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If you are not located in the United States, you -will have to check the laws of the country where you are located before -using this eBook. - -Title: Geschichte der Philosophie im Islam - -Author: T. J. de Boer - -Release Date: October 20, 2021 [eBook #54679] - -Language: German - -Character set encoding: UTF-8 - -Produced by: Jeroen Hellingman and the Online Distributed Proofreading - Team at http://www.pgdp.net/ for Project Gutenberg (This file - was produced from images generously made available by The - Internet Archive/American Libraries.) - -*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE DER PHILOSOPHIE IM -ISLAM *** - - - - GESCHICHTE - DER - PHILOSOPHIE IM ISLAM - - - von - - T. J. DE BOER. - - - STUTTGART. - FR. FROMMANNS VERLAG (E. HAUFF). - 1901. - - - - - - - - -VORWORT. - - -Nach der vortrefflichen Skizze Munk's [1] ist dies der erste -Versuch, die Geschichte der Philosophie im Islam im Zusammenhang -vorzuführen. Ein neuer Anfang also, kein Abschluss möchte meine -Arbeit sein. Nicht Alles, was auf diesem Gebiete vorgearbeitet, -ist mir bekannt geworden und nicht alles Bekannte war mir -zugänglich. Handschriftliches konnte nur ausnahmsweise benutzt werden. - -Der Darstellung wegen sind die Quellenbelege zurückgehalten. Nur wenn -ich etwas fast wörtlich oder ohne Nachprüfung herübergenommen habe, -ist das in den Noten bemerkt worden. Übrigens bedauere ich sehr, dass -es jetzt nicht gehörig zur Anschauung kommen kann, was ich, für das -Verständnis der Quellen, Männern wie Dieterici, de Goeje, Goldziher, -Houtsma, Aug. Müller, Munk, Nöldeke, Renan, Snouck Hurgronje, -Steinschneider, van Vloten und vielen, vielen anderen verdanke. - -Erst nach Abschluss dieser Arbeit ist eine interessante, auch über die -Vorgeschichte der Philosophie im Islam sich verbreitende Monographie -über Ibn Sina erschienen. [2] Sie gibt mir aber keine Veranlassung, -meine Auffassung im ganzen zu ändern. - -Für alles Bibliographische verweise ich auf die Orientalische -Bibliographie, Brockelmann's Geschichte der Arabischen Litteratur -und die Litteraturnachweise bei Überweg-Heinze. Bei der Umschreibung -arabischer Namen habe ich mehr auf Tradition und deutsche Aussprache -als auf Konsequenz geachtet. Es sei nur bemerkt, dass das z als weiches -s zu sprechen, und das th wie das englische. Im Personenregister -bezeichnen Accente die Länge. - -So viel wie möglich hab' ich mich auf den Islam beschränkt. Deshalb -sind Ibn Gebirol und Maimonides nur im Vorbeigehen genannt, -andere jüdische Denker ganz übergangen, obgleich sie, philosophisch -betrachtet, dem muslimischen Bildungskreise angehören. Der Schaden -ist aber nicht gross. Denn über die jüdischen Philosophen ist schon -viel geschrieben worden, während man bis jetzt die muslimischen Denker -sehr vernachlässigt hat. - - Groningen (Niederlande). - - T. J. de Boer. - - - - - - - - -INHALTSÜBERSICHT. - - - Seite - -I. Zur Einleitung. 9-33 - -1. Der Schauplatz 9 - - 1. Das alte Arabien. 2. Die ersten - Chalifen. Medina. Schiiten. 3. Die Omajjaden. Damaskus, Basra - und Kufa. 4. Die Abbasiden. Bagdad. 5. Kleinstaaterei. Fall - des Chalifates. - -2. Orientalische Weisheit 13 - - 1. Semitische Spekulation. 2. Persische - Religion. Zrwanismus. 3. Indische Weisheit. - -3. Griechische Wissenschaft 17 - - 1. Die Syrer. 2. Die christlichen Kirchen. 3. Edessa - und Nisibis. 4. Harran. 5. Gondeschapur. 6. Syrische - Übersetzungen. 7. Die Philosophie bei den Syrern. 8. Arabische - Übersetzungen. 9. Die Philosophie der Übersetzer. 10. Umfang der - Überlieferung. 11. Fortsetzung des Neuplatonismus. 12. Das Buch - vom Apfel. 13. Die Theologie des Aristoteles. 14. Aufnahme des - Aristoteles. 15. Die Philosophie im Islam. - - -II. Philosophie und arabisches Wissen 34-68 - -1. Die Sprachwissenschaft 34 - - 1. Die verschiedenen Wissenschaften. 2. Die arabische Sprache. Der - Koran. 3. Die Grammatiker von Basra und Kufa. 4. Logische - Grammatik. Metrik. 5. Sprachwissenschaft und Philosophie. - -2. Die Pflichtenlehre 38 - - 1. Tradition und Freiheit. 2. Die Analogie. 3. Inhalt und Stellung - der Pflichtenlehre. 4. Ethik und Politik. - -3. Die Glaubenslehre 42 - - 1. Christliche Dogmatik. 2. Der Kalam. 3. Die - Mutaziliten und ihre Gegner. 4. Menschliches und - göttliches Wirken. 5. Gottes Wesen. 6. Offenbarung und - Vernunft. 7. Abu-l-Hudhail. 8. Nazzam. 9. Dschahiz. 10. Muammar - und Abu Haschim. 11. Aschari. 12. Der atomistische Kalam. 13. Die - Mystik. - -4. Litteratur und Geschichte 63 - - 1. Die Litteratur. 2. Abu-l-Atahia. Mutanabbi, - Abu-l-Ala. Hariri. 3. Geschichtliche Überlieferung. 4. Masudi - und Muqaddasi. - - -III. Die pythagoreische Philosophie 69-89 - -1. Die Naturphilosophie 69 - - 1. Die Quellen. 2. Die mathematischen Disziplinen. 3. Die - Naturwissenschaften. 4. Die Medizin. 5. Razi. 6. Die Dahriten. - -2. Die treuen Brüder von Basra 76 - - 1. Die Karmaten. 2. Die Brüder und ihre - Encyklopädie. 3. Eklektizismus. 4. Das Wissen. 5. Die - Mathematik. 6. Die Logik. 7. Gott und Welt. 8. Die menschliche - Seele. 9. Religionsphilosophie. 10. Die Ethik. 11. Wirkung der - Encyklopädie. - - -IV. Die neuplat. Aristoteliker des Ostens 90-137 - -1. Kindi 90 - - 1. Sein Leben. 2. Verhältnis zur Theologie. 3. Die - Mathematik. 4. Gott, Welt, Seele. 5. Die Lehre vom Nus. 6. Kindi - als Aristoteliker. 7. Die Schule Kindis. - -2. Farabi 98 - - 1. Die Logiker. 2. Farabis Leben. 3. Verhältnis zu - Platon und Aristoteles. 4. Die Philosophie. 5. Die - Logik. 6. Das Seiende. Gott. 7. Die Himmelwelt. 8. Die - irdische Welt. 9. Die menschliche Seele. 10. Der Geist - im Menschen. 11. Die Ethik. 12. Die Politik. 13. Das - zukünftige Leben. 14. Rückblick. 15. Wirkungen seiner - Philosophie. Sidschistani. - -3. Ibn Maskawaih. 116 - - 1. Seine Stellung. 2. Das Wesen der Seele. 3. Prinzipien der Ethik. - -4. Ibn Sina 119 - - 1. Sein Leben. 2. Das Werk. 3. Philosophische Wissenschaften. Die - Logik. 4. Metaphysik und Physik. 5. Anthropologie und - Psychologie. 6. Die Vernunft. 7. Allegorische Darstellung - der Vernunftlehre. 8. Geheimlehre. 9. Ibn Sinas - Zeit. Beruni. 10. Behmenjar. 11. Das Fortleben Ibn Sinas. - -5. Ibn al-Haitham 133 - -1. Der Zug nach Westen. 2. Ibn al-Haithams Leben und -Werke. 3. Wahrnehmung und Erkenntnis. 4. Nachwirkung. - - -V. Der Ausgang der Philosophie im Osten 138-152 - -1. Gazali 138 - - 1. Dialektik und Mystik. 2. Gazalis Leben. 3. Stellung zu seiner - Zeit. 4. Die Welt. 5. Gott und Vorsehung. 6. Der Mensch. 7. Gazalis - Theologie. 8. Erfahrung und Offenbarung. 9. Rückblick. - -2. Die Kompendienschreiber 150 - - 1. Stellung der Philosophie. 2. Philosophische Bildung. - - -VI. Die Philosophie im Westen 153-176 - -1. Die Anfänge 153 - - 1. Die Omajjadenzeit. 2. Das elfte Jahrhundert. - -2. Ibn Baddscha 156 - - 1. Die Almoraviden. 2. Ibn Baddschas - Leben. 3. Charakteristik. 4. Logik und Metaphysik. 5. Seele und - Geist. 6. Der einzelne Mensch. - -3. Ibn Tofail 160 - - 1. Die Almohaden. 2. Ibn Tofails Leben. 3. Hai ibn Jaqzan. 4. Hai - und die Entwicklung der Menschheit. 5. Hai's Ethik. - -4. Ibn Roschd 165 - - 1. Sein Leben. 2. Ibn Roschd und Aristoteles. 3. Logik. Erkenntnis - der Wahrheit. 4. Die Welt und Gott. 5. Körper und Geist. 6. Geist - und Geister. 7. Rückblick. 8. Praktische Philosophie. - - -VII. Zum Schluss 177-188 - -1. Ibn Chaldun 177 - - 1. Die Zeitverhältnisse. 2. Das Leben Ibn Chalduns. 3. Philosophie - und Welterfahrung. 4. Geschichtsphilosophie. Historische - Methode. 5. Gegenstand der Geschichte. 6. Charakteristik. - -2. Die Araber und die Scholastik 184 - - 1. Politische Lage. Die Juden. 2. Palermo und Toledo. 3. Die - Araber in Paris. - - - - - - - - -I. ZUR EINLEITUNG. - - -1. Der Schauplatz. - -1. Von alters her war, wie heutzutage, die arabische Wüste der -Tummelplatz unabhängiger Beduinenstämme. Mit freiem, gesundem -Sinn blickten diese in ihre einförmige Welt hinein, deren höchster -Reiz der Beutezug, deren geistiger Schatz die Stammesüberlieferung -war. Weder die Errungenschaften geselliger Arbeit noch die Gaben -schöner Muße waren ihnen bekannt. Nur an den Rändern der Wüste wurde, -in Staatenbildungen, die oft von den Überfällen jener Beduinen zu -leiden hatten, eine höhere Stufe der Gesittung erreicht. So war es im -Süden, wo in christlicher Zeit unter abyssinischer oder persischer -Oberhoheit das alte Reich der Königin von Saba fortbestand. Im -Westen lagen an einer alten Handelsstraße Mekka und Medina (Jathrib), -und besonders Mekka mit seinem Markte im Schutze eines Tempels war -ein Mittelpunkt regen Verkehrs. Im Norden endlich hatten sich zwei -halbsouveräne Staaten unter arabischen Fürsten gebildet: gegen Persien -hin das Reich der Lachmiden in Hira und gegen Byzanz der Gassaniden -Herrschaft in Syrien. Aber in Sprache und Poesie stellte sich schon -vor Mohammed einigermaßen die Einheit der arabischen Nation dar. Die -Dichter waren die Wissenden ihres Volkes. Ihre Zaubersprüche galten -zunächst den Stämmen als Orakel. Doch ging ihre Wirkung wohl oft über -den eigenen Stamm hinaus. - -2. Mohammed und seinen nächsten Nachfolgern, Abu Bekr, Omar, Othman -und Ali (622-661) ist es nun gelungen, die freien Wüstensöhne -zusammen mit den gesitteteren Bewohnern der Küstenstriche für ein -gemeinsames Unternehmen zu begeistern. Diesem Ereignis verdankt der -Islam seine Weltstellung. Denn Allah zeigte sich groß und für die -Ihm sich Ergebenden (Muslime) war die Welt gar klein. In kurzer Zeit -wurde ganz Persien erobert und verlor das oströmische Reich seine -schönsten Provinzen: Syrien und Ägypten. - -Medina war der Sitz der ersten Chalifen oder Stellvertreter des -Propheten. Aber Mohammeds tapferer Schwiegersohn, Ali, und dessen Söhne -unterlagen Moawia, dem klugen Statthalter von Syrien. Seit der Zeit -besteht die Partei des Ali (Schiiten), die unter mancherlei Wandlungen, -bald unterworfen, bald an einzelnen Stellen zur Herrschaft gelangt, -ihr Wesen in der Geschichte treibt, bis sie sich (1502) im persischen -Reich endgültig gegen den sunnitischen Islam abschließt. - -In ihrem Kampfe gegen die weltliche Macht haben die Schiiten sich aller -möglichen Waffen, auch der Wissenschaft bedient. Schon früh erscheint -unter ihnen die Partei der Kaisaniten, die dem Ali und seinen Erben -eine übermenschliche Geheimwissenschaft zuschreibt, ein Wissen, mit -dessen Hilfe der innere Sinn der göttlichen Offenbarung erst klar -werde, das aber auch von seinen Adepten nicht weniger Glauben und -unbedingten Gehorsam gegen die Träger solchen Wissens erfordert als -der Buchstabe des Korans. (Vgl. III, 2 § 1.) - -3. Nach dem Siege Moawias, der Damaskus zur Hauptstadt des muslimischen -Reiches machte, lag die Bedeutung Medinas hauptsächlich auf geistigem -Gebiete. Es musste sich damit begnügen, zum Teil unter jüdischen -und christlichen Einflüssen, die Wissenschaft des Gesetzes und der -Tradition zu pflegen. In Damaskus aber führten die Omajjaden (661-750) -ihr weltliches Regiment. Unter ihrer Herrschaft dehnte sich das Reich -vom atlantischen Meere bis über die Grenzen Indiens und Turkestans -aus, vom südlichen Meere bis an den Kaukasus und vor die Mauern von -Konstantinopel. Damit war aber auch die weiteste Ausdehnung erreicht. - -Araber nahmen jetzt überall die führende Stellung ein. Sie -bildeten eine militärische Aristokratie und der schlagendste -Beweis für ihren Einfluss ist dies, dass unterworfene Völker mit -alter, überlegener Kultur die Sprache der Sieger annahmen. Die -arabische Sprache wurde die Sprache des Staates und der Religion, -der Poesie und der Wissenschaft. Während aber die hohen Staats- -und Militärämter vorzugsweise von Arabern verwaltet wurden, blieb -es zunächst Nichtarabern und Mischlingen überlassen, Künste und -Wissenschaften zu pflegen. In Syrien ging man bei Christen in die -Schule. Die Hauptstätten geistiger Bildung aber wurden Basra und -Kufa, in denen Araber und Perser, Muslime, Christen, Juden und Magier -zusammenstießen. Dort, wo Handel und Gewerbe aufblühten, sind, unter -hellenistisch-christlichen und persischen Einflüssen entstanden, -die Anfänge weltlicher Wissenschaft im Islam zu suchen. - -4. Den Omajjaden folgten die Abbasiden (750-1258) nach. Diese machten, -um zur Herrschaft zu gelangen, dem Persertum Konzessionen und benutzten -religiös-politische Bewegungen. Nur in dem ersten Jahrhundert ihrer -Regierung (bis etwa 860) mehrte oder hielt sich noch die Größe -des Reiches, als dessen Mittelpunkt Mansur, der zweite Herrscher -dieses Hauses, im Jahre 762 Bagdad gründete, eine Stadt, die bald an -weltlichem Glanze Damaskus und als Leuchte des Geistes Basra und Kufa -überstrahlte. Nur mit Konstantinopel war sie zu vergleichen. In Bagdad, -an dem Hofe Mansurs (754-775), Haruns (786-809), Mamuns (813-833) -u. s. w. fanden sich, besonders aus den nordöstlichen Provinzen, -Dichter und Gelehrte zusammen. Mehrere Abbasiden liebten weltliche -Bildung, sei es an sich oder zur Ausschmückung ihres Hofes, und wenn -sie oft auch den Wert der Künstler und Gelehrten nicht erkannt haben -mögen, so wussten doch diese die materiellen Güter ihrer Herren wohl -zu schätzen. - -Wenigstens seit der Zeit Haruns bestand in Bagdad eine Bibliothek und -eine Gelehrtenanstalt. Schon unter Mansur, besonders aber unter Mamun -und seinen Nachfolgern, wurde dann die wissenschaftliche Litteratur -der Griechen, meistens durch syrische Vermittelung, in die arabische -Sprache übertragen. Auch Kompendien und Erläuterungen dazu wurden -verfasst. - -Als diese gelehrte Arbeit ihren höchsten Aufschwung nahm, war -die Herrlichkeit des Reiches im Niedergang begriffen. Die alten -Stammesfehden, die unter den Omajjaden nie geruht hatten, waren -scheinbar einer festgefügten Einheit des Staates gewichen. Aber es -dauerten in verschärftem Maße andere Streitigkeiten fort, theologische -und metaphysische Zänkereien, wie sie ähnlich den Verfall des -oströmischen Reiches begleiteten. Der Staatsdienst brauchte in der -orientalischen Despotie nur wenig befähigte Köpfe. Viele junge Kräfte -gingen im üppigen Genusse unter, andere verfielen auf Wortkünstelei -und Scheingelehrsamkeit. Zur Verteidigung des Reiches dagegen zog man -die frische Kraft weniger überbildeter Völker heran: zuerst iranische -oder iranisierte Chorasaner, darauf Türken. - -5. Immer deutlicher zeigte sich des Reiches Verfall. Die -Machtstellung des Türkenheeres, Aufstände städtischen Pöbels und -ländlicher Arbeiter, schiitische und ismaelitische Umtriebe überall, -dazu die Selbständigkeitsgelüste der entfernten Provinzen waren -entweder die Ursachen oder die Symptome des Untergangs. Neben dem -Chalifen, der zum geistlichen Würdenträger herabsank, herrschten -die Türken als Hausmeier. Und an der Peripherie entstanden nach -und nach selbständige Staaten, bis zu einer ganz entsetzlichen -Kleinstaaterei. Die wichtigsten, mehr oder weniger unabhängigen -Herrscher waren im Westen, abgesehen von den spanischen Omajjaden -(vgl. VI, 1), die Aglabiden Nordafrikas, die Tuluniden und Fatimiden -Ägyptens und die Hamdaniden Syriens und Mesopotamiens; im Osten die -Tahiriden und Samaniden, allmählich von den Türken verdrängt. An den -Höfen dieser kleinen Dynastien sind in der nächsten Zeit (10. und -11. Jahrh.) die Dichter und Gelehrten zu finden. Mehr als Bagdad -machen sich auf kurze Zeit Haleb (Aleppo), der Sitz der Hamdaniden, -und auf längere Zeit Kairo, im Jahre 969 von den Fatimiden erbaut, -als Heimstätten geistiger Bestrebungen geltend. Im Osten glänzt noch -einen Augenblick der Hof des Türken Machmud von Ghazna, der seit dem -Jahre 999 Herr von Chorasan war. - -In diese Zeit der Kleinstaaterei und der Türkenwirtschaft fällt auch -die Gründung der muslimischen Universitäten. Im Jahre 1065 wurde -die erste in Bagdad errichtet. Seit der Zeit besitzt der Orient die -Wissenschaft nur in stereotypen Auflagen. Der Lehrer hat gelehrt, -was ihm von seinen Lehrern überliefert worden, und jedes neue Buch -enthält kaum einen Satz, der nicht schon in älteren Büchern stände. Die -Wissenschaft ist gerettet. Aber die Gelehrten Transoxaniens, die, -der Überlieferung nach, als sie die Gründung der ersten Madrasah -erfuhren, eine Trauerfeier zu Ehren der Wissenschaft veranstalteten, -haben Recht behalten. [3] - -Über die östlichen Länder des Islam brauste dann (13. Jahrh.) der -Mongolensturm dahin. Was der Türke übrig gelassen, raffte dieser -hinweg. Es blühte da keine Kultur wieder auf, die aus sich heraus eine -neue Kunst hervortrieb oder zu einer Erneuerung der Wissenschaft die -Anregung darbot. - - - - -2. Orientalische Weisheit. - -1. Vor seiner Berührung mit dem Hellenismus hat der semitische Geist, -in philosophischer Hinsicht, es nie weiter als zu Rätselfragen -und Spruchweisheit gebracht. Einzelbeobachtungen aus der Natur, -hauptsächlich aber aus Leben und Schicksal des Menschen, liegen zu -Grunde, und wo das Verständnis aufhört, stellt sich leicht die Ergebung -in den allmächtigen und unergründlichen Willen Gottes ein. Wir kennen -diese Weisheit aus dem Alten Testament. Dass sie sich ähnlich bei den -Arabern ausbildete, zeigen uns die biblische Geschichte der Königin von -Saba und die Gestalt des weisen Loqman in der arabischen Überlieferung. - -Neben solcher Weisheit gab es überall die Magie des Zauberers, ein -Wissen, das sich in der Herrschaft über die Dinge bewährte. Aber nur -in den priesterlichen Kreisen Alt-Babyloniens, unter welchen Einflüssen -und in welchem Umfange wissen wir nicht genau, erhob man sich zu einer -wissenschaftlicheren Betrachtung der Welt. Vom Wirrsal des Erdendaseins -wandte dort das Auge sich der himmlischen Ordnung zu. Nicht wie der -Hebräer, der über ein gewisses Staunen nicht hinwegkam [4] oder in den -unzähligen Gestirnen nur ein Sinnbild eigener Nachkommenschaft sah [5], -sondern ähnlich dem Griechen, der das Viele und Mannigfaltige unter dem -Monde erst verstehen lernte, nachdem er in der Einheit und Stetigkeit -der Himmelsbewegung die Harmonie des Alls gefunden hatte. Nur dass -sich mit dem Guten, wie es denn im Hellenismus nicht anders war, -viel mythologisches Spiel und astrologisches Afterwissen verschlangen. - -Diese chaldäische Weisheit wurde in Babylonien und Syrien seit -den Tagen Alexanders des Großen mit hellenistischen, später mit -hellenistisch-christlichen Ideen durchsetzt oder davon verdrängt. Nur -in der syrischen Stadt Harran hielt sich bis in die Zeit des Islam das -alte Heidentum, von christlichen Einflüssen wenig berührt. (Vgl. I, -3 § 4.) - -2. Bedeutender als etwaige semitische Überlieferung war es, was dem -Islam von persischer und indischer Weisheit zugeführt wurde. Auf die -Frage, ob die orientalische Weisheit von griechischer Philosophie, -oder diese von jener ursprünglich beeinflusst sei, brauchen wir -hier nicht einzugehen. Was der Islam graden Weges Persern und Indern -entnommen hat, lässt sich aus den arabischen Quellen mit ziemlicher -Sicherheit ersehen, und auf dieses dürfen wir uns beschränken. - -Persien ist das Land des Dualismus, und es ist nicht unwahrscheinlich, -dass seine dualistische Religionslehre, sei es direkt, sei es durch -Vermittelung des Manichäismus oder anderer gnostischer Sekten, auf -die theologischen Streitigkeiten im Islam eingewirkt habe. Viel -größer aber ist in weltlichen Kreisen der Einfluss desjenigen -Systems gewesen, das der Überlieferung nach unter dem Sasaniden -Jezdegerd II. (438/9-457) sogar zur öffentlichen Anerkennung kam, des -Zrwanismus (vgl. III, 1 § 6). In diesem System war die dualistische -Weltansicht dadurch aufgehoben, dass als oberstes Prinzip die endlose -Zeit (zrwan, arab. dahr) aufgestellt und mit dem Geschick, der -äußersten Himmelssphäre oder der Bewegung des Himmels identifiziert -wurde. Diese Lehre, die philosophischen Köpfen zusagte, hat sich, -mit oder ohne die Maske des Islam, in der persischen Litteratur und -bis auf unsere Zeit in den volkstümlichen Anschauungen einen großen -Platz zu erhalten gewusst. Von den Theologen aber und nicht weniger -von der idealistischen Schulphilosophie wurde sie als Materialismus, -Atheismus u. s. w. abgewiesen. - -3. Als das wahre Land der Weisheit galt Indien. Vielfach findet -sich bei den arabischen Schriftstellern die Anschauung, dort sei -die Geburtsstätte der Philosophie zu finden. Durch friedlichen -Handelsverkehr, dessen Vermittler zwischen Indien und dem Abendlande -hauptsächlich Perser waren, dann infolge der muslimischen Eroberung -verbreitete sich die Kenntnis indischer Weisheit. Unter Mansur -(754-775) und Harun (786-809) wurde vieles davon, teils durch die -Mittelstufe des Persischen (Pahlawi) hindurch, teils direkt aus dem -Sanskrit übersetzt. Von der ethischen und politischen Spruchweisheit, -aus Fabel und Erzählung der Inder, ward manches herübergenommen, so -die von Ibn al-Moqaffa zu Mansurs Zeit aus dem Pahlawi übersetzten -Erzählungen des Pantschatantra u. A. An erster Stelle aber wirkten -indische Mathematik und Astrologie, letztere in Verbindung mit -praktischer Medizin und Zauberkunst, auf die Anfänge der Weltweisheit -im Islam. Die Astrologie des Siddhanta von Brahmagupta, unter Mansur -mit Hilfe indischer Gelehrten von Fazari aus dem Sanskrit übersetzt, -war noch vor des Ptolemäus Almagest bekannt. Eine weite Welt, in -Vergangenheit und Zukunft, that sich da auf. Die hohen Zahlen, mit -denen der Inder operierte, erzeugten auf die nüchternen muslimischen -Annalisten einen gewaltigen, verwirrenden Eindruck, wie andererseits -der arabische Kaufmann, der in Indien und China das Alter unserer -erschaffenen Welt auf einige Tausend Jahre ansetzte, sich im höchsten -Grade lächerlich machte. - -Auch die logischen und metaphysischen Spekulationen der Inder -sind den Muslimen nicht unbekannt geblieben, aber viel weniger -als Mathematik und Astrologie haben diese die wissenschaftliche -Entwicklung beeinflusst. Die Grübeleien der Inder, an ihre heiligen -Bücher anknüpfend und durchaus religiös bestimmt, haben gewiss auf -persisches Sufitum und islamische Mystik nachhaltig eingewirkt. Aber -Philosophie ist nun einmal ein griechischer Begriff und es geht -nicht an, einem Tagesgeschmack zu liebe, in unserer Darstellung den -Kuhmilchgedanken frommer Inder allzuviel Platz einzuräumen. Was -jene sinnigen Büßer über den täuschenden Schein alles Sinnlichen -vorgebracht haben, mag oft einen poetischen Reiz besitzen, stimmt auch -wohl zu dem, was dem Osten aus neupythagoreischen und neuplatonischen -Quellen an Betrachtungen über die Vergänglichkeit alles Irdischen -zugänglich war, hat aber, ebensowenig wie dieses, etwas Erhebliches -zur Erklärung der Erscheinungen, zur Erweckung wissenschaftlichen -Sinnes beigetragen. Nicht indischer Phantasie, sondern griechischen -Geistes bedurfte es dazu, das Nachdenken auf die Erkenntnis des -Wirklichen zu richten. Das beste Beispiel dafür ist die arabische -Mathematik. Nach dem Urteile ihrer besten Kenner ist indisch darin -fast nur die Rechenkunst, griechisch, wenn auch nicht ausschließlich, -doch vorwiegend, die Algebra und die Geometrie. Zum Begriffe reiner -Mathematik ist wohl kaum ein Inder durchgedrungen. Die Zahl, auch -die höchste, blieb doch immer eine konkrete. Und in der indischen -Philosophie blieb das Wissen überhaupt ein Mittel. Zweck war die -Erlösung vom Übel des Daseins, die Philosophie Anleitung zum seligen -Leben. Daher die Monotonie dieser auf das einheitliche Wesen aller -Dinge gerichteten Weisheit, der gegenüber die reichgegliederte -Wissenschaft der Hellenen die Wirkungen der Natur und des Geistes -allseitig zu erfassen bestrebt war. - -Orientalische Weisheit, Astrologie und Kosmologie, hat den -muslimischen Denkern mancherlei Stoff geliefert, aber die Form, -das bildende Prinzip, kam ihnen von den Griechen her. Überall, wo es -sich nicht um bloßes Aufzählen oder zufälliges Zusammenreihen handelt, -sondern nach sachlichen oder logischen Gesichtspunkten eine Anordnung -des Mannigfaltigen versucht wird, darf mit Wahrscheinlichkeit auf -griechischen Einfluss geschlossen werden. - - - - -3. Griechische Wissenschaft. - -1. Wie die Perser hauptsächlich den Handelsverkehr zwischen -Indien-China und Byzanz leiteten, so traten im fernen Westen, bis -ins Frankenreich, die Syrer als Kulturvermittler auf. Es waren Syrer, -die Wein, Seide u. s. w. ins Abendland einführten. Aber es waren auch -Syrer, die griechische Bildung aus Alexandrien und Antiochien nach -Osten hin verbreiteten und in den Schulen von Edessa und Nisibis, -Harran und Gondeschapur fortpflanzten. Syrien war das richtige Land -der Mitte, wo Jahrhunderte lang die beiden Weltmächte, die römische -und die persische, feindlich oder friedlich zusammenstießen. Unter -solchen Umständen spielten die christlichen Syrer eine Rolle, wie -sie ähnlich später den Juden zu teil ward. - -2. Die muslimischen Eroberer fanden die christliche Kirche, -abgesehen von vielen Sekten, in drei Abteilungen gespalten. Im -eigentlichen Syrien herrschte neben der orthodoxen Reichskirche -die monophysitische, in Persien die nestorianische Kirche vor. Der -Unterschied zwischen den Lehrsystemen dieser Kirchen ist wohl -nicht ohne Bedeutung für die Entwicklung der muslimischen Dogmatik -gewesen. Nach der Lehre der Monophysiten waren in Christus Gott -und Mensch zu einer Natur vereinigt, während die Orthodoxen -und viel schärfer noch die Nestorianer eine göttliche und eine -menschliche Natur unterschieden. Nun heißt Natur vor allem Energie -oder Wirkungsprinzip. Es handelt sich um die Frage, ob göttliches -und menschliches Wollen und Wirken in Christus ein und dasselbe -seien oder verschieden. Die Monophysiten hoben, aus spekulativen -und religiösen Motiven, auf Kosten des Menschlichen die Einheit in -Christus, ihrem Gotte, hervor, die Nestorianer dagegen betonten die -Eigenart menschlichen Seins, Wollens und Wirkens dem göttlichen -gegenüber. Letzteres aber bietet, unter Begünstigung politischer -und kultureller Verhältnisse, einer philosophischen Welt- und -Lebensbetrachtung freieren Spielraum, und thatsächlich haben die -Nestorianer am meisten für die Pflege griechischer Wissenschaft gethan. - -3. Die Sprache sowohl der westlichen als auch der östlichen -(persischen) Kirche war das Syrische. Daneben aber wurde in -den Klosterschulen das Griechische gelehrt. In der westlichen -(monophysitischen) Kirche sind Rasain und Kinnesrin als Stätten der -Bildung zu nennen. Bedeutender war, wenigstens anfangs, die Schule von -Edessa, wie denn auch der edessenische Dialekt sich zur Schriftsprache -erhoben hatte. Aber im Jahre 489 ward die dortige Schule wegen der -nestorianischen Gesinnung ihrer Lehrer geschlossen. Sie that sich dann -in Nisibis wieder auf und verbreitete in Persien, aus politischen -Gründen von den Sasaniden begünstigt, nestorianischen Glauben und -griechisches Wissen. - -Der Unterricht in jenen Schulen hatte vorzugsweise biblisch-kirchlichen -Charakter und war auf kirchliche Bedürfnisse berechnet. Aber es nahmen -auch Ärzte oder künftige Studenten der Medizin daran teil. Dass -diese oft dem geistlichen Stande angehörten, hebt den Unterschied -zwischen theologischem Studium und der Beschäftigung mit weltlichem -Wissen nicht auf. Zwar haben, nach dem syrisch-römischen Rechtsbuch, -die Lehrer (gelehrten Priester) und Ärzte Steuerfreiheit und andere -Privilegien gemeinsam. Aber dass die ersteren als Heilkünstler der -Seele betrachtet wurden, während die Ärzte bloß den Leib zu flicken -hatten, begründete den Vorzug jener vor diesen. Die Medizin blieb doch -immer etwas Weltliches, und nach den Statuten der Schule zu Nisibis -(vom Jahre 590) durften die heiligen Schriften nicht mit Büchern des -weltlichen Gewerbes in einem Raume zusammen gelesen werden. - -In ärztlichen Kreisen wurden die Werke des Hippokrat, Galen und -Aristoteles sehr geschätzt. In den Klöstern aber verstand man unter -Philosophie zunächst das beschauliche Leben des Asketen und achtete -nur auf das Eine, das not thut. - -4. Eine eigentümliche Stellung nimmt die mesopotamische Stadt Harran, -in der Nähe Edessas, ein. Altsemitisches Heidentum verknüpft sich hier, -besonders nach der arabischen Eroberung, als die Stadt neu emporblühte, -mit mathematischen und astronomischen Studien und neupythagoreischer -und neuplatonischer Spekulation. Die Harranier oder Sabier, wie sie -im 9. und 10. Jahrhundert heißen, führen ihre mystische Weisheit auf -Hermes Trismegistos, Agathodaemon, Uranius u. A. zurück. Zahlreiche -Pseudepigraphen des späteren Hellenismus werden von ihnen gläubig -aufgenommen, einzelnes wird vielleicht in ihrem Kreise fabriziert. Als -Übersetzer und gelehrte Schriftsteller sind einige aus ihrer Mitte -thätig gewesen. Viele haben mit persischen und arabischen Gelehrten -des achten bis zehnten Jahrhunderts einen regen wissenschaftlichen -Verkehr unterhalten. - -5. In Persien, zu Gondeschapur, finden wir eine von Chosrau Anoscharwan -(531-579) gegründete Anstalt für philosophische und medizinische -Studien. Ihre Lehrer waren hauptsächlich nestorianische Christen. Aber -außer den Nestorianern duldete der weltlicher Bildung geneigte Fürst -auch Monophysiten. Besonders als Mediziner waren damals, wie später -am Hofe der Chalifen, christliche Syrer in Ehren. - -Auch die im Jahre 529 aus Athen vertriebenen sieben Philosophen -der neuplatonischen Schule fanden am Hofe Chosraus eine -Zufluchtsstätte. Sie mögen aber dort ähnliche Erfahrungen gemacht -haben, wie die französischen Freigeister des vorigen Jahrhunderts -am russischen Hofe. Jedenfalls sehnten sie sich nach der Heimat -zurück. Und der König war freisinnig und großmütig genug, sie gehen -zu lassen und für sie im Friedensvertrage mit Byzanz vom Jahre 549 -Glaubensfreiheit zu bedingen. Ganz ohne Einfluss wird ihr Aufenthalt -im persischen Reich doch wohl nicht geblieben sein. - -6. Die Zeit der syrischen Übersetzungen profaner Schriften aus dem -Griechischen läuft etwa vom vierten bis zum achten Jahrhundert. Im -vierten Jahrhundert wurden Spruchsammlungen übertragen. Als erster -mit Namen genannter Übersetzer erscheint Probus, "Priester und Arzt -in Antiochien" (erste Hälfte des fünften Jahrhunderts?). Vielleicht -war er auch nur Erklärer logischer Schriften des Aristoteles -und der Isagoge des Porphyrius. Bekannter ist Sergius von Rasain -(gestorben, wahrscheinlich in Konstantinopel, um 536, etwa 70 Jahre -alt), ein mesopotamischer Mönch und Arzt, der den ganzen Umfang der -alexandrinischen Wissenschaft, vielleicht in Alexandrien selbst, -studierte und dessen Übersetzungen nicht nur auf Theologie, Moral und -Mystik, sondern mehr noch auf Physik, Medizin und Philosophie sich -erstreckten. Auch nach der muslimischen Eroberung wurde die gelehrte -Thätigkeit der Syrer fortgesetzt. Jakob von Edessa (etwa 640-708) -übersetzte griechisch-theologische Schriften, befasste sich aber -außerdem mit Philosophie und erklärte auf eine diesbezügliche Anfrage, -es sei christlichen Geistlichen erlaubt, Kindern von muslimischen -Eltern gelehrten Unterricht zu erteilen. Bei den letzteren war also -ein Bildungsbedürfnis vorhanden. - -Die Übersetzungen der Syrer, namentlich des Sergius von Rasain, -sind im allgemeinen treu; die logischen und naturwissenschaftlichen -aber entsprechen dem Original genauer, als die ethischen und -metaphysischen. In diesen gab es eben viel Dunkles, das missverstanden -oder einfach weggelassen, und viel Heidnisches, das durch Christliches -ersetzt ward. Für Sokrates, Platon und Aristoteles (als Beispiele) -traten wohl einmal Petrus, Paulus und Johannes ein. Das Schicksal -und die Götter mussten dem Einen Gotte weichen. Und Begriffe wie -Welt, Ewigkeit, Sünde und dergleichen erhielten ein christliches -Gepräge. Übrigens sind die Araber mit der Anpassung an ihre Sprache, -Kultur und Religion später viel weiter gegangen als die Syrer. Teils -lässt sich das wohl aus der muslimischen Scheu vor allem Heidnischen, -teils aber auch aus einer größeren Anpassungsfähigkeit erklären. - -7. Abgesehen von einigen mathematischen, physischen und medizinischen -Schriften haben die Syrer sich für ein Zweifaches interessiert. Erstens -für moralisierende Spruchsammlungen, mit etwas Philosophiegeschichte -verbunden, und im allgemeinen für mystische pythagoreisch-platonische -Weisheit. Diese findet sich hauptsächlich in Pseudepigraphen, die den -Namen des Pythagoras, Sokrates, Plutarch, Dionysius u. A. tragen. Im -Mittelpunkte des Interesses steht eine platonische Seelenlehre, -in späterer pythagoreischer, neuplatonischer oder christlicher -Bearbeitung. Platon wird in den syrischen Klöstern sogar zu einem -orientalischen Mönch, der sich eine Zelle im Herzen der Wildnis -erbaute, weitab von den Wohnsitzen der Menschen, und dort, nach -dreijährigem Schweigen und Grübeln über einen Bibelvers, die göttliche -Dreieinigkeit erkannt haben soll. - -Dazu kam denn als Zweites die Logik des Aristoteles. Aristoteles war -den Syrern, wie längere Zeit auch den Arabern, fast nur als Logiker -allgemein bekannt. Die Bekanntschaft erstreckte sich, ähnlich wie in -der Frühscholastik des Abendlandes, auf Kategorien, Hermeneutik und -erste Analytik bis zu den kategorischen Figuren. Der Logik bedurfte -man schon, um die Schriften griechischer Kirchenlehrer zu verstehen, -da dieselben, wenigstens formal, davon beeinflusst waren. Wie man aber -die Logik nicht vollständig hatte, so besaß man sie auch nicht rein, -sondern in neuplatonischer Überarbeitung, wie z. B. ersichtlich ist aus -dem Werke des Paulus Persa, welches in syrischer Sprache für Chosrau -Anoscharwan geschrieben wurde. Es wird darin das Wissen über den -Glauben gestellt und die Philosophie definiert als die Selbstbesinnung -der Seele auf ihr inneres Wesen, in dem sie, gleichsam wie ein Gott, -alle Dinge erblickt. - -8. Was die Araber den Syrern verdanken, spricht sich u. a. darin -aus, dass arabische Gelehrte das Syrische für die älteste oder -richtige (natürliche) Sprache hielten. Zwar haben die Syrer -Selbständiges nicht geschaffen, aber ihre Übersetzerthätigkeit -kam der arabisch-persischen Wissenschaft zu gute. Es sind fast -ohne Ausnahme Syrer gewesen, die vom 8. bis 10. Jahrhundert aus -den älteren oder den von ihnen teils verbesserten, teils neu -veranstalteten syrischen Übersetzungen die griechischen Werke ins -Arabische übertrugen. Schon der omajjadische Prinz Chalid ibn Jezid -(gest. 704), der sich unter Leitung eines christlichen Mönches mit der -Alchemie befasste, soll Übersetzungen alchemistischer Werke aus dem -Griechischen ins Arabische veranstaltet haben. Sprichwörter, Gnomen, -Briefe, Testamente, überhaupt Philosophiegeschichtliches, wurden -schon früh gesammelt und übersetzt. Aber erst unter Mansur wurde -damit angefangen, naturwissenschaftlich-medizinische und logische -Schriften der Griechen, zum Teil aus dem Pahlawi, ins Arabische -zu übertragen. Besonders beteiligte sich daran Ibn al-Moqaffa, ein -Anhänger des persischen Dualismus, von dem die Späteren sich durch -ihre Terminologie unterschieden haben sollen. Es ist uns aber von -seinen philosophischen Übersetzungen nichts erhalten. Auch anderes aus -dem achten Jahrhundert ist verloren gegangen; erst aus dem neunten -Jahrhundert, aus der Zeit Mamuns und seiner Nachfolger, ist einiges -Übersetzte auf uns gekommen. - -Die Übersetzer des neunten Jahrhunderts waren meistens Mediziner -und nach Ptolomäus und Euklid wurden Hippokrat und Galen mit -am ersten übertragen. Beschränken wir uns auf die Philosophie -im engeren Sinne. Von Juhanna oder Jachja ibn Bitriq (Anfang des -neunten Jahrhunderts) soll eine Übersetzung des platonischen Timäus -herrühren, ferner Aristoteles' Meteorologie, das Buch der Tiere, -ein Auszug aus der Psychologie und die Schrift Über die Welt. Dem -Abdalmasich ibn Abdallah Naima al-Himsi (um 835) wird zugeschrieben -eine Übertragung der aristotelischen Sophistik, dazu des Johannes -Philoponus Kommentar zur Physik und die sogenannte Theologie des -Aristoteles, ein paraphrastischer Auszug aus Plotin's Enneaden. Qosta -ibn Luqa al-Balabakki (um 835) soll übersetzt haben Alexanders von -Aphrodisias und Johannes Philoponus' Kommentare zur aristotelischen -Physik, zum Teil Alexanders Kommentar zu de generatione et corruptione, -dazu Pseudo-Plutarchs placita philosophorum u. A. - -Die fruchtbarsten Übersetzer waren Abu Zaid Honain ibn Ishaq -(809?-873), dessen Sohn Ishaq ibn Honain (gest. 910 oder 911) und Neffe -Hobaisch ibn al-Hasan. Da sie zusammen arbeiteten, gibt es vieles, das -bald dem Einen, bald dem Anderen zugeschrieben wird. Manches wird unter -ihrer Aufsicht von Schülern und Untergebenen angefertigt sein. Ihre -Thätigkeit dehnte sich auf den ganzen Umfang der damaligen Wissenschaft -aus. Älteres wurde verbessert, Neues hinzugefügt. Der Vater übersetzte -vorzugsweise Medizinisches, der Sohn aber mehr Philosophisches. - -Im zehnten Jahrhundert dauerte noch die Arbeit der Übersetzer fort. Es -zeichneten sich besonders aus Abu Bischr Matta ibn Junus al-Qannai -(gest. 940), Abu Zakarija Jachja ibn Adi al-Mantiqi (gest. 974) und Abu -Ali Isa ibn Ishaq ibn Zura (gest. 1008). Endlich Abu-l-Chair al-Hasan -ibn al-Chammar (geb. 942), ein Schüler des Jachja ibn Adi, von dem, -ausser Übersetzungen, Kommentaren u. s. w., auch eine Schrift über -die Übereinstimmung zwischen Philosophie und Christentum genannt wird. - -Die Thätigkeit der Übersetzer seit Honain ibn Ishaq beschränkte sich -fast ganz auf die aristotelischen und pseudo-aristotelischen Schriften, -deren Auszüge, Paraphrasen und Kommentare. - -9. Als besonders große Philosophen sind diese Übersetzer nicht -anzusehen. Selten arbeiteten sie spontan, fast immer im Dienste eines -Chalifen, eines Wezirs, oder eines anderen vornehmen Mannes. Außer -ihrem Fachstudium, gewöhnlich der Medizin, interessierte sie höchstens -die Weisheit: schöne Geschichten mit moralischer Anwendung, Anekdötchen -und Sprüche. Was wir uns im Verkehr, in der Erzählung oder auf der -Bühne nur als Eigentümlichkeit gewisser Personen gefallen lassen, wurde -von jenen Biedermännern ihres weisen Inhalts oder vielleicht auch nur -schönrednerischen Prunkes wegen bewundert und gesammelt. In der Regel -blieben sie dem väterlichen Christenglauben treu. Charakteristisch -für ihre Auffassung und den Freisinn der Chalifen ist es, was die -Überlieferung in Bezug auf Ibn Dschibril berichtet. Als Mansur ihn -zum Islam bekehren wollte, soll er gesagt haben: "Im Glauben meiner -Väter werde ich sterben, wo sie sind, wünsche ich auch zu sein, -sei's nun im Himmel oder in der Hölle." Da lächelte der Chalif und -entließ ihn reich beschenkt. - -Von selbständigen Schriften dieser Männer hat sich nur weniges -gerettet. Eine kleine Abhandlung des Qosta ibn Luqa über den -Unterschied zwischen Seele und Geist (pneuma, ruh), in lateinischer -Übersetzung erhalten, ist viel genannt und benutzt worden. Der Geist -ist danach ein feiner Körper, der von der linken Herzkammer aus den -menschlichen Leib belebt und darin Bewegung und Wahrnehmung bewirkt. Je -feiner und klarer dieser Geist, um so vernünftiger denkt und handelt -auch der Mensch. Darüber sind sich Alle einig. Schwieriger aber ist es, -etwas Sicheres und Allgemeingültiges über die Seele auszusagen. Die -Aussprüche der größten Philosophen sind zum Teil verschieden, zum -Teil einander widersprechend. Jedenfalls ist die Seele unkörperlich, -weil sie Qualitäten, und zwar die entgegengesetzten zugleich, in -sich aufnimmt. Sie ist einfach, unveränderlich und vergeht nicht, wie -der Geist, mit dem Körper; der Geist vermittelt nur zwischen beiden, -ist also secundäre Ursache der Bewegung und Wahrnehmung. - -Was hier in Bezug auf die Seele behauptet wird, finden wir bei -vielen Späteren. Nur wird allmählich, je mehr die aristotelische -Philosophie platonische Ansichten in den Hintergrund drängt, ein -anderes Gegensatzpaar in das volle Licht gerückt. Von der Bedeutung -des Lebensgeistes (ruh) reden nur noch die Mediziner. Die Philosophen -stellen Seele und Geist oder Vernunft (nous, `aql) zusammen. Die Seele -wird nun ins Vergängliche, mitunter sogar nach gnostischer Art in das -niedere, böse Bereich der Begierden herabgezogen. Über sie erhebt sich, -als das Höchste, das Unvergängliche im Menschen, der vernünftige Geist. - -Mit dieser Bemerkung greifen wir aber der Geschichte vor. Kehren wir -zu unseren Übersetzern zurück. - -10. Das Wertvollste, was der griechische Geist an Kunst, Poesie -und Geschichtschreibung uns hinterlassen hat, ist den Orientalen -niemals zugänglich geworden. Es hätte bei ihnen auch schwerlich -Verständnis gefunden. Dafür fehlte eben der Geschmack und die -Kenntnis griechischen Lebens. Mit dem sagenumstrahlten Alexander dem -Großen fing ihnen die Geschichte Griechenlands erst an, und es wird -der Aufnahme aristotelischer Philosophie am muslimischen Hofe die -Stellung des Aristoteles zum größten Fürsten des Altertums gewiss -förderlich gewesen sein. Die arabischen Geschichtschreiber zählten -die griechischen Fürsten bis auf Kleopatra und weiter die römischen -Kaiser auf, aber ein Thukydides z. B. war ihnen nicht einmal dem -Namen nach bekannt. Von Homeros haben sie nicht viel mehr als den -Satz, dass Einer Herrscher sein solle, aufgenommen. Von den großen -griechischen Dramatikern und Lyrikern haben sie keine Ahnung. Nur -durch seine Mathematik, Naturwissenschaft und Philosophie hat -das griechische Altertum auf sie gewirkt. Von der Entwicklung der -griechischen Philosophie hat man aus Plutarch, Porphyr u. A., sowie -aus den Schriften des Aristoteles und Galen einiges erfahren. Es hat -sich aber daran viel Sagenhaftes gehängt, und was im Orient über die -Lehren der vorsokratischen Philosophen berichtet worden, lässt uns -nur schließen auf die Pseudepigraphen, aus denen man schöpfte, oder -vielleicht auch auf die im Osten selbst ausgebildeten Ansichten, die -man mit der Autorität alter griechischer Weisen zu stützen suchte. Doch -ist bei Allem immer zunächst an ein griechisches Original zu denken. - -11. Im allgemeinen lässt sich behaupten, dass die Syrer-Araber den -Faden der Philosophie dort aufnahmen, wo ihn die letzten Griechen -hatten fallen lassen, d. h. bei der neuplatonischen Auslegung des -Aristoteles, neben dem auch die platonischen Schriften gelesen -und erläutert wurden. Unter den Harraniern und lange Zeit bei -einigen muslimischen Sekten blühten am meisten die platonischen oder -pythagoreisch-platonischen Studien, zu denen sich viel Stoisches und -Neuplatonisches gesellte. Man interessierte sich außerordentlich für -das Schicksal des Sokrates, der im heidnischen Athen als ein Märtyrer -seines Vernunftglaubens fiel. Mächtig wirkte die platonische Seelen- -und Naturlehre. Das pythische "Erkenne dich selbst", als Motto der -sokratischen Weisheit überliefert und neuplatonisch gedeutet, wurde von -den Muslimen dem Ali, Mohammeds Schwiegersohn, oder gar dem Propheten -selbst in den Mund gelegt. Wer sich selbst erkennt, erkennt damit Gott, -seinen Herrn, das wurde der Text für allerhand mystische Spekulationen. - -In medizinischen Kreisen und am weltlichen Hofe wurden immer mehr die -Werke des Aristoteles bevorzugt. Zunächst freilich nur die Logik und -einzelnes aus den physischen Schriften. Die Logik, so glaubte man, -sei das einzige Neue, was der Stagirite erfunden; in allen anderen -Wissenschaften stimme er aber durchaus mit Pythagoras, Empedokles, -Anaxagoras, Sokrates und Platon überein. Die christlichen und sabischen -Übersetzer und die von ihnen beeinflussten Kreise holten sich deshalb -unbedenklich psychologisch-ethische, politische und metaphysische -Belehrung bei den voraristotelischen Weisen. - -Was den Namen des Empedokles, Pythagoras u. A. trug, war natürlich -unecht. Ihre Weisheit wird entweder auf Hermes oder andere, -orientalische Weisen zurückgeführt. So soll Empedokles ein Schüler -König Davids, nachher des Weisen Loqman gewesen, Pythagoras aus der -salomonischen Schule hervorgegangen sein u. s. w. Schriften, die in -den arabischen Werken als sokratisch zitiert werden, sind, insofern sie -echt, platonische Dialoge, in denen Sokrates auftritt. Von Platon hat -man, außer unechten Schriften, mehr oder weniger umfangreich angeführt: -die Apologie, Kriton, den Sophisten, Phädrus, die Republik, Phädon, -Timäus und die Gesetze. Das heißt aber nicht, dass dies Alles in -vollständiger Übersetzung vorgelegen habe. - -Soviel ist sicher, Aristoteles war nicht von Anfang an -Alleinherrscher. Platon, wie man ihn verstand, lehrte die Weltschöpfung -und die geistige Substantialität und Unsterblichkeit der Seele: das -schadete dem Glauben nicht. Aristoteles aber, mit seiner Lehre von -der Ewigkeit der Welt und einer weniger spiritualistischen Psychologie -und Ethik, wurde als gefährlich betrachtet. Muslimische Theologen des -neunten und zehnten Jahrhunderts aus verschiedenen Lagern schrieben -deshalb gegen Aristoteles. Doch die Verhältnisse änderten sich. Bald -gab es Philosophen, die die platonische Lehre von der Einen Weltseele, -von der die menschlichen Seelen nur endliche Teile seien, verwarfen und -beim Aristoteles, der der Einzelsubstanz so große Bedeutung beilegte, -Gründe suchten für ihre Unsterblichkeitshoffnung. - -12. Wie man in der ältesten Zeit den Aristoteles auffassen musste, -zeigen uns am besten die ihm untergeschobenen Schriften. Denn nicht -nur bekam man seine echten Werke mit neuplatonischen Erläuterungen -dazu, nicht nur wurde die Schrift "Über die Welt" unbedenklich -als aristotelisch anerkannt, sondern er wurde auch als der Urheber -betrachtet von vielen spätgriechischen Erzeugnissen, in denen ein -pythagoreisierender Platonismus oder Neuplatonismus, oder gar ein -wüster Synkretismus ganz offen gelehrt wurde. - -Als erstes Beispiel sei hier genannt das "Buch vom Apfel" [6], darin -Aristoteles dieselbe Rolle spielt wie Sokrates in Platon's Phädon. Als -nämlich der Philosoph seinem Ende nahe, besuchen ihn einige Schüler, -die ihn frohen Mutes finden, was sie veranlasst, Belehrung über das -Wesen und die Unsterblichkeit der Seele von ihrem hinscheidenden -Meister zu erbitten. Dieser führt darauf etwa folgendes aus: Das -Wesen der Seele besteht in Wissen, und zwar in seiner höchsten Form, -der Philosophie. Eine vollkommene Erkenntnis der Wahrheit ist deshalb -die Seligkeit, die nach dem Tode der wissenden Seele bevorsteht. Und -wie das Wissen mit höherer Erkenntnis belohnt wird, so besteht die -Strafe für Nichtwissen in tieferer Unwissenheit. Es gibt ja überhaupt -im Himmel und auf Erden nichts anderes als Wissen und Nichtwissen -und die Vergeltung, die beide in sich selbst finden. Auch ist weder -die Tugend wesentlich vom Wissen verschieden, noch das Laster vom -Nichtwissen: sie verhalten sich zu einander ähnlich wie das Wasser -zum Eise, in verschiedener Form dasselbe. - -Im Wissen, dem göttlichen Wesen der Seele, findet diese naturgemäß -ihre einzige wahre Freude, nicht aber in Essen und Trinken und -sinnlicher Lust. Denn die Sinnenlust ist eine Flamme, die bloß -auf kurze Zeit erwärmt; reines Licht aber, das weithin leuchtet, -ist die denkende Seele, die ihre Erlösung aus der dunklen Sinnenwelt -herbeisehnt. Darum fürchtet der Philosoph den Tod nicht, sondern tritt -ihm freudig entgegen, wenn die Gottheit ruft. Der Genuss, den ihm sein -beschränktes Wissen hier bietet, ist ihm eine Gewähr für die Wonne, -die die Enthüllung des großen Unbekannten ihm verschaffen wird. Etwas -davon weiß er ja jetzt schon, denn nur durch die Erkenntnis des -Unsichtbaren ist die richtige Schätzung des Sinnenfälligen, deren er -sich rühmen darf, überhaupt möglich. Wer sein Selbst in diesem Leben -erkennt, besitzt gerade in dieser Selbsterkenntnis die Gewissheit, -alle Dinge mit ewigem Wissen zu umfassen, d. h. unsterblich zu sein. - -13. Zweitens sei die sogenannte "Theologie des Aristoteles" erwähnt. Es -wird darin der göttliche Platon als der Idealmensch hingestellt, -der durch ein intuitives Denken alle Dinge erkennt und also der -logischen Hilfsmittel des Aristoteles nicht bedarf. Ja, die höchste -Wirklichkeit, das absolute Sein, wird nicht durch Denken, sondern -nur in einem ekstatischen Schauen ergriffen. "Öfter war ich," so -redet hier Aristoteles-Plotin, "mit meiner Seele allein. Des Leibes -entkleidet trat ich, reine Substanz, in mein Selbst hinein, von -allem Äusseren zum Inneren zurückkehrend. Reines Wissen war ich da, -Wissendes und Gewusstes zugleich. Wie wunderte ich mich, dass ich -in meinem Selbst Schönheit und Glanz erblickte und mich als einen -Teil der erhabenen göttlichen Welt erkannte, selbst mit schaffendem -Leben begabt. In dieser Selbstgewissheit erhob ich mich über die Welt -der Sinne, ja über die Geisterwelt empor zu dem göttlichen Stande, -wo ich solch schönes Licht schaute, dass es keine Zunge aussprechen, -kein Ohr vernehmen könnte." - -Im Mittelpunkte der Erörterungen steht auch in der Theologie die -Seele. Alle wahre menschliche Wissenschaft ist Wissenschaft der Seele, -Selbsterkenntnis, und zwar an erster Stelle Kenntnis des Wesens, -hernach, aber weniger vollständig, der Wirkungen dieses Wesens. In -solcher Erkenntnis, zu der nur äußerst wenige gelangen, besteht die -höchste Weisheit, die sich in Begriffe nicht vollkommen fassen lässt, -und die deshalb der Philosoph als weiser Künstler und Gesetzgeber -in ewig schönen Bildern zur Darstellung bringt, uns Menschen zum -Gottesdienste. Es zeigt sich eben darin der Weise als der überlegene, -selbstgenügsame Zauberer, dessen Wissen die Menge beherrscht, weil -diese im Banne der Dinge, der Vorstellungen und Begierden immer -gefesselt bleibt. - -Die Seele steht in der Mitte des Alls. Über ihr sind Gott und der -Geist, unter ihr die Materie und die Natur. Ihr Kommen aus Gott -durch den Geist in die Materie, ihre Gegenwart im Körper, ihre -Rückkehr nach oben, in diesen drei Stadien verläuft ihr Leben und -das der Welt. Materie und Natur, Sinneswahrnehmung und Vorstellung -verlieren hier fast ganz ihre Bedeutung. Alles ist vom Geist (nous, -`aql), der Geist ist alle Dinge und im Geiste ist alles Eins. Auch -die Seele ist Geist, freilich, solange sie in ihrem Körper weilt, -Geist in Hoffnung, Geist in der Form der Sehnsucht. Sie sehnt sich -nach oben, nach den guten, seligen Gestirnen, die, über Vorstellung -und Strebung erhaben, ihre beschauliche Lichtexistenz führen. - -Das ist nun der orientalische Aristoteles, wie ihn die ersten -Peripatetiker im Islam anerkannten. [7] - -14. Dass die Orientalen sich nie zu einer reinen Auffassung der -aristotelischen Philosophie durchgerungen haben, braucht uns -nicht zu wundern. Die Mittel unserer Kritik, Echtes und Unechtes -zu sondern, besaßen sie nicht. Sich in die griechische Kulturwelt -hineinzuleben, musste ihnen sogar schwerer fallen als den christlichen -Gelehrten des Mittelalters, das den lebendigen Zusammenhang mit dem -Altertum nie ganz verloren hatte. Man blieb im Osten abhängig von -neuplatonischen Bearbeitungen und Erklärungen. Fehlte ein Teil des -wissenschaftlichen Systems, z. B. die aristotelische Politik, so war -es selbstverständlich, dass die Gesetze oder der Staat Platons dafür -eintraten. Nur wenigen kam der Unterschied Beider zum Bewusstsein. - -Es ist noch auf ein anderes Motiv zu achten. Schon in ihren -neuplatonischen Quellen fanden die Muslime eine harmonisierende -Auslegung der griechischen Philosophen vor, die sie wohl gezwungen -waren, herüberzunehmen. Die ersten Anhänger des Aristoteles -mussten ja polemisch und apologetisch vorgehen. Entgegen oder -neben der Übereinstimmung der muslimischen Gemeinde brauchten sie -eine einheitliche Philosophie, darin die Eine Wahrheit zu finden -war. Dieselbe Verehrung, die Mohammed seinerzeit den heiligen -Schriften der Juden und Christen gezollt hatte, fand sich später -bei muslimischen Gelehrten in Bezug auf die Werke griechischer -Wissenschaft. Nur zeigten die Gelehrten eine größere Vertrautheit mit -ihren Vorbildern und geringere Originalität. Die alten Philosophen -erhielten für sie eine Autorität, der man sich zu fügen hatte. Die -ersten muslimischen Denker waren von der Überlegenheit griechischen -Wissens derart überzeugt, dass sie nicht daran zweifelten, es habe die -höchste Stufe der Gewissheit erreicht. Selbständig weiter zu forschen, -war ein Gedanke, der nicht leicht aufkam im Gehirn des Orientalen, -der sich einen Menschen ohne Lehrer nur als einen Schüler Satans -vorzustellen vermag. Nach dem Vorgange hellenistischer Philosophen -musste also der Versuch gemacht werden, zwischen Platon und Aristoteles -die Übereinstimmung nachzuweisen, und besonders diejenigen Lehren, -welche Anstoß erregten, entweder stillschweigend zu beseitigen oder -in einem, der muslimischen Dogmatik nicht zu stark widerstreitenden -Sinne darzustellen. Den Gegnern des Aristoteles oder der Philosophie -überhaupt zu gefallen, hob man weise und erbauliche Sprüche aus -echten und unechten Werken des Philosophen hervor, um auf diese -Weise der Aufnahme seiner wissenschaftlichen Gedanken den Weg zu -bereiten. Den Eingeweihten aber wurde die Lehre des Aristoteles, -wie diejenige anderer Schulen und Sekten, als eine höhere Wahrheit -hingestellt, zu der der positive Glaube der Menge und das mehr oder -weniger begründete System der Theologen die Vorstufen bilden sollten. - -15. Ein vom Bestande der übersetzten griechischen Werke abhängiger -Eklektizismus ist die muslimische Philosophie immer geblieben. Der -Verlauf ihrer Geschichte ist mehr ein Verdauungs- als ein -Zeugungsprozess. Weder durch das Aufzeigen neuer Probleme noch -durch eigentümliche Versuche, alte Fragen zu lösen, hat sie sich -bedeutend hervorgethan. Wichtige Fortschritte des Denkens hat sie -also nicht zu verzeichnen. Dennoch hat sie, historisch betrachtet, -eine weit größere Bedeutung, als die einer bloßen Vermittlerin -zwischen dem Altertum und der christlichen Scholastik. Die Aufnahme -griechischer Ideen in die Mischkultur des Orients zu verfolgen, hat -an sich als Gegenstand geschichtlichen Interesses einen ganz eigenen -Reiz, zumal, wenn man dabei vergessen kann, dass es einmal Griechen -gegeben. Wichtig wird aber auch die Betrachtung dieses Ereignisses, -wenn es zu Vergleichen mit anderen Kulturen Veranlassung bietet. Die -Philosophie ist eine so einzigartige, selbständig auf griechischem -Boden erwachsene Erscheinung, dass man sie als den Bedingungen des -allgemeinen Kulturlebens überhoben ansehen könnte, um sie rein aus sich -selbst heraus zu erklären. Die Geschichte der Philosophie im Islam -ist nun schon deshalb wertvoll, weil sich in ihr der erste Versuch -darstellt, in größerem Umfange und mit größerer Freiheit als es in -der altchristlichen Dogmatik geschehen, die Ergebnisse griechischen -Denkens sich anzueignen. Die Erkenntnis der Bedingungen, die solches -ermöglichten, wird uns, wenn auch mit Vorsicht und vorläufig wenigstens -in sehr beschränktem Maße, Analogieschlüsse gestatten auf die Rezeption -der griechisch-arabischen Wissenschaft im christlichen Mittelalter, -und vielleicht ein wenig belehren über die Bedingungen, unter denen -Philosophie überhaupt entsteht. - -Von einer muslimischen Philosophie ist eigentlich kaum zu reden. Aber -es hat im Islam viele Männer gegeben, die nicht davon lassen konnten, -zu philosophieren. Durch die griechischen Falten hindurch zeigt sich -doch die Form ihrer eigenen Glieder. Es ist leicht, von der hohen Warte -irgend einer Schulphilosophie auf jene Männer herabzublicken. Besser -aber wird es für uns sein, sie kennen und in ihrer historischen -Bedingtheit begreifen zu lernen. Wir müssen es der Einzelforschung -überlassen, der Herkunft jedes Gedankens nachzugehen. Unser Zweck -kann es nur sein im folgenden zu zeigen, was die Muslime aus dem -vorgefundenen Materiale aufgebaut haben. - - - - - - - - -II. PHILOSOPHIE UND ARABISCHES WISSEN. - - -1. Die Sprachwissenschaft. - -1. Von muslimischen Gelehrten des zehnten Jahrhunderts wurden -die Wissenschaften in arabische und in alte oder nichtarabische -eingeteilt. Zu den ersteren gehörten Sprachwissenschaft, Pflichten- -und Glaubenslehre, Litteraturkenntnis und Geschichte; zu den letzteren -die philosophischen, naturwissenschaftlichen und medizinischen -Disziplinen. Im großen Ganzen ist die Einteilung richtig. Die -letztgenannten Fächer sind nicht nur am meisten von fremden Einflüssen -bestimmt, sondern auch nie recht populär geworden. Doch sind auch die -sogenannten arabischen Wissenschaften nicht ganz rein einheimische -Schöpfungen. Auch sie sind entstanden oder ausgebildet, wo im -muslimischen Reiche Araber und Nichtaraber zusammentrafen und das -Bedürfnis erwachte, über die den Menschen nächstliegenden Gegenstände, -Sprache und Poesie, Recht und Religion, sofern sich darin Unterschiede -oder Unzulänglichkeiten zeigten, nachzudenken. In der Weise, wie -dieses geschah, spürt man deutlich den Einfluss von Nichtarabern, -namentlich Persern, und immer bedeutender macht sich auch dabei die -Einwirkung griechischer Philosophie geltend. - -2. Die arabische Sprache, an deren Wortfülle, Formenreichtum und -innerer Bildungsfähigkeit die Araber selbst sich besonders erfreuten, -eignete sich vorzüglich zu einer Weltstellung. Besonders zeichnet -sie sich, wenn man sie z. B. mit der schwerfälligen lateinischen -oder auch mit der schwülstigen persischen vergleicht, durch kurze -Abstraktbildungen aus, was dem wissenschaftlichen Ausdrucke zu gute -kam. Sie ist der feinsten Nuancierung fähig, verführt aber auch durch -eine reichentwickelte Synonymik dazu, von der aristotelischen Regel, -dass in der strengen Wissenschaft der Gebrauch von Synonymen nicht -zulässig sei, abzuweichen. - -Eine so elegante, ausdrucksfähige, aber schwierige Sprache, wie es -die arabische war, musste, als sie die Bildungssprache der Syrer und -Perser geworden, zu manchen Betrachtungen Veranlassung bieten. Vor -allem machte das Studium des Korans, dessen Vortrag und Auslegung, -eine eingehende Beschäftigung mit der Sprache notwendig. Ungläubige -glaubten auch wohl, im heiligen Buche Sprachfehler nachweisen zu -können. Man sammelte also aus alten Gedichten und der lebendigen -Beduinensprache Beispiele, um die koranischen Ausdrücke zu belegen, -woran sich wohl Bemerkungen über Sprachrichtigkeit im allgemeinen -anschlossen. Im ganzen war der lebendige Brauch die Richtschnur, aber -um die Autorität des Korans zu retten, ging es dabei gewiss nicht -ohne Künsteleien ab. Den einfachen Gläubigen war dieses Verfahren -immerhin etwas bedenklich. Masudi erzählt uns noch von einigen -Grammatikern aus Basra, die auf einer Lustfahrt einen koranischen -Imperativ durchconjugierten und deshalb (?) von den mit Dattelpflücken -beschäftigten Landleuten durchgeprügelt wurden. - -3. Die Araber führen die Sprachwissenschaft, wie so vieles Andere, -auf Ali zurück, dem sogar die aristotelische Dreiteilung der Rede -zugeschrieben wird. In Wirklichkeit sind die Anfänge in Basra und Kufa -gemacht worden. Die erste Entwicklung liegt im Dunkeln, denn in der -Grammatik des Sibawaih (gest. 786) haben wir eine fertige Gestalt, ein -Riesenwerk, das, wie nachher Ibn Sina's Kanon der Medizin, die späteren -Geschlechter sich nur als das Erzeugnis vieler zusammenarbeitender -Gelehrten erklären konnten. Auch über die Unterschiede zwischen -den Schulen von Basra und Kufa sind wir schlecht unterrichtet. Die -Basrenser, wie später die Schule von Bagdad, sollen dem Qijas (der -Analogie) einen großen Einfluss auf die Beurteilung sprachlicher -Erscheinungen eingeräumt haben, während die Kufenser viele vom Qijas -abweichende Spracheigenheiten für erlaubt hielten. Im Gegensatze zu -den kufischen Grammatikern wurden aus dem Grunde die anderen Leute der -Logik genannt. Ihre Terminologie wich von der kufischen im einzelnen -ab. Viele, denen nach Ansicht der echten Araber die Logik den Kopf -verdreht hatte, werden in der Meisterung der Sprache entschieden zu -weit gegangen sein. Andererseits aber wurde die Willkür zur Regel -erhoben. - -Dass die Schule von Basra sich zuerst logischer Hilfsmittel bediente, -wäre kein Zufall. Überhaupt zeigte sich in Basra am ersten der Einfluss -philosophischer Lehren, und unter ihren Grammatikern befanden sich -viele Schiiten und Mutaziliten, die auch auf ihre Glaubenslehren -einzuwirken fremder Weisheit gerne gestatteten. - -4. Die Sprachwissenschaft, sofern sie nicht, von Gegenständen bestimmt, -auf Sammlung von Beispielen, Synonymen u. s. w. sich beschränkte, wurde -von der aristotelischen Logik beeinflusst. Syrer und Perser hatten -schon vor muslimischer Zeit die Schrift peri hermêneias, mit stoischen -und neuplatonischen Zusätzen, studiert. Ibn al-Moqaffa, der anfangs -mit dem Grammatiker Chalil (s. unten) befreundet war, machte dann -Alles, was sich sprachlich-logisches im Pahlawi vorfand, den Arabern -zugänglich. Es wurden darnach die Satzarten, bald fünf, bald acht -oder neun, und die drei Redeteile, Nomen, Verbum und Partikel, -aufgezählt. In der Folgezeit nahmen einige, wie Dschahiz, unter -die rhetorischen Figuren auch Schlussfiguren der Logik auf. Und in -späteren Darstellungen wurde viel über Laut und Begriff gestritten -und die Frage erörtert, ob die Sprache durch Satzung oder von Natur -sei. Allmählich gewann die philosophische Ansicht, sie sei durch -Satzung, das Übergewicht. - -Neben der Logik kommt hier noch der Einfluss der propädeutischen -oder mathematischen Wissenschaften in Betracht. Wie die Prosa des -Verkehrs und die Reime des Korans wurden die Verse der Dichter -nicht bloß gesammelt, sondern auch nach bestimmten Gesichtspunkten, -unter denen das Metrum, geordnet. Nach der Grammatik entstand die -Metrik. Chalil (gest. 791), der Lehrer Sibawaih's, dem man die -erste Anwendung des Qijas in der Sprachwissenschaft zuschreibt, -soll auch die Metrik erfunden haben. Während man die Sprache als das -nationale, conventionelle Element in der Poesie anzusehen lernte, -glaubte man im Metrum das natürliche, allen Völkern gemeinsame -zu finden. Thabit ibn Qorra (836-901) behauptete darum in seiner -Anordnung der Wissenschaften, das Metrum sei etwas Wesentliches, die -Metrik eine natürliche Wissenschaft, sie gehöre somit zur Philosophie. - -5. Trotz alledem behielt die Sprachwissenschaft, die sich auf das -Arabische beschränkte, ihre Eigentümlichkeiten, auf die hier einzugehen -nicht am Platze ist. Jedenfalls ist sie eine großartige Schöpfung des -fein beobachtenden und fleißig sammelnden arabischen Geistes, darauf -die Araber stolz sein durften. Ein Apologet des zehnten Jahrhunderts, -der sich gegen die griechische Philosophie wendet, sagte: "Wer die -Feinheiten und Tiefen der arabischen Poesie und Metrik kennt, der weiß, -dass sie alles dasjenige übertrifft, was die Leute als Beweise für -ihre Meinungen anzuführen pflegen, welche in dem Wahne leben, dass -sie die Wesenheiten der Dinge zu erkennen im Stande sind: Zahlen, -Linien und Punkte. Ich kann den Nutzen dieser Dinge nicht einsehen, -es sei denn, dass sie trotz des geringen Nutzens, den sie bringen, -den Glauben schädigen und Dinge im Gefolge haben, gegen welche -wir Gottes Beistand anrufen." Man wollte sich seine Freude an den -Einzelheiten der Sprache durch allgemeine philosophische Spekulationen -nicht trüben lassen. Manche Wortbildung, von den Übersetzern fremder -Werke herrührend, wurde als barbarisch von puristischen Sprachlehrern -verabscheut. Und weitere Verbreitung als die wissenschaftliche -Sprachforschung fand die schöne Kunst der Kalligraphie, die sich, -wie die arabische Kunst überhaupt, mehr dekorativ als konstruktiv, in -edlen, feinen Formen entwickelte. In den Schriftzügen der arabischen -Sprache zeigt sich uns noch die Subtilität des Geistes, der sie -gebildet, zugleich aber auch ein Mangel an Energie, der sich in der -ganzen Entwicklung arabischer Kultur bemerklich gemacht hat. - - - - -2. Die Pflichtenlehre. - -1. Der gläubige Muslim hatte, sofern nicht das Herkommen seine -Herrschaft behauptete, anfangs als Richtschnur seines Handelns und -Urteilens das Wort Gottes und das Beispiel seines Propheten. Nachdem -dieser gestorben war, folgte man, falls der Koran keine Auskunft -erteilte, der Sunna Mohammeds, d. h. man that und entschied, wie der -Überlieferung seiner Genossen nach Mohammed entschieden oder gehandelt -hatte. Aber seit der Eroberung alter Kulturländer traten an den Islam -ganz neue Ansprüche heran. Statt der einfachen Verhältnisse arabischen -Lebens fanden sich dort Gewohnheiten und Einrichtungen vor, für die das -heilige Gesetz keine Bestimmung bot und noch keine Tradition vorhanden -oder ausgedeutet war. Jeden Tag häuften sich also die Einzelfälle, -die nicht vorgesehen waren, und die man, sei es nach dem Herkommen -oder nach eigenem Gutdünken beurteilen musste. In den altrömischen -Provinzen, Syrien und Mesopotamien, wird dabei das römische Recht -noch lange Zeit eine bedeutende Wirkung ausgeübt haben. - -Diejenigen Rechtslehrer nun, welche neben Koran und Sunna der -eigenen Ansicht (ra'j, opinio) einen bestimmenden Einfluss auf das -Recht zuerkannten, wurden Anhänger des Raj genannt. Als solcher -ist besonders bekannt geworden Abu Hanifa von Kufa (gest. 767), -der Stifter der hanefitischen Schule. Aber auch in Medina, vor und -in der Schule des Malik (715-795) hat man anfangs ganz harmlos, wenn -auch weniger weitgehend, dem Raj gehuldigt. Nur allmählich hat sich, -im Kampfe gegen das zu vielen Willkürlichkeiten Veranlassung gebende -Raj, die Meinung vorgedrängt, es sei in Allem der Tradition (hadîth) -in Bezug auf die Sunna des Propheten zu folgen. Es wurden dann von -überall her Traditionen gesammelt, gedeutet, auch massenhaft gefälscht, -und eine Lehre von den Kriterien ihrer Echtheit ausgebildet, die aber -mehr auf die äußere Bezeugung und die Zweckmäßigkeit des Überlieferten -als auf Folgerichtigkeit und historische Treue Gewicht legte. Infolge -dieser Entwicklung standen jetzt den Leuten des Raj, die hauptsächlich -in Iraq (Babylonien) gefunden wurden, die Anhänger der Tradition -von Medina entgegen. Auch Schafii (767-820), der Gründer der dritten -Rechtsschule, der sich im allgemeinen an der Sunna hielt, wurde wohl -im Gegensatz zu Abu Hanifa den Anhängern der Tradition beigezählt. - -2. Ein neues Element brachte die Logik in diesen Streit hinein: das -Qijas, die Analogie. Einzelne Qijase gab es natürlich schon früher, -aber die Aufstellung des Qijas als eines Prinzipes, einer Grundlage -oder Quelle des Rechtes setzt den Einfluss wissenschaftlicher Reflexion -voraus. Wenn auch Raj und Qijas synonym gebraucht sein mögen, so -haftet doch dem letzteren Ausdrucke weniger das Moment individueller -Willkür an. Je mehr man sich daran gewöhnte, bei sprachlich-logischen -Untersuchungen das Qijas anzuwenden, um so leichter konnte man auch -dieses Prinzip in die Grundlehre der Gesetzeskunde aufnehmen, sei es -nun, dass man von Fall zu Fall und von der Mehrzahl der Fälle auf -die übrigen (analogisch) schloss, oder aber für verschiedene Fälle -einen gemeinsamen Grund aufsuchte, aus dem das Verhalten im Einzelfall -(syllogistisch) abzuleiten wäre. [8] - -Die Anwendung des Qijas scheint zunächst und zumeist in der -hanefitischen, dann aber auch, obgleich in geringerem Umfange, in der -schafiitischen Schule üblich gewesen zu sein. Im Zusammenhang damit -wurde die Frage, ob die Sprache das Allgemeine auszudrücken vermöge -oder bloß das Besondere bezeichnen könne, für die Pflichtenlehre -von Bedeutung. - -Zu einem großen Ansehen hat das logische Prinzip des Qijas es -nie gebracht. Vielmehr wurde, neben den historischen Grundlagen -des Gesetzes, dem Koran und der Sunna, das Idschma d. h. die -Übereinstimmung der Gemeinde, betont. Die Übereinstimmung der Gemeinde -oder faktisch der einflussreichsten Gelehrten, die mit den Vätern -und Lehrern der katholischen Kirche zu vergleichen sind, ist das -dogmatische Prinzip, das, nur von wenigen angefochten, sich als das -wichtigste Mittel zur Begründung der muslimischen Pflichtenlehre -erwiesen hat. Nach Koran, Sunna und Idschma räumt aber die Theorie -immer noch, an vierter Stelle, dem Qijas einen untergeordneten -Platz ein. - -3. Die muslimische Pflichtenlehre (al-fiqh = das Erkennen) umfasst -das ganze Leben des Gläubigen, dem der Glaube selbst an erster Stelle -zur Pflicht gemacht wird. Anfangs stieß sie, wie jede Neuigkeit, auf -heftigen Widerstand. Gesetz ward hier zu Lehre, gläubiger Gehorsam -zu grübelndem Wissen. Das forderte Widerspruch heraus, von einfachen -Frommen und klugen Politikern zugleich. Aber nach und nach wurden -die Wissenden oder Gesetzesgelehrten (ulamâ, im Westen faqihs) als -die Erben der Propheten anerkannt. - -Die Pflichtenlehre hat sich vor der Glaubenslehre entwickelt und -auch immer bis heute den ersten Platz zu behaupten gewusst. Fast -jeder Muslim weiß etwas davon, weil es zur guten religiösen Erziehung -gehört. Nach dem großen Kirchenvater Gazali ist das Fiqh das tägliche -Brot gläubiger Seelen, während die Glaubenslehre nur als Medizin für -Kranke einen Wert hat. - -Auf die fein ausgesponnene Kasuistik des Fiqh näher einzugehen, -haben wir hier keine Veranlassung. Es handelt sich der Hauptsache -nach um ein ideelles Recht, das in unserer mangelhaften Welt wohl nie -rein zur Anwendung kommen kann. Seine Prinzipien und seine Stellung -innerhalb des Islam kennen wir jetzt. Es sei nur noch die Einteilung -der sittlichen Handlungen, wie die Pflichtenlehrer sie aufstellen, -kurz erwähnt. Es gibt ihr zufolge 1. Handlungen, deren Ausübung -unbedingte Pflicht ist und deshalb belohnt, deren Unterlassung -bestraft wird; 2. gesetzlich anempfohlene Handlungen, die belohnt, -deren Vernachlässigung aber nicht bestraft wird; 3. erlaubte, -gesetzlich gleichgiltige Handlungen; 4. vom Gesetze missbilligte, -aber nicht strafbare Handlungen; 5. gesetzlich verbotene Handlungen, -die unbedingt Strafe fordern. [9] - -4. Die Einwirkung griechischer Philosopheme auf die Ethik im Islam -ist eine zweifache gewesen. Bei vielen Sektierern und Mystikern, -sowohl orthodoxen als häretischen, findet sich eine asketische Ethik -von pythagoreisch-platonischer Färbung. Sie findet sich ebenso -bei Philosophen, denen wir in der Folge noch begegnen werden. In -orthodoxen Kreisen aber fand der aristotelische Satz, dass Tugend -in der richtigen Mitte bestehe, viel Anklang, weil ähnliches im -Koran stand und überhaupt die Richtung des Islam eine katholische, -die Gegensätze aussöhnende war. - -Mehr wohl als die Ethik wurde im muslimischen Reiche die Politik -gepflegt. Politische Parteikämpfe gaben zuerst Veranlassung zu -Verschiedenheit der Meinungen. Streitigkeiten über das Imâmat, -d. h. die Herrschaft über die muslimische Gemeinde, durchziehen die -ganze Geschichte des Islam. Es handelt sich aber durchweg mehr um -Fragen persönlicher und praktischer als solche theoretischer Bedeutung, -weshalb eine Geschichte der Philosophie sie nicht eingehend zu -berücksichtigen braucht. Philosophisch Wertvolles kommt kaum dabei -heraus. Schon im Laufe der ersten Jahrhunderte entwickelte sich -ein festes kanonisches Staatsrecht, das aber, ähnlich der ideellen -Pflichtenlehre, von starken Herrschern als theologische Grübelei -nicht sonderlich beachtet wurde, dagegen von schwachen Fürsten erst -recht nicht zur Anwendung gebracht werden konnte. - -Ebensowenig verlohnt es sich, die vielen, besonders in Persien -beliebten Fürstenspiegel, an deren weisen Sittensprüchen und -politisch-klugen Maximen die höfischen Kreise sich erbauten, näher -zu betrachten. - -Das Schwergewicht philosophischer Bestrebungen im Islam liegt auf der -theoretischen, intellektuellen Seite. Mit den thatsächlichen Vorgängen -des gesellschaftlichen und staatlichen Lebens weiß man sich nur -notdürftig abzufinden. Auch die Kunst der Muslime, obgleich sie viel -mehr Originelles zeigt als ihre Wissenschaft, versteht es nicht, die -spröden Stoffe zu beleben, sondern spielt mit zierlichen Formen. Die -Poesie schafft kein Drama. Und ihre Philosophie ist nicht praktisch. - - - - -3. Die Glaubenslehre. - -1. Im Koran war den Muslimen eine Religion, keine Lehre, Gesetze, -aber keine Dogmen gegeben. Was sich darin der Logik widersetzte, was -wir uns aus den wechselnden Lebensverhältnissen und den verschiedenen -Stimmungen des Propheten erklären, wurde von den ersten Gläubigen -einfach hingenommen, ohne zu fragen nach dem Wie und Warum. In den -eroberten Ländern aber fand man eine ausgebildete christliche Dogmatik, -sowie zoroastrische und brahmanische Lehren vor. Wie viel die Muslime -den Christen verdanken, haben wir schon öfter betont. Die Glaubenslehre -ist von christlichen Einflüssen wohl am meisten bestimmt worden. In -Damaskus wirkten orthodoxe und monophysitische Lehren, in Basra und -Bagdad vielleicht mehr nestorianische und gnostische Theoreme auf -die Bildung muslimischer Dogmen ein. Litterarisches hat sich aus -der ersten Zeit dieser Bewegung wenig erhalten. Man wird sich aber -nicht irren, wenn man dem persönlichen Verkehre und dem schulmäßigen -Unterricht eine bedeutende Wirkung zuschreibt. Wie noch heute, lernte -man damals im Orient nicht viel aus Büchern, sondern mehr aus dem Munde -des Lehrers. Die Ähnlichkeit zwischen den ältesten Glaubenslehren im -Islam und den Dogmen des Christentums ist zu groß, dass man einen -direkten Zusammenhang leugnen könnte. Die erste Frage nämlich, -über die von muslimischen Gelehrten viel disputiert wurde, war die -nach der Freiheit des Willens. Die Willensfreiheit nun wurde von den -orientalischen Christen fast allgemein angenommen. Nie und nirgends hat -man vielleicht über das Willensproblem, in der Christologie zunächst, -aber auch in der Anthropologie, so viel hin und her geredet, wie in den -christlichen Kreisen des Ostens zur Zeit der muslimischen Eroberung. - -Außer diesen zum Teil apriorischen Erwägungen gibt es auch vereinzelte -Notizen, die darauf hindeuten, dass einige von den ersten Muslimen, -welche die Willensfreiheit lehrten, christliche Lehrer hatten. - -Schon aus den gnostischen Systemen, nachher aber aus der -Übersetzungslitteratur, gesellte sich zu den hellenistisch-christlichen -eine Anzahl rein philosophischer Elemente. - -2. Eine nach logischer oder dialektischer Methode, sei es mündlich -oder schriftlich geäußerte, Behauptung nannten die Araber im -allgemeinen, ganz besonders aber in der Glaubenslehre, einen Kalam -(logos) und diejenigen, welche solche Behauptungen aufstellten, -hießen mutakallimun. Von der einzelnen Behauptung wurde der Name -auf das ganze System übertragen und darunter auch die einleitenden, -grundlegenden Bemerkungen über Methode u. s. w. mitverstanden. Wir -nennen die Wissenschaft des Kalam am besten theologische Dialektik -oder einfach Dialektik und übersetzen im folgenden Mutakallimun -mit Dialektiker. - -Der Name Mutakallimun, anfangs allen Dialektikern gemeinsam, ward -später vorzugsweise den antimutazilitischen und orthodoxen Theologen -beigelegt. In letzterem Falle wäre er dem Sinne nach gut mit Dogmatiker -oder Scholastiker zu übersetzen. Hatten nämlich die ersten Dialektiker -das Dogma noch zu bilden, die späteren brauchten es bloß darzulegen -und zu begründen. - -Die Einführung der Dialektik war eine gewaltige Neuerung -im Islam. Heftig wurde ihr von den Anhängern der Tradition -widersprochen. Was über die Pflichtenlehre hinausging, hieß ihnen -Ketzerei. Der Glaube sollte Gehorsam sein, nicht Erkenntnis, wie -Murdschiten und Mutaziliten behaupteten. Die Spekulation wurde von -diesen geradezu als eine Pflicht der Gläubigen hingestellt. Auch mit -dieser Forderung söhnte die Zeit sich aus. Der Überlieferung nach -hatte der Prophet schon gesagt: Das erste, was Gott geschaffen hat, -ist das Wissen, oder: die Vernunft. - -3. Groß ist die Anzahl verschiedener Meinungen, die zum Teil schon in -der omajjadischen, hauptsächlich aber in der ersten abbasidischen Zeit -laut wurden. Je weiter sie auseinander gingen, um so schwerer war es -den Männern der Überlieferung, sich da hinein zu finden. Allmählich -aber sonderten sich gewisse einheitliche Lehrgruppen aus, von -denen das rationalistische System der Mutaziliten, der Nachfolger -der Qadariten, die weiteste Verbreitung, besonders unter Schiiten, -fand. Vom Chalifen Mamun bis Mutawakkil kam es sogar zur staatlichen -Anerkennung. Früher von der weltlichen Macht unterdrückt und verfolgt, -wurden die Mutaziliten jetzt selber Inquisitoren des Glaubens, denen -das Schwert die Stelle des Beweises vertrat. - -Ungefähr zu derselben Zeit aber fingen auch ihre Gegner, die -Traditionarier, damit an, ein Glaubenssystem aufzubauen. Überhaupt -fehlte es nicht an Vermittelungen zwischen dem naiven Glauben der Menge -und der Gnosis der Dialektiker. Dem spiritualistischen Gepräge des -Mutazilitismus gegenüber trugen diese Vermittelungen in Bezug auf die -Gotteslehre einen anthropomorphistischen, in Bezug auf Anthropologie -und Kosmologie einen materialistischen Charakter. Die Seele z. B. wurde -von ihnen körperlich oder als ein Accidens des Körpers aufgefasst, -und das göttliche Wesen als ein menschlicher Körper vorgestellt. Den -bildlichen Gott-Vater der Christen verabscheute die Religionslehre -und Kunst der Muslime, aber abgeschmackte Grübeleien über die Gestalt -Allah's gab es im Islam die Fülle. Einige gingen so weit, ihm sämtliche -Körperglieder zuzusprechen, nur mit Ausnahme des Bartes und anderer -Privilegien orientalischer Männer. - -Es ist unmöglich, all die dialektischen Sekten, die oft zunächst -als politische Parteien aufgetreten waren, ausführlicher zu -besprechen. Von philosophiegeschichtlichem Standpunkte genügt es auch, -die mutazilitischen Hauptlehren, insoweit sie ein allgemeines Interesse -beanspruchen dürfen, hier vorzuführen. - -4. Die erste Frage nun betraf menschliches Handeln und menschliches -Schicksal. Die Vorläufer der Mutaziliten, Qadariten genannt, -lehrten die Willensfreiheit des Menschen. Auch noch in späterer -Zeit, als ihre Spekulation sich mehr auf theologisch-metaphysische -Probleme richtete, wurden die Mutaziliten immer zuerst bezeichnet -als Anhänger der göttlichen Gerechtigkeit, die kein Böses verursache -und nach seinem Verdienste den Menschen belohne oder strafe, dann -aber, an zweiter Stelle, als Bekenner der Einheit Gottes, d. h. der -Eigenschaftslosigkeit seines Wesens, an sich betrachtet. Auf die -systematische Darstellung ihrer Lehren werden die Logiker (s. IV, -2 § 1) ihren Einfluss ausgeübt haben. Schon in der ersten Hälfte -des zehnten Jahrhunderts fing das mutazilitische System mit dem -Einheitsbekenntnis an und war die Lehre von Gottes Gerechtigkeit, die -sich in allen seinen Werken kund gebe, an die zweite Stelle gerückt. - -Mit der Behauptung der Willensfreiheit sollte die menschliche -Verantwortlichkeit, sowie die Heiligkeit Gottes, der nicht die sündigen -Handlungen der Menschen unmittelbar hervorbringen könne, gerettet -werden. Darum musste der Mensch Herr seiner Thaten sein, aber auch bloß -dieser. Denn dass die Kraft, welche überhaupt zum Handeln befähigt, -oder das Vermögen, sowohl Gutes als Böses zu thun, unmittelbar von -Gott dem Menschen zukomme, wurde von wenigen bezweifelt. Daher die -vielen, mit einer Kritik des philosophischen Zeitbegriffes verquickten, -spitzfindigen Erörterungen über die Frage, ob das von Gott im Menschen -geschaffene Vermögen der Handlung voraufgehe oder zeitlich damit -zusammenfalle. Ginge nämlich die Kraft der That vorher, so müsste sie -entweder bis zur That fortdauern, was ihrem accidentellen Charakter -widerspreche (vgl. II, 3 § 12), oder aber schon vor der That aufhören -zu existieren, und in diesem Falle wäre sie überhaupt entbehrlich. - -Vom menschlichen Handeln wurde die Spekulation weiter auf das -Wirken der Natur übertragen. Statt Gott oder der Mensch hieß hier -der Gegensatz Gott oder die Natur. Die hervorbringenden und zeugenden -Kräfte der Natur wurden als Mittel oder nächste Ursachen anerkannt und -von einigen zu erforschen gesucht. Die Natur selbst aber, wie die ganze -Welt, war ihrer Ansicht nach ein Werk Gottes, eine Schöpfung seiner -Weisheit. Wie die Allmacht Gottes im Sittlichen an seiner Heiligkeit -oder Gerechtigkeit eine Schranke fand, so hier im Natürlichen an -seiner Weisheit. Auch Übel und Böses in der Welt wurden aus der -Weisheit Gottes, die Alles zum Besten schicke, erklärt. Erzeugnis -oder Zweck göttlicher Thätigkeit ist es nicht. Gott könne zwar, so -hatten Frühere behauptet, Böses und Unvernünftiges thun, er thäte es -nur nicht. Dagegen lehrten die späteren Mutaziliten, Gott habe gar -nicht die Macht, so etwas seinem Wesen Widerstreitendes zu thun. Von -ihren darob entrüsteten Gegnern, die Gottes unbeschränkte Macht -und seinen unergründlichen Willen unmittelbar in allem Handeln und -Wirken thätig sich vorstellten, wurden sie wegen solcher Lehre mit -den dualistischen Magiern verglichen. Der konsequente Monismus war -auf Seiten dieser Gegner, die den Menschen und die Natur nicht neben -und unter Gott zu Schöpfern ihrer Thaten oder Wirkungen machen möchten. - -5. Die Mutaziliten hatten, wie schon aus dem Vorhergehenden erhellt, -einen anderen Gottesbegriff als die Menge und die Traditionarier. Dies -zeigte sich nun, im Fortgange der Spekulation, besonders deutlich -in der Lehre von den göttlichen Eigenschaften. Von Anfang an -war im Islam die Einheit Gottes stark betont. Das hinderte aber -nicht, dass man ihm, nach menschlicher Analogie, viele schöne -Namen gab und mehrere Attribute beilegte. Als die vorzüglichsten -stellten sich, gewiss unter dem Einflusse christlicher Dogmatik, -allmählich heraus: Wissen, Macht, Leben, Wille, Rede oder Wort, -Gesicht und Gehör. Von diesen wurden Gesicht und Gehör zuerst in -geistigem Sinne gedeutet oder ganz beseitigt. Aber mit irgend einer -Vielheit gleichewiger Eigenschaften schien die absolute Einheit des -göttlichen Wesens sich nicht vertragen zu wollen. Wäre das nicht die -Trinität der Christen, die ja auch schon die drei Personen des Einen -göttlichen Wesens als Eigenschaften gedeutet hatten? Teils suchte -man nun, um dieser Inkonvenienz zu entgehen, einige Eigenschaften -aus anderen begrifflich abzuleiten und auf eine, z. B. das Wissen -oder die Macht, zurückzuführen, teils auch sie samt und sonders als -Zustände des göttlichen Wesens zu fassen oder mit dem Wesen selbst -zu identifizieren, wobei denn freilich ihre Bedeutung so ziemlich -verschwand. Mitunter wurde versucht, durch Künsteleien des sprachlichen -Ausdrucks noch etwas davon zu retten. Während z. B. ein Philosoph, -die Eigenschaften leugnend, behauptete, Gott sei wissend seinem Wesen -nach, drückte ein mutazilitischer Dialektiker das so aus: Gott ist -wissend, aber durch ein Wissen, das er selbst ist. - -Nach Ansicht der Traditionarier ward auf diese Weise der Gottesbegriff -allen Inhaltes beraubt. Über negative Bestimmungen, Gott sei -nicht wie die Dinge dieser Welt, er sei über Raum, Zeit, Bewegung -u. s. w. erhaben, kamen die Mutaziliten kaum hinaus. Aber dass er -Schöpfer der Welt sei, daran hielten sie fest. Wenn man auch von -Gottes Wesen wenig aussagen konnte, aus seinen Werken glaubte man -ihn zu erkennen. - -Die Schöpfung war den Mutaziliten, wie ihren Gegnern, ein absoluter -Akt Gottes, die Weltexistenz eine zeitliche. Energisch bekämpften -sie die Lehre von der Weltewigkeit, die, durch die aristotelische -Philosophie gestützt, im Orient weitverbreitet war. - -6. Als eins von den ewigen Attributen Gottes fanden wir die Rede oder -das Wort. Wahrscheinlich mit Anschluss an die christliche Logoslehre -wurde nämlich die Ewigkeit des dem Propheten geoffenbarten Korans -gelehrt. Das war nach den Mutaziliten geradezu Abgötterei, neben -Allah an einen ewigen Koran zu glauben. Die mutazilitischen Chalifen -verkündigten dagegen als Staatsdogma, der Koran sei geschaffen -worden. Wer dies leugnete, wurde öffentlich bestraft. Obgleich nun -die Mutaziliten mit diesem Dogma dem ursprünglichen Islam näher -stehen mochten als ihre Gegner, so hat doch die Geschichte den -letzteren Recht gegeben. Fromme Bedürfnisse waren eben mächtiger als -logische Schlussfolgerungen. Viele Mutaziliten setzten sich, nach -der Meinung ihrer Glaubensbrüder, über den Koran, das Wort Gottes, -allzuleicht hinweg. Wenn es zu ihren Theorien nicht stimmte, wurde -es aus- und umgedeutet. In Wirklichkeit galt manchem die Vernunft -mehr als das offenbarte Buch. Aus der Vergleichung nicht nur der -drei Offenbarungsreligionen, sondern auch dieser mit persischer -und indischer Religionslehre und philosophischer Spekulation, ergab -sich eine, die Gegensätze versöhnende, natürliche Religion. Aufgebaut -wurde diese auf der Grundlage