mit Verstand! +(Kanzler verneigt sich, tritt vor.) + + +KANZLER: + +Was hat ein Kanzler doch für Sorgen; +wo soll ich bloß schon wieder borgen? +Wer schafft mir von der Deutschen Bank +den Schlüssel zu dem Kassenschrank? +Reichskanzler sein ist wirklich schwer; +ich dachte nicht, daß es so wär. +Ich annonciere in der "Quelle", +vielleicht krieg ich 'ne andre Stelle. +(Kanzler ab.) + + +KÖNIG (lesend): + +Den Streik, den soll der Kuckuck holen! +Wir haben so schon keine Kohlen, +mein Thronsaal wird tagtäglich kälter, +und ich--ich werde immer älter. +Auf diese Bank will ich mich legen, +ein Stündchen süßer Ruhe pflegen. +(Legt sich hin und schnarcht.) + + +ZWEITE SZENE. + +Pumpfia, König. + + +PUMPFIA: + +Wo bist du denn, mein Väterchen, +mein süßer Pumps, mein Käterchen? + + +KÖNIG: + +Wer stört mir meine Ruh im Grase? +Ach, _Du_ bist's, kleine Stumpelnase. + + +PUMPFIA: + +Papa, ich bring dein Leibgericht, +Bratkartoffeln! riechst du's nicht? +Ich briet sie selbst, ist das nicht nett? +mit Liebe und mit Hammelfett; +und machte Klopse dir zulieb, +vom Fleisch, das gestern übrig blieb. + + +KÖNIG (essend): + +Ich danke dir, mein Herzensmops, +für die Kartoffeln und den Klops. + + +PUMPFIA: + +Papa, ich bin bald zwanzig Jahre +und kriege nächstens graue Haare; +ich mach mich immer wunderschön, +allein kein Freier läßt sich sehn. +Ich krieg am End gar keinen Mann; +was fang ich alte Jungfer an? +(Sie weint.) + + +KÖNIG: + +So liebe _mich_, mein süßes Kind! +Heiraten geht nicht so geschwind. + + +PUMPFIA: + +Ach doch, Papa, 's geht ganz bequem. +Wenn doch ein Prinz, ein trauter, käm! +(weint stärker.) + + +KÖNIG: + +Mein Pümpfchen, tröste dich bis morgen, +da will ich dir 'nen Mann besorgen. + + +PUMPFIA + +(fällt ihm um den Hals): +Du guter einziger Papa, +ich sag gewiß zu allen ja. + + +KÖNIG: + +Leb wohl, ich muß zur Konferenz; +es ist nicht gut, wenn ich die schwänz. +(König ab.) + + +DRITTE SZENE. + +Pumpfia, nachher Jagomir. + + +PUMPFIA: + +Ich arme Pumpfia und Prinzessin, +ach könnt ich doch mein Leid vergessen! +allein, o leider ganz allein, +in diesem holden Mondenschein! +Kein Jüngling liebt mich nur ein bißchen, +kein Prinz gibt mir ein holdes Küßchen. +Mein Herz ist leer, mein Kopf ist dumm, +ich fall vor lauter Sehnsucht um-- +(fällt um.) + + +JAGOMIR (tritt auf): + +Ich stahl mir heimlich hier herein, +hier wird doch was zu mausen sein? +(Schnüffelnd) +Nee, wo mit Hammelfett gebraten, +da regnet's sicher nich Dukaten. +(Er erblickt Pumpfia ) +'ne Dame? Ei, wie wunderschön; +die muß ich mal genau besehn. +(Er tut's.) +Ich nehme mir den Hochgenuß +und geb ihr einen süßen Kuß. +(Er tut's.) + + +PUMPFIA (erwachend): + +Was ist das für ein schöner Mann? +Ich wag's und red ihn lieblich an. +Wer seid Ihr, herrlicher Genoß? +Wie kamt Ihr her in dieses Schloß? +Ich bin durch Euern Gruß beglückt; +hat Euch ein Engel hergeschickt? + + +JAGOMIR: + +'n Engel? Nee, das war der Robert; +der hat das Ding hier ausbaldowert. + + +PUMPFIA: + +Ist alles gleich; du bist mein Schätzchen, +mein süßer Freund, mein Busenlätzchen. + + +JAGOMIR: + +Aber--was wird dein Vater sagen? + + +PUMPFIA: + +Ach was, wer wird den Alten fragen. + + +JAGOMIR (küßt sie): + +Mein honigsüßer Sirupstengel, +mein Marzipan, mein Zuckerengel! + + +PUMPFIA: + +Welch Geist, welch Witz, welch hoher Held! +Pumpfia geht mit dir durch die Welt! + + +JAGOMIR: + +Mein Schätzchen, hast du auch Moneten? + + +PUMPFIA: + +Die sind hier weniger vertreten; +an diese Frage rühre nich, +geliebter Freund, entführe mich. + + +JAGOMIR: + +Na, denn man zu, du süße Hummel! +(Beiseite) +Verflixt, das wird 'n schöner Rummel. + + +VIERTE SZENE. + +König, die Vorigen. + + +KÖNIG: + +Prinzessin Pumpfia, Kasimir, +wo seid ihr kleinen Schäker ihr? +Ihr wollt euch wohl vor mir verstecken? +Na wart't, ich werd euch gleich entdecken. + + +JAGOMIR (beiseite): + +I, du meine himmlische Güte, +die jlooben, ick sei ein Prinz von Geblüte; +dabei gehör ick zum Räuberstand, +der ernährt seinen Mann besser als so'n Land. +(Laut): +Guten Tag, Herr König, ich habe die Ehr +und verbeuge mir sehr. +(Er tut's) + + +KÖNIG: + +Mein Vaterherz hüpft froh und warm: +mein Pümpfchen in des Prinzen Arm. +Mein hoher Gast, Prinz Kasimir, +wie findet meine Tochter Ihr? + + +JAGOMIR: + +Das Mädel hier? Na, himmlisch süß, +wie'n Engelken im Paradies. + + +KÖNIG: + +Na, nimm se dir se denn se doch, +und spanne sie ins Ehejoch; +dann kocht dir deine kleine Braut +Erbsen mit Speck und Sauerkraut. + + +JAGOMIR: + +Ach ja, und dann Kartoffelklöße +mit einer süßen Pflaumensöße. +(Umarmung.) + + +PUMPFIA: + +Wenn man in deinen Armen ruht, +dann kocht sich's gleich noch mal so gut. + + +KÖNIG: + +Ich bin gerührt wie Quetschkartoffeln, +verlier vor Rührung die Pantoffeln. +(Er tut's; die Pantoffeln fallen in den Zuschauerraum.) + + +FÜNFTE SZENE. + +Kanzler, die Vorigen. + + +KANZLER: + +Der Brief kommt eben von der Post, +der fünfundzwanzig Pfennige kost't. + + +KÖNIG: + +Wie oft schon hab ich deklariert, +ich nehme nichts mehr unfrankiert. +Kommt mir noch mal so'n Ding ins Haus, +dann fliegt es gleich zum Fenster raus. +(Er öffnet den Umschlag) +Laß sehn, was steht in diesem Brief. + + +JAGOMIR (beiseite): + +Na, geht die Sache doch noch schief? + + +KÖNIG (liest): + +"Prinz Kasimir entbeut den Gruß +dem hohen König Pflaumenmus; +er wird ihn heute noch besuchen +und hofft auf Kaffee und auf Kuchen."-- +Von alldem tut der Bauch mir weh; +was nun, mein Schwiegersohn _in spe_? +Seid Ihr denn nicht Prinz Kasimir? + + +JAGOMIR (stolz): + +Ich bin der Räuber Jagomir! + + +KÖNIG: + +Ein Räuber? Hu, das ist ein Graus, +der reißt mir die Gedärme aus! +Gewiß, er wird mich massakrieren +und mir mein Pümpfchen dann entführen. +(Er weint.) + + +PUMPFIA: + +Was mich betrifft, ich halte still, +wenn er nur dich verschonen will. + + +JAGOMIR: + +Ich schon ihn gern, und auch sein Geld-- +(beiseite): das er nicht hat! +Ich bin ein edler Räuberheld. + + +PUMPFIA: + +Mein süßer Schuft, mein Wonneheld, +mit dir stehl ich die ganze Welt. +(Umarmung.) + + +JAGOMIR: + +Bald kommt der Kasimir ins Haus; +komm, Pümpfchen, komm, wir rücken aus! +Im Walde steht mein freies Schloß, +da schläft sich's fein--auf Heu und Moos. + + +KÖNIG: + +Na, dann leb wohl, mein teures Kind! +Hier hast du noch ein Angebind +(gibt ihr einen Zweimarkschein) +und außerdem noch meinen Segen. + + +PUMPFIA: + +Den kannst du uns auf Zinsen legen. +(Beide ab.) + + +KÖNIG: + +Nun sind sie weg, o Schmerz, o Graus, +ich weine mir ein Auge aus. +(Er tut es, wirft den Augenknopf unter die Zuschauer.) +O Kasimir, Prinz Kasimir, +warum warst du nicht eher hier! +Wirr ist mein Herz, wirr ist mein Kopf; +die Welt, die ist ein Wackeltopf. +Nur eins ist unverrückt und wahr, +nur eins wie meine Pleite klar: +Hoch herrschen über Raum und Zeit +die Frechheit und die Dreistigkeit. +(Vorhang.) + + + +KASPERLE UND DER KRIEG + + +Ein Stückchen fürs Kasperltheater + + +KASPERLE (allein, singt): + + Bummvallera + ist nicht da; + wo ist Bummvallerallerallera? + +(Er gähnt.) Ach, ist die Welt langweilig! Vor lauter Langerweile hab ich +schon ein paarmal meine Finger gezählt; aber komisch, es kommt immer was +andres raus. (Er zählt an seinen Händen): 1, 2, 3, 5, 7, 8, 10, 12, 14, +15--na ja, nun sind's wieder 15. Na, noch mal: 1, 2, 3, 5, 7, 9, 10, 12, +13, 14--komisch, nu sind's wieder 14. Mal hat der Mensch 15 und mal 14 +Finger; und dabei sehn sie immer egal aus.(Es klopft.) Ei, da kommt +Besuch. Immer 'rein, meine Herrschaften, immer 'rein! (Polizist kommt.) + + +POLIZIST: + +Bist du der Kasper? + + +KASPERLE: + +Was? Kasper? Herr Kasper heißt es, geehrter Herr Kasper heißt es, +wertgeschätzter Herr Kasper heißt es, Sie oller Helmaffe Sie, Sie +untertänigster Rasselsäbel! + + +POLIZIST: + +Mann, seien Sie mal etwas höflicher zur königlichen Polizei! + + +KASPERLE: + +Höflich? Hi hi, höflich? Mit Höflichkeit fängt man nicht mal 'nen Floh. +Oder soll man etwa sagen: bitte, Herr Floh, seien Sie so gut, Herr Floh? + + +POLIZIST: + +Kasper, du bist ein Esel! + + +KASPERLE: + +'n Esel? Was Sie sagen! Ist 'n nettes Tierchen, so'n Esel, hihi; klettert +auf die höchsten Stellen und fällt nicht runter. Hihi, möcht schon solch +Tierchen sein. + + +POLIZIST: + +Lirum, larum, Kasper, du mußt jetzt in den Krieg; darum bin ich +hergekommen. + + +KASPERLE: + +Krieg? Was ist denn das? Kriecht man da rum, in dem Krieg? Ich bin doch +kein Kriechtier! + + +POLIZIST: + +Du dummer Kasper, du dammliger, der Krieg sind Schlachten mit Bomben und +Kanonen. + + +KASPERLE: + +Schlachten? Ei, das kenn ich, da gibt's frische Wurst; Blut- und +Leberwurst, hihi, das schmeckt aber fein!--Und Bomben? wissen Sie, die +backt meine Omama mir immer zu Weihnachten; die kenn ich auch. Und +Kanonen? ja, die stehn noch vom Großvater selig her auf'm Kramboden; der +war Sie nämlich Mistbauer, und brauchte so'ne dicken hohen Schmierstiebeln. +Also, dann kenn ich ja den Krieg; muß 'ne lustige Sache sein. + + +POLIZIST: + +Na warte man, du Frechdachs, wirst es schon merken, wenn's dir man erst um +die Ohren knallt. + + +KASPERLE: + +Knallen tut's da? O jemine! Wissen Sie, Herr Kriegsminister, gegen Knallen +hab ich von Kind auf 'ne Idiokratie. + + +POLIZIST: + +Idio_syn_krasie meinst du wohl, dummer Kasper. + + +KASPERLE: + +Nee, Herr Rasselsäbel, Sinn ist da nicht drin; sonst wär's ja keine +Idiotokratie. (Er singt): + + Die Welt, die haut sich tot wie nie, + tot wie nie, tot wie nie, + und füttert das Meer mit Korn und Vieh, + Korn und Vieh, Korn und Vieh; + das ist doch Idiotokratie, Tokratie, Tokratie, + Idiotokratie! + + +POLIZIST: + +Halt deinen dummen Schnabel, Kasper, das verstehst du nicht; das ist die +hohe Diplomatie. Sage mir lieber, wie dein Vater heißt, Kasper. + + +KASPERLE: + +Das kann ich Ihnen durchaus nicht sagen, Sie neugieriger Iltis, alldieweil +ich das selber nicht weiß. Ich glaube, ich hatte gar keinen Vater. + + +POLIZIST: + +Und deine Mutter? + + +KASPERLE: + +'ne Mutter? 'ne Mutter hab ich auch nicht gehabt. Bloß 'ne Großmutter und +'ne Urmama; die haben mich zusammen zur Welt gebracht. + + +POLIZIST: + +Du bist 'n Ochse, Kasper, oder 'n Frechdachs; jeder Mensch hat doch 'ne +Mutter. + + +KASPERLE: + +'n Ochse? das wär was, ei der Daus! Was wär ich da wert bei den heutigen +Fleischpreisen? wir wollen mal zusammen rechnen, Herr Kriegsminister. +Also: ich wiege 150 Pfund, das Pfund kostet jetzt 8 Mark 50. Erst also 100 +mal 8 Mark 50--hängen wir einfach zwei Nullen an, das macht 85000 Mark; +und dann noch 50 mal 8 Mark 50, das ist mir zu schwer, das kann ich nicht +rechnen. Wissen Sie's vielleicht, Herr Kriegsrat? + + +POLIZIST: + +Na, das sind ungefähr 4000 Mark, Kasperle; es ist ja auch schon lange her, +daß ich in der Schule war. + + +KASPERLE: + +Also, ich hatte 85000 Mark; und Ihre 4000 Mark dazu, macht 100000 Mark. +Sehn Sie, Herr Kriegsminister, soviel ist der Kasper werf, wenn er ein +Ochse ist; hihi, was sagen Sie nun, Herr Oberkanonenrat? Was mag man da +erst wert sein, Sie, wenn man ein fettes Schwein ist! Wissen Sie was: +wir wollen beide Bauern werden und fette Schweine zusammen ausbrüten. +(Er singt): + + O wär ich doch ein Öchselein, + Öchselein, Öchselein, + oder auch ein fettes Schwein, + fettes Schwein, fettes Schwein, + dann pökelt' ich mich selber ein, + si- sa- selber ein. + Da käm ich in ein großes Faß, + großes Faß, großes Faß, + da rollt' ich in das Kellergelaß, + Kellergelaß, Kellergelaß, + da hätt ich für den Winter was, + Wi- Wa- Winter was. + + +POLIZIST (packt ihn): + +Ach was, vorwärts marsch mit dir in den Krieg! und hast-du-nicht-gesehn +ins Feuer! + + +KASPERLE: + +Ins Feuer soll ich? Ich ins Feuer? Aber ich bin doch keine Preßkohle, +Herr Oberheizer, daß ich ins Feuer soll? (Er ruft ins Haus): Großmama, +mein Puttchen, du alte Knochenmühle! komm doch mal her, aber putz dich +nicht erst! man will dein Kasperle ins Feuer stecken! (Großmutter kommt.) + + +GROSSMUTTER: + +Was ist denn los? Was schreist du so, Kasperchen? + + +POLIZIST: + +Er muß in den Krieg und will nicht, der Racker! + + +GROSSMUTTER: + +O Gott, o Gott, in den Krieg, mein Herzblatt? Da werden sie dich +totschießen, armes Kasperchen! Ogottogottogottedoch! + + +KASPERLE: + +Laß man, Omamachen wenn sie schießen wollen, nehm ich meine Pritsche und +hau sie selber tot. Guck mal, so--so--haste-nich-gesehn--(er haut den +Polizisten tot, wirft ihn über die Rampe und sagt dabei:) Ja, quiek man! +den Kasper krigst du nicht! der lebt ewig, du oller Rasselsäbel!-- + + + + + +VERZEICHNIS DER ÜBERSCHRIFTEN + + + +Gruß an die Großen +Gruß an die Kleinen + + + +ERSTER TEIL + + +Wunderchen +Geht leise +Wittewoll schlafen +Frühstück +Seereise +So lala +Mein Wagen +Kutscher auf dem Knie +Ereignis +Heilsprüchel +Schlimme Geschichte +Austreibung +Wenn Rumpumpel brummig ist +Der Pudding +Zwei Mäulchen +Mückebold +Das Scherchen +Geschichtchen vom Winde +Anziehliedchen +Das Lämmechen +Die wilden Beinchen +Der lumpichte Bu +Tintenheinz und Plätscherlottchen +Es regnet +Trösterchen +Häschen in der Grube +Hasenspiel +Drei Bäumchen +Schabernack +Am Abend +Gutenachtliedchen +Freund Husch +Rumpumpels Geburtstag +Mutters Geburtstag +Rumpumpel tanzt +Kreiselliedchen +Konzert +Die ersten Höschen +Der kleine Sünder +Flutschpeter +Die Trommelpartie +Rumpelreim +Das Karnickel +Lektion +Lied des Hühnchens +So sieht unsre Wirtschaft aus + + + +ZWEITER TEIL + + +Das Haus +Mit Trommel und Trab +Siebenschläfer +Osterlied +Maiwunder +Hansel und Gretel +Prinzeßchen +Das große Loch +Zwei Gesellen +Wenn's Pfingsten regnet +Eine Hühnergeschichte +Marieken und die Küken +Kinderküche +Essensregeln +Die böse Mies +Pottkieker +Der Reitersmann +Das richtige Pferd +Der kleine Rekrut +Der Hauptmann +Abzählreim +Fragefritze und die Plappertasche +Plappermündchen +Puppendoktor +Kleiner Einkauf +Vaters Geburtstag +Das Himmelsprinzeßchen +Windfreude +Lied vom Monde +Weihnachtsschnee +Knecht Ruprecht in Nöten +Frohe Botschaft +Der liebe Weihnachtsmann +Sankt Niklas' Auszug +Bescheidene Frage + + + +DRITTER TEIL + + +Widmung +Sonne +Marienlied +Korsisches Wiegenlied +Königskind +Heimweh +Elfenreigen +Wiegenmärchen +Traumballade +Mutter Hule +Ein Singsang vom Rheine +Badeballade +Der Teufel und die Katz +Der Esel und die Löwenhaut +Ein Spatzengespräch +Drei Koboldstreiche +Spuk +Der Märchenkönig und sein Töchterlein +Weihnachtsgang +Weihnachtsbesuch +König Kuchen und Königin Schokolade +Der erste Mai +Wetterwunsch +Hammerliedchen +Im Sonnenschein +Wanderlied + + + +VIERTER TEIL + +Spruch fürs Leben +Allerlei Rätsel: + 1) Windmühle + 2) Die ersten Zähnchen + 3) Sau-er-kraut + 4) Spitzbube + 5) Stiefelknecht + 6) Rebe--Eber; Recke--Ecker; Rotte--Otter; Rinde--Inder; Rabe--aber + 7) Matrone, Makrone, Marone + 8) Gitter, Rettig + 9) Vielleicht + 10) Zeit + 11) Schafwolle und Rindleder + 12) Versohlt + 13) Überlegen + 14) Saumselig + 15) Verzogen + 16) Drosselbart + 17) Nachbarschaft + 18) Der Rat + 19) Besessen + 20) Ausschlag + 21) Fassung + 22) Eingefallen + 23) Druckfehlerteufel + 24) Feuerwasser + 25) Wasserscheide, Scheiderwasser + 26) Winde + 27) Leiter + 28) Welle + 29) Donnerkeile + 30) Linsengericht + 31) A, Horn, A horn + 32) Aufschwung; Entfaltung; Sieg; Frieden + 33) Retter + 34) Verwachsen + 35) Verschieden + 36) Romantik + 37) Mode, modern + 38) Die Tinte + 39) Das Licht + 40) Die Zahl + 41) Die Stadt + 42) Geistreich + 43) Gerecht, Same, Gerechtsame + 44) Gedankenübertragung +Polterabendgedicht +Hochzeitsgedicht +Neujahrsspiel +Kartoffelkomödie: Räuber und Prinzessin +Kasperle und der Krieg + + + + + +VERZEICHNIS DER ANFANGSZEILEN + + + +Auf der höchsten Berge Rücken +Auf der Leine, auf grünem Platz +Als ich noch klein war, war ich recht beschaulich +Aus lichtem See +Bei König Kuchen und Königin Schokoladen +Blümchen hängt das Köpfchen +Bummvallera ist nicht da +Christkindchen lag im Stalle +Das große Loch +Das kann doch nicht Rumpumpel sein +Das Wort pflegt zu erhöhn +Der Bauer schläft im Hirsekraut +Der Esel, der Esel +Der Schneidermeister Piekenich +Der Sommerabend ist so schön +Der Vater will's das Fritzchen +Des Mondes Tochter Mirlamein +Die alte Mutter Hule +Die erste frißt +Die ersten sind ein Untertan +Die erste Silbe führt die krause Schar +Die Henne legt ein Ei +Eia, wir Elfen +Ein deutscher Meister war es, gottgesandt +Ein Kätzlein ging einst jagen +Ein Müllersmann aus Oberwesel +Ein Vogel flog aus dem Heimatland +Er geht in sich, um sich zu pflegen +Es läuft und hat keine Beine +Es regnet, es regnet +Es tanzen zwei Gesellen +Es war einmal ein Kätzchen +Es war zur lieben Weihnachtszeit +Fixfax der arge Kobold spricht +Flutschpeter lief nie gradeaus +Fritz, ich möcht den Spaten haben +Froh singt ihr Lied am Sommertag +Früh, eh ich's konnt begreifen +Geht leise +Gestern lief der Peter weg +Getrieben werd ich, doch ich treibe wieder +Grüß Gott, ihr Leut, ich bin das Jahr +Guten Morgen, ihr Beinchen +Guten Tag, guten Tag, liebe Grünkramfrau +Hansel und Gretel stehen zu zwein +Hans Wackelohr, Hans Wackelohr +Häschen in der Grube +Has, Has, Osterhas +Heini, Heini +Herbei, ihr kleinen Wichte +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein +Herr Steuermann, Herr Steuermann +Hinter den Birken über den Rasen +Hinüber, hinein +Hühner, wollt ihr wohl artig sein +Hurra, zum ersten Mal +Husch, husch, husch +Ich bau, ich bau ein steinern Haus +Ich bin das Himmelsprinzeßchen +Ich bin der Hauptmann +Ich bin eine kleine Sternschnuppe +Ich bin nur klein, doch banne ich die Welt +Ich habe Flügel--rate, Kind +Ich hab einen Helm aus Packpapier +Ich hab keine Hände und kann doch tragen +Ich möcht euch alle miteinander +Ich nähre mich von fremden Stoffen +Ich stand begehrlich am Worte +Ich war in Fez durch die Buden gewandelt +Ihr Kinder, sperrt die Näschen auf +Ihr Siebenschläfer in den Höhlen +Im Stall unter Schäfchen bäht +In alten Zeiten +In eins-zwei-drei lebt ganz gemütlich +In Leipzig wohnt ein Bäckermeister +In Not und Gefahr +In Wolfenbüttel wohnt ein Lamm +Jung jung drei Bäumchen +Ka Strümpferl im Kasten +Klänge wachsen auf den Wegen +Klärchen nähte an dem ersten +Knecht Ruprecht kratzt sich seinen Bart +Kräht der Hahn früh am Tage +Kra, kra, kalter Schnee +Kribbel-krabbel-Käfer +Ländliche Straßen, dicht beschneit +Leise, Peterle, leise +Leises Klopfen an der Türe +Lieber Doktor Pillermann +Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß +Maienkönig schickt mich her +Maikönig kommt gefahren +Maria herzt ihr Kindelein +Mariechen war's; mit meinem Kuchen +Marie-Marei-Marieken +Marie-Marei will Braten machen +Mein erstes ist ein Hund +Mein erstes ist nicht wenig +Mein erstes Wort, im engen Raum genährt +Mein Reich ist unbegrenzt: bis in die fernste Zone +Mein Strom ergießt sich sickernd durch die Welt +Mein Wagen hat vier Räder +Mückchen, Mückchen, Dünnebein +Musik, Musik, die Flöte kommt +Mutti, Mutti, was ist denn da drin +Nein, Kinder, immer kann man nicht dichten +Nennst du das Ganze, tönt es uns entgegen +Oben aus dem Fahnenhaus +Ohne Zepter, ohne Krone +Pink, pank, Hammerschlag +Pitsch--patsch--Badefaß +Putzt die Fenster! fegt die Ecken! +Quellchen geht in den Rauschebach +Rate, Freund, es ist nicht schwer +Rechts, links, über Eck +Ride-bide-Bummstock +Rumpumpel macht 'ne Landpartie +Rumpumpel tanzt +Rumpumpel will essen +Sankt Niklas zieht den Schlafrock aus +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas +Scheine, Sonne, scheine +Schimmel, willst du laufen +Schlafe, mein kleiner Wildling +Schlafe ruhig, Königskind +Schnell, schnell, Besen +Schnipsel, schnipsel, Scherchen +Sind es die Feinde, muß man sich wehren +Sind es die Stiefel, halten sie 'ne Weile +Sitzen zwei alte Weiber im Sand +So morgens um halb acht herum +Sonnenlichter, Frühlingswichter +Sonne scheint draußen und scheint in die Grube +Spitzt das Ohr und merkt euch still +Standen vier weiße Ritterchen +Steht ein Töpfchen rund und nett +Stets bin ich eines Leuchtenden Trabant +Still--was bloß das Kätzchen will +Traumkönig geht durch bleiches Land +Tuck--tuck--heut ist Regentag +Unser Müller hat ein Mühlenhaus +Viel Glieder hab ich, die einander gleichen +Vor der Laube kräht der Hahn +Wächst einer alten Dame +Wagen im Wind +Waldtaube saß gefangen +Wenn das R am Anfang steht +Wenn der Wind über Wiesen und Felder rennt +Wenn es von Freund und Liebchen kommt +Wenn ich in die Stube geh +Wer es hat, der ist betrübt +Wer kommt dort angeflogen +Wer schenkt mir ein lebendiges Pferd +Wer strampelt im Bettchen +Wer tanzt mit mir +Willst du das erste Wort stets sein und handeln +Wind, Wind, sause +Winkele, wankele +Wir sind's gewiß in vielen Dingen +Wir sind's mit Stamm und Vaterland +Zwei Worte weiß ich, die einander feind + + + + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Das liebe Nest, by Paula Dehmel + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 13732 *** diff --git a/13732-h/13732-h.htm b/13732-h/13732-h.htm new file mode 100644 index 0000000..e88f1b2 --- /dev/null +++ b/13732-h/13732-h.htm @@ -0,0 +1,7082 @@ +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd"> +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> +<meta name="generator" +content="HTML Tidy for Windows (vers 1st April 2002), see www.w3.org" /> +<meta http-equiv="Content-Type" +content="text/html; charset=UTF-8" /> +<title>Das liebe Nest</title> + +<style type="text/css"> +/*<![CDATA[*/ + body { margin-left: 18%; margin-right: 18% } + p { text-align: justify; text-indent: 1em; margin-top: 1ex; margin-bottom: 1ex } + p.front { text-align: center; font-size: 1.4em; text-indent: 0; margin-top: 10ex; margin-bottom: 10ex} + .subhead {text-align: center; margin-top: 2ex; margin-bottom: 2ex} + h1 {text-align: center; margin-top: 16ex; margin-bottom: 16ex} + h2 {text-align: center; margin-top: 16ex; margin-bottom: 8ex} + h3 {text-align: center; margin-top: 8ex; margin-bottom: 4ex} + h4 {text-align: center; margin-top: 4ex; margin-bottom: 2ex} + span.pgnum {position: absolute; left: 1%; right: 91%; font-size: 8pt; + text-indent: 0; font-weight: normal; text-align: left; visibility: visible} + /* + Set "visibility: visible" in span.pgnum above to see page numbers. Note that these cannot completely accurate due to relocation of images. + */ + span.pgnum:before { content: "" } + .poem {margin-left:10%; margin-right:10%; margin-bottom: 2ex; margin-top: 1ex; text-align: left;} + .poem .stanza{margin: 0em 0em 1em 0em;} + .poem p { margin: 0; padding-left: 2em; text-indent: -2em; text-align: left} + .poem p.i {margin-left: 2em; text-align: left} + .poem p.i2 {margin-left: 4em; text-align: left} + .figure {padding: 4em; text-align: center; font-size: small; margin: auto; clear:both ; border: none} + .figure p { text-indent: 0; text-align: center; font-weight: bold } + img {border: none; margin: 0; padding: 0} + p.stage {text-align: center; text-indent: 0; padding-left: 0;font-style: italic} + span.stage { font-style: italic; font-weight: normal} + p.stageinit {text-align:center; text-indent: 0; margin: 0; padding-left: 0; font-style: italic} + p.speaker {text-align: center; text-indent: 0; margin-top: 2ex; margin-bottom:0.5ex; font-style: normal; font-weight: bold} + p.spoken {text-align: justify; text-indent: 0; margin-top: 0; margin-bottom: 1ex} + p.index {padding-left: 2em; text-indent: -2em; margin-left: 0; margin-top: 0.5ex; margin-bottom: 0.5ex; text-align: left; } + p.index2 {padding-left: 2em; text-indent: -2em; margin-left: 2em; text-align: left; margin-top: 0.3ex; margin-bottom: 0.3ex} +/*]]>*/ +</style> +</head> +<body> +<div>*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 13732 ***</div> + +<h1>Das liebe Nest</h1> + +<p class='front'>Gesammelte Kindergedichte<br /> +von<br /> +Paula Dehmel</p> +<p class='front'>Herausgegeben von Richard Dehmel<br /> +mit Zeichnungen von Hans Thoma<br /> +bei E. A. Seemann in Leipzig<br /> +1919</p> +<div class='figure'><a href="images/i002.png"><img +src="images/i002tn.png" alt="" /></a></div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page7"></a>7</span> +<h3><a id="poem001"></a>Gruß an die Großen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Aus lichtem See,</p> +<p>über Sterne und Schnee,</p> +<p>rauschen die Schäume,</p> +<p>lauschen die Träume,</p> +<p>Himmel hinab, Himmel hinan,</p> +<p>ewige Bahn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Aus Kinderland,</p> +<p>über Acker und Sand,</p> +<p>wachsen die Gluten,</p> +<p>die bösen, die guten,</p> +<p>Himmel hinab, Himmel hinan,</p> +<p>ewige Bahn.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page8"></a>8</span> +<h3><a id="poem002"></a>Gruß an die Kleinen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich möcht euch alle miteinander</p> +<p>auf bunten Wiesen sehn,</p> +<p>bei Klarinetten und Geigen</p> +<p>die Füßchen im Tanze drehn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich möcht euch alle miteinander</p> +<p>mitnehmen im Fliegerkahn,</p> +<p>euch die schöne Erde zeigen,</p> +<p>und was fleißige Menschen getan.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich möcht euch alle miteinander</p> +<p>still führen an der Hand,</p> +<p>euch heimliche Dinge sagen</p> +<p>von Gott und dem Sternenland.</p> +</div> +</div> + +<h2><span class='pgnum'><a id="page9"></a>9</span>Erster Teil</h2> + +<p><span class='pgnum'><a id="page10"></a>10</span> </p> +<div><span class='pgnum'><a id="page11"></a>11</span> +<h3><a id="poem003"></a>Wunderchen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Putzt die Fenster! fegt die Ecken!</p> +<p>Darf sich kein Staub, kein Krümel verstecken,</p> +<p>muß alles so blank wie Ostertag sein,</p> +<p>denn das Wunderchen zieht ein.</p> +<p>Zieht ein—schon stimmen die Englein die Geigen;</p> +<p>alle Könige werden sich neigen,</p> +<p>Hirten und Könige mit dem Stern</p> +<p>haben Wunderchen gern.</p> +<p class='i'>Wer soll Wunderchens Taufpate sein?</p> +<p>Sieben große Meister laden wir ein;</p> +<p>sieben große Helden mit Kron und Schalmein</p> +<p>sollen Wunderchens Taufpaten sein.</p> +<p class='i'>Und wer ist schnell</p> +<p class='i'>sein Spielgesell?</p> +<p>Da kommen gesprungen</p> +<p>die reizenden jungen</p> +<p>Wachholderweibchen und Fliedermännchen,</p> +<p>Taunixchen mit silbernen Wasserkännchen.</p> +<p>Aus Vogelnestern und Weidenkätzchen</p> +<p>gucken neugierige Schelmenmätzchen:</p> +<p class='i'>Wir lachen fein,</p> +<p class='i'>wir singen fein,</p> +<p>wir wollen Wunderchens Spielgesellen sein!</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page12"></a>12</span> +<h3><a id="poem004"></a>Geht leise</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Geht leise—</p> +<p>es ist müd von der Reise.</p> +<p>Es kommt weit her:</p> +<p>vom Himmel übers Meer,</p> +<p>vom Meer den dunklen Weg ins Land,</p> +<p>bis es die kleine Wiege fand—</p> +<p>Geht leise.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem005"></a>Wittewoll schlafen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Auf der Leine, auf grünem Platz</p> +<p>hängen sieben Hemdchen und ein Latz;</p> +<p>im Winkel, am Zaun, wos Spinnchen spinnt,</p> +<p>liegt mit großen Augen mein Kind—</p> +<p>wittewoll schlafen?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Henne macht sich ein Bett im Sand,</p> +<p>Fliege träumt an der Mauerwand,</p> +<p>Schmetterling sitzt in der Mittagsruh,</p> +<p>schaukelt die Flügel auf und zu—</p> +<p>wittewoll schlafen?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Suselesu, der Sonnenwind</p> +<p>bläst in die Augen dem müden Kind;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page13"></a>13</span>es will noch +blinzeln—Spinnchen hält</p> +<p>den bunten Schleier vor die Welt—</p> +<p>—wittewoll—schlafen— —</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem006"></a>Frühstück</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>So morgens um halb acht herum:</p> +<p>Rumpumpel macht das Mäulchen krumm.</p> +<p>Und keine fünf Minuten drauf</p> +<p>wacht Rumpumpel auf.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hu! kommt der kalte Badeschwamm,</p> +<p>Rumpumpel hält die Ohren stramm;</p> +<p>und schlägt die Ticke-Tacke acht,</p> +<p>wird ihm die Milch gebracht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die schmeckt Rumpumpeln aber fein;</p> +<p>er patscht mit beiden Fäustchen drein</p> +<p>und trinkt und trinkt, bis alles leer.</p> +<p>Rumpumpelchen, das freut mich sehr:</p> +<p>morgen gibt's gut Wetter!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem007"></a>Seereise</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Pitsch—patsch—Badefaß,</p> +<p>Rumpumpel plantscht die Stube naß,</p> +<p>ist ein junger Wasserheld,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page14"></a>14</span>segelt durch die +ganze Welt,</p> +<p>im Wipp—im Wapp—im Schaukelkahn</p> +<p>über den großen Ozean.</p> +<p>Stehn drüben alle Wilden still</p> +<p>und schrein: Was bloß Rumpumpel will?</p> +<p>so splitternackt und pitschenaß</p> +<p>in seinem kleinen Schaukelfaß?</p> +<p>Schnell das Badelaken!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem008"></a>So lala</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Steht ein Töpfchen rund und nett</p> +<p>unterm Bett,</p> +<p>so lala, so lala.</p> +<p>Reicht mir mal das Kindel her,</p> +<p>das braucht jetzt keine Windel mehr,</p> +<p>so lala, so lala.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rolle, rolle, ratteratt,</p> +<p>rollt ein Wagen durch die Stadt;</p> +<p>sind zwei blanke Pferdchen davor,</p> +<p>hinten drauf ein schwarzer Mohr.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Horch, er hält vor unserm Haus;</p> +<p>steigen zwei feine Jungherren aus,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page15"></a>15</span>mit +Federbarettchen</p> +<p>und goldenen Kettchen.</p> +<p>Schnell das Töpfchen unters Bettchen!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem009"></a>Mein Wagen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Wagen hat vier Räder,</p> +<p>vier Räder hat mein Wagen,</p> +<p>rolle, rolle, rummerjan,</p> +<p>das wollt ich euch bloß sagen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mein Wagen hat 'ne Deichsel,</p> +<p>'ne Deichsel hat mein Wagen,</p> +<p>rolle, rolle, rummerjan,</p> +<p>das wollt ich euch bloß sagen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mein Wagen hat ein Pferdchen,</p> +<p>ein Pferdchen hat mein Wagen,</p> +<p>rolle, rolle, rummerjan,</p> +<p>das wollt ich euch bloß sagen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mein Wagen fahrt nach Potsdam,</p> +<p>nach Potsdam fährt mein Wagen,</p> +<p>rolle, rolle, rummerjan,</p> +<p>das wollt ich euch bloß sagen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page16"></a>16</span>Und wer mit mir nach +Potsdam will,</p> +<p>in meinem neuen Wagen,</p> +<p>rolle, rolle, rummerjan,</p> +<p>der braucht es bloß zu sagen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem010"></a>Kutscher auf dem Knie</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wagen im Wind.</p> +<p>Wie sitzt mein Kind?</p> +<p>Wie geht mein Pferd?</p> +<p>Alles verkehrt.</p> +<p>Holdriutsch—</p> +<p>oben die Räder, unten die Kutsch!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wagen im Schnee.</p> +<p>Da guckt das Reh,</p> +<p>da schnuppert der Has</p> +<p>mit der wackligen Nas.</p> +<p>Holdriuff—</p> +<p>da sitzt unser Kutscher wieder oben uff!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem011"></a>Ereignis</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hurra, zum ersten Mal:</p> +<p>Mutter, der Peter,</p> +<p>hurra, da steht er!</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page17"></a>17</span>hält sich am +Röckchen,</p> +<p>hält sich am Stöckchen,</p> +<p>grade wie 'n Licht,</p> +<p>fürchtet sich nicht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hurra, zum ersten Mal:</p> +<p>Mutter, der Peter,</p> +<p>hurra, da geht er!</p> +<p>guck, ganz alleinechen</p> +<p>setzt er die Beinechen!</p> +<p>Aua, Geschrei—</p> +<p>bautz!—vorbei.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem012"></a>Heilsprüchel</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Kra, kra, kalter Schnee,</p> +<p>dem Raben tut sein Beinchen weh,</p> +<p>dem Häsechen sein Herzchen;</p> +<p>die böse Zeit, die kalte Zeit,</p> +<p>ein jedes hat sein Schmerzchen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Heile, Fingerchen, heile,</p> +<p>es dauert noch 'ne Weile,</p> +<p>es dauert noch bis Rosmarein,</p> +<p>dann ist lauter Sonnenschein.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page18"></a>18</span> +<h3><a id="poem013"></a>Schlimme Geschichte</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Im Stall unser Schäfchen—bäht,</p> +<p>im Hof unser Hähnchen kräht,</p> +<p>und der Karo an der Kette</p> +<p>bellt mit Spitz um die Wette.</p> +<p>Auf'm Dach unser Kätzchen—maut,</p> +<p>und im Ententeich die Frösche, alle Frösche quaken +laut:</p> +<p>Kinder, denkt euch den Schreck,</p> +<p>unserm kleinen Wackelbein sein linker Schuh ist weg.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem014"></a>Austreibung</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Das kann doch nicht Rumpumpel sein?</p> +<p>So kann Rumpumpel doch nicht schrein?</p> +<p>Seelöwen sind in unserm Haus;</p> +<p>schnell, Rumpumpel, wir jagen sie raus.</p> +<p>Ich 'n Stock,</p> +<p>Du 'n Stock,</p> +<p>alle beide einen Stock.</p> +<p>Ei der Daus,</p> +<p>wollt ihr raus,</p> +<p>wollt ihr in euer Seelöwenhaus!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem015"></a>Wenn Rumpumpel brummig ist</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die Henne legt ein Ei,</p> +<p>da ging der Mond entzwei;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page19"></a>19</span>die Hälfte fiel +nach Nuckenstadt</p> +<p>und schlug zwei große Brummer platt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Zwei große Brummer, brumm,</p> +<p>summten hier herum,</p> +<p>um Rumpumpels Kopf,</p> +<p>um Rumpumpels Bauch</p> +<p>und um sein dickes Näschen auch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Nun sind sie tot... Aber im Ei</p> +<p>pickt das Küken die Schale entzwei,</p> +<p>kriegt heraus, und wackelt mit dem Schwanz—</p> +<p>—ist der Mond wieder ganz.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem016"></a>Der Pudding</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel will essen,</p> +<p>nun fix gebraten:</p> +<p>ein Kätzel, ein Spätzel</p> +<p>und sieben Soldaten.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das gibt einen Pudding</p> +<p>so groß wie ein Haus.</p> +<p>Zuletzt leckt Rumpumpel</p> +<p>die Kuchenschüssel aus.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page20"></a>20</span> +<h3><a id="poem017"></a>Zwei Mäulchen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Winkele, wankele,</p> +<p>vor der Tür steht ein Bankele,</p> +<p>auf der Bank sitzt mein Kindele,</p> +<p>spielt mit mei'm Hündele,</p> +<p>winkele, wankele.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Winkele, wankele,</p> +<p>ich hab ein Gedankele:</p> +<p>ein Äpfle fürs Kindele,</p> +<p>ein Knöchle fürs Hündele.</p> +<p>Dankele.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem018"></a>Mückebold</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mückchen, Mückchen, Dünnebein,</p> +<p>Mückchen, laß das Stechen sein,</p> +<p>Stechen tut ja weh!</p> +<p>Mückchen, Mückchen, weißt du was:</p> +<p>beiß doch in das grüne Gras,</p> +<p>beiß doch in den Klee!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem019"></a>Das Scherchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Schnipsel, schnipsel, Scherchen,</p> +<p>schneid mir ein Gewehrchen;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page21"></a>21</span>schieß ich mir +ein Häschen tot,</p> +<p>brat's dem Kind zum Mittagbrot.</p> +<p>Die Schnitzel fliegen zum Fenster hinaus</p> +<p>durch den Sonnenschein in des Gärtners Haus;</p> +<p>der hat seine Freude dran,</p> +<p>oder guckt sie gar nicht an,</p> +<p>oder streut sie in den Wind,</p> +<p>oder schenkt sie seinem Kind—</p> +<p>schnipsel, schnipsel, Scherchen— —</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem020"></a>Geschichtchen vom Winde</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Wer kommt dort angeflogen?</p> +<p class='i'>Das ist der Wind.</p> +<p class='i'>Der Wind ist ungezogen,</p> +<p class='i'>er bläst dem Kind</p> +<p class='i'>unters Röckchen,</p> +<p class='i'>an die Söckchen,</p> +<p class='i'>um die Ohren, an die Nase;</p> +<p class='i'>solch Geblase!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Ganz zerfleddert und zerzaust</p> +<p class='i'>kommt Rumpumpel angesaust;</p> +<p class='i'>und hustet</p> +<p class='i'>und prustet,</p> +<p class='i'><span class='pgnum'><a id="page22"></a>22</span>das arme +Tröpfchen,</p> +<p class='i'>und steckt sein Köpfchen</p> +<p class='i'>in Mutters Schoß.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und weißt du, warum der Wind so getollt?</p> +<p>Rumpumpel sollt zu Bette gehn, und hat nicht gewollt.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem021"></a>Anziehliedchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer strampelt im Bettchen?</p> +<p>versteckt sich wie 'n Dieb?</p> +<p>Das ist der Rumpumpel,</p> +<p>den haben wir lieb.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Was guckt da für 'n Näschen?</p> +<p>Ein Bübchen sitzt dran.</p> +<p>Das ist der Rumpumpel,</p> +<p>den ziehn wir jetzt an.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Erst wird er gewaschen,</p> +<p>vom Kopf bis zur Zeh;</p> +<p>er weint nicht, er greint nicht,</p> +<p>denn es tut ja nicht weh.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Schnell her mit dem Hemdchen:</p> +<p>da schlüpfen wir fein,</p> +<p>erst rechts und dann links,</p> +<p>in die Ärmelchen 'rein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page23"></a>23</span>Fix an noch die +Strümpfchen,</p> +<p>fix an auch die Schuh;</p> +<p>kommts Händchen, schnürts Bändchen,</p> +<p>schon sind sie zu.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Nun Leibchen und Höschen,</p> +<p>ein Röckchen kommt auch;</p> +<p>sonst friert dem Rumpumpel</p> +<p>sein kleiner runder Bauch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das Kämmchen kämmt sachte,</p> +<p>aber still muß man stehn;</p> +<p>zuletzt noch das Kleidchen,</p> +<p>der Tausend, wie Schön!</p> +<p>Nun geht er und sagt: Guten Morgen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem022"></a>Das Lämmechen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>In Wolfenbüttel wohnt ein Lamm,</p> +<p>das hat ganz schwarze Haare.</p> +<p>Meint ihr, es brauche einen Kamm?</p> +<p>I Gott bewahre!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Aber mein Lämmechen</p> +<p>braucht ein Kämmechen,</p> +<p>braucht ein Schwämmechen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page24"></a>24</span>läßt sich +nix verdrießen;</p> +<p>setzt sein neues Käppechen auf,</p> +<p>will mal Koppkegel schießen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem023"></a>Die wilden Beinchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Guten Morgen, ihr Beinchen!</p> +<p>Wie heißt ihr denn?</p> +<p>Ich heiße Hampel,</p> +<p>ich heiße Strampel;</p> +<p>und das ist Füßchen Übermut,</p> +<p>und das ist Füßchen Tunichtgut.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Übermut und Tunichtgut</p> +<p>gehn auf die Reise,</p> +<p>platsch, durch alle Sümpfe,</p> +<p>naß sind Schuh und Strümpfe;</p> +<p>guckt die Rute um die Eck—</p> +<p>laufen sie alle beide weg.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem024"></a>Der lumpichte Bu</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ka Strümpferl im Kasten,</p> +<p>ka Bänderl am Schuh,</p> +<p>ka Knöpferl am Wams—</p> +<p>oh, der lumpichte Bu!</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page25"></a>25</span> +<h3><a id="poem025"></a>Tintenheinz und Plätscherlottchen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Heini, Heini,</p> +<p>ach, ist Heini dumm:</p> +<p>stippt mit allen Fingerchen</p> +<p>im Tintenfaß herum.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Heini, Heini,</p> +<p>kleiner dummer Mohr:</p> +<p>stippt sich alle Fingerchen,</p> +<p>klecks, ins Ohr.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und unten am Brunnen,</p> +<p>da steht ein Faß,</p> +<p>da macht sich unsre Lotte</p> +<p>pitschepatschenaß.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und oben die Sonne</p> +<p>hat drüber gelacht</p> +<p>und hat unsre Lotte</p> +<p>wieder trocken gemacht.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem026"></a>Es regnet</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Es regnet, es regnet</p> +<p>der Kuh auf den Schwanz;</p> +<p>es regnet, es regnet</p> +<p>der Braut in den Kranz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page26"></a>26</span>Es regnet, es +regnet,</p> +<p>die Welt ist schon naß;</p> +<p>hol 's Töpfchen,</p> +<p>fang 's Tröpfchen,</p> +<p>dann sag ich dir was:</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wäscht du die Nase,</p> +<p>bleibt sie fein grade.</p> +<p>Wäscht du das Mündchen,</p> +<p>bist du 'n lieb Kindchen.</p> +<p>Wäscht du aber die Augen schön,</p> +<p>kannst du dem lieben Herrgott seinen Himmel besehn.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem027"></a>Trösterchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Blümchen hängt das Köpfchen,</p> +<p>der Tau ist ihm zu schwer;</p> +<p>kommt der durstige Morgenwind,</p> +<p>trägt die Tropfen ins Meer.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Spätzchen piepst und bettelt,</p> +<p>das Kröpfchen ist ihm leer;</p> +<p>Pferdchen hat die Krippe voll,</p> +<p>streut Körnerchen umher.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page27"></a>27</span>Kindchen weint noch +immer,</p> +<p>Böckchen stößt so sehr.</p> +<p>Schenkt ihm Mutter einen Kuß:</p> +<p>sieh mal, nun weint's nicht mehr.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem028"></a>Häschen in der Grube</h3> + +<h4 class='subhead'>(mit Benutzung des Volkspiels)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Häschen in der Grube</p> +<p>saß und schlief,</p> +<p>kam der heilge Kuckdiguck</p> +<p>und bracht ihm einen Brief.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Häschen, bist du müde</p> +<p>oder bist du krank?</p> +<p>Steck doch deine Läufer raus,</p> +<p>ob du noch hüpfen kannst.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und was stand geschrieben</p> +<p>in Kuckdiguckens Brief?</p> +<p>"Dem Kutscher, der nicht fahren kann,</p> +<p>geht der Wagen schief."</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem029"></a>Hasenspiel</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hinter den Birken über den Rasen</p> +<p>huschen drei Hasen</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page28"></a>28</span>an uns vorbei,</p> +<p>Springen über Busch und Dorn,</p> +<p>wollen ins junggrüne Winterkorn,</p> +<p>hocken da,</p> +<p>locken sich da,</p> +<p>laufen kreuz,</p> +<p>laufen quer,</p> +<p>hin und her,</p> +<p>als gäb's in der Welt keine Schrotflinte mehr.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Warte, in der Weihnachtszeit</p> +<p>kommen die drei Hasen ins Haus geschneit.</p> +<p>Den größten verschicken wir,</p> +<p>den zweitgrößten spicken wir,</p> +<p>der kleinste kommt ins Hundehaus</p> +<p>und steckt hinten sein Schwänzchen raus.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem030"></a>Drei Bäumchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Jung jung drei Bäumchen</p> +<p>wachsen im Wiesengras,</p> +<p>jung jung drei Bäumchen</p> +<p>sagen mir was.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das erste hat sich</p> +<p>so gequält,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page29"></a>29</span>hat alle seine +siebentausend</p> +<p>Blättchen gezählt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das zweite trägt Pfläumchen,</p> +<p>schlicker-schleckerfein;</p> +<p>hätt es deine Zähnchen,</p> +<p>es äße sie allein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das dritte, das dritte</p> +<p>schüttelt sich bloß:</p> +<p>fallen lauter Blüten</p> +<p>in meinen Schoß.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sag ich schön Dank,</p> +<p>geh ich nach Haus,</p> +<p>mach ich Rumpumpeln</p> +<p>ein Kränzchen draus.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem031"></a>Schabernack</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wenn ich in die Stube geh</p> +<p>und den Rumpumpel seh,</p> +<p>tanzen wir zwei</p> +<p>Ringeldireih,</p> +<p>lachen wir,</p> +<p>machen wir</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page30"></a>30</span>Schabernack,</p> +<p>Huckepack,</p> +<p>Kätzchen spielt den Dudelsack,</p> +<p>macht Rumpumpel Hottehüh</p> +<p>nach der alten Melodie:</p> +<p>Miau, miau,</p> +<p>dem Kater seine Frau,</p> +<p>dem Kater seine grisegrimme</p> +<p>gritzegraue Frau.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem032"></a>Am Abend</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Still.</p> +<p>Was bloß das Kätzchen will?</p> +<p>Es streicht um meinen Schoß herum,</p> +<p>das Schwänzchen hoch, den Buckel krumm,</p> +<p>Still—</p> +<p>und weißt du, was es will?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Still.</p> +<p>Was bloß die Glucke will?</p> +<p>Sie lockt und lockt die kleine Brut</p> +<p>zum warmen Stall und deckt sie gut,</p> +<p>Still—</p> +<p>und weißt du, was sie will?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page31"></a>31</span>Still.</p> +<p>Was bloß Rumpumpel will?</p> +<p>Die Augen macht er schon ganz klein</p> +<p>und gähnt und will genommen sein,</p> +<p>still—</p> +<p>nun weißt du, was er will.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem033"></a>Gutenachtliedchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Leise, Peterle, leise,</p> +<p>der Mond geht auf die Reise;</p> +<p>er hat sein weißes Pferd gezäumt,</p> +<p>das geht so still, als ob es träumt,</p> +<p>leise, Peterle, leise.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Stille, Peterle, stille,</p> +<p>der Mond hat eine Brille;</p> +<p>ein graues Wölkchen schob sich vor,</p> +<p>das sitzt ihm grad auf Nas' und Ohr,</p> +<p>stille, Peterle, stille.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Träume, Peterle, träume,</p> +<p>der Mond guckt durch die Bäume;</p> +<p>ich glaube gar, nun bleibt er stehn,</p> +<p>um Peterle im Schlaf zu sehn—</p> +<p>träume, Peterle, träume.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page32"></a>32</span> +<h3><a id="poem034"></a>Freund Husch</h3> +</div> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Husch, husch, husch,</p> +<p>ich schlüpfe aus dem Busch;</p> +<p>ich stecke mein Laternchen an,</p> +<p>ich zünde uns die Sternchen an,</p> +<p>husch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Husch, husch, husch,</p> +<p>ich putze meinen Busch.</p> +<p>Der Mond ist da, der Mond ist hell;</p> +<p>der Mond, der ist mein Spielgesell,</p> +<p>husch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Husch, husch, husch,</p> +<p>ich schüttel meinen Busch.</p> +<p>Die Kinderchen sind all zur Ruh,</p> +<p>ich schüttel ihnen Träume zu;</p> +<p>die haben wir vergangne Nacht,</p> +<p>der Mond und ich, uns ausgedacht,</p> +<p>husch, husch, husch,</p> +<p>im Busch.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem035"></a>Rumpumpels Geburtstag</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Kräht der Hahn früh am Tage,</p> +<p>kräht laut, kräht weit:</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page33"></a>33</span>Guten Morgen, +Rumpumpel,</p> +<p>dein Geburtstag ist heut!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Guckt das Eichhörnchen runter:</p> +<p>Wenig Zeit, wenig Zeit!</p> +<p>Guten Morgen, Rumpumpel,</p> +<p>dein Geburtstag ist heut!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Kommt das Häschen gesprungen,</p> +<p>macht Männchen vor Freud:</p> +<p>Guten Morgen, Rumpumpel,</p> +<p>dein Geburtstag ist heut!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Steht der Kuchen auf dem Tische,</p> +<p>macht sich dick, macht sich breit:</p> +<p>Guten Morgen, Rumpumpel,</p> +<p>dein Geburtstag ist heut!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und Vater und Mutter,</p> +<p>alle Kinder, alle Leut</p> +<p>schrein: Hoch der Rumpumpel,</p> +<p>sein Geburtstag ist heut!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem036"></a>Mutters Geburtstag</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Leises Klopfen an der Türe:</p> +<p>Kann ich 'rein, Mama?</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page34"></a>34</span>Frisch gewaschen, +frisch gebügelt</p> +<p>steht Rumpumpel da.</p> +<p>Rosen in beiden Händchen;</p> +<p>wie der Kerl sich freut!</p> +<p>Kommt ans Bett, sagt: Guten Morgen,</p> +<p>Mutti Burtstag heut.</p> +<p>Vater putzt die große Stube,</p> +<p>die ist mächtig schön.</p> +<p>Lauter Blumen! Und die Torte!</p> +<p>Komm, zu Vati gehn!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem037"></a>Rumpumpel tanzt</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel tanzt, Rumpumpel tanzt,</p> +<p>es blitzen seine Schuh;</p> +<p>der Kreisel und der Hampelmann</p> +<p>sehn verwundert zu.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Kreisel pufft den Hampelmann:</p> +<p>guck, Hans, was sagst du nur?</p> +<p>der Junge tanzt, der Junge tanzt</p> +<p>und sitzt an keiner Schnur.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Hampelmann zieht ein Gesicht</p> +<p>und schlenkert und sagt: puh,</p> +<p>auch eine Peitsche braucht er nicht,</p> +<p>tanzt doch so schön wie du.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page35"></a>35</span>Rumpumpel tanzt, +Rumpumpel tanzt,</p> +<p>die liebe Sonne scheint;</p> +<p>der Kreisel und der Hampelmann</p> +<p>sind sich spinnefeind.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem038"></a>Kreiselliedchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Herr Dreidel tanzt auf einem Bein</p> +<p>rundum, rundum,</p> +<p>kommt die dicke Marmelkugel,</p> +<p>rollt ihn um, rollt ihn um;</p> +<p>paß auf, Herr Dreidel!</p> +<p>Herr Dreidel tanzt auf einem Bein</p> +<p>rundum, rundum,</p> +<p>pfeift der Wind aus einer Ecke,</p> +<p>pfeift ihn um, pfeift ihn um;</p> +<p>steh auf, Herr Dreidel!</p> +<p>Herr Dreidel tanzt auf einem Bein,</p> +<p>peitsch di Hieb, peitsch di Hieb;</p> +<p>hopp hopp, wie springt das Brüderlein,</p> +<p>halt den Dieb, halt den Dieb,</p> +<p>heißa, Herr Dreidel!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem039"></a>Konzert</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Musik, Musik, die Flöte kommt,</p> +<p>Rumpumpel tut's begreifen:</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page36"></a>36</span>er horcht und hebt +das Fingerchen,</p> +<p>fängt gleich an mitzupfeifen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Musik, Musik, die Geige kommt,</p> +<p>die Geige tut fein klingen;</p> +<p>Rumpumpel hebt das Fingerchen,</p> +<p>fängt leise an zu singen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Musik, Musik, der Brummbaß kommt,</p> +<p>ganz deutlich hört man's summen;</p> +<p>Rumpumpel hebt das Fingerchen,</p> +<p>tut wie 'ne Hummel brummen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das gibt ein herrliches Konzert,</p> +<p>ihr Kinder, kommt, ich bitte!</p> +<p>Drei Kirschen kost't der erste Platz,</p> +<p>und eine kost't die Mitte.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hinten herum ist alles frei,</p> +<p>großmütig sind wir heute;</p> +<p>der Mohr, der Spitz, der Hampelmann</p> +<p>sind gar zu arme Leute.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem040"></a>Die ersten Höschen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Schneidermeister Piekenich</p> +<p>ist ein geschickter Mann,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page37"></a>37</span>er kommt und +mißt dem Peterle</p> +<p>die ersten Hosen an.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Er nimmt sein Buch und Metermaß,</p> +<p>schreibt sich die Zahlen auf;</p> +<p>und wenn der Bub nicht stille steht,</p> +<p>kriegt er eins hinten drauf.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Du lieber Meister Piekenich,</p> +<p>mach die Hosen recht schön!</p> +<p>Ich will ja unter den Linden</p> +<p>damit spazieren gehn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und alle kleinen Jungens</p> +<p>gucken nach mir hin</p> +<p>und sehn an meinen Höschen,</p> +<p>daß ich auch ein Junge bin."</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem041"></a>Der kleine Sünder</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Gestern lief der Peter weg,</p> +<p>spinnefix verstohlen.</p> +<p>Setzt sich Mutter den Bänderhut auf:</p> +<p>wart, ich will dich holen.</p> +<p>Sausepeter,</p> +<p>Flausepeter,</p> +<p>kleiner Sünder, wo bist du?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page38"></a>38</span>Hahnematz steht auf +der Wiese,</p> +<p>"Kiek ins Grüne" kräht er;</p> +<p>sag mir, bunter Kikeriki, wo ist unser Peter?</p> +<p>Bummelpeter,</p> +<p>Schummelpeter,</p> +<p>kleiner Sünder, wo bist du?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wie sie sich im Garten umguckt,</p> +<p>ist er nicht zu sehen,</p> +<p>bleibt sie neben dem Spargelbeet</p> +<p>unterm Pflaumbaum stehen.</p> +<p>Aber Peter,</p> +<p>nirgends steht er;</p> +<p>kleiner Sünder, wo bist du?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hört sie etwas lachen, horch</p> +<p>oben aus dem Baume;</p> +<p>sitzt der Peter seelenvergnügt,</p> +<p>pflückt sich eine Pflaume.</p> +<p>Wirft ein Steinchen,</p> +<p>schwenkt die Beinchen,</p> +<p>wupptich—: Mutter, da bin ich!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem042"></a>Flutschpeter</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Flutschpeter lief nie gradeaus;</p> +<p>ja, und warum? Er lief</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page39"></a>39</span>getreulich seiner +Nase nach,</p> +<p>und die, ja die war—schief.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem043"></a>Die Trommelpartie</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel macht 'ne Landpartie,</p> +<p>er trommelt: wer will mit?</p> +<p>Kommt das Kätzchen</p> +<p>Mausemätzchen,</p> +<p>das will mit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel macht 'ne Landpartie,</p> +<p>er trommelt: wer will mit?</p> +<p>Kommt das Hündchen</p> +<p>Belleinstündchen,</p> +<p>das will mit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel macht 'ne Landpartie,</p> +<p>er trommelt: wer will mit?</p> +<p>Kommt das Schweinchen</p> +<p>Rosenfeinchen,</p> +<p>das will mit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel macht 'ne Landpartie,</p> +<p>er trommelt: wer will mit?</p> +<p>Kommt der Bär</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page40"></a>40</span>Brummesehr,</p> +<p>der will mit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>So geht's im Trab,</p> +<p>bergauf, bergab,</p> +<p>durch Dünn und Dick,</p> +<p>durch Schlamm und Schlick;</p> +<p>Rumpumpel schlägt die Trommel.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das Kätzchen maut,</p> +<p>das Hündchen bellt,</p> +<p>das Schweinchen quiekt,</p> +<p>der Bär brummt: was 'ne dumme Welt!</p> +<p>Rumpumpel schlägt die Trommel.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem044"></a>Rumpelreim</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ride-bide-Bummstock fing 'ne Maus,</p> +<p>Ride-bide-Bummstock ließ sie wieder raus;</p> +<p>Ride-bide-Bummstock, du bist dumm,</p> +<p>die Mäuse sind 'n Rackerpack, das bringt man um.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem045"></a>Das Karnickel</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hans Wackelohr, Hans Wackelohr,</p> +<p>was bist du heut so still?</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page41"></a>41</span>Sieh her, ich habe +Kohl für dich,</p> +<p>sitz doch nicht gar so feierlich!</p> +<p>Hans Wackelohr, Hans Wackelohr,</p> +<p>wie kommst du mir heut vor!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hans Schnupperschnut, Hans Schnupperschnut,</p> +<p>ist dir dein Haus zu eng?</p> +<p>Ein Weilchen darfst du aus dem Stall,</p> +<p>bloß friß mir nicht die Knospen all!</p> +<p>Hans Schnupperschnut, Hans Schnupperschnut,</p> +<p>bist mir nun wieder gut?</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem046"></a>Lektion</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hühner, wollt ihr wohl artig sein!</p> +<p>hübsch langsam essen und nicht so schrein!</p> +<p>Müßt ihr denn immer zanken und beißen?</p> +<p>euch um jedes Körnchen reißen?</p> +<p>Pfui, dicke Henne, abscheuliches Tier,</p> +<p>du ißt ja für vier.</p> +<p>Weg! hörst du nicht? du sollst dich trollen!</p> +<p>Die niedlichen kleinen Küken wollen</p> +<p>auch mal heran an das schöne Futter.</p> +<p>Wenn du nicht hörst, sag ich's der Mutter;</p> +<p>die fängt dich ein und macht dich tot,</p> +<p>dann essen wir dich zum Mittagbrot.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page42"></a>42</span> +<h3><a id="poem047"></a>Lied des Hühnchens</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Tuck—tuck—heut ist Regentag,</p> +<p class='i'>und ich muß mich plagen;</p> +<p class='i'>kratze schon acht Stunden, tuck,</p> +<p class='i'>und noch knurrt mein Magen.</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>hab noch immer nicht genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Tuck die Enten, tuck die Enten,</p> +<p class='i'>Enten sind doch Narren;</p> +<p class='i'>gehn ins Wasser, tuck ins Wasser,</p> +<p class='i'>als könnte man da scharren.</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>hab noch immer nicht genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Pferde, tuck tuck tuck, und Kühe</p> +<p class='i'>haben große Köpfe,</p> +<p class='i'>aber keine Kröpfe, tuck;</p> +<p class='i'>traurige Geschöpfe!</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>hab noch immer nicht genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Tuck, wie war der Hahn galant,</p> +<p class='i'>suchte mir manch Krümchen;</p> +<p class='i'>heute geht er, tuck tuck tuck,</p> +<p class='i'><span class='pgnum'><a id="page43"></a>43</span>mit +Cochinchina-Mühmchen.</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>hab noch immer nicht genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Tuck, du fetter Regenwurm,</p> +<p class='i'>dich muß ich noch ergattern;</p> +<p class='i'>schimpft nur, tuck, vor Neid, tuck tuck,</p> +<p class='i'>Muhmen und Gevattern!</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>hab noch immer nicht genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Tuck, wär ich doch endlich satt,</p> +<p class='i'>tuck, das wär ein Segen;</p> +<p class='i'>muß Rumpumpeln, tuck tuck tuck,</p> +<p class='i'>sein Frühstücks-Ei noch legen.</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>ach, wann hat man wohl genug?</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem048"></a>So sieht unsre Wirtschaft aus</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Unser Müller hat ein Mühlenhaus,</p> +<p>mi-ma-Mühlenhaus,</p> +<p>kommt Korn hinein und Mehl heraus,</p> +<p>mi-ma-Mehl heraus;</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page44"></a>44</span>Unser Bäcker, +der backt weiße Wecken,</p> +<p>wi-wa-weiße Wecken,</p> +<p>und braunes Brot und Streußelschnecken,</p> +<p>stri-stra-Streußelschnecken;</p> +<p>weiße Wecken, Streußelschnecken,</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Unser Schlächter schlacht't ein feistes Schwein,</p> +<p>fi-fa-feistes Schwein,</p> +<p>und pökelt Wurst und Schinken ein,</p> +<p>schi-scha-Schinken ein;</p> +<p>feistes Schwein, Schinken ein,</p> +<p>weiße Wecken, Streußelschnecken,</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Unsre Mutter hat 'ne bunte Kuh,</p> +<p>bi-ba-bunte Kuh,</p> +<p>die gibt uns Milch und Butter dazu,</p> +<p>bi-ba-Butter dazu;</p> +<p>bunte Kuh, Butter dazu,</p> +<p>feistes Schwein, Schinken ein,</p> +<p>weiße Wecken, Streußelschnecken,</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page45"></a>45</span>Unsre Henne macht +ein laut Geschrei,</p> +<p>li-la-laut Geschrei,</p> +<p>und legt dabei ein frisches Ei,</p> +<p>fri-fra-frisches Ei;</p> +<p>frisches Ei, laut Geschrei,</p> +<p>bunte Kuh, Butter dazu,</p> +<p>feistes Schwein, Schinken ein,</p> +<p>weiße Wecken, Streußelschnecken,</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus. [Transkriptions-Notiz: Fehlendes +<i>aus</i> hinzugefügt.]</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel ist ein kluges Kind,</p> +<p>kli-kla-kluges Kind,</p> +<p>das fragt nicht viel und ißt geschwind,</p> +<p>i-a-ißt geschwind;</p> +<p>kluges Kind, ißt geschwind,</p> +<p>frisches Ei, laut Geschrei,</p> +<p>bunte Kuh, Butter dazu,</p> +<p>feistes Schwein, Schinken ein,</p> +<p>weiße Wecken, Streußelschnecken,</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus.</p> +</div> +</div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page46"></a>46</span> </p> +<div class='figure'><span class='pgnum'><a id="page47"></a>47</span><a +href="images/i042.png"><img src="images/i042tn.png" alt="" /></a></div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page48"></a>48</span> </p> +<h2><span class='pgnum'><a id="page49"></a>49</span>Zweiter Teil</h2> + +<p><span class='pgnum'><a id="page50"></a>50</span> </p> +<div><span class='pgnum'><a id="page51"></a>51</span> +<h3><a id="poem049"></a>Das Haus</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bau, ich bau ein steinern Haus;</p> +<p>vorne guckt ein Esel raus,</p> +<p>hinten eine Kuh,</p> +<p>muh.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem050"></a>Mit Trommel und Trab</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sitzen zwei alte Weiber im Sand,</p> +<p>spinnen viel feine Fäden über Land,</p> +<p>über Bäume,</p> +<p>über Zäune,</p> +<p>um Stoppel und Dorn,</p> +<p>immer von vorn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Für wen sitzen die alten Weiber im Sand,</p> +<p>spinnen viel feine Fäden über Land?</p> +<p>Für Wildbub Kraushaar,</p> +<p>kommt alle hundert Jahr</p> +<p>mit Trommel und Trab</p> +<p>vom Himmel herab,</p> +<p>reißt alle Fäden auf einmal ab,</p> +<p>macht sich ein'n Mützenpuschel draus</p> +<p>und lacht die alten Weiber aus.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page52"></a>52</span> +<h3><a id="poem051"></a>Siebenschläfer</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ihr Siebenschläfer in den Höhlen,</p> +<p>reckt euch, streckt euch, aufgewacht!</p> +<p>Der Frühling leuchtet in den Himmel</p> +<p>nach einer einzigen warmen Nacht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Schnell, schüttelt eure grauen Zotteln,</p> +<p>und blinzelt in das blaue Licht;</p> +<p>Herrgott, wer wird so langsam trotteln,</p> +<p>ich lauf voraus, ich warte nicht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die Amsel übt schon ihre Lieder,</p> +<p>ich pfeif sie nach, ich sing sie auch;</p> +<p>und denkt euch nur, der blaue Flieder</p> +<p>hat Knospen, und der Haselstrauch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Teckel bellt vor lauter Wonne</p> +<p>und wühlt die frische Erde um—</p> +<p>Na? seid ihr noch nicht in der Sonne,</p> +<p>ihr Siebenschläfer faul und dumm?</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem052"></a>Osterlied</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Has, Has, Osterhas,</p> +<p>wir möchten nicht mehr warten.</p> +<p>Der Krokus und das Tausendschön,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page53"></a>53</span>Vergißmeinnicht +und Tulpen stehn</p> +<p>schon lang in unserm Garten.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Has, Has, Osterhas,</p> +<p>mit deinen bunten Eiern.</p> +<p>Der Star lugt aus dem Kasten aus,</p> +<p>Blühkätzchen sitzen um sein Haus;</p> +<p>wann kommst du Frühling feiern?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Has, Has, Osterhas,</p> +<p>ich wünsche mir das Beste:</p> +<p>ein großes Ei, ein kleines Ei</p> +<p>und ein lustiges Dideldumdei,</p> +<p>alles in einem Neste.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem053"></a>Maiwunder</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Maikönig kommt gefahren,</p> +<p>in seinem grüngoldnen Wagen,</p> +<p>mit Saus und Gesinge.</p> +<p>Seine Zügel sind Sonnenstrahlen,</p> +<p>große blaue Schmetterlinge</p> +<p>ziehn ihn über Busch und Bach,</p> +<p>daß die weißen Blütenglocken</p> +<p>in seinen Locken</p> +<p>schwingen und springen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page54"></a>54</span>und Hans guckt ihm +nach</p> +<p>und hört sein Lied:</p> +<p>wer zieht mit? zieht mit?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Kommt das Maienweibchen,</p> +<p>trägt ein weißes Kleidchen,</p> +<p>trägt ein grünes Kränzchen,</p> +<p>sagt zu unserm Hänschen:</p> +<p>Eia, Hans,</p> +<p>komm zum Tanz!</p> +<p>Einen Schritt Frau Nixe,</p> +<p>einen Schritt Herr Nix,</p> +<p>Ringeldireih, Ringeldireih,</p> +<p>Dienerchen,</p> +<p>Knix!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem054"></a>Hansel und Gretel</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hansel und Gretel stehen zu zwein,</p> +<p>der Hansel ist grob,</p> +<p>und die Gretel ist fein,</p> +<p>der Hansel ist dick,</p> +<p>und die Gretel ist dünn,</p> +<p>der Hansel ist aus Birkenholz,</p> +<p>die Gretel ist aus Zinn.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page55"></a>55</span>Heißa, +juchheißa, wer wird nun König?</p> +<p>Was der eine zu viel hat, hat der andre zu wenig.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem055"></a>Prinzeßchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer tanzt mit mir?</p> +<p>wer spielt mit mir?</p> +<p>ich bin so sehr allein.</p> +<p>Kam da der gelbe Sonnenstrahl:</p> +<p>Ich tanze Tippel-huschemal,</p> +<p>willst du meine Tänzerin sein?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wer tanzt mit mir?</p> +<p>wer spielt mit mir?</p> +<p>der Sonnenstrahl ist zu fein.</p> +<p>Kam da der wilde Pustewind:</p> +<p>Heidih, ich spiele Wegefind,</p> +<p>lauf doch, fang mich ein!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wer tanzt mit mir?</p> +<p>wer spielt mit mir?</p> +<p>der Wind macht mein Krönchen entzwei.</p> +<p>Kam da unser brauner Junge an,</p> +<p>macht 'nen Diener wie 'n Edelmann:</p> +<p>Prinzeß, ich bin so frei.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page56"></a>56</span> +<h3><a id="poem056"></a>Das große Loch</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Das große Loch,</p> +<p>wie kam es doch</p> +<p>in Gretens neuen Schuh?</p> +<p>Die ganzen Zehn</p> +<p>sind ja zu sehn;</p> +<p>wer macht das Loch uns zu?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Drüben hinterm Rathaus</p> +<p>hängt ein großes Schild raus,</p> +<p>goldner Stiefel drauf.</p> +<p>Da wohnt der Schuster Firlefanz,</p> +<p>der macht dein Schuhchen wieder ganz;</p> +<p>lauf, Grete, lauf!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem057"></a>Zwei Gesellen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Es tanzen zwei Gesellen</p> +<p class='i'>hier herum;</p> +<p>der eine, der ist klug,</p> +<p>und der andre, der ist dumm.</p> +<p>Der eine liegt im Grase,</p> +<p>der andre sitzt am Tisch;</p> +<p>der eine kaut den Kanten,</p> +<p>der andre ißt den Fisch</p> +<p class='i'>ißt den Fisch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page57"></a>57</span>Es tanzen zwei +Gesellen</p> +<p class='i'>hier herum;</p> +<p>der eine, der ist grad,</p> +<p>und der andre, der ist krumm.</p> +<p>Der eine, der bleibt mager,</p> +<p>der andre, der wird fett;</p> +<p>der eine kommt an'n Galgen,</p> +<p>der andre stirbt im Bett.</p> +<p class='i'>Je nun, je nun,</p> +<p class='i'>was ist dabei zu tun.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem058"></a>Wenn's Pfingsten regnet</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Oben aus dem Fahnenhaus</p> +<p>guckt das schwarze Wettermännchen raus,</p> +<p>spreizt die Beine und grinst uns an;</p> +<p>schäme dich, alter Wettermann!</p> +<p>Am Ostersonntag, vor sieben Wochen,</p> +<p>hast du dem Fritze fest versprochen,</p> +<p>daß zu Pfingsten, im Monat Mai,</p> +<p>das allerschönste Wetter sei.</p> +<p>Und nun regnet's, liebe Not,</p> +<p>alle hellen Blüten tot;</p> +<p>sie liegen da wie nasser Schnee.</p> +<p>Auf den Wegen steht See an See;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page58"></a>58</span>ja, wenn wir noch +drin baden könnten,</p> +<p>wie die Spatzen oder die Enten.</p> +<p>Wir dürfen aber gar nicht raus,</p> +<p>sehn so mucksch wie Maulwürfe aus;</p> +<p>röche nicht der Kuchen so lecker her,</p> +<p>wüßte man gar nicht, daß Feiertag wär.</p> +<p>Nicht mal die Pfingstkleider kriegt man an;</p> +<p>Schäme dich, schwarzer Wettermann!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem059"></a>Eine Hühnergeschichte</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Vor der Laube kräht der Hahn,</p> +<p>ein rot-schwarz-gelb und grüner:</p> +<p>Kuchen, Kuchen, Kuchen auf dem Tisch,</p> +<p>fix, kommt fix, ihr Hühner!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Seht die Hennen,</p> +<p>wie sie rennen,</p> +<p>aus Verstecken,</p> +<p>über Zäune, über Hecken,</p> +<p>gackern, beißen sich und schrein,</p> +<p>jede will die erste sein.</p> +<p>Wie sie fliegen, wie sie flattern,</p> +<p>um ein Plätzchen zu ergattern.</p> +<p>Oben auf des Tisches Mitte</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page59"></a>59</span>steht Herr Hahn:</p> +<p>Bitte, meine Damen, bitte,</p> +<p>fangt nur an!</p> +<p>Pick und schluck,</p> +<p>nicht genug,</p> +<p>immer mehr</p> +<p>Kuchen her!</p> +<p>Unser Kropf</p> +<p>ist ein Topf,</p> +<p>wird nicht voll,</p> +<p>wird nicht leer,</p> +<p>darum mehr</p> +<p>Kuchen her,</p> +<p>bis der Teller leckeleer!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Drüben aus des Gärtners Haus</p> +<p>guckt der kleine Fritz und lacht:</p> +<p>Ei, wie sah das lustig aus,</p> +<p>das haben die Hühner klug gemacht.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem060"></a>Marieken und die Küken</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Marie, Marei, Marieken</p> +<p>mit deinen sieben Küken,</p> +<p>was willst du tun?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page60"></a>60</span>"Die alte +Kluckenmutter ist tot,</p> +<p>nun frieren die Kinder und finden kein Brot;</p> +<p>ich will sie pflegen."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie, Marei, Marieken</p> +<p>mit deinen sieben Küken,</p> +<p>was hast du im Sack?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Kartoffelmus und Hirsekern,</p> +<p>das essen meine Kinderchen gern,</p> +<p>das streu ich ihnen."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie, Marei, Marieken,</p> +<p>gib mir eins von deinen Küken,</p> +<p>du hast noch genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Wenn ich meine Kinder verschenken tät,</p> +<p>müßt ich weinen von früh bis spät,</p> +<p>daß sollst du wissen."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie, Marei, Marieken,</p> +<p>Zu Hühnern werden die Küken;</p> +<p>was machst du dann?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Und werden hübsch bunt und werden groß,</p> +<p>fliegen mir alle um Kopf und Schoß,</p> +<p>hei, alle sieben!"</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page61"></a>61</span> +<h3><a id="poem061"></a>Kinderküche</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Marie-Marei will Braten machen,</p> +<p>hat keine Pfanne;</p> +<p>nimmt sie sich die Schiefertafel</p> +<p>von klein Schwester Hanne.</p> +<p>Hat sie eine Pfanne.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie-Marei will Braten machen,</p> +<p>hat keine Butter;</p> +<p>borgt sie beim Kanarienvogel</p> +<p>rasch ein bißchen Futter.</p> +<p>Hat sie Butter.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie-Marei will Braten machen,</p> +<p>hat keine Kohlen;</p> +<p>vor der Tür blüht roter Mohn,</p> +<p>geht sie den sich holen.</p> +<p>Hat sie Kohlen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie-Marei will Braten machen,</p> +<p>fehlt noch das Gänschen;</p> +<p>nimmt sie sich die Pudelmütze</p> +<p>von klein Bruder Fränzchen.</p> +<p>Hat sies Gänschen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page62"></a>62</span>Hei, mit diesen +Wunderdingen</p> +<p>muß der Braten wohlgelingen;</p> +<p>bitte zu Tisch!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem062"></a>Essensregeln</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Spitzt das Ohr und merkt euch still,</p> +<p>was die gute Sitte will!</p> +<p>Wer die schöne Form erfaßt,</p> +<p>ist ein gern gesehner Gast;</p> +<p>wer sich frech und plump beträgt,</p> +<p>wird ohne Besen hinausgefegt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem062.1'></a>—1—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein Kind soll nicht vorher von Speisen naschen,</p> +<p>soll Mund und Hände sich sauber waschen,</p> +<p>sich erst setzen, wenn die andern sitzen,</p> +<p>das Mäulchen bei Tisch nicht zum Pfeifen spitzen,</p> +<p>nicht plappern, wenn große Leute sprechen,</p> +<p>das Brot nicht zerkrümeln, zerkneten, nur Bissen abbrechen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem062.2'></a>—2—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rückt immer den Stuhl so dicht heran,</p> +<p>daß Löffel und Gabel zum Munde kann,</p> +<p>ohne das Tischtuch zu betrippen;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page63"></a>63</span>und schließt +beim Kauen hübsch die Lippen!</p> +<p>Turnen beim Essen, das will nicht passen;</p> +<p>also die Ellbogen hübsch unten lassen!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem062.3'></a>—3—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Nicht gierig stopfen! langsam essen!</p> +<p>auch keinen Rest auf dem Teller vergessen!</p> +<p>Nicht wie Hunde oder Katzen</p> +<p>schlecken, schlürfen, schnaufen, schmatzen!</p> +<p>Nicht kichern und nicht heimlich fragen,</p> +<p>und immer schön bitte und danke sagen!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem062.4'></a>—4—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Seid ihr beim Essen und trinkt dazwischen,</p> +<p>sollt ihr zuvor die Lippen wischen.</p> +<p>Kartoffeln und Fisch mit Stahlmessern schneiden,</p> +<p>das wird ein Mensch, der Geschmack hat, vermeiden.</p> +<p>Brot nimmt man zuhilfe, wenn Fischmesser fehlen;</p> +<p>auch Obst soll man nicht mit Stahlklingen schälen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem062.6'></a>—6—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer stochert in den Zähnen,</p> +<p>nicht unterdrückt das Gähnen,</p> +<p>das Messer in den Mund steckt,</p> +<p>Gabel und Teller ableckt,</p> +<p>zuviel packt auf den Löffel,</p> +<p>gilt als Flegel und Töffel.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page64"></a>64</span> +<h3><a id="poem063"></a>Die böse Mies</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Es war einmal ein Kätzchen,</p> +<p>ein allerliebstes Frätzchen.</p> +<p>Es hatte das Mamsellchen</p> +<p>ein seidenweiches Fellchen</p> +<p>und einen Bart ums Schnäuzchen</p> +<p>und Augen wie ein Käuzchen.</p> +<p>Es machte gern den Rücken krumm</p> +<p>und brachte viele Mäuse um,</p> +<p>dann schlich es auf die Ofenbank</p> +<p>und leckte sich die Pfoten blank.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Einst aber, oh das Kätzchen,</p> +<p>was tut das liebe Frätzchen?</p> +<p>Einst stand auf unserm Tische</p> +<p>ein Teller Bratenfische.</p> +<p>Hopp, ist das Kätzchen oben:</p> +<p>die Fische muß ich loben.</p> +<p>So denkt es sich und sitzt und schmaust,</p> +<p>doch Mutterchen kommt angesaust,</p> +<p>und gibt dem Naschmamsellchen</p> +<p>—na warte—eins aufs Fellchen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Nein, unser Miesekätzchen</p> +<p>war gar kein liebes Frätzchen:</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page65"></a>65</span>los auf die gute +Mutter,</p> +<p>und durch das Ärmelfutter</p> +<p>—kratz—in den Ellenbogen!</p> +<p>War das nicht ungezogen?</p> +<p>Dann lief es voller Wut hinaus</p> +<p>und kam erst abends spät nach Haus,</p> +<p>und schlich sich auf die Ofenbank</p> +<p>und leckte sich die Pfoten blank.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem064"></a>Pottkieker</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mutti, Mutti, was ist denn da drin?</p> +<p class='i'>"Hoppel-poppel-Appelreis,</p> +<p class='i'>mach dich weg, Naseweis,</p> +<p class='i'>kann dich hier nicht brauchen,</p> +<p class='i'>der Ofen tut rauchen,</p> +<p class='i'>muß Spähne suchen,</p> +<p class='i'>sonst brennt der Kuchen,</p> +<p class='i'>muß Gänse schlachten,</p> +<p class='i'>in sechs Wochen ist Weihnachten."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mutti, Mutti, wo soll ich denn hin?</p> +<p class='i'>"Ei, tanz mit dem Schimmel,</p> +<p class='i'>bohr Löcher in den Himmel,</p> +<p class='i'>lehr die Katz das Alphabet,</p> +<p class='i'><span class='pgnum'><a id="page66"></a>66</span>sieh nach, +ob sich der Kirchturm dreht,</p> +<p class='i'>oder lauf ans Ende der Welt,</p> +<p class='i'>paß auf, daß keiner runter fällt,</p> +<p class='i'>marsch!"</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem065"></a>Der Reitersmann</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Schimmel, willst du laufen,</p> +<p>will ich uns was kaufen.</p> +<p>Heißa, lauf nach Mexiko,</p> +<p>da kaufe ich dir Bohnenstroh;</p> +<p>laufe nach der Mongolei,</p> +<p>da kauf ich mir ein Osterei,</p> +<p>hopp!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Eile, Schimmel, eile,</p> +<p>oder du kriegst Keile.</p> +<p>Hoppßa, lauf nach Hindostan,</p> +<p>da kaufe ich mir Marzipan;</p> +<p>laufe nach Kap Morgenrot,</p> +<p>da kauf ich dir ein Dreierbrot,</p> +<p>burr!</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page67"></a>67</span> +<h3><a id="poem066"></a>Das richtige Pferd</h3> +</div> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer schenkt mir ein lebendiges Pferd!</p> +<p>Mein Schaukelpferd ist gar nichts wert,</p> +<p>es hat so steife Beine,</p> +<p>es stampft nicht, frißt nicht, wiehert nicht,</p> +<p>und macht solch ledernes Gesicht,</p> +<p>und weiß nicht, was ich meine.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn mir der Weihnachtsmann ein Pferd,</p> +<p>ein wirklich richtiges Pferd beschert,</p> +<p>dann reit ich über die Brücke,</p> +<p>und reite durch den Kiefernforst</p> +<p>nach Vehlefanz und Haselhorst</p> +<p>und noch fünf große Stücke.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Dann bin ich mitten in der Welt,</p> +<p>da such ich mir ein Haberfeld</p> +<p>und lasse mein Pferdchen grasen.</p> +<p>Und dann, dann reit ich ans Ende der Welt,</p> +<p>wo der Riese den Regenbogen hält,</p> +<p>und—schick euch 'ne Ansichtspostkarte.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page68"></a>68</span> +<h3><a id="poem067"></a>Der kleine Rekrut</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich hab einen Helm aus Packpapier,</p> +<p>mit einem Federbusche;</p> +<p>der Wilhelm malt mir 'n Adler drauf</p> +<p>mit schwarz-weiß-roter Tusche.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Einen hölzernen Säbel hab ich auch,</p> +<p>mit einem richtgen Griffe;</p> +<p>wenn nur der Scherenschleifer käm,</p> +<p>daß er ihn endlich schliffe!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Meine Mutter ist 'ne gute Frau,</p> +<p>die schenkt mir einen Dukaten,</p> +<p>dann kauf ich mir ein Schießgewehr,</p> +<p>geh unter die Soldaten.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem068"></a>Der Hauptmann</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin der Hauptmann,</p> +<p>ihr die Soldaten;</p> +<p>immer gehorsam,</p> +<p>das will ich euch raten,</p> +<p>hört ihr!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Eins, zwei, immer hinterher,</p> +<p>eins, zwei, schultert das Gewehr,</p> +<p>marsch!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page69"></a>69</span>Seht euch nicht +um,</p> +<p>seht euch nicht an,</p> +<p>immer hübsch stramm,</p> +<p>Mann hinter Mann,</p> +<p>halt!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Eins, zwei, immer hinterher,</p> +<p>eins, zwei, schultert das Gewehr,</p> +<p>marsch!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem069"></a>Abzählreim</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rechts, links, über Eck,</p> +<p>die Henne legt die Eier weg,</p> +<p>legt sie in ein Bündel Stroh,</p> +<p>irgendwie, irgendwo;</p> +<p>kommt der Marder Wagemut,</p> +<p>jagt die Henne von der Brut,</p> +<p>rechts, links, über Eck—</p> +<p>ein Küken hat—er—weg.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem070"></a>Fragefritze und die Plappertasche</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Fritz, ich möcht den Spaten haben.</p> +<p>"Mutterchen, warum?"</p> +<p>Möchte eine Grube graben.</p> +<p>"Mutterchen, warum?"</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page70"></a>70</span>Möchte drin ein +Bäumchen pflanzen.</p> +<p>"Mutterchen, warum?"</p> +<p>Wird mein Fritze drunter tanzen.</p> +<p>"Mutterchen, warum?"</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wird das Bäumchen Kirschen tragen.</p> +<p>"Mutterchen, warum?"</p> +<p>Ei, du mußt die Spatzen fragen,</p> +<p>die sind nicht so dumm!—</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Kommt die kleine Plappertasche:</p> +<p>"Mutterchen, nicht wahr,</p> +<p>ich bin klüger als der Fritze,</p> +<p>bin schon bald sechs Jahr.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Mutterchen, nicht wahr, der Fritze</p> +<p>ist ein Schaf, o je!</p> +<p>Ich kann schon bis zwanzig zählen</p> +<p>und das A-B-C."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>I, du kleine Plappertasche,</p> +<p>laß den Fritz in Ruh.</p> +<p>Plappertasche, wische wasche,</p> +<p>halt das Mäulchen zu.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Übermorgen in vier Wochen</p> +<p>kommt der Weihnachtsmann;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page71"></a>71</span>wenn du dann noch +immer plapperst,</p> +<p>was bekommst du dann?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Einen großen Maulkorb!—</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem071"></a>Plappermündchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>In Leipzig wohnt ein Bäckermeister,</p> +<p>Hans-back-die-Semmeln-größer heißt er;</p> +<p>Seine Mutter, die Frau Meisterin,</p> +<p>zieht den Teig wer weiß wie dünn,</p> +<p>rollt ihn mit der Mangel aus,</p> +<p>macht sieben bucklige Bretzeln draus,</p> +<p>drei für den Vater,</p> +<p>drei für die Mutter,</p> +<p>eine für unser Plappermündchen,</p> +<p>dann schweigt's vielleicht ein Viertelstündchen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem072"></a>Puppendoktor</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Lieber Doktor Pillermann,</p> +<p>guck dir bloß mein Püppchen an.</p> +<p>Drei Tage hat es nichts gegessen,</p> +<p>hat immer so stumm dagesessen,</p> +<p>es will nicht einmal Zuckerbrot,</p> +<p>die Arme hängen ihr wie tot.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page72"></a>72</span>Ach, lieber Doktor, +sag mir ehrlich,</p> +<p>ist diese Krankheit sehr gefährlich?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Madam, Sie ängstigen sich noch krank;</p> +<p>der Puls geht ruhig, Gott sei Dank.</p> +<p>Doch darf sie nicht im Zimmer sitzen,</p> +<p>sie muß zu Bett und tüchtig schwitzen;</p> +<p>drei Kiebitzeier gebt ihr ein,</p> +<p>dann wird es morgen besser sein.</p> +<p>Empfehle mich.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem073"></a>Kleiner Einkauf</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Guten Tag, guten Tag, liebe Grünkramfrau,</p> +<p>Gemüse will ich kaufen,</p> +<p>ich bin mit meinem Henkelkorb</p> +<p>extra hergelaufen;</p> +<p>auch schöne frische Eier will ich,</p> +<p>hoffentlich sind sie heute billig.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die Schoten hier gefallen mir,</p> +<p>zuckersüße Kerne;</p> +<p>auch von den Rübchen möchte ich</p> +<p>ein halbes Liter gerne.</p> +<p>Kohlrüben? lieben wir nicht sehr;</p> +<p>doch zeigen Sie mal die Pflaumen her!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page73"></a>73</span>Davon will ich +fünf Litermaß,</p> +<p>haufenvoll gemessen!</p> +<p>weil meine Kinderchen zu Haus</p> +<p>alle gern Pflaumen essen.</p> +<p>Geld schick ich Ihnen morgen her;</p> +<p>ich denke doch, es eilt nicht sehr,</p> +<p>ich hab es grad vergessen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem074"></a>Vaters Geburtstag</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Schnell, schnell, Besen,</p> +<p>feg die Stube rein;</p> +<p>wenn Väterchen zum Kaffee kommt,</p> +<p>muß alles sauber sein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wisch, wisch, Lappen,</p> +<p>über Stuhl und Schrank;</p> +<p>wenn Väterchen zum Kaffee kommt,</p> +<p>sind sie blitzeblank.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Blüh, blüh, Blume,</p> +<p>blüh recht frisch;</p> +<p>wenn Väterchen zum Kaffee kommt,</p> +<p>Stehst du auf dem Tisch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Herz-Herz-Muttchen,</p> +<p>schnell das neue Kleid;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page74"></a>74</span>bis Väterchen +zum Kaffee kommt,</p> +<p>ist nur noch wenig Zeit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Tick, tick, Uhrchen,</p> +<p>renn doch nicht so fix;</p> +<p>wenn Väterchen zum Kaffee kommt,</p> +<p>mach ich meinen Knix.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Fertig, alles fertig,</p> +<p>der Kuchen auch ist da;</p> +<p>der Kaffee kommt, der Vater kommt,</p> +<p>mein Verschen kann ich ja:</p> +<p>"Heut ist dein Geburtstag!"</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem075"></a>Das Himmelsprinzeßchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin das Himmelsprinzeßchen,</p> +<p>habe Flügel von blauem Duft,</p> +<p>ich schlafe im Wolkenbettchen</p> +<p>und bade in Licht und Luft.</p> +<p>Mir gehört die silberne Schaukel</p> +<p>hoch oben im Himmelssaal;</p> +<p>wenn die goldenen Seile schwingen,</p> +<p>blitzt es unten im Tal.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der alte Wetterriese</p> +<p>donnert und schilt mich aus,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page75"></a>75</span>ich flitze über +die Sterne</p> +<p>und lache den Brummbart aus.</p> +<p>Die Mirlamein vom Monde</p> +<p>webt meine Kleider und Schuh,</p> +<p>die gute Mutter Sonne</p> +<p>gibt goldne Spangen dazu.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der liebe Gott hat mich gerne,</p> +<p>ich bin sein liebes Kind;</p> +<p>er nimmt uns auf die Kniee,</p> +<p>mich und den Frühlingswind.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Des Abends sitzen wir stille</p> +<p>bei Mirlamein im Zelt</p> +<p>und spinnen Wünsche und Träume</p> +<p>und streuen sie über die Welt.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem076"></a>Windfreude</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wenn der Wind über Wiesen und Felder rennt,</p> +<p>renn ich mit;</p> +<p>da denk ich, daß ich fliegen kann,</p> +<p>und guck mir lustig die Vögel an,</p> +<p>susewitt, susewitt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn der Wind durch die Sträucher und Bäume fegt,</p> +<p>feg ich mit;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page76"></a>76</span>die +Blütenkätzchen feg ich zu Hauf</p> +<p>und setz mir vom Ahorn ein Nasenhütchen auf,</p> +<p>susewitt, susewitt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn der Wind durch die Turmlöcher singt und pfeift,</p> +<p>pfeif ich mit;</p> +<p>sein Jodler wird mir gar nicht schwer,</p> +<p>und den Brummbaß lern ich nebenher,</p> +<p>susewitt, susewitt.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem077"></a>Lied vom Monde</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wind, Wind, sause,</p> +<p>der Mond ist nicht zu Hause;</p> +<p>er ist wohl hinter den Berg gegangen,</p> +<p>will vielleicht eine Sternschnuppe fangen,</p> +<p>Wind, Wind, sause.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Stern, Stern, scheine,</p> +<p>der Mond, der ist noch kleine;</p> +<p>er hat die Sichel in der Hand,</p> +<p>er mäht das Gras am Himmelsrand,</p> +<p>Stern, Stern, scheine.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Singe, Vogel, singe,</p> +<p>der Mond ist guter Dinge;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page77"></a>77</span>er steckt den halben +Taler raus,</p> +<p>das sieht blank und lustig aus,</p> +<p>singe, Vogel, singe.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und hell wird's, immer heller;</p> +<p>der Mond, der hat 'nen Teller,</p> +<p>mit allerfeinstem Silbersand,</p> +<p>den streut er über Meer und Land,</p> +<p>und hell wird's, immer heller.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem078"></a>Weihnachtsschnee</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ihr Kinder, sperrt die Näschen auf,</p> +<p>es riecht nach Weihnachtstorten;</p> +<p>Knecht Ruprecht steht am Himmelsherd</p> +<p>und backt die feinsten Sorten.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ihr Kinder, sperrt die Augen auf,</p> +<p>sonst nehmt den Operngucker:</p> +<p>die große Himmelsbüchse, seht,</p> +<p>tut Ruprecht ganz voll Zucker.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Er streut—die Kuchen sind schon voll—</p> +<p>er streut—na, das wird munter:</p> +<p>er schüttelt die Büchse und streut und streut</p> +<p>den ganzen Zucker runter.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page78"></a>78</span>Ihr Kinder, sperrt +die Mäulchen auf,</p> +<p>schnell! Zucker schneit es heute!</p> +<p>Fangt auf, holt Schüsseln!—Ihr glaubt es nicht?</p> +<p>Ihr seid ungläubige Leute!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem079"></a>Knecht Ruprecht in Nöten</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Knecht Ruprecht kratzt sich seinen Bart</p> +<p>und rückt zurecht die Brille:</p> +<p>Ihr Engelskinder, lärmt nicht so,</p> +<p>seid mal ein bißchen stille!</p> +<p>Kommt, rückt hübsch artig zu mir ran,</p> +<p>seht euch mal das Bestellbuch an!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Was steht hier auf dem ersten Blatt?</p> +<p>was auf dem zweiten, dritten?</p> +<p>was steht am Ende von dem Buch?</p> +<p>was steht hier in der Mitten?—:</p> +<p>Ach Weihnachtsmann, wir bitten sehr,</p> +<p>Schick uns doch mal das Luftschiff her!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hans möchte nach Amerika,</p> +<p>und Fritz zu Tante Lotte,</p> +<p>Kurt durch die Luft zu Großpapa,</p> +<p>Marie zum lieben Gotte;</p> +<p>Georg will bloß nach Neuruppin</p> +<p>mit Zeppelin, mit Zeppelin.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page79"></a>79</span>Ach Zeppelin, du +Zaubermann,</p> +<p>'s ist aus der Haut zu fahren,</p> +<p>das ganze liebe kleine Pack</p> +<p>will bloß noch Luftschiff fahren;</p> +<p>dein Fahrzeug ist ja viel zu klein,</p> +<p>da gehn nicht alle Kinder 'rein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ihr Engelskinder, helft mir doch</p> +<p>in meinen Weihnachtsnöten,</p> +<p>baut mir ein Luftschiff riesengroß</p> +<p>mit hunderttaufend Böten,</p> +<p>laßt lustig die Propeller gehn,</p> +<p>da sollt ihr mal die Freude sehn!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hurra, schreit da die Engelschar,</p> +<p>wir helfen alle, alle.</p> +<p>Nach dreien Tagen, blitzeblank,</p> +<p>stehts Luftschiff in der Halle.</p> +<p>Dank schön, sagt Ruprecht, fährt hinab,</p> +<p>holt alle Jungs und Mädels ab</p> +<p>zur Flugfahrt durch die Welten.</p> +<p>Ob sie sich nicht erkälten?</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem080"></a>Frohe Botschaft</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Früh, eh ich's konnt begreifen,</p> +<p>hört ich schon etwas pfeifen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page80"></a>80</span>hört ich Schon +etwas brummen,</p> +<p>wie tausend Bienen summen.</p> +<p class='i'>Was ist denn los? Ach ja:</p> +<p class='i'>der Weihnachtsmann ist da!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die Raben und die Spatzen,</p> +<p>sie müssen's weiterschwatzen;</p> +<p>in alle Häuser dringt es,</p> +<p>von allen Glocken klingt es.</p> +<p class='i'>Was läuten sie? O ja:</p> +<p class='i'>der Weihnachtsmann ist da!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mit seinem braven Esel</p> +<p>zieht er von Thorn bis Wesel;</p> +<p>wo Mädels sind und Buben,</p> +<p>tritt er in ihre Stuben</p> +<p>und langt aus Sack und Taschen</p> +<p>zum Spielen was und Naschen.</p> +<p class='i'>Wo habt ihr's her? Na ja:</p> +<p class='i'>der Weihnachtsmann war da!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem081"></a>Der liebe Weihnachtsmann</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Esel, der Esel,</p> +<p>wo kommt der Esel her?</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page81"></a>81</span>Von Wesel, von +Wesel,</p> +<p>er will ans schwarze Meer.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wer hat denn, wer hat denn</p> +<p>den Esel so bepackt?</p> +<p>Knecht Ruprecht, Knecht Ruprecht</p> +<p>mit seinem Klappersack.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mit Nüssen, mit Äpfeln,</p> +<p>mit Spielzeug allerlei,</p> +<p>und Kuchen, ja Kuchen</p> +<p>aus seiner Bäckerei.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wo bäckt denn, wo bäckt denn</p> +<p>Knecht Ruprecht seine Speis?</p> +<p>In Island, in Island,</p> +<p>drum ist sein Bart so weiß.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die Rute, die Rute</p> +<p>hat er dabei verbrannt;</p> +<p>heut sind die Kinder artig</p> +<p>im ganzen deutschen Land.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ach Ruprecht, ach Ruprecht,</p> +<p>du lieber Weihnachtsmann:</p> +<p>komm auch zu mir mit deinem</p> +<p>Sack heran!