diff options
| author | nfenwick <nfenwick@pglaf.org> | 2025-01-25 09:36:14 -0800 |
|---|---|---|
| committer | nfenwick <nfenwick@pglaf.org> | 2025-01-25 09:36:14 -0800 |
| commit | a668ce70ef641934170a918fce0c4e97024d85e2 (patch) | |
| tree | bc3d4bea3896eb92d3f4be835d9c2ce2fdb0ef29 | |
| parent | 1012fb252f11f746f15b35536ca15c89ba790788 (diff) | |
| -rw-r--r-- | .gitattributes | 4 | ||||
| -rw-r--r-- | LICENSE.txt | 11 | ||||
| -rw-r--r-- | README.md | 2 | ||||
| -rw-r--r-- | old/69795-0.txt | 3864 | ||||
| -rw-r--r-- | old/69795-0.zip | bin | 80872 -> 0 bytes | |||
| -rw-r--r-- | old/69795-h.zip | bin | 463817 -> 0 bytes | |||
| -rw-r--r-- | old/69795-h/69795-h.htm | 6914 | ||||
| -rw-r--r-- | old/69795-h/images/cover.jpg | bin | 93544 -> 0 bytes | |||
| -rw-r--r-- | old/69795-h/images/i016a.jpg | bin | 121670 -> 0 bytes | |||
| -rw-r--r-- | old/69795-h/images/i032b.jpg | bin | 141429 -> 0 bytes | |||
| -rw-r--r-- | old/69795-h/images/logo1.jpg | bin | 34488 -> 0 bytes | |||
| -rw-r--r-- | old/69795-h/images/logo2.jpg | bin | 6598 -> 0 bytes |
12 files changed, 17 insertions, 10778 deletions
diff --git a/.gitattributes b/.gitattributes new file mode 100644 index 0000000..d7b82bc --- /dev/null +++ b/.gitattributes @@ -0,0 +1,4 @@ +*.txt text eol=lf +*.htm text eol=lf +*.html text eol=lf +*.md text eol=lf diff --git a/LICENSE.txt b/LICENSE.txt new file mode 100644 index 0000000..6312041 --- /dev/null +++ b/LICENSE.txt @@ -0,0 +1,11 @@ +This eBook, including all associated images, markup, improvements, +metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be +in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES. + +Procedures for determining public domain status are described in +the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org. + +No investigation has been made concerning possible copyrights in +jurisdictions other than the United States. Anyone seeking to utilize +this eBook outside of the United States should confirm copyright +status under the laws that apply to them. diff --git a/README.md b/README.md new file mode 100644 index 0000000..67c31bf --- /dev/null +++ b/README.md @@ -0,0 +1,2 @@ +Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for +eBook #69795 (https://www.gutenberg.org/ebooks/69795) diff --git a/old/69795-0.txt b/old/69795-0.txt deleted file mode 100644 index 9d99be8..0000000 --- a/old/69795-0.txt +++ /dev/null @@ -1,3864 +0,0 @@ -The Project Gutenberg eBook of Der Moskauer Prozeß gegen die -Sozialrevolutionäre 1922. Revolution und Konterrevolution, by Kurt -Kersten - -This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and -most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions -whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms -of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you -will have to check the laws of the country where you are located before -using this eBook. - -Title: Der Moskauer Prozeß gegen die Sozialrevolutionäre 1922. - Revolution und Konterrevolution - Außenseiter der Gesellschaft. Die Verbrechen der Gegenwart. Band - 12 - -Author: Kurt Kersten - -Editor: Rudolf Leonhard - -Release Date: January 14, 2023 [eBook #69795] - -Language: German - -Produced by: Jens Sadowski and the Online Distributed Proofreading Team - at https://www.pgdp.net. This book was produced from images - made available by the HathiTrust Digital Library. - -*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER MOSKAUER PROZESS GEGEN -DIE SOZIALREVOLUTIONÄRE 1922. REVOLUTION UND KONTERREVOLUTION *** - - - - AUSSENSEITER DER GESELLSCHAFT - – DIE VERBRECHEN DER GEGENWART – - - - - - AUSSENSEITER - DER GESELLSCHAFT - – DIE VERBRECHEN DER GEGENWART – - - - HERAUSGEGEBEN VON - RUDOLF LEONHARD - - BAND 12 - - - VERLAG DIE SCHMIEDE - BERLIN - - - - - DER MOSKAUER PROZESS - GEGEN DIE SOZIALREVOLUTIONÄRE - 1922. - REVOLUTION UND KONTERREVOLUTION - - - VON - KURT KERSTEN - - - VERLAG DIE SCHMIEDE - BERLIN - - - EINBANDENTWURF - GEORG SALTER - BERLIN - - - Copyright 1925 by Verlag Die Schmiede Berlin - - - - - - -An der Bahnlinie Moskau-Saratow liegt mitten im Kiefernwald die kleine -Datsche eines reichen Kaufmannes; grün und blau schimmern die Holzwände -durch den Sommermorgen eines furchtbaren Jahres; als der Streckenwächter -früh vorüberkam, fiel ihm auf, daß Garten- und Haustür offenstanden; der -Rasen war zertrampelt – der Mann in der hellen Russenbluse stutzte, ging -scheu in den Garten, zögerte noch einen Augenblick, bevor er die -Treppenstufen hinaufging – plötzlich stieß er einen Schrei aus, wandte -sich um und lief davon – „Mord – Mord –“ brüllte er durch den Wald – - -Nach einer Weile kehrte er mit einem jungen Sanitätssoldaten zurück, -beide hielten den Revolver schußfertig in der Hand und gingen zögernd -die Treppe hinauf, ihnen entgegen gähnte ein dunkler Flur – gerade vor -der Öffnung lag ein dicker Mann im Nachthemd – mit starren, weit -geöffneten Augen, blutigem, vertrocknetem Schaum vor dem schwarzen Mund -– der Sanitäter bückte sich, entblößte eine zottige Brust, horchte, -befühlte – erhob sich nach einer Weile, zuckte die Achseln: „Herzschlag -–“ Der Wächter setzte scheu den Fuß über den Leichnam hinweg – eine -Zimmertür stand offen – Spinde, Wandschrank schienen durchwühlt, auf der -Erde lag ein Bankkontobuch; sämtliche Schubfächer des altertümlichen -Vertikos waren erbrochen – Akten, Briefe aber unberührt – es schien den -Tätern nur am baren Gelde gelegen zu sein. - -Alle Nachforschungen nach den Tätern blieben erfolglos. - -Das Reich war in Aufruhr und Menschenleben billig; seit vier Jahren -wütete Krieg in der ganzen Welt, seit einem halben Jahr herrschten die -Arbeiter und Bauern in Rußland – eben noch erstreckte sich ihre Macht -auf die Weichbilder von Moskau und Petrograd, von der Wolga rückten -tschechoslowakische Söldner unter Führung von Ententeoffizieren gegen -Kasan und berannten die Stadt, in Kiew wehte die schwarz-weiß-rote -Fahne, in Archangelsk landeten Amerikaner und Engländer, vom Ural, vom -Dongebiet her breiteten sich Kosakenschwärme unter der Führung -zaristischer Generale weit übers Land aus, Gutshöfe brannten, Bauern -wurden von Offiziersbataillonen grausam zu Tode gemartert, in den -Städten traute keiner dem andern – Einbrüche am hellen Tage waren keine -Seltenheit, staatliche Ämter wurden mit Einverständnis der Beamten -ausgeraubt, eben erst war ein vergeblicher Versuch in Moskau gemacht -worden, den feuerfesten Schrank des Gouvernements-Ernährungskomitees zu -sprengen, offenbar war den Tätern der Sauerstoff ausgegangen, das Schloß -war zur Hälfte geschmolzen; einige Tage später drangen am hellen Tage -fünf vermummte Männer in das Postgebäude an der Twerskaja, der -belebtesten Straße Moskaus, ein, hatten die Eingangstür verriegelt, -riefen den Beamten und Kunden „Hände hoch“ zu, schwangen Handgranaten, -zückten Messer, hielten den Finger am Revolverhahn und plünderten die -Kasse – entnahmen ihr über 100000 Rubel – entfernten sich dann, und ehe -sich noch jemand vom Schreck erholt hatte und auf die Straße lief, waren -die Banditen längst verschwunden. - -Einige Tage später las man in der Presse der ganzen Welt: „Ausraubung -eines Postamtes am hellen Tage in Moskau – Die Täter entkommen – Das -russische Chaos – Nieder mit den Bolschewiki.“ - - * * * * * - -In denselben Tagen finden in den Städten neue Sowjetwahlen statt. Die -Wahlagitation ist im heftigsten Gange; in Petersburg herrscht ungestörte -Pressefreiheit, einer der eifrigsten Agitatoren in den Fabriken ist der -junge Wolodarski – eben 27 Jahre alt, gebürtig aus Wolhynien, seit -frühster Jugend in der revolutionären Bewegung: der Vierzehnjährige -arbeitet schon in illegalen Organisationen, der Siebzehnjährige sitzt -bereits als „Politischer“ im Gefängnis – drei Jahre später verbannt ihn -das zaristische Gericht nach Archangelsk, 1913 flieht er nach Amerika, -bei Kriegsausbruch redigiert er mit Bucharin in New-York eine Zeitung -„Neue Welt“ – immer führt er ein wahres Hundeleben, immer sind ihm -Spitzel auf den Fersen, immer machen sich Provokateure an ihn heran, -auch in den U. S. A. sieht er Kerkermauern – endlich wehen in Rußland -rote Fahnen; einige Monate nach Kerenskis Aufstieg arbeitet Wolodarski -schon in Petersburg, macht innerhalb kurzer Frist schwindelnd Karriere: -eben noch Agitator des Peterhofer Bezirks, sitzt er nun schon im -Petersburger Sowjet, kommt ins Exekutivkomitee, wird ein glühender, -hinreißender Sprecher, alle Bezirke telephonieren: - -„Schickt uns Wolodarski“ – „Schickt uns Wolodarski.“ – - -Nach dem Oktoberumsturz wird Wolodarski Volkskommissar für Presse und -Agitation. Im Frühjahr 1918 ist er Chefredakteur der „Roten Zeitung“. Im -Juni finden die Wahlen statt – Wolodarski arbeitet an hervorragender -Stelle – er ist es, der Pressefreiheit gibt – am nächsten Tage liest man -in einer Petersburger Zeitung: „Es gibt im Smolny zwei besonders -unangenehme Juden – Sinowjew und Wolodarski.“ Einen Tag später wird -gewählt – Resultat: - - Bolschewiki: 72. - Linke S.R.: 9. - Parteilose: 4. - -Am Abend sprach Wolodarski in einer Versammlung der Eisenbahner der -Nikolajew-Bahn, noch umtoste ihn der Beifall der proletarischen Masse, -als er schon im Auto saß, um in eine Maschinenfabrik zu fahren und eine -zweite Rede zu halten. - -In der Farforstraße hält plötzlich sein Auto. - -„Was ist los?“ - -„Kein Benzin.“ - -Wolodarski steigt aus, will einen Laden suchen – vielleicht kann man -irgendwo etwas Benzin auftreiben – kaum ist er zehn Schritte gegangen, -da eilt ihm ein Mann entgegen, Wolodarski beachtet ihn nicht, da ein -Knall, ein Schlag gegen die Brust, er taumelt, fällt zu Boden – eben -noch sieht er den Täter enteilen, über einen Zaun hinwegklettern – dann -noch eine Detonation – ein Sausen und Wimmern durch die Lüfte – noch -einige Revolverschüsse – schon kniet Grischa Sinowjew neben dem -sterbenden Wolodarski. - -Man bahrt den Leichnam im Taurischen Palais auf; das Proletariat von -Petersburg defiliert am Sarg in langen, langen Zügen vorüber, alle -Fabriken halten Meetings ab, geschlossen rücken die Belegschaften der -großen Fabriken an, eine alte Arbeiterin küßt die bleiche Stirn des -Toten, eine Arbeiterfrau führt ihr Kind an den Sarg: „Siehe – für dich -ist er gestorben.“ – - - * * * * * - -Der Mörder ist entkommen, in den Zeitungen der sowjetfeindlichen Presse -erscheinen beunruhigte Artikel, am Tage nach der Ermordung liest man -befremdenderweise im Zentralorgan der Sozialrevolutionäre eine -Erklärung: - -„Das Petrograder Bureau des Zentralkomitees der Partei der -Sozialrevolutionäre erklärt, daß _keine_ Organisation der Partei zu der -Ermordung des Kommissars für Pressewesen, Wolodarski, in irgend welcher -Beziehung steht.“ - -Niemand hatte sie beschuldigt, niemand mit Fingern nach ihnen gezeigt, -weshalb regen sie sich, weshalb wehren sie ab? Wundern sie sich, wenn -zwei Tage später Sinowjew in einer Sitzung des Petrograder Sowjets -ausruft: „Wir wissen nicht, wer der Mörder ist, doch es wäre -wünschenswert, wenn von den Sozialrevolutionären am Begräbnis des -Genossen Wolodarski niemand teilnehmen würde.“ - -Wundern sie sich? Sie schweigen. - -Einige Wochen später fällt der alte Genosse Uritzki einem Attentat zum -Opfer; als Täter kommt ein „Volkssozialist“ in Betracht. Indessen sind -die Tschechoslowaken schon auf halbem Wege nach Nishni-Nowgorod, immer -enger wird der furchtbare Ring, in Jaroslaw bricht ein grauenhafter -Bürgerkrieg aus, die ganze Stadt ist nach fünf Tagen ein Trümmerhaufen, -die Ermordung Mirbachs und Eichhorns versteift die Beziehungen zu -Deutschland, man gelangt durch Zufall in den Besitz von Papieren, die -unwiderleglich von einer engen Verbindung zwischen bürgerlichen -Verbänden und der französischen Militärkommission zeugen, der -französische Botschafter Noulens hatte in Wologda sein Archiv verloren – -– dann versuchen die linken S.R. in Moskau zu putschen – die -Herrlichkeit dauert einen knappen Tag – der Wirrwarr wird größer – die -„Rote Garde“ ist schlecht bewaffnet, in Lumpen gekleidet, der Hunger -quält in den Augen – an allen Fronten entbrennt der Kampf – innerhalb -des Kreises züngeln die Flammen – und mitten in dieser verzweifelten -Situation schießt eine kleine Jüdin einen Revolver ab – eines Abends in -den ersten Septembertagen – die Schüsse treffen Wladimir Iljitsch Lenin. -Das ganze Land ist erschüttert. Ein Stöhnen entringt sich der russischen -Arbeiterschaft: Lenin schwer verwundet. - -Diesmal kennt man kein Zögern mehr. Jetzt erst geht man zur Gegenwehr -über. Noch in dieser Nacht verhaftet man 500 Offiziere, erschießt sie am -frühen Morgen. Und die nächsten Septembertage erleben im ganzen Land, -soweit die Macht der Bolschewiken reicht, Hausuntersuchungen, -Verhaftungen, Verhöre – in den ersten Morgenstunden hört man immer -Salven knattern – und einige Tage später zieht Trotzki in Kasan ein, -treiben Budjenis „Rote Reiter“ die Tschechoslowaken und Kosaken vor sich -her, langsam fällt die Weiße Flut, langsam drängt man Entente- und -Zarengenerale über die Wolga und an die Gestade des Eismeeres zurück – -wenige Wochen später bricht die kaiserliche deutsche Armee zusammen, die -roten Fahnen wehen in Riga und Kiew. Langsam sieht Lenin seiner Genesung -entgegen. - -Und wer hatte auf ihn geschossen? Wer hatte in ihm das Land getroffen? - -Fanny Kaplan – Mitglied der Sozialrevolutionären Partei. - - * * * * * - -Im Laufe der nächsten Jahre verdichten sich Anklagen und Beweise wider -diese Partei; allmählich gelingt es, zahlreiche Führer zu verhaften, -Gerüchte zu bestätigen, da erscheint im Herbst 1921 in Berlin -eine russische Broschüre eines G. Ssemjonow, Die Partei der -Sozial-Revolutionäre in den Jahren 1917-1918. (Ihre Kampftätigkeit und -militärischen Aktionen.) Die Broschüre erregt in der gesamten -Emigrantenpresse ein ungeheures Aufsehen; Auszüge erscheinen in -deutschen Zeitungen, zwischen Emigrantenorganen entspinnen sich -Pressefehden, Presseprozesse. In derselben Zeit wird bekannt, daß ein -Prozeß gegen 34 Mitglieder der S.R. in Moskau stattfinden wird. Und was -enthält jene staubaufwirbelnde Broschüre? - -Ich Ssemjonow – ehemaliges Mitglied der S.R., Führer der -Kampforganisation – habe Attentate, Sprengungen und Expropriationen -vollführt – ich habe mit meinen Leuten das Postamt in der -Kammerherrengasse am hellichten Tage ausgeplündert, ich bin mit -Gefährten in die Datsche eines Kaufmannes eingebrochen, der vor Schreck -tot zusammenbrach, als er uns sah, ich habe das Attentat auf Wolodarski -inszeniert, ich habe Attentate auf Lenin und Trotzki vorbereitet, ich -weiß von der Verbindung unserer Partei mit der Entente, Deutschland und -bürgerlichen Organisationen. Existierten bloße Verbindungen? Von dort -erhielten wir Gelder, Aufträge, Material, im Einverständnis mit der -Entente, in ihrem Auftrag mordeten, plünderten, sprengten wir. Sämtliche -Maßnahmen, die ich im Interesse der Partei ergriffen habe, erfolgten im -Einverständnis mit dem Zentralkomitee unserer Partei; die -hervorragendsten Männer gaben uns die Lizenz. Dabei herrschte innerhalb -der Partei völlige Plan- und Kopflosigkeit; aus reiner Verzweiflung -schien jedes Mittel recht – erst nach langer Haft kam mir zum -Bewußtsein, von welchen haltlosen Menschen wir mißbraucht wurden, daß -wir nicht im Interesse der arbeitenden Klasse handelten, sondern gegen -ihre Interessen. – Alle Angaben Ssemjonows wurden einige Wochen später -von einer gewissen Lydia Konoplewa bestätigt – ja sie verstärkte noch -den Verdacht gegen das Z.K. der Partei, das seine Genehmigung zu -sämtlichen Attentaten gegeben habe. - - * * * * * - -[Illustration: Der Verteidiger Murawiew unterhält sich mit den -Angeklagten, Mitglieder der sozialrevolutionären Partei: Gotz, -Hendelmann, Tatareew u. a.] - -Im Frühjahr hatte sich das Material gegen die verhafteten S.R. bereits -so verdichtet, daß auf der Berliner Konferenz der II., II½. und III. -Internationale die Vertreter der II. und II½. Internationale von der -III. Internationale das Versprechen zu ertrotzen suchten, kein -Todesurteil über die S.R. zu verhängen, die Zulassung ausländischer -Verteidiger zu befürworten – man geriet in ernste Besorgnis; hatte man -früher immer und immer wieder geschrien: weshalb laßt ihr diese Leute so -lange in Untersuchungshaft sitzen – weshalb laßt ihr sie nicht frei – -schlug man jetzt einen anderen Weg ein: man suchte zu verschleppen, zu -bemänteln, verschwieg die Tatsachen, ging über die eigentlichen -Anschuldigungen hinweg, vermied überhaupt sie zu erwähnen, klammerte -sich an reine Formalitäten, und schrie und schrie und gab keine Antwort, -wenn man fragte: „Und wie verhält es sich mit den Fakten“? – - -Sonntagnachmittag im Juni 1922. Als das Flugzeug von Moskau eben auf dem -großen Flugplatz in Kowno, den die deutsche Armee im Weltkrieg angelegt -hatte, gelandet war, und die Passagiere der Kabine entstiegen, rief -ihnen schon von weitem der deutsche Flugplatzführer der Derutra zu: -„Rathenau ist ermordet“ – „Der Dollar 375.“ „Die Nationalisten“ – Der -junge Schriftsteller konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. „Dollar, -Mord und Nation – deutsche Atmosphäre.“ Und während man sich noch rings -um ihn ernst unterhielt, ob der Dollar noch weiter fallen würde, dachte -er: „Wird man die Täter ergreifen? Wird man ihnen den Prozeß machen? -Wird man vor allem den Hintergrund enthüllen, die wahren treibenden -Kräfte feststellen?“ Und er gedachte jenes seltsamen Prozesses, dem er -soeben in Moskau beigewohnt hatte, er gedachte jener doppelt seltsamen -Demonstration im Gerichtssaal, die am vierten Jahrestag der Ermordung -Wolodarskis stattgefunden hatte. Und während das Flugzeug wieder -startete und bald über Deutschland hinschwebte, vergegenwärtigte sich -der junge Schriftsteller lebhaft noch einmal die Erlebnisse der -vergangenen Woche, des 20. Juni. - -Am vierten Jahrestag der Ermordung Wolodarskis zogen schon am frühen -Morgen aus allen Bezirken die Arbeiter ins Innere der Stadt, um die -Mittagsstunde füllten Hunderttausende den Roten Platz vor dem Kreml. An -den Gräbern der gefallenen Revolutionäre zogen die Belegschaften aller -Moskauer Betriebe vorüber. Und auf der Rednertribüne erschien ein großer -blonder Mann – erschien der Vorsitzende des Obersten Tribunals Pjatakow -und erklärte den demonstrierenden Arbeitern: „Das Urteil wird gerecht, -wird erbarmungslos sein. Noch ist es nicht an der Zeit, es zu fällen.“ - -Und einen langen Sommertag über zogen die Massen russischer Arbeiter -durch die Iberische Pforte hinab zum Swerdlowplatz, an einem barocken -Säulenbau vorüber, jede Belegschaft hielt einen Augenblick an, und einer -ihrer Sprecher rief nach jenem Hause Worte der Rache hinüber – die ganze -Stadt dröhnte vom Schritte der Arbeiterbataillone, die ganze Stadt -hallte vom Gesang der Internationale. - -Und als der Abend hereinbrach, und die Massen sich langsam entfernt -hatten, passierte der junge Schriftsteller die Postenketten des -Prunkgebäudes, betrat die weiten unteren Räume des Hauses, in denen eine -Kompagnie des Tschekaregimentes untergebracht war; breite Marmortreppen -führten in den ersten Stock. Wieder forderten Soldaten in braunen -Uniformen mit breiten roten Querstreifen auf der Brust den Ausweis, die -Wände spiegelten ein reges Treiben, weithin erstreckten sich -Wandelhallen, und in einem Seitenraum war eine Ausstellung von Bildern -und Dokumenten – grauenhaften Urkunden der Scheußlichkeiten des -Bürgerkrieges; da hingen die Proklamationen der Partei der S.R., die -Aufrufe zum Sturz der Sowjets, da hingen Flugschriften und -Proklamationen, Reden Awxentijews, Artikel Tschernows und unzählige -Photographien – Photographien der Generale des Zaren, Photographien von -Führern der S.R., Bilder gesprengter Brücken und Stationen, -Photographien langer Reihen von Särgen und Massengräbern, Bilder der 26 -Bolschewiken, die in Baku von den S.R. hingerichtet wurden, -Photographien schauderhaft zugerichteter Leichen – und dann Bilder -Wolodarskis, Uritzkis, Bilder vieler, vieler Kinder, vieler Waisen, -deren Eltern Koltschak hinrichten ließ. - -Und als der junge Schriftsteller erschüttert diese Kammer der Seufzer -und Tränen, der Lügen und Heuchelei verließ, öffnete er eine kleine Tür -und befand sich plötzlich in einem gewaltigen Saal – Säulenreihen zogen -sich zur Linken und Rechten, mächtige Leuchter hingen von der hohen -Decke herab – am anderen Ende des Saales saßen und standen auf einem -Podium zahlreiche Männer und einige Frauen – zwischen mächtigen Säulen -waren gewaltige rote Tücher gespannt, große Lettern verkündeten: „Das -Proletariat ist der Schutzschild der Revolution.“ - -An einem Tische mitten auf dem Podium sitzen die Richter – und in ihrer -Mitte sehen wir wieder Pjatakow. Rechts scharen sich hinter einer Sperre -dicht hinter- und nebeneinander in zwei Gruppen getrennt 34 Angeklagte, -vor ihnen sitzen an langen Tischen die Verteidiger; hart an der Rampe -steht ein kleiner Tisch – vor ihm sitzt der Ankläger Krylenko – neben -ihm ein langer Tisch, an dem drei andere Ankläger sitzen: Lunatscharski, -der Historiker Pokrowski, die greise Klara Zetkin. Die Reihen der -Angeklagten umspannt ein Kordon jener Soldaten in braunen Uniformen mit -den breiten Litzen, sie tragen die spitzen Helme der Krieger Iwans des -Schrecklichen, das Gewehr mit aufgepflanztem Seitengewehr bei Fuß. Zur -Rechten öffnet sich eine breite Tür – herein tritt eine Deputation -Moskauer Arbeiter – eine ältere Frau ist unter ihnen, sie durchschreiten -den überfüllten Zuschauerraum, in dem wohl 2000 Menschen sitzen, und -steigen langsam die Treppen zum Tribunal hinauf. Und unter tiefem -Schweigen begannen die Arbeiter zu reden – junge und alte – -leidenschaftlich brach es aus ihnen los – Anklagen und wieder Anklagen – -Ein Arbeiter von Kasan erzählte erregt von den Grausamkeiten der S.R. in -Kasan, es sprach jener Arbeiter, der die Fanny Kaplan nach ihrem -Attentat auf Lenin festgenommen hatte, und ein langer, breiter Mann mit -einer fürchterlichen Stimme erzählte noch einmal vom Eindruck, den der -junge Wolodarski auf sie gemacht hatte; wie aus einem Krater brodelten -Anklagen, Verwünschungen los – „Rache für Wolodarski“ schrie es durch -den Raum – und die Männer hinter der Barriere saßen mit gesenkten -Häuptern festgebannt da – ohne die Möglichkeit der Flucht, allen Blicken -preisgegeben, gerichtet, geächtet, gestraft. - -Niemals zuvor in der Weltgeschichte wird die Stimme der Masse so -vernehmlich, so eindrucksvoll gesprochen haben wie in dieser Sommernacht -zu Moskau im Prunksaale des ehemaligen Adelsklubs. - - * * * * * - -Zehn Tage währte nun schon dieser Prozeß. Am 10. Juni hatte er begonnen; -einige Tage zuvor waren die ausländischen Verteidiger in Moskau -eingetroffen, vor dem Bahnhof hatte sie die Arbeiterschaft mit Pfiffen -begrüßt. Am Tage der Eröffnung hatte der Führer der II. Internationale, -Vandervelde, vor dem Tribunal das Mißgeschick, als Justizminister S. -Majestät des Königs der Belgier verhöhnt zu werden, weil er sich im -Westlerdünkel erhaben fühlte über die Justizmethoden der -Arbeiterrepublik. - -Die 34 Angeklagten trennten sich in zwei Lager – zur Linken saßen 25 -Männer und Frauen – die Offiziere der Partei: - - Gotz, Abram Rafalowitsch - Donskoi, Dmitri Dmitrijewitsch - Gerstein, Lew Jakowlewitsch - Lichatsch, Michail Alexandrowitsch - Iwanow, Nikolai Nikolajewitsch - Ratner-Eljkind, Jewgenija Moisjewna - Rakow, Dmitrij Fedorowitsch - Fedorowitsch, Florian Florianowitsch - Wedenjapin, Michail Alexandrowitsch - Gendeljmann-Grabowski, Michail Jakowlewitsch - Morosow, Sergej Wladimirowitsch - Artemjew, Nikolai Iwanowitsch - Ratner, Grigoric Moisjewitsch - Timofejew, Jewgenij Michajlowitsch. - -Gotz, Donskoi, Wedenjapin und Gendeljmann, Gerstein, Lichatsch, Iwanow, -Ratner-Eljkind, Ratner, Fedorowitsch, Timofejew saßen seit 1917 im -Zentralkomitee der Partei; Artemjew, Morosow und Ratner waren Mitglieder -des Moskauer Bureaus des Zentralkomitees. - -Diese 14 Personen werden angeklagt, ihre Partei so geleitet zu haben, um -den Sturz der von der proletarischen Revolution eroberten Macht der -Arbeiter- und Bauernräte herbeizuführen. Sie haben alle Mittel und -Kräfte der Partei zu diesem Zwecke verwandt. - -Man beschuldigt sie: - -1. Der Vorbereitung bewaffneter Aufstände gegen die Sowjetmacht in -Petrograd und Moskau. Bildung militärischer Stäbe und besonderer -Kampforganisationen. Sie unterhielten Verbindung mit anderen -konterrevolutionären Organisationen und nahmen ihre finanzielle Hilfe in -Anspruch; gemeinsam mit ihnen organisierten sie technische Organe, -Stäbe, Stadtkommandos für bewaffnete Aufstände. - -2. Im Namen der Partei traten sie in Verbindung mit den Vertretern des -internationalen Kapitals – mit den offiziellen Vertretern der -kapitalistischen Ententestaaten zur Zeit, als diese sich im -Kriegszustande mit der R.S.F.S.R. befanden. Sie halfen diesen Staaten -das Gebiet der Sowjetrepublik besetzen, verschafften ihnen Nachrichten -und informierten sie über die innere Lage des Landes. Sie nahmen die -militärische, finanzielle und technische Hilfe dieser Staaten in -Anspruch. - -3. Verbindung mit weißgardischen Heeresleitungen, mit den Generalen -Krasnow, Alexejew und Denikin, mit den in den Randgebieten der -R.S.F.S.R. entstandenen bürgerlich-nationalistischen gegenrevolutionären -Zentren, den sogenannten Regierungen der Ukraine, des Kuban und -Dongebietes. Sie haben mit allen Mitteln unter dem Namen der „Regierung, -der Mitglieder der Konstituante“ zur Befestigung der entstehenden -gegenrevolutionären Zentren beigetragen, besonders in Samara, im Norden, -in Ufa und Omsk. Sie halfen diesen gegenrevolutionären Zentren in ihrem -bewaffneten Kampfe gegen die Sowjetregierung durch Hochverrat und -Spionage. - -4. Organisation von Kampfgruppen zwecks Verübung terroristischer Akte -gegen die Funktionäre der Sowjetmacht Sprengung von Eisenbahngeleisen, -Ausraubung von Sowjetinstitutionen. Sie leiteten die Tätigkeit dieser -Gruppen. Und benutzten die auf diese Weise erlangten Mittel für die -Fortsetzung ihrer gegenrevolutionären Arbeit. - -Gegen einzelne Angeklagte wird noch besondere Anklage erhoben: - - 1. _Gotz_ (Mitglied des Z.K.P.S.R.): Agitation unter den Truppen - nach dem Oktoberumsturz, Aufforderung auf Meetings zum bewaffneten - Widerstand, Vorbereitung und Leitung des Junkeraufstandes am 29. - Oktober. Teilnahme an den Sitzungen der Militärkommissionen der - bürgerlichen Verbände. Teilnahme an den Akten des individuellen - Terrors. - - 2. _Donskoi_ (Mitglied des Z.K.P.S.R.): Leiter der Militärkommission - nach Auflösung der Konstituante; in konspirativer Verbindung mit den - bürgerlichen Organisationen Filonenko und Iwanow, Teilnahme an - Konferenzen mit Offizieren des Generals Alexejew, erteilte - Genehmigung zu terroristischen Akten und war mit Anschlägen auf - Lenin und Trotzki einverstanden. Er war der eigentliche Inspirator - aller Unternehmungen Ssemjonows, er ermutigte zu Expropriationen und - Sprengungen, er stellte die Verbindung zur französischen - Militärmission her. - - 3. _Iwanow_: Aus eigener Initiative schlug Iwanow dem Z.K. - terroristische Akte vor, rechtfertigte sie und erteilte Ssemjonow - Aufträge. - - 4. _Gerstein_: Leiter der militärischen Propaganda, sanktionierte - den Empfang der Gelder von bürgerlichen Organisationen, betätigte - sich in der Ukraine, leitete Verhandlungen mit der französischen - Mission. - - 5. _Timofejew_: unterhielt Verbindungen zur französischen Mission, - entsandte Offiziere in die Wolgaprovinzen, war über die Tätigkeit - der Terrorgruppen informiert und gab seine Einwilligung zu ihren - Plänen. - - 6. _Wedenjapin_: war der Beauftragte des Z.K. der S.R. in Samara, - stand in Verbindung mit den Tschechoslowaken, war über die - terroristische Tätigkeit informiert, unterstützte Mitglieder der - Terrorgruppen durch Geld. - - 7. _Lichatsch_: war bevollmächtigter Leiter der Militärabteilung des - Z.K., nahm an gemeinsamen Sitzungen konterrevolutionärer Verbände - teil, erhielt Gelder aus englischen Quellen, war Mitglied der - „Nordregierung“ in Wologda und Archangelsk. - - 8. _Morosow_, 9. _Artemjew_: Konspirative Tätigkeit in Moskau. - Vorbereiter des Aufstandes in der Wolgagegend. - - 10. _Ratner-Elkind_: Erhielt als Kassiererin des Z.K. der S.R. die - aus Expropriationen stammenden Gelder von Ssemjonow und war über - ihre Herkunft unterrichtet. - - 11. _Ratner_, Gregor: Mitglied der Militärgruppe. War unterrichtet - über die terroristische Tätigkeit. - - 12. _Rakow_: Erhielt von Ssemjonow geraubte Gelder. - - 13. _Fedorowitsch_: Konspirative Tätigkeit, stand in Verbindung mit - Savinkow. - - 14. _Gendelmann_: stand in Verbindung mit Ententekommissionen, war - im Wolgagebiet aktiv, Teilnehmer der Ufakonferenz. - -Gegen andere 20 Mitglieder der Partei der S.R. wurde weiter Anklage -erhoben; als Mitglieder der P.S.R. hatten sie nach den Direktiven des -Z.K. der S.R. konterrevolutionäre Aktionen vollführt, die auf den Sturz -der Sowjetmacht hinzielten. - - 1. _Agapow_, Wladimir Wladimirowitsch: Mitglied einer Sprengkolonne, - Verbindungsmann zwischen Donskoi und der Kolonne. - - 2. _Altowski_, Arkadi Iwanowitsch: Wegen Teilnahme an militärischen - Organisationen und allgemeiner konspirativer Tätigkeit. - - 3. _Utgoff-Deruschinski_: Wegen Teilnahme an militärischen - Organisationen und allgemeiner konspirativer Tätigkeit. - - 4. _Liberow_, Alexander Wassiljewitsch: Wegen Teilnahme an - militärischen Organisationen und allgemeiner konspirativer - Tätigkeit. - - 5. _Slobin_: Wegen Teilnahme an militärischen Organisationen und - allgemeiner konspirativer Tätigkeit. - - 6. _Gorkow-Dobroljubow_: Wegen Teilnahme an militärischen - Organisationen und allgemeiner konspirativer Tätigkeit. - - 7. _Iwanowa-Iwanowa_: Als Mitglied der Zentralen Kampforganisation, - nahm an den Vorbereitungen eines Attentates auf Lenin teil, - beobachtete Wolodarski und Trotzki, traf Vorbereitungen, um einen - Zug in die Luft zu sprengen, in dem Trotzki fuhr. - - 8. _Ssemjonow_, Grigori Iwanowitsch: Organisator einer militärischen - Spezialorganisation, deren Aufgabe in der Vorbereitung und - Ausführung terroristischer Akte und Expropriationen bestand. Ihre - Tätigkeit war vom Z.K. sanktioniert. Diese Organisation vollführte - den Mord an Wolodarski, plante Attentate gegen Sinowjew und Uritzki, - bereitete Attentate gegen Lenin und Trotzki vor. Sie bereitete - ferner Expropriationen vor und führte sie aus. - - 9. _Daschewski_: Teilnehmer an Expropriationen und Vorbereitungen - terroristischer Akte. - - 10. _Konoplewa_: Mitglied der Organisation Ssemjonow. Trieb - Propaganda im Landheer und in der Marine. War an den Vorbereitungen - von Attentaten beteiligt. Erbot sich, auf Lenin zu schießen und - verständigte sich mit dem Z.K. Beteiligt an Expropriationen. - - 11. _Jefimow_: Mitglied der Terrorgruppe; Komplize der Konoplewa. - Teilnehmer von Expropriationen. - - 12. _Usow_: War als Attentäter Lenins designiert; nahm an den - Vorbereitungen der Attentate gegen Trotzki und Lenin teil; - beteiligte sich an Expropriationen. Mitglied einer Sprengkolonne. - - 13. _Fjedorow-Koslow_: Am Attentat gegen Wolodarski beteiligt. - Sollte auf Lenin schießen. Helfershelfer bei Expropriationen. - - 14. _Subkow_: Mitglied der Kampforganisation und Terrorgruppe, - beteiligt an Vorbereitungen von Attentaten gegen Lenin und Trotzki. - Helfershelfer bei Expropriationen. - - 15. _Pelewin_: Nahm an Vorbereitungen von Attentaten teil; - beteiligte sich an Expropriationen; stand mit einem - Kriminalverbrecher in Verbindung, dem er einen besonderen Apparat - zur Schmelzung von Tresoren abkaufte, und der sich an der - Expropriation im Landhaus an der Eisenbahn Moskau-Saratow - beteiligte. - - 16. _Ljwow_: Mitglied der Kampforganisation; bei Expropriationen - behilflich. - - 17. _Moratschewski_: Organisierte Gruppen, beherbergte den Mörder - Wolodarskis. - - 18. _Stawskaja_: (Fanni Jefremowna) Mitglied der Kampforganisation; - nahm an Vorbereitungen von terroristischen Akten teil, war im - Wolgagebiet tätig. - - 19. _Berg_: Nahm an Vorbereitungen des bewaffneten Aufstandes teil. - - 20. _Ignatiew_: Mitglied des Z.K. der Partei der Volkssozialisten. - War im „Verband zur Rettung des Vaterlandes und der Revolution“. - Unterhielt Verbindung zu bürgerlichen Organisationen, übermittelte - Gelder, stand in Beziehung zu fremden Militärmissionen. - - * * * * * - -34 Männer und Frauen standen vor dem Obersten Revolutionstribunal, 34 -Männer und Frauen verkörperten die leidenschaftlichen Anstrengungen, der -Novemberrevolution den Garaus zu machen, ihre Wurzeln wieder -auszureißen, vor keinem Mittel zurückzuschrecken, keine Verbindung zu -scheuen, rastlos zu arbeiten, das durch Kriegswirren an den Rand des -Abgrunds gebrachte Land nicht zur Ruhe kommen, vielmehr alle Künste -spielen zu lassen, die eine jahrzehntelange Erfahrung in konspirativer -Tätigkeit unter dem Zarismus gezüchtet, verfeinert hatte. Es gab kein -Verbrechen, dessen sie nicht fähig waren, sie kannten keine Skrupel, -dachten dabei nie an ihre eigene Person, sie setzten sich restlos ein -und waren Meister ihres Faches geworden, Terror, Expropriationen, -Sprengungen waren ihnen zur Kunst geworden, der Tod war ihr steter -Gefährte, wie unsichtbar war bleiches Totengebein ihr ständiger -Begleiter – es gab in dieser Partei längst eine Psychologie des -politischen Mörders, es gab Analysen seiner Seelenstimmung; ehedem – -nach der fünfer Revolution hatte Savinkow in seinen Büchern diese -Stimmungen geschildert, er hatte das zwiespältige Wesen dieser Menschen -geschildert, er hatte ihr Grauen, ihre seelische Nacht gemalt, ihre -Fragen gestellt, ihre Unruhe, ihre Unrast in Worten festgehalten. Sie -waren alle Romantiker, Abenteurer, längst losgerissen von jeden -Beziehungen zur bürgerlichen Welt; die revolutionäre konspirative -Tätigkeit war ihnen zum Selbstzweck geworden; die Konspiration war ihr -Beruf, die Negation ihre einzige Antwort, die Ratlosigkeit ihr ständiges -Grundgefühl. Die Sozialrevolutionäre waren die Erben der alten -Narodniki: jener Männer und Frauen, die Turgenjew zuerst geschildert -hat, deren Urtyp Bassarow war, den man heute ganz fälschlich immer zum -Urbild Lenins macht. In der „Neuen Generation“ findet man eine solche -echte Sozialrevolutionärin: konspirativ, längst verzichtend auf alle -Geschenke des Lebens und jedes Wohlleben, immer gehetzt und immer im -Zuge. Die Männer und Frauen, die Alexander II. hinrichteten, waren -solche Narodniki – sie waren die Vorkämpfer der Revolution in den -Jahren, als es in Rußland noch kein Industrieproletariat gab. Und es ist -typisch, daß alle diese Narodniki Intellektuelle waren, dem Bürgertum -entsprangen und in Fehde mit ihrer Klasse lebten. „Ins Volk gehen“ hieß -jener Terminus, den man auch bei Turgenjew so oft findet. Ins dumpfe, -unterdrückte Volk, das noch wie im Halbschlummer lag und wohl wußte, daß -es ihm nicht gut ging, aber nicht wußte, wie es sich befreien sollte. - - [Illustration: Gesamtansicht des Saales im Vereinshaus] - -Die Lehre vom „individuellen Terror“ war ein Fundament des Programms der -S.R. geworden; sie konnte nur mit einer solchen unwiderstehlichen Macht -in einer Partei um sich greifen, die früher nie mehr als eine Sekte sein -wollte und sein konnte. Erst aus dem Zusammenschluß zahlreicher „Sekten“ -hat sich 1900 jenes Gebilde der S.R.P. ergeben, die gar keine straffe -Einheit darstellte, und deren eigentlichstes Rückgrat immer nur -„Kampforganisationen“ gewesen sind, die mit unerhörter Kühnheit und -seltenem Raffinement, mit grenzenloser Todesverachtung und fanatischem -Enthusiasmus beinahe ein volles Jahrzehnt Attentat auf Attentat gegen -die Vertreter des Zarismus verübten. Und fast alle diese Richter und -Rächer des Volkes sind in den Tod gegangen. Sie ließen sich festnehmen, -sie wurden zuweilen gefoltert, sie erlitten die grausamen Methoden einer -ruchlosen Justiz, sie erlitten Schmähungen, manche erfuhren noch – mit -dem Strick um den Hals – daß man nicht einmal unter diesem verrotteten -Regime zu hängen verstand. Kibaltschisch wurde viermal gehängt, Kalajew -zweimal ... - -Ein seltsamer mystischer Zauber hat alle diese Menschen umfangen. Von -Kalajew, dem Attentäter des Großfürsten Sergius, werden die Worte -überliefert: „Ich will für meine Sache sterben“ – Worte, die schon ein -Sektierer, ein Märtyrer im Rausch gesprochen haben könnte. Andere -schritten unter dem Gesang ihrer Revolutionshymne zum Galgen, bevor sie -in die ewige Nacht hinüberschwebten. Sie haben ihr eigenstes Ich bis in -jene Sphären zu steigern vermocht, in denen längst die Stimme der -Erkenntnis schwieg. - -Sie hatten es immer mit dem „Ich“ zu tun. Sie sahen immer nur die -Persönlichkeit, sie sind in Wahrheit Persönlichkeitsfanatiker gewesen, -die letzten fernen Nachgeborenen der Renaissance. - -Personen waren ihre Feinde. Personen sahen sie auf Rußlands Thron, in -Rußlands Ämtern, auf Personen warfen sie die Bomben, Personen lauerten -sie wochen-, oft monatelang auf – ach Wilhelm Tell – dieser Urtyp eines -Sozialrevolutionärs, hatte es leicht hinter seinem Holunderstrauch. - -Man kann hier schon fast von einer Systematik des politischen Mordes -sprechen. Savinkow hat eine ganze Schule ausgebildet. Junge Menschen -liefen zu Tschernow wie zu einem Heiligen, um sich von ihm theoretisch -über die Berechtigung des individuellen Terrors unterweisen zu lassen. - -Und so fruchtlos im Grunde alle diese Attentate gewesen sind, auf die -große Masse hat diese Sekte von Frauen und Männern, die mit dem Tode -vertrauter schienen als gewöhnlich, eine faszinierende Wirkung ausgeübt. -Ein dunkel strahlender Schimmer von Romantik umgab diese Helden; er war -stärker als das Dämmerlicht der engen Gelehrtenstube Lenins. - -Aber die Geschichte hat es weniger mit Personen als mit Verhältnissen zu -tun. Und auch der Tod ist nur eine individuelle Angelegenheit. Der -vornehmste Unterschied zwischen den S.R. und den Bolschewiki ruht gerade -in dieser verschiedenen Auffassung von Personen und Verhältnissen. - -Als der Zar und die ganze alte Autokratie im Frühjahr 1917 gestürzt -wurde, war es natürlich, daß die Bauern und auch zahlreiche Arbeiter in -ungeheuren Scharen zur S.R. übergingen. Die S.R. wurden zur eigenen -Überraschung eine Massenpartei, ihnen vertraute die unterdrückte -Bauernschaft, für die nicht nur erst der Krieg grausame Folgen gehabt -hatte – sie wollten ihr Land haben, sie wollten der Lasten ledig sein, -mit denen sie der Grundbesitz beschwert hatte, sie wollten vor allem das -Ende des aussichtslosen Krieges, der ihnen ihre Söhne raubte. Die -„Provisorische Regierung“ Kerenskis setzte sich aus Vertretern der -Großindustrie, des Großgrundbesitzes und der Kleinbürger zusammen. Sie -war fest entschlossen, den Krieg an der Seite der Entente -weiterzuführen, sie unterstrich jetzt den Charakter des -Befreiungskrieges gegen den deutschen Imperialismus, aber sie gab -bereits viele Forderungen des Zarismus preis: die Kuppel der Hagia -Sophia entschwand in unsichtbare Fernen. Die Entente aber hat einen -eisernen Druck auf die „Provisorische Regierung“ ausgeübt, weil sie die -russische Hilfe gegen die Mittelmächte nicht zu entbehren glaubte, weil -ihr das Geld leid tat, das sie für die Ausrüstung des russischen Heeres -hergegeben hatte. Man brauchte Rußland. Und trieb es bis an den -äußersten Abgrund. Die fremden Botschafter und Militärmissionen ließen -alle ihre Künste spielen, die II. Internationale entsandte ihre -Vertreter, um Kerenski an der Stange zu halten. Dabei mußte der -russische Generalstabschef Gurko erklären, im Laufe des Jahres 1917 -bedürfe das russische Heer unbedingt der Ruhe. Den fremden Botschaftern -blieb die Lage weder in den Städten noch auf dem Lande verborgen. Die -Bewegung gegen den Krieg wurde immer stärker. Die Julioffensive an der -deutschen Front brach nach Teilerfolgen zusammen, noch wurde ein -Aufstandsversuch der Bolschewiki mühsam abgewehrt, inzwischen wechselten -die Minister; die Front geriet in Zersetzung, die Deutschen machten -erfolgreiche Vorstöße, die Offensive der Alliierten im Westen kam trotz -ungeheurer Opfer nicht vom Fleck. In den Städten wuchs die Not. Die -Bauern sahen bald, daß der Sturz des Zarismus an ihrer Lage nichts -geändert hatte; die S.R. Minister gaben eitle Versprechungen und waren -völlig ohnmächtig, setzten nichts in ihren Ressorts durch; überall -herrschte Sabotage und offene Brüskierung. Tschernow ging. Und Kerenski -redete. - -Eine Weile schien sogar eine Militärdiktatur zu drohen, der General -Kornilow marschierte gegen Petrograd, um „Ordnung“ zu schaffen – -Kerenski schien mit ihm zu verhandeln, ja sogar mit ihm im Einvernehmen -zu stehen – die Arbeiter von Petrograd haben Kornilow davongejagt. Und -dann brach plötzlich das ganze Gebäude kläglich zusammen, als die Partei -der Bolschewiki geschlossen und entschlossen vorstieß, den alten -Staatsapparat völlig zertrümmerte, den Bauern das Land gab, der Armee -den Frieden, den Arbeitern die ökonomische Freiheit und die Herrschaft. - -Die Bolschewiki schufen die Einheit Rußlands. Arbeiter, Soldaten, Bauern -– die werktätigen Schichten wurden zusammengeschlossen. Die Bolschewiki -vermochten ihren sämtlichen Forderungen zu genügen. - -Gegen sie standen die Fremden – die Fremden aller Art: die Klasse der -Großindustriellen und Großgrundbesitzer, die ohne Privilegien nicht mehr -zu leben vermochten, die fremden Botschafter und Militärmissionen, die -Parteiführer, die seit dem März 1917 Rußland regiert und Rußland nicht -verstanden hatten; nun war ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen, -sie verloren nicht nur alle materiellen Grundlagen, sie verloren vor -allem auch die Bindung mit der Gesamtheit der Nation, sie waren nicht -mehr Rußland. Sie waren Außenseiter einer Gesellschaft geworden, die -nach neuen ökonomischen Gesetzen ihr Dasein zu formen bestrebt war. - -Mitten in das Chaos des Krieges verkündeten die Bolschewiki _ihre_ -Kriegslosung gegen das Kapital. Sie verließen die Schützengräben der -Nation und warfen die Schützengräben zwischen den Klassen auf. Die S.R. -aber zögerten nicht einen Augenblick und harrten in den Schützengräben -der Nation aus, obschon einer der ihren – Tschernow – Teilnehmer der -Zimmerwalder Konferenz gewesen war. - - * * * * * - -In den Verhandlungen gaben die Angeklagten zu, den Kampf mit allen -Mitteln gegen die Bolschewiki geführt zu haben, und unumwunden rief -Timofejew aus: „Wir werden nie aufhören, euch zu bekämpfen, wir stehen -zu unseren Taten.“ - -So erweiterte sich das Tribunal über den Gerichtshof hinaus, so -vollendete sich in diesem Saale das Schicksal der russischen Revolution. -Der Prozeß war der dramatisch bewegte Schlußakt des Bürgerkrieges in -Rußland. Über zwei Monate zogen sich die Redeschlachten hin, die -Angeklagten genossen vollste Redefreiheit, manche ergingen sich in -stundenlangen Ausführungen, nie wurde einem Redner das Wort entzogen, -zuweilen kam es zu Beifallsäußerungen im Saale, die der Vorsitzende -ruhig aber bestimmt rügte. Die gewandtesten Sprecher Rußlands lieferten -sich Gefechte. Nie wurden Ankläger oder Vorsitzende im Ton kleinlich und -gehässig; nirgends hat man in einem bürgerlichen Staate erlebt, daß -Angeklagte so menschlich, so unpersönlich behandelt wurden. Die S.R. -haben diesen Prozeß selbst verlangt, sie fürchteten sich nicht vor dem -Ende an der Mauer; als die ausländischen Verteidiger ihnen im Gefängnis -eröffneten, daß man Garantien besitze, die Todesstrafe würde nicht -verhängt werden, lächelten sie – darauf komme es nicht an, viel mehr -liege ihnen daran, sprechen zu dürfen. Da ihre Partei zerschlagen, ihre -Presse verboten war, bot sich jetzt die einzige Möglichkeit, noch einmal -für die alten demokratischen Ideen, für das Ideal der Volksgemeinschaft -zu werben – in aller Öffentlichkeit. - -Die Bolschewiki haben diesen Prozeß in aller Öffentlichkeit geführt vor -dem Angesicht Europas, um die S.R. in ihrer Stellung zur arbeitenden -Klasse zu entlarven. Sie luden den greisen Anatole France nach Moskau -ein, sie brauchten seine Skepsis nicht zu scheuen. Anatole France ist -nicht gekommen. - -Damals begannen die Wellen der Revolution zu verebben, der Faszismus -blühte in Deutschland, die Möglichkeit der Weltrevolution rückte in die -Ferne, die Wirtschaftspolitik Rußlands mußte jene neue Richtung -erfahren, die unter dem Namen NEP bekannt geworden ist. Der Staat war -bemüht, unter allen Umständen den Wirtschaftsapparat fest in der Hand zu -behalten, der Privatwirtschaft und dem Auslandskapital nur die -notwendigsten Zugeständnisse zu machen. So kam es darauf an, diesen -Unterschied zwischen dem Staatssozialismus der Bolschewiki und dem -Wirtschaftsanarchismus der S.R. zu unterstreichen. Und jede Anklage -gegen die S.R. bedeutete zugleich eine Verteidigung des eigenen Systems. -Hatten die S.R. mit ihren Methoden die Arbeiter und Bauern zugunsten der -Besitzenden preisgegeben, so versuchten die Bolschewiki alle -Konzessionen nur im Interesse der Arbeiter und Bauern zu machen. -Zentralisation hier, und Dezentralisation dort. Den Arbeitern der Welt -sollte gezeigt werden, wie sich die S.R. so völlig im Gegensatz zu den -Bolschewiki den imperialistischen Mächten angeboten hatten. Die -unüberbrückbaren Gegensätze zwischen Bourgeoisie und Proletariat sollten -aufgezeigt werden, und überall bemühte man sich, den Charakter der S.R. -zu enthüllen, die einen Volksstaat, aber keinen proletarischen Staat zu -errichten gedachten. Der Prozeß war eine in der Weltgeschichte unerhörte -Demonstration aggressiven Charakters gegen die Parteien der Erde, die -versuchten, Gegensätze zu überbrücken, statt zu verschärfen. Der Beweis -sollte erbracht werden, daß die S.R. Außenseiter der neuen -Gesellschaftsordnung waren. Und so läßt sich bei der Eröffnung -internationaler Perspektiven das Erscheinen deutscher und belgischer -Advokaten vor dem Tribunal erklären: Vandervelde, Liebknecht, Wauters, -Rosenfeld. Man empfing sie höhnisch beim Betreten des sowjetrussischen -Gebietes, Moskauer Arbeiter pfiffen sie bei ihrer Ankunft aus, und im -großen Demonstrationszug sah man die Karikaturen dieser Männer, die als -Politiker aus einer verlorenen Sache eine Sache der Märtyrer zu machen -gedachten und davonliefen, als man ihnen nicht zugestehen wollte, daß -ihre Stenogramme offiziellen Charakter trügen. Vandervelde offenbarte -sein völliges Mißverständnis für die proletarische Struktur des -russischen Staates, als er die belgische Justiz rühmte – höhnisch rief -man ihm, dem „Proletarierführer“, zu: Minister Seiner Majestät. War er -nicht noch im Kriege sogar als Beauftragter dieses Königs erschienen, um -dem Zaren seine Reverenz zu machen und auf russische Arbeiterführer im -Sinne des „Durchhaltens“ einzuwirken? Der Name „Liebknecht“ hatte unter -den russischen Arbeitern besonderen Klang, in jeder Stadt geht man heute -durch eine „Karl-Liebknecht-Straße“ – nun erschien der Bruder des -ermordeten Karl, um Männer zu verteidigen, die angeklagt waren, auf -Lenin, Trotzki, Sinowjew Attentate geplant, Wolodarski ermordet zu -haben! Die Masse des russischen Proletariats war in ihrem tiefsten -Innern aufgewühlt – sie fühlte sich selbst zum Richter über Männer -berufen, die ihre eigensten Interessen gefährdet hatten. So waren -Angeklagten- und Verteidigerbänke nicht mehr zu trennen, Verteidiger -wurden zu Angeklagten. Sie konnten nicht anders entrinnen als durch -Einsprüche gegen formale Verletzungen, endlich durch die Flucht. - - * * * * * - -Die erste Gruppe der Angeklagten hat in diesen Monaten kein eigentliches -Geständnis gemacht; ihre Taktik lief stets darauf hinaus, durch den -Angriff die Anklagen zu parieren, dabei verwickelten sie sich ständig in -Widersprüche; ihre Lage war um so gefährdeter, da die Werkzeuge der -Methoden ihrer Politik sich gegen sie wandten. Sie gaben zu, den -Junkeraufstand organisiert und Truppen in Marsch von Gatschina gegen -Petrograd gesetzt zu haben, sie konnten nicht leugnen, mit den -Militärmissionen in Verbindung gestanden zu haben, sie vermochten -natürlich nicht ihre Teilnahme an der Konstituante von Samara zu -bestreiten. Ihre ganze Haltung gegen die Sowjets versuchten sie ja -gerade durch ihr Festhalten an der Konstituante, an den -parlamentarischen Regierungsformen zu erklären; damit wurde das ganze -Problem „Demokratie“ und „Diktatur“ aufgeworfen; alle ihre Schritte -begründeten sie mit diesem Kampf für die Konstituante, jenes Parlament, -das nur einen einzigen Tag zusammentreten durfte, in dem die S.R. die -Mehrheit hatten, deren Präsident Tschernow gewesen war. Die Wahlen zur -Konstituante waren monatelang verzögert worden; die „Provisorische -Regierung“ ist eigentlich nur eine Art Direktorium gewesen; niemand -wünschte den Zusammentritt des Parlamentes, das die Schwierigkeiten nur -noch erhöhen konnte. Erst als die Sowjets die Macht an sich gerissen -hatten, versuchten die S.R. _ihre_ Konstituante auszuspielen, zu ihrem -Schutz bewaffnete Demonstrationen zu veranstalten. Aber Zeugen, -Mitglieder der S.R., bekundeten, daß sich niemand fand, der für die -Konstituante sein Leben eingesetzt hatte, die militärischen -Organisationen versagten völlig – und in der späten Abendstunde des 5. -Januar 1918 genügte die Aufforderung eines einzigen Mannes, eines -Matrosen: die Konstituante wurde aufgelöst – „Alle Macht den Räten“ – -den unmittelbar aus den Betrieben hervorgegangenen Deputierten. - -Der II. Rätekongreß hatte bereits drei Tage nach der Machtergreifung -durch die bolschewistische Partei die neue Regierung bestätigt; man war -sich des rein proletarischen Charakters dieser Regierung bewußt, vor -allem aber ihrer radikalen Einstellung gegen die Bourgeoisie in allen -ihren Schattierungen. Die S.R.P. befand sich in völliger Auflösung und -Verwirrung; ihre Führer versuchten sich sofort einiger Regimenter zu -versichern; aber Gotz wurde ausgelacht, Tschernow hatte den Kopf -verloren, Kerenski zog sich um und verschwand bei Nacht und Nebel. In -dieser verzweifelten Lage knüpfte Gotz sofort Verbindungen mit -bürgerlichen Organisationen an, aber vergebens brachte man bewaffnete -Organisationen zusammen, – es existierten nur noch Stäbe ohne Soldaten. -In Petrograd schlugen sich die Junker tapfer zwei Tage lang – Gotz -leugnet nicht, als Mitglied eines Militärstabes gemeinsam mit -bürgerlichen Elementen diese Revolte der jungen Bourgeoisie organisiert -zu haben. Er muß zugeben, daß auf der Seite der Junker keine Arbeiter -gekämpft haben; für das Tribunal war diese Gemeinschaft der Führer der -S.R. mit Vertretern der Bourgeoisie von entscheidender Bedeutung. Und -mit derselben Genugtuung wurde festgestellt, daß sich an den Umzügen für -die Konstituante in der Mehrheit Damen und Herren, aber fast keine -Arbeiter beteiligt hatten. - -Damals saßen noch in Rußland die Botschafter und Militärmissionen der -Entente, denen über Nacht die Aufgabe erwuchs, die Interessen jener -Kapitalisten wahrzunehmen, die große Kapitalien in der russischen -Industrie angelegt hatten. Der Sturz der Kerenskiregierung hatte die -Entente eines Bundesgenossen beraubt, der zwar nicht mehr imstande -schien, der deutschen Front einen entscheidenden Schlag zu versetzen, -aber mindestens zahlreiche Kräfte zu fesseln vermochte, die eine -Offensive der Deutschen im Westen unmöglich machten. Die Botschafter -hatten bereits längst den Zusammenbruch Rußlands vorausgesehen; die -Entente war ferner unzweifelhaft nicht imstande, Rußland mit -Kriegsmaterial so ausreichend zu versorgen, um weiter als ernstlicher -Gegner Deutschlands in Betracht zu kommen. Es mußte der Entente nach dem -Zusammenbruch der russischen Front vor allem daran gelegen sein, vor der -sozialen Revolution zu retten, was nur irgend möglich war. Paléologue -hat bereits seit dem Kriegsausbruch argwöhnisch die Arbeiterbewegung -beobachtet und verzweifelt die Mißerfolge der Kerenskiregierung -verfolgt. Ungeheure Kapitalien waren in der russischen Industrie -fundiert. Die Nationalisierung der Betriebe war vor allem ein Schlag -gegen das ausländische Kapital. Notwendig mußte sich bei solcher Lage -ein enges Bündnis zwischen allen besitzenden Schichten und den -Ententevertretern ergeben. Und die Demokratie, die das Eigentum -unbedingt anerkannte und die Freiheit des Individuums postulierte, mußte -die Staatsform sein, zu der sich diese Koalition bekannte. In den S.R. -sah man dank ihres moralischen Einflusses auf breite Massen die -geeigneten Männer, einer solchen Politik Dienste zu leisten. - - * * * * * - -Am achten Verhandlungstage erschien vor dem Obersten Tribunal ein -merkwürdiger, schwarzgekleideter Mann mit hagerem, hartem -Gesichtsausdruck, dunklen, unbeweglichen, unerbittlichen Augen; seine -Sprache verriet französischen Akzent, seine Aussagen erfolgten mit -großer Bestimmtheit und Energie. Der Mann erinnerte eher an einen -strengen Asketen einer mittelalterlichen Sekte, er hatte etwas -Mönchisches in seiner kalten Unnahbarkeit und Geschlossenheit. - -Es war der ehemalige Offizier der französischen Republik – Pierre -Pascal, der vor dem Tribunal die Beziehungen zwischen den -Ententevertretern und der sozialrevolutionären Partei schilderte. - -Pascal war an der Westfront verwundet worden, da er nicht mehr -felddiensttauglich war, wurde er der französischen Militärmission in -Rußland überwiesen. Beim Ausbruch der Oktoberrevolution sympathisierte -Pascal mit den Bolschewiki; als die Militärmission Rußland verlassen -mußte, blieb Pascal zurück und arbeitete für die russische -kommunistische Partei. Er war ein Kamerad jenes Hauptmanns Sadoul, der -im Frühjahr 1925 vom Kriegsgericht zu Orleans wegen Hochverrat -freigesprochen wurde. - -In seinen Aussagen erklärte Pascal: - -„Als Angestellter der französischen Mission hatte ich verschiedene -Arbeiten zu verrichten. Eine Zeit lang wurde ich mit der Dechiffrierung -und mit der Redaktion der für die Kommandanten der Mission, die Generäle -Lavergne und Niessel bestimmten Berichte betraut. _Die französische -militärische Mission unterhielt ständig enge Verbindung mit den S.R._ -Das Ziel der Tätigkeit der französischen Mission in der Periode vom -Oktoberumsturz bis zum Brest-Litowsker Frieden war, Rußland zu _zerlegen -und zu schwächen_. - -Zum Zwecke der politischen Schwächung teilten die Verbündeten Rußland in -Einflußsphären. Frankreich wurde der Süden zugeteilt, die Krim und ein -Teil des Kaukasus inbegriffen. Der andere Teil des Kaukasus kam in die -englische Einflußsphäre. Repräsentant des Einflusses in der südlichen, -Frankreich zugeteilten Sphäre war General Berthelot, der sich damals in -Rumänien befand. Zum Zwecke der wirtschaftlichen Schwächung Rußlands hat -Frankreich damals die Streiks unterstützt, besonders den Streik der -Staatsangestellten und Beamten. Außerordentliche Aufmerksamkeit hat es -dem Streik im Kommissariat für die Volksernährung gewidmet. „_Dieser -Streik_,“ erklärte der Chef der Mission, „_wird eine große Bedeutung_ -haben.