eines angeborenen, allgemeinnotwendigen -Wissens, dass es Einen Gott gebe, der als weiser Schöpfer die Welt -hervorgebracht und auch den Menschen mit Vernunft begabt habe, -damit er seinen Schöpfer erkennen und Gutes und Böses unterscheiden -könne. Dieser Natur- oder Vernunftreligion gegenüber sei dann die -Erkenntnis der Offenbarungslehren etwas Hinzukommendes, ein erworbenes -Wissen. - -Mit dieser Behauptung hatten die konsequentesten Mutaziliten sich von -der Übereinstimmung der muslimischen Gemeinde losgesagt, sich also -thatsächlich außerhalb des katholischen Glaubens gestellt. Anfangs -beriefen sie sich noch auf jene Übereinstimmung. Sie konnten es thun, -so lange die Regierung ihnen günstig gesinnt war. Es dauerte aber -nicht lange. Bald erfuhren sie, was seitdem noch öfter erfahren wurde: -die Völker lassen sich leichter von oben herab eine Religion als eine -Aufklärung vorschreiben. - -7. Nach diesem Überblick sehen wir uns einige von den bedeutendsten -Mutaziliten näher an, damit dem allgemeinen Bilde nicht die -individuellen Züge fehlen. - -Zuerst betrachten wir Abu-l-Hudhail al-Allaf, der um die Mitte des -neunten Jahrhunderts starb. Er war ein berühmter Dialektiker, einer -der ersten, die der Philosophie einen Einfluss auf ihre theologischen -Lehren gestatteten. - -Dass eine Eigenschaft irgendwie einem Wesen inhärieren könne, lässt -sich nach Abu-l-Hudhail nicht denken: entweder muss sie mit dem Wesen -identisch oder davon verschieden sein. Doch sieht er sich nach einer -Vermittlung um. Gott ist, nach ihm, wissend, mächtig, lebendig durch -Wissen, Macht und Leben, die sein Wesen selbst sind. Wie auch schon von -christlicher Seite geschehen war, nennt er jene drei Bestimmungen die -Modi (wudschuh) des göttlichen Wesens. Auch Hören, Sehen u. a. lässt -er sich als ewig in Gott gefallen, jedoch nur mit Rücksicht auf -die später zu schaffende Welt. Übrigens mag es ihm und anderen von -der Zeitphilosophie Berührten leicht genug gewesen sein, diese und -ähnliche Ausdrücke, wie das Schauen Gottes am jüngsten Tage, [10] -spiritualistisch zu deuten, da sie ja das Sehen und Hören überhaupt -als geistige Akte auffassten. Abu-l-Hudhail behauptete z. B., die -Bewegung sei sichtbar, tastbar aber nicht, weil sie kein Körper sei. - -Nicht ewig soll nun aber der Wille Gottes sein. Im Gegenteil nimmt -Abu-l-Hudhail absolute Willensäußerungen an, sowohl von dem wollenden -Wesen wie von dem gewollten Gegenstande verschieden. So nimmt das -absolute Schöpfungswort eine Mittelstellung ein zwischen dem ewigen -Schöpfer und der geschaffenen zeitlichen Welt. Diese Willensäußerungen -Gottes sind eine Art Mittelwesen, mit den platonischen Ideen oder -den Sphärengeistern zu vergleichen, aber wohl mehr als immaterielle -Kräfte, denn als persönliche Geister gedacht. - -Von dem absoluten Schöpfungsworte unterscheidet Abu-l-Hudhail das -accidentelle Offenbarungswort, das sich als Befehl und Verbot, in -materieller, räumlicher Erscheinung an die Menschen kund gibt und -also nur für diese zeitliche Welt Bedeutung hat. Die Möglichkeit, nach -dem göttlichen Offenbarungsworte zu leben oder dem zu widerstreiten, -ist folglich nur in diesem Leben vorhanden. Verpflichtendes Gebot -und Verbot setzt Willensfreiheit und die Fähigkeit danach zu handeln -voraus. Im zukünftigen Leben dagegen gibt es keine gesetzlichen -Verpflichtungen, somit auch keine Freiheit mehr; Alles hängt dort von -der absoluten Bestimmung Gottes ab. Auch wird es im Jenseits keine -Bewegung geben, denn wie die Bewegung einmal angefangen hat, muss -sie, am Ende der Welt, aufhören zur ewigen Ruhe. An eine körperliche -Auferstehung dürfte also Abu-l-Hudhail wohl nicht geglaubt haben. - -Die menschlichen Handlungen unterscheidet er in natürliche und -sittliche oder "Handlungen der Glieder und des Herzens". Sittlich -ist eine Handlung nur, wenn wir sie frei verrichten. Die sittliche -That ist des Menschen selbsterworbenes Eigentum, sein Wissen dagegen -kommt ihm von Gott her zu, teils durch Offenbarung, teils durch -natürliche Erleuchtung. Schon vor aller Offenbarung ist der Mensch -von Natur verpflichtet, also auch wohl im Stande, Gott zu erkennen, -Gutes und Böses zu unterscheiden, und tugendhaft, wahrhaftig und -gerecht zu leben. - -8. Ein merkwürdiger Mensch und Denker ist ein jüngerer Zeitgenosse -und, wie es scheint, Schüler des Abu-l-Hudhail, gewöhnlich Al-Nazzam -genannt. Er starb im Jahre 845. Ein phantastischer, unruhiger, -ehrgeiziger Mann, kein folgerichtiger, aber doch ein kühner und -ehrlicher Denker, so hat ihn Dschahiz, einer seiner Schüler, -uns vorgestellt. Die Leute hielten ihn für einen Verrückten oder -einen Ketzer. Vieles in seinen Lehren berührt sich mit dem, was den -Orientalen als Philosophie des Empedokles und Anaxagoras bekannt war -(vgl. auch Abu-l-Hudhail). - -Nach der Ansicht Nazzams kann Gott überhaupt kein Böses thun, ja er -kann nur das, was er als das Beste für seine Diener erkennt. Seine -Allmacht reicht auch nicht weiter als die wirkliche That. Wer -könnte ihn daran hindern, die schöne Überfülle seines Wesens zu -verwirklichen? Einen Willen im eigentlichen Sinne, der immer ein -Bedürfnis voraussetze, ist Gott gar nicht beizulegen. Gottes Wille ist -vielmehr nur eine Bezeichnung für seine Thätigkeit selbst oder für die -den Menschen erteilten Befehle. Die Schöpfung ist ein einmaliger Akt, -mit dem Alles zugleich erschaffen, sodass Eins im Andern enthalten -ist und im Laufe der Zeit die verschiedenen Exemplare von Mineralien, -Pflanzen und Tieren, sowie die vielen Adamskinder, nach und nach aus -ihrem latenten Zustande in die Erscheinung treten. - -Mit den Philosophen verwirft Nazzam die Atomenlehre (s. II, 3 § -12), weiß sich dann aber das Durchlaufen einer bestimmten Strecke, -wegen der unendlichen Teilbarkeit des Raumes, nur durch Sprünge zu -erklären. Statt aus Atomen lässt er die körperlichen Substanzen aus -Accidenzen zusammengesetzt sein. Wie sich Abu-l-Hudhail die Inhärenz -von Eigenschaften in einem Wesen nicht denken konnte, so kann sich -Nazzam das Accidens nur als die Substanz selbst oder als einen Teil -der Substanz vorstellen. So ist das Feuer oder das Warme z. B. latent -im Holze vorhanden, wird aber frei, wenn durch Reibung sein Antagonist, -das Kalte, verschwindet. Es findet dabei eine Bewegung oder Umsetzung, -aber keine qualitative Veränderung statt. Die sinnlichen Qualitäten, -wie Farben, Geschmäcke und Gerüche, sind nach Nazzam Körper. - -Auch die Seele oder den Geist des Menschen fasst er als einen feinen -Körper auf. Freilich ist die Seele des Menschen vorzüglichster Teil, -sie durchdringt den Körper, ihr Organ, ganz und ist der wirkliche, -wahrhafte Mensch zu nennen. Gedanken und Strebungen werden als -Bewegungen der Seele definiert. - -In Glaubenssachen und Gesetzesfragen verwirft Nazzam sowohl die -Übereinstimmung der Gemeinde als auch die analogische Interpretation -des Rechtes, und beruft sich, schiitisch, auf den unfehlbaren -Imam. Er hält es für möglich, dass alle Muslime eine irrige Lehre -übereinstimmend zulassen, wie z. B. dass Mohammed im Unterschiede von -anderen Propheten eine Mission für die ganze Menschheit habe. Gott -sendet aber jeden Propheten zur ganzen Menschheit. - -Übrigens teilt Nazzam in Bezug auf die Erkenntnis Gottes und -der sittlichen Pflichten durch die Vernunft die Ansicht des -Abu-l-Hudhail. Von der unnachahmbaren Vortrefflichkeit des Korans ist -er nicht sonderlich überzeugt. Es soll das ewige Wunder des Korans -nur darin bestehen, dass die Zeitgenossen Mohammeds davon abgehalten -wurden, dem Koran Ähnliches hervorzubringen. - -Von der muslimischen Eschatologie hat er wohl nicht viel -gehalten. Wenigstens löst sich für ihn die Höllenqual in einen -Verbrennungsprozess auf. - -9. Aus der Schule Nazzams werden uns viele synkretistische Lehren -überliefert, alle ohne Originalität. Von den Männern, die aus ihr -hervorgegangen, ist der berühmteste der Schöngeist und Naturphilosoph -Dschahiz (gest. 869), der vom echten Gelehrten verlangte, er solle das -Studium der Theologie mit dem der Naturwissenschaft verknüpfen. In -allen Dingen spürt er die Wirkungen der Natur, in diesen aber einen -Hinweis auf den Schöpfer der Welt. Die menschliche Vernunft ist im -Stande, den Schöpfer zu erkennen und ebenso das Bedürfnis nach einer -prophetischen Offenbarung einzusehen. Des Menschen Verdienst ist nur -sein Wollen, denn einerseits sind alle seine Thaten im Naturgeschehen -verflochten, und andererseits ist sein ganzes Wissen notwendig von -oben bestimmt. Doch scheint dem Wollen, das aus dem Wissen abgeleitet -wird, keine große Bedeutung zuzukommen. Wenigstens wird der Wille -im göttlichen Wesen ganz negativ gefasst, d. h. Gott wirke niemals -unbewusst und mit Missfallen an seinem Werke. - -In alldem ist wenig Eigenes. Das Mittelmaß ist sein ethisches Ideal, -aber auch seines Geistes Geschick. Nur im Kompilieren seiner vielen -Schriften ist Dschahiz unmäßig gewesen. - -10. Bei den älteren Mutaziliten überwiegen die ethischen und -naturphilosophischen Erwägungen; bei den späteren gewinnen -logisch-metaphysische Betrachtungen das Übergewicht. Besonders -neuplatonische Einflüsse sind hier zu verspüren. - -Muammar, dessen Lebenszeit nicht näher bestimmt wird (etwa um 900 -anzusetzen), hat manches mit den Obengenannten gemeinsam. Aber weit -nachdrücklicher leugnet er die Existenz göttlicher Eigenschaften, -die der absoluten Einheit des Wesens widersprechen. Gott ist über jede -Vielheit hinaus. Er kennt weder sich selbst noch ein Anderes, denn das -Wissen würde in ihm eine Vielheit voraussetzen. Auch ist er überewig zu -nennen. Dennoch ist er als Schöpfer der Welt anzuerkennen. Freilich -hat er nur Körper geschaffen, und diese schaffen selbst, sei es -durch Naturwirkung, sei es mit Willen, ihre Accidenzen. Die Zahl -dieser Accidenzen ist unendlich, denn sie sind ihrem Wesen nach -nichts weiter als die begrifflichen Beziehungen des Denkens. Muammar -ist Conceptualist. Bewegung und Ruhe, Gleichheit und Verschiedenheit -u. s. w. sind nichts an sich, sondern haben nur eine begriffliche oder -ideelle Wirklichkeit. Die Seele, die das wahre Wesen des Menschen sein -soll, wird als eine Idee oder eine immaterielle Substanz gefasst. Wie -sie sich dann zum Körper und zu dem göttlichen Wesen verhalte, wird -nicht klargestellt. Die Überlieferung ist verworren. - -Des Menschen Wille ist frei, das Wollen eigentlich seine einzige -That. Denn die äußere Handlung gehört dem Körper (vgl. Dschahiz). - -Die Schule von Bagdad, der Muammar anzugehören scheint, war -conceptualistisch. Mit Ausnahme der allgemeinsten Bestimmungen, -denen des Seins und des Werdens, ließ sie die Universalien nur als -Begriffe Bestand haben. Näher dem Realismus stand Abu Haschim von -Basra (gest. 933). Gottes Eigenschaften, sowie die Accidenzen oder -Gattungsbegriffe überhaupt, fasste er als ein Mittleres zwischen Sein -und Nichtsein auf. Er nannte sie Zustände oder Modi. Als Erfordernis -alles Wissens bezeichnete er den Zweifel. Ein naiver Realist war -er nicht. - -Auch mit dem Nichtsein trieben mutazilitische Denker ein dialektisches -Spiel. Es werde gedacht, es müsse also dem Nichtsein wie dem Sein -eine Art Wirklichkeit zukommen, folgerte man. Versucht doch der Mensch -eher das Nichts zu denken, als dass er überhaupt nicht denke. - -11. Im neunten Jahrhundert hatten sich im Kampfe gegen die -Mutaziliten mehrere dialektische Systeme ausgebildet, von denen -u. a. das karramitische sich lange über das zehnte Jahrhundert hinaus -erhielt. Aus den Reihen der Mutaziliten aber erstand der Mann, der -die Gegensätze zu vermitteln berufen war, und der das zunächst im -Osten, später im ganzen Islam als orthodox anerkannte Lehrsystem -aufstellte. Es war al-Aschari (873-935), der es verstand, Gotte zu -geben, was Gottes, und dem Menschen, was des Menschen ist. Den groben -Anthropomorphismus der antimutazilitischen Dialektiker wies er ab, -Gott über alles Körperliche und Menschliche hinausrückend, ihm aber -seine Allmacht und Allwirksamkeit lassend. Die Natur büßte bei ihm alle -ihre Wirksamkeit ein, dem Menschen aber wurde ein gewisses Verdienst -vorbehalten, darin bestehend, dass er den von Gott in ihm geschaffenen -Handlungen seine Zustimmung erteilen, sich dieselben als seine Thaten -aneignen könne. Auch wurde dem Menschen sein sinnlich-geistiges Wesen -nicht verkümmert. Er durfte hoffen auf die Auferstehung des Fleisches -und das Schauen Gottes. Was die koranische Offenbarung betrifft, -unterschied Aschari zwischen einem ewigen Worte in Gott und dem in -der Zeit geoffenbarten Buche, wie wir es besitzen. - -Bei der Ausführung seiner Lehren zeigte sich Aschari in keiner Weise -originell, sondern er fasste nur Gegebenes vermittelnd zusammen, -was denn nicht ohne Widersprüche gelingen wollte. Die Hauptsache -jedoch war, dass seine Kosmologie, Anthropologie und Eschatologie, -zur Erbauung frommer Seelen, nicht allzu weit von dem Wortlaute der -Tradition sich entfernten, und dass seine Theologie, infolge einer -etwas vergeistigten Auffassung Gottes, auch höher Gebildete nicht -ganz unbefriedigt ließ. - -Aschari stützt sich auf die Offenbarung des Korans. Eine davon -unabhängige Vernunfterkenntnis in Bezug auf göttliche Dinge erkennt -er nicht an. Die Sinne sollen im allgemeinen nicht täuschen, dagegen -wohl unser Urteil. Zwar erkennen wir Gott mit unserer Vernunft, -aber nur aus der Offenbarung, der einzigen Quelle solchen Wissens. - -Gott ist nun, nach Aschari, zunächst der allmächtige Schöpfer. Ferner -ist er allwissend, er weiß, was die Menschen thun und was sie thun -wollen, was geschieht und wie das, was nicht geschieht, wenn es -geschähe, geschehen wäre. Dazu kommen Gott alle Bestimmungen zu, die -irgend eine Vollkommenheit ausdrücken, nur dass sie Gott in einem -anderen, höheren Sinne eignen als den Geschöpfen. In Schöpfung und -Erhaltung der Welt ist Gott die einzige Ursache; alles Weltgeschehen -rührt fortwährend unmittelbar von ihm her. Der Mensch aber ist -sich des Unterschiedes zwischen seinen unwillkürlichen Bewegungen, -wie Zittern und Beben, und seiner mit Willen und Wahl ausgeführten -Handlungen wohl bewusst. - -12. Das Eigentümlichste, was die Dialektik der Muslime ausgebildet hat, -ist ihre Atomenlehre. Die Entwicklung dieser Lehre liegt noch fast ganz -im Dunkeln. Schon von Mutaziliten, besonders aber von deren Gegnern -vor Aschari ist sie vertreten worden. Unsere Darstellung zeigt, wie -sie sich in der ascharitischen Schule erhalten, zum Teil vielleicht -erst ausgebildet hat. - -Die Atomenlehre der muslimischen Dialektiker hat ihre Quelle -allerdings in griechischer Naturphilosophie, aber ihre Aufnahme -und Weiterbildung sind von den Bedürfnissen theologischer Polemik -und Apologetik bestimmt, wie sich dies ähnlich bei einzelnen Juden -und bei gläubigen Katholiken beobachten lässt. Dass man, im Islam, -den Atomismus aufgegriffen habe, nur weil Aristoteles ihn bekämpfte, -ist nicht wohl glaublich. Wir haben hier einen verzweifelten Kampf -um ein religiöses Gut zu verzeichnen, dabei die Waffen nicht gewählt -werden. Der Zweck entscheidet. Die Natur soll nicht aus sich selbst -heraus, sondern aus einem göttlichen Schöpfungsakte erklärt; nicht als -eine ewige göttliche Ordnung, sondern als ein Geschöpf vergänglichen -Daseins diese Welt angesehen werden. Als freiwirkender, allmächtiger -Schöpfer soll Gott gedacht und benannt werden, nicht als unpersönliche -Ursache oder ruhender Urgrund. An der Spitze der muslimischen Dogmatik -steht daher seit alter Zeit die Schöpfungslehre als ein Zeugnis gegen -die heidnisch-philosophische Ansicht von der Ewigkeit der Welt und -von den Wirkungen der Natur. - -Was wir von der Sinnenwelt wahrnehmen, so reden diese Atomisten, sind -vorübergehende Accidenzen, die jeden Augenblick kommen und gehen. Das -Substrat dieses Wechsels sind die (körperlichen) Substanzen, die, -weil in oder an ihnen Veränderungen vorgehen, nicht unveränderlich -gedacht werden können. Sind sie, die Substanzen, veränderlich, -dann können sie auch nicht dauerhaft sein, denn Ewiges ändert -sich nicht. Folglich ist Alles in der Welt, da Alles sich ändert, -entstanden, von Gott erschaffen. - -Das ist der Ausgangspunkt. Von der Veränderlichkeit alles Existierenden -wird geschlossen auf den ewigen, unveränderlichen Schöpfer. Die -Späteren aber schließen, unter dem Einfluss muslimischer Philosophen, -von der Kontingenz oder Possibilität alles Endlichen auf das -notwendig-existierende Wesen Gottes. - -Kehren wir zur Welt zurück. Sie besteht aus Accidenzen und deren -Substrate, die Substanzen. Substanz und Accidens oder Qualität sind die -zwei Kategorien, mittelst derer die Wirklichkeit begriffen wird. Die -übrigen Kategorien fallen entweder unter die der Qualität oder lösen -sich in Verhältnisse und Denkbestimmungen auf, denen, objektiv, -nichts entspricht. Die Materie als Möglichkeit ist nur im Denken, -die Zeit ist nichts anderes als Koexistenz verschiedener Gegenstände -oder simultane Beziehung der Vorstellung, und Raum und Größe kommen -zwar den Körpern zu, nicht aber den einzelnen Teilen (Atomen), aus -denen die Körper zusammengesetzt sind. - -Was von den Substanzen überhaupt ausgesagt werden kann, sind -Accidenzen. Ihre Anzahl ist, an jeder einzelnen Substanz, zahlreich -oder gar, wie einige behaupten, unendlich, da von beliebigen -gegensätzlichen Bestimmungen, zu denen auch die negativen gehören, -jeder Substanz entweder die eine oder die andere zukomme. Das negative -Accidens hat um nichts weniger Realität als das positive. Gott schafft -auch die Privation und die Vernichtung, wofür es denn freilich -nicht leicht ist, das Substrat ausfindig zu machen. Und da jedes -Accidens immer nur seinen Sitz in irgend einer Substanz haben kann, -und nicht in einem anderen Accidens, so gibt es in Wirklichkeit kein -Allgemeines, mehreren Substanzen Gemeinsames. Die Universalien sind -in keiner Weise in den Einzeldingen, sie sind Begriffe. - -Somit gibt es keine Verbindung zwischen den Substanzen, sie stehen -getrennt für sich als Atome, die einander gleich sind. Eigentlich -haben sie eine größere Ähnlichkeit mit den Homöomerien des Anaxagoras -als mit den kleinsten Stoffteilchen der Atomisten. Sie sind an sich -unräumlich (ohne makan), haben aber ihren Ort (hajjiz) und füllen durch -ihre Position den Raum aus. Es sind also unausgedehnte, punktuell -gedachte Einheiten, aus denen die räumliche Körperwelt aufgebaut -wird. Zwischen ihnen soll es ein Leeres geben, denn sonst wäre, da -die Atome nicht in einander eindringen, jede Bewegung unmöglich. Alle -Veränderung aber wird auf Vereinigung und Trennung, Bewegung und -Ruhe zurückgeführt. Sonstige, wirksame Beziehungen zwischen den -Atomen-Substanzen gibt es nicht. Sie sind einmal da und freuen sich -ihres Daseins, haben aber gar nichts mit einander zu thun. Die Welt -ist eine diskontinuierliche Masse, ohne lebendige Wechselwirkung. - -Das Altertum hatte dieser Auffassung vorgearbeitet, u. a. auch mit -seiner Lehre von dem diskontinuierlichen Charakter der Zahl. Wurde -die Zeit nicht als die Zahl der Bewegung definiert? Warum sollte -man nun nicht jene Lehre auf Raum, Zeit und Bewegung übertragen? Die -Dialektiker thaten es, und es mag auch die Skepsis der Alten dabei -mitgewirkt haben. Wie die substanzielle Körperwelt wurden auch Raum, -Zeit und Bewegung in Atome ohne Ausdehnung, in Momente ohne Dauer -zerlegt. Die Zeit wird eine Aufeinanderfolge von vielen einzelnen -Jetzt, und zwischen je zwei Zeitmomenten gibt es ein Leeres. Ebenso -verhält es sich mit der Bewegung: zwischen je zwei Bewegungen gibt es -eine Ruhe. Eine schnelle und eine langsame Bewegung besitzen dieselbe -Geschwindigkeit, nur hat die letztere mehr Ruhepunkte. Um dann aber -über den leeren Raum, das unausgefüllte Zeitmoment und die Ruhepause -zwischen zwei Bewegungen hinauszukommen, wird die Lehre vom Sprunge -benutzt. Von Raumpunkt zu Raumpunkt soll die Bewegung, von Moment zu -Moment die Zeit weiterspringen. - -Diese phantastische Lehre brauchte man eigentlich gar nicht. Sie -war eine Antwort auf naives Fragen. Konsequent hatte man die ganze -räumlich-zeitlich bewegte Körperwelt in Atome mit deren Accidenzen -zerstückt. Wohl behaupteten einige, dass zwar die Accidenzen jeden -Augenblick schwinden, die Substanzen dagegen dauernden Bestand haben, -aber andere machten da keinen Unterschied. Wie die Accidenzen, so -lehrten sie, bestehen auch die Substanzen, die ja Raumpunkte sind, -nur einen Zeitpunkt. Jeden Augenblick schafft Gott die Welt aufs neue, -sodass ihr jetziger Zustand weder mit dem unmittelbar vorhergehenden -noch mit dem gleich folgenden in irgend einem wesentlichen -Zusammenhange steht. Es gibt also eine Reihe aufeinander folgender -Welten, die sich nur scheinbar als eine Welt darstellen. Dass es für -uns so etwas wie Zusammenhang oder Kausalität in den Erscheinungen -gibt, rührt nur daher, dass es Allah nach seinem unergründlichen -Willen heut oder morgen nicht beliebt, die Gewohnheit des Geschehens -durch ein Wunder zu unterbrechen, was er aber jeden Augenblick zu thun -im Stande ist. Wie aller Kausalzusammenhang nach dem atomistischen -Kalam verschwindet, wird sehr gut durch das klassische Beispiel -vom schreibenden Menschen ausgedrückt. Gott schafft nämlich in ihm, -und zwar an jedem Zeitpunkte aufs neue, zuerst den Willen, dann das -Vermögen zu schreiben, darauf die Bewegung der Hand, und endlich die -Bewegung der Feder. Eins ist dabei völlig unabhängig von dem Andern. - -Wenn man nun dagegen einwendet, dass mit der Kausalität oder der -Regelmäßigkeit des Weltgeschehens auch die Möglichkeit alles Wissens -aufgehoben sei, so erwidert der gläubige Denker, Allah wisse ja Alles -vorher schon, er schaffe nicht nur die Dinge der Welt und was sie zu -wirken scheinen, sondern auch das Wissen darum in der menschlichen -Seele, und wir brauchen nicht weiser zu sein als Er. Er weiß es -am besten. - -Allah und die Welt, Gott und der Mensch, über diese Gegensätze konnte -die muslimische Dialektik nicht hinaus kommen. Außer Gott gibt es -nur Platz für körperliche Substanzen und deren Accidenzen. Das -Dasein menschlicher Seelen als unkörperlicher Substanzen, sowie -überhaupt die Existenz reiner Geister, beides von Philosophen und, -weniger bestimmt, von einigen Mutaziliten gelehrt, wollte nicht -recht stimmen zu der muslimischen Lehre von der Transcendenz Gottes, -der keinen Genossen hat. Die Seele gehört zu der Körperwelt. Leben, -Empfindung, Beseeltheit sind ebenso Accidenzen wie Farbe, Geschmack -und Geruch, Bewegung und Ruhe. Einige nehmen nur ein Seelenatom an, -nach anderen sind mehrere feine Seelenatome unter die Körperatome -gemischt. Das Denken haftet jedenfalls an einem einzigen Atom. - -13. Nicht alle guten Muslime konnten sich bei der Dialektik -beruhigen. Der fromme Diener Gottes möchte doch auf andere Weise -seinem Herrn etwas näher kommen. Dieses Bedürfnis, schon anfangs im -Islam vorhanden, durch christliche und persisch-indische Einflüsse -verstärkt und unter entwickelteren Kulturverhältnissen mächtig -angewachsen, hat im Islam eine Reihe von Erscheinungen hervorgerufen, -die man als Mystik und Sufismus [11] zu bezeichnen pflegt. In dieser -Entwicklung eines muslimischen Heiligenwesens und Mönchtums hat sich -die Geschichte christlicher Mönche und Klöster in Syrien und Ägypten, -auch diejenige indischer Büßer wiederholt. Im Grunde haben wir es hier -also mit religiöser oder geistiger Praxis zu thun. Aber die Praxis -spiegelt sich immer im Denken, sie erhält ihre Theorie. Man bedurfte, -um ein intimeres Verhältnis mit der Gottheit zu Stande zu bringen, -vielfach symbolischer Handlungen und vermittelnder Personen. Diese nun -versuchten es, sich und den Eingeweihten die Geheimnisse der Symbole -zu enthüllen und außerdem ihre eigene vermittelnde Stellung in der -Stufenordnung des Alls zu begründen. Besonders neuplatonische Lehren, -teilweise aus der trüben Quelle des Pseudo-Dionysios des Areopagiten -und des heiligen Hierotheos (Stephen bar Sudaili?) mussten dazu -herhalten. Auch scheint der indische Yoga, wenigstens in Persien, -bedeutend eingewirkt zu haben. Meistens hielt sich die Mystik in -den Schranken der Orthodoxie, die immer auch verständig genug war, -Dichtern und Schwärmern etwas nachzusehen. In Bezug auf die Lehre, -dass Gott alles in allem wirke, waren Dialektiker und Mystiker -einverstanden. Dass aber Gott auch alles in allem sei, wurde von der -extremen Mystik hinzugefügt. Daraus entwickelte sich ein heterodoxer -Pantheismus, der die Welt zum leeren Scheine und das menschliche Ich -zum Gotte machte. So wird die Einheit Gottes zur Alleinheit, seine -Allwirksamkeit zur Allwesenheit. Höchstens gibt es außer Gott noch die -Eigenschaften oder Zustände der sufischen zu Ihm sich hinbewegenden -Seele. Eine Psychologie des Gefühles wird von sufischen Lehrern -entwickelt. Während, nach ihnen, unsere Vorstellungen von außen an -die Seele herankommen und unsere Strebungen eine Veräußerlichung des -Inneren bedeuten, besteht das wahre Wesen unserer Seele aus gewissen -Zuständen oder Gefühlen der Lust und Unlust. Das wesentlichste -von allen ist die Liebe. Weder Furcht noch Hoffnung, sondern die -Liebe erhebt uns zu Gott. Kein Wissen und kein Wollen, sondern die -Vereinigung mit dem Geliebten heißt Seligkeit. - -Weit gründlicher als von den Dialektikern wird von diesen Mystikern -die Welt, und schließlich auch die Menschenseele vernichtet. Von -jenen ist sie der schaffenden Willkür, von diesen dem erleuchtenden, -liebenden Wesen Gottes zum Opfer dargebracht worden. In der Sehnsucht -nach dem Einen Geliebten wird die verwirrende Mannigfaltigkeit -der Dinge, wie sie unseren Sinnen und der Vorstellung erscheint, -abgestreift. Alles wird, im Sein wie im Denken, auf einen Punkt -konzentriert. Als Gegensatz denke man sich echtes Griechentum. Dort -wünschte man sich die Zahl der Sinne größer, um etwas mehr von dieser -schönen Welt erkennen zu können. Diese Mystiker aber schelten die -Vielheit der Sinne, weil sie Verwirrung in ihr Glück hineinbringt. - -Doch macht die menschliche Natur sich überall geltend. Jene Welt und -Sinnen entsagenden Männer schwelgen oft bis in ein hohes Alter hinein -in den sinnlichsten Phantasien. - -Dass viele sich gar wenig um die Glaubenslehre kümmerten, und dass die -asketische Moral der Sufis öfter in das Gegenteil sich verwandelte, -braucht uns nach alledem nicht zu wundern. - -Die Entwicklung des Sufismus im einzelnen zu verfolgen, ist mehr eine -Aufgabe für die Religions- als für die Philosophiegeschichte. Auch -finden wir die philosophischen Elemente, die darin aufgenommen wurden, -bei den muslimischen Philosophen, denen wir im folgenden begegnen -werden. - - - - -4. Litteratur und Geschichte. - -1. Arabische Poesie und Annalistik haben sich unabhängig von -Schulgelehrsamkeit ausgebildet. Im Laufe der Zeit aber wussten -Litteratur und Geschichtschreibung sich nicht von fremden Einflüssen -rein zu erhalten. Mit einigen Andeutungen, dies zu erhärten, müssen -wir uns hier begnügen. - -Einen Bruch mit der poetischen Tradition des Arabertums, wie ihn -das Christentum in der germanischen Welt verursachte, bedeutete -die Einführung des Islam nicht. Schon die weltliche Litteratur -der Omajjadenzeit überlieferte viele Weisheitssprüche, zum Teil -aus der altarabischen Poesie, die der Koranpredigt Konkurrenz -machten. Abbasidenchalife, wie Mansur, Harun und Mamun, waren -litterarisch gebildeter als Karl der Große. Ihre Söhne wurden nicht nur -mit Koranlektüre erzogen, sondern auch mit den alten Dichtern und der -Volksgeschichte bekannt gemacht. Dichter und Litteraten wurden an die -Höfe gezogen und fürstlich belohnt. Dort erfuhr dann die Litteratur -den Einfluss gelehrter Bildung und philosophischer Spekulation, wenn -auch in den meisten Fällen recht oberflächlich. Dies zeigt sich vor -allem in skeptischen Äußerungen, frivoler Verspottung des Heiligsten -und Verherrlichung des Sinnengenusses. Daneben aber drangen weise -Sprüche, ernste Betrachtungen, mystische Spekulationen in die anfangs -nüchtern-realistische Poesie der Araber ein. Statt der sinnlichen -Frische der Darstellung trat ein ermüdendes Spiel mit Gedanken und -Gefühlen, wenn nicht gar mit leeren Worten, Metren und Reimen, ein. - -2. Der hässliche Abu-l-Atahia (748-828) redet in seiner süßlichen -Poesie fast immer von unglücklicher Liebe und Verlangen nach dem -Tode. Seine Weisheit spricht er in diesen Versen aus: - - - Lass nach dem Zweifel den Verstand sich richten: - Vor Sünde schützt am besten das Verzichten. - - -Wer nur einiges Verständnis für das Leben und für Naturpoesie besitzt, -wird sich an seinen Weltentsagungsgedichten ebensowenig erfreuen -können, wie an den der Form nach zwar epigrammatischen, dem Inhalte -nach aber furchtbar langweiligen Versen des Mutanabbi (905-965), -den man wohl als den größten arabischen Dichter gefeiert hat. - -Ebenso hat man über Gebühr Abu-l-Ala al-Maarri (973-1058) als -philosophischen Dichter erhoben. Seine, mitunter ganz ehrenwerten -Gesinnungen und verständigen Ansichten sind weder Philosophie noch ist -der gekünstelte und oft banale Ausdruck dafür Poesie. Als Philologe -oder Historiker hätte dieser Mann bei günstigeren Verhältnissen (er -war blind und nicht übermäßig reich) vielleicht in der niederen Kritik -etwas leisten können. Nun aber muss er statt Begeisterung für das Leben -freudenlose Entsagung predigen, an den politischen Verhältnissen, -den Anschauungen der gläubigen Menge und den wissenschaftlichen -Behauptungen der Gelehrten herumnörgeln, ohne selbst etwas -Positives aufstellen zu können. Es fehlt ihm fast ganz die Gabe der -Kombination. Analysieren kann er, aber er findet keine Synthese. Sein -Wissen ist unfruchtbar. Der Baum seiner Erkenntnis hat die Wurzeln in -der Luft, wie er selbst in einem seiner Briefe, wohl in anderem Sinne, -eingesteht. Er lebt als strenger Cölibatär und Vegetarianer, wie es -sich für einen Pessimisten geziemt. Es ist ja Alles, wie er in seinen -Gedichten ausspricht, eitel Tand. Das Geschick ist blind, die Zeit -verschont weder den König, der des Lebens genießt, noch den Frommen, -der seine Nächte durchwacht. Auch der widervernünftige Glaube löst -uns des Daseins Rätsel nicht. Was es hinter dem bewegten Himmel geben -mag, bleibt uns ewig verborgen. Religionen, welche da eine Aussicht -eröffnen, sind vom Eigennutz erfunden. Allerhand Sekten und Parteiungen -werden von den Mächtigen benutzt, ihre Gewalt zu sichern. Die Wahrheit -darüber darf man nur leise sagen. Darum ist es das klügste, sich von -der Welt entfernt zu halten, uneigennützig Gutes zu thun, weil dies -tugendhaft und schön ist, ohne irgendwelche Aussicht auf Belohnung. - -Andere Schöngeister hatten eine praktischere Philosophie und wussten -sich besser in der Welt geltend zu machen. Sie huldigten der klugen -Lehre des Theaterdirektors aus Goethes Faust: Wer vieles bringt, wird -manchem etwas bringen. Der vollendetste Typus dieser Art ist Hariri -(1054-1122), dessen Held, der Bettler und Landstreicher Abu Zaid von -Serug als höchste Weisheit lehrt: - - - Hetze, statt gehetzt zu werden; - Welt ist all ein Wald für Hatzen. - Wenn der Falke dir entgangen, - Nimm fürlieb nur mit dem Spatzen; - Und erhältst du nicht den Thaler, - So begnüg' dich mit dem Batzen. [12] - - -3. Wie die Poesie, so zeichnete sich auch die Annalistik der alten -Araber durch scharfe Erfassung des Einzelnen aus, war aber einer -Gesamtauffassung der Ereignisse nicht fähig. Mit der gewaltigen -Ausdehnung des Reiches erweiterte sich dann der Blick. Zunächst wurde -ein großes Material gesammelt. Mehr als die religiösen Pilgerzüge -förderten Reisen zur Sammlung von Traditionen, zum Zwecke der -Verwaltung und des Handels, oder auch zur Befriedigung der Neugier -unternommen, das geschichtliche und geographische Wissen. Eigentümliche -Methoden der Forschung, auf den Wert der Überlieferung als Quelle -unseres Wissens sich beziehend, wurden ausgearbeitet. Mit derselben -Subtilität, wie in der Grammatik, ein ausgedehntes Feld der Beobachtung -ins Unendliche einteilend, mehr arabeskenhaft als übersichtlich, -bildete sich so eine Logik der Geschichte aus, die dem orientalischen -Auge um vieles schöner erscheinen musste als das aristotelische -Organon in seinem strengen Aufbau. Von vielen wurde die Überlieferung, -mit deren Beglaubigung man es in der Regel praktisch weniger genau -nahm als in der Theorie, dem Sinnenzeugnisse gleichgesetzt, und dem -Verstandesurteile, das ja so leicht Fehlschlüsse zulasse, vorgezogen. - -Es gab aber immer Leute, die unparteiisch sich widersprechende Berichte -neben einander überlieferten. Andere, obgleich mit Schonung für die -Gefühle und Bedürfnisse der Gegenwart, hielten ihr mehr oder weniger -begründetes Urteil über Vergangenes nicht zurück, wie es denn oft -leichter ist, aus der Geschichte als aus dem Leben klug zu werden. - -Neue Gegenstände der Forschung, neue Betrachtungsweisen traten -hinzu. Die Erdkunde nahm, z. B. in der Klimatogeographie, -Naturphilosophisches auf, die Geschichtsschreibung zog auch das -geistige Leben, Glauben und Sitte, Litteratur und Wissenschaft in den -Bereich ihrer Darstellung. Die Bekanntschaft mit anderen Ländern und -Völkern forderte vielfach zum Vergleiche auf. Und es kam also ein -internationales, humanistisches Element herein. - -4. Ein Vertreter humanistischer Sinnesweise ist Masudi (gest. etwa -956). Er hat Interesse und Verständnis für Alles, was menschlich -ist. Überall lernt er von den Menschen, denen er begegnet, und -infolgedessen ist die Bücherlektüre, die seine Einsamkeit ausfüllt, -nicht unfruchtbar. Weder die enge Praxis des Lebens und Glaubens, -noch die luftigen Spekulationen der Philosophie sagen ihm zu. Er -kennt sein Talent. Und er findet bis zuletzt, wenn er fern von der -Heimat in Ägypten sein Alter verbringt, seinen Trost, die Medizin -seiner Seele, in dem Studium der Geschichte. Die Geschichte ist ihm -die allesumfassende Wissenschaft, seine Philosophie, die die Wahrheit -dessen, was war und ist, darzustellen hat. Auch die Weltweisheit mit -ihrer Entwicklung wird der Geschichte zum Gegenstande. Ohne diese -wäre ja alles Wissen längst zu Grunde gegangen. Denn die Gelehrten -kommen und gehen, aber die Geschichte verzeichnet ihre Geistesthaten -und stellt dadurch die Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart -her. Ohne Vorurteil berichtet sie über die Ereignisse und über die -Ansichten der Menschen. Freilich, die Synthese der Thatsachen und die -eigene Meinung des Verfassers herauszufinden, das überlässt Masudi -oft dem verständigen Leser. - -Nach ihm darf rühmend hervorgehoben werden der Geograph Maqdasi (oder -Muqaddasi, schrieb im Jahre 985), der viele Länder durchreiste und -in den verschiedensten Berufen auftrat, das Leben seiner Zeit kennen -zu lernen. Er ist ein wahrer Abu Zaid von Serug (vgl. II, 4 § 2), -nur dass er einen Zweck hat. - -Kritisch geht er ans Werk. Er hält sich zu der Wissenschaft, die man -durch Forschen und Nachfragen, nicht durch Traditionsglauben oder -reine Vernunftschlüsse gewinnt. Was Geographisches im Koran steht, -erklärt er sich aus dem engen Gesichtskreise der Araber, dem Allah -sich anbequemt haben soll. - -Sine ira et studio beschreibt er nun die Länder und Völker, die er mit -eigenen Augen sah. Er will an erster Stelle Selbsterlebtes darstellen, -dann was er von glaubwürdigen Leuten vernommen, und endlich was er in -Büchern gefunden. Aus seiner Selbstcharakteristik sind die folgenden -Sätze zusammengezogen: - -"Ich habe allgemeine Bildung und Pflichtenlehre unterrichtet, bin -als Prediger aufgetreten und habe von dem Minarete der Moscheen -den Gebetsruf erschallen lassen. Gelehrten Sitzungen und frommen -Übungen habe ich beigewohnt. Ich habe Suppe mit den Sufis, Brei mit -den Mönchen und Schiffskost mit den Matrosen gegessen. Manchmal war -ich die Eingezogenheit selbst, dann wieder aß ich verbotene Speisen -gegen mein besseres Wissen. Ich ging mit den Einsiedlern des Libanons -um und dann wieder lebte ich am fürstlichen Hofe. Kriege habe ich -mitgemacht, auch saß ich gefangen und wurde als Spion in den Kerker -geworfen. Mächtige Fürsten und Minister gaben mir Gehör, dann schloss -ich mich wieder einer Räuberbande an oder saß als Kleinhändler auf -dem Markte. Viel Ehren und Ansehen genoss ich, aber ebenso musste -ich Schimpfworte hören und mich zum Eide erniedrigen, als ich der -Ketzerei oder schlechter Handlungen verdächtigt ward." [13] - -Wir sind heutigen Tages gewöhnt, uns den Orientalen in beschaulicher -Ruhe, Glauben und Sitte der Väter ergeben, vorzustellen. Ganz richtig -ist die Vorstellung nicht. Aber weit weniger als zu der gegenwärtigen -Lage stimmt sie zu der Verfassung des Islam in den ersten vier -Jahrhunderten, als dieser sich anschickte, den Besitz nicht nur der -äußeren Güter der Welt, sondern auch der geistigen Errungenschaften -der Menschheit zu ergreifen. - - - - - - - - -III. DIE PYTHAGOREISCHE PHILOSOPHIE. - - -1. Die Naturphilosophie. - -1. Euklid und Ptolemäus, Hippokrat und Galen, einiges von Aristoteles, -dazu ein umfangreiches neupythagoreisches und neuplatonisches -Schrifttum, damit sind die Elemente der arabischen Naturphilosophie -bezeichnet. Es ist eine Popularphilosophie, die, besonders durch die -Sabier von Harran vermittelt, bei Schiiten und anderen Sekten Aufnahme -fand, und die in der Folge nicht nur höfische Kreise, sondern auch eine -ganze Masse von Gebildeten und Halbgebildeten ergriff. Einzelheiten -aus den Schriften des "Logikers" Aristoteles wurden aufgenommen, aus -der Meteorologie, aus der ihm zugeschriebenen Schrift Über die Welt, -aus dem Buch der Tiere, der Psychologie u. s. w., aber der Geist -des Ganzen ist von Pythagoras-Platon, von Stoikern und von späten -Astrologen und Alchemisten bestimmt. Menschliche Neugierde und frommer -Sinn, die Gottes Geheimnisse aus seinen Geschöpfen herauslesen möchten, -gehen dabei über das praktische Bedürfnis, das etwas Rechenkunst für -die Verteilung der Erbschaft und für den Handel, auch etwas Astronomie -für die Zeitbestimmung gottesdienstlicher Verrichtungen brauchte, -weit hinaus. Von überall her holt man sich seine Weisheit herbei. Es -bekundet sich darin eine Gesinnung, die von Masudi richtig formuliert -wurde: es sei das Gute anzuerkennen, ob es sich beim Feinde oder beim -Freunde finde. Sollte doch Ali, der Fürst der Gläubigen, gesagt haben: -"Die Weltweisheit ist das verirrte Schaf des Gläubigen, nimm es wieder -auf, wenn auch von den Ungläubigen". - -2. Der Patron mathematischer Studien im Islam ist Pythagoras. Zwar wird -Griechisches und Indisches gemischt, aber Alles unter neupythagoreische -Gesichtspunkte gestellt. Ohne das Studium der mathematischen -Disziplinen: Arithmetik und Geometrie, Astronomie und Musik, wird -Keiner, so heißt es, zum Philosophen oder gebildeten Arzt. Die -Zahlenlehre, höher geschätzt als die Messkunde, weil sie weniger zur -Anschauung spricht und den Geist dem Wesen der Dinge näher bringen -soll, gibt zu den ausschweifendsten Spielereien Veranlassung. Gott ist -selbstverständlich die große Eins, von der Alles ausgeht, selbst keine -Zahl, sondern Ursache der Zahl. Vor allem aber wird die Vierzahl, die -Zahl der Elemente u. s. w., von den Naturphilosophen bevorzugt. Bald -kann man über nichts im Himmel und auf Erden mehr reden und schreiben, -es sei denn in viergliedrigen Sätzen und viergeteilten Abhandlungen. - -Von der Mathematik kam man schnell und leicht zur Astronomie und -Astrologie hinüber. Die altorientalische Praxis, die man vorfand, -wurde schon von den Hofastrologen der Omajjaden, eingehender aber am -abbasidischen Hofe weitergeführt. Man gelangte dabei zu Spekulationen, -die dem Offenbarungsglauben zuwiderliefen und deshalb von den Hütern -der Religion niemals gebilligt werden konnten. Für den Gläubigen -bestand nur der Gegensatz: Gott und Welt, oder dieses Leben und das -zukünftige. Für den Astrologen aber gab es zwei Welten, eine himmlische -und eine irdische, und Gott und das Jenseits lagen in weiter Ferne. Je -nachdem nun das Verhältnis zwischen den Himmelskörpern und den Dingen -unter dem Monde vorgestellt wurde, bildete sich eine verständige -Astronomie oder eine phantastische Astrologie heraus. Ganz frei vom -astrologischen Wahne waren nur wenige. Solange nämlich das ptolemäische -System die Wissenschaft beherrschte, war es einem gänzlich Ungebildeten -leichter, den Unsinn zu verspotten, als es dem gelehrten Forscher -war, ihn zu überwinden. War ihm doch diese Erde mit ihren Lebewesen -ein Erzeugnis himmlischer Kräfte, ein Abglanz himmlischen Lichtes, -ein Nachklang der ewigen Sphärenharmonie. Wer nun den Sternen- -und Sphärengeistern Vorstellung und Willen zuschrieb, ließ sie die -Stelle der göttlichen Vorsehung vertreten, führte auf ihre Thätigkeit -also Gutes und Böses zurück und suchte aus dem Stande ihrer Körper, -mittelst derer sie nach dauernden Gesetzen auf das Irdische wirken, die -zukünftigen Ereignisse zu erkunden. Andere freilich bezweifelten diese -Vorsehung zweiter Ordnung, sei es aus Erfahrungs- und Vernunftgründen, -sei es aus dem peripatetischen Glauben, dass die seligen himmlischen -Wesen reine denkende Geister seien, über Vorstellung und Willen, somit -über alle sinnliche Besonderheit erhaben, sodass ihre fürsorgliche -Wirkung nur das Wohl des Ganzen bezwecke, niemals aber auf die -Einzelpersönlichkeit oder das Einzelgeschehen sich beziehen könne. - -3. Auf dem Gebiete der Naturwissenschaften haben muslimische -Gelehrte ein reiches Material zusammengebracht, zu einer wirklich -wissenschaftlichen Behandlung ist es aber kaum irgendwo gekommen. In -den einzelnen Naturwissenschaften, deren Ausbildung hier nicht -verfolgt werden kann, hielt man sich an überlieferten Systemen. Um -die Weisheit Gottes und die Wirkungen der Natur, die als eine Kraft -oder eine Emanation der Weltseele gefasst wurde, zu ergründen, -wurden alchemistische Versuche angestellt, die Zauberkräfte der -Talismane geprüft, die Einflüsse der Musik auf Tier- und Menschenseele -erforscht, physiognomische Beobachtungen gemacht, die Wunder des -Schlaf- und Traumlebens, der Wahrsagerei und Prophetie zu deuten -versucht u. s. w. Im Mittelpunkt des Interesses stand natürlich der -Mensch als Mikrokosmos, der sämtliche Elemente und Kräfte des Alls -in sich vereinigen soll. Als das Wesentliche am Menschen galt die -Seele. Ihr Verhältnis zur Weltseele und ihr zukünftiges Los waren -Gegenstände der Forschung. Aber auch über die Vermögen der Seele und -deren Lokalisierung in Herz und Hirn wurde viel spekuliert. Einige -hielten sich an Galen, andere gingen über ihn hinaus und ließen den -fünf äußeren Sinnen fünf innere entsprechen, eine Lehre, die, nebst -ähnlichen Naturgeheimnissen, auf Apollonius von Tyane zurückgeführt -wurde. - -Es versteht sich, dass bei dem Studium der mathematischen -und naturwissenschaftlichen Disziplinen die verschiedensten -Verhaltungsweisen gegenüber den Religionslehren möglich waren. Doch -wurden die propädeutischen Wissenschaften, sobald sie selbständig -auftraten, dem Glauben immer gefährlich. Mit der Astronomie verband -sich leicht die Annahme von der Weltewigkeit, von einer ungeschaffenen -Materie, von Ewigkeit her bewegt. Und wenn die Himmelsbewegung ewig, -dann wohl auch der irdische Wechsel. Ewig sind, so wird von manchem -gelehrt, alle Reiche der Natur, ewig ist auch das Menschengeschlecht -und dreht sich im Kreise herum. Nichts Neues gibt es auf der Welt, wie -alles Andere wiederholen sich Ansichten und Begriffe der Menschen. Was -nur möglicherweise gethan, behauptet, gewusst werden kann, ist schon -dagewesen und wird einmal wieder da sein. - -Darüber ließ sich nun trefflich reden und klagen, ohne dass die -Wissenschaft viel dadurch gefördert wurde. - -4. Etwas nützlicher schien die Wissenschaft der Medizin zu sein, die -aus naheliegenden Gründen von den hohen Herren begünstigt wurde. Nicht -am wenigsten ihretwegen beauftragten die Chalifen so viele Männer -mit dem Übersetzen griechischer Werke. Kein Wunder also, dass der -Einfluss mathematisch-naturwissenschaftlicher Lehren, sowie der Logik, -auch in die Medizin eindrang. Der alte Mediziner war geneigt, sich mit -hergebrachten Zauberformeln und anderen von der Erfahrung erprobten -Mitteln zu begnügen. Aber die moderne Gesellschaft des neunten -Jahrhunderts forderte vom Arzte philosophisches Wissen. Er sollte die -"Naturen" der Nahrungs-, Genuss- und Heilmittel, die Mischungen des -Körpers und in jedem Falle die Einwirkungen der Gestirne kennen. Der -Arzt war der Bruder des Astrologen, dessen Wissen ihm imponierte, -weil es einen erhabeneren Gegenstand hatte als die medizinische -Praxis. Er sollte beim Alchemisten in die Schule gehen und nach -mathematisch-logischen Methoden seine Kunst ausüben. Es genügte den -Bildungsfanatikern des neunten Jahrhunderts nicht, dass der Mensch -nach dem Qijas, d. h. logisch richtig zu sprechen, zu glauben und sich -zu benehmen hatte, er musste sich außerdem nach dem Qijas kurieren -lassen. Wie über die Grundlagen der Glaubens- und Pflichtenlehre, -wurde, am Hofe Wathik's (842-847), über die Prinzipien der Medizin in -gelehrten Sitzungen disputiert. Es fragte sich nämlich, mit Anlehnung -an eine galenische Schrift, ob die Medizin auf Überlieferung, -Erfahrung oder Vernunfterkenntnis beruhe, oder aber ob sie durch -logische Deduktion (Qijas) auf mathematisch-naturwissenschaftliche -Sätze sich stütze. - -5. Die hier flüchtig skizzierte Naturphilosophie galt den meisten -Gelehrten des neunten Jahrhunderts als Philosophie schlechthin, im -Gegensatz zu der theologischen Dialektik, und wurde als pythagoreisch -bezeichnet. Auch in das zehnte Jahrhundert ging sie hinüber und ihr -bedeutendster Vertreter wurde der berühmte Arzt Razi (gest. 923 oder -932). Dieser war in Rai geboren und mathematisch gebildet und hatte -dann mit großem Fleiße Medizin und Naturphilosophie studiert. Der -Dialektik war er abhold, er kannte die Logik nur bis zu den -kategorischen Figuren der ersten Analytik. Nachdem er als Direktor -des Krankenhauses seiner Vaterstadt und in Bagdad thätig gewesen war, -ging er auf Reisen und hielt sich an verschiedenen Fürstenhöfen auf, -u. a. bei dem Samaniden Mansur ibn Ishaq, dem er ein medizinisches -Werk widmete. - -Vom ärztlichen Berufe und dem dazu erforderlichen Studium hat Razi -eine hohe Meinung. Die tausendjährige Weisheit der Bücher schätzt -er mehr als die Erfahrungen des Einzelnen in einem kurzen Leben, -zieht aber diese den nicht erfahrungsmäßig erprobten Folgerungen der -"Logiker" vor. - -Das Verhältnis zwischen Leib und Seele denkt er sich von der Seele -bestimmt. Es sollen also die Zustände und Leiden der Seele aus der -Physiognomie sich erkennen lassen, der Mediziner soll zugleich -Seelenarzt sein. Er verfasste darum auch eine geistige Medizin, -eine Art Diätetik der Seele. Um die Vorschriften des muslimischen -Gesetzes, das Weinverbot u. s. w., kümmerte er sich dabei nicht. Sein -Libertinismus scheint ihn aber zum Pessimismus geführt zu haben. Er -fand nämlich mehr Übel als Gutes in der Welt und bezeichnete die Lust -als Abwesenheit von Unlust. - -Wie hoch Razi den Aristoteles und Galen schätzte, um ein tieferes -Verständnis ihrer Werke hat er sich doch nicht sonderlich -bemüht. Eifrig betrieb er die Alchemie, seiner Ansicht nach eine -in der Existenz einer Urmaterie begründete wirkliche Kunst, die den -Philosophen unerlässlich sei, glaubte auch, sie wäre von Pythagoras, -Demokrit, Platon, Aristoteles und Galen ausgeübt worden. Entgegen -der peripatetischen Lehre nahm er an, der Körper habe das Prinzip -der Bewegung in sich selbst, was allerdings ein fruchtbarer Gedanke -in der Naturwissenschaft hätte werden können, wenn er anerkannt und -weiter ausgebildet worden wäre. - -Razis Metaphysik geht aus von alten Lehren, die seine Zeitgenossen -dem Anaxagoras, Empedokles, Mani u. A. zuschrieben. An der Spitze -seines Systems stehen fünf gleichewige Prinzipien, der Schöpfer, -die Universalseele, die erste oder Urmaterie, der absolute Raum -und die absolute Zeit oder ewige Dauer. Damit sind die notwendigen -Bedingungen der wirklich existierenden Welt gegeben. Die einzelnen -Sinneswahrnehmungen setzen überhaupt eine Materie voraus, wie -die Zusammenfassung verschiedener wahrgenommener Gegenstände einen -Raum. Die wahrgenommenen Veränderungen zwingen uns ferner zur Annahme -einer Zeit. Die Existenz lebendiger Wesen führt uns auf eine Seele, -und dass einige von diesen lebendigen Wesen mit Vernunft begabt sind, -d. h. befähigt, die Künste zur höchsten Vollkommenheit zu bringen, -dies nötigt uns an einen weisen Schöpfer zu glauben, dessen Vernunft -alles aufs beste angeordnet hat. - -Trotz der Ewigkeit seiner fünf Prinzipien spricht Razi also von einem -Schöpfer und gibt auch eine Schöpfungsgeschichte. Zuerst nämlich wurde -ein einfaches, reines, geistiges Licht erschaffen, die Materie der -Seelen, welche lichtartige, einfache, geistige Substanzen sind. Jene -Lichtmaterie oder die Oberwelt, aus der die Seelen herkamen, heißt auch -Vernunft oder Licht vom Lichte Gottes. Dem Lichte folgt der Schatten, -aus dem, zum Dienste der vernünftigen Seele, die animalische Seele -geschaffen wird. Zugleich aber mit dem einfachen, geistigen Lichte -war schon anfangs ein zusammengesetztes da, das ist der Körper, aus -dessen Schatten nun die vier Naturen, Wärme und Kälte, Trockenheit -und Feuchtigkeit, hervorgehen. Aus diesen vier Naturen werden zuletzt -sämtliche himmlische und irdische Körper gebildet. Aber das Alles -geschieht von Ewigkeit her, ohne zeitlichen Anfang, denn Gott war -nie ohne Thätigkeit. - -Dass Razi Astrolog war, versteht sich nach dem Gesagten von selbst. Die -Himmelskörper bestehen ja nach ihm aus denselben Elementen wie die -irdischen Dinge und diese sind den Einwirkungen jener fortwährend -ausgesetzt. - -6. Razi hatte sich nach zwei Seiten hin polemisch zu verhalten. Er -bekämpfte einerseits die muslimische Einheit Gottes, die keine ewige -Seele, Materie, Raum und Zeit neben sich duldet, andererseits aber -wendete er sich gegen das dahritische System, das keinen Weltschöpfer -anerkennt. Dieses System, das von muslimischen Schriftstellern öfter, -mit dem gehörigen Abscheu natürlich, erwähnt wird, scheint, wenn auch -zahlreiche, doch keine bedeutende Vertreter gefunden zu haben. Die -Anhänger des Dahr (s. I, 2 § 2) werden als Materialisten, Sensualisten, -Atheisten, Anhänger der Seelenwanderung u. s. w. uns vorgeführt, -aber Genaueres über ihre Lehren erfahren wir nicht. Die Dahriten -hatten jedenfalls nicht das Bedürfnis, alles Seiende auf ein Prinzip -zurückzuführen, das geistigen Wesens und schaffenden Wirkens war. Und -eines solchen Prinzipes bedurfte die muslimische Philosophie, sollte -sie sich mit der Glaubenslehre auch nur einigermaßen vertragen. Dazu -eignete sich die Naturphilosophie nicht, weil diese mehr Interesse -zeigte für die mannigfachen und oft gegensätzlichen Wirkungen der -Natur als für den Einen Urgrund des Alls. Besser aber erfüllte diesen -Zweck der neuplatonische Aristotelismus, dessen logisch-metaphysische -Spekulation darauf ausging, alles Seiende auf ein höchstes Sein -zurückzuführen oder alle Dinge aus einem obersten Wirkungsprinzip -abzuleiten. Doch bevor wir uns dieser Richtung des Denkens, die schon -im neunten Jahrhundert sich zu zeigen anfing, zuwenden, haben wir -noch über einen Versuch zu berichten, die Naturphilosophie mit den -Lehren des Glaubens zu einer Religionsphilosophie zu verschmelzen. - - - - -2. Die treuen Brüder von Basra. - -1. Im Orient, wo jede Religion einen Staat im Staate bildete, trat -eine politische Partei, schon damit sie überhaupt Anhänger gewinne, -immer zugleich als religiöse Sekte auf. Prinzipiell kannte nun der -Islam keinen Unterschied zwischen den Menschen, keine Kasten oder -Stände. Aber Besitz und Bildung haben überall dieselbe Wirkung. Und -in ihrem Gefolge fing man an, Grade der Frömmigkeit und Stufen der -Erkenntnis aufzustellen, danach Gemeinde oder Partei sich einteilen -ließe. So entstanden geheime Gesellschaften mit verschiedenen Graden, -deren höchster oder nächsthöchster eine Geheimlehre besaß, die -der neupythagoreischen Naturphilosophie manches entlehnte. Zu ihrem -Zwecke, Eroberung politischer Macht, war jedes Mittel erlaubt. Für die -Eingeweihten wurde der Koran allegorisch ausgelegt. Zwar führte man -diese geheime Weisheit auf Propheten mit biblischen und koranischen -Namen zurück, es steckten aber heidnische Philosophen dahinter. Die -Philosophie wurde ganz zu einer politischen Mythologie umgebildet. Die -hohen Geister und Seelen, die theoretische Denker in Gestirnen -und Planeten erkannten, verkörperten sich für die Realpolitik in -menschliche Wesen, denen zur Gründung eines irdischen Reiches der -Gerechtigkeit behülflich zu sein, als religiöse Pflicht verkündigt -ward. Man kann die Gesellschaften, die solches betrieben, am besten -mit Vereinen vergleichen, wie sie bis auf den Saint-Simonismus und -verwandte Erscheinungen dieses Jahrhunderts, in Ländern, wo die -Geistesfreiheit beschränkt ist, aufzutreten pflegen. - -Urheber einer solchen Bewegung war, in der zweiten Hälfte des -neunten Jahrhunderts, das Haupt der Karmatenpartei, Abdallah -ibn Maimun. Er war ein persischer Augenarzt, in der Schule der -Naturphilosophen gebildet. Gläubige und Freidenker wusste er in einen -Bund zusammenzuschließen, um den Versuch zu machen, die abbasidische -Regierung zu stürzen. Dem Einen war er ein Gaukler, dem Andern ein -frommer Asket oder ein gelehrter Philosoph. Seine Farbe war weiß, -weil seine Religion die des reinen Lichtes, zu dem die Seele nach -ihren irdischen Wanderungen aufsteigen sollte. Verachtung des Körpers, -Geringschätzung der materiellen, allen Bundesbrüdern gemeinsamen Güter -wurde gepredigt, sowie Hingebung an den Bund, Treue und Gehorsam bis -in den Tod gegen seine Oberen. Denn der Bund stufte sich in Graden -ab. Nach der Stufenfolge des Seins, Gott, Vernunft, Seele, Raum und -Zeit, stellte man sich die Offenbarung Gottes in der Geschichte und -in der Verfassung seines Bundes vor. - -2. Die Hauptstätten der karmatischen Wirksamkeit waren Basra -und Kufa. Nun aber finden wir in der zweiten Hälfte des zehnten -Jahrhunderts in Basra eine kleine Gesellschaft von Männern, deren -Bund vier Grade haben soll. Inwiefern es den Brüdern gelungen ist, -die ideelle Gliederung ihres Bundes zu verwirklichen, wissen wir -freilich nicht. Dem ersten Grade gehören die jungen Männer von 15 bis -30 Jahren an, deren Seelen in natürlicher Weise ausgebildet werden. Als -Schüler haben sie sich ganz ihren Lehrern zu fügen. Der zweite Grad -(30-40 Jahre) wird in die Weltweisheit eingeführt und bekommt eine -analoge Erkenntnis der Dinge. Im dritten Grade (40-50 Jahre) wird -das göttliche Weltgesetz in adäquater Form erkannt, es ist das die -Stufe der Propheten. Im höchsten Grade endlich, wenn man über 50 Jahre -hinaus ist, erlebt man, wie die seligen Engel, die wahre Wirklichkeit -der Dinge. Man ist da über Natur, Lehre und Gesetz erhaben. - -Aus diesem Brüderbunde ist uns eine stufenmäßig fortschreitende -Encyklopädie der damaligen Wissenschaften erhalten. Sie besteht -aus 51 (ursprünglich vielleicht 50) Abhandlungen, die inhaltlich -verschiedener Art und Herkunft sind, sodass es den Redaktoren oder -Compilatoren nicht gelungen ist, eine durchgängige Übereinstimmung -herzustellen. Im allgemeinen aber findet sich in dieser Encyklopädie -ein eklektischer Gnostizismus auf naturphilosophischer Grundlage mit -politischem Hintergrunde. Mit mathematischen Betrachtungen, voll -Zahlen- und Buchstabenspiel hebt die Darstellung an, durch Logik -und Physik, aber Alles auf die Seele und ihre Kräfte beziehend, -schreitet sie fort, um endlich in mystisch-zauberischer Weise sich -der Erkenntnis der Gottheit zu nähern. Das Ganze stellt sich als die -Lehre einer verfolgten Sekte dar, ab und zu blickt das Politische -hindurch. Wir sehen noch etwas von Leiden und Kampf, von Bedrückungen, -denen die Männer dieser Encyklopädie oder ihre Vorgänger ausgesetzt -waren, von Hoffnung, die sie hegen, von Duldung, die sie predigen. Sie -suchen in dieser spiritualistischen Philosophie Trost oder Erlösung, -sie ist ihre Religion. Treu bis zum Tode, heißt es, sollen die Brüder -sein, denn für der Freunde Wohl in den Tod zu gehen, das ist der wahre -heilige Krieg. Auf der Pilgerfahrt des Lebens durch diese Welt, so wird -die verpflichtete Reise nach Mekka allegorisiert, soll Einer dem Andern -mit allen Mitteln beistehen. Die Reichen sollen von ihren materiellen, -die Weisen von ihren geistigen Gütern den Anderen mitteilen. Doch ist -das Wissen, wie wir es in der Encyklopädie haben, wohl hauptsächlich -den Eingeweihten der höchsten Grade vorbehalten worden. - -Es scheint nun allerdings dieser Bund der treuen Brüder von Basra, -wie vielleicht eine Zweigniederlassung in Bagdad, ein stilles -Dasein geführt zu haben. Die Brüder mögen sich zu den Karmaten etwa -verhalten haben wie die ruhigeren Taufgesinnten zu den revolutionären -Wiedertäufern des Königs von Sion. - -Als Mitglieder des Bundes und Verfasser der Encyklopädie werden uns -von Späteren genannt: Abu Sulaiman Mohammed ibn Muschir al-Busti, -genannt al-Muqaddasi, Abu-l-Hasan Ali ibn Harun al-Zandschani, -Mohammed ibn Achmed al-Nahradschuri, al-Aufi und Zaid ibn Rifaa. Zur -Zeit ihres Wirkens hatte das Chalifat seine weltliche Macht schon ganz -dem schiitischen Bujidenhause (945) abtreten müssen. Wahrscheinlich -begünstigte dieser Umstand das Hervortreten mit einer Encyklopädie, -in der schiitische und mutazilitische Lehren mit den Ergebnissen der -Philosophie zu einem populären System zusammengefasst waren. - -3. Die Brüder bekennen sich selbst zum Eklektizismus. Sie wollen -die Weisheit aller Völker und Religionen sammeln. Noah und Abraham, -Sokrates und Platon, Zoroaster und Jesus, Mohammed und Ali sind ihre -Propheten. Sokrates, Jesus und seine Apostel, sowie die Aliden, -werden als heilige Märtyrer ihres Vernunftglaubens verehrt. Das -Religionsgesetz in seinem buchstäblichen Sinne heißt gut für den -gemeinen Mann, eine Medizin für schwache und kranke Seelen; für starke -Geister aber ist die tiefere philosophische Einsicht. Der Körper wird -dem Tode geweiht, Sterben bedeutet Auferstehen zum reinen Leben des -Geistes, für diejenigen nämlich, die schon während ihres Erdendaseins -durch philosophische Betrachtungen aus sorglosem Schlummer und -thörichtem Schlaf erwacht sind. Mit endlosen Wiederholungen, durch -Legenden und Sagen spätgriechischer, jüdisch-christlicher, persischer -oder indischer Herkunft, wird dieses eingeschärft. Alles Vergängliche -wird dabei zum Gleichnis. Auf den Trümmern der positiven Religion und -der naiven Ansicht baut sich eine spiritualistische Philosophie auf, -alles Wissen und Streben der Menschheit, sofern es in den Gesichtskreis -der Brüder getreten ist, umfassend. Der Zweck ihres Philosophierens -heißt das Gottähnlichwerden der Seele, soweit es Menschen möglich ist. - -In der Darstellung treten, aus begreiflichen Gründen, die negativen -Tendenzen der Brüder etwas zurück. Am rücksichtslosesten aber tritt -ihre Kritik der menschlichen Gesellschaft und der positiven Religionen -hervor in dem Buche vom Tier und Mensch, wo die Einkleidung es ihnen -ermöglicht, die Tiere sagen zu lassen, was aus menschlichem Munde zu -hören, bedenklich werden könnte. - -4. Der eklektische Charakter und die in den Unterteilen wenig -systematische Art der Darstellung erschwert es, die Philosophie der -Brüder einheitlich zu entwickeln. Doch sollen hier die wichtigsten -Sätze, wenn auch mitunter in loser Verknüpfung, zusammengereiht werden. - -Die Geistesthätigkeit des Menschen zerfällt, nach der Encyklopädie, in -Kunst und Wissenschaft. Wissen nun ist die Form des Gewussten in der -wissenden Seele oder eine höhere, feinere, geistigere Existenzweise -des im Stoffe Wirklichen. Kunst dagegen ist das Hervorgehenlassen -der Form aus der Künstlerseele in die Materie hinein. Das Wissen ist -potentiell in der Seele des Schülers vorhanden, wird aber erst aktuell -durch die belehrende Thätigkeit eines Meisters, der das Wissen als ein -Wirkliches in sich trägt. Woher aber hat es der erste Meister? Nach -den Philosophen, so antworten die Brüder, hat er es sich durch eigenes -Nachdenken erworben, nach den Theologen durch prophetische Erleuchtung -erhalten, nach unserer Meinung aber gibt es verschiedene Wege oder -Vermittelungen, zum Wissen zu gelangen. Aus der Mittelstellung der -Seele zwischen Körper- und Geisteswelt ergeben sich schon drei Wege -oder Quellen der Erkenntnis. Die Seele erkennt nämlich das, was unter -ihr steht, durch die Sinne, das, was über ihr ist, durch logische -Folgerung, und endlich sich selbst durch vernünftige Betrachtung oder -unmittelbare Anschauung. Von diesen Arten ist die Selbsterkenntnis die -gewisseste und vorzüglichste. Das menschliche Wissen erweist sich, -wenn es darüber hinauszugehen versucht, vielfach beschränkt. Über -Fragen, wie Weltentstehung und Weltewigkeit, soll man deshalb nicht -gleich philosophieren, sondern sich zunächst an dem Einfacheren -versuchen. Und nur durch Weltentsagung und gerechten Wandel erhebt -die Seele sich allmählich zur reinen Erkenntnis des Höchsten. - -5. Nach der weltlichen Bildung in Sprachwissenschaft, Poesie und -Geschichte und nach der religiösen Erziehung und Glaubenslehre, -soll das philosophische Studium mit den mathematischen Disziplinen -anfangen. Alles wird hier neupythagoreisch-indisch dargestellt. Nicht -nur die Zahlen, auch die Buchstaben werden zu kindischen Spielereien -benutzt. Es kam da den Brüdern besonders zu statten, dass das -arabische Alphabet 28 = 4 × 7 Buchstaben zählt. Statt nach sachlichen -Gesichtspunkten zu verfahren, wird durch alle Wissenschaften hindurch -nach sprachlichen Analogien und Zahlenverhältnissen phantasiert. Die -Arithmetik untersucht nicht die Zahl als solche, sondern deren -Bedeutsamkeit. Es wird nicht für die Erscheinungen ein zahlenmäßiger -Ausdruck gesucht, sondern nach dem System der Zahlen werden die -Dinge gedeutet. Die Zahlenlehre ist göttliche Weisheit, die über den -Dingen ist, denn die Dinge sind erst den Zahlen nachgebildet. Das -absolute Prinzip alles Seienden und Gedachten ist die Eins. Daher -steht die Wissenschaft der Zahl am Anfang, in der Mitte und am Ende -aller Philosophie. Die Geometrie mit ihren anschaulichen Figuren -dient nur dazu, Anfängern das Verständnis zu erleichtern, wahre, -reine Wissenschaft aber ist allein die Arithmetik. Doch wird auch -die Geometrie eingeteilt in eine sinnliche, die Linien, Flächen und -Körper zum Gegenstande hat, und eine reine oder geistige, die von den -Dimensionen oder Eigenschaften der Dinge, Länge, Breite und Tiefe, -handelt. Der Zweck sowohl der Arithmetik als der Geometrie ist, -die Seele vom Sinnlichen auf das Geistige hinzuführen. - -Zuerst führen sie uns dann zur Betrachtung der Gestirne. In der -Astrologie bietet nun die Encyklopädie, wie nicht anders zu erwarten -ist, höchst phantastische, zum Teil sich widersprechende Lehren. Durch -das Ganze geht die Überzeugung hindurch, dass die Gestirne nicht bloß -Zukünftiges vorhersagen, sondern dass sie alles Geschehen unter dem -Monde direkt beeinflussen oder bewirken. Sowohl Glück als Unglück -kommt von ihnen her. Jupiter, Venus und die Sonne führen Glück, -Saturn, Mars und der Mond dagegen Unglück herbei, und die Wirkungen -des Merkur sind aus Gutem und Bösem gemischt. Merkur ist der Herr der -Bildung und der Wissenschaft; ihm verdanken wir unsere Erkenntnis, -die Gutes und Böses umfasst. So hat denn auch jeder andere Planet -seinen eigenen Wirkungskreis, und der Mensch empfindet in seinem Leben, -wenn er nicht vorzeitig weggerafft wird, nach und nach die Einflüsse -sämtlicher Himmelskörper. Der Mond lässt seinen Körper wachsen -und Merkur bildet seinen Geist aus. Dann beherrscht ihn Venus. Die -Sonne gibt ihm Familie, Reichtum oder Herrschaft, Mars Tapferkeit -und Edelsinn. Darauf bereitet er sich, unter Jupiters Führung, durch -religiöse Übungen zur Reise ins Jenseits vor und gelangt unter dem -Einflusse Saturns zur Ruhe. Viele Menschen aber leben nicht lange genug -oder sind nicht in der Lage, ihre natürlichen Anlagen in ungestörter -Folge zu entwickeln. Darum schickt Gott ihnen gnädig seine Propheten, -nach deren Lehre man sich auch in kurzer Frist und unter ungünstigen -Verhältnissen vollständig ausbilden kann. - -6. Nach der Encyklopädie ist der Mathematik die Logik verwandt. Wie -nämlich die Mathematik vom Sinnlichen zum Geistigen hinführt, so nimmt -auch die Logik eine Mittelstellung zwischen Physik und Metaphysik -ein. Die Physik hat es mit den Körpern, die Metaphysik mit den reinen -Geistern zu thun, die Logik aber behandelt die Begriffe dieser sowie -die Vorstellungen jener in unserer Seele. Doch steht die Logik der -Mathematik an Umfang und Bedeutung nach. Denn das Mathematische wird -nicht nur als ein Mittleres, sondern auch als das Wesen des Alls -gefasst. Hingegen bleibt die Logik ganz auf die seelischen Gebilde -als ein Mittleres zwischen Körper und Geist beschränkt. Die Dinge -richten sich nach den Zahlen, unsere Vorstellungen und Begriffe aber -nach den Dingen. - -Die logischen Betrachtungen der Brüder knüpfen sich an Porphyrs -Einleitung und die Kategorien, die Hermeneutik und die Analytiken -des Aristoteles. Eigentümliches bieten sie nicht oder sehr wenig. - -Zu den fünf Worten des Porphyr wird als sechstes das Individuum -hinzugefügt, wohl der Symmetrie wegen. Drei davon, Gattung, -Art, Individuum, heißen dann objektive, und drei, Differenz, -Proprium, Accidens, begriffliche Bestimmungen. Die Kategorien sind -Gattungsbegriffe, von denen der erste die Substanz, die neun anderen -deren Accidenzen bezeichnen. Durch Einteilung in Arten wird ferner das -ganze System der Begriffe entwickelt. Außer der Einteilung aber gibt es -noch drei logische Methoden: Analyse, Definition und Deduktion. Die -Analyse ist die Methode für Anfänger, weil sie das Individuelle -erkennen lässt. Subtiler aber, das Geistige uns erschließend, sind die -Definition, welche die Arten, und die Deduktion, welche die Gattungen -in ihrem Wesen ergründet. - -Über das Dasein der Dinge belehren uns die Sinne, der Dinge Wesenheit -aber wird durch Nachdenken erkannt. Was die Sinne uns zu erkennen -geben, ist wenig, wie die Buchstaben des Alphabets; bedeutender -schon, wie die Worte, sind die Prinzipien der Vernunfterkenntnis; -das Wichtigste aber sind die aus jenen Prinzipien abgeleiteten -Sätze, die der menschliche Geist sich selbst erwirbt oder aneignet, -im Unterschiede von demjenigen Wissen, das ihm die Natur oder die -göttliche Offenbarung erteilt hat. - -7. Von Gott, dem höchsten Sein, der über alle Unterschiede und -Gegensätze, auch des Körperlichen und Geistigen, erhaben ist, wird die -ganze Welt auf dem Wege der Emanation abgeleitet. Wenn mitunter von -einer Schöpfung die Rede ist, so ist das als eine Anbequemung an den -theologischen Sprachgebrauch aufzufassen. Folgendermaßen stellt sich -nun die Stufenreihe der emanierten Wesen dar: 1. der schaffende Geist -(nous, `aql); 2. der leidende Geist oder die Allseele; 3. die erste -Materie; 4. die wirkende Natur, eine Kraft der Weltseele; 5. der -absolute Körper, auch zweite Materie genannt; 6. die Sphärenwelt; -7. die Elemente der sublunarischen Welt; 8. die aus diesen Elementen -zusammengesetzten Mineralien, Pflanzen und Tiere. Das sind also acht -Wesen, die zusammen mit Gott, der absoluten Eins, die in und mit -jedem Dinge ist, die Reihe der den neun Grundzahlen entsprechenden -Urwesen vollenden. - -Geist, Seele, Urmaterie und Natur sind einfach, mit dem Körper aber -betreten wir das Gebiet des Zusammengesetzten. Alles ist hier entweder -Materie oder Form, Substanz oder Accidens. Die ersten Substanzen sind -Materie und Form, die ersten Accidenzen oder Eigenschaften Raum, -Bewegung und Zeit, denen man wohl im Sinne der Brüder den Ton und -das Licht hinzufügen könnte. Die Materie ist eins, alle Vielheit und -Verschiedenheit rührt von den Formen her. Die Substanz wird auch als -die konstituierende, materielle, das Accidens als die vollendende, -geistige Form bezeichnet. Klar spricht die Encyklopädie sich nicht -aus. Jedenfalls aber wird die Substantialität mehr im Allgemeinen als -im Besonderen gesucht und die Form der Materie vorgezogen. Wie ein -Gespenst schreckt die substantielle Form von jedem Eingehen auf das -Materielle ab. Wie Herren nach ihrer Willkür wandern die Formen durch -die niedere Welt der Materie. Von einer inneren Beziehung zwischen -Materie und Form ist keine Spur zu entdecken. Nicht nur gedanklich, -sondern auch real lassen sie sich trennen. - -Hieraus lässt sich schon ein Begriff von der Naturgeschichte der -Brüder bilden. Man hat sie als Darwinisten des zehnten Jahrhunderts -hingestellt. Nichts ist weniger richtig. Zwar ergeben die verschiedenen -Reiche der Natur, nach der Encyklopädie, eine aufsteigende und -zusammenhängende Reihe. Aber nicht nach der Körperbildung wird -das Verhältnis bestimmt, sondern nach der inneren Form oder der -Seelensubstanz. In mystischer Weise wandert die Form vom Niederen zum -Höheren und umgekehrt, nicht nach inneren Bildungsgesetzen oder durch -Anpassung an das Äußere modifiziert, sondern nach den Einwirkungen -der Gestirne und, wenigstens beim Menschen, nach praktischem und -theoretischem Verhalten. Eine Entwicklungsgeschichte in modernem Sinne -zu geben, lag den Brüdern ganz fern. Ausdrücklich betonen sie z. B., -Pferd und Elephant seien menschenähnlicher als der Affe, obgleich beim -letzteren die körperliche Übereinkunft größer. Aber der Körper ist -ja etwas ganz Nebensächliches in ihrem System, der Tod des Körpers -heißt die Geburt der Seele. Nur die Seele ist ein wirkendes Wesen, -das sich den Körper schafft. - -8. Die Naturlehre der Brüder geht demnach fast vollständig in -Psychologie auf. Beschränken wir uns hier auf die menschliche -Seele. Sie steht in der Mitte des Alls. Wie die Welt ein großer Mensch, -ist der Mensch eine kleine Welt. - -Die menschliche Seele ist von der Weltseele emaniert, und die Seelen -sämtlicher Individuen bilden zusammen eine Substanz, die man den -absoluten Menschen oder den Geist der Menschheit nennen könnte. Jede -Einzelseele aber steckt in der Materie und muss sich allmählich -zum Geiste hinbilden. Dazu hat sie viele Vermögen oder Kräfte. Von -diesen sind die theoretischen Vermögen die vorzüglichsten, denn in -der Erkenntnis besteht das Leben der Seele. - -Die Seele des Kindes ist zunächst wie ein weißes Blatt. Was die fünf -Sinne ihr zuführen, wird, vorn, mitten und hinten im Gehirne, erstens -vorgestellt, zweitens beurteilt und drittens aufbewahrt. Durch das -Vermögen der Sprache und die Schreibkunst, womit die entsprechende -Fünfzahl innerer Sinne erreicht ist, wird dann der Vorstellungsinhalt -verwirklicht. - -Unter den äußeren Sinnen geht das Gehör dem Gesichte voran, denn -dieses bezieht sich, ein Sklave des Augenblickes, auf das sinnlich -Gegenwärtige, dagegen das Gehör auch Vergangenes erfasst und die -Harmonie der tönenden Sphären empfindet. Gehör und Gesicht bilden -zusammen die Gruppe geistiger Sinne, deren Wirkung zeitlos von statten -gehen soll. - -Während nun der Mensch die äußeren Sinne mit den Tieren gemein hat, -so bekundet sich in der Urteilskraft, in der Sprache und im Handeln -die spezifisch menschliche Vernunft. Diese urteilt über gut und -böse, nach welchem Urteile der Wille sich entscheidet. Besonders -aber ist die Bedeutung der Sprache für das Erkenntnisleben der Seele -hervorzuheben. Ein Begriff, der nicht durch irgend einen Ausdruck in -irgend einer Sprache bezeichnet werden kann, ist eben kein denkbarer -Begriff. Das Wort ist der Körper des Gedankens, der rein für sich -nicht bestehen kann. - -Wie aber diese Auffassung vom Verhältnis zwischen Begriff und Ausdruck -zu sonstigen Meinungen der Brüder stimmen soll, ist nicht einzusehen. - -9. Auf ihrer höchsten Stufe wird die Lehre der Brüder -Religionsphilosophie. Eine Versöhnung zwischen Wissenschaft und -Leben, Philosophie und Glauben ist ihre Absicht. Da sind nun die -Menschen sehr verschieden. Der gewöhnliche Mensch braucht einen -sinnlichen Gottesdienst. Aber wie die Seele des gemeinen Mannes -Tier- und Pflanzenseele unter sich hat, so stehen über ihr die -Seele des Philosophen und des Propheten, dem sich der reine Engel -anschließt. Auf den höheren Stufen erhebt sich die Seele auch über -die niedere Volksreligion, deren sinnliche Vorstellungen und Gebräuche. - -Als die vollkommenere religiöse Offenbarung erschien den Brüdern -wohl das Christentum, auch der zoroastrische Glaube. Unser -Prophet Mohammed, sagen sie, wurde an ein ungebildetes Volk von -Wüstenbewohnern geschickt, die weder von der Schönheit dieser Welt -noch von dem geistigen Charakter der jenseitigen eine richtige -Vorstellung besaßen. Die grobsinnlichen Ausdrücke des Korans, dem -Verständnis jenes Volkes angepasst, sollen von den höher Gebildeten -in spiritualistischem Sinne verstanden werden. - -Aber auch die anderen Volksreligionen haben die Wahrheit nicht -rein. Über sie alle hinaus gibt es einen Vernunftglauben, für den -die Brüder sogar eine metaphysische Ableitung versuchen. Zwischen -Gott und sein erstes Geschöpf, den schaffenden Geist, wird als -Hypostase das göttliche Weltgesetz (nâmûs) eingeschoben. Es ist das -die über Alles sich erstreckende weise Anordnung eines barmherzigen -Schöpfers, der Niemandem Böses will. Den Glauben an einen zornigen -Gott, an Höllenstrafen und dergleichen erklären die Brüder für -widervernünftig. Ein solcher Glaube thut der Seele weh. Die unwissende, -sündige Seele findet schon in diesem Leben, in ihrem eigenen Leibe -die Hölle. Auferstehung dagegen heißt die Trennung der Seele von -ihrem Körper. Und die große Auferstehung am jüngsten Tage ist die -Trennung der Allseele von der Welt, ihre Rückkehr zu Gott. Das Ziel -sämtlicher Religionen ist ja die Hinwendung zu Gott. - -10. Die Ethik der Brüder hat einen asketisch-spiritualistischen -Charakter, obgleich sich auch hier der Eklektizismus zeigt. Gut handelt -nach ihr der Mensch, wenn er der richtigen Natur folgt, lobenswert -ist die freie That der Seele, vortrefflich sind die aus vernünftiger -Überlegung hervorgegangenen Handlungen, und einer Belohnung, d. h. der -Erhebung zur himmlischen Sphärenwelt wert ist endlich die Befolgung des -göttlichen Weltgesetzes. Dazu bedarf es der Sehnsucht nach oben. Die -höchste Tugend ist deshalb die Liebe, die nach Vereinigung mit Gott, -dem ersten Geliebten, hinstrebt, die sich aber auch in diesem Leben -als religiöse Duldung und Schonung aller Geschöpfe bethätigt. Ihr -Gewinn im Diesseits ist Seelenruhe, Herzensfreiheit, Frieden mit der -ganzen Welt, und im Jenseits das Aufsteigen zum ewigen Lichte. - -Nach alledem braucht es uns nicht zu wundern, dass dem Leibe viel -Schlechtes nachgesagt wird. Unser wahres Wesen heißt die Seele, -unseres Daseins höchster Zweck soll es sein, mit Sokrates dem Geiste, -mit Christus dem Gesetz der Liebe zu leben. Dennoch ist der Leib zu -schonen und zu pflegen, damit die Seele Zeit habe, sich vollkommen -zu entwickeln. In diesem Sinne wird von den Brüdern ein menschliches -Bildungsideal aufgestellt, dessen Züge den Charakteren verschiedener -Völker entlehnt sind. Der ideale, sittlich vollkommene Mensch soll -nämlich ostpersischer Abstammung sein, arabisch seinem Glauben nach, -von iraqischer (babylonischer) Bildung, erfahren wie ein Hebräer, -ein Christusjünger in seinem Wandel, fromm wie ein syrischer Mönch, -ein Grieche in den Einzelwissenschaften, ein Inder in der Deutung -aller Geheimnisse, endlich aber und zuhöchst ein Sufi in seinem -ganzen Geistesleben. - -11. Der Versuch einer Versöhnung, die auf diese Weise zwischen -Wissen und Glauben sollte hergestellt werden, hat nach keiner Seite -befriedigt. Auf die allegorische Koraninterpretation der Brüder -blickten die theologischen Dialektiker herab, wie heutzutage -unsere Gottesgelehrten auf die neutestamentliche Exegese des -Grafen Tolstoi. Und die reineren Aristoteliker betrachteten -die pythagoreisch-platonische Richtung der Encyklopädie wie -ein heutiger Philosophieprofessor Spiritismus, Occultismus und -derartige Erscheinungen anzusehen pflegt. Aber in der breiten -Masse der gebildeten oder halbgebildeten Welt haben die Schriften -oder doch die Ansichten der treuen Brüder von Basra eine bedeutende -Wirkung erzielt, von der die vielen, meist jungen Handschriften der -umfangreichen Encyklopädie beredtes Zeugnis ablegen. Bei vielen Sekten -innerhalb der islamischen Welt, Batiniten, Ismaeliten, Assasinen, -Drusen, oder wie sie sonst heißen mögen, finden wir der Hauptsache -nach dieselben Lehren wieder. Vorzugsweise in dieser Form hat sich -griechische Weisheit im Osten acclimatisieren können, während die -aristotelische Schulphilosophie fast nur im Treibhause fürstlicher -Gönner gedeihen wollte. Der große Kirchenvater Gazali that die -Weisheit der Brüder gar leicht als Popularphilosophie ab, scheute -sich aber nicht, von ihnen das Gute herüberzunehmen. Er verdankt ihrem -Gedankenkreise mehr, als er wohl selbst eingestehen mochte. Auch von -anderen, besonders in encyklopädischen Werken, sind ihre Abhandlungen -ausgenutzt worden. Die Wirkung der Encyklopädie dauert noch fort im -muslimischen Osten. Vergebens hat man sie, zusammen mit den Schriften -Ibn Sina's, im Jahre 1150 zu Bagdad verbrannt. - - - - - - - - -IV. DIE NEUPLATONISCHEN ARISTOTELIKER DES OSTENS. - - -1. Kindi. [14] - -1. Kindi steht in mannigfachen Beziehungen zu den mutazilitischen -Dialektikern und den neupythagoreischen Naturphilosophen seiner Zeit -und wir hätten ihn also schon vor Razi (s. III, 1 § 5) unter den -letzteren behandeln können. Doch hat ihn die Tradition einstimmig als -den ersten Peripatetiker im Islam hingestellt. Mit welchem Rechte, -wird sich, soweit es aus den wenigen mangelhaft erhaltenen Schriften -dieses Philosophen möglich ist, im folgenden ergeben. - -Abu Jaqub ibn Ishaq al-Kindi (d. h. aus dem Stamme Kinda) war -arabischer Abstammung, und wurde deshalb, im Unterschiede von seinen -vielen nichtarabischen Genossen, die sich mit Weltweisheit abgaben, -der arabische Philosoph genannt. Er führte seinen Stammbaum auf die -alten Kinda-Fürsten zurück. Ob er dazu das Recht besaß, lassen wir -dahingestellt bleiben. Jedenfalls hatte der südarabische Kindastamm -es in der äußeren Kultur weiter gebracht als andere Stämme. Viele -Kinditen hatten sich auch schon früh in Iraq (Babylonien) angesiedelt, -wo dann unser Philosoph in Kufa, davon sein Vater Statthalter war, -geboren wurde, vermutlich am Anfange des neunten Jahrhunderts. Seine -Erziehung erhielt er wahrscheinlich teilweise in Basra, ferner in -Bagdad, also in den Mittelpunkten der damaligen Bildung. Hier lernte -er persische Kultur und griechisches Wissen höher schätzen als alte -Arabertugend und muslimischen Glauben. Er behauptete sogar, wohl -nach anderen, Kachtan, der Stammvater der Südaraber, sei ein Bruder -Jaunan's gewesen, von dem die Griechen herstammen. So etwas konnte -man sagen in Bagdad, am abbasidischen Hofe, wo man keine Nationalität -kannte und die alten Griechen bewunderte. - -Wie lange und in welcher Stellung Kindi am Hofe weilte, ist nicht -bekannt. Er wird als Übersetzer griechischer Werke ins Arabische -genannt und soll die Arbeiten anderer verbessert haben, u. a. die -sogenannte Theologie des Aristoteles. Zahlreiche Diener und Schüler, -deren Namen uns überliefert sind, waren vermutlich unter seiner -Aufsicht damit beschäftigt. Ferner mag er dem Hofe als Astrologe oder -Arzt, vielleicht auch bei der Finanzverwaltung, Dienste geleistet -haben. Später aber wurde er entfernt, als er von der orthodoxen -Restauration unter Mutawakkil (847-861) mit betroffen ward, und seine -Bibliothek eine Zeit lang konfisziert. In Bezug auf seinen Charakter -sagt ihm die Überlieferung nach, er sei geizig gewesen, was übrigens -viele andere Schöngeister und Bücherliebhaber sollen gewesen sein. - -Ebensowenig wie Kindi's Geburts-, ist sein Todesjahr bekannt. Er -scheint also in Ungnaden oder doch in untergeordneter Stellung -gestorben zu sein. Dass Masudi (s. II, 4 § 4), der ihn sehr schätzte, -ganz darüber schweigt, ist befremdend. Höchstwahrscheinlich lebte -er noch nach dem Jahre 870, wie aus einer seiner astrologischen -Abhandlungen hervorgeht. Der Ablauf einer kleinen Weltperiode -stand damals bevor, und das wurde von den Karmaten zur Stürzung des -Fürstenhauses benutzt. Da war nun aber Kindi reichsfreundlich genug, -den von einer Konjunktion bedrohten Bestand des Staates um etwa 450 -Jahre zu verlängern. Sein fürstlicher Gönner konnte zufrieden sein -und die Geschichte hat sich bis auf ein halbes Jahrhundert gefügt. - -2. Kindi war ein Polyhistor, er hatte die ganze gelehrte Bildung -seiner Zeit in sich aufgenommen. Als Geograph, Kulturhistoriker -und Mediziner mag er eigene Beobachtungen angestellt und mitgeteilt -haben, ein schöpferischer Geist ist er keinesfalls gewesen. Seine -theologischen Ansichten zeigen mutazilitisches Gepräge. Er schrieb -nämlich über das menschliche Vermögen zu handeln und die Zeit seines -Entstehens, ob vor oder zugleich mit der That. Ausdrücklich betonte er -die Gerechtigkeit und die Einheit Gottes. Gegen die damals als indisch -oder brahmanisch bekannte Theorie, als einzige Erkenntnisquelle -reiche die Vernunft aus, verteidigte er die Prophetie, suchte -diese aber mit der Vernunft in Einklang zu bringen. Seine Kenntnis -verschiedener Religionssysteme forderte ihn zur Vergleichung auf. Als -allen gemeinsam fand er den Glauben heraus, dass die Welt das Werk -einer ewigen einheitlichen Ursache sei, für die unser Wissen keine -nähere Bezeichnung besitze. Es sei aber die Pflicht der Einsichtigen, -diese Ursache als göttlich anzuerkennen. Die Gottheit selbst habe -ihnen dazu den Weg gezeigt, auch Gesandte geschickt zum Zeugnis, -die den Gehorsamen ewige Glückseligkeit verheißen, den Ungehorsamen -aber entsprechende Bestrafung androhen sollen. - -3. Kindi's eigentliche Philosophie ist, wie diejenige -seiner Zeitgenossen, an erster Stelle Mathematik und -Naturphilosophie, wobei dann Neuplatonisches und Neupythagoreisches -ineinanderfließen. Es wird nach ihm keiner Philosoph ohne das Studium -der Mathematik. Phantastisches Spiel mit Zahlen und Buchstaben findet -sich öfter in seinen Schriften. Er wandte auch die Mathematik auf die -Medizin an in der Lehre von den zusammengesetzten Heilmitteln. Er -gründete nämlich die Wirkung dieser Mittel, ähnlich derjenigen der -Musik, auf die geometrische Proportion. Es handelt sich hier um die -Proportionalität der sinnlichen Qualitäten: warm, kalt, trocken und -feucht. Soll ein Heilmittel im ersten Grade warm sein, dann muss -es das Doppelte an Wärme besitzen von der gleichmäßigen Mischung, -im zweiten Grade das Vierfache u. s. w. Die Entscheidung darüber -scheint Kindi dem Sinne, besonders dem Geschmacke anvertraut zu -haben, sodass wir bei ihm eine Ahnung von der Proportionalität der -Sinnesempfindungen hätten. Das war nun, wenn überhaupt originell, -bei ihm wohl nichts anderes als eine mathematische Spielerei. Cardan -aber, ein Philosoph der Renaissance, hat ihn wegen dieser Lehre noch -zu den zwölf subtilsten Geistern gerechnet. - -4. Die Welt ist nach Kindi, wie oben schon gesagt, ein Werk Gottes, -dessen Wirken aber von oben nach unten vielfach vermittelt wird. Alles -Höhere wirkt auf das Niedere ein, nicht aber das Verursachte auf -seine über ihm auf der Stufe des Seins stehende Ursache. In allem -Weltgeschehen ist nun eine durchgängige Ursächlichkeit, die es uns -ermöglicht, aus der Erkenntnis der Ursache, der Himmelskörper z. B., -Zukünftiges vorherzusagen. Auch haben wir an einem vollständig -erkannten Einzelwesen einen Spiegel, darin der ganze Zusammenhang -der Welt zu schauen. - -Dem Geiste gehört die höhere Wirklichkeit und alle Wirksamkeit -an. Seinem Wunsche gemäß hat sich die Materie zu gestalten. Und -zwischen dem göttlichen Geiste und der materiellen Körperwelt steht -die Seele in der Mitte. Sie ist es, die die Sphärenwelt erst geschaffen -hat. Von dieser Weltseele ist die menschliche Seele ein Ausfluss. Ihrer -Natur nach, d. h. in ihren Wirkungen, ist die letztere an die Mischung -ihres Körpers gebunden, aber ihrem geistigen Wesen nach ist sie davon -unabhängig, treffen sie also auch nicht die Einwirkungen der