</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page82"></a>82</span> +<h3><a id="poem082"></a>Sankt Niklas' Auszug</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sankt Niklas zieht den Schlafrock aus,</p> +<p>klopft seine lange Pfeife aus</p> +<p>und sagt zur heiligen Kathrein:</p> +<p>Öl mir die Wasserstiefel ein,</p> +<p>bitte hol auch den Knotenstock</p> +<p>vom Boden und den Fuchspelzrock,</p> +<p>die Mütze lege oben drauf,</p> +<p>und schütte dem Esel tüchtig auf,</p> +<p>halt auch sein Sattelzeug bereit;</p> +<p>wir reisen, es ist Weihnachtszeit.</p> +<p>Und daß ich's nicht vergeß, ein Loch</p> +<p>ist vorn im Sack, das stopfe noch!</p> +<p>Ich geh derweil zu Gottes Sohn</p> +<p>und hol mir meine Instruktion.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die heilige Käthe, sanft und still,</p> +<p>tut alles, was Sankt Niklas will.</p> +<p>Der klopft indes beim Herrgott an,</p> +<p>Sankt Peter hat ihm aufgetan</p> +<p>und sagt: Grüß Gott! wie schaut's denn aus?</p> +<p>und führt ihn ins himmlische Werkstättenhaus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Da sitzen die Englein an langen Tischen,</p> +<p>ab und zu Feen dazwischen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page83"></a>83</span>die den kleinsten +zeigen, wie's zu machen,</p> +<p>und weben und kleben die niedlichsten Sachen,</p> +<p>hämmern und häkeln, schnitzen und schneidern,</p> +<p>fälteln die Stoffe zu zierlichen Kleidern,</p> +<p>packen die Schachteln, binden sie zu</p> +<p>und haben so glühende Bäckchen wie Du.</p> +<p>Herr Jesus sitzt an seinem Pult</p> +<p>und schreibt mit Liebe und Geduld</p> +<p>eine lange Liste. Potz Element,</p> +<p>wieviel artige Kinder Herr Jesus kennt!</p> +<p>Die sollen die schönen Engelsgaben</p> +<p>zu Weihnachten haben.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Was fertig ist, wird eingesackt</p> +<p>und auf das Eselchen gepackt.</p> +<p>Sankt Niklas zieht sich recht warm an;</p> +<p>Kinder, er ist ein alter Mann,</p> +<p>und es fängt tüchtig an zu schnein,</p> +<p>da muß er schon vorsichtig sein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>So geht es durch die Wälder im Schritt,</p> +<p>manch Tannenbäumchen nimmt er mit;</p> +<p>und wo er wandert, bleibt im Schnee</p> +<p>manch Futterkörnchen für Hase und Reh.</p> +<p>Aus Haus und Hütte strahlt es hell,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page84"></a>84</span>da hebt er dem Esel +den Sack vom Fell,</p> +<p>macht leise alle Türen auf,</p> +<p>jubelnd umdrängt ihn der kleine Hauf:</p> +<p>Sankt Niklas, Sankt Niklas,</p> +<p>was hast du gebracht?</p> +<p>was haben die Englein</p> +<p>für uns gemacht?</p> +<p>"Schön Ding, gut Ding,</p> +<p>aus dem himmlischen Haus;</p> +<p>langt in den Sack! holt euch was raus!"</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem083"></a>Bescheidene Frage</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p>bringst du der flinken Grete was?</p> +<p>Sie ist fast immer artig gewesen,</p> +<p>hat fleißig in ihrer Fibel gelesen,</p> +<p>kann das große H schon ganz richtig schreiben,</p> +<p>wird Ostern gewiß nicht sitzen bleiben;</p> +<p class='i'>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p class='i'>schenkst du ihr was?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p>bringst du dem dicken Peterle was?</p> +<p>Er ist noch zu klein, um zur Schule zu gehn,</p> +<p>aber beten kann er schon wunderschön:</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page85"></a>85</span>"Lieber Dott, +mach alle Menßen dut,</p> +<p>nimm alle unter deinen Hut'"</p> +<p class='i'>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p class='i'>schenkst du ihm was?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p>bringst du der kleinen Lene was?</p> +<p>Sie gehört der armen Flick-Marie</p> +<p>und hat schon lange ein schlimmes Knie;</p> +<p>zum Spielen kommt sie gar nicht mehr raus,</p> +<p>sieht immer so blaß und ängstlich aus.</p> +<p class='i'>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p class='i'>schenkst du ihr was?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p>ich wünsch mir selber auch noch was:</p> +<p>möcht in der Weihnacht mit dir gehn,</p> +<p>mir all die fröhlichen Kinder besehn,</p> +<p>wie sie tanzen und tuten, knabbern und schlucken</p> +<p>und am strahlenden Christbaum die Wunder angucken.</p> +<p class='i'>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p class='i'>schenkst du mir das?</p> +</div> +</div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page86"></a>86</span> </p> +<div class='figure'><span class='pgnum'><a id="page87"></a>87</span><a +href="images/i080.png"><img src="images/i080tn.png" alt="" /></a></div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page88"></a>88</span> </p> +<h2><span class='pgnum'><a id="page89"></a>89</span>Dritter Teil</h2> + +<p><span class='pgnum'><a id="page90"></a>90</span> </p> +<div><span class='pgnum'><a id="page91"></a>91</span> +<h3><a id="poem084"></a>Widmung</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Klänge wachsen auf den Wegen</p> +<p>im Gebüsch, im jungen Grün;</p> +<p>alle meine Melodien</p> +<p>möchte ich mit leisem Segen</p> +<p>abends auf dein Kissen legen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wilde Blumen, seltne Früchte:</p> +<p>was der reife Sommer bringt,</p> +<p>möcht ich in dein Zimmer tragen,</p> +<p>sollst mir keine Antwort sagen—</p> +<p>Still—der Traum versinkt—verklingt.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem085"></a>Sonne</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sonne scheint draußen und scheint in die Stube,</p> +<p>unten am Boden kugelt mein Bube,</p> +<p>greift nach den schimmernden, flimmernden Stäubchen;</p> +<p>ich sitze am Fenster und nähe ein Häubchen,</p> +<p>ein ganz kleines Häubchen aus weißem Batist.</p> +<p>Ob's wohl ein Mädel ist?—</p> +<p>Und hat's <i>seine</i> Augen, <i>seinen</i> trotzfrohen +Sinn,</p> +<p>dann weiß kein Mensch, wie glücklich ich bin!</p> +<p>Bloß Er—Er—sein liebes Gesicht— —</p> +<p>"Na, Bub? Hast du die Sonne noch nicht?"—</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page92"></a>92</span> +<h3><a id="poem086"></a>Marienlied</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Maria herzt ihr Kindlein</p> +<p>und küßt sein rotes Mündlein;</p> +<p>sie weiß es nicht,</p> +<p>daß einst zu Golgatha</p> +<p>sein Kreuz wird aufgericht't.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Wind mit Blumendüften</p> +<p>tut des Kindes Härlein lüften;</p> +<p>nicht weiß der Wind,</p> +<p>daß einst zu Golgatha</p> +<p>unschuldig Blut verrinnt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sein Lämmlein kommt gesprungen,</p> +<p>spielt um den holden Jungen;</p> +<p>sieht nicht von fern,</p> +<p>daß man zu Golgatha</p> +<p>einst höhnt den lieben Herrn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ihr sorgend Mutterherzen</p> +<p>müßt es fein still verschmerzen;</p> +<p>ihr wißt es nicht,</p> +<p>wann eurem teuren Kindlein</p> +<p>sein Kreuz wird aufgericht't.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page93"></a>93</span> +<h3><a id="poem087"></a>Korsisches Wiegenlied</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Schlafe, mein kleiner Wildling,</p> +<p>du schlankes Reis, schlaf ein;</p> +<p>draußen im Mondschein die Pappel</p> +<p>sieht auf dein Bett herein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Träume, mein heißer Wildling;</p> +<p>was ballst du die kleine Faust?</p> +<p>Kühl geht der Wind durchs Fenster,</p> +<p>die hohe Pappel braust.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wachse, mein trotziger Wildling,</p> +<p>wachse dich hoch und frei,</p> +<p>horch auf die herrischen Stürme</p> +<p>und des Adlers stolzen Schrei!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Räche mich, Sohn meiner Wildheit,</p> +<p>räche den Mutterleib,</p> +<p>Schärfe den Dolch und töte,</p> +<p>töte das fremde Weib!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem088"></a>Königskind</h3> + +<h4><a id='poem088.1'></a>—1—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Schlafe ruhig, Königskind;</p> +<p>wie im Traume singt der Wind,</p> +<p>schweigend sitzt der Mond zu Haus,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page94"></a>94</span>gießt die +weißen Strahlen aus,</p> +<p>gießt sie über das weite Land,</p> +<p>über Wald und Hügelwand.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Taube gurrt im dunklen Laub,</p> +<p>Käfer surrt und fliegt auf Raub,</p> +<p>Fischlein steht im Wasser still,</p> +<p>weiß nicht, ob es schwimmen will.</p> +<p>Was dir auch das Leben spinnt:</p> +<p>träume, Königskind!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem088.2'></a>—2—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein Vogel flog aus dem Heimatland,</p> +<p>er flog wohl sieben Tage lang</p> +<p>über fremde Wälder und Seen;</p> +<p>da wurden ihm die Flügel lahm,</p> +<p>und als er ans große Wasser kam,</p> +<p>konnt er nicht weiter.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ein Mägdlein mußte von Hause fort,</p> +<p>in ein fernes Land an fremden Ort,</p> +<p>so bang und alleine.</p> +<p>Die Mutter gab ihr drei Tropfen Blut:</p> +<p>Tochter, liebe Tochter, wahre sie gut,</p> +<p>sonst trifft dich ein Unheil.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page95"></a>95</span>Das Vöglein +fiel aus der Höh herab,</p> +<p>brach die Flügel beide und fand sein Grab</p> +<p>im öden Lande;</p> +<p>das Mägdlein verlor der Mutter Blut,</p> +<p>verlor den Weg und verlor den Mut</p> +<p>und irrt in der Fremde.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem088.3'></a>—3—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Waldtaube saß gefangen,</p> +<p>Kuruh, das Vögelein,</p> +<p>wohl hinter Gitter und Stangen;</p> +<p>da ließ das Köpflein hangen</p> +<p>Kuruh das Vögelein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Waldtaube saß am Gitter,</p> +<p>Kuruh, das Vögelein,</p> +<p>da kam ein blauer Ritter,</p> +<p>ein Falke an ihr Gitter:</p> +<p>Kuruh, mein Vögelein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und bist du auch gefangen,</p> +<p>Kuruh, mein Vögelein,</p> +<p>meine Liebe zerbricht die Stangen,</p> +<p>zu dir will ich gelangen,</p> +<p>Kuruh, mein Vögelein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page96"></a>96</span>Mit seinen starken +Fängen</p> +<p>tat er das Gitter aufzwängen,</p> +<p>Kuruh, mein Vögelein.</p> +<p>Sie breiteten aus die Flügel,</p> +<p>flogen weithin über die Hügel,</p> +<p>grad in die Sonne hinein,</p> +<p>Kuruh, mein Vögelein.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem089"></a>Heimweh</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Quellchen geht in den Rauschebach,</p> +<p>Bach geht in den Fluß,</p> +<p>Fluß geht vorbei am Elternhaus,</p> +<p>Mütterchen hört seinen Gruß;</p> +<p>grüße mir, Quellchen, grüße mir fein</p> +<p>Vater und Mutter, vergiß es nicht, nein?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Vater pfeift seinem Hühnerhund,</p> +<p>Mutter sorgt für den Herd,</p> +<p>Schwesterchen gießt ihre Tausendschön,</p> +<p>Bruder zäumt sich sein Pferd;</p> +<p>grüße mir, Quellchen, ich bin so allein,</p> +<p>Bruder und Schwester, vergiß es nicht, nein?</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page97"></a>97</span> +<h3><a id="poem090"></a>Elfenreigen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Eia, wir Elfen,</p> +<p class='i'>wir kommen und helfen,</p> +<p class='i'>eh du's gedacht, Kind, eh du's gedacht.</p> +<p class='i2'>Wir kommen</p> +<p class='i2'>im frommen</p> +<p class='i2'>Geleuchte der Nacht,</p> +<p class='i2'>Gewänder</p> +<p class='i2'>und Bänder</p> +<p class='i2'>vom Monde erdacht;</p> +<p class='i2'>wir schweben</p> +<p class='i2'>und heben</p> +<p class='i2'>im Reigenspiel sacht</p> +<p class='i2'>die Schleier</p> +<p class='i2'>zur Feier</p> +<p class='i2'>der freundlichen Nacht.</p> +<p class='i'>Eia, wir reichen</p> +<p class='i'>uns schmeichelnd die weichen</p> +<p class='i'>Hände im gleichen</p> +<p class='i'>lieblichen Takt, im lieblichen Takt.</p> +<p class='i2'>Wir gleiten</p> +<p class='i2'>durch Weiten</p> +<p class='i2'>der wandernden Welt,</p> +<p class='i2'>wie ziehende</p> +<p class='i2'><span class='pgnum'><a +id="page98"></a>98</span>fliehende</p> +<p class='i2'>Nebel im Feld;</p> +<p class='i2'>wir lauschen,</p> +<p class='i2'>dem Rauschen</p> +<p class='i2'>der Quellen gesellt,</p> +<p class='i2'>und schauen</p> +<p class='i2'>die blauen</p> +<p class='i2'>Gefilde bestellt.</p> +<p class='i'>Eia, wir zeigen</p> +<p class='i'>im silbernen Reigen</p> +<p class='i'>mit Nicken und Neigen</p> +<p>die Zauber der Welt, die Zauber der Welt.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem091"></a>Wiegenmärchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Des Mondes Tochter, Mirlamein,</p> +<p>kam in die warme Welt herein,</p> +<p>sie kam aus ihres Vaters Haus</p> +<p>auf einer weißen Fledermaus.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Da saß Prinzessin Mirlamein</p> +<p>auf einem großen weißen Stein</p> +<p>mitten in blühender Heide</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page99"></a>99</span>in ihrem +milchweißen Kleide.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>In ihren Händen bleich und fein</p> +<p>hielt sie die Flöte aus Elfenbein;</p> +<p>sie blies—das klang so hell und hold,</p> +<p>als ob ein Engel uns trösten wollt.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Gleich stecken alle Vögelein</p> +<p>den Kopf in die Flügel und schlummern ein,</p> +<p>die Hirsche und Rehe im tiefen Wald</p> +<p>suchen ihr Lager und schlafen bald.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Glühwürmchen löscht das Lämpchen aus,</p> +<p>fliegt müde in sein Blätterhaus,</p> +<p>die Tauben gurren im Schlaf kuruh,</p> +<p>mein Kind macht auch die Augen zu.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die Flöte verklingt. Vom Heidestein</p> +<p>wehen die Schleier der Mirlamein,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page100"></a>100</span>Sie winkt der +weißen Fledermaus</p> +<p>und fliegt zum stillen Mond nach Haus.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem092"></a>Traumballade</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Traumkönig geht durch bleiches Land,</p> +<p>rings grüßen ihn verstohlen</p> +<p>die braunen Nachtviolen;</p> +<p>Marlenchen geht an seiner Hand,</p> +<p>Marlenchen, jung Marlenchen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Traumkönig geht an den Rosmarinstrauch,</p> +<p>da brennen die Lebenskerzen,</p> +<p>sie brennen mit roten Herzen;</p> +<p>Marlenchen fühlt ihren heißen Hauch,</p> +<p>Marlenchen, jung Marlenchen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Traumkönig geht am See entlang,</p> +<p>die Wasserelfen singen</p> +<p>ein Lied von kühlen Dingen;</p> +<p>Marlenchen überkommt es bang,</p> +<p>Marlenchen, jung Marlenchen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Traumkönig geht mit leisem Schritt</p> +<p>hinein in die weichen Wellen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page101"></a>101</span>die silbern im +Mond aufquellen;</p> +<p>Marlenchen geht in die Tiefe mit,</p> +<p>Marlenchen, jung Marlenchen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem093"></a>Mutter Hule</h3> + +<h4 class='subhead'>(nach einer alten Volksdichtung)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die alte Mutter Hule</p> +<p>kann reisen ohne Geld:</p> +<p>sie setzt sich auf den Gänserich</p> +<p>und reitet durch die Welt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die alte Mutter Hule,</p> +<p>die hat im Wald ein Haus;</p> +<p>der Uhu sitzt als Wächter davor,</p> +<p>läßt niemand 'rein und 'raus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Frau Hulens Sohn heißt Michel,</p> +<p>der ist nicht grad, nicht krumm;</p> +<p>am Sonntag ist er manchmal klug</p> +<p>und Montags manchmal dumm.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sie schickte ihn zum Markte,</p> +<p>da kauft er sich 'ne Gans;</p> +<p>die flatterte und schnatterte</p> +<p>und wippte mit dem Schwanz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page102"></a>102</span>Frau Hule holt den +Ganter;</p> +<p>wie liebten sie sich gleich!</p> +<p>Sie fraßen zusammen aus einem Napf</p> +<p>und schwammen in einem Teich.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Des Morgens in der Frühe</p> +<p>fand Michel ein großes Ei;</p> +<p>das hatte die liebe Gans gelegt,</p> +<p>der Gänserich stand dabei.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Michel lief zur Hule:</p> +<p>guck, was ich dir gebracht,</p> +<p>ein goldnes Ei. Die Hule sagt:</p> +<p>das hast du brav gemacht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Michel trug's zu Markte,</p> +<p>drei Dukaten wollt er haben;</p> +<p>der Jud wollt bloß die Hälfte geben,</p> +<p>da schmiß er ihn in'n Graben.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Er ging am Schloß vorüber,</p> +<p>da stand ein Fräulein lilienschön;</p> +<p>dem Michel schwoll das Herze,</p> +<p>er blieb ein bißchen bei ihr stehn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Jude und ein Ritter</p> +<p>fielen über Michel her</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page103"></a>103</span>von vorne und von +hinten,</p> +<p>da schrie der Michel sehr.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die alte Mutter Hule</p> +<p>flog über Prag und Wien,</p> +<p>verwandelt ihren Michel schnell</p> +<p>in einen Harlekin.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und auch das Fräulein rührte sie</p> +<p>mit ihrem Flederwisch,</p> +<p>da stand ein Kolombinchen da</p> +<p>mit Backen rot und frisch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wo blieb das goldne Ei, huchjee?</p> +<p>Das rollte weit ins Meer.</p> +<p>Der Michel zog die Stiefel aus</p> +<p>und sockte hinterher.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die alte Mutter Hule</p> +<p>sattelt hui die große Gans</p> +<p>und flog damit zum roten Mond,</p> +<p>denn da war Fastnachtstanz.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem094"></a>Ein Singsang vom Rheine</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Herr Steuermann, Herr Steuermann,</p> +<p>leg an der Brück von Köllen an!</p> +<p>Ein Schifflein kommt gefahren</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page104"></a>104</span>wohl über den +grünen Rhein.</p> +<p>Was hat das Schiff geladen?</p> +<p class='i'>Ei, roten Wein,</p> +<p class='i'>ei, weißen Wein,</p> +<p>den hat das Schiff geladen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Zu Köllen an der Brücke,</p> +<p>da tagt der hohe Rat am Rhein.</p> +<p>Was wollen die Herren trinken?</p> +<p class='i'>Ei, roten Wein,</p> +<p class='i'>ei, weißen Wein,</p> +<p>den wollen die Herren trinken.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ein Schifflein kommt gefahren</p> +<p>wohl über den grünen Rhein.</p> +<p>Was hat das Schiff geladen?</p> +<p class='i'>Ei, blonde Jüngferlein,</p> +<p class='i'>ei, braune Jüngferlein,</p> +<p>die hat das Schiff geladen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Zu Köllen an der Brücke,</p> +<p>da tagt der hohe Rat am Rhein.</p> +<p>Wen wollen die Herren küssen?</p> +<p class='i'>Ei, blonde Jüngferlein,</p> +<p class='i'>ei, braune Jüngferlein,</p> +<p>die wollen die Herren küssen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page105"></a>105</span>Herr Steuermann, +Herr Steuermann,</p> +<p>leg an der Brück von Köllen an!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem095"></a>Badeballade</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß</p> +<p>badeten im Teiche,</p> +<p>strampelten, tauchten,</p> +<p>plantschten und fauchten;</p> +<p class='i'>—hell lachte die alte Eiche.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Murrian Knurr, der Pudelhund,</p> +<p>kam vorbei am Teiche,</p> +<p>erhob ein Geschrei: Herbei! Polizei!</p> +<p>da baden zwei, nackend und frei!</p> +<p class='i'>—hell lachte die alte Eiche.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß</p> +<p>sprangen aus dem Teiche,</p> +<p>faßten Murrian am Kopf, an Schwanz und Zopf,</p> +<p>seiften ihn ein, trotz Bellen und Schrein,</p> +<p class='i'>—hell lachte die alte Eiche.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß</p> +<p>baden wieder im Teiche,</p> +<p>hampeln und strampeln, spritzen und tauchen,</p> +<p>patschen und plantschen, prusten und fauchen,</p> +<p class='i'>—hell lacht die alte Eiche.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page106"></a>106</span> +<h3><a id="poem096"></a>Der Teufel und die Katz</h3> +</div> + +<h4 class='subhead'>(nach Schwinds Bildern)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein Kätzlein ging einst jagen,</p> +<p>welch schöne Katz, welch feine Katz;</p> +<p>an einer Kirchhofsmauer,</p> +<p>da lag sie auf der Lauer</p> +<p>und fing sich einen Ratz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Ach Kätzlein, laß mich leben,</p> +<p>du schöne Katz, du feine Katz;</p> +<p>will dienen deinem Willen,</p> +<p>jed Wünschlein dir erfüllen</p> +<p>als dein getreuer Schatz."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das Kätzlein ließ sich rühren,</p> +<p>die schöne Katz, die feine Katz;</p> +<p>sie ließ die Ratte leben,</p> +<p>tat ihr ein Laternchen geben,</p> +<p>zu leuchten bei der Hatz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Ich tu dir wacker helfen,</p> +<p>du schöne Katz, du feine Katz;</p> +<p>brauchst bloß die Öhrlein spitzen,</p> +<p>da laufen aus Spalt und Ritzen</p> +<p>Langschwänze auf den Platz."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page107"></a>107</span>Der Ratz ward +groß und größer—</p> +<p>"Du schöne Katz, du feine Katz,</p> +<p>wir wollen beid spazieren,</p> +<p>am Arm will ich dich führen</p> +<p>als dein getreuer Schatz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Dein Schwänzlein will ich kämmen,</p> +<p>ei schöne Katz, ei feine Katz!"</p> +<p>Er rupft sie zum Erbarmen,</p> +<p>kein Mauen hilft der armen,</p> +<p>vor Schmerz tut sie 'nen Satz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hätt ich dich doch gefressen,</p> +<p>ich gute Katz, ich feine Katz;</p> +<p>ein Untier bist du worden,</p> +<p>wirst mich gewiß noch morden,</p> +<p>du Ungetüm von Ratz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Er sprang ihr auf den Rücken:</p> +<p>"Hei, Schöne Katz, hei, feine Katz,</p> +<p>jetzt habe <i>ich</i> zu sagen,</p> +<p>mußt mich als Reiter tragen</p> +<p>auch ohne Zaum und Latz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Jetzt fahren wir zur Hölle,</p> +<p>du schöne Katz, du feine Katz;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page108"></a>108</span>heidi, ein +Katzenbraten</p> +<p>wird dem Teufel schon geraten,</p> +<p>ich schür den Ofen, Schatz."</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem097"></a>Der Esel und die Löwenhaut</h3> + +<h4 class='subhead'>(nach der Fabel von Hans Sachs)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein Müllersmann aus Oberwesel</p> +<p>hatt 'nen gewitzten jungen Esel;</p> +<p>der weidete auf grünem Gras</p> +<p>und dachte sich so dies und das,</p> +<p>wollt für sein Leben gern auf Erden</p> +<p>was Bessers als ein Esel werden.</p> +<p>Da fand er—und sein Herz schlug schnell—</p> +<p>ein unversehrtes Löwenfell.</p> +<p>Er kriecht hinein, es paßt ihm gut,</p> +<p>er fühlt auch gleich des Löwen Mut</p> +<p>und denkt mit innerstem Behagen:</p> +<p>nun brauchst du nicht mehr Säcke tragen.</p> +<p>Stolz trabt er durch den Wald daher,</p> +<p>tut ganz, als ob ein Leu er wär,</p> +<p>schüttelt die Mähne, schlägt mit dem Schweif</p> +<p>und setzt die Tatzen breit und steif.</p> +<p>Das Häslein spitzt das lange Ohr,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page109"></a>109</span>die Sache kommt +ihm kitzlig vor,</p> +<p>es springt hinweg; das Rehlein auch.</p> +<p>Wie freut sich da der eitle Gauch!</p> +<p>Und als der Müller, der ihn sieht</p> +<p>von weitem, auch erschrocken flieht,</p> +<p>kann er vor Wonne kaum sich fassen,</p> +<p>muß laut sein I-A tönen lassen.</p> +<p>Da merkt der Müller, wen er hat,</p> +<p>prügelt den Esel mürb und matt</p> +<p>und schimpft ihn aus: du dummes Vieh!</p> +<p>zum Löwen wird ein Esel nie;</p> +<p>du hast mich mit dem Fell genarrt,</p> +<p>das sollst du büßen, Esel, wart!</p> +<p>und schlägt und pufft ihn immer mehr.</p> +<p>Der Esel hängt die Ohren sehr,</p> +<p>als so sein Meister ihn verbläut;</p> +<p>sein Hochmut hat ihn recht gereut,</p> +<p>wollt fürder Säcke tapfer tragen,</p> +<p>nie mehr nach Löwenhäuten fragen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem098"></a>Ein Spatzengespräch</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich war in Fez durch die Buden gewandelt</p> +<p>und hatte einen Ring erhandelt</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page110"></a>110</span>mit einem seltsam +geschliffenen Stein;</p> +<p>sollte der Ring König Salomos sein.</p> +<p>Wer ihn besäße, verstünde sofort</p> +<p>zahlreicher Tiere Geberde und Wort,</p> +<p>könnte das Gras beim Wachsen belauschen,</p> +<p>hörte Musik aus den Quellen rauschen,</p> +<p>verstünde die Sprache von Baum und Stein,</p> +<p>müßte aber ein Sonntagskind sein.</p> +<p>Nun, ich war zu meinem Frommen</p> +<p>Beim Glockenläuten auf die Welt gekommen,</p> +<p>nahm meinen Ring, bezahlte bar,</p> +<p>und—war jetzt klüger, als ich war.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Fröhlich ging ich zur Stadt hinaus,</p> +<p>wußte da ein einsames Bauernhaus,</p> +<p>warf mich glatt in die Frühlingsruh,</p> +<p>kaute Halme und pfiff dazu,</p> +<p>dachte an dies und dachte an das,</p> +<p>wie so gedeihlich aus Ernst und Spaß</p> +<p>die Welt sich verbastelt zum Gottgetriebe,</p> +<p>dachte an Glauben, dachte an Liebe,</p> +<p>und wie hellauf über Zacken und Kanten,</p> +<p>trotz Pflichten, Gesetzen und alten Tanten,</p> +<p>das Leben in neue Blüten schießt,</p> +<p>in die der Saft der Zeit sich ergießt.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page111"></a>111</span>Dachte und dachte, +eiferbeflissen,</p> +<p>glaubte den Weg aller Wege zu wissen,</p> +<p>genau der Länge nach und der Breite,</p> +<p>der die Welt zum Heile geleite;</p> +<p>dachte— —was man so buntes denkt,</p> +<p>wenn über einem die Sonne hängt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Neben mir blühte lichtblauer Flieder;</p> +<p>ein Spatzenpärlein ließ sich drin nieder,</p> +<p>die plusterten zärtlich die dicken Hälschen,</p> +<p>zogen sich Federchen aus den Pelzchen,</p> +<p>sahen recht verliebt darein,</p> +<p>mußten wohl jung verheiratet sein.</p> +<p>Doch das Schweigen währte nicht lange,</p> +<p>bald war eine Unterhaltung im Gange;</p> +<p>ja, mein Ring kam mir trefflich zustatten,</p> +<p>deutlich verstand ich das Plaudern der Gatten</p> +<p>und durfte mit Vergnügen ermessen,</p> +<p>sie hatten höhere Interessen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Männe," sagte das Spatzenfrauchen</p> +<p>und rückte näher an ihr Grauchen,</p> +<p>"du bist so klug vom vielen Reisen,</p> +<p>könntst mich ein wenig unterweisen.</p> +<p>Sag mir doch, was die Menschen wollen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page112"></a>112</span>wenn sie die Erde +in dicken Schollen</p> +<p>aufwerfen; nie kriegen sie genug</p> +<p>von ihrem Getue mit Spaten und Pflug."</p> +<p>"Hm," sagte der Spatzmann mit Bedacht,</p> +<p>nachdem er ein Weilchen nachgedacht,</p> +<p>"Hm, in der Erde gibt's schöne Dinge,</p> +<p>Zum Beispiel Käfer und Engerlinge,</p> +<p>die werden sie brauchen zu Schmaus und Festen</p> +<p>und werden damit ihre Jungen mästen.</p> +<p>Auch Körner graben sie sehr gescheit</p> +<p>in den Boden ein; und wenn's friert und schneit,</p> +<p>und es ist Futtermangel im Haus,</p> +<p>graben sie alle wieder aus."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Du bist doch der gescheiteste Spatz,"</p> +<p>sagte die Spätzin, "mein trautester Schatz.</p> +<p>Doch noch was andres wollt ich dich fragen,</p> +<p>du kannst mir sicherlich auch sagen,</p> +<p>warum die Sonne morgens aufsteht</p> +<p>und abends wieder untergeht;</p> +<p>ich habe mir seit vielen Wochen</p> +<p>umsonst darüber den Kopf zerbrochen."</p> +<p>Der Spatz putzt sich den Schnabel und spricht:</p> +<p>"Kleines Närrchen, das weißt du nicht?</p> +<p>Wie sollten wir Vögel anders wissen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page113"></a>113</span>wann wir morgens +ausfliegen müssen?</p> +<p>Die Sonne ist da, um uns zu wecken</p> +<p>und abends uns wieder ins Nest zu stecken."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Ja, ja, nun wird mir alles klar,"</p> +<p>sagte das Weibchen; "ganz offenbar</p> +<p>hast du da recht. Doch in der Nacht</p> +<p>der Mond? für wen ist der gemacht?"</p> +<p>"Der Mond? Ach, nenn mir den Falschen nicht;</p> +<p>der hält es mit dem Katzengezücht,</p> +<p>lockt Marder und Eulen auf unsre Brut,</p> +<p>drum hass' ich ihn mit aller Wut."</p> +<p>Und zornig sträubt der kleine Mann</p> +<p>die Federn und sieht sein Weibchen an.</p> +<p>Das drängt sich an ihn, zärtlich, dicht,</p> +<p>glättet ihm die Daunen an Hals und Gesicht</p> +<p>und flüstert erschrocken: "Du hast ja recht,</p> +<p>der meint es gewiß mit uns Vögeln schlecht;</p> +<p>nie nenn ich ihn wieder. Doch sag mir, du Bester,</p> +<p>ob nicht auch in der Menschen Nester</p> +<p>die Sonne Licht und Wärme bringt,</p> +<p>daß alles früh aufsteht und singt?"</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Nein, Kind, für <i>uns</i> ist die Sonne gemacht,</p> +<p>uns bringt sie Tag, uns bringt sie Nacht.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page114"></a>114</span>Die Menschen haben +in ihren Zimmern</p> +<p>ihre eignen Sonnen, ich sah sie flimmern.</p> +<p>Als ich mal nachts, aus dem Schlaf geschreckt,</p> +<p>an ein Fenster stieß, hab ich's entdeckt:</p> +<p>sie machen bloß knips, dann haben sie Licht,</p> +<p>die brauchen unsre Sonne nicht."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das Spatzenfrauchen schien ganz beglückt</p> +<p>von so viel Klugheit und sah entzückt</p> +<p>ihr Männchen an: "Du bist ein Genie,</p> +<p>und weißt auch sicher, warum und wie</p> +<p>die Menschen in ihren Steinhäusern kleben</p> +<p>und nicht so frei wie wir Vögel leben?"</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das Spätzchen guckte ein wenig ins Land,</p> +<p>hatte aber die Antwort schnell bei der Hand:</p> +<p>"Vor Mardern und Eulen und Katzengetier</p> +<p>sind sie in den Häusern viel sichrer als wir,</p> +<p>und, was der wichtigste Grund von allen,</p> +<p>kein Junges kann aus dem Neste fallen.</p> +<p>Ja, ja, die Menschen haben Geist,</p> +<p>sind auch den Vögeln gefällig meist,</p> +<p>haben sie doch von Land zu Land</p> +<p>lauter feste Drähte gespannt,</p> +<p>damit unsre Wandrer scharenweise</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page115"></a>115</span>sich ausruhn +können auf der Reise.</p> +<p>Auch Versammlungen werden von Jungen und Alten</p> +<p>im Herbste darauf abgehalten;</p> +<p>wir sind ihnen wirklich zu Dank verpflichtet,</p> +<p>so praktisch haben sie's eingerichtet."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Glaub's schon, die Menschen sind recht klug,</p> +<p>aber noch immer nicht klug genug,"</p> +<p>sagte das Weibchen; "was würden sie geben,</p> +<p>könnten sie frei in den Lüften schweben,</p> +<p>doch sind sie zu ungeschickt zum Fliegen</p> +<p>und werden niemals Flügel kriegen."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Bloß mit den dicken seidenen Bällen</p> +<p>steigen sie manchmal tausend Ellen,"</p> +<p>lachte das Männchen; "was nur die tollen</p> +<p>Leute bei uns in den Lüften wollen?</p> +<p>Jetzt baun sie sogar allerhand Gestelle</p> +<p>und rasen herum mit Windesschnelle.</p> +<p>Auch der Dompfaff lachte neulich</p> +<p>und meinte, er fände die Dinger abscheulich;</p> +<p>sinnlos wär dies Gefliege und Rattern,</p> +<p>kein Mücklein könnt man dabei ergattern.</p> +<p>Ernsthaft sitzen sie in dem Kahn</p> +<p>und gucken die Welt durch Röhren an;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page116"></a>116</span>es ist wirklich +lachhaft mitanzusehn.</p> +<p>Komm, Schatz, wir wollen zu Bette gehn;</p> +<p>für heute hast du genug profitiert,</p> +<p>morgen wird wieder ein Stündchen doziert."</p> +<p>Eine Weile noch plusterte da was rum,</p> +<p>dann waren die Plappermäulchen stumm.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich aber ging übers stille Feld;</p> +<p>so malt sich in Spatzenköpfen die Welt,</p> +<p>dacht ich und lächelte überlegen.</p> +<p>Da hört ich's in den Lüften sich regen,</p> +<p>eine alte Esche rief mir zu:</p> +<p>"Wieviel ist der Spatz denn beschränkter als du?</p> +<p>Seid ihr Menschen nicht auch allesamt</p> +<p>zu solchen unwissenden Tierlein verdammt,</p> +<p>die das große Warum und das ewige Wie</p> +<p>mit ihrer täppischen Kindsphantasie</p> +<p>zu begreifen suchen? Dürft ihr vertraun</p> +<p>dem Funken in euch und aufwärts schaun?</p> +<p>Sind eure stolzesten Grübler und eifrigsten Späher</p> +<p>der Gottheit nur um ein Strichelchen näher?"</p> +<p>So sprach die Esche. Ich sah in die Weiten,</p> +<p>sacht fühlt' ich den Ring mir vom Finger gleiten,</p> +<p>scheu blickt' ich hin—er war verschwunden,</p> +<p>und niemals hab ich ihn wiedergefunden.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page117"></a>117</span> +<h3><a id="poem099"></a>Drei Koboldstreiche</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Fixfax der arge Kobold spricht:</p> +<p>die Langeweile bekommt mir nicht,</p> +<p>ich will in lustigen Abenteuern</p> +<p>den alten Koboldruhm erneuern,</p> +<p>denn geht's den Menschen allzu glatt,</p> +<p>wird ihre Seele stumpf und matt.</p> +<p>Drum will ich sie in diesen Tagen</p> +<p>ein wenig necken, ein wenig plagen;</p> +<p>ein Kobold will doch auch mal lachen,</p> +<p>sich über die Menschlein lustig machen,</p> +<p>die den Kern aller Dinge glauben zu kennen</p> +<p>und sich so leicht die Finger verbrennen.</p> +<p>Drum, Fixfax, auf zu keckem Wagen,</p> +<p>stör ein bißchen ihr Wohlbehagen,</p> +<p>brauchst sie ja nicht ins Unglück zu hetzen,</p> +<p>ihnen bloß ein paar sanfte Püffe versetzen.</p> +</div> +</div> + +<h4>Erster Streich</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ei, wie strömen Wohlgerüche</p> +<p>aus Frau Puffkes Wirtschaftsküche,</p> +<p>denn für hungrige Soldaten</p> +<p>will sie grad ein Ferkel braten;</p> +<p>alles ist schon gut bereit</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page118"></a>118</span>und die Essenszeit +nicht weit.</p> +<p>Fixfax nun, das muntre Mätzchen,</p> +<p>klettert hurtig wie ein Kätzchen</p> +<p>hoch hinauf zu Schornsteins Rand,</p> +<p>setzt sich listig und gewandt</p> +<p>mitten auf das Loch da, schwapp,</p> +<p>und nun zieht der Rauch nicht ab;</p> +<p>rückwärts strömt er in die Küche,</p> +<p>weg sind alle Wohlgerüche,</p> +<p>und Frau Puffke steht und hustet,</p> +<p>krebsrot im Gesicht, und prustet,</p> +<p>kann dem dicken Rauch nicht wehren,</p> +<p>sich die Sache nicht erklären.</p> +<p>Rennt zum Schornsteinfeger Krause,</p> +<p>aber der ist nicht zu Hause;</p> +<p>niemand weiß, wo Krause schweift,</p> +<p>und Frau Puffke steht und keift,</p> +<p>denn die Uhr läuft immer weiter.</p> +<p>Endlich kommt er mit der Leiter,</p> +<p>um den Schaden zu ergründen,</p> +<p>doch er kann durchaus nichts finden;</p> +<p>denn der Fixfax, wohlbedacht,</p> +<p>hat sich aus dem Staub gemacht,</p> +<p>und Herr Krause mit dem Besen</p> +<p>brummt, die Sonne sei's gewesen.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page119"></a>119</span>Vier Uhr +schlug's, als die Soldaten</p> +<p>endlich kriegten ihren Braten.</p> +</div> +</div> + +<h4>Zweiter Streich</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Vor dem Spiegel, kerzengrad,</p> +<p>steht Herr Amtsvorsteher Plath;</p> +<p>tadellos und mit Geschmack</p> +<p>sitzt die Hose und der Frack,</p> +<p>ausgezeichnet auch die glatte</p> +<p>blütenweiße Taftkrawatte,</p> +<p>Kragen, Vorhemd, <i>comme il faut</i>,</p> +<p>und Herr Plath ist seelenfroh.</p> +<p>Langt noch sorglich aus dem Schrank</p> +<p>den Zylinder blitzeblank;</p> +<p>nimmt dann Stock und Handschuh munter,</p> +<p>steigt voll Stolz die Treppe runter,</p> +<p>denn er ist heut eingeladen</p> +<p>Zum Empfang bei ihrer Gnaden</p> +<p>der Prinzessin Schneckenstein,</p> +<p>und das hebt ihm Brust und Bein.</p> +<p>Fixfax aber dachte gleich:</p> +<p>wart, dir spiel ich einen Streich.</p> +<p>Auf den Taubenboden geht er</p> +<p>und nach losen Federn späht er,</p> +<p>sammelt allen Flaum ins Säckchen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page120"></a>120</span>bläst +verschmitzt das ganze Päckchen</p> +<p>über Plathens neuen Frack</p> +<p>und auf seinen <i>Chapeau-claque</i>.</p> +<p>Plath sieht ganz befiedert aus,</p> +<p>doch er ahnt nichts von dem Graus,</p> +<p>steuert durch die Nacht geschwind,</p> +<p>denkt bloß: was für'n arger Wind!</p> +<p>tritt mit Würde in den Saal,</p> +<p>Alle lachen—o Skandal!</p> +<p>Bis er endlich sich besieht</p> +<p>und geknickt von dannen flieht.</p> +<p>Draußen denkt er ärgerlich:</p> +<p>So ein Pech, das hab nur ich!</p> +</div> +</div> + +<h4>Dritter Streich</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Auf des Sofas weichem Grunde</p> +<p>schlummert sanft mit offnem Munde</p> +<p>Pastor Pfannkuch. Nur die Fliegen</p> +<p>summen sich was zum Vergnügen,</p> +<p>sonst ist's muckstill. Fast erledigt</p> +<p>liegt der Text der Sonntagspredigt</p> +<p>auf dem Schreibtisch. Sonnenfleckchen</p> +<p>spielen in den Zimmereckchen;</p> +<p>nichts bedroht den tiefen Frieden,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page121"></a>121</span>der dem frommen +Mann beschieden.</p> +<p>Doch da stiehlt sich in die Stube</p> +<p>Fixfax, dieser lose Bube,</p> +<p>kichert, fängt ein Dutzend Fliegen,</p> +<p>die sind hier sehr rasch zu kriegen,</p> +<p>tunkt sie in das Tintenfaß,</p> +<p>bis sie gänzlich schwarz und naß,</p> +<p>läßt sie dann gleich wieder fliegen</p> +<p>und entfernt sich mit Vergnügen.</p> +<p>Nach 'nem Weilchen, ach Herrjee,</p> +<p>kommt Frau Pastor mit dem Tee,</p> +<p>ruft voll Abscheu, Schreck und Graus:</p> +<p>Berthold! Mensch, wie siehst du aus!</p> +<p>bist ja wie'n Idiot beschmiert,</p> +<p>Backen, Nase, schwarz karriert!</p> +<p>Himmel, auch die neue Predigt</p> +<p>ist beschmudelt und beschädigt,</p> +<p>und auf meinen weißen Deckchen</p> +<p>grinsen lauter Tintenfleckchen!</p> +<p>Mann, wie hast du das getan?</p> +<p>Und sie sehn sich grübelnd an...</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Fixfax aber, auf der Wacht,</p> +<p>sitzt im Mauseloch und lacht</p> +<p>sich ins Fäustchen ohne Reue,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page122"></a>122</span>und—gebt +Acht—er wird sich neue</p> +<p>Schelmentaten ausklabuntern,</p> +<p>um uns Menschen aufzumuntern.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem100"></a>Spuk</h3> + +<h4 class='subhead'>(nach alten Mustern)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Bauer schläft im Hirsekraut;</p> +<p>wer fährt dem Bauer sein Heu nach Haus?</p> +<p>Der rote Mond guckt übern Strauch,</p> +<p>der Bauer schläft und wacht nicht auf.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wer fährt dem Bauer sein Heu nach Haus?</p> +<p>Aus ihrem Loche lugt die Maus,</p> +<p>der Fuchs schleicht sacht aus seinem Bau;</p> +<p>der Bauer träumt und wacht nicht auf.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Mond scheint hell und hoch herauf,</p> +<p>der Marder schleicht durchs fahle Laub,</p> +<p>die Eulen huschen schwarz und grau;</p> +<p>der Bauer stöhnt, doch wacht nicht auf.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Husch, horch: Wer trippelt und trappelt zu Hauf?</p> +<p>Wer spannt die müden Gäule aus?</p> +<p>Die Gäule wissen den Weg nach Haus;</p> +<p>der Bauer schläft im Hirsekraut.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page123"></a>123</span>Wer kichert in des +Wagens Bauch?</p> +<p>Wohin rollen die Räder ohne Ruck, ohne Laut?</p> +<p>Wer hält sie an am Garten, am Zaun?</p> +<p>Wer fuhr dem Bauer sein Heu nach Haus?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der kommt verstört beim Morgengraun:</p> +<p>O Frau, mein Heu! O Frau, mein Traum!</p> +<p>Die Frau führt lachend ihn zum Zaun,</p> +<p>da zupft die Ziege vom Wagen das Kraut.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Schlaf andermal nicht und sei nicht faul,</p> +<p>wenn der Vollmond steigt übern Berg herauf;</p> +<p>die Kobolde fuhren dein Heu nach Haus,</p> +<p>jetzt geh und leg ihnen Speck und Kraut."</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem101"></a>Der Märchenkönig und sein +Töchterlein</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Herbei, ihr kleinen Wichte,</p> +<p>Kobold, Alraun und Wurzelmann,</p> +<p>schafft hunderttausend Lichte</p> +<p>und putzt damit die Bäume an!</p> +<p>Bis in die höchsten Spitzen</p> +<p>soll Licht bei Lichtlein blitzen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Mond und alle Sterne</p> +<p>sind doch bloß blasser Himmelsschaum;</p> +<p>mein Töchterlein will gerne</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page124"></a>124</span>den ganzen Wald +zum Weihnachtsbaum.</p> +<p>Drum macht, wie ich euch sage,</p> +<p>die Nacht zum hellen Tage!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Märchenkönig spricht's. Im Nu</p> +<p>geht's an ein Lichterkneten;</p> +<p>kein einziger sieht müßig zu,</p> +<p>gönnt kaum sich Zeit zum Beten.</p> +<p>Und als die Heilige Nacht heran,</p> +<p>zünden sie alle Kerzen an.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hei, war das ein Gestrahle,</p> +<p>ein Leuchten, flimmern, überhell,</p> +<p>als brach mit einem Male</p> +<p>von Fels zu Fels ein Feuerquell.</p> +<p>Auf Zweig und Äste blicken</p> +<p>die Bäume mit Entzücken.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Meister führt sein Töchterlein</p> +<p>durch diese Weihnachtspracht.</p> +<p>Sie schreitet wie im Sonnenschein,</p> +<p>fühlt Kälte nicht noch Nacht,</p> +<p>und flüstert traumverloren:</p> +<p>Die Liebe ward geboren.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Da rauschte durch die Weiten</p> +<p>dies wundersame Wort,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page125"></a>125</span>in Erd- und +Himmelsbreiten</p> +<p>pflanzt es sich heilig fort.</p> +<p>Mit hunderttausend Kerzen</p> +<p>glüht's heut in allen Herzen,</p> +<p>klingt's heut durch alle Ohren:</p> +<p>Die Liebe ist geboren!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem102"></a>Weihnachtsgang</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Es war zur lieben Weihnachtszeit,</p> +<p>die Wälder lagen tief verschneit,</p> +<p>im Acker schlief in guter Ruh</p> +<p>das Korn und träumte dem Frühling zu,</p> +<p>die Winternachmittagssonne stand</p> +<p>wie ein gelber Fleck an weißer Wand—</p> +<p>da schritt ich hinaus in die blinkende Weite</p> +<p>und summte ein Lied mir zum Geleite.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wie ich so ging auf stillen Wegen,</p> +<p>kam mir ein seltsamer Zug entgegen.</p> +<p>Ein Eselchen ganz vollgesackt</p> +<p>mit Schachteln und allerhand Kram bepackt,</p> +<p>Schritt langsam durch die Felderruh;</p> +<p>Sein Führer rief ihm bisweilen zu,</p> +<p>es war ein Alter in weißem Haar,</p> +<p>mit Runzelgesicht und sonderbar</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page126"></a>126</span>altmodischem +Pelzwerk, sonst gut bei Kräften,</p> +<p>die Füße staken in hohen Schäften</p> +<p>und kamen munter mit Hott und Hüh</p> +<p>grad auf mich zu samt dem Eselsvieh.</p> +<p>Potz Blitz, fällt mir auf einmal ein,</p> +<p>das muß doch der Gottesknecht Ruprecht sein.</p> +<p>Ich blicke scharf in das bärtge Gesicht:</p> +<p>"Grüß Gott, mein Alter, kennst du mich nicht?</p> +<p>Ich hab doch oft dein Loblied gesungen,</p> +<p>und all die Mädels und all die Jungen,</p> +<p>die noch an Mutters Rockzipfel hängen</p> +<p>oder sich auf den Schulbänken drängen,</p> +<p>kennen dich wie ihre großen Zehen,</p> +<p>doch hat wohl noch niemand dich draußen gesehen.</p> +<p>Sonst kamst du immer auf heimlichen Wegen</p> +<p>uns erst in der heimlichen Stube entgegen</p> +<p>mit Sack und Pack und netten Geschenken;</p> +<p>was soll ich, Weihnachtsmann, von dir denken?</p> +<p>Da stehst du nun mit Haut und Haar,</p> +<p>bist nicht ein bißchen unsichtbar,</p> +<p>wie es dir zukommt."—"So ist meine Art,"</p> +<p>brummte der Alte und strich sich den Bart,</p> +<p>"ich denke mir gern Überraschungen aus,</p> +<p>für diesmal mach ich's außerm Haus;</p> +<p>komm mit, da sollst du was erleben,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page127"></a>127</span>das wird ein +Extra-Vergnügen geben."</p> +<p>"Topp," rief ich, "Alter, ich bin dabei,</p> +<p>ich höre gern lustiges Kindergeschrei."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>So schritten wir rüstig zur Stadt. Am Tor</p> +<p>langte Ruprecht ein hölzernes Pfeifchen hervor</p> +<p>und blies. Wie konnte der Alte pfeifen!</p> +<p>Jetzt lernt ich den Rattenfänger begreifen:</p> +<p>aus allen Straßen, aus Tür und Tor</p> +<p>—mir klingt der Lärm noch immer im Ohr—</p> +<p>mit Jubeln und Lachen, in bunten Haufen</p> +<p>kamen wohl hundert Kinder gelaufen.</p> +<p>Sie tanzten um Ruprecht, bettelten, baten,</p> +<p>eins um 'ne Kutsche, eins um Soldaten,</p> +<p>eins um ein Püppchen, eins um ein Büchlein,</p> +<p>eins um ein Rößlein, eins um ein Tüchlein,</p> +<p>und Ruprecht langte in seinen Sack</p> +<p>und gab, was es wünschte, dem kleinen Pack.</p> +<p>Ja, jedes Kind durfte etwas erlangen;</p> +<p>aber die übermütigen Rangen</p> +<p>schrien durcheinander und wollten mehr,</p> +<p>kletterten über das Eselchen her,</p> +<p>zupften den Ruprecht an Bart und Kragen,</p> +<p>wollten ihm gar die Säcke wegtragen.</p> +<p>Da wurde es aber dem Alten zu bunt,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page128"></a>128</span>er nahm sein +Zauberpfeifchen, und—</p> +<p>schrill kam ein Ton. Wie erschraken sie doch.</p> +<p>Sie wurden ganz kleinlaut, man hörte nur noch:</p> +<p>"Komm, Fritzchen—Hans, laß doch—nicht +schreien, Marie—</p> +<p>Knecht Ruprecht wird böse—seht ihr nicht wie?!"</p> +<p>Und sie stellten sich artig um ihn herum</p> +<p>und waren wie die Mäuschen stumm.</p> +<p>Er kommandierte: "Linksum, kehrt,</p> +<p>nun geht nach Hause, wie sich's gehört!"</p> +<p>Da faßten die Großen die Kleinen an:</p> +<p>"Grüß Gott und schönen Dank auch, Herr +Weihnachtsmann."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und wieder tönte die Schalmei,</p> +<p>die Kinder trabten zwei zu zwei</p> +<p>und sangen lustig die Weise mit,</p> +<p>und fern und ferner klang ihr Schritt;</p> +<p>mein Blick verfolgte den kleinen Schwarm.</p> +<p>Wie sind ihre Bäckchen vor Freude warm—</p> +<p>so dacht ich—und Freude ist der Saft,</p> +<p>den wir auf unsrer Wanderschaft</p> +<p>durchs Leben aus frohen Kindertagen</p> +<p>ins graue Alter mit hinübertragen</p> +<p>als verjüngendes Elixier;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page129"></a>129</span>ein gut Teil davon +verdanken wir dir,</p> +<p>du alter bärtiger Gottgeselle!</p> +<p>Ich sah mich um—leer war die Stelle,</p> +<p>nur fern in der dämmernden Abendluft</p> +<p>verschwebte ein Wölkchen wie Weihrauchduft,</p> +<p>und durch die feiernde Stille drang</p> +<p>der erste hohe Glockenklang.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem103"></a>Weihnachtsbesuch</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ländliche Straßen, dicht beschneit.</p> +<p>Knirschen, Geläut,</p> +<p>ein Schlitten;</p> +<p>inmitten</p> +<p>sitzen drei kleine Leut</p> +<p>bis zu den Öhrchen vermummt.</p> +<p>Es singt und summt</p> +<p>von Weihnachtsglocken;</p> +<p>ein paar neugierige Flocken</p> +<p>lassen vom Wind sich herüberwehn,</p> +<p>wollen durchaus das Mädelchen sehn</p> +<p>mit den roten Kältebäckchen</p> +<p>und den goldbraunen Zottellöckchen</p> +<p>und das Bübchen daneben,</p> +<p>das sich eben</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page130"></a>130</span>das immer +tropfende Näschen putzt.</p> +<p>Großäugig, verdutzt,</p> +<p>bis zum Mäulchen zugedeckt,</p> +<p>im Wollmützchen fast versteckt,</p> +<p>sitzt das Kleinste auf Mutters Schoß.</p> +<p>"Kutscher, ein bißchen los,</p> +<p>es wird kalt;</p> +<p>Sie wissen doch, drüben zum Förster am Wald."</p> +<p>Der Alte schmunzelt und knallt</p> +<p>mit der Peitsche, hüh, hott—</p> +<p>die Gäule bleiben bei ihrem Trott.</p> +<p>... Von drüben her Lichter,</p> +<p>Zwei altliebe Gesichter</p> +<p>hinter den Scheiben:</p> +<p>"Wo sie nur bleiben?</p> +<p>Ist schon die fünfte Stunde!"</p> +<p>Da knurren die Hunde,</p> +<p>bellen, wollen hinaus;</p> +<p>Großmutter läuft vors Haus.</p> +<p>Da:—Knirschen, Geläut,</p> +<p>ein Schlitten,</p> +<p>inmitten</p> +<p>sitzen vier liebe Leut.</p> +<p>Wie das Altchen sich freut!</p> +<p>Unter Lachen und Weinen</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page131"></a>131</span>wickelt sie aus +den Tüchern die Kleinen,</p> +<p>küßt die Tochter, nimmt ihr das Jüngste vom Knie:</p> +<p>"Ein prächtiges Kindchen! Gott schütz es, +Marie!"</p> +<p>Neben ihr sprudelt ein Zünglein:</p> +<p>"Großmutter, komm doch 'rein!</p> +<p>Großmutter, sind die Hühner noch wach?</p> +<p>Großmutter, Vater kommt morgen nach,</p> +<p>er läßt schön grüßen."</p> +<p>... Auf bedächtigen Füßen,</p> +<p>als ging ihn die Sache nichts an,</p> +<p>kommt auch der Förster langsam heran.</p> +<p>"Na?</p> +<p>Seid ihr endlich da?"</p> +<p>Gleich läuft der Fritz auf ihn zu:</p> +<p>"Großvater, Du,</p> +<p>guck mal drüben den roten Fleck!</p> +<p>och, Großvater, nu is die Sonne weg."</p> +<p>"Die Sonne? Hm, laß man; drin is noch eine,</p> +<p>'ne ganze feine,</p> +<p>die wird uns bald blinken—</p> +<p>nu aber, bitte, kommt Kaffee trinken."</p> +<p>... Der Platz wird leer,</p> +<p>schneestill und stumm.</p> +<p>Der alte Kutscher lenkt langsam um,</p> +<p>nickt vor sich her,</p> +<p><span class='pgnum'><a +id="page132"></a>132</span>gedankenschwer,</p> +<p>und brummelt für sich:</p> +<p>"Der oll Förster hett's gaud, manch enner hett's +nich."</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem104"></a>König Kuchen und Königin +Schokolade</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Bei König Kuchen und Königin Schokoladen</p> +<p>war ich mit Linchen heut Nacht in Gnaden</p> +<p>zu Gaste geladen.</p> +<p>Ein prachtvolles Fuhrwerk, tripp, tripp, trapp,</p> +<p>holte uns stolz von Hause ab.</p> +<p>Vorn stampften zwei schneeweiße Vollblutjucker</p> +<p>aus feinem biegsamen Lederzucker,</p> +<p>auf dem Kutschbock der dicke Mohr</p> +<p>kam uns marzipanisch vor,</p> +<p>und neben ihm der fette Mops</p> +<p>war ganz gefüllt mit englischen Drops.</p> +<p>Die Kutsche, aus weißem Zuckerkant,</p> +<p>erstrahlte hell wie Diamant;</p> +<p>sie ging auf zierlichen Süßholzrädern,</p> +<p>aus Vanille waren die Deichsel, die Federn,</p> +<p>dicke Polster aus Traubenrosinen</p> +<p>sollten uns als Sitze dienen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page133"></a>133</span>aber in den +Bätterteig-Wagentaschen</p> +<p>gab es allerhand Gutes zum Naschen.</p> +<p>Ein allerliebster Praliné-Page</p> +<p>dienerte neben der Equipage</p> +<p>in einem rot kandierten Frack</p> +<p>und öffnete uns den Wagenschlag.</p> +<p>Wir stiegen ein und fuhren im Nu</p> +<p>durch Rußland und Asien nach China zu.</p> +<p>Bald kamen wir in jenes Land,</p> +<p>wo König Kuchen, der Süße genannt,</p> +<p>unumschränkt herrscht in seinen Reichen</p> +<p>mit seiner Fürstin ohnegleichen,</p> +<p>der herrlichen Königin Schokolade,</p> +<p>die uns zum Fest befohlen in Gnade.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das goldgelb glacierte Ballfesthaus</p> +<p>sah wie ein riesiger Napfkuchen aus,</p> +<p>umgeben von einem Spritzkuchengitter;</p> +<p>als Wache davor zwei braune Ritter</p> +<p>aus Pfefferkuchen mit Gußfiligran,</p> +<p>die hatten Knackmandel-Harnische an.</p> +<p>Als Führer dienten mir und Linchen</p> +<p>zwei allerliebste Thorner Kathrinchen;</p> +<p>sie verbeugten sich höflich als wir kamen,</p> +<p>und sagten: bitte, meine Damen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page134"></a>134</span>Ach, Kinder, wie +das Herz mir lacht,</p> +<p>denk ich zurück an all die Pracht!</p> +<p>Die Wände waren von Makronen,</p> +<p>verbrämt mit Schokoladenbohnen,</p> +<p>aus grünen Bonbons die glatten Dielen,</p> +<p>daß wir nachher beim Tanz fast fielen,</p> +<p>die Säulen aus mächtigen Baumkuchentorten</p> +<p>von den allerhöchsten und edelsten Sorten,</p> +<p>die Tische aus marmoriertem Konfekt,</p> +<p>mit drolligen Lutschfigürchen bedeckt,</p> +<p>die Stühle Fäßchen mit Gelees,</p> +<p>mit Eingemachtem und Knusperknees;</p> +<p>rings auf appetitlichen Zimmetstaffeln</p> +<p>lagen Biskuits und Keks und Waffeln.</p> +<p>Im Hintergrunde ein Gletschersee,</p> +<p>mit Vanille-Eisbergen und Schlagsahnen-Schnee,</p> +<p>entsandte in doppelter Kaskade</p> +<p>Zitronen- und Himbeer-Limonade;</p> +<p>und hoch über allem, im glanzvollen Saal,</p> +<p>strahlte eine Sonne aus Zucker-Opal.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>In der Mitte aber stand ein Thron,</p> +<p>gebaut aus Bretzeln mit blauem Mohn,</p> +<p>darauf saß liebreich in ihrer Gnade</p> +<p>die herrliche Königin Schokolade.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page135"></a>135</span>Sie harrte +huldvoll, bis die Schar</p> +<p>der Kinder ganz versammelt war,</p> +<p>die sie aus kalter und warmer Zone</p> +<p>herbefohlen zu ihrem Throne,</p> +<p>um ihnen mit königlichen Händen</p> +<p>von ihren süßen Kleinodien zu spenden;</p> +<p>ihr hoher Gemahl, der König Kuchen,</p> +<p>hatte Mühe, sie auszusuchen.</p> +<p>Da waren Kinder aus Deutschland und Spanien,</p> +<p>aus Frankreich, Chile, Mesopotamien,</p> +<p>Kinder von Kaffern und Hottentotten,</p> +<p>von Persern, Eskimos und Schotten,</p> +<p>Kinder aus Süden und Kinder aus Norden</p> +<p>von den feinsten Familien und den wildesten Horden,</p> +<p>denn alle Kinder zu allen Zeiten</p> +<p>essen gerne Süßigkeiten.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>An der Königin Seite, im leckeren Grase</p> +<p>machte Männchen ein stattlicher Osterhase,</p> +<p>und als die Kinder versammelt waren,</p> +<p>ordnete er die bunten Scharen;</p> +<p>rechts gingen die Mädchen, links die Knaben,</p> +<p>so wollt es der König Kuchen haben,</p> +<p>und jedes Kind in jeder Reih</p> +<p>bekam ein prächtiges Osterei,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page136"></a>136</span>die Mädchen +blaue, rote die Jungen,</p> +<p>dann ist das Häschen davongesprungen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Nun fing die Kapelle zu spielen an,</p> +<p>vorn geigte ein Nürnberger Lebkuchenmann;</p> +<p>ich sag euch, es war 'ne Musik für Kenner,</p> +<p>und waren doch alles gebackene Männer,</p> +<p>mit Rosinenaugen und Mandelnasen,</p> +<p>und konnten so lieblich flöten und blasen.</p> +<p>Es wurde getanzt, gespielt, gelacht,</p> +<p>damit verging die schöne Nacht.</p> +<p>Zuguterletzt, nicht zu vergessen,</p> +<p>wurde alles aufgegessen,</p> +<p>artig gedankt und Abschied genommen;</p> +<p>wir fuhren heim, wie wir gekommen,</p> +<p>und erwachten in unserm Bett—</p> +<p>Kinder, Kinder, wie war das nett!—</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem105"></a>Der erste Mai</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Nein, Kinder, immer kann man nicht dichten,</p> +<p>immer weiß man nicht neue Geschichten;</p> +<p>oft sind die Märchengeister stumm,</p> +<p>als wären sie wer weiß wie dumm,</p> +<p>und alle Wände grinsen mich an,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page137"></a>137</span>als hätt ich +ihnen was angetan.</p> +<p>So war's auch neulich. Bei mir zu Haus</p> +<p>sah alles öde und langweilig aus,</p> +<p>da bin ich in den Abend geschlendert;</p> +<p>der Himmel hing rosenrot umbändert,</p> +<p>die Wolken türmten sich wie ein Tor,</p> +<p>plötzlich stand ich grade davor</p> +<p>und sah hinein in das Himmelsschloß.</p> +<p>"Na, Petrus, was ist denn hier oben los?"</p> +<p>fragt ich; "hier sieht's ja munter aus."</p> +<p>Da schmunzelt der alte Wächter vom Haus</p> +<p>und sagt mir—aber ihr dürft nicht lachen—:</p> +<p>Im Himmel wäre groß Reinemachen,</p> +<p>die Jungfrau Maria tät revidieren</p> +<p>und die himmlischen Scharen zum Scheuerfest führen.</p> +<p>Die kleinsten Englein müßten ran,</p> +<p>kriegten große Schürzen an,</p> +<p>dürfte keins spielen und müßig bleiben,</p> +<p>müßten fegen und wischen, seifen und reiben.</p> +<p>Da würden die Sterne blitzblank geputzt,</p> +<p>den kleinen Kometen die Schwänzchen gestutzt,</p> +<p>der Himmel mit Wunderblau lackiert,</p> +<p>der Regenbogen neu ausstaffiert;</p> +<p>dem Vollmond würde, wie er sich auch steift,</p> +<p>mal gründlich wieder die Glatze geseift,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page138"></a>138</span>und damit am +klaren Firmament</p> +<p>die liebe Sonne schön leuchten könnt,</p> +<p>würden die Wolken fest ausgedrückt</p> +<p>und hinter den Horizont geschickt.</p> +<p>Wenn alles fertig, wüschen sich</p> +<p>die Englein die Flügel säuberlich—</p> +<p>denn morgen sei ja der erste Mai— —</p> +<p>Ich fragte, was an dem Tage sei,</p> +<p>da blitzte mich Petrus an und sprach:</p> +<p>"Na, weißt du, das ist doch wirklich 'ne Schmach;</p> +<p>da sieht man wieder, wie wenig ihr wißt,</p> +<p>nicht mal, wann Gottes Geburtstag ist."</p> +<p>Na, Kinder, ich machte ein dummes Gesicht;</p> +<p>das wußt ich bei aller Gelehrsamkeit nicht.</p> +<p>Doch nun wurde mir auf einmal klar:</p> +<p>Darum putzt sich die Erde Jahr für Jahr</p> +<p>mit Blumen und Kräutern im bunten Gemisch,</p> +<p>darum grünen die Hecken, die Bäume so frisch,</p> +<p>darum üben die Vögel die Festmelodie,</p> +<p>und Bienen und Grillen begleiten sie,</p> +<p>darum wird dem Menschen die Freude so groß,</p> +<p>als säß er dem lieben Gott im Schoß,</p> +<p>wenn der Maiwind kommt über Berg und Tal—</p> +<p>nun begriff ich den Frühling mit einem Mal.</p> +<p>Und ich fragte Petrus aus froher Seele:</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page139"></a>139</span>Erlaubst du, +daß ich das weiter erzähle?</p> +<p>"Immerzu," sagte der und strich sich den Magen;</p> +<p>"kannst den neugierigen Leuten gleich noch sagen,</p> +<p>daß an Gottes Geburtstag, dem ersten Mai,</p> +<p>auch der Tanztag für Teufel und Hexen sei.</p> +<p>Sonst dürfen sie, zu Aller Segen,</p> +<p>sich keinen Schritt ohne Leine bewegen;</p> +<p>doch an dem Tage sind sie frei,</p> +<p>—da macht die Bande genug Geschrei,"</p> +<p>entfuhr es brummend dem alten Knaben—</p> +<p>"doch Gott ist der Herr und will es so haben.</p> +<p>Er sieht in hoher heiliger Ruh</p> +<p>dem tollen Blocksbergvergnügen zu;</p> +<p>und treibt es einer zu arg von der Sippe,</p> +<p>kommt er sofort wieder an die Strippe.</p> +<p>Nun aber leb wohl, ich wünsch gute Nacht,</p> +<p>um neun wird der Himmel zugemacht."</p> +<p>Langsam schloß sich das Wolkentor;</p> +<p>ich ging, ein Liedchen klang mir im Ohr.</p> +<p>Zu Haus in heimlicher Abendruh</p> +<p>nickt ich den Sternen fröhlich zu</p> +<p>und betete: Ich bin nur ein Zwerg,</p> +<p>und die herrliche Welt, sie ist dein Werk,</p> +<p>o Gott; du hast alles, nichts kann man dir schenken,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page140"></a>140</span>nur deiner in +Freude und Demut gedenken.</p> +<p>So nimm dieses Liedchen, ich hab es erdacht</p> +<p>in dieser Frühlings-Geburstagsnacht.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem106"></a>Wetterwunsch</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Scheine, Sonne, scheine,</p> +<p>die Wäsch hängt auf der Leine;</p> +<p>unsre Hemden, unsre Socken,</p> +<p>mach sie uns bis Sonntag trocken,</p> +<p>scheine, Sonne, scheine!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rausche, rausche, Regen,</p> +<p>gib uns deinen Segen,</p> +<p>wasch die armen Sünder rein,</p> +<p>gib uns Brot und gib uns Wein,</p> +<p>rausche, rausche, Regen!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Zu best ist allerwegen</p> +<p>Sonnenschein <i>und</i> Regen;</p> +<p>auch der Wind muß pfeifen,</p> +<p>soll die Ernte reifen.</p> +<p>Regen, Wind und Sonnenschein</p> +<p>mögen bei unserm Hause sein!</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page141"></a>141</span> +<h3><a id="poem107"></a>Hammerliedchen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Pink, pank, Hammerschlag,</p> +<p>der Nagel hat 'nen Kopf;</p> +<p>und wenn er keine Spitze hat,</p> +<p>ist er ein armer Tropf.</p> +<p class='i'>Mein Hämmerlein du,</p> +<p class='i'>schlag zu, schlag zu!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Pink, pank, Hammerschlag,</p> +<p>hast du der Nägel zehn</p> +<p>und nagelst du ein Särglein zu,</p> +<p>ist's um einen geschehn.</p> +<p class='i'>Mein Feuerlein du,</p> +<p class='i'>blas zu, blas zu!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem108"></a>Im Sonnenschein</h3> + +<h4 class='subhead'>(nach einer alten Fabel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Kribbel-krabbel-Käfer</p> +<p>läuft hinab zum See,</p> +<p>er kommt vom grünen Hügel,</p> +<p>hell leuchten seine Flügel</p> +<p class='i'>im Sonnenschein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Kommt der Fisch geschwommen,</p> +<p>Sperrt das Fischmaul auf,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page142"></a>142</span>da ist in zwei +Sekunden</p> +<p>der Käfer drin verschwunden</p> +<p class='i'>im Sonnenschein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Überm See der Reiher</p> +<p>sieht, wies Fischlein schnappt,</p> +<p>nimmt seinen spitzen Schnabel</p> +<p>und spießt es auf die Gabel</p> +<p class='i'>im Sonnenschein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wie nun stolz der Reiher</p> +<p>seine Kreise zieht</p> +<p>mit leuchtendem Gefieder,</p> +<p>knallt ihn der Jäger nieder</p> +<p class='i'>im Sonnenschein.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem109"></a>Wanderlied</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Sonnenlichter,</p> +<p class='i'>Frühlingswichter</p> +<p>spielen auf der dunkeln Wand.</p> +<p>Prüfend öffne ich das Fenster;</p> +<p>seht die Wolken, die Gespenster</p> +<p>lösen sich am Himmelsrand.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Holla, Jungen,</p> +<p class='i'>aufgesprungen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page143"></a>143</span>schnell das +Ränzel aus dem Spind!</p> +<p>Kommt, wir wandern durch die feuchten</p> +<p>Saaten; wie Smaragden leuchten</p> +<p>Halm an Halm im Morgenwind.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Feste Schritte,</p> +<p class='i'>Männersitte;</p> +<p>wie die Ferne lockt und wirbt!</p> +<p>Und wir lassen sie im Schreiten</p> +<p>achtlos oft vorübergleiten,</p> +<p>bis sie hinter uns erstirbt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Hohe Ziele,</p> +<p class='i'>nicht zum Spiele;</p> +<p>immer steiler wächst der Paß.</p> +<p>Aber oben wolln wir rasten</p> +<p>nach der Arbeit, nach dem Fasten;</p> +<p>Jungens, trinkt, ich komm euch was!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Hoch im Blauen</p> +<p class='i'>selig Schauen,</p> +<p>unter uns der Erde Glück!</p> +<p>Doch es zieht mit tausend Armen</p> +<p>immer wieder zu den warmen</p> +<p>Menschenstätten uns zurück.</p> +</div> +</div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page144"></a>144</span> </p> +<div class='figure'><span class='pgnum'><a +id="page145"></a>145</span><a href="images/i138.png"><img +src="images/i138tn.png" alt="" /></a></div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page146"></a>146</span> </p> +<h2><span class='pgnum'><a id="page147"></a>147</span>Vierter Teil</h2> + +<p><span class='pgnum'><a id="page148"></a>148</span> </p> +<div><span class='pgnum'><a id="page149"></a>149</span> +<h3><a id="poem110"></a>Spruch fürs Leben</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hinüber, hinein!</p> +<p>über Wipfel und Stein!</p> +<p>die Herzen zu baden</p> +<p>im Goldsonnenschein!</p> +<p>Auf schwierigen Pfaden</p> +<p>zu lichten Gnaden!</p> +<p>über Wipfel und Stein,</p> +<p>hinunter, hinein!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem111"></a>Allerlei Rätsel</h3> + +<h4 class='subhead'>(Die Lösungen stehen im Verzeichnis der +Überschriften)</h4> + +<h4><a id='poem111.1'></a>—1—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich habe Flügel—rate, Kind—</p> +<p>doch flieg ich nur im Kreise;</p> +<p>und singen tu ich, wenn der Wind</p> +<p>mir vorpfeift, laut und leise.</p> +<p>Was ihr den Feldern abgewinnt,</p> +<p>kau ich auf meine Weise;</p> +<p>doch was mir durch die Kehle rinnt,</p> +<p>das mundet euch als Speise.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.2'></a>—2—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Standen vier weiße Ritterchen</p> +<p>auf einem roten Gitterchen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page150"></a>150</span>die machten alles +klitzeklein</p> +<p>und warfen es in ein Loch hinein.</p> +<p>Als das die andern Ritter sahn,</p> +<p>zogen sie neue Harnische an,</p> +<p>kamen aus ihren Burgen herbei,</p> +<p>stellten sich tapfer in die Reih</p> +<p>und machten hack</p> +<p>und sagten knack</p> +<p>und warfen alles in einen Sack.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.3'></a>—3—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die erste frißt,</p> +<p>der zweite ißt,</p> +<p>das dritte wird gefressen;</p> +<p>das ganze wird zu Pökelfleisch</p> +<p>und Erbsenbrei gegessen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.4'></a>—4—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein erstes ist ein Hund,</p> +<p>mein zweites ist ein Junge,</p> +<p>mein ganzes ist ein Dieb,</p> +<p>kein Hundejunge!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.5'></a>—5—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die ersten sind ein Untertan,</p> +<p>die dritte ist ein Untertan,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page151"></a>151</span>das ganze ist ein +Untertan,</p> +<p>wird von dem andern Untertan</p> +<p>unter den ersten Untertan</p> +<p>ganz untertänigst untergetan.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.6'></a>—6—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wenn das R am Anfang steht,</p> +<p>liebt man es nicht sauer;</p> +<p>wenn es bis ans Ende rutscht,</p> +<p>hüt dich vor dem Hauer!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn das R am Anfang steht,</p> +<p>ist's ein Heldenname;</p> +<p>wenn es bis ans Ende rutscht,</p> +<p>wird's ein Waldbaumsame.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn das R am Anfang steht,</p> +<p>sind es böse Leute;</p> +<p>wenn es bis ans Ende rutscht,</p> +<p>gerbt man seine Häute.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn das R am Anfang steht,</p> +<p>ist es eine Schale;</p> +<p>wenn es bis ans Ende rutscht,</p> +<p>wird's ein Orientale.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn das R am Anfang steht,</p> +<p>ist's ein klein schwarz Luder;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page152"></a>152</span>wenn es bis ans +Ende rutscht,</p> +<p>ist's von "wenn" der Bruder.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.7'></a>—7—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wächst einer alten Dame</p> +<p>ein Buckel kleinster Sorte,</p> +<p>verwandelt sie sich augenblicks</p> +<p>in ein Stück Mandeltorte.</p> +<p>Doch nimmst du ihr den Rücken,</p> +<p>auf dem der Buckel wächst,</p> +<p>hast du die alte Dame</p> +<p>zur trocknen Frucht verhext.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.8'></a>—8—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich stand begehrlich am Worte,</p> +<p>umgekehrt wuchs es nicht weit;</p> +<p>ein arges Diebsgelüste</p> +<p>besiegte die Redlichkeit.</p> +<p>Ich stahl das umgekehrte,</p> +<p>kein Argus achtete drauf;</p> +<p>Schmunzelnd enteilt' ich dem Worte</p> +<p>und aß es umgekehrt auf.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.9'></a>—9—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein erstes ist nicht wenig,</p> +<p>mein zweites ist nicht schwer;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page153"></a>153</span>mein ganzes +läßt dich hoffen,</p> +<p>doch hoffe nicht zu sehr!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.10'></a>—10—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Es läuft und hat keine Beine,</p> +<p>es gibt viele und doch nur eine.</p> +<p>Wer zuviel hat, kann's nicht verschenken;</p> +<p>wer zu wenig hat, muß es beschränken.</p> +<p>Bald geht es langsam, bald schnell;</p> +<p>mal ist es dunkel, mal hell.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.11'></a>—11—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Christkindchen lag im Stalle</p> +<p>und hörte die ersten schrein;</p> +<p>die zweiten tragen wir alle</p> +<p>zur Weihnachtszeit am Bein.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.12'></a>—12—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sind es die Stiefel, halten sie 'ne Weile;</p> +<p>wird es der Junge, kriegt er halt Keile.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.13'></a>—13—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Vater will's das Fritzchen</p> +<p>(die erste Silbe betont)—</p> +<p>jedoch die Mutter bittet,</p> +<p>da ward der Schelm verschont.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page154"></a>154</span>Sie sprach: Du +mußt dir's, Liebster,</p> +<p>(die dritte Silbe betont)—</p> +<p>denn Nachsicht mit den Kleinen</p> +<p>wird oft von Herzen belohnt.</p> +<p>Denk doch, wie du's dem Jungen</p> +<p>an Einsicht bist und Geist;</p> +<p>du mußt was andres dasselbe,</p> +<p>das ihn sich bessern heißt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.14'></a>—14—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Klärchen nähte an dem ersten</p> +<p>und war ganz die beiden zweiten,</p> +<p>denn sie durfte Sonntag reiten,</p> +<p>Leutnant Kurt wollt sie begleiten;</p> +<p>ihre Augen wurden groß,</p> +<p>müßig lag die Hand im Schoß.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mutter näht am andern Fenster,</p> +<p>sah's und runzelte die Brauen:</p> +<p>Höre, Kind, Luftschlösser bauen</p> +<p>taugt nicht viel für fleißige Frauen,</p> +<p>weil man leicht die Pflicht vergißt</p> +<p>und zu sehr das Ganze ist.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.15'></a>—15—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mariechen war's. Mit meinem Kuchen</p> +<p>stand ich nun da und dem Bukett.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page155"></a>155</span>Wo soll ich +bloß das Mädel suchen?</p> +<p>Wenn sie doch nur geschrieben hätt!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ja ja, ich hab sie es seit Jahren;</p> +<p>ich gebe zu, das war recht dumm.</p> +<p>Nein, welch ein rücksichtslos Gebaren!</p> +<p>Und schwer geärgert kehrt' ich um.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.16'></a>—16—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Froh singt ihr Lied am Sommertag</p> +<p>die eins-zwei früh und spat.</p> +<p>Die drei wünscht jeder Jüngling sich;</p> +<p>doch bricht er ab, ist's schad.</p> +<p>Das Ganze war ein König, der</p> +<p>lustig und unverschämt</p> +<p>die stolze Prinzeß, die ihn nicht wollt,</p> +<p>bestraft hat und gezähmt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.17'></a>—17—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>In eins-zwei-drei lebt ganz gemütlich</p> +<p>Herr Müller mit Herrn Schulze friedlich;</p> +<p>bis Müller einst, wer hätt's gedacht,</p> +<p>Anspruch auf Schulzes zwei-drei macht.</p> +<p>Da hörte man ein bös Geschrei:</p> +<p>So denk doch eins, mein Herr eins-zwei!</p> +<p>Ich muß stets alles zwei bezahlen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page156"></a>156</span>kann nicht mit +zuviel zwei-drei prahlen;</p> +<p>kommst du noch mal mir drum ins Haus,</p> +<p>ist's mit der guten eins-zwei-drei aus.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.18'></a>—18—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Er geht in sich, um sich zu pflegen,</p> +<p>und ist in sich um sich verlegen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.19'></a>—19—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rate, Freund, es ist nicht schwer:</p> +<p>Wer's hat, hat, was er hatte, nicht mehr.</p> +<p>Wer's aber ist, den äfft des Teufels Brut;</p> +<p>man sperrt ihn ein und fürchtet seine Wut.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.20'></a>—20—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer es hat, der ist betrübt;</p> +<p>aber froh und stolz, wer's gibt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.21'></a>—21—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Das Wort pflegt zu erhöhn</p> +<p>den Glanz des Edelsteins;</p> +<p>solang man es bewahrt,</p> +<p>ist man der Herr des Seins.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.22'></a>—22—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sind es die Feinde, muß man sich wehren;</p> +<p>sind's deine Backen, mußt du sie nähren.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page157"></a>157</span>Ist mir's ein +Rätsel, schreib ich es nieder;</p> +<p>ist es mein Haus—nun, so bau ich es wieder.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.23'></a>—23—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wenn es von Freund und Liebchen kommt,</p> +<p>oder von dir verfaßt,</p> +<p>so liebst du wohl das erste Wort;</p> +<p>sonst ist es dir verhaßt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das zweite Wort, so klug wir sind,</p> +<p>machen wir Menschen viel;</p> +<p>und was dich reut, oft andre freut</p> +<p>im schadenfrohen Spiel.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Schluß: gefürchtet und geneckt,</p> +<p>teils boshaft und teils dumm,</p> +<p>geht er als Geist des Widerspruchs</p> +<p>in Schrift und Mären um.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die drei vereint: wir stehn verdutzt,</p> +<p>wie Zufalls Koboldmacht</p> +<p>das Wort entstellt, den Sinn verdreht—</p> +<p>man ärgert sich und lacht.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.24'></a>—24—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Zwei Worte weiß ich, die einander feind,</p> +<p>das eine sucht das andre zu verderben,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page158"></a>158</span>in beiden +müssen viel Geschöpfe sterben;</p> +<p>und hast du sie zu einem Wort vereint,</p> +<p>eint sich auch ihre zehrend böse Kraft,</p> +<p>schon manchen Volksstamm hat es hingerafft.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.25'></a>—25—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Auf der höchsten Berge Rücken</p> +<p>ist es immer leicht zu finden,</p> +<p>wo die kleinen Gletscherbäche</p> +<p>schäumend sich zu Tale winden.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Tausch die Silben—ach, verlegen</p> +<p>steh ich vor gemischten Dingen,</p> +<p>Chemiker und Apotheker</p> +<p>mögen dir die Lösung bringen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.26'></a>—26—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich hab keine Hände und kann doch tragen,</p> +<p>hab keine Flinte und kann doch jagen;</p> +<p>kann klettern und schwere Lasten heben</p> +<p>und bin doch ein zartes, hinfälliges Leben.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.27'></a>—27—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Viel Glieder hab ich, die einander gleichen.</p> +<p>Ich helf auf des Verbrechens dunklem Pfade,</p> +<p>doch himmelshell führ ich empor zur Gnade;</p> +<p>manch hohen Stand kannst du mit mir erreichen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page159"></a>159</span>Bist du's, so +darfst du wanken nicht noch weichen;</p> +<p>denn Ehre trägst du neben mancher Last,</p> +<p>die arbeitsfroh du übernommen hast,</p> +<p>ob du im Kleinen wirkst, ob hoch im Grade.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.28'></a>—28—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Getrieben werd ich, doch ich treibe wieder;</p> +<p>mir folgen arbeitsam viel erzne Glieder.</p> +<p>Seit Jahrmillionen geh ich auf und nieder,</p> +<p>bald sanft, bald wild, doch niemals ohne Brüder.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hitze und Kälte trag ich, hin und wider;</p> +<p>übt mich der Knabe, stärkt er seine Glieder.</p> +<p>Die Luft durcheil ich ohne jed' Gefieder;</p> +<p>den Augen bring ich Schau, den Ohren Lieder.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.29'></a>—29—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Stets bin ich eines Leuchtenden Trabant,</p> +<p>teils nah, teils fern ihm, wie's der Himmel will.</p> +<p>Bescheiden bin ich selten, niemals still;</p> +<p>ja, Schweigen ist mir gänzlich unbekannt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ein Wort füg an, das keiner gern empfängt</p> +<p>und das die Kinder schreckt von Alters her;</p> +<p>doch ohne es fällt manche Arbeit schwer,</p> +<p>weil's feste Massen auseinander drängt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page160"></a>160</span>Das ganze Wort +sind Steinchen unter Steinen,</p> +<p>die im Geröll sich finden, glatt und spitz;</p> +<p>du hebst sie auf und freust dich an dem Witz,</p> +<p>den die Natur sich hat erlaubt im Kleinen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.30'></a>—30—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin nur klein, doch banne ich die Welt</p> +<p>in meinen Kreis bis hoch ins Sternenzelt;</p> +<p>dem Vorbild der Natur einst nachgeschafft</p> +<p>vertiefte ich den Blick der Forschungskraft.</p> +<p>Ein Wort füg an, das sich der Mensch gesetzt</p> +<p>zur Ordnung gegen den, der sie verletzt;</p> +<p>der Fromme fühlt es oft von Gott gesandt,</p> +<p>ans Letzte, Jüngste denkt er furchtgebannt,</p> +<p>an Weltkrieg, Hungersnot und Aufruhrleid—</p> +<p>da ist das Ganze eine Seltenheit.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.31'></a>—31—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die erste Silbe führt die krause Schar,</p> +<p>die uns vertraut seit unsrer Klippschulzeit.</p> +<p>Die zweite tönt durch Weiten hell und klar,</p> +<p>ruft bald zur Ruhe, bald zu wildem Streit.</p> +<p>Und wenn der tapfre Krieger</p> +<p>sein junges Leben gab,</p> +<p>fällt ihm vielleicht der Schatten</p> +<p>des Ganzen auf sein Grab.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page161"></a>161</span><a +id='poem111.32'></a>—32—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein deutscher Meister war es, gottgesandt,</p> +<p>der jenes edle Tonstück uns geschenkt;</p> +<p>der Vogel übt's, der seine Flügel lenkt—</p> +<p>dir wünsch ich es, mein deutsches Vaterland.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Was allen Flügelwesen wohlbekannt,</p> +<p>was jedes Blatt, das aus der Hülle bricht,</p> +<p>ersehnt; was man von Kraft und Tugend spricht—</p> +<p>das wünsch ich dir, mein deutsches Vaterland.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ein Flüßchen, an der Schieferberge Rand,</p> +<p>sehr vielen ist sein Name leerer Schall,</p> +<p>ein kleines Wort, doch wir ersehnen's all—</p> +<p>wünsch ich dir auch, mein deutsches Vaterland.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Auch ihn, der tief verabscheut Mord und Brand,</p> +<p>den Engel, der auf Morgenwiesen geht,</p> +<p>doch oft verhüllten Hauptes abseits steht—</p> +<p>ihn sende Gott dir, o mein Vaterland!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.33'></a>—33—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>In Not und Gefahr</p> +<p>greife ich ein,</p> +<p>Schmerzlich willkommen</p> +<p>der Angst und der Pein;</p> +<p>lies mich von vorn,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page162"></a>162</span>lies mich +verkehrt,</p> +<p>immer der gleiche,</p> +<p>geschmäht und geehrt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.34'></a>—34—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wir sind's mit Stamm und Vaterland,</p> +<p>mit Menschen, die uns lieb und blutsverwandt,</p> +<p>mit jeder Arbeit, die der Seele wert;</p> +<p>der Reiter rühmt: wir sind's, ich und mein Pferd.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Doch wer es ist, trägt eine schwere Last,</p> +<p>er ist sich selbst ein mißgeschickter Gast;</p> +<p>Statt Liebe blüht ihm Mitleid, und im Schwarm</p> +<p>gesunder Jugend fühlt er doppelt Harm.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.35'></a>—35—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wir sind's gewiß in vielen Dingen</p> +<p>in einem sind wir's nimmermehr;</p> +<p>die sind's, die wir zu Grabe bringen,</p> +<p>und eben die sind's bald nicht mehr.</p> +<p class='i2'>Drum, weil wir leben,</p> +<p class='i2'>sind wir's eben</p> +<p class='i2'>an Wesen wie Gesicht;</p> +<p class='i2'>drum, weil wir leben,</p> +<p class='i2'>sind wir's eben</p> +<p class='i2'>zur Zeit noch nicht.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page163"></a>163</span><a +id='poem111.36'></a>—36—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Nennst du das Ganze, tönt es uns entgegen</p> +<p>von Sommernächten, wo des Mondes Horn</p> +<p>verschwärmten Pärchen winkt auf lauschigen Wegen,</p> +<p>und wo aus seinem wundersamen Born</p> +<p>das Märchen auftaucht und in tiefem Sinnen</p> +<p>uns anschaut, und verträumte Bäche rinnen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Teilst du das Wort, stellt dir zuerst sich dar</p> +<p>die Stadt, die wir mit Ehrfurcht gern beschauen,</p> +<p>die Heiden einst wie Christen heilig war,</p> +<p>wo Pilger heut und Kenner sich erbauen;</p> +<p>ein Teil der Stadt ist noch des Wortes Rest</p> +<p>und hält den Glanz vergangner Zeiten fest.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.37'></a>—37—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ohne Zepter, ohne Krone</p> +<p>herrsche ich auf dieser Erde,</p> +<p>buntes Spiel vor meinem Throne</p> +<p>zaubert stets mein Wort: Es werde!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Noch zwei Zeichen: Alles wich,</p> +<p>Pracht und Buntheit sind verschwunden,</p> +<p>und in künftigen dunklen Stunden</p> +<p>werden es auch du und ich.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page164"></a>164</span>Aber ändre +den Akzent:</p> +<p>sieh, schon quillt das Leben wieder,</p> +<p>neue Schau und neue Lieder,</p> +<p>die man gern mit mir benennt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.38'></a>—38—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Strom ergießt sich sickernd durch die Welt,</p> +<p>ich dring in Haus und Hütte, Schloß und Zelt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Seitdem der Mensch Urkunden aufbewahrt,</p> +<p>sind Geist und Wille durch mich offenbart.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich schüre Gluten, wirke Herzeleid,</p> +<p>tief wird durch mich verdammt und hoch gebenedeit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Versöhnung bring ich und entfache Streit,</p> +<p>zeig manchen töricht, manchen grundgescheit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Doch sitzt du in mir, fühlst du dich geknickt;</p> +<p>vielleicht, daß dir durch mich die Rettung glückt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.39'></a>—39—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich nähre mich von fremden Stoffen,</p> +<p>doch kann auch ohne sie bestehn;</p> +<p>ich bin's, auf das die Weisen hoffen,</p> +<p>und alle Weiten stehn mir offen,</p> +<p>ihr würdet ohne mich vergehn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page165"></a>165</span>Am hellen Tage +herrsch ich gerne,</p> +<p>doch auch die Nacht ist mir vertraut;</p> +<p>ich wohne auf dem kleinsten Sterne,</p> +<p>mich schreckt sie nicht, die große Ferne</p> +<p>die mich mit Geisterhänden baut.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich wirke in den Himmelsblitzen,</p> +<p>versteckter Tat bin ich verhaßt;</p> +<p>wo grübelnd die Gelehrten sitzen</p> +<p>und ratlos ob der Lösung schwitzen,</p> +<p>bin ich ein hochwillkommner Gast.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.40'></a>—40—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>In alten Zeiten</p> +<p>hat mich der Mensch erdacht</p> +<p>und Ordnung mit mir</p> +<p>in die Dinge gebracht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wie nötig bin ich</p> +<p>der Wissenschaft,</p> +<p>wie zeige ich</p> +<p>der Völker Kraft!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn ich nicht eng</p> +<p>ihm verbunden wär,</p> +<p>wie würde erliegen</p> +<p>das tapferste Heer!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page166"></a>166</span>Und doch weiß +jeder,</p> +<p>wie schwach ich bin,</p> +<p>denn erst mein Nachbar</p> +<p>gibt Halt mir und Sinn.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.41'></a>—41—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Als ich noch klein war, war ich recht beschaulich;</p> +<p>mein Leben ging so lind wie Frühlingswellen,</p> +<p>und zaghaft flossen meines Geistes Quellen,</p> +<p class='i2'>eng, doch erbaulich.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich wuchs und wuchs, es schwollen meine Adern,</p> +<p>sie dehnten sich wie meine Machtgedanken;</p> +<p>mein Schaffenswille türmte ohne Schranken</p> +<p class='i2'>Quadern auf Quadern.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Den Künsten schuf ich manche Pflegestätte,</p> +<p>ich half der Wissenschaft zu vollem Wirken,</p> +<p>und Geist und Arbeit gaben den Bezirken</p> +<p class='i2'>die feste Kette.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Doch Ruh und Frieden mußten weiterziehen;</p> +<p>und meine Kinder lassen gern sich locken</p> +<p>von grünen Wäldern, sanften Herdenglocken,</p> +<p class='i2'>mir zu entfliehen.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page167"></a>167</span><a +id='poem111.42'></a>—42—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein erstes Wort, im engen Raum genährt,</p> +<p>strebt weit hinaus, daß es die Welt regiere;</p> +<p>wir stäken noch im Dämmersinn der Tiere,</p> +<p>hätte nicht Gott dem Menschen es gewährt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mein zweites hat der Kaiser und der König,</p> +<p>und ist es auch zumeist; fast jeder strebt</p> +<p>es irgendwie zu sein, solang er lebt,</p> +<p>und wer es ist, dem scheint es oft zu wenig.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der, der das Ganze ist, wirft manchen Blitz</p> +<p>anfeuernd ins Gespräch und ins Gerede,</p> +<p>ein wohlgelittner Schalk selbst in der Fehde;</p> +<p>man lobt den Scharfsinn, freut sich an dem Witz.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.43'></a>—43—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Willst du das erste Wort stets sein und handeln,</p> +<p>so hast du eine schwere Arbeit vor,</p> +<p>so leicht sie scheinen mag; doch stets erkor</p> +<p>der Edle sie, wie auch die Zeiten wandeln.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das andre Wort scheint winzig und gering,</p> +<p>doch schlummern in ihm unbegrenzte Kräfte;</p> +<p>es schwillt und wächst, wenn es die rechten Säfte,</p> +<p>die nur Natur verleihen kann, empfing.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page168"></a>168</span>Vereint die Worte: +altverbriefte Rechte,</p> +<p>Gemeinden oder Ständen zuerkannt,</p> +<p>beherrschten sie vor Zeiten Stadt und Land,</p> +<p>doch schwinden hin im späteren Geschlechte.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.44'></a>—44—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Reich ist unbegrenzt; bis in die fernste Zone</p> +<p>flieg ich hinaus. Selbst hin zu Gottes Throne</p> +<p>bahn ich den Weg mir aus der engen Zelle,</p> +<p>in der ich ward. Ich liebe Klarheit, Helle.</p> +<p>Dem Willen beigesellt, der Kind mir und Berater,</p> +<p>bin ich—ich sag es stolz—der größten Taten +Vater.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ein neues Wort schließ an: Es ist des Künstlers Ziel,</p> +<p>dir zu vermitteln fremder Geister Spiel,</p> +<p>das er mit seinem Lebensblute tränkt</p> +<p>und eigne Kraft den fremden Seelen schenkt.</p> +<p>Erschrocken sieht's der Arzt, fragt: wie? woher?</p> +<p>Manch Leben bliebe heil, wenn ich nicht wär.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Vereine beide Worte: Welch ein Wissen</p> +<p>von Mensch zu Mensch! In fremdes Sein gerissen</p> +<p>stehn wir vor unbegreiflich zarten Dingen,</p> +<p>die unsrer Seele dunkle Träume bringen,</p> +<p>und fühlen scheu des Geistes Doppelwesen.</p> +<p>Du großes Rätsel, wer wird je dich lösen?</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page169"></a>169</span> +<h3><a id="poem112"></a>Polterabendgedicht</h3> +</div> + +<h4 class='subhead'>für ein kleines Mädchen</h4> + +<p class='stage'>(mit einer Schlüssel-Atrappe)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin eine kleine Sternschnuppe</p> +<p>und rutschte herab vom Himmel</p> +<p>und fiel aus der großen Milchstraße</p> +<p>grad hier in das Gewimmel.</p> +<p>Verwundert fragt' ich die Leute:</p> +<p>Wo kommt ihr denn alle her?</p> +<p>Da sagten sie mir, daß heute</p> +<p>hier Polterabend wär.</p> +<p>Die Ehen schließt man im Himmel,</p> +<p>und Donnergepolter gibt's auch;</p> +<p>da bin ich ja wie zu Hause</p> +<p>und bring meine Gabe auch.</p> +<p>Nehmt hier den Zauberschlüssel,</p> +<p>vom Sirius bracht ich ihn mit</p> +<p>in meiner Sternentasche,</p> +<p>als ich herunter glitt.</p> +<p>Stets häng er zu euern Häupten,</p> +<p>und zieht es euch hinauf,</p> +<p>schließt er zu jeder Stunde</p> +<p>den ganzen Himmel auf.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page170"></a>170</span> +<h3><a id="poem113"></a>Hochzeitsgedicht</h3> +</div> + +<p class='stage'>(mit einem Frühlingsblumenstrauß)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Maienkönig schickt mich her,</p> +<p>sagte, daß hier Hochzeit wär,</p> +<p>sollt fein gratulieren;</p> +<p>suchte einen vollen Strauß</p> +<p>allerschönster Blüten aus,</p> +<p>euer Haus zu zieren.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Himmelschlüssel, goldig, zart,</p> +<p>Blumen von besondrer Art,</p> +<p>schickt er euch mit Grüßen.</p> +<p>Seht, sie leuchten sonnengleich;</p> +<p>Liebe heißt das Himmelreich,</p> +<p>das sie euch erschließen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Dieses blaue Sternchen spricht</p> +<p>frommen Sinns: Vergiß-mein-nicht,</p> +<p>vergiß mir nicht die Treue!</p> +<p>Treue, die zu Liebe steht,</p> +<p>ist so stark wie ein Gebet,</p> +<p>tröstet stets aufs neue.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hier Narzissen. Weiß und rein,</p> +<p>ohne Makel sollt ihr sein,</p> +<p>hütet Sinn und Herzen!</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page171"></a>171</span>Seht der Unschuld +klares Bild;</p> +<p>wer an ihm sich stärkt und stillt,</p> +<p>trägt leicht Not und Schmerzen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Nehmt hin, was der Mai geschickt,</p> +<p>nehmt den Strauß und seid beglückt</p> +<p>für ein langes Leben!</p> +<p>Unverwelklich blüh er fort,</p> +<p>tief in eurer Seele Hort</p> +<p>glühe göttlich Streben!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem114"></a>Neujahrsspiel</h3> + +<h4>Das alte Jahr</h4> + +<p class='stage'>(tritt in grauem Mantel ein)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott, ihr Leute, ich bin das Jahr,</p> +<p>das immer ist und immer war,</p> +<p>das immer kommt und immer geht</p> +<p>und niemals zaudernd stille steht,</p> +<p>das mit geheimem Pendelschlag</p> +<p>die Weltuhr regelt Tag für Tag.</p> +<p>Die Würfel werf ich: Leben und Tod,</p> +<p>Glück oder Unglück, Heil oder Not—</p> +<p>sie fallen gewichtig und ordnen die Welt,</p> +<p>einem Höheren unterstellt.</p> +<p>Zwölf Kinder hab ich zur Welt gebracht,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page172"></a>172</span>sie gleichen sich +wenig, doch jedes hat Macht;</p> +<p>sie ziehen gestaltend durch die Welt,</p> +<p>eins mir immer zugesellt,</p> +<p>während die andern harren und ruhn</p> +<p>zu neuer Arbeit, zu frischem Tun.</p> +<p>Nur heute an meinem Geburtstag sind</p> +<p>sie alle gekommen, aus Regen und Wind,</p> +<p>aus Sonne und Nebel, aus Tiefen und Höhn,</p> +<p>ihre alte Mutter wiederzusehn.</p> +<p>Herein, meine Söhne, ein Kompliment,</p> +<p>und sagt den Leuten, was ihr könnt!</p> +</div> +</div> + +<h4>Januar</h4> + +<p class='stage'>(in dickem Pelz, mit Schlittschuhen und Schellen)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der Januar,</p> +<p>voll Schnee und Eis hängt Bart und Haar;</p> +<p>der Vetter Nordwind versteht das Blasen,</p> +<p>steif sind die Ohren, rot die Nasen.</p> +<p>Zugefroren ist See und Fluß;</p> +<p>rasch den Schlittschuh unter den Fuß!</p> +<p class='i2'>Die Eisen gleiten</p> +<p class='i2'>durch blitzende Weiten</p> +<p class='i2'>in Bogen und Zacken,</p> +<p class='i2'>das gibt rote Backen!</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page173"></a>173</span>Hört ihr das +Schellengeläut? Meine Gäste</p> +<p>sausen durch Schnee und Rauhreifgeäste.</p> +</div> +</div> + +<h4>Februar</h4> + +<p class='stage'>(in Karnevalskostüm mit Pritsche)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich heiße Februar,</p> +<p>gleiche dem Bruder fast aufs Haar,</p> +<p>nur trage ich gern ein Maskenröckchen,</p> +<p>an meiner Kappe klingeln Glöckchen.</p> +<p>Weil ich im Spiel und Tanzen tüchtig,</p> +<p>schelten sie mich vergnügungssüchtig,</p> +<p>spotten und lachen hinter mir her,</p> +<p>weil ich zu kurz geraten wär,</p> +<p class='i2'>rufen: "Prinz Karneval,</p> +<p class='i2'>Narren gibt's überall!"</p> +<p>Doch meinen Punsch und Pfannekuchen</p> +<p>möchten Narren wie Weise versuchen.</p> +</div> +</div> + +<h4>März</h4> + +<p class='stage'>(in Landstreichertracht, mit einem +Veilchensträußchen)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der Bruder März,</p> +<p>ich habe ein wildes, stürmisches Herz.</p> +<p>Kann mich nicht mit den Brüdern vertragen,</p> +<p>puste ihnen den Schnee vom Kragen.