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+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 75889 ***
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+ Anmerkungen zur Transkription
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+ Der vorliegende Text wurde anhand der Buchausgabe von 1895 so weit
+ wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Typographische Fehler
+ wurden stillschweigend korrigiert. Ungewöhnliche und heute nicht
+ mehr verwendete Schreibweisen bleiben gegenüber dem Original
+ unverändert; fremdsprachliche Ausdrücke wurden nicht korrigiert.
+
+ Besondere Schriftschnitte werden im vorliegenden Text mit Hilfe der
+ folgenden Symbole gekennzeichnet:
+
+ kursiv: _Unterstriche_
+ fett: =Gleichheitszeichen=
+ gesperrt: +Pluszeichen+
+ Kapitälchen: ~Tilden~
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+[Illustration: NAVIGARE NECESSE]
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+
+ DER SCHIFFBAU
+ SEIT SEINER
+ ENTSTEHUNG
+
+ [Illustration]
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+
+ DER SCHIFFBAU
+
+ SEIT SEINER
+
+ ENTSTEHUNG
+
+ VON
+
+ E. VAN KONIJNENBURG, C. I.,
+
+ _INGENIEUR DES RIJKSWATERSTAATS DER NIEDERLANDE_
+
+ 1895-1905
+
+
+ HERAUSGEGEBEN
+ VOM
+ INTERNATIONALEN STÄNDIGEN VERBAND
+ DER
+ SCHIFFAHRTSKONGRESSE
+
+
+ GESCHÄFTSFÜHRENDER AUSSCHUSS-GENERALSEKRETARIAT
+ 38, RUE DE LOUVAIN, 38
+ BRÜSSEL
+
+
+ BAND I
+
+
+
+
+INHALTSVERZEICHNIS
+
+
+ Seite
+
+ VORREDE 11
+
+ Teilung Europas nach der Forme der Schiffe:
+ Nördlicher Mittelpunkt. -- Ostsee. --
+ Südlicher Mittelpunkt. -- Mittelmeer.
+
+ SÜDLICHER MITTELPUNKT.
+
+ ~Kapitel~ I 13
+
+ Die Ägypter 13
+ Die Phönizier 17
+ Die Griechen und die Römer 21
+ Das Mittelmeer im Mittelalter 24
+ Die Galeeren 25
+ Die Schiffstype des 18. Jahrhunderts 29
+
+ NÖRDLICHER MITTELPUNKT.
+
+ ~Kapitel~ II 33
+
+ Das Wikingerschiff 34
+ Das Koggeschiff 36
+ Einfluss der Kreuzzüge 39
+ Verwendung des Steuerruders 39
+ Die Galeere in den Niederlanden 40
+ Verwendung der Kanonen 41
+ Die Baertzen 41
+ Die Krayers und die Hulken 42
+ Verwendung von Schiffen mit glattem Bord 42
+ Das Schiff des 16. Jahrhunderts 45
+ Verwendung des Spiegelschiffs 46
+ Einführung der Stückpforten 46
+ Das Vlieboot 47
+ Das Spiegelschiff 48
+ Die Flüte, das Kuff, die Schmack 48
+ Übergang vom Schiff des 16. Jahrhunderts zu dem
+ des 17. 50
+ Das Kriegsschiff (erste Kriegsmarine) 51
+ Frankreich 53
+ England 55
+ Die Niederlande 56
+ Die Handelsmarine der Niederlande 59
+ Verwendung der Fregatte 60
+ Die Brander 61
+
+
+ ~Kapitel~ III 63
+
+ _Ordnung der Schiffe_ 67
+
+ I. Kriegsschiffe 68
+ II. Handelsschiffe {für die grosse Schiffahrt 68
+ {für die kleine Schiffahrt 69
+ III. Fähren 69
+ IV. Fahrzeuge für verschiedene Zwecke 70
+ V. Schiffe, die den Oberlauf der Flüsse befahren
+ (Bovenlanders) 71
+ VI. Fischereifahrzeuge 72
+
+
+ ~Kapitel~ IV 75
+
+ _Beschreibung der Schiffstype_ 75
+ Die Pinasse 75
+ Das Vlieboot 75
+ Das Katzenschiff 76
+ Das Ostindische Kompagnie-Schiff 76
+ Der Bujer 76
+ Der Huker 76
+ Die Büse 77
+ Das Heckboot 77
+ Der Straetsvaerder 77
+ Der Stocker 77
+ Die Fregatte 77
+ Die Galiot 77
+ Die Galeasse 78
+ Das Kuff 78
+ Die Schmack 79
+ Das Smalschip und das Wijdschip 79
+ Der Damlooper 79
+ Die Tjalk 80
+ Die Schute und die Poon 80
+ Die Kaag 81
+ Die Steigerschute 81
+ Die Yacht 81
+ Die Bujerschute 81
+ Die Pleit 81
+ Der Otter 82
+ Die Motte 82
+ Die Spitze Motte 82
+ Der Ewer 82
+ Der Bremerkahn 82
+ Die Potten und Pujen 83
+ Die Snijboon und die Somp oder Pegge 83
+ Die Hoogeveensche Praam 83
+ Die Praam 83
+ Die Kufftjalk 86
+ Die Kraak 86
+ Der Nachen 87
+ Der Ponton 87
+ Der halbe Ponton oder Pijper 87
+ Der Gierpont 87
+ Die Kabelfähre 88
+ Der Bok 89
+ Der Snik 89
+ Der Westländer 89
+ Die Kaag 90
+ Die Praam von Utrecht 90
+ Die Schauwe 90
+ Die Treckschute 91
+ Die Yacht 91
+ Die Baggeraak 91
+ Die Bagger- oder Moddermolen 92
+ Der Tjotter 93
+ Der Laadbak und die Zolderschute 93
+ Der Onderlegger 93
+
+ DIE OBERLÄNDER (Bovenlanders) 93
+
+ _Der Rhein_ 94
+ Die Dorstensche Aak 94
+ Das Stevenschiff 95
+ Der Turfijker und Haagenaar 95
+ Der Keen 95
+ Die Keenaak 95
+ Die Lahnaak und der Slof 96
+ _Die Maas_ 96
+ Der Whalemajol 96
+
+ ~Kapitel~ V 97
+
+ _Fischereifahrzeuge_ 97
+ Die Egmonder Pink 97
+ Die Büse 97
+ Der Kwee und die Hukerbüse 100
+ Der Huker 100
+ Der Heringsjäger und der Büsenbegleiter 100
+ Die Schaluppe 100
+ Der Logger 101
+ Der Bom 101
+ Der Schocker 103
+ Die Heringsschute 103
+ Der Punter und die Gondel 103
+ Der Hoogaars 103
+ Die Steekschute 104
+ Der Hengst 104
+ Der Botter 104
+ Der Blazer 104
+ Die Lemmeraak 105
+ Die Bolle und die Knots 105
+ Die Jolle 105
+ Verwendung der Fischereifahrzeuge auf der Zuiderzee 105
+ Das Waterschip 106
+
+
+ ~Kapitel~ VI 107
+
+ _Die belgischen Schiffe_ 107
+ Das Schiff von Tournai 107
+ Die Zille 107
+ Der Bijlander 108
+ Das Spitzschiff 108
+ Der Prij 108
+
+
+ ~Kapitel~ VII 109
+
+ Die Entwicklung der Schiffstype im Nordwesten
+ Europas in Bezug auf die ersten Bewohner der
+ Niederlande 109
+
+
+
+
+[Illustration: VORREDE
+
+ De scheeps- en sterke bouw
+ ’t heeft ons ’t gebruik geleerd,
+ Dees gaf ons wet en reght
+ Hoe men de landen heert.
+
+ (~Nicolaas Witsen.~)[1]
+
+]
+
+
+Der Kampf ums Dasein ist für die Niederlande ein fortwährender
+Kampf gegen die Gewässer gewesen. Stellt das Wasser einerseits
+einen furchtbaren Feind dar, so ist es andrerseits die natürliche
+Verkehrsstrasse par excellence, die seit den ältesten Zeiten aus
+unseren Ahnen ein Volk von Seeleuten gemacht hat. Das Schiff war genau
+so unentbehrlich wie das Haus.
+
+Es lässt sich nicht sagen, wer der Erfinder des Schiffes gewesen ist,
+jeder hat an seinem Teile dazu hergetragen, was zu einer allmählichen
+Entwicklung geführt hat. Die Entdeckung der Schwimmfähigkeit des Holzes
+ist offensichtlich dem Zufall zu verdanken.
+
+Man wird sich zuerst eines Baumstammes bedient haben, um dann später
+mehrere so zusammenzubinden, dass sie Flösse bildeten.
+
+Dann kam der ausgehöhlte Stamm; ihm folgte ein Fahrzeug aus einem mit
+Häuten überzogenen Gerippe, woraus schliesslich das vollständige Schiff
+entstand.
+
+Zwischen den Baumstamm und dem vollkommensten Schiff haben alle
+Zwischenformen bestanden, von denen die meisten sich übrigens noch
+heutzutage finden.
+
+[Sidenote: III 1]
+
+Der erste Schiffbauer dürfte Noah gewesen sein, wenn man den
+Schriftstellern des Altertums folgt. Sie behandeln diesen Gegenstand
+bis ins Einzelne und geben verschiedene Zeichnungen von der
+«Arche». Einige dieser Zeichnungen sind in dem Atlas dieses Werkes
+wiedergegeben. Sie haben nur insofern Wert, als die Arche als ein
+Schiff aus der Zeit des Zeichners dargestellt ist. Hierbei ist noch
+zu bemerken, dass der erste Schiffbauer ganz ebenso unbekannt ist wie
+der erste Erfinder. Es steht ausser Zweifel, dass die gegenseitigen
+Einflüsse der verschiedenen Völker von grosser Bedeutung für die
+Entwicklung des Schiffs gewesen sind. Dies letztere brachte die Völker,
+die durch das Wasser getrennt waren, einander näher und öffnete nicht
+erforschte Gegenden.
+
+Die Schiffbaukunst wird zuerst bei den zivilisiertesten Völkern geblüht
+haben.
+
+Nimmt man Mexiko und Peru aus, so kann man sagen, dass die Zivilisation
+sich zuerst bei den Chinesen im Tal des Hoango, bei den Babyloniern
+im Tal des Euphrat und Tigris und bei den Ägyptern im Tal des Nils
+entwickelt hat.
+
+Die Frage, ob die Babylonier den Schiffbau von den Chinesen gelernt
+haben, hat für uns weniger Bedeutung. Es ist indessen sicher, dass
+gegenseitige Einflüsse sich unter den Völkern Kleinasiens fühlbar
+gemacht haben, und es steht zweifellos fest, dass die Babylonier die
+Phönizier beeinflusst haben, die als erste die Schiffbaukunst im
+Mittelmeer trieben. Die Ägypter, die kein Seevolk waren, kommen hier
+nicht in Betracht.
+
+Da die Niederlande unter dem Einfluss Europas standen, wo die
+Schiffbaukunst sich um zwei unabhängige Mittelpunkte entwickelt hat, an
+der Ostsee und im Mittelmeer, so können wir Asien unbeachtet lassen,
+soweit es nicht an die Küste des Mittelmeers stösst.
+
+Nachdem von der Ostsee, die wir den Nordmittelpunkt nennen wollen, die
+Schiffbaukunst bei uns eingeführt war, trat dieser Mittelpunkt infolge
+der Verschiebung des Handels und der Schiffahrt, soweit es sich um die
+Grossschiffahrt handelt, in Berührung mit dem Mittelmeer, das wir den
+südlichen Mittelpunkt nennen wollen, um dort schliesslich unterzugehen.
+Man sieht leicht, dass der Einfluss des Nordmittelpunktes auf unseren
+Schiffbau überwiegend gewesen ist. Seine Bedeutung für uns ist also
+erheblich.
+
+Die wenigen Schiffe des Altertums, die man aufgefunden hat, zeigen
+uns, wie schon in den ältesten Zeiten die Schiffbaukunst einen
+hohen Grad von Vollkommenheit erreichte; man hat ausserdem bemerken
+können, wie vollendet diese Schiffe waren und welche Sorgfalt man auf
+ihre Ausschmückung verwandte. Diese Feststellung ist übrigens nicht
+wunderbar, wenn man sich die ungeheure Rolle klar macht, die das Schiff
+im Leben der Völker spielte. Das Gegenteil hätte uns vielmehr in
+Erstaunen gesetzt, und es ist nicht einmal auffallend, dass man sich
+mit diesen kleinen Fahrzeugen aufs Meer wagte. Sehen wir denn nicht
+noch heutzutage unsere Fischer den Wogen der Nordsee mit noch kleineren
+Schiffen trotzen, um dort ihr rauhes und gefährliches Gewerbe auszuüben
+und zwar während des ganzen Jahres? Vergessen wir es doch nicht, die
+Seeschiffahrt wurde im ganzen Mittelalter nur im Sommer ausgeübt.
+~Witsen~ schreibt hierüber in J. 1671, S. 195 seines Werkes:
+
+«Dat men oulinckx in deze landen nimmer ’t zee ging als naer besloten
+boeken, besproken uiterste wille en met God zich te hebben verzoent:
+wanneer men het gevaar meer ontzag als heden nu dorst men althans zee
+kiezen zonder aanzien van tijdt of weer van outs wiert de zee gesloten
+in de quaetste tijden van het jaar»[2].
+
+Zu wissen, was wir hervorbringen können, wessen wir auf diesem Gebiete
+fähig sind, aber besonders zu wissen, was wir noch lernen müssen und
+auch was wir nachzuahmen haben, das ist die Hauptforderung jeder
+individuellen Erziehung und auch derjenigen eines Volkes, das in der
+Reihe der Nationen nur eine Einheit ist.
+
+Möge dieses Buch zur Kenntnis der allmählichen Entwickelung der
+Schiffbaukunst beitragen; möge es aber auch die lächerliche Art
+verschwinden lassen, in der man sich bisher die alten Schiffe
+vorstellte; möge es insbesondere die Liebe zu unserem Schiffbau
+erwecken.
+
+Ich schliesse mich übrigens ganz dem Gedanken Witsens hierüber an, der
+wie folgt lautet:
+
+«Zoo groot dunkt mij de waerdigheydt dezer wetenschap te zijn dat
+niemant derzelve hier ten lande, daer de zeevaert de sterkste zenuwe
+van den staet is, behoorde unkundig te zijn»[3].
+
+
+ [1] Der Gebrauch hat uns den Schiffbau und die Kriegskunst gelehrt,
+ die uns die Mittel geben, die Völker zu beherrschen.
+
+ [2] Dass man ehemals hierzulande niemals aufs Meer fuhr, ohne vorher
+ seine Rechnungen geregelt, sein Testament gemacht und sich mit
+ Gott versöhnt zu haben; man hatte also mehr Furcht als jetzt, wo
+ wir uns zu jeder Zeit auf die See wagen. Früher war das Meer in
+ der schlechten Jahreszeit geschlossen.
+
+ [3] Der Wert dieser Wissenschaft scheint mir ein solcher, dass jeder
+ unserer Mitbürger sie kennen sollte, da die Schiffahrt der
+ Hauptnerv des Volkes ist.
+
+
+
+
+[Illustration: 1]
+
+
+Die Ägypter waren nicht ein Volk von Seeleuten. Ursprünglich trieben
+sie nur auf dem Nil Schiffahrt; erst später wagten sie sich auf das
+Meer nach dem Vorbild und mit Unterstützung der Phönizier.
+
+Ihre Fahrzeuge waren und blieben nur Flussschiffe. Die Frage, ob
+die Ägypter die Kunst des Schiffbaues von den Babyloniern entlehnt
+haben, oder ob sich ihre Kunst unabhängig von jeder anderen entwickelt
+hat, ist hier von keiner Bedeutung und könnte überdies nicht mit den
+nautischen Kenntnissen gelöst werden, die wir besitzen. (~Ermann~, S.
+679. -- Dr. ~Moritz Rühlmann~, S. 25 S. 3.)
+
+[Sidenote: II 1]
+
+Es steht fest, dass die Babylonier und die Ägypter schon im frühesten
+Altertum Schiffe besassen; das geht aus dem Schmuck hervor, mit dem
+alte Vasen versehen sind, die aus einer 6000 bis 4000 Jahre vor Christi
+Geburt liegenden Zeit stammen. (_L’Anthropologie_ 1889. Bd. X. § 517
+und ~Holmes~, 1900 S. 9.)
+
+[Sidenote: II]
+
+Es sind bisweilen -- meines Erachtens zu Unrecht -- Zweifel aufgetaucht
+über die Frage, ob dieser Vasenschmuck wirklich Schiffe darstellte.
+Obwohl die Figuren zu primitiv sind, um aus ihnen Angaben über die Form
+des Schiffes abzuleiten, so kann man doch mit Sicherheit sagen, dass
+auf den Vasen nur Ruderschiffe dargestellt sind, und dass zu jener
+Zeit das Segelschiff wahrscheinlich noch unbekannt war. Die Linien
+unten am Schiff, die man manchmal mit Unrecht für ein Gerät zum Fischen
+angesehen hat (_Recherches sur les origines de l’Égypte_, Dr. ~Morgan~,
+S. 91 und 92) stellen die Ruder der Ruderer, die grossen Linien hinten
+am Schiff die Ruder der Steuerleute dar. Man bewegt die Schiffe
+nicht durch das Ruder, sondern durch die Pagaie fort, wie man an der
+unterbrochenen Reihe der Ruderer sehen kann; diese Art, die Schiffe
+vorwärts zu treiben, findet sich auch noch später bei den Ägyptern.
+
+Die Gründe für die fast ausschliessliche Fortbewegung der Schiffe durch
+das Ruder oder die Pagaie sind in der Beweglichkeit der Flusssohle zu
+suchen; d. h. also in der Veränderlichkeit der Fahrrinnen des Nils.
+Hierzu kommen die starken Schwankungen des Wasserspiegels und die
+plötzlich eintretenden Windstillen.
+
+Später allerdings verwendete man die Segel, aber neben dem Segel
+bediente man sich weiter des Ruders und des Schlepptaues.
+
+Die Form des Schiffes hing davon ab, zu welchem Zweck es gebraucht
+wurde, so dass man bei den Ägyptern unterschied: Lastschiffe,
+Schleppschiffe und Fischereifahrzeuge. Man weiss nicht, ob sie
+Kriegsschiffe besessen haben. Die Vergnügungsfahrzeuge und die
+Reiseschiffe für die hochgestellten Personen bildeten eine bedeutende
+Flotte. (Dr. ~Moritz Rühlman~, S. 25 und _Aegypten_ von ~Adolf Ermann~,
+S. 639.)
+
+Im allgemeinen waren die ägyptischen Schiffe flach; das Vorder- und
+das Hinterteil erhoben sich mit leichter Neigung über die Wellen, das
+Hinterteil gewöhnlich mehr als das Vorderteil, anscheinend, um den
+Steuerleuten mehr Schutz zu gewähren. (_Aegypten_, ~Adolf Ermann~, S.
+637.)
+
+[Sidenote: II 2]
+
+[Sidenote: II 3]
+
+[Sidenote: II 4]
+
+Unter dem alten Reich etwa 5000-3200 Jahre vor Chr. Geb. waren die
+Schiffe mit Paddeln ausgestattet; die Ruderer sassen mit dem Gesicht
+nach vorn. Aber auch schon in dieser alten Zeit verwendete man
+allgemein Ruder und gegen Ende dieses Zeitraums war das Steuerruder
+schon allgemein in Gebrauch. Das ergibt sich klar aus den Figuren
+auf den Denkmälern jener Zeit, auf denen die Ruderer nicht mehr
+mit dem Gesicht nach vorn sondern nach hinten sitzen (~Holmes~, S.
+13, ~Ermann~, S. 640, _Ancient ships_ von ~Cecil Tor~, 1894). Das
+Schaufelruder wurde nur für die Fahrzeuge aus Papyrus beibehalten.
+
+[Sidenote: I 5]
+
+[Sidenote: II 13]
+
+Wenn die Schiffe mit dem Ruder fortbewegt wurden, so gingen diese durch
+die Bordwand oder wurden durch hierzu vorgesehene Ringe gesteckt. Jedes
+Ruder wurde von einem einzigen Ruderer gehandhabt. Das Schiff wurde
+mit Rudern gesteuert, die etwas grösser waren als die anderen und die
+ebenfalls von einem Mann gehandhabt wurden. Die Zahl der Steuerruder
+sowie die Zahl der Steuerleute hing von der Zahl der Ruderer ab.
+(~Ermann~, S. 641.) --
+
+So waren für 8 Ruderer wenigstens zwei Steuermänner vorhanden; für 14
+Ruderer 3 Steuerer, für 21 Ruderer 4 Steuerer, u. s. w.
+
+[Sidenote: II 13]
+
+[Sidenote: II 14]
+
+Schon unter dem alten Reich zeigt sich das Segel neben dem Ruder. Der
+in der Mitte des Schiffes aufgestellte Mast bestand aus zwei quer zu
+einander stehenden, an der Spitze verbundenen Pfählen; dies Verfahren
+ist charakteristisch für das alte Reich.
+
+Die Takelage, die in der Längsachse des Schiffes angeordnet war,
+bestand aus einem nach vorn gerichteten starken Tau und aus mehreren
+weniger dicken Tauen, gewöhnlich 6 bis 12, die nach hinten gerichtet
+waren.
+
+Das Segel, von quadratischer Form, war immer zwischen zwei Raaen
+befestigt, von denen die eine oben, die andere unten am Segel sass,
+eine ausschliesslich in Ägypten befolgte Methode. Von der oberen Raa,
+die oben am Mast befestigt war, liefen zwei Taue nach hinten, um das
+Segel nach dem Winde drehen zu können.
+
+Wir lassen einige Ziffern folgen, die einen Begriff von den
+Grössenverhältnissen geben werden.
+
+Ein verhältnismässig grosses Schiff von 16 m Länge hatte Ruder von 3
+m, Steuerruder von 6 m, einen Mast von 10 m mit einer Raa von 6 m.
+Das Segel hatte eine Fläche von 60-70 qm. Die Segel waren also in
+der Höhe grösser als in der Breite. (~Ermann~, S. 639.) In Zeiten
+der Windstille, die oft eintraten, wurde das Fahrzeug gerudert oder
+geschleppt. Der Mast wurde alsdann niedergelegt und in das Segel
+gehüllt.
+
+Zum Festmachen des Taues, das das Schiff mit dem Schlepper verband,
+bediente man sich im allgemeinen eines hölzernen Pflockes, der entweder
+nur am Vordersteven oder am Vorder- und Hintersteven befestigt war.
+Dies geschah besonders bei den Lastschiffen. Diese besassen gewöhnlich
+keine Takelage; sie konnten kaum einige Ruderer aufnehmen, weil der
+grösste Teil des Schiffes durch die Kabine eingenommen war.
+
+Zum Schleppen verwendete man meist kleine Barken zum Rudern.
+
+Unter dem mittleren Reich (3200-2100 Jahre vor Chr. G.) macht die
+Kunst, Schiffe zu bauen, grosse Fortschritte. Die Schiffe mit Ausnahme
+des Papyrusbootes werden mit Rudern getrieben, aber nicht mehr mit dem
+Schaufelruder (Paddel).
+
+Die Steuerruder, die schwer zu handhaben waren, werden durch ein
+einziges grosses Steuerruder ersetzt, das von einem Mann gehandhabt
+werden kann.
+
+Die Takelage wird ebenfalls geändert. Die obere Raa sitzt nicht mehr
+am Mast fest; sie ist mit ihm so verbunden, dass sie verschoben werden
+kann. Das Segel ist weniger hoch, aber breiter, und dementsprechend
+wird der Mast kürzer; endlich wird der so charakteristische Doppelmast
+des alten Reichs durch einen einzigen Mast ersetzt.
+
+[Sidenote: II 8]
+
+Unter dem neuen Reich, einschliesslich der Zwischenregierung der Hyksos
+(2100-1600 Jahre vor Chr. Geb. und 1600-730 Jahre vor Chr. Geb.) bleibt
+die Schiffbaukunst auf dem gleichen Stand. Nur der Luxus nimmt zu,
+besonders bei den Kabinen, die schon zur Zeit des mittleren Reichs
+aufgetreten waren.
+
+Das Besondere dieser Zeit ist die wachsende Breite des Segels. Diese
+Breite war derartig, dass die Raaen aus 2 Stücken zusammengesetzt
+werden mussten, die nahe am Mast verbunden waren. Die nachstehenden
+Ziffern werden einen Begriff von dieser fortwährenden Zunahme geben.
+(~Ermann~, S. 643 u. ff.)
+
+[Sidenote: II 18 u. s. w.]
+
+Unter dem alten Reich hatte der Mast 10 m Länge, die Raa 6 m. Unter dem
+mittleren Reich sind sie 5 bzw. 6 m lang, unter dem neuen Reich 5 und
+10 m.
+
+Infolge dieses ständigen Wachsens der Grösse des Segels wird die
+Takelung verwickelter; man bringt oben am Mast einen Mastkorb an, um
+von dort aus das Tauwerk zu handhaben.
+
+[Sidenote: II 4]
+
+Die Seltenheit des Holzes in Ägypten bewirkte, dass seit den ältesten
+Zeiten andere Stoffe zum Schiffbau Verwendung fanden. Hierzu eignete
+sich sehr gut der Papyrus. Diese Wasserpflanze, gab geschnitten,
+getrocknet und in Bündel gebunden einen ausgezeichneten Baustoff für
+Schiffe.
+
+[Sidenote: II 5]
+
+Man legte die Papyrus dicht nebeneinander und band sie in kurzen
+Abständen zusammen, um daraus ein Ganzes zu machen. (~Ermann~, S. 593;
+~Nicolas Witsen~, S. 6, _Archéologie navale_ von ~Jal~, Bd. I, S. 91.)
+
+Mehrere auf alten Denkmälern gefundene Zeichnungen zeigen uns die
+Ägypter bei dieser Arbeit.
+
+Die Barken aus Papyrus bildeten eine Art Floss wie die Abbildungen
+der Ruderer zeigen, auf denen jene auf und nicht in dem Fahrzeug
+dargestellt sind.
+
+Die so hergestellten Fahrzeuge waren klein, wenn man auch später
+versucht hat, grössere zu bauen, was anscheinend nicht gelungen ist.
+Das Holz für die grösseren Schiffe musste meist eingeführt werden.
+
+Aus den zahlreichen Zeichnungen auf Denkmälern und der grossen Menge
+aufgefundener Modelle kann man sich ein ziemlich genaues Bild von dem
+alten ägyptischen Schiff machen und man kann gleichzeitig sehen, wie
+die alten Formen verändert wurden.
+
+Bevor diese Modelle eingehender beschrieben werden, dürfte es nicht
+uninteressant sein, wenn bemerkt wird, dass im allgemeinen die ältesten
+nicht in den Grössenverhältnissen der Praxis ausgeführt sind: sie
+sind zu hoch und zu breit im Verhältnis zur Länge. Der Vorder- und
+der Hintersteven sind jeder für sich richtig dargestellt, aber das
+Mittelstück ist zu kurz. Der Grund ist darin zu suchen, dass diese
+Modelle nach der Natur ausgeführt sind und nicht, indem die Masse von
+sorgfältig abgezirkelten Zeichnungen abgenommen wurden. Wenn man so
+verfährt, ist es schwer, sich einen genauen Begriff von den relativen
+Abmessungen des Schiffes zu machen, besonders von den Verhältnissen
+zwischen der Länge und der Breite. Deshalb ist ein Schiff so oft mit
+einer verhältnismässig zu geringen Länge dargestellt. Viele alte
+Modelle müssen also mit der nötigen Zurückhaltung behandelt werden. Das
+gilt auch von den ägyptischen Modellen.
+
+Die auf Wandbildern dargestellten Schiffe sind im allgemeinen viel
+besser als die Modelle. In den Wandbildern, auf denen das Schiff von
+der Seite abgebildet ist, war kein Anlass, sich mit der Breite zu
+befassen; die Figuren sind jedoch oft zu gross.
+
+Nach ~Belger~ (_Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde_,
+Bd. XXXIII, S. 24) müssen die aufgefundenen Modelle in zwei Klassen
+geteilt werden:
+
+ _a_) die Vollmodelle, aus einem Stück Holz, und
+
+ _b_) die Hohlmodelle, die offenbar eine genauere Nachbildung des
+ Schiffes sind.
+
+~Belger~ zeigt ausserdem, dass bei der Gruppe _a_ in _Weiss_ das als
+nicht vorhanden zu Betrachtende gezeichnet ist, in _Braun_ das wirklich
+Vorhandene.
+
+Meist ergibt sich aus der Prüfung dieser Modelle, dass die ägyptischen
+Schiffe wenig eintauchten; ihr Tiefgang konnte nur gering sein,
+infolge der geringen Tiefe und des häufigen Wechsels im Stande des
+befahrbaren Wassers. Die Wandbilder lehren uns ihrerseits, dass die
+Länge am Boden ein Drittel der Gesamtlänge betrug. (~Ermann~, S. 637,
+~Belger~, S. 25, 3. XXXIII. 1895 und ebendort S. 26.)
+
+[Sidenote: II 8]
+
+Die Schiffe hatten einen flachen Boden und sehr niedrigen Bord, so
+dass man, um das Eindringen des Wassers zu verhindern, oft abnehmbare
+Aufsätze verwendete. Der Bord war glatt (alle Modelle sind so
+gearbeitet) und besassen weder ein Vorder- noch einen Hintersteven.
+Ebenso war der Kiel nicht dargestellt, was jedoch nicht zu sagen
+gestattet, dass in Wirklichkeit ein solcher nie vorhanden war.
+
+Wie konnte nun das Fahrzeug eine genügende Widerstandsfähigkeit
+erlangen?
+
+[Sidenote: II 10]
+
+Die Erklärung erhalten wir aus der Abbildung eines Schiffes, das vor
+etwa 11 Jahren ausgegraben und im _Wassersport_ vom 4. Januar 1906 (Nr.
+1) wiedergegeben ist. Dies Bild zeigt, dass weder Rippen noch Kiel
+vorhanden waren; dafür ist die Beplankung sehr dick (die des fraglichen
+Schiffes hat 63 mm Stärke) und besteht aus gut aneinander gepassten
+Bohlen, die fest mit einander verbunden sind und wie Schwalbenschwänze
+aneinanderstossen; die mittlere, die Stelle des Kieles einnehmende
+Bohle, ist dicker als die andern; sie ragt indessen nicht unter dem
+Schiff hervor. Dies ist also aussen völlig glatt. Das Kielschwein
+bildet mit dem Boden ein Ganzes und setzte sich nach vorn und hinten
+fort bis zum Ende.
+
+Die Ruderbänke dienten als Stützen für die Wände des Schiffs; bei den
+Schiffen von grösseren Abmessungen wurden die Wände wegen der grösseren
+Länge in der Mitte durch einen Balken gehalten, der in der Längsachse
+des Schiffes angebracht war.
+
+An der Stelle, wo sich der Mast erhob, bildete ein doppelter, von vorn
+nach hinten laufender Balken eine Art Scheide, in die der Mast gesteckt
+werden konnte, und worin er gleichzeitig eine Stütze fand. Bei den
+Schiffen von kleineren Abmessungen, wo man diesen Balken nicht findet,
+war es also nötig, dem Mast eine besondere Stütze zu geben, die sich in
+den Modellen findet.
+
+Das Vorderteil und das Hinterteil sind immer als geschlossen
+dargestellt (in braun gezeichnet), was zeigt, dass an dieser Stelle
+ein Deck vorhanden war; tatsächlich zeigt sich dort eine glatte Fläche,
+die mit dem oberen Teil des Bords ein Ganzes bildet.
+
+Die Ruderbänke gingen durch die Borde hindurch, was den Schiffen eine
+grössere Festigkeit verlieh; diese Bänke sind in den meisten Reliefs
+durch kleine Quadrate angedeutet, die auf die Seitenwand des Schiffs
+gezeichnet sind. Das Steuerruder stützte sich ebenfalls auf einen
+Balken, der durch das Schiff ging. Dieser Balken wird durch ein kleines
+Rechteck dargestellt.
+
+Man hat manchmal, meines Erachtens mit Unrecht, geglaubt, dass diese
+Rechtecke Kabinenfenster seien. (Siehe Dr. ~Moritz Rühlmann~, S. 22.)
+
+Man kann ein fast gleiches Verfahren bei der Schwarzen-Meer-Barke
+feststellen, die einst bei den Arabern üblich war, und die in dem Werk
+von ~Paris~, Bd. 1, Nr. 59, abgebildet ist. (Siehe auch die Modelle aus
+Niederländisch-Indien in der Sammlung der Technischen Hochschule in
+Delft.)
+
+Dieser ganz eigenartige Bau, der niemals in Nordeuropa üblich war,
+zeigt, dass die ägyptische Schiffsbaukunst mehr Verwandtschaft mit der
+Asiens (Indiens und Chinas) hatte als mit der Europas.
+
+[Sidenote: II 11]
+
+Dass diese kleinen Rechtecke tatsächlich keine Fenster darstellen,
+beweist uns eine Figur, die man in dem Tempel Bês-el-Bahari findet
+(_Ancient and Modern Ships_, ~Holmes~, S. 20) und die ein Schiff
+darstellt, das einen Obelisken befördert. In der Seitenwand dieses
+Schiffes sieht man nicht eine, sondern drei über einander liegende
+Reihen kleiner Rechtecke. Dieses Schiff ist also ausserordentlich
+befestigt worden, und zwar in Hinsicht auf die zu befördernde
+Last. Man kann schwerlich zugeben, dass man drei Reihen Fenster
+übereinander angebracht haben würde. Man hat versucht, eine Versteifung
+herzustellen. In der Barke, die das Schiff schleppt, findet man
+übrigens nur eine Reihe von Rechtecken und diese liegen unter dem Bord
+an der Stelle, wo sich die Ruderer befanden. Hier hat man sich also
+begnügt, die Ruderbänke von einer Seite zur anderen durchgehen zu
+lassen.
+
+Die _Schiffe zur Güterbeförderung_, ein wenig kürzer und runder als die
+anderen, wurden meist geschleppt. Sie haben hierzu gewöhnlich oben am
+Schiffsvorderteil, manchmal auch oben am Schiffshinterteil einen Bolzen
+zum Festmachen. Einige von ihnen haben eine Takelung; meist ist die
+Möglichkeit vorhanden, die Schiffe auch durch Ruder zu bewegen. Der
+freie Raum auf dem Deck wurde gewöhnlich von einer Kabine eingenommen
+(Latten, die mit Leinwand überzogen waren). Ein wenig flacher am
+Vorderteil gingen diese Schiffe am Hinterteil merklich in die Höhe.
+
+[Sidenote: II 20]
+
+Wie ich schon bemerkt habe, weiss man nicht, ob die Ägypter Schiffe
+hatten, die ausschliesslich zum Kriegführen erbaut waren; es scheint
+nicht so, da die Mehrzahl der Kämpfe auf dem Wasser nur den Fluss zum
+Schauplatz hatte. Deshalb findet man nur eine einzige Darstellung einer
+Seeschlacht, die unter Ramses III (1180-1150 vor Christo) geschlagen
+wurde, ein Beweis mehr dafür, dass die Ägypter kein seefahrendes Volk
+waren. Die Kriegsschiffe, die man dargestellt sieht, zeigen auch keinen
+reinen ägyptischen Typus. Wir werden später hierauf zurückkommen.
+
+Über die Grössenverhältnisse der ägyptischen Flussschiffe gibt ~Jal~ in
+seinem berühmten Werke «_Archéologie navale_», S. 68, einige Zahlen.
+Nach ihm waren die grössten Schiffe nicht mehr als ungefähr 38,98
+also rund 39 m lang und nicht mehr als ungefähr 5,19 oder rund 5,20 m
+breit. Die Breite verhielt sich demnach zu der Länge wie 1 : 7,5, ein
+Verhältnis, das sich für die Ruderschiffe bis ins Mittelalter erhalten
+hat.
+
+Als Geschwindigkeit dieser Schiffe gibt uns derselbe Schriftsteller
+9 km in der Stunde an (S. 110). Um die Schnelligkeit in den
+Stromschnellen zu ermässigen, befestigte man an dem Schiffe ein Tau,
+dessen Ende durch einen Stein hinuntergezogen wurde. Dieser Stein
+schleifte auf dem Boden des Flussbettes und erzeugte genügenden
+Widerstand; obwohl die Ägypter den Anker damals noch nicht kannten,
+sind sie eigentlich seine Erfinder gewesen. (~Jal~, _Archéologie
+navale_, S. 103.)
+
+Bevor ich dieses Kapitel schliesse, möchte ich mir noch einige
+Bemerkungen erlauben, die sich auf alle ägyptischen Schiffe beziehen.
+
+Die Bänke der Ruderer standen immer senkrecht zu der Längsachse des
+Schiffes, ein Erfordernis, das sich aus der besonderen Bauart der
+Schiffe ergab.
+
+Unter dem mittleren Reich errichtete man an dem vorderen und an dem
+hinteren Oberdeck kleine Überbauten, die mit einem Geländer versehen
+wurden. Es waren dies Posten, die für den Kapitän beziehungsweise für
+den Steuermann vorgesehen waren.
+
+[Sidenote: II 20]
+
+Der etwa in der Mitte des Fahrzeuges aufgerichtete Mast war auf allen
+Schiffen beweglich. Der Doppelmast (unter dem alten Reich) ruhte in
+zwei Balken, die auf beiden Seiten der Längsachse angebracht waren.
+Der einfache Mast (unter dem mittleren und neuen Reich) reichte in den
+untersten Schiffsraum hinab und stützte sich gegen die Balken, die die
+Bänke der Ruderer trugen; man befestigte ihn noch in verschiedener
+Weise mit Tauen (dies ist auf mehreren Reliefs klar zu erkennen) und
+zwar unmittelbar oder mit Hilfe einer Scheide, wie man es an dem Modell
+zu Berlin sieht. (Vgl. ~Belger~, S. 27-29.)
+
+In den Fällen, wo man die Scheide gebrauchte, verband man übrigens
+den Mast mit ihr in einer Befestigungsart, die heutzutage noch
+angewendet wird. In dieser Beziehung verdient ein Relief, das aus einer
+Begräbniskammer herrührt und zur Zeit in dem Museum zu Giseh aufbewahrt
+wird, grosses Interesse. Dieses Relief stellt das Niederlegen eines
+Mastes dar. ~Belger~, der schon erwähnte Autor, weist darauf hin,
+dass der Bildhauer das äussere Ende des Mastes hinter dem Gewande des
+Mannes, der das Niederlegen besorgt, verschwinden lässt, wahrscheinlich
+deshalb, weil er es nicht darzustellen verstand. Nur zwei der fünf
+Ruderer sind abgebildet, woraus, wenn die Zeichnung gut wiedergegeben
+ist, zu schliessen wäre, dass die Vorsprünge, die bei den Modellen
+hinten an den Bänken der Ruderer dargestellt sind, einfach als
+Rückenstützen für die Ruderer dienen sollten.
+
+[Sidenote: II 20]
+
+Die grosse Länge der Schiffe, die verhältnismässig geringe Länge der
+eingetauchten Fläche erforderte eine besondere Vorsichtsmassregel gegen
+das Durchbrechen des Bodens. Aus diesem Grunde spannte man in der
+Längsachse des Schiffes ein Tau, das Vorder- und Hinterteil verband;
+dieses Tau war durch Gabelhölzer gestützt und mit einem Kabel, das den
+Schiffskörper umwand, verbunden. (Dr. ~Moritz Rühlmann~ S. 22.)
+
+[Sidenote: II 12]
+
+Auf einigen Bildnissen ist man im Begriffe, diese Gabelhölzer
+aufzurichten. ~Ermann~ bemerkt, meiner unmassgeblichen Ansicht nach
+mit Unrecht, dass man auf einer dieser Abbildungen damit beschäftigt
+sei, das Tau anzuspannen, um dem Schiffe dadurch die gewollte Wölbung
+zu geben (~Ermann~ S. 604). Dass dem nicht so ist, ergibt sich meines
+Erachtens zuvörderst aus der Tatsache, dass das Schiff abgesteift ist
+und schon die gewünschte Form hat. Zweitens würden die Streben nicht
+fest gehalten haben, wenn es darauf angekommen wäre, die Form des
+Schiffskörpers zu ändern; man hätte sie dann gar nicht abgebildet.
+Endlich kann ich mir nicht vorstellen, dass in dem Schiffe wie die
+Abbildung zeigt, die einen ruhig zu arbeiten fortfahren, während dessen
+die anderen dabei sind, es auszuwölben; in der Tat müssten während
+dieser letzteren Tätigkeit die Seitenwandungen notgedrungen nachgeben.
+Man ist also einfach damit beschäftigt, das Gabelholz aufzurichten, das
+das Spanntau tragen soll. Es ist verständlich, dass man dieses tut,
+bevor man die Streben entfernt, weil nach deren Entfernung das Tau sich
+bei der geringeren Biegung des Schiffes genügend gespannt hätte.
+
+[Sidenote: II 17]
+
+Aus dem Vorgesagten geht zur Genüge hervor, dass das ägyptische Schiff
+kein Seefahrzeug war. Selbst die Schiffe, die nach dem längs des Roten
+Meeres gelegenen Lande Punt fuhren und die eigentlich Seefahrzeuge sein
+mussten, sind in den Abbildungen in derselben Weise dargestellt, wie
+die gewöhnlichen Flussschiffsbauten.
+
+[Sidenote: II 19]
+
+Als der König Necho (612-596 vor Christo), der dem Handel seinen Schutz
+angedeihen liess, das Bedürfnis zur Schaffung einer Flotte empfand,
+wandte er sich zwecks Erbauung seetüchtiger Schiffe an Griechen, und
+mit den grossen Entdeckungreisen zur See betraute man keine Ägypter,
+sondern Phönizier. (~Ermann~, S. 646. ~Holmes~, S. 26. Dʳ ~Moritz
+Rühlmann~, S. 39. _Geschichte des Altertums der Völker im Orient_, G.
+~Maspero~, 1893, S. 536 und 537.)
+
+_Von den Phöniziern also, und nicht von den Aegyptern, stammt also die
+dem Mittelmeer eigentümliche Schiffsbauart her._
+
+Wenden wir uns daher einen Augenblick den Phöniziern zu.
+
+Es ist eine allgemein beobachtete Erscheinung, dass Völker, die in
+gegenseitige Beziehungen eintreten, auf dem Gebiete der Schiffsbaukunst
+sehr rasch wechselseitig von einander lernen. Und wie sollte es sonst
+auch anders sein? Der Kampf ums Dasein erzeugt diese Erscheinung ganz
+natürlich sowohl auf dem Gebiete der Kriegskunst wie auf dem des
+Handels.
+
+War die Flotte nicht der Aufgabe, sich mit der feindlichen zu messen,
+gewachsen, so baute man Schiffe, die denen des Gegners ähnlich oder
+stärker als diese waren. So war es schon dazumal, und so ist es
+heutzutage noch. Gegenwärtig sind alle charakteristischen Unterschiede
+in den Schiffen der verschiedenen Völker verschwunden, und die
+Nationalität der Bauten lässt sich nur an der Flagge erkennen, die sie
+zeigen. Deshalb ist die Feststellung nicht überraschend, dass von den
+verschiedenen Völkern, die an den Küsten des Mittelmeeres wohnten und
+die fast gleichzeitig oder kurze Zeit nacheinander den Höhepunkt ihrer
+Kultur erreicht hatten, nicht ein jedes für sich einen, seinem Lande
+eigentümlichen Schiffstyp gehabt hat.
+
+Leider ist von den Schiffsbauten der Alten nicht viel übrig geblieben,
+und die Abbildungen, die wieder aufgefunden worden sind, sind meistens
+viel schlechter als diejenigen der Ägypter. Die Bildhauer haben
+ihr Augenmerk wohl mehr auf die schöne Linie gerichtet als auf die
+Notwendigkeit, eine genaue Vorstellung von einem Schiffe zu geben.
+Ebenso zeichnen sich die Schriftsteller durch Uebertreibung aus, wenn
+es sich um die Grössenverhältnisse der Schiffe handelt.
+
+Ueber die Grössenverhältnisse, über die Form der Schiffe sowie über die
+Zahl der Ruderer ist nichts Sicheres bekannt. Es ist nicht anzunehmen,
+dass es so grosse Schiffe gegeben hat. ~Jal~ bringt dies recht gut zum
+Ausdruck, wenn er in seinem berühmten Werk _Archéologie navale_, S.
+117, sagt: Ich glaube an die Galeere _quadraginta ordinum_, 134,43 m
+lang, 15,27 m breit, 23,38 m über dem Wasser hoch, nicht mehr als an
+das lange Pferd, das die vier Haimonskinder trug. (Vgl. auch _Lexikon
+der griechischen und römischen Altertümer_, 36. Lieferung, S. 24. Dr.
+~Moritz Rühlmann~, S. 62. ~Jal~, _Archéologie navale_, 1840, Band I, S.
+110.)
+
+Wie wir also gezeigt haben, ist die Schiffsbaukunst von den Phöniziern
+und den mit ihnen in Verbindung stehenden Völkern ausgegangen. Es ist
+nicht möglich, exakt zu beweisen, welches Volk die erste Anregung
+gegeben hat. Damals schon fand man die primitivsten Formen neben
+Modellen, die weit vollkommener waren. So berichtet ~Herodot~, dass die
+Völkerschaften Klein-Asiens (Armenier) den Fluss gen Babylon in kleinen
+Barken hinunterfuhren, deren Kiel aus Lindenzweigen hergestellt und mit
+Fellen überzogen war. (Vgl. ~Witsen~, S. 9 u. 19; -- _Herodot_, _Buch_
+I, 194; -- Dr. ~Moritz Rühlmann~, S. 27. -- _Archéologie_, ~Jal~, S.
+88.) Auf den Boden der Barke legte man Stroh, und man nahm ausser
+der Ladung noch einen oder zwei Esel mit sich. In Babylon angekommen,
+verkauften die Schiffer die Ladung, das Stroh sowie das Rippenwerk der
+Barke und luden die gut zusammengebundenen Felle auf den Rücken der
+Esel, die sie so wieder nach Hause trugen. Der Fluss war zu reissend,
+als dass sie in ihren Barken gegen die Strömung hätten hinauf fahren
+können.
+
+[Sidenote: II 21]
+
+Die älteste Abbildung der grossen Schiffe datiert von 1150 vor Christi
+Geburt und stellt die obenerwähnte Seeschlacht der Ägypter gegen die
+Barbaren dar. (Vgl. ~Rossellini~, ~Jal~, _Archéologie navale_, 1845,
+Band I, S. 65. _Jahrbuch des Kaiserl. Deutschen Archaeologischen
+Instituts_, Band VII, 1892, S. 44.) In Bezug auf die Form der Schiffe
+lehrt uns die in Rede stehende Abbildung wenig. Sie gestattet uns nur
+zu sehen, dass die Schiffe der kriegführenden Parteien verschiedenartig
+sind. Ausserdem merkt man gleich, dass die ägyptischen Schiffe mittelst
+Ruder vorwärts bewegt wurden, die anderen nicht.
+
+Man hat aus dieser Tatsache folgern wollen, dass die anderen Schiffe
+ausschliesslich Segelschiffe waren, was meines Erachtens nicht so
+augenfällig zu Tage tritt. Die Ägypter sind nämlich mit Pfeil und
+Bogen bewaffnet, die anderen mit Schwertern. Suchen die ersteren ihre
+Stärke in schnellen Bewegungen, so können die anderen eine Schlacht
+nur liefern, indem sie an Bord entern. Unter diesen Umständen können
+die Ruderer sie nur hindern, was ihre Abwesenheit erklären würde, oder
+diese selbst werden ebenfalls das Schwert schwingen. Bei den Ägyptern
+dienen dagegen die Besiegten als Ruderer und blieben an ihren Rudern.
+(Vgl. ~Jal~, _Archéologie navale_, Band I, S. 52 u. ff.) Wahrscheinlich
+wollte der Bildhauer kenntlich machen, dass die Ägypter anders kämpften
+als die anderen Völker. Endlich unterscheiden sich die ägyptischen
+Schiffe, um die es sich handelt, ausserordentlich von denen, die wir am
+Anfang dieser Arbeit beschrieben haben. Es ist mehr als wahrscheinlich,
+dass die Schiffe, die uns jetzt beschäftigen, keine ägyptischen
+Kriegsschiffe sind, sondern Schiffe, die von den nordischen Völkern
+(Phöniziern) erbaut oder nach ihren Modellen nachgeahmt worden sind.
+Das Takelwerk ist nicht ägyptischen Ursprungs. Das Segel hat nur eine
+Raa.
+
+Es wird indessen nicht unnütz sein, hier zu bemerken, dass im
+Britischen Museum zu London eine Amphora vorhanden ist, die aus dem
+Grabe des Polledrara de Vulci herrührt, und die ~Murray~ (_Journal
+of Hell. Stud._ 1879, S. 247) in die zweite Hälfte des siebenten
+Jahrhunderts vor Christi Geburt datiert. Diese Amphora trägt als
+Zeichnung ein griechisches Schiff mit ägyptischem Takelwerk. Das
+Segel ist da an zwei Raaen befestigt, ein Verfahren, das für Aegypten
+charakteristisch ist. (_Jahrbuch des Kais. Deutschen Archaeolog.
+Instituts_, Band VII, 1892, S. 42.)
+
+Die Phönizier hatten mehrere Schiffsarten und scheinen ausgesprochenere
+Kriegsschiffe gehabt zu haben. Diese letzteren waren lang und schmal
+für schnelle Fahrt; die anderen dagegen waren kurz und breit für grosse
+Ladungen. (Dʳ ~Moritz Rühlmann-Holmes~, S. 26.)
+
+[Sidenote: II 23]
+
+Von den ursprünglichsten Schiffsbauten der Phönizier kennen wir nur
+wenig. Die älteste Abbildung, die man davon besitzt ist jene, die in
+dem Werke von ~Layard~ wiedergegeben ist. Es ist eine Zeichnung, die
+nach einem Flachrelief aufgenommen ist, das sich am Palast des Sanherib
+(etwa um 700 vor Christi Geburt) erhalten hat. Die Darstellung ist
+rudimentär, die Grössenmasse stehen in einem Missverhältnis; ausserdem
+sind unverständliche Zusätze darin. Man kann ihr kaum einige Bedeutung
+beimessen.
+
+Diese Abbildung ist nun aus zwei Gesichtspunkten bemerkenswert; einmal,
+weil sie uns eine zweirudrige Galeere zeigt, wenngleich es zweifelhaft
+bleibt, ob die beiden Ruderreihen zu gleicher Zeit in Tätigkeit gesetzt
+worden sind; zum zweiten, weil die Schiffe einen Sporn tragen. Diese
+Besonderheit unterscheidet sie merklich von den ägyptischen Schiffen.
+(_Lexikon der griechischen und römischen Altertümer_, S. 25, Dʳ ~Moritz
+Rühlmann~, S. 30.)
+
+_Es ist dies die älteste bekannte Abbildung von Schiffen mit Sporn._
+
+Auf ihren Fahrten längs den Küsten des Mittel-Meeres, nach
+Griechenland, Italien, Afrika, nach einigen Schriftstellern bis nach
+England und nach anderen sogar bis in die Ostsee haben die Phönizier
+einen grossen Einfluss auf die Schiffbaukunst gehabt, wie sie im
+Mittelmeer ausgeübt wurde. Dieser Einfluss dürfte sich besonders in
+den Kolonien fühlbar gemacht haben, die sie begründet haben, unter
+denen Carthago die bekannteste war. Es ist ausser Zweifel, dass in
+der Schiffbaukunst die Phönizier, die Griechen und die Römer wenig
+von einander abgewichen sind. Erinnern wir uns übrigens daran, dass
+zum Beispiel in den Niederlanden die alten Schiffsformen mehrere
+Jahrhunderte lang unverändert geblieben sind, und dass dieselbe
+Tatsache sich anderswo überall gezeigt hat; es wird dann nicht schwer
+sein, zuzugeben, dass die Schiffsformen des Mittelalters, die man im
+Mittelmeer findet, sich wenig von denen unterschieden haben, die aus
+der Zeit der Römer stammen.
+
+Wenn wir die weitere Entwickelung der Grösse des Schiffes während der
+verschiedenen Zeiten betrachten, so kann man nicht sagen, dass die
+Alten Schiffe von fabelhaften Abmessungen gebaut hätten; im Gegenteil:
+ihre Schiffe werden vielmehr klein gewesen sein.
+
+Die ersten wichtigen Änderungen, die das Schiff erfahren hat, sind die
+Folge der Erfindung des Schiesspulvers. Sie stehen nicht in direkter
+Beziehung zu der Entwickelung der Völker. Die neue Entwickelung
+in der Schiffbaukunst fällt also nicht zusammen mit dem Ende der
+alten Geschichte und dem Beginn der Geschichte des Mittelalters.
+Es scheint mir also wenig genau, von der Kunst der Alten als einem
+zusammenhängenden Ganzen zu sprechen.
+
+Wenn nach den ausgegrabenen Modellen das ägyptische Schiff schon eine
+so grosse Vollkommenheit erreicht hatte, obwohl die Ägypter noch die
+Kenntnisse der Phönizier benutzten, so ist es augenscheinlich, dass das
+phönizische Schiff noch hervorragender gewesen sein muss. Alle alten
+Abbildungen sind also, ohne Unterschied, sehr schlecht, zweifellos
+infolge der Unfähigkeit des Bildhauers oder des Malers, ein Umstand,
+der auch oft noch heutzutage eintritt.
+
+Wie wir in der Abbildung von ~Layard~ soeben gesehen haben, hat es
+schon in den ältesten Zeiten zweiruderige Galeeren gegeben. Bei dieser
+Gelegenheit sei auf die griechischen Vasen «Dipylon» aufmerksam
+gemacht, auf welchen man 2 Reihen Ruderer übereinander dargestellt
+sieht. Diese Abbildungen sind indessen so primitiv, dass es mir zu
+gewagt scheint, daraus irgend etwas über das Schiff ableiten zu wollen.
+In der Tat, man kann mit gleichem Recht zugeben, dass die obere Reihe
+der Ruderer die hintere darstellt; dass man übereinander dargestellt
+hat, was man hintereinander folgen lassen wollte.
+
+Die Ruder der oberen Reihe sind nicht ganz gezeichnet, was andeutet,
+dass die Ruderer eher hintereinander sassen, als übereinander. Das ist
+wohl ein Beweis dafür, dass alle diese Abbildungen mit der grössten
+Vorsicht zu betrachten sind.
+
+Im Mittelalter ist mehr als ein Ruderer für jedes Ruder vorhanden; man
+rechnet mehr mit der schnelleren Bewegung als mit der Vermehrung der
+Zahl der Ruder, um dadurch eine grössere Geschwindigkeit zu erzielen.
+
+Man kann nicht genau sagen, zu welcher Zeit der Umschwung erfolgt ist.
+_Die älteste Art der Fortbewegung geschah indessen so_, _dass ein Mann
+auf je 1 Ruder kam_; dies Verfahren ist anscheinend von der ältesten
+Art der Fortbewegung der Schiffe hergenommen, dem Rudern mit der
+Pagaie, wobei jede Pagaie (Paddel) von nur einem Mann gehandhabt wurde.
+
+Was die Stellung der Ruderer betrifft, wenn sie in mehreren Reihen
+sassen, so hat man sehr viele Annahmen gemacht, da etwas Bestimmtes
+nicht bekannt war.
+
+Es dürfte zwecklos sein, alle diese Hypothesen zu prüfen. Ich werde
+mich darauf beschränken, die Aufmerksamkeit auf die verschiedenen
+Versuche über Fortbewegung mit Rudern zu lenken, die nach Anweisung des
+Kaisers Napoléon III auf einer zu Versuchszwecken besonders erbauten
+Galeere gemacht wurden, welche auf verschiedene Art gerudert wurde. Es
+ist bewiesen worden, dass die dreiruderige Galeere etwas mögliches ist;
+unter diesen Umständen ist das Schiff aber so mit Ruderern besetzt,
+dass kein Platz mehr für die Ladung verbleibt. (S. das Werk: _Le Musée
+du Louvre_, _Schiffbau im Altertum_.)
+
+Im ganzen ist das Ergebnis aller Untersuchungen das folgende:
+
+Alle Mitteilungen über die Zahl der Rudererreihen wie über ihre Plätze
+beruhen nur auf Annahmen; es ist mehr als eine Reihe Ruderer vorhanden
+gewesen; jedoch wahrscheinlich nicht mehr als 2; anfangs wurde jedes
+Ruder von nur einem Mann gehandhabt. (_Encyclopaedia Britannica_, 9.
+Ausgabe, S. 806. -- ~Holmes~, S. 44. -- ~Torr~, S. 18. -- ~Witsen~, S.
+13.)
+
+Im allgemeinen haben die Ruderschiffe wenig Veränderung durch die
+Erfindung des Schiesspulvers erfahren. Die Triebkraft konnte nicht
+entwickelt werden, denn man hätte nicht ohne Schaden die Zahl der
+Ruder vermehren können. (_Archéologie navale_, A. ~Jal~, Bd. 1, S. 50.
+-- _Dictionnaire des antiquités grecques et romaines_, S. 40 und S.
+30.) ~Jal~ bestreitet also in seinem wohlbekannten Werk, _Archéologie
+navale_, dass es zur Zeit der Griechen und Römer Schiffe von der Grösse
+des «Great Eastern» gegeben hat.
+
+Nach dem Denkmal der «Prora» von Samothrake hat es schon bei den Alten
+Eisen gegeben, um die Ruder festzuhalten. Ueber diesen Punkt gibt uns
+Dʳ ~Assmann~ nähere Aufschlüsse. (_Baumeister, Denkmäler, Seewesen_, S.
+1632 Abb. 1693.)
+
+[Sidenote: II 24]
+
+Die noch beobachtete Gewohnheit, ein Auge vorn auf jeder Seite des
+Schiffsvorderteils malen zu lassen, beweist, wie lange die alten
+Gebräuche in Uebung bleiben können. Das war schon bei den Phöniziern,
+Griechen und Römern Sitte, und diese Tatsache kann man noch auf
+einigen italienischen und portugiesischen Barken feststellen. (Vgl. Dʳ
+~Emil Lübeck~, _Das Seewesen der Griechen und Römer_, 1890, S. 43. --
+~Assmann~, _Seewesen_, S. 1597. -- _Jahrbuch des Deutschen Archäol.
+Instituts_, 1889, S. 99. -- ~Jal~, _Archéologie navale_, S. 105. --
+~Torr~, _Ancient ships_, S. 69.)
+
+Dieses Auge war ein Symbol; man wollte damit sagen, dass das Schiff
+seinen Weg selbst suchte. Fälschlicherweise hat man manchmal diese
+Augen für Klüsen gehalten.
+
+Es haben sich auch alte Formen erhalten, bei denen der Sporn das
+Bemerkenswerteste ist.
+
+[Sidenote: II 54]
+
+[Sidenote: II 59]
+
+In diesem Sinne ist das interessanteste Modell des Mittelmeeres die
+«Speronara» von Malta, die im Werk von ~Paris~, Bd. 4, Nʳ 203 (Nʳ 164
+u. s. w.) abgebildet ist. Der Vordersteven dieses Schiffes erhebt sich
+senkrecht aus dem Wasser und ist mit einem Sporn versehen; auch das
+Auge findet sich dort.
+
+In demselben Bilde bemerkt man Barken von Malta ohne Sporn, die sich im
+übrigen wenig von der «Speronara» unterscheiden.
+
+[Sidenote: II 23]
+
+Vergleicht man mit diesen Modellen die oben beschriebene Abbildung des
+~Layard~, so findet man auf beiden Schiffe, von denen einige einen
+Sporn und einen Mast besitzen, während andere beides nicht haben, und
+Schiffsvordersteven, die sich senkrecht aus dem Wasser erheben.
+
+Wir können daraus schliessen, dass schon zu den Zeiten der Phönizier
+die Schiffe dieselben Unterschiede zeigten.
+
+Es ist also nicht zweifelhaft, dass wir in der «Speronara» ein
+ursprünglich phönizisches Modell vor uns haben, in dem das Steuer durch
+ein Ruder zum Lenken ersetzt ist.
+
+Man ist sich nicht völlig einig über die Stelle, an der der Sporn sass.
+Die einen meinen über, die andern unter der Wasserlinie. Wie dem auch
+sei, man findet ihn auf allen alten Abbildungen wieder, und in den
+meisten Fällen verläuft die Grundlinie des Schiffs in gerader Linie
+oder leicht gekrümmt bis zum Sporn.
+
+Da dieser letztere ständig vorhanden ist, so darf man schliessen, dass
+er nicht unter, sondern über dem Wasser lag. Im entgegengesetzten
+Fall nämlich hätte der Sporn nicht einen so grossen Eindruck auf die
+Zeichner machen können. Uebrigens tragen alle alten Modelle, in denen
+man Spuren des Spornes findet, diesen Teil oberhalb der Wasserlinie.
+
+Der Umstand, dass die Grundlinie im Sporn endet, beweist noch nicht,
+dass dieser letztere sich unterhalb der Wasserlinie befand. Die
+Grundlinie war unsichtbar, und die Zeichner, die im Schiffbau nur
+Laien waren, und kein anderes Mittel kannten, die Figur darzustellen,
+schnitten das Schiff an der Wasserlinie ab. Da aber die Zeichnung
+ziemlich sonderbar aussah, fügten sie oft eine gekrümmte Linie hinzu,
+die vom Sporn nach dem Hintersteven lief.
+
+Wenn wir von diesem Gesichtspunkt aus mehrere der alten Abbildungen
+betrachten, und wenn wir die sonderbaren Grundlinien der Zeichner
+verdecken, oder sie durch bessere Linien ersetzen, die wir von der
+«Speronara» oder den alten Galeeren entnehmen können, so erhalten diese
+alten Zeichnungen eine ganz andere Bedeutung.
+
+Wenn man wenig von dem alten phönizischen Schiff kennt, so hat man
+dank der späteren Untersuchungen eine vollkommenere Kenntnis von dem
+griechischen und römischen Schiff erlangt. Das gilt besonders für die
+Abmessungen der Schiffe.
+
+Es wird nicht nötig sein, zu beweisen, dass man schon bei den Alten
+Schiffwerften fand, an die sich Schuppen schlossen, um das abgetakelte
+Schiff und seine feste Ausrüstung unterzubringen. (S. Dr. ~Emil
+Lübeck~, _Das Seewesen der Griechen und Römer_, 1890, S. 2.) Diese
+Schuppen geben uns einen Begriff von den Abmessungen der Schiffe.
+
+Die Untersuchungen des Kaiserl. Deutsch. Archäologischen Instituts
+(1876-77) unter Leitung des Leutnants ~von Alten~ (_Das Seewesen der
+Griechen und Römer_, S. 5) haben bewiesen, dass die von ~Graser~
+festgestellten Ziffern nicht ganz genau sind. Nur 8 Docks konnten in
+Munychia (bei Athen) gemessen werden; sie hatten eine Breite von 6,25
+und eine Länge von 21,20 m. Bei späteren Ausgrabungen entdeckte man
+in Zea Docks von 5,50 m Breite bei etwa 40 m Länge, gemessen bis zur
+Uferlinie. (_Das Seewesen der Griechen und Römer_, S. 6.)
+
+Die Abmessungen der Schiffe müssen also verhältnismässig gering gewesen
+sein. Im allgemeinen nimmt man für die griechischen Ruderschiffe
+eine geringere Breite an als die der Galeeren des Mittelalters; der
+Unterschied ist indessen nicht gross. Nach ~Jal~ (_Arch. nav._) betrug
+im Mittelalter das Verhältnis zwischen der Breite und Länge für die
+Kriegsschiffe 1 : 8; für die Handelsschiffe 1 : 7. ~Graser~ sagt, dass
+bei den Griechen dieses Verhältnis 1 : 8¼ betragen hätte; nach ~Serre~
+(_La marine de guerre de l’antiquité_, S. 33) betrug es 1 : 9, auch
+~Lemaitre~ gibt ein Verhältnis 1 : 9 an. (_Revue archéol_. 1833, Bd. 8,
+S. 148 ff.) Die Schiffe waren also im Verhältnis zu ihrer Länge schmal,
+was ihre Beweglichkeit erhöhte.
+
+Die Tiefe der Docks zeigt ausserdem, dass der Tiefgang der Schiffe
+gering war, und dass infolgedessen die Schiffe gewissermassen über das
+Wasser glitten. Auch in dieser Hinsicht unterscheidet sich das Schiff
+der Alten nicht von dem des Mittelalters. Indem GRASER unter anderm
+diese Einzelheit vernachlässigt, kommt er zu einem Schiffstyp mit
+übermässigem Tiefgang.
+
+Neben den Kriegsschiffen, _naves longae_, gab es die Handelsschiffe,
+_naves onerariae_ (Lastschiffe). Es ist augenscheinlich, dass man für
+die ersteren besonders eine grosse Beweglichkeit zu erreichen versucht
+hat. Das ist der Grund der geringen Breite des Schiffs gegenüber seiner
+Länge, während das Lastschiff kürzer und breiter war.
+
+Später, aber immer mehrere Jahrhunderte vor Christi Geburt, als die
+Macht Roms sich entwickelte, als seine Bevölkerung wuchs, und als die
+Einfuhr von Getreide und anderen Lebensmitteln umfangreicher wurde und
+immer schneller erfolgen musste, benutzte man als Lastschiff ausser dem
+Schiff mit gedrungenen Formen das Ruderschiff.
+
+Gegenüber der geringen Tragkraft der Kriegsschiffe der späteren Zeit
+waren zweifellos die Handelsschiffe der Römer breit, wie die des
+Mittelalters. Aber es ergab sich daraus kein _neuer_ Typ; es handelte
+sich lediglich um eine neue Verwendung vorhandener Modelle. Man
+kann mit Sicherheit annehmen, dass die neuen Type nicht mit einem
+Mal geschaffen worden sind, und es ist nicht die Lage der Wege der
+Handelschiffahrt und die Schaffung neuer Häfen, die sie erzeugt haben.
+Die Anlage neuer Häfen hat höchstens die zulässigen Abmessungen ändern
+können.
+
+Die verschiedenen Type des Atlantischen Ozeans sind Jahrhunderte lang
+in Gebrauch geblieben und finden sich noch gegenwärtig zum grossen Teil
+vor.
+
+Ich möchte mich damit begnügen, auf einige alte Bilder aufmerksam zu
+machen, auf denen man Schiffe abgebildet sieht, deren Vordersteven rund
+ist. Vor kurzem konnte man diese letzteren in dem Typ vom Tajo, «La
+Muleta» finden, der jetzt verschwunden ist. (Vergl. ~Paris~, Bd. 5 Abb.
+268 und _Jahrbuch des Dt. Archaeol. Inst._ Bd. 12. 1889, S. 91).
+
+Die Abmessungen der Schiffe erfuhren wenig Aenderungen. Um mehr
+Kraft zu entfalten, vermehrte man die Zahl der Ruderer; da die
+Länge des Schiffes beschränkt war, so musste man die Ruderer in
+übereinanderliegenden Reihen setzen.
+
+Jal ist der Meinung, dass eine dreifache Reihe eine Ausnahme ist;
+für diesen Fall nimmt er an, dass die untere Reihe von den anderen
+durch ein Deck getrennt war. Die berühmte dreirudrige Galeere, die im
+Jahre 1860 in Asnières auf Befehl Napoleons III, gebaut wurde, war
+nach dieser Annahme ausgeführt. Wie man gesehen hat, hat das Schiff
+nicht befriedigt; es wurde später abgebrochen (vgl. Dʳ ~Lübeck~, _Das
+Seewesen der Griechen und Römer_, S. 49).