Gestirne, -die sich auf das Natürliche beschränken. Unsere Seele, so führt Kindi -aus, ist eine einfache, unvergängliche Substanz, aus der Welt der -Vernunft in die Sinnenwelt herabgekommen, aber mit Erinnerung an ihren -früheren Zustand ausgestattet. Sie findet sich hier nicht heimisch, -denn sie hat viele Bedürfnisse, deren Befriedigung ihr versagt bleibt, -und die deshalb von schmerzlichen Gefühlen begleitet sind. Es ist -eben nichts beständig in dieser Welt des Entstehens und Vergehens, -in der man dessen, was man liebt, jeden Augenblick beraubt werden -kann. Beständigkeit gibt es nur in der Welt der Vernunft. Wenn wir -also unsere Wünsche erfüllt sehen wollen und nicht dessen beraubt -werden, was uns teuer ist, so müssen wir uns den ewigen Gütern -der Vernunft zuwenden, der Furcht Gottes, der Wissenschaft und den -guten Werken. Wenn wir aber nur den materiellen Gütern nachgehen -und glauben, sie uns erhalten zu können, so streben wir etwas nach, -das in Wirklichkeit nicht existiert. - -5. Dieser ethisch-metaphysischen Dualität des Sinnlichen und Geistigen -entspricht die Lehre Kindi's vom Wissen. Unsere Erkenntnis ist -danach entweder sinnliche oder Vernunfterkenntnis; was dazwischen, -die Phantasie oder die Vorstellungskraft, heißt mittleres Vermögen. Die -Sinne erfassen nun das Einzelne oder die materielle Form, die Vernunft -aber das Allgemeine, Arten und Gattungen, oder die geistige Form. Und -wie das Wahrgenommene mit der Sinneswahrnehmung eins ist, so ist es -auch das von der Vernunft Erfasste mit der Vernunft selbst. - -Zum ersten Male taucht hier nun die Lehre von der Vernunft oder -vom Geiste (nous, `aql) in einer Gestalt auf, wie sie, nur etwas -modifiziert, bei den späteren muslimischen Philosophen einen großen -Platz einnimmt. Sie ist charakteristisch für den ganzen Verlauf der -Philosophie im Islam. Wie im Universalienstreite des christlichen -Mittelalters sich doch auch ein objectiv-wissenschaftliches Interesse -kundgibt, so zeigt sich in den philosophischen Erörterungen der -Muslime über den denkenden Geist vor allem das subjektive Bedürfnis -intellektueller Bildung. - -Kindi unterscheidet einen vierfachen Geist [15]: erstens den Geist, -der immer wirklich ist, die Ursache und das Wesen alles Geistigen in -der Welt, also wohl Gott oder der erste geschaffene Geist; zweitens -den Geist als vernünftige Anlage oder Potenz der menschlichen Seele; -drittens als Habitus oder wirklichen Besitz der Seele, dessen sie -sich jeden Augenblick bedienen kann, wie z. B. der Schreiber seiner -Kunst; endlich viertens als Thätigkeit, wodurch das, was die Seele als -ein Wirkliches in sich hat, in die äußere Wirklichkeit übergeführt -wird. Letztere Thätigkeit scheint, nach Kindi, die eigene That des -Menschen zu sein, während er die Überführung der Potenz zum Habitus -oder die Verwirklichung des Möglichen von der ersten Ursache, dem -ewigwirklichen Geiste herleitet. Den wirklichen Geist haben wir also -von oben erhalten und es heißt der dritte `aql deshalb `aql mustafad, -lat. intellectus adeptus sive adquisitus. Die Grundanschauung -des Altertums, alles Wissen um die Dinge müsse von außen an uns -herankommen, geht in dieser Form, in der Lehre vom `aql mustafad oder -dem Geiste, den wir von oben bekommen, durch die arabische Philosophie -und dann in die christliche hinein. Leider ist die Lehre in Bezug -auf diese Philosophie selbst nahezu richtig. Der thätige Geist, -der sie geschaffen, ist in Wirklichkeit der neuplatonische Aristoteles. - -Das Höchste, was er besitzt, hat der Mensch ja immer seinem Gotte -oder den Göttern zugeschrieben. Muslimische Theologen schrieben der -göttlichen Wirksamkeit unmittelbar die sittlichen Handlungen des -Menschen zu. Nach den Philosophen aber ist das Wissen mehr als die -That. Diese, auf die niedere, sinnliche Welt sich richtend, mag des -Menschen Eigentum sein; sein höchstes Wissen aber, die reine Vernunft, -kommt von oben her, vom göttlichen Wesen. - -Es ist klar, dass die Lehre vom Geiste, wie sie bei Kindi vorliegt, -auf die Nus-Lehre des Alexander von Aphrodisias im zweiten Buche -über die Seele zurückgeht. Aber Alexander behauptete ausdrücklich, -nach Aristoteles gebe es einen dreifachen Nus. Kindi sagt dagegen, er -stelle die Meinung des Platon und Aristoteles dar. Neupythagoreisches -und Neuplatonisches verknüpfen sich hier. In allem muss die Vierzahl -nachgewiesen werden, und Platon und Aristoteles sollen übereinstimmen. - -6. Ziehen wir die Summe. Kindi ist mutazilitischer Theolog und -neuplatonischer Philosoph mit neupythagoreischen Zuthaten. Sokrates, -der Märtyrer des athenischen Heidentumes, ist sein Ideal, über -ihn, sein Schicksal und seine Lehre hat er mehrere Schriften -verfasst. Platon und Aristoteles sucht er in neuplatonischer Weise -zu vereinigen. - -Trotzdem nennt ihn die Überlieferung den ersten, der in -seinen Schriften dem Aristoteles folgte. Nicht ganz ohne Grund -fürwahr. In seinem langen Schriftenverzeichnisse nimmt Aristoteles -einen hervorragenden Platz ein. Er begnügte sich nicht mit bloßem -Übersetzen, sondern studierte die übersetzten Werke, versuchte es auch -sie zu verbessern und zu erläutern. Die aristotelische Physik, mit der -Erklärung des Alexander von Aphrodisias, hat jedenfalls bedeutend auf -ihn gewirkt. Behauptungen, wie dass die Welt nicht der Wirklichkeit, -sondern nur der Potenz nach unendlich sei, dass die Bewegung stetig -und dergleichen mehr deuten darauf hin. Die damaligen Naturphilosophen, -wie noch die treuen Brüder, sagten z. B., die Bewegung sei ebensowenig -stetig wie die Zahl. - -Ferner aber wandte Kindi sich entschieden von der wundersüchtigen -Zeitphilosophie ab, indem er die Alchemie für Schwindel erklärte. Er -hielt es für menschenunmöglich, was die Natur allein hervorzubringen im -Stande ist. Wer sich denn auch mit alchemistischen Versuchen abgebe, -betrüge, seiner Meinung nach, sich selbst oder andere. Diese Ansicht -Kindi's hat der berühmte Mediziner Razi zu widerlegen versucht. - -7. Sowohl als Lehrer wie als Schriftsteller hat Kindi hauptsächlich -durch seine Mathematik, Astrologie, Geographie und Medizin -gewirkt. Sein treuester und gewiss bedeutendster Schüler war Achmed -ibn Mohammed al-Tajjib al-Sarachsi (gest. 899), Verwaltungsbeamter und -Freund des Chalifen Mutadid, dessen Nachlässigkeit oder Willkür er zum -Opfer fiel. Er befasste sich mit Geheimwissenschaft und Astrologie, -bemühte sich, aus den Wundern der Schöpfung die Weisheit und Macht des -Schöpfers zu erkennen, und trieb Geographie und Geschichte. Bekannter -ist ein anderer Schüler Kindi's geworden, Abu Maschar (gest. 885), -der aber seinen Ruhm ganz der Astrologie zu verdanken hat. Dieser -soll von einem fanatischen Gegner der Philosophie, durch ein -oberflächliches Studium der Mathematik zur Beschäftigung mit der -Astrologie gereizt, als er schon 47 Jahre alt war, ein Verehrer -Kindi's geworden sein. Ob nun das Dichtung oder Wahrheit, auf jeden -Fall ist ein solcher Bildungsgang charakteristisch für das neugierige -Haschen nach halbverstandenem Wissen, das den ersten Jahrhunderten -der arabischen Wissenschaft eigentümlich ist. - -Die Schule Kindi's ist in keiner Weise über den Meister -hinausgegangen. Von ihrer litterarischen Thätigkeit ist uns fast nur -in einzelnen Zitaten etwas erhalten. Möglich wäre es allerdings, dass -in den Abhandlungen der treuen Brüder sich einiges gerettet hätte. Doch -lässt sich dies beim jetzigen Stande der Wissenschaft nicht bestimmen. - - - - -2. Farabi. - -1. Im zehnten Jahrhundert werden von den Naturphilosophen die Logiker -oder Metaphysiker unterschieden. Diese befolgen eine strengere -Methode als die Dialektiker und behandeln andere Gegenstände als die -Physiker. Von Pythagoras haben sie sich losgesagt, um sich der Führung -des Aristoteles, freilich in neuplatonischer Gestalt, anzuvertrauen. - -Wir haben es da mit zwei Richtungen wissenschaftlichen Interesses -zu thun. Die Naturphilosophen interessieren sich mehr oder weniger -für die Fülle konkreter Erscheinungen der Natur, wie der Länder- -und Völkerkunde. Sie untersuchen überall die Wirkungen der Dinge, -glauben auch das Wesen nur in der Wirkung zu erkennen. Wenn sie zwar -über Natur, Seele und Geist zum göttlichen Wesen hinaufsteigen, so -bestimmen sie dieses doch nur oder vorzugsweise als erste Ursache, als -weisen Schöpfer, dessen Güte und Weisheit aus seinen Werken hervorgehe. - -Ganz anders verhalten sich die Logiker. Das Einzelgeschehen hat für -sie untergeordneten Wert, nicht weiter, als es aus dem Allgemeinen -ableitbar sich erweist. Gehen die Physiker von den Wirkungen aus, -die Logiker wollen aus ihren Gründen die Dinge begreifen. Sie -fragen überall nach dem Begriff oder dem Wesen der Dinge, bis -zum Höchsten. Gott, um mit einem Beispiele den Gegensatz greifbar -hinzustellen, ist ihnen nicht zunächst der weise Schöpfer, sondern -das notwendig-existierende Wesen. - -Die Logiker folgen zeitlich den Physikern nach, wie denn auch von der -mutazilitischen Dialektik (s. II, 3 § 4 und 5) zuerst Gottes Wirken, -darauf sein Wesen in den Kreis der Betrachtung gezogen wurde. - -Als den bedeutendsten Vertreter der naturphilosophischen Richtung -haben wir Razi kennen gelernt. Die logisch-metaphysischen Bestrebungen, -denen Kindi u. a. vorgearbeitet, erreichen ihren Höhepunkt in Razi's -jüngerem Zeitgenossen Abu Nasr Mohammed ibn Mohammed ibn Tarchan ibn -Uzlag al-Farabi. - -2. Über den äußeren Lebens- und Bildungsgang Farabis ist wenig -Sicheres zu sagen. Er war ein stiller Mann, der im Schatten der Macht, -zuletzt als Sufi gekleidet, sich einem philosophisch-beschaulichen -Leben hingab. Sein Vater soll persischer Heerführer gewesen sein. In -Wasidsch, einem kleinen befestigten Orte des Bezirkes Farab, im -Türkenlande Transoxanien, wurde er geboren. In Bagdad erhielt er, -teilweise von einem christlichen Lehrer, Johanna ibn Hailan, seine -Ausbildung. Diese umfasste sowohl Litterarisches als Mathematisches, -also Trivium und Quadrivium im Sinne des christlichen Mittelalters. Von -seiner mathematischen Bildung zeugen noch einige seiner Schriften, -namentlich über Musik. Die Legende lässt ihn alle Sprachen der -Welt (70) reden. Aus seinen Werken erhellt, was schon a priori -wahrscheinlich, dass er Türkisch und Persisch verstand. Das Arabisch -schreibt er klar und nicht ohne Reiz. Nur schadet die Vorliebe für -Synonymen und parallele Satzglieder dann und wann der Präzision des -philosophischen Ausdruckes. - -Die Philosophie, in die Farabi eingeweiht wurde, stammte aus der -Schule von Merw. Vielleicht hatte diese sich schon mehr metaphysischen -Fragen zugewandt als die naturphilosophische Richtung der Harranier -und Basrenser. - -Von Bagdad, wo er lange Zeit gelebt und gewirkt, siedelte Farabi, -wohl infolge der politischen Wirren, nach Haleb (Aleppo) an den -glänzenden Hof Saif-addaula's über. Nur soll er nicht am Hofe, sondern -in Naturzurückgezogenheit die letzten Jahre verbracht haben. Auf -einer Reise starb er in Damaskus, Dezember des Jahres 950, wo ihm, -wie berichtet wird, sein Fürst in sufischem Gewande die Leichenrede -hielt. Er soll 80 Jahre alt geworden sein. Dass er ein hohes Alter -erreicht hat, ist wahrscheinlich. Sein Zeit- und Studiengenosse Abu -Bischr Matta starb 10 Jahre früher und sein Schüler Abu Zakarija -Jachja ibn Adi im Jahre 974, 81 Jahre alt. - -3. Die zeitliche Reihenfolge der Schriften Farabis ist nicht -festgestellt. Kleinere Abhandlungen, in denen er sich mit den -Dialektikern und Naturphilosophen berührt, dürften, wenn sie überhaupt -echt in der überlieferten Gestalt, populäre oder Jugendschriften -sein. Seine Entwicklung wendete sich dem aristotelischen Schrifttum -zu, weshalb ihn der Orient den zweiten Lehrer, d. h. den zweiten -Aristoteles nannte. - -Seit seiner Zeit steht die Zahl und Folge der aristotelischen oder doch -dem Aristoteles zugeschriebenen Werke, die man nach seinem Vorgange -paraphrasierte und kommentierte, im allgemeinen fest. Zuerst die -acht logischen Schriften, Kategorien, Hermeneutik, erste und zweite -Analytik, Topik, Sophistik, Rhetorik und Poetik, denen die Isagoge -des Porphyr voraufgeht. Dann folgen die acht Schriften zur Physik, -auscultatio physica, de coelo et mundo, de generatione et corruptione, -die Meteorologie, die Psychologie, de sensu et sensato, das Buch der -Pflanzen und das der Tiere. Endlich schließen sich an Metaphysik, -Ethik, Politik u. a. - -Die sogenannte Theologie des Aristoteles hat Farabi noch für ein -echtes Werk gehalten. In neuplatonischer Weise und mit einiger -Accommodation an den muslimischen Glauben sucht er die Übereinstimmung -zwischen Platon und Aristoteles nachzuweisen. Nicht sondernde Kritik, -eine geschlossene Weltanschauung ist ihm Bedürfnis. Die Befriedigung -dieses mehr religiösen als wissenschaftlichen Bedürfnisses lässt ihn -über philosophische Differenzen hinwegsehen. Platon und Aristoteles -sollen sich von einander nur unterscheiden durch ihre Methode, -im sprachlichen Ausdruck und in ihrem Verhalten zum praktischen -Leben. Ihre Weisheitslehre aber ist dieselbe. Sie sind die Imame, -d. h. die höchsten Autoritäten in der Philosophie, und da sie Beide -selbständige, originelle Geister gewesen, gilt ihre übereinstimmende -Autorität dem Farabi mehr als der Glaube der ganzen muslimischen -Gemeinde, die mit blindem Zutrauen Einem Führer folgt. - -4. Farabi wird den Ärzten zugezählt, doch scheint er die Kunst -nicht praktisch geübt zu haben. Er widmete sich der Heilkunst -der Seele ganz. Seelenreinheit nannte er die Bedingung und die -Frucht alles Philosophierens, Wahrheitsliebe forderte er auch gegen -Aristoteles. Geometrie und Logik sollen dann das Urteil bilden für das -Studium der Natur- und Geisteswissenschaften. Den einzelnen Disziplinen -aber schenkt Farabi wenig Beachtung, er konzentriert sich auf Logik, -Metaphysik und die Prinzipien der Physik. Die Philosophie ist ihm -die Wissenschaft alles Seienden als solchen, bei deren Erwerb man der -Gottheit ähnlich wird. Sie ist die eine, allesumfassende Wissenschaft, -die uns das einheitliche Weltbild vorführt. Den Dialektikern wirft -Farabi vor, dass sie ungeprüft die Sätze des gemeinen Bewusstseins -als Grundlage für ihre Beweise benutzen, den Naturphilosophen, dass -sie sich immer nur mit den Wirkungen der Dinge befassen, also nie -über die Gegensätze des Weltgeschehens hinaus zu einer einheitlichen -Auffassung des Alls gelangen. Den ersteren gegenüber will er das -Denken begründen, im Gegensatze zu den letzteren den Einen Urgrund -alles Seienden erforschen. Wir werden folglich seiner historischen -und dogmatischen Stellung am besten gerecht, wenn wir zuerst seine -Logik, darauf die Metaphysik und zuletzt seine Physik und praktische -Philosophie zur Darstellung bringen. - -5. Farabis Logik ist keine reine Analyse wissenschaftlichen -Denkens, sondern enthält auch viele sprachliche Bemerkungen und -erkenntnistheoretische Erörterungen. Wie die Grammatik sich auf -die Sprache eines Volkes beschränkt, so soll die Logik dagegen den -sprachlichen Ausdruck der Gesamtvernunft aller Völker heranziehen. Von -den einfachsten Elementen der Sprache zu den zusammengesetzten hat -sie fortzuschreiten, vom Wort zum Satze, zur Rede. - -Nach der Beziehung ihrer Gegenstände zur Wirklichkeit zerfällt -die Logik in zwei Teile: der erste Teil umfasst die Lehre von den -Begriffen und Definitionen (tasawwur), der zweite diejenige von den -Urteilen, Schlüssen und Beweisen (tasdiq). Die Begriffe, mit denen -die Definitionen in ganz äußerlicher Weise zusammengestellt werden, -haben an sich keine Beziehung zur Wirklichkeit, d. h. sie sind weder -wahr noch falsch. Unter Begriffen versteht Farabi hier die einfachsten -seelischen Gebilde, d. h. sowohl die aus sinnlicher Wahrnehmung -stammenden Vorstellungen einzelner Gegenstände als die ursprünglichen -dem Geiste eingeprägten Begriffe, wie das Notwendige, das Wirkliche, -das Mögliche. Solche Vorstellungen und Begriffe sind unmittelbar -gewiss. Man kann den Sinn des Menschen darauf hinlenken, seine Seele -darauf aufmerksam machen, sie ihm aber nicht vordemonstrieren, nicht -aus Bekanntem ableitend sie erklären, da sie an sich im höchsten -Grade klar sind. - -Aus der Zusammensetzung von Vorstellungen oder Begriffen ergeben -sich Urteile, die nun entweder wahr oder falsch sein können. Durch -Schluss und Beweis geht die Begründung der Urteile auf einige dem -Verstande ursprünglich gegebene, unmittelbar einleuchtende, nicht -weiter begründbare Sätze zurück. Solche Sätze, die Grundsätze oder -Axiome aller Wissenschaft, soll es geben für die Mathematik, die -Metaphysik und die Ethik. - -Die Lehre vom Beweise, wie von Bekanntem, Begründetem aus wir zur -Erkenntnis eines Unbekannten gelangen, ist nach Farabi die eigentliche -Logik. Dazu bildet die Kenntnis der Hauptbegriffe (Kategorien), -ihrer Zusammensetzung im Urteil (Hermeneutik) und im Schlusse (erste -Analytik) nur die Einleitung. Und in der Beweislehre kommt es darauf -an, die Normen zu ermitteln einer allgemeingültigen, notwendigen -Wissenschaft, was die Philosophie sein soll. Als oberste Norm gilt -hier der Satz des Widerspruchs, wodurch in einem einheitlichen -Denkakte die Wahrheit oder Notwendigkeit zugleich mit der Unwahrheit -oder Unmöglichkeit des Gegenteiles erkannt wird. Dementsprechend -soll die platonische Dichotomie als wissenschaftliche Methode der -aristotelischen Polytomie vorzuziehen sein. Ferner begnügt Farabi -sich nicht mit der formalen Seite der Beweislehre. Diese soll mehr -sein als eine Methodologie, die den richtigen Weg zur Wahrheit -zeigt, sie soll selbst Wahrheit zeigen, Wissenschaft erzeugen. Sie -betrachtet die Urteile nicht bloß als Material für die Schlussform, -sondern untersucht auch ihren Wahrheitsgehalt in Beziehung auf die -Einzelwissenschaften. Nicht nur Hilfsmittel ist sie, sie ist vielmehr -ein Teil der Philosophie. - -Die Beweislehre geht, wie wir sahen, auf notwendiges Wissen aus, -dem notwendigen Sein entsprechend. Außer diesem aber ist das große -Gebiet des Möglichen da, von dem wir nur ein wahrscheinliches Wissen -erhalten können. Die verschiedenen Grade der Wahrscheinlichkeit -nun oder die Art und Weise, in der wir zu einer Wissenschaft des -Möglichen gelangen, werden in der Topik erörtert. Daran schließen sich -Sophistik, Rhetorik und Poetik, die sonst hauptsächlich praktische -Ziele verfolgen. Zusammen aber mit der Topik werden sie bei Farabi -zu einer Dialektik des Scheines. Nur auf den notwendigen Sätzen -der zweiten Analytik, so führt er aus, lässt sich wahre Wissenschaft -aufbauen, aber von den topischen (dialektischen) bis zu den poetischen -Urteilen stuft sich das Wahrscheinliche zum bloßen Scheine der Wahrheit -ab. Am tiefsten steht also die Poesie, die nach Farabis Ansicht ein -lügnerisches und unsittliches Gerede ist. - -Im Anschluss an Porphyrs Isagoge hat unser Philosoph sich auch über -die Universalienfrage geäußert. Das Besondere findet er nicht nur -in den Dingen und in der sinnlichen Wahrnehmung, sondern auch im -Denken. Ebenso ist das Allgemeine nicht bloß, accidentell, in den -Einzeldingen, sondern auch, substantiell, im Geiste. Der menschliche -Geist abstrahiert das Allgemeine von den Dingen, vor diesen war es aber -schon an sich. Dem Sinne nach findet somit der dreifache Unterschied -des ante rem, in re, post rem sich bereits bei Farabi. - -Gehört zu den Universalien auch das bloße Sein? Ist die Existenz -überhaupt ein Prädikat? Diese Frage, die soviel Unheil in der -Philosophie gestiftet, wurde von Farabi völlig richtig beantwortet. Die -Existenz ist nach ihm eine grammatische oder logische Beziehung, aber -keine Kategorie der Wirklichkeit, die etwas von den Dingen aussagt. Die -Existenz eines Dinges ist nichts außer dem wirklichen Dinge selbst. - -6. Die logische Richtung des Denkens macht sich auch in der Metaphysik -geltend. An Stelle des Veränderlichen und des Ewigen treten die -Begriffe des Möglichen und des Notwendigen hervor. - -Alles Seiende ist nämlich nach Farabi entweder ein notwendiges oder -ein mögliches; ein Drittes gibt es nicht. Da nun alles Mögliche zu -seiner Verwirklichung eine Ursache voraussetzt, die Reihe der Ursachen -aber nicht ins Unendliche gehen kann, so sehen wir uns genötigt, -ein notwendig Seiendes anzunehmen, das ursachlos, höchst vollkommen, -ewig vollwirklich, sich selbst genügend, ohne jede Veränderung, -als absoluter Geist, reine Güte, Denken, Denkendes und Gedachtes in -einem Wesen, die alles übersteigende Güte und Schönheit seines Wesens -liebt. Dieses Wesen kann nicht bewiesen werden, denn es ist selbst der -Beweis und der Urgrund aller Dinge. Wahrheit und Wirklichkeit fallen in -diesem Wesen zusammen. In seinem Begriffe liegt es, dass es einzig ist, -denn wenn es zwei erste, absolute Wesen gäbe, müssten sie teils gleich, -teils von einander verschieden sein, wodurch aber die Einfachheit eines -jeden aufgehoben wäre. Ein allervollkommenstes Wesen muss einzig sein. - -Dieses Erste, Eine, wahrhaft Wirkliche nennen wir Gott. Und da in Ihm -alles eins ist, auch ohne Artdifferenz, so gibt es keine Definition -für sein Wesen. Doch legt ihm der Mensch die schönsten, die höchsten -Werte des Lebens zum Ausdruck bringenden Namen bei, weil im mystischen -Drange dazu die Worte ihre gewöhnliche Bedeutung verlieren, über jeden -Widerspruch hinaus. Einige Namen beziehen sich auf das Wesen, andere -auf sein Verhältnis zur Welt, ohne jedoch die Einheit des Wesens zu -beeinträchtigen. Alle sind sie aber metaphorisch zu verstehen, nur nach -schwacher Analogie vermögen wir sie aufzufassen. Eigentlich sollten wir -von Gott, dem vollkommensten Wesen, auch den vollständigsten Begriff -haben. Sind doch unsere mathematischen Begriffe vollkommener als die -physischen, weil sie sich auf vollkommenere Gegenstände beziehen. Aber -mit dem Allervollkommensten ergeht es uns wie mit dem hellsten Lichte: -wegen der Schwäche unserer Augen können wir es nicht vertragen. So -haften auch an unserem Erkennen die Mängel der Materie. - -7. Besser als an sich vermögen wir Gott zu sehen in der Stufenordnung -der aus ihm hervorgehenden Wesen. Von Ihm, dem Einzigen, ist das All, -denn sein Wissen ist die höchste Macht. Indem er sich selbst erkennt, -wird die Welt. Nicht ein allmächtiger Schöpferwille, sondern die -Erkenntnis des Notwendigen ist die Ursache aller Dinge. Von Ewigkeit -her sind in Gott die Formen oder Vorbilder der Dinge und ewig geht auch -aus ihm sein Ebenbild hervor, das zweite All genannt oder der erste -geschaffene Geist, der die äußerste Himmelsphäre bewegt. Diesem Geiste -folgen, einer aus dem anderen, die acht Sphärengeister, die alle einzig -in ihrer Art, vollkommen und Schöpfer der Himmelskörper sind. Diese -neun Geister, himmlische Engel genannt, bilden zusammen die zweite -Stufe des Seins. Auf der dritten Stufe steht die in der Menschheit -thätige Vernunft, heißt auch der heilige Geist, der Himmel und Erde -verbindet; auf der vierten Stufe befindet sich die Seele. Beide, -Vernunft und Seele, bleiben nicht rein für sich in ihrer Einheit, -sondern vervielfältigen sich nach der Vielheit menschlicher Wesen. Als -Wesen fünfter und sechster Ordnung erscheinen zuletzt Form und Materie, -mit denen die Reihe geistigen Seins abgeschlossen ist. Die drei -ersten Stufen, Gott, Sphärengeister und thätige Vernunft, bleiben -Geist an sich, die drei folgenden aber, Seele, Form und Materie, -obgleich unkörperlich, gehen doch ein Verhältnis zum Körper ein. - -Entsprechend denen des Geistigen hat auch das Körperliche, das der -Imagination des Geistes entspringen soll, sechs Stufen: Himmelskörper, -Menschenkörper, Tierkörper, Pflanzenkörper, Mineral und Element. - -Wahrscheinlich zeigen sich in diesen Spekulationen nach der Dreizahl -noch die Einflüsse der christlichen Lehrer Farabis. Für sie bedeutete -nämlich die Dreizahl, was den Naturphilosophen die Vierzahl war. Auch -die Terminologie stimmt dazu. - -Das ist aber nur äußerlich; der Inhalt ist Neuplatonismus. Als -ein ewiger, intellektueller Prozess erscheint hier die Schöpfung -oder Emanation der Welt. Indem der erste geschaffene Geist seinen -Urheber denkt, entsteht der zweite Sphärengeist; indem er, sich -selbst denkend, sich substanziert, geht aus ihm der erste Körper, -die oberste Himmelsphäre, hervor. Und so geht es weiter bis zu der -niedersten Sphäre, der des Mondes, in notwendiger Folge. Ganz nach -dem ptolemäischen Sphärensystem, wie es jeder Gebildete, wenigstens -aus Dantes Komödie, kennt, in neuplatonischer Ableitung. Es bilden -die Sphären zusammen eine ununterbrochene Ordnung, denn alles -Seiende ist eine Einheit. Schöpfung und Erhaltung der Welt ist ein -und dasselbe. Und nicht nur die Einheit des göttlichen Wesens bildet -sich in der Welt ab, sondern in ihrer schönen Ordnung drückt sich -auch die göttliche Gerechtigkeit aus. Die logische Weltordnung ist -zugleich eine sittliche. - -8. Die irdische Welt unter dem Monde ist natürlich ganz von der -Welt der Himmelsphären abhängig. Doch trifft die Einwirkung von -oben erstens, wie wir a priori erkennen, die notwendige Ordnung des -Ganzen, zweitens zwar auch das Einzelne, aber nur insofern dies in -natürlicher Wechselwirkung begründet ist, also nach Regeln, welche -die Erfahrung uns lehrt, stattfindet. Die Astrologie, die alles -Zufällige, Außerordentliche, den Gestirnen und ihren Konjunktionen -zuschreibt, wird von Farabi bekämpft. Vom Zufälligen gibt es kein -sicheres Wissen, und viel des irdischen Geschehens trägt, wie ja auch -Aristoteles gelehrt, in hohem Grade den Charakter des Zufälligen oder -des Möglichen an sich. Dagegen hat die himmlische Welt eine andere, -vollkommenere Natur, die nach notwendigen Gesetzen wirkt. Sie kann -dieser irdischen Welt nur Gutes spenden, warum es ganz verfehlt ist, zu -behaupten, von einigen Gestirnen käme Glück, von anderen jedoch Unglück -her. Die Natur der Himmel ist Eine und gleichmäßig gut. Der Schluss, -zu dem nach diesen Erwägungen Farabi gelangt, ist denn auch dieser: -demonstrative, ganz sichere Erkenntnis gibt nur die mathematische -Astronomie, ein wahrscheinliches Wissen gewährt die physikalische -Himmelskunde, einen ganz unsicheren Glauben aber verdienen die Sätze -und Weissagungen der Astrologie. - -Gegenüber der Einfachheit der Himmelswelt haben wir unter dem Monde das -Reich der vier Naturen, also der Gegensätze und der Veränderung. Von -den Elementen bis zum Menschen gibt es auch hier in der Vielheit die -Einheit der aufsteigenden Reihe. Wenig Eigentümliches weiß Farabi -darüber vorzubringen. Seinem logischen Standpunkte treu kümmert er -sich weniger um die Naturwissenschaften, zu denen er wohl unbedenklich, -auf die ursprüngliche Einheit der Materie sich stützend, die Alchemie -wird gezählt haben. Wir wenden uns gleich seiner Lehre vom Menschen -oder von der menschlichen Seele zu, die einiges Interesse darbietet. - -9. Die Kräfte oder Teile der menschlichen Seele sind nach Farabi -nicht koordiniert, sondern bilden eine aufsteigende Reihe. Das -niedere Vermögen ist Materie für das höhere und dieses die Form -für jenes; das höchste aber, das Denken, ist immateriell, Form für -alle vorhergehenden Formen. Aus dem Sinnlichen erhebt das Leben -der Seele sich durch die Vorstellung zum Denken. In allen Vermögen -aber ist ein Streben oder Wollen enthalten. Jede Theorie hat die -praktische Kehrseite. Von den Wahrnehmungen der Sinne sind Neigung -und Abneigung unzertrennlich. Zu ihren Vorstellungen verhält sich die -Seele zustimmend oder ablehnend, indem sie bejaht und verneint. Das -Denken endlich richtet über Gutes und Böses, gibt dem Willen seine -Motive und bildet Kunst und Wissenschaft aus. Alles Wahrnehmen, -Vorstellen und Denken hat irgend ein Streben zur notwendigen Folge, -wie die Wärme aus der Substanz des Feuers hervorgeht. - -Die Seele ist die Vollkommenheit (Entelechie) des Körpers, aber die -Vollkommenheit der Seele ist der Geist (`aql). Nur der Geist ist der -wahre Mensch. - -10. Vom Geiste ist demnach zumeist die Rede. Im menschlichen Geiste -erhebt sich alles Irdische zu einer höheren Existenzweise, die den -Kategorien des Körperlichen enthoben ist. Als Anlage oder Potenz ist -nun der Geist in der Seele des Kindes vorhanden. Indem er dann die -Körperformen mittelst der Sinne und der Vorstellung in der Erfahrung -erfasst, wird er auch wirklich zum Geiste. Diese Überführung von -der Möglichkeit zur Wirklichkeit, das Zustandekommen der Erfahrung -also, ist aber nicht des Menschen eigene That, sondern wird von dem -übermenschlichen Geiste, der aus dem letzten Sphärengeist, dem des -Mondes, hervorgegangen ist, bewirkt. Als Spende von oben, nicht als -eine in geistigem Ringen erarbeitete Erkenntnis stellt sich so das -menschliche Wissen dar. Im Lichte des über uns stehenden Geistes -erblickt unser Verstand die Formen des Körperlichen. Dabei erweitert -sich aber die Erfahrung zur Vernunfterkenntnis. Die Erfahrung nämlich -umfasst nur die von der Stoffwelt abstrahierten Formen. Es gibt ja aber -auch Formen oder allgemeine Wesenheiten vor und über den stofflichen -Dingen, in den reinen Geistern der Sphären. Von diesen "getrennten -Formen" erhält der Mensch jetzt Kunde; nur durch ihre Einwirkung -wird ihm seine wirkliche Erfahrung erklärlich. Die höhere Form wirkt -immer nur auf die zunächst ihr folgende, von Gott bis zum Geiste der -Menschheit. Nach oben hin verhält sich jede Zwischenform empfangend, -nach unten aber gebend thätig. Im Verhältnis zum menschlichen -Geiste, der von oben beeinflusst wird (`aql mustafad), ist also der -übermenschliche, aus dem letzten Sphärengeist hervorgegangene Geist -thätig oder schaffend zu nennen (`aql fu ``âl.). Doch ist er nicht -immer thätig, weil er an der Materie eine Schranke seiner Wirksamkeit -hat. Gott aber ist der vollwirkliche, ewigthätige Geist. - -Im Menschen ist der Geist dreifach: als möglich, als wirklich, als -von oben bewirkt. Das heißt aber im Sinne Farabis dies: des Menschen -geistige Anlage (1) wird durch Erfahrungswissen (2) hindurch geführt -zur Erkenntnis des Übersinnlichen (3), das aller Erfahrung vorhergeht -und selbst die Erfahrung bewirkt. - -Die Stufen des Geistes und seiner Erkenntnis entsprechen den Stufen -des Seins. Sehnsüchtig strebt das Niedere dem Höheren zu und das Höhere -hebt das Niedere zu sich empor. Der über uns stehende Geist, der allem -Irdischen die Formen verliehen hat, sucht diese zertrennten Formen -wieder zusammenzubringen, dass sie in Liebe sich einigen. Zunächst -sammelt er sie im Menschen. Darauf, dass derselbe Geist, der dem -Körperlichen die Gestalt verlieh, auch dem Menschen die Idee gibt, -beruht nun aber die Möglichkeit und die Wahrheit menschlicher -Erkenntnis. Die zerstreuten Formen des Irdischen finden sich im -menschlichen Geiste wieder, wodurch dieser dem letzten Himmelsgeiste -ähnlich wird. Vereinigung mit dem Himmelsgeiste, dadurch er sich Gott -nähert, ist Ziel und Glück des Menschengeistes. - -Ob nun eine solche Vereinigung vor dem Tode des Menschen möglich sei, -ist nach Farabi zweifelhaft oder ganz zu verneinen. In diesem Leben -ist Vernunfterkenntnis das Höchste, was erreicht werden kann. Aber die -Trennung vom Körper gibt der vernünftigen Seele die völlige Freiheit -des Geistes. Besteht sie dann aber noch als Individualseele? Oder -ist sie nur ein Moment der höheren Weltvernunft? Dunkel, und nicht -in allen Schriften übereinstimmend, drückt Farabi sich darüber -aus. Die Menschen, so heißt es, sterben hin, ein Geschlecht folgt -dem andern und Gleiches verbindet sich mit Gleichem, Jedes in seiner -Ordnung. Unendlich, weil nicht an den Raum gebunden, mehren sich -die vernünftigen Seelen, wie Gedanke zu Gedanken, Kraft zu Kraft -hinzukommt. Jede Seele denkt sich selbst und alle andern, die ihr -gleich sind, und je mehr sie denkt, um so intensiver ist ihre Freude -(vgl. unten § 13). - -11. Wir kommen zur praktischen Philosophie. In Ethik und Politik -treten wir in ein etwas näheres Verhältnis zum Leben und Glauben der -Muslime. Einige allgemeine Gesichtspunkte seien hervorgehoben. - -Wie die Logik die Prinzipien des Wissens, so soll die Ethik die -Grundsätze des Handelns darstellen. Nur dass hier Übung und Erfahrung -etwas mehr gewertet werden, als in der Erkenntnistheorie. In -der Ausführung schließt sich Farabi teils dem Platon, teils dem -Aristoteles an, teils geht er auch in mystisch-asketischer Weise über -sie hinaus. Den Theologen gegenüber, die zwar ein Vernunftwissen, -aber keine Vernunftgesetze des Handelns anerkennen, betont Farabi -öfter, die Vernunft bestimme, ob etwas gut sei oder böse. Wie sollte -die von oben her uns erteilte Vernunft nicht das Handeln bestimmen, -da ja im Wissen die höchste Tugend besteht? Wenn einer, so erklärt -Farabi höchst bezeichnend, alles wüsste, was in den Schriften des -Aristoteles steht, danach aber nicht handelte, während ein anderer in -seinem Sinne handelte ohne davon zu wissen, so wäre dem ersteren der -Vorzug zu geben. Die Erkenntnis steht höher als die sittliche That, -sonst könnte sie diese nicht bestimmen. - -Von Natur aus begehrt die Seele. Insofern sie wahrnimmt und vorstellt, -kommt ihr, wie den Tieren, ein Wille zu. Aber Wahlfreiheit hat allein -der Mensch, da dieselbe auf vernünftiger Überlegung beruht. Die Sphäre -der Freiheit ist das reine Denken. Es ist das also eine Freiheit, die -von den Motiven des Denkens abhängig ist, eine Freiheit, die zugleich -Notwendigkeit ist, weil sie in letzter Instanz von dem vernünftigen -Wesen Gottes bestimmt ist. In diesem Sinne ist Farabi Determinist. - -Die so gefasste Freiheit des Menschen kann sich, wegen des -Widerstandes der Materie, in der Herrschaft über das Sinnliche -nur unvollkommen bethätigen. Vollkommen wird sie erst nach der -Befreiung der vernünftigen Seele von den Banden des Stoffes und den -Hüllen des Irrtums, im Leben des Geistes. Das aber ist die höchste -Glückseligkeit, die nur ihrer selbst willen erstrebt wird, somit -das Gute schlechthin. Und dieses Gute sucht die Menschenseele, wenn -sie sich dem Geiste über ihr zuwendet, wie die Seelen der Himmel, -als sie sich dem Höchsten nähern. - -12. Schon die Ethik nimmt wenig Rücksicht auf die wirklichen -sittlichen Verhältnisse. Noch weiter aber entfernt Farabi sich von der -Wirklichkeit in seiner Politik. Das platonische Staatsideal geht für -seine orientalische Anschauungsweise fast ganz in den philosophischen -Herrscher auf. Von einem natürlichen Bedürfnis zusammengeführt, -haben die Menschen sich dem Willen eines Einzigen unterworfen, in -welchem der Staat, ob er nun gut oder böse, gleichsam verkörpert -ist. Deshalb sind die Staaten schlecht, wenn ihr Haupt in Bezug auf -die Prinzipien des Guten entweder unwissend oder im Irrtum oder gar -verderbt ist. Der gute oder vorzügliche Staat dagegen hat nur Eine -Art, darin der Philosoph Herrscher ist. Mit allen menschlichen und -philosophischen Tugenden stattet Farabi seinen Fürsten aus: es ist -Platon in Mohammeds Prophetenmantel. - -In der Beschreibung der den idealen Fürsten vertretenden Herrscher -- -es können mehrere zugleich sein, auch können Fürst und Minister sich in -Herrschertugend und Weisheit teilen -- nähern wir uns der muslimischen -Staatslehre jener Zeit. Aber die Ausdrücke sind verhüllt. Die richtige -Abstammung eines Fürsten z. B. und die Pflicht der Führung in den -heiligen Krieg werden nicht klar bezeichnet. Es bleibt doch alles in -philosophischem Nebel schweben. - -13. Im Staate, der mit der Religionsgemeinschaft zusammenfällt, ist die -Sittlichkeit allein vollkommen. Nach dem Zustande des Staates bestimmt -sich also nicht nur das zeitliche Schicksal seiner Bürger, sondern -auch ihr zukünftiges Los. Die Seelen der Bürger im "unwissenden" -Staate sind ohne Vernunft, als sinnliche Formen kehren sie zu -den Elementen wieder, damit sie sich aufs neue mit anderen Wesen, -Menschen oder Tieren, verbinden. In den "irrenden" und "verderbten" -Staaten ist allein der Führer verantwortlich, seiner wartet Strafe -im Jenseits; die irregeführten Seelen aber teilen das Schicksal der -Unwissenden. Dagegen bestehen nur die guten wissenden Seelen fort, -sie gehen ein in die Welt des reinen Geistes. Je höher die Stufe des -Wissens, die sie in diesem Leben erreicht, um so höher wird nach dem -Tode ihre Stelle in der Ordnung des Alls sein, um so intensiver ihre -selige Lust. - -Vermutlich sind derartige Ausdrücke nur die Hülle eines -mystisch-philosophischen Glaubens von dem Aufgehen des menschlichen -Geistes in den Weltgeist, zuletzt in Gott. Denn, so lehrt Farabi, -in absteigender Betrachtung (logisch-metaphysisch) ist die Welt etwas -anderes als Gott, im Aufsteigen aber erkennt die Seele das Diesseits -als identisch mit dem Jenseits, weil Gott in allem, ja in seiner -Einheit das All selbst ist. - -14. Überblicken wir jetzt Farabis System, so zeigt es sich als -einen ziemlich konsequenten Spiritualismus, genauer bestimmt -Intellektualismus. Das Körperliche, Sinnenfällige entspringt der -Imagination des Geistes, man könnte es als "verworrene Vorstellung" -bezeichnen. Das einzige wahre Sein ist Geist, aber verschieden -abgestuft. Ganz einfach rein ist nur Gott, und die ewig aus ihm -hervorgehenden Geister, einer aus dem andern, haben schon die -Vielheit in sich. Die Zahl der selbständigen Geister wird nach dem -ptolemäischen Weltsystem bestimmt und entspricht der himmlischen -Hierarchie. Je weiter vom Ersten entfernt, um so weniger hat einer -am Sein des reinen Geistes teil. Von dem letzten Weltgeiste kommt -dem Menschen sein Wesen, d. h. die Vernunft zu. Alles ist ohne Lücke, -die Welt ist ein gut und schön geordnetes Ganzes. Übel und Böses sind -nur eine notwendige Folge der Endlichkeit im Einzelnen, wodurch die -Güte des Alls um so deutlicher hervortritt. - -Ob die schöne Ordnung der Welt, von Ewigkeit her aus Gott emaniert, -jemals wird zerstört werden können oder auch in Gott zurückfließen? Ein -fortwährendes Zurückströmen zur Gottheit gibt es wohl. Die Sehnsucht -der Seele geht nach oben, fortschreitendes Wissen läutert sie und -führt sie hinauf. Aber wie weit? Philosophen und Propheten haben es -nicht klar sagen können. Beide, die Philosophie und die Prophetie, -leitet Farabi von dem schaffenden Weltgeiste über uns her. Hin -und wieder spricht er sich über die Prophetie aus, als ob diese die -höchste Stufe menschlichen Erkennens und Handelns darstelle. Das kann -aber nicht seine wirkliche Meinung sein, ist wenigstens nicht die -Konsequenz seiner theoretischen Philosophie. Ihr zufolge gehört alles -Prophetische in Traum, Gesicht, Offenbarung u. s. w. dem Kreise der -Vorstellung an, steht also in der Mitte zwischen sinnlicher Wahrnehmung -und reiner Vernunfterkenntnis. Wenn er nun auch in seiner Ethik und -Politik der Religion eine hohe erzieherische Bedeutung beimisst, so -bleibt sie doch immer an absolutem Werte der Erkenntnis durch reine -Vernunft nachstehen. - -Farabi hat im Intellektuellen für ein Ewiges gelebt. Ein König an -Geist, ein Bettler an Besitz, war es ihm bei seinen Büchern und den -Vögeln und Blumen seines Gartens wohl. Seinem Volke, der muslimischen -Gemeinde, konnte er nur wenig sein. In seiner Staats- und Sittenlehre -war für weltliche Geschäfte und für den heiligen Krieg keine rechte -Stelle. Seine Philosophie befriedigte kein sinnliches Bedürfnis und -widersprach dem sinnlich-geistigen Vorstellungsleben, wie es sich -besonders in Kunstschöpfungen und religiösen Phantasien äußert. Er -verlor sich in den Abstraktionen des reinen Geistes. Als frommer, -heiliger Mann wurde er von Mitlebenden angestaunt, von wenigen Schülern -als personifizierte Weisheit verehrt, von den echten Gelehrten des -Islam aber für alle Zeit verketzert. Grund gab es freilich genug -dafür. Wie die Naturphilosophie leicht zu Naturalismus und Atheismus -führte, so leitete der Monotheismus der Logiker unmerklich zum -Pantheismus hinüber. - -15. Viel Schule hat Farabi nicht gemacht. Bekannt geworden ist Abu -Zakarija Jachja ibn Adi, ein jakobitischer Christ, als Übersetzer -aristotelischer Werke. Mehr genannt worden aber ist ein Schüler -des letzteren, mit Namen Abu Sulaiman Mohammed ibn Tahir ibn Bahrain -al-Sidschistani, der in der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts in -Bagdad die Gelehrten seiner Zeit um sich versammelte. Die Gespräche, -welche sie da führten und die philosophischen Belehrungen, die der -Meister erteilte, sind uns zum Teil erhalten. Wir sehen deutlich den -Ausgang der Schule. Wie die Naturphilosophie in Geheimwissenschaft -verlief und die Schule Kindis sich von der Philosophie ab -mathematischem und physikalischem Einzelwissen zuwandte, so geht -hier die logische Richtung Farabis in Wortphilosophie über. In -Distinktionen und Begriffsbestimmungen bewegt sich das Gespräch. Auch -werden Einzelheiten aus der Philosophiegeschichte und den besonderen -Wissenschaften ohne systematischen Zusammenhang erörtert. Fast -nirgends zeigt sich ein sachliches Interesse. Die menschliche Seele -rückt ganz in den Vordergrund, ähnlich wie bei den treuen Brüdern, -nur dass diese mehr die wunderbaren Wirkungen der Seele, jene Logiker -aber ihr vernünftiges Wesen und ihre Erhebung in das Übervernünftige -betrachten. Statt mit Zahlen und Buchstaben, wie bei den Brüdern, wird -in Sidschistanis Gesellschaft mit Worten und Begriffen gespielt. Das -Ende ist in beiden Fällen ein mystischer Sufismus. - -Es ist demnach nicht zu verwundern, dass in den gelehrten Sitzungen -Abu Sulaimans, über die sein Schüler Tauhidi (gest. 1009) Bericht -erstattet, Empedokles, Sokrates, Platon u. a. mehr genannt werden -als Aristoteles. Eine sehr gemischte Gesellschaft findet sich da in -jenen Sitzungen zusammen. Es wird nicht gefragt, welchem Lande man -entstamme, welcher Religion man angehöre. Man lebt der Überzeugung, -die von Platon hergeleitet wird, in jeder Meinung stecke etwas von -der Wahrheit, wie in allen Dingen ein gemeinsames Sein und in allen -Wissenschaften eine und dieselbe wirkliche Erkenntnis. Nur unter -dieser Annahme scheint es begreiflich, dass jeder zunächst seine -eigene Meinung für die wahre, und die von ihm gepflegte Wissenschaft -für die vorzüglichste halten könne. Eben deswegen gibt es auch keinen -Zwiespalt zwischen Religion und Philosophie, wie heftig man es von -beiden Seiten behaupten möge. Die Philosophie bestätigt vielmehr die -Lehren der Religion, wie diese die Resultate jener vervollkommnet. Ist -die philosophische Erkenntnis Wesen und Ziel der menschlichen Seele, -so ist der religiöse Glaube ihr Leben oder der Weg zu dem Ziele. Da -nämlich die Vernunft Gottes Statthalter auf Erden ist, so ist es -unmöglich, dass Vernunft und Offenbarung sich widersprechen. - -Einzelnes hervorzuheben aus den Gesprächen, deren Grundstimmung wir -angegeben, verlohnt sich nicht. Kulturhistorisch ist die Erscheinung -Sidschistanis und seines Kreises wichtig, aber für die Fortbildung -der Philosophie im Islam hat sie keine Bedeutung. Was für Farabi -wirklich das Leben seines Geistes war, wird in dieser Gesellschaft -gar oft zum Gegenstande geistreicher Unterhaltung. - - - - -3. Ibn Maskawaih. - -1. Wir sind an die Wende des zehnten und elften Jahrhunderts -gelangt. Farabis Schule scheint auszusterben und Ibn Sina, der die -Philosophie seines Vorgängers zu neuem Leben erwecken sollte, ist -noch ein Jüngling. Hier aber haben wir eines Mannes zu gedenken, -der zwar dem Kindi näher als dem Farabi verwandt ist, doch auch, -wegen der Gemeinsamkeit ihrer Quellen, in wesentlichen Punkten mit -dem letzteren übereinstimmt. Sein Beispiel zeigt zugleich, dass die -hellsten Köpfe der Zeit nicht gesonnen waren, Farabi auf das Gebiet -logisch-metaphysischer Spekulationen zu folgen. - -Dieser Mann ist der Arzt, Philolog und Historiker Abu Ali ibn -Maskawaih, der Schatzmeister und Freund des Sultans Adudaddaula war -und hochbetagt im Jahre 1030 starb. U. a. hat er uns eine bis heute -im Orient geschätzte philosophische Ethik hinterlassen. Sie ist -eine Mischung aus Platon, Aristoteles, Galen und dem muslimischen -Religionsgesetz, doch herrscht darin Aristoteles vor. Mit einer -Abhandlung über das Wesen der Seele hebt sie an. - -2. Die menschliche Seele, so führt Ibn Maskawaih aus, ist eine -unkörperliche, einfache, sich ihres Seins, Wissens und Wirkens bewusste -Substanz. Dass sie geistiger Natur sein muss, folgt schon daraus, dass -sie die entgegengesetzten Formen zugleich in sich aufnimmt, z. B. die -Vorstellung von weiß und schwarz, während ein Körper nur eins von -beiden auf einmal aufnehmen kann. Ferner nimmt sie sowohl die Formen -des Sinnlichen wie des Geistigen in gleicher, geistiger Weise auf, -denn die Länge ist in der Seele nicht lang, wird auch im Gedächtnis -nicht länger. Weit über ihren Körper geht sodann das Wissen und Wirken -der Seele hinaus, ja die ganze Sinnenwelt genügt ihr nicht. Überdies -besitzt sie eine ursprüngliche Vernunfterkenntnis, die ihr nicht von -den Sinnen zugekommen sein kann, denn durch dieselbe bestimmt sie, bei -der Vergleichung und Unterscheidung des von der sinnlichen Wahrnehmung -ihr Dargebotenen, Wahres und Falsches, die Sinne beaufsichtigend -und berichtigend. Im Selbstbewusstsein endlich, dem Wissen um das -eigene Wissen, zeigt sich am klarsten die geistige Einheit der Seele, -in der Denken, Denkendes und Gedachtes zusammen fallen. - -Von den Tierseelen unterscheidet sich die menschliche Seele besonders -durch vernünftige Überlegung als das Prinzip ihres Handelns, welches -auf das Gute gerichtet ist. - -3. Gut ist im allgemeinen dasjenige, wodurch ein Wollendes den Zweck -oder die Vollkommenheit seines Wesens erreicht. Gut zu sein, dazu ist -also eine gewisse auf einen Endzweck gerichtete Anlage erforderlich. In -Bezug auf ihre Anlage unterscheiden die Menschen sich aber sehr -wesentlich. Nur wenige, meint Ibn Maskawaih, sind von Natur gut und -werden nie schlecht, denn was von Natur ist, ändert sich nicht. Viele -dagegen sind von Natur schlecht und werden nie gut. Andere aber, -die anfangs weder gut noch schlecht sind, werden durch Erziehung und -gesellschaftlichen Verkehr nach einer von beiden Seiten hin bestimmt. - -Das Gute ist nun entweder ein allgemeines oder ein besonderes. Es gibt -ein absolutes Gut, mit dem höchsten Sein und der höchsten Erkenntnis -identisch, dem alle Guten zusammen zustreben. Aber für jeden Einzelnen -stellt sich ein besonderes Gut subjektiv als Glück oder Lust dar, -und dieses besteht in der vollen Bethätigung des eigenen Wesens, -in der vollständigen Auslebung des Inneren. - -Im allgemeinen ist der Mensch gut und glücklich, wenn er menschlich -handelt. Tugend ist menschliche Tüchtigkeit. Da nun aber die Menschheit -in den verschiedenen Individuen verschieden abgestuft sich darstellt, -so ist das Glück oder das Gut nicht für alle dasselbe. Und weil das -auf sich selbst gestellte Individuum nicht alle möglichen Güter -verwirklichen kann, so müssen viele zusammenleben. Daraus ergibt -sich schon als eine erste Pflicht oder die Grundlage aller Tugenden -die allgemeine Menschenliebe, ohne die keine Gesellschaft möglich -ist. Nur mit und in anderen ist der einzelne Mensch vollkommen, -die Ethik soll Sozialethik sein. Die Freundschaft ist darum nicht, -wie bei Aristoteles, eine Erweiterung der Selbstliebe, sondern eine -Einschränkung oder eine Art der Nächstenliebe. Und diese, wie die -Tugend überhaupt, kann sich nur bethätigen in der Gesellschaft oder -der Staatsgemeinschaft, nicht aber in der Weltflucht des frommen -Mönches. Der Einsiedler, der glaubt, mäßig und gerecht zu leben, -irrt sich in Bezug auf den Charakter seiner Handlungen. Diese mögen -religiös sein, moralisch sind sie nicht. Ihre Betrachtung fällt also -nicht der Ethik zu. - -Übrigens stimmt, nach Ibn Maskawaih, das richtig aufgefasste -Religionsgesetz vorzüglich mit einer humanen Ethik überein. Die -Religion ist eine sittliche Schulung für das Volk. Ihre Vorschriften -über den gemeinschaftlichen Gottesdienst und die Wallfahrt nach -Mekka sollen z. B. die Pflege der Nächstenliebe in den weitesten -Kreisen bezwecken. - -Im einzelnen ist es Ibn Maskawaih nicht gelungen, die ethischen -Lehren der Griechen, die er in seine Darstellung aufnimmt, unter -einander und mit dem Gesetz des Islam zu verschmelzen. Wir übergehen -das. Doch ist nicht nur im allgemeinen sein Versuch zu loben, eine von -der Kasuistik der Pflichtenlehrer und von der Askese der Sufi's freie -Ethik zu geben, sondern auch in der Ausführung ist die Besonnenheit -eines reichgebildeten Mannes anzuerkennen. - - - - -4. Ibn Sina. - -1. Zu Efschene, in der Nähe Bocharas, wurde im Jahre 980 aus einer -Beamtenfamilie geboren Abu Ali al-Hosain ibn Abdallah ibn Sina -(Avicenna). Im elterlichen Hause, wo persische und anti-muslimische -Traditionen lebendig waren, erhielt er seine weltliche und religiöse -Erziehung. Dann studierte der körperlich und geistig frühreife -Jüngling Philosophie und Medizin in Bochara. Siebzehn Jahre war er -alt, als er den Fürsten Nuch ibn Mansur glücklich kurierte, und der -Zutritt zu dessen Bibliothek ihm gestattet ward. Von jetzt ab war er, -in Studium und Praxis, sein eigener Lehrer. Er verstand es, das Leben -und die Bildung seiner Zeit sich zu Nutzen zu machen. Im Getriebe -der Kleinstaaterei versuchte er unablässig sein Glück. Einem großen -Fürsten hätte er sich wohl ebensowenig unterordnen können wie in der -Wissenschaft einem Lehrer. Von Hof zu Hof wanderte er fort, bald in -der Staatsverwaltung, bald als Lehrer und Schriftsteller thätig, bis -er Wezir des Schems addaula in Hamadan wurde. Nach dem Tode dieses -Fürsten ward er von dessen Sohne ein paar Monate auf die Festung -geschickt. Darauf ging er weiter nach Ispahan zu Ala addaula. Endlich -starb er noch in Hamadan, das Ala addaula erobert hatte, im Alter -von 57 Jahren (1037). Sein Grab wird noch heute dort gezeigt. - -2. Es ist wohl der größte Irrtum, der sich in der Geschichte der -muslimischen Philosophie festgesetzt hat, Ibn Sina sei über Farabi -hinaus zu einem reineren Aristotelismus vorgedrungen. Was kümmerte -unser Weltmann sich im Grunde um Aristoteles. Sich in den Geist -irgend eines Systems zu versenken, war nicht seine Sache. Er nahm -das ihm Zusagende, wo er es fand, bevorzugte aber dabei die seichten -Paraphrasen des Themistius. So ward er der große Vermittlungsphilosoph -des Orients, der richtige Vorläufer der Kompendienschreiber für -alle Welt. Er wusste seinen von überall her zusammengeholten Stoff -geschickt zu gruppieren und, wenn auch nicht ohne Spitzfindigkeit, -fasslich darzustellen. Jeden Augenblick seines Lebens nutzte er -aus. Am Tage besorgte er die Staatsgeschäfte oder übte seine -Lehrthätigkeit aus, der Abend war den geselligen Genüssen der -Freundschaft und der Liebe gewidmet, und manche Nacht fand ihn -schriftstellerisch thätig, das Schreibrohr in der Hand, den Becher -zur Seite, damit er nicht einschlafe. Zeit und Umstände bestimmten -diese Wirksamkeit. Wenn er am fürstlichen Hofe die nötige Muße und -eine Bibliothek zur Hand hatte, schrieb er seinen Kanon der Medizin -oder die große philosophische Encyklopädie. Auf Reisen verfasste er -Auszüge und kleinere Werke. Auf der Festung schrieb er Gedichte und -fromme Betrachtungen, aber immer in gefälliger Form. Seine kleineren -mystischen Schriften haben sogar einen poetischen Reiz. Auf Bestellung -ward von ihm auch die Wissenschaft, Logik und Medizin versifiziert, -wie das seit dem zehnten Jahrhundert immer mehr Sitte wurde. Nimmt -man hinzu, dass er nach Belieben persisch oder arabisch schrieb, so -bekommt man das Bild eines vielgewandten Mannes. Sein Leben war reich -an Arbeit und Genuss bis zur Übersättigung. An Genialität freilich -stand er seinem älteren Landsmann, dem Dichter Firdausi (940-1020), -an wissenschaftlichem Talente seinem Zeitgenossen Beruni (s. unten -§ 9) nach. Firdausi und Beruni haben für uns noch Bedeutung. Ibn -Sina aber war der Ausdruck seiner Zeit und darauf beruht seine große -Wirkung, seine geschichtliche Stellung. Nicht wie Farabi zog er sich -aus dem Leben zurück, sich in die Kommentatoren des Aristoteles zu -versenken, sondern in ihm verschmolzen sich griechische Wissenschaft -und orientalische Weisheit. Kommentare zu den Alten, meinte er, waren -genug geschrieben. Es war jetzt an der Zeit, eine eigene Philosophie -auszubilden, d. h. alten Lehren eine moderne Form zu geben. - -3. In der Medizin befleißigt Ibn Sina sich einer systematischen -Darstellung, doch ist er hier kein strenger Logiker. Der -Erfahrung räumt er, wenigstens theoretisch, einen großen Platz -ein und ausführlich bespricht er die Bedingungen, unter denen nur -z. B. die Wirksamkeit der Heilmittel erkannt werden könne. Was aber -an philosophischen Prinzipien die Medizin enthält, soll diese als -Lehnsätze aus der Philosophie herübernehmen. - -Die eigentliche Philosophie zerfällt in Logik, Physik und -Metaphysik. Als Ganzes umfasst sie die Wissenschaft alles Seienden -als solchen und der Prinzipien aller Einzelwissenschaften, wodurch, -soweit es menschenmöglich ist, die philosophierende Seele die -höchste Vollkommenheit erreicht. Das Seiende ist nun entweder -geistig, Gegenstand der Metaphysik, oder körperlich, Gegenstand der -Physik, oder intellektuell, Gegenstand der Logik. Die Gegenstände -der Physik können weder sein noch gedacht werden ohne Materie. Das -Metaphysische aber ist ganz ohne Materie und das Logische ist von -der Materie abstrahiert. Einige Ähnlichkeit hat das Logische mit dem -Mathematischen, insofern nämlich die Gegenstände der Mathematik sich -von der Materie abstrahieren lassen. Doch bleibt das Mathematische -immer darstellbar, konstruierbar, hingegen hat das Logische als -solches sein Dasein nur im Intellekte, wie z. B. Identität, Einheit -und Vielheit, Allgemeinheit und Partikularität, Wesentlichkeit und -Zufälligkeit u. s. w. Die Logik ist demnach die Wissenschaft der -Denkbestimmungen. - -In der näheren Ausführung schließt Ibn Sina sich ganz der Logik -Farabis an. Wohl besser noch würde sich die Übereinstimmung uns -zeigen, wenn die logischen Schriften seines Vorgängers vollständiger -erhalten wären. Öfter betont er die Mangelhaftigkeit der menschlichen -Denknatur, die einer logischen Regel dringend bedürftig sei. Wie -der Physiognomiker aus äußeren Zügen auf den Charakter des Inneren -schließt, so soll der Logiker aus bekannten Vordersätzen Unbekanntes -ableiten. Wie leicht schleichen sich dabei die Irrtümer der Phantasie -und der Begierde ein! Eines Kampfes mit der Sinnlichkeit bedarf es, -damit das Vorstellungsleben sich erhebe zu der reinen Wahrheit der -Vernunft, durch die etwas als notwendig erkannt wird. Nur der göttlich -inspirierte Mensch kann der Logik entbehren, ebenso wie der Beduine -eine arabische Grammatik nicht braucht. - -Auch die Universalienfrage wird ähnlich wie bei Farabi behandelt. Vor -aller Vielheit hat jedes Ding ein Sein im Geiste Gottes und der Engel -(Sphärengeister), dann geht es als materielle Form in die Vielheit ein, -um endlich im menschlichen Intellekte zur Allgemeinheit des Begriffes -sich zu erheben. Wie nun Aristoteles zwischen erster (individueller) -und zweiter (allgemeinbegrifflicher) Substanz unterschieden hat, so -macht Ibn Sina ähnlich einen Unterschied zwischen erstem und zweitem -Begriff (ma'nâ, intentio). Der erste bezieht sich auf die Dinge, -der zweite auf die Disposition unseres Denkens. - -4. In der Metaphysik und der Physik unterscheidet Ibn Sina sich von -Farabi hauptsächlich dadurch, dass er, indem er die Materie nicht aus -Gott ableitet, das Geistige höher über alles Materielle hinausrückt, -und, im Zusammenhang damit, die Bedeutung der Seele als einer -Vermittlerin zwischen dem Geistigen und dem Körperlichen steigert. - -Aus dem Begriffe des Möglichen und Notwendigen ergibt sich die Existenz -eines notwendigen Wesens schlechthin. Nicht aus seinen Werken soll -man, nach Ibn Sina, das Dasein eines Schöpfers zu erweisen suchen, -sondern aus dem möglichen Charakter alles Seienden und Denklichen -in der Welt die Existenz eines ersten notwendig Seienden, in welchem -Wesen und Dasein Eins sind, folgern. - -Nicht nur alles, was unter dem Monde ist, ist möglicher Natur, sondern -auch die Himmel sind an sich nur möglich. Notwendig wird ihre Existenz -durch ein anderes, das über alle Möglichkeit hinaus ist, also auch über -alle Vielheit und Veränderlichkeit. Das absolut Notwendige ist eine -starre Einheit, aus der nichts Vielfaches hervorgehen kann. Dieses -erste Eine ist Ibn Sinas Gott, dem zwar viele Prädikate, des Denkens -u. s. w., beigelegt werden, aber nur im Sinne der Negation oder der -Beziehung, sodass sie die Einheit des Wesens nicht berühren. - -Aus dem ersten Einen kann also nur Eines hervorgehen, der erste -Weltgeist. In diesem entsteht die Vielheit. Indem er nämlich seine -Ursache denkt, erzeugt er einen dritten Geist, den Lenker der -äußersten Sphäre; indem er sich selbst denkt, entsteht eine Seele, -mittelst der der Sphärengeist seine Wirkung ausübt; und sofern er -drittens ein an sich Mögliches ist, geht aus ihm ein Körper hervor, -die äußerste Sphäre. Und so geht es weiter. Jeder Geist entlässt -aus sich eine Dreiheit: Geist, Seele und Körper. Denn, da der Geist -nicht unmittelbar den Körper bewegen kann, so bedarf er zur Ausübung -seiner Wirksamkeit der Seele. Zuletzt kommt der thätige Geist (`aql -fu-``âl) der die Materie des Irdischen, die körperlichen Formen und -die menschlichen Seelen hervorbringt und lenkt. - -Dieser ganze Prozess, der nicht zeitlich vorgestellt werden darf, -findet statt in einem Substrate, der Materie. Die Materie ist die -ewige, reine Möglichkeit alles Seienden, zugleich die Schranke für -die Wirkung des Geistes. Sie ist das Prinzip aller Individualität. - -Das musste nun allerdings gläubigen Muslimen als etwas Furchtbares -erscheinen. Wohl hatten mutazilitische Dialektiker behauptet, -Gott könne kein Böses oder nichts Vernunftwidriges thun. Jetzt aber -behauptete die Philosophie, dass Gott statt alles Mögliche zu können, -nur das an sich Mögliche zu bewirken im Stande sei, und dass direkt -von ihm nur der erste Weltgeist ausgehe. - -Übrigens macht Ibn Sina alle Anstrengung, sich dem Volksglauben -anzubequemen. Alles ist durch Gottes Bestimmung, sagt er, Gutes -und Böses, aber nur ersteres mit freudiger Billigung. Das Böse -ist entweder ein Nichtseiendes oder, sofern es von Gott herrührt, -ein Accidentelles. Hätte Er, der notwendigen Übel wegen, diese Welt -nicht hervorgehen lassen, so wäre das der Übel größtes gewesen. Die -Welt könnte nicht besser und schöner sein als sie eben ist. In ihrer -schönen Ordnung besteht die göttliche Vorsehung, die von den Seelen -der Himmel vermittelt wird. Gott und die reinen Geister kennen nur -das Allgemeine, können also nicht für Besonderes sorgen. Aber die -Seelen der Himmelsphären, denen Vorstellung des Einzelnen zukommt -und durch die der Geist auf den Körper wirkt, bieten die Möglichkeit, -eine Fürsorge auch für das Einzelne und den Einzelnen anzunehmen, die -Offenbarung zu erklären u. s. w. Auch das plötzliche Entstehen und -Vergehen von Substanzen (Schöpfung und Vernichtung) im Gegensatze -zu der stetigen Bewegung, d. h. dem allmählichen Übergange des -Möglichen zum Wirklichen, scheint dem Ibn Sina nichts Unmögliches zu -bedeuten. Überhaupt herrscht bei ihm keine Klarheit über das Verhältnis -der Seinsformen, über Geist und Körper, Form und Materie, Substanz und -Accidens. Dem Wunder bleibt jedenfalls ein Platz übrig. In heftigen, -seelischen Erregungen, die oft plötzlich eine große Hitze oder Kälte -bei uns hervorrufen, haben wir, nach Ibn Sina, Analoga zu wunderbaren -Wirkungen der Weltseele, wenn diese auch gewöhnlich dem Naturlaufe -folgt. Von allen diesen Möglichkeiten macht unser Philosoph selbst -sehr mäßigen Gebrauch. Astrologie und Alchemie hat er aus ganz -vernünftigen Gründen bekämpft. Trotzdem hat man ihm bald nach seinem -Tode schon astrologische Gedichte aufgebürdet und erscheint er in -der türkischen Romanlitteratur, freilich an der Stelle eines alten -Mystikers, als Zauberer. - -Ibn Sinas Physik beruht ganz auf der Annahme, ein Körper könne nichts -bewirken. Was wirkt, ist überall eine Kraft, eine Form, eine Seele und -durch sie der Geist. Im Gebiete des Physischen gibt es also unzählige -Kräfte, deren Hauptstufen von unten nach oben die Naturkräfte, -die Vermögen der Pflanzen und der Tiere, die Menschenseelen und die -Weltseelen sind. - -5. Farabi war es vor allem um die reine Vernunft zu thun: er hat das -Denken um seiner selbst willen geliebt. Ibn Sina aber ist überall -um die Seele bemüht. Wie er in seiner Medizin den menschlichen -Körper ins Auge fasst, so in seiner Philosophie die menschliche -Seele. Seine große philosophische Encyklopädie heißt ja die Heilung -(sc. der Seele). Die Psychologie ist der Mittelpunkt seines Systems. - -Seine Anthropologie ist dualistisch. Körper und Seele gehören -nicht wesentlich zusammen. Wie alle Körper unter der Einwirkung der -Gestirne aus der Mischung der Elemente hervorgehen, so der menschliche -Körper aus dem schönsten Gleichmaße dieser Mischung. Eine spontane -Generation des Körpers, wie überhaupt ein Aussterben und Neuerstehen -des Menschengeschlechtes ist deshalb möglich. Aber aus der Mischung -der Elemente lässt sich die Seele nicht erklären. Sie ist nicht -die untrennbare Form des Körpers, sondern diesem accidentell. Von -dem Geber der Formen, d. h. dem thätigen Geiste über uns, erhält -jeder Körper seine ihm und nur ihm eignende Seele. Von Anfang an -ist jede Seele Individualsubstanz und sie bildet sich zeitlebens -in ihrem Körper immer individueller aus. Zu der Behauptung, die -Materie sei das Prinzip der Individualität, stimmt dies allerdings -nicht. Aber die Seele ist das Wunderkind unseres Philosophen. Er ist -nicht leichtgläubig, warnt öfter vor einem allzuleichten Hinnehmen -der Geheimnisse des Seelenlebens, weiß aber doch selber manches zu -berichten über die vielen wunderbaren Kräfte und möglichen Wirkungen -der Seele, die die vielverschlungenen Pfade des Lebens wandert und -die Abgründe des Seins und Nichtseins übersteigt. - -Von allen Seelenkräften sind die theoretischen Vermögen die -vorzüglichsten. Äußere und innere Sinne führen der vernünftigen Seele -die Kenntnis der Welt zu. Besonders die Lehre von den inneren Sinnen, -den sinnlich-geistigen Vorstellungsvermögen, deren Sitz das Gehirn, -wird von Ibn Sina eingehend dargestellt. - -Gewöhnlich nahmen die Mediziner-Philosophen drei innere Sinne oder -Stadien des Vorstellungsprozesses an: 1. die Zusammenfassung der -einzelnen Sinneswahrnehmungen zu einem Gesamtbilde im Vorderhirn; -2. die Umbildung oder Bearbeitung dieser Vorstellung des Gemeinsinnes -mit Hilfe schon vorhandener Vorstellungen, also die eigentliche -Apperzeption, in der Mitte des Gehirns; 3. die Aufbewahrung -der apperzipierten Vorstellung im Gedächtnis, das seinen Sitz im -hintern Teile des Gehirns haben soll. Ibn Sina geht etwas weiter in -der Analyse. Er unterscheidet im Vorderhirne vom Gemeinsinne das -sinnliche Gedächtnis, die Schatzkammer der Gesamtbilder. Ferner -lässt er die Apperzeption teils unbewusst, unter dem Einfluss -des sinnlich-begehrenden Lebens, wie es sich auch bei den Tieren -findet, von statten gehen, teils aber bewusst, unter der Mitwirkung -der Vernunft, zu Stande kommen. In dem ersteren Falle behält die -Vorstellung ihre Beziehung zu dem Einzelding -- so kennt das Schaf die -Feindschaft des Wolfes --, in dem zweiten Falle aber erweitert sie sich -zum allgemeinen. Dazu kommt dann als fünftes hinzu das vorstellende -Gedächtnis oder das Zeughaus der von der sinnlichen Phantasie und dem -vernünftigen Nachdenken gebildeten Vorstellungen. Es entsprechen also, -aber ganz anders als bei den treuen Brüdern (s. III, 2 § 8), den fünf -äußeren Sinnen fünf innere. Unbeantwortet bleibt die aufgeworfene -Frage, ob man nicht von dem Gedächtnis noch die Erinnerung als ein -besonderes Vermögen zu scheiden habe. - -6. Auf dem Gipfel der theoretischen Seelenkräfte steht die Vernunft. Es -gibt zwar auch eine praktische Vernunft, aber in ihrem Thun haben -wir uns selbst nur mittelbar, vervielfältigt; unmittelbar dagegen -in dem Selbstbewusstsein, dem reinen Erkennen unseres Wesens, darin -die Einheit unserer Vernunft sich darstellt. Statt aber die niederen -Kräfte der Seele herabzudrücken, zieht die Vernunft dieselben hinauf, -die Sinneswahrnehmung verfeinernd, die Vorstellung verallgemeinernd. An -dem ihr von den äußeren und inneren Sinnen zugeführten Materiale -arbeitet sich die Vernunft, die anfangs bloße Denkfähigkeit ist, -nach und nach zur vollkommenen Denkfertigkeit aus. Durch Übung wird -die Anlage Wirklichkeit. Es geschieht das an der Hand der Erfahrung, -aber unter der Führung und der Erleuchtung von oben, von dem Geber der -Formen, der als thätiger Geist der Vernunft die Ideen mitteilt. Ein -Gedächtnis aber für die reinen Vernunftideen hat die menschliche -Seele nicht, denn Gedächtnis setzt immer ein körperliches Substrat -voraus. So oft also die vernünftige Seele etwas erkennt, fließt ihr -jedesmal von oben die Erkenntnis zu, und nicht durch Umfang und Inhalt -des Erkennens unterscheiden sich die denkenden Seelen, sondern durch -die Fertigkeit, sich zur Aufnahme der Erkenntnis mit dem Geiste über -uns in Verbindung zu setzen. - -Die vernünftige Seele, die dasjenige, was unter ihr ist, beherrscht, -und das Höhere durch die Erleuchtung des Weltgeistes erkennt, ist -nun der eigentliche Mensch, entstanden zwar, aber als einfaches -Wesen, als Individualsubstanz, unzerstörbar, unsterblich. Hier -unterscheidet durch ihre Klarheit Ibn Sinas Lehre sich von derjenigen -des Farabi. Seit Ibn Sina gilt im Orient die Annahme der individuellen -Unsterblichkeit entstandener Menschenseelen als aristotelisch, das -Gegenteil als platonisch. So versteht sich seine Philosophie besser -mit der Religion. Im menschlichen Körper und in der ganzen Sinnenwelt -hat die Seele eine Schule, sich auszubilden. Nach dem leiblichen -Tode aber, der diesem Körper für immer ein Ende macht, besteht die -Seele in enger oder entfernter Verbindung mit dem Weltgeiste fort. In -dieser Vereinigung (die nicht als völlige Einswerdung aufzufassen ist) -mit dem Geiste über uns besteht die Seligkeit der guten, wissenden -Seelen. Den anderen wird ewiges Unglück zu teil. Wie körperliche Mängel -zu Krankheiten führen, so folgt notwendig aus schlechtem Seelenzustande -die Strafe. In derselben Weise bemisst sich aber auch die himmlische -Belohnung nach der Stufe seelischer Gesundheit oder Vernünftigkeit, -die im Erdenleben erreicht wurde. Der reinen Seele bleibt in den -Leiden der Zeit der Trost des Ewigen. - -Freilich wird das Höchste nur von wenigen erreicht. Auf dem Gipfel -der Wahrheit ist für die Masse kein Platz; nur einer nach dem -andern dringt zu der auf einsamer Höhe entspringenden Quelle der -Gotteserkenntnis vor. - -7. Seine Ansicht von der menschlichen Vernunft auszudrücken, benutzt -und deutet Ibn Sina dichterische Überlieferungen, wie das auch in -der späteren persischen Litteratur sehr beliebt war. An erster Stelle -interessiert uns die allegorisierte Gestalt des Hai ibn Jaqzan. Sie -stellt den Aufstieg des Geistes aus den Elementen durch die Reiche -der Natur, der Seele und der Geister bis zum Throne des Ewigen, -Einen dar. Als ein jugendlicher Greis, seine Führerschaft anbietend, -begegnet sie dem Philosophen. Dieser hat sich bemüht, mit seinen -äußeren und inneren Sinnen, Erde und Himmel zu erkennen. Zwei Wege -öffnen sich ihm: nach Westen der Weg der Materie und des Bösen, nach -Sonnenaufgang aber der Weg der geistigen, ewigreinen Formen, auf den -Hai den Wanderer führt. Zusammen gelangen sie zu der Quelle göttlicher -Weisheit, dem Born ewiger Jugend, wo Schönheit der Schönheit Vorhang, -Licht des Lichtes Schleier ist: das ewige Geheimnis. - -Hai ibn Jaqzan ist demnach der Führer der einzelnen denkenden Seelen, -er ist der ewige Geist, der über der Menschheit steht und sich in -ihr bethätigt. - -Einen ähnlichen Sinn findet unser Philosoph in der vielfach -umgebildeten spätgriechischen Legende von den Brüdern Salaman und -Absal. Salaman ist ihm der Weltmensch, dessen Weib (= die sinnliche -Welt) sich in Absal verliebt und diesen durch eine List in ihre Arme zu -führen weiß. Vor dem entscheidenden Augenblicke fährt aber ein Blitz -vom Himmel herab, entdeckt Absal den beinahe begangenen Frevel und -erhebt ihn von der sinnlichen Genusswelt zu der Welt reingeistiger -Betrachtung. - -Wie ein Vogel, heißt es an anderer Stelle, ist die Seele des -Philosophen. Mit großer Mühe entkommt sie irdischen Stricken und -durchfliegt die Weltenräume, bis der Engel des Todes ihr die letzten -Fesseln löst. - -Das ist Ibn Sinas Mystik. Seine Seele hat Bedürfnisse, für die seine -Apotheke keine Mittel, das höfische Leben keine Befriedigung darbietet. - -8. Ethik und Politik theoretisch auszubilden bleibe den Lehrern -des Fiqh überlassen. Unser Philosoph fühlt sich auf der Stufe -eines Erleuchteten wie ein Gott über alle menschlichen Gesetze -hinausgehoben. Nur für die Menge ist das Gesetz der Religion und -des Staates verpflichtend. Mohammeds Zweck war, die Beduinen zu -zivilisieren; zu dem Zwecke predigte er u. a. eine Auferstehung -des Fleisches. Was reingeistige Seligkeit bedeutet, hätten sie nicht -verstanden, er musste sie also mit der Aussicht auf körperliche Leiden -oder Freuden erziehen. Mit dieser sinnlichen Menge, deren Gottesdienst -in der Beobachtung äußerer Formen besteht, stimmen insofern die -Asketen, obgleich sie ganz der Welt und der Sinne entsagen wollen, -überein, dass auch sie mit Rücksicht auf eine himmlische Belohnung ihre -frommen Werke ausüben. Höher als die Menge und die Frommen stehen die -wahren Gottesverehrer in geistiger Liebe, die nichts wollen als Gott -selbst, ohne Hoffnung, ohne Furcht. Ihr Eigentum ist die Freiheit -des Geistes. - -Dieses Geheimnis aber soll man der Menge nicht offenbaren. Nur seinen -liebsten Schülern vertraut es der Philosoph. - -9. Ibn Sina kam auf seinen Reisen mit vielen gelehrten Zeitgenossen -zusammen. Dauernde Verbindungen waren, wie es scheint, nicht davon die -Folge. Wie er sich von seinen Vorgängern allein dem Farabi verpflichtet -fühlt, so dankt er der Mitwelt nur in seinen fürstlichen Gönnern. Den -Ibn Maskawaih (s. IV 3), mit dem er noch öfter zusammenkam, hat er -ungünstig beurteilt. Mit dem ihm als Forscher überlegenen Beruni -führte er eine Korrespondenz, die aber bald abgebrochen wurde. - -Beruni (973-1048), wenn er auch Kindi und Masudi eher als Farabi -und den jüngeren Ibn Sina seine Meister nennen darf, verdient -hier zur Charakteristik der Zeit einer kurzen Erwähnung. Vorzüglich -beschäftigten ihn Mathematik, Astronomie, Länder- und Völkerkunde. Er -war ein scharfer Beobachter und guter Kritiker. Aber er verdankte der -Philosophie manche Aufklärung und widmete ihr als Kulturerscheinung -fortwährend seine Aufmerksamkeit. - -Treffend hebt Beruni die Übereinstimmung zwischen -pythagoreisch-platonischer Philosophie, indischer Weisheit und vielen -sufischen Anschauungen hervor. Nicht weniger treffend erkennt er die -Überlegenheit griechischer Wissenschaft gegenüber den Versuchen und -Leistungen der Araber und Inder. Indien, sagt er, von Arabien ganz zu -schweigen, hat keinen Sokrates hervorgebracht. Keine logische Methode -hat dort die Phantasie aus der Wissenschaft vertrieben. Doch will er -einzelnen Indern gerecht werden. Zustimmend führt er als die Lehre der -Anhänger Aryabhatas folgendes an: "Es genügt uns, das zu erkennen, was -von den Strahlen der Sonne beleuchtet wird; was darüber hinausgeht, -wenn auch von unermesslicher Ausdehnung, brauchen wir nicht. Was -der Sonnenstrahl nicht erreicht, können die Sinne nicht wahrnehmen, -und was der Sinn nicht wahrnimmt, können wir nicht erkennen." - -Daraus ergibt sich uns Berunis Philosophie. Nur die Wahrnehmungen -der Sinne, von einem logischen Geiste verknüpft, gewähren sichere -Erkenntnis. Und zum Leben brauchen wir eine praktische Philosophie, -die uns vom Freunde den Feind unterscheiden lässt. Er glaubte selbst -wohl nicht, damit alles und das letzte Wort gesagt zu haben. - -10. Aus der Schule Ibn Sinas sind uns mehr Namen überliefert -als Schriften erhalten. Dschuzdschani hat, im Anschluss an eine -Selbstbiographie, das Leben des Meisters beschrieben. Und von -Abu-l-Hasan Behmenjar ibn al-Marzuban haben wir noch ein paar kleinere -metaphysische Abhandlungen, die sich fast ganz in Übereinstimmung mit -dem Systeme seines Lehrers befinden. Nur scheint die Materie etwas -von ihrer Substantialität einzubüßen: als Seinsmöglichkeit wird sie -zu einer Relation oder Beziehung des Denkens. - -Gott ist, nach Behmenjar, die reine, ursachlose Einheit notwendigen -Seins, nicht der lebendige, alles wirkende Schöpfer. Er ist zwar -Ursache der Welt, aber die Folge ist mit der Ursache zugleich und -notwendig gegeben, sonst wäre die Ursache nicht vollkommen, weil der -Veränderung fähig. Wesenhaft, nicht zeitlich, geht Gottes Dasein dem -der Welt voran. Drei Bestimmungen kommen demnach dem höchsten Sein -zu: dass es wesentlich zuerst, sich selbst genügend und notwendig -sei, m. a. W. Gottes Wesen ist die Seinsnotwendigkeit. Diesem -absolut-notwendigen Sein verdankt alles möglicherweise Existierende -sein Dasein. - -Das stimmt nun wohl zu den Lehren Ibn Sinas. Und ebenso verhält es -sich mit dem Weltbilde und der Seelenlehre des Schülers. Was einmal -zur vollen Wirklichkeit gelangt ist, die der Art nach verschiedenen -Sphärengeister, die Urmaterie und die individuell verschiedenen -menschlichen Seelen, besteht alles ewig fort. Vollwirkliches, weil -ohne jede Möglichkeit, kann nicht vergehen. - -Die Eigenart alles Geistigen ist die Erkenntnis des eigenen -Wesens. Wille heißt, nach Behmenjar, nichts anderes als Erkenntnis -dessen, was notwendig aus dem Wesen folgt. In der Selbsterkenntnis -besteht auch das Leben und die Lust der vernünftigen Seele. - -11. Ibn Sina hat eine weitgehende Wirkung erzielt. Nach seinem Kanon -der Medizin, der auch im Abendlande vom 13. bis 16. Jahrhundert hohes -Ansehen genoss, werden heutigen Tages noch die Perser kuriert. Sein -Einfluss auf die christliche Scholastik war bedeutend. Dante setzte -ihn zwischen Hippokrat und Galen, und Scaliger behauptete, er sei -in der Medizin dem Galen gleich, in der Philosophie diesem sogar -weit überlegen. - -Dem Orient galt und gilt er als der Fürst der Philosophie. Der -neuplatonische Aristotelismus ist dort bekannt geblieben in der Form, -die ihm Ibn Sina gegeben. Zahlreich sind die Handschriften seiner -Werke, ein Zeugnis seiner Popularität, unzählig aber die Kompendien -und Kommentare zu seinen Schriften. Mediziner und Staatsmänner, -aber auch Theologen studierten ihn. Nur wenige gingen über ihn zu -den Quellen zurück. - -Der Feinde gab es freilich von Anfang an viele und sie äußerten sich -lauter als die Freunde. Dichter verfluchten ihn, Theologen stimmten mit -ein oder versuchten es, ihn zu widerlegen. Und der Chalif Mustandschid -ließ im Jahre 1150 unter der philosophischen Bibliothek eines Richters -auch die Schriften Ibn Sinas zu Bagdad dem Feuer übergeben. - - - - -5. Ibn al-Haitham. - -1. Nach Ibn Sina und seiner Schule fand die theoretische Philosophie -in den östlichen Ländern des muslimischen Reiches wenig Pflege -mehr. Die arabische Sprache musste im Leben und in der Litteratur -dort immer mehr der persischen weichen. Dass letztere Sprache sich -weniger gut zu abstrakt logischen und metaphysischen Erörterungen -eignet, dürfte dabei nur ganz nebensächlich ins Gewicht fallen. Es -änderten sich in trauriger Weise die Kulturverhältnisse und damit die -Interessen der Menschen. Ethik und Politik traten in den Vordergrund, -jedoch ohne eine wirklich neue Gestalt zu bekommen. Ganz vorherrschend -aber war es in der neupersischen Litteratur eine teils freigeistige, -teils, und zwar überwiegend, mystische Poesie, die das Bedürfnis der -Gebildeten nach Weisheit befriedigte. - -Seit der Mitte des zehnten Jahrhunderts etwa hatte sich von Bagdad aus -ein Teil der wissenschaftlichen Bewegung dem Westen zugewendet. Wir -fanden schon Farabi in Syrien, Masudi in Ägypten. Dort wurde Kairo -ein zweites Bagdad. - -2. In Kairo treffen wir am Anfang des elften Jahrhunderts einen der -bedeutendsten Mathematiker und Physiker des ganzen Mittelalters, Abu -Ali Mohammed ibn al-Hasan ibn al-Haitham. In Basra, wo er geboren -wurde, hatte er schon ein Staatsamt verwaltet. In allzugroßem -Vertrauen auf die Verwertbarkeit seiner mathematischen Kenntnisse -glaubte er die Nilüberschwemmungen regulieren zu können. Deshalb -vom Chalifen al-Hakim berufen, sah er bald nach seiner Ankunft das -Vergebliche seiner Bemühungen ein. Als Verwaltungsbeamter fiel er -dann in Ungnade, verbarg sich bis zum Tode des Chalifen (1020) und -lebte ferner wissenschaftlichen und litterarischen Arbeiten, bis er -im Jahre 1038 starb. - -Seine Hauptwirksamkeit liegt auf dem Gebiete der Mathematik und -ihrer Anwendung. Doch hat er sich auch sehr viel mit den galenischen -und aristotelischen Schriften, und nicht bloß mit den physischen, -beschäftigt. Nach seinem eigenen Bekenntnis hat er von Jugend auf -alles bezweifelnd, die verschiedenen Ansichten und Lehren der Menschen -betrachtet, bis er in allen mehr oder weniger gelungene Versuche, -sich der Wahrheit zu nähern, erkannte. Als Wahrheit galt ihm ferner -nur das, was sich der sinnlichen Wahrnehmung als Material darbot -und vom Verstande seine Form erhielt, also die logisch bearbeitete -Wahrnehmung. Solche Wahrheit zu suchen war sein Bestreben beim -Studium der Philosophie. Die Philosophie sollte ihm Grundlage aller -Wissenschaften sein. Er fand sie in den Schriften des Aristoteles, -weil dieser es am besten verstanden hatte, die sinnliche Wahrnehmung -einheitlich zu vernünftiger Erkenntnis zu verknüpfen. Eifrig studierte -und erläuterte er darum die Werke des Aristoteles, zu Nutz und Frommen -der Menschheit, zu eigener Übung und als Schatz und Trost für sein -Alter. Von diesen Arbeiten scheint uns aber nichts erhalten zu sein. - -Des Ibn al-Haithams bedeutendste Schrift, die in lateinischer -Übersetzung und Bearbeitung auf uns gekommen ist, ist die Optik. Er -zeigt sich darin als einen scharfen mathematischen Denker, überall -um die Analyse der Begriffe und der wirklichen Vorgänge bemüht. Ein -Abendländer des 13. Jahrhunderts (Witelo) wusste das Ganze methodischer -darzustellen, doch dürfte an Schärfe der Beobachtung im einzelnen -Ibn al-Haitham jenem überlegen sein. - -3. Das Denken Ibn al-Haithams ist ganz mathematisch bestimmt. Die -Substanz eines Körpers besteht nach ihm aus der Summe seiner -wesentlichen Eigenschaften, wie das Ganze der Summe der Teile und -der Begriff der Summe seiner Merkmale gleich ist. - -In der Optik interessieren uns besonders die psychologischen -Bemerkungen über das Sehen und die Sinneswahrnehmung überhaupt. Das -Bestreben ist hier darauf gerichtet, die einzelnen Momente der -Wahrnehmung zu sondern und den zeitlichen Charakter des ganzen -Prozesses hervorzuheben. - -Die Wahrnehmung setzt sich dann zusammen aus der Sinnesempfindung (1), -der Vergleichung (2) mehrerer Empfindungen oder der jetzigen Empfindung -mit dem infolge früherer Empfindungen nach und nach in der Seele -geformten Erinnerungsbilde, und dem Wiedererkennen (3), sodass wir das -jetzt Wahrgenommene als mit dem Erinnerungsbilde gleich erkennen. Das -Vergleichen und das Wiedererkennen sind keine Thätigkeiten der Sinne, -die nur passiv empfinden, sondern fallen dem urteilenden Verstande -zu. Gewöhnlich geht das alles unbewusst oder halbbewusst von statten, -und nur durch Besinnung wird es uns zum Bewusstsein geführt und das -scheinbar Einfache in seine Bestandteile zerlegt. - -Der Prozess der Wahrnehmung verläuft sehr schnell. Je geübter der -Mensch in dieser Hinsicht ist und je öfter eine Wahrnehmung sich -wiederholt, um so fester wird das Erinnerungsbild der Seele eingeprägt, -um so schneller kommt das Wiedererkennen oder die Wahrnehmung -zu Stande. Die Ursache davon ist die, dass die neue Empfindung -von dem schon vorhandenen seelischen Gebilde ergänzt wird. Leicht -könnte man also meinen, die Wahrnehmung sei, wenigstens nach langer -Einübung, ein zeitloser Akt. Das wäre aber ein Irrtum, denn nicht -nur entspricht jeder Empfindung eine qualitative, im Sinnesorgan -lokalisierte Veränderung, die eine Zeit erfordert, sondern auch -zwischen der Reizung des Organs und der bewussten Wahrnehmung muss der -räumlichen Fortleitung des Reizes durch die Nerven eine Zeitstrecke -entsprechen. Dass es z. B. zur Auffassung einer Farbe Zeit bedarf, -beweist der drehende Farbenkreisel, der uns nur eine Mischfarbe zeigt, -weil wir wegen der schnellen Bewegung keine Zeit haben, die einzelnen -Farben aufzufassen. - -Vergleichen und Wiedererkennen sind nach Ibn al-Haitham die -bedeutenden, seelischen Momente der Wahrnehmung. Dagegen entspricht -die Empfindung der Materie, der empfindende Sinn verhält sich -passiv. Eigentlich ist alles Empfinden an sich eine Art Unlust, welche -sich für gewöhnlich nicht fühlbar macht, bei sehr starken Reizen aber, -z. B. durch allzuhelles Licht, zum Bewusstsein kommt. Der Charakter -der Lust kommt nur der vollkommenen Wahrnehmung zu, d. h. dem Erkennen, -das die Materie der Empfindung zur seelischen Form erhebt. - -Das Vergleichen und Wiedererkennen in der Wahrnehmung ist wesentlich -ein unbewusstes Urteilen und Schließen. Das Kind macht schon einen -Schluss, wenn es von zwei Äpfeln den schöneren wählt. Schließen ist -jede Erfassung eines Zusammenhanges. Weil aber Urteilen und Schließen -schnell zu Stande kommen, irrt der Mensch sich dabei leicht, und -hält auch oft für einen ursprünglichen Begriff, was nur ein auf dem -Wege des Schließens abgeleitetes Urteil ist. Bei allem, was uns als -Axiome verkündet wird, soll man doch auf der Hut sein und nachspüren, -ob es nicht aus Einfacherem abgeleitet werden könne. - -4. Diese Aufforderung unseres Philosophen hat im Orient wenig -gefruchtet. Zwar hat er in Mathematik und Astronomie etwas Schule -gemacht, aber für seine aristotelische Philosophie gab es weniger -Liebhaber. Wir kennen nur einen seiner Schüler, der zu den Philosophen -gezählt wird, Abu-l-Wafa Mubasschir ibn Fatik al-Qaid, einen -ägyptischen Emir, der im Jahre 1053 ein Werk mit Spruchweisheit, -Anekdoten zur Philosophiegeschichte u. s. w. lieferte. Von -eigener Gedankenarbeit ist dabei kaum etwas zu spüren. Es sollte -unterhalten. Und mehr noch als an solchem Werke erbauten sich die -Einwohner Kairos in der Folgezeit an den Märchen der Tausend und -eine Nacht. - -Der Orient hat Ibn al-Haitham fast vergessen, ihn und seine Werke -verketzert. Ein Schüler des jüdischen Philosophen Maimonides -erzählt, er sei wegen Handelsgeschäfte in Bagdad gewesen, als dort -die Bibliothek eines Philosophen (gest. 1214) verbrannt wurde. Da -warf ein Prediger, der die Exekution leitete, mit eigener Hand eine -astronomische Schrift des Ibn al-Haitham in die Flammen, nachdem er -auf eine darin abgebildete Weltkugel als das Unglückszeichen verruchter -Gottlosigkeit hingewiesen hatte. - - - - - - - - -V. DER AUSGANG DER PHILOSOPHIE IM OSTEN. - - -1. Gazali. - -1. Wir haben früher schon gesehen, dass die theologische Bewegung -im Islam stark von der Philosophie beeinflusst war. Nicht nur die -mutazilitische, sondern auch die antimutazilitische Dialektik holte -ihre Ansichten und die Argumente, womit sie die eigene Lehre stützte, -die des Gegners bekämpfte, zum großen Teile aus den Schriften der -Philosophen. Man nahm aus diesen auf, was man eben brauchen konnte, -das andere ließ man auf sich beruhen, oder aber man machte den -Versuch, es zu widerlegen. So entstanden zahlreiche Schriften, gegen -eine besondere philosophische Lehre oder einen einzelnen Philosophen -gerichtet. Ein Versuch aber, das ganze System der Philosophie, wie es -im Osten auf griechischer Grundlage aufgebaut war, nach eingehendem -Studium von allgemeinen Gesichtspunkten aus zu bekämpfen, ist wohl -vor Gazali nicht gemacht worden. - -Das Unternehmen Gazalis hatte auch eine positive Seite. Neben der -Dialektik, die die Lehren des Glaubens verständlich zu machen oder -gar vernünftig zu begründen suchte, lief im Islam eine Mystik her, -die auf innerliches, gemütliches Erfassen des Dogmas aus war. Nicht -begreifen oder beweisen wollte sie den Glaubensinhalt, sondern -erfahren, im Geiste erleben. Dem Glauben soll ja die höchste -Gewissheit zukommen. Sollte man ihn dann in ein abgeleitetes -Wissen