</p> +<p class='i2'>Säubre die Wälder,</p> +<p class='i2'>fege die Felder,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page174"></a>174</span>tu aus der Seele +das Kalte hassen,</p> +<p>muß es doch oft mir gefallen lassen;</p> +<p>aber bin ich erst König ein Weilchen,</p> +<p>grüßt ihr mit mir die ersten Veilchen,</p> +<p>seht ihr die Spitzen an Sträuchern und Bäumen,</p> +<p>die selig von künftger Entfaltung träumen.</p> +</div> +</div> + +<h4>April</h4> + +<p class='stage'>(in Wandervogeltracht mit Zupfgeige)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der lustge April,</p> +<p>der immer tut, was er grade will.</p> +<p>Mal liebe ich's naß, mal liebe ich's trocken,</p> +<p>die Zugvögel tu ich nach Hause locken.</p> +<p class='i2'>Schneewassergüsse</p> +<p class='i2'>schwellen die Flüsse,</p> +<p>ich aber streif durch den Wiesengrund,</p> +<p>öffne der Obstblüte lieblichen Mund</p> +<p>und nicke den närrischen Träumern zu;</p> +<p>mit denen steh ich auf du und du,</p> +<p><i>schickt</i> sie nur immer! ich lehre sie lachen</p> +<p>und sich aus den Plagen der Welt nichts machen.</p> +</div> +</div> + +<h4>Mai</h4> + +<p class='stage'>(in Bauerntracht mit Maiglöckchenstrauß)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Der Mai darf kaum noch wagen,</p> +<p>Besondres von sich auszusagen.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page175"></a>175</span>Ich schäme +mich wirklich; bin so bekannt</p> +<p>wie ein bunter Pudel rings im Land.</p> +<p>Diese sammetlockigen teutschen Tichter,</p> +<p>hol der Kuckuck das Reimgelichter:</p> +<p class='i2'>"—der süße Mai,</p> +<p class='i2'>der entzückende Mai,</p> +<p>der blütenbekränzte, der himmlische Mai—"</p> +<p>mir wird ganz blümerant dabei,</p> +<p>denk ich an all die Dudelei.</p> +<p>Die Kinder lob ich; das lärmt und lacht</p> +<p>und feiert ganz ungereimt meine Pracht.</p> +</div> +</div> + +<h4>Juni</h4> + +<p class='stage'>(in Gärtnertracht, mit Gießkanne und +Rosenstrauß)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich werde Juni genannt,</p> +<p>Farben und Düfte bring ich ins Land.</p> +<p>Seht, wie's im Garten knospet und quillt,</p> +<p>seht, wie die Frucht sich rundet und schwillt!</p> +<p>Vor allem muß ich die Rosen wecken,</p> +<p>ich küsse sie wach an Stamm und Hecken.</p> +<p class='i2'>Sind Regen und Wind</p> +<p class='i2'>mir wohlgesinnt,</p> +<p>schaff ich und wirk ich am grünen Gewande,</p> +<p>halte die Hoffnung am schimmernden Bande</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page176"></a>176</span>und pflege das +Wachstum der kommenden Zeit;</p> +<p>wenn der Schnitter prüft, ist die Saat bereit.</p> +</div> +</div> + +<h4>Juli</h4> + +<p class='stage'>(in Schäfertracht, mit Kornblumenstrauß)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Erlaubt mir, daß ich sitze,</p> +<p>ich bin der Juli; spürt ihr die Hitze?</p> +<p>Kaum weiß ich, was ich noch schaffen soll,</p> +<p>die Ähren sind zum Bersten voll;</p> +<p>reif sind die Beeren, die blauen und roten,</p> +<p>saftig sind Möhren und Bohnen und Schoten.</p> +<p>So habe ich ziemlich wenig zu tun,</p> +<p>darf mich ein bißchen im Schatten ruhn.</p> +<p class='i2'>Duftender Lindenbaum,</p> +<p class='i2'>rausche den Sommertraum!</p> +<p>Seht ihr die Wolke? fühlt ihr die Schwüle?</p> +<p>Bald bringt Gewitter Regen und Kühle.</p> +</div> +</div> + +<h4>August</h4> + +<p class='stage'>(in Schnittertracht, mit Sichel und Harke)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der Monat August,</p> +<p>bin ernster Pflichten mir bewußt;</p> +<p>muß Frucht und Korn zur Ernte reifen,</p> +<p>meine Lieblingsmusik ist das Sensenschleifen.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page177"></a>177</span>Bald kommt die +Ernte; der Himmel lacht,</p> +<p>der Segen wird in die Scheunen gebracht.</p> +<p class='i2'>Zum fröhlichen Reigen</p> +<p class='i2'>jubeln die Geigen.</p> +<p>Doch mancher steht abseits vom Taumel und denkt</p> +<p>des Schöpfers, der alles zum Besten lenkt,</p> +<p>der Ordnung bringt in den Gang der Dinge,</p> +<p>daß Schweiß und Fleiß auch Freude bringe.</p> +</div> +</div> + +<h4>September</h4> + +<p class='stage'>(im Touristenkostüm)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der September, ich ziere</p> +<p>mit rotem Weinlaub eure Spaliere.</p> +<p>Dem Wandrer lachen auf allen Wegen</p> +<p>köstlich die reifenden Früchte entgegen,</p> +<p>die gelben und blauen. Ich liebe die Ferne,</p> +<p>am Ufer der Meere träume ich gerne,</p> +<p class='i2'>wo die Welle beginnt,</p> +<p class='i2'>wo die Welle zerrinnt,</p> +<p>wo die Brandung braust und überschäumt</p> +<p>und ein Zugvogelschwarm den Himmel säumt;</p> +<p>da lieg ich und grüble und suche vergebens</p> +<p>den Sinn des Sterbens, den Sinn des Lebens.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page178"></a>178</span>Oktober</h4> + +<p class='stage'>(in Winzertracht mit Weinglas und Flasche)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der Bruder Oktober;</p> +<p>die Nase glänzt mir wie Zinnober,</p> +<p>das kommt vom Gucken ins Gläschen. Vor Zeiten</p> +<p>lehrt ich die Menschen Wein bereiten;</p> +<p>der wurde bald ihr Lieblingsgetränke,</p> +<p>jetzt krigt man ihn in jeder Schänke.</p> +<p class='i2'>Kommt mit zum Wein,</p> +<p class='i2'>ich lade euch ein!</p> +<p>Seht, wie die Wälder sich buntselig färben,</p> +<p>sie wissen: ein Schlaf nur ist alles Sterben.</p> +<p>So kommt und sinnt und fragt nicht viel;</p> +<p>"das Leben ist des Lebens Ziel!"</p> +</div> +</div> + +<h4>November</h4> + +<p class='stage'>(in Jägertracht mit Gewehr)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Der November stellt sich vor.</p> +<p>Mir ist ergeben der große Chor</p> +<p>der Winde und Stürme, die das Gefilde</p> +<p>von Unrat säubern; und auch die Gilde</p> +<p>der Nebel und Wolken ist mir vertraut.</p> +<p>Wer auf des Meeres Sanftmut baut,</p> +<p>wagt sein Leben, wenn ich regiere;</p> +<p>ich hasse den Frohsinn in meinem Reviere,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page179"></a>179</span>ich hasse die +Sonne, hasse die Milde,</p> +<p>zerreiße im Felde das letzte Gebilde.</p> +<p>Ich liebe nur eins: wenn das Jagdhorn schallt,</p> +<p>hinter scheuem Wild die Büchse knallt.</p> +</div> +</div> + +<h4>Dezember</h4> + +<p class='stage'>(in beflittertem Pelz, mit kleinem +Weihnachtsbäumchen)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der Dezember und flechte</p> +<p>zu kurzen Tagen die langen Nächte.</p> +<p>Karg ist die Sonne in meinem Gezelt,</p> +<p>doch bring ich ins Haus eine schimmernde Welt.</p> +<p>Wenn im Ofen die Bratäpfel schmoren,</p> +<p>flüstert es leise von Mündern zu Ohren,</p> +<p>gibt es ein Reden, ein Kichern und Necken,</p> +<p>ein Fragen und Freuen, Pakete verstecken,</p> +<p>ein "bitte, Mama", ein "sag doch, Papa,</p> +<p>ists Christkindel denn noch nicht da?"</p> +<p>Wenn am Heiligen Abend der Tannenbaum brennt,</p> +<p>bin ich in meinem Element;</p> +<p class='i2'>hell sind die Kerzen,</p> +<p class='i2'>warm sind die Herzen,</p> +<p>uns kümmert nicht Kälte noch Regen noch Wind.</p> +<p>Und denen, die arm und traurig sind,</p> +<p>und wo die Not sonst die Freude verbannt,</p> +<p>geben wir gern mit Herz und Hand.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page180"></a>180</span>Das Jahr</h4> + +<p class='stage'>(läßt den grauen Mantel allmählich +fallen, steht dann in hellem Festgewand)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wohl, meine Kinder! Jetzt aber denkt</p> +<p>an den Wechsel der Dinge und Den, der sie lenkt!</p> +<p>Stein wird zu Sand, Lebendges zu Stein,</p> +<p>Luft wird zu Wasser, Glut zu Wein,</p> +<p>Frucht wird zum Samen, Samen zum Baum,</p> +<p>Raum wird zu Zeit, und Zeit zu Raum.</p> +<p>Und immer rollt durchs Himmelszelt</p> +<p>die Erde, unsre alte Welt,</p> +<p>die stets verjüngt, in neuer Kraft,</p> +<p>fruchtbar ihr prangendes Kleid sich schafft.</p> +<p>Jedoch ihr Diadem und Zier,</p> +<p>ihr Menschenkinder, das seid ihr!</p> +<p>Drum freut euch ihrer Herrlichkeit,</p> +<p>freut euch des Meeres, so stark und weit,</p> +<p>freut euch der Wälder, der Blüte, der Frucht,</p> +<p>freut euch der Berge mit Tal und Schlucht!</p> +<p>Und freut euch eurer eignen Kraft,</p> +<p>die der Erkenntnis Wunder schafft;</p> +<p>seid glücklich, daß ihr Menschen seid,</p> +<p>der schönste Schmuck an Gottes Kleid,</p> +<p>wenn ihr euch seiner wert gestaltet,</p> +<p>euch immer göttlicher entfaltet.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page181"></a>181</span>Seid +glaubensstark, seid willensklar,</p> +<p>das wünscht das neue Erdenjahr!</p> +</div> +</div> + +<h4>Chor der Monate</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Seid friedensstark, seid liebesklar,</p> +<p>das wünscht der Monate bunte Schaar!</p> +<p class='i2'>Prosit Neujahr!</p> +<p class='i'>Nun reicht euch zur Wende</p> +<p class='i'>des Jahres die Hände</p> +<p class='i'>und grüßt euch mit Neigen</p> +<p class='i'>und schlingt einen Reigen!</p> +<p class='i'>Spiel auf, Musik, begleite sie,</p> +<p class='i'>des Jahres Schluß sei Harmonie!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem115"></a>Räuber und Prinzessin</h3> + +<h4 class='subhead'>Eine Kartoffelkomödie</h4> + +<h4>Einführung</h4> + +<p>Habt ihr schon mal was von der Kartoffelkomödie gehört? +Nein? So will ich euch erzählen, was das ist.</p> +<p>Die Kartoffelkomödie ist ein Theaterstück, das statt mit +Puppen mit Kartoffeln gespielt wird. Ihr bittet um ein Paar glatte, +nicht zu große Kartoffeln, bohrt mit dem Messer in jede ein rundes +Loch, so daß ihr euern Zeigefinger bis zum ersten Glied +hineinstecken könnt, und die Hauptsache ist fertig. Ein paar mit +Stecknadeln angepiekte Hemdknöpfchen als Augen, ein Stückchen +Rübe als Mund, und eins als Nase, bilden das Gesicht. Ein farbiger +Puppenlappen wird oben mit <span class='pgnum'><a +id="page182"></a>182</span>einer Schnur zusammengezogen und um den +Zeigefinger gebunden, nachdem zwei kleine Löcher für Daumen +und Mittelfinger hineingeschnitten sind. Ihr werdet euch wundern, wie +fein man die Finger als Arme und Hände benutzen kann.</p> +<p>Natürlich muß man sich in der Kleidung ein bißchen +nach den Personen des Stückes richten. In unsrer Komödie, die +ich nach einer älteren Vorlage ausgebaut habe, bekommt der +König eine Krone von Goldpapier und ein rotes oder grünes +Gewand, das ihr auch etwas mit Goldstreifen besetzen könnt. +Pumpfia trägt am besten einen kleinen Schleier mit einem +Streifchen Silberpapier um den Kopf, Jagomir einen großen braunen +oder grauen Hut mit einer roten Feder, der Kanzler einen schwarzen +Zylinder. Natürlich wird all das aus Papier gemacht. Die Kleider +könnt ihr euch selbst ausdenken, jeder Flicken ist dazu +brauchbar.</p> +<p>Wenn ihr das Stück aufführen wollt, ist es am bequemsten, +ihr spannt irgendeine Decke oder ein Tuch in einen offenen +Türrahmen, und zwar so hoch, daß ihr bequem mit den +Händen hinauflangen könnt; eure Köpfe dürfen +natürlich ebenso wenig zu sehen sein wie eure Füße. +Einen Vorhang braucht man nicht; die Puppen verschwinden einfach hinter +dem Tuch und kommen auch wieder so zum Vorschein. Jedes Kind kann zwei +Puppen spielen, mit jeder Hand eine; bei einer muß es dann seine +Stimme etwas verstellen.</p> +<p>So, nun versucht mal euer Heil! Es wird euch viel Spaß machen; +und den Zuschauern auch.</p> +<h4>Personen:</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>König Pflaumenmus.</p> +<p>Prinzessin Pumpfia.</p> +<p>Der Kanzler.</p> +<p>Der Räuber Jagomir.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page183"></a>183</span>Erste Szene.</h4> + +<p class='stageinit'>Der König tritt auf, vom Kanzler +begleitet.</p> +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Sommerabend ist so schön,</p> +<p>da muß man doch spazieren gehn.</p> +<p>Die Rosen duften süß, hazieh!</p> +<p>Die Nachtigall singt türütü—</p> +<p>—wie schmerzt mein linker großer Zeh,</p> +<p>und auch der rechte tut schon weh.</p> +<p>Den Schuster häng mir an den Galgen,</p> +<p class='stage'>(Kanzler verbeugt sich)</p> +<p>denn er gehört zu den Kanallgen.</p> +<p class='stage'>(König schnüffelt in die Luft)</p> +<p>Wie duftet's hier nach Bratkartoffeln,</p> +<p>da krigt man wirklich Appetit.</p> +<p>Geh, Kanzler, hol mir die Pantoffeln,</p> +<p>und bring die Abendzeitung mit.</p> +<p class='stage'>(Kanzler verbeugt sich und will gehn)</p> +<p>Halt! hemme noch den eiligen Lauf</p> +<p>und setz mir erst die Brille auf.</p> +<p class='stage'>(Kanzler tut's, dann ab.)</p> +<p>Ein König muß sich informieren,</p> +<p>es könnt doch was im Land passieren.</p> +<p class='stage'>(Kanzler kommt mit der Zeitung und den Pantoffeln +zurück.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page184"></a>184</span>Kanzler:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hier, König, bringe ich die Zeitung,</p> +<p>die allerneuste Meinungsleitung.</p> +<p>Auch Schlupfschuh hier aus Woll' und Watte,</p> +<p>wie Majestät befohlen hatte;</p> +<p>und frage untertänigst an,</p> +<p>ob ich noch sonstwie dienen kann.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Nun ja, rück mir die Krone grade;</p> +<p>denn fiel sie runter, wär's doch schade.</p> +<p class='stage'>(Kanzler rückt die Krone zurecht.)</p> +<p>Was steht denn hier im Tageblatt?</p> +<p>Prinz Kasimir kommt in die Stadt?</p> +<p>Da wird er uns gewiß besuchen.</p> +<p>He, Kanzler, haben wir noch Kuchen?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Kanzler:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Herr, nicht 'ne einzige Butterschrippe.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Na, häng nicht gleich die Unterlippe;</p> +<p>hol Streußelkuchen vom Konditor,</p> +<p>auch Vollmilch, einen halben Litor.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Kanzler:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ach, Herr, von Geld ist keine Spur.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page185"></a>185</span>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Das schad't nix, Kanzler; pumpe nur.</p> +<p>Wir Könige lassen uns nicht lumpen,</p> +<p>und sollten wir die Welt auspumpen.</p> +<p>Geh jetzt und sorge für mein Land</p> +<p>mit Militär und mit Verstand!</p> +<p class='stage'>(Kanzler verneigt sich, tritt vor.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Kanzler:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Was hat ein Kanzler doch für Sorgen;</p> +<p>wo soll ich bloß schon wieder borgen?</p> +<p>Wer schafft mir von der Deutschen Bank</p> +<p>den Schlüssel zu dem Kassenschrank?</p> +<p>Reichskanzler sein ist wirklich schwer;</p> +<p>ich dachte nicht, daß es so wär.</p> +<p>Ich annonciere in der "Quelle",</p> +<p>vielleicht krieg ich 'ne andre Stelle.</p> +<p class='stage'>(Kanzler ab.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König <span class='stage'>(lesend)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Den Streik, den soll der Kuckuck holen!</p> +<p>Wir haben so schon keine Kohlen,</p> +<p>mein Thronsaal wird tagtäglich kälter,</p> +<p>und ich—ich werde immer älter.</p> +<p>Auf diese Bank will ich mich legen,</p> +<p>ein Stündchen süßer Ruhe pflegen.</p> +<p class='stage'>(Legt sich hin und schnarcht.)</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page186"></a>186</span>Zweite +Szene.</h4> + +<p class='stageinit'>Pumpfia, König.</p> +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wo bist du denn, mein Väterchen,</p> +<p>mein süßer Pumps, mein Käterchen?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer stört mir meine Ruh im Grase?</p> +<p>Ach, <i>Du</i> bist's, kleine Stumpelnase.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Papa, ich bring dein Leibgericht,</p> +<p>Bratkartoffeln! riechst du's nicht?</p> +<p>Ich briet sie selbst, ist das nicht nett?</p> +<p>mit Liebe und mit Hammelfett;</p> +<p>und machte Klopse dir zulieb,</p> +<p>vom Fleisch, das gestern übrig blieb.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König <span class='stage'>(essend)</span></p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich danke dir, mein Herzensmops,</p> +<p>für die Kartoffeln und den Klops.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Papa, ich bin bald zwanzig Jahre</p> +<p>und kriege nächstens graue Haare;</p> +<p>ich mach mich immer wunderschön,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page187"></a>187</span>allein kein Freier +läßt sich sehn.</p> +<p>Ich krieg am End gar keinen Mann;</p> +<p>was fang ich alte Jungfer an?</p> +<p class='stage'>(Sie weint.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>So liebe <i>mich</i>, mein süßes Kind!</p> +<p>Heiraten geht nicht so geschwind.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ach doch, Papa, 's geht ganz bequem.</p> +<p>Wenn doch ein Prinz, ein trauter, käm!</p> +<p class='stage'>(weint stärker.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Pümpfchen, tröste dich bis morgen,</p> +<p>da will ich dir 'nen Mann besorgen.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='stage'>(fällt ihm um den Hals):</p> +<p>Du guter einziger Papa,</p> +<p>ich sag gewiß zu allen ja.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Leb wohl, ich muß zur Konferenz;</p> +<p>es ist nicht gut, wenn ich die schwänz.</p> +<p class='stage'>(König ab.)</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page188"></a>188</span>Dritte +Szene.</h4> + +<p class='stageinit'>Pumpfia, nachher Jagomir.</p> +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich arme Pumpfia und Prinzessin,</p> +<p>ach könnt ich doch mein Leid vergessen!</p> +<p>allein, o leider ganz allein,</p> +<p>in diesem holden Mondenschein!</p> +<p>Kein Jüngling liebt mich nur ein bißchen,</p> +<p>kein Prinz gibt mir ein holdes Küßchen.</p> +<p>Mein Herz ist leer, mein Kopf ist dumm,</p> +<p>ich fall vor lauter Sehnsucht um—</p> +<p class='stage'>(fällt um.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir <span class='stage'>(tritt auf)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich stahl mir heimlich hier herein,</p> +<p>hier wird doch was zu mausen sein?</p> +<p class='stage'>(Schnüffelnd)</p> +<p>Nee, wo mit Hammelfett gebraten,</p> +<p>da regnet's sicher nich Dukaten.</p> +<p class='stage'>(Er erblickt Pumpfia )</p> +<p>'ne Dame? Ei, wie wunderschön;</p> +<p>die muß ich mal genau besehn.</p> +<p class='stage'>(Er tut's.)</p> +<p>Ich nehme mir den Hochgenuß</p> +<p>und geb ihr einen süßen Kuß.</p> +<p class='stage'>(Er tut's.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page189"></a>189</span>Pumpfia <span +class='stage'>(erwachend)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Was ist das für ein schöner Mann?</p> +<p>Ich wag's und red ihn lieblich an.</p> +<p>Wer seid Ihr, herrlicher Genoß?</p> +<p>Wie kamt Ihr her in dieses Schloß?</p> +<p>Ich bin durch Euern Gruß beglückt;</p> +<p>hat Euch ein Engel hergeschickt?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>'n Engel? Nee, das war der Robert;</p> +<p>der hat das Ding hier ausbaldowert.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ist alles gleich; du bist mein Schätzchen,</p> +<p>mein süßer Freund, mein Busenlätzchen.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Aber—was wird dein Vater sagen?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ach was, wer wird den Alten fragen.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir <span class='stage'>(küßt +sie)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein honigsüßer Sirupstengel,</p> +<p>mein Marzipan, mein Zuckerengel!</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Welch Geist, welch Witz, welch hoher Held!</p> +<p>Pumpfia geht mit dir durch die Welt!</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page190"></a>190</span>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Schätzchen, hast du auch Moneten?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die sind hier weniger vertreten;</p> +<p>an diese Frage rühre nich,</p> +<p>geliebter Freund, entführe mich.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Na, denn man zu, du süße Hummel!</p> +<p class='stage'>(Beiseite)</p> +<p>Verflixt, das wird 'n schöner Rummel.</p> +</div> +</div> + +<h4>Vierte Szene.</h4> + +<p class='stageinit'>König, die Vorigen.</p> +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Prinzessin Pumpfia, Kasimir,</p> +<p>wo seid ihr kleinen Schäker ihr?</p> +<p>Ihr wollt euch wohl vor mir verstecken?</p> +<p>Na wart't, ich werd euch gleich entdecken.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir <span class='stage'>(beiseite)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>I, du meine himmlische Güte,</p> +<p>die jlooben, ick sei ein Prinz von Geblüte;</p> +<p>dabei gehör ick zum Räuberstand,</p> +<p>der ernährt seinen Mann besser als so'n Land.</p> +<p class='i2'><span class='stage'>(<span class='pgnum'><a +id="page191"></a>191</span>Laut)</span>:</p> +<p>Guten Tag, Herr König, ich habe die Ehr</p> +<p>und verbeuge mir sehr.</p> +<p class='stage'>(Er tut's)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Vaterherz hüpft froh und warm:</p> +<p>mein Pümpfchen in des Prinzen Arm.</p> +<p>Mein hoher Gast, Prinz Kasimir,</p> +<p>wie findet meine Tochter Ihr?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Das Mädel hier? Na, himmlisch süß,</p> +<p>wie'n Engelken im Paradies.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Na, nimm se dir se denn se doch,</p> +<p>und spanne sie ins Ehejoch;</p> +<p>dann kocht dir deine kleine Braut</p> +<p>Erbsen mit Speck und Sauerkraut.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ach ja, und dann Kartoffelklöße</p> +<p>mit einer süßen Pflaumensöße.</p> +<p class='stage'>(Umarmung.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wenn man in deinen Armen ruht,</p> +<p>dann kocht sich's gleich noch mal so gut.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page192"></a>192</span>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin gerührt wie Quetschkartoffeln,</p> +<p>verlier vor Rührung die Pantoffeln.</p> +<p><span class='stage'>(Er tut's; die Pantoffeln fallen in den +Zuschauerraum.)</span></p> +</div> +</div> + +<h4>Fünfte Szene.</h4> + +<p class='stageinit'>Kanzler, die Vorigen.</p> +<p class='speaker'>Kanzler:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Brief kommt eben von der Post,</p> +<p>der fünfundzwanzig Pfennige kost't.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wie oft schon hab ich deklariert,</p> +<p>ich nehme nichts mehr unfrankiert.</p> +<p>Kommt mir noch mal so'n Ding ins Haus,</p> +<p>dann fliegt es gleich zum Fenster raus.</p> +<p class='stage'>(Er öffnet den Umschlag)</p> +<p>Laß sehn, was steht in diesem Brief.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir <span class='stage'>(beiseite)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Na, geht die Sache doch noch schief?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König <span class='stage'>(liest)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>"Prinz Kasimir entbeut den Gruß</p> +<p>dem hohen König Pflaumenmus;</p> +<p>er wird ihn heute noch besuchen</p> +<p>und hofft auf Kaffee und auf Kuchen."—</p> +<p>Von alldem tut der Bauch mir weh;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page193"></a>193</span>was nun, mein +Schwiegersohn <i>in spe</i>?</p> +<p>Seid Ihr denn nicht Prinz Kasimir?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir <span class='stage'>(stolz)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin der Räuber Jagomir!</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein Räuber? Hu, das ist ein Graus,</p> +<p>der reißt mir die Gedärme aus!</p> +<p>Gewiß, er wird mich massakrieren</p> +<p>und mir mein Pümpfchen dann entführen.</p> +<p class='stage'>(Er weint.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Was mich betrifft, ich halte still,</p> +<p>wenn er nur dich verschonen will.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich schon ihn gern, und auch sein Geld—</p> +<p><span class='stage'>(beiseite)</span>: das er nicht hat!</p> +<p>Ich bin ein edler Räuberheld.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein süßer Schuft, mein Wonneheld,</p> +<p>mit dir stehl ich die ganze Welt.</p> +<p class='stage'>(Umarmung.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Bald kommt der Kasimir ins Haus;</p> +<p>komm, Pümpfchen, komm, wir rücken aus!</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page194"></a>194</span>Im Walde steht +mein freies Schloß,</p> +<p>da schläft sich's fein—auf Heu und Moos.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Na, dann leb wohl, mein teures Kind!</p> +<p>Hier hast du noch ein Angebind</p> +<p class='stage'>(gibt ihr einen Zweimarkschein)</p> +<p>und außerdem noch meinen Segen.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Den kannst du uns auf Zinsen legen.</p> +<p class='stage'>(Beide ab.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Nun sind sie weg, o Schmerz, o Graus,</p> +<p>ich weine mir ein Auge aus.</p> +<p class='stage'>(Er tut es, wirft den Augenknopf unter die +Zuschauer.)</p> +<p>O Kasimir, Prinz Kasimir,</p> +<p>warum warst du nicht eher hier!</p> +<p>Wirr ist mein Herz, wirr ist mein Kopf;</p> +<p>die Welt, die ist ein Wackeltopf.</p> +<p>Nur eins ist unverrückt und wahr,</p> +<p>nur eins wie meine Pleite klar:</p> +<p>Hoch herrschen über Raum und Zeit</p> +<p>die Frechheit und die Dreistigkeit.</p> +<p class='stage'>(Vorhang.)</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page195"></a>195</span> +<h3><a id="poem116"></a>Kasperle und der Krieg</h3> +</div> + +<h4 class='subhead'>Ein Stückchen fürs Kasperltheater</h4> + +<p class='speaker'>Kasperle <span class='stage'>(allein, +singt)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Bummvallera</p> +<p class='i'>ist nicht da;</p> +<p class='i'>wo ist Bummvallerallerallera?</p> +</div> +</div> + +<p class='spoken'><span class='stage'>(Er gähnt.)</span> Ach, ist +die Welt langweilig! Vor lauter Langerweile hab ich schon ein paarmal +meine Finger gezählt; aber komisch, es kommt immer was andres +raus. <span class='stage'>(Er zählt an seinen Händen)</span>: +1, 2, 3, 5, 7, 8, 10, 12, 14, 15—na ja, nun sind's wieder 15. +Na, noch mal: 1, 2, 3, 5, 7, 9, 10, 12, 13, 14—komisch, nu +sind's wieder 14. Mal hat der Mensch 15 und mal 14 Finger; und +dabei sehn sie immer egal aus. <span class='stage'>(Es klopft.)</span> +Ei, da kommt Besuch. Immer 'rein, meine Herrschaften, immer +'rein! <span class='stage'>(Polizist kommt.)</span></p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Bist du der Kasper?</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Was? Kasper? Herr Kasper heißt es, geehrter Herr +Kasper heißt es, wertgeschätzter Herr Kasper heißt es, +Sie oller Helmaffe Sie, Sie untertänigster Rasselsäbel!</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Mann, seien Sie mal etwas höflicher zur +königlichen Polizei!</p> +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page196"></a>196</span>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Höflich? Hi hi, höflich? Mit +Höflichkeit fängt man nicht mal 'nen Floh. Oder soll man +etwa sagen: bitte, Herr Floh, seien Sie so gut, Herr Floh?</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Kasper, du bist ein Esel!</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>'n Esel? Was Sie sagen! Ist 'n nettes +Tierchen, so'n Esel, hihi; klettert auf die höchsten Stellen +und fällt nicht runter. Hihi, möcht schon solch Tierchen +sein.</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Lirum, larum, Kasper, du mußt jetzt in den +Krieg; darum bin ich hergekommen.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Krieg? Was ist denn das? Kriecht man da rum, in dem +Krieg? Ich bin doch kein Kriechtier!</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Du dummer Kasper, du dammliger, der Krieg sind +Schlachten mit Bomben und Kanonen.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Schlachten? Ei, das kenn ich, da gibt's frische +Wurst; Blut- und Leberwurst, hihi, das schmeckt aber fein!—Und +Bomben? <span class='pgnum'><a id="page197"></a>197</span>wissen Sie, +die backt meine Omama mir immer zu Weihnachten; die kenn ich auch. Und +Kanonen? ja, die stehn noch vom Großvater selig her auf'm +Kramboden; der war Sie nämlich Mistbauer, und brauchte so'ne +dicken hohen Schmierstiebeln. Also, dann kenn ich ja den Krieg; +muß 'ne lustige Sache sein.</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Na warte man, du Frechdachs, wirst es schon merken, +wenn's dir man erst um die Ohren knallt.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Knallen tut's da? O jemine! Wissen Sie, Herr +Kriegsminister, gegen Knallen hab ich von Kind auf 'ne +Idiokratie.</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Idio<i>syn</i>krasie meinst du wohl, dummer +Kasper.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Nee, Herr Rasselsäbel, Sinn ist da nicht drin; +sonst wär's ja keine Idiotokratie. <span class='stage'>(Er +singt)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Die Welt, die haut sich tot wie nie,</p> +<p class='i'>tot wie nie, tot wie nie,</p> +<p class='i'>und füttert das Meer mit Korn und Vieh,</p> +<p class='i'>Korn und Vieh, Korn und Vieh;</p> +<p class='i'>das ist doch Idiotokratie, Tokratie, Tokratie,</p> +<p class='i'>Idiotokratie!</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page198"></a>198</span>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Halt deinen dummen Schnabel, Kasper, das verstehst du +nicht; das ist die hohe Diplomatie. Sage mir lieber, wie dein Vater +heißt, Kasper.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Das kann ich Ihnen durchaus nicht sagen, Sie +neugieriger Iltis, alldieweil ich das selber nicht weiß. Ich +glaube, ich hatte gar keinen Vater.</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Und deine Mutter?</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>'ne Mutter? 'ne Mutter hab ich auch nicht +gehabt. Bloß 'ne Großmutter und 'ne Urmama; die haben +mich zusammen zur Welt gebracht.</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Du bist 'n Ochse, Kasper, oder 'n Frechdachs; +jeder Mensch hat doch 'ne Mutter.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>'n Ochse? das wär was, ei der Daus! Was +wär ich da wert bei den heutigen Fleischpreisen? wir wollen mal +zusammen rechnen, Herr Kriegsminister. Also: ich wiege 150 Pfund, das +Pfund kostet jetzt 8 Mark 50. Erst also 100 mal 8 Mark +50—hängen wir einfach zwei Nullen an, das macht 85000 Mark; +<span class='pgnum'><a id="page199"></a>199</span>und dann noch 50 mal +8 Mark 50, das ist mir zu schwer, das kann ich nicht rechnen. Wissen +Sie's vielleicht, Herr Kriegsrat?</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Na, das sind ungefähr 4000 Mark, Kasperle; es +ist ja auch schon lange her, daß ich in der Schule war.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Also, ich hatte 85000 Mark; und Ihre 4000 Mark dazu, +macht 100000 Mark. Sehn Sie, Herr Kriegsminister, soviel ist der Kasper +werf, wenn er ein Ochse ist; hihi, was sagen Sie nun, Herr +Oberkanonenrat? Was mag man da erst wert sein, Sie, wenn man ein fettes +Schwein ist! Wissen Sie was: wir wollen beide Bauern werden und fette +Schweine zusammen ausbrüten. <span class='stage'>(Er +singt)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>O wär ich doch ein Öchselein,</p> +<p>Öchselein, Öchselein,</p> +<p>oder auch ein fettes Schwein,</p> +<p>fettes Schwein, fettes Schwein,</p> +<p>dann pökelt' ich mich selber ein,</p> +<p>si- sa- selber ein.</p> +<p>Da käm ich in ein großes Faß,</p> +<p>großes Faß, großes Faß,</p> +<p>da rollt' ich in das Kellergelaß,</p> +<p>Kellergelaß, Kellergelaß,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page200"></a>200</span>da hätt ich +für den Winter was,</p> +<p>Wi- Wa- Winter was.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Polizist <span class='stage'>(packt ihn)</span>:</p> +<p class='spoken'>Ach was, vorwärts marsch mit dir in den Krieg! +und hast-du-nicht-gesehn ins Feuer!</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Ins Feuer soll ich? Ich ins Feuer? Aber ich bin doch +keine Preßkohle, Herr Oberheizer, daß ich ins Feuer soll? +<span class='stage'>(Er ruft ins Haus)</span>: Großmama, mein +Puttchen, du alte Knochenmühle! komm doch mal her, aber putz dich +nicht erst! man will dein Kasperle ins Feuer stecken! <span +class='stage'>(Großmutter kommt.)</span></p> +<p class='speaker'>Großmutter:</p> +<p class='spoken'>Was ist denn los? Was schreist du so, Kasperchen?</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Er muß in den Krieg und will nicht, der +Racker!</p> +<p class='speaker'>Großmutter:</p> +<p class='spoken'>O Gott, o Gott, in den Krieg, mein Herzblatt? Da +werden sie dich totschießen, armes Kasperchen! +Ogottogottogottedoch!</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Laß man, Omamachen wenn sie schießen +wollen, nehm ich meine Pritsche und hau sie selber tot. Guck mal, +so—so—haste-nich-gesehn—<span class='stage'>(er haut +den Polizisten tot, wirft ihn über die Rampe und sagt +dabei:)</span> Ja, quiek man! den Kasper krigst du nicht! der lebt +ewig, du oller Rasselsäbel!—</p> +<div class='figure'><span class='pgnum'><a +id="page201"></a>201</span><a href="images/i194.png"><img +src="images/i194tn.png" alt="" /></a></div> + +<p class='spoken'><span class='pgnum'><a +id="page202"></a>202</span> </p> +<h2><span class='pgnum'><a id="page203"></a>203</span>Verzeichnis der +Überschriften</h2> + +<p class='index'><a href="#poem001">Gruß an die +Großen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem002">Gruß an die Kleinen</a></p> +<h3>Erster Teil</h3> + +<p class='index'><a href="#poem003">Wunderchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem004">Geht leise</a></p> +<p class='index'><a href="#poem005">Wittewoll schlafen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem006">Frühstück</a></p> +<p class='index'><a href="#poem007">Seereise</a></p> +<p class='index'><a href="#poem008">So lala</a></p> +<p class='index'><a href="#poem009">Mein Wagen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem010">Kutscher auf dem Knie</a></p> +<p class='index'><a href="#poem011">Ereignis</a></p> +<p class='index'><a href="#poem012">Heilsprüchel</a></p> +<p class='index'><a href="#poem013">Schlimme Geschichte</a></p> +<p class='index'><a href="#poem014">Austreibung</a></p> +<p class='index'><a href="#poem015">Wenn Rumpumpel brummig ist</a></p> +<p class='index'><a href="#poem016">Der Pudding</a></p> +<p class='index'><a href="#poem017">Zwei Mäulchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem018">Mückebold</a></p> +<p class='index'><a href="#poem019">Das Scherchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem020">Geschichtchen vom Winde</a></p> +<p class='index'><a href="#poem021">Anziehliedchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem022">Das Lämmechen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem023">Die wilden Beinchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem024">Der lumpichte Bu</a></p> +<p class='index'><a href="#poem025">Tintenheinz und +Plätscherlottchen</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page204"></a>204</span><a +href="#poem026">Es regnet</a></p> +<p class='index'><a href="#poem027">Trösterchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem028">Häschen in der Grube</a></p> +<p class='index'><a href="#poem029">Hasenspiel</a></p> +<p class='index'><a href="#poem030">Drei Bäumchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem031">Schabernack</a></p> +<p class='index'><a href="#poem032">Am Abend</a></p> +<p class='index'><a href="#poem033">Gutenachtliedchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem034">Freund Husch</a></p> +<p class='index'><a href="#poem035">Rumpumpels Geburtstag</a></p> +<p class='index'><a href="#poem036">Mutters Geburtstag</a></p> +<p class='index'><a href="#poem037">Rumpumpel tanzt</a></p> +<p class='index'><a href="#poem038">Kreiselliedchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem039">Konzert</a></p> +<p class='index'><a href="#poem040">Die ersten Höschen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem041">Der kleine Sünder</a></p> +<p class='index'><a href="#poem042">Flutschpeter</a></p> +<p class='index'><a href="#poem043">Die Trommelpartie</a></p> +<p class='index'><a href="#poem044">Rumpelreim</a></p> +<p class='index'><a href="#poem045">Das Karnickel</a></p> +<p class='index'><a href="#poem046">Lektion</a></p> +<p class='index'><a href="#poem047">Lied des Hühnchens</a></p> +<p class='index'><a href="#poem048">So sieht unsre Wirtschaft +aus</a></p> +<h3>Zweiter Teil</h3> + +<p class='index'><a href="#poem049">Das Haus</a></p> +<p class='index'><a href="#poem050">Mit Trommel und Trab</a></p> +<p class='index'><a href="#poem051">Siebenschläfer</a></p> +<p class='index'><a href="#poem052">Osterlied</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page205"></a>205</span><a +href="#poem053">Maiwunder</a></p> +<p class='index'><a href="#poem054">Hansel und Gretel</a></p> +<p class='index'><a href="#poem055">Prinzeßchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem056">Das große Loch</a></p> +<p class='index'><a href="#poem057">Zwei Gesellen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem058">Wenn's Pfingsten regnet</a></p> +<p class='index'><a href="#poem059">Eine Hühnergeschichte</a></p> +<p class='index'><a href="#poem060">Marieken und die Küken</a></p> +<p class='index'><a href="#poem061">Kinderküche</a></p> +<p class='index'><a href="#poem062">Essensregeln</a></p> +<p class='index'><a href="#poem063">Die böse Mies</a></p> +<p class='index'><a href="#poem064">Pottkieker</a></p> +<p class='index'><a href="#poem065">Der Reitersmann</a></p> +<p class='index'><a href="#poem066">Das richtige Pferd</a></p> +<p class='index'><a href="#poem067">Der kleine Rekrut</a></p> +<p class='index'><a href="#poem068">Der Hauptmann</a></p> +<p class='index'><a href="#poem069">Abzählreim</a></p> +<p class='index'><a href="#poem070">Fragefritze und die +Plappertasche</a></p> +<p class='index'><a href="#poem071">Plappermündchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem072">Puppendoktor</a></p> +<p class='index'><a href="#poem073">Kleiner Einkauf</a></p> +<p class='index'><a href="#poem074">Vaters Geburtstag</a></p> +<p class='index'><a href="#poem075">Das Himmelsprinzeßchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem076">Windfreude</a></p> +<p class='index'><a href="#poem077">Lied vom Monde</a></p> +<p class='index'><a href="#poem078">Weihnachtsschnee</a></p> +<p class='index'><a href="#poem079">Knecht Ruprecht in +Nöten</a></p> +<p class='index'><a href="#poem080">Frohe Botschaft</a></p> +<p class='index'><a href="#poem081">Der liebe Weihnachtsmann</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page206"></a>206</span><a +href="#poem082">Sankt Niklas' Auszug</a></p> +<p class='index'><a href="#poem083">Bescheidene Frage</a></p> +<h3>Dritter Teil</h3> + +<p class='index'><a href="#poem084">Widmung</a></p> +<p class='index'><a href="#poem085">Sonne</a></p> +<p class='index'><a href="#poem086">Marienlied</a></p> +<p class='index'><a href="#poem087">Korsisches Wiegenlied</a></p> +<p class='index'><a href="#poem088">Königskind</a></p> +<p class='index'><a href="#poem089">Heimweh</a></p> +<p class='index'><a href="#poem090">Elfenreigen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem091">Wiegenmärchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem092">Traumballade</a></p> +<p class='index'><a href="#poem093">Mutter Hule</a></p> +<p class='index'><a href="#poem094">Ein Singsang vom Rheine</a></p> +<p class='index'><a href="#poem095">Badeballade</a></p> +<p class='index'><a href="#poem096">Der Teufel und die Katz</a></p> +<p class='index'><a href="#poem097">Der Esel und die +Löwenhaut</a></p> +<p class='index'><a href="#poem098">Ein Spatzengespräch</a></p> +<p class='index'><a href="#poem099">Drei Koboldstreiche</a></p> +<p class='index'><a href="#poem100">Spuk</a></p> +<p class='index'><a href="#poem101">Der Märchenkönig und sein +Töchterlein</a></p> +<p class='index'><a href="#poem102">Weihnachtsgang</a></p> +<p class='index'><a href="#poem103">Weihnachtsbesuch</a></p> +<p class='index'><a href="#poem104">König Kuchen und Königin +Schokolade</a></p> +<p class='index'><a href="#poem105">Der erste Mai</a></p> +<p class='index'><a href="#poem106">Wetterwunsch</a></p> +<p class='index'><a href="#poem107">Hammerliedchen</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page207"></a>207</span><a +href="#poem108">Im Sonnenschein</a></p> +<p class='index'><a href="#poem109">Wanderlied</a></p> +<h3>Vierter Teil</h3> + +<p class='index'><a href="#poem110">Spruch fürs Leben</a></p> +<p class='index'><a href="#poem111">Allerlei Rätsel:</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.1'>1) Windmühle</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.2'>2) Die ersten +Zähnchen</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.3'>3) Sau-er-kraut</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.4'>4) Spitzbube</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.5'>5) Stiefelknecht</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.6'>6) Rebe—Eber; +Recke—Ecker; Rotte—Otter; Rinde—Inder; +Rabe—aber</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.7'>7) Matrone, Makrone, +Marone</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.8'>8) Gitter, Rettig</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.9'>9) Vielleicht</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.10'>10) Zeit</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.11'>11) Schafwolle und +Rindleder</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.12'>12) Versohlt</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.13'>13) Überlegen</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.14'>14) Saumselig</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.15'>15) Verzogen</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.16'>16) Drosselbart</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.17'>17) Nachbarschaft</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.18'>18) Der Rat</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.19'>19) Besessen</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.20'>20) Ausschlag</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.21'>21) Fassung</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.22'>22) Eingefallen</a></p> +<p class='index2'><span class='pgnum'><a id="page208"></a>208</span><a +href='#poem111.23'>23) Druckfehlerteufel</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.24'>24) Feuerwasser</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.25'>25) Wasserscheide, +Scheiderwasser</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.26'>26) Winde</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.27'>27) Leiter</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.28'>28) Welle</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.29'>29) Donnerkeile</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.30'>30) Linsengericht</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.31'>31) A, Horn, A horn</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.32'>32) Aufschwung; Entfaltung; +Sieg; Frieden</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.33'>33) Retter</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.34'>34) Verwachsen</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.35'>35) Verschieden</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.36'>36) Romantik</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.37'>37) Mode, modern</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.38'>38) Die Tinte</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.39'>39) Das Licht</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.40'>40) Die Zahl</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.41'>41) Die Stadt</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.42'>42) Geistreich</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.43'>43) Gerecht, Same, +Gerechtsame</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.44'>44) +Gedankenübertragung</a></p> +<p class='index'><a href="#poem112">Polterabendgedicht</a></p> +<p class='index'><a href="#poem113">Hochzeitsgedicht</a></p> +<p class='index'><a href="#poem114">Neujahrsspiel</a></p> +<p class='index'><a href="#poem115">Kartoffelkomödie: Räuber +und Prinzessin</a></p> +<p class='index'><a href="#poem116">Kasperle und der Krieg</a></p> +<div class='figure'><span class='pgnum'><a +id="page209"></a>209</span><a href="images/i201.png"><img +src="images/i201tn.png" alt="" /></a></div> + +<h2>Verzeichnis der Anfangszeilen</h2> + +<p class='index'><a href='#poem111.25'>Auf der höchsten Berge +Rücken</a></p> +<p class='index'><a href='#poem005'>Auf der Leine, auf grünem +Platz</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.41'>Als ich noch klein war, war ich +recht beschaulich</a></p> +<p class='index'><a href='#poem001'>Aus lichtem See</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem104'>Bei König Kuchen und +Königin Schokoladen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem027'>Blümchen hängt das +Köpfchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem116'>Bummvallera ist nicht da</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem111.11'>Christkindchen lag im +Stalle</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem056'>Das große Loch</a></p> +<p class='index'><a href='#poem014'>Das kann doch nicht Rumpumpel +sein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.21'>Das Wort pflegt zu +erhöhn</a></p> +<p class='index'><a href='#poem100'>Der Bauer schläft im +Hirsekraut</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page210"></a>210</span><a +href='#poem081'>Der Esel, der Esel</a></p> +<p class='index'><a href='#poem040'>Der Schneidermeister +Piekenich</a></p> +<p class='index'><a href='#poem115'>Der Sommerabend ist so +schön</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.13'>Der Vater will's das +Fritzchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem091'>Des Mondes Tochter +Mirlamein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem093'>Die alte Mutter Hule</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.3'>Die erste frißt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.5'>Die ersten sind ein +Untertan</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.31'>Die erste Silbe führt die +krause Schar</a></p> +<p class='index'><a href='#poem015'>Die Henne legt ein Ei</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem090'>Eia, wir Elfen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.32'>Ein deutscher Meister war es, +gottgesandt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem096'>Ein Kätzlein ging einst +jagen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem097'>Ein Müllersmann aus +Oberwesel</a></p> +<p class='index'><a href='#poem088.2'>Ein Vogel flog aus dem +Heimatland</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.18'>Er geht in sich, um sich zu +pflegen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.10'>Es läuft und hat keine +Beine</a></p> +<p class='index'><a href='#poem026'>Es regnet, es regnet</a></p> +<p class='index'><a href='#poem057'>Es tanzen zwei Gesellen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem063'>Es war einmal ein +Kätzchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem102'>Es war zur lieben +Weihnachtszeit</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem099'>Fixfax der arge Kobold +spricht</a></p> +<p class='index'><a href='#poem042'>Flutschpeter lief nie +gradeaus</a></p> +<p class='index'><a href='#poem070'>Fritz, ich möcht den Spaten +haben</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.16'>Froh singt ihr Lied am +Sommertag</a></p> +<p class='index'><a href='#poem080'>Früh, eh ich's konnt +begreifen</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem004'>Geht leise</a></p> +<p class='index'><a href='#poem041'>Gestern lief der Peter weg</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page211"></a>211</span><a +href='#poem111.28'>Getrieben werd ich, doch ich treibe wieder</a></p> +<p class='index'><a href='#poem114'>Grüß Gott, ihr Leut, ich +bin das Jahr</a></p> +<p class='index'><a href='#poem023'>Guten Morgen, ihr Beinchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem073'>Guten Tag, guten Tag, liebe +Grünkramfrau</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem054'>Hansel und Gretel stehen zu +zwein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem045'>Hans Wackelohr, Hans +Wackelohr</a></p> +<p class='index'><a href='#poem028'>Häschen in der Grube</a></p> +<p class='index'><a href='#poem052'>Has, Has, Osterhas</a></p> +<p class='index'><a href='#poem025'>Heini, Heini</a></p> +<p class='index'><a href='#poem101'>Herbei, ihr kleinen Wichte</a></p> +<p class='index'><a href='#poem038'>Herr Dreidel tanzt auf einem +Bein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem094'>Herr Steuermann, Herr +Steuermann</a></p> +<p class='index'><a href='#poem029'>Hinter den Birken über den +Rasen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem110'>Hinüber, hinein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem046'>Hühner, wollt ihr wohl artig +sein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem011'>Hurra, zum ersten Mal</a></p> +<p class='index'><a href='#poem034'>Husch, husch, husch</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem049'>Ich bau, ich bau ein steinern +Haus</a></p> +<p class='index'><a href='#poem075'>Ich bin das +Himmelsprinzeßchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem068'>Ich bin der Hauptmann</a></p> +<p class='index'><a href='#poem112'>Ich bin eine kleine +Sternschnuppe</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.30'>Ich bin nur klein, doch banne +ich die Welt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111'>Ich habe Flügel—rate, +Kind</a></p> +<p class='index'><a href='#poem067'>Ich hab einen Helm aus +Packpapier</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.26'>Ich hab keine Hände und +kann doch tragen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem002'>Ich möcht euch alle +miteinander</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.39'>Ich nähre mich von fremden +Stoffen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.8'>Ich stand begehrlich am +Worte</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page212"></a>212</span><a +href='#poem098'>Ich war in Fez durch die Buden gewandelt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem078'>Ihr Kinder, sperrt die Näschen +auf</a></p> +<p class='index'><a href='#poem051'>Ihr Siebenschläfer in den +Höhlen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem013'>Im Stall unter Schäfchen +bäht</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.40'>In alten Zeiten</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.17'>In eins-zwei-drei lebt ganz +gemütlich</a></p> +<p class='index'><a href='#poem071'>In Leipzig wohnt ein +Bäckermeister</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.33'>In Not und Gefahr</a></p> +<p class='index'><a href='#poem022'>In Wolfenbüttel wohnt ein +Lamm</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem030'>Jung jung drei +Bäumchen</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem024'>Ka Strümpferl im +Kasten</a></p> +<p class='index'><a href='#poem084'>Klänge wachsen auf den +Wegen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.14'>Klärchen nähte an dem +ersten</a></p> +<p class='index'><a href='#poem079'>Knecht Ruprecht kratzt sich seinen +Bart</a></p> +<p class='index'><a href='#poem035'>Kräht der Hahn früh am +Tage</a></p> +<p class='index'><a href='#poem012'>Kra, kra, kalter Schnee</a></p> +<p class='index'><a href='#poem108'>Kribbel-krabbel-Käfer</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem103'>Ländliche Straßen, dicht +beschneit</a></p> +<p class='index'><a href='#poem033'>Leise, Peterle, leise</a></p> +<p class='index'><a href='#poem036'>Leises Klopfen an der +Türe</a></p> +<p class='index'><a href='#poem072'>Lieber Doktor Pillermann</a></p> +<p class='index'><a href='#poem095'>Lise Nackfisch und Hans +Pitschenaß</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem113'>Maienkönig schickt mich +her</a></p> +<p class='index'><a href='#poem053'>Maikönig kommt +gefahren</a></p> +<p class='index'><a href='#poem086'>Maria herzt ihr Kindelein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.15'>Mariechen war's; mit meinem +Kuchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem060'>Marie-Marei-Marieken</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page213"></a>213</span><a +href='#poem061'>Marie-Marei will Braten machen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.4'>Mein erstes ist ein Hund</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.9'>Mein erstes ist nicht +wenig</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.42'>Mein erstes Wort, im engen Raum +genährt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.44'>Mein Reich ist unbegrenzt: bis +in die fernste Zone</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.38'>Mein Strom ergießt sich +sickernd durch die Welt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem009'>Mein Wagen hat vier +Räder</a></p> +<p class='index'><a href='#poem018'>Mückchen, Mückchen, +Dünnebein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem039'>Musik, Musik, die Flöte +kommt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem064'>Mutti, Mutti, was ist denn da +drin</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem105'>Nein, Kinder, immer kann man nicht +dichten</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.36'>Nennst du das Ganze, tönt +es uns entgegen</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem058'>Oben aus dem Fahnenhaus</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.37'>Ohne Zepter, ohne Krone</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem107'>Pink, pank, Hammerschlag</a></p> +<p class='index'><a +href='#poem007'>Pitsch—patsch—Badefaß</a></p> +<p class='index'><a href='#poem003'>Putzt die Fenster! fegt die +Ecken!</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem089'>Quellchen geht in den +Rauschebach</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem111.19'>Rate, Freund, es ist nicht +schwer</a></p> +<p class='index'><a href='#poem069'>Rechts, links, über +Eck</a></p> +<p class='index'><a href='#poem044'>Ride-bide-Bummstock</a></p> +<p class='index'><a href='#poem043'>Rumpumpel macht 'ne +Landpartie</a></p> +<p class='index'><a href='#poem037'>Rumpumpel tanzt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem016'>Rumpumpel will essen</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem082'>Sankt Niklas zieht den Schlafrock +aus</a></p> +<p class='index'><a href='#poem083'>Sankt Nikolas, Sankt +Nikolas</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page214"></a>214</span><a +href='#poem106'>Scheine, Sonne, scheine</a></p> +<p class='index'><a href='#poem065'>Schimmel, willst du laufen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem087'>Schlafe, mein kleiner +Wildling</a></p> +<p class='index'><a href='#poem088'>Schlafe ruhig, +Königskind</a></p> +<p class='index'><a href='#poem074'>Schnell, schnell, Besen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem019'>Schnipsel, schnipsel, +Scherchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.22'>Sind es die Feinde, muß man +sich wehren</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.12'>Sind es die Stiefel, halten sie +'ne Weile</a></p> +<p class='index'><a href='#poem050'>Sitzen zwei alte Weiber im +Sand</a></p> +<p class='index'><a href='#poem006'>So morgens um halb acht +herum</a></p> +<p class='index'><a href='#poem109'>Sonnenlichter, +Frühlingswichter</a></p> +<p class='index'><a href='#poem085'>Sonne scheint draußen und +scheint in die Grube</a></p> +<p class='index'><a href='#poem062'>Spitzt das Ohr und merkt euch +still</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.2'>Standen vier weiße +Ritterchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem008'>Steht ein Töpfchen rund und +nett</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.29'>Stets bin ich eines Leuchtenden +Trabant</a></p> +<p class='index'><a href='#poem032'>Still—was bloß das +Kätzchen will</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem092'>Traumkönig geht durch bleiches +Land</a></p> +<p class='index'><a href='#poem047'>Tuck—tuck—heut ist +Regentag</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem048'>Unser Müller hat ein +Mühlenhaus</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem111.27'>Viel Glieder hab ich, die +einander gleichen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem059'>Vor der Laube kräht der +Hahn</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem111.7'>Wächst einer alten +Dame</a></p> +<p class='index'><a href='#poem010'>Wagen im Wind</a></p> +<p class='index'><a href='#poem088.3'>Waldtaube saß +gefangen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.6'>Wenn das R am Anfang +steht</a></p> +<p class='index'><a href='#poem076'>Wenn der Wind über Wiesen und +Felder rennt</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page215"></a>215</span><a +href='#poem111.23'>Wenn es von Freund und Liebchen kommt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem031'>Wenn ich in die Stube geh</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.20'>Wer es hat, der ist +betrübt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem020'>Wer kommt dort angeflogen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem066'>Wer schenkt mir ein lebendiges +Pferd</a></p> +<p class='index'><a href='#poem021'>Wer strampelt im Bettchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem055'>Wer tanzt mit mir</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.43'>Willst du das erste Wort stets +sein und handeln</a></p> +<p class='index'><a href='#poem077'>Wind, Wind, sause</a></p> +<p class='index'><a href='#poem017'>Winkele, wankele</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.35'>Wir sind's gewiß in +vielen Dingen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.34'>Wir sind's mit Stamm und +Vaterland</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem111.24'>Zwei Worte weiß ich, die +einander feind</a></p> + +<div>*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 13732 ***</div> +</body> +</html> + diff --git a/13732-h/images/i002.png b/13732-h/images/i002.png Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..63b89b0 --- /dev/null +++ b/13732-h/images/i002.png diff --git a/13732-h/images/i002tn.png b/13732-h/images/i002tn.png Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..6b505e0 --- /dev/null +++ b/13732-h/images/i002tn.png diff --git a/13732-h/images/i042.png b/13732-h/images/i042.png Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..beef42e --- /dev/null +++ b/13732-h/images/i042.png diff --git a/13732-h/images/i042tn.png b/13732-h/images/i042tn.png Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..f48927f --- /dev/null +++ b/13732-h/images/i042tn.png diff --git a/13732-h/images/i080.png b/13732-h/images/i080.png 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Anyone seeking to utilize +this eBook outside of the United States should confirm copyright +status under the laws that apply to them. diff --git a/README.md b/README.md new file mode 100644 index 0000000..e4071cd --- /dev/null +++ b/README.md @@ -0,0 +1,2 @@ +Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for +eBook #13732 (https://www.gutenberg.org/ebooks/13732) diff --git a/old/13732-8.txt b/old/13732-8.txt new file mode 100644 index 0000000..68454f1 --- /dev/null +++ b/old/13732-8.txt @@ -0,0 +1,6169 @@ +The Project Gutenberg EBook of Das liebe Nest, by Paula Dehmel + +This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with +almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Das liebe Nest + +Author: Paula Dehmel + +Release Date: October 13, 2004 [EBook #13732] + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LIEBE NEST *** + + + + +Produced by David Starner, Hagen von Eitzen and the PG Online +Distributed Proofreading Team. + + + + + + + + + + + +DAS LIEBE NEST + + + + + + +Gesammelte Kindergedichte +von +Paula Dehmel + + + + + + +Herausgegeben von Richard Dehmel +mit Zeichnungen von Hans Thoma +bei E. A. Seemann in Leipzig +1919 + + + + + + +GRUSS AN DIE GROSSEN + + +Aus lichtem See, +über Sterne und Schnee, +rauschen die Schäume, +lauschen die Träume, +Himmel hinab, Himmel hinan, +ewige Bahn. + +Aus Kinderland, +über Acker und Sand, +wachsen die Gluten, +die bösen, die guten, +Himmel hinab, Himmel hinan, +ewige Bahn. + + + +GRUSS AN DIE KLEINEN + + +Ich möcht euch alle miteinander +auf bunten Wiesen sehn, +bei Klarinetten und Geigen +die Füßchen im Tanze drehn. + +Ich möcht euch alle miteinander +mitnehmen im Fliegerkahn, +euch die schöne Erde zeigen, +und was fleißige Menschen getan. + +Ich möcht euch alle miteinander +still führen an der Hand, +euch heimliche Dinge sagen +von Gott und dem Sternenland. + + + + + +ERSTER TEIL + + + +WUNDERCHEN + + +Putzt die Fenster! fegt die Ecken! +Darf sich kein Staub, kein Krümel verstecken, +muß alles so blank wie Ostertag sein, +denn das Wunderchen zieht ein. +Zieht ein--schon stimmen die Englein die Geigen; +alle Könige werden sich neigen, +Hirten und Könige mit dem Stern +haben Wunderchen gern. + Wer soll Wunderchens Taufpate sein? +Sieben große Meister laden wir ein; +sieben große Helden mit Kron und Schalmein +sollen Wunderchens Taufpaten sein. + Und wer ist schnell + sein Spielgesell? +Da kommen gesprungen +die reizenden jungen +Wachholderweibchen und Fliedermännchen, +Taunixchen mit silbernen Wasserkännchen. +Aus Vogelnestern und Weidenkätzchen +gucken neugierige Schelmenmätzchen: + Wir lachen fein, + wir singen fein, +wir wollen Wunderchens Spielgesellen sein! + + + +GEHT LEISE + + +Geht leise-- +es ist müd von der Reise. +Es kommt weit her: +vom Himmel übers Meer, +vom Meer den dunklen Weg ins Land, +bis es die kleine Wiege fand-- +Geht leise. + + + +WITTEWOLL SCHLAFEN + + +Auf der Leine, auf grünem Platz +hängen sieben Hemdchen und ein Latz; +im Winkel, am Zaun, wos Spinnchen spinnt, +liegt mit großen Augen mein Kind-- +wittewoll schlafen? + +Henne macht sich ein Bett im Sand, +Fliege träumt an der Mauerwand, +Schmetterling sitzt in der Mittagsruh, +schaukelt die Flügel auf und zu-- +wittewoll schlafen? + +Suselesu, der Sonnenwind +bläst in die Augen dem müden Kind; +es will noch blinzeln--Spinnchen hält +den bunten Schleier vor die Welt-- +--wittewoll--schlafen-- -- + + + +FRÜHSTÜCK + + +So morgens um halb acht herum: +Rumpumpel macht das Mäulchen krumm. +Und keine fünf Minuten drauf +wacht Rumpumpel auf. + +Hu! kommt der kalte Badeschwamm, +Rumpumpel hält die Ohren stramm; +und schlägt die Ticke-Tacke acht, +wird ihm die Milch gebracht. + +Die schmeckt Rumpumpeln aber fein; +er patscht mit beiden Fäustchen drein +und trinkt und trinkt, bis alles leer. +Rumpumpelchen, das freut mich sehr: +morgen gibt's gut Wetter! + + + +SEEREISE + + +Pitsch--patsch--Badefaß, +Rumpumpel plantscht die Stube naß, +ist ein junger Wasserheld, +segelt durch die ganze Welt, +im Wipp--im Wapp--im Schaukelkahn +über den großen Ozean. +Stehn drüben alle Wilden still +und schrein: Was bloß Rumpumpel will? +so splitternackt und pitschenaß +in seinem kleinen Schaukelfaß? +Schnell das Badelaken! + + + +SO LALA + + +Steht ein Töpfchen rund und nett +unterm Bett, +so lala, so lala. +Reicht mir mal das Kindel her, +das braucht jetzt keine Windel mehr, +so lala, so lala. + +Rolle, rolle, ratteratt, +rollt ein Wagen durch die Stadt; +sind zwei blanke Pferdchen davor, +hinten drauf ein schwarzer Mohr. + +Horch, er hält vor unserm Haus; +steigen zwei feine Jungherren aus, +mit Federbarettchen +und goldenen Kettchen. +Schnell das Töpfchen unters Bettchen! + + + +MEIN WAGEN + + +Mein Wagen hat vier Räder, +vier Räder hat mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloß sagen. + +Mein Wagen hat 'ne Deichsel, +'ne Deichsel hat mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloß sagen. + +Mein Wagen hat ein Pferdchen, +ein Pferdchen hat mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloß sagen. + +Mein Wagen fahrt nach Potsdam, +nach Potsdam fährt mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloß sagen. + +Und wer mit mir nach Potsdam will, +in meinem neuen Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +der braucht es bloß zu sagen. + + + +KUTSCHER AUF DEM KNIE + + +Wagen im Wind. +Wie sitzt mein Kind? +Wie geht mein Pferd? +Alles verkehrt. +Holdriutsch-- +oben die Räder, unten die Kutsch! + +Wagen im Schnee. +Da guckt das Reh, +da schnuppert der Has +mit der wackligen Nas. +Holdriuff-- +da sitzt unser Kutscher wieder oben uff! + + + +EREIGNIS + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Hurra, zum ersten Mal: +Mutter, der Peter, +hurra, da steht er! +hält sich am Röckchen, +hält sich am Stöckchen, +grade wie 'n Licht, +fürchtet sich nicht. + +Hurra, zum ersten Mal: +Mutter, der Peter, +hurra, da geht er! +guck, ganz alleinechen +setzt er die Beinechen! +Aua, Geschrei-- +bautz!--vorbei. + + + +HEILSPRÜCHEL + + +Kra, kra, kalter Schnee, +dem Raben tut sein Beinchen weh, +dem Häsechen sein Herzchen; +die böse Zeit, die kalte Zeit, +ein jedes hat sein Schmerzchen. + +Heile, Fingerchen, heile, +es dauert noch 'ne Weile, +es dauert noch bis Rosmarein, +dann ist lauter Sonnenschein. + + + +SCHLIMME GESCHICHTE + + +Im Stall unser Schäfchen--bäht, +im Hof unser Hähnchen kräht, +und der Karo an der Kette +bellt mit Spitz um die Wette. +Auf'm Dach unser Kätzchen--maut, +und im Ententeich die Frösche, alle Frösche quaken laut: +Kinder, denkt euch den Schreck, +unserm kleinen Wackelbein sein linker Schuh ist weg. + + + +AUSTREIBUNG + + +Das kann doch nicht Rumpumpel sein? +So kann Rumpumpel doch nicht schrein? +Seelöwen sind in unserm Haus; +schnell, Rumpumpel, wir jagen sie raus. +Ich 'n Stock, +Du 'n Stock, +alle beide einen Stock. +Ei der Daus, +wollt ihr raus, +wollt ihr in euer Seelöwenhaus! + + + +WENN RUMPUMPEL BRUMMIG IST + + +Die Henne legt ein Ei, +da ging der Mond entzwei; +die Hälfte fiel nach Nuckenstadt +und schlug zwei große Brummer platt. + +Zwei große Brummer, brumm, +summten hier herum, +um Rumpumpels Kopf, +um Rumpumpels Bauch +und um sein dickes Näschen auch. + +Nun sind sie tot... Aber im Ei +pickt das Küken die Schale entzwei, +kriegt heraus, und wackelt mit dem Schwanz-- +--ist der Mond wieder ganz. + + + +DER PUDDING + + +Rumpumpel will essen, +nun fix gebraten: +ein Kätzel, ein Spätzel +und sieben Soldaten. + +Das gibt einen Pudding +so groß wie ein Haus. +Zuletzt leckt Rumpumpel +die Kuchenschüssel aus. + + + +ZWEI MÄULCHEN + + +Winkele, wankele, +vor der Tür steht ein Bankele, +auf der Bank sitzt mein Kindele, +spielt mit mei'm Hündele, +winkele, wankele. + +Winkele, wankele, +ich hab ein Gedankele: +ein Äpfle fürs Kindele, +ein Knöchle fürs Hündele. +Dankele. + + + +MÜCKEBOLD + + +Mückchen, Mückchen, Dünnebein, +Mückchen, laß das Stechen sein, +Stechen tut ja weh! +Mückchen, Mückchen, weißt du was: +beiß doch in das grüne Gras, +beiß doch in den Klee! + + + +DAS SCHERCHEN + + +Schnipsel, schnipsel, Scherchen, +schneid mir ein Gewehrchen; +schieß ich mir ein Häschen tot, +brat's dem Kind zum Mittagbrot. +Die Schnitzel fliegen zum Fenster hinaus +durch den Sonnenschein in des Gärtners Haus; +der hat seine Freude dran, +oder guckt sie gar nicht an, +oder streut sie in den Wind, +oder schenkt sie seinem Kind-- +schnipsel, schnipsel, Scherchen-- -- + + + +GESCHICHTCHEN VOM WINDE + + + Wer kommt dort angeflogen? + Das ist der Wind. + Der Wind ist ungezogen, + er bläst dem Kind + unters Röckchen, + an die Söckchen, + um die Ohren, an die Nase; + solch Geblase! + + Ganz zerfleddert und zerzaust + kommt Rumpumpel angesaust; + und hustet + und prustet, + das arme Tröpfchen, + und steckt sein Köpfchen + in Mutters Schoß. + +Und weißt du, warum der Wind so getollt? +Rumpumpel sollt zu Bette gehn, und hat nicht gewollt. + + + +ANZIEHLIEDCHEN + + +Wer strampelt im Bettchen? +versteckt sich wie 'n Dieb? +Das ist der Rumpumpel, +den haben wir lieb. + +Was guckt da für 'n Näschen? +Ein Bübchen sitzt dran. +Das ist der Rumpumpel, +den ziehn wir jetzt an. + +Erst wird er gewaschen, +vom Kopf bis zur Zeh; +er weint nicht, er greint nicht, +denn es tut ja nicht weh. + +Schnell her mit dem Hemdchen: +da schlüpfen wir fein, +erst rechts und dann links, +in die Ärmelchen 'rein. + +Fix an noch die Strümpfchen, +fix an auch die Schuh; +kommts Händchen, schnürts Bändchen, +schon sind sie zu. + +Nun Leibchen und Höschen, +ein Röckchen kommt auch; +sonst friert dem Rumpumpel +sein kleiner runder Bauch. + +Das Kämmchen kämmt sachte, +aber still muß man stehn; +zuletzt noch das Kleidchen, +der Tausend, wie Schön! +Nun geht er und sagt: Guten Morgen. + + + +DAS LÄMMECHEN + + +In Wolfenbüttel wohnt ein Lamm, +das hat ganz schwarze Haare. +Meint ihr, es brauche einen Kamm? +I Gott bewahre! + +Aber mein Lämmechen +braucht ein Kämmechen, +braucht ein Schwämmechen, +läßt sich nix verdrießen; +setzt sein neues Käppechen auf, +will mal Koppkegel schießen. + + + +DIE WILDEN BEINCHEN + + +Guten Morgen, ihr Beinchen! +Wie heißt ihr denn? +Ich heiße Hampel, +ich heiße Strampel; +und das ist Füßchen Übermut, +und das ist Füßchen Tunichtgut. + +Übermut und Tunichtgut +gehn auf die Reise, +platsch, durch alle Sümpfe, +naß sind Schuh und Strümpfe; +guckt die Rute um die Eck-- +laufen sie alle beide weg. + + + +DER LUMPICHTE BU + + +Ka Strümpferl im Kasten, +ka Bänderl am Schuh, +ka Knöpferl am Wams-- +oh, der lumpichte Bu! + + + +TINTENHEINZ UND PLÄTSCHERLOTTCHEN + + +Heini, Heini, +ach, ist Heini dumm: +stippt mit allen Fingerchen +im Tintenfaß herum. + +Heini, Heini, +kleiner dummer Mohr: +stippt sich alle Fingerchen, +klecks, ins Ohr. + +Und unten am Brunnen, +da steht ein Faß, +da macht sich unsre Lotte +pitschepatschenaß. + +Und oben die Sonne +hat drüber gelacht +und hat unsre Lotte +wieder trocken gemacht. + + + +ES REGNET + + +Es regnet, es regnet +der Kuh auf den Schwanz; +es regnet, es regnet +der Braut in den Kranz. + +Es regnet, es regnet, +die Welt ist schon naß; +hol 's Töpfchen, +fang 's Tröpfchen, +dann sag ich dir was: + +Wäscht du die Nase, +bleibt sie fein grade. +Wäscht du das Mündchen, +bist du 'n lieb Kindchen. +Wäscht du aber die Augen schön, +kannst du dem lieben Herrgott seinen Himmel besehn. + + + +TRÖSTERCHEN + + +Blümchen hängt das Köpfchen, +der Tau ist ihm zu schwer; +kommt der durstige Morgenwind, +trägt die Tropfen ins Meer. + +Spätzchen piepst und bettelt, +das Kröpfchen ist ihm leer; +Pferdchen hat die Krippe voll, +streut Körnerchen umher. + +Kindchen weint noch immer, +Böckchen stößt so sehr. +Schenkt ihm Mutter einen Kuß: +sieh mal, nun weint's nicht mehr. + + + +HÄSCHEN IN DER GRUBE + + +(mit Benutzung des Volkspiels) + + +Häschen in der Grube +saß und schlief, +kam der heilge Kuckdiguck +und bracht ihm einen Brief. + +Häschen, bist du müde +oder bist du krank? +Steck doch deine Läufer raus, +ob du noch hüpfen kannst. + +Und was stand geschrieben +in Kuckdiguckens Brief? +"Dem Kutscher, der nicht fahren kann, +geht der Wagen schief." + + + +HASENSPIEL + + +Hinter den Birken über den Rasen +huschen drei Hasen +an uns vorbei, +Springen über Busch und Dorn, +wollen ins junggrüne Winterkorn, +hocken da, +locken sich da, +laufen kreuz, +laufen quer, +hin und her, +als gäb's in der Welt keine Schrotflinte mehr. + +Warte, in der Weihnachtszeit +kommen die drei Hasen ins Haus geschneit. +Den größten verschicken wir, +den zweitgrößten spicken wir, +der kleinste kommt ins Hundehaus +und steckt hinten sein Schwänzchen raus. + + + +DREI BÄUMCHEN + + +Jung jung drei Bäumchen +wachsen im Wiesengras, +jung jung drei Bäumchen +sagen mir was. + +Das erste hat sich +so gequält, +hat alle seine siebentausend +Blättchen gezählt. + +Das zweite trägt Pfläumchen, +schlicker-schleckerfein; +hätt es deine Zähnchen, +es äße sie allein. + +Das dritte, das dritte +schüttelt sich bloß: +fallen lauter Blüten +in meinen Schoß. + +Sag ich schön Dank, +geh ich nach Haus, +mach ich Rumpumpeln +ein Kränzchen draus. + + + +SCHABERNACK + + +Wenn ich in die Stube geh +und den Rumpumpel seh, +tanzen wir zwei +Ringeldireih, +lachen wir, +machen wir +Schabernack, +Huckepack, +Kätzchen spielt den Dudelsack, +macht Rumpumpel Hottehüh +nach der alten Melodie: +Miau, miau, +dem Kater seine Frau, +dem Kater seine grisegrimme +gritzegraue Frau. + + + +AM ABEND + + +Still. +Was bloß das Kätzchen will? +Es streicht um meinen Schoß herum, +das Schwänzchen hoch, den Buckel krumm, +Still-- +und weißt du, was es will? + +Still. +Was bloß die Glucke will? +Sie lockt und lockt die kleine Brut +zum warmen Stall und deckt sie gut, +Still-- +und weißt du, was sie will? + +Still. +Was bloß Rumpumpel will? +Die Augen macht er schon ganz klein +und gähnt und will genommen sein, +still-- +nun weißt du, was er will. + + + +GUTENACHTLIEDCHEN + + +Leise, Peterle, leise, +der Mond geht auf die Reise; +er hat sein weißes Pferd gezäumt, +das geht so still, als ob es träumt, +leise, Peterle, leise. + +Stille, Peterle, stille, +der Mond hat eine Brille; +ein graues Wölkchen schob sich vor, +das sitzt ihm grad auf Nas' und Ohr, +stille, Peterle, stille. + +Träume, Peterle, träume, +der Mond guckt durch die Bäume; +ich glaube gar, nun bleibt er stehn, +um Peterle im Schlaf zu sehn-- +träume, Peterle, träume. + + + +FREUND HUSCH + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Husch, husch, husch, +ich schlüpfe aus dem Busch; +ich stecke mein Laternchen an, +ich zünde uns die Sternchen an, +husch. + +Husch, husch, husch, +ich putze meinen Busch. +Der Mond ist da, der Mond ist hell; +der Mond, der ist mein Spielgesell, +husch. + +Husch, husch, husch, +ich schüttel meinen Busch. +Die Kinderchen sind all zur Ruh, +ich schüttel ihnen Träume zu; +die haben wir vergangne Nacht, +der Mond und ich, uns ausgedacht, +husch, husch, husch, +im Busch. + + + +RUMPUMPELS GEBURTSTAG + + +Kräht der Hahn früh am Tage, +kräht laut, kräht weit: +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Guckt das Eichhörnchen runter: +Wenig Zeit, wenig Zeit! +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Kommt das Häschen gesprungen, +macht Männchen vor Freud: +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Steht der Kuchen auf dem Tische, +macht sich dick, macht sich breit: +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Und Vater und Mutter, +alle Kinder, alle Leut +schrein: Hoch der Rumpumpel, +sein Geburtstag ist heut! + + + +MUTTERS GEBURTSTAG + + +Leises Klopfen an der Türe: +Kann ich 'rein, Mama? +Frisch gewaschen, frisch gebügelt +steht Rumpumpel da. +Rosen in beiden Händchen; +wie der Kerl sich freut! +Kommt ans Bett, sagt: Guten Morgen, +Mutti Burtstag heut. +Vater putzt die große Stube, +die ist mächtig schön. +Lauter Blumen! Und die Torte! +Komm, zu Vati gehn! + + + +RUMPUMPEL TANZT + + +Rumpumpel tanzt, Rumpumpel tanzt, +es blitzen seine Schuh; +der Kreisel und der Hampelmann +sehn verwundert zu. + +Der Kreisel pufft den Hampelmann: +guck, Hans, was sagst du nur? +der Junge tanzt, der Junge tanzt +und sitzt an keiner Schnur. + +Der Hampelmann zieht ein Gesicht +und schlenkert und sagt: puh, +auch eine Peitsche braucht er nicht, +tanzt doch so schön wie du. + +Rumpumpel tanzt, Rumpumpel tanzt, +die liebe Sonne scheint; +der Kreisel und der Hampelmann +sind sich spinnefeind. + + + +KREISELLIEDCHEN + + +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein +rundum, rundum, +kommt die dicke Marmelkugel, +rollt ihn um, rollt ihn um; +paß auf, Herr Dreidel! +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein +rundum, rundum, +pfeift der Wind aus einer Ecke, +pfeift ihn um, pfeift ihn um; +steh auf, Herr Dreidel! +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein, +peitsch di Hieb, peitsch di Hieb; +hopp hopp, wie springt das Brüderlein, +halt den Dieb, halt den Dieb, +heißa, Herr Dreidel! + + + +KONZERT + + +Musik, Musik, die Flöte kommt, +Rumpumpel tut's begreifen: +er horcht und hebt das Fingerchen, +fängt gleich an mitzupfeifen. + +Musik, Musik, die Geige kommt, +die Geige tut fein klingen; +Rumpumpel hebt das Fingerchen, +fängt leise an zu singen. + +Musik, Musik, der Brummbaß kommt, +ganz deutlich hört man's summen; +Rumpumpel hebt das Fingerchen, +tut wie 'ne Hummel brummen. + +Das gibt ein herrliches Konzert, +ihr Kinder, kommt, ich bitte! +Drei Kirschen kost't der erste Platz, +und eine kost't die Mitte. + +Hinten herum ist alles frei, +großmütig sind wir heute; +der Mohr, der Spitz, der Hampelmann +sind gar zu arme Leute. + + + +DIE ERSTEN HÖSCHEN + + +Der Schneidermeister Piekenich +ist ein geschickter Mann, +er kommt und mißt dem Peterle +die ersten Hosen an. + +Er nimmt sein Buch und Metermaß, +schreibt sich die Zahlen auf; +und wenn der Bub nicht stille steht, +kriegt er eins hinten drauf. + +"Du lieber Meister Piekenich, +mach die Hosen recht schön! +Ich will ja unter den Linden +damit spazieren gehn. + +Und alle kleinen Jungens +gucken nach mir hin +und sehn an meinen Höschen, +daß ich auch ein Junge bin." + + + +DER KLEINE SÜNDER + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Gestern lief der Peter weg, +spinnefix verstohlen. +Setzt sich Mutter den Bänderhut auf: +wart, ich will dich holen. +Sausepeter, +Flausepeter, +kleiner Sünder, wo bist du? + +Hahnematz steht auf der Wiese, +"Kiek ins Grüne" kräht er; +sag mir, bunter Kikeriki, wo ist unser Peter? +Bummelpeter, +Schummelpeter, +kleiner Sünder, wo bist du? + +Wie sie sich im Garten umguckt, +ist er nicht zu sehen, +bleibt sie neben dem Spargelbeet +unterm Pflaumbaum stehen. +Aber Peter, +nirgends steht er; +kleiner Sünder, wo bist du? + +Hört sie etwas lachen, horch +oben aus dem Baume; +sitzt der Peter seelenvergnügt, +pflückt sich eine Pflaume. +Wirft ein Steinchen, +schwenkt die Beinchen, +wupptich--: Mutter, da bin ich! + + + +FLUTSCHPETER + + +Flutschpeter lief nie gradeaus; +ja, und warum? Er lief +getreulich seiner Nase nach, +und die, ja die war--schief. + + + +DIE TROMMELPARTIE + + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt das Kätzchen +Mausemätzchen, +das will mit. + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt das Hündchen +Belleinstündchen, +das will mit. + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt das Schweinchen +Rosenfeinchen, +das will mit. + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt der Bär +Brummesehr, +der will mit. + +So geht's im Trab, +bergauf, bergab, +durch Dünn und Dick, +durch Schlamm und Schlick; +Rumpumpel schlägt die Trommel. + +Das Kätzchen maut, +das Hündchen bellt, +das Schweinchen quiekt, +der Bär brummt: was 'ne dumme Welt! +Rumpumpel schlägt die Trommel. + + + +RUMPELREIM + + +Ride-bide-Bummstock fing 'ne Maus, +Ride-bide-Bummstock ließ sie wieder raus; +Ride-bide-Bummstock, du bist dumm, +die Mäuse sind 'n Rackerpack, das bringt man um. + + + +DAS KARNICKEL + + +Hans Wackelohr, Hans Wackelohr, +was bist du heut so still? +Sieh her, ich habe Kohl für dich, +sitz doch nicht gar so feierlich! +Hans Wackelohr, Hans Wackelohr, +wie kommst du mir heut vor! + +Hans Schnupperschnut, Hans Schnupperschnut, +ist dir dein Haus zu eng? +Ein Weilchen darfst du aus dem Stall, +bloß friß mir nicht die Knospen all! +Hans Schnupperschnut, Hans Schnupperschnut, +bist mir nun wieder gut? + + + +LEKTION + + +Hühner, wollt ihr wohl artig sein! +hübsch langsam essen und nicht so schrein! +Müßt ihr denn immer zanken und beißen? +euch um jedes Körnchen reißen? +Pfui, dicke Henne, abscheuliches Tier, +du ißt ja für vier. +Weg! hörst du nicht? du sollst dich trollen! +Die niedlichen kleinen Küken wollen +auch mal heran an das schöne Futter. +Wenn du nicht hörst, sag ich's der Mutter; +die fängt dich ein und macht dich tot, +dann essen wir dich zum Mittagbrot. + + + +LIED DES HÜHNCHENS + + + Tuck--tuck--heut ist Regentag, + und ich muß mich plagen; + kratze schon acht Stunden, tuck, + und noch knurrt mein Magen. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck die Enten, tuck die Enten, + Enten sind doch Narren; + gehn ins Wasser, tuck ins Wasser, + als könnte man da scharren. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Pferde, tuck tuck tuck, und Kühe + haben große Köpfe, + aber keine Kröpfe, tuck; + traurige Geschöpfe! +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck, wie war der Hahn galant, + suchte mir manch Krümchen; + heute geht er, tuck tuck tuck, + mit Cochinchina-Mühmchen. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck, du fetter Regenwurm, + dich muß ich noch ergattern; + schimpft nur, tuck, vor Neid, tuck tuck, + Muhmen und Gevattern! +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck, wär ich doch endlich satt, + tuck, das wär ein Segen; + muß Rumpumpeln, tuck tuck tuck, + sein Frühstücks-Ei noch legen. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +ach, wann hat man wohl genug? + + + +SO SIEHT UNSRE WIRTSCHAFT AUS + + +Unser Müller hat ein Mühlenhaus, +mi-ma-Mühlenhaus, +kommt Korn hinein und Mehl heraus, +mi-ma-Mehl heraus; +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unser Bäcker, der backt weiße Wecken, +wi-wa-weiße Wecken, +und braunes Brot und Streußelschnecken, +stri-stra-Streußelschnecken; +weiße Wecken, Streußelschnecken, +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unser Schlächter schlacht't ein feistes Schwein, +fi-fa-feistes Schwein, +und pökelt Wurst und Schinken ein, +schi-scha-Schinken ein; +feistes Schwein, Schinken ein, +weiße Wecken, Streußelschnecken, +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unsre Mutter hat 'ne bunte Kuh, +bi-ba-bunte Kuh, +die gibt uns Milch und Butter dazu, +bi-ba-Butter dazu; +bunte Kuh, Butter dazu, +feistes Schwein, Schinken ein, +weiße Wecken, Streußelschnecken, +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unsre Henne macht ein laut Geschrei, +li-la-laut Geschrei, +und legt dabei ein frisches Ei, +fri-fra-frisches Ei; +frisches Ei, laut Geschrei, +bunte Kuh, Butter dazu, +feistes Schwein, Schinken ein, +weiße Wecken, Streußelschnecken, +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. +[Transkriptions-Notiz: Fehlendes "aus" hinzugefügt.] + +Rumpumpel ist ein kluges Kind, +kli-kla-kluges Kind, +das fragt nicht viel und ißt geschwind, +i-a-ißt geschwind; +kluges Kind, ißt geschwind, +frisches Ei, laut Geschrei, +bunte Kuh, Butter dazu, +feistes Schwein, Schinken ein, +weiße Wecken, Streußelschnecken, +Mühlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + + + + + +ZWEITER TEIL + + + +DAS HAUS + + +Ich bau, ich bau ein steinern Haus; +vorne guckt ein Esel raus, +hinten eine Kuh, +muh. + + + +MIT TROMMEL UND TRAB + + +Sitzen zwei alte Weiber im Sand, +spinnen viel feine Fäden über Land, +über Bäume, +über Zäune, +um Stoppel und Dorn, +immer von vorn. + +Für wen sitzen die alten Weiber im Sand, +spinnen viel feine Fäden über Land? +Für Wildbub Kraushaar, +kommt alle hundert Jahr +mit Trommel und Trab +vom Himmel herab, +reißt alle Fäden auf einmal ab, +macht sich ein'n Mützenpuschel draus +und lacht die alten Weiber aus. + + + +SIEBENSCHLÄFER + + +Ihr Siebenschläfer in den Höhlen, +reckt euch, streckt euch, aufgewacht! +Der Frühling leuchtet in den Himmel +nach einer einzigen warmen Nacht. + +Schnell, schüttelt eure grauen Zotteln, +und blinzelt in das blaue Licht; +Herrgott, wer wird so langsam trotteln, +ich lauf voraus, ich warte nicht. + +Die Amsel übt schon ihre Lieder, +ich pfeif sie nach, ich sing sie auch; +und denkt euch nur, der blaue Flieder +hat Knospen, und der Haselstrauch. + +Der Teckel bellt vor lauter Wonne +und wühlt die frische Erde um-- +Na? seid ihr noch nicht in der Sonne, +ihr Siebenschläfer faul und dumm? + + + +OSTERLIED + + +Has, Has, Osterhas, +wir möchten nicht mehr warten. +Der Krokus und das Tausendschön, +Vergißmeinnicht und Tulpen stehn +schon lang in unserm Garten. + +Has, Has, Osterhas, +mit deinen bunten Eiern. +Der Star lugt aus dem Kasten aus, +Blühkätzchen sitzen um sein Haus; +wann kommst du Frühling feiern? + +Has, Has, Osterhas, +ich wünsche mir das Beste: +ein großes Ei, ein kleines Ei +und ein lustiges Dideldumdei, +alles in einem Neste. + + + +MAIWUNDER + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Maikönig kommt gefahren, +in seinem grüngoldnen Wagen, +mit Saus und Gesinge. +Seine Zügel sind Sonnenstrahlen, +große blaue Schmetterlinge +ziehn ihn über Busch und Bach, +daß die weißen Blütenglocken +in seinen Locken +schwingen und springen, +und Hans guckt ihm nach +und hört sein Lied: +wer zieht mit? zieht mit? + +Kommt das Maienweibchen, +trägt ein weißes Kleidchen, +trägt ein grünes Kränzchen, +sagt zu unserm Hänschen: +Eia, Hans, +komm zum Tanz! +Einen Schritt Frau Nixe, +einen Schritt Herr Nix, +Ringeldireih, Ringeldireih, +Dienerchen, +Knix! + + + +HANSEL UND GRETEL + + +Hansel und Gretel stehen zu zwein, +der Hansel ist grob, +und die Gretel ist fein, +der Hansel ist dick, +und die Gretel ist dünn, +der Hansel ist aus Birkenholz, +die Gretel ist aus Zinn. +Heißa, juchheißa, wer wird nun König? +Was der eine zu viel hat, hat der andre zu wenig. + + + +PRINZESSCHEN + + +Wer tanzt mit mir? +wer spielt mit mir? +ich bin so sehr allein. +Kam da der gelbe Sonnenstrahl: +Ich tanze Tippel-huschemal, +willst du meine Tänzerin sein? + +Wer tanzt mit mir? +wer spielt mit mir? +der Sonnenstrahl ist zu fein. +Kam da der wilde Pustewind: +Heidih, ich spiele Wegefind, +lauf doch, fang mich ein! + +Wer tanzt mit mir? +wer spielt mit mir? +der Wind macht mein Krönchen entzwei. +Kam da unser brauner Junge an, +macht 'nen Diener wie 'n Edelmann: +Prinzeß, ich bin so frei. + + + +DAS GROSSE LOCH + + +Das große Loch, +wie kam es doch +in Gretens neuen Schuh? +Die ganzen Zehn +sind ja zu sehn; +wer macht das Loch uns zu? + +Drüben hinterm Rathaus +hängt ein großes Schild raus, +goldner Stiefel drauf. +Da wohnt der Schuster Firlefanz, +der macht dein Schuhchen wieder ganz; +lauf, Grete, lauf! + + + +ZWEI GESELLEN + + +Es tanzen zwei Gesellen + hier herum; +der eine, der ist klug, +und der andre, der ist dumm. +Der eine liegt im Grase, +der andre sitzt am Tisch; +der eine kaut den Kanten, +der andre ißt den Fisch + ißt den Fisch. + +Es tanzen zwei Gesellen + hier herum; +der eine, der ist grad, +und der andre, der ist krumm. +Der eine, der bleibt mager, +der andre, der wird fett; +der eine kommt an'n Galgen, +der andre stirbt im Bett. + Je nun, je nun, + was ist dabei zu tun. + + + +WENN'S PFINGSTEN REGNET + + +Oben aus dem Fahnenhaus +guckt das schwarze Wettermännchen raus, +spreizt die Beine und grinst uns an; +schäme dich, alter Wettermann! +Am Ostersonntag, vor sieben Wochen, +hast du dem Fritze fest versprochen, +daß zu Pfingsten, im Monat Mai, +das allerschönste Wetter sei. +Und nun regnet's, liebe Not, +alle hellen Blüten tot; +sie liegen da wie nasser Schnee. +Auf den Wegen steht See an See; +ja, wenn wir noch drin baden könnten, +wie die Spatzen oder die Enten. +Wir dürfen aber gar nicht raus, +sehn so mucksch wie Maulwürfe aus; +röche nicht der Kuchen so lecker her, +wüßte man gar nicht, daß Feiertag wär. +Nicht mal die Pfingstkleider kriegt man an; +Schäme dich, schwarzer Wettermann! + + + +EINE HÜHNERGESCHICHTE + + +Vor der Laube kräht der Hahn, +ein rot-schwarz-gelb und grüner: +Kuchen, Kuchen, Kuchen auf dem Tisch, +fix, kommt fix, ihr Hühner! + +Seht die Hennen, +wie sie rennen, +aus Verstecken, +über Zäune, über Hecken, +gackern, beißen sich und schrein, +jede will die erste sein. +Wie sie fliegen, wie sie flattern, +um ein Plätzchen zu ergattern. +Oben auf des Tisches Mitte +steht Herr Hahn: +Bitte, meine Damen, bitte, +fangt nur an! +Pick und schluck, +nicht genug, +immer mehr +Kuchen her! +Unser Kropf +ist ein Topf, +wird nicht voll, +wird nicht leer, +darum mehr +Kuchen her, +bis der Teller leckeleer! + +Drüben aus des Gärtners Haus +guckt der kleine Fritz und lacht: +Ei, wie sah das lustig aus, +das haben die Hühner klug gemacht. + + + +MARIEKEN UND DIE KÜKEN + + +Marie, Marei, Marieken +mit deinen sieben Küken, +was willst du tun? + +"Die alte Kluckenmutter ist tot, +nun frieren die Kinder und finden kein Brot; +ich will sie pflegen." + +Marie, Marei, Marieken +mit deinen sieben Küken, +was hast du im Sack? + +"Kartoffelmus und Hirsekern, +das essen meine Kinderchen gern, +das streu ich ihnen." + +Marie, Marei, Marieken, +gib mir eins von deinen Küken, +du hast noch genug. + +"Wenn ich meine Kinder verschenken tät, +müßt ich weinen von früh bis spät, +daß sollst du wissen." + +Marie, Marei, Marieken, +Zu Hühnern werden die Küken; +was machst du dann? + +"Und werden hübsch bunt und werden groß, +fliegen mir alle um Kopf und Schoß, +hei, alle sieben!" + + + +KINDERKÜCHE + + +Marie-Marei will Braten machen, +hat keine Pfanne; +nimmt sie sich die Schiefertafel +von klein Schwester Hanne. +Hat sie eine Pfanne. + +Marie-Marei will Braten machen, +hat keine Butter; +borgt sie beim Kanarienvogel +rasch ein bißchen Futter. +Hat sie Butter. + +Marie-Marei will Braten machen, +hat keine Kohlen; +vor der Tür blüht roter Mohn, +geht sie den sich holen. +Hat sie Kohlen. + +Marie-Marei will Braten machen, +fehlt noch das Gänschen; +nimmt sie sich die Pudelmütze +von klein Bruder Fränzchen. +Hat sies Gänschen. + +Hei, mit diesen Wunderdingen +muß der Braten wohlgelingen; +bitte zu Tisch! + + + +ESSENSREGELN + + +Spitzt das Ohr und merkt euch still, +was die gute Sitte will! +Wer die schöne Form erfaßt, +ist ein gern gesehner Gast; +wer sich frech und plump beträgt, +wird ohne Besen hinausgefegt. + + +--1-- + +Ein Kind soll nicht vorher von Speisen naschen, +soll Mund und Hände sich sauber waschen, +sich erst setzen, wenn die andern sitzen, +das Mäulchen bei Tisch nicht zum Pfeifen spitzen, +nicht plappern, wenn große Leute sprechen, +das Brot nicht zerkrümeln, zerkneten, nur Bissen abbrechen. + + +--2-- + +Rückt immer den Stuhl so dicht heran, +daß Löffel und Gabel zum Munde kann, +ohne das Tischtuch zu betrippen; +und schließt beim Kauen hübsch die Lippen! +Turnen beim Essen, das will nicht passen; +also die Ellbogen hübsch unten lassen! + + +--3-- + +Nicht gierig stopfen! langsam essen! +auch keinen Rest auf dem Teller vergessen! +Nicht wie Hunde oder Katzen +schlecken, schlürfen, schnaufen, schmatzen! +Nicht kichern und nicht heimlich fragen, +und immer schön bitte und danke sagen! + + +--4-- + +Seid ihr beim Essen und trinkt dazwischen, +sollt ihr zuvor die Lippen wischen. +Kartoffeln und Fisch mit Stahlmessern schneiden, +das wird ein Mensch, der Geschmack hat, vermeiden. +Brot nimmt man zuhilfe, wenn Fischmesser fehlen; +auch Obst soll man nicht mit Stahlklingen schälen. + + +--6-- + +Wer stochert in den Zähnen, +nicht unterdrückt das Gähnen, +das Messer in den Mund steckt, +Gabel und Teller ableckt, +zuviel packt auf den Löffel, +gilt als Flegel und Töffel. + + + +DIE BÖSE MIES + + +Es war einmal ein Kätzchen, +ein allerliebstes Frätzchen. +Es hatte das Mamsellchen +ein seidenweiches Fellchen +und einen Bart ums Schnäuzchen +und Augen wie ein Käuzchen. +Es machte gern den Rücken krumm +und brachte viele Mäuse um, +dann schlich es auf die Ofenbank +und leckte sich die Pfoten blank. + +Einst aber, oh das Kätzchen, +was tut das liebe Frätzchen? +Einst stand auf unserm Tische +ein Teller Bratenfische. +Hopp, ist das Kätzchen oben: +die Fische muß ich loben. +So denkt es sich und sitzt und schmaust, +doch Mutterchen kommt angesaust, +und gibt dem Naschmamsellchen +--na warte--eins aufs Fellchen. + +Nein, unser Miesekätzchen +war gar kein liebes Frätzchen: +los auf die gute Mutter, +und durch das Ärmelfutter +--kratz--in den Ellenbogen! +War das nicht ungezogen? +Dann lief es voller Wut hinaus +und kam erst abends spät nach Haus, +und schlich sich auf die Ofenbank +und leckte sich die Pfoten blank. + + + +POTTKIEKER + + +Mutti, Mutti, was ist denn da drin? + "Hoppel-poppel-Appelreis, + mach dich weg, Naseweis, + kann dich hier nicht brauchen, + der Ofen tut rauchen, + muß Spähne suchen, + sonst brennt der Kuchen, + muß Gänse schlachten, + in sechs Wochen ist Weihnachten." + +Mutti, Mutti, wo soll ich denn hin? + "Ei, tanz mit dem Schimmel, + bohr Löcher in den Himmel, + lehr die Katz das Alphabet, + sieh nach, ob sich der Kirchturm dreht, + oder lauf ans Ende der Welt, + paß auf, daß keiner runter fällt, + marsch!" + + + +DER REITERSMANN + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Schimmel, willst du laufen, +will ich uns was kaufen. +Heißa, lauf nach Mexiko, +da kaufe ich dir Bohnenstroh; +laufe nach der Mongolei, +da kauf ich mir ein Osterei, +hopp! + +Eile, Schimmel, eile, +oder du kriegst Keile. +Hoppßa, lauf nach Hindostan, +da kaufe ich mir Marzipan; +laufe nach Kap Morgenrot, +da kauf ich dir ein Dreierbrot, +burr! + + + +DAS RICHTIGE PFERD + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Wer schenkt mir ein lebendiges Pferd! +Mein Schaukelpferd ist gar nichts wert, +es hat so steife Beine, +es stampft nicht, frißt nicht, wiehert nicht, +und macht solch ledernes Gesicht, +und weiß nicht, was ich meine. + +Wenn mir der Weihnachtsmann ein Pferd, +ein wirklich richtiges Pferd beschert, +dann reit ich über die Brücke, +und reite durch den Kiefernforst +nach Vehlefanz und Haselhorst +und noch fünf große Stücke. + +Dann bin ich mitten in der Welt, +da such ich mir ein Haberfeld +und lasse mein Pferdchen grasen. +Und dann, dann reit ich ans Ende der Welt, +wo der Riese den Regenbogen hält, +und--schick euch 'ne Ansichtspostkarte. + + + +DER KLEINE REKRUT + + +Ich hab einen Helm aus Packpapier, +mit einem Federbusche; +der Wilhelm malt mir 'n Adler drauf +mit schwarz-weiß-roter Tusche. + +Einen hölzernen Säbel hab ich auch, +mit einem richtgen Griffe; +wenn nur der Scherenschleifer käm, +daß er ihn endlich schliffe! + +Meine Mutter ist 'ne gute Frau, +die schenkt mir einen Dukaten, +dann kauf ich mir ein Schießgewehr, +geh unter die Soldaten. + + + +DER HAUPTMANN + + +Ich bin der Hauptmann, +ihr die Soldaten; +immer gehorsam, +das will ich euch raten, +hört ihr! + +Eins, zwei, immer hinterher, +eins, zwei, schultert das Gewehr, +marsch! + +Seht euch nicht um, +seht euch nicht an, +immer hübsch stramm, +Mann hinter Mann, +halt! + +Eins, zwei, immer hinterher, +eins, zwei, schultert das Gewehr, +marsch! + + + +ABZÄHLREIM + + +Rechts, links, über Eck, +die Henne legt die Eier weg, +legt sie in ein Bündel Stroh, +irgendwie, irgendwo; +kommt der Marder Wagemut, +jagt die Henne von der Brut, +rechts, links, über Eck-- +ein Küken hat--er--weg. + + + +FRAGEFRITZE UND DIE PLAPPERTASCHE + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Fritz, ich möcht den Spaten haben. +"Mutterchen, warum?" +Möchte eine Grube graben. +"Mutterchen, warum?" + +Möchte drin ein Bäumchen pflanzen. +"Mutterchen, warum?" +Wird mein Fritze drunter tanzen. +"Mutterchen, warum?" + +Wird das Bäumchen Kirschen tragen. +"Mutterchen, warum?" +Ei, du mußt die Spatzen fragen, +die sind nicht so dumm!