+
+Wenn nun dieser Versuch die Frage über die Plätze der Ruderer nicht
+gelöst hat, so hat er genügend gezeigt, dass bei einem dreirudrigen
+Schiff der Raum von Ruderern gefüllt ist.
+
+Das Schiff der Alten hatte wenig Raum für die Lebensmittel. Man musste
+also Vorsorge treffen, dass man jeden Abend an Land gehen konnte,
+und so versteht man, warum die meisten Seeschlachten an den Küsten
+geliefert worden sind.
+
+Um aber überall landen zu können, musste ein geringer Tiefgang
+vorhanden sein. Dieser muss nach +Assmann+ und +Lemaitre+ etwa 1 m
+betragen haben. (Vgl. Dʳ ~Emil Lübeck~, _Das Seewesen der Griechen und
+Römer_, S. 10 Anm. 5.)
+
+Der verfügbare Raum an Bord war so beschränkt, dass, wenn man nachts
+nicht an Land gehen konnte, die Ruderer nur reihenweise schlafen
+konnten. Während der Fahrt mussten die Ruderer, um sich nicht
+gegenseitig zu stören, eine völlige Gleichmässigkeit in den Bewegungen
+beobachten und selbst, um an Bord zu gehen, musste eine bestimmte
+Reihenfolge innegehalten werden. (Vgl. Dr. ~Emil Lübeck~, _Das
+Seewesen, u. s. w._, S. 10.)
+
+Man weiss nicht genau, wann die alte Art der Fortbewegung, bei der
+jedes Ruder von _einem_ Mann gehandhabt wurde, durch die andere ersetzt
+worden ist, bei der schwere Ruder von mehreren Männern bewegt werden.
+Es scheint indessen, dass schon die Liburner sich dieser schweren Ruder
+bedienten, deren Gebrauch eine Folge der Schlacht von Actium gewesen
+sein dürfte, die im Jahre 31 vor Christi Geb. stattfand. (Vgl. Dr.
+~Emil Lübeck~, _Das Seewesen, u. s. w._, Seite 21.)
+
+Wie man gesehen hat, gab es neben den Kriegsschiffen oder _naves
+longae_ Handels- oder Lastschiffe oder _naves onerariae_. Diese
+letzteren hatten ebenfalls geringe Grösse; ihre Tragkraft beweist dies.
+Die Ladung wurde, wie die alten aufgefundenen Urkunden beweisen, in
+griechischen Talenten oder römischen Amphoren ausgedrückt (Eine Amphora
+= 26,2 kg.), später auch in Midimnen von Attika. (= 42,5 kg.) (Vgl. Dr.
+~Emil Lübeck~, _Das Seewesen u. s. w._, S. 22.)
+
+Nach einem Abkommen über die Grösse der Handelsschiffe, das im Jahre
+218 vor Chr. Geb. getroffen wurde, hatten die Schiffe, die von den
+Besitzungen der Senatoren in Sizilien und in Sardinien die Waren nach
+Rom brachten, nur 7,86 Tonnen. Man findet allerdings Beschreibungen
+grösserer Schiffe, die nach den Berechnungen von ~Assmann~ und anderen
+eine Tragkraft von 260-2500 Tonnen gehabt haben sollen.
+
+~Graser~ sagt sogar, indem er die Menge der beförderten Waren zur
+Grundlage nimmt, dass das Schiff _Alexandreia_ des Hieron von Syrakus
+eine Tragkraft von 4200 Tonnen gehabt hätte. Wir finden sogar ein
+Schiff von 120 Ellen Länge, während für ein anderes Schiff eine Tiefe
+von 29 Ellen angegeben wird.
+
+Alle diese Abmessungen dürften auch heut nicht zu verachten sein. Aber
+in jener Zeit dürften sie mit Rücksicht auf die geringe Tiefe und die
+beschränkten Verhältnisse der Häfen und der Schiffahrtsstrassen eine
+Unmöglichkeit gewesen sein. Ueberdies beruhen alle diese angeführten
+Ziffern nur auf Annahmen und können nicht genau sein.
+
+Das Rundschiff der Alten von gedrungener Form ist sicher nicht länger
+gewesen als das Ruderschiff und nicht grösser, als eine Tjalk.
+
+In ganz Westeuropa hat der Schiffbau allmählich Fortschritte gemacht;
+das gleiche gilt vom Mittelmeer seit dem Mittelalter. Welchen Grund
+sollte es nun haben, anzunehmen, dass die Schiffe des Altertums
+ausserordentliche Abmessungen gehabt hätten?
+
+In diesem Sinne gibt uns die _Prora von Samothrake_ (aufgefunden
+i. J. 1863) aus dem Jahre 306 v. Chr. G. ein genaues Bild eines
+Kriegsschiffs. Aus diesem Kunstwerk kann man entnehmen, dass diese
+Fahrzeuge in Form und Grösse wenig von denen des Mittelalters abwichen.
+
+Der Boden besass eine leichte Krümmung in der Mitte, die Enden liefen
+spitz zu. Der Tiefgang betrug durchschnittlich 1 m; der der grössten
+Schiffe war nicht grösser als 1,50 m (Vgl. ~Assmann~, _Seewesen_, S.
+1597 u. ff.). Der Vorder- und der Hintersteven waren aussen mit Zeichen
+geschmückt, die für unsere Studie kaum Bedeutung haben.
+
+Die Ruderschiffe, deren Hinterteil in Wasserhöhe eine runde Form
+hatte, besassen am Vordersteven einen Sporn. Zu beiden Seiten war der
+Sporn, mit dem das feindliche Schiff gerammt und die Ruder abgebrochen
+werden sollten, mit einem Holzbalken versehen, an dem ein Widderkopf
+angebracht war. Dieser Holzblock verhinderte, dass der Sporn zu tief in
+die Seiten des feindlichen Schiffs eindringen konnte.
+
+Der Sporn hat zweifellos verschiedene Formen gehabt, wie die
+Abbildungen zeigen, ohne indessen die Form des Schiffes selbst
+zu verändern. Er war das Zeichen der Kraft und sollte Schrecken
+einflössen. Es ist also nicht verwunderlich, dass in den meisten alten
+Abbildungen der Zeichner sich mehr an diese Einzelheiten gehalten hat
+als an das Schiff selbst, was bewirkte, dass die Form des letzteren
+nebensächlich wurde.
+
+Der schon bei den Phöniziern übliche Sporn trat bei den Griechen erst
+i. J. 536 vor Chr. G. auf (vgl. Dr. ~Emil Lübeck~, _Seewesen u. s. w._,
+S. p. 13). Daraus ergibt sich, und man kann nicht oft genug darauf
+hinweisen, dass die Kunst des Schiffbaues bei den Phöniziern einen
+höheren Grad von Vollkommenheit erreicht hatte als bei den Griechen,
+und dass dies Volk einen überwiegenden Einfluss auf die Völker
+ausgeübt hat, die die Küsten des Mittelmeeres bewohnten.
+
+Man könnte also den Satz aufstellen, dass die Schiffe des Mittelmeeres
+gleiche Form gehabt haben, womit nicht gesagt sein soll, dass jedes
+Volk nur einen Typ gekannt hätte; es hat vielmehr mehrere Type
+gleichzeitig gegeben. So hat man nämlich neben den langen Ruderschiffen
+die Handelsschiffe mit gedrungenen Formen, und neben vollkommenen
+Mustern gab es primitive.
+
+Liest man nicht, z. B., dass Caesar sich mit einer Flotte aufs Meer
+wagte, 30 Tage nachdem das zum Bau bestimmte Holz geschnitten war?
+(~Nicolas Witsen~, S. 12, 1. Spalte unten.) Man kann schwerlich
+behaupten, dass die Schiffe, aus denen jene Flotte bestand, gut
+ausgeführte Ruderschiffe waren. Es waren zweifellos aus einem Stück
+gemachte Fahrzeuge, Piroguen, wie man sie noch jetzt im Adriatischen
+Meere findet, ein Typ, der so schön in der «Rascona» wiedergegeben
+ist. (Vgl. ~Paris~, Bd. II, und Dr. ~Emil Lübeck~, _Das Seewesen der
+Griechen und Römer_, S. 39.)
+
+Der schnelle Bau der fraglichen Flotte liefert uns einen Beweis mehr
+für die Behauptung, dass die Schiffe nur klein waren.
+
+Um klarer zu zeigen, was ich unter der Gleichförmigkeit im Bau der
+Schiffe verstehe, möchte ich die Aufmerksamkeit auf den Typ _Tjalk_ der
+Niederlande lenken. Dieser Typ findet sich mit leichten Abänderungen
+und unter anderen Benennungen von Dänemark bis Belgien wieder. Alle
+Schiffe dieser Art haben einen gemeinsamen Grundcharakter, aber neben
+der _Tjalk_ besitzen die Niederlande noch andere Type, die sich
+ebenfalls anderwärts finden. Von Dänemark bis Belgien gibt es also eine
+Reihe bestimmter Grundtype, und so kann man von gemeinsamen Formen
+sprechen.
+
+Diese Feststellung gilt auch für das Mittelmeer. (Vgl. _Dictionnaire
+des Antiquités grecques et romaines_, 36. Bd., S. 24. -- ~Navis~.)
+
+Diese Grundtype haben sich jahrhundertelang erhalten, und die alten
+Holztype, die wir jetzt treffen, geben uns noch ein genaues Bild davon,
+wenn man vom Steuer und der Takelung absieht.
+
+Gewiss, manche Type sind anderswohin geraten oder haben infolge der
+örtlichen Verhältnisse Wandlungen erfahren, so dass man, um die einer
+bestimmten Gegend eigentümlichen Grundcharaktere wiederzufinden, oft
+anderwärts suchen muss.
+
+So finden wir z. B. in Holland, in ’s Gravenmoor (Nord-Brabant) einen
+alten Rheintyp wieder; in Portugal kleine Fischerbarken, die sehr den
+alten ägyptischen Schiffen ähneln, und im Arabischen Meer ein Schiff,
+das abgesehen von der Takelage und dem Steuer erstaunlich einem
+primitiven römischen Schiff gleicht. Daher behaupten auch die Araber,
+sie hätten die ältesten und besten Schiffe. (Vgl. ~Paris~, Bd. III, Nr.
+135, mit _dem Relief des Tiberhafens in_ ~Baumeister~, _Denkmäler des
+klassischen Altertums_, Abb. 1688.)
+
+Wenn die Ruderschiffe infolge der Erfindung des Schiesspulvers
+keine Änderung erfahren haben, so muss man den Grund dafür in ihrem
+schmalen Bau suchen, den die geringere Fortbewegungskraft, über die
+man verfügte, nötig machte. Die Zahl der Ruder war begrenzt, und bald
+erreichte man einen nicht überschreitbaren Höhepunkt.
+
+Aus dem Umstande, dass es nicht gelungen ist, ein praktisches Schiff
+mit mehr als drei Ruderreihen zu bauen, und dass die uns bekannten
+Abbildungen niemals mehr als drei aufweisen, darf man folgern, dass die
+alten Schriftsteller, die von 4 Reihen und mehr berichten, sich von
+ihrer Phantasie haben leiten lassen, oder, was genauer sein dürfte,
+anders zählen als wir heutzutage. Zweifellos hat man die Zahl der Ruder
+angeben wollen, die gruppenweise durch den Bord gingen.
+
+Die Tafel von ~Huys~, zeigt uns so, nach ~Breugel~ (um die Mitte des
+16. Jahrhunderts), Ruder, die in Reihen von drei geordnet sind. Man
+findet dasselbe Verfahren auf einigen alten Abbildungen. Wenn diese
+Figuren das dreireihige Ruderschiff darstellten, so würde die Frage
+ganz einfach zu lösen sein.
+
+Hinsichtlich des Dreiruderers wird immer auf das Flach-Relief der
+Akropolis von Athen verwiesen (~Baumeister~, _Denkmäler des klass.
+Altertums_, Abb. 1689). Hiervon findet man Nachbildungen in allen
+Werken. Diese stimmen indessen nicht alle überein; sie können uns also
+keine Sicherheit geben. (Vgl. Dr. ~Moritz Rühlmann~, S. 62.)
+
+Um zu Ende zu kommen, möchte ich noch etwas über die Handelsschiffe
+sagen.
+
+[Sidenote: II 26]
+
+Das schönste mir bekannte Bild ist sicher das vorgenannte Relief des
+Tiberhafens, das sich im Museum Torlonia befindet. Man sieht darauf ein
+grosses Handelsschiff mit schrägem Vorder- und rundem Hinterteil. Auf
+etwa zwei Drittel der Länge des Schiffes (das Mass ist vom Vordersteven
+aus genommen) springt der obere Teil der Bordwand vor, um dem
+Steuerruder als Stütze zu dienen. Diese Bauart kommt noch bei einigen
+indischen u. s. w. Schiffen vor. Der in der Mitte errichtete und mit
+einem Stützbalken versehene Mast ist mit starken Tauen befestigt. Das
+quadratische Segel kann mit Hilfe von Stricken gerefft werden, die
+durch Ringe laufen. Der Mast trägt nur eine Raa; an seinem oberen Teil
+ist ein Klüver befestigt.
+
+Vorn erhebt sich ein «Dolon» genannter Mast, der ursprünglich
+dazu diente, das kleine Rettungsboot heraufzuziehen. Deshalb,
+wahrscheinlich, nannte man ihn Rettungsbootmast.
+
+Die Kabine nimmt den ganzen verfügbaren Platz hinter dem Mast ein.
+
+Die Takelung bestand im allgemeinen aus Segeln mit Raa. Diese Segel
+hatten, auf den Lastschiffen von Alexandria, zuweilen eine rechteckige
+Gestalt.
+
+Die Kriegsschiffe wie die grossen Kauffahrteischiffe besassen stets 2
+Masten. (Vgl. Dr. ~Breusing~, _Die Nautik der Alten_, S. 56.) Während
+der Schlacht wurden die Segel aufgegeit und die Masten umgelegt, um sie
+vor dem Sporn der feindlichen Schiffe in Sicherheit zu bringen.
+
+[Sidenote: II 31]
+
+Wir müssen aber nicht nur auf die grossen, sondern auch auf die kleinen
+Handelsschiffe achten. Das schönste Bild in dieser Art ist unbestritten
+das alte Relief der Kathedrale von Salerno (_Jahrbuch d. D. Archäol.
+Instituts_, Bd. V, S. 103, Fig. 1c.) Abgesehen von dem Steuer würde das
+dort abgebildete Schiff leicht für ein neuzeitliches Schiff gelten.
+
+Man ist dabei, das Schiff zu entladen; der Landungssteg ist
+herabgelassen, und die vordere Holzklappe ist hochgezogen. Der
+niedergelegte Mast, den man zu diesem Zweck aus seiner Scheide
+entfernen musste, ruht darauf. Dies Verfahren war noch vielfach
+hierzulande im 18. Jahrhundert üblich. Die Steuerruder hängen längs des
+Schiffes herab, wobei sie sich an den vorspringenden Bord lehnen.
+
+Das Schiff selbst hat Vorder- und Hintersteven. Auf ein Drittel seiner
+Länge ist die Scheide für den Mast angebracht, hinter der man den
+Schiffsraum sieht. Dieser ist, wie bei unseren Flussschiffen mit
+Holzplatten geschlossen. Man sieht sogar die halbrunden Falze, auf die
+sich die Holzplatten stützen, und in diesen Falzen fehlen selbst die
+Oeffnungen zum Abfliessen des Wassers nicht. (Kleine Punkte in den
+Halbrundungen.)
+
+Die Holzplatten stehen schräg, wie die oberen Linien zeigen.
+
+In dem genannten Jahrbuch hat man die Bedeutung dieser kleinen
+Halbkreise nicht verstanden. (Vgl. _Jahrbuch d. Kaiserl. Dt. Arch.
+Inst._, Bd. 4, 1889, S. 103.)
+
+Vorn bemerkt man 2 Kreuzbetings, hinten 4; ihre sonderbare Form deutet
+darauf hin, dass sie ebenfalls als Stützen für Ruder dienten, mit denen
+man bei Windstille das Schiff fortbewegen konnte.
+
+Der Mast ist kurz und dick; er ist mit Backen versehen und da solche
+bis unten reichen, so darf man annehmen, dass sie angebracht waren,
+damit man an dem Mast emporklettern konnte. Es ist also wahrscheinlich,
+dass das fragliche Schiff hierfür kein genügendes Tauwerk besass. In
+der uns beschäftigenden Zeichnung sieht man kein Tauwerk, was jedoch
+nicht heisst, dass solches nicht vorhanden war.
+
+Meines Erachtens ist die Barke nicht grösser, als eine kleine Tjalk.
+Man findet darin noch einen weiteren Beweis für die Behauptung, dass
+die Schiffe im Laufe der Jahrhunderte wenig Änderung erfahren haben,
+und dass die Alten keine lange Zeit brauchten, um zu einem hohen Grad
+der Vollkommenheit zu kommen. Man kann nichts Überraschendes in dieser
+Behauptung finden, wenn man die Meisterwerke betrachtet, die uns von
+den Griechen und Römern hinterlassen sind.
+
+Es ist bedauerlich, dass man über den Platz der Ruderer bei den Alten
+keine entscheidenden Anhaltspunkte hat; denn gerade in dieser Hinsicht
+hat das Mittelalter die Ruderschiffe sich verändern sehen. Zu dieser
+Zeit machen die von einem einzelnen Mann nach der ursprünglichen Weise
+gehandhabten Ruder einer Reihe schwerer Ruder Platz, die von mehreren
+Ruderern bewegt wurden. Dieser Umschwung ist nicht mit dem Sturz des
+weströmischen Reiches zusammengefallen (im Jahre 476). Der Kaiser Leo
+(886-911) rät nämlich zum Bau von zweiruderigen Schiffen «Dromon».
+(~La Croix~, S. 75.) Im 11. Jahrhundert spricht ein Schriftsteller von
+einem _Chélandre_ oder _Sélandre_, dem er eine grosse Geschwindigkeit
+zuschreibt, und der zwei Ruderreihen übereinander hatte. (~La Croix~,
+S. 75 und 79.) Der Übergang zu einer Ruderreihe hat sich wahrscheinlich
+allmählich vollzogen.
+
+Im 13. Jahrhundert spricht man nur noch von derartigen Schiffen, den
+Galeeren. (Vgl. bezüglich der Ruder-Reihen ~van Yk~, S. 11. -- ~Torr~,
+_Ancient ships_, S. 19 a ff.)
+
+Inzwischen taucht im 12. Jahrhundert das Steuerruder auf, dessen
+Erscheinen Änderungen am Hinterteil des Schiffes nach sich zieht.
+
+Im allgemeinen weiss man wenig über den Stand der Schiffbaukunst im
+Anfang des Mittelalters. Doch muss zu dieser Zeit auf dem Mittelmeer
+eine bedeutende Marine vorhanden gewesen sein, und so muss auch die
+Schiffbaukunst in Blüte gestanden haben. Zweifellos haben die Kreuzzüge
+(1096-1291) einen grossen Einfluss auf diesen Zustand gehabt. Venedig
+wurde der Mittelpunkt des Fortschrittes, bald danach Genua.
+
+Die Bedeutung der Marine zu jener Zeit wird durch die berühmten
+Arsenale von Venedig sowie die grosse Anzahl von Verordnungen über
+den Schiffbau bezeugt. So finden wir im 13. Jahrhundert einen Erlass,
+der die Wasserlinie für das beladene und das leere Schiff festsetzt.
+(~Jal~, S. 267, _Mémoire_, 4.)
+
+Was den Bau von Ruderschiffen betrifft, so muss man sich dieserhalb
+an die Erlasse des Kaisers Leo halten, die bis zum Ende des 10.
+Jahrhunderts beachtet worden sind. Dieser Fürst liess die Galeeren
+folgendermassen bauen: genügend stark, leicht beweglich, daher ziemlich
+lang und wenig breit; die Breite musste jedoch in einem bestimmten
+Verhältnis zur Länge stehen. Diese Anordnungen sind einfach aber doch
+recht klar! Später konnte man nicht mehr nach Belieben bauen. Man
+musste den über die Form der Schiffe aufgestellten Regeln folgen; und
+zwar musste die Form sich nach der Tragkraft und den auszuführenden
+Fahrten richten.
+
+Die Schiffe hatten keine aussergewöhnliche Länge; ~Jal~ gibt zum
+Beispiel eine Länge von etwa 44 m für die Ruderschiffe an. Diese Ziffer
+weicht, wie man sieht, wenig von derjenigen des Altertums ab und wurde
+später kaum überschritten.
+
+Ebenso wie in den Zeiten der Griechen und Römer hatte das Mittelalter,
+neben seinen Galeeren, seine Handelsschiffe von runderer Form,
+gedrungener Gestalt. Man behauptet nämlich, dass im Jahre 1284 die
+Stadt Genua eine Flotte von 8 Galeeren und Karavellen nach Pisa sandte.
+(~Jal~, S. 250.)
+
+Diese Galeeren dienten indessen nicht ausschliesslich als
+Kriegsschiffe; im 14. Jahrhundert wurden sie auch als Lastschiffe
+benutzt. (~Jal~, S. 250.)
+
+Das Mittelalter hat uns keine Zeichnungen oder Abbildungen
+hinterlassen, aus denen wir mit Sicherheit die Form der Schiffe
+entnehmen könnten. Die älteste Abbildung stammt von Pietro Laurenti,
+einem Künstler des 14. Jahrhunderts; dann folgt eine Darstellung von
+der Hand Raffaels (1483-1520); sie stammt also aus dem Anfang des 16.
+Jahrhunderts.
+
+Diese beiden Abbildungen werden in dem Werk von ~Jal~ (_Archéologie
+navale_) wiedergegeben, aber ihre geringe Grösse macht sie fast
+wertlos. Sie sind indessen insofern bemerkenswert, als die erste uns
+den Doppelmast der Alten und die Kabine zeigt, während die von Raffael
+vorn und hinten einen Aufbau trägt, und deutlich mit einem Steuer
+versehen ist.
+
+Aus einem Vergleich der alten Münzen ergibt sich, dass im 13.
+Jahrhundert das Steuer überall eingeführt war. Es dürfte indessen
+überflüssig sein, zu bemerken, dass man auch damals noch auf vielen
+Schiffen das Ruder zum Steuern trifft, anstelle des Steuers.
+
+Die Erfindung des Schiesspulvers um die Mitte des 14. Jahrhunderts
+führte keine Aenderung im Bau der Galeeren herbei, weil die Triebkraft
+durch die Kraft der Ruderer beschränkt blieb, wodurch sich für
+das Schiff eine schlanke Form ergab, so dass nicht viele Kanonen
+aufgestellt werden konnten.
+
+Im Jahre 1600 erreichten die Galeeren ihren Höhepunkt. Bald danach
+beginnen sie ihren Wert als Kriegsschiffe zu verlieren, infolge der
+wachsenden Stärke der grossen Seeschiffe von runderer Gestalt.
+
+Wir finden ein treffendes Beispiel für die kriegerische
+Minderwertigkeit der Galeeren in der Seeschlacht, die das französische
+Schiff «Le Bon» gegen 36 Galeeren am 10. Juli 1684 lieferte. (~Paris~,
+Band 3 No. 26.) Seine Länge betrug zwischen Vorder- und Hintersteven
+nur 41,41 m, bei einer Gesamtbreite von 11,04 m und einer Tiefe von
+5,03 m; der Kiel hatte 37,03 m Länge.
+
+Die Galeeren hatten dagegen 48,77 m Länge, 21,20 m am Kiel bei 5,90 m
+Breite gemessen auf dem Deck. (8,47 m zwischen den Ruderauflagen); die
+Ruder hatten 25 m Länge.
+
+Die höher aufgestellte Artillerie auf dem Schiff «Le Bon», sein
+festerer Bau und seine stärkere Bordwand ermöglichten es ihm, seinen
+Feinden standzuhalten und zu entwischen, als der Wind sich aufmachte.
+
+Wenn wir die Stärke der Bemannungen untersuchen, so wird die geringere
+Kriegstüchtigkeit der Galeeren noch deutlicher; während nämlich
+das französische Schiff nur 600-800 Mann Besatzung hatte, hatten
+die Galeeren 12000-14000. Daher wurden in Frankreich seit dem 17.
+Jahrhundert die Galeeren ausschliesslich zum Schleppen gebraucht; so
+lesen wir, dass im Jahre 1688, als sich der Wind gelegt hatte, Duquesne
+seine Schiffe durch Galeeren unter die Mauern Algiers bringen liess, um
+diese Stadt zu beschiessen.
+
+Nichtsdestoweniger traten die Galeeren in der französischen Marine bis
+zum Jahre 1773 auf.
+
+In der Schlacht von Zierikzee im Jahre 1302, in der die Flamänder
+gegen die Franzosen, Holländer und Genuesen kämpften, fühlte man nach
+dem alten Geschichtsschreiber ~Florentin Villani~ zum ersten Male die
+Überlegenheit der Schiffe von gedrungener Gestalt über die Galeeren.
+Der Graf von Flandern hatte für diese Schlacht 80 Schiffe (oder Cogues,
+Cochi) ausgerüstet, die nach den örtlichen Verhältnissen jenes Meeres
+gebaut waren (_ottanti navi, overo, cochi, al medo di quello mare_,
+sagt ~Villani~). Nach diesem Geschichtsschreiber war es auch das erste
+Mal, dass man gegen derartige Schiffe zu kämpfen hatte.
+
+Dieses Treffen gab Anlass, dass man sich von nun an mehr und mehr im
+Mittelmeer dem Bau von Schiffen gedrungener Gestalt zuwandte. Die
+Notwendigkeit zwang übrigens hierzu. Die Kreuzzüge führten häufigere
+Beziehungen zu den Völkern des Nordens herbei, und man musste sich
+gegen sie verteidigen.
+
+Anfangs nahmen die Völker des Nordens ihre Zuflucht zu den Genuesen
+und anderen am Mittelmeer wohnenden Völkern, um die Kreuzfahrer nach
+Palästina zu bringen; aber bald unternahmen sie selbst den Bau der
+Schiffe, um den übertriebenen Preisen der Italiener zu entgehen; so war
+die Strasse durch das Mittelmeer gefunden. Nichtsdestoweniger blieben
+Venedig, Genua u. s. w. die Stapelplätze, und viele Schiffe wurden dort
+noch gebaut, besonders für Frankreich. Philipp der Schöne in seinem
+Kampf gegen Eduard I von England im Jahre 1295 und Philipp von Valois
+gegen Eduard III im Jahre 1337 bedienten sich genuesischer Fahrzeuge.
+(~La Croix~, S. 92.)
+
+Wie übrigens ~Jal~ schreibt (_Arch. Nav._, Bd. 2, S. 352), kann man
+mit Sicherheit annehmen, dass die Schiffe, die an der französischen
+Mittelmeer-Küste gebaut wurden, genau so aussahen, wie die, welche
+in Italien üblich waren. Die gegenseitigen Beziehungen zwischen
+den seefahrenden Völkern und ihre gemeinsamen Interessen führten
+notwendiger Weise diese Nachahmungen herbei. Venedig blieb nicht hinter
+Genua zurück; Genua war der Stadt Pisa auf den Fersen, und diese Stadt
+liess sich gewiss nicht von Barzelona, noch von Marseille, noch von
+Konstantinopel in den Vervollkommnungen der Schiffbaukunst überholen.
+
+So schreibt der genannte Schriftsteller mit gutem Recht: «Das
+Mittelmeerbecken hatte also nur _eine Marine_, wenigstens sofern man
+nur die Hauptschiffe in Betracht zieht; das ist heute noch ebenso und
+war so sicherlich in den alten Zeiten.» Ich möchte hinzufügen, dass
+die charakteristischen Unterschiede, die die verschiedenen Schiffstype
+unter sich haben, im Laufe der Jahrhunderte keine Veränderung erfahren
+haben, und zwar gilt dies nicht allein für das Mittelmeer, sondern für
+den Schiffbau im allgemeinen.
+
+Diese alten Type finden sich indessen nicht unter den grossen Schiffen,
+sondern mehr unter den kleinen und besonders unter den Fischerbarken.
+
+Bei allen Völkern, sogar bei allen seefahrenden Völkern haben die
+Fischer ihren Charakter am besten bewahrt und am wenigsten ihre Sitten
+und Gebräuche verändert. Ihr schweres Handwerk auf dem Meere hat sie zu
+Feinden jeder vom Festland kommenden Neuerung gemacht und mit Händen
+und Füssen haben sie sich gesträubt, ihre alten, durch Ueberlieferung
+und Uebung hervorgegangenen Modelle fallen zu lassen. Die Fischer haben
+also am längsten die alten Formen bewahrt, und zu ihnen muss man gehen,
+um diese wiederzufinden. So zeigt uns Norwegen Fischereifahrzeuge,
+die, abgesehen vom Steuer fast vollständig das alte Wikinger-Schiff
+wiedergeben; die holländische Bomme ist ein solcher Rest eines
+Schiffes, und Portugal zeigt uns Barken, die an die alten, in Italien
+ausgegrabenen Wandgemälde erinnern.
+
+Sicherlich sind viele Type nicht mehr vorhanden; ihre Zahl wächst
+unaufhörlich durch die Verwendung des Eisens zum Schiffbau. So gibt
+es noch einige wenige Galeeren, die man jedoch nur bei Festlichkeiten
+verwendet (z. B. die Galeere, die bei der Flottenparade am
+Hollandsche Diep verwendet wurde und die in Portugal bei den jüngsten
+Festlichkeiten Verwendung fand).
+
+Das älteste Werk, das von den Galeeren handelt, ist folgendes:
+«Fabbrica di galere». (Vgl. ~Jal~, _Arch. Nav._ Bd. 2, S. 6 und ff.)
+Die ersten vollständigen Angaben stammen aus der Zeit Ludwigs XIV. und
+werden von dem Chevalier ~Barras de la Penne~ gegeben (1698). Man darf
+indessen nicht das Werk ~Fürtenbachs~ aus dem Jahre 1623 übergehen.
+(~Witsen~, S. 186).
+
+[Sidenote: II 24]
+
+[Sidenote: II 38]
+
+[Sidenote: II 46]
+
+[Sidenote: II 47]
+
+Obwohl die Galeeren genügend bekannt sind, möchte ich einiges über sie
+sagen. Sie waren lang und schmal und ragten sehr wenig aus dem Wasser
+empor. Ihre Breite betrug meist ⅐ oder ⅛ ihrer Länge, und der aus dem
+Wasser emporragende Teil mass nur 1 m oder 1,50 m. Eine Galeere von
+40,60 m Länge hatte z. B. eine Breite von nur 5,27 m; der Vordersteven
+hatte eine Gesamtlänge von 3,28 m und der Hintersteven eine solche von
+3,62 m. Die Hauptrippe lag bei ³⁄₇ der Länge des Schiffs und war am
+unteren Teil leicht gekrümmt. Das Schiff verlief nach vorn und hinten
+spitz; das Deck überspannte die ganze Länge, in der Mitte erhob sich
+die Wachbrücke, Corsia, an die sich die Bänke der Ruderer schlossen.
+Auf jeder Seite längs der Bordwände befanden sich die Auflagen für die
+Ruder, in einer zu der Längsachse des Schiffes parallelen Linie; sie
+bildeten die Ruderdollen. Die Ruder, die in einer Reihe angeordnet
+waren, wurden von 4 oder 5 Leuten gehandhabt, die sich erhoben, um
+die Ruder vorwärts zu stossen und sich auf ihre Bänke fallen liessen,
+indem sie die Ruder ins Wasser tauchten. Die Ruderer waren bei dieser
+Tätigkeit völlig nackt. Ein Mann von mittlerer Stärke konnte diese
+Arbeit eine Stunde lang aushalten, und doch musste viel länger gerudert
+werden; manchmal, in Kriegszeiten, 12 Stunden hintereinander. Welch’
+Zustand, wenn man erwägt, dass diese Leute den Unbilden der Luft und
+dem Feuer des Feindes ausgesetzt waren!
+
+Um die Ruderer in ihrer Tätigkeit zu stärken, steckte man ihnen Brot
+in den Mund, das in Wein getaucht war; wenn sie erschöpft umfielen,
+so wurden sie von dem Wächter, der auf der Wachbrücke herumging,
+unbarmherzig gepeitscht; wenn sie sich nicht wieder erhoben, so wartete
+der Tod ihrer. Man warf sie über Bord.
+
+Wenn man weiter erwägt, dass die Ruderer durch Ketten an das Schiff
+gefesselt waren, die man ihnen nur selten abnahm, dass sie meist auf
+ihren Bänken lebten und starben, so wird man verstehen, dass die
+Galeeren für die seefahrenden Völker ein Schrecken und eine Schande
+gewesen sind.
+
+Selten fand man Freiwillige für dies Handwerk, das meist nur Sklaven,
+Kriegsgefangene u. s. w. verrichteten. Die Ruderer waren indessen
+nicht alle gleich; sie bestanden aus 3 Klassen: 1) den Sträflingen,
+d. h. den Verurteilten; ihre Haare und ihr Bart waren abgeschnitten;
+2) den Sklaven, unter ihnen Türken, Mauren und Neger; letztere waren
+als die besten Ruderer bekannt. Ihr Unterscheidungszeichen war ein
+Haarbüschel auf dem Kopfe; 3) den Benevoglie (Freiwilligen), unter
+ihnen freigelassene Sträflinge, die anderswo nicht mehr unterkommen
+konnten und auf den Galeeren Zuflucht nahmen, Räuber und andere, die
+nichts mehr zum Leben hatten. Ihre Kleidung war sehr einfach; jedes
+Jahr bekamen sie 2 Hemden, 2 Paar Hosen, 1 Rock aus rotem Tuch, 1
+Mantel für den Winter, 1 rote Mütze und 2 Decken für jede Bank.
+
+Die Nahrung war ihnen genau zugemessen, aber wenn sie mehr wollten,
+konnten sie sich welche kaufen.
+
+Der Teil des Schiffsraumes, der nicht von Schiessvorräten eingenommen
+war, war für die Lebensmittel bestimmt und enthielt auch eine ganz
+kleine Kabine für den Kapitän und die Offiziere.
+
+Wenn die Galeere hielt, so spannte man über das Fahrzeug ein grosses
+Segel, das auf einer Seite hoch genommen wurde, um die Luft einzulassen.
+
+Der schlanke Bau der Galeeren gab ihnen auf dem Meere keine genügende
+Stabilität; daher hatten die Ruderer immer sehr unter den Wellen zu
+leiden.
+
+Die Ausrüstung war einfach: vorn standen 3 Kanonen, von denen die
+mittlere, in der Längsachse des Schiffes aufgestellte, die grösste
+war; auf den grossen Galeeren gab es Kanonen mit einem Kaliber von
+18,48 und mit Kugeln von 12 Pfund, während die auf den kleinen Galeeren
+Kanonen mit Kugeln von 12, 24 und 8 Pfund hatten.
+
+Der kriegerische Wert richtete sich nach der Menge Eisen, das man auf
+einmal pro Mann abfeuern konnte.
+
+Nehmen wir z. B. eine Galeere, die 44 kg Eisen auf einmal schiesst und
+etwa 400 M Besatzung hat; man verschoss demnach 0,110 kg auf den Mann.
+Eine Galeere kostete 400000 Frcs, d. h. 9090 Frcs pro kg Eisen.
+
+Vergleicht man mit dieser Galeere ein gewöhnliches Kriegsschiff, das 55
+Kanonen an Bord hat, bei 1100 Mann Besatzung, auf einmal 1000 kg Eisen
+(d. h. 0,910 kg pro Mann) verschiessen kann, und dessen Kosten 3000000
+Frcs, d. h. 3000 Frcs pro kg betragen haben, so sieht man deutlich die
+militärische Minderwertigkeit der Galeeren und die höheren Kosten, die
+sie nach sich ziehen. Während ein gewöhnliches Kriegsschiff 9 mal mehr
+Eisen auf einmal verschiesst als eine Galeere, kostet es weniger als
+diese.
+
+Endlich möchte ich darauf hinweisen, dass die Galeeren eine
+Geschwindigkeit von 2,50 m in der Sek. hatten und dass sie ausser über
+Ruder auch über Segel verfügten. Sie hatten 2 Masten, den einen vorn,
+den anderen in der Mitte des Schiffes; beide besassen lateinische
+Segel. (Vgl. ~Jal~, _Glossaire nautique_, S. 749.) Während des Kampfes
+reffte man die Segel.
+
+[Sidenote: II 43]
+
+Ich brauche nicht näher nachzuweisen, dass die Galeeren für die offene
+See nicht geeignet waren, auf die man sich mehr und mehr begab. Die
+Erfindung des Schiesspulvers zeigte bald die geringere Kampffähigkeit
+der Galeere. Man bemühte sich also, sie zu verbessern.
+
+[Sidenote: II 45]
+
+So sehen wir im 16. Jahrhundert ein Schiff auftauchen, die «Galeasse»,
+deren Vorder- und Hinterteil an die Schiffe von gedrungener Form
+erinnern, während das Mittelstück an die Galeeren denken lässt. Dieses
+Schiff war höher und breiter als die letzteren; das Verhältnis seiner
+Breite zur Länge betrug 1 : 5½, ausserdem war es höher.
+
+Bei einer Länge von 50,01 m hatten die Galeassen eine Breite von 9,01
+und einen Tiefgang von 3,35 m; die grösste Tiefe betrug 6,52 m. Jeder
+Bord hatte 44 Ruder; die Ruderbänke hatten einen Abstand von 1,30 m.
+Die Ruder wurden meist von 7 oder 8 Menschen bewegt. Der Bord war
+höher als bei den Galeeren, sodass die Ruderer besser vor den Wogen
+geschützt waren.
+
+Die Galeassen hatten gewöhnlich 700 bis 1000 Mann Besatzung. Sie waren
+mit 50 Kanonen ausgerüstet, die in den Aufbauten und zwischen den
+Ruderbänken aufgestellt waren.
+
+Die Galeasse hatte also mehr Stabilität auf dem Wasser als die Galeere,
+schützte die Ruderer besser, hatte mehr Artillerie, war aber infolge
+eben dieser Vorzüge nicht so beweglich, da die Triebkraft durch die
+Zahl der Ruderer beschränkt war.
+
+Die Galeassen besassen 3 Masten mit lateinischen Segeln. Diese waren
+sehr schwer zu handhaben; deshalb wurden sie bei heftigem Winde durch
+Segel von kleineren Abmessungen ersetzt.
+
+Es ist nicht auffallend, dass auch die Galeassen den Schiffen von
+gedrungener Gestalt unterlegen waren, daher sind sie niemals zahlreich
+gewesen: am Ende des 16. Jahrhunderts, in der Seeschlacht zwischen den
+Türken und den Vereinigten Mächten bei Lepanto war es nicht möglich,
+mehr als 6 Galeassen aufzubringen. (~Jal~, _Arch. Nav._, S. 394.) Es
+ist also sehr zu bezweifeln, dass die unüberwindliche Armada, die
+berühmte Flotte von 1588, eine Division von 22 Galeassen enthalten
+haben soll. Diese Schiffe waren zweifellos meist Galeeren.
+
+Ebenso wie bei den Alten gab es ausser den naves longae Schiffe von
+gedrungener Gestalt, die ursprünglich lediglich für den Handel und den
+Güterverkehr gebraucht wurden.
+
+Die Erfindung des Schiesspulvers, aber mehr noch die Schliessung der
+alten Strasse nach Indien durch die Türken am Ende des 15. Jahrhunderts
+änderten diesen Zustand. Der Handel verschiebt sich von diesem
+Augenblick an nach dem Ozean; man ist auf der Suche nach einem neuen
+Weg nach Indien, den man anderwärts findet, und so wird die «Neue Welt»
+entdeckt.
+
+Die Völker des Nordens, begierig nach Reichtum, wagen sich ebenfalls
+nach dem Süden und begnügen sich nicht mehr mit der Ostsee.
+
+Alle diese Umstände führen einen Umschwung im Schiffbau des
+Mittelmeeres herbei. Trotz der Anstrengungen, die gemacht wurden, um
+die Vorherrschaft durch die alten Schiffstype zu wahren, indem man
+grössere Ruderschiffe, wie die Galeassen baute, musste man nicht nur
+in Italien, sondern auch in Spanien und Portugal vor den mächtigeren
+Typen der Völker des Nordens den Rückzug antreten.
+
+Man kann also in dem von mir eingeschlagenen Gedankengang sagen, mit
+Bezug auf die Schlacht von Zierickzee im Jahre 1302, dass im 14.
+und 15. Jahrhundert die Schiffbaukunst vom Ozean in das Mittelmeer
+gedrungen ist. Dagegen hat die Schiffbaukunst des Mittelmeeres jene
+Baukunst beeinflusst.
+
+Es ist nicht leicht, die dem Mittelmeer eigentümlichen Schiffstype
+wiederherzustellen; tatsächlich sind uns wenig Angaben über diese
+Schiffe erhalten. Wir können nur auf die erwähnten Verträge Ludwigs IX.
+zurückgehen. Die ersten sicheren Angaben stammen aus einer nach dem
+Mittelalter liegenden Zeit, besonders aus dem 18. Jahrhundert.
+
+Alle alten, zur Zeit bekannten Abbildungen sind schlecht, meist in
+falschen Verhältnissen. Es hat mehrere Arten Schiffe gegeben, das ist
+der einzige Schluss, den man aus ihnen entnehmen kann.
+
+Es ist, wie ~Jal~ sagt, wirklich bedauernswert, dass wir keine besseren
+Aufschlüsse gefunden haben. Es ist jedoch zweifellos, dass es schon im
+Mittelalter gute Schiffe von gedrungener Gestalt gegeben hat. (Vgl.
+~Jal~, _Glos. naut._, S. 1057; ~La Croix~, S. 86 u. 96.) mit denen es
+möglich war, wenigstens 500 Kämpfer zu befördern. (Vgl. ~Jal~, _Arch.
+nav._, S. 380, II. Teil, Anm.) Man lud auch Pferde ein. (~Jal~, _Arch.
+nav._, S. 386, u. s. w.; ~Holmes~, S. 68.) Um die dem Mittelmeer
+eigentümlichen Type wiederherzustellen, muss man vor allem untersuchen,
+welche Modelle noch am Ausgang des 18. Jahrhunderts zu der Zeit
+vorhanden waren, wo man ausschliesslich Holzschiffe verwendete.
+
+Vor Beginn dieser Prüfung möchte ich bemerken, dass es eine ständige
+Übung war, die Schiffe auf den Strand zu ziehen, wenn man nicht mit
+ihnen fuhr; es ist auch zu bemerken, dass das Wasser des Mittelmeers im
+Vergleich zu dem des Ozeans ruhig ist. Dieser letztere Punkt besonders
+erklärt, warum die Ruderschiffe so lange im Gebrauch geblieben sind.
+(~Paris~, IV. Bd., S. 206.)
+
+Um die Schiffe an Land ziehen zu können, mussten sie einen flachen
+Kiel haben; tatsächlich sind die Schiffe in der Mitte breit und flach,
+breiter sogar als die Schiffe des Nordens; bei diesen letzteren betrug
+das Verhältnis der Breite zur Länge 1 : 4, während bei den meisten
+Schiffen des Mittelmeers dies Verhältnis zwischen 1 : 2½ und 1 : 3½
+schwankt (meist 1 : 3).
+
+Vorn und hinten laufen die Schiffe spitz zu, anders wie die nordischen
+Schiffe. Dadurch erhalten sie eine ganz besondere Gestalt. Ausserdem
+verlaufen die Wände dieser Schiffe nicht gekrümmt nach oben, d. h. sie
+sind höchstens vertikal. Anders ausgedrückt, die Breite ist am grössten
+oben.
+
+Unter den alten Typen finden wir solche, deren Vordersteven, 1) gerade
+ist und schräg steht, 2) gerade ist und senkrecht steht, 3) oben konkav
+ist und sich oben nach innen biegt. Daneben gibt es eine grosse Zahl
+mit konvexem Vordersteven.
+
+Neben Schiffen von gedrungener Gestalt gibt es längere, deren Breite
+sich zur Länge wie 1 : 5 verhält.
+
+Absichtlich habe ich nicht vom Hintersteven der Schiffe gesprochen, da
+dieser in den meisten Fällen durch Einführung des Steuers verändert ist.
+
+[Sidenote: II 48]
+
+Viele Schiffe haben ausserdem hinten einen glatten Vorsprung, der mit
+einem Geländer versehen ist; diese Einzelheit findet sich auch auf
+den Schiffen der Griechen und Römer wieder. Jener Vorsprung diente
+ursprünglich als Stand für den Steuermann, der das Stangenruder zu
+handhaben hatte.
+
+[Sidenote: II 49]
+
+[Sidenote: II 50]
+
+[Sidenote: II 53]
+
+Zu den wichtigsten Typen sind die _Schebecken_ mit drei Masten zu
+rechnen, die zuerst mit lateinischen Segeln versehen waren. Diese
+letzteren sind später durch quadratische Segel ersetzt worden.
+Das so veränderte Schiff hiess dann _mystische Schebecke_ oder
+_Polacker-Schebecke_. Man findet daneben auch _Polacker_. Die Länge
+dieser Schiffe, etwa 15 m, verhält sich zur Breite wie 3½ : 1. Der
+oben ziemlich gerade Vordersteven verläuft unten gekrümmt und trägt
+einen Sporn, der hier noch Galjoen heisst. Der Hintersteven ist gerade,
+steht aber schräg. Das Hinterdeck springt vor. Man könnte diesen Typ am
+besten mit einer Galeere von gedrungener Form vergleichen. Hinten hat
+der _Polacker_ mehr Ähnlichkeit mit den Ozeanschiffen.
+
+[Sidenote: II 35]
+
+Alle diese Schiffe stammen aus dem Westen des Mittelmeeres. (Vgl.
+~Paris~, Bd. 2, Nr. 78 u. 90, sowie Bd. 1, Nr. 25.) Man kann in diese
+Klasse auch die «Pink» von Genua einreihen. (~Paris~, Bd. 2, Nr. 119).
+
+[Sidenote: II 37]
+
+Wir finden noch in Tunis die «Carebe», 12 bis 15 m lang und etwa ⅓ so
+breit. Dies Schiff scheint zwei Vordersteven zu haben (das Schandeck
+springt zurück).
+
+[Sidenote: II 39]
+
+Vergleichen wir damit die Abbildung am Turm zu Pisa u. s. w. (~Paris~,
+Bd. 2, Nr. 201), die auch ein Schiff mit doppeltem Vordersteven
+darstellt.
+
+Neben der «Carebe» gibt es die «Arabischen Sandalen», von 12 m Länge,
+2,85 m Breite und 1,30 m Tiefe. Jal sieht in ihnen eins der ältesten
+Modelle.
+
+Die «Arabische Sandale» ist ein sehr schlankes Schiff, das in der Mitte
+schmaler ist als die meisten anderen.
+
+[Sidenote: II 54]
+
+[Sidenote: II 60]
+
+Die Schiffe von Malta, die sogenannten «Speronare», sind ebenso
+sonderbar: sie haben 15 m Länge, 4,40 m Breite, einen Tiefgang von
+1,20 m und eine Tragfähigkeit von etwa 17 Tonnen; der Vorder- und der
+Hintersteven sind senkrecht. Manchmal besitzen diese Schiffe hinten
+noch einen geraden Vorsprung und vorn einen stumpfen Sporn.
+
+Derselbe Typ von 5,30 m Länge, 1,95 m Breite und 1 m Tiefe wird eine
+«Tarella». Diese Barke hat keinen Sporn; zweifellos befinden wir
+uns hier vor sehr alten Formen. (Vgl. z. B. die «Speronara» mit der
+Abbildung von ~Layard~.)
+
+Die «Schifarro und Lautello» von Sizilien mit ihren rückwärts
+gekrümmten Vorder- und Hintersteven sind nicht weniger merkwürdig.
+Diese Barken erinnern ebenfalls an die Abbildungen des Mittelalters,
+die die gleichen Merkmale haben.
+
+An der Ostküste Italiens finden wir die «Tartana», 17,90 m lang, 4,90
+m breit, mit einem Tiefgang von 0,80 m, und die «Barco da Pasca», lang
+12,20 m, breit 2,30 m und tief 1,06 m; alle beide sind Schiffe mit
+flachem Boden, fest gebaut. (~Paris~, Bd. 2, Tafel 85, 86, 87.) Es ist
+noch zu bemerken, dass man auf dem Adriatischen Meer mehrere Arten
+Fahrzeuge mit flachem Boden trifft: unter anderen die «Rascona», ein
+sehr schmales Fahrzeug, wenn man seine Länge berücksichtigt (1 : 5),
+und den «Topo». Das erstere Fahrzeug wird mittels des Ruders gesteuert.
+
+Griechenland und die Türkei haben viele Berührungspunkte, man findet
+dort zwei Type: den einen mit geradem, aber geneigtem Vordersteven,
+den anderen mit gebogenem; Beispiel: die «Scaphé» und die «Sacobeva».
+(~Paris~, Bd. 2, Nr. 91, 89, 88.)
+
+Das Arabische Meer, um nicht weiter zu gehen, zeigt uns, die «Baggala»
+und die «Dungiyah», von denen die letztere heut wahrscheinlich
+nicht mehr vorkommt; das sind sehr alte Type mit stark geneigtem
+Vordersteven. Oben haben wir auf griechische Abbildungen verwiesen, die
+ihr völlig gleichen.
+
+Manche Type haben ihren Ort gewechselt. Der beste Beweis hierfür ist
+die spanische «Balancella», die, wie es scheint, aus Neapel stammt.
+(~Paris~, Bd. 2, Nr. 61); sie hat viel Ähnlichkeit mit dem «Trabocolo».
+
+Alle diese Barken, und ich habe nur die hauptsächlichsten angeführt,
+ermöglichen es, einige Urtype wiederherzustellen, die man nicht nur
+jetzt noch wiederfindet, sondern die schon vor mehreren Jahrhunderten
+vorhanden waren. Dank der Entwickelung des Verkehrs, dank auch den nach
+immer entfernteren Gegenden unternommenen Fahrten, die man unter allen
+Umständen ausführen musste, sind die alten Type des Mittelmeeres längst
+durch neue für die Schiffahrt mit langer Fahrt ersetzt worden. Deshalb
+kann man die ursprünglichen Type nur in den Schiffen von geringerer
+Grösse wiederfinden. Für diese Fahrzeuge brauchte man keine neuen
+Formen zu suchen, umsoweniger, als die kleinen Schiffbauer nach dem
+alten Brauch und nach Modellen arbeiteten. Erst langsam hat das Eisen
+bei ihnen an Boden gewonnen, und durch dieses, aber auch langsam und
+erst, wenn eine neue Generation die alte ersetzt, werden die alten Type
+verschwinden.
+
+Es ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass im allgemeinen die
+Mittelmeerschiffe breit im Verhältnis zu ihrer Länge sind, flach in der
+Mitte und vorn und hinten spitz. Berücksichtigt man dies, so erhält das
+Werk von ~Fürtenbach~ aus dem Jahre 1629 mehr Wert in unseren Augen,
+weil der Verfasser darin Abbildungen eines holländischen Schiffes sowie
+einiger Mittelmeerschiffe gibt, in denen wir sehr viele bekannte Type
+entdecken, wenn sie auch andere Namen tragen.
+
+Der Unterschied in der Form zwischen den Typen des Nordens und denen
+des Südens, auf den wir oben hingewiesen haben, ist darin deutlich
+erkennbar und tritt in voller Kraft hervor, wenn man die Hauptrippen
+der beiden Schiffe vergleicht. (Vgl. die «mittlere Stamenale»,
+Abbildung II, und die «Stamenale» der Abbildung 16, sowie die Pläne
+der beiden Schiffe.) Der Höhenunterschied zwischen Vordersteven und
+Hintersteven ist nicht weniger bemerkenswert; ausserdem erscheinen die
+Schiffe des Mittelmeers wirklich höher als die unsrigen. Wir werden
+später sehen, dass unter dem Einfluss des Südens (des Mittelmeeres) man
+auch in unserem Lande den Schiffen eine grössere Höhe gab.
+
+Auch das System der Aufbauten, die im Mittelalter auf den Schiffen
+Platz fanden, stammt aus dem Süden. Es ist zu bemerken, dass schon
+der Kaiser Leo im 10. Jahrhundert Beschreibungen über die Aufbauten
+gab. (Vgl. ~La Croix~, S. 6.) Man findet sogar solche schon auf alten
+römischen Zeichnungen. Man kann also mit vollem Recht annehmen, dass
+diese Aufbauten sich allmählich entwickelt haben.
+
+Die Vervollkommnung in den Verteidigungsmitteln und daher ein Wechsel
+in der militärischen Taktik, die Erfindung des Schiesspulvers mit
+einem Wort, hat viel dazu beigetragen, die Bedeutung der Aufbauten zu
+vermehren.
+
+Man wusste in unserem Vaterlande, dass die Schiffe des Mittelmeeres
+spitzer waren als die unsrigen; wir haben einen Beweis dafür in der
+Stelle, wo ~van Yk~ in seinem bekannten Werk, S. 355, uns darauf
+aufmerksam macht, dass man dem stark gekrümmten Vorderteil, also
+dem vollen Bug, die besonderen Vorzüge unserer Schiffe als Segler
+zuschrieb. Und es ist sicherlich nicht ohne Interesse, wenn man weiter
+liest, dass sein Vater begleitet von seinen drei Söhnen nach Genua
+ging, um Schiffe zu bauen, die vorwärts fahren konnten, obwohl sie
+Gegenwind hatten (S. 354), was in dieser Stadt noch unbekannt war. Zu
+dieser Zeit kannte man also nicht in Genua die Kunst des Kreuzens, was
+die lateinischen Segel übrigens nicht ermöglichten.
+
+Erst später sehen wir diese Segel durch quadratische Segel ersetzt.
+Es ist also nicht wunderbar, dass die Ruderschiffe so andauernd auf
+dem Mittelmeer in Gebrauch gewesen sind; andererseits können wir
+als bewiesen ansehen, dass schon in den ältesten Zeiten Schiffe von
+gedrungener Form neben langen Ruderschiffen vorhanden waren. (~Jal~,
+_Glossaire Nautique_, S. 1049.)
+
+Die wenigen alten Schiffe indessen, die ausgegraben sind, zeigen
+einen so hohen Grad der Vollkommenheit, dass der Schiffbau schon in
+den frühesten Jahrhunderten eine wunderbare Entwicklung erreicht
+haben muss. Das dürfte uns jedoch gegenüber den Meisterwerken nicht
+überraschen, die uns die Völker des Mittelmeeres hinterlassen haben,
+Meisterwerke die von ihrem æsthetischen und praktischen Sinn zeugen.
+
+Verfolgt man die fortschreitende Entwicklung des Schiffes im
+Mittelalter und betrachtet man die Grössenverhältnisse der Dockbecken
+u. s. w. bei den Griechen und Römern, so kann man behaupten, dass das
+Altertum nicht die Riesenschiffe gekannt hat, und dass die gegebenen
+Beschreibungen beim Licht der Verhältnisse geprüft werden müssen, unter
+denen sie verfasst sind. Das gilt auch von der Stadt Babylon, deren
+Grösse, wie die Ausgrabungen bestätigen, von den alten Schriftstellern
+in sonderbarem Masse übertrieben ist. Liest man übrigens nicht täglich
+von der ausserordentlichen Grösse von Schiffen und Maschinen, die
+wenige Jahre danach durch noch ausserordentlichere übertroffen wird? So
+wird es übrigens immer sein.
+
+Schliesslich möchte ich bemerken, dass man noch heut alle alten Modelle
+in den kleinen Holzschiffen und in den Fischerbooten findet.
+
+Wenn man also eine genaue Vorstellung von den Typen der Schiffe der
+Alten haben will, so muss man baldigst eine vollständige Untersuchung
+eröffnen, um sie wiederzufinden, um ihre Grössenverhältnisse
+festzustellen und danach mit Massangaben versehene Zeichnungen
+anzufertigen, wie man dies in den Niederlanden getan hat.
+
+Die kurze vergleichende Untersuchung ermöglicht leicht die Feststellung
+der gegenseitigen Beziehungen, die zwischen den verschiedenen Völkern
+bestehen; sie zeigt, dass die alten, dem südlichen Frankreich, Spanien
+und Portugal eigentümlichen Type der Mittelmeerfamilie angehören, d. h.
+dem südlichen Mittelpunkt.
+
+
+[Illustration]
+
+
+
+
+[Illustration: 2]
+
+ Het varen met weijnig volk, het nauw en zober behelpen in leeftochten
+ en ons ingeboren zindelijkheid, die de schepen langdurend maekt, doet
+ den Nederlantschen scheepvaart bloeijen, en niet het scheepsfatzoen.
+
+ ~Nicolas Witsen~, 1771.[4]
+
+
+Diese bemerkenswerten Worte sind charakteristisch und zeigen, dass
+zum Gedeihen und zur Grösse eines Volkes etwas anderes nötig ist
+als bestimmte Schiffsformen. Wenn dem nicht so wäre, sagt ~Witsen~,
+so wären unsere Schiffsmodelle unverzüglich von den anderen Völkern
+nachgeahmt worden.
+
+Die Nüchternheit und Reinlichkeit sind zwei Haupttugenden unseres
+Volkes, was niemand bestreiten dürfte; aber ausser diesen Tugenden
+besassen unsere Vorfahren eine Eigenschaft von hoher Bedeutung: die
+Holländer waren sparsame Schiffbauer, wie sie es noch heut sind.
+
+Hoffen wir fest, mit vollem Vertrauen, dass dem immer so sein wird, und
+dass man niemals an der eigenen Kraft zweifeln wird.
+
+~Witsen~ schreibt, -- was eine gewisse Bedeutung erhält, wenn man
+es mit dem Vorhergehenden vergleicht -- dass die behufs Erlernung
+der Schiffbaukunst nach Holland gekommenen Fremden bei der Rückkehr
+in ihre Heimat unsere Art nicht nachahmen konnten. Ich wundere mich
+also keineswegs, wenn diese Fremden schreiben, dass sie weder unsere
+Baukunst noch unser Verfahren brauchen könnten.
+
+Manches Schiff, sagt der genannte Schriftsteller, ist im Ausland
+analysiert und gemessen worden, aber nie hat man es Punkt für Punkt
+nachgeahmt; nie auch haben unsere Schiffbauer dort Lob geerntet.
+
+Was ~Witsen~ darauf über die Engländer sagt, ist ziemlich sonderbar:
+«In deze braveeren zij (de Engelschen) opentlijk allen Landaert en
+wanen niemant huns gelijk in deze konst te hebben»[5]. Er schreibt dies
+wenig günstige Urteil über die Holländer dem Umstand zu, dass in den
+Niederlanden nichts über den Schiffbau veröffentlicht ist. Man wird
+später sehen, dass man im Ausland tatsächlich ganz anderer Ansicht war.
+
+Manche Angaben bezeugen, dass schon im frühen Altertum die an den
+Mittelmeerküsten wohnenden Völker die Schiffahrt gekannt haben. Noch
+heut bauen die wildesten und unkultiviertesten Völker, die längs
+Strömen und Flüssen wohnen, Fahrzeuge, so primitiv auch ihre Formen
+sein mögen. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts sind mehrere
+alte Schiffe in Nordeuropa ausgegraben worden. Alles dies ist geeignet,
+uns zu überzeugen, dass alle am Wasser wohnenden Völker die Schiffahrt
+gekannt haben und zwar seit den ältesten Zeiten.
+
+Es ist ausserdem wahrscheinlich, dass die Form «Kanoe» die älteste
+Form eines Fahrzeuges ist; es ist eine lange und schmale Form, die
+natürlich aus dem ausgehöhlten Baum entstanden ist. Die Stange ist das
+ursprüngliche Fortbewegungsmittel, das bald durch die Pagai (Schaufel)
+und das Ruder ersetzt wurde.
+
+Der Mensch sucht es sich im allgemeinen bequem zu machen; es ist daher
+nicht zu verwundern, dass er bald auch den Wind in der Schiffahrt zu
+Hilfe gerufen hat, um ihn später als Haupttriebkraft zu verwenden.
+
+Die ältesten Bewohner der Niederlande haben also die Schiffahrt lange
+vor der Herrschaft der Römer gekannt, und es ist anzunehmen, dass sie
+oft verschiedene Teile ihrer Heimat nur auf dem Wasserwege erreichen
+konnten.
+
+Caesar berichtet (~Holmes~, S. 52), dass die Bretonen sich sehr
+leichter Schiffe bedienten, die aus einem Gerippe von Lindenzweigen
+bestanden, das mit Häuten bespannt war. Andrerseits erzählt der Papst
+Marcellin (296 bis 304 n. Chr.), wie sehr die Sachsen wegen ihrer
+Beweglichkeit zu fürchten wären und fügt hinzu, dass ihre Schiffe aus
+Büffelhäuten beständen, die straff über biegsames Holz gespannt waren.
+
+Neben den langen Ruderschiffen wird es zweifellos sehr früh breitere
+und weniger schnelle Schiffe gegeben haben. Diese Schiffe wurden mit
+Segeln bewegt. Schliesslich haben sie die Ruderschiffe völlig verdrängt.
+
+Nichts ist von diesen ursprünglichen Fahrzeugen erhalten geblieben.
+
+Die ältesten Bewohner unseres Landes sind bekanntlich aus dem Orient
+gekommen; zweifellos kannten sie die Schiffbaukunst; sie werden aber
+ihre Modelle den Bedürfnissen haben anpassen müssen, die durch den
+Zustand der Schiffahrtsstrassen in unseren Niederungen entstanden.
+
+Man kann also behaupten, dass die Wiege der Schiffbaukunst der
+Niederlande sich in der Ostsee befunden hat. Wir wollen also vor allem
+unsere Blicke nach der Seite wenden, wo seit der ältesten Zeit die
+Schiffbaukunst einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht haben muss.
+Das ergibt sich nicht nur aus der Zahl der ausgegrabenen Schiffe,
+die der Wikingerzeit angehören, sondern auch aus den in letzter Zeit
+vorgenommenen Untersuchungen. Aus diesen Untersuchungen lässt sich
+folgern, dass schon im Altertum die nordischen Völker die Nordsee
+durchfahren haben müssen. Der schwedische Archæologe ~Montelius~
+vermutet sogar, dass es am Ende der Steinzeit schon dauernde
+Beziehungen zwischen der Westküste von Schweden und der Ostküste von
+England gab.
+
+Lange vor den eigentlichen Wikingerfahrten nach Süden, haben die
+Wikinger schon Seefahrten unternommen, und es ist sicher, dass im
+Anfang unserer Zeitrechnung die Völker des Nordens Schiffahrt trieben.
+~Tacitus~ spricht von mächtigen Flotten der Schweden, die zu seiner
+Zeit nicht das Segel, sondern einfach das Ruder verwendeten. Das Werk
+«Vesterlandenes indflydelse poa Nordboenes og saerlig Nordmaennenes
+ydze Kulture levesaet og sim funds forhold i Vickingetiden af
+Alexander Bugge 1905»[6] ist also vollauf berechtigt zu sagen, dass
+die Schiffahrt des Nordens ihren Ursprung den suevischen und gothischen
+Volksstämmen verdanken dürfte, die an den Ostseeküsten angesiedelt
+waren, von wo sie dann zu den Normannen und Dänen gekommen ist.
+Wir können wohl hinzusetzen, dass es ebenso mit den Niederlanden,
+Grossbritannien, Belgien und einem Teil von Nordfrankreich gewesen ist.
+
+Der berühmte deutsche Philologe und Archæologe Professor N. ~Zimmer~
+nimmt an, dass die Normannen die Shetlandsinseln zwischen den Jahren
+590 und 644 besucht haben. Diese Annahme ist durch die Untersuchungen
+des Dr. ~Jacob Jacobsen~ bestätigt worden, der lange auf den fraglichen
+Inseln gelebt hat, um die nordischen Namen der Dörfer zu untersuchen
+und andere Spuren der nordischen Sprache aufzusuchen. Dieser Gelehrte
+hat ebenfalls gefolgert, dass die Normannen die Shetlandsinseln schon
+um das Jahr 700 besucht haben.
+
+[Sidenote: II 75]
+
+Wenn wir diesen Tatsachen gegenüberstellen, was im Mittelmeer vor sich
+ging, wo man immer versuchte, am Abend an Land zu gehen, so können wir
+ein Gefühl der Bewunderung für die Normannen nicht unterdrücken, die
+furchtlos das Meer bis Island und Grönland durchquerten. Ihr Schiffbau
+muss schon damals einen ausserordentlich hohen Grad der Vollkommenheit
+erreicht haben, was in vollem Masse durch die Bauart der prachtvollen
+Schiffe «Oxberg» und «Gokstad» bestätigt wird, die in der Gegend von
+Sandefjord aufgefunden sind (Museum der Altertümer von Christiania).
+
+Es ist sonach wenig wahrscheinlich, dass die Völker des Nordens irgend
+etwas im Schiffbau bei ihren Fahrten nach Westeuropa gelernt haben.
+Im Gegenteil hat dieser Teil Europas, also auch die Niederlande, von
+ihnen die Schiffbaukunst erhalten. Erst später spricht man in England
+von einer Flotte und einer Marine. (Siehe ~Holmes~, _Ancient and modern
+ships_, 1900.)
+
+In der Folge richteten die Normannen ihre Fahrten immer mehr nach
+Süden; sie setzen sich in der Normandie fest und bemächtigten
+sich Englands. Bei diesen Fahrten lernten sie den Schiffbau des
+Mittelmeeres kennen. Selbstverständlich werden sie damals alles
+beachtet haben, was hier an Vollkommenem vorhanden war. Es lag dies
+zudem in ihrem Interesse. Sie entnahmen insbesondere von den Völkern
+Südeuropas den Anker, den diese von den Griechen kennen gelernt
+hatten. Das nordische Wort «akkeri», das _Anker_ bedeutet, scheint dem
+angelsächsischen «ancor» entlehnt zu sein, das von dem lateinischen
+«ancora» stammt. Das Wort «forkr» (Bootshaken) ist ebenfalls
+ausländischen Ursprungs; es kommt von dem angelsächsischen «forca» und
+dem lateinischen «furca» her.
+
+Die normannischen Schiffsmodelle haben jedoch durch diese Berührung mit
+dem Süden keine Veränderung erlitten. Das aussergewöhnliche Leben der
+Wikinger, ihre ständigen Seeräubereien lassen den Schluss zu, dass das
+Handelsschiff sich nicht bei ihnen vervollkommnet hat, sondern bei den
+Völkern, die sich mit dem regelmässigeren Handel befasst haben. Ich
+finde es nicht wunderbar, dass diese Entwicklung sich im Nordwesten
+Europas vollzogen hat. Es wird sogar von einigen behauptet, dass das
+Schiff «Büse», das im Mittelalter allgemein in Gebrauch war, aus der
+Normandie gekommen ist und aus dem 11. Jahrhundert stammt.
+
+Zur Unterstützung dieses Satzes dient die Tatsache, dass das Wort
+«Busse» (Büse) zu jener Zeit zum ersten Male in den alten Chroniken
+erscheint.