verwandeln können? Oder sollten seine Sätze Prinzipien der -Vernunft sein, keines weiteren Beweises fähig noch bedürftig? Aber -die Grundsätze der Vernunft müssen, wenn sie einmal bekannt sind, -allgemein anerkannt werden, und die allgemeine Anerkennung fehlt -den Sätzen des Glaubens. Woher sonst der Unglaube? So wurde weiter -gefragt. Und als der einzige Ausweg aus solchen Zweifeln erschien -es vielen, die Glaubenslehre auf eine innere, übervernünftige -Erleuchtung zu gründen. Anfangs geschah das unbewusst, in mystischem -Drange, wobei denn oft der Inhalt der Pflichten- und Glaubenslehre -sehr vernachlässigt wurde. Auch hier hat Gazali eingegriffen. Was -vielleicht von Salimiten und Karramiten, antimutazilitischen Sekten, -vorgebildet war, hat er in großem Stile durchgeführt: die Mystik -trägt und krönt seit seiner Zeit das Lehrgebäude des orthodoxen Islam. - -2. Merkwürdig ist die Lebensgeschichte dieses Mannes, und zum -Verständnis seiner Wirksamkeit ist es unbedingt erforderlich, etwas -näher darauf einzugehen. Im Jahre 1059 wurde er zu Tos in Chorasan -geboren, war also ein Landsmann des großen Dichters Firdausi. Wie -dieser von der alten Herrlichkeit der persischen Nation zeugt, -so sollte Gazali "Zeugnis und Zierde" des ganzen zukünftigen Islam -sein. Schon seine Erziehung, nach dem Tode des Vaters im Hause eines -sufischen Freundes, war mehr universal als national gerichtet. Dem -unruhigen, phantastischen Geiste des Jünglings sagte auch keine -Beschränkung zu. In der spitzfindigen Kasuistik der Pflichtenlehre -mit ihren präzisen Formeln fand er sich nicht zurecht. Er sah sie -an als ein weltliches Wissen, von dem er sich abwendete, um sich -in die Erkenntnis Allahs geistig zu vertiefen. Dann studierte -er in Nischabur Theologie bei einem sufischen Lehrer, dem Imam -al-Haramain (gest. 1085), während dessen er wohl selbst anfing -zu schriftstellern und zu lehren, vielleicht auch schon an seiner -Wissenschaft zu zweifeln. Er begab sich darauf zu Nizam al-Mulk, dem -Wezir des Seldschukenfürsten, bis er (1091) eine Professur in Bagdad -erhielt. In diese Zeit fällt jedenfalls die nähere Beschäftigung mit -der Philosophie. Es war aber nicht reine Liebe zur Wissenschaft, -die ihn dazu trieb, sondern die Sehnsucht des Herzens, Lösung für -die Zweifel des Verstandes zu finden. Keine Aufklärung über das -Weltgeschehen, auch keine Klärung des eigenen Denkens, sondern -Herzensruhe und die Erfahrung einer höheren Wirklichkeit suchte -er zu erreichen. Eingehend befasste er sich mit den Schriften der -Philosophen, besonders denen des Farabi und Ibn Sina, und hauptsächlich -dem System des letzteren folgend, schrieb er ein philosophisches -Kompendium, objektiv gehalten, scheinbar mit einiger Teilnahme am -Inhalt. Er that es, wie er anfangs wohl leise zur Selbstberuhigung, -später aber laut zu seiner Entschuldigung sagte, nur um der Darstellung -der philosophischen Lehren die Widerlegung folgen zu lassen. Auch -diese erschien, wahrscheinlich nicht lange Zeit darauf. Es war die -berühmte "Ruin der Philosophen", die vermutlich noch in Bagdad oder -kurz nach seiner Abreise verfasst wurde. - -Schon nach vier Jahren nämlich (1095) hatte Gazali seine von äußerem -Erfolg begleitete Lehrthätigkeit in Bagdad eingestellt. Sein -immer zweifelnder Geist fand im dogmatischen Vortrag wohl keine -Befriedigung. Seine glänzende Stellung zog ihn bald an, bald stieß -sie ihn ab. Er glaubte wohl, auf andere Weise besser die Welt und ihre -Weisheit bekämpfen zu können, zu sollen. Sein Ehrgeiz war größer als -diese Welt. Doch tiefer. Während einer Krankheit stand ihm der innere -Beruf vor der Seele. Im stillen, durch sufische Übungen, sollte er -sich darauf vorbereiten, vielleicht einmal als religiös-politischer -Reformator auftreten. Zu derselben Zeit, als die Ritter vom Kreuze im -Abendlande sich gegen den Islam rüsteten, da bereitete sich Gazali -zum geistigen Vorkämpfer des muslimischen Glaubens. Nicht gewaltig -war seine Bekehrung, wie die des heiligen Augustin, sondern dem -Erlebnis zu vergleichen des heiligen Hieronymus, der im Traume von -seinen ciceronianischen Liebhabereien zum praktischen Christentum -berufen ward. - -Zehn Jahre ist nun Gazali auf der Wanderschaft, seine Zeit in -fromme Übungen und litterarische Thätigkeit teilend. In der ersten -Zeit vermutlich hat er sein theologisch-ethisches Hauptwerk "Die -Belebung der Religionswissenschaften" geschrieben. Gegen Ende hat -er reformatorisch zu wirken versucht. Seine Reise führte ihn über -Damaskus und Jerusalem (noch vor der Einnahme durch die Kreuzfahrer), -Alexandria, Mekka und Medina nach Hause zurück. - -Nach seiner Rückkehr hat Gazali noch auf kurze Zeit in Nischabur -als Lehrer gewirkt und ist in seiner Vaterstadt Tos am 19. Dez. des -Jahres 1111 gestorben. Die letzten Jahre gehören hauptsächlich frommer -Betrachtung und dem Studium der Traditionen, die einmal dem Jüngling -nicht ins Gedächtnis hinein wollten. Ein schön vollendetes Leben, -in dem das Ende zum Anfang zurückkehrt. - -3. Gazali überschaut die geistigen Strömungen seiner Zeit. Da gibt es -nun die Dialektik der Theologen, eine sufische Mystik, pythagoreische -Popularphilosophie und neuplatonischen Aristotelismus. Was die -Dialektik ergründen will, ist auch Gegenstand seines Glaubens, -nur dünken ihm ihre Argumente etwas schwach und deshalb viele von -ihren Behauptungen bedenklich. Der sufischen Mystik fühlt er sich am -nächsten verwandt, ihr verdankt er das beste: die Begründung seines -Glaubens in der Persönlichkeit, sodass er als innere Erfahrung -postulieren kann, was die Dialektiker verstandesmäßig abzuleiten -versuchen. Auch der Popularphilosophie dankt er Belehrung, über -Mathematik nämlich, die er durchaus als Wissenschaft anerkennt, -und ihre astronomischen Folgerungen. Ihre Physik lässt er, wo sie -nicht gegen den Glauben verstößt, gelten. Aber der Aristotelismus, -wie er von Farabi und Ibn Sina, nicht weniger autoritätsgläubig als -die Theologen, gelehrt worden, erscheint ihm als der Feind des Islam, -den er im Namen sämtlicher muslimischen Schulen und Richtungen, -also von katholischem Standpunkte, bekämpfen soll. Und zwar mit des -Aristoteles eigenen Waffen, denen der Logik. Denn ebenso fest wie die -Sätze der Mathematik, stehen ihm die Grundsätze des Denkens, welche -die Logik lehrt. Vollbewusst geht er vom Satze des Widerspruchs aus, -dem sich Gott selbst, nach seiner Behauptung, unterwirft. - -Von den physisch-metaphysischen Lehren der Philosophie greift er nun -hauptsächlich drei an: 1. dass die Welt ewig sei; 2. dass Gott nur -Allgemeines erkenne und es folglich keine besondere Vorsehung gebe; -3. dass nur die Seele unsterblich sei und also eine Auferstehung -des Fleisches nicht zu erwarten. Bei der Widerlegung dieser Lehren -ist Gazali vielfach abhängig von dem christlichen Kommentator des -Aristoteles, Johannes Philoponus, der auch gegen des Proklos Lehre -von der Ewigkeit der Welt geschrieben hat. - -4. Die Welt ist nach den Philosophen eine Kugel von endlicher -Ausdehnung, aber unendlicher Dauer. Von Ewigkeit geht sie aus Gott -hervor, wie die Wirkung mit der Ursache zugleich ist. Dagegen meint -Gazali, dass man Raum und Zeit nicht in der Weise verschieden auffassen -dürfe, und dass die göttliche Ursächlichkeit als freischöpferische -Macht zu bestimmen sei. - -Zunächst Raum und Zeit. Ebensowenig wie Anfang und Ende der Zeit -können wir uns eine äußerste Grenze des Raumes vorstellen. Wer an eine -endlose Zeit glaubt, muss, seiner Vorstellung folgend, also auch die -Existenz eines unendlichen Raumes annehmen. Dass der Raum dem äußeren, -die Zeit dagegen dem inneren Sinne entspreche, ändert daran nichts, -denn aus dem Sinnlichen kommen wir doch nicht heraus. Wie der Raum -zum Körper, so verhält sich die Zeit zur Bewegung des Körpers. Beide -sind nur Verhältnisse der Dinge, in und mit den Dingen der Welt -erschaffen, oder vielmehr nur Beziehungen unserer Vorstellungen, -die Gott in uns schafft. - -Wichtiger noch ist es, was Gazali über die Ursächlichkeit -beibringt. Die Philosophen unterscheiden ein Wirken Gottes, -der wollenden Geistwesen, der Seele, der Natur, des Zufalles -oder dergleichen. Für Gazali aber gibt es, wie für den orthodoxen -Kalam, überhaupt nur eine Kausalität, die des wollenden Wesens. Die -Naturkausalität beseitigt er ganz, sie löst sich ohne Rest in ein -Zeitverhältnis auf. Auf eine bestimmte Erscheinung (Ursache) sehen wir -regelmäßig eine bestimmte andere (Wirkung) folgen; wie sie aber daraus -erfolgt, bleibt uns ein Rätsel. Von dem Wirken der Naturdinge wissen -wir nichts. Auch ist jede Veränderung an sich unbegreiflich. Wie etwas -ein anderes wird, ist dem Denken unfasslich, dieses kann ebensogut -nach Thatsachen wie nach Ursachen fragen. Etwas ist oder ist nicht, -aber ein Seiendes in ein Anderes zu verwandeln, dazu ist nicht einmal -die göttliche Allmacht im Stande. Sie schafft oder vernichtet. - -Dennoch ist es eine Thatsache unseres Bewusstseins, dass wir etwas -wirken. Wenn wir etwas wollen und die Kraft zur Ausführung besitzen, -nehmen wir den Erfolg als unsere That in Anspruch. Aus freiem Willen, -mit bewusster Kraft handeln, das ist die einzige Kausalität, davon -wir wissen, und hieraus schließen wir auf das göttliche Wesen. Mit -welchem Rechte? In seiner persönlichen Erfahrung des Gottesbildes in -seiner Seele glaubt Gazali die Berechtigung zu solchem Schlusse zu -finden. Aber die Gottähnlichkeit seiner Seele will er nicht auf die -Natur übertragen. - -Gott ist ihm demnach, sofern er aus der Welt zu erkennen, das -allmächtige, freiwollende und wirkende Wesen. Seiner Wirksamkeit darf -man keine räumliche Schranke setzen, wie die Philosophen thun, wenn -sie ihn nur auf sein erstes Geschöpf wirken lassen. Andererseits aber -kann er sein Werk räumlich und zeitlich beschränken, sodass diese -endliche Welt auch nur eine endliche Dauer besitzt. Dass Gott die -Welt aus dem Nichts hervorrufe durch eine absolute Schöpfungsthat, -scheint den Philosophen absurd. Sie erkennen nur einen Wechsel -der Accidenzen oder Formen an der Einen Materie, ein Wandern des -Wirklichen von Möglichkeit zu Möglichkeit. Aber entsteht denn nie -etwas Neues? Ist nicht jede sinnliche Wahrnehmung, so fragt Gazali, -und jede geistige Perzeption etwas ganz Neues, das entweder ist oder -nicht ist, bei dessen Entstehen aber nicht das Gegenteil aufhört, -bei dessen Verschwinden nicht das Entgegengesetzte eintritt? Sind -auch nicht die vielen individuellen Seelen, die es nach Ibn Sinas -System geben soll, absolut neu entstanden? - -Mit Fragen wird man nicht fertig. Die Vorstellung schweift überall -in die Weite, das Denken führt uns ins Unendliche. Wie Raum und Zeit, -lässt sich auch die Reihe der Ursachen nirgendwo abschliessen. Damit -es aber ein bestimmtes, abgeschlossenes Sein gebe, -- diese Forderung -stellt Gazali mit den Philosophen -- brauchen wir einen ewigen Willen -als erste von allem Anderen verschiedene Ursache. - -Dies dürfen wir jedenfalls dem Gazali zugestehen: die phantastische -Formen- und Seelenlehre des Ibn Sina hält seiner Kritik nicht Stand. - -5. Wir haben uns schon dem Gottesbegriffe genähert. Den Philosophen -ist Gott das höchste Sein, dessen Wesen das Denken. Was er erkennt, -wird, geht aus seinem Überflusse hervor, positiv gewollt aber hat er es -nicht. Denn alles Wollen setzt einen Mangel, ein Bedürfnis, voraus und -bedingt eine Veränderung in dem wollenden Wesen. Wollen ist Bewegung -in der Materie, vollwirklicher Geist will nichts. Gott schaut also in -wunschloser Betrachtung seiner Schöpfung zu. Er erkennt sich selbst -oder auch sein erstes Geschöpf oder, nach Ibn Sina, das Allgemeine, -die ewigen Gattungen und Arten aller Dinge. - -Nach Gazali aber soll Gott ewig ein Wille zukommen als eins seiner -ewigen Attribute. Herkömmlicherweise lässt er zwar in metaphysischen -und ethischen Betrachtungen das Erkennen dem Wollen vorangehen. Aber -seiner Überzeugung nach ist im Wissen die Einheit des Wesens nicht mehr -als im Wollen. Nicht nur die Vielheit der Gegenstände des Wissens und -ihre verschiedene Beziehung auf das wissende Subjekt, sondern auch das -Selbstbewusstsein, das Wissen um das Wissen, geht an sich betrachtet -ins Unendliche. Es muss da ein Willensakt den Abschluss bewirken. In -der Richtung der Aufmerksamkeit und in der Selbstbesinnung wirkt ein -ursprüngliches Wollen. Und so kommt auch das göttliche Wissen nur zu -einem einheitlichen Abschluss, in seiner Persönlichkeit, durch einen -ursprünglichen, ewigen Willen. Statt der Behauptung der Philosophen, -Gott wolle die Welt, weil er sie als das Beste denke, setzt Gazali: -Gott erkennt die Welt, weil und indem er sie will. - -Sollte denn Er, der alles will und schafft, sein Werk nicht erkennen -bis zum kleinsten Stoffteile? Wie sein ewiger Wille aller Einzeldinge -Ursache, so umfasst sein ewiges Wissen alles Besondere zugleich, -ohne dass die Einheit seines Wesens dadurch aufgehoben wird. Es gibt -folglich eine Vorsehung. - -Auf die Einwendung, dass die göttliche Vorsehung alles besondere -Geschehen notwendig mache, entgegnet Gazali, ähnlich wie der -hl. Augustin, das Vorherwissen unterscheide sich nicht vom Wissen im -Gedächtnis, d. h. Gottes Wissen sei über jeden Zeitunterschied erhaben. - -Es lässt sich fragen, ob nicht Gazali, um den ewigen, allmächtigen -Schöpferwillen zu retten, sowohl den zeitlichen Charakter der Welt, -den er beweisen möchte, als die Freiheit des menschlichen Handelns, von -der er dabei ausgeht, und die er auch nicht ganz aufgeben wollte, jener -absoluten Macht zum Opfer dargebracht habe. Gott zu liebe verschwindet -diese Welt der Schatten und der Abbilder, wie er sie nennt. - -6. Die dritte Frage, über die Gazali sich mit den Philosophen -auseinandersetzt, hat weniger philosophisches Interesse. Sie betrifft -die Auferstehung des Fleisches. Nach den Philosophen ist nur die Seele -unsterblich, sei es individuell oder als Teil der Weltseele; dagegen -der Körper vergänglich. Gegen diesen Dualismus, der theoretisch -zu einer asketischen Ethik führte, praktisch aber sehr leicht in -Libertinismus sich umsetzte, empört sich das religiös-sittliche Gefühl -Gazalis. Soll das Fleisch Pflichten haben, so muss es wieder in seine -Rechte eingesetzt werden. Die Möglichkeit der Auferstehung ist ja nicht -zu leugnen, denn die Wiedervereinigung der Seele mit ihrem (neuen) -Körper ist nicht wunderbarer als die erste Verbindung derselben mit -dem irdischen Leibe, die auch von Philosophen angenommen wird. Kann -doch jede Seele zur Zeit der Auferstehung einen neuen, ihr passenden -Leib bekommen. Jedenfalls aber ist die Seele das eigentliche Wesen des -Menschen; aus welcher Materie ihr himmlischer Körper gebildet wird, -ist gleichgiltig. - -7. Schon aus diesen letzten Sätzen erhellt, dass Gazalis Theologie -von philosophischer Spekulation nicht unberührt geblieben ist. Wie -die abendländischen Kirchenväter hat er, bewusst oder unbewusst, -viel Philosophisches aufgenommen. Von den Muslimen des Westens wurde -deshalb seine Theologie lange Zeit als Neuerung verketzert. Wirklich -weist seine Lehre von Gott, von der Welt und der menschlichen Seele -viele Elemente auf, die dem ältesten Islam fremd sind, und, teils durch -christliche und jüdische, teils durch spätere muslimische Vermittelung, -auf heidnische Weisheit zurückgehen. - -Allah, der Welten Herr, Mohammeds Gott, ist zwar für Gazali eine -lebendige Persönlichkeit, aber doch weit weniger anthropomorph als -er dem naiven Glauben und im antimutazilitischen Dogma erschien. Der -sicherste Weg, ihn zu erkennen, soll es sein, alle Eigenschaften -der Geschöpfe ihm abzusprechen. Das heißt aber nicht, dass er keine -Eigenschaften besitze. Im Gegenteil. Die Vielheit der Bestimmungen -schadet nicht der Einheit des Wesens. Schon das Körperliche bietet -dafür Analogien. Ein Ding kann zwar nicht zugleich schwarz und -weiß, wohl aber kalt und trocken sein. Nur soll man, wenn man -Gott menschliche Attribute beilegt, diese in anderem, höherem Sinne -verstehen. Denn er ist reiner Geist. Außer Allwissenheit und Allmacht -kommen ihm aber auch reine Güte und Allgegenwart zu. Durch diese -Allgegenwart werden Diesseits und Jenseits einander etwas näher -gerückt als in der gewöhnlichen Vorstellung. - -Gott ist vergeistigt. Nun werden aber auch Auferstehung und -zukünftiges Leben viel geistiger gefasst als dieses Leben. Die -philosophisch-gnostische Lehre von drei oder vier Welten ermöglicht -solche Auffassung. Stufenmäßig erheben sich über einander die irdische -sinnliche Menschenwelt, die Welt himmlischer Geister, zu der unsere -Seele gehört, die Welt überhimmlischer Engel, endlich Gott selbst als -die Welt reinsten Lichtes, vollkommensten Geistes. Aus der niederen -Welt steigt die fromme erleuchtete Seele durch die Himmel hinauf -bis vor Gottes Angesicht. Denn sie ist geistiger Natur und ihr -Auferstehungskörper himmlischen Wesens. - -Entsprechend den verschiedenen Welten und den Seelenstufen -unterscheiden sich auch die Menschen von einander. Der sinnliche Mensch -muss sich begnügen mit Koran und Tradition, über den Buchstaben darf er -nicht hinausgehen. Die Pflichtenlehre ist sein Lebensbrot, Philosophie -wäre für ihn tödliches Gift. Derjenige, der nicht schwimmen kann, -darf sich nicht ins Meer wagen. - -Dennoch gibt es immer Leute, die, um schwimmen zu lernen, ins Wasser -gehen. Sie wollen ihren Glauben zum Wissen erheben und fallen dabei -leicht in Zweifel und Unglauben. Für sie, meint Gazali, können Dogmatik -und Polemik gegen die Philosophie ein nützliches Heilmittel sein. - -Auf der höchsten Stufe menschlicher Vollkommenheit stehen aber -diejenigen, welche ohne schweres Nachdenken durch innere göttliche -Erleuchtung die Wahrheit und Wirklichkeit der geistigen Welt in sich -erfahren. Es sind dies die Propheten und frommen Mystiker, zu denen -Gazali sich zählen darf. In allem sehen sie Gott, ihn, ja ihn allein, -in der Natur wie im Leben ihrer Seele. Vorzüglich aber in der Seele, -die zwar nicht gottgleich, aber doch gottähnlich ist. Wie alles Äußere -jetzt sich ändert! Was scheinbar außer uns besteht, wird zu einem -Zustande oder einer Eigenschaft der Seele, die im Bewusstsein ihrer -Vereinigung mit Gott zur höchsten Seligkeit fortschreitet. Alles einigt -sich da in Liebe. Der wahre Gottesdienst geht über Furcht vor Strafe -und Hoffnung auf Belohnung hinaus zur Liebe Gottes im Geiste. Über -Dulden und Danken -- die Pflicht der noch nicht vollendeten frommen -Wanderer auf Erden -- erhebt sich der vollkommene Gottesdiener, -schon in dieser Welt Gott freudig zu lieben und zu loben. - -8. Es ergeben sich uns aus dem Vorigen drei Stufen des Glaubens -oder der Gewissheit. Erstens der Autoritätsglaube der Menge: sie -glaubt, was ihr ein glaubwürdiger Mann erzählt, z. B. dass N. N. da -im Hause sei. Zweitens das abgeleitete Wissen der Gelehrten: sie -haben den N. N. reden hören und schließen, dass er sich im Hause -befinde. Drittens aber die unmittelbare Gewissheit der Erkennenden: -diese sind ins Haus gegangen und haben mit eigenen Augen den -N. N. gesehen. - -Auf Erfahrung legt Gazali überall Gewicht, den Dialektikern und -Philosophen gegenüber. Mit ihren allgemeinen Begriffen werden -sie zunächst der Mannigfaltigkeit dieser sinnlichen Welt nicht -gerecht. Die sinnlichen Qualitäten der Dinge, auch die Zahl der -Gestirne z. B. erkennen wir nur durch Erfahrung, nicht aus reinen -Begriffen. Viel weniger aber noch erschöpfen diese die Höhen und -Tiefen unseres Inneren. Dem diskursiven Verstande der Gelehrten bleibt -ewig verborgen, was der Gottesfreund intuitiv erkennt. Sehr wenige -ersteigen diese Höhe der Erkenntnis, wo sie mit den Gottesgesandten -und Propheten aller Zeiten zusammentreffen. Ihnen zu folgen ist daher -die Pflicht der niedriger stehenden Geister. - -Wie erkennt man nun aber den überlegenen Geist, dessen man zum Führer -bedarf? Das ist eine Frage, an der jedes religiös-bestimmte System, -das menschlicher Vermittler nicht entbehren kann, rein verstandesmäßig -betrachtet, scheitern muss. Auch Gazalis Antwort ist schwankend. Soviel -ist ihm gewiss, dass Verstandesgründe allein hier nicht den Ausschlag -geben können. Den wirklich von Gott erleuchteten Propheten und Lehrer -erkennt man durch Versenkung in seine einzigartige Persönlichkeit, -durch die Erfahrung innerer Verwandtschaft. Die Wahrheit der Prophetie -bewährt sich in ihrem sittlichen Einfluss auf die Seele. Von der -Wahrhaftigkeit des Gotteswortes im Koran bekommen wir eine moralische, -keine theoretische Gewissheit. Das einzelne Wunder ist nicht im -Stande zu überzeugen, sondern die Offenbarung als Ganzes sowie die -Persönlichkeit des Propheten, durch den die Offenbarung vermittelt, -machen auf die verwandte Seele einen unwiderstehlichen Eindruck. Von -diesem Eindrucke ganz hingerissen, entsagt sie der Welt, um die Pfade -Gottes zu wandern. - -9. Gazali ist ohne Zweifel die merkwürdigste Gestalt des Islam. Seine -Lehre ist ein Ausdruck seiner Persönlichkeit. Auf das Verständnis -dieser Welt hat er verzichtet. Aber das religiöse Problem hat er -viel tiefer erfasst als die Philosophen seiner Zeit. Diese waren, -wie ihre griechischen Vorgänger, intellektualistisch, sahen folglich -die Lehren der Religion an nur als Produkte der Vorstellung, der -Phantasie oder auch der Willkür des Gesetzgebers. Ihnen zufolge war -Religion entweder blinder Gehorsam oder eine Art Erkenntnis, eine -Wahrheit niederer Ordnung enthaltend. - -Dagegen stellt Gazali Religion als Erfahrung seines Inneren hin. Mehr -als Gesetz und mehr als Lehre ist sie ihm, sie ist Seelenerlebnis. - -Nicht jeder erlebt das so wie Gazali. Wer ihm aber bei seinem -mystischen Fluge, über die Bedingungen möglicher Erfahrung hinaus, -nicht folgen kann, wird doch eingestehen müssen, dass seine Irrfahrten -auf der Suche nach dem Höchsten für die Geschichte des menschlichen -Geistes nicht weniger wichtig sind als die scheinbar sicheren Gänge -der Philosophen seiner Zeit durch ein Land, das andere vor ihnen -entdeckt haben. - - - - -2. Die Kompendienschreiber. - -1. In einer Geschichte des gelehrten Unterrichtes bei den muslimischen -Völkern müsste dieser Gegenstand einen größeren Raum einnehmen; -wir werden ihn hier mit wenigen Worten abthun. - -Dass Gazali die Philosophie für alle Folgezeit vernichtet habe, -ist eine oft wiederholte, aber ganz irrige Behauptung, die weder von -geschichtlichem Wissen noch von Verständnis zeugt. Die Philosophie hat -im Osten nach ihm ihre Lehrer und Schüler zu Hunderten und Tausenden -gezählt. Ebensowenig wie die Pflichtenlehrer ihre spitzfindige -Kasuistik, haben die Glaubenslehrer ihre dialektischen Argumente zur -Stütze des Dogmas aufgegeben. Und die allgemeine Bildung hat einen -Bestandteil philosophischer Gelehrsamkeit in sich aufgenommen. - -Freilich, eine hervorragende Stellung hat die Philosophie -sich nicht zu erobern, ihr früheres Ansehen nicht zu erhalten -gewusst. Nach einer arabischen Anekdote soll ein Philosoph, der -in Gefangenschaft geraten war und von einem Manne, der ihn als -Sklaven kaufen wollte, befragt wurde, wozu er tauge, die Antwort -gegeben haben: Zur Freiheit. Philosophie braucht Freiheit. Und wo -gab es diese im Orient? Freiheit von materiellen Sorgen, Freiheit -zur Bethätigung uninteressierten Denkens schwanden immer mehr dahin, -wo keine aufgeklärten Despoten im Stande waren, sie zu gewähren und zu -schützen. Als glaubens- und staatsgefährlich wurden die Philosophen an -manchen Orten verfolgt. Es ist das nur ein Zeichen des allgemeinen -Kulturverfalles. Wenn auch abendländische Reisende des zwölften -Jahrhunderts die Kultur des Ostens höchlich preisen, so war sie doch, -mit früheren Zeiten verglichen, im Niedergang begriffen. Auf keinem -Gebiete ging man über das alte hinaus, dazu waren die Geister zu -schwach. Die litterarische Produktion stockte und den Vielschreibern -der folgenden Jahrhunderte gebührt nur das Verdienst der schönen -Auswahl. Die Pflichten- und die Glaubenslehre mit der Mystik hatten -ihren Abschluss gefunden. Ebenso die Philosophie. Nach Ibn Sina, ihrem -Fürsten, mit selbständigen Ansichten hervorzutreten, fühlte keiner -sich berufen. Es war die Zeit gekommen der Kompendien, der Kommentare, -der Glossen und Superglossen. Damit vertrieb die gelehrte Welt sich -in der Schule die Zeit, während die gläubige Menge sich immer mehr -der Führung der Derwischorden unterstellte. - -2. Die allgemeine Bildung entnahm am meisten der philosophischen -Propädeutik, etwas Mathematik u. s. w., in der Regel natürlich -höchst elementar. Von Sektierern und Mystikern wurde vieles der -pythagoreisch-platonischen Weisheit entlehnt. Besonders den Heiligen- -und Wunderglauben zu stützen, mussten jene Lehren herhalten. Eine -wüste, synkretistische Theosophie schmückte sich damit. Sie nahm -auch den Aristoteles, natürlich den unechten, unter ihre Lehrer auf, -machte ihn aber zum Schüler des Agathodaemon und Hermes. - -Die nüchternen Geister dagegen hielten sich an dem Aristotelismus, -soweit er sich mit ihren eigenen Ansichten oder dem orthodoxen Glauben -vertrug. Fast allgemein folgte man dem System des Ibn Sina, nur wenige -gingen auf Farabi zurück oder suchten beide zu vereinigen. Von den -physischen und metaphysischen Lehren nahm man weniger Notiz; Ethik -und Politik wurden schon mehr gepflegt; allgemein studiert aber nur -die Logik. Diese ließ sich trefflich in schulmäßige Form bringen, als -reine Formallogik war sie ein Werkzeug, dessen sich jeder bedienen -konnte. Mit den Mitteln der Logik ließ sich ja alles beweisen. Und -wenn einmal ein Beweis als fehlerhaft erkannt wurde, so tröstete man -sich damit, dass die Behauptung doch richtig sein könnte, wenn auch -der Beweis dafür nicht richtig geführt worden war. - -Schon in der Encyklopädie des Abu Abdallah al-Chwarizmi aus dem -letzten Viertel des zehnten Jahrhunderts war der Logik ein größerer -Raum zugemessen als der Physik und Metaphysik. Ebenso machten es -viele spätere Encyklopädien und Sammelwerke. Auch die Dogmatiker -fingen ihr System an mit logischen und erkenntnistheoretischen -Betrachtungen, in denen dem "Wissen" ein traditionelles Lob gespendet -wurde. Und seit dem zwölften Jahrhundert entstand eine ganze Menge -Einzelbearbeitungen des aristotelischen Organons. Als vielgebraucht, -kommentiert u. s. w. seien hier nur genannt die Werke des Abhari -(gest. 1264), der unter dem Titel Isagudschi (eisagôgê) eine kurze -Übersicht der ganzen Logik gab, und des Qazwini (gest. 1276). - -An der größten Universität der muslimischen Welt, in Kairo, -werden heutzutage noch die Kompendien des 13. und 14. Jahrhunderts -gebraucht. Dort heißt es noch, wie lange Zeit bei uns: Zuerst -Collegium logicum! Selbstverständlich mit keinem besseren Erfolge. Man -lässt sich, innerhalb der Schranken des Gesetzes, die von den alten -Philosophen aufgefundenen Regeln des Denkens gefallen, lächelt aber -dabei über jene Männer und über die mutazilitischen Dialektiker, die -"an die Vernunft geglaubt". - - - - - - - - -VI. DIE PHILOSOPHIE IM WESTEN. - - -1. Die Anfänge. - -1. Zum muslimischen Occidente rechnet man das westliche Nordafrika, -Spanien und Sizilien. Nordafrika hat zunächst untergeordnete -Bedeutung. Sizilien richtet sich nach Spanien und wird bald von den -Nordmannen Unteritaliens unterworfen. Für unseren Zweck kommt zunächst -das muslimische Spanien oder Andalusien in Betracht. - -Das Kulturschauspiel des Orients erlebt hier eine zweite -Aufführung. Wie dort Araber mit Persern, so vermählen sich hier -Araber mit Spaniern. Und statt der Türken und Mongolen gibt es hier -die Berbern Nordafrikas, deren rohe Kraft immer mehr zerstörend in -das Spiel feinerer Bildung eingreift. - -Nach dem Sturze der Omajjaden in Syrien (750) hat sich einer aus ihrem -Hause, Abderrachman ibn Moawia, nach Spanien begeben, wo er sich zum -Emir von Kordova und ganz Andalusien emporzuarbeiten wusste. Über -250 Jahre dauerte diese Omajjadenherrschaft und erreichte, nach -vorübergehender Kleinstaaterei, unter Abderrachman III. (912-961), -dem ersten, der sich Chalif nennen ließ, und dessen Sohn al-Hakam -II. (961-976) ihren Glanzpunkt. Das zehnte Jahrhundert war für Spanien, -was das neunte für den Orient: die Zeit höchster materieller und -geistiger Kultur. Wenn möglich war sie hier frischer, naturwüchsiger -als dort. Produktiver, wenn es wahr ist, dass alles Theoretisieren -entweder einen Mangel oder eine Stockung der Produktionskraft -bedeutet. Die Wissenschaften, und besonders die Philosophie, fanden -hier nämlich weit weniger Vertreter. Überhaupt waren die Verhältnisse -geistigen Lebens einfacher gestaltet. Die Zahl alter Kulturschichten -war geringer. Wohl hatte man hier außer Muslimen Juden und Christen, -die sich zu Abderrachmans III. Zeit gemeinschaftlich am Kulturleben -arabischen Stempels beteiligten. Aber Anhänger des Zoroaster, -Atheisten u. s. w. gab es nicht. Auch waren die Parteiungen des -östlichen Islam fast unbekannt. Nur eine Rechtschule, die des Malik, -fand Eingang. Mutazilitische Dialektik störte nicht den Frieden des -Glaubens. Zwar verherrlichten die andalusischen Dichter die Dreiheit: -Wein, Weib und Gesang, aber frivole Freigeisterei einerseits, düstere -Weltflucht und Theosophie andererseits kamen nur selten zum Ausdruck. - -Im ganzen war die geistige Kultur vom Orient abhängig. Seit dem -zehnten Jahrhundert wurden aus Spanien viele wissenschaftliche Reisen -dorthin, über Ägypten bis zum östlichen Persien, unternommen, um den -Vorlesungen berühmter Gelehrten beizuwohnen. Und das Bedürfnis nach -Bildung in Andalusien lockte auch manch orientalischen Gelehrten, -der in seiner Heimat keine Beschäftigung fand, herbei. Dazu ließ -al-Hakam II. überall im Osten Bücher abschreiben für seine Bibliothek, -deren Bändezahl auf 400000 angegeben wird. - -Hauptsächlich interessierte der Westen sich für Mathematik und -Naturwissenschaft, Astrologie und Medizin, ebenso wie anfangs der -Osten. Poesie, Geschichte und Geographie wurden eifrig gepflegt. Der -Geist war noch von des Gedankens Blässe nicht angekränkelt. Als -Abdallah ibn Masarra von Kordova, unter Abderrachman III., mit -Naturphilosophie nach Hause kam, musste er seine Schriften verbrennen -sehen. - -2. Im Jahre 1013 wurde Kordova, "die Zierde der Welt", von den -Berbern verwüstet und das Omajjadenreich zerfiel in eine Anzahl -kleiner Staaten. Ihre Nachblüte füllt das elfte Jahrhundert, die -mediceische Zeit Spaniens, aus. An den städtischen Höfen gedeihen -noch Kunst und Poesie, üppig wuchernd auf den Trümmern alter -Herrlichkeit. Die Kunst verfeinert sich, die Poesie wird weise, subtil -der wissenschaftliche Gedanke. Aus dem Orient zieht man immerfort -geistige Nahrung. Naturphilosophie, die Schriften der treuen Brüder, -die Logik aus der Schule des Abu Sulaiman al-Sidschistani halten nach -einander ihren Einzug. Gegen Ende des Jahrhunderts spürt man auch -den Einfluss der Schriften Farabis und wird Ibn Sinas Medizin bekannt. - -Die Anfänge philosophischen Nachdenkens finden wir zumeist bei den -zahlreichen gebildeten Juden. Mächtig und ganz eigenartig wirkt -die Naturphilosophie des Ostens auf Ibn Gebirol, den Avencebrol -christlicher Schriftsteller. Bachja ibn Pakuda wird von den treuen -Brüdern beeinflusst. Sogar die religiöse Poesie der Juden wird von -der philosophischen Bewegung ergriffen. Es spricht darin die Seele, -die sich zum Geiste erhebt, nicht die jüdische Gemeinde, die ihren -Gott sucht. - -Unter den Muslimen blieb die Zahl derjenigen, die sich eingehend mit -Philosophie beschäftigten, sehr beschränkt. Kein Meister sammelte -eine zahlreiche Jüngerschaar um sich, gelehrte Sitzungen, in denen -über philosophische Gegenstände disputiert wurde, fanden kaum -statt. So musste sich hier der einzelne Denker wohl ganz vereinsamt -fühlen. Subjektiv wie im Orient, bildete sich auch im Westen die -Philosophie aus. Aber sie war hier mehr nur die Sache vereinzelter -Individuen und stand dazu dem Glauben der Menge ferner. Im Orient gab -es zahllose Vermittelungen zwischen Glauben und Wissen, zwischen den -Philosophen und der gläubigen Gemeinde. Das Problem des denkenden -Individuums gegenüber der staatlichen Gesellschaft und dem Glauben -beschränkter fanatischer Massen wurde daher im Westen schärfer gefasst. - - - - -2. Ibn Baddscha. - -1. Gegen Ende des elften Jahrhunderts, als Abu Bekr Mohammed -ibn Jachja ibn al-Saig ibn Baddscha in Saragossa geboren wurde, -war das schöne Andalusien nahe daran, in seiner Kleinstaaterei -unterzugehen. Von Norden her wurde es von den weniger gebildeten, -aber kräftigen und tapferen Christenrittern bedroht. Da griff aber -rettend die berberische Dynastie der Almoraviden ein, die nicht nur -fester im Glauben, sondern auch klüger in der Politik war als die -üppigen Herrschergeschlechter Spaniens. Jetzt schien die Zeit feiner -Bildung und freien Forschens für immer dahin. Nur Traditionarier der -strengsten Observanz durften öffentlich auftreten. Und die Philosophen, -wenn sie sich nicht verborgen hielten, wurden verfolgt oder getötet. - -2. Aber barbarische Herren haben ihre Grillen, indem sie die -Bildung der von ihnen Unterworfenen, wenigstens äußerlich, sich -anzueignen lieben. Also nahm sich Abu Bekr ibn Ibrahim, Schwager des -Almoravidenfürsten Ali, der einige Zeit Gouverneur Saragossas war, -zum großen Ärgernis seiner Faqihs und Soldaten, den Ibn Baddscha -zum Vertrauten und ersten Minister. Dieser Mann nun war in den -mathematischen Wissenschaften, besonders in der Astronomie und Musik, -dazu in der Medizin, theoretisch und praktisch bewandert und gab sich -mit logischen, naturphilosophischen und metaphysischen Spekulationen -ab. Er war nach der Ansicht der Fanatiker ein ganz verrückter Atheist -und unsittlicher Mensch. - -Von dem äußeren Leben Ibn Baddschas wissen wir ferner nur, dass er im -Jahre 1118 nach dem Falle Saragossas zu Sevilla war, wo er mehrere -seiner Schriften verfasste, darauf in Granada, und dass er sich -nach Fez an den Almoravidenhof begab, wo er im Jahre 1138 starb. Der -Überlieferung nach fand er, auf Veranlassung eines neidischen Arztes, -den Gifttod. Glücklich war, nach seinem Selbstbekenntnis, sein kurzes -Leben nicht gewesen. Oft hatte er sich, als letzte Zuflucht, den -Tod herbeigesehnt. Materielle Not, vor allem geistige Vereinsamung -mögen ihn gedrückt haben. Dass er zu seiner Zeit, in seiner Umgebung, -sich nicht heimisch fühlen konnte, zeigen zur Genüge die erhaltenen -Schriften. - -3. Er schließt sich fast ganz an Farabi, den einsamen, stillen Mann des -Orients an. Wie dieser hat er wenig systematisiert. Die Zahl seiner -selbständigen Abhandlungen ist nicht groß. Aus kurzen Erläuterungen -zu den aristotelischen und anderen philosophischen Schriften besteht -das meiste. Seine Bemerkungen sind abgerissen, bald fängt er hier, -bald dort von neuem an. Mit immer neuen Ansätzen sucht er sich dem -griechischen Gedanken zu nähern, von den verschiedensten Seiten in -die alte Wissenschaft einzudringen. Die Philosophie wird er nicht los, -und er wird nicht fertig mit ihr. Auf den ersten Blick macht das einen -verwirrenden Eindruck. Im dunklen Drange aber ist der Philosoph sich -seiner Wege bewusst. Auf der Suche nach Wahrheit und Recht findet er -ein anderes, Einheit und Freude seines Lebens. Gazali hat es sich, -seiner Meinung nach, gar zu leicht gemacht, als er glaubte, nur -im Vollbesitz der durch göttliche Erleuchtung erfassten Wahrheit -glücklich sein zu können. Der Wahrheit zu liebe, die sich in den -sinnlichen Bildern religiöser Mystik mehr verhüllt als aufdeckt, -soll der Philosoph stark genug sein, jenem Glücke zu entsagen. Nur -vom reinen Denken, das keine Sinnenlust trübt, wird die höchste -Gottheit geschaut. - -4. In seinen logischen Schriften hat Ibn Baddscha sich kaum von Farabi -entfernt. Auch seine physischen und metaphysischen Lehren stimmen im -allgemeinen zu den Ansichten des Meisters. Nur die Art und Weise, -in der er die Entwicklungsgeschichte des menschlichen Geistes und -die Stellung des Menschen in Wissenschaft und Leben darlegt, darf -einiges Interesse beanspruchen. - -Zwei Arten des Seienden gibt es ihm zufolge: ein bewegtes und ein -unbewegtes. Das Bewegte ist körperlich, begrenzt, aber seine ewige -Bewegung lässt sich aus dem endlichen Körper nicht erklären. Es -bedarf, im Gegenteil, zur Erklärung dieser unendlichen Bewegung einer -unendlichen Kraft oder eines ewigen Wesens, des Geistes. Indem nun das -Körperliche oder Natürliche von außen bewegt wird und der Geist, selbst -unbewegt, dem Körperlichen Bewegung verleiht, steht das Seelische als -das sich selbst Bewegende in der Mitte. Das Verhältnis nun zwischen -dem Natürlichen und dem Seelischen macht dem Ibn Baddscha ebensowenig -Mühe wie seinen Vorgängern. Das Hauptproblem aber ist dieses: Wie -verhalten sich Seele und Geist zu einander, namentlich im Menschen? - -5. Ibn Baddscha geht von der Voraussetzung aus, dass der Stoff nicht -ohne irgend eine Form sein kann, wohl aber die Form rein für sich -ohne Stoff. Sonst nämlich ließe sich überhaupt keine Veränderung -denken, denn dieselbe ist nur möglich durch das Kommen und Gehen der -substantiellen Formen. - -Diese Formen nun, vom Hylischen bis zum rein Geistigen, bilden eine -Reihe, der die Entwicklung des menschlichen Geistes entspricht, -sofern nämlich er das Vernunftideal verwirklicht. [16] Des -Menschen Aufgabe ist es, sämtliche geistigen Formen zu erfassen, -zunächst die intelligibelen Formen alles Körperlichen, dann die -sinnlich-geistigen Vorstellungen der Seele, darauf den Menschengeist -selbst und den thätigen Geist über ihn, endlich die reinen Geister -der Himmelsphären. Durch successive Erhebung aus dem Individuellen, -Sinnlichen, dessen Vorstellung den Stoff des Geistes bildet, gelangt -der Mensch zum Übermenschlichen und Göttlichen. Dazu führt ihn -nun die Philosophie oder die Erkenntnis des Allgemeinen, die durch -Studium und Nachdenken aus der Erkenntnis des Individuellen, aber -mit Hilfe des erleuchtenden Geistes von oben hervorgeht. Gegenüber -dieser Erkenntnis des Allgemeinen oder Unendlichen, in dem Sein -und Gedachtwerden zusammenfallen, erweist sich alles Wahrnehmen und -Vorstellen als trüglich. In der Vernunfterkenntnis also und nicht in -mystisch-religiösen Träumereien, denen immer Sinnliches anhaftet, -erreicht der menschliche Geist seine Vollkommenheit. Denken -ist die höchste Seligkeit, denn alles Intelligibele ist seiner -selbst Zweck. Da es aber das Allgemeine ist, so lässt sich ein -Fortbestehen individueller Menschengeister über dieses Leben -hinaus nicht annehmen. Es möge die Seele, die im sinnlich-geistigen -Vorstellungsleben das Individuelle erfasst und in einzelnen Begierden -und Handlungen sich kund gibt, nach dem Tode weiter bestehen können und -Strafe oder Belohnung erhalten, der Geist aber oder der vernünftige -Teil der Seele ist in allen eins. Ewig ist nur der Geist der ganzen -Menschheit in seiner Vereinigung mit dem thätigen Geiste über -ihm. Diese Lehre, unter dem Namen des Averroes in das christliche -Mittelalter eingedrungen, findet sich also schon bei Ibn Baddscha, -wenn nicht ganz scharf gefasst, doch klarer als bei Farabi. - -6. Nicht jeder Mensch erhebt sich zu solcher Höhe der Betrachtung. Die -meisten tasten immer im Dunkeln herum, nur Schattenrisse der Dinge -sehen sie und wie Schatten werden sie vergehen. Einige sehen das -Licht zwar und die farbige Welt der Dinge, aber ganz wenige erkennen -das Wesen dessen, was sie gesehen. Nur die letzteren, die Seligen, -erreichen das ewige Leben, in dem sie selbst zu Licht werden. - -Wie gerät nun aber der Einzelne zu dieser Stufe des Erkennens und -seligen Seins? Durch vernünftiges Handeln und freie Ausbildung -seiner intellektuellen Kräfte. Vernünftiges Handeln ist freies -d. h. zweckbewusstes Handeln. Wenn einer z. B. einen Stein zerschlägt, -weil er sich daran gestoßen, so handelt er zwecklos wie ein Tier oder -ein Kind; thut er es aber, damit sich andere nicht daran stoßen werden, -so ist seine That menschlich, vernünftig zu nennen. - -Um menschlich leben, vernünftig handeln zu können, muss unter Umständen -der Einzelne sich aus der Gesellschaft zurückziehen. Ibn Baddschas -Ethik heißt "die Leitung des Einsamen". Zur Selbsterziehung fordert -sie auf. In der Regel aber kann man sich der Vorteile menschlichen -Zusammenlebens bedienen, ohne die Nachteile mit in den Kauf zu -nehmen. Zu kleineren oder größeren Verbänden können die Weisen -sich zusammenschließen, ja das ist sogar ihre Pflicht, wenn sie -sich treffen. Sie bilden dann einen Staat im Staate. Naturgemäß -versuchen sie zu leben, sodass unter ihnen weder Arzt noch Richter -nötig ist. Wie Pflanzen in freier Luft wachsen sie auf und brauchen -die Kunst der Gärtner nicht. Von den niederen Genüssen und Gesinnungen -der Menge halten sie sich fern. Sie sind Fremdlinge in dem weltlichen -Treiben der Gesellschaft. Und da sie Freunde unter einander sind, -wird dieses Leben ganz von der Liebe bestimmt. Und als Freunde Gottes, -der die Wahrheit ist, finden sie ihre Ruhe in der Vereinigung mit -dem übermenschlichen Geiste der Erkenntnis. - - - - -3. Ibn Tofail. - -1. Die Herrschaft über den westlichen Islam verblieb den Berbern, aber -an die Stelle der Almoraviden traten alsbald die Almohaden. Der Gründer -der neuen Dynastie, Mohammed ibn Tumart, war seit 1121 als Mahdi -aufgetreten. Unter seinen Nachfolgern Abu Jaaqub Jusuf (1163-1184) -und Abu Jusuf Jaaqub (1184-1198) erreichte ihre Herrschaft, deren -Sitz Marokko, den Höhepunkt. - -Eine gewaltige Neuerung in der Theologie führten die Almohaden herbei: -das bis jetzt verketzerte System der Aschari und Gazali wurde im Westen -aufgenommen. Das bedeutete eine Vergeistigung der Glaubenslehre, -die weder Altgläubige noch Freidenker ganz befriedigen konnte, aber -doch manchen zu weiterem Philosophieren angeregt haben mag. Bisher -hatte man sich gegen alles Räsonnieren in Glaubenssachen ablehnend -verhalten, und auch später noch waren viele Politiker und Philosophen -der Ansicht, an dem Glauben der Menge solle man nicht rütteln, noch -ihn zum Wissen erheben, sondern die Gebiete der Religion und der -Philosophie reinlich scheiden. - -Die Almohaden waren theologisch interessiert, doch zeigten Abu -Jaaqub und dessen Nachfolger, soweit die politischen Verhältnisse -es erlaubten, ein derartiges Verständnis für weltliches Wissen, dass -eine kurze Blüte der Philosophie an ihrem Hofe hervorbrechen konnte. - -2. Nachdem er in Granada eine Sekretärstelle bekleidet hatte, finden -wir den Abu Bekr Mohammed ibn Abdalmalik ibn Tofail al-Qaisi als -Wezir und Leibarzt des Abu Jaaqub. In der kleinen andalusischen Stadt -Guadix war er geboren und in der Residenz Marokko starb er im Jahre -1185. Dazwischen liegt sein, wie es scheint, wenig wechselreiches -Leben. Er liebte die Bücher mehr als die Menschen und in der großen -Bibliothek seines Herrn las er sich vieles zusammen, das er für -seine Kunst brauchte oder das seiner Wissbegierde zusagte. Er war der -Dilettant unter den Philosophen des Westens, mehr zu beschaulichem -Genießen als zu wissenschaftlicher Arbeit aufgelegt. Zum Schreiben kam -er selten. Seiner Behauptung, das ptolemäische Weltsystem gründlich -verbessern zu können, braucht man wohl nicht unbedingt Glauben zu -schenken. Viele Araber haben Ähnliches behauptet, sie thaten es -aber nicht. - -Von Ibn Tofails poetischen Versuchen haben sich ein paar Gedichte -erhalten. Sein Hauptbestreben aber war, dem des Ibn Sina ähnlich, -griechische Wissenschaft mit orientalischer Weisheit zu einer -modernen Weltansicht zu vereinigen. Wie Ibn Baddscha war ihm das ein -persönliches Anliegen. Das Verhältnis des einzelnen zu der Gesellschaft -und ihren Vorurteilen beschäftigte auch seinen Geist. Aber er ging -weiter. Ibn Baddscha ließ als Regel den einzelnen oder einen kleinen -Kreis selbständiger Denker einen Staat im Staate bilden, gleichsam wie -ein Abbild des großen Ganzen oder als Vorbild für bessere Zeiten. Ibn -Tofail dagegen griff auf das Original zurück. - -3. In seinem Werke "Hai ibn Jaqzan" stellt er den Fall rein dar. Zwei -Inseln bilden die Scenerie: auf die eine versetzt er die menschliche -Gesellschaft mit ihrer Konvention, auf die andere ein Individuum, -das sich natürlich entwickelt. Die Gesellschaft als Ganzes wird -von niederen Trieben, nur äußerlich durch eine grobsinnliche -Religion etwas gebändigt, beherrscht. Aber zwei Männer aus dieser -Gesellschaft, Salaman und Asal (Absal, vgl. IV, 4 § 7) genannt, -erheben sich zu vernünftiger Erkenntnis und Beherrschung ihrer -Begierden. Mit Anbequemung an die Volksreligion weiß der erstere, -der praktischen Sinnes ist, das Volk zu regieren; der andere aber, -von spekulativer Anlage und mystischer Neigung, wandert aus nach -der gegenüberliegenden, wie er glaubt, unbewohnten Insel, dort dem -Studium und der Askese sich zu ergeben. - -Auf jener Insel aber war unser Hai ibn Jaqzan, d. h. der -Einsame, der Sohn des Wachenden, zu einem vollkommenen Philosophen -herangebildet. Als Kind nach der Insel verschlagen oder durch spontane -Generation daselbst entstanden, war er von einer Gazelle gesäugt -worden, hatte sich dann nach und nach, wie ein Robinson, aber ganz -auf eigene Mittel angewiesen, eine materielle Existenz gegründet, -ferner durch Beobachtung und Nachdenken sich die Erkenntnis der Natur, -der Himmel, Gottes und seines Inneren erworben, bis er nach 7 × 7 -Jahren das Höchste erreichte, nämlich das sufische Schauen Gottes, -die Ekstase. In diesem Zustande fand ihn Asal. Nachdem sie dazu -gelangt waren, sich zu verständigen -- Hai war anfangs noch ohne -Sprache -- stellte es sich heraus, dass die Philosophie des Einen -und die Religion des Anderen zwei Formen derselben Wahrheit waren, -nur in der ersteren etwas weniger verschleiert. Als dann aber Hai -erfuhr, dass auf der gegenüberliegenden Insel ein ganzes Volk in -dunklem Irrtum verharrte, fasste er den Entschluss, dahin zu gehen, -den Leuten die Wahrheit zu enthüllen. Da musste er aber die Erfahrung -machen, dass die Menge einer reinen Auffassung der Wahrheit nicht fähig -war, und dass Mohammed weise daran gethan, als er dem Volke statt des -vollen Lichtes Sinnbilder gegeben hatte. Nach diesem Ergebnis zog er -sich deshalb mit seinem Freunde Asal auf die unbewohnte Insel zurück, -Gott im Geist und Wahrheit zu dienen bis zum Tode. - -4. Ibn Tofail hat den weitaus größten Teil seines Romans dem -Entwicklungsgange Hais gewidmet. Es wird nun aber wohl nicht seine -Meinung gewesen sein, das auf sich selbst gestellte Individuum könne es -an der Hand der Natur ohne die Hilfe der Gesellschaft so weit bringen, -wie unser Hai. Er dachte doch wohl etwas mehr historisch als einige -Aufklärer des vorigen Jahrhunderts. Viele kleine Züge in seinem Werke -zeigen, dass Hai der Vertreter der außerhalb der Offenbarung stehenden -Menschheit sein soll. Was sich in ihm vollzieht, ist die Entwicklung -indischer, persischer, griechischer Weisheit. Ein paar Andeutungen in -dieser Richtung, die hier nicht weiter verfolgt werden kann, mögen -diese Ansicht wahrscheinlich machen. So ist es zunächst bedeutsam, -dass Hai auf der Insel Ceylon lebt, deren Klima die spontane Generation -ermöglichen soll, wo der Sage nach Adam, der erste Mensch, erschaffen -wurde und wo der indische König zum Weisen kam. Hais erste religiöse -Bewunderung, nachdem er sich aus tierischen Anfängen durch Scham und -Neugierde emporgearbeitet, gilt dem von ihm entdeckten Feuer, was -an die persische Religion erinnert. Und seine weiteren Spekulationen -sind der griechisch-arabischen Philosophie entlehnt. - -Die Verwandtschaft mit Ibn Sinas Hai-Gestalt (s. IV, 4 § 7), auf die -Ibn Tofail selbst hinweist, ist klar. Nur tritt Hai hier menschlicher -auf. Ibn Sinas Figur stellt den übermenschlichen Geist dar. Der -Romanheld Ibn Tofails aber scheint die Personifikation zu sein des -natürlichen, von oben her erleuchteten Geistes der Menschheit, der -mit der richtig verstandenen Prophetenseele Mohammeds, deren Aussagen -allegorisch zu deuten sind, vortrefflich übereinstimmen soll. - -Ibn Tofail ist somit zu denselben Ergebnissen gekommen wie seine -orientalischen Vorgänger. Dem gemeinen Manne muss die Religion erhalten -bleiben, weil er nicht darüber hinaus kann. Nur wenige erheben -sich zum Verständnis der religiösen Symbole. Und ganz vereinzelt -erreicht einer die freie Anschauung der höchsten Wirklichkeit. Mit -dem größten Nachdruck ist letzteres hier hervorgehoben. Auch wenn -man in Hai den Vertreter der Menschheit findet, wird man das nicht -leugnen können. Als die höchste Vollkommenheit des Menschen wird es -hingestellt, in einsamster Stille, von allem Sinnlichen abgewendet, -sein Selbst in den Weltgeist zu versenken. - -Freilich, dazu kommt es erst im Alter, das außerdem einen menschlichen -Freund findet. Und die Beschäftigung mit dem Materiellen, mit -Künsten und Wissenschaften, bildet die natürliche Vorstufe geistiger -Vollkommenheit. Ohne Reue und Scham darf also Ibn Tofail auf sein am -Hofe verbrachtes Leben zurückschauen. - -5. Die philosophischen Ansichten, die Hai sich in seinen sieben -Lebensperioden entwickelte, sind uns schon öfter begegnet. Aber -auch sein praktisches Verhalten wird von Ibn Tofail besonders -berücksichtigt. Sufische Übungen, wie sie in orientalischen -Ordensgemeinschaften noch befolgt werden, wie sie aber auch -schon von Platon und Neuplatonikern empfohlen worden, haben die -Stelle gottesdienstlicher Handlungen nach dem muslimischen Gesetze -eingenommen. Und Hai bildet sich in der siebenten Periode seines -Lebens eine Ethik aus, die pythagoreisch aussieht. - -Als den Zweck seines Handelns hat sich dem Hai ergeben, in allem das -Eine zu suchen und sich mit dem Absoluten, Selbständigbestehenden -zu vereinigen. Diesem Höchsten sieht er nämlich die ganze Natur -zustreben. Über die Ansicht, alles auf Erden sei des Menschen wegen -da, ist er hinaus. Tier und Pflanze leben ebenfalls für sich selbst -und für Gott. Nicht willkürlich also darf er damit handeln. Auf das -Notwendigste beschränkt er jetzt seine leiblichen Bedürfnisse. Reife -Früchte werden von ihm bevorzugt, deren Samen er fromm der Erde -anvertraut. Sorgfältig hütet er sich davor, dass durch seine Begierde -irgend eine Art ganz aussterbe. Und nur in der äußersten Not greift -er zu tierischer Nahrung, wobei er ebenso die Art möglichst zu schonen -sucht. Genug zum Leben, zum Schlafen zu wenig, wird seine Losung. - -Das betrifft das Verhalten seines Körpers zum Irdischen. Aber mit dem -Himmel verbindet ihn der Lebensgeist. Und wie die Himmel bestrebt -er sich, seiner Umgebung zu nützen und selbst rein zu leben. So -pflegt er die Pflanze und schützt das Tier, damit seine Insel zum -Paradiese werde. Er hält auf die äußerste Reinlichkeit seines Körpers -und seiner Kleidung und sucht all seine Bewegungen harmonisch, denen -der Himmelskörper gleichmäßig, zu gestalten. - -Auf diese Weise wird er allmählich befähigt, sein Selbst über Erde -und Himmel hinaus zum reinen Geiste zu erheben. Das ist der Zustand -der Ekstase, den kein Gedanke, kein Wort, kein Bild je hat fassen -oder ausdrücken können. - - - - -4. Ibn Roschd. - -1. Abu-l-Walid Mohammed ibn Achmed ibn Mohammed ibn Roschd (Averroes) -wurde im Jahre 1126 zu Kordova aus einer Juristenfamilie geboren. Dort -eignete er sich auch die gelehrte Bildung seiner Zeit an. Im Jahre -1153 soll er von Ibn Tofail dem Fürsten Abu Jaaqub Jusuf vorgestellt -sein, über welchen Vorfall wir einen charakteristischen Bericht -besitzen. Nach den einleitenden Höflichkeitsphrasen nämlich fragte ihn -der Fürst: Was ist die Ansicht der Philosophen über den Himmel, ist er -ewig oder entstanden? Vorsichtig antwortete Ibn Roschd, er beschäftige -sich nicht mit Philosophie. Darauf fing der Fürst mit Ibn Tofail über -den Gegenstand an zu reden und zeigte zum Erstaunen des Zuhörers seine -Bekanntschaft mit Aristoteles, Platon und den Philosophen und Theologen -des Islam. Jetzt rückte auch Ibn Roschd mit der Sprache heraus und -erwarb sich die Gunst des hohen Herrn. Sein Schicksal war bestimmt. Er -sollte den Aristoteles interpretieren, wie keiner es vor ihm gethan, -damit die Menschheit rein und vollständig die Wissenschaft besitze. - -Nebenbei war er Jurist und Mediziner. Wir finden ihn (1169) als Richter -in Sevilla und kurz darauf in Kordova. Abu Jaaqub, jetzt Chalif, beruft -ihn im Jahre 1182 als seinen Leibarzt, nach kurzer Zeit aber ist er -wieder Richter in seiner Vaterstadt, wie es sein Vater und Großvater -gewesen. Aber die Verhältnisse verschlechtern sich. Die Philosophen -werden verflucht und ihre Schriften ins Feuer geworfen. In seinem -Alter wird Ibn Roschd von Abu Jusuf nach Elisana (Lucena bei Kordova) -verbannt, doch stirbt er in der Residenz Marokko, am 10. Dez. 1198. - -2. Auf Aristoteles konzentriert sich seine Wirksamkeit. Was er von -dessen Schriften und über sie erlangen kann, wird fleißig studiert -und genau verglichen. Ibn Roschd hat noch in Übersetzung Schriften der -Griechen gekannt, die jetzt ganz oder teilweise verloren sind. Kritisch -und systematisch geht er ans Werk. Er paraphrasiert den Aristoteles, -er interpretiert, bald kürzer, bald ausführlicher, in mittleren und -großen Kommentaren. So verdient er sich den Namen des Kommentators, den -er auch in Dantes Komödie besitzt. Es ist, als ob die Philosophie der -Muslime in ihm zum Verständnis des Aristoteles kommen soll, um dann, -fertig, sterben zu können. Aristoteles ist für ihn der vollkommenste -Mensch, der größte Denker, der im Besitze einer unfehlbaren Wahrheit -gewesen. Neue Entdeckungen der Astronomie und der Physik könnten -daran nichts ändern. Zwar kann man den Aristoteles mißverstehen. Ibn -Roschd selbst hat manches, was er den Schriften Farabis und Ibn Sinas -entnommen, später anders und besser verstehen gelernt. Doch lebt -er immer des Glaubens, dass der richtig verstandene Aristoteles mit -der höchsten uns Menschen erreichbaren Wissenschaft übereinstimmen -werde. Im ewigen Kreislaufe des Weltgeschehens hat Aristoteles eine -Höhe erreicht, über die hinauszugelangen nicht möglich ist. Denen, die -nach Aristoteles gekommen sind, hat es oft viel Mühe und Nachdenken -gekostet, sich die Einsichten zu erschließen, die sich dem ersten -Meister leicht eröffneten. Nach und nach aber werden alle Zweifel und -Gegenreden verstummen, denn Aristoteles ist ein Übermensch, gleichsam -von der Vorsehung dazu bestimmt, zu zeigen, wie weit das menschliche -Geschlecht es in seiner Annäherung an den Weltgeist bringen kann. Als -die höchste Inkarnation des Geistes der Menschheit möchte Ibn Roschd -seinen Meister den göttlichen nennen. - -Es wird sich im folgenden zeigen, dass die maßlose Bewunderung für -Aristoteles zu einer reinen Erfassung seiner Gedanken auch bei Ibn -Roschd nicht ausreichte. Den Ibn Sina zu bekämpfen, lässt er keine -Gelegenheit vorbeigehen. Mit Farabi und Ibn Baddscha, denen er vieles -verdankt, setzt er sich auch gelegentlich auseinander. Er meistert -alle seine Vorgänger, weit schlimmer als Aristoteles es seinen Lehrer -Platon gethan. Und dennoch ist er selbst nicht hinausgekommen, bei -weitem nicht, über die Auffassung neuplatonischer Ausleger und die -Missverständnisse syrischer und arabischer Übersetzer. Öfter folgt -er sogar dem oberflächlichen Themistius entgegen dem verständigen -Alexander von Aphrodisias, oder sucht ihre Ansichten zu kombinieren. - -3. Ibn Roschd ist vor allem ein Fanatiker der aristotelischen -Logik. Ohne sie wird man nicht selig und es ist schade für Platon und -Sokrates, dass sie nicht davon wussten! Die Glückseligkeit der Menschen -bemisst sich nach der Stufe ihrer logischen Einsichten. Mit kritischem -Blicke erkennt er Porphyrs Isagoge als entbehrlich, aber Rhetorik -und Poetik rechnet er noch zum logischen Organon. Da gibt es denn die -wunderlichsten Missverständnisse. Tragödie und Komödie z. B. werden -zu Lob- und Schmähgedichten, die poetische Wahrscheinlichkeit muss -es sich gefallen lassen, entweder demonstrierbare Wahrheit oder -trügerischen Schein zu bedeuten, die Erkennung auf der Bühne wird -zur apodeiktischen Erkenntnis u. s. w. Von der griechischen Welt hat -er natürlich überhaupt keine Anschauung. Es ist verzeihlich, denn er -konnte keine Ahnung davon haben. Dennoch verzeiht man nicht gerne dem, -der andere geschulmeistert. - -Wie seine Vorgänger legt Ibn Roschd besonderen Nachdruck auf das -Sprachliche, soweit es allen Sprachen gemeinsam. Dieses Gemeinsame, -das Universelle also, hat Aristoteles, meint er, in seiner -Hermeneutik, aber auch in der Rhetorik, immer vor Augen. So soll -es auch der arabische Philosoph halten, nur darf er die Beispiele -zur Erläuterung der allgemeinen Regeln der arabischen Sprache und -Litteratur entnehmen. Um die allgemeinen Regeln aber ist es zu thun, -Wissenschaft ist Erkenntnis des Allgemeinen. - -Die Logik ebnet dazu die Wege, dass unser Wissen aus sinnlicher -Besonderheit zur reinen Vernunftwahrheit aufsteige. Die Menge -wird immer im Sinnlichen leben, im Irrtum herumtappen. Mangelhafte -Anlage und wenig Ausbildung, dazu schlechte Gewöhnung halten sie vom -Fortschritt zurück. Doch muss es einigen möglich sein, zur Erkenntnis -der Wahrheit zu gelangen. Der Adler schaut der Sonne ins Gesicht, denn, -wenn keiner sie anschauen könnte, so hätte die Natur etwas vergebens -gemacht. Was da glänzt, soll gesehen, was da ist, soll erkannt werden, -wenn auch nur von einem einzigen Manne. Und die Wahrheit ist. Die Liebe -zu ihr in unserer Brust wäre ganz vergebens, wenn wir uns ihr nicht -nähern könnten. Ibn Roschd glaubt, in vielen Dingen die Wahrheit zu -erkennen, ja die absolute Wahrheit auffinden zu können. Mit Lessing -hätte er sich nicht bescheiden mögen, sie zu suchen. - -Die Wahrheit ist ihm ja in Aristoteles gegeben. Von diesem Standpunkte -blickt er auf die muslimische Theologie herab. Zwar erkennt er in -der Religion eine Wahrheit eigener Art (s. unten § 7), aber die -Theologie ist ihm zuwider. Sie will beweisen, was, auf diese Weise, -nicht bewiesen werden kann. Die Offenbarung im Koran, so lehrt Ibn -Roschd mit anderen, später ähnlich Spinoza, hat nicht den Zweck, die -Menschen zu belehren, sondern sie zu bessern. Nicht Wissen, sondern -Gehorsam oder Sittlichkeit ist das Ziel des Gesetzgebers, der weiß, -dass menschliches Glück nur in der Gesellschaft zu verwirklichen ist. - -4. Was Ibn Roschd von seinen Vorgängern, namentlich von Ibn Sina, -unterscheidet, ist vor allem die unzweideutige Art und Weise, -in der er die Welt als ewigen Prozess des Werdens auffasst. Die -Welt als ganzes ist eine ewig-notwendige Einheit, ohne irgendwelche -Möglichkeit des Nicht- oder Andersseins. Materie und Form sind nur im -Gedanken zu trennen. Die Formen wandern nicht wie Gespenster durch -die dunkle Materie, sondern sind keimartig in dieser enthalten. Wie -Naturkräfte wirken die materiellen Formen, ewig fortzeugend, nie von -der Materie getrennt, aber dennoch göttlich zu nennen. Absolutes -Entstehen und Vergehen gibt es nicht, denn alles Geschehen ist -Übergang von der Potenzialität zur Aktualität und von der Aktualität -in die Potenzialität zurück. Dabei wird gleichartiges immer nur von -gleichartigem erzeugt. - -Es gibt aber eine Stufenordnung des Seienden. Die materielle oder -substanzielle Form steht in der Mitte zwischen bloßem Accidens -und reiner (separater) Form. Auch die substanziellen Formen zeigen -graduelle Verschiedenheiten, Mittelzustände zwischen Potenzialität -und Aktualität. Und endlich das ganze System der Formen, von der -niedersten hylischen Form bis zum göttlichen Wesen, der Urform des -Alls, ist ein geschlossener Stufenbau. - -Der ewige Prozess des Werdens innerhalb der gegebenen Ordnung setzt -nun eine ewige Bewegung voraus, und diese ein ewig Bewegendes. Wenn -die Welt entstanden wäre, so könnte man von ihr nur schließen auf -eine andere, ebenfalls entstandene Körperwelt, die sie erzeugt hätte, -ins Unendliche. Wenn sie ein Mögliches wäre, nur auf ein Mögliches, -daraus sie geworden, und so in infinitum. Nur die Annahme einer -einheitlich ewig-notwendig bewegten Welt gewährt uns nach Ibn Roschd -die Möglichkeit, auf ein ewig bewegendes, von der Welt getrenntes -Wesen zu schließen, das, indem es immerfort die Bewegung und schöne -Ordnung des Alls bewirkt, Urheber der Welt genannt werden darf, und -das in den Geistern, welche die Sphären bewegen -- denn jede besondere -Bewegung erfordert ihr besonderes Prinzip --, die Vermittler seiner -Thätigkeit hat. - -Das Wesen des ersten Bewegenden oder Gottes, sowie der Sphärengeister, -findet Ibn Roschd im Denken, in dem ihm die Einheit des Seins gegeben -ist. Das mit seinem Gegenstande identische Denken ist die einzige -positive Bestimmung des göttlichen Wesens, womit dann Sein und Einheit -absolut zusammenfallen. Sein und Einheit kommen nämlich nicht zum Wesen -hinzu, sondern sind, wie alle Universalien, nur im Denken gegeben. Das -Denken bringt überall das Allgemeine im Besonderen hervor. Zwar ist -das Universale als Natur in den Dingen wirksam, aber das Universale -als solches ist nur im Verstande. Oder der Möglichkeit nach ist es -in den Dingen, wirklich aber im Verstande, d. h. im Verstande hat es -mehr Sein, eine höhere Art zu existieren als in den Dingen. - -Fragt man nun, ob das göttliche Denken auch das Besondere, oder nur -das Allgemeine umfasse, so antwortet Ibn Roschd: keins von beidem, -denn über beides ist das göttliche Wesen hinaus. Sein Denken bewirkt -das All, umfasst das All. Gott ist das Prinzip, die Urform und der -Endzweck aller Dinge. Er ist die Weltordnung, die Versöhnung aller -Gegensätze, das All selbst in seiner höchsten Existenzweise. Dass von -einer göttlichen Vorsehung im gewöhnlichen Sinne also nicht geredet -werden könne, ergibt sich daraus von selbst. - -5. Zwei Arten des Seienden kennen wir: ein bewegtes und ein bewegendes, -selbst aber unbewegtes, oder ein körperliches und ein geistiges. Im -Geistigen aber liegt die höhere Einheit oder Vollendung alles Seienden -in stufenmäßiger Ordnung. Es ist also keine abstrakte Einheit. Die -Sphärengeister sind, je ferner sie dem ersten stehen, um so weniger -einfach. Alle erkennen sich selbst, aber in ihrem Wissen ist auch -die Beziehung auf die erste Ursache. Daraus ergibt sich eine Art -Parallelismus zwischen dem Körperlichen und dem Geistigen. Der -Zusammensetzung des Körperlichen aus Materie und Form entspricht -etwas in den niederen Geistern. Was dem rein Geistigen beigemischt, -ist zwar keine Materie, die etwas erleiden könnte, aber doch etwas der -Materie ähnliches, das ein anderes in sich aufzunehmen vermag. Sonst -ließe sich mit der Einheit des auffassenden Geistes die Vielheit der -Intelligibilia nicht in Übereinstimmung bringen. - -Die Materie erleidet, der Geist aber empfängt. Hauptsächlich mit -Rücksicht auf den menschlichen Geist hat Ibn Roschd diesen fein -unterscheidenden Parallelismus eingeführt. - -6. Dass die menschliche Seele sich zu ihrem Körper verhalte, wie -die Form zur Materie, steht dem Ibn Roschd fest. Es ist ihm völlig -ernst damit. Die Theorie vieler unsterblicher Seelen weist er, Ibn -Sina bekämpfend, ganz bestimmt zurück. Nur als Vollkommenheit ihres -Leibes hat die Seele einen Bestand. - -Was die empirische Psychologie betrifft, ist er ängstlich bestrebt, -sich an Aristoteles, gegen Galen u. a., zu halten. Aber in der -Lehre vom Nus entfernt er sich, ohne dass er sich dessen bewusst -wäre, nicht unbeträchtlich von seinem Meister. Eigentümlich, -von neuplatonischen Anschauungen ausgehend, ist seine Auffassung -der materiellen Vernunft. Sie ist nicht bloß eine Anlage oder eine -Fähigkeit der menschlichen Seele. Sie ist auch nicht gleichbedeutend -mit dem sinnlich-geistigen Vorstellungsleben, sondern sie ist etwas -Überseelisches, Überindividuelles. Die materielle Vernunft ist ewiger, -unvergänglicher Geist, ebenso ewig und unvergänglich wie die reine -Vernunft oder der thätige Geist über uns. Es ist die Verselbständigung -der Materie im Bereiche des Körperlichen, die hier von Ibn Roschd, -freilich mit Anschluss an Themistius u. a., auf das Gebiet des -Geistigen übertragen wird. - -Die materielle Vernunft ist also ewige Substanz. Die Anlage aber oder -die Fähigkeit des menschlichen Individuums zu geistiger Erkenntnis -nennt Ibn Roschd leidende Vernunft. Diese entsteht und vergeht mit -den Individuen, während die materielle Vernunft ewig ist, wie die -Gattung der Menschheit. - -Nun bleibt aber, wie nicht anders möglich, das Verhältnis zwischen dem -thätigen und dem empfangenden Geiste (so sagen wir jetzt für materielle -Vernunft) etwas dunkel. Der thätige Geist macht die Vorstellungen -der menschlichen Seele intelligibel, der empfangende Geist nimmt -sie in sich auf. Das Seelenleben der menschlichen Individuen ist -also der Ort, wo das mystische Liebespaar sich trifft. Und die Örter -sind sehr verschieden. Von der ganzen seelischen Anlage des Menschen -und von der Disposition seiner Vorstellungen hängt es ab, in welchem -Grade der thätige Geist dieselben zur Intelligibilität erheben kann, -inwiefern der empfangende Geist sie zu seinem Inhalte zu machen im -Stande ist. Dadurch erklärt es sich, dass die Menschen nicht alle auf -derselben Stufe geistigen Erkennens stehen. Aber die Summe geistiger -Erkenntnis in der Welt ändert sich nicht, wenn auch ihre Verteilung an -die einzelnen Schwankungen unterliegt. Mit Naturnotwendigkeit ersteht -immer wieder der Philosoph, sei es Aristoteles oder Ibn Roschd, in -dessen Kopf das Seiende zum Begriff wird. Zwar sind die Gedanken -der Individuen zeitlich und ist der empfangende Geist, insofern -der einzelne an ihm teil hat, veränderlich, aber als menschliche -Gattungsvernunft betrachtet, ist dieser Geist ewig unveränderlich, -wie der thätige Geist aus der letzten Sphäre über uns. - -7. Im ganzen sind es drei große Ketzereien, die das System des Ibn -Roschd in Widerspruch setzen zu der Theologie der drei Weltreligionen -seiner Zeit. Erstens die Ewigkeit der Körperwelt und der sie bewegenden -Geister, zweitens der notwendige Kausalnexus alles Weltgeschehens, -sodass für Vorsehung, Wunder und dergleichen kein Platz bleibt, -und drittens die Vergänglichkeit alles Individuellen, womit auch die -individuelle Unsterblichkeit aufgehoben ist. - -Logisch betrachtet scheint die Annahme einer Anzahl selbständiger -Sphärengeister unter Gott keinen genügenden Grund zu besitzen. Aber -Ibn Roschd hilft sich hier, wie seine Vorgänger, über den Widerspruch -hinweg mit der Behauptung, jene Sphärengeister seien nicht individuell, -sondern nur der Art nach verschieden. Ihr Zweck war ja nur, so lange -die Einheit des Weltsystems nicht erkannt war, die verschiedenen -Bewegungen zu erklären. Nachdem das ptolemäische Weltsystem gefallen -und diese vermittelnden Geister überflüssig wurden, identifizierte -man den thätigen Geist mit Gott, wie es übrigens auch schon früher -von spekulativer und religiöser Seite versucht war. Ein Schritt -weiter war es nur, auch den ewigen Geist der Menschheit mit Gott zu -identifizieren. Keins von beiden hat Ibn Roschd gethan, wenigstens -nicht nach dem Wortlaute seiner Schriften. Aber in seinem Systeme -war, bei konsequenter Durchführung, die Möglichkeit dazu gegeben, -wie zu einer pantheistischen Weltanschauung überhaupt. Andererseits -konnte sich leicht der Materialismus, wie entschieden ihn auch unser -Philosoph bekämpfte, daran lehnen. Denn wo die Ewigkeit, Form und -Wirksamkeit alles Materiellen so stark betont wird, wie von ihm -geschah, da mag der Geist noch König heißen, aber, wie es scheinen -könnte, nur von des Stoffes Gnaden. - -Jedenfalls ist Ibn Roschd ein kühner und folgerichtiger, wenn auch kein -origineller Denker zu nennen. Die theoretische Philosophie genügte ihm, -doch schuldete er es seiner Zeit und seiner Stellung, sich mit der -Religion und der Praxis abzufinden. Wir können uns darüber kurz fassen. - -8. Ibn Roschd findet oft Gelegenheit, gegen die ungebildeten Herrscher -und die bildungsfeindlichen Theologen seiner Zeit sich zu äußern. Doch -bleibt ihm das Leben im Staate immer der Einsamkeit vorzuziehen. Auch -seinen Gegnern dankt er -- das ist ein erfreulicher Charakterzug -- -für manche Belehrung. Die Einsamkeit, meint er, bringe keine Künste -und Wissenschaften hervor, höchstens könne man in ihr das Erworbene -genießen und es vielleicht um ein weniges vermehren. Zum Wohle des -Ganzen aber soll jeder beitragen, auch die Frauen sollen wie die -Männer der Gesellschaft und dem Staate dienen. Hier schließt Ibn -Roschd sich dem Platon an (die Politik des Aristoteles hat er nicht -gekannt) und bemerkt ganz vernünftig, viel Armut und Elend seiner -Zeit rühre daher, dass man sich die Weiber nur zu einem außerdem sehr -fraglichen Vergnügen wie Haustiere oder Pflanzen halte, statt sie an -der materiellen und geistigen Güterproduktion und der Hütung dieser -Güter teilnehmen zu lassen. - -In der Ethik tadelt unser Philosoph sehr scharf die Doktrin der -Rechtslehrer, dass etwas nur gut oder böse sei, weil Gott es so -gewollt. Alles hat vielmehr von Natur oder vernunftgemäss seinen -sittlichen Charakter. Die von vernünftiger Einsicht bestimmte Handlung -ist sittlich. Freilich ist es nicht die Einzelvernunft, sondern die -Staatsraison, an die in letzter Instanz zu appellieren ist. - -Von staatsmännischem Gesichtspunkte aus betrachtet Ibn Roschd auch -die Religion. Er würdigt sie ihres moralischen Zweckes wegen. Sie ist -Gesetz, keine Lehre. Deshalb bekämpft er fortwährend die Theologen, -die statt gläubig zu gehorchen begreifen wollen. Er macht es -Gazali zum Vorwurf, dass dieser der Philosophie Einfluss auf seine -Religionslehre auszuüben gestattet und dadurch viele zum Zweifel und -Unglauben veranlasst hat. Das Volk soll glauben, so wie es im Buche -steht. Das ist Wahrheit, freilich eine Wahrheit für große Kinder, -denen man Märchen erzählt. Was darüber hinaus, ist vom Übel. Für die -Existenz Gottes z. B. hat der Koran zwei jedem einleuchtende Beweise: -die göttliche Fürsorge für alles, besonders für den Menschen, und -die Erschaffung des Lebens in Pflanzen, Tieren u. s. w. Daran ist -nicht zu rütteln, am Wortlaute der Offenbarung nicht theologisch -herumzudeuteln. Denn die Beweise, welche die Theologen für das Dasein -Gottes beibringen, halten einer wissenschaftlichen Kritik nicht Stand, -ebensowenig wie der aus dem Begriffe des Möglichen und Notwendigen bei -Farabi und Ibn Sina. Das alles führt zu Atheismus und Libertinismus. Im -Interesse der Sittlichkeit, des Staates also, ist die halbe Theologie -zu bekämpfen. - -Dagegen dürfen die wissenden Philosophen das Wort Gottes im Koran -deuten. Im Lichte höchster Wahrheit verstehen sie, was damit bezweckt -ist. Und dem gemeinen Manne sagen sie davon nur so viel, wie er eben -aufzufassen im Stande ist. Auf diese Weise kommt die schönste Harmonie -heraus. Religionsgesetz und Philosophie stimmen mit einander überein, -eben weil sie nicht dasselbe wollen. Wie Praxis und Theorie verhalten -sie sich. Indem der Philosoph die Religion begreift, lässt er sie in -ihrem Bereiche gelten, sodass die Philosophie gar nicht wider die -Religion verstößt. Die Philosophie aber ist die höchste Form der -Wahrheit, zugleich auch die erhabenste Religion. Die Religion des -Philosophen nämlich ist die Erkenntnis alles dessen, was ist. - -Aber irreligiös erscheint diese Ansicht doch, und eine positive -Religion kann es sich nicht gefallen lassen, im Reiche der Wahrheit die -führende Stellung der Philosophie anzuerkennen. Nur natürlich war es, -dass die Theologen des Westens, ähnlich ihren orientalischen Brüdern, -die Gunst der Verhältnisse ausnutzten und nicht ruhten, bis sie die -Herrin zur Magd der Theologie erniedrigt hatten. - - - - - - - - -VII. ZUM SCHLUSS. - - -1. Ibn Chaldun. - -1. Die Philosophie des Ibn Roschd und seine Erklärung des Aristoteles -hat auf die muslimische Welt äußerst wenig gewirkt. Viele seiner -Schriften sind im Original verloren gegangen, wir haben sie in -hebräischen und lateinischen Übersetzungen. Schüler und Nachfolger -hat er nicht gefunden. In abgelegenen Winkeln fand sich wohl mancher -Freigeist oder Mystiker, in dessen Kopf es wunderlich genug aussah, um -sich ernstlich mit philosophischen Fragen theoretischer Art abzumühen, -aber auf die allgemeine Bildung und die Gestaltung der Verhältnisse zu -wirken, wurde der Philosophie nicht verstattet. Vor den siegreichen -Waffen der Christen zog die materielle und damit auch die geistige -Kultur der Muslime sich immer weiter zurück. Spanien ward Afrika, -wo der Berber herrschte. Die Zeit war ernst, es handelte sich um die -Existenz des Islam in diesen Ländern. Zum Kampfe gegen den Feind, -aber auch gegen einander, rüsteten sich die Männer, und zu mystischen -Übungen schlossen sich überall die frommen Brüder zusammen. In -den sufischen Orden dieser Leute retteten sich wenigstens noch -einige philosophische Formeln. Als gegen die Mitte des dreizehnten -Jahrhunderts Kaiser Friedrich II. den muslimischen Gelehrten von Ceuta -eine Anzahl philosophischer Fragen vorlegte, beauftragte der Almohade -Abdalwahid den Ibn Sabin, Stifter eines mystischen Ordens, damit, -sie zu beantworten. Er that es. In schulmeisterlichem Tone leiert er -die Ansichten alter und neuer Philosophen ab. Das sufische Geheimnis, -Gott sei die Realität aller Dinge, lässt er durchblicken. Das einzige -aber, was wir aus seinen Antworten lernen können, ist, dass Ibn -Sabin Bücher gelesen, von denen, wie er glaubt, Kaiser Friedrich -keine blasse Ahnung hatte. - -2. In kleinen Staatengebilden, auf- und abwogend, trieb die muslimische -Kultur des Westens dahin. Bevor sie jedoch ganz verschwand, fand -sich der Mann, der das Gesetz ihrer Bildung aufzufinden versuchte, -und damit eine neue philosophische Disziplin, die Philosophie -der Gesellschaft oder der Geschichte, zu begründen glaubte. Dieser -merkwürdige Mensch ist Ibn Chaldun, im Jahre 1332 aus sevillanischer -Familie zu Tunis geboren. Dort erhielt er auch seine Erziehung -und wurde dann, teilweise von einem im Orient ausgebildeten Lehrer, -philosophisch geschult. Nach dem Studium aller bekannten Wissenschaften -war er bald im Staatsdienste, bald auf Reisen, aber überall ein guter -Beobachter. Verschiedenen Fürsten diente er als Sekretär, auch war -er Gesandter an mehreren Höfen in Spanien und Afrika. So war er am -christlichen Hofe Peters des Grausamen in Sevilla. Auch ist er bei -Tamerlan in Damaskus gewesen. Eine reiche Welterfahrung hatte er sich -also zu eigen gemacht, als er im Jahre 1406 zu Kairo starb. - -Als Charakter ist er vielleicht nicht hoch zu stellen. Man wird aber -dem Manne, der mehr als andere seiner Zeit für die Wissenschaft gelebt, -etwas Eitelkeit, Dilettantismus und dergleichen gerne verzeihen. - -3. Die Schulphilosophie, wie Ibn Chaldun sie kennen lernte, -befriedigte ihn nicht. In ihren fertigen Rahmen passte sein Weltbild -nicht hinein. Wenn er etwas mehr zum Theoretisieren aufgelegt gewesen -wäre, hätte er wohl einen Nominalismus ausgebildet. Die Philosophen -behaupten, alles zu wissen. Ihm aber erscheint das Universum zu groß, -als dass es von unserem Verstande begriffen werden könne. Es gibt -der Wesen und der Dinge mehr, unendlich viel mehr, als der Mensch -wissen kann. "Gott schafft, was ihr nicht wisset". Die logischen -Deduktionen wollen oft nicht stimmen zu der empirischen Natur der -Einzeldinge, die nur durch Beobachtung erkannt wird. Es ist Einbildung, -durch bloße Anwendung logischer Regeln zur Wahrheit gelangen zu -können. Nachdenken über das erfahrungsmäßig Gegebene ist demnach -die Aufgabe des wissenschaftlichen Mannes. Und nicht darf er sich -mit seiner Einzelerfahrung begnügen, sondern mit kritischer Sorgfalt -hat er die Summe der gesamten überlieferten Erfahrung der Menschheit -zu ziehen. - -Von Natur ist die Seele ohne Wissen. Aber von Natur hat sie auch das -Vermögen, nachzudenken, die gegebene Erfahrung zu bearbeiten. Beim -Nachdenken springt, wie durch Inspiration, oft der richtige -Mittelbegriff hervor, mittelst dessen die gewonnene Einsicht dann -nach den Regeln formaler Logik zurechtgelegt werden mag. Die Logik -bringt keine Erkenntnis hervor, sondern beschreibt nur den Weg unseres -Nachdenkens, zeigt, wie wir zum Wissen kommen, und hat insofern auch -einen Wert, dass sie uns vor Irrtümern hüten und den Geist schärfen -und zu Genauigkeit im Denken anhalten kann. Sie ist folglich eine -Hilfswissenschaft, die von einigen Befähigten, dazu Berufenen, auch -ihrer selbst wegen gepflegt werden soll, jedoch nicht die grundlegende -Bedeutung besitzt, die ihr von den Philosophen beigelegt wird. Den -Weg des Nachdenkens, den sie beschreibt, geht das wissenschaftliche -Talent in irgend einer Einzelwissenschaft auch zur Not ohne sie. - -Ibn Chaldun ist ein nüchterner Denker. Alchemie und Astrologie -bekämpft er mit vernünftigen Gründen. Dem mystischen Rationalismus -der Philosophen hält er öfter die einfachen Lehren seiner Religion -entgegen, sei es mit persönlicher Überzeugung oder nur aus politischer -Rücksicht. Aber auf seine wissenschaftlichen Ansichten übt die Religion -keinen größeren Einfluss als der neuplatonische Aristotelismus. Platons -Staat, die pythagoreisch-platonische Philosophie, aber ohne -ihre wundersüchtigen Auswüchse, und die Geschichtswerke seiner -orientalischen Vorgänger, namentlich des Masudi, haben auf die -Ausbildung seiner Gedanken am meisten gewirkt. - -4. Mit dem Anspruch, eine neue philosophische Disziplin zu -begründen, von der Aristoteles keine Ahnung hatte, tritt Ibn Chaldun -auf. Philosophie ist die Wissenschaft dessen, was ist, aus seinen -Ursachen oder Gründen entwickelt. Aber dem entspricht nicht, was die -Philosophen über die hohe Geisterwelt und Gottes Wesen vorbringen: -Unbeweisbares reden sie darüber. Viel besser kennen wir unsere -Menschenwelt, und davon lässt sich durch Beobachtung und innere -Seelenerfahrung etwas Sicheres aussagen. Hier lassen sich die -Thatsachen nachweisen und ihre Ursachen herausfinden. Insofern -nun letzteres auch in der Geschichte gelingt, d. h. sofern die -geschichtlichen Ereignisse auf ihre Ursachen zurückgeführt und -historische Gesetze aufgefunden werden können, ist die Geschichte -wirklich Wissenschaft und ein Teil der Philosophie zu nennen. So tritt -der Begriff der Geschichte als Wissenschaft rein heraus. Mit Neugierde, -Eitelkeit, gemeinem Nutzen, erbaulicher Wirkung u. s. w. hat sie nichts -zu schaffen. Sie soll, wenn auch im Dienste höherer Lebenszwecke, -nichts anderes als Thatsachen feststellen und deren kausale -Verknüpfung auszumitteln suchen. Kritisch, ohne Vorurteil. Als oberstes -methodologisches Prinzip gilt dabei, dass die Ursache der Wirkung -entspricht, d. h. dass gleiche Erscheinungen auch dieselben Bedingungen -voraussetzen oder dass unter denselben Kulturverhältnissen auch die -nämlichen Vorgänge sich ereignen werden. Da nun mit Wahrscheinlichkeit -anzunehmen ist, dass die Natur der Menschen und der Gesellschaft -im Laufe der Zeit sich nicht oder nicht bedeutend ändert, so ist -ferner ein lebensvolles Verständnis der Gegenwart das beste Mittel -zur Erforschung der Vergangenheit, indem das nächste, vollständig -Bekannte uns Rückschlüsse gestattet auf die weniger gut bekannten -Ereignisse früherer Zeit, ja sogar einen Ausblick auf die Zukunft -verheißt. In jedem Falle ist also die Überlieferung an der Gegenwart -zu prüfen, und wenn sie uns Dinge erzählt, die jetzt unmöglich sind, -so ist schon deshalb ihre Wahrheit zu bezweifeln. Vergangenheit und -Gegenwart sind einander wie zwei Tropfen Wasser gleich. - -Das könnte, absolut gefasst, auch Ibn Roschd gesagt haben. Nach Ibn -Chaldun gilt das aber nur ganz allgemein als heuristisches Prinzip. Im -einzelnen erleidet es manche Einschränkung, ist jedenfalls aus den -Thatsachen selbst zu begründen. - -5. Was ist nun der Gegenstand der Geschichte als philosophischer -Disziplin? Es ist, antwortet Ibn Chaldun, das soziale Leben, die -gesamte materielle und geistige Kultur der Gesellschaft. Die Geschichte -hat zu zeigen, wie die Menschen arbeiten und sich ernähren, warum -sie sich streiten und unter einzelnen Führern zu größeren Verbänden -zusammenschließen, wie sie endlich im sesshaften Leben Muße finden -zur Pflege höherer Künste und Wissenschaften, wie also aus rohen -Anfängen nach und nach eine feinere Kultur aufblüht, und wie diese -dann wieder hinstirbt. - -Die sich ablösenden Gesellschaftsformen sind, nach Ibn Chaldun, -Nomadentum, Dynastie und Stadtstaat. Die erste Frage ist die -Nahrungsfrage. Nach dem Stande ihrer Wirtschaft (Nomaden, sesshafte -Viehzüchter, Ackerbauer) unterscheiden sich die Menschen und die -Völker. Bedürfnis führt zu Raub und Krieg und zur Unterwerfung unter -den führenden Herrscher. So entwickelt sich eine Dynastie und diese -gründet sich eine Stadt, wo die Arbeitsteilung oder die gegenseitige -Hilfeleistung Wohlstand hervorbringt. Aber dieser Wohlstand führt zu -unnatürlichem Müßiggange und Üppigkeit. Arbeit hat an erster Stelle -den Wohlstand erzeugt, aber jetzt, auf der höchsten Kulturstufe, lässt -man andere für sich arbeiten. Oft ohne Gegenleistung, denn Ansehen, -oder auch Servilität nach oben, Erpressung nach unten, verschaffen -Wohlstand. Man wird aber dabei von anderen abhängig. Die Bedürfnisse -werden immer größer, die Steuern immer drückender. Die reichen -Verschwender und Steuerzahler werden arm und ihr unnatürliches Leben -macht sie krank und elend. [17] Die alten Kriegersitten haben sich -verfeinert, sodass man sich nicht mehr verteidigen kann. Das Band des -Gemeinsinnes oder der Religion, womit früher die Not und der Wille des -Herrschers die einzelnen zusammenknüpfte, erschlafft, denn die Städter -sind nicht fromm. So ist alles in innerer Auflösung begriffen. Und da -erscheint ein neuer, kräftiger Nomadenstamm aus der Wüste, oder ein -weniger überbildetes Volk mit einem festeren Gemeinsinne und fällt -über die verweichlichte Stadt her. Dann bildet sich ein neuer Staat, -der sich die materiellen und geistigen Güter der alten Kultur aneignet, -und dieselbe Geschichte wiederholt sich. Es ergeht den Staaten und -den größeren Verbänden wie einzelnen Familien: in drei bis sechs -Generationen vollendet sich ihre Geschichte. Die erste Generation -gründet, die zweite erhält, vielleicht auch die dritte u. s. w., -die letzte zerstört. Das ist der Kreislauf aller Civilisation. - -6. Nach August Müller stimmt die Theorie Ibn Chalduns zu der Geschichte -Spaniens, Westafrikas und Siziliens vom 11. bis 15. Jahrhundert, -deren Beobachtung sie auch entnommen ist. Freilich ist sein -eigenes Geschichtswerk eine Kompilation. Im einzelnen fehlt er -oft, wenn er mit seiner Theorie die Überlieferung meistert. Aber -in seiner philosophischen Einleitung findet sich eine Fülle -feiner psychologischer und politischer Bemerkungen und als ganzes -ist sie eine großartige Leistung. Das Altertum hat sich mit dem -Problem der Geschichte nicht eingehend befasst. Große Kunstwerke der -Geschichtschreibung hat es uns hinterlassen, aber keine philosophische -Begründung der Geschichte als Wissenschaft. Dass die Menschheit es, -obgleich von Ewigkeit her bestehend, nicht längst zu viel höherer -Kultur gebracht hatte, wurde aus elementaren Ereignissen, Erdbeben, -Wasserfluten u. s. w. erklärt. Dagegen fasste die christliche -Philosophie die Geschichte mit ihren Wandlungen als die Verwirklichung -oder Vorbereitung des Gottesstaates auf Erden. Ibn Chaldun hat nun -zuerst ganz bewusst und in ausführlich begründeter Darstellung den -Versuch gemacht, die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft aus den -nächsten Ursachen abzuleiten. Die Verhältnisse der Rasse, des Klimas, -der Güterproduktion u. s. w. werden erörtert und in ihrer Wirkung auf -die sinnlich-geistige Konstitution des Menschen und der Gesellschaft -dargestellt. Im Kreislaufe der Civilisationen findet er eine innere -Gesetzmäßigkeit. Überall forscht er den natürlichen Ursachen nach, -bis zur möglichsten Vollständigkeit. Dass die Kette von Ursachen -und Folgen in einer letzten Ursache zum Abschlusse komme, behauptet -er auch zu glauben. Die Reihe kann nicht ins Unendliche gehen, und -darum schließen wir auf einen Gott. Dieser Schluss aber, so heißt es -bei ihm, bedeutet eigentlich dies, dass wir nicht im Stande sind, -die Ursachen aller Dinge und die Art ihres Wirkens zu erkennen, -es ist im Grunde ein Geständnis unserer Unwissenheit. Das bewusste -Nichtwissen ist auch eine Art Wissen. Aber soweit es möglich ist, soll -man das Wissen verfolgen. Indem Ibn Chaldun seine neue Wissenschaft -anbahnt, will er nur die Hauptprobleme angedeutet, nur im allgemeinen -Methode und Gegenstand dieser Wissenschaft angegeben haben. Aber er -hofft, dass andere nach ihm kommen werden, mit gesundem Verstande -und sicherem Wissen seine Untersuchungen weiterzuführen und neue -Probleme aufzustellen. - -Die Hoffnung Ibn Chalduns ist in Erfüllung gegangen, aber nicht im -Islam. Wie er ohne Vorgänger war, blieb er ohne Nachfolger. Doch -hat sein Werk im Orient nachhaltig gewirkt. Viele muslimische -Staatsmänner, die seit dem 15. Jahrhundert so manchen europäischen -Fürsten und Diplomaten zur Verzweiflung gebracht haben, sind bei -unserem Philosophen in die Schule gegangen. - - - - -2. Die Araber und die Scholastik. - -1. Dem Sieger gehört die Braut. In den Kriegen zwischen Christen -und Muslimen, die in Spanien geführt wurden, hatten erstere oft -die Anziehungskraft maurischer Schönen kennen gelernt. Manch -christlicher Ritter hatte mit einer Mohrin den "neuntägigen -Gottesdienst" gefeiert. Aber außer den materiellen Gütern und den -sinnlichen Genüssen wirkten auch die Reize geistiger Kultur auf die -Eroberer. Und so erschien die arabische Wissenschaft dem Auge vieler -wissensbedürftiger Männer wie eine holde Braut. - -Vermittelnd traten da besonders Juden auf. Die Juden hatten alle -Wandlungen der muslimischen Geisteskultur mitgemacht. Viele haben -in der arabischen Sprache geschrieben, andere arabische Schriften -ins Hebräische übertragen. Manch philosophisches Werk muslimischer -Autoren verdankt diesem Umstande seine Erhaltung. - -Der Schlusspunkt jüdisch-philosophischer Entwicklung war Maimonides -(1135-1204), der, hauptsächlich unter dem Einflusse Farabis und Ibn -Sinas, Aristoteles mit dem Alten Testamente zu versöhnen suchte. Teils -deutete er die philosophischen Lehren aus dem offenbarten Texte heraus, -teils ließ er die aristotelische Philosophie auf das Irdische sich -beschränken, während dasjenige, was drüber ist, aus dem göttlichen -Buche erkannt werden sollte. - -In den muslimischen Staaten zur Zeit ihrer Blüte hatten die Juden -sich an der wissenschaftlichen Arbeit beteiligt. Sie waren geduldet, -auch wohl begünstigt worden. Aber mit dem Zusammenbruch jener Staaten, -beim Niedergange der Kultur, änderte sich ihre Lage. Von fanatisierten -Massen vertrieben, flüchteten sie sich in die Christenländer, besonders -nach Südfrankreich, dort als Kulturvermittler ihre Mission zu erfüllen. - -2. An zwei Punkten berührte sich die muslimische mit der christlichen -Welt des Abendlandes: in Unteritalien und in Spanien. Zu Palermo, -am Hofe Kaiser Friedrichs II. wurde die arabische Wissenschaft eifrig -gepflegt und den Lateinern zugänglich gemacht. Der Kaiser und sein Sohn -Manfred schickten den Universitäten zu Bologna und Paris Übersetzungen -philosophischer Schriften, zum Teil aus dem Arabischen, zum Teil aber -auch direkt aus dem Griechischen. - -Viel bedeutender aber und einflussreicher war die Übersetzerthätigkeit -in Spanien. In dem von den Christen zurückeroberten Toledo befand sich -eine reiche arabische Moschee-Bibliothek, die als Bildungsstätte weit -in die nördlichen Christenländer hinein bekannt wurde. Mosaraber und -Juden, zum Teil getaufte, arbeiteten dort mit spanischen Christen -zusammen. Aus allen Ländern fanden sich Mitarbeiter. So wirkten -z. B. als Übersetzer Johannes Hispanus und Gundisalinus (erste Hälfte -des 12. Jahrhunderts), Gerard von Cremona (1114-1187), Michel der -Schotte und Hermann der Deutsche (zwischen 1240 und 1246). Über die -Thätigkeit dieser Männer sind wir im einzelnen noch nicht genügend -unterrichtet. Insofern jedem Worte des arabischen Originales oder der -hebräischen (auch spanischen?) Übersetzung irgend ein lateinisches -entspricht, sind ihre Übersetzungen treu zu nennen. Durch geistvolles -Verständnis zeichnen sie sich im allgemeinen nicht aus. Demjenigen, -der des Arabischen nicht kundig ist, fällt es schwer, sich da hinein -zu lesen. Gespensterhaft nehmen sich viele beibehaltene arabische -Worte und bis zur Unkenntlichkeit verunstaltete Eigennamen aus. Es -mag das alles eine schöne Verwirrung in den Köpfen lateinischer -Philosophieschüler angestiftet haben. Und nicht weniger thaten es -die sich neu aufschließenden Gedanken. - -Die Übersetzerthätigkeit hält im allgemeinen gleichen Schritt -mit dem Interesse christlicher Kreise, und dieses hat sich ähnlich -entwickelt, wie wir es im östlichen und westlichen Islam zu beobachten -Gelegenheit hatten (vgl. VI, 1 § 2). Die ersten Übersetzungen -sind mathematisch-astrologisch, medizinisch, naturphilosophisch, -psychologisch, daran sich das logische und metaphysische -schließt. Später beschränkt man sich mehr auf Aristoteles und seine -Kommentare, anfangs aber wird allerhand Wundersüchtiges bevorzugt. - -Kindi wurde hauptsächlich als Arzt und Astrolog bekannt. Ibn Sina -wirkte durch seine Medizin, empirische Psychologie und dazu seine -Naturphilosophie und Metaphysik. Weniger Einfluss übten neben ihm -Farabi und Ibn Baddscha aus. Zuletzt kamen die Kommentare des Ibn -Roschd (Averroes) und ihr Ansehen hat, neben Ibn Sinas Kanon der -Medizin, am längsten Stand gehalten. - -3. Was hat nun die christliche Philosophie des Mittelalters den -Muslimen zu verdanken? Diese Frage zu beantworten, gehört eigentlich -nicht mehr zur Aufgabe dieser Monographie. Es ist eine Arbeit für -sich, dafür es viele Folianten, von denen ich keinen gelesen, zu -durchstöbern gibt. Im allgemeinen lässt sich sagen, dass sich in -den Übersetzungen aus dem Arabischen dem christlichen Abendlande ein -zweifaches Neues aufthat. Erstens bekam man den Aristoteles, sowohl -logisch als physisch-metaphysisch, vollständiger als man ihn bisher -kannte. Doch war dies nur von vorübergehender, zeitweilig anregender, -Bedeutung, denn bald wurden alle seine Schriften direkt aus dem -Griechischen viel besser ins Lateinische übersetzt. Das wichtigste -aber war, dass man aus den Schriften der Araber, namentlich des Ibn -Roschd, eine eigentümliche Auffassung der aristotelischen Lehren -als der höchsten Wahrheit kennen lernte. Dies musste fortwährend zum -Widerspruch, zum Kompromiss zwischen Theologie und Philosophie, oder -gar zur Leugnung des Kirchenglaubens Veranlassung geben. Zum Teil -anregend, zum Teil zersetzend wirkte so die muslimische Philosophie -auf die scholastische Entwicklung des kirchlichen Dogmas ein. Denn -gleichgültig neben einander hergehen, wie das bei muslimischen Denkern -wohl vorgekommen, konnten im Christentume Philosophie und Theologie -noch nicht. Dazu hatte die christliche Dogmatik schon in den ersten -Jahrhunderten ihrer Ausbildung zu viel griechische Philosophie in -sich aufgenommen. Sie konnte noch etwas mehr sich assimilieren. Und -es war verhältnismäßig leichter, über die einfachen Lehren des Islam -als über die verwickelten Dogmen des Christentums hinauszukommen. - -Die christliche Theologie zeigte, als im 12. Jahrhundert der Einfluss -der Araber zu wirken anfing, einen neuplatonisch-augustinischen -Charakter. Bei den Franziskanern blieb auch im 13. Jahrhundert dieser -Charakter gewahrt. Damit kam nun die pythagoreisch-platonische Richtung -im muslimischen Denken gut überein. Für Duns Scotus war Ibn Gebirol -(Avencebrol, s. VI, 1 § 2) eine erste Autorität. Dagegen nahmen die -großen Dominikaner, Albert und Thomas, die die Zukunft der kirchlichen -Lehre bestimmten, einen gemäßigten Aristotelismus auf, mit dem sich -vieles aus Farabi, besonders aber aus Ibn Sina und Maimonides, ganz -gut vertrug. - -Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts geht eine tiefere Wirkung von -Ibn Roschd aus, und zwar in Paris, dem Mittelpunkte der damaligen -christlich-wissenschaftlichen Bildung. Im Jahre 1256 schreibt Albert -der Große noch gegen Averroes, 15 Jahre später aber Thomas von Aquino -gegen die Averroisten. Ihr Haupt ist Siger von Brabant (seit 1266 -bekannt), Mitglied der Artistenfakultät von Paris. Vor der strengen -Konsequenz des averroistischen Systems schreckt er nicht zurück. Und -wie Ibn Roschd den Ibn Sina meistert, so kritisiert, wenn auch äußerst -respektierlich, Siger den großen Albert und den heiligen Thomas. Zwar -versichert er, sich der Offenbarung zu unterwerfen, aber die Vernunft -bestätigt ihm doch, was Aristoteles, in zweifelhaften Fällen nach -der Erklärung des Ibn Roschd, in seinen Schriften gelehrt hat. Sein -feiner Intellektualismus gefällt aber den Theologen nicht. Wie es -scheint auf Anstiften der Franziskaner, die in ihm vielleicht auch -den Aristotelismus der Dominikaner treffen wollten, wird er von der -Inquisition verfolgt, bis er zu Orvieto (um 1281-1284) im Gefängnis -stirbt. Dante, der möglicherweise von seinen Ketzereien nichts wusste, -hat unseren Siger als Repräsentanten weltlicher Wissenschaft ins -Paradies versetzt. - -Dagegen sind ihm die beiden Vertreter der muslimischen Philosophie -neben den großen und weisen Männern Griechenlands und Roms in der -Hölle Vorhalle begegnet. Ibn Sina und Ibn Roschd schließen dort die -Reihe der großen Heiden, zu denen, wie Dante, die Nachwelt noch oft -mit Bewunderung emporgeblickt hat. - - - - - - - - -ANMERKUNGEN - - -[1] S. Munk, Mélanges de philosophie juive et arabe, Paris 1859. - -[2] Carra de Vaux, Avicenne, Paris 1900. - -[3] Vgl. Snouck Hurgronje, Mekka, II, S. 228 f. - -[4] Hiob XXXVIII. - -[5] 1 Mos. XV 3. - -[6] Der Dialog heisst so, weil Aristoteles während des Gespräches -einen Apfel in der Hand hält, dessen Geruch seine letzten Lebenskräfte -weckt. Am Schlusse sinkt die Hand kraftlos nieder und fällt der Apfel -auf den Boden. - -[7] Als echtes Werk des Aristoteles galt auch Späteren noch ein Auszug -aus der stoicheiôsis theologikê des Proklos. - -[8] Beides kommt vor, doch ist Qijas gewöhnlich = Analogie. In der -philosophischen, von den Übersetzern herrührenden Terminologie steht -aber Qijas immer für syllogismos, während analogia mit arab. mithl -wiedergegeben wird. - -[9] Vgl. Snouck Hurgronje in ZDMG. LIII, S. 155. - -[10] Mystiker führten auch wohl einen sechsten Sinn dafür ein. - -[11] Nach ihrem grobwollenen Rock (sûf) wurden die Asketen Sufis -genannt. - -[12] Rückerts Übers. d. Makamen II, S. 219. - -[13] Vgl. v. Kremer, Kulturgesch. des Orients II, S. 429 ff. - -[14] Vgl. den Art. "Zu Kindi und seiner Schule" in Stein's Archiv -für Geschichte der Philosophie XIII, S. 153 ff., aus dem ich manches, -ohne viel zu ändern, hier wieder aufgenommen habe. - -[15] Das arab. `aql (nous) übersetzt man gewöhnlich mit Vernunft -und Intelligenz (lat. intellectus und intelligentia). Ich ziehe -aber Geist vor, weil der Ausdruck Gott und die reinen (separaten) -Sphärengeister mitumfasst. Übrigens ist schwer zu entscheiden, wie -weit bei den einzelnen Denkern die Personifikation der Vernunft ging. - -[16] Vgl. hierzu Munk, Mélanges, p. 389-409. - -[17] Ibn Chaldun spricht nur von armen Reichen und schweigt von -Proletariern und großstädtischem Elend, wie wir es kennen. Er hat -auch meistens nur in kleineren Städten gelebt und Kairo aus der -Ferne bewundert. - - -*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE DER PHILOSOPHIE IM -ISLAM *** - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the -United States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm -concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, -and may not be used if you charge for an eBook, except by following -the terms of the trademark license, including paying royalties for use -of the Project Gutenberg trademark. 