-- + +Kommt die kleine Plappertasche: +"Mutterchen, nicht wahr, +ich bin klüger als der Fritze, +bin schon bald sechs Jahr. + +"Mutterchen, nicht wahr, der Fritze +ist ein Schaf, o je! +Ich kann schon bis zwanzig zählen +und das A-B-C." + +I, du kleine Plappertasche, +laß den Fritz in Ruh. +Plappertasche, wische wasche, +halt das Mäulchen zu. + +Übermorgen in vier Wochen +kommt der Weihnachtsmann; +wenn du dann noch immer plapperst, +was bekommst du dann? + +Einen großen Maulkorb!-- + + + +PLAPPERMÜNDCHEN + + +In Leipzig wohnt ein Bäckermeister, +Hans-back-die-Semmeln-größer heißt er; +Seine Mutter, die Frau Meisterin, +zieht den Teig wer weiß wie dünn, +rollt ihn mit der Mangel aus, +macht sieben bucklige Bretzeln draus, +drei für den Vater, +drei für die Mutter, +eine für unser Plappermündchen, +dann schweigt's vielleicht ein Viertelstündchen. + + + +PUPPENDOKTOR + + +Lieber Doktor Pillermann, +guck dir bloß mein Püppchen an. +Drei Tage hat es nichts gegessen, +hat immer so stumm dagesessen, +es will nicht einmal Zuckerbrot, +die Arme hängen ihr wie tot. +Ach, lieber Doktor, sag mir ehrlich, +ist diese Krankheit sehr gefährlich? + +Madam, Sie ängstigen sich noch krank; +der Puls geht ruhig, Gott sei Dank. +Doch darf sie nicht im Zimmer sitzen, +sie muß zu Bett und tüchtig schwitzen; +drei Kiebitzeier gebt ihr ein, +dann wird es morgen besser sein. +Empfehle mich. + + + +KLEINER EINKAUF + + +Guten Tag, guten Tag, liebe Grünkramfrau, +Gemüse will ich kaufen, +ich bin mit meinem Henkelkorb +extra hergelaufen; +auch schöne frische Eier will ich, +hoffentlich sind sie heute billig. + +Die Schoten hier gefallen mir, +zuckersüße Kerne; +auch von den Rübchen möchte ich +ein halbes Liter gerne. +Kohlrüben? lieben wir nicht sehr; +doch zeigen Sie mal die Pflaumen her! + +Davon will ich fünf Litermaß, +haufenvoll gemessen! +weil meine Kinderchen zu Haus +alle gern Pflaumen essen. +Geld schick ich Ihnen morgen her; +ich denke doch, es eilt nicht sehr, +ich hab es grad vergessen. + + + +VATERS GEBURTSTAG + + +Schnell, schnell, Besen, +feg die Stube rein; +wenn Väterchen zum Kaffee kommt, +muß alles sauber sein. + +Wisch, wisch, Lappen, +über Stuhl und Schrank; +wenn Väterchen zum Kaffee kommt, +sind sie blitzeblank. + +Blüh, blüh, Blume, +blüh recht frisch; +wenn Väterchen zum Kaffee kommt, +Stehst du auf dem Tisch. + +Herz-Herz-Muttchen, +schnell das neue Kleid; +bis Väterchen zum Kaffee kommt, +ist nur noch wenig Zeit. + +Tick, tick, Uhrchen, +renn doch nicht so fix; +wenn Väterchen zum Kaffee kommt, +mach ich meinen Knix. + +Fertig, alles fertig, +der Kuchen auch ist da; +der Kaffee kommt, der Vater kommt, +mein Verschen kann ich ja: +"Heut ist dein Geburtstag!" + + + +DAS HIMMELSPRINZESSCHEN + + +Ich bin das Himmelsprinzeßchen, +habe Flügel von blauem Duft, +ich schlafe im Wolkenbettchen +und bade in Licht und Luft. +Mir gehört die silberne Schaukel +hoch oben im Himmelssaal; +wenn die goldenen Seile schwingen, +blitzt es unten im Tal. + +Der alte Wetterriese +donnert und schilt mich aus, +ich flitze über die Sterne +und lache den Brummbart aus. +Die Mirlamein vom Monde +webt meine Kleider und Schuh, +die gute Mutter Sonne +gibt goldne Spangen dazu. + +Der liebe Gott hat mich gerne, +ich bin sein liebes Kind; +er nimmt uns auf die Kniee, +mich und den Frühlingswind. + +Des Abends sitzen wir stille +bei Mirlamein im Zelt +und spinnen Wünsche und Träume +und streuen sie über die Welt. + + + +WINDFREUDE + + +Wenn der Wind über Wiesen und Felder rennt, +renn ich mit; +da denk ich, daß ich fliegen kann, +und guck mir lustig die Vögel an, +susewitt, susewitt. + +Wenn der Wind durch die Sträucher und Bäume fegt, +feg ich mit; +die Blütenkätzchen feg ich zu Hauf +und setz mir vom Ahorn ein Nasenhütchen auf, +susewitt, susewitt. + +Wenn der Wind durch die Turmlöcher singt und pfeift, +pfeif ich mit; +sein Jodler wird mir gar nicht schwer, +und den Brummbaß lern ich nebenher, +susewitt, susewitt. + + + +LIED VOM MONDE + + +Wind, Wind, sause, +der Mond ist nicht zu Hause; +er ist wohl hinter den Berg gegangen, +will vielleicht eine Sternschnuppe fangen, +Wind, Wind, sause. + +Stern, Stern, scheine, +der Mond, der ist noch kleine; +er hat die Sichel in der Hand, +er mäht das Gras am Himmelsrand, +Stern, Stern, scheine. + +Singe, Vogel, singe, +der Mond ist guter Dinge; +er steckt den halben Taler raus, +das sieht blank und lustig aus, +singe, Vogel, singe. + +Und hell wird's, immer heller; +der Mond, der hat 'nen Teller, +mit allerfeinstem Silbersand, +den streut er über Meer und Land, +und hell wird's, immer heller. + + + +WEIHNACHTSSCHNEE + + +Ihr Kinder, sperrt die Näschen auf, +es riecht nach Weihnachtstorten; +Knecht Ruprecht steht am Himmelsherd +und backt die feinsten Sorten. + +Ihr Kinder, sperrt die Augen auf, +sonst nehmt den Operngucker: +die große Himmelsbüchse, seht, +tut Ruprecht ganz voll Zucker. + +Er streut--die Kuchen sind schon voll-- +er streut--na, das wird munter: +er schüttelt die Büchse und streut und streut +den ganzen Zucker runter. + +Ihr Kinder, sperrt die Mäulchen auf, +schnell! Zucker schneit es heute! +Fangt auf, holt Schüsseln!--Ihr glaubt es nicht? +Ihr seid ungläubige Leute! + + + +KNECHT RUPRECHT IN NÖTEN + + +Knecht Ruprecht kratzt sich seinen Bart +und rückt zurecht die Brille: +Ihr Engelskinder, lärmt nicht so, +seid mal ein bißchen stille! +Kommt, rückt hübsch artig zu mir ran, +seht euch mal das Bestellbuch an! + +Was steht hier auf dem ersten Blatt? +was auf dem zweiten, dritten? +was steht am Ende von dem Buch? +was steht hier in der Mitten?--: +Ach Weihnachtsmann, wir bitten sehr, +Schick uns doch mal das Luftschiff her! + +Hans möchte nach Amerika, +und Fritz zu Tante Lotte, +Kurt durch die Luft zu Großpapa, +Marie zum lieben Gotte; +Georg will bloß nach Neuruppin +mit Zeppelin, mit Zeppelin. + +Ach Zeppelin, du Zaubermann, +'s ist aus der Haut zu fahren, +das ganze liebe kleine Pack +will bloß noch Luftschiff fahren; +dein Fahrzeug ist ja viel zu klein, +da gehn nicht alle Kinder 'rein. + +Ihr Engelskinder, helft mir doch +in meinen Weihnachtsnöten, +baut mir ein Luftschiff riesengroß +mit hunderttaufend Böten, +laßt lustig die Propeller gehn, +da sollt ihr mal die Freude sehn! + +Hurra, schreit da die Engelschar, +wir helfen alle, alle. +Nach dreien Tagen, blitzeblank, +stehts Luftschiff in der Halle. +Dank schön, sagt Ruprecht, fährt hinab, +holt alle Jungs und Mädels ab +zur Flugfahrt durch die Welten. +Ob sie sich nicht erkälten? + + + +FROHE BOTSCHAFT + + +Früh, eh ich's konnt begreifen, +hört ich schon etwas pfeifen, +hört ich Schon etwas brummen, +wie tausend Bienen summen. + Was ist denn los? Ach ja: + der Weihnachtsmann ist da! + +Die Raben und die Spatzen, +sie müssen's weiterschwatzen; +in alle Häuser dringt es, +von allen Glocken klingt es. + Was läuten sie? O ja: + der Weihnachtsmann ist da! + +Mit seinem braven Esel +zieht er von Thorn bis Wesel; +wo Mädels sind und Buben, +tritt er in ihre Stuben +und langt aus Sack und Taschen +zum Spielen was und Naschen. + Wo habt ihr's her? Na ja: + der Weihnachtsmann war da! + + + +DER LIEBE WEIHNACHTSMANN + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Der Esel, der Esel, +wo kommt der Esel her? +Von Wesel, von Wesel, +er will ans schwarze Meer. + +Wer hat denn, wer hat denn +den Esel so bepackt? +Knecht Ruprecht, Knecht Ruprecht +mit seinem Klappersack. + +Mit Nüssen, mit Äpfeln, +mit Spielzeug allerlei, +und Kuchen, ja Kuchen +aus seiner Bäckerei. + +Wo bäckt denn, wo bäckt denn +Knecht Ruprecht seine Speis? +In Island, in Island, +drum ist sein Bart so weiß. + +Die Rute, die Rute +hat er dabei verbrannt; +heut sind die Kinder artig +im ganzen deutschen Land. + +Ach Ruprecht, ach Ruprecht, +du lieber Weihnachtsmann: +komm auch zu mir mit deinem +Sack heran! + + + +SANKT NIKLAS' AUSZUG + + +Sankt Niklas zieht den Schlafrock aus, +klopft seine lange Pfeife aus +und sagt zur heiligen Kathrein: +Öl mir die Wasserstiefel ein, +bitte hol auch den Knotenstock +vom Boden und den Fuchspelzrock, +die Mütze lege oben drauf, +und schütte dem Esel tüchtig auf, +halt auch sein Sattelzeug bereit; +wir reisen, es ist Weihnachtszeit. +Und daß ich's nicht vergeß, ein Loch +ist vorn im Sack, das stopfe noch! +Ich geh derweil zu Gottes Sohn +und hol mir meine Instruktion. + +Die heilige Käthe, sanft und still, +tut alles, was Sankt Niklas will. +Der klopft indes beim Herrgott an, +Sankt Peter hat ihm aufgetan +und sagt: Grüß Gott! wie schaut's denn aus? +und führt ihn ins himmlische Werkstättenhaus. + +Da sitzen die Englein an langen Tischen, +ab und zu Feen dazwischen, +die den kleinsten zeigen, wie's zu machen, +und weben und kleben die niedlichsten Sachen, +hämmern und häkeln, schnitzen und schneidern, +fälteln die Stoffe zu zierlichen Kleidern, +packen die Schachteln, binden sie zu +und haben so glühende Bäckchen wie Du. +Herr Jesus sitzt an seinem Pult +und schreibt mit Liebe und Geduld +eine lange Liste. Potz Element, +wieviel artige Kinder Herr Jesus kennt! +Die sollen die schönen Engelsgaben +zu Weihnachten haben. + +Was fertig ist, wird eingesackt +und auf das Eselchen gepackt. +Sankt Niklas zieht sich recht warm an; +Kinder, er ist ein alter Mann, +und es fängt tüchtig an zu schnein, +da muß er schon vorsichtig sein. + +So geht es durch die Wälder im Schritt, +manch Tannenbäumchen nimmt er mit; +und wo er wandert, bleibt im Schnee +manch Futterkörnchen für Hase und Reh. +Aus Haus und Hütte strahlt es hell, +da hebt er dem Esel den Sack vom Fell, +macht leise alle Türen auf, +jubelnd umdrängt ihn der kleine Hauf: +Sankt Niklas, Sankt Niklas, +was hast du gebracht? +was haben die Englein +für uns gemacht? +"Schön Ding, gut Ding, +aus dem himmlischen Haus; +langt in den Sack! holt euch was raus!" + + + +BESCHEIDENE FRAGE + + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +bringst du der flinken Grete was? +Sie ist fast immer artig gewesen, +hat fleißig in ihrer Fibel gelesen, +kann das große H schon ganz richtig schreiben, +wird Ostern gewiß nicht sitzen bleiben; + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du ihr was? + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +bringst du dem dicken Peterle was? +Er ist noch zu klein, um zur Schule zu gehn, +aber beten kann er schon wunderschön: +"Lieber Dott, mach alle Menßen dut, +nimm alle unter deinen Hut'" + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du ihm was? + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +bringst du der kleinen Lene was? +Sie gehört der armen Flick-Marie +und hat schon lange ein schlimmes Knie; +zum Spielen kommt sie gar nicht mehr raus, +sieht immer so blaß und ängstlich aus. + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du ihr was? + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +ich wünsch mir selber auch noch was: +möcht in der Weihnacht mit dir gehn, +mir all die fröhlichen Kinder besehn, +wie sie tanzen und tuten, knabbern und schlucken +und am strahlenden Christbaum die Wunder angucken. + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du mir das? + + + + + +DRITTER TEIL + + + +WIDMUNG + + +Klänge wachsen auf den Wegen +im Gebüsch, im jungen Grün; +alle meine Melodien +möchte ich mit leisem Segen +abends auf dein Kissen legen. + +Wilde Blumen, seltne Früchte: +was der reife Sommer bringt, +möcht ich in dein Zimmer tragen, +sollst mir keine Antwort sagen-- +Still--der Traum versinkt--verklingt. + + + +SONNE + + +Sonne scheint draußen und scheint in die Stube, +unten am Boden kugelt mein Bube, +greift nach den schimmernden, flimmernden Stäubchen; +ich sitze am Fenster und nähe ein Häubchen, +ein ganz kleines Häubchen aus weißem Batist. +Ob's wohl ein Mädel ist?-- +Und hat's _seine_ Augen, _seinen_ trotzfrohen Sinn, +dann weiß kein Mensch, wie glücklich ich bin! +Bloß Er--Er--sein liebes Gesicht-- -- +"Na, Bub? Hast du die Sonne noch nicht?"-- + + + +MARIENLIED + + +Maria herzt ihr Kindlein +und küßt sein rotes Mündlein; +sie weiß es nicht, +daß einst zu Golgatha +sein Kreuz wird aufgericht't. + +Der Wind mit Blumendüften +tut des Kindes Härlein lüften; +nicht weiß der Wind, +daß einst zu Golgatha +unschuldig Blut verrinnt. + +Sein Lämmlein kommt gesprungen, +spielt um den holden Jungen; +sieht nicht von fern, +daß man zu Golgatha +einst höhnt den lieben Herrn. + +Ihr sorgend Mutterherzen +müßt es fein still verschmerzen; +ihr wißt es nicht, +wann eurem teuren Kindlein +sein Kreuz wird aufgericht't. + + + +KORSISCHES WIEGENLIED + + +Schlafe, mein kleiner Wildling, +du schlankes Reis, schlaf ein; +draußen im Mondschein die Pappel +sieht auf dein Bett herein. + +Träume, mein heißer Wildling; +was ballst du die kleine Faust? +Kühl geht der Wind durchs Fenster, +die hohe Pappel braust. + +Wachse, mein trotziger Wildling, +wachse dich hoch und frei, +horch auf die herrischen Stürme +und des Adlers stolzen Schrei! + +Räche mich, Sohn meiner Wildheit, +räche den Mutterleib, +Schärfe den Dolch und töte, +töte das fremde Weib! + + + +KÖNIGSKIND + + +--1-- + +Schlafe ruhig, Königskind; +wie im Traume singt der Wind, +schweigend sitzt der Mond zu Haus, +gießt die weißen Strahlen aus, +gießt sie über das weite Land, +über Wald und Hügelwand. + +Taube gurrt im dunklen Laub, +Käfer surrt und fliegt auf Raub, +Fischlein steht im Wasser still, +weiß nicht, ob es schwimmen will. +Was dir auch das Leben spinnt: +träume, Königskind! + + +--2-- + +Ein Vogel flog aus dem Heimatland, +er flog wohl sieben Tage lang +über fremde Wälder und Seen; +da wurden ihm die Flügel lahm, +und als er ans große Wasser kam, +konnt er nicht weiter. + +Ein Mägdlein mußte von Hause fort, +in ein fernes Land an fremden Ort, +so bang und alleine. +Die Mutter gab ihr drei Tropfen Blut: +Tochter, liebe Tochter, wahre sie gut, +sonst trifft dich ein Unheil. + +Das Vöglein fiel aus der Höh herab, +brach die Flügel beide und fand sein Grab +im öden Lande; +das Mägdlein verlor der Mutter Blut, +verlor den Weg und verlor den Mut +und irrt in der Fremde. + + +--3-- + +Waldtaube saß gefangen, +Kuruh, das Vögelein, +wohl hinter Gitter und Stangen; +da ließ das Köpflein hangen +Kuruh das Vögelein. + +Waldtaube saß am Gitter, +Kuruh, das Vögelein, +da kam ein blauer Ritter, +ein Falke an ihr Gitter: +Kuruh, mein Vögelein. + +Und bist du auch gefangen, +Kuruh, mein Vögelein, +meine Liebe zerbricht die Stangen, +zu dir will ich gelangen, +Kuruh, mein Vögelein. + +Mit seinen starken Fängen +tat er das Gitter aufzwängen, +Kuruh, mein Vögelein. +Sie breiteten aus die Flügel, +flogen weithin über die Hügel, +grad in die Sonne hinein, +Kuruh, mein Vögelein. + + + +HEIMWEH + + +Quellchen geht in den Rauschebach, +Bach geht in den Fluß, +Fluß geht vorbei am Elternhaus, +Mütterchen hört seinen Gruß; +grüße mir, Quellchen, grüße mir fein +Vater und Mutter, vergiß es nicht, nein? + +Vater pfeift seinem Hühnerhund, +Mutter sorgt für den Herd, +Schwesterchen gießt ihre Tausendschön, +Bruder zäumt sich sein Pferd; +grüße mir, Quellchen, ich bin so allein, +Bruder und Schwester, vergiß es nicht, nein? + + + +ELFENREIGEN + + + Eia, wir Elfen, + wir kommen und helfen, + eh du's gedacht, Kind, eh du's gedacht. + Wir kommen + im frommen + Geleuchte der Nacht, + Gewänder + und Bänder + vom Monde erdacht; + wir schweben + und heben + im Reigenspiel sacht + die Schleier + zur Feier + der freundlichen Nacht. + Eia, wir reichen + uns schmeichelnd die weichen + Hände im gleichen + lieblichen Takt, im lieblichen Takt. + Wir gleiten + durch Weiten + der wandernden Welt, + wie ziehende + fliehende + Nebel im Feld; + wir lauschen, + dem Rauschen + der Quellen gesellt, + und schauen + die blauen + Gefilde bestellt. + Eia, wir zeigen + im silbernen Reigen + mit Nicken und Neigen +die Zauber der Welt, die Zauber der Welt. + + + +WIEGENMÄRCHEN + + +Des Mondes Tochter, Mirlamein, +kam in die warme Welt herein, +sie kam aus ihres Vaters Haus +auf einer weißen Fledermaus. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Da saß Prinzessin Mirlamein +auf einem großen weißen Stein +mitten in blühender Heide +in ihrem milchweißen Kleide. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +In ihren Händen bleich und fein +hielt sie die Flöte aus Elfenbein; +sie blies--das klang so hell und hold, +als ob ein Engel uns trösten wollt. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Gleich stecken alle Vögelein +den Kopf in die Flügel und schlummern ein, +die Hirsche und Rehe im tiefen Wald +suchen ihr Lager und schlafen bald. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Glühwürmchen löscht das Lämpchen aus, +fliegt müde in sein Blätterhaus, +die Tauben gurren im Schlaf kuruh, +mein Kind macht auch die Augen zu. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Die Flöte verklingt. Vom Heidestein +wehen die Schleier der Mirlamein, +Sie winkt der weißen Fledermaus +und fliegt zum stillen Mond nach Haus. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + + + +TRAUMBALLADE + + +Traumkönig geht durch bleiches Land, +rings grüßen ihn verstohlen +die braunen Nachtviolen; +Marlenchen geht an seiner Hand, +Marlenchen, jung Marlenchen. + +Traumkönig geht an den Rosmarinstrauch, +da brennen die Lebenskerzen, +sie brennen mit roten Herzen; +Marlenchen fühlt ihren heißen Hauch, +Marlenchen, jung Marlenchen. + +Traumkönig geht am See entlang, +die Wasserelfen singen +ein Lied von kühlen Dingen; +Marlenchen überkommt es bang, +Marlenchen, jung Marlenchen. + +Traumkönig geht mit leisem Schritt +hinein in die weichen Wellen, +die silbern im Mond aufquellen; +Marlenchen geht in die Tiefe mit, +Marlenchen, jung Marlenchen. + + + +MUTTER HULE + + +(nach einer alten Volksdichtung) + + +Die alte Mutter Hule +kann reisen ohne Geld: +sie setzt sich auf den Gänserich +und reitet durch die Welt. + +Die alte Mutter Hule, +die hat im Wald ein Haus; +der Uhu sitzt als Wächter davor, +läßt niemand 'rein und 'raus. + +Frau Hulens Sohn heißt Michel, +der ist nicht grad, nicht krumm; +am Sonntag ist er manchmal klug +und Montags manchmal dumm. + +Sie schickte ihn zum Markte, +da kauft er sich 'ne Gans; +die flatterte und schnatterte +und wippte mit dem Schwanz. + +Frau Hule holt den Ganter; +wie liebten sie sich gleich! +Sie fraßen zusammen aus einem Napf +und schwammen in einem Teich. + +Des Morgens in der Frühe +fand Michel ein großes Ei; +das hatte die liebe Gans gelegt, +der Gänserich stand dabei. + +Der Michel lief zur Hule: +guck, was ich dir gebracht, +ein goldnes Ei. Die Hule sagt: +das hast du brav gemacht. + +Der Michel trug's zu Markte, +drei Dukaten wollt er haben; +der Jud wollt bloß die Hälfte geben, +da schmiß er ihn in'n Graben. + +Er ging am Schloß vorüber, +da stand ein Fräulein lilienschön; +dem Michel schwoll das Herze, +er blieb ein bißchen bei ihr stehn. + +Der Jude und ein Ritter +fielen über Michel her +von vorne und von hinten, +da schrie der Michel sehr. + +Die alte Mutter Hule +flog über Prag und Wien, +verwandelt ihren Michel schnell +in einen Harlekin. + +Und auch das Fräulein rührte sie +mit ihrem Flederwisch, +da stand ein Kolombinchen da +mit Backen rot und frisch. + +Wo blieb das goldne Ei, huchjee? +Das rollte weit ins Meer. +Der Michel zog die Stiefel aus +und sockte hinterher. + +Die alte Mutter Hule +sattelt hui die große Gans +und flog damit zum roten Mond, +denn da war Fastnachtstanz. + + + +EIN SINGSANG VOM RHEINE + + +Herr Steuermann, Herr Steuermann, +leg an der Brück von Köllen an! +Ein Schifflein kommt gefahren +wohl über den grünen Rhein. +Was hat das Schiff geladen? + Ei, roten Wein, + ei, weißen Wein, +den hat das Schiff geladen. + +Zu Köllen an der Brücke, +da tagt der hohe Rat am Rhein. +Was wollen die Herren trinken? + Ei, roten Wein, + ei, weißen Wein, +den wollen die Herren trinken. + +Ein Schifflein kommt gefahren +wohl über den grünen Rhein. +Was hat das Schiff geladen? + Ei, blonde Jüngferlein, + ei, braune Jüngferlein, +die hat das Schiff geladen. + +Zu Köllen an der Brücke, +da tagt der hohe Rat am Rhein. +Wen wollen die Herren küssen? + Ei, blonde Jüngferlein, + ei, braune Jüngferlein, +die wollen die Herren küssen. + +Herr Steuermann, Herr Steuermann, +leg an der Brück von Köllen an! + + + +BADEBALLADE + + +Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß +badeten im Teiche, +strampelten, tauchten, +plantschten und fauchten; + --hell lachte die alte Eiche. + +Murrian Knurr, der Pudelhund, +kam vorbei am Teiche, +erhob ein Geschrei: Herbei! Polizei! +da baden zwei, nackend und frei! + --hell lachte die alte Eiche. + +Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß +sprangen aus dem Teiche, +faßten Murrian am Kopf, an Schwanz und Zopf, +seiften ihn ein, trotz Bellen und Schrein, + --hell lachte die alte Eiche. + +Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß +baden wieder im Teiche, +hampeln und strampeln, spritzen und tauchen, +patschen und plantschen, prusten und fauchen, + --hell lacht die alte Eiche. + + + +DER TEUFEL UND DIE KATZ + + +(nach Schwinds Bildern) + + +Ein Kätzlein ging einst jagen, +welch schöne Katz, welch feine Katz; +an einer Kirchhofsmauer, +da lag sie auf der Lauer +und fing sich einen Ratz. + +"Ach Kätzlein, laß mich leben, +du schöne Katz, du feine Katz; +will dienen deinem Willen, +jed Wünschlein dir erfüllen +als dein getreuer Schatz." + +Das Kätzlein ließ sich rühren, +die schöne Katz, die feine Katz; +sie ließ die Ratte leben, +tat ihr ein Laternchen geben, +zu leuchten bei der Hatz. + +"Ich tu dir wacker helfen, +du schöne Katz, du feine Katz; +brauchst bloß die Öhrlein spitzen, +da laufen aus Spalt und Ritzen +Langschwänze auf den Platz." + +Der Ratz ward groß und größer-- +"Du schöne Katz, du feine Katz, +wir wollen beid spazieren, +am Arm will ich dich führen +als dein getreuer Schatz. + +Dein Schwänzlein will ich kämmen, +ei schöne Katz, ei feine Katz!" +Er rupft sie zum Erbarmen, +kein Mauen hilft der armen, +vor Schmerz tut sie 'nen Satz. + +Hätt ich dich doch gefressen, +ich gute Katz, ich feine Katz; +ein Untier bist du worden, +wirst mich gewiß noch morden, +du Ungetüm von Ratz. + +Er sprang ihr auf den Rücken: +"Hei, Schöne Katz, hei, feine Katz, +jetzt habe _ich_ zu sagen, +mußt mich als Reiter tragen +auch ohne Zaum und Latz. + +Jetzt fahren wir zur Hölle, +du schöne Katz, du feine Katz; +heidi, ein Katzenbraten +wird dem Teufel schon geraten, +ich schür den Ofen, Schatz." + + + +DER ESEL UND DIE LÖWENHAUT + + +(nach der Fabel von Hans Sachs) + + +Ein Müllersmann aus Oberwesel +hatt 'nen gewitzten jungen Esel; +der weidete auf grünem Gras +und dachte sich so dies und das, +wollt für sein Leben gern auf Erden +was Bessers als ein Esel werden. +Da fand er--und sein Herz schlug schnell-- +ein unversehrtes Löwenfell. +Er kriecht hinein, es paßt ihm gut, +er fühlt auch gleich des Löwen Mut +und denkt mit innerstem Behagen: +nun brauchst du nicht mehr Säcke tragen. +Stolz trabt er durch den Wald daher, +tut ganz, als ob ein Leu er wär, +schüttelt die Mähne, schlägt mit dem Schweif +und setzt die Tatzen breit und steif. +Das Häslein spitzt das lange Ohr, +die Sache kommt ihm kitzlig vor, +es springt hinweg; das Rehlein auch. +Wie freut sich da der eitle Gauch! +Und als der Müller, der ihn sieht +von weitem, auch erschrocken flieht, +kann er vor Wonne kaum sich fassen, +muß laut sein I-A tönen lassen. +Da merkt der Müller, wen er hat, +prügelt den Esel mürb und matt +und schimpft ihn aus: du dummes Vieh! +zum Löwen wird ein Esel nie; +du hast mich mit dem Fell genarrt, +das sollst du büßen, Esel, wart! +und schlägt und pufft ihn immer mehr. +Der Esel hängt die Ohren sehr, +als so sein Meister ihn verbläut; +sein Hochmut hat ihn recht gereut, +wollt fürder Säcke tapfer tragen, +nie mehr nach Löwenhäuten fragen. + + + +EIN SPATZENGESPRÄCH + + +Ich war in Fez durch die Buden gewandelt +und hatte einen Ring erhandelt +mit einem seltsam geschliffenen Stein; +sollte der Ring König Salomos sein. +Wer ihn besäße, verstünde sofort +zahlreicher Tiere Geberde und Wort, +könnte das Gras beim Wachsen belauschen, +hörte Musik aus den Quellen rauschen, +verstünde die Sprache von Baum und Stein, +müßte aber ein Sonntagskind sein. +Nun, ich war zu meinem Frommen +Beim Glockenläuten auf die Welt gekommen, +nahm meinen Ring, bezahlte bar, +und--war jetzt klüger, als ich war. + +Fröhlich ging ich zur Stadt hinaus, +wußte da ein einsames Bauernhaus, +warf mich glatt in die Frühlingsruh, +kaute Halme und pfiff dazu, +dachte an dies und dachte an das, +wie so gedeihlich aus Ernst und Spaß +die Welt sich verbastelt zum Gottgetriebe, +dachte an Glauben, dachte an Liebe, +und wie hellauf über Zacken und Kanten, +trotz Pflichten, Gesetzen und alten Tanten, +das Leben in neue Blüten schießt, +in die der Saft der Zeit sich ergießt. +Dachte und dachte, eiferbeflissen, +glaubte den Weg aller Wege zu wissen, +genau der Länge nach und der Breite, +der die Welt zum Heile geleite; +dachte-- --was man so buntes denkt, +wenn über einem die Sonne hängt. + +Neben mir blühte lichtblauer Flieder; +ein Spatzenpärlein ließ sich drin nieder, +die plusterten zärtlich die dicken Hälschen, +zogen sich Federchen aus den Pelzchen, +sahen recht verliebt darein, +mußten wohl jung verheiratet sein. +Doch das Schweigen währte nicht lange, +bald war eine Unterhaltung im Gange; +ja, mein Ring kam mir trefflich zustatten, +deutlich verstand ich das Plaudern der Gatten +und durfte mit Vergnügen ermessen, +sie hatten höhere Interessen. + +"Männe," sagte das Spatzenfrauchen +und rückte näher an ihr Grauchen, +"du bist so klug vom vielen Reisen, +könntst mich ein wenig unterweisen. +Sag mir doch, was die Menschen wollen, +wenn sie die Erde in dicken Schollen +aufwerfen; nie kriegen sie genug +von ihrem Getue mit Spaten und Pflug." +"Hm," sagte der Spatzmann mit Bedacht, +nachdem er ein Weilchen nachgedacht, +"Hm, in der Erde gibt's schöne Dinge, +Zum Beispiel Käfer und Engerlinge, +die werden sie brauchen zu Schmaus und Festen +und werden damit ihre Jungen mästen. +Auch Körner graben sie sehr gescheit +in den Boden ein; und wenn's friert und schneit, +und es ist Futtermangel im Haus, +graben sie alle wieder aus." + +"Du bist doch der gescheiteste Spatz," +sagte die Spätzin, "mein trautester Schatz. +Doch noch was andres wollt ich dich fragen, +du kannst mir sicherlich auch sagen, +warum die Sonne morgens aufsteht +und abends wieder untergeht; +ich habe mir seit vielen Wochen +umsonst darüber den Kopf zerbrochen." +Der Spatz putzt sich den Schnabel und spricht: +"Kleines Närrchen, das weißt du nicht? +Wie sollten wir Vögel anders wissen, +wann wir morgens ausfliegen müssen? +Die Sonne ist da, um uns zu wecken +und abends uns wieder ins Nest zu stecken." + +"Ja, ja, nun wird mir alles klar," +sagte das Weibchen; "ganz offenbar +hast du da recht. Doch in der Nacht +der Mond? für wen ist der gemacht?" +"Der Mond? Ach, nenn mir den Falschen nicht; +der hält es mit dem Katzengezücht, +lockt Marder und Eulen auf unsre Brut, +drum hass' ich ihn mit aller Wut." +Und zornig sträubt der kleine Mann +die Federn und sieht sein Weibchen an. +Das drängt sich an ihn, zärtlich, dicht, +glättet ihm die Daunen an Hals und Gesicht +und flüstert erschrocken: "Du hast ja recht, +der meint es gewiß mit uns Vögeln schlecht; +nie nenn ich ihn wieder. Doch sag mir, du Bester, +ob nicht auch in der Menschen Nester +die Sonne Licht und Wärme bringt, +daß alles früh aufsteht und singt?" + +"Nein, Kind, für _uns_ ist die Sonne gemacht, +uns bringt sie Tag, uns bringt sie Nacht. +Die Menschen haben in ihren Zimmern +ihre eignen Sonnen, ich sah sie flimmern. +Als ich mal nachts, aus dem Schlaf geschreckt, +an ein Fenster stieß, hab ich's entdeckt: +sie machen bloß knips, dann haben sie Licht, +die brauchen unsre Sonne nicht." + +Das Spatzenfrauchen schien ganz beglückt +von so viel Klugheit und sah entzückt +ihr Männchen an: "Du bist ein Genie, +und weißt auch sicher, warum und wie +die Menschen in ihren Steinhäusern kleben +und nicht so frei wie wir Vögel leben?" + +Das Spätzchen guckte ein wenig ins Land, +hatte aber die Antwort schnell bei der Hand: +"Vor Mardern und Eulen und Katzengetier +sind sie in den Häusern viel sichrer als wir, +und, was der wichtigste Grund von allen, +kein Junges kann aus dem Neste fallen. +Ja, ja, die Menschen haben Geist, +sind auch den Vögeln gefällig meist, +haben sie doch von Land zu Land +lauter feste Drähte gespannt, +damit unsre Wandrer scharenweise +sich ausruhn können auf der Reise. +Auch Versammlungen werden von Jungen und Alten +im Herbste darauf abgehalten; +wir sind ihnen wirklich zu Dank verpflichtet, +so praktisch haben sie's eingerichtet." + +"Glaub's schon, die Menschen sind recht klug, +aber noch immer nicht klug genug," +sagte das Weibchen; "was würden sie geben, +könnten sie frei in den Lüften schweben, +doch sind sie zu ungeschickt zum Fliegen +und werden niemals Flügel kriegen." + +"Bloß mit den dicken seidenen Bällen +steigen sie manchmal tausend Ellen," +lachte das Männchen; "was nur die tollen +Leute bei uns in den Lüften wollen? +Jetzt baun sie sogar allerhand Gestelle +und rasen herum mit Windesschnelle. +Auch der Dompfaff lachte neulich +und meinte, er fände die Dinger abscheulich; +sinnlos wär dies Gefliege und Rattern, +kein Mücklein könnt man dabei ergattern. +Ernsthaft sitzen sie in dem Kahn +und gucken die Welt durch Röhren an; +es ist wirklich lachhaft mitanzusehn. +Komm, Schatz, wir wollen zu Bette gehn; +für heute hast du genug profitiert, +morgen wird wieder ein Stündchen doziert." +Eine Weile noch plusterte da was rum, +dann waren die Plappermäulchen stumm. + +Ich aber ging übers stille Feld; +so malt sich in Spatzenköpfen die Welt, +dacht ich und lächelte überlegen. +Da hört ich's in den Lüften sich regen, +eine alte Esche rief mir zu: +"Wieviel ist der Spatz denn beschränkter als du? +Seid ihr Menschen nicht auch allesamt +zu solchen unwissenden Tierlein verdammt, +die das große Warum und das ewige Wie +mit ihrer täppischen Kindsphantasie +zu begreifen suchen? Dürft ihr vertraun +dem Funken in euch und aufwärts schaun? +Sind eure stolzesten Grübler und eifrigsten Späher +der Gottheit nur um ein Strichelchen näher?" +So sprach die Esche. Ich sah in die Weiten, +sacht fühlt' ich den Ring mir vom Finger gleiten, +scheu blickt' ich hin--er war verschwunden, +und niemals hab ich ihn wiedergefunden. + + + +DREI KOBOLDSTREICHE + + +Fixfax der arge Kobold spricht: +die Langeweile bekommt mir nicht, +ich will in lustigen Abenteuern +den alten Koboldruhm erneuern, +denn geht's den Menschen allzu glatt, +wird ihre Seele stumpf und matt. +Drum will ich sie in diesen Tagen +ein wenig necken, ein wenig plagen; +ein Kobold will doch auch mal lachen, +sich über die Menschlein lustig machen, +die den Kern aller Dinge glauben zu kennen +und sich so leicht die Finger verbrennen. +Drum, Fixfax, auf zu keckem Wagen, +stör ein bißchen ihr Wohlbehagen, +brauchst sie ja nicht ins Unglück zu hetzen, +ihnen bloß ein paar sanfte Püffe versetzen. + + +ERSTER STREICH + +Ei, wie strömen Wohlgerüche +aus Frau Puffkes Wirtschaftsküche, +denn für hungrige Soldaten +will sie grad ein Ferkel braten; +alles ist schon gut bereit +und die Essenszeit nicht weit. +Fixfax nun, das muntre Mätzchen, +klettert hurtig wie ein Kätzchen +hoch hinauf zu Schornsteins Rand, +setzt sich listig und gewandt +mitten auf das Loch da, schwapp, +und nun zieht der Rauch nicht ab; +rückwärts strömt er in die Küche, +weg sind alle Wohlgerüche, +und Frau Puffke steht und hustet, +krebsrot im Gesicht, und prustet, +kann dem dicken Rauch nicht wehren, +sich die Sache nicht erklären. +Rennt zum Schornsteinfeger Krause, +aber der ist nicht zu Hause; +niemand weiß, wo Krause schweift, +und Frau Puffke steht und keift, +denn die Uhr läuft immer weiter. +Endlich kommt er mit der Leiter, +um den Schaden zu ergründen, +doch er kann durchaus nichts finden; +denn der Fixfax, wohlbedacht, +hat sich aus dem Staub gemacht, +und Herr Krause mit dem Besen +brummt, die Sonne sei's gewesen. +Vier Uhr schlug's, als die Soldaten +endlich kriegten ihren Braten. + + +ZWEITER STREICH + +Vor dem Spiegel, kerzengrad, +steht Herr Amtsvorsteher Plath; +tadellos und mit Geschmack +sitzt die Hose und der Frack, +ausgezeichnet auch die glatte +blütenweiße Taftkrawatte, +Kragen, Vorhemd, _comme il faut_, +und Herr Plath ist seelenfroh. +Langt noch sorglich aus dem Schrank +den Zylinder blitzeblank; +nimmt dann Stock und Handschuh munter, +steigt voll Stolz die Treppe runter, +denn er ist heut eingeladen +Zum Empfang bei ihrer Gnaden +der Prinzessin Schneckenstein, +und das hebt ihm Brust und Bein. +Fixfax aber dachte gleich: +wart, dir spiel ich einen Streich. +Auf den Taubenboden geht er +und nach losen Federn späht er, +sammelt allen Flaum ins Säckchen, +bläst verschmitzt das ganze Päckchen +über Plathens neuen Frack +und auf seinen _Chapeau-claque_. +Plath sieht ganz befiedert aus, +doch er ahnt nichts von dem Graus, +steuert durch die Nacht geschwind, +denkt bloß: was für'n arger Wind! +tritt mit Würde in den Saal, +Alle lachen--o Skandal! +Bis er endlich sich besieht +und geknickt von dannen flieht. +Draußen denkt er ärgerlich: +So ein Pech, das hab nur ich! + + +DRITTER STREICH + +Auf des Sofas weichem Grunde +schlummert sanft mit offnem Munde +Pastor Pfannkuch. Nur die Fliegen +summen sich was zum Vergnügen, +sonst ist's muckstill. Fast erledigt +liegt der Text der Sonntagspredigt +auf dem Schreibtisch. Sonnenfleckchen +spielen in den Zimmereckchen; +nichts bedroht den tiefen Frieden, +der dem frommen Mann beschieden. +Doch da stiehlt sich in die Stube +Fixfax, dieser lose Bube, +kichert, fängt ein Dutzend Fliegen, +die sind hier sehr rasch zu kriegen, +tunkt sie in das Tintenfaß, +bis sie gänzlich schwarz und naß, +läßt sie dann gleich wieder fliegen +und entfernt sich mit Vergnügen. +Nach 'nem Weilchen, ach Herrjee, +kommt Frau Pastor mit dem Tee, +ruft voll Abscheu, Schreck und Graus: +Berthold! Mensch, wie siehst du aus! +bist ja wie'n Idiot beschmiert, +Backen, Nase, schwarz karriert! +Himmel, auch die neue Predigt +ist beschmudelt und beschädigt, +und auf meinen weißen Deckchen +grinsen lauter Tintenfleckchen! +Mann, wie hast du das getan? +Und sie sehn sich grübelnd an... + +Fixfax aber, auf der Wacht, +sitzt im Mauseloch und lacht +sich ins Fäustchen ohne Reue, +und--gebt Acht--er wird sich neue +Schelmentaten ausklabuntern, +um uns Menschen aufzumuntern. + + + +SPUK + + +(nach alten Mustern) + + +Der Bauer schläft im Hirsekraut; +wer fährt dem Bauer sein Heu nach Haus? +Der rote Mond guckt übern Strauch, +der Bauer schläft und wacht nicht auf. + +Wer fährt dem Bauer sein Heu nach Haus? +Aus ihrem Loche lugt die Maus, +der Fuchs schleicht sacht aus seinem Bau; +der Bauer träumt und wacht nicht auf. + +Der Mond scheint hell und hoch herauf, +der Marder schleicht durchs fahle Laub, +die Eulen huschen schwarz und grau; +der Bauer stöhnt, doch wacht nicht auf. + +Husch, horch: Wer trippelt und trappelt zu Hauf? +Wer spannt die müden Gäule aus? +Die Gäule wissen den Weg nach Haus; +der Bauer schläft im Hirsekraut. + +Wer kichert in des Wagens Bauch? +Wohin rollen die Räder ohne Ruck, ohne Laut? +Wer hält sie an am Garten, am Zaun? +Wer fuhr dem Bauer sein Heu nach Haus? + +Der kommt verstört beim Morgengraun: +O Frau, mein Heu! O Frau, mein Traum! +Die Frau führt lachend ihn zum Zaun, +da zupft die Ziege vom Wagen das Kraut. + +"Schlaf andermal nicht und sei nicht faul, +wenn der Vollmond steigt übern Berg herauf; +die Kobolde fuhren dein Heu nach Haus, +jetzt geh und leg ihnen Speck und Kraut." + + + +DER MÄRCHENKÖNIG UND SEIN TÖCHTERLEIN + + +Herbei, ihr kleinen Wichte, +Kobold, Alraun und Wurzelmann, +schafft hunderttausend Lichte +und putzt damit die Bäume an! +Bis in die höchsten Spitzen +soll Licht bei Lichtlein blitzen. + +Der Mond und alle Sterne +sind doch bloß blasser Himmelsschaum; +mein Töchterlein will gerne +den ganzen Wald zum Weihnachtsbaum. +Drum macht, wie ich euch sage, +die Nacht zum hellen Tage! + +Der Märchenkönig spricht's. Im Nu +geht's an ein Lichterkneten; +kein einziger sieht müßig zu, +gönnt kaum sich Zeit zum Beten. +Und als die Heilige Nacht heran, +zünden sie alle Kerzen an. + +Hei, war das ein Gestrahle, +ein Leuchten, flimmern, überhell, +als brach mit einem Male +von Fels zu Fels ein Feuerquell. +Auf Zweig und Äste blicken +die Bäume mit Entzücken. + +Der Meister führt sein Töchterlein +durch diese Weihnachtspracht. +Sie schreitet wie im Sonnenschein, +fühlt Kälte nicht noch Nacht, +und flüstert traumverloren: +Die Liebe ward geboren. + +Da rauschte durch die Weiten +dies wundersame Wort, +in Erd- und Himmelsbreiten +pflanzt es sich heilig fort. +Mit hunderttausend Kerzen +glüht's heut in allen Herzen, +klingt's heut durch alle Ohren: +Die Liebe ist geboren! + + + +WEIHNACHTSGANG + + +Es war zur lieben Weihnachtszeit, +die Wälder lagen tief verschneit, +im Acker schlief in guter Ruh +das Korn und träumte dem Frühling zu, +die Winternachmittagssonne stand +wie ein gelber Fleck an weißer Wand-- +da schritt ich hinaus in die blinkende Weite +und summte ein Lied mir zum Geleite. + +Wie ich so ging auf stillen Wegen, +kam mir ein seltsamer Zug entgegen. +Ein Eselchen ganz vollgesackt +mit Schachteln und allerhand Kram bepackt, +Schritt langsam durch die Felderruh; +Sein Führer rief ihm bisweilen zu, +es war ein Alter in weißem Haar, +mit Runzelgesicht und sonderbar +altmodischem Pelzwerk, sonst gut bei Kräften, +die Füße staken in hohen Schäften +und kamen munter mit Hott und Hüh +grad auf mich zu samt dem Eselsvieh. +Potz Blitz, fällt mir auf einmal ein, +das muß doch der Gottesknecht Ruprecht sein. +Ich blicke scharf in das bärtge Gesicht: +"Grüß Gott, mein Alter, kennst du mich nicht? +Ich hab doch oft dein Loblied gesungen, +und all die Mädels und all die Jungen, +die noch an Mutters Rockzipfel hängen +oder sich auf den Schulbänken drängen, +kennen dich wie ihre großen Zehen, +doch hat wohl noch niemand dich draußen gesehen. +Sonst kamst du immer auf heimlichen Wegen +uns erst in der heimlichen Stube entgegen +mit Sack und Pack und netten Geschenken; +was soll ich, Weihnachtsmann, von dir denken? +Da stehst du nun mit Haut und Haar, +bist nicht ein bißchen unsichtbar, +wie es dir zukommt."--"So ist meine Art," +brummte der Alte und strich sich den Bart, +"ich denke mir gern Überraschungen aus, +für diesmal mach ich's außerm Haus; +komm mit, da sollst du was erleben, +das wird ein Extra-Vergnügen geben." +"Topp," rief ich, "Alter, ich bin dabei, +ich höre gern lustiges Kindergeschrei." + +So schritten wir rüstig zur Stadt. Am Tor +langte Ruprecht ein hölzernes Pfeifchen hervor +und blies. Wie konnte der Alte pfeifen! +Jetzt lernt ich den Rattenfänger begreifen: +aus allen Straßen, aus Tür und Tor +--mir klingt der Lärm noch immer im Ohr-- +mit Jubeln und Lachen, in bunten Haufen +kamen wohl hundert Kinder gelaufen. +Sie tanzten um Ruprecht, bettelten, baten, +eins um 'ne Kutsche, eins um Soldaten, +eins um ein Püppchen, eins um ein Büchlein, +eins um ein Rößlein, eins um ein Tüchlein, +und Ruprecht langte in seinen Sack +und gab, was es wünschte, dem kleinen Pack. +Ja, jedes Kind durfte etwas erlangen; +aber die übermütigen Rangen +schrien durcheinander und wollten mehr, +kletterten über das Eselchen her, +zupften den Ruprecht an Bart und Kragen, +wollten ihm gar die Säcke wegtragen. +Da wurde es aber dem Alten zu bunt, +er nahm sein Zauberpfeifchen, und-- +schrill kam ein Ton. Wie erschraken sie doch. +Sie wurden ganz kleinlaut, man hörte nur noch: +"Komm, Fritzchen--Hans, laß doch--nicht schreien, Marie-- +Knecht Ruprecht wird böse--seht ihr nicht wie?!" +Und sie stellten sich artig um ihn herum +und waren wie die Mäuschen stumm. +Er kommandierte: "Linksum, kehrt, +nun geht nach Hause, wie sich's gehört!" +Da faßten die Großen die Kleinen an: +"Grüß Gott und schönen Dank auch, Herr Weihnachtsmann." + +Und wieder tönte die Schalmei, +die Kinder trabten zwei zu zwei +und sangen lustig die Weise mit, +und fern und ferner klang ihr Schritt; +mein Blick verfolgte den kleinen Schwarm. +Wie sind ihre Bäckchen vor Freude warm-- +so dacht ich--und Freude ist der Saft, +den wir auf unsrer Wanderschaft +durchs Leben aus frohen Kindertagen +ins graue Alter mit hinübertragen +als verjüngendes Elixier; +ein gut Teil davon verdanken wir dir, +du alter bärtiger Gottgeselle! +Ich sah mich um--leer war die Stelle, +nur fern in der dämmernden Abendluft +verschwebte ein Wölkchen wie Weihrauchduft, +und durch die feiernde Stille drang +der erste hohe Glockenklang. + + + +WEIHNACHTSBESUCH + + +Ländliche Straßen, dicht beschneit. +Knirschen, Geläut, +ein Schlitten; +inmitten +sitzen drei kleine Leut +bis zu den Öhrchen vermummt. +Es singt und summt +von Weihnachtsglocken; +ein paar neugierige Flocken +lassen vom Wind sich herüberwehn, +wollen durchaus das Mädelchen sehn +mit den roten Kältebäckchen +und den goldbraunen Zottellöckchen +und das Bübchen daneben, +das sich eben +das immer tropfende Näschen putzt. +Großäugig, verdutzt, +bis zum Mäulchen zugedeckt, +im Wollmützchen fast versteckt, +sitzt das Kleinste auf Mutters Schoß. +"Kutscher, ein bißchen los, +es wird kalt; +Sie wissen doch, drüben zum Förster am Wald." +Der Alte schmunzelt und knallt +mit der Peitsche, hüh, hott-- +die Gäule bleiben bei ihrem Trott. +... Von drüben her Lichter, +Zwei altliebe Gesichter +hinter den Scheiben: +"Wo sie nur bleiben? +Ist schon die fünfte Stunde!" +Da knurren die Hunde, +bellen, wollen hinaus; +Großmutter läuft vors Haus. +Da:--Knirschen, Geläut, +ein Schlitten, +inmitten +sitzen vier liebe Leut. +Wie das Altchen sich freut! +Unter Lachen und Weinen +wickelt sie aus den Tüchern die Kleinen, +küßt die Tochter, nimmt ihr das Jüngste vom Knie: +"Ein prächtiges Kindchen! Gott schütz es, Marie!" +Neben ihr sprudelt ein Zünglein: +"Großmutter, komm doch 'rein! +Großmutter, sind die Hühner noch wach? +Großmutter, Vater kommt morgen nach, +er läßt schön grüßen." +... Auf bedächtigen Füßen, +als ging ihn die Sache nichts an, +kommt auch der Förster langsam heran. +"Na? +Seid ihr endlich da?" +Gleich läuft der Fritz auf ihn zu: +"Großvater, Du, +guck mal drüben den roten Fleck! +och, Großvater, nu is die Sonne weg." +"Die Sonne? Hm, laß man; drin is noch eine, +'ne ganze feine, +die wird uns bald blinken-- +nu aber, bitte, kommt Kaffee trinken." +... Der Platz wird leer, +schneestill und stumm. +Der alte Kutscher lenkt langsam um, +nickt vor sich her, +gedankenschwer, +und brummelt für sich: +"Der oll Förster hett's gaud, manch enner hett's nich." + + + +KÖNIG KUCHEN UND KÖNIGIN SCHOKOLADE + + +Bei König Kuchen und Königin Schokoladen +war ich mit Linchen heut Nacht in Gnaden +zu Gaste geladen. +Ein prachtvolles Fuhrwerk, tripp, tripp, trapp, +holte uns stolz von Hause ab. +Vorn stampften zwei schneeweiße Vollblutjucker +aus feinem biegsamen Lederzucker, +auf dem Kutschbock der dicke Mohr +kam uns marzipanisch vor, +und neben ihm der fette Mops +war ganz gefüllt mit englischen Drops. +Die Kutsche, aus weißem Zuckerkant, +erstrahlte hell wie Diamant; +sie ging auf zierlichen Süßholzrädern, +aus Vanille waren die Deichsel, die Federn, +dicke Polster aus Traubenrosinen +sollten uns als Sitze dienen, +aber in den Bätterteig-Wagentaschen +gab es allerhand Gutes zum Naschen. +Ein allerliebster Praliné-Page +dienerte neben der Equipage +in einem rot kandierten Frack +und öffnete uns den Wagenschlag. +Wir stiegen ein und fuhren im Nu +durch Rußland und Asien nach China zu. +Bald kamen wir in jenes Land, +wo König Kuchen, der Süße genannt, +unumschränkt herrscht in seinen Reichen +mit seiner Fürstin ohnegleichen, +der herrlichen Königin Schokolade, +die uns zum Fest befohlen in Gnade. + +Das goldgelb glacierte Ballfesthaus +sah wie ein riesiger Napfkuchen aus, +umgeben von einem Spritzkuchengitter; +als Wache davor zwei braune Ritter +aus Pfefferkuchen mit Gußfiligran, +die hatten Knackmandel-Harnische an. +Als Führer dienten mir und Linchen +zwei allerliebste Thorner Kathrinchen; +sie verbeugten sich höflich als wir kamen, +und sagten: bitte, meine Damen. + +Ach, Kinder, wie das Herz mir lacht, +denk ich zurück an all die Pracht! +Die Wände waren von Makronen, +verbrämt mit Schokoladenbohnen, +aus grünen Bonbons die glatten Dielen, +daß wir nachher beim Tanz fast fielen, +die Säulen aus mächtigen Baumkuchentorten +von den allerhöchsten und edelsten Sorten, +die Tische aus marmoriertem Konfekt, +mit drolligen Lutschfigürchen bedeckt, +die Stühle Fäßchen mit Gelees, +mit Eingemachtem und Knusperknees; +rings auf appetitlichen Zimmetstaffeln +lagen Biskuits und Keks und Waffeln. +Im Hintergrunde ein Gletschersee, +mit Vanille-Eisbergen und Schlagsahnen-Schnee, +entsandte in doppelter Kaskade +Zitronen- und Himbeer-Limonade; +und hoch über allem, im glanzvollen Saal, +strahlte eine Sonne aus Zucker-Opal. + +In der Mitte aber stand ein Thron, +gebaut aus Bretzeln mit blauem Mohn, +darauf saß liebreich in ihrer Gnade +die herrliche Königin Schokolade. +Sie harrte huldvoll, bis die Schar +der Kinder ganz versammelt war, +die sie aus kalter und warmer Zone +herbefohlen zu ihrem Throne, +um ihnen mit königlichen Händen +von ihren süßen Kleinodien zu spenden; +ihr hoher Gemahl, der König Kuchen, +hatte Mühe, sie auszusuchen. +Da waren Kinder aus Deutschland und Spanien, +aus Frankreich, Chile, Mesopotamien, +Kinder von Kaffern und Hottentotten, +von Persern, Eskimos und Schotten, +Kinder aus Süden und Kinder aus Norden +von den feinsten Familien und den wildesten Horden, +denn alle Kinder zu allen Zeiten +essen gerne Süßigkeiten. + +An der Königin Seite, im leckeren Grase +machte Männchen ein stattlicher Osterhase, +und als die Kinder versammelt waren, +ordnete er die bunten Scharen; +rechts gingen die Mädchen, links die Knaben, +so wollt es der König Kuchen haben, +und jedes Kind in jeder Reih +bekam ein prächtiges Osterei, +die Mädchen blaue, rote die Jungen, +dann ist das Häschen davongesprungen. + +Nun fing die Kapelle zu spielen an, +vorn geigte ein Nürnberger Lebkuchenmann; +ich sag euch, es war 'ne Musik für Kenner, +und waren doch alles gebackene Männer, +mit Rosinenaugen und Mandelnasen, +und konnten so lieblich flöten und blasen. +Es wurde getanzt, gespielt, gelacht, +damit verging die schöne Nacht. +Zuguterletzt, nicht zu vergessen, +wurde alles aufgegessen, +artig gedankt und Abschied genommen; +wir fuhren heim, wie wir gekommen, +und erwachten in unserm Bett-- +Kinder, Kinder, wie war das nett!-- + + + +DER ERSTE MAI + + +Nein, Kinder, immer kann man nicht dichten, +immer weiß man nicht neue Geschichten; +oft sind die Märchengeister stumm, +als wären sie wer weiß wie dumm, +und alle Wände grinsen mich an, +als hätt ich ihnen was angetan. +So war's auch neulich. Bei mir zu Haus +sah alles öde und langweilig aus, +da bin ich in den Abend geschlendert; +der Himmel hing rosenrot umbändert, +die Wolken türmten sich wie ein Tor, +plötzlich stand ich grade davor +und sah hinein in das Himmelsschloß. +"Na, Petrus, was ist denn hier oben los?" +fragt ich; "hier sieht's ja munter aus." +Da schmunzelt der alte Wächter vom Haus +und sagt mir--aber ihr dürft nicht lachen--: +Im Himmel wäre groß Reinemachen, +die Jungfrau Maria tät revidieren +und die himmlischen Scharen zum Scheuerfest führen. +Die kleinsten Englein müßten ran, +kriegten große Schürzen an, +dürfte keins spielen und müßig bleiben, +müßten fegen und wischen, seifen und reiben. +Da würden die Sterne blitzblank geputzt, +den kleinen Kometen die Schwänzchen gestutzt, +der Himmel mit Wunderblau lackiert, +der Regenbogen neu ausstaffiert; +dem Vollmond würde, wie er sich auch steift, +mal gründlich wieder die Glatze geseift, +und damit am klaren Firmament +die liebe Sonne schön leuchten könnt, +würden die Wolken fest ausgedrückt +und hinter den Horizont geschickt. +Wenn alles fertig, wüschen sich +die Englein die Flügel säuberlich-- +denn morgen sei ja der erste Mai-- -- +Ich fragte, was an dem Tage sei, +da blitzte mich Petrus an und sprach: +"Na, weißt du, das ist doch wirklich 'ne Schmach; +da sieht man wieder, wie wenig ihr wißt, +nicht mal, wann Gottes Geburtstag ist." +Na, Kinder, ich machte ein dummes Gesicht; +das wußt ich bei aller Gelehrsamkeit nicht. +Doch nun wurde mir auf einmal klar: +Darum putzt sich die Erde Jahr für Jahr +mit Blumen und Kräutern im bunten Gemisch, +darum grünen die Hecken, die Bäume so frisch, +darum üben die Vögel die Festmelodie, +und Bienen und Grillen begleiten sie, +darum wird dem Menschen die Freude so groß, +als säß er dem lieben Gott im Schoß, +wenn der Maiwind kommt über Berg und Tal-- +nun begriff ich den Frühling mit einem Mal. +Und ich fragte Petrus aus froher Seele: +Erlaubst du, daß ich das weiter erzähle? +"Immerzu," sagte der und strich sich den Magen; +"kannst den neugierigen Leuten gleich noch sagen, +daß an Gottes Geburtstag, dem ersten Mai, +auch der Tanztag für Teufel und Hexen sei. +Sonst dürfen sie, zu Aller Segen, +sich keinen Schritt ohne Leine bewegen; +doch an dem Tage sind sie frei, +--da macht die Bande genug Geschrei," +entfuhr es brummend dem alten Knaben-- +"doch Gott ist der Herr und will es so haben. +Er sieht in hoher heiliger Ruh +dem tollen Blocksbergvergnügen zu; +und treibt es einer zu arg von der Sippe, +kommt er sofort wieder an die Strippe. +Nun aber leb wohl, ich wünsch gute Nacht, +um neun wird der Himmel zugemacht." +Langsam schloß sich das Wolkentor; +ich ging, ein Liedchen klang mir im Ohr. +Zu Haus in heimlicher Abendruh +nickt ich den Sternen fröhlich zu +und betete: Ich bin nur ein Zwerg, +und die herrliche Welt, sie ist dein Werk, +o Gott; du hast alles, nichts kann man dir schenken, +nur deiner in Freude und Demut gedenken. +So nimm dieses Liedchen, ich hab es erdacht +in dieser Frühlings-Geburstagsnacht. + + + +WETTERWUNSCH + + +Scheine, Sonne, scheine, +die Wäsch hängt auf der Leine; +unsre Hemden, unsre Socken, +mach sie uns bis Sonntag trocken, +scheine, Sonne, scheine! + +Rausche, rausche, Regen, +gib uns deinen Segen, +wasch die armen Sünder rein, +gib uns Brot und gib uns Wein, +rausche, rausche, Regen! + +Zu best ist allerwegen +Sonnenschein _und_ Regen; +auch der Wind muß pfeifen, +soll die Ernte reifen. +Regen, Wind und Sonnenschein +mögen bei unserm Hause sein! + + + +HAMMERLIEDCHEN + + +Pink, pank, Hammerschlag, +der Nagel hat 'nen Kopf; +und wenn er keine Spitze hat, +ist er ein armer Tropf. + Mein Hämmerlein du, + schlag zu, schlag zu! + +Pink, pank, Hammerschlag, +hast du der Nägel zehn +und nagelst du ein Särglein zu, +ist's um einen geschehn. + Mein Feuerlein du, + blas zu, blas zu! + + + +IM SONNENSCHEIN + + +(nach einer alten Fabel) + + +Kribbel-krabbel-Käfer +läuft hinab zum See, +er kommt vom grünen Hügel, +hell leuchten seine Flügel + im Sonnenschein. + +Kommt der Fisch geschwommen, +Sperrt das Fischmaul auf, +da ist in zwei Sekunden +der Käfer drin verschwunden + im Sonnenschein. + +Überm See der Reiher +sieht, wies Fischlein schnappt, +nimmt seinen spitzen Schnabel +und spießt es auf die Gabel + im Sonnenschein. + +Wie nun stolz der Reiher +seine Kreise zieht +mit leuchtendem Gefieder, +knallt ihn der Jäger nieder + im Sonnenschein. + + + +WANDERLIED + + + Sonnenlichter, + Frühlingswichter +spielen auf der dunkeln Wand. +Prüfend öffne ich das Fenster; +seht die Wolken, die Gespenster +lösen sich am Himmelsrand. + + Holla, Jungen, + aufgesprungen, +schnell das Ränzel aus dem Spind! +Kommt, wir wandern durch die feuchten +Saaten; wie Smaragden leuchten +Halm an Halm im Morgenwind. + + Feste Schritte, + Männersitte; +wie die Ferne lockt und wirbt! +Und wir lassen sie im Schreiten +achtlos oft vorübergleiten, +bis sie hinter uns erstirbt. + + Hohe Ziele, + nicht zum Spiele; +immer steiler wächst der Paß. +Aber oben wolln wir rasten +nach der Arbeit, nach dem Fasten; +Jungens, trinkt, ich komm euch was! + + Hoch im Blauen + selig Schauen, +unter uns der Erde Glück! +Doch es zieht mit tausend Armen +immer wieder zu den warmen +Menschenstätten uns zurück. + + + + + +VIERTER TEIL + + + +SPRUCH FÜRS LEBEN + + +Hinüber, hinein! +über Wipfel und Stein! +die Herzen zu baden +im Goldsonnenschein! +Auf schwierigen Pfaden +zu lichten Gnaden! +über Wipfel und Stein, +hinunter, hinein! + + + +ALLERLEI RÄTSEL + + +(Die Lösungen stehen im Verzeichnis der Überschriften) + + +--1-- + +Ich habe Flügel--rate, Kind-- +doch flieg ich nur im Kreise; +und singen tu ich, wenn der Wind +mir vorpfeift, laut und leise. +Was ihr den Feldern abgewinnt, +kau ich auf meine Weise; +doch was mir durch die Kehle rinnt, +das mundet euch als Speise. + + +--2-- + +Standen vier weiße Ritterchen +auf einem roten Gitterchen, +die machten alles klitzeklein +und warfen es in ein Loch hinein. +Als das die andern Ritter sahn, +zogen sie neue Harnische an, +kamen aus ihren Burgen herbei, +stellten sich tapfer in die Reih +und machten hack +und sagten knack +und warfen alles in einen Sack. + + +--3-- + +Die erste frißt, +der zweite ißt, +das dritte wird gefressen; +das ganze wird zu Pökelfleisch +und Erbsenbrei gegessen. + + +--4-- + +Mein erstes ist ein Hund, +mein zweites ist ein Junge, +mein ganzes ist ein Dieb, +kein Hundejunge! + + +--5-- + +Die ersten sind ein Untertan, +die dritte ist ein Untertan, +das ganze ist ein Untertan, +wird von dem andern Untertan +unter den ersten Untertan +ganz untertänigst untergetan. + + +--6-- + +Wenn das R am Anfang steht, +liebt man es nicht sauer; +wenn es bis ans Ende rutscht, +hüt dich vor dem Hauer! + +Wenn das R am Anfang steht, +ist's ein Heldenname; +wenn es bis ans Ende rutscht, +wird's ein Waldbaumsame. + +Wenn das R am Anfang steht, +sind es böse Leute; +wenn es bis ans Ende rutscht, +gerbt man seine Häute. + +Wenn das R am Anfang steht, +ist es eine Schale; +wenn es bis ans Ende rutscht, +wird's ein Orientale. + +Wenn das R am Anfang steht, +ist's ein klein schwarz Luder; +wenn es bis ans Ende rutscht, +ist's von "wenn" der Bruder. + + +--7-- + +Wächst einer alten Dame +ein Buckel kleinster Sorte, +verwandelt sie sich augenblicks +in ein Stück Mandeltorte. +Doch nimmst du ihr den Rücken, +auf dem der Buckel wächst, +hast du die alte Dame +zur trocknen Frucht verhext. + + +--8-- + +Ich stand begehrlich am Worte, +umgekehrt wuchs es nicht weit; +ein arges Diebsgelüste +besiegte die Redlichkeit. +Ich stahl das umgekehrte, +kein Argus achtete drauf; +Schmunzelnd enteilt' ich dem Worte +und aß es umgekehrt auf. + + +--9-- + +Mein erstes ist nicht wenig, +mein zweites ist nicht schwer; +mein ganzes läßt dich hoffen, +doch hoffe nicht zu sehr! + + +--10-- + +Es läuft und hat keine Beine, +es gibt viele und doch nur eine. +Wer zuviel hat, kann's nicht verschenken; +wer zu wenig hat, muß es beschränken. +Bald geht es langsam, bald schnell; +mal ist es dunkel, mal hell. + + +--11-- + +Christkindchen lag im Stalle +und hörte die ersten schrein; +die zweiten tragen wir alle +zur Weihnachtszeit am Bein. + + +--12-- + +Sind es die Stiefel, halten sie 'ne Weile; +wird es der Junge, kriegt er halt Keile. + + +--13-- + +Der Vater will's das Fritzchen +(die erste Silbe betont)-- +jedoch die Mutter bittet, +da ward der Schelm verschont. +Sie sprach: Du mußt dir's, Liebster, +(die dritte Silbe betont)-- +denn Nachsicht mit den Kleinen +wird oft von Herzen belohnt. +Denk doch, wie du's dem Jungen +an Einsicht bist und Geist; +du mußt was andres dasselbe, +das ihn sich bessern heißt. + + +--14-- + +Klärchen nähte an dem ersten +und war ganz die beiden zweiten, +denn sie durfte Sonntag reiten, +Leutnant Kurt wollt sie begleiten; +ihre Augen wurden groß, +müßig lag die Hand im Schoß. + +Mutter näht am andern Fenster, +sah's und runzelte die Brauen: +Höre, Kind, Luftschlösser bauen +taugt nicht viel für fleißige Frauen, +weil man leicht die Pflicht vergißt +und zu sehr das Ganze ist. + + +--15-- + +Mariechen war's. Mit meinem Kuchen +stand ich nun da und dem Bukett. +Wo soll ich bloß das Mädel suchen? +Wenn sie doch nur geschrieben hätt! + +Ja ja, ich hab sie es seit Jahren; +ich gebe zu, das war recht dumm. +Nein, welch ein rücksichtslos Gebaren! +Und schwer geärgert kehrt' ich um. + + +--16-- + +Froh singt ihr Lied am Sommertag +die eins-zwei früh und spat. +Die drei wünscht jeder Jüngling sich; +doch bricht er ab, ist's schad. +Das Ganze war ein König, der +lustig und unverschämt +die stolze Prinzeß, die ihn nicht wollt, +bestraft hat und gezähmt. + + +--17-- + +In eins-zwei-drei lebt ganz gemütlich +Herr Müller mit Herrn Schulze friedlich; +bis Müller einst, wer hätt's gedacht, +Anspruch auf Schulzes zwei-drei macht. +Da hörte man ein bös Geschrei: +So denk doch eins, mein Herr eins-zwei! +Ich muß stets alles zwei bezahlen, +kann nicht mit zuviel zwei-drei prahlen; +kommst du noch mal mir drum ins Haus, +ist's mit der guten eins-zwei-drei aus. + + +--18-- + +Er geht in sich, um sich zu pflegen, +und ist in sich um sich verlegen. + + +--19-- + +Rate, Freund, es ist nicht schwer: +Wer's hat, hat, was er hatte, nicht mehr. +Wer's aber ist, den äfft des Teufels Brut; +man sperrt ihn ein und fürchtet seine Wut. + + +--20-- + +Wer es hat, der ist betrübt; +aber froh und stolz, wer's gibt. + + +--21-- + +Das Wort pflegt zu erhöhn +den Glanz des Edelsteins; +solang man es bewahrt, +ist man der Herr des Seins. + + +--22-- + +Sind es die Feinde, muß man sich wehren; +sind's deine Backen, mußt du sie nähren. +Ist mir's ein Rätsel, schreib ich es nieder; +ist es mein Haus--nun, so bau ich es wieder. + + +--23-- + +Wenn es von Freund und Liebchen kommt, +oder von dir verfaßt, +so liebst du wohl das erste Wort; +sonst ist es dir verhaßt. + +Das zweite Wort, so klug wir sind, +machen wir Menschen viel; +und was dich reut, oft andre freut +im schadenfrohen Spiel. + +Der Schluß: gefürchtet und geneckt, +teils boshaft und teils dumm, +geht er als Geist des Widerspruchs +in Schrift und Mären um. + +Die drei vereint: wir stehn verdutzt, +wie Zufalls Koboldmacht +das Wort entstellt, den Sinn verdreht-- +man ärgert sich und lacht. + + +--24-- + +Zwei Worte weiß ich, die einander feind, +das eine sucht das andre zu verderben, +in beiden müssen viel Geschöpfe sterben; +und hast du sie zu einem Wort vereint, +eint sich auch ihre zehrend böse Kraft, +schon manchen Volksstamm hat es hingerafft. + + +--25-- + +Auf der höchsten Berge Rücken +ist es immer leicht zu finden, +wo die kleinen Gletscherbäche +schäumend sich zu Tale winden. + +Tausch die Silben--ach, verlegen +steh ich vor gemischten Dingen, +Chemiker und Apotheker +mögen dir die Lösung bringen. + + +--26-- + +Ich hab keine Hände und kann doch tragen, +hab keine Flinte und kann doch jagen; +kann klettern und schwere Lasten heben +und bin doch ein zartes, hinfälliges Leben. + + +--27-- + +Viel Glieder hab ich, die einander gleichen. +Ich helf auf des Verbrechens dunklem Pfade, +doch himmelshell führ ich empor zur Gnade; +manch hohen Stand kannst du mit mir erreichen. + +Bist du's, so darfst du wanken nicht noch weichen; +denn Ehre trägst du neben mancher Last, +die arbeitsfroh du übernommen hast, +ob du im Kleinen wirkst, ob hoch im Grade. + + +--28-- + +Getrieben werd ich, doch ich treibe wieder; +mir folgen arbeitsam viel erzne Glieder. +Seit Jahrmillionen geh ich auf und nieder, +bald sanft, bald wild, doch niemals ohne Brüder. + +Hitze und Kälte trag ich, hin und wider; +übt mich der Knabe, stärkt er seine Glieder. +Die Luft durcheil ich ohne jed' Gefieder; +den Augen bring ich Schau, den Ohren Lieder. + + +--29-- + +Stets bin ich eines Leuchtenden Trabant, +teils nah, teils fern ihm, wie's der Himmel will. +Bescheiden bin ich selten, niemals still; +ja, Schweigen ist mir gänzlich unbekannt. + +Ein Wort füg an, das keiner gern empfängt +und das die Kinder schreckt von Alters her; +doch ohne es fällt manche Arbeit schwer, +weil's feste Massen auseinander drängt. + +Das ganze Wort sind Steinchen unter Steinen, +die im Geröll sich finden, glatt und spitz; +du hebst sie auf und freust dich an dem Witz, +den die Natur sich hat erlaubt im Kleinen. + + +--30-- + +Ich bin nur klein, doch banne ich die Welt +in meinen Kreis bis hoch ins Sternenzelt; +dem Vorbild der Natur einst nachgeschafft +vertiefte ich den Blick der Forschungskraft. +Ein Wort füg an, das sich der Mensch gesetzt +zur Ordnung gegen den, der sie verletzt; +der Fromme fühlt es oft von Gott gesandt, +ans Letzte, Jüngste denkt er furchtgebannt, +an Weltkrieg, Hungersnot und Aufruhrleid-- +da ist das Ganze eine Seltenheit. + + +--31-- + +Die erste Silbe führt die krause Schar, +die uns vertraut seit unsrer Klippschulzeit. +Die zweite tönt durch Weiten hell und klar, +ruft bald zur Ruhe, bald zu wildem Streit. +Und wenn der tapfre Krieger +sein junges Leben gab, +fällt ihm vielleicht der Schatten +des Ganzen auf sein Grab. + + +--32-- + +Ein deutscher Meister war es, gottgesandt, +der jenes edle Tonstück uns geschenkt; +der Vogel übt's, der seine Flügel lenkt-- +dir wünsch ich es, mein deutsches Vaterland. + +Was allen Flügelwesen wohlbekannt, +was jedes Blatt, das aus der Hülle bricht, +ersehnt; was man von Kraft und Tugend spricht-- +das wünsch ich dir, mein deutsches Vaterland. + +Ein Flüßchen, an der Schieferberge Rand, +sehr vielen ist sein Name leerer Schall, +ein kleines Wort, doch wir ersehnen's all-- +wünsch ich dir auch, mein deutsches Vaterland. + +Auch ihn, der tief verabscheut Mord und Brand, +den Engel, der auf Morgenwiesen geht, +doch oft verhüllten Hauptes abseits steht-- +ihn sende Gott dir, o mein Vaterland! + + +--33-- + +In Not und Gefahr +greife ich ein, +Schmerzlich willkommen +der Angst und der Pein; +lies mich von vorn, +lies mich verkehrt, +immer der gleiche, +geschmäht und geehrt. + + +--34-- + +Wir sind's mit Stamm und Vaterland, +mit Menschen, die uns lieb und blutsverwandt, +mit jeder Arbeit, die der Seele wert; +der Reiter rühmt: wir sind's, ich und mein Pferd. + +Doch wer es ist, trägt eine schwere Last, +er ist sich selbst ein mißgeschickter Gast; +Statt Liebe blüht ihm Mitleid, und im Schwarm +gesunder Jugend fühlt er doppelt Harm. + + +--35-- + +Wir sind's gewiß in vielen Dingen +in einem sind wir's nimmermehr; +die sind's, die wir zu Grabe bringen, +und eben die sind's bald nicht mehr. + Drum, weil wir leben, + sind wir's eben + an Wesen wie Gesicht; + drum, weil wir leben, + sind wir's eben + zur Zeit noch nicht. + + +--36-- + +Nennst du das Ganze, tönt es uns entgegen +von Sommernächten, wo des Mondes Horn +verschwärmten Pärchen winkt auf lauschigen Wegen, +und wo aus seinem wundersamen Born +das Märchen auftaucht und in tiefem Sinnen +uns anschaut, und verträumte Bäche rinnen. + +Teilst du das Wort, stellt dir zuerst sich dar +die Stadt, die wir mit Ehrfurcht gern beschauen, +die Heiden einst wie Christen heilig war, +wo Pilger heut und Kenner sich erbauen; +ein Teil der Stadt ist noch des Wortes Rest +und hält den Glanz vergangner Zeiten fest. + + +--37-- + +Ohne Zepter, ohne Krone +herrsche ich auf dieser Erde, +buntes Spiel vor meinem Throne +zaubert stets mein Wort: Es werde! + +Noch zwei Zeichen: Alles wich, +Pracht und Buntheit sind verschwunden, +und in künftigen dunklen Stunden +werden es auch du und ich. + +Aber ändre den Akzent: +sieh, schon quillt das Leben wieder, +neue Schau und neue Lieder, +die man gern mit mir benennt. + + +--38-- + +Mein Strom ergießt sich sickernd durch die Welt, +ich dring in Haus und Hütte, Schloß und Zelt. + +Seitdem der Mensch Urkunden aufbewahrt, +sind Geist und Wille durch mich offenbart. + +Ich schüre Gluten, wirke Herzeleid, +tief wird durch mich verdammt und hoch gebenedeit. + +Versöhnung bring ich und entfache Streit, +zeig manchen töricht, manchen grundgescheit. + +Doch sitzt du in mir, fühlst du dich geknickt; +vielleicht, daß dir durch mich die Rettung glückt. + + +--39-- + +Ich nähre mich von fremden Stoffen, +doch kann auch ohne sie bestehn; +ich bin's, auf das die Weisen hoffen, +und alle Weiten stehn mir offen, +ihr würdet ohne mich vergehn. + +Am hellen Tage herrsch ich gerne, +doch auch die Nacht ist mir vertraut; +ich wohne auf dem kleinsten Sterne, +mich schreckt sie nicht, die große Ferne +die mich mit Geisterhänden baut. + +Ich wirke in den Himmelsblitzen, +versteckter Tat bin ich verhaßt; +wo grübelnd die Gelehrten sitzen +und ratlos ob der Lösung schwitzen, +bin ich ein hochwillkommner Gast. + + +--40-- + +In alten Zeiten +hat mich der Mensch erdacht +und Ordnung mit mir +in die Dinge gebracht. + +Wie nötig bin ich +der Wissenschaft, +wie zeige ich +der Völker Kraft! + +Wenn ich nicht eng +ihm verbunden wär, +wie würde erliegen +das tapferste Heer! + +Und doch weiß jeder, +wie schwach ich bin, +denn erst mein Nachbar +gibt Halt mir und Sinn. + + +--41-- + +Als ich noch klein war, war ich recht beschaulich; +mein Leben ging so lind wie Frühlingswellen, +und zaghaft flossen meines Geistes Quellen, + eng, doch erbaulich. + +Ich wuchs und wuchs, es schwollen meine Adern, +sie dehnten sich wie meine Machtgedanken; +mein Schaffenswille türmte ohne Schranken + Quadern auf Quadern. + +Den Künsten schuf ich manche Pflegestätte, +ich half der Wissenschaft zu vollem Wirken, +und Geist und Arbeit gaben den Bezirken + die feste Kette. + +Doch Ruh und Frieden mußten weiterziehen; +und meine Kinder lassen gern sich locken +von grünen Wäldern, sanften Herdenglocken, + mir zu entfliehen. + + +--42-- + +Mein erstes Wort, im engen Raum genährt, +strebt weit hinaus, daß es die Welt regiere; +wir stäken noch im Dämmersinn der Tiere, +hätte nicht Gott dem Menschen es gewährt. + +Mein zweites hat der Kaiser und der König, +und ist es auch zumeist; fast jeder strebt +es irgendwie zu sein, solang er lebt, +und wer es ist, dem scheint es oft zu wenig. + +Der, der das Ganze ist, wirft manchen Blitz +anfeuernd ins Gespräch und ins Gerede, +ein wohlgelittner Schalk selbst in der Fehde; +man lobt den Scharfsinn, freut sich an dem Witz. + + +--43-- + +Willst du das erste Wort stets sein und handeln, +so hast du eine schwere Arbeit vor, +so leicht sie scheinen mag; doch stets erkor +der Edle sie, wie auch die Zeiten wandeln. + +Das andre Wort scheint winzig und gering, +doch schlummern in ihm unbegrenzte Kräfte; +es schwillt und wächst, wenn es die rechten Säfte, +die nur Natur verleihen kann, empfing. + +Vereint die Worte: altverbriefte Rechte, +Gemeinden oder Ständen zuerkannt, +beherrschten sie vor Zeiten Stadt und Land, +doch schwinden hin im späteren Geschlechte. + + +--44-- + +Mein Reich ist unbegrenzt; bis in die fernste Zone +flieg ich hinaus. Selbst hin zu Gottes Throne +bahn ich den Weg mir aus der engen Zelle, +in der ich ward. Ich liebe Klarheit, Helle. +Dem Willen beigesellt, der Kind mir und Berater, +bin ich--ich sag es stolz--der größten Taten Vater. + +Ein neues Wort schließ an: Es ist des Künstlers Ziel, +dir zu vermitteln fremder Geister Spiel, +das er mit seinem Lebensblute tränkt +und eigne Kraft den fremden Seelen schenkt. +Erschrocken sieht's der Arzt, fragt: wie? woher? +Manch Leben bliebe heil, wenn ich nicht wär. + +Vereine beide Worte: Welch ein Wissen +von Mensch zu Mensch! In fremdes Sein gerissen +stehn wir vor unbegreiflich zarten Dingen, +die unsrer Seele dunkle Träume bringen, +und fühlen scheu des Geistes Doppelwesen. +Du großes Rätsel, wer wird je dich lösen? + + + +POLTERABENDGEDICHT + + +für ein kleines Mädchen + +(mit einer Schlüssel-Atrappe) + + +Ich bin eine kleine Sternschnuppe +und rutschte herab vom Himmel +und fiel aus der großen Milchstraße +grad hier in das Gewimmel. +Verwundert fragt' ich die Leute: +Wo kommt ihr denn alle her? +Da sagten sie mir, daß heute +hier Polterabend wär. +Die Ehen schließt man im Himmel, +und Donnergepolter gibt's auch; +da bin ich ja wie zu Hause +und bring meine Gabe auch. +Nehmt hier den Zauberschlüssel, +vom Sirius bracht ich ihn mit +in meiner Sternentasche, +als ich herunter glitt. +Stets häng er zu euern Häupten, +und zieht es euch hinauf, +schließt er zu jeder Stunde +den ganzen Himmel auf. + + + +HOCHZEITSGEDICHT + + +(mit einem Frühlingsblumenstrauß) + +Maienkönig schickt mich her, +sagte, daß hier Hochzeit wär, +sollt fein gratulieren; +suchte einen vollen Strauß +allerschönster Blüten aus, +euer Haus zu zieren. + +Himmelschlüssel, goldig, zart, +Blumen von besondrer Art, +schickt er euch mit Grüßen. +Seht, sie leuchten sonnengleich; +Liebe heißt das Himmelreich, +das sie euch erschließen. + +Dieses blaue Sternchen spricht +frommen Sinns: Vergiß-mein-nicht, +vergiß mir nicht die Treue! +Treue, die zu Liebe steht, +ist so stark wie ein Gebet, +tröstet stets aufs neue. + +Hier Narzissen. Weiß und rein, +ohne Makel sollt ihr sein, +hütet Sinn und Herzen! +Seht der Unschuld klares Bild; +wer an ihm sich stärkt und stillt, +trägt leicht Not und Schmerzen. + +Nehmt hin, was der Mai geschickt, +nehmt den Strauß und seid beglückt +für ein langes Leben! +Unverwelklich blüh er fort, +tief in eurer Seele Hort +glühe göttlich Streben! + + + +NEUJAHRSSPIEL + + +DAS ALTE JAHR + +(tritt in grauem Mantel ein) + +Grüß Gott, ihr Leute, ich bin das Jahr, +das immer ist und immer war, +das immer kommt und immer geht +und niemals zaudernd stille steht, +das mit geheimem Pendelschlag +die Weltuhr regelt Tag für Tag. +Die Würfel werf ich: Leben und Tod, +Glück oder Unglück, Heil oder Not-- +sie fallen gewichtig und ordnen die Welt, +einem Höheren unterstellt. +Zwölf Kinder hab ich zur Welt gebracht, +sie gleichen sich wenig, doch jedes hat Macht; +sie ziehen gestaltend durch die Welt, +eins mir immer zugesellt, +während die andern harren und ruhn +zu neuer Arbeit, zu frischem Tun. +Nur heute an meinem Geburtstag sind +sie alle gekommen, aus Regen und Wind, +aus Sonne und Nebel, aus Tiefen und Höhn, +ihre alte Mutter wiederzusehn. +Herein, meine Söhne, ein Kompliment, +und sagt den Leuten, was ihr könnt! + + +JANUAR + +(in dickem Pelz, mit Schlittschuhen und Schellen) + +Grüß Gott! Ich bin der Januar, +voll Schnee und Eis hängt Bart und Haar; +der Vetter Nordwind versteht das Blasen, +steif sind die Ohren, rot die Nasen. +Zugefroren ist See und Fluß; +rasch den Schlittschuh unter den Fuß! + Die Eisen gleiten + durch blitzende Weiten + in Bogen und Zacken, + das gibt rote Backen! +Hört ihr das Schellengeläut? Meine Gäste +sausen durch Schnee und Rauhreifgeäste. + + +FEBRUAR + +(in Karnevalskostüm mit Pritsche) + +Grüß Gott! Ich heiße Februar, +gleiche dem Bruder fast aufs Haar, +nur trage ich gern ein Maskenröckchen, +an meiner Kappe klingeln Glöckchen. +Weil ich im Spiel und Tanzen tüchtig, +schelten sie mich vergnügungssüchtig, +spotten und lachen hinter mir her, +weil ich zu kurz geraten wär, + rufen: "Prinz Karneval, + Narren gibt's überall!" +Doch meinen Punsch und Pfannekuchen +möchten Narren wie Weise versuchen. + + +MÄRZ + +(in Landstreichertracht, mit einem Veilchensträußchen) + +Grüß Gott! Ich bin der Bruder März, +ich habe ein wildes, stürmisches Herz. +Kann mich nicht mit den Brüdern vertragen, +puste ihnen den Schnee vom Kragen. + Säubre die Wälder, + fege die Felder, +tu aus der Seele das Kalte hassen, +muß es doch oft mir gefallen lassen; +aber bin ich erst König ein Weilchen, +grüßt ihr mit mir die ersten Veilchen, +seht ihr die Spitzen an Sträuchern und Bäumen, +die selig von künftger Entfaltung träumen. + + +APRIL + +(in Wandervogeltracht mit Zupfgeige) + +Grüß Gott! Ich bin der lustge April, +der immer tut, was er grade will. +Mal liebe ich's naß, mal liebe ich's trocken, +die Zugvögel tu ich nach Hause locken. + Schneewassergüsse + schwellen die Flüsse, +ich aber streif durch den Wiesengrund, +öffne der Obstblüte lieblichen Mund +und nicke den närrischen Träumern zu; +mit denen steh ich auf du und du, +_schickt_ sie nur immer! ich lehre sie lachen +und sich aus den Plagen der Welt nichts machen. + + +MAI + +(in Bauerntracht mit Maiglöckchenstrauß) + +Grüß Gott! Der Mai darf kaum noch wagen, +Besondres von sich auszusagen. +Ich schäme mich wirklich; bin so bekannt +wie ein bunter Pudel rings im Land. +Diese sammetlockigen teutschen Tichter, +hol der Kuckuck das Reimgelichter: + "--der süße Mai, + der entzückende Mai, +der blütenbekränzte, der himmlische Mai--" +mir wird ganz blümerant dabei, +denk ich an all die Dudelei. +Die Kinder lob ich; das lärmt und lacht +und feiert ganz ungereimt meine Pracht. + + +JUNI + +(in Gärtnertracht, mit Gießkanne und Rosenstrauß) + +Grüß Gott! Ich werde Juni genannt, +Farben und Düfte bring ich ins Land. +Seht, wie's im Garten knospet und quillt, +seht, wie die Frucht sich rundet und schwillt! +Vor allem muß ich die Rosen wecken, +ich küsse sie wach an Stamm und Hecken. + Sind Regen und Wind + mir wohlgesinnt, +schaff ich und wirk ich am grünen Gewande, +halte die Hoffnung am schimmernden Bande +und pflege das Wachstum der kommenden Zeit; +wenn der Schnitter prüft, ist die Saat bereit. + + +JULI + +(in Schäfertracht, mit Kornblumenstrauß) + +Grüß Gott! Erlaubt mir, daß ich sitze, +ich bin der Juli; spürt ihr die Hitze? +Kaum weiß ich, was ich noch schaffen soll, +die Ähren sind zum Bersten voll; +reif sind die Beeren, die blauen und roten, +saftig sind Möhren und Bohnen und Schoten. +So habe ich ziemlich wenig zu tun, +darf mich ein bißchen im Schatten ruhn. + Duftender Lindenbaum, + rausche den Sommertraum! +Seht ihr die Wolke? fühlt ihr die Schwüle? +Bald bringt Gewitter Regen und Kühle. + + +AUGUST + +(in Schnittertracht, mit Sichel und Harke) + +Grüß Gott! Ich bin der Monat August, +bin ernster Pflichten mir bewußt; +muß Frucht und Korn zur Ernte reifen, +meine Lieblingsmusik ist das Sensenschleifen. +Bald kommt die Ernte; der Himmel lacht, +der Segen wird in die Scheunen gebracht. + Zum fröhlichen Reigen + jubeln die Geigen. +Doch mancher steht abseits vom Taumel und denkt +des Schöpfers, der alles zum Besten lenkt, +der Ordnung bringt in den Gang der Dinge, +daß Schweiß und Fleiß auch Freude bringe. + + +SEPTEMBER + +(im Touristenkostüm) + +Grüß Gott! Ich bin der September, ich ziere +mit rotem Weinlaub eure Spaliere. +Dem Wandrer lachen auf allen Wegen +köstlich die reifenden Früchte entgegen, +die gelben und blauen. Ich liebe die Ferne, +am Ufer der Meere träume ich gerne, + wo die Welle beginnt, + wo die Welle zerrinnt, +wo die Brandung braust und überschäumt +und ein Zugvogelschwarm den Himmel säumt; +da lieg ich und grüble und suche vergebens +den Sinn des Sterbens, den Sinn des Lebens. + + +OKTOBER + +(in Winzertracht mit Weinglas und Flasche) + +Grüß Gott! Ich bin der Bruder Oktober; +die Nase glänzt mir wie Zinnober, +das kommt vom Gucken ins Gläschen. Vor Zeiten +lehrt ich die Menschen Wein bereiten; +der wurde bald ihr Lieblingsgetränke, +jetzt kriegt man ihn in jeder Schänke. + Kommt mit zum Wein, + ich lade euch ein! +Seht, wie die Wälder sich buntselig färben, +sie wissen: ein Schlaf nur ist alles Sterben. +So kommt und sinnt und fragt nicht viel; +"das Leben ist des Lebens Ziel!" + + +NOVEMBER + +(in Jägertracht mit Gewehr) + +Grüß Gott! Der November stellt sich vor. +Mir ist ergeben der große Chor +der Winde und Stürme, die das Gefilde +von Unrat säubern; und auch die Gilde +der Nebel und Wolken ist mir vertraut. +Wer auf des Meeres Sanftmut baut, +wagt sein Leben, wenn ich regiere; +ich hasse den Frohsinn in meinem Reviere, +ich hasse die Sonne, hasse die Milde, +zerreiße im Felde das letzte Gebilde. +Ich liebe nur eins: wenn das Jagdhorn schallt, +hinter scheuem Wild die Büchse knallt. + + +DEZEMBER + +(in beflittertem Pelz, mit kleinem Weihnachtsbäumchen) + +Grüß Gott! Ich bin der Dezember und flechte +zu kurzen Tagen die langen Nächte. +Karg ist die Sonne in meinem Gezelt, +doch bring ich ins Haus eine schimmernde Welt. +Wenn im Ofen die Bratäpfel schmoren, +flüstert es leise von Mündern zu Ohren, +gibt es ein Reden, ein Kichern und Necken, +ein Fragen und Freuen, Pakete verstecken, +ein "bitte, Mama", ein "sag doch, Papa, +ists Christkindel denn noch nicht da?" +Wenn am Heiligen Abend der Tannenbaum brennt, +bin ich in meinem Element; + hell sind die Kerzen, + warm sind die Herzen, +uns kümmert nicht Kälte noch Regen noch Wind. +Und denen, die arm und traurig sind, +und wo die Not sonst die Freude verbannt, +geben wir gern mit Herz und Hand. + + +DAS JAHR + +(läßt den grauen Mantel allmählich fallen, steht dann in hellem Festgewand) + +Wohl, meine Kinder! Jetzt aber denkt +an den Wechsel der Dinge und Den, der sie lenkt! +Stein wird zu Sand, Lebendges zu Stein, +Luft wird zu Wasser, Glut zu Wein, +Frucht wird zum Samen, Samen zum Baum, +Raum wird zu Zeit, und Zeit zu Raum. +Und immer rollt durchs Himmelszelt +die Erde, unsre alte Welt, +die stets verjüngt, in neuer Kraft, +fruchtbar ihr prangendes Kleid sich schafft. +Jedoch ihr Diadem und Zier, +ihr Menschenkinder, das seid ihr! +Drum freut euch ihrer Herrlichkeit, +freut euch des Meeres, so stark und weit, +freut euch der Wälder, der Blüte, der Frucht, +freut euch der Berge mit Tal und Schlucht! +Und freut euch eurer eignen Kraft, +die der Erkenntnis Wunder schafft; +seid glücklich, daß ihr Menschen seid, +der schönste Schmuck an Gottes Kleid, +wenn ihr euch seiner wert gestaltet, +euch immer göttlicher entfaltet. +Seid glaubensstark, seid willensklar, +das wünscht das neue Erdenjahr! + + +CHOR DER MONATE + +Seid friedensstark, seid liebesklar, +das wünscht der Monate bunte Schaar! + Prosit Neujahr! + Nun reicht euch zur Wende + des Jahres die Hände + und grüßt euch mit Neigen + und schlingt einen Reigen! + Spiel auf, Musik, begleite sie, + des Jahres Schluß sei Harmonie! + + + +RÄUBER UND PRINZESSIN + + +Eine Kartoffelkomödie + + +EINFÜHRUNG + +Habt ihr schon mal was von der Kartoffelkomödie gehört? Nein? So will ich +euch erzählen, was das ist. + +Die Kartoffelkomödie ist ein Theaterstück, das statt mit Puppen mit +Kartoffeln gespielt wird. Ihr bittet um ein Paar glatte, nicht zu große +Kartoffeln, bohrt mit dem Messer in jede ein rundes Loch, so daß ihr euern +Zeigefinger bis zum ersten Glied hineinstecken könnt, und die Hauptsache +ist fertig. Ein paar mit Stecknadeln angepiekte Hemdknöpfchen als Augen, +ein Stückchen Rübe als Mund, und eins als Nase, bilden das Gesicht. Ein +farbiger Puppenlappen wird oben mit einer Schnur zusammengezogen und um +den Zeigefinger gebunden, nachdem zwei kleine Löcher für Daumen und +Mittelfinger hineingeschnitten sind. Ihr werdet euch wundern, wie fein man +die Finger als Arme und Hände benutzen kann. + +Natürlich muß man sich in der Kleidung ein bißchen nach den Personen des +Stückes richten. In unsrer Komödie, die ich nach einer älteren Vorlage +ausgebaut habe, bekommt der König eine Krone von Goldpapier und ein rotes +oder grünes Gewand, das ihr auch etwas mit Goldstreifen besetzen könnt. +Pumpfia trägt am besten einen kleinen Schleier mit einem Streifchen +Silberpapier um den Kopf, Jagomir einen großen braunen oder grauen Hut +mit einer roten Feder, der Kanzler einen schwarzen Zylinder. Natürlich +wird all das aus Papier gemacht. Die Kleider könnt ihr euch selbst +ausdenken, jeder Flicken ist dazu brauchbar. + +Wenn ihr das Stück aufführen wollt, ist es am bequemsten, ihr spannt +irgendeine Decke oder ein Tuch in einen offenen Türrahmen, und zwar so +hoch, daß ihr bequem mit den Händen hinauflangen könnt; eure Köpfe dürfen +natürlich ebenso wenig zu sehen sein wie eure Füße. Einen Vorhang braucht +man nicht; die Puppen verschwinden einfach hinter dem Tuch und kommen auch +wieder so zum Vorschein. Jedes Kind kann zwei Puppen spielen, mit jeder +Hand eine; bei einer muß es dann seine Stimme etwas verstellen. + +So, nun versucht mal euer Heil! Es wird euch viel Spaß machen; und den +Zuschauern auch. + + +PERSONEN: + +König Pflaumenmus. +Prinzessin Pumpfia. +Der Kanzler. +Der Räuber Jagomir. + + +ERSTE SZENE. + +Der König tritt auf, vom Kanzler begleitet. + + +KÖNIG: + +Der Sommerabend ist so schön, +da muß man doch spazieren gehn. +Die Rosen duften süß, hazieh! +Die Nachtigall singt türütü-- +--wie schmerzt mein linker großer Zeh, +und auch der rechte tut schon weh. +Den Schuster häng mir an den Galgen, +(Kanzler verbeugt sich) +denn er gehört zu den Kanallgen. +(König schnüffelt in die Luft) +Wie duftet's hier nach Bratkartoffeln, +da kriegt man wirklich Appetit. +Geh, Kanzler, hol mir die Pantoffeln, +und bring die Abendzeitung mit. +(Kanzler verbeugt sich und will gehn) +Halt! hemme noch den eiligen Lauf +und setz mir erst die Brille auf. +(Kanzler tut's, dann ab.) +Ein König muß sich informieren, +es könnt doch was im Land passieren. +(Kanzler kommt mit der Zeitung und den Pantoffeln zurück.) + + +KANZLER: + +Hier, König, bringe ich die Zeitung, +die allerneuste Meinungsleitung. +Auch Schlupfschuh hier aus Woll' und Watte, +wie Majestät befohlen hatte; +und frage untertänigst an, +ob ich noch sonstwie dienen kann. + + +KÖNIG: + +Nun ja, rück mir die Krone grade; +denn fiel sie runter, wär's doch schade. +(Kanzler rückt die Krone zurecht.) +Was steht denn hier im Tageblatt? +Prinz Kasimir kommt in die Stadt? +Da wird er uns gewiß besuchen. +He, Kanzler, haben wir noch Kuchen? + + +KANZLER: + +Herr, nicht 'ne einzige Butterschrippe. + + +KÖNIG: + +Na, häng nicht gleich die Unterlippe; +hol Streußelkuchen vom Konditor, +auch Vollmilch, einen halben Litor. + + +KANZLER: + +Ach, Herr, von Geld ist keine Spur. + + +KÖNIG: + +Das schad't nix, Kanzler; pumpe nur. +Wir Könige lassen uns nicht lumpen, +und sollten wir die Welt auspumpen. +Geh jetzt und sorge für mein Land +mit Militär und mit Verstand! +(Kanzler verneigt sich, tritt vor.) + + +KANZLER: + +Was hat ein Kanzler doch für Sorgen; +wo soll ich bloß schon wieder borgen? +Wer schafft mir von der Deutschen Bank +den Schlüssel zu dem Kassenschrank? +Reichskanzler sein ist wirklich schwer; +ich dachte nicht, daß es so wär. +Ich annonciere in der "Quelle", +vielleicht krieg ich 'ne andre Stelle. +(Kanzler ab.) + + +KÖNIG (lesend): + +Den Streik, den soll der Kuckuck holen! +Wir haben so schon keine Kohlen, +mein Thronsaal wird tagtäglich kälter, +und ich--ich werde immer älter. +Auf diese Bank will ich mich legen, +ein Stündchen süßer Ruhe pflegen. +(Legt sich hin und schnarcht.) + + +ZWEITE SZENE. + +Pumpfia, König. + + +PUMPFIA: + +Wo bist du denn, mein Väterchen, +mein süßer Pumps, mein Käterchen? + + +KÖNIG: + +Wer stört mir meine Ruh im Grase? +Ach, _Du_ bist's, kleine Stumpelnase. + + +PUMPFIA: + +Papa, ich bring dein Leibgericht, +Bratkartoffeln! riechst du's nicht? +Ich briet sie selbst, ist das nicht nett? +mit Liebe und mit Hammelfett; +und machte Klopse dir zulieb, +vom Fleisch, das gestern übrig blieb. + + +KÖNIG (essend): + +Ich danke dir, mein Herzensmops, +für die Kartoffeln und den Klops. + + +PUMPFIA: + +Papa, ich bin bald zwanzig Jahre +und kriege nächstens graue Haare; +ich mach mich immer wunderschön, +allein kein Freier läßt sich sehn. +Ich krieg am End gar keinen Mann; +was fang ich alte Jungfer an? +(Sie weint.) + + +KÖNIG: + +So liebe _mich_, mein süßes Kind! +Heiraten geht nicht so geschwind. + + +PUMPFIA: + +Ach doch, Papa, 's geht ganz bequem. +Wenn doch ein Prinz, ein trauter, käm! +(weint stärker.) + + +KÖNIG: + +Mein Pümpfchen, tröste dich bis morgen, +da will ich dir 'nen Mann besorgen. + + +PUMPFIA + +(fällt ihm um den Hals): +Du guter einziger Papa, +ich sag gewiß zu allen ja. + + +KÖNIG: + +Leb wohl, ich muß zur Konferenz; +es ist nicht gut, wenn ich die schwänz. +(König ab.) + + +DRITTE SZENE. + +Pumpfia, nachher Jagomir. + + +PUMPFIA: + +Ich arme Pumpfia und Prinzessin, +ach könnt ich doch mein Leid vergessen! +allein, o leider ganz allein, +in diesem holden Mondenschein! +Kein Jüngling liebt mich nur ein bißchen, +kein Prinz gibt mir ein holdes Küßchen. +Mein Herz ist leer, mein Kopf ist dumm, +ich fall vor lauter Sehnsucht um-- +(fällt um.) + + +JAGOMIR (tritt auf): + +Ich stahl mir heimlich hier herein, +hier wird doch was zu mausen sein? +(Schnüffelnd) +Nee, wo mit Hammelfett gebraten, +da regnet's sicher nich Dukaten. +(Er erblickt Pumpfia ) +'ne Dame? Ei, wie wunderschön; +die muß ich mal genau besehn. +(Er tut's.) +Ich nehme mir den Hochgenuß +und geb ihr einen süßen Kuß. +(Er tut's.) + + +PUMPFIA (erwachend): + +Was ist das für ein schöner Mann? +Ich wag's und red ihn lieblich an. +Wer seid Ihr, herrlicher Genoß? +Wie kamt Ihr her in dieses Schloß? +Ich bin durch Euern Gruß beglückt; +hat Euch ein Engel hergeschickt? + + +JAGOMIR: + +'n Engel? Nee, das war der Robert; +der hat das Ding hier ausbaldowert. + + +PUMPFIA: + +Ist alles gleich; du bist mein Schätzchen, +mein süßer Freund, mein Busenlätzchen. + + +JAGOMIR: + +Aber--was wird dein Vater sagen? + + +PUMPFIA: + +Ach was, wer wird den Alten fragen. + + +JAGOMIR (küßt sie): + +Mein honigsüßer Sirupstengel, +mein Marzipan, mein Zuckerengel! + + +PUMPFIA: + +Welch Geist, welch Witz, welch hoher Held! +Pumpfia geht mit dir durch die Welt! + + +JAGOMIR: + +Mein Schätzchen, hast du auch Moneten? + + +PUMPFIA: + +Die sind hier weniger vertreten; +an diese Frage rühre nich, +geliebter Freund, entführe mich. + + +JAGOMIR: + +Na, denn man zu, du süße Hummel! +(Beiseite) +Verflixt, das wird 'n schöner Rummel. + + +VIERTE SZENE. + +König, die Vorigen. + + +KÖNIG: + +Prinzessin Pumpfia, Kasimir, +wo seid ihr kleinen Schäker ihr? +Ihr wollt euch wohl vor mir verstecken? +Na wart't, ich werd euch gleich entdecken. + + +JAGOMIR (beiseite): + +I, du meine himmlische Güte, +die jlooben, ick sei ein Prinz von Geblüte; +dabei gehör ick zum Räuberstand, +der ernährt seinen Mann besser als so'n Land. +(Laut): +Guten Tag, Herr König, ich habe die Ehr +und verbeuge mir sehr. +(Er tut's) + + +KÖNIG: + +Mein Vaterherz hüpft froh und warm: +mein Pümpfchen in des Prinzen Arm. +Mein hoher Gast, Prinz Kasimir, +wie findet meine Tochter Ihr? + + +JAGOMIR: + +Das Mädel hier? Na, himmlisch süß, +wie'n Engelken im Paradies. + + +KÖNIG: + +Na, nimm se dir se denn se doch, +und spanne sie ins Ehejoch; +dann kocht dir deine kleine Braut +Erbsen mit Speck und Sauerkraut. + + +JAGOMIR: + +Ach ja, und dann Kartoffelklöße +mit einer süßen Pflaumensöße. +(Umarmung.) + + +PUMPFIA: + +Wenn man in deinen Armen ruht, +dann kocht sich's gleich noch mal so gut. + + +KÖNIG: + +Ich bin gerührt wie Quetschkartoffeln, +verlier vor Rührung die Pantoffeln. +(Er tut's; die Pantoffeln fallen in den Zuschauerraum.) + + +FÜNFTE SZENE. + +Kanzler, die Vorigen. + + +KANZLER: + +Der Brief kommt eben von der Post, +der fünfundzwanzig Pfennige kost't. + + +KÖNIG: + +Wie oft schon hab ich deklariert, +ich nehme nichts mehr unfrankiert. +Kommt mir noch mal so'n Ding ins Haus, +dann fliegt es gleich zum Fenster raus. +(Er öffnet den Umschlag) +Laß sehn, was steht in diesem Brief. + + +JAGOMIR (beiseite): + +Na, geht die Sache doch noch schief? + + +KÖNIG (liest): + +"Prinz Kasimir entbeut den Gruß +dem hohen König Pflaumenmus; +er wird ihn heute noch besuchen +und hofft auf Kaffee und auf Kuchen."-- +Von alldem tut der Bauch mir weh; +was nun, mein Schwiegersohn _in spe_? +Seid Ihr denn nicht Prinz Kasimir? + + +JAGOMIR (stolz): + +Ich bin der Räuber Jagomir! + + +KÖNIG: + +Ein Räuber? Hu, das ist ein Graus, +der reißt mir die Gedärme aus! +Gewiß, er wird mich massakrieren +und mir mein Pümpfchen dann entführen. +(Er weint.) + + +PUMPFIA: + +Was mich betrifft, ich halte still, +wenn er nur dich verschonen will. + + +JAGOMIR: + +Ich schon ihn gern, und auch sein Geld-- +(beiseite): das er nicht hat! +Ich bin ein edler Räuberheld. + + +PUMPFIA: + +Mein süßer Schuft, mein Wonneheld, +mit dir stehl ich die ganze Welt. +(Umarmung.) + + +JAGOMIR: + +Bald kommt der Kasimir ins Haus; +komm, Pümpfchen, komm, wir rücken aus! +Im Walde steht mein freies Schloß, +da schläft sich's fein--auf Heu und Moos. + + +KÖNIG: + +Na, dann leb wohl, mein teures Kind! +Hier hast du noch ein Angebind +(gibt ihr einen Zweimarkschein) +und außerdem noch meinen Segen. + + +PUMPFIA: + +Den kannst du uns auf Zinsen legen. +(Beide ab.) + + +KÖNIG: + +Nun sind sie weg, o Schmerz, o Graus, +ich weine mir ein Auge aus. +(Er tut es, wirft den Augenknopf unter die Zuschauer.) +O Kasimir, Prinz Kasimir, +warum warst du nicht eher hier! +Wirr ist mein Herz, wirr ist mein Kopf; +die Welt, die ist ein Wackeltopf. +Nur eins ist unverrückt und wahr, +nur eins wie meine Pleite klar: +Hoch herrschen über Raum und Zeit +die Frechheit und die Dreistigkeit. +(Vorhang.) + + + +KASPERLE UND DER KRIEG + + +Ein Stückchen fürs Kasperltheater + + +KASPERLE (allein, singt): + + Bummvallera + ist nicht da; + wo ist Bummvallerallerallera? + +(Er gähnt.) Ach, ist die Welt langweilig! Vor lauter Langerweile hab ich +schon ein paarmal meine Finger gezählt; aber komisch, es kommt immer was +andres raus. (Er zählt an seinen Händen): 1, 2, 3, 5, 7, 8, 10, 12, 14, +15--na ja, nun sind's wieder 15. Na, noch mal: 1, 2, 3, 5, 7, 9, 10, 12, +13, 14--komisch, nu sind's wieder 14. Mal hat der Mensch 15 und mal 14 +Finger; und dabei sehn sie immer egal aus.(Es klopft.) Ei, da kommt +Besuch. Immer 'rein, meine Herrschaften, immer 'rein! (Polizist kommt.) + + +POLIZIST: + +Bist du der Kasper? + + +KASPERLE: + +Was? Kasper? Herr Kasper heißt es, geehrter Herr Kasper heißt es, +wertgeschätzter Herr Kasper heißt es, Sie oller Helmaffe Sie, Sie +untertänigster Rasselsäbel! + + +POLIZIST: + +Mann, seien Sie mal etwas höflicher zur königlichen Polizei! + + +KASPERLE: + +Höflich? Hi hi, höflich? Mit Höflichkeit fängt man nicht mal 'nen Floh. +Oder soll man etwa sagen: bitte, Herr Floh, seien Sie so gut, Herr Floh? + + +POLIZIST: + +Kasper, du bist ein Esel! + + +KASPERLE: + +'n Esel? Was Sie sagen! Ist 'n nettes Tierchen, so'n Esel, hihi; klettert +auf die höchsten Stellen und fällt nicht runter. Hihi, möcht schon solch +Tierchen sein. + + +POLIZIST: + +Lirum, larum, Kasper, du mußt jetzt in den Krieg; darum bin ich +hergekommen. + + +KASPERLE: + +Krieg? Was ist denn das? Kriecht man da rum, in dem Krieg? Ich bin doch +kein Kriechtier! + + +POLIZIST: + +Du dummer Kasper, du dammliger, der Krieg sind Schlachten mit Bomben und +Kanonen. + + +KASPERLE: + +Schlachten? Ei, das kenn ich, da gibt's frische Wurst; Blut- und +Leberwurst, hihi, das schmeckt aber fein!--Und Bomben? wissen Sie, die +backt meine Omama mir immer zu Weihnachten; die kenn ich auch. Und +Kanonen? ja, die stehn noch vom Großvater selig her auf'm Kramboden; der +war Sie nämlich Mistbauer, und brauchte so'ne dicken hohen Schmierstiebeln. +Also, dann kenn ich ja den Krieg; muß 'ne lustige Sache sein. + + +POLIZIST: + +Na warte man, du Frechdachs, wirst es schon merken, wenn's dir man erst um +die Ohren knallt. + + +KASPERLE: + +Knallen tut's da? O jemine! Wissen Sie, Herr Kriegsminister, gegen Knallen +hab ich von Kind auf 'ne Idiokratie. + + +POLIZIST: + +Idio_syn_krasie meinst du wohl, dummer Kasper. + + +KASPERLE: + +Nee, Herr Rasselsäbel, Sinn ist da nicht drin; sonst wär's ja keine +Idiotokratie. (Er singt): + + Die Welt, die haut sich tot wie nie, + tot wie nie, tot wie nie, + und füttert das Meer mit Korn und Vieh, + Korn und Vieh, Korn und Vieh; + das ist doch Idiotokratie, Tokratie, Tokratie, + Idiotokratie! + + +POLIZIST: + +Halt deinen dummen Schnabel, Kasper, das verstehst du nicht; das ist die +hohe Diplomatie. Sage mir lieber, wie dein Vater heißt, Kasper. + + +KASPERLE: + +Das kann ich Ihnen durchaus nicht sagen, Sie neugieriger Iltis, alldieweil +ich das selber nicht weiß. Ich glaube, ich hatte gar keinen Vater. + + +POLIZIST: + +Und deine Mutter? + + +KASPERLE: + +'ne Mutter? 'ne Mutter hab ich auch nicht gehabt. Bloß 'ne Großmutter und +'ne Urmama; die haben mich zusammen zur Welt gebracht. + + +POLIZIST: + +Du bist 'n Ochse, Kasper, oder 'n Frechdachs; jeder Mensch hat doch 'ne +Mutter. + + +KASPERLE: + +'n Ochse? das wär was, ei der Daus! Was wär ich da wert bei den heutigen +Fleischpreisen? wir wollen mal zusammen rechnen, Herr Kriegsminister. +Also: ich wiege 150 Pfund, das Pfund kostet jetzt 8 Mark 50. Erst also 100 +mal 8 Mark 50--hängen wir einfach zwei Nullen an, das macht 85000 Mark; +und dann noch 50 mal 8 Mark 50, das ist mir zu schwer, das kann ich nicht +rechnen. Wissen Sie's vielleicht, Herr Kriegsrat? + + +POLIZIST: + +Na, das sind ungefähr 4000 Mark, Kasperle; es ist ja auch schon lange her, +daß ich in der Schule war. + + +KASPERLE: + +Also, ich hatte 85000 Mark; und Ihre 4000 Mark dazu, macht 100000 Mark. +Sehn Sie, Herr Kriegsminister, soviel ist der Kasper werf, wenn er ein +Ochse ist; hihi, was sagen Sie nun, Herr Oberkanonenrat? Was mag man da +erst wert sein, Sie, wenn man ein fettes Schwein ist! Wissen Sie was: +wir wollen beide Bauern werden und fette Schweine zusammen ausbrüten. +(Er singt): + + O wär ich doch ein Öchselein, + Öchselein, Öchselein, + oder auch ein fettes Schwein, + fettes Schwein, fettes Schwein, + dann pökelt' ich mich selber ein, + si- sa- selber ein. + Da käm ich in ein großes Faß, + großes Faß, großes Faß, + da rollt' ich in das Kellergelaß, + Kellergelaß, Kellergelaß, + da hätt ich für den Winter was, + Wi- Wa- Winter was. + + +POLIZIST (packt ihn): + +Ach was, vorwärts marsch mit dir in den Krieg! und hast-du-nicht-gesehn +ins Feuer! + + +KASPERLE: + +Ins Feuer soll ich? Ich ins Feuer? Aber ich bin doch keine Preßkohle, +Herr Oberheizer, daß ich ins Feuer soll? (Er ruft ins Haus): Großmama, +mein Puttchen, du alte Knochenmühle! komm doch mal her, aber putz dich +nicht erst! man will dein Kasperle ins Feuer stecken! (Großmutter kommt.) + + +GROSSMUTTER: + +Was ist denn los? Was schreist du so, Kasperchen? + + +POLIZIST: + +Er muß in den Krieg und will nicht, der Racker! + + +GROSSMUTTER: + +O Gott, o Gott, in den Krieg, mein Herzblatt? Da werden sie dich +totschießen, armes Kasperchen! Ogottogottogottedoch! + + +KASPERLE: + +Laß man, Omamachen wenn sie schießen wollen, nehm ich meine Pritsche und +hau sie selber tot. Guck mal, so--so--haste-nich-gesehn--(er haut den +Polizisten tot, wirft ihn über die Rampe und sagt dabei:) Ja, quiek man! +den Kasper krigst du nicht! der lebt ewig, du oller Rasselsäbel!