“ Die Streikenden vernichteten alle Vorräte. Moskau blieb ohne -Zufuhr von Nahrungsmitteln. Das Geld für die Streikenden gaben die -Banken, besonders die _Russisch-Asiatische Bank_, die ganz unter dem -Einfluß der französischen Mission stand. - -Die politische Arbeit der französischen Mission leitete der französische -Gesandte Noulens. Er hielt sich damals in Wologda auf, wo er den _Stab -der Konterrevolution_ schuf. Dort wurde ein genauer Plan einer -bewaffneten Eroberung von Sowjetrußland ausgearbeitet. Es wurde -beschlossen, die Basis für den späteren Aufmarsch der Konterrevolution -an verschiedenen Punkten der Peripherie Sowjetrußlands zu schaffen. -Tschechoslowakische, elsässische, serbische, polnische Legionen wurden -organisiert. Im Interesse der konterrevolutionären Arbeit wurden in die -größeren Städte Rußlands legale französische Konsuln geschickt. Die -Aufstände der Tschechoslowaken und in Jaroslaw wurden unter der aktiven -und unmittelbaren Teilnahme der französischen militärischen Mission und -des gewesenen französischen Gesandten Noulens entfacht. - -Nach dem Aufstand der Tschechoslowaken entfaltete die französische -Mission eine noch lebhaftere Tätigkeit. Es wurde ein Plan ausgearbeitet, -Moskau in einem engen Kreise zu umzingeln. Man beschloß, Jaroslaw, -Nishnij-Nowgorod, Tambow und andere im Kreise um Moskau liegende Städte -zu besetzen. Ziel dieser Umzingelung war, Moskau und Zentralrußland zu -isolieren, die Zufuhr der Nahrungsmittel zu verhindern und in der -Hauptstadt Hungersnot hervorzurufen. Aus diesem Grunde wurden die -Aufstände in Jaroslaw, Tambow und anderen Städten angezettelt. - -Als die Aktion der Tschechoslowaken und der Aufstand in den Provinzen -nicht zum Erfolg führten, ging die französische Mission zu einer anderen -Art von Tätigkeit über. Ich _selbst habe ein chiffriertes Telegramm -gelesen, in dem über Terror gesprochen wurde. Ich kann bestimmt sagen, -die französische Mission hat sich mit Aufforderungen zum Terror befaßt. -Sie hat darauf spekuliert, der Terror werde blutige Repressalien_ der -Sowjetregierung hervorrufen. Die _Repressalien_ würden die Empörung -_wecken und so die Zahl_ der Gegner der Sowjetregierung vermehren. Als -ich am _zweiten_ Tag nach dem _Attentat auf Lenin_ in die Mission kam, -hat mich der Chef der Mission, Lavergne, mit der Frage empfangen: „Haben -Sie gelesen, was sie über uns schreiben? Als ob wir an dem Attentat an -Lenin beteiligt wären ...“ Als ich schwieg, sagte General Lavergne: „Ich -weiß nicht, wie weit Lockart (der ehemalige englische Gesandte in -Moskau) beteiligt ist; _ich_ bin nicht beteiligt.“ Dies sagte er so, daß -ich den Eindruck hatte, _General Lavergne müsse_ an dem _Attentat_ -beteiligt sein.“ - -Auf die Frage des Verteidigers Murawjew, welche politischen Ziele die -französische Mission verfolgt habe, ob sie die Sowjets stürzen wollte -oder für den Kampf mit Deutschland zu gewinnen suchte, antwortete -Pascal: „Meiner Ansicht nach war das letzte, eigentliche Ziel der -französischen Regierung, die Regierung der Sowjets zu stürzen.“ - -„Was waren die Pläne der französischen Mission?“ fragte Krylenko den -Zeugen. - -„Die Sowjetmacht zu stürzen. Zuerst scheinbar eine Koalitionsregierung -zu bilden, dann aber sich von den sozialistischen Elementen zu befreien, -und eine Kadettenregierung zu bilden.“ - -„Wie war das Verhältnis der französischen Mission zu den russischen -Arbeitermassen?“ ... „Das verächtlichste!“ erwiderte Pascal. - -„Glauben Sie, daß die französische Mission eine Partei unterstützt -hätte, die den Sturz der Sowjetmacht nicht anstrebte?“ - -„Noulens hätte es nicht getan,“ erwiderte Pascal kurz und mit Nachdruck. - -„Wie war das persönliche Verhältnis Noulens’ zu den Russen?“ „Ich wies -darauf schon hin, daß alle, angefangen vom Chef der Mission, bis zum -letzten französischen Offizier, von den Russen mit der größten -Verachtung sprachen ...“ – Eines Tages kehrte Pascal im Zuge mit Noulens -nach Moskau zurück. Der Zufall wollte es, daß er mit einem russischen -Soldaten in einem Wagen übernachten mußte. Als Noulens davon Kenntnis -erhielt, sprach er seine Mißbilligung darüber aus, daß Pascal mit einem -Bolschewiken zusammen war. Pascal bemerkte, es wäre kein „Bolschewik“, -sondern ein gewöhnlicher russischer Soldat. Darauf erwiderte Noulens: -„Ganz egal, ich will nicht, daß ein Russe in meinem Zuge übernachtet.“ - -Der Verteidiger Schubin interessiert sich für die Frage: Wie hätte sich -die französische Regierung zu einem Kriege der Sowjetmacht gegen -Deutschland verhalten. - -Pascal erwidert: - -„Der Haß der französischen Regierung gegen die Bolschewiki war so groß, -daß sie kaum die ruhige Existenz dieser Macht zugelassen haben würde.“ - -„Wurde die östliche Front letzten Endes doch geschaffen?“ fragten den -Zeugen die Verteidiger der zweiten Gruppe der Angeklagten. - -„Ja, es wurde eine antisowjetistische, aber nicht eine antideutsche -Front gebildet,“ erwidert Pascal. - -Krylenko kommt auf die Frage der Subventionen der verschiedenen -antisowjetistischen Organisationen durch die französische Mission zu -sprechen. - -Pascal erklärte, daß alle diese Organisationen der Sowjetmacht feindlich -gesinnt waren und aus französischen Staatsmitteln unterstützt wurden. -Der Sekretär Petit habe Pascal selbst mitgeteilt, welche Gruppen von den -Franzosen Gelder empfingen. - -Der Verteidiger Tager ersucht Pascal, auszusagen, welche terroristischen -Akte die S.R. mit moralischer Billigung der Entente zur Ausführung -gebracht hätten. Pascal weist auf die Verwundung Lenins, den Mord -Wolodarskis hin. - -Die Aussagen Pascals machten einen sehr starken Eindruck, der noch durch -Aussagen anderer Franzosen verstärkt wurde. - -_Frossard_, der Sekretär der Kommunistischen Partei Frankreichs wurde -drei Stunden lang über die Beziehungen der französischen Regierung zu -sowjetfeindlichen Organisationen vernommen. Seine Aussage ergab: Die -Politik der französischen Regierung baute sich von 1917 bis 1922 auf -ununterbrochenen Interventionen auf. Die französische Regierung dachte -nicht daran, die Macht in Rußland einer _sozialistischen Regierung zu -übergeben, denn sie betrachtete als feste Regierungsform für Rußland die -konstitutionelle Monarchie und unterstützte alle auf einen Sturz der -Bolschewisten zielenden Versuche, gleichviel, von wem sie ausgingen_. -Die Ententebotschafter hätten alle Mittel aufgeboten, den -konterrevolutionären Versuchen im Innern des Landes Vorschub geleistet -und Anschläge gegen einzelne Vertreter der Sowjetmacht angestiftet. -Diese Aktionen haben der französischen Republik monatlich 50 Millionen -Francs gekostet; die Gesamtkosten aller Interventionen kamen dem -französischen Volke auf etwa 1 Milliarde Francs zu stehen. - -Der Angeklagte _Timofejew_ bemüht sich, den Beweis zu führen, die S.R. -wären Gegner jeder Intervention gewesen. Aber kann er bestreiten, daß -die Tschechoslowaken von französischen und englischen Offizieren geführt -wurden und als Elitetruppe der Regierung von Samara galten? daß die S.R. -im Wolgagebiet gemeinsam mit diesen Truppen gekämpft haben? Kann er -bestreiten, daß er selbst Verhandlungen mit der Entente geführt hat? -Krylenko legt ihm Dokumente vor, aus denen das engste Einvernehmen der -S.R. mit den Ententetruppen im Murmangebiet erhellt, die Entente hat -dort sogar ohne jeden russischen Einfluß völlig selbständig operiert; es -gab ein alliiertes Oberkommando, von dem die S.R. Vertreter Befehle -empfingen! Timofjejew versucht noch einmal einzuwenden, es habe sich nur -um die Wiederaufrichtung der Front gegen das imperialistische -Deutschland gehandelt – noch einmal greift Pascal ein und wiederholt -seine Aussagen über die Einstellung der Entente zur Sowjetregierung – es -kam in erster Linie darauf an, die Diktatur des Proletariats zu stürzen -und der kapitalistischen Ordnung zur Macht zu verhelfen. Das war der -ganze Sinn des Kampfes gegen die Sowjets. - -Einige Tage später eröffnete _René Marchand_ dieselben Perspektiven; er -kann konkrete Angaben über die direkten Beziehungen der Ententemissionen -zu den S.R. machen. _In seiner Gegenwart erhielt das Mitglied der -Mission, Ehrlich, 50000 Rubel für die S.R. von der Mission. Über andere -Anweisungen der Mission habe er noch vom Kassierer der Mission erfahren. -Nach Abfahrt der französischen Mission wurden die Gelder für -Unterstützung der S.R. dem dänischen Konsulat übergeben, mit dem der -S.R. Elias Minor in Verbindung gestanden habe._ - -Der ehemalige Kriegsminister _Werchowski_ bestätigt die Gelderhergabe -der Entente an weißgardistische Organisationen, der Name eines Generals -_Suwarow_ taucht auf, der von der französischen Mission Gelder empfing -und an Organisationen weiterleitete. Dieser Suwarow war Mitglied eines -Militärstabes, dem Vertreter verschiedener bürgerlicher Parteien -angehörten; aber auch der S.R. _Gotz_ war Mitglied des Stabes; er -bestreitet es nicht. - -Die Aussagen dieser Zeugen haben im Frühjahr 1925 in Orleans eine -Bestätigung durch den _Major Laurent_ erfahren, dessen Name bereits im -Moskauer Prozeß aufgetaucht war: René Marchand hatte ausgesagt, daß -dieser Laurent mit den S.R. verhandelt hätte, um militärische -Organisationen vorzubereiten, man hatte besonders lange darüber beraten, -wie man S.R. in die Rote Armee als Kommandeure einschmuggelte. - -Laurent ist in Orleans persönlich erschienen und erklärte unter seinem -Eid vor dem bürgerlichen Gericht, daß man terroristische Akte gegen die -Führer der Sowjets nicht nur moralisch gebilligt, sondern selbst solche -Attentate gegen Trotzki und andere Führer der Sowjetrepublik geplant -hätte ... - -Man hat immer versucht, die Beziehungen der S.R. zur Entente zu -verschleiern, Semjonow, der vor Gericht keineswegs im Mittelpunkt stand, -wurde als einziger Zeuge dargestellt; da er den S.R. den Rücken gewandt -und ihre Machenschaften preisgegeben hatte, war es ein leichtes, ihn als -Provokateur hinzustellen. Aber dabei verschwieg man, daß dieser Semjonow -immer eine große Rolle in den Kampforganisationen gespielt hatte und auf -dem Parteitag der S.R. zum führenden Mitglied des Stabes der -Kampforganisation der S.R. ernannt worden war; er hatte nie eine geringe -Rolle gespielt; ihm war die gesamte terroristische Tätigkeit in den -Reihen der Sowjettruppen anvertraut, als die Samararegierung auf allen -Fronten gegen Moskau vorrückte. Semjonow hatte sein Leben in die Schanze -geschlagen. Vor Gericht erblickte man einen mittelgroßen, etwas -schmächtigen Mann von einigen 30 Jahren, er erinnerte eher an einen -Menschen, der aus einem Bureau kam, als an einen Terroristen; hellblond, -bleich, immer etwas übernächtigt, offenbar schwer in innere Kämpfe -verstrickt, äußerst nervös, nur während seiner Aussagen stets -gleichmütig, ganz ohne jede Pose – war er in diesen Verhandlungen am -meisten exponiert – er – als Renegat – war leicht anzugreifen, dabei -trafen seine eigenen Angriffe immer die wundesten Stellen. Wenn -Schwierigkeiten entstanden, so infolge der Zwiespältigkeit und Halbheit -der S.R. überhaupt; ihr Schwanken und Schillern, ihre Halbheit und -Unschlüssigkeit erschwerte die einfache, klare Feststellung der -Vorgänge. Die S.R. Partei war nie ein festes Gefüge – sie war es erst -recht nicht im Bürgerkriege, in der Zeit der Illegalität. Es konnte sehr -leicht möglich sein, daß die Mitglieder der Zentralkomitees durchaus -nicht derselben Meinung waren, und daß jener billigte, was dieser -verwarf. Es gab eine Instanz, die für alles Geschehen verantwortlich -war: eben das Zentralkomitee – aber es gab im Grunde keine Personen, die -verantwortlich sein wollten – es gab Meinungen von Personen. Und jemand -konnte schon individuell seinem Standpunkt Ausdruck gegeben haben – war -es für die Partei als Ganzes unbequem, so leugnete man später ab. Es gab -keine Führung, kein Programm, niemand gab Direktiven, weil alle sich -berufen fühlten. Semjonow, ein altes Mitglied der Partei, holte sich für -alle seine Unternehmungen die Genehmigung des Z.K. Da er rührig, -umsichtig und verwegen war, schien er wertvoll – man ließ ihn deshalb -gewähren, gab ausweichende Antworten, wollte bestimmte Akte geschehen -lassen und zauderte wieder, sie zu genehmigen. Eine Weile ließ sich das -Spiel der halben Zusage, des Nein-Ja-Sagens schon an; aber als sehr -ernste Taten geschehen waren, und die Mitglieder der Partei verlangten, -die Partei solle zu diesen Taten stehen, wich das Z.K. scheu zurück; der -Mord auf Wolodarski hätte eine Steigerung verlangt – wenn nicht gerade -den offenen Aufstand – so doch die offene Erklärung gegen die -proletarische Regierung – aber da nun die S.R.P. eine Arbeiterpartei -sein wollte, bedeutete solche Erklärung eine Kampfansage ans Proletariat -– Lenin war längst ein den Arbeitern teurer Name, welche Partei, die -auch nur mit der Arbeiterschaft sympathisierte, hätte ein solches -Attentat gutheißen können! Also wich man aus und gab die Täter, die ihr -Leben eingesetzt hatten, preis. Wundert man sich, daß die Täter endlich -das Lager verließen, in dem man ihnen nie den Rücken deckte? Mußten sie -nicht allmählich gewiß sein, daß diese Partei gar nicht wußte, was sie -wollte, wohin ihr Weg führte. Semjonow schreckte zurück, von -bürgerlichen Organisationen Gelder zu empfangen – Donskoi, Mitglied des -Z.K., erklärte höhnisch: „Non olet.“ Eine Weile schien es noch, als -könnten die S.R. eine selbständige Politik treiben; dann aber ballte -sich eine mächtige Front zusammen, die Bürger vor allem erwachten aus -ihrer Betäubung, die Entente bot alle Kräfte auf, ließ alle Minen -springen – die weißen Generale drängten von allen Seiten ins Land, die -S.R. wurden in die zweite Linie gestoßen, den Bürgern, den Generalen, -den fremden Missionen war offenbar, daß die Parolen der S.R. nirgends -mehr verfingen; der Kampf ließ sich nur noch mit brutalsten Mitteln -führen, das Gerede von der Demokratie sollte ein Ende haben, -rücksichtslos schob man alle Kulissen beiseite: auf offener Bühne -erschien der weiße Schrecken; die S.R. verhandelten mit dem -französischen Botschafter Noulens über die Zusammensetzung einer neuen -Regierung im Falle des Sieges der Samarafront. Die S.R. designierten -Tschernow: „Genug von sozialistischen Experimenten. Ich will nichts von -Tschernow wissen,“ erklärte Noulens barsch, damals einer der wahren -Herrn des weißen Rußlands. Die S.R. standen plötzlich verlassen da. Man -mag zur Beleuchtung der Lage die Memoiren weißer Generale nachlesen: sie -strotzen von Verachtung für die S.R. Je heftiger der Bürgerkrieg tobte, -desto geringer wurde der Einfluß der S.R. Sie hätten die Reihen der -Konterrevolution verlassen können – aber nachdem sie sogar eine ganze -Front der „Konstituante“ formiert hatten, war es unmöglich, diesen -Bankrott einzugestehen, ohne – mit blutbefleckten Händen – dem Fluche -der Lächerlichkeit, der Verachtung preisgegeben zu sein. Die Partei als -Ganzes mußte schon weiter vegetieren; aber ihr nie festgefügter Bau -zitterte in allen Gründen – die Mitglieder sprangen ab – so erklärt sich -Semjonows Abfall, seiner Komplizin Konopleva Reue, der anderen Bußgang – -je heftiger der Bürgerkrieg tobte, desto schärfer erkannte der S.R., wer -auf der Barrikade neben ihm stand – nicht der Arbeitsmann aus dem -Betrieb, nicht der Bauer, sondern der weiße Offizier, der Beamte, der -Student. Zu wessen Gunsten sollte Lenin fallen?! - - * * * * * - -Sawinkow hat 1924 in jener aufregenden Nachtsitzung vor dem Tribunal die -grauenhaft erniedrigenden Gefühle geschildert, die er in den Vorzimmern -der Ententeminister empfand. Er schildert sein Entsetzen, als Churchill -auf eine Karte wies und ihm „unser“ Rußland zeigte – diesen Ekel -Sawinkows sollte Semjonow nicht empfunden haben? Oder jener andere -Ignatiew, der auch zur 2. Gruppe der Angeklagten gehörte und sich vor -allem im Gebiete von Archangelsk betätigte?! Ignatiew schilderte, wie -die Ententetruppen im Norden gehaust hatten, Sondergerichte einsetzten, -Stäbe ernannten, denen die Russen untergeordnet waren. Immer wieder -durchtönte dieselbe Melodie dieses Trauerepos: wir wurden verächtlich -behandelt, man benutzte uns, die Besetzung von Archangelsk erfolgte nur -im Interesse der großindustriellen Machthaber. Ignatiew schilderte die -Taten der Weißen – immer waren die Arbeiter nur die Opfer, immer -richtete sich alles gegen das Proletariat. Der Blick auf den Nebenmann -war für den argwöhnischen, schwankenden Beobachter erschütternde -Erkenntnis. - -Da saß unter den Angeklagten der 2. Gruppe ein hellblondes, mittelgroßes -Geschöpf – Lydia Konoplewa; erinnerte an ein Bauernmädchen, das sich -„hochgearbeitet“ hatte, vielleicht Lehrerin geworden war (die -kleinbürgerliche Physiognomie war überhaupt ein auffallendes Merkmal -aller dieser Typen); sie war ein guter Soldat der S.R. geworden, -sicherlich ohne eigene Gedankenwelt, aber vom festen Willen erfüllt, für -die Unterdrückten zu kämpfen; verwegen, erfinderisch, losgerissen von -jeder Tradition und den Formen der alten Gesellschaft, bereit, ihr Leben -zu opfern. Für sie hatte die Haltlosigkeit der S.R. die größte -Enttäuschung bedeutet; von ihr existiert ein Brief an Tschernow, in dem -sie sich auf Unterredungen mit ihm beruft, in deren Verlauf er sich -entrüstet über die ausweichende Haltung ihrer Auftraggeber ausgesprochen -und den Terror gebilligt habe. Aus dem Briefe spricht das Gefühl der -tief enttäuschten, verlassenen Kreatur, die man noch obendrein verhöhnt, -weil sie den Rückweg in die Gesellschaft, diesmal in die Gemeinschaft -des Proletariats, zurückfinden wollte. Diese Angeklagten der II. Gruppe -wollten keine Außenseiter sein, sie sind nicht die Führer der Partei -gewesen, vielleicht wird man sagen, sie hätten deshalb nicht draußen -bleiben können; aber sie waren irregeleitete, ausgenützte Geschöpfe – -sollten sie, da sie Reue empfanden und bekannten, die neue proletarische -Gemeinschaft nicht aufnehmen, gegen die sie ehedem die Hand erhoben -hatten, die jäh herniederfiel, als plötzlich die Erkenntnis zuckte: -_für_ wen erhebe ich die Hand?! - -Die wahren S.R., die Führer der Partei, die Offiziere und Auftraggeber -kämpften noch vor dem Tribunal um diese isolierte Partei als um ein -Ganzes. Ein tragischer Schatten huschte zuweilen über ihr Geschick. Ihre -Anhänger im Lande hatten sie längst verlassen. Die Ruinen von Jaroslaw -waren ein furchtbares Memento. Die S.R. hatten die Macht gehabt, und die -Probe nicht bestanden. Die Bolschewiki hatten in vielen Stücken ihr -Programm ausgeführt – das warf man ihnen vor – „ihr habt uns bestohlen“. -Aber die Bolschewiki hatten es ausgeführt. - -Die Führer kämpften vor dem Angesicht Europas; sie wichen in die weiten -Wüsteneien ihrer Zersplitterung und Haltlosigkeit zurück, wenn man sie -festhalten wollte; im Grunde waren sie echte Russen, wahre -Kutosowrussen, aber 1812 hat diese Methode des Ausweichens Rußland -gerettet; die Leute, die sich jetzt ins Weite verloren, gaben ihre -Partei preis, ihren ganzen Kampf um die Demokratie. Sie verwickelten -sich in unlösbare Widersprüche: sie waren gegen Interventionen, aber sie -waren überall mit den intervenierenden Mächten verbunden, sie waren -gegen die Bourgeoisie, aber sie standen mit bürgerlichen Organisationen -in engster Verbindung und empfingen sogar Gelder von ihnen, sie wollten -die Front gegen Deutschland errichten, aber sie waren bereit, Boten ins -deutsche Hauptquartier zu senden, sie scheuten den Terror, aber sie -haben in ihren Zeitungen nach geschehener Tat gejubelt, sie wollten -verhindern, daß Geld an Deutschland abgeliefert würde, aber sie wollten -den Zug unbewacht stehen lassen, wenn die Sprengung geschehen war ... -Sie wollten eine Partei der Arbeiter sein, aber nach der -Oktoberrevolution organisierten sie zuerst eine Erhebung der -Offiziersschüler. Sie waren nicht gegen die Sowjets, aber für die -Konstituante, sie hatten den Zusammentritt der Konstituante nicht -beschleunigt, obschon sie es vermocht hätten; aber sie erhoben die -Konstituante zum unantastbaren Heiligtum, nachdem die Konstituante -längst nicht mehr dem Willen des Volkes entsprach. Man fand einen Brief -von Gotz, in dem es von dunklen Anspielungen wimmelte; u. a. kam auch -der bekannte Satz, der alte Wahrspruch der S.R.P., vor: „Im Kampf wirst -du dein Recht erwerben!“ Wundert man sich, wenn Gotz umwunden erklärte, -dieser Ausdruck beziehe sich nur auf den Kampf _um_ die Konstituante, -nicht aber um den Kampf _gegen_ die Sowjets?! - -Die Führer versuchten sich durch solche Methoden des Ausweichens zu -retten, aber gerade diese Taktik wurde ihnen zum Verhängnis, um so -kräftiger stieß das Tribunal nach und plötzlich entlarvte sich eine -Partei, die gar kein festes Gefüge, keine straffe Organisation war, -sondern eher wirkte wie ein Schwarm zusammengelaufener ratloser, -verärgerter Menschen. Wie imposant richtete sich im Gegensatz dazu das -eherne Gebäude der bolschewistischen Partei auf! - - * * * * * - -Die Haltung der S.R. zu den terroristischen Akten offenbarte ihre ganze -Schwäche als Partei, die sich vor Gericht zugleich als ihre Stärke -erwies. Niemand hat gezweifelt, und niemand konnte Einspruch erheben, -daß die Attentate auf Lenin, Trotzki und Wolodarski von Mitgliedern der -Partei vorbereitet und ausgeführt waren. Fanny Kaplan, die Lenin schwer -verwundet hatte, war eine Sozialrevolutionärin; Semjonow und die -Mitglieder seiner Kampforganisationen gehörten zur Partei. Der Prozeß -rollte nicht die Frage der Täterschaft auf; sie war längst entschieden. -Dem Tribunal kam es vielmehr darauf an, in den Hintergrund einzudringen, -die Zusammenhänge zwischen den Offizieren und Soldaten festzustellen, -das Z.K. als eine Mordzentrale zu entlarven, die Partei zu überführen, -daß sie zu Attentaten auf Arbeiterführer angestiftet hätte. Bewiesen war -längst, daß die Ententemissionen Attentate auf bolschewistische Führer -moralisch billigten; bewiesen konnte aber nicht werden, daß zwischen den -Missionen und dem Z.K. Verabredungen für bestimmte Attentate bestanden -haben. Möglich ist es schon; gelegen war den Missionen an solchen -Attentaten. Die Führer des Z.K. konnten nicht bestreiten, daß sie um die -Absichten von Attentaten gewußt haben; Semjonow hat sowohl Gotz wie -Donskoi von seinen Plänen benachrichtigt; beide konnten dieser Aussage -nicht widersprechen, sie bestritten energisch, Semjonow ermuntert zu -haben, Gotz will ausdrücklich Semjonow geraten haben „_er möchte noch -mit der Ausführung warten_.“ Aber ein striktes Verbot des individuellen -Terrors seitens der Partei ist _nie_ ergangen, nach vollbrachter Tat -rückte das Z.K. öffentlich von den Tätern ab, aber in Gebieten, wo die -Bolschewiki nicht die Macht besaßen, jubelte die Presse der S.R. auf. -Eine moralische Verurteilung der Täter seitens der Partei ist _nie_ -erfolgt, geschweige daß man die Täter etwa ausgeschlossen hätte. Als -Wolodarski ermordet wurde, spielte sich folgende merkwürdige Szene ab, -die Tschernow in einer Emigrantenzeitung geschildert hat: - -„Das Mitglied der Partei der Sozialrevolutionäre S. M. Postnikow hat mir -über diesen Fall wörtlich folgendes mitgeteilt: - -„Der Mord an Wolodarski erfolgte in der Hitze der Wahlkampagne zum -Petrograder Sowjet. Plötzlich kommt die unerwartete Nachricht: -Wolodarski durch einen Schuß getötet. Natürlich nutzten die -Bolschewisten dies sofort aus, um die Zeitung zu schließen und durch die -schärfsten Repressalien unsere ganzen Wahlerfolge zu annullieren. Ich -lief sofort zu Gotz und fragte ihn, was los sei. Er antwortete: ein -Arbeiter, seiner Überzeugung nach Sozialrevolutionär, der einen ernsten -Parteiauftrag hatte, war Zeuge, wie das Automobil Wolodarskis eine Panne -erlitt; er konnte sich nicht zurückhalten und schoß auf ihn, da er ihn -für den Urheber der in Petrograd unter dem Regime Sinowjews begangenen -Grausamkeiten hielt. „Wissen Sie, wenn wir in einer anderen Lage wären – -fügte Gotz hinzu, – wie wir dann nach unseren Traditionen verfahren -müßten? Wie man solches eigenmächtiges Handeln an einem Mitglied, das -auf einem ihm anvertrauten revolutionären Posten steht, bestrafen -müßte?“ - -Diese Erklärung Tschernows spielte vor Gericht eine große Rolle. Man -fragte Gotz vergebens, welchen „ernsthaften Parteiauftrag“ hatte dieser -S.R.? Merkwürdig, daß er sich gerade jetzt „nicht zurückhalten“ konnte, -merkwürdig, daß Gotz an der Handlung nur auszusetzen hatte, daß sie -„eigenmächtig“ erfolgte! Und wie seltsam kontrastierte zu diesem -Gespräch die Weisung Gotz’ an Semjonow, man sollte noch warten. Und was -wußte Tschernow zu Semjonows Angaben zu sagen? Sie sind eine ... -„verräterische Denunziation.“ Lydia Konoplewa hat in einem öffentlichen -Brief an Tschernow eine Frage gerichtet, ohne je eine Antwort erhalten -zu haben: - -„Sie stützen sich auf die Erzählung S. P. Postnikows über seine -Unterhaltung mit Gotz nach der Ermordung Wolodarskis: „Ich lief sofort -zu A. R. Gotz und fragte ihn, was los sei. Er antwortete: ein Arbeiter, -Sozialrevolutionär seiner Überzeugung nach, der einen wichtigen -Parteiauftrag hatte, war Zeuge, wie das Automobil Wolodarskis eine Panne -erlitt –, er konnte sich nicht zurückhalten und schoß auf ihn ...“ - -Halten Sie es nicht für möglich, Viktor Michailowitsch, daß Gotz die -Wahrheit vor Postnikow verbarg, wie sie den meisten Mitgliedern der -Partei der Sozialrevolutionäre verborgen blieb? – Postnikow hatte, wie -Sie selbst wissen müssen, nicht die geringste Beziehung zur -militärischen Arbeit und der Kampfarbeit in der damaligen Zeit. - -Doch selbst diese so zweifelhafte „Zeugenaussage“ brauchen Sie nicht -vorsichtig genug. - -Was ist das für ein „ernster Parteiauftrag“, den Sergejew hatte? – Es -ist etwas seltsam, daß das mit „einem ernsten Parteiauftrag“ versehene -Mitglied der Partei der Sozialrevolutionäre sich gerade in diesem -günstigen Augenblick in der Nähe Wolodarskis befand und überdies noch -mit einem Revolver und einer Handgranate in der Hand.“ - -Im Prozeß wiederholte Semjonow sein Bekenntnis in der Broschüre: er habe -sich Mitte Mai 1918 an _Donskoi_ gewandt und ihm den Vorschlag gemacht, -zu terroristischen Aktionen überzugehen. _Donskoi freute sich über -diesen Vorschlag_ sehr. Bald darauf traf Semjonow auch mit Gotz -zusammen, mit dem er eine Unterredung über die Organisierung -terroristischer Aktionen hatte. _Gotz wies darauf hin_, daß in erster -Linie gegen _Sinowjew und Wolodarski Attentate verübt werden_ müßten. -_Nachdem er die Zustimmung des Zentralkomitees_ erhalten hatte, begann -Semjonow mit der Organisierung einer „Kampfabteilung“, die die geplanten -Attentate verüben sollte. Die Beobachtung Sinowjews und Wolodarskis -wurde der Iwanowa übertragen. Sie stellte fest, daß es am leichtesten -wäre, auf Wolodarski ein Attentat zu verüben, der häufig Meetings zu -besuchen pflegte. Als Tatort wurde der zu der Obuchowschen Fabrik -führende Weg, den Wolodarski mit dem Auto öfters passierte, ausersehen. -Als die Vorbereitungen zur Ermordung Wolodarskis getroffen waren, -erstattete Semjonow dann Gotz Bericht. Gotz gab jedoch Semjonow den Rat, -mit der Ausführung seines Vorhabens zu warten. Dies fand Semjonow sehr -merkwürdig, da sich das _Zentralkomitee der Partei der S.R. doch bereits -prinzipiell mit dem Attentat auf Wolodarski einverstanden erklärt -hatte_. Am nächsten Tage begab sich Sergejew an den Tatort, um sich zu -überzeugen, wie dieser von dem Auto Wolodarskis passiert werde. Von -seinem Wagen aus fragte Sergejew den Semjonow noch, wie er sich zu -verhalten habe, wenn die Gelegenheit günstig sei, um auf Wolodarski zu -schießen. _Semjonow antwortete_, daß in solchem Falle eben gehandelt -werden müsse. Zufällig blieb das Auto Wolodarskis nicht weit von dem als -Tatort ausersehenen Platze stehen. Wolodarski verließ sein Automobil und -ging Sergejew entgegen, der mehrere Schüsse auf Wolodarski abgab und ihn -tötete. Es gelang Sergejew zu entfliehen. Am Abend des gleichen Tages -begab er sich in die Wohnung Semjonows, wo er Unterkunft fand. 2 bis 3 -Tage blieb Sergejew in Petersburg, dann wurde er von Semjonow nach -Moskau geschafft. Am Tage nach der Ermordung Wolodarskis erschien eine -Erklärung des Zentralkomitees der Partei der S.R., die Partei der S.R. -habe mit diesem Morde nichts zu schaffen. Semjonow betonte, daß diese -Erklärung für ihn und die anderen Mitglieder der Kampforganisation ein -furchtbarer Schlag gewesen wäre. Bald darauf erschien der -Bevollmächtigte des Zentralkomitees, Rabinowitsch, der Semjonow -erklärte, er habe kein Recht gehabt, das Attentat zu verüben, er hätte -vielmehr die Einwilligung Gotz’ abwarten müssen. Eine Weile später -machte Rabinowitsch Semjonow den Vorschlag, mit ihm ein Meeting zu -besuchen, und um alle Zweifel Semjonows zu zerstreuen, sagte er ihm, daß -die Sache der Terroraktionen gut stehe, und alle Spuren verwischt seien, -so daß Semjonow ruhig zu dem Meeting gehen könne. - -Kurz nach der Ermordung Wolodarskis hatte Gotz eine Zusammenkunft mit -Semjonow, in deren Verlauf Gotz erklärt haben will, er sei zu seiner -großen Überraschung vor eine vollendete Tatsache gestellt worden. -Vielleicht entspricht diese Angabe von Gotz der Wahrheit; aber fest -steht, daß man Semjonow nicht in die Arme fiel, als er weitere Attentate -organisierte. Gotz gab offen zu, die Ermordung Wolodarskis habe das Z.K. -moralisch gebilligt; man habe nie in Erwägung gezogen, den Attentätern -ihre Parteirechte zu entziehen. So kann man ohne Zweifel resultieren, -daß das Z.K. durch Gotz ausweichende Bescheide gab, die Tat geschehen -wissen, aber sie nicht inspiriert haben wollte. Und als man sah, welche -tiefe Erregung in den breiten Massen der Tod Wolodarskis auslöste, -schreckte man erst recht zurück und veranlaßte die Übersiedlung der -Kampforganisation Semjonow von Petrograd nach Moskau. - -In Moskau hat die Gruppe sofort wieder ihre Tätigkeit aufgenommen. -Diesmal wollte man Lenin selbst treffen. Semjonow hat der Fanny Kaplan -Munition und Gift verschafft, Donskoi wurde von Semjonow informiert; die -Angeklagte Stawskaja bekundet, Donskoi sei über die Vorbereitungen zu -dem Attentat auf Lenin genau unterrichtet gewesen, das Mitglied der Z.K. -Timofjejew machte als Einwand gegen terroristische Akte nur geltend, man -dürfe die Bolschewiki nicht zu Märtyrern machen. Aber hat nicht die -Angeklagte Eugenie Ratner bereits erklärt, die Partei lasse sehr wohl -Terrorakte gegen die Bolschewiki gelten? und stand Eugenie Ratner dem -Z.K. nicht sehr nahe? Und war nicht außer jenem Attentat der Fanny -Kaplan noch ein zweites Attentat auf Lenin geplant gewesen, in das Lydia -Konoplewa verwickelt war, die im Februar 1918 B. N. Rabinowitsch den -Vorschlag machte, W. I. Lenin zu töten. „Ich schlug vor, dies in Form -eines individuellen Aktes auszuführen, um die Partei keinen Repressalien -auszusetzen, hielt es jedoch für notwendig, die prinzipielle Stellung -des Zentralkomitees zu dieser Frage festzustellen. Aus diesem Anlaß -führte ich Unterhandlungen mit dem Mitglied des Zentralkomitees A. R. -Gotz. – Gotz pflichtete mir bei und holte die Meinung des Büros des -Zentralkomitees ein, das sich damals in Moskau befand. Speziell zu -diesem Zweck fuhr Rabinowitsch nach Moskau. Die Sanktion des Büros des -Zentralkomitees für den individuellen Akt wurde erteilt. Außerdem gab -uns das Büro als Führer der terroristischen Gruppe das Mitglied des -Zentralkomitees W. Richter bei.“ - -Aus dem Attentat wurde nichts; Gotz hat selbst später die Vorbereitungen -inhibiert. - - * * * * * - -Ein Attentatsversuch gegen Trotzki mißlang, weil Trotzkis Zug von einem -anderen Bahnhof abfuhr. Die Teilnehmer erzählen von einer merkwürdigen -Nachtwanderung am Eisenbahndamm, und während sämtliche Beteiligte ihr -Vorhaben eingestehen, behauptet die Angeklagte Iwanowa, sie habe die -Bombe in jener Nacht nur mit sich herumgeschleppt, um sie auf die -Wachtmannschaften, nicht aber auf Trotzki zu werfen ... - -_„Die S.R. Partei hatte prinzipiell nichts gegen die Attentate -einzuwenden,“ gestand Timofejew._ Er erzählt, daß Semjonow, von -Gewissensbissen getrieben, bei ihm erschienen wäre und _das Anerbieten -stellte, Koltschak und Denikin zu töten. Und Timofjejew willigte in das -Attentat gegen Koltschak ein. Das Attentat gegen Denikin verbot er, da -Denikin die Konstituante nicht auseinandergejagt hätte und auf dem -Territorium seiner Herrschaft die S.R. Organisationen nicht auflösen -ließ_. - -Im Saale herrschte eine tiefe furchtbare Stille, als Timofjejew diese -Aussage machte. - -„Welche Gewissensbisse haben Semjonow zu diesem Entschluß veranlaßt?“ -fragt Krylenko. - -_„Semjonow hatte das Gefühl, daß er sich mit der Organisation von -Attentaten gegen die Revolution versündigt hat. Semenow fühlte damals -Reue über seine blutigen Taten, die er gegen die Revolution verbrochen -hat,“ antwortete Timofjejew._ - -„Welche Taten meinen Sie?“ fragt Krylenko. - -„_Jene terroristischen Akte im Jahre 1918_,“ lautet die Antwort -Timofjejews. - -„_Sie hatten also Kenntnis von diesen?_“ fragt Krylenko. - -„_Ich hatte von ihnen Kenntnis_,“ antwortet Timofjejew. - -Aber hat es im Z.K. der S.R. eine einheitliche Stellung zum -individuellen Terror gegeben? Die Frage ist nicht geklärt worden. Zwei -ehemalige S.R. sagten als Zeugen über eine Sitzung des Z.K. aus, in der -man sich über die Frage des individuellen Terrors schlüssig werden -wollte. Tschernow und ein großer Teil der Anwesenden habe für den Terror -gestimmt, ein ebenso großer Teil habe ihn verworfen – und zuletzt sei -man auseinandergegangen, ohne einen endgültigen Beschluß gefaßt zu -haben. In diesem ausweichenden, unentschiedenen Verhalten enthüllt sich -der ganze schwankende Charakter der S.R. Fühlten sie eine gewisse Scham, -die Hand gegen Arbeiterführer zu erheben? Wollten sie keine Märtyrer -machen? Mußten sie nicht noch vielmehr jetzt im Prozeß alle Rednerkünste -aufbieten, um die Hintergründe zu verschleiern und sich nicht vor einem -Arbeiterpublikum, im Arbeiterrußland als Arbeitermörder zu bekennen?! Es -spielte sich ein erbitterter Kampf um die Hintergründe, um die -Feststellung der wahren Antreiber zu Meuchelmorden ab. Die S.R. Partei -war empfindlich getroffen, wenn der klare Beweis geführt werden konnte, -daß es eine Mörderzentrale im Z.K. gab. Der klare Beweis ist nicht -erbracht worden. Festgestellt wurden nur die Uneinigkeit im -Zentralkomitee und seine Mitwisserschaft; festgestellt wurden die -moralische Billigung und der Versuch, die Terrorgruppen zu schützen. Und -durch die Aussagen Pascals konnte der Beweis geführt werden, daß die -Mordtaten der S.R. im Lager der Entente Gefühle hoher Befriedigung -auslösten. Man hat nie feststellen können, wie sich die Verhandlungen -zwischen den S.R. und der Ententemissionen in Details abspielten. Den -Unterredungen hat niemand beigewohnt, es existiert kein Stenogramm, kein -Dokument. Aber als Lenin schwer verwundet aufs Lager hingestreckt wurde, -jubelte die S.R. Presse, atmete man in den Missionen auf, und der -französische Offizier Laurent grübelte mit seinen Kumpanen nach: Wie -töten wir Trotzki? ... Draußen vor den Toren Moskaus stand an einer -Eisenbahnbrücke eine hohe weibliche Gestalt: Iwanowa. Das Umschlagtuch -barg eine Bombe. Und die brennenden Augen bohrten sich fiebernd in die -schwüle Nacht: blinkten noch immer nicht die Lichter von Trotzkis Zug? - - * * * * * - -Die Expropriationen und Sprengungen hat man zugegeben. Darüber wurde -nicht lange gestritten. Man gestand, Material von den Franzosen erhalten -zu haben, um Eisenbahnzüge zum Entgleisen zu bringen, Brücken zu -sprengen. Donskoi hat keine Ausflüchte gemacht. Das waren -„Kriegsoperationen“ der Front der Konstituante. Auch die -Expropriationen, die Bestechungen von Beamten, die Einbrüche ins Post- -und Telegraphenamt an der Ecke Twerskaja-Kammerherrengasse, in -staatliche Lebensmittellager gab man zu. Von dem Tode des reichen -Kaufmannes wußte das Z.K. nichts; diese Tat hat Semjonow nicht -berichtet. Es berührt schon merkwürdig, daß man sich nicht über diese -Einbrüche und Diebstähle erregte – es waren Bagatellen – nachdem man als -Mörder entlarvt war. - - * * * * * - -Die Aufstände in Archangelsk, im Murmangebiet, die Errichtung der -Wolgaregierung, der Aufruhr in der Ukraine und alle diese offenen -Kampfhandlungen der S.R. gegen die Sowjets haben nicht so sehr im -Mittelpunkt des Interesses gestanden, wie jene terroristischen -Handlungen. Die Bolschewiki haben den individuellen Terror nie gebilligt -und ihn schon zur Zarenzeit verurteilt. Sie waren dank ihrer -marxistischen Schulung überzeugt, daß der Erfolg der Revolution nur -einer Massenbewegung zu verdanken ist. Und immer hatte sich schon im -Gegensatz zwischen individuellem und Massenterror am auffälligsten der -Unterschied zwischen den beiden Parteien enthüllt. Der individuelle -Terror entsprang nicht nur einer völlig verzweifelten Stimmung und einer -ausgesprochenen persönlichen Einstellung; er konnte nur in Kreisen zum -Prinzip erhoben werden, in denen man davon überzeugt war, daß Menschen, -einzelne Personen die Geschichte machen. Die Bolschewiki wußten, daß -jeder revolutionäre Fortschritt einer Umwälzung der Verhältnisse, der -Produktionsmethoden entspringen muß. Nur Massenbewegungen konnten nach -Ansicht der Bolschewiken zur Eroberung der Macht führen. Die Geschichte -hat ihnen Recht gegeben. Die Oktoberrevolution 1917 ist eine solche -unwiderstehliche Massenbewegung gewesen, der die bolschewistische Partei -Richtung und Ziel gewiesen hat. Und die verzweifelten Aktionen der S.R. -nach der Oktoberrevolution beweisen, wie sehr ihnen die Leitung der -Massen entglitten war. Und wie ungeheuerlich erschienen dem russischen -Arbeiter die terroristischen Akte gegen seine Führer, die niemandem -frommten als dem Großgrundbesitz und dem Großkapital, hinter denen die -Entente als Antreiberin stand. Unzweifelhaft haben nationale Elemente -eine gewisse Rolle gespielt – die bolschewistische Revolution war eine -Umwälzung der ökonomischen Besitzverhältnisse, aber die proletarische -Revolutionsidee verschmolz zugleich mit einem starken nationalen -Selbstbewußtsein – der Arbeiter empfand zum ersten Male, daß er ein -Vaterland hatte – ein Begriff, der für die Vertreter des Kapitals -niemals mehr als eine Kulisse gewesen ist, die man je nach der -Konjunktur hin- und herschob. Die Tätigkeit der S.R. erschien deshalb in -einem noch schlimmeren Lichte, als gegen Ende des Prozesses sich auf den -Tischen des Tribunals Berge von Dokumenten häuften, durch die der Partei -nachgewiesen wurde, daß sie bis tief in die jüngste Zeit hinein sich mit -dem Ausland verbunden hatte, um die Sowjets zu stürzen. Man muß sich in -jene Tage zurückversetzen, in denen Sowjetrußland erst von wenigen -Staaten anerkannt war, von der gesamten Bourgeoisie geächtet war, und -Flutwellen der Verleumdung sich über das Gesicht Rußland ergossen. Auch -Rußland hatte gegen eine Welt von Feinden gekämpft und geblutet, an -allen Fronten des Reiches hatten die Heere der Arbeiter und Bauern die -von den Westmächten, Deutschland und Amerika ausgerüsteten weißen Armeen -aufgehalten; im Innern hatten die S.R. durch ihre terroristischen Akte -die Moral und Widerstandskraft zu schwächen gesucht, Hunger, Not, -Entbehrungen, Kälte, Epidemien suchten das ungeheure Reich heim, das der -imperialistische Krieg schon genug mitgenommen hatte. Die Heere der -Arbeiter und Bauern hatten den Feind nicht nur aufgehalten, sondern -besiegt; der Freiheitskampf dieses Volkes wird vielleicht in seiner -ganzen gewaltigen heroischen Größe erst späteren Geschlechtern offenbar -werden; vielleicht wird man ihm Genugtuung widerfahren lassen. Die Heere -der Fremden und Weißen wurden von expropriierten Kapitalisten vorwärts -gejagt, von den Bankherren der City und Wallstreet, die -keine Möglichkeit mehr sahen, ihre Kapitalien in russischen -Industrieunternehmungen anzulegen – und sehr günstig bei den niedrigen -Löhnen und der relativen Bedürfnislosigkeit der russischen Arbeiter, die -von den Kosaken des Zaren jahrzehntelang immer wieder trotz tapferer -Gegenwehr zur Arbeit getrieben waren. Die Herrschaft des Proletariats in -Rußland bedeutete für das ausländische Kapital die Versperrung von -Ausbeutungsmöglichkeiten, bedeutete den Ausfall Rußlands als Kolonie. -Und da sich dem Expansionsdrang des Kapitals bis zum heutigen Tage in -Rußland unüberwindbare Widerstände entgegensetzen, das Kapital aber auf -Rußland angewiesen ist, erscheint dieser Konflikt unlösbar, so lange der -proletarische Staat besteht. Aus solchem Gegensatz erwächst der -Weltkonflikt der nächsten Jahrzehnte. - -An einem der letzten Prozeßtage wurde dem Angeklagten Timofjejew ein -Dokument mit der Frage: „Kennen Sie diese Unterschrift?“ überreicht. -„Sensinow?“ – „Ja.“ „Und erkennen Sie diese Unterschrift als echt an?“ -Der Angeklagte zögerte eine Weile und sagte dann: „Ja!“ Und diesem -Dokument folgten unzählige andere Schriftstücke, aus denen hervorging, -daß die Partei der S.R. in engster Abhängigkeit von ausländischen -Regierungen stand. Sensinow, ein alter Sozialrevolutionär, hatte in der -Regierung der Konstituante von Samara gesessen, war nach dem -Zusammenbruch der Front ins Ausland geflohen und hatte in Frankreich ein -„_Administratives Zentrum_“ gebildet, dem die bekanntesten Führer der -S.R. beigetreten waren: Kerenski, Awxentijew, Bruschwit, Tschernow, -Machin und einige andere! Das Pariser Geheimarchiv dieser ausländischen -Geheimorganisation war in die Hände der Sowjetregierung gefallen, das -Material belastete die S.R. aufs Schwerste. Unter den Dokumenten -befanden sich Briefe, aus denen hervorging, daß die Partei im Jahre 1921 -von der französischen und tschechoslowakischen Regierung, ferner von -Weißgardisten Gelder empfangen hatte, um Aufstände in Rußland zu -organisieren. In einem Briefe Sensinows an das Mitglied des -„Administrativen Zentrums“, Rogowski, heißt es: - -„_Gestern hatte ich eine Unterredung mit Benesch, die 50 Minuten -dauerte. Er war wie immer liebenswürdig und entgegenkommend; ich denke, -er ist auch aufrichtig. Ich berührte im Gespräch unsere Möglichkeiten -und unsere tatsächliche Lage._ Ich schilderte ihm das Bild des Ganzen. -‚Wir halten eure Arbeit für nützlich und notwendig, sowohl für Rußland, -wie auch für uns. Wir werden es daher nicht dazu kommen lassen, daß eure -Arbeit aufgegeben wird; _vom Januar an werdet ihr wöchentlich 50000 -Kronen bekommen, ich (Benesch) werde persönlich dafür Sorge tragen, daß -dieser Betrag auf 60000-65000 Kronen erhöht wird_‘.“ (_Benesch ist der -Premierminister der Tschechoslowakei_.) Am 21. Dezember berichtet -Sensinow an Rogowski: „_Vor vier Tagen erhielt ich 80000 Kronen; dieses -Geld wurde uns ohne jede Mahnung von unserer Seite ausgezahlt._“ - -Als nächster Geldgeber erscheint der ehemalige russische Botschafter -Bachmetjew, in dessen Händen sich auch heute noch bedeutende Summen aus -dem russischen Staatsschatz befinden. Am 12. April 1921 sendet Kerenski -an Bachmetjew über die tschechoslowakische Gesandtschaft in Paris -folgendes chiffrierte Telegramm: „Ich erhielt aus Rußland die Bitte um -eine äußerste Kräfteanstrengung. Das von Ihnen geschickte Geld gewährte -eine wirkliche Hilfe am Bestimmungsorte. Es ist notwendig, die Hilfe -ohne Verzug sofort fortzusetzen. Die unaufschiebbare Geldnot verlangt -meine schleunige Abreise nach Amerika.“ Im Brief vom 13. März teilt -Sensinow an Kerenski mit: „Gestern erhielten wir von Ihnen aus Paris -eine Anweisung auf 50000 Francs und von Bachmetjew telegraphisch 25000 -Dollars.“ - -Als Geldgeber fungiert ferner der weiße General Bitscherachow. Die S.R. -erhielten von ihm während der Jahre 1918/19 20000 Francs und im Jahre -1920 einige hundert Pfund Sterling. Woher stammen diese Gelder? Darüber -schreibt am 21. März 1921 der S.R. Ter-Pogosian an den S.R. Minor: „Die -Gelder im Besitze L. Bitscherachows stammen aus zwei Quellen. Nach der -Auflösung der persischen Front durch die Bolschewiki organisierte -Bitscherachow eine Freischärlerabteilung. Die Engländer zahlten ihm -monatlich einen bestimmten Betrag für die Unterhaltung dieser Truppe. -Die englischen Subsidien überstiegen die Ausgaben, so daß bei -Bitscherachow Reste blieben. Außerdem hatte er noch Gelder aus jenen -Beträgen, die nach dem Umsturz und der Beseitigung der bolschewistischen -Regierung in Baku und Petrowsk in den Besitz der Bakuschen weißen -Diktatur kamen. Hauptsächlich die Gelder der Staatsbahnen, folglich also -Staatsgelder ... In Anbetracht dessen hatten wir Grund, diese Summen -nicht als Bitscherachow persönlich gehörig aufzufassen, ihre -Bereitstellung für soziale und politische Zwecke erscheint als völlig -gerechtfertigt.“ - -Endlich gaben die russischen Industriellen selbst große Summen. Zur Zeit -des Kronstadter Aufstandes öffneten sie ihre Portefeuilles. - -Ein Teil der Dokumente beleuchtete die engen Beziehungen zwischen den -S.R. und der französischen Regierung. Kerenski hat verschiedene Male mit -Berthelot, dem Direktor des französischen Außenministeriums, und mit -Briand selbst korrespondiert und mündlich verhandelt. - -Im Besitz solcher Mittel und Beziehungen legten die S.R. ein -Spionagenetz an, das von Konstantinopel bis Reval reichte, sie schickten -Sendboten ins Innere des Landes, trieben militärische Spionage und -sondierten die Kommandeure der Roten Armee. Ein Oberst Machin ist der -Leiter dieses militärischen Spionagedienstes; aus einem Briefe geht -hervor, daß Machin sich in Reval mit französischen Offizieren in -Verbindung zu setzen hatte. Kerenski entsandte einen Oberst nach -Konstantinopel und gab ihm einen Brief an den französischen -Militärvertreter mit, den General Pellet. Die Minister der Randstaaten -empfingen die Boten der S.R., und wenn den S.R. der Empfang zu kühl -schien, versuchten sie durch englische Vermittlung einen Druck ausüben -zu lassen. In allen Hauptstädten Europas entfalteten die S.R. eine -fieberhafte Tätigkeit; sie hielten verschiedene Zeitungen, bauten ihren -Apparat aus, saßen in den Vorzimmern der Minister und Bankiers, -versuchten die Errichtung einer großen weißen Front, schüchterten die -Kleinstaaten durch die Großmächte ein, nutzten sämtliche Verbindungen -aus, verbreiteten Märchen über Rußland und ließen kein Mittel -unversucht, um dem neuen Staate zu schaden. Dies alles vollzog sich mit -der Skrupellosigkeit, dem Raffinement, der Hartnäckigkeit und dem Haß -des Unterlegenen und Verdrängten, dessen Zeit vorüber ist, und der eine -rastlose Tätigkeit zu entfalten sucht, um sich zu betäuben und der Welt -zugleich seine Brauchbarkeit zu beweisen. - -Im Januar 1921 schien der Same aufzugehen. In Kronstadt brach eine -Meuterei aus; über das Eis der Newa drangen die Truppen der Sowjets und -nahmen mit stürmender Hand die Seefestung. Der Aufruhr ist unzweifelhaft -von den S.R. entfacht worden. Damals weilte Tschernow in Reval und -schickte Telegramme nach Kronstadt; andere bemühten sich um Proviant und -Munition für die aufständige Festung. In einem Flugblatt des -„Revolutionären Rußland“ schreibt Tschernow: - -„Kronstadt hat sich erhoben. Durch sein heroisches, aufopferndes -Beispiel ruft es ganz Rußland zu dem langersehnten Befreiungswerke. -Petrograd hat den Generalstreik erklärt. Ihr aber, Tyrannen und -Despoten, laßt es Euch gesagt sein, daß die Tage Eurer, dem gesamten -Volke verhaßt gewordenen Herrschaft gezählt sind. Wenn Ihr um Euer Leben -bangt, wenn Ihr am Leben hängt, verschwindet aus dem Wege. Das Volk -kommt, es wird Euch richten.“ - -Im Laufe des Jahres versuchte man im Kaukasus eine Bewegung zu -entfachen; das „Administrative Zentrum“ hielt verschiedene Sitzungen ab, -in denen die Vorbereitungen zu Aufständen beraten wurden. Es existiert -das Protokoll einer solchen Sitzung, in der Machin die finanzielle und -ökonomische Vorbereitung „zum Aufstande und Sturze der Bolschewisten“ -verlangt. Bruschwit spricht von der Notwendigkeit, „Militärkaders -vorzubereiten und eine starke, leistungsfähige militärpolitische -Organisation zu haben.“ Kerenski erklärt: Wir haben unsere Fachleute und -unsere Leiter in den bestehenden Organisationen in Rußland und verlangen -ihre Unterschrift als Garantie ihres politischen und militärischen -Lebenswandels. - -Im November 1921 wird sogar schon wieder eine „terroristische -Kampfgruppe“ gegründet. Ihre Haupttätigkeit aber entfalten jetzt die -S.R. im Kaukasus, man gründet im Inneren Geheimorganisationen, erbittet -und erhält von den Franzosen materielle Unterstützung und erklärt sich -bereit im Falle eines Fehlschlages die eingegangenen Schulden durch -Übermittlung von Nachrichten an die französische Konterspionage -abzutragen. - -Bis ins Jahr 1922 hinein reichten die schriftlichen Beweise dieser -konspirativen Tätigkeit der S.R. Die Angeklagten in Moskau waren an -diesen Unternehmungen aktiv nicht beteiligt. Man legte ihnen sämtliche -Dokumente vor. Man stellte ihnen die Frage: billigt ihr diese Methoden -der Auslandsdelegation eurer Partei, im Bunde mit der großen und kleinen -Entente neue Interventionskriege herbeizuführen, dank materieller -Unterstützung der Westmächte das Land mit einem Netz von -Geheimorganisationen zu überziehen und Rußland in neues unsagbares Elend -zu stürzen. Die Angeklagten wichen aus. Die Methoden ihrer Kameraden im -Auslande schienen ihnen verwerflich; aber im Angesicht ihres eigenen -Todes weigerten sie sich, von ihren Parteigenossen abzurücken. „Also -billigt ihr, was jene tun?“ „Wir sind, wie am ersten Tage eurer -Herrschaft, gegen euch und werden euch mit _allen_ Mitteln bekämpfen.“ - - * * * * * - -Nach fünfzig Sitzungstagen, nach einer Vernehmung von etwa 100 Zeugen -und der Verlesung einer Fülle von Dokumenten begannen die Plaidoyers. -Die Vertreter des Arbeiter- und Bauernrußlands erhielten zuerst das -Wort; dann sprachen die Vertreter der III. Internationale: Klara Zetkin, -der Tscheche Mune, der Ungar Bokanyi. Auf die Angeklagten hat die Rede -Klara Zetkins einen niederschmetternden Eindruck gemacht. Der Name -dieser tapferen, unermüdlich im Dienste der Sache des Proletariats -tätigen Frau, die immer in der vordersten Front stand, noch als Greisin -in die Kerker des deutschen Kaiserreiches wanderte, war auch für die -S.R. ein – man muß schon sagen – heiliger Name. Sie wußten, daß diese -Frau die letzte war, die sich beeinflussen ließ. Diese Frau erhob ihre -Anklage ganz gewiß aus eigenster innerster Überzeugung, die Reinheit -ihres Willens und Denkens war unantastbar. Erhob sich auch diese Frau -gegen sie, so fühlten sie sich in ihrem Innersten schuldig. Es ist -verbürgt, daß das Auftreten der Klara Zetkin die Angeklagten außer -Fassung brachte, sie haben es selbst gestanden. - -Klara Zetkin hielt den S.R. vor, es handele sich nicht um die Wege und -Mittel, deren sich eine Partei bediene, es handele sich vielmehr um die -Ziele, in deren Interesse diese Mittel angewendet wurden. Die S.R. -wollten das Proletariat wieder der Bourgeoisie unterwerfen, deren Joch -es durch den heldenhaften Kampf der russischen Arbeiter und Bauern -abgeschüttelt hatte. Die S.R.P. habe alles getan, um die Revolution zu -untergraben: „Ein Verbrechen, mit dem man nicht einmal den Mord von -Hunderten, den Mord von Tausenden, den Mord von Millionen vergleichen -kann.“ Die S.R. stehen vor dem Gericht der russischen Arbeiter und -Bauern, vor dem Gericht des proletarischen Staates. Es ist wahr, daß sie -vor einem Klassengericht stehen. Aber wo gibt es ein Gericht, das über -den Klassen steht? Es gibt zwei Arten von Klassengerichten: das -bürgerliche und das proletarische Klassengericht. Das revolutionäre -Gericht der Arbeiter ist eine mächtige Waffe in den Händen des -Proletariats im Kampfe gegen die Bourgeoisie. - -Die russischen Arbeiter begannen die Weltrevolution. Die S.R. haben -alles getan, um ihren Weg aufzuhalten, sie behaupten, daß sie gegen -Usurpatoren kämpfen, aber es gibt keine Usurpatoren, die ohne Massen die -Macht behaupten können. Die S.R. sind das beste Beispiel: sie ergriffen -die Macht, ohne Massen hinter sich zu haben – mit Hilfe des Auslandes. - -Die S.R. berufen sich auf ihre revolutionäre Vergangenheit – ja, sie -haben den Zarismus tapfer bekämpft. Aber als sie selbst an der Macht -waren, stellten sie sich, statt die Revolution im Bunde mit dem -Proletariat fortzusetzen, auf die Seite der Bourgeoisie; in ihrer -äußeren Politik waren sie abhängig von der internationalen Bourgeoisie, -in ihrer inneren von der russischen Bourgeoisie. Die S.R. nannten sich -eine Bauernpartei, aber sie haben auf dem Lande mit den Waffen in der -Hand den Kampf der Bauern gegen die Gutsbesitzer unterdrückt. In der -äußeren Politik haben sie den imperialistischen Krieg fortgeführt. - -Die S.R. haben durch ihren Kampf gegen die Sowjets den Wiederaufbau des -russischen Wirtschaftslebens verhindert; sie haben in diesem Kampfe -gegen die Sowjetmacht alle möglichen Mittel angewendet: Bündnis mit dem -Ausland, Bündnis mit der Reaktion, den Terror. - -Klara Zetkin setzte sich dann für die geständigen, reuigen Angeklagten -der II. Gruppe ein, die geglaubt hatten, für die Revolution zu kämpfen, -aber später erkannten, daß sie gegen die Revolution gekämpft hatten. Sie -gerieten in einen tragischen Konflikt, und standen vor der Frage: Wie -können wir unsere Verbrechen sühnen? Sie fanden nur den einen Weg: -Offenes Geständnis. So sühnten sie ihre Schuld. „Die Arbeiter, Bauern -und das Oberste Tribunal sind sich dieser Beichte bewußt und werden -Milde walten lassen. Aber die Stimme des Gewissen wird sie bis zum Tod -wegen ihrer Verbrechen am Proletariat verfolgen. Und das ist für sie -Strafe genug!“ - -Die Verteidiger, die aus dem Auslande den S.R. zu Hilfe eilten, haben -nie daran gedacht, Arbeiter in ihren eigenen Ländern zu verteidigen. -Vandervelde war als Justizminister Seiner Majestät der höchste Richter -in jenen Prozessen, die von der belgischen Bourgeoisie gegen die -flämischen Autonomisten und Anarchisten geführt wurden. 1500 Menschen -wurden in die Zuchthäuser gesteckt, viele wurden zum Tode verurteilt. -Und niemals haben die Vertreter der 2. und 2½. Internationale zu -protestieren gewagt, nur jetzt erscheinen sie plötzlich auf dem Plan. -Klara Zetkin verweist auf die Justiz in Deutschland, in dessen Kerkern -6000 politische Gefangene schmachten, für die kein Vertreter der II. -Internationale seine Stimme erhoben hat. - -„Im Namen der III. Internationale gebe ich der Überzeugung Ausdruck, daß -das Gericht es verstehen wird, die Errungenschaften des Proletariats zu -schützen und die notwendigen Mittel zu finden!“ - -Der Ungar Bokanyi, der Volkskommissar der ungarischen Räterepublik, -erinnert an seine eigene Kerkerzeit nach dem Sieg der Horthys: „Damals -kam uns Vandervelde nicht zu Hilfe!“ Er vergleicht die weiße und die -rote Justiz, er spricht aus eigensten Erfahrungen und schließt: „Das -Oberste Tribunal kann auf seine Unparteiischkeit und Objektivität stolz -sein. Das Oberste Tribunal wird ein Urteil fällen, das den Interessen -des Proletariats entspricht!“ - -Der Tscheche Muna hatte zweimal in den Kerkern der tschechischen -Republik gesessen, im Weltkrieg war er in russische Gefangenschaft -geraten, aber er hatte sich nicht jenen tschechischen Legionen -angeschlossen, die unter Führung von Ententeoffizieren und im Bunde mit -den S.R. den Kampf gegen das Rote Moskau geführt hatten. Muna schildert -die Lage der tschechischen Legion, ihren Kampf im Interesse der -besitzenden Klasse, er schildert das reaktionäre tschechische -Offizierkorps, weist auf Zeugnisse tschechischer Offiziere hin, aus -denen klar hervorgeht, daß sie die Verbindung mit den S.R. suchten und -gemeinsam mit weißen Offizieren arbeiteten. Er führt die belastenden -Aussagen der Prozeßzeugen Pascal, Mariski und Dworschets an. Der Zeuge -Dworschets hatte bekundet, daß die S.R. nur mit Hilfe der -Tschechoslowaken in Samara ihre Macht behaupten konnten. Die S.R. Partei -war mit Hilfe der Tschechoslowaken der Kernpunkt, um den sich die ganze -russische Gegenrevolution sammelte. Infolgedessen trägt die S.R. Partei -die volle Verantwortung für alle Opfer des Bürgerkrieges; für das Blut -der Arbeiter und Bauern, für das Blut der Rotarmisten, das an allen -Fronten des Bürgerkrieges vergossen wurde. Die gegenrevolutionäre -Haltung der S.R. Partei nützten auch die Sozialpatrioten der -westeuropäischen Staaten aus, und nur mit ihrer Hilfe gelang es der -Bourgeoisie Westeuropas, die durch den Krieg erschütterte -kapitalistische Ordnung vorübergehend zu befestigen. - -Ich werde mich nicht auf irgendeinen Gesetzesparagraphen berufen, indem -ich die Bestrafung der Angeklagten fordere, da ja die Arbeiterklasse -Rußlands und das revolutionäre Proletariat Europas bereits sein Urteil -fällte, ohne das Urteil des Obersten Revolutionären Tribunals -abzuwarten. - -Das Urteil des revolutionären Proletariats lautet: „Vollständiger -politischer Tod der S.R. Partei!