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Hart was the originator of the Project -Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be -freely shared with anyone. For forty years, he produced and -distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of -volunteer support. - -Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed -editions, all of which are confirmed as not protected by copyright in -the U.S. unless a copyright notice is included. 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You may copy it, give it away or re-use it under the terms of -the Project Gutenberg License included with this eBook or online at -www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have -to check the laws of the country where you are located before using this ebook. - -Title: Geschichte der Philosophie im Islam - -Author: T. J. de Boer - -Release Date: May 7, 2017 [EBook #54679] - -Language: German - -Character set encoding: ISO-8859-1 - -*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE DER PHILOSOPHIE IM ISLAM *** - - - - -Produced by Jeroen Hellingman and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net/ for Project -Gutenberg (This file was produced from images generously -made available by The Internet Archive/American Libraries.) - - - - - - - - - GESCHICHTE - DER - PHILOSOPHIE IM ISLAM - - - von - - T. J. DE BOER. - - - STUTTGART. - FR. FROMMANNS VERLAG (E. HAUFF). - 1901. - - - - - - - - -VORWORT. - - -Nach der vortrefflichen Skizze Munk's [1] ist dies der erste -Versuch, die Geschichte der Philosophie im Islam im Zusammenhang -vorzufhren. Ein neuer Anfang also, kein Abschluss mchte meine -Arbeit sein. Nicht Alles, was auf diesem Gebiete vorgearbeitet, -ist mir bekannt geworden und nicht alles Bekannte war mir -zugnglich. Handschriftliches konnte nur ausnahmsweise benutzt werden. - -Der Darstellung wegen sind die Quellenbelege zurckgehalten. Nur wenn -ich etwas fast wrtlich oder ohne Nachprfung herbergenommen habe, -ist das in den Noten bemerkt worden. brigens bedauere ich sehr, dass -es jetzt nicht gehrig zur Anschauung kommen kann, was ich, fr das -Verstndnis der Quellen, Mnnern wie Dieterici, de Goeje, Goldziher, -Houtsma, Aug. Mller, Munk, Nldeke, Renan, Snouck Hurgronje, -Steinschneider, van Vloten und vielen, vielen anderen verdanke. - -Erst nach Abschluss dieser Arbeit ist eine interessante, auch ber die -Vorgeschichte der Philosophie im Islam sich verbreitende Monographie -ber Ibn Sina erschienen. [2] Sie gibt mir aber keine Veranlassung, -meine Auffassung im ganzen zu ndern. - -Fr alles Bibliographische verweise ich auf die Orientalische -Bibliographie, Brockelmann's Geschichte der Arabischen Litteratur -und die Litteraturnachweise bei berweg-Heinze. Bei der Umschreibung -arabischer Namen habe ich mehr auf Tradition und deutsche Aussprache -als auf Konsequenz geachtet. Es sei nur bemerkt, dass das z als weiches -s zu sprechen, und das th wie das englische. Im Personenregister -bezeichnen Accente die Lnge. - -So viel wie mglich hab' ich mich auf den Islam beschrnkt. Deshalb -sind Ibn Gebirol und Maimonides nur im Vorbeigehen genannt, -andere jdische Denker ganz bergangen, obgleich sie, philosophisch -betrachtet, dem muslimischen Bildungskreise angehren. Der Schaden -ist aber nicht gross. Denn ber die jdischen Philosophen ist schon -viel geschrieben worden, whrend man bis jetzt die muslimischen Denker -sehr vernachlssigt hat. - - Groningen (Niederlande). - - T. J. de Boer. - - - - - - - - -INHALTSBERSICHT. - - - Seite - -I. Zur Einleitung. 9-33 - -1. Der Schauplatz 9 - - 1. Das alte Arabien. 2. Die ersten - Chalifen. Medina. Schiiten. 3. Die Omajjaden. Damaskus, Basra - und Kufa. 4. Die Abbasiden. Bagdad. 5. Kleinstaaterei. Fall - des Chalifates. - -2. Orientalische Weisheit 13 - - 1. Semitische Spekulation. 2. Persische - Religion. Zrwanismus. 3. Indische Weisheit. - -3. Griechische Wissenschaft 17 - - 1. Die Syrer. 2. Die christlichen Kirchen. 3. Edessa - und Nisibis. 4. Harran. 5. Gondeschapur. 6. Syrische - bersetzungen. 7. Die Philosophie bei den Syrern. 8. Arabische - bersetzungen. 9. Die Philosophie der bersetzer. 10. Umfang der - berlieferung. 11. Fortsetzung des Neuplatonismus. 12. Das Buch - vom Apfel. 13. Die Theologie des Aristoteles. 14. Aufnahme des - Aristoteles. 15. Die Philosophie im Islam. - - -II. Philosophie und arabisches Wissen 34-68 - -1. Die Sprachwissenschaft 34 - - 1. Die verschiedenen Wissenschaften. 2. Die arabische Sprache. Der - Koran. 3. Die Grammatiker von Basra und Kufa. 4. Logische - Grammatik. Metrik. 5. Sprachwissenschaft und Philosophie. - -2. Die Pflichtenlehre 38 - - 1. Tradition und Freiheit. 2. Die Analogie. 3. Inhalt und Stellung - der Pflichtenlehre. 4. Ethik und Politik. - -3. Die Glaubenslehre 42 - - 1. Christliche Dogmatik. 2. Der Kalam. 3. Die - Mutaziliten und ihre Gegner. 4. Menschliches und - gttliches Wirken. 5. Gottes Wesen. 6. Offenbarung und - Vernunft. 7. Abu-l-Hudhail. 8. Nazzam. 9. Dschahiz. 10. Muammar - und Abu Haschim. 11. Aschari. 12. Der atomistische Kalam. 13. Die - Mystik. - -4. Litteratur und Geschichte 63 - - 1. Die Litteratur. 2. Abu-l-Atahia. Mutanabbi, - Abu-l-Ala. Hariri. 3. Geschichtliche berlieferung. 4. Masudi - und Muqaddasi. - - -III. Die pythagoreische Philosophie 69-89 - -1. Die Naturphilosophie 69 - - 1. Die Quellen. 2. Die mathematischen Disziplinen. 3. Die - Naturwissenschaften. 4. Die Medizin. 5. Razi. 6. Die Dahriten. - -2. Die treuen Brder von Basra 76 - - 1. Die Karmaten. 2. Die Brder und ihre - Encyklopdie. 3. Eklektizismus. 4. Das Wissen. 5. Die - Mathematik. 6. Die Logik. 7. Gott und Welt. 8. Die menschliche - Seele. 9. Religionsphilosophie. 10. Die Ethik. 11. Wirkung der - Encyklopdie. - - -IV. Die neuplat. Aristoteliker des Ostens 90-137 - -1. Kindi 90 - - 1. Sein Leben. 2. Verhltnis zur Theologie. 3. Die - Mathematik. 4. Gott, Welt, Seele. 5. Die Lehre vom Nus. 6. Kindi - als Aristoteliker. 7. Die Schule Kindis. - -2. Farabi 98 - - 1. Die Logiker. 2. Farabis Leben. 3. Verhltnis zu - Platon und Aristoteles. 4. Die Philosophie. 5. Die - Logik. 6. Das Seiende. Gott. 7. Die Himmelwelt. 8. Die - irdische Welt. 9. Die menschliche Seele. 10. Der Geist - im Menschen. 11. Die Ethik. 12. Die Politik. 13. Das - zuknftige Leben. 14. Rckblick. 15. Wirkungen seiner - Philosophie. Sidschistani. - -3. Ibn Maskawaih. 116 - - 1. Seine Stellung. 2. Das Wesen der Seele. 3. Prinzipien der Ethik. - -4. Ibn Sina 119 - - 1. Sein Leben. 2. Das Werk. 3. Philosophische Wissenschaften. Die - Logik. 4. Metaphysik und Physik. 5. Anthropologie und - Psychologie. 6. Die Vernunft. 7. Allegorische Darstellung - der Vernunftlehre. 8. Geheimlehre. 9. Ibn Sinas - Zeit. Beruni. 10. Behmenjar. 11. Das Fortleben Ibn Sinas. - -5. Ibn al-Haitham 133 - -1. Der Zug nach Westen. 2. Ibn al-Haithams Leben und -Werke. 3. Wahrnehmung und Erkenntnis. 4. Nachwirkung. - - -V. Der Ausgang der Philosophie im Osten 138-152 - -1. Gazali 138 - - 1. Dialektik und Mystik. 2. Gazalis Leben. 3. Stellung zu seiner - Zeit. 4. Die Welt. 5. Gott und Vorsehung. 6. Der Mensch. 7. Gazalis - Theologie. 8. Erfahrung und Offenbarung. 9. Rckblick. - -2. Die Kompendienschreiber 150 - - 1. Stellung der Philosophie. 2. Philosophische Bildung. - - -VI. Die Philosophie im Westen 153-176 - -1. Die Anfnge 153 - - 1. Die Omajjadenzeit. 2. Das elfte Jahrhundert. - -2. Ibn Baddscha 156 - - 1. Die Almoraviden. 2. Ibn Baddschas - Leben. 3. Charakteristik. 4. Logik und Metaphysik. 5. Seele und - Geist. 6. Der einzelne Mensch. - -3. Ibn Tofail 160 - - 1. Die Almohaden. 2. Ibn Tofails Leben. 3. Hai ibn Jaqzan. 4. Hai - und die Entwicklung der Menschheit. 5. Hai's Ethik. - -4. Ibn Roschd 165 - - 1. Sein Leben. 2. Ibn Roschd und Aristoteles. 3. Logik. Erkenntnis - der Wahrheit. 4. Die Welt und Gott. 5. Krper und Geist. 6. Geist - und Geister. 7. Rckblick. 8. Praktische Philosophie. - - -VII. Zum Schluss 177-188 - -1. Ibn Chaldun 177 - - 1. Die Zeitverhltnisse. 2. Das Leben Ibn Chalduns. 3. Philosophie - und Welterfahrung. 4. Geschichtsphilosophie. Historische - Methode. 5. Gegenstand der Geschichte. 6. Charakteristik. - -2. Die Araber und die Scholastik 184 - - 1. Politische Lage. Die Juden. 2. Palermo und Toledo. 3. Die - Araber in Paris. - - - - - - - - -I. ZUR EINLEITUNG. - - -1. Der Schauplatz. - -1. Von alters her war, wie heutzutage, die arabische Wste der -Tummelplatz unabhngiger Beduinenstmme. Mit freiem, gesundem -Sinn blickten diese in ihre einfrmige Welt hinein, deren hchster -Reiz der Beutezug, deren geistiger Schatz die Stammesberlieferung -war. Weder die Errungenschaften geselliger Arbeit noch die Gaben -schner Mue waren ihnen bekannt. Nur an den Rndern der Wste wurde, -in Staatenbildungen, die oft von den berfllen jener Beduinen zu -leiden hatten, eine hhere Stufe der Gesittung erreicht. So war es im -Sden, wo in christlicher Zeit unter abyssinischer oder persischer -Oberhoheit das alte Reich der Knigin von Saba fortbestand. Im -Westen lagen an einer alten Handelsstrae Mekka und Medina (Jathrib), -und besonders Mekka mit seinem Markte im Schutze eines Tempels war -ein Mittelpunkt regen Verkehrs. Im Norden endlich hatten sich zwei -halbsouverne Staaten unter arabischen Frsten gebildet: gegen Persien -hin das Reich der Lachmiden in Hira und gegen Byzanz der Gassaniden -Herrschaft in Syrien. Aber in Sprache und Poesie stellte sich schon -vor Mohammed einigermaen die Einheit der arabischen Nation dar. Die -Dichter waren die Wissenden ihres Volkes. Ihre Zaubersprche galten -zunchst den Stmmen als Orakel. Doch ging ihre Wirkung wohl oft ber -den eigenen Stamm hinaus. - -2. Mohammed und seinen nchsten Nachfolgern, Abu Bekr, Omar, Othman -und Ali (622-661) ist es nun gelungen, die freien Wstenshne -zusammen mit den gesitteteren Bewohnern der Kstenstriche fr ein -gemeinsames Unternehmen zu begeistern. Diesem Ereignis verdankt der -Islam seine Weltstellung. Denn Allah zeigte sich gro und fr die -Ihm sich Ergebenden (Muslime) war die Welt gar klein. In kurzer Zeit -wurde ganz Persien erobert und verlor das ostrmische Reich seine -schnsten Provinzen: Syrien und gypten. - -Medina war der Sitz der ersten Chalifen oder Stellvertreter des -Propheten. Aber Mohammeds tapferer Schwiegersohn, Ali, und dessen Shne -unterlagen Moawia, dem klugen Statthalter von Syrien. Seit der Zeit -besteht die Partei des Ali (Schiiten), die unter mancherlei Wandlungen, -bald unterworfen, bald an einzelnen Stellen zur Herrschaft gelangt, -ihr Wesen in der Geschichte treibt, bis sie sich (1502) im persischen -Reich endgltig gegen den sunnitischen Islam abschliet. - -In ihrem Kampfe gegen die weltliche Macht haben die Schiiten sich aller -mglichen Waffen, auch der Wissenschaft bedient. Schon frh erscheint -unter ihnen die Partei der Kaisaniten, die dem Ali und seinen Erben -eine bermenschliche Geheimwissenschaft zuschreibt, ein Wissen, mit -dessen Hilfe der innere Sinn der gttlichen Offenbarung erst klar -werde, das aber auch von seinen Adepten nicht weniger Glauben und -unbedingten Gehorsam gegen die Trger solchen Wissens erfordert als -der Buchstabe des Korans. (Vgl. III, 2 1.) - -3. Nach dem Siege Moawias, der Damaskus zur Hauptstadt des muslimischen -Reiches machte, lag die Bedeutung Medinas hauptschlich auf geistigem -Gebiete. Es musste sich damit begngen, zum Teil unter jdischen -und christlichen Einflssen, die Wissenschaft des Gesetzes und der -Tradition zu pflegen. In Damaskus aber fhrten die Omajjaden (661-750) -ihr weltliches Regiment. Unter ihrer Herrschaft dehnte sich das Reich -vom atlantischen Meere bis ber die Grenzen Indiens und Turkestans -aus, vom sdlichen Meere bis an den Kaukasus und vor die Mauern von -Konstantinopel. Damit war aber auch die weiteste Ausdehnung erreicht. - -Araber nahmen jetzt berall die fhrende Stellung ein. Sie -bildeten eine militrische Aristokratie und der schlagendste -Beweis fr ihren Einfluss ist dies, dass unterworfene Vlker mit -alter, berlegener Kultur die Sprache der Sieger annahmen. Die -arabische Sprache wurde die Sprache des Staates und der Religion, -der Poesie und der Wissenschaft. Whrend aber die hohen Staats- -und Militrmter vorzugsweise von Arabern verwaltet wurden, blieb -es zunchst Nichtarabern und Mischlingen berlassen, Knste und -Wissenschaften zu pflegen. In Syrien ging man bei Christen in die -Schule. Die Hauptsttten geistiger Bildung aber wurden Basra und -Kufa, in denen Araber und Perser, Muslime, Christen, Juden und Magier -zusammenstieen. Dort, wo Handel und Gewerbe aufblhten, sind, unter -hellenistisch-christlichen und persischen Einflssen entstanden, -die Anfnge weltlicher Wissenschaft im Islam zu suchen. - -4. Den Omajjaden folgten die Abbasiden (750-1258) nach. Diese machten, -um zur Herrschaft zu gelangen, dem Persertum Konzessionen und benutzten -religis-politische Bewegungen. Nur in dem ersten Jahrhundert ihrer -Regierung (bis etwa 860) mehrte oder hielt sich noch die Gre -des Reiches, als dessen Mittelpunkt Mansur, der zweite Herrscher -dieses Hauses, im Jahre 762 Bagdad grndete, eine Stadt, die bald an -weltlichem Glanze Damaskus und als Leuchte des Geistes Basra und Kufa -berstrahlte. Nur mit Konstantinopel war sie zu vergleichen. In Bagdad, -an dem Hofe Mansurs (754-775), Haruns (786-809), Mamuns (813-833) -u. s. w. fanden sich, besonders aus den nordstlichen Provinzen, -Dichter und Gelehrte zusammen. Mehrere Abbasiden liebten weltliche -Bildung, sei es an sich oder zur Ausschmckung ihres Hofes, und wenn -sie oft auch den Wert der Knstler und Gelehrten nicht erkannt haben -mgen, so wussten doch diese die materiellen Gter ihrer Herren wohl -zu schtzen. - -Wenigstens seit der Zeit Haruns bestand in Bagdad eine Bibliothek und -eine Gelehrtenanstalt. Schon unter Mansur, besonders aber unter Mamun -und seinen Nachfolgern, wurde dann die wissenschaftliche Litteratur -der Griechen, meistens durch syrische Vermittelung, in die arabische -Sprache bertragen. Auch Kompendien und Erluterungen dazu wurden -verfasst. - -Als diese gelehrte Arbeit ihren hchsten Aufschwung nahm, war -die Herrlichkeit des Reiches im Niedergang begriffen. Die alten -Stammesfehden, die unter den Omajjaden nie geruht hatten, waren -scheinbar einer festgefgten Einheit des Staates gewichen. Aber es -dauerten in verschrftem Mae andere Streitigkeiten fort, theologische -und metaphysische Znkereien, wie sie hnlich den Verfall des -ostrmischen Reiches begleiteten. Der Staatsdienst brauchte in der -orientalischen Despotie nur wenig befhigte Kpfe. Viele junge Krfte -gingen im ppigen Genusse unter, andere verfielen auf Wortknstelei -und Scheingelehrsamkeit. Zur Verteidigung des Reiches dagegen zog man -die frische Kraft weniger berbildeter Vlker heran: zuerst iranische -oder iranisierte Chorasaner, darauf Trken. - -5. Immer deutlicher zeigte sich des Reiches Verfall. Die -Machtstellung des Trkenheeres, Aufstnde stdtischen Pbels und -lndlicher Arbeiter, schiitische und ismaelitische Umtriebe berall, -dazu die Selbstndigkeitsgelste der entfernten Provinzen waren -entweder die Ursachen oder die Symptome des Untergangs. Neben dem -Chalifen, der zum geistlichen Wrdentrger herabsank, herrschten -die Trken als Hausmeier. Und an der Peripherie entstanden nach -und nach selbstndige Staaten, bis zu einer ganz entsetzlichen -Kleinstaaterei. Die wichtigsten, mehr oder weniger unabhngigen -Herrscher waren im Westen, abgesehen von den spanischen Omajjaden -(vgl. VI, 1), die Aglabiden Nordafrikas, die Tuluniden und Fatimiden -gyptens und die Hamdaniden Syriens und Mesopotamiens; im Osten die -Tahiriden und Samaniden, allmhlich von den Trken verdrngt. An den -Hfen dieser kleinen Dynastien sind in der nchsten Zeit (10. und -11. Jahrh.) die Dichter und Gelehrten zu finden. Mehr als Bagdad -machen sich auf kurze Zeit Haleb (Aleppo), der Sitz der Hamdaniden, -und auf lngere Zeit Kairo, im Jahre 969 von den Fatimiden erbaut, -als Heimsttten geistiger Bestrebungen geltend. Im Osten glnzt noch -einen Augenblick der Hof des Trken Machmud von Ghazna, der seit dem -Jahre 999 Herr von Chorasan war. - -In diese Zeit der Kleinstaaterei und der Trkenwirtschaft fllt auch -die Grndung der muslimischen Universitten. Im Jahre 1065 wurde -die erste in Bagdad errichtet. Seit der Zeit besitzt der Orient die -Wissenschaft nur in stereotypen Auflagen. Der Lehrer hat gelehrt, -was ihm von seinen Lehrern berliefert worden, und jedes neue Buch -enthlt kaum einen Satz, der nicht schon in lteren Bchern stnde. Die -Wissenschaft ist gerettet. Aber die Gelehrten Transoxaniens, die, -der berlieferung nach, als sie die Grndung der ersten Madrasah -erfuhren, eine Trauerfeier zu Ehren der Wissenschaft veranstalteten, -haben Recht behalten. [3] - -ber die stlichen Lnder des Islam brauste dann (13. Jahrh.) der -Mongolensturm dahin. Was der Trke brig gelassen, raffte dieser -hinweg. Es blhte da keine Kultur wieder auf, die aus sich heraus eine -neue Kunst hervortrieb oder zu einer Erneuerung der Wissenschaft die -Anregung darbot. - - - - -2. Orientalische Weisheit. - -1. Vor seiner Berhrung mit dem Hellenismus hat der semitische Geist, -in philosophischer Hinsicht, es nie weiter als zu Rtselfragen -und Spruchweisheit gebracht. Einzelbeobachtungen aus der Natur, -hauptschlich aber aus Leben und Schicksal des Menschen, liegen zu -Grunde, und wo das Verstndnis aufhrt, stellt sich leicht die Ergebung -in den allmchtigen und unergrndlichen Willen Gottes ein. Wir kennen -diese Weisheit aus dem Alten Testament. Dass sie sich hnlich bei den -Arabern ausbildete, zeigen uns die biblische Geschichte der Knigin von -Saba und die Gestalt des weisen Loqman in der arabischen berlieferung. - -Neben solcher Weisheit gab es berall die Magie des Zauberers, ein -Wissen, das sich in der Herrschaft ber die Dinge bewhrte. Aber nur -in den priesterlichen Kreisen Alt-Babyloniens, unter welchen Einflssen -und in welchem Umfange wissen wir nicht genau, erhob man sich zu einer -wissenschaftlicheren Betrachtung der Welt. Vom Wirrsal des Erdendaseins -wandte dort das Auge sich der himmlischen Ordnung zu. Nicht wie der -Hebrer, der ber ein gewisses Staunen nicht hinwegkam [4] oder in den -unzhligen Gestirnen nur ein Sinnbild eigener Nachkommenschaft sah [5], -sondern hnlich dem Griechen, der das Viele und Mannigfaltige unter dem -Monde erst verstehen lernte, nachdem er in der Einheit und Stetigkeit -der Himmelsbewegung die Harmonie des Alls gefunden hatte. Nur dass -sich mit dem Guten, wie es denn im Hellenismus nicht anders war, -viel mythologisches Spiel und astrologisches Afterwissen verschlangen. - -Diese chaldische Weisheit wurde in Babylonien und Syrien seit -den Tagen Alexanders des Groen mit hellenistischen, spter mit -hellenistisch-christlichen Ideen durchsetzt oder davon verdrngt. Nur -in der syrischen Stadt Harran hielt sich bis in die Zeit des Islam das -alte Heidentum, von christlichen Einflssen wenig berhrt. (Vgl. I, -3 4.) - -2. Bedeutender als etwaige semitische berlieferung war es, was dem -Islam von persischer und indischer Weisheit zugefhrt wurde. Auf die -Frage, ob die orientalische Weisheit von griechischer Philosophie, -oder diese von jener ursprnglich beeinflusst sei, brauchen wir -hier nicht einzugehen. Was der Islam graden Weges Persern und Indern -entnommen hat, lsst sich aus den arabischen Quellen mit ziemlicher -Sicherheit ersehen, und auf dieses drfen wir uns beschrnken. - -Persien ist das Land des Dualismus, und es ist nicht unwahrscheinlich, -dass seine dualistische Religionslehre, sei es direkt, sei es durch -Vermittelung des Manichismus oder anderer gnostischer Sekten, auf -die theologischen Streitigkeiten im Islam eingewirkt habe. Viel -grer aber ist in weltlichen Kreisen der Einfluss desjenigen -Systems gewesen, das der berlieferung nach unter dem Sasaniden -Jezdegerd II. (438/9-457) sogar zur ffentlichen Anerkennung kam, des -Zrwanismus (vgl. III, 1 6). In diesem System war die dualistische -Weltansicht dadurch aufgehoben, dass als oberstes Prinzip die endlose -Zeit (zrwan, arab. dahr) aufgestellt und mit dem Geschick, der -uersten Himmelssphre oder der Bewegung des Himmels identifiziert -wurde. Diese Lehre, die philosophischen Kpfen zusagte, hat sich, -mit oder ohne die Maske des Islam, in der persischen Litteratur und -bis auf unsere Zeit in den volkstmlichen Anschauungen einen groen -Platz zu erhalten gewusst. Von den Theologen aber und nicht weniger -von der idealistischen Schulphilosophie wurde sie als Materialismus, -Atheismus u. s. w. abgewiesen. - -3. Als das wahre Land der Weisheit galt Indien. Vielfach findet -sich bei den arabischen Schriftstellern die Anschauung, dort sei -die Geburtssttte der Philosophie zu finden. Durch friedlichen -Handelsverkehr, dessen Vermittler zwischen Indien und dem Abendlande -hauptschlich Perser waren, dann infolge der muslimischen Eroberung -verbreitete sich die Kenntnis indischer Weisheit. Unter Mansur -(754-775) und Harun (786-809) wurde vieles davon, teils durch die -Mittelstufe des Persischen (Pahlawi) hindurch, teils direkt aus dem -Sanskrit bersetzt. Von der ethischen und politischen Spruchweisheit, -aus Fabel und Erzhlung der Inder, ward manches herbergenommen, so -die von Ibn al-Moqaffa zu Mansurs Zeit aus dem Pahlawi bersetzten -Erzhlungen des Pantschatantra u. A. An erster Stelle aber wirkten -indische Mathematik und Astrologie, letztere in Verbindung mit -praktischer Medizin und Zauberkunst, auf die Anfnge der Weltweisheit -im Islam. Die Astrologie des Siddhanta von Brahmagupta, unter Mansur -mit Hilfe indischer Gelehrten von Fazari aus dem Sanskrit bersetzt, -war noch vor des Ptolemus Almagest bekannt. Eine weite Welt, in -Vergangenheit und Zukunft, that sich da auf. Die hohen Zahlen, mit -denen der Inder operierte, erzeugten auf die nchternen muslimischen -Annalisten einen gewaltigen, verwirrenden Eindruck, wie andererseits -der arabische Kaufmann, der in Indien und China das Alter unserer -erschaffenen Welt auf einige Tausend Jahre ansetzte, sich im hchsten -Grade lcherlich machte. - -Auch die logischen und metaphysischen Spekulationen der Inder -sind den Muslimen nicht unbekannt geblieben, aber viel weniger -als Mathematik und Astrologie haben diese die wissenschaftliche -Entwicklung beeinflusst. Die Grbeleien der Inder, an ihre heiligen -Bcher anknpfend und durchaus religis bestimmt, haben gewiss auf -persisches Sufitum und islamische Mystik nachhaltig eingewirkt. Aber -Philosophie ist nun einmal ein griechischer Begriff und es geht -nicht an, einem Tagesgeschmack zu liebe, in unserer Darstellung den -Kuhmilchgedanken frommer Inder allzuviel Platz einzurumen. Was -jene sinnigen Ber ber den tuschenden Schein alles Sinnlichen -vorgebracht haben, mag oft einen poetischen Reiz besitzen, stimmt auch -wohl zu dem, was dem Osten aus neupythagoreischen und neuplatonischen -Quellen an Betrachtungen ber die Vergnglichkeit alles Irdischen -zugnglich war, hat aber, ebensowenig wie dieses, etwas Erhebliches -zur Erklrung der Erscheinungen, zur Erweckung wissenschaftlichen -Sinnes beigetragen. Nicht indischer Phantasie, sondern griechischen -Geistes bedurfte es dazu, das Nachdenken auf die Erkenntnis des -Wirklichen zu richten. Das beste Beispiel dafr ist die arabische -Mathematik. Nach dem Urteile ihrer besten Kenner ist indisch darin -fast nur die Rechenkunst, griechisch, wenn auch nicht ausschlielich, -doch vorwiegend, die Algebra und die Geometrie. Zum Begriffe reiner -Mathematik ist wohl kaum ein Inder durchgedrungen. Die Zahl, auch -die hchste, blieb doch immer eine konkrete. Und in der indischen -Philosophie blieb das Wissen berhaupt ein Mittel. Zweck war die -Erlsung vom bel des Daseins, die Philosophie Anleitung zum seligen -Leben. Daher die Monotonie dieser auf das einheitliche Wesen aller -Dinge gerichteten Weisheit, der gegenber die reichgegliederte -Wissenschaft der Hellenen die Wirkungen der Natur und des Geistes -allseitig zu erfassen bestrebt war. - -Orientalische Weisheit, Astrologie und Kosmologie, hat den -muslimischen Denkern mancherlei Stoff geliefert, aber die Form, -das bildende Prinzip, kam ihnen von den Griechen her. berall, wo es -sich nicht um bloes Aufzhlen oder zuflliges Zusammenreihen handelt, -sondern nach sachlichen oder logischen Gesichtspunkten eine Anordnung -des Mannigfaltigen versucht wird, darf mit Wahrscheinlichkeit auf -griechischen Einfluss geschlossen werden. - - - - -3. Griechische Wissenschaft. - -1. Wie die Perser hauptschlich den Handelsverkehr zwischen -Indien-China und Byzanz leiteten, so traten im fernen Westen, bis -ins Frankenreich, die Syrer als Kulturvermittler auf. Es waren Syrer, -die Wein, Seide u. s. w. ins Abendland einfhrten. Aber es waren auch -Syrer, die griechische Bildung aus Alexandrien und Antiochien nach -Osten hin verbreiteten und in den Schulen von Edessa und Nisibis, -Harran und Gondeschapur fortpflanzten. Syrien war das richtige Land -der Mitte, wo Jahrhunderte lang die beiden Weltmchte, die rmische -und die persische, feindlich oder friedlich zusammenstieen. Unter -solchen Umstnden spielten die christlichen Syrer eine Rolle, wie -sie hnlich spter den Juden zu teil ward. - -2. Die muslimischen Eroberer fanden die christliche Kirche, -abgesehen von vielen Sekten, in drei Abteilungen gespalten. Im -eigentlichen Syrien herrschte neben der orthodoxen Reichskirche -die monophysitische, in Persien die nestorianische Kirche vor. Der -Unterschied zwischen den Lehrsystemen dieser Kirchen ist wohl -nicht ohne Bedeutung fr die Entwicklung der muslimischen Dogmatik -gewesen. Nach der Lehre der Monophysiten waren in Christus Gott -und Mensch zu einer Natur vereinigt, whrend die Orthodoxen -und viel schrfer noch die Nestorianer eine gttliche und eine -menschliche Natur unterschieden. Nun heit Natur vor allem Energie -oder Wirkungsprinzip. Es handelt sich um die Frage, ob gttliches -und menschliches Wollen und Wirken in Christus ein und dasselbe -seien oder verschieden. Die Monophysiten hoben, aus spekulativen -und religisen Motiven, auf Kosten des Menschlichen die Einheit in -Christus, ihrem Gotte, hervor, die Nestorianer dagegen betonten die -Eigenart menschlichen Seins, Wollens und Wirkens dem gttlichen -gegenber. Letzteres aber bietet, unter Begnstigung politischer -und kultureller Verhltnisse, einer philosophischen Welt- und -Lebensbetrachtung freieren Spielraum, und thatschlich haben die -Nestorianer am meisten fr die Pflege griechischer Wissenschaft gethan. - -3. Die Sprache sowohl der westlichen als auch der stlichen -(persischen) Kirche war das Syrische. Daneben aber wurde in -den Klosterschulen das Griechische gelehrt. In der westlichen -(monophysitischen) Kirche sind Rasain und Kinnesrin als Sttten der -Bildung zu nennen. Bedeutender war, wenigstens anfangs, die Schule von -Edessa, wie denn auch der edessenische Dialekt sich zur Schriftsprache -erhoben hatte. Aber im Jahre 489 ward die dortige Schule wegen der -nestorianischen Gesinnung ihrer Lehrer geschlossen. Sie that sich dann -in Nisibis wieder auf und verbreitete in Persien, aus politischen -Grnden von den Sasaniden begnstigt, nestorianischen Glauben und -griechisches Wissen. - -Der Unterricht in jenen Schulen hatte vorzugsweise biblisch-kirchlichen -Charakter und war auf kirchliche Bedrfnisse berechnet. Aber es nahmen -auch rzte oder knftige Studenten der Medizin daran teil. Dass -diese oft dem geistlichen Stande angehrten, hebt den Unterschied -zwischen theologischem Studium und der Beschftigung mit weltlichem -Wissen nicht auf. Zwar haben, nach dem syrisch-rmischen Rechtsbuch, -die Lehrer (gelehrten Priester) und rzte Steuerfreiheit und andere -Privilegien gemeinsam. Aber dass die ersteren als Heilknstler der -Seele betrachtet wurden, whrend die rzte blo den Leib zu flicken -hatten, begrndete den Vorzug jener vor diesen. Die Medizin blieb doch -immer etwas Weltliches, und nach den Statuten der Schule zu Nisibis -(vom Jahre 590) durften die heiligen Schriften nicht mit Bchern des -weltlichen Gewerbes in einem Raume zusammen gelesen werden. - -In rztlichen Kreisen wurden die Werke des Hippokrat, Galen und -Aristoteles sehr geschtzt. In den Klstern aber verstand man unter -Philosophie zunchst das beschauliche Leben des Asketen und achtete -nur auf das Eine, das not thut. - -4. Eine eigentmliche Stellung nimmt die mesopotamische Stadt Harran, -in der Nhe Edessas, ein. Altsemitisches Heidentum verknpft sich hier, -besonders nach der arabischen Eroberung, als die Stadt neu emporblhte, -mit mathematischen und astronomischen Studien und neupythagoreischer -und neuplatonischer Spekulation. Die Harranier oder Sabier, wie sie -im 9. und 10. Jahrhundert heien, fhren ihre mystische Weisheit auf -Hermes Trismegistos, Agathodaemon, Uranius u. A. zurck. Zahlreiche -Pseudepigraphen des spteren Hellenismus werden von ihnen glubig -aufgenommen, einzelnes wird vielleicht in ihrem Kreise fabriziert. Als -bersetzer und gelehrte Schriftsteller sind einige aus ihrer Mitte -thtig gewesen. Viele haben mit persischen und arabischen Gelehrten -des achten bis zehnten Jahrhunderts einen regen wissenschaftlichen -Verkehr unterhalten. - -5. In Persien, zu Gondeschapur, finden wir eine von Chosrau Anoscharwan -(531-579) gegrndete Anstalt fr philosophische und medizinische -Studien. Ihre Lehrer waren hauptschlich nestorianische Christen. Aber -auer den Nestorianern duldete der weltlicher Bildung geneigte Frst -auch Monophysiten. Besonders als Mediziner waren damals, wie spter -am Hofe der Chalifen, christliche Syrer in Ehren. - -Auch die im Jahre 529 aus Athen vertriebenen sieben Philosophen -der neuplatonischen Schule fanden am Hofe Chosraus eine -Zufluchtssttte. Sie mgen aber dort hnliche Erfahrungen gemacht -haben, wie die franzsischen Freigeister des vorigen Jahrhunderts -am russischen Hofe. Jedenfalls sehnten sie sich nach der Heimat -zurck. Und der Knig war freisinnig und gromtig genug, sie gehen -zu lassen und fr sie im Friedensvertrage mit Byzanz vom Jahre 549 -Glaubensfreiheit zu bedingen. Ganz ohne Einfluss wird ihr Aufenthalt -im persischen Reich doch wohl nicht geblieben sein. - -6. Die Zeit der syrischen bersetzungen profaner Schriften aus dem -Griechischen luft etwa vom vierten bis zum achten Jahrhundert. Im -vierten Jahrhundert wurden Spruchsammlungen bertragen. Als erster -mit Namen genannter bersetzer erscheint Probus, "Priester und Arzt -in Antiochien" (erste Hlfte des fnften Jahrhunderts?). Vielleicht -war er auch nur Erklrer logischer Schriften des Aristoteles -und der Isagoge des Porphyrius. Bekannter ist Sergius von Rasain -(gestorben, wahrscheinlich in Konstantinopel, um 536, etwa 70 Jahre -alt), ein mesopotamischer Mnch und Arzt, der den ganzen Umfang der -alexandrinischen Wissenschaft, vielleicht in Alexandrien selbst, -studierte und dessen bersetzungen nicht nur auf Theologie, Moral und -Mystik, sondern mehr noch auf Physik, Medizin und Philosophie sich -erstreckten. Auch nach der muslimischen Eroberung wurde die gelehrte -Thtigkeit der Syrer fortgesetzt. Jakob von Edessa (etwa 640-708) -bersetzte griechisch-theologische Schriften, befasste sich aber -auerdem mit Philosophie und erklrte auf eine diesbezgliche Anfrage, -es sei christlichen Geistlichen erlaubt, Kindern von muslimischen -Eltern gelehrten Unterricht zu erteilen. Bei den letzteren war also -ein Bildungsbedrfnis vorhanden. - -Die bersetzungen der Syrer, namentlich des Sergius von Rasain, -sind im allgemeinen treu; die logischen und naturwissenschaftlichen -aber entsprechen dem Original genauer, als die ethischen und -metaphysischen. In diesen gab es eben viel Dunkles, das missverstanden -oder einfach weggelassen, und viel Heidnisches, das durch Christliches -ersetzt ward. Fr Sokrates, Platon und Aristoteles (als Beispiele) -traten wohl einmal Petrus, Paulus und Johannes ein. Das Schicksal -und die Gtter mussten dem Einen Gotte weichen. Und Begriffe wie -Welt, Ewigkeit, Snde und dergleichen erhielten ein christliches -Geprge. brigens sind die Araber mit der Anpassung an ihre Sprache, -Kultur und Religion spter viel weiter gegangen als die Syrer. Teils -lsst sich das wohl aus der muslimischen Scheu vor allem Heidnischen, -teils aber auch aus einer greren Anpassungsfhigkeit erklren. - -7. Abgesehen von einigen mathematischen, physischen und medizinischen -Schriften haben die Syrer sich fr ein Zweifaches interessiert. Erstens -fr moralisierende Spruchsammlungen, mit etwas Philosophiegeschichte -verbunden, und im allgemeinen fr mystische pythagoreisch-platonische -Weisheit. Diese findet sich hauptschlich in Pseudepigraphen, die den -Namen des Pythagoras, Sokrates, Plutarch, Dionysius u. A. tragen. Im -Mittelpunkte des Interesses steht eine platonische Seelenlehre, -in spterer pythagoreischer, neuplatonischer oder christlicher -Bearbeitung. Platon wird in den syrischen Klstern sogar zu einem -orientalischen Mnch, der sich eine Zelle im Herzen der Wildnis -erbaute, weitab von den Wohnsitzen der Menschen, und dort, nach -dreijhrigem Schweigen und Grbeln ber einen Bibelvers, die gttliche -Dreieinigkeit erkannt haben soll. - -Dazu kam denn als Zweites die Logik des Aristoteles. Aristoteles war -den Syrern, wie lngere Zeit auch den Arabern, fast nur als Logiker -allgemein bekannt. Die Bekanntschaft erstreckte sich, hnlich wie in -der Frhscholastik des Abendlandes, auf Kategorien, Hermeneutik und -erste Analytik bis zu den kategorischen Figuren. Der Logik bedurfte -man schon, um die Schriften griechischer Kirchenlehrer zu verstehen, -da dieselben, wenigstens formal, davon beeinflusst waren. Wie man aber -die Logik nicht vollstndig hatte, so besa man sie auch nicht rein, -sondern in neuplatonischer berarbeitung, wie z. B. ersichtlich ist aus -dem Werke des Paulus Persa, welches in syrischer Sprache fr Chosrau -Anoscharwan geschrieben wurde. Es wird darin das Wissen ber den -Glauben gestellt und die Philosophie definiert als die Selbstbesinnung -der Seele auf ihr inneres Wesen, in dem sie, gleichsam wie ein Gott, -alle Dinge erblickt. - -8. Was die Araber den Syrern verdanken, spricht sich u. a. darin -aus, dass arabische Gelehrte das Syrische fr die lteste oder -richtige (natrliche) Sprache hielten. Zwar haben die Syrer -Selbstndiges nicht geschaffen, aber ihre bersetzerthtigkeit -kam der arabisch-persischen Wissenschaft zu gute. Es sind fast -ohne Ausnahme Syrer gewesen, die vom 8. bis 10. Jahrhundert aus -den lteren oder den von ihnen teils verbesserten, teils neu -veranstalteten syrischen bersetzungen die griechischen Werke ins -Arabische bertrugen. Schon der omajjadische Prinz Chalid ibn Jezid -(gest. 704), der sich unter Leitung eines christlichen Mnches mit der -Alchemie befasste, soll bersetzungen alchemistischer Werke aus dem -Griechischen ins Arabische veranstaltet haben. Sprichwrter, Gnomen, -Briefe, Testamente, berhaupt Philosophiegeschichtliches, wurden -schon frh gesammelt und bersetzt. Aber erst unter Mansur wurde -damit angefangen, naturwissenschaftlich-medizinische und logische -Schriften der Griechen, zum Teil aus dem Pahlawi, ins Arabische -zu bertragen. Besonders beteiligte sich daran Ibn al-Moqaffa, ein -Anhnger des persischen Dualismus, von dem die Spteren sich durch -ihre Terminologie unterschieden haben sollen. Es ist uns aber von -seinen philosophischen bersetzungen nichts erhalten. Auch anderes aus -dem achten Jahrhundert ist verloren gegangen; erst aus dem neunten -Jahrhundert, aus der Zeit Mamuns und seiner Nachfolger, ist einiges -bersetzte auf uns gekommen. - -Die bersetzer des neunten Jahrhunderts waren meistens Mediziner -und nach Ptolomus und Euklid wurden Hippokrat und Galen mit -am ersten bertragen. Beschrnken wir uns auf die Philosophie -im engeren Sinne. Von Juhanna oder Jachja ibn Bitriq (Anfang des -neunten Jahrhunderts) soll eine bersetzung des platonischen Timus -herrhren, ferner Aristoteles' Meteorologie, das Buch der Tiere, -ein Auszug aus der Psychologie und die Schrift ber die Welt. Dem -Abdalmasich ibn Abdallah Naima al-Himsi (um 835) wird zugeschrieben -eine bertragung der aristotelischen Sophistik, dazu des Johannes -Philoponus Kommentar zur Physik und die sogenannte Theologie des -Aristoteles, ein paraphrastischer Auszug aus Plotin's Enneaden. Qosta -ibn Luqa al-Balabakki (um 835) soll bersetzt haben Alexanders von -Aphrodisias und Johannes Philoponus' Kommentare zur aristotelischen -Physik, zum Teil Alexanders Kommentar zu de generatione et corruptione, -dazu Pseudo-Plutarchs placita philosophorum u. A. - -Die fruchtbarsten bersetzer waren Abu Zaid Honain ibn Ishaq -(809?-873), dessen Sohn Ishaq ibn Honain (gest. 910 oder 911) und Neffe -Hobaisch ibn al-Hasan. Da sie zusammen arbeiteten, gibt es vieles, das -bald dem Einen, bald dem Anderen zugeschrieben wird. Manches wird unter -ihrer Aufsicht von Schlern und Untergebenen angefertigt sein. Ihre -Thtigkeit dehnte sich auf den ganzen Umfang der damaligen Wissenschaft -aus. lteres wurde verbessert, Neues hinzugefgt. Der Vater bersetzte -vorzugsweise Medizinisches, der Sohn aber mehr Philosophisches. - -Im zehnten Jahrhundert dauerte noch die Arbeit der bersetzer fort. Es -zeichneten sich besonders aus Abu Bischr Matta ibn Junus al-Qannai -(gest. 940), Abu Zakarija Jachja ibn Adi al-Mantiqi (gest. 974) und Abu -Ali Isa ibn Ishaq ibn Zura (gest. 1008). Endlich Abu-l-Chair al-Hasan -ibn al-Chammar (geb. 942), ein Schler des Jachja ibn Adi, von dem, -ausser bersetzungen, Kommentaren u. s. w., auch eine Schrift ber -die bereinstimmung zwischen Philosophie und Christentum genannt wird. - -Die Thtigkeit der bersetzer seit Honain ibn Ishaq beschrnkte sich -fast ganz auf die aristotelischen und pseudo-aristotelischen Schriften, -deren Auszge, Paraphrasen und Kommentare. - -9. Als besonders groe Philosophen sind diese bersetzer nicht -anzusehen. Selten arbeiteten sie spontan, fast immer im Dienste eines -Chalifen, eines Wezirs, oder eines anderen vornehmen Mannes. Auer -ihrem Fachstudium, gewhnlich der Medizin, interessierte sie hchstens -die Weisheit: schne Geschichten mit moralischer Anwendung, Anekdtchen -und Sprche. Was wir uns im Verkehr, in der Erzhlung oder auf der -Bhne nur als Eigentmlichkeit gewisser Personen gefallen lassen, wurde -von jenen Biedermnnern ihres weisen Inhalts oder vielleicht auch nur -schnrednerischen Prunkes wegen bewundert und gesammelt. In der Regel -blieben sie dem vterlichen Christenglauben treu. Charakteristisch -fr ihre Auffassung und den Freisinn der Chalifen ist es, was die -berlieferung in Bezug auf Ibn Dschibril berichtet. Als Mansur ihn -zum Islam bekehren wollte, soll er gesagt haben: "Im Glauben meiner -Vter werde ich sterben, wo sie sind, wnsche ich auch zu sein, -sei's nun im Himmel oder in der Hlle." Da lchelte der Chalif und -entlie ihn reich beschenkt. - -Von selbstndigen Schriften dieser Mnner hat sich nur weniges -gerettet. Eine kleine Abhandlung des Qosta ibn Luqa ber den -Unterschied zwischen Seele und Geist (pneuma, ruh), in lateinischer -bersetzung erhalten, ist viel genannt und benutzt worden. Der Geist -ist danach ein feiner Krper, der von der linken Herzkammer aus den -menschlichen Leib belebt und darin Bewegung und Wahrnehmung bewirkt. Je -feiner und klarer dieser Geist, um so vernnftiger denkt und handelt -auch der Mensch. Darber sind sich Alle einig. Schwieriger aber ist es, -etwas Sicheres und Allgemeingltiges ber die Seele auszusagen. Die -Aussprche der grten Philosophen sind zum Teil verschieden, zum -Teil einander widersprechend. Jedenfalls ist die Seele unkrperlich, -weil sie Qualitten, und zwar die entgegengesetzten zugleich, in -sich aufnimmt. Sie ist einfach, unvernderlich und vergeht nicht, wie -der Geist, mit dem Krper; der Geist vermittelt nur zwischen beiden, -ist also secundre Ursache der Bewegung und Wahrnehmung. - -Was hier in Bezug auf die Seele behauptet wird, finden wir bei -vielen Spteren. Nur wird allmhlich, je mehr die aristotelische -Philosophie platonische Ansichten in den Hintergrund drngt, ein -anderes Gegensatzpaar in das volle Licht gerckt. Von der Bedeutung -des Lebensgeistes (ruh) reden nur noch die Mediziner. Die Philosophen -stellen Seele und Geist oder Vernunft (nous, `aql) zusammen. Die Seele -wird nun ins Vergngliche, mitunter sogar nach gnostischer Art in das -niedere, bse Bereich der Begierden herabgezogen. ber sie erhebt sich, -als das Hchste, das Unvergngliche im Menschen, der vernnftige Geist. - -Mit dieser Bemerkung greifen wir aber der Geschichte vor. Kehren wir -zu unseren bersetzern zurck. - -10. Das Wertvollste, was der griechische Geist an Kunst, Poesie -und Geschichtschreibung uns hinterlassen hat, ist den Orientalen -niemals zugnglich geworden. Es htte bei ihnen auch schwerlich -Verstndnis gefunden. Dafr fehlte eben der Geschmack und die -Kenntnis griechischen Lebens. Mit dem sagenumstrahlten Alexander dem -Groen fing ihnen die Geschichte Griechenlands erst an, und es wird -der Aufnahme aristotelischer Philosophie am muslimischen Hofe die -Stellung des Aristoteles zum grten Frsten des Altertums gewiss -frderlich gewesen sein. Die arabischen Geschichtschreiber zhlten -die griechischen Frsten bis auf Kleopatra und weiter die rmischen -Kaiser auf, aber ein Thukydides z. B. war ihnen nicht einmal dem -Namen nach bekannt. Von Homeros haben sie nicht viel mehr als den -Satz, dass Einer Herrscher sein solle, aufgenommen. Von den groen -griechischen Dramatikern und Lyrikern haben sie keine Ahnung. Nur -durch seine Mathematik, Naturwissenschaft und Philosophie hat -das griechische Altertum auf sie gewirkt. Von der Entwicklung der -griechischen Philosophie hat man aus Plutarch, Porphyr u. A., sowie -aus den Schriften des Aristoteles und Galen einiges erfahren. Es hat -sich aber daran viel Sagenhaftes gehngt, und was im Orient ber die -Lehren der vorsokratischen Philosophen berichtet worden, lsst uns -nur schlieen auf die Pseudepigraphen, aus denen man schpfte, oder -vielleicht auch auf die im Osten selbst ausgebildeten Ansichten, die -man mit der Autoritt alter griechischer Weisen zu sttzen suchte. Doch -ist bei Allem immer zunchst an ein griechisches Original zu denken. - -11. Im allgemeinen lsst sich behaupten, dass die Syrer-Araber den -Faden der Philosophie dort aufnahmen, wo ihn die letzten Griechen -hatten fallen lassen, d. h. bei der neuplatonischen Auslegung des -Aristoteles, neben dem auch die platonischen Schriften gelesen -und erlutert wurden. Unter den Harraniern und lange Zeit bei -einigen muslimischen Sekten blhten am meisten die platonischen oder -pythagoreisch-platonischen Studien, zu denen sich viel Stoisches und -Neuplatonisches gesellte. Man interessierte sich auerordentlich fr -das Schicksal des Sokrates, der im heidnischen Athen als ein Mrtyrer -seines Vernunftglaubens fiel. Mchtig wirkte die platonische Seelen- -und Naturlehre. Das pythische "Erkenne dich selbst", als Motto der -sokratischen Weisheit berliefert und neuplatonisch gedeutet, wurde von -den Muslimen dem Ali, Mohammeds Schwiegersohn, oder gar dem Propheten -selbst in den Mund gelegt. Wer sich selbst erkennt, erkennt damit Gott, -seinen Herrn, das wurde der Text fr allerhand mystische Spekulationen. - -In medizinischen Kreisen und am weltlichen Hofe wurden immer mehr die -Werke des Aristoteles bevorzugt. Zunchst freilich nur die Logik und -einzelnes aus den physischen Schriften. Die Logik, so glaubte man, -sei das einzige Neue, was der Stagirite erfunden; in allen anderen -Wissenschaften stimme er aber durchaus mit Pythagoras, Empedokles, -Anaxagoras, Sokrates und Platon berein. Die christlichen und sabischen -bersetzer und die von ihnen beeinflussten Kreise holten sich deshalb -unbedenklich psychologisch-ethische, politische und metaphysische -Belehrung bei den voraristotelischen Weisen. - -Was den Namen des Empedokles, Pythagoras u. A. trug, war natrlich -unecht. Ihre Weisheit wird entweder auf Hermes oder andere, -orientalische Weisen zurckgefhrt. So soll Empedokles ein Schler -Knig Davids, nachher des Weisen Loqman gewesen, Pythagoras aus der -salomonischen Schule hervorgegangen sein u. s. w. Schriften, die in -den arabischen Werken als sokratisch zitiert werden, sind, insofern sie -echt, platonische Dialoge, in denen Sokrates auftritt. Von Platon hat -man, auer unechten Schriften, mehr oder weniger umfangreich angefhrt: -die Apologie, Kriton, den Sophisten, Phdrus, die Republik, Phdon, -Timus und die Gesetze. Das heit aber nicht, dass dies Alles in -vollstndiger bersetzung vorgelegen habe. - -Soviel ist sicher, Aristoteles war nicht von Anfang an -Alleinherrscher. Platon, wie man ihn verstand, lehrte die Weltschpfung -und die geistige Substantialitt und Unsterblichkeit der Seele: das -schadete dem Glauben nicht. Aristoteles aber, mit seiner Lehre von -der Ewigkeit der Welt und einer weniger spiritualistischen Psychologie -und Ethik, wurde als gefhrlich betrachtet. Muslimische Theologen des -neunten und zehnten Jahrhunderts aus verschiedenen Lagern schrieben -deshalb gegen Aristoteles. Doch die Verhltnisse nderten sich. Bald -gab es Philosophen, die die platonische Lehre von der Einen Weltseele, -von der die menschlichen Seelen nur endliche Teile seien, verwarfen und -beim Aristoteles, der der Einzelsubstanz so groe Bedeutung beilegte, -Grnde suchten fr ihre Unsterblichkeitshoffnung. - -12. Wie man in der ltesten Zeit den Aristoteles auffassen musste, -zeigen uns am besten die ihm untergeschobenen Schriften. Denn nicht -nur bekam man seine echten Werke mit neuplatonischen Erluterungen -dazu, nicht nur wurde die Schrift "ber die Welt" unbedenklich -als aristotelisch anerkannt, sondern er wurde auch als der Urheber -betrachtet von vielen sptgriechischen Erzeugnissen, in denen ein -pythagoreisierender Platonismus oder Neuplatonismus, oder gar ein -wster Synkretismus ganz offen gelehrt wurde. - -Als erstes Beispiel sei hier genannt das "Buch vom Apfel" [6], darin -Aristoteles dieselbe Rolle spielt wie Sokrates in Platon's Phdon. Als -nmlich der Philosoph seinem Ende nahe, besuchen ihn einige Schler, -die ihn frohen Mutes finden, was sie veranlasst, Belehrung ber das -Wesen und die Unsterblichkeit der Seele von ihrem hinscheidenden -Meister zu erbitten. Dieser fhrt darauf etwa folgendes aus: Das -Wesen der Seele besteht in Wissen, und zwar in seiner hchsten Form, -der Philosophie. Eine vollkommene Erkenntnis der Wahrheit ist deshalb -die Seligkeit, die nach dem Tode der wissenden Seele bevorsteht. Und -wie das Wissen mit hherer Erkenntnis belohnt wird, so besteht die -Strafe fr Nichtwissen in tieferer Unwissenheit. Es gibt ja berhaupt -im Himmel und auf Erden nichts anderes als Wissen und Nichtwissen -und die Vergeltung, die beide in sich selbst finden. Auch ist weder -die Tugend wesentlich vom Wissen verschieden, noch das Laster vom -Nichtwissen: sie verhalten sich zu einander hnlich wie das Wasser -zum Eise, in verschiedener Form dasselbe. - -Im Wissen, dem gttlichen Wesen der Seele, findet diese naturgem -ihre einzige wahre Freude, nicht aber in Essen und Trinken und -sinnlicher Lust. Denn die Sinnenlust ist eine Flamme, die blo -auf kurze Zeit erwrmt; reines Licht aber, das weithin leuchtet, -ist die denkende Seele, die ihre Erlsung aus der dunklen Sinnenwelt -herbeisehnt. Darum frchtet der Philosoph den Tod nicht, sondern tritt -ihm freudig entgegen, wenn die Gottheit ruft. Der Genuss, den ihm sein -beschrnktes Wissen hier bietet, ist ihm eine Gewhr fr die Wonne, -die die Enthllung des groen Unbekannten ihm verschaffen wird. Etwas -davon wei er ja jetzt schon, denn nur durch die Erkenntnis des -Unsichtbaren ist die richtige Schtzung des Sinnenflligen, deren er -sich rhmen darf, berhaupt mglich. Wer sein Selbst in diesem Leben -erkennt, besitzt gerade in dieser Selbsterkenntnis die Gewissheit, -alle Dinge mit ewigem Wissen zu umfassen, d. h. unsterblich zu sein. - -13. Zweitens sei die sogenannte "Theologie des Aristoteles" erwhnt. Es -wird darin der gttliche Platon als der Idealmensch hingestellt, -der durch ein intuitives Denken alle Dinge erkennt und also der -logischen Hilfsmittel des Aristoteles nicht bedarf. Ja, die hchste -Wirklichkeit, das absolute Sein, wird nicht durch Denken, sondern -nur in einem ekstatischen Schauen ergriffen. "fter war ich," so -redet hier Aristoteles-Plotin, "mit meiner Seele allein. Des Leibes -entkleidet trat ich, reine Substanz, in mein Selbst hinein, von -allem usseren zum Inneren zurckkehrend. Reines Wissen war ich da, -Wissendes und Gewusstes zugleich. Wie wunderte ich mich, dass ich -in meinem Selbst Schnheit und Glanz erblickte und mich als einen -Teil der erhabenen gttlichen Welt erkannte, selbst mit schaffendem -Leben begabt. In dieser Selbstgewissheit erhob ich mich ber die Welt -der Sinne, ja ber die Geisterwelt empor zu dem gttlichen Stande, -wo ich solch schnes Licht schaute, dass es keine Zunge aussprechen, -kein Ohr vernehmen knnte." - -Im Mittelpunkte der Errterungen steht auch in der Theologie die -Seele. Alle wahre menschliche Wissenschaft ist Wissenschaft der Seele, -Selbsterkenntnis, und zwar an erster Stelle Kenntnis des Wesens, -hernach, aber weniger vollstndig, der Wirkungen dieses Wesens. In -solcher Erkenntnis, zu der nur uerst wenige gelangen, besteht die -hchste Weisheit, die sich in Begriffe nicht vollkommen fassen lsst, -und die deshalb der Philosoph als weiser Knstler und Gesetzgeber -in ewig schnen Bildern zur Darstellung bringt, uns Menschen zum -Gottesdienste. Es zeigt sich eben darin der Weise als der berlegene, -selbstgengsame Zauberer, dessen Wissen die Menge beherrscht, weil -diese im Banne der Dinge, der Vorstellungen und Begierden immer -gefesselt bleibt. - -Die Seele steht in der Mitte des Alls. ber ihr sind Gott und der -Geist, unter ihr die Materie und die Natur. Ihr Kommen aus Gott -durch den Geist in die Materie, ihre Gegenwart im Krper, ihre -Rckkehr nach oben, in diesen drei Stadien verluft ihr Leben und -das der Welt. Materie und Natur, Sinneswahrnehmung und Vorstellung -verlieren hier fast ganz ihre Bedeutung. Alles ist vom Geist (nous, -`aql), der Geist ist alle Dinge und im Geiste ist alles Eins. Auch -die Seele ist Geist, freilich, solange sie in ihrem Krper weilt, -Geist in Hoffnung, Geist in der Form der Sehnsucht. Sie sehnt sich -nach oben, nach den guten, seligen Gestirnen, die, ber Vorstellung -und Strebung erhaben, ihre beschauliche Lichtexistenz fhren. - -Das ist nun der orientalische Aristoteles, wie ihn die ersten -Peripatetiker im Islam anerkannten. [7] - -14. Dass die Orientalen sich nie zu einer reinen Auffassung der -aristotelischen Philosophie durchgerungen haben, braucht uns -nicht zu wundern. Die Mittel unserer Kritik, Echtes und Unechtes -zu sondern, besaen sie nicht. Sich in die griechische Kulturwelt -hineinzuleben, musste ihnen sogar schwerer fallen als den christlichen -Gelehrten des Mittelalters, das den lebendigen Zusammenhang mit dem -Altertum nie ganz verloren hatte. Man blieb im Osten abhngig von -neuplatonischen Bearbeitungen und Erklrungen. Fehlte ein Teil des -wissenschaftlichen Systems, z. B. die aristotelische Politik, so war -es selbstverstndlich, dass die Gesetze oder der Staat Platons dafr -eintraten. Nur wenigen kam der Unterschied Beider zum Bewusstsein. - -Es ist noch auf ein anderes Motiv zu achten. Schon in ihren -neuplatonischen Quellen fanden die Muslime eine harmonisierende -Auslegung der griechischen Philosophen vor, die sie wohl gezwungen -waren, herberzunehmen. Die ersten Anhnger des Aristoteles -mussten ja polemisch und apologetisch vorgehen. Entgegen oder -neben der bereinstimmung der muslimischen Gemeinde brauchten sie -eine einheitliche Philosophie, darin die Eine Wahrheit zu finden -war. Dieselbe Verehrung, die Mohammed seinerzeit den heiligen -Schriften der Juden und Christen gezollt hatte, fand sich spter -bei muslimischen Gelehrten in Bezug auf die Werke griechischer -Wissenschaft. Nur zeigten die Gelehrten eine grere Vertrautheit mit -ihren Vorbildern und geringere Originalitt. Die alten Philosophen -erhielten fr sie eine Autoritt, der man sich zu fgen hatte. Die -ersten muslimischen Denker waren von der berlegenheit griechischen -Wissens derart berzeugt, dass sie nicht daran zweifelten, es habe die -hchste Stufe der Gewissheit erreicht. Selbstndig weiter zu forschen, -war ein Gedanke, der nicht leicht aufkam im Gehirn des Orientalen, -der sich einen Menschen ohne Lehrer nur als einen Schler Satans -vorzustellen vermag. Nach dem Vorgange hellenistischer Philosophen -musste also der Versuch gemacht werden, zwischen Platon und Aristoteles -die bereinstimmung nachzuweisen, und besonders diejenigen Lehren, -welche Ansto erregten, entweder stillschweigend zu beseitigen oder -in einem, der muslimischen Dogmatik nicht zu stark widerstreitenden -Sinne darzustellen. Den Gegnern des Aristoteles oder der Philosophie -berhaupt zu gefallen, hob man weise und erbauliche Sprche aus -echten und unechten Werken des Philosophen hervor, um auf diese -Weise der Aufnahme seiner wissenschaftlichen Gedanken den Weg zu -bereiten. Den Eingeweihten aber wurde die Lehre des Aristoteles, -wie diejenige anderer Schulen und Sekten, als eine hhere Wahrheit -hingestellt, zu der der positive Glaube der Menge und das mehr oder -weniger begrndete System der Theologen die Vorstufen bilden sollten. - -15. Ein vom Bestande der bersetzten griechischen Werke abhngiger -Eklektizismus ist die muslimische Philosophie immer geblieben. Der -Verlauf ihrer Geschichte ist mehr ein Verdauungs- als ein -Zeugungsprozess. Weder durch das Aufzeigen neuer Probleme noch -durch eigentmliche Versuche, alte Fragen zu lsen, hat sie sich -bedeutend hervorgethan. Wichtige Fortschritte des Denkens hat sie -also nicht zu verzeichnen. Dennoch hat sie, historisch betrachtet, -eine weit grere Bedeutung, als die einer bloen Vermittlerin -zwischen dem Altertum und der christlichen Scholastik. Die Aufnahme -griechischer Ideen in die Mischkultur des Orients zu verfolgen, hat -an sich als Gegenstand geschichtlichen Interesses einen ganz eigenen -Reiz, zumal, wenn man dabei vergessen kann, dass es einmal Griechen -gegeben. Wichtig wird aber auch die Betrachtung dieses Ereignisses, -wenn es zu Vergleichen mit anderen Kulturen Veranlassung bietet. Die -Philosophie ist eine so einzigartige, selbstndig auf griechischem -Boden erwachsene Erscheinung, dass man sie als den Bedingungen des -allgemeinen Kulturlebens berhoben ansehen knnte, um sie rein aus sich -selbst heraus zu erklren. Die Geschichte der Philosophie im Islam -ist nun schon deshalb wertvoll, weil sich in ihr der erste Versuch -darstellt, in grerem Umfange und mit grerer Freiheit als es in -der altchristlichen Dogmatik geschehen, die Ergebnisse griechischen -Denkens sich anzueignen. Die Erkenntnis der Bedingungen, die solches -ermglichten, wird uns, wenn auch mit Vorsicht und vorlufig wenigstens -in sehr beschrnktem Mae, Analogieschlsse gestatten auf die Rezeption -der griechisch-arabischen Wissenschaft im christlichen Mittelalter, -und vielleicht ein wenig belehren ber die Bedingungen, unter denen -Philosophie berhaupt entsteht. - -Von einer muslimischen Philosophie ist eigentlich kaum zu reden. Aber -es hat im Islam viele Mnner gegeben, die nicht davon lassen konnten, -zu philosophieren. Durch die griechischen Falten hindurch zeigt sich -doch die Form ihrer eigenen Glieder. Es ist leicht, von der hohen Warte -irgend einer Schulphilosophie auf jene Mnner herabzublicken. Besser -aber wird es fr uns sein, sie kennen und in ihrer historischen -Bedingtheit begreifen zu lernen. Wir mssen es der Einzelforschung -berlassen, der Herkunft jedes Gedankens nachzugehen. Unser Zweck -kann es nur sein im folgenden zu zeigen, was die Muslime aus dem -vorgefundenen Materiale aufgebaut haben. - - - - - - - - -II. PHILOSOPHIE UND ARABISCHES WISSEN. - - -1. Die Sprachwissenschaft. - -1. Von muslimischen Gelehrten des zehnten Jahrhunderts wurden -die Wissenschaften in arabische und in alte oder nichtarabische -eingeteilt. Zu den ersteren gehrten Sprachwissenschaft, Pflichten- -und Glaubenslehre, Litteraturkenntnis und Geschichte; zu den letzteren -die philosophischen, naturwissenschaftlichen und medizinischen -Disziplinen. Im groen Ganzen ist die Einteilung richtig. Die -letztgenannten Fcher sind nicht nur am meisten von fremden Einflssen -bestimmt, sondern auch nie recht populr geworden. Doch sind auch die -sogenannten arabischen Wissenschaften nicht ganz rein einheimische -Schpfungen. Auch sie sind entstanden oder ausgebildet, wo im -muslimischen Reiche Araber und Nichtaraber zusammentrafen und das -Bedrfnis erwachte, ber die den Menschen nchstliegenden Gegenstnde, -Sprache und Poesie, Recht und Religion, sofern sich darin Unterschiede -oder Unzulnglichkeiten zeigten, nachzudenken. In der Weise, wie -dieses geschah, sprt man deutlich den Einfluss von Nichtarabern, -namentlich Persern, und immer bedeutender macht sich auch dabei die -Einwirkung griechischer Philosophie geltend. - -2. Die arabische Sprache, an deren Wortflle, Formenreichtum und -innerer Bildungsfhigkeit die Araber selbst sich besonders erfreuten, -eignete sich vorzglich zu einer Weltstellung. Besonders zeichnet -sie sich, wenn man sie z. B. mit der schwerflligen lateinischen -oder auch mit der schwlstigen persischen vergleicht, durch kurze -Abstraktbildungen aus, was dem wissenschaftlichen Ausdrucke zu gute -kam. Sie ist der feinsten Nuancierung fhig, verfhrt aber auch durch -eine reichentwickelte Synonymik dazu, von der aristotelischen Regel, -dass in der strengen Wissenschaft der Gebrauch von Synonymen nicht -zulssig sei, abzuweichen. - -Eine so elegante, ausdrucksfhige, aber schwierige Sprache, wie es -die arabische war, musste, als sie die Bildungssprache der Syrer und -Perser geworden, zu manchen Betrachtungen Veranlassung bieten. Vor -allem machte das Studium des Korans, dessen Vortrag und Auslegung, -eine eingehende Beschftigung mit der Sprache notwendig. Unglubige -glaubten auch wohl, im heiligen Buche Sprachfehler nachweisen zu -knnen. Man sammelte also aus alten Gedichten und der lebendigen -Beduinensprache Beispiele, um die koranischen Ausdrcke zu belegen, -woran sich wohl Bemerkungen ber Sprachrichtigkeit im allgemeinen -anschlossen. Im ganzen war der lebendige Brauch die Richtschnur, aber -um die Autoritt des Korans zu retten, ging es dabei gewiss nicht -ohne Knsteleien ab. Den einfachen Glubigen war dieses Verfahren -immerhin etwas bedenklich. Masudi erzhlt uns noch von einigen -Grammatikern aus Basra, die auf einer Lustfahrt einen koranischen -Imperativ durchconjugierten und deshalb (?) von den mit Dattelpflcken -beschftigten Landleuten durchgeprgelt wurden. - -3. Die Araber fhren die Sprachwissenschaft, wie so vieles Andere, -auf Ali zurck, dem sogar die aristotelische Dreiteilung der Rede -zugeschrieben wird. In Wirklichkeit sind die Anfnge in Basra und Kufa -gemacht worden. Die erste Entwicklung liegt im Dunkeln, denn in der -Grammatik des Sibawaih (gest. 786) haben wir eine fertige Gestalt, ein -Riesenwerk, das, wie nachher Ibn Sina's Kanon der Medizin, die spteren -Geschlechter sich nur als das Erzeugnis vieler zusammenarbeitender -Gelehrten erklren konnten. Auch ber die Unterschiede zwischen -den Schulen von Basra und Kufa sind wir schlecht unterrichtet. Die -Basrenser, wie spter die Schule von Bagdad, sollen dem Qijas (der -Analogie) einen groen Einfluss auf die Beurteilung sprachlicher -Erscheinungen eingerumt haben, whrend die Kufenser viele vom Qijas -abweichende Spracheigenheiten fr erlaubt hielten. Im Gegensatze zu -den kufischen Grammatikern wurden aus dem Grunde die anderen Leute der -Logik genannt. Ihre Terminologie wich von der kufischen im einzelnen -ab. Viele, denen nach Ansicht der echten Araber die Logik den Kopf -verdreht hatte, werden in der Meisterung der Sprache entschieden zu -weit gegangen sein. Andererseits aber wurde die Willkr zur Regel -erhoben. - -Dass die Schule von Basra sich zuerst logischer Hilfsmittel bediente, -wre kein Zufall. berhaupt zeigte sich in Basra am ersten der Einfluss -philosophischer Lehren, und unter ihren Grammatikern befanden sich -viele Schiiten und Mutaziliten, die auch auf ihre Glaubenslehren -einzuwirken fremder Weisheit gerne gestatteten. - -4. Die Sprachwissenschaft, sofern sie nicht, von Gegenstnden bestimmt, -auf Sammlung von Beispielen, Synonymen u. s. w. sich beschrnkte, wurde -von der aristotelischen Logik beeinflusst. Syrer und Perser hatten -schon vor muslimischer Zeit die Schrift peri hermneias, mit stoischen -und neuplatonischen Zustzen, studiert. Ibn al-Moqaffa, der anfangs -mit dem Grammatiker Chalil (s. unten) befreundet war, machte dann -Alles, was sich sprachlich-logisches im Pahlawi vorfand, den Arabern -zugnglich. Es wurden darnach die Satzarten, bald fnf, bald acht -oder neun, und die drei Redeteile, Nomen, Verbum und Partikel, -aufgezhlt. In der Folgezeit nahmen einige, wie Dschahiz, unter -die rhetorischen Figuren auch Schlussfiguren der Logik auf. Und in -spteren Darstellungen wurde viel ber Laut und Begriff gestritten -und die Frage errtert, ob die Sprache durch Satzung oder von Natur -sei. Allmhlich gewann die philosophische Ansicht, sie sei durch -Satzung, das bergewicht. - -Neben der Logik kommt hier noch der Einfluss der propdeutischen -oder mathematischen Wissenschaften in Betracht. Wie die Prosa des -Verkehrs und die Reime des Korans wurden die Verse der Dichter -nicht blo gesammelt, sondern auch nach bestimmten Gesichtspunkten, -unter denen das Metrum, geordnet. Nach der Grammatik entstand die -Metrik. Chalil (gest. 791), der Lehrer Sibawaih's, dem man die -erste Anwendung des Qijas in der Sprachwissenschaft zuschreibt, -soll auch die Metrik erfunden haben. Whrend man die Sprache als das -nationale, conventionelle Element in der Poesie anzusehen lernte, -glaubte man im Metrum das natrliche, allen Vlkern gemeinsame -zu finden. Thabit ibn Qorra (836-901) behauptete darum in seiner -Anordnung der Wissenschaften, das Metrum sei etwas Wesentliches, die -Metrik eine natrliche Wissenschaft, sie gehre somit zur Philosophie. - -5. Trotz alledem behielt die Sprachwissenschaft, die sich auf das -Arabische beschrnkte, ihre Eigentmlichkeiten, auf die hier einzugehen -nicht am Platze ist. Jedenfalls ist sie eine groartige Schpfung des -fein beobachtenden und fleiig sammelnden arabischen Geistes, darauf -die Araber stolz sein durften. Ein Apologet des zehnten Jahrhunderts, -der sich gegen die griechische Philosophie wendet, sagte: "Wer die -Feinheiten und Tiefen der arabischen Poesie und Metrik kennt, der wei, -dass sie alles dasjenige bertrifft, was die Leute als Beweise fr -ihre Meinungen anzufhren pflegen, welche in dem Wahne leben, dass -sie die Wesenheiten der Dinge zu erkennen im Stande sind: Zahlen, -Linien und Punkte. Ich kann den Nutzen dieser Dinge nicht einsehen, -es sei denn, dass sie trotz des geringen Nutzens, den sie bringen, -den Glauben schdigen und Dinge im Gefolge haben, gegen welche -wir Gottes Beistand anrufen." Man wollte sich seine Freude an den -Einzelheiten der Sprache durch allgemeine philosophische Spekulationen -nicht trben lassen. Manche Wortbildung, von den bersetzern fremder -Werke herrhrend, wurde als barbarisch von puristischen Sprachlehrern -verabscheut. Und weitere Verbreitung als die wissenschaftliche -Sprachforschung fand die schne Kunst der Kalligraphie, die sich, -wie die arabische Kunst berhaupt, mehr dekorativ als konstruktiv, in -edlen, feinen Formen entwickelte. In den Schriftzgen der arabischen -Sprache zeigt sich uns noch die Subtilitt des Geistes, der sie -gebildet, zugleich aber auch ein Mangel an Energie, der sich in der -ganzen Entwicklung arabischer Kultur bemerklich gemacht hat. - - - - -2. Die Pflichtenlehre. - -1. Der glubige Muslim hatte, sofern nicht das Herkommen seine -Herrschaft behauptete, anfangs als Richtschnur seines Handelns und -Urteilens das Wort Gottes und das Beispiel seines Propheten. Nachdem -dieser gestorben war, folgte man, falls der Koran keine Auskunft -erteilte, der Sunna Mohammeds, d. h. man that und entschied, wie der -berlieferung seiner Genossen nach Mohammed entschieden oder gehandelt -hatte. Aber seit der Eroberung alter Kulturlnder traten an den Islam -ganz neue Ansprche heran. Statt der einfachen Verhltnisse arabischen -Lebens fanden sich dort Gewohnheiten und Einrichtungen vor, fr die das -heilige Gesetz keine Bestimmung bot und noch keine Tradition vorhanden -oder ausgedeutet war. Jeden Tag huften sich also die Einzelflle, -die nicht vorgesehen waren, und die man, sei es nach dem Herkommen -oder nach eigenem Gutdnken beurteilen musste. In den altrmischen -Provinzen, Syrien und Mesopotamien, wird dabei das rmische Recht -noch lange Zeit eine bedeutende Wirkung ausgebt haben. - -Diejenigen Rechtslehrer nun, welche neben Koran und Sunna der -eigenen Ansicht (ra'j, opinio) einen bestimmenden Einfluss auf das -Recht zuerkannten, wurden Anhnger des Raj genannt. Als solcher -ist besonders bekannt geworden Abu Hanifa von Kufa (gest. 767), -der Stifter der hanefitischen Schule. Aber auch in Medina, vor und -in der Schule des Malik (715-795) hat man anfangs ganz harmlos, wenn -auch weniger weitgehend, dem Raj gehuldigt. Nur allmhlich hat sich, -im Kampfe gegen das zu vielen Willkrlichkeiten Veranlassung gebende -Raj, die Meinung vorgedrngt, es sei in Allem der Tradition (hadth) -in Bezug auf die Sunna des Propheten zu folgen. Es wurden dann von -berall her Traditionen gesammelt, gedeutet, auch massenhaft geflscht, -und eine Lehre von den Kriterien ihrer Echtheit ausgebildet, die aber -mehr auf die uere Bezeugung und die Zweckmigkeit des berlieferten -als auf Folgerichtigkeit und historische Treue Gewicht legte. Infolge -dieser Entwicklung standen jetzt den Leuten des Raj, die hauptschlich -in Iraq (Babylonien) gefunden wurden, die Anhnger der Tradition -von Medina entgegen. Auch Schafii (767-820), der Grnder der dritten -Rechtsschule, der sich im allgemeinen an der Sunna hielt, wurde wohl -im Gegensatz zu Abu Hanifa den Anhngern der Tradition beigezhlt. - -2. Ein neues Element brachte die Logik in diesen Streit hinein: das -Qijas, die Analogie. Einzelne Qijase gab es natrlich schon frher, -aber die Aufstellung des Qijas als eines Prinzipes, einer Grundlage -oder Quelle des Rechtes setzt den Einfluss wissenschaftlicher Reflexion -voraus. Wenn auch Raj und Qijas synonym gebraucht sein mgen, so -haftet doch dem letzteren Ausdrucke weniger das Moment individueller -Willkr an. Je mehr man sich daran gewhnte, bei sprachlich-logischen -Untersuchungen das Qijas anzuwenden, um so leichter konnte man auch -dieses Prinzip in die Grundlehre der Gesetzeskunde aufnehmen, sei es -nun, dass man von Fall zu Fall und von der Mehrzahl der Flle auf -die brigen (analogisch) schloss, oder aber fr verschiedene Flle -einen gemeinsamen Grund aufsuchte, aus dem das Verhalten im Einzelfall -(syllogistisch) abzuleiten wre. [8] - -Die Anwendung des Qijas scheint zunchst und zumeist in der -hanefitischen, dann aber auch, obgleich in geringerem Umfange, in der -schafiitischen Schule blich gewesen zu sein. Im Zusammenhang damit -wurde die Frage, ob die Sprache das Allgemeine auszudrcken vermge -oder blo das Besondere bezeichnen knne, fr die Pflichtenlehre -von Bedeutung. - -Zu einem groen Ansehen hat das logische Prinzip des Qijas es -nie gebracht. Vielmehr wurde, neben den historischen Grundlagen -des Gesetzes, dem Koran und der Sunna, das Idschma d. h. die -bereinstimmung der Gemeinde, betont. Die bereinstimmung der Gemeinde -oder faktisch der einflussreichsten Gelehrten, die mit den Vtern -und Lehrern der katholischen Kirche zu vergleichen sind, ist das -dogmatische Prinzip, das, nur von wenigen angefochten, sich als das -wichtigste Mittel zur Begrndung der muslimischen Pflichtenlehre -erwiesen hat. Nach Koran, Sunna und Idschma rumt aber die Theorie -immer noch, an vierter Stelle, dem Qijas einen untergeordneten -Platz ein. - -3. Die muslimische Pflichtenlehre (al-fiqh = das Erkennen) umfasst -das ganze Leben des Glubigen, dem der Glaube selbst an erster Stelle -zur Pflicht gemacht wird. Anfangs stie sie, wie jede Neuigkeit, auf -heftigen Widerstand. Gesetz ward hier zu Lehre, glubiger Gehorsam -zu grbelndem Wissen. Das forderte Widerspruch heraus, von einfachen -Frommen und klugen Politikern zugleich. Aber nach und nach wurden -die Wissenden oder Gesetzesgelehrten (ulam, im Westen faqihs) als -die Erben der Propheten anerkannt. - -Die Pflichtenlehre hat sich vor der Glaubenslehre entwickelt und -auch immer bis heute den ersten Platz zu behaupten gewusst. Fast -jeder Muslim wei etwas davon, weil es zur guten religisen Erziehung -gehrt. Nach dem groen Kirchenvater Gazali ist das Fiqh das tgliche -Brot glubiger Seelen, whrend die Glaubenslehre nur als Medizin fr -Kranke einen Wert hat. - -Auf die fein ausgesponnene Kasuistik des Fiqh nher einzugehen, -haben wir hier keine Veranlassung. Es handelt sich der Hauptsache -nach um ein ideelles Recht, das in unserer mangelhaften Welt wohl nie -rein zur Anwendung kommen kann. Seine Prinzipien und seine Stellung -innerhalb des Islam kennen wir jetzt. Es sei nur noch die Einteilung -der sittlichen Handlungen, wie die Pflichtenlehrer sie aufstellen, -kurz erwhnt. Es gibt ihr zufolge 1. Handlungen, deren Ausbung -unbedingte Pflicht ist und deshalb belohnt, deren Unterlassung -bestraft wird; 2. gesetzlich anempfohlene Handlungen, die belohnt, -deren Vernachlssigung aber nicht bestraft wird; 3. erlaubte, -gesetzlich gleichgiltige Handlungen; 4. vom Gesetze missbilligte, -aber nicht strafbare Handlungen; 5. gesetzlich verbotene Handlungen, -die unbedingt Strafe fordern. [9] - -4. Die Einwirkung griechischer Philosopheme auf die Ethik im Islam -ist eine zweifache gewesen. Bei vielen Sektierern und Mystikern, -sowohl orthodoxen als hretischen, findet sich eine asketische Ethik -von pythagoreisch-platonischer Frbung. Sie findet sich ebenso -bei Philosophen, denen wir in der Folge noch begegnen werden. In -orthodoxen Kreisen aber fand der aristotelische Satz, dass Tugend -in der richtigen Mitte bestehe, viel Anklang, weil hnliches im -Koran stand und berhaupt die Richtung des Islam eine katholische, -die Gegenstze ausshnende war. - -Mehr wohl als die Ethik wurde im muslimischen Reiche die Politik -gepflegt. Politische Parteikmpfe gaben zuerst Veranlassung zu -Verschiedenheit der Meinungen. Streitigkeiten ber das Immat, -d. h. die Herrschaft ber die muslimische Gemeinde, durchziehen die -ganze Geschichte des Islam. Es handelt sich aber durchweg mehr um -Fragen persnlicher und praktischer als solche theoretischer Bedeutung, -weshalb eine Geschichte der Philosophie sie nicht eingehend zu -bercksichtigen braucht. Philosophisch Wertvolles kommt kaum dabei -heraus. Schon im Laufe der ersten Jahrhunderte entwickelte sich -ein festes kanonisches Staatsrecht, das aber, hnlich der ideellen -Pflichtenlehre, von starken Herrschern als theologische Grbelei -nicht sonderlich beachtet wurde, dagegen von schwachen Frsten erst -recht nicht zur Anwendung gebracht werden konnte. - -Ebensowenig verlohnt es sich, die vielen, besonders in Persien -beliebten Frstenspiegel, an deren weisen Sittensprchen und -politisch-klugen Maximen die hfischen Kreise sich erbauten, nher -zu betrachten. - -Das Schwergewicht philosophischer Bestrebungen im Islam liegt auf der -theoretischen, intellektuellen Seite. Mit den thatschlichen Vorgngen -des gesellschaftlichen und staatlichen Lebens wei man sich nur -notdrftig abzufinden. Auch die Kunst der Muslime, obgleich sie viel -mehr Originelles zeigt als ihre Wissenschaft, versteht es nicht, die -sprden Stoffe zu beleben, sondern spielt mit zierlichen Formen. Die -Poesie schafft kein Drama. Und ihre Philosophie ist nicht praktisch. - - - - -3. Die Glaubenslehre. - -1. Im Koran war den Muslimen eine Religion, keine Lehre, Gesetze, -aber keine Dogmen gegeben. Was sich darin der Logik widersetzte, was -wir uns aus den wechselnden Lebensverhltnissen und den verschiedenen -Stimmungen des Propheten erklren, wurde von den ersten Glubigen -einfach hingenommen, ohne zu fragen nach dem Wie und Warum. In den -eroberten Lndern aber fand man eine ausgebildete christliche Dogmatik, -sowie zoroastrische und brahmanische Lehren vor. Wie viel die Muslime -den Christen verdanken, haben wir schon fter betont. Die Glaubenslehre -ist von christlichen Einflssen wohl am meisten bestimmt worden. In -Damaskus wirkten orthodoxe und monophysitische Lehren, in Basra und -Bagdad vielleicht mehr nestorianische und gnostische Theoreme auf -die Bildung muslimischer Dogmen ein. Litterarisches hat sich aus -der ersten Zeit dieser Bewegung wenig erhalten. Man wird sich aber -nicht irren, wenn man dem persnlichen Verkehre und dem schulmigen -Unterricht eine bedeutende Wirkung zuschreibt. Wie noch heute, lernte -man damals im Orient nicht viel aus Bchern, sondern mehr aus dem Munde -des Lehrers. Die hnlichkeit zwischen den ltesten Glaubenslehren im -Islam und den Dogmen des Christentums ist zu gro, dass man einen -direkten