-- + + + + + +VERZEICHNIS DER ÜBERSCHRIFTEN + + + +Gruß an die Großen +Gruß an die Kleinen + + + +ERSTER TEIL + + +Wunderchen +Geht leise +Wittewoll schlafen +Frühstück +Seereise +So lala +Mein Wagen +Kutscher auf dem Knie +Ereignis +Heilsprüchel +Schlimme Geschichte +Austreibung +Wenn Rumpumpel brummig ist +Der Pudding +Zwei Mäulchen +Mückebold +Das Scherchen +Geschichtchen vom Winde +Anziehliedchen +Das Lämmechen +Die wilden Beinchen +Der lumpichte Bu +Tintenheinz und Plätscherlottchen +Es regnet +Trösterchen +Häschen in der Grube +Hasenspiel +Drei Bäumchen +Schabernack +Am Abend +Gutenachtliedchen +Freund Husch +Rumpumpels Geburtstag +Mutters Geburtstag +Rumpumpel tanzt +Kreiselliedchen +Konzert +Die ersten Höschen +Der kleine Sünder +Flutschpeter +Die Trommelpartie +Rumpelreim +Das Karnickel +Lektion +Lied des Hühnchens +So sieht unsre Wirtschaft aus + + + +ZWEITER TEIL + + +Das Haus +Mit Trommel und Trab +Siebenschläfer +Osterlied +Maiwunder +Hansel und Gretel +Prinzeßchen +Das große Loch +Zwei Gesellen +Wenn's Pfingsten regnet +Eine Hühnergeschichte +Marieken und die Küken +Kinderküche +Essensregeln +Die böse Mies +Pottkieker +Der Reitersmann +Das richtige Pferd +Der kleine Rekrut +Der Hauptmann +Abzählreim +Fragefritze und die Plappertasche +Plappermündchen +Puppendoktor +Kleiner Einkauf +Vaters Geburtstag +Das Himmelsprinzeßchen +Windfreude +Lied vom Monde +Weihnachtsschnee +Knecht Ruprecht in Nöten +Frohe Botschaft +Der liebe Weihnachtsmann +Sankt Niklas' Auszug +Bescheidene Frage + + + +DRITTER TEIL + + +Widmung +Sonne +Marienlied +Korsisches Wiegenlied +Königskind +Heimweh +Elfenreigen +Wiegenmärchen +Traumballade +Mutter Hule +Ein Singsang vom Rheine +Badeballade +Der Teufel und die Katz +Der Esel und die Löwenhaut +Ein Spatzengespräch +Drei Koboldstreiche +Spuk +Der Märchenkönig und sein Töchterlein +Weihnachtsgang +Weihnachtsbesuch +König Kuchen und Königin Schokolade +Der erste Mai +Wetterwunsch +Hammerliedchen +Im Sonnenschein +Wanderlied + + + +VIERTER TEIL + +Spruch fürs Leben +Allerlei Rätsel: + 1) Windmühle + 2) Die ersten Zähnchen + 3) Sau-er-kraut + 4) Spitzbube + 5) Stiefelknecht + 6) Rebe--Eber; Recke--Ecker; Rotte--Otter; Rinde--Inder; Rabe--aber + 7) Matrone, Makrone, Marone + 8) Gitter, Rettig + 9) Vielleicht + 10) Zeit + 11) Schafwolle und Rindleder + 12) Versohlt + 13) Überlegen + 14) Saumselig + 15) Verzogen + 16) Drosselbart + 17) Nachbarschaft + 18) Der Rat + 19) Besessen + 20) Ausschlag + 21) Fassung + 22) Eingefallen + 23) Druckfehlerteufel + 24) Feuerwasser + 25) Wasserscheide, Scheiderwasser + 26) Winde + 27) Leiter + 28) Welle + 29) Donnerkeile + 30) Linsengericht + 31) A, Horn, A horn + 32) Aufschwung; Entfaltung; Sieg; Frieden + 33) Retter + 34) Verwachsen + 35) Verschieden + 36) Romantik + 37) Mode, modern + 38) Die Tinte + 39) Das Licht + 40) Die Zahl + 41) Die Stadt + 42) Geistreich + 43) Gerecht, Same, Gerechtsame + 44) Gedankenübertragung +Polterabendgedicht +Hochzeitsgedicht +Neujahrsspiel +Kartoffelkomödie: Räuber und Prinzessin +Kasperle und der Krieg + + + + + +VERZEICHNIS DER ANFANGSZEILEN + + + +Auf der höchsten Berge Rücken +Auf der Leine, auf grünem Platz +Als ich noch klein war, war ich recht beschaulich +Aus lichtem See +Bei König Kuchen und Königin Schokoladen +Blümchen hängt das Köpfchen +Bummvallera ist nicht da +Christkindchen lag im Stalle +Das große Loch +Das kann doch nicht Rumpumpel sein +Das Wort pflegt zu erhöhn +Der Bauer schläft im Hirsekraut +Der Esel, der Esel +Der Schneidermeister Piekenich +Der Sommerabend ist so schön +Der Vater will's das Fritzchen +Des Mondes Tochter Mirlamein +Die alte Mutter Hule +Die erste frißt +Die ersten sind ein Untertan +Die erste Silbe führt die krause Schar +Die Henne legt ein Ei +Eia, wir Elfen +Ein deutscher Meister war es, gottgesandt +Ein Kätzlein ging einst jagen +Ein Müllersmann aus Oberwesel +Ein Vogel flog aus dem Heimatland +Er geht in sich, um sich zu pflegen +Es läuft und hat keine Beine +Es regnet, es regnet +Es tanzen zwei Gesellen +Es war einmal ein Kätzchen +Es war zur lieben Weihnachtszeit +Fixfax der arge Kobold spricht +Flutschpeter lief nie gradeaus +Fritz, ich möcht den Spaten haben +Froh singt ihr Lied am Sommertag +Früh, eh ich's konnt begreifen +Geht leise +Gestern lief der Peter weg +Getrieben werd ich, doch ich treibe wieder +Grüß Gott, ihr Leut, ich bin das Jahr +Guten Morgen, ihr Beinchen +Guten Tag, guten Tag, liebe Grünkramfrau +Hansel und Gretel stehen zu zwein +Hans Wackelohr, Hans Wackelohr +Häschen in der Grube +Has, Has, Osterhas +Heini, Heini +Herbei, ihr kleinen Wichte +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein +Herr Steuermann, Herr Steuermann +Hinter den Birken über den Rasen +Hinüber, hinein +Hühner, wollt ihr wohl artig sein +Hurra, zum ersten Mal +Husch, husch, husch +Ich bau, ich bau ein steinern Haus +Ich bin das Himmelsprinzeßchen +Ich bin der Hauptmann +Ich bin eine kleine Sternschnuppe +Ich bin nur klein, doch banne ich die Welt +Ich habe Flügel--rate, Kind +Ich hab einen Helm aus Packpapier +Ich hab keine Hände und kann doch tragen +Ich möcht euch alle miteinander +Ich nähre mich von fremden Stoffen +Ich stand begehrlich am Worte +Ich war in Fez durch die Buden gewandelt +Ihr Kinder, sperrt die Näschen auf +Ihr Siebenschläfer in den Höhlen +Im Stall unter Schäfchen bäht +In alten Zeiten +In eins-zwei-drei lebt ganz gemütlich +In Leipzig wohnt ein Bäckermeister +In Not und Gefahr +In Wolfenbüttel wohnt ein Lamm +Jung jung drei Bäumchen +Ka Strümpferl im Kasten +Klänge wachsen auf den Wegen +Klärchen nähte an dem ersten +Knecht Ruprecht kratzt sich seinen Bart +Kräht der Hahn früh am Tage +Kra, kra, kalter Schnee +Kribbel-krabbel-Käfer +Ländliche Straßen, dicht beschneit +Leise, Peterle, leise +Leises Klopfen an der Türe +Lieber Doktor Pillermann +Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß +Maienkönig schickt mich her +Maikönig kommt gefahren +Maria herzt ihr Kindelein +Mariechen war's; mit meinem Kuchen +Marie-Marei-Marieken +Marie-Marei will Braten machen +Mein erstes ist ein Hund +Mein erstes ist nicht wenig +Mein erstes Wort, im engen Raum genährt +Mein Reich ist unbegrenzt: bis in die fernste Zone +Mein Strom ergießt sich sickernd durch die Welt +Mein Wagen hat vier Räder +Mückchen, Mückchen, Dünnebein +Musik, Musik, die Flöte kommt +Mutti, Mutti, was ist denn da drin +Nein, Kinder, immer kann man nicht dichten +Nennst du das Ganze, tönt es uns entgegen +Oben aus dem Fahnenhaus +Ohne Zepter, ohne Krone +Pink, pank, Hammerschlag +Pitsch--patsch--Badefaß +Putzt die Fenster! fegt die Ecken! +Quellchen geht in den Rauschebach +Rate, Freund, es ist nicht schwer +Rechts, links, über Eck +Ride-bide-Bummstock +Rumpumpel macht 'ne Landpartie +Rumpumpel tanzt +Rumpumpel will essen +Sankt Niklas zieht den Schlafrock aus +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas +Scheine, Sonne, scheine +Schimmel, willst du laufen +Schlafe, mein kleiner Wildling +Schlafe ruhig, Königskind +Schnell, schnell, Besen +Schnipsel, schnipsel, Scherchen +Sind es die Feinde, muß man sich wehren +Sind es die Stiefel, halten sie 'ne Weile +Sitzen zwei alte Weiber im Sand +So morgens um halb acht herum +Sonnenlichter, Frühlingswichter +Sonne scheint draußen und scheint in die Grube +Spitzt das Ohr und merkt euch still +Standen vier weiße Ritterchen +Steht ein Töpfchen rund und nett +Stets bin ich eines Leuchtenden Trabant +Still--was bloß das Kätzchen will +Traumkönig geht durch bleiches Land +Tuck--tuck--heut ist Regentag +Unser Müller hat ein Mühlenhaus +Viel Glieder hab ich, die einander gleichen +Vor der Laube kräht der Hahn +Wächst einer alten Dame +Wagen im Wind +Waldtaube saß gefangen +Wenn das R am Anfang steht +Wenn der Wind über Wiesen und Felder rennt +Wenn es von Freund und Liebchen kommt +Wenn ich in die Stube geh +Wer es hat, der ist betrübt +Wer kommt dort angeflogen +Wer schenkt mir ein lebendiges Pferd +Wer strampelt im Bettchen +Wer tanzt mit mir +Willst du das erste Wort stets sein und handeln +Wind, Wind, sause +Winkele, wankele +Wir sind's gewiß in vielen Dingen +Wir sind's mit Stamm und Vaterland +Zwei Worte weiß ich, die einander feind + + + + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Das liebe Nest, by Paula Dehmel + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LIEBE NEST *** + +***** This file should be named 13732-8.txt or 13732-8.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + https://www.gutenberg.org/1/3/7/3/13732/ + +Produced by David Starner, Hagen von Eitzen and the PG Online +Distributed Proofreading Team. + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. 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INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the +trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone +providing copies of Project Gutenberg-tm electronic works in accordance +with this agreement, and any volunteers associated with the production, +promotion and distribution of Project Gutenberg-tm electronic works, +harmless from all liability, costs and expenses, including legal fees, +that arise directly or indirectly from any of the following which you do +or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm +work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any +Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause. + + +Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm + +Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of +electronic works in formats readable by the widest variety of computers +including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists +because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from +people in all walks of life. + +Volunteers and financial support to provide volunteers with the +assistance they need, is critical to reaching Project Gutenberg-tm's +goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will +remain freely available for generations to come. In 2001, the Project +Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure +and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. +To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation +and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 +and the Foundation web page at https://www.pglaf.org. + + +Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive +Foundation + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit +501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the +state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal +Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification +number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at +https://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent +permitted by U.S. federal laws and your state's laws. + +The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. +Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered +throughout numerous locations. Its business office is located at +809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email +business@pglaf.org. 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Thus, we do not necessarily +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + + +Most people start at our Web site which has the main PG search facility: + + https://www.gutenberg.org + +This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, +including how to make donations to the Project Gutenberg Literary +Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to +subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. diff --git a/old/13732-8.zip b/old/13732-8.zip Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..bd6838a --- /dev/null +++ b/old/13732-8.zip diff --git a/old/13732-h.zip b/old/13732-h.zip Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..fcc2cac --- /dev/null +++ b/old/13732-h.zip diff --git a/old/13732-h/13732-h.htm b/old/13732-h/13732-h.htm new file mode 100644 index 0000000..7375106 --- /dev/null +++ b/old/13732-h/13732-h.htm @@ -0,0 +1,7495 @@ +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd"> +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> +<meta name="generator" +content="HTML Tidy for Windows (vers 1st April 2002), see www.w3.org" /> +<meta http-equiv="Content-Type" +content="text/html; charset=iso-8859-1" /> +<title>Das liebe Nest</title> + +<style type="text/css"> +/*<![CDATA[*/ + body { margin-left: 18%; margin-right: 18% } + p { text-align: justify; text-indent: 1em; margin-top: 1ex; margin-bottom: 1ex } + p.front { text-align: center; font-size: 1.4em; text-indent: 0; margin-top: 10ex; margin-bottom: 10ex} + .subhead {text-align: center; margin-top: 2ex; margin-bottom: 2ex} + h1 {text-align: center; margin-top: 16ex; margin-bottom: 16ex} + h2 {text-align: center; margin-top: 16ex; margin-bottom: 8ex} + h3 {text-align: center; margin-top: 8ex; margin-bottom: 4ex} + h4 {text-align: center; margin-top: 4ex; margin-bottom: 2ex} + span.pgnum {position: absolute; left: 1%; right: 91%; font-size: 8pt; + text-indent: 0; font-weight: normal; text-align: left; visibility: visible} + /* + Set "visibility: visible" in span.pgnum above to see page numbers. 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You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Das liebe Nest + +Author: Paula Dehmel + +Release Date: October 13, 2004 [EBook #13732] + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LIEBE NEST *** + + + + +Produced by David Starner, Hagen von Eitzen and the PG Online +Distributed Proofreading Team. + + + + + + +</pre> + +<h1>Das liebe Nest</h1> + +<p class='front'>Gesammelte Kindergedichte<br /> +von<br /> +Paula Dehmel</p> +<p class='front'>Herausgegeben von Richard Dehmel<br /> +mit Zeichnungen von Hans Thoma<br /> +bei E. A. Seemann in Leipzig<br /> +1919</p> +<div class='figure'><a href="images/i002.png"><img +src="images/i002tn.png" alt="" /></a></div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page7"></a>7</span> +<h3><a id="poem001"></a>Gruß an die Großen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Aus lichtem See,</p> +<p>über Sterne und Schnee,</p> +<p>rauschen die Schäume,</p> +<p>lauschen die Träume,</p> +<p>Himmel hinab, Himmel hinan,</p> +<p>ewige Bahn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Aus Kinderland,</p> +<p>über Acker und Sand,</p> +<p>wachsen die Gluten,</p> +<p>die bösen, die guten,</p> +<p>Himmel hinab, Himmel hinan,</p> +<p>ewige Bahn.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page8"></a>8</span> +<h3><a id="poem002"></a>Gruß an die Kleinen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich möcht euch alle miteinander</p> +<p>auf bunten Wiesen sehn,</p> +<p>bei Klarinetten und Geigen</p> +<p>die Füßchen im Tanze drehn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich möcht euch alle miteinander</p> +<p>mitnehmen im Fliegerkahn,</p> +<p>euch die schöne Erde zeigen,</p> +<p>und was fleißige Menschen getan.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich möcht euch alle miteinander</p> +<p>still führen an der Hand,</p> +<p>euch heimliche Dinge sagen</p> +<p>von Gott und dem Sternenland.</p> +</div> +</div> + +<h2><span class='pgnum'><a id="page9"></a>9</span>Erster Teil</h2> + +<p><span class='pgnum'><a id="page10"></a>10</span> </p> +<div><span class='pgnum'><a id="page11"></a>11</span> +<h3><a id="poem003"></a>Wunderchen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Putzt die Fenster! fegt die Ecken!</p> +<p>Darf sich kein Staub, kein Krümel verstecken,</p> +<p>muß alles so blank wie Ostertag sein,</p> +<p>denn das Wunderchen zieht ein.</p> +<p>Zieht ein—schon stimmen die Englein die Geigen;</p> +<p>alle Könige werden sich neigen,</p> +<p>Hirten und Könige mit dem Stern</p> +<p>haben Wunderchen gern.</p> +<p class='i'>Wer soll Wunderchens Taufpate sein?</p> +<p>Sieben große Meister laden wir ein;</p> +<p>sieben große Helden mit Kron und Schalmein</p> +<p>sollen Wunderchens Taufpaten sein.</p> +<p class='i'>Und wer ist schnell</p> +<p class='i'>sein Spielgesell?</p> +<p>Da kommen gesprungen</p> +<p>die reizenden jungen</p> +<p>Wachholderweibchen und Fliedermännchen,</p> +<p>Taunixchen mit silbernen Wasserkännchen.</p> +<p>Aus Vogelnestern und Weidenkätzchen</p> +<p>gucken neugierige Schelmenmätzchen:</p> +<p class='i'>Wir lachen fein,</p> +<p class='i'>wir singen fein,</p> +<p>wir wollen Wunderchens Spielgesellen sein!</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page12"></a>12</span> +<h3><a id="poem004"></a>Geht leise</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Geht leise—</p> +<p>es ist müd von der Reise.</p> +<p>Es kommt weit her:</p> +<p>vom Himmel übers Meer,</p> +<p>vom Meer den dunklen Weg ins Land,</p> +<p>bis es die kleine Wiege fand—</p> +<p>Geht leise.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem005"></a>Wittewoll schlafen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Auf der Leine, auf grünem Platz</p> +<p>hängen sieben Hemdchen und ein Latz;</p> +<p>im Winkel, am Zaun, wos Spinnchen spinnt,</p> +<p>liegt mit großen Augen mein Kind—</p> +<p>wittewoll schlafen?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Henne macht sich ein Bett im Sand,</p> +<p>Fliege träumt an der Mauerwand,</p> +<p>Schmetterling sitzt in der Mittagsruh,</p> +<p>schaukelt die Flügel auf und zu—</p> +<p>wittewoll schlafen?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Suselesu, der Sonnenwind</p> +<p>bläst in die Augen dem müden Kind;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page13"></a>13</span>es will noch +blinzeln—Spinnchen hält</p> +<p>den bunten Schleier vor die Welt—</p> +<p>—wittewoll—schlafen— —</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem006"></a>Frühstück</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>So morgens um halb acht herum:</p> +<p>Rumpumpel macht das Mäulchen krumm.</p> +<p>Und keine fünf Minuten drauf</p> +<p>wacht Rumpumpel auf.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hu! kommt der kalte Badeschwamm,</p> +<p>Rumpumpel hält die Ohren stramm;</p> +<p>und schlägt die Ticke-Tacke acht,</p> +<p>wird ihm die Milch gebracht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die schmeckt Rumpumpeln aber fein;</p> +<p>er patscht mit beiden Fäustchen drein</p> +<p>und trinkt und trinkt, bis alles leer.</p> +<p>Rumpumpelchen, das freut mich sehr:</p> +<p>morgen gibt's gut Wetter!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem007"></a>Seereise</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Pitsch—patsch—Badefaß,</p> +<p>Rumpumpel plantscht die Stube naß,</p> +<p>ist ein junger Wasserheld,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page14"></a>14</span>segelt durch die +ganze Welt,</p> +<p>im Wipp—im Wapp—im Schaukelkahn</p> +<p>über den großen Ozean.</p> +<p>Stehn drüben alle Wilden still</p> +<p>und schrein: Was bloß Rumpumpel will?</p> +<p>so splitternackt und pitschenaß</p> +<p>in seinem kleinen Schaukelfaß?</p> +<p>Schnell das Badelaken!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem008"></a>So lala</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Steht ein Töpfchen rund und nett</p> +<p>unterm Bett,</p> +<p>so lala, so lala.</p> +<p>Reicht mir mal das Kindel her,</p> +<p>das braucht jetzt keine Windel mehr,</p> +<p>so lala, so lala.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rolle, rolle, ratteratt,</p> +<p>rollt ein Wagen durch die Stadt;</p> +<p>sind zwei blanke Pferdchen davor,</p> +<p>hinten drauf ein schwarzer Mohr.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Horch, er hält vor unserm Haus;</p> +<p>steigen zwei feine Jungherren aus,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page15"></a>15</span>mit +Federbarettchen</p> +<p>und goldenen Kettchen.</p> +<p>Schnell das Töpfchen unters Bettchen!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem009"></a>Mein Wagen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Wagen hat vier Räder,</p> +<p>vier Räder hat mein Wagen,</p> +<p>rolle, rolle, rummerjan,</p> +<p>das wollt ich euch bloß sagen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mein Wagen hat 'ne Deichsel,</p> +<p>'ne Deichsel hat mein Wagen,</p> +<p>rolle, rolle, rummerjan,</p> +<p>das wollt ich euch bloß sagen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mein Wagen hat ein Pferdchen,</p> +<p>ein Pferdchen hat mein Wagen,</p> +<p>rolle, rolle, rummerjan,</p> +<p>das wollt ich euch bloß sagen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mein Wagen fahrt nach Potsdam,</p> +<p>nach Potsdam fährt mein Wagen,</p> +<p>rolle, rolle, rummerjan,</p> +<p>das wollt ich euch bloß sagen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page16"></a>16</span>Und wer mit mir nach +Potsdam will,</p> +<p>in meinem neuen Wagen,</p> +<p>rolle, rolle, rummerjan,</p> +<p>der braucht es bloß zu sagen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem010"></a>Kutscher auf dem Knie</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wagen im Wind.</p> +<p>Wie sitzt mein Kind?</p> +<p>Wie geht mein Pferd?</p> +<p>Alles verkehrt.</p> +<p>Holdriutsch—</p> +<p>oben die Räder, unten die Kutsch!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wagen im Schnee.</p> +<p>Da guckt das Reh,</p> +<p>da schnuppert der Has</p> +<p>mit der wackligen Nas.</p> +<p>Holdriuff—</p> +<p>da sitzt unser Kutscher wieder oben uff!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem011"></a>Ereignis</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hurra, zum ersten Mal:</p> +<p>Mutter, der Peter,</p> +<p>hurra, da steht er!</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page17"></a>17</span>hält sich am +Röckchen,</p> +<p>hält sich am Stöckchen,</p> +<p>grade wie 'n Licht,</p> +<p>fürchtet sich nicht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hurra, zum ersten Mal:</p> +<p>Mutter, der Peter,</p> +<p>hurra, da geht er!</p> +<p>guck, ganz alleinechen</p> +<p>setzt er die Beinechen!</p> +<p>Aua, Geschrei—</p> +<p>bautz!—vorbei.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem012"></a>Heilsprüchel</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Kra, kra, kalter Schnee,</p> +<p>dem Raben tut sein Beinchen weh,</p> +<p>dem Häsechen sein Herzchen;</p> +<p>die böse Zeit, die kalte Zeit,</p> +<p>ein jedes hat sein Schmerzchen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Heile, Fingerchen, heile,</p> +<p>es dauert noch 'ne Weile,</p> +<p>es dauert noch bis Rosmarein,</p> +<p>dann ist lauter Sonnenschein.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page18"></a>18</span> +<h3><a id="poem013"></a>Schlimme Geschichte</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Im Stall unser Schäfchen—bäht,</p> +<p>im Hof unser Hähnchen kräht,</p> +<p>und der Karo an der Kette</p> +<p>bellt mit Spitz um die Wette.</p> +<p>Auf'm Dach unser Kätzchen—maut,</p> +<p>und im Ententeich die Frösche, alle Frösche quaken +laut:</p> +<p>Kinder, denkt euch den Schreck,</p> +<p>unserm kleinen Wackelbein sein linker Schuh ist weg.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem014"></a>Austreibung</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Das kann doch nicht Rumpumpel sein?</p> +<p>So kann Rumpumpel doch nicht schrein?</p> +<p>Seelöwen sind in unserm Haus;</p> +<p>schnell, Rumpumpel, wir jagen sie raus.</p> +<p>Ich 'n Stock,</p> +<p>Du 'n Stock,</p> +<p>alle beide einen Stock.</p> +<p>Ei der Daus,</p> +<p>wollt ihr raus,</p> +<p>wollt ihr in euer Seelöwenhaus!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem015"></a>Wenn Rumpumpel brummig ist</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die Henne legt ein Ei,</p> +<p>da ging der Mond entzwei;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page19"></a>19</span>die Hälfte fiel +nach Nuckenstadt</p> +<p>und schlug zwei große Brummer platt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Zwei große Brummer, brumm,</p> +<p>summten hier herum,</p> +<p>um Rumpumpels Kopf,</p> +<p>um Rumpumpels Bauch</p> +<p>und um sein dickes Näschen auch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Nun sind sie tot... Aber im Ei</p> +<p>pickt das Küken die Schale entzwei,</p> +<p>kriegt heraus, und wackelt mit dem Schwanz—</p> +<p>—ist der Mond wieder ganz.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem016"></a>Der Pudding</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel will essen,</p> +<p>nun fix gebraten:</p> +<p>ein Kätzel, ein Spätzel</p> +<p>und sieben Soldaten.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das gibt einen Pudding</p> +<p>so groß wie ein Haus.</p> +<p>Zuletzt leckt Rumpumpel</p> +<p>die Kuchenschüssel aus.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page20"></a>20</span> +<h3><a id="poem017"></a>Zwei Mäulchen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Winkele, wankele,</p> +<p>vor der Tür steht ein Bankele,</p> +<p>auf der Bank sitzt mein Kindele,</p> +<p>spielt mit mei'm Hündele,</p> +<p>winkele, wankele.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Winkele, wankele,</p> +<p>ich hab ein Gedankele:</p> +<p>ein Äpfle fürs Kindele,</p> +<p>ein Knöchle fürs Hündele.</p> +<p>Dankele.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem018"></a>Mückebold</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mückchen, Mückchen, Dünnebein,</p> +<p>Mückchen, laß das Stechen sein,</p> +<p>Stechen tut ja weh!</p> +<p>Mückchen, Mückchen, weißt du was:</p> +<p>beiß doch in das grüne Gras,</p> +<p>beiß doch in den Klee!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem019"></a>Das Scherchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Schnipsel, schnipsel, Scherchen,</p> +<p>schneid mir ein Gewehrchen;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page21"></a>21</span>schieß ich mir +ein Häschen tot,</p> +<p>brat's dem Kind zum Mittagbrot.</p> +<p>Die Schnitzel fliegen zum Fenster hinaus</p> +<p>durch den Sonnenschein in des Gärtners Haus;</p> +<p>der hat seine Freude dran,</p> +<p>oder guckt sie gar nicht an,</p> +<p>oder streut sie in den Wind,</p> +<p>oder schenkt sie seinem Kind—</p> +<p>schnipsel, schnipsel, Scherchen— —</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem020"></a>Geschichtchen vom Winde</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Wer kommt dort angeflogen?</p> +<p class='i'>Das ist der Wind.</p> +<p class='i'>Der Wind ist ungezogen,</p> +<p class='i'>er bläst dem Kind</p> +<p class='i'>unters Röckchen,</p> +<p class='i'>an die Söckchen,</p> +<p class='i'>um die Ohren, an die Nase;</p> +<p class='i'>solch Geblase!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Ganz zerfleddert und zerzaust</p> +<p class='i'>kommt Rumpumpel angesaust;</p> +<p class='i'>und hustet</p> +<p class='i'>und prustet,</p> +<p class='i'><span class='pgnum'><a id="page22"></a>22</span>das arme +Tröpfchen,</p> +<p class='i'>und steckt sein Köpfchen</p> +<p class='i'>in Mutters Schoß.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und weißt du, warum der Wind so getollt?</p> +<p>Rumpumpel sollt zu Bette gehn, und hat nicht gewollt.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem021"></a>Anziehliedchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer strampelt im Bettchen?</p> +<p>versteckt sich wie 'n Dieb?</p> +<p>Das ist der Rumpumpel,</p> +<p>den haben wir lieb.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Was guckt da für 'n Näschen?</p> +<p>Ein Bübchen sitzt dran.</p> +<p>Das ist der Rumpumpel,</p> +<p>den ziehn wir jetzt an.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Erst wird er gewaschen,</p> +<p>vom Kopf bis zur Zeh;</p> +<p>er weint nicht, er greint nicht,</p> +<p>denn es tut ja nicht weh.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Schnell her mit dem Hemdchen:</p> +<p>da schlüpfen wir fein,</p> +<p>erst rechts und dann links,</p> +<p>in die Ärmelchen 'rein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page23"></a>23</span>Fix an noch die +Strümpfchen,</p> +<p>fix an auch die Schuh;</p> +<p>kommts Händchen, schnürts Bändchen,</p> +<p>schon sind sie zu.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Nun Leibchen und Höschen,</p> +<p>ein Röckchen kommt auch;</p> +<p>sonst friert dem Rumpumpel</p> +<p>sein kleiner runder Bauch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das Kämmchen kämmt sachte,</p> +<p>aber still muß man stehn;</p> +<p>zuletzt noch das Kleidchen,</p> +<p>der Tausend, wie Schön!</p> +<p>Nun geht er und sagt: Guten Morgen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem022"></a>Das Lämmechen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>In Wolfenbüttel wohnt ein Lamm,</p> +<p>das hat ganz schwarze Haare.</p> +<p>Meint ihr, es brauche einen Kamm?</p> +<p>I Gott bewahre!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Aber mein Lämmechen</p> +<p>braucht ein Kämmechen,</p> +<p>braucht ein Schwämmechen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page24"></a>24</span>läßt sich +nix verdrießen;</p> +<p>setzt sein neues Käppechen auf,</p> +<p>will mal Koppkegel schießen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem023"></a>Die wilden Beinchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Guten Morgen, ihr Beinchen!</p> +<p>Wie heißt ihr denn?</p> +<p>Ich heiße Hampel,</p> +<p>ich heiße Strampel;</p> +<p>und das ist Füßchen Übermut,</p> +<p>und das ist Füßchen Tunichtgut.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Übermut und Tunichtgut</p> +<p>gehn auf die Reise,</p> +<p>platsch, durch alle Sümpfe,</p> +<p>naß sind Schuh und Strümpfe;</p> +<p>guckt die Rute um die Eck—</p> +<p>laufen sie alle beide weg.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem024"></a>Der lumpichte Bu</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ka Strümpferl im Kasten,</p> +<p>ka Bänderl am Schuh,</p> +<p>ka Knöpferl am Wams—</p> +<p>oh, der lumpichte Bu!</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page25"></a>25</span> +<h3><a id="poem025"></a>Tintenheinz und Plätscherlottchen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Heini, Heini,</p> +<p>ach, ist Heini dumm:</p> +<p>stippt mit allen Fingerchen</p> +<p>im Tintenfaß herum.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Heini, Heini,</p> +<p>kleiner dummer Mohr:</p> +<p>stippt sich alle Fingerchen,</p> +<p>klecks, ins Ohr.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und unten am Brunnen,</p> +<p>da steht ein Faß,</p> +<p>da macht sich unsre Lotte</p> +<p>pitschepatschenaß.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und oben die Sonne</p> +<p>hat drüber gelacht</p> +<p>und hat unsre Lotte</p> +<p>wieder trocken gemacht.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem026"></a>Es regnet</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Es regnet, es regnet</p> +<p>der Kuh auf den Schwanz;</p> +<p>es regnet, es regnet</p> +<p>der Braut in den Kranz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page26"></a>26</span>Es regnet, es +regnet,</p> +<p>die Welt ist schon naß;</p> +<p>hol 's Töpfchen,</p> +<p>fang 's Tröpfchen,</p> +<p>dann sag ich dir was:</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wäscht du die Nase,</p> +<p>bleibt sie fein grade.</p> +<p>Wäscht du das Mündchen,</p> +<p>bist du 'n lieb Kindchen.</p> +<p>Wäscht du aber die Augen schön,</p> +<p>kannst du dem lieben Herrgott seinen Himmel besehn.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem027"></a>Trösterchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Blümchen hängt das Köpfchen,</p> +<p>der Tau ist ihm zu schwer;</p> +<p>kommt der durstige Morgenwind,</p> +<p>trägt die Tropfen ins Meer.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Spätzchen piepst und bettelt,</p> +<p>das Kröpfchen ist ihm leer;</p> +<p>Pferdchen hat die Krippe voll,</p> +<p>streut Körnerchen umher.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page27"></a>27</span>Kindchen weint noch +immer,</p> +<p>Böckchen stößt so sehr.</p> +<p>Schenkt ihm Mutter einen Kuß:</p> +<p>sieh mal, nun weint's nicht mehr.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem028"></a>Häschen in der Grube</h3> + +<h4 class='subhead'>(mit Benutzung des Volkspiels)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Häschen in der Grube</p> +<p>saß und schlief,</p> +<p>kam der heilge Kuckdiguck</p> +<p>und bracht ihm einen Brief.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Häschen, bist du müde</p> +<p>oder bist du krank?</p> +<p>Steck doch deine Läufer raus,</p> +<p>ob du noch hüpfen kannst.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und was stand geschrieben</p> +<p>in Kuckdiguckens Brief?</p> +<p>"Dem Kutscher, der nicht fahren kann,</p> +<p>geht der Wagen schief."</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem029"></a>Hasenspiel</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hinter den Birken über den Rasen</p> +<p>huschen drei Hasen</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page28"></a>28</span>an uns vorbei,</p> +<p>Springen über Busch und Dorn,</p> +<p>wollen ins junggrüne Winterkorn,</p> +<p>hocken da,</p> +<p>locken sich da,</p> +<p>laufen kreuz,</p> +<p>laufen quer,</p> +<p>hin und her,</p> +<p>als gäb's in der Welt keine Schrotflinte mehr.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Warte, in der Weihnachtszeit</p> +<p>kommen die drei Hasen ins Haus geschneit.</p> +<p>Den größten verschicken wir,</p> +<p>den zweitgrößten spicken wir,</p> +<p>der kleinste kommt ins Hundehaus</p> +<p>und steckt hinten sein Schwänzchen raus.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem030"></a>Drei Bäumchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Jung jung drei Bäumchen</p> +<p>wachsen im Wiesengras,</p> +<p>jung jung drei Bäumchen</p> +<p>sagen mir was.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das erste hat sich</p> +<p>so gequält,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page29"></a>29</span>hat alle seine +siebentausend</p> +<p>Blättchen gezählt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das zweite trägt Pfläumchen,</p> +<p>schlicker-schleckerfein;</p> +<p>hätt es deine Zähnchen,</p> +<p>es äße sie allein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das dritte, das dritte</p> +<p>schüttelt sich bloß:</p> +<p>fallen lauter Blüten</p> +<p>in meinen Schoß.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sag ich schön Dank,</p> +<p>geh ich nach Haus,</p> +<p>mach ich Rumpumpeln</p> +<p>ein Kränzchen draus.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem031"></a>Schabernack</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wenn ich in die Stube geh</p> +<p>und den Rumpumpel seh,</p> +<p>tanzen wir zwei</p> +<p>Ringeldireih,</p> +<p>lachen wir,</p> +<p>machen wir</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page30"></a>30</span>Schabernack,</p> +<p>Huckepack,</p> +<p>Kätzchen spielt den Dudelsack,</p> +<p>macht Rumpumpel Hottehüh</p> +<p>nach der alten Melodie:</p> +<p>Miau, miau,</p> +<p>dem Kater seine Frau,</p> +<p>dem Kater seine grisegrimme</p> +<p>gritzegraue Frau.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem032"></a>Am Abend</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Still.</p> +<p>Was bloß das Kätzchen will?</p> +<p>Es streicht um meinen Schoß herum,</p> +<p>das Schwänzchen hoch, den Buckel krumm,</p> +<p>Still—</p> +<p>und weißt du, was es will?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Still.</p> +<p>Was bloß die Glucke will?</p> +<p>Sie lockt und lockt die kleine Brut</p> +<p>zum warmen Stall und deckt sie gut,</p> +<p>Still—</p> +<p>und weißt du, was sie will?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page31"></a>31</span>Still.</p> +<p>Was bloß Rumpumpel will?</p> +<p>Die Augen macht er schon ganz klein</p> +<p>und gähnt und will genommen sein,</p> +<p>still—</p> +<p>nun weißt du, was er will.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem033"></a>Gutenachtliedchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Leise, Peterle, leise,</p> +<p>der Mond geht auf die Reise;</p> +<p>er hat sein weißes Pferd gezäumt,</p> +<p>das geht so still, als ob es träumt,</p> +<p>leise, Peterle, leise.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Stille, Peterle, stille,</p> +<p>der Mond hat eine Brille;</p> +<p>ein graues Wölkchen schob sich vor,</p> +<p>das sitzt ihm grad auf Nas' und Ohr,</p> +<p>stille, Peterle, stille.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Träume, Peterle, träume,</p> +<p>der Mond guckt durch die Bäume;</p> +<p>ich glaube gar, nun bleibt er stehn,</p> +<p>um Peterle im Schlaf zu sehn—</p> +<p>träume, Peterle, träume.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page32"></a>32</span> +<h3><a id="poem034"></a>Freund Husch</h3> +</div> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Husch, husch, husch,</p> +<p>ich schlüpfe aus dem Busch;</p> +<p>ich stecke mein Laternchen an,</p> +<p>ich zünde uns die Sternchen an,</p> +<p>husch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Husch, husch, husch,</p> +<p>ich putze meinen Busch.</p> +<p>Der Mond ist da, der Mond ist hell;</p> +<p>der Mond, der ist mein Spielgesell,</p> +<p>husch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Husch, husch, husch,</p> +<p>ich schüttel meinen Busch.</p> +<p>Die Kinderchen sind all zur Ruh,</p> +<p>ich schüttel ihnen Träume zu;</p> +<p>die haben wir vergangne Nacht,</p> +<p>der Mond und ich, uns ausgedacht,</p> +<p>husch, husch, husch,</p> +<p>im Busch.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem035"></a>Rumpumpels Geburtstag</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Kräht der Hahn früh am Tage,</p> +<p>kräht laut, kräht weit:</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page33"></a>33</span>Guten Morgen, +Rumpumpel,</p> +<p>dein Geburtstag ist heut!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Guckt das Eichhörnchen runter:</p> +<p>Wenig Zeit, wenig Zeit!</p> +<p>Guten Morgen, Rumpumpel,</p> +<p>dein Geburtstag ist heut!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Kommt das Häschen gesprungen,</p> +<p>macht Männchen vor Freud:</p> +<p>Guten Morgen, Rumpumpel,</p> +<p>dein Geburtstag ist heut!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Steht der Kuchen auf dem Tische,</p> +<p>macht sich dick, macht sich breit:</p> +<p>Guten Morgen, Rumpumpel,</p> +<p>dein Geburtstag ist heut!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und Vater und Mutter,</p> +<p>alle Kinder, alle Leut</p> +<p>schrein: Hoch der Rumpumpel,</p> +<p>sein Geburtstag ist heut!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem036"></a>Mutters Geburtstag</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Leises Klopfen an der Türe:</p> +<p>Kann ich 'rein, Mama?</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page34"></a>34</span>Frisch gewaschen, +frisch gebügelt</p> +<p>steht Rumpumpel da.</p> +<p>Rosen in beiden Händchen;</p> +<p>wie der Kerl sich freut!</p> +<p>Kommt ans Bett, sagt: Guten Morgen,</p> +<p>Mutti Burtstag heut.</p> +<p>Vater putzt die große Stube,</p> +<p>die ist mächtig schön.</p> +<p>Lauter Blumen! Und die Torte!</p> +<p>Komm, zu Vati gehn!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem037"></a>Rumpumpel tanzt</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel tanzt, Rumpumpel tanzt,</p> +<p>es blitzen seine Schuh;</p> +<p>der Kreisel und der Hampelmann</p> +<p>sehn verwundert zu.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Kreisel pufft den Hampelmann:</p> +<p>guck, Hans, was sagst du nur?</p> +<p>der Junge tanzt, der Junge tanzt</p> +<p>und sitzt an keiner Schnur.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Hampelmann zieht ein Gesicht</p> +<p>und schlenkert und sagt: puh,</p> +<p>auch eine Peitsche braucht er nicht,</p> +<p>tanzt doch so schön wie du.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page35"></a>35</span>Rumpumpel tanzt, +Rumpumpel tanzt,</p> +<p>die liebe Sonne scheint;</p> +<p>der Kreisel und der Hampelmann</p> +<p>sind sich spinnefeind.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem038"></a>Kreiselliedchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Herr Dreidel tanzt auf einem Bein</p> +<p>rundum, rundum,</p> +<p>kommt die dicke Marmelkugel,</p> +<p>rollt ihn um, rollt ihn um;</p> +<p>paß auf, Herr Dreidel!</p> +<p>Herr Dreidel tanzt auf einem Bein</p> +<p>rundum, rundum,</p> +<p>pfeift der Wind aus einer Ecke,</p> +<p>pfeift ihn um, pfeift ihn um;</p> +<p>steh auf, Herr Dreidel!</p> +<p>Herr Dreidel tanzt auf einem Bein,</p> +<p>peitsch di Hieb, peitsch di Hieb;</p> +<p>hopp hopp, wie springt das Brüderlein,</p> +<p>halt den Dieb, halt den Dieb,</p> +<p>heißa, Herr Dreidel!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem039"></a>Konzert</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Musik, Musik, die Flöte kommt,</p> +<p>Rumpumpel tut's begreifen:</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page36"></a>36</span>er horcht und hebt +das Fingerchen,</p> +<p>fängt gleich an mitzupfeifen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Musik, Musik, die Geige kommt,</p> +<p>die Geige tut fein klingen;</p> +<p>Rumpumpel hebt das Fingerchen,</p> +<p>fängt leise an zu singen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Musik, Musik, der Brummbaß kommt,</p> +<p>ganz deutlich hört man's summen;</p> +<p>Rumpumpel hebt das Fingerchen,</p> +<p>tut wie 'ne Hummel brummen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das gibt ein herrliches Konzert,</p> +<p>ihr Kinder, kommt, ich bitte!</p> +<p>Drei Kirschen kost't der erste Platz,</p> +<p>und eine kost't die Mitte.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hinten herum ist alles frei,</p> +<p>großmütig sind wir heute;</p> +<p>der Mohr, der Spitz, der Hampelmann</p> +<p>sind gar zu arme Leute.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem040"></a>Die ersten Höschen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Schneidermeister Piekenich</p> +<p>ist ein geschickter Mann,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page37"></a>37</span>er kommt und +mißt dem Peterle</p> +<p>die ersten Hosen an.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Er nimmt sein Buch und Metermaß,</p> +<p>schreibt sich die Zahlen auf;</p> +<p>und wenn der Bub nicht stille steht,</p> +<p>kriegt er eins hinten drauf.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Du lieber Meister Piekenich,</p> +<p>mach die Hosen recht schön!</p> +<p>Ich will ja unter den Linden</p> +<p>damit spazieren gehn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und alle kleinen Jungens</p> +<p>gucken nach mir hin</p> +<p>und sehn an meinen Höschen,</p> +<p>daß ich auch ein Junge bin."</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem041"></a>Der kleine Sünder</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Gestern lief der Peter weg,</p> +<p>spinnefix verstohlen.</p> +<p>Setzt sich Mutter den Bänderhut auf:</p> +<p>wart, ich will dich holen.</p> +<p>Sausepeter,</p> +<p>Flausepeter,</p> +<p>kleiner Sünder, wo bist du?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page38"></a>38</span>Hahnematz steht auf +der Wiese,</p> +<p>"Kiek ins Grüne" kräht er;</p> +<p>sag mir, bunter Kikeriki, wo ist unser Peter?</p> +<p>Bummelpeter,</p> +<p>Schummelpeter,</p> +<p>kleiner Sünder, wo bist du?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wie sie sich im Garten umguckt,</p> +<p>ist er nicht zu sehen,</p> +<p>bleibt sie neben dem Spargelbeet</p> +<p>unterm Pflaumbaum stehen.</p> +<p>Aber Peter,</p> +<p>nirgends steht er;</p> +<p>kleiner Sünder, wo bist du?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hört sie etwas lachen, horch</p> +<p>oben aus dem Baume;</p> +<p>sitzt der Peter seelenvergnügt,</p> +<p>pflückt sich eine Pflaume.</p> +<p>Wirft ein Steinchen,</p> +<p>schwenkt die Beinchen,</p> +<p>wupptich—: Mutter, da bin ich!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem042"></a>Flutschpeter</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Flutschpeter lief nie gradeaus;</p> +<p>ja, und warum? Er lief</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page39"></a>39</span>getreulich seiner +Nase nach,</p> +<p>und die, ja die war—schief.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem043"></a>Die Trommelpartie</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel macht 'ne Landpartie,</p> +<p>er trommelt: wer will mit?</p> +<p>Kommt das Kätzchen</p> +<p>Mausemätzchen,</p> +<p>das will mit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel macht 'ne Landpartie,</p> +<p>er trommelt: wer will mit?</p> +<p>Kommt das Hündchen</p> +<p>Belleinstündchen,</p> +<p>das will mit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel macht 'ne Landpartie,</p> +<p>er trommelt: wer will mit?</p> +<p>Kommt das Schweinchen</p> +<p>Rosenfeinchen,</p> +<p>das will mit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel macht 'ne Landpartie,</p> +<p>er trommelt: wer will mit?</p> +<p>Kommt der Bär</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page40"></a>40</span>Brummesehr,</p> +<p>der will mit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>So geht's im Trab,</p> +<p>bergauf, bergab,</p> +<p>durch Dünn und Dick,</p> +<p>durch Schlamm und Schlick;</p> +<p>Rumpumpel schlägt die Trommel.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das Kätzchen maut,</p> +<p>das Hündchen bellt,</p> +<p>das Schweinchen quiekt,</p> +<p>der Bär brummt: was 'ne dumme Welt!</p> +<p>Rumpumpel schlägt die Trommel.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem044"></a>Rumpelreim</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ride-bide-Bummstock fing 'ne Maus,</p> +<p>Ride-bide-Bummstock ließ sie wieder raus;</p> +<p>Ride-bide-Bummstock, du bist dumm,</p> +<p>die Mäuse sind 'n Rackerpack, das bringt man um.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem045"></a>Das Karnickel</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hans Wackelohr, Hans Wackelohr,</p> +<p>was bist du heut so still?</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page41"></a>41</span>Sieh her, ich habe +Kohl für dich,</p> +<p>sitz doch nicht gar so feierlich!</p> +<p>Hans Wackelohr, Hans Wackelohr,</p> +<p>wie kommst du mir heut vor!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hans Schnupperschnut, Hans Schnupperschnut,</p> +<p>ist dir dein Haus zu eng?</p> +<p>Ein Weilchen darfst du aus dem Stall,</p> +<p>bloß friß mir nicht die Knospen all!</p> +<p>Hans Schnupperschnut, Hans Schnupperschnut,</p> +<p>bist mir nun wieder gut?</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem046"></a>Lektion</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hühner, wollt ihr wohl artig sein!</p> +<p>hübsch langsam essen und nicht so schrein!</p> +<p>Müßt ihr denn immer zanken und beißen?</p> +<p>euch um jedes Körnchen reißen?</p> +<p>Pfui, dicke Henne, abscheuliches Tier,</p> +<p>du ißt ja für vier.</p> +<p>Weg! hörst du nicht? du sollst dich trollen!</p> +<p>Die niedlichen kleinen Küken wollen</p> +<p>auch mal heran an das schöne Futter.</p> +<p>Wenn du nicht hörst, sag ich's der Mutter;</p> +<p>die fängt dich ein und macht dich tot,</p> +<p>dann essen wir dich zum Mittagbrot.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page42"></a>42</span> +<h3><a id="poem047"></a>Lied des Hühnchens</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Tuck—tuck—heut ist Regentag,</p> +<p class='i'>und ich muß mich plagen;</p> +<p class='i'>kratze schon acht Stunden, tuck,</p> +<p class='i'>und noch knurrt mein Magen.</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>hab noch immer nicht genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Tuck die Enten, tuck die Enten,</p> +<p class='i'>Enten sind doch Narren;</p> +<p class='i'>gehn ins Wasser, tuck ins Wasser,</p> +<p class='i'>als könnte man da scharren.</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>hab noch immer nicht genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Pferde, tuck tuck tuck, und Kühe</p> +<p class='i'>haben große Köpfe,</p> +<p class='i'>aber keine Kröpfe, tuck;</p> +<p class='i'>traurige Geschöpfe!</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>hab noch immer nicht genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Tuck, wie war der Hahn galant,</p> +<p class='i'>suchte mir manch Krümchen;</p> +<p class='i'>heute geht er, tuck tuck tuck,</p> +<p class='i'><span class='pgnum'><a id="page43"></a>43</span>mit +Cochinchina-Mühmchen.</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>hab noch immer nicht genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Tuck, du fetter Regenwurm,</p> +<p class='i'>dich muß ich noch ergattern;</p> +<p class='i'>schimpft nur, tuck, vor Neid, tuck tuck,</p> +<p class='i'>Muhmen und Gevattern!</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>hab noch immer nicht genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Tuck, wär ich doch endlich satt,</p> +<p class='i'>tuck, das wär ein Segen;</p> +<p class='i'>muß Rumpumpeln, tuck tuck tuck,</p> +<p class='i'>sein Frühstücks-Ei noch legen.</p> +<p>Tuck tuck tuck, pick und schluck,</p> +<p>ach, wann hat man wohl genug?</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem048"></a>So sieht unsre Wirtschaft aus</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Unser Müller hat ein Mühlenhaus,</p> +<p>mi-ma-Mühlenhaus,</p> +<p>kommt Korn hinein und Mehl heraus,</p> +<p>mi-ma-Mehl heraus;</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page44"></a>44</span>Unser Bäcker, +der backt weiße Wecken,</p> +<p>wi-wa-weiße Wecken,</p> +<p>und braunes Brot und Streußelschnecken,</p> +<p>stri-stra-Streußelschnecken;</p> +<p>weiße Wecken, Streußelschnecken,</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Unser Schlächter schlacht't ein feistes Schwein,</p> +<p>fi-fa-feistes Schwein,</p> +<p>und pökelt Wurst und Schinken ein,</p> +<p>schi-scha-Schinken ein;</p> +<p>feistes Schwein, Schinken ein,</p> +<p>weiße Wecken, Streußelschnecken,</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Unsre Mutter hat 'ne bunte Kuh,</p> +<p>bi-ba-bunte Kuh,</p> +<p>die gibt uns Milch und Butter dazu,</p> +<p>bi-ba-Butter dazu;</p> +<p>bunte Kuh, Butter dazu,</p> +<p>feistes Schwein, Schinken ein,</p> +<p>weiße Wecken, Streußelschnecken,</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page45"></a>45</span>Unsre Henne macht +ein laut Geschrei,</p> +<p>li-la-laut Geschrei,</p> +<p>und legt dabei ein frisches Ei,</p> +<p>fri-fra-frisches Ei;</p> +<p>frisches Ei, laut Geschrei,</p> +<p>bunte Kuh, Butter dazu,</p> +<p>feistes Schwein, Schinken ein,</p> +<p>weiße Wecken, Streußelschnecken,</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus. [Transkriptions-Notiz: Fehlendes +<i>aus</i> hinzugefügt.]</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rumpumpel ist ein kluges Kind,</p> +<p>kli-kla-kluges Kind,</p> +<p>das fragt nicht viel und ißt geschwind,</p> +<p>i-a-ißt geschwind;</p> +<p>kluges Kind, ißt geschwind,</p> +<p>frisches Ei, laut Geschrei,</p> +<p>bunte Kuh, Butter dazu,</p> +<p>feistes Schwein, Schinken ein,</p> +<p>weiße Wecken, Streußelschnecken,</p> +<p>Mühlenhaus, Mehl heraus,</p> +<p>so sieht unsre Wirtschaft aus.</p> +</div> +</div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page46"></a>46</span> </p> +<div class='figure'><span class='pgnum'><a id="page47"></a>47</span><a +href="images/i042.png"><img src="images/i042tn.png" alt="" /></a></div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page48"></a>48</span> </p> +<h2><span class='pgnum'><a id="page49"></a>49</span>Zweiter Teil</h2> + +<p><span class='pgnum'><a id="page50"></a>50</span> </p> +<div><span class='pgnum'><a id="page51"></a>51</span> +<h3><a id="poem049"></a>Das Haus</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bau, ich bau ein steinern Haus;</p> +<p>vorne guckt ein Esel raus,</p> +<p>hinten eine Kuh,</p> +<p>muh.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem050"></a>Mit Trommel und Trab</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sitzen zwei alte Weiber im Sand,</p> +<p>spinnen viel feine Fäden über Land,</p> +<p>über Bäume,</p> +<p>über Zäune,</p> +<p>um Stoppel und Dorn,</p> +<p>immer von vorn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Für wen sitzen die alten Weiber im Sand,</p> +<p>spinnen viel feine Fäden über Land?</p> +<p>Für Wildbub Kraushaar,</p> +<p>kommt alle hundert Jahr</p> +<p>mit Trommel und Trab</p> +<p>vom Himmel herab,</p> +<p>reißt alle Fäden auf einmal ab,</p> +<p>macht sich ein'n Mützenpuschel draus</p> +<p>und lacht die alten Weiber aus.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page52"></a>52</span> +<h3><a id="poem051"></a>Siebenschläfer</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ihr Siebenschläfer in den Höhlen,</p> +<p>reckt euch, streckt euch, aufgewacht!</p> +<p>Der Frühling leuchtet in den Himmel</p> +<p>nach einer einzigen warmen Nacht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Schnell, schüttelt eure grauen Zotteln,</p> +<p>und blinzelt in das blaue Licht;</p> +<p>Herrgott, wer wird so langsam trotteln,</p> +<p>ich lauf voraus, ich warte nicht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die Amsel übt schon ihre Lieder,</p> +<p>ich pfeif sie nach, ich sing sie auch;</p> +<p>und denkt euch nur, der blaue Flieder</p> +<p>hat Knospen, und der Haselstrauch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Teckel bellt vor lauter Wonne</p> +<p>und wühlt die frische Erde um—</p> +<p>Na? seid ihr noch nicht in der Sonne,</p> +<p>ihr Siebenschläfer faul und dumm?</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem052"></a>Osterlied</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Has, Has, Osterhas,</p> +<p>wir möchten nicht mehr warten.</p> +<p>Der Krokus und das Tausendschön,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page53"></a>53</span>Vergißmeinnicht +und Tulpen stehn</p> +<p>schon lang in unserm Garten.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Has, Has, Osterhas,</p> +<p>mit deinen bunten Eiern.</p> +<p>Der Star lugt aus dem Kasten aus,</p> +<p>Blühkätzchen sitzen um sein Haus;</p> +<p>wann kommst du Frühling feiern?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Has, Has, Osterhas,</p> +<p>ich wünsche mir das Beste:</p> +<p>ein großes Ei, ein kleines Ei</p> +<p>und ein lustiges Dideldumdei,</p> +<p>alles in einem Neste.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem053"></a>Maiwunder</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Maikönig kommt gefahren,</p> +<p>in seinem grüngoldnen Wagen,</p> +<p>mit Saus und Gesinge.</p> +<p>Seine Zügel sind Sonnenstrahlen,</p> +<p>große blaue Schmetterlinge</p> +<p>ziehn ihn über Busch und Bach,</p> +<p>daß die weißen Blütenglocken</p> +<p>in seinen Locken</p> +<p>schwingen und springen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page54"></a>54</span>und Hans guckt ihm +nach</p> +<p>und hört sein Lied:</p> +<p>wer zieht mit? zieht mit?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Kommt das Maienweibchen,</p> +<p>trägt ein weißes Kleidchen,</p> +<p>trägt ein grünes Kränzchen,</p> +<p>sagt zu unserm Hänschen:</p> +<p>Eia, Hans,</p> +<p>komm zum Tanz!</p> +<p>Einen Schritt Frau Nixe,</p> +<p>einen Schritt Herr Nix,</p> +<p>Ringeldireih, Ringeldireih,</p> +<p>Dienerchen,</p> +<p>Knix!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem054"></a>Hansel und Gretel</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hansel und Gretel stehen zu zwein,</p> +<p>der Hansel ist grob,</p> +<p>und die Gretel ist fein,</p> +<p>der Hansel ist dick,</p> +<p>und die Gretel ist dünn,</p> +<p>der Hansel ist aus Birkenholz,</p> +<p>die Gretel ist aus Zinn.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page55"></a>55</span>Heißa, +juchheißa, wer wird nun König?</p> +<p>Was der eine zu viel hat, hat der andre zu wenig.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem055"></a>Prinzeßchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer tanzt mit mir?</p> +<p>wer spielt mit mir?</p> +<p>ich bin so sehr allein.</p> +<p>Kam da der gelbe Sonnenstrahl:</p> +<p>Ich tanze Tippel-huschemal,</p> +<p>willst du meine Tänzerin sein?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wer tanzt mit mir?</p> +<p>wer spielt mit mir?</p> +<p>der Sonnenstrahl ist zu fein.</p> +<p>Kam da der wilde Pustewind:</p> +<p>Heidih, ich spiele Wegefind,</p> +<p>lauf doch, fang mich ein!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wer tanzt mit mir?</p> +<p>wer spielt mit mir?</p> +<p>der Wind macht mein Krönchen entzwei.</p> +<p>Kam da unser brauner Junge an,</p> +<p>macht 'nen Diener wie 'n Edelmann:</p> +<p>Prinzeß, ich bin so frei.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page56"></a>56</span> +<h3><a id="poem056"></a>Das große Loch</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Das große Loch,</p> +<p>wie kam es doch</p> +<p>in Gretens neuen Schuh?</p> +<p>Die ganzen Zehn</p> +<p>sind ja zu sehn;</p> +<p>wer macht das Loch uns zu?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Drüben hinterm Rathaus</p> +<p>hängt ein großes Schild raus,</p> +<p>goldner Stiefel drauf.</p> +<p>Da wohnt der Schuster Firlefanz,</p> +<p>der macht dein Schuhchen wieder ganz;</p> +<p>lauf, Grete, lauf!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem057"></a>Zwei Gesellen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Es tanzen zwei Gesellen</p> +<p class='i'>hier herum;</p> +<p>der eine, der ist klug,</p> +<p>und der andre, der ist dumm.</p> +<p>Der eine liegt im Grase,</p> +<p>der andre sitzt am Tisch;</p> +<p>der eine kaut den Kanten,</p> +<p>der andre ißt den Fisch</p> +<p class='i'>ißt den Fisch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page57"></a>57</span>Es tanzen zwei +Gesellen</p> +<p class='i'>hier herum;</p> +<p>der eine, der ist grad,</p> +<p>und der andre, der ist krumm.</p> +<p>Der eine, der bleibt mager,</p> +<p>der andre, der wird fett;</p> +<p>der eine kommt an'n Galgen,</p> +<p>der andre stirbt im Bett.</p> +<p class='i'>Je nun, je nun,</p> +<p class='i'>was ist dabei zu tun.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem058"></a>Wenn's Pfingsten regnet</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Oben aus dem Fahnenhaus</p> +<p>guckt das schwarze Wettermännchen raus,</p> +<p>spreizt die Beine und grinst uns an;</p> +<p>schäme dich, alter Wettermann!</p> +<p>Am Ostersonntag, vor sieben Wochen,</p> +<p>hast du dem Fritze fest versprochen,</p> +<p>daß zu Pfingsten, im Monat Mai,</p> +<p>das allerschönste Wetter sei.</p> +<p>Und nun regnet's, liebe Not,</p> +<p>alle hellen Blüten tot;</p> +<p>sie liegen da wie nasser Schnee.</p> +<p>Auf den Wegen steht See an See;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page58"></a>58</span>ja, wenn wir noch +drin baden könnten,</p> +<p>wie die Spatzen oder die Enten.</p> +<p>Wir dürfen aber gar nicht raus,</p> +<p>sehn so mucksch wie Maulwürfe aus;</p> +<p>röche nicht der Kuchen so lecker her,</p> +<p>wüßte man gar nicht, daß Feiertag wär.</p> +<p>Nicht mal die Pfingstkleider kriegt man an;</p> +<p>Schäme dich, schwarzer Wettermann!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem059"></a>Eine Hühnergeschichte</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Vor der Laube kräht der Hahn,</p> +<p>ein rot-schwarz-gelb und grüner:</p> +<p>Kuchen, Kuchen, Kuchen auf dem Tisch,</p> +<p>fix, kommt fix, ihr Hühner!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Seht die Hennen,</p> +<p>wie sie rennen,</p> +<p>aus Verstecken,</p> +<p>über Zäune, über Hecken,</p> +<p>gackern, beißen sich und schrein,</p> +<p>jede will die erste sein.</p> +<p>Wie sie fliegen, wie sie flattern,</p> +<p>um ein Plätzchen zu ergattern.</p> +<p>Oben auf des Tisches Mitte</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page59"></a>59</span>steht Herr Hahn:</p> +<p>Bitte, meine Damen, bitte,</p> +<p>fangt nur an!</p> +<p>Pick und schluck,</p> +<p>nicht genug,</p> +<p>immer mehr</p> +<p>Kuchen her!</p> +<p>Unser Kropf</p> +<p>ist ein Topf,</p> +<p>wird nicht voll,</p> +<p>wird nicht leer,</p> +<p>darum mehr</p> +<p>Kuchen her,</p> +<p>bis der Teller leckeleer!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Drüben aus des Gärtners Haus</p> +<p>guckt der kleine Fritz und lacht:</p> +<p>Ei, wie sah das lustig aus,</p> +<p>das haben die Hühner klug gemacht.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem060"></a>Marieken und die Küken</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Marie, Marei, Marieken</p> +<p>mit deinen sieben Küken,</p> +<p>was willst du tun?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page60"></a>60</span>"Die alte +Kluckenmutter ist tot,</p> +<p>nun frieren die Kinder und finden kein Brot;</p> +<p>ich will sie pflegen."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie, Marei, Marieken</p> +<p>mit deinen sieben Küken,</p> +<p>was hast du im Sack?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Kartoffelmus und Hirsekern,</p> +<p>das essen meine Kinderchen gern,</p> +<p>das streu ich ihnen."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie, Marei, Marieken,</p> +<p>gib mir eins von deinen Küken,</p> +<p>du hast noch genug.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Wenn ich meine Kinder verschenken tät,</p> +<p>müßt ich weinen von früh bis spät,</p> +<p>daß sollst du wissen."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie, Marei, Marieken,</p> +<p>Zu Hühnern werden die Küken;</p> +<p>was machst du dann?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Und werden hübsch bunt und werden groß,</p> +<p>fliegen mir alle um Kopf und Schoß,</p> +<p>hei, alle sieben!"</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page61"></a>61</span> +<h3><a id="poem061"></a>Kinderküche</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Marie-Marei will Braten machen,</p> +<p>hat keine Pfanne;</p> +<p>nimmt sie sich die Schiefertafel</p> +<p>von klein Schwester Hanne.</p> +<p>Hat sie eine Pfanne.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie-Marei will Braten machen,</p> +<p>hat keine Butter;</p> +<p>borgt sie beim Kanarienvogel</p> +<p>rasch ein bißchen Futter.</p> +<p>Hat sie Butter.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie-Marei will Braten machen,</p> +<p>hat keine Kohlen;</p> +<p>vor der Tür blüht roter Mohn,</p> +<p>geht sie den sich holen.</p> +<p>Hat sie Kohlen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Marie-Marei will Braten machen,</p> +<p>fehlt noch das Gänschen;</p> +<p>nimmt sie sich die Pudelmütze</p> +<p>von klein Bruder Fränzchen.</p> +<p>Hat sies Gänschen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page62"></a>62</span>Hei, mit diesen +Wunderdingen</p> +<p>muß der Braten wohlgelingen;</p> +<p>bitte zu Tisch!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem062"></a>Essensregeln</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Spitzt das Ohr und merkt euch still,</p> +<p>was die gute Sitte will!</p> +<p>Wer die schöne Form erfaßt,</p> +<p>ist ein gern gesehner Gast;</p> +<p>wer sich frech und plump beträgt,</p> +<p>wird ohne Besen hinausgefegt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem062.1'></a>—1—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein Kind soll nicht vorher von Speisen naschen,</p> +<p>soll Mund und Hände sich sauber waschen,</p> +<p>sich erst setzen, wenn die andern sitzen,</p> +<p>das Mäulchen bei Tisch nicht zum Pfeifen spitzen,</p> +<p>nicht plappern, wenn große Leute sprechen,</p> +<p>das Brot nicht zerkrümeln, zerkneten, nur Bissen abbrechen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem062.2'></a>—2—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rückt immer den Stuhl so dicht heran,</p> +<p>daß Löffel und Gabel zum Munde kann,</p> +<p>ohne das Tischtuch zu betrippen;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page63"></a>63</span>und schließt +beim Kauen hübsch die Lippen!</p> +<p>Turnen beim Essen, das will nicht passen;</p> +<p>also die Ellbogen hübsch unten lassen!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem062.3'></a>—3—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Nicht gierig stopfen! langsam essen!</p> +<p>auch keinen Rest auf dem Teller vergessen!</p> +<p>Nicht wie Hunde oder Katzen</p> +<p>schlecken, schlürfen, schnaufen, schmatzen!</p> +<p>Nicht kichern und nicht heimlich fragen,</p> +<p>und immer schön bitte und danke sagen!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem062.4'></a>—4—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Seid ihr beim Essen und trinkt dazwischen,</p> +<p>sollt ihr zuvor die Lippen wischen.</p> +<p>Kartoffeln und Fisch mit Stahlmessern schneiden,</p> +<p>das wird ein Mensch, der Geschmack hat, vermeiden.</p> +<p>Brot nimmt man zuhilfe, wenn Fischmesser fehlen;</p> +<p>auch Obst soll man nicht mit Stahlklingen schälen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem062.6'></a>—6—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer stochert in den Zähnen,</p> +<p>nicht unterdrückt das Gähnen,</p> +<p>das Messer in den Mund steckt,</p> +<p>Gabel und Teller ableckt,</p> +<p>zuviel packt auf den Löffel,</p> +<p>gilt als Flegel und Töffel.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page64"></a>64</span> +<h3><a id="poem063"></a>Die böse Mies</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Es war einmal ein Kätzchen,</p> +<p>ein allerliebstes Frätzchen.</p> +<p>Es hatte das Mamsellchen</p> +<p>ein seidenweiches Fellchen</p> +<p>und einen Bart ums Schnäuzchen</p> +<p>und Augen wie ein Käuzchen.</p> +<p>Es machte gern den Rücken krumm</p> +<p>und brachte viele Mäuse um,</p> +<p>dann schlich es auf die Ofenbank</p> +<p>und leckte sich die Pfoten blank.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Einst aber, oh das Kätzchen,</p> +<p>was tut das liebe Frätzchen?</p> +<p>Einst stand auf unserm Tische</p> +<p>ein Teller Bratenfische.</p> +<p>Hopp, ist das Kätzchen oben:</p> +<p>die Fische muß ich loben.</p> +<p>So denkt es sich und sitzt und schmaust,</p> +<p>doch Mutterchen kommt angesaust,</p> +<p>und gibt dem Naschmamsellchen</p> +<p>—na warte—eins aufs Fellchen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Nein, unser Miesekätzchen</p> +<p>war gar kein liebes Frätzchen:</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page65"></a>65</span>los auf die gute +Mutter,</p> +<p>und durch das Ärmelfutter</p> +<p>—kratz—in den Ellenbogen!</p> +<p>War das nicht ungezogen?</p> +<p>Dann lief es voller Wut hinaus</p> +<p>und kam erst abends spät nach Haus,</p> +<p>und schlich sich auf die Ofenbank</p> +<p>und leckte sich die Pfoten blank.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem064"></a>Pottkieker</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mutti, Mutti, was ist denn da drin?</p> +<p class='i'>"Hoppel-poppel-Appelreis,</p> +<p class='i'>mach dich weg, Naseweis,</p> +<p class='i'>kann dich hier nicht brauchen,</p> +<p class='i'>der Ofen tut rauchen,</p> +<p class='i'>muß Spähne suchen,</p> +<p class='i'>sonst brennt der Kuchen,</p> +<p class='i'>muß Gänse schlachten,</p> +<p class='i'>in sechs Wochen ist Weihnachten."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mutti, Mutti, wo soll ich denn hin?</p> +<p class='i'>"Ei, tanz mit dem Schimmel,</p> +<p class='i'>bohr Löcher in den Himmel,</p> +<p class='i'>lehr die Katz das Alphabet,</p> +<p class='i'><span class='pgnum'><a id="page66"></a>66</span>sieh nach, +ob sich der Kirchturm dreht,</p> +<p class='i'>oder lauf ans Ende der Welt,</p> +<p class='i'>paß auf, daß keiner runter fällt,</p> +<p class='i'>marsch!"</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem065"></a>Der Reitersmann</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Schimmel, willst du laufen,</p> +<p>will ich uns was kaufen.</p> +<p>Heißa, lauf nach Mexiko,</p> +<p>da kaufe ich dir Bohnenstroh;</p> +<p>laufe nach der Mongolei,</p> +<p>da kauf ich mir ein Osterei,</p> +<p>hopp!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Eile, Schimmel, eile,</p> +<p>oder du kriegst Keile.</p> +<p>Hoppßa, lauf nach Hindostan,</p> +<p>da kaufe ich mir Marzipan;</p> +<p>laufe nach Kap Morgenrot,</p> +<p>da kauf ich dir ein Dreierbrot,</p> +<p>burr!</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page67"></a>67</span> +<h3><a id="poem066"></a>Das richtige Pferd</h3> +</div> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer schenkt mir ein lebendiges Pferd!</p> +<p>Mein Schaukelpferd ist gar nichts wert,</p> +<p>es hat so steife Beine,</p> +<p>es stampft nicht, frißt nicht, wiehert nicht,</p> +<p>und macht solch ledernes Gesicht,</p> +<p>und weiß nicht, was ich meine.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn mir der Weihnachtsmann ein Pferd,</p> +<p>ein wirklich richtiges Pferd beschert,</p> +<p>dann reit ich über die Brücke,</p> +<p>und reite durch den Kiefernforst</p> +<p>nach Vehlefanz und Haselhorst</p> +<p>und noch fünf große Stücke.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Dann bin ich mitten in der Welt,</p> +<p>da such ich mir ein Haberfeld</p> +<p>und lasse mein Pferdchen grasen.</p> +<p>Und dann, dann reit ich ans Ende der Welt,</p> +<p>wo der Riese den Regenbogen hält,</p> +<p>und—schick euch 'ne Ansichtspostkarte.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page68"></a>68</span> +<h3><a id="poem067"></a>Der kleine Rekrut</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich hab einen Helm aus Packpapier,</p> +<p>mit einem Federbusche;</p> +<p>der Wilhelm malt mir 'n Adler drauf</p> +<p>mit schwarz-weiß-roter Tusche.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Einen hölzernen Säbel hab ich auch,</p> +<p>mit einem richtgen Griffe;</p> +<p>wenn nur der Scherenschleifer käm,</p> +<p>daß er ihn endlich schliffe!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Meine Mutter ist 'ne gute Frau,</p> +<p>die schenkt mir einen Dukaten,</p> +<p>dann kauf ich mir ein Schießgewehr,</p> +<p>geh unter die Soldaten.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem068"></a>Der Hauptmann</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin der Hauptmann,</p> +<p>ihr die Soldaten;</p> +<p>immer gehorsam,</p> +<p>das will ich euch raten,</p> +<p>hört ihr!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Eins, zwei, immer hinterher,</p> +<p>eins, zwei, schultert das Gewehr,</p> +<p>marsch!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page69"></a>69</span>Seht euch nicht +um,</p> +<p>seht euch nicht an,</p> +<p>immer hübsch stramm,</p> +<p>Mann hinter Mann,</p> +<p>halt!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Eins, zwei, immer hinterher,</p> +<p>eins, zwei, schultert das Gewehr,</p> +<p>marsch!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem069"></a>Abzählreim</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rechts, links, über Eck,</p> +<p>die Henne legt die Eier weg,</p> +<p>legt sie in ein Bündel Stroh,</p> +<p>irgendwie, irgendwo;</p> +<p>kommt der Marder Wagemut,</p> +<p>jagt die Henne von der Brut,</p> +<p>rechts, links, über Eck—</p> +<p>ein Küken hat—er—weg.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem070"></a>Fragefritze und die Plappertasche</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Fritz, ich möcht den Spaten haben.</p> +<p>"Mutterchen, warum?"</p> +<p>Möchte eine Grube graben.</p> +<p>"Mutterchen, warum?"</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page70"></a>70</span>Möchte drin ein +Bäumchen pflanzen.</p> +<p>"Mutterchen, warum?"</p> +<p>Wird mein Fritze drunter tanzen.</p> +<p>"Mutterchen, warum?"</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wird das Bäumchen Kirschen tragen.</p> +<p>"Mutterchen, warum?"</p> +<p>Ei, du mußt die Spatzen fragen,</p> +<p>die sind nicht so dumm!—</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Kommt die kleine Plappertasche:</p> +<p>"Mutterchen, nicht wahr,</p> +<p>ich bin klüger als der Fritze,</p> +<p>bin schon bald sechs Jahr.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Mutterchen, nicht wahr, der Fritze</p> +<p>ist ein Schaf, o je!</p> +<p>Ich kann schon bis zwanzig zählen</p> +<p>und das A-B-C."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>I, du kleine Plappertasche,</p> +<p>laß den Fritz in Ruh.</p> +<p>Plappertasche, wische wasche,</p> +<p>halt das Mäulchen zu.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Übermorgen in vier Wochen</p> +<p>kommt der Weihnachtsmann;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page71"></a>71</span>wenn du dann noch +immer plapperst,</p> +<p>was bekommst du dann?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Einen großen Maulkorb!—</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem071"></a>Plappermündchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>In Leipzig wohnt ein Bäckermeister,</p> +<p>Hans-back-die-Semmeln-größer heißt er;</p> +<p>Seine Mutter, die Frau Meisterin,</p> +<p>zieht den Teig wer weiß wie dünn,</p> +<p>rollt ihn mit der Mangel aus,</p> +<p>macht sieben bucklige Bretzeln draus,</p> +<p>drei für den Vater,</p> +<p>drei für die Mutter,</p> +<p>eine für unser Plappermündchen,</p> +<p>dann schweigt's vielleicht ein Viertelstündchen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem072"></a>Puppendoktor</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Lieber Doktor Pillermann,</p> +<p>guck dir bloß mein Püppchen an.</p> +<p>Drei Tage hat es nichts gegessen,</p> +<p>hat immer so stumm dagesessen,</p> +<p>es will nicht einmal Zuckerbrot,</p> +<p>die Arme hängen ihr wie tot.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page72"></a>72</span>Ach, lieber Doktor, +sag mir ehrlich,</p> +<p>ist diese Krankheit sehr gefährlich?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Madam, Sie ängstigen sich noch krank;</p> +<p>der Puls geht ruhig, Gott sei Dank.</p> +<p>Doch darf sie nicht im Zimmer sitzen,</p> +<p>sie muß zu Bett und tüchtig schwitzen;</p> +<p>drei Kiebitzeier gebt ihr ein,</p> +<p>dann wird es morgen besser sein.</p> +<p>Empfehle mich.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem073"></a>Kleiner Einkauf</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Guten Tag, guten Tag, liebe Grünkramfrau,</p> +<p>Gemüse will ich kaufen,</p> +<p>ich bin mit meinem Henkelkorb</p> +<p>extra hergelaufen;</p> +<p>auch schöne frische Eier will ich,</p> +<p>hoffentlich sind sie heute billig.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die Schoten hier gefallen mir,</p> +<p>zuckersüße Kerne;</p> +<p>auch von den Rübchen möchte ich</p> +<p>ein halbes Liter gerne.</p> +<p>Kohlrüben? lieben wir nicht sehr;</p> +<p>doch zeigen Sie mal die Pflaumen her!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page73"></a>73</span>Davon will ich +fünf Litermaß,</p> +<p>haufenvoll gemessen!</p> +<p>weil meine Kinderchen zu Haus</p> +<p>alle gern Pflaumen essen.</p> +<p>Geld schick ich Ihnen morgen her;</p> +<p>ich denke doch, es eilt nicht sehr,</p> +<p>ich hab es grad vergessen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem074"></a>Vaters Geburtstag</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Schnell, schnell, Besen,</p> +<p>feg die Stube rein;</p> +<p>wenn Väterchen zum Kaffee kommt,</p> +<p>muß alles sauber sein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wisch, wisch, Lappen,</p> +<p>über Stuhl und Schrank;</p> +<p>wenn Väterchen zum Kaffee kommt,</p> +<p>sind sie blitzeblank.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Blüh, blüh, Blume,</p> +<p>blüh recht frisch;</p> +<p>wenn Väterchen zum Kaffee kommt,</p> +<p>Stehst du auf dem Tisch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Herz-Herz-Muttchen,</p> +<p>schnell das neue Kleid;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page74"></a>74</span>bis Väterchen +zum Kaffee kommt,</p> +<p>ist nur noch wenig Zeit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Tick, tick, Uhrchen,</p> +<p>renn doch nicht so fix;</p> +<p>wenn Väterchen zum Kaffee kommt,</p> +<p>mach ich meinen Knix.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Fertig, alles fertig,</p> +<p>der Kuchen auch ist da;</p> +<p>der Kaffee kommt, der Vater kommt,</p> +<p>mein Verschen kann ich ja:</p> +<p>"Heut ist dein Geburtstag!"</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem075"></a>Das Himmelsprinzeßchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin das Himmelsprinzeßchen,</p> +<p>habe Flügel von blauem Duft,</p> +<p>ich schlafe im Wolkenbettchen</p> +<p>und bade in Licht und Luft.</p> +<p>Mir gehört die silberne Schaukel</p> +<p>hoch oben im Himmelssaal;</p> +<p>wenn die goldenen Seile schwingen,</p> +<p>blitzt es unten im Tal.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der alte Wetterriese</p> +<p>donnert und schilt mich aus,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page75"></a>75</span>ich flitze über +die Sterne</p> +<p>und lache den Brummbart aus.</p> +<p>Die Mirlamein vom Monde</p> +<p>webt meine Kleider und Schuh,</p> +<p>die gute Mutter Sonne</p> +<p>gibt goldne Spangen dazu.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der liebe Gott hat mich gerne,</p> +<p>ich bin sein liebes Kind;</p> +<p>er nimmt uns auf die Kniee,</p> +<p>mich und den Frühlingswind.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Des Abends sitzen wir stille</p> +<p>bei Mirlamein im Zelt</p> +<p>und spinnen Wünsche und Träume</p> +<p>und streuen sie über die Welt.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem076"></a>Windfreude</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wenn der Wind über Wiesen und Felder rennt,</p> +<p>renn ich mit;</p> +<p>da denk ich, daß ich fliegen kann,</p> +<p>und guck mir lustig die Vögel an,</p> +<p>susewitt, susewitt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn der Wind durch die Sträucher und Bäume fegt,</p> +<p>feg ich mit;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page76"></a>76</span>die +Blütenkätzchen feg ich zu Hauf</p> +<p>und setz mir vom Ahorn ein Nasenhütchen auf,</p> +<p>susewitt, susewitt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn der Wind durch die Turmlöcher singt und pfeift,</p> +<p>pfeif ich mit;</p> +<p>sein Jodler wird mir gar nicht schwer,</p> +<p>und den Brummbaß lern ich nebenher,</p> +<p>susewitt, susewitt.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem077"></a>Lied vom Monde</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wind, Wind, sause,</p> +<p>der Mond ist nicht zu Hause;</p> +<p>er ist wohl hinter den Berg gegangen,</p> +<p>will vielleicht eine Sternschnuppe fangen,</p> +<p>Wind, Wind, sause.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Stern, Stern, scheine,</p> +<p>der Mond, der ist noch kleine;</p> +<p>er hat die Sichel in der Hand,</p> +<p>er mäht das Gras am Himmelsrand,</p> +<p>Stern, Stern, scheine.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Singe, Vogel, singe,</p> +<p>der Mond ist guter Dinge;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page77"></a>77</span>er steckt den halben +Taler raus,</p> +<p>das sieht blank und lustig aus,</p> +<p>singe, Vogel, singe.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und hell wird's, immer heller;</p> +<p>der Mond, der hat 'nen Teller,</p> +<p>mit allerfeinstem Silbersand,</p> +<p>den streut er über Meer und Land,</p> +<p>und hell wird's, immer heller.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem078"></a>Weihnachtsschnee</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ihr Kinder, sperrt die Näschen auf,</p> +<p>es riecht nach Weihnachtstorten;</p> +<p>Knecht Ruprecht steht am Himmelsherd</p> +<p>und backt die feinsten Sorten.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ihr Kinder, sperrt die Augen auf,</p> +<p>sonst nehmt den Operngucker:</p> +<p>die große Himmelsbüchse, seht,</p> +<p>tut Ruprecht ganz voll Zucker.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Er streut—die Kuchen sind schon voll—</p> +<p>er streut—na, das wird munter:</p> +<p>er schüttelt die Büchse und streut und streut</p> +<p>den ganzen Zucker runter.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page78"></a>78</span>Ihr Kinder, sperrt +die Mäulchen auf,</p> +<p>schnell! Zucker schneit es heute!</p> +<p>Fangt auf, holt Schüsseln!—Ihr glaubt es nicht?</p> +<p>Ihr seid ungläubige Leute!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem079"></a>Knecht Ruprecht in Nöten</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Knecht Ruprecht kratzt sich seinen Bart</p> +<p>und rückt zurecht die Brille:</p> +<p>Ihr Engelskinder, lärmt nicht so,</p> +<p>seid mal ein bißchen stille!</p> +<p>Kommt, rückt hübsch artig zu mir ran,</p> +<p>seht euch mal das Bestellbuch an!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Was steht hier auf dem ersten Blatt?</p> +<p>was auf dem zweiten, dritten?</p> +<p>was steht am Ende von dem Buch?</p> +<p>was steht hier in der Mitten?—:</p> +<p>Ach Weihnachtsmann, wir bitten sehr,</p> +<p>Schick uns doch mal das Luftschiff her!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hans möchte nach Amerika,</p> +<p>und Fritz zu Tante Lotte,</p> +<p>Kurt durch die Luft zu Großpapa,</p> +<p>Marie zum lieben Gotte;</p> +<p>Georg will bloß nach Neuruppin</p> +<p>mit Zeppelin, mit Zeppelin.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page79"></a>79</span>Ach Zeppelin, du +Zaubermann,</p> +<p>'s ist aus der Haut zu fahren,</p> +<p>das ganze liebe kleine Pack</p> +<p>will bloß noch Luftschiff fahren;</p> +<p>dein Fahrzeug ist ja viel zu klein,</p> +<p>da gehn nicht alle Kinder 'rein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ihr Engelskinder, helft mir doch</p> +<p>in meinen Weihnachtsnöten,</p> +<p>baut mir ein Luftschiff riesengroß</p> +<p>mit hunderttaufend Böten,</p> +<p>laßt lustig die Propeller gehn,</p> +<p>da sollt ihr mal die Freude sehn!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hurra, schreit da die Engelschar,</p> +<p>wir helfen alle, alle.</p> +<p>Nach dreien Tagen, blitzeblank,</p> +<p>stehts Luftschiff in der Halle.</p> +<p>Dank schön, sagt Ruprecht, fährt hinab,</p> +<p>holt alle Jungs und Mädels ab</p> +<p>zur Flugfahrt durch die Welten.</p> +<p>Ob sie sich nicht erkälten?</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem080"></a>Frohe Botschaft</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Früh, eh ich's konnt begreifen,</p> +<p>hört ich schon etwas pfeifen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page80"></a>80</span>hört ich Schon +etwas brummen,</p> +<p>wie tausend Bienen summen.</p> +<p class='i'>Was ist denn los? Ach ja:</p> +<p class='i'>der Weihnachtsmann ist da!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die Raben und die Spatzen,</p> +<p>sie müssen's weiterschwatzen;</p> +<p>in alle Häuser dringt es,</p> +<p>von allen Glocken klingt es.</p> +<p class='i'>Was läuten sie? O ja:</p> +<p class='i'>der Weihnachtsmann ist da!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mit seinem braven Esel</p> +<p>zieht er von Thorn bis Wesel;</p> +<p>wo Mädels sind und Buben,</p> +<p>tritt er in ihre Stuben</p> +<p>und langt aus Sack und Taschen</p> +<p>zum Spielen was und Naschen.</p> +<p class='i'>Wo habt ihr's her? Na ja:</p> +<p class='i'>der Weihnachtsmann war da!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem081"></a>Der liebe Weihnachtsmann</h3> + +<h4 class='subhead'>(von Paula und Richard Dehmel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Esel, der Esel,</p> +<p>wo kommt der Esel her?</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page81"></a>81</span>Von Wesel, von +Wesel,</p> +<p>er will ans schwarze Meer.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wer hat denn, wer hat denn</p> +<p>den Esel so bepackt?</p> +<p>Knecht Ruprecht, Knecht Ruprecht</p> +<p>mit seinem Klappersack.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mit Nüssen, mit Äpfeln,</p> +<p>mit Spielzeug allerlei,</p> +<p>und Kuchen, ja Kuchen</p> +<p>aus seiner Bäckerei.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wo bäckt denn, wo bäckt denn</p> +<p>Knecht Ruprecht seine Speis?</p> +<p>In Island, in Island,</p> +<p>drum ist sein Bart so weiß.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die Rute, die Rute</p> +<p>hat er dabei verbrannt;</p> +<p>heut sind die Kinder artig</p> +<p>im ganzen deutschen Land.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ach Ruprecht, ach Ruprecht,</p> +<p>du lieber Weihnachtsmann:</p> +<p>komm auch zu mir mit deinem</p> +<p>Sack heran!</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page82"></a>82</span> +<h3><a id="poem082"></a>Sankt Niklas' Auszug</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sankt Niklas zieht den Schlafrock aus,</p> +<p>klopft seine lange Pfeife aus</p> +<p>und sagt zur heiligen Kathrein:</p> +<p>Öl mir die Wasserstiefel ein,</p> +<p>bitte hol auch den Knotenstock</p> +<p>vom Boden und den Fuchspelzrock,</p> +<p>die Mütze lege oben drauf,</p> +<p>und schütte dem Esel tüchtig auf,</p> +<p>halt auch sein Sattelzeug bereit;</p> +<p>wir reisen, es ist Weihnachtszeit.</p> +<p>Und daß ich's nicht vergeß, ein Loch</p> +<p>ist vorn im Sack, das stopfe noch!</p> +<p>Ich geh derweil zu Gottes Sohn</p> +<p>und hol mir meine Instruktion.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die heilige Käthe, sanft und still,</p> +<p>tut alles, was Sankt Niklas will.</p> +<p>Der klopft indes beim Herrgott an,</p> +<p>Sankt Peter hat ihm aufgetan</p> +<p>und sagt: Grüß Gott! wie schaut's denn aus?</p> +<p>und führt ihn ins himmlische Werkstättenhaus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Da sitzen die Englein an langen Tischen,</p> +<p>ab und zu Feen dazwischen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page83"></a>83</span>die den kleinsten +zeigen, wie's zu machen,</p> +<p>und weben und kleben die niedlichsten Sachen,</p> +<p>hämmern und häkeln, schnitzen und schneidern,</p> +<p>fälteln die Stoffe zu zierlichen Kleidern,</p> +<p>packen die Schachteln, binden sie zu</p> +<p>und haben so glühende Bäckchen wie Du.</p> +<p>Herr Jesus sitzt an seinem Pult</p> +<p>und schreibt mit Liebe und Geduld</p> +<p>eine lange Liste. Potz Element,</p> +<p>wieviel artige Kinder Herr Jesus kennt!</p> +<p>Die sollen die schönen Engelsgaben</p> +<p>zu Weihnachten haben.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Was fertig ist, wird eingesackt</p> +<p>und auf das Eselchen gepackt.</p> +<p>Sankt Niklas zieht sich recht warm an;</p> +<p>Kinder, er ist ein alter Mann,</p> +<p>und es fängt tüchtig an zu schnein,</p> +<p>da muß er schon vorsichtig sein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>So geht es durch die Wälder im Schritt,</p> +<p>manch Tannenbäumchen nimmt er mit;</p> +<p>und wo er wandert, bleibt im Schnee</p> +<p>manch Futterkörnchen für Hase und Reh.</p> +<p>Aus Haus und Hütte strahlt es hell,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page84"></a>84</span>da hebt er dem Esel +den Sack vom Fell,</p> +<p>macht leise alle Türen auf,</p> +<p>jubelnd umdrängt ihn der kleine Hauf:</p> +<p>Sankt Niklas, Sankt Niklas,</p> +<p>was hast du gebracht?</p> +<p>was haben die Englein</p> +<p>für uns gemacht?</p> +<p>"Schön Ding, gut Ding,</p> +<p>aus dem himmlischen Haus;</p> +<p>langt in den Sack! holt euch was raus!"</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem083"></a>Bescheidene Frage</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p>bringst du der flinken Grete was?</p> +<p>Sie ist fast immer artig gewesen,</p> +<p>hat fleißig in ihrer Fibel gelesen,</p> +<p>kann das große H schon ganz richtig schreiben,</p> +<p>wird Ostern gewiß nicht sitzen bleiben;</p> +<p class='i'>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p class='i'>schenkst du ihr was?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p>bringst du dem dicken Peterle was?</p> +<p>Er ist noch zu klein, um zur Schule zu gehn,</p> +<p>aber beten kann er schon wunderschön:</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page85"></a>85</span>"Lieber Dott, +mach alle Menßen dut,</p> +<p>nimm alle unter deinen Hut'"</p> +<p class='i'>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p class='i'>schenkst du ihm was?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p>bringst du der kleinen Lene was?</p> +<p>Sie gehört der armen Flick-Marie</p> +<p>und hat schon lange ein schlimmes Knie;</p> +<p>zum Spielen kommt sie gar nicht mehr raus,</p> +<p>sieht immer so blaß und ängstlich aus.</p> +<p class='i'>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p class='i'>schenkst du ihr was?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p>ich wünsch mir selber auch noch was:</p> +<p>möcht in der Weihnacht mit dir gehn,</p> +<p>mir all die fröhlichen Kinder besehn,</p> +<p>wie sie tanzen und tuten, knabbern und schlucken</p> +<p>und am strahlenden Christbaum die Wunder angucken.</p> +<p class='i'>Sankt Nikolas, Sankt Nikolas,</p> +<p class='i'>schenkst du mir das?</p> +</div> +</div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page86"></a>86</span> </p> +<div class='figure'><span class='pgnum'><a id="page87"></a>87</span><a +href="images/i080.png"><img src="images/i080tn.png" alt="" /></a></div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page88"></a>88</span> </p> +<h2><span class='pgnum'><a id="page89"></a>89</span>Dritter Teil</h2> + +<p><span class='pgnum'><a id="page90"></a>90</span> </p> +<div><span class='pgnum'><a id="page91"></a>91</span> +<h3><a id="poem084"></a>Widmung</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Klänge wachsen auf den Wegen</p> +<p>im Gebüsch, im jungen Grün;</p> +<p>alle meine Melodien</p> +<p>möchte ich mit leisem Segen</p> +<p>abends auf dein Kissen legen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wilde Blumen, seltne Früchte:</p> +<p>was der reife Sommer bringt,</p> +<p>möcht ich in dein Zimmer tragen,</p> +<p>sollst mir keine Antwort sagen—</p> +<p>Still—der Traum versinkt—verklingt.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem085"></a>Sonne</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sonne scheint draußen und scheint in die Stube,</p> +<p>unten am Boden kugelt mein Bube,</p> +<p>greift nach den schimmernden, flimmernden Stäubchen;</p> +<p>ich sitze am Fenster und nähe ein Häubchen,</p> +<p>ein ganz kleines Häubchen aus weißem Batist.</p> +<p>Ob's wohl ein Mädel ist?—</p> +<p>Und hat's <i>seine</i> Augen, <i>seinen</i> trotzfrohen +Sinn,</p> +<p>dann weiß kein Mensch, wie glücklich ich bin!</p> +<p>Bloß Er—Er—sein liebes Gesicht— —</p> +<p>"Na, Bub? Hast du die Sonne noch nicht?"—</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page92"></a>92</span> +<h3><a id="poem086"></a>Marienlied</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Maria herzt ihr Kindlein</p> +<p>und küßt sein rotes Mündlein;</p> +<p>sie weiß es nicht,</p> +<p>daß einst zu Golgatha</p> +<p>sein Kreuz wird aufgericht't.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Wind mit Blumendüften</p> +<p>tut des Kindes Härlein lüften;</p> +<p>nicht weiß der Wind,</p> +<p>daß einst zu Golgatha</p> +<p>unschuldig Blut verrinnt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sein Lämmlein kommt gesprungen,</p> +<p>spielt um den holden Jungen;</p> +<p>sieht nicht von fern,</p> +<p>daß man zu Golgatha</p> +<p>einst höhnt den lieben Herrn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ihr sorgend Mutterherzen</p> +<p>müßt es fein still verschmerzen;</p> +<p>ihr wißt es nicht,</p> +<p>wann eurem teuren Kindlein</p> +<p>sein Kreuz wird aufgericht't.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page93"></a>93</span> +<h3><a id="poem087"></a>Korsisches Wiegenlied</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Schlafe, mein kleiner Wildling,</p> +<p>du schlankes Reis, schlaf ein;</p> +<p>draußen im Mondschein die Pappel</p> +<p>sieht auf dein Bett herein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Träume, mein heißer Wildling;</p> +<p>was ballst du die kleine Faust?</p> +<p>Kühl geht der Wind durchs Fenster,</p> +<p>die hohe Pappel braust.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wachse, mein trotziger Wildling,</p> +<p>wachse dich hoch und frei,</p> +<p>horch auf die herrischen Stürme</p> +<p>und des Adlers stolzen Schrei!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Räche mich, Sohn meiner Wildheit,</p> +<p>räche den Mutterleib,</p> +<p>Schärfe den Dolch und töte,</p> +<p>töte das fremde Weib!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem088"></a>Königskind</h3> + +<h4><a id='poem088.1'></a>—1—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Schlafe ruhig, Königskind;</p> +<p>wie im Traume singt der Wind,</p> +<p>schweigend sitzt der Mond zu Haus,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page94"></a>94</span>gießt die +weißen Strahlen aus,</p> +<p>gießt sie über das weite Land,</p> +<p>über Wald und Hügelwand.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Taube gurrt im dunklen Laub,</p> +<p>Käfer surrt und fliegt auf Raub,</p> +<p>Fischlein steht im Wasser still,</p> +<p>weiß nicht, ob es schwimmen will.</p> +<p>Was dir auch das Leben spinnt:</p> +<p>träume, Königskind!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem088.2'></a>—2—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein Vogel flog aus dem Heimatland,</p> +<p>er flog wohl sieben Tage lang</p> +<p>über fremde Wälder und Seen;</p> +<p>da wurden ihm die Flügel lahm,</p> +<p>und als er ans große Wasser kam,</p> +<p>konnt er nicht weiter.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ein Mägdlein mußte von Hause fort,</p> +<p>in ein fernes Land an fremden Ort,</p> +<p>so bang und alleine.</p> +<p>Die Mutter gab ihr drei Tropfen Blut:</p> +<p>Tochter, liebe Tochter, wahre sie gut,</p> +<p>sonst trifft dich ein Unheil.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page95"></a>95</span>Das Vöglein +fiel aus der Höh herab,</p> +<p>brach die Flügel beide und fand sein Grab</p> +<p>im öden Lande;</p> +<p>das Mägdlein verlor der Mutter Blut,</p> +<p>verlor den Weg und verlor den Mut</p> +<p>und irrt in der Fremde.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem088.3'></a>—3—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Waldtaube saß gefangen,</p> +<p>Kuruh, das Vögelein,</p> +<p>wohl hinter Gitter und Stangen;</p> +<p>da ließ das Köpflein hangen</p> +<p>Kuruh das Vögelein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Waldtaube saß am Gitter,</p> +<p>Kuruh, das Vögelein,</p> +<p>da kam ein blauer Ritter,</p> +<p>ein Falke an ihr Gitter:</p> +<p>Kuruh, mein Vögelein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und bist du auch gefangen,</p> +<p>Kuruh, mein Vögelein,</p> +<p>meine Liebe zerbricht die Stangen,</p> +<p>zu dir will ich gelangen,</p> +<p>Kuruh, mein Vögelein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page96"></a>96</span>Mit seinen starken +Fängen</p> +<p>tat er das Gitter aufzwängen,</p> +<p>Kuruh, mein Vögelein.