“ Wie immer das Urteil des Obersten -Tribunals ausfallen sollte, es kann nicht so streng werden, als das -bereits gefällte Urteil des revolutionären Proletariats aller Länder. - -Die S.R. Partei hat sich mit ihren Handlungen ein tiefes Grab -geschaufelt. Das internationale Proletariat stößt sie mit seinem Urteil -in dieses Grab, und dem Obersten Tribunal bleibt nichts übrig, als über -dem Leichnam der S.R. Partei das Grabmal zu errichten. - -Am nächsten Tage begründet Krylenko als „Oberster Ankläger“ in einer -ununterbrochenen zehnstündigen Rede sämtliche Anklagepunkte: Das -proletarische Gericht hat die Aufgabe, den Arbeiterstaat gegen -verbrecherische und gefährliche Handlungen zu verteidigen. Dieser Prozeß -ist nicht da, um Rache zu üben, sondern um Verbrechen zu sühnen, zu -unterbinden, zu verhüten. Einige Angeklagte haben selbst erklärt, daß -sie auf das Recht, Aufstände gegen die Sowjetmacht zu organisieren, -nicht verzichten werden. Vom Standpunkte des revolutionären Rechtes aus -hätte das Gericht nach dieser Erklärung sofort den Prozeß abbrechen und -die Frage umgehender Anwendung sozialer Schutzmaßregeln in Erwägung -ziehen können. - -Krylenko hält es für bewiesen, daß die S.R. schon in den ersten Tagen -der Oktoberrevolution in den vordersten Reihen der bürgerlichen -Bataillone standen; er hält es für bewiesen, daß die S.R. Gelder von der -Entente erhielten, und beruft sich auf das Geständnis des Angeklagten -Lichatsch, er hält ihnen die konspirative Verbindung mit bürgerlichen -Verbänden vor, die Zersetzungsversuche in der Roten Armee und ruft -erregt aus: „Die Arbeiter und Bauern Rußlands werden Ihnen schon ihre -Rechnung vorlegen! Wir werden mit Ihnen nicht scherzen! Es handelt sich -um den Schutz und die Verteidigung des proletarischen Staates, für den -so viel Blut geflossen ist, und für den wir alle unser Leben eingesetzt -haben!“ - -Die Verbindung mit der Entente erstrebte den Sturz des neuen Staates; -die S.R. stellten mit Vertretern der Entente gemeinsame Programme auf: -Die Entente sendet Offiziere und Techniker und liefert Sprengmittel. Die -S.R. sprengen Brücken, Eisenbahnen; organisieren den Terror. Krylenko -schildert die Aufstände der S.R. in Samara, Archangelsk und in der -Ukraine, im Don- und Kubangebiet, er verweist auf die Dokumente des -„Administrativen Zentrums,“ aus denen hervorgeht, daß die Partei bis in -die letzte Zeit hinein am Sturz der Sowjetmacht gearbeitet hat. - -„Ich stelle jetzt die Fragen, ob die Angeklagten eine für die -Sowjetrepublik gefährliche Tätigkeit ausgeübt haben oder nicht, und ob -ihnen gegenüber die Maßnahmen angewendet werden sollen, die gegen -Personen, die die Sicherheit des Staates bedrohen, vorgesehen sind.“ - -Beide Fragen beantwortet Krylenko mit Ja. - -Er geht dann zur terroristischen Tätigkeit der Partei der S.R. über, und -stellt an Hand von Dokumenten und Zeugenaussagen fest, daß die -Mitglieder des Zentralkomitees der Partei der S.R. für die -terroristische Tätigkeit der Partei voll verantwortlich sind. - -Für die Angeklagten der ersten Gruppe – mit Ausnahme von drei -Angeklagten – fordert Krylenko die Anwendung des höchsten Strafausmaßes. -„Das Revolutionstribunal ist ein Organ des Klassenkampfes der -Arbeiterklasse, das gegen die Feinde des Proletariats gerichtet ist, und -aus diesem Grunde kann es für die Angeklagten der ersten Gruppe, mit -Ausnahme jener, die ich schon genannt habe, nur eine Strafe geben: den -Tod durch Erschießen. Für alles Blut, alle Schrecken, alle Leiden, die -wir in Laufe von fünf Jahren erdulden mußten, und die von ihnen -wissentlich verursacht wurden. Die Angeklagten haben hier erklärt, daß -sie auch in Zukunft alle ihre Kräfte darauf richten wollen, jenes Werk, -für das wir nun schon fünf Jahre lang kämpfen, zu vernichten. Wir haben -das Recht auf Selbstschutz und Selbstverteidigung.“ - - * * * * * - -Die Angeklagten erheben sich zum letzten Waffengang. Fast ein jeder -ergeht sich in stundenlangen, sehr eingehenden Ausführungen; vielleicht -zum letzten Male bietet sich ihnen Gelegenheit, in aller Öffentlichkeit -mit ihren Feinden abzurechnen, im Saale sitzen Verwandte und Freunde, -sie haben ein kleines Publikum, das mit ihnen sympathisiert und ihr -Testament weiterverkünden wird. Sie verteidigen noch einmal ihre -Positionen, die von ihnen in der Februarrevolution so leicht erobert -wurden, wie sie ihnen wieder verloren gingen. Sie vermeiden es, sich -allzu sehr in Einzelheiten zu verlieren und schieben den Kampf mit ihren -Gegnern auf die Plattform der großen Auseinandersetzung zwischen -Demokratie und Diktatur, zwischen Klassenausgleich und Klassenkampf. Sie -leugnen nie, daß sie Feinde dieses Staates sind, vor dessen Gericht sie -stehen müssen, und dem sie nur Rede stehen, weil sie ihrer Partei dienen -zu können glauben. - -Hendelmann, ehedem Rechtsanwalt, der im Prozeß Anklägern und Tribunal -oft Schwierigkeiten bereitet hatte, erhebt nochmals prozessuale -Einwände, schützt das Zentralkomitee vor der Anklage, daß es den Terror -sanktioniert habe – im Gegenteil: die Partei habe stets den -Massenaufstand propagiert, das geplante Attentat auf den Zug Trotzkis -wäre eine „bloße Demonstration“ gewesen, mit der Organisierung eines -Attentats auf Lenin hätte sich die Konoplewa nur wichtig machen wollen, -Wolodarskis Ermordung sei ein rein individueller Akt der -Kampforganisation Semjonow gewesen; in der Frage der Expropriationen -kann Hendelmann nichts bestreiten, er versucht den Eindruck nur -abzuschwächen: es habe sich nur um ... simulierte Expropriationen -gehandelt; den Einbruch ins Postamt habe man mißbilligt ... Krylenko -unterbricht Hendelmann mit der Frage: „Weshalb habt ihr das Verbot des -Terrors und der Expropriationen nicht in aller Öffentlichkeit -kundgegeben, weshalb habt ihr Semjonows Gruppe nicht aufgelöst?“ Und -Hendelmann weicht aus. - -„Ich ersuche das Tribunal, über sämtliche Mitglieder der ersten Gruppe -dasselbe Urteil zu fällen, denn keiner wünscht den anderen zu -überleben!“ - -Der Angeklagte Lichatsch, Organisator des Aufstandes im Gebiet von -Archangelsk, verzichtet aufs Wort. - -Timofejew eröffnet seine Rede mit einer Erklärung: - -„Ich erkläre kategorisch, daß Ihr von uns weder Reue noch Versöhnung -noch Lossagung von unserer Vergangenheit erwarten sollt. Krylenko -bezeichnete uns als Rückfällige. Ja, wir sind rückfällig von Eurem -Gesichtspunkte. Wir bestehen auf unserem früheren Standpunkte, und in -dieser Hinsicht sind wir reuelose Rückfällige.“ - -Die Verhandlungen mit Ententevertretern gibt er zu, den Empfang von -Geldern bestreitet er. Aber: „Die Landung der Verbündeten in Archangelsk -war uns willkommen! Denn ihr Ziel war die Fortsetzung des Krieges gegen -Deutschland, und nur aus diesem Grunde traten wir mit der Entente in -Verbindung. Wir haben nichts zu bereuen, wir leugnen unsere -Vergangenheit nicht.“ - -Gotz gibt einen historischen Abriß der russischen Revolution und -beleuchtet von Fall zu Fall die Niederlage der S.R. Die -Verteidigungsrede von Gotz schildert das Fiasko der ganzen Partei: Wir -hatten keine Kräfte in entscheidenden Augenblicken, das Militär war -nicht für uns, die Massen waren nicht auf unserer Seite. „Wir haben eine -richtige Politik geführt, und künftig werden wir ebenso arbeiten wie -bisher ...“ - -Eugenie Ratner versucht die Partei von dem Vorwurf des Kleinbürgertums -zu befreien, Rakow wehrt sich gegen die Behauptung, die Partei habe die -Interessen der Großbourgeoisie wahrgenommen, er rühmt die Haltung der -Partei gegen Koltschak und bestreitet die Verbindung mit dem -Banditenführer Antonow im Gouvernement Tambow. - - * * * * * - -Als erster Verteidiger erscheint der junge Advokat Tschlenow, -Verteidiger der Konoplewa und Daschewkis, die zur zweiten Gruppe der -Angeklagten gehörten. - -Seine Aufgabe bestehe darin, seine Klienten vom Vorwurf der Provokateure -und Verräter zu befreien. - -Die erste Gruppe stellt eine kollektive Einheit dar, repräsentiert das -Z.K. der Partei. Dies Z.K. veröffentlichte in den Zeitungen, daß keine -einheitliche Parteiorganisation zu den terroristischen Akten Beziehungen -hatte. Kann man unter solchen Umständen Aussagen erwarten, durch die sie -feststellen würden, daß das Z.K. lügt? In dieser Frage sind sie alle -gebunden und werden die Wahrheit um so weniger sagen, da sie das -Tribunal als ihre Feinde betrachten. - -Sie selbst machten vor dem Prozeß keine Aussagen, und hier handeln sie -geschlossen nach den Direktiven des Z.K.; deshalb ist es -selbstverständlich, daß in ihren eigenen Aussagen keine Widersprüche -erscheinen können. Um so schlimmer, wenn man einige Widersprüche in -ihren Aussagen findet. - -So kann man sich auf E. Iwanowa berufen. Sie benahm sich recht -lächerlich, aber sie benahm sich so, weil es die Interessen der Partei -erfordern. Sie hat schon einmal eine Aussage vor der Tscheka abgegeben. -Was hat sie dort ausgesagt? Parteizugehörigkeit: Sie gehöre keiner -Partei an. Ferner: Bitte mich nicht zu verhören, da ich nicht normal -bin. Endlich: Ich bin eine Anhängerin der Sowjetmacht, aber habe in -manchen Beziehungen andere Ansichten, als die Kommunisten. - -So muß angenommen werden, daß die Angeklagten als Parteimitglieder alle -Tatsachen ableugnen, die ihnen unangenehm sind. Daher stammt die -Theorie: Wer ein anständiges Parteimitglied sein will, der darf keine -unangenehmen Aussagen machen; wer aber solche Aussagen macht, ist ein -Verräter. „In diesem Falle dürfen Sie aber nicht verlangen, daß das -Tribunal Ihnen Glauben schenken soll. Und wenn sich einige in Ihrer -Partei enttäuscht fühlten und zu den Kommunisten übergingen, wie sollten -sie Unwahres aussagen, wenn sie damit beginnen, daß sie die schwersten -Verbrechen auf sich nehmen.“ - -Angenommen aber, daß Semjonow und Konoplewa nicht die Wahrheit gesagt -hätten, könnte Hendelmann auch in diesem Falle nicht behaupten, daß die -terroristischen Akte ohne Billigung des Z.K. durchgeführt wurden. - -Die kriegerischen Reden Tschernows und der Eugenia Ratner auf dem -Vierten Parteikongreß und der dort veröffentlichte Brief Gotz’, in dem -er für den Fall der Auflösung der Konstituante mit der Anwendung „der -alterprobten Taktik“ droht, sind natürlich noch kein Beweis dafür, daß -der Vierte Kongreß der Sowjetmacht den terroristischen Krieg erklärt -hat. Aber diese Drohung mit dem Terror hatte in den Reihen der -Parteimitglieder eine terroristische Stimmung hervorgerufen. Es waren -keine Beschlüsse über den Terror da, aber die einzelnen Mitglieder des -Z.K. haben sich so benommen, daß in den aktivsten Elementen der Partei -die tiefe Überzeugung erweckt wurde, der Terror wäre nützlich und vom -Z.K. gebilligt. - -In den Statuten der Kampforganisation heißt es: daß die -Kampforganisation den bereits begonnenen terroristischen Akt auch gegen -das Verbot des Z.K. durchführen könne, und daß der Führer sich nur mit -einem Z.K.-Mitglied und nicht mit allen Z.K.-Mitgliedern ins -Einverständnis zu setzen brauche. Deshalb war es nicht notwendig, daß -Semjonow den Fall außer mit Gotz noch mit anderen besprach. - -Die Untersuchung stellte fest, daß mehrere Z.K.-Mitglieder, wie Iwanow, -Tschernow und Gotz, den Terror gegen die Vertreter der Sowjetmacht -prinzipiell anerkannt haben. - -Sehr interessant ist die Geschichte des Verbesserungsantrages Zumgins -zur Resolution Tschernows über den Terror. Merkwürdigerweise erinnern -sich dessen alle angeklagten Mitglieder des Z.K. nicht, obwohl dieser -Fall durch Burewitschs Aussagen festgestellt wurde. - -Nach Annahme der Tschernowschen Resolution wird sie nicht -veröffentlicht. Und als man die Angeklagten über die Ursache dieser -Verheimlichung fragte, antwortete Gotz, daß es auch Sachen gebe, die das -Gericht nicht zu wissen brauchte. Hendelmann gab eine andere Antwort: -Die Parteimitglieder waren nicht terroristisch gestimmt, deshalb lag -kein Grund zur Veröffentlichung der Resolution vor. Wenn aber eine -solche Resolution angenommen wurde, so beweist das doch, daß eine solche -Stimmung vorhanden war. - -Nehmen wir das erste Attentat auf Lenin. Da wurde nach Aussagen Jefimows -und Rabinowitschs das Moskauer Büro des Z.K. befragt. Dieses Attentat -versuchten die Angeklagten als eine Operette hinzustellen. Die -Mitglieder des Z.K. erklären, daß sich sehr viele Parteimitglieder an -sie wandten, mit dem Vorschlag, terroristische Aktionen zu organisieren. - -Und wenn das Z.K. von einer solchen Stimmung nichts wußte, hätte es sich -nach der Ermordung Wolodarskis und nach dem Attentat auf Lenin von ihrem -Vorhandensein überzeugen können. Man schoß. Es gab Opfer. Kann man von -Stimmungen sprechen? Es handelt sich um Tatsachen. Den Terror offen zu -erklären, war nicht erwünscht, aber wenn jemand einen terroristischen -Akt durchführte, mit dem das Z.K. sich nicht solidarisch zu erklären -brauchte, so war das dem Z.K. sehr angenehm. - -Aus dem Vergleich der Aussage Rabinowitschs mit den Aussagen Gotz und -Semjonows geht klar hervor, daß die Ermordung Wolodarskis mit Kenntnis -des Z.K. durchgeführt wurde, obwohl zu einer äußerst ungelegenen Zeit, -da sie die Wahlkampagne der S.R. sehr ungünstig beeinträchtigte. - -Auch das zweite Attentat auf Lenin wurde mit Kenntnis und Einverständnis -des Z.K. unternommen. Usow, Fedorow, Kozlow, Subkow und anderen waren -die Sanktionen des Z.K. bekannt. Und zwar nicht nur durch Semjonow, -sondern auch durch E. Iwanowa. Besonders Iwanowa überredete Usow, daß er -auf Lenin schießen solle. Dem Z.K. schien es besonders notwendig, das -Attentat später als Symptom des Volkszornes hinstellen zu können. Die -Angeklagten Gotz, Hendelmann und andere wundern sich, weshalb Semjonow -die terroristischen Akte mit Donskoj und Gotz und nicht auch mit -Timofejew besprochen habe. Das ist nicht verwunderlich. Nicht alle -Mitglieder des Z.K. waren Anhänger des Terrors; nur einige. Und die -Anhänger des Terrors verbargen ihre terroristischen Bestrebungen vor den -übrigen Mitgliedern und handelten hinter ihrem Rücken. Timofejew war -Gegner des Terrors. Deshalb hat man ihm die terroristischen Pläne nicht -mitgeteilt. Deshalb hat man Semjonow nicht zu ihm gelassen. Semjonow war -ein Werkzeug in den Händen derjenigen Mitglieder des Z.K., die für den -Terror waren. Diese Mitglieder dachten: Gelingt es nicht, kann man es -ableugnen, und der Partei wird kein Schaden erwachsen. Gelingt es aber – -die Sieger verurteilt man nicht. - -Auf die Uneinigkeit in den Reihen der S.R. weist der Verteidiger -Semjonows, Schubin, hin. Auch er erklärt die Verdunkelungsversuche in -der Terrorfrage ähnlich wie Tschlenow: _Das Z.K. war in der Frage des -Terrors nicht einig. Ein Teil war für, der andere gegen den Terror._ Die -Anhänger des Terrors handelten selbständig, ohne die Gegner des Terrors -in ihre terroristischen Pläne einzuweihen. - -Noch ein charakteristischer Umstand. _Weshalb zog Timofejew Semjonow -nicht zu den Sprengungsarbeiten heran, sondern organisierte die -Spezialabteilung Davidows? Weil die Kampforganisation eigene Aufgaben – -die terroristischen Aktionen – gehabt hat._ Außerdem mußte die -Sprengungsabteilung mit den Verbündeten in Verbindung treten, und -_Semenow war offensichtlich kein Anhänger der Beziehungen zu den -Verbündeten, besonders war er kein Anhänger des Geldempfangens von -ihnen_. Die _angeklagten_ Z.K.-Mitglieder berufen sich selbst auf das -Buch Semjonows und anerkennen alles das, was man nicht mehr ableugnen -kann. Sie gestehen die _Expropriationen in Buja_ und die _ganze -Kriegstätigkeit_. Aber das, was _ihnen_ unangenehm ist, und was _man_ -ableugnen _kann_, _verwerfen_ sie. Die objektive Logik der Dinge sagt -uns aber, daß die angeklagten Z.K.-Mitglieder die Lossagung vom zweiten -_Teil der Semjonow-Broschüre_ nicht _begründen_ können. - -Hendelmann erklärte in seiner Verteidigungsrede, daß die in der -Semjonowschen Broschüre angeführten Tatsachen der Sowjetmacht schon -längst vor der Herausgabe der Broschüre bekannt waren, daß sie es aber -nicht für möglich hielt, die Angaben Semjonows auszunützen, und gegen -die S.R. Partei eine Gerichtsverhandlung zu eröffnen. Diese Erklärung -Hendelmanns ist Unsinn. Es ist doch nicht denkbar, daß die Sowjetmacht, -die über die Beteiligung bestimmter Personen an terroristischen Aktionen -gegen Wolodarski, Lenin und Trotzki unterrichtet gewesen wäre, die -Attentäter auf freiem Fuß gelassen hätte, ohne gegen sie gerichtlich -einzuschreiten. - -Weshalb schrieb Semjonow seine Broschüre? Er war im Auslande, er sah, -wie das administrative Zentrum gegen die Sowjetmacht arbeitet, und -welchen Schaden es der Revolution bereitet. Diese Tätigkeit wollte -Semjonow durch seine Enthüllungen verhindern. - -Vor dem Obersten Tribunal sitzt derselbe Semjonow, der Wolodarski -ermordet, der auf Lenin geschossen hat. Wenn in ihm der alte Semjonow -nicht vernichtet ist, dann muß der auf der Anklagebank sitzende Semjonow -vernichtet werden. Wenn aber der alte Semjonow sich selbst vernichtet -hat, und vor uns hier ein neuer Semjonow sitzt, dann muß diesem neuen -Semjonow das Leben erhalten werden, da die Revolution dessen Leben -bedarf. - - * * * * * - -_Stawskaja_ war die Tochter eines unteren Beamten, ein hübsches, -schlankes Mädchen mit kleinem lieblichen Gesicht und schwarzen Haaren. -Die Achtjährige muß schon ihr Brot selbst verdienen. Die Fünfzehnjährige -ist Mitglied der S.R. Partei. Und mit 18 Jahren versucht sie den -zaristischen Gouverneur von Jekaterinoslaw zu erschießen, man macht ihr -den Prozeß, sperrt sie drei Jahre lang in den Kerker, „begnadigt“ sie zu -zwanzigjähriger Zwangsarbeit. Erst die Februarrevolution schenkt ihr die -Freiheit wieder, sie fährt in die Krim, folgt den Parolen der S.R., -tritt aus Empörung über den Brester Vertrag in die Kampforganisation -Semjonows, vollführt seine Befehle. Aber auf die Kunde des Verhaltens -der S.R. Partei zu den terroristischen Anschlägen bekennt sie sich: Dies -ist nicht mein Weg. Und da ist _Usow_, dessen Familie seit Jahren eng -mit den S.R. verwachsen ist. Mit 16 Jahren ist er Mitglied der Partei, -und außer der Partei hat für ihn nichts mehr existiert. Er war Arbeiter, -von Mißtrauen gegen die Intellektuellen erfüllt, ihm wollte man den -Revolver in die Hand drücken, um auf Lenin zu schießen – er konnte es -nicht und brach zusammen – er, der Arbeiter, konnte nie und nimmer auf -Lenin schießen, obschon es die Intellektuellen verlangten. Er verließ -die Partei, kehrte unter die Masse zurück, arbeitete in der Fabrik und -wollte büßen. Hernach ist er Rotarmist, Mitglied der R.K.P., aber erst -nach der Publikation von Semjonows Broschüre macht er sein Geständnis. -Er kann nicht schweigen. - -Der alte polnische Sozialist Felix Kon, ein hagerer Hüne mit wallenden -weißen Haaren und einer gewaltigen Stimme, verteidigt diese beiden -Menschen, schilderte ihre Herkunft, ihre Tragik und forderte -Freisprechung, denn „Ihr müßt ihnen durch Euer Urteil nicht nur das -Leben, sondern auch ihre revolutionäre Ehre zurückgeben.“ Der Georgier -Katanjan sprach für den Terroristen Jefimow, der vor langen Jahren mit -Gotz in Zwangsarbeit gewesen war. Gotz kennt Jefimow sehr gut, er hält -ihn für einen ehrlichen Menschen. Katanjan bemüht sich, den Beweis zu -führen, daß Jefimow die Wahrheit gesagt hat. Er war Mitglied einer -Terrorgruppe, aber als er die Richtung erkannte, in der sich die Politik -der S.R. bewegte, trat er aus der Partei aus. Katanjan plädiert für -Freispruch. - -Nun der blonde, bewegliche Bucharin: klein von Gestalt, aber immer -geladen mit Energien, so daß man zu glauben scheint, jeden Augenblick -wird eine Bombe explodieren; immer im Angriff, verschwenderisch in -seiner Satire, seiner Laune, seinem Hohn und seiner Boshaftigkeit. Er -war der „Allgemeine Verteidiger“ der zweiten Gruppe der Angeklagten. In -seiner Rede führte er in großen Zügen aus, was die S.R. und Bolschewiki -unterscheidet, es ist ein Sondergericht über die ganze Politik der S.R. -Partei, die nach Bucharin vom Ausbruche des Weltkrieges an durch Verrat -gekennzeichnet ist. Ihm liegt daran, zu beweisen, auf welchen Stühlen -vor Gericht die wahren Verräter sitzen. - -„Es kam mir gelegen, daß Eugenia Ratner hier die Zimmerwalder und -Kientaler Konferenzen erwähnt hat, denen auch Victor Tschernow -beiwohnte. Auf der Zimmerwalder und Kientaler Konferenz wurden zwei -Grundsätze angenommen: erstens keine Abstimmung für Kriegskredite und -zweitens keine Teilnahme an einer bürgerlichen Regierung. - -Die anwesenden Vertreter der S.R. Partei schlossen sich diesen -Resolutionen an. Folglich: wenn eine Parteiorganisation sich -sozialistisch nennt, und auf der Zimmerwalder Konferenz erklärt, daß sie -an keiner bürgerlichen Regierung teilnehmen und in der Periode des -imperialistischen Krieges für keine Kriegskredite stimmen wird – wenn -eine solche Parteiorganisation dies später dennoch tut, so ist sie ein -Verräter am Sozialismus. - -Bürgerin Ratner! Sie müssen zugeben, daß Ihre Partei, kaum einige Monate -nach der Zimmerwalder Konferenz, beide Punkte auf die beschämendste -Weise verraten hat. Ihre Partei nahm bei der erstbesten Gelegenheit an -einer Koalitionsregierung teil. Ihre Partei nahm an einer -imperialistischen Regierung teil, deren imperialistischer Charakter von -niemandem bestritten werden kann. Dadurch habt Ihr den einen Punkt der -Resolution verraten. - -Und wenn Ihr jetzt sagen wollt, daß Ihr keine formelle Erklärung, keine -formelle Abstimmung bezüglich der Kriegskredite abgegeben habt, so wird -dieser Umstand durch die Junioffensive aufgehoben, zu der Euch Mister -Buchanan gezwungen hat. Wenn Ihr dabei nicht vom bösen Willen geleitet, -sondern einfach gefoppt wurdet, so habt auch den Mut, das hier offen zu -gestehen.“ - -Weshalb fühlen die S.R. sich der II. Internationale so sehr verbunden? -Hat Tschernow nicht erklärt, die II. Internationale sei tot und werde -nie wieder auferstehen? weshalb erklärt hier Timofejew, sie ist wieder -auferstanden? Die II. Internationale hat Berge von Verbrechen an der -Arbeiterklasse aufeinander getürmt. Vielleicht besteht Eurer Meinung -nach die Korrektur der Stellungnahme der II. Internationale darin, daß -ihr Vertreter, Bürger Vandervelde, den niederträchtigsten -Friedensvertrag der Geschichte, den Versailler Vertrag unterzeichnet -hat, bei dessen Anblick man vor Scham vergehen muß. Oder erblickt Ihr -vielleicht den Glorienschein über dem Haupte der II. Internationale -darin, daß die Regierung der deutschen Sozialdemokratie, eine der -wichtigsten Organisationen der II. Internationale, Rosa Luxemburg -ermordet hat? - -Nein, es wird Euch nicht gelingen zu beweisen, daß die II. -Internationale ihre Stellung auch nur um ein Haar geändert hat. Im -Gegenteil, ihre Handlungen seit Kriegsende sind noch viel -niederträchtiger, noch viel schmutziger, tausendmal verbrecherischer als -ihr Verrat bei Kriegsausbruch. - -Werfen wir jetzt einen Blick auf die inneren Verhältnisse der Partei. -Eugenia Ratner hat uns den General Krasnow, diese schöne Figur der -russischen Gegenrevolution geschildert: Ich kann sagen, daß die Welt -einen solchen Terror gegen das Proletariat und hauptsächlich gegen das -Bauerntum, wie es der Terror Krasnows in Rostow und Umgebung war, noch -nie gesehen hat. Und jetzt bitte ich Euch, Genossen Richter, Euch dessen -zu erinnern, daß es derselbe Krasnow war, mit dem Gotz seinen Feldzug -zur Erwürgung der revolutionären Arbeiter Petrograds führen ließ. Bürger -Gotz hat mit dem Krasnowschen Heer die größten und fortgeschrittensten -revolutionären Kräfte angegriffen, die sich auf dem Gebiete des frühern -russischen Imperiums befanden. Diese Aktion ist die beste Charakteristik -der S.R. Partei. - -Was die „äußere Politik“ – wir nennen sie einfach Spionage – der S.R. -Partei betrifft, so sehen wir hier die S.R. Partei an einem Tische mit -Dumas, mit Ehrlich und anderen Vertretern des französischen -Imperialismus, die die S.R. Organisationen mit Geld und Sprengmaterial -versorgt haben. - -Als den S.R. hier vorgeschlagen wurde, die Tätigkeit des Administrativen -Zentrums entweder anzuerkennen oder aber zu verurteilen, erklärte Gotz, -daß sie sich unter Drohungen nicht lossagen können. Und der Angeklagte -Hendelmann gab seinem Zweifel an der Echtheit der Dokumente Ausdruck und -berief sich auf den Kölner Kommunistenprozeß. Dort erklärten aber die -Kommunisten kategorisch, daß die Londoner Dokumente Fälschungen seien. -Sie gaben nicht ablehnende und zweideutige Erklärungen ab. Dasselbe -sollten auch die Angeklagten des Prozesses tun. - -Es gibt hier nur drei Möglichkeiten: Entweder sind die Dokumente falsch, -dann müssen es die Angeklagten gerade heraus, kategorisch erklären, um -die Falschheit derselben zu beweisen. Wenn aber die Dokumente echt sind, -dann müssen sie entweder ihre Solidarität mit diesen Dokumenten ehrlich -erklären oder aber sich offen auf den Standpunkt stellen, daß sie mit -den in diesen Dokumenten figurierenden Personen nichts gemein haben, daß -daher also diese Personen als einfache Provokateure zu betrachten sind. -Und wenn ein Teil der Dokumente echt, ein anderer Teil falsch ist, dann -müssen die Angeklagten erklären, daß sie den echten Teil der Dokumente -entweder anerkennen oder sich von ihm lossagen und beweisen, daß der -andere Teil der Dokumente tatsächlich falsch sei. - -Die Angeklagten aber haben weder das eine, noch das andere getan. Weder -anerkannten sie die Dokumente, noch sagten sie sich von ihnen los. -Anzuerkennen wagten sie diese Dokumente nicht, sich von ihnen lossagen -konnten sie nicht, da sie noch bis heute mit dem Administrativen Zentrum -in Verbindung stehen. - -Es ist festgestellt worden, daß das Moskauer Zentralbüro der S.R. Partei -mit dem Administrativen Zentrum in Verbindung steht und von ihm Geld -erhält. Wenn sie sich also lossagen wollten, so hätten sie sich vom -_ganzen übrigen Teil der eigenen Partei lossagen müssen_. - -Von dem Standpunkte jenes Kriteriums, das der Zimmerwalder und Kientaler -Konferenz zum Ausgangspunkt diente, hat sich die S.R. Partei sowohl in -ihrer inneren, wie auch in ihrer äußeren Politik als systematische -Verräterin der Interessen der Arbeiterklasse und des Sozialismus -erwiesen. Und wenn sich in dieser Partei einige Leute befinden, die auf -Grund ihrer sozialen Abstammung mit diesem systematischen Verrat eine -Zeitlang sympathisierten, im Laufe ihrer weiteren Entwicklung aber die -Verräter preisgaben, so haben sie ein nützliches Werk geleistet. - -Wenn eine bestimmte Gruppe, nachdem sie aus der S.R. Partei austrat, den -Verrat enthüllte, veröffentlichte und ihre Führer an den Pranger -stellte, so ist das ein historisches Verdienst. Vom Standpunkte der -moralischen Rehabilitation könnt Ihr denken, was Ihr wollt. _Uns -interessiert nur, was vom Standpunkte der internationalen Revolution und -der revolutionären Arbeiterklasse nützlich und richtig ist._ - -Seit der Oktoberrevolution wart Ihr unter dem Pseudonym „Komitee zur -Rettung des Vaterlandes und der Revolution“, dann als „Verband der -Wiedergeburt“ und schließlich als „Komitee der Konstituante“ tätig. Nach -der Auflösung der Konstituante kam es so, daß jede zwei S.R., die zwei -Tage lang Mitglied der Konstituante waren, hier und da eine Macht -gründeten und sich für eine Staatsmacht hielten, für die die Partei -keine Verantwortung trägt. Es ist ganz natürlich, daß, sobald in letzter -Zeit die Möglichkeit unter fremdem Namen in Rußland aufzutreten schwand, -Ihr Euch im Auslande ein Pseudonym schaffen mußtet und Ihr habt es Euch -geschaffen. Es verblieb Euch die merkwürdige „Pariser Konstituante“ und -das „Administrative Zentrum“. - -Bei einer flüchtigen Analyse der S.R.-Spitzen muß eine besondere -Tatsache in die Augen fallen: In keiner revolutionären oder -pseudo-revolutionären Gruppierung kann man unter den führenden Kreisen -soviel Millionäre finden wie in der S.R. Partei. Vandervelde ist auch -ein Millionär und sprach hier vor dem Gericht im Namen seiner Millionen -und nicht im Namen von Millionen Arbeitern. Was die S.R. Partei -betrifft, so ist _Gotz Inhaber einer Handels- und Industrie-Firma, -Gunakow macht in Brillanten, Rabinowitsch war Inhaber einer Pelzfirma, -während Semjonow Eigentümer großer Teeplantagen ist_ usw. usw. Der -Kernbestand der S.R. Parteiführer geht nicht einfach aus den Familien -der demokratischen Intelligenz, sondern aus den Familien des -Großkapitals hervor. Der Umstand, daß in die S.R. Partei auch Arbeiter -und Bauern eingetreten sind, bedeutet nichts anderes, als daß in einer -bestimmten geschichtlichen Periode die Handels- und Industriebourgeoisie -und andere bürgerliche Gruppierungen versuchen, mit den Massen in -Verbindung zu treten. Während des Kampfes gegen den Zarismus versuchten -diese Gruppierungen einerseits die Intelligenz auszunützen, andererseits -sich auf das Bauerntum und teilweise auch auf die Arbeiterklasse zu -stützen. Als Resultat entstand eine ihrem sozialen Bestande nach aus -verschiedenen Elementen zusammengesetzte Gruppierung, die sich S.R. -Partei nennt. Es war ganz richtig, als sie Bürger Vandervelde hier mit -den Girondisten verglich, da ja die Girondisten eben eine -_großbürgerliche Gruppierung_ und nicht eine _Kleinbürger- und -Bauerngruppe_ waren. Unsere _russischen Girondisten stützen sich_ auf -dieselbe soziale Basis, und es war nur natürlich, daß sie während der -proletarischen Revolution ihr eigenes Gesicht gezeigt haben. - -Timofejew legt es den Kommunisten zur Last, daß sie als erste den -Bürgerkrieg begonnen haben. Erinnert Ihr Euch, wie wir in die Revolution -eingetreten sind? Ihr habt über den ganzen Apparat der Staatsmacht und -über die ganze Armee verfügt, wir aber waren nur ein kleines Häuflein – -wie Ihr Euch ausdrückt – deutscher Spione. Wenn man die Lage, von Eurem -Gesichtspunkte, von dem Gesichtspunkte der freien Konkurrenz, der für -die Massenorganisation kämpfenden Faktoren aus betrachtet, so waren alle -Vorteile dieses Kampfes auf Eurer Seite. Trotzdem wurdet Ihr geschlagen. -Und wenn wir dann, als wir an der Macht waren, die Euch verhaßte Tscheka -gegründet haben, so geschah das erst später. In dieser ungeheueren -Gärung hat nur diejenige Kraft das Recht zur geschichtlichen Existenz, -die in der gegeebenen historischen Phase das Land _organisieren, über -das Land regieren kann. Weder Nikolaus II. noch Ihr, noch die -Bourgeoisie konnten regieren._ - -Ich erlaube mir, einen Freispruch für die ganze zweite Gruppe zu -fordern, schon aus dem Grunde, weil Ihr, Mitglieder des Revolutionären -Tribunals, ja selbst erklärt habt, daß für Euch der Wille des -organisierten Proletariats nicht gleichgültig ist. Und das zu fordern, -beauftragte mich – wenn auch nicht formell – die Masse der organisierten -Arbeiter. Die Demonstration vom 20. Juni gab mir dieses Mandat. Ich -wandte mich damals an die Masse der demonstrierenden Arbeiter mit der -Frage, ob sie es für richtig halte, daß wir diese und diese Leute -verteidigen, und diese proletarische Riesenmasse antwortete: „Ja, Ihr -seid verpflichtet, es zu tun.“ - -Und nun im Namen dieser Arbeitermassen, die unsere Stellungnahme -billigen, fordere ich einen Freispruch für alle meine Klienten ohne -Ausnahme.“ - -Nach einer kurzen Rede von Sadoul, der für ein mildes Urteil plädiert, -folgt eine Replik des Staatsanklägers Lunatscharskis, in der er auf -verschiedene Einwände der Angeklagten eingeht und besonders ausführlich -auf den Vorwurf Gotz’ zu sprechen kommt, die Absicht wäre, durch diesen -Prozeß die S.R. Partei zu vernichten: „Gotz sagt: Ihr wollt unsere -Partei ermorden!“ Ja, ja, wir wollen es! Dieser Prozeß verfolgt dies -Ziel. Wir werden die Partei vernichten! Denn sie ist schädlich, -abscheulich und lächerlich, ihre Unreife und Unerfahrenheit, wie jede -kleinbürgerliche Schichtung, wie jeder Zwerg, der gegen elementare -Kräfte zu kämpfen gedenkt. - -Krylenko hebt in seiner Replik den Unterschied zwischen alter und neuer -Rechtsauffassung hervor: - -„Hendelmann rollte hier die Frage der prinzipiellen, individuellen und -kollektiven Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne auf. Hendelmann -erwähnte das richtige Prinzip, daß in Strafsachen jeder nur für sich die -Verantwortung tragen kann. Ein solches Prinzip war in den alten -zaristischen Gesetzen tatsächlich durchgeführt worden. In unserer -Strafgesetzgebung existiert aber dieses Prinzip nicht. Im gegenwärtigen -Prozeß muß die Frage in folgender Weise gestellt werden: _wenn eine -gewisse führende Körperschaft, die die Tätigkeit aller lokalen -Organisationen leitet, erklärt, daß sie für die Tätigkeit aller dieser -Organisationen die Verantwortung trägt, so unterliegen ihre Mitglieder -einer kollektiven Verantwortung_. - -Auf alle kategorischen Aussagen der zweiten Angeklagtengruppe antworten -die Angeklagten der ersten Gruppe: „Davon ist nichts wahr, das habt Ihr -alles nur erfunden.“ Ich frage Euch nun, aus welchem moralischen, -logischen oder politischen Grunde könnt Ihr behaupten, daß sie lügen? -... Auf die Fragen, die Euch unangenehm sind, antwortet Ihr nicht. - -Ich muß noch einmal auf die bereits in meiner ersten Rede behandelte -Frage des Strafausmaßes zurückgreifen. Ich gehe ausschließlich vom -Standpunkte der Nützlichkeit oder Gefährlichkeit der betreffenden Bürger -aus. Mir scheint, daß diese Frage bereits klar vor uns stehen kann. Es -liegen uns die Erklärungen Gotz, Hendelmanns und Timofejews vor. Gotz -erklärte: „Wir sterben, aber wenn wir sterben, so sterben wir mutig, und -wenn wir leben werden, so werden wir so handeln, wie wir bisher -gehandelt haben.“ Timofejew sagte: „Weder Lossagung noch Reue werdet Ihr -von diesen Bänken hören.“ Und Hendelmann schloß seine Rede mit der -Erklärung, daß sie uns tot und lebendig gefährlich sein werden. - -Wie sollen wir uns diesen Erklärungen gegenüber verhalten? müssen wir -oder müssen wir nicht das höchste Strafausmaß anwenden? Kann denn diese -Frage im Interesse der Staatszweckmäßigkeit anders gestellt werden? -Nein! Wenn wir um uns blicken, was in der Vergangenheit geschah, so -sehen wir: Petrograd – Junkeraufstand – Blut; Moskau – Oktoberaufstand – -Blut. Bei allen Bewegungen in Petrograd wurde Blut vergossen. Ferner: -die Epoche von Archangelsk, wo während eines ganzen Jahres die -englischen Kapitalisten herrschten. Auch dort – Blut und Blut. Samara, -Sibirien, Südrußland – Blut und Blut. Tambow – Blut und Blut. Kronstadt -– wiederum nur Blut und Blut. Überall, wo die S.R. nur auftraten, war -nichts anderes als Blut und Blut. Deshalb können wir hier mit einer -vollständigen Seelenruhe sagen: „Damit in der Zukunft kein Blut oder -weniger Blut fließe, muß hier Blut vergossen werden. - - * * * * * - -Die Angeklagten ergreifen – jeder Einzelne – nochmals das Wort zu -längeren Ausführungen, die sich einen vollen Tag hinziehen; die -Angeklagten der ersten Gruppe beharren auf ihrer gegnerischen -Einstellung, bestreiten noch einmal die Sanktionierung des Terrors durch -das Z.K., verklären die demokratische Idee und bekennen, den Kampf gegen -die Sowjets nicht ruhen zu lassen. Die Angeklagten der zweiten Gruppe -bekennen sich nochmals zu ihren Verbrechen an der Revolution und der -Arbeiterschaft, gestehen ihre Reue und als letzter spricht Semjonow: -„Meine Verbrechen lassen sich weder rechtfertigen noch wieder gutmachen. -Mein revolutionäres Gewissen hat mich bereits verurteilt.“ - - * * * * * - -Nach fünftägiger Beratung wird am 8. August 1922 das Urteil des Obersten -Tribunals des Allrussischen Zentralexekutivkomitees, bestehend aus dem -Vorsitzenden, Genossen G. L. Pjatakow und den Mitgliedern, Genossen O. -J. Karklin und A. W. Galkin verlesen. - -Man führt die Namen der 34 Angeklagten auf, bemerkenswert ist die Angabe -der Klassenzugehörigkeit eines jeden Angeklagten, unter den 34 -Angeklagten befinden sich 29 Personen, die bürgerlichen Verhältnissen -entstammen, Hochschulbildung genossen, in der Marine oder im Heer des -Zaren gedient haben; einige Personen sind vom Adel, der Angeklagte -Utgoff ist der Sohn eines Gendarmerieoffiziers, bei Gotz wird -ausdrücklich vermerkt: Kaufmannssohn, Donskoi, Hendelmann sind die Söhne -von Ärzten, Semjonow ist der Sohn eines Beamten, L. Konoplewa stammt aus -einer Lehrerfamilie. Pelewin ist Bauer, nur Usow, Kozlow und Subkow sind -Arbeiter. Der bürgerliche Charakter der S.R. Partei wird auf diese Weise -noch einmal besonders grell hervorgehoben. Die Arbeiter und Bauern, für -die vielleicht die S.R. Partei durch ihre Tradition noch immer von einem -Schimmer heroischer revolutionärer Tapferkeit umstrahlt war, sollten -wissen, aus welchen Kreisen diese Führer stammten; das Ziel war -Entlarvung der S.R. Partei als einer bürgerlichen Partei, die die -Arbeiterbewegung ins Schlepptau zu nehmen sucht. Immer wieder findet man -mit allem Nachdruck hervorgehoben: die Bewegung richtete sich gegen die -Arbeiter. - -Das Urteil gibt zunächst eine längere marxistische Analyse der -revolutionären Bewegung. In den Vordergrund wird der Kampf um den -Staatsapparat gestellt, dessen sich das Proletariat im Oktober 1917 -bemächtigte. Ihre Vollmacht erhielt die proletarische Regierung vom 2. -Allrussischen Rätekongreß der Arbeiter- und Bauerndelegierten, er -bestätigte am 27. Oktober die durch den Aufstand zur Macht gelangte -Arbeiter- und Bauernregierung. Als ihre erste Aufgabe erblickte sie die -Vernichtung des Widerstandes der Bourgeoisie, das Ziel war: die -Vernichtung der Klassenunterschiede durch Änderung der ökonomischen -Verhältnisse. Die Entscheidungsfrage lautete: Mit der Bourgeoisie oder -gegen sie? Kampf für oder gegen die Sowjetmacht? - -Die S.R. boten alles auf, um die Sowjetmacht zu stürzen. So arbeiteten -sie im Interesse der Bourgeoisie, und im Bunde mit ihr. Das Urteil geht -auf die einzelnen Aktionen ausführlich ein, die sich gegen den Staat, -der zugleich den Vertreter der Interesse der Arbeiter und Bauern -repräsentierte, richteten. - -Schon einen Tag nach der Bestätigung der Sowjetregierung durch den -Rätekongreß marschiert der S.R. Kerenski im Bunde mit dem General -Krasnow gegen Petrograd. In der Stadt selbst erheben sich die Junker -unter Führung eines Stabes, dem der S.R. Gotz angehört, der persönlich -wieder mit Krasnow in Verbindung steht. Krasnow und die Junker werden -geschlagen. Nach ihrer ersten Niederlage versuchen die S.R. einen -technischen Apparat zu organisieren. Für den Tag der Eröffnung der -Konstituante wird der Aufstand geplant, der als Farce endet. Das Gericht -sieht als erwiesen an, daß die S.R. in verschiedenen Regimentern -arbeiteten. Aber die Massen waren nicht zu gewinnen. Das Zentralkomitee -gab seinen Plan auf. Zweiter Mißerfolg. Nach der Auflösung der -Konstituante beginnt die geheime, die konspirative Tätigkeit der S.R. -Eine militärische Organisation arbeitet unter den Soldaten der Roten -Armee. Das Z.K. selbst nimmt Verbindung mit bürgerlichen Verbänden auf -und erhält von ihnen Gelder; man scheut sich sogar nicht mit einer -Organisation Fühlung zu nehmen, die Fäden zum deutschen -Hauptquartier-Ost gesponnen hat. Ein Mitglied der S.R., der Oberst -Postnikow, soll sogar ins deutsche Hauptquartier fahren, um mit dem -Vertreter Ludendorffs zu verhandeln. In Moskau bestehen engste -Beziehungen zu Bürgerwehren und Verbänden der Bischöfe. Die -Spionagetätigkeit in der Armee wurde fortgesetzt, die betreffenden -Organisationen ausgebaut; dabei wurde auf den Oberst Machin hingewiesen, -der als Mitglied der S.R. Partei und im Auftrag des Z.K. einen hohen -Posten in der Roten Armee bekleidete und im Kampf mit der Ufaregierung -zum Feinde überging. - -Der 8. Parteitag im Mai 1918 beschließt den Kampf mit der -Sowjetregierung auf allen Fronten und mit allen Mitteln aufzunehmen. Im -Wolgagebiet, in Archangelsk und Wologda kommt es zu erbitterten Kämpfen. -In Verbindung mit der französischen Mission gewinnt die S.R. die -tschechoslowakische Legion, die unter Führung französischer Offiziere -offenen Krieg mit den Sowjets führt. Die Tschechoslowaken werden die -Elitetruppe der Regierung von Samara, die sich unter Führung der S.R. -bildet. An der Regierung beteiligen sich Vertreter des Großgrundbesitzes -und der Industrie. In Archangelsk operieren die S.R. in engster Fühlung -mit den Ententetruppen und der russischen Bourgeoisie. In diesen Kämpfen -fiel den S.R. die entscheidende politisch organisatorische Rolle zu, -während die militärische Führung in den Händen der Ententegenerale und -russischer Weißgardisten lag. - -In der Ukraine, in Kuban und am Don bestanden Verbindungen zwischen den -S.R. und den dortigen sowjetfeindlichen Regierungsorganen. In der -bürgerlichen ukrainischen Rada sanktionierte die S.R. Fraktion die -Okkupation der Ukraine durch den deutschen und österreichischen -Imperialismus. Direkt oder indirekt erhielt die Partei finanzielle -Unterstützung von den Missionen der Verbündeten. Ferner bestand eine -direkte organisatorisch-persönliche Verbindung des Z.K. mit Vertretern -der Entente. Außerdem bestand eine enge Verbindung mit bürgerlichen -Organisationen; genannt werden die Organisation Filonenko, Iwanow und -der „Verband der Wiedergeburt“, dem Kadetten und weiter rechtsstehende -Vertreter angehören. Es kam zur Bildung einer zukünftigen russischen -Regierung, dem „Allrussischen Direktorium“, in dem Führer der S.R. -saßen. - -Nach dem Siege der Roten Armee 1919 vollzog sich ein Umschwung. Einige -Mitglieder der Konstituante von Samara gaben eine Erklärung ab, in der -sie auf den bewaffneten Kampf gegen die Sowjetmacht verzichteten. Aber -das Plenum des Z.K. spricht sich gegen jede Versöhnung mit den Sowjets -aus und veranlaßt sogar eine Untersuchung gegen die versöhnlichen -Mitglieder des Z.K. Diese Wendung hat den Austritt verschiedener -Mitglieder zur Folge. Um so entschiedener wird die Haltung der -Unversöhnlichen. Eine Resolution des Z.K., von Gotz, Helene Ratner und -Timofejew unterzeichnet, erklärt: - -„Die S.R. Partei darf ihre alten Positionen nicht verlassen und nicht -für einen einzigen Moment auf den bewaffneten Angriff verzichten. Wenn -die Bewegung ... gegen die Bolschewiki im gegebenen Augenblick nicht -erneuert werden kann, so wird die Aufgabe unserer Partei in der weiteren -Vorbereitung der Massen und Zusammenfassung der Elemente der Demokratie -bestehen, dort, wo diese Elemente sich noch erhalten haben.“ - -Am 13. Mai 1920 erläßt das Z.K. ein Rundschreiben, das einen bestimmten -Arbeitsplan der S.R. auf dem flachen Lande enthält: 1. Befestigung der -organisatorischen Position der S.R. Partei unter den sowjetfeindlichen -Elementen des Dorfes; 2. Provozierung bewaffneter Zusammenstöße der -Bauern mit der Sowjetmacht. - -Eine Folge dieses Zirkulars sieht das Urteil in der Bauernrebellion in -Tambow unter Führung des Banditen Antonow. 1921 versuchten die S.R. eine -ähnliche Bewegung in Sibirien zu organisieren. Für die Teilnahme der -S.R. an Unruhen in den Küstengebieten des Schwarzen Meeres wird ein -Aufsatz des Oberst Machin herangezogen; ferner gilt als Beweis ein -Aufsatz Tschernows, in dem die Taktik der S.R. gerühmt wird, endlich -Akten des „Administrativen Zentrums“. Der Oberst Woronowitsch wurde zu -den Aufständigen entsandt. - -Das „Administrative Zentrum“ beauftragt Woronowitsch in einem Briefe vom -19. August 1921, gezeichnet vom Sekretär der S.R. Partei, Fabrikant, -„mit der Bauernorganisation am Schwarzen Meer, mit dem Obersten Stab der -Bauernwehr usw. Verbindungen herzustellen.“ - -Die Septemberkonferenz der S.R. im Jahre 1920 beschloß in einer -Resolution den „bewaffneten Sturz der bolschewistischen Diktatur“. -Darauf senden die in Haft befindlichen Mitglieder der S.R. Partei Gotz, -Hendelmann, Wedenjapin, Donskoj, Lichatsch, Morosow, Rakow, H. Ratner, -Timofejew und Zeitlin anläßlich jener Resolution einen Brief an das -neugewählte Z.K., in dem es heißt: „Mit Freude erfuhren wir den -günstigen Ausgang der 10. Konferenz. Die 10. Konferenz erkennt -vollkommen richtig, daß die Hauptaufgabe der Partei in der Liquidierung -der Diktatur der gegenwärtig herrschenden Regierung besteht.“ - -Der Kronstadter Aufstand im Jahre 1921 ist von den S.R. gefördert -worden. Hinweise auf Telegramme und Artikel Tschernows, Akten des -„Administrativen Zentrums“. - -Einen breiten Raum nehmen im Urteil die Feststellungen des Obersten -Tribunals hinsichtlich der terroristischen Akte, Expropriationen und -Sprengungen ein. - -1. Wird auf eine Erklärung der S.R. Gotz, Ratner und Tschernow -hingewiesen, in der terroristische Akte gebilligt wurden. Dieser -Erklärung wurde nicht widersprochen. - -2. Im Februar 1918 fand eine Aussprache über den Terror im Z.K. statt. -Das Urteil stellt folgendes fest: Bei der Erwägung der Frage im Z.K. -kamen zwei Ansichten zum Ausdruck. Es gelang dem Gerichte nicht, den -Text des Z.K.-Beschlusses festzustellen. Es wurde nur festgestellt, daß -in der Motivierung die Mitglieder des Z.K. nicht einig waren. Eine -Motivierung wurde nicht angenommen, der Berichtigungsantrag des -Z.K.-Mitgliedes Zuntin (eines Gegners des Terrors) wurde abgelehnt; die -Resolution Tschernows (Anhänger des Terrors) wurde angenommen. Zuntin -trat aus dem Z.K. aus. Der Beschluß des Z.K. wurde nicht nur nicht in -weiteren Kreisen veröffentlicht, sondern war nicht einmal den -verantwortlichen Parteifunktionären bekannt, wie z. B. dem Leiter der -Militärkommission beim Z.K., Daschewski. Als Tschernow auf die -Enthüllungen Semjonows und Konopljewas hin die terroristische Tätigkeit -der S.R. Partei in Abrede stellte, hat er nicht ein einziges Mal diesen -Beschluß erwähnt. - -3. Hinweis auf die Terrorgruppe Semjonow, die von Z.K.-Mitgliedern -Aufträge erhielt. - -4. Als erwiesen wird angesehen, daß diese Gruppe von den -Z.K.-Mitgliedern Gotz und Donskoi Weisungen erhielt und auf Befehl des -Z.K. oder einer Gruppe von Z.K.-Mitgliedern handelte. - -5. Die Z.K.-Mitglieder Gotz, Donskoj, Gerstejn und der Bevollmächtigte -des Z.K. Rabinowitsch nahmen an der Organisation terroristischer -Aktionen, Expropriationen und Sprengungen teil. Die Z.K.-Mitglieder -Timofejew, Iwanow, H. Ratner und Wedenjapin hatten wenigstens teilweise -von dieser Tätigkeit Kenntnis. - -6. Die Ermordung des Genossen Wolodarski, das Attentat auf den Genossen -Lenin, das Attentat auf den Eisenbahnzug des Genossen Trotzki wurde -durch die Kampforganisation der Partei organisiert. Der Mörder des -Genossen Wolodarski, Sergejew und die Attentäterin auf den Genossen -Lenin, F. Kaplan, waren Mitglieder dieser Organisation und der S.R. -Partei. - -7. Diese Kampforganisation beging eine Reihe von Expropriationen, das -auf der Station Buij von Angestellten des Ernährungskommissariats -entnommene Geld im Betrage von ungefähr einer Million Rubel wurde auf -Beschluß des Z.K. in seine Kasse eingezahlt. - -8. Der Agent der französischen Mission für Sprengungen, Henry Virtimon, -stand mit dem Z.K. und mit Timofejew in enger Verbindung und erwies der -Sprengungsgruppe des Z.K. eine materielle Unterstützung. Timofejew hielt -die Annahme dieser Unterstützung für unbedenklich. - -9. Die Teilnahme aller Mitglieder des Z.K. an dieser verbrecherischen -Tätigkeit ist bewiesen worden. Die Teilnahme der Z.K.-Mitglieder und -anderer Parteimitglieder an den terroristischen Aktionen, -Expropriationen und an der Sprengungsarbeit wird in bezug auf jeden -Angeklagten einzeln festgestellt. - -Das Tribunal kam für die einzelnen Angeklagten zu folgenden -Feststellungen: - -Gotz, Wedenjapin, Hendelmann, Donskoi, Gerstein, Lichatsch, Iwanow, -Ratner-Elkind, Rakow, Federowitsch, Timofejew waren Mitglieder des Z.K. -der S.R. Partei, deren Ziel der Sturz der Arbeiter- und Bauernregierung -war, die Hochverrat im Bunde mit fremden Mächten beging, Verträge -verletzte, die die Sowjetrepublik abgeschlossen hatte, und Gebiete von -der Republik abzutrennen suchte. Gotz, Donskoi und Gerstein leiteten die -Tätigkeit terroristischer Terrorgruppen, die Attentate auf Lenin und -Trotzki planten und Wolodarski töteten. Timofjejew, Iwanow, H. Ratner, -Wedenjapin sind als Mitwisser zu verurteilen; ferner empfingen sie -Gelder, die in einem staatlichen Büro geraubt waren. Donskoi war -Anstifter dieses Raubes. Endlich unterhielten sie Beziehungen zu -ausländischen Staaten, die sich mit der Sowjetrepublik im Kriegszustand -befanden! Sie leiteten Sprengungsarbeiten. - -Artemjew, Morosow und G. Ratner waren Mitglieder des Moskauer Büros der -Z.K. und führten mit einigen Mitgliedern des Z.K. die ganze Tätigkeit -der Partei auf dem Gebiete der Arbeiter- und Bauernregierung. Sie haben -von der Existenz der Semjonowschen Kampfgruppe Kenntnis gehabt. - -Agapow, Altowski, Liberow, Gorkow, Lwow, Berg, Slobin, H. Iwanowa und -Utgoff waren Mitglieder verschiedener führender Organe der S.R. Partei -und vollzogen die Direktiven ihres Zentralkomitees; außerdem leitete -Agapow die Sprengungsgruppe des Z.K., die für Sprengungen, -Brandstiftungen und Zerstörung der Verkehrswege zu gegenrevolutionären -Zwecken organisiert wurde. - -Semjonow, Konopljewa, H. Iwanowa, Ussow, Subkow, Fedorow-Koslow, -Jefimow, Pelewin nahmen an der Tätigkeit der Kampfgruppe des Z.K. teil, -die terroristische Aktionen gegen die Führer der proletarischen -Revolution, bewaffnete Überfälle und bewaffnete Plünderungen zugunsten -der S.R. Partei ausführte, wobei Semjonow der Führer dieser Gruppe war, -und Semjonow, Konopljewa und Iwanowa für ihre Verbindung mit dem Z.K. -sorgten. Stawskaja trat später in die erwähnte Gruppe ein, nahm aber an -ihrer Tätigkeit keinen tatsächlichen Anteil. - -Daschewski leitete die militärische Organisation der S.R. Partei, wofür -er amnestiert wurde; außerdem aber half er der Ausführerin des -Attentates auf Genossen Lenin, dem Mitglied der S.R. Partei, Fanny -Kaplan, bei ihrem Eintritt in die Semjonowsche Kampfgruppe und hatte von -der Existenz dieser Gruppe Kenntnis. - -Ignatjew war Mitglied des Z.K. der Volkssozialistischen Partei und -handelte in unmittelbarer Verbindung mit den Mitgliedern des Z.K. der -S.R. Partei; nahm bis zu seiner Verhaftung an der gegenrevolutionären -Tätigkeit zum Sturze der Sowjetmacht teil, trat dem Komitee zur „Rettung -des Vaterlandes und der Revolution“ bei, beteiligte sich an der -Tätigkeit dieser Organisation gegen die Sowjetmacht, setzte sich mit den -gegenrevolutionären Organisationen Filonenkos und Iwanows und mit der -militärischen Kommission der S.R. Partei in Verbindung, trat in den -Kriegsstab des Verbandes der Wiedergeburt ein, wohnte den Sitzungen des -politischen Zentrums des Verbandes der Wiedergeburt bei und leitete die -gegenrevolutionären Aktionen in Wologda. Er setzte sich außerdem mit den -Vertretern der verbündeten Missionen und weißgardistischen -Organisationen in Verbindung, um die Sowjetmacht zu stürzen. - -Demzufolge verfügt das Tribunal: - -1. G. M. Ratner freizusprechen. - -2. J. W. Moratschewski wegen Mangel an Beweisen freizusprechen. - -3. Die Schuld der Angeklagten F. J. Stawskaja gemäß Paragraph 213 des -Strafgesetzbuches (Kriegsspionage) als unbewiesen zu betrachten. - -Das Tribunal verurteilt: - -4. P. W. Slobin, in Anbetracht des unbedeutenden Umfanges seiner -gegenrevolutionären Tätigkeit, seiner Nichtteilnahme an der illegalen -Tätigkeit der S.R. Partei während der letzten Zeit, seiner gutgesinnten -Arbeit in den Sowjetbehörden, auf Grund des Paragraphen 60 des -Strafgesetzbuches mit Anwendung des Paragraphen 28 zu zwei Jahren -Kerkerstrafe bei strenger Einzelhaft und Zwangsarbeit unter Anrechnung -der Untersuchungshaft. - -5. G. R. Gorkow-Dobrolubow, in Anbetracht des unbedeutenden Umfanges -seiner gegenrevolutionären Tätigkeit und seiner prinzipiell ablehnenden -Haltung zum bewaffneten Kampfe, auf Grund des Paragraphen 60 mit -Anwendung des Paragraphen 28 zu drei Jahren Kerkerstrafe bei strenger -Einzelhaft, Zwangsarbeit, unter Anrechnung der Untersuchungshaft. - -6. W. R. Utgoff-Deruschinski, J. S. Berg und M. L. Lwow auf Grund des -Paragraphen 16, aber in Anbetracht des unbedeutenden Umfanges ihrer -gegenrevolutionären Handlungen, zu fünf Jahren Kerkerstrafe bei strenger -Einzelhaft und Zwangsarbeit, unter Anrechnung der Untersuchungshaft. - -7. P. N. Pelewin auf Grund der Paragraphen 76 und 68 zu drei Jahren -Kerkerstrafe bei strenger Einzelhaft und Zwangsarbeit unter Anrechnung -der Untersuchungshaft. - -8. K. A. Usow, F. W. Subkow und F. F. Federow-Koslow auf Grund der -Paragraphen 64, 76 und 68, Subkow außerdem auch auf Grund des -Paragraphen 65, in Anbetracht der Größe ihres Verbrechens, aber mit -Rücksicht darauf, daß sie keine führende Rolle gespielt haben und mit -Rücksicht auf ihre proletarische Abstammung zu fünf Jahren Kerkerstrafe -bei strenger Einzelhaft und Zwangsarbeit unter Anrechnung der -Untersuchungshaft. - -9. P. T. Jefimow auf Grund der Paragraphen 64, 76 und 68 zu zehn Jahren -Kerkerstrafe bei strenger Einzelhaft und Zwangsarbeit, unter Anrechnung -der Untersuchungshaft. - -10. A. W. Liberow und N. I. Artemjew auf Grund des Paragraphen 60 zu -zehn Jahren Kerkerstrafe bei strenger Einzelhaft und Zwangsarbeit, unter -Anrechnung der Untersuchungshaft. - -11. D. F. Rakow, F. F. Federowitsch und M. A. Wedenjapin auf Grund der -Paragraphen 57, 58, 60, 62 und 65, ungeachtet dessen, daß sie Mitglieder -des Z.K. sind, mit Rücksicht auf ihr Schlußwort, zu zehn Jahren -Kerkerstrafe bei strenger Einzelhaft und Zwangsarbeit unter Anrechnung -der Untersuchungshaft. - -12. A. R. Gotz, D. D. Donskoj, B. J. Gerstejn, M. J. -Hendelmann-Grabowski, M. A. Lichatsch, N. N. Iwanow, E. M. -Ratner-Elkind, E. M. Timofejew, S. W. Morosow, W. W. Agapow, A. I. -Altowski, W. I. Ignatjew, G. I. Semenow, L. W. Konopljewa, E. A. -Iwanowa-Iwanowa – zum Tode durch Erschießen. - -In Anbetracht dessen jedoch, daß Ignatjew sich von seiner -gegenrevolutionären Vergangenheit unwiderruflich lossagte, der -Sowjetmacht dient und als sozial-ungefährliches Element zu betrachten -ist, wendet sich das Tribunal auf Grund des Punktes 3 des Paragraphen -330 der Strafprozeßordnung an das Präsidium des Allrussischen -Zentral-Exekutivkomitees mit dem Ersuchen, Ignatjew von der Strafe zu -befreien. - -Bezüglich Semjonow, Konopljewa, Jefimow, Usow, Subkow, Federow-Koslow, -Pelewin, Stawskaja und Daschewski stellt das Tribunal fest: diese -Angeklagten haben sich beim Begehen ihrer schweren Verbrechen -wohlmeinend irreführen lassen und nahmen an, daß sie im Interesse der -Revolution kämpften; als sie aber die gegenrevolutionäre Rolle der S.R. -Partei begriffen, traten sie aus der Partei und verließen das Lager der -Feinde der Arbeiterklasse, in das sie durch einen tragischen Zufall -geraten sind. Die genannten Angeklagten haben den ganzen Umfang der -Ungeheuerlichkeit ihrer Verbrechen erkannt. Das Tribunal ist überzeugt, -daß sie in den Reihen der Arbeiterklasse mannhaft und selbstlos für die -Sowjetmacht gegen alle ihre Feinde kämpfen werden, und ersucht auf Grund -des Punktes 3 des Paragraphen 330 der Strafprozeßordnung das Präsidium -des Zentral-Exekutivkomitees um volles Erlassen ihrer Strafe. - -Auf Grund des Paragraphen 42 des Strafgesetzbuches verurteilt das -Tribunal außerdem die Angeklagten Artemjew, Wedenjapin, Gorkow, Slobin, -Lwow, Rokow, Federowitsch, Utgow, Liberow, Berg zum Verlust ihrer -bürgerlichen Rechte, und zwar auf Grund der Punkte a, b und c des -Paragraphen 40 des Strafgesetzbuches, auf die Dauer von fünf Jahren. - -Das Tribunal ordnet die Verhaftung der Angeklagten Ignatjew, Konopljewa, -Stawskaja, Semjonow und Usow an. - -Die Beweisgegenstände und Dokumente sind dem Archiv der -Oktoberrevolution zu übergeben. Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens -trägt die Staatskasse. - - Der Vorsitzende des Tribunals: G. P. Pjatakow. - Mitglieder: O. Karklin, A. Galkin. - -Noch am gleichen Tage erscheint eine Verfügung des Allrussischen -Zentral-Exekutivkomitees, in der es heißt: - -1. Das Urteil des Obersten Tribunals bezüglich der Angeklagten Gotz, -Donskoj, Gerstein, Hendelmann-Grabowski, Lichatsch, H. Iwanow, E. -Ratner-Elkind, Timofejew, Morosow, Agapow, Altowsky und E. -Iwanow-Iwanowa wird bestätigt, der Vollzug der Strafe ist jedoch -aufzuschieben. - -Wenn die Partei der Sozialrevolutionäre ihre -unterirdisch-verschwörerische, terroristische, aufständische und -Kriegsspionage-Tätigkeit gegen die Sowjetmacht auch in der Tat -einstellt, wird sie dadurch auch jene ihre führenden Mitglieder von der -Todesstrafe befreien, die in der Vergangenheit diese Tätigkeit leiteten -und selbst am Prozeß die Absicht aussprachen, diese Tätigkeit auch in -der Zukunft fortzusetzen. - -Die Anwendung der Methoden des bewaffneten Kampfes gegen die Arbeiter -und Bauernmacht durch die Partei der Sozialrevolutionäre hingegen wird -das unvermeidliche Erschießen der verurteilten Aufwiegler und -Organisatoren gegenrevolutionärer Terroraktionen und Aufstände nach sich -ziehen. - -Sowohl die zum Tode Verurteilten, wie auch die zu langfristiger -Kerkerstrafe Verurteilten verbleiben in strenger Haft. - -2. Bezüglich Semjonow, Konopljewa, Jefimow, Usow, Fedorow-Koslow, -Pelewin, Stawskaja, Daschewski und Ignatjew beschloß das Präsidium des -Allrussischen Zentral-Exekutiv-Komitees, dem Ersuchen des Obersten -Tribunals über das völlige Erlassen ihrer Strafe stattzugeben. - -Moskau, den 8. August 1922. - - Vorsitzender des Allrussischen Zentral-Exekutiv-Komitees: - Gez. M. Kalinin. - - Sekretär des Allrussischen Zentral-Exekutiv-Komitees: - Gez. A. Enukidze. - -Wenige Monate später wird das Todesurteil überhaupt zurückgezogen, als -Strafe fünfzehnjährige Haft festgesetzt. 