Zusammenhang leugnen knnte. Die erste Frage nmlich, -ber die von muslimischen Gelehrten viel disputiert wurde, war die -nach der Freiheit des Willens. Die Willensfreiheit nun wurde von den -orientalischen Christen fast allgemein angenommen. Nie und nirgends hat -man vielleicht ber das Willensproblem, in der Christologie zunchst, -aber auch in der Anthropologie, so viel hin und her geredet, wie in den -christlichen Kreisen des Ostens zur Zeit der muslimischen Eroberung. - -Auer diesen zum Teil apriorischen Erwgungen gibt es auch vereinzelte -Notizen, die darauf hindeuten, dass einige von den ersten Muslimen, -welche die Willensfreiheit lehrten, christliche Lehrer hatten. - -Schon aus den gnostischen Systemen, nachher aber aus der -bersetzungslitteratur, gesellte sich zu den hellenistisch-christlichen -eine Anzahl rein philosophischer Elemente. - -2. Eine nach logischer oder dialektischer Methode, sei es mndlich -oder schriftlich geuerte, Behauptung nannten die Araber im -allgemeinen, ganz besonders aber in der Glaubenslehre, einen Kalam -(logos) und diejenigen, welche solche Behauptungen aufstellten, -hieen mutakallimun. Von der einzelnen Behauptung wurde der Name -auf das ganze System bertragen und darunter auch die einleitenden, -grundlegenden Bemerkungen ber Methode u. s. w. mitverstanden. Wir -nennen die Wissenschaft des Kalam am besten theologische Dialektik -oder einfach Dialektik und bersetzen im folgenden Mutakallimun -mit Dialektiker. - -Der Name Mutakallimun, anfangs allen Dialektikern gemeinsam, ward -spter vorzugsweise den antimutazilitischen und orthodoxen Theologen -beigelegt. In letzterem Falle wre er dem Sinne nach gut mit Dogmatiker -oder Scholastiker zu bersetzen. Hatten nmlich die ersten Dialektiker -das Dogma noch zu bilden, die spteren brauchten es blo darzulegen -und zu begrnden. - -Die Einfhrung der Dialektik war eine gewaltige Neuerung -im Islam. Heftig wurde ihr von den Anhngern der Tradition -widersprochen. Was ber die Pflichtenlehre hinausging, hie ihnen -Ketzerei. Der Glaube sollte Gehorsam sein, nicht Erkenntnis, wie -Murdschiten und Mutaziliten behaupteten. Die Spekulation wurde von -diesen geradezu als eine Pflicht der Glubigen hingestellt. Auch mit -dieser Forderung shnte die Zeit sich aus. Der berlieferung nach -hatte der Prophet schon gesagt: Das erste, was Gott geschaffen hat, -ist das Wissen, oder: die Vernunft. - -3. Gro ist die Anzahl verschiedener Meinungen, die zum Teil schon in -der omajjadischen, hauptschlich aber in der ersten abbasidischen Zeit -laut wurden. Je weiter sie auseinander gingen, um so schwerer war es -den Mnnern der berlieferung, sich da hinein zu finden. Allmhlich -aber sonderten sich gewisse einheitliche Lehrgruppen aus, von -denen das rationalistische System der Mutaziliten, der Nachfolger -der Qadariten, die weiteste Verbreitung, besonders unter Schiiten, -fand. Vom Chalifen Mamun bis Mutawakkil kam es sogar zur staatlichen -Anerkennung. Frher von der weltlichen Macht unterdrckt und verfolgt, -wurden die Mutaziliten jetzt selber Inquisitoren des Glaubens, denen -das Schwert die Stelle des Beweises vertrat. - -Ungefhr zu derselben Zeit aber fingen auch ihre Gegner, die -Traditionarier, damit an, ein Glaubenssystem aufzubauen. berhaupt -fehlte es nicht an Vermittelungen zwischen dem naiven Glauben der Menge -und der Gnosis der Dialektiker. Dem spiritualistischen Geprge des -Mutazilitismus gegenber trugen diese Vermittelungen in Bezug auf die -Gotteslehre einen anthropomorphistischen, in Bezug auf Anthropologie -und Kosmologie einen materialistischen Charakter. Die Seele z. B. wurde -von ihnen krperlich oder als ein Accidens des Krpers aufgefasst, -und das gttliche Wesen als ein menschlicher Krper vorgestellt. Den -bildlichen Gott-Vater der Christen verabscheute die Religionslehre -und Kunst der Muslime, aber abgeschmackte Grbeleien ber die Gestalt -Allah's gab es im Islam die Flle. Einige gingen so weit, ihm smtliche -Krperglieder zuzusprechen, nur mit Ausnahme des Bartes und anderer -Privilegien orientalischer Mnner. - -Es ist unmglich, all die dialektischen Sekten, die oft zunchst -als politische Parteien aufgetreten waren, ausfhrlicher zu -besprechen. Von philosophiegeschichtlichem Standpunkte gengt es auch, -die mutazilitischen Hauptlehren, insoweit sie ein allgemeines Interesse -beanspruchen drfen, hier vorzufhren. - -4. Die erste Frage nun betraf menschliches Handeln und menschliches -Schicksal. Die Vorlufer der Mutaziliten, Qadariten genannt, -lehrten die Willensfreiheit des Menschen. Auch noch in spterer -Zeit, als ihre Spekulation sich mehr auf theologisch-metaphysische -Probleme richtete, wurden die Mutaziliten immer zuerst bezeichnet -als Anhnger der gttlichen Gerechtigkeit, die kein Bses verursache -und nach seinem Verdienste den Menschen belohne oder strafe, dann -aber, an zweiter Stelle, als Bekenner der Einheit Gottes, d. h. der -Eigenschaftslosigkeit seines Wesens, an sich betrachtet. Auf die -systematische Darstellung ihrer Lehren werden die Logiker (s. IV, -2 1) ihren Einfluss ausgebt haben. Schon in der ersten Hlfte -des zehnten Jahrhunderts fing das mutazilitische System mit dem -Einheitsbekenntnis an und war die Lehre von Gottes Gerechtigkeit, die -sich in allen seinen Werken kund gebe, an die zweite Stelle gerckt. - -Mit der Behauptung der Willensfreiheit sollte die menschliche -Verantwortlichkeit, sowie die Heiligkeit Gottes, der nicht die sndigen -Handlungen der Menschen unmittelbar hervorbringen knne, gerettet -werden. Darum musste der Mensch Herr seiner Thaten sein, aber auch blo -dieser. Denn dass die Kraft, welche berhaupt zum Handeln befhigt, -oder das Vermgen, sowohl Gutes als Bses zu thun, unmittelbar von -Gott dem Menschen zukomme, wurde von wenigen bezweifelt. Daher die -vielen, mit einer Kritik des philosophischen Zeitbegriffes verquickten, -spitzfindigen Errterungen ber die Frage, ob das von Gott im Menschen -geschaffene Vermgen der Handlung voraufgehe oder zeitlich damit -zusammenfalle. Ginge nmlich die Kraft der That vorher, so msste sie -entweder bis zur That fortdauern, was ihrem accidentellen Charakter -widerspreche (vgl. II, 3 12), oder aber schon vor der That aufhren -zu existieren, und in diesem Falle wre sie berhaupt entbehrlich. - -Vom menschlichen Handeln wurde die Spekulation weiter auf das -Wirken der Natur bertragen. Statt Gott oder der Mensch hie hier -der Gegensatz Gott oder die Natur. Die hervorbringenden und zeugenden -Krfte der Natur wurden als Mittel oder nchste Ursachen anerkannt und -von einigen zu erforschen gesucht. Die Natur selbst aber, wie die ganze -Welt, war ihrer Ansicht nach ein Werk Gottes, eine Schpfung seiner -Weisheit. Wie die Allmacht Gottes im Sittlichen an seiner Heiligkeit -oder Gerechtigkeit eine Schranke fand, so hier im Natrlichen an -seiner Weisheit. Auch bel und Bses in der Welt wurden aus der -Weisheit Gottes, die Alles zum Besten schicke, erklrt. Erzeugnis -oder Zweck gttlicher Thtigkeit ist es nicht. Gott knne zwar, so -hatten Frhere behauptet, Bses und Unvernnftiges thun, er thte es -nur nicht. Dagegen lehrten die spteren Mutaziliten, Gott habe gar -nicht die Macht, so etwas seinem Wesen Widerstreitendes zu thun. Von -ihren darob entrsteten Gegnern, die Gottes unbeschrnkte Macht -und seinen unergrndlichen Willen unmittelbar in allem Handeln und -Wirken thtig sich vorstellten, wurden sie wegen solcher Lehre mit -den dualistischen Magiern verglichen. Der konsequente Monismus war -auf Seiten dieser Gegner, die den Menschen und die Natur nicht neben -und unter Gott zu Schpfern ihrer Thaten oder Wirkungen machen mchten. - -5. Die Mutaziliten hatten, wie schon aus dem Vorhergehenden erhellt, -einen anderen Gottesbegriff als die Menge und die Traditionarier. Dies -zeigte sich nun, im Fortgange der Spekulation, besonders deutlich -in der Lehre von den gttlichen Eigenschaften. Von Anfang an -war im Islam die Einheit Gottes stark betont. Das hinderte aber -nicht, dass man ihm, nach menschlicher Analogie, viele schne -Namen gab und mehrere Attribute beilegte. Als die vorzglichsten -stellten sich, gewiss unter dem Einflusse christlicher Dogmatik, -allmhlich heraus: Wissen, Macht, Leben, Wille, Rede oder Wort, -Gesicht und Gehr. Von diesen wurden Gesicht und Gehr zuerst in -geistigem Sinne gedeutet oder ganz beseitigt. Aber mit irgend einer -Vielheit gleichewiger Eigenschaften schien die absolute Einheit des -gttlichen Wesens sich nicht vertragen zu wollen. Wre das nicht die -Trinitt der Christen, die ja auch schon die drei Personen des Einen -gttlichen Wesens als Eigenschaften gedeutet hatten? Teils suchte -man nun, um dieser Inkonvenienz zu entgehen, einige Eigenschaften -aus anderen begrifflich abzuleiten und auf eine, z. B. das Wissen -oder die Macht, zurckzufhren, teils auch sie samt und sonders als -Zustnde des gttlichen Wesens zu fassen oder mit dem Wesen selbst -zu identifizieren, wobei denn freilich ihre Bedeutung so ziemlich -verschwand. Mitunter wurde versucht, durch Knsteleien des sprachlichen -Ausdrucks noch etwas davon zu retten. Whrend z. B. ein Philosoph, -die Eigenschaften leugnend, behauptete, Gott sei wissend seinem Wesen -nach, drckte ein mutazilitischer Dialektiker das so aus: Gott ist -wissend, aber durch ein Wissen, das er selbst ist. - -Nach Ansicht der Traditionarier ward auf diese Weise der Gottesbegriff -allen Inhaltes beraubt. ber negative Bestimmungen, Gott sei -nicht wie die Dinge dieser Welt, er sei ber Raum, Zeit, Bewegung -u. s. w. erhaben, kamen die Mutaziliten kaum hinaus. Aber dass er -Schpfer der Welt sei, daran hielten sie fest. Wenn man auch von -Gottes Wesen wenig aussagen konnte, aus seinen Werken glaubte man -ihn zu erkennen. - -Die Schpfung war den Mutaziliten, wie ihren Gegnern, ein absoluter -Akt Gottes, die Weltexistenz eine zeitliche. Energisch bekmpften -sie die Lehre von der Weltewigkeit, die, durch die aristotelische -Philosophie gesttzt, im Orient weitverbreitet war. - -6. Als eins von den ewigen Attributen Gottes fanden wir die Rede oder -das Wort. Wahrscheinlich mit Anschluss an die christliche Logoslehre -wurde nmlich die Ewigkeit des dem Propheten geoffenbarten Korans -gelehrt. Das war nach den Mutaziliten geradezu Abgtterei, neben -Allah an einen ewigen Koran zu glauben. Die mutazilitischen Chalifen -verkndigten dagegen als Staatsdogma, der Koran sei geschaffen -worden. Wer dies leugnete, wurde ffentlich bestraft. Obgleich nun -die Mutaziliten mit diesem Dogma dem ursprnglichen Islam nher -stehen mochten als ihre Gegner, so hat doch die Geschichte den -letzteren Recht gegeben. Fromme Bedrfnisse waren eben mchtiger als -logische Schlussfolgerungen. Viele Mutaziliten setzten sich, nach -der Meinung ihrer Glaubensbrder, ber den Koran, das Wort Gottes, -allzuleicht hinweg. Wenn es zu ihren Theorien nicht stimmte, wurde -es aus- und umgedeutet. In Wirklichkeit galt manchem die Vernunft -mehr als das offenbarte Buch. Aus der Vergleichung nicht nur der -drei Offenbarungsreligionen, sondern auch dieser mit persischer -und indischer Religionslehre und philosophischer Spekulation, ergab -sich eine, die Gegenstze vershnende, natrliche Religion. Aufgebaut -wurde diese auf der Grundlage eines angeborenen, allgemeinnotwendigen -Wissens, dass es Einen Gott gebe, der als weiser Schpfer die Welt -hervorgebracht und auch den Menschen mit Vernunft begabt habe, -damit er seinen Schpfer erkennen und Gutes und Bses unterscheiden -knne. Dieser Natur- oder Vernunftreligion gegenber sei dann die -Erkenntnis der Offenbarungslehren etwas Hinzukommendes, ein erworbenes -Wissen. - -Mit dieser Behauptung hatten die konsequentesten Mutaziliten sich von -der bereinstimmung der muslimischen Gemeinde losgesagt, sich also -thatschlich auerhalb des katholischen Glaubens gestellt. Anfangs -beriefen sie sich noch auf jene bereinstimmung. Sie konnten es thun, -so lange die Regierung ihnen gnstig gesinnt war. Es dauerte aber -nicht lange. Bald erfuhren sie, was seitdem noch fter erfahren wurde: -die Vlker lassen sich leichter von oben herab eine Religion als eine -Aufklrung vorschreiben. - -7. Nach diesem berblick sehen wir uns einige von den bedeutendsten -Mutaziliten nher an, damit dem allgemeinen Bilde nicht die -individuellen Zge fehlen. - -Zuerst betrachten wir Abu-l-Hudhail al-Allaf, der um die Mitte des -neunten Jahrhunderts starb. Er war ein berhmter Dialektiker, einer -der ersten, die der Philosophie einen Einfluss auf ihre theologischen -Lehren gestatteten. - -Dass eine Eigenschaft irgendwie einem Wesen inhrieren knne, lsst -sich nach Abu-l-Hudhail nicht denken: entweder muss sie mit dem Wesen -identisch oder davon verschieden sein. Doch sieht er sich nach einer -Vermittlung um. Gott ist, nach ihm, wissend, mchtig, lebendig durch -Wissen, Macht und Leben, die sein Wesen selbst sind. Wie auch schon von -christlicher Seite geschehen war, nennt er jene drei Bestimmungen die -Modi (wudschuh) des gttlichen Wesens. Auch Hren, Sehen u. a. lsst -er sich als ewig in Gott gefallen, jedoch nur mit Rcksicht auf -die spter zu schaffende Welt. brigens mag es ihm und anderen von -der Zeitphilosophie Berhrten leicht genug gewesen sein, diese und -hnliche Ausdrcke, wie das Schauen Gottes am jngsten Tage, [10] -spiritualistisch zu deuten, da sie ja das Sehen und Hren berhaupt -als geistige Akte auffassten. Abu-l-Hudhail behauptete z. B., die -Bewegung sei sichtbar, tastbar aber nicht, weil sie kein Krper sei. - -Nicht ewig soll nun aber der Wille Gottes sein. Im Gegenteil nimmt -Abu-l-Hudhail absolute Willensuerungen an, sowohl von dem wollenden -Wesen wie von dem gewollten Gegenstande verschieden. So nimmt das -absolute Schpfungswort eine Mittelstellung ein zwischen dem ewigen -Schpfer und der geschaffenen zeitlichen Welt. Diese Willensuerungen -Gottes sind eine Art Mittelwesen, mit den platonischen Ideen oder -den Sphrengeistern zu vergleichen, aber wohl mehr als immaterielle -Krfte, denn als persnliche Geister gedacht. - -Von dem absoluten Schpfungsworte unterscheidet Abu-l-Hudhail das -accidentelle Offenbarungswort, das sich als Befehl und Verbot, in -materieller, rumlicher Erscheinung an die Menschen kund gibt und -also nur fr diese zeitliche Welt Bedeutung hat. Die Mglichkeit, nach -dem gttlichen Offenbarungsworte zu leben oder dem zu widerstreiten, -ist folglich nur in diesem Leben vorhanden. Verpflichtendes Gebot -und Verbot setzt Willensfreiheit und die Fhigkeit danach zu handeln -voraus. Im zuknftigen Leben dagegen gibt es keine gesetzlichen -Verpflichtungen, somit auch keine Freiheit mehr; Alles hngt dort von -der absoluten Bestimmung Gottes ab. Auch wird es im Jenseits keine -Bewegung geben, denn wie die Bewegung einmal angefangen hat, muss -sie, am Ende der Welt, aufhren zur ewigen Ruhe. An eine krperliche -Auferstehung drfte also Abu-l-Hudhail wohl nicht geglaubt haben. - -Die menschlichen Handlungen unterscheidet er in natrliche und -sittliche oder "Handlungen der Glieder und des Herzens". Sittlich -ist eine Handlung nur, wenn wir sie frei verrichten. Die sittliche -That ist des Menschen selbsterworbenes Eigentum, sein Wissen dagegen -kommt ihm von Gott her zu, teils durch Offenbarung, teils durch -natrliche Erleuchtung. Schon vor aller Offenbarung ist der Mensch -von Natur verpflichtet, also auch wohl im Stande, Gott zu erkennen, -Gutes und Bses zu unterscheiden, und tugendhaft, wahrhaftig und -gerecht zu leben. - -8. Ein merkwrdiger Mensch und Denker ist ein jngerer Zeitgenosse -und, wie es scheint, Schler des Abu-l-Hudhail, gewhnlich Al-Nazzam -genannt. Er starb im Jahre 845. Ein phantastischer, unruhiger, -ehrgeiziger Mann, kein folgerichtiger, aber doch ein khner und -ehrlicher Denker, so hat ihn Dschahiz, einer seiner Schler, -uns vorgestellt. Die Leute hielten ihn fr einen Verrckten oder -einen Ketzer. Vieles in seinen Lehren berhrt sich mit dem, was den -Orientalen als Philosophie des Empedokles und Anaxagoras bekannt war -(vgl. auch Abu-l-Hudhail). - -Nach der Ansicht Nazzams kann Gott berhaupt kein Bses thun, ja er -kann nur das, was er als das Beste fr seine Diener erkennt. Seine -Allmacht reicht auch nicht weiter als die wirkliche That. Wer -knnte ihn daran hindern, die schne berflle seines Wesens zu -verwirklichen? Einen Willen im eigentlichen Sinne, der immer ein -Bedrfnis voraussetze, ist Gott gar nicht beizulegen. Gottes Wille ist -vielmehr nur eine Bezeichnung fr seine Thtigkeit selbst oder fr die -den Menschen erteilten Befehle. Die Schpfung ist ein einmaliger Akt, -mit dem Alles zugleich erschaffen, sodass Eins im Andern enthalten -ist und im Laufe der Zeit die verschiedenen Exemplare von Mineralien, -Pflanzen und Tieren, sowie die vielen Adamskinder, nach und nach aus -ihrem latenten Zustande in die Erscheinung treten. - -Mit den Philosophen verwirft Nazzam die Atomenlehre (s. II, 3 -12), wei sich dann aber das Durchlaufen einer bestimmten Strecke, -wegen der unendlichen Teilbarkeit des Raumes, nur durch Sprnge zu -erklren. Statt aus Atomen lsst er die krperlichen Substanzen aus -Accidenzen zusammengesetzt sein. Wie sich Abu-l-Hudhail die Inhrenz -von Eigenschaften in einem Wesen nicht denken konnte, so kann sich -Nazzam das Accidens nur als die Substanz selbst oder als einen Teil -der Substanz vorstellen. So ist das Feuer oder das Warme z. B. latent -im Holze vorhanden, wird aber frei, wenn durch Reibung sein Antagonist, -das Kalte, verschwindet. Es findet dabei eine Bewegung oder Umsetzung, -aber keine qualitative Vernderung statt. Die sinnlichen Qualitten, -wie Farben, Geschmcke und Gerche, sind nach Nazzam Krper. - -Auch die Seele oder den Geist des Menschen fasst er als einen feinen -Krper auf. Freilich ist die Seele des Menschen vorzglichster Teil, -sie durchdringt den Krper, ihr Organ, ganz und ist der wirkliche, -wahrhafte Mensch zu nennen. Gedanken und Strebungen werden als -Bewegungen der Seele definiert. - -In Glaubenssachen und Gesetzesfragen verwirft Nazzam sowohl die -bereinstimmung der Gemeinde als auch die analogische Interpretation -des Rechtes, und beruft sich, schiitisch, auf den unfehlbaren -Imam. Er hlt es fr mglich, dass alle Muslime eine irrige Lehre -bereinstimmend zulassen, wie z. B. dass Mohammed im Unterschiede von -anderen Propheten eine Mission fr die ganze Menschheit habe. Gott -sendet aber jeden Propheten zur ganzen Menschheit. - -brigens teilt Nazzam in Bezug auf die Erkenntnis Gottes und -der sittlichen Pflichten durch die Vernunft die Ansicht des -Abu-l-Hudhail. Von der unnachahmbaren Vortrefflichkeit des Korans ist -er nicht sonderlich berzeugt. Es soll das ewige Wunder des Korans -nur darin bestehen, dass die Zeitgenossen Mohammeds davon abgehalten -wurden, dem Koran hnliches hervorzubringen. - -Von der muslimischen Eschatologie hat er wohl nicht viel -gehalten. Wenigstens lst sich fr ihn die Hllenqual in einen -Verbrennungsprozess auf. - -9. Aus der Schule Nazzams werden uns viele synkretistische Lehren -berliefert, alle ohne Originalitt. Von den Mnnern, die aus ihr -hervorgegangen, ist der berhmteste der Schngeist und Naturphilosoph -Dschahiz (gest. 869), der vom echten Gelehrten verlangte, er solle das -Studium der Theologie mit dem der Naturwissenschaft verknpfen. In -allen Dingen sprt er die Wirkungen der Natur, in diesen aber einen -Hinweis auf den Schpfer der Welt. Die menschliche Vernunft ist im -Stande, den Schpfer zu erkennen und ebenso das Bedrfnis nach einer -prophetischen Offenbarung einzusehen. Des Menschen Verdienst ist nur -sein Wollen, denn einerseits sind alle seine Thaten im Naturgeschehen -verflochten, und andererseits ist sein ganzes Wissen notwendig von -oben bestimmt. Doch scheint dem Wollen, das aus dem Wissen abgeleitet -wird, keine groe Bedeutung zuzukommen. Wenigstens wird der Wille -im gttlichen Wesen ganz negativ gefasst, d. h. Gott wirke niemals -unbewusst und mit Missfallen an seinem Werke. - -In alldem ist wenig Eigenes. Das Mittelma ist sein ethisches Ideal, -aber auch seines Geistes Geschick. Nur im Kompilieren seiner vielen -Schriften ist Dschahiz unmig gewesen. - -10. Bei den lteren Mutaziliten berwiegen die ethischen und -naturphilosophischen Erwgungen; bei den spteren gewinnen -logisch-metaphysische Betrachtungen das bergewicht. Besonders -neuplatonische Einflsse sind hier zu verspren. - -Muammar, dessen Lebenszeit nicht nher bestimmt wird (etwa um 900 -anzusetzen), hat manches mit den Obengenannten gemeinsam. Aber weit -nachdrcklicher leugnet er die Existenz gttlicher Eigenschaften, -die der absoluten Einheit des Wesens widersprechen. Gott ist ber jede -Vielheit hinaus. Er kennt weder sich selbst noch ein Anderes, denn das -Wissen wrde in ihm eine Vielheit voraussetzen. Auch ist er berewig zu -nennen. Dennoch ist er als Schpfer der Welt anzuerkennen. Freilich -hat er nur Krper geschaffen, und diese schaffen selbst, sei es -durch Naturwirkung, sei es mit Willen, ihre Accidenzen. Die Zahl -dieser Accidenzen ist unendlich, denn sie sind ihrem Wesen nach -nichts weiter als die begrifflichen Beziehungen des Denkens. Muammar -ist Conceptualist. Bewegung und Ruhe, Gleichheit und Verschiedenheit -u. s. w. sind nichts an sich, sondern haben nur eine begriffliche oder -ideelle Wirklichkeit. Die Seele, die das wahre Wesen des Menschen sein -soll, wird als eine Idee oder eine immaterielle Substanz gefasst. Wie -sie sich dann zum Krper und zu dem gttlichen Wesen verhalte, wird -nicht klargestellt. Die berlieferung ist verworren. - -Des Menschen Wille ist frei, das Wollen eigentlich seine einzige -That. Denn die uere Handlung gehrt dem Krper (vgl. Dschahiz). - -Die Schule von Bagdad, der Muammar anzugehren scheint, war -conceptualistisch. Mit Ausnahme der allgemeinsten Bestimmungen, -denen des Seins und des Werdens, lie sie die Universalien nur als -Begriffe Bestand haben. Nher dem Realismus stand Abu Haschim von -Basra (gest. 933). Gottes Eigenschaften, sowie die Accidenzen oder -Gattungsbegriffe berhaupt, fasste er als ein Mittleres zwischen Sein -und Nichtsein auf. Er nannte sie Zustnde oder Modi. Als Erfordernis -alles Wissens bezeichnete er den Zweifel. Ein naiver Realist war -er nicht. - -Auch mit dem Nichtsein trieben mutazilitische Denker ein dialektisches -Spiel. Es werde gedacht, es msse also dem Nichtsein wie dem Sein -eine Art Wirklichkeit zukommen, folgerte man. Versucht doch der Mensch -eher das Nichts zu denken, als dass er berhaupt nicht denke. - -11. Im neunten Jahrhundert hatten sich im Kampfe gegen die -Mutaziliten mehrere dialektische Systeme ausgebildet, von denen -u. a. das karramitische sich lange ber das zehnte Jahrhundert hinaus -erhielt. Aus den Reihen der Mutaziliten aber erstand der Mann, der -die Gegenstze zu vermitteln berufen war, und der das zunchst im -Osten, spter im ganzen Islam als orthodox anerkannte Lehrsystem -aufstellte. Es war al-Aschari (873-935), der es verstand, Gotte zu -geben, was Gottes, und dem Menschen, was des Menschen ist. Den groben -Anthropomorphismus der antimutazilitischen Dialektiker wies er ab, -Gott ber alles Krperliche und Menschliche hinausrckend, ihm aber -seine Allmacht und Allwirksamkeit lassend. Die Natur bte bei ihm alle -ihre Wirksamkeit ein, dem Menschen aber wurde ein gewisses Verdienst -vorbehalten, darin bestehend, dass er den von Gott in ihm geschaffenen -Handlungen seine Zustimmung erteilen, sich dieselben als seine Thaten -aneignen knne. Auch wurde dem Menschen sein sinnlich-geistiges Wesen -nicht verkmmert. Er durfte hoffen auf die Auferstehung des Fleisches -und das Schauen Gottes. Was die koranische Offenbarung betrifft, -unterschied Aschari zwischen einem ewigen Worte in Gott und dem in -der Zeit geoffenbarten Buche, wie wir es besitzen. - -Bei der Ausfhrung seiner Lehren zeigte sich Aschari in keiner Weise -originell, sondern er fasste nur Gegebenes vermittelnd zusammen, -was denn nicht ohne Widersprche gelingen wollte. Die Hauptsache -jedoch war, dass seine Kosmologie, Anthropologie und Eschatologie, -zur Erbauung frommer Seelen, nicht allzu weit von dem Wortlaute der -Tradition sich entfernten, und dass seine Theologie, infolge einer -etwas vergeistigten Auffassung Gottes, auch hher Gebildete nicht -ganz unbefriedigt lie. - -Aschari sttzt sich auf die Offenbarung des Korans. Eine davon -unabhngige Vernunfterkenntnis in Bezug auf gttliche Dinge erkennt -er nicht an. Die Sinne sollen im allgemeinen nicht tuschen, dagegen -wohl unser Urteil. Zwar erkennen wir Gott mit unserer Vernunft, -aber nur aus der Offenbarung, der einzigen Quelle solchen Wissens. - -Gott ist nun, nach Aschari, zunchst der allmchtige Schpfer. Ferner -ist er allwissend, er wei, was die Menschen thun und was sie thun -wollen, was geschieht und wie das, was nicht geschieht, wenn es -geschhe, geschehen wre. Dazu kommen Gott alle Bestimmungen zu, die -irgend eine Vollkommenheit ausdrcken, nur dass sie Gott in einem -anderen, hheren Sinne eignen als den Geschpfen. In Schpfung und -Erhaltung der Welt ist Gott die einzige Ursache; alles Weltgeschehen -rhrt fortwhrend unmittelbar von ihm her. Der Mensch aber ist -sich des Unterschiedes zwischen seinen unwillkrlichen Bewegungen, -wie Zittern und Beben, und seiner mit Willen und Wahl ausgefhrten -Handlungen wohl bewusst. - -12. Das Eigentmlichste, was die Dialektik der Muslime ausgebildet hat, -ist ihre Atomenlehre. Die Entwicklung dieser Lehre liegt noch fast ganz -im Dunkeln. Schon von Mutaziliten, besonders aber von deren Gegnern -vor Aschari ist sie vertreten worden. Unsere Darstellung zeigt, wie -sie sich in der ascharitischen Schule erhalten, zum Teil vielleicht -erst ausgebildet hat. - -Die Atomenlehre der muslimischen Dialektiker hat ihre Quelle -allerdings in griechischer Naturphilosophie, aber ihre Aufnahme -und Weiterbildung sind von den Bedrfnissen theologischer Polemik -und Apologetik bestimmt, wie sich dies hnlich bei einzelnen Juden -und bei glubigen Katholiken beobachten lsst. Dass man, im Islam, -den Atomismus aufgegriffen habe, nur weil Aristoteles ihn bekmpfte, -ist nicht wohl glaublich. Wir haben hier einen verzweifelten Kampf -um ein religises Gut zu verzeichnen, dabei die Waffen nicht gewhlt -werden. Der Zweck entscheidet. Die Natur soll nicht aus sich selbst -heraus, sondern aus einem gttlichen Schpfungsakte erklrt; nicht als -eine ewige gttliche Ordnung, sondern als ein Geschpf vergnglichen -Daseins diese Welt angesehen werden. Als freiwirkender, allmchtiger -Schpfer soll Gott gedacht und benannt werden, nicht als unpersnliche -Ursache oder ruhender Urgrund. An der Spitze der muslimischen Dogmatik -steht daher seit alter Zeit die Schpfungslehre als ein Zeugnis gegen -die heidnisch-philosophische Ansicht von der Ewigkeit der Welt und -von den Wirkungen der Natur. - -Was wir von der Sinnenwelt wahrnehmen, so reden diese Atomisten, sind -vorbergehende Accidenzen, die jeden Augenblick kommen und gehen. Das -Substrat dieses Wechsels sind die (krperlichen) Substanzen, die, -weil in oder an ihnen Vernderungen vorgehen, nicht unvernderlich -gedacht werden knnen. Sind sie, die Substanzen, vernderlich, -dann knnen sie auch nicht dauerhaft sein, denn Ewiges ndert -sich nicht. Folglich ist Alles in der Welt, da Alles sich ndert, -entstanden, von Gott erschaffen. - -Das ist der Ausgangspunkt. Von der Vernderlichkeit alles Existierenden -wird geschlossen auf den ewigen, unvernderlichen Schpfer. Die -Spteren aber schlieen, unter dem Einfluss muslimischer Philosophen, -von der Kontingenz oder Possibilitt alles Endlichen auf das -notwendig-existierende Wesen Gottes. - -Kehren wir zur Welt zurck. Sie besteht aus Accidenzen und deren -Substrate, die Substanzen. Substanz und Accidens oder Qualitt sind die -zwei Kategorien, mittelst derer die Wirklichkeit begriffen wird. Die -brigen Kategorien fallen entweder unter die der Qualitt oder lsen -sich in Verhltnisse und Denkbestimmungen auf, denen, objektiv, -nichts entspricht. Die Materie als Mglichkeit ist nur im Denken, -die Zeit ist nichts anderes als Koexistenz verschiedener Gegenstnde -oder simultane Beziehung der Vorstellung, und Raum und Gre kommen -zwar den Krpern zu, nicht aber den einzelnen Teilen (Atomen), aus -denen die Krper zusammengesetzt sind. - -Was von den Substanzen berhaupt ausgesagt werden kann, sind -Accidenzen. Ihre Anzahl ist, an jeder einzelnen Substanz, zahlreich -oder gar, wie einige behaupten, unendlich, da von beliebigen -gegenstzlichen Bestimmungen, zu denen auch die negativen gehren, -jeder Substanz entweder die eine oder die andere zukomme. Das negative -Accidens hat um nichts weniger Realitt als das positive. Gott schafft -auch die Privation und die Vernichtung, wofr es denn freilich -nicht leicht ist, das Substrat ausfindig zu machen. Und da jedes -Accidens immer nur seinen Sitz in irgend einer Substanz haben kann, -und nicht in einem anderen Accidens, so gibt es in Wirklichkeit kein -Allgemeines, mehreren Substanzen Gemeinsames. Die Universalien sind -in keiner Weise in den Einzeldingen, sie sind Begriffe. - -Somit gibt es keine Verbindung zwischen den Substanzen, sie stehen -getrennt fr sich als Atome, die einander gleich sind. Eigentlich -haben sie eine grere hnlichkeit mit den Homomerien des Anaxagoras -als mit den kleinsten Stoffteilchen der Atomisten. Sie sind an sich -unrumlich (ohne makan), haben aber ihren Ort (hajjiz) und fllen durch -ihre Position den Raum aus. Es sind also unausgedehnte, punktuell -gedachte Einheiten, aus denen die rumliche Krperwelt aufgebaut -wird. Zwischen ihnen soll es ein Leeres geben, denn sonst wre, da -die Atome nicht in einander eindringen, jede Bewegung unmglich. Alle -Vernderung aber wird auf Vereinigung und Trennung, Bewegung und -Ruhe zurckgefhrt. Sonstige, wirksame Beziehungen zwischen den -Atomen-Substanzen gibt es nicht. Sie sind einmal da und freuen sich -ihres Daseins, haben aber gar nichts mit einander zu thun. Die Welt -ist eine diskontinuierliche Masse, ohne lebendige Wechselwirkung. - -Das Altertum hatte dieser Auffassung vorgearbeitet, u. a. auch mit -seiner Lehre von dem diskontinuierlichen Charakter der Zahl. Wurde -die Zeit nicht als die Zahl der Bewegung definiert? Warum sollte -man nun nicht jene Lehre auf Raum, Zeit und Bewegung bertragen? Die -Dialektiker thaten es, und es mag auch die Skepsis der Alten dabei -mitgewirkt haben. Wie die substanzielle Krperwelt wurden auch Raum, -Zeit und Bewegung in Atome ohne Ausdehnung, in Momente ohne Dauer -zerlegt. Die Zeit wird eine Aufeinanderfolge von vielen einzelnen -Jetzt, und zwischen je zwei Zeitmomenten gibt es ein Leeres. Ebenso -verhlt es sich mit der Bewegung: zwischen je zwei Bewegungen gibt es -eine Ruhe. Eine schnelle und eine langsame Bewegung besitzen dieselbe -Geschwindigkeit, nur hat die letztere mehr Ruhepunkte. Um dann aber -ber den leeren Raum, das unausgefllte Zeitmoment und die Ruhepause -zwischen zwei Bewegungen hinauszukommen, wird die Lehre vom Sprunge -benutzt. Von Raumpunkt zu Raumpunkt soll die Bewegung, von Moment zu -Moment die Zeit weiterspringen. - -Diese phantastische Lehre brauchte man eigentlich gar nicht. Sie -war eine Antwort auf naives Fragen. Konsequent hatte man die ganze -rumlich-zeitlich bewegte Krperwelt in Atome mit deren Accidenzen -zerstckt. Wohl behaupteten einige, dass zwar die Accidenzen jeden -Augenblick schwinden, die Substanzen dagegen dauernden Bestand haben, -aber andere machten da keinen Unterschied. Wie die Accidenzen, so -lehrten sie, bestehen auch die Substanzen, die ja Raumpunkte sind, -nur einen Zeitpunkt. Jeden Augenblick schafft Gott die Welt aufs neue, -sodass ihr jetziger Zustand weder mit dem unmittelbar vorhergehenden -noch mit dem gleich folgenden in irgend einem wesentlichen -Zusammenhange steht. Es gibt also eine Reihe aufeinander folgender -Welten, die sich nur scheinbar als eine Welt darstellen. Dass es fr -uns so etwas wie Zusammenhang oder Kausalitt in den Erscheinungen -gibt, rhrt nur daher, dass es Allah nach seinem unergrndlichen -Willen heut oder morgen nicht beliebt, die Gewohnheit des Geschehens -durch ein Wunder zu unterbrechen, was er aber jeden Augenblick zu thun -im Stande ist. Wie aller Kausalzusammenhang nach dem atomistischen -Kalam verschwindet, wird sehr gut durch das klassische Beispiel -vom schreibenden Menschen ausgedrckt. Gott schafft nmlich in ihm, -und zwar an jedem Zeitpunkte aufs neue, zuerst den Willen, dann das -Vermgen zu schreiben, darauf die Bewegung der Hand, und endlich die -Bewegung der Feder. Eins ist dabei vllig unabhngig von dem Andern. - -Wenn man nun dagegen einwendet, dass mit der Kausalitt oder der -Regelmigkeit des Weltgeschehens auch die Mglichkeit alles Wissens -aufgehoben sei, so erwidert der glubige Denker, Allah wisse ja Alles -vorher schon, er schaffe nicht nur die Dinge der Welt und was sie zu -wirken scheinen, sondern auch das Wissen darum in der menschlichen -Seele, und wir brauchen nicht weiser zu sein als Er. Er wei es -am besten. - -Allah und die Welt, Gott und der Mensch, ber diese Gegenstze konnte -die muslimische Dialektik nicht hinaus kommen. Auer Gott gibt es -nur Platz fr krperliche Substanzen und deren Accidenzen. Das -Dasein menschlicher Seelen als unkrperlicher Substanzen, sowie -berhaupt die Existenz reiner Geister, beides von Philosophen und, -weniger bestimmt, von einigen Mutaziliten gelehrt, wollte nicht -recht stimmen zu der muslimischen Lehre von der Transcendenz Gottes, -der keinen Genossen hat. Die Seele gehrt zu der Krperwelt. Leben, -Empfindung, Beseeltheit sind ebenso Accidenzen wie Farbe, Geschmack -und Geruch, Bewegung und Ruhe. Einige nehmen nur ein Seelenatom an, -nach anderen sind mehrere feine Seelenatome unter die Krperatome -gemischt. Das Denken haftet jedenfalls an einem einzigen Atom. - -13. Nicht alle guten Muslime konnten sich bei der Dialektik -beruhigen. Der fromme Diener Gottes mchte doch auf andere Weise -seinem Herrn etwas nher kommen. Dieses Bedrfnis, schon anfangs im -Islam vorhanden, durch christliche und persisch-indische Einflsse -verstrkt und unter entwickelteren Kulturverhltnissen mchtig -angewachsen, hat im Islam eine Reihe von Erscheinungen hervorgerufen, -die man als Mystik und Sufismus [11] zu bezeichnen pflegt. In dieser -Entwicklung eines muslimischen Heiligenwesens und Mnchtums hat sich -die Geschichte christlicher Mnche und Klster in Syrien und gypten, -auch diejenige indischer Ber wiederholt. Im Grunde haben wir es hier -also mit religiser oder geistiger Praxis zu thun. Aber die Praxis -spiegelt sich immer im Denken, sie erhlt ihre Theorie. Man bedurfte, -um ein intimeres Verhltnis mit der Gottheit zu Stande zu bringen, -vielfach symbolischer Handlungen und vermittelnder Personen. Diese nun -versuchten es, sich und den Eingeweihten die Geheimnisse der Symbole -zu enthllen und auerdem ihre eigene vermittelnde Stellung in der -Stufenordnung des Alls zu begrnden. Besonders neuplatonische Lehren, -teilweise aus der trben Quelle des Pseudo-Dionysios des Areopagiten -und des heiligen Hierotheos (Stephen bar Sudaili?) mussten dazu -herhalten. Auch scheint der indische Yoga, wenigstens in Persien, -bedeutend eingewirkt zu haben. Meistens hielt sich die Mystik in -den Schranken der Orthodoxie, die immer auch verstndig genug war, -Dichtern und Schwrmern etwas nachzusehen. In Bezug auf die Lehre, -dass Gott alles in allem wirke, waren Dialektiker und Mystiker -einverstanden. Dass aber Gott auch alles in allem sei, wurde von der -extremen Mystik hinzugefgt. Daraus entwickelte sich ein heterodoxer -Pantheismus, der die Welt zum leeren Scheine und das menschliche Ich -zum Gotte machte. So wird die Einheit Gottes zur Alleinheit, seine -Allwirksamkeit zur Allwesenheit. Hchstens gibt es auer Gott noch die -Eigenschaften oder Zustnde der sufischen zu Ihm sich hinbewegenden -Seele. Eine Psychologie des Gefhles wird von sufischen Lehrern -entwickelt. Whrend, nach ihnen, unsere Vorstellungen von auen an -die Seele herankommen und unsere Strebungen eine Veruerlichung des -Inneren bedeuten, besteht das wahre Wesen unserer Seele aus gewissen -Zustnden oder Gefhlen der Lust und Unlust. Das wesentlichste -von allen ist die Liebe. Weder Furcht noch Hoffnung, sondern die -Liebe erhebt uns zu Gott. Kein Wissen und kein Wollen, sondern die -Vereinigung mit dem Geliebten heit Seligkeit. - -Weit grndlicher als von den Dialektikern wird von diesen Mystikern -die Welt, und schlielich auch die Menschenseele vernichtet. Von -jenen ist sie der schaffenden Willkr, von diesen dem erleuchtenden, -liebenden Wesen Gottes zum Opfer dargebracht worden. In der Sehnsucht -nach dem Einen Geliebten wird die verwirrende Mannigfaltigkeit -der Dinge, wie sie unseren Sinnen und der Vorstellung erscheint, -abgestreift. Alles wird, im Sein wie im Denken, auf einen Punkt -konzentriert. Als Gegensatz denke man sich echtes Griechentum. Dort -wnschte man sich die Zahl der Sinne grer, um etwas mehr von dieser -schnen Welt erkennen zu knnen. Diese Mystiker aber schelten die -Vielheit der Sinne, weil sie Verwirrung in ihr Glck hineinbringt. - -Doch macht die menschliche Natur sich berall geltend. Jene Welt und -Sinnen entsagenden Mnner schwelgen oft bis in ein hohes Alter hinein -in den sinnlichsten Phantasien. - -Dass viele sich gar wenig um die Glaubenslehre kmmerten, und dass die -asketische Moral der Sufis fter in das Gegenteil sich verwandelte, -braucht uns nach alledem nicht zu wundern. - -Die Entwicklung des Sufismus im einzelnen zu verfolgen, ist mehr eine -Aufgabe fr die Religions- als fr die Philosophiegeschichte. Auch -finden wir die philosophischen Elemente, die darin aufgenommen wurden, -bei den muslimischen Philosophen, denen wir im folgenden begegnen -werden. - - - - -4. Litteratur und Geschichte. - -1. Arabische Poesie und Annalistik haben sich unabhngig von -Schulgelehrsamkeit ausgebildet. Im Laufe der Zeit aber wussten -Litteratur und Geschichtschreibung sich nicht von fremden Einflssen -rein zu erhalten. Mit einigen Andeutungen, dies zu erhrten, mssen -wir uns hier begngen. - -Einen Bruch mit der poetischen Tradition des Arabertums, wie ihn -das Christentum in der germanischen Welt verursachte, bedeutete -die Einfhrung des Islam nicht. Schon die weltliche Litteratur -der Omajjadenzeit berlieferte viele Weisheitssprche, zum Teil -aus der altarabischen Poesie, die der Koranpredigt Konkurrenz -machten. Abbasidenchalife, wie Mansur, Harun und Mamun, waren -litterarisch gebildeter als Karl der Groe. Ihre Shne wurden nicht nur -mit Koranlektre erzogen, sondern auch mit den alten Dichtern und der -Volksgeschichte bekannt gemacht. Dichter und Litteraten wurden an die -Hfe gezogen und frstlich belohnt. Dort erfuhr dann die Litteratur -den Einfluss gelehrter Bildung und philosophischer Spekulation, wenn -auch in den meisten Fllen recht oberflchlich. Dies zeigt sich vor -allem in skeptischen uerungen, frivoler Verspottung des Heiligsten -und Verherrlichung des Sinnengenusses. Daneben aber drangen weise -Sprche, ernste Betrachtungen, mystische Spekulationen in die anfangs -nchtern-realistische Poesie der Araber ein. Statt der sinnlichen -Frische der Darstellung trat ein ermdendes Spiel mit Gedanken und -Gefhlen, wenn nicht gar mit leeren Worten, Metren und Reimen, ein. - -2. Der hssliche Abu-l-Atahia (748-828) redet in seiner slichen -Poesie fast immer von unglcklicher Liebe und Verlangen nach dem -Tode. Seine Weisheit spricht er in diesen Versen aus: - - - Lass nach dem Zweifel den Verstand sich richten: - Vor Snde schtzt am besten das Verzichten. - - -Wer nur einiges Verstndnis fr das Leben und fr Naturpoesie besitzt, -wird sich an seinen Weltentsagungsgedichten ebensowenig erfreuen -knnen, wie an den der Form nach zwar epigrammatischen, dem Inhalte -nach aber furchtbar langweiligen Versen des Mutanabbi (905-965), -den man wohl als den grten arabischen Dichter gefeiert hat. - -Ebenso hat man ber Gebhr Abu-l-Ala al-Maarri (973-1058) als -philosophischen Dichter erhoben. Seine, mitunter ganz ehrenwerten -Gesinnungen und verstndigen Ansichten sind weder Philosophie noch ist -der geknstelte und oft banale Ausdruck dafr Poesie. Als Philologe -oder Historiker htte dieser Mann bei gnstigeren Verhltnissen (er -war blind und nicht bermig reich) vielleicht in der niederen Kritik -etwas leisten knnen. Nun aber muss er statt Begeisterung fr das Leben -freudenlose Entsagung predigen, an den politischen Verhltnissen, -den Anschauungen der glubigen Menge und den wissenschaftlichen -Behauptungen der Gelehrten herumnrgeln, ohne selbst etwas -Positives aufstellen zu knnen. Es fehlt ihm fast ganz die Gabe der -Kombination. Analysieren kann er, aber er findet keine Synthese. Sein -Wissen ist unfruchtbar. Der Baum seiner Erkenntnis hat die Wurzeln in -der Luft, wie er selbst in einem seiner Briefe, wohl in anderem Sinne, -eingesteht. Er lebt als strenger Clibatr und Vegetarianer, wie es -sich fr einen Pessimisten geziemt. Es ist ja Alles, wie er in seinen -Gedichten ausspricht, eitel Tand. Das Geschick ist blind, die Zeit -verschont weder den Knig, der des Lebens geniet, noch den Frommen, -der seine Nchte durchwacht. Auch der widervernnftige Glaube lst -uns des Daseins Rtsel nicht. Was es hinter dem bewegten Himmel geben -mag, bleibt uns ewig verborgen. Religionen, welche da eine Aussicht -erffnen, sind vom Eigennutz erfunden. Allerhand Sekten und Parteiungen -werden von den Mchtigen benutzt, ihre Gewalt zu sichern. Die Wahrheit -darber darf man nur leise sagen. Darum ist es das klgste, sich von -der Welt entfernt zu halten, uneigenntzig Gutes zu thun, weil dies -tugendhaft und schn ist, ohne irgendwelche Aussicht auf Belohnung. - -Andere Schngeister hatten eine praktischere Philosophie und wussten -sich besser in der Welt geltend zu machen. Sie huldigten der klugen -Lehre des Theaterdirektors aus Goethes Faust: Wer vieles bringt, wird -manchem etwas bringen. Der vollendetste Typus dieser Art ist Hariri -(1054-1122), dessen Held, der Bettler und Landstreicher Abu Zaid von -Serug als hchste Weisheit lehrt: - - - Hetze, statt gehetzt zu werden; - Welt ist all ein Wald fr Hatzen. - Wenn der Falke dir entgangen, - Nimm frlieb nur mit dem Spatzen; - Und erhltst du nicht den Thaler, - So begng' dich mit dem Batzen. [12] - - -3. Wie die Poesie, so zeichnete sich auch die Annalistik der alten -Araber durch scharfe Erfassung des Einzelnen aus, war aber einer -Gesamtauffassung der Ereignisse nicht fhig. Mit der gewaltigen -Ausdehnung des Reiches erweiterte sich dann der Blick. Zunchst wurde -ein groes Material gesammelt. Mehr als die religisen Pilgerzge -frderten Reisen zur Sammlung von Traditionen, zum Zwecke der -Verwaltung und des Handels, oder auch zur Befriedigung der Neugier -unternommen, das geschichtliche und geographische Wissen. Eigentmliche -Methoden der Forschung, auf den Wert der berlieferung als Quelle -unseres Wissens sich beziehend, wurden ausgearbeitet. Mit derselben -Subtilitt, wie in der Grammatik, ein ausgedehntes Feld der Beobachtung -ins Unendliche einteilend, mehr arabeskenhaft als bersichtlich, -bildete sich so eine Logik der Geschichte aus, die dem orientalischen -Auge um vieles schner erscheinen musste als das aristotelische -Organon in seinem strengen Aufbau. Von vielen wurde die berlieferung, -mit deren Beglaubigung man es in der Regel praktisch weniger genau -nahm als in der Theorie, dem Sinnenzeugnisse gleichgesetzt, und dem -Verstandesurteile, das ja so leicht Fehlschlsse zulasse, vorgezogen. - -Es gab aber immer Leute, die unparteiisch sich widersprechende Berichte -neben einander berlieferten. Andere, obgleich mit Schonung fr die -Gefhle und Bedrfnisse der Gegenwart, hielten ihr mehr oder weniger -begrndetes Urteil ber Vergangenes nicht zurck, wie es denn oft -leichter ist, aus der Geschichte als aus dem Leben klug zu werden. - -Neue Gegenstnde der Forschung, neue Betrachtungsweisen traten -hinzu. Die Erdkunde nahm, z. B. in der Klimatogeographie, -Naturphilosophisches auf, die Geschichtsschreibung zog auch das -geistige Leben, Glauben und Sitte, Litteratur und Wissenschaft in den -Bereich ihrer Darstellung. Die Bekanntschaft mit anderen Lndern und -Vlkern forderte vielfach zum Vergleiche auf. Und es kam also ein -internationales, humanistisches Element herein. - -4. Ein Vertreter humanistischer Sinnesweise ist Masudi (gest. etwa -956). Er hat Interesse und Verstndnis fr Alles, was menschlich -ist. berall lernt er von den Menschen, denen er begegnet, und -infolgedessen ist die Bcherlektre, die seine Einsamkeit ausfllt, -nicht unfruchtbar. Weder die enge Praxis des Lebens und Glaubens, -noch die luftigen Spekulationen der Philosophie sagen ihm zu. Er -kennt sein Talent. Und er findet bis zuletzt, wenn er fern von der -Heimat in gypten sein Alter verbringt, seinen Trost, die Medizin -seiner Seele, in dem Studium der Geschichte. Die Geschichte ist ihm -die allesumfassende Wissenschaft, seine Philosophie, die die Wahrheit -dessen, was war und ist, darzustellen hat. Auch die Weltweisheit mit -ihrer Entwicklung wird der Geschichte zum Gegenstande. Ohne diese -wre ja alles Wissen lngst zu Grunde gegangen. Denn die Gelehrten -kommen und gehen, aber die Geschichte verzeichnet ihre Geistesthaten -und stellt dadurch die Verknpfung von Vergangenheit und Gegenwart -her. Ohne Vorurteil berichtet sie ber die Ereignisse und ber die -Ansichten der Menschen. Freilich, die Synthese der Thatsachen und die -eigene Meinung des Verfassers herauszufinden, das berlsst Masudi -oft dem verstndigen Leser. - -Nach ihm darf rhmend hervorgehoben werden der Geograph Maqdasi (oder -Muqaddasi, schrieb im Jahre 985), der viele Lnder durchreiste und -in den verschiedensten Berufen auftrat, das Leben seiner Zeit kennen -zu lernen. Er ist ein wahrer Abu Zaid von Serug (vgl. II, 4 2), -nur dass er einen Zweck hat. - -Kritisch geht er ans Werk. Er hlt sich zu der Wissenschaft, die man -durch Forschen und Nachfragen, nicht durch Traditionsglauben oder -reine Vernunftschlsse gewinnt. Was Geographisches im Koran steht, -erklrt er sich aus dem engen Gesichtskreise der Araber, dem Allah -sich anbequemt haben soll. - -Sine ira et studio beschreibt er nun die Lnder und Vlker, die er mit -eigenen Augen sah. Er will an erster Stelle Selbsterlebtes darstellen, -dann was er von glaubwrdigen Leuten vernommen, und endlich was er in -Bchern gefunden. Aus seiner Selbstcharakteristik sind die folgenden -Stze zusammengezogen: - -"Ich habe allgemeine Bildung und Pflichtenlehre unterrichtet, bin -als Prediger aufgetreten und habe von dem Minarete der Moscheen -den Gebetsruf erschallen lassen. Gelehrten Sitzungen und frommen -bungen habe ich beigewohnt. Ich habe Suppe mit den Sufis, Brei mit -den Mnchen und Schiffskost mit den Matrosen gegessen. Manchmal war -ich die Eingezogenheit selbst, dann wieder a ich verbotene Speisen -gegen mein besseres Wissen. Ich ging mit den Einsiedlern des Libanons -um und dann wieder lebte ich am frstlichen Hofe. Kriege habe ich -mitgemacht, auch sa ich gefangen und wurde als Spion in den Kerker -geworfen. Mchtige Frsten und Minister gaben mir Gehr, dann schloss -ich mich wieder einer Ruberbande an oder sa als Kleinhndler auf -dem Markte. Viel Ehren und Ansehen genoss ich, aber ebenso musste -ich Schimpfworte hren und mich zum Eide erniedrigen, als ich der -Ketzerei oder schlechter Handlungen verdchtigt ward." [13] - -Wir sind heutigen Tages gewhnt, uns den Orientalen in beschaulicher -Ruhe, Glauben und Sitte der Vter ergeben, vorzustellen. Ganz richtig -ist die Vorstellung nicht. Aber weit weniger als zu der gegenwrtigen -Lage stimmt sie zu der Verfassung des Islam in den ersten vier -Jahrhunderten, als dieser sich anschickte, den Besitz nicht nur der -ueren Gter der Welt, sondern auch der geistigen Errungenschaften -der Menschheit zu ergreifen. - - - - - - - - -III. DIE PYTHAGOREISCHE PHILOSOPHIE. - - -1. Die Naturphilosophie. - -1. Euklid und Ptolemus, Hippokrat und Galen, einiges von Aristoteles, -dazu ein umfangreiches neupythagoreisches und neuplatonisches -Schrifttum, damit sind die Elemente der arabischen Naturphilosophie -bezeichnet. Es ist eine Popularphilosophie, die, besonders durch die -Sabier von Harran vermittelt, bei Schiiten und anderen Sekten Aufnahme -fand, und die in der Folge nicht nur hfische Kreise, sondern auch eine -ganze Masse von Gebildeten und Halbgebildeten ergriff. Einzelheiten -aus den Schriften des "Logikers" Aristoteles wurden aufgenommen, aus -der Meteorologie, aus der ihm zugeschriebenen Schrift ber die Welt, -aus dem Buch der Tiere, der Psychologie u. s. w., aber der Geist -des Ganzen ist von Pythagoras-Platon, von Stoikern und von spten -Astrologen und Alchemisten bestimmt. Menschliche Neugierde und frommer -Sinn, die Gottes Geheimnisse aus seinen Geschpfen herauslesen mchten, -gehen dabei ber das praktische Bedrfnis, das etwas Rechenkunst fr -die Verteilung der Erbschaft und fr den Handel, auch etwas Astronomie -fr die Zeitbestimmung gottesdienstlicher Verrichtungen brauchte, -weit hinaus. Von berall her holt man sich seine Weisheit herbei. Es -bekundet sich darin eine Gesinnung, die von Masudi richtig formuliert -wurde: es sei das Gute anzuerkennen, ob es sich beim Feinde oder beim -Freunde finde. Sollte doch Ali, der Frst der Glubigen, gesagt haben: -"Die Weltweisheit ist das verirrte Schaf des Glubigen, nimm es wieder -auf, wenn auch von den Unglubigen". - -2. Der Patron mathematischer Studien im Islam ist Pythagoras. Zwar wird -Griechisches und Indisches gemischt, aber Alles unter neupythagoreische -Gesichtspunkte gestellt. Ohne das Studium der mathematischen -Disziplinen: Arithmetik und Geometrie, Astronomie und Musik, wird -Keiner, so heit es, zum Philosophen oder gebildeten Arzt. Die -Zahlenlehre, hher geschtzt als die Messkunde, weil sie weniger zur -Anschauung spricht und den Geist dem Wesen der Dinge nher bringen -soll, gibt zu den ausschweifendsten Spielereien Veranlassung. Gott ist -selbstverstndlich die groe Eins, von der Alles ausgeht, selbst keine -Zahl, sondern Ursache der Zahl. Vor allem aber wird die Vierzahl, die -Zahl der Elemente u. s. w., von den Naturphilosophen bevorzugt. Bald -kann man ber nichts im Himmel und auf Erden mehr reden und schreiben, -es sei denn in viergliedrigen Stzen und viergeteilten Abhandlungen. - -Von der Mathematik kam man schnell und leicht zur Astronomie und -Astrologie hinber. Die altorientalische Praxis, die man vorfand, -wurde schon von den Hofastrologen der Omajjaden, eingehender aber am -abbasidischen Hofe weitergefhrt. Man gelangte dabei zu Spekulationen, -die dem Offenbarungsglauben zuwiderliefen und deshalb von den Htern -der Religion niemals gebilligt werden konnten. Fr den Glubigen -bestand nur der Gegensatz: Gott und Welt, oder dieses Leben und das -zuknftige. Fr den Astrologen aber gab es zwei Welten, eine himmlische -und eine irdische, und Gott und das Jenseits lagen in weiter Ferne. Je -nachdem nun das Verhltnis zwischen den Himmelskrpern und den Dingen -unter dem Monde vorgestellt wurde, bildete sich eine verstndige -Astronomie oder eine phantastische Astrologie heraus. Ganz frei vom -astrologischen Wahne waren nur wenige. Solange nmlich das ptolemische -System die Wissenschaft beherrschte, war es einem gnzlich Ungebildeten -leichter, den Unsinn zu verspotten, als es dem gelehrten Forscher -war, ihn zu berwinden. War ihm doch diese Erde mit ihren Lebewesen -ein Erzeugnis himmlischer Krfte, ein Abglanz himmlischen Lichtes, -ein Nachklang der ewigen Sphrenharmonie. Wer nun den Sternen- -und Sphrengeistern Vorstellung und Willen zuschrieb, lie sie die -Stelle der gttlichen Vorsehung vertreten, fhrte auf ihre Thtigkeit -also Gutes und Bses zurck und suchte aus dem Stande ihrer Krper, -mittelst derer sie nach dauernden Gesetzen auf das Irdische wirken, die -zuknftigen Ereignisse zu erkunden. Andere freilich bezweifelten diese -Vorsehung zweiter Ordnung, sei es aus Erfahrungs- und Vernunftgrnden, -sei es aus dem peripatetischen Glauben, dass die seligen himmlischen -Wesen reine denkende Geister seien, ber Vorstellung und Willen, somit -ber alle sinnliche Besonderheit erhaben, sodass ihre frsorgliche -Wirkung nur das Wohl des Ganzen bezwecke, niemals aber auf die -Einzelpersnlichkeit oder das Einzelgeschehen sich beziehen knne. - -3. Auf dem Gebiete der Naturwissenschaften haben muslimische -Gelehrte ein reiches Material zusammengebracht, zu einer wirklich -wissenschaftlichen Behandlung ist es aber kaum irgendwo gekommen. In -den einzelnen Naturwissenschaften, deren Ausbildung hier nicht -verfolgt werden kann, hielt man sich an berlieferten Systemen. Um -die Weisheit Gottes und die Wirkungen der Natur, die als eine Kraft -oder eine Emanation der Weltseele gefasst wurde, zu ergrnden, -wurden alchemistische Versuche angestellt, die Zauberkrfte der -Talismane geprft, die Einflsse der Musik auf Tier- und Menschenseele -erforscht, physiognomische Beobachtungen gemacht, die Wunder des -Schlaf- und Traumlebens, der Wahrsagerei und Prophetie zu deuten -versucht u. s. w. Im Mittelpunkt des Interesses stand natrlich der -Mensch als Mikrokosmos, der smtliche Elemente und Krfte des Alls -in sich vereinigen soll. Als das Wesentliche am Menschen galt die -Seele. Ihr Verhltnis zur Weltseele und ihr zuknftiges Los waren -Gegenstnde der Forschung. Aber auch ber die Vermgen der Seele und -deren Lokalisierung in Herz und Hirn wurde viel spekuliert. Einige -hielten sich an Galen, andere gingen ber ihn hinaus und lieen den -fnf ueren Sinnen fnf innere entsprechen, eine Lehre, die, nebst -hnlichen Naturgeheimnissen, auf Apollonius von Tyane zurckgefhrt -wurde. - -Es versteht sich, dass bei dem Studium der mathematischen -und naturwissenschaftlichen Disziplinen die verschiedensten -Verhaltungsweisen gegenber den Religionslehren mglich waren. Doch -wurden die propdeutischen Wissenschaften, sobald sie selbstndig -auftraten, dem Glauben immer gefhrlich. Mit der Astronomie verband -sich leicht die Annahme von der Weltewigkeit, von einer ungeschaffenen -Materie, von Ewigkeit her bewegt. Und wenn die Himmelsbewegung ewig, -dann wohl auch der irdische Wechsel. Ewig sind, so wird von manchem -gelehrt, alle Reiche der Natur, ewig ist auch das Menschengeschlecht -und dreht sich im Kreise herum. Nichts Neues gibt es auf der Welt, wie -alles Andere wiederholen sich Ansichten und Begriffe der Menschen. Was -nur mglicherweise gethan, behauptet, gewusst werden kann, ist schon -dagewesen und wird einmal wieder da sein. - -Darber lie sich nun trefflich reden und klagen, ohne dass die -Wissenschaft viel dadurch gefrdert wurde. - -4. Etwas ntzlicher schien die Wissenschaft der Medizin zu sein, die -aus naheliegenden Grnden von den hohen Herren begnstigt wurde. Nicht -am wenigsten ihretwegen beauftragten die Chalifen so viele Mnner -mit dem bersetzen griechischer Werke. Kein Wunder also, dass der -Einfluss mathematisch-naturwissenschaftlicher Lehren, sowie der Logik, -auch in die Medizin eindrang. Der alte Mediziner war geneigt, sich mit -hergebrachten Zauberformeln und anderen von der Erfahrung erprobten -Mitteln zu begngen. Aber die moderne Gesellschaft des neunten -Jahrhunderts forderte vom Arzte philosophisches Wissen. Er sollte die -"Naturen" der Nahrungs-, Genuss- und Heilmittel, die Mischungen des -Krpers und in jedem Falle die Einwirkungen der Gestirne kennen. Der -Arzt war der Bruder des Astrologen, dessen Wissen ihm imponierte, -weil es einen erhabeneren Gegenstand hatte als die medizinische -Praxis. Er sollte beim Alchemisten in die Schule gehen und nach -mathematisch-logischen Methoden seine Kunst ausben. Es gengte den -Bildungsfanatikern des neunten Jahrhunderts nicht, dass der Mensch -nach dem Qijas, d. h. logisch richtig zu sprechen, zu glauben und sich -zu benehmen hatte, er musste sich auerdem nach dem Qijas kurieren -lassen. Wie ber die Grundlagen der Glaubens- und Pflichtenlehre, -wurde, am Hofe Wathik's (842-847), ber die Prinzipien der Medizin in -gelehrten Sitzungen disputiert. Es fragte sich nmlich, mit Anlehnung -an eine galenische Schrift, ob die Medizin auf berlieferung, -Erfahrung oder Vernunfterkenntnis beruhe, oder aber ob sie durch -logische Deduktion (Qijas) auf mathematisch-naturwissenschaftliche -Stze sich sttze. - -5. Die hier flchtig skizzierte Naturphilosophie galt den meisten -Gelehrten des neunten Jahrhunderts als Philosophie schlechthin, im -Gegensatz zu der theologischen Dialektik, und wurde als pythagoreisch -bezeichnet. Auch in das zehnte Jahrhundert ging sie hinber und ihr -bedeutendster Vertreter wurde der berhmte Arzt Razi (gest. 923 oder -932). Dieser war in Rai geboren und mathematisch gebildet und hatte -dann mit groem Fleie Medizin und Naturphilosophie studiert. Der -Dialektik war er abhold, er kannte die Logik nur bis zu den -kategorischen Figuren der ersten Analytik. Nachdem er als Direktor -des Krankenhauses seiner Vaterstadt und in Bagdad thtig gewesen war, -ging er auf Reisen und hielt sich an verschiedenen Frstenhfen auf, -u. a. bei dem Samaniden Mansur ibn Ishaq, dem er ein medizinisches -Werk widmete. - -Vom rztlichen Berufe und dem dazu erforderlichen Studium hat Razi -eine hohe Meinung. Die tausendjhrige Weisheit der Bcher schtzt -er mehr als die Erfahrungen des Einzelnen in einem kurzen Leben, -zieht aber diese den nicht erfahrungsmig erprobten Folgerungen der -"Logiker" vor. - -Das Verhltnis zwischen Leib und Seele denkt er sich von der Seele -bestimmt. Es sollen also die Zustnde und Leiden der Seele aus der -Physiognomie sich erkennen lassen, der Mediziner soll zugleich -Seelenarzt sein. Er verfasste darum auch eine geistige Medizin, -eine Art Ditetik der Seele. Um die Vorschriften des muslimischen -Gesetzes, das Weinverbot u. s. w., kmmerte er sich dabei nicht. Sein -Libertinismus scheint ihn aber zum Pessimismus gefhrt zu haben. Er -fand nmlich mehr bel als Gutes in der Welt und bezeichnete die Lust -als Abwesenheit von Unlust. - -Wie hoch Razi den Aristoteles und Galen schtzte, um ein tieferes -Verstndnis ihrer Werke hat er sich doch nicht sonderlich -bemht. Eifrig betrieb er die Alchemie, seiner Ansicht nach eine -in der Existenz einer Urmaterie begrndete wirkliche Kunst, die den -Philosophen unerlsslich sei, glaubte auch, sie wre von Pythagoras, -Demokrit, Platon, Aristoteles und Galen ausgebt worden. Entgegen -der peripatetischen Lehre nahm er an, der Krper habe das Prinzip -der Bewegung in sich selbst, was allerdings ein fruchtbarer Gedanke -in der Naturwissenschaft htte werden knnen, wenn er anerkannt und -weiter ausgebildet worden wre. - -Razis Metaphysik geht aus von alten Lehren, die seine Zeitgenossen -dem Anaxagoras, Empedokles, Mani u. A. zuschrieben. An der Spitze -seines Systems stehen fnf gleichewige Prinzipien, der Schpfer, -die Universalseele, die erste oder Urmaterie, der absolute Raum -und die absolute Zeit oder ewige Dauer. Damit sind die notwendigen -Bedingungen der wirklich existierenden Welt gegeben. Die einzelnen -Sinneswahrnehmungen setzen berhaupt eine Materie voraus, wie -die Zusammenfassung verschiedener wahrgenommener Gegenstnde einen -Raum. Die wahrgenommenen Vernderungen zwingen uns ferner zur Annahme -einer Zeit. Die Existenz lebendiger Wesen fhrt uns auf eine Seele, -und dass einige von diesen lebendigen Wesen mit Vernunft begabt sind, -d. h. befhigt, die Knste zur hchsten Vollkommenheit zu bringen, -dies ntigt uns an einen weisen Schpfer zu glauben, dessen Vernunft -alles aufs beste angeordnet hat. - -Trotz der Ewigkeit seiner fnf Prinzipien spricht Razi also von einem -Schpfer und gibt auch eine Schpfungsgeschichte. Zuerst nmlich wurde -ein einfaches, reines, geistiges Licht erschaffen, die Materie der -Seelen, welche lichtartige, einfache, geistige Substanzen sind. Jene -Lichtmaterie oder die Oberwelt, aus der die Seelen herkamen, heit auch -Vernunft oder Licht vom Lichte Gottes. Dem Lichte folgt der Schatten, -aus dem, zum Dienste der vernnftigen Seele, die animalische Seele -geschaffen wird. Zugleich aber mit dem einfachen, geistigen Lichte -war schon anfangs ein zusammengesetztes da, das ist der Krper, aus -dessen Schatten nun die vier Naturen, Wrme und Klte, Trockenheit -und Feuchtigkeit, hervorgehen. Aus diesen vier Naturen werden zuletzt -smtliche himmlische und irdische Krper gebildet. Aber das Alles -geschieht von Ewigkeit her, ohne zeitlichen Anfang, denn Gott war -nie ohne Thtigkeit. - -Dass Razi Astrolog war, versteht sich nach dem Gesagten von selbst. Die -Himmelskrper bestehen ja nach ihm aus denselben Elementen wie die -irdischen Dinge und diese sind den Einwirkungen jener fortwhrend -ausgesetzt. - -6. Razi hatte sich nach zwei Seiten hin polemisch zu verhalten. Er -bekmpfte einerseits die muslimische Einheit Gottes, die keine ewige -Seele, Materie, Raum und Zeit neben sich duldet, andererseits aber -wendete er sich gegen das dahritische System, das keinen Weltschpfer -anerkennt. Dieses System, das von muslimischen Schriftstellern fter, -mit dem gehrigen Abscheu natrlich, erwhnt wird, scheint, wenn auch -zahlreiche, doch keine bedeutende Vertreter gefunden zu haben. Die -Anhnger des Dahr (s. I, 2 2) werden als Materialisten, Sensualisten, -Atheisten, Anhnger der Seelenwanderung u. s. w. uns vorgefhrt, -aber Genaueres ber ihre Lehren erfahren wir nicht. Die Dahriten -hatten jedenfalls nicht das Bedrfnis, alles Seiende auf ein Prinzip -zurckzufhren, das geistigen Wesens und schaffenden Wirkens war. Und -eines solchen Prinzipes bedurfte die muslimische Philosophie, sollte -sie sich mit der Glaubenslehre auch nur einigermaen vertragen. Dazu -eignete sich die Naturphilosophie nicht, weil diese mehr Interesse -zeigte fr die mannigfachen und oft gegenstzlichen Wirkungen der -Natur als fr den Einen Urgrund des Alls. Besser aber erfllte diesen -Zweck der neuplatonische Aristotelismus, dessen logisch-metaphysische -Spekulation darauf ausging, alles Seiende auf ein hchstes Sein -zurckzufhren oder alle Dinge aus einem obersten Wirkungsprinzip -abzuleiten. Doch bevor wir uns dieser Richtung des Denkens, die schon -im neunten Jahrhundert sich zu zeigen anfing, zuwenden, haben wir -noch ber einen Versuch zu berichten, die Naturphilosophie mit den -Lehren des Glaubens zu einer Religionsphilosophie zu verschmelzen. - - - - -2. Die treuen Brder von Basra. - -1. Im Orient, wo jede Religion einen Staat im Staate bildete, trat -eine politische Partei, schon damit sie berhaupt Anhnger gewinne, -immer zugleich als religise Sekte auf. Prinzipiell kannte nun der -Islam keinen Unterschied zwischen den Menschen, keine Kasten oder -Stnde. Aber Besitz und Bildung haben berall dieselbe Wirkung. Und -in ihrem Gefolge fing man an, Grade der Frmmigkeit und Stufen der -Erkenntnis aufzustellen, danach Gemeinde oder Partei sich einteilen -liee. So entstanden geheime Gesellschaften mit verschiedenen Graden, -deren hchster oder nchsthchster eine Geheimlehre besa, die -der neupythagoreischen Naturphilosophie manches entlehnte. Zu ihrem -Zwecke, Eroberung politischer Macht, war jedes Mittel erlaubt. Fr die -Eingeweihten wurde der Koran allegorisch ausgelegt. Zwar fhrte man -diese geheime Weisheit auf Propheten mit biblischen und koranischen -Namen zurck, es steckten aber heidnische Philosophen dahinter. Die -Philosophie wurde ganz zu einer politischen Mythologie umgebildet. Die -hohen Geister und Seelen, die theoretische Denker in Gestirnen -und Planeten erkannten, verkrperten sich fr die Realpolitik in -menschliche Wesen, denen zur Grndung eines irdischen Reiches der -Gerechtigkeit behlflich zu sein, als religise Pflicht verkndigt -ward. Man kann die Gesellschaften, die solches betrieben, am besten -mit Vereinen vergleichen, wie sie bis auf den Saint-Simonismus und -verwandte Erscheinungen dieses Jahrhunderts, in Lndern, wo die -Geistesfreiheit beschrnkt ist, aufzutreten pflegen. - -Urheber einer solchen Bewegung war, in der zweiten Hlfte des -neunten Jahrhunderts, das Haupt der Karmatenpartei, Abdallah -ibn Maimun. Er war ein persischer Augenarzt, in der Schule der -Naturphilosophen gebildet. Glubige und Freidenker wusste er in einen -Bund zusammenzuschlieen, um den Versuch zu machen, die abbasidische -Regierung zu strzen. Dem Einen war er ein Gaukler, dem Andern ein -frommer Asket oder ein gelehrter Philosoph. Seine Farbe war wei, -weil seine Religion die des reinen Lichtes, zu dem die Seele nach -ihren irdischen Wanderungen aufsteigen sollte. Verachtung des Krpers, -Geringschtzung der materiellen, allen Bundesbrdern gemeinsamen Gter -wurde gepredigt, sowie Hingebung an den Bund, Treue und Gehorsam bis -in den Tod gegen seine Oberen. Denn der Bund stufte sich in Graden -ab. Nach der Stufenfolge des Seins, Gott, Vernunft, Seele, Raum und -Zeit, stellte man sich die Offenbarung Gottes in der Geschichte und -in der Verfassung seines Bundes vor. - -2. Die Hauptsttten der karmatischen Wirksamkeit waren Basra -und Kufa. Nun aber finden wir in der zweiten Hlfte des zehnten -Jahrhunderts in Basra eine kleine Gesellschaft von Mnnern, deren -Bund vier Grade haben soll. Inwiefern es den Brdern gelungen ist, -die ideelle Gliederung ihres Bundes zu verwirklichen, wissen wir -freilich nicht. Dem ersten Grade gehren die jungen Mnner von 15 bis -30 Jahren an, deren Seelen in natrlicher Weise ausgebildet werden. Als -Schler haben sie sich ganz ihren Lehrern zu fgen. Der zweite Grad -(30-40 Jahre) wird in die Weltweisheit eingefhrt und bekommt eine -analoge Erkenntnis der Dinge. Im dritten Grade (40-50 Jahre) wird -das gttliche Weltgesetz in adquater Form erkannt, es ist das die -Stufe der Propheten. Im hchsten Grade endlich, wenn man ber 50 Jahre -hinaus ist, erlebt man, wie die seligen Engel, die wahre Wirklichkeit -der Dinge. Man ist da ber Natur, Lehre und Gesetz erhaben. - -Aus diesem Brderbunde ist uns eine stufenmig fortschreitende -Encyklopdie der damaligen Wissenschaften erhalten. Sie besteht -aus 51 (ursprnglich vielleicht 50) Abhandlungen, die inhaltlich -verschiedener Art und Herkunft sind, sodass es den Redaktoren oder -Compilatoren nicht gelungen ist, eine durchgngige bereinstimmung -herzustellen. Im allgemeinen aber findet sich in dieser Encyklopdie -ein eklektischer Gnostizismus auf naturphilosophischer Grundlage mit -politischem Hintergrunde. Mit mathematischen Betrachtungen, voll -Zahlen- und Buchstabenspiel hebt die Darstellung an, durch Logik -und Physik, aber Alles auf die Seele und ihre Krfte beziehend, -schreitet sie fort, um endlich in mystisch-zauberischer Weise sich -der Erkenntnis der Gottheit zu nhern. Das Ganze stellt sich als die -Lehre einer verfolgten Sekte dar, ab und zu blickt das Politische -hindurch. Wir sehen noch etwas von Leiden und Kampf, von Bedrckungen, -denen die Mnner dieser Encyklopdie oder ihre Vorgnger ausgesetzt -waren, von Hoffnung, die sie hegen, von Duldung, die sie predigen. Sie -suchen in dieser spiritualistischen Philosophie Trost oder Erlsung, -sie ist ihre Religion. Treu bis zum Tode, heit es, sollen die Brder -sein, denn fr der Freunde Wohl in den Tod zu gehen, das ist der wahre -heilige Krieg. Auf der Pilgerfahrt des Lebens durch diese Welt, so wird -die verpflichtete Reise nach Mekka allegorisiert, soll Einer dem Andern -mit allen Mitteln beistehen. Die Reichen sollen von ihren materiellen, -die Weisen von ihren geistigen Gtern den Anderen mitteilen. Doch ist -das Wissen, wie wir es in der Encyklopdie haben, wohl hauptschlich -den Eingeweihten der hchsten Grade vorbehalten worden. - -Es scheint nun allerdings dieser Bund der treuen Brder von Basra, -wie vielleicht eine Zweigniederlassung in Bagdad, ein stilles -Dasein gefhrt zu haben. Die Brder mgen sich zu den Karmaten etwa -verhalten haben wie die ruhigeren Taufgesinnten zu den revolutionren -Wiedertufern des Knigs von Sion. - -Als Mitglieder des Bundes und Verfasser der Encyklopdie werden uns -von Spteren genannt: Abu Sulaiman Mohammed ibn Muschir al-Busti, -genannt al-Muqaddasi, Abu-l-Hasan Ali ibn Harun al-Zandschani, -Mohammed ibn Achmed al-Nahradschuri, al-Aufi und Zaid ibn Rifaa. Zur -Zeit ihres Wirkens hatte das Chalifat seine weltliche Macht schon ganz -dem schiitischen Bujidenhause (945) abtreten mssen. Wahrscheinlich -begnstigte dieser Umstand das Hervortreten mit einer Encyklopdie, -in der schiitische und mutazilitische Lehren mit den Ergebnissen der -Philosophie zu einem populren System zusammengefasst waren. - -3. Die Brder bekennen sich selbst zum Eklektizismus. Sie wollen -die Weisheit aller Vlker und Religionen sammeln. Noah und Abraham, -Sokrates und Platon, Zoroaster und Jesus, Mohammed und Ali sind ihre -Propheten. Sokrates, Jesus und seine Apostel, sowie die Aliden, -werden als heilige Mrtyrer ihres Vernunftglaubens verehrt. Das -Religionsgesetz in seinem buchstblichen Sinne heit gut fr den -gemeinen Mann, eine Medizin fr schwache und kranke Seelen; fr starke -Geister aber ist die tiefere philosophische Einsicht. Der Krper wird -dem Tode geweiht, Sterben bedeutet Auferstehen zum reinen Leben des -Geistes, fr diejenigen nmlich, die schon whrend ihres Erdendaseins -durch philosophische Betrachtungen aus sorglosem Schlummer und -thrichtem Schlaf erwacht sind. Mit endlosen Wiederholungen, durch -Legenden und Sagen sptgriechischer, jdisch-christlicher, persischer -oder indischer Herkunft, wird dieses eingeschrft. Alles Vergngliche -wird dabei zum Gleichnis. Auf den Trmmern der positiven Religion und -der naiven Ansicht baut sich eine spiritualistische Philosophie auf, -alles Wissen und Streben der Menschheit, sofern es in den Gesichtskreis -der Brder getreten ist, umfassend. Der Zweck ihres Philosophierens -heit das Gotthnlichwerden der Seele, soweit es Menschen mglich ist. - -In der Darstellung treten, aus begreiflichen Grnden, die negativen -Tendenzen der Brder etwas zurck. Am rcksichtslosesten aber tritt -ihre Kritik der menschlichen Gesellschaft und der positiven Religionen -hervor in dem Buche vom Tier und Mensch, wo die Einkleidung es ihnen -ermglicht, die Tiere sagen zu lassen, was aus menschlichem Munde zu -hren, bedenklich werden knnte. - -4. Der eklektische Charakter und die in den Unterteilen wenig -systematische Art der Darstellung erschwert es, die Philosophie der -Brder einheitlich zu entwickeln. Doch sollen hier die wichtigsten -Stze, wenn auch mitunter in loser Verknpfung, zusammengereiht werden. - -Die Geistesthtigkeit des Menschen zerfllt, nach der Encyklopdie, in -Kunst und Wissenschaft. Wissen nun ist die Form des Gewussten in der -wissenden Seele oder eine hhere, feinere, geistigere Existenzweise -des im Stoffe Wirklichen. Kunst dagegen ist das Hervorgehenlassen -der Form aus der Knstlerseele in die Materie hinein. Das Wissen ist -potentiell in der Seele des Schlers vorhanden, wird aber erst aktuell -durch die belehrende Thtigkeit eines Meisters, der das Wissen als ein -Wirkliches in sich trgt. Woher aber hat es der erste Meister? Nach -den Philosophen, so antworten die Brder, hat er es sich durch eigenes -Nachdenken erworben, nach den Theologen durch prophetische Erleuchtung -erhalten, nach unserer Meinung aber gibt es verschiedene Wege oder -Vermittelungen, zum Wissen zu gelangen. Aus der Mittelstellung der -Seele zwischen Krper- und Geisteswelt ergeben sich schon drei Wege -oder Quellen der Erkenntnis. Die Seele erkennt nmlich das, was unter -ihr steht, durch die Sinne, das, was ber ihr ist, durch logische -Folgerung, und endlich sich selbst durch vernnftige Betrachtung oder -unmittelbare Anschauung. Von diesen Arten ist die Selbsterkenntnis die -gewisseste und vorzglichste. Das menschliche Wissen erweist sich, -wenn es darber hinauszugehen versucht, vielfach beschrnkt. ber -Fragen, wie Weltentstehung und Weltewigkeit, soll man deshalb nicht -gleich philosophieren, sondern sich zunchst an dem Einfacheren -versuchen. Und nur durch Weltentsagung und gerechten Wandel erhebt -die Seele sich allmhlich zur reinen Erkenntnis des Hchsten. - -5. Nach der weltlichen Bildung in Sprachwissenschaft, Poesie und -Geschichte und nach der religisen Erziehung und Glaubenslehre, -soll das philosophische Studium mit den mathematischen Disziplinen -anfangen. Alles wird hier neupythagoreisch-indisch dargestellt. Nicht -nur die Zahlen, auch die Buchstaben werden zu kindischen Spielereien -benutzt. Es kam da den Brdern besonders zu statten, dass das -arabische Alphabet 28 = 4 7 Buchstaben zhlt. Statt nach sachlichen -Gesichtspunkten zu verfahren, wird durch alle Wissenschaften hindurch -nach sprachlichen Analogien und Zahlenverhltnissen phantasiert. Die -Arithmetik untersucht nicht die Zahl als solche, sondern deren -Bedeutsamkeit. Es wird nicht fr die Erscheinungen ein zahlenmiger -Ausdruck gesucht, sondern nach dem System der Zahlen werden die -Dinge gedeutet. Die Zahlenlehre ist gttliche Weisheit, die ber den -Dingen ist, denn die Dinge sind erst den Zahlen nachgebildet. Das -absolute Prinzip alles Seienden und Gedachten ist die Eins. Daher -steht die Wissenschaft der Zahl am Anfang, in der Mitte und am Ende -aller Philosophie. Die Geometrie mit ihren anschaulichen Figuren -dient nur dazu, Anfngern das Verstndnis zu erleichtern, wahre, -reine Wissenschaft aber ist allein die Arithmetik. Doch wird auch -die Geometrie eingeteilt in eine sinnliche, die Linien, Flchen und -Krper zum Gegenstande hat, und eine reine oder geistige, die von den -Dimensionen oder Eigenschaften der Dinge, Lnge, Breite und Tiefe, -handelt. Der Zweck sowohl der Arithmetik als der Geometrie ist, -die Seele vom Sinnlichen auf das Geistige hinzufhren. - -Zuerst fhren sie uns dann zur Betrachtung der Gestirne. In der -Astrologie bietet nun die Encyklopdie, wie nicht anders zu erwarten -ist, hchst phantastische, zum Teil sich widersprechende Lehren. Durch -das Ganze geht die berzeugung hindurch, dass die Gestirne nicht blo -Zuknftiges vorhersagen, sondern dass sie alles Geschehen unter dem -Monde direkt beeinflussen oder bewirken. Sowohl Glck als Unglck -kommt von ihnen her. Jupiter, Venus und die Sonne fhren Glck, -Saturn, Mars und der Mond dagegen Unglck herbei, und die Wirkungen -des Merkur sind aus Gutem und Bsem gemischt. Merkur ist der Herr der -Bildung und der Wissenschaft; ihm verdanken wir unsere Erkenntnis, -die Gutes und Bses umfasst. So hat denn auch jeder andere Planet -seinen eigenen Wirkungskreis, und der Mensch empfindet in seinem Leben, -wenn er nicht vorzeitig weggerafft wird, nach und nach die Einflsse -smtlicher Himmelskrper. Der Mond lsst seinen Krper wachsen -und Merkur bildet seinen Geist aus. Dann beherrscht ihn Venus. Die -Sonne gibt ihm Familie, Reichtum oder Herrschaft, Mars Tapferkeit -und Edelsinn. Darauf bereitet er sich, unter Jupiters Fhrung, durch -religise bungen zur Reise ins Jenseits vor und gelangt unter dem -Einflusse Saturns zur Ruhe. Viele Menschen aber leben nicht lange genug -oder sind nicht in der Lage, ihre natrlichen Anlagen in ungestrter -Folge zu entwickeln. Darum schickt Gott ihnen gndig seine Propheten, -nach deren Lehre man sich auch in kurzer Frist und unter ungnstigen -Verhltnissen vollstndig ausbilden kann. - -6. Nach der Encyklopdie ist der Mathematik die Logik verwandt. Wie -nmlich die Mathematik vom Sinnlichen zum Geistigen hinfhrt, so nimmt -auch die Logik eine Mittelstellung zwischen Physik und Metaphysik -ein. Die Physik hat es mit den Krpern, die Metaphysik mit den reinen -Geistern zu thun, die Logik aber behandelt die Begriffe dieser sowie -die Vorstellungen jener in unserer Seele. Doch steht die Logik der -Mathematik an Umfang und Bedeutung nach. Denn das Mathematische wird -nicht nur als ein Mittleres, sondern auch als das Wesen des Alls -gefasst. Hingegen bleibt die Logik ganz auf die seelischen Gebilde -als ein Mittleres zwischen Krper und Geist beschrnkt. Die Dinge -richten sich nach den Zahlen, unsere Vorstellungen und Begriffe aber -nach den Dingen. - -Die logischen Betrachtungen der Brder knpfen sich an Porphyrs -Einleitung und die Kategorien, die Hermeneutik und die Analytiken -des Aristoteles. Eigentmliches bieten sie nicht oder sehr wenig. - -Zu den fnf Worten des Porphyr wird als sechstes das Individuum -hinzugefgt, wohl der Symmetrie wegen. Drei davon, Gattung, -Art, Individuum, heien dann objektive, und drei, Differenz, -Proprium, Accidens, begriffliche Bestimmungen. Die Kategorien sind -Gattungsbegriffe, von denen der erste die Substanz, die neun anderen -deren Accidenzen bezeichnen. Durch Einteilung in Arten wird ferner das -ganze System der Begriffe entwickelt. Auer der Einteilung aber gibt es -noch drei logische Methoden: Analyse, Definition und Deduktion. Die -Analyse ist die Methode fr Anfnger, weil sie das Individuelle -erkennen lsst. Subtiler aber, das Geistige uns erschlieend, sind die -Definition, welche die Arten, und die Deduktion, welche die Gattungen -in ihrem Wesen ergrndet. - -ber das Dasein der Dinge belehren uns die Sinne, der Dinge Wesenheit -aber wird durch Nachdenken erkannt. Was die Sinne uns zu erkennen -geben, ist wenig, wie die Buchstaben des Alphabets; bedeutender -schon, wie die Worte, sind die Prinzipien der Vernunfterkenntnis; -das Wichtigste aber sind die aus jenen Prinzipien abgeleiteten -Stze, die der menschliche Geist sich selbst erwirbt oder aneignet, -im Unterschiede von demjenigen Wissen, das ihm die Natur oder die -gttliche Offenbarung erteilt hat. - -7. Von Gott, dem hchsten Sein, der ber alle Unterschiede und -Gegenstze, auch des Krperlichen und Geistigen, erhaben ist, wird die -ganze Welt auf dem Wege der Emanation abgeleitet. Wenn mitunter von -einer Schpfung die Rede ist, so ist das als eine Anbequemung an den -theologischen Sprachgebrauch aufzufassen. Folgendermaen stellt sich -nun die Stufenreihe der emanierten Wesen dar: 1. der schaffende Geist -(nous, `aql); 2. der leidende Geist oder die Allseele; 3. die erste -Materie; 4. die wirkende Natur, eine Kraft der Weltseele; 5. der -absolute Krper, auch zweite Materie genannt; 6. die Sphrenwelt; -7. die Elemente der sublunarischen Welt; 8. die aus diesen Elementen -zusammengesetzten Mineralien, Pflanzen und Tiere. Das sind also acht -Wesen, die zusammen mit Gott, der absoluten Eins, die in und mit -jedem Dinge ist, die Reihe der den neun Grundzahlen entsprechenden -Urwesen vollenden. - -Geist, Seele, Urmaterie und Natur sind einfach, mit dem Krper aber -betreten wir das Gebiet des Zusammengesetzten. Alles ist hier entweder -Materie oder Form, Substanz oder Accidens. Die ersten Substanzen sind -Materie und Form, die ersten Accidenzen oder Eigenschaften Raum, -Bewegung und Zeit, denen man wohl im Sinne der Brder den Ton und -das Licht hinzufgen knnte. Die Materie ist eins, alle Vielheit und -Verschiedenheit rhrt von den Formen her. Die Substanz wird auch als -die konstituierende, materielle, das Accidens als die vollendende, -geistige Form bezeichnet. Klar spricht die Encyklopdie sich nicht -aus. Jedenfalls aber wird die Substantialitt mehr im Allgemeinen als -im Besonderen gesucht und die Form der Materie vorgezogen. Wie ein -Gespenst schreckt die substantielle Form von jedem Eingehen auf das -Materielle ab. Wie Herren nach ihrer Willkr wandern die Formen durch -die niedere Welt der Materie. Von einer inneren Beziehung zwischen -Materie und Form ist keine Spur zu entdecken. Nicht nur gedanklich, -sondern auch real lassen sie sich trennen. - -Hieraus lsst sich schon ein Begriff von der Naturgeschichte der -Brder bilden. Man hat sie als Darwinisten des zehnten Jahrhunderts -hingestellt. Nichts ist weniger richtig. Zwar ergeben die verschiedenen -Reiche der Natur, nach der Encyklopdie, eine aufsteigende und -zusammenhngende Reihe. Aber nicht nach der Krperbildung wird -das Verhltnis bestimmt, sondern nach der inneren Form oder der -Seelensubstanz. In mystischer Weise wandert die Form vom Niederen zum -Hheren und umgekehrt, nicht nach inneren Bildungsgesetzen oder durch -Anpassung an das uere modifiziert, sondern nach den Einwirkungen -der Gestirne und, wenigstens beim Menschen, nach praktischem und -theoretischem Verhalten. Eine Entwicklungsgeschichte in modernem Sinne -zu geben, lag den Brdern ganz fern. Ausdrcklich betonen sie z. B., -Pferd und Elephant seien menschenhnlicher als der Affe, obgleich beim -letzteren die krperliche bereinkunft grer. Aber der Krper ist -ja etwas ganz Nebenschliches in ihrem System, der Tod des Krpers -heit die Geburt der Seele. Nur die Seele ist ein wirkendes Wesen, -das sich den Krper schafft. - -8. Die Naturlehre der Brder geht demnach fast vollstndig in -Psychologie auf. Beschrnken wir uns hier auf die menschliche -Seele. Sie steht in der Mitte des Alls. Wie die Welt ein groer Mensch, -ist der Mensch eine kleine Welt. - -Die menschliche Seele ist von der Weltseele emaniert, und die Seelen -smtlicher Individuen bilden zusammen eine Substanz, die man den -absoluten Menschen oder den Geist der Menschheit nennen knnte. Jede -Einzelseele aber steckt in der Materie und muss sich allmhlich -zum Geiste hinbilden. Dazu hat sie viele Vermgen oder Krfte. Von -diesen sind die theoretischen Vermgen die vorzglichsten, denn in -der Erkenntnis besteht das Leben der Seele. - -Die Seele des Kindes ist zunchst wie ein weies Blatt. Was die fnf -Sinne ihr zufhren, wird, vorn, mitten und hinten im Gehirne, erstens -vorgestellt, zweitens beurteilt und drittens aufbewahrt. Durch das -Vermgen der Sprache und die Schreibkunst, womit die entsprechende -Fnfzahl innerer Sinne erreicht ist, wird dann der Vorstellungsinhalt -verwirklicht. - -Unter den ueren Sinnen geht das Gehr dem Gesichte voran, denn -dieses bezieht sich, ein Sklave des Augenblickes, auf das sinnlich -Gegenwrtige, dagegen das Gehr auch Vergangenes erfasst und die -Harmonie der tnenden Sphren empfindet. Gehr und Gesicht bilden -zusammen die Gruppe geistiger Sinne, deren Wirkung zeitlos von statten -gehen soll. - -Whrend nun der Mensch die ueren Sinne mit den Tieren gemein hat, -so bekundet sich in der Urteilskraft, in der Sprache und im Handeln -die spezifisch menschliche Vernunft. Diese urteilt ber gut und -bse, nach welchem Urteile der Wille sich entscheidet. Besonders -aber ist die Bedeutung der Sprache fr das Erkenntnisleben der Seele -hervorzuheben. Ein Begriff, der nicht durch irgend einen Ausdruck in -irgend einer Sprache bezeichnet werden kann, ist eben kein denkbarer -Begriff. Das Wort ist der Krper des Gedankens, der rein fr sich -nicht bestehen kann. - -Wie aber diese Auffassung vom Verhltnis zwischen Begriff und Ausdruck -zu sonstigen Meinungen der Brder stimmen soll, ist nicht einzusehen. - -9. Auf ihrer hchsten Stufe wird die Lehre der Brder -Religionsphilosophie. Eine Vershnung zwischen Wissenschaft und -Leben, Philosophie und Glauben ist ihre Absicht. Da sind nun die -Menschen sehr verschieden. Der gewhnliche Mensch braucht einen -sinnlichen Gottesdienst. Aber wie die Seele des gemeinen Mannes -Tier- und Pflanzenseele unter sich hat, so stehen ber ihr die -Seele des Philosophen und des Propheten, dem sich der reine Engel -anschliet. Auf den hheren Stufen erhebt sich die Seele auch ber -die niedere Volksreligion, deren sinnliche Vorstellungen und Gebruche. - -Als die vollkommenere religise Offenbarung erschien den Brdern -wohl das Christentum, auch der zoroastrische Glaube. Unser -Prophet Mohammed, sagen sie, wurde an ein ungebildetes Volk von -Wstenbewohnern geschickt, die weder von der Schnheit dieser Welt -noch von dem geistigen Charakter der jenseitigen eine richtige -Vorstellung besaen. Die grobsinnlichen Ausdrcke des Korans, dem -Verstndnis jenes Volkes angepasst, sollen von den hher Gebildeten -in spiritualistischem Sinne verstanden werden. - -Aber auch die anderen Volksreligionen haben die Wahrheit nicht -rein. ber sie alle hinaus gibt es einen Vernunftglauben, fr den -die Brder sogar eine metaphysische Ableitung versuchen. Zwischen -Gott und sein erstes Geschpf, den schaffenden Geist, wird als -Hypostase das gttliche Weltgesetz (nms) eingeschoben. Es ist das -die ber Alles sich erstreckende weise Anordnung eines barmherzigen -Schpfers, der Niemandem Bses will. Den Glauben an einen zornigen -Gott, an Hllenstrafen und dergleichen erklren die Brder fr -widervernnftig. Ein solcher Glaube thut der Seele weh. Die unwissende, -sndige Seele findet schon in diesem Leben, in ihrem eigenen Leibe -die Hlle. Auferstehung dagegen heit die Trennung der Seele von -ihrem Krper. Und die groe Auferstehung am jngsten Tage ist die -Trennung der Allseele von der Welt, ihre Rckkehr zu Gott. Das Ziel -smtlicher Religionen ist ja die Hinwendung zu Gott. - -10. Die Ethik der Brder hat einen asketisch-spiritualistischen -Charakter, obgleich sich auch hier der Eklektizismus zeigt. Gut handelt -nach ihr der Mensch, wenn er der richtigen Natur folgt, lobenswert -ist die freie That der Seele, vortrefflich