</p> +<p>Sie breiteten aus die Flügel,</p> +<p>flogen weithin über die Hügel,</p> +<p>grad in die Sonne hinein,</p> +<p>Kuruh, mein Vögelein.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem089"></a>Heimweh</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Quellchen geht in den Rauschebach,</p> +<p>Bach geht in den Fluß,</p> +<p>Fluß geht vorbei am Elternhaus,</p> +<p>Mütterchen hört seinen Gruß;</p> +<p>grüße mir, Quellchen, grüße mir fein</p> +<p>Vater und Mutter, vergiß es nicht, nein?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Vater pfeift seinem Hühnerhund,</p> +<p>Mutter sorgt für den Herd,</p> +<p>Schwesterchen gießt ihre Tausendschön,</p> +<p>Bruder zäumt sich sein Pferd;</p> +<p>grüße mir, Quellchen, ich bin so allein,</p> +<p>Bruder und Schwester, vergiß es nicht, nein?</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page97"></a>97</span> +<h3><a id="poem090"></a>Elfenreigen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Eia, wir Elfen,</p> +<p class='i'>wir kommen und helfen,</p> +<p class='i'>eh du's gedacht, Kind, eh du's gedacht.</p> +<p class='i2'>Wir kommen</p> +<p class='i2'>im frommen</p> +<p class='i2'>Geleuchte der Nacht,</p> +<p class='i2'>Gewänder</p> +<p class='i2'>und Bänder</p> +<p class='i2'>vom Monde erdacht;</p> +<p class='i2'>wir schweben</p> +<p class='i2'>und heben</p> +<p class='i2'>im Reigenspiel sacht</p> +<p class='i2'>die Schleier</p> +<p class='i2'>zur Feier</p> +<p class='i2'>der freundlichen Nacht.</p> +<p class='i'>Eia, wir reichen</p> +<p class='i'>uns schmeichelnd die weichen</p> +<p class='i'>Hände im gleichen</p> +<p class='i'>lieblichen Takt, im lieblichen Takt.</p> +<p class='i2'>Wir gleiten</p> +<p class='i2'>durch Weiten</p> +<p class='i2'>der wandernden Welt,</p> +<p class='i2'>wie ziehende</p> +<p class='i2'><span class='pgnum'><a +id="page98"></a>98</span>fliehende</p> +<p class='i2'>Nebel im Feld;</p> +<p class='i2'>wir lauschen,</p> +<p class='i2'>dem Rauschen</p> +<p class='i2'>der Quellen gesellt,</p> +<p class='i2'>und schauen</p> +<p class='i2'>die blauen</p> +<p class='i2'>Gefilde bestellt.</p> +<p class='i'>Eia, wir zeigen</p> +<p class='i'>im silbernen Reigen</p> +<p class='i'>mit Nicken und Neigen</p> +<p>die Zauber der Welt, die Zauber der Welt.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem091"></a>Wiegenmärchen</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Des Mondes Tochter, Mirlamein,</p> +<p>kam in die warme Welt herein,</p> +<p>sie kam aus ihres Vaters Haus</p> +<p>auf einer weißen Fledermaus.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Da saß Prinzessin Mirlamein</p> +<p>auf einem großen weißen Stein</p> +<p>mitten in blühender Heide</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page99"></a>99</span>in ihrem +milchweißen Kleide.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>In ihren Händen bleich und fein</p> +<p>hielt sie die Flöte aus Elfenbein;</p> +<p>sie blies—das klang so hell und hold,</p> +<p>als ob ein Engel uns trösten wollt.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Gleich stecken alle Vögelein</p> +<p>den Kopf in die Flügel und schlummern ein,</p> +<p>die Hirsche und Rehe im tiefen Wald</p> +<p>suchen ihr Lager und schlafen bald.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Glühwürmchen löscht das Lämpchen aus,</p> +<p>fliegt müde in sein Blätterhaus,</p> +<p>die Tauben gurren im Schlaf kuruh,</p> +<p>mein Kind macht auch die Augen zu.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die Flöte verklingt. Vom Heidestein</p> +<p>wehen die Schleier der Mirlamein,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page100"></a>100</span>Sie winkt der +weißen Fledermaus</p> +<p>und fliegt zum stillen Mond nach Haus.</p> +<p>Mirlama, Mirlamein,</p> +<p>schlaf ein.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem092"></a>Traumballade</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Traumkönig geht durch bleiches Land,</p> +<p>rings grüßen ihn verstohlen</p> +<p>die braunen Nachtviolen;</p> +<p>Marlenchen geht an seiner Hand,</p> +<p>Marlenchen, jung Marlenchen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Traumkönig geht an den Rosmarinstrauch,</p> +<p>da brennen die Lebenskerzen,</p> +<p>sie brennen mit roten Herzen;</p> +<p>Marlenchen fühlt ihren heißen Hauch,</p> +<p>Marlenchen, jung Marlenchen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Traumkönig geht am See entlang,</p> +<p>die Wasserelfen singen</p> +<p>ein Lied von kühlen Dingen;</p> +<p>Marlenchen überkommt es bang,</p> +<p>Marlenchen, jung Marlenchen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Traumkönig geht mit leisem Schritt</p> +<p>hinein in die weichen Wellen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page101"></a>101</span>die silbern im +Mond aufquellen;</p> +<p>Marlenchen geht in die Tiefe mit,</p> +<p>Marlenchen, jung Marlenchen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem093"></a>Mutter Hule</h3> + +<h4 class='subhead'>(nach einer alten Volksdichtung)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die alte Mutter Hule</p> +<p>kann reisen ohne Geld:</p> +<p>sie setzt sich auf den Gänserich</p> +<p>und reitet durch die Welt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die alte Mutter Hule,</p> +<p>die hat im Wald ein Haus;</p> +<p>der Uhu sitzt als Wächter davor,</p> +<p>läßt niemand 'rein und 'raus.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Frau Hulens Sohn heißt Michel,</p> +<p>der ist nicht grad, nicht krumm;</p> +<p>am Sonntag ist er manchmal klug</p> +<p>und Montags manchmal dumm.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Sie schickte ihn zum Markte,</p> +<p>da kauft er sich 'ne Gans;</p> +<p>die flatterte und schnatterte</p> +<p>und wippte mit dem Schwanz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page102"></a>102</span>Frau Hule holt den +Ganter;</p> +<p>wie liebten sie sich gleich!</p> +<p>Sie fraßen zusammen aus einem Napf</p> +<p>und schwammen in einem Teich.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Des Morgens in der Frühe</p> +<p>fand Michel ein großes Ei;</p> +<p>das hatte die liebe Gans gelegt,</p> +<p>der Gänserich stand dabei.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Michel lief zur Hule:</p> +<p>guck, was ich dir gebracht,</p> +<p>ein goldnes Ei. Die Hule sagt:</p> +<p>das hast du brav gemacht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Michel trug's zu Markte,</p> +<p>drei Dukaten wollt er haben;</p> +<p>der Jud wollt bloß die Hälfte geben,</p> +<p>da schmiß er ihn in'n Graben.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Er ging am Schloß vorüber,</p> +<p>da stand ein Fräulein lilienschön;</p> +<p>dem Michel schwoll das Herze,</p> +<p>er blieb ein bißchen bei ihr stehn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Jude und ein Ritter</p> +<p>fielen über Michel her</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page103"></a>103</span>von vorne und von +hinten,</p> +<p>da schrie der Michel sehr.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die alte Mutter Hule</p> +<p>flog über Prag und Wien,</p> +<p>verwandelt ihren Michel schnell</p> +<p>in einen Harlekin.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und auch das Fräulein rührte sie</p> +<p>mit ihrem Flederwisch,</p> +<p>da stand ein Kolombinchen da</p> +<p>mit Backen rot und frisch.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wo blieb das goldne Ei, huchjee?</p> +<p>Das rollte weit ins Meer.</p> +<p>Der Michel zog die Stiefel aus</p> +<p>und sockte hinterher.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die alte Mutter Hule</p> +<p>sattelt hui die große Gans</p> +<p>und flog damit zum roten Mond,</p> +<p>denn da war Fastnachtstanz.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem094"></a>Ein Singsang vom Rheine</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Herr Steuermann, Herr Steuermann,</p> +<p>leg an der Brück von Köllen an!</p> +<p>Ein Schifflein kommt gefahren</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page104"></a>104</span>wohl über den +grünen Rhein.</p> +<p>Was hat das Schiff geladen?</p> +<p class='i'>Ei, roten Wein,</p> +<p class='i'>ei, weißen Wein,</p> +<p>den hat das Schiff geladen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Zu Köllen an der Brücke,</p> +<p>da tagt der hohe Rat am Rhein.</p> +<p>Was wollen die Herren trinken?</p> +<p class='i'>Ei, roten Wein,</p> +<p class='i'>ei, weißen Wein,</p> +<p>den wollen die Herren trinken.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ein Schifflein kommt gefahren</p> +<p>wohl über den grünen Rhein.</p> +<p>Was hat das Schiff geladen?</p> +<p class='i'>Ei, blonde Jüngferlein,</p> +<p class='i'>ei, braune Jüngferlein,</p> +<p>die hat das Schiff geladen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Zu Köllen an der Brücke,</p> +<p>da tagt der hohe Rat am Rhein.</p> +<p>Wen wollen die Herren küssen?</p> +<p class='i'>Ei, blonde Jüngferlein,</p> +<p class='i'>ei, braune Jüngferlein,</p> +<p>die wollen die Herren küssen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page105"></a>105</span>Herr Steuermann, +Herr Steuermann,</p> +<p>leg an der Brück von Köllen an!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem095"></a>Badeballade</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß</p> +<p>badeten im Teiche,</p> +<p>strampelten, tauchten,</p> +<p>plantschten und fauchten;</p> +<p class='i'>—hell lachte die alte Eiche.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Murrian Knurr, der Pudelhund,</p> +<p>kam vorbei am Teiche,</p> +<p>erhob ein Geschrei: Herbei! Polizei!</p> +<p>da baden zwei, nackend und frei!</p> +<p class='i'>—hell lachte die alte Eiche.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß</p> +<p>sprangen aus dem Teiche,</p> +<p>faßten Murrian am Kopf, an Schwanz und Zopf,</p> +<p>seiften ihn ein, trotz Bellen und Schrein,</p> +<p class='i'>—hell lachte die alte Eiche.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Lise Nackfisch und Hans Pitschenaß</p> +<p>baden wieder im Teiche,</p> +<p>hampeln und strampeln, spritzen und tauchen,</p> +<p>patschen und plantschen, prusten und fauchen,</p> +<p class='i'>—hell lacht die alte Eiche.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page106"></a>106</span> +<h3><a id="poem096"></a>Der Teufel und die Katz</h3> +</div> + +<h4 class='subhead'>(nach Schwinds Bildern)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein Kätzlein ging einst jagen,</p> +<p>welch schöne Katz, welch feine Katz;</p> +<p>an einer Kirchhofsmauer,</p> +<p>da lag sie auf der Lauer</p> +<p>und fing sich einen Ratz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Ach Kätzlein, laß mich leben,</p> +<p>du schöne Katz, du feine Katz;</p> +<p>will dienen deinem Willen,</p> +<p>jed Wünschlein dir erfüllen</p> +<p>als dein getreuer Schatz."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das Kätzlein ließ sich rühren,</p> +<p>die schöne Katz, die feine Katz;</p> +<p>sie ließ die Ratte leben,</p> +<p>tat ihr ein Laternchen geben,</p> +<p>zu leuchten bei der Hatz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Ich tu dir wacker helfen,</p> +<p>du schöne Katz, du feine Katz;</p> +<p>brauchst bloß die Öhrlein spitzen,</p> +<p>da laufen aus Spalt und Ritzen</p> +<p>Langschwänze auf den Platz."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page107"></a>107</span>Der Ratz ward +groß und größer—</p> +<p>"Du schöne Katz, du feine Katz,</p> +<p>wir wollen beid spazieren,</p> +<p>am Arm will ich dich führen</p> +<p>als dein getreuer Schatz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Dein Schwänzlein will ich kämmen,</p> +<p>ei schöne Katz, ei feine Katz!"</p> +<p>Er rupft sie zum Erbarmen,</p> +<p>kein Mauen hilft der armen,</p> +<p>vor Schmerz tut sie 'nen Satz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hätt ich dich doch gefressen,</p> +<p>ich gute Katz, ich feine Katz;</p> +<p>ein Untier bist du worden,</p> +<p>wirst mich gewiß noch morden,</p> +<p>du Ungetüm von Ratz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Er sprang ihr auf den Rücken:</p> +<p>"Hei, Schöne Katz, hei, feine Katz,</p> +<p>jetzt habe <i>ich</i> zu sagen,</p> +<p>mußt mich als Reiter tragen</p> +<p>auch ohne Zaum und Latz.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Jetzt fahren wir zur Hölle,</p> +<p>du schöne Katz, du feine Katz;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page108"></a>108</span>heidi, ein +Katzenbraten</p> +<p>wird dem Teufel schon geraten,</p> +<p>ich schür den Ofen, Schatz."</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem097"></a>Der Esel und die Löwenhaut</h3> + +<h4 class='subhead'>(nach der Fabel von Hans Sachs)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein Müllersmann aus Oberwesel</p> +<p>hatt 'nen gewitzten jungen Esel;</p> +<p>der weidete auf grünem Gras</p> +<p>und dachte sich so dies und das,</p> +<p>wollt für sein Leben gern auf Erden</p> +<p>was Bessers als ein Esel werden.</p> +<p>Da fand er—und sein Herz schlug schnell—</p> +<p>ein unversehrtes Löwenfell.</p> +<p>Er kriecht hinein, es paßt ihm gut,</p> +<p>er fühlt auch gleich des Löwen Mut</p> +<p>und denkt mit innerstem Behagen:</p> +<p>nun brauchst du nicht mehr Säcke tragen.</p> +<p>Stolz trabt er durch den Wald daher,</p> +<p>tut ganz, als ob ein Leu er wär,</p> +<p>schüttelt die Mähne, schlägt mit dem Schweif</p> +<p>und setzt die Tatzen breit und steif.</p> +<p>Das Häslein spitzt das lange Ohr,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page109"></a>109</span>die Sache kommt +ihm kitzlig vor,</p> +<p>es springt hinweg; das Rehlein auch.</p> +<p>Wie freut sich da der eitle Gauch!</p> +<p>Und als der Müller, der ihn sieht</p> +<p>von weitem, auch erschrocken flieht,</p> +<p>kann er vor Wonne kaum sich fassen,</p> +<p>muß laut sein I-A tönen lassen.</p> +<p>Da merkt der Müller, wen er hat,</p> +<p>prügelt den Esel mürb und matt</p> +<p>und schimpft ihn aus: du dummes Vieh!</p> +<p>zum Löwen wird ein Esel nie;</p> +<p>du hast mich mit dem Fell genarrt,</p> +<p>das sollst du büßen, Esel, wart!</p> +<p>und schlägt und pufft ihn immer mehr.</p> +<p>Der Esel hängt die Ohren sehr,</p> +<p>als so sein Meister ihn verbläut;</p> +<p>sein Hochmut hat ihn recht gereut,</p> +<p>wollt fürder Säcke tapfer tragen,</p> +<p>nie mehr nach Löwenhäuten fragen.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem098"></a>Ein Spatzengespräch</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich war in Fez durch die Buden gewandelt</p> +<p>und hatte einen Ring erhandelt</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page110"></a>110</span>mit einem seltsam +geschliffenen Stein;</p> +<p>sollte der Ring König Salomos sein.</p> +<p>Wer ihn besäße, verstünde sofort</p> +<p>zahlreicher Tiere Geberde und Wort,</p> +<p>könnte das Gras beim Wachsen belauschen,</p> +<p>hörte Musik aus den Quellen rauschen,</p> +<p>verstünde die Sprache von Baum und Stein,</p> +<p>müßte aber ein Sonntagskind sein.</p> +<p>Nun, ich war zu meinem Frommen</p> +<p>Beim Glockenläuten auf die Welt gekommen,</p> +<p>nahm meinen Ring, bezahlte bar,</p> +<p>und—war jetzt klüger, als ich war.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Fröhlich ging ich zur Stadt hinaus,</p> +<p>wußte da ein einsames Bauernhaus,</p> +<p>warf mich glatt in die Frühlingsruh,</p> +<p>kaute Halme und pfiff dazu,</p> +<p>dachte an dies und dachte an das,</p> +<p>wie so gedeihlich aus Ernst und Spaß</p> +<p>die Welt sich verbastelt zum Gottgetriebe,</p> +<p>dachte an Glauben, dachte an Liebe,</p> +<p>und wie hellauf über Zacken und Kanten,</p> +<p>trotz Pflichten, Gesetzen und alten Tanten,</p> +<p>das Leben in neue Blüten schießt,</p> +<p>in die der Saft der Zeit sich ergießt.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page111"></a>111</span>Dachte und dachte, +eiferbeflissen,</p> +<p>glaubte den Weg aller Wege zu wissen,</p> +<p>genau der Länge nach und der Breite,</p> +<p>der die Welt zum Heile geleite;</p> +<p>dachte— —was man so buntes denkt,</p> +<p>wenn über einem die Sonne hängt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Neben mir blühte lichtblauer Flieder;</p> +<p>ein Spatzenpärlein ließ sich drin nieder,</p> +<p>die plusterten zärtlich die dicken Hälschen,</p> +<p>zogen sich Federchen aus den Pelzchen,</p> +<p>sahen recht verliebt darein,</p> +<p>mußten wohl jung verheiratet sein.</p> +<p>Doch das Schweigen währte nicht lange,</p> +<p>bald war eine Unterhaltung im Gange;</p> +<p>ja, mein Ring kam mir trefflich zustatten,</p> +<p>deutlich verstand ich das Plaudern der Gatten</p> +<p>und durfte mit Vergnügen ermessen,</p> +<p>sie hatten höhere Interessen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Männe," sagte das Spatzenfrauchen</p> +<p>und rückte näher an ihr Grauchen,</p> +<p>"du bist so klug vom vielen Reisen,</p> +<p>könntst mich ein wenig unterweisen.</p> +<p>Sag mir doch, was die Menschen wollen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page112"></a>112</span>wenn sie die Erde +in dicken Schollen</p> +<p>aufwerfen; nie kriegen sie genug</p> +<p>von ihrem Getue mit Spaten und Pflug."</p> +<p>"Hm," sagte der Spatzmann mit Bedacht,</p> +<p>nachdem er ein Weilchen nachgedacht,</p> +<p>"Hm, in der Erde gibt's schöne Dinge,</p> +<p>Zum Beispiel Käfer und Engerlinge,</p> +<p>die werden sie brauchen zu Schmaus und Festen</p> +<p>und werden damit ihre Jungen mästen.</p> +<p>Auch Körner graben sie sehr gescheit</p> +<p>in den Boden ein; und wenn's friert und schneit,</p> +<p>und es ist Futtermangel im Haus,</p> +<p>graben sie alle wieder aus."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Du bist doch der gescheiteste Spatz,"</p> +<p>sagte die Spätzin, "mein trautester Schatz.</p> +<p>Doch noch was andres wollt ich dich fragen,</p> +<p>du kannst mir sicherlich auch sagen,</p> +<p>warum die Sonne morgens aufsteht</p> +<p>und abends wieder untergeht;</p> +<p>ich habe mir seit vielen Wochen</p> +<p>umsonst darüber den Kopf zerbrochen."</p> +<p>Der Spatz putzt sich den Schnabel und spricht:</p> +<p>"Kleines Närrchen, das weißt du nicht?</p> +<p>Wie sollten wir Vögel anders wissen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page113"></a>113</span>wann wir morgens +ausfliegen müssen?</p> +<p>Die Sonne ist da, um uns zu wecken</p> +<p>und abends uns wieder ins Nest zu stecken."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Ja, ja, nun wird mir alles klar,"</p> +<p>sagte das Weibchen; "ganz offenbar</p> +<p>hast du da recht. Doch in der Nacht</p> +<p>der Mond? für wen ist der gemacht?"</p> +<p>"Der Mond? Ach, nenn mir den Falschen nicht;</p> +<p>der hält es mit dem Katzengezücht,</p> +<p>lockt Marder und Eulen auf unsre Brut,</p> +<p>drum hass' ich ihn mit aller Wut."</p> +<p>Und zornig sträubt der kleine Mann</p> +<p>die Federn und sieht sein Weibchen an.</p> +<p>Das drängt sich an ihn, zärtlich, dicht,</p> +<p>glättet ihm die Daunen an Hals und Gesicht</p> +<p>und flüstert erschrocken: "Du hast ja recht,</p> +<p>der meint es gewiß mit uns Vögeln schlecht;</p> +<p>nie nenn ich ihn wieder. Doch sag mir, du Bester,</p> +<p>ob nicht auch in der Menschen Nester</p> +<p>die Sonne Licht und Wärme bringt,</p> +<p>daß alles früh aufsteht und singt?"</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Nein, Kind, für <i>uns</i> ist die Sonne gemacht,</p> +<p>uns bringt sie Tag, uns bringt sie Nacht.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page114"></a>114</span>Die Menschen haben +in ihren Zimmern</p> +<p>ihre eignen Sonnen, ich sah sie flimmern.</p> +<p>Als ich mal nachts, aus dem Schlaf geschreckt,</p> +<p>an ein Fenster stieß, hab ich's entdeckt:</p> +<p>sie machen bloß knips, dann haben sie Licht,</p> +<p>die brauchen unsre Sonne nicht."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das Spatzenfrauchen schien ganz beglückt</p> +<p>von so viel Klugheit und sah entzückt</p> +<p>ihr Männchen an: "Du bist ein Genie,</p> +<p>und weißt auch sicher, warum und wie</p> +<p>die Menschen in ihren Steinhäusern kleben</p> +<p>und nicht so frei wie wir Vögel leben?"</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das Spätzchen guckte ein wenig ins Land,</p> +<p>hatte aber die Antwort schnell bei der Hand:</p> +<p>"Vor Mardern und Eulen und Katzengetier</p> +<p>sind sie in den Häusern viel sichrer als wir,</p> +<p>und, was der wichtigste Grund von allen,</p> +<p>kein Junges kann aus dem Neste fallen.</p> +<p>Ja, ja, die Menschen haben Geist,</p> +<p>sind auch den Vögeln gefällig meist,</p> +<p>haben sie doch von Land zu Land</p> +<p>lauter feste Drähte gespannt,</p> +<p>damit unsre Wandrer scharenweise</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page115"></a>115</span>sich ausruhn +können auf der Reise.</p> +<p>Auch Versammlungen werden von Jungen und Alten</p> +<p>im Herbste darauf abgehalten;</p> +<p>wir sind ihnen wirklich zu Dank verpflichtet,</p> +<p>so praktisch haben sie's eingerichtet."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Glaub's schon, die Menschen sind recht klug,</p> +<p>aber noch immer nicht klug genug,"</p> +<p>sagte das Weibchen; "was würden sie geben,</p> +<p>könnten sie frei in den Lüften schweben,</p> +<p>doch sind sie zu ungeschickt zum Fliegen</p> +<p>und werden niemals Flügel kriegen."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Bloß mit den dicken seidenen Bällen</p> +<p>steigen sie manchmal tausend Ellen,"</p> +<p>lachte das Männchen; "was nur die tollen</p> +<p>Leute bei uns in den Lüften wollen?</p> +<p>Jetzt baun sie sogar allerhand Gestelle</p> +<p>und rasen herum mit Windesschnelle.</p> +<p>Auch der Dompfaff lachte neulich</p> +<p>und meinte, er fände die Dinger abscheulich;</p> +<p>sinnlos wär dies Gefliege und Rattern,</p> +<p>kein Mücklein könnt man dabei ergattern.</p> +<p>Ernsthaft sitzen sie in dem Kahn</p> +<p>und gucken die Welt durch Röhren an;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page116"></a>116</span>es ist wirklich +lachhaft mitanzusehn.</p> +<p>Komm, Schatz, wir wollen zu Bette gehn;</p> +<p>für heute hast du genug profitiert,</p> +<p>morgen wird wieder ein Stündchen doziert."</p> +<p>Eine Weile noch plusterte da was rum,</p> +<p>dann waren die Plappermäulchen stumm.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich aber ging übers stille Feld;</p> +<p>so malt sich in Spatzenköpfen die Welt,</p> +<p>dacht ich und lächelte überlegen.</p> +<p>Da hört ich's in den Lüften sich regen,</p> +<p>eine alte Esche rief mir zu:</p> +<p>"Wieviel ist der Spatz denn beschränkter als du?</p> +<p>Seid ihr Menschen nicht auch allesamt</p> +<p>zu solchen unwissenden Tierlein verdammt,</p> +<p>die das große Warum und das ewige Wie</p> +<p>mit ihrer täppischen Kindsphantasie</p> +<p>zu begreifen suchen? Dürft ihr vertraun</p> +<p>dem Funken in euch und aufwärts schaun?</p> +<p>Sind eure stolzesten Grübler und eifrigsten Späher</p> +<p>der Gottheit nur um ein Strichelchen näher?"</p> +<p>So sprach die Esche. Ich sah in die Weiten,</p> +<p>sacht fühlt' ich den Ring mir vom Finger gleiten,</p> +<p>scheu blickt' ich hin—er war verschwunden,</p> +<p>und niemals hab ich ihn wiedergefunden.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page117"></a>117</span> +<h3><a id="poem099"></a>Drei Koboldstreiche</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Fixfax der arge Kobold spricht:</p> +<p>die Langeweile bekommt mir nicht,</p> +<p>ich will in lustigen Abenteuern</p> +<p>den alten Koboldruhm erneuern,</p> +<p>denn geht's den Menschen allzu glatt,</p> +<p>wird ihre Seele stumpf und matt.</p> +<p>Drum will ich sie in diesen Tagen</p> +<p>ein wenig necken, ein wenig plagen;</p> +<p>ein Kobold will doch auch mal lachen,</p> +<p>sich über die Menschlein lustig machen,</p> +<p>die den Kern aller Dinge glauben zu kennen</p> +<p>und sich so leicht die Finger verbrennen.</p> +<p>Drum, Fixfax, auf zu keckem Wagen,</p> +<p>stör ein bißchen ihr Wohlbehagen,</p> +<p>brauchst sie ja nicht ins Unglück zu hetzen,</p> +<p>ihnen bloß ein paar sanfte Püffe versetzen.</p> +</div> +</div> + +<h4>Erster Streich</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ei, wie strömen Wohlgerüche</p> +<p>aus Frau Puffkes Wirtschaftsküche,</p> +<p>denn für hungrige Soldaten</p> +<p>will sie grad ein Ferkel braten;</p> +<p>alles ist schon gut bereit</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page118"></a>118</span>und die Essenszeit +nicht weit.</p> +<p>Fixfax nun, das muntre Mätzchen,</p> +<p>klettert hurtig wie ein Kätzchen</p> +<p>hoch hinauf zu Schornsteins Rand,</p> +<p>setzt sich listig und gewandt</p> +<p>mitten auf das Loch da, schwapp,</p> +<p>und nun zieht der Rauch nicht ab;</p> +<p>rückwärts strömt er in die Küche,</p> +<p>weg sind alle Wohlgerüche,</p> +<p>und Frau Puffke steht und hustet,</p> +<p>krebsrot im Gesicht, und prustet,</p> +<p>kann dem dicken Rauch nicht wehren,</p> +<p>sich die Sache nicht erklären.</p> +<p>Rennt zum Schornsteinfeger Krause,</p> +<p>aber der ist nicht zu Hause;</p> +<p>niemand weiß, wo Krause schweift,</p> +<p>und Frau Puffke steht und keift,</p> +<p>denn die Uhr läuft immer weiter.</p> +<p>Endlich kommt er mit der Leiter,</p> +<p>um den Schaden zu ergründen,</p> +<p>doch er kann durchaus nichts finden;</p> +<p>denn der Fixfax, wohlbedacht,</p> +<p>hat sich aus dem Staub gemacht,</p> +<p>und Herr Krause mit dem Besen</p> +<p>brummt, die Sonne sei's gewesen.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page119"></a>119</span>Vier Uhr +schlug's, als die Soldaten</p> +<p>endlich kriegten ihren Braten.</p> +</div> +</div> + +<h4>Zweiter Streich</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Vor dem Spiegel, kerzengrad,</p> +<p>steht Herr Amtsvorsteher Plath;</p> +<p>tadellos und mit Geschmack</p> +<p>sitzt die Hose und der Frack,</p> +<p>ausgezeichnet auch die glatte</p> +<p>blütenweiße Taftkrawatte,</p> +<p>Kragen, Vorhemd, <i>comme il faut</i>,</p> +<p>und Herr Plath ist seelenfroh.</p> +<p>Langt noch sorglich aus dem Schrank</p> +<p>den Zylinder blitzeblank;</p> +<p>nimmt dann Stock und Handschuh munter,</p> +<p>steigt voll Stolz die Treppe runter,</p> +<p>denn er ist heut eingeladen</p> +<p>Zum Empfang bei ihrer Gnaden</p> +<p>der Prinzessin Schneckenstein,</p> +<p>und das hebt ihm Brust und Bein.</p> +<p>Fixfax aber dachte gleich:</p> +<p>wart, dir spiel ich einen Streich.</p> +<p>Auf den Taubenboden geht er</p> +<p>und nach losen Federn späht er,</p> +<p>sammelt allen Flaum ins Säckchen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page120"></a>120</span>bläst +verschmitzt das ganze Päckchen</p> +<p>über Plathens neuen Frack</p> +<p>und auf seinen <i>Chapeau-claque</i>.</p> +<p>Plath sieht ganz befiedert aus,</p> +<p>doch er ahnt nichts von dem Graus,</p> +<p>steuert durch die Nacht geschwind,</p> +<p>denkt bloß: was für'n arger Wind!</p> +<p>tritt mit Würde in den Saal,</p> +<p>Alle lachen—o Skandal!</p> +<p>Bis er endlich sich besieht</p> +<p>und geknickt von dannen flieht.</p> +<p>Draußen denkt er ärgerlich:</p> +<p>So ein Pech, das hab nur ich!</p> +</div> +</div> + +<h4>Dritter Streich</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Auf des Sofas weichem Grunde</p> +<p>schlummert sanft mit offnem Munde</p> +<p>Pastor Pfannkuch. Nur die Fliegen</p> +<p>summen sich was zum Vergnügen,</p> +<p>sonst ist's muckstill. Fast erledigt</p> +<p>liegt der Text der Sonntagspredigt</p> +<p>auf dem Schreibtisch. Sonnenfleckchen</p> +<p>spielen in den Zimmereckchen;</p> +<p>nichts bedroht den tiefen Frieden,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page121"></a>121</span>der dem frommen +Mann beschieden.</p> +<p>Doch da stiehlt sich in die Stube</p> +<p>Fixfax, dieser lose Bube,</p> +<p>kichert, fängt ein Dutzend Fliegen,</p> +<p>die sind hier sehr rasch zu kriegen,</p> +<p>tunkt sie in das Tintenfaß,</p> +<p>bis sie gänzlich schwarz und naß,</p> +<p>läßt sie dann gleich wieder fliegen</p> +<p>und entfernt sich mit Vergnügen.</p> +<p>Nach 'nem Weilchen, ach Herrjee,</p> +<p>kommt Frau Pastor mit dem Tee,</p> +<p>ruft voll Abscheu, Schreck und Graus:</p> +<p>Berthold! Mensch, wie siehst du aus!</p> +<p>bist ja wie'n Idiot beschmiert,</p> +<p>Backen, Nase, schwarz karriert!</p> +<p>Himmel, auch die neue Predigt</p> +<p>ist beschmudelt und beschädigt,</p> +<p>und auf meinen weißen Deckchen</p> +<p>grinsen lauter Tintenfleckchen!</p> +<p>Mann, wie hast du das getan?</p> +<p>Und sie sehn sich grübelnd an...</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Fixfax aber, auf der Wacht,</p> +<p>sitzt im Mauseloch und lacht</p> +<p>sich ins Fäustchen ohne Reue,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page122"></a>122</span>und—gebt +Acht—er wird sich neue</p> +<p>Schelmentaten ausklabuntern,</p> +<p>um uns Menschen aufzumuntern.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem100"></a>Spuk</h3> + +<h4 class='subhead'>(nach alten Mustern)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Bauer schläft im Hirsekraut;</p> +<p>wer fährt dem Bauer sein Heu nach Haus?</p> +<p>Der rote Mond guckt übern Strauch,</p> +<p>der Bauer schläft und wacht nicht auf.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wer fährt dem Bauer sein Heu nach Haus?</p> +<p>Aus ihrem Loche lugt die Maus,</p> +<p>der Fuchs schleicht sacht aus seinem Bau;</p> +<p>der Bauer träumt und wacht nicht auf.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Mond scheint hell und hoch herauf,</p> +<p>der Marder schleicht durchs fahle Laub,</p> +<p>die Eulen huschen schwarz und grau;</p> +<p>der Bauer stöhnt, doch wacht nicht auf.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Husch, horch: Wer trippelt und trappelt zu Hauf?</p> +<p>Wer spannt die müden Gäule aus?</p> +<p>Die Gäule wissen den Weg nach Haus;</p> +<p>der Bauer schläft im Hirsekraut.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page123"></a>123</span>Wer kichert in des +Wagens Bauch?</p> +<p>Wohin rollen die Räder ohne Ruck, ohne Laut?</p> +<p>Wer hält sie an am Garten, am Zaun?</p> +<p>Wer fuhr dem Bauer sein Heu nach Haus?</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der kommt verstört beim Morgengraun:</p> +<p>O Frau, mein Heu! O Frau, mein Traum!</p> +<p>Die Frau führt lachend ihn zum Zaun,</p> +<p>da zupft die Ziege vom Wagen das Kraut.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>"Schlaf andermal nicht und sei nicht faul,</p> +<p>wenn der Vollmond steigt übern Berg herauf;</p> +<p>die Kobolde fuhren dein Heu nach Haus,</p> +<p>jetzt geh und leg ihnen Speck und Kraut."</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem101"></a>Der Märchenkönig und sein +Töchterlein</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Herbei, ihr kleinen Wichte,</p> +<p>Kobold, Alraun und Wurzelmann,</p> +<p>schafft hunderttausend Lichte</p> +<p>und putzt damit die Bäume an!</p> +<p>Bis in die höchsten Spitzen</p> +<p>soll Licht bei Lichtlein blitzen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Mond und alle Sterne</p> +<p>sind doch bloß blasser Himmelsschaum;</p> +<p>mein Töchterlein will gerne</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page124"></a>124</span>den ganzen Wald +zum Weihnachtsbaum.</p> +<p>Drum macht, wie ich euch sage,</p> +<p>die Nacht zum hellen Tage!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Märchenkönig spricht's. Im Nu</p> +<p>geht's an ein Lichterkneten;</p> +<p>kein einziger sieht müßig zu,</p> +<p>gönnt kaum sich Zeit zum Beten.</p> +<p>Und als die Heilige Nacht heran,</p> +<p>zünden sie alle Kerzen an.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hei, war das ein Gestrahle,</p> +<p>ein Leuchten, flimmern, überhell,</p> +<p>als brach mit einem Male</p> +<p>von Fels zu Fels ein Feuerquell.</p> +<p>Auf Zweig und Äste blicken</p> +<p>die Bäume mit Entzücken.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Meister führt sein Töchterlein</p> +<p>durch diese Weihnachtspracht.</p> +<p>Sie schreitet wie im Sonnenschein,</p> +<p>fühlt Kälte nicht noch Nacht,</p> +<p>und flüstert traumverloren:</p> +<p>Die Liebe ward geboren.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Da rauschte durch die Weiten</p> +<p>dies wundersame Wort,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page125"></a>125</span>in Erd- und +Himmelsbreiten</p> +<p>pflanzt es sich heilig fort.</p> +<p>Mit hunderttausend Kerzen</p> +<p>glüht's heut in allen Herzen,</p> +<p>klingt's heut durch alle Ohren:</p> +<p>Die Liebe ist geboren!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem102"></a>Weihnachtsgang</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Es war zur lieben Weihnachtszeit,</p> +<p>die Wälder lagen tief verschneit,</p> +<p>im Acker schlief in guter Ruh</p> +<p>das Korn und träumte dem Frühling zu,</p> +<p>die Winternachmittagssonne stand</p> +<p>wie ein gelber Fleck an weißer Wand—</p> +<p>da schritt ich hinaus in die blinkende Weite</p> +<p>und summte ein Lied mir zum Geleite.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wie ich so ging auf stillen Wegen,</p> +<p>kam mir ein seltsamer Zug entgegen.</p> +<p>Ein Eselchen ganz vollgesackt</p> +<p>mit Schachteln und allerhand Kram bepackt,</p> +<p>Schritt langsam durch die Felderruh;</p> +<p>Sein Führer rief ihm bisweilen zu,</p> +<p>es war ein Alter in weißem Haar,</p> +<p>mit Runzelgesicht und sonderbar</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page126"></a>126</span>altmodischem +Pelzwerk, sonst gut bei Kräften,</p> +<p>die Füße staken in hohen Schäften</p> +<p>und kamen munter mit Hott und Hüh</p> +<p>grad auf mich zu samt dem Eselsvieh.</p> +<p>Potz Blitz, fällt mir auf einmal ein,</p> +<p>das muß doch der Gottesknecht Ruprecht sein.</p> +<p>Ich blicke scharf in das bärtge Gesicht:</p> +<p>"Grüß Gott, mein Alter, kennst du mich nicht?</p> +<p>Ich hab doch oft dein Loblied gesungen,</p> +<p>und all die Mädels und all die Jungen,</p> +<p>die noch an Mutters Rockzipfel hängen</p> +<p>oder sich auf den Schulbänken drängen,</p> +<p>kennen dich wie ihre großen Zehen,</p> +<p>doch hat wohl noch niemand dich draußen gesehen.</p> +<p>Sonst kamst du immer auf heimlichen Wegen</p> +<p>uns erst in der heimlichen Stube entgegen</p> +<p>mit Sack und Pack und netten Geschenken;</p> +<p>was soll ich, Weihnachtsmann, von dir denken?</p> +<p>Da stehst du nun mit Haut und Haar,</p> +<p>bist nicht ein bißchen unsichtbar,</p> +<p>wie es dir zukommt."—"So ist meine Art,"</p> +<p>brummte der Alte und strich sich den Bart,</p> +<p>"ich denke mir gern Überraschungen aus,</p> +<p>für diesmal mach ich's außerm Haus;</p> +<p>komm mit, da sollst du was erleben,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page127"></a>127</span>das wird ein +Extra-Vergnügen geben."</p> +<p>"Topp," rief ich, "Alter, ich bin dabei,</p> +<p>ich höre gern lustiges Kindergeschrei."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>So schritten wir rüstig zur Stadt. Am Tor</p> +<p>langte Ruprecht ein hölzernes Pfeifchen hervor</p> +<p>und blies. Wie konnte der Alte pfeifen!</p> +<p>Jetzt lernt ich den Rattenfänger begreifen:</p> +<p>aus allen Straßen, aus Tür und Tor</p> +<p>—mir klingt der Lärm noch immer im Ohr—</p> +<p>mit Jubeln und Lachen, in bunten Haufen</p> +<p>kamen wohl hundert Kinder gelaufen.</p> +<p>Sie tanzten um Ruprecht, bettelten, baten,</p> +<p>eins um 'ne Kutsche, eins um Soldaten,</p> +<p>eins um ein Püppchen, eins um ein Büchlein,</p> +<p>eins um ein Rößlein, eins um ein Tüchlein,</p> +<p>und Ruprecht langte in seinen Sack</p> +<p>und gab, was es wünschte, dem kleinen Pack.</p> +<p>Ja, jedes Kind durfte etwas erlangen;</p> +<p>aber die übermütigen Rangen</p> +<p>schrien durcheinander und wollten mehr,</p> +<p>kletterten über das Eselchen her,</p> +<p>zupften den Ruprecht an Bart und Kragen,</p> +<p>wollten ihm gar die Säcke wegtragen.</p> +<p>Da wurde es aber dem Alten zu bunt,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page128"></a>128</span>er nahm sein +Zauberpfeifchen, und—</p> +<p>schrill kam ein Ton. Wie erschraken sie doch.</p> +<p>Sie wurden ganz kleinlaut, man hörte nur noch:</p> +<p>"Komm, Fritzchen—Hans, laß doch—nicht +schreien, Marie—</p> +<p>Knecht Ruprecht wird böse—seht ihr nicht wie?!"</p> +<p>Und sie stellten sich artig um ihn herum</p> +<p>und waren wie die Mäuschen stumm.</p> +<p>Er kommandierte: "Linksum, kehrt,</p> +<p>nun geht nach Hause, wie sich's gehört!"</p> +<p>Da faßten die Großen die Kleinen an:</p> +<p>"Grüß Gott und schönen Dank auch, Herr +Weihnachtsmann."</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Und wieder tönte die Schalmei,</p> +<p>die Kinder trabten zwei zu zwei</p> +<p>und sangen lustig die Weise mit,</p> +<p>und fern und ferner klang ihr Schritt;</p> +<p>mein Blick verfolgte den kleinen Schwarm.</p> +<p>Wie sind ihre Bäckchen vor Freude warm—</p> +<p>so dacht ich—und Freude ist der Saft,</p> +<p>den wir auf unsrer Wanderschaft</p> +<p>durchs Leben aus frohen Kindertagen</p> +<p>ins graue Alter mit hinübertragen</p> +<p>als verjüngendes Elixier;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page129"></a>129</span>ein gut Teil davon +verdanken wir dir,</p> +<p>du alter bärtiger Gottgeselle!</p> +<p>Ich sah mich um—leer war die Stelle,</p> +<p>nur fern in der dämmernden Abendluft</p> +<p>verschwebte ein Wölkchen wie Weihrauchduft,</p> +<p>und durch die feiernde Stille drang</p> +<p>der erste hohe Glockenklang.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem103"></a>Weihnachtsbesuch</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ländliche Straßen, dicht beschneit.</p> +<p>Knirschen, Geläut,</p> +<p>ein Schlitten;</p> +<p>inmitten</p> +<p>sitzen drei kleine Leut</p> +<p>bis zu den Öhrchen vermummt.</p> +<p>Es singt und summt</p> +<p>von Weihnachtsglocken;</p> +<p>ein paar neugierige Flocken</p> +<p>lassen vom Wind sich herüberwehn,</p> +<p>wollen durchaus das Mädelchen sehn</p> +<p>mit den roten Kältebäckchen</p> +<p>und den goldbraunen Zottellöckchen</p> +<p>und das Bübchen daneben,</p> +<p>das sich eben</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page130"></a>130</span>das immer +tropfende Näschen putzt.</p> +<p>Großäugig, verdutzt,</p> +<p>bis zum Mäulchen zugedeckt,</p> +<p>im Wollmützchen fast versteckt,</p> +<p>sitzt das Kleinste auf Mutters Schoß.</p> +<p>"Kutscher, ein bißchen los,</p> +<p>es wird kalt;</p> +<p>Sie wissen doch, drüben zum Förster am Wald."</p> +<p>Der Alte schmunzelt und knallt</p> +<p>mit der Peitsche, hüh, hott—</p> +<p>die Gäule bleiben bei ihrem Trott.</p> +<p>... Von drüben her Lichter,</p> +<p>Zwei altliebe Gesichter</p> +<p>hinter den Scheiben:</p> +<p>"Wo sie nur bleiben?</p> +<p>Ist schon die fünfte Stunde!"</p> +<p>Da knurren die Hunde,</p> +<p>bellen, wollen hinaus;</p> +<p>Großmutter läuft vors Haus.</p> +<p>Da:—Knirschen, Geläut,</p> +<p>ein Schlitten,</p> +<p>inmitten</p> +<p>sitzen vier liebe Leut.</p> +<p>Wie das Altchen sich freut!</p> +<p>Unter Lachen und Weinen</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page131"></a>131</span>wickelt sie aus +den Tüchern die Kleinen,</p> +<p>küßt die Tochter, nimmt ihr das Jüngste vom Knie:</p> +<p>"Ein prächtiges Kindchen! Gott schütz es, +Marie!"</p> +<p>Neben ihr sprudelt ein Zünglein:</p> +<p>"Großmutter, komm doch 'rein!</p> +<p>Großmutter, sind die Hühner noch wach?</p> +<p>Großmutter, Vater kommt morgen nach,</p> +<p>er läßt schön grüßen."</p> +<p>... Auf bedächtigen Füßen,</p> +<p>als ging ihn die Sache nichts an,</p> +<p>kommt auch der Förster langsam heran.</p> +<p>"Na?</p> +<p>Seid ihr endlich da?"</p> +<p>Gleich läuft der Fritz auf ihn zu:</p> +<p>"Großvater, Du,</p> +<p>guck mal drüben den roten Fleck!</p> +<p>och, Großvater, nu is die Sonne weg."</p> +<p>"Die Sonne? Hm, laß man; drin is noch eine,</p> +<p>'ne ganze feine,</p> +<p>die wird uns bald blinken—</p> +<p>nu aber, bitte, kommt Kaffee trinken."</p> +<p>... Der Platz wird leer,</p> +<p>schneestill und stumm.</p> +<p>Der alte Kutscher lenkt langsam um,</p> +<p>nickt vor sich her,</p> +<p><span class='pgnum'><a +id="page132"></a>132</span>gedankenschwer,</p> +<p>und brummelt für sich:</p> +<p>"Der oll Förster hett's gaud, manch enner hett's +nich."</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem104"></a>König Kuchen und Königin +Schokolade</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Bei König Kuchen und Königin Schokoladen</p> +<p>war ich mit Linchen heut Nacht in Gnaden</p> +<p>zu Gaste geladen.</p> +<p>Ein prachtvolles Fuhrwerk, tripp, tripp, trapp,</p> +<p>holte uns stolz von Hause ab.</p> +<p>Vorn stampften zwei schneeweiße Vollblutjucker</p> +<p>aus feinem biegsamen Lederzucker,</p> +<p>auf dem Kutschbock der dicke Mohr</p> +<p>kam uns marzipanisch vor,</p> +<p>und neben ihm der fette Mops</p> +<p>war ganz gefüllt mit englischen Drops.</p> +<p>Die Kutsche, aus weißem Zuckerkant,</p> +<p>erstrahlte hell wie Diamant;</p> +<p>sie ging auf zierlichen Süßholzrädern,</p> +<p>aus Vanille waren die Deichsel, die Federn,</p> +<p>dicke Polster aus Traubenrosinen</p> +<p>sollten uns als Sitze dienen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page133"></a>133</span>aber in den +Bätterteig-Wagentaschen</p> +<p>gab es allerhand Gutes zum Naschen.</p> +<p>Ein allerliebster Praliné-Page</p> +<p>dienerte neben der Equipage</p> +<p>in einem rot kandierten Frack</p> +<p>und öffnete uns den Wagenschlag.</p> +<p>Wir stiegen ein und fuhren im Nu</p> +<p>durch Rußland und Asien nach China zu.</p> +<p>Bald kamen wir in jenes Land,</p> +<p>wo König Kuchen, der Süße genannt,</p> +<p>unumschränkt herrscht in seinen Reichen</p> +<p>mit seiner Fürstin ohnegleichen,</p> +<p>der herrlichen Königin Schokolade,</p> +<p>die uns zum Fest befohlen in Gnade.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das goldgelb glacierte Ballfesthaus</p> +<p>sah wie ein riesiger Napfkuchen aus,</p> +<p>umgeben von einem Spritzkuchengitter;</p> +<p>als Wache davor zwei braune Ritter</p> +<p>aus Pfefferkuchen mit Gußfiligran,</p> +<p>die hatten Knackmandel-Harnische an.</p> +<p>Als Führer dienten mir und Linchen</p> +<p>zwei allerliebste Thorner Kathrinchen;</p> +<p>sie verbeugten sich höflich als wir kamen,</p> +<p>und sagten: bitte, meine Damen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page134"></a>134</span>Ach, Kinder, wie +das Herz mir lacht,</p> +<p>denk ich zurück an all die Pracht!</p> +<p>Die Wände waren von Makronen,</p> +<p>verbrämt mit Schokoladenbohnen,</p> +<p>aus grünen Bonbons die glatten Dielen,</p> +<p>daß wir nachher beim Tanz fast fielen,</p> +<p>die Säulen aus mächtigen Baumkuchentorten</p> +<p>von den allerhöchsten und edelsten Sorten,</p> +<p>die Tische aus marmoriertem Konfekt,</p> +<p>mit drolligen Lutschfigürchen bedeckt,</p> +<p>die Stühle Fäßchen mit Gelees,</p> +<p>mit Eingemachtem und Knusperknees;</p> +<p>rings auf appetitlichen Zimmetstaffeln</p> +<p>lagen Biskuits und Keks und Waffeln.</p> +<p>Im Hintergrunde ein Gletschersee,</p> +<p>mit Vanille-Eisbergen und Schlagsahnen-Schnee,</p> +<p>entsandte in doppelter Kaskade</p> +<p>Zitronen- und Himbeer-Limonade;</p> +<p>und hoch über allem, im glanzvollen Saal,</p> +<p>strahlte eine Sonne aus Zucker-Opal.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>In der Mitte aber stand ein Thron,</p> +<p>gebaut aus Bretzeln mit blauem Mohn,</p> +<p>darauf saß liebreich in ihrer Gnade</p> +<p>die herrliche Königin Schokolade.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page135"></a>135</span>Sie harrte +huldvoll, bis die Schar</p> +<p>der Kinder ganz versammelt war,</p> +<p>die sie aus kalter und warmer Zone</p> +<p>herbefohlen zu ihrem Throne,</p> +<p>um ihnen mit königlichen Händen</p> +<p>von ihren süßen Kleinodien zu spenden;</p> +<p>ihr hoher Gemahl, der König Kuchen,</p> +<p>hatte Mühe, sie auszusuchen.</p> +<p>Da waren Kinder aus Deutschland und Spanien,</p> +<p>aus Frankreich, Chile, Mesopotamien,</p> +<p>Kinder von Kaffern und Hottentotten,</p> +<p>von Persern, Eskimos und Schotten,</p> +<p>Kinder aus Süden und Kinder aus Norden</p> +<p>von den feinsten Familien und den wildesten Horden,</p> +<p>denn alle Kinder zu allen Zeiten</p> +<p>essen gerne Süßigkeiten.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>An der Königin Seite, im leckeren Grase</p> +<p>machte Männchen ein stattlicher Osterhase,</p> +<p>und als die Kinder versammelt waren,</p> +<p>ordnete er die bunten Scharen;</p> +<p>rechts gingen die Mädchen, links die Knaben,</p> +<p>so wollt es der König Kuchen haben,</p> +<p>und jedes Kind in jeder Reih</p> +<p>bekam ein prächtiges Osterei,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page136"></a>136</span>die Mädchen +blaue, rote die Jungen,</p> +<p>dann ist das Häschen davongesprungen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Nun fing die Kapelle zu spielen an,</p> +<p>vorn geigte ein Nürnberger Lebkuchenmann;</p> +<p>ich sag euch, es war 'ne Musik für Kenner,</p> +<p>und waren doch alles gebackene Männer,</p> +<p>mit Rosinenaugen und Mandelnasen,</p> +<p>und konnten so lieblich flöten und blasen.</p> +<p>Es wurde getanzt, gespielt, gelacht,</p> +<p>damit verging die schöne Nacht.</p> +<p>Zuguterletzt, nicht zu vergessen,</p> +<p>wurde alles aufgegessen,</p> +<p>artig gedankt und Abschied genommen;</p> +<p>wir fuhren heim, wie wir gekommen,</p> +<p>und erwachten in unserm Bett—</p> +<p>Kinder, Kinder, wie war das nett!—</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem105"></a>Der erste Mai</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Nein, Kinder, immer kann man nicht dichten,</p> +<p>immer weiß man nicht neue Geschichten;</p> +<p>oft sind die Märchengeister stumm,</p> +<p>als wären sie wer weiß wie dumm,</p> +<p>und alle Wände grinsen mich an,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page137"></a>137</span>als hätt ich +ihnen was angetan.</p> +<p>So war's auch neulich. Bei mir zu Haus</p> +<p>sah alles öde und langweilig aus,</p> +<p>da bin ich in den Abend geschlendert;</p> +<p>der Himmel hing rosenrot umbändert,</p> +<p>die Wolken türmten sich wie ein Tor,</p> +<p>plötzlich stand ich grade davor</p> +<p>und sah hinein in das Himmelsschloß.</p> +<p>"Na, Petrus, was ist denn hier oben los?"</p> +<p>fragt ich; "hier sieht's ja munter aus."</p> +<p>Da schmunzelt der alte Wächter vom Haus</p> +<p>und sagt mir—aber ihr dürft nicht lachen—:</p> +<p>Im Himmel wäre groß Reinemachen,</p> +<p>die Jungfrau Maria tät revidieren</p> +<p>und die himmlischen Scharen zum Scheuerfest führen.</p> +<p>Die kleinsten Englein müßten ran,</p> +<p>kriegten große Schürzen an,</p> +<p>dürfte keins spielen und müßig bleiben,</p> +<p>müßten fegen und wischen, seifen und reiben.</p> +<p>Da würden die Sterne blitzblank geputzt,</p> +<p>den kleinen Kometen die Schwänzchen gestutzt,</p> +<p>der Himmel mit Wunderblau lackiert,</p> +<p>der Regenbogen neu ausstaffiert;</p> +<p>dem Vollmond würde, wie er sich auch steift,</p> +<p>mal gründlich wieder die Glatze geseift,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page138"></a>138</span>und damit am +klaren Firmament</p> +<p>die liebe Sonne schön leuchten könnt,</p> +<p>würden die Wolken fest ausgedrückt</p> +<p>und hinter den Horizont geschickt.</p> +<p>Wenn alles fertig, wüschen sich</p> +<p>die Englein die Flügel säuberlich—</p> +<p>denn morgen sei ja der erste Mai— —</p> +<p>Ich fragte, was an dem Tage sei,</p> +<p>da blitzte mich Petrus an und sprach:</p> +<p>"Na, weißt du, das ist doch wirklich 'ne Schmach;</p> +<p>da sieht man wieder, wie wenig ihr wißt,</p> +<p>nicht mal, wann Gottes Geburtstag ist."</p> +<p>Na, Kinder, ich machte ein dummes Gesicht;</p> +<p>das wußt ich bei aller Gelehrsamkeit nicht.</p> +<p>Doch nun wurde mir auf einmal klar:</p> +<p>Darum putzt sich die Erde Jahr für Jahr</p> +<p>mit Blumen und Kräutern im bunten Gemisch,</p> +<p>darum grünen die Hecken, die Bäume so frisch,</p> +<p>darum üben die Vögel die Festmelodie,</p> +<p>und Bienen und Grillen begleiten sie,</p> +<p>darum wird dem Menschen die Freude so groß,</p> +<p>als säß er dem lieben Gott im Schoß,</p> +<p>wenn der Maiwind kommt über Berg und Tal—</p> +<p>nun begriff ich den Frühling mit einem Mal.</p> +<p>Und ich fragte Petrus aus froher Seele:</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page139"></a>139</span>Erlaubst du, +daß ich das weiter erzähle?</p> +<p>"Immerzu," sagte der und strich sich den Magen;</p> +<p>"kannst den neugierigen Leuten gleich noch sagen,</p> +<p>daß an Gottes Geburtstag, dem ersten Mai,</p> +<p>auch der Tanztag für Teufel und Hexen sei.</p> +<p>Sonst dürfen sie, zu Aller Segen,</p> +<p>sich keinen Schritt ohne Leine bewegen;</p> +<p>doch an dem Tage sind sie frei,</p> +<p>—da macht die Bande genug Geschrei,"</p> +<p>entfuhr es brummend dem alten Knaben—</p> +<p>"doch Gott ist der Herr und will es so haben.</p> +<p>Er sieht in hoher heiliger Ruh</p> +<p>dem tollen Blocksbergvergnügen zu;</p> +<p>und treibt es einer zu arg von der Sippe,</p> +<p>kommt er sofort wieder an die Strippe.</p> +<p>Nun aber leb wohl, ich wünsch gute Nacht,</p> +<p>um neun wird der Himmel zugemacht."</p> +<p>Langsam schloß sich das Wolkentor;</p> +<p>ich ging, ein Liedchen klang mir im Ohr.</p> +<p>Zu Haus in heimlicher Abendruh</p> +<p>nickt ich den Sternen fröhlich zu</p> +<p>und betete: Ich bin nur ein Zwerg,</p> +<p>und die herrliche Welt, sie ist dein Werk,</p> +<p>o Gott; du hast alles, nichts kann man dir schenken,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page140"></a>140</span>nur deiner in +Freude und Demut gedenken.</p> +<p>So nimm dieses Liedchen, ich hab es erdacht</p> +<p>in dieser Frühlings-Geburstagsnacht.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem106"></a>Wetterwunsch</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Scheine, Sonne, scheine,</p> +<p>die Wäsch hängt auf der Leine;</p> +<p>unsre Hemden, unsre Socken,</p> +<p>mach sie uns bis Sonntag trocken,</p> +<p>scheine, Sonne, scheine!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Rausche, rausche, Regen,</p> +<p>gib uns deinen Segen,</p> +<p>wasch die armen Sünder rein,</p> +<p>gib uns Brot und gib uns Wein,</p> +<p>rausche, rausche, Regen!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Zu best ist allerwegen</p> +<p>Sonnenschein <i>und</i> Regen;</p> +<p>auch der Wind muß pfeifen,</p> +<p>soll die Ernte reifen.</p> +<p>Regen, Wind und Sonnenschein</p> +<p>mögen bei unserm Hause sein!</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page141"></a>141</span> +<h3><a id="poem107"></a>Hammerliedchen</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Pink, pank, Hammerschlag,</p> +<p>der Nagel hat 'nen Kopf;</p> +<p>und wenn er keine Spitze hat,</p> +<p>ist er ein armer Tropf.</p> +<p class='i'>Mein Hämmerlein du,</p> +<p class='i'>schlag zu, schlag zu!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Pink, pank, Hammerschlag,</p> +<p>hast du der Nägel zehn</p> +<p>und nagelst du ein Särglein zu,</p> +<p>ist's um einen geschehn.</p> +<p class='i'>Mein Feuerlein du,</p> +<p class='i'>blas zu, blas zu!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem108"></a>Im Sonnenschein</h3> + +<h4 class='subhead'>(nach einer alten Fabel)</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Kribbel-krabbel-Käfer</p> +<p>läuft hinab zum See,</p> +<p>er kommt vom grünen Hügel,</p> +<p>hell leuchten seine Flügel</p> +<p class='i'>im Sonnenschein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Kommt der Fisch geschwommen,</p> +<p>Sperrt das Fischmaul auf,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page142"></a>142</span>da ist in zwei +Sekunden</p> +<p>der Käfer drin verschwunden</p> +<p class='i'>im Sonnenschein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Überm See der Reiher</p> +<p>sieht, wies Fischlein schnappt,</p> +<p>nimmt seinen spitzen Schnabel</p> +<p>und spießt es auf die Gabel</p> +<p class='i'>im Sonnenschein.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wie nun stolz der Reiher</p> +<p>seine Kreise zieht</p> +<p>mit leuchtendem Gefieder,</p> +<p>knallt ihn der Jäger nieder</p> +<p class='i'>im Sonnenschein.</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem109"></a>Wanderlied</h3> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Sonnenlichter,</p> +<p class='i'>Frühlingswichter</p> +<p>spielen auf der dunkeln Wand.</p> +<p>Prüfend öffne ich das Fenster;</p> +<p>seht die Wolken, die Gespenster</p> +<p>lösen sich am Himmelsrand.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Holla, Jungen,</p> +<p class='i'>aufgesprungen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page143"></a>143</span>schnell das +Ränzel aus dem Spind!</p> +<p>Kommt, wir wandern durch die feuchten</p> +<p>Saaten; wie Smaragden leuchten</p> +<p>Halm an Halm im Morgenwind.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Feste Schritte,</p> +<p class='i'>Männersitte;</p> +<p>wie die Ferne lockt und wirbt!</p> +<p>Und wir lassen sie im Schreiten</p> +<p>achtlos oft vorübergleiten,</p> +<p>bis sie hinter uns erstirbt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Hohe Ziele,</p> +<p class='i'>nicht zum Spiele;</p> +<p>immer steiler wächst der Paß.</p> +<p>Aber oben wolln wir rasten</p> +<p>nach der Arbeit, nach dem Fasten;</p> +<p>Jungens, trinkt, ich komm euch was!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p class='i'>Hoch im Blauen</p> +<p class='i'>selig Schauen,</p> +<p>unter uns der Erde Glück!</p> +<p>Doch es zieht mit tausend Armen</p> +<p>immer wieder zu den warmen</p> +<p>Menschenstätten uns zurück.</p> +</div> +</div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page144"></a>144</span> </p> +<div class='figure'><span class='pgnum'><a +id="page145"></a>145</span><a href="images/i138.png"><img +src="images/i138tn.png" alt="" /></a></div> + +<p><span class='pgnum'><a id="page146"></a>146</span> </p> +<h2><span class='pgnum'><a id="page147"></a>147</span>Vierter Teil</h2> + +<p><span class='pgnum'><a id="page148"></a>148</span> </p> +<div><span class='pgnum'><a id="page149"></a>149</span> +<h3><a id="poem110"></a>Spruch fürs Leben</h3> +</div> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hinüber, hinein!</p> +<p>über Wipfel und Stein!</p> +<p>die Herzen zu baden</p> +<p>im Goldsonnenschein!</p> +<p>Auf schwierigen Pfaden</p> +<p>zu lichten Gnaden!</p> +<p>über Wipfel und Stein,</p> +<p>hinunter, hinein!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem111"></a>Allerlei Rätsel</h3> + +<h4 class='subhead'>(Die Lösungen stehen im Verzeichnis der +Überschriften)</h4> + +<h4><a id='poem111.1'></a>—1—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich habe Flügel—rate, Kind—</p> +<p>doch flieg ich nur im Kreise;</p> +<p>und singen tu ich, wenn der Wind</p> +<p>mir vorpfeift, laut und leise.</p> +<p>Was ihr den Feldern abgewinnt,</p> +<p>kau ich auf meine Weise;</p> +<p>doch was mir durch die Kehle rinnt,</p> +<p>das mundet euch als Speise.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.2'></a>—2—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Standen vier weiße Ritterchen</p> +<p>auf einem roten Gitterchen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page150"></a>150</span>die machten alles +klitzeklein</p> +<p>und warfen es in ein Loch hinein.</p> +<p>Als das die andern Ritter sahn,</p> +<p>zogen sie neue Harnische an,</p> +<p>kamen aus ihren Burgen herbei,</p> +<p>stellten sich tapfer in die Reih</p> +<p>und machten hack</p> +<p>und sagten knack</p> +<p>und warfen alles in einen Sack.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.3'></a>—3—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die erste frißt,</p> +<p>der zweite ißt,</p> +<p>das dritte wird gefressen;</p> +<p>das ganze wird zu Pökelfleisch</p> +<p>und Erbsenbrei gegessen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.4'></a>—4—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein erstes ist ein Hund,</p> +<p>mein zweites ist ein Junge,</p> +<p>mein ganzes ist ein Dieb,</p> +<p>kein Hundejunge!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.5'></a>—5—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die ersten sind ein Untertan,</p> +<p>die dritte ist ein Untertan,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page151"></a>151</span>das ganze ist ein +Untertan,</p> +<p>wird von dem andern Untertan</p> +<p>unter den ersten Untertan</p> +<p>ganz untertänigst untergetan.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.6'></a>—6—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wenn das R am Anfang steht,</p> +<p>liebt man es nicht sauer;</p> +<p>wenn es bis ans Ende rutscht,</p> +<p>hüt dich vor dem Hauer!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn das R am Anfang steht,</p> +<p>ist's ein Heldenname;</p> +<p>wenn es bis ans Ende rutscht,</p> +<p>wird's ein Waldbaumsame.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn das R am Anfang steht,</p> +<p>sind es böse Leute;</p> +<p>wenn es bis ans Ende rutscht,</p> +<p>gerbt man seine Häute.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn das R am Anfang steht,</p> +<p>ist es eine Schale;</p> +<p>wenn es bis ans Ende rutscht,</p> +<p>wird's ein Orientale.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn das R am Anfang steht,</p> +<p>ist's ein klein schwarz Luder;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page152"></a>152</span>wenn es bis ans +Ende rutscht,</p> +<p>ist's von "wenn" der Bruder.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.7'></a>—7—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wächst einer alten Dame</p> +<p>ein Buckel kleinster Sorte,</p> +<p>verwandelt sie sich augenblicks</p> +<p>in ein Stück Mandeltorte.</p> +<p>Doch nimmst du ihr den Rücken,</p> +<p>auf dem der Buckel wächst,</p> +<p>hast du die alte Dame</p> +<p>zur trocknen Frucht verhext.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.8'></a>—8—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich stand begehrlich am Worte,</p> +<p>umgekehrt wuchs es nicht weit;</p> +<p>ein arges Diebsgelüste</p> +<p>besiegte die Redlichkeit.</p> +<p>Ich stahl das umgekehrte,</p> +<p>kein Argus achtete drauf;</p> +<p>Schmunzelnd enteilt' ich dem Worte</p> +<p>und aß es umgekehrt auf.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.9'></a>—9—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein erstes ist nicht wenig,</p> +<p>mein zweites ist nicht schwer;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page153"></a>153</span>mein ganzes +läßt dich hoffen,</p> +<p>doch hoffe nicht zu sehr!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.10'></a>—10—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Es läuft und hat keine Beine,</p> +<p>es gibt viele und doch nur eine.</p> +<p>Wer zuviel hat, kann's nicht verschenken;</p> +<p>wer zu wenig hat, muß es beschränken.</p> +<p>Bald geht es langsam, bald schnell;</p> +<p>mal ist es dunkel, mal hell.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.11'></a>—11—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Christkindchen lag im Stalle</p> +<p>und hörte die ersten schrein;</p> +<p>die zweiten tragen wir alle</p> +<p>zur Weihnachtszeit am Bein.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.12'></a>—12—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sind es die Stiefel, halten sie 'ne Weile;</p> +<p>wird es der Junge, kriegt er halt Keile.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.13'></a>—13—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Vater will's das Fritzchen</p> +<p>(die erste Silbe betont)—</p> +<p>jedoch die Mutter bittet,</p> +<p>da ward der Schelm verschont.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page154"></a>154</span>Sie sprach: Du +mußt dir's, Liebster,</p> +<p>(die dritte Silbe betont)—</p> +<p>denn Nachsicht mit den Kleinen</p> +<p>wird oft von Herzen belohnt.</p> +<p>Denk doch, wie du's dem Jungen</p> +<p>an Einsicht bist und Geist;</p> +<p>du mußt was andres dasselbe,</p> +<p>das ihn sich bessern heißt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.14'></a>—14—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Klärchen nähte an dem ersten</p> +<p>und war ganz die beiden zweiten,</p> +<p>denn sie durfte Sonntag reiten,</p> +<p>Leutnant Kurt wollt sie begleiten;</p> +<p>ihre Augen wurden groß,</p> +<p>müßig lag die Hand im Schoß.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mutter näht am andern Fenster,</p> +<p>sah's und runzelte die Brauen:</p> +<p>Höre, Kind, Luftschlösser bauen</p> +<p>taugt nicht viel für fleißige Frauen,</p> +<p>weil man leicht die Pflicht vergißt</p> +<p>und zu sehr das Ganze ist.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.15'></a>—15—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mariechen war's. Mit meinem Kuchen</p> +<p>stand ich nun da und dem Bukett.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page155"></a>155</span>Wo soll ich +bloß das Mädel suchen?</p> +<p>Wenn sie doch nur geschrieben hätt!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ja ja, ich hab sie es seit Jahren;</p> +<p>ich gebe zu, das war recht dumm.</p> +<p>Nein, welch ein rücksichtslos Gebaren!</p> +<p>Und schwer geärgert kehrt' ich um.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.16'></a>—16—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Froh singt ihr Lied am Sommertag</p> +<p>die eins-zwei früh und spat.</p> +<p>Die drei wünscht jeder Jüngling sich;</p> +<p>doch bricht er ab, ist's schad.</p> +<p>Das Ganze war ein König, der</p> +<p>lustig und unverschämt</p> +<p>die stolze Prinzeß, die ihn nicht wollt,</p> +<p>bestraft hat und gezähmt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.17'></a>—17—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>In eins-zwei-drei lebt ganz gemütlich</p> +<p>Herr Müller mit Herrn Schulze friedlich;</p> +<p>bis Müller einst, wer hätt's gedacht,</p> +<p>Anspruch auf Schulzes zwei-drei macht.</p> +<p>Da hörte man ein bös Geschrei:</p> +<p>So denk doch eins, mein Herr eins-zwei!</p> +<p>Ich muß stets alles zwei bezahlen,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page156"></a>156</span>kann nicht mit +zuviel zwei-drei prahlen;</p> +<p>kommst du noch mal mir drum ins Haus,</p> +<p>ist's mit der guten eins-zwei-drei aus.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.18'></a>—18—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Er geht in sich, um sich zu pflegen,</p> +<p>und ist in sich um sich verlegen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.19'></a>—19—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Rate, Freund, es ist nicht schwer:</p> +<p>Wer's hat, hat, was er hatte, nicht mehr.</p> +<p>Wer's aber ist, den äfft des Teufels Brut;</p> +<p>man sperrt ihn ein und fürchtet seine Wut.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.20'></a>—20—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer es hat, der ist betrübt;</p> +<p>aber froh und stolz, wer's gibt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.21'></a>—21—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Das Wort pflegt zu erhöhn</p> +<p>den Glanz des Edelsteins;</p> +<p>solang man es bewahrt,</p> +<p>ist man der Herr des Seins.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.22'></a>—22—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Sind es die Feinde, muß man sich wehren;</p> +<p>sind's deine Backen, mußt du sie nähren.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page157"></a>157</span>Ist mir's ein +Rätsel, schreib ich es nieder;</p> +<p>ist es mein Haus—nun, so bau ich es wieder.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.23'></a>—23—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wenn es von Freund und Liebchen kommt,</p> +<p>oder von dir verfaßt,</p> +<p>so liebst du wohl das erste Wort;</p> +<p>sonst ist es dir verhaßt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das zweite Wort, so klug wir sind,</p> +<p>machen wir Menschen viel;</p> +<p>und was dich reut, oft andre freut</p> +<p>im schadenfrohen Spiel.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der Schluß: gefürchtet und geneckt,</p> +<p>teils boshaft und teils dumm,</p> +<p>geht er als Geist des Widerspruchs</p> +<p>in Schrift und Mären um.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Die drei vereint: wir stehn verdutzt,</p> +<p>wie Zufalls Koboldmacht</p> +<p>das Wort entstellt, den Sinn verdreht—</p> +<p>man ärgert sich und lacht.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.24'></a>—24—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Zwei Worte weiß ich, die einander feind,</p> +<p>das eine sucht das andre zu verderben,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page158"></a>158</span>in beiden +müssen viel Geschöpfe sterben;</p> +<p>und hast du sie zu einem Wort vereint,</p> +<p>eint sich auch ihre zehrend böse Kraft,</p> +<p>schon manchen Volksstamm hat es hingerafft.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.25'></a>—25—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Auf der höchsten Berge Rücken</p> +<p>ist es immer leicht zu finden,</p> +<p>wo die kleinen Gletscherbäche</p> +<p>schäumend sich zu Tale winden.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Tausch die Silben—ach, verlegen</p> +<p>steh ich vor gemischten Dingen,</p> +<p>Chemiker und Apotheker</p> +<p>mögen dir die Lösung bringen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.26'></a>—26—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich hab keine Hände und kann doch tragen,</p> +<p>hab keine Flinte und kann doch jagen;</p> +<p>kann klettern und schwere Lasten heben</p> +<p>und bin doch ein zartes, hinfälliges Leben.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.27'></a>—27—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Viel Glieder hab ich, die einander gleichen.</p> +<p>Ich helf auf des Verbrechens dunklem Pfade,</p> +<p>doch himmelshell führ ich empor zur Gnade;</p> +<p>manch hohen Stand kannst du mit mir erreichen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page159"></a>159</span>Bist du's, so +darfst du wanken nicht noch weichen;</p> +<p>denn Ehre trägst du neben mancher Last,</p> +<p>die arbeitsfroh du übernommen hast,</p> +<p>ob du im Kleinen wirkst, ob hoch im Grade.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.28'></a>—28—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Getrieben werd ich, doch ich treibe wieder;</p> +<p>mir folgen arbeitsam viel erzne Glieder.</p> +<p>Seit Jahrmillionen geh ich auf und nieder,</p> +<p>bald sanft, bald wild, doch niemals ohne Brüder.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hitze und Kälte trag ich, hin und wider;</p> +<p>übt mich der Knabe, stärkt er seine Glieder.</p> +<p>Die Luft durcheil ich ohne jed' Gefieder;</p> +<p>den Augen bring ich Schau, den Ohren Lieder.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.29'></a>—29—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Stets bin ich eines Leuchtenden Trabant,</p> +<p>teils nah, teils fern ihm, wie's der Himmel will.</p> +<p>Bescheiden bin ich selten, niemals still;</p> +<p>ja, Schweigen ist mir gänzlich unbekannt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ein Wort füg an, das keiner gern empfängt</p> +<p>und das die Kinder schreckt von Alters her;</p> +<p>doch ohne es fällt manche Arbeit schwer,</p> +<p>weil's feste Massen auseinander drängt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page160"></a>160</span>Das ganze Wort +sind Steinchen unter Steinen,</p> +<p>die im Geröll sich finden, glatt und spitz;</p> +<p>du hebst sie auf und freust dich an dem Witz,</p> +<p>den die Natur sich hat erlaubt im Kleinen.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.30'></a>—30—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin nur klein, doch banne ich die Welt</p> +<p>in meinen Kreis bis hoch ins Sternenzelt;</p> +<p>dem Vorbild der Natur einst nachgeschafft</p> +<p>vertiefte ich den Blick der Forschungskraft.</p> +<p>Ein Wort füg an, das sich der Mensch gesetzt</p> +<p>zur Ordnung gegen den, der sie verletzt;</p> +<p>der Fromme fühlt es oft von Gott gesandt,</p> +<p>ans Letzte, Jüngste denkt er furchtgebannt,</p> +<p>an Weltkrieg, Hungersnot und Aufruhrleid—</p> +<p>da ist das Ganze eine Seltenheit.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.31'></a>—31—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die erste Silbe führt die krause Schar,</p> +<p>die uns vertraut seit unsrer Klippschulzeit.</p> +<p>Die zweite tönt durch Weiten hell und klar,</p> +<p>ruft bald zur Ruhe, bald zu wildem Streit.</p> +<p>Und wenn der tapfre Krieger</p> +<p>sein junges Leben gab,</p> +<p>fällt ihm vielleicht der Schatten</p> +<p>des Ganzen auf sein Grab.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page161"></a>161</span><a +id='poem111.32'></a>—32—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein deutscher Meister war es, gottgesandt,</p> +<p>der jenes edle Tonstück uns geschenkt;</p> +<p>der Vogel übt's, der seine Flügel lenkt—</p> +<p>dir wünsch ich es, mein deutsches Vaterland.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Was allen Flügelwesen wohlbekannt,</p> +<p>was jedes Blatt, das aus der Hülle bricht,</p> +<p>ersehnt; was man von Kraft und Tugend spricht—</p> +<p>das wünsch ich dir, mein deutsches Vaterland.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ein Flüßchen, an der Schieferberge Rand,</p> +<p>sehr vielen ist sein Name leerer Schall,</p> +<p>ein kleines Wort, doch wir ersehnen's all—</p> +<p>wünsch ich dir auch, mein deutsches Vaterland.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Auch ihn, der tief verabscheut Mord und Brand,</p> +<p>den Engel, der auf Morgenwiesen geht,</p> +<p>doch oft verhüllten Hauptes abseits steht—</p> +<p>ihn sende Gott dir, o mein Vaterland!</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.33'></a>—33—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>In Not und Gefahr</p> +<p>greife ich ein,</p> +<p>Schmerzlich willkommen</p> +<p>der Angst und der Pein;</p> +<p>lies mich von vorn,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page162"></a>162</span>lies mich +verkehrt,</p> +<p>immer der gleiche,</p> +<p>geschmäht und geehrt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.34'></a>—34—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wir sind's mit Stamm und Vaterland,</p> +<p>mit Menschen, die uns lieb und blutsverwandt,</p> +<p>mit jeder Arbeit, die der Seele wert;</p> +<p>der Reiter rühmt: wir sind's, ich und mein Pferd.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Doch wer es ist, trägt eine schwere Last,</p> +<p>er ist sich selbst ein mißgeschickter Gast;</p> +<p>Statt Liebe blüht ihm Mitleid, und im Schwarm</p> +<p>gesunder Jugend fühlt er doppelt Harm.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.35'></a>—35—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wir sind's gewiß in vielen Dingen</p> +<p>in einem sind wir's nimmermehr;</p> +<p>die sind's, die wir zu Grabe bringen,</p> +<p>und eben die sind's bald nicht mehr.</p> +<p class='i2'>Drum, weil wir leben,</p> +<p class='i2'>sind wir's eben</p> +<p class='i2'>an Wesen wie Gesicht;</p> +<p class='i2'>drum, weil wir leben,</p> +<p class='i2'>sind wir's eben</p> +<p class='i2'>zur Zeit noch nicht.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page163"></a>163</span><a +id='poem111.36'></a>—36—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Nennst du das Ganze, tönt es uns entgegen</p> +<p>von Sommernächten, wo des Mondes Horn</p> +<p>verschwärmten Pärchen winkt auf lauschigen Wegen,</p> +<p>und wo aus seinem wundersamen Born</p> +<p>das Märchen auftaucht und in tiefem Sinnen</p> +<p>uns anschaut, und verträumte Bäche rinnen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Teilst du das Wort, stellt dir zuerst sich dar</p> +<p>die Stadt, die wir mit Ehrfurcht gern beschauen,</p> +<p>die Heiden einst wie Christen heilig war,</p> +<p>wo Pilger heut und Kenner sich erbauen;</p> +<p>ein Teil der Stadt ist noch des Wortes Rest</p> +<p>und hält den Glanz vergangner Zeiten fest.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.37'></a>—37—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ohne Zepter, ohne Krone</p> +<p>herrsche ich auf dieser Erde,</p> +<p>buntes Spiel vor meinem Throne</p> +<p>zaubert stets mein Wort: Es werde!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Noch zwei Zeichen: Alles wich,</p> +<p>Pracht und Buntheit sind verschwunden,</p> +<p>und in künftigen dunklen Stunden</p> +<p>werden es auch du und ich.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page164"></a>164</span>Aber ändre +den Akzent:</p> +<p>sieh, schon quillt das Leben wieder,</p> +<p>neue Schau und neue Lieder,</p> +<p>die man gern mit mir benennt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.38'></a>—38—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Strom ergießt sich sickernd durch die Welt,</p> +<p>ich dring in Haus und Hütte, Schloß und Zelt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Seitdem der Mensch Urkunden aufbewahrt,</p> +<p>sind Geist und Wille durch mich offenbart.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich schüre Gluten, wirke Herzeleid,</p> +<p>tief wird durch mich verdammt und hoch gebenedeit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Versöhnung bring ich und entfache Streit,</p> +<p>zeig manchen töricht, manchen grundgescheit.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Doch sitzt du in mir, fühlst du dich geknickt;</p> +<p>vielleicht, daß dir durch mich die Rettung glückt.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.39'></a>—39—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich nähre mich von fremden Stoffen,</p> +<p>doch kann auch ohne sie bestehn;</p> +<p>ich bin's, auf das die Weisen hoffen,</p> +<p>und alle Weiten stehn mir offen,</p> +<p>ihr würdet ohne mich vergehn.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page165"></a>165</span>Am hellen Tage +herrsch ich gerne,</p> +<p>doch auch die Nacht ist mir vertraut;</p> +<p>ich wohne auf dem kleinsten Sterne,</p> +<p>mich schreckt sie nicht, die große Ferne</p> +<p>die mich mit Geisterhänden baut.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich wirke in den Himmelsblitzen,</p> +<p>versteckter Tat bin ich verhaßt;</p> +<p>wo grübelnd die Gelehrten sitzen</p> +<p>und ratlos ob der Lösung schwitzen,</p> +<p>bin ich ein hochwillkommner Gast.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.40'></a>—40—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>In alten Zeiten</p> +<p>hat mich der Mensch erdacht</p> +<p>und Ordnung mit mir</p> +<p>in die Dinge gebracht.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wie nötig bin ich</p> +<p>der Wissenschaft,</p> +<p>wie zeige ich</p> +<p>der Völker Kraft!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Wenn ich nicht eng</p> +<p>ihm verbunden wär,</p> +<p>wie würde erliegen</p> +<p>das tapferste Heer!</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page166"></a>166</span>Und doch weiß +jeder,</p> +<p>wie schwach ich bin,</p> +<p>denn erst mein Nachbar</p> +<p>gibt Halt mir und Sinn.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.41'></a>—41—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Als ich noch klein war, war ich recht beschaulich;</p> +<p>mein Leben ging so lind wie Frühlingswellen,</p> +<p>und zaghaft flossen meines Geistes Quellen,</p> +<p class='i2'>eng, doch erbaulich.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ich wuchs und wuchs, es schwollen meine Adern,</p> +<p>sie dehnten sich wie meine Machtgedanken;</p> +<p>mein Schaffenswille türmte ohne Schranken</p> +<p class='i2'>Quadern auf Quadern.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Den Künsten schuf ich manche Pflegestätte,</p> +<p>ich half der Wissenschaft zu vollem Wirken,</p> +<p>und Geist und Arbeit gaben den Bezirken</p> +<p class='i2'>die feste Kette.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Doch Ruh und Frieden mußten weiterziehen;</p> +<p>und meine Kinder lassen gern sich locken</p> +<p>von grünen Wäldern, sanften Herdenglocken,</p> +<p class='i2'>mir zu entfliehen.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page167"></a>167</span><a +id='poem111.42'></a>—42—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein erstes Wort, im engen Raum genährt,</p> +<p>strebt weit hinaus, daß es die Welt regiere;</p> +<p>wir stäken noch im Dämmersinn der Tiere,</p> +<p>hätte nicht Gott dem Menschen es gewährt.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Mein zweites hat der Kaiser und der König,</p> +<p>und ist es auch zumeist; fast jeder strebt</p> +<p>es irgendwie zu sein, solang er lebt,</p> +<p>und wer es ist, dem scheint es oft zu wenig.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Der, der das Ganze ist, wirft manchen Blitz</p> +<p>anfeuernd ins Gespräch und ins Gerede,</p> +<p>ein wohlgelittner Schalk selbst in der Fehde;</p> +<p>man lobt den Scharfsinn, freut sich an dem Witz.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.43'></a>—43—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Willst du das erste Wort stets sein und handeln,</p> +<p>so hast du eine schwere Arbeit vor,</p> +<p>so leicht sie scheinen mag; doch stets erkor</p> +<p>der Edle sie, wie auch die Zeiten wandeln.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Das andre Wort scheint winzig und gering,</p> +<p>doch schlummern in ihm unbegrenzte Kräfte;</p> +<p>es schwillt und wächst, wenn es die rechten Säfte,</p> +<p>die nur Natur verleihen kann, empfing.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p><span class='pgnum'><a id="page168"></a>168</span>Vereint die Worte: +altverbriefte Rechte,</p> +<p>Gemeinden oder Ständen zuerkannt,</p> +<p>beherrschten sie vor Zeiten Stadt und Land,</p> +<p>doch schwinden hin im späteren Geschlechte.</p> +</div> +</div> + +<h4><a id='poem111.44'></a>—44—</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Reich ist unbegrenzt; bis in die fernste Zone</p> +<p>flieg ich hinaus. Selbst hin zu Gottes Throne</p> +<p>bahn ich den Weg mir aus der engen Zelle,</p> +<p>in der ich ward. Ich liebe Klarheit, Helle.</p> +<p>Dem Willen beigesellt, der Kind mir und Berater,</p> +<p>bin ich—ich sag es stolz—der größten Taten +Vater.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Ein neues Wort schließ an: Es ist des Künstlers Ziel,</p> +<p>dir zu vermitteln fremder Geister Spiel,</p> +<p>das er mit seinem Lebensblute tränkt</p> +<p>und eigne Kraft den fremden Seelen schenkt.</p> +<p>Erschrocken sieht's der Arzt, fragt: wie? woher?</p> +<p>Manch Leben bliebe heil, wenn ich nicht wär.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Vereine beide Worte: Welch ein Wissen</p> +<p>von Mensch zu Mensch! In fremdes Sein gerissen</p> +<p>stehn wir vor unbegreiflich zarten Dingen,</p> +<p>die unsrer Seele dunkle Träume bringen,</p> +<p>und fühlen scheu des Geistes Doppelwesen.</p> +<p>Du großes Rätsel, wer wird je dich lösen?</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page169"></a>169</span> +<h3><a id="poem112"></a>Polterabendgedicht</h3> +</div> + +<h4 class='subhead'>für ein kleines Mädchen</h4> + +<p class='stage'>(mit einer Schlüssel-Atrappe)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin eine kleine Sternschnuppe</p> +<p>und rutschte herab vom Himmel</p> +<p>und fiel aus der großen Milchstraße</p> +<p>grad hier in das Gewimmel.</p> +<p>Verwundert fragt' ich die Leute:</p> +<p>Wo kommt ihr denn alle her?</p> +<p>Da sagten sie mir, daß heute</p> +<p>hier Polterabend wär.</p> +<p>Die Ehen schließt man im Himmel,</p> +<p>und Donnergepolter gibt's auch;</p> +<p>da bin ich ja wie zu Hause</p> +<p>und bring meine Gabe auch.</p> +<p>Nehmt hier den Zauberschlüssel,</p> +<p>vom Sirius bracht ich ihn mit</p> +<p>in meiner Sternentasche,</p> +<p>als ich herunter glitt.</p> +<p>Stets häng er zu euern Häupten,</p> +<p>und zieht es euch hinauf,</p> +<p>schließt er zu jeder Stunde</p> +<p>den ganzen Himmel auf.</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page170"></a>170</span> +<h3><a id="poem113"></a>Hochzeitsgedicht</h3> +</div> + +<p class='stage'>(mit einem Frühlingsblumenstrauß)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Maienkönig schickt mich her,</p> +<p>sagte, daß hier Hochzeit wär,</p> +<p>sollt fein gratulieren;</p> +<p>suchte einen vollen Strauß</p> +<p>allerschönster Blüten aus,</p> +<p>euer Haus zu zieren.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Himmelschlüssel, goldig, zart,</p> +<p>Blumen von besondrer Art,</p> +<p>schickt er euch mit Grüßen.</p> +<p>Seht, sie leuchten sonnengleich;</p> +<p>Liebe heißt das Himmelreich,</p> +<p>das sie euch erschließen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Dieses blaue Sternchen spricht</p> +<p>frommen Sinns: Vergiß-mein-nicht,</p> +<p>vergiß mir nicht die Treue!</p> +<p>Treue, die zu Liebe steht,</p> +<p>ist so stark wie ein Gebet,</p> +<p>tröstet stets aufs neue.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Hier Narzissen. Weiß und rein,</p> +<p>ohne Makel sollt ihr sein,</p> +<p>hütet Sinn und Herzen!</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page171"></a>171</span>Seht der Unschuld +klares Bild;</p> +<p>wer an ihm sich stärkt und stillt,</p> +<p>trägt leicht Not und Schmerzen.</p> +</div> + +<div class='stanza'> +<p>Nehmt hin, was der Mai geschickt,</p> +<p>nehmt den Strauß und seid beglückt</p> +<p>für ein langes Leben!</p> +<p>Unverwelklich blüh er fort,</p> +<p>tief in eurer Seele Hort</p> +<p>glühe göttlich Streben!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem114"></a>Neujahrsspiel</h3> + +<h4>Das alte Jahr</h4> + +<p class='stage'>(tritt in grauem Mantel ein)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott, ihr Leute, ich bin das Jahr,</p> +<p>das immer ist und immer war,</p> +<p>das immer kommt und immer geht</p> +<p>und niemals zaudernd stille steht,</p> +<p>das mit geheimem Pendelschlag</p> +<p>die Weltuhr regelt Tag für Tag.</p> +<p>Die Würfel werf ich: Leben und Tod,</p> +<p>Glück oder Unglück, Heil oder Not—</p> +<p>sie fallen gewichtig und ordnen die Welt,</p> +<p>einem Höheren unterstellt.</p> +<p>Zwölf Kinder hab ich zur Welt gebracht,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page172"></a>172</span>sie gleichen sich +wenig, doch jedes hat Macht;</p> +<p>sie ziehen gestaltend durch die Welt,</p> +<p>eins mir immer zugesellt,</p> +<p>während die andern harren und ruhn</p> +<p>zu neuer Arbeit, zu frischem Tun.</p> +<p>Nur heute an meinem Geburtstag sind</p> +<p>sie alle gekommen, aus Regen und Wind,</p> +<p>aus Sonne und Nebel, aus Tiefen und Höhn,</p> +<p>ihre alte Mutter wiederzusehn.</p> +<p>Herein, meine Söhne, ein Kompliment,</p> +<p>und sagt den Leuten, was ihr könnt!</p> +</div> +</div> + +<h4>Januar</h4> + +<p class='stage'>(in dickem Pelz, mit Schlittschuhen und Schellen)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der Januar,</p> +<p>voll Schnee und Eis hängt Bart und Haar;</p> +<p>der Vetter Nordwind versteht das Blasen,</p> +<p>steif sind die Ohren, rot die Nasen.</p> +<p>Zugefroren ist See und Fluß;</p> +<p>rasch den Schlittschuh unter den Fuß!</p> +<p class='i2'>Die Eisen gleiten</p> +<p class='i2'>durch blitzende Weiten</p> +<p class='i2'>in Bogen und Zacken,</p> +<p class='i2'>das gibt rote Backen!</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page173"></a>173</span>Hört ihr das +Schellengeläut? Meine Gäste</p> +<p>sausen durch Schnee und Rauhreifgeäste.</p> +</div> +</div> + +<h4>Februar</h4> + +<p class='stage'>(in Karnevalskostüm mit Pritsche)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich heiße Februar,</p> +<p>gleiche dem Bruder fast aufs Haar,</p> +<p>nur trage ich gern ein Maskenröckchen,</p> +<p>an meiner Kappe klingeln Glöckchen.</p> +<p>Weil ich im Spiel und Tanzen tüchtig,</p> +<p>schelten sie mich vergnügungssüchtig,</p> +<p>spotten und lachen hinter mir her,</p> +<p>weil ich zu kurz geraten wär,</p> +<p class='i2'>rufen: "Prinz Karneval,</p> +<p class='i2'>Narren gibt's überall!"</p> +<p>Doch meinen Punsch und Pfannekuchen</p> +<p>möchten Narren wie Weise versuchen.</p> +</div> +</div> + +<h4>März</h4> + +<p class='stage'>(in Landstreichertracht, mit einem +Veilchensträußchen)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der Bruder März,</p> +<p>ich habe ein wildes, stürmisches Herz.</p> +<p>Kann mich nicht mit den Brüdern vertragen,</p> +<p>puste ihnen den Schnee vom Kragen.</p> +<p class='i2'>Säubre die Wälder,</p> +<p class='i2'>fege die Felder,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page174"></a>174</span>tu aus der Seele +das Kalte hassen,</p> +<p>muß es doch oft mir gefallen lassen;</p> +<p>aber bin ich erst König ein Weilchen,</p> +<p>grüßt ihr mit mir die ersten Veilchen,</p> +<p>seht ihr die Spitzen an Sträuchern und Bäumen,</p> +<p>die selig von künftger Entfaltung träumen.</p> +</div> +</div> + +<h4>April</h4> + +<p class='stage'>(in Wandervogeltracht mit Zupfgeige)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der lustge April,</p> +<p>der immer tut, was er grade will.</p> +<p>Mal liebe ich's naß, mal liebe ich's trocken,</p> +<p>die Zugvögel tu ich nach Hause locken.</p> +<p class='i2'>Schneewassergüsse</p> +<p class='i2'>schwellen die Flüsse,</p> +<p>ich aber streif durch den Wiesengrund,</p> +<p>öffne der Obstblüte lieblichen Mund</p> +<p>und nicke den närrischen Träumern zu;</p> +<p>mit denen steh ich auf du und du,</p> +<p><i>schickt</i> sie nur immer! ich lehre sie lachen</p> +<p>und sich aus den Plagen der Welt nichts machen.</p> +</div> +</div> + +<h4>Mai</h4> + +<p class='stage'>(in Bauerntracht mit Maiglöckchenstrauß)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Der Mai darf kaum noch wagen,</p> +<p>Besondres von sich auszusagen.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page175"></a>175</span>Ich schäme +mich wirklich; bin so bekannt</p> +<p>wie ein bunter Pudel rings im Land.</p> +<p>Diese sammetlockigen teutschen Tichter,</p> +<p>hol der Kuckuck das Reimgelichter:</p> +<p class='i2'>"—der süße Mai,</p> +<p class='i2'>der entzückende Mai,</p> +<p>der blütenbekränzte, der himmlische Mai—"</p> +<p>mir wird ganz blümerant dabei,</p> +<p>denk ich an all die Dudelei.</p> +<p>Die Kinder lob ich; das lärmt und lacht</p> +<p>und feiert ganz ungereimt meine Pracht.</p> +</div> +</div> + +<h4>Juni</h4> + +<p class='stage'>(in Gärtnertracht, mit Gießkanne und +Rosenstrauß)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich werde Juni genannt,</p> +<p>Farben und Düfte bring ich ins Land.</p> +<p>Seht, wie's im Garten knospet und quillt,</p> +<p>seht, wie die Frucht sich rundet und schwillt!</p> +<p>Vor allem muß ich die Rosen wecken,</p> +<p>ich küsse sie wach an Stamm und Hecken.</p> +<p class='i2'>Sind Regen und Wind</p> +<p class='i2'>mir wohlgesinnt,</p> +<p>schaff ich und wirk ich am grünen Gewande,</p> +<p>halte die Hoffnung am schimmernden Bande</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page176"></a>176</span>und pflege das +Wachstum der kommenden Zeit;</p> +<p>wenn der Schnitter prüft, ist die Saat bereit.</p> +</div> +</div> + +<h4>Juli</h4> + +<p class='stage'>(in Schäfertracht, mit Kornblumenstrauß)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Erlaubt mir, daß ich sitze,</p> +<p>ich bin der Juli; spürt ihr die Hitze?</p> +<p>Kaum weiß ich, was ich noch schaffen soll,</p> +<p>die Ähren sind zum Bersten voll;</p> +<p>reif sind die Beeren, die blauen und roten,</p> +<p>saftig sind Möhren und Bohnen und Schoten.</p> +<p>So habe ich ziemlich wenig zu tun,</p> +<p>darf mich ein bißchen im Schatten ruhn.</p> +<p class='i2'>Duftender Lindenbaum,</p> +<p class='i2'>rausche den Sommertraum!</p> +<p>Seht ihr die Wolke? fühlt ihr die Schwüle?</p> +<p>Bald bringt Gewitter Regen und Kühle.</p> +</div> +</div> + +<h4>August</h4> + +<p class='stage'>(in Schnittertracht, mit Sichel und Harke)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der Monat August,</p> +<p>bin ernster Pflichten mir bewußt;</p> +<p>muß Frucht und Korn zur Ernte reifen,</p> +<p>meine Lieblingsmusik ist das Sensenschleifen.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page177"></a>177</span>Bald kommt die +Ernte; der Himmel lacht,</p> +<p>der Segen wird in die Scheunen gebracht.</p> +<p class='i2'>Zum fröhlichen Reigen</p> +<p class='i2'>jubeln die Geigen.</p> +<p>Doch mancher steht abseits vom Taumel und denkt</p> +<p>des Schöpfers, der alles zum Besten lenkt,</p> +<p>der Ordnung bringt in den Gang der Dinge,</p> +<p>daß Schweiß und Fleiß auch Freude bringe.</p> +</div> +</div> + +<h4>September</h4> + +<p class='stage'>(im Touristenkostüm)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der September, ich ziere</p> +<p>mit rotem Weinlaub eure Spaliere.</p> +<p>Dem Wandrer lachen auf allen Wegen</p> +<p>köstlich die reifenden Früchte entgegen,</p> +<p>die gelben und blauen. Ich liebe die Ferne,</p> +<p>am Ufer der Meere träume ich gerne,</p> +<p class='i2'>wo die Welle beginnt,</p> +<p class='i2'>wo die Welle zerrinnt,</p> +<p>wo die Brandung braust und überschäumt</p> +<p>und ein Zugvogelschwarm den Himmel säumt;</p> +<p>da lieg ich und grüble und suche vergebens</p> +<p>den Sinn des Sterbens, den Sinn des Lebens.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page178"></a>178</span>Oktober</h4> + +<p class='stage'>(in Winzertracht mit Weinglas und Flasche)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der Bruder Oktober;</p> +<p>die Nase glänzt mir wie Zinnober,</p> +<p>das kommt vom Gucken ins Gläschen. Vor Zeiten</p> +<p>lehrt ich die Menschen Wein bereiten;</p> +<p>der wurde bald ihr Lieblingsgetränke,</p> +<p>jetzt krigt man ihn in jeder Schänke.</p> +<p class='i2'>Kommt mit zum Wein,</p> +<p class='i2'>ich lade euch ein!</p> +<p>Seht, wie die Wälder sich buntselig färben,</p> +<p>sie wissen: ein Schlaf nur ist alles Sterben.</p> +<p>So kommt und sinnt und fragt nicht viel;</p> +<p>"das Leben ist des Lebens Ziel!"</p> +</div> +</div> + +<h4>November</h4> + +<p class='stage'>(in Jägertracht mit Gewehr)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Der November stellt sich vor.</p> +<p>Mir ist ergeben der große Chor</p> +<p>der Winde und Stürme, die das Gefilde</p> +<p>von Unrat säubern; und auch die Gilde</p> +<p>der Nebel und Wolken ist mir vertraut.</p> +<p>Wer auf des Meeres Sanftmut baut,</p> +<p>wagt sein Leben, wenn ich regiere;</p> +<p>ich hasse den Frohsinn in meinem Reviere,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page179"></a>179</span>ich hasse die +Sonne, hasse die Milde,</p> +<p>zerreiße im Felde das letzte Gebilde.</p> +<p>Ich liebe nur eins: wenn das Jagdhorn schallt,</p> +<p>hinter scheuem Wild die Büchse knallt.</p> +</div> +</div> + +<h4>Dezember</h4> + +<p class='stage'>(in beflittertem Pelz, mit kleinem +Weihnachtsbäumchen)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Grüß Gott! Ich bin der Dezember und flechte</p> +<p>zu kurzen Tagen die langen Nächte.</p> +<p>Karg ist die Sonne in meinem Gezelt,</p> +<p>doch bring ich ins Haus eine schimmernde Welt.</p> +<p>Wenn im Ofen die Bratäpfel schmoren,</p> +<p>flüstert es leise von Mündern zu Ohren,</p> +<p>gibt es ein Reden, ein Kichern und Necken,</p> +<p>ein Fragen und Freuen, Pakete verstecken,</p> +<p>ein "bitte, Mama", ein "sag doch, Papa,</p> +<p>ists Christkindel denn noch nicht da?"</p> +<p>Wenn am Heiligen Abend der Tannenbaum brennt,</p> +<p>bin ich in meinem Element;</p> +<p class='i2'>hell sind die Kerzen,</p> +<p class='i2'>warm sind die Herzen,</p> +<p>uns kümmert nicht Kälte noch Regen noch Wind.</p> +<p>Und denen, die arm und traurig sind,</p> +<p>und wo die Not sonst die Freude verbannt,</p> +<p>geben wir gern mit Herz und Hand.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page180"></a>180</span>Das Jahr</h4> + +<p class='stage'>(läßt den grauen Mantel allmählich +fallen, steht dann in hellem Festgewand)</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wohl, meine Kinder! Jetzt aber denkt</p> +<p>an den Wechsel der Dinge und Den, der sie lenkt!</p> +<p>Stein wird zu Sand, Lebendges zu Stein,</p> +<p>Luft wird zu Wasser, Glut zu Wein,</p> +<p>Frucht wird zum Samen, Samen zum Baum,</p> +<p>Raum wird zu Zeit, und Zeit zu Raum.</p> +<p>Und immer rollt durchs Himmelszelt</p> +<p>die Erde, unsre alte Welt,</p> +<p>die stets verjüngt, in neuer Kraft,</p> +<p>fruchtbar ihr prangendes Kleid sich schafft.</p> +<p>Jedoch ihr Diadem und Zier,</p> +<p>ihr Menschenkinder, das seid ihr!</p> +<p>Drum freut euch ihrer Herrlichkeit,</p> +<p>freut euch des Meeres, so stark und weit,</p> +<p>freut euch der Wälder, der Blüte, der Frucht,</p> +<p>freut euch der Berge mit Tal und Schlucht!</p> +<p>Und freut euch eurer eignen Kraft,</p> +<p>die der Erkenntnis Wunder schafft;</p> +<p>seid glücklich, daß ihr Menschen seid,</p> +<p>der schönste Schmuck an Gottes Kleid,</p> +<p>wenn ihr euch seiner wert gestaltet,</p> +<p>euch immer göttlicher entfaltet.</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page181"></a>181</span>Seid +glaubensstark, seid willensklar,</p> +<p>das wünscht das neue Erdenjahr!</p> +</div> +</div> + +<h4>Chor der Monate</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Seid friedensstark, seid liebesklar,</p> +<p>das wünscht der Monate bunte Schaar!</p> +<p class='i2'>Prosit Neujahr!</p> +<p class='i'>Nun reicht euch zur Wende</p> +<p class='i'>des Jahres die Hände</p> +<p class='i'>und grüßt euch mit Neigen</p> +<p class='i'>und schlingt einen Reigen!</p> +<p class='i'>Spiel auf, Musik, begleite sie,</p> +<p class='i'>des Jahres Schluß sei Harmonie!</p> +</div> +</div> + +<h3><a id="poem115"></a>Räuber und Prinzessin</h3> + +<h4 class='subhead'>Eine Kartoffelkomödie</h4> + +<h4>Einführung</h4> + +<p>Habt ihr schon mal was von der Kartoffelkomödie gehört? +Nein? So will ich euch erzählen, was das ist.</p> +<p>Die Kartoffelkomödie ist ein Theaterstück, das statt mit +Puppen mit Kartoffeln gespielt wird. Ihr bittet um ein Paar glatte, +nicht zu große Kartoffeln, bohrt mit dem Messer in jede ein rundes +Loch, so daß ihr euern Zeigefinger bis zum ersten Glied +hineinstecken könnt, und die Hauptsache ist fertig. Ein paar mit +Stecknadeln angepiekte Hemdknöpfchen als Augen, ein Stückchen +Rübe als Mund, und eins als Nase, bilden das Gesicht. Ein farbiger +Puppenlappen wird oben mit <span class='pgnum'><a +id="page182"></a>182</span>einer Schnur zusammengezogen und um den +Zeigefinger gebunden, nachdem zwei kleine Löcher für Daumen +und Mittelfinger hineingeschnitten sind. Ihr werdet euch wundern, wie +fein man die Finger als Arme und Hände benutzen kann.