+
+J. ~Steenstrup~ hat die Aufmerksamkeit auf die «Butsecarlas» gelenkt
+(die in den alten angelsächsischen Chroniken des Jahres 1066 und
+in dem Buch von Florant Wigorniensis aus dem Jahre 1052 erwähnt
+werden), ein Volk von Seeleuten, das an den Küsten von Hastings und
+Yorkshire wohnte. Der letztgenannte Schriftsteller lenkt ausserdem die
+Aufmerksamkeit auf den zweiten Teil des Wortes, das der nordischen
+Sprache angehört, während das Wort «buza» ziemlich oft in dem
+Alt-Nordischen und dem Alt-Schwedischen etwa im 13. Jahrhundert
+vorkommt und ein Schiff von stark gekrümmter Form bezeichnet. Dies
+Wort ist indessen romanischer Herkunft: es entspricht, wie ich hörte,
+dem Alt-Französischen «buse» oder «buce» (aus dem Jahr 1080 etwa); man
+glaubt also, dass das Schiff «Büse» aus der Normandie stammt.
+
+Das scheint mir indessen nicht so sicher; es ist nämlich erwiesen, dass
+dieselben Schiffsformen sich jahrhundertelang, allerdings unter anderen
+Benennungen erhalten haben.
+
+Der Umstand, dass das Wort «buse» (Büse) zum ersten Mal ums Jahr 1080
+gebraucht wird, ist also kein Beweis, dass der fragliche Schiffstyp
+erst in dieser Zeit aufgetaucht ist. Ich möchte eher glauben, dass das
+Modell, um das es sich hier handelt, schon vorhanden war, dass es aber
+erst um 1080 mit «buse» oder «buce» (Büse) in der Normandie bezeichnet
+ist, wahrscheinlich, nachdem einige unwesentliche Änderungen mit ihm
+vorgenommen sind.
+
+Die Schiffbaukunst ist in die Niederlande aus der Nordsee durch die
+ältesten Bewohner des Landes, die Friesen und die Sachsen gekommen, die
+sie dann ohne jeden fremden Einfluss weiter entwickelt haben.
+
+In dieser Beziehung sind die folgenden Worte ~Witsens~ auf Seite
+47 seines bekannten Werkes von wirklicher Bedeutung: «De Vriezen
+komt de lof toe van de herstelde scheepsbouw in Nederland, zoo de
+meeste schryvers willen»[7]. Es handelt sich tatsächlich um eine
+eigene Entwicklung für den Nordwesten Europas; die besonderen und
+übereinstimmenden Formen, die man noch jetzt zum grossen Teil von
+Dänemark bis Belgien findet, beweisen es vollauf.
+
+Deshalb können wir im Gegensatz zum Mittelmeer oder dem Südzentrum im
+Hinblick auf Belgien von einem Nordzentrum sprechen. In weiterem Sinne
+hat die Entwicklung der Schiffbaukunst in diesem Nordzentrum begonnen
+und hat dann schliesslich ihren Höhepunkt in den Niederlanden erreicht.
+England und Frankreich sind uns gefolgt.
+
+Die Schiffbaukunst ist allmählich in den Niederlanden weiter
+aufgeblüht, und zwar nur mit einer Unterbrechung in der Zeit, wo
+Frankreich durch die Kontinentalsperre herrschte.
+
+[Sidenote: II 72]
+
+Wir kehren nun zu den Schiffstypen zurück. Ich habe schon bemerkt, dass
+man einige Wikingerschiffe aufgefunden hat. Man entdeckte eins i. J.
+1867 in Haugen und ein anderes i. J. 1880 in Gokstad; schon früher
+i. J. 1865 hatte man in Jütland 3 Schiffe gefunden, die aus dem 5.
+Jahrhundert zu stammen scheinen. Das grösste von ihnen hat eine Länge
+von 70 Fuss.
+
+Man entdeckte ebenfalls ein Wikingerschiff in Charbuw, bei Pommeren.
+Die letzte Entdeckung erfolgte in der Umgegend von Oxenberg bei
+Christianiafjord in Norwegen (1904).
+
+[Sidenote: II 74]
+
+Alle diese Schiffe sind Ruderschiffe; man konnte sich auf ihnen
+aber auch der Segel bedienen, die man an dem in der Schiffsmitte
+aufgestellten Mast befestigte.
+
+Die Schiffe sind im Vergleich zu ihrer Breite weniger lang als die
+Ruderschiffe des Mittelmeeres; ihre Breite beträgt nämlich ⅕ der Länge.
+Sie sind in der Mitte voll, ziemlich flach und werden nach vorn und
+hinten schmaler. Der Vorder- und der Hintersteven sind sehr hoch. Ein
+an der Seite des Hinterteils befestigtes Ruder dient ihnen als Steuer.
+
+Ihr Bau weicht ebenfalls wesentlich von dem der Mittelmeerschiffe
+ab; hier findet man nur Schiffe mit glatten Wänden, während die
+Wikingerschiffe übereinandergreifende Planken haben.
+
+Das Schiff «Gokstad» ist eins der schönsten Beispiele dieses Typs; es
+ist eingehend beschrieben von ~Holmes~ in seinem schönen Werk «Ancient
+and modern ships», S. 55 und folg. Dies Schiff hat eine Länge von 77
+Fuss 11 Zoll, eine Breite von 16 Fuss 7 Zoll, und eine Tiefe von 5 Fuss
+9 Zoll; es hat ebenfalls übereinandergreifende und genagelte Planken.
+
+[Sidenote: II 76]
+
+[Sidenote: II 80]
+
+Wenden wir uns nun nach Norwegen und betrachten wir dort die
+Fischereifahrzeuge, die noch heut in Gebrauch sind; wir werden durch
+die Ähnlichkeit betroffen sein, die zwischen diesen Schiffen und dem
+Wikingerschiff besteht, sowohl hinsichtlich der Bauart wie hinsichtlich
+der Form. Das veranlasst ~Holmes~ zu schreiben (S. 60): «Such an
+instance of persistency in type is without parallel in the history of
+shipbuilding». (Eine solche Beibehaltung des Typs ist in der Geschichte
+des Schiffbaues ohne gleichen).
+
+Wir haben gesehen, dass dies nicht nur in Norwegen vorkommt, sondern
+bei allen Völkern. Wir finden es nicht wunderbar, dass die ältesten
+Modelle bei den Fischerbooten zu finden sind; keine Klasse ist
+konservativer als die der Fischer, die ihre Boote wie ihre Vorfahren
+bauen und die sich nur durch die Notwendigkeit zu neuen Formen bewegen
+lassen.
+
+[Sidenote: II 103]
+
+Ausser den im Norden aufgefundenen Modellen ist uns wenig von den
+älteren Schiffstypen geblieben. Die Beschreibungen und Abbildungen, die
+wir besitzen, sind entweder oberflächlich oder unvollkommen. In dieser
+Hinsicht ist das Wappen der Stadt Amsterdam die bekannteste Urkunde,
+die uns die Niederlande liefern. Das Werk ~Witsens~ enthält auf S. 362
+mehrere Abbildungen dieses Wappens aus verschiedenen Zeiten.
+
+[Sidenote: II 112]
+
+[Sidenote: II 105]
+
+[Sidenote: II 110]
+
+~Holmes~ gibt ausserdem die Schiffe wieder, die auf einem alten
+Wandteppich von Bayeux (1066) abgebildet sind, wie das «Sandwich
+Seal» (Siegel) von 1238, das «Dover Seal» von 1284 und das «Pool
+Seal» von 1325 (S. 67 und 68). Die letzteren Siegel stimmen mit der
+ältesten Abbildung des Wappens von Amsterdam überein, und das auf ihnen
+dargestellte Schiff ist dem der genannten Stadt ziemlich ähnlich. Man
+darf auf diese Einzelheit jedoch nicht zu grossen Wert legen, denn
+wie der heraldische Löwe wenig einem wirklichen Löwen gleicht, so ist
+anzunehmen, dass das heraldische Schiff nicht die treue Abbildung des
+Typs ist.
+
+Die alte Bibel mit Abbildungen aus der Zeit von 1200-1220, welche sich
+in der Königlichen Bibliothek im Haag befindet und die zu uns von
+Nordfrankreich gekommen sein dürfte, enthält auch eine bemerkenswerte
+Abbildung; der Typ eines Schiffes, das darin abgebildet ist, gleicht
+ebenfalls den vorigen.
+
+[Sidenote: II 112]
+
+Die Übereinstimmung aller dieser Abbildungen gestattet die Folgerung,
+dass in Westeuropa nur eine Sorte Schiffe vorzugsweise benutzt
+wurde; die deutlich erkennbare Beplankung zeigt überdies das
+Übereinandergreifen der Planken.
+
+[Sidenote: II 78]
+
+Aus der Abbildung auf dem Wandteppich von Bayeux geht ausserdem
+hervor, dass man sich sehr früh des Segels bedient hat; der Steuermann
+eines der Schiffe, die darauf abgebildet sind, hält in der Hand eine
+Segelleine. Diese Schiffe haben ausserdem -- was zu beachten ist --
+ziemlich vertikale Vorder- und Hintersteven, wie man sie noch heut bei
+einigen Fischerbooten Norwegens trifft.
+
+Das «Koggeschiff» (cogue), das Wappenschiff von Amsterdam ist ein
+sehr bekannter mittelalterlicher Typ, dessen Bedeutung vom 13.
+Jahrhundert ab in West- und Mitteleuropa deutlicher hervortritt, wo
+es die hanseatischen Völker, die Hansen und die Friesen erheblich
+vervollkommneten.
+
+Dies im Verhältnis zur Länge sehr breite Schiff war schwer besteigbar;
+daher liess es sich als Kriegsschiff gut verwenden.
+
+Das «Koggeschiff» scheint älter zu sein als der Hansabund (1250), wenn
+man sich an seinen Namen hält, dem man schon vor dieser Zeit begegnet.
+So hatten die Einwohner der Niederlande mehrere «Koggeschiffe»
+auszurüsten, um die Einfälle der Normannen zu bekämpfen (818-1010).
+
+Das war die Anwendung des Feudalsystems auf die Schiffahrt (siehe ~La
+Croix~ S. 88). Diese Politik wurde bekanntlich unter Karl dem Grossen
+endgültig eingeführt, der die Friesen im Jahre 785 und die Sachsen
+im Jahre 804 unterjochte (J.-C. ~de Jonge~, _Histoire de la marine
+néerlandaise_, I. Bd. S. 6).
+
+Natürlich setzte man alles ins Werk, um dem zu entgehen. Eine
+Verordnung des römischen Königs Otto I (936-973) legt einen Zehnten auf
+die Koggeschiffe (Kogschuit), dessen Ertrag dem Bischof von Utrecht
+zufiel. Es war dies das Lösegeld für die Verpflichtung, dem Fürsten
+mit den Koggeschiffen zu dienen. Diese Verpflichtung scheint im Grunde
+besonders die an der jetzigen Zuiderzee liegenden Gegenden betroffen zu
+haben. (~de Jonge~, Bd. I S. 7.)
+
+Das Koggeschiff erscheint zum erstenmal in Deutschland erst im Jahre
+1211, als der Kaiser Otto IV. den Einwohnern von Wismar erlaubte, zwei
+Koggeschiffe (Cogken) und soviel kleine Schiffe zu unterhalten, als sie
+wünschten.
+
+Einige behaupten, dass das Wort «Cogue», im Altnordischen «Kuggr» vom
+italienischen «cocca», vom spanischen «coca» oder vom altfranzösischen
+«coche» kommt und meinen demnach, dass das Koggeschiff romanischen
+Ursprungs sei. Das ist nicht wahrscheinlich; das Koggeschiff ist
+ein Schiffstyp, der dem alten Wikinger-Schiff nachgebildet und den
+Sonderverhältnissen der Schiffahrtstrassen und den Niederungen
+Nordwesteuropas angepasst ist. Es war also solide gebaut, d. h. breit
+und voll, um es leicht an Land ziehen zu können.
+
+Das Koggeschiff war tatsächlich im Mittelmeer unbekannt; das ergibt
+sich übrigens aus dem, was der Geschichtsschreiber ~Florentin Villani~
+gelegentlich der Schlacht von Zieriksee davon erzählt. Wenn dies Schiff
+ein Muster aus dem Mittelmeer gewesen wäre, so hätte der genannte
+Schriftsteller die Aufmerksamkeit nicht besonders darauf gelenkt. Das
+Koggeschiff gehört also wohl nach Nord- und Westeuropa; es verdankte
+seine Vervollkommnung den Friesen und besonders den Flamändern.
+
+[Sidenote: II 103]
+
+[Sidenote: II 97]
+
+[Sidenote: II 98]
+
+Im 13. Jahrhundert war das Koggeschiff schon allgemein im Gebrauch, und
+man kann annehmen, dass die Normannen es schon zur Zeit der Wikinger
+kannten. Leider ist nicht viel davon übrig geblieben. Die ältesten
+Abbildungen, die wir von ihm besitzen, sind die auf den Siegeln von
+Amsterdam und Harderwyk. Aber das Schiff, das auf dem Wappen der
+ersteren Stadt abgebildet ist, hat sehr viele Veränderungen im Laufe
+der Jahrhunderte durchgemacht. Es ist eine schlecht hergestellte
+Zeichnung, wie ~Witsen~ bemerkt, der diese mangelhafte Herstellung der
+Unkenntnis der Wappenstecher zuschreibt. (~Witsen~, S. 363.)
+
+[Sidenote: II 108]
+
+Das Wappen von Harderwyk stimmt mit dem von Damme überein. (~Jal~,
+_Gloss. nautique_ S. 1051); zweifellos zeigen uns die beiden Siegel
+dasselbe Schiff (der einzige Unterschied besteht darin, dass das Schiff
+von Damme 2 Aufbauten hat). Wenn also, wie ~Witsen~ behauptet, das
+Schiff von Harderwyk ein Koggeschiff ist (~Witsen~, S. 364, 2. Spalte
+unten), so muss es ebenso das von Damme sein.
+
+Was die Siegel von Amsterdam betrifft, so bemerkt ~Witsen~ ausserdem,
+dass das älteste nicht vor dem Jahre 1200 angefertigt sein kann, da
+Amsterdam vor dieser Zeit nicht den Rang einer Stadt besass. Er fügt
+hinzu, dass man auf diesem Wappen klar sieht: «hoe het met de bouwery
+der Kog-schepen oulinx heeft gestaen en hoe haer gestalte steeds is
+veranderd met den tyd, gelijck men ook hedens-daegs (dus ten tyde van
+dien schryver) de gestalten der schepen steeds veranderen ziet» (blz.
+364)[8].
+
+Der Rumpf der Koggeschiffe hatte übereinandergreifende Planken.
+
+Die meisten Abbildungen zeigen uns nur ein Vorderteil mit abgerundeter
+Form. Man kann also annehmen, dass das auf dem Wappen von Harderwyk
+dargestellte Schiff eine Abart des gewöhnlichen Koggeschiffs ist. Es
+ist zu bemerken, dass alle alten Modelle von holländischen Schiffen wie
+das Koggeschiff ein leicht abgerundetes Vorderteil ohne Galion zeigen.
+
+[Sidenote: II 124 u. s. w.]
+
+Alle alten flämischen Stiche aus dem 15. Jahrhundert zeigen
+verschiedene Schiffstypen, und sonderbarerweise hat keins von diesen
+den Namen Koggeschiff. Indessen zeigen uns alle diese Stiche gedrungene
+Schiffe mit rundem Vorderteil, die sicher von den Koggeschiffen
+abzuleiten sind.
+
+[Sidenote: II 190]
+
+Man findet sogar eine Abbildung aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts,
+die ein seeländisches Koggeschiff darstellt. Vorder- und Hinterteil
+haben dort gleiche Form; es ist indessen anzunehmen, dass das
+Vorderteil breiter gewesen ist mit Rücksicht auf die Stelle, an der
+sich der Mast befand, und die auf etwa ein Drittel der Schiffslänge
+vom Vordersteven aus gerechnet liegt; dieser letztere sowie der
+Hintersteven sind gekrümmt; die Ruderpinne geht durch ein Gehäuse; der
+Mast ist stark geneigt, wie es die Verwendung der alten Spriete wollte.
+Das Schiff hat ausserdem Schwerter.
+
+Die Zeichnung lässt nicht deutlich erkennen, ob die Planken des Rumpfes
+übereinander greifen. Es ist wohl möglich, dass die Wände glatt gewesen
+sind, denn zu jener Zeit war diese Bauart schon üblich. Das Schiff hat
+keinen Spiegel; der Rumpf ist mit konvexen Planken bedeckt.
+
+[Sidenote: III 115]
+
+[Sidenote: III 116]
+
+Zweifellos stammt dies seeländische Koggeschiff von dem ursprünglichen
+Koggeschiff. Wir können annehmen, dass dies Fahrzeug etwas breitere
+Enden hatte; der Mast dürfte in der Mitte gestanden haben; richten
+wir den Mast in der Mitte auf, ersetzen wir das Steuer durch ein
+Steuerruder, lassen wir die Schwerter fort und denken wir uns die
+Wände klinkerweise hergestellt, so werden wir eine Vorstellung von
+dem Koggeschiff haben; dann aber erhält unser «Bom» eine ganz andere
+Bedeutung. Dies letztere Schiff ist bekanntlich in den letzten Jahren
+erheblich vergrössert worden und hat an seinen Enden an Breite
+gewonnen, um die Fassungskraft zu vermehren. Das sieht man klar,
+wenn man das Vorderteil eines «Bom» mit dem Vorderteil der Barke
+vergleicht, die zum Krabbenfang dient. Diese letztere zeigt noch die
+alten runden Formen und hat im Verhältnis zu ihrer Länge eine geringere
+Breite.
+
+[Sidenote: III 112]
+
+Wir können also annehmen, dass der Bom weniger eckige Enden und ein
+höheres Vorder- und Hinterteil hatte, also etwas mehr gekrümmt war als
+die früheren Schiffe; wir erhalten so ein Schiff, das mit seinen Wänden
+aus klinkerweise an einander genagelten Planken sich wenig von dem
+alten Koggeschiff unterschied, und sofort erklären wir uns den Ursprung
+eines alten Schiffstyps, den man noch als eine Seltenheit in unserer
+Fischereiflotte findet.
+
+So geändert unterscheidet sich der «Bom» nicht mehr so sehr von der
+«Egmonder Pink», die von ~Witsen~, S. 168, beschrieben und gezeichnet
+wird; es dürfte sogar erlaubt sein zu sagen, dass er aus jener
+entstanden ist. So erklärt es sich, dass noch heutzutage die «Bommen»
+oft «Pinken» genannt werden.
+
+Ein im Gemeindemuseum des Haags aufbewahrtes Bild stellt übrigens
+den Strand von Scheveningen dar, der nicht mit «Bommen» sondern mit
+«Egmonder Pinken» bedeckt ist.
+
+Wir werden darauf zurückkommen, wenn wir von den Fischereifahrzeugen
+sprechen werden.
+
+[Sidenote: II 243]
+
+Die Barken für den Krabbenfang erfuhren weniger Abänderungen; daher
+unterscheiden sie sich auch, abgesehen von dem Spiegel, der später auf
+ihnen angebracht wurde, weniger von der Egmonder Pink, die sich endlich
+fast vollständig in der Ostender Fischerbarke wiederfindet, wie schon
+~Lelong~ in seiner _Encyclopédie d’Architecture navale_, S. 17, bemerkt
+hat.
+
+Einige Bommen haben noch im 19. Jahrhundert auch als Küstenwachtschiffe
+gute Dienste leisten können. Nichts beweist, dass sie schon zur
+Zeit Witsens vorhanden waren; es scheint nicht so, denn dieser
+Schriftsteller erwähnt sie nicht; er begnügt sich mit der Bemerkung,
+dass man ausser den Egmonder Pinken auf dem Strande andere
+Fischerbarken fand, die viel kleiner waren und nur Besan-Segel
+besassen. Wenn diese Barken durch ihre Formen sich viel von den Pinken
+unterschieden hätten, so hätte er meines Erachtens sicher davon
+gesprochen. (S. ~Witsen~, S. 168, 2. Spalte.)
+
+[Sidenote: II 187]
+
+Der Zeichner, der das seeländische Koggeschiff nachbildete, hat uns
+auch die Zeichnung eines «Deghbootes» hinterlassen, das wie das erste
+aus Seeland stammte. (~Witsen~, S. 120, 2. Spalte.) Dieses Fahrzeug
+gleicht sehr jenem Koggeschiff. Der Vordersteven ist etwas länger, die
+«Statie» ist nicht geschlossen, und es sind keine konvexen Lukendeckel
+vorhanden. Nur die Takelung weicht vollständig von derjenigen der
+«Pink» ab, und alles lässt darauf schliessen, dass sie aus dem Süden
+stammt.
+
+[Sidenote: II 189]
+
+[Sidenote: II 188]
+
+Derselbe Zeichner bringt eine Abbildung eines Brabanter «Heude»
+oder «Heu», den man kleine seeländische Kogge nennen könnte. Es
+scheint indessen auch grössere «Heuden» gegeben zu haben, wenn man
+der Abbildung des «Heu von Brüssel» folgt, eines Fahrzeugs, das zwei
+Kanonen trug. Diese Abbildung lässt keinen Schluss auf die Form des
+Schiffes zu.
+
+Es dürfte hier zu bemerken sein, dass man sehr vorsichtig in Bezug
+auf diese verschiedenen Benennungen sein muss, die Anlass zu vielen
+Verwirrungen gegeben haben; ein Beispiel hierfür ist die berühmte
+Besprechung, die im Jahre 1902 und 03 in Groningen über die Frage
+stattfand, was ein «Pram» ist.
+
+Die Kreuzzüge, die im Jahre 1096 begannen, haben in hohem Grade zur
+Vervollkommnung des Schiffes beigetragen; das gleiche gilt von der
+Erfindung des Kompasses in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.
+(~Holmes~, S. 66.) Der Handel und die Schiffahrt nahmen einen immer
+grösseren Aufschwung, sodass im 13. Jahrhundert Damme der Stapelplatz
+für Nordeuropa wurde. Italien, Spanien und Frankreich brachten ihre
+Erzeugnisse zu uns. Die alten Seegebräuche von Damme wurden später die
+Quelle des Seerechts in Holland, im Norden Deutschlands (~Koenen~, S.
+50), in Schweden und in Dänemark.
+
+Es werden Handelsverträge mit den Hansestädten geschlossen, und im
+Jahre 1252 stellt man Tarife auf. (~Koenen~.) In diesen Tarifen spricht
+man von «Losbogen, Scharpoise, Eenvaren», Barken mit hohem Bord und
+Heckbooten. Man findet diese Benennungen in einem Vertrag, der zwischen
+dem Herrn von Kuyck und dem Herrn von Dordrecht geschlossen wurde, um
+einen Streit über den Zoll in Kuyck zu schlichten.
+
+Unter «Losbogen» versteht man die Schiffe, die von vorne oder vom
+«Booge» entladen wurden, wie dies noch auf den Schiffen geschieht, die
+Holz befördern.
+
+Zu den «Scharpoise» oder «Escarpoise» rechnet man die Barken, die auf
+der Scharpe, einem Nebenfluss der Schelde, in Gebrauch waren.
+
+Die «Eenvaren» waren Fahrzeuge, die von einem einzigen Schiffer geführt
+wurden, während die «Heckboote» Schiffe mit Spiegel waren.
+
+Diese Benennungen werden genügen, um zu beweisen, dass es frühe
+verschiedene Arten von Fahrzeugen gegeben hat, und dass neben der
+«Kogge» andere, wenn auch kleinere Schiffe vorhanden waren.
+
+Ursprünglich steuerte man die «Kogge» mit dem Ruder wie alle anderen
+Schiffe; erst im 13. Jahrhundert wurde diese Art allmählich aufgegeben,
+und das Ruder wurde vom Steuer verdrängt.
+
+Man kann für Holland nicht die Zeit bestimmen, zu der dieser Wechsel
+stattfand; die verschiedenen Wappen von Amsterdam können hierfür keine
+Aufklärung geben. Auf mehreren von ihnen hat nämlich das Schiff kein
+Steuer, zweifellos um symbolisch anzudeuten, dass man nach allen Teilen
+der Erde schiffen könnte (~Witsen~, S. 634), und dass von Amsterdam
+Schiffe nach allen Gegenden der Erde fuhren.
+
+Es ist trotzdem anzunehmen, dass das Steuer ebenfalls im 13.
+Jahrhundert in Holland eingeführt ist.
+
+Einige haben behauptet, dass zwischen der Einführung des Kompasses und
+des Steuers eine Beziehung bestanden hat; letzteres musste angenommen
+werden, als man mit Hilfe des Kompasses immer weitere Fahrten
+unternehmen konnte.
+
+Ich meinerseits glaube nicht, dass die geringste Beziehung zwischen
+Kompass und Steuerruder bestanden haben kann; die Normannen fuhren
+nämlich schon durch die Nordsee, bevor das Steuer bekannt war.
+
+Die ältesten Abbildungen der «Kogge», wie primitiv sie auch sein
+mögen, haben in der Mitte einen Mast mit Takelung. Ich kenne keine
+Abbildungen, die Ruder zeigen. Man kann also sagen, dass die Takelung
+die Hauptausrüstung war, und dass die Ruder, deren Zahl auch auf den
+grössten Koggen höchstens 32, also 16 auf jeder Bordseite betrug, nur
+zur Zeit von Windstille benutzt wurden. Das geschieht noch heut auf den
+kleineren Fahrzeugen, wie den «Tjalken».
+
+Die Ruder waren also nur nebensächlich, entgegen dem, was man auf
+den Galeeren sieht, wo die Ruder die Hauptsache und die Takelung die
+Nebensache war. Das ist der Grund, aus dem man im Gegensatz zu der
+Kogge keine Abbildungen von Galeeren ohne Ruder findet.
+
+Man gibt also ohne Grund den «Koggen» manchmal den Namen «Galeeren».
+Diese haben sich niemals in den Niederlanden einbürgern können. ~De
+Jonge~ hat schon auf die Ungenauigkeit der Stelle hingewiesen, wo der
+Verfasser der Annexe _Op Wagenaar_, Bd. 3, S. 50, erzählt, dass die
+1100 gegen Antwerpen von Graf Wilhelm III. geschickten Schiffe fast
+ausschliesslich Galeeren waren.
+
+In der Geschichte der Niederlande ist jedoch von Galeeren die Rede,
+aber nicht von dem Mittelmeertyp. Ihre Zahl ist beschränkt gewesen; sie
+wurden nur auf Strömen und Flüssen verwendet.
+
+[Sidenote: II 145]
+
+Ein Stich aus etwa 1600, der die Schelde vor Antwerpen darstellt, sowie
+eine Ansicht von Gouda zeigen uns eine derartige Galeere.
+
+Diese Galeeren waren nur grosse Ruderschiffe, ein wenig länger als die
+gewöhnlichen Barken (~de Jonge~, Bd. 1, S. 80) und hatten höchstens
+32 Ruder. Die grösste niederländische Galeere diente dem Schutz von
+Amsterdam und hiess der «Schrecken der Zuiderzee».
+
+Die in den Seeschlachten verwendeten Galeeren sind zu uns aus dem Süden
+gekommen.
+
+Wer den holländischen Nationalcharakter kennt, wird sich nicht wundern,
+dass die Galeere in Holland keinen Erfolg hatte. Da die Beschäftigung
+auf der Galeere als verächtlich galt, so fand man keine freiwilligen
+Ruderer; Sklaverei gab es nicht, da sie frühzeitig abgeschafft war. (s.
+~Witsen~, S. 194, 1. Spalte.)
+
+Die Koggeschiffe behielten nun nicht ihre einfachen Formen, die wir
+beschrieben haben. Die fortwährenden Kriege, die zur Errichtung fester
+Burgen im Mittelalter führten, veranlassten den Bau fester Teile auch
+auf den Schiffen, und so sehen wir, wie sich allmählich bei uns
+ebenfalls jene Kastelle entwickelten, die sich vorn und hinten auf den
+Schiffen erhoben. Die Siegel von Amsterdam liefern hierfür ein Beispiel.
+
+Die militärische Taktik beeinflusste natürlich die Bauart der Schiffe.
+Die Kreuzzüge und der darauf folgende Verkehr mit den Völkern des
+Mittelmeeres, denen die Kastelle schon bekannt waren, lehrten auch
+uns die Aufbauten kennen. Wenn es beim ersten Treffen nicht gelang,
+das feindliche Schiff in den Grund zu bohren, so enterte man, um Mann
+gegen Mann zu kämpfen. Nunmehr war derjenige Sieger, der die festesten
+Schiffe besass und sich hoch aufstellen konnte, um seine Pfeile auf den
+Feind abzuschiessen. Was war somit natürlicher, als auf den Schiffen
+die festen Kastelle mit ihren zinnengekrönten Türmen nachzuahmen. Wenn
+der Feind das Deck betrat, so zog man sich in die Kastelle zurück. Man
+darf sich also nicht wundern, wenn man auf den Masten die alten Marsen
+findet und wenn man hört, dass man sogar die kleinen Boote emporzog, um
+von dort den Gegner sicherer unter einem Hagel von Pfeilen und Steinen
+zu zerschmettern (~de Jonge~, Bd. I, S. 20).
+
+Es ist begreiflich, dass die abnehmbaren Aufbauten nicht den
+Erwartungen entsprochen haben, und dass man von nun ab bald dahin kam,
+das Kastell und das Schiff fest miteinander zu verbinden, daher das
+erhöhte Vorder- und Hinterteil.
+
+Bei dieser Bauart sind Portugal und Spanien, die das Mittelmeer
+nachahmten, uns vorangegangen.
+
+Wir sehen so das Schiff des 16. Jahrhunderts sich allmählich entwickeln
+und wir verstehen, wie zwischen den vorn und hinten befindlichen
+Aufbauten der mittlere Teil niedrig blieb.
+
+Anfänglich gab es kein Deck. Daher überdeckte man den mittleren Teil,
+um ihn gegen die Steine und sonstige Wurfgeschosse zu schützen, mit
+einem hölzernen Gitterwerk (siehe u. a. ~Witsen~, S. 51, 2. Spalte),
+während die Borde des Schiffs mit Zinnen versehen waren, die mit Zinn
+beschlagen waren, um beim Entern das Erklettern zu erschweren.
+
+[Sidenote: II 105]
+
+[Sidenote: II 106]
+
+[Sidenote: II 109]
+
+Die englischen Siegel, die feiner und künstlerischer geschnitten
+sind als die unsrigen, geben eine ausgezeichnete Vorstellung von
+der fortschreitenden Entwicklung der Aufbauten. Fünf davon zeigen
+Schiffswände, die klinkerweise genagelt sind, während das Siegel der
+Stadt «Poole» deutlich Bolzen erkennen lässt. Die Kastelle sind in
+ihren aufeinanderfolgenden Entwicklungsabschnitten so klar dargestellt,
+dass man keiner Erklärung bedarf. Das Ruder, zum Lenken, welches auf
+dem ältesten Siegel dargestellt ist, ist auf den anderen durch ein
+Steuer ersetzt. Das Siegel von Boston hat einen gut gebauten Dreimaster
+mit glatten Borden.
+
+[Sidenote: II 110]
+
+[Sidenote: II 100]
+
+Alle diese Siegel, ausgenommen dies letztere, zeigen die Formen der
+«Koggeschiffe», was wiederum die Gleichartigkeit der Schiffstype in
+Nordwesteuropa beweist. (~Holmes~ versichert auf S. 70 seines Werkes,
+dass das Siegel von Poole die älteste englische Darstellung eines
+Schiffs mit Steuer ist; 1325.)
+
+Wie gesagt, war die Einführung des Kompasses das Zeichen zum Aufgeben
+der Küstenschiffahrt und ermöglichte weitere Fahrten. Man berichtet
+nämlich in «Reygersberghs Chronyk van Zeelant» (herausgegeben von
+~Boschborn~) Bd. II, S. 212, dass ums Jahr 1440, nachdem der Gebrauch
+des Kompasses kaum allgemein eingeführt war, die Seeländer sich mehr
+und mehr nach Süden, nach Portugal und Spanien wandten.
+
+Früher erschienen diese Länder so fern, dass man vor Beginn einer Reise
+nach diesen Ländern beichtete und die heiligen Sakramente nahm.
+
+Zur selben Zeit wie die Erfindung des Kompasses beeinflusste ein
+anderes Ereignis in eigentümlicher Weise den Schiffbau; es war die
+Erfindung des Schiesspulvers, somit die Einführung der Artillerie.
+
+Die Geschichte der Niederlande spricht zum ersten Male von der
+Verwendung der Artillerie bei der Unternehmung des Herzogs Albert gegen
+die Friesen i. J. 1396. Man hat sich derselben anscheinend bei der
+Belagerung des Schlosses Rozenburg i. J. 1351 bedient. (~de Jonge~ Bd.
+I, S. 28.)
+
+Weder in der Schlacht an der Schleuse, noch bei den Seefahrten des
+Königs Richards III. benutzte man Kanonen. Im 14. Jahrhundert jedoch
+waren diese an Bord der Schiffe allgemein in Gebrauch. (~Holmes~,
+Seite 71.) Wir werden uns also nicht wundern, dass die Genuesen und
+Venezianer im Süden, die Hansestädte im Norden, die die Meister in
+Handel und Schiffahrt waren, zuerst Kanonen einführten. (~de Jonge~ Bd.
+I, S. 29.)
+
+Die Artillerie veränderte natürlich die Kriegstaktik, und man
+kann sagen, dass der militärische Wert der Schiffe von der Zahl
+ihrer Kanonen abhing. Man baute also schliesslich Schiffe, die
+ausschliesslich zum Kriegführen bestimmt waren, und man musste die
+Praxis des Mittelalters aufgeben, die darin bestand, Kauffahrteischiffe
+als Kriegsschiffe zu verwenden.
+
+Die vereinigten Provinzen entschlossen sich nicht sogleich,
+besondere Schiffe zu bauen. Man musste also die Grössenverhältnisse
+der vorhandenen Type vermehren, um eine grössere Zahl von Kanonen
+aufstellen zu können. Der Unterschied zwischen den Seeschiffen und den
+Binnenfahrzeugen trat immer deutlicher hervor. Es war augenscheinlich
+das Kriegsschiff, das sich am meisten von den alten Formen unterschied
+und zwar aus dem Grunde, dass man es jeder Änderung unterzog, die von
+dem Feinde als zweckmässig eingeführt war.
+
+[Sidenote: II 145]
+
+Die ersten Kanonen sind nicht allzu furchtbar gewesen; ein Beweis
+hierfür ist, dass die Bedeckung der Kabinen und Kastelle geneigt
+war, wie die Dächer, um die vom Feind geschleuderten Bomben leichter
+herabrollen zu lassen.
+
+Der Name «Koggeschiff» verschwindet in dem Masse, wie die Schiffe
+wachsen. Diese heissen am Ende des 14. Jahrhunderts und während des
+15. Jahrhunderts allgemein «Hulken» und «Baertzen» und sind im ganzen,
+wie ~Witsen~ sagt, nur Schiffstype, die früher bei uns im Gebrauch
+waren. Die Hulk, fügt er hinzu, das grössere der beiden, segelte nach
+den entfernten Gegenden; seine Tragkraft erreichte manchmal 200 Last.
+(~Witsen~ S. 494, 2. Spalte.)
+
+Die «Baertze», sagt derselbe Autor, war ein Schiff, das man sowohl für
+die Küstenverteidigung wie für den Seekrieg ausrüstete. I. J. 1518
+baute man noch eine sehr grosse Baertze, die mit Segeln fuhr, die
+man aber bei Windstille auch rudern konnte. (s. ~Witsen~, S. 483, 1.
+Spalte.)
+
+Diese beiden Type waren also Handelsschiffe, von denen die Baertze
+besonders für Kriegszwecke verwendet wurde. Ihre Ausrüstung umfasste
+auch Ruder, die man benutzte, wenn sich der Wind legte.
+
+[Sidenote: II 124]
+
+[Sidenote: II 131]
+
+Auch im 15. Jahrhundert gab es keine ausschliesslich für den Krieg
+erbauten Schiffe. Dies Jahrhundert hat uns sehr schöne Nachbildungen
+flämischen Ursprungs hinterlassen. (s. «Der Meister W. A.» von ~Max
+Lehr~, 1895, S. 1.) Nur drei dieser Schiffe tragen einen Namen, die
+«Baertze», die «Barke» und die «Kraeck».
+
+Alle dort dargestellten Schiffe zeigen dieselben Merkmale und
+unterscheiden sich von einander nur durch ihre Takelung. Sie sind voll,
+wie man sehen kann, und ihr Vordersteven ist gekrümmt, ihr Hintersteven
+abgerundet; sie haben also keinen Spiegel.
+
+[Sidenote: II 127]
+
+Ausser der «Kraeck» hat keins dieser Schiffe Artillerie; alle haben
+indessen ein Kastell vorn und hinten, das noch recht einfach gebaut
+ist; nur die «Kraeck» hat Fenster in dem später «Fronton» genannten
+Teil.
+
+Alle Aufbauten der dargestellten Schiffe ausser denen der «Kraeck» sind
+oben offen. Dies letztere Schiff ist zweifellos das grösste; schon sein
+Name weist auf einen Schiffstyp hin, dessen starke Bauart und Gestalt
+ihren Ursprung in der spanischen «Karake» haben dürften; daher der Name
+«Kraeck».
+
+[Sidenote: II 64]
+
+Die Form dieses Schiffes weicht nun kaum von der der anderen ab; das
+Vorderteil besonders nähert sich mehr dem holländischen Typ als dem der
+spanischen «Karake» oder des «Galion». (Vgl. die Abbildung in dem Werk
+von ~van Yk~, S. 9.) Es ist also anzunehmen, dass die «Kraeck» sich nur
+durch die grösseren Aufbauten, eine stärkere Takelung und die Grösse
+unterschieden haben wird.
+
+Die «Barke» und die «Baertze» ebenso wie die anderen Abbildungen geben
+uns einen Begriff von dem holländischen Schiff des 15. Jahrhunderts.
+Unter diesen Schiffen finden wir keine «Hulken», deren Wandungen
+klinkerweise genagelt waren, (~Witsen~, S. 496, 1. Spalte, Karavelle),
+während wir auf allen uns interessierenden Abbildungen nur Schiffe mit
+glatten Bordwänden sehen.
+
+Ausser den «Hulken» gab es «Razeilers» und «Krayers», deren Wandungen
+ebenfalls klinkerweise genagelt waren. Wir finden also hier die alte
+Bauweise der «Koggeschiffe», und man kann behaupten, dass wir Schiffe
+vor uns haben, die ihren Ursprung diesem Schiffstyp verdanken und
+nur deshalb einen anderen Namen führen, weil sie sich durch einige
+Einzelheiten der Takelung und der Aufbauten unterscheiden.
+
+Eine der flämischen Miniaturen aus dem 15. Jahrhundert ist eine sehr
+bemerkenswerte Darstellung eines derartigen Schiffs. Man sieht das
+Koggeschiff mit Planken, die klinkerweise genagelt sind; nach der Sitte
+des Mittelalters hat das Schiff drei Maste mit Marsen, einen Aufbau
+vorn und hinten und Artillerie; es hat keine Stückpforten.
+
+[Sidenote: II 118]
+
+Die «Koggeschiffe», die im 13. Jahrhundert allgemein gebräuchlich
+waren, wurden im 14. Jahrhundert durch die «Krayers» und die «Hulken»
+ersetzt, die ihrerseits im 15. Jahrhundert den «Barken», «Baertzen»
+u. s. w. weichen mussten.
+
+Erst in diesem letzteren Jahrhundert verschwinden bei den grossen
+Schiffen die klinkerweise genagelten Wandungen, um den glatten
+Bordwänden Platz zu machen, einer Bauart, die bei uns infolge unserer
+Beziehungen zu den Völkern des Mittelmeeres eingeführt wurde.
+
+Eine alte von D. ~Velius~ geschriebene Chronik von Hoorn erzählt uns,
+dass diese Arbeitsweise zum ersten Mal von «Juliaan» in Zierikzee
+erwähnt und i. J. 1460 in Hoorn eingeführt wurde. Die in dieser Art
+gebauten Schiffe hiessen «Karwiel» oder «Kraweel» oder «Karveel»
+(~Witsen~, S. 486, 1. Spalte), und ihr Typ dürfte nach diesem Autor der
+lateinischen Bark «Carabus» nachgeahmt sein. ~De Jonge~ seinerseits
+(Bd. I, S. 76, Anmerkung) bemerkt, dass «Juliaan» wohl italienischer
+Herkunft gewesen sein könnte.
+
+~Witsen~ gibt von dieser «Karwiel» eine Beschreibung, die beachtenswert
+ist; sie hatte ein ziemlich schmales Vorderteil, ein breiteres
+Hinterteil, in der Form eines Meissels, mit anderen Worten spitzere
+Formen, wodurch sie sich von den in Holland gebräuchlichen Schiffstypen
+unterschied.
+
+Wir würden also nicht nur eine bestimmte Bauart vor uns haben, sondern
+auch ein bestimmtes Modell, das aus dem Mittelmeer zu uns gekommen
+ist. ~Jal~ behauptet übrigens in seinem _Glossaire nautique_, S. 419
+und 420, dass es schon i. J. 1307 im Mittelmeer Karavellen gab, die
+jedoch kleiner waren als die Schiffe, die Vasco da Gama und Columbus
+benutzten. Hierüber sagt dieser Schriftsteller: «Die Karavelle war
+ein kleines Fahrzeug aus der Familie der runden Schiffe, aber feiner
+in der Form als die gleichzeitigen Schiffe; sie war auch feiner
+gearbeitet. Daher war sie auch schneller, liess sich besser bewegen und
+war geeigneter für alle Unternehmungen, die Schnelligkeit während der
+Fahrt und grosse Geschwindigkeit bei den Bewegungen erforderten.» Diese
+Karavellen sind nicht als «Kraeck» in Gebrauch geblieben; mit diesem
+Schiff kommen wir also zu der Zeit, wo der gegenseitige Einfluss beider
+Mittelpunkte fühlbar wird.
+
+[Sidenote: II 119]
+
+[Sidenote: II 117]
+
+Zwei andere kleine flämische Bilder zeigen uns deutlich den Unterschied
+zwischen dem holländischen und dem fremden Typ; sie stammen aus dem
+Jahre 1482 bzw. 1488. Das erste lässt den reinsten holländischen Typ
+erkennen; das zweite weist glatte Bordwände auf. Diese Bauweise war
+also bei uns schon im 15. Jahrhundert angenommen.
+
+Die Schiffe haben jedoch noch keinen Spiegel, und ihr Hinterteil ist
+abgerundet, nach der alten Art. Im allgemeinen waren sie klein, so dass
+wohl unsere jetzigen auf der See verwendbaren «Tjalken» sich mit ihnen
+vergleichen liessen. Sie hatten eine Tragkraft von 160, 180 und 200 t
+oder 80, 90 und 100 Last. Es gab aber auch solche zu 220, 230 und 240 t
+(110, 115 und 120 Last). (~de Jonge~ Bd. I, S. 80.)
+
+Die «Karavellen» und die «Kraecken» erscheinen im 17. Jahrhundert
+nicht mehr. Zu dieser Zeit findet man keine Type mehr, die von dem
+gewöhnlichen holländischen Typ abweichen, so dass man mit Recht sagen
+kann, dass es den beiden vorgenannten Typen nicht gelungen sei, sich
+bei uns einzubürgern. Wir werden im Gegenteil sehen, dass die Schiffe
+mit vollen Formen immer mehr eingeführt werden.
+
+Der Name «Koggeschiff» kommt also im 15. Jahrhundert nicht mehr
+vor. Der Typ bestand aber weiter. Aus dem Koggeschiff entstanden
+die «Hulken» und aus diesen die «Baertzen». Wenn auch abgeändert
+blieb die erste Form, d. h. das volle Schiff, in Gebrauch. Nur eine
+Eigentümlichkeit verschwand: der schlanke Vorder- und Hintersteven,
+eine Erinnerung an das alte Wikingerschiff, die man auf allen im
+Nordwesten Europas von Dänemark bis einschliesslich Nordfrankreich und
+England vorhandenen Abbildungen wiedertrifft.
+
+Die Takelung entwickelte sich; an die Stelle des einen Mastes traten
+drei aus einem Stück bestehende, jeder mit einem Mars und einem grossen
+Segel versehen. Das Tauwerk wird verstärkt, und am Ende des 15.
+Jahrhunderts finden wir Rüsten. Längst ist das alte Stangenruder zum
+Steuern des alten «Koggeschiffs» durch das Steuer ersetzt.
+
+Es würde ungenau sein, die von dem Meister W. A. dargestellten
+Schiffe «Koggeschiffe» zu nennen, wie dies ~Arenhold~ in seinem Werk:
+«Die allmähliche Entwicklung des Segelschiffs von der Römerzeit bis
+zur Zeit der Dampfer», S. 650, _Jahrbuch der Schiffbautechnischen
+Gesellschaft_ 1906, tut. Immerhin handelt es sich um Formen, die von
+dem «Koggeschiff» stammen. Es handelt sich also nicht um neue Formen,
+die sich neben den alten entwickelt hatten.
+
+Befragt man die Geschichte, so wird man nicht erstaunen, dass gerade
+im 15. Jahrhundert die Wirkungen der Berührung der beiden Mittelpunkte
+auftreten.
+
+Die Kreuzzüge (1096-1291), die eine grosse Annäherung zwischen den
+Völkern brachten, waren zu Ende gegangen. Der hanseatische Städtebund,
+geschlossen i. J. 1250, hatte unseren Handel auf der Ostsee wunderbar
+aufblühen lassen. Die Friesen insbesondere widmeten sich der
+Schiffbaukunst, aber die Bewohner von Flandern liessen sich doch nicht
+überholen.
+
+Im Jahre 1339 brach dann zwischen Frankreich und England der
+hundertjährige Krieg aus, der das letztgenannte Land bewog, sich
+tatkräftiger mit dem Bau von Schiffen zu beschäftigen als bisher.
+
+Einer der berühmtesten Kämpfe dieser Zeit ist die Seeschlacht an der
+Schleuse (1340), in der die englische, aus 200 Schiffen bestehende
+Flotte unter dem Befehl König Eduards III. die französisch-genuesische
+Flotte vollständig vernichtete. Diese 190 Schiffe starke Flotte bestand
+aus runden Fahrzeugen, Galeeren, Barken und einer grossen Zahl kleiner
+Schiffe. Einige Geschichtsschreiber behaupten sogar, dass sie 400
+Schiffe umfasste. (~Holmes~, S. 71.)
+
+Die Engländer verloren in dieser Schlacht 4000 Mann und die Franzosen
+25000, was zu dem Schlusse führt, dass die Franzosen und Genuesen eine
+grosse Zahl Galeeren besassen.
+
+Im Jahre 1345 ging Eduard III. wiederum nach Frankreich, an der Spitze
+einer Flotte von 1000 bis 1100 Schiffen, und i. J. 1347 wurde ein
+dritter Zug in Verbindung mit der Belagerung von Calais gegen dieses
+Land unternommen.
+
+~Holmes~ (S. 72) erzählt, dass die meisten Schiffe, aus denen die
+Flotte bestand, die damals mit 745 Einheiten in den französischen
+Gewässern erschien, von England gekommen wären; sie hatten 15895
+Mann an Bord; die anderen Fahrzeuge dürften von Flandern und Spanien
+geliefert worden sein.
+
+Die Zahl der Mannschaften, die oben genannt ist -- 21 Mann auf das
+Schiff -- besagt zur Genüge, dass im allgemeinen die Fahrzeuge
+verhältnismässig klein waren. Wir können uns also keine bessere
+Vorstellung von dieser Flotte machen als die, welche uns die alten
+Stiche geben, auf denen die Ausfahrt einer Fischereiflottille von Büsen
+und einigen «Noordvaarders» abgebildet ist.
+
+Die Kastelle, die die Schiffe jener Zeit hatten, waren klein und nicht
+für die Dauer aufgebaut.
+
+Die zur Erinnerung an die Schlacht bei der Schleuse geschlagene
+Medaille zeigt ebenfalls eine Kogge oder wenigstens ein Schiff, das
+ihm mit seinen klinkerweise befestigten Planken völlig gleicht. Es ist
+anzunehmen, dass man für dieses Bild den zu jener Zeit verbreitetsten
+Typ gewählt hat; es wäre also wiederum die nahe Verwandtschaft
+bewiesen, die zwischen den im Norden ansässigen Völkern bestand.
+
+Die militärische Taktik hatte die Völker des Mittelmeeres und später
+Spanien und Portugal, die jenen nachahmten, gezwungen, ihre Schiffe zu
+erhöhen. Folgendermassen schreibt nämlich ~Holmes~ über die von Eduard
+III. bei Winchelsea gegen 40 spanische Schiffe gelieferte Schlacht:
+«The tactics of the English consisted chiefly of boarding, while the
+Spaniards, whose vessels were much the higher, attacked with crossbows
+and heavy stones; the latter they hurled from their frighting tops into
+their adversary’s ships»[9].
+
+Die Geschichte der Niederlande spricht ebenfalls von dieser Methode.
+
+Im Jahre 1372 machte England auf der See zum ersten Mal Gebrauch
+von der Artillerie; auf dem Mittelmeer wurde sie i. J. 1377 von
+den Genuesen verwendet. Erst viel später entwickelte sich die
+Schiffbaukunst in Frankreich. Trotzdem ist bewiesen, dass man im 14.
+Jahrhundert dort schon Schiffe baute, und es scheint, dass es i. J.
+1339 schon Kanonen an Bord gab. Aber nur an den Mittelmeerküsten wurde
+Schiffbau getrieben, anscheinend auf Anregung von Johann von Wien, der
+1373 zum Admiral ernannt war. (_Musée de Marine du Louvre._)
+
+Während der Herrschaft Heinrichs des Seefahrers (1417) nimmt die
+Schiffbaukunst ihren Aufschwung in Portugal, das ganz unter dem
+Einflusse des Mittelmeeres stand.
+
+Inzwischen entwickelten sich die Beziehungen der Niederlande zu den
+Mittelmeerländern schnell.
+
+Die Schliessung des alten Weges nach Indien, der durch das Mittelmeer
+und Kleinasien führte, veranlasste eine vollständige Umwälzung im
+Welthandel. Man war gezwungen, neue Erkundungsfahrten zu unternehmen,
+und so lesen wir, dass man, nachdem sechs Karavellen i. J. 1446 bis
+nach Guinea gedrungen waren, bald danach die Kapverdischen Inseln
+erreichte.
+
+Im Jahre 1449 drang man bis zu den Azoren vor, und i. J. 1486 erreichte
+Bartholomaeus Diaz das Kap der guten Hoffnung. Elf Jahre später
+umschiffte dieser Seefahrer das Kap und landete in Indien mit drei
+Schiffen, dem «San Gabriël», dem «San Raphaël» und dem «Bonio». Das
+erste dieser Fahrzeuge muss nach den Angaben einen Tonnengehalt von 400
+t oder 250 bis 300 Registertonnen gehabt haben. (~Holmes~, S. 86.)
+
+[Sidenote: II 61]
+
+Es dürfte nicht notwendig sein, länger bei diesen Ereignissen zu
+verweilen, deren Geschichte genügend bekannt ist, und deren letztes die
+Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus i. J. 1492 war. Dieser
+verfügte nur über drei kleine Fahrzeuge, obwohl Spanien zu jener Zeit
+schon grössere verwendete. Das bekannteste und grösste dieser drei
+Schiffe war die «Santa Maria». Dies Fahrzeug hatte eine Kiellänge von
+60,68 Fuss, eine Gesamtlänge von 128,25 Fuss und eine Gesamtbreite von
+25,71 Fuss. Auf der Chicagoer Ausstellung i. J. 1893 war ein Modell
+dieses Schiffs, von dem das Werk von ~Holmes~, S. 85, eine Abbildung
+bringt.
+
+Die Entdeckung Amerikas erzeugte den Durst nach Gold, trieb die Völker
+des Nordwestens Europas auf das Meer und nötigte sie, sich energischer
+mit dem Schiffbau zu befassen. Die Niederlande nahmen damals einen
+wunderbaren Aufschwung; die Grösse ihrer Schiffe wächst beträchtlich,
+so dass man vom 16. Jahrhundert ab Schiffe von 300, 400, 500 und 600 t
+findet.
+
+Für den Krieg indessen benutzt man auch ferner mit Vorliebe Schiffe
+geringerer Grösse (s. z. B. ~de Jonge~, Bd. 1, S. 81) weil ihre
+Bewegung leichter war.
+
+Nach dem Jahre 1500 erreicht unsere Schiffsbaukunst eine derartige
+Entwicklung, dass unser Land den Beinamen die Werft Europas erhält.
+Im Gegensatz zu Portugal, wo sich nichts erhalten hat, besitzen die
+Niederlande eine ganze Reihe von Zeichnungen aus dem 16., 17. und 18.
+Jahrhundert, die es uns ermöglichen, uns eine sehr genaue Vorstellung
+von der fortschreitenden Entwicklung des Schiffs zu machen.
+
+In den alten oben genannten Abbildungen des Meisters W. A., sowie in
+den flämischen Miniaturen hatte das Kastell über den Vordersteven
+hervorgeragt; es bildet jedoch schon einen einzigen Körper mit dem
+Schiff und ist auf einem Balken befestigt, der auf dem Vordersteven
+sitzt und auf einer Stütze ruht, die an diesem letzteren sitzt. Infolge
+dieser Bauart sieht es aus, als ob der Vordersteven erst nach oben geht
+und sich dann senkt, indem er eine S-Form bildet; das scheint aber wohl
+nur so.
+
+Die Schiffe werden nach 1500 grösser, und die Aufbauten ausgedehnter.
+Allmählich indessen ragt das Vorderkastell weniger hervor, und um die
+Mitte des 16. Jahrhunderts reicht es nur noch bis zum Vordersteven.
+
+[Sidenote: II 138]
+
+In dem Anhang zu seinem berühmten Werke (S. 8 und 10) gibt uns ~Witsen~
+ein sehr hübsches Modell aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts. Es
+handelt sich um die Abbildung eines Schiffes, das seiner Zeit das
+Gewölbe der Kirche von Diemer-lez-Amsterdam schmückte, die i. J. 1500
+gebaut war. Die Takelung dieses Schiffes und der aus einem Stück
+bestehende Mast mit Marsen und grossen viereckigen Segeln versetzen
+uns in das Mittelalter zurück. Das Vorderkastell, das kräftig über
+den Vordersteven hervortritt, sowie das Hinterkastell sind höher als
+gewöhnlich. Berghölzer, wie man sie später anbrachte, sieht man nicht;
+mehrere schwere Holzstücke von Stützen gehalten vertreten sie. Die
+Bordwände sind deutlich glatt, und vorn wie seitlich hat das Schiff
+nach der ständigen Übung jener Zeit Schutzhölzer.
+
+Nur das Hinterteil ist nicht deutlich dargestellt; man sieht kein
+Steuer, was darauf schliessen lässt, dass die Zeichnung mangelhaft ist.
+
+Aller Wahrscheinlichkeit nach hat dies Schiff keinen Spiegel; zu jener
+Zeit kennen unsere Fahrzeuge diese Ergänzung noch nicht. Man hat einen
+neuen Beweis hierfür in der «Arche Noah», die in der _Nürnberger
+Chronik_ wiedergegeben ist, Blatt XI, von 1494, sowie in dem Schiffe,
+das in dem holländischen Werk _Peinture ecclésiastique du moyen-âge en
+Hollande, 1518-1525_, Nr. 14, dargestellt ist und Jonas im Wasser zeigt.
+
+[Sidenote: II 136]
+
+[Sidenote: II 119]
+
+Diese Abbildung besonders ist ein prächtiges Muster eines Schiffes
+aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts. Sie ist nicht so alt wie das
+Schiff in der Kirche von Diemer, wie die Takelung beweist; die
+Mastspitze geht durch den Mars und ein anderes Merkmal ist, dass das
+Vorderkastell nicht über den Vordersteven emporragt. Der Sporn ist nahe
+an der Fassung abgebrochen. Die menschlichen Figuren sind übrigens im
+Verhältnis zum Schiff übertrieben gross. Die Bordwände sind glatt. Es
+erinnert uns erstaunlich an die flämische Miniatur aus d. J. 1482.
+
+Wie interessant sind doch diese Abbildungen vom Standpunkt der
+Entwicklung des Schiffes; wir sehen auf ihnen, wie die Formen des
+Kastells deutlicher hervortreten, wie sich die Takelung verbessert und
+umfangreicher wird und wie das Schiff selbst wächst.
+
+Ich möchte darauf hinweisen, dass auf allen Abbildungen die Schiffe ein
+Bugspriet haben, das anfangs nur dazu diente, den Anker zu heben, eine
+Praxis, die noch auf den grossen Flussaken üblich ist.
+
+Wenden wir nun unsere Blicke auf die Bilder von ~Breugel~, nach denen
+F. ~Huis~ vortreffliche Stiche angefertigt hat.
+
+[Sidenote: II 132]
+
+[Sidenote: II 135]
+
+[Sidenote: II 64]
+
+Eine aufmerksame Prüfung dieser Stiche zeigt uns verschiedene
+Schiffstype. Mehrere von ihnen stellen grosse Fahrzeuge dar, die mit
+ihrem riesigen Galion, ihren hohen Aufbauten und ihrem breiten Spiegel
+sich erheblich von dem alten holländischen Schiff unterscheiden.
+
+Das Werk von ~Van Yk~ bringt ebenfalls, auf S. 9, eine Abbildung
+dieser grossen Fahrzeuge, die der Verfasser spanische «Karaken»
+oder «Galionen» nennt, zwei Schiffstype, die unter dem Einflusse des
+Mittelmeers entstanden sind.
+
+Aber neben diesen «Karaken» findet man auch kleinere holländische
+Schiffe. Ein Stich aus d. J. 1564 nach ~Breugel~ zeigt nämlich das
+Bild eines Handelsschiffs von Amsterdam; es ist hinten rund, also ohne
+Spiegel. Man kann es wohl mit dem alten flämischen Stich aus 1480 bis
+1490 vergleichen, der eine «Kraeck» ohne Spiegel darstellt, und dessen
+Aufbauten sich durch ihre Form und Grösse völlig von den Kastellen der
+Schiffe unterscheiden, die auf den anderen Stichen des Meisters W. A.
+dargestellt sind. Sie stimmen mit dem Mittelmeertyp überein.
+
+Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts war demnach das Spiegelschiff in
+Holland eingeführt. Seitdem blieben die Spiegel in diesem Lande auf den
+grossen Fahrzeugen üblich; erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam man
+auf die alte Bauweise zurück, nach dem Beispiele Englands, das nur sehr
+kurze Zeit den Spiegel verwendete, da im 17. Jahrhundert William Pitt
+(~Holmes~, S. 40) dort die runden Formen einführte. ~De Jonge~ macht
+sich also einer kleinen Ungenauigkeit schuldig, wenn er in seinem Werk
+sagt, dass das Spiegelschiff in Holland erst im Jahre 1651 erschien.
+
+Die Einführung des Spiegels liess nichtsdestoweniger das alte runde
+und volle Fahrzeug nicht verschwinden; man kann dies nicht oft genug
+wiederholen.
+
+Noch ein Wort über die Stückpforten. Die alten Abbildungen aus dem
+16. Jahrhundert haben Stückpforten; man findet solche sogar auf einer
+Miniatur aus d. J. 1428. Auf alle Fälle geht ihre allgemeine Einführung
+auf das Ende des 15. Jahrhunderts zurück; sie scheinen von einem
+Franzosen aus Brest, namens Descharges, erfunden zu sein. (~de Jonge~,
+Bd. I, S. 85.)
+
+Auch die Takelung erfuhr wichtige Änderungen. Bei Beginn des 80jährigen
+Krieges (1590) erfand ein Einwohner von Enkhuizen, namens «Kryn
+Wouterz», nach ~Brandt~ (_Geschichte von Enkhuizen_, Bd. 1, S. 139)
+ein Verfahren, die Masten aus mehreren Stücken zu bauen. (~de Jonge~,
+Bd. I, S. 390.) Sie bestanden zunächst aus zwei Stücken, wurden aber
+bald, infolge der neuen Erfindung aus drei Stücken zusammengesetzt, von
+denen jedes ein viereckiges Segel trug. Zu dieser Zeit verschwand die
+mittelalterliche Takelung mit _einem_ grossen quadratischen Segel.
+
+Um die Bewegungen des Schiffs zu erleichtern, erhielt das Bugspriet
+ebenfalls ein viereckiges Segel.
+
+Die Artillerie wurde zweckmässiger aufgestellt, und in Nachahmung
+dessen, was auf den spanischen «Karaken» geschah, stellte man auf dem
+Vorder- und Hinterkastell Kanonen auf, die das Deck beherrschten. Diese
+Anordnung erinnert an die Praxis des Mittelalters, nach der man sich
+im Fall des Enterns in die Kastelle zurückzog und von dort aus die
+Eindringlinge bekämpfte.
+
+[Sidenote: II 143]
+
+[Sidenote: II 144]
+
+Das auf dem Stich von 1594 dargestellte Fahrzeug ist also allmählich
+aus den alten Formen hervorgegangen, hat aber dabei unter dem Einflusse
+des Mittelmeeres gestanden; es führt uns zu der «Pinasse» des 17.
+Jahrhunderts. Das Schiff ist reich geschmückt und bewimpelt, und seine
+Segel sind wie üblich schön bemalt. Diese Sitte verschwand allmählich
+in dem genannten Jahrhundert; man fuhr jedoch trotzdem noch lange fort,
+die Schiffe zu schmücken.
+
+Nach ~Witsen~ bestanden feste Regeln seit dem 16. Jahrhundert für den
+Schiffbau. Eine ständiges Gesetz unter anderen erlaubte es nicht, den
+Vordersteven weiter vorspringen zu lassen als ⁷⁄₆ seiner Höhe und nicht
+weniger als ⅚ dieser Höhe; der Hintersteven hatte eine Neigung von ⅕
+bis ⅙ seiner Höhe. Der genannte Schriftsteller behauptet, dass man
+dem Vordersteven eine so starke Neigung gab, weil man glaubte, dass
+unter diesen Umständen die Schiffe so leichter über das Wasser gleiten
+würden. (S. 47, 2. Spalte unten.)
+
+Etwa beim ersten Drittel der Kiellänge vom Vordersteven gerechnet,
+lagen 1 bis 4 Hauptrippen; hinten lief das Schiff schmaler zu, so
+dass der Heckbalken eine Länge gleich der Hälfte der grössten Breite
+des Schiffes hatte. Das Vorderteil war voll, so dass man das Wasser
+leichter durchschneiden konnte. (~Witsen~, S. 49 u. 50.)
+
+Die Fugen der Beplankung waren kalfatert und nach alter Sitte mit
+Bleiplatten beschlagen.
+
+Das Vorderkastell war niedriger gemacht, das Hinterkastell dagegen
+erhöht worden. Hinten hatte das Schiff einen vierten Mast, um seine
+Bewegungsfähigkeit zu erhöhen; dieser Mast verschwand später, als der
+kleine Bugsprietmast im Laufe des 17. Jahrhunderts in Aufnahme kam.
+(~Witsen~, S. 139, 2. Spalte.)
+
+Das 16. Jahrhundert ist eine für die Niederlande denkwürdige Zeit
+gewesen; während desselben wurde nämlich der Grund zu jener Marine
+gelegt, der, wie ~de Jonge~ sagt, Holland später seine Befreiung, seine
+Grösse und seine Wohlfahrt verdankte. Sie vereinigte in sich alles, was
+dazu beitragen konnte, eine Kraft zur Verteidigung des Vaterlandes zu
+entwickeln, den Handel, die Schiffahrt und die Fischerei zu schützen
+und Holland zu Ruhm und Macht zu führen.
+
+Unsere Marine im allgemeinen und unsere Schiffbaukunst im besonderen
+entwickeln sich immer mehr. Ein langer Kampf beginnt, und zahlreich
+sind die Schlachten, die sowohl vor als auch nach dem 80jährigen Krieg
+geliefert werden (1568-1648).
+
+Nach alter Sitte waren die am Kampf beteiligten Schiffe nur
+Kauffahrteischiffe, die für den Krieg hergerichtet waren (~de Jonge~,
+Bd. I, S. 180). Diese, «Vliebooten» oder «Vlietbooten» genannt, hatten
+kaum 40, 100 bis 140 t Tragkraft und führten 6, 8, 10 und 20 Kanonen.
+Die Mannschaft entsprach im allgemeinen dem Tonnengehalt: ein Schiff
+von 50 t hat 50 Mann Besatzung. (~de Jonge~, Bd. I, S. 181.)
+
+Auf den Strömen und Flüssen verwendete man die «Heuden», von denen oben
+gesprochen ist, ebenso die «Bujer», die auch «Kromstevens» hiessen, und
+andere Schiffe mit glattem Boden.
+
+Die seeländische Marine umfasste ausser einer grossen Zahl kleiner
+Fahrzeuge einige Schiffe von beachtenswerterem Umfang. Bei der
+Belagerung von Middelburg benutzte man «Hulken»; eine davon, die grosse
+Hulk genannt, muss eine Tragkraft von 600 Last oder 1200 t und eine
+Besatzung von wenigstens 500-600 Mann gehabt haben. (~Van Meteren~,
+Blatt 81 und 102.)
+
+Im allgemeinen waren die Schiffe in Nord-Holland grösser als in
+Seeland. Sie fassten 50-125 Last, d. h. 100-250 t und hatten eine
+Besatzung von 50-150 Matrosen und Soldaten; die grössten waren mit 32
+Kanonen bewaffnet. (~de Jonge~, Bd. I, S. 187.)
+
+~Tor~ berichtet (_Holländer Kriege_, Bd. I, S. 650), dass i. J. 1575 13
+Schiffe von dieser Grösse ausgerüstet wurden, denen «Kraveelschife»,
+«Yachten» und «Boote» beigegeben wurden, während nach ~de Jonge~ (Bd.
+I, S. 187) auf der Zuiderzee noch einige Galeeren verwendet wurden.
+
+Damit wir uns eine genauere Vorstellung von der Grösse der Seemacht
+zu jener Zeit machen können, lasse ich hier eine Aufstellung über die
+Marine der Provinz Holland i. J. 1587 folgen, deren Original in den
+Staatsarchiven liegt. (~de Jonge~, Bd. I, S. 586.)
+
+ +=========+========+=======+==========+============================+
+ | ZAHL | | | | |
+ | DER | LASTEN |KANONEN|MANNSCHAFT| BEMERKUNGEN |
+ | SCHIFFE | | | | |
+ +---------+--------+-------+----------+----------------------------+
+ | 1 | 100 | 16 | 95 | |
+ | | | | | |
+ | 1 | -- | 14 | 70 | |
+ | | | | | |
+ | 1 | 27 | 14 | 32 | Kleines Kaliber. |
+ | | | | | |
+ | 10 | 30-90 | 12 | 45-76 | |
+ | | | | | |
+ | 35 | 17-70 | 8-11 | 29-75 | die grössten: 50-60 Mann. |
+ | | | | | |
+ | 4 Y | -- | -- | 36-50 | Y = Yacht. |
+ | | | | | |
+ | 25 | 8-40 | 4-7 | 11-70 | die grössten: 30-40 Mann. |
+ | | | | | |
+ | 6 | -- | 1-2 | 7-11 | |
+ | | | | | |
+ | 1 G | -- | 1 | 16 | G = Galeere. |
+ | | | | | |
+
+Ausser den «Vliebooten» gab es kleinere Fahrzeuge, die «Kromsteven»,
+«Kraveelen», «Heuden» oder Transportschiffe, die «Krapschuiten»,
+«Potten», «Yachten», «Bujer» hiessen. Die grössten Schiffe waren jedoch
+ziemlich klein; nach den Bestimmungen der Regierung vom 1. Juni 1588
+sollten drei der grössten Schiffe für den Krieg ausgerüstet werden, und
+es wird bestimmt, dass sie 200 Last fassen sollten. (~de Jonge~, Bd. I,
+S. 201, Anm.)