1924 wurde das Urteil endgültig -auf 5 Jahre Haft beschränkt. Im Jahre 1927 sind sämtliche Angeklagten in -Freiheit, wenn nicht zuvor ein internationaler Austausch der politischen -Gefangenen erfolgt ist. Es hängt von den westeuropäischen Regierungen -ab, ob diese Aktion durchgeführt wird! - - * * * * * - -Dies Urteil ist ein Friedensvertrag heutiger Zeit. Mit seiner -Ratifikation schließt eine große Periode russischer Geschichte ab, die -jedoch nicht nur die Geschichte der revolutionären Bewegung des -Proletariats geworden ist, sondern zugleich auch die Geschichte der -Eroberung des Staatsapparates durch das Proletariat. Erst seit diesem -Prozeß ist ein einheitliches proletarisches Rußland geschaffen; die S.R. -Partei hat nach diesem Prozeß in Rußland jeden Boden verloren und ihre -illegale konspirative Tätigkeit eingestellt. Außenpolitisch haben die -Interventionsversuche vorläufig einen Abschluß gefunden. Soweit bekannt -geworden ist, beschränkt sich die S.R.-Presse der Emigranten auf den -Papierkrieg gegen Sowjetrußland. Der russischen Arbeiterregierung blieb -eine Atempause, in der sie ihren Staat ausbauen konnte. - -So war dieser Prozeß mehr als ein politischer Prozeß kriminellen -Charakters. Nur so läßt sich auch die tiefe Erregung erklären, die seine -Verhandlungen in Europa auslösten. Noch einmal standen sich die Mächte -der Vergangenheit und Gegenwart gegenüber, allerdings mit ungleichen -Waffen. Nie ist so klar geschieden worden: Vertreter des Proletariats – -Verführer des Proletariats. Der S.R.-Prozeß war der Abschluß einer -großen historischen Epoche, aber er war zugleich eine erste große -öffentliche gerichtliche Abrechnung jener Vertreter des -Proletariats, die die Souveränität des Proletariats forderten, die -Klassenkampfauffassung bis in ihre letzten Konsequenzen verfochten, -während die S.R. eine Volksgemeinschaft nach westeuropäischen Prinzipien -verlangten, in der die Klassengegensätze verwischt werden. Der neue -Staat schloß diese Männer aus seiner Gemeinschaft aus, für ihn waren sie -Außenseiter, für jene aber wie für die bürgerliche Welt waren die -Vertreter jenes Staatsprinzips Außenseiter. So bekämpften sich zwei -Welten. Die Tragik der S.R. ruht in ihrer Halbheit, ihrem Schwanken. - -Wir müssen noch einmal auf den Terror zu sprechen kommen. Das Gericht -gewann die Überzeugung, daß die Partei einen gemeinsamen Beschluß nicht -gefaßt hat, es gab Strömungen für und wider den Terror. Aber selbst wenn -man annehmen wollte, das Gericht hätte sich geirrt und Gotz oder Donskoi -hätten wirklich nicht ihre Sanktion gegeben, oder sie nur als -Privatpersonen erteilt, bleibt immer wieder die Frage offen: aber -weshalb rückte das Z.K. nicht von der Terrorgruppe ab, weshalb erfolgte -keine Mißbilligung dieser Taten, weshalb gab man nur öffentlich die -Erklärung ab, die Partei sei an den Taten nicht beteiligt?! Wie anders -verhielten sich die S.R. in der Zarenzeit! Da verteilte man Flugblätter -und verkündete das Todesurteil öffentlich, da ging man vor Gericht und -zur Hinrichtung wie ein Märtyrer, ein Bote der Freiheit. Weshalb jetzt -diese Unklarheiten, diese Unaufrichtigkeit, dies Leugnen, diese -Widersprüche? Weil man mit sich selbst im Hader lag und nicht mehr an -seinen Sieg glaubte. Gotz konnte kein vernichtenderes Geständnis machen, -als er das Resumé der Tätigkeit seiner Partei zog: „Wir hatten die -Massen nicht hinter uns!“ - - * * * * * - -Es ist immer gesagt worden, die Sowjetrepublik hatte nicht das Recht, -über die S.R. zu Gericht zu sitzen; sie hatte durch die „Neue -ökonomische Politik“ das Recht verwirkt, über Konterrevolutionäre zu -richten. Der Prozeß fand in einem Zeitpunkt statt, in dem der -Kriegskommunismus aufgegeben und zu einer Art Staatssozialismus -übergegangen wurde. Aber gerade in dieser Zeit war die Sowjetrepublik -verpflichtet, die Grenzen zwischen sich selbst und den Vertretern der -Demokratie scharf zu ziehen. Und bis zum heutigen Tage sieht die -kapitalistische Welt im Außenhandelsmonopol das schwerste Hindernis -ihrer Expansions- und Kolonisationsbestrebungen in Rußland, ein -Hindernis, das Austen Chamberlain nicht anders als durch einen neuen -„Heiligen Krieg“ überwinden zu können glaubt. Die Republik hatte kein -Recht, sich gegen eine Partei zu wehren, die bis zum Tage der -Verhandlungseröffnung alle Hebel in Bewegung setzte, um die Republik zu -stürzen und dem europäischen Proletariat, das immer stärker in die -Defensive gedrängt wurde, den letzten Rückhalt zu rauben?! Der Staat -sollte sich nicht gegen seine erbittertsten Feinde wehren, deren -Schlußwort noch vor dem Tribunal lautete: „Wir werden euch mit allen -Mitteln bekämpfen!“? - - * * * * * - -Auch die deutsche Republik hat Prozesse gegen ihre Feinde führen müssen. -Wir brauchen hier nicht auseinanderzusetzen, wie der Prozeß gegen -Hitler, wie er gegen die sogenannte Tscheka geführt wurde. Zwischen -Extremen schwankt die deutsche Justiz, nach Willkür, nach Zeit; sie -scheint subjektiv. In denselben Tagen, in denen Rathenau ermordet wurde, -verhandelte man in Moskau gegen die S.R. Im Rathenau-Prozeß wurde an die -Drahtzieher nicht gerührt, nie wurde versucht, die Geldgeber -festzustellen, nie wurde das Netz von Verschwörercliquen zerstört, nie -wagte man sich an die wahren Auftraggeber heran. Im S.R.-Prozeß spielten -die Attentäter die geringere Rolle – man drang in die Hinterzimmer vor, -man stieg in die Abgründe und entdeckte die Auftraggeber in den -Kabinetten der Ententemissionen, in den geheimnisvollen -Absteigequartieren der Mitglieder des Z.K. der S.R. Im Hitler-Prozeß -sind nie gewisse Verbindungen zwischen Parteiführern und Hitler enthüllt -worden, die Geldgeber blieben diskret hinter dem Vorhang – Geld spielt -in der bürgerlichen Welt eine diskrete Rolle. Wie anders im S.R.-Prozeß! -Die ganze Front der Gegenrevolution wird entlarvt, geheime Verbindungen -werden ans Licht gezogen, illegale Organisationen festgestellt – es gab -kein Geheimnis, vor dessen Enträtselung man zurückschreckte, nirgends -ein Vertuschungsmanöver, nirgends ein Versuch zu verschweigen, zu -beschönigen. Die Republik hatte ihre Feinde erkannt, entlarvt, sie -wollte sie vernichten. - -Das Oberste Tribunal war ein Klassengericht. Daraus wurde kein Hehl -gemacht. Der Staatsgerichtshof der Deutschen Republik tat sich etwas -zugute auf seine Objektivität und fällte seine Urteile im Interesse der -mächtigsten Klasse. Das Oberste Tribunal hatte die Interessen der -Schichten im Auge, die der Staat repräsentierte. Der Staatsgerichtshof -entschied im Interesse der Mächte, die den Staatsapparat wieder fest in -ihre Hand zu gewinnen suchten. Das Oberste Tribunal wollte ein -Klassengericht sein, der Staatsgerichtshof ist es. Man braucht nicht -immer erst zu bekennen, was man ist. Man ist, was man ist. Das Wesen der -Staatsform deckt sich nicht immer mit den Interessen der stärksten -Mächte im Staate, in einer Demokratie, der biegsamsten Form, nun schon -gar nicht, ja _sie_ gerade liefert heterogensten Machtgruppen je nach -den Umständen die besten Werkzeuge, so lange man nicht wagt an den -ökonomischen Grundlagen zu rütteln. Die Bolschewiki haben diese -Grundlagen revolutioniert und eine Einheit zwischen Staatsform und -Klasseninteresse geschaffen, die sich nicht je nach den Umständen -maskieren läßt. - - * * * * * - -„Anfangs trat Mitjä dicht an Aljoscha heran, und plötzlich küßte er ihn. -Seine Augen brannten. - -..., Aljoscha, ich habe in diesen zwei letzten Monaten einen neuen -Menschen in mir entdeckt ... Dieser Mensch war immer in mir verborgen, -doch es wäre mir nie zum Bewußtsein gekommen, daß ich ihn in mir trug, -wenn Gott nicht dieses Gewitter geschickt. Unheimlich ist das Leben! ... -Man kann auch dort in den Erzgruben Sibiriens neben sich in genau solch -einem Zwangsarbeiter und Mörder ein menschliches Herz finden ... Und -ihrer gibt es so viele dort unter der Erde, Hunderte, und wir alle haben -schuld an ihnen! ... Denn alle sind für alle schuldig ... Und so gehe -ich denn für alle, denn irgend jemand muß doch für alle gehen! Ich habe -meinen Vater nicht erschlagen, aber ich muß hingehen. Ich nehme es auf -mich!“ - - * * * * * - -Gotz und Donskoi und Timofejew und die anderen haben Wolodarski -erschlagen lassen, sie wollten die Revolution töten, aber sie nahmen es -nicht auf sich. Ihre Freunde im Ausland schlossen sich zu konspirativen -Umtrieben zusammen, und als vor Gericht den Angeklagten die Dokumente -unterbreitet wurden, nahmen sie es wieder nicht auf sich. Aus falscher -Solidarität, mehr noch vielleicht aus Unvermögen, einen furchtbaren -Konflikt lösen zu können. „Sind die Dokumente echt?“ fragten zweifelnd, -zögernd die Gotz und Timofejew. Lag nicht in dieser Frage schon ein -Geständnis? rückten sie nicht mit ihr schon von den Auslandsdelegierten -ihrer Partei ab? Und dennoch zögerten sie, ein entscheidendes Wort zu -sagen. Die bürgerliche Meinung hätte ihnen zugeschrien: Feiglinge, -Verräter. Vielleicht war diese Zwangslage für die Angeklagten der ersten -Gruppe der furchtbarste seelische Konflikt. Das Material belastete die -Partei vor den russischen Arbeitern und Bauern am stärksten. Nun stand -ihre Partei so offensichtlich als die Partei der Interventionsmethoden -da – im Bunde mit dem Ausland, den Mächten des Versailler Vertrags, den -erbittertsten Feinden der Sowjetrepublik. Wer dachte nicht noch -schaudernd der Bürgerkriege, der gräßlichen Kämpfe mit den Weißen auf -allen Fronten; und hatte nicht gerade dieser siegreiche Kampf gegen -Entente und Weiße die Masse des Volkes geeint? Und nun war diese S.R. -Partei im Begriff, das Verbrechen wider die Nation zu erneuern? und -diese Angeklagten rückten nicht von solchen Methoden ab?! „Wir sind -nicht für diese Umtriebe verantwortlich, wir sitzen seit Jahr und Tag in -Haft.“ „Doch, ihr seid verantwortlich nach den Grundsätzen der -Kollektivität, nach der Auffassung, daß die Geschichte der Menschheit -eine Geschichte der Klassenkämpfe ist. Steht ihr diesseits oder jenseits -der Barrikade?“ - -Und im bitteren Konflikt entschieden sich die Angeklagten für ihren -Untergang – vielleicht waren sie dann „moralisch“ gerettet, hatten sie -moralisch gesiegt. So nahmen sie es nicht auf sich. - - * * * * * - -Es gibt noch eine Stelle in den „Brüdern Karamasoff“. Aljoscha verläßt -Mitjä und sucht Iwan auf, der es auf sich nahm und sich als Mörder -fühlte. - -„Iwan Fedorowitsch blieb plötzlich stehen. - -‚Wer ist denn deiner Meinung nach der Mörder?‘ fragte er kalt, und es -klang ein hochmütiger Ton in seiner Frage. - -‚Du weißt es selbst, wer,‘ entgegnete Aljoscha leise und ruhig ... - -Aljoscha fühlte, wie er plötzlich am ganzen Körper zitterte. - -‚Du weißt es selbst, wer,‘ kam es kraftlos aus ihm heraus. Er konnte -kaum atmen. - -‚Aber wer denn, wer?‘ schrie ihn Iwan wild auffahrend an. Seine ganze -Zurückhaltung war plötzlich verschwunden. - -‚Ich weiß nur das eine,‘ sagte Aljoscha immer noch im selben kraftlosen -betäubten Flüsterton: ‚– _nicht du_ hast den Vater erschlagen.‘ - -‚Nicht du!‘ Was heißt das, ‚nicht du?‘ Iwan stand wie erstarrt vor -seinem Bruder. - -‚Nicht du hast den Vater erschlagen, nicht _du_, _nicht du_!‘ -wiederholte Aljoscha fest. - -Sie schwiegen. Lange dauerte das Schweigen. - -‚Ich weiß es doch selbst, daß nicht ich es getan habe, redest du im -Fieber?‘ sprach schließlich Iwan, und er lächelte ein bleiches, -verzerrtes Lächeln. - -Er hatte sich mit den Blicken gleichsam festgesogen an den Bruder. Sie -standen sich beide wieder bei einer Straßenlaterne gegenüber. - -‚Nein, Iwan, du hast dir selbst wiederholt gesagt, daß du der Mörder -seiest!‘ - -‚Wann habe ich es gesagt? ... Ich war in Moskau ... Wann habe ich es -gesagt?!‘ stotterte Iwan mit abirrendem Blick ... - -... ‚Du hast dich beschuldigt und hast dir gesagt, daß der Mörder kein -anderer sein könne als du. Aber nicht du hast ihn erschlagen ...‘“ - - * * * * * - -Der andere tragische Konflikt entspann sich im Kampf zwischen den -Angeklagten der ersten und zweiten Gruppe. Die erste Gruppe -repräsentierte die Partei, wollte sie retten, mußte sie retten, stand -für sie. Um die Partei ging der Kampf, um diese geschlagene, sterbende, -ja schon verwesende Partei. Deshalb scheues Zurückziehen ins Zwielicht -von Höhlen, deshalb Zagen, Schwanken, Widersprüche. Es ging im Grunde -nie um Personen, immer um Parteien. Die anderen fühlten sich verraten, -geopfert, mißbraucht, irregeleitet. Sie waren überfahren worden und -wollten wieder aufstehen. Sie waren immer die Aktiveren, -Entschlosseneren gewesen, ja sie hatten die Partei vorwärts gedrängt, -ihr Impulse ins Blut gejagt, sie waren der eigentliche handelnde Körper, -dessen Seele zermürbt und hoffnungslos war. Ihre Einstellung gegen die -Sowjets war vor allem durch den Abschluß des Brester Friedens bestimmt, -der ja selbst in den Reihen der Bolschewiki eine tiefgehende Krisis -gezeitigt hatte, die nur die Parteidisziplin wieder überwand. Wir -wissen, wie die Demütigung der Nation die Gemüter bedrückt und verwirrt. -Der Brester Vertrag mußte doppelt schwer empfunden werden: denn er war -nicht nur die Demütigung einer Nation durch die andere; er war die -Demütigung einer Klasse durch die Klasse, die man eben im eigenen Lande -erst besiegt hatte – zum ersten Male in der ganzen Geschichte der -Menschheit – so entscheidend, so wuchtig. Und nun stürzte man wieder in -den Abgrund. - -So läßt sich begreifen, weshalb alte Parteigenossen sich von der Parole -des Z.K. locken ließen. Aber als immer deutlicher wurde, in welche -Abhängigkeit das Z.K. von der Entente geriet, welche Ziele die Entente -vor allem in Rußland selbst verfolgte, gingen jene „Einfachen“ mit sich -zu Rate und verließen ihre Partei: Diese Krisen und Wandlungen lassen -sich nicht mit „Gesinnungswechsel“ bezeichnen. Die Russen stehen nicht -so rasch auf dem Boden der Tatsachen. Die europäische Flinkheit und -demokratische Geschäftigkeit ist für den Russen unbegreiflich. Wer mit -der Macht der Finsternis ringt, kämpft lange mit sich selbst, bevor der -neue Mensch aus dem Chaos heraustritt. Im Grunde tauchen alle Probleme -der russischen Literatur auf, wenn wir an diesen Wandlungsprozeß der -Angeklagten der zweiten Gruppe denken. Sie fallen in Zweifel, sie hadern -mit sich selbst, sie beichten und werden „neue Menschen“. Der Kampf -zwischen den Angeklagtengruppen nahm oft erbitterte Formen an, aber -nicht ein Mal ist dieser Kampf zur Gemeinheit entartet; man würde im -Westen sofort bei ähnlichen Fällen beobachten, wie man versuchen würde, -die Schuld abzuwälzen, sich nur als den Verführten hinzustellen und im -Gassenjungentone zu schreien: „Ich bin es nicht gewesen“ – vielleicht -würde man sofort eine Dolchstoßlegende erfinden. - -Die Angeklagten der zweiten Gruppe haben nie ihre eigene Schuld in -Abrede gestellt: Wir haben gefehlt, wir haben getötet, wir haben uns an -der Revolution versündigt, straft uns. - -Die neue Gemeinschaft nahm sie auf. Es ist eines ihrer schönsten und -erhabensten Prinzipien, den ehrlich Reuigen aufzunehmen. Sie übte diesen -Grundsatz vom ersten Tage ihrer Herrschaft. Der General Krasnow hat -solches Vertrauen bitter enttäuscht. Semjonow, Ratner, Ignatiew, die -Männer aus dem Volke nicht. - - * * * * * - -Dieser Prozeß war die große Abrechnung mit der Konterrevolution; er -schied scharf zwischen den Strömen, die noch die heutige Menschheit -durchfließen. Das Tribunal war ganz bewußt das Organ einer siegreichen -Klasse. Der Prozeß erscheint deshalb so kompliziert, weil es sich um -eine Partei handelte, die zwischen den Linien stand, und deren -tragischer Auflösungsprozeß in Europa die Teilnahme aller Kreise und -Parteien erregte, die mißtrauisch, furchtsam, unsicher und zermürbt -nicht die Spannkraft besaßen, mit tausendjährigen Traditionen zu -brechen, die sogar schon den Instinkt überwuchert und infiziert haben. -Auch der Besitzlose unterliegt derselben Stimme der Verführung, die den -Besitzenden immer aufs Neue lockt, zur Macht herausfordert und die wahre -Gemeinschaft unmöglich macht. Wie einst die Jakobiner den Girondisten -den Prozeß machten, weil sie Feudalismus und Bourgeoisie zu versöhnen -suchten, standen sich jetzt Bolschewiki und Sozialrevolutionäre -gegenüber. Parteien und Menschen, die sich um Ausgleiche bemühen, um den -Weg nicht zu Ende gehen zu müssen, verstricken sich in alle Wirrnisse, -die Verhältnisse dem Menschen bereiten können. So erzeugt das Bündnis -von Neigung und Idee endlich sogar das kriminelle Verbrechen, weil -Tradition, Fehlschläge und Minderwertigkeitsgefühle der Tat nicht mehr -das reine Antlitz zu verleihen mögen. Die Bombe, die Alexander II. -zerriß, wurde nicht vom Mann mit gleichem Bewußtsein geworfen, wie es -jener besaß, der auf Wolodarski schoß. Der Held wird zum Verbrecher, die -Partei ist gerichtet, und die Einheit der werktätigen Masse unter -zielbewußter Führung ist geschaffen. - - * * * * * - -Alle Konflikte und Fragen, die seit 1914 die Welt bewegten und aus den -Fugen brachten, wirbelte der Prozeß auf: die Tendenzen der -imperialistischen Mächte, ihre Absichten, Rußland zur Kolonie zu machen -– also das ganze Problem der Akkumulation des Kapitals. Lenins These, -der Weltkrieg müsse unbedingt in die soziale Revolution umschlagen und -mit der Eroberung des Staatsapparates durch das Proletariat enden. Die -Frage: Demokratie oder Diktatur, Parlament oder Räte. Die Frage: Masse -und Partei, Masse und Revolution. Die Haltung des Kleinbürgertums. Die -lavierenden arbeiterfreundlichen Parteien. Die Legitimität einer -revolutionären Regierung. Die Mittel und Methoden des revolutionären -Kampfes: individueller oder Massenterror. - -Es war bezeichnend: Die bürgerliche Gesellschaft empfand diesen Prozeß -als eine Provokation und einen Schlag ins Gesicht. Sie sprach schon dem -Staate des Proletariats jede Existenzberechtigung ab; da er nun -existierte, nach fünf Jahren, trotz aller Interventionen und -Verleumdungskampagnen immer noch existierte, während die revolutionäre -Bewegung in den bürgerlichen Ländern vom Wellenkamm immer tiefer hinab -fiel, versuchte man zähneknirschend die Rechtsformalitäten zu -kritisieren und sprach dem Staate des Proletariats jede Berechtigung ab, -sich nicht nur überhaupt zu verteidigen, sondern auch zu richten. Der -alte warnende Satz, „Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet!“ -wurde wutschnaubend von der ohnmächtigen bürgerlichen Presse -hervorgestoßen. So kam es, daß sachliche Meldungen über den -Verhandlungsstoff als solchen überhaupt nicht in die bürgerliche -Öffentlichkeit drangen. Man lehnte das Gericht ab, man fühlte sich mit -den S.R. verbunden, sah in ihnen Bundesgenossen, Sachwalter, Märtyrer. -Wie hätte man über ihre „Verbrechen“ sprechen können, die in den Augen -der bürgerlichen Gesellschaft Heldentaten gewesen waren. Die bürgerliche -Gesellschaft aber rechtfertigte durch ihre Sympathiebeweise nun erst -recht die Strenge des Gerichts. Das Oberste Tribunal hat zuletzt nicht -einmal so sehr die Mittel verurteilt, deren sich die S.R. in ihrem Kampf -gegen die Sowjets bedient hatten. Es kam vielmehr auf das Ziel an. Und -das Ziel der S.R. war die Erhaltung der bürgerlichen Gesellschaft, der -elastischen demokratischen Staatsform, der kapitalistischen ökonomischen -Verhältnisse; für die Bolschewiki aber galten noch jene Worte, die -Wilhelm Liebknecht ein Jahr vor seinem Tode geschrieben hat: „Ein -Sozialist, der in eine Bourgeoisieregierung eintritt, geht entweder zum -Feind über oder er gibt sich in die Gewalt des Feindes. Er mag sich für -einen Sozialisten halten, ist es aber nicht mehr; er kann von seiner -Ehrlichkeit überzeugt sein, aber dann hat er nicht das Wesen des -Klassenkampfes begriffen – nicht begriffen, daß der Sozialismus den -Klassenkampf zur Grundlage hat.“ Gotz hatte in seiner letzten Rede vor -dem Tribunal behauptet, im Oktober hätten Arbeiter auf beiden Seiten der -Barrikade gekämpft. Wilhelm Liebknecht hätte ihm entgegengehalten: „Ich -bin für die Einheit der Partei – aber es muß die Einheit des Sozialismus -und der Sozialisten sein. Die Einheit mit Gegnern, mit Leuten, die -andere Ziele und andere Interessen haben, ist keine sozialistische -Einheit. Die Internationale Arbeiter-Assoziation hat deshalb den -Arbeitern gepredigt: Die Befreiung der Arbeiterklasse kann nur das Werk -der Arbeiter selbst sein.“ - - - - - ANHANG. - - - Überblick über die Tätigkeit der S.R. in den Jahren 1917-1922. - -Nach der Abdankung Nikolaus’ II. gelangen die S.R. zur Macht. Kerenski -ist ein S.R. Der Landwirtschaftsminister der Provisorischen Regierung – -Viktor Michailowitsch Tschernow – ist einer der bekanntesten Führer und -Theoretiker der S.R. Die Provisorische Regierung setzt den Krieg gegen -Deutschland fort, trotzdem Tschernow an der Zimmerwalder Konferenz -teilgenommen hatte. Am 7. November 1917 wird die Kerenski-Regierung -durch die Bolschewiki gestürzt. - -Im Augenblick _der Oktoberumwälzung gibt_ in Moskau die -Stadtverordnetenversammlung, die eine starke S.R.-Mehrheit hatte, den -Offiziersschülern den Befehl: _Mit den Waffen in der Hand gegen die -Arbeiter! Nach der Niederlage der Offiziersaspiranten in Petersburg sind -es die S.R. Gotz und Kerenski, die die Kosakenschwadronen des -Zarengenerals Krasnow gegen die Hauptstadt der Revolution anrücken -lassen._ - -_Im selben Jahre 1917 treten die S.R. in Verbindung mit einer -Weißgardisten-Organisation (Filonenko). Gleichzeitig agitieren die S.R. -unter den städtischen kleinbürgerlichen Schichten für die Sabotage der -Sowjetmacht in den Betrieben und Fabriken und für Streiks._ - - - 1918. - -_Am 5. Januar 1918 eröffnete die Konstituierende_ Versammlung ihre -Session; über _die Hälfte der Mitglieder waren S.R._ Am 8. Januar wurde -der dritte allrussische _Rätekongreß_, mit einer überwiegenden Mehrheit -von _Bolschewiki_ (_Kommunisten_), eröffnet. Die der Arbeiter- und -Bauernregierung feindlich gesinnte Konstituierende Versammlung wird -aufgelöst. Die _S.R. beginnen den bewaffneten Kampf_ gegen die -Sowjetmacht. In diese Zeit fällt die Hilfe der S.R. für General Krasnow, -ferner bricht in diesem Jahre der Aufstand der tschechoslowakischen -Truppen (der ehemaligen Kriegsgefangenen des Zarenheeres) aus, mit denen -zwei S.R.-„Regierungen“ – die fern-ostasiatische und die westsibirische -durch Vermittlung des englischen Obersten Hodgson, durch den General -Horvat und durch japanische Diplomaten Verhandlungen führten, um die -Revolution zu zertreten. - -Dann organisierten die S.R. die Rumpf-„Nationalversammlung“ in Samara. -Auf Befehl des französischen Botschafters am Zarenhof, Noulens, zahlte -die französische Botschaft an die S.R. Gotz, Timofejew und andere Gelder -zur Aushaltung der Samaraer „Konstituante“. - -Die Sozialrevolutionärin Kaplan verwundet Lenin schwer mit einer -vergifteten Kugel. - -Der S.R. Ssergejew erschießt Wolodarskij. - -Die Kampforganisation der S.R. organisiert Attentate auf Trotzki und -Sinowjew. - -Von der Militärorganisation der S.R. wird in den Reihen der Roten Armee -Spionage getrieben. Die S.R. führten „Expropriationen“ aus. In -Petersburg wurde das Volksernährungskommissariat beraubt, in Moskau das -Postamt Nr. 9, in Kaluga (südlich Moskau) wurde die Beraubung des -Gouvernements-Ernährungskomitees versucht usw. - -Als General Denikin nahe vor Tula (unweit Moskau im Süden) stand und -Koltschak auf Tjümenj (Ostural) rückte, erläßt das Zentralkomitee der -S.R. einen Aufruf an die Arbeiter, daß Denikin auf der Spitze seiner -Schwerter die Reaktion gegen die Arbeiter trage usw. In Wirklichkeit -bevollmächtigt das Z.K. gleichzeitig seine Mitglieder, Donskoj und -Daschjewskij, mit Denikin in Unterhandlungen zu treten. - -_Außerdem verbreitet die Zentrale der S.R. Partei in den Reihen der -Rotarmisten eine Proklamation, mit der Aufforderung, die Kampffronten -gegen Denikin und Koltschak zu verlassen._ - - - 1920. - -Im Jahre 1920 organisieren die S.R. einen „Bund der werktätigen -Bauernschaft“, sie organisieren einen Bauernaufstand im Bezirk Tambow -(südöstlich Moskau), an dessen Spitze der Bandenführer Antonow steht; -Aufstände in Sibirien und an der Schwarzen Meer-Küste. - - - 1921. - -_In Paris organisierten die S.R. Tschernow, Kerenski, Awksentiew -gemeinsam mit den Kadetten das „Komitee der Mitglieder der -Konstituante“._ - -Der Aufstand in Kronstadt wird von den S.R. mit allen Mitteln -unterstützt. - -Tätigkeit des „Administrativen Zentrums“; Gründung von -Geheimorganisationen; Vorbereitungen im Kaukasus. - - - - - In der Sammlung - AUSSENSEITER DER GESELLSCHAFT - – DIE VERBRECHEN DER GEGENWART – - sind bis jetzt folgende Bände erschienen: - - - Band 1: - - ALFRED DÖBLIN - DIE BEIDEN FREUNDINNEN UND IHR GIFTMORD - - Band 2: - - EGON ERWIN KISCH - DER FALL DES GENERALSTABSCHEFS REDL - - Band 3: - - EDUARD TRAUTNER - DER MORD AM POLIZEIAGENTEN BLAU - - Band 4: - - ERNST WEISS - DER FALL VUKOBRANKOVICS - - Band 5: - - IWAN GOLL - GERMAINE BERTON - DIE ROTE JUNGFRAU - - Band 6: - - THEODOR LESSING - HAARMANN, DIE GESCHICHTE EINES WERWOLFS - - Band 7: - - KARL OTTEN - DER FALL STRAUSS - - Band 8: - - ARTHUR HOLITSCHER - DER FALL RAVACHOL - - Band 9: - - LEO LANIA - DER HITLER-LUDENDORFF-PROZESS - - Band 10: - - FRANZ THEODOR CSOKOR - SCHUSS INS GESCHAEFT - DER FALL OTTO EISSLER - - Band 11: - - THOMAS SCHRAMEK - FREIHERR VON EGLOFFSTEIN - Mit einem Vorwort von ALBERT EHRENSTEIN - - Band 12: - - KURT KERSTEN - DER MOSKAUER PROZESS GEGEN DIE SOZIALREVOLUTIONÄRE 1922 - - Band 13: - - KARL FEDERN - DER PROZESS MURRI-BONMARTINI - - Band 14: - - HERMANN UNGAR - DIE ERMORDUNG DES HAUPTMANNS HANIKA - - Ferner erscheinen noch Bände von: - - HENRI BARBUSSE, MARTIN BERADT, MAX BROD, E. I. GUMBEL, WALTER - HASENCLEVER, GEORG KAISER, OTTO KAUS, THOMAS MANN, LEO - MATTHIAS, EUGEN ORTNER, JOSEPH ROTH, RENE SCHICKELE, JAKOB - WASSERMANN, ALFRED WOLFENSTEIN. - - - OHLENROTH’SCHE BUCHDRUCKEREI ERFURT - - - Anmerkungen zur Transkription - -Die kräftig variierende Transliteration russischer Namen wurde -beibehalten. Der Name Семёнов kann so z. B. als Semjonow, Ssemjonow oder -Semenow auftauchen. Hier ist eine Liste der am häufigsten gefundenen -Varianten: - - Altowski, Altowsky - Awksentijew, Awksentiew, Awxentijew - Daschewski, Daschjewskij - Dobroljubow, Dobrolubow - Donskoj, Donskoi - Elkind, Eljkind - Eugenia, Eugenie - Fanny, Fanni - Fedorowitsch, Federowitsch - Fjedorow, Fedorow, Federow - Gerstejn, Gerstein - Grigorij, Grigori - Ignatjew, Ignatiew - Konoplewa, Konopleva, Konopljewa - Koslow, Kozlow - Lew, Lev - Michailowitsch, Michajlowitsch - Murawjew, Murawiew - Nishnij, Nishni - Sawinkow, Savinkow - Semjonow, Ssemjonow, Semenow - Sergejew, Ssergejew - Timofejew, Timofjejew - Utgow, Utgoff - Wolodarskij, Wolodarski - -Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Weitere -Änderungen sind hier aufgeführt (vorher/nachher): - - [S. 132]: - ... wurde abgelehnt; die Resolution Tschernow ... - ... wurde abgelehnt; die Resolution Tschernows ... - - -*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER MOSKAUER PROZESS GEGEN DIE -SOZIALREVOLUTIONÄRE 1922. REVOLUTION UND KONTERREVOLUTION *** - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the -United States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg™ electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG™ -concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, -and may not be used if you charge for an eBook, except by following -the terms of the trademark license, including paying royalties for use -of the Project Gutenberg trademark. If you do not charge anything for -copies of this eBook, complying with the trademark license is very -easy. You may use this eBook for nearly any purpose such as creation -of derivative works, reports, performances and research. Project -Gutenberg eBooks may be modified and printed and given away--you may -do practically ANYTHING in the United States with eBooks not protected -by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the trademark -license, especially commercial redistribution. - -START: FULL LICENSE - -THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK - -To protect the Project Gutenberg™ mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase “Project -Gutenberg”), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg™ License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license. - -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project -Gutenberg™ electronic works - -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg™ -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all -the terms of this agreement, you must cease using and return or -destroy all copies of Project Gutenberg™ electronic works in your -possession. If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a -Project Gutenberg™ electronic work and you do not agree to be bound -by the terms of this agreement, you may obtain a refund from the -person or entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph -1.E.8. - -1.B. “Project Gutenberg” is a registered trademark. It may only be -used on or associated in any way with an electronic work by people who -agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few -things that you can do with most Project Gutenberg™ electronic works -even without complying with the full terms of this agreement. See -paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project -Gutenberg™ electronic works if you follow the terms of this -agreement and help preserve free future access to Project Gutenberg™ -electronic works. See paragraph 1.E below. - -1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation (“the -Foundation” or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection -of Project Gutenberg™ electronic works. Nearly all the individual -works in the collection are in the public domain in the United -States. If an individual work is unprotected by copyright law in the -United States and you are located in the United States, we do not -claim a right to prevent you from copying, distributing, performing, -displaying or creating derivative works based on the work as long as -all references to Project Gutenberg are removed. Of course, we hope -that you will support the Project Gutenberg™ mission of promoting -free access to electronic works by freely sharing Project Gutenberg™ -works in compliance with the terms of this agreement for keeping the -Project Gutenberg™ name associated with the work. You can easily -comply with the terms of this agreement by keeping this work in the -same format with its attached full Project Gutenberg™ License when -you share it without charge with others. - -1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern -what you can do with this work. Copyright laws in most countries are -in a constant state of change. If you are outside the United States, -check the laws of your country in addition to the terms of this -agreement before downloading, copying, displaying, performing, -distributing or creating derivative works based on this work or any -other Project Gutenberg™ work. The Foundation makes no -representations concerning the copyright status of any work in any -country other than the United States. - -1.E. Unless you have removed all references to Project Gutenberg: - -1.E.1. The following sentence, with active links to, or other -immediate access to, the full Project Gutenberg™ License must appear -prominently whenever any copy of a Project Gutenberg™ work (any work -on which the phrase “Project Gutenberg” appears, or with which the -phrase “Project Gutenberg” is associated) is accessed, displayed, -performed, viewed, copied or distributed: - - This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and - most other parts of the world at no cost and with almost no - restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it - under the terms of the Project Gutenberg License included with this - eBook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the - United States, you will have to check the laws of the country where - you are located before using this eBook. - -1.E.2. If an individual Project Gutenberg™ electronic work is -derived from texts not protected by U.S. copyright law (does not -contain a notice indicating that it is posted with permission of the -copyright holder), the work can be copied and distributed to anyone in -the United States without paying any fees or charges. If you are -redistributing or providing access to a work with the phrase “Project -Gutenberg” associated with or appearing on the work, you must comply -either with the requirements of paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 or -obtain permission for the use of the work and the Project Gutenberg™ -trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or 1.E.9. - -1.E.3. If an individual Project Gutenberg™ electronic work is posted -with the permission of the copyright holder, your use and distribution -must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any -additional terms imposed by the copyright holder. Additional terms -will be linked to the Project Gutenberg™ License for all works -posted with the permission of the copyright holder found at the -beginning of this work. - -1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg™ -License terms from this work, or any files containing a part of this -work or any other work associated with Project Gutenberg™. - -1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this -electronic work, or any part of this electronic work, without -prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with -active links or immediate access to the full terms of the Project -Gutenberg™ License. - -1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary, -compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including -any word processing or hypertext form. However, if you provide access -to or distribute copies of a Project Gutenberg™ work in a format -other than “Plain Vanilla ASCII” or other format used in the official -version posted on the official Project Gutenberg™ website -(www.gutenberg.org), you must, at no additional cost, fee or expense -to the user, provide a copy, a means of exporting a copy, or a means -of obtaining a copy upon request, of the work in its original “Plain -Vanilla ASCII” or other form. Any alternate format must include the -full Project Gutenberg™ License as specified in paragraph 1.E.1. - -1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying, -performing, copying or distributing any Project Gutenberg™ works -unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9. - -1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing -access to or distributing Project Gutenberg™ electronic works -provided that: - -• You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from - the use of Project Gutenberg™ works calculated using the method - you already use to calculate your applicable taxes. The fee is owed - to the owner of the Project Gutenberg™ trademark, but he has - agreed to donate royalties under this paragraph to the Project - Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments must be paid - within 60 days following each date on which you prepare (or are - legally required to prepare) your periodic tax returns. Royalty - payments should be clearly marked as such and sent to the Project - Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in - Section 4, “Information about donations to the Project Gutenberg - Literary Archive Foundation.” - -• You provide a full refund of any money paid by a user who notifies - you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he - does not agree to the terms of the full Project Gutenberg™ - License. You must require such a user to return or destroy all - copies of the works possessed in a physical medium and discontinue - all use of and all access to other copies of Project Gutenberg™ - works. - -• You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of - any money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the - electronic work is discovered and reported to you within 90 days of - receipt of the work. - -• You comply with all other terms of this agreement for free - distribution of Project Gutenberg™ works. - -1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project -Gutenberg™ electronic work or group of works on different terms than -are set forth in this agreement, you must obtain permission in writing -from the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, the manager of -the Project Gutenberg™ trademark. Contact the Foundation as set -forth in Section 3 below. - -1.F. - -1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable -effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread -works not protected by U.S. copyright law in creating the Project -Gutenberg™ collection. Despite these efforts, Project Gutenberg™ -electronic works, and the medium on which they may be stored, may -contain “Defects,” such as, but not limited to, incomplete, inaccurate -or corrupt data, transcription errors, a copyright or other -intellectual property infringement, a defective or damaged disk or -other medium, a computer virus, or computer codes that damage or -cannot be read by your equipment. - -1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the “Right -of Replacement or Refund” described in paragraph 1.F.3, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project -Gutenberg™ trademark, and any other party distributing a Project -Gutenberg™ electronic work under this agreement, disclaim all -liability to you for damages, costs and expenses, including legal -fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT -LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE -PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE -TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE -LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR -INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH -DAMAGE. - -1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a -defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can -receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a -written explanation to the person you received the work from. If you -received the work on a physical medium, you must return the medium -with your written explanation. The person or entity that provided you -with the defective work may elect to provide a replacement copy in -lieu of a refund. If you received the work electronically, the person -or entity providing it to you may choose to give you a second -opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If -the second copy is also defective, you may demand a refund in writing -without further opportunities to fix the problem. - -1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth -in paragraph 1.F.3, this work is provided to you “AS-IS”, WITH NO -OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT -LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE. - -1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied -warranties or the exclusion or limitation of certain types of -damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement -violates the law of the state applicable to this agreement, the -agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or -limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or -unenforceability of any provision of this agreement shall not void the -remaining provisions. - -1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the -trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone -providing copies of Project Gutenberg™ electronic works in -accordance with this agreement, and any volunteers associated with the -production, promotion and distribution of Project Gutenberg™ -electronic works, harmless from all liability, costs and expenses, -including legal fees, that arise directly or indirectly from any of -the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this -or any Project Gutenberg™ work, (b) alteration, modification, or -additions or deletions to any Project Gutenberg™ work, and (c) any -Defect you cause. - -Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg™ - -Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of -computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life. - -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™'s -goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg™ and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at -www.gutenberg.org - -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation - -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state's laws. - -The Foundation's business office is located at 809 North 1500 West, -Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up -to date contact information can be found at the Foundation's website -and official page at www.gutenberg.org/contact - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without -widespread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine-readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To SEND -DONATIONS or determine the status of compliance for any particular -state visit www.gutenberg.org/donate - -While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate. - -International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. - -Please check the Project Gutenberg web pages for current donation -methods and addresses. Donations are accepted in a number of other -ways including checks, online payments and credit card donations. To -donate, please visit: www.gutenberg.org/donate - -Section 5. General Information About Project Gutenberg™ electronic works - -Professor Michael S. Hart was the originator of the Project -Gutenberg™ concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg™ eBooks with only a loose network of -volunteer support. - -Project Gutenberg™ eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition. - -Most people start at our website which has the main PG search -facility: www.gutenberg.org - -This website includes information about Project Gutenberg™, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. diff --git a/old/69795-0.zip b/old/69795-0.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index f534902..0000000 --- a/old/69795-0.zip +++ /dev/null diff --git a/old/69795-h.zip b/old/69795-h.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index 1f6ebb8..0000000 --- a/old/69795-h.zip +++ /dev/null diff --git a/old/69795-h/69795-h.htm b/old/69795-h/69795-h.htm deleted file mode 100644 index 669bdfb..0000000 --- a/old/69795-h/69795-h.htm +++ /dev/null @@ -1,6914 +0,0 @@ -<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN" -"http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd"> -<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" lang="de" xml:lang="de"> -<head> -<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html;charset=utf-8" /> -<title>The Project Gutenberg eBook of Der Moskauer Prozeß gegen die Sozialrevolutionäre 1922, by Kurt Kersten</title> - <link rel="coverpage" href="images/cover.jpg" /> - <!-- TITLE="Der Moskauer Prozeß gegen die Sozialrevolutionäre 1922" --> - <!-- AUTHOR="Kurt Kersten" --> - <!-- EDITOR="Rudolf Leonhard" --> - <!-- LANGUAGE="de" --> - <!-- PUBLISHER="Die Schmiede, Berlin" --> - <!-- DATE="1925" --> - <!-- COVER="images/cover.jpg" --> - -<style type='text/css'> - -body { margin-left:15%; margin-right:15%; } - -div.frontmatter { page-break-before:always; } -.halftitle { text-indent:0; text-align:center; margin-top:1em; } -.halftitle .line2 { font-size:0.8em; } -.logo1 { margin-top:2em; margin-bottom:2em; } -.logo2 { margin-top:4em; margin-bottom:1em; } -.ser { text-indent:0; text-align:center; margin-top:1em; margin-bottom:3em; - font-size:1.5em; font-weight:bold; } -.ser .line3{ font-size:0.67em; } -.ed { text-indent:0; text-align:center; font-weight:bold; margin-bottom:1em; } -.vol { text-indent:0; text-align:center; font-weight:bold; } -.pub { text-indent:0; text-align:center; } -h1.title { text-indent:0; text-align:center; margin-top:1em; margin-bottom:3em; - font-size:1.5em; font-weight:bold; } -.aut { text-indent:0; text-align:center; font-weight:bold; } -.designer { text-indent:0; text-align:center; margin-top:4em; font-size:0.8em; } -.cop { text-indent:0; text-align:center; margin-top:4em; margin-bottom:2em; - font-size:0.8em; } -.printer { text-indent:0; text-align:center; margin-top:4em; font-size:0.8em; } - -div.chapter{ page-break-before:always; } -h2 { text-indent:0; text-align:center; margin-top:4em; } -h3 { text-indent:0; text-align:center; margin-top:2em; margin-bottom:1em; } - -p { margin:0; text-align:justify; text-indent:1em; } -p.first { text-indent:0; } -p.noindent { text-indent:0; } -p.sign { text-indent:0em; text-align:right; margin:1em; } -p.cap { text-indent:0; text-align:center; font-size:0.8em; margin-bottom:1em; } -p.list { text-indent:0; margin:1em; } -div.block { margin-left:1em; } -.tb { margin:1em; } - -.underline { text-decoration: underline; } -.hidden { display:none; } - -/* tables */ -div.table { text-align:center; } -table { margin-left:auto; margin-right:auto; border-collapse:collapse; } -table td { padding-left:0em; padding-right:0em; vertical-align:top; text-align:left; } -table.table011 { margin-top:1em; margin-bottom:1em; } -table.table011 td.col1 { padding-right:2em; text-align:left; } -table.table011 td.col2 { text-align:right; } - -/* ads */ -div.ads { margin-left:auto; margin-right:auto; max-width:40em; font-size:0.8em; - margin-top:1em; } -div.ads .ser { margin-bottom:0.5em; } -div.ads .ser .line1 { font-size:0.8em; } -div.ads .ser .line2 { font-size:1.25em; } -div.ads .ser .line3 { font-size:0.8em; } -div.ads .ser .line4 { font-size:0.8em; } -div.ads div.table { text-align:center; } -div.ads div.volumes { display:table; margin-left:auto; margin-right:auto; - border-collapse:collapse; } -div.ads .r { display:table-row; } -div.ads .v { display:table-cell; text-indent:0; text-align:left; vertical-align:top; - padding-top:0.5em; } -div.ads .t { display:table-cell; text-indent:0; text-align:center; vertical-align:top; - padding-top:0.5em; } -div.ads .t .line1 { font-size:1.25em; } -div.ads .c { text-indent:0; text-align:center; margin:1em; } -div.ads .s { font-size:0.8em; } - -a:link { text-decoration: none; color: rgb(10%,30%,60%); } -a:visited { text-decoration: none; color: rgb(10%,30%,60%); } -a:hover { text-decoration: underline; } -a:active { text-decoration: underline; } - -/* Transcriber's note */ -.trnote { font-size:0.8em; line-height:1.2em; background-color: #ccc; - color: #000; border: black 1px dotted; margin: 2em; padding: 1em; - page-break-before:always; margin-top:3em; } -.trnote p { text-indent:0; margin-bottom:1em; } -.trnote ul { margin-left: 0; padding-left: 0; } -.trnote li { text-align: left; margin-bottom: 0.5em; margin-left: 1em; } -.trnote ul li { list-style-type: square; } -.trnote .transnote { text-indent:0; text-align:center; font-weight:bold; } -.trnote .list { text-indent:0em; margin-left:3em; text-align:left; } - -/* page numbers */ -a[title].pagenum { position: absolute; right: 1%; } -a[title].pagenum:after { content: attr(title); color: gray; background-color: inherit; - letter-spacing: 0; text-indent: 0; text-align: right; font-style: normal; - font-variant: normal; font-weight: normal; font-size: x-small; - border: 1px solid silver; padding: 1px 4px 1px 4px; - display: inline; } - -img { max-width:100%; } -div.centerpic { text-align:center; text-indent:0; display:block; } - -div.centerpic.logo1 img { max-width:8em; } -div.centerpic.logo2 img { max-width:5em; } - -body.x-ebookmaker { margin-left:0; margin-right:0; } -.x-ebookmaker div.ads { max-width:inherit; } -.x-ebookmaker a.pagenum { display:none; } -.x-ebookmaker a.pagenum:after { display:none; } -.trnote { margin:0; } - -</style> -</head> - -<body> -<div lang='en' xml:lang='en'> -<p style='text-align:center; font-size:1.2em; font-weight:bold'>The Project Gutenberg eBook of <span lang='de' xml:lang='de'>Der Moskauer Prozeß gegen die Sozialrevolutionäre 1922. Revolution und Konterrevolution</span>, by Kurt Kersten</p> -<div style='display:block; margin:1em 0'> -This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and -most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions -whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms -of the Project Gutenberg License included with this eBook or online -at <a href="https://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. If you -are not located in the United States, you will have to check the laws of the -country where you are located before using this eBook. -</div> -</div> - -<p style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:0; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Title: <span lang='de' xml:lang='de'>Der Moskauer Prozeß gegen die Sozialrevolutionäre 1922. Revolution und Konterrevolution</span></p> -<p style='display:block; margin-left:2em; text-indent:0; margin-top:0; margin-bottom:1em;'><span lang='de' xml:lang='de'>Außenseiter der Gesellschaft. Die Verbrechen der Gegenwart. Band 12</span></p> -<p style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:0; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Author: Kurt Kersten</p> -<p style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:0; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Editor: Rudolf Leonhard</p> -<p style='display:block; text-indent:0; margin:1em 0'>Release Date: January 14, 2023 [eBook #69795]</p> -<p style='display:block; text-indent:0; margin:1em 0'>Language: German</p> - <p style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:0; margin-left:2em; text-indent:-2em; text-align:left'>Produced by: Jens Sadowski and the Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net. This book was produced from images made available by the HathiTrust Digital Library.</p> -<div style='margin-top:2em; margin-bottom:4em'>*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK <span lang='de' xml:lang='de'>DER MOSKAUER PROZESS GEGEN DIE SOZIALREVOLUTIONÄRE 1922. REVOLUTION UND KONTERREVOLUTION</span> ***</div> - -<div class="frontmatter chapter"> -<p class="halftitle"> -<span class="line1">AUSSENSEITER DER GESELLSCHAFT</span><br /> -<span class="line2">– DIE VERBRECHEN DER GEGENWART –</span> -</p> - -<div class="centerpic logo1"> -<img src="images/logo1.jpg" alt="" /></div> - -</div> - -<div class="frontmatter chapter"> -<p class="ser"> -<span class="line1">AUSSENSEITER</span><br /> -<span class="line2">DER GESELLSCHAFT</span><br /> -<span class="line3">– DIE VERBRECHEN DER GEGENWART –</span> -</p> - -<p class="ed"> -HERAUSGEGEBEN VON<br /> -RUDOLF LEONHARD -</p> - -<p class="vol"> -BAND 12 -</p> - -<div class="centerpic logo2"> -<img src="images/logo2.jpg" alt="" /></div> - -<p class="pub"> -VERLAG DIE SCHMIEDE<br /> -BERLIN -</p> - -</div> - -<div class="frontmatter chapter"> -<h1 class="title"> -DER MOSKAUER PROZESS<br /> -GEGEN DIE SOZIALREVOLUTIONÄRE<br /> -1922.<br /> -REVOLUTION UND KONTERREVOLUTION -</h1> - -<p class="aut"> -VON<br /> -KURT KERSTEN -</p> - -<div class="centerpic logo2"> -<img src="images/logo2.jpg" alt="" /></div> - -<p class="pub"> -VERLAG DIE SCHMIEDE<br /> -BERLIN -</p> - -</div> - -<div class="frontmatter chapter"> -<p class="designer"> -EINBANDENTWURF<br /> -GEORG SALTER<br /> -BERLIN -</p> - -<p class="cop"> -Copyright 1925 by Verlag Die Schmiede Berlin -</p> - -</div> - -<div class="chapter"> - -<h2 class="chapter blank" id="part-1" title="Der Moskauer Prozeß gegen die Sozialrevolutionäre"> -<a id="page-7" class="pagenum" title="7"></a> -</h2> - -</div> - -<p class="first"> -An der Bahnlinie Moskau-Saratow liegt -mitten im Kiefernwald die kleine Datsche -eines reichen Kaufmannes; grün und blau -schimmern die Holzwände durch den Sommermorgen -eines furchtbaren Jahres; als -der Streckenwächter früh vorüberkam, fiel -ihm auf, daß Garten- und Haustür offenstanden; -der Rasen war zertrampelt – der -Mann in der hellen Russenbluse stutzte, ging -scheu in den Garten, zögerte noch einen -Augenblick, bevor er die Treppenstufen -hinaufging – plötzlich stieß er einen Schrei -aus, wandte sich um und lief davon – -„Mord – Mord –“ brüllte er durch den -Wald – -</p> - -<p> -Nach einer Weile kehrte er mit einem -jungen Sanitätssoldaten zurück, beide hielten -den Revolver schußfertig in der Hand und -gingen zögernd die Treppe hinauf, ihnen -entgegen gähnte ein dunkler Flur – gerade -vor der Öffnung lag ein dicker Mann im -Nachthemd – mit starren, weit geöffneten -Augen, blutigem, vertrocknetem Schaum vor -dem schwarzen Mund – der Sanitäter -bückte sich, entblößte eine zottige Brust, -<a id="page-8" class="pagenum" title="8"></a> -horchte, befühlte – erhob sich nach einer -Weile, zuckte die Achseln: „Herzschlag –“ -Der Wächter setzte scheu den Fuß über den -Leichnam hinweg – eine Zimmertür stand -offen – Spinde, Wandschrank schienen durchwühlt, -auf der Erde lag ein Bankkontobuch; -sämtliche Schubfächer des altertümlichen -Vertikos waren erbrochen – Akten, Briefe -aber unberührt – es schien den Tätern nur -am baren Gelde gelegen zu sein. -</p> - -<p> -Alle Nachforschungen nach den Tätern -blieben erfolglos. -</p> - -<p> -Das Reich war in Aufruhr und Menschenleben -billig; seit vier Jahren wütete Krieg in -der ganzen Welt, seit einem halben Jahr -herrschten die Arbeiter und Bauern in Rußland -– eben noch erstreckte sich ihre Macht -auf die Weichbilder von Moskau und Petrograd, -von der Wolga rückten tschechoslowakische -Söldner unter Führung von Ententeoffizieren -gegen Kasan und berannten die -Stadt, in Kiew wehte die schwarz-weiß-rote -Fahne, in Archangelsk landeten Amerikaner -und Engländer, vom Ural, vom Dongebiet -her breiteten sich Kosakenschwärme unter -der Führung zaristischer Generale weit übers -Land aus, Gutshöfe brannten, Bauern wurden -von Offiziersbataillonen grausam zu Tode -gemartert, in den Städten traute keiner dem -andern – Einbrüche am hellen Tage waren -<a id="page-9" class="pagenum" title="9"></a> -keine Seltenheit, staatliche Ämter wurden -mit Einverständnis der Beamten ausgeraubt, -eben erst war ein vergeblicher Versuch in -Moskau gemacht worden, den feuerfesten -Schrank des Gouvernements-Ernährungskomitees -zu sprengen, offenbar war den Tätern -der Sauerstoff ausgegangen, das Schloß war -zur Hälfte geschmolzen; einige Tage später -drangen am hellen Tage fünf vermummte -Männer in das Postgebäude an der Twerskaja, -der belebtesten Straße Moskaus, ein, -hatten die Eingangstür verriegelt, riefen den -Beamten und Kunden „Hände hoch“ zu, -schwangen Handgranaten, zückten Messer, -hielten den Finger am Revolverhahn und -plünderten die Kasse – entnahmen ihr -über 100000 Rubel – entfernten sich dann, -und ehe sich noch jemand vom Schreck erholt -hatte und auf die Straße lief, waren die -Banditen längst verschwunden. -</p> - -<p> -Einige Tage später las man in der Presse -der ganzen Welt: „Ausraubung eines Postamtes -am hellen Tage in Moskau – Die -Täter entkommen – Das russische Chaos – -Nieder mit den Bolschewiki.