</p> +<p>Natürlich muß man sich in der Kleidung ein bißchen +nach den Personen des Stückes richten. In unsrer Komödie, die +ich nach einer älteren Vorlage ausgebaut habe, bekommt der +König eine Krone von Goldpapier und ein rotes oder grünes +Gewand, das ihr auch etwas mit Goldstreifen besetzen könnt. +Pumpfia trägt am besten einen kleinen Schleier mit einem +Streifchen Silberpapier um den Kopf, Jagomir einen großen braunen +oder grauen Hut mit einer roten Feder, der Kanzler einen schwarzen +Zylinder. Natürlich wird all das aus Papier gemacht. Die Kleider +könnt ihr euch selbst ausdenken, jeder Flicken ist dazu +brauchbar.</p> +<p>Wenn ihr das Stück aufführen wollt, ist es am bequemsten, +ihr spannt irgendeine Decke oder ein Tuch in einen offenen +Türrahmen, und zwar so hoch, daß ihr bequem mit den +Händen hinauflangen könnt; eure Köpfe dürfen +natürlich ebenso wenig zu sehen sein wie eure Füße. +Einen Vorhang braucht man nicht; die Puppen verschwinden einfach hinter +dem Tuch und kommen auch wieder so zum Vorschein. Jedes Kind kann zwei +Puppen spielen, mit jeder Hand eine; bei einer muß es dann seine +Stimme etwas verstellen.</p> +<p>So, nun versucht mal euer Heil! Es wird euch viel Spaß machen; +und den Zuschauern auch.</p> +<h4>Personen:</h4> + +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>König Pflaumenmus.</p> +<p>Prinzessin Pumpfia.</p> +<p>Der Kanzler.</p> +<p>Der Räuber Jagomir.</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page183"></a>183</span>Erste Szene.</h4> + +<p class='stageinit'>Der König tritt auf, vom Kanzler +begleitet.</p> +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Sommerabend ist so schön,</p> +<p>da muß man doch spazieren gehn.</p> +<p>Die Rosen duften süß, hazieh!</p> +<p>Die Nachtigall singt türütü—</p> +<p>—wie schmerzt mein linker großer Zeh,</p> +<p>und auch der rechte tut schon weh.</p> +<p>Den Schuster häng mir an den Galgen,</p> +<p class='stage'>(Kanzler verbeugt sich)</p> +<p>denn er gehört zu den Kanallgen.</p> +<p class='stage'>(König schnüffelt in die Luft)</p> +<p>Wie duftet's hier nach Bratkartoffeln,</p> +<p>da krigt man wirklich Appetit.</p> +<p>Geh, Kanzler, hol mir die Pantoffeln,</p> +<p>und bring die Abendzeitung mit.</p> +<p class='stage'>(Kanzler verbeugt sich und will gehn)</p> +<p>Halt! hemme noch den eiligen Lauf</p> +<p>und setz mir erst die Brille auf.</p> +<p class='stage'>(Kanzler tut's, dann ab.)</p> +<p>Ein König muß sich informieren,</p> +<p>es könnt doch was im Land passieren.</p> +<p class='stage'>(Kanzler kommt mit der Zeitung und den Pantoffeln +zurück.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page184"></a>184</span>Kanzler:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Hier, König, bringe ich die Zeitung,</p> +<p>die allerneuste Meinungsleitung.</p> +<p>Auch Schlupfschuh hier aus Woll' und Watte,</p> +<p>wie Majestät befohlen hatte;</p> +<p>und frage untertänigst an,</p> +<p>ob ich noch sonstwie dienen kann.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Nun ja, rück mir die Krone grade;</p> +<p>denn fiel sie runter, wär's doch schade.</p> +<p class='stage'>(Kanzler rückt die Krone zurecht.)</p> +<p>Was steht denn hier im Tageblatt?</p> +<p>Prinz Kasimir kommt in die Stadt?</p> +<p>Da wird er uns gewiß besuchen.</p> +<p>He, Kanzler, haben wir noch Kuchen?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Kanzler:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Herr, nicht 'ne einzige Butterschrippe.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Na, häng nicht gleich die Unterlippe;</p> +<p>hol Streußelkuchen vom Konditor,</p> +<p>auch Vollmilch, einen halben Litor.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Kanzler:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ach, Herr, von Geld ist keine Spur.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page185"></a>185</span>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Das schad't nix, Kanzler; pumpe nur.</p> +<p>Wir Könige lassen uns nicht lumpen,</p> +<p>und sollten wir die Welt auspumpen.</p> +<p>Geh jetzt und sorge für mein Land</p> +<p>mit Militär und mit Verstand!</p> +<p class='stage'>(Kanzler verneigt sich, tritt vor.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Kanzler:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Was hat ein Kanzler doch für Sorgen;</p> +<p>wo soll ich bloß schon wieder borgen?</p> +<p>Wer schafft mir von der Deutschen Bank</p> +<p>den Schlüssel zu dem Kassenschrank?</p> +<p>Reichskanzler sein ist wirklich schwer;</p> +<p>ich dachte nicht, daß es so wär.</p> +<p>Ich annonciere in der "Quelle",</p> +<p>vielleicht krieg ich 'ne andre Stelle.</p> +<p class='stage'>(Kanzler ab.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König <span class='stage'>(lesend)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Den Streik, den soll der Kuckuck holen!</p> +<p>Wir haben so schon keine Kohlen,</p> +<p>mein Thronsaal wird tagtäglich kälter,</p> +<p>und ich—ich werde immer älter.</p> +<p>Auf diese Bank will ich mich legen,</p> +<p>ein Stündchen süßer Ruhe pflegen.</p> +<p class='stage'>(Legt sich hin und schnarcht.)</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page186"></a>186</span>Zweite +Szene.</h4> + +<p class='stageinit'>Pumpfia, König.</p> +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wo bist du denn, mein Väterchen,</p> +<p>mein süßer Pumps, mein Käterchen?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wer stört mir meine Ruh im Grase?</p> +<p>Ach, <i>Du</i> bist's, kleine Stumpelnase.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Papa, ich bring dein Leibgericht,</p> +<p>Bratkartoffeln! riechst du's nicht?</p> +<p>Ich briet sie selbst, ist das nicht nett?</p> +<p>mit Liebe und mit Hammelfett;</p> +<p>und machte Klopse dir zulieb,</p> +<p>vom Fleisch, das gestern übrig blieb.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König <span class='stage'>(essend)</span></p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich danke dir, mein Herzensmops,</p> +<p>für die Kartoffeln und den Klops.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Papa, ich bin bald zwanzig Jahre</p> +<p>und kriege nächstens graue Haare;</p> +<p>ich mach mich immer wunderschön,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page187"></a>187</span>allein kein Freier +läßt sich sehn.</p> +<p>Ich krieg am End gar keinen Mann;</p> +<p>was fang ich alte Jungfer an?</p> +<p class='stage'>(Sie weint.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>So liebe <i>mich</i>, mein süßes Kind!</p> +<p>Heiraten geht nicht so geschwind.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ach doch, Papa, 's geht ganz bequem.</p> +<p>Wenn doch ein Prinz, ein trauter, käm!</p> +<p class='stage'>(weint stärker.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Pümpfchen, tröste dich bis morgen,</p> +<p>da will ich dir 'nen Mann besorgen.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='stage'>(fällt ihm um den Hals):</p> +<p>Du guter einziger Papa,</p> +<p>ich sag gewiß zu allen ja.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Leb wohl, ich muß zur Konferenz;</p> +<p>es ist nicht gut, wenn ich die schwänz.</p> +<p class='stage'>(König ab.)</p> +</div> +</div> + +<h4><span class='pgnum'><a id="page188"></a>188</span>Dritte +Szene.</h4> + +<p class='stageinit'>Pumpfia, nachher Jagomir.</p> +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich arme Pumpfia und Prinzessin,</p> +<p>ach könnt ich doch mein Leid vergessen!</p> +<p>allein, o leider ganz allein,</p> +<p>in diesem holden Mondenschein!</p> +<p>Kein Jüngling liebt mich nur ein bißchen,</p> +<p>kein Prinz gibt mir ein holdes Küßchen.</p> +<p>Mein Herz ist leer, mein Kopf ist dumm,</p> +<p>ich fall vor lauter Sehnsucht um—</p> +<p class='stage'>(fällt um.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir <span class='stage'>(tritt auf)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich stahl mir heimlich hier herein,</p> +<p>hier wird doch was zu mausen sein?</p> +<p class='stage'>(Schnüffelnd)</p> +<p>Nee, wo mit Hammelfett gebraten,</p> +<p>da regnet's sicher nich Dukaten.</p> +<p class='stage'>(Er erblickt Pumpfia )</p> +<p>'ne Dame? Ei, wie wunderschön;</p> +<p>die muß ich mal genau besehn.</p> +<p class='stage'>(Er tut's.)</p> +<p>Ich nehme mir den Hochgenuß</p> +<p>und geb ihr einen süßen Kuß.</p> +<p class='stage'>(Er tut's.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page189"></a>189</span>Pumpfia <span +class='stage'>(erwachend)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Was ist das für ein schöner Mann?</p> +<p>Ich wag's und red ihn lieblich an.</p> +<p>Wer seid Ihr, herrlicher Genoß?</p> +<p>Wie kamt Ihr her in dieses Schloß?</p> +<p>Ich bin durch Euern Gruß beglückt;</p> +<p>hat Euch ein Engel hergeschickt?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>'n Engel? Nee, das war der Robert;</p> +<p>der hat das Ding hier ausbaldowert.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ist alles gleich; du bist mein Schätzchen,</p> +<p>mein süßer Freund, mein Busenlätzchen.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Aber—was wird dein Vater sagen?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ach was, wer wird den Alten fragen.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir <span class='stage'>(küßt +sie)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein honigsüßer Sirupstengel,</p> +<p>mein Marzipan, mein Zuckerengel!</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Welch Geist, welch Witz, welch hoher Held!</p> +<p>Pumpfia geht mit dir durch die Welt!</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page190"></a>190</span>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Schätzchen, hast du auch Moneten?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Die sind hier weniger vertreten;</p> +<p>an diese Frage rühre nich,</p> +<p>geliebter Freund, entführe mich.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Na, denn man zu, du süße Hummel!</p> +<p class='stage'>(Beiseite)</p> +<p>Verflixt, das wird 'n schöner Rummel.</p> +</div> +</div> + +<h4>Vierte Szene.</h4> + +<p class='stageinit'>König, die Vorigen.</p> +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Prinzessin Pumpfia, Kasimir,</p> +<p>wo seid ihr kleinen Schäker ihr?</p> +<p>Ihr wollt euch wohl vor mir verstecken?</p> +<p>Na wart't, ich werd euch gleich entdecken.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir <span class='stage'>(beiseite)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>I, du meine himmlische Güte,</p> +<p>die jlooben, ick sei ein Prinz von Geblüte;</p> +<p>dabei gehör ick zum Räuberstand,</p> +<p>der ernährt seinen Mann besser als so'n Land.</p> +<p class='i2'><span class='stage'>(<span class='pgnum'><a +id="page191"></a>191</span>Laut)</span>:</p> +<p>Guten Tag, Herr König, ich habe die Ehr</p> +<p>und verbeuge mir sehr.</p> +<p class='stage'>(Er tut's)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein Vaterherz hüpft froh und warm:</p> +<p>mein Pümpfchen in des Prinzen Arm.</p> +<p>Mein hoher Gast, Prinz Kasimir,</p> +<p>wie findet meine Tochter Ihr?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Das Mädel hier? Na, himmlisch süß,</p> +<p>wie'n Engelken im Paradies.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Na, nimm se dir se denn se doch,</p> +<p>und spanne sie ins Ehejoch;</p> +<p>dann kocht dir deine kleine Braut</p> +<p>Erbsen mit Speck und Sauerkraut.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ach ja, und dann Kartoffelklöße</p> +<p>mit einer süßen Pflaumensöße.</p> +<p class='stage'>(Umarmung.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wenn man in deinen Armen ruht,</p> +<p>dann kocht sich's gleich noch mal so gut.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page192"></a>192</span>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin gerührt wie Quetschkartoffeln,</p> +<p>verlier vor Rührung die Pantoffeln.</p> +<p><span class='stage'>(Er tut's; die Pantoffeln fallen in den +Zuschauerraum.)</span></p> +</div> +</div> + +<h4>Fünfte Szene.</h4> + +<p class='stageinit'>Kanzler, die Vorigen.</p> +<p class='speaker'>Kanzler:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Der Brief kommt eben von der Post,</p> +<p>der fünfundzwanzig Pfennige kost't.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Wie oft schon hab ich deklariert,</p> +<p>ich nehme nichts mehr unfrankiert.</p> +<p>Kommt mir noch mal so'n Ding ins Haus,</p> +<p>dann fliegt es gleich zum Fenster raus.</p> +<p class='stage'>(Er öffnet den Umschlag)</p> +<p>Laß sehn, was steht in diesem Brief.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir <span class='stage'>(beiseite)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Na, geht die Sache doch noch schief?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König <span class='stage'>(liest)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>"Prinz Kasimir entbeut den Gruß</p> +<p>dem hohen König Pflaumenmus;</p> +<p>er wird ihn heute noch besuchen</p> +<p>und hofft auf Kaffee und auf Kuchen."—</p> +<p>Von alldem tut der Bauch mir weh;</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page193"></a>193</span>was nun, mein +Schwiegersohn <i>in spe</i>?</p> +<p>Seid Ihr denn nicht Prinz Kasimir?</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir <span class='stage'>(stolz)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich bin der Räuber Jagomir!</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ein Räuber? Hu, das ist ein Graus,</p> +<p>der reißt mir die Gedärme aus!</p> +<p>Gewiß, er wird mich massakrieren</p> +<p>und mir mein Pümpfchen dann entführen.</p> +<p class='stage'>(Er weint.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Was mich betrifft, ich halte still,</p> +<p>wenn er nur dich verschonen will.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Ich schon ihn gern, und auch sein Geld—</p> +<p><span class='stage'>(beiseite)</span>: das er nicht hat!</p> +<p>Ich bin ein edler Räuberheld.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Mein süßer Schuft, mein Wonneheld,</p> +<p>mit dir stehl ich die ganze Welt.</p> +<p class='stage'>(Umarmung.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Jagomir:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Bald kommt der Kasimir ins Haus;</p> +<p>komm, Pümpfchen, komm, wir rücken aus!</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page194"></a>194</span>Im Walde steht +mein freies Schloß,</p> +<p>da schläft sich's fein—auf Heu und Moos.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Na, dann leb wohl, mein teures Kind!</p> +<p>Hier hast du noch ein Angebind</p> +<p class='stage'>(gibt ihr einen Zweimarkschein)</p> +<p>und außerdem noch meinen Segen.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Pumpfia:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Den kannst du uns auf Zinsen legen.</p> +<p class='stage'>(Beide ab.)</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>König:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>Nun sind sie weg, o Schmerz, o Graus,</p> +<p>ich weine mir ein Auge aus.</p> +<p class='stage'>(Er tut es, wirft den Augenknopf unter die +Zuschauer.)</p> +<p>O Kasimir, Prinz Kasimir,</p> +<p>warum warst du nicht eher hier!</p> +<p>Wirr ist mein Herz, wirr ist mein Kopf;</p> +<p>die Welt, die ist ein Wackeltopf.</p> +<p>Nur eins ist unverrückt und wahr,</p> +<p>nur eins wie meine Pleite klar:</p> +<p>Hoch herrschen über Raum und Zeit</p> +<p>die Frechheit und die Dreistigkeit.</p> +<p class='stage'>(Vorhang.)</p> +</div> +</div> + +<div><span class='pgnum'><a id="page195"></a>195</span> +<h3><a id="poem116"></a>Kasperle und der Krieg</h3> +</div> + +<h4 class='subhead'>Ein Stückchen fürs Kasperltheater</h4> + +<p class='speaker'>Kasperle <span class='stage'>(allein, +singt)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Bummvallera</p> +<p class='i'>ist nicht da;</p> +<p class='i'>wo ist Bummvallerallerallera?</p> +</div> +</div> + +<p class='spoken'><span class='stage'>(Er gähnt.)</span> Ach, ist +die Welt langweilig! Vor lauter Langerweile hab ich schon ein paarmal +meine Finger gezählt; aber komisch, es kommt immer was andres +raus. <span class='stage'>(Er zählt an seinen Händen)</span>: +1, 2, 3, 5, 7, 8, 10, 12, 14, 15—na ja, nun sind's wieder 15. +Na, noch mal: 1, 2, 3, 5, 7, 9, 10, 12, 13, 14—komisch, nu +sind's wieder 14. Mal hat der Mensch 15 und mal 14 Finger; und +dabei sehn sie immer egal aus. <span class='stage'>(Es klopft.)</span> +Ei, da kommt Besuch. Immer 'rein, meine Herrschaften, immer +'rein! <span class='stage'>(Polizist kommt.)</span></p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Bist du der Kasper?</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Was? Kasper? Herr Kasper heißt es, geehrter Herr +Kasper heißt es, wertgeschätzter Herr Kasper heißt es, +Sie oller Helmaffe Sie, Sie untertänigster Rasselsäbel!</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Mann, seien Sie mal etwas höflicher zur +königlichen Polizei!</p> +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page196"></a>196</span>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Höflich? Hi hi, höflich? Mit +Höflichkeit fängt man nicht mal 'nen Floh. Oder soll man +etwa sagen: bitte, Herr Floh, seien Sie so gut, Herr Floh?</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Kasper, du bist ein Esel!</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>'n Esel? Was Sie sagen! Ist 'n nettes +Tierchen, so'n Esel, hihi; klettert auf die höchsten Stellen +und fällt nicht runter. Hihi, möcht schon solch Tierchen +sein.</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Lirum, larum, Kasper, du mußt jetzt in den +Krieg; darum bin ich hergekommen.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Krieg? Was ist denn das? Kriecht man da rum, in dem +Krieg? Ich bin doch kein Kriechtier!</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Du dummer Kasper, du dammliger, der Krieg sind +Schlachten mit Bomben und Kanonen.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Schlachten? Ei, das kenn ich, da gibt's frische +Wurst; Blut- und Leberwurst, hihi, das schmeckt aber fein!—Und +Bomben? <span class='pgnum'><a id="page197"></a>197</span>wissen Sie, +die backt meine Omama mir immer zu Weihnachten; die kenn ich auch. Und +Kanonen? ja, die stehn noch vom Großvater selig her auf'm +Kramboden; der war Sie nämlich Mistbauer, und brauchte so'ne +dicken hohen Schmierstiebeln. Also, dann kenn ich ja den Krieg; +muß 'ne lustige Sache sein.</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Na warte man, du Frechdachs, wirst es schon merken, +wenn's dir man erst um die Ohren knallt.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Knallen tut's da? O jemine! Wissen Sie, Herr +Kriegsminister, gegen Knallen hab ich von Kind auf 'ne +Idiokratie.</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Idio<i>syn</i>krasie meinst du wohl, dummer +Kasper.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Nee, Herr Rasselsäbel, Sinn ist da nicht drin; +sonst wär's ja keine Idiotokratie. <span class='stage'>(Er +singt)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p class='i'>Die Welt, die haut sich tot wie nie,</p> +<p class='i'>tot wie nie, tot wie nie,</p> +<p class='i'>und füttert das Meer mit Korn und Vieh,</p> +<p class='i'>Korn und Vieh, Korn und Vieh;</p> +<p class='i'>das ist doch Idiotokratie, Tokratie, Tokratie,</p> +<p class='i'>Idiotokratie!</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'><span class='pgnum'><a +id="page198"></a>198</span>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Halt deinen dummen Schnabel, Kasper, das verstehst du +nicht; das ist die hohe Diplomatie. Sage mir lieber, wie dein Vater +heißt, Kasper.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Das kann ich Ihnen durchaus nicht sagen, Sie +neugieriger Iltis, alldieweil ich das selber nicht weiß. Ich +glaube, ich hatte gar keinen Vater.</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Und deine Mutter?</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>'ne Mutter? 'ne Mutter hab ich auch nicht +gehabt. Bloß 'ne Großmutter und 'ne Urmama; die haben +mich zusammen zur Welt gebracht.</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Du bist 'n Ochse, Kasper, oder 'n Frechdachs; +jeder Mensch hat doch 'ne Mutter.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>'n Ochse? das wär was, ei der Daus! Was +wär ich da wert bei den heutigen Fleischpreisen? wir wollen mal +zusammen rechnen, Herr Kriegsminister. Also: ich wiege 150 Pfund, das +Pfund kostet jetzt 8 Mark 50. Erst also 100 mal 8 Mark +50—hängen wir einfach zwei Nullen an, das macht 85000 Mark; +<span class='pgnum'><a id="page199"></a>199</span>und dann noch 50 mal +8 Mark 50, das ist mir zu schwer, das kann ich nicht rechnen. Wissen +Sie's vielleicht, Herr Kriegsrat?</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Na, das sind ungefähr 4000 Mark, Kasperle; es +ist ja auch schon lange her, daß ich in der Schule war.</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Also, ich hatte 85000 Mark; und Ihre 4000 Mark dazu, +macht 100000 Mark. Sehn Sie, Herr Kriegsminister, soviel ist der Kasper +werf, wenn er ein Ochse ist; hihi, was sagen Sie nun, Herr +Oberkanonenrat? Was mag man da erst wert sein, Sie, wenn man ein fettes +Schwein ist! Wissen Sie was: wir wollen beide Bauern werden und fette +Schweine zusammen ausbrüten. <span class='stage'>(Er +singt)</span>:</p> +<div class='poem'> +<div class='stanza'> +<p>O wär ich doch ein Öchselein,</p> +<p>Öchselein, Öchselein,</p> +<p>oder auch ein fettes Schwein,</p> +<p>fettes Schwein, fettes Schwein,</p> +<p>dann pökelt' ich mich selber ein,</p> +<p>si- sa- selber ein.</p> +<p>Da käm ich in ein großes Faß,</p> +<p>großes Faß, großes Faß,</p> +<p>da rollt' ich in das Kellergelaß,</p> +<p>Kellergelaß, Kellergelaß,</p> +<p><span class='pgnum'><a id="page200"></a>200</span>da hätt ich +für den Winter was,</p> +<p>Wi- Wa- Winter was.</p> +</div> +</div> + +<p class='speaker'>Polizist <span class='stage'>(packt ihn)</span>:</p> +<p class='spoken'>Ach was, vorwärts marsch mit dir in den Krieg! +und hast-du-nicht-gesehn ins Feuer!</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Ins Feuer soll ich? Ich ins Feuer? Aber ich bin doch +keine Preßkohle, Herr Oberheizer, daß ich ins Feuer soll? +<span class='stage'>(Er ruft ins Haus)</span>: Großmama, mein +Puttchen, du alte Knochenmühle! komm doch mal her, aber putz dich +nicht erst! man will dein Kasperle ins Feuer stecken! <span +class='stage'>(Großmutter kommt.)</span></p> +<p class='speaker'>Großmutter:</p> +<p class='spoken'>Was ist denn los? Was schreist du so, Kasperchen?</p> +<p class='speaker'>Polizist:</p> +<p class='spoken'>Er muß in den Krieg und will nicht, der +Racker!</p> +<p class='speaker'>Großmutter:</p> +<p class='spoken'>O Gott, o Gott, in den Krieg, mein Herzblatt? Da +werden sie dich totschießen, armes Kasperchen! +Ogottogottogottedoch!</p> +<p class='speaker'>Kasperle:</p> +<p class='spoken'>Laß man, Omamachen wenn sie schießen +wollen, nehm ich meine Pritsche und hau sie selber tot. Guck mal, +so—so—haste-nich-gesehn—<span class='stage'>(er haut +den Polizisten tot, wirft ihn über die Rampe und sagt +dabei:)</span> Ja, quiek man! den Kasper krigst du nicht! der lebt +ewig, du oller Rasselsäbel!—</p> +<div class='figure'><span class='pgnum'><a +id="page201"></a>201</span><a href="images/i194.png"><img +src="images/i194tn.png" alt="" /></a></div> + +<p class='spoken'><span class='pgnum'><a +id="page202"></a>202</span> </p> +<h2><span class='pgnum'><a id="page203"></a>203</span>Verzeichnis der +Überschriften</h2> + +<p class='index'><a href="#poem001">Gruß an die +Großen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem002">Gruß an die Kleinen</a></p> +<h3>Erster Teil</h3> + +<p class='index'><a href="#poem003">Wunderchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem004">Geht leise</a></p> +<p class='index'><a href="#poem005">Wittewoll schlafen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem006">Frühstück</a></p> +<p class='index'><a href="#poem007">Seereise</a></p> +<p class='index'><a href="#poem008">So lala</a></p> +<p class='index'><a href="#poem009">Mein Wagen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem010">Kutscher auf dem Knie</a></p> +<p class='index'><a href="#poem011">Ereignis</a></p> +<p class='index'><a href="#poem012">Heilsprüchel</a></p> +<p class='index'><a href="#poem013">Schlimme Geschichte</a></p> +<p class='index'><a href="#poem014">Austreibung</a></p> +<p class='index'><a href="#poem015">Wenn Rumpumpel brummig ist</a></p> +<p class='index'><a href="#poem016">Der Pudding</a></p> +<p class='index'><a href="#poem017">Zwei Mäulchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem018">Mückebold</a></p> +<p class='index'><a href="#poem019">Das Scherchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem020">Geschichtchen vom Winde</a></p> +<p class='index'><a href="#poem021">Anziehliedchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem022">Das Lämmechen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem023">Die wilden Beinchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem024">Der lumpichte Bu</a></p> +<p class='index'><a href="#poem025">Tintenheinz und +Plätscherlottchen</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page204"></a>204</span><a +href="#poem026">Es regnet</a></p> +<p class='index'><a href="#poem027">Trösterchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem028">Häschen in der Grube</a></p> +<p class='index'><a href="#poem029">Hasenspiel</a></p> +<p class='index'><a href="#poem030">Drei Bäumchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem031">Schabernack</a></p> +<p class='index'><a href="#poem032">Am Abend</a></p> +<p class='index'><a href="#poem033">Gutenachtliedchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem034">Freund Husch</a></p> +<p class='index'><a href="#poem035">Rumpumpels Geburtstag</a></p> +<p class='index'><a href="#poem036">Mutters Geburtstag</a></p> +<p class='index'><a href="#poem037">Rumpumpel tanzt</a></p> +<p class='index'><a href="#poem038">Kreiselliedchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem039">Konzert</a></p> +<p class='index'><a href="#poem040">Die ersten Höschen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem041">Der kleine Sünder</a></p> +<p class='index'><a href="#poem042">Flutschpeter</a></p> +<p class='index'><a href="#poem043">Die Trommelpartie</a></p> +<p class='index'><a href="#poem044">Rumpelreim</a></p> +<p class='index'><a href="#poem045">Das Karnickel</a></p> +<p class='index'><a href="#poem046">Lektion</a></p> +<p class='index'><a href="#poem047">Lied des Hühnchens</a></p> +<p class='index'><a href="#poem048">So sieht unsre Wirtschaft +aus</a></p> +<h3>Zweiter Teil</h3> + +<p class='index'><a href="#poem049">Das Haus</a></p> +<p class='index'><a href="#poem050">Mit Trommel und Trab</a></p> +<p class='index'><a href="#poem051">Siebenschläfer</a></p> +<p class='index'><a href="#poem052">Osterlied</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page205"></a>205</span><a +href="#poem053">Maiwunder</a></p> +<p class='index'><a href="#poem054">Hansel und Gretel</a></p> +<p class='index'><a href="#poem055">Prinzeßchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem056">Das große Loch</a></p> +<p class='index'><a href="#poem057">Zwei Gesellen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem058">Wenn's Pfingsten regnet</a></p> +<p class='index'><a href="#poem059">Eine Hühnergeschichte</a></p> +<p class='index'><a href="#poem060">Marieken und die Küken</a></p> +<p class='index'><a href="#poem061">Kinderküche</a></p> +<p class='index'><a href="#poem062">Essensregeln</a></p> +<p class='index'><a href="#poem063">Die böse Mies</a></p> +<p class='index'><a href="#poem064">Pottkieker</a></p> +<p class='index'><a href="#poem065">Der Reitersmann</a></p> +<p class='index'><a href="#poem066">Das richtige Pferd</a></p> +<p class='index'><a href="#poem067">Der kleine Rekrut</a></p> +<p class='index'><a href="#poem068">Der Hauptmann</a></p> +<p class='index'><a href="#poem069">Abzählreim</a></p> +<p class='index'><a href="#poem070">Fragefritze und die +Plappertasche</a></p> +<p class='index'><a href="#poem071">Plappermündchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem072">Puppendoktor</a></p> +<p class='index'><a href="#poem073">Kleiner Einkauf</a></p> +<p class='index'><a href="#poem074">Vaters Geburtstag</a></p> +<p class='index'><a href="#poem075">Das Himmelsprinzeßchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem076">Windfreude</a></p> +<p class='index'><a href="#poem077">Lied vom Monde</a></p> +<p class='index'><a href="#poem078">Weihnachtsschnee</a></p> +<p class='index'><a href="#poem079">Knecht Ruprecht in +Nöten</a></p> +<p class='index'><a href="#poem080">Frohe Botschaft</a></p> +<p class='index'><a href="#poem081">Der liebe Weihnachtsmann</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page206"></a>206</span><a +href="#poem082">Sankt Niklas' Auszug</a></p> +<p class='index'><a href="#poem083">Bescheidene Frage</a></p> +<h3>Dritter Teil</h3> + +<p class='index'><a href="#poem084">Widmung</a></p> +<p class='index'><a href="#poem085">Sonne</a></p> +<p class='index'><a href="#poem086">Marienlied</a></p> +<p class='index'><a href="#poem087">Korsisches Wiegenlied</a></p> +<p class='index'><a href="#poem088">Königskind</a></p> +<p class='index'><a href="#poem089">Heimweh</a></p> +<p class='index'><a href="#poem090">Elfenreigen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem091">Wiegenmärchen</a></p> +<p class='index'><a href="#poem092">Traumballade</a></p> +<p class='index'><a href="#poem093">Mutter Hule</a></p> +<p class='index'><a href="#poem094">Ein Singsang vom Rheine</a></p> +<p class='index'><a href="#poem095">Badeballade</a></p> +<p class='index'><a href="#poem096">Der Teufel und die Katz</a></p> +<p class='index'><a href="#poem097">Der Esel und die +Löwenhaut</a></p> +<p class='index'><a href="#poem098">Ein Spatzengespräch</a></p> +<p class='index'><a href="#poem099">Drei Koboldstreiche</a></p> +<p class='index'><a href="#poem100">Spuk</a></p> +<p class='index'><a href="#poem101">Der Märchenkönig und sein +Töchterlein</a></p> +<p class='index'><a href="#poem102">Weihnachtsgang</a></p> +<p class='index'><a href="#poem103">Weihnachtsbesuch</a></p> +<p class='index'><a href="#poem104">König Kuchen und Königin +Schokolade</a></p> +<p class='index'><a href="#poem105">Der erste Mai</a></p> +<p class='index'><a href="#poem106">Wetterwunsch</a></p> +<p class='index'><a href="#poem107">Hammerliedchen</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page207"></a>207</span><a +href="#poem108">Im Sonnenschein</a></p> +<p class='index'><a href="#poem109">Wanderlied</a></p> +<h3>Vierter Teil</h3> + +<p class='index'><a href="#poem110">Spruch fürs Leben</a></p> +<p class='index'><a href="#poem111">Allerlei Rätsel:</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.1'>1) Windmühle</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.2'>2) Die ersten +Zähnchen</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.3'>3) Sau-er-kraut</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.4'>4) Spitzbube</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.5'>5) Stiefelknecht</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.6'>6) Rebe—Eber; +Recke—Ecker; Rotte—Otter; Rinde—Inder; +Rabe—aber</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.7'>7) Matrone, Makrone, +Marone</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.8'>8) Gitter, Rettig</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.9'>9) Vielleicht</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.10'>10) Zeit</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.11'>11) Schafwolle und +Rindleder</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.12'>12) Versohlt</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.13'>13) Überlegen</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.14'>14) Saumselig</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.15'>15) Verzogen</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.16'>16) Drosselbart</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.17'>17) Nachbarschaft</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.18'>18) Der Rat</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.19'>19) Besessen</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.20'>20) Ausschlag</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.21'>21) Fassung</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.22'>22) Eingefallen</a></p> +<p class='index2'><span class='pgnum'><a id="page208"></a>208</span><a +href='#poem111.23'>23) Druckfehlerteufel</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.24'>24) Feuerwasser</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.25'>25) Wasserscheide, +Scheiderwasser</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.26'>26) Winde</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.27'>27) Leiter</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.28'>28) Welle</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.29'>29) Donnerkeile</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.30'>30) Linsengericht</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.31'>31) A, Horn, A horn</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.32'>32) Aufschwung; Entfaltung; +Sieg; Frieden</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.33'>33) Retter</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.34'>34) Verwachsen</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.35'>35) Verschieden</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.36'>36) Romantik</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.37'>37) Mode, modern</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.38'>38) Die Tinte</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.39'>39) Das Licht</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.40'>40) Die Zahl</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.41'>41) Die Stadt</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.42'>42) Geistreich</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.43'>43) Gerecht, Same, +Gerechtsame</a></p> +<p class='index2'><a href='#poem111.44'>44) +Gedankenübertragung</a></p> +<p class='index'><a href="#poem112">Polterabendgedicht</a></p> +<p class='index'><a href="#poem113">Hochzeitsgedicht</a></p> +<p class='index'><a href="#poem114">Neujahrsspiel</a></p> +<p class='index'><a href="#poem115">Kartoffelkomödie: Räuber +und Prinzessin</a></p> +<p class='index'><a href="#poem116">Kasperle und der Krieg</a></p> +<div class='figure'><span class='pgnum'><a +id="page209"></a>209</span><a href="images/i201.png"><img +src="images/i201tn.png" alt="" /></a></div> + +<h2>Verzeichnis der Anfangszeilen</h2> + +<p class='index'><a href='#poem111.25'>Auf der höchsten Berge +Rücken</a></p> +<p class='index'><a href='#poem005'>Auf der Leine, auf grünem +Platz</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.41'>Als ich noch klein war, war ich +recht beschaulich</a></p> +<p class='index'><a href='#poem001'>Aus lichtem See</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem104'>Bei König Kuchen und +Königin Schokoladen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem027'>Blümchen hängt das +Köpfchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem116'>Bummvallera ist nicht da</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem111.11'>Christkindchen lag im +Stalle</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem056'>Das große Loch</a></p> +<p class='index'><a href='#poem014'>Das kann doch nicht Rumpumpel +sein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.21'>Das Wort pflegt zu +erhöhn</a></p> +<p class='index'><a href='#poem100'>Der Bauer schläft im +Hirsekraut</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page210"></a>210</span><a +href='#poem081'>Der Esel, der Esel</a></p> +<p class='index'><a href='#poem040'>Der Schneidermeister +Piekenich</a></p> +<p class='index'><a href='#poem115'>Der Sommerabend ist so +schön</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.13'>Der Vater will's das +Fritzchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem091'>Des Mondes Tochter +Mirlamein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem093'>Die alte Mutter Hule</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.3'>Die erste frißt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.5'>Die ersten sind ein +Untertan</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.31'>Die erste Silbe führt die +krause Schar</a></p> +<p class='index'><a href='#poem015'>Die Henne legt ein Ei</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem090'>Eia, wir Elfen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.32'>Ein deutscher Meister war es, +gottgesandt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem096'>Ein Kätzlein ging einst +jagen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem097'>Ein Müllersmann aus +Oberwesel</a></p> +<p class='index'><a href='#poem088.2'>Ein Vogel flog aus dem +Heimatland</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.18'>Er geht in sich, um sich zu +pflegen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.10'>Es läuft und hat keine +Beine</a></p> +<p class='index'><a href='#poem026'>Es regnet, es regnet</a></p> +<p class='index'><a href='#poem057'>Es tanzen zwei Gesellen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem063'>Es war einmal ein +Kätzchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem102'>Es war zur lieben +Weihnachtszeit</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem099'>Fixfax der arge Kobold +spricht</a></p> +<p class='index'><a href='#poem042'>Flutschpeter lief nie +gradeaus</a></p> +<p class='index'><a href='#poem070'>Fritz, ich möcht den Spaten +haben</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.16'>Froh singt ihr Lied am +Sommertag</a></p> +<p class='index'><a href='#poem080'>Früh, eh ich's konnt +begreifen</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem004'>Geht leise</a></p> +<p class='index'><a href='#poem041'>Gestern lief der Peter weg</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page211"></a>211</span><a +href='#poem111.28'>Getrieben werd ich, doch ich treibe wieder</a></p> +<p class='index'><a href='#poem114'>Grüß Gott, ihr Leut, ich +bin das Jahr</a></p> +<p class='index'><a href='#poem023'>Guten Morgen, ihr Beinchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem073'>Guten Tag, guten Tag, liebe +Grünkramfrau</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem054'>Hansel und Gretel stehen zu +zwein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem045'>Hans Wackelohr, Hans +Wackelohr</a></p> +<p class='index'><a href='#poem028'>Häschen in der Grube</a></p> +<p class='index'><a href='#poem052'>Has, Has, Osterhas</a></p> +<p class='index'><a href='#poem025'>Heini, Heini</a></p> +<p class='index'><a href='#poem101'>Herbei, ihr kleinen Wichte</a></p> +<p class='index'><a href='#poem038'>Herr Dreidel tanzt auf einem +Bein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem094'>Herr Steuermann, Herr +Steuermann</a></p> +<p class='index'><a href='#poem029'>Hinter den Birken über den +Rasen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem110'>Hinüber, hinein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem046'>Hühner, wollt ihr wohl artig +sein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem011'>Hurra, zum ersten Mal</a></p> +<p class='index'><a href='#poem034'>Husch, husch, husch</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem049'>Ich bau, ich bau ein steinern +Haus</a></p> +<p class='index'><a href='#poem075'>Ich bin das +Himmelsprinzeßchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem068'>Ich bin der Hauptmann</a></p> +<p class='index'><a href='#poem112'>Ich bin eine kleine +Sternschnuppe</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.30'>Ich bin nur klein, doch banne +ich die Welt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111'>Ich habe Flügel—rate, +Kind</a></p> +<p class='index'><a href='#poem067'>Ich hab einen Helm aus +Packpapier</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.26'>Ich hab keine Hände und +kann doch tragen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem002'>Ich möcht euch alle +miteinander</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.39'>Ich nähre mich von fremden +Stoffen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.8'>Ich stand begehrlich am +Worte</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page212"></a>212</span><a +href='#poem098'>Ich war in Fez durch die Buden gewandelt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem078'>Ihr Kinder, sperrt die Näschen +auf</a></p> +<p class='index'><a href='#poem051'>Ihr Siebenschläfer in den +Höhlen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem013'>Im Stall unter Schäfchen +bäht</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.40'>In alten Zeiten</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.17'>In eins-zwei-drei lebt ganz +gemütlich</a></p> +<p class='index'><a href='#poem071'>In Leipzig wohnt ein +Bäckermeister</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.33'>In Not und Gefahr</a></p> +<p class='index'><a href='#poem022'>In Wolfenbüttel wohnt ein +Lamm</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem030'>Jung jung drei +Bäumchen</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem024'>Ka Strümpferl im +Kasten</a></p> +<p class='index'><a href='#poem084'>Klänge wachsen auf den +Wegen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.14'>Klärchen nähte an dem +ersten</a></p> +<p class='index'><a href='#poem079'>Knecht Ruprecht kratzt sich seinen +Bart</a></p> +<p class='index'><a href='#poem035'>Kräht der Hahn früh am +Tage</a></p> +<p class='index'><a href='#poem012'>Kra, kra, kalter Schnee</a></p> +<p class='index'><a href='#poem108'>Kribbel-krabbel-Käfer</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem103'>Ländliche Straßen, dicht +beschneit</a></p> +<p class='index'><a href='#poem033'>Leise, Peterle, leise</a></p> +<p class='index'><a href='#poem036'>Leises Klopfen an der +Türe</a></p> +<p class='index'><a href='#poem072'>Lieber Doktor Pillermann</a></p> +<p class='index'><a href='#poem095'>Lise Nackfisch und Hans +Pitschenaß</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem113'>Maienkönig schickt mich +her</a></p> +<p class='index'><a href='#poem053'>Maikönig kommt +gefahren</a></p> +<p class='index'><a href='#poem086'>Maria herzt ihr Kindelein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.15'>Mariechen war's; mit meinem +Kuchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem060'>Marie-Marei-Marieken</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page213"></a>213</span><a +href='#poem061'>Marie-Marei will Braten machen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.4'>Mein erstes ist ein Hund</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.9'>Mein erstes ist nicht +wenig</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.42'>Mein erstes Wort, im engen Raum +genährt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.44'>Mein Reich ist unbegrenzt: bis +in die fernste Zone</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.38'>Mein Strom ergießt sich +sickernd durch die Welt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem009'>Mein Wagen hat vier +Räder</a></p> +<p class='index'><a href='#poem018'>Mückchen, Mückchen, +Dünnebein</a></p> +<p class='index'><a href='#poem039'>Musik, Musik, die Flöte +kommt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem064'>Mutti, Mutti, was ist denn da +drin</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem105'>Nein, Kinder, immer kann man nicht +dichten</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.36'>Nennst du das Ganze, tönt +es uns entgegen</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem058'>Oben aus dem Fahnenhaus</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.37'>Ohne Zepter, ohne Krone</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem107'>Pink, pank, Hammerschlag</a></p> +<p class='index'><a +href='#poem007'>Pitsch—patsch—Badefaß</a></p> +<p class='index'><a href='#poem003'>Putzt die Fenster! fegt die +Ecken!</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem089'>Quellchen geht in den +Rauschebach</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem111.19'>Rate, Freund, es ist nicht +schwer</a></p> +<p class='index'><a href='#poem069'>Rechts, links, über +Eck</a></p> +<p class='index'><a href='#poem044'>Ride-bide-Bummstock</a></p> +<p class='index'><a href='#poem043'>Rumpumpel macht 'ne +Landpartie</a></p> +<p class='index'><a href='#poem037'>Rumpumpel tanzt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem016'>Rumpumpel will essen</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem082'>Sankt Niklas zieht den Schlafrock +aus</a></p> +<p class='index'><a href='#poem083'>Sankt Nikolas, Sankt +Nikolas</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page214"></a>214</span><a +href='#poem106'>Scheine, Sonne, scheine</a></p> +<p class='index'><a href='#poem065'>Schimmel, willst du laufen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem087'>Schlafe, mein kleiner +Wildling</a></p> +<p class='index'><a href='#poem088'>Schlafe ruhig, +Königskind</a></p> +<p class='index'><a href='#poem074'>Schnell, schnell, Besen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem019'>Schnipsel, schnipsel, +Scherchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.22'>Sind es die Feinde, muß man +sich wehren</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.12'>Sind es die Stiefel, halten sie +'ne Weile</a></p> +<p class='index'><a href='#poem050'>Sitzen zwei alte Weiber im +Sand</a></p> +<p class='index'><a href='#poem006'>So morgens um halb acht +herum</a></p> +<p class='index'><a href='#poem109'>Sonnenlichter, +Frühlingswichter</a></p> +<p class='index'><a href='#poem085'>Sonne scheint draußen und +scheint in die Grube</a></p> +<p class='index'><a href='#poem062'>Spitzt das Ohr und merkt euch +still</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.2'>Standen vier weiße +Ritterchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem008'>Steht ein Töpfchen rund und +nett</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.29'>Stets bin ich eines Leuchtenden +Trabant</a></p> +<p class='index'><a href='#poem032'>Still—was bloß das +Kätzchen will</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem092'>Traumkönig geht durch bleiches +Land</a></p> +<p class='index'><a href='#poem047'>Tuck—tuck—heut ist +Regentag</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem048'>Unser Müller hat ein +Mühlenhaus</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem111.27'>Viel Glieder hab ich, die +einander gleichen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem059'>Vor der Laube kräht der +Hahn</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem111.7'>Wächst einer alten +Dame</a></p> +<p class='index'><a href='#poem010'>Wagen im Wind</a></p> +<p class='index'><a href='#poem088.3'>Waldtaube saß +gefangen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.6'>Wenn das R am Anfang +steht</a></p> +<p class='index'><a href='#poem076'>Wenn der Wind über Wiesen und +Felder rennt</a></p> +<p class='index'><span class='pgnum'><a id="page215"></a>215</span><a +href='#poem111.23'>Wenn es von Freund und Liebchen kommt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem031'>Wenn ich in die Stube geh</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.20'>Wer es hat, der ist +betrübt</a></p> +<p class='index'><a href='#poem020'>Wer kommt dort angeflogen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem066'>Wer schenkt mir ein lebendiges +Pferd</a></p> +<p class='index'><a href='#poem021'>Wer strampelt im Bettchen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem055'>Wer tanzt mit mir</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.43'>Willst du das erste Wort stets +sein und handeln</a></p> +<p class='index'><a href='#poem077'>Wind, Wind, sause</a></p> +<p class='index'><a href='#poem017'>Winkele, wankele</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.35'>Wir sind's gewiß in +vielen Dingen</a></p> +<p class='index'><a href='#poem111.34'>Wir sind's mit Stamm und +Vaterland</a></p> +<p> </p> +<p class='index'><a href='#poem111.24'>Zwei Worte weiß ich, die +einander feind</a></p> + + + + + + + +<pre> + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Das liebe Nest, by Paula Dehmel + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LIEBE NEST *** + +***** This file should be named 13732-h.htm or 13732-h.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + https://www.gutenberg.org/1/3/7/3/13732/ + +Produced by David Starner, Hagen von Eitzen and the PG Online +Distributed Proofreading Team. + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. 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You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Das liebe Nest + +Author: Paula Dehmel + +Release Date: October 13, 2004 [EBook #13732] + +Language: German + +Character set encoding: ASCII + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LIEBE NEST *** + + + + +Produced by David Starner, Hagen von Eitzen and the PG Online +Distributed Proofreading Team. + + + + + + + + + + + +DAS LIEBE NEST + + + + + + +Gesammelte Kindergedichte +von +Paula Dehmel + + + + + + +Herausgegeben von Richard Dehmel +mit Zeichnungen von Hans Thoma +bei E. A. Seemann in Leipzig +1919 + + + + + + +GRUSS AN DIE GROSSEN + + +Aus lichtem See, +ueber Sterne und Schnee, +rauschen die Schaeume, +lauschen die Traeume, +Himmel hinab, Himmel hinan, +ewige Bahn. + +Aus Kinderland, +ueber Acker und Sand, +wachsen die Gluten, +die boesen, die guten, +Himmel hinab, Himmel hinan, +ewige Bahn. + + + +GRUSS AN DIE KLEINEN + + +Ich moecht euch alle miteinander +auf bunten Wiesen sehn, +bei Klarinetten und Geigen +die Fuesschen im Tanze drehn. + +Ich moecht euch alle miteinander +mitnehmen im Fliegerkahn, +euch die schoene Erde zeigen, +und was fleissige Menschen getan. + +Ich moecht euch alle miteinander +still fuehren an der Hand, +euch heimliche Dinge sagen +von Gott und dem Sternenland. + + + + + +ERSTER TEIL + + + +WUNDERCHEN + + +Putzt die Fenster! fegt die Ecken! +Darf sich kein Staub, kein Kruemel verstecken, +muss alles so blank wie Ostertag sein, +denn das Wunderchen zieht ein. +Zieht ein--schon stimmen die Englein die Geigen; +alle Koenige werden sich neigen, +Hirten und Koenige mit dem Stern +haben Wunderchen gern. + Wer soll Wunderchens Taufpate sein? +Sieben grosse Meister laden wir ein; +sieben grosse Helden mit Kron und Schalmein +sollen Wunderchens Taufpaten sein. + Und wer ist schnell + sein Spielgesell? +Da kommen gesprungen +die reizenden jungen +Wachholderweibchen und Fliedermaennchen, +Taunixchen mit silbernen Wasserkaennchen. +Aus Vogelnestern und Weidenkaetzchen +gucken neugierige Schelmenmaetzchen: + Wir lachen fein, + wir singen fein, +wir wollen Wunderchens Spielgesellen sein! + + + +GEHT LEISE + + +Geht leise-- +es ist mued von der Reise. +Es kommt weit her: +vom Himmel uebers Meer, +vom Meer den dunklen Weg ins Land, +bis es die kleine Wiege fand-- +Geht leise. + + + +WITTEWOLL SCHLAFEN + + +Auf der Leine, auf gruenem Platz +haengen sieben Hemdchen und ein Latz; +im Winkel, am Zaun, wos Spinnchen spinnt, +liegt mit grossen Augen mein Kind-- +wittewoll schlafen? + +Henne macht sich ein Bett im Sand, +Fliege traeumt an der Mauerwand, +Schmetterling sitzt in der Mittagsruh, +schaukelt die Fluegel auf und zu-- +wittewoll schlafen? + +Suselesu, der Sonnenwind +blaest in die Augen dem mueden Kind; +es will noch blinzeln--Spinnchen haelt +den bunten Schleier vor die Welt-- +--wittewoll--schlafen-- -- + + + +FRUeHSTUeCK + + +So morgens um halb acht herum: +Rumpumpel macht das Maeulchen krumm. +Und keine fuenf Minuten drauf +wacht Rumpumpel auf. + +Hu! kommt der kalte Badeschwamm, +Rumpumpel haelt die Ohren stramm; +und schlaegt die Ticke-Tacke acht, +wird ihm die Milch gebracht. + +Die schmeckt Rumpumpeln aber fein; +er patscht mit beiden Faeustchen drein +und trinkt und trinkt, bis alles leer. +Rumpumpelchen, das freut mich sehr: +morgen gibt's gut Wetter! + + + +SEEREISE + + +Pitsch--patsch--Badefass, +Rumpumpel plantscht die Stube nass, +ist ein junger Wasserheld, +segelt durch die ganze Welt, +im Wipp--im Wapp--im Schaukelkahn +ueber den grossen Ozean. +Stehn drueben alle Wilden still +und schrein: Was bloss Rumpumpel will? +so splitternackt und pitschenass +in seinem kleinen Schaukelfass? +Schnell das Badelaken! + + + +SO LALA + + +Steht ein Toepfchen rund und nett +unterm Bett, +so lala, so lala. +Reicht mir mal das Kindel her, +das braucht jetzt keine Windel mehr, +so lala, so lala. + +Rolle, rolle, ratteratt, +rollt ein Wagen durch die Stadt; +sind zwei blanke Pferdchen davor, +hinten drauf ein schwarzer Mohr. + +Horch, er haelt vor unserm Haus; +steigen zwei feine Jungherren aus, +mit Federbarettchen +und goldenen Kettchen. +Schnell das Toepfchen unters Bettchen! + + + +MEIN WAGEN + + +Mein Wagen hat vier Raeder, +vier Raeder hat mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloss sagen. + +Mein Wagen hat 'ne Deichsel, +'ne Deichsel hat mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloss sagen. + +Mein Wagen hat ein Pferdchen, +ein Pferdchen hat mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloss sagen. + +Mein Wagen fahrt nach Potsdam, +nach Potsdam faehrt mein Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +das wollt ich euch bloss sagen. + +Und wer mit mir nach Potsdam will, +in meinem neuen Wagen, +rolle, rolle, rummerjan, +der braucht es bloss zu sagen. + + + +KUTSCHER AUF DEM KNIE + + +Wagen im Wind. +Wie sitzt mein Kind? +Wie geht mein Pferd? +Alles verkehrt. +Holdriutsch-- +oben die Raeder, unten die Kutsch! + +Wagen im Schnee. +Da guckt das Reh, +da schnuppert der Has +mit der wackligen Nas. +Holdriuff-- +da sitzt unser Kutscher wieder oben uff! + + + +EREIGNIS + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Hurra, zum ersten Mal: +Mutter, der Peter, +hurra, da steht er! +haelt sich am Roeckchen, +haelt sich am Stoeckchen, +grade wie 'n Licht, +fuerchtet sich nicht. + +Hurra, zum ersten Mal: +Mutter, der Peter, +hurra, da geht er! +guck, ganz alleinechen +setzt er die Beinechen! +Aua, Geschrei-- +bautz!--vorbei. + + + +HEILSPRUeCHEL + + +Kra, kra, kalter Schnee, +dem Raben tut sein Beinchen weh, +dem Haesechen sein Herzchen; +die boese Zeit, die kalte Zeit, +ein jedes hat sein Schmerzchen. + +Heile, Fingerchen, heile, +es dauert noch 'ne Weile, +es dauert noch bis Rosmarein, +dann ist lauter Sonnenschein. + + + +SCHLIMME GESCHICHTE + + +Im Stall unser Schaefchen--baeht, +im Hof unser Haehnchen kraeht, +und der Karo an der Kette +bellt mit Spitz um die Wette. +Auf'm Dach unser Kaetzchen--maut, +und im Ententeich die Froesche, alle Froesche quaken laut: +Kinder, denkt euch den Schreck, +unserm kleinen Wackelbein sein linker Schuh ist weg. + + + +AUSTREIBUNG + + +Das kann doch nicht Rumpumpel sein? +So kann Rumpumpel doch nicht schrein? +Seeloewen sind in unserm Haus; +schnell, Rumpumpel, wir jagen sie raus. +Ich 'n Stock, +Du 'n Stock, +alle beide einen Stock. +Ei der Daus, +wollt ihr raus, +wollt ihr in euer Seeloewenhaus! + + + +WENN RUMPUMPEL BRUMMIG IST + + +Die Henne legt ein Ei, +da ging der Mond entzwei; +die Haelfte fiel nach Nuckenstadt +und schlug zwei grosse Brummer platt. + +Zwei grosse Brummer, brumm, +summten hier herum, +um Rumpumpels Kopf, +um Rumpumpels Bauch +und um sein dickes Naeschen auch. + +Nun sind sie tot... Aber im Ei +pickt das Kueken die Schale entzwei, +kriegt heraus, und wackelt mit dem Schwanz-- +--ist der Mond wieder ganz. + + + +DER PUDDING + + +Rumpumpel will essen, +nun fix gebraten: +ein Kaetzel, ein Spaetzel +und sieben Soldaten. + +Das gibt einen Pudding +so gross wie ein Haus. +Zuletzt leckt Rumpumpel +die Kuchenschuessel aus. + + + +ZWEI MAeULCHEN + + +Winkele, wankele, +vor der Tuer steht ein Bankele, +auf der Bank sitzt mein Kindele, +spielt mit mei'm Huendele, +winkele, wankele. + +Winkele, wankele, +ich hab ein Gedankele: +ein Aepfle fuers Kindele, +ein Knoechle fuers Huendele. +Dankele. + + + +MUeCKEBOLD + + +Mueckchen, Mueckchen, Duennebein, +Mueckchen, lass das Stechen sein, +Stechen tut ja weh! +Mueckchen, Mueckchen, weisst du was: +beiss doch in das gruene Gras, +beiss doch in den Klee! + + + +DAS SCHERCHEN + + +Schnipsel, schnipsel, Scherchen, +schneid mir ein Gewehrchen; +schiess ich mir ein Haeschen tot, +brat's dem Kind zum Mittagbrot. +Die Schnitzel fliegen zum Fenster hinaus +durch den Sonnenschein in des Gaertners Haus; +der hat seine Freude dran, +oder guckt sie gar nicht an, +oder streut sie in den Wind, +oder schenkt sie seinem Kind-- +schnipsel, schnipsel, Scherchen-- -- + + + +GESCHICHTCHEN VOM WINDE + + + Wer kommt dort angeflogen? + Das ist der Wind. + Der Wind ist ungezogen, + er blaest dem Kind + unters Roeckchen, + an die Soeckchen, + um die Ohren, an die Nase; + solch Geblase! + + Ganz zerfleddert und zerzaust + kommt Rumpumpel angesaust; + und hustet + und prustet, + das arme Troepfchen, + und steckt sein Koepfchen + in Mutters Schoss. + +Und weisst du, warum der Wind so getollt? +Rumpumpel sollt zu Bette gehn, und hat nicht gewollt. + + + +ANZIEHLIEDCHEN + + +Wer strampelt im Bettchen? +versteckt sich wie 'n Dieb? +Das ist der Rumpumpel, +den haben wir lieb. + +Was guckt da fuer 'n Naeschen? +Ein Buebchen sitzt dran. +Das ist der Rumpumpel, +den ziehn wir jetzt an. + +Erst wird er gewaschen, +vom Kopf bis zur Zeh; +er weint nicht, er greint nicht, +denn es tut ja nicht weh. + +Schnell her mit dem Hemdchen: +da schluepfen wir fein, +erst rechts und dann links, +in die Aermelchen 'rein. + +Fix an noch die Struempfchen, +fix an auch die Schuh; +kommts Haendchen, schnuerts Baendchen, +schon sind sie zu. + +Nun Leibchen und Hoeschen, +ein Roeckchen kommt auch; +sonst friert dem Rumpumpel +sein kleiner runder Bauch. + +Das Kaemmchen kaemmt sachte, +aber still muss man stehn; +zuletzt noch das Kleidchen, +der Tausend, wie Schoen! +Nun geht er und sagt: Guten Morgen. + + + +DAS LAeMMECHEN + + +In Wolfenbuettel wohnt ein Lamm, +das hat ganz schwarze Haare. +Meint ihr, es brauche einen Kamm? +I Gott bewahre! + +Aber mein Laemmechen +braucht ein Kaemmechen, +braucht ein Schwaemmechen, +laesst sich nix verdriessen; +setzt sein neues Kaeppechen auf, +will mal Koppkegel schiessen. + + + +DIE WILDEN BEINCHEN + + +Guten Morgen, ihr Beinchen! +Wie heisst ihr denn? +Ich heisse Hampel, +ich heisse Strampel; +und das ist Fuesschen Uebermut, +und das ist Fuesschen Tunichtgut. + +Uebermut und Tunichtgut +gehn auf die Reise, +platsch, durch alle Suempfe, +nass sind Schuh und Struempfe; +guckt die Rute um die Eck-- +laufen sie alle beide weg. + + + +DER LUMPICHTE BU + + +Ka Struempferl im Kasten, +ka Baenderl am Schuh, +ka Knoepferl am Wams-- +oh, der lumpichte Bu! + + + +TINTENHEINZ UND PLAeTSCHERLOTTCHEN + + +Heini, Heini, +ach, ist Heini dumm: +stippt mit allen Fingerchen +im Tintenfass herum. + +Heini, Heini, +kleiner dummer Mohr: +stippt sich alle Fingerchen, +klecks, ins Ohr. + +Und unten am Brunnen, +da steht ein Fass, +da macht sich unsre Lotte +pitschepatschenass. + +Und oben die Sonne +hat drueber gelacht +und hat unsre Lotte +wieder trocken gemacht. + + + +ES REGNET + + +Es regnet, es regnet +der Kuh auf den Schwanz; +es regnet, es regnet +der Braut in den Kranz. + +Es regnet, es regnet, +die Welt ist schon nass; +hol 's Toepfchen, +fang 's Troepfchen, +dann sag ich dir was: + +Waescht du die Nase, +bleibt sie fein grade. +Waescht du das Muendchen, +bist du 'n lieb Kindchen. +Waescht du aber die Augen schoen, +kannst du dem lieben Herrgott seinen Himmel besehn. + + + +TROeSTERCHEN + + +Bluemchen haengt das Koepfchen, +der Tau ist ihm zu schwer; +kommt der durstige Morgenwind, +traegt die Tropfen ins Meer. + +Spaetzchen piepst und bettelt, +das Kroepfchen ist ihm leer; +Pferdchen hat die Krippe voll, +streut Koernerchen umher. + +Kindchen weint noch immer, +Boeckchen stoesst so sehr. +Schenkt ihm Mutter einen Kuss: +sieh mal, nun weint's nicht mehr. + + + +HAeSCHEN IN DER GRUBE + + +(mit Benutzung des Volkspiels) + + +Haeschen in der Grube +sass und schlief, +kam der heilge Kuckdiguck +und bracht ihm einen Brief. + +Haeschen, bist du muede +oder bist du krank? +Steck doch deine Laeufer raus, +ob du noch huepfen kannst. + +Und was stand geschrieben +in Kuckdiguckens Brief? +"Dem Kutscher, der nicht fahren kann, +geht der Wagen schief." + + + +HASENSPIEL + + +Hinter den Birken ueber den Rasen +huschen drei Hasen +an uns vorbei, +Springen ueber Busch und Dorn, +wollen ins junggruene Winterkorn, +hocken da, +locken sich da, +laufen kreuz, +laufen quer, +hin und her, +als gaeb's in der Welt keine Schrotflinte mehr. + +Warte, in der Weihnachtszeit +kommen die drei Hasen ins Haus geschneit. +Den groessten verschicken wir, +den zweitgroessten spicken wir, +der kleinste kommt ins Hundehaus +und steckt hinten sein Schwaenzchen raus. + + + +DREI BAeUMCHEN + + +Jung jung drei Baeumchen +wachsen im Wiesengras, +jung jung drei Baeumchen +sagen mir was. + +Das erste hat sich +so gequaelt, +hat alle seine siebentausend +Blaettchen gezaehlt. + +Das zweite traegt Pflaeumchen, +schlicker-schleckerfein; +haett es deine Zaehnchen, +es aesse sie allein. + +Das dritte, das dritte +schuettelt sich bloss: +fallen lauter Blueten +in meinen Schoss. + +Sag ich schoen Dank, +geh ich nach Haus, +mach ich Rumpumpeln +ein Kraenzchen draus. + + + +SCHABERNACK + + +Wenn ich in die Stube geh +und den Rumpumpel seh, +tanzen wir zwei +Ringeldireih, +lachen wir, +machen wir +Schabernack, +Huckepack, +Kaetzchen spielt den Dudelsack, +macht Rumpumpel Hottehueh +nach der alten Melodie: +Miau, miau, +dem Kater seine Frau, +dem Kater seine grisegrimme +gritzegraue Frau. + + + +AM ABEND + + +Still. +Was bloss das Kaetzchen will? +Es streicht um meinen Schoss herum, +das Schwaenzchen hoch, den Buckel krumm, +Still-- +und weisst du, was es will? + +Still. +Was bloss die Glucke will? +Sie lockt und lockt die kleine Brut +zum warmen Stall und deckt sie gut, +Still-- +und weisst du, was sie will? + +Still. +Was bloss Rumpumpel will? +Die Augen macht er schon ganz klein +und gaehnt und will genommen sein, +still-- +nun weisst du, was er will. + + + +GUTENACHTLIEDCHEN + + +Leise, Peterle, leise, +der Mond geht auf die Reise; +er hat sein weisses Pferd gezaeumt, +das geht so still, als ob es traeumt, +leise, Peterle, leise. + +Stille, Peterle, stille, +der Mond hat eine Brille; +ein graues Woelkchen schob sich vor, +das sitzt ihm grad auf Nas' und Ohr, +stille, Peterle, stille. + +Traeume, Peterle, traeume, +der Mond guckt durch die Baeume; +ich glaube gar, nun bleibt er stehn, +um Peterle im Schlaf zu sehn-- +traeume, Peterle, traeume. + + + +FREUND HUSCH + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Husch, husch, husch, +ich schluepfe aus dem Busch; +ich stecke mein Laternchen an, +ich zuende uns die Sternchen an, +husch. + +Husch, husch, husch, +ich putze meinen Busch. +Der Mond ist da, der Mond ist hell; +der Mond, der ist mein Spielgesell, +husch. + +Husch, husch, husch, +ich schuettel meinen Busch. +Die Kinderchen sind all zur Ruh, +ich schuettel ihnen Traeume zu; +die haben wir vergangne Nacht, +der Mond und ich, uns ausgedacht, +husch, husch, husch, +im Busch. + + + +RUMPUMPELS GEBURTSTAG + + +Kraeht der Hahn frueh am Tage, +kraeht laut, kraeht weit: +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Guckt das Eichhoernchen runter: +Wenig Zeit, wenig Zeit! +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Kommt das Haeschen gesprungen, +macht Maennchen vor Freud: +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Steht der Kuchen auf dem Tische, +macht sich dick, macht sich breit: +Guten Morgen, Rumpumpel, +dein Geburtstag ist heut! + +Und Vater und Mutter, +alle Kinder, alle Leut +schrein: Hoch der Rumpumpel, +sein Geburtstag ist heut! + + + +MUTTERS GEBURTSTAG + + +Leises Klopfen an der Tuere: +Kann ich 'rein, Mama? +Frisch gewaschen, frisch gebuegelt +steht Rumpumpel da. +Rosen in beiden Haendchen; +wie der Kerl sich freut! +Kommt ans Bett, sagt: Guten Morgen, +Mutti Burtstag heut. +Vater putzt die grosse Stube, +die ist maechtig schoen. +Lauter Blumen! Und die Torte! +Komm, zu Vati gehn! + + + +RUMPUMPEL TANZT + + +Rumpumpel tanzt, Rumpumpel tanzt, +es blitzen seine Schuh; +der Kreisel und der Hampelmann +sehn verwundert zu. + +Der Kreisel pufft den Hampelmann: +guck, Hans, was sagst du nur? +der Junge tanzt, der Junge tanzt +und sitzt an keiner Schnur. + +Der Hampelmann zieht ein Gesicht +und schlenkert und sagt: puh, +auch eine Peitsche braucht er nicht, +tanzt doch so schoen wie du. + +Rumpumpel tanzt, Rumpumpel tanzt, +die liebe Sonne scheint; +der Kreisel und der Hampelmann +sind sich spinnefeind. + + + +KREISELLIEDCHEN + + +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein +rundum, rundum, +kommt die dicke Marmelkugel, +rollt ihn um, rollt ihn um; +pass auf, Herr Dreidel! +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein +rundum, rundum, +pfeift der Wind aus einer Ecke, +pfeift ihn um, pfeift ihn um; +steh auf, Herr Dreidel! +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein, +peitsch di Hieb, peitsch di Hieb; +hopp hopp, wie springt das Bruederlein, +halt den Dieb, halt den Dieb, +heissa, Herr Dreidel! + + + +KONZERT + + +Musik, Musik, die Floete kommt, +Rumpumpel tut's begreifen: +er horcht und hebt das Fingerchen, +faengt gleich an mitzupfeifen. + +Musik, Musik, die Geige kommt, +die Geige tut fein klingen; +Rumpumpel hebt das Fingerchen, +faengt leise an zu singen. + +Musik, Musik, der Brummbass kommt, +ganz deutlich hoert man's summen; +Rumpumpel hebt das Fingerchen, +tut wie 'ne Hummel brummen. + +Das gibt ein herrliches Konzert, +ihr Kinder, kommt, ich bitte! +Drei Kirschen kost't der erste Platz, +und eine kost't die Mitte. + +Hinten herum ist alles frei, +grossmuetig sind wir heute; +der Mohr, der Spitz, der Hampelmann +sind gar zu arme Leute. + + + +DIE ERSTEN HOeSCHEN + + +Der Schneidermeister Piekenich +ist ein geschickter Mann, +er kommt und misst dem Peterle +die ersten Hosen an. + +Er nimmt sein Buch und Metermass, +schreibt sich die Zahlen auf; +und wenn der Bub nicht stille steht, +kriegt er eins hinten drauf. + +"Du lieber Meister Piekenich, +mach die Hosen recht schoen! +Ich will ja unter den Linden +damit spazieren gehn. + +Und alle kleinen Jungens +gucken nach mir hin +und sehn an meinen Hoeschen, +dass ich auch ein Junge bin." + + + +DER KLEINE SUeNDER + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Gestern lief der Peter weg, +spinnefix verstohlen. +Setzt sich Mutter den Baenderhut auf: +wart, ich will dich holen. +Sausepeter, +Flausepeter, +kleiner Suender, wo bist du? + +Hahnematz steht auf der Wiese, +"Kiek ins Gruene" kraeht er; +sag mir, bunter Kikeriki, wo ist unser Peter? +Bummelpeter, +Schummelpeter, +kleiner Suender, wo bist du? + +Wie sie sich im Garten umguckt, +ist er nicht zu sehen, +bleibt sie neben dem Spargelbeet +unterm Pflaumbaum stehen. +Aber Peter, +nirgends steht er; +kleiner Suender, wo bist du? + +Hoert sie etwas lachen, horch +oben aus dem Baume; +sitzt der Peter seelenvergnuegt, +pflueckt sich eine Pflaume. +Wirft ein Steinchen, +schwenkt die Beinchen, +wupptich--: Mutter, da bin ich! + + + +FLUTSCHPETER + + +Flutschpeter lief nie gradeaus; +ja, und warum? Er lief +getreulich seiner Nase nach, +und die, ja die war--schief. + + + +DIE TROMMELPARTIE + + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt das Kaetzchen +Mausemaetzchen, +das will mit. + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt das Huendchen +Belleinstuendchen, +das will mit. + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt das Schweinchen +Rosenfeinchen, +das will mit. + +Rumpumpel macht 'ne Landpartie, +er trommelt: wer will mit? +Kommt der Baer +Brummesehr, +der will mit. + +So geht's im Trab, +bergauf, bergab, +durch Duenn und Dick, +durch Schlamm und Schlick; +Rumpumpel schlaegt die Trommel. + +Das Kaetzchen maut, +das Huendchen bellt, +das Schweinchen quiekt, +der Baer brummt: was 'ne dumme Welt! +Rumpumpel schlaegt die Trommel. + + + +RUMPELREIM + + +Ride-bide-Bummstock fing 'ne Maus, +Ride-bide-Bummstock liess sie wieder raus; +Ride-bide-Bummstock, du bist dumm, +die Maeuse sind 'n Rackerpack, das bringt man um. + + + +DAS KARNICKEL + + +Hans Wackelohr, Hans Wackelohr, +was bist du heut so still? +Sieh her, ich habe Kohl fuer dich, +sitz doch nicht gar so feierlich! +Hans Wackelohr, Hans Wackelohr, +wie kommst du mir heut vor! + +Hans Schnupperschnut, Hans Schnupperschnut, +ist dir dein Haus zu eng? +Ein Weilchen darfst du aus dem Stall, +bloss friss mir nicht die Knospen all! +Hans Schnupperschnut, Hans Schnupperschnut, +bist mir nun wieder gut? + + + +LEKTION + + +Huehner, wollt ihr wohl artig sein! +huebsch langsam essen und nicht so schrein! +Muesst ihr denn immer zanken und beissen? +euch um jedes Koernchen reissen? +Pfui, dicke Henne, abscheuliches Tier, +du isst ja fuer vier. +Weg! hoerst du nicht? du sollst dich trollen! +Die niedlichen kleinen Kueken wollen +auch mal heran an das schoene Futter. +Wenn du nicht hoerst, sag ich's der Mutter; +die faengt dich ein und macht dich tot, +dann essen wir dich zum Mittagbrot. + + + +LIED DES HUeHNCHENS + + + Tuck--tuck--heut ist Regentag, + und ich muss mich plagen; + kratze schon acht Stunden, tuck, + und noch knurrt mein Magen. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck die Enten, tuck die Enten, + Enten sind doch Narren; + gehn ins Wasser, tuck ins Wasser, + als koennte man da scharren. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Pferde, tuck tuck tuck, und Kuehe + haben grosse Koepfe, + aber keine Kroepfe, tuck; + traurige Geschoepfe! +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck, wie war der Hahn galant, + suchte mir manch Kruemchen; + heute geht er, tuck tuck tuck, + mit Cochinchina-Muehmchen. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck, du fetter Regenwurm, + dich muss ich noch ergattern; + schimpft nur, tuck, vor Neid, tuck tuck, + Muhmen und Gevattern! +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +hab noch immer nicht genug. + + Tuck, waer ich doch endlich satt, + tuck, das waer ein Segen; + muss Rumpumpeln, tuck tuck tuck, + sein Fruehstuecks-Ei noch legen. +Tuck tuck tuck, pick und schluck, +ach, wann hat man wohl genug? + + + +SO SIEHT UNSRE WIRTSCHAFT AUS + + +Unser Mueller hat ein Muehlenhaus, +mi-ma-Muehlenhaus, +kommt Korn hinein und Mehl heraus, +mi-ma-Mehl heraus; +Muehlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unser Baecker, der backt weisse Wecken, +wi-wa-weisse Wecken, +und braunes Brot und Streusselschnecken, +stri-stra-Streusselschnecken; +weisse Wecken, Streusselschnecken, +Muehlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unser Schlaechter schlacht't ein feistes Schwein, +fi-fa-feistes Schwein, +und poekelt Wurst und Schinken ein, +schi-scha-Schinken ein; +feistes Schwein, Schinken ein, +weisse Wecken, Streusselschnecken, +Muehlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unsre Mutter hat 'ne bunte Kuh, +bi-ba-bunte Kuh, +die gibt uns Milch und Butter dazu, +bi-ba-Butter dazu; +bunte Kuh, Butter dazu, +feistes Schwein, Schinken ein, +weisse Wecken, Streusselschnecken, +Muehlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + +Unsre Henne macht ein laut Geschrei, +li-la-laut Geschrei, +und legt dabei ein frisches Ei, +fri-fra-frisches Ei; +frisches Ei, laut Geschrei, +bunte Kuh, Butter dazu, +feistes Schwein, Schinken ein, +weisse Wecken, Streusselschnecken, +Muehlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. +[Transkriptions-Notiz: Fehlendes "aus" hinzugefuegt.] + +Rumpumpel ist ein kluges Kind, +kli-kla-kluges Kind, +das fragt nicht viel und isst geschwind, +i-a-isst geschwind; +kluges Kind, isst geschwind, +frisches Ei, laut Geschrei, +bunte Kuh, Butter dazu, +feistes Schwein, Schinken ein, +weisse Wecken, Streusselschnecken, +Muehlenhaus, Mehl heraus, +so sieht unsre Wirtschaft aus. + + + + + +ZWEITER TEIL + + + +DAS HAUS + + +Ich bau, ich bau ein steinern Haus; +vorne guckt ein Esel raus, +hinten eine Kuh, +muh. + + + +MIT TROMMEL UND TRAB + + +Sitzen zwei alte Weiber im Sand, +spinnen viel feine Faeden ueber Land, +ueber Baeume, +ueber Zaeune, +um Stoppel und Dorn, +immer von vorn. + +Fuer wen sitzen die alten Weiber im Sand, +spinnen viel feine Faeden ueber Land? +Fuer Wildbub Kraushaar, +kommt alle hundert Jahr +mit Trommel und Trab +vom Himmel herab, +reisst alle Faeden auf einmal ab, +macht sich ein'n Muetzenpuschel draus +und lacht die alten Weiber aus. + + + +SIEBENSCHLAeFER + + +Ihr Siebenschlaefer in den Hoehlen, +reckt euch, streckt euch, aufgewacht! +Der Fruehling leuchtet in den Himmel +nach einer einzigen warmen Nacht. + +Schnell, schuettelt eure grauen Zotteln, +und blinzelt in das blaue Licht; +Herrgott, wer wird so langsam trotteln, +ich lauf voraus, ich warte nicht. + +Die Amsel uebt schon ihre Lieder, +ich pfeif sie nach, ich sing sie auch; +und denkt euch nur, der blaue Flieder +hat Knospen, und der Haselstrauch. + +Der Teckel bellt vor lauter Wonne +und wuehlt die frische Erde um-- +Na? seid ihr noch nicht in der Sonne, +ihr Siebenschlaefer faul und dumm? + + + +OSTERLIED + + +Has, Has, Osterhas, +wir moechten nicht mehr warten. +Der Krokus und das Tausendschoen, +Vergissmeinnicht und Tulpen stehn +schon lang in unserm Garten. + +Has, Has, Osterhas, +mit deinen bunten Eiern. +Der Star lugt aus dem Kasten aus, +Bluehkaetzchen sitzen um sein Haus; +wann kommst du Fruehling feiern? + +Has, Has, Osterhas, +ich wuensche mir das Beste: +ein grosses Ei, ein kleines Ei +und ein lustiges Dideldumdei, +alles in einem Neste. + + + +MAIWUNDER + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Maikoenig kommt gefahren, +in seinem gruengoldnen Wagen, +mit Saus und Gesinge. +Seine Zuegel sind Sonnenstrahlen, +grosse blaue Schmetterlinge +ziehn ihn ueber Busch und Bach, +dass die weissen Bluetenglocken +in seinen Locken +schwingen und springen, +und Hans guckt ihm nach +und hoert sein Lied: +wer zieht mit? zieht mit? + +Kommt das Maienweibchen, +traegt ein weisses Kleidchen, +traegt ein gruenes Kraenzchen, +sagt zu unserm Haenschen: +Eia, Hans, +komm zum Tanz! +Einen Schritt Frau Nixe, +einen Schritt Herr Nix, +Ringeldireih, Ringeldireih, +Dienerchen, +Knix! + + + +HANSEL UND GRETEL + + +Hansel und Gretel stehen zu zwein, +der Hansel ist grob, +und die Gretel ist fein, +der Hansel ist dick, +und die Gretel ist duenn, +der Hansel ist aus Birkenholz, +die Gretel ist aus Zinn. +Heissa, juchheissa, wer wird nun Koenig? +Was der eine zu viel hat, hat der andre zu wenig. + + + +PRINZESSCHEN + + +Wer tanzt mit mir? +wer spielt mit mir? +ich bin so sehr allein. +Kam da der gelbe Sonnenstrahl: +Ich tanze Tippel-huschemal, +willst du meine Taenzerin sein? + +Wer tanzt mit mir? +wer spielt mit mir? +der Sonnenstrahl ist zu fein. +Kam da der wilde Pustewind: +Heidih, ich spiele Wegefind, +lauf doch, fang mich ein! + +Wer tanzt mit mir? +wer spielt mit mir? +der Wind macht mein Kroenchen entzwei. +Kam da unser brauner Junge an, +macht 'nen Diener wie 'n Edelmann: +Prinzess, ich bin so frei. + + + +DAS GROSSE LOCH + + +Das grosse Loch, +wie kam es doch +in Gretens neuen Schuh? +Die ganzen Zehn +sind ja zu sehn; +wer macht das Loch uns zu? + +Drueben hinterm Rathaus +haengt ein grosses Schild raus, +goldner Stiefel drauf. +Da wohnt der Schuster Firlefanz, +der macht dein Schuhchen wieder ganz; +lauf, Grete, lauf! + + + +ZWEI GESELLEN + + +Es tanzen zwei Gesellen + hier herum; +der eine, der ist klug, +und der andre, der ist dumm. +Der eine liegt im Grase, +der andre sitzt am Tisch; +der eine kaut den Kanten, +der andre isst den Fisch + isst den Fisch. + +Es tanzen zwei Gesellen + hier herum; +der eine, der ist grad, +und der andre, der ist krumm. +Der eine, der bleibt mager, +der andre, der wird fett; +der eine kommt an'n Galgen, +der andre stirbt im Bett. + Je nun, je nun, + was ist dabei zu tun. + + + +WENN'S PFINGSTEN REGNET + + +Oben aus dem Fahnenhaus +guckt das schwarze Wettermaennchen raus, +spreizt die Beine und grinst uns an; +schaeme dich, alter Wettermann! +Am Ostersonntag, vor sieben Wochen, +hast du dem Fritze fest versprochen, +dass zu Pfingsten, im Monat Mai, +das allerschoenste Wetter sei. +Und nun regnet's, liebe Not, +alle hellen Blueten tot; +sie liegen da wie nasser Schnee. +Auf den Wegen steht See an See; +ja, wenn wir noch drin baden koennten, +wie die Spatzen oder die Enten. +Wir duerfen aber gar nicht raus, +sehn so mucksch wie Maulwuerfe aus; +roeche nicht der Kuchen so lecker her, +wuesste man gar nicht, dass Feiertag waer. +Nicht mal die Pfingstkleider kriegt man an; +Schaeme dich, schwarzer Wettermann! + + + +EINE HUeHNERGESCHICHTE + + +Vor der Laube kraeht der Hahn, +ein rot-schwarz-gelb und gruener: +Kuchen, Kuchen, Kuchen auf dem Tisch, +fix, kommt fix, ihr Huehner! + +Seht die Hennen, +wie sie rennen, +aus Verstecken, +ueber Zaeune, ueber Hecken, +gackern, beissen sich und schrein, +jede will die erste sein. +Wie sie fliegen, wie sie flattern, +um ein Plaetzchen zu ergattern. +Oben auf des Tisches Mitte +steht Herr Hahn: +Bitte, meine Damen, bitte, +fangt nur an! +Pick und schluck, +nicht genug, +immer mehr +Kuchen her! +Unser Kropf +ist ein Topf, +wird nicht voll, +wird nicht leer, +darum mehr +Kuchen her, +bis der Teller leckeleer! + +Drueben aus des Gaertners Haus +guckt der kleine Fritz und lacht: +Ei, wie sah das lustig aus, +das haben die Huehner klug gemacht. + + + +MARIEKEN UND DIE KUeKEN + + +Marie, Marei, Marieken +mit deinen sieben Kueken, +was willst du tun? + +"Die alte Kluckenmutter ist tot, +nun frieren die Kinder und finden kein Brot; +ich will sie pflegen." + +Marie, Marei, Marieken +mit deinen sieben Kueken, +was hast du im Sack? + +"Kartoffelmus und Hirsekern, +das essen meine Kinderchen gern, +das streu ich ihnen." + +Marie, Marei, Marieken, +gib mir eins von deinen Kueken, +du hast noch genug. + +"Wenn ich meine Kinder verschenken taet, +muesst ich weinen von frueh bis spaet, +dass sollst du wissen." + +Marie, Marei, Marieken, +Zu Huehnern werden die Kueken; +was machst du dann? + +"Und werden huebsch bunt und werden gross, +fliegen mir alle um Kopf und Schoss, +hei, alle sieben!" + + + +KINDERKUeCHE + + +Marie-Marei will Braten machen, +hat keine Pfanne; +nimmt sie sich die Schiefertafel +von klein Schwester Hanne. +Hat sie eine Pfanne. + +Marie-Marei will Braten machen, +hat keine Butter; +borgt sie beim Kanarienvogel +rasch ein bisschen Futter. +Hat sie Butter. + +Marie-Marei will Braten machen, +hat keine Kohlen; +vor der Tuer blueht roter Mohn, +geht sie den sich holen. +Hat sie Kohlen. + +Marie-Marei will Braten machen, +fehlt noch das Gaenschen; +nimmt sie sich die Pudelmuetze +von klein Bruder Fraenzchen. +Hat sies Gaenschen. + +Hei, mit diesen Wunderdingen +muss der Braten wohlgelingen; +bitte zu Tisch! + + + +ESSENSREGELN + + +Spitzt das Ohr und merkt euch still, +was die gute Sitte will! +Wer die schoene Form erfasst, +ist ein gern gesehner Gast; +wer sich frech und plump betraegt, +wird ohne Besen hinausgefegt. + + +--1-- + +Ein Kind soll nicht vorher von Speisen naschen, +soll Mund und Haende sich sauber waschen, +sich erst setzen, wenn die andern sitzen, +das Maeulchen bei Tisch nicht zum Pfeifen spitzen, +nicht plappern, wenn grosse Leute sprechen, +das Brot nicht zerkruemeln, zerkneten, nur Bissen abbrechen. + + +--2-- + +Rueckt immer den Stuhl so dicht heran, +dass Loeffel und Gabel zum Munde kann, +ohne das Tischtuch zu betrippen; +und schliesst beim Kauen huebsch die Lippen! +Turnen beim Essen, das will nicht passen; +also die Ellbogen huebsch unten lassen! + + +--3-- + +Nicht gierig stopfen! langsam essen! +auch keinen Rest auf dem Teller vergessen! +Nicht wie Hunde oder Katzen +schlecken, schluerfen, schnaufen, schmatzen! +Nicht kichern und nicht heimlich fragen, +und immer schoen bitte und danke sagen! + + +--4-- + +Seid ihr beim Essen und trinkt dazwischen, +sollt ihr zuvor die Lippen wischen. +Kartoffeln und Fisch mit Stahlmessern schneiden, +das wird ein Mensch, der Geschmack hat, vermeiden. +Brot nimmt man zuhilfe, wenn Fischmesser fehlen; +auch Obst soll man nicht mit Stahlklingen schaelen. + + +--6-- + +Wer stochert in den Zaehnen, +nicht unterdrueckt das Gaehnen, +das Messer in den Mund steckt, +Gabel und Teller ableckt, +zuviel packt auf den Loeffel, +gilt als Flegel und Toeffel. + + + +DIE BOeSE MIES + + +Es war einmal ein Kaetzchen, +ein allerliebstes Fraetzchen. +Es hatte das Mamsellchen +ein seidenweiches Fellchen +und einen Bart ums Schnaeuzchen +und Augen wie ein Kaeuzchen. +Es machte gern den Ruecken krumm +und brachte viele Maeuse um, +dann schlich es auf die Ofenbank +und leckte sich die Pfoten blank. + +Einst aber, oh das Kaetzchen, +was tut das liebe Fraetzchen? +Einst stand auf unserm Tische +ein Teller Bratenfische. +Hopp, ist das Kaetzchen oben: +die Fische muss ich loben. +So denkt es sich und sitzt und schmaust, +doch Mutterchen kommt angesaust, +und gibt dem Naschmamsellchen +--na warte--eins aufs Fellchen. + +Nein, unser Miesekaetzchen +war gar kein liebes Fraetzchen: +los auf die gute Mutter, +und durch das Aermelfutter +--kratz--in den Ellenbogen! +War das nicht ungezogen? +Dann lief es voller Wut hinaus +und kam erst abends spaet nach Haus, +und schlich sich auf die Ofenbank +und leckte sich die Pfoten blank. + + + +POTTKIEKER + + +Mutti, Mutti, was ist denn da drin? + "Hoppel-poppel-Appelreis, + mach dich weg, Naseweis, + kann dich hier nicht brauchen, + der Ofen tut rauchen, + muss Spaehne suchen, + sonst brennt der Kuchen, + muss Gaense schlachten, + in sechs Wochen ist Weihnachten." + +Mutti, Mutti, wo soll ich denn hin? + "Ei, tanz mit dem Schimmel, + bohr Loecher in den Himmel, + lehr die Katz das Alphabet, + sieh nach, ob sich der Kirchturm dreht, + oder lauf ans Ende der Welt, + pass auf, dass keiner runter faellt, + marsch!" + + + +DER REITERSMANN + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Schimmel, willst du laufen, +will ich uns was kaufen. +Heissa, lauf nach Mexiko, +da kaufe ich dir Bohnenstroh; +laufe nach der Mongolei, +da kauf ich mir ein Osterei, +hopp! + +Eile, Schimmel, eile, +oder du kriegst Keile. +Hoppssa, lauf nach Hindostan, +da kaufe ich mir Marzipan; +laufe nach Kap Morgenrot, +da kauf ich dir ein Dreierbrot, +burr! + + + +DAS RICHTIGE PFERD + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Wer schenkt mir ein lebendiges Pferd! +Mein Schaukelpferd ist gar nichts wert, +es hat so steife Beine, +es stampft nicht, frisst nicht, wiehert nicht, +und macht solch ledernes Gesicht, +und weiss nicht, was ich meine. + +Wenn mir der Weihnachtsmann ein Pferd, +ein wirklich richtiges Pferd beschert, +dann reit ich ueber die Bruecke, +und reite durch den Kiefernforst +nach Vehlefanz und Haselhorst +und noch fuenf grosse Stuecke. + +Dann bin ich mitten in der Welt, +da such ich mir ein Haberfeld +und lasse mein Pferdchen grasen. +Und dann, dann reit ich ans Ende der Welt, +wo der Riese den Regenbogen haelt, +und--schick euch 'ne Ansichtspostkarte. + + + +DER KLEINE REKRUT + + +Ich hab einen Helm aus Packpapier, +mit einem Federbusche; +der Wilhelm malt mir 'n Adler drauf +mit schwarz-weiss-roter Tusche. + +Einen hoelzernen Saebel hab ich auch, +mit einem richtgen Griffe; +wenn nur der Scherenschleifer kaem, +dass er ihn endlich schliffe! + +Meine Mutter ist 'ne gute Frau, +die schenkt mir einen Dukaten, +dann kauf ich mir ein Schiessgewehr, +geh unter die Soldaten. + + + +DER HAUPTMANN + + +Ich bin der Hauptmann, +ihr die Soldaten; +immer gehorsam, +das will ich euch raten, +hoert ihr! + +Eins, zwei, immer hinterher, +eins, zwei, schultert das Gewehr, +marsch! + +Seht euch nicht um, +seht euch nicht an, +immer huebsch stramm, +Mann hinter Mann, +halt! + +Eins, zwei, immer hinterher, +eins, zwei, schultert das Gewehr, +marsch! + + + +ABZAeHLREIM + + +Rechts, links, ueber Eck, +die Henne legt die Eier weg, +legt sie in ein Buendel Stroh, +irgendwie, irgendwo; +kommt der Marder Wagemut, +jagt die Henne von der Brut, +rechts, links, ueber Eck-- +ein Kueken hat--er--weg. + + + +FRAGEFRITZE UND DIE PLAPPERTASCHE + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Fritz, ich moecht den Spaten haben. +"Mutterchen, warum?" +Moechte eine Grube graben. +"Mutterchen, warum?" + +Moechte drin ein Baeumchen pflanzen. +"Mutterchen, warum?" +Wird mein Fritze drunter tanzen. +"Mutterchen, warum?" + +Wird das Baeumchen Kirschen tragen. +"Mutterchen, warum?" +Ei, du musst die Spatzen fragen, +die sind nicht so dumm!-- + +Kommt die kleine Plappertasche: +"Mutterchen, nicht wahr, +ich bin klueger als der Fritze, +bin schon bald sechs Jahr. + +"Mutterchen, nicht wahr, der Fritze +ist ein Schaf, o je! +Ich kann schon bis zwanzig zaehlen +und das A-B-C." + +I, du kleine Plappertasche, +lass den Fritz in Ruh. +Plappertasche, wische wasche, +halt das Maeulchen zu. + +Uebermorgen in vier Wochen +kommt der Weihnachtsmann; +wenn du dann noch immer plapperst, +was bekommst du dann? + +Einen grossen Maulkorb!-- + + + +PLAPPERMUeNDCHEN + + +In Leipzig wohnt ein Baeckermeister, +Hans-back-die-Semmeln-groesser heisst er; +Seine Mutter, die Frau Meisterin, +zieht den Teig wer weiss wie duenn, +rollt ihn mit der Mangel aus, +macht sieben bucklige Bretzeln draus, +drei fuer den Vater, +drei fuer die Mutter, +eine fuer unser Plappermuendchen, +dann schweigt's vielleicht ein Viertelstuendchen. + + + +PUPPENDOKTOR + + +Lieber Doktor Pillermann, +guck dir bloss mein Pueppchen an. +Drei Tage hat es nichts gegessen, +hat immer so stumm dagesessen, +es will nicht einmal Zuckerbrot, +die Arme haengen ihr wie tot. +Ach, lieber Doktor, sag mir ehrlich, +ist diese Krankheit sehr gefaehrlich? + +Madam, Sie aengstigen sich noch krank; +der Puls geht ruhig, Gott sei Dank. +Doch darf sie nicht im Zimmer sitzen, +sie muss zu Bett und tuechtig schwitzen; +drei Kiebitzeier gebt ihr ein, +dann wird es morgen besser sein. +Empfehle mich. + + + +KLEINER EINKAUF + + +Guten Tag, guten Tag, liebe Gruenkramfrau, +Gemuese will ich kaufen, +ich bin mit meinem Henkelkorb +extra hergelaufen; +auch schoene frische Eier will ich, +hoffentlich sind sie heute billig. + +Die Schoten hier gefallen mir, +zuckersuesse Kerne; +auch von den Ruebchen moechte ich +ein halbes Liter gerne. +Kohlrueben? lieben wir nicht sehr; +doch zeigen Sie mal die Pflaumen her! + +Davon will ich fuenf Litermass, +haufenvoll gemessen! +weil meine Kinderchen zu Haus +alle gern Pflaumen essen. +Geld schick ich Ihnen morgen her; +ich denke doch, es eilt nicht sehr, +ich hab es grad vergessen. + + + +VATERS GEBURTSTAG + + +Schnell, schnell, Besen, +feg die Stube rein; +wenn Vaeterchen zum Kaffee kommt, +muss alles sauber sein. + +Wisch, wisch, Lappen, +ueber Stuhl und Schrank; +wenn Vaeterchen zum Kaffee kommt, +sind sie blitzeblank. + +Blueh, blueh, Blume, +blueh recht frisch; +wenn Vaeterchen zum Kaffee kommt, +Stehst du auf dem Tisch. + +Herz-Herz-Muttchen, +schnell das neue Kleid; +bis Vaeterchen zum Kaffee kommt, +ist nur noch wenig Zeit. + +Tick, tick, Uhrchen, +renn doch nicht so fix; +wenn Vaeterchen zum Kaffee kommt, +mach ich meinen Knix. + +Fertig, alles fertig, +der Kuchen auch ist da; +der Kaffee kommt, der Vater kommt, +mein Verschen kann ich ja: +"Heut ist dein Geburtstag!" + + + +DAS HIMMELSPRINZESSCHEN + + +Ich bin das Himmelsprinzesschen, +habe Fluegel von blauem Duft, +ich schlafe im Wolkenbettchen +und bade in Licht und Luft. +Mir gehoert die silberne Schaukel +hoch oben im Himmelssaal; +wenn die goldenen Seile schwingen, +blitzt es unten im Tal. + +Der alte Wetterriese +donnert und schilt mich aus, +ich flitze ueber die Sterne +und lache den Brummbart aus. +Die Mirlamein vom Monde +webt meine Kleider und Schuh, +die gute Mutter Sonne +gibt goldne Spangen dazu. + +Der liebe Gott hat mich gerne, +ich bin sein liebes Kind; +er nimmt uns auf die Kniee, +mich und den Fruehlingswind. + +Des Abends sitzen wir stille +bei Mirlamein im Zelt +und spinnen Wuensche und Traeume +und streuen sie ueber die Welt. + + + +WINDFREUDE + + +Wenn der Wind ueber Wiesen und Felder rennt, +renn ich mit; +da denk ich, dass ich fliegen kann, +und guck mir lustig die Voegel an, +susewitt, susewitt. + +Wenn der Wind durch die Straeucher und Baeume fegt, +feg ich mit; +die Bluetenkaetzchen feg ich zu Hauf +und setz mir vom Ahorn ein Nasenhuetchen auf, +susewitt, susewitt. + +Wenn der Wind durch die Turmloecher singt und pfeift, +pfeif ich mit; +sein Jodler wird mir gar nicht schwer, +und den Brummbass lern ich nebenher, +susewitt, susewitt. + + + +LIED VOM MONDE + + +Wind, Wind, sause, +der Mond ist nicht zu Hause; +er ist wohl hinter den Berg gegangen, +will vielleicht eine Sternschnuppe fangen, +Wind, Wind, sause. + +Stern, Stern, scheine, +der Mond, der ist noch kleine; +er hat die Sichel in der Hand, +er maeht das Gras am Himmelsrand, +Stern, Stern, scheine. + +Singe, Vogel, singe, +der Mond ist guter Dinge; +er steckt den halben Taler raus, +das sieht blank und lustig aus, +singe, Vogel, singe. + +Und hell wird's, immer heller; +der Mond, der hat 'nen Teller, +mit allerfeinstem Silbersand, +den streut er ueber Meer und Land, +und hell wird's, immer heller. + + + +WEIHNACHTSSCHNEE + + +Ihr Kinder, sperrt die Naeschen auf, +es riecht nach Weihnachtstorten; +Knecht Ruprecht steht am Himmelsherd +und backt die feinsten Sorten. + +Ihr Kinder, sperrt die Augen auf, +sonst nehmt den Operngucker: +die grosse Himmelsbuechse, seht, +tut Ruprecht ganz voll Zucker. + +Er streut--die Kuchen sind schon voll-- +er streut--na, das wird munter: +er schuettelt die Buechse und streut und streut +den ganzen Zucker runter. + +Ihr Kinder, sperrt die Maeulchen auf, +schnell! Zucker schneit es heute! +Fangt auf, holt Schuesseln!--Ihr glaubt es nicht? +Ihr seid unglaeubige Leute! + + + +KNECHT RUPRECHT IN NOeTEN + + +Knecht Ruprecht kratzt sich seinen Bart +und rueckt zurecht die Brille: +Ihr Engelskinder, laermt nicht so, +seid mal ein bisschen stille! +Kommt, rueckt huebsch artig zu mir ran, +seht euch mal das Bestellbuch an! + +Was steht hier auf dem ersten Blatt? +was auf dem zweiten, dritten? +was steht am Ende von dem Buch? +was steht hier in der Mitten?--: +Ach Weihnachtsmann, wir bitten sehr, +Schick uns doch mal das Luftschiff her! + +Hans moechte nach Amerika, +und Fritz zu Tante Lotte, +Kurt durch die Luft zu Grosspapa, +Marie zum lieben Gotte; +Georg will bloss nach Neuruppin +mit Zeppelin, mit Zeppelin. + +Ach Zeppelin, du Zaubermann, +'s ist aus der Haut zu fahren, +das ganze liebe kleine Pack +will bloss noch Luftschiff fahren; +dein Fahrzeug ist ja viel zu klein, +da gehn nicht alle Kinder 'rein. + +Ihr Engelskinder, helft mir doch +in meinen Weihnachtsnoeten, +baut mir ein Luftschiff riesengross +mit hunderttaufend Boeten, +lasst lustig die Propeller gehn, +da sollt ihr mal die Freude sehn! + +Hurra, schreit da die Engelschar, +wir helfen alle, alle. +Nach dreien Tagen, blitzeblank, +stehts Luftschiff in der Halle. +Dank schoen, sagt Ruprecht, faehrt hinab, +holt alle Jungs und Maedels ab +zur Flugfahrt durch die Welten. +Ob sie sich nicht erkaelten? + + + +FROHE BOTSCHAFT + + +Frueh, eh ich's konnt begreifen, +hoert ich schon etwas pfeifen, +hoert ich Schon etwas brummen, +wie tausend Bienen summen. + Was ist denn los? Ach ja: + der Weihnachtsmann ist da! + +Die Raben und die Spatzen, +sie muessen's weiterschwatzen; +in alle Haeuser dringt es, +von allen Glocken klingt es. + Was laeuten sie? O ja: + der Weihnachtsmann ist da! + +Mit seinem braven Esel +zieht er von Thorn bis Wesel; +wo Maedels sind und Buben, +tritt er in ihre Stuben +und langt aus Sack und Taschen +zum Spielen was und Naschen. + Wo habt ihr's her? Na ja: + der Weihnachtsmann war da! + + + +DER LIEBE WEIHNACHTSMANN + + +(von Paula und Richard Dehmel) + + +Der Esel, der Esel, +wo kommt der Esel her? +Von Wesel, von Wesel, +er will ans schwarze Meer. + +Wer hat denn, wer hat denn +den Esel so bepackt? +Knecht Ruprecht, Knecht Ruprecht +mit seinem Klappersack. + +Mit Nuessen, mit Aepfeln, +mit Spielzeug allerlei, +und Kuchen, ja Kuchen +aus seiner Baeckerei. + +Wo baeckt denn, wo baeckt denn +Knecht Ruprecht seine Speis? +In Island, in Island, +drum ist sein Bart so weiss. + +Die Rute, die Rute +hat er dabei verbrannt; +heut sind die Kinder artig +im ganzen deutschen Land. + +Ach Ruprecht, ach Ruprecht, +du lieber Weihnachtsmann: +komm auch zu mir mit deinem +Sack heran! + + + +SANKT NIKLAS' AUSZUG + + +Sankt Niklas zieht den Schlafrock aus, +klopft seine lange Pfeife aus +und sagt zur heiligen Kathrein: +Oel mir die Wasserstiefel ein, +bitte hol auch den Knotenstock +vom Boden und den Fuchspelzrock, +die Muetze lege oben drauf, +und schuette dem Esel tuechtig auf, +halt auch sein Sattelzeug bereit; +wir reisen, es ist Weihnachtszeit. +Und dass ich's nicht vergess, ein Loch +ist vorn im Sack, das stopfe noch! +Ich geh derweil zu Gottes Sohn +und hol mir meine Instruktion. + +Die heilige Kaethe, sanft und still, +tut alles, was Sankt Niklas will. +Der klopft indes beim Herrgott an, +Sankt Peter hat ihm aufgetan +und sagt: Gruess Gott! wie schaut's denn aus? +und fuehrt ihn ins himmlische Werkstaettenhaus. + +Da sitzen die Englein an langen Tischen, +ab und zu Feen dazwischen, +die den kleinsten zeigen, wie's zu machen, +und weben und kleben die niedlichsten Sachen, +haemmern und haekeln, schnitzen und schneidern, +faelteln die Stoffe zu zierlichen Kleidern, +packen die Schachteln, binden sie zu +und haben so gluehende Baeckchen wie Du. +Herr Jesus sitzt an seinem Pult +und schreibt mit Liebe und Geduld +eine lange Liste. Potz Element, +wieviel artige Kinder Herr Jesus kennt! +Die sollen die schoenen Engelsgaben +zu Weihnachten haben. + +Was fertig ist, wird eingesackt +und auf das Eselchen gepackt. +Sankt Niklas zieht sich recht warm an; +Kinder, er ist ein alter Mann, +und es faengt tuechtig an zu schnein, +da muss er schon vorsichtig sein. + +So geht es durch die Waelder im Schritt, +manch Tannenbaeumchen nimmt er mit; +und wo er wandert, bleibt im Schnee +manch Futterkoernchen fuer Hase und Reh. +Aus Haus und Huette strahlt es hell, +da hebt er dem Esel den Sack vom Fell, +macht leise alle Tueren auf, +jubelnd umdraengt ihn der kleine Hauf: +Sankt Niklas, Sankt Niklas, +was hast du gebracht? +was haben die Englein +fuer uns gemacht? +"Schoen Ding, gut Ding, +aus dem himmlischen Haus; +langt in den Sack! holt euch was raus!" + + + +BESCHEIDENE FRAGE + + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +bringst du der flinken Grete was? +Sie ist fast immer artig gewesen, +hat fleissig in ihrer Fibel gelesen, +kann das grosse H schon ganz richtig schreiben, +wird Ostern gewiss nicht sitzen bleiben; + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du ihr was? + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +bringst du dem dicken Peterle was? +Er ist noch zu klein, um zur Schule zu gehn, +aber beten kann er schon wunderschoen: +"Lieber Dott, mach alle Menssen dut, +nimm alle unter deinen Hut'" + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du ihm was? + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +bringst du der kleinen Lene was? +Sie gehoert der armen Flick-Marie +und hat schon lange ein schlimmes Knie; +zum Spielen kommt sie gar nicht mehr raus, +sieht immer so blass und aengstlich aus. + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du ihr was? + +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, +ich wuensch mir selber auch noch was: +moecht in der Weihnacht mit dir gehn, +mir all die froehlichen Kinder besehn, +wie sie tanzen und tuten, knabbern und schlucken +und am strahlenden Christbaum die Wunder angucken. + Sankt Nikolas, Sankt Nikolas, + schenkst du mir das? + + + + + +DRITTER TEIL + + + +WIDMUNG + + +Klaenge wachsen auf den Wegen +im Gebuesch, im jungen Gruen; +alle meine Melodien +moechte ich mit leisem Segen +abends auf dein Kissen legen. + +Wilde Blumen, seltne Fruechte: +was der reife Sommer bringt, +moecht ich in dein Zimmer tragen, +sollst mir keine Antwort sagen-- +Still--der Traum versinkt--verklingt. + + + +SONNE + + +Sonne scheint draussen und scheint in die Stube, +unten am Boden kugelt mein Bube, +greift nach den schimmernden, flimmernden Staeubchen; +ich sitze am Fenster und naehe ein Haeubchen, +ein ganz kleines Haeubchen aus weissem Batist. +Ob's wohl ein Maedel ist?