+
+Es wird behauptet, dass man sich im Anfang unseres
+Unabhängigkeitskrieges kleiner Fahrzeuge bediente, weil die Schlachten
+auf den Flüssen geliefert wurden, und weil ausserdem die Finanzlage
+sehr schlecht war. (~de Jonge~, Bd. I, S. 203-204.) Ich meinerseits bin
+der Meinung, dass der letztere Umstand der Hauptgrund gewesen ist. Auch
+später noch wird man sich über den wenig befriedigenden Zustand unserer
+Flotte beklagen, weil es an Geld mangelte.
+
+[Sidenote: III 8]
+
+Kehren wir zu den Formen der Schiffe zurück. Nach der «Kogge» haben wir
+die «Hulk» erscheinen sehen, die ihrerseits durch die «Baertze» ersetzt
+wurde; die «Kraeck» ist neben diesem letzteren Typ aufgetaucht; ihr ist
+schliesslich das «Spiegelschiff» gefolgt, in der Form einer Pinasse
+oder eines Kriegsschiffs.
+
+[Sidenote: III 9]
+
+Die runde Form erhielt sich jedoch bei den unbedeutenderen Fahrzeugen,
+und wir sehen so, wie der oben erwähnten Baertze das «Vlieboot» oder
+«Vlietboot» folgt. Es ist dies der alte Typ der Baertze, bei dem der
+obere Teil der Bordwände deutlich einspringt.
+
+Unter dieser neuen Benennung, die man zum ersten Mal in der zweiten
+Hälfte des 16. Jahrhunderts findet, tritt also kein neuer Typ auf;
+es ist die alte Form, die etwas verändert, unter einem neuen Namen
+erscheint. Diese Erscheinung wird später noch öfter vorkommen. Ein
+einfacher Vergleich zwischen dem Vlieboot, der Baertze u. s. w. hat
+bald diese Ähnlichkeit festgestellt; es ist deshalb nicht auffallend,
+dass wir dieselbe Form in der «Buse» wiederfinden. Alle diese Formen
+haben ihren Ursprung in der «Kogge».
+
+Das «Vlieboot» das von der Zuiderzee stammt, und dessen Benennung wohl
+dem Vlie entnommen sein könnte, der von dem fraglichen Schiff oft
+befahren wurde, hatte zurückspringende obere Borde in konvexer Form,
+weil man sie so schwerer entern konnte. Ihre Verteidigung erforderte
+daher nur eine beschränkte Anzahl Leute, eine Eigenschaft, die für die
+Handelsschiffe von Bedeutung war.
+
+[Sidenote: II 148]
+
+[Sidenote: III 19]
+
+Die Vlietboote hatten also ausser einer erheblichen Fassungskraft eine
+grosse Leichtigkeit in der Bewegung; sie sind zweifellos die Vorläufer
+der «Flüte» gewesen, des bevorzugten Handelsschiffs des 17. und 18.
+Jahrhunderts, das England und Frankreich von uns entnommen haben.
+
+Es gibt eine schöne Zeichnung des Vlietbootes aus dem Jahre 1647. Sie
+stellt ein verhältnismässig grosses Schiff dar; der Beweis dafür liegt
+in dem Galion, mit dem unsere kleinen Handelsschiffe nicht versehen
+waren. Dieses Galion (Schnabel) stammt aus dem Mittelmeer; es ist nicht
+niederländischen Ursprungs; die alten holländischen Type haben nämlich
+kein Galion, während die des Mittelmeers schon zur Zeit der Phönizier
+damit versehen waren. (S. u. a. ~Van Yk~, S. 103.)
+
+Der Name «Baertze» verschwindet am Ende des 16. Jahrhunderts vor dem
+Namen «Vlietboot», und im Anfang des 17. Jahrhunderts tauchen Namen auf
+wie «Gallioot, Bootschip, Noortvaerder, Kof, Smakschip, Boeier (Bujer)»
+und gleichzeitig die «Flüten» und die Schiffe mit eckigem Hinterteil.
+
+In diesen verschiedenen Benennungen indessen -- man kann dies nicht oft
+genug wiederholen -- verschwanden aber die ersten Formen nicht. Diese
+haben sich erweitert, und einige äussere Merkmale, wie die Takelung,
+haben Abänderungen erfahren. -- Alle die verschiedenen vorgenannten
+Type haben also als Haupt- und Grund-Charakter die alte volle Form.
+
+In der Zeit, die uns beschäftigt, kann man die Schiffe in drei
+Hauptgruppen teilen:
+
+_a_) die Schiffe mit Spiegel,
+
+_b_) die Flüten, in der weitesten Bedeutung des Wortes und,
+
+_c_) die Kof- und Smakscheepen. (Kuffen und Schmacken.)
+
+Es dürfte nicht notwendig sein, hinzuzufügen, dass die Schiffe der
+Gruppen _b_) und _c_) keinen Spiegel hatten. Bei diesen Gruppen werden
+wir also die alten holländischen Type in reinster Form finden.
+
+So sind wir zum 17. Jahrhundert gekommen, diesem Jahrhundert des Ruhmes
+und der unerhörten Wohlfahrt für unser Vaterland, besonders im Hinblick
+auf die Schiffbaukunst. Bevor wir indessen in diese Zeit treten, müssen
+wir kurz sehen, welches der Zustand des Schiffbaues im Auslande war.
+
+Beginnen wir mit Spanien, das an unserm Unabhängigkeitskrieg beteiligt
+war.
+
+Die spanische Schiffbaukunst, die später aufblühte als die Portugals,
+hat zweifellos und in hohem Grade den Einfluss des Mittelmeers
+erfahren. Die Galionen und die Spanischen Karaken erinnern an die
+genuesischen Schiffe und Karaken, von denen nur einige alte Zeichnungen
+aufbewahrt werden konnten, und die erst unter dem Einfluss der
+Beziehungen zu den Völkern des Nordens entstanden sind.
+
+Ausser den Galionen nahmen die Galeeren und die Galeassen eine wichtige
+Stellung in der spanischen Marine ein. Der lange und häufige Gebrauch
+der Ruderschiffe, bei denen die Kämpfe Mann gegen Mann selten waren,
+bewirkte es, dass entgegen der Praxis der nördlichen Völker man bei den
+Völkern des Südens weniger häufig enterte.
+
+Man kann zweckmässig die Abbildungen der Mittelmeerschiffe zu Rate
+ziehen, um sich einen Begriff von den spanischen Schiffen zu machen.
+
+Die Seemacht Spaniens ging bekanntlich im Jahre 1588 mit der
+unbesieglichen Armada unter. Eine kurze Beschreibung dieser Flotte wird
+uns eine Vorstellung von der Grösse dieser Schiffe geben. Sie bestand
+aus 132 Schiffen, darunter (~Holmes~ S. 92) 4 Galeeren, 4 Galeassen, 30
+Schiffe von weniger als 100 Tonnen und 94 Fahrzeuge von 130 bis 1550
+Tonnen. Die runden Schiffe hatten eine Gesamttragfähigkeit von 59120 t.
+Die Artillerie bestand aus 2761 Kanonen, und die Besatzung zählte 7865
+Matrosen und 20671 Soldaten.
+
+Ihr Gegner, die englische Flotte, war 197 Schiffe stark, von denen
+nur 34 zur Königlichen Marine gehörten, während der Rest aus
+Handelsschiffen bestand, die in der Eile für den Krieg hergerichtet
+waren.
+
+Das grösste englische Fahrzeug war das im Jahre 1561 gebaute
+Schlachtschiff «Triumph», mit 1000 bis 1100 t. Ladefähigkeit, einer
+Besatzung von 300 Matrosen, 40 Kanonieren und 160 Soldaten sowie
+42 Kanonen. Ausser dem «Triumph» zählte die englische Flotte nur 7
+Schiffe, deren Tragfähigkeit von 600 bis 1000 t schwankte, während die
+spanische Flotte 45 von dieser Grösse besass.
+
+Die Gesamtbesatzung der englischen Flotte zählte 15551 Köpfe, Holland
+war in diesem Kampf auf der Seite Englands; Holland war es, das den
+Herzog von Parma bei Dünkirchen einschloss.
+
+Die grössten niederländischen Schiffe hatten eine Wasserverdrängung
+von 400 t. Sowohl in England wie bei uns mietete man für den Krieg
+Handelsschiffe, die vorübergehend als Kriegsschiffe dienten. Das war
+die alte Sitte des Mittelalters, die noch lange bestand. Zu jener
+Zeit war es übrigens um so leichter, Handelsschiffe für den Krieg
+auszurüsten, als die Artillerie noch in den Kinderschuhen steckte oder
+unbekannt war.
+
+Die folgenden Ziffern (~Holmes~, S. 95) zeigen uns, dass im
+allgemeinen die Schiffe der südlichen Staaten grösser waren als
+die unsrigen. Im Jahre 1792 bemächtigten sich die Engländer einer
+portugiesischen Karake von 1600 t, einer Länge von 165 Fuss zwischen
+Vorder- und Hintersteven und 7 Decken.
+
+Im Jahre 1594 geschah dasselbe mit einer spanischen Karake, die 1100
+Mann an Bord hatte. Bei der Einnahme von Cadix im Jahre 1596 fielen
+zwei spanische Galeassen dem Feinde in die Hände. Sie hatten eine
+Tragkraft von 1200 t, das Admiralschiff San Felipo, das man in die
+Luft sprengte, hatte einen Tonnengehalt von 1500. I. J. 1602 kaperte
+man in Cezimbra eine portugiesische Karake von 1600 t, genannt «San
+Valentino», deren Wert einschliesslich der Kanonen auf 1 Million
+Dukaten geschätzt wurde.
+
+Unter der Regierung der Königin Elisabeth (1588 bis 1603) nahmen
+die Engländer, wie man sagt, nach unserem Beispiele und infolge der
+Erfindung von Kryn Wouterszoon den Mast mit beweglichem Mars an.
+(~Holmes~, S. 86.)
+
+Bisher waren die Stückpforten nicht nur unregelmässig verteilt, sondern
+die untere Reihe befand sich im allgemeinen so niedrig, dass sie bei
+mehr oder weniger bewegter See geschlossen gehalten werden mussten.
+In England indessen bemühte man sich, die untere Reihe höher zu legen
+(~Holmes~, S. 96), und dies Beispiel wurde bald allgemein befolgt.
+Frankreich, das bis zu dieser Zeit nur auf dem Mittelmeer erschienen
+war, begann im 17. Jahrhundert unter Richelieu (1624-1692) seine
+Marine zu entwickeln. Colbert setzte dieses Werk mit Eifer fort. Wie
+wir bemerkt haben, als wir vom Mittelmeer sprachen, waren die ältesten
+französischen Schiffe im Grunde völlig denen der Genuesen ähnlich;
+bis gegen 1650 überwogen auch dort die Galeeren. Nur der Norden
+Frankreichs, sowie die Normandie gehören, wie die alten Abbildungen
+zeigen, zum Nordzentrum. Das überrascht uns nicht; man erinnere sich
+des Einfalls der Normannen in jene Gegenden. Noch heutigentags findet
+man im Norden Frankreichs Schiffe, die denen von Flandern und unserer
+Heimat gleichen.
+
+Kehren wir jetzt zu den Niederlanden zurück.
+
+Nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Gama im
+Jahre 1498, und nachdem Portugal sich das Handelsmonopol in diesen
+Gegenden gesichert hatte, wurde Lissabon der Sitz des Welthandels.
+
+Zu jener Zeit holten die Holländer die Erzeugnisse Indiens aus den
+portugiesischen Häfen. Aber im J. 1580 bemächtigte sich der Herzog von
+Alba Portugals und nahm es für Spanien in Besitz. Trotzdem duldete man,
+dass wir fortfuhren, mit dem ersteren Land Handel zu treiben, bis im
+Jahre 1585 alle holländischen Schiffe fortgenommen wurden.
+
+Holland sah sich also gezwungen, sich selbst einen Weg nach Indien zu
+bahnen, den man zuerst über den Norden zu finden glaubte. Zu diesem
+Zweck rüstete man im Jahre 1594 vier Schiffe aus; zwei davon auf Kosten
+Hollands, zwei auf Kosten Amsterdams. Dieses Unternehmen scheiterte,
+ebenso das von 1595, dem die berühmte Expedition von Heemskerk, Barens
+und Ryp folgte, die gleichfalls ergebnislos verlief.
+
+In der Zwischenzeit suchte man einen Weg über den Süden und das Kap der
+guten Hoffnung. Im Jahre 1595 lief eine Flotte von vier Schiffen unter
+der Leitung von Keyzers und Houtman aus; ihre Abwesenheit dauerte 2½
+Jahre. Nach einer Fahrt von 446 Tagen erreichten die Schiffe Bantam und
+besuchten Bali. Die Rückkehr erforderte 168 Tage. Diese Flotte hatte
+eine Mannschaft von 248 Köpfen an Bord.
+
+Die Ergebnisse dieser Unternehmung waren nicht glänzend; trotzdem hatte
+sie die Bildung der Ostindischen Kompagnie im Jahre 1602 zur Folge, die
+in unserer Geschichte eine so wichtige Rolle spielte.
+
+Es braucht nicht gesagt zu werden, dass beide Ereignisse einen
+entscheidenden Einfluss auf die Entwickelung unserer Schiffbaukunst
+hatten.
+
+Im Anfang des 17. Jahrhunderts war noch nicht die Rede von einer
+eigentlichen Kriegsmarine. Für alle wichtigen Ereignisse mietete man
+noch Handelsschiffe, die man in Kriegsfahrzeuge umwandelte. Unsere
+Flotte bestand also zu jener Zeit aus allen möglichen Schiffstypen.
+Unter diesen waren die Schiffe mit Spiegel, genannt Pinassen,
+die «Vlietboote» oder «Flüten» die wichtigsten. Es gab ausserdem
+«Heckboote» und «Schmacken» von geringerer Grösse. Wir finden also
+drei Sorten, von denen oben gesprochen ist: die «Spiegelschiffe», die
+«Flüten» und die «Schmacken».
+
+[Sidenote: II 149]
+
+Das alte Modell von Zierikzee gibt uns die beste Vorstellung von
+dem Uebergang des Spiegelschiffs des 16. Jahrhunderts in das des 17.
+Wenngleich es, wie übrigens alle alten Abbildungen, Fehler in den
+Grössenverhältnissen zeigt, so zieht es doch unsere Aufmerksamkeit
+auf die ausgesprochene Neigung seines Vorderstevens. Es war zu jener
+Zeit allgemein üblich, dass das Schiff möglichst wenig in das Wasser
+tauchte, einen stark geneigten Vordersteven und ein vorspringendes
+Vorderteil hatte, so dass es das Wasser leichter verdrängen konnte,
+oder, wie man sagte, das Wasser unter, und nicht um den Kiel führen
+konnte. Man glaubte, dass das Wasser unter die Bordwände. gesogen
+würde, (~Van Yk~, S. 353), und dass das sehr schräg stehende Vorderteil
+es dem Schiff ermöglichte, leichter über das Wasser zu gleiten.
+(~Witsen~, S. 47, 2. Spalte unten.)
+
+Später hat man seine Ansicht geändert, und wir sehen dann, dass bis zum
+19. Jahrhundert man den Vordersteven immer mehr aufrichtet; das Schiff
+gewinnt dadurch an Weite.
+
+~Fürtenbach~ bildet ein holländisches Fahrzeug aus dem Anfang des
+17. Jahrhunderts ab; der Spiegel ist darin, wahrscheinlich, um die
+Schwierigkeiten der Zeichnung zu vermeiden, nur durch einige Linien
+angegeben. Das Hinterkastell ist grösser geworden; der Teil zwischen
+dem Vorder- und Hinterkastell bleibt immer noch offen. Diese Bauweise,
+die sich aus der fortschreitenden Entwickelung der Kastelle im
+Mittelalter ergibt, verschwindet erst am Ende des 18. Jahrhunderts in
+dem Augenblick, wo die Fahrzeuge mit 2 oder 3 Decken auf der Bildfläche
+erscheinen.
+
+Bei diesen Schiffen sind Vorder- und Hinterkastell von gleicher Höhe;
+sie sind mit einander verschmolzen und bestehen aus mehreren über
+einander liegenden Decken.
+
+Auch die Takelung hat neue Aenderungen erfahren, zweifellos infolge
+der Erhöhung des Hinterteils. Der vierte kleine, an dieser Stelle
+errichtete Mast hat nämlich einem Mast Platz gemacht, der mit einem
+viereckigen Segel versehen und am Ende des Bugspriets festgemacht ist.
+Dieser Mast diente nur dazu, das Schiff zu steuern.
+
+Die Schiffe nehmen an Grösse zu, und die Ausrüstung wird infolge einer
+zweckmässigeren Anordnung der Artillerie verbessert. Die folgenden
+Ziffern liefern den Beweis dafür.
+
+Im J. 1596 hat ein Fahrzeug von 200 Last nur 24 Kanonen, ein Fahrzeug
+von 150 Last 17 und ein Schiff von 100 Last nur 16 an Bord.
+
+Im J. 1616 stellt man 36 Kanonen auf einem Schiff von 200 Last auf, 28
+auf einem Schiff von 120 Last, und i. J. 1628 spricht man von einem
+Schiff von 200 Last, das mit 39 Kanonen bestückt ist (~de Jonge~, Bd.
+2, S. 396).
+
+Ausser der besseren Anordnung ergab sich die Vermehrung der Artillerie
+selbst durch die Bewaffnung des Oberdecks und der Kampagne. Um 1639
+wurde ein grosser Teil der eisernen Kanonen durch solche aus Bronze
+verdrängt, was es ermöglichte, eine grössere Anzahl von Kanonen an Bord
+zu nehmen (~de Jonge~, Bd. 1, S. 400); aber diesen Kanonen fehlte das
+einheitliche Kaliber und die gleiche Grösse. Durch spätere Einführung
+von Kanonen eines gleichartigeren Kalibers wurde der Gefechtswert der
+Schiffe erheblich vermehrt.
+
+Wie gross auch die erreichten Fortschritte für unsere Flotte waren, so
+konnte sie doch nicht die Rolle spielen, die ein Seekrieg erforderte.
+Man sah sich also schliesslich genötigt, eigentliche Kriegsfahrzeuge
+zu bauen, da die Aufgabe mit Handelsschiffen nicht mehr zu lösen war.
+Man beschloss also, 60 neue Kriegsschiffe zu bauen, die man im Jahre
+1652 auf Stapel legte. Diese Flotte, die erste Kriegsflotte, die in
+unserer Heimat gebaut wurde, lief schon im Jahre 1658 aus. In diesem
+Jahre brach man also mit der alten mittelalterlichen Sitte, nach der
+man Handelsschiffe für den Krieg zurechtmachte.
+
+Es ist selbstverständlich, dass die fragliche Flotte allein nicht
+genügte, und dass Handelsschiffe als Transportschiffe dienten. Deshalb
+behielten diese letzteren Kanonen zu ihrer eigenen Verteidigung an Bord.
+
+[Sidenote: II 146]
+
+[Sidenote: II 147]
+
+Die oben genannten Kriegsschiffe hiessen «Pinassen» und hatten einen
+Spiegel sowie ein grosses Galion. Das Admiralschiff von Tromp, die
+«Emilie» war eine Musterpinasse.
+
+[Sidenote: III 8]
+
+[Sidenote: III 9]
+
+[Sidenote: II 150]
+
+Im Jahre 1664 wurde die Flotte in sehr kurzer Zeit noch um 60 neue
+Einheiten vermehrt (Spiegelschiffe) (~de Jonge~, Bd. 2, S. 25 u. ff.).
+Als man diese Schiffe baute (~de Jonge~, Bd. 2, S. 27), beabsichtigte
+man besonders, unsere Marine mit Schiffen zu versehen, die, _soweit
+es unsere Durchfahrten und Häfen gestatteten_, wenigstens so gross
+und stark wie die des Feindes waren; die Zahl ihrer Kanonen wurde auf
+60 bis 80 festgestellt. Unter diesen Fahrzeugen, die im Jahre 1665
+ausliefen, befand sich das wohlbekannte Schiff De Ruyters «Die sieben
+Provinzen».
+
+Auf den meisten Schiffen waren die Kanonen aus Ersparnisrücksichten
+teils aus Eisen, teils aus Bronze; das Admiralschiff De Ruyters jedoch
+hatte nur Bronzekanonen.
+
+Die folgenden Ziffern werden eine Vorstellung von der zunehmenden
+Grösse der Schiffe geben.
+
+Im Jahre 1654 hatte das grösste Schiff 150 Fuss Länge, 38 Fuss Breite
+und 15 Fuss Tiefe; es trug 58 Kanonen. Das ihm folgende hatte eine
+Länge von 146 Fuss, eine Breite von 26 Fuss und eine Tiefe von 14 Fuss;
+es hatte 60 Kanonen an Bord.
+
+Beim Beginn des zweiten Krieges mit England massen die beiden grössten
+Schiffe 169 und 171 Fuss in der Länge. «Die sieben Provinzen» hatte
+eine Länge von 163 Fuss, eine Breite von 43 Fuss und eine Tiefe von 15
+Fuss. Das nächstfolgende mass 155-160 Fuss in der Länge, 40½–42½ Fuss
+in der Breite und 15 Fuss in der Tiefe u. s. w.
+
+Die Längen und Breiten nehmen also zu, aber die grösste Tiefe bleibt 15
+wegen der Tiefe unserer Durchfahrten.
+
+Als man später im Ausland mit der Vergrösserung fortfuhr, und als
+man bei uns die Notwendigkeit empfand, diesem Beispiel zu folgen,
+wurde die Frage des grössten Tiefganges eine Aufgabe, die die volle
+Aufmerksamkeit unserer Schiffbauer immer mehr in Anspruch nahm. Je
+grösser das Schiff wurde, um so breiter wurde es, weil der Tiefgang
+beschränkt war; hierdurch wurde es den Schiffen der feindlichen Länder
+unterlegen, mit denen man leichter segeln konnte. In diesen Ländern
+brauchte man nämlich nicht Rücksicht auf die wenig tiefen Fahrstrassen
+zu nehmen und konnte demnach Schiffe von schmalerer Form bauen. (~Van
+Yk~, 1697, Seite 353.)
+
+Als daher, i. J. 1682, die Fahrzeuge, aus denen unsere Flotte bestand,
+in Klassen oder «Charters» geteilt wurden, rechnete man zur ersten
+Klasse nur Schiffe von 16 bis 17 Fuss Tiefe. Zu dieser Klasse gehörten
+später die ersten Schiffe mit dreifachem Deck, die bei uns gebaut
+wurden. Es wird uns daher nicht wundern, wenn schliesslich unsere
+Kriegsschiffe denen des Auslands weichen mussten, die immer grösser
+wurden. Dieser Zustand war keine Folge der Minderwertigkeit unserer
+Schiffbauer, sondern hatte seinen Grund in dem Zustande unseres
+Fahrwassers.
+
+[Sidenote: III 13]
+
+Der Unterschied im Tiefgang tritt deutlich hervor, wenn wir die
+Abmessungen des grössten französischen und englischen Schiffes mit
+denen unseres grössten Schiffs am Ende des 17. und am Anfang des 18.
+Jahrhunderts vergleichen. Diese Abmessungen waren die folgenden: für
+das holländische Schiff: Länge 49,26 m; Breite 12,88 m; Tiefe 4,86 m;
+für das englische Schiff: Länge 49,41 m; Breite 14,33 m; Tiefe 5,64 m;
+für das französische Schiff: Länge 59,91 m; Breite 14,29 m; Tiefe 5,61
+m.
+
+Man verstand unter Tiefe die innere Höhe des Schiffs gemessen bis zur
+ersten Schwimmlinie. (~Witsen~, S. 74, unter 9.) (S. auch Abbildung
+XXXII, S. 56 desselben Werkes u. s. w.)
+
+Ein Schiff von 4,86 m Tiefe brauchte übrigens mit Hinzurechnung
+der Kielhöhe u. s. w., eine Wassertiefe von wenigstens 5 m. Nun
+hatte sich die Wassertiefe im «Pampus» bei Amsterdam am Ausgang
+des 17. Jahrhunderts bekanntlich schon wesentlich vermindert. Die
+grossen Schiffe konnten nicht mehr oder doch nur mit sehr grossen
+Schwierigkeiten in die Stadt gelangen.
+
+[Sidenote: II 238]
+
+Unter diesen Umständen erfand ein gewisser Meeuwis Meindertz Bakker,
+aus Amsterdam gebürtig, i. J. 1691 die «Seekameele», mit deren Hilfe
+man die Schiffe um 5 bis 6 Fuss heben konnte. (~Van Yk~, S. 360.)
+Diese «Seekameele» hatten auf der einen Seite eine senkrechte Wand,
+die andere schmiegte sich der Form des Schiffes an. Auf beiden Seiten
+angebracht umschlossen sie das Schiff, indem sie eine Art Schwimmdock
+bildeten.
+
+Wurde das Schiff zwischen diese beiden, fest mit einander verbundenen
+Kameele genommen, so stieg es in dem Masse, wie man die Kameele
+entleerte.
+
+Die «Seekameele» sind recht gut bei ~Van Yk~, Blatt 360, abgebildet,
+ebenso in dem Werke: _Figures de navires et embarcations_, 1831, S.
+135, von ~Le Comte~.
+
+Kleine Barken schleppten das so gehobene Schiff durch den «Pampus».
+Was die Tiefe an dieser Stelle betrifft, so berichtet ~Le Comte~ (S.
+38), dass bei Flut der Pampus oder «Muiderzand» 10½ Fuss Tiefe hatte
+(2,97 niederl. Ellen), und bei Ebbe 9 Fuss (2,55 niederl. Ellen). Nur
+bei ausserordentlich starker Flut war eine Wassertiefe von 13 Fuss
+vorhanden (3,68 niederl. Ellen).
+
+Später gelang es, dank der «Seekameele», Schiffe von 19 Fuss Tiefe, d.
+h. von 5,58 m bis vor Amsterdam zu führen.
+
+Aber dieser Zustand ist bei Rotterdam nicht besser. Hierüber berichtet
+der Schiffbauer ~Van Yk ~in seinem Werke von 1697, S. 14. «En waarlyk
+de wytheid der schepen is wel het voornamste en beste middel om het
+ondiepgaan derselve te bevorderen, een saak die wy hier te lande
+wegens de droogte of ondieptheid onzer zeegaten, ten hoogste dienen te
+betrachten; want (volgens ’t getuigenis van ervaarne en de diepte dezer
+zeegaten zeerwel bepeild hebbende loodsen) soo konnen met een gemeen
+geleide uit het Goereesche gat niet meer dan 20, uit Texel, omtrent
+ook soo veel en uit de Maas niet meer als 13 voeten diepgaande schepen
+worden gelootst. Waarom dan ook somtyds wel is komen te gebeuren, dat
+eenige van ’s Lands oorlogsschepen, soo nauw gemaakt en om zeilvoerens
+wil soo diep geballast synde, met een dood getyde en Wind, tot Staats
+groot nadeel, niet konnen ’t zee geraken, of daar al in synde, haar
+onderste geschut, omdat so naby ’t water lag, niet bruikbaar werd
+bevonden»[10].
+
+Ferner heisst es auf S. 360: «Want soo heeft men al voor veele jaren,
+om onze groote en diepgaande schepen in zee te brengen, wegens de
+ondieptheid onzer _rivieren_ en _zeegaten_, getragt, waar ’t mogelyk,
+door ledig vatwerk, so pypen, als voedervaten, op te ligten en te
+doen ryzen. Dog was dit werk, om het byeen schikken der vaten, een
+ellendige talmery en veel arbeids onderworpen»[11].
+
+Nach den Berichten der Batavischen Gesellschaft in Rotterdam 1850, S.
+94 und ff. war die Durchfahrt von Briel nur für Schiffe von 3 m bis
+3,50 m fahrbar; die grösseren Schiffe mussten durch das «Goereesche
+Gat» fahren, um nach Rotterdam zu kommen, in dem sie nacheinander
+das «Hollandsche Diep» und das «Dortsche Kil» benutzten. Selbst an
+diesen Stellen war bei Flut nur eine Tiefe vorhanden, die höchstens
+für einen Tiefgang von 5,10 m genügte (s. Dr. ~Blink~, _Nederland en
+zyne Bewoners_, Bd. I, S. 447); diese Strasse war übrigens wegen der
+geringen Fahrwasserbreite schwer fahrbar. Dieser Zustand veranlasste
+die Herstellung des Kanals von Voorne (1827-29). Trotz dieses Kanals
+hing auch ferner der grösste Tiefgang von der Tiefe ab, die bei
+gewöhnlicher Flut das Goereesche Gat und das Hellegat hatten. Diese
+Tiefen betrugen 5,10 m und 5,20 m. (W. F. ~Leemans~: _De Nieuwe
+Waterweg, etc. Gedenkboek, K. Inst. Ing._ S. 13, s. auch S. 130
+desselben Werkes.)
+
+[Sidenote: II 140]
+
+[Sidenote: III 14]
+
+In dem Masse, wie im Auslande die Schiffe wuchsen, wurde die Lage
+bedenklicher für die niederländische Marine. Und das Ausland schlief
+nicht! England widmete seiner Marine i. J. 1656-57 ⅘ der Kroneinkünfte;
+i. J. 1657-58 ⅔ und 1658-59 gegen ⅗. (~Holmes~, S. 108.)
+
+Vier von den grössten während dieser Zeit gebauten Schiffen hatten
+eine Ladefähigkeit von über 1000 t; i. J. 1673 wurde das bei uns
+wohlbekannte Schiff «The Royal Charles» vom Stapel gelassen, das später
+von den Holländern gekapert wurde.
+
+Die meisten englischen Kriegsschiffe gehörten zu dieser Zeit noch zur
+3. Klasse. I. J. 1666 verteilten sich die Schiffe folgendermassen auf
+die Klassen:
+
+ +-------+---------+--------+-----------+-----------+--------+
+ |KLASSE | KIEL- | BREITE | TIEFE | TRAGKRAFT |KANONEN |
+ | | LÄNGE | | | | |
+ +-------+---------+--------+-----------+-----------+--------+
+ | 1 | 128-146 | 40-48 | 17,9-19,8 | 1100-1740 | 90-100 |
+ | 2 | 121-143 | 37-45 | 17-19,8 | 1000-1500 | 82-90 |
+ | 3 | 115-140 | 34-40 | 14,2-18,3 | 750-1174 | 60-74 |
+ | 4 | 88-108 | 27-34 | 11,2-15,6 | 12,8-17,8 | 32-54 |
+ | 5 | 72-81 |23,6-27 | 9,9-11 | 11,6-13,2 | 26-32 |
+ | \----------------V----------------/ |
+ | Die Masse sind in englischen Fuss angegeben, |
+ | 1 Fuss = 0,3048 m |
+
+I. J. 1646 wurde in England die erste Fregatte gebaut, und i. J. 1679
+wurde dort der Mörserprahm (Bombarde) eingeführt, nach einem vom
+französischen Schiffbauer Bernard Renan erfundenen Modell.
+
+Nach 1700 stand die Schiffbaukunst völlig unter dem Einflusse
+derjenigen Frankreichs.
+
+«It may truly be said, sagt ~Holmes~, S. 114, that during the whole of
+the eighteenth century the majority of the improvements introduced in
+the forms and proportions of vessels of the Royal Navy were copied from
+French prizes»[12].
+
+Kaum hatte man ein französisches Schiff gekapert, als man es nachahmte,
+aber mit Vorliebe in grösserem Massstabe. (~Holmes~, S. 124.) Die
+Schiffbaukunst hatte sich übrigens wesentlich vervollkommnet, besonders
+unter dem Minister Colbert (1661), nachdem der Kardinal Richelieu
+die ersten Grundlagen geschaffen hatte (1630). Die von Colbert
+aufgestellten Regeln wurden bis zum 19. Jahrhundert befolgt, mit
+einigen Abweichungen in Einzelheiten.
+
+I. J. 1668 umfasste die französische Flotte schon 176 Schiffe, von
+denen eins der schönsten und berühmtesten die «Soleil Royal» war. Diese
+Flotte war vollständig ebenso organisiert wie die in Holland. (~de
+Jonge~, Bd. III, 1. Teil, S. 114.) Es gab übrigens zu jener Zeit nur
+geringe Unterschiede zwischen den französischen und den holländischen
+Modellen.
+
+Am Ende des 17. Jahrhunderts, unter der Regierung Ludwigs XIV, wuchsen
+die Abmessungen erheblich. Man kann sich hiervon ein Bild aus der
+nachstehenden Übersicht machen, die dem ~Barras de la Penne~ entnommen
+ist (1698).
+
+ +--------+-------+------------+-----+------+-----+--------------------+
+ | RANG | ZAHL | KALIBER | | | | ZAHL |
+ | UND | DER |UND MATERIAL|LÄNGE|BREITE|TIEFE| DER |
+ |ORDNUNG |KANONEN|DER KANONEN | | | | BATTERIEN |
+ +--------+-------+------------+-----+------+-----+--------------------+
+ | | | m | m | m | |
+ | 1. | {1 Batterie, | | | | } |
+ | Reihe. | {8-48, der Rest,| | | |Drei verdeckte } |
+ | 1. | {36 |56,01| | |Batterien, } |
+ |Ordnung.|122 {2 Batterien, 24|Kiel |15,64 | 7,64|Kampanje und } |
+ | | {3 Batterien, 18|51,54| | |Vorderkastell. } |
+ | | {und Kampagnen, | | | | } |
+ | | {12 und 18 | | | | } |
+ | | | | | | | } |
+ | 1. | | | | | |Drei verdeckte } |
+ | Reihe. |70-100 | Bronze- |51,91|14,29 | 6,61|Batterien, } |
+ | 2. | | kanonen. | | | |Vorder- und } |
+ |Ordnung.| | | | | |Hinterkastell. } |
+ | | | | | | | } |
+ | 2. | | | | | | }[*] |
+ | Reihe. |60-70 | desgl. |48,72|13,47 | 6,17|desgl. } |
+ | 1. | | | | | | } |
+ |Ordnung.| | | | | | } |
+ | | | | | | | } |
+ | 3. | | | | | | } |
+ | Reihe. |56-66 |Kanonen ⅔ |47,47|12,34 | 5,68|Zwei verdeckte } |
+ | 1. | |aus Bronze, | | | |Decke, Kam- } |
+ |Ordnung.| |⅓ aus Eisen.| | | |panje und } |
+ | | | | | | |Vorderkastell. } |
+ | | | | | | | } |
+ | 3. | | | | | | } |
+ | Reihe. |40-50 |Kanonen ½ |34,22|12,01 | 5,41|desgl. } |
+ | 2. | |aus Bronze, | | | | } |
+ |Ordnung.| |½ aus Eisen.| | | | } |
+ | | | | | | | |
+ | 4. | | | | | | } |
+ | Reihe. |30-40 |Kanonen ⅓ |38,98|10,55 | 4,71|desgl. } |
+ | | |aus Bronze, | | | | } |
+ | | |¾ aus Eisen.| | | | } |
+ | | | | | | | } |
+ | 5. | | | | | | } |
+ | Reihe. |18-30 |Kanonen ¼ |35,73| 8,66 | 4,55|Zwei kleine }[**]|
+ | | |aus Bronze, | | | |Aufbauten oder } |
+ | | |¾ aus Eisen.| | | |nur ein } |
+ | | | | | | |Hinterkastell. } |
+ |Fregat- | | | | | | } |
+ |ten. | 8-16 | -- | -- | -- | -- | -- } |
+ | | | | | | | } |
+
+ [*] Linienschiffe.
+
+ [**] Stehen nicht in der Schlachtreihe.
+
+[Sidenote: II 166]
+
+[Sidenote: II 169]
+
+[Sidenote: II 15]
+
+Die im Schiffbau unter Ludwig XIV. erzielten Fortschritte werden in dem
+Werk _Le Musée de Marine du Louvre_ folgendermassen dargestellt: «Das
+Hervortreten des Vorderteils ist weniger übertrieben, das Hinterkastell
+ist niedriger gemacht, die Artillerie ist gut verteilt; die Masten
+sind proportionierter und das Segelwerk umfangreicher und leichter zu
+handhaben, so dass ein schnelleres Segeln und leichtere Bewegungen
+erzielt werden. Der Reichtum und die Schönheit des Schmuckes sind auf
+ihrem Höhepunkt angelangt; sie hatten die Art Poesie wie die ehemalige
+Ritterschaft. Alles in dieser Marine lässt schon die Vervollkommnung
+ahnen, zu der das Schiff unter den beiden folgenden Herrschern schnell
+gelangt ist.»
+
+Die Schiffbaukunst nimmt einen beträchtlichen Aufschwung. Einige Werke
+werden veröffentlicht, von denen die von ~Bernouilli~ (1738) und
+~Euler~ (1749) über die Stabilität der Schiffe die berühmtesten sind.
+
+Die Abmessungen der Schiffe nehmen immer mehr zu. Schiffe mit 70
+Kanonen, die 1715 in der 1. Klasse standen, werden i. J. 1765 in die 6.
+Klasse eingereiht.
+
+Die französische Flotte war i. J. 1750 nach dem _Musée de Marine du
+Louvre_, folgendermassen zusammengesetzt:
+
+ +======+========+========+========+===========+========+==============+
+ | |Lähge | | | | | |
+ | |des Vor-| | | | | |
+ |ARTIL-|derste- | Breite | Tiefe | | Mann- | Kaliber |
+ |LERIE |vens und| am |über dem| BATTERIEN | schaft | der |
+ | |des Hin-| Haupt- | Kiel | | | Geschütze |
+ | |terste- | balken | | | | |
+ | |vens | | | | | |
+ +------+--------+--------+--------+-----------+--------+--------------+
+ | +DREIDECKER+ |
+ | |
+ |Kano- | m. | m. | m. | | Mann | |
+ |nen | | | | | | |
+ | 120 |56,84 |14,61 |7,47 |3 verdeckte|1000 {In der un- |
+ | |-60,42 |-16,24 |-8,12 |Batterien, |-1200 {tersten Bat- |
+ | | | | |Back und | {terie 30 Pfd. |
+ | | | | |Schanze und| { |
+ | | | | |Kampanje | { |
+ | | | | | | { |
+ | 110 |54,57 |14,94 |7,31 | desgl. |1000 {2º 18 „ |
+ | |-57,82 |-15,59 |-7,80 | |-1100[A]{ |
+ | | | | | | { |
+ | 100 |53,27 |14,61 |7,47 | | 900 {3º 12 „ |
+ | |-57,49 |-15,26 |-7,63 | desgl. | -1000 { |
+ | | | | | | {Halb- |
+ | 90 |51,97 |14,29 |6,81 | desgl. | 850 {deck 6 „ |
+ | |-55,22 |-14,94 | -7,46 | | -900 {Kampanje |
+ | | | | | | { 4 „ |
+ | |
+ | +ZWEIDECKER+ |
+ | |
+ | 80 |50,67 |13,96 |6,66 |2 verdeckte| 750 {Untere Bat- |
+ | |-54,57 |-14,61 |-6,98 |Batterien, | -800 {terie 30 Pfd. |
+ | | | | |Back, | {Obere 18 „ |
+ | | | | |Schanze und| {Halbdeck |
+ | | | | |Kampanje | { 8 „ |
+ | | | | | | {Kampanje |
+ | | | | | | { 4 „ |
+ | | | | | | | |
+ | 74 |48,72 |13,64 |6,50 | desgl. | 650 { {36 oder 24|
+ | |-53,27 |-13,96 |-6,98 | | -700 {des-{ 8 |
+ | | | | | | {gl. { 8 oder 6 |
+ | | | | | | { { 4 |
+ | | | | | | { |
+ | 64 |46,04 |12,66 |6,00 |2 Batterien| 450 {Obere Batterie |
+ | |-48,72 |-12,99 | -6,50 |mit Back |-500[B]{ 21 oder 18 |
+ | | | | |und Schanze| { untere |
+ | | | | | | { 18 oder 12 |
+ | | | | | | { Schanze |
+ | | | | | | { 6 Pfd. |
+ | | | | | | { |
+ | 50 |43,84 |11,36 |5,50 | desgl. | 300 { {18 oder 12|
+ | |-45,17 |-12,01 | -5,85 | | -330 {des-{12 oder 8 |
+ | | | | | | {gl. { 6 oder 4 |
+ | | | | | | { { Pfd. |
+ | |
+ | +FREGATTEN+ |
+ | |
+ | 40 |38,98 |10,71 to| 5,19 |Eine Bat- | { |
+ | | -42,22 | -11,04 | -5,53 |terie mit |280 { |
+ | | | | |Back und | -300 { |
+ | | | | |Schanze | { |
+ | | | | | | { Batterie |
+ | 30 |35,07 | 9,74 | 4,55 | desgl. |200 { 12 Pfd.|
+ | | -38,98 | -10,39 | -5,20 | | -230 { Schanze |
+ | | | | | | { 6 bis 4 Pfd.|
+ | 20 |33,13 | 8,77 | 4,22 | desgl. |130 { |
+ | | -35,73 | -9,10 | -4,55 | | -150 { |
+ | |
+ | +KORVETTEN+ |
+ | |
+ | 12 |19,49 | 7,85 | 2,92 |Batterie | 70 |4 in Bank- |
+ | | -22,74 | -8,50 | -3,25 |ohne Back | -80 |Batterie |
+ | | | | |und Schanze| | |
+
+ [A] Es gab Zwischentype, die zu denjenigen in dieser Tabelle gestellt
+sind, denen sie | am meisten ähneln.
+
+ [B] Dieses Schiff war das kleinste von denen, die in die Schlachtreihe
+eingestellt werden | konnten.
+
+
+Frankreich hat ebenfalls einen grossen Einfluss auf das Zeichnen im
+Schiffbau ausgeübt. (~Holmes~, S. 114 oben.) Das schönste Schiff dieser
+Zeit ist die «Sans Pareil».
+
+Das erwähnte Werk _Le Musée de Marine du Louvre_ enthält eine
+Stelle, die die Zeit Ludwigs XVI. (1754-1793) betrifft, die unsere
+Aufmerksamkeit fesseln dürfte (Kapitel VII): «Es war die Zeit, in
+der die Wissenschaft des Schiffbaues, die in Holland entstanden war,
+tatsächlich auf Frankreich überging», was nicht hinderte, dass man noch
+zu Ende des 18. Jahrhunderts nach Holland ging, um den Schiffbau zu
+studieren und zwar trotz des hohen Grads der Vollkommenheit, die er in
+Frankreich erreicht hatte. Das genannte Werk sagt hierüber nämlich: «Am
+Ende des verflossenen 18. Jahrhunderts nahm man in Holland Unterricht,
+und hierüber enthält die Bibliothek von Brest eine Handschrift eines
+der berühmten Ingenieure, des Olivier, der um’s Jahr 1780 nach Holland
+geschickt worden war, um den Schiffbau zu studieren».
+
+Dies zeigt, wie hoch zu jener Zeit der niederländische Schiffbau
+geachtet war.
+
+ * * * * *
+
+Die Vermehrung der Grössenverhältnisse in der französischen Flotte fand
+ihren Widerhall in der englischen Flotte. Diese war durch folgende
+Angaben gekennzeichnet:
+
+ +=================+=======+=======+=======+=======+=======+=======+
+ | | | | | | | |
+ |ZAHL DER KANONEN | 90 | 80 | 70 | 60 | 50 | 40 |
+ | | | | | | | |
+ +-----------------+-------+-------+-------+-------+-------+-------+
+ |Länge des |192 F. |192 F. |150 F. |144 F. |130 F. |118 F. |
+ |Kanonendecks | | | | | | |
+ | | | | | | | |
+ |Aeussere Breite | 47 F. | 43 F. | 41 F. | 38 F. | 35 F. | 32 F. |
+ | | | | | | | |
+ |Tiefe | 18 F. | 17 F. | 17 F. | 15 F. | 14 F. | 13 F. |
+ | | 6 Z. | 8 Z. | 4 Z. | 8 Z. | | 6 Z. |
+ | | | | | | | |
+ |Tonnage | 1552 | 1283 | 1069 | 914 | 705 | 532 |
+ | ------------------------------------------------|
+ | 1 englischer Fuss = 0,3048 m |
+
+~Holmes~ äussert sich folgendermassen S. 115: «The subject of the
+superiority in size of the French ships was constantly coming to the
+front and, in 1719, a new establishment was made for the dimension of
+ships in our Royal Navy, according to the following scale[13].»
+
+ +----------------+------+------+------+------+------+------------+
+ |ZAHL DER KANONEN| 90 | 80 | 70 | 60 | 50 | 40 |
+ +----------------+------+------+------+------+------+------------+
+ |Zunahme in der | | | | | | |
+ | Länge | 2 F. | 2 F. | 1 F. | 0 | 4 F. | 6 F. |
+ | der Breite | 2 Z. | 1 F. | 6 Z. | 1 F. | 1 F. | 1 F., 2 Z. |
+ |dem Tonnengehalt| 15 | 67 | 59 | 37 | 51 | 63 |
+ +----------------+------+------+------+------+------+------------+
+
+Im Jahre 1765 finden wir Schiffe mit 100 Kanonen, 2047 Tonnen Tragkraft
+und 21 Fuss 6 Zoll Tiefe. ~Holmes~ schreibt hierüber (S. 124-128):
+«During the whole of our naval history down to comparatively recent
+time, improvements in the dimensions and forms of our ships were
+only carried out after they had been originally adopted by French,
+or Spaniards, or more recently by the people of the United States of
+America».[14]
+
+Im Jahre 1719 führt man in England das Verfahren ein, die Planken
+am offenen Feuer zu erwärmen, um sie zu biegen, und im Jahre 1736
+räuchert man sie. (~Holmes~, S. 115.) Im Jahre 1753 verbessert man die
+Ventilation (~Holmes~, S. 117) und im Jahre 1761 (nach ~Holmes~, S.
+121) folgt die Erfindung des Verfahrens, die Schiffe mit Kupferplatten
+zu überziehen. Vor jener Zeit verwendete man ausnahmsweise hierzu
+Blei; etwa 100 Jahre vorher wurden mehrere Schiffe in Holland zum Teil
+oder ganz mit Kupferplatten überzogen, wie aus einer Stelle im dem
+Werk von ~Van Yk~, _De Nederlandsche Scheepsbouwkunst opengesteld_,
+hervorgeht, wo es auf S. 121 heisst: «Dat het schip om de zuid of west
+bestieren sal, heeft sy om den houtknagenden worm daarvan te keeren,
+stevenswaarts met koper doen bekleeden»[15].
+
+Das Vorstehende zeigt genügend, dass um die Mitte des 18. Jahrhunderts
+die französische und englische Flotte der unsrigen überlegen waren,
+was die Grösse ihrer Schiffe betrifft. Die Erfahrung hatte indessen
+gezeigt, dass die Stärke einer Flotte nicht allein in der Zahl, sondern
+vielmehr in dem inneren Wert jedes Schiffes liegt (~de Jonge~, Bd. 4,
+S. 86), wie übrigens ~Martin Hampertszoen Tromp~ selbst schon vorher
+erklärt hatte.
+
+Um einen Begriff von der ausserordentlichen Kraft zu geben, die von den
+Vereinigten Provinzen entwickelt wurde, möchte ich bemerken, dass von
+1682 bis 1700, also in 18 Jahren 15 Schiffe von 90 bis 96 Kanonen (alle
+15 mit drei Decken), zwei von 80 bis 86, zwei von 70 bis 74, 29 von 60
+bis 68 und 26 von 50 bis 56 Kanonen gebaut wurden, sowie zwei Fregatten
+von 22 Kanonen, drei Brander und neun Bombarden d. h. im ganzen 107
+Schiffe. Von diesen wurden nur 7 ausserhalb Hollands und Seelands
+gebaut. (~de Jonge~, Bd. II, S. 72-75.)
+
+Ausser dieser Flotte, deren Kosten durch ausserordentliche Kredite
+gedeckt wurden, baute man während der gleichen Zeit mittels
+gewöhnlicher Kredite 65 andere Fahrzeuge, darunter 7 von 50 bis 52
+Kanonen, 18 von 40 bis 46, 17 von 30 bis 38, 13 von 20 bis 26 und 10
+von 16 Kanonen und geringerer Grösse.
+
+Das ergibt für einen Zeitraum von 18 Jahren eine Gesamtzahl von 107 +
+65 gleich 172 Schiffen (ebenda, S. 77). Aber diese ausserordentliche
+Vergrösserung war nötig; man brauchte nur die erlittenen Verluste ins
+Auge zu fassen; diese betrugen durch Unwetter und andere Ursachen in
+den Jahren 1688 bis 98 drei Einheiten von 70, fünf von 60, sechs von
+50, acht von 40 bis 46 Kanonen, ausserdem einige Schiffe von 30 Kanonen
+oder weniger d. h. im ganzen 36 Fahrzeuge.
+
+Alle diese Arbeiten verursachten natürlich erhebliche Kosten; während
+der Zeit von 1682 bis 1702 wurden für neue Schiffe etwa 81197000 Gulden
+und für die Ausrüstung etwa 69954000 Gulden aufgewendet.
+
+Die Unterhaltung, Ausrüstung u. s. w. kostete jährlich etwa 5829000
+Gulden, und i. J. 1697 betrug die Ausgabe 7723000 Gulden (ebenda, S.
+80 und 81). Um sich einen genauen Begriff von der Bedeutung dieser
+Summe zu machen, muss man sich erinnern, dass zu der Zeit, die uns
+beschäftigt, die Löhne u. s. w. viel niedriger waren als heutzutage.
+(~de Jonge~, Bd. 4, I. Kap., S. 80, Anm.)
+
+Ausser diesen Kriegsschiffen baute man eine grosse Zahl von
+Handelsschiffen, Binnenschiffen von geringerer Grösse und
+Fischereifahrzeugen, sodass, wenn man den alten Schriftstellern Glauben
+schenkt, es Orte gab, wo unter Berücksichtigung aller Fahrzeuge man
+mehr Schiffe zählte als Häuser.
+
+In der Zeit, zu der Hugo de Groot lebte, wurden jährlich 2000 Schiffe
+gebaut. (M. ~Koenen~, _Geschiedenis van Scheepsbouw en Zeevaart_,
+S. 87.) Es gab keine Holländer, die nicht einige Kenntnis von dem
+Schiffbau oder der Schiffahrt besassen (ebenda, S. 85).
+
+[Sidenote: II 154]
+
+Um eine so grosse Summe von Tatkraft entfalten zu können, musste sich
+natürlich der Schiffbau bei uns in ausserordentlicher Weise entwickeln.
+Wir finden den Beweis hierfür in den Werken von ~Nicolas Witsen~ (1671)
+und von ~Van Yk~ (1697). Unsere Schiffbaukunst erfreute sich also im
+Anfang des 18. Jahrhunderts einer unerhörten Wohlfahrt.
+
+[Sidenote: II 155]
+
+[Sidenote: II 156]
+
+Was die Vervollkommnung betrifft, die das Zeichnen im Schiffbau um die
+Mitte desselben Jahrhunderts erreicht hatte, so wird es genügen, in
+unserem Album die photographischen Reproduktionen einiger Zeichnungen
+von W. van Gent aus dem Jahre 1750, 1751, 1752 zu betrachten, deren
+Originale zu der wunderbaren Bildersammlung von S. van Gyn in Dordrecht
+gehören; dasselbe beweist die Abbildung eines Kriegsschiffes aus dem
+Jahre 1770, die sich in der Sammlung kolorierter Zeichnungen befindet.
+
+Diese Urkunden geben getreu die Schiffe mit den notwendigen
+Wasserlinien wieder, was aber in besonderem Grade die Aufmerksamkeit
+erregt, ist die folgende Inschrift, die die Zeichnung eines
+Kriegsschiffs aus dem Jahre 1750 sehr leserlich zeigt: «Propriété de
+l’amiral Schryver». Dieser Admiral ist derselbe, der im Jahre 1753
+schrieb, dass «während der Zeit von 1683 bis 1753 die Schiffbauer,
+besonders die, welche Kriegsfahrzeuge für den Staat herstellten, nur
+noch gewöhnliche Marine-Zimmerleute waren, dass sie keine theoretischen
+Kenntnisse besassen, sich nur von der Erfahrung leiten liessen
+und sich in mancher Hinsicht auf derselben Höhe befanden wie die
+Schiffseigentümer von Zaandam, die beim Scheitern eines Schiffs sich
+mit den Worten entschuldigten, dass das Schiff sich nicht anders als
+mit der Axt hätte bauen lassen.»
+
+Zur Unterstützung des Vorstehenden verweist der Admiral Schryver auf
+einige weniger gut gelungene Kriegsschiffe, unter denen er an erster
+Stelle fünf Dreidecker aufführt, die von 1683 bis 1689 gebaut waren,
+die ersten übrigens, die von unseren Schiffbauern hergestellt waren.
+
+Dass diese Schiffe nicht völlig den Erwartungen entsprochen haben,
+wer wird sich darüber wundern! Und wenn man später Schiffe von
+besserer Beschaffenheit gebaut hat, so beweist das nur, dass es
+unsern Schiffbauern gelungen ist, die grosse Aufgabe zu lösen, feste
+Schiffe zu bauen, deren Tiefgang mit Rücksicht auf die Tiefe unserer
+Durchfahrten und Flüsse indessen nur beschränkt sein durfte.
+
+Noch später hat man Unvollkommenheiten feststellen können; aber
+das beweist keineswegs die Unfähigkeit unserer Schiffbauer. Auch
+heutigentags kommt es im Ausland wie bei uns vor, dass die besten
+Werften Schiffe vom Stapel lassen, die weniger vollkommen sind oder der
+Verbesserungen bedürfen.
+
+Die Klage des Admirals Schryver (~de Jonge~, Bd. 4, I. Kap., S. 116)
+über die Unfähigkeit unserer Schiffbauer scheint mir weder begründet
+noch verdient! Meiner Meinung nach haben wir es in diesem Falle mit
+einem eigensinnigen Seeoffizier zu tun, der von seinen eigenen Ideen
+erfüllt ist und im allgemeinen nur Missachtung für die der anderen
+hat (~de Jonge~ Bd. 4, I. Kap. S. 116), und nicht mit einem Mann, der
+auf der Höhe unseres Schiffbaues stand. Wie oben gezeigt ist, geschah
+es übrigens nicht nur zur Zeit des Staatspensionärs de Witt und des
+berühmten Colbert, wie ~de Jonge~ sagt (Bd. 4, I. Kap., S. 120),
+dass man vom Ausland kam, um bei uns den Schiffbau zu lernen; noch
+viel später im Jahre 1780 schickte Frankreich seine Söhne auf unsere
+Werften, und man nimmt an, dass erst unter der Regierung Ludwigs XVI.
+(1774 bis 1793) die französische Marine sich völlig dem holländischen
+Einfluss zu entziehen verstand.
+
+Unser Vaterland verfolgte indessen mit Aufmerksamkeit die Fortschritte,
+die sich in Frankreich und England auf dem Gebiete des Schiffbaues
+vollzogen; Beweis hierfür ist die Uebersetzung des Werks von ~du Hamel
+du Monceau~ (erschienen im Jahre 1757) und die Stelle darin, wo für
+später eine Uebersetzung des Werkes von ~Mungo Murray~, des berühmten
+Schiffbauers der Schiffswerft von Deptford, angekündigt wird. Ich
+weiss nicht, ob diese Uebersetzung jemals das Licht erblickt hat;
+nichtsdestoweniger geht aus dem Vorstehenden meines Erachtens deutlich
+hervor, dass man die im Ausland erschienenen Werke las.
+
+Es steht also fest, dass man schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts in
+unserem Lande Schiffe nach Zeichnungen baute. Man hatte also mit dem
+alten holländischen Verfahren gebrochen, das darin bestand, sich nach
+den Senten-Linien (Centlijnen) zu richten.
+
+Die unteren Stückpforten der Schiffe waren zu nahe an die Wasserlinie
+gelegt; man hatte dies zuerst bei uns bemerkt; dieselbe Klage wurde
+auch bald in England gehört, wo man indessen diesem Zustand erst
+ausgangs des 18. Jahrhunderts abhalf, indem man den französischen
+Schiffbauern folgte. (~Holmes~ S. 126).
+
+Es ist eine gewisse Zeit verstrichen, bevor Grossbritannien die
+Verbesserungen angenommen hat, die von den Franzosen im Schiffbau
+eingeführt waren.
+
+~De Jonge~ berichtet, indem er sich auf fremde Angaben stützt, dass
+der Zar Peter der Grosse in England den eigentlichen Schiffbau gelernt
+hätte.
+
+Der Geschichtsschreiber ~Fincham~ erzählt sogar (_History of naval
+architecture_ S. 69), dass der Zar Peter den englischen Schiffbau
+dem holländischen vorgezogen hätte. In dieser Hinsicht macht
+~Koenen~ darauf aufmerksam, dass diese Bevorzugung sich nur auf die
+Kriegsschiffe bezogen haben könnte. Das alles hat indessen Peter
+den Grossen nicht gehindert, holländische Schiffe, Schiffbauer und
+Seeleute für die Schöpfung seiner Flotte zu benutzen, die drei Jahre
+vor seinem Tode 41 Kriegsschiffe mit 2106 Kanonen und 14,900 Mann an
+Bord umfasste, und die die Schweden zu der Aeusserung veranlasste (~de
+Jonge~, Bd. 4, II. Kap., S. 152 und ~Koenen~, S. 93-95): «Wir sehen
+auf der moskovitischen Flotte nichts Moskovitisches ausser der Flagge.
+Wir haben eine holländische Flotte zu bekämpfen, die von Holländern
+befehligt wird, mit holländischen Seeleuten besetzt ist und die mit
+holländischem Pulver aus holländischen Kanonen schiesst.»
+
+Man fragt sich nun, ob der Zar Peter wirklich holländische Schiffbauer
+herangezogen hätte, wenn er bessere bei den Engländern hätte finden
+können?
+
+Wie soll man aber erklären, dass man um die Mitte des 18. Jahrhunderts
+sich von unsern Schiffbauern abgewendet hat?
+
+In England und in Frankreich wuchsen die Grössen der Schiffe
+unaufhörlich; die Flotten der fremden Mächte gewannen also ständig
+an Bedeutung, während man bei uns wegen der geringen Tiefe unserer
+Durchfahrten, Flüsse und Häfen nicht imstande war, Schiffe zu bauen,
+die an Grösse sich mit denen des Auslands messen konnten. (S. ~van Yk~,
+S. 14.) Alle Schriftsteller jener Zeit weisen auf diesen Zustand hin,
+dessen Vorhandensein ich durch die Beibringung einiger Ziffern bewiesen
+habe.
+
+Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts fühlte man den Missstand, der
+sich aus der verhältnismässig geringen Tiefe des niederländischen
+Fahrwassers ergab, und dieser Uebelstand musste in der Folge immer
+deutlicher hervortreten. Die Notwendigkeit, grössere Schiffe zu bauen,
+die bis zu 90 und 95 Kanonen trugen, wurde indessen dringend. Um den
+grossen Tiefgang zu vermeiden, musste man also die Schiffe breiter
+machen; diese wurden indessen dadurch schwer, segelten schlecht und
+waren nur schlechte Kriegswerkzeuge in den Händen unserer tapferen
+Seeleute. Soll man sich nun wundern, dass diese sich darüber bitter
+beklagten? So mussten wir trotz all unseres Mutes wegen der Tiefe
+unseres Fahrwassers und ungeachtet der finanziellen Verhältnisse dem
+Auslande weichen.
+
+Mit Unrecht schreibt man diese Minderwertigkeit den Schiffbauern
+jener Zeit zu. Viele von ihnen haben sich natürlich lange an das
+alte Verfahren gehalten, wie aus dem Werk des ~Du Hamel du Monceau~
+hervorgeht. Auf S. 287 dieses Werks heisst es: «Die Gewohnheit,
+mechanisch und knechtisch nachzuahmen, was früher geschah, hat
+alle jene Proportionsregeln geschaffen, die bei der Bestimmung der
+Hauptrippe, der Beschreibung der Modelle und ihrer Zeichnung beobachtet
+wurden.» Was er hinzufügt, ist nicht weniger interessant: «Jeder
+Schiffszimmermann bewahrte diese Regeln für seine Familie als ein
+Geheimnis.»
+
+Die holländischen Schiffbauer sind keine Freunde der Feder. ~Witsen~
+selbst bemerkte dies schon. Sie hatten Furcht, ihre Geheimnisse
+zu veröffentlichen, damit nicht auf diese Weise ihre Arbeit ihnen
+von andern entrissen würde. Noch vor wenig Jahren weigerte ein
+Schiffbauingenieur sich, mir die Zeichnungen eines von ihm gebauten
+Schiffes zu zeigen; er fürchtete ebenfalls, dass seine Modelle
+nachgeahmt würden.
+
+Wie konnte man übrigens erwarten, dass man um die Mitte des 18.
+Jahrhunderts schon Schiffe völlig nach wissenschaftlichen Regeln baute,
+da in Frankreich, das allen Völkern in dieser Hinsicht überlegen war,
+man erst 1740 dazu kam. «_Le Musée de Marine du Louvre_» berichtet
+nämlich, indem es vom 18. Jahrhundert spricht: «Es (das Schiff) wird
+nach wissenschaftlichen Grundsätzen gebaut, die im Jahre 1697 bekannt
+zu werden anfingen, aber erst im Jahre 1740 zur Anwendung kamen; sie
+führten dahin, dass sich die Schiffe in allen Ländern glichen, so weit
+sie für die grosse Schiffahrt bestimmt waren; die Originalität blieb
+nur für die Schiffe bestehen, die für die Küstenschiffahrt bestimmt
+waren.» (s. u. a. ~Bougeur~ 1746, ~XXIII~.)
+
+Es war also nicht das Haften an dem Ueberlieferten, sondern der
+natürliche Zustand unseres Fahrwassers, das uns verhinderte,
+Kriegsschiffe von demselben Gefechtswert wie die des Auslandes zu
+bauen. Das vergisst ~de Jonge~, der zu viel Wert auf die Praxis
+legt, die besonders im Schiffbau noch heutzutage ein grosses Ansehen
+geniesst. Dieser verehrte Schriftsteller kommt demnach notwendigerweise
+dazu, über unsere Schiffbauer des 18. Jahrhunderts ein ungünstiges,
+aber unverdientes Urteil zu fällen.
+
+Der Rückgang des Schiffbaues längs der «Zaan» z. B. war nicht die
+Folge der Unwissenheit unserer Schiffbauer; die Ursache dafür ist
+besonders der Versandung des Flusses und seiner Mündung zuzuschreiben.
+Infolgedessen war es nicht mehr möglich, ohne grosse Kosten und Mühen
+grössere Schiffe in See zu bringen. (~Loosjes~, _De Zaandamsche
+dorpen_, S. 194; ~Koenen~ S. 95.)
+
+[Sidenote: III 15]
+
+Um den Unterschied zwischen der französischen und englischen und
+der holländischen Bauweise zu zeigen, habe ich auf einem Blatt in
+der Abbildungssammlung die verschiedenen Hauptrippen aufzeichnen
+lassen. Diese Zeichnung spricht für sich selbst; es scheint mir
+jedoch nötig, im Vorübergehen die Aufmerksamkeit auf den Unterschied
+der verschiedenen Stile zu lenken. Dieser Unterschied lag zunächst
+in der Form und der Zusammensetzung der Hauptrippen; dann zeigten
+die englischen Schiffe weniger Krümmung, gingen weniger in die Höhe
+und hatten keinen Spiegel. (~Van Yk~ S. 17.) Die Engländer scheinen
+auch statt der vertikal nebeneinander stehenden Deckstützen sich
+kreuzende verwendet zu haben, um das Schiff weniger anzustrengen; man
+hielt indessen dies Verfahren für weniger praktisch hinsichtlich des
+Verstauens. (~Van Yk~, S. 17 und Abbild. A. S. 18.) Sie gaben ihren
+Schiffen einen vorspringenden Bug (~Witsen~, S. 126) und breite Flanken
+(«dick in den buik», wie ~Witsen~ sagt, S. 207), im Gegensatz zu den
+holländischen Schiffen. «The Dutch ships,» sagt ~Holmes~ (S. 110), «in
+one respect excelled all others in that they were the first in which
+the absurd practice of an exaggerated ‹tumble home› or contraction of
+the upper deck was abandoned.» «This fashion,» sagt er später, «was
+still carried out to a very great extent by the Englisch and to a less
+extent by the French and Spaniards»[16].
+
+Dieser Schriftsteller spricht ebenfalls von dem geringen Tiefgang
+unserer Schiffe. Er äussert sich hierüber auf S. III folgendermassen:
+
+«In consequence of the shallowness of the Dutch harbours, the draught
+of their ships was also considerably less than that of the English
+vessels of corresponding force»[17].
+
+Die Engländer besassen Becken zum Bau ihrer Schiffe; (~Witsen~ S. 206.
+I. Spalte) sie benutzten weder Berghölzer noch Stützen. Bevor sie ein
+Schiff auf Stapel legen, sagt ~Van Yk~ (S. 19), gelingt es ihnen, das
+Modell davon so vorzubereiten, dass es die gewünschte Form erhält. Zu
+diesem Zweck zeichnen sie vor dem Baubeginn die Rippen in natürlicher
+Grösse auf einen Boden aus Brettern. Dies Verfahren ist also in England
+entstanden.
+
+Das Aufzeichnen der Aufrisse ist bei uns erst in der Mitte des 18.
+Jahrhunderts eingeführt worden. Vordem brauchte man bei uns nur Modelle
+und Senten-Linien, wie man noch heut beim Bau der kleineren Holzschiffe
+und Fischerboote verfährt.
+
+Die Einführung der Aufrisse erfolgte jedoch nicht ganz allein, um
+so mehr als man an dem Erfolg ihrer Anwendung auf die holländischen
+Schiffe zweifelte, die wie ~Van Yk~ (S. 19) sagt «runde Flanken hatten,
+_damit sie über das Wasser gleiten könnten_ und schärfere Kurven als
+die englischen Schiffe,» die einen regelmässigeren Umriss hatten.
+
+Die Schweden und die Dänen folgten zum grossen Teil dem holländischen
+Verfahren. (~Van Yk~, S. 20.) Ihre Marine war der unsrigen nachgebildet
+(~de Jonge~), aber ihre Schiffe waren weniger voll und hatten einen
+grösseren Tiefgang.
+
+Den Franzosen fällt die Ehre zu, der Schiffbaukunst wissenschaftliche
+Regeln gegeben zu haben. Alle Völker, sogar die Engländer und die
+Holländer haben sich nach ihren Grundsätzen gerichtet (um die Mitte des
+18. Jahrhunderts). Aber erst gegen Ende dieses Jahrhunderts drang das
+französische Verfahren für die Berechnung und Zeichnung der Schiffe
+überall ein.
+
+Ausser einer eigentlichen Kriegsflotte besassen die Niederlande eine
+sehr bedeutende Handelsmarine. (~Koenen~, S. 90.) Diese umfasste, wie
+man sagt, am Anfang des 17. Jahrhunderts 20,000 Schiffe, die alle in
+Holland gebaut waren und das Meer unter holländischer Flagge in allen
+Richtungen durchfuhren. Am Ende des 17. Jahrhunderts, als wir schon
+mehrere unserer überseeischen Besitzungen verloren hatten, betrug der
+Gesamttonnengehalt der Handelsmarine in England 500000 t; in unserem
+Lande 900000 Tonnen und in den anderen vereinigten Ländern 2 Millionen
+Tonnen. (~Groen van Pinsteren~, _Handboek_ 303, ~Koenen~, S. 160.)