“ -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -In denselben Tagen finden in den Städten -neue Sowjetwahlen statt. Die Wahlagitation -ist im heftigsten Gange; in Petersburg -herrscht ungestörte Pressefreiheit, einer der -<a id="page-10" class="pagenum" title="10"></a> -eifrigsten Agitatoren in den Fabriken ist der -junge Wolodarski – eben 27 Jahre alt, gebürtig -aus Wolhynien, seit frühster Jugend -in der revolutionären Bewegung: der Vierzehnjährige -arbeitet schon in illegalen Organisationen, -der Siebzehnjährige sitzt bereits -als „Politischer“ im Gefängnis – drei Jahre -später verbannt ihn das zaristische Gericht -nach Archangelsk, 1913 flieht er nach Amerika, -bei Kriegsausbruch redigiert er mit -Bucharin in New-York eine Zeitung „Neue -Welt“ – immer führt er ein wahres Hundeleben, -immer sind ihm Spitzel auf den Fersen, -immer machen sich Provokateure an ihn -heran, auch in den U. S. A. sieht er Kerkermauern -– endlich wehen in Rußland rote -Fahnen; einige Monate nach Kerenskis Aufstieg -arbeitet Wolodarski schon in Petersburg, -macht innerhalb kurzer Frist schwindelnd -Karriere: eben noch Agitator des -Peterhofer Bezirks, sitzt er nun schon im -Petersburger Sowjet, kommt ins Exekutivkomitee, -wird ein glühender, hinreißender -Sprecher, alle Bezirke telephonieren: -</p> - -<p> -„Schickt uns Wolodarski“ – „Schickt uns -Wolodarski.“ – -</p> - -<p> -Nach dem Oktoberumsturz wird Wolodarski -Volkskommissar für Presse und Agitation. -Im Frühjahr 1918 ist er Chefredakteur -der „Roten Zeitung“. Im Juni finden -<a id="page-11" class="pagenum" title="11"></a> -die Wahlen statt – Wolodarski arbeitet an -hervorragender Stelle – er ist es, der Pressefreiheit -gibt – am nächsten Tage liest man -in einer Petersburger Zeitung: „Es gibt im -Smolny zwei besonders unangenehme Juden -– Sinowjew und Wolodarski.“ Einen Tag -später wird gewählt – Resultat: -</p> - -<div class="table"> -<table class="table011" summary=""> -<tbody> - <tr> - <td class="col1">Bolschewiki:</td> - <td class="col2">72.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Linke S.R.:</td> - <td class="col2">9.</td> - </tr> - <tr> - <td class="col1">Parteilose:</td> - <td class="col2">4.</td> - </tr> -</tbody> -</table> -</div> - -<p class="noindent"> -Am Abend sprach Wolodarski in einer -Versammlung der Eisenbahner der Nikolajew-Bahn, -noch umtoste ihn der Beifall der -proletarischen Masse, als er schon im Auto -saß, um in eine Maschinenfabrik zu fahren -und eine zweite Rede zu halten. -</p> - -<p> -In der Farforstraße hält plötzlich sein Auto. -</p> - -<p> -„Was ist los?“ -</p> - -<p> -„Kein Benzin.“ -</p> - -<p> -Wolodarski steigt aus, will einen Laden -suchen – vielleicht kann man irgendwo -etwas Benzin auftreiben – kaum ist er zehn -Schritte gegangen, da eilt ihm ein Mann -entgegen, Wolodarski beachtet ihn nicht, da -ein Knall, ein Schlag gegen die Brust, er -taumelt, fällt zu Boden – eben noch sieht -er den Täter enteilen, über einen Zaun hinwegklettern -– dann noch eine Detonation -– ein Sausen und Wimmern durch die -<a id="page-12" class="pagenum" title="12"></a> -Lüfte – noch einige Revolverschüsse – -schon kniet Grischa Sinowjew neben dem -sterbenden Wolodarski. -</p> - -<p> -Man bahrt den Leichnam im Taurischen -Palais auf; das Proletariat von Petersburg -defiliert am Sarg in langen, langen Zügen -vorüber, alle Fabriken halten Meetings ab, -geschlossen rücken die Belegschaften der -großen Fabriken an, eine alte Arbeiterin küßt -die bleiche Stirn des Toten, eine Arbeiterfrau -führt ihr Kind an den Sarg: „Siehe – für -dich ist er gestorben.“ – -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Der Mörder ist entkommen, in den Zeitungen -der sowjetfeindlichen Presse erscheinen -beunruhigte Artikel, am Tage nach der -Ermordung liest man befremdenderweise im -Zentralorgan der Sozialrevolutionäre eine -Erklärung: -</p> - -<p> -„Das Petrograder Bureau des Zentralkomitees -der Partei der Sozialrevolutionäre -erklärt, daß <em>keine</em> Organisation der Partei -zu der Ermordung des Kommissars für Pressewesen, -Wolodarski, in irgend welcher Beziehung -steht.“ -</p> - -<p> -Niemand hatte sie beschuldigt, niemand -mit Fingern nach ihnen gezeigt, weshalb -regen sie sich, weshalb wehren sie ab? Wundern -sie sich, wenn zwei Tage später Sinowjew -in einer Sitzung des Petrograder Sowjets -<a id="page-13" class="pagenum" title="13"></a> -ausruft: „Wir wissen nicht, wer der Mörder -ist, doch es wäre wünschenswert, wenn von -den Sozialrevolutionären am Begräbnis des -Genossen Wolodarski niemand teilnehmen -würde.“ -</p> - -<p> -Wundern sie sich? Sie schweigen. -</p> - -<p> -Einige Wochen später fällt der alte Genosse -Uritzki einem Attentat zum Opfer; -als Täter kommt ein „Volkssozialist“ in Betracht. -Indessen sind die Tschechoslowaken -schon auf halbem Wege nach Nishni-Nowgorod, -immer enger wird der furchtbare -Ring, in Jaroslaw bricht ein grauenhafter -Bürgerkrieg aus, die ganze Stadt ist nach -fünf Tagen ein Trümmerhaufen, die Ermordung -Mirbachs und Eichhorns versteift die -Beziehungen zu Deutschland, man gelangt -durch Zufall in den Besitz von Papieren, die -unwiderleglich von einer engen Verbindung -zwischen bürgerlichen Verbänden und der -französischen Militärkommission zeugen, der -französische Botschafter Noulens hatte in -Wologda sein Archiv verloren – – dann -versuchen die linken S.R. in Moskau zu -putschen – die Herrlichkeit dauert einen -knappen Tag – der Wirrwarr wird größer – -die „Rote Garde“ ist schlecht bewaffnet, in -Lumpen gekleidet, der Hunger quält in den -Augen – an allen Fronten entbrennt der -Kampf – innerhalb des Kreises züngeln die -<a id="page-14" class="pagenum" title="14"></a> -Flammen – und mitten in dieser verzweifelten -Situation schießt eine kleine Jüdin -einen Revolver ab – eines Abends in den -ersten Septembertagen – die Schüsse treffen -Wladimir Iljitsch Lenin. Das ganze Land -ist erschüttert. Ein Stöhnen entringt sich -der russischen Arbeiterschaft: Lenin schwer -verwundet. -</p> - -<p> -Diesmal kennt man kein Zögern mehr. -Jetzt erst geht man zur Gegenwehr über. -Noch in dieser Nacht verhaftet man 500 Offiziere, -erschießt sie am frühen Morgen. Und -die nächsten Septembertage erleben im ganzen -Land, soweit die Macht der Bolschewiken -reicht, Hausuntersuchungen, Verhaftungen, -Verhöre – in den ersten Morgenstunden hört -man immer Salven knattern – und einige -Tage später zieht Trotzki in Kasan ein, -treiben Budjenis „Rote Reiter“ die Tschechoslowaken -und Kosaken vor sich her, -langsam fällt die Weiße Flut, langsam drängt -man Entente- und Zarengenerale über die -Wolga und an die Gestade des Eismeeres zurück -– wenige Wochen später bricht die -kaiserliche deutsche Armee zusammen, die -roten Fahnen wehen in Riga und Kiew. -Langsam sieht Lenin seiner Genesung entgegen. -</p> - -<p> -Und wer hatte auf ihn geschossen? Wer -hatte in ihm das Land getroffen? -</p> - -<p> -<a id="page-15" class="pagenum" title="15"></a> -Fanny Kaplan – Mitglied der Sozialrevolutionären -Partei. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Im Laufe der nächsten Jahre verdichten -sich Anklagen und Beweise wider diese Partei; -allmählich gelingt es, zahlreiche Führer -zu verhaften, Gerüchte zu bestätigen, da erscheint -im Herbst 1921 in Berlin eine russische -Broschüre eines G. Ssemjonow, Die -Partei der Sozial-Revolutionäre in den Jahren -1917-1918. (Ihre Kampftätigkeit und -militärischen Aktionen.) Die Broschüre erregt -in der gesamten Emigrantenpresse ein -ungeheures Aufsehen; Auszüge erscheinen in -deutschen Zeitungen, zwischen Emigrantenorganen -entspinnen sich Pressefehden, Presseprozesse. -In derselben Zeit wird bekannt, -daß ein Prozeß gegen 34 Mitglieder der S.R. -in Moskau stattfinden wird. Und was enthält -jene staubaufwirbelnde Broschüre? -</p> - -<p> -Ich Ssemjonow – ehemaliges Mitglied der -S.R., Führer der Kampforganisation – -habe Attentate, Sprengungen und Expropriationen -vollführt – ich habe mit meinen -Leuten das Postamt in der Kammerherrengasse -am hellichten Tage ausgeplündert, ich -bin mit Gefährten in die Datsche eines Kaufmannes -eingebrochen, der vor Schreck tot -zusammenbrach, als er uns sah, ich habe das -Attentat auf Wolodarski inszeniert, ich habe -<a id="page-16" class="pagenum" title="16"></a> -Attentate auf Lenin und Trotzki vorbereitet, -ich weiß von der Verbindung unserer Partei -mit der Entente, Deutschland und bürgerlichen -Organisationen. Existierten bloße -Verbindungen? Von dort erhielten wir Gelder, -Aufträge, Material, im Einverständnis -mit der Entente, in ihrem Auftrag mordeten, -plünderten, sprengten wir. Sämtliche Maßnahmen, -die ich im Interesse der Partei ergriffen -habe, erfolgten im Einverständnis mit -dem Zentralkomitee unserer Partei; die hervorragendsten -Männer gaben uns die Lizenz. -Dabei herrschte innerhalb der Partei völlige -Plan- und Kopflosigkeit; aus reiner Verzweiflung -schien jedes Mittel recht – erst -nach langer Haft kam mir zum Bewußtsein, -von welchen haltlosen Menschen wir mißbraucht -wurden, daß wir nicht im Interesse -der arbeitenden Klasse handelten, sondern -gegen ihre Interessen. – Alle Angaben -Ssemjonows wurden einige Wochen später -von einer gewissen Lydia Konoplewa bestätigt -– ja sie verstärkte noch den Verdacht -gegen das Z.K. der Partei, das seine -Genehmigung zu sämtlichen Attentaten gegeben -habe. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<div class="centerpic"> -<img src="images/i016a.jpg" alt="" /> -<p class="cap"> -Der Verteidiger Murawiew unterhält sich mit den Angeklagten, Mitglieder der sozialrevolutionären -Partei: Gotz, Hendelmann, Tatareew u. a. -</p> - -</div> - -<p> -Im Frühjahr hatte sich das Material gegen -die verhafteten S.R. bereits so verdichtet, -daß auf der Berliner Konferenz der II., II½. -<a id="page-17" class="pagenum" title="17"></a> -und III. Internationale die Vertreter der -II. und II½. Internationale von der III. Internationale -das Versprechen zu ertrotzen -suchten, kein Todesurteil über die S.R. zu -verhängen, die Zulassung ausländischer Verteidiger -zu befürworten – man geriet in -ernste Besorgnis; hatte man früher immer -und immer wieder geschrien: weshalb laßt -ihr diese Leute so lange in Untersuchungshaft -sitzen – weshalb laßt ihr sie nicht frei – -schlug man jetzt einen anderen Weg ein: -man suchte zu verschleppen, zu bemänteln, -verschwieg die Tatsachen, ging über die -eigentlichen Anschuldigungen hinweg, vermied -überhaupt sie zu erwähnen, klammerte -sich an reine Formalitäten, und schrie und -schrie und gab keine Antwort, wenn man -fragte: „Und wie verhält es sich mit den -Fakten“? – -</p> - -<p> -Sonntagnachmittag im Juni 1922. Als -das Flugzeug von Moskau eben auf dem -großen Flugplatz in Kowno, den die deutsche -Armee im Weltkrieg angelegt hatte, gelandet -war, und die Passagiere der Kabine entstiegen, -rief ihnen schon von weitem der -deutsche Flugplatzführer der Derutra zu: -„Rathenau ist ermordet“ – „Der Dollar 375.“ -„Die Nationalisten“ – Der junge Schriftsteller -konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. -„Dollar, Mord und Nation – -<a id="page-18" class="pagenum" title="18"></a> -deutsche Atmosphäre.“ Und während man -sich noch rings um ihn ernst unterhielt, ob der -Dollar noch weiter fallen würde, dachte er: -„Wird man die Täter ergreifen? Wird man -ihnen den Prozeß machen? Wird man vor -allem den Hintergrund enthüllen, die wahren -treibenden Kräfte feststellen?“ Und er gedachte -jenes seltsamen Prozesses, dem er -soeben in Moskau beigewohnt hatte, er gedachte -jener doppelt seltsamen Demonstration -im Gerichtssaal, die am vierten Jahrestag -der Ermordung Wolodarskis stattgefunden -hatte. Und während das Flugzeug wieder -startete und bald über Deutschland hinschwebte, -vergegenwärtigte sich der junge -Schriftsteller lebhaft noch einmal die Erlebnisse -der vergangenen Woche, des 20. -Juni. -</p> - -<p> -Am vierten Jahrestag der Ermordung -Wolodarskis zogen schon am frühen Morgen -aus allen Bezirken die Arbeiter ins Innere der -Stadt, um die Mittagsstunde füllten Hunderttausende -den Roten Platz vor dem Kreml. -An den Gräbern der gefallenen Revolutionäre -zogen die Belegschaften aller Moskauer Betriebe -vorüber. Und auf der Rednertribüne -erschien ein großer blonder Mann – erschien -der Vorsitzende des Obersten Tribunals Pjatakow -und erklärte den demonstrierenden -Arbeitern: „Das Urteil wird gerecht, wird -<a id="page-19" class="pagenum" title="19"></a> -erbarmungslos sein. Noch ist es nicht an der -Zeit, es zu fällen.“ -</p> - -<p> -Und einen langen Sommertag über zogen -die Massen russischer Arbeiter durch die -Iberische Pforte hinab zum Swerdlowplatz, -an einem barocken Säulenbau vorüber, jede -Belegschaft hielt einen Augenblick an, und -einer ihrer Sprecher rief nach jenem Hause -Worte der Rache hinüber – die ganze Stadt -dröhnte vom Schritte der Arbeiterbataillone, -die ganze Stadt hallte vom Gesang der Internationale. -</p> - -<p> -Und als der Abend hereinbrach, und die -Massen sich langsam entfernt hatten, passierte -der junge Schriftsteller die Postenketten -des Prunkgebäudes, betrat die weiten -unteren Räume des Hauses, in denen eine -Kompagnie des Tschekaregimentes untergebracht -war; breite Marmortreppen führten in -den ersten Stock. Wieder forderten Soldaten -in braunen Uniformen mit breiten roten -Querstreifen auf der Brust den Ausweis, die -Wände spiegelten ein reges Treiben, weithin -erstreckten sich Wandelhallen, und -in einem Seitenraum war eine Ausstellung -von Bildern und Dokumenten – grauenhaften -Urkunden der Scheußlichkeiten des Bürgerkrieges; -da hingen die Proklamationen der -Partei der S.R., die Aufrufe zum Sturz der -Sowjets, da hingen Flugschriften und Proklamationen, -<a id="page-20" class="pagenum" title="20"></a> -Reden Awxentijews, Artikel -Tschernows und unzählige Photographien – -Photographien der Generale des Zaren, Photographien -von Führern der S.R., Bilder gesprengter -Brücken und Stationen, Photographien -langer Reihen von Särgen und -Massengräbern, Bilder der 26 Bolschewiken, -die in Baku von den S.R. hingerichtet wurden, -Photographien schauderhaft zugerichteter -Leichen – und dann Bilder Wolodarskis, -Uritzkis, Bilder vieler, vieler Kinder, -vieler Waisen, deren Eltern Koltschak hinrichten -ließ. -</p> - -<p> -Und als der junge Schriftsteller erschüttert -diese Kammer der Seufzer und Tränen, der -Lügen und Heuchelei verließ, öffnete er eine -kleine Tür und befand sich plötzlich in einem -gewaltigen Saal – Säulenreihen zogen sich -zur Linken und Rechten, mächtige Leuchter -hingen von der hohen Decke herab – am anderen -Ende des Saales saßen und standen auf -einem Podium zahlreiche Männer und einige -Frauen – zwischen mächtigen Säulen waren -gewaltige rote Tücher gespannt, große Lettern -verkündeten: „Das Proletariat ist der -Schutzschild der Revolution.“ -</p> - -<p> -An einem Tische mitten auf dem Podium -sitzen die Richter – und in ihrer Mitte sehen -wir wieder Pjatakow. Rechts scharen sich -hinter einer Sperre dicht hinter- und nebeneinander -<a id="page-21" class="pagenum" title="21"></a> -in zwei Gruppen getrennt 34 Angeklagte, -vor ihnen sitzen an langen Tischen -die Verteidiger; hart an der Rampe steht ein -kleiner Tisch – vor ihm sitzt der Ankläger -Krylenko – neben ihm ein langer Tisch, -an dem drei andere Ankläger sitzen: Lunatscharski, -der Historiker Pokrowski, die greise -Klara Zetkin. Die Reihen der Angeklagten -umspannt ein Kordon jener Soldaten in -braunen Uniformen mit den breiten Litzen, -sie tragen die spitzen Helme der Krieger -Iwans des Schrecklichen, das Gewehr mit aufgepflanztem -Seitengewehr bei Fuß. Zur -Rechten öffnet sich eine breite Tür – herein -tritt eine Deputation Moskauer Arbeiter – -eine ältere Frau ist unter ihnen, sie durchschreiten -den überfüllten Zuschauerraum, in -dem wohl 2000 Menschen sitzen, und steigen -langsam die Treppen zum Tribunal hinauf. -Und unter tiefem Schweigen begannen die -Arbeiter zu reden – junge und alte – leidenschaftlich -brach es aus ihnen los – Anklagen -und wieder Anklagen – Ein Arbeiter von -Kasan erzählte erregt von den Grausamkeiten -der S.R. in Kasan, es sprach jener -Arbeiter, der die Fanny Kaplan nach ihrem -Attentat auf Lenin festgenommen hatte, und -ein langer, breiter Mann mit einer fürchterlichen -Stimme erzählte noch einmal vom -Eindruck, den der junge Wolodarski auf sie -<a id="page-22" class="pagenum" title="22"></a> -gemacht hatte; wie aus einem Krater brodelten -Anklagen, Verwünschungen los – „Rache -für Wolodarski“ schrie es durch den Raum – -und die Männer hinter der Barriere saßen mit -gesenkten Häuptern festgebannt da – ohne -die Möglichkeit der Flucht, allen Blicken -preisgegeben, gerichtet, geächtet, gestraft. -</p> - -<p> -Niemals zuvor in der Weltgeschichte wird -die Stimme der Masse so vernehmlich, so -eindrucksvoll gesprochen haben wie in dieser -Sommernacht zu Moskau im Prunksaale des -ehemaligen Adelsklubs. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Zehn Tage währte nun schon dieser Prozeß. -Am 10. Juni hatte er begonnen; einige Tage -zuvor waren die ausländischen Verteidiger -in Moskau eingetroffen, vor dem Bahnhof -hatte sie die Arbeiterschaft mit Pfiffen begrüßt. -Am Tage der Eröffnung hatte der -Führer der II. Internationale, Vandervelde, -vor dem Tribunal das Mißgeschick, als -Justizminister S. Majestät des Königs der -Belgier verhöhnt zu werden, weil er sich im -Westlerdünkel erhaben fühlte über die Justizmethoden -der Arbeiterrepublik. -</p> - -<p> -Die 34 Angeklagten trennten sich in zwei -Lager – zur Linken saßen 25 Männer und -Frauen – die Offiziere der Partei: -</p> - -<p class="list"> -Gotz, Abram Rafalowitsch<br /> -Donskoi, Dmitri Dmitrijewitsch<br /> -<a id="page-23" class="pagenum" title="23"></a> -Gerstein, Lew Jakowlewitsch<br /> -Lichatsch, Michail Alexandrowitsch<br /> -Iwanow, Nikolai Nikolajewitsch<br /> -Ratner-Eljkind, Jewgenija Moisjewna<br /> -Rakow, Dmitrij Fedorowitsch<br /> -Fedorowitsch, Florian Florianowitsch<br /> -Wedenjapin, Michail Alexandrowitsch<br /> -Gendeljmann-Grabowski, Michail Jakowlewitsch<br /> -Morosow, Sergej Wladimirowitsch<br /> -Artemjew, Nikolai Iwanowitsch<br /> -Ratner, Grigoric Moisjewitsch<br /> -Timofejew, Jewgenij Michajlowitsch. -</p> - -<p class="noindent"> -Gotz, Donskoi, Wedenjapin und Gendeljmann, -Gerstein, Lichatsch, Iwanow, Ratner-Eljkind, -Ratner, Fedorowitsch, Timofejew -saßen seit 1917 im Zentralkomitee der Partei; -Artemjew, Morosow und Ratner waren Mitglieder -des Moskauer Bureaus des Zentralkomitees. -</p> - -<p> -Diese 14 Personen werden angeklagt, ihre -Partei so geleitet zu haben, um den Sturz der -von der proletarischen Revolution eroberten -Macht der Arbeiter- und Bauernräte herbeizuführen. -Sie haben alle Mittel und Kräfte der -Partei zu diesem Zwecke verwandt. -</p> - -<p> -Man beschuldigt sie: -</p> - -<p> -1. Der Vorbereitung bewaffneter Aufstände -gegen die Sowjetmacht in Petrograd -<a id="page-24" class="pagenum" title="24"></a> -und Moskau. Bildung militärischer Stäbe -und besonderer Kampforganisationen. Sie -unterhielten Verbindung mit anderen konterrevolutionären -Organisationen und nahmen -ihre finanzielle Hilfe in Anspruch; gemeinsam -mit ihnen organisierten sie technische Organe, -Stäbe, Stadtkommandos für bewaffnete Aufstände. -</p> - -<p> -2. Im Namen der Partei traten sie in Verbindung -mit den Vertretern des internationalen -Kapitals – mit den offiziellen Vertretern -der kapitalistischen Ententestaaten -zur Zeit, als diese sich im Kriegszustande mit -der R.S.F.S.R. befanden. Sie halfen diesen -Staaten das Gebiet der Sowjetrepublik besetzen, -verschafften ihnen Nachrichten und -informierten sie über die innere Lage des -Landes. Sie nahmen die militärische, finanzielle -und technische Hilfe dieser Staaten in -Anspruch. -</p> - -<p> -3. Verbindung mit weißgardischen Heeresleitungen, -mit den Generalen Krasnow, -Alexejew und Denikin, mit den in den Randgebieten -der R.S.F.S.R. entstandenen bürgerlich-nationalistischen -gegenrevolutionären -Zentren, den sogenannten Regierungen der -Ukraine, des Kuban und Dongebietes. Sie -haben mit allen Mitteln unter dem Namen -der „Regierung, der Mitglieder der Konstituante“ -zur Befestigung der entstehenden -<a id="page-25" class="pagenum" title="25"></a> -gegenrevolutionären Zentren beigetragen, besonders -in Samara, im Norden, in Ufa und -Omsk. Sie halfen diesen gegenrevolutionären -Zentren in ihrem bewaffneten Kampfe gegen -die Sowjetregierung durch Hochverrat und -Spionage. -</p> - -<p> -4. Organisation von Kampfgruppen zwecks -Verübung terroristischer Akte gegen die -Funktionäre der Sowjetmacht Sprengung von -Eisenbahngeleisen, Ausraubung von Sowjetinstitutionen. -Sie leiteten die Tätigkeit dieser -Gruppen. Und benutzten die auf diese Weise -erlangten Mittel für die Fortsetzung ihrer -gegenrevolutionären Arbeit. -</p> - -<p> -Gegen einzelne Angeklagte wird noch besondere -Anklage erhoben: -</p> - -<div class="block"> -<p> -1. <em>Gotz</em> (Mitglied des Z.K.P.S.R.): -Agitation unter den Truppen nach dem -Oktoberumsturz, Aufforderung auf Meetings -zum bewaffneten Widerstand, Vorbereitung -und Leitung des Junkeraufstandes -am 29. Oktober. Teilnahme an den -Sitzungen der Militärkommissionen der -bürgerlichen Verbände. Teilnahme an den -Akten des individuellen Terrors. -</p> - -<p> -2. <em>Donskoi</em> (Mitglied des Z.K.P.S.R.): -Leiter der Militärkommission nach Auflösung -der Konstituante; in konspirativer -Verbindung mit den bürgerlichen Organisationen -Filonenko und Iwanow, Teilnahme -<a id="page-26" class="pagenum" title="26"></a> -an Konferenzen mit Offizieren des -Generals Alexejew, erteilte Genehmigung -zu terroristischen Akten und war mit Anschlägen -auf Lenin und Trotzki einverstanden. -Er war der eigentliche Inspirator -aller Unternehmungen Ssemjonows, er ermutigte -zu Expropriationen und Sprengungen, -er stellte die Verbindung zur französischen -Militärmission her. -</p> - -<p> -3. <em>Iwanow</em>: Aus eigener Initiative -schlug Iwanow dem Z.K. terroristische -Akte vor, rechtfertigte sie und erteilte -Ssemjonow Aufträge. -</p> - -<p> -4. <em>Gerstein</em>: Leiter der militärischen -Propaganda, sanktionierte den Empfang -der Gelder von bürgerlichen Organisationen, -betätigte sich in der Ukraine, leitete -Verhandlungen mit der französischen Mission. -</p> - -<p> -5. <em>Timofejew</em>: unterhielt Verbindungen -zur französischen Mission, entsandte Offiziere -in die Wolgaprovinzen, war über die -Tätigkeit der Terrorgruppen informiert und -gab seine Einwilligung zu ihren Plänen. -</p> - -<p> -6. <em>Wedenjapin</em>: war der Beauftragte -des Z.K. der S.R. in Samara, stand in -Verbindung mit den Tschechoslowaken, -war über die terroristische Tätigkeit informiert, -unterstützte Mitglieder der Terrorgruppen -durch Geld. -</p> - -<p> -<a id="page-27" class="pagenum" title="27"></a> -7. <em>Lichatsch</em>: war bevollmächtigter -Leiter der Militärabteilung des Z.K., nahm -an gemeinsamen Sitzungen konterrevolutionärer -Verbände teil, erhielt Gelder aus -englischen Quellen, war Mitglied der „Nordregierung“ -in Wologda und Archangelsk. -</p> - -<p> -8. <em>Morosow</em>, 9. <em>Artemjew</em>: Konspirative -Tätigkeit in Moskau. Vorbereiter des -Aufstandes in der Wolgagegend. -</p> - -<p> -10. <em>Ratner-Elkind</em>: Erhielt als Kassiererin -des Z.K. der S.R. die aus Expropriationen -stammenden Gelder von Ssemjonow -und war über ihre Herkunft unterrichtet. -</p> - -<p> -11. <em>Ratner</em>, Gregor: Mitglied der Militärgruppe. -War unterrichtet über die terroristische -Tätigkeit. -</p> - -<p> -12. <em>Rakow</em>: Erhielt von Ssemjonow geraubte -Gelder. -</p> - -<p> -13. <em>Fedorowitsch</em>: Konspirative Tätigkeit, -stand in Verbindung mit Savinkow. -</p> - -<p> -14. <em>Gendelmann</em>: stand in Verbindung -mit Ententekommissionen, war im Wolgagebiet -aktiv, Teilnehmer der Ufakonferenz. -</p> - -</div> - -<p> -Gegen andere 20 Mitglieder der Partei der -S.R. wurde weiter Anklage erhoben; als -Mitglieder der P.S.R. hatten sie nach den -Direktiven des Z.K. der S.R. konterrevolutionäre -Aktionen vollführt, die auf den Sturz -der Sowjetmacht hinzielten. -</p> - -<div class="block"> -<a id="page-28" class="pagenum" title="28"></a> -<p> -1. <em>Agapow</em>, Wladimir Wladimirowitsch: -Mitglied einer Sprengkolonne, Verbindungsmann -zwischen Donskoi und der Kolonne. -</p> - -<p> -2. <em>Altowski</em>, Arkadi Iwanowitsch: -Wegen Teilnahme an militärischen Organisationen -und allgemeiner konspirativer -Tätigkeit. -</p> - -<p> -3. <em>Utgoff-Deruschinski</em>: Wegen Teilnahme -an militärischen Organisationen -und allgemeiner konspirativer Tätigkeit. -</p> - -<p> -4. <em>Liberow</em>, Alexander Wassiljewitsch: -Wegen Teilnahme an militärischen Organisationen -und allgemeiner konspirativer -Tätigkeit. -</p> - -<p> -5. <em>Slobin</em>: Wegen Teilnahme an militärischen -Organisationen und allgemeiner -konspirativer Tätigkeit. -</p> - -<p> -6. <em>Gorkow-Dobroljubow</em>: Wegen Teilnahme -an militärischen Organisationen und -allgemeiner konspirativer Tätigkeit. -</p> - -<p> -7. <em>Iwanowa-Iwanowa</em>: Als Mitglied -der Zentralen Kampforganisation, nahm -an den Vorbereitungen eines Attentates -auf Lenin teil, beobachtete Wolodarski und -Trotzki, traf Vorbereitungen, um einen -Zug in die Luft zu sprengen, in dem Trotzki -fuhr. -</p> - -<p> -8. <em>Ssemjonow</em>, Grigori Iwanowitsch: Organisator -einer militärischen Spezialorganisation, -deren Aufgabe in der Vorbereitung -<a id="page-29" class="pagenum" title="29"></a> -und Ausführung terroristischer Akte -und Expropriationen bestand. Ihre Tätigkeit -war vom Z.K. sanktioniert. Diese -Organisation vollführte den Mord an Wolodarski, -plante Attentate gegen Sinowjew -und Uritzki, bereitete Attentate gegen -Lenin und Trotzki vor. Sie bereitete ferner -Expropriationen vor und führte sie aus. -</p> - -<p> -9. <em>Daschewski</em>: Teilnehmer an Expropriationen -und Vorbereitungen terroristischer -Akte. -</p> - -<p> -10. <em>Konoplewa</em>: Mitglied der Organisation -Ssemjonow. Trieb Propaganda im -Landheer und in der Marine. War an den -Vorbereitungen von Attentaten beteiligt. -Erbot sich, auf Lenin zu schießen und verständigte -sich mit dem Z.K. Beteiligt an -Expropriationen. -</p> - -<p> -11. <em>Jefimow</em>: Mitglied der Terrorgruppe; -Komplize der Konoplewa. Teilnehmer -von Expropriationen. -</p> - -<p> -12. <em>Usow</em>: War als Attentäter Lenins -designiert; nahm an den Vorbereitungen -der Attentate gegen Trotzki und Lenin -teil; beteiligte sich an Expropriationen. -Mitglied einer Sprengkolonne. -</p> - -<p> -13. <em>Fjedorow-Koslow</em>: Am Attentat -gegen Wolodarski beteiligt. Sollte auf -Lenin schießen. Helfershelfer bei Expropriationen. -</p> - -<p> -<a id="page-30" class="pagenum" title="30"></a> -14. <em>Subkow</em>: Mitglied der Kampforganisation und Terrorgruppe, -beteiligt an Vorbereitungen von -Attentaten gegen Lenin und Trotzki. Helfershelfer -bei Expropriationen. -</p> - -<p> -15. <em>Pelewin</em>: Nahm an Vorbereitungen -von Attentaten teil; beteiligte sich an -Expropriationen; stand mit einem Kriminalverbrecher -in Verbindung, dem er einen -besonderen Apparat zur Schmelzung von -Tresoren abkaufte, und der sich an der -Expropriation im Landhaus an der Eisenbahn -Moskau-Saratow beteiligte. -</p> - -<p> -16. <em>Ljwow</em>: Mitglied der Kampforganisation; -bei Expropriationen behilflich. -</p> - -<p> -17. <em>Moratschewski</em>: Organisierte Gruppen, -beherbergte den Mörder Wolodarskis. -</p> - -<p> -18. <em>Stawskaja</em>: (Fanni Jefremowna) -Mitglied der Kampforganisation; nahm an -Vorbereitungen von terroristischen Akten -teil, war im Wolgagebiet tätig. -</p> - -<p> -19. <em>Berg</em>: Nahm an Vorbereitungen des -bewaffneten Aufstandes teil. -</p> - -<p> -20. <em>Ignatiew</em>: Mitglied des Z.K. der -Partei der Volkssozialisten. War im „Verband -zur Rettung des Vaterlandes und der -Revolution“. Unterhielt Verbindung zu -<a id="page-31" class="pagenum" title="31"></a> -bürgerlichen Organisationen, übermittelte -Gelder, stand in Beziehung zu fremden -Militärmissionen. -</p> - -</div> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -34 Männer und Frauen standen vor dem -Obersten Revolutionstribunal, 34 Männer -und Frauen verkörperten die leidenschaftlichen -Anstrengungen, der Novemberrevolution -den Garaus zu machen, ihre Wurzeln -wieder auszureißen, vor keinem Mittel zurückzuschrecken, -keine Verbindung zu -scheuen, rastlos zu arbeiten, das durch Kriegswirren -an den Rand des Abgrunds gebrachte -Land nicht zur Ruhe kommen, vielmehr alle -Künste spielen zu lassen, die eine jahrzehntelange -Erfahrung in konspirativer Tätigkeit -unter dem Zarismus gezüchtet, verfeinert -hatte. Es gab kein Verbrechen, dessen sie -nicht fähig waren, sie kannten keine Skrupel, -dachten dabei nie an ihre eigene Person, sie -setzten sich restlos ein und waren Meister -ihres Faches geworden, Terror, Expropriationen, -Sprengungen waren ihnen zur Kunst -geworden, der Tod war ihr steter Gefährte, -wie unsichtbar war bleiches Totengebein ihr -ständiger Begleiter – es gab in dieser Partei -längst eine Psychologie des politischen Mörders, -es gab Analysen seiner Seelenstimmung; -<a id="page-32" class="pagenum" title="32"></a> -ehedem – nach der fünfer Revolution hatte -Savinkow in seinen Büchern diese Stimmungen -geschildert, er hatte das zwiespältige -Wesen dieser Menschen geschildert, er hatte -ihr Grauen, ihre seelische Nacht gemalt, -ihre Fragen gestellt, ihre Unruhe, ihre Unrast -in Worten festgehalten. Sie waren alle -Romantiker, Abenteurer, längst losgerissen -von jeden Beziehungen zur bürgerlichen -Welt; die revolutionäre konspirative Tätigkeit -war ihnen zum Selbstzweck geworden; -die Konspiration war ihr Beruf, die Negation -ihre einzige Antwort, die Ratlosigkeit ihr -ständiges Grundgefühl. Die Sozialrevolutionäre -waren die Erben der alten Narodniki: -jener Männer und Frauen, die Turgenjew -zuerst geschildert hat, deren Urtyp -Bassarow war, den man heute ganz fälschlich -immer zum Urbild Lenins macht. In der -„Neuen Generation“ findet man eine solche -echte Sozialrevolutionärin: konspirativ, -längst verzichtend auf alle Geschenke des -Lebens und jedes Wohlleben, immer gehetzt -und immer im Zuge. Die Männer und Frauen, -die Alexander II. hinrichteten, waren solche -Narodniki – sie waren die Vorkämpfer der -Revolution in den Jahren, als es in Rußland -noch kein Industrieproletariat gab. Und es -ist typisch, daß alle diese Narodniki Intellektuelle -waren, dem Bürgertum entsprangen -<a id="page-33" class="pagenum" title="33"></a> -und in Fehde mit ihrer Klasse lebten. „Ins -Volk gehen“ hieß jener Terminus, den man -auch bei Turgenjew so oft findet. Ins dumpfe, -unterdrückte Volk, das noch wie im Halbschlummer -lag und wohl wußte, daß es ihm -nicht gut ging, aber nicht wußte, wie es sich -befreien sollte. -</p> - -<div class="centerpic"> -<img src="images/i032b.jpg" alt="" /> -<p class="cap"> -Gesamtansicht des Saales im Vereinshaus -</p> - -</div> - -<p> -Die Lehre vom „individuellen Terror“ war -ein Fundament des Programms der S.R. -geworden; sie konnte nur mit einer solchen -unwiderstehlichen Macht in einer Partei um -sich greifen, die früher nie mehr als eine -Sekte sein wollte und sein konnte. Erst aus -dem Zusammenschluß zahlreicher „Sekten“ -hat sich 1900 jenes Gebilde der S.R.P. ergeben, -die gar keine straffe Einheit darstellte, -und deren eigentlichstes Rückgrat immer nur -„Kampforganisationen“ gewesen sind, die -mit unerhörter Kühnheit und seltenem Raffinement, -mit grenzenloser Todesverachtung -und fanatischem Enthusiasmus beinahe ein -volles Jahrzehnt Attentat auf Attentat gegen -die Vertreter des Zarismus verübten. Und -fast alle diese Richter und Rächer des Volkes -sind in den Tod gegangen. Sie ließen sich -festnehmen, sie wurden zuweilen gefoltert, -sie erlitten die grausamen Methoden einer -ruchlosen Justiz, sie erlitten Schmähungen, -manche erfuhren noch – mit dem Strick um -den Hals – daß man nicht einmal unter -<a id="page-34" class="pagenum" title="34"></a> -diesem verrotteten Regime zu hängen verstand. -Kibaltschisch wurde viermal gehängt, -Kalajew zweimal ... -</p> - -<p> -Ein seltsamer mystischer Zauber hat alle -diese Menschen umfangen. Von Kalajew, -dem Attentäter des Großfürsten Sergius, -werden die Worte überliefert: „Ich will für -meine Sache sterben“ – Worte, die schon -ein Sektierer, ein Märtyrer im Rausch gesprochen -haben könnte. Andere schritten -unter dem Gesang ihrer Revolutionshymne -zum Galgen, bevor sie in die ewige Nacht -hinüberschwebten. Sie haben ihr eigenstes -Ich bis in jene Sphären zu steigern vermocht, -in denen längst die Stimme der Erkenntnis -schwieg. -</p> - -<p> -Sie hatten es immer mit dem „Ich“ zu tun. -Sie sahen immer nur die Persönlichkeit, sie -sind in Wahrheit Persönlichkeitsfanatiker gewesen, -die letzten fernen Nachgeborenen der -Renaissance. -</p> - -<p> -Personen waren ihre Feinde. Personen -sahen sie auf Rußlands Thron, in Rußlands -Ämtern, auf Personen warfen sie die Bomben, -Personen lauerten sie wochen-, oft monatelang -auf – ach Wilhelm Tell – dieser Urtyp -eines Sozialrevolutionärs, hatte es leicht hinter -seinem Holunderstrauch. -</p> - -<p> -Man kann hier schon fast von einer Systematik -des politischen Mordes sprechen. Savinkow -<a id="page-35" class="pagenum" title="35"></a> -hat eine ganze Schule ausgebildet. -Junge Menschen liefen zu Tschernow wie zu -einem Heiligen, um sich von ihm theoretisch -über die Berechtigung des individuellen -Terrors unterweisen zu lassen. -</p> - -<p> -Und so fruchtlos im Grunde alle diese -Attentate gewesen sind, auf die große Masse -hat diese Sekte von Frauen und Männern, die -mit dem Tode vertrauter schienen als gewöhnlich, -eine faszinierende Wirkung ausgeübt. -Ein dunkel strahlender Schimmer von -Romantik umgab diese Helden; er war stärker -als das Dämmerlicht der engen Gelehrtenstube -Lenins. -</p> - -<p> -Aber die Geschichte hat es weniger mit -Personen als mit Verhältnissen zu tun. Und -auch der Tod ist nur eine individuelle Angelegenheit. -Der vornehmste Unterschied -zwischen den S.R. und den Bolschewiki -ruht gerade in dieser verschiedenen Auffassung -von Personen und Verhältnissen. -</p> - -<p> -Als der Zar und die ganze alte Autokratie -im Frühjahr 1917 gestürzt wurde, war es -natürlich, daß die Bauern und auch zahlreiche -Arbeiter in ungeheuren Scharen zur S.R. -übergingen. Die S.R. wurden zur eigenen -Überraschung eine Massenpartei, ihnen vertraute -die unterdrückte Bauernschaft, für -die nicht nur erst der Krieg grausame Folgen -gehabt hatte – sie wollten ihr Land haben, -<a id="page-36" class="pagenum" title="36"></a> -sie wollten der Lasten ledig sein, mit denen sie -der Grundbesitz beschwert hatte, sie wollten -vor allem das Ende des aussichtslosen Krieges, -der ihnen ihre Söhne raubte. Die „Provisorische -Regierung“ Kerenskis setzte sich aus -Vertretern der Großindustrie, des Großgrundbesitzes -und der Kleinbürger zusammen. -Sie war fest entschlossen, den Krieg an der -Seite der Entente weiterzuführen, sie unterstrich -jetzt den Charakter des Befreiungskrieges -gegen den deutschen Imperialismus, -aber sie gab bereits viele Forderungen des -Zarismus preis: die Kuppel der Hagia Sophia -entschwand in unsichtbare Fernen. Die Entente -aber hat einen eisernen Druck auf die -„Provisorische Regierung“ ausgeübt, weil sie -die russische Hilfe gegen die Mittelmächte -nicht zu entbehren glaubte, weil ihr das Geld -leid tat, das sie für die Ausrüstung des russischen -Heeres hergegeben hatte. Man -brauchte Rußland. Und trieb es bis an den -äußersten Abgrund. Die fremden Botschafter -und Militärmissionen ließen alle ihre Künste -spielen, die II. Internationale entsandte ihre -Vertreter, um Kerenski an der Stange zu -halten. Dabei mußte der russische Generalstabschef -Gurko erklären, im Laufe des -Jahres 1917 bedürfe das russische Heer unbedingt -der Ruhe. Den fremden Botschaftern -blieb die Lage weder in den Städten -<a id="page-37" class="pagenum" title="37"></a> -noch auf dem Lande verborgen. Die Bewegung -gegen den Krieg wurde immer -stärker. Die Julioffensive an der deutschen -Front brach nach Teilerfolgen zusammen, -noch wurde ein Aufstandsversuch der Bolschewiki -mühsam abgewehrt, inzwischen wechselten -die Minister; die Front geriet in Zersetzung, -die Deutschen machten erfolgreiche -Vorstöße, die Offensive der Alliierten im -Westen kam trotz ungeheurer Opfer nicht -vom Fleck. In den Städten wuchs die Not. -Die Bauern sahen bald, daß der Sturz des -Zarismus an ihrer Lage nichts geändert hatte; -die S.R. Minister gaben eitle Versprechungen -und waren völlig ohnmächtig, setzten -nichts in ihren Ressorts durch; überall -herrschte Sabotage und offene Brüskierung. -Tschernow ging. Und Kerenski redete. -</p> - -<p> -Eine Weile schien sogar eine Militärdiktatur -zu drohen, der General Kornilow marschierte -gegen Petrograd, um „Ordnung“ zu -schaffen – Kerenski schien mit ihm zu verhandeln, -ja sogar mit ihm im Einvernehmen -zu stehen – die Arbeiter von Petrograd -haben Kornilow davongejagt. Und dann -brach plötzlich das ganze Gebäude kläglich -zusammen, als die Partei der Bolschewiki -geschlossen und entschlossen vorstieß, den -alten Staatsapparat völlig zertrümmerte, den -Bauern das Land gab, der Armee den Frieden, -<a id="page-38" class="pagenum" title="38"></a> -den Arbeitern die ökonomische Freiheit -und die Herrschaft. -</p> - -<p> -Die Bolschewiki schufen die Einheit Rußlands. -Arbeiter, Soldaten, Bauern – die -werktätigen Schichten wurden zusammengeschlossen. -Die Bolschewiki vermochten ihren -sämtlichen Forderungen zu genügen. -</p> - -<p> -Gegen sie standen die Fremden – die -Fremden aller Art: die Klasse der Großindustriellen -und Großgrundbesitzer, die ohne -Privilegien nicht mehr zu leben vermochten, -die fremden Botschafter und Militärmissionen, -die Parteiführer, die seit dem März 1917 -Rußland regiert und Rußland nicht verstanden -hatten; nun war ihnen der Boden -unter den Füßen weggezogen, sie verloren -nicht nur alle materiellen Grundlagen, sie -verloren vor allem auch die Bindung mit der -Gesamtheit der Nation, sie waren nicht mehr -Rußland. Sie waren Außenseiter einer Gesellschaft -geworden, die nach neuen ökonomischen -Gesetzen ihr Dasein zu formen bestrebt -war. -</p> - -<p> -Mitten in das Chaos des Krieges verkündeten -die Bolschewiki <em>ihre</em> Kriegslosung -gegen das Kapital. Sie verließen die Schützengräben -der Nation und warfen die Schützengräben -zwischen den Klassen auf. Die -S.R. aber zögerten nicht einen Augenblick -und harrten in den Schützengräben der -<a id="page-39" class="pagenum" title="39"></a> -Nation aus, obschon einer der ihren – -Tschernow – Teilnehmer der Zimmerwalder -Konferenz gewesen war. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -In den Verhandlungen gaben die Angeklagten -zu, den Kampf mit allen Mitteln -gegen die Bolschewiki geführt zu haben, und -unumwunden rief Timofejew aus: „Wir werden -nie aufhören, euch zu bekämpfen, wir -stehen zu unseren Taten.“ -</p> - -<p> -So erweiterte sich das Tribunal über den -Gerichtshof hinaus, so vollendete sich in -diesem Saale das Schicksal der russischen -Revolution. Der Prozeß war der dramatisch -bewegte Schlußakt des Bürgerkrieges in -Rußland. Über zwei Monate zogen sich die -Redeschlachten hin, die Angeklagten genossen -vollste Redefreiheit, manche ergingen -sich in stundenlangen Ausführungen, nie -wurde einem Redner das Wort entzogen, zuweilen -kam es zu Beifallsäußerungen im -Saale, die der Vorsitzende ruhig aber bestimmt -rügte. Die gewandtesten Sprecher -Rußlands lieferten sich Gefechte. Nie wurden -Ankläger oder Vorsitzende im Ton kleinlich -und gehässig; nirgends hat man in einem -bürgerlichen Staate erlebt, daß Angeklagte -so menschlich, so unpersönlich behandelt -<a id="page-40" class="pagenum" title="40"></a> -wurden. Die S.R. haben diesen Prozeß -selbst verlangt, sie fürchteten sich nicht vor -dem Ende an der Mauer; als die ausländischen -Verteidiger ihnen im Gefängnis eröffneten, -daß man Garantien besitze, die -Todesstrafe würde nicht verhängt werden, -lächelten sie – darauf komme es nicht an, -viel mehr liege ihnen daran, sprechen zu -dürfen. Da ihre Partei zerschlagen, ihre -Presse verboten war, bot sich jetzt die einzige -Möglichkeit, noch einmal für die alten demokratischen -Ideen, für das Ideal der Volksgemeinschaft -zu werben – in aller Öffentlichkeit. -</p> - -<p> -Die Bolschewiki haben diesen Prozeß in -aller Öffentlichkeit geführt vor dem Angesicht -Europas, um die S.R. in ihrer Stellung -zur arbeitenden Klasse zu entlarven. Sie -luden den greisen Anatole France nach -Moskau ein, sie brauchten seine Skepsis -nicht zu scheuen. Anatole France ist nicht -gekommen. -</p> - -<p> -Damals begannen die Wellen der Revolution -zu verebben, der Faszismus blühte in -Deutschland, die Möglichkeit der Weltrevolution -rückte in die Ferne, die Wirtschaftspolitik -Rußlands mußte jene neue Richtung -erfahren, die unter dem Namen NEP bekannt -geworden ist. Der Staat war bemüht, -unter allen Umständen den Wirtschaftsapparat -<a id="page-41" class="pagenum" title="41"></a> -fest in der Hand zu behalten, der -Privatwirtschaft und dem Auslandskapital -nur die notwendigsten Zugeständnisse zu -machen. So kam es darauf an, diesen Unterschied -zwischen dem Staatssozialismus der -Bolschewiki und dem Wirtschaftsanarchismus -der S.R. zu unterstreichen. Und jede -Anklage gegen die S.R. bedeutete zugleich -eine Verteidigung des eigenen Systems. Hatten -die S.R. mit ihren Methoden die Arbeiter -und Bauern zugunsten der Besitzenden preisgegeben, -so versuchten die Bolschewiki alle -Konzessionen nur im Interesse der Arbeiter -und Bauern zu machen. Zentralisation hier, -und Dezentralisation dort. Den Arbeitern -der Welt sollte gezeigt werden, wie sich die -S.R. so völlig im Gegensatz zu den Bolschewiki -den imperialistischen Mächten angeboten -hatten. Die unüberbrückbaren Gegensätze -zwischen Bourgeoisie und Proletariat -sollten aufgezeigt werden, und überall bemühte -man sich, den Charakter der S.R. -zu enthüllen, die einen Volksstaat, aber keinen -proletarischen Staat zu errichten gedachten. -Der Prozeß war eine in der Weltgeschichte -unerhörte Demonstration aggressiven -Charakters gegen die Parteien der Erde, -die versuchten, Gegensätze zu überbrücken, -statt zu verschärfen. Der Beweis sollte erbracht -werden, daß die S.R. Außenseiter -<a id="page-42" class="pagenum" title="42"></a> -der neuen Gesellschaftsordnung waren. Und -so läßt sich bei der Eröffnung internationaler -Perspektiven das Erscheinen deutscher und -belgischer Advokaten vor dem Tribunal erklären: -Vandervelde, Liebknecht, Wauters, -Rosenfeld. Man empfing sie höhnisch beim -Betreten des sowjetrussischen Gebietes, Moskauer -Arbeiter pfiffen sie bei ihrer Ankunft -aus, und im großen Demonstrationszug sah -man die Karikaturen dieser Männer, die als -Politiker aus einer verlorenen Sache eine -Sache der Märtyrer zu machen gedachten und -davonliefen, als man ihnen nicht zugestehen -wollte, daß ihre Stenogramme offiziellen -Charakter trügen. Vandervelde offenbarte -sein völliges Mißverständnis für die proletarische -Struktur des russischen Staates, als -er die belgische Justiz rühmte – höhnisch -rief man ihm, dem „Proletarierführer“, zu: -Minister Seiner Majestät. War er nicht noch -im Kriege sogar als Beauftragter dieses -Königs erschienen, um dem Zaren seine -Reverenz zu machen und auf russische -Arbeiterführer im Sinne des „Durchhaltens“ -einzuwirken? Der Name „Liebknecht“ hatte -unter den russischen Arbeitern besonderen -Klang, in jeder Stadt geht man heute durch -eine „Karl-Liebknecht-Straße“ – nun erschien -der Bruder des ermordeten Karl, um -Männer zu verteidigen, die angeklagt waren, -<a id="page-43" class="pagenum" title="43"></a> -auf Lenin, Trotzki, Sinowjew Attentate geplant, -Wolodarski ermordet zu haben! Die -Masse des russischen Proletariats war in -ihrem tiefsten Innern aufgewühlt – sie -fühlte sich selbst zum Richter über Männer -berufen, die ihre eigensten Interessen gefährdet -hatten. So waren Angeklagten- und -Verteidigerbänke nicht mehr zu trennen, -Verteidiger wurden zu Angeklagten. Sie konnten -nicht anders entrinnen als durch Einsprüche -gegen formale Verletzungen, endlich -durch die Flucht. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Die erste Gruppe der Angeklagten hat in -diesen Monaten kein eigentliches Geständnis -gemacht; ihre Taktik lief stets darauf hinaus, -durch den Angriff die Anklagen zu parieren, -dabei verwickelten sie sich ständig in Widersprüche; -ihre Lage war um so gefährdeter, -da die Werkzeuge der Methoden ihrer Politik -sich gegen sie wandten. Sie gaben zu, den -Junkeraufstand organisiert und Truppen in -Marsch von Gatschina gegen Petrograd gesetzt -zu haben, sie konnten nicht leugnen, mit -den Militärmissionen in Verbindung gestanden -zu haben, sie vermochten natürlich nicht -ihre Teilnahme an der Konstituante von -Samara zu bestreiten. Ihre ganze Haltung -gegen die Sowjets versuchten sie ja gerade -durch ihr Festhalten an der Konstituante, -<a id="page-44" class="pagenum" title="44"></a> -an den parlamentarischen Regierungsformen -zu erklären; damit wurde das ganze Problem -„Demokratie“ und „Diktatur“ aufgeworfen; -alle ihre Schritte begründeten sie mit diesem -Kampf für die Konstituante, jenes Parlament, -das nur einen einzigen Tag zusammentreten -durfte, in dem die S.R. die Mehrheit -hatten, deren Präsident Tschernow gewesen -war. Die Wahlen zur Konstituante waren -monatelang verzögert worden; die „Provisorische -Regierung“ ist eigentlich nur eine -Art Direktorium gewesen; niemand wünschte -den Zusammentritt des Parlamentes, das -die Schwierigkeiten nur noch erhöhen konnte. -Erst als die Sowjets die Macht an sich -gerissen hatten, versuchten die S.R. <em>ihre</em> -Konstituante auszuspielen, zu ihrem Schutz -bewaffnete Demonstrationen zu veranstalten. -Aber Zeugen, Mitglieder der S.R., bekundeten, -daß sich niemand fand, der für die Konstituante -sein Leben eingesetzt hatte, die militärischen -Organisationen versagten völlig – -und in der späten Abendstunde des 5. Januar -1918 genügte die Aufforderung eines einzigen -Mannes, eines Matrosen: die Konstituante -wurde aufgelöst – „Alle Macht den Räten“ -– den unmittelbar aus den Betrieben hervorgegangenen -Deputierten. -</p> - -<p> -Der II. Rätekongreß hatte bereits drei -Tage nach der Machtergreifung durch die -<a id="page-45" class="pagenum" title="45"></a> -bolschewistische Partei die neue Regierung -bestätigt; man war sich des rein proletarischen -Charakters dieser Regierung bewußt, -vor allem aber ihrer radikalen Einstellung -gegen die Bourgeoisie in allen ihren Schattierungen. -Die S.R.P. befand sich in völliger -Auflösung und Verwirrung; ihre Führer versuchten -sich sofort einiger Regimenter zu -versichern; aber Gotz wurde ausgelacht, -Tschernow hatte den Kopf verloren, Kerenski -zog sich um und verschwand bei Nacht und -Nebel. In dieser verzweifelten Lage knüpfte -Gotz sofort Verbindungen mit bürgerlichen -Organisationen an, aber vergebens brachte -man bewaffnete Organisationen zusammen, -– es existierten nur noch Stäbe ohne Soldaten. -In Petrograd schlugen sich die Junker -tapfer zwei Tage lang – Gotz leugnet nicht, -als Mitglied eines Militärstabes gemeinsam -mit bürgerlichen Elementen diese Revolte -der jungen Bourgeoisie organisiert zu haben. -Er muß zugeben, daß auf der Seite der Junker -keine Arbeiter gekämpft haben; für das -Tribunal war diese Gemeinschaft der Führer -der S.R. mit Vertretern der Bourgeoisie von -entscheidender Bedeutung. Und mit derselben -Genugtuung wurde festgestellt, daß -sich an den Umzügen für die Konstituante in -der Mehrheit Damen und Herren, aber fast -keine Arbeiter beteiligt hatten. -</p> - -<p> -<a id="page-46" class="pagenum" title="46"></a> -Damals saßen noch in Rußland die Botschafter -und Militärmissionen der Entente, -denen über Nacht die Aufgabe erwuchs, die -Interessen jener Kapitalisten wahrzunehmen, -die große Kapitalien in der russischen Industrie -angelegt hatten. Der Sturz der -Kerenskiregierung hatte die Entente eines -Bundesgenossen beraubt, der zwar nicht -mehr imstande schien, der deutschen Front -einen entscheidenden Schlag zu versetzen, -aber mindestens zahlreiche Kräfte zu fesseln -vermochte, die eine Offensive der Deutschen -im Westen unmöglich machten. Die Botschafter -hatten bereits längst den Zusammenbruch -Rußlands vorausgesehen; die Entente -war ferner unzweifelhaft nicht imstande, -Rußland mit Kriegsmaterial so ausreichend -zu versorgen, um weiter als ernstlicher -Gegner Deutschlands in Betracht zu kommen. -Es mußte der Entente nach dem Zusammenbruch -der russischen Front vor allem -daran gelegen sein, vor der sozialen Revolution -zu retten, was nur irgend möglich war. -Paléologue hat bereits seit dem Kriegsausbruch -argwöhnisch die Arbeiterbewegung beobachtet -und verzweifelt die Mißerfolge der -Kerenskiregierung verfolgt. Ungeheure Kapitalien -waren in der russischen Industrie -fundiert. Die Nationalisierung der Betriebe -war vor allem ein Schlag gegen das ausländische -<a id="page-47" class="pagenum" title="47"></a> -Kapital. Notwendig mußte sich bei -solcher Lage ein enges Bündnis zwischen -allen besitzenden Schichten und den Ententevertretern -ergeben. Und die Demokratie, die -das Eigentum unbedingt anerkannte und die -Freiheit des Individuums postulierte, mußte -die Staatsform sein, zu der sich diese Koalition -bekannte. In den S.R. sah man dank -ihres moralischen Einflusses auf breite Massen -die geeigneten Männer, einer solchen Politik -Dienste zu leisten. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Am achten Verhandlungstage erschien vor -dem Obersten Tribunal ein merkwürdiger, -schwarzgekleideter Mann mit hagerem, hartem -Gesichtsausdruck, dunklen, unbeweglichen, -unerbittlichen Augen; seine Sprache -verriet französischen Akzent, seine Aussagen -erfolgten mit großer Bestimmtheit und Energie. -Der Mann erinnerte eher an einen strengen -Asketen einer mittelalterlichen Sekte, -er hatte etwas Mönchisches in seiner kalten -Unnahbarkeit und Geschlossenheit. -</p> - -<p> -Es war der ehemalige Offizier der französischen -Republik – Pierre Pascal, der vor dem -Tribunal die Beziehungen zwischen den Ententevertretern -und der sozialrevolutionären -Partei schilderte. -</p> - -<p> -Pascal war an der Westfront verwundet -worden, da er nicht mehr felddiensttauglich -<a id="page-48" class="pagenum" title="48"></a> -war, wurde er der französischen Militärmission -in Rußland überwiesen. Beim Ausbruch -der Oktoberrevolution sympathisierte -Pascal mit den Bolschewiki; als die Militärmission -Rußland verlassen mußte, blieb -Pascal zurück und arbeitete für die russische -kommunistische Partei. Er war ein Kamerad -jenes Hauptmanns Sadoul, der im Frühjahr -1925 vom Kriegsgericht zu Orleans wegen -Hochverrat freigesprochen wurde. -</p> - -<p> -In seinen Aussagen erklärte Pascal: -</p> - -<p> -„Als Angestellter der französischen Mission -hatte ich verschiedene Arbeiten zu verrichten. -Eine Zeit lang wurde ich mit der Dechiffrierung -und mit der Redaktion der für die -Kommandanten der Mission, die Generäle -Lavergne und Niessel bestimmten Berichte -betraut. <em>Die französische militärische -Mission unterhielt ständig enge Verbindung -mit den S.R.</em> Das Ziel der Tätigkeit -der französischen Mission in der Periode -vom Oktoberumsturz bis zum Brest-Litowsker -Frieden war, Rußland zu <em>zerlegen -und zu schwächen</em>. -</p> - -<p> -Zum Zwecke der politischen Schwächung -teilten die Verbündeten Rußland in Einflußsphären. -Frankreich wurde der Süden zugeteilt, -die Krim und ein Teil des Kaukasus inbegriffen. -Der andere Teil des Kaukasus kam -in die englische Einflußsphäre. Repräsentant -<a id="page-49" class="pagenum" title="49"></a> -des Einflusses in der südlichen, Frankreich -zugeteilten Sphäre war General Berthelot, -der sich damals in Rumänien befand. Zum -Zwecke der wirtschaftlichen Schwächung -Rußlands hat Frankreich damals die Streiks -unterstützt, besonders den Streik der Staatsangestellten -und Beamten. Außerordentliche -Aufmerksamkeit hat es dem Streik im Kommissariat -für die Volksernährung gewidmet. -„<em>Dieser Streik</em>,“ erklärte der Chef der -Mission, „<em>wird eine große Bedeutung</em> -haben.“ Die Streikenden vernichteten alle -Vorräte. Moskau blieb ohne Zufuhr von Nahrungsmitteln. -Das Geld für die Streikenden -gaben die Banken, besonders die <em>Russisch-Asiatische -Bank</em>, die ganz unter dem Einfluß -der französischen Mission stand. -</p> - -<p> -Die politische Arbeit der französischen -Mission leitete der französische Gesandte -Noulens. Er hielt sich damals in Wologda -auf, wo er den <em>Stab der Konterrevolution</em> -schuf. Dort wurde ein genauer Plan -einer bewaffneten Eroberung von Sowjetrußland -ausgearbeitet. Es wurde beschlossen, -die Basis für den späteren Aufmarsch der -Konterrevolution an verschiedenen Punkten -der Peripherie Sowjetrußlands zu schaffen. -Tschechoslowakische, elsässische, serbische, -polnische Legionen wurden organisiert. Im -Interesse der konterrevolutionären Arbeit -<a id="page-50" class="pagenum" title="50"></a> -wurden in die größeren Städte Rußlands -legale französische Konsuln geschickt. Die -Aufstände der Tschechoslowaken und in -Jaroslaw wurden unter der aktiven und unmittelbaren -Teilnahme der französischen militärischen -Mission und des gewesenen französischen -Gesandten Noulens entfacht. -</p> - -<p> -Nach dem Aufstand der Tschechoslowaken -entfaltete die französische Mission eine noch -lebhaftere Tätigkeit. Es wurde ein Plan ausgearbeitet, -Moskau in einem engen Kreise zu -umzingeln. Man beschloß, Jaroslaw, Nishnij-Nowgorod, -Tambow und andere im Kreise -um Moskau liegende Städte zu besetzen. -Ziel dieser Umzingelung war, Moskau und -Zentralrußland zu isolieren, die Zufuhr der -Nahrungsmittel zu verhindern und in der -Hauptstadt Hungersnot hervorzurufen. Aus -diesem Grunde wurden die Aufstände in -Jaroslaw, Tambow und anderen Städten angezettelt. -</p> - -<p> -Als die Aktion der Tschechoslowaken und -der Aufstand in den Provinzen nicht zum -Erfolg führten, ging die französische Mission -zu einer anderen Art von Tätigkeit über. Ich -<em>selbst habe ein chiffriertes Telegramm -gelesen, in dem über Terror gesprochen -wurde. Ich kann bestimmt sagen, die -französische Mission hat sich mit Aufforderungen -zum Terror befaßt. Sie -<a id="page-51" class="pagenum" title="51"></a> -hat darauf spekuliert, der Terror -werde blutige Repressalien</em> der Sowjetregierung -hervorrufen. Die <em>Repressalien</em> -würden die Empörung <em>wecken und so die -Zahl</em> der Gegner der Sowjetregierung vermehren. -Als ich am <em>zweiten</em> Tag nach dem -<em>Attentat auf Lenin</em> in die Mission kam, -hat mich der Chef der Mission, Lavergne, mit -der Frage empfangen: „Haben Sie gelesen, -was sie über uns schreiben? Als ob wir an -dem Attentat an Lenin beteiligt wären ...“ -Als ich schwieg, sagte General Lavergne: -„Ich weiß nicht, wie weit Lockart (der ehemalige -englische Gesandte in Moskau) beteiligt -ist; <em>ich</em> bin nicht beteiligt.“ Dies sagte -er so, daß ich den Eindruck hatte, <em>General -Lavergne müsse</em> an dem <em>Attentat</em> beteiligt -sein.“ -</p> - -<p> -Auf die Frage des Verteidigers Murawjew, -welche politischen Ziele die französische -Mission verfolgt habe, ob sie die Sowjets -stürzen wollte oder für den Kampf mit -Deutschland zu gewinnen suchte, antwortete -Pascal: „Meiner Ansicht nach war das letzte, -eigentliche Ziel der französischen Regierung, -die Regierung der Sowjets zu stürzen.“ -</p> - -<p> -„Was waren die Pläne der französischen -Mission?“ fragte Krylenko den Zeugen. -</p> - -<p> -„Die Sowjetmacht zu stürzen. Zuerst -scheinbar eine Koalitionsregierung zu bilden, -<a id="page-52" class="pagenum" title="52"></a> -dann aber sich von den sozialistischen Elementen -zu befreien, und eine Kadettenregierung -zu bilden.“ -</p> - -<p> -„Wie war das Verhältnis der französischen -Mission zu den russischen Arbeitermassen?“ -... „Das verächtlichste!“ erwiderte Pascal. -</p> - -<p> -„Glauben Sie, daß die französische Mission -eine Partei unterstützt hätte, die den Sturz -der Sowjetmacht nicht anstrebte?“ -</p> - -<p> -„Noulens hätte es nicht getan,“ erwiderte -Pascal kurz und mit Nachdruck. -</p> - -<p> -„Wie war das persönliche Verhältnis Noulens’ -zu den Russen?“ „Ich wies darauf schon -hin, daß alle, angefangen vom Chef der -Mission, bis zum letzten französischen Offizier, -von den Russen mit der größten Verachtung -sprachen ...“ – Eines Tages kehrte -Pascal im Zuge mit Noulens nach Moskau -zurück. Der Zufall wollte es, daß er mit einem -russischen Soldaten in einem Wagen übernachten -mußte. Als Noulens davon Kenntnis -erhielt, sprach er seine Mißbilligung darüber -aus, daß Pascal mit einem Bolschewiken zusammen -war. Pascal bemerkte, es wäre kein -„Bolschewik“, sondern ein gewöhnlicher russischer -Soldat. Darauf erwiderte Noulens: -„Ganz egal, ich will nicht, daß ein Russe in -meinem Zuge übernachtet.