-- +Und hat's _seine_ Augen, _seinen_ trotzfrohen Sinn, +dann weiss kein Mensch, wie gluecklich ich bin! +Bloss Er--Er--sein liebes Gesicht-- -- +"Na, Bub? Hast du die Sonne noch nicht?"-- + + + +MARIENLIED + + +Maria herzt ihr Kindlein +und kuesst sein rotes Muendlein; +sie weiss es nicht, +dass einst zu Golgatha +sein Kreuz wird aufgericht't. + +Der Wind mit Blumendueften +tut des Kindes Haerlein lueften; +nicht weiss der Wind, +dass einst zu Golgatha +unschuldig Blut verrinnt. + +Sein Laemmlein kommt gesprungen, +spielt um den holden Jungen; +sieht nicht von fern, +dass man zu Golgatha +einst hoehnt den lieben Herrn. + +Ihr sorgend Mutterherzen +muesst es fein still verschmerzen; +ihr wisst es nicht, +wann eurem teuren Kindlein +sein Kreuz wird aufgericht't. + + + +KORSISCHES WIEGENLIED + + +Schlafe, mein kleiner Wildling, +du schlankes Reis, schlaf ein; +draussen im Mondschein die Pappel +sieht auf dein Bett herein. + +Traeume, mein heisser Wildling; +was ballst du die kleine Faust? +Kuehl geht der Wind durchs Fenster, +die hohe Pappel braust. + +Wachse, mein trotziger Wildling, +wachse dich hoch und frei, +horch auf die herrischen Stuerme +und des Adlers stolzen Schrei! + +Raeche mich, Sohn meiner Wildheit, +raeche den Mutterleib, +Schaerfe den Dolch und toete, +toete das fremde Weib! + + + +KOeNIGSKIND + + +--1-- + +Schlafe ruhig, Koenigskind; +wie im Traume singt der Wind, +schweigend sitzt der Mond zu Haus, +giesst die weissen Strahlen aus, +giesst sie ueber das weite Land, +ueber Wald und Huegelwand. + +Taube gurrt im dunklen Laub, +Kaefer surrt und fliegt auf Raub, +Fischlein steht im Wasser still, +weiss nicht, ob es schwimmen will. +Was dir auch das Leben spinnt: +traeume, Koenigskind! + + +--2-- + +Ein Vogel flog aus dem Heimatland, +er flog wohl sieben Tage lang +ueber fremde Waelder und Seen; +da wurden ihm die Fluegel lahm, +und als er ans grosse Wasser kam, +konnt er nicht weiter. + +Ein Maegdlein musste von Hause fort, +in ein fernes Land an fremden Ort, +so bang und alleine. +Die Mutter gab ihr drei Tropfen Blut: +Tochter, liebe Tochter, wahre sie gut, +sonst trifft dich ein Unheil. + +Das Voeglein fiel aus der Hoeh herab, +brach die Fluegel beide und fand sein Grab +im oeden Lande; +das Maegdlein verlor der Mutter Blut, +verlor den Weg und verlor den Mut +und irrt in der Fremde. + + +--3-- + +Waldtaube sass gefangen, +Kuruh, das Voegelein, +wohl hinter Gitter und Stangen; +da liess das Koepflein hangen +Kuruh das Voegelein. + +Waldtaube sass am Gitter, +Kuruh, das Voegelein, +da kam ein blauer Ritter, +ein Falke an ihr Gitter: +Kuruh, mein Voegelein. + +Und bist du auch gefangen, +Kuruh, mein Voegelein, +meine Liebe zerbricht die Stangen, +zu dir will ich gelangen, +Kuruh, mein Voegelein. + +Mit seinen starken Faengen +tat er das Gitter aufzwaengen, +Kuruh, mein Voegelein. +Sie breiteten aus die Fluegel, +flogen weithin ueber die Huegel, +grad in die Sonne hinein, +Kuruh, mein Voegelein. + + + +HEIMWEH + + +Quellchen geht in den Rauschebach, +Bach geht in den Fluss, +Fluss geht vorbei am Elternhaus, +Muetterchen hoert seinen Gruss; +gruesse mir, Quellchen, gruesse mir fein +Vater und Mutter, vergiss es nicht, nein? + +Vater pfeift seinem Huehnerhund, +Mutter sorgt fuer den Herd, +Schwesterchen giesst ihre Tausendschoen, +Bruder zaeumt sich sein Pferd; +gruesse mir, Quellchen, ich bin so allein, +Bruder und Schwester, vergiss es nicht, nein? + + + +ELFENREIGEN + + + Eia, wir Elfen, + wir kommen und helfen, + eh du's gedacht, Kind, eh du's gedacht. + Wir kommen + im frommen + Geleuchte der Nacht, + Gewaender + und Baender + vom Monde erdacht; + wir schweben + und heben + im Reigenspiel sacht + die Schleier + zur Feier + der freundlichen Nacht. + Eia, wir reichen + uns schmeichelnd die weichen + Haende im gleichen + lieblichen Takt, im lieblichen Takt. + Wir gleiten + durch Weiten + der wandernden Welt, + wie ziehende + fliehende + Nebel im Feld; + wir lauschen, + dem Rauschen + der Quellen gesellt, + und schauen + die blauen + Gefilde bestellt. + Eia, wir zeigen + im silbernen Reigen + mit Nicken und Neigen +die Zauber der Welt, die Zauber der Welt. + + + +WIEGENMAeRCHEN + + +Des Mondes Tochter, Mirlamein, +kam in die warme Welt herein, +sie kam aus ihres Vaters Haus +auf einer weissen Fledermaus. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Da sass Prinzessin Mirlamein +auf einem grossen weissen Stein +mitten in bluehender Heide +in ihrem milchweissen Kleide. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +In ihren Haenden bleich und fein +hielt sie die Floete aus Elfenbein; +sie blies--das klang so hell und hold, +als ob ein Engel uns troesten wollt. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Gleich stecken alle Voegelein +den Kopf in die Fluegel und schlummern ein, +die Hirsche und Rehe im tiefen Wald +suchen ihr Lager und schlafen bald. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Gluehwuermchen loescht das Laempchen aus, +fliegt muede in sein Blaetterhaus, +die Tauben gurren im Schlaf kuruh, +mein Kind macht auch die Augen zu. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + +Die Floete verklingt. Vom Heidestein +wehen die Schleier der Mirlamein, +Sie winkt der weissen Fledermaus +und fliegt zum stillen Mond nach Haus. +Mirlama, Mirlamein, +schlaf ein. + + + +TRAUMBALLADE + + +Traumkoenig geht durch bleiches Land, +rings gruessen ihn verstohlen +die braunen Nachtviolen; +Marlenchen geht an seiner Hand, +Marlenchen, jung Marlenchen. + +Traumkoenig geht an den Rosmarinstrauch, +da brennen die Lebenskerzen, +sie brennen mit roten Herzen; +Marlenchen fuehlt ihren heissen Hauch, +Marlenchen, jung Marlenchen. + +Traumkoenig geht am See entlang, +die Wasserelfen singen +ein Lied von kuehlen Dingen; +Marlenchen ueberkommt es bang, +Marlenchen, jung Marlenchen. + +Traumkoenig geht mit leisem Schritt +hinein in die weichen Wellen, +die silbern im Mond aufquellen; +Marlenchen geht in die Tiefe mit, +Marlenchen, jung Marlenchen. + + + +MUTTER HULE + + +(nach einer alten Volksdichtung) + + +Die alte Mutter Hule +kann reisen ohne Geld: +sie setzt sich auf den Gaenserich +und reitet durch die Welt. + +Die alte Mutter Hule, +die hat im Wald ein Haus; +der Uhu sitzt als Waechter davor, +laesst niemand 'rein und 'raus. + +Frau Hulens Sohn heisst Michel, +der ist nicht grad, nicht krumm; +am Sonntag ist er manchmal klug +und Montags manchmal dumm. + +Sie schickte ihn zum Markte, +da kauft er sich 'ne Gans; +die flatterte und schnatterte +und wippte mit dem Schwanz. + +Frau Hule holt den Ganter; +wie liebten sie sich gleich! +Sie frassen zusammen aus einem Napf +und schwammen in einem Teich. + +Des Morgens in der Fruehe +fand Michel ein grosses Ei; +das hatte die liebe Gans gelegt, +der Gaenserich stand dabei. + +Der Michel lief zur Hule: +guck, was ich dir gebracht, +ein goldnes Ei. Die Hule sagt: +das hast du brav gemacht. + +Der Michel trug's zu Markte, +drei Dukaten wollt er haben; +der Jud wollt bloss die Haelfte geben, +da schmiss er ihn in'n Graben. + +Er ging am Schloss vorueber, +da stand ein Fraeulein lilienschoen; +dem Michel schwoll das Herze, +er blieb ein bisschen bei ihr stehn. + +Der Jude und ein Ritter +fielen ueber Michel her +von vorne und von hinten, +da schrie der Michel sehr. + +Die alte Mutter Hule +flog ueber Prag und Wien, +verwandelt ihren Michel schnell +in einen Harlekin. + +Und auch das Fraeulein ruehrte sie +mit ihrem Flederwisch, +da stand ein Kolombinchen da +mit Backen rot und frisch. + +Wo blieb das goldne Ei, huchjee? +Das rollte weit ins Meer. +Der Michel zog die Stiefel aus +und sockte hinterher. + +Die alte Mutter Hule +sattelt hui die grosse Gans +und flog damit zum roten Mond, +denn da war Fastnachtstanz. + + + +EIN SINGSANG VOM RHEINE + + +Herr Steuermann, Herr Steuermann, +leg an der Brueck von Koellen an! +Ein Schifflein kommt gefahren +wohl ueber den gruenen Rhein. +Was hat das Schiff geladen? + Ei, roten Wein, + ei, weissen Wein, +den hat das Schiff geladen. + +Zu Koellen an der Bruecke, +da tagt der hohe Rat am Rhein. +Was wollen die Herren trinken? + Ei, roten Wein, + ei, weissen Wein, +den wollen die Herren trinken. + +Ein Schifflein kommt gefahren +wohl ueber den gruenen Rhein. +Was hat das Schiff geladen? + Ei, blonde Juengferlein, + ei, braune Juengferlein, +die hat das Schiff geladen. + +Zu Koellen an der Bruecke, +da tagt der hohe Rat am Rhein. +Wen wollen die Herren kuessen? + Ei, blonde Juengferlein, + ei, braune Juengferlein, +die wollen die Herren kuessen. + +Herr Steuermann, Herr Steuermann, +leg an der Brueck von Koellen an! + + + +BADEBALLADE + + +Lise Nackfisch und Hans Pitschenass +badeten im Teiche, +strampelten, tauchten, +plantschten und fauchten; + --hell lachte die alte Eiche. + +Murrian Knurr, der Pudelhund, +kam vorbei am Teiche, +erhob ein Geschrei: Herbei! Polizei! +da baden zwei, nackend und frei! + --hell lachte die alte Eiche. + +Lise Nackfisch und Hans Pitschenass +sprangen aus dem Teiche, +fassten Murrian am Kopf, an Schwanz und Zopf, +seiften ihn ein, trotz Bellen und Schrein, + --hell lachte die alte Eiche. + +Lise Nackfisch und Hans Pitschenass +baden wieder im Teiche, +hampeln und strampeln, spritzen und tauchen, +patschen und plantschen, prusten und fauchen, + --hell lacht die alte Eiche. + + + +DER TEUFEL UND DIE KATZ + + +(nach Schwinds Bildern) + + +Ein Kaetzlein ging einst jagen, +welch schoene Katz, welch feine Katz; +an einer Kirchhofsmauer, +da lag sie auf der Lauer +und fing sich einen Ratz. + +"Ach Kaetzlein, lass mich leben, +du schoene Katz, du feine Katz; +will dienen deinem Willen, +jed Wuenschlein dir erfuellen +als dein getreuer Schatz." + +Das Kaetzlein liess sich ruehren, +die schoene Katz, die feine Katz; +sie liess die Ratte leben, +tat ihr ein Laternchen geben, +zu leuchten bei der Hatz. + +"Ich tu dir wacker helfen, +du schoene Katz, du feine Katz; +brauchst bloss die Oehrlein spitzen, +da laufen aus Spalt und Ritzen +Langschwaenze auf den Platz." + +Der Ratz ward gross und groesser-- +"Du schoene Katz, du feine Katz, +wir wollen beid spazieren, +am Arm will ich dich fuehren +als dein getreuer Schatz. + +Dein Schwaenzlein will ich kaemmen, +ei schoene Katz, ei feine Katz!" +Er rupft sie zum Erbarmen, +kein Mauen hilft der armen, +vor Schmerz tut sie 'nen Satz. + +Haett ich dich doch gefressen, +ich gute Katz, ich feine Katz; +ein Untier bist du worden, +wirst mich gewiss noch morden, +du Ungetuem von Ratz. + +Er sprang ihr auf den Ruecken: +"Hei, Schoene Katz, hei, feine Katz, +jetzt habe _ich_ zu sagen, +musst mich als Reiter tragen +auch ohne Zaum und Latz. + +Jetzt fahren wir zur Hoelle, +du schoene Katz, du feine Katz; +heidi, ein Katzenbraten +wird dem Teufel schon geraten, +ich schuer den Ofen, Schatz." + + + +DER ESEL UND DIE LOeWENHAUT + + +(nach der Fabel von Hans Sachs) + + +Ein Muellersmann aus Oberwesel +hatt 'nen gewitzten jungen Esel; +der weidete auf gruenem Gras +und dachte sich so dies und das, +wollt fuer sein Leben gern auf Erden +was Bessers als ein Esel werden. +Da fand er--und sein Herz schlug schnell-- +ein unversehrtes Loewenfell. +Er kriecht hinein, es passt ihm gut, +er fuehlt auch gleich des Loewen Mut +und denkt mit innerstem Behagen: +nun brauchst du nicht mehr Saecke tragen. +Stolz trabt er durch den Wald daher, +tut ganz, als ob ein Leu er waer, +schuettelt die Maehne, schlaegt mit dem Schweif +und setzt die Tatzen breit und steif. +Das Haeslein spitzt das lange Ohr, +die Sache kommt ihm kitzlig vor, +es springt hinweg; das Rehlein auch. +Wie freut sich da der eitle Gauch! +Und als der Mueller, der ihn sieht +von weitem, auch erschrocken flieht, +kann er vor Wonne kaum sich fassen, +muss laut sein I-A toenen lassen. +Da merkt der Mueller, wen er hat, +pruegelt den Esel muerb und matt +und schimpft ihn aus: du dummes Vieh! +zum Loewen wird ein Esel nie; +du hast mich mit dem Fell genarrt, +das sollst du buessen, Esel, wart! +und schlaegt und pufft ihn immer mehr. +Der Esel haengt die Ohren sehr, +als so sein Meister ihn verblaeut; +sein Hochmut hat ihn recht gereut, +wollt fuerder Saecke tapfer tragen, +nie mehr nach Loewenhaeuten fragen. + + + +EIN SPATZENGESPRAeCH + + +Ich war in Fez durch die Buden gewandelt +und hatte einen Ring erhandelt +mit einem seltsam geschliffenen Stein; +sollte der Ring Koenig Salomos sein. +Wer ihn besaesse, verstuende sofort +zahlreicher Tiere Geberde und Wort, +koennte das Gras beim Wachsen belauschen, +hoerte Musik aus den Quellen rauschen, +verstuende die Sprache von Baum und Stein, +muesste aber ein Sonntagskind sein. +Nun, ich war zu meinem Frommen +Beim Glockenlaeuten auf die Welt gekommen, +nahm meinen Ring, bezahlte bar, +und--war jetzt klueger, als ich war. + +Froehlich ging ich zur Stadt hinaus, +wusste da ein einsames Bauernhaus, +warf mich glatt in die Fruehlingsruh, +kaute Halme und pfiff dazu, +dachte an dies und dachte an das, +wie so gedeihlich aus Ernst und Spass +die Welt sich verbastelt zum Gottgetriebe, +dachte an Glauben, dachte an Liebe, +und wie hellauf ueber Zacken und Kanten, +trotz Pflichten, Gesetzen und alten Tanten, +das Leben in neue Blueten schiesst, +in die der Saft der Zeit sich ergiesst. +Dachte und dachte, eiferbeflissen, +glaubte den Weg aller Wege zu wissen, +genau der Laenge nach und der Breite, +der die Welt zum Heile geleite; +dachte-- --was man so buntes denkt, +wenn ueber einem die Sonne haengt. + +Neben mir bluehte lichtblauer Flieder; +ein Spatzenpaerlein liess sich drin nieder, +die plusterten zaertlich die dicken Haelschen, +zogen sich Federchen aus den Pelzchen, +sahen recht verliebt darein, +mussten wohl jung verheiratet sein. +Doch das Schweigen waehrte nicht lange, +bald war eine Unterhaltung im Gange; +ja, mein Ring kam mir trefflich zustatten, +deutlich verstand ich das Plaudern der Gatten +und durfte mit Vergnuegen ermessen, +sie hatten hoehere Interessen. + +"Maenne," sagte das Spatzenfrauchen +und rueckte naeher an ihr Grauchen, +"du bist so klug vom vielen Reisen, +koenntst mich ein wenig unterweisen. +Sag mir doch, was die Menschen wollen, +wenn sie die Erde in dicken Schollen +aufwerfen; nie kriegen sie genug +von ihrem Getue mit Spaten und Pflug." +"Hm," sagte der Spatzmann mit Bedacht, +nachdem er ein Weilchen nachgedacht, +"Hm, in der Erde gibt's schoene Dinge, +Zum Beispiel Kaefer und Engerlinge, +die werden sie brauchen zu Schmaus und Festen +und werden damit ihre Jungen maesten. +Auch Koerner graben sie sehr gescheit +in den Boden ein; und wenn's friert und schneit, +und es ist Futtermangel im Haus, +graben sie alle wieder aus." + +"Du bist doch der gescheiteste Spatz," +sagte die Spaetzin, "mein trautester Schatz. +Doch noch was andres wollt ich dich fragen, +du kannst mir sicherlich auch sagen, +warum die Sonne morgens aufsteht +und abends wieder untergeht; +ich habe mir seit vielen Wochen +umsonst darueber den Kopf zerbrochen." +Der Spatz putzt sich den Schnabel und spricht: +"Kleines Naerrchen, das weisst du nicht? +Wie sollten wir Voegel anders wissen, +wann wir morgens ausfliegen muessen? +Die Sonne ist da, um uns zu wecken +und abends uns wieder ins Nest zu stecken." + +"Ja, ja, nun wird mir alles klar," +sagte das Weibchen; "ganz offenbar +hast du da recht. Doch in der Nacht +der Mond? fuer wen ist der gemacht?" +"Der Mond? Ach, nenn mir den Falschen nicht; +der haelt es mit dem Katzengezuecht, +lockt Marder und Eulen auf unsre Brut, +drum hass' ich ihn mit aller Wut." +Und zornig straeubt der kleine Mann +die Federn und sieht sein Weibchen an. +Das draengt sich an ihn, zaertlich, dicht, +glaettet ihm die Daunen an Hals und Gesicht +und fluestert erschrocken: "Du hast ja recht, +der meint es gewiss mit uns Voegeln schlecht; +nie nenn ich ihn wieder. Doch sag mir, du Bester, +ob nicht auch in der Menschen Nester +die Sonne Licht und Waerme bringt, +dass alles frueh aufsteht und singt?" + +"Nein, Kind, fuer _uns_ ist die Sonne gemacht, +uns bringt sie Tag, uns bringt sie Nacht. +Die Menschen haben in ihren Zimmern +ihre eignen Sonnen, ich sah sie flimmern. +Als ich mal nachts, aus dem Schlaf geschreckt, +an ein Fenster stiess, hab ich's entdeckt: +sie machen bloss knips, dann haben sie Licht, +die brauchen unsre Sonne nicht." + +Das Spatzenfrauchen schien ganz beglueckt +von so viel Klugheit und sah entzueckt +ihr Maennchen an: "Du bist ein Genie, +und weisst auch sicher, warum und wie +die Menschen in ihren Steinhaeusern kleben +und nicht so frei wie wir Voegel leben?" + +Das Spaetzchen guckte ein wenig ins Land, +hatte aber die Antwort schnell bei der Hand: +"Vor Mardern und Eulen und Katzengetier +sind sie in den Haeusern viel sichrer als wir, +und, was der wichtigste Grund von allen, +kein Junges kann aus dem Neste fallen. +Ja, ja, die Menschen haben Geist, +sind auch den Voegeln gefaellig meist, +haben sie doch von Land zu Land +lauter feste Draehte gespannt, +damit unsre Wandrer scharenweise +sich ausruhn koennen auf der Reise. +Auch Versammlungen werden von Jungen und Alten +im Herbste darauf abgehalten; +wir sind ihnen wirklich zu Dank verpflichtet, +so praktisch haben sie's eingerichtet." + +"Glaub's schon, die Menschen sind recht klug, +aber noch immer nicht klug genug," +sagte das Weibchen; "was wuerden sie geben, +koennten sie frei in den Lueften schweben, +doch sind sie zu ungeschickt zum Fliegen +und werden niemals Fluegel kriegen." + +"Bloss mit den dicken seidenen Baellen +steigen sie manchmal tausend Ellen," +lachte das Maennchen; "was nur die tollen +Leute bei uns in den Lueften wollen? +Jetzt baun sie sogar allerhand Gestelle +und rasen herum mit Windesschnelle. +Auch der Dompfaff lachte neulich +und meinte, er faende die Dinger abscheulich; +sinnlos waer dies Gefliege und Rattern, +kein Muecklein koennt man dabei ergattern. +Ernsthaft sitzen sie in dem Kahn +und gucken die Welt durch Roehren an; +es ist wirklich lachhaft mitanzusehn. +Komm, Schatz, wir wollen zu Bette gehn; +fuer heute hast du genug profitiert, +morgen wird wieder ein Stuendchen doziert." +Eine Weile noch plusterte da was rum, +dann waren die Plappermaeulchen stumm. + +Ich aber ging uebers stille Feld; +so malt sich in Spatzenkoepfen die Welt, +dacht ich und laechelte ueberlegen. +Da hoert ich's in den Lueften sich regen, +eine alte Esche rief mir zu: +"Wieviel ist der Spatz denn beschraenkter als du? +Seid ihr Menschen nicht auch allesamt +zu solchen unwissenden Tierlein verdammt, +die das grosse Warum und das ewige Wie +mit ihrer taeppischen Kindsphantasie +zu begreifen suchen? Duerft ihr vertraun +dem Funken in euch und aufwaerts schaun? +Sind eure stolzesten Gruebler und eifrigsten Spaeher +der Gottheit nur um ein Strichelchen naeher?" +So sprach die Esche. Ich sah in die Weiten, +sacht fuehlt' ich den Ring mir vom Finger gleiten, +scheu blickt' ich hin--er war verschwunden, +und niemals hab ich ihn wiedergefunden. + + + +DREI KOBOLDSTREICHE + + +Fixfax der arge Kobold spricht: +die Langeweile bekommt mir nicht, +ich will in lustigen Abenteuern +den alten Koboldruhm erneuern, +denn geht's den Menschen allzu glatt, +wird ihre Seele stumpf und matt. +Drum will ich sie in diesen Tagen +ein wenig necken, ein wenig plagen; +ein Kobold will doch auch mal lachen, +sich ueber die Menschlein lustig machen, +die den Kern aller Dinge glauben zu kennen +und sich so leicht die Finger verbrennen. +Drum, Fixfax, auf zu keckem Wagen, +stoer ein bisschen ihr Wohlbehagen, +brauchst sie ja nicht ins Unglueck zu hetzen, +ihnen bloss ein paar sanfte Pueffe versetzen. + + +ERSTER STREICH + +Ei, wie stroemen Wohlgerueche +aus Frau Puffkes Wirtschaftskueche, +denn fuer hungrige Soldaten +will sie grad ein Ferkel braten; +alles ist schon gut bereit +und die Essenszeit nicht weit. +Fixfax nun, das muntre Maetzchen, +klettert hurtig wie ein Kaetzchen +hoch hinauf zu Schornsteins Rand, +setzt sich listig und gewandt +mitten auf das Loch da, schwapp, +und nun zieht der Rauch nicht ab; +rueckwaerts stroemt er in die Kueche, +weg sind alle Wohlgerueche, +und Frau Puffke steht und hustet, +krebsrot im Gesicht, und prustet, +kann dem dicken Rauch nicht wehren, +sich die Sache nicht erklaeren. +Rennt zum Schornsteinfeger Krause, +aber der ist nicht zu Hause; +niemand weiss, wo Krause schweift, +und Frau Puffke steht und keift, +denn die Uhr laeuft immer weiter. +Endlich kommt er mit der Leiter, +um den Schaden zu ergruenden, +doch er kann durchaus nichts finden; +denn der Fixfax, wohlbedacht, +hat sich aus dem Staub gemacht, +und Herr Krause mit dem Besen +brummt, die Sonne sei's gewesen. +Vier Uhr schlug's, als die Soldaten +endlich kriegten ihren Braten. + + +ZWEITER STREICH + +Vor dem Spiegel, kerzengrad, +steht Herr Amtsvorsteher Plath; +tadellos und mit Geschmack +sitzt die Hose und der Frack, +ausgezeichnet auch die glatte +bluetenweisse Taftkrawatte, +Kragen, Vorhemd, _comme il faut_, +und Herr Plath ist seelenfroh. +Langt noch sorglich aus dem Schrank +den Zylinder blitzeblank; +nimmt dann Stock und Handschuh munter, +steigt voll Stolz die Treppe runter, +denn er ist heut eingeladen +Zum Empfang bei ihrer Gnaden +der Prinzessin Schneckenstein, +und das hebt ihm Brust und Bein. +Fixfax aber dachte gleich: +wart, dir spiel ich einen Streich. +Auf den Taubenboden geht er +und nach losen Federn spaeht er, +sammelt allen Flaum ins Saeckchen, +blaest verschmitzt das ganze Paeckchen +ueber Plathens neuen Frack +und auf seinen _Chapeau-claque_. +Plath sieht ganz befiedert aus, +doch er ahnt nichts von dem Graus, +steuert durch die Nacht geschwind, +denkt bloss: was fuer'n arger Wind! +tritt mit Wuerde in den Saal, +Alle lachen--o Skandal! +Bis er endlich sich besieht +und geknickt von dannen flieht. +Draussen denkt er aergerlich: +So ein Pech, das hab nur ich! + + +DRITTER STREICH + +Auf des Sofas weichem Grunde +schlummert sanft mit offnem Munde +Pastor Pfannkuch. Nur die Fliegen +summen sich was zum Vergnuegen, +sonst ist's muckstill. Fast erledigt +liegt der Text der Sonntagspredigt +auf dem Schreibtisch. Sonnenfleckchen +spielen in den Zimmereckchen; +nichts bedroht den tiefen Frieden, +der dem frommen Mann beschieden. +Doch da stiehlt sich in die Stube +Fixfax, dieser lose Bube, +kichert, faengt ein Dutzend Fliegen, +die sind hier sehr rasch zu kriegen, +tunkt sie in das Tintenfass, +bis sie gaenzlich schwarz und nass, +laesst sie dann gleich wieder fliegen +und entfernt sich mit Vergnuegen. +Nach 'nem Weilchen, ach Herrjee, +kommt Frau Pastor mit dem Tee, +ruft voll Abscheu, Schreck und Graus: +Berthold! Mensch, wie siehst du aus! +bist ja wie'n Idiot beschmiert, +Backen, Nase, schwarz karriert! +Himmel, auch die neue Predigt +ist beschmudelt und beschaedigt, +und auf meinen weissen Deckchen +grinsen lauter Tintenfleckchen! +Mann, wie hast du das getan? +Und sie sehn sich gruebelnd an... + +Fixfax aber, auf der Wacht, +sitzt im Mauseloch und lacht +sich ins Faeustchen ohne Reue, +und--gebt Acht--er wird sich neue +Schelmentaten ausklabuntern, +um uns Menschen aufzumuntern. + + + +SPUK + + +(nach alten Mustern) + + +Der Bauer schlaeft im Hirsekraut; +wer faehrt dem Bauer sein Heu nach Haus? +Der rote Mond guckt uebern Strauch, +der Bauer schlaeft und wacht nicht auf. + +Wer faehrt dem Bauer sein Heu nach Haus? +Aus ihrem Loche lugt die Maus, +der Fuchs schleicht sacht aus seinem Bau; +der Bauer traeumt und wacht nicht auf. + +Der Mond scheint hell und hoch herauf, +der Marder schleicht durchs fahle Laub, +die Eulen huschen schwarz und grau; +der Bauer stoehnt, doch wacht nicht auf. + +Husch, horch: Wer trippelt und trappelt zu Hauf? +Wer spannt die mueden Gaeule aus? +Die Gaeule wissen den Weg nach Haus; +der Bauer schlaeft im Hirsekraut. + +Wer kichert in des Wagens Bauch? +Wohin rollen die Raeder ohne Ruck, ohne Laut? +Wer haelt sie an am Garten, am Zaun? +Wer fuhr dem Bauer sein Heu nach Haus? + +Der kommt verstoert beim Morgengraun: +O Frau, mein Heu! O Frau, mein Traum! +Die Frau fuehrt lachend ihn zum Zaun, +da zupft die Ziege vom Wagen das Kraut. + +"Schlaf andermal nicht und sei nicht faul, +wenn der Vollmond steigt uebern Berg herauf; +die Kobolde fuhren dein Heu nach Haus, +jetzt geh und leg ihnen Speck und Kraut." + + + +DER MAeRCHENKOeNIG UND SEIN TOeCHTERLEIN + + +Herbei, ihr kleinen Wichte, +Kobold, Alraun und Wurzelmann, +schafft hunderttausend Lichte +und putzt damit die Baeume an! +Bis in die hoechsten Spitzen +soll Licht bei Lichtlein blitzen. + +Der Mond und alle Sterne +sind doch bloss blasser Himmelsschaum; +mein Toechterlein will gerne +den ganzen Wald zum Weihnachtsbaum. +Drum macht, wie ich euch sage, +die Nacht zum hellen Tage! + +Der Maerchenkoenig spricht's. Im Nu +geht's an ein Lichterkneten; +kein einziger sieht muessig zu, +goennt kaum sich Zeit zum Beten. +Und als die Heilige Nacht heran, +zuenden sie alle Kerzen an. + +Hei, war das ein Gestrahle, +ein Leuchten, flimmern, ueberhell, +als brach mit einem Male +von Fels zu Fels ein Feuerquell. +Auf Zweig und Aeste blicken +die Baeume mit Entzuecken. + +Der Meister fuehrt sein Toechterlein +durch diese Weihnachtspracht. +Sie schreitet wie im Sonnenschein, +fuehlt Kaelte nicht noch Nacht, +und fluestert traumverloren: +Die Liebe ward geboren. + +Da rauschte durch die Weiten +dies wundersame Wort, +in Erd- und Himmelsbreiten +pflanzt es sich heilig fort. +Mit hunderttausend Kerzen +glueht's heut in allen Herzen, +klingt's heut durch alle Ohren: +Die Liebe ist geboren! + + + +WEIHNACHTSGANG + + +Es war zur lieben Weihnachtszeit, +die Waelder lagen tief verschneit, +im Acker schlief in guter Ruh +das Korn und traeumte dem Fruehling zu, +die Winternachmittagssonne stand +wie ein gelber Fleck an weisser Wand-- +da schritt ich hinaus in die blinkende Weite +und summte ein Lied mir zum Geleite. + +Wie ich so ging auf stillen Wegen, +kam mir ein seltsamer Zug entgegen. +Ein Eselchen ganz vollgesackt +mit Schachteln und allerhand Kram bepackt, +Schritt langsam durch die Felderruh; +Sein Fuehrer rief ihm bisweilen zu, +es war ein Alter in weissem Haar, +mit Runzelgesicht und sonderbar +altmodischem Pelzwerk, sonst gut bei Kraeften, +die Fuesse staken in hohen Schaeften +und kamen munter mit Hott und Hueh +grad auf mich zu samt dem Eselsvieh. +Potz Blitz, faellt mir auf einmal ein, +das muss doch der Gottesknecht Ruprecht sein. +Ich blicke scharf in das baertge Gesicht: +"Gruess Gott, mein Alter, kennst du mich nicht? +Ich hab doch oft dein Loblied gesungen, +und all die Maedels und all die Jungen, +die noch an Mutters Rockzipfel haengen +oder sich auf den Schulbaenken draengen, +kennen dich wie ihre grossen Zehen, +doch hat wohl noch niemand dich draussen gesehen. +Sonst kamst du immer auf heimlichen Wegen +uns erst in der heimlichen Stube entgegen +mit Sack und Pack und netten Geschenken; +was soll ich, Weihnachtsmann, von dir denken? +Da stehst du nun mit Haut und Haar, +bist nicht ein bisschen unsichtbar, +wie es dir zukommt."--"So ist meine Art," +brummte der Alte und strich sich den Bart, +"ich denke mir gern Ueberraschungen aus, +fuer diesmal mach ich's ausserm Haus; +komm mit, da sollst du was erleben, +das wird ein Extra-Vergnuegen geben." +"Topp," rief ich, "Alter, ich bin dabei, +ich hoere gern lustiges Kindergeschrei." + +So schritten wir ruestig zur Stadt. Am Tor +langte Ruprecht ein hoelzernes Pfeifchen hervor +und blies. Wie konnte der Alte pfeifen! +Jetzt lernt ich den Rattenfaenger begreifen: +aus allen Strassen, aus Tuer und Tor +--mir klingt der Laerm noch immer im Ohr-- +mit Jubeln und Lachen, in bunten Haufen +kamen wohl hundert Kinder gelaufen. +Sie tanzten um Ruprecht, bettelten, baten, +eins um 'ne Kutsche, eins um Soldaten, +eins um ein Pueppchen, eins um ein Buechlein, +eins um ein Roesslein, eins um ein Tuechlein, +und Ruprecht langte in seinen Sack +und gab, was es wuenschte, dem kleinen Pack. +Ja, jedes Kind durfte etwas erlangen; +aber die uebermuetigen Rangen +schrien durcheinander und wollten mehr, +kletterten ueber das Eselchen her, +zupften den Ruprecht an Bart und Kragen, +wollten ihm gar die Saecke wegtragen. +Da wurde es aber dem Alten zu bunt, +er nahm sein Zauberpfeifchen, und-- +schrill kam ein Ton. Wie erschraken sie doch. +Sie wurden ganz kleinlaut, man hoerte nur noch: +"Komm, Fritzchen--Hans, lass doch--nicht schreien, Marie-- +Knecht Ruprecht wird boese--seht ihr nicht wie?!" +Und sie stellten sich artig um ihn herum +und waren wie die Maeuschen stumm. +Er kommandierte: "Linksum, kehrt, +nun geht nach Hause, wie sich's gehoert!" +Da fassten die Grossen die Kleinen an: +"Gruess Gott und schoenen Dank auch, Herr Weihnachtsmann." + +Und wieder toente die Schalmei, +die Kinder trabten zwei zu zwei +und sangen lustig die Weise mit, +und fern und ferner klang ihr Schritt; +mein Blick verfolgte den kleinen Schwarm. +Wie sind ihre Baeckchen vor Freude warm-- +so dacht ich--und Freude ist der Saft, +den wir auf unsrer Wanderschaft +durchs Leben aus frohen Kindertagen +ins graue Alter mit hinuebertragen +als verjuengendes Elixier; +ein gut Teil davon verdanken wir dir, +du alter baertiger Gottgeselle! +Ich sah mich um--leer war die Stelle, +nur fern in der daemmernden Abendluft +verschwebte ein Woelkchen wie Weihrauchduft, +und durch die feiernde Stille drang +der erste hohe Glockenklang. + + + +WEIHNACHTSBESUCH + + +Laendliche Strassen, dicht beschneit. +Knirschen, Gelaeut, +ein Schlitten; +inmitten +sitzen drei kleine Leut +bis zu den Oehrchen vermummt. +Es singt und summt +von Weihnachtsglocken; +ein paar neugierige Flocken +lassen vom Wind sich herueberwehn, +wollen durchaus das Maedelchen sehn +mit den roten Kaeltebaeckchen +und den goldbraunen Zottelloeckchen +und das Buebchen daneben, +das sich eben +das immer tropfende Naeschen putzt. +Grossaeugig, verdutzt, +bis zum Maeulchen zugedeckt, +im Wollmuetzchen fast versteckt, +sitzt das Kleinste auf Mutters Schoss. +"Kutscher, ein bisschen los, +es wird kalt; +Sie wissen doch, drueben zum Foerster am Wald." +Der Alte schmunzelt und knallt +mit der Peitsche, hueh, hott-- +die Gaeule bleiben bei ihrem Trott. +... Von drueben her Lichter, +Zwei altliebe Gesichter +hinter den Scheiben: +"Wo sie nur bleiben? +Ist schon die fuenfte Stunde!" +Da knurren die Hunde, +bellen, wollen hinaus; +Grossmutter laeuft vors Haus. +Da:--Knirschen, Gelaeut, +ein Schlitten, +inmitten +sitzen vier liebe Leut. +Wie das Altchen sich freut! +Unter Lachen und Weinen +wickelt sie aus den Tuechern die Kleinen, +kuesst die Tochter, nimmt ihr das Juengste vom Knie: +"Ein praechtiges Kindchen! Gott schuetz es, Marie!" +Neben ihr sprudelt ein Zuenglein: +"Grossmutter, komm doch 'rein! +Grossmutter, sind die Huehner noch wach? +Grossmutter, Vater kommt morgen nach, +er laesst schoen gruessen." +... Auf bedaechtigen Fuessen, +als ging ihn die Sache nichts an, +kommt auch der Foerster langsam heran. +"Na? +Seid ihr endlich da?" +Gleich laeuft der Fritz auf ihn zu: +"Grossvater, Du, +guck mal drueben den roten Fleck! +och, Grossvater, nu is die Sonne weg." +"Die Sonne? Hm, lass man; drin is noch eine, +'ne ganze feine, +die wird uns bald blinken-- +nu aber, bitte, kommt Kaffee trinken." +... Der Platz wird leer, +schneestill und stumm. +Der alte Kutscher lenkt langsam um, +nickt vor sich her, +gedankenschwer, +und brummelt fuer sich: +"Der oll Foerster hett's gaud, manch enner hett's nich." + + + +KOeNIG KUCHEN UND KOeNIGIN SCHOKOLADE + + +Bei Koenig Kuchen und Koenigin Schokoladen +war ich mit Linchen heut Nacht in Gnaden +zu Gaste geladen. +Ein prachtvolles Fuhrwerk, tripp, tripp, trapp, +holte uns stolz von Hause ab. +Vorn stampften zwei schneeweisse Vollblutjucker +aus feinem biegsamen Lederzucker, +auf dem Kutschbock der dicke Mohr +kam uns marzipanisch vor, +und neben ihm der fette Mops +war ganz gefuellt mit englischen Drops. +Die Kutsche, aus weissem Zuckerkant, +erstrahlte hell wie Diamant; +sie ging auf zierlichen Suessholzraedern, +aus Vanille waren die Deichsel, die Federn, +dicke Polster aus Traubenrosinen +sollten uns als Sitze dienen, +aber in den Baetterteig-Wagentaschen +gab es allerhand Gutes zum Naschen. +Ein allerliebster Praline-Page +dienerte neben der Equipage +in einem rot kandierten Frack +und oeffnete uns den Wagenschlag. +Wir stiegen ein und fuhren im Nu +durch Russland und Asien nach China zu. +Bald kamen wir in jenes Land, +wo Koenig Kuchen, der Suesse genannt, +unumschraenkt herrscht in seinen Reichen +mit seiner Fuerstin ohnegleichen, +der herrlichen Koenigin Schokolade, +die uns zum Fest befohlen in Gnade. + +Das goldgelb glacierte Ballfesthaus +sah wie ein riesiger Napfkuchen aus, +umgeben von einem Spritzkuchengitter; +als Wache davor zwei braune Ritter +aus Pfefferkuchen mit Gussfiligran, +die hatten Knackmandel-Harnische an. +Als Fuehrer dienten mir und Linchen +zwei allerliebste Thorner Kathrinchen; +sie verbeugten sich hoeflich als wir kamen, +und sagten: bitte, meine Damen. + +Ach, Kinder, wie das Herz mir lacht, +denk ich zurueck an all die Pracht! +Die Waende waren von Makronen, +verbraemt mit Schokoladenbohnen, +aus gruenen Bonbons die glatten Dielen, +dass wir nachher beim Tanz fast fielen, +die Saeulen aus maechtigen Baumkuchentorten +von den allerhoechsten und edelsten Sorten, +die Tische aus marmoriertem Konfekt, +mit drolligen Lutschfiguerchen bedeckt, +die Stuehle Faesschen mit Gelees, +mit Eingemachtem und Knusperknees; +rings auf appetitlichen Zimmetstaffeln +lagen Biskuits und Keks und Waffeln. +Im Hintergrunde ein Gletschersee, +mit Vanille-Eisbergen und Schlagsahnen-Schnee, +entsandte in doppelter Kaskade +Zitronen- und Himbeer-Limonade; +und hoch ueber allem, im glanzvollen Saal, +strahlte eine Sonne aus Zucker-Opal. + +In der Mitte aber stand ein Thron, +gebaut aus Bretzeln mit blauem Mohn, +darauf sass liebreich in ihrer Gnade +die herrliche Koenigin Schokolade. +Sie harrte huldvoll, bis die Schar +der Kinder ganz versammelt war, +die sie aus kalter und warmer Zone +herbefohlen zu ihrem Throne, +um ihnen mit koeniglichen Haenden +von ihren suessen Kleinodien zu spenden; +ihr hoher Gemahl, der Koenig Kuchen, +hatte Muehe, sie auszusuchen. +Da waren Kinder aus Deutschland und Spanien, +aus Frankreich, Chile, Mesopotamien, +Kinder von Kaffern und Hottentotten, +von Persern, Eskimos und Schotten, +Kinder aus Sueden und Kinder aus Norden +von den feinsten Familien und den wildesten Horden, +denn alle Kinder zu allen Zeiten +essen gerne Suessigkeiten. + +An der Koenigin Seite, im leckeren Grase +machte Maennchen ein stattlicher Osterhase, +und als die Kinder versammelt waren, +ordnete er die bunten Scharen; +rechts gingen die Maedchen, links die Knaben, +so wollt es der Koenig Kuchen haben, +und jedes Kind in jeder Reih +bekam ein praechtiges Osterei, +die Maedchen blaue, rote die Jungen, +dann ist das Haeschen davongesprungen. + +Nun fing die Kapelle zu spielen an, +vorn geigte ein Nuernberger Lebkuchenmann; +ich sag euch, es war 'ne Musik fuer Kenner, +und waren doch alles gebackene Maenner, +mit Rosinenaugen und Mandelnasen, +und konnten so lieblich floeten und blasen. +Es wurde getanzt, gespielt, gelacht, +damit verging die schoene Nacht. +Zuguterletzt, nicht zu vergessen, +wurde alles aufgegessen, +artig gedankt und Abschied genommen; +wir fuhren heim, wie wir gekommen, +und erwachten in unserm Bett-- +Kinder, Kinder, wie war das nett!-- + + + +DER ERSTE MAI + + +Nein, Kinder, immer kann man nicht dichten, +immer weiss man nicht neue Geschichten; +oft sind die Maerchengeister stumm, +als waeren sie wer weiss wie dumm, +und alle Waende grinsen mich an, +als haett ich ihnen was angetan. +So war's auch neulich. Bei mir zu Haus +sah alles oede und langweilig aus, +da bin ich in den Abend geschlendert; +der Himmel hing rosenrot umbaendert, +die Wolken tuermten sich wie ein Tor, +ploetzlich stand ich grade davor +und sah hinein in das Himmelsschloss. +"Na, Petrus, was ist denn hier oben los?" +fragt ich; "hier sieht's ja munter aus." +Da schmunzelt der alte Waechter vom Haus +und sagt mir--aber ihr duerft nicht lachen--: +Im Himmel waere gross Reinemachen, +die Jungfrau Maria taet revidieren +und die himmlischen Scharen zum Scheuerfest fuehren. +Die kleinsten Englein muessten ran, +kriegten grosse Schuerzen an, +duerfte keins spielen und muessig bleiben, +muessten fegen und wischen, seifen und reiben. +Da wuerden die Sterne blitzblank geputzt, +den kleinen Kometen die Schwaenzchen gestutzt, +der Himmel mit Wunderblau lackiert, +der Regenbogen neu ausstaffiert; +dem Vollmond wuerde, wie er sich auch steift, +mal gruendlich wieder die Glatze geseift, +und damit am klaren Firmament +die liebe Sonne schoen leuchten koennt, +wuerden die Wolken fest ausgedrueckt +und hinter den Horizont geschickt. +Wenn alles fertig, wueschen sich +die Englein die Fluegel saeuberlich-- +denn morgen sei ja der erste Mai-- -- +Ich fragte, was an dem Tage sei, +da blitzte mich Petrus an und sprach: +"Na, weisst du, das ist doch wirklich 'ne Schmach; +da sieht man wieder, wie wenig ihr wisst, +nicht mal, wann Gottes Geburtstag ist." +Na, Kinder, ich machte ein dummes Gesicht; +das wusst ich bei aller Gelehrsamkeit nicht. +Doch nun wurde mir auf einmal klar: +Darum putzt sich die Erde Jahr fuer Jahr +mit Blumen und Kraeutern im bunten Gemisch, +darum gruenen die Hecken, die Baeume so frisch, +darum ueben die Voegel die Festmelodie, +und Bienen und Grillen begleiten sie, +darum wird dem Menschen die Freude so gross, +als saess er dem lieben Gott im Schoss, +wenn der Maiwind kommt ueber Berg und Tal-- +nun begriff ich den Fruehling mit einem Mal. +Und ich fragte Petrus aus froher Seele: +Erlaubst du, dass ich das weiter erzaehle? +"Immerzu," sagte der und strich sich den Magen; +"kannst den neugierigen Leuten gleich noch sagen, +dass an Gottes Geburtstag, dem ersten Mai, +auch der Tanztag fuer Teufel und Hexen sei. +Sonst duerfen sie, zu Aller Segen, +sich keinen Schritt ohne Leine bewegen; +doch an dem Tage sind sie frei, +--da macht die Bande genug Geschrei," +entfuhr es brummend dem alten Knaben-- +"doch Gott ist der Herr und will es so haben. +Er sieht in hoher heiliger Ruh +dem tollen Blocksbergvergnuegen zu; +und treibt es einer zu arg von der Sippe, +kommt er sofort wieder an die Strippe. +Nun aber leb wohl, ich wuensch gute Nacht, +um neun wird der Himmel zugemacht." +Langsam schloss sich das Wolkentor; +ich ging, ein Liedchen klang mir im Ohr. +Zu Haus in heimlicher Abendruh +nickt ich den Sternen froehlich zu +und betete: Ich bin nur ein Zwerg, +und die herrliche Welt, sie ist dein Werk, +o Gott; du hast alles, nichts kann man dir schenken, +nur deiner in Freude und Demut gedenken. +So nimm dieses Liedchen, ich hab es erdacht +in dieser Fruehlings-Geburstagsnacht. + + + +WETTERWUNSCH + + +Scheine, Sonne, scheine, +die Waesch haengt auf der Leine; +unsre Hemden, unsre Socken, +mach sie uns bis Sonntag trocken, +scheine, Sonne, scheine! + +Rausche, rausche, Regen, +gib uns deinen Segen, +wasch die armen Suender rein, +gib uns Brot und gib uns Wein, +rausche, rausche, Regen! + +Zu best ist allerwegen +Sonnenschein _und_ Regen; +auch der Wind muss pfeifen, +soll die Ernte reifen. +Regen, Wind und Sonnenschein +moegen bei unserm Hause sein! + + + +HAMMERLIEDCHEN + + +Pink, pank, Hammerschlag, +der Nagel hat 'nen Kopf; +und wenn er keine Spitze hat, +ist er ein armer Tropf. + Mein Haemmerlein du, + schlag zu, schlag zu! + +Pink, pank, Hammerschlag, +hast du der Naegel zehn +und nagelst du ein Saerglein zu, +ist's um einen geschehn. + Mein Feuerlein du, + blas zu, blas zu! + + + +IM SONNENSCHEIN + + +(nach einer alten Fabel) + + +Kribbel-krabbel-Kaefer +laeuft hinab zum See, +er kommt vom gruenen Huegel, +hell leuchten seine Fluegel + im Sonnenschein. + +Kommt der Fisch geschwommen, +Sperrt das Fischmaul auf, +da ist in zwei Sekunden +der Kaefer drin verschwunden + im Sonnenschein. + +Ueberm See der Reiher +sieht, wies Fischlein schnappt, +nimmt seinen spitzen Schnabel +und spiesst es auf die Gabel + im Sonnenschein. + +Wie nun stolz der Reiher +seine Kreise zieht +mit leuchtendem Gefieder, +knallt ihn der Jaeger nieder + im Sonnenschein. + + + +WANDERLIED + + + Sonnenlichter, + Fruehlingswichter +spielen auf der dunkeln Wand. +Pruefend oeffne ich das Fenster; +seht die Wolken, die Gespenster +loesen sich am Himmelsrand. + + Holla, Jungen, + aufgesprungen, +schnell das Raenzel aus dem Spind! +Kommt, wir wandern durch die feuchten +Saaten; wie Smaragden leuchten +Halm an Halm im Morgenwind. + + Feste Schritte, + Maennersitte; +wie die Ferne lockt und wirbt! +Und wir lassen sie im Schreiten +achtlos oft voruebergleiten, +bis sie hinter uns erstirbt. + + Hohe Ziele, + nicht zum Spiele; +immer steiler waechst der Pass. +Aber oben wolln wir rasten +nach der Arbeit, nach dem Fasten; +Jungens, trinkt, ich komm euch was! + + Hoch im Blauen + selig Schauen, +unter uns der Erde Glueck! +Doch es zieht mit tausend Armen +immer wieder zu den warmen +Menschenstaetten uns zurueck. + + + + + +VIERTER TEIL + + + +SPRUCH FUeRS LEBEN + + +Hinueber, hinein! +ueber Wipfel und Stein! +die Herzen zu baden +im Goldsonnenschein! +Auf schwierigen Pfaden +zu lichten Gnaden! +ueber Wipfel und Stein, +hinunter, hinein! + + + +ALLERLEI RAeTSEL + + +(Die Loesungen stehen im Verzeichnis der Ueberschriften) + + +--1-- + +Ich habe Fluegel--rate, Kind-- +doch flieg ich nur im Kreise; +und singen tu ich, wenn der Wind +mir vorpfeift, laut und leise. +Was ihr den Feldern abgewinnt, +kau ich auf meine Weise; +doch was mir durch die Kehle rinnt, +das mundet euch als Speise. + + +--2-- + +Standen vier weisse Ritterchen +auf einem roten Gitterchen, +die machten alles klitzeklein +und warfen es in ein Loch hinein. +Als das die andern Ritter sahn, +zogen sie neue Harnische an, +kamen aus ihren Burgen herbei, +stellten sich tapfer in die Reih +und machten hack +und sagten knack +und warfen alles in einen Sack. + + +--3-- + +Die erste frisst, +der zweite isst, +das dritte wird gefressen; +das ganze wird zu Poekelfleisch +und Erbsenbrei gegessen. + + +--4-- + +Mein erstes ist ein Hund, +mein zweites ist ein Junge, +mein ganzes ist ein Dieb, +kein Hundejunge! + + +--5-- + +Die ersten sind ein Untertan, +die dritte ist ein Untertan, +das ganze ist ein Untertan, +wird von dem andern Untertan +unter den ersten Untertan +ganz untertaenigst untergetan. + + +--6-- + +Wenn das R am Anfang steht, +liebt man es nicht sauer; +wenn es bis ans Ende rutscht, +huet dich vor dem Hauer! + +Wenn das R am Anfang steht, +ist's ein Heldenname; +wenn es bis ans Ende rutscht, +wird's ein Waldbaumsame. + +Wenn das R am Anfang steht, +sind es boese Leute; +wenn es bis ans Ende rutscht, +gerbt man seine Haeute. + +Wenn das R am Anfang steht, +ist es eine Schale; +wenn es bis ans Ende rutscht, +wird's ein Orientale. + +Wenn das R am Anfang steht, +ist's ein klein schwarz Luder; +wenn es bis ans Ende rutscht, +ist's von "wenn" der Bruder. + + +--7-- + +Waechst einer alten Dame +ein Buckel kleinster Sorte, +verwandelt sie sich augenblicks +in ein Stueck Mandeltorte. +Doch nimmst du ihr den Ruecken, +auf dem der Buckel waechst, +hast du die alte Dame +zur trocknen Frucht verhext. + + +--8-- + +Ich stand begehrlich am Worte, +umgekehrt wuchs es nicht weit; +ein arges Diebsgelueste +besiegte die Redlichkeit. +Ich stahl das umgekehrte, +kein Argus achtete drauf; +Schmunzelnd enteilt' ich dem Worte +und ass es umgekehrt auf. + + +--9-- + +Mein erstes ist nicht wenig, +mein zweites ist nicht schwer; +mein ganzes laesst dich hoffen, +doch hoffe nicht zu sehr! + + +--10-- + +Es laeuft und hat keine Beine, +es gibt viele und doch nur eine. +Wer zuviel hat, kann's nicht verschenken; +wer zu wenig hat, muss es beschraenken. +Bald geht es langsam, bald schnell; +mal ist es dunkel, mal hell. + + +--11-- + +Christkindchen lag im Stalle +und hoerte die ersten schrein; +die zweiten tragen wir alle +zur Weihnachtszeit am Bein. + + +--12-- + +Sind es die Stiefel, halten sie 'ne Weile; +wird es der Junge, kriegt er halt Keile. + + +--13-- + +Der Vater will's das Fritzchen +(die erste Silbe betont)-- +jedoch die Mutter bittet, +da ward der Schelm verschont. +Sie sprach: Du musst dir's, Liebster, +(die dritte Silbe betont)-- +denn Nachsicht mit den Kleinen +wird oft von Herzen belohnt. +Denk doch, wie du's dem Jungen +an Einsicht bist und Geist; +du musst was andres dasselbe, +das ihn sich bessern heisst. + + +--14-- + +Klaerchen naehte an dem ersten +und war ganz die beiden zweiten, +denn sie durfte Sonntag reiten, +Leutnant Kurt wollt sie begleiten; +ihre Augen wurden gross, +muessig lag die Hand im Schoss. + +Mutter naeht am andern Fenster, +sah's und runzelte die Brauen: +Hoere, Kind, Luftschloesser bauen +taugt nicht viel fuer fleissige Frauen, +weil man leicht die Pflicht vergisst +und zu sehr das Ganze ist. + + +--15-- + +Mariechen war's. Mit meinem Kuchen +stand ich nun da und dem Bukett. +Wo soll ich bloss das Maedel suchen? +Wenn sie doch nur geschrieben haett! + +Ja ja, ich hab sie es seit Jahren; +ich gebe zu, das war recht dumm. +Nein, welch ein ruecksichtslos Gebaren! +Und schwer geaergert kehrt' ich um. + + +--16-- + +Froh singt ihr Lied am Sommertag +die eins-zwei frueh und spat. +Die drei wuenscht jeder Juengling sich; +doch bricht er ab, ist's schad. +Das Ganze war ein Koenig, der +lustig und unverschaemt +die stolze Prinzess, die ihn nicht wollt, +bestraft hat und gezaehmt. + + +--17-- + +In eins-zwei-drei lebt ganz gemuetlich +Herr Mueller mit Herrn Schulze friedlich; +bis Mueller einst, wer haett's gedacht, +Anspruch auf Schulzes zwei-drei macht. +Da hoerte man ein boes Geschrei: +So denk doch eins, mein Herr eins-zwei! +Ich muss stets alles zwei bezahlen, +kann nicht mit zuviel zwei-drei prahlen; +kommst du noch mal mir drum ins Haus, +ist's mit der guten eins-zwei-drei aus. + + +--18-- + +Er geht in sich, um sich zu pflegen, +und ist in sich um sich verlegen. + + +--19-- + +Rate, Freund, es ist nicht schwer: +Wer's hat, hat, was er hatte, nicht mehr. +Wer's aber ist, den aefft des Teufels Brut; +man sperrt ihn ein und fuerchtet seine Wut. + + +--20-- + +Wer es hat, der ist betruebt; +aber froh und stolz, wer's gibt. + + +--21-- + +Das Wort pflegt zu erhoehn +den Glanz des Edelsteins; +solang man es bewahrt, +ist man der Herr des Seins. + + +--22-- + +Sind es die Feinde, muss man sich wehren; +sind's deine Backen, musst du sie naehren. +Ist mir's ein Raetsel, schreib ich es nieder; +ist es mein Haus--nun, so bau ich es wieder. + + +--23-- + +Wenn es von Freund und Liebchen kommt, +oder von dir verfasst, +so liebst du wohl das erste Wort; +sonst ist es dir verhasst. + +Das zweite Wort, so klug wir sind, +machen wir Menschen viel; +und was dich reut, oft andre freut +im schadenfrohen Spiel. + +Der Schluss: gefuerchtet und geneckt, +teils boshaft und teils dumm, +geht er als Geist des Widerspruchs +in Schrift und Maeren um. + +Die drei vereint: wir stehn verdutzt, +wie Zufalls Koboldmacht +das Wort entstellt, den Sinn verdreht-- +man aergert sich und lacht. + + +--24-- + +Zwei Worte weiss ich, die einander feind, +das eine sucht das andre zu verderben, +in beiden muessen viel Geschoepfe sterben; +und hast du sie zu einem Wort vereint, +eint sich auch ihre zehrend boese Kraft, +schon manchen Volksstamm hat es hingerafft. + + +--25-- + +Auf der hoechsten Berge Ruecken +ist es immer leicht zu finden, +wo die kleinen Gletscherbaeche +schaeumend sich zu Tale winden. + +Tausch die Silben--ach, verlegen +steh ich vor gemischten Dingen, +Chemiker und Apotheker +moegen dir die Loesung bringen. + + +--26-- + +Ich hab keine Haende und kann doch tragen, +hab keine Flinte und kann doch jagen; +kann klettern und schwere Lasten heben +und bin doch ein zartes, hinfaelliges Leben. + + +--27-- + +Viel Glieder hab ich, die einander gleichen. +Ich helf auf des Verbrechens dunklem Pfade, +doch himmelshell fuehr ich empor zur Gnade; +manch hohen Stand kannst du mit mir erreichen. + +Bist du's, so darfst du wanken nicht noch weichen; +denn Ehre traegst du neben mancher Last, +die arbeitsfroh du uebernommen hast, +ob du im Kleinen wirkst, ob hoch im Grade. + + +--28-- + +Getrieben werd ich, doch ich treibe wieder; +mir folgen arbeitsam viel erzne Glieder. +Seit Jahrmillionen geh ich auf und nieder, +bald sanft, bald wild, doch niemals ohne Brueder. + +Hitze und Kaelte trag ich, hin und wider; +uebt mich der Knabe, staerkt er seine Glieder. +Die Luft durcheil ich ohne jed' Gefieder; +den Augen bring ich Schau, den Ohren Lieder. + + +--29-- + +Stets bin ich eines Leuchtenden Trabant, +teils nah, teils fern ihm, wie's der Himmel will. +Bescheiden bin ich selten, niemals still; +ja, Schweigen ist mir gaenzlich unbekannt. + +Ein Wort fueg an, das keiner gern empfaengt +und das die Kinder schreckt von Alters her; +doch ohne es faellt manche Arbeit schwer, +weil's feste Massen auseinander draengt. + +Das ganze Wort sind Steinchen unter Steinen, +die im Geroell sich finden, glatt und spitz; +du hebst sie auf und freust dich an dem Witz, +den die Natur sich hat erlaubt im Kleinen. + + +--30-- + +Ich bin nur klein, doch banne ich die Welt +in meinen Kreis bis hoch ins Sternenzelt; +dem Vorbild der Natur einst nachgeschafft +vertiefte ich den Blick der Forschungskraft. +Ein Wort fueg an, das sich der Mensch gesetzt +zur Ordnung gegen den, der sie verletzt; +der Fromme fuehlt es oft von Gott gesandt, +ans Letzte, Juengste denkt er furchtgebannt, +an Weltkrieg, Hungersnot und Aufruhrleid-- +da ist das Ganze eine Seltenheit. + + +--31-- + +Die erste Silbe fuehrt die krause Schar, +die uns vertraut seit unsrer Klippschulzeit. +Die zweite toent durch Weiten hell und klar, +ruft bald zur Ruhe, bald zu wildem Streit. +Und wenn der tapfre Krieger +sein junges Leben gab, +faellt ihm vielleicht der Schatten +des Ganzen auf sein Grab. + + +--32-- + +Ein deutscher Meister war es, gottgesandt, +der jenes edle Tonstueck uns geschenkt; +der Vogel uebt's, der seine Fluegel lenkt-- +dir wuensch ich es, mein deutsches Vaterland. + +Was allen Fluegelwesen wohlbekannt, +was jedes Blatt, das aus der Huelle bricht, +ersehnt; was man von Kraft und Tugend spricht-- +das wuensch ich dir, mein deutsches Vaterland. + +Ein Fluesschen, an der Schieferberge Rand, +sehr vielen ist sein Name leerer Schall, +ein kleines Wort, doch wir ersehnen's all-- +wuensch ich dir auch, mein deutsches Vaterland. + +Auch ihn, der tief verabscheut Mord und Brand, +den Engel, der auf Morgenwiesen geht, +doch oft verhuellten Hauptes abseits steht-- +ihn sende Gott dir, o mein Vaterland! + + +--33-- + +In Not und Gefahr +greife ich ein, +Schmerzlich willkommen +der Angst und der Pein; +lies mich von vorn, +lies mich verkehrt, +immer der gleiche, +geschmaeht und geehrt. + + +--34-- + +Wir sind's mit Stamm und Vaterland, +mit Menschen, die uns lieb und blutsverwandt, +mit jeder Arbeit, die der Seele wert; +der Reiter ruehmt: wir sind's, ich und mein Pferd. + +Doch wer es ist, traegt eine schwere Last, +er ist sich selbst ein missgeschickter Gast; +Statt Liebe blueht ihm Mitleid, und im Schwarm +gesunder Jugend fuehlt er doppelt Harm. + + +--35-- + +Wir sind's gewiss in vielen Dingen +in einem sind wir's nimmermehr; +die sind's, die wir zu Grabe bringen, +und eben die sind's bald nicht mehr. + Drum, weil wir leben, + sind wir's eben + an Wesen wie Gesicht; + drum, weil wir leben, + sind wir's eben + zur Zeit noch nicht. + + +--36-- + +Nennst du das Ganze, toent es uns entgegen +von Sommernaechten, wo des Mondes Horn +verschwaermten Paerchen winkt auf lauschigen Wegen, +und wo aus seinem wundersamen Born +das Maerchen auftaucht und in tiefem Sinnen +uns anschaut, und vertraeumte Baeche rinnen. + +Teilst du das Wort, stellt dir zuerst sich dar +die Stadt, die wir mit Ehrfurcht gern beschauen, +die Heiden einst wie Christen heilig war, +wo Pilger heut und Kenner sich erbauen; +ein Teil der Stadt ist noch des Wortes Rest +und haelt den Glanz vergangner Zeiten fest. + + +--37-- + +Ohne Zepter, ohne Krone +herrsche ich auf dieser Erde, +buntes Spiel vor meinem Throne +zaubert stets mein Wort: Es werde! + +Noch zwei Zeichen: Alles wich, +Pracht und Buntheit sind verschwunden, +und in kuenftigen dunklen Stunden +werden es auch du und ich. + +Aber aendre den Akzent: +sieh, schon quillt das Leben wieder, +neue Schau und neue Lieder, +die man gern mit mir benennt. + + +--38-- + +Mein Strom ergiesst sich sickernd durch die Welt, +ich dring in Haus und Huette, Schloss und Zelt. + +Seitdem der Mensch Urkunden aufbewahrt, +sind Geist und Wille durch mich offenbart. + +Ich schuere Gluten, wirke Herzeleid, +tief wird durch mich verdammt und hoch gebenedeit. + +Versoehnung bring ich und entfache Streit, +zeig manchen toericht, manchen grundgescheit. + +Doch sitzt du in mir, fuehlst du dich geknickt; +vielleicht, dass dir durch mich die Rettung glueckt. + + +--39-- + +Ich naehre mich von fremden Stoffen, +doch kann auch ohne sie bestehn; +ich bin's, auf das die Weisen hoffen, +und alle Weiten stehn mir offen, +ihr wuerdet ohne mich vergehn. + +Am hellen Tage herrsch ich gerne, +doch auch die Nacht ist mir vertraut; +ich wohne auf dem kleinsten Sterne, +mich schreckt sie nicht, die grosse Ferne +die mich mit Geisterhaenden baut. + +Ich wirke in den Himmelsblitzen, +versteckter Tat bin ich verhasst; +wo gruebelnd die Gelehrten sitzen +und ratlos ob der Loesung schwitzen, +bin ich ein hochwillkommner Gast. + + +--40-- + +In alten Zeiten +hat mich der Mensch erdacht +und Ordnung mit mir +in die Dinge gebracht. + +Wie noetig bin ich +der Wissenschaft, +wie zeige ich +der Voelker Kraft! + +Wenn ich nicht eng +ihm verbunden waer, +wie wuerde erliegen +das tapferste Heer! + +Und doch weiss jeder, +wie schwach ich bin, +denn erst mein Nachbar +gibt Halt mir und Sinn. + + +--41-- + +Als ich noch klein war, war ich recht beschaulich; +mein Leben ging so lind wie Fruehlingswellen, +und zaghaft flossen meines Geistes Quellen, + eng, doch erbaulich. + +Ich wuchs und wuchs, es schwollen meine Adern, +sie dehnten sich wie meine Machtgedanken; +mein Schaffenswille tuermte ohne Schranken + Quadern auf Quadern. + +Den Kuensten schuf ich manche Pflegestaette, +ich half der Wissenschaft zu vollem Wirken, +und Geist und Arbeit gaben den Bezirken + die feste Kette. + +Doch Ruh und Frieden mussten weiterziehen; +und meine Kinder lassen gern sich locken +von gruenen Waeldern, sanften Herdenglocken, + mir zu entfliehen. + + +--42-- + +Mein erstes Wort, im engen Raum genaehrt, +strebt weit hinaus, dass es die Welt regiere; +wir staeken noch im Daemmersinn der Tiere, +haette nicht Gott dem Menschen es gewaehrt. + +Mein zweites hat der Kaiser und der Koenig, +und ist es auch zumeist; fast jeder strebt +es irgendwie zu sein, solang er lebt, +und wer es ist, dem scheint es oft zu wenig. + +Der, der das Ganze ist, wirft manchen Blitz +anfeuernd ins Gespraech und ins Gerede, +ein wohlgelittner Schalk selbst in der Fehde; +man lobt den Scharfsinn, freut sich an dem Witz. + + +--43-- + +Willst du das erste Wort stets sein und handeln, +so hast du eine schwere Arbeit vor, +so leicht sie scheinen mag; doch stets erkor +der Edle sie, wie auch die Zeiten wandeln. + +Das andre Wort scheint winzig und gering, +doch schlummern in ihm unbegrenzte Kraefte; +es schwillt und waechst, wenn es die rechten Saefte, +die nur Natur verleihen kann, empfing. + +Vereint die Worte: altverbriefte Rechte, +Gemeinden oder Staenden zuerkannt, +beherrschten sie vor Zeiten Stadt und Land, +doch schwinden hin im spaeteren Geschlechte. + + +--44-- + +Mein Reich ist unbegrenzt; bis in die fernste Zone +flieg ich hinaus. Selbst hin zu Gottes Throne +bahn ich den Weg mir aus der engen Zelle, +in der ich ward. Ich liebe Klarheit, Helle. +Dem Willen beigesellt, der Kind mir und Berater, +bin ich--ich sag es stolz--der groessten Taten Vater. + +Ein neues Wort schliess an: Es ist des Kuenstlers Ziel, +dir zu vermitteln fremder Geister Spiel, +das er mit seinem Lebensblute traenkt +und eigne Kraft den fremden Seelen schenkt. +Erschrocken sieht's der Arzt, fragt: wie? woher? +Manch Leben bliebe heil, wenn ich nicht waer. + +Vereine beide Worte: Welch ein Wissen +von Mensch zu Mensch! In fremdes Sein gerissen +stehn wir vor unbegreiflich zarten Dingen, +die unsrer Seele dunkle Traeume bringen, +und fuehlen scheu des Geistes Doppelwesen. +Du grosses Raetsel, wer wird je dich loesen? + + + +POLTERABENDGEDICHT + + +fuer ein kleines Maedchen + +(mit einer Schluessel-Atrappe) + + +Ich bin eine kleine Sternschnuppe +und rutschte herab vom Himmel +und fiel aus der grossen Milchstrasse +grad hier in das Gewimmel. +Verwundert fragt' ich die Leute: +Wo kommt ihr denn alle her? +Da sagten sie mir, dass heute +hier Polterabend waer. +Die Ehen schliesst man im Himmel, +und Donnergepolter gibt's auch; +da bin ich ja wie zu Hause +und bring meine Gabe auch. +Nehmt hier den Zauberschluessel, +vom Sirius bracht ich ihn mit +in meiner Sternentasche, +als ich herunter glitt. +Stets haeng er zu euern Haeupten, +und zieht es euch hinauf, +schliesst er zu jeder Stunde +den ganzen Himmel auf. + + + +HOCHZEITSGEDICHT + + +(mit einem Fruehlingsblumenstrauss) + +Maienkoenig schickt mich her, +sagte, dass hier Hochzeit waer, +sollt fein gratulieren; +suchte einen vollen Strauss +allerschoenster Blueten aus, +euer Haus zu zieren. + +Himmelschluessel, goldig, zart, +Blumen von besondrer Art, +schickt er euch mit Gruessen. +Seht, sie leuchten sonnengleich; +Liebe heisst das Himmelreich, +das sie euch erschliessen. + +Dieses blaue Sternchen spricht +frommen Sinns: Vergiss-mein-nicht, +vergiss mir nicht die Treue! +Treue, die zu Liebe steht, +ist so stark wie ein Gebet, +troestet stets aufs neue. + +Hier Narzissen. Weiss und rein, +ohne Makel sollt ihr sein, +huetet Sinn und Herzen! +Seht der Unschuld klares Bild; +wer an ihm sich staerkt und stillt, +traegt leicht Not und Schmerzen. + +Nehmt hin, was der Mai geschickt, +nehmt den Strauss und seid beglueckt +fuer ein langes Leben! +Unverwelklich blueh er fort, +tief in eurer Seele Hort +gluehe goettlich Streben! + + + +NEUJAHRSSPIEL + + +DAS ALTE JAHR + +(tritt in grauem Mantel ein) + +Gruess Gott, ihr Leute, ich bin das Jahr, +das immer ist und immer war, +das immer kommt und immer geht +und niemals zaudernd stille steht, +das mit geheimem Pendelschlag +die Weltuhr regelt Tag fuer Tag. +Die Wuerfel werf ich: Leben und Tod, +Glueck oder Unglueck, Heil oder Not-- +sie fallen gewichtig und ordnen die Welt, +einem Hoeheren unterstellt. +Zwoelf Kinder hab ich zur Welt gebracht, +sie gleichen sich wenig, doch jedes hat Macht; +sie ziehen gestaltend durch die Welt, +eins mir immer zugesellt, +waehrend die andern harren und ruhn +zu neuer Arbeit, zu frischem Tun. +Nur heute an meinem Geburtstag sind +sie alle gekommen, aus Regen und Wind, +aus Sonne und Nebel, aus Tiefen und Hoehn, +ihre alte Mutter wiederzusehn. +Herein, meine Soehne, ein Kompliment, +und sagt den Leuten, was ihr koennt! + + +JANUAR + +(in dickem Pelz, mit Schlittschuhen und Schellen) + +Gruess Gott! Ich bin der Januar, +voll Schnee und Eis haengt Bart und Haar; +der Vetter Nordwind versteht das Blasen, +steif sind die Ohren, rot die Nasen. +Zugefroren ist See und Fluss; +rasch den Schlittschuh unter den Fuss! + Die Eisen gleiten + durch blitzende Weiten + in Bogen und Zacken, + das gibt rote Backen! +Hoert ihr das Schellengelaeut? Meine Gaeste +sausen durch Schnee und Rauhreifgeaeste. + + +FEBRUAR + +(in Karnevalskostuem mit Pritsche) + +Gruess Gott! Ich heisse Februar, +gleiche dem Bruder fast aufs Haar, +nur trage ich gern ein Maskenroeckchen, +an meiner Kappe klingeln Gloeckchen. +Weil ich im Spiel und Tanzen tuechtig, +schelten sie mich vergnuegungssuechtig, +spotten und lachen hinter mir her, +weil ich zu kurz geraten waer, + rufen: "Prinz Karneval, + Narren gibt's ueberall!" +Doch meinen Punsch und Pfannekuchen +moechten Narren wie Weise versuchen. + + +MAeRZ + +(in Landstreichertracht, mit einem Veilchenstraeusschen) + +Gruess Gott! Ich bin der Bruder Maerz, +ich habe ein wildes, stuermisches Herz. +Kann mich nicht mit den Bruedern vertragen, +puste ihnen den Schnee vom Kragen. + Saeubre die Waelder, + fege die Felder, +tu aus der Seele das Kalte hassen, +muss es doch oft mir gefallen lassen; +aber bin ich erst Koenig ein Weilchen, +gruesst ihr mit mir die ersten Veilchen, +seht ihr die Spitzen an Straeuchern und Baeumen, +die selig von kuenftger Entfaltung traeumen. + + +APRIL + +(in Wandervogeltracht mit Zupfgeige) + +Gruess Gott! Ich bin der lustge April, +der immer tut, was er grade will. +Mal liebe ich's nass, mal liebe ich's trocken, +die Zugvoegel tu ich nach Hause locken. + Schneewasserguesse + schwellen die Fluesse, +ich aber streif durch den Wiesengrund, +oeffne der Obstbluete lieblichen Mund +und nicke den naerrischen Traeumern zu; +mit denen steh ich auf du und du, +_schickt_ sie nur immer! ich lehre sie lachen +und sich aus den Plagen der Welt nichts machen. + + +MAI + +(in Bauerntracht mit Maigloeckchenstrauss) + +Gruess Gott! Der Mai darf kaum noch wagen, +Besondres von sich auszusagen. +Ich schaeme mich wirklich; bin so bekannt +wie ein bunter Pudel rings im Land. +Diese sammetlockigen teutschen Tichter, +hol der Kuckuck das Reimgelichter: + "--der suesse Mai, + der entzueckende Mai, +der bluetenbekraenzte, der himmlische Mai--" +mir wird ganz bluemerant dabei, +denk ich an all die Dudelei. +Die Kinder lob ich; das laermt und lacht +und feiert ganz ungereimt meine Pracht. + + +JUNI + +(in Gaertnertracht, mit Giesskanne und Rosenstrauss) + +Gruess Gott! Ich werde Juni genannt, +Farben und Duefte bring ich ins Land. +Seht, wie's im Garten knospet und quillt, +seht, wie die Frucht sich rundet und schwillt! +Vor allem muss ich die Rosen wecken, +ich kuesse sie wach an Stamm und Hecken. + Sind Regen und Wind + mir wohlgesinnt, +schaff ich und wirk ich am gruenen Gewande, +halte die Hoffnung am schimmernden Bande +und pflege das Wachstum der kommenden Zeit; +wenn der Schnitter prueft, ist die Saat bereit. + + +JULI + +(in Schaefertracht, mit Kornblumenstrauss) + +Gruess Gott! Erlaubt mir, dass ich sitze, +ich bin der Juli; spuert ihr die Hitze? +Kaum weiss ich, was ich noch schaffen soll, +die Aehren sind zum Bersten voll; +reif sind die Beeren, die blauen und roten, +saftig sind Moehren und Bohnen und Schoten. +So habe ich ziemlich wenig zu tun, +darf mich ein bisschen im Schatten ruhn. + Duftender Lindenbaum, + rausche den Sommertraum! +Seht ihr die Wolke? fuehlt ihr die Schwuele? +Bald bringt Gewitter Regen und Kuehle. + + +AUGUST + +(in Schnittertracht, mit Sichel und Harke) + +Gruess Gott! Ich bin der Monat August, +bin ernster Pflichten mir bewusst; +muss Frucht und Korn zur Ernte reifen, +meine Lieblingsmusik ist das Sensenschleifen. +Bald kommt die Ernte; der Himmel lacht, +der Segen wird in die Scheunen gebracht. + Zum froehlichen Reigen + jubeln die Geigen. +Doch mancher steht abseits vom Taumel und denkt +des Schoepfers, der alles zum Besten lenkt, +der Ordnung bringt in den Gang der Dinge, +dass Schweiss und Fleiss auch Freude bringe. + + +SEPTEMBER + +(im Touristenkostuem) + +Gruess Gott! Ich bin der September, ich ziere +mit rotem Weinlaub eure Spaliere. +Dem Wandrer lachen auf allen Wegen +koestlich die reifenden Fruechte entgegen, +die gelben und blauen. Ich liebe die Ferne, +am Ufer der Meere traeume ich gerne, + wo die Welle beginnt, + wo die Welle zerrinnt, +wo die Brandung braust und ueberschaeumt +und ein Zugvogelschwarm den Himmel saeumt; +da lieg ich und grueble und suche vergebens +den Sinn des Sterbens, den Sinn des Lebens. + + +OKTOBER + +(in Winzertracht mit Weinglas und Flasche) + +Gruess Gott! Ich bin der Bruder Oktober; +die Nase glaenzt mir wie Zinnober, +das kommt vom Gucken ins Glaeschen. Vor Zeiten +lehrt ich die Menschen Wein bereiten; +der wurde bald ihr Lieblingsgetraenke, +jetzt kriegt man ihn in jeder Schaenke. + Kommt mit zum Wein, + ich lade euch ein! +Seht, wie die Waelder sich buntselig faerben, +sie wissen: ein Schlaf nur ist alles Sterben. +So kommt und sinnt und fragt nicht viel; +"das Leben ist des Lebens Ziel!" + + +NOVEMBER + +(in Jaegertracht mit Gewehr) + +Gruess Gott! Der November stellt sich vor. +Mir ist ergeben der grosse Chor +der Winde und Stuerme, die das Gefilde +von Unrat saeubern; und auch die Gilde +der Nebel und Wolken ist mir vertraut. +Wer auf des Meeres Sanftmut baut, +wagt sein Leben, wenn ich regiere; +ich hasse den Frohsinn in meinem Reviere, +ich hasse die Sonne, hasse die Milde, +zerreisse im Felde das letzte Gebilde. +Ich liebe nur eins: wenn das Jagdhorn schallt, +hinter scheuem Wild die Buechse knallt. + + +DEZEMBER + +(in beflittertem Pelz, mit kleinem Weihnachtsbaeumchen) + +Gruess Gott! Ich bin der Dezember und flechte +zu kurzen Tagen die langen Naechte. +Karg ist die Sonne in meinem Gezelt, +doch bring ich ins Haus eine schimmernde Welt. +Wenn im Ofen die Brataepfel schmoren, +fluestert es leise von Muendern zu Ohren, +gibt es ein Reden, ein Kichern und Necken, +ein Fragen und Freuen, Pakete verstecken, +ein "bitte, Mama", ein "sag doch, Papa, +ists Christkindel denn noch nicht da?" +Wenn am Heiligen Abend der Tannenbaum brennt, +bin ich in meinem Element; + hell sind die Kerzen, + warm sind die Herzen, +uns kuemmert nicht Kaelte noch Regen noch Wind. +Und denen, die arm und traurig sind, +und wo die Not sonst die Freude verbannt, +geben wir gern mit Herz und Hand. + + +DAS JAHR + +(laesst den grauen Mantel allmaehlich fallen, steht dann in hellem Festgewand) + +Wohl, meine Kinder! Jetzt aber denkt +an den Wechsel der Dinge und Den, der sie lenkt! +Stein wird zu Sand, Lebendges zu Stein, +Luft wird zu Wasser, Glut zu Wein, +Frucht wird zum Samen, Samen zum Baum, +Raum wird zu Zeit, und Zeit zu Raum. +Und immer rollt durchs Himmelszelt +die Erde, unsre alte Welt, +die stets verjuengt, in neuer Kraft, +fruchtbar ihr prangendes Kleid sich schafft. +Jedoch ihr Diadem und Zier, +ihr Menschenkinder, das seid ihr! +Drum freut euch ihrer Herrlichkeit, +freut euch des Meeres, so stark und weit, +freut euch der Waelder, der Bluete, der Frucht, +freut euch der Berge mit Tal und Schlucht! +Und freut euch eurer eignen Kraft, +die der Erkenntnis Wunder schafft; +seid gluecklich, dass ihr Menschen seid, +der schoenste Schmuck an Gottes Kleid, +wenn ihr euch seiner wert gestaltet, +euch immer goettlicher entfaltet. +Seid glaubensstark, seid willensklar, +das wuenscht das neue Erdenjahr! + + +CHOR DER MONATE + +Seid friedensstark, seid liebesklar, +das wuenscht der Monate bunte Schaar! + Prosit Neujahr! + Nun reicht euch zur Wende + des Jahres die Haende + und gruesst euch mit Neigen + und schlingt einen Reigen! + Spiel auf, Musik, begleite sie, + des Jahres Schluss sei Harmonie! + + + +RAeUBER UND PRINZESSIN + + +Eine Kartoffelkomoedie + + +EINFUeHRUNG + +Habt ihr schon mal was von der Kartoffelkomoedie gehoert? Nein? So will ich +euch erzaehlen, was das ist. + +Die Kartoffelkomoedie ist ein Theaterstueck, das statt mit Puppen mit +Kartoffeln gespielt wird. Ihr bittet um ein Paar glatte, nicht zu grosse +Kartoffeln, bohrt mit dem Messer in jede ein rundes Loch, so dass ihr euern +Zeigefinger bis zum ersten Glied hineinstecken koennt, und die Hauptsache +ist fertig. Ein paar mit Stecknadeln angepiekte Hemdknoepfchen als Augen, +ein Stueckchen Ruebe als Mund, und eins als Nase, bilden das Gesicht. Ein +farbiger Puppenlappen wird oben mit einer Schnur zusammengezogen und um +den Zeigefinger gebunden, nachdem zwei kleine Loecher fuer Daumen und +Mittelfinger hineingeschnitten sind. Ihr werdet euch wundern, wie fein man +die Finger als Arme und Haende benutzen kann. + +Natuerlich muss man sich in der Kleidung ein bisschen nach den Personen des +Stueckes richten. In unsrer Komoedie, die ich nach einer aelteren Vorlage +ausgebaut habe, bekommt der Koenig eine Krone von Goldpapier und ein rotes +oder gruenes Gewand, das ihr auch etwas mit Goldstreifen besetzen koennt. +Pumpfia traegt am besten einen kleinen Schleier mit einem Streifchen +Silberpapier um den Kopf, Jagomir einen grossen braunen oder grauen Hut +mit einer roten Feder, der Kanzler einen schwarzen Zylinder. Natuerlich +wird all das aus Papier gemacht. Die Kleider koennt ihr euch selbst +ausdenken, jeder Flicken ist dazu brauchbar. + +Wenn ihr das Stueck auffuehren wollt, ist es am bequemsten, ihr spannt +irgendeine Decke oder ein Tuch in einen offenen Tuerrahmen, und zwar so +hoch, dass ihr bequem mit den Haenden hinauflangen koennt; eure Koepfe duerfen +natuerlich ebenso wenig zu sehen sein wie eure Fuesse. Einen Vorhang braucht +man nicht; die Puppen verschwinden einfach hinter dem Tuch und kommen auch +wieder so zum Vorschein. Jedes Kind kann zwei Puppen spielen, mit jeder +Hand eine; bei einer muss es dann seine Stimme etwas verstellen. + +So, nun versucht mal euer Heil! Es wird euch viel Spass machen; und den +Zuschauern auch. + + +PERSONEN: + +Koenig Pflaumenmus. +Prinzessin Pumpfia. +Der Kanzler. +Der Raeuber Jagomir. + + +ERSTE SZENE. + +Der Koenig tritt auf, vom Kanzler begleitet. + + +KOeNIG: + +Der Sommerabend ist so schoen, +da muss man doch spazieren gehn. +Die Rosen duften suess, hazieh! +Die Nachtigall singt tueruetue-- +--wie schmerzt mein linker grosser Zeh, +und auch der rechte tut schon weh. +Den Schuster haeng mir an den Galgen, +(Kanzler verbeugt sich) +denn er gehoert zu den Kanallgen. +(Koenig schnueffelt in die Luft) +Wie duftet's hier nach Bratkartoffeln, +da kriegt man wirklich Appetit. +Geh, Kanzler, hol mir die Pantoffeln, +und bring die Abendzeitung mit. +(Kanzler verbeugt sich und will gehn) +Halt! hemme noch den eiligen Lauf +und setz mir erst die Brille auf. +(Kanzler tut's, dann ab.) +Ein Koenig muss sich informieren, +es koennt doch was im Land passieren. +(Kanzler kommt mit der Zeitung und den Pantoffeln zurueck.) + + +KANZLER: + +Hier, Koenig, bringe ich die Zeitung, +die allerneuste Meinungsleitung. +Auch Schlupfschuh hier aus Woll' und Watte, +wie Majestaet befohlen hatte; +und frage untertaenigst an, +ob ich noch sonstwie dienen kann. + + +KOeNIG: + +Nun ja, rueck mir die Krone grade; +denn fiel sie runter, waer's doch schade. +(Kanzler rueckt die Krone zurecht.) +Was steht denn hier im Tageblatt? +Prinz Kasimir kommt in die Stadt? +Da wird er uns gewiss besuchen. +He, Kanzler, haben wir noch Kuchen? + + +KANZLER: + +Herr, nicht 'ne einzige Butterschrippe. + + +KOeNIG: + +Na, haeng nicht gleich die Unterlippe; +hol Streusselkuchen vom Konditor, +auch Vollmilch, einen halben Litor. + + +KANZLER: + +Ach, Herr, von Geld ist keine Spur. + + +KOeNIG: + +Das schad't nix, Kanzler; pumpe nur. +Wir Koenige lassen uns nicht lumpen, +und sollten wir die Welt auspumpen. +Geh jetzt und sorge fuer mein Land +mit Militaer und mit Verstand! +(Kanzler verneigt sich, tritt vor.) + + +KANZLER: + +Was hat ein Kanzler doch fuer Sorgen; +wo soll ich bloss schon wieder borgen? +Wer schafft mir von der Deutschen Bank +den Schluessel zu dem Kassenschrank? +Reichskanzler sein ist wirklich schwer; +ich dachte nicht, dass es so waer. +Ich annonciere in der "Quelle", +vielleicht krieg ich 'ne andre Stelle. +(Kanzler ab.) + + +KOeNIG (lesend): + +Den Streik, den soll der Kuckuck holen! +Wir haben so schon keine Kohlen, +mein Thronsaal wird tagtaeglich kaelter, +und ich--ich werde immer aelter. +Auf diese Bank will ich mich legen, +ein Stuendchen suesser Ruhe pflegen. +(Legt sich hin und schnarcht.) + + +ZWEITE SZENE. + +Pumpfia, Koenig. + + +PUMPFIA: + +Wo bist du denn, mein Vaeterchen, +mein suesser Pumps, mein Kaeterchen? + + +KOeNIG: + +Wer stoert mir meine Ruh im Grase? +Ach, _Du_ bist's, kleine Stumpelnase. + + +PUMPFIA: + +Papa, ich bring dein Leibgericht, +Bratkartoffeln! riechst du's nicht? +Ich briet sie selbst, ist das nicht nett? +mit Liebe und mit Hammelfett; +und machte Klopse dir zulieb, +vom Fleisch, das gestern uebrig blieb. + + +KOeNIG (essend): + +Ich danke dir, mein Herzensmops, +fuer die Kartoffeln und den Klops. + + +PUMPFIA: + +Papa, ich bin bald zwanzig Jahre +und kriege naechstens graue Haare; +ich mach mich immer wunderschoen, +allein kein Freier laesst sich sehn. +Ich krieg am End gar keinen Mann; +was fang ich alte Jungfer an? +(Sie weint.) + + +KOeNIG: + +So liebe _mich_, mein suesses Kind! +Heiraten geht nicht so geschwind. + + +PUMPFIA: + +Ach doch, Papa, 's geht ganz bequem. +Wenn doch ein Prinz, ein trauter, kaem! +(weint staerker.) + + +KOeNIG: + +Mein Puempfchen, troeste dich bis morgen, +da will ich dir 'nen Mann besorgen. + + +PUMPFIA + +(faellt ihm um den Hals): +Du guter einziger Papa, +ich sag gewiss zu allen ja. + + +KOeNIG: + +Leb wohl, ich muss zur Konferenz; +es ist nicht gut, wenn ich die schwaenz. +(Koenig ab.) + + +DRITTE SZENE. + +Pumpfia, nachher Jagomir. + + +PUMPFIA: + +Ich arme Pumpfia und Prinzessin, +ach koennt ich doch mein Leid vergessen! +allein, o leider ganz allein, +in diesem holden Mondenschein! +Kein Juengling liebt mich nur ein bisschen, +kein Prinz gibt mir ein holdes Kuesschen. +Mein Herz ist leer, mein Kopf ist dumm, +ich fall vor lauter Sehnsucht um-- +(faellt um.) + + +JAGOMIR (tritt auf): + +Ich stahl mir heimlich hier herein, +hier wird doch was zu mausen sein? +(Schnueffelnd) +Nee, wo mit Hammelfett gebraten, +da regnet's sicher nich Dukaten. +(Er erblickt Pumpfia ) +'ne Dame? Ei, wie wunderschoen; +die muss ich mal genau besehn. +(Er tut's.) +Ich nehme mir den Hochgenuss +und geb ihr einen suessen Kuss. +(Er tut's.) + + +PUMPFIA (erwachend): + +Was ist das fuer ein schoener Mann? +Ich wag's und red ihn lieblich an. +Wer seid Ihr, herrlicher Genoss? +Wie kamt Ihr her in dieses Schloss? +Ich bin durch Euern Gruss beglueckt; +hat Euch ein Engel hergeschickt? + + +JAGOMIR: + +'n Engel? Nee, das war der Robert; +der hat das Ding hier ausbaldowert. + + +PUMPFIA: + +Ist alles gleich; du bist mein Schaetzchen, +mein suesser Freund, mein Busenlaetzchen. + + +JAGOMIR: + +Aber--was wird dein Vater sagen? + + +PUMPFIA: + +Ach was, wer wird den Alten fragen. + + +JAGOMIR (kuesst sie): + +Mein honigsuesser Sirupstengel, +mein Marzipan, mein Zuckerengel! + + +PUMPFIA: + +Welch Geist, welch Witz, welch hoher Held! +Pumpfia geht mit dir durch die Welt! + + +JAGOMIR: + +Mein Schaetzchen, hast du auch Moneten? + + +PUMPFIA: + +Die sind hier weniger vertreten; +an diese Frage ruehre nich, +geliebter Freund, entfuehre mich. + + +JAGOMIR: + +Na, denn man zu, du suesse Hummel! +(Beiseite) +Verflixt, das wird 'n schoener Rummel. + + +VIERTE SZENE. + +Koenig, die Vorigen. + + +KOeNIG: + +Prinzessin Pumpfia, Kasimir, +wo seid ihr kleinen Schaeker ihr? +Ihr wollt euch wohl vor mir verstecken? +Na wart't, ich werd euch gleich entdecken. + + +JAGOMIR (beiseite): + +I, du meine himmlische Guete, +die jlooben, ick sei ein Prinz von Gebluete; +dabei gehoer ick zum Raeuberstand, +der ernaehrt seinen Mann besser als so'n Land. +(Laut): +Guten Tag, Herr Koenig, ich habe die Ehr +und verbeuge mir sehr. +(Er tut's) + + +KOeNIG: + +Mein Vaterherz huepft froh und warm: +mein Puempfchen in des Prinzen Arm. +Mein hoher Gast, Prinz Kasimir, +wie findet meine Tochter Ihr? + + +JAGOMIR: + +Das Maedel hier? Na, himmlisch suess, +wie'n Engelken im Paradies. + + +KOeNIG: + +Na, nimm se dir se denn se doch, +und spanne sie ins Ehejoch; +dann kocht dir deine kleine Braut +Erbsen mit Speck und Sauerkraut. + + +JAGOMIR: + +Ach ja, und dann Kartoffelkloesse +mit einer suessen Pflaumensoesse. +(Umarmung.) + + +PUMPFIA: + +Wenn man in deinen Armen ruht, +dann kocht sich's gleich noch mal so gut. + + +KOeNIG: + +Ich bin geruehrt wie Quetschkartoffeln, +verlier vor Ruehrung die Pantoffeln. +(Er tut's; die Pantoffeln fallen in den Zuschauerraum.) + + +FUeNFTE SZENE. + +Kanzler, die Vorigen. + + +KANZLER: + +Der Brief kommt eben von der Post, +der fuenfundzwanzig Pfennige kost't. + + +KOeNIG: + +Wie oft schon hab ich deklariert, +ich nehme nichts mehr unfrankiert. +Kommt mir noch mal so'n Ding ins Haus, +dann fliegt es gleich zum Fenster raus. +(Er oeffnet den Umschlag) +Lass sehn, was steht in diesem Brief. + + +JAGOMIR (beiseite): + +Na, geht die Sache doch noch schief? + + +KOeNIG (liest): + +"Prinz Kasimir entbeut den Gruss +dem hohen Koenig Pflaumenmus; +er wird ihn heute noch besuchen +und hofft auf Kaffee und auf Kuchen."-- +Von alldem tut der Bauch mir weh; +was nun, mein Schwiegersohn _in spe_? +Seid Ihr denn nicht Prinz Kasimir? + + +JAGOMIR (stolz): + +Ich bin der Raeuber Jagomir! + + +KOeNIG: + +Ein Raeuber? Hu, das ist ein Graus, +der reisst mir die Gedaerme aus! +Gewiss, er wird mich massakrieren +und mir mein Puempfchen dann entfuehren. +(Er weint.) + + +PUMPFIA: + +Was mich betrifft, ich halte still, +wenn er nur dich verschonen will. + + +JAGOMIR: + +Ich schon ihn gern, und auch sein Geld-- +(beiseite): das er nicht hat! +Ich bin ein edler Raeuberheld. + + +PUMPFIA: + +Mein suesser Schuft, mein Wonneheld, +mit dir stehl ich die ganze Welt. +(Umarmung.) + + +JAGOMIR: + +Bald kommt der Kasimir ins Haus; +komm, Puempfchen, komm, wir ruecken aus! +Im Walde steht mein freies Schloss, +da schlaeft sich's fein--auf Heu und Moos. + + +KOeNIG: + +Na, dann leb wohl, mein teures Kind! +Hier hast du noch ein Angebind +(gibt ihr einen Zweimarkschein) +und ausserdem noch meinen Segen. + + +PUMPFIA: + +Den kannst du uns auf Zinsen legen. +(Beide ab.) + + +KOeNIG: + +Nun sind sie weg, o Schmerz, o Graus, +ich weine mir ein Auge aus. +(Er tut es, wirft den Augenknopf unter die Zuschauer.) +O Kasimir, Prinz Kasimir, +warum warst du nicht eher hier! +Wirr ist mein Herz, wirr ist mein Kopf; +die Welt, die ist ein Wackeltopf. +Nur eins ist unverrueckt und wahr, +nur eins wie meine Pleite klar: +Hoch herrschen ueber Raum und Zeit +die Frechheit und die Dreistigkeit. +(Vorhang.) + + + +KASPERLE UND DER KRIEG + + +Ein Stueckchen fuers Kasperltheater + + +KASPERLE (allein, singt): + + Bummvallera + ist nicht da; + wo ist Bummvallerallerallera? + +(Er gaehnt.) Ach, ist die Welt langweilig! Vor lauter Langerweile hab ich +schon ein paarmal meine Finger gezaehlt; aber komisch, es kommt immer was +andres raus. (Er zaehlt an seinen Haenden): 1, 2, 3, 5, 7, 8, 10, 12, 14, +15--na ja, nun sind's wieder 15. Na, noch mal: 1, 2, 3, 5, 7, 9, 10, 12, +13, 14--komisch, nu sind's wieder 14. Mal hat der Mensch 15 und mal 14 +Finger; und dabei sehn sie immer egal aus.(Es klopft.) Ei, da kommt +Besuch. Immer 'rein, meine Herrschaften, immer 'rein! (Polizist kommt.) + + +POLIZIST: + +Bist du der Kasper? + + +KASPERLE: + +Was? Kasper? Herr Kasper heisst es, geehrter Herr Kasper heisst es, +wertgeschaetzter Herr Kasper heisst es, Sie oller Helmaffe Sie, Sie +untertaenigster Rasselsaebel! + + +POLIZIST: + +Mann, seien Sie mal etwas hoeflicher zur koeniglichen Polizei! + + +KASPERLE: + +Hoeflich? Hi hi, hoeflich? Mit Hoeflichkeit faengt man nicht mal 'nen Floh. +Oder soll man etwa sagen: bitte, Herr Floh, seien Sie so gut, Herr Floh? + + +POLIZIST: + +Kasper, du bist ein Esel! + + +KASPERLE: + +'n Esel? Was Sie sagen! Ist 'n nettes Tierchen, so'n Esel, hihi; klettert +auf die hoechsten Stellen und faellt nicht runter. Hihi, moecht schon solch +Tierchen sein. + + +POLIZIST: + +Lirum, larum, Kasper, du musst jetzt in den Krieg; darum bin ich +hergekommen. + + +KASPERLE: + +Krieg? Was ist denn das? Kriecht man da rum, in dem Krieg? Ich bin doch +kein Kriechtier! + + +POLIZIST: + +Du dummer Kasper, du dammliger, der Krieg sind Schlachten mit Bomben und +Kanonen. + + +KASPERLE: + +Schlachten? Ei, das kenn ich, da gibt's frische Wurst; Blut- und +Leberwurst, hihi, das schmeckt aber fein!--Und Bomben? wissen Sie, die +backt meine Omama mir immer zu Weihnachten; die kenn ich auch. Und +Kanonen? ja, die stehn noch vom Grossvater selig her auf'm Kramboden; der +war Sie naemlich Mistbauer, und brauchte so'ne dicken hohen Schmierstiebeln. +Also, dann kenn ich ja den Krieg; muss 'ne lustige Sache sein. + + +POLIZIST: + +Na warte man, du Frechdachs, wirst es schon merken, wenn's dir man erst um +die Ohren knallt. + + +KASPERLE: + +Knallen tut's da? O jemine! Wissen Sie, Herr Kriegsminister, gegen Knallen +hab ich von Kind auf 'ne Idiokratie. + + +POLIZIST: + +Idio_syn_krasie meinst du wohl, dummer Kasper. + + +KASPERLE: + +Nee, Herr Rasselsaebel, Sinn ist da nicht drin; sonst waer's ja keine +Idiotokratie. (Er singt): + + Die Welt, die haut sich tot wie nie, + tot wie nie, tot wie nie, + und fuettert das Meer mit Korn und Vieh, + Korn und Vieh, Korn und Vieh; + das ist doch Idiotokratie, Tokratie, Tokratie, + Idiotokratie! + + +POLIZIST: + +Halt deinen dummen Schnabel, Kasper, das verstehst du nicht; das ist die +hohe Diplomatie. Sage mir lieber, wie dein Vater heisst, Kasper. + + +KASPERLE: + +Das kann ich Ihnen durchaus nicht sagen, Sie neugieriger Iltis, alldieweil +ich das selber nicht weiss. Ich glaube, ich hatte gar keinen Vater. + + +POLIZIST: + +Und deine Mutter? + + +KASPERLE: + +'ne Mutter? 'ne Mutter hab ich auch nicht gehabt. Bloss 'ne Grossmutter und +'ne Urmama; die haben mich zusammen zur Welt gebracht. + + +POLIZIST: + +Du bist 'n Ochse, Kasper, oder 'n Frechdachs; jeder Mensch hat doch 'ne +Mutter. + + +KASPERLE: + +'n Ochse? das waer was, ei der Daus! Was waer ich da wert bei den heutigen +Fleischpreisen? wir wollen mal zusammen rechnen, Herr Kriegsminister. +Also: ich wiege 150 Pfund, das Pfund kostet jetzt 8 Mark 50. Erst also 100 +mal 8 Mark 50--haengen wir einfach zwei Nullen an, das macht 85000 Mark; +und dann noch 50 mal 8 Mark 50, das ist mir zu schwer, das kann ich nicht +rechnen. Wissen Sie's vielleicht, Herr Kriegsrat? + + +POLIZIST: + +Na, das sind ungefaehr 4000 Mark, Kasperle; es ist ja auch schon lange her, +dass ich in der Schule war. + + +KASPERLE: + +Also, ich hatte 85000 Mark; und Ihre 4000 Mark dazu, macht 100000 Mark. +Sehn Sie, Herr Kriegsminister, soviel ist der Kasper werf, wenn er ein +Ochse ist; hihi, was sagen Sie nun, Herr Oberkanonenrat? Was mag man da +erst wert sein, Sie, wenn man ein fettes Schwein ist! Wissen Sie was: +wir wollen beide Bauern werden und fette Schweine zusammen ausbrueten. +(Er singt): + + O waer ich doch ein Oechselein, + Oechselein, Oechselein, + oder auch ein fettes Schwein, + fettes Schwein, fettes Schwein, + dann poekelt' ich mich selber ein, + si- sa- selber ein. + Da kaem ich in ein grosses Fass, + grosses Fass, grosses Fass, + da rollt' ich in das Kellergelass, + Kellergelass, Kellergelass, + da haett ich fuer den Winter was, + Wi- Wa- Winter was. + + +POLIZIST (packt ihn): + +Ach was, vorwaerts marsch mit dir in den Krieg! und hast-du-nicht-gesehn +ins Feuer! + + +KASPERLE: + +Ins Feuer soll ich? Ich ins Feuer? Aber ich bin doch keine Presskohle, +Herr Oberheizer, dass ich ins Feuer soll? (Er ruft ins Haus): Grossmama, +mein Puttchen, du alte Knochenmuehle! komm doch mal her, aber putz dich +nicht erst! man will dein Kasperle ins Feuer stecken! (Grossmutter kommt.) + + +GROSSMUTTER: + +Was ist denn los? Was schreist du so, Kasperchen? + + +POLIZIST: + +Er muss in den Krieg und will nicht, der Racker! + + +GROSSMUTTER: + +O Gott, o Gott, in den Krieg, mein Herzblatt? Da werden sie dich +totschiessen, armes Kasperchen! Ogottogottogottedoch! + + +KASPERLE: + +Lass man, Omamachen wenn sie schiessen wollen, nehm ich meine Pritsche und +hau sie selber tot. Guck mal, so--so--haste-nich-gesehn--(er haut den +Polizisten tot, wirft ihn ueber die Rampe und sagt dabei:) Ja, quiek man! +den Kasper krigst du nicht! der lebt ewig, du oller Rasselsaebel!-- + + + + + +VERZEICHNIS DER UeBERSCHRIFTEN + + + +Gruss an die Grossen +Gruss an die Kleinen + + + +ERSTER TEIL + + +Wunderchen +Geht leise +Wittewoll schlafen +Fruehstueck +Seereise +So lala +Mein Wagen +Kutscher auf dem Knie +Ereignis +Heilspruechel +Schlimme Geschichte +Austreibung +Wenn Rumpumpel brummig ist +Der Pudding +Zwei Maeulchen +Mueckebold +Das Scherchen +Geschichtchen vom Winde +Anziehliedchen +Das Laemmechen +Die wilden Beinchen +Der lumpichte Bu +Tintenheinz und Plaetscherlottchen +Es regnet +Troesterchen +Haeschen in der Grube +Hasenspiel +Drei Baeumchen +Schabernack +Am Abend +Gutenachtliedchen +Freund Husch +Rumpumpels Geburtstag +Mutters Geburtstag +Rumpumpel tanzt +Kreiselliedchen +Konzert +Die ersten Hoeschen +Der kleine Suender +Flutschpeter +Die Trommelpartie +Rumpelreim +Das Karnickel +Lektion +Lied des Huehnchens +So sieht unsre Wirtschaft aus + + + +ZWEITER TEIL + + +Das Haus +Mit Trommel und Trab +Siebenschlaefer +Osterlied +Maiwunder +Hansel und Gretel +Prinzesschen +Das grosse Loch +Zwei Gesellen +Wenn's Pfingsten regnet +Eine Huehnergeschichte +Marieken und die Kueken +Kinderkueche +Essensregeln +Die boese Mies +Pottkieker +Der Reitersmann +Das richtige Pferd +Der kleine Rekrut +Der Hauptmann +Abzaehlreim +Fragefritze und die Plappertasche +Plappermuendchen +Puppendoktor +Kleiner Einkauf +Vaters Geburtstag +Das Himmelsprinzesschen +Windfreude +Lied vom Monde +Weihnachtsschnee +Knecht Ruprecht in Noeten +Frohe Botschaft +Der liebe Weihnachtsmann +Sankt Niklas' Auszug +Bescheidene Frage + + + +DRITTER TEIL + + +Widmung +Sonne +Marienlied +Korsisches Wiegenlied +Koenigskind +Heimweh +Elfenreigen +Wiegenmaerchen +Traumballade +Mutter Hule +Ein Singsang vom Rheine +Badeballade +Der Teufel und die Katz +Der Esel und die Loewenhaut +Ein Spatzengespraech +Drei Koboldstreiche +Spuk +Der Maerchenkoenig und sein Toechterlein +Weihnachtsgang +Weihnachtsbesuch +Koenig Kuchen und Koenigin Schokolade +Der erste Mai +Wetterwunsch +Hammerliedchen +Im Sonnenschein +Wanderlied + + + +VIERTER TEIL + +Spruch fuers Leben +Allerlei Raetsel: + 1) Windmuehle + 2) Die ersten Zaehnchen + 3) Sau-er-kraut + 4) Spitzbube + 5) Stiefelknecht + 6) Rebe--Eber; Recke--Ecker; Rotte--Otter; Rinde--Inder; Rabe--aber + 7) Matrone, Makrone, Marone + 8) Gitter, Rettig + 9) Vielleicht + 10) Zeit + 11) Schafwolle und Rindleder + 12) Versohlt + 13) Ueberlegen + 14) Saumselig + 15) Verzogen + 16) Drosselbart + 17) Nachbarschaft + 18) Der Rat + 19) Besessen + 20) Ausschlag + 21) Fassung + 22) Eingefallen + 23) Druckfehlerteufel + 24) Feuerwasser + 25) Wasserscheide, Scheiderwasser + 26) Winde + 27) Leiter + 28) Welle + 29) Donnerkeile + 30) Linsengericht + 31) A, Horn, A horn + 32) Aufschwung; Entfaltung; Sieg; Frieden + 33) Retter + 34) Verwachsen + 35) Verschieden + 36) Romantik + 37) Mode, modern + 38) Die Tinte + 39) Das Licht + 40) Die Zahl + 41) Die Stadt + 42) Geistreich + 43) Gerecht, Same, Gerechtsame + 44) Gedankenuebertragung +Polterabendgedicht +Hochzeitsgedicht +Neujahrsspiel +Kartoffelkomoedie: Raeuber und Prinzessin +Kasperle und der Krieg + + + + + +VERZEICHNIS DER ANFANGSZEILEN + + + +Auf der hoechsten Berge Ruecken +Auf der Leine, auf gruenem Platz +Als ich noch klein war, war ich recht beschaulich +Aus lichtem See +Bei Koenig Kuchen und Koenigin Schokoladen +Bluemchen haengt das Koepfchen +Bummvallera ist nicht da +Christkindchen lag im Stalle +Das grosse Loch +Das kann doch nicht Rumpumpel sein +Das Wort pflegt zu erhoehn +Der Bauer schlaeft im Hirsekraut +Der Esel, der Esel +Der Schneidermeister Piekenich +Der Sommerabend ist so schoen +Der Vater will's das Fritzchen +Des Mondes Tochter Mirlamein +Die alte Mutter Hule +Die erste frisst +Die ersten sind ein Untertan +Die erste Silbe fuehrt die krause Schar +Die Henne legt ein Ei +Eia, wir Elfen +Ein deutscher Meister war es, gottgesandt +Ein Kaetzlein ging einst jagen +Ein Muellersmann aus Oberwesel +Ein Vogel flog aus dem Heimatland +Er geht in sich, um sich zu pflegen +Es laeuft und hat keine Beine +Es regnet, es regnet +Es tanzen zwei Gesellen +Es war einmal ein Kaetzchen +Es war zur lieben Weihnachtszeit +Fixfax der arge Kobold spricht +Flutschpeter lief nie gradeaus +Fritz, ich moecht den Spaten haben +Froh singt ihr Lied am Sommertag +Frueh, eh ich's konnt begreifen +Geht leise +Gestern lief der Peter weg +Getrieben werd ich, doch ich treibe wieder +Gruess Gott, ihr Leut, ich bin das Jahr +Guten Morgen, ihr Beinchen +Guten Tag, guten Tag, liebe Gruenkramfrau +Hansel und Gretel stehen zu zwein +Hans Wackelohr, Hans Wackelohr +Haeschen in der Grube +Has, Has, Osterhas +Heini, Heini +Herbei, ihr kleinen Wichte +Herr Dreidel tanzt auf einem Bein +Herr Steuermann, Herr Steuermann +Hinter den Birken ueber den Rasen +Hinueber, hinein +Huehner, wollt ihr wohl artig sein +Hurra, zum ersten Mal +Husch, husch, husch +Ich bau, ich bau ein steinern Haus +Ich bin das Himmelsprinzesschen +Ich bin der Hauptmann +Ich bin eine kleine Sternschnuppe +Ich bin nur klein, doch banne ich die Welt +Ich habe Fluegel--rate, Kind +Ich hab einen Helm aus Packpapier +Ich hab keine Haende und kann doch tragen +Ich moecht euch alle miteinander +Ich naehre mich von fremden Stoffen +Ich stand begehrlich am Worte +Ich war in Fez durch die Buden gewandelt +Ihr Kinder, sperrt die Naeschen auf +Ihr Siebenschlaefer in den Hoehlen +Im Stall unter Schaefchen baeht +In alten Zeiten +In eins-zwei-drei lebt ganz gemuetlich +In Leipzig wohnt ein Baeckermeister +In Not und Gefahr +In Wolfenbuettel wohnt ein Lamm +Jung jung drei Baeumchen +Ka Struempferl im Kasten +Klaenge wachsen auf den Wegen +Klaerchen naehte an dem ersten +Knecht Ruprecht kratzt sich seinen Bart +Kraeht der Hahn frueh am Tage +Kra, kra, kalter Schnee +Kribbel-krabbel-Kaefer +Laendliche Strassen, dicht beschneit +Leise, Peterle, leise +Leises Klopfen an der Tuere +Lieber Doktor Pillermann +Lise Nackfisch und Hans Pitschenass +Maienkoenig schickt mich her +Maikoenig kommt gefahren +Maria herzt ihr Kindelein +Mariechen war's; mit meinem Kuchen +Marie-Marei-Marieken +Marie-Marei will Braten machen +Mein erstes ist ein Hund +Mein erstes ist nicht wenig +Mein erstes Wort, im engen Raum genaehrt +Mein Reich ist unbegrenzt: bis in die fernste Zone +Mein Strom ergiesst sich sickernd durch die Welt +Mein Wagen hat vier Raeder +Mueckchen, Mueckchen, Duennebein +Musik, Musik, die Floete kommt +Mutti, Mutti, was ist denn da drin +Nein, Kinder, immer kann man nicht dichten +Nennst du das Ganze, toent es uns entgegen +Oben aus dem Fahnenhaus +Ohne Zepter, ohne Krone +Pink, pank, Hammerschlag +Pitsch--patsch--Badefass +Putzt die Fenster! fegt die Ecken! +Quellchen geht in den Rauschebach +Rate, Freund, es ist nicht schwer +Rechts, links, ueber Eck +Ride-bide-Bummstock +Rumpumpel macht 'ne Landpartie +Rumpumpel tanzt +Rumpumpel will essen +Sankt Niklas zieht den Schlafrock aus +Sankt Nikolas, Sankt Nikolas +Scheine, Sonne, scheine +Schimmel, willst du laufen +Schlafe, mein kleiner Wildling +Schlafe ruhig, Koenigskind +Schnell, schnell, Besen +Schnipsel, schnipsel, Scherchen +Sind es die Feinde, muss man sich wehren +Sind es die Stiefel, halten sie 'ne Weile +Sitzen zwei alte Weiber im Sand +So morgens um halb acht herum +Sonnenlichter, Fruehlingswichter +Sonne scheint draussen und scheint in die Grube +Spitzt das Ohr und merkt euch still +Standen vier weisse Ritterchen +Steht ein Toepfchen rund und nett +Stets bin ich eines Leuchtenden Trabant +Still--was bloss das Kaetzchen will +Traumkoenig geht durch bleiches Land +Tuck--tuck--heut ist Regentag +Unser Mueller hat ein Muehlenhaus +Viel Glieder hab ich, die einander gleichen +Vor der Laube kraeht der Hahn +Waechst einer alten Dame +Wagen im Wind +Waldtaube sass gefangen +Wenn das R am Anfang steht +Wenn der Wind ueber Wiesen und Felder rennt +Wenn es von Freund und Liebchen kommt +Wenn ich in die Stube geh +Wer es hat, der ist betruebt +Wer kommt dort angeflogen +Wer schenkt mir ein lebendiges Pferd +Wer strampelt im Bettchen +Wer tanzt mit mir +Willst du das erste Wort stets sein und handeln +Wind, Wind, sause +Winkele, wankele +Wir sind's gewiss in vielen Dingen +Wir sind's mit Stamm und Vaterland +Zwei Worte weiss ich, die einander feind + + + + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Das liebe Nest, by Paula Dehmel + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS LIEBE NEST *** + +***** This file should be named 13732.txt or 13732.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + https://www.gutenberg.org/1/3/7/3/13732/ + +Produced by David Starner, Hagen von Eitzen and the PG Online +Distributed Proofreading Team. + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. 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