sind die aus vernnftiger -berlegung hervorgegangenen Handlungen, und einer Belohnung, d. h. der -Erhebung zur himmlischen Sphrenwelt wert ist endlich die Befolgung des -gttlichen Weltgesetzes. Dazu bedarf es der Sehnsucht nach oben. Die -hchste Tugend ist deshalb die Liebe, die nach Vereinigung mit Gott, -dem ersten Geliebten, hinstrebt, die sich aber auch in diesem Leben -als religise Duldung und Schonung aller Geschpfe bethtigt. Ihr -Gewinn im Diesseits ist Seelenruhe, Herzensfreiheit, Frieden mit der -ganzen Welt, und im Jenseits das Aufsteigen zum ewigen Lichte. - -Nach alledem braucht es uns nicht zu wundern, dass dem Leibe viel -Schlechtes nachgesagt wird. Unser wahres Wesen heit die Seele, -unseres Daseins hchster Zweck soll es sein, mit Sokrates dem Geiste, -mit Christus dem Gesetz der Liebe zu leben. Dennoch ist der Leib zu -schonen und zu pflegen, damit die Seele Zeit habe, sich vollkommen -zu entwickeln. In diesem Sinne wird von den Brdern ein menschliches -Bildungsideal aufgestellt, dessen Zge den Charakteren verschiedener -Vlker entlehnt sind. Der ideale, sittlich vollkommene Mensch soll -nmlich ostpersischer Abstammung sein, arabisch seinem Glauben nach, -von iraqischer (babylonischer) Bildung, erfahren wie ein Hebrer, -ein Christusjnger in seinem Wandel, fromm wie ein syrischer Mnch, -ein Grieche in den Einzelwissenschaften, ein Inder in der Deutung -aller Geheimnisse, endlich aber und zuhchst ein Sufi in seinem -ganzen Geistesleben. - -11. Der Versuch einer Vershnung, die auf diese Weise zwischen -Wissen und Glauben sollte hergestellt werden, hat nach keiner Seite -befriedigt. Auf die allegorische Koraninterpretation der Brder -blickten die theologischen Dialektiker herab, wie heutzutage -unsere Gottesgelehrten auf die neutestamentliche Exegese des -Grafen Tolstoi. Und die reineren Aristoteliker betrachteten -die pythagoreisch-platonische Richtung der Encyklopdie wie -ein heutiger Philosophieprofessor Spiritismus, Occultismus und -derartige Erscheinungen anzusehen pflegt. Aber in der breiten -Masse der gebildeten oder halbgebildeten Welt haben die Schriften -oder doch die Ansichten der treuen Brder von Basra eine bedeutende -Wirkung erzielt, von der die vielen, meist jungen Handschriften der -umfangreichen Encyklopdie beredtes Zeugnis ablegen. Bei vielen Sekten -innerhalb der islamischen Welt, Batiniten, Ismaeliten, Assasinen, -Drusen, oder wie sie sonst heien mgen, finden wir der Hauptsache -nach dieselben Lehren wieder. Vorzugsweise in dieser Form hat sich -griechische Weisheit im Osten acclimatisieren knnen, whrend die -aristotelische Schulphilosophie fast nur im Treibhause frstlicher -Gnner gedeihen wollte. Der groe Kirchenvater Gazali that die -Weisheit der Brder gar leicht als Popularphilosophie ab, scheute -sich aber nicht, von ihnen das Gute herberzunehmen. Er verdankt ihrem -Gedankenkreise mehr, als er wohl selbst eingestehen mochte. Auch von -anderen, besonders in encyklopdischen Werken, sind ihre Abhandlungen -ausgenutzt worden. Die Wirkung der Encyklopdie dauert noch fort im -muslimischen Osten. Vergebens hat man sie, zusammen mit den Schriften -Ibn Sina's, im Jahre 1150 zu Bagdad verbrannt. - - - - - - - - -IV. DIE NEUPLATONISCHEN ARISTOTELIKER DES OSTENS. - - -1. Kindi. [14] - -1. Kindi steht in mannigfachen Beziehungen zu den mutazilitischen -Dialektikern und den neupythagoreischen Naturphilosophen seiner Zeit -und wir htten ihn also schon vor Razi (s. III, 1 5) unter den -letzteren behandeln knnen. Doch hat ihn die Tradition einstimmig als -den ersten Peripatetiker im Islam hingestellt. Mit welchem Rechte, -wird sich, soweit es aus den wenigen mangelhaft erhaltenen Schriften -dieses Philosophen mglich ist, im folgenden ergeben. - -Abu Jaqub ibn Ishaq al-Kindi (d. h. aus dem Stamme Kinda) war -arabischer Abstammung, und wurde deshalb, im Unterschiede von seinen -vielen nichtarabischen Genossen, die sich mit Weltweisheit abgaben, -der arabische Philosoph genannt. Er fhrte seinen Stammbaum auf die -alten Kinda-Frsten zurck. Ob er dazu das Recht besa, lassen wir -dahingestellt bleiben. Jedenfalls hatte der sdarabische Kindastamm -es in der ueren Kultur weiter gebracht als andere Stmme. Viele -Kinditen hatten sich auch schon frh in Iraq (Babylonien) angesiedelt, -wo dann unser Philosoph in Kufa, davon sein Vater Statthalter war, -geboren wurde, vermutlich am Anfange des neunten Jahrhunderts. Seine -Erziehung erhielt er wahrscheinlich teilweise in Basra, ferner in -Bagdad, also in den Mittelpunkten der damaligen Bildung. Hier lernte -er persische Kultur und griechisches Wissen hher schtzen als alte -Arabertugend und muslimischen Glauben. Er behauptete sogar, wohl -nach anderen, Kachtan, der Stammvater der Sdaraber, sei ein Bruder -Jaunan's gewesen, von dem die Griechen herstammen. So etwas konnte -man sagen in Bagdad, am abbasidischen Hofe, wo man keine Nationalitt -kannte und die alten Griechen bewunderte. - -Wie lange und in welcher Stellung Kindi am Hofe weilte, ist nicht -bekannt. Er wird als bersetzer griechischer Werke ins Arabische -genannt und soll die Arbeiten anderer verbessert haben, u. a. die -sogenannte Theologie des Aristoteles. Zahlreiche Diener und Schler, -deren Namen uns berliefert sind, waren vermutlich unter seiner -Aufsicht damit beschftigt. Ferner mag er dem Hofe als Astrologe oder -Arzt, vielleicht auch bei der Finanzverwaltung, Dienste geleistet -haben. Spter aber wurde er entfernt, als er von der orthodoxen -Restauration unter Mutawakkil (847-861) mit betroffen ward, und seine -Bibliothek eine Zeit lang konfisziert. In Bezug auf seinen Charakter -sagt ihm die berlieferung nach, er sei geizig gewesen, was brigens -viele andere Schngeister und Bcherliebhaber sollen gewesen sein. - -Ebensowenig wie Kindi's Geburts-, ist sein Todesjahr bekannt. Er -scheint also in Ungnaden oder doch in untergeordneter Stellung -gestorben zu sein. Dass Masudi (s. II, 4 4), der ihn sehr schtzte, -ganz darber schweigt, ist befremdend. Hchstwahrscheinlich lebte -er noch nach dem Jahre 870, wie aus einer seiner astrologischen -Abhandlungen hervorgeht. Der Ablauf einer kleinen Weltperiode -stand damals bevor, und das wurde von den Karmaten zur Strzung des -Frstenhauses benutzt. Da war nun aber Kindi reichsfreundlich genug, -den von einer Konjunktion bedrohten Bestand des Staates um etwa 450 -Jahre zu verlngern. Sein frstlicher Gnner konnte zufrieden sein -und die Geschichte hat sich bis auf ein halbes Jahrhundert gefgt. - -2. Kindi war ein Polyhistor, er hatte die ganze gelehrte Bildung -seiner Zeit in sich aufgenommen. Als Geograph, Kulturhistoriker -und Mediziner mag er eigene Beobachtungen angestellt und mitgeteilt -haben, ein schpferischer Geist ist er keinesfalls gewesen. Seine -theologischen Ansichten zeigen mutazilitisches Geprge. Er schrieb -nmlich ber das menschliche Vermgen zu handeln und die Zeit seines -Entstehens, ob vor oder zugleich mit der That. Ausdrcklich betonte er -die Gerechtigkeit und die Einheit Gottes. Gegen die damals als indisch -oder brahmanisch bekannte Theorie, als einzige Erkenntnisquelle -reiche die Vernunft aus, verteidigte er die Prophetie, suchte -diese aber mit der Vernunft in Einklang zu bringen. Seine Kenntnis -verschiedener Religionssysteme forderte ihn zur Vergleichung auf. Als -allen gemeinsam fand er den Glauben heraus, dass die Welt das Werk -einer ewigen einheitlichen Ursache sei, fr die unser Wissen keine -nhere Bezeichnung besitze. Es sei aber die Pflicht der Einsichtigen, -diese Ursache als gttlich anzuerkennen. Die Gottheit selbst habe -ihnen dazu den Weg gezeigt, auch Gesandte geschickt zum Zeugnis, -die den Gehorsamen ewige Glckseligkeit verheien, den Ungehorsamen -aber entsprechende Bestrafung androhen sollen. - -3. Kindi's eigentliche Philosophie ist, wie diejenige -seiner Zeitgenossen, an erster Stelle Mathematik und -Naturphilosophie, wobei dann Neuplatonisches und Neupythagoreisches -ineinanderflieen. Es wird nach ihm keiner Philosoph ohne das Studium -der Mathematik. Phantastisches Spiel mit Zahlen und Buchstaben findet -sich fter in seinen Schriften. Er wandte auch die Mathematik auf die -Medizin an in der Lehre von den zusammengesetzten Heilmitteln. Er -grndete nmlich die Wirkung dieser Mittel, hnlich derjenigen der -Musik, auf die geometrische Proportion. Es handelt sich hier um die -Proportionalitt der sinnlichen Qualitten: warm, kalt, trocken und -feucht. Soll ein Heilmittel im ersten Grade warm sein, dann muss -es das Doppelte an Wrme besitzen von der gleichmigen Mischung, -im zweiten Grade das Vierfache u. s. w. Die Entscheidung darber -scheint Kindi dem Sinne, besonders dem Geschmacke anvertraut zu -haben, sodass wir bei ihm eine Ahnung von der Proportionalitt der -Sinnesempfindungen htten. Das war nun, wenn berhaupt originell, -bei ihm wohl nichts anderes als eine mathematische Spielerei. Cardan -aber, ein Philosoph der Renaissance, hat ihn wegen dieser Lehre noch -zu den zwlf subtilsten Geistern gerechnet. - -4. Die Welt ist nach Kindi, wie oben schon gesagt, ein Werk Gottes, -dessen Wirken aber von oben nach unten vielfach vermittelt wird. Alles -Hhere wirkt auf das Niedere ein, nicht aber das Verursachte auf -seine ber ihm auf der Stufe des Seins stehende Ursache. In allem -Weltgeschehen ist nun eine durchgngige Urschlichkeit, die es uns -ermglicht, aus der Erkenntnis der Ursache, der Himmelskrper z. B., -Zuknftiges vorherzusagen. Auch haben wir an einem vollstndig -erkannten Einzelwesen einen Spiegel, darin der ganze Zusammenhang -der Welt zu schauen. - -Dem Geiste gehrt die hhere Wirklichkeit und alle Wirksamkeit -an. Seinem Wunsche gem hat sich die Materie zu gestalten. Und -zwischen dem gttlichen Geiste und der materiellen Krperwelt steht -die Seele in der Mitte. Sie ist es, die die Sphrenwelt erst geschaffen -hat. Von dieser Weltseele ist die menschliche Seele ein Ausfluss. Ihrer -Natur nach, d. h. in ihren Wirkungen, ist die letztere an die Mischung -ihres Krpers gebunden, aber ihrem geistigen Wesen nach ist sie davon -unabhngig, treffen sie also auch nicht die Einwirkungen der Gestirne, -die sich auf das Natrliche beschrnken. Unsere Seele, so fhrt Kindi -aus, ist eine einfache, unvergngliche Substanz, aus der Welt der -Vernunft in die Sinnenwelt herabgekommen, aber mit Erinnerung an ihren -frheren Zustand ausgestattet. Sie findet sich hier nicht heimisch, -denn sie hat viele Bedrfnisse, deren Befriedigung ihr versagt bleibt, -und die deshalb von schmerzlichen Gefhlen begleitet sind. Es ist -eben nichts bestndig in dieser Welt des Entstehens und Vergehens, -in der man dessen, was man liebt, jeden Augenblick beraubt werden -kann. Bestndigkeit gibt es nur in der Welt der Vernunft. Wenn wir -also unsere Wnsche erfllt sehen wollen und nicht dessen beraubt -werden, was uns teuer ist, so mssen wir uns den ewigen Gtern -der Vernunft zuwenden, der Furcht Gottes, der Wissenschaft und den -guten Werken. Wenn wir aber nur den materiellen Gtern nachgehen -und glauben, sie uns erhalten zu knnen, so streben wir etwas nach, -das in Wirklichkeit nicht existiert. - -5. Dieser ethisch-metaphysischen Dualitt des Sinnlichen und Geistigen -entspricht die Lehre Kindi's vom Wissen. Unsere Erkenntnis ist -danach entweder sinnliche oder Vernunfterkenntnis; was dazwischen, -die Phantasie oder die Vorstellungskraft, heit mittleres Vermgen. Die -Sinne erfassen nun das Einzelne oder die materielle Form, die Vernunft -aber das Allgemeine, Arten und Gattungen, oder die geistige Form. Und -wie das Wahrgenommene mit der Sinneswahrnehmung eins ist, so ist es -auch das von der Vernunft Erfasste mit der Vernunft selbst. - -Zum ersten Male taucht hier nun die Lehre von der Vernunft oder -vom Geiste (nous, `aql) in einer Gestalt auf, wie sie, nur etwas -modifiziert, bei den spteren muslimischen Philosophen einen groen -Platz einnimmt. Sie ist charakteristisch fr den ganzen Verlauf der -Philosophie im Islam. Wie im Universalienstreite des christlichen -Mittelalters sich doch auch ein objectiv-wissenschaftliches Interesse -kundgibt, so zeigt sich in den philosophischen Errterungen der -Muslime ber den denkenden Geist vor allem das subjektive Bedrfnis -intellektueller Bildung. - -Kindi unterscheidet einen vierfachen Geist [15]: erstens den Geist, -der immer wirklich ist, die Ursache und das Wesen alles Geistigen in -der Welt, also wohl Gott oder der erste geschaffene Geist; zweitens -den Geist als vernnftige Anlage oder Potenz der menschlichen Seele; -drittens als Habitus oder wirklichen Besitz der Seele, dessen sie -sich jeden Augenblick bedienen kann, wie z. B. der Schreiber seiner -Kunst; endlich viertens als Thtigkeit, wodurch das, was die Seele als -ein Wirkliches in sich hat, in die uere Wirklichkeit bergefhrt -wird. Letztere Thtigkeit scheint, nach Kindi, die eigene That des -Menschen zu sein, whrend er die berfhrung der Potenz zum Habitus -oder die Verwirklichung des Mglichen von der ersten Ursache, dem -ewigwirklichen Geiste herleitet. Den wirklichen Geist haben wir also -von oben erhalten und es heit der dritte `aql deshalb `aql mustafad, -lat. intellectus adeptus sive adquisitus. Die Grundanschauung -des Altertums, alles Wissen um die Dinge msse von auen an uns -herankommen, geht in dieser Form, in der Lehre vom `aql mustafad oder -dem Geiste, den wir von oben bekommen, durch die arabische Philosophie -und dann in die christliche hinein. Leider ist die Lehre in Bezug -auf diese Philosophie selbst nahezu richtig. Der thtige Geist, -der sie geschaffen, ist in Wirklichkeit der neuplatonische Aristoteles. - -Das Hchste, was er besitzt, hat der Mensch ja immer seinem Gotte -oder den Gttern zugeschrieben. Muslimische Theologen schrieben der -gttlichen Wirksamkeit unmittelbar die sittlichen Handlungen des -Menschen zu. Nach den Philosophen aber ist das Wissen mehr als die -That. Diese, auf die niedere, sinnliche Welt sich richtend, mag des -Menschen Eigentum sein; sein hchstes Wissen aber, die reine Vernunft, -kommt von oben her, vom gttlichen Wesen. - -Es ist klar, dass die Lehre vom Geiste, wie sie bei Kindi vorliegt, -auf die Nus-Lehre des Alexander von Aphrodisias im zweiten Buche -ber die Seele zurckgeht. Aber Alexander behauptete ausdrcklich, -nach Aristoteles gebe es einen dreifachen Nus. Kindi sagt dagegen, er -stelle die Meinung des Platon und Aristoteles dar. Neupythagoreisches -und Neuplatonisches verknpfen sich hier. In allem muss die Vierzahl -nachgewiesen werden, und Platon und Aristoteles sollen bereinstimmen. - -6. Ziehen wir die Summe. Kindi ist mutazilitischer Theolog und -neuplatonischer Philosoph mit neupythagoreischen Zuthaten. Sokrates, -der Mrtyrer des athenischen Heidentumes, ist sein Ideal, ber -ihn, sein Schicksal und seine Lehre hat er mehrere Schriften -verfasst. Platon und Aristoteles sucht er in neuplatonischer Weise -zu vereinigen. - -Trotzdem nennt ihn die berlieferung den ersten, der in -seinen Schriften dem Aristoteles folgte. Nicht ganz ohne Grund -frwahr. In seinem langen Schriftenverzeichnisse nimmt Aristoteles -einen hervorragenden Platz ein. Er begngte sich nicht mit bloem -bersetzen, sondern studierte die bersetzten Werke, versuchte es auch -sie zu verbessern und zu erlutern. Die aristotelische Physik, mit der -Erklrung des Alexander von Aphrodisias, hat jedenfalls bedeutend auf -ihn gewirkt. Behauptungen, wie dass die Welt nicht der Wirklichkeit, -sondern nur der Potenz nach unendlich sei, dass die Bewegung stetig -und dergleichen mehr deuten darauf hin. Die damaligen Naturphilosophen, -wie noch die treuen Brder, sagten z. B., die Bewegung sei ebensowenig -stetig wie die Zahl. - -Ferner aber wandte Kindi sich entschieden von der wunderschtigen -Zeitphilosophie ab, indem er die Alchemie fr Schwindel erklrte. Er -hielt es fr menschenunmglich, was die Natur allein hervorzubringen im -Stande ist. Wer sich denn auch mit alchemistischen Versuchen abgebe, -betrge, seiner Meinung nach, sich selbst oder andere. Diese Ansicht -Kindi's hat der berhmte Mediziner Razi zu widerlegen versucht. - -7. Sowohl als Lehrer wie als Schriftsteller hat Kindi hauptschlich -durch seine Mathematik, Astrologie, Geographie und Medizin -gewirkt. Sein treuester und gewiss bedeutendster Schler war Achmed -ibn Mohammed al-Tajjib al-Sarachsi (gest. 899), Verwaltungsbeamter und -Freund des Chalifen Mutadid, dessen Nachlssigkeit oder Willkr er zum -Opfer fiel. Er befasste sich mit Geheimwissenschaft und Astrologie, -bemhte sich, aus den Wundern der Schpfung die Weisheit und Macht des -Schpfers zu erkennen, und trieb Geographie und Geschichte. Bekannter -ist ein anderer Schler Kindi's geworden, Abu Maschar (gest. 885), -der aber seinen Ruhm ganz der Astrologie zu verdanken hat. Dieser -soll von einem fanatischen Gegner der Philosophie, durch ein -oberflchliches Studium der Mathematik zur Beschftigung mit der -Astrologie gereizt, als er schon 47 Jahre alt war, ein Verehrer -Kindi's geworden sein. Ob nun das Dichtung oder Wahrheit, auf jeden -Fall ist ein solcher Bildungsgang charakteristisch fr das neugierige -Haschen nach halbverstandenem Wissen, das den ersten Jahrhunderten -der arabischen Wissenschaft eigentmlich ist. - -Die Schule Kindi's ist in keiner Weise ber den Meister -hinausgegangen. Von ihrer litterarischen Thtigkeit ist uns fast nur -in einzelnen Zitaten etwas erhalten. Mglich wre es allerdings, dass -in den Abhandlungen der treuen Brder sich einiges gerettet htte. Doch -lsst sich dies beim jetzigen Stande der Wissenschaft nicht bestimmen. - - - - -2. Farabi. - -1. Im zehnten Jahrhundert werden von den Naturphilosophen die Logiker -oder Metaphysiker unterschieden. Diese befolgen eine strengere -Methode als die Dialektiker und behandeln andere Gegenstnde als die -Physiker. Von Pythagoras haben sie sich losgesagt, um sich der Fhrung -des Aristoteles, freilich in neuplatonischer Gestalt, anzuvertrauen. - -Wir haben es da mit zwei Richtungen wissenschaftlichen Interesses -zu thun. Die Naturphilosophen interessieren sich mehr oder weniger -fr die Flle konkreter Erscheinungen der Natur, wie der Lnder- -und Vlkerkunde. Sie untersuchen berall die Wirkungen der Dinge, -glauben auch das Wesen nur in der Wirkung zu erkennen. Wenn sie zwar -ber Natur, Seele und Geist zum gttlichen Wesen hinaufsteigen, so -bestimmen sie dieses doch nur oder vorzugsweise als erste Ursache, als -weisen Schpfer, dessen Gte und Weisheit aus seinen Werken hervorgehe. - -Ganz anders verhalten sich die Logiker. Das Einzelgeschehen hat fr -sie untergeordneten Wert, nicht weiter, als es aus dem Allgemeinen -ableitbar sich erweist. Gehen die Physiker von den Wirkungen aus, -die Logiker wollen aus ihren Grnden die Dinge begreifen. Sie -fragen berall nach dem Begriff oder dem Wesen der Dinge, bis -zum Hchsten. Gott, um mit einem Beispiele den Gegensatz greifbar -hinzustellen, ist ihnen nicht zunchst der weise Schpfer, sondern -das notwendig-existierende Wesen. - -Die Logiker folgen zeitlich den Physikern nach, wie denn auch von der -mutazilitischen Dialektik (s. II, 3 4 und 5) zuerst Gottes Wirken, -darauf sein Wesen in den Kreis der Betrachtung gezogen wurde. - -Als den bedeutendsten Vertreter der naturphilosophischen Richtung -haben wir Razi kennen gelernt. Die logisch-metaphysischen Bestrebungen, -denen Kindi u. a. vorgearbeitet, erreichen ihren Hhepunkt in Razi's -jngerem Zeitgenossen Abu Nasr Mohammed ibn Mohammed ibn Tarchan ibn -Uzlag al-Farabi. - -2. ber den ueren Lebens- und Bildungsgang Farabis ist wenig -Sicheres zu sagen. Er war ein stiller Mann, der im Schatten der Macht, -zuletzt als Sufi gekleidet, sich einem philosophisch-beschaulichen -Leben hingab. Sein Vater soll persischer Heerfhrer gewesen sein. In -Wasidsch, einem kleinen befestigten Orte des Bezirkes Farab, im -Trkenlande Transoxanien, wurde er geboren. In Bagdad erhielt er, -teilweise von einem christlichen Lehrer, Johanna ibn Hailan, seine -Ausbildung. Diese umfasste sowohl Litterarisches als Mathematisches, -also Trivium und Quadrivium im Sinne des christlichen Mittelalters. Von -seiner mathematischen Bildung zeugen noch einige seiner Schriften, -namentlich ber Musik. Die Legende lsst ihn alle Sprachen der -Welt (70) reden. Aus seinen Werken erhellt, was schon a priori -wahrscheinlich, dass er Trkisch und Persisch verstand. Das Arabisch -schreibt er klar und nicht ohne Reiz. Nur schadet die Vorliebe fr -Synonymen und parallele Satzglieder dann und wann der Przision des -philosophischen Ausdruckes. - -Die Philosophie, in die Farabi eingeweiht wurde, stammte aus der -Schule von Merw. Vielleicht hatte diese sich schon mehr metaphysischen -Fragen zugewandt als die naturphilosophische Richtung der Harranier -und Basrenser. - -Von Bagdad, wo er lange Zeit gelebt und gewirkt, siedelte Farabi, -wohl infolge der politischen Wirren, nach Haleb (Aleppo) an den -glnzenden Hof Saif-addaula's ber. Nur soll er nicht am Hofe, sondern -in Naturzurckgezogenheit die letzten Jahre verbracht haben. Auf -einer Reise starb er in Damaskus, Dezember des Jahres 950, wo ihm, -wie berichtet wird, sein Frst in sufischem Gewande die Leichenrede -hielt. Er soll 80 Jahre alt geworden sein. Dass er ein hohes Alter -erreicht hat, ist wahrscheinlich. Sein Zeit- und Studiengenosse Abu -Bischr Matta starb 10 Jahre frher und sein Schler Abu Zakarija -Jachja ibn Adi im Jahre 974, 81 Jahre alt. - -3. Die zeitliche Reihenfolge der Schriften Farabis ist nicht -festgestellt. Kleinere Abhandlungen, in denen er sich mit den -Dialektikern und Naturphilosophen berhrt, drften, wenn sie berhaupt -echt in der berlieferten Gestalt, populre oder Jugendschriften -sein. Seine Entwicklung wendete sich dem aristotelischen Schrifttum -zu, weshalb ihn der Orient den zweiten Lehrer, d. h. den zweiten -Aristoteles nannte. - -Seit seiner Zeit steht die Zahl und Folge der aristotelischen oder doch -dem Aristoteles zugeschriebenen Werke, die man nach seinem Vorgange -paraphrasierte und kommentierte, im allgemeinen fest. Zuerst die -acht logischen Schriften, Kategorien, Hermeneutik, erste und zweite -Analytik, Topik, Sophistik, Rhetorik und Poetik, denen die Isagoge -des Porphyr voraufgeht. Dann folgen die acht Schriften zur Physik, -auscultatio physica, de coelo et mundo, de generatione et corruptione, -die Meteorologie, die Psychologie, de sensu et sensato, das Buch der -Pflanzen und das der Tiere. Endlich schlieen sich an Metaphysik, -Ethik, Politik u. a. - -Die sogenannte Theologie des Aristoteles hat Farabi noch fr ein -echtes Werk gehalten. In neuplatonischer Weise und mit einiger -Accommodation an den muslimischen Glauben sucht er die bereinstimmung -zwischen Platon und Aristoteles nachzuweisen. Nicht sondernde Kritik, -eine geschlossene Weltanschauung ist ihm Bedrfnis. Die Befriedigung -dieses mehr religisen als wissenschaftlichen Bedrfnisses lsst ihn -ber philosophische Differenzen hinwegsehen. Platon und Aristoteles -sollen sich von einander nur unterscheiden durch ihre Methode, -im sprachlichen Ausdruck und in ihrem Verhalten zum praktischen -Leben. Ihre Weisheitslehre aber ist dieselbe. Sie sind die Imame, -d. h. die hchsten Autoritten in der Philosophie, und da sie Beide -selbstndige, originelle Geister gewesen, gilt ihre bereinstimmende -Autoritt dem Farabi mehr als der Glaube der ganzen muslimischen -Gemeinde, die mit blindem Zutrauen Einem Fhrer folgt. - -4. Farabi wird den rzten zugezhlt, doch scheint er die Kunst -nicht praktisch gebt zu haben. Er widmete sich der Heilkunst -der Seele ganz. Seelenreinheit nannte er die Bedingung und die -Frucht alles Philosophierens, Wahrheitsliebe forderte er auch gegen -Aristoteles. Geometrie und Logik sollen dann das Urteil bilden fr das -Studium der Natur- und Geisteswissenschaften. Den einzelnen Disziplinen -aber schenkt Farabi wenig Beachtung, er konzentriert sich auf Logik, -Metaphysik und die Prinzipien der Physik. Die Philosophie ist ihm -die Wissenschaft alles Seienden als solchen, bei deren Erwerb man der -Gottheit hnlich wird. Sie ist die eine, allesumfassende Wissenschaft, -die uns das einheitliche Weltbild vorfhrt. Den Dialektikern wirft -Farabi vor, dass sie ungeprft die Stze des gemeinen Bewusstseins -als Grundlage fr ihre Beweise benutzen, den Naturphilosophen, dass -sie sich immer nur mit den Wirkungen der Dinge befassen, also nie -ber die Gegenstze des Weltgeschehens hinaus zu einer einheitlichen -Auffassung des Alls gelangen. Den ersteren gegenber will er das -Denken begrnden, im Gegensatze zu den letzteren den Einen Urgrund -alles Seienden erforschen. Wir werden folglich seiner historischen -und dogmatischen Stellung am besten gerecht, wenn wir zuerst seine -Logik, darauf die Metaphysik und zuletzt seine Physik und praktische -Philosophie zur Darstellung bringen. - -5. Farabis Logik ist keine reine Analyse wissenschaftlichen -Denkens, sondern enthlt auch viele sprachliche Bemerkungen und -erkenntnistheoretische Errterungen. Wie die Grammatik sich auf -die Sprache eines Volkes beschrnkt, so soll die Logik dagegen den -sprachlichen Ausdruck der Gesamtvernunft aller Vlker heranziehen. Von -den einfachsten Elementen der Sprache zu den zusammengesetzten hat -sie fortzuschreiten, vom Wort zum Satze, zur Rede. - -Nach der Beziehung ihrer Gegenstnde zur Wirklichkeit zerfllt -die Logik in zwei Teile: der erste Teil umfasst die Lehre von den -Begriffen und Definitionen (tasawwur), der zweite diejenige von den -Urteilen, Schlssen und Beweisen (tasdiq). Die Begriffe, mit denen -die Definitionen in ganz uerlicher Weise zusammengestellt werden, -haben an sich keine Beziehung zur Wirklichkeit, d. h. sie sind weder -wahr noch falsch. Unter Begriffen versteht Farabi hier die einfachsten -seelischen Gebilde, d. h. sowohl die aus sinnlicher Wahrnehmung -stammenden Vorstellungen einzelner Gegenstnde als die ursprnglichen -dem Geiste eingeprgten Begriffe, wie das Notwendige, das Wirkliche, -das Mgliche. Solche Vorstellungen und Begriffe sind unmittelbar -gewiss. Man kann den Sinn des Menschen darauf hinlenken, seine Seele -darauf aufmerksam machen, sie ihm aber nicht vordemonstrieren, nicht -aus Bekanntem ableitend sie erklren, da sie an sich im hchsten -Grade klar sind. - -Aus der Zusammensetzung von Vorstellungen oder Begriffen ergeben -sich Urteile, die nun entweder wahr oder falsch sein knnen. Durch -Schluss und Beweis geht die Begrndung der Urteile auf einige dem -Verstande ursprnglich gegebene, unmittelbar einleuchtende, nicht -weiter begrndbare Stze zurck. Solche Stze, die Grundstze oder -Axiome aller Wissenschaft, soll es geben fr die Mathematik, die -Metaphysik und die Ethik. - -Die Lehre vom Beweise, wie von Bekanntem, Begrndetem aus wir zur -Erkenntnis eines Unbekannten gelangen, ist nach Farabi die eigentliche -Logik. Dazu bildet die Kenntnis der Hauptbegriffe (Kategorien), -ihrer Zusammensetzung im Urteil (Hermeneutik) und im Schlusse (erste -Analytik) nur die Einleitung. Und in der Beweislehre kommt es darauf -an, die Normen zu ermitteln einer allgemeingltigen, notwendigen -Wissenschaft, was die Philosophie sein soll. Als oberste Norm gilt -hier der Satz des Widerspruchs, wodurch in einem einheitlichen -Denkakte die Wahrheit oder Notwendigkeit zugleich mit der Unwahrheit -oder Unmglichkeit des Gegenteiles erkannt wird. Dementsprechend -soll die platonische Dichotomie als wissenschaftliche Methode der -aristotelischen Polytomie vorzuziehen sein. Ferner begngt Farabi -sich nicht mit der formalen Seite der Beweislehre. Diese soll mehr -sein als eine Methodologie, die den richtigen Weg zur Wahrheit -zeigt, sie soll selbst Wahrheit zeigen, Wissenschaft erzeugen. Sie -betrachtet die Urteile nicht blo als Material fr die Schlussform, -sondern untersucht auch ihren Wahrheitsgehalt in Beziehung auf die -Einzelwissenschaften. Nicht nur Hilfsmittel ist sie, sie ist vielmehr -ein Teil der Philosophie. - -Die Beweislehre geht, wie wir sahen, auf notwendiges Wissen aus, -dem notwendigen Sein entsprechend. Auer diesem aber ist das groe -Gebiet des Mglichen da, von dem wir nur ein wahrscheinliches Wissen -erhalten knnen. Die verschiedenen Grade der Wahrscheinlichkeit -nun oder die Art und Weise, in der wir zu einer Wissenschaft des -Mglichen gelangen, werden in der Topik errtert. Daran schlieen sich -Sophistik, Rhetorik und Poetik, die sonst hauptschlich praktische -Ziele verfolgen. Zusammen aber mit der Topik werden sie bei Farabi -zu einer Dialektik des Scheines. Nur auf den notwendigen Stzen -der zweiten Analytik, so fhrt er aus, lsst sich wahre Wissenschaft -aufbauen, aber von den topischen (dialektischen) bis zu den poetischen -Urteilen stuft sich das Wahrscheinliche zum bloen Scheine der Wahrheit -ab. Am tiefsten steht also die Poesie, die nach Farabis Ansicht ein -lgnerisches und unsittliches Gerede ist. - -Im Anschluss an Porphyrs Isagoge hat unser Philosoph sich auch ber -die Universalienfrage geuert. Das Besondere findet er nicht nur -in den Dingen und in der sinnlichen Wahrnehmung, sondern auch im -Denken. Ebenso ist das Allgemeine nicht blo, accidentell, in den -Einzeldingen, sondern auch, substantiell, im Geiste. Der menschliche -Geist abstrahiert das Allgemeine von den Dingen, vor diesen war es aber -schon an sich. Dem Sinne nach findet somit der dreifache Unterschied -des ante rem, in re, post rem sich bereits bei Farabi. - -Gehrt zu den Universalien auch das bloe Sein? Ist die Existenz -berhaupt ein Prdikat? Diese Frage, die soviel Unheil in der -Philosophie gestiftet, wurde von Farabi vllig richtig beantwortet. Die -Existenz ist nach ihm eine grammatische oder logische Beziehung, aber -keine Kategorie der Wirklichkeit, die etwas von den Dingen aussagt. Die -Existenz eines Dinges ist nichts auer dem wirklichen Dinge selbst. - -6. Die logische Richtung des Denkens macht sich auch in der Metaphysik -geltend. An Stelle des Vernderlichen und des Ewigen treten die -Begriffe des Mglichen und des Notwendigen hervor. - -Alles Seiende ist nmlich nach Farabi entweder ein notwendiges oder -ein mgliches; ein Drittes gibt es nicht. Da nun alles Mgliche zu -seiner Verwirklichung eine Ursache voraussetzt, die Reihe der Ursachen -aber nicht ins Unendliche gehen kann, so sehen wir uns gentigt, -ein notwendig Seiendes anzunehmen, das ursachlos, hchst vollkommen, -ewig vollwirklich, sich selbst gengend, ohne jede Vernderung, -als absoluter Geist, reine Gte, Denken, Denkendes und Gedachtes in -einem Wesen, die alles bersteigende Gte und Schnheit seines Wesens -liebt. Dieses Wesen kann nicht bewiesen werden, denn es ist selbst der -Beweis und der Urgrund aller Dinge. Wahrheit und Wirklichkeit fallen in -diesem Wesen zusammen. In seinem Begriffe liegt es, dass es einzig ist, -denn wenn es zwei erste, absolute Wesen gbe, mssten sie teils gleich, -teils von einander verschieden sein, wodurch aber die Einfachheit eines -jeden aufgehoben wre. Ein allervollkommenstes Wesen muss einzig sein. - -Dieses Erste, Eine, wahrhaft Wirkliche nennen wir Gott. Und da in Ihm -alles eins ist, auch ohne Artdifferenz, so gibt es keine Definition -fr sein Wesen. Doch legt ihm der Mensch die schnsten, die hchsten -Werte des Lebens zum Ausdruck bringenden Namen bei, weil im mystischen -Drange dazu die Worte ihre gewhnliche Bedeutung verlieren, ber jeden -Widerspruch hinaus. Einige Namen beziehen sich auf das Wesen, andere -auf sein Verhltnis zur Welt, ohne jedoch die Einheit des Wesens zu -beeintrchtigen. Alle sind sie aber metaphorisch zu verstehen, nur nach -schwacher Analogie vermgen wir sie aufzufassen. Eigentlich sollten wir -von Gott, dem vollkommensten Wesen, auch den vollstndigsten Begriff -haben. Sind doch unsere mathematischen Begriffe vollkommener als die -physischen, weil sie sich auf vollkommenere Gegenstnde beziehen. Aber -mit dem Allervollkommensten ergeht es uns wie mit dem hellsten Lichte: -wegen der Schwche unserer Augen knnen wir es nicht vertragen. So -haften auch an unserem Erkennen die Mngel der Materie. - -7. Besser als an sich vermgen wir Gott zu sehen in der Stufenordnung -der aus ihm hervorgehenden Wesen. Von Ihm, dem Einzigen, ist das All, -denn sein Wissen ist die hchste Macht. Indem er sich selbst erkennt, -wird die Welt. Nicht ein allmchtiger Schpferwille, sondern die -Erkenntnis des Notwendigen ist die Ursache aller Dinge. Von Ewigkeit -her sind in Gott die Formen oder Vorbilder der Dinge und ewig geht auch -aus ihm sein Ebenbild hervor, das zweite All genannt oder der erste -geschaffene Geist, der die uerste Himmelsphre bewegt. Diesem Geiste -folgen, einer aus dem anderen, die acht Sphrengeister, die alle einzig -in ihrer Art, vollkommen und Schpfer der Himmelskrper sind. Diese -neun Geister, himmlische Engel genannt, bilden zusammen die zweite -Stufe des Seins. Auf der dritten Stufe steht die in der Menschheit -thtige Vernunft, heit auch der heilige Geist, der Himmel und Erde -verbindet; auf der vierten Stufe befindet sich die Seele. Beide, -Vernunft und Seele, bleiben nicht rein fr sich in ihrer Einheit, -sondern vervielfltigen sich nach der Vielheit menschlicher Wesen. Als -Wesen fnfter und sechster Ordnung erscheinen zuletzt Form und Materie, -mit denen die Reihe geistigen Seins abgeschlossen ist. Die drei -ersten Stufen, Gott, Sphrengeister und thtige Vernunft, bleiben -Geist an sich, die drei folgenden aber, Seele, Form und Materie, -obgleich unkrperlich, gehen doch ein Verhltnis zum Krper ein. - -Entsprechend denen des Geistigen hat auch das Krperliche, das der -Imagination des Geistes entspringen soll, sechs Stufen: Himmelskrper, -Menschenkrper, Tierkrper, Pflanzenkrper, Mineral und Element. - -Wahrscheinlich zeigen sich in diesen Spekulationen nach der Dreizahl -noch die Einflsse der christlichen Lehrer Farabis. Fr sie bedeutete -nmlich die Dreizahl, was den Naturphilosophen die Vierzahl war. Auch -die Terminologie stimmt dazu. - -Das ist aber nur uerlich; der Inhalt ist Neuplatonismus. Als -ein ewiger, intellektueller Prozess erscheint hier die Schpfung -oder Emanation der Welt. Indem der erste geschaffene Geist seinen -Urheber denkt, entsteht der zweite Sphrengeist; indem er, sich -selbst denkend, sich substanziert, geht aus ihm der erste Krper, -die oberste Himmelsphre, hervor. Und so geht es weiter bis zu der -niedersten Sphre, der des Mondes, in notwendiger Folge. Ganz nach -dem ptolemischen Sphrensystem, wie es jeder Gebildete, wenigstens -aus Dantes Komdie, kennt, in neuplatonischer Ableitung. Es bilden -die Sphren zusammen eine ununterbrochene Ordnung, denn alles -Seiende ist eine Einheit. Schpfung und Erhaltung der Welt ist ein -und dasselbe. Und nicht nur die Einheit des gttlichen Wesens bildet -sich in der Welt ab, sondern in ihrer schnen Ordnung drckt sich -auch die gttliche Gerechtigkeit aus. Die logische Weltordnung ist -zugleich eine sittliche. - -8. Die irdische Welt unter dem Monde ist natrlich ganz von der -Welt der Himmelsphren abhngig. Doch trifft die Einwirkung von -oben erstens, wie wir a priori erkennen, die notwendige Ordnung des -Ganzen, zweitens zwar auch das Einzelne, aber nur insofern dies in -natrlicher Wechselwirkung begrndet ist, also nach Regeln, welche -die Erfahrung uns lehrt, stattfindet. Die Astrologie, die alles -Zufllige, Auerordentliche, den Gestirnen und ihren Konjunktionen -zuschreibt, wird von Farabi bekmpft. Vom Zuflligen gibt es kein -sicheres Wissen, und viel des irdischen Geschehens trgt, wie ja auch -Aristoteles gelehrt, in hohem Grade den Charakter des Zuflligen oder -des Mglichen an sich. Dagegen hat die himmlische Welt eine andere, -vollkommenere Natur, die nach notwendigen Gesetzen wirkt. Sie kann -dieser irdischen Welt nur Gutes spenden, warum es ganz verfehlt ist, zu -behaupten, von einigen Gestirnen kme Glck, von anderen jedoch Unglck -her. Die Natur der Himmel ist Eine und gleichmig gut. Der Schluss, -zu dem nach diesen Erwgungen Farabi gelangt, ist denn auch dieser: -demonstrative, ganz sichere Erkenntnis gibt nur die mathematische -Astronomie, ein wahrscheinliches Wissen gewhrt die physikalische -Himmelskunde, einen ganz unsicheren Glauben aber verdienen die Stze -und Weissagungen der Astrologie. - -Gegenber der Einfachheit der Himmelswelt haben wir unter dem Monde das -Reich der vier Naturen, also der Gegenstze und der Vernderung. Von -den Elementen bis zum Menschen gibt es auch hier in der Vielheit die -Einheit der aufsteigenden Reihe. Wenig Eigentmliches wei Farabi -darber vorzubringen. Seinem logischen Standpunkte treu kmmert er -sich weniger um die Naturwissenschaften, zu denen er wohl unbedenklich, -auf die ursprngliche Einheit der Materie sich sttzend, die Alchemie -wird gezhlt haben. Wir wenden uns gleich seiner Lehre vom Menschen -oder von der menschlichen Seele zu, die einiges Interesse darbietet. - -9. Die Krfte oder Teile der menschlichen Seele sind nach Farabi -nicht koordiniert, sondern bilden eine aufsteigende Reihe. Das -niedere Vermgen ist Materie fr das hhere und dieses die Form -fr jenes; das hchste aber, das Denken, ist immateriell, Form fr -alle vorhergehenden Formen. Aus dem Sinnlichen erhebt das Leben -der Seele sich durch die Vorstellung zum Denken. In allen Vermgen -aber ist ein Streben oder Wollen enthalten. Jede Theorie hat die -praktische Kehrseite. Von den Wahrnehmungen der Sinne sind Neigung -und Abneigung unzertrennlich. Zu ihren Vorstellungen verhlt sich die -Seele zustimmend oder ablehnend, indem sie bejaht und verneint. Das -Denken endlich richtet ber Gutes und Bses, gibt dem Willen seine -Motive und bildet Kunst und Wissenschaft aus. Alles Wahrnehmen, -Vorstellen und Denken hat irgend ein Streben zur notwendigen Folge, -wie die Wrme aus der Substanz des Feuers hervorgeht. - -Die Seele ist die Vollkommenheit (Entelechie) des Krpers, aber die -Vollkommenheit der Seele ist der Geist (`aql). Nur der Geist ist der -wahre Mensch. - -10. Vom Geiste ist demnach zumeist die Rede. Im menschlichen Geiste -erhebt sich alles Irdische zu einer hheren Existenzweise, die den -Kategorien des Krperlichen enthoben ist. Als Anlage oder Potenz ist -nun der Geist in der Seele des Kindes vorhanden. Indem er dann die -Krperformen mittelst der Sinne und der Vorstellung in der Erfahrung -erfasst, wird er auch wirklich zum Geiste. Diese berfhrung von -der Mglichkeit zur Wirklichkeit, das Zustandekommen der Erfahrung -also, ist aber nicht des Menschen eigene That, sondern wird von dem -bermenschlichen Geiste, der aus dem letzten Sphrengeist, dem des -Mondes, hervorgegangen ist, bewirkt. Als Spende von oben, nicht als -eine in geistigem Ringen erarbeitete Erkenntnis stellt sich so das -menschliche Wissen dar. Im Lichte des ber uns stehenden Geistes -erblickt unser Verstand die Formen des Krperlichen. Dabei erweitert -sich aber die Erfahrung zur Vernunfterkenntnis. Die Erfahrung nmlich -umfasst nur die von der Stoffwelt abstrahierten Formen. Es gibt ja aber -auch Formen oder allgemeine Wesenheiten vor und ber den stofflichen -Dingen, in den reinen Geistern der Sphren. Von diesen "getrennten -Formen" erhlt der Mensch jetzt Kunde; nur durch ihre Einwirkung -wird ihm seine wirkliche Erfahrung erklrlich. Die hhere Form wirkt -immer nur auf die zunchst ihr folgende, von Gott bis zum Geiste der -Menschheit. Nach oben hin verhlt sich jede Zwischenform empfangend, -nach unten aber gebend thtig. Im Verhltnis zum menschlichen -Geiste, der von oben beeinflusst wird (`aql mustafad), ist also der -bermenschliche, aus dem letzten Sphrengeist hervorgegangene Geist -thtig oder schaffend zu nennen (`aql fu ``l.). Doch ist er nicht -immer thtig, weil er an der Materie eine Schranke seiner Wirksamkeit -hat. Gott aber ist der vollwirkliche, ewigthtige Geist. - -Im Menschen ist der Geist dreifach: als mglich, als wirklich, als -von oben bewirkt. Das heit aber im Sinne Farabis dies: des Menschen -geistige Anlage (1) wird durch Erfahrungswissen (2) hindurch gefhrt -zur Erkenntnis des bersinnlichen (3), das aller Erfahrung vorhergeht -und selbst die Erfahrung bewirkt. - -Die Stufen des Geistes und seiner Erkenntnis entsprechen den Stufen -des Seins. Sehnschtig strebt das Niedere dem Hheren zu und das Hhere -hebt das Niedere zu sich empor. Der ber uns stehende Geist, der allem -Irdischen die Formen verliehen hat, sucht diese zertrennten Formen -wieder zusammenzubringen, dass sie in Liebe sich einigen. Zunchst -sammelt er sie im Menschen. Darauf, dass derselbe Geist, der dem -Krperlichen die Gestalt verlieh, auch dem Menschen die Idee gibt, -beruht nun aber die Mglichkeit und die Wahrheit menschlicher -Erkenntnis. Die zerstreuten Formen des Irdischen finden sich im -menschlichen Geiste wieder, wodurch dieser dem letzten Himmelsgeiste -hnlich wird. Vereinigung mit dem Himmelsgeiste, dadurch er sich Gott -nhert, ist Ziel und Glck des Menschengeistes. - -Ob nun eine solche Vereinigung vor dem Tode des Menschen mglich sei, -ist nach Farabi zweifelhaft oder ganz zu verneinen. In diesem Leben -ist Vernunfterkenntnis das Hchste, was erreicht werden kann. Aber die -Trennung vom Krper gibt der vernnftigen Seele die vllige Freiheit -des Geistes. Besteht sie dann aber noch als Individualseele? Oder -ist sie nur ein Moment der hheren Weltvernunft? Dunkel, und nicht -in allen Schriften bereinstimmend, drckt Farabi sich darber -aus. Die Menschen, so heit es, sterben hin, ein Geschlecht folgt -dem andern und Gleiches verbindet sich mit Gleichem, Jedes in seiner -Ordnung. Unendlich, weil nicht an den Raum gebunden, mehren sich -die vernnftigen Seelen, wie Gedanke zu Gedanken, Kraft zu Kraft -hinzukommt. Jede Seele denkt sich selbst und alle andern, die ihr -gleich sind, und je mehr sie denkt, um so intensiver ist ihre Freude -(vgl. unten 13). - -11. Wir kommen zur praktischen Philosophie. In Ethik und Politik -treten wir in ein etwas nheres Verhltnis zum Leben und Glauben der -Muslime. Einige allgemeine Gesichtspunkte seien hervorgehoben. - -Wie die Logik die Prinzipien des Wissens, so soll die Ethik die -Grundstze des Handelns darstellen. Nur dass hier bung und Erfahrung -etwas mehr gewertet werden, als in der Erkenntnistheorie. In -der Ausfhrung schliet sich Farabi teils dem Platon, teils dem -Aristoteles an, teils geht er auch in mystisch-asketischer Weise ber -sie hinaus. Den Theologen gegenber, die zwar ein Vernunftwissen, -aber keine Vernunftgesetze des Handelns anerkennen, betont Farabi -fter, die Vernunft bestimme, ob etwas gut sei oder bse. Wie sollte -die von oben her uns erteilte Vernunft nicht das Handeln bestimmen, -da ja im Wissen die hchste Tugend besteht? Wenn einer, so erklrt -Farabi hchst bezeichnend, alles wsste, was in den Schriften des -Aristoteles steht, danach aber nicht handelte, whrend ein anderer in -seinem Sinne handelte ohne davon zu wissen, so wre dem ersteren der -Vorzug zu geben. Die Erkenntnis steht hher als die sittliche That, -sonst knnte sie diese nicht bestimmen. - -Von Natur aus begehrt die Seele. Insofern sie wahrnimmt und vorstellt, -kommt ihr, wie den Tieren, ein Wille zu. Aber Wahlfreiheit hat allein -der Mensch, da dieselbe auf vernnftiger berlegung beruht. Die Sphre -der Freiheit ist das reine Denken. Es ist das also eine Freiheit, die -von den Motiven des Denkens abhngig ist, eine Freiheit, die zugleich -Notwendigkeit ist, weil sie in letzter Instanz von dem vernnftigen -Wesen Gottes bestimmt ist. In diesem Sinne ist Farabi Determinist. - -Die so gefasste Freiheit des Menschen kann sich, wegen des -Widerstandes der Materie, in der Herrschaft ber das Sinnliche -nur unvollkommen bethtigen. Vollkommen wird sie erst nach der -Befreiung der vernnftigen Seele von den Banden des Stoffes und den -Hllen des Irrtums, im Leben des Geistes. Das aber ist die hchste -Glckseligkeit, die nur ihrer selbst willen erstrebt wird, somit -das Gute schlechthin. Und dieses Gute sucht die Menschenseele, wenn -sie sich dem Geiste ber ihr zuwendet, wie die Seelen der Himmel, -als sie sich dem Hchsten nhern. - -12. Schon die Ethik nimmt wenig Rcksicht auf die wirklichen -sittlichen Verhltnisse. Noch weiter aber entfernt Farabi sich von der -Wirklichkeit in seiner Politik. Das platonische Staatsideal geht fr -seine orientalische Anschauungsweise fast ganz in den philosophischen -Herrscher auf. Von einem natrlichen Bedrfnis zusammengefhrt, -haben die Menschen sich dem Willen eines Einzigen unterworfen, in -welchem der Staat, ob er nun gut oder bse, gleichsam verkrpert -ist. Deshalb sind die Staaten schlecht, wenn ihr Haupt in Bezug auf -die Prinzipien des Guten entweder unwissend oder im Irrtum oder gar -verderbt ist. Der gute oder vorzgliche Staat dagegen hat nur Eine -Art, darin der Philosoph Herrscher ist. Mit allen menschlichen und -philosophischen Tugenden stattet Farabi seinen Frsten aus: es ist -Platon in Mohammeds Prophetenmantel. - -In der Beschreibung der den idealen Frsten vertretenden Herrscher -- -es knnen mehrere zugleich sein, auch knnen Frst und Minister sich in -Herrschertugend und Weisheit teilen -- nhern wir uns der muslimischen -Staatslehre jener Zeit. Aber die Ausdrcke sind verhllt. Die richtige -Abstammung eines Frsten z. B. und die Pflicht der Fhrung in den -heiligen Krieg werden nicht klar bezeichnet. Es bleibt doch alles in -philosophischem Nebel schweben. - -13. Im Staate, der mit der Religionsgemeinschaft zusammenfllt, ist die -Sittlichkeit allein vollkommen. Nach dem Zustande des Staates bestimmt -sich also nicht nur das zeitliche Schicksal seiner Brger, sondern -auch ihr zuknftiges Los. Die Seelen der Brger im "unwissenden" -Staate sind ohne Vernunft, als sinnliche Formen kehren sie zu -den Elementen wieder, damit sie sich aufs neue mit anderen Wesen, -Menschen oder Tieren, verbinden. In den "irrenden" und "verderbten" -Staaten ist allein der Fhrer verantwortlich, seiner wartet Strafe -im Jenseits; die irregefhrten Seelen aber teilen das Schicksal der -Unwissenden. Dagegen bestehen nur die guten wissenden Seelen fort, -sie gehen ein in die Welt des reinen Geistes. Je hher die Stufe des -Wissens, die sie in diesem Leben erreicht, um so hher wird nach dem -Tode ihre Stelle in der Ordnung des Alls sein, um so intensiver ihre -selige Lust. - -Vermutlich sind derartige Ausdrcke nur die Hlle eines -mystisch-philosophischen Glaubens von dem Aufgehen des menschlichen -Geistes in den Weltgeist, zuletzt in Gott. Denn, so lehrt Farabi, -in absteigender Betrachtung (logisch-metaphysisch) ist die Welt etwas -anderes als Gott, im Aufsteigen aber erkennt die Seele das Diesseits -als identisch mit dem Jenseits, weil Gott in allem, ja in seiner -Einheit das All selbst ist. - -14. berblicken wir jetzt Farabis System, so zeigt es sich als -einen ziemlich konsequenten Spiritualismus, genauer bestimmt -Intellektualismus. Das Krperliche, Sinnenfllige entspringt der -Imagination des Geistes, man knnte es als "verworrene Vorstellung" -bezeichnen. Das einzige wahre Sein ist Geist, aber verschieden -abgestuft. Ganz einfach rein ist nur Gott, und die ewig aus ihm -hervorgehenden Geister, einer aus dem andern, haben schon die -Vielheit in sich. Die Zahl der selbstndigen Geister wird nach dem -ptolemischen Weltsystem bestimmt und entspricht der himmlischen -Hierarchie. Je weiter vom Ersten entfernt, um so weniger hat einer -am Sein des reinen Geistes teil. Von dem letzten Weltgeiste kommt -dem Menschen sein Wesen, d. h. die Vernunft zu. Alles ist ohne Lcke, -die Welt ist ein gut und schn geordnetes Ganzes. bel und Bses sind -nur eine notwendige Folge der Endlichkeit im Einzelnen, wodurch die -Gte des Alls um so deutlicher hervortritt. - -Ob die schne Ordnung der Welt, von Ewigkeit her aus Gott emaniert, -jemals wird zerstrt werden knnen oder auch in Gott zurckflieen? Ein -fortwhrendes Zurckstrmen zur Gottheit gibt es wohl. Die Sehnsucht -der Seele geht nach oben, fortschreitendes Wissen lutert sie und -fhrt sie hinauf. Aber wie weit? Philosophen und Propheten haben es -nicht klar sagen knnen. Beide, die Philosophie und die Prophetie, -leitet Farabi von dem schaffenden Weltgeiste ber uns her. Hin -und wieder spricht er sich ber die Prophetie aus, als ob diese die -hchste Stufe menschlichen Erkennens und Handelns darstelle. Das kann -aber nicht seine wirkliche Meinung sein, ist wenigstens nicht die -Konsequenz seiner theoretischen Philosophie. Ihr zufolge gehrt alles -Prophetische in Traum, Gesicht, Offenbarung u. s. w. dem Kreise der -Vorstellung an, steht also in der Mitte zwischen sinnlicher Wahrnehmung -und reiner Vernunfterkenntnis. Wenn er nun auch in seiner Ethik und -Politik der Religion eine hohe erzieherische Bedeutung beimisst, so -bleibt sie doch immer an absolutem Werte der Erkenntnis durch reine -Vernunft nachstehen. - -Farabi hat im Intellektuellen fr ein Ewiges gelebt. Ein Knig an -Geist, ein Bettler an Besitz, war es ihm bei seinen Bchern und den -Vgeln und Blumen seines Gartens wohl. Seinem Volke, der muslimischen -Gemeinde, konnte er nur wenig sein. In seiner Staats- und Sittenlehre -war fr weltliche Geschfte und fr den heiligen Krieg keine rechte -Stelle. Seine Philosophie befriedigte kein sinnliches Bedrfnis und -widersprach dem sinnlich-geistigen Vorstellungsleben, wie es sich -besonders in Kunstschpfungen und religisen Phantasien uert. Er -verlor sich in den Abstraktionen des reinen Geistes. Als frommer, -heiliger Mann wurde er von Mitlebenden angestaunt, von wenigen Schlern -als personifizierte Weisheit verehrt, von den echten Gelehrten des -Islam aber fr alle Zeit verketzert. Grund gab es freilich genug -dafr. Wie die Naturphilosophie leicht zu Naturalismus und Atheismus -fhrte, so leitete der Monotheismus der Logiker unmerklich zum -Pantheismus hinber. - -15. Viel Schule hat Farabi nicht gemacht. Bekannt geworden ist Abu -Zakarija Jachja ibn Adi, ein jakobitischer Christ, als bersetzer -aristotelischer Werke. Mehr genannt worden aber ist ein Schler -des letzteren, mit Namen Abu Sulaiman Mohammed ibn Tahir ibn Bahrain -al-Sidschistani, der in der zweiten Hlfte des zehnten Jahrhunderts in -Bagdad die Gelehrten seiner Zeit um sich versammelte. Die Gesprche, -welche sie da fhrten und die philosophischen Belehrungen, die der -Meister erteilte, sind uns zum Teil erhalten. Wir sehen deutlich den -Ausgang der Schule. Wie die Naturphilosophie in Geheimwissenschaft -verlief und die Schule Kindis sich von der Philosophie ab -mathematischem und physikalischem Einzelwissen zuwandte, so geht -hier die logische Richtung Farabis in Wortphilosophie ber. In -Distinktionen und Begriffsbestimmungen bewegt sich das Gesprch. Auch -werden Einzelheiten aus der Philosophiegeschichte und den besonderen -Wissenschaften ohne systematischen Zusammenhang errtert. Fast -nirgends zeigt sich ein sachliches Interesse. Die menschliche Seele -rckt ganz in den Vordergrund, hnlich wie bei den treuen Brdern, -nur dass diese mehr die wunderbaren Wirkungen der Seele, jene Logiker -aber ihr vernnftiges Wesen und ihre Erhebung in das bervernnftige -betrachten. Statt mit Zahlen und Buchstaben, wie bei den Brdern, wird -in Sidschistanis Gesellschaft mit Worten und Begriffen gespielt. Das -Ende ist in beiden Fllen ein mystischer Sufismus. - -Es ist demnach nicht zu verwundern, dass in den gelehrten Sitzungen -Abu Sulaimans, ber die sein Schler Tauhidi (gest. 1009) Bericht -erstattet, Empedokles, Sokrates, Platon u. a. mehr genannt werden -als Aristoteles. Eine sehr gemischte Gesellschaft findet sich da in -jenen Sitzungen zusammen. Es wird nicht gefragt, welchem Lande man -entstamme, welcher Religion man angehre. Man lebt der berzeugung, -die von Platon hergeleitet wird, in jeder Meinung stecke etwas von -der Wahrheit, wie in allen Dingen ein gemeinsames Sein und in allen -Wissenschaften eine und dieselbe wirkliche Erkenntnis. Nur unter -dieser Annahme scheint es begreiflich, dass jeder zunchst seine -eigene Meinung fr die wahre, und die von ihm gepflegte Wissenschaft -fr die vorzglichste halten knne. Eben deswegen gibt es auch keinen -Zwiespalt zwischen Religion und Philosophie, wie heftig man es von -beiden Seiten behaupten mge. Die Philosophie besttigt vielmehr die -Lehren der Religion, wie diese die Resultate jener vervollkommnet. Ist -die philosophische Erkenntnis Wesen und Ziel der menschlichen Seele, -so ist der religise Glaube ihr Leben oder der Weg zu dem Ziele. Da -nmlich die Vernunft Gottes Statthalter auf Erden ist, so ist es -unmglich, dass Vernunft und Offenbarung sich widersprechen. - -Einzelnes hervorzuheben aus den Gesprchen, deren Grundstimmung wir -angegeben, verlohnt sich nicht. Kulturhistorisch ist die Erscheinung -Sidschistanis und seines Kreises wichtig, aber fr die Fortbildung -der Philosophie im Islam hat sie keine Bedeutung. Was fr Farabi -wirklich das Leben seines Geistes war, wird in dieser Gesellschaft -gar oft zum Gegenstande geistreicher Unterhaltung. - - - - -3. Ibn Maskawaih. - -1. Wir sind an die Wende des zehnten und elften Jahrhunderts -gelangt. Farabis Schule scheint auszusterben und Ibn Sina, der die -Philosophie seines Vorgngers zu neuem Leben erwecken sollte, ist -noch ein Jngling. Hier aber haben wir eines Mannes zu gedenken, -der zwar dem Kindi nher als dem Farabi verwandt ist, doch auch, -wegen der Gemeinsamkeit ihrer Quellen, in wesentlichen Punkten mit -dem letzteren bereinstimmt. Sein Beispiel zeigt zugleich, dass die -hellsten Kpfe der Zeit nicht gesonnen waren, Farabi auf das Gebiet -logisch-metaphysischer Spekulationen zu folgen. - -Dieser Mann ist der Arzt, Philolog und Historiker Abu Ali ibn -Maskawaih, der Schatzmeister und Freund des Sultans Adudaddaula war -und hochbetagt im Jahre 1030 starb. U. a. hat er uns eine bis heute -im Orient geschtzte philosophische Ethik hinterlassen. Sie ist -eine Mischung aus Platon, Aristoteles, Galen und dem muslimischen -Religionsgesetz, doch herrscht darin Aristoteles vor. Mit einer -Abhandlung ber das Wesen der Seele hebt sie an. - -2. Die menschliche Seele, so fhrt Ibn Maskawaih aus, ist eine -unkrperliche, einfache, sich ihres Seins, Wissens und Wirkens bewusste -Substanz. Dass sie geistiger Natur sein muss, folgt schon daraus, dass -sie die entgegengesetzten Formen zugleich in sich aufnimmt, z. B. die -Vorstellung von wei und schwarz, whrend ein Krper nur eins von -beiden auf einmal aufnehmen kann. Ferner nimmt sie sowohl die Formen -des Sinnlichen wie des Geistigen in gleicher, geistiger Weise auf, -denn die Lnge ist in der Seele nicht lang, wird auch im Gedchtnis -nicht lnger. Weit ber ihren Krper geht sodann das Wissen und Wirken -der Seele hinaus, ja die ganze Sinnenwelt gengt ihr nicht. berdies -besitzt sie eine ursprngliche Vernunfterkenntnis, die ihr nicht von -den Sinnen zugekommen sein kann, denn durch dieselbe bestimmt sie, bei -der Vergleichung und Unterscheidung des von der sinnlichen Wahrnehmung -ihr Dargebotenen, Wahres und Falsches, die Sinne beaufsichtigend -und berichtigend. Im Selbstbewusstsein endlich, dem Wissen um das -eigene Wissen, zeigt sich am klarsten die geistige Einheit der Seele, -in der Denken, Denkendes und Gedachtes zusammen fallen. - -Von den Tierseelen unterscheidet sich die menschliche Seele besonders -durch vernnftige berlegung als das Prinzip ihres Handelns, welches -auf das Gute gerichtet ist. - -3. Gut ist im allgemeinen dasjenige, wodurch ein Wollendes den Zweck -oder die Vollkommenheit seines Wesens erreicht. Gut zu sein, dazu ist -also eine gewisse auf einen Endzweck gerichtete Anlage erforderlich. In -Bezug auf ihre Anlage unterscheiden die Menschen sich aber sehr -wesentlich. Nur wenige, meint Ibn Maskawaih, sind von Natur gut und -werden nie schlecht, denn was von Natur ist, ndert sich nicht. Viele -dagegen sind von Natur schlecht und werden nie gut. Andere aber, -die anfangs weder gut noch schlecht sind, werden durch Erziehung und -gesellschaftlichen Verkehr nach einer von beiden Seiten hin bestimmt. - -Das Gute ist nun entweder ein allgemeines oder ein besonderes. Es gibt -ein absolutes Gut, mit dem hchsten Sein und der hchsten Erkenntnis -identisch, dem alle Guten zusammen zustreben. Aber fr jeden Einzelnen -stellt sich ein besonderes Gut subjektiv als Glck oder Lust dar, -und dieses besteht in der vollen Bethtigung des eigenen Wesens, -in der vollstndigen Auslebung des Inneren. - -Im allgemeinen ist der Mensch gut und glcklich, wenn er menschlich -handelt. Tugend ist menschliche Tchtigkeit. Da nun aber die Menschheit -in den verschiedenen Individuen verschieden abgestuft sich darstellt, -so ist das Glck oder das Gut nicht fr alle dasselbe. Und weil das -auf sich selbst gestellte Individuum nicht alle mglichen Gter -verwirklichen kann, so mssen viele zusammenleben. Daraus ergibt -sich schon als eine erste Pflicht oder die Grundlage aller Tugenden -die allgemeine Menschenliebe, ohne die keine Gesellschaft mglich -ist. Nur mit und in anderen ist der einzelne Mensch vollkommen, -die Ethik soll Sozialethik sein. Die Freundschaft ist darum nicht, -wie bei Aristoteles, eine Erweiterung der Selbstliebe, sondern eine -Einschrnkung oder eine Art der Nchstenliebe. Und diese, wie die -Tugend berhaupt, kann sich nur bethtigen in der Gesellschaft oder -der Staatsgemeinschaft, nicht aber in der Weltflucht des frommen -Mnches. Der Einsiedler, der glaubt, mig und gerecht zu leben, -irrt sich in Bezug auf den Charakter seiner Handlungen. Diese mgen -religis sein, moralisch sind sie nicht. Ihre Betrachtung fllt also -nicht der Ethik zu. - -brigens stimmt, nach Ibn Maskawaih, das richtig aufgefasste -Religionsgesetz vorzglich mit einer humanen Ethik berein. Die -Religion ist eine sittliche Schulung fr das Volk. Ihre Vorschriften -ber den gemeinschaftlichen Gottesdienst und die Wallfahrt nach -Mekka sollen z. B. die Pflege der Nchstenliebe in den weitesten -Kreisen bezwecken. - -Im einzelnen ist es Ibn Maskawaih nicht gelungen, die ethischen -Lehren der Griechen, die er in seine Darstellung aufnimmt, unter -einander und mit dem Gesetz des Islam zu verschmelzen. Wir bergehen -das. Doch ist nicht nur im allgemeinen sein Versuch zu loben, eine von -der Kasuistik der Pflichtenlehrer und von der Askese der Sufi's freie -Ethik zu geben, sondern auch in der Ausfhrung ist die Besonnenheit -eines reichgebildeten Mannes anzuerkennen. - - - - -4. Ibn Sina. - -1. Zu Efschene, in der Nhe Bocharas, wurde im Jahre 980 aus einer -Beamtenfamilie geboren Abu Ali al-Hosain ibn Abdallah ibn Sina -(Avicenna). Im elterlichen Hause, wo persische und anti-muslimische -Traditionen lebendig waren, erhielt er seine weltliche und religise -Erziehung. Dann studierte der krperlich und geistig frhreife -Jngling Philosophie und Medizin in Bochara. Siebzehn Jahre war er -alt, als er den Frsten Nuch ibn Mansur glcklich kurierte, und der -Zutritt zu dessen Bibliothek ihm gestattet ward. Von jetzt ab war er, -in Studium und Praxis, sein eigener Lehrer. Er verstand es, das Leben -und die Bildung seiner Zeit sich zu Nutzen zu machen. Im Getriebe -der Kleinstaaterei versuchte er unablssig sein Glck. Einem groen -Frsten htte er sich wohl ebensowenig unterordnen knnen wie in der -Wissenschaft einem Lehrer. Von Hof zu Hof wanderte er fort, bald in -der Staatsverwaltung, bald als Lehrer und Schriftsteller thtig, bis -er Wezir des Schems addaula in Hamadan wurde. Nach dem Tode dieses -Frsten ward er von dessen Sohne ein paar Monate auf die Festung -geschickt. Darauf ging er weiter nach Ispahan zu Ala addaula. Endlich -starb er noch in Hamadan, das Ala addaula erobert hatte, im Alter -von 57 Jahren (1037). Sein Grab wird noch heute dort gezeigt. - -2. Es ist wohl der grte Irrtum, der sich in der Geschichte der -muslimischen Philosophie festgesetzt hat, Ibn Sina sei ber Farabi -hinaus zu einem reineren Aristotelismus vorgedrungen. Was kmmerte -unser Weltmann sich im Grunde um Aristoteles. Sich in den Geist -irgend eines Systems zu versenken, war nicht seine Sache. Er nahm -das ihm Zusagende, wo er es fand, bevorzugte aber dabei die seichten -Paraphrasen des Themistius. So ward er der groe Vermittlungsphilosoph -des Orients, der richtige Vorlufer der Kompendienschreiber fr -alle Welt. Er wusste seinen von berall her zusammengeholten Stoff -geschickt zu gruppieren und, wenn auch nicht ohne Spitzfindigkeit, -fasslich darzustellen. Jeden Augenblick seines Lebens nutzte er -aus. Am Tage besorgte er die Staatsgeschfte oder bte seine -Lehrthtigkeit aus, der Abend war den geselligen Genssen der -Freundschaft und der Liebe gewidmet, und manche Nacht fand ihn -schriftstellerisch thtig, das Schreibrohr in der Hand, den Becher -zur Seite, damit er nicht einschlafe. Zeit und Umstnde bestimmten -diese Wirksamkeit. Wenn er am frstlichen Hofe die ntige Mue und -eine Bibliothek zur Hand hatte, schrieb er seinen Kanon der Medizin -oder die groe philosophische Encyklopdie. Auf Reisen verfasste er -Auszge und kleinere Werke. Auf der Festung schrieb er Gedichte und -fromme Betrachtungen, aber immer in geflliger Form. Seine kleineren -mystischen Schriften haben sogar einen poetischen Reiz. Auf Bestellung -ward von ihm auch die Wissenschaft, Logik und Medizin versifiziert, -wie das seit dem zehnten Jahrhundert immer mehr Sitte wurde. Nimmt -man hinzu, dass er nach Belieben persisch oder arabisch schrieb, so -bekommt man das Bild eines vielgewandten Mannes. Sein Leben war reich -an Arbeit und Genuss bis zur bersttigung. An Genialitt freilich -stand er seinem lteren Landsmann, dem Dichter Firdausi (940-1020), -an wissenschaftlichem Talente seinem Zeitgenossen Beruni (s. unten - 9) nach. Firdausi und Beruni haben fr uns noch Bedeutung. Ibn -Sina aber war der Ausdruck seiner Zeit und darauf beruht seine groe -Wirkung, seine geschichtliche Stellung. Nicht wie Farabi zog er sich -aus dem Leben zurck, sich in die Kommentatoren des Aristoteles zu -versenken, sondern in ihm verschmolzen sich griechische Wissenschaft -und orientalische Weisheit. Kommentare zu den Alten, meinte er, waren -genug geschrieben. Es war jetzt an der Zeit, eine eigene Philosophie -auszubilden, d. h. alten Lehren eine moderne Form zu geben. - -3. In der Medizin befleiigt Ibn Sina sich einer systematischen -Darstellung, doch ist er hier kein strenger Logiker. Der -Erfahrung rumt er, wenigstens theoretisch, einen groen Platz -ein und ausfhrlich bespricht er die Bedingungen, unter denen nur -z. B. die Wirksamkeit der Heilmittel erkannt werden knne. Was aber -an philosophischen Prinzipien die Medizin enthlt, soll diese als -Lehnstze aus der Philosophie herbernehmen. - -Die eigentliche Philosophie zerfllt in Logik, Physik und -Metaphysik. Als Ganzes umfasst sie die Wissenschaft alles Seienden -als solchen und der Prinzipien aller Einzelwissenschaften, wodurch, -soweit es menschenmglich ist, die philosophierende Seele die -hchste Vollkommenheit erreicht. Das Seiende ist nun entweder -geistig, Gegenstand der Metaphysik, oder krperlich, Gegenstand der -Physik, oder intellektuell, Gegenstand der Logik. Die Gegenstnde -der Physik knnen weder sein noch gedacht werden ohne Materie. Das -Metaphysische aber ist ganz ohne Materie und das Logische ist von -der Materie abstrahiert. Einige hnlichkeit hat das Logische mit dem -Mathematischen, insofern nmlich die Gegenstnde der Mathematik sich -von der Materie abstrahieren lassen. Doch bleibt das Mathematische -immer darstellbar, konstruierbar, hingegen hat das Logische als -solches sein Dasein nur im Intellekte, wie z. B. Identitt, Einheit -und Vielheit, Allgemeinheit und Partikularitt, Wesentlichkeit und -Zuflligkeit u. s. w. Die Logik ist demnach die Wissenschaft der -Denkbestimmungen. - -In der nheren Ausfhrung schliet Ibn Sina sich ganz der Logik -Farabis an. Wohl besser noch wrde sich die bereinstimmung uns -zeigen, wenn die logischen Schriften seines Vorgngers vollstndiger -erhalten wren. fter betont er die Mangelhaftigkeit der menschlichen -Denknatur, die einer logischen Regel dringend bedrftig sei. Wie -der Physiognomiker aus ueren Zgen auf den Charakter des Inneren -schliet, so soll der Logiker aus bekannten Vorderstzen Unbekanntes -ableiten. Wie leicht schleichen sich dabei die Irrtmer der Phantasie -und der Begierde ein! Eines Kampfes mit der Sinnlichkeit bedarf es, -damit das Vorstellungsleben sich erhebe zu der reinen Wahrheit der -Vernunft, durch die etwas als notwendig erkannt wird. Nur der gttlich -inspirierte Mensch kann der Logik entbehren, ebenso wie der Beduine -eine arabische Grammatik nicht braucht. - -Auch die Universalienfrage wird hnlich wie bei Farabi behandelt. Vor -aller Vielheit hat jedes Ding ein Sein im Geiste Gottes und der Engel -(Sphrengeister), dann geht es als materielle Form in die Vielheit ein, -um endlich im menschlichen Intellekte zur Allgemeinheit des Begriffes -sich zu erheben. Wie nun Aristoteles zwischen erster (individueller) -und zweiter (allgemeinbegrifflicher) Substanz unterschieden hat, so -macht Ibn Sina hnlich einen Unterschied zwischen erstem und zweitem -Begriff (ma'n, intentio). Der erste bezieht sich auf die Dinge, -der zweite auf die Disposition unseres Denkens. - -4. In der Metaphysik und der Physik unterscheidet Ibn Sina sich von -Farabi hauptschlich dadurch, dass er, indem er die Materie nicht aus -Gott ableitet, das Geistige hher ber alles Materielle hinausrckt, -und, im Zusammenhang damit, die Bedeutung der Seele als einer -Vermittlerin zwischen dem Geistigen und dem Krperlichen steigert. - -Aus dem Begriffe des Mglichen und Notwendigen ergibt sich die Existenz -eines notwendigen Wesens schlechthin. Nicht aus seinen Werken soll -man, nach Ibn Sina, das Dasein eines Schpfers zu erweisen suchen, -sondern aus dem mglichen Charakter alles Seienden und Denklichen -in der Welt die Existenz eines ersten notwendig Seienden, in welchem -Wesen und Dasein Eins sind, folgern. - -Nicht nur alles, was unter dem Monde ist, ist mglicher Natur, sondern -auch die Himmel sind an sich nur mglich. Notwendig wird ihre Existenz -durch ein anderes, das ber alle Mglichkeit hinaus ist, also auch ber -alle Vielheit und Vernderlichkeit. Das absolut Notwendige ist eine -starre Einheit, aus der nichts Vielfaches hervorgehen kann. Dieses -erste Eine ist Ibn Sinas Gott, dem zwar viele Prdikate, des Denkens -u. s. w., beigelegt werden, aber nur im Sinne der Negation oder der -Beziehung, sodass sie die Einheit des Wesens nicht berhren. - -Aus dem ersten Einen kann also nur Eines hervorgehen, der erste -Weltgeist. In diesem entsteht die Vielheit. Indem er nmlich seine -Ursache denkt, erzeugt er einen dritten Geist, den Lenker der -uersten Sphre; indem er sich selbst denkt, entsteht eine Seele, -mittelst der der Sphrengeist seine Wirkung ausbt; und sofern er -drittens ein an sich Mgliches ist, geht aus ihm ein Krper hervor, -die uerste Sphre. Und so geht es weiter. Jeder Geist entlsst -aus sich eine Dreiheit: Geist, Seele und Krper. Denn, da der Geist -nicht unmittelbar den Krper bewegen kann, so bedarf er zur Ausbung -seiner Wirksamkeit der Seele. Zuletzt kommt der thtige Geist (`aql -fu-``l) der die Materie des Irdischen, die krperlichen Formen und -die menschlichen Seelen hervorbringt und lenkt. - -Dieser ganze Prozess, der nicht zeitlich vorgestellt werden darf, -findet statt in einem Substrate, der Materie. Die Materie ist die -ewige, reine Mglichkeit alles Seienden, zugleich die Schranke fr -die Wirkung des Geistes. Sie ist das Prinzip aller Individualitt. - -Das musste nun allerdings glubigen Muslimen als etwas Furchtbares -erscheinen. Wohl hatten mutazilitische Dialektiker behauptet, -Gott knne kein Bses oder nichts Vernunftwidriges thun. Jetzt aber -behauptete die Philosophie, dass Gott statt alles Mgliche zu knnen, -nur das an sich Mgliche zu bewirken im Stande sei, und dass direkt -von ihm nur der erste Weltgeist ausgehe. - -brigens macht Ibn Sina alle Anstrengung, sich dem Volksglauben -anzubequemen. Alles ist durch Gottes Bestimmung, sagt er, Gutes -und Bses, aber nur ersteres mit freudiger Billigung. Das Bse -ist entweder ein Nichtseiendes oder, sofern es von Gott herrhrt, -ein Accidentelles. Htte Er, der notwendigen bel wegen, diese Welt -nicht hervorgehen lassen, so wre das der bel grtes gewesen. Die -Welt knnte nicht besser und schner sein als sie eben ist. In ihrer -schnen Ordnung besteht die gttliche Vorsehung, die von den Seelen -der Himmel vermittelt wird. Gott und die reinen Geister kennen nur -das Allgemeine, knnen also nicht fr Besonderes sorgen. Aber die -Seelen der Himmelsphren, denen Vorstellung des Einzelnen zukommt -und durch die der Geist auf den Krper wirkt, bieten die Mglichkeit, -eine Frsorge auch fr das Einzelne und den Einzelnen anzunehmen, die -Offenbarung zu erklren u. s. w. Auch das pltzliche Entstehen und -Vergehen von Substanzen (Schpfung und Vernichtung) im Gegensatze -zu der stetigen Bewegung, d. h. dem allmhlichen bergange des -Mglichen zum Wirklichen, scheint dem Ibn Sina nichts Unmgliches zu -bedeuten. berhaupt herrscht bei ihm keine Klarheit ber das Verhltnis -der Seinsformen, ber Geist und Krper, Form und Materie, Substanz und -Accidens. Dem Wunder bleibt jedenfalls ein Platz brig. In heftigen, -seelischen Erregungen, die oft pltzlich eine groe Hitze oder Klte -bei uns hervorrufen, haben wir, nach Ibn Sina, Analoga zu wunderbaren -Wirkungen der Weltseele, wenn diese auch gewhnlich dem Naturlaufe -folgt. Von allen diesen Mglichkeiten macht unser Philosoph selbst -sehr migen Gebrauch. Astrologie und Alchemie hat er aus ganz -vernnftigen Grnden bekmpft. Trotzdem hat man ihm bald nach seinem -Tode schon astrologische Gedichte aufgebrdet und erscheint er in -der trkischen Romanlitteratur, freilich an der Stelle eines alten -Mystikers, als Zauberer. - -Ibn Sinas Physik beruht ganz auf der Annahme, ein Krper knne nichts -bewirken. Was wirkt, ist berall eine Kraft, eine Form, eine Seele und -durch sie der Geist. Im Gebiete des Physischen gibt es also unzhlige -Krfte, deren Hauptstufen von unten nach oben die Naturkrfte, -die Vermgen der Pflanzen und der Tiere, die Menschenseelen und die -Weltseelen sind. - -5. Farabi war es vor allem um die reine Vernunft zu thun: er hat das -Denken um seiner selbst willen geliebt. Ibn Sina aber ist berall -um die Seele bemht. Wie er in seiner Medizin den menschlichen -Krper ins Auge fasst, so in seiner Philosophie die menschliche -Seele. Seine groe philosophische Encyklopdie heit ja die Heilung -(sc. der Seele). Die Psychologie ist der Mittelpunkt seines Systems. - -Seine Anthropologie ist dualistisch. Krper und Seele gehren -nicht wesentlich zusammen. Wie alle Krper unter der Einwirkung der -Gestirne aus der Mischung der Elemente hervorgehen, so der menschliche -Krper aus dem schnsten Gleichmae dieser Mischung. Eine spontane -Generation des Krpers, wie berhaupt ein Aussterben und Neuerstehen -des Menschengeschlechtes ist deshalb mglich. Aber aus der Mischung -der Elemente lsst sich die Seele nicht erklren. Sie ist nicht -die untrennbare Form des Krpers, sondern diesem accidentell. Von -dem Geber der Formen, d. h. dem thtigen Geiste ber uns, erhlt -jeder Krper seine ihm und nur ihm eignende Seele. Von Anfang an -ist jede Seele Individualsubstanz und sie bildet sich zeitlebens -in ihrem Krper immer individueller aus. Zu der Behauptung, die -Materie sei das Prinzip der Individualitt, stimmt dies allerdings -nicht. Aber die Seele ist das Wunderkind unseres Philosophen. Er ist -nicht leichtglubig, warnt fter vor einem allzuleichten Hinnehmen -der Geheimnisse des Seelenlebens, wei aber doch selber manches zu -berichten ber die vielen wunderbaren Krfte und mglichen Wirkungen -der Seele, die die vielverschlungenen Pfade des Lebens wandert und -die Abgrnde des Seins und Nichtseins bersteigt. - -Von allen Seelenkrften sind die theoretischen Vermgen die -vorzglichsten. uere und innere Sinne fhren der vernnftigen Seele -die Kenntnis der Welt zu. Besonders die Lehre von den inneren Sinnen, -den sinnlich-geistigen Vorstellungsvermgen, deren Sitz das Gehirn, -wird von Ibn Sina eingehend dargestellt. - -Gewhnlich nahmen die Mediziner-Philosophen drei innere Sinne oder -Stadien des Vorstellungsprozesses an: 1. die Zusammenfassung der -einzelnen Sinneswahrnehmungen zu einem Gesamtbilde im Vorderhirn; -2. die Umbildung oder Bearbeitung dieser Vorstellung des Gemeinsinnes -mit Hilfe schon vorhandener Vorstellungen, also die eigentliche -Apperzeption, in der Mitte des Gehirns; 3. die Aufbewahrung -der apperzipierten Vorstellung im Gedchtnis, das seinen Sitz im -hintern Teile des Gehirns haben soll. Ibn Sina geht etwas weiter in -der Analyse. Er unterscheidet im Vorderhirne vom Gemeinsinne das -sinnliche Gedchtnis, die Schatzkammer der Gesamtbilder. Ferner -lsst er die Apperzeption teils unbewusst, unter dem Einfluss -des sinnlich-begehrenden Lebens, wie es sich auch bei den Tieren -findet, von statten gehen, teils aber bewusst, unter der Mitwirkung -der Vernunft, zu Stande kommen. In dem ersteren Falle behlt die -Vorstellung ihre Beziehung zu dem Einzelding -- so kennt das Schaf die -Feindschaft des Wolfes --, in dem zweiten Falle aber erweitert sie sich -zum allgemeinen. Dazu kommt dann als fnftes hinzu das vorstellende -Gedchtnis oder das Zeughaus der von der sinnlichen Phantasie und dem -vernnftigen Nachdenken gebildeten Vorstellungen. Es entsprechen also, -aber ganz anders als bei den treuen Brdern (s. III, 2 8), den fnf -ueren Sinnen fnf innere. Unbeantwortet bleibt die aufgeworfene -Frage, ob man nicht von dem Gedchtnis noch die Erinnerung als ein -besonderes Vermgen zu scheiden habe. - -6. Auf dem Gipfel der theoretischen Seelenkrfte steht die Vernunft. Es -gibt zwar auch eine praktische Vernunft, aber in ihrem Thun haben -wir uns selbst nur mittelbar, vervielfltigt; unmittelbar dagegen -in dem Selbstbewusstsein, dem reinen Erkennen unseres Wesens, darin -die Einheit unserer Vernunft sich darstellt. Statt aber die niederen -Krfte der Seele herabzudrcken, zieht die Vernunft dieselben hinauf, -die Sinneswahrnehmung verfeinernd, die Vorstellung verallgemeinernd. An -dem ihr von den ueren und inneren Sinnen zugefhrten Materiale -arbeitet sich die Vernunft, die anfangs bloe Denkfhigkeit ist, -nach und nach zur vollkommenen Denkfertigkeit aus. Durch bung wird -die Anlage Wirklichkeit. Es geschieht das an der Hand der Erfahrung, -aber unter der Fhrung und der Erleuchtung von oben, von dem Geber der -Formen, der als thtiger Geist der Vernunft die Ideen mitteilt. Ein -Gedchtnis aber fr die reinen Vernunftideen hat die menschliche -Seele nicht, denn Gedchtnis setzt immer ein krperliches Substrat -voraus. So oft also die vernnftige Seele etwas erkennt, fliet ihr -jedesmal von oben die Erkenntnis zu, und nicht durch Umfang und Inhalt -des Erkennens unterscheiden sich die denkenden Seelen, sondern durch -die Fertigkeit, sich zur Aufnahme der Erkenntnis mit dem Geiste ber -uns in Verbindung zu setzen. - -Die vernnftige Seele, die dasjenige, was unter ihr ist, beherrscht, -und das Hhere durch die Erleuchtung des Weltgeistes erkennt, ist -nun der eigentliche Mensch, entstanden zwar, aber als einfaches -Wesen, als Individualsubstanz, unzerstrbar, unsterblich. Hier -unterscheidet durch ihre Klarheit Ibn Sinas Lehre sich von derjenigen -des Farabi. Seit Ibn Sina gilt im Orient die Annahme der individuellen -Unsterblichkeit entstandener Menschenseelen als aristotelisch, das -Gegenteil als platonisch. So versteht sich seine Philosophie besser -mit der Religion. Im menschlichen Krper und in der ganzen Sinnenwelt -hat die Seele eine Schule, sich auszubilden. Nach dem leiblichen -Tode aber, der diesem Krper fr immer ein Ende macht, besteht die -Seele in enger oder entfernter Verbindung mit dem Weltgeiste fort. In -dieser Vereinigung (die nicht als vllige Einswerdung aufzufassen ist) -mit dem Geiste ber uns besteht die Seligkeit der guten, wissenden -Seelen. Den anderen wird ewiges Unglck zu teil. Wie krperliche Mngel -zu Krankheiten fhren, so folgt notwendig aus schlechtem Seelenzustande -die Strafe. In derselben Weise bemisst sich aber auch die himmlische -Belohnung nach der Stufe seelischer Gesundheit oder Vernnftigkeit, -die im Erdenleben erreicht wurde. Der reinen Seele bleibt in den -Leiden der Zeit der Trost des Ewigen. - -Freilich wird das Hchste nur von wenigen erreicht. Auf dem Gipfel -der Wahrheit ist fr die Masse kein Platz; nur einer nach dem -andern dringt zu der auf einsamer Hhe entspringenden Quelle der -Gotteserkenntnis vor. - -7. Seine Ansicht von der menschlichen Vernunft auszudrcken, benutzt -und deutet Ibn Sina dichterische berlieferungen, wie das auch in -der spteren persischen Litteratur sehr beliebt war. An erster Stelle -interessiert uns die allegorisierte Gestalt des Hai ibn Jaqzan. Sie -stellt den Aufstieg des Geistes aus den Elementen durch die Reiche -der Natur, der Seele und der Geister bis zum Throne des Ewigen, -Einen dar. Als ein jugendlicher Greis, seine Fhrerschaft anbietend, -begegnet sie dem Philosophen. Dieser hat sich bemht, mit seinen -ueren und inneren Sinnen, Erde und Himmel zu erkennen. Zwei Wege -ffnen sich ihm: nach Westen der Weg der Materie und des Bsen, nach -Sonnenaufgang aber der Weg der geistigen, ewigreinen Formen, auf den -Hai den Wanderer fhrt. Zusammen gelangen sie zu der Quelle gttlicher -Weisheit, dem Born ewiger Jugend, wo Schnheit der Schnheit Vorhang, -Licht des Lichtes Schleier ist: das ewige Geheimnis. - -Hai ibn Jaqzan ist demnach der Fhrer der einzelnen denkenden Seelen, -er ist der ewige Geist, der ber der Menschheit steht und sich in -ihr bethtigt. - -Einen hnlichen Sinn findet unser Philosoph in der vielfach -umgebildeten sptgriechischen Legende von den Brdern Salaman und -Absal. Salaman ist ihm der Weltmensch, dessen Weib (= die sinnliche -Welt) sich in Absal verliebt und diesen durch eine List in ihre Arme zu -fhren wei. Vor dem entscheidenden Augenblicke fhrt aber ein Blitz -vom Himmel herab, entdeckt Absal den beinahe begangenen Frevel und -erhebt ihn von der sinnlichen Genusswelt zu der Welt reingeistiger -Betrachtung. - -Wie ein Vogel, heit es an anderer Stelle, ist die Seele des -Philosophen. Mit groer Mhe entkommt sie irdischen Stricken und -durchfliegt die Weltenrume, bis der Engel des Todes ihr die letzten -Fesseln lst. - -Das ist Ibn Sinas Mystik. Seine Seele hat Bedrfnisse, fr die seine -Apotheke keine Mittel, das hfische Leben keine Befriedigung darbietet. - -8. Ethik und Politik theoretisch auszubilden bleibe den Lehrern -des Fiqh berlassen. Unser Philosoph fhlt sich auf der Stufe -eines Erleuchteten wie ein Gott ber alle menschlichen Gesetze -hinausgehoben. Nur fr die Menge ist das Gesetz der Religion und -des Staates verpflichtend. Mohammeds Zweck war, die Beduinen zu -zivilisieren; zu dem Zwecke predigte er u. a. eine Auferstehung -des Fleisches. Was reingeistige Seligkeit bedeutet, htten sie nicht -verstanden, er musste sie also mit der Aussicht auf krperliche Leiden -oder Freuden erziehen. Mit dieser sinnlichen Menge, deren Gottesdienst -in der Beobachtung uerer Formen besteht, stimmen insofern die -Asketen, obgleich sie ganz der Welt und der Sinne entsagen wollen, -berein, dass auch sie mit Rcksicht auf eine himmlische Belohnung ihre -frommen Werke ausben. Hher als die Menge und die Frommen stehen die -wahren Gottesverehrer in geistiger Liebe, die nichts wollen als Gott -selbst, ohne Hoffnung, ohne Furcht. Ihr Eigentum ist die Freiheit -des Geistes. - -Dieses Geheimnis aber soll man der Menge nicht offenbaren. Nur seinen -liebsten Schlern vertraut es der Philosoph. - -9. Ibn Sina kam auf seinen Reisen mit vielen gelehrten Zeitgenossen -zusammen. Dauernde Verbindungen waren, wie es scheint, nicht davon die -Folge. Wie er sich von seinen Vorgngern allein dem Farabi verpflichtet -fhlt, so dankt er der Mitwelt nur in seinen frstlichen Gnnern. Den -Ibn Maskawaih (s. IV 3), mit dem er noch fter zusammenkam, hat er -ungnstig beurteilt. Mit dem ihm als Forscher berlegenen Beruni -fhrte er eine Korrespondenz, die aber bald abgebrochen wurde. - -Beruni (973-1048), wenn er auch Kindi und Masudi eher als Farabi -und den jngeren Ibn Sina seine Meister nennen darf, verdient -hier zur Charakteristik der Zeit einer kurzen Erwhnung. Vorzglich -beschftigten ihn Mathematik, Astronomie, Lnder- und Vlkerkunde. Er -war ein scharfer Beobachter und guter Kritiker. Aber er verdankte der -Philosophie manche Aufklrung und widmete ihr als Kulturerscheinung -fortwhrend seine Aufmerksamkeit. - -Treffend hebt Beruni die bereinstimmung zwischen -pythagoreisch-platonischer Philosophie, indischer Weisheit und vielen -sufischen Anschauungen hervor. Nicht weniger treffend erkennt er die -berlegenheit griechischer Wissenschaft gegenber den Versuchen und -Leistungen der Araber und Inder. Indien, sagt er, von Arabien ganz zu -schweigen, hat keinen Sokrates hervorgebracht. Keine logische Methode -hat dort die Phantasie aus der Wissenschaft vertrieben. Doch will er -einzelnen Indern gerecht werden. Zustimmend fhrt er als die Lehre der -Anhnger Aryabhatas folgendes an: "Es gengt uns, das zu erkennen, was -von den Strahlen der Sonne beleuchtet wird; was darber hinausgeht, -wenn auch von unermesslicher Ausdehnung, brauchen wir nicht. Was -der Sonnenstrahl nicht erreicht, knnen die Sinne nicht wahrnehmen, -und was der Sinn nicht wahrnimmt, knnen wir nicht erkennen." - -Daraus ergibt sich uns Berunis Philosophie. Nur die Wahrnehmungen -der Sinne, von einem logischen Geiste verknpft, gewhren sichere -Erkenntnis. Und zum Leben brauchen wir eine praktische Philosophie, -die uns vom Freunde den Feind unterscheiden lsst. Er glaubte selbst -wohl nicht, damit alles und das letzte Wort gesagt zu haben. - -10. Aus der Schule Ibn Sinas sind uns mehr Namen berliefert -als Schriften erhalten. Dschuzdschani hat, im Anschluss an eine -Selbstbiographie, das Leben des Meisters beschrieben. Und von -Abu-l-Hasan Behmenjar ibn al-Marzuban haben wir noch ein paar kleinere -metaphysische Abhandlungen, die sich fast ganz in bereinstimmung mit -dem Systeme seines Lehrers befinden. Nur scheint die Materie etwas -von ihrer Substantialitt einzuben: als Seinsmglichkeit wird sie -zu einer Relation oder Beziehung des Denkens. - -Gott ist, nach Behmenjar, die reine, ursachlose Einheit notwendigen -Seins, nicht der lebendige, alles wirkende Schpfer. Er ist zwar -Ursache der Welt, aber die Folge ist mit der Ursache zugleich und -notwendig gegeben, sonst wre die Ursache nicht vollkommen, weil der -Vernderung fhig. Wesenhaft, nicht zeitlich, geht Gottes Dasein dem -der Welt voran. Drei Bestimmungen kommen demnach dem hchsten Sein -zu: dass es wesentlich zuerst, sich selbst gengend und notwendig -sei, m. a. W. Gottes Wesen ist die Seinsnotwendigkeit. Diesem -absolut-notwendigen Sein verdankt alles mglicherweise Existierende -sein Dasein. - -Das stimmt nun wohl zu den Lehren Ibn Sinas. Und ebenso verhlt es -sich mit dem Weltbilde und der Seelenlehre des Schlers. Was einmal -zur vollen Wirklichkeit gelangt ist, die der Art nach verschiedenen -Sphrengeister, die Urmaterie und die individuell verschiedenen -menschlichen Seelen, besteht alles ewig fort. Vollwirkliches, weil -ohne jede Mglichkeit, kann nicht vergehen. - -Die Eigenart alles Geistigen ist die Erkenntnis des eigenen -Wesens. Wille heit, nach Behmenjar, nichts anderes als Erkenntnis -dessen, was notwendig aus dem Wesen folgt. In der Selbsterkenntnis -besteht auch das Leben und die Lust der vernnftigen Seele. - -11. Ibn Sina hat eine weitgehende Wirkung erzielt. Nach seinem Kanon -der Medizin, der auch im Abendlande vom 13. bis 16. Jahrhundert hohes -Ansehen genoss, werden heutigen Tages noch die Perser kuriert. Sein -Einfluss auf die christliche Scholastik war bedeutend. Dante setzte -ihn zwischen Hippokrat und Galen, und Scaliger behauptete, er sei -in der Medizin dem Galen gleich, in der Philosophie diesem sogar -weit berlegen. - -Dem Orient galt und gilt er als der Frst der Philosophie. Der -neuplatonische Aristotelismus ist dort bekannt geblieben in der Form, -die ihm Ibn Sina gegeben. Zahlreich sind die Handschriften seiner -Werke, ein Zeugnis seiner Popularitt, unzhlig aber die Kompendien -und Kommentare zu seinen Schriften. Mediziner und Staatsmnner, -aber auch Theologen studierten ihn. Nur wenige gingen ber ihn zu -den Quellen zurck. - -Der Feinde gab es freilich von Anfang an viele und sie uerten sich -lauter als die Freunde. Dichter verfluchten ihn, Theologen stimmten mit -ein oder versuchten es, ihn zu widerlegen. Und der Chalif Mustandschid -lie im Jahre 1150 unter der philosophischen Bibliothek eines Richters -auch die Schriften Ibn Sinas zu Bagdad dem Feuer bergeben. - - - - -5. Ibn al-Haitham. - -1. Nach Ibn Sina und seiner Schule fand die theoretische Philosophie -in den stlichen Lndern des muslimischen Reiches wenig Pflege -mehr. Die arabische Sprache musste im Leben und in der Litteratur -dort immer mehr der