+
+Unsere Handelsschiffe erreichten schnell eine grosse Vollkommenheit;
+man kann sich davon überzeugen, durch die Bemerkungen Sir ~Walter
+Raleighs~ (1552-1618) über die holländischen Schiffe, in denen man,
+wie er hervorhebt, eine grosse Menge Waren verstauen konnte, während
+sie eine geringere Besatzung erforderten, als die englischen Schiffe.
+(~Koenen~, S. 86.)
+
+Unsere Handelsschiffe, unter denen besonders Flüten vertreten waren,
+wurden von den Engländern und Franzosen nachgeahmt. Vorzugsweise
+verwendete man Flüten als Transportschiffe. Hierüber heisst es z. B.
+in dem _Musée de Marine du Louvre_: «La marine a toujours eu des
+navires de transport destinés à ravitailler les escadres et qui d’abord
+nommés flûtes ou transports, ont été désignés plus tard sous le nom de
+corvettes de charge»[18].
+
+Um einen Begriff von der Zahl der ausgangs des 17. Jahrhunderts in
+Gebrauch befindlichen Schiffe zu geben, lasse ich hiernach einige
+Ziffern aus dem Werk von ~Koenen~, S. 160 folgen, die der Verfasser dem
+Werk von ~Van Hoogendorp~, _Bydragen tot de huishouding van den Staat_
+(Bd. I, S. 183) entnommen hat.
+
+Im Jahre 1783 gab es in Nordholland und in Friesland: 50 Flüten von
+400, 450 bis 500 Last, die nach der Ostsee und Norwegen, Frankreich
+und Spanien fuhren, und 30 Flüten von 250 bis 280 Last; 18 Flüten von
+160 bis 180 Last, die den Hafen von Archangelsk, das Mittelmeer und
+Westindien aufsuchten. Diese letzteren dienten anfänglich der Fischerei
+in Grönland; 16 Katschepen von 160 bis 180 Last; 80 Hoeker (Huker)
+oder Galiots, darunter 13 von 300 bis 350 Last, 18 von 280 bis 240, 12
+von 220 bis 200, 17 von 180 bis 160 und 20 von 150 bis 100. Alle diese
+Fahrzeuge segelten nach Archangelsk, der Ostsee, dem Mittelmeer und
+Westindien. Es gab ausserdem 60 Fregatten, «Snauwen» und Brigantinen,
+darunter 10 von 150-200 Last, 30 von 100-140, 20 von 70-90; 5 Heckboote
+von 200-300 Last; 140 Fahrzeuge und zwar Huker, Fregatten, Snauwen,
+Brigantinen, deren Ladefähigkeit von 300 bis 60 Last schwankt. Endlich
+gab es noch 36 Schiffe, die nach West- und Ostindien fuhren, 150
+Kuffen und Schmacken von 50 bis 70 Last, 90 Kuffen und Galiots von
+70 bis 100 Last, und schliesslich 120 Galiots, Huker und Kuffen von
+100-150 Last, im ganzen 819 Fahrzeuge.
+
+Zu dieser Zahl muss man für Leeuwarden hinzufügen 20 Kuffen und
+Schmacken, deren Ladefähigkeit von 50 bis 100 Last und darüber
+schwankte; für Groningen 30 Schiffe von 50 bis 70 Last; für Harlingen 9
+Fahrzeuge von 100 bis 150 Last, 1 von 180, und 3 von 200-300 Last; für
+Makkum 14 Schiffe von 60-100 Last und mehr; für Werkum 2 von 60-70, 24
+von 80 bis 100, und 23 von 100 Last und darüber.
+
+Bolsward, Woudsend, Dryst, Dokkum, Sneek, Grouwsloten, u. s. w. zählten
+zusammen 30 Schiffe von 50 bis 70 Last; 40 von 70 bis 100 und 50 von
+100 Last und darüber. Endlich hatte Lemmen 40 Schiffe von 50 bis 100
+Last und darüber.
+
+Es gab ausserdem eine Menge kleinerer Schiffe wie die Tjalken u. s. w.,
+mit einer Ladefähigkeit von 20 bis 30 Last und eine nicht weniger
+grosse Zahl von Fischerbarken, die in den obigen Ziffern nicht
+mitgezählt sind.
+
+Wir kommen so auf etwa 1105 Fahrzeuge, ohne die Schiffe von geringerer
+Bedeutung.
+
+Aber es war nicht allein die Zahl gross; es gab gleichzeitig, wie wir
+aus den verschiedenen Benennungen ersehen konnten, eine grosse Menge
+verschiedener Schiffsarten.
+
+In dem folgenden Kapitel werden wir uns mit den Handelsschiffen
+beschäftigen; bevor wir jedoch die Kriegsschiffe verlassen, ist
+zu bemerken, dass schon im Anfang des 17. Jahrhunderts unser Land
+Fregatten besass, einen Schiffstyp, dessen man sich bei uns vor
+jener Zeit nicht bedient hatte, der sich aber durch die Umstände als
+notwendig erwiesen hatte.
+
+Die Einwohner von Dünkirchen brachten uns herbe Verluste bei: von 1631
+bis 1637 nahmen sie uns in Maassluis mehr als 200 Fischereifahrzeuge,
+die man auf mehr als 1 Million Gulden geschätzt hat. (~de Jonge~, Bd.
+I, S. 373.) Um ungestrafter ihre Räubereien ausführen zu können, hatten
+sie dem Mittelmeer ein Schiff von schlanken Formen entnommen, das, wenn
+es auch nicht gross war (es hatte nur 6 bis 12 Kanonen), ein guter
+Segler war; ich meine die Fregatte.
+
+Um wirksamer gegen die Einwohner von Dünkirchen zu kämpfen, machte
+man sich auch bei uns daran, das fragliche Schiff zu bauen, und seine
+Zahl wuchs schnell auf das Drängen unseres grossen Tromp. (~de Jonge~
+Bd. I. S. 388 und 389.) In der Folge baute man Schiffe mit grösseren
+Abmessungen.
+
+[Sidenote: III 18]
+
+Die Fregatte war, wie ich oben bemerkt habe, nach Frankreich durch die
+Einwohner von Dünkirchen gebracht worden, von da ging sie 1741 nach
+England (~Holmes~ S. 121); im Jahre 1646 besass dies Land jedoch schon
+einige von geringerer Grösse.
+
+Die Fregatten haben eine wichtige Rolle in dem englisch-amerikanischen
+Kriege gespielt.
+
+Einer der grössten Feinde der Holzschiffe war, wie leicht begreiflich,
+das Feuer. Es ist selbstverständlich, dass man schon in den ältesten
+Zeiten dieses Element verwendete, um die feindlichen Flotten zu
+zerstören. Man wird sich indessen nicht damit begnügt haben, brennendes
+Pech zu schleudern; man brauchte wirksamere Mittel, und so bedienten
+sich die Alten schon der Brander, um Feuer an die Flotte des Gegners zu
+legen.
+
+Wir wollen uns nicht in Vermutungen über die Brander der Alten ergehen,
+die überdies nur gewöhnliche Schiffe gewesen sind. Wir werden vielmehr
+eine zusammenfassende Beschreibung der Brander geben, deren man sich
+im 17. Jahrhundert bediente. Es sind nur solche, von denen ~Witsen~ in
+seinem wohlbekannten Werk auf Seite 166 und 167 spricht.
+
+Schiffe von geringerer Grösse dienten als Brander, hauptsächlich Flüten
+oder Pinassen, später Spiegelschiffe von 70 bis 80 Last. Diese Schiffe
+hatten ein einheitliches Deck und ein durchlaufendes Oberdeck, in das
+man Löcher von etwa 1½ Quadratfuss schnitt. Von dem Hinterkastell ging
+eine Leitung aus, die das Schiff in seiner ganzen Länge durchzog,
+und die mit Querleitungen u. s. w. versehen war; mit einem Wort, man
+stellte ein Röhrensystem her, durch das Feuer leicht und schnell laufen
+konnte und zwar durch das ganze Fahrzeug. Zu diesem Zweck füllte man
+die Röhren mit einem Stoff, der zur Hälfte aus Pulver, zu einem Viertel
+aus Salpeter, und zu einem Viertel aus Harz und Schwefel zu gleichen
+Teilen gemischt bestand; dem Ganzen wurde etwas Leinöl beigemengt.
+
+Die so gefüllten Leitungen wurden mit Hobelspänen bedeckt, die
+ihrerseits unter Bündeln von leichten Zweigen verschwanden, die mit
+einer Mischung von Harz, Oel aus der Leber des Kabeljaus, Pulver
+und Salpeter überzogen waren. Das Schiff wurde ausserdem mit leicht
+brennbaren Stoffen gefüllt; das Deck und die Innenwände waren mit Fett
+überzogen und mit einer feinen Schicht gepulverten Harzes bedeckt.
+
+Man lud manchmal sogar in die Brander leere offene Teertonnen, in die
+man Hobelspäne warf, welche mit denselben Stoffen überzogen waren. Man
+sorgte besonders dafür, dass alle Pforten und Luken offen waren, um
+Luftzug hervorzurufen.
+
+Um den Brander sicherer am feindlichen Schiff festmachen zu können,
+befestigte man am Ende des Bugspriets, und zwar darunter und am Ende
+jeder Raae, einen kräftigen Haken, den man mit Leinen lösen konnte, die
+längs des Schiffes angebracht waren.
+
+Um den Feind zu täuschen, brachte man in den Stückpforten hölzerne
+Kanonen an; auf dem Hinterteil allein wurden zwei eiserne Kanonen
+aufgestellt, um sich gegen die Schaluppen u. s. w. verteidigen zu
+können.
+
+An dem Hinterkastell war eine grosse Klappe eingebaut, durch die die
+Mannschaft, nachdem sie Feuer angelegt und die Enterhaken ausgelegt
+hatte, das Schiff verlassen konnte, um mit der Schaluppe zu entfliehen,
+die unter der Klappe am Brander befestigt war.
+
+Der Dienst auf dem Brander war natürlich kein Ruheposten; daher wählte
+man auch für ihn nur die tüchtigsten Leute aus, die wegen der grossen
+Gefahr, die sie liefen, doppelten Sold erhielten.
+
+Im Bedürfnis richtete man die Brander gerade auf den Feind, sodass das
+Schiff des Gegners vorn und nicht von der Seite gefasst wurde. Unter
+diesen Umständen verwickelten sich die Taue sogleich und eine Lösung
+war nicht mehr möglich.
+
+Im allgemeinen waren die Brander nur alte Fahrzeuge; manchmal waren
+es auch ganz neue Schiffe, zu deren Bau man sich, wie ~Witsen~ sagt:
+«eines sehr gewöhnlichen, ganz leichten und sehr leicht entzündbaren
+Holzes bediente.»
+
+Aeusserlich unterschieden sich die Brander nicht von den gewöhnlichen
+Schiffen; das Gegenteil wäre überdies nicht praktisch gewesen, weil der
+Feind sie alsdann sofort erkannt hätte. Ihre Mannschaft war so wenig
+zahlreich, wie möglich und alle Massnahmen waren getroffen, um ihr das
+Verlassen des Fahrzeuges zu ermöglichen, so bald es angezündet war und
+den gewünschten Ort erreicht hatte.
+
+[Sidenote: II 158]
+
+[Sidenote: II 161]
+
+Man kennt genügend die Umwandlungen, die unsere Kriegsschiffe im
+Laufe des 19. Jahrhunderts erfahren haben; es dürfte also nicht nötig
+sein, sich hierbei aufzuhalten. Ich möchte mich darauf beschränken,
+hervorzuheben, dass die Schiffe immer weniger Krümmung hatten, das der
+Vorder- und der Hintersteven fast vertikal wurden, und dass die alten
+Verzierungen fast ganz verschwanden.
+
+[Sidenote: II 165]
+
+Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wählte man für das Hinterteil die
+abgerundete Form, nach der englischen Art; das war der Tod des alten
+Spiegelschiffs. Aber schon längst nannte man es _Kriegsschiff_. Diese
+neue Benennung entsprach nicht einer neuen Bauweise.
+
+Unser Schiffbau war während der französischen Besetzung gesunken, und
+die Kontinentalsperre vernichtete ihn völlig. Gegen Ende der ersten
+Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte er indessen z. T. wieder auf. Im
+Jahre 1824 baute man allerdings nur 3 Schiffe, von 1440 t.; aber im
+Jahre 1827 war diese Zahl auf 59 Schiffe mit einer Ladefähigkeit von
+19758 t. gestiegen. Diese Angaben betreffen nur Schiffe von mehr als
+100 t. (~Koenen~ S. 101.)
+
+Im Jahre 1853, sagt ~Koenen~, gab es in dem Groninger Lande für die
+Binnenschiffahrt, wie für die Seeschiffahrt 89 Schiffswerfte; in
+Friesland gab es bedeutende Schiffswerfte in Harlingen und Lemmen,
+die nur für die Seeschiffahrt arbeiteten. In Nordholland baute
+man Seeschiffe in Amsterdam, Medemblik, Monnikkendam, Muiden und
+Nieuwendam. In Südholland blühte der Schiffbau in Rotterdam, Schiedam,
+Alblasserdam und Dordrecht. Im gleichen Jahre 1853, fügt der genannte
+Verfasser hinzu, empfingen 125 in unserm Land gebaute Schiffe
+niederländische Pässe, und unsere Handelsmarine umfasste 1971 Schiffe
+mit 224-432 Last Ladefähigkeit.
+
+Auch der Dampf hielt seinen Einzug bei uns in der ersten Hälfte des 19.
+Jahrhunderts; die Segelschiffahrt wurde dadurch in das Hintertreffen
+gedrängt. Die Einführung des Eisens brachte ebenfalls eine grosse
+Umwälzung; aber auf sehr vielen Werften erkannte man nicht die
+Bedeutung dieses neuen Baumaterials, sodass man sich zu lange beim Bau
+von Holzschiffen aufhielt, und dass schliesslich der Zusammenbrach
+erfolgte. Andere dagegen, die gleich im Anfang sich dem Eisenbau
+zugewendet haben, haben sich gedeihlich entwickelt und in hohem Masse
+dazu beigetragen, den alten Ruf unserer holländischen Schiffbaukunst
+hochzuhalten.
+
+Das erste Eisenschiff in unserem Lande wurde von Fop Smit gebaut, der
+auch die eisernen Maste erfunden zu haben scheint. Die ersten Dampfer
+wurden in Feyenoord (1834/35) auf der Werft erbaut, die jetzt der
+«Société de constructions navales et de mécanique» gehört. (Siehe
+_Gedenkboek Kon. Instituut van Ingenieurs_, S. 209 usw.)
+
+Man kennt zur Genüge die Umwälzung, die das Eisen in unserm
+Kriegsschiffsbau hervorrief; aber die Kriegsschiffe haben dabei jeden
+eigenen Charakter verloren, und man erkennt sie nur noch an der Flagge,
+die sie tragen. Das ist der Zustand für die Seeschiffahrt; aber das
+wird auch die Lage der Binnenschiffahrt werden. Auch hier ist das Eisen
+eingeführt worden; die alten Formen verschwinden, um Typen Platz zu
+machen, die bald allgemein Verwendung finden werden.
+
+Aber dann wird auch jeder nationale Charakter auf den Flussschiffen
+verschwunden sein, und man wird vergeblich suchen, was vergangen ist.
+Obgleich schon viel Gleichmässigkeit vorhanden ist, kann man doch noch
+immer an ihren soliden und eleganten Formen die in Holland gebauten
+Schiffe erkennen.
+
+Könnte dem doch immer so sein; möchten die Schiffbauer den guten
+Ruf der holländischen Schiffbaukunst mehren, aber möchte auch das
+niederländische Kapital fortfahren, sie zu unterstützen und begreifen,
+dass die Macht unseres Vaterlandes in einer blühenden Marine liegt.
+Aber diese braucht auch ausgezeichnete Verbindungsstrassen; im 19.
+Jahrhundert sind bekanntlich neue Verbindungen zu Wasser geschaffen und
+die alten verbessert worden. Die alten Hindernisse, die in der geringen
+Tiefe der zu unseren grossen Zentren führenden Durchfahrten lagen, sind
+beseitigt, und es ist uns ermöglicht worden, auf dem Gebiete des Baues
+der grossen Schiffe den Kampf mit dem Ausland aufzunehmen.
+
+
+ [4] Dem Fahren mit geringer Mannschaft, der Nüchternheit seiner
+ Seeleute und der angeborenen Reinlichkeit des holländischen
+ Volkes ist das Blühen der holländischen Schiffahrt zu danken,
+ nicht der Formenschönheit der Schiffe.
+
+ [5] In diesem Punkt trotzen sie (die Engländer) offen allen Ländern
+ und halten sich für unerreicht auf dem Gebiete des Schiffbaues.
+
+ [6] Westländischer Einfluss auf die Kultur, Lebensweise und den
+ Ackerbau der Nordländer (Norweger, Skandinavier u. s. w.) zur
+ Zeit der Wikinger von Alexander Bugge 1905.
+
+ [7] Nach Ansicht der meisten Schriftsteller fällt den Friesen die
+ Ehre zu, die Schiffbaukunst in den Niederlanden zu neuer Blüte
+ gebracht zu haben.
+
+ [8] «Wie man in der Vergangenheit die Koggeschiffe baute und wie sehr
+ sie sich in der Folgezeit geändert haben, übrigens ganz wie
+ man in unserer Zeit (zur Zeit des Schreibers) ständig die
+ Schiffsformen sich ändern sieht.»
+
+ [9] Die Taktik der Engländer bestand hauptsächlich darin, die Schiffe
+ zu entern, während die Spanier, deren Schiffe viel höher waren,
+ mit Armbrüsten und schweren Steinen angriffen; die letzteren
+ schleuderten sie aus ihren furchtbaren Marsen in die Schiffe
+ ihres Gegners.
+
+ [10] Und in der Tat, das vornehmste und beste Mittel, den zu grossen
+ Tiefgang der Schiffe zu vermeiden, besteht darin, die Schiffe zu
+ verbreitern. Diese Aufgabe müssen wir besonders im Auge behalten
+ wegen der geringen Tiefe unserer Durchfahrten.
+
+ Nach Ansicht erfahrener Lootsen, die sie gewissenhaft gemessen
+ haben, ist es nicht möglich, durch die Goereesche Durchfahrt
+ Schiffe von über 20 Fuss Tiefgang, durch die von Texel solche
+ von etwa gleichem Tiefgang und durch die Maas solche von mehr
+ als 13 Fuss zu bringen.
+
+ Daher ist es auch mehr als einmal vorgekommen, dass
+ Kriegsschiffe des Staates von schlanker Form und durch Ballast
+ tief eingesenkt, um das Segeln zu erleichtern, zum grossen
+ Schaden des Landes bei Ebbe oder Windstille die hohe See nicht
+ erreichen konnten, während man sie auf offener See nicht
+ verwenden konnte, weil die untere Reihe der Kanonen zu nahe am
+ Wasser lag.
+
+ [11] Seit mehreren Jahren hat man, um unsere grossen tiefgehenden
+ Schiffe in den Stand zu setzen, die hohe See zu gewinnen, bei
+ der geringen Tiefe unserer Flüsse und Durchfahrten, so weit es
+ möglich war, versucht, sie durch leere Fässer zu heben. Aber
+ dies Verfahren erforderte schon zur Anbringung der Fässer eine
+ endlose Zeit und erhebliche Arbeit.
+
+ [12] Man kann mit vollem Recht sagen, das während des ganzen
+ 18. Jahrhunderts die meisten Verbesserungen an den Formen und
+ Grössenverhältnissen der Schiffe der Königlichen Marine den
+ gekaperten französischen Schiffen abgesehen wurden.
+
+ [13] Die Ueberlegenheit der französischen Schiffe hinsichtlich ihrer
+ Grössenverhältnisse stand fortwährend zur Erörterung, und
+ im Jahre 1719 stellte man eine neue Uebersicht für die
+ Grössenverhältnisse der Schiffe unserer Königlichen Marine auf
+ nach der folgenden Tabelle.
+
+ [14] Durch die ganze Geschichte unseres Seewesens und zwar bis auf
+ verhältnismässig neue Zeitläufte sehen wir, dass man
+ Verbesserungen in der Grösse und in der Form unserer Schiffe
+ erst einführt, nachdem diese Aenderungen von den Franzosen oder
+ Spaniern oder in neuester Zeit von dem Volk der Vereinigten
+ Staaten von Amerika angenommen sind.
+
+ [15] Dass das Schiff, welches nach Süden oder Westen fährt, das
+ Vorderteil mit Kupfer bekleidet haben soll, um es vor dem
+ Bohrwurm zu schützen.
+
+ [16] Die holländischen Schiffe waren allen anderen in sofern
+ überlegen, als sie die ersten waren, die mit jener törichten
+ Praxis brachen, den Schiffen ein übermässiges «tumble home»
+ zu geben, d. h das Oberdeck einspringen zu lassen. Bei den
+ Engländern wurde dies Verfahren in grösserem Massstabe
+ angewendet, während dies bei den Franzosen und Spaniern in
+ geringerem Grade geschah.
+
+ [17] Wegen der geringen Tiefe der holländischen Häfen hatten die
+ Schiffe dieses Landes auch einen geringeren Tiefgang als die
+ englischen Schiffe von gleicher Stärke.
+
+ [18] Die Marine hat immer Transportschiffe gehabt, um die
+ Geschwader mit Lebensmitteln zu versorgen, die zuerst Flüten
+ oder Transportschiffe hiessen und später mit dem Namen
+ Lastkorvetten bezeichnet wurden.
+
+
+
+
+[Illustration: 3]
+
+
+Im vorigen Kapitel haben wir gesagt, dass man erst in der zweiten
+Hälfte des 16. Jahrhunderts in Holland mit dem Bau von eigentlichen
+Kriegsschiffen begonnen hat. Bis zu dieser Zeit wurden die
+Handelsschiffe zu militärischen Zwecken benutzt. Daraus ergibt sich,
+dass in dem Masse, wie sich der Handel entwickelt und die Gefahren
+vor dem Feind zur See wachsen, die Bewaffnung der Handelsschiffe
+immer wichtiger wird. Das persönliche Interesse war so der Grund der
+teilweisen Ausrüstung der Handelsschiffe als Kriegsschiffe. So stellte
+man die Schiffe der Ost-Indischen Kompagnie her, die als Type dieser
+Art betrachtet werden können.
+
+Es ist übrigens selbstverständlich, dass gerade die grössten
+Handelsschiffe die meisten Umänderungen in der Folge der Zeiten
+erfuhren. Die alten Muster werden also nicht unter ihnen sondern unter
+den kleinen Typen zu finden sein, wo sich diese Muster am besten
+erhalten haben.
+
+Der älteste Schiffstyp in unserer Heimat ist das «Koggeschiff», aus
+dem die «Krayers» und «Hulken» entstanden sind. Sie sind alle mit
+übergreifenden Planken (klinkerweise) gebaut. Im 15. Jahrhundert
+erscheinen die «Barges» (Barken), die «Baertsen» u. s. w. mit glatter
+Bordwand, die allmählich die «Krayers» und die «Hulken» verdrängen. Sie
+weichen übrigens wenig in der Form von den letzteren ab.
+
+Am Ausgang des 15. Jahrhunderts trifft man die «Kraak», die von den
+Völkern des Südens zu uns kommt; ebenso stammt von ihnen der «Spiegel»
+(Schiff mit viereckigem Hinterteil) am Ende des 16. Jahrhunderts. Zu
+dieser Zeit verschwinden die Namen «Barge» u. s. w., und an ihre
+Stelle treten die der «Kuffen» und «Schmaken». Es muss aber die
+Tatsache betont werden, dass die alten Formen nicht verschwanden.
+Dieselben Schiffe wechseln in der Folge nur den Namen infolge einiger
+Veränderungen in Einzelheiten. Ein treffendes Beispiel hierfür sind
+die «Tjalken» die ~Witsen~ nicht anführt und die doch schon zu jener
+Zeit vorhanden waren. Sie trugen damals den Namen «Smalschepen» oder
+«Wijdschepen». Wir könnten hierfür noch mehrere Beispiele nennen. Die
+Ähnlichkeit der Form ist oft so auffallend, dass am Anfange des 19.
+Jahrhunderts unsere Flotte noch vollkommen die Type der Zeit von Witsen
+zeigt. Die eingeführten Änderungen betreffen nur Einzelheiten.
+
+Bei Beurteilung der alten Type, die noch jetzt in Gebrauch sind, muss
+man jedoch zweierlei berücksichtigen: dass unsere Schiffe im Laufe
+des 19. Jahrhunderts erheblich an Länge und Breite zugenommen haben
+und entsprechend auch an Tiefe, um so den Verbesserungen unserer
+Wasserstrassen und der Herstellung neuer Kanäle zu folgen.
+
+Daraus hat sich um die Mitte dieses Jahrhunderts die Entartung einiger
+Type ergeben, zu der übrigens das Auftreten des Eisens im Schiffbau in
+hohem Masse beigetragen hat.
+
+Andrerseits hat die Verbesserung der Schiffahrtsstrassen und die
+Schaffung der Häfen die völlige Beseitigung gewisser Type bewirkt.
+So dürfte die Herstellung des «Bommenhaven» bald das gänzliche
+Verschwinden der alten «Bommen» zur Folge haben. Wir werden darüber
+später sprechen. (Fischereifahrzeuge.)
+
+Die kleineren Fahrzeuge werden uns also die beste Vorstellung von
+den alten Formen geben, während man, wie oben gezeigt, unter den
+Fischereifahrzeugen die schönsten Proben der Schiffbauten früherer
+Zeiten finden wird. Die Fischereifahrzeuge offenbaren uns am besten den
+Ursprung der Formen unserer Schiffe, und deshalb werden diese Fahrzeuge
+in einem besonderen Kapitel behandelt werden.
+
+Wie oben gesagt, bestand der Hauptunterschied der Handels- und der
+Kriegsschiffe darin, dass die ersteren ein schmales Deck hatten, so
+dass ihre Mannschaft vermindert werden konnte (~Witsen~, S. 54, 263,
+266), und wir haben zu gleicher Zeit gezeigt, wie die Holländer immer
+als Beispiel hierfür angeführt wurden. So sehen wir die «Vliebooten»
+auftauchen, als Vorläufer der «Fluiten» die in England unter dem Namen
+«Dutch flight» bekannt waren.
+
+Die Fahrten nach dem Norden wie nach dem Süden brachten jedoch
+Änderungen hervor, aus denen eine grosse Zahl von Schiffstypen
+entstand. Diese sind jedoch alle von einem gleichen Grundtyp
+abzuleiten. So schreibt ~Witsen~ (Seite 53): «Noortsche deelhaelders
+laeden het meest wanneer na den vierkante hellen, kooren schepen en die
+op stukgoederen aenleggen, als ze rondtachtig zijn en veel springen.
+Oost- en Noortsvaerders die grove waeren laeden zijn grooter en ’t
+gemeen als die stuk goederen wijnen en diergelijke laeden gelijk ook de
+southaelders»[19].
+
+Das sind also alles geringe Varianten desselben Typs. Als die Schiffe
+an Grösse zunahmen, musste man sie gewölbter bauen, auch wegen der
+geringen Wassertiefe der Meeresarme, was andererseits die Unterschiede
+zwischen den Grundformen verschwinden lässt.
+
+So lesen wir in ~Van Yk~ (S. 348): «Maar als men hiertegen aanmerkt dat
+wegens de doorgaans ondiepe gronden en lastvoerens wil alle schepen
+van tijd tot tijd vierkanter werden gebouwd, sulks dat heden desen
+aangaande niet so veel onderscheid tusschen d’een en d’andere soort
+van Schepen als wel voor dezen gevonden werd. Want een hedendaags
+welgebouwde kaag sal in Lasten te voeren ’t Smalschip dat in Lengte,
+Wijdte en Holte daaraan gelijk is, weinig wijken willen. En de
+Damschuit, die wel gemaakt is, sal den Damlooper bijna ook evenaren
+konnen»[20].
+
+Das schmale Deck der Kauffahrteischiffe hat noch einen anderen
+Ursprung, der Anlass gab, Schiffe mit stark ausspringenden Formen zu
+bauen. Dieser Ursprung liegt in der Art, die Schiffe zu eichen.
+
+~Witsen~ sagt hierüber: «Het uitbreecken deser schepen (Noortsvaerders)
+voor en achter bracht hier in den schipper profijt aan dat ze vele
+goederen meer stouden als de maat der schepen hielt[21].» (S. 160.)
+
+Das bezog sich besonders auf die Schiffe, die Holz oder Korn in den
+Ostseehäfen luden, wegen der Zölle, die dem König von Dänemark zu
+zahlen waren, deren Höhe nach dem Vertrag von 1647 festgestellt wurde,
+indem man die Fassungskraft nach der Länge, der Breite in Höhe des
+Decks und der Tiefe berechnete. Als jedoch dieser Vertrag im Jahre 1666
+abgeändert wurde, verschwand, wie ~Witsen~ (S. 160) schreibt, diese
+hässliche Bauart und diese übermässige Wölbung allmählich (werd dit
+mismaekt bouwen en geweldigh uitspringen achterwege gelaten).
+
+[Sidenote: III 16]
+
+Trotzdem baute man noch lange in grosser Zahl Handelsschiffe mit
+schmalem Deck, und im Anfang des 19. Jahrhunderts findet man sogar noch
+«Fluitschepen». Ein schönes Beispiel dieser «Fluitschepen» (Flüten)
+befindet sich im Altertumsmuseum von Dordrecht.
+
+Der mehr gewölbte Bau der Handelsschiffe ging Hand in Hand mit der
+Erhöhung des Hinterstevens und des Vorderstevens. Andrerseits liess man
+am Ende des 17. Jahrhunderts den Gedanken fallen, dass die Grösse des
+eingetauchten Teils eines Schiffs möglichst beschränkt sein müsste.
+
+[Sidenote: II 149]
+
+[Sidenote: II 153]
+
+Die Erhöhung des Vorder- und Hinterstevens zogen die Verkürzung des
+Galiondecks nach sich, das am Anfang des 17. Jahrhunderts ⅕ der
+Gesamtlänge des Schiffs und am Ende desselben Jahrhunderts nur ⅛
+mass. Dieser Unterschied springt deutlich in die Augen, wenn man das
+Modell von Zierikzee und das von «Bleyswijk» miteinander vergleicht.
+Das Galion, das zu uns aus dem Altertum gekommen war, (~Van Yk~
+S. 103) wird nur als «Heimelijke gevoeg-plaatsen» (als W. C.) für
+das Volk verwendet, während man dort auch diejenigen einschliesst,
+die irgend ein unbedeutendes Vergehen begangen haben; «des devotie
+des overspelenden zeewaters,» sagt ~Van Yk~ (S. 104), (den Wogen
+ausgesetzt).
+
+Für unsere Handelsschiffe war der grosse Feind das Feuer.
+
+Die Verstopfung der Wassereintrittsstellen war überdies schwieriger für
+die Handelsschiffe als für die Kriegsschiffe, weil es für die ersteren
+im allgemeinen unmöglich war, zu den Wassereintrittsstellen vom Innern
+und durch die Ladung zu gelangen.
+
+Wasserdichte Schotten gab es nicht, und die Verstopfung der
+Wassereintrittsstellen war darum nicht weniger nötig. ~Witsen~
+berichtet uns, wie dies geschah, (S. 276). Nachdem er erklärt hat, wie
+man den Brand löscht, indem man Wasser einlaufen lässt, fährt er wie
+folgt fort:
+
+«Wanneer een geschoten gat onder water van binnen niet gestopt kann
+worden, hetzij den last en den weg is, of anderzins wordt een man
+buiten boord met een prop in de hant op een plankje gezet, daar een
+dreg aan vast is die hun onder water haalt. En aldus stopt of dekt hij
+de opening. Man geeft hem een geoliede lap in den mont, om het water
+uit het lichaem te weeren»[22].
+
+Bevor wir zu der eigentlichen Teilung der Hauptklassen gehen, die
+wir kennen gelernt haben, müssen wir noch etwas über das Schiff im
+allgemeinen und einige Einzelheiten im besonderen sagen.
+
+Die alten Erbauer von Holzschiffen bemassen die Länge derselben nach
+ihrer Bestimmung. Diese Länge wurde gerechnet zwischen dem vorderen
+Teil des Vorderstevens und dem hinteren Teil des Hinterstevens.
+Aus der Länge berechnete man die Breite und Tiefe, da die Breite =
+¼ der Länge ist. Für die Tiefe nahm man 1 Fuss auf 10 Fuss Länge,
+an der Stelle, wo das Schiff die geringste Höhe hatte. Lediglich
+aus ästhetischen Gründen zog man den Hintersteven höher als den
+Vordersteven.
+
+Wenn der Kiel gelegt war, wurden Vorder- und Hintersteven gerichtet;
+nun machte man die Heckbalken mit den Spiegelspanten (Heckspanten)
+fest, dann das Hauptspant und das Spant über der Verbindung des
+Bugs. Dann legte man noch ein Spant zwischen das Hauptspant und den
+Hintersteven. Auf diesen Spanten befestigte man dann die «Centen»
+(dünne biegsame Bretter), um so die Form des Schiffes zu bestimmen und
+daraus die anderen Rippen (Spanten) abzuleiten.
+
+Nach ~Van Yk~ (S. 77) hiessen diese Bretter nicht «Centen» sondern
+«Certen» (Sicherer), weil man mittels dieser Bretter die Form des
+Schiffes festlegte, sie sicherte. Andere Schriftsteller behaupten,
+dass das Wort von «Kanten» oder «Kenten» herkommt, das wieder von
+«Bekendheid» (Kenntnis) stammt.
+
+Die Form des Schiffes wurde also «in natura» festgelegt, nachdem man
+zuerst die Hauptspanten und die Länge festgestellt hatte. Je weniger
+gross das Schiff war, je stärker war die Kurve und um so mehr «Centen»
+brauchte man, um genau die Form festzulegen.
+
+Andrerseits war es üblich, dem Schiff eine Krümmung (Zeegte) zu
+geben, d. h. ihm in der Mitte weniger Höhe zu geben als an den Enden.
+Diese Krümmung wurde nach Anbringung der «Centen» hergestellt, durch
+Verstärkungsplanken, die man zunächst da befestigte, wo die Höhe des
+Schiffs am geringsten war. Diese Verstärkungsplanken liefen von dort
+nach vorn in die Höhe, und zwar 1 Zoll auf 6 Fuss Länge und nach
+hinten 5 Zoll auf 6 Fuss. Nach diesen Verstärkungsplanken brachte man
+die Berghölzer (Aussenplanken) an, die das Schiff schützen sollten.
+Bei den grossen Schiffen (Spiegelschepen) hat die Krümmung allmählich
+abgenommen, und man hat sich bemüht, Schiffe mit geradem Deck zu
+bauen, indem man hierin England und später Amerika nachahmte. Bei den
+Binnenfahrzeugen wie den «Tjalken» «Poonen» u. s. w. ist die Krümmung
+bestehen geblieben. Bei den kleinen Fahrzeugen verwendete man nur eine
+Aussenbeplankung. Bei den grossen, wie den «Tjalken» und «Schmacken»
+legte man sogar bis zu 3 Aussenplanken übereinander.
+
+Im allgemeinen kann man feststellen, dass im 18. Jahrhundert die
+Aussenplanken weniger schwer wurden, ganz wie der Vorder- und der
+Hintersteven. Die Stiche, die Schiffe von vor 1500 darstellen, zeigen
+mehrere Aussenplanken in gleichen Abständen, während man erst am Ende
+des 16. Jahrhunderts die späteren einzigen Aussenplanken erscheinen
+sieht.
+
+Es ist sicher, dass die Verbesserung der Schiffahrtstrassen im übrigen
+einer der Gründe gewesen ist, die Schiffe weniger schwer zu bauen.
+
+Andererseits zeigen diese alten Stiche, dass die Bordplanken sehr
+kurz sind, um zu ausgesprochene Krümmungen zu vermeiden; um aber
+trotzdem dem Schiffe mehr Festigkeit zu geben, werden die mehrfachen
+Aussenplanken nötig.
+
+[Sidenote: II 138]
+
+Im früheren Schiffbau, wo die mit Überlappung gelegten Planken, die
+zusammengenietet werden, den Bau fester machen, findet man keine
+Aussenplanken (Berghölzer), wie z. B. bei den alten «Koggeschepen». Das
+kleine Schiff in der Kirche von Diemer hatte jedoch welche.
+
+Diese Berghölzer wurden damals von runden Konsolen aus Holz gestützt,
+die man noch bei einigen alten «Poonen» findet.
+
+Was die Berghölzer betrifft, so ist es Regel, dass wenn man das Schiff
+von vorn sah, diese Planken konvex erschienen, mit der konvexen Seite
+nach oben, während sie beim Anblick von der Seite konkav aussahen, d.
+h. konvex nach unten.
+
+Wie gesagt, man ging etwa in der Mitte des 17. Jahrhunderts bei den
+grossen Schiffen von der Verwendung der «Centen» ab und arbeitete nach
+Entwürfen, in denen die Spanten gezeichnet und entwickelt waren.
+
+Der Bau des Schiffes endete dann in genügend bekannter Weise, so dass
+wir uns damit nicht aufzuhalten brauchen.
+
+Das Steuerruder wurde mittels der Ruderpinne gehandhabt, die an ihm
+angebracht war. Auf den grossen Schiffen wurde die Ruderpinne von einem
+Stück Holz gestützt (Luierwagen), wie man es noch auf vielen kleinen
+Binnenschiffen findet.
+
+Um die Ruderpinne leicht handhaben zu können, verlängerte man sie
+auf den grossen Schiffen durch den Helmstock. Dieser ging durch
+eine Öffnung des Oberdecks. Später steckte man in diese Öffnung eine
+bewegliche Stütze, deren Achse sich in der Richtung der Schiffsachse
+befand; die Stütze hatte ein vertikales Loch, durch das der Helmstock
+ging. Der Helmstock konnte so durch die Öffnung hindurch gehandhabt
+werden und als Hebel wirken, um das Steuerruder gegen die Seiten des
+Schiffes zu legen. Es ist selbstverständlich, dass bei solchem Steuern
+die Arbeit bei schwerem Wetter nicht gerade leicht war und Verstärkung
+nötig machte. Zu diesem Zwecke war eine Rolle an dem Oberdeck
+befestigt; um sie lief ein an der Ruderpinne angebrachtes Tau (Trosse),
+um das Steuerruder besser lenken zu können. (~Witsen~, S. 274, 2.
+Spalte.)
+
+Dieses Tau wurde von zwei Leuten bedient und stellte mit der Rolle den
+Vorläufer des Steuerrades dar, das im 18. Jahrhundert erschien, in
+Nachahmung Englands, wie manche Schriftsteller behaupten.
+
+Man nimmt manchmal an, dass das Steuerruder sich nur schwach neigen
+konnte; darin täuscht man sich indessen. ~Witsen~ sagt nämlich auf S.
+28: «Je grösser die Neigung des Steuerruders ist, je schwieriger wird
+seine Handhabung.» Es ist klar, dass ~Witsen~ nicht von einer Neigung
+gesprochen hätte, wenn diese gering gewesen wäre. Es geht klar aus der
+Anführung des ~Van Yk~ (S. 121) betreffend die «Luierwagens» hervor,
+dass der Steuermann viel Kraft entwickeln musste. «Hij (de Luierwagen)
+diend om de Roerpen, aan ’t vooreinde, t’ ondersteunen nademaal deze,
+wegens deszelfs langte, om sig selven te dragen immers _om ’t geweld
+dat de man_ te Roer daaraan verrichten moet, uit te staan; al te zwak
+soude wezen»[23].
+
+Endlich sagt ~Bouguer~ (1764) auf S. 83, dass das Steuerruder mit der
+Verlängerung des Kiels einen Winkel von 54°44′ u. s. w. bilden muss.
+
+Mit Unrecht sagt man also, dass die Neigung des Steuerruders nur einige
+Grade beträgt. (S. ~Paris~, Bd. 4, S. 221.)
+
+Übrigens müssen auf unseren Flüssen mit geringer Wassertiefe und enger
+Fahrrinne die Schiffe schneller steuern können; das Steuerruder muss
+sich also mehr als nur einige Grade wenden können.
+
+Auf den kleinen Binnenschiffen verlängert man häufig das Steuer, wenn
+man in wenig tiefes Wasser kommt; diese Verlängerung geschah durch eine
+besondere Planke, oder einen beweglichen Teil (~Van Yk~, S. 121), was
+auch heute noch sehr häufig vorkommt.
+
+Wenn die Pinne des Steuers ganz oberhalb des Bords gedreht werden kann,
+was man holländisch «geen statie voeren» (ohne Statie) nennt, so sagt
+man, dass das Schiff einen «draai over boord» hat[24], im Gegensatz zu
+den Schiffen mit «Statie». Die «Statie» bezeichnet den Teil des Bords,
+der oberhalb der Ruderpinne liegt.
+
+Die Ruderpinne läuft dann also durch eine Öffnung der Statie, sodass
+das Steuerruder nicht völlig umgelegt werden kann. Die Länge der zur
+Vergrösserung des Steuerruders dienenden Schwerter wird doppelt so
+gross genommen wie die Tiefe des Fahrzeuges.
+
+Da die Wassertiefe auf vielen Flüssen und Seen ungenügend ist, sodass
+die Schwerter den Grund berühren würden, so verkürzt man sie für die
+Binnenschiffe, und vermehrt infolgedessen ihre Breite.
+
+Für das Meer und die seeländischen Flüsse sind die Schwerter lang und
+schmal.
+
+Um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfährt die Takelung neue Änderungen.
+Das kleine Bugspriet verschwindet, um den Fockmasten Platz zu machen,
+die seit jener Zeit im Gebrauch geblieben sind.
+
+[Sidenote: III 145 u. s. w.]
+
+Die Takelung der grossen Schiffe ist übrigens bekannt genug. Wir wollen
+nur die Tatsache hervorheben, dass auf verschiedenen Modellen des 17.
+Jahrhunderts Fockmaste fälschlicher Weise angebracht sind.
+
+Man nennt «Schip» (vaartuig) ein Fahrzeug, bei dem die Bekleidung mit
+dem Vordersteven verbunden ist. Die «Aak» ist ein Fahrzeug, das keinen
+Vordersteven hat und bei dem die Beplankung bis zum Vorderteil glatt
+bleibt. Die Beplankung endet also an der vorn befindlichen Ebene. Wenn
+das bei einer «Tjalk» eintritt, so erhält man eine sogenannte «Aak
+Tjalk».
+
+Wenn das hintere Deck bis über den Bord erhöht ist, so sagt man, dass
+das Schiff einen «paviljoen» hat (gebrochenes Deck).
+
+Man wird also z. B. eine «Statiepaviljoenpoon» haben, d. h. eine «Poon»
+mit erhöhtem Hinterteil und gebrochenem Deck. Wenn das hintere Deck
+nicht erhöht ist, so hat man einfach eine «Statiepoon», u. s. w.
+
+Neben den Kriegsschiffen und den Handelsschiffen findet man noch
+Fähren, Fahrzeuge für Sonderzwecke wie Bagger u. s. w.; die Schiffe,
+die lediglich auf den oberen Läufen der Flüsse verkehren und die
+Fischereifahrzeuge.
+
+Man kann also die Schiffe folgendermassen ordnen:
+
+
+ORDNUNG DER SCHIFFE
+
+ I. KRIEGSSCHIFFE.
+
+ II. HANDELSSCHIFFE.
+ A) Für die grosse Schiffahrt;
+ B) Für die kleine Schiffahrt.
+
+ III. FÄHREN.
+
+ IV. FAHRZEUGE FÜR VERSCHIEDENE ZWECKE, DIE KEINER DER VORSTEHENDEN
+ GRUPPEN ANGEHÖREN.
+
+ V. SCHIFFE FÜR DEN OBERLAUF DER FLÜSSE (BOVENLANDERS).
+ A) Für den Rhein;
+ B) Für die Maas;
+ C) Für den Oberrhein und das Becken zwischen Rhein und Maas.
+
+ VI. FISCHEREIFAHRZEUGE.
+ A) Zum Seefischfang;
+ B) Zum Fluss- und Küstenfischfang.
+
+
+I.
+
+KRIEGSSCHIFFE
+
+Was die Entwicklung der eigentlichen Kriegsschiffe betrifft, so können
+wir den Leser auf die vorhergehenden Kapitel verweisen.
+
+Vor dem Jahre 1675 etwa hat es also als erstes eigentliches
+Kriegsschiff das «Pinasschiff», die Pinasse, später das «Spiegelschiff»
+(Schiff mit viereckigem Hinterteil) gegeben. Der «Spiegel»
+verschwindet dann. Man kommt zu den runden Hinterteilen zurück, aus
+denen sich das «Schip van Oorlog» (Kriegsschiff) ergibt. Anfangs
+waren es ausschliesslich Schiffe mit doppeltem Deck; am Ende des 17.
+Jahrhunderts baute man indessen in den Niederlanden einige Typen mit
+dreifachem Deck.
+
+Als Hilfs-Kriegsschiffe verwendet man oft das «Fluitschip» (Flüte) und
+das «Oost-Indisch Compagnie-Schip» (Schiff der Ost-Indischen Kompagnie)
+sowie die «Jachten» (Yachten) und verschiedene andere Type geringerer
+Bedeutung; zur Küstenbewachung nimmt man die «Boeier» (Bujer),
+«Galjoot» (Galiot), «Galeas» (Galeasse), «Bom», «Koff» und «Smak»
+genannten Schiffe.
+
+Alle diese Schiffe gehören mehr zur Klasse der Handelsschiffe und
+sollen im folgenden Kapitel beschrieben werden.
+
+Man ahmt aus dem Ausland nach die «Fregat» (Fregatte), und später die
+«Brik» (Brigantine), den «Schooner» und die «Bark» (Barke).
+
+
+II.
+
+HANDELSSCHIFFE
+
+
+A) _Für die grosse Schiffahrt._
+
+Das älteste Handelsschiff ist das «Koggeschiff», aus dem die «Hulken»
+und die «Krayers» entstanden sind. Diese Schiffe haben eine Beplankung
+mit Überlappung. Darauf baut man stärker gewölbte Schiffe. In der
+zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erscheint die glatte Beplankung.
+Der sich daraus ergebende Typ heisst «Barge» (Barke) oder «Baertze».
+
+Während dieser Zeit beginnt man, auf diesen Schiffen Aufbauten zu
+errichten, ganz wie bei den alten «Koggeschepen». Diese Aufbauten
+werden allmählich grösser, als man die spanischen, portugiesischen und
+genuesischen Schiffe nachbildet. Ein Typ mit Aufbauten von grossen
+Abmessungen nach den spanischen Karaks heisst «Kraak».
+
+Dieses Schiff verschwindet jedoch in unserem Vaterlande im Laufe des
+16. Jahrhunderts.
+
+Am Ende des 16. Jahrhunderts tauchen die «Vlie-» oder «Vlietbooten»
+auf, die später «Fluiten» (Flüten) heissen.
+
+Diese Schiffe unterscheiden sich von den vorhergehenden Typen dadurch,
+dass sie am oberen Teil des Rumpfes stark einspringen. Sie hatten also
+einen breiten Rumpf und ein schmales Deck. Diese «Fluiten» sind die
+hervorragendsten Handelsschiffe bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts.
+
+Am Ende des 16. Jahrhunderts war das «Spiegelschiff» erschienen, das
+als Handelsschiff nach dem Beispiel des Mittelmeeres diente. Am Anfang
+des 17. Jahrhunderts nannte man dies Schiff «Pinasschiff».
+
+Man baute das «Pinasschiff» (Pinasse) stärker gewölbt in der zweiten
+Hälfte des 17. Jahrhunderts mit vertikalerem Hintersteven und einem
+kleineren Galionsdeck, woraus sich das Oost-Indisch Compagnie-Schip
+(Schiff der Ostindischen Kompagnie) ergeben hat.
+
+Neben diesen Typen bleibt das «Fluitschip» bestehen. Es erfährt
+indessen einige Abänderungen, die sich aus seiner Zweckbestimmung
+ergeben, und so entwickelt sich der «Noordvaerder» oder
+«Walvischvaerder» (Walfischfänger) und der «Oostvaerder» (Ostseeschiff).
+
+Die kleinen «Spiegelschiffe», die übrigens eine weniger umfangreiche
+Takelung haben, erscheinen im 18. Jahrhundert unter dem Namen
+«Snauschepen».
+
+Ferner werden zwei Type von Fischereifahrzeugen gebaut, mit grossen
+Abmessungen für die offene See; das sind die «Hoeker» (Huker) und die
+«Buys» (Büsen), die wir im Kapitel «Fischereifahrzeuge» wiederfinden.
+
+Das Ausland gibt uns noch als Handelsschiff: die «Fregate» (Fregatte),
+während die «Kromstevens» oder «Boeiers» (Bujer) schon der
+französischen Marine nachgebildet sind.
+
+Diese Schiffe erscheinen im 17. Jahrhundert infolge des Handelsverkehrs
+mit Rouen (~Witsen~, Seite 164, 2. Spalte).
+
+Aus Verbindungen dieser Type unter sich und mit kleinen Typen entstehen
+neue Arten, die andere Namen tragen wie das «Boot» das nichts anderes
+ist, als eine kleine Fluit mit Hinterteil als «Draai-over-boord»; das
+«Hekboot» eine Verbindung der Pinasse und der Galiot; das «Katschip»
+gebaut nach dem «Bujer» und der «Fluit», und schliesslich der
+«Stokker», der ein Vorderteil wie ein Spiegelschiff und ein Hinterteil
+wie ein Huker hat.
+
+Es ist natürlich schwer, eine genaue Trennung zwischen der grossen und
+kleinen Schiffahrt herzustellen, weil es viele Beispiele sogar von
+kleinen «Koffen» gibt, die nach Indien verfrachtet werden.
+
+Indem wir die Grenze zwischen der grossen und kleinen Schiffahrt zogen,
+haben wir besonders die ursprüngliche Bestimmung der Schiffe im Auge
+gehabt.
+
+
+B) _Für die kleine Schiffahrt._
+
+Die grossen Type dieser Schiffe sind vertreten durch die «Galiot» und
+die «Galeasse» dann kommen das «Kuff» und die «Smak» (Schmack); zu der
+Familie der Schmacken gehören die «Damloopers» und die «Smalschepen»
+und die «Wijdschepen» sowie die «Friesche Turfschepen» (Torffahrzeuge
+von Friesland).
+
+Sie stammen alle von demselben allgemeinen Typ ab und unterscheiden
+sich nur durch Einzelheiten, die eine Folge dieser oder jener örtlichen
+Notwendigkeit sind.
+
+Die Familie der «Smakken» (Schmacken) hat die «Tjalken» entstehen
+lassen.
+
+Die «Tjalken» findet man besonders in Friesland und Groningen. In der
+Provinz Holland nennt man sie infolge einiger kleiner Umänderungen
+«Schuiten» (Schuten). In Seeland, wo sie ein schmaleres Deck haben,
+nennt man sie «Poonen». In Nord-Holland führen sie den Namen «Jacht»
+(Yacht). Bei diesen ist entgegen den «Poonen» der Boden weniger breit
+als bei der «Tjalk».
+
+Auf der belgischen Schelde sind sie etwas länger und heissen «Pleiten»
+während die kleineren dort «Otters» heissen. Ostfriesland zeigt uns
+dieselbe Familie: hier sind es die «Motten», die etwas an die «Kuffen»
+erinnern. Wir finden dort auch noch einen sehr alten Typ eines
+Handelsschiffs, das von den alten Fischerbarken abstammt; es heisst
+«Ever» und «Bremerkahn».
+
+Daneben und unabhängig von der oben genannten Familie der «Tjalken»
+finden wir seit den ältesten Zeiten in Overyssel einen ganz allein
+stehenden Typ. Wenn man diese Schiffe im 17. Jahrhundert zur Zeit
+Witsens noch «Potten» und «Pujen» nennt, so findet man sie später und
+noch jetzt nach einigen kleinen Abänderungen unter dem Namen «Snijboon»
+(wörtlich Bohnen); daraus ist der «Praam» entstanden. Dieselbe Form,
+aber kleiner findet sich in dem «Somp» und der «Pegge».
+
+Alle diese Schiffe unterscheiden sich von den «Schmacken» in baulicher
+Hinsicht dadurch, dass der Vorder- und Hintersteven spitz sind, während
+die «Schmacken» abgerundete Steven haben.
+
+Auch hier fehlen die Kombinationen nicht. So gibt es «Koftjalken»,
+«Praamaken» und «Aaktjalken».
+
+Ferner sind zu erwähnen die «Boeiers» (Bujer), die indessen keine
+Aehnlichkeit mit den alten «Kromstevens» haben.
+
+Endlich wollen wir noch die «Kraken» erwähnen, die jedoch nichts
+gemeinsames mit den spanischen «Karaken» haben. Es sind ganz einfach
+sehr feste «Tjalken», die etwas gradere Linien haben, d. h. die weniger
+Krümmung besitzen.
+
+
+III.
+
+DIE FÄHREN (BACS)
+
+Als eigentliche Fähren sind nur anzuführen die «Pontons»; sie umfassen
+den «Gierpont» (fliegende Fähre, Gierbrücke); den «Kabelveerpont»
+(Kabelfähre); den «Jaagpont» (Pferdefähre); den «Halve Pont»
+(Segelponton); den «Pijper» (kleinen Ponton) und den «Overhaalpontje»
+(Nachen).
+
+Es ist klar, dass man als Fähren jede Art Schiffe verwendet, z. B. den
+«Feerhengst», der zur Familie der «Hoogaarsen» (s. Fischereifahrzeuge)
+gehört, sowie die «Tjalken», die «Schuiten» und die «Poonen», alles
+Type, die wir schon kennen gelernt haben.
+
+
+IV.
+
+FAHRZEUGE FÜR VERSCHIEDENE ZWECKE, DIE KEINER DER VORGENANNTEN GRUPPEN
+ANGEHÖREN.
+
+Es braucht nicht gesagt zu werden, dass unter den Gruppen I, II,
+III sich noch eine Menge kleiner Schiffe finden, die für örtliche
+Zwecke bestimmt sind und mehr oder weniger von derselben Grundgruppe
+abstammen, aber nach ihrer Bestimmung von einander abweichen.
+
+Unter den wichtigsten nennen wir die «Bocken», die man sowohl in
+Holland wie in Friesland trifft. Zur selben Familie gehören die
+«Groningeraardappelpramen» (Prähme zur Beförderung von Kartoffeln nach
+Groningen).
+
+Der «Snik», friesisches Fahrzeug mit einem etwas geneigteren
+Vordersteven; es gleicht darin ziemlich dem «Haarlemermeerplompertje»
+(kleines Schiff für das Haarlemermeer). Wenn der Hintersteven geneigter
+ist, so erhält man die «Westlanders».
+
+Wenn diese letzteren einen Bordteil weniger haben wie die Baggerschiffe
+aus dem Haag, so werden sie zu «Bocken», die man aber nicht mit den
+vorher genannten verwechseln darf.
+
+Im Norden von Overyssel, findet man noch bei Vollenhove ein kleines,
+sehr bekanntes Schiff, den «Punter», der wahrscheinlich aus der
+«Haringschuitje» (Barke zur Heringsfischerei) vom Zuiderzee stammt.
+Die «Groenteschuitje» von Hoorn die zur Gemüsebeförderung dient, ist
+ganz gleich gebaut. Sie ist schmal mit stark geneigtem Vorder- und
+Hintersteven.
+
+Der gleiche Ursprung zeigt sich noch bei dem «Praam» von Utrecht und
+der _Krommen Rijnaak_. Diese sind indessen länger, wenn man ihre Breite
+berücksichtigt.
+
+Ausser den vorgenannten Typen finden wir noch den «Snik» oder
+die _Gondel_ aus Nord-Holland, die sehr den «Oude Kinderdijksche
+Hoogaarsen» und auch der ganz alten «Vischschuit van Aalsmeer»
+(Fischerbarke von Aalsmeer) gleichen.
+
+Ausser einer ganz ausserordentlichen Zahl von kleinen _Schauwen_, die
+nichts anderes sind als offene und flache Fähren, wie man sie schon
+auf den ältesten Stichen findet, begegnet man in Holland noch den
+«Schiedamschen Schauwen» oder den «Melken Spoelingschuiten» (Barken
+zur Beförderung von Milch und Trebern). Es sind dies lange und flache
+Barken mit einem glatten Vorder- und Hinterteil.
+
+Eine besondere Familie wird durch die «Barges» (Barken) und
+«Trekschuiten» gebildet (getreidelte Barken); diese sind in den ganzen
+Niederlanden verbreitet. Sie gleichen sich fast alle, da sie, aus
+Holland stammend, sich nur in dem übrigen Teil des Landes verbreitet
+haben, in dem Masse, wie Kanäle gebaut wurden.
+
+Besonders in der Provinz Drenthe ist die «Trekschuit» noch sehr
+gebräuchlich. Der Bau der Eisenbahnen und Strassenbahnen wird sie
+indessen allmählich verschwinden lassen. Einen wichtigen Platz nehmen
+bei uns die _Baggeraken_ ein (Baggerschiffe).
+
+Uebrigens erfordert die besondere Beschaffenheit unserer Flüsse
+und Meeresarme fortwährende Baggerungen, um die Häfen und
+Schiffahrtsstrassen auf der richtigen Tiefe zu halten. Wir dürfen
+hierbei nicht an unsere modernen Bagger denken, sondern an die «Hand-
+oder Hijschbeugel» (Handbagger), das älteste bekannte Werkzeug zur
+Beseitigung des Baggergutes.
+
+Die hierzu verwendeten Fahrzeuge heissen im allgemeinen «Baggeraken»
+obgleich sie sich oft sehr von einander unterscheiden. Der bekannteste
+Typ ist die _Vlet-_ oder _Baggeraak_, auch _Sliedrechtsche Aak_ genannt.
+
+Man verwendet hierzu noch viel die «Boeieraken» (Bujeraken). Sie
+gehören alle zur Klasse der abgerundeten Schiffe. Einen besonderen
+Typ findet man in Dordrecht, nämlich den _Vreeswijkschen Zandlichter_
+(Sandleichter) und die Dortsche _Zantschuit_ (Sandschute) (Barken zum
+Sandbaggern), die unter sich viel Ähnlichkeit haben.
+
+Die letzteren dienten fast ausschliesslich zum Baggern von Ballast
+für die Seeschiffe. Sie sind jetzt bis auf einige Exemplare
+verschwunden. Im Westen und in der Rheingegend verwendet man zum
+Baggern und zur Beseitigung des Dünensandes fast ausschliesslich die
+_Bokken_, die in der Form den «Westlanders» gleichen. Sie haben einen
+Bordteil weniger. In der Provinz Utrecht gebraucht man hierzu die
+_Slijkpramen_ (Schlickprähme), entsprechend der «Krommen Rijnaak»,
+(Krummen Rheinaak) dem allgemeinen Typ von Utrecht; in Groningen
+erfolgt dagegen die Beförderung von Schlick durch den «Groninger
+Slijkpraam» oder «Vlotpraam», ein schmales, aber bauchiges Fahrzeug,
+das nichts gemeinsam hat mit dem «Overysselschen Praam», der ihm
+übrigens in keiner Weise gleicht. Der Vorläufer unserer Bagger
+ist der alte _Moddermolen_ oder das «Moddermolenschip» (wörtlich
+Schlammühlenschiff), das seit 1575 vor Amsterdam verwendet wurde. Noch
+sind als sehr alt zu nennen die _Zolderschuiten_ und die _Schauwen_,
+die wir heute «Bakken» nennen würden. Im Jahre 1829 versieht man sie
+mit Bodenklappen, woraus sich die _Klepschauwen_ oder _Onderlossers_
+ergeben (wörtlich: Schiffe, die sich vom Boden aus entleeren).
+
+Schliesslich haben wir noch die Vergnügungsfahrzeuge oder Segelyachten,
+für welche man als holländischen Typ die _Boeierjacht_ (Bujeryacht)
+(Südholland) und den «Tjotter» (Friesland) verwendet.
+
+Es ist zu bemerken, dass man sie, wenn man von Vergnügungsfahrzeugen
+spricht, meistens «Yacht» nennt, obwohl das Schiff gewöhnlich nicht
+einer Yacht gleicht. Der Name bezeichnet nicht immer den Typ.
+
+
+V.
+
+SCHIFFE, DIE DEN OBERLAUF DER FLÜSSE BEFAHREN. BOVENLANDERS
+(OBERLÄNDER).
+
+Alle Schiffe, die die Oberläufe der Ströme besuchen, führen den
+gemeinsamen Namen «Bovenlanders» (Oberländerschiffe) ohne Rücksicht
+auf die Form des Schiffes. Diese Schiffe haben im allgemeinen selten
+Interesse erregt; auch ~Witsen~ sagt hierüber nur einige Worte und
+nennt sie einfach «Aaken und Samoreuzen» (Seite 170, 2. Spalte); ~Van
+Yk~ führt diese letzteren ebenfalls an. (Seite 318.)
+
+Diese Schiffe sind indessen sehr interessant.
+
+
+A) _Rheinschiffe_ (Schiffe vom unteren Rhein).
+
+Die Rheinschiffe sind nicht von einheitlichem Typ. Diejenigen, die den
+Unterlauf des Flusses befahren (unterhalb Bonn) unterscheiden sich von
+denjenigen, die auf dem Oberrhein und seinen Nebenflüssen verkehren;
+eine Ausnahme bildet ein kleines Schiff, das man auf dem Neckar findet
+und das der Gruppe entspricht, die den Unterlauf befährt. Der Grundtyp
+der Unterlaufabteilung wird dargestellt durch die _Dorstensche Aak_.
+Die Dorstensche Aak hat das _Stevenschip_ entstehen lassen.
+
+Diese Type, die aus dem mittleren Westdeutschland, mit Dorsten etwa
+als Mittelpunkt stammen, sind in unser Land übergegangen und finden
+sich dort seit langer Zeit. So spricht man im 17. Jahrhundert von den
+«Gelderschen Samoreuzen». Man sieht sie noch gut oder schlecht auf
+alten Stichen abgebildet. Wir finden sie auf dem unteren Rhein und
+dem Waal unter der Bezeichnung _Hollandsche Aken_ und _Stevenschepen_
+(Stevenschiffe), während man sie noch heute im Westen von Nordbrabant
+baut, wo sie auch zu allen Zeiten vorhanden waren.
+
+Diese Schiffstype sind also aus dem Westen Deutschlands (Westfalen)
+zu uns gekommen, durch den Unterrhein und den Waal und vom Nordwesten
+von Nordbrabant. Man sieht sie nicht auf der Maas und dem unteren Waal
+ungefähr unterhalb von Tiel. Man baute diese Aken im kleinen längs
+der Merwede und hier und da in Holland, wo man den Typ in dem alten
+«Turfeiker» (Torfkahn) wiederfindet, dessen Rumpf mit Überlappung
+gebaut ist und der wahrscheinlich jetzt ganz verschwunden ist. Der
+Rumpf aller dieser Fahrzeuge war anfangs mit Überlappung gebaut; wir
+finden hier also die alte Bauart der Ostsee wieder. Sie sind alle wie
+die «Bovenlanders» lang und schmal mit flachem Boden.
+
+
+B) _Maasschiffe._
+
+Die Maas-Schiffe, ebenfalls lang und schmal, stellen auch einen ganz
+anderen Typ dar, der sich völlig von den obengenannten Rheintypen
+unterscheidet.
+
+Als Grundtyp nennen wir den _Whalemajol_; dann kommen _Whalepont_ und
+_Maaspont_, dann kleiner der _Spitsbek_ und endlich die _Herna_. Alle
+diese Type sieht man auf der ganzen belgischen Maas bis Ruremonde. Auf
+der unteren Maas findet man in den Niederlanden Schiffe von kleineren
+Abmessungen, genannt _Bovenmaasche Aak_ oder _Hedelsche Aak_, die auch
+noch viel als Baggerprahme verwendet werden. Sie weichen in der Form
+von den obengenannten Maasschiffen ab; sie stammen jedoch von ihnen
+her. Das Steuerruder entspricht aber mehr dem System der Rheinschiffe,
+die oberhalb Bonns verkehren.
+
+
+C) _Oberrheinschiffe._
+
+Schiffe von oberhalb Bonn, einschliesslich der Gegend westlich vom
+Rhein und östlich der _Maas_. Hier sind als Grundtyp anzuführen der
+_Keen_, neben ihm die _Keenaak_ und ein Schiff neueren Datums, der
+_Slof_.
+
+Einer dieser Type wurde im 19. Jahrhundert in ’s Gravenmoor
+eingeführt, weil er sehr geeignet schien, zur Ausnutzung der Weiden
+des Biesbosches; aber er hat dabei schon verschiedene Abänderungen
+erfahren, infolge des Wechsels des Hinterteils und des Steuers.
+
+Keiner dieser Type stammt aus den Niederlanden.
+
+Der «Hagenaak» wie der «Turfeiker» entsprechen der «Dortenschen Aak».
+
+Endlich findet man auf diesem Teil des Rheines wie auf der Maas ein
+Schiff, das erst aus dem 19. Jahrhundert stammt und das _Bunder_
+genannt wird.
+
+Ausser dem Bunder haben auch die unter C aufgeführten Type einen Rumpf,
+der klinkerweise gebaut ist (mit Überlappung). Die unter B genannten
+müssen ehemals einen klinkerweise gebauten Rumpf gehabt haben, nach
+den Erklärungen alter Schiffer und nach dem, was aus einem alten Bild
+von Whalemajol aus der Sammlung des Herrn van Gijn hervorgeht, sowie
+aus einem Stein vom Ende des 18. Jahrhunderts, der in der Vorderseite
+eines Hauses der St-Pieterstraat in Maastricht angebracht ist und eine
+«Herna» darstellt. Es lässt sich nicht feststellen ob die glatten
+Schiffsrümpfe und die mit überlappender Beplankung gleichzeitig
+bestanden haben oder ob die ersteren neueren Datums sind. Es ist jedoch
+anzunehmen, dass die Schiffsrümpfe mit überlappender Beplankung die
+älteren sind.
+
+Es ist sonderbar, dass ein der «Herna» sehr ähnlicher Typ sich im
+Adriatischen Meer findet, nämlich die _Rascona_, die in dem
+bekannten Werke von ~Paris~ beschrieben und dargestellt ist
+(Bd. 2, Nr. 86); dies Schiff wird noch mit dem alten «Stuurriem»
+(Steuerruder) gelenkt.
+
+
+VI.
+
+FISCHEREIFAHRZEUGE.
+
+
+A) _Für die grosse Fischerei._ -- Als alter holländischer Schiffstyp
+zum grossen Fischfang ist zu nennen die _Buys_ (Büse) und der _Hoeker_
+(Huker), sowie die _Schollenschute_, die _Bazaanschute_ und der _Zwarte
+Waalsche Gaffelaar_.
+
+Die beiden ersteren haben die _Hukerbüse_ und den _Kwee_ hervorgebracht.