“ -</p> - -<p> -Der Verteidiger Schubin interessiert sich -für die Frage: Wie hätte sich die französische -<a id="page-53" class="pagenum" title="53"></a> -Regierung zu einem Kriege der Sowjetmacht -gegen Deutschland verhalten. -</p> - -<p> -Pascal erwidert: -</p> - -<p> -„Der Haß der französischen Regierung -gegen die Bolschewiki war so groß, daß sie -kaum die ruhige Existenz dieser Macht zugelassen -haben würde.“ -</p> - -<p> -„Wurde die östliche Front letzten Endes -doch geschaffen?“ fragten den Zeugen die -Verteidiger der zweiten Gruppe der Angeklagten. -</p> - -<p> -„Ja, es wurde eine antisowjetistische, aber -nicht eine antideutsche Front gebildet,“ erwidert -Pascal. -</p> - -<p> -Krylenko kommt auf die Frage der Subventionen -der verschiedenen antisowjetistischen -Organisationen durch die französische -Mission zu sprechen. -</p> - -<p> -Pascal erklärte, daß alle diese Organisationen -der Sowjetmacht feindlich gesinnt -waren und aus französischen Staatsmitteln -unterstützt wurden. Der Sekretär Petit habe -Pascal selbst mitgeteilt, welche Gruppen von -den Franzosen Gelder empfingen. -</p> - -<p> -Der Verteidiger Tager ersucht Pascal, auszusagen, -welche terroristischen Akte die -S.R. mit moralischer Billigung der Entente -zur Ausführung gebracht hätten. Pascal -weist auf die Verwundung Lenins, den Mord -Wolodarskis hin. -</p> - -<p> -<a id="page-54" class="pagenum" title="54"></a> -Die Aussagen Pascals machten einen sehr -starken Eindruck, der noch durch Aussagen -anderer Franzosen verstärkt wurde. -</p> - -<p> -<em>Frossard</em>, der Sekretär der Kommunistischen -Partei Frankreichs wurde drei Stunden -lang über die Beziehungen der französischen -Regierung zu sowjetfeindlichen Organisationen -vernommen. Seine Aussage ergab: -Die Politik der französischen Regierung -baute sich von 1917 bis 1922 auf ununterbrochenen -Interventionen auf. Die französische -Regierung dachte nicht daran, die -Macht in Rußland einer <em>sozialistischen -Regierung zu übergeben, denn sie betrachtete -als feste Regierungsform -für Rußland die konstitutionelle Monarchie -und unterstützte alle auf einen -Sturz der Bolschewisten zielenden -Versuche, gleichviel, von wem sie -ausgingen</em>. Die Ententebotschafter hätten -alle Mittel aufgeboten, den konterrevolutionären -Versuchen im Innern des Landes Vorschub -geleistet und Anschläge gegen einzelne -Vertreter der Sowjetmacht angestiftet. Diese -Aktionen haben der französischen Republik -monatlich 50 Millionen Francs gekostet; die -Gesamtkosten aller Interventionen kamen -dem französischen Volke auf etwa 1 Milliarde -Francs zu stehen. -</p> - -<p> -Der Angeklagte <em>Timofejew</em> bemüht -<a id="page-55" class="pagenum" title="55"></a> -sich, den Beweis zu führen, die S.R. wären -Gegner jeder Intervention gewesen. Aber -kann er bestreiten, daß die Tschechoslowaken -von französischen und englischen Offizieren -geführt wurden und als Elitetruppe der Regierung -von Samara galten? daß die S.R. -im Wolgagebiet gemeinsam mit diesen Truppen -gekämpft haben? Kann er bestreiten, -daß er selbst Verhandlungen mit der Entente -geführt hat? Krylenko legt ihm Dokumente -vor, aus denen das engste Einvernehmen -der S.R. mit den Ententetruppen im Murmangebiet -erhellt, die Entente hat dort sogar -ohne jeden russischen Einfluß völlig selbständig -operiert; es gab ein alliiertes Oberkommando, -von dem die S.R. Vertreter Befehle -empfingen! Timofjejew versucht noch -einmal einzuwenden, es habe sich nur um die -Wiederaufrichtung der Front gegen das imperialistische -Deutschland gehandelt – noch -einmal greift Pascal ein und wiederholt seine -Aussagen über die Einstellung der Entente -zur Sowjetregierung – es kam in erster Linie -darauf an, die Diktatur des Proletariats zu -stürzen und der kapitalistischen Ordnung zur -Macht zu verhelfen. Das war der ganze Sinn -des Kampfes gegen die Sowjets. -</p> - -<p> -Einige Tage später eröffnete <em>René Marchand</em> -dieselben Perspektiven; er kann -konkrete Angaben über die direkten Beziehungen -<a id="page-56" class="pagenum" title="56"></a> -der Ententemissionen zu den S.R. -machen. <em>In seiner Gegenwart erhielt -das Mitglied der Mission, Ehrlich, 50000 -Rubel für die S.R. von der Mission. -Über andere Anweisungen der Mission -habe er noch vom Kassierer der Mission -erfahren. Nach Abfahrt der französischen -Mission wurden die Gelder für -Unterstützung der S.R. dem dänischen -Konsulat übergeben, mit dem der S.R. -Elias Minor in Verbindung gestanden -habe.</em> -</p> - -<p> -Der ehemalige Kriegsminister <em>Werchowski</em> -bestätigt die Gelderhergabe der Entente -an weißgardistische Organisationen, der Name -eines Generals <em>Suwarow</em> taucht auf, der -von der französischen Mission Gelder empfing -und an Organisationen weiterleitete. -Dieser Suwarow war Mitglied eines Militärstabes, -dem Vertreter verschiedener bürgerlicher -Parteien angehörten; aber auch der -S.R. <em>Gotz</em> war Mitglied des Stabes; er bestreitet -es nicht. -</p> - -<p> -Die Aussagen dieser Zeugen haben im -Frühjahr 1925 in Orleans eine Bestätigung -durch den <em>Major Laurent</em> erfahren, dessen -Name bereits im Moskauer Prozeß aufgetaucht -war: René Marchand hatte ausgesagt, -daß dieser Laurent mit den S.R. verhandelt -hätte, um militärische Organisationen vorzubereiten, -<a id="page-57" class="pagenum" title="57"></a> -man hatte besonders lange darüber -beraten, wie man S.R. in die Rote Armee -als Kommandeure einschmuggelte. -</p> - -<p> -Laurent ist in Orleans persönlich erschienen -und erklärte unter seinem Eid vor dem bürgerlichen -Gericht, daß man terroristische -Akte gegen die Führer der Sowjets nicht nur -moralisch gebilligt, sondern selbst solche -Attentate gegen Trotzki und andere Führer -der Sowjetrepublik geplant hätte ... -</p> - -<p> -Man hat immer versucht, die Beziehungen -der S.R. zur Entente zu verschleiern, Semjonow, -der vor Gericht keineswegs im Mittelpunkt -stand, wurde als einziger Zeuge dargestellt; -da er den S.R. den Rücken gewandt -und ihre Machenschaften preisgegeben -hatte, war es ein leichtes, ihn als Provokateur -hinzustellen. Aber dabei verschwieg -man, daß dieser Semjonow immer eine große -Rolle in den Kampforganisationen gespielt -hatte und auf dem Parteitag der S.R. zum -führenden Mitglied des Stabes der Kampforganisation -der S.R. ernannt worden war; -er hatte nie eine geringe Rolle gespielt; ihm -war die gesamte terroristische Tätigkeit in -den Reihen der Sowjettruppen anvertraut, als -die Samararegierung auf allen Fronten gegen -Moskau vorrückte. Semjonow hatte sein -Leben in die Schanze geschlagen. Vor Gericht -erblickte man einen mittelgroßen, etwas -<a id="page-58" class="pagenum" title="58"></a> -schmächtigen Mann von einigen 30 Jahren, -er erinnerte eher an einen Menschen, der aus -einem Bureau kam, als an einen Terroristen; -hellblond, bleich, immer etwas übernächtigt, -offenbar schwer in innere Kämpfe verstrickt, -äußerst nervös, nur während seiner Aussagen -stets gleichmütig, ganz ohne jede Pose -– war er in diesen Verhandlungen am -meisten exponiert – er – als Renegat – -war leicht anzugreifen, dabei trafen seine -eigenen Angriffe immer die wundesten Stellen. -Wenn Schwierigkeiten entstanden, so infolge -der Zwiespältigkeit und Halbheit der -S.R. überhaupt; ihr Schwanken und Schillern, -ihre Halbheit und Unschlüssigkeit erschwerte -die einfache, klare Feststellung der -Vorgänge. Die S.R. Partei war nie ein -festes Gefüge – sie war es erst recht nicht -im Bürgerkriege, in der Zeit der Illegalität. -Es konnte sehr leicht möglich sein, daß die -Mitglieder der Zentralkomitees durchaus nicht -derselben Meinung waren, und daß jener -billigte, was dieser verwarf. Es gab eine -Instanz, die für alles Geschehen verantwortlich -war: eben das Zentralkomitee – aber es -gab im Grunde keine Personen, die verantwortlich -sein wollten – es gab Meinungen -von Personen. Und jemand konnte schon -individuell seinem Standpunkt Ausdruck -gegeben haben – war es für die Partei als -<a id="page-59" class="pagenum" title="59"></a> -Ganzes unbequem, so leugnete man später -ab. Es gab keine Führung, kein Programm, -niemand gab Direktiven, weil alle sich berufen -fühlten. Semjonow, ein altes Mitglied -der Partei, holte sich für alle seine Unternehmungen -die Genehmigung des Z.K. Da -er rührig, umsichtig und verwegen war, -schien er wertvoll – man ließ ihn deshalb gewähren, -gab ausweichende Antworten, wollte -bestimmte Akte geschehen lassen und zauderte -wieder, sie zu genehmigen. Eine Weile -ließ sich das Spiel der halben Zusage, des -Nein-Ja-Sagens schon an; aber als sehr -ernste Taten geschehen waren, und die Mitglieder -der Partei verlangten, die Partei solle -zu diesen Taten stehen, wich das Z.K. scheu -zurück; der Mord auf Wolodarski hätte eine -Steigerung verlangt – wenn nicht gerade den -offenen Aufstand – so doch die offene Erklärung -gegen die proletarische Regierung – -aber da nun die S.R.P. eine Arbeiterpartei -sein wollte, bedeutete solche Erklärung eine -Kampfansage ans Proletariat – Lenin war -längst ein den Arbeitern teurer Name, -welche Partei, die auch nur mit der Arbeiterschaft -sympathisierte, hätte ein solches Attentat -gutheißen können! Also wich man aus -und gab die Täter, die ihr Leben eingesetzt -hatten, preis. Wundert man sich, daß die -Täter endlich das Lager verließen, in dem -<a id="page-60" class="pagenum" title="60"></a> -man ihnen nie den Rücken deckte? Mußten -sie nicht allmählich gewiß sein, daß diese -Partei gar nicht wußte, was sie wollte, wohin -ihr Weg führte. Semjonow schreckte zurück, -von bürgerlichen Organisationen Gelder zu -empfangen – Donskoi, Mitglied des Z.K., -erklärte höhnisch: „Non olet.“ Eine Weile -schien es noch, als könnten die S.R. eine -selbständige Politik treiben; dann aber ballte -sich eine mächtige Front zusammen, die -Bürger vor allem erwachten aus ihrer Betäubung, -die Entente bot alle Kräfte auf, -ließ alle Minen springen – die weißen Generale -drängten von allen Seiten ins Land, die -S.R. wurden in die zweite Linie gestoßen, -den Bürgern, den Generalen, den fremden -Missionen war offenbar, daß die Parolen der -S.R. nirgends mehr verfingen; der Kampf -ließ sich nur noch mit brutalsten Mitteln -führen, das Gerede von der Demokratie sollte -ein Ende haben, rücksichtslos schob man alle -Kulissen beiseite: auf offener Bühne erschien -der weiße Schrecken; die S.R. verhandelten -mit dem französischen Botschafter Noulens -über die Zusammensetzung einer neuen Regierung -im Falle des Sieges der Samarafront. -Die S.R. designierten Tschernow: „Genug -von sozialistischen Experimenten. Ich will -nichts von Tschernow wissen,“ erklärte -Noulens barsch, damals einer der wahren -<a id="page-61" class="pagenum" title="61"></a> -Herrn des weißen Rußlands. Die S.R. standen -plötzlich verlassen da. Man mag zur Beleuchtung -der Lage die Memoiren weißer -Generale nachlesen: sie strotzen von Verachtung -für die S.R. Je heftiger der Bürgerkrieg -tobte, desto geringer wurde der Einfluß -der S.R. Sie hätten die Reihen der Konterrevolution -verlassen können – aber nachdem -sie sogar eine ganze Front der „Konstituante“ -formiert hatten, war es unmöglich, diesen -Bankrott einzugestehen, ohne – mit blutbefleckten -Händen – dem Fluche der Lächerlichkeit, -der Verachtung preisgegeben zu -sein. Die Partei als Ganzes mußte schon weiter -vegetieren; aber ihr nie festgefügter Bau -zitterte in allen Gründen – die Mitglieder -sprangen ab – so erklärt sich Semjonows -Abfall, seiner Komplizin Konopleva Reue, -der anderen Bußgang – je heftiger der -Bürgerkrieg tobte, desto schärfer erkannte -der S.R., wer auf der Barrikade neben ihm -stand – nicht der Arbeitsmann aus dem Betrieb, -nicht der Bauer, sondern der weiße -Offizier, der Beamte, der Student. Zu wessen -Gunsten sollte Lenin fallen?! -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Sawinkow hat 1924 in jener aufregenden -Nachtsitzung vor dem Tribunal die grauenhaft -erniedrigenden Gefühle geschildert, die -er in den Vorzimmern der Ententeminister -<a id="page-62" class="pagenum" title="62"></a> -empfand. Er schildert sein Entsetzen, als -Churchill auf eine Karte wies und ihm „unser“ -Rußland zeigte – diesen Ekel Sawinkows -sollte Semjonow nicht empfunden haben? -Oder jener andere Ignatiew, der auch zur -2. Gruppe der Angeklagten gehörte und sich -vor allem im Gebiete von Archangelsk betätigte?! -Ignatiew schilderte, wie die Ententetruppen -im Norden gehaust hatten, -Sondergerichte einsetzten, Stäbe ernannten, -denen die Russen untergeordnet waren. Immer -wieder durchtönte dieselbe Melodie dieses -Trauerepos: wir wurden verächtlich behandelt, -man benutzte uns, die Besetzung von -Archangelsk erfolgte nur im Interesse der -großindustriellen Machthaber. Ignatiew -schilderte die Taten der Weißen – immer -waren die Arbeiter nur die Opfer, immer -richtete sich alles gegen das Proletariat. Der -Blick auf den Nebenmann war für den argwöhnischen, -schwankenden Beobachter erschütternde -Erkenntnis. -</p> - -<p> -Da saß unter den Angeklagten der 2. -Gruppe ein hellblondes, mittelgroßes Geschöpf -– Lydia Konoplewa; erinnerte an ein -Bauernmädchen, das sich „hochgearbeitet“ -hatte, vielleicht Lehrerin geworden war (die -kleinbürgerliche Physiognomie war überhaupt -ein auffallendes Merkmal aller dieser -Typen); sie war ein guter Soldat der S.R. -<a id="page-63" class="pagenum" title="63"></a> -geworden, sicherlich ohne eigene Gedankenwelt, -aber vom festen Willen erfüllt, für die -Unterdrückten zu kämpfen; verwegen, erfinderisch, -losgerissen von jeder Tradition und -den Formen der alten Gesellschaft, bereit, -ihr Leben zu opfern. Für sie hatte die Haltlosigkeit -der S.R. die größte Enttäuschung -bedeutet; von ihr existiert ein Brief an -Tschernow, in dem sie sich auf Unterredungen -mit ihm beruft, in deren Verlauf er sich entrüstet -über die ausweichende Haltung ihrer -Auftraggeber ausgesprochen und den Terror -gebilligt habe. Aus dem Briefe spricht das -Gefühl der tief enttäuschten, verlassenen -Kreatur, die man noch obendrein verhöhnt, -weil sie den Rückweg in die Gesellschaft, diesmal -in die Gemeinschaft des Proletariats, -zurückfinden wollte. Diese Angeklagten der -II. Gruppe wollten keine Außenseiter sein, -sie sind nicht die Führer der Partei gewesen, -vielleicht wird man sagen, sie hätten deshalb -nicht draußen bleiben können; aber sie waren -irregeleitete, ausgenützte Geschöpfe – sollten -sie, da sie Reue empfanden und bekannten, -die neue proletarische Gemeinschaft -nicht aufnehmen, gegen die sie ehedem die -Hand erhoben hatten, die jäh herniederfiel, -als plötzlich die Erkenntnis zuckte: <em>für</em> wen -erhebe ich die Hand?! -</p> - -<p> -Die wahren S.R., die Führer der Partei, -<a id="page-64" class="pagenum" title="64"></a> -die Offiziere und Auftraggeber kämpften -noch vor dem Tribunal um diese isolierte -Partei als um ein Ganzes. Ein tragischer -Schatten huschte zuweilen über ihr Geschick. -Ihre Anhänger im Lande hatten sie längst -verlassen. Die Ruinen von Jaroslaw waren -ein furchtbares Memento. Die S.R. hatten -die Macht gehabt, und die Probe nicht bestanden. -Die Bolschewiki hatten in vielen -Stücken ihr Programm ausgeführt – das -warf man ihnen vor – „ihr habt uns bestohlen“. -Aber die Bolschewiki hatten es -ausgeführt. -</p> - -<p> -Die Führer kämpften vor dem Angesicht -Europas; sie wichen in die weiten Wüsteneien -ihrer Zersplitterung und Haltlosigkeit zurück, -wenn man sie festhalten wollte; im -Grunde waren sie echte Russen, wahre -Kutosowrussen, aber 1812 hat diese Methode -des Ausweichens Rußland gerettet; die Leute, -die sich jetzt ins Weite verloren, gaben -ihre Partei preis, ihren ganzen Kampf um die -Demokratie. Sie verwickelten sich in unlösbare -Widersprüche: sie waren gegen Interventionen, -aber sie waren überall mit den -intervenierenden Mächten verbunden, sie -waren gegen die Bourgeoisie, aber sie standen -mit bürgerlichen Organisationen in engster -Verbindung und empfingen sogar Gelder von -ihnen, sie wollten die Front gegen Deutschland -<a id="page-65" class="pagenum" title="65"></a> -errichten, aber sie waren bereit, Boten -ins deutsche Hauptquartier zu senden, sie -scheuten den Terror, aber sie haben in ihren -Zeitungen nach geschehener Tat gejubelt, -sie wollten verhindern, daß Geld an Deutschland -abgeliefert würde, aber sie wollten -den Zug unbewacht stehen lassen, wenn die -Sprengung geschehen war ... Sie wollten -eine Partei der Arbeiter sein, aber nach der -Oktoberrevolution organisierten sie zuerst -eine Erhebung der Offiziersschüler. Sie waren -nicht gegen die Sowjets, aber für die Konstituante, -sie hatten den Zusammentritt der -Konstituante nicht beschleunigt, obschon sie -es vermocht hätten; aber sie erhoben die -Konstituante zum unantastbaren Heiligtum, -nachdem die Konstituante längst nicht mehr -dem Willen des Volkes entsprach. Man fand -einen Brief von Gotz, in dem es von dunklen -Anspielungen wimmelte; u. a. kam auch -der bekannte Satz, der alte Wahrspruch der -S.R.P., vor: „Im Kampf wirst du dein -Recht erwerben!“ Wundert man sich, wenn -Gotz umwunden erklärte, dieser Ausdruck -beziehe sich nur auf den Kampf <em>um</em> die Konstituante, -nicht aber um den Kampf <em>gegen</em> -die Sowjets?! -</p> - -<p> -Die Führer versuchten sich durch solche -Methoden des Ausweichens zu retten, aber -gerade diese Taktik wurde ihnen zum Verhängnis, -<a id="page-66" class="pagenum" title="66"></a> -um so kräftiger stieß das Tribunal -nach und plötzlich entlarvte sich eine Partei, -die gar kein festes Gefüge, keine straffe -Organisation war, sondern eher wirkte wie -ein Schwarm zusammengelaufener ratloser, -verärgerter Menschen. Wie imposant richtete -sich im Gegensatz dazu das eherne Gebäude -der bolschewistischen Partei auf! -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Die Haltung der S.R. zu den terroristischen -Akten offenbarte ihre ganze Schwäche -als Partei, die sich vor Gericht zugleich als -ihre Stärke erwies. Niemand hat gezweifelt, -und niemand konnte Einspruch erheben, daß -die Attentate auf Lenin, Trotzki und Wolodarski -von Mitgliedern der Partei vorbereitet -und ausgeführt waren. Fanny Kaplan, die -Lenin schwer verwundet hatte, war eine -Sozialrevolutionärin; Semjonow und die Mitglieder -seiner Kampforganisationen gehörten -zur Partei. Der Prozeß rollte nicht die Frage -der Täterschaft auf; sie war längst entschieden. -Dem Tribunal kam es vielmehr darauf -an, in den Hintergrund einzudringen, die Zusammenhänge -zwischen den Offizieren und -Soldaten festzustellen, das Z.K. als eine -Mordzentrale zu entlarven, die Partei zu -überführen, daß sie zu Attentaten auf Arbeiterführer -angestiftet hätte. Bewiesen war -längst, daß die Ententemissionen Attentate -<a id="page-67" class="pagenum" title="67"></a> -auf bolschewistische Führer moralisch billigten; -bewiesen konnte aber nicht werden, daß -zwischen den Missionen und dem Z.K. Verabredungen -für bestimmte Attentate bestanden -haben. Möglich ist es schon; gelegen -war den Missionen an solchen Attentaten. -Die Führer des Z.K. konnten nicht bestreiten, -daß sie um die Absichten von Attentaten -gewußt haben; Semjonow hat sowohl Gotz -wie Donskoi von seinen Plänen benachrichtigt; -beide konnten dieser Aussage nicht -widersprechen, sie bestritten energisch, Semjonow -ermuntert zu haben, Gotz will ausdrücklich -Semjonow geraten haben „<em>er -möchte noch mit der Ausführung warten</em>.“ -Aber ein striktes Verbot des individuellen -Terrors seitens der Partei ist <em>nie</em> ergangen, -nach vollbrachter Tat rückte das -Z.K. öffentlich von den Tätern ab, aber in -Gebieten, wo die Bolschewiki nicht die Macht -besaßen, jubelte die Presse der S.R. auf. -Eine moralische Verurteilung der Täter seitens -der Partei ist <em>nie</em> erfolgt, geschweige -daß man die Täter etwa ausgeschlossen hätte. -Als Wolodarski ermordet wurde, spielte sich -folgende merkwürdige Szene ab, die Tschernow -in einer Emigrantenzeitung geschildert hat: -</p> - -<p> -„Das Mitglied der Partei der Sozialrevolutionäre -S. M. Postnikow hat mir über diesen -Fall wörtlich folgendes mitgeteilt: -</p> - -<p> -<a id="page-68" class="pagenum" title="68"></a> -„Der Mord an Wolodarski erfolgte in der -Hitze der Wahlkampagne zum Petrograder -Sowjet. Plötzlich kommt die unerwartete -Nachricht: Wolodarski durch einen Schuß -getötet. Natürlich nutzten die Bolschewisten -dies sofort aus, um die Zeitung zu schließen -und durch die schärfsten Repressalien unsere -ganzen Wahlerfolge zu annullieren. Ich lief -sofort zu Gotz und fragte ihn, was los sei. Er -antwortete: ein Arbeiter, seiner Überzeugung -nach Sozialrevolutionär, der einen ernsten -Parteiauftrag hatte, war Zeuge, wie das Automobil -Wolodarskis eine Panne erlitt; er konnte -sich nicht zurückhalten und schoß auf ihn, da -er ihn für den Urheber der in Petrograd unter -dem Regime Sinowjews begangenen Grausamkeiten -hielt. „Wissen Sie, wenn wir in einer -anderen Lage wären – fügte Gotz hinzu, – -wie wir dann nach unseren Traditionen verfahren -müßten? Wie man solches eigenmächtiges -Handeln an einem Mitglied, das -auf einem ihm anvertrauten revolutionären -Posten steht, bestrafen müßte?“ -</p> - -<p> -Diese Erklärung Tschernows spielte vor -Gericht eine große Rolle. Man fragte Gotz -vergebens, welchen „ernsthaften Parteiauftrag“ -hatte dieser S.R.? Merkwürdig, daß -er sich gerade jetzt „nicht zurückhalten“ -konnte, merkwürdig, daß Gotz an der Handlung -nur auszusetzen hatte, daß sie „eigenmächtig“ -<a id="page-69" class="pagenum" title="69"></a> -erfolgte! Und wie seltsam kontrastierte -zu diesem Gespräch die Weisung -Gotz’ an Semjonow, man sollte noch warten. -Und was wußte Tschernow zu Semjonows -Angaben zu sagen? Sie sind eine ... „verräterische -Denunziation.“ Lydia Konoplewa -hat in einem öffentlichen Brief an Tschernow -eine Frage gerichtet, ohne je eine Antwort -erhalten zu haben: -</p> - -<p> -„Sie stützen sich auf die Erzählung S. P. -Postnikows über seine Unterhaltung mit -Gotz nach der Ermordung Wolodarskis: „Ich -lief sofort zu A. R. Gotz und fragte ihn, was -los sei. Er antwortete: ein Arbeiter, Sozialrevolutionär -seiner Überzeugung nach, der -einen wichtigen Parteiauftrag hatte, war -Zeuge, wie das Automobil Wolodarskis eine -Panne erlitt –, er konnte sich nicht zurückhalten -und schoß auf ihn ...“ -</p> - -<p> -Halten Sie es nicht für möglich, Viktor -Michailowitsch, daß Gotz die Wahrheit vor -Postnikow verbarg, wie sie den meisten Mitgliedern -der Partei der Sozialrevolutionäre -verborgen blieb? – Postnikow hatte, wie -Sie selbst wissen müssen, nicht die geringste -Beziehung zur militärischen Arbeit und der -Kampfarbeit in der damaligen Zeit. -</p> - -<p> -Doch selbst diese so zweifelhafte „Zeugenaussage“ -brauchen Sie nicht vorsichtig -genug. -</p> - -<p> -<a id="page-70" class="pagenum" title="70"></a> -Was ist das für ein „ernster Parteiauftrag“, -den Sergejew hatte? – Es ist etwas seltsam, -daß das mit „einem ernsten Parteiauftrag“ -versehene Mitglied der Partei der Sozialrevolutionäre -sich gerade in diesem günstigen -Augenblick in der Nähe Wolodarskis befand -und überdies noch mit einem Revolver und -einer Handgranate in der Hand.“ -</p> - -<p> -Im Prozeß wiederholte Semjonow sein Bekenntnis -in der Broschüre: er habe sich Mitte -Mai 1918 an <em>Donskoi</em> gewandt und ihm den -Vorschlag gemacht, zu terroristischen Aktionen -überzugehen. <em>Donskoi freute sich -über diesen Vorschlag</em> sehr. Bald darauf -traf Semjonow auch mit Gotz zusammen, mit -dem er eine Unterredung über die Organisierung -terroristischer Aktionen hatte. <em>Gotz -wies darauf hin</em>, daß in erster Linie gegen -<em>Sinowjew und Wolodarski Attentate -verübt werden</em> müßten. <em>Nachdem er die -Zustimmung des Zentralkomitees</em> erhalten -hatte, begann Semjonow mit der Organisierung -einer „Kampfabteilung“, die die -geplanten Attentate verüben sollte. Die Beobachtung -Sinowjews und Wolodarskis wurde -der Iwanowa übertragen. Sie stellte fest, daß -es am leichtesten wäre, auf Wolodarski ein -Attentat zu verüben, der häufig Meetings zu -besuchen pflegte. Als Tatort wurde der zu der -Obuchowschen Fabrik führende Weg, den -<a id="page-71" class="pagenum" title="71"></a> -Wolodarski mit dem Auto öfters passierte, -ausersehen. Als die Vorbereitungen zur Ermordung -Wolodarskis getroffen waren, erstattete -Semjonow dann Gotz Bericht. Gotz -gab jedoch Semjonow den Rat, mit der Ausführung -seines Vorhabens zu warten. Dies -fand Semjonow sehr merkwürdig, da sich das -<em>Zentralkomitee der Partei der S.R. -doch bereits prinzipiell mit dem Attentat -auf Wolodarski einverstanden erklärt -hatte</em>. Am nächsten Tage begab sich -Sergejew an den Tatort, um sich zu überzeugen, -wie dieser von dem Auto Wolodarskis -passiert werde. Von seinem Wagen aus fragte -Sergejew den Semjonow noch, wie er sich zu -verhalten habe, wenn die Gelegenheit günstig -sei, um auf Wolodarski zu schießen. <em>Semjonow -antwortete</em>, daß in solchem Falle -eben gehandelt werden müsse. Zufällig blieb -das Auto Wolodarskis nicht weit von dem -als Tatort ausersehenen Platze stehen. Wolodarski -verließ sein Automobil und ging Sergejew -entgegen, der mehrere Schüsse auf -Wolodarski abgab und ihn tötete. Es gelang -Sergejew zu entfliehen. Am Abend des gleichen -Tages begab er sich in die Wohnung -Semjonows, wo er Unterkunft fand. 2 bis 3 -Tage blieb Sergejew in Petersburg, dann -wurde er von Semjonow nach Moskau geschafft. -Am Tage nach der Ermordung Wolodarskis -<a id="page-72" class="pagenum" title="72"></a> -erschien eine Erklärung des Zentralkomitees -der Partei der S.R., die Partei der -S.R. habe mit diesem Morde nichts zu -schaffen. Semjonow betonte, daß diese Erklärung -für ihn und die anderen Mitglieder -der Kampforganisation ein furchtbarer -Schlag gewesen wäre. Bald darauf erschien der -Bevollmächtigte des Zentralkomitees, Rabinowitsch, -der Semjonow erklärte, er habe kein -Recht gehabt, das Attentat zu verüben, er -hätte vielmehr die Einwilligung Gotz’ abwarten -müssen. Eine Weile später machte -Rabinowitsch Semjonow den Vorschlag, mit -ihm ein Meeting zu besuchen, und um alle -Zweifel Semjonows zu zerstreuen, sagte er -ihm, daß die Sache der Terroraktionen gut -stehe, und alle Spuren verwischt seien, so daß -Semjonow ruhig zu dem Meeting gehen könne. -</p> - -<p> -Kurz nach der Ermordung Wolodarskis -hatte Gotz eine Zusammenkunft mit Semjonow, -in deren Verlauf Gotz erklärt haben -will, er sei zu seiner großen Überraschung vor -eine vollendete Tatsache gestellt worden. -Vielleicht entspricht diese Angabe von Gotz -der Wahrheit; aber fest steht, daß man -Semjonow nicht in die Arme fiel, als er -weitere Attentate organisierte. Gotz gab -offen zu, die Ermordung Wolodarskis habe -das Z.K. moralisch gebilligt; man habe -nie in Erwägung gezogen, den Attentätern -<a id="page-73" class="pagenum" title="73"></a> -ihre Parteirechte zu entziehen. So kann man -ohne Zweifel resultieren, daß das Z.K. durch -Gotz ausweichende Bescheide gab, die Tat -geschehen wissen, aber sie nicht inspiriert -haben wollte. Und als man sah, welche tiefe -Erregung in den breiten Massen der Tod -Wolodarskis auslöste, schreckte man erst -recht zurück und veranlaßte die Übersiedlung -der Kampforganisation Semjonow von -Petrograd nach Moskau. -</p> - -<p> -In Moskau hat die Gruppe sofort wieder -ihre Tätigkeit aufgenommen. Diesmal wollte -man Lenin selbst treffen. Semjonow hat -der Fanny Kaplan Munition und Gift verschafft, -Donskoi wurde von Semjonow informiert; -die Angeklagte Stawskaja bekundet, -Donskoi sei über die Vorbereitungen zu dem -Attentat auf Lenin genau unterrichtet gewesen, -das Mitglied der Z.K. Timofjejew -machte als Einwand gegen terroristische Akte -nur geltend, man dürfe die Bolschewiki nicht -zu Märtyrern machen. Aber hat nicht die -Angeklagte Eugenie Ratner bereits erklärt, -die Partei lasse sehr wohl Terrorakte gegen -die Bolschewiki gelten? und stand Eugenie -Ratner dem Z.K. nicht sehr nahe? Und war -nicht außer jenem Attentat der Fanny -Kaplan noch ein zweites Attentat auf Lenin -geplant gewesen, in das Lydia Konoplewa -verwickelt war, die im Februar 1918 B. N. -<a id="page-74" class="pagenum" title="74"></a> -Rabinowitsch den Vorschlag machte, W. I. -Lenin zu töten. „Ich schlug vor, dies in -Form eines individuellen Aktes auszuführen, -um die Partei keinen Repressalien auszusetzen, -hielt es jedoch für notwendig, die -prinzipielle Stellung des Zentralkomitees zu -dieser Frage festzustellen. Aus diesem Anlaß -führte ich Unterhandlungen mit dem Mitglied -des Zentralkomitees A. R. Gotz. – -Gotz pflichtete mir bei und holte die Meinung -des Büros des Zentralkomitees ein, das sich -damals in Moskau befand. Speziell zu diesem -Zweck fuhr Rabinowitsch nach Moskau. Die -Sanktion des Büros des Zentralkomitees für -den individuellen Akt wurde erteilt. Außerdem -gab uns das Büro als Führer der terroristischen -Gruppe das Mitglied des Zentralkomitees -W. Richter bei.“ -</p> - -<p> -Aus dem Attentat wurde nichts; Gotz -hat selbst später die Vorbereitungen inhibiert. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Ein Attentatsversuch gegen Trotzki mißlang, -weil Trotzkis Zug von einem anderen -Bahnhof abfuhr. Die Teilnehmer erzählen -von einer merkwürdigen Nachtwanderung am -Eisenbahndamm, und während sämtliche Beteiligte -ihr Vorhaben eingestehen, behauptet -die Angeklagte Iwanowa, sie habe die Bombe -in jener Nacht nur mit sich herumgeschleppt, -<a id="page-75" class="pagenum" title="75"></a> -um sie auf die Wachtmannschaften, nicht -aber auf Trotzki zu werfen ... -</p> - -<p> -<em>„Die S.R. Partei hatte prinzipiell -nichts gegen die Attentate einzuwenden,“ -gestand Timofejew.</em> Er erzählt, -daß Semjonow, von Gewissensbissen getrieben, -bei ihm erschienen wäre und <em>das Anerbieten -stellte, Koltschak und Denikin -zu töten. Und Timofjejew willigte in -das Attentat gegen Koltschak ein. Das -Attentat gegen Denikin verbot er, da -Denikin die Konstituante nicht auseinandergejagt -hätte und auf dem -Territorium seiner Herrschaft die S.R. -Organisationen nicht auflösen ließ</em>. -</p> - -<p> -Im Saale herrschte eine tiefe furchtbare -Stille, als Timofjejew diese Aussage machte. -</p> - -<p> -„Welche Gewissensbisse haben Semjonow -zu diesem Entschluß veranlaßt?“ fragt Krylenko. -</p> - -<p> -<em>„Semjonow hatte das Gefühl, daß er -sich mit der Organisation von Attentaten -gegen die Revolution versündigt -hat. Semenow fühlte damals Reue über -seine blutigen Taten, die er gegen die -Revolution verbrochen hat,“ antwortete -Timofjejew.</em> -</p> - -<p> -„Welche Taten meinen Sie?“ fragt Krylenko. -</p> - -<p> -„<em>Jene terroristischen Akte im Jahre -1918</em>,“ lautet die Antwort Timofjejews. -</p> - -<p> -<a id="page-76" class="pagenum" title="76"></a> -„<em>Sie hatten also Kenntnis von diesen?</em>“ -fragt Krylenko. -</p> - -<p> -„<em>Ich hatte von ihnen Kenntnis</em>,“ antwortet -Timofjejew. -</p> - -<p> -Aber hat es im Z.K. der S.R. eine einheitliche -Stellung zum individuellen Terror -gegeben? Die Frage ist nicht geklärt worden. -Zwei ehemalige S.R. sagten als Zeugen über -eine Sitzung des Z.K. aus, in der man sich -über die Frage des individuellen Terrors -schlüssig werden wollte. Tschernow und ein -großer Teil der Anwesenden habe für den -Terror gestimmt, ein ebenso großer Teil habe -ihn verworfen – und zuletzt sei man auseinandergegangen, -ohne einen endgültigen -Beschluß gefaßt zu haben. In diesem ausweichenden, -unentschiedenen Verhalten enthüllt -sich der ganze schwankende Charakter -der S.R. Fühlten sie eine gewisse Scham, die -Hand gegen Arbeiterführer zu erheben? -Wollten sie keine Märtyrer machen? Mußten -sie nicht noch vielmehr jetzt im Prozeß alle -Rednerkünste aufbieten, um die Hintergründe -zu verschleiern und sich nicht vor einem Arbeiterpublikum, -im Arbeiterrußland als Arbeitermörder -zu bekennen?! Es spielte sich ein -erbitterter Kampf um die Hintergründe, um -die Feststellung der wahren Antreiber zu -Meuchelmorden ab. Die S.R. Partei war -empfindlich getroffen, wenn der klare Beweis -<a id="page-77" class="pagenum" title="77"></a> -geführt werden konnte, daß es eine Mörderzentrale -im Z.K. gab. Der klare Beweis ist -nicht erbracht worden. Festgestellt wurden -nur die Uneinigkeit im Zentralkomitee und -seine Mitwisserschaft; festgestellt wurden die -moralische Billigung und der Versuch, die -Terrorgruppen zu schützen. Und durch die -Aussagen Pascals konnte der Beweis geführt -werden, daß die Mordtaten der S.R. im -Lager der Entente Gefühle hoher Befriedigung -auslösten. Man hat nie feststellen können, -wie sich die Verhandlungen zwischen den -S.R. und der Ententemissionen in Details -abspielten. Den Unterredungen hat niemand -beigewohnt, es existiert kein Stenogramm, -kein Dokument. Aber als Lenin schwer verwundet -aufs Lager hingestreckt wurde, -jubelte die S.R. Presse, atmete man in den -Missionen auf, und der französische Offizier -Laurent grübelte mit seinen Kumpanen nach: -Wie töten wir Trotzki? ... Draußen vor den -Toren Moskaus stand an einer Eisenbahnbrücke -eine hohe weibliche Gestalt: Iwanowa. -Das Umschlagtuch barg eine Bombe. Und die -brennenden Augen bohrten sich fiebernd in die -schwüle Nacht: blinkten noch immer nicht -die Lichter von Trotzkis Zug? -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -<a id="page-78" class="pagenum" title="78"></a> -Die Expropriationen und Sprengungen hat -man zugegeben. Darüber wurde nicht lange -gestritten. Man gestand, Material von den -Franzosen erhalten zu haben, um Eisenbahnzüge -zum Entgleisen zu bringen, Brücken zu -sprengen. Donskoi hat keine Ausflüchte gemacht. -Das waren „Kriegsoperationen“ der -Front der Konstituante. Auch die Expropriationen, -die Bestechungen von Beamten, -die Einbrüche ins Post- und Telegraphenamt -an der Ecke Twerskaja-Kammerherrengasse, -in staatliche Lebensmittellager gab man zu. -Von dem Tode des reichen Kaufmannes wußte -das Z.K. nichts; diese Tat hat Semjonow -nicht berichtet. Es berührt schon merkwürdig, -daß man sich nicht über diese Einbrüche -und Diebstähle erregte – es waren -Bagatellen – nachdem man als Mörder entlarvt -war. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Die Aufstände in Archangelsk, im Murmangebiet, -die Errichtung der Wolgaregierung, -der Aufruhr in der Ukraine und alle -diese offenen Kampfhandlungen der S.R. -gegen die Sowjets haben nicht so sehr im -Mittelpunkt des Interesses gestanden, wie -jene terroristischen Handlungen. Die Bolschewiki -haben den individuellen Terror nie gebilligt -und ihn schon zur Zarenzeit verurteilt. -Sie waren dank ihrer marxistischen Schulung -<a id="page-79" class="pagenum" title="79"></a> -überzeugt, daß der Erfolg der Revolution -nur einer Massenbewegung zu verdanken -ist. Und immer hatte sich schon im -Gegensatz zwischen individuellem und Massenterror -am auffälligsten der Unterschied -zwischen den beiden Parteien enthüllt. Der -individuelle Terror entsprang nicht nur einer -völlig verzweifelten Stimmung und einer ausgesprochenen -persönlichen Einstellung; er -konnte nur in Kreisen zum Prinzip erhoben -werden, in denen man davon überzeugt war, -daß Menschen, einzelne Personen die Geschichte -machen. Die Bolschewiki wußten, -daß jeder revolutionäre Fortschritt einer Umwälzung -der Verhältnisse, der Produktionsmethoden -entspringen muß. Nur Massenbewegungen -konnten nach Ansicht der Bolschewiken -zur Eroberung der Macht führen. -Die Geschichte hat ihnen Recht gegeben. -Die Oktoberrevolution 1917 ist eine solche -unwiderstehliche Massenbewegung gewesen, -der die bolschewistische Partei Richtung und -Ziel gewiesen hat. Und die verzweifelten -Aktionen der S.R. nach der Oktoberrevolution -beweisen, wie sehr ihnen die Leitung der -Massen entglitten war. Und wie ungeheuerlich -erschienen dem russischen Arbeiter die -terroristischen Akte gegen seine Führer, die -niemandem frommten als dem Großgrundbesitz -und dem Großkapital, hinter denen -<a id="page-80" class="pagenum" title="80"></a> -die Entente als Antreiberin stand. Unzweifelhaft -haben nationale Elemente eine gewisse -Rolle gespielt – die bolschewistische Revolution -war eine Umwälzung der ökonomischen -Besitzverhältnisse, aber die proletarische Revolutionsidee -verschmolz zugleich mit einem -starken nationalen Selbstbewußtsein – der -Arbeiter empfand zum ersten Male, daß er -ein Vaterland hatte – ein Begriff, der für die -Vertreter des Kapitals niemals mehr als eine -Kulisse gewesen ist, die man je nach der -Konjunktur hin- und herschob. Die Tätigkeit -der S.R. erschien deshalb in einem noch -schlimmeren Lichte, als gegen Ende des Prozesses -sich auf den Tischen des Tribunals -Berge von Dokumenten häuften, durch die -der Partei nachgewiesen wurde, daß sie bis -tief in die jüngste Zeit hinein sich mit dem -Ausland verbunden hatte, um die Sowjets zu -stürzen. Man muß sich in jene Tage zurückversetzen, -in denen Sowjetrußland erst von -wenigen Staaten anerkannt war, von der gesamten -Bourgeoisie geächtet war, und Flutwellen -der Verleumdung sich über das Gesicht -Rußland ergossen. Auch Rußland hatte -gegen eine Welt von Feinden gekämpft und -geblutet, an allen Fronten des Reiches hatten -die Heere der Arbeiter und Bauern die von -den Westmächten, Deutschland und Amerika -ausgerüsteten weißen Armeen aufgehalten; -<a id="page-81" class="pagenum" title="81"></a> -im Innern hatten die S.R. durch ihre terroristischen -Akte die Moral und Widerstandskraft -zu schwächen gesucht, Hunger, Not, -Entbehrungen, Kälte, Epidemien suchten das -ungeheure Reich heim, das der imperialistische -Krieg schon genug mitgenommen hatte. -Die Heere der Arbeiter und Bauern hatten -den Feind nicht nur aufgehalten, sondern besiegt; -der Freiheitskampf dieses Volkes wird -vielleicht in seiner ganzen gewaltigen heroischen -Größe erst späteren Geschlechtern -offenbar werden; vielleicht wird man ihm -Genugtuung widerfahren lassen. Die Heere -der Fremden und Weißen wurden von expropriierten -Kapitalisten vorwärts gejagt, von -den Bankherren der City und Wallstreet, die -keine Möglichkeit mehr sahen, ihre Kapitalien -in russischen Industrieunternehmungen -anzulegen – und sehr günstig bei den -niedrigen Löhnen und der relativen Bedürfnislosigkeit -der russischen Arbeiter, die von -den Kosaken des Zaren jahrzehntelang immer -wieder trotz tapferer Gegenwehr zur -Arbeit getrieben waren. Die Herrschaft des -Proletariats in Rußland bedeutete für das -ausländische Kapital die Versperrung von -Ausbeutungsmöglichkeiten, bedeutete den -Ausfall Rußlands als Kolonie. Und da sich -dem Expansionsdrang des Kapitals bis zum -heutigen Tage in Rußland unüberwindbare -<a id="page-82" class="pagenum" title="82"></a> -Widerstände entgegensetzen, das Kapital -aber auf Rußland angewiesen ist, erscheint -dieser Konflikt unlösbar, so lange der proletarische -Staat besteht. Aus solchem Gegensatz -erwächst der Weltkonflikt der nächsten -Jahrzehnte. -</p> - -<p> -An einem der letzten Prozeßtage wurde -dem Angeklagten Timofjejew ein Dokument -mit der Frage: „Kennen Sie diese Unterschrift?“ -überreicht. „Sensinow?“ – „Ja.“ -„Und erkennen Sie diese Unterschrift als -echt an?“ Der Angeklagte zögerte eine Weile -und sagte dann: „Ja!“ Und diesem Dokument -folgten unzählige andere Schriftstücke, -aus denen hervorging, daß die Partei der S.R. -in engster Abhängigkeit von ausländischen -Regierungen stand. Sensinow, ein alter -Sozialrevolutionär, hatte in der Regierung -der Konstituante von Samara gesessen, war -nach dem Zusammenbruch der Front ins -Ausland geflohen und hatte in Frankreich -ein „<em>Administratives Zentrum</em>“ gebildet, -dem die bekanntesten Führer der S.R. beigetreten -waren: Kerenski, Awxentijew, Bruschwit, -Tschernow, Machin und einige andere! -Das Pariser Geheimarchiv dieser ausländischen -Geheimorganisation war in die Hände -der Sowjetregierung gefallen, das Material -belastete die S.R. aufs Schwerste. Unter den -Dokumenten befanden sich Briefe, aus denen -<a id="page-83" class="pagenum" title="83"></a> -hervorging, daß die Partei im Jahre 1921 -von der französischen und tschechoslowakischen -Regierung, ferner von Weißgardisten -Gelder empfangen hatte, um Aufstände in -Rußland zu organisieren. In einem Briefe -Sensinows an das Mitglied des „Administrativen -Zentrums“, Rogowski, heißt es: -</p> - -<p> -„<em>Gestern hatte ich eine Unterredung -mit Benesch, die 50 Minuten dauerte. -Er war wie immer liebenswürdig und -entgegenkommend; ich denke, er ist -auch aufrichtig. Ich berührte im Gespräch -unsere Möglichkeiten und unsere -tatsächliche Lage.</em> Ich schilderte -ihm das Bild des Ganzen. ‚Wir halten eure -Arbeit für nützlich und notwendig, sowohl -für Rußland, wie auch für uns. Wir werden -es daher nicht dazu kommen lassen, daß eure -Arbeit aufgegeben wird; <em>vom Januar an -werdet ihr wöchentlich 50000 Kronen -bekommen, ich (Benesch) werde -persönlich dafür Sorge tragen, daß -dieser Betrag auf 60000-65000 Kronen -erhöht wird</em>‘.“ (<em>Benesch ist der Premierminister -der Tschechoslowakei</em>.) Am -21. Dezember berichtet Sensinow an Rogowski: -„<em>Vor vier Tagen erhielt ich 80000 -Kronen; dieses Geld wurde uns ohne -jede Mahnung von unserer Seite ausgezahlt.</em>“ -</p> - -<p> -<a id="page-84" class="pagenum" title="84"></a> -Als nächster Geldgeber erscheint der ehemalige -russische Botschafter Bachmetjew, in -dessen Händen sich auch heute noch bedeutende -Summen aus dem russischen Staatsschatz -befinden. Am 12. April 1921 sendet -Kerenski an Bachmetjew über die tschechoslowakische -Gesandtschaft in Paris folgendes -chiffrierte Telegramm: „Ich erhielt aus Rußland -die Bitte um eine äußerste Kräfteanstrengung. -Das von Ihnen geschickte Geld -gewährte eine wirkliche Hilfe am Bestimmungsorte. -Es ist notwendig, die Hilfe ohne -Verzug sofort fortzusetzen. Die unaufschiebbare -Geldnot verlangt meine schleunige Abreise -nach Amerika.“ Im Brief vom 13. März -teilt Sensinow an Kerenski mit: „Gestern -erhielten wir von Ihnen aus Paris eine Anweisung -auf 50000 Francs und von Bachmetjew -telegraphisch 25000 Dollars.“ -</p> - -<p> -Als Geldgeber fungiert ferner der weiße -General Bitscherachow. Die S.R. erhielten -von ihm während der Jahre 1918/19 20000 -Francs und im Jahre 1920 einige hundert -Pfund Sterling. Woher stammen diese Gelder? -Darüber schreibt am 21. März 1921 der -S.R. Ter-Pogosian an den S.R. Minor: -„Die Gelder im Besitze L. Bitscherachows -stammen aus zwei Quellen. Nach der Auflösung -der persischen Front durch die Bolschewiki -organisierte Bitscherachow eine Freischärlerabteilung. -<a id="page-85" class="pagenum" title="85"></a> -Die Engländer zahlten -ihm monatlich einen bestimmten Betrag für -die Unterhaltung dieser Truppe. Die englischen -Subsidien überstiegen die Ausgaben, -so daß bei Bitscherachow Reste blieben. -Außerdem hatte er noch Gelder aus jenen Beträgen, -die nach dem Umsturz und der Beseitigung -der bolschewistischen Regierung -in Baku und Petrowsk in den Besitz der -Bakuschen weißen Diktatur kamen. Hauptsächlich -die Gelder der Staatsbahnen, folglich -also Staatsgelder ... In Anbetracht -dessen hatten wir Grund, diese Summen -nicht als Bitscherachow persönlich gehörig -aufzufassen, ihre Bereitstellung für soziale -und politische Zwecke erscheint als völlig gerechtfertigt.“ -</p> - -<p> -Endlich gaben die russischen Industriellen -selbst große Summen. Zur Zeit des Kronstadter -Aufstandes öffneten sie ihre Portefeuilles. -</p> - -<p> -Ein Teil der Dokumente beleuchtete die -engen Beziehungen zwischen den S.R. und -der französischen Regierung. Kerenski hat -verschiedene Male mit Berthelot, dem Direktor -des französischen Außenministeriums, und -mit Briand selbst korrespondiert und mündlich -verhandelt. -</p> - -<p> -Im Besitz solcher Mittel und Beziehungen -legten die S.R. ein Spionagenetz an, das von -<a id="page-86" class="pagenum" title="86"></a> -Konstantinopel bis Reval reichte, sie schickten -Sendboten ins Innere des Landes, trieben -militärische Spionage und sondierten die -Kommandeure der Roten Armee. Ein Oberst -Machin ist der Leiter dieses militärischen -Spionagedienstes; aus einem Briefe geht -hervor, daß Machin sich in Reval mit französischen -Offizieren in Verbindung zu setzen -hatte. Kerenski entsandte einen Oberst nach -Konstantinopel und gab ihm einen Brief an -den französischen Militärvertreter mit, den -General Pellet. Die Minister der Randstaaten -empfingen die Boten der S.R., und wenn den -S.R. der Empfang zu kühl schien, versuchten -sie durch englische Vermittlung einen Druck -ausüben zu lassen. In allen Hauptstädten -Europas entfalteten die S.R. eine fieberhafte -Tätigkeit; sie hielten verschiedene Zeitungen, -bauten ihren Apparat aus, saßen in den Vorzimmern -der Minister und Bankiers, versuchten -die Errichtung einer großen weißen -Front, schüchterten die Kleinstaaten durch -die Großmächte ein, nutzten sämtliche Verbindungen -aus, verbreiteten Märchen über -Rußland und ließen kein Mittel unversucht, -um dem neuen Staate zu schaden. Dies alles -vollzog sich mit der Skrupellosigkeit, dem -Raffinement, der Hartnäckigkeit und dem -Haß des Unterlegenen und Verdrängten, -dessen Zeit vorüber ist, und der eine rastlose -<a id="page-87" class="pagenum" title="87"></a> -Tätigkeit zu entfalten sucht, um sich zu betäuben -und der Welt zugleich seine Brauchbarkeit -zu beweisen. -</p> - -<p> -Im Januar 1921 schien der Same aufzugehen. -In Kronstadt brach eine Meuterei aus; -über das Eis der Newa drangen die Truppen -der Sowjets und nahmen mit stürmender -Hand die Seefestung. Der Aufruhr ist unzweifelhaft -von den S.R. entfacht worden. -Damals weilte Tschernow in Reval und -schickte Telegramme nach Kronstadt; andere -bemühten sich um Proviant und Munition -für die aufständige Festung. In einem Flugblatt -des „Revolutionären Rußland“ schreibt -Tschernow: -</p> - -<p> -„Kronstadt hat sich erhoben. Durch sein -heroisches, aufopferndes Beispiel ruft es ganz -Rußland zu dem langersehnten Befreiungswerke. -Petrograd hat den Generalstreik erklärt. -Ihr aber, Tyrannen und Despoten, -laßt es Euch gesagt sein, daß die Tage Eurer, -dem gesamten Volke verhaßt gewordenen -Herrschaft gezählt sind. Wenn Ihr um Euer -Leben bangt, wenn Ihr am Leben hängt, -verschwindet aus dem Wege. Das Volk -kommt, es wird Euch richten.“ -</p> - -<p> -Im Laufe des Jahres versuchte man im -Kaukasus eine Bewegung zu entfachen; das -„Administrative Zentrum“ hielt verschiedene -Sitzungen ab, in denen die Vorbereitungen zu -<a id="page-88" class="pagenum" title="88"></a> -Aufständen beraten wurden. Es existiert das -Protokoll einer solchen Sitzung, in der Machin -die finanzielle und ökonomische Vorbereitung -„zum Aufstande und Sturze der Bolschewisten“ -verlangt. Bruschwit spricht von der -Notwendigkeit, „Militärkaders vorzubereiten -und eine starke, leistungsfähige militärpolitische -Organisation zu haben.“ Kerenski erklärt: -Wir haben unsere Fachleute und unsere -Leiter in den bestehenden Organisationen in -Rußland und verlangen ihre Unterschrift als -Garantie ihres politischen und militärischen -Lebenswandels. -</p> - -<p> -Im November 1921 wird sogar schon wieder -eine „terroristische Kampfgruppe“ gegründet. -Ihre Haupttätigkeit aber entfalten jetzt -die S.R. im Kaukasus, man gründet im -Inneren Geheimorganisationen, erbittet und -erhält von den Franzosen materielle Unterstützung -und erklärt sich bereit im Falle -eines Fehlschlages die eingegangenen Schulden -durch Übermittlung von Nachrichten an -die französische Konterspionage abzutragen. -</p> - -<p> -Bis ins Jahr 1922 hinein reichten die -schriftlichen Beweise dieser konspirativen -Tätigkeit der S.R. Die Angeklagten in -Moskau waren an diesen Unternehmungen -aktiv nicht beteiligt. Man legte ihnen sämtliche -Dokumente vor. Man stellte ihnen die -Frage: billigt ihr diese Methoden der Auslandsdelegation -<a id="page-89" class="pagenum" title="89"></a> -eurer Partei, im Bunde mit -der großen und kleinen Entente neue Interventionskriege -herbeizuführen, dank materieller -Unterstützung der Westmächte das -Land mit einem Netz von Geheimorganisationen -zu überziehen und Rußland in neues unsagbares -Elend zu stürzen. Die Angeklagten -wichen aus. Die Methoden ihrer Kameraden -im Auslande schienen ihnen verwerflich; -aber im Angesicht ihres eigenen Todes weigerten -sie sich, von ihren Parteigenossen abzurücken. -„Also billigt ihr, was jene tun?“ -„Wir sind, wie am ersten Tage eurer Herrschaft, -gegen euch und werden euch mit -<em>allen</em> Mitteln bekämpfen.“ -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Nach fünfzig Sitzungstagen, nach einer -Vernehmung von etwa 100 Zeugen und der -Verlesung einer Fülle von Dokumenten begannen -die Plaidoyers. Die Vertreter des -Arbeiter- und Bauernrußlands erhielten zuerst -das Wort; dann sprachen die Vertreter -der III. Internationale: Klara Zetkin, der -Tscheche Mune, der Ungar Bokanyi. Auf -die Angeklagten hat die Rede Klara Zetkins -einen niederschmetternden Eindruck gemacht. -Der Name dieser tapferen, unermüdlich -im Dienste der Sache des Proletariats -tätigen Frau, die immer in der vordersten -Front stand, noch als Greisin in die Kerker -<a id="page-90" class="pagenum" title="90"></a> -des deutschen Kaiserreiches wanderte, war -auch für die S.R. ein – man muß schon -sagen – heiliger Name. Sie wußten, daß diese -Frau die letzte war, die sich beeinflussen ließ. -Diese Frau erhob ihre Anklage ganz gewiß -aus eigenster innerster Überzeugung, die -Reinheit ihres Willens und Denkens war unantastbar. -Erhob sich auch diese Frau gegen -sie, so fühlten sie sich in ihrem Innersten -schuldig. Es ist verbürgt, daß das Auftreten -der Klara Zetkin die Angeklagten außer -Fassung brachte, sie haben es selbst gestanden. -</p> - -<p> -Klara Zetkin hielt den S.R. vor, es handele -sich nicht um die Wege und Mittel, deren -sich eine Partei bediene, es handele sich vielmehr -um die Ziele, in deren Interesse diese -Mittel angewendet wurden. Die S.R. wollten -das Proletariat wieder der Bourgeoisie unterwerfen, -deren Joch es durch den heldenhaften -Kampf der russischen Arbeiter und Bauern -abgeschüttelt hatte. Die S.R.P. habe alles -getan, um die Revolution zu untergraben: -„Ein Verbrechen, mit dem man nicht einmal -den Mord von Hunderten, den Mord von -Tausenden, den Mord von Millionen vergleichen -kann.“ Die S.R. stehen vor dem -Gericht der russischen Arbeiter und Bauern, -vor dem Gericht des proletarischen Staates. -Es ist wahr, daß sie vor einem Klassengericht -<a id="page-91" class="pagenum" title="91"></a> -stehen. Aber wo gibt es ein Gericht, das über -den Klassen steht? Es gibt zwei Arten von -Klassengerichten: das bürgerliche und das -proletarische Klassengericht. Das revolutionäre -Gericht der Arbeiter ist eine mächtige -Waffe in den Händen des Proletariats im -Kampfe gegen die Bourgeoisie. -</p> - -<p> -Die russischen Arbeiter begannen die Weltrevolution. -Die S.R. haben alles getan, um -ihren Weg aufzuhalten, sie behaupten, daß -sie gegen Usurpatoren kämpfen, aber es gibt -keine Usurpatoren, die ohne Massen die -Macht behaupten können. Die S.R. sind das -beste Beispiel: sie ergriffen die Macht, ohne -Massen hinter sich zu haben – mit Hilfe des -Auslandes. -</p> - -<p> -Die S.R. berufen sich auf ihre revolutionäre -Vergangenheit – ja, sie haben den Zarismus -tapfer bekämpft. Aber als sie selbst an der -Macht waren, stellten sie sich, statt die Revolution -im Bunde mit dem Proletariat fortzusetzen, -auf die Seite der Bourgeoisie; in ihrer -äußeren Politik waren sie abhängig von der -internationalen Bourgeoisie, in ihrer inneren -von der russischen Bourgeoisie. Die S.R. -nannten sich eine Bauernpartei, aber sie haben -auf dem Lande mit den Waffen in der Hand -den Kampf der Bauern gegen die Gutsbesitzer -unterdrückt. In der äußeren Politik haben -sie den imperialistischen Krieg fortgeführt. -</p> - -<p> -<a id="page-92" class="pagenum" title="92"></a> -Die S.R. haben durch ihren Kampf gegen -die Sowjets den Wiederaufbau des russischen -Wirtschaftslebens verhindert; sie haben in -diesem Kampfe gegen die Sowjetmacht alle -möglichen Mittel angewendet: Bündnis mit -dem Ausland, Bündnis mit der Reaktion, den -Terror. -</p> - -<p> -Klara Zetkin setzte sich dann für die geständigen, -reuigen Angeklagten der II. Gruppe -ein, die geglaubt hatten, für die Revolution -zu kämpfen, aber später erkannten, daß sie -gegen die Revolution gekämpft hatten. Sie -gerieten in einen tragischen Konflikt, und -standen vor der Frage: Wie können wir -unsere Verbrechen sühnen? Sie fanden nur -den einen Weg: Offenes Geständnis. So -sühnten sie ihre Schuld. „Die Arbeiter, -Bauern und das Oberste Tribunal sind sich -dieser Beichte bewußt und werden Milde -walten lassen. Aber die Stimme des Gewissen -wird sie bis zum Tod wegen ihrer Verbrechen -am Proletariat verfolgen. Und das -ist für sie Strafe genug!“ -</p> - -<p> -Die Verteidiger, die aus dem Auslande den -S.R. zu Hilfe eilten, haben nie daran gedacht, -Arbeiter in ihren eigenen Ländern zu -verteidigen. Vandervelde war als Justizminister -Seiner Majestät der höchste Richter -in jenen Prozessen, die von der belgischen -Bourgeoisie gegen die flämischen Autonomisten -<a id="page-93" class="pagenum" title="93"></a> -und Anarchisten geführt wurden. -1500 Menschen wurden in die Zuchthäuser -gesteckt, viele wurden zum Tode verurteilt. -Und niemals haben die Vertreter der 2. und -2½. Internationale zu protestieren gewagt, -nur jetzt erscheinen sie plötzlich auf dem -Plan. Klara Zetkin verweist auf die Justiz -in Deutschland, in dessen Kerkern 6000 politische -Gefangene schmachten, für die kein -Vertreter der II. Internationale seine Stimme -erhoben hat. -</p> - -<p> -„Im Namen der III. Internationale gebe -ich der Überzeugung Ausdruck, daß das Gericht -es verstehen wird, die Errungenschaften -des Proletariats zu schützen und die notwendigen -Mittel zu finden!“ -</p> - -<p> -Der Ungar Bokanyi, der Volkskommissar -der ungarischen Räterepublik, erinnert an -seine eigene Kerkerzeit nach dem Sieg der -Horthys: „Damals kam uns Vandervelde -nicht zu Hilfe!“ Er vergleicht die weiße und -die rote Justiz, er spricht aus eigensten Erfahrungen -und schließt: „Das Oberste Tribunal -kann auf seine Unparteiischkeit und -Objektivität stolz sein. Das Oberste Tribunal -wird ein Urteil fällen, das den Interessen des -Proletariats entspricht!“ -</p> - -<p> -Der Tscheche Muna hatte zweimal in den -Kerkern der tschechischen Republik gesessen, -im Weltkrieg war er in russische Gefangenschaft -<a id="page-94" class="pagenum" title="94"></a> -geraten, aber er hatte sich nicht -jenen tschechischen Legionen angeschlossen, -die unter Führung von Ententeoffizieren und -im Bunde mit den S.R. den Kampf gegen -das Rote Moskau geführt hatten. Muna -schildert die Lage der tschechischen Legion, -ihren Kampf im Interesse der besitzenden -Klasse, er schildert das reaktionäre tschechische -Offizierkorps, weist auf Zeugnisse tschechischer -Offiziere hin, aus denen klar hervorgeht, -daß sie die Verbindung mit den S.R. -suchten und gemeinsam mit weißen Offizieren -arbeiteten. Er führt die belastenden Aussagen -der Prozeßzeugen Pascal, Mariski und -Dworschets an. Der Zeuge Dworschets hatte -bekundet, daß die S.R. nur mit Hilfe der -Tschechoslowaken in Samara ihre Macht behaupten -konnten. Die S.R. Partei war mit -Hilfe der Tschechoslowaken der Kernpunkt, -um den sich die ganze russische Gegenrevolution -sammelte. Infolgedessen trägt die S.R. -Partei die volle Verantwortung für alle Opfer -des Bürgerkrieges; für das Blut der Arbeiter -und Bauern, für das Blut der Rotarmisten, -das an allen Fronten des Bürgerkrieges vergossen -wurde. Die gegenrevolutionäre Haltung -der S.R. Partei nützten auch die Sozialpatrioten -der westeuropäischen Staaten aus, -und nur mit ihrer Hilfe gelang es der Bourgeoisie -Westeuropas, die durch den Krieg -<a id="page-95" class="pagenum" title="95"></a> -erschütterte kapitalistische Ordnung vorübergehend -zu befestigen. -</p> - -<p> -Ich werde mich nicht auf irgendeinen Gesetzesparagraphen -berufen, indem ich die -Bestrafung der Angeklagten fordere, da ja -die Arbeiterklasse Rußlands und das revolutionäre -Proletariat Europas bereits sein -Urteil fällte, ohne das Urteil des Obersten -Revolutionären Tribunals abzuwarten. -</p> - -<p> -Das Urteil des revolutionären Proletariats -lautet: „Vollständiger politischer Tod der -S.R. Partei!