+
+Von Frankreich ist zu uns gekommen die «Sloep» (Schaluppe) und der
+«Logger» (Lugger), ferner der «Rotter» (Rutter). Unter den Schiffen für
+die Grossfischerei sind noch die Walfischfänger zu erwähnen, für die
+man früher die _Noortsvaerders_ verwendete, die zum Typ der bei den
+Handelsschiffen schon genannten «Fluitschepen» (Flüten) gehören.
+
+Das älteste zu dieser Gruppe gehörige Schiff ist der _Egmonder
+Pink_, aus dem der _Bom_ und die _Garnalen-Schuit_ (Krabbenbarke)
+von kleinsten Abmessungen entstanden sind. Die drei ersten Type
+sind so gebaut, dass sie auf den Strand gezogen werden können. Nach
+Fertigstellung des Fischerei-Hafens von Scheveningen ist ein neuer
+Typ aus dem Logger und dem Bom entstanden, der Loggerbom oder Lelybom
+heisst.
+
+
+B) _Für die kleine Fischerei._ -- Die ungeheure Mehrzahl der
+Fischereifahrzeuge ist für den gewöhnlichen oder kleinen Fischfang
+bestimmt. Ihre Masse waren früher viel kleiner als die der vorigen
+Gruppe. (Augenblicklich baut man grössere, abgesehen von den
+«Garnaalschuitjes».) Ihre Namen sind unzählig und so verschieden, dass
+sie durchaus keinen Begriff von der Form und der Art der Schiffe geben.
+
+Die Grundtype sind: _a_) die _Schocker_, d. h. die Schiffstype,
+die nach dem Muster der Schocker gebaut sind, zu denen auch die
+Wierschuitje und die Steekschuit, der Hengst und der Hoogaars gehören.
+
+Wie wir bei den meisten Schiffstypen «Aken» getroffen haben, z. B.
+die «Aaktjalk», so finden wir auch «Aken» in der Klasse, die uns
+beschäftigt; sie heisst die _Tholensche Schouw_ (Schauw).
+
+Dies Schiff zeigt auch viel Ähnlichkeit mit der _Beyerlandschen Schute_
+und stellt gewissermassen eine Übergangsform zu der _Fischbujeraak_ dar.
+
+_b_) Die _Botters_ und die _Vollendammer Kwak_, die _Ronse_ und die
+_Plute_ sowie die _Platje von Maassluis_.
+
+Als dritte Gruppe haben wir ein kleines kurzes und rundes Schiff,
+dessen Vorbild _c_) der _Knots von Antwerpen_ ist. Zur selben Gruppe
+gehören die «Bolle» und die «Lemmerjacht» oder «Lemmeraak»; endlich
+als vierte Gruppe ein Typ mit stark geneigtem Hintersteven und
+Vordersteven; das sind _d_) die _Haringschuitjes_ (Heringsschuten), zu
+denen auch der sehr verbreitete _Punter_ gehört.
+
+Endlich möchten wir einige Type von kleinen Fischereifahrzeugen nennen,
+die ausschliesslich unsere Binnenflüsse und Kanäle befahren und von
+denen viele noch mehr oder weniger deutliche Ähnlichkeiten mit den
+unter den Buchstaben _a_ bis _d_ aufgeführten haben.
+
+Hier nennen wir die _Fischerschute von Alsmeerj_, die _Gondel_,
+den _kleinen Fischerbujer_, die _Woudrichemsche Fischschute_,
+die _Prikschute_, die _Steekschute von dem Biesbosch_ und die
+_Strooperschute_.
+
+Alle Arten von Ruderbooten der verschiedensten Type sowie die alten
+nicht mehr seetüchtigen Botter und die gewöhnlichen Schocker der
+Zuidersee finden zum Fischfang auf den schiffbaren Binnenwasserstrassen
+Verwendung.
+
+
+[Illustration]
+
+
+[Illustration]
+
+
+ [19] Die Schiffe, die Holz vom Norden bringen, laden am meisten, wenn
+ sie sich der rechteckigen Form nähern; diejenigen, welche
+ Getreide und Stückgüter befördern, wenn sie abgerundet und
+ stark gewölbt sind. Die Schiffe des Nordens und von Indien, die
+ schwere Waren bringen, sind im allgemeinen grösser als die,
+ welche Stückgüter, Wein u. s. w. befördern, wie übrigens auch
+ die Schiffe, die Salz befördern.
+
+ [20] Berücksichtigt man dagegen, dass wegen der Untiefen und der
+ besseren Beladung alle Schiffe sich mehr und mehr der
+ rechteckigen Form nähern, so sieht man, dass man jetzt
+ nicht mehr so viele Unterschiede zwischen den verschiedenen
+ Schiffsformen findet wie früher. Denn eine moderne, gutgebaute
+ Kag wird an Tragfähigkeit dem Schmalschiff wenig nachgeben, das
+ ihr an Länge, Breite und Tiefgang gleicht. Und die Damschute,
+ die gut gebaut ist, kann auch mit dem «Damlooper» in Wettbewerb
+ treten.
+
+ [21] Die Wölbung dieser Schiffe vorn und hinten war dem Schiffer
+ dadurch nützlich, dass er mehr laden konnte, als das Eichmass
+ angab.
+
+ [22] «Wenn eine von einer Kugel unter der Wasserlinie gerissene
+ Bresche nicht von innen verstopft werden kann, z. B. weil die
+ Ladung die Arbeiten behindert, so setzt man ausserhalb des
+ Schiffes einen Mann auf eine Planke, an der ein Schiffshaken
+ befestigt ist, mit dem er unter Wasser geholt werden kann, um
+ das Loch zu verstopfen. Man steckt ihm einen ölgetränkten Lappen
+ in den Mund, damit das Wasser nicht in seinen Körper gelangen
+ kann.»
+
+ [23] Er (der Luierwagen) dient dazu, die Ruderpinne an ihrem vorderen
+ Teil zu stützen, aber auch der Kraft zu widerstehen, die der
+ Steuermann auf den Helmstock des Steuerruders ausübt.
+
+ [24] Draai-over-boord heisst Dreh-über-Bord, d. h. die Pinne konnte
+ sich über Bord drehen, wie bei unseren neuzeitlichen
+ Binnenschiffen.
+
+
+
+
+[Illustration: 4]
+
+BESCHREIBUNG DER SCHIFFSTYPE.
+
+
+[Sidenote: III 3]
+
+[Sidenote: III 6]
+
+Wir haben den Zeichnungen einige Skizzen nach den alten Stichen und
+Beschreibungen beigegeben. Sie geben uns eine Vorstellung von der
+Entwickelung des Schiffs von 1200 bis einschliesslich 1600. Wir
+verweisen bezüglich ihrer Beschreibung auf die vorhergehenden Kapitel.
+Die Zeichnungen, welche sich auf die nach 1600 liegende Zeit beziehen,
+sind alle nach Ausführungszeichnungen angefertigt.
+
+Wie wiederholt hervorgehoben ist, muss man die alten Formen in den
+kleinen Typen suchen. Die Kriegsschiffe werden also nicht in Betracht
+gezogen werden, während die grossen Handelsschiffe nur nebenbei erwähnt
+werden.
+
+
+DIE PINASSE.
+
+[Sidenote: II 146]
+
+[Sidenote: III 8]
+
+[Sidenote: III 9]
+
+Das Pinasschip (die Pinasse). Dies ist das älteste Schiff, von dem wir
+eine genaue Beschreibung besitzen. Es stammt aus der ersten Hälfte
+des 17. Jahrhunderts und verschwindet am Ende dieses Jahrhunderts.
+Dieses Schiff hatte einen sehr schrägstehenden Vordersteven mit einem
+sehr entwickelten Galion und einem Hinterteil mit Spiegel. Der Spiegel
+und das Galion kommen zu uns vom Süden; übrigens stammt dies Schiff
+von denen des 16. Jahrhunderts her; seine Abmessungen sind indessen
+grösser; auch trägt es Kanonen.
+
+
+DAS FLIBÔT
+
+[Sidenote: II 148]
+
+[Sidenote: II 19]
+
+Das Vlieboot (Flibôt) findet man schon im Jahre 1600; es ist stark
+gewölbt und hat ein schmales Deck. Von diesem Typ stammt nach 1600
+die «Fluit» (Flüte), die noch gewölbter ist wegen der Art der
+Schiffsvermessung in Dänemark.
+
+Eine gewöhnliche Flüte hat 130 Fuss Länge, 26½ Fuss Breite und 13
+Fuss 5 Zoll Tiefe. Die Flüte hat vorn kein Galion. Später baut man
+indessen grössere mit Galion, in Nachahmung der «Spiegelschepen»
+(Spiegelschiffe).
+
+Man verwendet sie zu verschiedenen Zwecken und sie erfahren aus diesem
+Grunde einige Umänderungen. So ist die «Fluit von Indien» fester gebaut
+als die, die den Verkehr mit den Ostseehäfen besorgt. Wir wollen unter
+anderem bemerken, dass die Drahtseile der Rusten verdoppelt werden, um
+die Takelage zu verstärken, während hinten ihre Ausladungen grösser
+sind, um geräumigere Kabinen zu erhalten. Mit Rücksicht auf diese
+Vergrösserung verstärkt man sie im Innern durch Rippen und Eisenbänder.
+(~Witsen~, S. 159.)
+
+Am Anfang des 17. Jahrhunderts, bis zum Jahre 1640 werden diese Schiffe
+und im allgemeinen alle indischen Schiffe vorn offen gebaut ohne
+Wohnräume. Die Hängematten und Betten der Schiffsmannschaft werden bald
+hier bald dort an der Bordwand angebracht.
+
+Die «Fluiten» sind als gute Segler bekannt. Infolge ihres schmalen
+Baues geben sie dem Wind wenig Angriffsfläche. Es sind Dreimaster mit
+der wohlbekannten Takelung des 17. Jahrhunderts.
+
+Die «Fluiten», welche die Ostsee besuchen, um dort Getreide zu holen,
+sind etwas kleiner als die vorigen; man nennt sie «Oostvaerder oder
+Oostervaerder». Ihre Abmessungen sind die folgenden: Länge 125 Fuss;
+Breite 25 Fuss; Tiefe 12 Fuss oder auch 115,23 ½ und 11,5 Fuss oder
+auch 100,22 und 11 Fuss; sie können laden 200, 150, 100 Last (eine Last
+gleich 2 Tonnen). Die Mehrzahl hat ein Galionsdeck. Wir können uns
+einen Begriff von dem Umfang unseres Verkehrs zur Ostsee machen, wenn
+wir erwähnen, dass im Jahre 1604 400 «Oostvaerders» sich gleichzeitig
+vor Amsterdam befanden. Innerhalb zwei Wochen werden sie entladen,
+beladen und sind wieder bereit, in See zu stechen. (~Witsen~, S. 448.)
+
+Die «Noordvaerders» oder «Noortsvaerders» sind auch Flüten, die
+zwei Fuss mehr an Tiefe haben als die Oostvaerders, weil sie mehr
+Fassungskraft haben müssen, um Holz zu laden, das sie aus Norwegen
+holen. (~Witsen~, S. 160.) Ihre Breite beträgt im allgemeinen ⅕ der
+Länge. Sie sind ganz wie die Oostvaerders massiv und solid. (~Witsen~,
+S. 53.) Sie haben kein Galionsdeck. Im allgemeinen haben wegen der
+häufigen Kriege die Schiffe, die die Ostsee besuchen, weniger starke
+Mannschaften als die, die den Verkehr mit dem Westen besorgen.
+(~Witsen~, S. 160.)
+
+
+DAS KATZENSCHIFF (Katschip).
+
+[Sidenote: II 217]
+
+Das «Katschip» besteht aus einem Bujer und einer Flüte. Daraus ergibt
+sich schon, dass es ein Schiff mit starken Krümmungen ist, da man es
+oft in flachem Wasser verwendet, so hat es einen sehr flachen Boden
+und ist überdies eckig gebaut. Es ist als sehr mittelmässiger Segler
+bekannt, aber es kann viel laden. Die Langsamkeit müsste ihm eher den
+Namen Esel eintragen als den Namen Katze, sagt ~Witsen~. (S. 163.)
+
+Es hat kein Galionsdeck; dagegen hat es ein offenes Oberdeck vorn
+und eine Kabine. Die Stange des Steuerruders, die unter der Kabine
+durchgeht, wird ohne Ruderpinne gehandhabt. Meistens baut man das
+Katzenschiff aus Pitch-Pine.
+
+Alle oben erwähnten Type haben das Hinterteil einer Flüte, das heisst
+ohne Spiegel, was den alten holländischen Schiffsbau kennzeichnet.
+
+
+DAS OSTINDISCHE KOMPAGNIE-SCHIFF.
+
+[Sidenote: II 151]
+
+[Sidenote: III 11]
+
+Das Pinasschiff hat uns das «Oostindisch Compagnieschip» (Schiff der
+Ostindischen Kompagnie) gegeben. Es hat keinen Spiegel und zeigt
+demnach ein abgerundetes Hinterteil. Als Handelsschiff ist es stark
+bewaffnet und hat im Bedürfnissfalle oft als Kriegsschiff gedient. Die
+in der Sammlung enthaltene Tafel gibt uns einen guten Begriff von der
+Form und der Bauart. Nähere Erklärungen sind also überflüssig. Wir
+wollen nur darauf hinweisen, dass das Hinterteil reich geschmückt und
+mit einem Galionsdeck versehen ist. Die Länge des Decks ist grösser als
+bei den Flüten; es besitzt drei Masten und die gewöhnliche Takelage.
+
+[Sidenote: II 159]
+
+Dasselbe Schiff, aber von kleineren Abmessungen und mit nur zwei Masten
+heisst «Snauwschip» man findet es viel in Flandern. ~Witsen~ rechnet
+das Snauwschip zu den Binnenfahrzeugen. (S. 170.)
+
+
+DER BUJER.
+
+[Sidenote: II 191]
+
+[Sidenote: II 194]
+
+Der «Boeier» (Bujer) bildet einen Typ für sich, der besonders den
+Verkehr mit Rouen besorgte. Er ist ein Schiff mit flachem Boden und
+einem Kiel mit Schwertern; denn er besucht sowohl die wenig tiefen
+Flüsse wie das Meer. Die Schwerter überragen den Kiel um zwei Fuss. Der
+Vordersteven ist stark gekrümmt, daher der Name «Kromsteven».
+
+Nach den alten Stichen besitzt der Bujer eine sehr hohe «Statie», was
+mehr an den Bau des Mittelmeeres als an den Hollands erinnert. Der
+Bujer ist überdies kein rein holländischer Typ, und wahrscheinlich
+haben wir es mit einem Mittelmeertyp zu tun, der für die Bedürfnisse
+unseres Vaterlandes abgeändert ist.
+
+In Rotterdam hat man Bujer gebaut, als «Draai-over-Boord»,
+wahrscheinlich mit einem unterbrochenen Deck, denn ~Witsen~ sagt, dass
+sie einen kleinen Verschlag unter dem Steuerruder hatten (S. 164). Mit
+Unrecht spricht ~Witsen~ von einem Bujer _oder_ Galiot, denn dieses
+letztere ist ein ganz anderes Schiff. Die Bujer haben etwa 86 Fuss
+Länge, 20 Fuss Breite und 9½ Fuss Tiefe.
+
+
+DER HUKER.
+
+[Sidenote: II 227]
+
+[Sidenote: II 228]
+
+[Sidenote: II 230]
+
+[Sidenote: III 21]
+
+Der «Hoeker» (Huker), ursprünglich ein Fischereifahrzeug, wird oft
+schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts als Handelsschiff mit einem,
+zwei oder drei Masten verwendet; er ist ein sehr festes Seeschiff und
+wird später für die Ostindienfahrt eingerichtet, obwohl er nicht sehr
+gross ist. Er hat eine Länge von 80 Fuss. Die grossen Huker haben eine
+Kabine auf Deck.
+
+
+DIE BÜSE.
+
+[Sidenote: II 221]
+
+[Sidenote: III 113]
+
+Wir finden sogar die «Buys» (Büse) als Handelsschiff, selbst als
+Dreimaster, obgleich es sich ursprünglich um ein Fischereifahrzeug
+handelt.
+
+Wir werden also von dem Huker und der Büse bei den Fischereifahrzeugen
+nochmals sprechen. Es dürfte überflüssig sein, zu sagen, dass weder die
+Bujer, noch die Huker, noch die Büsen ein Galionsdeck haben.
+
+
+DAS HECKBOOT.
+
+Endlich müssen wir noch zwei Schiffstype erwähnen, die von dem
+vorgenannten abstammen; dies sind:
+
+Das «Heckboot», dessen unterer Teil wie eine Flüte und dessen oberer
+Teil wie eine Pinasse gebaut ist, d. h. mit breitem Deck, daher mehr
+Ladefähigkeit.
+
+Das zweite ist der «Straetsvaerder», eine grössere Flüte mit
+Galionsdeck. (~Witsen~, S. 168.) So taucht eine grosse Menge von Namen
+auf, die sich auf denselben Typ beziehen.
+
+Endlich nennen wir den «Stocker» ein festes Schiff, vorn wie ein
+Spiegelschiff und hinten wie ein Huker gebaut mit zwei Decken.
+
+Das Ausland bringt uns:
+
+
+DIE FREGATTE,
+
+[Sidenote: III 18]
+
+(Fregat), die einen wichtigen Platz einnimmt, besonders am Ende des
+18. Jahrhunderts und am Anfang des 19. Jahrhunderts. Wir haben im
+vorigen Kapitel gesehen, wie sie zu uns gekommen ist. Dieses Schiff
+wird verschiedenartig getakelt, hat andere Namen wie «Gaffelschoener,
+Brigantine, Schoenerbrik, Brik, Bark.» Wir verweisen hierüber auf die
+verschiedenen Abbildungen der Takelung in der Sammlung.
+
+
+DIE GALIOT.
+
+Wenn man liest, dass im Jahre 1587 der König von Dänemark mehr als
+600 holländische Schiffe im Sund anhält, die alle an einem Tag den
+Vlie verlassen hatten (beschrieben von Hendrik Rantzon, ~Witsen~, S.
+36) so darf man sich nicht einbilden, dass dies alles grosse Schiffe
+sind. Es ist im Gegenteil sehr wahrscheinlich, dass die meisten nicht
+grösser waren als unsere Kuffen und Tjalken von heute. Wir können uns
+leicht den charakteristischen Anblick der Zuiderzee zu dieser Zeit
+vorstellen, wo neben all diesen Schiffen die grosse Zahl der damals
+üblichen Fischereifahrzeuge herumwimmelt. So nennt man also mit Recht
+die Zuiderzee die Wiege unseres Schiffbaues. Die kleinen Küstenstädte
+an der Zuiderzee mit ihrer ruhmreichen Vergangenheit sind davon Zeugen.
+
+Wir werden also nicht erstaunt sein, dass im Laufe der zahlreichen
+Kriege, die Holland gegen Friesland und Geldern geführt hat, unzählige
+Seeschlachten auf der Zuiderzee geliefert worden sind. So wurde z. B.
+im Jahre 1504 eine Seeschlacht zwischen Holland und Geldern geliefert,
+die von Wilhelm Hermszoon, einem Augustinermönch beschrieben wird.
+(~Witsen~, Anhang S. 19.) Er erzählt uns hierbei, dass die Einwohner
+von Geldern mit einer grossen Zahl von _Kochevers_ das «Zwarte Water»
+herabkamen, um die Holländer zu überraschen, die sieben bewaffnete
+Schiffe hatten. Die Holländer verstanden sich besser auf den Krieg als
+die Leute von Geldern, denn diese bedienten sich nur des Bogens, der
+Armbrust und der Schleuder. Schliesslich scheitert das grösste der
+holländischen Schiffe, aber die Holländer erschrecken durch Abfeuern
+ihrer Standbüchsen die Leute von Geldern derartig, dass diese den Kampf
+aufgeben.
+
+An einer anderen Stelle erzählt derselbe Verfasser, dass auf Anraten
+spanischer Kaufleute, die Einwohner von Amsterdam ein «Galeoot»
+genanntes Schiff auf Stapel legen lassen, dessen Bau ein Jahr dauert.
+Dies Schiff kann segeln oder gerudert werden, wobei 32 Ruderer in
+Tätigkeit sind. Man nennt es «den Schrecken der Zuiderzee.»
+
+[Sidenote: II 241]
+
+[Sidenote: III 58]
+
+Die Erzählungen sind insofern interessant, als bei der Erzählung der
+Schlacht auf der Zuiderzee von einem «Kochever» gesprochen wird, woraus
+sich ergibt, dass «Koch» oder «Kogge» und «Ever» enge Beziehungen
+zueinander haben. Aus der zweiten Erzählung geht hervor, dass die
+Galiot zu uns aus dem Auslande gekommen ist. Die Galiot wie der Ever
+finden sich noch heute; nur wird die Galiot nicht mehr gerudert.
+
+Unsere Schiffe aus dem 16. Jahrhundert sind auch viel kleiner als
+die der Südstaaten, weil unsere Schiffahrt nach der Ostsee fast
+ausschliesslich Küstenschiffahrt ist, zu der nur kleinere Schiffe nötig
+sind.
+
+[Sidenote: II 225]
+
+[Sidenote: II 226]
+
+[Sidenote: III 20]
+
+Die Galiot aus dem 16. Jahrhundert wird später noch viel gebaut, und
+man erwähnt sie überdies zu jeder Zeit. Wahrscheinlich jedoch hat
+man später Galiots gebaut, die gewölbter waren, wie übrigens alle
+unsere Schiffe. Immer kann man feststellen, dass die «Galiot» des
+18. Jahrhunderts viel Ähnlichkeit mit einem gewöhnlichen «Koftjalk»
+(Kufftjalk) hat.
+
+Die Galiot hat einen gradlinigeren Bord und einen höheren Aufbau.
+(~Le Comte~, S. 18.) Sie hat 85 Fuss Länge, 21 Fuss Breite und 11
+Fuss Tiefe. Der Vorder- und der Hintersteven sind runder als die des
+Bujers. (~Witsen~, S. 165.) Sie stellt also einen Typ dar, der nicht
+zu den holländischen gerechnet werden kann. Der grosse Mast befindet
+sich bei den Galiots mit einem und zwei Masten auf ein Drittel der
+Länge des Schiffs, gerechnet vom Vordersteven. Das Schiff ist ein
+«Draai-over-Boord». Manchmal hat die Galiot das Hinterteil einer
+Flüte und heisst dann _Bootschip_ oder ganz einfach «Boot». Ein
+andermal baut man das Oberteil als Pinasse, aber umgekehrt, um die
+Ladefähigkeit zu vermehren. Wir können wiederum nachweisen, wie die
+meisten Schiffe auf einen Grundtyp zurückzuführen sind. So spricht man
+oft in der Geschichte von «Advies (Melde)-Jachten». Dieser Name war
+nur ein Gattungsname, denn alle Arten von Schiffen wurden zu diesem
+Zweck gebraucht, besonders die Galiot. (~Witsen~, S. 165.) Man gibt
+ihnen damals schmalere Formen und eine umfangreichere Takelung, um
+schneller vorwärts zu kommen. Die Galiots haben gewöhnlich zwei Masten
+und ausnahmsweise drei. Sie besitzen kein Galionsdeck. Ursprünglich
+haben sie Schwerter und sind mit einem grossen und einem kleinen Mast
+versehen. Ihre Ladefähigkeit schwankt von 160 bis 300 t. Augenblicklich
+sind nur noch einige vorhanden, die nach der Ostsee fahren, aber
+sie sind kleiner; ihre durchschnittliche Länge beträgt 19 Meter,
+ihre Breite 4,5 m und ihre Tiefe 2,20 m. Auch diese werden bald
+verschwinden, um den eisernen Kofs und den Tjalken Platz zu machen.
+(~Le Comte~, S. 22.) Der Name «Galiot» ist wahrscheinlich italienischen
+Ursprungs. (~Koenen~, S. 140.)
+
+
+DIE GALEASSE.
+
+[Sidenote: II 239]
+
+Die _Galeas_ (Galeasse) gehört, wie die «Galiot» zu den grösseren
+Typen, die von der Kleinschiffahrt benutzt werden. Schon der Name zeigt
+den ausländischen Ursprung, obwohl man sie viel in Holland findet.
+Die Bauart verrät überdies denselben Ursprung. Die meisten werden in
+Königsberg, Stettin, Stralsund u. s. w. gebaut, und fassen sogar 100
+bis 260 t. (~Le Comte~, S. 35.)
+
+Sie besorgen insbesondere den Verkehr mit Holland, England und
+Frankreich. Ihr Tiefgang schwankt von 8 bis 14 Fuss. (2,26 bis 3,96
+Meter.) Sie besitzen gewöhnlich, wie die Galiots, zwei Masten. Ihr Bau
+gleicht sehr dem der Kotter (Kutter), und der «Sloep» (Schaluppe). Es
+ist also ein exotischer Typ, von dem man noch einige Beispiele auf der
+Ostsee findet. Dieser Schiffstyp ist später aufgetreten, wahrscheinlich
+unter dem Einfluss des Schiffbaues der Völker des Südens. (Im
+Mittelmeer findet man die Namen: Galeazza, Galeone, Galeota.)
+
+
+DAS KUFF (KOFF).
+
+[Sidenote: II 218]
+
+[Sidenote: III 22]
+
+Das _Koff_, ist ein rein holländischer Typ, den weder ~Witsen~ noch
+~Van Yk~ anführen. Es stammt wahrscheinlich aus dem Ende des 17.
+Jahrhunderts und hat später in vielen Fällen die «Fluiten» und die
+«Katschepen» (Katzenschiffe) ersetzt. (~Le Comte~, S. 10.)
+
+Die Formen dieses Schiffs sind sehr rund und zeigen so ihre
+Verwandtschaft mit den «Schmacken» und den «Tjalken». Sie haben einen
+flachen Boden, viereckiges Vorderteil oder wie ~Van Loon~ sagt (Seite
+64): «Stomp rond» (rund und stumpf). Später baute man spitzere.
+
+Es sind feste Schiffe, die besonders Stürmen gut widerstehen, daher
+das Sprichwort: «Koffen en Smakken zijn Waterbakken» (Die Kuffen
+und die Schmacken sind Wasserbecken). Ich kann mich der Meinung des
+Herrn ~Koenen~ nicht anschliessen, der behauptet, dass «Kof» von
+«Kog» herkommt, denn das «Kof» erscheint viel später und stammt von
+den kleinen Binnenschiffen her. Das sind im allgemeinen Schiffe mit
+geringem Tiefgang. Ihre Ladefähigkeit schwankte von 100 bis 300 t.;
+die Abmessungen waren z. B.: Länge 72 Fuss, Breite 17, Tiefe 8 Fuss 3
+Zoll. Sie haben im allgemeinen zwei Masten; der grössere steht auf ⅓
+der Länge. Ihr Deck ist unterbrochen ohne _Statie_. Die kleinen Kuffen
+haben Schwerter, die grossen nicht.
+
+Im 19. Jahrhundert beginnt man, ebenfalls das Vorderteil schlank zu
+machen (~Van Loon~, S. 65), wodurch jedoch die alten Merkmale der
+Schiffe verschwinden. Man wollte ihnen so grössere Richtungsfestigkeit
+geben. Man baut noch diese Schiffe in der Provinz Groningen, aus der
+sie stammen. Gegenwärtig gibt man ihnen allerdings wie den Tjalken ein
+runderes Hinterteil. Früher fand man sie häufig auch in Holland, da
+sie den Verkehr mit der Ostsee vermittelten; sie fuhren aber auch nach
+Norwegen, England, Schottland, Irland, Frankreich, Portugal und dem
+Mittelmeer, selbst nach Rio de Janeiro. (~Le Comte~, S. 11.)
+
+
+DIE SCHMACK.
+
+[Sidenote: II 216]
+
+[Sidenote: III 23]
+
+Die _Smak_ ist ein ebenso interessantes Schiff wie das Kof (Kuff), dem
+sie sehr gleicht. Hier handelt es sich um einen rein holländischen Typ,
+rund und flach und von grosser Standfestigkeit zu Wasser. ~Le Comte~
+nennt sie die Schwester des Kof. Man findet in diesem Typ sehr wohl die
+Form der «Tjalk» wieder. Die Schmacken laufen weder am Vorder- noch
+am Hintersteven spitz zu und gleichen völlig den alten Abbildungen
+der «Smalschepen», «Wijdschepen» und «Turfschepen» (Torfschiffe). Sie
+bilden übrigens mit den letzteren ein und dieselbe Familie; sie sind
+etwas fester im Bau, da sie für weitere Fahrten bestimmt sind. Die
+«Smak» stellt den friesischen Schiffstyp dar. Sie trägt eine «Statie»
+und Schwerter. Der grosse Mast steht auf ⅓ der Länge des Schiffes. Am
+Hinterteil, in der «Statie» hat die «Smak» noch einen kleinen Mast. Die
+Ladefähigkeit schwankt von 70 bis 140 t. Ihre Länge beträgt 80 Fuss,
+ihre Breite 22 und ihre Tiefe 9. Die Schmacken besorgen den Verkehr
+mit Frankreich, England und sogar mit Lissabon, offenbar auch mit der
+Ostsee. Sie waren indessen besonders gebaut, wie ~Le Comte~, S. 12,
+sagt, um durch die «Wadden» (Watten) nach Groningen, Friesland und
+Ostfriesland segeln zu können. ~Witsen~ erwähnt die «Schmacken» nicht.
+
+[Sidenote: II 210]
+
+[Sidenote: II 209]
+
+Wenn wir indessen die Abbildung der «Smak» mit der des «Wijdschips»
+vergleichen, das ~Witsen~ anführt (S. 171), so sehen wir sogleich,
+dass es sich hier nur um einen Namenwechsel handelt. Im Grunde gibt es
+auch keinen Unterschied zwischen dem «Smal-» und dem «Wijdschip», ~Van
+Yk~ sagt nämlich (S. 308), dass der Unterschied zwischen den beiden
+Typen nur in folgendem besteht: das «Smalschip» war so schmal, dass
+es die Stadt Gouda durchfahren konnte, während das «Wijdschip» um sie
+herumfahren musste. Es sind also zwei ähnliche Schiffe, die sich nur
+durch ihre Grösse unterscheiden. Wenn man nun die Abbildungen dieser
+Schiffe mit denjenigen der «Turfschepen» (Torfschiffe) vergleicht,
+so stellt man eine völlige Ähnlichkeit fest. Erst am Ende des 18.
+Jahrhunderts gibt man allen diesen Schiffen den Gattungsnamen «Tjalk»,
+in Anlehnung an Friesland.
+
+
+DAS SCHMALSCHIFF.
+
+[Sidenote: II 210]
+
+Das «Smalschip» hat folgende Abmessungen: Länge 60 Fuss, Breite 16
+Fuss, Tiefe 14 Fuss; das «Wijdschip» hat entsprechend 70 Fuss, 20 Fuss
+und 8 Fuss 2 Zoll. Alle diese Schiffe besassen eine «Statie».
+
+
+DER DAMLOOPER.
+
+[Sidenote: II 212]
+
+Dasselbe Schiff so gebaut, dass es die alte Schleuse des Leydener
+Dammes durchfahren kann, heisst «Damlooper». ~Van Yk~ beschreibt die
+Grössenverhältnisse dieses Schiffes folgendermassen (S. 312.): «’t
+schip (de Damlooper) zal lang zijn 56 voeten, wijd dat de zwaarden
+afhangen, het rakende en echter gemakkelijk door de Duikers van den
+Leidsen dam kan gebragt werden, zo sal dat schip op de bovebuitekant
+van den Vrimmegang of wentelstrook, zo wijd als op ’t Barkhout wesen
+moeten en ten minsten van binnen tegen de zetwegers gemeeten zijnde elf
+voeten en een duym wijdte hebben[25]».
+
+Die Ladefähigkeit des Schiffes wird später mit 18 Last (36 t) angegeben.
+
+Die Schleuse des Leydener Dammes, von der hier die Rede ist, ist kraft
+der Provinzialakte von 1617 gebaut und 1648 umgebaut worden. Diese
+Schleuse wie die von der Gouwe aus dem 14. Jahrhundert[26] ist erst
+1885 durch eine neue Schleuse von 7 m nutzbarer Breite und 2,20 m
+Wassertiefe über dem Drempel ersetzt worden. Die Provinzialverbände von
+Südholland haben in das Schleusenwärterhaus am Leydenschen Damm einen
+Stein mit folgender Inschrift einsetzen lassen:
+
+«In 1885 is de verbetering der vaart tuschen Rijn en Schie door de
+Staten van Holland ondernomen. Hier war de naijver der steden tot
+1648 slechts een overtoom en daarna een verlaat van 3,80 m wijdte en
+doorvaarthoogte van 2,20 m gedoogde, hebben zij deze sluis wijd 7 m met
+beweegbare bruggen bevolen[27]».
+
+Also erst i. J. 1885 hat man diese Hindernisse beseitigt. Bis zu
+dieser Zeit haben demnach die «Smal-» und «Wijdschepen» und die
+«Damloopers» ihre Daseinsberechtigung gehabt. Sie werden jedoch nicht
+mehr im 19. Jahrhundert erwähnt; man spricht da fast ausschliesslich
+von den «Tjalken». Demnach handelt es sich wiederum um eine einfache
+Namenvertauschung, ohne dass die Schiffe ihre Form geändert haben.
+Die Binnenschiffe haben jedoch im Laufe des 19. Jahrhunderts eine
+wesentliche Umänderung erfahren. ~Van Loon~ (S. 69), schreibt nämlich:
+Die eckigen Formen des Vorder- und des Hinterteils haben runderen
+Formen des Vorderteils und des Rumpfes überhaupt Platz gemacht. Das
+Schiff erhält also eine regelmässige und glatte allgemeine Form. Die
+eckigen Formen finden sich nur noch bei einigen alten «Poonen» und
+«Schuiten» wieder. Die alten Stiche geben uns eine gute Vorstellung
+dieser eckigen Bauart, die bei einigen Mustern so tief ist, dass man
+glauben möchte, mit einem Bau zu tun zu haben, der mit Überlappung
+hergestellt ist.
+
+Wir sehen also, dass im 19. Jahrhundert eine grosse Zahl von Schiffen,
+die früher unter verschiedenen Namen bekannt waren, unter dem
+Gattungsnamen «Tjalk» zusammengefasst werden.
+
+
+DIE TJALK.
+
+[Sidenote: III 26]
+
+[Sidenote: III 29]
+
+Die _Tjalk_. Die eigentliche «Tjalk» stammt aus Friesland und der
+Provinz Groningen. Ihre Ladefähigkeit schwankt von 30 bis 80 t. In
+der Provinz Groningen baut man jedoch «Tjalken» für die See von 200
+t. Der Hauptunterschied zwischen einer Tjalk von Groningen und einer
+friesischen Tjalk ist, dass die erstere einen «Draai-over-boord» und
+die letztere eine «Statie» hat.
+
+Man nennt die letzteren auch «Friesche Praam», wenn sie etwas gradere
+Linien zeigen. (~Le Comte~, S. 17.)
+
+Ausserdem hat die «Friesische Tjalk» einen schrägeren Vordersteven.
+Wie unsere Binnenschiffe hatten die «Tjalken» früher eine Takelung
+mit lateinischen Raaen (Spriettuig, auch Ferrytuig genannt), die fast
+überall im 19. Jahrhundert durch die gewöhnliche Takelung mit Besanmast
+(Bazaantuig) ersetzt wurde.
+
+Während die «Tjalk» im allgemeinen einen Mast besass, sind einige
+grosse Tjalken manchmal noch mit einem kleinen Mast auf der «Statie»
+versehen.
+
+
+DIE SCHUTE UND DIE POON.
+
+[Sidenote: II 252]
+
+[Sidenote: II 254]
+
+[Sidenote: II 236]
+
+[Sidenote: III 40]
+
+[Sidenote: III 43]
+
+[Sidenote: II 211]
+
+Die _Schuit_ (Schute). Die Schuit ist für Südholland, was die Tjalk für
+Friesland und die Provinz Groningen ist, während wir die «Poon» für
+Seeland und die Inseln Südhollands haben. Es besteht nur ein kleiner
+Unterschied zwischen der «Poon» und der «Schuit». Beide erinnern uns an
+den holländischen Typ der «Smak», da der untere Teil etwas bauchiger
+ist. Das Deck ist also etwas schmaler als der Boden. Der Unterschied
+zwischen beiden besteht darin, dass die «Poon» eine Krümmung hat, d. h.
+dass die «Schuit» ein geraderes Deck hat. Beide haben eine «Statie»;
+aber die «Poon» findet man auch oft mit einem «Draai-over-boord» und
+unterbrochenem Deck. Die «Schuit» zeigt selten diese Merkmale.
+
+Es sind beides sehr feste Schiffe, die bei schwerem Wetter besonders
+stabil auf dem Wasser sind. Eine Eigentümlichkeit beider Schiffe
+besteht in der schmalen Spitze, in die der Vordersteven ausläuft. Diese
+Spitze wird ein wenig nach hinten gebogen und muss nach den Backen am
+Mast zeigen (oberer Teil, wo das Segelwerk am Mast befestigt ist). Wir
+finden dieselbe Spitze bei den Schiffen, die die belgische Schelde
+befahren, aber nicht bei den «Tjalken».
+
+
+DIE KAAG.
+
+[Sidenote: III 24]
+
+Neben der «Schuit» finden wir in Nord- und Südholland besonders
+vor Amsterdam die «Kaag», die stark der «Poon» ähnelt. Die «Kaag»
+hat keinen so stark ausspringenden Rumpf wie die «Poon» und stellt
+sozusagen den Übergang zwischen der Tjalk und der Poon dar. Dies Schiff
+wird viel als leichtes Fahrzeug gebraucht und trägt die Takelung mit
+Raae; man findet indessen solche mit Gaffeltakelung (Gaffeltuig); sie
+führen dann den Namen «Gaffelkaag» oder «Gaffelschip». Hinsichtlich der
+Grösse ist die «Kaag» mit der «Poon» und der «Tjalk» zu vergleichen.
+Die «Schuit», die «Poon» und die «Kaag» haben bis zu Ende ihre eckigen
+Formen behalten. Es braucht nicht betont zu werden, dass die Kaag auch
+eine «Statie» besitzt.
+
+Die drei letzten Type haben auch am längsten die Wände mit runden Luken
+behalten, die ehemals in ständigem Gebrauch waren.
+
+
+DIE STEIGERSCHUTE.
+
+Die _Steigerschuit_ (wörtlich Einsteigbarke) findet man oft im 17.
+Jahrhundert. Es sind dies kleine Schuten, Poonen oder Kogschiffe,
+die in den Häfen und auf den Flüssen gebraucht werden, um von den
+Anlegestellen nach den grossen Schiffen und umgekehrt Fahrgäste und
+Waren zu bringen. Der Name bezeichnet also die Verwendung und nicht den
+Fahrzeugtyp.
+
+
+DIE YACHT.
+
+[Sidenote: III 44]
+
+[Sidenote: III 45]
+
+Während man in Südholland und Seeland die Schiffe mit schmalem Deck
+baut, zieht man in Nordholland die Schiffe mit schmalem Boden vor.
+Man nennt dann diese Schiffe «Yacht» oder «Noord Hollandsche Yacht».
+Sie haben im allgemeinen die Grösse einer kleinen «Tjalk». Wenn man
+also die vorgenannten Schiffe nach ihrer Bodenbreite ordnen wollte, so
+müsste man mit der «Yacht» anfangen; dann käme die «Tjalk» und endlich
+die «Poon».
+
+Infolge ihres schmaleren Bodens und der mehr zusammenlaufenden Wände
+macht die Yacht den Eindruck eines schlankeren und schnelleren Schiffes
+als die «Poon».
+
+Die Berghölzer der Yacht zeigen starke Krümmung mit einem geraden Teil
+in der Mitte. Die Yacht hat ein «Draai-over-boord» mit unterbrochenem
+Deck.
+
+
+DIE BUJERSCHUTE.
+
+[Sidenote: III 46]
+
+In Nachahmung der grossen Bujer oder Kromstevens, die wir oben
+erwähnten, findet man oft kleinere meist mit der Benennung
+«Bujerschuten» (Boeierschuiten), einem Namen der wahrscheinlich von
+ihrer Ähnlichkeit mit den gewöhnlichen «Schuten» herstammt. Das
+Hinterteil hat ein «Draai-over-boord», oft mit unterbrochenem Deck.
+Sie haben eine Eigentümlichkeit: das ist eine Art Verschlag, in dem
+sich der Steuermann befindet, um leicht die Ruderpinne handhaben zu
+können. Diesen Verschlag findet man auch oft bei den «Boeieraken». Die
+«Boeierschuiten» trifft man in Südholland, Seeland und Flandern.
+
+In Flandern ist der Schiffbau ebenfalls frühzeitig entwickelt. Wir
+brauchen nur an das alte Damme und Antwerpen zu denken und werden uns
+nicht wundern, dass die dort vorkommenden Schiffstype denen unserer
+Heimat gleichen. Das sind in erster Reihe die «Pleiten» und die
+«Otterschepen», die wir auch im Nordwesten von Brabant antreffen.
+
+
+DIE PLEIT.
+
+[Sidenote: III 51]
+
+Die _Pleit_ ist ein sehr altes Schiff, von dem die Geschichte
+oft erzählt. Man sieht sie im Verkehr mit England. Sie hat die
+Tragfähigkeit unserer Tjalk, deren Formen sie auch hat, abgesehen von
+der Länge; diese überwiegt auch verhältnismässig gegenüber der Breite.
+Die «Pleit» sieht also länger aus als die «Tjalk». Sie hat ausserdem
+gefällige Linien. Die Grössenverhältnisse sind: Länge 23-27 m, Breite
+4,80-5 m, Tiefgang höchstens 1,90 m, Ladefähigkeit 125-180 t.
+
+Heute baut man diese Schiffe grösser; ihre Länge erreicht 35 m, ihre
+Breite 5 m, ihr Tiefgang leer 0,40 m, bei Belastung 2 m; sie können 270
+t laden. Mit Unrecht nennt man diese Schiffe in Belgien «Holländische
+Belander» nach dem jüngeren, Belander genannten Binnenschiff, von dem
+später die Rede sein wird.
+
+Dies Schiff hat nichts mit der «Pleit» zu tun. (S. ~Dehem~, _Annales
+des Travaux publics 1901_, August, S. 508.)
+
+Die «Pleit» hat eine «Statie». Es ist merkwürdig, dass die «Pleiten»
+von heut nur eine gegenüber ihrer Länge geringe Takelung besitzen.
+Früher hatten sie zwei Maste.
+
+
+DER OTTER.
+
+[Sidenote: II 253]
+
+[Sidenote: III 52]
+
+Der _Otter_ (franz. loutre), den wir eine kleine verkürzte Pleit nennen
+können, hat eine Länge von 20-28 m (wenigstens 16 m, höchstens 30, s.
+~Dehem~, S. 507), eine Breite von 4 m, einen Tiefgang von 1,70-2,20 m
+bei Belastung, gewöhnlich 1,80 m. Die Tragfähigkeit schwankt von 70 bis
+180 t.
+
+Der «Otter» ist mit gewöhnlicher Takelung versehen, mit Besanmast, oft
+mit einem kleinen Mast hinten in der «Statie».
+
+Neben den «Pleiten» und «Ottern» findet man noch auf der Schelde die
+«Schuten» (Barken), die den holländischen Schuten entsprechen. Sie
+unterscheiden sich also ebensosehr von dem Otter wie sich bei uns die
+«Schute» von der «Tjalk» unterscheidet. ~Dehem~ täuscht sich also in
+seinem oben genannten Werk etwas, wenn er sagt (S. 507) «die Schute ist
+ein Otter von kleinen Abmessungen».
+
+Die «Pleiten» und «Otter» findet man oft hier in den Niederlanden.
+
+Wenn die Schiffe von West-Belgien somit die gleichen Eigentümlichkeiten
+zeigen wie die unserer Heimat, so wird es ebenso mit denjenigen von
+Ostfriesland sein.
+
+
+DIE MOTTE.
+
+[Sidenote: III 53]
+
+[Sidenote: III 54]
+
+Die _Motte_ ersetzt dort die Tjalk. Man teilt die «Motten» ein in:
+«Buiten-Motten», «Binnen-Motten» und «Spitse-Motten».
+
+Die Schiffe der beiden ersten Sorten haben dieselbe Form. Sie
+unterscheiden sich nur in der Grösse.
+
+Sie entsprechen den Tjalken von Groningen, auch in der Form der
+Berghölzer und des Steuers. Sie gehören also zur Familie der Tjalken.
+
+
+DIE SPITZE MOTTE.
+
+[Sidenote: III 55]
+
+Die _Spitse-Mot_ ist ein kleines Schiff, dessen Form sich von der
+gewöhnlichen Motte etwas unterscheidet; sie ist schlanker und weniger
+massiv gebaut. Ihre Länge erreicht 14,50 m, die Breite 3,90 m und die
+Tiefe 1,60 m. Der Unterschied zwischen einer «Spitsen-Mot» und einer
+«Binnen-Mot» ist derselbe wie zwischen einem «Oberijsselschen Praam»
+und einer «Tjalk».
+
+
+DER EWER.
+
+[Sidenote: II 241]
+
+[Sidenote: III 58]
+
+Der _Ewer_ und der «Bremerkahn» werden längs des ganzen Ostfriesland
+bis Dänemark angetroffen. Sie haben sehr alte Formen behalten, die
+an die alten «Kogschiffe» erinnern. Sie wurden besonders bei Hamburg
+gebaut und ursprünglich als Fischereifahrzeuge verwendet. Es geht also
+hier so wie in unserer Heimat, wo der «Huker» und die «Büse», die
+zuerst Fischereifahrzeuge waren, später Handelsschiffe werden.
+
+Der «Ewer» wird bei den Fischereifahrzeugen besprochen werden.
+
+
+DER BREMERKAHN.
+
+[Sidenote: III 57]
+
+Der _Bremerkahn_ ist ein schmaler «Ewer». Beide besitzen den Spiegel
+(viereckiges Hinterteil), den sie aus dem Süden erhalten haben.
+
+Diese letzteren Schiffe haben einen glatten Rumpf; ehemals hatte der
+Rumpf eine Beplankung mit Ueberlappung. Der «Kahn», der grader und
+flacher als der «Ever» ist, hat einen weniger schrägen Vordersteven;
+beide Schiffe haben eine Takelung mit Besanmast, oft mit einem kleinen
+Ergänzungsmast am Hinterteil. Ihre Ladefähigkeit entspricht ungefähr
+derjenigen unserer Tjalken.
+
+Der Hamburgische Ewer hat 17 m Länge, 6,40 m Breite und einen Tiefgang
+von 0,70 m, wenn er leer, und 1,50 m, wenn er beladen ist. Die
+Abmessungen des «Bremerkahns» sind entsprechend 15,50 m, 4,80 m, 0,70 m
+und 1,50 m.
+
+Ausser der «Galiot» und der «Galeasse» findet man alle Schiffe, die
+zur Gruppe II B. gehören, von Dänemark längs Ostfriesland, Groningen,
+Friesland, Nord- und Südholland, Seeland, Nord-West-Brabant, Flandern,
+Westutrecht und noch eines kleinen Teiles (des Westens) der Betuwe,
+kurz längs der Küste und auf unseren Binnenflüssen und solchen mit Ebbe
+und Flut.
+
+Sobald man an die Maas und den Lech kommt, ändert sich der
+Charakter; das gilt auch für die Provinzen Over-IJssel und einen
+Teil von Drenthe. Der grössere Teil der Provinz Drenthe ist der
+Schiffahrt erst zugänglich gewesen nach Herstellung der Kanäle im
+19. Jahrhundert. Der Süden dieser Provinz bildet jedoch schon sehr
+frühzeitig mit Over-IJssel ein Ganzes hinsichtlich des Schiffbaues,
+und die gegenwärtig in Gebrauch befindlichen Type haben sich auch in
+Over-IJssel entwickelt.
+
+
+DIE POTTEN UND PUJEN.
+
+[Sidenote: II 201]
+
+Die ältesten Schiffe, die man in Over-IJssel kennt, sind die _Potten_
+und _Pujen_ (~Witsen~, S. 170), von denen es noch einige Abbildungen
+gibt; jene Namen findet man heute nicht mehr in Over-IJssel. Die alten
+«Potten» und «Pujen» sind jedoch dort nicht ganz verschwunden. Hier wie
+übrigens überall, haben sich die alten Formen erhalten; infolge einiger
+Änderungen haben die Schiffe einfach andere Namen erhalten.
+
+Ebenso haben die Schiffsrümpfe mit übereinandergreifenden Planken den
+glatten Rümpfen Platz gemacht, und später haben diese Schiffe weniger
+eckige Formen angenommen. Die alte Takelung hat sich geändert, und
+die alten Wände mit runden Luken sind durch flache, einfachere Wände
+verdrängt worden. So ändern diese Schiffe etwas ihr Aussehen, obwohl
+der Rumpf derselbe bleibt; aber die Namen «Potten» und «Pujen» machen
+den Namen «Sompen», «Peggen» und «Snijboonen» Platz, die wir noch heute
+überall finden.
+
+~Witsen~ und andere berichten bereits, dass die «Potten» und «Pujen»
+sich von den «Smal- und Wijdschepen» durch ihr schlankeres Vorder- und
+Hinterteil unterscheiden; derselbe Unterschied, den man augenblicklich
+zwischen den Tjalken einerseits und den Snijboonen und den Sompen
+andererseits findet. Uebrigens zeigt schon allein der Name Snijboon
+(Bohne), dass es sich um ein langes und schlankes Fahrzeug handelt, d.
+h. ein Schiff mit flachem Boden und schlankem Vorder- und Hinterteil.
+
+
+DIE SNIJBOON UND DIE SOMP ODER PEGGE.
+
+[Sidenote: III 34]
+
+[Sidenote: III 31-33]
+
+Die _Snijboon_ und die «Somp» haben dieselbe Form. Sie haben beide
+einen «Draai-over-boord» und gewöhnlich ein unterbrochenes Deck.
+Die Eigentümlichkeiten dieser Schiffe sind das schlanke Vorder- und
+Hinterteil, die plötzliche Senkung der Berghölzer am Hinter- und
+Vordersteven; diese Berghölzer bleiben nämlich fast horizontal auf der
+übrigen Länge des Schiffs, während der Vorder- und Hintersteven fast
+vertikal sind.
+
+Diese Merkmale scheiden sie fast augenblicklich von den Schiffen der
+anderen Provinzen. Die Somp hat 15,5 m Länge, 3,70 m Breite und 1,80 m
+Tiefe.
+
+Wenn die Somp kleiner ist und einen geringeren Tiefgang hat, so nennt
+man sie «Pegge»; deren Abmessungen sind entsprechend 12 m, 2,65 m und
+1,45 m.
+
+Die Snijboon misst 17,5 m, 3,90 m und 1,50 m.
+
+
+DIE HOOGEVEENSCHE PRAAM.
+
+[Sidenote: III 53]
+
+Die _Hoogeveensche Praam_ ist ein Schiff aus neuerer Zeit, das aus der
+Somp hervorgegangen ist, mit mehr gewölbtem Hinter- und Vorderteil.
+
+
+DIE PRAAM.
+
+[Sidenote: III 35]
+
+[Sidenote: III 36]
+
+Das Bestreben, grössere und vollere Schiffe zu bauen, das sich schon
+im 17. und im Anfang des 18. Jahrhunderts zeigt (~Van Yk~, S. 348),
+tritt noch mehr im 19. Jahrhundert hervor. So wachsen die «Snijboonen»
+und die «Sompen» und lassen die _Praam_ entstehen, deren Abmessungen
+und Ladefähigkeit ähnlich denjenigen der Tjalk sind. Die «Praam»
+hat jedoch ein schlankeres Vorder- und Hinterteil erhalten, ebenso
+zeigen diese Schiffe den charakteristischen Verlauf der Berghölzer
+(~Le Comte~, S. 23); sie haben alle den «Draai-over-Boord», oft mit
+einem unterbrochenen Deck. Diese Pramen unterscheiden sich also völlig
+von den Schiffen aus der Gruppe der Schmacken (Tjalken), wie man sie
+in Friesland und Groningen findet. Sie haben nichts zu tun mit der
+«Groninger Aardappelpraam» und der «Groninger Slijkpraam», auch nicht
+mit der «Frieschen Praam», die zur Gruppe der Tjalken gehören. Der Name
+«Praam» findet sich in Over-IJssel erst am Ende des 18. Jahrhunderts
+oder gar erst am Anfang des 19. Der Name ist jedoch nicht rein
+holländisch. So erzählt der Marquis ~de Tolin~ (S. 175), dass Napoleon
+für seine Flotte von Boulogne einige «Prame» bauen liess, Schiffe mit
+flachem Boden von 30 m Länge, 8 m Breite und etwa 2,50 m Tiefgang. Sie
+hatten eine Takelung mit drei Masten und waren mit Kanonen ausgerüstet.
+(~de Bonnefoux~ et ~Paris~: _Dictionnaire de Marine à Voiles 1847_,
+S. 59.) Es scheint, dass man 20 dieser «Prame» gebaut hat. Sie haben
+indessen nichts zu tun mit unsern Pramen, ausser dass es Schiffe
+mit flachem Boden sind. Der Marquis ~de Tolin~ beschreibt in seinem
+Werk die holländische Praam. (S. 144.) Der Beschreibung fehlt jedoch
+Genauigkeit, denn die Over-IJsselsche und die Friesche Praam sind
+zusammengestellt.
+
+Die Friesche Praam (Praam von Friesland), ist nichts anderes als eine
+kleine Tjalk von etwas graderen Linien, mit Statie; die andere dagegen
+ist ein Schiff mit flachem Boden und Draai-over-boord (niemals mit
+Statie).
+
+~Le Comte~ (S. 29.) berichtet nur, dass man dies Schiff in der Provinz
+Drenthe in Meppel und Hoogeveen baut, während auch er die Tjalk mit der
+Frieschen Praam zusammen gruppiert. So schreibt er zum Beispiel (S.
+14.), dass die Tjalken manchmal bewegliche Setzborde haben, während
+sie über Bord laden, dass dies aber besonders die Frieschen Pramen
+charakterisiert.
+
+Zu jener Zeit spricht man oft in Holland von «Praam», obgleich man dort
+kein Schiff findet, das diesen Namen trägt, oder dem Over-IJsselschen
+Praam ähnelt. Dieser Name wird damals gebraucht, um ein Schiff im
+allgemeinen zu bezeichnen.
+
+Die grosse, eigentliche Over-IJsselsche Praam, wie wir sie jetzt
+kennen, stammt also erst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts,
+und die Vergrösserung ihrer Abmessungen ist lediglich der Verbesserung
+der vorhandenen Kanäle oder der Herstellung neuer Schiffahrtstrassen zu
+danken, die fast alle aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen. Erst
+damals verbindet man die Drentsche Hoofdvaart (Drenthensche Hauptfahrt)
+in Groningen durch die Anlage der Noord Willemsvaart (1858-1862) (siehe
+_Gedenkboek van het Koninklijk Instituut van Ingenieurs_ S. 31.). Die
+Hoogeveensche Vaart, die 1623 als «Echtens nieuwe Grifte» (neuer Kanal
+von Echten) gegraben wird, wird ostwärts verlängert und verbessert
+zwischen 1850 und 1860, und das Meppeler Diep wird zwischen 1860 und
+1882 reguliert.
+
+Die Verbindung von Friesland mit Groningen ist neueren Datums; sie
+erfolgte früher nur zur See, während die Binnenverbindung dieser
+Provinzen noch bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts sehr primitiv war.
+Erst von 1851 bis 1893 spricht man von einer Verbesserung, während 1864
+die Schleuse von Gaarkeuken an der Grenze dieser beiden Provinzen neu
+gebaut wird.
+
+Man legt dort eine Schleuse von 6 m Breite und einer nutzbaren Länge
+der Kammer von 26 m an. Der Stadskanaal, der 1766 oder 1767 in Angriff
+genommen wurde, wird erst im Jahre 1858 vollendet.
+
+Ebenfalls erst im 19. Jahrhundert beginnt man glücklicherweise die
+Verbesserung der Verbindung zwischen Over-IJssel und Friesland,
+die durch Beseitigung der Torfhochmoore verwirklicht wird, während
+endlich die Verbindung der nördlichen Provinzen unserer Heimat mit den
+südlichen Provinzen im Jahre 1820 durch Eröffnung der Willemsvaart
+bei Zwolle hergestellt wird, einer Verbindung zwischen Yssel und
+Zwartewater. Man hatte wohl im 14. Jahrhundert einen Zuführungskanal
+von Zwolle nach der Yssel angelegt und man hatte auch 1480 die
+Verbesserung dieses Kanals begonnen, sodass er schiffbar wurde, aber
+die gegenseitige Eifersucht der Städte an der Yssel hielt diese
+Arbeiten an. (Dr. H. ~Blink~, Bd. II, S. 282.) Bis zur ersten Hälfte
+des 19. Jahrhunderts erfolgte die Verbindung zu Wasser zwischen den
+Nordprovinzen durch die Zuiderzee, für die man zunächst ausschliesslich
+Schiffe aus der Gruppe der Tjalken verwendete. Die «Potten» und die
+«Pujen», ebenso die «Sompen» und «Peggen» konnten nicht auf die hohe
+See gehen (~Witsen~, S. 170); erst die Pramen, die später erscheinen,
+sind so gross und so gebaut, dass sie die hohe See besuchen können; sie
+verbreiten sich daher bald in unserer ganzen Heimat.
+
+Es ist jedoch interessant, sich zu fragen, wie man den Namen «Praam»
+gewählt hat, in einer Gegend, wo man andere gute alte Namen zur
+Verfügung hatte? Es ist ausser Zweifel, dass der Einfluss der Provinz
+Groningen hierfür bestimmend gewesen ist. Durch den «Convenant van
+1817» (Vertrag von 1817), also zu einer Zeit, wo man noch nicht die
+grossen Pramen von Over-IJssel baut, bestimmt die Stadt Groningen,
+dass die zum Markt kommenden Leute wie jedermann die gewöhnlichen
+Zölle an den Brücken, Schleusen und Schranken der vorhandenen Kanäle
+zahlen müssen. Für die zu bauenden Kanäle sollte man bei jeder
+Schleuse 30 Cent für 1 «Schip» und 10 für 1 «Praam» bezahlen. Schon
+in den alten Tarifen findet man dieselbe Unterscheidung zwischen
+Schip und Praam. So setzt die «Stadsordonnantie» vom 28. Januar 1773
+fest, dass an den Schleusen der Stadt ein «Schip» 5 und eine «Praam»
+4 Sous bezahlen soll. Aus alledem geht hervor, dass man in Groningen
+Schip und Praam unterscheidet; aus dem grossen Unterschied im Preise
+ergibt sich klar, dass eine Praam ein kleines Schiff war. Man findet
+dies so augenscheinlich, dass weitere Erklärungen über die Natur der
+Praam fehlen. Es ist also klar, dass man darunter die in der Provinz
+Groningen wohlbekannten «Slijkpramen» versteht; diese Slijkpramen
+wurden nämlich sowohl im Dollard wie in den Torfgegenden verwendet.
+Es sind kleine schmale, oben offene Schiffe, mit gradem Längsprofil
+mit vollem Vorder- und Hinterteil (wie die Tjalken von Groningen). Man
+findet sie noch mit einigen Abänderungen unter dem Namen «Flotpraam».
+
+Als durch die Vollendung der Noord-Willemsvaart im Jahre 1862 die
+direkte Verbindung zwischen Over-IJssel und Groningen hergestellt
+ist, und als diese Provinz von den grossen Over-IJsselschen Schiffen
+erreicht werden kann, die auch geraden Bord haben, findet man es
+augenscheinlich vorteilhaft, diese Schiffe ganz einfach Praam zu
+nennen. So zieht man aus dem niedrigeren Tarif Nutzen und hütet sich
+wohl mit Rücksicht auf die dadurch entstehenden Vorteile, den Namen
+«Praam» in «Schip» umzuändern. Erst 1903 wird durch Erkenntnis des
+Friedensrichters von Groningen entschieden, dass diese «Pramen» wie
+ein «Schip» zu rechnen sind und nicht als «Pramen», wie sie der oben
+genannte Vertrag im Auge hat. (_Provinciale Groninger courant_,
+Dinsdag, 24 Februari 1903, No. 46). Dieses Erkenntnis lässt also die
+Vorteile aufhören, von denen oben die Rede war. Die Entscheidung ist
+getroffen worden infolge eines Sachverständigenberichtes vom 24.
+Dezember 1902.
+
+In den Begründungen dieses Berichts wird die französische Übersetzung
+eines Artikels des Zolltarifs angeführt, der dem Vertrag von 1817
+angefügt war, worin amtlich das Wort «Praam» mit «Schiff genannt
+Vlotpraam» übersetzt wird. Hiermit wird, und wohl mit Recht, die
+kleine offene «Praam» von Groningen bezeichnet. Die Verfasser täuschen
+sich jedoch, wenn sie sagen, dass die grossen «Pramen» der Neuzeit
+aus der «Vlotpraam» von Groningen hervorgegangen wären. Sie gleichen
+in baulicher Hinsicht völlig den Schiffen von Overijssel; nur ihre
+Abmessungen sind grösser. Sie haben überdies niemals der Klasse der
+Groninger Schiffe angehört. Das schlanke Vorderteil und Hinterteil
+sind hierfür der schlagendste Beweis. Um den Typ der «Pramen»
+festzustellen, hätte man nicht nur in Groningen suchen dürfen, wie
+die Sachverständigen getan hatten, sondern man hätte einen Vergleich
+zwischen den Typen von Groningen und denen von Overijssel anstellen
+müssen.
+
+Es ist ebensowenig beweisend, wenn man sich in dem Bericht auf einige
+frühere Erkenntnisse beruft, in denen von einem «Praamschip» die Rede
+ist, weil es nicht darauf ankommt, den Namen zu berücksichtigen,
+sondern den Typ eines Schiffes. Die Schlussfolgerung ist noch
+unwahrscheinlicher, weil sie sagt, dass die «Praam» ein Schiff sei,
+weil sich der Besitzer «Schiffer» (Schipper, frz. batelier) nennt.
+
+Der Vertrag bezieht sich nicht auf «Overijsselsche Pramen», weil es
+diese noch nicht gab, als der Vertrag aufgesetzt wurde.
+
+Das Vorhergehende zeigt uns klar, wie wichtig es ist, die Schiffe
+richtig zu ordnen und zu bestimmen, welchem Lande die Typen angehören.
+
+[Sidenote: III 37]
+
+Es ist ganz klar, dass Overijssel unter dem Einflusse der anderen
+Provinzen gestanden hat. So trifft man längs der Zuiderzee die «Tjalk»
+und im 17. Jahrhundert das «IJzere Verken» (eiserne Ferkel), ein
+Schiff das auch zu den «Tjalken» gerechnet werden muss. ~Witsen~
+nennt es ein festes Schiff von Overijssel (S. 170). Ebenso kommt in
+Overijssel die «Statie» von Friesland, die aus dieser Provinz stammte,
+wieder in Gebrauch. Es dürfte unnütz sein zu bemerken, dass man auch
+«Praamaken» und «Aaktjalken» findet, d. h. einige Schiffe, die die Form
+der «Praam» und der «Tjalk» haben, aber ohne Vordersteven. Der Boden
+endet in der Nase und die Beplankung trifft in dieser vorderen Fläche
+zusammen.
+
+Seit einigen Jahren baut man viel «Tjalken» und «Pramen» aus Eisen.
+Obwohl sie auch jetzt noch die charakteristischen Unterschiede
+zeigen, ist es zweifellos, dass schliesslich die Formen mit einander
+verschmelzen werden, wenn die «Pramen» vollere Formen angenommen haben,
+und wenn die Krümmung der «Tjalken» sich verringert hat.
+
+
+DIE KOFTJALK (KUFFTJALK).
+
+[Sidenote: III 25]
+
+Endlich ist noch die _Koftjalk_ zu erwähnen, ein Schiff, das die Mitte
+zwischen dem «Koff» und der «Tjalk» hält. Es stammt aus Groningen und
+gleicht sehr den «Buitenmotten» von Ostfriesland. Die «Koftjalk» ist
+die Vorgängerin der späteren «Koffs», die an die Stelle der «Katzen»
+und «Fluiten» getreten sind.
+
+[Sidenote: III 22]
+
+Die «Koffs» sind also nicht aus sich selbst entstanden, sondern haben
+sich in dem Masse entwickelt, wie Handel und Gewerbe sich ausdehnten,
+und wie die Schiffahrtstrassen sich entwickelten und verbessert wurden.
+So nehmen die Abmessungen der «Koffs» am Anfang des 19. Jahrhunderts
+zu, infolge der Herstellung des «Amsterdiep» im Jahre 1791.
+
+Wenn ~Hogendorp~ (Bijdrage tot de huishouding van den Staat, Bd. 1, S.
+183) noch am Ende des 18. Jahrhunderts von «Koffs» von 70 bis 100 Last
+spricht (140-200 t), so erwähnt dagegen ~Le Comte~ (S. 16) am Anfang
+des 19. Jahrhunderts «Koffs» von 100 bis 150 Last.
+
+Der Name «Koftjalk» zeigt uns andererseits, dass nur ein geringer
+Unterschied zwischen dem «Koff» und der «Tjalk» besteht.
+
+
+DIE KRAAK.
+
+[Sidenote: III 47]
+
+[Sidenote: II 176]
+
+[Sidenote: II 178]
+
+Die _Kraak_ ist ein Schiff von starkem Bau mit geradem Bord, vollem
+und rundem Vorder- und Hinterteil, das zur Gruppe der «Schmacken»
+gehört. Dies Schiff, von der Grösse einer kleinen «Tjalk» gehört in die
+Gegend, die begrenzt wird von der gebrochenen Linie Amsterdam, Naarden,
+Nigtevecht, Haarlem, Zaandam, Amsterdam. Die letztgenannte Stadt muss
+als Ursprungsort der Kraaken betrachtet werden. Es sind sehr alte
+Schiffe. Die alten Stiche aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts zeigen
+sie schon, jedoch nicht unter dem Namen «Kraak», sondern unter dem
+Namen «Lichter».
+
+So spricht ~Witsen~ (S. 170) von «Amsterdamschen Binnenlichters», als
+von «een plomb gebouwd zonder zeil of mast, overdekt met hooge ronde
+duiken» (ein schwer gebautes Schiff ohne Masten und Segel, bedeckt mit
+Platten, die runde hohe Luken haben).
+
+Man führte sie meist mit dem Bootshaken; sie hatten keinen Mast. Der
+hintere Teil hatte eine kleine Kabine. Die Abbildung eines «Lichters»
+(Leichters) aus dem 17. Jahrhundert ist mit folgendem Distichon
+versehen:
+
+[Sidenote: II 177]
+
+ «Te lichten menich schip bequaem,
+ Daar af voert dit schip zijnen naem.»
+
+(Den Namen führt dies Schiff, weil es manch anderes erleichtern
+konnte). Später baute man grössere Leichter und man spricht von
+Leichtern aus Nigtevecht, Brouwershaven, Wieringen u. s. w.
+
+Sie haben alle dieselbe massive Form, vorn und hinten etwas nach oben
+gebogen. Manche haben eine «Statie». In der Mitte ist das Schiff
+immer gerade. Die grösseren Abmessungen bedingen eine Takelung, und
+der getakelte Leichter erhält den Namen «Kraak», der nichts mit der
+Benennung spanischer «Caraques» (Kraken) zu tun hat.
+
+[Sidenote: III 48]
+
+Das Bild, das die zwischen Amsterdam und Haarlem verkehrende Fähre
+darstellt, gibt schon eine Vorstellung von dem Vorläufer der «Kraak».