“ Wie immer das Urteil des -Obersten Tribunals ausfallen sollte, es kann -nicht so streng werden, als das bereits gefällte -Urteil des revolutionären Proletariats -aller Länder. -</p> - -<p> -Die S.R. Partei hat sich mit ihren Handlungen -ein tiefes Grab geschaufelt. Das internationale -Proletariat stößt sie mit seinem -Urteil in dieses Grab, und dem Obersten -Tribunal bleibt nichts übrig, als über dem -Leichnam der S.R. Partei das Grabmal zu -errichten. -</p> - -<p> -Am nächsten Tage begründet Krylenko -als „Oberster Ankläger“ in einer ununterbrochenen -zehnstündigen Rede sämtliche -Anklagepunkte: Das proletarische Gericht -hat die Aufgabe, den Arbeiterstaat gegen -verbrecherische und gefährliche Handlungen -zu verteidigen. Dieser Prozeß ist nicht da, -<a id="page-96" class="pagenum" title="96"></a> -um Rache zu üben, sondern um Verbrechen -zu sühnen, zu unterbinden, zu verhüten. -Einige Angeklagte haben selbst erklärt, daß -sie auf das Recht, Aufstände gegen die -Sowjetmacht zu organisieren, nicht verzichten -werden. Vom Standpunkte des revolutionären -Rechtes aus hätte das Gericht nach -dieser Erklärung sofort den Prozeß abbrechen -und die Frage umgehender Anwendung -sozialer Schutzmaßregeln in Erwägung -ziehen können. -</p> - -<p> -Krylenko hält es für bewiesen, daß die -S.R. schon in den ersten Tagen der Oktoberrevolution -in den vordersten Reihen der -bürgerlichen Bataillone standen; er hält es -für bewiesen, daß die S.R. Gelder von der -Entente erhielten, und beruft sich auf das -Geständnis des Angeklagten Lichatsch, er -hält ihnen die konspirative Verbindung mit -bürgerlichen Verbänden vor, die Zersetzungsversuche -in der Roten Armee und ruft erregt -aus: „Die Arbeiter und Bauern Rußlands -werden Ihnen schon ihre Rechnung vorlegen! -Wir werden mit Ihnen nicht scherzen! -Es handelt sich um den Schutz und die Verteidigung -des proletarischen Staates, für den -so viel Blut geflossen ist, und für den wir alle -unser Leben eingesetzt haben!“ -</p> - -<p> -Die Verbindung mit der Entente erstrebte -den Sturz des neuen Staates; die S.R. -<a id="page-97" class="pagenum" title="97"></a> -stellten mit Vertretern der Entente gemeinsame -Programme auf: Die Entente sendet -Offiziere und Techniker und liefert Sprengmittel. -Die S.R. sprengen Brücken, Eisenbahnen; -organisieren den Terror. Krylenko -schildert die Aufstände der S.R. in Samara, -Archangelsk und in der Ukraine, im Don- und -Kubangebiet, er verweist auf die Dokumente -des „Administrativen Zentrums,“ aus denen -hervorgeht, daß die Partei bis in die letzte -Zeit hinein am Sturz der Sowjetmacht gearbeitet -hat. -</p> - -<p> -„Ich stelle jetzt die Fragen, ob die Angeklagten -eine für die Sowjetrepublik gefährliche -Tätigkeit ausgeübt haben oder nicht, -und ob ihnen gegenüber die Maßnahmen angewendet -werden sollen, die gegen Personen, -die die Sicherheit des Staates bedrohen, vorgesehen -sind.“ -</p> - -<p> -Beide Fragen beantwortet Krylenko mit -Ja. -</p> - -<p> -Er geht dann zur terroristischen Tätigkeit -der Partei der S.R. über, und stellt an Hand -von Dokumenten und Zeugenaussagen fest, -daß die Mitglieder des Zentralkomitees der -Partei der S.R. für die terroristische Tätigkeit -der Partei voll verantwortlich sind. -</p> - -<p> -Für die Angeklagten der ersten Gruppe – -mit Ausnahme von drei Angeklagten – fordert -Krylenko die Anwendung des höchsten -<a id="page-98" class="pagenum" title="98"></a> -Strafausmaßes. „Das Revolutionstribunal -ist ein Organ des Klassenkampfes -der Arbeiterklasse, das gegen die -Feinde des Proletariats gerichtet ist, und aus -diesem Grunde kann es für die Angeklagten -der ersten Gruppe, mit Ausnahme jener, die -ich schon genannt habe, nur eine Strafe -geben: den Tod durch Erschießen. Für alles -Blut, alle Schrecken, alle Leiden, die wir in -Laufe von fünf Jahren erdulden mußten, und -die von ihnen wissentlich verursacht wurden. -Die Angeklagten haben hier erklärt, daß sie -auch in Zukunft alle ihre Kräfte darauf -richten wollen, jenes Werk, für das wir nun -schon fünf Jahre lang kämpfen, zu vernichten. -Wir haben das Recht auf Selbstschutz -und Selbstverteidigung.“ -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Die Angeklagten erheben sich zum letzten -Waffengang. Fast ein jeder ergeht sich in -stundenlangen, sehr eingehenden Ausführungen; -vielleicht zum letzten Male bietet sich -ihnen Gelegenheit, in aller Öffentlichkeit mit -ihren Feinden abzurechnen, im Saale sitzen -Verwandte und Freunde, sie haben ein kleines -Publikum, das mit ihnen sympathisiert -und ihr Testament weiterverkünden wird. -Sie verteidigen noch einmal ihre Positionen, -die von ihnen in der Februarrevolution so -leicht erobert wurden, wie sie ihnen wieder -<a id="page-99" class="pagenum" title="99"></a> -verloren gingen. Sie vermeiden es, sich allzu -sehr in Einzelheiten zu verlieren und schieben -den Kampf mit ihren Gegnern auf die Plattform -der großen Auseinandersetzung zwischen -Demokratie und Diktatur, zwischen -Klassenausgleich und Klassenkampf. Sie -leugnen nie, daß sie Feinde dieses Staates -sind, vor dessen Gericht sie stehen müssen, -und dem sie nur Rede stehen, weil sie ihrer -Partei dienen zu können glauben. -</p> - -<p> -Hendelmann, ehedem Rechtsanwalt, der -im Prozeß Anklägern und Tribunal oft -Schwierigkeiten bereitet hatte, erhebt nochmals -prozessuale Einwände, schützt das -Zentralkomitee vor der Anklage, daß es den -Terror sanktioniert habe – im Gegenteil: die -Partei habe stets den Massenaufstand propagiert, -das geplante Attentat auf den Zug -Trotzkis wäre eine „bloße Demonstration“ gewesen, -mit der Organisierung eines Attentats -auf Lenin hätte sich die Konoplewa nur wichtig -machen wollen, Wolodarskis Ermordung sei -ein rein individueller Akt der Kampforganisation -Semjonow gewesen; in der Frage der -Expropriationen kann Hendelmann nichts -bestreiten, er versucht den Eindruck nur abzuschwächen: -es habe sich nur um ... simulierte -Expropriationen gehandelt; den Einbruch -ins Postamt habe man mißbilligt ... -Krylenko unterbricht Hendelmann mit der -<a id="page-100" class="pagenum" title="100"></a> -Frage: „Weshalb habt ihr das Verbot des -Terrors und der Expropriationen nicht in -aller Öffentlichkeit kundgegeben, weshalb -habt ihr Semjonows Gruppe nicht aufgelöst?“ -Und Hendelmann weicht aus. -</p> - -<p> -„Ich ersuche das Tribunal, über sämtliche -Mitglieder der ersten Gruppe dasselbe Urteil -zu fällen, denn keiner wünscht den anderen -zu überleben!“ -</p> - -<p> -Der Angeklagte Lichatsch, Organisator des -Aufstandes im Gebiet von Archangelsk, verzichtet -aufs Wort. -</p> - -<p> -Timofejew eröffnet seine Rede mit einer -Erklärung: -</p> - -<p> -„Ich erkläre kategorisch, daß Ihr von uns -weder Reue noch Versöhnung noch Lossagung -von unserer Vergangenheit erwarten -sollt. Krylenko bezeichnete uns als Rückfällige. -Ja, wir sind rückfällig von Eurem -Gesichtspunkte. Wir bestehen auf unserem -früheren Standpunkte, und in dieser Hinsicht -sind wir reuelose Rückfällige.“ -</p> - -<p> -Die Verhandlungen mit Ententevertretern -gibt er zu, den Empfang von Geldern bestreitet -er. Aber: „Die Landung der Verbündeten -in Archangelsk war uns willkommen! -Denn ihr Ziel war die Fortsetzung -des Krieges gegen Deutschland, und nur -aus diesem Grunde traten wir mit der Entente -in Verbindung. Wir haben nichts zu -<a id="page-101" class="pagenum" title="101"></a> -bereuen, wir leugnen unsere Vergangenheit -nicht.“ -</p> - -<p> -Gotz gibt einen historischen Abriß der -russischen Revolution und beleuchtet von -Fall zu Fall die Niederlage der S.R. Die -Verteidigungsrede von Gotz schildert das -Fiasko der ganzen Partei: Wir hatten keine -Kräfte in entscheidenden Augenblicken, das -Militär war nicht für uns, die Massen -waren nicht auf unserer Seite. „Wir haben -eine richtige Politik geführt, und künftig -werden wir ebenso arbeiten wie bisher ...“ -</p> - -<p> -Eugenie Ratner versucht die Partei von -dem Vorwurf des Kleinbürgertums zu befreien, -Rakow wehrt sich gegen die Behauptung, -die Partei habe die Interessen der Großbourgeoisie -wahrgenommen, er rühmt die -Haltung der Partei gegen Koltschak und -bestreitet die Verbindung mit dem Banditenführer -Antonow im Gouvernement Tambow. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Als erster Verteidiger erscheint der junge -Advokat Tschlenow, Verteidiger der Konoplewa -und Daschewkis, die zur zweiten -Gruppe der Angeklagten gehörten. -</p> - -<p> -Seine Aufgabe bestehe darin, seine Klienten -vom Vorwurf der Provokateure und Verräter -zu befreien. -</p> - -<p> -Die erste Gruppe stellt eine kollektive Einheit -dar, repräsentiert das Z.K. der Partei. -<a id="page-102" class="pagenum" title="102"></a> -Dies Z.K. veröffentlichte in den Zeitungen, -daß keine einheitliche Parteiorganisation zu -den terroristischen Akten Beziehungen hatte. -Kann man unter solchen Umständen Aussagen -erwarten, durch die sie feststellen -würden, daß das Z.K. lügt? In dieser Frage -sind sie alle gebunden und werden die Wahrheit -um so weniger sagen, da sie das Tribunal -als ihre Feinde betrachten. -</p> - -<p> -Sie selbst machten vor dem Prozeß keine -Aussagen, und hier handeln sie geschlossen -nach den Direktiven des Z.K.; deshalb ist -es selbstverständlich, daß in ihren eigenen -Aussagen keine Widersprüche erscheinen können. -Um so schlimmer, wenn man einige -Widersprüche in ihren Aussagen findet. -</p> - -<p> -So kann man sich auf E. Iwanowa berufen. -Sie benahm sich recht lächerlich, aber sie benahm -sich so, weil es die Interessen der Partei -erfordern. Sie hat schon einmal eine Aussage -vor der Tscheka abgegeben. Was hat sie dort -ausgesagt? Parteizugehörigkeit: Sie gehöre -keiner Partei an. Ferner: Bitte mich nicht -zu verhören, da ich nicht normal bin. Endlich: -Ich bin eine Anhängerin der Sowjetmacht, -aber habe in manchen Beziehungen andere -Ansichten, als die Kommunisten. -</p> - -<p> -So muß angenommen werden, daß die Angeklagten -als Parteimitglieder alle Tatsachen -ableugnen, die ihnen unangenehm sind. Daher -<a id="page-103" class="pagenum" title="103"></a> -stammt die Theorie: Wer ein anständiges -Parteimitglied sein will, der darf keine unangenehmen -Aussagen machen; wer aber solche -Aussagen macht, ist ein Verräter. „In diesem -Falle dürfen Sie aber nicht verlangen, daß das -Tribunal Ihnen Glauben schenken soll. Und -wenn sich einige in Ihrer Partei enttäuscht -fühlten und zu den Kommunisten übergingen, -wie sollten sie Unwahres aussagen, -wenn sie damit beginnen, daß sie die schwersten -Verbrechen auf sich nehmen.“ -</p> - -<p> -Angenommen aber, daß Semjonow und -Konoplewa nicht die Wahrheit gesagt hätten, -könnte Hendelmann auch in diesem Falle -nicht behaupten, daß die terroristischen Akte -ohne Billigung des Z.K. durchgeführt wurden. -</p> - -<p> -Die kriegerischen Reden Tschernows und -der Eugenia Ratner auf dem Vierten Parteikongreß -und der dort veröffentlichte Brief -Gotz’, in dem er für den Fall der Auflösung -der Konstituante mit der Anwendung „der -alterprobten Taktik“ droht, sind natürlich -noch kein Beweis dafür, daß der Vierte -Kongreß der Sowjetmacht den terroristischen -Krieg erklärt hat. Aber diese Drohung mit -dem Terror hatte in den Reihen der Parteimitglieder -eine terroristische Stimmung hervorgerufen. -Es waren keine Beschlüsse über den -Terror da, aber die einzelnen Mitglieder des -<a id="page-104" class="pagenum" title="104"></a> -Z.K. haben sich so benommen, daß in den -aktivsten Elementen der Partei die tiefe -Überzeugung erweckt wurde, der Terror wäre -nützlich und vom Z.K. gebilligt. -</p> - -<p> -In den Statuten der Kampforganisation -heißt es: daß die Kampforganisation den -bereits begonnenen terroristischen Akt auch -gegen das Verbot des Z.K. durchführen -könne, und daß der Führer sich nur mit einem -Z.K.-Mitglied und nicht mit allen Z.K.-Mitgliedern -ins Einverständnis zu setzen brauche. -Deshalb war es nicht notwendig, daß Semjonow -den Fall außer mit Gotz noch mit anderen -besprach. -</p> - -<p> -Die Untersuchung stellte fest, daß mehrere -Z.K.-Mitglieder, wie Iwanow, Tschernow und -Gotz, den Terror gegen die Vertreter der Sowjetmacht -prinzipiell anerkannt haben. -</p> - -<p> -Sehr interessant ist die Geschichte des Verbesserungsantrages -Zumgins zur Resolution -Tschernows über den Terror. Merkwürdigerweise -erinnern sich dessen alle angeklagten -Mitglieder des Z.K. nicht, obwohl dieser -Fall durch Burewitschs Aussagen festgestellt -wurde. -</p> - -<p> -Nach Annahme der Tschernowschen Resolution -wird sie nicht veröffentlicht. Und als -man die Angeklagten über die Ursache dieser -Verheimlichung fragte, antwortete Gotz, daß -es auch Sachen gebe, die das Gericht nicht zu -<a id="page-105" class="pagenum" title="105"></a> -wissen brauchte. Hendelmann gab eine andere -Antwort: Die Parteimitglieder waren nicht -terroristisch gestimmt, deshalb lag kein -Grund zur Veröffentlichung der Resolution -vor. Wenn aber eine solche Resolution angenommen -wurde, so beweist das doch, daß eine -solche Stimmung vorhanden war. -</p> - -<p> -Nehmen wir das erste Attentat auf Lenin. -Da wurde nach Aussagen Jefimows und Rabinowitschs -das Moskauer Büro des Z.K. -befragt. Dieses Attentat versuchten die Angeklagten -als eine Operette hinzustellen. Die -Mitglieder des Z.K. erklären, daß sich sehr -viele Parteimitglieder an sie wandten, mit -dem Vorschlag, terroristische Aktionen zu -organisieren. -</p> - -<p> -Und wenn das Z.K. von einer solchen -Stimmung nichts wußte, hätte es sich nach -der Ermordung Wolodarskis und nach dem -Attentat auf Lenin von ihrem Vorhandensein -überzeugen können. Man schoß. Es gab -Opfer. Kann man von Stimmungen sprechen? -Es handelt sich um Tatsachen. Den -Terror offen zu erklären, war nicht erwünscht, -aber wenn jemand einen terroristischen Akt -durchführte, mit dem das Z.K. sich nicht -solidarisch zu erklären brauchte, so war das -dem Z.K. sehr angenehm. -</p> - -<p> -Aus dem Vergleich der Aussage Rabinowitschs -mit den Aussagen Gotz und Semjonows -<a id="page-106" class="pagenum" title="106"></a> -geht klar hervor, daß die Ermordung -Wolodarskis mit Kenntnis des Z.K. durchgeführt -wurde, obwohl zu einer äußerst ungelegenen -Zeit, da sie die Wahlkampagne der -S.R. sehr ungünstig beeinträchtigte. -</p> - -<p> -Auch das zweite Attentat auf Lenin wurde -mit Kenntnis und Einverständnis des Z.K. -unternommen. Usow, Fedorow, Kozlow, Subkow -und anderen waren die Sanktionen -des Z.K. bekannt. Und zwar nicht nur durch -Semjonow, sondern auch durch E. Iwanowa. -Besonders Iwanowa überredete Usow, daß -er auf Lenin schießen solle. Dem Z.K. schien -es besonders notwendig, das Attentat später -als Symptom des Volkszornes hinstellen zu -können. Die Angeklagten Gotz, Hendelmann -und andere wundern sich, weshalb Semjonow -die terroristischen Akte mit Donskoj und Gotz -und nicht auch mit Timofejew besprochen -habe. Das ist nicht verwunderlich. Nicht alle -Mitglieder des Z.K. waren Anhänger des -Terrors; nur einige. Und die Anhänger des -Terrors verbargen ihre terroristischen Bestrebungen -vor den übrigen Mitgliedern und -handelten hinter ihrem Rücken. Timofejew -war Gegner des Terrors. Deshalb hat man -ihm die terroristischen Pläne nicht mitgeteilt. -Deshalb hat man Semjonow nicht zu -ihm gelassen. Semjonow war ein Werkzeug -in den Händen derjenigen Mitglieder des -<a id="page-107" class="pagenum" title="107"></a> -Z.K., die für den Terror waren. Diese Mitglieder -dachten: Gelingt es nicht, kann man -es ableugnen, und der Partei wird kein Schaden -erwachsen. Gelingt es aber – die Sieger -verurteilt man nicht. -</p> - -<p> -Auf die Uneinigkeit in den Reihen der -S.R. weist der Verteidiger Semjonows, Schubin, -hin. Auch er erklärt die Verdunkelungsversuche -in der Terrorfrage ähnlich wie -Tschlenow: <em>Das Z.K. war in der Frage -des Terrors nicht einig. Ein Teil war -für, der andere gegen den Terror.</em> Die -Anhänger des Terrors handelten selbständig, -ohne die Gegner des Terrors in ihre terroristischen -Pläne einzuweihen. -</p> - -<p> -Noch ein charakteristischer Umstand. <em>Weshalb -zog Timofejew Semjonow nicht -zu den Sprengungsarbeiten heran, sondern -organisierte die Spezialabteilung -Davidows? Weil die Kampforganisation -eigene Aufgaben – die terroristischen -Aktionen – gehabt hat.</em> Außerdem -mußte die Sprengungsabteilung mit den -Verbündeten in Verbindung treten, und -<em>Semenow war offensichtlich kein Anhänger -der Beziehungen zu den Verbündeten, -besonders war er kein Anhänger des -Geldempfangens von ihnen</em>. -Die <em>angeklagten</em> Z.K.-Mitglieder berufen -sich selbst auf das Buch Semjonows und anerkennen -<a id="page-108" class="pagenum" title="108"></a> -alles das, was man nicht mehr ableugnen -kann. Sie gestehen die <em>Expropriationen -in Buja</em> und die <em>ganze Kriegstätigkeit</em>. -Aber das, was <em>ihnen</em> unangenehm -ist, und was <em>man</em> ableugnen <em>kann</em>, <em>verwerfen</em> -sie. Die objektive Logik der Dinge -sagt uns aber, daß die angeklagten Z.K.-Mitglieder -die Lossagung vom zweiten <em>Teil -der Semjonow-Broschüre</em> nicht <em>begründen</em> -können. -</p> - -<p> -Hendelmann erklärte in seiner Verteidigungsrede, -daß die in der Semjonowschen -Broschüre angeführten Tatsachen der Sowjetmacht -schon längst vor der Herausgabe der -Broschüre bekannt waren, daß sie es aber nicht -für möglich hielt, die Angaben Semjonows auszunützen, -und gegen die S.R. Partei eine Gerichtsverhandlung -zu eröffnen. Diese Erklärung -Hendelmanns ist Unsinn. Es ist -doch nicht denkbar, daß die Sowjetmacht, -die über die Beteiligung bestimmter Personen -an terroristischen Aktionen gegen Wolodarski, -Lenin und Trotzki unterrichtet gewesen -wäre, die Attentäter auf freiem Fuß -gelassen hätte, ohne gegen sie gerichtlich einzuschreiten. -</p> - -<p> -Weshalb schrieb Semjonow seine Broschüre? -Er war im Auslande, er sah, wie das administrative -Zentrum gegen die Sowjetmacht -arbeitet, und welchen Schaden es der Revolution -<a id="page-109" class="pagenum" title="109"></a> -bereitet. Diese Tätigkeit wollte Semjonow -durch seine Enthüllungen verhindern. -</p> - -<p> -Vor dem Obersten Tribunal sitzt derselbe -Semjonow, der Wolodarski ermordet, der auf -Lenin geschossen hat. Wenn in ihm der alte -Semjonow nicht vernichtet ist, dann muß der -auf der Anklagebank sitzende Semjonow vernichtet -werden. Wenn aber der alte Semjonow -sich selbst vernichtet hat, und vor uns hier -ein neuer Semjonow sitzt, dann muß diesem -neuen Semjonow das Leben erhalten werden, -da die Revolution dessen Leben bedarf. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -<em>Stawskaja</em> war die Tochter eines unteren -Beamten, ein hübsches, schlankes Mädchen -mit kleinem lieblichen Gesicht und schwarzen -Haaren. Die Achtjährige muß schon ihr -Brot selbst verdienen. Die Fünfzehnjährige -ist Mitglied der S.R. Partei. Und mit -18 Jahren versucht sie den zaristischen -Gouverneur von Jekaterinoslaw zu erschießen, -man macht ihr den Prozeß, sperrt sie -drei Jahre lang in den Kerker, „begnadigt“ -sie zu zwanzigjähriger Zwangsarbeit. Erst -die Februarrevolution schenkt ihr die Freiheit -wieder, sie fährt in die Krim, folgt den Parolen -der S.R., tritt aus Empörung über den -Brester Vertrag in die Kampforganisation -<a id="page-110" class="pagenum" title="110"></a> -Semjonows, vollführt seine Befehle. Aber -auf die Kunde des Verhaltens der S.R. -Partei zu den terroristischen Anschlägen bekennt -sie sich: Dies ist nicht mein Weg. Und -da ist <em>Usow</em>, dessen Familie seit Jahren eng -mit den S.R. verwachsen ist. Mit 16 Jahren -ist er Mitglied der Partei, und außer der Partei -hat für ihn nichts mehr existiert. Er war -Arbeiter, von Mißtrauen gegen die Intellektuellen -erfüllt, ihm wollte man den Revolver -in die Hand drücken, um auf Lenin zu -schießen – er konnte es nicht und brach zusammen -– er, der Arbeiter, konnte nie und -nimmer auf Lenin schießen, obschon es die -Intellektuellen verlangten. Er verließ die -Partei, kehrte unter die Masse zurück, arbeitete -in der Fabrik und wollte büßen. Hernach -ist er Rotarmist, Mitglied der R.K.P., aber -erst nach der Publikation von Semjonows -Broschüre macht er sein Geständnis. Er -kann nicht schweigen. -</p> - -<p> -Der alte polnische Sozialist Felix Kon, ein -hagerer Hüne mit wallenden weißen Haaren -und einer gewaltigen Stimme, verteidigt diese -beiden Menschen, schilderte ihre Herkunft, -ihre Tragik und forderte Freisprechung, denn -„Ihr müßt ihnen durch Euer Urteil nicht nur -das Leben, sondern auch ihre revolutionäre -Ehre zurückgeben.“ Der Georgier Katanjan -sprach für den Terroristen Jefimow, der vor -<a id="page-111" class="pagenum" title="111"></a> -langen Jahren mit Gotz in Zwangsarbeit gewesen -war. Gotz kennt Jefimow sehr gut, er -hält ihn für einen ehrlichen Menschen. Katanjan -bemüht sich, den Beweis zu führen, -daß Jefimow die Wahrheit gesagt hat. Er war -Mitglied einer Terrorgruppe, aber als er die -Richtung erkannte, in der sich die Politik der -S.R. bewegte, trat er aus der Partei aus. -Katanjan plädiert für Freispruch. -</p> - -<p> -Nun der blonde, bewegliche Bucharin: -klein von Gestalt, aber immer geladen mit -Energien, so daß man zu glauben scheint, -jeden Augenblick wird eine Bombe explodieren; -immer im Angriff, verschwenderisch -in seiner Satire, seiner Laune, seinem Hohn -und seiner Boshaftigkeit. Er war der „Allgemeine -Verteidiger“ der zweiten Gruppe der -Angeklagten. In seiner Rede führte er in -großen Zügen aus, was die S.R. und Bolschewiki -unterscheidet, es ist ein Sondergericht -über die ganze Politik der S.R. Partei, -die nach Bucharin vom Ausbruche des -Weltkrieges an durch Verrat gekennzeichnet -ist. Ihm liegt daran, zu beweisen, auf welchen -Stühlen vor Gericht die wahren Verräter -sitzen. -</p> - -<p> -„Es kam mir gelegen, daß Eugenia Ratner -hier die Zimmerwalder und Kientaler Konferenzen -erwähnt hat, denen auch Victor -Tschernow beiwohnte. Auf der Zimmerwalder -<a id="page-112" class="pagenum" title="112"></a> -und Kientaler Konferenz wurden zwei -Grundsätze angenommen: erstens keine Abstimmung -für Kriegskredite und zweitens -keine Teilnahme an einer bürgerlichen Regierung. -</p> - -<p> -Die anwesenden Vertreter der S.R. Partei -schlossen sich diesen Resolutionen an. Folglich: -wenn eine Parteiorganisation sich sozialistisch -nennt, und auf der Zimmerwalder -Konferenz erklärt, daß sie an keiner bürgerlichen -Regierung teilnehmen und in der -Periode des imperialistischen Krieges für -keine Kriegskredite stimmen wird – wenn -eine solche Parteiorganisation dies später -dennoch tut, so ist sie ein Verräter am -Sozialismus. -</p> - -<p> -Bürgerin Ratner! Sie müssen zugeben, daß -Ihre Partei, kaum einige Monate nach der -Zimmerwalder Konferenz, beide Punkte auf -die beschämendste Weise verraten hat. Ihre -Partei nahm bei der erstbesten Gelegenheit -an einer Koalitionsregierung teil. Ihre Partei -nahm an einer imperialistischen Regierung -teil, deren imperialistischer Charakter von -niemandem bestritten werden kann. Dadurch -habt Ihr den einen Punkt der Resolution -verraten. -</p> - -<p> -Und wenn Ihr jetzt sagen wollt, daß Ihr -keine formelle Erklärung, keine formelle Abstimmung -bezüglich der Kriegskredite abgegeben -<a id="page-113" class="pagenum" title="113"></a> -habt, so wird dieser Umstand durch -die Junioffensive aufgehoben, zu der Euch -Mister Buchanan gezwungen hat. Wenn Ihr -dabei nicht vom bösen Willen geleitet, sondern -einfach gefoppt wurdet, so habt auch -den Mut, das hier offen zu gestehen.“ -</p> - -<p> -Weshalb fühlen die S.R. sich der II. -Internationale so sehr verbunden? Hat -Tschernow nicht erklärt, die II. Internationale -sei tot und werde nie wieder auferstehen? -weshalb erklärt hier Timofejew, sie -ist wieder auferstanden? Die II. Internationale -hat Berge von Verbrechen an der Arbeiterklasse -aufeinander getürmt. Vielleicht -besteht Eurer Meinung nach die Korrektur -der Stellungnahme der II. Internationale darin, -daß ihr Vertreter, Bürger Vandervelde, -den niederträchtigsten Friedensvertrag der -Geschichte, den Versailler Vertrag unterzeichnet -hat, bei dessen Anblick man vor -Scham vergehen muß. Oder erblickt Ihr -vielleicht den Glorienschein über dem Haupte -der II. Internationale darin, daß die Regierung -der deutschen Sozialdemokratie, eine -der wichtigsten Organisationen der II. Internationale, -Rosa Luxemburg ermordet hat? -</p> - -<p> -Nein, es wird Euch nicht gelingen zu beweisen, -daß die II. Internationale ihre Stellung -auch nur um ein Haar geändert hat. Im -Gegenteil, ihre Handlungen seit Kriegsende -<a id="page-114" class="pagenum" title="114"></a> -sind noch viel niederträchtiger, noch viel -schmutziger, tausendmal verbrecherischer als -ihr Verrat bei Kriegsausbruch. -</p> - -<p> -Werfen wir jetzt einen Blick auf die inneren -Verhältnisse der Partei. Eugenia Ratner hat -uns den General Krasnow, diese schöne Figur -der russischen Gegenrevolution geschildert: -Ich kann sagen, daß die Welt einen solchen -Terror gegen das Proletariat und hauptsächlich -gegen das Bauerntum, wie es der -Terror Krasnows in Rostow und Umgebung -war, noch nie gesehen hat. Und jetzt bitte -ich Euch, Genossen Richter, Euch dessen zu -erinnern, daß es derselbe Krasnow war, mit -dem Gotz seinen Feldzug zur Erwürgung der -revolutionären Arbeiter Petrograds führen -ließ. Bürger Gotz hat mit dem Krasnowschen -Heer die größten und fortgeschrittensten revolutionären -Kräfte angegriffen, die sich auf -dem Gebiete des frühern russischen Imperiums -befanden. Diese Aktion ist die beste -Charakteristik der S.R. Partei. -</p> - -<p> -Was die „äußere Politik“ – wir nennen sie -einfach Spionage – der S.R. Partei betrifft, -so sehen wir hier die S.R. Partei an einem -Tische mit Dumas, mit Ehrlich und anderen -Vertretern des französischen Imperialismus, -die die S.R. Organisationen mit Geld -und Sprengmaterial versorgt haben. -</p> - -<p> -Als den S.R. hier vorgeschlagen wurde, die -<a id="page-115" class="pagenum" title="115"></a> -Tätigkeit des Administrativen Zentrums entweder -anzuerkennen oder aber zu verurteilen, -erklärte Gotz, daß sie sich unter Drohungen -nicht lossagen können. Und der Angeklagte -Hendelmann gab seinem Zweifel an -der Echtheit der Dokumente Ausdruck und -berief sich auf den Kölner Kommunistenprozeß. -Dort erklärten aber die Kommunisten -kategorisch, daß die Londoner Dokumente -Fälschungen seien. Sie gaben nicht -ablehnende und zweideutige Erklärungen ab. -Dasselbe sollten auch die Angeklagten des -Prozesses tun. -</p> - -<p> -Es gibt hier nur drei Möglichkeiten: Entweder -sind die Dokumente falsch, dann -müssen es die Angeklagten gerade heraus, -kategorisch erklären, um die Falschheit derselben -zu beweisen. Wenn aber die Dokumente -echt sind, dann müssen sie entweder -ihre Solidarität mit diesen Dokumenten ehrlich -erklären oder aber sich offen auf den -Standpunkt stellen, daß sie mit den in diesen -Dokumenten figurierenden Personen nichts -gemein haben, daß daher also diese Personen -als einfache Provokateure zu betrachten sind. -Und wenn ein Teil der Dokumente echt, ein -anderer Teil falsch ist, dann müssen die Angeklagten -erklären, daß sie den echten Teil -der Dokumente entweder anerkennen oder -sich von ihm lossagen und beweisen, daß der -<a id="page-116" class="pagenum" title="116"></a> -andere Teil der Dokumente tatsächlich falsch -sei. -</p> - -<p> -Die Angeklagten aber haben weder das eine, -noch das andere getan. Weder anerkannten -sie die Dokumente, noch sagten sie sich von -ihnen los. Anzuerkennen wagten sie diese -Dokumente nicht, sich von ihnen lossagen -konnten sie nicht, da sie noch bis heute mit -dem Administrativen Zentrum in Verbindung -stehen. -</p> - -<p> -Es ist festgestellt worden, daß das Moskauer -Zentralbüro der S.R. Partei mit dem -Administrativen Zentrum in Verbindung -steht und von ihm Geld erhält. Wenn sie sich -also lossagen wollten, so hätten sie sich vom -<em>ganzen übrigen Teil der eigenen Partei -lossagen müssen</em>. -</p> - -<p> -Von dem Standpunkte jenes Kriteriums, -das der Zimmerwalder und Kientaler Konferenz -zum Ausgangspunkt diente, hat sich die -S.R. Partei sowohl in ihrer inneren, wie auch -in ihrer äußeren Politik als systematische -Verräterin der Interessen der Arbeiterklasse -und des Sozialismus erwiesen. Und wenn sich -in dieser Partei einige Leute befinden, die auf -Grund ihrer sozialen Abstammung mit diesem -systematischen Verrat eine Zeitlang -sympathisierten, im Laufe ihrer weiteren -Entwicklung aber die Verräter preisgaben, -so haben sie ein nützliches Werk geleistet. -</p> - -<p> -<a id="page-117" class="pagenum" title="117"></a> -Wenn eine bestimmte Gruppe, nachdem sie -aus der S.R. Partei austrat, den Verrat enthüllte, -veröffentlichte und ihre Führer an den -Pranger stellte, so ist das ein historisches -Verdienst. Vom Standpunkte der moralischen -Rehabilitation könnt Ihr denken, was -Ihr wollt. <em>Uns interessiert nur, was vom -Standpunkte der internationalen Revolution -und der revolutionären Arbeiterklasse -nützlich und richtig ist.</em> -</p> - -<p> -Seit der Oktoberrevolution wart Ihr unter -dem Pseudonym „Komitee zur Rettung des -Vaterlandes und der Revolution“, dann als -„Verband der Wiedergeburt“ und schließlich -als „Komitee der Konstituante“ tätig. Nach -der Auflösung der Konstituante kam es so, -daß jede zwei S.R., die zwei Tage lang Mitglied -der Konstituante waren, hier und da -eine Macht gründeten und sich für eine -Staatsmacht hielten, für die die Partei keine -Verantwortung trägt. Es ist ganz natürlich, -daß, sobald in letzter Zeit die Möglichkeit -unter fremdem Namen in Rußland aufzutreten -schwand, Ihr Euch im Auslande ein -Pseudonym schaffen mußtet und Ihr habt es -Euch geschaffen. Es verblieb Euch die merkwürdige -„Pariser Konstituante“ und das „Administrative -Zentrum“. -</p> - -<p> -Bei einer flüchtigen Analyse der S.R.-Spitzen -muß eine besondere Tatsache in die -<a id="page-118" class="pagenum" title="118"></a> -Augen fallen: In keiner revolutionären oder -pseudo-revolutionären Gruppierung kann -man unter den führenden Kreisen soviel -Millionäre finden wie in der S.R. Partei. -Vandervelde ist auch ein Millionär und sprach -hier vor dem Gericht im Namen seiner Millionen -und nicht im Namen von Millionen Arbeitern. -Was die S.R. Partei betrifft, so ist -<em>Gotz Inhaber einer Handels- und Industrie-Firma, -Gunakow macht in -Brillanten, Rabinowitsch war Inhaber -einer Pelzfirma, während Semjonow -Eigentümer großer Teeplantagen ist</em> -usw. usw. Der Kernbestand der S.R. Parteiführer -geht nicht einfach aus den Familien -der demokratischen Intelligenz, sondern aus -den Familien des Großkapitals hervor. Der -Umstand, daß in die S.R. Partei auch Arbeiter -und Bauern eingetreten sind, bedeutet -nichts anderes, als daß in einer bestimmten -geschichtlichen Periode die Handels- und Industriebourgeoisie -und andere bürgerliche -Gruppierungen versuchen, mit den Massen -in Verbindung zu treten. Während des -Kampfes gegen den Zarismus versuchten -diese Gruppierungen einerseits die Intelligenz -auszunützen, andererseits sich auf das Bauerntum -und teilweise auch auf die Arbeiterklasse -zu stützen. Als Resultat entstand eine -ihrem sozialen Bestande nach aus verschiedenen -<a id="page-119" class="pagenum" title="119"></a> -Elementen zusammengesetzte Gruppierung, -die sich S.R. Partei nennt. Es war -ganz richtig, als sie Bürger Vandervelde hier -mit den Girondisten verglich, da ja die Girondisten -eben eine <em>großbürgerliche Gruppierung</em> -und nicht eine <em>Kleinbürger- -und Bauerngruppe</em> waren. Unsere <em>russischen -Girondisten stützen sich</em> auf dieselbe -soziale Basis, und es war nur natürlich, -daß sie während der proletarischen Revolution -ihr eigenes Gesicht gezeigt haben. -</p> - -<p> -Timofejew legt es den Kommunisten zur -Last, daß sie als erste den Bürgerkrieg begonnen -haben. Erinnert Ihr Euch, wie wir -in die Revolution eingetreten sind? Ihr habt -über den ganzen Apparat der Staatsmacht -und über die ganze Armee verfügt, wir aber -waren nur ein kleines Häuflein – wie Ihr -Euch ausdrückt – deutscher Spione. Wenn -man die Lage, von Eurem Gesichtspunkte, -von dem Gesichtspunkte der freien Konkurrenz, -der für die Massenorganisation kämpfenden -Faktoren aus betrachtet, so waren -alle Vorteile dieses Kampfes auf Eurer Seite. -Trotzdem wurdet Ihr geschlagen. Und wenn -wir dann, als wir an der Macht waren, die -Euch verhaßte Tscheka gegründet haben, so -geschah das erst später. In dieser ungeheueren -Gärung hat nur diejenige Kraft das -Recht zur geschichtlichen Existenz, die in der -<a id="page-120" class="pagenum" title="120"></a> -gegeebenen historischen Phase das Land <em>organisieren, -über das Land regieren kann. -Weder Nikolaus II. noch Ihr, noch die -Bourgeoisie konnten regieren.</em> -</p> - -<p> -Ich erlaube mir, einen Freispruch für die -ganze zweite Gruppe zu fordern, schon aus -dem Grunde, weil Ihr, Mitglieder des Revolutionären -Tribunals, ja selbst erklärt habt, -daß für Euch der Wille des organisierten -Proletariats nicht gleichgültig ist. Und das -zu fordern, beauftragte mich – wenn auch -nicht formell – die Masse der organisierten -Arbeiter. Die Demonstration vom 20. Juni -gab mir dieses Mandat. Ich wandte mich damals -an die Masse der demonstrierenden -Arbeiter mit der Frage, ob sie es für richtig -halte, daß wir diese und diese Leute verteidigen, -und diese proletarische Riesenmasse -antwortete: „Ja, Ihr seid verpflichtet, es zu -tun.“ -</p> - -<p> -Und nun im Namen dieser Arbeitermassen, -die unsere Stellungnahme billigen, fordere -ich einen Freispruch für alle meine Klienten -ohne Ausnahme.“ -</p> - -<p> -Nach einer kurzen Rede von Sadoul, der -für ein mildes Urteil plädiert, folgt eine -Replik des Staatsanklägers Lunatscharskis, in -der er auf verschiedene Einwände der Angeklagten -eingeht und besonders ausführlich -auf den Vorwurf Gotz’ zu sprechen kommt, -<a id="page-121" class="pagenum" title="121"></a> -die Absicht wäre, durch diesen Prozeß die -S.R. Partei zu vernichten: „Gotz sagt: Ihr -wollt unsere Partei ermorden!“ Ja, ja, wir -wollen es! Dieser Prozeß verfolgt dies Ziel. -Wir werden die Partei vernichten! Denn sie -ist schädlich, abscheulich und lächerlich, ihre -Unreife und Unerfahrenheit, wie jede kleinbürgerliche -Schichtung, wie jeder Zwerg, der -gegen elementare Kräfte zu kämpfen gedenkt. -</p> - -<p> -Krylenko hebt in seiner Replik den Unterschied -zwischen alter und neuer Rechtsauffassung -hervor: -</p> - -<p> -„Hendelmann rollte hier die Frage der -prinzipiellen, individuellen und kollektiven -Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne -auf. Hendelmann erwähnte das richtige -Prinzip, daß in Strafsachen jeder nur für -sich die Verantwortung tragen kann. Ein solches -Prinzip war in den alten zaristischen Gesetzen -tatsächlich durchgeführt worden. In -unserer Strafgesetzgebung existiert aber dieses -Prinzip nicht. Im gegenwärtigen Prozeß -muß die Frage in folgender Weise gestellt -werden: <em>wenn eine gewisse führende -Körperschaft, die die Tätigkeit aller -lokalen Organisationen leitet, erklärt, -daß sie für die Tätigkeit aller dieser -Organisationen die Verantwortung -trägt, so unterliegen ihre Mitglieder -einer kollektiven Verantwortung</em>. -</p> - -<p> -<a id="page-122" class="pagenum" title="122"></a> -Auf alle kategorischen Aussagen der zweiten -Angeklagtengruppe antworten die Angeklagten -der ersten Gruppe: „Davon ist nichts -wahr, das habt Ihr alles nur erfunden.“ Ich -frage Euch nun, aus welchem moralischen, -logischen oder politischen Grunde könnt Ihr -behaupten, daß sie lügen? ... Auf die Fragen, -die Euch unangenehm sind, antwortet -Ihr nicht. -</p> - -<p> -Ich muß noch einmal auf die bereits in -meiner ersten Rede behandelte Frage des -Strafausmaßes zurückgreifen. Ich gehe ausschließlich -vom Standpunkte der Nützlichkeit -oder Gefährlichkeit der betreffenden -Bürger aus. Mir scheint, daß diese Frage bereits -klar vor uns stehen kann. Es liegen uns -die Erklärungen Gotz, Hendelmanns und -Timofejews vor. Gotz erklärte: „Wir sterben, -aber wenn wir sterben, so sterben wir mutig, -und wenn wir leben werden, so werden wir so -handeln, wie wir bisher gehandelt haben.“ -Timofejew sagte: „Weder Lossagung noch -Reue werdet Ihr von diesen Bänken hören.“ -Und Hendelmann schloß seine Rede mit der -Erklärung, daß sie uns tot und lebendig gefährlich -sein werden. -</p> - -<p> -Wie sollen wir uns diesen Erklärungen -gegenüber verhalten? müssen wir oder müssen -wir nicht das höchste Strafausmaß anwenden? -Kann denn diese Frage im Interesse -<a id="page-123" class="pagenum" title="123"></a> -der Staatszweckmäßigkeit anders gestellt -werden? Nein! Wenn wir um uns blicken, -was in der Vergangenheit geschah, so sehen -wir: Petrograd – Junkeraufstand – Blut; -Moskau – Oktoberaufstand – Blut. Bei -allen Bewegungen in Petrograd wurde Blut -vergossen. Ferner: die Epoche von Archangelsk, -wo während eines ganzen Jahres die -englischen Kapitalisten herrschten. Auch -dort – Blut und Blut. Samara, Sibirien, -Südrußland – Blut und Blut. Tambow – -Blut und Blut. Kronstadt – wiederum nur -Blut und Blut. Überall, wo die S.R. nur auftraten, -war nichts anderes als Blut und Blut. -Deshalb können wir hier mit einer vollständigen -Seelenruhe sagen: „Damit in der Zukunft -kein Blut oder weniger Blut fließe, muß -hier Blut vergossen werden. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Die Angeklagten ergreifen – jeder Einzelne -– nochmals das Wort zu längeren Ausführungen, -die sich einen vollen Tag hinziehen; -die Angeklagten der ersten Gruppe -beharren auf ihrer gegnerischen Einstellung, -bestreiten noch einmal die Sanktionierung -des Terrors durch das Z.K., verklären die -demokratische Idee und bekennen, den Kampf -gegen die Sowjets nicht ruhen zu lassen. Die -Angeklagten der zweiten Gruppe bekennen -sich nochmals zu ihren Verbrechen an der -<a id="page-124" class="pagenum" title="124"></a> -Revolution und der Arbeiterschaft, gestehen -ihre Reue und als letzter spricht Semjonow: -„Meine Verbrechen lassen sich weder rechtfertigen -noch wieder gutmachen. Mein revolutionäres -Gewissen hat mich bereits verurteilt.“ -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Nach fünftägiger Beratung wird am 8. August -1922 das Urteil des Obersten Tribunals -des Allrussischen Zentralexekutivkomitees, -bestehend aus dem Vorsitzenden, Genossen -G. L. Pjatakow und den Mitgliedern, -Genossen O. J. Karklin und A. W. Galkin -verlesen. -</p> - -<p> -Man führt die Namen der 34 Angeklagten -auf, bemerkenswert ist die Angabe -der Klassenzugehörigkeit eines jeden Angeklagten, -unter den 34 Angeklagten befinden -sich 29 Personen, die bürgerlichen Verhältnissen -entstammen, Hochschulbildung genossen, -in der Marine oder im Heer des Zaren -gedient haben; einige Personen sind vom -Adel, der Angeklagte Utgoff ist der Sohn -eines Gendarmerieoffiziers, bei Gotz wird ausdrücklich -vermerkt: Kaufmannssohn, Donskoi, -Hendelmann sind die Söhne von Ärzten, -Semjonow ist der Sohn eines Beamten, L. -Konoplewa stammt aus einer Lehrerfamilie. -Pelewin ist Bauer, nur Usow, Kozlow und Subkow -<a id="page-125" class="pagenum" title="125"></a> -sind Arbeiter. Der bürgerliche Charakter -der S.R. Partei wird auf diese Weise noch -einmal besonders grell hervorgehoben. Die -Arbeiter und Bauern, für die vielleicht die -S.R. Partei durch ihre Tradition noch immer -von einem Schimmer heroischer revolutionärer -Tapferkeit umstrahlt war, sollten wissen, -aus welchen Kreisen diese Führer stammten; -das Ziel war Entlarvung der S.R. Partei -als einer bürgerlichen Partei, die die Arbeiterbewegung -ins Schlepptau zu nehmen sucht. -Immer wieder findet man mit allem Nachdruck -hervorgehoben: die Bewegung richtete -sich gegen die Arbeiter. -</p> - -<p> -Das Urteil gibt zunächst eine längere -marxistische Analyse der revolutionären Bewegung. -In den Vordergrund wird der -Kampf um den Staatsapparat gestellt, dessen -sich das Proletariat im Oktober 1917 bemächtigte. -Ihre Vollmacht erhielt die proletarische -Regierung vom 2. Allrussischen -Rätekongreß der Arbeiter- und Bauerndelegierten, -er bestätigte am 27. Oktober die -durch den Aufstand zur Macht gelangte -Arbeiter- und Bauernregierung. Als ihre -erste Aufgabe erblickte sie die Vernichtung -des Widerstandes der Bourgeoisie, das Ziel -war: die Vernichtung der Klassenunterschiede -durch Änderung der ökonomischen Verhältnisse. -Die Entscheidungsfrage lautete: Mit -<a id="page-126" class="pagenum" title="126"></a> -der Bourgeoisie oder gegen sie? Kampf für -oder gegen die Sowjetmacht? -</p> - -<p> -Die S.R. boten alles auf, um die Sowjetmacht -zu stürzen. So arbeiteten sie im Interesse -der Bourgeoisie, und im Bunde mit ihr. -Das Urteil geht auf die einzelnen Aktionen -ausführlich ein, die sich gegen den Staat, der -zugleich den Vertreter der Interesse der Arbeiter -und Bauern repräsentierte, richteten. -</p> - -<p> -Schon einen Tag nach der Bestätigung der -Sowjetregierung durch den Rätekongreß -marschiert der S.R. Kerenski im Bunde mit -dem General Krasnow gegen Petrograd. In -der Stadt selbst erheben sich die Junker -unter Führung eines Stabes, dem der S.R. -Gotz angehört, der persönlich wieder mit -Krasnow in Verbindung steht. Krasnow und -die Junker werden geschlagen. Nach ihrer -ersten Niederlage versuchen die S.R. einen -technischen Apparat zu organisieren. Für -den Tag der Eröffnung der Konstituante -wird der Aufstand geplant, der als Farce -endet. Das Gericht sieht als erwiesen an, -daß die S.R. in verschiedenen Regimentern -arbeiteten. Aber die Massen waren nicht zu -gewinnen. Das Zentralkomitee gab seinen -Plan auf. Zweiter Mißerfolg. Nach der Auflösung -der Konstituante beginnt die geheime, -die konspirative Tätigkeit der S.R. Eine -militärische Organisation arbeitet unter den -<a id="page-127" class="pagenum" title="127"></a> -Soldaten der Roten Armee. Das Z.K. selbst -nimmt Verbindung mit bürgerlichen Verbänden -auf und erhält von ihnen Gelder; man -scheut sich sogar nicht mit einer Organisation -Fühlung zu nehmen, die Fäden zum -deutschen Hauptquartier-Ost gesponnen hat. -Ein Mitglied der S.R., der Oberst Postnikow, -soll sogar ins deutsche Hauptquartier fahren, -um mit dem Vertreter Ludendorffs zu verhandeln. -In Moskau bestehen engste Beziehungen -zu Bürgerwehren und Verbänden -der Bischöfe. Die Spionagetätigkeit in der -Armee wurde fortgesetzt, die betreffenden -Organisationen ausgebaut; dabei wurde auf -den Oberst Machin hingewiesen, der als Mitglied -der S.R. Partei und im Auftrag des -Z.K. einen hohen Posten in der Roten Armee -bekleidete und im Kampf mit der Ufaregierung -zum Feinde überging. -</p> - -<p> -Der 8. Parteitag im Mai 1918 beschließt -den Kampf mit der Sowjetregierung auf allen -Fronten und mit allen Mitteln aufzunehmen. -Im Wolgagebiet, in Archangelsk und Wologda -kommt es zu erbitterten Kämpfen. In Verbindung -mit der französischen Mission gewinnt -die S.R. die tschechoslowakische -Legion, die unter Führung französischer -Offiziere offenen Krieg mit den Sowjets führt. -Die Tschechoslowaken werden die Elitetruppe -der Regierung von Samara, die sich unter -<a id="page-128" class="pagenum" title="128"></a> -Führung der S.R. bildet. An der Regierung -beteiligen sich Vertreter des Großgrundbesitzes -und der Industrie. In Archangelsk -operieren die S.R. in engster Fühlung mit -den Ententetruppen und der russischen Bourgeoisie. -In diesen Kämpfen fiel den S.R. die -entscheidende politisch organisatorische Rolle -zu, während die militärische Führung in den -Händen der Ententegenerale und russischer -Weißgardisten lag. -</p> - -<p> -In der Ukraine, in Kuban und am Don bestanden -Verbindungen zwischen den S.R. -und den dortigen sowjetfeindlichen Regierungsorganen. -In der bürgerlichen ukrainischen -Rada sanktionierte die S.R. Fraktion -die Okkupation der Ukraine durch den -deutschen und österreichischen Imperialismus. -Direkt oder indirekt erhielt die Partei -finanzielle Unterstützung von den Missionen -der Verbündeten. Ferner bestand eine direkte -organisatorisch-persönliche Verbindung des -Z.K. mit Vertretern der Entente. Außerdem -bestand eine enge Verbindung mit bürgerlichen -Organisationen; genannt werden die -Organisation Filonenko, Iwanow und der -„Verband der Wiedergeburt“, dem Kadetten -und weiter rechtsstehende Vertreter angehören. -Es kam zur Bildung einer zukünftigen -russischen Regierung, dem „Allrussischen -Direktorium“, in dem Führer der S.R. saßen. -</p> - -<p> -<a id="page-129" class="pagenum" title="129"></a> -Nach dem Siege der Roten Armee 1919 -vollzog sich ein Umschwung. Einige Mitglieder -der Konstituante von Samara gaben -eine Erklärung ab, in der sie auf den bewaffneten -Kampf gegen die Sowjetmacht -verzichteten. Aber das Plenum des Z.K. -spricht sich gegen jede Versöhnung mit den -Sowjets aus und veranlaßt sogar eine Untersuchung -gegen die versöhnlichen Mitglieder -des Z.K. Diese Wendung hat den Austritt -verschiedener Mitglieder zur Folge. Um so -entschiedener wird die Haltung der Unversöhnlichen. -Eine Resolution des Z.K., von -Gotz, Helene Ratner und Timofejew unterzeichnet, -erklärt: -</p> - -<p> -„Die S.R. Partei darf ihre alten Positionen -nicht verlassen und nicht für einen einzigen -Moment auf den bewaffneten Angriff verzichten. -Wenn die Bewegung ... gegen die -Bolschewiki im gegebenen Augenblick nicht -erneuert werden kann, so wird die Aufgabe -unserer Partei in der weiteren Vorbereitung -der Massen und Zusammenfassung der Elemente -der Demokratie bestehen, dort, wo -diese Elemente sich noch erhalten haben.“ -</p> - -<p> -Am 13. Mai 1920 erläßt das Z.K. ein -Rundschreiben, das einen bestimmten Arbeitsplan -der S.R. auf dem flachen Lande -enthält: 1. Befestigung der organisatorischen -Position der S.R. Partei unter den sowjetfeindlichen -<a id="page-130" class="pagenum" title="130"></a> -Elementen des Dorfes; 2. Provozierung -bewaffneter Zusammenstöße der -Bauern mit der Sowjetmacht. -</p> - -<p> -Eine Folge dieses Zirkulars sieht das Urteil -in der Bauernrebellion in Tambow unter -Führung des Banditen Antonow. 1921 versuchten -die S.R. eine ähnliche Bewegung in -Sibirien zu organisieren. Für die Teilnahme -der S.R. an Unruhen in den Küstengebieten -des Schwarzen Meeres wird ein Aufsatz des -Oberst Machin herangezogen; ferner gilt als -Beweis ein Aufsatz Tschernows, in dem die -Taktik der S.R. gerühmt wird, endlich -Akten des „Administrativen Zentrums“. Der -Oberst Woronowitsch wurde zu den Aufständigen -entsandt. -</p> - -<p> -Das „Administrative Zentrum“ beauftragt -Woronowitsch in einem Briefe vom 19. August -1921, gezeichnet vom Sekretär der S.R. -Partei, Fabrikant, „mit der Bauernorganisation -am Schwarzen Meer, mit dem Obersten -Stab der Bauernwehr usw. Verbindungen -herzustellen.“ -</p> - -<p> -Die Septemberkonferenz der S.R. im -Jahre 1920 beschloß in einer Resolution den -„bewaffneten Sturz der bolschewistischen Diktatur“. -Darauf senden die in Haft befindlichen -Mitglieder der S.R. Partei Gotz, Hendelmann, -Wedenjapin, Donskoj, Lichatsch, -Morosow, Rakow, H. Ratner, Timofejew und -<a id="page-131" class="pagenum" title="131"></a> -Zeitlin anläßlich jener Resolution einen Brief -an das neugewählte Z.K., in dem es heißt: -„Mit Freude erfuhren wir den günstigen Ausgang -der 10. Konferenz. Die 10. Konferenz -erkennt vollkommen richtig, daß die Hauptaufgabe -der Partei in der Liquidierung der -Diktatur der gegenwärtig herrschenden Regierung -besteht.“ -</p> - -<p> -Der Kronstadter Aufstand im Jahre 1921 -ist von den S.R. gefördert worden. Hinweise -auf Telegramme und Artikel Tschernows, -Akten des „Administrativen Zentrums“. -</p> - -<p> -Einen breiten Raum nehmen im Urteil die -Feststellungen des Obersten Tribunals hinsichtlich -der terroristischen Akte, Expropriationen -und Sprengungen ein. -</p> - -<p> -1. Wird auf eine Erklärung der S.R. Gotz, -Ratner und Tschernow hingewiesen, in der -terroristische Akte gebilligt wurden. Dieser -Erklärung wurde nicht widersprochen. -</p> - -<p> -2. Im Februar 1918 fand eine Aussprache -über den Terror im Z.K. statt. Das Urteil -stellt folgendes fest: Bei der Erwägung der -Frage im Z.K. kamen zwei Ansichten zum -Ausdruck. Es gelang dem Gerichte nicht, -den Text des Z.K.-Beschlusses festzustellen. -Es wurde nur festgestellt, daß in der Motivierung -die Mitglieder des Z.K. nicht einig -waren. Eine Motivierung wurde nicht angenommen, -der Berichtigungsantrag des Z.K.-Mitgliedes -<a id="page-132" class="pagenum" title="132"></a> -Zuntin (eines Gegners des Terrors) -wurde abgelehnt; die Resolution <a id="corr-70"></a>Tschernows -(Anhänger des Terrors) wurde angenommen. -Zuntin trat aus dem Z.K. aus. Der Beschluß -des Z.K. wurde nicht nur nicht in -weiteren Kreisen veröffentlicht, sondern war -nicht einmal den verantwortlichen Parteifunktionären -bekannt, wie z. B. dem Leiter -der Militärkommission beim Z.K., Daschewski. -Als Tschernow auf die Enthüllungen -Semjonows und Konopljewas hin die -terroristische Tätigkeit der S.R. Partei in -Abrede stellte, hat er nicht ein einziges Mal -diesen Beschluß erwähnt. -</p> - -<p> -3. Hinweis auf die Terrorgruppe Semjonow, -die von Z.K.-Mitgliedern Aufträge -erhielt. -</p> - -<p> -4. Als erwiesen wird angesehen, daß diese -Gruppe von den Z.K.-Mitgliedern Gotz und -Donskoi Weisungen erhielt und auf Befehl -des Z.K. oder einer Gruppe von Z.K.-Mitgliedern -handelte. -</p> - -<p> -5. Die Z.K.-Mitglieder Gotz, Donskoj, Gerstejn -und der Bevollmächtigte des Z.K. -Rabinowitsch nahmen an der Organisation -terroristischer Aktionen, Expropriationen und -Sprengungen teil. Die Z.K.-Mitglieder Timofejew, -Iwanow, H. Ratner und Wedenjapin -hatten wenigstens teilweise von dieser -Tätigkeit Kenntnis. -</p> - -<p> -<a id="page-133" class="pagenum" title="133"></a> -6. Die Ermordung des Genossen Wolodarski, -das Attentat auf den Genossen Lenin, -das Attentat auf den Eisenbahnzug des Genossen -Trotzki wurde durch die Kampforganisation -der Partei organisiert. Der Mörder des -Genossen Wolodarski, Sergejew und die -Attentäterin auf den Genossen Lenin, F. -Kaplan, waren Mitglieder dieser Organisation -und der S.R. Partei. -</p> - -<p> -7. Diese Kampforganisation beging eine -Reihe von Expropriationen, das auf der -Station Buij von Angestellten des Ernährungskommissariats -entnommene Geld im -Betrage von ungefähr einer Million Rubel -wurde auf Beschluß des Z.K. in seine Kasse -eingezahlt. -</p> - -<p> -8. Der Agent der französischen Mission für -Sprengungen, Henry Virtimon, stand mit -dem Z.K. und mit Timofejew in enger Verbindung -und erwies der Sprengungsgruppe -des Z.K. eine materielle Unterstützung. -Timofejew hielt die Annahme dieser Unterstützung -für unbedenklich. -</p> - -<p> -9. Die Teilnahme aller Mitglieder des Z.K. -an dieser verbrecherischen Tätigkeit ist bewiesen -worden. Die Teilnahme der Z.K.-Mitglieder -und anderer Parteimitglieder an -den terroristischen Aktionen, Expropriationen -und an der Sprengungsarbeit wird in bezug -auf jeden Angeklagten einzeln festgestellt. -</p> - -<p> -<a id="page-134" class="pagenum" title="134"></a> -Das Tribunal kam für die einzelnen Angeklagten -zu folgenden Feststellungen: -</p> - -<p> -Gotz, Wedenjapin, Hendelmann, Donskoi, -Gerstein, Lichatsch, Iwanow, Ratner-Elkind, -Rakow, Federowitsch, Timofejew waren Mitglieder -des Z.K. der S.R. Partei, deren Ziel -der Sturz der Arbeiter- und Bauernregierung -war, die Hochverrat im Bunde mit fremden -Mächten beging, Verträge verletzte, die die -Sowjetrepublik abgeschlossen hatte, und Gebiete -von der Republik abzutrennen suchte. -Gotz, Donskoi und Gerstein leiteten die -Tätigkeit terroristischer Terrorgruppen, die -Attentate auf Lenin und Trotzki planten und -Wolodarski töteten. Timofjejew, Iwanow, -H. Ratner, Wedenjapin sind als Mitwisser zu -verurteilen; ferner empfingen sie Gelder, die -in einem staatlichen Büro geraubt waren. -Donskoi war Anstifter dieses Raubes. Endlich -unterhielten sie Beziehungen zu ausländischen -Staaten, die sich mit der Sowjetrepublik -im Kriegszustand befanden! Sie -leiteten Sprengungsarbeiten. -</p> - -<p> -Artemjew, Morosow und G. Ratner waren -Mitglieder des Moskauer Büros der Z.K. und -führten mit einigen Mitgliedern des Z.K. die -ganze Tätigkeit der Partei auf dem Gebiete -der Arbeiter- und Bauernregierung. Sie -haben von der Existenz der Semjonowschen -Kampfgruppe Kenntnis gehabt. -</p> - -<p> -<a id="page-135" class="pagenum" title="135"></a> -Agapow, Altowski, Liberow, Gorkow, -Lwow, Berg, Slobin, H. Iwanowa und Utgoff -waren Mitglieder verschiedener führender -Organe der S.R. Partei und vollzogen die -Direktiven ihres Zentralkomitees; außerdem -leitete Agapow die Sprengungsgruppe des -Z.K., die für Sprengungen, Brandstiftungen -und Zerstörung der Verkehrswege zu gegenrevolutionären -Zwecken organisiert wurde. -</p> - -<p> -Semjonow, Konopljewa, H. Iwanowa, Ussow, -Subkow, Fedorow-Koslow, Jefimow, Pelewin -nahmen an der Tätigkeit der Kampfgruppe -des Z.K. teil, die terroristische Aktionen -gegen die Führer der proletarischen Revolution, -bewaffnete Überfälle und bewaffnete -Plünderungen zugunsten der S.R. Partei ausführte, -wobei Semjonow der Führer dieser -Gruppe war, und Semjonow, Konopljewa und -Iwanowa für ihre Verbindung mit dem Z.K. -sorgten. Stawskaja trat später in die erwähnte -Gruppe ein, nahm aber an ihrer Tätigkeit -keinen tatsächlichen Anteil. -</p> - -<p> -Daschewski leitete die militärische Organisation -der S.R. Partei, wofür er amnestiert -wurde; außerdem aber half er der Ausführerin -des Attentates auf Genossen Lenin, dem -Mitglied der S.R. Partei, Fanny Kaplan, bei -ihrem Eintritt in die Semjonowsche Kampfgruppe -und hatte von der Existenz dieser -Gruppe Kenntnis. -</p> - -<p> -<a id="page-136" class="pagenum" title="136"></a> -Ignatjew war Mitglied des Z.K. der Volkssozialistischen -Partei und handelte in unmittelbarer -Verbindung mit den Mitgliedern -des Z.K. der S.R. Partei; nahm bis zu seiner -Verhaftung an der gegenrevolutionären Tätigkeit -zum Sturze der Sowjetmacht teil, trat -dem Komitee zur „Rettung des Vaterlandes -und der Revolution“ bei, beteiligte sich an -der Tätigkeit dieser Organisation gegen die -Sowjetmacht, setzte sich mit den gegenrevolutionären -Organisationen Filonenkos und -Iwanows und mit der militärischen Kommission -der S.R. Partei in Verbindung, trat -in den Kriegsstab des Verbandes der Wiedergeburt -ein, wohnte den Sitzungen des politischen -Zentrums des Verbandes der Wiedergeburt -bei und leitete die gegenrevolutionären -Aktionen in Wologda. Er setzte sich außerdem -mit den Vertretern der verbündeten -Missionen und weißgardistischen Organisationen -in Verbindung, um die Sowjetmacht -zu stürzen. -</p> - -<p> -Demzufolge verfügt das Tribunal: -</p> - -<p> -1. G. M. Ratner freizusprechen. -</p> - -<p> -2. J. W. Moratschewski wegen Mangel an -Beweisen freizusprechen. -</p> - -<p> -3. Die Schuld der Angeklagten F. J. -Stawskaja gemäß Paragraph 213 des Strafgesetzbuches -(Kriegsspionage) als unbewiesen -zu betrachten. -</p> - -<p> -<a id="page-137" class="pagenum" title="137"></a> -Das Tribunal verurteilt: -</p> - -<p> -4. P. W. Slobin, in Anbetracht des unbedeutenden -Umfanges seiner gegenrevolutionären -Tätigkeit, seiner Nichtteilnahme an -der illegalen Tätigkeit der S.R. Partei während -der letzten Zeit, seiner gutgesinnten -Arbeit in den Sowjetbehörden, auf Grund des -Paragraphen 60 des Strafgesetzbuches mit -Anwendung des Paragraphen 28 zu zwei -Jahren Kerkerstrafe bei strenger Einzelhaft -und Zwangsarbeit unter Anrechnung der -Untersuchungshaft. -</p> - -<p> -5. G. R. Gorkow-Dobrolubow, in Anbetracht -des unbedeutenden Umfanges seiner -gegenrevolutionären Tätigkeit und seiner -prinzipiell ablehnenden Haltung zum bewaffneten -Kampfe, auf Grund des Paragraphen -60 mit Anwendung des Paragraphen -28 zu drei Jahren Kerkerstrafe bei strenger -Einzelhaft, Zwangsarbeit, unter Anrechnung -der Untersuchungshaft. -</p> - -<p> -6. W. R. Utgoff-Deruschinski, J. S. Berg -und M. L. Lwow auf Grund des Paragraphen -16, aber in Anbetracht des unbedeutenden -Umfanges ihrer gegenrevolutionären Handlungen, -zu fünf Jahren Kerkerstrafe bei -strenger Einzelhaft und Zwangsarbeit, unter -Anrechnung der Untersuchungshaft. -</p> - -<p> -7. P. N. Pelewin auf Grund der Paragraphen -76 und 68 zu drei Jahren Kerkerstrafe -<a id="page-138" class="pagenum" title="138"></a> -bei strenger Einzelhaft und Zwangsarbeit -unter Anrechnung der Untersuchungshaft. -</p> - -<p> -8. K. A. Usow, F. W. Subkow und F. F. -Federow-Koslow auf Grund der Paragraphen -64, 76 und 68, Subkow außerdem auch auf -Grund des Paragraphen 65, in Anbetracht -der Größe ihres Verbrechens, aber mit Rücksicht -darauf, daß sie keine führende Rolle gespielt -haben und mit Rücksicht auf ihre proletarische -Abstammung zu fünf Jahren Kerkerstrafe -bei strenger Einzelhaft und Zwangsarbeit -unter Anrechnung der Untersuchungshaft. -</p> - -<p> -9. P. T. Jefimow auf Grund der Paragraphen -64, 76 und 68 zu zehn Jahren Kerkerstrafe -bei strenger Einzelhaft und Zwangsarbeit, -unter Anrechnung der Untersuchungshaft. -</p> - -<p> -10. A. W. Liberow und N. I. Artemjew auf -Grund des Paragraphen 60 zu zehn Jahren -Kerkerstrafe bei strenger Einzelhaft und -Zwangsarbeit, unter Anrechnung der Untersuchungshaft. -</p> - -<p> -11. D. F. Rakow, F. F. Federowitsch und -M. A. Wedenjapin auf Grund der Paragraphen -57, 58, 60, 62 und 65, ungeachtet -dessen, daß sie Mitglieder des Z.K. sind, mit -Rücksicht auf ihr Schlußwort, zu zehn Jahren -Kerkerstrafe bei strenger Einzelhaft und -<a id="page-139" class="pagenum" title="139"></a> -Zwangsarbeit unter Anrechnung der Untersuchungshaft. -</p> - -<p> -12. A. R. Gotz, D. D. Donskoj, B. J. Gerstejn, -M. J. Hendelmann-Grabowski, M. A. -Lichatsch, N. N. Iwanow, E. M. Ratner-Elkind, -E. M. Timofejew, S. W. Morosow, -W. W. Agapow, A. I. Altowski, W. I. Ignatjew, -G. I. Semenow, L. W. Konopljewa, -E. A. Iwanowa-Iwanowa – zum Tode durch -Erschießen. -</p> - -<p> -In Anbetracht dessen jedoch, daß Ignatjew -sich von seiner gegenrevolutionären Vergangenheit -unwiderruflich lossagte, der Sowjetmacht -dient und als sozial-ungefährliches -Element zu betrachten ist, wendet sich das -Tribunal auf Grund des Punktes 3 des Paragraphen -330 der Strafprozeßordnung an das -Präsidium des Allrussischen Zentral-Exekutivkomitees -mit dem Ersuchen, Ignatjew von -der Strafe zu befreien. -</p> - -<p> -Bezüglich Semjonow, Konopljewa, Jefimow, -Usow, Subkow, Federow-Koslow, Pelewin, -Stawskaja und Daschewski stellt das Tribunal -fest: diese Angeklagten haben sich beim -Begehen ihrer schweren Verbrechen wohlmeinend -irreführen lassen und nahmen an, -daß sie im Interesse der Revolution kämpften; -als sie aber die gegenrevolutionäre Rolle -der S.R. Partei begriffen, traten sie aus der -Partei und verließen das Lager der Feinde -<a id="page-140" class="pagenum" title="140"></a> -der Arbeiterklasse, in das sie durch einen -tragischen Zufall geraten sind. Die genannten -Angeklagten haben den ganzen Umfang der -Ungeheuerlichkeit ihrer Verbrechen erkannt. -Das Tribunal ist überzeugt, daß sie in den -Reihen der Arbeiterklasse mannhaft und -selbstlos für die Sowjetmacht gegen alle ihre -Feinde kämpfen werden, und ersucht auf -Grund des Punktes 3 des Paragraphen 330 -der Strafprozeßordnung das Präsidium des -Zentral-Exekutivkomitees um volles Erlassen -ihrer Strafe. -</p> - -<p> -Auf Grund des Paragraphen 42 des Strafgesetzbuches -verurteilt das Tribunal außerdem -die Angeklagten Artemjew, Wedenjapin, -Gorkow, Slobin, Lwow, Rokow, Federowitsch, -Utgow, Liberow, Berg zum Verlust -ihrer bürgerlichen Rechte, und zwar auf -Grund der Punkte a, b und c des Paragraphen -40 des Strafgesetzbuches, auf die Dauer von -fünf Jahren. -</p> - -<p> -Das Tribunal ordnet die Verhaftung der -Angeklagten Ignatjew, Konopljewa, Stawskaja, -Semjonow und Usow an. -</p> - -<p> -Die Beweisgegenstände und Dokumente -sind dem Archiv der Oktoberrevolution zu -übergeben. Die Kosten des gerichtlichen -Verfahrens trägt die Staatskasse. -</p> - -<p class="sign"> -Der Vorsitzende des Tribunals: G. P. Pjatakow.<br /> -Mitglieder: O. Karklin, A. Galkin. -</p> - -<p class="noindent"> -<a id="page-141" class="pagenum" title="141"></a> -Noch am gleichen Tage erscheint eine Verfügung -des Allrussischen Zentral-Exekutivkomitees, -in der es heißt: -</p> - -<p> -1. Das Urteil des Obersten Tribunals bezüglich -der Angeklagten Gotz, Donskoj, Gerstein, -Hendelmann-Grabowski, Lichatsch, -H. Iwanow, E. Ratner-Elkind, Timofejew, -Morosow, Agapow, Altowsky und E. Iwanow-Iwanowa -wird bestätigt, der Vollzug der -Strafe ist jedoch aufzuschieben. -</p> - -<p> -Wenn die Partei der Sozialrevolutionäre -ihre unterirdisch-verschwörerische, terroristische, -aufständische und Kriegsspionage-Tätigkeit -gegen die Sowjetmacht auch in der -Tat einstellt, wird sie dadurch auch jene ihre -führenden Mitglieder von der Todesstrafe befreien, -die in der Vergangenheit diese Tätigkeit -leiteten und selbst am Prozeß die Absicht -aussprachen, diese Tätigkeit auch in -der Zukunft fortzusetzen. -</p> - -<p> -Die Anwendung der Methoden des bewaffneten -Kampfes gegen die Arbeiter und -Bauernmacht durch die Partei der Sozialrevolutionäre -hingegen wird das unvermeidliche -Erschießen der verurteilten Aufwiegler -und Organisatoren gegenrevolutionärer Terroraktionen -und Aufstände nach sich ziehen. -</p> - -<p> -Sowohl die zum Tode Verurteilten, wie -auch die zu langfristiger Kerkerstrafe Verurteilten -verbleiben in strenger Haft. -</p> - -<p> -<a id="page-142" class="pagenum" title="142"></a> -2. Bezüglich Semjonow, Konopljewa, Jefimow, -Usow, Fedorow-Koslow, Pelewin, -Stawskaja, Daschewski und Ignatjew beschloß -das Präsidium des Allrussischen Zentral-Exekutiv-Komitees, -dem Ersuchen des -Obersten Tribunals über das völlige Erlassen -ihrer Strafe stattzugeben. -</p> - -<p> -Moskau, den 8. August 1922. -</p> - -<p class="sign"> -Vorsitzender des Allrussischen Zentral-Exekutiv-Komitees:<br /> -Gez. M. Kalinin. -</p> - -<p class="sign"> -Sekretär des Allrussischen Zentral-Exekutiv-Komitees:<br /> -Gez. A. Enukidze. -</p> - -<p class="noindent"> -Wenige Monate später wird das Todesurteil -überhaupt zurückgezogen, als Strafe -fünfzehnjährige Haft festgesetzt. 1924 wurde -das Urteil endgültig auf 5 Jahre Haft beschränkt. -Im Jahre 1927 sind sämtliche Angeklagten -in Freiheit, wenn nicht zuvor ein -internationaler Austausch der politischen Gefangenen -erfolgt ist. Es hängt von den westeuropäischen -Regierungen ab, ob diese Aktion -durchgeführt wird! -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Dies Urteil ist ein Friedensvertrag heutiger -Zeit. Mit seiner Ratifikation schließt eine -große Periode russischer Geschichte ab, die -<a id="page-143" class="pagenum" title="143"></a> -jedoch nicht nur die Geschichte der revolutionären -Bewegung des Proletariats geworden -ist, sondern zugleich auch die Geschichte der -Eroberung des Staatsapparates durch das -Proletariat. Erst seit diesem Prozeß ist ein -einheitliches proletarisches Rußland geschaffen; -die S.R. Partei hat nach diesem -Prozeß in Rußland jeden Boden verloren und -ihre illegale konspirative Tätigkeit eingestellt. -Außenpolitisch haben die Interventionsversuche -vorläufig einen Abschluß gefunden. -Soweit bekannt geworden ist, beschränkt -sich die S.R.-Presse der Emigranten -auf den Papierkrieg gegen Sowjetrußland. -Der russischen Arbeiterregierung blieb -eine Atempause, in der sie ihren Staat ausbauen -konnte. -</p> - -<p> -So war dieser Prozeß mehr als ein politischer -Prozeß kriminellen Charakters. Nur so -läßt sich auch die tiefe Erregung erklären, -die seine Verhandlungen in Europa auslösten. -Noch einmal standen sich die Mächte -der Vergangenheit und Gegenwart gegenüber, -allerdings mit ungleichen Waffen. Nie ist so -klar geschieden worden: Vertreter des Proletariats -– Verführer des Proletariats. Der S.R.-Prozeß -war der Abschluß einer großen historischen -Epoche, aber er war zugleich eine -erste große öffentliche gerichtliche Abrechnung -jener Vertreter des Proletariats, die die -<a id="page-144" class="pagenum" title="144"></a> -Souveränität des Proletariats forderten, die -Klassenkampfauffassung bis in ihre letzten -Konsequenzen verfochten, während die S.R. -eine Volksgemeinschaft nach westeuropäischen -Prinzipien verlangten, in der die -Klassengegensätze verwischt werden. Der -neue Staat schloß diese Männer aus seiner -Gemeinschaft aus, für ihn waren sie Außenseiter, -für jene aber wie für die bürgerliche -Welt waren die Vertreter jenes Staatsprinzips -Außenseiter. So bekämpften sich zwei Welten. -Die Tragik der S.R. ruht in ihrer -Halbheit, ihrem Schwanken. -</p> - -<p> -Wir müssen noch einmal auf den Terror -zu sprechen kommen. Das Gericht gewann -die Überzeugung, daß die Partei einen gemeinsamen -Beschluß nicht gefaßt hat, es gab -Strömungen für und wider den Terror. Aber -selbst wenn man annehmen wollte, das Gericht -hätte sich geirrt und Gotz oder Donskoi -hätten wirklich nicht ihre Sanktion gegeben, -oder sie nur als Privatpersonen erteilt, -bleibt immer wieder die Frage offen: -aber weshalb rückte das Z.K. nicht von der -Terrorgruppe ab, weshalb erfolgte keine Mißbilligung -dieser Taten, weshalb gab man nur -öffentlich die Erklärung ab, die Partei sei an -den Taten nicht beteiligt?! Wie anders verhielten -sich die S.R. in der Zarenzeit! Da -verteilte man Flugblätter und verkündete das -<a id="page-145" class="pagenum" title="145"></a> -Todesurteil öffentlich, da ging man vor Gericht -und zur Hinrichtung wie ein Märtyrer, -ein Bote der Freiheit. Weshalb jetzt diese -Unklarheiten, diese Unaufrichtigkeit, dies -Leugnen, diese Widersprüche? Weil man mit -sich selbst im Hader lag und nicht mehr an -seinen Sieg glaubte. Gotz konnte kein vernichtenderes -Geständnis machen, als er das -Resumé der Tätigkeit seiner Partei zog: „Wir -hatten die Massen nicht hinter uns!“ -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Es ist immer gesagt worden, die Sowjetrepublik -hatte nicht das Recht, über die S.R. -zu Gericht zu sitzen; sie hatte durch die -„Neue ökonomische Politik“ das Recht verwirkt, -über Konterrevolutionäre zu richten. -Der Prozeß fand in einem Zeitpunkt statt, -in dem der Kriegskommunismus aufgegeben -und zu einer Art Staatssozialismus übergegangen -wurde. Aber gerade in dieser Zeit war -die Sowjetrepublik verpflichtet, die Grenzen -zwischen sich selbst und den Vertretern der -Demokratie scharf zu ziehen. Und bis zum -heutigen Tage sieht die kapitalistische Welt -im Außenhandelsmonopol das schwerste Hindernis -ihrer Expansions- und Kolonisationsbestrebungen -in Rußland, ein Hindernis, das -Austen Chamberlain nicht anders als durch -einen neuen „Heiligen Krieg“ überwinden zu -können glaubt. Die Republik hatte kein -<a id="page-146" class="pagenum" title="146"></a> -Recht, sich gegen eine Partei zu wehren, die -bis zum Tage der Verhandlungseröffnung alle -Hebel in Bewegung setzte, um die Republik -zu stürzen und dem europäischen Proletariat, -das immer stärker in die Defensive gedrängt -wurde, den letzten Rückhalt zu rauben?! -Der Staat sollte sich nicht gegen seine erbittertsten -Feinde wehren, deren Schlußwort -noch vor dem Tribunal lautete: „Wir werden -euch mit allen Mitteln bekämpfen!“? -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Auch die deutsche Republik hat Prozesse -gegen ihre Feinde führen müssen. Wir brauchen -hier nicht auseinanderzusetzen, wie der -Prozeß gegen Hitler, wie er gegen die sogenannte -Tscheka geführt wurde. Zwischen -Extremen schwankt die deutsche Justiz, nach -Willkür, nach Zeit; sie scheint subjektiv. In -denselben Tagen, in denen Rathenau ermordet -wurde, verhandelte man in Moskau -gegen die S.R. Im Rathenau-Prozeß wurde -an die Drahtzieher nicht gerührt, nie wurde -versucht, die Geldgeber festzustellen, nie -wurde das Netz von Verschwörercliquen zerstört, -nie wagte man sich an die wahren Auftraggeber -heran. Im S.R.-Prozeß spielten die -Attentäter die geringere Rolle – man drang -in die Hinterzimmer vor, man stieg in die Abgründe -und entdeckte die Auftraggeber in -<a id="page-147" class="pagenum" title="147"></a> -den Kabinetten der Ententemissionen, in den -geheimnisvollen Absteigequartieren der Mitglieder -des Z.K. der S.R. Im Hitler-Prozeß -sind nie gewisse Verbindungen zwischen Parteiführern -und Hitler enthüllt worden, die -Geldgeber blieben diskret hinter dem Vorhang -– Geld spielt in der bürgerlichen Welt -eine diskrete Rolle. Wie anders im S.R.-Prozeß! -Die ganze Front der Gegenrevolution -wird entlarvt, geheime Verbindungen werden -ans Licht gezogen, illegale Organisationen -festgestellt – es gab kein Geheimnis, -vor dessen Enträtselung man zurückschreckte, -nirgends ein Vertuschungsmanöver, nirgends -ein Versuch zu verschweigen, zu beschönigen. -Die Republik hatte ihre Feinde erkannt, entlarvt, -sie wollte sie vernichten. -</p> - -<p> -Das Oberste Tribunal war ein Klassengericht. -Daraus wurde kein Hehl gemacht. -Der Staatsgerichtshof der Deutschen Republik -tat sich etwas zugute auf seine Objektivität -und fällte seine Urteile im Interesse der -mächtigsten Klasse. Das Oberste Tribunal -hatte die Interessen der Schichten im Auge, -die der Staat repräsentierte. Der Staatsgerichtshof -entschied im Interesse der Mächte, -die den Staatsapparat wieder fest in ihre -Hand zu gewinnen suchten. Das Oberste -Tribunal wollte ein Klassengericht sein, der -Staatsgerichtshof ist es. Man braucht nicht -<a id="page-148" class="pagenum" title="148"></a> -immer erst zu bekennen, was man ist. Man -ist, was man ist. Das Wesen der Staatsform -deckt sich nicht immer mit den Interessen -der stärksten Mächte im Staate, in einer -Demokratie, der biegsamsten Form, nun -schon gar nicht, ja <em>sie</em> gerade liefert heterogensten -Machtgruppen je nach den Umständen -die besten Werkzeuge, so lange man -nicht wagt an den ökonomischen Grundlagen -zu rütteln. Die Bolschewiki haben -diese Grundlagen revolutioniert und eine -Einheit zwischen Staatsform und Klasseninteresse -geschaffen, die sich nicht je nach -den Umständen maskieren läßt. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -„Anfangs trat Mitjä dicht an Aljoscha -heran, und plötzlich küßte er ihn. Seine -Augen brannten. -</p> - -<p> -..., Aljoscha, ich habe in diesen zwei -letzten Monaten einen neuen Menschen in -mir entdeckt ... Dieser Mensch war immer -in mir verborgen, doch es wäre mir nie zum -Bewußtsein gekommen, daß ich ihn in mir -trug, wenn Gott nicht dieses Gewitter geschickt. -Unheimlich ist das Leben! ... Man -kann auch dort in den Erzgruben Sibiriens -neben sich in genau solch einem Zwangsarbeiter -und Mörder ein menschliches Herz -finden ... Und ihrer gibt es so viele dort unter -<a id="page-149" class="pagenum" title="149"></a> -der Erde, Hunderte, und wir alle haben -schuld an ihnen! ... Denn alle sind für alle -schuldig ... Und so gehe ich denn für alle, -denn irgend jemand muß doch für alle gehen! -Ich habe meinen Vater nicht erschlagen, -aber ich muß hingehen. Ich nehme es auf -mich!“ -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Gotz und Donskoi und Timofejew und die -anderen haben Wolodarski erschlagen lassen, -sie wollten die Revolution töten, aber sie -nahmen es nicht auf sich. Ihre Freunde im -Ausland schlossen sich zu konspirativen Umtrieben -zusammen, und als vor Gericht den -Angeklagten die Dokumente unterbreitet -wurden, nahmen sie es wieder nicht auf sich. -Aus falscher Solidarität, mehr noch vielleicht -aus Unvermögen, einen furchtbaren Konflikt -lösen zu können. „Sind die Dokumente -echt?“ fragten zweifelnd, zögernd die Gotz -und Timofejew. Lag nicht in dieser Frage -schon ein Geständnis? rückten sie nicht mit -ihr schon von den Auslandsdelegierten ihrer -Partei ab? Und dennoch zögerten sie, ein -entscheidendes Wort zu sagen. Die bürgerliche -Meinung hätte ihnen zugeschrien: Feiglinge, -Verräter. Vielleicht war diese Zwangslage -für die Angeklagten der ersten Gruppe -der furchtbarste seelische Konflikt. Das -<a id="page-150" class="pagenum" title="150"></a> -Material belastete die Partei vor den russischen -Arbeitern und Bauern am stärksten. -Nun stand ihre Partei so offensichtlich als die -Partei der Interventionsmethoden da – im -Bunde mit dem Ausland, den Mächten des -Versailler Vertrags, den erbittertsten Feinden -der Sowjetrepublik. Wer dachte nicht noch -schaudernd der Bürgerkriege, der gräßlichen -Kämpfe mit den Weißen auf allen Fronten; -und hatte nicht gerade dieser siegreiche -Kampf gegen Entente und Weiße die Masse -des Volkes geeint? Und nun war diese S.R. -Partei im Begriff, das Verbrechen wider die -Nation zu erneuern? und diese Angeklagten -rückten nicht von solchen Methoden ab?! -„Wir sind nicht für diese Umtriebe verantwortlich, -wir sitzen seit Jahr und Tag in -Haft.“ „Doch, ihr seid verantwortlich nach -den Grundsätzen der Kollektivität, nach der -Auffassung, daß die Geschichte der Menschheit -eine Geschichte der Klassenkämpfe ist. -Steht ihr diesseits oder jenseits der Barrikade?“ -</p> - -<p> -Und im bitteren Konflikt entschieden sich -die Angeklagten für ihren Untergang – vielleicht -waren sie dann „moralisch“ gerettet, -hatten sie moralisch gesiegt. So nahmen sie -es nicht auf sich. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -<a id="page-151" class="pagenum" title="151"></a> -Es gibt noch eine Stelle in den „Brüdern -Karamasoff“. Aljoscha verläßt Mitjä und -sucht Iwan auf, der es auf sich nahm und sich -als Mörder fühlte. -</p> - -<p> -„Iwan Fedorowitsch blieb plötzlich stehen. -</p> - -<p> -‚Wer ist denn deiner Meinung nach der -Mörder?‘ fragte er kalt, und es klang ein hochmütiger -Ton in seiner Frage. -</p> - -<p> -‚Du weißt es selbst, wer,‘ entgegnete Aljoscha -leise und ruhig ... -</p> - -<p> -Aljoscha fühlte, wie er plötzlich am ganzen -Körper zitterte. -</p> - -<p> -‚Du weißt es selbst, wer,‘ kam es kraftlos -aus ihm heraus. Er konnte kaum atmen. -</p> - -<p> -‚Aber wer denn, wer?‘ schrie ihn Iwan wild -auffahrend an. Seine ganze Zurückhaltung -war plötzlich verschwunden. -</p> - -<p> -‚Ich weiß nur das eine,‘ sagte Aljoscha -immer noch im selben kraftlosen betäubten -Flüsterton: ‚– <em>nicht du</em> hast den Vater erschlagen.‘ -</p> - -<p> -‚Nicht du!‘ Was heißt das, ‚nicht du?‘ -Iwan stand wie erstarrt vor seinem Bruder. -</p> - -<p> -‚Nicht du hast den Vater erschlagen, nicht -<em>du</em>, <em>nicht du</em>!‘ wiederholte Aljoscha fest. -</p> - -<p> -Sie schwiegen. Lange dauerte das Schweigen. -</p> - -<p> -‚Ich weiß es doch selbst, daß nicht ich es -getan habe, redest du im Fieber?‘ sprach -schließlich Iwan, und er lächelte ein bleiches, -verzerrtes Lächeln. -</p> - -<p> -<a id="page-152" class="pagenum" title="152"></a> -Er hatte sich mit den Blicken gleichsam -festgesogen an den Bruder. Sie standen -sich beide wieder bei einer Straßenlaterne -gegenüber. -</p> - -<p> -‚Nein, Iwan, du hast dir selbst wiederholt -gesagt, daß du der Mörder seiest!‘ -</p> - -<p> -‚Wann habe ich es gesagt? ... Ich war in -Moskau ... Wann habe ich es gesagt?!‘ -stotterte Iwan mit abirrendem Blick ... -</p> - -<p> -... ‚Du hast dich beschuldigt und hast dir -gesagt, daß der Mörder kein anderer sein -könne als du. Aber nicht du hast ihn erschlagen ...‘“ -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Der andere tragische Konflikt entspann -sich im Kampf zwischen den Angeklagten der -ersten und zweiten Gruppe. Die erste Gruppe -repräsentierte die Partei, wollte sie retten, -mußte sie retten, stand für sie. Um die Partei -ging der Kampf, um diese geschlagene, sterbende, -ja schon verwesende Partei. Deshalb -scheues Zurückziehen ins Zwielicht von -Höhlen, deshalb Zagen, Schwanken, Widersprüche. -Es ging im Grunde nie um Personen, -immer um Parteien. Die anderen -fühlten sich verraten, geopfert, mißbraucht, -irregeleitet. Sie waren überfahren worden -und wollten wieder aufstehen. Sie waren -immer die Aktiveren, Entschlosseneren gewesen, -<a id="page-153" class="pagenum" title="153"></a> -ja sie hatten die Partei vorwärts gedrängt, -ihr Impulse ins Blut gejagt, sie waren -der eigentliche handelnde Körper, dessen -Seele zermürbt und hoffnungslos war. Ihre -Einstellung gegen die Sowjets war vor allem -durch den Abschluß des Brester Friedens -bestimmt, der ja selbst in den Reihen der -Bolschewiki eine tiefgehende Krisis gezeitigt -hatte, die nur die Parteidisziplin wieder überwand. -Wir wissen, wie die Demütigung der -Nation die Gemüter bedrückt und verwirrt. -Der Brester Vertrag mußte doppelt schwer -empfunden werden: denn er war nicht nur die -Demütigung einer Nation durch die andere; -er war die Demütigung einer Klasse durch -die Klasse, die man eben im eigenen Lande -erst besiegt hatte – zum ersten Male in der -ganzen Geschichte der Menschheit – so entscheidend, -so wuchtig. Und nun stürzte man -wieder in den Abgrund. -</p> - -<p> -So läßt sich begreifen, weshalb alte Parteigenossen -sich von der Parole des Z.K. locken -ließen. Aber als immer deutlicher wurde, in -welche Abhängigkeit das Z.K. von der -Entente geriet, welche Ziele die Entente vor -allem in Rußland selbst verfolgte, gingen -jene „Einfachen“ mit sich zu Rate und verließen -ihre Partei: Diese Krisen und Wandlungen -lassen sich nicht mit „Gesinnungswechsel“ -bezeichnen. Die Russen stehen -<a id="page-154" class="pagenum" title="154"></a> -nicht so rasch auf dem Boden der Tatsachen. -Die europäische Flinkheit und demokratische -Geschäftigkeit ist für den Russen unbegreiflich. -Wer mit der Macht der Finsternis ringt, -kämpft lange mit sich selbst, bevor der neue -Mensch aus dem Chaos heraustritt. Im -Grunde tauchen alle Probleme der russischen -Literatur auf, wenn wir an diesen Wandlungsprozeß -der Angeklagten der zweiten Gruppe -denken. Sie fallen in Zweifel, sie hadern mit -sich selbst, sie beichten und werden „neue -Menschen“. Der Kampf zwischen den Angeklagtengruppen -nahm oft erbitterte Formen -an, aber nicht ein Mal ist dieser Kampf -zur Gemeinheit entartet; man würde im -Westen sofort bei ähnlichen Fällen beobachten, -wie man versuchen würde, die Schuld -abzuwälzen, sich nur als den Verführten -hinzustellen und im Gassenjungentone zu -schreien: „Ich bin es nicht gewesen“ – vielleicht -würde man sofort eine Dolchstoßlegende -erfinden. -</p> - -<p> -Die Angeklagten der zweiten Gruppe haben -nie ihre eigene Schuld in Abrede gestellt: Wir -haben gefehlt, wir haben getötet, wir haben -uns an der Revolution versündigt, straft uns. -</p> - -<p> -Die neue Gemeinschaft nahm sie auf. Es -ist eines ihrer schönsten und erhabensten -Prinzipien, den ehrlich Reuigen aufzunehmen. -Sie übte diesen Grundsatz vom ersten -<a id="page-155" class="pagenum" title="155"></a> -Tage ihrer Herrschaft. Der General Krasnow -hat solches Vertrauen bitter enttäuscht. -Semjonow, Ratner, Ignatiew, die Männer aus -dem Volke nicht. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Dieser Prozeß war die große Abrechnung -mit der Konterrevolution; er schied scharf -zwischen den Strömen, die noch die heutige -Menschheit durchfließen. Das Tribunal war -ganz bewußt das Organ einer siegreichen -Klasse. Der Prozeß erscheint deshalb so -kompliziert, weil es sich um eine Partei handelte, -die zwischen den Linien stand, und -deren tragischer Auflösungsprozeß in Europa -die Teilnahme aller Kreise und Parteien erregte, -die mißtrauisch, furchtsam, unsicher -und zermürbt nicht die Spannkraft besaßen, -mit tausendjährigen Traditionen zu brechen, -die sogar schon den Instinkt überwuchert und -infiziert haben. Auch der Besitzlose unterliegt -derselben Stimme der Verführung, die -den Besitzenden immer aufs Neue lockt, zur -Macht herausfordert und die wahre Gemeinschaft -unmöglich macht. Wie einst die -Jakobiner den Girondisten den Prozeß machten, -weil sie Feudalismus und Bourgeoisie zu -versöhnen suchten, standen sich jetzt Bolschewiki -und Sozialrevolutionäre gegenüber. Parteien -und Menschen, die sich um Ausgleiche -<a id="page-156" class="pagenum" title="156"></a> -bemühen, um den Weg nicht zu Ende gehen -zu müssen, verstricken sich in alle Wirrnisse, -die Verhältnisse dem Menschen bereiten -können. So erzeugt das Bündnis von Neigung -und Idee endlich sogar das kriminelle Verbrechen, -weil Tradition, Fehlschläge und -Minderwertigkeitsgefühle der Tat nicht mehr -das reine Antlitz zu verleihen mögen. Die -Bombe, die Alexander II. zerriß, wurde nicht -vom Mann mit gleichem Bewußtsein geworfen, -wie es jener besaß, der auf Wolodarski -schoß. Der Held wird zum Verbrecher, die -Partei ist gerichtet, und die Einheit der werktätigen -Masse unter zielbewußter Führung -ist geschaffen. -</p> - -<p class="tb"> - -</p> - -<p class="noindent"> -Alle Konflikte und Fragen, die seit 1914 die -Welt bewegten und aus den Fugen brachten, -wirbelte der Prozeß auf: die Tendenzen der -imperialistischen Mächte, ihre Absichten, Rußland -zur Kolonie zu machen – also das ganze -Problem der Akkumulation des Kapitals. -Lenins These, der Weltkrieg müsse unbedingt in -die soziale Revolution umschlagen und mit der -Eroberung des Staatsapparates durch das -Proletariat enden. Die Frage: Demokratie -oder Diktatur, Parlament oder Räte. Die -Frage: Masse und Partei, Masse und Revolution. -Die Haltung des Kleinbürgertums. Die -<a id="page-157" class="pagenum" title="157"></a> -lavierenden arbeiterfreundlichen Parteien. -Die Legitimität einer revolutionären Regierung. -Die Mittel und Methoden des revolutionären -Kampfes: individueller oder Massenterror. -</p> - -<p> -Es war bezeichnend: Die bürgerliche Gesellschaft -empfand diesen Prozeß als eine -Provokation und einen Schlag ins Gesicht. -Sie sprach schon dem Staate des Proletariats -jede Existenzberechtigung ab; da er -nun existierte, nach fünf Jahren, trotz aller -Interventionen und Verleumdungskampagnen -immer noch existierte, während die revolutionäre -Bewegung in den bürgerlichen -Ländern vom Wellenkamm immer tiefer -hinab fiel, versuchte man zähneknirschend -die Rechtsformalitäten zu kritisieren und -sprach dem Staate des Proletariats jede -Berechtigung ab, sich nicht nur überhaupt -zu verteidigen, sondern auch zu -richten. Der alte warnende Satz, „Richtet -nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet!“ -wurde wutschnaubend von der ohnmächtigen -bürgerlichen Presse hervorgestoßen. So kam -es, daß sachliche Meldungen über den Verhandlungsstoff -als solchen überhaupt nicht in -die bürgerliche Öffentlichkeit drangen. Man -lehnte das Gericht ab, man fühlte sich mit -den S.R. verbunden, sah in ihnen Bundesgenossen, -Sachwalter, Märtyrer. Wie hätte -<a id="page-158" class="pagenum" title="158"></a> -man über ihre „Verbrechen“ sprechen können, -die in den Augen der bürgerlichen Gesellschaft -Heldentaten gewesen waren. Die -bürgerliche Gesellschaft aber rechtfertigte -durch ihre Sympathiebeweise nun erst recht -die Strenge des Gerichts. Das Oberste -Tribunal hat zuletzt nicht einmal so sehr die -Mittel verurteilt, deren sich die S.R. in -ihrem Kampf gegen die Sowjets bedient -hatten. Es kam vielmehr auf das Ziel an. -Und das Ziel der S.R. war die Erhaltung der -bürgerlichen Gesellschaft, der elastischen -demokratischen Staatsform, der kapitalistischen -ökonomischen Verhältnisse; für die -Bolschewiki aber galten noch jene Worte, die -Wilhelm Liebknecht ein Jahr vor seinem -Tode geschrieben hat: „Ein Sozialist, der in -eine Bourgeoisieregierung eintritt, geht entweder -zum Feind über oder er gibt sich in die -Gewalt des Feindes. Er mag sich für einen -Sozialisten halten, ist es aber nicht mehr; er -kann von seiner Ehrlichkeit überzeugt sein, -aber dann hat er nicht das Wesen des Klassenkampfes -begriffen – nicht begriffen, daß -der Sozialismus den Klassenkampf zur Grundlage -hat.“ Gotz hatte in seiner letzten Rede -vor dem Tribunal behauptet, im Oktober -hätten Arbeiter auf beiden Seiten der Barrikade -gekämpft. Wilhelm Liebknecht hätte -ihm entgegengehalten: „Ich bin für die Einheit -<a id="page-159" class="pagenum" title="159"></a> -der Partei – aber es muß die Einheit des -Sozialismus und der Sozialisten sein. Die -Einheit mit Gegnern, mit Leuten, die andere -Ziele und andere Interessen haben, ist keine -sozialistische Einheit. Die Internationale -Arbeiter-Assoziation hat deshalb den Arbeitern -gepredigt: Die Befreiung der Arbeiterklasse -kann nur das Werk der Arbeiter selbst -sein.“ -</p> - -<div class="chapter"> - -<h2 class="appendix" id="part-2"> -<a id="page-160" class="pagenum" title="160"></a> -ANHANG. -</h2> - -</div> - -<h3 class="section" id="chapter-2-1"> -Überblick über die Tätigkeit der S.R. in -den Jahren 1917-1922. -</h3> - -<p class="noindent"> -Nach der Abdankung Nikolaus’ II. gelangen -die S.R. zur Macht. Kerenski ist ein -S.R. Der Landwirtschaftsminister der Provisorischen -Regierung – Viktor Michailowitsch -Tschernow – ist einer der bekanntesten -Führer und Theoretiker der S.R. Die -Provisorische Regierung setzt den Krieg -gegen Deutschland fort, trotzdem Tschernow -an der Zimmerwalder Konferenz teilgenommen -hatte. Am 7. November 1917 wird die -Kerenski-Regierung durch die Bolschewiki -gestürzt. -</p> - -<p> -Im Augenblick <em>der Oktoberumwälzung -gibt</em> in Moskau die Stadtverordnetenversammlung, -die eine starke S.R.-Mehrheit -hatte, den Offiziersschülern den Befehl: <em>Mit -den Waffen in der Hand gegen die Arbeiter! -Nach der Niederlage der Offiziersaspiranten -in Petersburg sind es -die S.R. Gotz und Kerenski, die die -<a id="page-161" class="pagenum" title="161"></a> -Kosakenschwadronen des Zarengenerals -Krasnow gegen die Hauptstadt der -Revolution anrücken lassen.</em> -</p> - -<p> -<em>Im selben Jahre 1917 treten die S.R. -in Verbindung mit einer Weißgardisten-Organisation -(Filonenko). Gleichzeitig -agitieren die S.R. unter den städtischen -kleinbürgerlichen Schichten für -die Sabotage der Sowjetmacht in -den Betrieben und Fabriken und für -Streiks.</em> -</p> - -<h3 class="section" id="chapter-2-2"> -1918. -</h3> - -<p class="noindent"> -<em>Am 5. Januar 1918 eröffnete die Konstituierende</em> -Versammlung ihre Session; -über <em>die Hälfte der Mitglieder waren -S.R.</em> Am 8. Januar wurde der dritte allrussische -<em>Rätekongreß</em>, mit einer überwiegenden -Mehrheit von <em>Bolschewiki</em> (<em>Kommunisten</em>), -eröffnet. Die der Arbeiter- und -Bauernregierung feindlich gesinnte Konstituierende -Versammlung wird aufgelöst. Die -<em>S.R. beginnen den bewaffneten Kampf</em> -gegen die Sowjetmacht. In diese Zeit fällt die -Hilfe der S.R. für General Krasnow, ferner -bricht in diesem Jahre der Aufstand der -tschechoslowakischen Truppen (der ehemaligen -Kriegsgefangenen des Zarenheeres) aus, -mit denen zwei S.R.-„Regierungen“ – die -<a id="page-162" class="pagenum" title="162"></a> -fern-ostasiatische und die westsibirische -durch Vermittlung des englischen Obersten -Hodgson, durch den General Horvat und -durch japanische Diplomaten Verhandlungen -führten, um die Revolution zu zertreten. -</p> - -<p> -Dann organisierten die S.R. die Rumpf-„Nationalversammlung“ -in Samara. Auf Befehl -des französischen Botschafters am Zarenhof, -Noulens, zahlte die französische Botschaft -an die S.R. Gotz, Timofejew und andere -Gelder zur Aushaltung der Samaraer -„Konstituante“. -</p> - -<p> -Die Sozialrevolutionärin Kaplan verwundet -Lenin schwer mit einer vergifteten Kugel. -</p> - -<p> -Der S.R. Ssergejew erschießt Wolodarskij. -</p> - -<p> -Die Kampforganisation der S.R. organisiert -Attentate auf Trotzki und Sinowjew. -</p> - -<p> -Von der Militärorganisation der S.R. wird -in den Reihen der Roten Armee Spionage -getrieben. Die S.R. führten „Expropriationen“ -aus. In Petersburg wurde das Volksernährungskommissariat -beraubt, in Moskau -das Postamt Nr. 9, in Kaluga (südlich -Moskau) wurde die Beraubung des Gouvernements-Ernährungskomitees -versucht usw. -</p> - -<p> -Als General Denikin nahe vor Tula (unweit -Moskau im Süden) stand und Koltschak auf -Tjümenj (Ostural) rückte, erläßt das Zentralkomitee -der S.R. einen Aufruf an die Arbeiter, -daß Denikin auf der Spitze seiner -<a id="page-163" class="pagenum" title="163"></a> -Schwerter die Reaktion gegen die Arbeiter -trage usw. In Wirklichkeit bevollmächtigt -das Z.K. gleichzeitig seine Mitglieder, Donskoj -und Daschjewskij, mit Denikin in Unterhandlungen -zu treten. -</p> - -<p> -<em>Außerdem verbreitet die Zentrale -der S.R. Partei in den Reihen der Rotarmisten -eine Proklamation, mit der -Aufforderung, die Kampffronten gegen -Denikin und Koltschak zu verlassen.</em> -</p> - -<h3 class="section" id="chapter-2-3"> -1920. -</h3> - -<p class="noindent"> -Im Jahre 1920 organisieren die S.R. einen -„Bund der werktätigen Bauernschaft“, sie -organisieren einen Bauernaufstand im Bezirk -Tambow (südöstlich Moskau), an dessen -Spitze der Bandenführer Antonow steht; -Aufstände in Sibirien und an der Schwarzen -Meer-Küste. -</p> - -<h3 class="section" id="chapter-2-4"> -1921. -</h3> - -<p class="noindent"> -<em>In Paris organisierten die S.R. -Tschernow, Kerenski, Awksentiew gemeinsam -mit den Kadetten das „Komitee -der Mitglieder der Konstituante“.</em> -</p> - -<p> -Der Aufstand in Kronstadt wird von den -S.R. mit allen Mitteln unterstützt. -</p> - -<p> -Tätigkeit des „Administrativen Zentrums“; -Gründung von Geheimorganisationen; Vorbereitungen -im Kaukasus. -</p> - -<div class="ads chapter"> -<p class="ser"> -<span class="line1">In der Sammlung</span><br /> -<span class="line2">AUSSENSEITER DER GESELLSCHAFT</span><br /> -<span class="line3">– DIE VERBRECHEN DER GEGENWART –</span><br /> -<span class="line4">sind bis jetzt folgende Bände erschienen:</span> -</p> - - <div class="table"> - <div class="volumes"> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 1: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">ALFRED DÖBLIN</span><br /> -<span class="line2">DIE BEIDEN FREUNDINNEN UND IHR GIFTMORD</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 2: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">EGON ERWIN KISCH</span><br /> -<span class="line2">DER FALL DES GENERALSTABSCHEFS REDL</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 3: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">EDUARD TRAUTNER</span><br /> -<span class="line2">DER MORD AM POLIZEIAGENTEN BLAU</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 4: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">ERNST WEISS</span><br /> -<span class="line2">DER FALL VUKOBRANKOVICS</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 5: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">IWAN GOLL</span><br /> -<span class="line2">GERMAINE BERTON</span><br /> -<span class="line3">DIE ROTE JUNGFRAU</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 6: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">THEODOR LESSING</span><br /> -<span class="line2">HAARMANN, DIE GESCHICHTE EINES WERWOLFS</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 7: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">KARL OTTEN</span><br /> -<span class="line2">DER FALL STRAUSS</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 8: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">ARTHUR HOLITSCHER</span><br /> -<span class="line2">DER FALL RAVACHOL</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 9: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">LEO LANIA</span><br /> -<span class="line2">DER HITLER-LUDENDORFF-PROZESS</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 10: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">FRANZ THEODOR CSOKOR</span><br /> -<span class="line2">SCHUSS INS GESCHAEFT</span><br /> -<span class="line3">DER FALL OTTO EISSLER</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 11: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">THOMAS SCHRAMEK</span><br /> -<span class="line2">FREIHERR VON EGLOFFSTEIN</span><br /> -<span class="line3">Mit einem Vorwort von ALBERT EHRENSTEIN</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 12: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">KURT KERSTEN</span><br /> -<span class="line2">DER MOSKAUER PROZESS GEGEN DIE SOZIALREVOLUTIONÄRE 1922</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 13: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">KARL FEDERN</span><br /> -<span class="line2">DER PROZESS MURRI-BONMARTINI</span> -</p> - - </div> - <div class="r"> -<p class="v"> -Band 14: -</p> - -<p class="t"> -<span class="line1">HERMANN UNGAR</span><br /> -<span class="line2">DIE ERMORDUNG DES HAUPTMANNS HANIKA</span> -</p> - - </div> - </div> - </div> -<p class="s c"> -Ferner erscheinen noch Bände von: -</p> - -<p class="c"> -HENRI BARBUSSE, MARTIN BERADT, MAX BROD, -E. I. GUMBEL, WALTER HASENCLEVER, GEORG -KAISER, OTTO KAUS, THOMAS MANN, LEO MATTHIAS, -EUGEN ORTNER, JOSEPH ROTH, RENE -SCHICKELE, JAKOB WASSERMANN, ALFRED -WOLFENSTEIN. -</p> - -</div> - -<div class="frontmatter chapter"> -<p class="printer"> -OHLENROTH’SCHE BUCHDRUCKEREI ERFURT -</p> - -</div> - -<div class="trnote chapter"> -<p class="transnote"> -Anmerkungen zur Transkription -</p> - -<p class="skip_in_txt"> -Das Cover wurde vom Bearbeiter den ursprünglichen -Bucheinbänden der Serie nachempfunden und der <i>public domain</i> zur Verfügung gestellt. -</p> - -<p> -Die kräftig variierende Transliteration russischer Namen wurde beibehalten. Der Name -Семёнов kann so z. B. als Semjonow, Ssemjonow oder Semenow auftauchen. Hier ist eine -Liste der am häufigsten gefundenen Varianten: -</p> - -<p class="list"> -Altowski, Altowsky<br /> -Awksentijew, Awksentiew, Awxentijew<br /> -Daschewski, Daschjewskij<br /> -Dobroljubow, Dobrolubow<br /> -Donskoj, Donskoi<br /> -Elkind, Eljkind<br /> -Eugenia, Eugenie<br /> -Fanny, Fanni<br /> -Fedorowitsch, Federowitsch<br /> -Fjedorow, Fedorow, Federow<br /> -Gerstejn, Gerstein<br /> -Grigorij, Grigori<br /> -Ignatjew, Ignatiew<br /> -Konoplewa, Konopleva, Konopljewa<br /> -Koslow, Kozlow<br /> -Lew, Lev<br /> -Michailowitsch, Michajlowitsch<br /> -Murawjew, Murawiew<br /> -Nishnij, Nishni<br /> -Sawinkow, Savinkow<br /> -Semjonow, Ssemjonow, Semenow<br /> -Sergejew, Ssergejew<br /> -Timofejew, Timofjejew<br /> -Utgow, Utgoff<br /> -Wolodarskij, Wolodarski -</p> - -<p class="noindent"> -Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. -Weitere Änderungen sind hier aufgeführt (vorher/nachher): -</p> - - - -<ul> - -<li> -... wurde abgelehnt; die Resolution <span class="underline">Tschernow</span> ...<br /> -... wurde abgelehnt; die Resolution <a href="#corr-70"><span class="underline">Tschernows</span></a> ...<br /> -</li> -</ul> -</div> - - -<div lang='en' xml:lang='en'> -<div style='display:block; margin-top:4em'>*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK <span lang='de' xml:lang='de'>DER MOSKAUER PROZESS GEGEN DIE SOZIALREVOLUTIONÄRE 1922. REVOLUTION UND KONTERREVOLUTION</span> ***</div> -<div style='text-align:left'> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Updated editions will replace the previous one—the old editions will -be renamed. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg™ electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG™ -concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, -and may not be used if you charge for an eBook, except by following -the terms of the trademark license, including paying royalties for use -of the Project Gutenberg trademark. If you do not charge anything for -copies of this eBook, complying with the trademark license is very -easy. You may use this eBook for nearly any purpose such as creation -of derivative works, reports, performances and research. Project -Gutenberg eBooks may be modified and printed and given away—you may -do practically ANYTHING in the United States with eBooks not protected -by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the trademark -license, especially commercial redistribution. -</div> - -<div style='margin-top:1em; font-size:1.1em; text-align:center'>START: FULL LICENSE</div> -<div style='text-align:center;font-size:0.9em'>THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE</div> -<div style='text-align:center;font-size:0.9em'>PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -To protect the Project Gutenberg™ mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase “Project -Gutenberg”), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg™ License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license. -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg™ electronic works -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg™ -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all -the terms of this agreement, you must cease using and return or -destroy all copies of Project Gutenberg™ electronic works in your -possession. If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a -Project Gutenberg™ electronic work and you do not agree to be bound -by the terms of this agreement, you may obtain a refund from the person -or entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.B. “Project Gutenberg” is a registered trademark. It may only be -used on or associated in any way with an electronic work by people who -agree to be bound by the terms of this agreement. There are a few -things that you can do with most Project Gutenberg™ electronic works -even without complying with the full terms of this agreement. See -paragraph 1.C below. There are a lot of things you can do with Project -Gutenberg™ electronic works if you follow the terms of this -agreement and help preserve free future access to Project Gutenberg™ -electronic works. See paragraph 1.E below. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.C. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation (“the -Foundation” or PGLAF), owns a compilation copyright in the collection -of Project Gutenberg™ electronic works. Nearly all the individual -works in the collection are in the public domain in the United -States. If an individual work is unprotected by copyright law in the -United States and you are located in the United States, we do not -claim a right to prevent you from copying, distributing, performing, -displaying or creating derivative works based on the work as long as -all references to Project Gutenberg are removed. Of course, we hope -that you will support the Project Gutenberg™ mission of promoting -free access to electronic works by freely sharing Project Gutenberg™ -works in compliance with the terms of this agreement for keeping the -Project Gutenberg™ name associated with the work. You can easily -comply with the terms of this agreement by keeping this work in the -same format with its attached full Project Gutenberg™ License when -you share it without charge with others. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.D. The copyright laws of the place where you are located also govern -what you can do with this work. Copyright laws in most countries are -in a constant state of change. If you are outside the United States, -check the laws of your country in addition to the terms of this -agreement before downloading, copying, displaying, performing, -distributing or creating derivative works based on this work or any -other Project Gutenberg™ work. The Foundation makes no -representations concerning the copyright status of any work in any -country other than the United States. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.E. Unless you have removed all references to Project Gutenberg: -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.E.1. The following sentence, with active links to, or other -immediate access to, the full Project Gutenberg™ License must appear -prominently whenever any copy of a Project Gutenberg™ work (any work -on which the phrase “Project Gutenberg” appears, or with which the -phrase “Project Gutenberg” is associated) is accessed, displayed, -performed, viewed, copied or distributed: -</div> - -<blockquote> - <div style='display:block; margin:1em 0'> - This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most - other parts of the world at no cost and with almost no restrictions - whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms - of the Project Gutenberg License included with this eBook or online - at <a href="https://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. If you - are not located in the United States, you will have to check the laws - of the country where you are located before using this eBook. - </div> -</blockquote> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.E.2. If an individual Project Gutenberg™ electronic work is -derived from texts not protected by U.S. copyright law (does not -contain a notice indicating that it is posted with permission of the -copyright holder), the work can be copied and distributed to anyone in -the United States without paying any fees or charges. If you are -redistributing or providing access to a work with the phrase “Project -Gutenberg” associated with or appearing on the work, you must comply -either with the requirements of paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 or -obtain permission for the use of the work and the Project Gutenberg™ -trademark as set forth in paragraphs 1.E.8 or 1.E.9. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.E.3. If an individual Project Gutenberg™ electronic work is posted -with the permission of the copyright holder, your use and distribution -must comply with both paragraphs 1.E.1 through 1.E.7 and any -additional terms imposed by the copyright holder. Additional terms -will be linked to the Project Gutenberg™ License for all works -posted with the permission of the copyright holder found at the -beginning of this work. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.E.4. Do not unlink or detach or remove the full Project Gutenberg™ -License terms from this work, or any files containing a part of this -work or any other work associated with Project Gutenberg™. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.E.5. Do not copy, display, perform, distribute or redistribute this -electronic work, or any part of this electronic work, without -prominently displaying the sentence set forth in paragraph 1.E.1 with -active links or immediate access to the full terms of the Project -Gutenberg™ License. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.E.6. You may convert to and distribute this work in any binary, -compressed, marked up, nonproprietary or proprietary form, including -any word processing or hypertext form. However, if you provide access -to or distribute copies of a Project Gutenberg™ work in a format -other than “Plain Vanilla ASCII” or other format used in the official -version posted on the official Project Gutenberg™ website -(www.gutenberg.org), you must, at no additional cost, fee or expense -to the user, provide a copy, a means of exporting a copy, or a means -of obtaining a copy upon request, of the work in its original “Plain -Vanilla ASCII” or other form. Any alternate format must include the -full Project Gutenberg™ License as specified in paragraph 1.E.1. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying, -performing, copying or distributing any Project Gutenberg™ works -unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.E.8. You may charge a reasonable fee for copies of or providing -access to or distributing Project Gutenberg™ electronic works -provided that: -</div> - -<div style='margin-left:0.7em;'> - <div style='text-indent:-0.7em'> - • You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from - the use of Project Gutenberg™ works calculated using the method - you already use to calculate your applicable taxes. The fee is owed - to the owner of the Project Gutenberg™ trademark, but he has - agreed to donate royalties under this paragraph to the Project - Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments must be paid - within 60 days following each date on which you prepare (or are - legally required to prepare) your periodic tax returns. Royalty - payments should be clearly marked as such and sent to the Project - Gutenberg Literary Archive Foundation at the address specified in - Section 4, “Information about donations to the Project Gutenberg - Literary Archive Foundation.” - </div> - - <div style='text-indent:-0.7em'> - • You provide a full refund of any money paid by a user who notifies - you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he - does not agree to the terms of the full Project Gutenberg™ - License. You must require such a user to return or destroy all - copies of the works possessed in a physical medium and discontinue - all use of and all access to other copies of Project Gutenberg™ - works. - </div> - - <div style='text-indent:-0.7em'> - • You provide, in accordance with paragraph 1.F.3, a full refund of - any money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the - electronic work is discovered and reported to you within 90 days of - receipt of the work. - </div> - - <div style='text-indent:-0.7em'> - • You comply with all other terms of this agreement for free - distribution of Project Gutenberg™ works. - </div> -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.E.9. If you wish to charge a fee or distribute a Project -Gutenberg™ electronic work or group of works on different terms than -are set forth in this agreement, you must obtain permission in writing -from the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, the manager of -the Project Gutenberg™ trademark. Contact the Foundation as set -forth in Section 3 below. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.F. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.F.1. Project Gutenberg volunteers and employees expend considerable -effort to identify, do copyright research on, transcribe and proofread -works not protected by U.S. copyright law in creating the Project -Gutenberg™ collection. Despite these efforts, Project Gutenberg™ -electronic works, and the medium on which they may be stored, may -contain “Defects,” such as, but not limited to, incomplete, inaccurate -or corrupt data, transcription errors, a copyright or other -intellectual property infringement, a defective or damaged disk or -other medium, a computer virus, or computer codes that damage or -cannot be read by your equipment. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.F.2. LIMITED WARRANTY, DISCLAIMER OF DAMAGES - Except for the “Right -of Replacement or Refund” described in paragraph 1.F.3, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation, the owner of the Project -Gutenberg™ trademark, and any other party distributing a Project -Gutenberg™ electronic work under this agreement, disclaim all -liability to you for damages, costs and expenses, including legal -fees. YOU AGREE THAT YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE, STRICT -LIABILITY, BREACH OF WARRANTY OR BREACH OF CONTRACT EXCEPT THOSE -PROVIDED IN PARAGRAPH 1.F.3. YOU AGREE THAT THE FOUNDATION, THE -TRADEMARK OWNER, AND ANY DISTRIBUTOR UNDER THIS AGREEMENT WILL NOT BE -LIABLE TO YOU FOR ACTUAL, DIRECT, INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR -INCIDENTAL DAMAGES EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH -DAMAGE. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.F.3. LIMITED RIGHT OF REPLACEMENT OR REFUND - If you discover a -defect in this electronic work within 90 days of receiving it, you can -receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending a -written explanation to the person you received the work from. If you -received the work on a physical medium, you must return the medium -with your written explanation. The person or entity that provided you -with the defective work may elect to provide a replacement copy in -lieu of a refund. If you received the work electronically, the person -or entity providing it to you may choose to give you a second -opportunity to receive the work electronically in lieu of a refund. If -the second copy is also defective, you may demand a refund in writing -without further opportunities to fix the problem. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.F.4. Except for the limited right of replacement or refund set forth -in paragraph 1.F.3, this work is provided to you ‘AS-IS’, WITH NO -OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT -LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied -warranties or the exclusion or limitation of certain types of -damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement -violates the law of the state applicable to this agreement, the -agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or -limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or -unenforceability of any provision of this agreement shall not void the -remaining provisions. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the -trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone -providing copies of Project Gutenberg™ electronic works in -accordance with this agreement, and any volunteers associated with the -production, promotion and distribution of Project Gutenberg™ -electronic works, harmless from all liability, costs and expenses, -including legal fees, that arise directly or indirectly from any of -the following which you do or cause to occur: (a) distribution of this -or any Project Gutenberg™ work, (b) alteration, modification, or -additions or deletions to any Project Gutenberg™ work, and (c) any -Defect you cause. -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg™ -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of -computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s -goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg™ and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org. -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state’s laws. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West, -Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up -to date contact information can be found at the Foundation’s website -and official page at www.gutenberg.org/contact -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread -public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine-readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To SEND -DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state -visit <a href="https://www.gutenberg.org/donate/">www.gutenberg.org/donate</a>. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Please check the Project Gutenberg web pages for current donation -methods and addresses. Donations are accepted in a number of other -ways including checks, online payments and credit card donations. To -donate, please visit: www.gutenberg.org/donate -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 5. General Information About Project Gutenberg™ electronic works -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Professor Michael S. Hart was the originator of the Project -Gutenberg™ concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg™ eBooks with only a loose network of -volunteer support. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Project Gutenberg™ eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Most people start at our website which has the main PG search -facility: <a href="https://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -This website includes information about Project Gutenberg™, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. -</div> - -</div> -</div> -</body> -</html> diff --git a/old/69795-h/images/cover.jpg b/old/69795-h/images/cover.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 7c74323..0000000 --- a/old/69795-h/images/cover.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/69795-h/images/i016a.jpg b/old/69795-h/images/i016a.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index eafe2ca..0000000 --- a/old/69795-h/images/i016a.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/69795-h/images/i032b.jpg b/old/69795-h/images/i032b.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 1bbafd2..0000000 --- a/old/69795-h/images/i032b.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/69795-h/images/logo1.jpg b/old/69795-h/images/logo1.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 65381b9..0000000 --- a/old/69795-h/images/logo1.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/69795-h/images/logo2.jpg b/old/69795-h/images/logo2.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 5c92f90..0000000 --- a/old/69795-h/images/logo2.jpg +++ /dev/null |