+Zu den «Kraken» muss man auch die «Yker» rechnen, mit glattem Rumpf.
+«Yker» ist ein neuerer Name für dasselbe Schiff. Es ist wiederum darauf
+hinzuweisen, dass der alte «Turfijker» nichts mit dem «Yker» mit
+glattem Rumpf zu tun hat, dem er nur im Namen gleicht.
+
+In Haarlem nennt man die «Kraak» «Haarlemmerpont». Dieser ist etwas
+weniger bauchig, und sein Hinterteil ist nicht so voll.
+
+Die Niederlande, die in allen Richtungen von zahllosen Flüssen und
+Strömen durchzogen werden, sind seit den ältesten Zeiten die Heimat
+par excellence der Fähren und anderer Fahrzeuge zur Beförderung von
+Menschen und Tieren gewesen.
+
+
+DER NACHEN (OVERHAALPONTJE).
+
+[Sidenote: III 59]
+
+[Sidenote: III 61]
+
+Die einfachste Form dieser Fährschiffe ist die flache, rechteckige
+Fähre, die an einem oder zwei Tauen hinübergezogen wird; das sind die
+kleinen wohlbekannten «Overhaalpontjes» (Fährnachen), von denen man
+noch viele in Holland findet, z. B. in der Nähe des Haag, von Amsterdam
+und Utrecht.
+
+
+DER PONTON.
+
+Der _Pont_ (Ponton). Bei den Pontons, die grösser sind, sind Vorder-
+und Hinterteil erhöht, um die Überfahrt zu erleichtern. Das Vorder-
+und das Hinterteil, die breit und flach sind, haben einen beweglichen
+Teil, der «Koebrug» (Kuhbrücke) genannt wird, um das Einschiffen
+der Wagen, der Pferde und des Rindviehes zu erleichtern. Diese
+beweglichen Vorbrücken oder Kuhbrücken werden durch zwei Hebel auf- und
+niederbewegt, die zu beiden Seiten befestigt und mit Gegengewichten
+versehen sind. Die Vorbrücke, die sich dagegenlehnt, erhebt sich ein
+wenig über die Horizontale. Nun stellt man den Hebel fest. Nach der
+Überfahrt über den Fluss lässt man die Vorbrücke hinunter; sie legt
+sich dann gegen die Zufahrtrampe. Die Schrägstellung der Vorbrücke darf
+nicht zu stark sein; andrerseits darf dies bewegliche Stück auch nicht
+zu lang sein; sonst ist es nicht mehr leicht zu handhaben.
+
+Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass zu einer guten Zufahrtrampe ein
+bestimmtes Verhältnis zwischen der Neigung dieser Rampe, der Länge der
+beweglichen Vorbrücke und dem Tiefgang der Fähre bestehen muss. Im
+allgemeinen beträgt bei den gewöhnlichen Pontons die günstigste Neigung
+der Rampe ⅛.
+
+Eine geringere Neigung bewirkt, dass die Neigung der beweglichen
+Vorbrücke zu gross wird; eine stärkere, die eine horizontalere
+Lage dieses letzteren Teiles ermöglichen würde, würde dagegen die
+Zufahrtrampe für den Wagenverkehr schwierig machen.
+
+
+DER HALBE PONTON ODER DER PIJPER.
+
+[Sidenote: III 60-64]
+
+Um den _Ponton_ hinüberzubringen, kann man sich der Ruder oder einer
+Takelage mit Gabel bedienen. Man lenkt dann das Fährschiff durch ein
+Ruder. Obwohl man hierzu ein Fährschiff braucht, das an jedem Ende eine
+bewegliche Vorbrücke hat, benutzt man doch gewöhnlich ein _Halve Pont_
+(Halbfähre), ein Fahrzeug, das vorn wie eine «Aak» und hinten wie eine
+Fähre aussieht. Manchmal nennt man diese Halbfähre «Pijper». Die Wagen
+fahren von hinten auf die Fähre und müssen sie auch dort verlassen.
+Ein um das andere Mal muss man sie also rückwärts entladen, denn das
+Fahrzeug kann auf der Fähre selbst nicht wenden.
+
+Wenn die Strömung des Flusses stark genug ist, so benutzt man sie, um
+die Fähre an einem Seil hinübertreiben zu lassen. Natürlich braucht man
+dann grosse Fähren mit zwei beweglichen Klappen.
+
+
+DER GIERPONT (SEILFÄHRE).
+
+[Sidenote: III 63]
+
+Mit der «fliegenden Fähre» (_Gierpont_) kann die Überfahrt auf zwei
+verschiedene Weisen geschehen. Man kann nämlich das Seil an einem Anker
+in der Flussmitte einerseits und in der Mitte und an dem oberen Teile
+der Fähre andrerseits befestigen. Die beiden so verankerten Enden der
+Fähre werden nach flussaufwärts durch besondere Seile an dem Gierseil
+befestigt. So kann man die Fähre gegen die Strömungsrichtung geneigt
+einstellen, indem man an einem der beiden Seile zieht. Die Normale der
+Strömung treibt dann die Fähre vorwärts, die einen Bogen um den Anker
+als Mittelpunkt und mit dem Seil als Radius beschreibt. Man regelt die
+Geschwindigkeit, indem man den Winkel ändert, den die Achse der Fähre
+mit der Stromrichtung bildet.
+
+Um die Wirkung der Strömung auf die Fähre zu verstärken, befestigt
+man an der stromaufwärts gerichteten Seite, d. h. auf der Seite des
+Gierkabels, zwei oder vier Schwerter, von denen eins oder zwei dazu
+dienen, nach dem rechten und ebensoviel, um nach dem linken Ufer zu
+fahren.
+
+Um den Widerstand des Kabels im Wasser zu vermindern, stützt man es
+durch einige kleine Boote, die man «Onderleg aakjes» (Unterleg-Aken)
+nennt.
+
+Eine solche fliegende Fähre ist u. a. auf der Maas in Tätigkeit, um den
+Übergang von Grevenbricht-Rotem (Limburg) und Grave zu vermitteln.
+
+
+DIE KABELFÄHRE.
+
+[Sidenote: III 62]
+
+Der «Kabelveerpont» (_Kabelfähre_) ist ein anderes Fahrzeug zum
+Übersetzen über Wasserläufe. Bei ihr fällt das Gierkabel fort, und man
+verfährt anders, indem man das Kabel oder eine Kette über den Fluss
+spannt. Die Mitte des flussaufwärts gerichteten Teils der Fähre wird
+an dem Kabel befestigt. Eine zu seiner Aufnahme bestimmte Rolle ist
+hierzu an ihm angebracht. Um über den Fluss zu kommen, stösst man
+die Fähre vom Ufer ab und lenkt sie in die Strömung, natürlich erst
+nachdem die beweglichen Vorbrücken hochgezogen sind; dann bringt man
+das Kabel an das Ende der Brücke, das auf der Seite liegt, zu der man
+übersetzen will, und führt es über eine Rolle, die zeitweilig (nur
+während der Überfahrt) in der Mitte der Vorbrücke befestigt ist. Die
+Fähre nimmt dann eine schräge Stellung zum Kabel an, und ihre Achse
+bildet wieder einen Winkel mit der Strömungsrichtung, wodurch die Fähre
+hinübergetrieben wird. Das an beiden Ufern befestigte Kabel legt sich
+durch sein eigenes Gewicht auf den Boden des Flusses und wird nur an
+der Stelle hochgezogen, an der sich die Fähre befindet.
+
+Als solche Fähren nennen wir die für die Überfahrt von Kessenich nach
+Stevensweert und von Boorsheim nach Elsloo (Limburger Maas).
+
+Man zieht aber nicht immer das Kabel über die Fähre, denn es behindert
+die Schiffahrt. Manchmal lässt man es am Boden des Flusses liegen und
+hängt die Fähre an ein Seil, das mittels einer Rolle am Kabel befestigt
+ist. Dies Seil, das also in der Stromrichtung gespannt ist, wird in
+der Mitte des oberen Teiles der Fähre befestigt. Wenn man nun mittels
+eines besonderen Kabels die Fähre schräg stellt, wie wir es bei der
+fliegenden Fähre (Gierpont) gesehen haben, so fährt sie über den Fluss,
+indem die Rolle über das Kabel läuft, das am Boden des Flusses liegt.
+
+Wir finden ein Beispiel einer solchen Fähre bei der Überfahrt
+von Zalt-Bommel in Geldern. Die Gefahr dieser Kabel und aller
+quergespannten Seile im allgemeinen ist die, dass sie oft beschädigt
+werden, weil sie von den Ankern vorüberfahrender Schiffe erfasst
+werden. Im Ausland, besonders in Belgien, spannt man die Kabel zum
+Hinüberfahren über den Fluss, so dass die Schiffe darunter fahren
+können. Es ist sehr zweifelhaft, ob diese Art die Kabel anzubringen,
+für die schweren Fähren und bei grosser Breite des Flusses anwendbar
+ist, ohne dass sehr kostspielige Mittel zum Halten des Kabels zur
+Anwendung kommen.
+
+In Limburg, wo die Maas sehr reissend ist, und wo das starke Gefälle
+des Grundes viel stärkere Strömungen hervorruft, als im Lande sonst,
+haben die Fähren keine Schwerter.
+
+Bei allen diesen Fähren im allgemeinen und den «Kabelveerponten»
+insbesondere ist eine sehr breite Zufahrtrampe nötig. Eine Breite
+von 16 m in der Höhe des gewöhnlichen Niedrigwassers, die nach oben
+abnimmt, hat sich als erforderlich erwiesen, weil die Spannung des
+Kabels, die sich nach der Strömung und der Windstärke richtet, wechselt.
+
+Je stärker die Strömung ist, um so sicherer kann man anlegen; das
+ermöglicht es, die Breite der Zufahrtrampe nach oben zu verringern,
+denn dieser obere Teil wird bei hohem Wasserstand allein benutzt.
+
+[Sidenote: III 174]
+
+[Sidenote: III 175]
+
+[Sidenote: III 178]
+
+[Sidenote: III 181]
+
+Es ist selbstverständlich, dass man für die Überfahrt über das Wasser
+nicht nur Fähren (Ponten), sondern alle Sorten Schiffe verwendet, wie
+«Tjalken», «Poonen» u. s. w., von denen schon gesprochen ist.
+
+[Sidenote: III 60]
+
+[Sidenote: III 65]
+
+[Sidenote: III 67]
+
+Der «Veerhengst». Oft spricht man auch von «Hengsten», hier gebraucht
+um die Kraft auszudrücken, und von «Veerhengsten», die zur Klasse der
+«Hoogaarsen» gehören, denen sie übrigens gleichen.
+
+Die «Hoogaarsen» werden bei den Fischereifahrzeugen beschrieben.
+
+Zum Übersetzen von Fussgängern verwendet man meist Ruderboote und
+gegenwärtig auch viel «Vletten».
+
+Eine Bemerkung ist noch zu dem Vorstehenden zu machen:
+
+Für die Flüsse mit Ebbe und Flut braucht man 2 Kabel, eins
+stromaufwärts, eins stromabwärts, um bei Ebbe und bei Flut arbeiten
+zu können. Die Arbeiten werden dann aber sehr schwierig, denn bei
+stehender Ebbe ist die Strömung gleich Null oder so schwach dass
+die Überfahrt nicht immer ausführbar ist. In solchen Fällen dienen
+die Kabel nur als Führung für die Fährschiffe. Man bringt diese mit
+der Hand oder mittels eines Motors hinüber, der auf ein besonderes
+Überfahrseil wirkt. Eine solche Einrichtung findet man auf der
+Berg’schen Maas, unterhalb Heusden.
+
+Wenn bei Hochwasser die Strömung zu stark wird, so dass die Kabel zu
+brechen drohen, so könnte man das Fährschiff an ein Gierseil hängen,
+das dann den grösseren Teil der Spannung aufnehmen würde. Dies
+Seil muss sehr lang sein: 1) damit der Zug auf den Anker möglichst
+horizontal ist und 2) damit der Bogen, den die Fähre beschreibt,
+möglichst flach ist.
+
+ * * * * *
+
+Die kleinen Binnenschiffe sind nicht weniger wichtig. Ihre Grösse nimmt
+in dem Masse zu, wie die Schiffahrtstrassen verbessert werden. Der
+Rumpf mit Überlappung macht dem glatten Rumpf Platz. Hinsichtlich der
+Form unterscheiden sie sich von den oben erwähnten Typen durch ihre
+verhältnismässig geringe Breite, sowie durch ihr sehr schräges Vorder-
+und Hinterteil. Wenn im allgemeinen das Verhältnis zwischen Länge und
+Breite von 3,5 bis 4 schwankt, so beträgt bei den uns beschäftigenden
+Schiffen dies Verhältnis meist 5. Sie haben natürlich alle flachen
+Boden; in den letzten Jahren hat man sie mit runderen Kimmungen gebaut.
+
+
+DER BOK.
+
+[Sidenote: III 83]
+
+[Sidenote: III 84]
+
+Der _Bok_ ist eins der grössten derartigen Schiffe. Man findet ihn
+in Friesland, im Nordosten der Provinz Utrecht unter Ankeveen und ’s
+Graveland, im Nordosten von Südholland nördlich vom alten Rhein. Es
+ist ein langes und schmales Schiff von 16 m Länge, 3,35 m Breite und
+1,75 m Tiefe. Das Schiff wird nach dem Boden hin sehr schmal und hat
+ziemlich starken Vorder- und Hintersteven. Der Hintersteven ist gerade
+und geneigt; der Vordersteven ist schräger und schwach gekrümmt.
+Das Schiff hat ein viereckiges Vorderteil und erhält dadurch ein
+charakteristisches Aussehen, wie man es auch bei den anderen Typen
+findet.
+
+
+DER SNIK.
+
+[Sidenote: II 240]
+
+[Sidenote: III 85]
+
+Neben dem «Bok» trifft man in Friesland den _Snik_, d. h. einen «Bok»
+von weniger eckigem Bau mit geraderem und schräger stehendem Vorder-
+und Hintersteven.
+
+In Holland findet man denselben Unterschied gegenüber dem «Bok» bei dem
+«Haarlemmer meer plompertje», das jedoch kleiner ist als der Friesische
+«Snik».
+
+[Sidenote: III 86]
+
+Weder der Name «Snik» noch der Name «Bok» ist in Groningen üblich;
+doch gibt es dort ein ihm ähnliches Schiff. Es hat ein etwas runderes
+Vorder- und Hinterteil als der «Bok». In Frage kommt die «Groninger
+Aardappelpraam», (Groninger Kartoffelpraam) ein Schiff, das schon
+erwähnt wurde. Es hat, wie die drei vorhergehenden Schiffe, Berghölzer
+mit schwacher Krümmung. Durch sein volles Vorder- und Hinterteil
+unterscheidet es sich von den «Overijsselschen Pramen».
+
+Wenn wir das Haarlemmermeer verlassen, indem wir über Leyden fahren,
+wenn wir also das Land der Dünen durchqueren, indem wir die westliche
+Richtung einschlagen, so stossen wir überall auf einen Schiffstyp, der
+zwar kleiner ist als die «Bokken», aber die gleichen Formen zeigt.
+
+
+DER WESTLÄNDER.
+
+[Sidenote: III 81]
+
+Dieses Schiff heisst _Westländer_. Der stark geneigte Vordersteven
+ist schwach gekrümmt. Das Schiff ragt nur sehr wenig aus dem Wasser
+hervor, um unter den Brücken hindurchfahren zu können. Es kann sich
+der Segel bedienen, aber meist stösst man es mit einen Bootshaken
+vorwärts. Das Deck hat zu diesem Zweck einen Laufgang am Vorder- und
+am Hinterteil. Das Schiff ist bedeckt mit flachen und horizontalen
+Lukendeckeln. Mit Rücksicht auf die niedrige Lage der Ruderpinne haben
+diese Schiffe, wie die vorhergenannten eine «Stuurbak» (Öffnung im
+Deck), worin sich der Steuermann aufhält. Der obere Teil der Beplattung
+ist verstärkt und dient als Bergholz. Fehlt dieser Teil, was gewöhnlich
+bei den kleinen, offenen Schiffen der Fall ist, so nennt man sie
+ebenfalls «Bok» (nicht zu verwechseln mit dem grossen friesischen Bok,
+von dem oben gesprochen ist). Man verwendet sie häufig zur Beseitigung
+der Dünen, so dass sie im Haag wohl bekannt sind.
+
+
+DIE KAAG.
+
+[Sidenote: II 182]
+
+[Sidenote: II 184]
+
+[Sidenote: II 185]
+
+[Sidenote: III 71]
+
+Im 17. Jahrhundert findet man nördlich von Leyden, längs des
+Haarlemermeers und in dem Teil von Nordholland, der nördlich der Linie
+Aalsmeer-Muiden liegt, ein Schiff, das damals gewöhnlich _Kaag_ (Kage
+oder Kaghe) genannt wurde, und von dem ~Witsen~ eine gute Abbildung
+bringt. (S. 174.) Dies Schiff unterscheidet sich von den früheren
+Typen durch die erheblich stärkere Erhöhung des Vorderteils und das
+Aneinanderrücken der oberen Borde, wodurch es einem Fischereifahrzeug,
+dem «Hoogaars» ähnlich wird, da es wie dieser ein breites Vorderteil
+hat, während das Hinterteil schmaler wird. Der Vordersteven ist gerade,
+aber stark geneigt. Der Mast liegt auf einem Drittel der Länge, die
+Takelung ist eine solche mit Gabel. Heute gibt es dies Schiff nicht
+mehr; man trifft aber andrerseits ein Schiff mit glattem Rumpf, das ihm
+ähnelt und jetzt «Snik» oder «Gondel» heisst. Es ist jedoch weniger
+eckig und hat einen kleinen «Spiegel» (viereckiges Hinterteil), der wie
+wo anders, erst später aufgetreten ist. Ohne Zweifel haben wir es hier
+mit der alten «Kaag» zu tun, die man auch unter den heutigen Schiffen
+noch trifft. Das Verhältnis der Länge zur Breite ist bei beiden
+Schiffen das gleiche.
+
+Auf den Flüssen mit Ebbe und Flut von Holland findet man als kleines
+Schiff den «Kinderdijkschen Hoogaars», der völlig der alten «Kaag»
+gleicht. Dann trifft man auf den Inseln Südhollands ein Schiff mit
+glattem Rumpf, die «Beyerlandsche Schuitje», die eine Aak ist, weil der
+Boden sich bis zur äussersten Spitze des Vorderteils erhebt; es handelt
+sich wahrscheinlich nicht um einen sehr alten Typ. Ihre Verwandtschaft
+mit den vorhergehenden kann noch leicht bemerkt werden.
+
+Dies Schiff hat 9 m Länge, 2,75 m Breite und 1,30 m Tiefe. Der Mast
+steht auf ¼ und ⅓ der Länge.
+
+Die «Beyerlandsche Schuit» entspricht völlig dem Fischereifahrzeug:
+«Tholensche Schouw».
+
+
+DIE PRAAM VON UTRECHT.
+
+[Sidenote: III 88]
+
+[Sidenote: III 87]
+
+In der Provinz Utrecht gibt es noch eine andere Art Schiffe, die
+obwohl sie etwas den «Westlanders» gleicht, sich von diesen doch durch
+ihren schmaleren und schlankeren Bau unterscheidet. Der Hintersteven,
+wie der Vordersteven ist gerade und stark geneigt, was diese Schiffe
+sehr spitz macht. Man nennt sie _Utrechtsche Praam_, während man sie,
+wenn sie völlig offen sind, _Kromme Rijnaak_ nennt, obwohl sie nicht
+den flachen, vorn hochgehenden charakteristischen Boden haben. Sie
+entsprechen der «Vlotschuit», die von ~Witsen~ (S. 171, Nr. 3) erwähnt
+wird, obwohl diese letztere im Verhältnis zur Länge breiter ist.
+
+[Sidenote: III 89]
+
+Man sieht die «Utrechtsche Praam» längs des «Krommen Rijn» und in der
+Gegend, die mehr nördlich längs des Vecht liegt. Dies Fahrzeug gleicht
+sehr einem «Punter», der langgestreckt ist; dieser gehört dem Norden
+von Overijssel an (bei Vollenhove, u. s. w.); dasselbe Schiff findet
+man auch in Nordholland als _Groenteschuitje van Hoorn_, von ~Witsen~
+(S. 171-173) _Weijschuitje_ genannt.
+
+
+DIE SCHAUWE.
+
+Die _Schouw_ ist ein flaches, breites und offenes Fahrzeug, das man
+überall antrifft. Sie ist ein sehr einfaches und sehr primitives
+Schiff, das man schon auf den ältesten Abbildungen sieht, sowohl in den
+Gegenden längs des Mittelmeeres wie in den Ländern Nordeuropas.
+
+In unserem Lande der Kanäle und Flüsse verwendet man häufig «Schouwen».
+Sie sind mehr oder weniger gross gebaut und haben sich allmählich
+in Schiffsform entwickelt. Fast alle werden getreidelt oder mit
+dem Bootshaken gestossen. Die grössten sind die «Melkschouwen»
+(Milchprähme), die man täglich in grosser Zahl in Rotterdam sehen kann.
+
+Der Rumpf der Schouwen wird vorn und hinten etwas schmaler, während der
+Boden regelmässig etwas nach oben gekrümmt ist. Das Fahrzeug ist ganz
+offen.
+
+Denkt man es sich etwas höher und vorn und hinten mit einer kleinen
+Kajüte (Flütenverdeck) ausgestattet und den Schiffsinnenraum mit
+Lukendeckeln versehen, so erhält man die _Schiedamsche Schouw_,
+die besser bekannt ist unter den Namen _Spoelingschuit_ (Barke zur
+Beförderung von Abfällen).
+
+
+DIE TRECKSCHUTE.
+
+[Sidenote: II 204]
+
+[Sidenote: II 207]
+
+[Sidenote: III 77]
+
+[Sidenote: III 79]
+
+Das heutige Geschlecht wird sich schwer denken können, dass vor
+kaum 60 Jahren die _Trekschuit_ bei uns noch das einzige Mittel zur
+Fortbewegung war. Wer würde heut noch auf den Gedanken kommen, mit
+der Treckschute vom Haag nach Scheveningen oder umgekehrt zu fahren,
+wo es heut eine Unzahl von elektrischen Bahnen gibt? Und doch hat
+die Treckschute in unserer wasserreichen Heimat eine wichtige Rolle
+gespielt, und es gibt noch heut Gegenden, wo sie gebräuchlich ist.
+Die eigentlichen «Trekschuiten» werden in 2 Klassen geteilt, solche
+mit geradem und schrägem Vordersteven und solche mit gekrümmtem
+Vordersteven.
+
+[Sidenote: III 80]
+
+Die ersteren, die fast völlig den Westlanders gleichen, wenn sie auch
+etwas massiver gebaut sind, findet man besonders in Südholland und
+Nordholland sowie im Westen von Utrecht. Die alten Gravüren zeigen uns,
+dass dieses Schiff sich im Laufe der Jahrhunderte sehr wenig verändert
+hat; die wasserdichte Kabine ist die einzige nennenswerte Änderung, die
+es erfahren hat.
+
+[Sidenote: II 78]
+
+Man trifft sie noch häufig als _Pakschuiten_, deren helle Farben (grün,
+weiss, rot) sofort die Blicke auf sich ziehen.
+
+Die zweite Sorte dieser Schiffe, die gekrümmte Vordersteven und
+elegantere Formen haben, die «Barken» oder «Trekyachten», findet man
+häufiger im Norden unseres Landes, so in Nordholland, Groningen und
+Friesland. Sie haben volleres Vorder- und Hinterteil (wie die Tjalken)
+und erinnern mehr an unsere alten Yachten, die etwas schlank sind, und
+von denen sie sicherlich abstammen.
+
+
+DIE YACHT.
+
+[Sidenote: II 156]
+
+[Sidenote: II 235]
+
+[Sidenote: II 184]
+
+[Sidenote: II 185]
+
+[Sidenote: II 186]
+
+[Sidenote: III 90]
+
+Die alte _Yacht_ war eins der schönsten in Gebrauch befindlichen
+Schiffe. Während sie ursprünglich eine kleine Nachbildung der «Pinasse»
+war, baute man sie später grösser und zwar wegen der geringen Tiefe
+(vlotgaanswille) mit ziemlich vollen Formen. Die Ausschmückung der
+Kabine und des Spiegels ist besonders sorgfältig. Die Schiffe haben
+eine Takelung, das sogenannte «Spriettuig», und sind mit Schwertern
+ausgestattet. Leider sind die Spiegel nicht erhalten worden, und in
+der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat man Brennholz daraus
+gemacht. Einige Photographien prächtiger Yachten nach Zeichnungen aus
+der Sammlung des Herrn van Gijn, in Dordrecht, sind der Sammlung der
+Abbildungen beigefügt und geben ein ziemlich deutliches Bild.
+
+
+DIE BAGGERAAK.
+
+[Sidenote: III 68]
+
+Die _Baggeraak_ bildet eine besondere Gruppe. Wie bereits gesagt, kann
+man sie in 3 Klassen teilen. Zur ersten gehört die «Vlet» (Flette),
+die man in Südholland, westlich der Betuwe, im Westen von Nordbrabant
+(Biesbosch und Donge) sowie in Zeeland, kurz auf unseren Flüssen mit
+Ebbe und Flut antrifft. Die Flette oder Baggeraak (auch «Sliedrechtsche
+Aak» genannt) ist ein kleines, festes Schiff, das ausser einer
+kleinen Vorderkajüte ganz offen ist. Die Takelung besteht aus dem
+sogenannten «Spriettuig»; sie hat Schwerter und abnehmbare Setzborde
+wie die meisten «Baggeraakjes», um das Ablaufenlassen der Handbagger
+zu erleichtern. Man stellt diese Setzborde erst auf, wenn die Barke
+teilweise beladen ist, d. h. wenn sie schon merklich eintaucht.
+Der Mast liegt auf ⅕ und ¼ der Länge. Das Verhältnis der Länge zur
+Breite ist 4 : 1. Die Beplankung geht bis in die äusserste Spitze
+des Vorderteils, gegen die ein falscher Steven gebaut ist. In Zeeland
+verwendet man hierzu viele «Hoogaarsen» und in Brabant und Holland
+«Boeieraakjes» wie im Biesbosch und auf dem Amer und der Donge. Man
+verwendet sie noch viel auf der Maas, obwohl man dort, wie auf den
+Oberläufen anderer Flüsse ehemals die «Bovenlandschen Baggeraakjes.»
+benutzte.
+
+[Sidenote: III 70]
+
+Zu den «Bovenlandschen Baggeraakjes» gehören:
+
+Die der Maas, die die Mitte halten zwischen dem «Keen» und den
+«Whalemajol». Sie besitzen eine kleine Takelung, mit Spriet
+(«Spruittuig») und ein «Klaphekken» (besondere Art Steuerruder). Die
+grössten, besonders bekannt unter dem Namen «Hedelsche Aken», die
+Schwerter haben, werden zu allen möglichen Zwecken verwandt. Diese
+Maasschiffe gehören weder zu den wirklichen Maastypen noch zu den
+Rheintypen von oberhalb Bonn (Keen, u. s. w.). Sie bilden eine Gruppe
+für sich, die sich wahrscheinlich aus den beiden oben genannten Klassen
+entwickelt hat.
+
+[Sidenote: III 73]
+
+[Sidenote: III 72]
+
+Vom Rhein ist uns nur die _Vreeswijksche Zandschuit_ geblieben
+(Sandbarke von Vreeswijk), die ein Vorderteil wie eine «Dorstensche
+Aak» hat, während das Hinterteil dem der «Dortsche Zandschuit»
+(Sandbarke von Dordrecht) gleicht. Diese Dortsche Zandschuit hat
+gleiches Vorder- und Hinterteil und einen glatten Rumpf. Obgleich dies
+Schiff spitzer ist, ähnelt es etwas dem «Westerling», der als ein
+sehr altes Schiff von der oberen Schelde bekannt ist (siehe ~Dehem~,
+S. 505). Die alte Dortsche Zandschuit wurde besonders zum Baggern von
+Ballast für die Seeschiffe verwendet.
+
+Im Westen und im Rheinland verwendet man zur Beseitigung der Dünen eine
+grosse Zahl von «Bokken», die wir schon bei den «Westlanders» erwähnt
+haben.
+
+[Sidenote: III 87]
+
+In der Provinz Utrecht verwendet man die «Slijkpraam», die der schon
+genannten «Krommen Rijnaak» gleicht, während man endlich in Groningen
+noch die «Vlotpraam» oder «Slijkpraam» antrifft.
+
+[Sidenote: II 246]
+
+Von einem gewissen Standpunkt aus müssten die oben erwähnten
+_Hoogeveensche Pramen_, die in den Torfmooren Verwendung finden, zu
+dieser Gruppe gerechnet werden.
+
+
+DIE BAGGER- ODER MODDERMOLEN.
+
+[Sidenote: II 274]
+
+[Sidenote: II 277]
+
+Die alte Moddermolen (die Schlammmühle) oder das _Moddermolenschip_
+findet man schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts; es ist
+der Vorläufer der Baggermolen (Eimerbagger). Während der Bagger
+ursprünglich von Menschenhänden getrieben wird, verwendet man im 17.
+Jahrhundert hierzu Pferde. (~Le Comte~, S. 6, und ~Witsen~.) Ein
+Laufplatz für das Pferd und ein Stall sind auf Deck erbaut. Im 18.
+Jahrhundert, sagt ~Le Comte~, ist das alte Moddermolenschip schon so
+verbessert, dass man sich dieser Zeit schon einbildet, es wäre nichts
+mehr daran zu vervollkommnen.
+
+Die Schiffahrt erfordert indessen immer grössere Tiefen, und so erbauen
+die Brüder Kater, Baggerbauer in Monnikendam, im Jahre 1829 ein Schiff,
+das bis zur Tiefe von 7 m baggert; entsprechend der Tiefe und der Menge
+des Baggergutes braucht man 3-6 Pferde.
+
+Die genannten Baggerbauer, sagt ~Le Comte~, sind die Erfinder der
+«Klepschouwen», für die sie am 1. Mai 1830 um Genehmigung nachsuchen.
+~Le Comte~ gibt uns eine Abbildung von diesen Baggern auf Tafel 12
+seines Werkes.
+
+In der Zeitschrift _Eigen Haard_ (1906) erzählt uns J. C. ~Kerkmeijer~,
+in einem Artikel betitelt «De Diep- of Baggermolen, een merkwaardige
+Ontdekking», dass er das älteste Modell eines Baggers wieder
+aufgefunden hat, der vom Erfinder im Jahre 1632 erbaut worden ist;
+dies Modell wird erwähnt von C. A. ~Abbing~ in seiner Fortsetzung zur
+Chronik von Hoorn von ~Velius~ (1841, S. 12); dort heisst es:
+
+«Zu dieser Zeit (1632) hat Jan Jantz Nieng, Bürgermeister und Einwohner
+dieser Stadt (Hoorn), die Diepmolen erfunden. Das erste von ihm
+hergestellte Modell hat 2 Fuss 6½ Zoll Länge, 9 Zoll Breite und 6½ Zoll
+Höhe (Fuss von Hoorn), das Ganze ausserhalb gemessen.» Dieses Modell
+fand sich noch vor einigen Jahren auf der städtischen Werft. Das von
+Herrn Kerkmeijer aufgefundene Modell wurde sorgfältig von ihm wieder
+hergestellt und wird gegenwärtig im Rathaus der Stadt Hoorn aufbewahrt.
+
+Dank seiner freundlichen Hilfe können wir noch einige Einzelheiten über
+die Moddermolen von Middelbourg mitteilen (genannt Dieplust), die er
+von dem Schiffswerftleiter Koole in Middelbourg erhalten hat.
+
+Der Dieplust-Bagger schöpfte den Schlamm in einen rinnenartigen Trog,
+der gerade Seitenteile von geringer Höhe hatte. Dieser Schlammtrog war
+am unteren Teil mit Eisen beschlagen. Wenn man das Schiff mit Hilfe
+eines verankerten Kabels verschob, so schöpfte dieser Trog den Schlamm
+aus grösstmöglicher Tiefe. Die Leiter des Baggers war in diesem Trog
+aufgehängt, und auf der Kette ohne Ende waren Schaufeln befestigt,
+die etwa die gleiche Grösse hatten wie der Schlammtrog. Wenn sie sich
+um die achteckige oder sechseckige untere Trommel (Turas) drehten, so
+tauchten sie in den Schlamm und zogen einen Teil durch eine Öffnung
+nach dem oberen Teil.
+
+Es ist damals noch nicht die Rede von Eimern oder Kübeln, um das
+Baggergut zu heben. Die Eimerbagger tauchten erst mit den Dampfbaggern
+auf.
+
+Der rinnenartige Trog mit der Schaufelleiter konnte mittels eines
+Bratspills gesenkt oder gehoben werden; er ging durch eine Öffnung,
+die nicht mit der Achse des Fahrzeugs zusammenfiel. In dem breiteren
+Teil befand sich die Welle, von der aus durch Zahngetriebe die von den
+Pferden erzeugte Bewegung auf die Schaufelleiter übertragen wurde. Das
+Triebwerk war aus Holz, dem ähnlich, das in den alten Windmühlen zur
+Anwendung kam. Auf dem Deck war ein Laufplatz sowie ein Stall für die
+Pferde eingerichtet.
+
+Das Genter Journal _Het Volksbelang_ gibt diesen Artikel von _Eigen
+Haard_ in seiner Nummer vom 9. Juni 1906 wieder. Man äussert dort
+indessen Zweifel, dass die Erfindung aus dem Jahre 1632 stammen soll,
+weil man folgende Anmerkung in dem «Resolutie Boek van de Staten van
+Vlaanderen» von 1628-1630, Bl. 16, findet. (Archive des Staaten in
+Gent, No. 553.)
+
+«Actum den XXII. May 1628 wierd den Ingeniaris Adam Clippens, ghemaackt
+hebbende den slijekmeulen, gelicentiert en de gheordonneert hem te
+geven ordonnantie van betalijnghe den dach van merghen mitsghaders
+hondert guldenen voor eene verreeringhe zoo ghedaen is geweest»[28].
+
+Aus dieser Anführung würde hervorgehen, dass in Flandern ein
+mechanischer Bagger im Jahre 1628 betriebsfertig war; entweder gibt,
+so sagt man, ~Abbing~ ein falsches Datum an; oder die gleiche Maschine
+ist an zwei verschiedenen Orten erfunden worden, zur gleichen Zeit. Die
+Frage ist noch nicht gelöst, aber wie dem auch sei, man muss zugeben,
+dass der erste mechanische Bagger im 17. Jahrhundert im Betrieb gewesen
+ist.
+
+
+DER TJOTTER.
+
+[Sidenote: III 91]
+
+[Sidenote: II 247]
+
+[Sidenote: II 248]
+
+Die Vergnügungsfahrzeuge oder Yachten sind so oft beschrieben worden,
+und man verwendet hierzu so viele verschiedene Typen, dass wir sie
+hier stillschweigend übergehen können. Es ist nur auf ein friesisches
+Schiff aufmerksam zu machen, den Tjotter, den man oft antrifft, und
+der in ganz Friesland verbreitet ist, ebenso wie das «Friesch Bootje».
+Der _Tjotter_ ist ein volles, kurzes und breites Schiff mit eleganten
+Linien von grosser Stabilität auf dem Wasser. Es ist stark gekrümmt,
+hat eine Takelung mit Besanmast (Bazaantuig) und ist im allgemeinen
+sehr gut gearbeitet.
+
+
+DER LAADBAK.
+
+[Sidenote: III 74-76]
+
+Der «Laadbak» und die «Zolderschuit» sind so bekannt, dass wir nur auf
+die Zeichnungen verweisen möchten, während noch auf ein sehr nützliches
+Schiff aufmerksam zu machen ist, das zu allen Zeiten viel verwendet
+wurde. Es ist dies der «Onderlegger», dessen Bild ~Witsen~ bringt (S.
+176); er erzählt bei dieser Gelegenheit, dass er dazu diente, die
+Schiffe behufs Ausbesserung auf die Seite zu legen, Pfähle aus dem
+Boden zu reissen, Masten zu befestigen, u. s. w. Diese Schiffe haben 60
+Fuss Länge, 16 Fuss Breite und 6½ Fuss Tiefe und besitzen 2 vertikale
+Gangspille.
+
+
+DIE OBERLÄNDER.
+
+Die Schiffe, die die oberen Flussläufe besuchten, heissen
+«Bovenlanders» (Oberländer). Sie unterscheiden sich völlig von den
+Typen, die uns bisher begegnet sind. Sie sind alle lang und schmal,
+haben geringen Tiefgang und flachen Boden. Im allgemeinen kann man
+sagen, dass die «Bovenlanders» ungefähr da beginnen, wo die Flüsse
+mit Ebbe und Flut aufhören. Sie sind schon in den ältesten Zeiten
+vorhanden, obgleich sie nur sehr selten auf den alten Abbildungen
+vorkommen. Man spricht wenig von ihnen, wahrscheinlich weil man der
+Meinung war, dass sie keiner Beschreibung wert sind oder vielleicht
+auch, weil man sie nicht genügend kennt. ~Witsen~ erwähnt nur die
+folgenden (S. 170-171); er sagt hiervon wörtlich:
+
+ ~A~) _Die Overlanders_ (Oberländer), die vom Oberrhein kommen, sind
+ hohe, schwere und wenig durchgearbeitete Fahrzeuge. Ganze Haushalte
+ bewohnen sie.
+
+[Sidenote: II 213]
+
+[Sidenote: II 214]
+
+ ~B~) _Die Samoreuzen._ Ausserordentlich lange und flache Schiffe,
+ die den Rhein mit Holz hinabfahren. Sie haben einen hohen, aus
+ zwei Teilen bestehenden Mast, der durch Taue an den Enden und den
+ Seitenteilen des Schiffs festgemacht ist.
+
+ ~C~) _Die Aeken_, die den Wein von Cöln bringen, sind lang, hoch und
+ sehr bauchig. Sie haben ein sehr breites Steuerruder.
+
+ ~D~) _Die Dorstschen Koolhaelders_ sind lange, nicht bedeckte Schiffe
+ mit flachem Boden, um die Untiefen der Flüsse überfahren zu können.
+ Sie haben eine viereckige Kabine in der Mitte, in der die Schiffer
+ wohnen. Sie sind eckig; das Steuerruder ist gross und breit; das
+ Segel viereckig; man hisst es nahe an der Kabine an einem kurzen Mast
+ mit einer gebogenen Raae.
+
+~Van Yk~ spricht von _Geldernschen Samoreuzen_ (S. 348), ~Le Comte~ von
+«Samoreus» oder «Keulenaer» (S. 44), was man noch auf der Abbildung von
+~Groenewegen~ (Serie F, No. 3) sieht.
+
+Die «Overlanders» sind die «Bovenlanders», und die «Samoreuzen» sind
+die Schiffe, die von flussaufwärts von Cöln kommen, während die
+Aeken wahrscheinlich die grossen «Keenaken» sind. Endlich müssen
+die «Dorstschen Koolhaelders» die «Dortschen Aken» sein. Weder die
+Abbildung noch die Beschreibungen geben einen genauen Begriff. Die Type
+haben sich jedoch auf dem Rhein sehr gut erhalten bis zur Einführung
+des Eisens; die Schiffsrümpfe mit übereinandergreifenden Planken sind
+sogar unberührt geblieben, woraus wir noch jetzt entnehmen können, was
+die Schiffe früher waren und woher sie stammten.
+
+
+DER RHEIN.
+
+Wie bei der allgemeinen Einteilung gesagt ist, können die Rheinschiffe
+in zwei Gruppen geteilt werden: _a_) die vom Rhein, unterhalb etwa von
+Bonn: _b_) die vom Rhein, oberhalb Bonns, sowie von den Nebenflüssen,
+ausgenommen den Neckar, wo ein Schiff vorkommt, das zur Gruppe _a_
+gehört.
+
+Die Gruppe _a_ umfasst:
+
+Die _Dorstensche Aak_, so genannt nach der Stadt Dorsten, wo diese
+Schiffe häufig gebaut werden. Es ist eine lange und schmale Aak. Der
+Boden läuft bis in die Nase; die Länge ist das 6 bis 7 fache der
+Breite, und das Schiff hat Beplankung mit Überlappung. Das Vorderteil
+ist voll, das Hinterteil läuft in der Höhe der Wasserlinie spitz
+zu. Das Hinterdeck ist erhöht und unterbrochen; die Ruderpinne ist
+stark gekrümmt und ruht auf einem festen Stützholz (Luierwagen). Das
+Steuerruder ist gross und schwer. Das Schiff hat zwei Masten. Auf den
+kleineren Schiffen liegt die Kabine am hinteren Mast. Auf den grösseren
+Aken bleibt ein Raum zwischen der Kabine und dem Mast. Hinter dem
+grossen Mast befindet sich ein Verschlag und im Vorderteil eine Kabine
+für die Bedienung. Der Rumpf ist durch flache und schräge Lukendeckel
+verdeckt. Früher waren sie rund.
+
+Die «Dorstensche Aak» mit runden Luken heisst «Samoreus» Neben dieser
+hat es Aken mit verdecktem Schiffsraum gegeben. Das sind die «Dorstsche
+Koolhaelders». Obwohl sie nicht bauchiger sind als die anderen «Aken»,
+so sehen sie, wie alle mit überlappender Beplankung gebauten Schiffe,
+voller aus. Gewöhnlich führen sie Segel mit Raaen am grossen Mast und
+Besansegel am kleinen. Im allgemeinen kamen diese Schiffe unvollendet
+zu uns, und erst nachdem die Ladung (Koch- und anderes Geschirr)
+verkauft war, stellte man sie in unserem Lande fertig.
+
+[Sidenote: III 94]
+
+Die «_Neckaraak_» (Aak des Neckars) ist eine kleine «Dorstensche Aak»,
+deren Länge etwa das 6½ fache der Breite beträgt. Sie ist also lang
+und schmal und fuhr gut. Diese Aken haben eine eigenartige Kabine, die
+im Verhältnis zur Höhe des Schiffs stark über das Deck emporragt. Sie
+haben einen grossen Mast und einen kleinen am Steuerruder. Dies ist
+ähnlich dem der «Dorstenschen Aak»; die Schiffe haben aber nicht, wie
+diese letzteren, Schwerter.
+
+
+DAS STEVENSCHIFF.
+
+[Sidenote: III 95]
+
+[Sidenote: III 96]
+
+[Sidenote: III 98]
+
+Das _Stevenschip_ gleicht der «Dorstenschen Aak». Es hat
+übereinandergreifende Planken wie diese letztere, besitzt dieselbe
+Takelung und ist ebenso gebaut. Es unterscheidet sich von ihr nur
+dadurch, dass die Beplankung nicht in der Nase oder Spitze des
+Vorderteils endet, sondern in einem starken, etwas gekrümmten
+Vordersteven zusammenläuft. Wir stossen auf die vorgenannten Type auch
+in unserer Heimat, sowohl auf solche mit überlappender Beplankung wie
+auf solche mit glatter Beplankung. Man nennt sie dann «Hollandsche Aak»
+und «Stevenschip», während man früher neben diesen noch eine grosse
+Zahl kleinerer Aken antraf, am Rhein, auf dem Waal, auf dem Lek, an der
+IJssel und ihren Nebenflüssen. Diese «Aken» sind genaue Nachbildungen
+der grossen Aken, haben aber elegantere Linien wegen ihrer geringeren
+Länge. Die in der Sammlung der Tafeln befindlichen sind nach einigen
+alten Mustern hergestellt, die wahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert
+stammen:
+
+[Sidenote: III 100]
+
+Die Nase der «Hollandschen Aak» ist etwas flacher als die der
+«Dorstenschen Aak». Die «Bovenlanders» haben allmählich (ebenfalls)
+vollere Formen angenommen, was sich schon erkennen lässt, wenn man die
+Zeichnung einer «Dorstenschen Aak» mit der einer «Samoreus» vergleicht.
+Manche kleine holländische Aken haben einen falschen, unterbrochenen
+Vordersteven, daher ihr Name «Hollandsche Schlechtaak». Einige dieser
+«Aakjes» findet man auch an der Merwede und der Yssel.
+
+
+DER TURFIJKER UND DER HAGENAAR.
+
+[Sidenote: III 101]
+
+In der Gegend östlich der Linie Leyden-Delft, nördlich von Rotterdam,
+südlich des alten Rheins und westlich von Utrecht gibt es einen sehr
+sonderbaren Schiffstyp, mit kleinen Abmessungen, Beplankung mit
+Überlappung und nach deutscher Art gebaut; das ist der _Turfijker_,
+von dem heut wahrscheinlich kein Exemplar mehr vorhanden ist, während
+derselbe Typ sich im «Hagenaar» wiederfindet.
+
+[Sidenote: III 99]
+
+Der _Haagenaar_ ist flach und ohne Wölbung und ragt nur sehr wenig,
+mit Rücksicht auf die geringe freie Höhe der Brücken im Haag, aus dem
+Wasser heraus, daher sein Namen «Hagenaar» (Schiff vom Haag). Wir
+finden hier also, im «Herzen Hollands», einen Bovenlandertyp.
+
+Es ist sonderbar, dass dieselben grossen holländischen Aken (Typen von
+Dorsten) auch im Nordwesten von Noordbrabant (Langstraat) vorkommen,
+wo man sie noch baut, während man auf der Maas und dem Waal diesen Typ
+nicht baut.
+
+Die zweite Gruppe, die oberhalb von Bonn zu finden ist, unterscheidet
+sich etwas von der ersteren durch das charakteristische lange
+Steuerruder, das an dem durch das Hinterteil gehenden Stützpfosten
+befestigt ist. Vom Ende des Steuerruders und oberhalb dieser Stütze
+geht ein starkes Holzstück ab, das fest mit der Ruderpinne verbunden
+ist. Man nennt dies Steuer das «Klaphekken». Alle zu dieser Gruppe
+gehörigen Schiffe sind hiermit ausgerüstet. Diese Schiffe sind übrigens
+flacher als die der ersten Gruppe. Sie haben eine Beplankung mit
+Überlappung, obwohl man heut auch schon viele mit glatter Beplankung
+trifft.
+
+
+DER KEEN.
+
+[Sidenote: III 105]
+
+[Sidenote: III 106]
+
+Der _Keen_ kann als Grundtyp dieser Gruppe angesehen werden.
+
+Früher war er wie eine «Dorstenschen Aak» getakelt; jetzt hat er wie
+alle Schiffe eine Takelung am Besanmast. Der Boden hebt sich bis zur
+Nase sowohl vorn wie hinten. Der «Keen» ist also eine «Aak». Die
+Beplankung läuft am Boden zusammen, d. h. die Planken stossen dort etwa
+in einer geraden Linie aneinander. Das Hinterteil hat meistens ein
+unterbrochenes Deck.
+
+
+DIE KEENAAK.
+
+[Sidenote: III 107]
+
+Die _Keenaak_ ist im Verhältnis zur Länge breit und hat im allgemeinen
+stärkere Abmessungen; sie ragt mehr aus dem Wasser heraus, hat vollere
+Enden und die Beplankung endet in nur einer Spitze, der Nase.
+
+
+DIE LAHNAAK UND DER SLOF.
+
+[Sidenote: III 108]
+
+Der völlig offene _Keen_ heisst «Lahnaak», deren Grössenverhältnisse
+in letzter Zeit gewachsen sind. Die «Lahnaak» hat dann fast vertikale
+Wände, ein stumpfes Vorder- und Hinterteil und glatte Beplankung. Sie
+führt den Namen «Slof».
+
+[Sidenote: III 109]
+
+Eine Eigentümlichkeit der «Sloffen» ist, dass sie am Vorderteile stets
+mit einer schmalen Kabine ausgestattet sind, die wenig über das Schiff
+hervorragt. In den letzten Jahren hat man die «Sloffen» sogar mit
+Lukendeckeln versehen und nennt sie dann einfach «Aak». Die Schiffer
+nennen die «Slof» manchmal auch «Mulmsche Aak». (Aak von Mühlheim.)
+
+[Sidenote: III 110]
+
+Zur ersten Gruppe ist noch ein sehr festes Schiff zu rechnen, das
+erst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt. Es ist der
+«Bunder». Dies Schiff hat die Form einer «Dorstenschen Aak», hat glatte
+Beplankung und ist mit Deckplatten versehen.
+
+[Sidenote: III 102]
+
+[Sidenote: III 104]
+
+Endlich ist für unsere Heimat noch die «’S Gravenmoersche Aak» zu
+erwähnen, die in ’S Gravenmoer im 19. Jahrhundert aufgetreten ist; sie
+kam vom Oberrhein, um im Biesbosch verwendet zu werden. Obwohl sie
+ursprünglich mit «Klaphekken» (besonderem Steuerruder), versehen waren,
+hat man mehrere davon abgesägt, entweder weil sie zu lang oder weil
+sie nicht fest genug waren; danach hat man sie mit einem gewöhnlichen
+Steuerruder versehen. Sie gleichen der «Lahnaak» und werden besonders
+zur Beförderung von Heu verwendet. Die Einführung des Eisens wird diese
+Schiffe wie so viele andere verschwinden lassen.
+
+Um Verwirrungen zu vermeiden, ist darauf hinzuweisen, dass manche
+holländische «Aken» später mit falschen Vordersteven ausgestattet
+worden sind, wodurch sie den Eindruck eines «Stevenschips» erweckten,
+was sie natürlich nicht waren.
+
+
+DIE MAAS.
+
+Die Schiffe, welche die obere Maas und ihre Nebenflüsse besuchen und
+die ebenfalls lang, schmal und flachgehend sind, sehen ganz anders aus.
+Erstens unterscheidet sich das Steuerruder völlig von den früheren
+Typen. Allerdings wird das lange, an einem Stützpfosten befestigte
+Steuerruder beibehalten; aber das gebogene Holzstück ist durch eine
+Welle ersetzt worden, die vom Ende des Steuerruders ausgeht, nach dem
+Stützpfosten läuft und über die Ruderpinne hinausragt. Nachdem sie
+mittels einer Kette an dem Stützpfosten befestigt ist, spannt man ein
+Seil zwischen Ruderpinne und Welle, so dass man ein sehr festes Gefüge
+erhält. Die Welle besteht aus 2 gleichen Stücken. Der Stützpfosten geht
+auch durch das Hinterteil; dies geht aber nicht schwach und regelmässig
+nach hinten in die Höhe, sondern biegt sich stark nach innen um.
+
+
+DER WHALEMAJOL.
+
+Das Vorderteil hatte ursprünglich nicht diese Form; aber in den
+letzten Jahren hat man diesen Schiffen vollere Formen gegeben, und
+das Vorderteil hat ebenfalls eine gekrümmte Gestalt erhalten, um die
+Länge des Schiffes zu vermindern und die Ladefähigkeit zu erhöhen.
+Der älteste Typ ist der «Whalemajol» (auch Mijole). Das Vorder- und
+das Hinterteil enden spitz, die Hauptrippe ist ein Trapez mit drei
+übereinander greifenden Borden; unterhalb derselben ist der Rumpf glatt.
+
+[Sidenote: II 208]
+
+[Sidenote: III 111]
+
+Die «Herna», welche eben so gross ist wie das vorbeschriebene Schiff,
+hat ein breites Vorder- und Hinterteil und endet in einem horizontalen
+Holzstück. Die Hauptrippe, die früher ebenfalls trapezförmig war, ist
+jetzt ein Rechteck, ganz wie bei den rheinischen «Sloffen».
+
+Der _Spitsbek_ ist eine kleine «Herna» (Altes Muster), ganz offen. Man
+trifft solche aller Grössen und nennt sie «Spitsbek» (Spitzschnäbel)
+wegen ihrer spitzen Form.
+
+Augenblicklich scheint man die «Klaphekken» vorzuziehen.
+
+Das alte Steuerruder der «Whalemajols» ist allmählich durch diese
+ersetzt worden. Ein «Whalemajol» mit Klaphekken heisst «Whalepont» oder
+«Maaspont».
+
+Diese Schiffe findet man auch auf dem südlichen Teil der limburgischen
+Maas. Weiter flussabwärts sieht man jedoch mehr die «Hedelschen Aken»,
+die ein Mittelding zwischen einem «Keen» und einem «Majol» sind. Sie
+haben «Klaphekken» und gegenwärtig manchmal auch ein gewöhnliches
+Steuerruder.
+
+
+ [25] Das Schiff soll eine Länge von 56 Fuss und eine solche Breite
+ an den Schwertern haben, dass es die Schleuse des Leydener
+ Dammes durchfahren kann, d. h. 11 Fuss 1 Zoll höchstens.
+
+ [26] Siehe _Gedenkboek van Koninklijk Instituut van Ingenieurs_, S.
+ 51. ~Van der Vegt~, J., _De Binnenscheepvaart in Zuid-Holland_.
+
+ [27] Im Jahre 1885 haben die Staaten von Holland die Verbesserung
+ der Schiffahrtsstrasse zwischen Rhein und Schie unternommen. Da
+ wo bis 1648 die Gegnerschaft der Städte nur eine Beförderung
+ oberhalb des Dammes und später eine Schleuse von 3,80 m Breite
+ und 2,20 m Wassertiefe zuliess, haben sie diese Schleuse von 7 m
+ Breite mit beweglichen Brücken erbauen lassen.
+
+ [28] Durch Verfügung vom 22. Mai 1628 befiehlt man, morgen dem
+ Ingenieur Adam Clippens, der die Schlammmühle erbaut hat, eine
+ Summe von 100 Gulden für die Submission zuzustellen, die er
+ vorgelegt hat.
+
+
+
+
+[Illustration: 5]
+
+FISCHEREIFAHRZEUGE.
+
+
+[Sidenote: III 112]
+
+Seit den ältesten Zeiten hat sich der Mensch mit dem Fischfang
+beschäftigt, allerdings in ziemlich einfachen Formen. Man wird also
+auch von den ältesten Zeiten ab Fischereifahrzeuge finden. Da der
+Mensch überdies zuerst an seinen eigenen Unterhalt denkt, bevor er
+darauf verfällt, Handel zu treiben, so werden die Fischereifahrzeuge
+älter sein als die Handelsschiffe, und es ist ein ganz natürlicher
+Schluss, dass die letzteren aus den ersteren entstanden sind. So ist
+das «Koggeschip» nichts anderes als eine Umbildung der späteren sog.
+«Egmonder Pink» oder besser einer «Pink» von grossen Abmessungen.
+
+Da man anfangs die Fische nur für die örtlichen Bedürfnisse fängt,
+so ist es klar, dass die Fischereifahrzeuge nur klein sein werden.
+Man unternimmt keine weiten Fahrten, da die Konservierung des Fisches
+überdies zu jener Zeit nicht möglich ist; einige alte Schriftsteller
+behaupten sogar, dass erst im 12. Jahrhundert der Heringsfischfang in
+Zierikzee beginnt. (i. J. 1163 nach ~Witsen~, S. 431).
+
+Man könnte also sagen, dass die Anfänge unserer Seefischerei in jene
+Zeit fallen. Die grosse Umwälzung erfolgt im Jahre 1384, als Willem
+Beukelszon von Biervliet das Heringseinsalzen erfindet (Haringkaken).
+Diese Erfindung wirbelt soviel Staub auf, dass 100 Jahre nach dem Tode
+von Willem Beukelszon der Kaiser Karl V. sein Grab in Biervliet besucht
+(1556).
+
+Von diesem Augenblick an werden die weiten Fahrten möglich, weil
+der Hering konserviert werden kann. Im Jahre 1416 verfertigt man in
+Hoorn das erste grosse Heringsnetz, und in Zierikzee, dem Mittelpunkt
+der Heringsfischerei, tauchen die Schiffe mit glatter Beplankung
+auf. Sicherlich besteht eine Beziehung zwischen diesen verschiedenen
+Ereignissen. Das Einsalzen des Herings gibt dem Fischfang einen solchen
+Aufschwung, dass daraus ein neuer Handel entsteht, der selbst wiederum
+immer mehr Ansprüche nach einem vervollkommneten Material hervorruft.
+
+
+DIE EGMONDER PINK.
+
+[Sidenote: II 243]
+
+[Sidenote: III 112]
+
+Die alte _Egmonder Pink_ mit Planken, die übereinander greifen, ehemals
+das grösste Fischereifahrzeug (Länge 35 Fuss, Breite 12 Fuss, Tiefe
+4 Fuss) wird zu klein, besonders als man anfängt, immer grössere und
+schwerere Heringsnetze zu verwenden.
+
+
+DIE BÜSE.
+
+[Sidenote: II 197]
+
+[Sidenote: II 223]
+
+[Sidenote: II 224]
+
+[Sidenote: II 231]
+
+[Sidenote: III 113]
+
+Ein neues Schiff wird nötig; man baut es grösser und mit glattem Rumpf
+und erhält so die Buis (Heringbüse). Länge 52 Fuss, Breite 13 Fuss,
+Tiefe 8 Fuss. Dieses Schiff hat eine grössere Tragfähigkeit als die
+«Pink». (~Witsen~ S. 167).
+
+[Sidenote: II 195]
+
+[Sidenote: II 196]
+
+[Sidenote: II 198]
+
+Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts zählt man in Enkhuizen schon 400 bis
+500 «Haringbuizen» und man findet damals vierzig sog. «Grotschippers»
+(Grosse Fischerboote), die 20 bis 120 Last laden können. (~Koenen~ S.
+78). I. J. 1590 fahren 350 Buizen (Büsen) auf den Heringsfischfang,
+während am Anfang des 17. Jahrhunderts 3000 holländische Buizen den
+Fischfang in der Nordsee besorgen (1609); im Jahre 1601 beträgt ihre
+Zahl noch nicht 1500 (~Groen van Prinsterer~, Handb., § 100; ~Koenen~
+S. 156). Diese 3000 Schiffe, sagt Koenen, haben 50000 Mann Besatzung,
+während diese Flotte 9000 grössere Fahrzeuge und 150.000 Mann zu Wasser
+und zu Lande erfordert, um die Fische zu verpacken und zu befördern.
+Man rechnet, dass 20 «Haringbuizen» (Heringsbüsen) 8000 Personen
+beschäftigen.
+
+Am Anfang des 17. Jahrhunderts durchfährt eine Flotte von 1500 Büsen
+hin und zurück dreimal die Durchfahrt von Texel. Es ist also nicht zu
+verwundern, dass die Abfahrt der Fischereiflotte ein sehr wichtiges
+Ereignis ist. Noch heutzutage spricht man von dem wohlbekannten
+«Buisjesdag» (Tag der Büsen).
+
+Als zur Zeit des zweiten Krieges mit England der Heringsfang auf der
+Nordsee unterbrochen ist, und die Fischer auf der Zuiderzee arbeiten,
+gelingt es einigen von ihnen noch, im Laufe eines Monats 800 Last (1600
+t) Heringe zu fangen, aus denen 15.620 Gulden gelöst werden. Eine
+grosse Zahl von Verordnungen betreffend den Fischfang erscheinen (1611,
+12, 20, auch 29).
+
+So liest man:
+
+«Niemand vermag zijn roor en klaer houden zoodat daer metten aen
+zoude kunnen hechten» (Niemand darf sein Steuerruder so halten, dass
+er an den Netzen hängen bleibt). Anderswo heisst es: «Die niet en
+vischt vermag niet onder de visschers te drijven». (Wer nicht fischt,
+darf nicht mit den Fischern fahren), während gleichzeitig bestimmt
+wird, dass jeder seine Netze mit seinem Namen zu versehen hat, um sie
+kenntlich zu machen.
+
+Die Stärke der Mannschaft und der Bestückung ist ebenfalls Gegenstand
+von Bestimmungen, was zu jener Kriegeszeit wohl nötig ist.
+
+[Sidenote: II 196]
+
+Ein «Noortsvaerder» von 70-80 Last und eine Büse von mehr als 24
+Last sollen wenigstens 2 «Gotelingen» (kleine Kanonen) führen. Diese
+Stücke findet man noch oft auf alten Stichen. An Tapferkeit fehlt es
+den Fischern übrigens nicht. ~De Jonge~ (Bd. I S. 182) gibt davon
+ein Beispiel, in dem er den Zusammenstoss eines Engländers mit einem
+Fischer aus Vlieland zwischen dem Skagerrack und der Doggersbank
+erzählt:
+
+«Kaum sind sie einander näher gekommen, als die Engländer in
+Ermangelung andrer Waffen beginnen, mit grossen Steinen zu werfen.
+Die Holländer erwidern, indem sie mit Brennholz werfen. Dieser wenig
+mörderische Kampf langweilt die mutigen Holländer. Sie entern das
+feindliche Fahrzeug, springen mit dem Messer im Munde hinauf, unter
+Führung ihres mutigen Steuermannes Jonge Rees, treiben die Engländer
+in das Innere, vernageln es und kehren mit dem kleinen Fahrzeug
+triumphierend nach Amsterdam zurück, wo der tapfere Führer eine goldene
+Medaille erhält und die ganze Mannschaft das erbeutete Schiff und
+andere Belohnungen empfängt».
+
+Ausgangs des 18. Jahrhunderts und am Anfang des 19. Jahrhunderts
+ist unsere Fischereiflotte stark gefährdet. Die Mitte des 19.
+Jahrhunderts bringt kaum Besserung. Während man i. J. 1843 noch 128
+Fischereifahrzeuge zählt, fällt diese Zahl i. J. 1852 schon auf
+93 (~Koenen~ S. 156). Glücklicherweise macht sich am Ende des 19.
+Jahrhunderts ein Aufschwung bemerkbar, und i. J. 1905 zählt unsere
+Flotte wieder 724 Schiffe. Die Erneuerung beginnt i. J. 1891, wie
+sich dies aus der nachstehenden Übersicht erkennen lässt. Die grosse
+Verbesserung der Verkehrsmittel vermehrte die Nachfrage nach Fischen
+als Volksnahrungsmittel; (s. z. B. die Antrittsrede des Professors E.
+Vosnack in Delft; _Nieuwe Rotterdamsche Courant_, 11. Oktober 1906,
+1. Blatt A.) während eine sorgfältigere Verpackung mit Eis jetzt die
+Beförderung der Fische auf grössere Entfernungen gestattet.
+
+Deshalb hat man hier mit neuem Eifer dem Fang des Kabeljaus und des
+Schellfisches obgelegen (~A. Hoogendijk~, De Grootvischerij 1895, S.
+47), und das Gewerbe ist noch einträglicher geworden, als man es mit
+dem Heringsfang verband.
+
+Der Fang des Herings erfordert ein mässig grosses Schiff, denn das
+Fahrzeug darf nicht zu stark an den Fischereigeräten ziehen. Der
+Winterfischfang dagegen erfordert ein festes und schnelles Schiff, denn
+es muss bei jedem Wetter brauchbar sein.
+
+Daraus folgt, dass zur Verbindung beider ein neues Schiff erforderlich
+wird, das die abweichenden Anforderungen zu befriedigen vermag und
+durch das natürlich die alten Type sicher verdrängt werden. Je
+schneller das Fahrzeug ist, je grösser ist die Zahl der Fahrten und um
+so frischer ist der Fisch, den man bringt.
+
+Andrerseits kann man mit einem schnellen Fahrzeug die fischreichen
+Gegenden aufsuchen, und es ist nicht zu verwundern, dass man ganz
+wie in England auch bei uns Dampfschiffe in Dienst stellt, nachdem
+die Logger, Kutter und Schaluppen vorhergegangen waren. Das erste
+Dampfschiff erscheint 1897, und seitdem ist die Zahl gestiegen. Die
+englische Fischereiflotte zählt gegenwärtig nicht weniger als 1600
+Dampfschiffe für die Grossfischerei.
+
+ +------------------------------------------------------------------+
+ | =Zusammensetzung der holländischen Fischerei-Flotte mit |
+ | Ausnahme der Bommen von 1867 bis 1905.= |
+ +-----+-----+--------+------+------+-------+-----+-----------------+
+ | | | | | |LOGGER | | |
+ | | |SCHALUP-|DAMPF-|MOTOR-|KUTTER | ZU- | |
+ |JAHR |BUJER| PEN |SCHIF-|FAHR- | UND | SAM-| BEMERKUNGEN |
+ | | | | FE |ZEUGE |LOGGER-| MEN | |
+ | | | | | |BOMMEN | | |
+ +-----+-----+--------+------+------+-------+-----+-----------------+
+ | |/-----v-----\ | | | | | |
+ |1867 | 85 | - | - | 4 | 89 |Im Jahre 1867 |
+ |1868 | 80 | - | - | 11 | 91 |wird der erste |
+ |1869 | 79 | - | - | 28 | 107 |französische Log-|
+ |1870 | 69 | - | - | 51 | 120 |ger eingestellt. |
+ | | \----Λ----/ | | | | | |
+ |1871 | 45 | 13 | - | - | 64 | 122 | |
+ |1872 | 30 | 14 | - | - | 64 | 108 | |
+ |1873 | 23 | 11 | - | - | 68 | 102 | |
+ |1874 | 20 | 11 | - | - | 83 | 114 | |
+ |1875 | 14 | 11 | - | - | 90 | 115 | |
+ |1876 | 6 | 11 | - | - | 92 | 109 | |
+ |1877 | 8 | 11 | - | - | 94 | 113 | |
+ |1878 | 7 | 11 | - | - | 109 | 127 | |
+ |1879 | 4 | 10 | - | - | 114 | 128 | |
+ |1880 | 3 | 9 | - | - | 121 | 133 | |
+ |1881 | 2 | 9 | - | - | 127 | 138 | |
+ |1882 | 2 | 8 | - | - | 135 | 145 | |
+ |1883 | 2 | 8 | - | - | 144 | 154 | |
+ |1884 | 2 | 8 | - | - | 159 | 169 | |
+ |1885 | 2 | 8 | - | - | 174 | 184 | |
+ |1886 | 1 | 8 | - | - | 181 | 190 | |
+ |1887 | - | 7 | - | - | 189 | 196 | |
+ |1888 | - | 8 | - | - | 186 | 194 | |
+ |1889 | - | 8 | - | - | 186 | 194 | |
+ |1890 | - | 7 | - | - | 189 | 196 | |
+ |1891 | - | 7 | - | - | 199 | 206 | |
+ |1892 | - | 9 | - | - | 212 | 221 | |
+ |1893 | - | 11 | - | - | 213 | 224 | |
+ |1894 | - | 13 | - | - | 214 | 227 | |
+ |1895 | - | 17 | - | - | 216 | 233 | |
+ |1896 | - | 24 | - | - | 245 | 269 | |
+ |1897 | - | 30 | 1 | - | 252 | 283 |Im Jahre 1897 |
+ |1898 | - | 36 | 1 | - | 258 | 295 |wird das erste |
+ |1899 | - | 40 | 2 | - | 269 | 311 |Dampfschiff in |
+ |1900 | - | 46 | 3 | - | 275 | 324 |Dienst gestellt. |
+ |1901 | - | 47 | 7 | 1 | 300 | 355 | |
+ |1902 | - | 52 | 25 | 1 | 327 | 405 | |
+ |1903 | - | 58 | 44 | 1 | 410 | 513 | |
+ |1904 | - | 58 | 44 | 1 | 432 | 535 | |
+ |1905 | - | 48 | 38 | 1 | 425 | 512 | |
+
+
+ +----------------------------------------------------------------+
+ | =Übersicht über die verschiedenen Schiffstype |
+ | während der letzten 10 Jahre sowie über die Grösse |
+ | der Flotte zum Heringsfang.= |
+ +-----+--------+------+------+-------+------+-----+--------------+
+ | |LOGGER |DAMPF-|MOTOR-|LOGGER-|BOMMEN| ZU- | |
+ |JAHR |KUTTER |SCHIF-|FAHR- |BOMMEN | | SAM-| BEMERKUNGEN |
+ | |SCHALUP-| FE |ZEUGE | | | MEN | |
+ +-----+--------+------+------+-------+------+-----+--------------+
+ |1896 | 269 | - | - | - | 324 | 593 |Siehe Bericht |
+ |1897 | 282 | 1 | - | - | 325 | 608 |über den |
+ |1898 | 294 | 1 | - | - | 320 | 615 |Seefischfang |
+ |1899 | 309 | 2 | - | - | 303 | 614 |S. 149 |
+ |1900 | 320 | 3 | - | 1 | 289 | 613 |von 1905. |
+ |1901 | 346 | 7 | 1 | 1 | 279 | 634 | |
+ |1902 | 377 | 25 | 1 | 2 | 271 | 676 | |
+ |1903 | 463 | 44 | 1 | 5 | 268 | 781 | |
+ |1904 | 484 | 44 | 1 | 6 | 239 | 774 | |
+ |1905 | 467 | 38 | 1 | 6 | 212 | 724 | |
+
+
+Wir wollen uns jedoch noch etwas mit der Büse beschäftigen, bevor wir
+die Beschreibung der modernen Type beginnen.
+
+Die im 15. Jahrhundert entstandene Büse bleibt das
+Heringsfischereifahrzeug bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, wo sie
+vollständig verschwindet. Wenn es i. J. 1832 noch 120 Büsen gibt
+(Vlaardingen 78, Maassluis 18, Delfshaven 1, Zwartewaal 3, Entshuizen
+5, De Rijp 5 und Amsterdam 10; siehe ~Le Comte~ S. 46.) so werden i.
+J. 1867 keine mehr erwähnt. Das ist das Jahr, in dem der französische
+Logger in Betrieb genommen wird. Die Büse wird ausschliesslich für den
+Heringsfang verwendet. Wenn dieser stilliegt, wird sie abgetakelt.
+
+Obwohl die Büsen volle Formen hatten, besassen sie einen Kiel und
+suchten Schutz in den verschiedenen Häfen. Diese Schiffe können nicht
+auf den Strand gesetzt werden. Sie hatten etwa 22 m Länge, 6 m Breite
+und 3 m Tiefe. Ihre Grössenverhältnisse sind ebenfalls allmählich
+gewachsen. (~Van Yk~ gibt auf S. 310 7 rheinische Fuss als Tiefe an.)
+
+Die Takelung bestand anfangs aus 3 Masten, von denen die beiden ersten
+niedergelegt werden konnten und ein grosses Segel hielten. Später,
+am Ende des 17. Jahrhunderts, ändert man die Takelung, und die Büsen
+erhalten solche wie die «Huker». Die Änderungen ergeben sich deutlich
+aus den alten Abbildungen. Die Büse hatte eine «Statie».
+
+
+DER KWEE UND DIE HUKERBÜSE.
+
+Am Ende des 18. oder am Anfang des 19. Jahrhunderts haben die
+Abmessungen der Büsen zugenommen; die Statie verschwindet, und
+der Fischkasten tritt in Erscheinung. Diese Schiffe heissen nach
+~Hoogendijk~ (S. 59) _Kwee_. Da die Büse ausdrücklich dem Heringsfang
+dient, so hat sie keinen Fischkasten.
+
+Die wie ein Huker getakelte Büse heisst auch «Hoekerbuis» (Hukerbüse).
+Was ~Hoogendijk~ in seinem interessanten Buch von der Grossfischerei
+über den Ursprung des Hukers erzählt, ist nicht ganz genau. Nach ihm
+(S. 59) ist der Huker durch Fortfall der Statie aus der Hukerbüse
+entstanden. Nach ~Witsen~ und ~Van Yk~ sollen die Huker schon in der
+ältesten Zeit vorhanden gewesen sein und lange vor dem Auftauchen der
+Hukerbüse.
+
+
+DER HUKER.
+
+[Sidenote: II 228]
+
+[Sidenote: II 229]
+
+[Sidenote: II 234]
+
+[Sidenote: III 114]
+
+Der Huker tritt also zuerst parallel mit der Büse auf, und seine
+Formen weichen nicht sehr davon ab. Andrerseits beweist die Anbringung
+der Hukertakelung auf der Büse, dass der Huker schon zur selben Zeit
+vorhanden ist wie die Büse.
+
+Der Huker ist ein stark abgerundetes Schiff mit Fischkasten, das viel
+Krümmung zeigt. Der Name kann nicht von der Form herkommen, sondern
+eher von einem Fischereigerät, dem Hoek (eiserner Haken zum Fischfang),
+der zum Fangen des Kabeljaus und des Schellfisches verwendet wird;
+da man aber von der Büse früher spricht als von dem Huker, so muss
+man folgern, dass dieser später in Gebrauch gekommen ist, d. h. dass
+man sich später mit dem Fang des Kabeljaus im Grossen befasst hat.
+Man weiss nicht, wann Fischkästen in Aufnahme gekommen sind. Es ist
+indessen sehr wahrscheinlich, dass sie sehr alt sind, obwohl es möglich
+ist, dass man sie erst später bei der Grossfischerei benutzt hat.
+
+
+DER HERINGSJÄGER UND DER BÜSENBEGLEITER.
+
+[Sidenote: II 222]
+
+[Sidenote: II 232]
+
+Der Huker wird nicht allein als Fischerei-Fahrzeug gebraucht, sondern
+auch als «Haringjager» (Heringsjäger), d. h. als Schiff zum Abholen der
+ersten Heringe, die von der Flotte gefangen sind.
+
+Man hat den Huker auch als Buisconvoyers (Begleitschiffe für die
+Heringsbüsen) verwendet. Er war dann mit mehreren Kanonen ausgerüstet,
+um die Büsen gegen den Feind verteidigen zu können. Verschiedene
+Umstände haben zum völligen Verschwinden der Büse und des Hukers
+beigetragen. Es sind dies die immer strengeren Anforderungen, die an
+diese Schiffahrt gestellt werden, die Verbindung des Heringsfanges mit
+dem des Kabeljaus und des Schellfisches auf ein- und demselben Schiff,
+die Einführung der Baumwollnetze, die weniger wiegen, so dass das
+Auslegen der Netze auf dem Schiffe selbst von geringerer Bedeutung ist.
+Alle diese Gründe führen zur Herstellung schmaler Schiffe, so dass es
+im Jahre 1886 nur noch einen Huker gegen 8 Schaluppen und 181 Logger
+gibt. Die Schaluppe ebenso wie der Logger, dem sie vorangeht, sind aus
+Frankreich zu uns gekommen.
+
+
+DIE SCHALUPPE.
+
+[Sidenote: III 119]
+
+Die «Sloep» (Slup oder Schaluppe), die zunächst einen Mast mit einem
+grossen Segel mit Giekbaum und einen Spiegel hatte (~Hoogendijk~, S.
+61), ist in Middelharnis, Zwarte Waal und Pernis in Betrieb genommen
+und hat daher besonders den Namen _Pernissersloep_ (Slup von Pernis)
+erhalten.
+
+Die schwere und umständliche Takelung des einzigen Mastes wird jedoch
+schnell durch die Loggertakelung ersetzt, während der Spiegel bei den
+neueren Schaluppen verschwindet, wodurch der Hauptunterschied zwischen
+den beiden Typen verwischt wird.
+
+Die Schaluppe hat einen Fischkasten und wird zur Beförderung der
+lebenden Fische verwandt, während man sie auch zum Heringsfang benutzen
+kann, wenn sie einen Fockmast hat, der niedergelegt werden kann.
+
+Mit Rücksicht besonders auf die grosse Heringsfischerei, sagt
+~Hoogendijk~ (S. 55), fanden die neuen Schaluppentype nicht den Beifall
+der Bevölkerung. Ihre grosse Ladefähigkeit liess befürchten, dass sie
+für den Heringsfang zu schwer sein würden. Diese Ladefähigkeit erreicht
+40 Last, wohingegen die Durchschnittsladefähigkeit der Heringsfänger
+nur 25 bis 30 Last beträgt, abgesehen von der grossen Zahl von
+Fahrzeugen, die nur 16 bis 20 Last tragen.
+
+Diese Furcht hat sich indessen als unbegründet erwiesen. Die schlankere
+Form dieses Schiffes bietet dem Winde weniger Angriffsfläche als
+die der alten Type und macht es demnach hinsichtlich der Schiffahrt
+überlegen. Heut wird niemand mehr daran denken, die alten «Büsen» und
+«Huker» den modernen Schiffen «Logger» und «Schaluppe» vorzuziehen.
+
+
+DER LOGGER.
+
+[Sidenote: II 269]
+
+[Sidenote: II 270]
+
+[Sidenote: III 118]
+
+Der «Logger» ist gleichfalls ein Schiff von schlanker Gestalt
+und französischen Ursprungs. Die Bauart des Schiffes, das keinen
+Fischkasten hat, ergibt sich genügend aus den Zeichnungen. Die
+Takelung besteht aus zwei Masten. Der grosse Mast, auf ⅓ der Länge,
+kann niedergelegt werden. Die vorn ausgelegten Netze werden seitlich
+eingezogen.
+
+
+DER BOM.
+
+[Sidenote: II 270]
+
+[Sidenote: II 271]
+
+[Sidenote: III 115]
+
+Die oben erwähnten Schiffe sind jedoch nicht die einzigen, die zum
+Heringsfang verwendet werden. Ein anderer, sehr merkwürdiger Typ ist
+noch in Gebrauch, der «Bom», der aus der «Egmonder Pink» hervorgegangen
+ist. Dieser «Bom», der so gebaut ist, dass er auf den Strand gesetzt
+werden kann, hat wie die Pink einen sehr festen Boden und eine
+Verkleidung mit übereinandergreifenden Planken. Die Länge beträgt
+das Doppelte der Breite; er hat zwei Masten (einen grossen und einen
+kleinen), eine Takelung des Besanmastes (Bazaantuig) und lange und
+schmale Schwerter (etwa ⅓ der Schiffslänge). Die Flut führt die Bommen
+auf den Strand, von wo sie mit Pferden auf eine Holzdielung gerollt
+werden, die auf dem Strande angelegt ist. Walzen (aus Holz) sind vorher
+unter das Schiff geschoben, nachdem es mittels Winden angehoben ist.
+
+Die Herstellung des «Bommenhaven» (Hafen für die Bommen) in
+Scheveningen macht es unnötig, die Schiffe auf den Strand zu setzen;
+dadurch wird das Verschwinden der Bommen herbeigeführt werden, weil
+diese keine Daseinsberechtigung mehr haben, und weil es vorteilhafter
+ist, Logger zu verwenden. Der für sie gegrabene Bommenhaven wird also
+die Ursache ihres Verschwindens sein.
+
+Die Herstellung dieses neuen Hafens hat übrigens schon den Bau einiger
+neuer Bommen mit Kiel veranlasst; man nennt sie «Loggerbom» oder
+«Lelybom», ein Typ, der die Mitte zwischen einem Logger und einem Bom
+hält. Der erste dieser Bommen ist im Jahre 1900 in Betrieb genommen,
+ist aber nicht oft nachgeahmt worden, weil er dem Logger kaum überlegen
+ist. Diese Fahrzeuge haben alle, wie der Bom, eine Verkleidung mit
+übereinander greifenden Planken, das Vorderteil dieses letzteren, aber
+das Hinterteil des Loggers. Der alte und interessante Bom wird nicht
+mehr gebaut und wird bald der Geschichte angehören wie die Büse und der
+Bujer. So wird übrigens die letzte Spur des «Koggeschips» verschwinden.
+Seit 1896 ist ihre Zahl schon von 324 auf 212 gesunken.
+
+ +-----------------------------------------------------+
+ | =Umfang der Flotte der Bomschuten 1899-1905.= |
+ +------------------+----+----+----+----+----+----+----+
+ | |1899|1900|1901|1902|1903|1904|1905|
+ | | -- | -- | -- | -- | -- | -- | -- |
+ |Scheveningen | 217| 205| 194| 189| 183| 158| 140|
+ |Katwijk | 67| 68| 69| 71| 74| 70| 66|
+ |Noordwijk | 15| 15| 15| 10| 10| 10| 5|
+ |Egmond | 3| -- | -- | -- | -- | -- | -- |
+ |Haarlem (Ymuiden) | 1| 1| 1| 1| 1| 1| -- |
+ |Maassluis | -- | -- | -- | -- | -- | -- | -- |
+ |Bericht über die | | | | | | | |
+ |Seefischerei 1905.| 303| 289| 279| 271| 268| 239| 212|
+ |Seite 149. | | | | | | | |
+ | | | | | | | | |
+
+
+DIE GARNELENSCHUTE.
+
+[Sidenote: III 116]
+
+[Sidenote: III 117]
+
+In der «Garnalenschuit» (Schute zum Fang von Krabben) sehen wir den
+alten «Bom» wieder, und die Ähnlichkeit mit der alten «Egmonder Pink»
+springt in die Augen.
+
+
+DIE SCHOLLENSCHUTE ODER BESANSCHUTE.
+
+DIE ZWARTEWAALSCHE GAFFELAAR.
+
+[Sidenote: II 219]
+
+[Sidenote: II 220]
+
+Neben den «Büsen» und den «Hukern» traf man früher noch ein
+Fischereifahrzeug, das zur Gruppe der «Smakken» gehört. Das ist die
+_Scholschuit_ (Schute zum Fang von Seezungen) auch _Bazaanschuit_
+genannt. In der Zwarten Waal haben sie eine Takelung mit Gaffel
+(Gaffeltuig), daher ihr Name _Zwartewaalsche Gaffelaar_.
+
+Dieses Schiff ist kürzer als der Huker; es ist ziemlich breit, hat
+kräftige Rippen und gleicht sehr den «Visschersnikken» von Paesens
+und Wierum (nicht zu verwechseln mit dem «Binnensnik») und den
+«Palingschuiten» von Heeg und Gaastmeer, die die Aale nach London
+brachten.
+
+[Sidenote: II 202]
+
+Die «Scholschuit», die man in Pernis, Middelharnis und Zwartewaal
+findet, wird später durch die Schaluppe verdrängt.
+
+Der Walfischfang, der früher so in Blüte stand, ist schon im 19.
+Jahrhundert völlig verschwunden. Während 1756 sich noch 186 Fahrzeuge
+mit diesem Fang beschäftigten, geht diese Zahl im Jahre 1785 auf 66
+zurück, besonders wegen der hohen Prämien, die England zahlt.
+
+In dem Masse, wie dieses Gewerbe bei uns abnahm, blühte es in England
+auf. Während es hier nur 26 Walfischfänger im Jahre 1750 gab, stieg
+diese Zahl im Jahre 1785 schon auf 152. Man bewilligte hier Prämien von
+3000 bis 8000 Fl. je nach der Grösse der Schiffe, was bewirkt, dass im
+Jahre 1854 bei uns nur 2 Walfischfänger in See gehen. (~Koenen~, S.
+164.)
+
+Zu diesem Fang verwendete man die «Noortsvaerders» sowie die schon oben
+beschriebenen «Fluitschepen» (Flüten).
+
+Die Heimat der «Büse» ist also Vlaardingen und Enkhuizen, dann findet
+man auch welche in Maassluis auf einem Teil der Zuiderzee.
+
+Die Heimat des «Bom» ist Scheveningen, Katwijk und Noordwijk, d. h.
+längs der flachen Küste der Nordsee.
+
+Die der Schaluppe ist Middelharnis, Zwartewaal und Pernis, während man
+endlich den Logger überall antrifft.
+
+Der alte Huker war besonders in Maassluis vertreten und der «Loggerbom»
+oder «Leleybom» in Scheveningen.
+
+Man würde sich eine falsche Vorstellung von der niederländischen
+Fischereiflotte machen, wenn man sich einbildete, dass wir nur 724
+Fischereifahrzeuge besitzen. Neben den schon erwähnten Schiffen
+gibt es eine ausserordentlich grosse Zahl kleinerer Fahrzeuge, die
+ausschliesslich zum Fischfang benutzt werden. Wenn wir einen Blick in
+den Bericht über die niederländische Seefischerei im Jahre 1905 werfen,
+so sehen wir, dass in diesem Jahre (S. 342) die Flotte im ganzen
+5334 Schiffe mit einer Gesamttragfähigkeit von 234766 t und einer
+Gesamtbesatzung von 20141 Mann umfasst. Im J. 1891 sind diese Ziffern
+4427, 164259 und 15482.
+
+
+ +-----------------------------------------------------------------+
+ |=Stand der niederländischen Fischereiflotte und ihrer Mannschaft=|
+ +------+------+----------------------+----------------------------+
+ | JAHR | ZAHL | LADEFÄHIGKEIT IN m³ | MANNSCHAFTEN |
+ | -- | -- | -- | -- |
+ | 1905 | 5334 | 234766 | 20141 |
+ | 1904 | 5781 | 215873 | 21226 |
+ | 1903 | 5922 | 218249 | 21467 |
+ | 1902 | 5938 | 215660 | 21225 |
+ | 1901 | 5851 | 199248 | 20164 |
+ | 1900 | 5719 | 195950 | 19498 |
+ | 1899 | 5661 | 191530 | 19232 |
+ | 1898 | 5385 | 186554 | 18709 |
+ | 1897 | 5318 | 184576 | 18387 |
+ | 1896 | 5211 | 181953 | 17895 |
+ | 1895 | 5189 | 179782 | 17643 |
+ | 1894 | 5151 | 176649 | 17286 |
+ | 1893 | 4902 | 172603 | 16700 |
+ | 1892 | 4647 | 167549 | 16142 |
+ | 1891 | 4427 | 164357 | 15482 |
+
+
+Ein Teil der kleinen Schiffe ist auf der Nordsee in Tätigkeit, ein
+kleiner Teil an den Küsten von Friesland und Groningen und der Rest auf
+den Küstenflüssen von Seeland und Holland sowie auf der Zuiderzee.
+
+Unter ihnen findet man alle Namen der Fischereifahrzeuge, so dass es
+sehr schwer ist, darin ihren Ursprungsort zu entdecken; überdies haben
+sich diese Schiffe in den letzten 50 Jahren bei uns derartig vermehrt,
+dass das Auftreten eines bestimmten Typs an einem Orte noch keineswegs
+seine Herkunft aus dieser Gegend bestätigt. So findet man unter anderen
+augenblicklich «Schocker» und «Botter» auf der oberen Maas, wo man sie
+nie erbaut hat. Überdies verwendet man, seitdem die Fischerei aufblüht,
+als Fischereifahrzeug alle Arten von Schiffen, die ursprünglich
+durchaus nicht hierfür bestimmt waren. Um einen genauen Begriff von den
+Fischereifahrzeugen und ihrer Entwickelung zu erhalten, dürfen wir uns
+nur mit den hierfür erbauten Schiffen befassen.
+
+Wie wir bei der allgemeinen Klassifikation gesagt haben, kann man sie
+in Hauptklassen wie folgt einteilen:
+
+_a_) Schocker; _b_) Botter; _c_) Vollschiffe (Knots, Aken u. s. w.);
+_d_) Schiffe zum Heringsfang.
+
+
+DER SCHOCKER.
+
+[Sidenote: III 120]
+
+Dieses Schiff hat ein aufwärts gehendes und langes Vorderteil. Das
+Hinterteil ist dagegen schmal. Oberhalb der Berghölzer springt
+der Rumpf stark zurück. Es hat einen graden und sehr schrägen
+Vordersteven. An dem viereckigen, oberen Ende des Vorderstevens liegt
+ein Flaschenzug, der einerseits auf dem Vordersteven, andererseits auf
+einer Stütze (Snoves) ruht, die gut befestigt ist.
+
+Das Fahrzeug hat einen Fischkasten und vorn ein Flütenverdeck, das
+als Wohnung dient. Während die Schocker früher in der Mitte offen
+waren, sieht man jetzt grössere, die in der Mitte geschlossen sind. Am
+Vorderteil hat der Schocker ein kleines Deck, genannt «Kootje».
+
+Der Schocker hat Schwerter und einen auf ⅘ der Länge liegenden Mast,
+an der Hauptrippe. Seine Länge beträgt 26,1 m, die Breite 4,48 m, der
+Tiefgang 0,98 m. Er hat Takelung mit Besanmast (Bazaantuig) und einem
+grossen Vorstagsegel, das am Bord hinter dem Mast befestigt ist, also
+ohne durchlaufendes Deck. Dies letztere findet man jedoch manchmal in
+letzter Zeit. An dem Bugsprietmast kann man einen Klüver anbringen.
+Während die «Schocker» früher eine Beplankung mit Überlappung hatten,
+sieht man heut oft welche mit glattem Rumpf. Es sind sehr alte Schiffe;
+die grossen Modelle stammen jedoch erst aus dem 19. Jahrhundert.
+Weder ~Witsen~ noch ~Van Yk~ erwähnt sie, obwohl sie schon zu ihrer
+Zeit vorhanden sind, denn es finden sich Zeichnungen davon auf den
+Tragbahren der reformierten Kirche von Workum etwa aus dem Jahre 1600.
+
+[Sidenote: II 203]
+
+[Sidenote: III 125]
+
+Der «Schocker» stammt von der Zuiderzee und zwar von den Küsten von
+Overijssel (Vollenhoven), von Schokland, (wahrscheinlich auch Urk) und
+von Enkhuizen.
+
+Nach dem oben Gesagten würde die Insel Schokland ihren Namen von den
+«Schockers» haben.
+
+Durch ihren graden und schrägstehenden Vordersteven unterscheiden sich
+diese Schiffe von den andern Fischereifahrzeugen, welche die Zuiderzee
+aufsuchen, ausgenommen von der «Haringschuit» (Heringsschute).
+
+
+DIE HERINGSSCHUTE.
+
+Diese _Haringschuit_ (Schute zum Heringsfang) kann als ein grosser
+«Punter» oder als ein kleiner «Schocker» mit weniger hohem Bord
+betrachtet werden.
+
+Es ist also nicht zweifelhaft, dass der alte Schocker, die
+«Haringschuit» und der «Punter» zur selben Familie gehören. Der
+Schocker unterscheidet sich nur durch sein erhöhtes und volleres
+Vorderteil, denn er ist für längere Fahrten auf der Zuiderzee und der
+Nordsee bestimmt.
+
+
+DER PUNTER UND DIE GONDEL.
+
+[Sidenote: III 141]
+
+Dem _Punter_ begegnet man im Norden von Overijssel als Binnenschiff.
+Wenn es grösser ist, so dient es als Fischereifahrzeug.
+
+[Sidenote: II 183]
+
+[Sidenote: II 185]
+
+[Sidenote: III 137]
+
+Die «Haringschuit» findet man auch längs der Küste von Geldern, während
+man längs der Küste von Nordholland ein kleines Schiff antrifft, das
+dem «Punter» gleicht; das ist die «Vischschuit van Aalsmeer», die neben
+dem schwereren «Snik» oder der «Gondel» (der alten Kag) fährt, wie man
+anderswo den festgebauten «Schocker» neben dem «Punter» findet.
+
+Die «Gondel», ein Schiff mit Fischkasten, wird indessen als
+Binnenschiff verwendet, d. h. auf den Seen. Sehr selten wagt sie sich
+auf das Meer. Der grade Vordersteven geht indes ziemlich hoch, unter
+geringer Neigung.
+
+[Sidenote: III 130]
+
+Denselben Merkmalen begegnen wir bei der «Wierschuitje» von Wieringen,
+wo man auch die «Haringschuit» antrifft.
+
+
+DER HOOGAARS.
+
+[Sidenote: II 273]
+
+[Sidenote: III 132]
+
+[Sidenote: III 133]
+
+[Sidenote: III 134]
+
+In Südholland findet man denselben Typ bei der alten _Kinderdijkschen
+Hoogaars_ und der «Steekschuit» vom «Biesbosch» und in Seeland bei
+der «Steekschuit» und dem «Hoogaars», während der «Hengst» und der
+«Veerhengst» ebenfalls «Hoogaars»-Arten sind, die kleine Änderungen
+erfahren haben. Ferner gleicht die «Tholensche Schouw» völlig der
+«Beyerlandschen Schuitje», die auf den Inseln von Südholland in
+Gebrauch ist. Sie zeigen beide das hohe und breite Vorderteil; sie
+haben keinen Vordersteven, die Beplankung endet vielmehr in der Spitze
+des Vorderteils. Es sind also «Aken».
+
+[Sidenote: III 131]
+
+Der _Hoogaars_ hat also einen graden und über die Horizontale
+schwachgeneigten Vordersteven, der viel schwächer ist als der des
+«Schockers». Die Beplankung, die bisher aus übereinandergreifenden
+Planken bestand, ist jetzt glatt. Sein Vorderteil ist ein wenig
+schlanker als das des «Schockers», sein Hinterteil etwas voller.
+Das Vorderteil ist bedeckt, das Mittelstück des Schiffes offen,
+während das Hinterteil mit einer erhöhten Kajüte versehen ist. Diese
+Schiffe haben ein schmales Steuerruder, führen Schwerter, besitzen
+eine Takelung am Besanmast mit Stagsegel und «Bugspriet-Klüver». Sie
+haben wie die «Schocker» und die andern schon genannten Schiffe einen
+flachen Boden, sind aber nicht mit einem Fischkasten ausgestattet. Die
+neuen «Hoogaarsen» von grosser Gestalt haben ein volleres Hinterteil
+nach Art der «Bujer», was in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
+den Typ «Hoogaars-Boeier» (Hoogaars Bujer) hat entstehen lassen. Das
+Bestreben, das Hinterteil voller zu bauen, bemerkt man jetzt bei allen
+Fischereifahrzeugen, wodurch die charakteristischen Unterschiede
+zwischen den verschiedenen Typen verschwinden werden.
+
+Der «Hoogaars» hat eine Länge von 15 m, eine Breite von 4,50 m.
+
+Der «Hoogaars» von Arnemuide ist etwas kleiner, völlig offen und
+besitzt am Hinterteil eine kleine Kajüte; die Takelung hat ein Spriet
+(Spriettuig).
+
+
+DIE STEEKSCHUTE.
+
+[Sidenote: III 136]
+
+Die _Steekschuit_, die wie ein «Hoogaars» gebaut ist, hat etwas
+schwerere Formen und ein weniger zurückgebogenes Vorderteil. Der
+Vordersteven ist am oberen Ende abgerundet.
+
+
+DER HENGST.
+
+Der «Hengst» unterscheidet sich wenig von dem «Hoogaars»; man verwendet
+ihn viel auf dem «Hollandschen Diep» (Willemstad).
+
+[Sidenote: III 139]
+
+Alle obenbeschriebenen Type haben lange und schmale Schwerter, mit
+Ausnahme der «Tholenschen Schouw», deren Schwerter breiter sind,
+ganz wie die des «Kinderdijkschen Hoogaars». Der Fang der Austern
+und Miesmuscheln beschäftigt augenblicklich viele «Boeier-Aakjes»
+(Bujeraken).
+
+
+DER BOTTER.
+
+[Sidenote: III 121]
+
+[Sidenote: III 127]
+
+[Sidenote: II 200]
+
+[Sidenote: II 123]
+
+Abweichend von allen diesen Typen mit gradem Vordersteven gibt es
+augenblicklich im Westen der Zuiderzee und auf der Insel Urk Type
+mit gekrümmten Vordersteven. Sie führen eine grosse Anzahl von
+Namen infolge leichter Unterschiede, gehören aber schliesslich alle
+zur selben Familie, derjenigen der «Botter», deren Vorläufer die
+alten «Tochtschuiten» und «Kubboote» gewesen sind; mit Ausnahme des
+Vorderstevens gilt hier alles, was wir bezüglich der Form der Takelung
+der «Schocker» gesagt haben. Man sieht sie in Urk und an der Küste
+der Zuiderzee, längs Nordholland, im Süden von Medemblik sowie längs
+der Provinz Utrecht und Geldern bis nach Harderwijk. Ihre örtlichen
+Benennungen wechseln.
+
+[Sidenote: III 126]
+
+[Sidenote: III 122]
+
+Ausser der Form des «Kubboots», findet man diesen Typ als «Vollendammer
+Kwacken», «Bonse» und «Plüte», sowie in Maassluis als «Platje van
+Maassluis».
+
+
+DER BLAZER.
+
+[Sidenote: III 124]
+
+Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts baut man die «Botter» grösser und
+voller; daraus ist des Typ _Blazer_ entstanden, dessen gekrümmter
+Vordersteven sich weniger zurückbiegt, und dessen Hinterteil voller
+ist als das des «Botters». Man verwendet ihn zum Fischfang in der
+Nordsee und begegnet ihm längs unserer Küsten. Man baut augenblicklich
+«Blazer», die das Hinterteil des «Bujer» haben; so haben wir einen
+gemischten Typ: den «Blazer-Boeier» (Blazerbujer).
+
+Infolge seiner grossen Stabilität wird dies Schiff bald die «Schocker»
+und «Botter» ersetzen.
+
+
+DIE LEMMERAAK.
+
+[Sidenote: III 128]
+
+Bei der Fischerei in der Zuiderzee verwendet man mehr und mehr
+«Aken». Sie kommen aus Friesland, wo sie den Namen «Lemmeraak» oder
+«Lemmerjacht» führen.
+
+Es sind ziemlich kurze, feste und runde Schiffe, wohl geeignet zur
+Fahrt in flachem Wasser.
+
+
+DIE BOLLE UND DIE KNOTS.
+
+[Sidenote: III 129]
+
+[Sidenote: III 135]
+
+Dasselbe Schiff trifft man in Urk unter dem Namen «Bolle van Urk» oder
+auch «Bolletje van Urk». Diese Fischereifahrzeuge sind also von der
+Gruppe der «Schmacken» abzuleiten. Es ist sonderbar, dass dieses Schiff
+sich seit langer Zeit vor Antwerpen findet, unter dem Namen «Knots» von
+Antwerpen.
+
+
+DIE JOLLE.
+
+In Stavoren hat man noch die «Stavorensche Jol», ein kleines, kurzes
+und rundes Schiff mit Kiel, von grosser Stabilität auf dem Wasser. Man
+begegnet ihm jetzt auch in Enghuizen und in «Medemblik». Es ist ein
+Schiff mit übereinander greifenden Planken (manchmal jetzt auch glatt),
+das man wegen seiner runden Formen oft mit einem Huf vergleicht. Diese
+Schiffe haben einen Fischkasten, sind aber mit Rücksicht auf den
+Kiel nicht mit Schwertern ausgestattet. Sie haben eine Takelung mit
+Spriet (Spriettuig); ihre Ladefähigkeit beträgt 4 bis 6 t. In Helder,
+Enkhuizen und Medemblik verwendet man viele Fletten, deren Länge bis
+zu 10 m geht. Das Hinterteil hat einen Spiegel; das ziemlich lange
+Vorderteil geht unter schwacher Neigung kräftig in die Höhe. Die
+Planken greifen übereinander; die Schiffe besitzen zwei Kimmungskiele
+und einen Hilfskiel am hinteren Ende; sie können im allgemeinen 2 bis 5
+t laden.
+
+Im allgemeinen schwankt die Tragfähigkeit der «Botter» und «Schocker»
+von 20 bis 30 t. Die kleineren Type in Huizen können 16 bis 20 t, in
+Hardarwijk und in Elburg 13 bis 18 t laden.
+
+Die Unterschiede in den Hauptgruppen können der verschiedenen
+Auffassung der Schiffbauer zugeschrieben werden, ganz wie es
+Unterschiede in den Kostümen dieses und jenes Landes gibt.
+
+Der Unterschied zwischen den Typen einer und derselben Gruppe ist
+dagegen das Ergebnis der Verwendung des Schiffs, d. h. also der
+verwendeten Fischereigeräte, abgesehen von einigen Unterschieden
+geringerer Bedeutung.
+
+Zum leichteren Verständnis lassen wir hier eine kurze Beschreibung
+der auf der Zuiderzee gebräuchlichen Fischereigeräte folgen, die dem
+Bericht über die Fischerei auf der Zuiderzee, veröffentlicht durch
+die Zuiderzeevereeniging (1905, Seite 35 und folgende), sowie den
+Jahresberichten über die Seefischerei entnommen ist.
+
+Die Fischereigeräte können eingeteilt werden in bewegliche und feste;
+die letzteren sind für unseren Zweck von geringerer Bedeutung.
+
+Zu den ersteren gehören:
+
+_a._ Der «Wonderkuil» (französisch: «Poche miraculeuse», deutsch
+«Wundertasche»), die wie der «Kwakkuil» und der «Dwarskuil» aus
+einem Netz, in Form einer Tasche besteht, deren Oeffnung durch ein
+hölzernes Quadrat offen gehalten wird (vier Stücke Holz, genannt
+«Juffers-Oorstokken»). Man zieht das Netz vorwärts, indem man den
+Rahmen vertikal hält, während der ganze Apparat den Boden berührt. Die
+Fische dringen in die Oeffnung und werden so in dem spitz zulaufenden
+Sack gefangen. Die Bewegung im Wasser entwickelt das Netz. Der
+«Wonderkuil» hängt zwischen zwei Bottern, die mit möglichst grosser
+Geschwindigkeit vorrücken, um die schnell schwimmenden Fische wie die
+Heringe fangen zu können. Die grossen, schon genannten Botter, die gute
+Segler sind, eignen sich sehr gut hierzu. Der «Wonderkuil» berührt den
+Grund fast nicht, wegen der grossen Schnelligkeit, aber jeder Fisch,
+der sich vor der Oeffnung zeigt, wird sicher gefangen. Die durch die
+grosse Geschwindigkeit veranlasste Zusammenziehung der Maschen lässt
+nichts hindurch.
+
+_b._ Der bei den Fischern von Vollendam gebräuchliche «Kwakkuil»
+ist ein kleiner «Wonderkuil», der durch ein Schiff, meist einen
+«Vollendamer Kwak» geschleppt wird. Die Tasche ist dann an zwei Stangen
+befestigt, die am Hinterteil des Schiffes angebracht sind, wo sie
+sich kreuzen. Da die Geschwindigkeit geringer ist als die mit dem
+«Wonderkuil» erreichte, so schleppt das Netz auf dem Grund, so dass
+Aale, Schollen und Seezungen gefangen werden können.
+
+_c._ Der «Dwarskuil» (Quertasche), kleiner als der «Kwakkuil» aber von
+derselben Form, ist an der Seite des Schiffs durch Seile befestigt, die
+selbst am Vorder- und Hinterteil festgemacht sind. Das Fahrzeug muss
+beim Fischen also quer vorrücken, was natürlich nicht schnell geht.
+Das Fahrzeug darf keinen flachen Boden haben, und während des Fischens
+müssen die Schwerter hochgezogen sein.
+
+Man verwendet den «Wonderkuil» in tiefem Wasser und auf hartem,
+sandigem Grund; in weniger tiefem Wasser und auf weichem Grund benutzt
+man den «Kwakkuil» und an den flachen Stellen von Utrecht und Geldern
+bedient man sich der «Dwarskuilen».
+
+Die zahlreichen Klagen über die Vernichtung der Fische durch den
+«Wonderkuil» stammen nicht von gestern; denn schon im Jahre 1559 setzt
+eine Verordnung die Grösse der Maschen der «Astkens of Steerten» (der
+Netzenden) fest.
+
+Unter dem beweglichen Fanggerät sind natürlich die Schleppnetze zu
+nennen, zum Fang der Heringe, der Anchovis, der Seezungen und der
+Stinte. Man benutzt sie in allen grossen Fischereihäfen der Zuiderzee.
+Man schleppt diese Netze zwischen zwei Schiffen irgend welcher Form.
+
+Längs der friesischen Küste fischt man besonders mit festen Geräten,
+hauptsächlich im Norden von Makkum. Diese Art Fischerei erfordert nur
+kleine Schiffe (24 bis 30 Reusen auf das Schiff). Man benutzt hierzu
+Aal- und Heringsreusen; es ist auch wahrscheinlich, dass das alte
+«Kubboot» seinen Namen dem Fischereigerät verdankt, das «Kub» heisst;
+es ist dies ein trichterförmiger Weidenkorb, der an seinem unteren Ende
+geschlossen ist, so dass noch eine kleine Öffnung bleibt; auf diese
+Öffnung folgt ein kleines seidenes Netz, dessen Öffnung den Aalen den
+Durchgang gestattet, die sich nun in dem hinteren Teile, dem «Kub»,
+sammeln.
+
+Der Fischfang auf der Zuiderzee ist besonders geartet, weil eine grosse
+Zahl von Fischern der Zuiderzee die Nordsee besuchen, während andere
+in den Flüssen fischen und der Rest das ganze Jahr auf der Zuiderzee
+selbst bleibt. Die ersteren benutzen die grossen «Blazer», «Schocker»
+und «Botter»; die letzteren verwenden die «Kwakken», «Kubboote» und
+die «Haringschuiten» (Heringsschuten). Endlich bedienen sich die an
+zweiter Stelle genannten der «Gondeln», «Lemmeraken», «Punters»,
+u. s. w.
+
+Ausser diesen gibt es jedoch eine ganze Reihe Gelegenheitsfischer, die
+alle Sorten von Fahrzeugen benutzen. Daraus folgt, dass es sehr schwer
+ist, die genaue Zahl der in Gebrauch befindlichen Fahrzeuge anzugeben,
+und dass die in den obigen Tabellen genannten Ziffern nur ungefähr
+stimmen, soweit sie sich auf die Fischerei in der Zuiderzee beziehen.
+
+
+DAS WATERSCHIP.
+
+[Sidenote: II 238]
+
+Man kennt seit langem ein Schiff genannt «Waterschip» das zum Schleppen
+der «Zeekameele» (Art schwimmende Docks) über den Pampus dient. Das
+«Waterschip» ist ursprünglich ein einfacher «Botter» aus Marken. Wie
+schon gesagt, stammen die «Zeekameele» aus dem Jahre 1691. Man baute
+sie später mit festerem Vorder- und Hintersteven und einer Kajüte
+hinter dem Mast. Das «Waterschip» unterscheidet sich so mehr von den
+alten «Botters».
+
+Während das Schleppen der Schiffe zuerst zwei privaten Gesellschaften
+(der Grossen und der Kleinen Kompagnie) oblag, wurde es nach 1741
+durch Vertrag der grösseren Gesellschaft übertragen, die ihren
+«Waterscheepjes» eine Tafel aus Weissblech am Vordersteven als
+Unterscheidungszeichen anheftete. Diese Massnahme genügte jedoch nicht,
+um die Nebenbuhler fernzuhalten. I. J. 1783 wird angeordnet, dass das
+Admiralswappen auf die Segel der genehmigten Schiffe gemalt würde,
+wie heut die Segel der Fischereifahrzeuge mit Buchstaben und Ziffern
+versehen sind.
+
+Als während der französischen Herrschaft die Schiffahrt stillgelegt
+ist, leiden die «Waterscheepen» derart, dass i. J. 1824 von den 18
+vorhandenen 6 zerstört werden. I. J. 1827 wird der Rest infolge der
+Eröffnung des Nordholländischen Kanals verkauft. (~Le Comte~, S. 38.)
+
+Man darf diese «Waterschepen» nicht mit denen der Salzsiedereien
+verwechseln, die zur Beförderung von Seewasser dienen, von denen einige
+Abbildungen in unserem Atlas wiedergegeben sind. Mit einer einzigen
+Ausnahme gehören diese Schiffe zur Gruppe der «Smakken» (Schmacken).
+
+
+
+
+[Illustration: 6.]
+
+
+Die _Annales des Travaux publics de Belgique_ (August 1901) enthalten
+eine eingehende Untersuchung über das Material der Binnenschiffahrt
+in Belgien. Diese Arbeit rührt her von dem Oberingenieur der Brücken
+und Wege ~Dehem~. Sie enthält eine Beschreibung der Schiffstypen,
+die auf den belgischen und französischen Kanälen Verwendung finden.
+Diese für die Kanäle eigens gebauten Schiffstype haben keinen Wert vom
+geschichtlichen Standpunkt. Da sie indessen viel die Zuid-Willemsvaart
+(Kanal von Maastricht nach Bois-le-Duc) benutzen, so dürfte eine kurze
+Beschreibung dieser hier gewöhnlich «Ballanten» genannten Schiffe am
+Platze sein.
+
+Im allgemeinen kann man sie folgendermassen einteilen:
+
+ _a_) Die Prahme von Charleroi
+
+ _b_) Die wallonischen Schiffe oder Kanalschiffe
+
+[Sidenote: II 257]
+
+[Sidenote: II 265]
+
+Das Schiff der Gruppe _a_ führt auf flämisch den Namen «Bak» und hat
+eine parallelepipedische Gestalt. Es misst 19,50 m in der Länge,
+2,60-2,85 m in der Breite; die Tauchtiefe, wenn das Schiff leer ist,
+schwankt von 0,35 bis 0,40 m und sie erreicht bei voller Belastung 1,80
+m. Seine Tragfähigkeit schwankt bei dieser Tauchtiefe von 67 bis 72
+t. Dieser Schiffstyp ist eigens für die Schiffahrt auf dem Kanal von
+Charleroi in Brüssel geschaffen worden, dessen Schleusen mit kleinem
+Querschnitt nur 19 m Nutzlänge und 2,70 m Öffnung haben. Die festen
+Brücken haben eine freie Höhe von 2,65 bis 3 m.
+
+Der Preis dieser Schiffe schwankt von 4500 bis 7500 Frcs.
+
+Das Schiff der Gruppe _b_ führt flämisch den Namen «Waal»; es ist
+ebenfalls ein parallelepipedischer Kasten mit flachem Boden und fast
+glatten Seitenwänden. Nach den verschiedenen Formen der Vorder- und
+Hinterseiten nehmen diese Schiffe folgende Namen an: 1) Schiff von
+Tournai, 2) Zille, 3) Binnenländer, 4) Spitzschiff.
+
+Es ist jedoch zu bemerken, dass die beiden letzteren Benennungen mehr
+für ältere Type genommen werden, und dass die beiden ersteren für
+die grossen Kanalschiffe (_Péniches_) vorbehalten bleiben, die man
+heutzutage gewöhnlich baut.
+
+Bei dem ersten Typ, dem Schiff von Tournai, sind die Vorder- und
+Hinterflächen abgerundet; die Kurve ist in der vertikalen Ebene
+ziemlich deutlich, so dass das Schiff einen gekrümmten Vordersteven
+hat, der Nase heisst. Die Vorderseite hat ein Bergholz, das Bart heisst
+und von einer Holzsente gekrönt ist, die als Auflage für das Schlepptau
+dient, das über den Bolzen hinter der Nase geschlungen ist.
+
+Bei der _Zille_ (Chaland oder Ballant) sind Vorder- und Hinterteil
+fast glatt; die Nase und der Bart treten nur schwach hervor, und der
+Schlepptaubolzen liegt an der äussersten Spitze des Schiffs.
+
+Im allgemeinen sind diese Schiffe ziemlich fest gebaut, und ihre
+Beplankung hat sehr gelitten durch die starken Krümmungen des Vorder-
+und des Hinterteiles. Ihre Form ist so gewählt, dass die Schiffe genau
+die Schleusen füllen und eine möglichst grosse Ladefähigkeit haben,
+obwohl es völlig unverständlich ist, dass man, um einige Tonnen mehr
+zu laden, ganz die Leichtigkeit des Schleppens vernachlässigt. Was man
+also auf der einen Seite gewinnt, verliert man doppelt auf der anderen
+durch die höheren Schleppgebühren.
+
+Die einzige Erklärung, die man für diese Bauart geben kann, ist, dass
+die meisten Schiffer ihre eigenen Pferde zum Treideln haben (für die
+sich ein Stall in der Mitte des Fahrzeugs befindet), so dass sie nicht
+die Mehrkosten für das Treideln merken.
+
+Die Grössen bei den Gruppen 1 und 2 sind dieselben; die Länge der
+Schiffe schwankt von 3,50 m bis 3,90 m (ohne Steuer) und ihre Breite
+von 5 m bis 5,05 m; ihre Tauchtiefe leer beträgt durchschnittlich 0,28
+m; beladen tauchen sie 1,80 bis 2,30 m ein, und ihr Fassungsvermögen
+beträgt 300 bis 370 t.
+
+Vergleicht man die Type 3 und 4 mit den Typen 1 und 2, so sieht
+man, dass die ersteren weniger laden können, wegen ihres spitzen
+Vorderteils, von welchem sie den Namen «Spitzschiffe» (flämisch
+_Spits_) haben.
+
+Der Binnenländer heisst flämisch _Bijlander_, französisch _Bélandre_.
+Der Hauptunterschied zwischen dem Binnenländer und dem Spitzschiff
+besteht darin, dass der Boden des ersteren sich an die Vorderfläche
+mittels einer gekrümmten Fläche anschliesst, während der Boden des
+zweiten bis zur Nase hin eben bleibt. Sonst sind die beiden Type
+wenig von einander verschieden. Man baut sie jetzt nicht mehr viel.
+Man findet zwar jetzt noch Spitzschiffe; diese müssen aber eher als
+eine Art Kanalschiff betrachtet werden. Wir sehen also auch hier eine
+Verschmelzung der verschiedenen Formen, die mit der Zunahme der Grösse
+Hand in Hand geht.
+
+Die «Bijlander» haben eine Länge von 28 bis 34 m, eine Breite von 4,60
+bis 5 m und eine Tauchtiefe von 0,30 bis 0,40 m leer, die bei Belastung
+2 m erreicht.
+
+Das Spitzschiff hat eine Länge von 20 bis 30 m und eine Breite von
+3,50 m (die niemals 5 m erreicht); die Tauchtiefe beträgt leer
+durchschnittlich 0,35 m, bei Beladung 1,80 m; es kann 100 bis 200 t
+laden. Die grössten von ihnen, 32 m lang und 4,90 m breit, können bei
+2,15 m Tauchtiefe höchstens 250 t laden.
+
+Man baut jetzt die vorgenannten Type viel aus Eisen.
+
+Wir erwähnen noch den «Prij», ein Spitzschiff, das aus zwei getrennten
+Teilen besteht, die jeder für sich beladen werden können.
+
+
+[Illustration]
+
+
+
+
+[Illustration: 7.]
+
+
+In Europa hat sich sonach die Schiffbaukunst um zwei Mittelpunkte
+entwickelt, deren Einflusskreise etwa im Jahre 1300 zusammentrafen. Die
+Verschmelzung der beiden Mittelpunkte hat sich erst zwischen 1450 und
+1500 vollzogen.
+
+Der nördliche Mittelpunkt, die Ostsee, dessen Ursprung in Schweden und
+Norwegen liegt, hat die volle Entwickelung erst zur Zeit der Wikinger
+erreicht. Die Schiffstype der an den Nordmeeren Europas wohnenden
+Völker zeigen unverkennbare Aehnlichkeiten sowohl in den Formen wie in
+der Bauart.
+
+Wenn man weiter in das Festland dringt, so machen sich dieselben
+auffallenden Eigentümlichkeiten noch weiter bemerkbar, so dass die
+Aehnlichkeit der Formen in der Richtung Ost-West noch deutlicher wird.
+
+Die Karte Nʳ 1 gibt durch eine grüne Farbe den Nordmittelpunkt an,
+während die Richtung der wahrscheinlichen Verschiebung der runden
+friesischen Type durch eine volle Linie angezeigt wird; die Richtung
+der spitzen Type wird durch eine punktierte und die der Type des
+Niederrheins durch eine gemischte Linie angegeben.
+
+Der im Mittelmeer gelegene Südmittelpunkt, der von Phönizien herstammt,
+ist in Rot dargestellt. Die Schiffsbaukunst hat sich dort ebenfalls in
+der Richtung Ost-West entwickelt. Obwohl ich in nautischer Beziehung
+mit den zu meiner Verfügung stehenden Angaben nicht versichern kann,
+dass das Südzentrum sich unter dem Einfluss Asiens befunden hat,
+so kann doch festgestellt werden, dass eine Anzahl von Formen und
+Bauarten, die man auf den alten Zeichnungen findet, sich auch bei den
+arabischen, indischen und chinesischen Schiffen wiederholt.
+
+Daraus ergibt sich, dass es um so notwendiger ist, unsere
+Untersuchungen nach dieser Seite hin fortzusetzen, als in Asien mehr
+als in Europa die alten Arten der Fortbewegung und des Steuerns der
+Schiffe sich noch ziemlich gut erhalten haben.
+
+Es steht ausser Zweifel, dass man dort unten Beziehungen zwischen dem
+Südzentrum und einem Teil Asiens finden wird.
+
+Die Schiffbaukunst, die zu uns von der Ostsee gekommen ist, ist zuerst
+für die Fischerei benutzt worden, die zweifellos die Wiege jedes
+grossen Seevolkes ist. -- Die allmähliche Entwickelung der Fischerei
+erweiterte das Feld der Tätigkeit und begünstigte den Verkehr in
+Nachahmung dessen, was in Flandern geschah. Wir werden uns also nicht
+wundern, dass in Holland die ältesten Erinnerungen bezüglich der
+Schiffbaukunst sich auf die Heringsfischerei beziehen.
+
+Aus dem Aufschwung dieses Fischfanges erklärt sich die Entstehung
+der «Kogge» und die Beziehung, die zwischen der «Kogge», der
+«Egmonder Pink» und dem «Bom» besteht, der aus ihr hervorgeht; und
+wir übertreiben nicht, wenn wir sagen, dass der «Bom», der bald
+verschwunden sein wird, die letzte Spur der Kogge darstellt.
+
+Die Entwickelung des Schiffs beruht übrigens auf der Überlieferung;
+diese bestand nicht nur in der sklavischen Nachahmung alles dessen,
+was die Vorfahren hervorgebracht haben, sondern passte sich den neuen
+Forderungen an, die die Sonderverhältnisse der Zeit nach sich zogen.
+
+Die Entwickelung des Schiffs wie seiner Grössenverhältnisse ist also
+eine allmähliche gewesen. So sind die Schiffe des Altertums nicht
+grösser gewesen als die des Mittelalters, die ihrerseits kleiner waren
+als die der Neuzeit.
+
+Weder der Kompass, noch die Anwendung des Steuers, noch auch die
+Erfindung des Schiesspulvers haben plötzliche Veränderungen in der
+Schiffbaukunst herbeiführen können. Nur allmählich werden, dank den
+Vervollkommnungen der Artillerie, die Schiffe schwerer, so dass man
+im Anfang unseres Unabhängigkeitskrieges die Kriegsschiffe von den
+Handelsschiffen unterschied, mit anderen Worten, die letzteren sind
+bis dahin ebenfalls für militärische Zwecke benutzt worden.
+
+Nach der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Ostindien, die die
+beiden wichtigsten Ereignisse in der Entwickelung der europäischen
+Völker waren, hat sich der Weltverkehr vom Mittelmeer nach der
+Nordsee verschoben. Erst damals erwachte unser Land und übertraf
+bald alle anderen Länder im Schiffbau. Umgekehrt führen heute die
+Niederlande den Schiffbau nach der Ostsee. Auch Frankreich hat von uns
+die Schiffbaukunst gelernt. Holland hat somit an der Spitze dieser
+Industrie von 1500 bis 1700 gestanden, um dann Frankreich Platz zu
+machen, wo die Schiffbaukunst sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts
+völlig von Holland trennt.
+
+Es ist der Scharfsinn der Franzosen, der alle Länder bei der
+mathematischen Berechnung der Schiffe geleitet hat.
+
+Das immer praktische England hat sich zu jeder Zeit bemüht, sich auf
+der Höhe des Landes zu halten, das die grössten Schiffe baute. Das
+Werk von ~Holmes~ zeigt dies Bestreben deutlich. Nach 1800 überholt
+England seinen Nebenbuhler und gibt den Ton im Schiffbau an. Zahlreiche
+Vervollkommnungen haben sich unter dem Einfluss Englands vollzogen.
+
+Die Kontinentalsperre gibt unserer Schiffbaukunst den Gnadenstoss.
+Erst dank dem Eingreifen und der energischen Unterstützung des Königs
+Wilhelm I. hat sich der Schiffbau in der ersten Hälfte des 19.
+Jahrhunderts wieder belebt, um in der zweiten Hälfte eine neue Zeit
+der Grösse zu erreichen. Die ersten neuzeitlichen Kriegsschiffe Japans
+wurden in Holland erbaut.
+
+Das Auftreten des Eisens öffnete unserer Schiffbaukunst eine neue Aera,
+und unsere tüchtigen Schiffbauer haben den Überlieferungen unseres
+Volkes Ehre zu machen verstanden, indem sie sich wie ehemals als
+sparsame Konstrukteure erwiesen, die es verstanden, einen festen Bau
+untadelig und mit einem angenehmen Aeusseren auszuführen.
+
+Die Verteilung der Gruppen der Schiffstype ist auf Karte 3 dargestellt,
+während die Karte 4 für unser Land die Unterabteilung jener Gruppen
+zeigt.
+
+Die friesischen Type sind auf den beiden Karten durch grüne Farbe
+dargestellt, die Type des Niederrheins, die in den Nordwesten von
+Nordbrabant und das Herz von Südholland eingedrungen sind, haben braune
+Färbung; die Type des Oberrheins sind mit violetter Farbe, die der
+unteren Seine in Rot und die der oberen Maas in Grün dargestellt. Die
+spitzeren Type von Overijssel, umgeben von denen Frieslands und des
+Niederrheins, die sich übrigens auch auf der Ems, der Weser, der Elbe,
+der Havel, der Oder und der Spree finden, sind durch eine blassere
+Farbe gekennzeichnet.
+
+Die Karte Nʳ 4 gibt die Fischereifahrzeuge an, die die Nordsee
+befahren. Sie gehören zum friesischen Typ mit Ausnahme des «Loggers»
+und der «Schaluppe». Es ist interessant, diese Grenzgebiete mit den
+Karten 5, 6 und 7 zu vergleichen, welche das Ergebnis der mühseligen
+Untersuchungen des verstorbenen Professors Dr. Gallée enthalten, der
+durch seine umfassende Gelehrsamkeit und nicht weniger durch sein
+grosses Wohlwollen berühmt ist, das ihn vor einiger Zeit veranlasst
+hat, diese Karte uns freundlichst zur Verfügung zu stellen.
+
+Ein einziger Blick schon zeigt, dass die Grenzen der Frachten sich
+in sehr starkem Masse geändert haben; hinsichtlich der Verteilung
+der Sprachen und der Art der Wohnungen macht sich eine auffallende
+Ähnlichkeit bemerkbar. Die friesischen und sächsischen Einflüsse fallen
+auf allen Karten zusammen, während die Type der oberen Maas sich da
+finden, wo der Bau der römischen Landhäuser sich erhalten hat. Es ist
+also nicht wunderbar, dass diese Type der Maas jenen gleichen, die man
+im Tal des Po und auf dem Adriatischen Meer trifft.
+
+Diese Feststellungen stimmen mit den geschichtlichen Untersuchungen
+überein, die festgestellt haben, dass die Länder an der Nordsee von
+den Kelten bewohnt waren, die vom Orient nach Mittel- und Westeuropa
+mehrere Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung gekommen waren. Sie
+vertrieben die mongolische Bevölkerung, die sich dort schon angesiedelt
+hatte, aber ihrerseits wurden die Kelten aus dem Westen durch die
+Germanen vertrieben. So erzählten die Römer, dass nördlich vom Rhein
+die Kelten schon überall von den Germanen verjagt wären. Der Rhein
+bildete damals die allgemeine Scheidewand zwischen den beiden Völkern.
+Im Süden dieses Flusses gab es nur einige germanische Vorposten, wie
+die Eburonen in Maastricht und in Roermond; die Kondrusen in der
+Umgegend von Lüttich. Längs der Maas verschmelzen die Germanen und
+die Kelten miteinander. In Nordbrabant waren die Kelten schon stark
+germanisiert, während die Menapier, die Moriner und die Nervier aus
+Flandern und Seeland ebenfalls stark unter dem Einfluss der Germanen
+standen. Alle diese germanisierten Kelten wurden von den Römern Gallier
+genannt. Zu wiederholten Malen drangen die Germanen in Gallien ein und
+kamen dort sogar bis in das Land der Menapier im Scheldetal; aber im
+Jahre 55 vor Christi Geburt warf sie Cäsar zurück. Nach den Eroberungen
+dieses letzteren römischen Feldherrn bildete der Rhein die Grenze der
+römischen Herrschaft und blieb es bis etwa ins 4. Jahrhundert. Die
+Gallier latinisierten sich schnell. Nördlich vom Rhein machte sich
+der römische Einfluss auf die Bataver, die Kaninefaten und Friesen
+fühlbar. Dieser Einfluss war jedoch wenig deutlich, besonders bei
+den letzteren. In dem Augenblick, wo die Macht Roms geringer wurde,
+erschienen die Germanen wieder, und besonders traten die Franken
+hervor. Diese Franken, die die Gegend der Lippe, der Ruhr und der
+Ems bewohnten, wurden wahrscheinlich zu jener Zeit schon von den
+Sachsen zurückgetrieben. Unter dem Kaiser Probus wurden die Franken
+noch einmal im Jahre 280 über den Rhein zurückgeworfen, aber nach dem
+Tode Konstantins des Grossen (337) rückten sie von neuem nach Süden
+vor. Cöln fiel in ihre Hände, und sie erschienen vor Trier. Julian
+verhinderte sie indessen in Taxandrien, das heutige Nordbrabant,
+einzudringen.
+
+Die Salier, die mächtigsten der Franken, blieben im Lande der Bataver,
+während die Chamaven, ein anderer Volksstamm, sich im Norden des
+Rheins festsetzten. Die Salier und die Bataver verschmolzen bald zu
+einem einzigen Stamm; als sich im Jahre 402, während der Regierung
+des Kaisers Honorius, die Römer zurückzogen, nahmen die Franken ihren
+Marsch nach dem Süden wieder auf und fielen in Nordbrabant ein. Die
+Sachsen, die, wie schon gesagt, wahrscheinlich die Franken in Bewegung
+gesetzt haben, bewohnten das Land zwischen der Ems und der Elbe, d. h.
+also Norddeutschland. Sie setzten sich im Osten unseres Landes fest
+und dehnten ihren Einfluss später nördlich aus.
+
+Die Friesen, die man im allgemeinen neben den Sachsen nennt, haben
+es verstanden, sich zu halten und wohnten von der Weser bis zum Zwin
+(seeländisches Flandern). Ihr König Radbod erweiterte ihre Herrschaft
+nach dem Süden des Rheins und drang sogar bis Cöln vor, wo ihm indessen
+Karl Martell eine Niederlage beibrachte.
+
+Wenn Holland im Mittelalter Friesland nur bis zur Mündung der Maas
+heisst, so sagt man andererseits, dass der heilige Amand das Evangelium
+bei den Friesen von Seeland predigte.
+
+Diese Ueberlieferung wird von Professor Fockema Andrae bestätigt, der
+nachgewiesen hat, dass das Friesische Gesetz von 800 von der Weser bis
+zum Zwin, und das fränkische Gesetz bis zum Eem angewendet wurde, d. h.
+dass die Chamaven die Veluwe im Osten des Flusses bewohnt haben; somit
+gehört Utrecht zu Friesland.
+
+Man erzählt auch gelegentlich des Kampfes der Friesen gegen die
+Franken, dass Utrecht auf der Grenze Frieslands liegt.
+
+Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Niederlande ursprünglich
+von den Kelten bewohnt wurden, die von den Germanen nach Süden gedrängt
+sind. Sie haben sich später mit Hilfe der Römer südlich der grossen
+Flüsse gehalten. Die ersten Germanen unseres Landes waren die Friesen.
+Sie bewohnten die Küste von der Weser bis zum Zwin und haben sich an
+einigen Orten unter den Kelten angesiedelt.
+
+So finden wir die friesischen Type von Dänemark bis Flandern; sie
+dringen bis Utrecht und längs der Flüsse mit Ebbe und Flut vor.
+
+Die Chamaven, die ersten Franken, hielten wahrscheinlich die Veluwe und
+die Betuwe bis zur Linge und zum Eem besetzt. Die Franken bevölkerten
+später Nordbrabant und drangen bis nach Seeland, Utrecht und Südholland
+vor. Tatsächlich haben wir uns schon gewundert, in unserem Lande
+die Type des Niederrheins nicht nur längs des Rheins und seiner
+Nebenflüsse, sondern auch im Herzen Südhollands und im Nordwesten von
+Nordbrabant zu treffen.
+
+Die zuletzt gekommenen Sachsen setzten sich im Osten unserer Heimat
+fest und dehnten sich allmählich nach Groningen und Friesland aus. Dort
+finden wir die spitzen Type von Overijsel oder die sächsischen Type.
+
+Die Schiffstype haben, wie die Art der Wohnungen, die Sprachen und die
+Trachten Beziehungen zu den Ureinwohnern der Gegenden. Dies erklärt,
+weshalb man an demselben Fluss, in demselben Lande verschiedene
+Schiffstype findet.
+
+So haben sich die alten Formen und die alten Sitten durch die Zeitalter
+erhalten, und unser Vaterland besitzt nicht allein eine ruhmreiche
+Vergangenheit, sondern hat es auch verstanden, einen beneideten Platz
+auf dem Gebiete der Schiffbaukunst festzuhalten, so dass man auf
+unsere tüchtigen Schiffbauer anwenden kann, was ~Witsen~ im Jahre 1671
+schreibt:
+
+ «In ’t overleg van een zuinig meeste
+ bestaat al ’t geheim van
+ goedkoop bouwen.»
+
+ (Das ganze Geheimnis eines wirtschaftlichen Schiffbaues besteht in
+ der Überlegung eines sparsamen Baumeisters.)
+
+
+[Illustration]
+
+
+Übersetzer: ~Hugo MÜLLER~, Dahlem.
+
+
+
+
+[Illustration: KAART Nᵒ 1
+
+Tafel Nᵒ 1--Carte Nᵒ 1
+
+Plate Nᵒ 1
+
+ OP WELKE WIJZE
+ DE SCHEEPSBOUW
+ ZICH HEEFT
+ VERPLAATST VOOR
+ 1500 (1)
+
+]
+
+(1) Wie sich der Schiffbau vor 1500 bewegt hat.
+
+Evolution de l’architecture navale avant 1500.
+
+Way in which shipbuilding moved before 1500.
+
+
+(2) Südlicher Mittelpunkt.
+
+Centre méridional.
+
+Southern Centre.
+
+
+(3) Nördlicher Mittelpunkt.
+
+Centre septentrional.
+
+Northern Centre.
+
+
+(4) Erste Berührung zwischen dem südlichen und nördlichen Mittelpunkt.
+
+Premier contact entre le centre méridional et le centre septentrional.
+
+First contact between the Southern centre and the Northern centre.
+
+
+(5) Erster Einfluss des südlichen auf den nördlichen Mittelpunkt.
+
+Première influence du centre méridional sur le centre septentrional.
+
+First influence of the Southern centre on the Northern centre.
+
+
+[Illustration: KAART Nᵒ 2
+
+Tafel Nᵒ 2 -- Carte Nᵒ 2
+
+Plate Nᵒ 2
+
+ OP WELKE WIJZE DE
+ SCHEEPSBOUW ZICH
+ HEEFT VERPLAATST
+ NA 1500 (1)
+
+]
+
+(1) Wie sich der Schiffbau nach 1500 bewegt hat.
+
+Évolution de l’architecture navale après 1500.
+
+Way in which shipbuilding moved after 1500.
+
+
+(2) 1500-1700. Niederlande.
+
+1500-1700. Pays-Bas.
+
+1500-1700. Netherlands.
+
+
+(3) Städte des Hansabundes.
+
+Villes de la ligue hanséatique.
+
+Cities of the Hanseatic League.
+
+
+(4) 1700-1800. Frankreich. Der theoretische Schiffbau.
+
+1700-1800. La France. L’architecture navale théorique.
+
+1700-1800. France. Theoretical shipbuilding.
+
+
+(5) Die französische Bauweise trennt sich von der der Niederlande.
+
+L’architecture navale française se sépare de celle des Pays-Bas.
+
+French shipbuilding withdraws from that of the Netherlands.
+
+
+(6) Nach 1800. England.
+
+Après 1800. l’Angleterre.
+
+After 1800. England.
+
+
+[Illustration: KAART Nᵒ 3
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+Tafel Nᵒ 3 -- Carte Nᵒ 3
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+Plate Nᵒ 3
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+KAART DER SCHEEPSMODELLEN
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+Tafel der Schiffstype.
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+Carte des types de navires.
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+Plate showing types of vessels.]
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+ I Friesche Friesische Type. Types Frisons. Frisian types.
+ modellen. (Smacken, (Semaque, etc.) (Smack, etc.)
+ (Smak, enz.) u. s. w.)
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+ II Overijselsche Type von Types de Overysel types.
+ modellen. Overysel. l’Overysel.
+ (Somp. pegge, (Somp. Pegge, (Somp. pegge, (Somp. pegge,
+ enz.) u. s. w.) etc.) etc.)
+
+ III B}Rijn }der Rhein }Le Rhin B}The Rhine
+ o}(Dorstensche }(Aak B}(l’Aque de o}(Ake from
+ v} aak). O} von Dorsten). o} Dorsten). v} Dorsten).
+ e} b} v} e}
+ IV n}Maas e}die Maas e}La Meuse n}The Meuse
+ d}(Hedelsche r}(Aak von n}(l’Aque de d}(Ake from
+ l} aak). l} Hedel). d} Hedel). l} Hedel).
+ a} ä} l} a}
+ V n}Maas n}die Maas a}La Meuse n}The Meuse
+ d}(Whale majol).d}(Whale majol). n}(le Whale d}(The Whale
+ e} e} d}majol). e} majol).
+ r} r} e} r}
+ VI s}Boven }der Oberrhein r}Le Rhin s}The Upper
+ }Rijn }(der Keen). s}supérieur }Rhine
+ }(Keen). }(der Keen). }(le Keen). }(Keen).
+
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+[Illustration: KAART DER SCHEEPSMODELLEN(1)
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+(1) TAFEL DER SCHIFFSTYPE
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+CARTE DES TYPES DE NAVIRES
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+PLATE SHOWING TYPES OF VESSELS]
+
+[Illustration: KAART DER SCHEEPSMODELLEN
+
+KAART Nᵒ 4
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+Tafel Nᵒ 4 -- Carte Nᵒ 4
+
+Plate Nᵒ 4
+
+]
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+[Illustration: KAART Nᵒ 5
+
+Tafel Nᵒ 5--Carte Nᵒ 5
+
+Plate Nᵒ 5
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+KAART DER DIALECTEN
+
+NEDERLAND.
+
+Dialecttafel.
+
+Niederlande.
+
+
+Carte des dialectes.
+
+Pays-Bas.
+
+
+Dialect Chart.
+
+Netherlands.
+
+]
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+[Illustration: KAART Nᵒ 6
+
+Tafel Nᵒ 6--Carte Nᵒ 6
+
+Plate Nᵒ 6
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+VOLKSKLEEDERDRACHTEN
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+Tafel der Volkstrachten
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+Carte des costumes nationaux
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+Plate of national costumes]
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+[Illustration: KAART Nᵒ 7
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+Tafel Nᵒ 7--Carte Nᵒ 7
+
+Plate Nᵒ 7
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+KAART DER BOERENWONINGEN
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+Tafel der ländlichen Wohnhäuser.
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+Carte des habitations rurales.
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+Country homes.]
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+[Illustration: NAVIGARE NECESSE]
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+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 75889 ***