persischen weichen. Dass letztere Sprache sich -weniger gut zu abstrakt logischen und metaphysischen Errterungen -eignet, drfte dabei nur ganz nebenschlich ins Gewicht fallen. Es -nderten sich in trauriger Weise die Kulturverhltnisse und damit die -Interessen der Menschen. Ethik und Politik traten in den Vordergrund, -jedoch ohne eine wirklich neue Gestalt zu bekommen. Ganz vorherrschend -aber war es in der neupersischen Litteratur eine teils freigeistige, -teils, und zwar berwiegend, mystische Poesie, die das Bedrfnis der -Gebildeten nach Weisheit befriedigte. - -Seit der Mitte des zehnten Jahrhunderts etwa hatte sich von Bagdad aus -ein Teil der wissenschaftlichen Bewegung dem Westen zugewendet. Wir -fanden schon Farabi in Syrien, Masudi in gypten. Dort wurde Kairo -ein zweites Bagdad. - -2. In Kairo treffen wir am Anfang des elften Jahrhunderts einen der -bedeutendsten Mathematiker und Physiker des ganzen Mittelalters, Abu -Ali Mohammed ibn al-Hasan ibn al-Haitham. In Basra, wo er geboren -wurde, hatte er schon ein Staatsamt verwaltet. In allzugroem -Vertrauen auf die Verwertbarkeit seiner mathematischen Kenntnisse -glaubte er die Nilberschwemmungen regulieren zu knnen. Deshalb -vom Chalifen al-Hakim berufen, sah er bald nach seiner Ankunft das -Vergebliche seiner Bemhungen ein. Als Verwaltungsbeamter fiel er -dann in Ungnade, verbarg sich bis zum Tode des Chalifen (1020) und -lebte ferner wissenschaftlichen und litterarischen Arbeiten, bis er -im Jahre 1038 starb. - -Seine Hauptwirksamkeit liegt auf dem Gebiete der Mathematik und -ihrer Anwendung. Doch hat er sich auch sehr viel mit den galenischen -und aristotelischen Schriften, und nicht blo mit den physischen, -beschftigt. Nach seinem eigenen Bekenntnis hat er von Jugend auf -alles bezweifelnd, die verschiedenen Ansichten und Lehren der Menschen -betrachtet, bis er in allen mehr oder weniger gelungene Versuche, -sich der Wahrheit zu nhern, erkannte. Als Wahrheit galt ihm ferner -nur das, was sich der sinnlichen Wahrnehmung als Material darbot -und vom Verstande seine Form erhielt, also die logisch bearbeitete -Wahrnehmung. Solche Wahrheit zu suchen war sein Bestreben beim -Studium der Philosophie. Die Philosophie sollte ihm Grundlage aller -Wissenschaften sein. Er fand sie in den Schriften des Aristoteles, -weil dieser es am besten verstanden hatte, die sinnliche Wahrnehmung -einheitlich zu vernnftiger Erkenntnis zu verknpfen. Eifrig studierte -und erluterte er darum die Werke des Aristoteles, zu Nutz und Frommen -der Menschheit, zu eigener bung und als Schatz und Trost fr sein -Alter. Von diesen Arbeiten scheint uns aber nichts erhalten zu sein. - -Des Ibn al-Haithams bedeutendste Schrift, die in lateinischer -bersetzung und Bearbeitung auf uns gekommen ist, ist die Optik. Er -zeigt sich darin als einen scharfen mathematischen Denker, berall -um die Analyse der Begriffe und der wirklichen Vorgnge bemht. Ein -Abendlnder des 13. Jahrhunderts (Witelo) wusste das Ganze methodischer -darzustellen, doch drfte an Schrfe der Beobachtung im einzelnen -Ibn al-Haitham jenem berlegen sein. - -3. Das Denken Ibn al-Haithams ist ganz mathematisch bestimmt. Die -Substanz eines Krpers besteht nach ihm aus der Summe seiner -wesentlichen Eigenschaften, wie das Ganze der Summe der Teile und -der Begriff der Summe seiner Merkmale gleich ist. - -In der Optik interessieren uns besonders die psychologischen -Bemerkungen ber das Sehen und die Sinneswahrnehmung berhaupt. Das -Bestreben ist hier darauf gerichtet, die einzelnen Momente der -Wahrnehmung zu sondern und den zeitlichen Charakter des ganzen -Prozesses hervorzuheben. - -Die Wahrnehmung setzt sich dann zusammen aus der Sinnesempfindung (1), -der Vergleichung (2) mehrerer Empfindungen oder der jetzigen Empfindung -mit dem infolge frherer Empfindungen nach und nach in der Seele -geformten Erinnerungsbilde, und dem Wiedererkennen (3), sodass wir das -jetzt Wahrgenommene als mit dem Erinnerungsbilde gleich erkennen. Das -Vergleichen und das Wiedererkennen sind keine Thtigkeiten der Sinne, -die nur passiv empfinden, sondern fallen dem urteilenden Verstande -zu. Gewhnlich geht das alles unbewusst oder halbbewusst von statten, -und nur durch Besinnung wird es uns zum Bewusstsein gefhrt und das -scheinbar Einfache in seine Bestandteile zerlegt. - -Der Prozess der Wahrnehmung verluft sehr schnell. Je gebter der -Mensch in dieser Hinsicht ist und je fter eine Wahrnehmung sich -wiederholt, um so fester wird das Erinnerungsbild der Seele eingeprgt, -um so schneller kommt das Wiedererkennen oder die Wahrnehmung -zu Stande. Die Ursache davon ist die, dass die neue Empfindung -von dem schon vorhandenen seelischen Gebilde ergnzt wird. Leicht -knnte man also meinen, die Wahrnehmung sei, wenigstens nach langer -Einbung, ein zeitloser Akt. Das wre aber ein Irrtum, denn nicht -nur entspricht jeder Empfindung eine qualitative, im Sinnesorgan -lokalisierte Vernderung, die eine Zeit erfordert, sondern auch -zwischen der Reizung des Organs und der bewussten Wahrnehmung muss der -rumlichen Fortleitung des Reizes durch die Nerven eine Zeitstrecke -entsprechen. Dass es z. B. zur Auffassung einer Farbe Zeit bedarf, -beweist der drehende Farbenkreisel, der uns nur eine Mischfarbe zeigt, -weil wir wegen der schnellen Bewegung keine Zeit haben, die einzelnen -Farben aufzufassen. - -Vergleichen und Wiedererkennen sind nach Ibn al-Haitham die -bedeutenden, seelischen Momente der Wahrnehmung. Dagegen entspricht -die Empfindung der Materie, der empfindende Sinn verhlt sich -passiv. Eigentlich ist alles Empfinden an sich eine Art Unlust, welche -sich fr gewhnlich nicht fhlbar macht, bei sehr starken Reizen aber, -z. B. durch allzuhelles Licht, zum Bewusstsein kommt. Der Charakter -der Lust kommt nur der vollkommenen Wahrnehmung zu, d. h. dem Erkennen, -das die Materie der Empfindung zur seelischen Form erhebt. - -Das Vergleichen und Wiedererkennen in der Wahrnehmung ist wesentlich -ein unbewusstes Urteilen und Schlieen. Das Kind macht schon einen -Schluss, wenn es von zwei pfeln den schneren whlt. Schlieen ist -jede Erfassung eines Zusammenhanges. Weil aber Urteilen und Schlieen -schnell zu Stande kommen, irrt der Mensch sich dabei leicht, und -hlt auch oft fr einen ursprnglichen Begriff, was nur ein auf dem -Wege des Schlieens abgeleitetes Urteil ist. Bei allem, was uns als -Axiome verkndet wird, soll man doch auf der Hut sein und nachspren, -ob es nicht aus Einfacherem abgeleitet werden knne. - -4. Diese Aufforderung unseres Philosophen hat im Orient wenig -gefruchtet. Zwar hat er in Mathematik und Astronomie etwas Schule -gemacht, aber fr seine aristotelische Philosophie gab es weniger -Liebhaber. Wir kennen nur einen seiner Schler, der zu den Philosophen -gezhlt wird, Abu-l-Wafa Mubasschir ibn Fatik al-Qaid, einen -gyptischen Emir, der im Jahre 1053 ein Werk mit Spruchweisheit, -Anekdoten zur Philosophiegeschichte u. s. w. lieferte. Von -eigener Gedankenarbeit ist dabei kaum etwas zu spren. Es sollte -unterhalten. Und mehr noch als an solchem Werke erbauten sich die -Einwohner Kairos in der Folgezeit an den Mrchen der Tausend und -eine Nacht. - -Der Orient hat Ibn al-Haitham fast vergessen, ihn und seine Werke -verketzert. Ein Schler des jdischen Philosophen Maimonides -erzhlt, er sei wegen Handelsgeschfte in Bagdad gewesen, als dort -die Bibliothek eines Philosophen (gest. 1214) verbrannt wurde. Da -warf ein Prediger, der die Exekution leitete, mit eigener Hand eine -astronomische Schrift des Ibn al-Haitham in die Flammen, nachdem er -auf eine darin abgebildete Weltkugel als das Unglckszeichen verruchter -Gottlosigkeit hingewiesen hatte. - - - - - - - - -V. DER AUSGANG DER PHILOSOPHIE IM OSTEN. - - -1. Gazali. - -1. Wir haben frher schon gesehen, dass die theologische Bewegung -im Islam stark von der Philosophie beeinflusst war. Nicht nur die -mutazilitische, sondern auch die antimutazilitische Dialektik holte -ihre Ansichten und die Argumente, womit sie die eigene Lehre sttzte, -die des Gegners bekmpfte, zum groen Teile aus den Schriften der -Philosophen. Man nahm aus diesen auf, was man eben brauchen konnte, -das andere lie man auf sich beruhen, oder aber man machte den -Versuch, es zu widerlegen. So entstanden zahlreiche Schriften, gegen -eine besondere philosophische Lehre oder einen einzelnen Philosophen -gerichtet. Ein Versuch aber, das ganze System der Philosophie, wie es -im Osten auf griechischer Grundlage aufgebaut war, nach eingehendem -Studium von allgemeinen Gesichtspunkten aus zu bekmpfen, ist wohl -vor Gazali nicht gemacht worden. - -Das Unternehmen Gazalis hatte auch eine positive Seite. Neben der -Dialektik, die die Lehren des Glaubens verstndlich zu machen oder -gar vernnftig zu begrnden suchte, lief im Islam eine Mystik her, -die auf innerliches, gemtliches Erfassen des Dogmas aus war. Nicht -begreifen oder beweisen wollte sie den Glaubensinhalt, sondern -erfahren, im Geiste erleben. Dem Glauben soll ja die hchste -Gewissheit zukommen. Sollte man ihn dann in ein abgeleitetes -Wissen verwandeln knnen? Oder sollten seine Stze Prinzipien der -Vernunft sein, keines weiteren Beweises fhig noch bedrftig? Aber -die Grundstze der Vernunft mssen, wenn sie einmal bekannt sind, -allgemein anerkannt werden, und die allgemeine Anerkennung fehlt -den Stzen des Glaubens. Woher sonst der Unglaube? So wurde weiter -gefragt. Und als der einzige Ausweg aus solchen Zweifeln erschien -es vielen, die Glaubenslehre auf eine innere, bervernnftige -Erleuchtung zu grnden. Anfangs geschah das unbewusst, in mystischem -Drange, wobei denn oft der Inhalt der Pflichten- und Glaubenslehre -sehr vernachlssigt wurde. Auch hier hat Gazali eingegriffen. Was -vielleicht von Salimiten und Karramiten, antimutazilitischen Sekten, -vorgebildet war, hat er in groem Stile durchgefhrt: die Mystik -trgt und krnt seit seiner Zeit das Lehrgebude des orthodoxen Islam. - -2. Merkwrdig ist die Lebensgeschichte dieses Mannes, und zum -Verstndnis seiner Wirksamkeit ist es unbedingt erforderlich, etwas -nher darauf einzugehen. Im Jahre 1059 wurde er zu Tos in Chorasan -geboren, war also ein Landsmann des groen Dichters Firdausi. Wie -dieser von der alten Herrlichkeit der persischen Nation zeugt, -so sollte Gazali "Zeugnis und Zierde" des ganzen zuknftigen Islam -sein. Schon seine Erziehung, nach dem Tode des Vaters im Hause eines -sufischen Freundes, war mehr universal als national gerichtet. Dem -unruhigen, phantastischen Geiste des Jnglings sagte auch keine -Beschrnkung zu. In der spitzfindigen Kasuistik der Pflichtenlehre -mit ihren przisen Formeln fand er sich nicht zurecht. Er sah sie -an als ein weltliches Wissen, von dem er sich abwendete, um sich -in die Erkenntnis Allahs geistig zu vertiefen. Dann studierte -er in Nischabur Theologie bei einem sufischen Lehrer, dem Imam -al-Haramain (gest. 1085), whrend dessen er wohl selbst anfing -zu schriftstellern und zu lehren, vielleicht auch schon an seiner -Wissenschaft zu zweifeln. Er begab sich darauf zu Nizam al-Mulk, dem -Wezir des Seldschukenfrsten, bis er (1091) eine Professur in Bagdad -erhielt. In diese Zeit fllt jedenfalls die nhere Beschftigung mit -der Philosophie. Es war aber nicht reine Liebe zur Wissenschaft, -die ihn dazu trieb, sondern die Sehnsucht des Herzens, Lsung fr -die Zweifel des Verstandes zu finden. Keine Aufklrung ber das -Weltgeschehen, auch keine Klrung des eigenen Denkens, sondern -Herzensruhe und die Erfahrung einer hheren Wirklichkeit suchte -er zu erreichen. Eingehend befasste er sich mit den Schriften der -Philosophen, besonders denen des Farabi und Ibn Sina, und hauptschlich -dem System des letzteren folgend, schrieb er ein philosophisches -Kompendium, objektiv gehalten, scheinbar mit einiger Teilnahme am -Inhalt. Er that es, wie er anfangs wohl leise zur Selbstberuhigung, -spter aber laut zu seiner Entschuldigung sagte, nur um der Darstellung -der philosophischen Lehren die Widerlegung folgen zu lassen. Auch -diese erschien, wahrscheinlich nicht lange Zeit darauf. Es war die -berhmte "Ruin der Philosophen", die vermutlich noch in Bagdad oder -kurz nach seiner Abreise verfasst wurde. - -Schon nach vier Jahren nmlich (1095) hatte Gazali seine von uerem -Erfolg begleitete Lehrthtigkeit in Bagdad eingestellt. Sein -immer zweifelnder Geist fand im dogmatischen Vortrag wohl keine -Befriedigung. Seine glnzende Stellung zog ihn bald an, bald stie -sie ihn ab. Er glaubte wohl, auf andere Weise besser die Welt und ihre -Weisheit bekmpfen zu knnen, zu sollen. Sein Ehrgeiz war grer als -diese Welt. Doch tiefer. Whrend einer Krankheit stand ihm der innere -Beruf vor der Seele. Im stillen, durch sufische bungen, sollte er -sich darauf vorbereiten, vielleicht einmal als religis-politischer -Reformator auftreten. Zu derselben Zeit, als die Ritter vom Kreuze im -Abendlande sich gegen den Islam rsteten, da bereitete sich Gazali -zum geistigen Vorkmpfer des muslimischen Glaubens. Nicht gewaltig -war seine Bekehrung, wie die des heiligen Augustin, sondern dem -Erlebnis zu vergleichen des heiligen Hieronymus, der im Traume von -seinen ciceronianischen Liebhabereien zum praktischen Christentum -berufen ward. - -Zehn Jahre ist nun Gazali auf der Wanderschaft, seine Zeit in -fromme bungen und litterarische Thtigkeit teilend. In der ersten -Zeit vermutlich hat er sein theologisch-ethisches Hauptwerk "Die -Belebung der Religionswissenschaften" geschrieben. Gegen Ende hat -er reformatorisch zu wirken versucht. Seine Reise fhrte ihn ber -Damaskus und Jerusalem (noch vor der Einnahme durch die Kreuzfahrer), -Alexandria, Mekka und Medina nach Hause zurck. - -Nach seiner Rckkehr hat Gazali noch auf kurze Zeit in Nischabur -als Lehrer gewirkt und ist in seiner Vaterstadt Tos am 19. Dez. des -Jahres 1111 gestorben. Die letzten Jahre gehren hauptschlich frommer -Betrachtung und dem Studium der Traditionen, die einmal dem Jngling -nicht ins Gedchtnis hinein wollten. Ein schn vollendetes Leben, -in dem das Ende zum Anfang zurckkehrt. - -3. Gazali berschaut die geistigen Strmungen seiner Zeit. Da gibt es -nun die Dialektik der Theologen, eine sufische Mystik, pythagoreische -Popularphilosophie und neuplatonischen Aristotelismus. Was die -Dialektik ergrnden will, ist auch Gegenstand seines Glaubens, -nur dnken ihm ihre Argumente etwas schwach und deshalb viele von -ihren Behauptungen bedenklich. Der sufischen Mystik fhlt er sich am -nchsten verwandt, ihr verdankt er das beste: die Begrndung seines -Glaubens in der Persnlichkeit, sodass er als innere Erfahrung -postulieren kann, was die Dialektiker verstandesmig abzuleiten -versuchen. Auch der Popularphilosophie dankt er Belehrung, ber -Mathematik nmlich, die er durchaus als Wissenschaft anerkennt, -und ihre astronomischen Folgerungen. Ihre Physik lsst er, wo sie -nicht gegen den Glauben verstt, gelten. Aber der Aristotelismus, -wie er von Farabi und Ibn Sina, nicht weniger autorittsglubig als -die Theologen, gelehrt worden, erscheint ihm als der Feind des Islam, -den er im Namen smtlicher muslimischen Schulen und Richtungen, -also von katholischem Standpunkte, bekmpfen soll. Und zwar mit des -Aristoteles eigenen Waffen, denen der Logik. Denn ebenso fest wie die -Stze der Mathematik, stehen ihm die Grundstze des Denkens, welche -die Logik lehrt. Vollbewusst geht er vom Satze des Widerspruchs aus, -dem sich Gott selbst, nach seiner Behauptung, unterwirft. - -Von den physisch-metaphysischen Lehren der Philosophie greift er nun -hauptschlich drei an: 1. dass die Welt ewig sei; 2. dass Gott nur -Allgemeines erkenne und es folglich keine besondere Vorsehung gebe; -3. dass nur die Seele unsterblich sei und also eine Auferstehung -des Fleisches nicht zu erwarten. Bei der Widerlegung dieser Lehren -ist Gazali vielfach abhngig von dem christlichen Kommentator des -Aristoteles, Johannes Philoponus, der auch gegen des Proklos Lehre -von der Ewigkeit der Welt geschrieben hat. - -4. Die Welt ist nach den Philosophen eine Kugel von endlicher -Ausdehnung, aber unendlicher Dauer. Von Ewigkeit geht sie aus Gott -hervor, wie die Wirkung mit der Ursache zugleich ist. Dagegen meint -Gazali, dass man Raum und Zeit nicht in der Weise verschieden auffassen -drfe, und dass die gttliche Urschlichkeit als freischpferische -Macht zu bestimmen sei. - -Zunchst Raum und Zeit. Ebensowenig wie Anfang und Ende der Zeit -knnen wir uns eine uerste Grenze des Raumes vorstellen. Wer an eine -endlose Zeit glaubt, muss, seiner Vorstellung folgend, also auch die -Existenz eines unendlichen Raumes annehmen. Dass der Raum dem ueren, -die Zeit dagegen dem inneren Sinne entspreche, ndert daran nichts, -denn aus dem Sinnlichen kommen wir doch nicht heraus. Wie der Raum -zum Krper, so verhlt sich die Zeit zur Bewegung des Krpers. Beide -sind nur Verhltnisse der Dinge, in und mit den Dingen der Welt -erschaffen, oder vielmehr nur Beziehungen unserer Vorstellungen, -die Gott in uns schafft. - -Wichtiger noch ist es, was Gazali ber die Urschlichkeit -beibringt. Die Philosophen unterscheiden ein Wirken Gottes, -der wollenden Geistwesen, der Seele, der Natur, des Zufalles -oder dergleichen. Fr Gazali aber gibt es, wie fr den orthodoxen -Kalam, berhaupt nur eine Kausalitt, die des wollenden Wesens. Die -Naturkausalitt beseitigt er ganz, sie lst sich ohne Rest in ein -Zeitverhltnis auf. Auf eine bestimmte Erscheinung (Ursache) sehen wir -regelmig eine bestimmte andere (Wirkung) folgen; wie sie aber daraus -erfolgt, bleibt uns ein Rtsel. Von dem Wirken der Naturdinge wissen -wir nichts. Auch ist jede Vernderung an sich unbegreiflich. Wie etwas -ein anderes wird, ist dem Denken unfasslich, dieses kann ebensogut -nach Thatsachen wie nach Ursachen fragen. Etwas ist oder ist nicht, -aber ein Seiendes in ein Anderes zu verwandeln, dazu ist nicht einmal -die gttliche Allmacht im Stande. Sie schafft oder vernichtet. - -Dennoch ist es eine Thatsache unseres Bewusstseins, dass wir etwas -wirken. Wenn wir etwas wollen und die Kraft zur Ausfhrung besitzen, -nehmen wir den Erfolg als unsere That in Anspruch. Aus freiem Willen, -mit bewusster Kraft handeln, das ist die einzige Kausalitt, davon -wir wissen, und hieraus schlieen wir auf das gttliche Wesen. Mit -welchem Rechte? In seiner persnlichen Erfahrung des Gottesbildes in -seiner Seele glaubt Gazali die Berechtigung zu solchem Schlusse zu -finden. Aber die Gotthnlichkeit seiner Seele will er nicht auf die -Natur bertragen. - -Gott ist ihm demnach, sofern er aus der Welt zu erkennen, das -allmchtige, freiwollende und wirkende Wesen. Seiner Wirksamkeit darf -man keine rumliche Schranke setzen, wie die Philosophen thun, wenn -sie ihn nur auf sein erstes Geschpf wirken lassen. Andererseits aber -kann er sein Werk rumlich und zeitlich beschrnken, sodass diese -endliche Welt auch nur eine endliche Dauer besitzt. Dass Gott die -Welt aus dem Nichts hervorrufe durch eine absolute Schpfungsthat, -scheint den Philosophen absurd. Sie erkennen nur einen Wechsel -der Accidenzen oder Formen an der Einen Materie, ein Wandern des -Wirklichen von Mglichkeit zu Mglichkeit. Aber entsteht denn nie -etwas Neues? Ist nicht jede sinnliche Wahrnehmung, so fragt Gazali, -und jede geistige Perzeption etwas ganz Neues, das entweder ist oder -nicht ist, bei dessen Entstehen aber nicht das Gegenteil aufhrt, -bei dessen Verschwinden nicht das Entgegengesetzte eintritt? Sind -auch nicht die vielen individuellen Seelen, die es nach Ibn Sinas -System geben soll, absolut neu entstanden? - -Mit Fragen wird man nicht fertig. Die Vorstellung schweift berall -in die Weite, das Denken fhrt uns ins Unendliche. Wie Raum und Zeit, -lsst sich auch die Reihe der Ursachen nirgendwo abschliessen. Damit -es aber ein bestimmtes, abgeschlossenes Sein gebe, -- diese Forderung -stellt Gazali mit den Philosophen -- brauchen wir einen ewigen Willen -als erste von allem Anderen verschiedene Ursache. - -Dies drfen wir jedenfalls dem Gazali zugestehen: die phantastische -Formen- und Seelenlehre des Ibn Sina hlt seiner Kritik nicht Stand. - -5. Wir haben uns schon dem Gottesbegriffe genhert. Den Philosophen -ist Gott das hchste Sein, dessen Wesen das Denken. Was er erkennt, -wird, geht aus seinem berflusse hervor, positiv gewollt aber hat er es -nicht. Denn alles Wollen setzt einen Mangel, ein Bedrfnis, voraus und -bedingt eine Vernderung in dem wollenden Wesen. Wollen ist Bewegung -in der Materie, vollwirklicher Geist will nichts. Gott schaut also in -wunschloser Betrachtung seiner Schpfung zu. Er erkennt sich selbst -oder auch sein erstes Geschpf oder, nach Ibn Sina, das Allgemeine, -die ewigen Gattungen und Arten aller Dinge. - -Nach Gazali aber soll Gott ewig ein Wille zukommen als eins seiner -ewigen Attribute. Herkmmlicherweise lsst er zwar in metaphysischen -und ethischen Betrachtungen das Erkennen dem Wollen vorangehen. Aber -seiner berzeugung nach ist im Wissen die Einheit des Wesens nicht mehr -als im Wollen. Nicht nur die Vielheit der Gegenstnde des Wissens und -ihre verschiedene Beziehung auf das wissende Subjekt, sondern auch das -Selbstbewusstsein, das Wissen um das Wissen, geht an sich betrachtet -ins Unendliche. Es muss da ein Willensakt den Abschluss bewirken. In -der Richtung der Aufmerksamkeit und in der Selbstbesinnung wirkt ein -ursprngliches Wollen. Und so kommt auch das gttliche Wissen nur zu -einem einheitlichen Abschluss, in seiner Persnlichkeit, durch einen -ursprnglichen, ewigen Willen. Statt der Behauptung der Philosophen, -Gott wolle die Welt, weil er sie als das Beste denke, setzt Gazali: -Gott erkennt die Welt, weil und indem er sie will. - -Sollte denn Er, der alles will und schafft, sein Werk nicht erkennen -bis zum kleinsten Stoffteile? Wie sein ewiger Wille aller Einzeldinge -Ursache, so umfasst sein ewiges Wissen alles Besondere zugleich, -ohne dass die Einheit seines Wesens dadurch aufgehoben wird. Es gibt -folglich eine Vorsehung. - -Auf die Einwendung, dass die gttliche Vorsehung alles besondere -Geschehen notwendig mache, entgegnet Gazali, hnlich wie der -hl. Augustin, das Vorherwissen unterscheide sich nicht vom Wissen im -Gedchtnis, d. h. Gottes Wissen sei ber jeden Zeitunterschied erhaben. - -Es lsst sich fragen, ob nicht Gazali, um den ewigen, allmchtigen -Schpferwillen zu retten, sowohl den zeitlichen Charakter der Welt, -den er beweisen mchte, als die Freiheit des menschlichen Handelns, von -der er dabei ausgeht, und die er auch nicht ganz aufgeben wollte, jener -absoluten Macht zum Opfer dargebracht habe. Gott zu liebe verschwindet -diese Welt der Schatten und der Abbilder, wie er sie nennt. - -6. Die dritte Frage, ber die Gazali sich mit den Philosophen -auseinandersetzt, hat weniger philosophisches Interesse. Sie betrifft -die Auferstehung des Fleisches. Nach den Philosophen ist nur die Seele -unsterblich, sei es individuell oder als Teil der Weltseele; dagegen -der Krper vergnglich. Gegen diesen Dualismus, der theoretisch -zu einer asketischen Ethik fhrte, praktisch aber sehr leicht in -Libertinismus sich umsetzte, emprt sich das religis-sittliche Gefhl -Gazalis. Soll das Fleisch Pflichten haben, so muss es wieder in seine -Rechte eingesetzt werden. Die Mglichkeit der Auferstehung ist ja nicht -zu leugnen, denn die Wiedervereinigung der Seele mit ihrem (neuen) -Krper ist nicht wunderbarer als die erste Verbindung derselben mit -dem irdischen Leibe, die auch von Philosophen angenommen wird. Kann -doch jede Seele zur Zeit der Auferstehung einen neuen, ihr passenden -Leib bekommen. Jedenfalls aber ist die Seele das eigentliche Wesen des -Menschen; aus welcher Materie ihr himmlischer Krper gebildet wird, -ist gleichgiltig. - -7. Schon aus diesen letzten Stzen erhellt, dass Gazalis Theologie -von philosophischer Spekulation nicht unberhrt geblieben ist. Wie -die abendlndischen Kirchenvter hat er, bewusst oder unbewusst, -viel Philosophisches aufgenommen. Von den Muslimen des Westens wurde -deshalb seine Theologie lange Zeit als Neuerung verketzert. Wirklich -weist seine Lehre von Gott, von der Welt und der menschlichen Seele -viele Elemente auf, die dem ltesten Islam fremd sind, und, teils durch -christliche und jdische, teils durch sptere muslimische Vermittelung, -auf heidnische Weisheit zurckgehen. - -Allah, der Welten Herr, Mohammeds Gott, ist zwar fr Gazali eine -lebendige Persnlichkeit, aber doch weit weniger anthropomorph als -er dem naiven Glauben und im antimutazilitischen Dogma erschien. Der -sicherste Weg, ihn zu erkennen, soll es sein, alle Eigenschaften -der Geschpfe ihm abzusprechen. Das heit aber nicht, dass er keine -Eigenschaften besitze. Im Gegenteil. Die Vielheit der Bestimmungen -schadet nicht der Einheit des Wesens. Schon das Krperliche bietet -dafr Analogien. Ein Ding kann zwar nicht zugleich schwarz und -wei, wohl aber kalt und trocken sein. Nur soll man, wenn man -Gott menschliche Attribute beilegt, diese in anderem, hherem Sinne -verstehen. Denn er ist reiner Geist. Auer Allwissenheit und Allmacht -kommen ihm aber auch reine Gte und Allgegenwart zu. Durch diese -Allgegenwart werden Diesseits und Jenseits einander etwas nher -gerckt als in der gewhnlichen Vorstellung. - -Gott ist vergeistigt. Nun werden aber auch Auferstehung und -zuknftiges Leben viel geistiger gefasst als dieses Leben. Die -philosophisch-gnostische Lehre von drei oder vier Welten ermglicht -solche Auffassung. Stufenmig erheben sich ber einander die irdische -sinnliche Menschenwelt, die Welt himmlischer Geister, zu der unsere -Seele gehrt, die Welt berhimmlischer Engel, endlich Gott selbst als -die Welt reinsten Lichtes, vollkommensten Geistes. Aus der niederen -Welt steigt die fromme erleuchtete Seele durch die Himmel hinauf -bis vor Gottes Angesicht. Denn sie ist geistiger Natur und ihr -Auferstehungskrper himmlischen Wesens. - -Entsprechend den verschiedenen Welten und den Seelenstufen -unterscheiden sich auch die Menschen von einander. Der sinnliche Mensch -muss sich begngen mit Koran und Tradition, ber den Buchstaben darf er -nicht hinausgehen. Die Pflichtenlehre ist sein Lebensbrot, Philosophie -wre fr ihn tdliches Gift. Derjenige, der nicht schwimmen kann, -darf sich nicht ins Meer wagen. - -Dennoch gibt es immer Leute, die, um schwimmen zu lernen, ins Wasser -gehen. Sie wollen ihren Glauben zum Wissen erheben und fallen dabei -leicht in Zweifel und Unglauben. Fr sie, meint Gazali, knnen Dogmatik -und Polemik gegen die Philosophie ein ntzliches Heilmittel sein. - -Auf der hchsten Stufe menschlicher Vollkommenheit stehen aber -diejenigen, welche ohne schweres Nachdenken durch innere gttliche -Erleuchtung die Wahrheit und Wirklichkeit der geistigen Welt in sich -erfahren. Es sind dies die Propheten und frommen Mystiker, zu denen -Gazali sich zhlen darf. In allem sehen sie Gott, ihn, ja ihn allein, -in der Natur wie im Leben ihrer Seele. Vorzglich aber in der Seele, -die zwar nicht gottgleich, aber doch gotthnlich ist. Wie alles uere -jetzt sich ndert! Was scheinbar auer uns besteht, wird zu einem -Zustande oder einer Eigenschaft der Seele, die im Bewusstsein ihrer -Vereinigung mit Gott zur hchsten Seligkeit fortschreitet. Alles einigt -sich da in Liebe. Der wahre Gottesdienst geht ber Furcht vor Strafe -und Hoffnung auf Belohnung hinaus zur Liebe Gottes im Geiste. ber -Dulden und Danken -- die Pflicht der noch nicht vollendeten frommen -Wanderer auf Erden -- erhebt sich der vollkommene Gottesdiener, -schon in dieser Welt Gott freudig zu lieben und zu loben. - -8. Es ergeben sich uns aus dem Vorigen drei Stufen des Glaubens -oder der Gewissheit. Erstens der Autorittsglaube der Menge: sie -glaubt, was ihr ein glaubwrdiger Mann erzhlt, z. B. dass N. N. da -im Hause sei. Zweitens das abgeleitete Wissen der Gelehrten: sie -haben den N. N. reden hren und schlieen, dass er sich im Hause -befinde. Drittens aber die unmittelbare Gewissheit der Erkennenden: -diese sind ins Haus gegangen und haben mit eigenen Augen den -N. N. gesehen. - -Auf Erfahrung legt Gazali berall Gewicht, den Dialektikern und -Philosophen gegenber. Mit ihren allgemeinen Begriffen werden -sie zunchst der Mannigfaltigkeit dieser sinnlichen Welt nicht -gerecht. Die sinnlichen Qualitten der Dinge, auch die Zahl der -Gestirne z. B. erkennen wir nur durch Erfahrung, nicht aus reinen -Begriffen. Viel weniger aber noch erschpfen diese die Hhen und -Tiefen unseres Inneren. Dem diskursiven Verstande der Gelehrten bleibt -ewig verborgen, was der Gottesfreund intuitiv erkennt. Sehr wenige -ersteigen diese Hhe der Erkenntnis, wo sie mit den Gottesgesandten -und Propheten aller Zeiten zusammentreffen. Ihnen zu folgen ist daher -die Pflicht der niedriger stehenden Geister. - -Wie erkennt man nun aber den berlegenen Geist, dessen man zum Fhrer -bedarf? Das ist eine Frage, an der jedes religis-bestimmte System, -das menschlicher Vermittler nicht entbehren kann, rein verstandesmig -betrachtet, scheitern muss. Auch Gazalis Antwort ist schwankend. Soviel -ist ihm gewiss, dass Verstandesgrnde allein hier nicht den Ausschlag -geben knnen. Den wirklich von Gott erleuchteten Propheten und Lehrer -erkennt man durch Versenkung in seine einzigartige Persnlichkeit, -durch die Erfahrung innerer Verwandtschaft. Die Wahrheit der Prophetie -bewhrt sich in ihrem sittlichen Einfluss auf die Seele. Von der -Wahrhaftigkeit des Gotteswortes im Koran bekommen wir eine moralische, -keine theoretische Gewissheit. Das einzelne Wunder ist nicht im -Stande zu berzeugen, sondern die Offenbarung als Ganzes sowie die -Persnlichkeit des Propheten, durch den die Offenbarung vermittelt, -machen auf die verwandte Seele einen unwiderstehlichen Eindruck. Von -diesem Eindrucke ganz hingerissen, entsagt sie der Welt, um die Pfade -Gottes zu wandern. - -9. Gazali ist ohne Zweifel die merkwrdigste Gestalt des Islam. Seine -Lehre ist ein Ausdruck seiner Persnlichkeit. Auf das Verstndnis -dieser Welt hat er verzichtet. Aber das religise Problem hat er -viel tiefer erfasst als die Philosophen seiner Zeit. Diese waren, -wie ihre griechischen Vorgnger, intellektualistisch, sahen folglich -die Lehren der Religion an nur als Produkte der Vorstellung, der -Phantasie oder auch der Willkr des Gesetzgebers. Ihnen zufolge war -Religion entweder blinder Gehorsam oder eine Art Erkenntnis, eine -Wahrheit niederer Ordnung enthaltend. - -Dagegen stellt Gazali Religion als Erfahrung seines Inneren hin. Mehr -als Gesetz und mehr als Lehre ist sie ihm, sie ist Seelenerlebnis. - -Nicht jeder erlebt das so wie Gazali. Wer ihm aber bei seinem -mystischen Fluge, ber die Bedingungen mglicher Erfahrung hinaus, -nicht folgen kann, wird doch eingestehen mssen, dass seine Irrfahrten -auf der Suche nach dem Hchsten fr die Geschichte des menschlichen -Geistes nicht weniger wichtig sind als die scheinbar sicheren Gnge -der Philosophen seiner Zeit durch ein Land, das andere vor ihnen -entdeckt haben. - - - - -2. Die Kompendienschreiber. - -1. In einer Geschichte des gelehrten Unterrichtes bei den muslimischen -Vlkern msste dieser Gegenstand einen greren Raum einnehmen; -wir werden ihn hier mit wenigen Worten abthun. - -Dass Gazali die Philosophie fr alle Folgezeit vernichtet habe, -ist eine oft wiederholte, aber ganz irrige Behauptung, die weder von -geschichtlichem Wissen noch von Verstndnis zeugt. Die Philosophie hat -im Osten nach ihm ihre Lehrer und Schler zu Hunderten und Tausenden -gezhlt. Ebensowenig wie die Pflichtenlehrer ihre spitzfindige -Kasuistik, haben die Glaubenslehrer ihre dialektischen Argumente zur -Sttze des Dogmas aufgegeben. Und die allgemeine Bildung hat einen -Bestandteil philosophischer Gelehrsamkeit in sich aufgenommen. - -Freilich, eine hervorragende Stellung hat die Philosophie -sich nicht zu erobern, ihr frheres Ansehen nicht zu erhalten -gewusst. Nach einer arabischen Anekdote soll ein Philosoph, der -in Gefangenschaft geraten war und von einem Manne, der ihn als -Sklaven kaufen wollte, befragt wurde, wozu er tauge, die Antwort -gegeben haben: Zur Freiheit. Philosophie braucht Freiheit. Und wo -gab es diese im Orient? Freiheit von materiellen Sorgen, Freiheit -zur Bethtigung uninteressierten Denkens schwanden immer mehr dahin, -wo keine aufgeklrten Despoten im Stande waren, sie zu gewhren und zu -schtzen. Als glaubens- und staatsgefhrlich wurden die Philosophen an -manchen Orten verfolgt. Es ist das nur ein Zeichen des allgemeinen -Kulturverfalles. Wenn auch abendlndische Reisende des zwlften -Jahrhunderts die Kultur des Ostens hchlich preisen, so war sie doch, -mit frheren Zeiten verglichen, im Niedergang begriffen. Auf keinem -Gebiete ging man ber das alte hinaus, dazu waren die Geister zu -schwach. Die litterarische Produktion stockte und den Vielschreibern -der folgenden Jahrhunderte gebhrt nur das Verdienst der schnen -Auswahl. Die Pflichten- und die Glaubenslehre mit der Mystik hatten -ihren Abschluss gefunden. Ebenso die Philosophie. Nach Ibn Sina, ihrem -Frsten, mit selbstndigen Ansichten hervorzutreten, fhlte keiner -sich berufen. Es war die Zeit gekommen der Kompendien, der Kommentare, -der Glossen und Superglossen. Damit vertrieb die gelehrte Welt sich -in der Schule die Zeit, whrend die glubige Menge sich immer mehr -der Fhrung der Derwischorden unterstellte. - -2. Die allgemeine Bildung entnahm am meisten der philosophischen -Propdeutik, etwas Mathematik u. s. w., in der Regel natrlich -hchst elementar. Von Sektierern und Mystikern wurde vieles der -pythagoreisch-platonischen Weisheit entlehnt. Besonders den Heiligen- -und Wunderglauben zu sttzen, mussten jene Lehren herhalten. Eine -wste, synkretistische Theosophie schmckte sich damit. Sie nahm -auch den Aristoteles, natrlich den unechten, unter ihre Lehrer auf, -machte ihn aber zum Schler des Agathodaemon und Hermes. - -Die nchternen Geister dagegen hielten sich an dem Aristotelismus, -soweit er sich mit ihren eigenen Ansichten oder dem orthodoxen Glauben -vertrug. Fast allgemein folgte man dem System des Ibn Sina, nur wenige -gingen auf Farabi zurck oder suchten beide zu vereinigen. Von den -physischen und metaphysischen Lehren nahm man weniger Notiz; Ethik -und Politik wurden schon mehr gepflegt; allgemein studiert aber nur -die Logik. Diese lie sich trefflich in schulmige Form bringen, als -reine Formallogik war sie ein Werkzeug, dessen sich jeder bedienen -konnte. Mit den Mitteln der Logik lie sich ja alles beweisen. Und -wenn einmal ein Beweis als fehlerhaft erkannt wurde, so trstete man -sich damit, dass die Behauptung doch richtig sein knnte, wenn auch -der Beweis dafr nicht richtig gefhrt worden war. - -Schon in der Encyklopdie des Abu Abdallah al-Chwarizmi aus dem -letzten Viertel des zehnten Jahrhunderts war der Logik ein grerer -Raum zugemessen als der Physik und Metaphysik. Ebenso machten es -viele sptere Encyklopdien und Sammelwerke. Auch die Dogmatiker -fingen ihr System an mit logischen und erkenntnistheoretischen -Betrachtungen, in denen dem "Wissen" ein traditionelles Lob gespendet -wurde. Und seit dem zwlften Jahrhundert entstand eine ganze Menge -Einzelbearbeitungen des aristotelischen Organons. Als vielgebraucht, -kommentiert u. s. w. seien hier nur genannt die Werke des Abhari -(gest. 1264), der unter dem Titel Isagudschi (eisagg) eine kurze -bersicht der ganzen Logik gab, und des Qazwini (gest. 1276). - -An der grten Universitt der muslimischen Welt, in Kairo, -werden heutzutage noch die Kompendien des 13. und 14. Jahrhunderts -gebraucht. Dort heit es noch, wie lange Zeit bei uns: Zuerst -Collegium logicum! Selbstverstndlich mit keinem besseren Erfolge. Man -lsst sich, innerhalb der Schranken des Gesetzes, die von den alten -Philosophen aufgefundenen Regeln des Denkens gefallen, lchelt aber -dabei ber jene Mnner und ber die mutazilitischen Dialektiker, die -"an die Vernunft geglaubt". - - - - - - - - -VI. DIE PHILOSOPHIE IM WESTEN. - - -1. Die Anfnge. - -1. Zum muslimischen Occidente rechnet man das westliche Nordafrika, -Spanien und Sizilien. Nordafrika hat zunchst untergeordnete -Bedeutung. Sizilien richtet sich nach Spanien und wird bald von den -Nordmannen Unteritaliens unterworfen. Fr unseren Zweck kommt zunchst -das muslimische Spanien oder Andalusien in Betracht. - -Das Kulturschauspiel des Orients erlebt hier eine zweite -Auffhrung. Wie dort Araber mit Persern, so vermhlen sich hier -Araber mit Spaniern. Und statt der Trken und Mongolen gibt es hier -die Berbern Nordafrikas, deren rohe Kraft immer mehr zerstrend in -das Spiel feinerer Bildung eingreift. - -Nach dem Sturze der Omajjaden in Syrien (750) hat sich einer aus ihrem -Hause, Abderrachman ibn Moawia, nach Spanien begeben, wo er sich zum -Emir von Kordova und ganz Andalusien emporzuarbeiten wusste. ber -250 Jahre dauerte diese Omajjadenherrschaft und erreichte, nach -vorbergehender Kleinstaaterei, unter Abderrachman III. (912-961), -dem ersten, der sich Chalif nennen lie, und dessen Sohn al-Hakam -II. (961-976) ihren Glanzpunkt. Das zehnte Jahrhundert war fr Spanien, -was das neunte fr den Orient: die Zeit hchster materieller und -geistiger Kultur. Wenn mglich war sie hier frischer, naturwchsiger -als dort. Produktiver, wenn es wahr ist, dass alles Theoretisieren -entweder einen Mangel oder eine Stockung der Produktionskraft -bedeutet. Die Wissenschaften, und besonders die Philosophie, fanden -hier nmlich weit weniger Vertreter. berhaupt waren die Verhltnisse -geistigen Lebens einfacher gestaltet. Die Zahl alter Kulturschichten -war geringer. Wohl hatte man hier auer Muslimen Juden und Christen, -die sich zu Abderrachmans III. Zeit gemeinschaftlich am Kulturleben -arabischen Stempels beteiligten. Aber Anhnger des Zoroaster, -Atheisten u. s. w. gab es nicht. Auch waren die Parteiungen des -stlichen Islam fast unbekannt. Nur eine Rechtschule, die des Malik, -fand Eingang. Mutazilitische Dialektik strte nicht den Frieden des -Glaubens. Zwar verherrlichten die andalusischen Dichter die Dreiheit: -Wein, Weib und Gesang, aber frivole Freigeisterei einerseits, dstere -Weltflucht und Theosophie andererseits kamen nur selten zum Ausdruck. - -Im ganzen war die geistige Kultur vom Orient abhngig. Seit dem -zehnten Jahrhundert wurden aus Spanien viele wissenschaftliche Reisen -dorthin, ber gypten bis zum stlichen Persien, unternommen, um den -Vorlesungen berhmter Gelehrten beizuwohnen. Und das Bedrfnis nach -Bildung in Andalusien lockte auch manch orientalischen Gelehrten, -der in seiner Heimat keine Beschftigung fand, herbei. Dazu lie -al-Hakam II. berall im Osten Bcher abschreiben fr seine Bibliothek, -deren Bndezahl auf 400000 angegeben wird. - -Hauptschlich interessierte der Westen sich fr Mathematik und -Naturwissenschaft, Astrologie und Medizin, ebenso wie anfangs der -Osten. Poesie, Geschichte und Geographie wurden eifrig gepflegt. Der -Geist war noch von des Gedankens Blsse nicht angekrnkelt. Als -Abdallah ibn Masarra von Kordova, unter Abderrachman III., mit -Naturphilosophie nach Hause kam, musste er seine Schriften verbrennen -sehen. - -2. Im Jahre 1013 wurde Kordova, "die Zierde der Welt", von den -Berbern verwstet und das Omajjadenreich zerfiel in eine Anzahl -kleiner Staaten. Ihre Nachblte fllt das elfte Jahrhundert, die -mediceische Zeit Spaniens, aus. An den stdtischen Hfen gedeihen -noch Kunst und Poesie, ppig wuchernd auf den Trmmern alter -Herrlichkeit. Die Kunst verfeinert sich, die Poesie wird weise, subtil -der wissenschaftliche Gedanke. Aus dem Orient zieht man immerfort -geistige Nahrung. Naturphilosophie, die Schriften der treuen Brder, -die Logik aus der Schule des Abu Sulaiman al-Sidschistani halten nach -einander ihren Einzug. Gegen Ende des Jahrhunderts sprt man auch -den Einfluss der Schriften Farabis und wird Ibn Sinas Medizin bekannt. - -Die Anfnge philosophischen Nachdenkens finden wir zumeist bei den -zahlreichen gebildeten Juden. Mchtig und ganz eigenartig wirkt -die Naturphilosophie des Ostens auf Ibn Gebirol, den Avencebrol -christlicher Schriftsteller. Bachja ibn Pakuda wird von den treuen -Brdern beeinflusst. Sogar die religise Poesie der Juden wird von -der philosophischen Bewegung ergriffen. Es spricht darin die Seele, -die sich zum Geiste erhebt, nicht die jdische Gemeinde, die ihren -Gott sucht. - -Unter den Muslimen blieb die Zahl derjenigen, die sich eingehend mit -Philosophie beschftigten, sehr beschrnkt. Kein Meister sammelte -eine zahlreiche Jngerschaar um sich, gelehrte Sitzungen, in denen -ber philosophische Gegenstnde disputiert wurde, fanden kaum -statt. So musste sich hier der einzelne Denker wohl ganz vereinsamt -fhlen. Subjektiv wie im Orient, bildete sich auch im Westen die -Philosophie aus. Aber sie war hier mehr nur die Sache vereinzelter -Individuen und stand dazu dem Glauben der Menge ferner. Im Orient gab -es zahllose Vermittelungen zwischen Glauben und Wissen, zwischen den -Philosophen und der glubigen Gemeinde. Das Problem des denkenden -Individuums gegenber der staatlichen Gesellschaft und dem Glauben -beschrnkter fanatischer Massen wurde daher im Westen schrfer gefasst. - - - - -2. Ibn Baddscha. - -1. Gegen Ende des elften Jahrhunderts, als Abu Bekr Mohammed -ibn Jachja ibn al-Saig ibn Baddscha in Saragossa geboren wurde, -war das schne Andalusien nahe daran, in seiner Kleinstaaterei -unterzugehen. Von Norden her wurde es von den weniger gebildeten, -aber krftigen und tapferen Christenrittern bedroht. Da griff aber -rettend die berberische Dynastie der Almoraviden ein, die nicht nur -fester im Glauben, sondern auch klger in der Politik war als die -ppigen Herrschergeschlechter Spaniens. Jetzt schien die Zeit feiner -Bildung und freien Forschens fr immer dahin. Nur Traditionarier der -strengsten Observanz durften ffentlich auftreten. Und die Philosophen, -wenn sie sich nicht verborgen hielten, wurden verfolgt oder gettet. - -2. Aber barbarische Herren haben ihre Grillen, indem sie die -Bildung der von ihnen Unterworfenen, wenigstens uerlich, sich -anzueignen lieben. Also nahm sich Abu Bekr ibn Ibrahim, Schwager des -Almoravidenfrsten Ali, der einige Zeit Gouverneur Saragossas war, -zum groen rgernis seiner Faqihs und Soldaten, den Ibn Baddscha -zum Vertrauten und ersten Minister. Dieser Mann nun war in den -mathematischen Wissenschaften, besonders in der Astronomie und Musik, -dazu in der Medizin, theoretisch und praktisch bewandert und gab sich -mit logischen, naturphilosophischen und metaphysischen Spekulationen -ab. Er war nach der Ansicht der Fanatiker ein ganz verrckter Atheist -und unsittlicher Mensch. - -Von dem ueren Leben Ibn Baddschas wissen wir ferner nur, dass er im -Jahre 1118 nach dem Falle Saragossas zu Sevilla war, wo er mehrere -seiner Schriften verfasste, darauf in Granada, und dass er sich -nach Fez an den Almoravidenhof begab, wo er im Jahre 1138 starb. Der -berlieferung nach fand er, auf Veranlassung eines neidischen Arztes, -den Gifttod. Glcklich war, nach seinem Selbstbekenntnis, sein kurzes -Leben nicht gewesen. Oft hatte er sich, als letzte Zuflucht, den -Tod herbeigesehnt. Materielle Not, vor allem geistige Vereinsamung -mgen ihn gedrckt haben. Dass er zu seiner Zeit, in seiner Umgebung, -sich nicht heimisch fhlen konnte, zeigen zur Genge die erhaltenen -Schriften. - -3. Er schliet sich fast ganz an Farabi, den einsamen, stillen Mann des -Orients an. Wie dieser hat er wenig systematisiert. Die Zahl seiner -selbstndigen Abhandlungen ist nicht gro. Aus kurzen Erluterungen -zu den aristotelischen und anderen philosophischen Schriften besteht -das meiste. Seine Bemerkungen sind abgerissen, bald fngt er hier, -bald dort von neuem an. Mit immer neuen Anstzen sucht er sich dem -griechischen Gedanken zu nhern, von den verschiedensten Seiten in -die alte Wissenschaft einzudringen. Die Philosophie wird er nicht los, -und er wird nicht fertig mit ihr. Auf den ersten Blick macht das einen -verwirrenden Eindruck. Im dunklen Drange aber ist der Philosoph sich -seiner Wege bewusst. Auf der Suche nach Wahrheit und Recht findet er -ein anderes, Einheit und Freude seines Lebens. Gazali hat es sich, -seiner Meinung nach, gar zu leicht gemacht, als er glaubte, nur -im Vollbesitz der durch gttliche Erleuchtung erfassten Wahrheit -glcklich sein zu knnen. Der Wahrheit zu liebe, die sich in den -sinnlichen Bildern religiser Mystik mehr verhllt als aufdeckt, -soll der Philosoph stark genug sein, jenem Glcke zu entsagen. Nur -vom reinen Denken, das keine Sinnenlust trbt, wird die hchste -Gottheit geschaut. - -4. In seinen logischen Schriften hat Ibn Baddscha sich kaum von Farabi -entfernt. Auch seine physischen und metaphysischen Lehren stimmen im -allgemeinen zu den Ansichten des Meisters. Nur die Art und Weise, -in der er die Entwicklungsgeschichte des menschlichen Geistes und -die Stellung des Menschen in Wissenschaft und Leben darlegt, darf -einiges Interesse beanspruchen. - -Zwei Arten des Seienden gibt es ihm zufolge: ein bewegtes und ein -unbewegtes. Das Bewegte ist krperlich, begrenzt, aber seine ewige -Bewegung lsst sich aus dem endlichen Krper nicht erklren. Es -bedarf, im Gegenteil, zur Erklrung dieser unendlichen Bewegung einer -unendlichen Kraft oder eines ewigen Wesens, des Geistes. Indem nun das -Krperliche oder Natrliche von auen bewegt wird und der Geist, selbst -unbewegt, dem Krperlichen Bewegung verleiht, steht das Seelische als -das sich selbst Bewegende in der Mitte. Das Verhltnis nun zwischen -dem Natrlichen und dem Seelischen macht dem Ibn Baddscha ebensowenig -Mhe wie seinen Vorgngern. Das Hauptproblem aber ist dieses: Wie -verhalten sich Seele und Geist zu einander, namentlich im Menschen? - -5. Ibn Baddscha geht von der Voraussetzung aus, dass der Stoff nicht -ohne irgend eine Form sein kann, wohl aber die Form rein fr sich -ohne Stoff. Sonst nmlich liee sich berhaupt keine Vernderung -denken, denn dieselbe ist nur mglich durch das Kommen und Gehen der -substantiellen Formen. - -Diese Formen nun, vom Hylischen bis zum rein Geistigen, bilden eine -Reihe, der die Entwicklung des menschlichen Geistes entspricht, -sofern nmlich er das Vernunftideal verwirklicht. [16] Des -Menschen Aufgabe ist es, smtliche geistigen Formen zu erfassen, -zunchst die intelligibelen Formen alles Krperlichen, dann die -sinnlich-geistigen Vorstellungen der Seele, darauf den Menschengeist -selbst und den thtigen Geist ber ihn, endlich die reinen Geister -der Himmelsphren. Durch successive Erhebung aus dem Individuellen, -Sinnlichen, dessen Vorstellung den Stoff des Geistes bildet, gelangt -der Mensch zum bermenschlichen und Gttlichen. Dazu fhrt ihn -nun die Philosophie oder die Erkenntnis des Allgemeinen, die durch -Studium und Nachdenken aus der Erkenntnis des Individuellen, aber -mit Hilfe des erleuchtenden Geistes von oben hervorgeht. Gegenber -dieser Erkenntnis des Allgemeinen oder Unendlichen, in dem Sein -und Gedachtwerden zusammenfallen, erweist sich alles Wahrnehmen und -Vorstellen als trglich. In der Vernunfterkenntnis also und nicht in -mystisch-religisen Trumereien, denen immer Sinnliches anhaftet, -erreicht der menschliche Geist seine Vollkommenheit. Denken -ist die hchste Seligkeit, denn alles Intelligibele ist seiner -selbst Zweck. Da es aber das Allgemeine ist, so lsst sich ein -Fortbestehen individueller Menschengeister ber dieses Leben -hinaus nicht annehmen. Es mge die Seele, die im sinnlich-geistigen -Vorstellungsleben das Individuelle erfasst und in einzelnen Begierden -und Handlungen sich kund gibt, nach dem Tode weiter bestehen knnen und -Strafe oder Belohnung erhalten, der Geist aber oder der vernnftige -Teil der Seele ist in allen eins. Ewig ist nur der Geist der ganzen -Menschheit in seiner Vereinigung mit dem thtigen Geiste ber -ihm. Diese Lehre, unter dem Namen des Averroes in das christliche -Mittelalter eingedrungen, findet sich also schon bei Ibn Baddscha, -wenn nicht ganz scharf gefasst, doch klarer als bei Farabi. - -6. Nicht jeder Mensch erhebt sich zu solcher Hhe der Betrachtung. Die -meisten tasten immer im Dunkeln herum, nur Schattenrisse der Dinge -sehen sie und wie Schatten werden sie vergehen. Einige sehen das -Licht zwar und die farbige Welt der Dinge, aber ganz wenige erkennen -das Wesen dessen, was sie gesehen. Nur die letzteren, die Seligen, -erreichen das ewige Leben, in dem sie selbst zu Licht werden. - -Wie gert nun aber der Einzelne zu dieser Stufe des Erkennens und -seligen Seins? Durch vernnftiges Handeln und freie Ausbildung -seiner intellektuellen Krfte. Vernnftiges Handeln ist freies -d. h. zweckbewusstes Handeln. Wenn einer z. B. einen Stein zerschlgt, -weil er sich daran gestoen, so handelt er zwecklos wie ein Tier oder -ein Kind; thut er es aber, damit sich andere nicht daran stoen werden, -so ist seine That menschlich, vernnftig zu nennen. - -Um menschlich leben, vernnftig handeln zu knnen, muss unter Umstnden -der Einzelne sich aus der Gesellschaft zurckziehen. Ibn Baddschas -Ethik heit "die Leitung des Einsamen". Zur Selbsterziehung fordert -sie auf. In der Regel aber kann man sich der Vorteile menschlichen -Zusammenlebens bedienen, ohne die Nachteile mit in den Kauf zu -nehmen. Zu kleineren oder greren Verbnden knnen die Weisen -sich zusammenschlieen, ja das ist sogar ihre Pflicht, wenn sie -sich treffen. Sie bilden dann einen Staat im Staate. Naturgem -versuchen sie zu leben, sodass unter ihnen weder Arzt noch Richter -ntig ist. Wie Pflanzen in freier Luft wachsen sie auf und brauchen -die Kunst der Grtner nicht. Von den niederen Genssen und Gesinnungen -der Menge halten sie sich fern. Sie sind Fremdlinge in dem weltlichen -Treiben der Gesellschaft. Und da sie Freunde unter einander sind, -wird dieses Leben ganz von der Liebe bestimmt. Und als Freunde Gottes, -der die Wahrheit ist, finden sie ihre Ruhe in der Vereinigung mit -dem bermenschlichen Geiste der Erkenntnis. - - - - -3. Ibn Tofail. - -1. Die Herrschaft ber den westlichen Islam verblieb den Berbern, aber -an die Stelle der Almoraviden traten alsbald die Almohaden. Der Grnder -der neuen Dynastie, Mohammed ibn Tumart, war seit 1121 als Mahdi -aufgetreten. Unter seinen Nachfolgern Abu Jaaqub Jusuf (1163-1184) -und Abu Jusuf Jaaqub (1184-1198) erreichte ihre Herrschaft, deren -Sitz Marokko, den Hhepunkt. - -Eine gewaltige Neuerung in der Theologie fhrten die Almohaden herbei: -das bis jetzt verketzerte System der Aschari und Gazali wurde im Westen -aufgenommen. Das bedeutete eine Vergeistigung der Glaubenslehre, -die weder Altglubige noch Freidenker ganz befriedigen konnte, aber -doch manchen zu weiterem Philosophieren angeregt haben mag. Bisher -hatte man sich gegen alles Rsonnieren in Glaubenssachen ablehnend -verhalten, und auch spter noch waren viele Politiker und Philosophen -der Ansicht, an dem Glauben der Menge solle man nicht rtteln, noch -ihn zum Wissen erheben, sondern die Gebiete der Religion und der -Philosophie reinlich scheiden. - -Die Almohaden waren theologisch interessiert, doch zeigten Abu -Jaaqub und dessen Nachfolger, soweit die politischen Verhltnisse -es erlaubten, ein derartiges Verstndnis fr weltliches Wissen, dass -eine kurze Blte der Philosophie an ihrem Hofe hervorbrechen konnte. - -2. Nachdem er in Granada eine Sekretrstelle bekleidet hatte, finden -wir den Abu Bekr Mohammed ibn Abdalmalik ibn Tofail al-Qaisi als -Wezir und Leibarzt des Abu Jaaqub. In der kleinen andalusischen Stadt -Guadix war er geboren und in der Residenz Marokko starb er im Jahre -1185. Dazwischen liegt sein, wie es scheint, wenig wechselreiches -Leben. Er liebte die Bcher mehr als die Menschen und in der groen -Bibliothek seines Herrn las er sich vieles zusammen, das er fr -seine Kunst brauchte oder das seiner Wissbegierde zusagte. Er war der -Dilettant unter den Philosophen des Westens, mehr zu beschaulichem -Genieen als zu wissenschaftlicher Arbeit aufgelegt. Zum Schreiben kam -er selten. Seiner Behauptung, das ptolemische Weltsystem grndlich -verbessern zu knnen, braucht man wohl nicht unbedingt Glauben zu -schenken. Viele Araber haben hnliches behauptet, sie thaten es -aber nicht. - -Von Ibn Tofails poetischen Versuchen haben sich ein paar Gedichte -erhalten. Sein Hauptbestreben aber war, dem des Ibn Sina hnlich, -griechische Wissenschaft mit orientalischer Weisheit zu einer -modernen Weltansicht zu vereinigen. Wie Ibn Baddscha war ihm das ein -persnliches Anliegen. Das Verhltnis des einzelnen zu der Gesellschaft -und ihren Vorurteilen beschftigte auch seinen Geist. Aber er ging -weiter. Ibn Baddscha lie als Regel den einzelnen oder einen kleinen -Kreis selbstndiger Denker einen Staat im Staate bilden, gleichsam wie -ein Abbild des groen Ganzen oder als Vorbild fr bessere Zeiten. Ibn -Tofail dagegen griff auf das Original zurck. - -3. In seinem Werke "Hai ibn Jaqzan" stellt er den Fall rein dar. Zwei -Inseln bilden die Scenerie: auf die eine versetzt er die menschliche -Gesellschaft mit ihrer Konvention, auf die andere ein Individuum, -das sich natrlich entwickelt. Die Gesellschaft als Ganzes wird -von niederen Trieben, nur uerlich durch eine grobsinnliche -Religion etwas gebndigt, beherrscht. Aber zwei Mnner aus dieser -Gesellschaft, Salaman und Asal (Absal, vgl. IV, 4 7) genannt, -erheben sich zu vernnftiger Erkenntnis und Beherrschung ihrer -Begierden. Mit Anbequemung an die Volksreligion wei der erstere, -der praktischen Sinnes ist, das Volk zu regieren; der andere aber, -von spekulativer Anlage und mystischer Neigung, wandert aus nach -der gegenberliegenden, wie er glaubt, unbewohnten Insel, dort dem -Studium und der Askese sich zu ergeben. - -Auf jener Insel aber war unser Hai ibn Jaqzan, d. h. der -Einsame, der Sohn des Wachenden, zu einem vollkommenen Philosophen -herangebildet. Als Kind nach der Insel verschlagen oder durch spontane -Generation daselbst entstanden, war er von einer Gazelle gesugt -worden, hatte sich dann nach und nach, wie ein Robinson, aber ganz -auf eigene Mittel angewiesen, eine materielle Existenz gegrndet, -ferner durch Beobachtung und Nachdenken sich die Erkenntnis der Natur, -der Himmel, Gottes und seines Inneren erworben, bis er nach 7 7 -Jahren das Hchste erreichte, nmlich das sufische Schauen Gottes, -die Ekstase. In diesem Zustande fand ihn Asal. Nachdem sie dazu -gelangt waren, sich zu verstndigen -- Hai war anfangs noch ohne -Sprache -- stellte es sich heraus, dass die Philosophie des Einen -und die Religion des Anderen zwei Formen derselben Wahrheit waren, -nur in der ersteren etwas weniger verschleiert. Als dann aber Hai -erfuhr, dass auf der gegenberliegenden Insel ein ganzes Volk in -dunklem Irrtum verharrte, fasste er den Entschluss, dahin zu gehen, -den Leuten die Wahrheit zu enthllen. Da musste er aber die Erfahrung -machen, dass die Menge einer reinen Auffassung der Wahrheit nicht fhig -war, und dass Mohammed weise daran gethan, als er dem Volke statt des -vollen Lichtes Sinnbilder gegeben hatte. Nach diesem Ergebnis zog er -sich deshalb mit seinem Freunde Asal auf die unbewohnte Insel zurck, -Gott im Geist und Wahrheit zu dienen bis zum Tode. - -4. Ibn Tofail hat den weitaus grten Teil seines Romans dem -Entwicklungsgange Hais gewidmet. Es wird nun aber wohl nicht seine -Meinung gewesen sein, das auf sich selbst gestellte Individuum knne es -an der Hand der Natur ohne die Hilfe der Gesellschaft so weit bringen, -wie unser Hai. Er dachte doch wohl etwas mehr historisch als einige -Aufklrer des vorigen Jahrhunderts. Viele kleine Zge in seinem Werke -zeigen, dass Hai der Vertreter der auerhalb der Offenbarung stehenden -Menschheit sein soll. Was sich in ihm vollzieht, ist die Entwicklung -indischer, persischer, griechischer Weisheit. Ein paar Andeutungen in -dieser Richtung, die hier nicht weiter verfolgt werden kann, mgen -diese Ansicht wahrscheinlich machen. So ist es zunchst bedeutsam, -dass Hai auf der Insel Ceylon lebt, deren Klima die spontane Generation -ermglichen soll, wo der Sage nach Adam, der erste Mensch, erschaffen -wurde und wo der indische Knig zum Weisen kam. Hais erste religise -Bewunderung, nachdem er sich aus tierischen Anfngen durch Scham und -Neugierde emporgearbeitet, gilt dem von ihm entdeckten Feuer, was -an die persische Religion erinnert. Und seine weiteren Spekulationen -sind der griechisch-arabischen Philosophie entlehnt. - -Die Verwandtschaft mit Ibn Sinas Hai-Gestalt (s. IV, 4 7), auf die -Ibn Tofail selbst hinweist, ist klar. Nur tritt Hai hier menschlicher -auf. Ibn Sinas Figur stellt den bermenschlichen Geist dar. Der -Romanheld Ibn Tofails aber scheint die Personifikation zu sein des -natrlichen, von oben her erleuchteten Geistes der Menschheit, der -mit der richtig verstandenen Prophetenseele Mohammeds, deren Aussagen -allegorisch zu deuten sind, vortrefflich bereinstimmen soll. - -Ibn Tofail ist somit zu denselben Ergebnissen gekommen wie seine -orientalischen Vorgnger. Dem gemeinen Manne muss die Religion erhalten -bleiben, weil er nicht darber hinaus kann. Nur wenige erheben -sich zum Verstndnis der religisen Symbole. Und ganz vereinzelt -erreicht einer die freie Anschauung der hchsten Wirklichkeit. Mit -dem grten Nachdruck ist letzteres hier hervorgehoben. Auch wenn -man in Hai den Vertreter der Menschheit findet, wird man das nicht -leugnen knnen. Als die hchste Vollkommenheit des Menschen wird es -hingestellt, in einsamster Stille, von allem Sinnlichen abgewendet, -sein Selbst in den Weltgeist zu versenken. - -Freilich, dazu kommt es erst im Alter, das auerdem einen menschlichen -Freund findet. Und die Beschftigung mit dem Materiellen, mit -Knsten und Wissenschaften, bildet die natrliche Vorstufe geistiger -Vollkommenheit. Ohne Reue und Scham darf also Ibn Tofail auf sein am -Hofe verbrachtes Leben zurckschauen. - -5. Die philosophischen Ansichten, die Hai sich in seinen sieben -Lebensperioden entwickelte, sind uns schon fter begegnet. Aber -auch sein praktisches Verhalten wird von Ibn Tofail besonders -bercksichtigt. Sufische bungen, wie sie in orientalischen -Ordensgemeinschaften noch befolgt werden, wie sie aber auch -schon von Platon und Neuplatonikern empfohlen worden, haben die -Stelle gottesdienstlicher Handlungen nach dem muslimischen Gesetze -eingenommen. Und Hai bildet sich in der siebenten Periode seines -Lebens eine Ethik aus, die pythagoreisch aussieht. - -Als den Zweck seines Handelns hat sich dem Hai ergeben, in allem das -Eine zu suchen und sich mit dem Absoluten, Selbstndigbestehenden -zu vereinigen. Diesem Hchsten sieht er nmlich die ganze Natur -zustreben. ber die Ansicht, alles auf Erden sei des Menschen wegen -da, ist er hinaus. Tier und Pflanze leben ebenfalls fr sich selbst -und fr Gott. Nicht willkrlich also darf er damit handeln. Auf das -Notwendigste beschrnkt er jetzt seine leiblichen Bedrfnisse. Reife -Frchte werden von ihm bevorzugt, deren Samen er fromm der Erde -anvertraut. Sorgfltig htet er sich davor, dass durch seine Begierde -irgend eine Art ganz aussterbe. Und nur in der uersten Not greift -er zu tierischer Nahrung, wobei er ebenso die Art mglichst zu schonen -sucht. Genug zum Leben, zum Schlafen zu wenig, wird seine Losung. - -Das betrifft das Verhalten seines Krpers zum Irdischen. Aber mit dem -Himmel verbindet ihn der Lebensgeist. Und wie die Himmel bestrebt -er sich, seiner Umgebung zu ntzen und selbst rein zu leben. So -pflegt er die Pflanze und schtzt das Tier, damit seine Insel zum -Paradiese werde. Er hlt auf die uerste Reinlichkeit seines Krpers -und seiner Kleidung und sucht all seine Bewegungen harmonisch, denen -der Himmelskrper gleichmig, zu gestalten. - -Auf diese Weise wird er allmhlich befhigt, sein Selbst ber Erde -und Himmel hinaus zum reinen Geiste zu erheben. Das ist der Zustand -der Ekstase, den kein Gedanke, kein Wort, kein Bild je hat fassen -oder ausdrcken knnen. - - - - -4. Ibn Roschd. - -1. Abu-l-Walid Mohammed ibn Achmed ibn Mohammed ibn Roschd (Averroes) -wurde im Jahre 1126 zu Kordova aus einer Juristenfamilie geboren. Dort -eignete er sich auch die gelehrte Bildung seiner Zeit an. Im Jahre -1153 soll er von Ibn Tofail dem Frsten Abu Jaaqub Jusuf vorgestellt -sein, ber welchen Vorfall wir einen charakteristischen Bericht -besitzen. Nach den einleitenden Hflichkeitsphrasen nmlich fragte ihn -der Frst: Was ist die Ansicht der Philosophen ber den Himmel, ist er -ewig oder entstanden? Vorsichtig antwortete Ibn Roschd, er beschftige -sich nicht mit Philosophie. Darauf fing der Frst mit Ibn Tofail ber -den Gegenstand an zu reden und zeigte zum Erstaunen des Zuhrers seine -Bekanntschaft mit Aristoteles, Platon und den Philosophen und Theologen -des Islam. Jetzt rckte auch Ibn Roschd mit der Sprache heraus und -erwarb sich die Gunst des hohen Herrn. Sein Schicksal war bestimmt. Er -sollte den Aristoteles interpretieren, wie keiner es vor ihm gethan, -damit die Menschheit rein und vollstndig die Wissenschaft besitze. - -Nebenbei war er Jurist und Mediziner. Wir finden ihn (1169) als Richter -in Sevilla und kurz darauf in Kordova. Abu Jaaqub, jetzt Chalif, beruft -ihn im Jahre 1182 als seinen Leibarzt, nach kurzer Zeit aber ist er -wieder Richter in seiner Vaterstadt, wie es sein Vater und Grovater -gewesen. Aber die Verhltnisse verschlechtern sich. Die Philosophen -werden verflucht und ihre Schriften ins Feuer geworfen. In seinem -Alter wird Ibn Roschd von Abu Jusuf nach Elisana (Lucena bei Kordova) -verbannt, doch stirbt er in der Residenz Marokko, am 10. Dez. 1198. - -2. Auf Aristoteles konzentriert sich seine Wirksamkeit. Was er von -dessen Schriften und ber sie erlangen kann, wird fleiig studiert -und genau verglichen. Ibn Roschd hat noch in bersetzung Schriften der -Griechen gekannt, die jetzt ganz oder teilweise verloren sind. Kritisch -und systematisch geht er ans Werk. Er paraphrasiert den Aristoteles, -er interpretiert, bald krzer, bald ausfhrlicher, in mittleren und -groen Kommentaren. So verdient er sich den Namen des Kommentators, den -er auch in Dantes Komdie besitzt. Es ist, als ob die Philosophie der -Muslime in ihm zum Verstndnis des Aristoteles kommen soll, um dann, -fertig, sterben zu knnen. Aristoteles ist fr ihn der vollkommenste -Mensch, der grte Denker, der im Besitze einer unfehlbaren Wahrheit -gewesen. Neue Entdeckungen der Astronomie und der Physik knnten -daran nichts ndern. Zwar kann man den Aristoteles miverstehen. Ibn -Roschd selbst hat manches, was er den Schriften Farabis und Ibn Sinas -entnommen, spter anders und besser verstehen gelernt. Doch lebt -er immer des Glaubens, dass der richtig verstandene Aristoteles mit -der hchsten uns Menschen erreichbaren Wissenschaft bereinstimmen -werde. Im ewigen Kreislaufe des Weltgeschehens hat Aristoteles eine -Hhe erreicht, ber die hinauszugelangen nicht mglich ist. Denen, die -nach Aristoteles gekommen sind, hat es oft viel Mhe und Nachdenken -gekostet, sich die Einsichten zu erschlieen, die sich dem ersten -Meister leicht erffneten. Nach und nach aber werden alle Zweifel und -Gegenreden verstummen, denn Aristoteles ist ein bermensch, gleichsam -von der Vorsehung dazu bestimmt, zu zeigen, wie weit das menschliche -Geschlecht es in seiner Annherung an den Weltgeist bringen kann. Als -die hchste Inkarnation des Geistes der Menschheit mchte Ibn Roschd -seinen Meister den gttlichen nennen. - -Es wird sich im folgenden zeigen, dass die malose Bewunderung fr -Aristoteles zu einer reinen Erfassung seiner Gedanken auch bei Ibn -Roschd nicht ausreichte. Den Ibn Sina zu bekmpfen, lsst er keine -Gelegenheit vorbeigehen. Mit Farabi und Ibn Baddscha, denen er vieles -verdankt, setzt er sich auch gelegentlich auseinander. Er meistert -alle seine Vorgnger, weit schlimmer als Aristoteles es seinen Lehrer -Platon gethan. Und dennoch ist er selbst nicht hinausgekommen, bei -weitem nicht, ber die Auffassung neuplatonischer Ausleger und die -Missverstndnisse syrischer und arabischer bersetzer. fter folgt -er sogar dem oberflchlichen Themistius entgegen dem verstndigen -Alexander von Aphrodisias, oder sucht ihre Ansichten zu kombinieren. - -3. Ibn Roschd ist vor allem ein Fanatiker der aristotelischen -Logik. Ohne sie wird man nicht selig und es ist schade fr Platon und -Sokrates, dass sie nicht davon wussten! Die Glckseligkeit der Menschen -bemisst sich nach der Stufe ihrer logischen Einsichten. Mit kritischem -Blicke erkennt er Porphyrs Isagoge als entbehrlich, aber Rhetorik -und Poetik rechnet er noch zum logischen Organon. Da gibt es denn die -wunderlichsten Missverstndnisse. Tragdie und Komdie z. B. werden -zu Lob- und Schmhgedichten, die poetische Wahrscheinlichkeit muss -es sich gefallen lassen, entweder demonstrierbare Wahrheit oder -trgerischen Schein zu bedeuten, die Erkennung auf der Bhne wird -zur apodeiktischen Erkenntnis u. s. w. Von der griechischen Welt hat -er natrlich berhaupt keine Anschauung. Es ist verzeihlich, denn er -konnte keine Ahnung davon haben. Dennoch verzeiht man nicht gerne dem, -der andere geschulmeistert. - -Wie seine Vorgnger legt Ibn Roschd besonderen Nachdruck auf das -Sprachliche, soweit es allen Sprachen gemeinsam. Dieses Gemeinsame, -das Universelle also, hat Aristoteles, meint er, in seiner -Hermeneutik, aber auch in der Rhetorik, immer vor Augen. So soll -es auch der arabische Philosoph halten, nur darf er die Beispiele -zur Erluterung der allgemeinen Regeln der arabischen Sprache und -Litteratur entnehmen. Um die allgemeinen Regeln aber ist es zu thun, -Wissenschaft ist Erkenntnis des Allgemeinen. - -Die Logik ebnet dazu die Wege, dass unser Wissen aus sinnlicher -Besonderheit zur reinen Vernunftwahrheit aufsteige. Die Menge -wird immer im Sinnlichen leben, im Irrtum herumtappen. Mangelhafte -Anlage und wenig Ausbildung, dazu schlechte Gewhnung halten sie vom -Fortschritt zurck. Doch muss es einigen mglich sein, zur Erkenntnis -der Wahrheit zu gelangen. Der Adler schaut der Sonne ins Gesicht, denn, -wenn keiner sie anschauen knnte, so htte die Natur etwas vergebens -gemacht. Was da glnzt, soll gesehen, was da ist, soll erkannt werden, -wenn auch nur von einem einzigen Manne. Und die Wahrheit ist. Die Liebe -zu ihr in unserer Brust wre ganz vergebens, wenn wir uns ihr nicht -nhern knnten. Ibn Roschd glaubt, in vielen Dingen die Wahrheit zu -erkennen, ja die absolute Wahrheit auffinden zu knnen. Mit Lessing -htte er sich nicht bescheiden mgen, sie zu suchen. - -Die Wahrheit ist ihm ja in Aristoteles gegeben. Von diesem Standpunkte -blickt er auf die muslimische Theologie herab. Zwar erkennt er in -der Religion eine Wahrheit eigener Art (s. unten 7), aber die -Theologie ist ihm zuwider. Sie will beweisen, was, auf diese Weise, -nicht bewiesen werden kann. Die Offenbarung im Koran, so lehrt Ibn -Roschd mit anderen, spter hnlich Spinoza, hat nicht den Zweck, die -Menschen zu belehren, sondern sie zu bessern. Nicht Wissen, sondern -Gehorsam oder Sittlichkeit ist das Ziel des Gesetzgebers, der wei, -dass menschliches Glck nur in der Gesellschaft zu verwirklichen ist. - -4. Was Ibn Roschd von seinen Vorgngern, namentlich von Ibn Sina, -unterscheidet, ist vor allem die unzweideutige Art und Weise, -in der er die Welt als ewigen Prozess des Werdens auffasst. Die -Welt als ganzes ist eine ewig-notwendige Einheit, ohne irgendwelche -Mglichkeit des Nicht- oder Andersseins. Materie und Form sind nur im -Gedanken zu trennen. Die Formen wandern nicht wie Gespenster durch -die dunkle Materie, sondern sind keimartig in dieser enthalten. Wie -Naturkrfte wirken die materiellen Formen, ewig fortzeugend, nie von -der Materie getrennt, aber dennoch gttlich zu nennen. Absolutes -Entstehen und Vergehen gibt es nicht, denn alles Geschehen ist -bergang von der Potenzialitt zur Aktualitt und von der Aktualitt -in die Potenzialitt zurck. Dabei wird gleichartiges immer nur von -gleichartigem erzeugt. - -Es gibt aber eine Stufenordnung des Seienden. Die materielle oder -substanzielle Form steht in der Mitte zwischen bloem Accidens -und reiner (separater) Form. Auch die substanziellen Formen zeigen -graduelle Verschiedenheiten, Mittelzustnde zwischen Potenzialitt -und Aktualitt. Und endlich das ganze System der Formen, von der -niedersten hylischen Form bis zum gttlichen Wesen, der Urform des -Alls, ist ein geschlossener Stufenbau. - -Der ewige Prozess des Werdens innerhalb der gegebenen Ordnung setzt -nun eine ewige Bewegung voraus, und diese ein ewig Bewegendes. Wenn -die Welt entstanden wre, so knnte man von ihr nur schlieen auf -eine andere, ebenfalls entstandene Krperwelt, die sie erzeugt htte, -ins Unendliche. Wenn sie ein Mgliches wre, nur auf ein Mgliches, -daraus sie geworden, und so in infinitum. Nur die Annahme einer -einheitlich ewig-notwendig bewegten Welt gewhrt uns nach Ibn Roschd -die Mglichkeit, auf ein ewig bewegendes, von der Welt getrenntes -Wesen zu schlieen, das, indem es immerfort die Bewegung und schne -Ordnung des Alls bewirkt, Urheber der Welt genannt werden darf, und -das in den Geistern, welche die Sphren bewegen -- denn jede besondere -Bewegung erfordert ihr besonderes Prinzip --, die Vermittler seiner -Thtigkeit hat. - -Das Wesen des ersten Bewegenden oder Gottes, sowie der Sphrengeister, -findet Ibn Roschd im Denken, in dem ihm die Einheit des Seins gegeben -ist. Das mit seinem Gegenstande identische Denken ist die einzige -positive Bestimmung des gttlichen Wesens, womit dann Sein und Einheit -absolut zusammenfallen. Sein und Einheit kommen nmlich nicht zum Wesen -hinzu, sondern sind, wie alle Universalien, nur im Denken gegeben. Das -Denken bringt berall das Allgemeine im Besonderen hervor. Zwar ist -das Universale als Natur in den Dingen wirksam, aber das Universale -als solches ist nur im Verstande. Oder der Mglichkeit nach ist es -in den Dingen, wirklich aber im Verstande, d. h. im Verstande hat es -mehr Sein, eine hhere Art zu existieren als in den Dingen. - -Fragt man nun, ob das gttliche Denken auch das Besondere, oder nur -das Allgemeine umfasse, so antwortet Ibn Roschd: keins von beidem, -denn ber beides ist das gttliche Wesen hinaus. Sein Denken bewirkt -das All, umfasst das All. Gott ist das Prinzip, die Urform und der -Endzweck aller Dinge. Er ist die Weltordnung, die Vershnung aller -Gegenstze, das All selbst in seiner hchsten Existenzweise. Dass von -einer gttlichen Vorsehung im gewhnlichen Sinne also nicht geredet -werden knne, ergibt sich daraus von selbst. - -5. Zwei Arten des Seienden kennen wir: ein bewegtes und ein bewegendes, -selbst aber unbewegtes, oder ein krperliches und ein geistiges. Im -Geistigen aber liegt die hhere Einheit oder Vollendung alles Seienden -in stufenmiger Ordnung. Es ist also keine abstrakte Einheit. Die -Sphrengeister sind, je ferner sie dem ersten stehen, um so weniger -einfach. Alle erkennen sich selbst, aber in ihrem Wissen ist auch -die Beziehung auf die erste Ursache. Daraus ergibt sich eine Art -Parallelismus zwischen dem Krperlichen und dem Geistigen. Der -Zusammensetzung des Krperlichen aus Materie und Form entspricht -etwas in den niederen Geistern. Was dem rein Geistigen beigemischt, -ist zwar keine Materie, die etwas erleiden knnte, aber doch etwas der -Materie hnliches, das ein anderes in sich aufzunehmen vermag. Sonst -liee sich mit der Einheit des auffassenden Geistes die Vielheit der -Intelligibilia nicht in bereinstimmung bringen. - -Die Materie erleidet, der Geist aber empfngt. Hauptschlich mit -Rcksicht auf den menschlichen Geist hat Ibn Roschd diesen fein -unterscheidenden Parallelismus eingefhrt. - -6. Dass die menschliche Seele sich zu ihrem Krper verhalte, wie -die Form zur Materie, steht dem Ibn Roschd fest. Es ist ihm vllig -ernst damit. Die Theorie vieler unsterblicher Seelen weist er, Ibn -Sina bekmpfend, ganz bestimmt zurck. Nur als Vollkommenheit ihres -Leibes hat die Seele einen Bestand. - -Was die empirische Psychologie betrifft, ist er ngstlich bestrebt, -sich an Aristoteles, gegen Galen u. a., zu halten. Aber in der -Lehre vom Nus entfernt er sich, ohne dass er sich dessen bewusst -wre, nicht unbetrchtlich von seinem Meister. Eigentmlich, -von neuplatonischen Anschauungen ausgehend, ist seine Auffassung -der materiellen Vernunft. Sie ist nicht blo eine Anlage oder eine -Fhigkeit der menschlichen Seele. Sie ist auch nicht gleichbedeutend -mit dem sinnlich-geistigen Vorstellungsleben, sondern sie ist etwas -berseelisches, berindividuelles. Die materielle Vernunft ist ewiger, -unvergnglicher Geist, ebenso ewig und unvergnglich wie die reine -Vernunft oder der thtige Geist ber uns. Es ist die Verselbstndigung -der Materie im Bereiche des Krperlichen, die hier von Ibn Roschd, -freilich mit Anschluss an Themistius u. a., auf das Gebiet des -Geistigen bertragen wird. - -Die materielle Vernunft ist also ewige Substanz. Die Anlage aber oder -die Fhigkeit des menschlichen Individuums zu geistiger Erkenntnis -nennt Ibn Roschd leidende Vernunft. Diese entsteht und vergeht mit -den Individuen, whrend die materielle Vernunft ewig ist, wie die -Gattung der Menschheit. - -Nun bleibt aber, wie nicht anders mglich, das Verhltnis zwischen dem -thtigen und dem empfangenden Geiste (so sagen wir jetzt fr materielle -Vernunft) etwas dunkel. Der thtige Geist macht die Vorstellungen -der menschlichen Seele intelligibel, der empfangende Geist nimmt -sie in sich auf. Das Seelenleben der menschlichen Individuen ist -also der Ort, wo das mystische Liebespaar sich trifft. Und die rter -sind sehr verschieden. Von der ganzen seelischen Anlage des Menschen -und von der Disposition seiner Vorstellungen hngt es ab, in welchem -Grade der thtige Geist dieselben zur Intelligibilitt erheben kann, -inwiefern der empfangende Geist sie zu seinem Inhalte zu machen im -Stande ist. Dadurch erklrt es sich, dass die Menschen nicht alle auf -derselben Stufe geistigen Erkennens stehen. Aber die Summe geistiger -Erkenntnis in der Welt ndert sich nicht, wenn auch ihre Verteilung an -die einzelnen Schwankungen unterliegt. Mit Naturnotwendigkeit ersteht -immer wieder der Philosoph, sei es Aristoteles oder Ibn Roschd, in -dessen Kopf das Seiende zum Begriff wird. Zwar sind die Gedanken -der Individuen zeitlich und ist der empfangende Geist, insofern -der einzelne an ihm teil hat, vernderlich, aber als menschliche -Gattungsvernunft betrachtet, ist dieser Geist ewig unvernderlich, -wie der thtige Geist aus der letzten Sphre ber uns. - -7. Im ganzen sind es drei groe Ketzereien, die das System des Ibn -Roschd in Widerspruch setzen zu der Theologie der drei Weltreligionen -seiner Zeit. Erstens die Ewigkeit der Krperwelt und der sie bewegenden -Geister, zweitens der notwendige Kausalnexus alles Weltgeschehens, -sodass fr Vorsehung, Wunder und dergleichen kein Platz bleibt, -und drittens die Vergnglichkeit alles Individuellen, womit auch die -individuelle Unsterblichkeit aufgehoben ist. - -Logisch betrachtet scheint die Annahme einer Anzahl selbstndiger -Sphrengeister unter Gott keinen gengenden Grund zu besitzen. Aber -Ibn Roschd hilft sich hier, wie seine Vorgnger, ber den Widerspruch -hinweg mit der Behauptung, jene Sphrengeister seien nicht individuell, -sondern nur der Art nach verschieden. Ihr Zweck war ja nur, so lange -die Einheit des Weltsystems nicht erkannt war, die verschiedenen -Bewegungen zu erklren. Nachdem das ptolemische Weltsystem gefallen -und diese vermittelnden Geister berflssig wurden, identifizierte -man den thtigen Geist mit Gott, wie es brigens auch schon frher -von spekulativer und religiser Seite versucht war. Ein Schritt -weiter war es nur, auch den ewigen Geist der Menschheit mit Gott zu -identifizieren. Keins von beiden hat Ibn Roschd gethan, wenigstens -nicht nach dem Wortlaute seiner Schriften. Aber in seinem Systeme -war, bei konsequenter Durchfhrung, die Mglichkeit dazu gegeben, -wie zu einer pantheistischen Weltanschauung berhaupt. Andererseits -konnte sich leicht der Materialismus, wie entschieden ihn auch unser -Philosoph bekmpfte, daran lehnen. Denn wo die Ewigkeit, Form und -Wirksamkeit alles Materiellen so stark betont wird, wie von ihm -geschah, da mag der Geist noch Knig heien, aber, wie es scheinen -knnte, nur von des Stoffes Gnaden. - -Jedenfalls ist Ibn Roschd ein khner und folgerichtiger, wenn auch kein -origineller Denker zu nennen. Die theoretische Philosophie gengte ihm, -doch schuldete er es seiner Zeit und seiner Stellung, sich mit der -Religion und der Praxis abzufinden. Wir knnen uns darber kurz fassen. - -8. Ibn Roschd findet oft Gelegenheit, gegen die ungebildeten Herrscher -und die bildungsfeindlichen Theologen seiner Zeit sich zu uern. Doch -bleibt ihm das Leben im Staate immer der Einsamkeit vorzuziehen. Auch -seinen Gegnern dankt er -- das ist ein erfreulicher Charakterzug -- -fr manche Belehrung. Die Einsamkeit, meint er, bringe keine Knste -und Wissenschaften hervor, hchstens knne man in ihr das Erworbene -genieen und es vielleicht um ein weniges vermehren. Zum Wohle des -Ganzen aber soll jeder beitragen, auch die Frauen sollen wie die -Mnner der Gesellschaft und dem Staate dienen. Hier schliet Ibn -Roschd sich dem Platon an (die Politik des Aristoteles hat er nicht -gekannt) und bemerkt ganz vernnftig, viel Armut und Elend seiner -Zeit rhre daher, dass man sich die Weiber nur zu einem auerdem sehr -fraglichen Vergngen wie Haustiere oder Pflanzen halte, statt sie an -der materiellen und geistigen Gterproduktion und der Htung dieser -Gter teilnehmen zu lassen. - -In der Ethik tadelt unser Philosoph sehr scharf die Doktrin der -Rechtslehrer, dass etwas nur gut oder bse sei, weil Gott es so -gewollt. Alles hat vielmehr von Natur oder vernunftgemss seinen -sittlichen Charakter. Die von vernnftiger Einsicht bestimmte Handlung -ist sittlich. Freilich ist es nicht die Einzelvernunft, sondern die -Staatsraison, an die in letzter Instanz zu appellieren ist. - -Von staatsmnnischem Gesichtspunkte aus betrachtet Ibn Roschd auch -die Religion. Er wrdigt sie ihres moralischen Zweckes wegen. Sie ist -Gesetz, keine Lehre. Deshalb bekmpft er fortwhrend die Theologen, -die statt glubig zu gehorchen begreifen wollen. Er macht es -Gazali zum Vorwurf, dass dieser der Philosophie Einfluss auf seine -Religionslehre auszuben gestattet und dadurch viele zum Zweifel und -Unglauben veranlasst hat. Das Volk soll glauben, so wie es im Buche -steht. Das ist Wahrheit, freilich eine Wahrheit fr groe Kinder, -denen man Mrchen erzhlt. Was darber hinaus, ist vom bel. Fr die -Existenz Gottes z. B. hat der Koran zwei jedem einleuchtende Beweise: -die gttliche Frsorge fr alles, besonders fr den Menschen, und -die Erschaffung des Lebens in Pflanzen, Tieren u. s. w. Daran ist -nicht zu rtteln, am Wortlaute der Offenbarung nicht theologisch -herumzudeuteln. Denn die Beweise, welche die Theologen fr das Dasein -Gottes beibringen, halten einer wissenschaftlichen Kritik nicht Stand, -ebensowenig wie der aus dem Begriffe des Mglichen und Notwendigen bei -Farabi und Ibn Sina. Das alles fhrt zu Atheismus und Libertinismus. Im -Interesse der Sittlichkeit, des Staates also, ist die halbe Theologie -zu bekmpfen. - -Dagegen drfen die wissenden Philosophen das Wort Gottes im Koran -deuten. Im Lichte hchster Wahrheit verstehen sie, was damit bezweckt -ist. Und dem gemeinen Manne sagen sie davon nur so viel, wie er eben -aufzufassen im Stande ist. Auf diese Weise kommt die schnste Harmonie -heraus. Religionsgesetz und Philosophie stimmen mit einander berein, -eben weil sie nicht dasselbe wollen. Wie Praxis und Theorie verhalten -sie sich. Indem der Philosoph die Religion begreift, lsst er sie in -ihrem Bereiche gelten, sodass die Philosophie gar nicht wider die -Religion verstt. Die Philosophie aber ist die hchste Form der -Wahrheit, zugleich auch die erhabenste Religion. Die Religion des -Philosophen nmlich ist die Erkenntnis alles dessen, was ist. - -Aber irreligis erscheint diese Ansicht doch, und eine positive -Religion kann es sich nicht gefallen lassen, im Reiche der Wahrheit die -fhrende Stellung der Philosophie anzuerkennen. Nur natrlich war es, -dass die Theologen des Westens, hnlich ihren orientalischen Brdern, -die Gunst der Verhltnisse ausnutzten und nicht ruhten, bis sie die -Herrin zur Magd der Theologie erniedrigt hatten. - - - - - - - - -VII. ZUM SCHLUSS. - - -1. Ibn Chaldun. - -1. Die Philosophie des Ibn Roschd und seine Erklrung des Aristoteles -hat auf die muslimische Welt uerst wenig gewirkt. Viele seiner -Schriften sind im Original verloren gegangen, wir haben sie in -hebrischen und lateinischen bersetzungen. Schler und Nachfolger -hat er nicht gefunden. In abgelegenen Winkeln fand sich wohl mancher -Freigeist oder Mystiker, in dessen Kopf es wunderlich genug aussah, um -sich ernstlich mit philosophischen Fragen theoretischer Art abzumhen, -aber auf die allgemeine Bildung und die Gestaltung der Verhltnisse zu -wirken, wurde der Philosophie nicht verstattet. Vor den siegreichen -Waffen der Christen zog die materielle und damit auch die geistige -Kultur der Muslime sich immer weiter zurck. Spanien ward Afrika, -wo der Berber herrschte. Die Zeit war ernst, es handelte sich um die -Existenz des Islam in diesen Lndern. Zum Kampfe gegen den Feind, -aber auch gegen einander, rsteten sich die Mnner, und zu mystischen -bungen schlossen sich berall die frommen Brder zusammen. In -den sufischen Orden dieser Leute retteten sich wenigstens noch -einige philosophische Formeln. Als gegen die Mitte des dreizehnten -Jahrhunderts Kaiser Friedrich II. den muslimischen Gelehrten von Ceuta -eine Anzahl philosophischer Fragen vorlegte, beauftragte der Almohade -Abdalwahid den Ibn Sabin, Stifter eines mystischen Ordens, damit, -sie zu beantworten. Er that es. In schulmeisterlichem Tone leiert er -die Ansichten alter und neuer Philosophen ab. Das sufische Geheimnis, -Gott sei die Realitt aller Dinge, lsst er durchblicken. Das einzige -aber, was wir aus seinen Antworten lernen knnen, ist, dass Ibn -Sabin Bcher gelesen, von denen, wie er glaubt, Kaiser Friedrich -keine blasse Ahnung hatte. - -2. In kleinen Staatengebilden, auf- und abwogend, trieb die muslimische -Kultur des Westens dahin. Bevor sie jedoch ganz verschwand, fand -sich der Mann, der das Gesetz ihrer Bildung aufzufinden versuchte, -und damit eine neue philosophische Disziplin, die Philosophie -der Gesellschaft oder der Geschichte, zu begrnden glaubte. Dieser -merkwrdige Mensch ist Ibn Chaldun, im Jahre 1332 aus sevillanischer -Familie zu Tunis geboren. Dort erhielt er auch seine Erziehung -und wurde dann, teilweise von einem im Orient ausgebildeten Lehrer, -philosophisch geschult. Nach dem Studium aller bekannten Wissenschaften -war er bald im Staatsdienste, bald auf Reisen, aber berall ein guter -Beobachter. Verschiedenen Frsten diente er als Sekretr, auch war -er Gesandter an mehreren Hfen in Spanien und Afrika. So war er am -christlichen Hofe Peters des Grausamen in Sevilla. Auch ist er bei -Tamerlan in Damaskus gewesen. Eine reiche Welterfahrung hatte er sich -also zu eigen gemacht, als er im Jahre 1406 zu Kairo starb. - -Als Charakter ist er vielleicht nicht hoch zu stellen. Man wird aber -dem Manne, der mehr als andere seiner Zeit fr die Wissenschaft gelebt, -etwas Eitelkeit, Dilettantismus und dergleichen gerne verzeihen. - -3. Die Schulphilosophie, wie Ibn Chaldun sie kennen lernte, -befriedigte ihn nicht. In ihren fertigen Rahmen passte sein Weltbild -nicht hinein. Wenn er etwas mehr zum Theoretisieren aufgelegt gewesen -wre, htte er wohl einen Nominalismus ausgebildet. Die Philosophen -behaupten, alles zu wissen. Ihm aber erscheint das Universum zu gro, -als dass es von unserem Verstande begriffen werden knne. Es gibt -der Wesen und der Dinge mehr, unendlich viel mehr, als der Mensch -wissen kann. "Gott schafft, was ihr nicht wisset". Die logischen -Deduktionen wollen oft nicht stimmen zu der empirischen Natur der -Einzeldinge, die nur durch Beobachtung erkannt wird. Es ist Einbildung, -durch bloe Anwendung logischer Regeln zur Wahrheit gelangen zu -knnen. Nachdenken ber das erfahrungsmig Gegebene ist demnach -die Aufgabe des wissenschaftlichen Mannes. Und nicht darf er sich -mit seiner Einzelerfahrung begngen, sondern mit kritischer Sorgfalt -hat er die Summe der gesamten berlieferten Erfahrung der Menschheit -zu ziehen. - -Von Natur ist die Seele ohne Wissen. Aber von Natur hat sie auch das -Vermgen, nachzudenken, die gegebene Erfahrung zu bearbeiten. Beim -Nachdenken springt, wie durch Inspiration, oft der richtige -Mittelbegriff hervor, mittelst dessen die gewonnene Einsicht dann -nach den Regeln formaler Logik zurechtgelegt werden mag. Die Logik -bringt keine Erkenntnis hervor, sondern beschreibt nur den Weg unseres -Nachdenkens, zeigt, wie wir zum Wissen kommen, und hat insofern auch -einen Wert, dass sie uns vor Irrtmern hten und den Geist schrfen -und zu Genauigkeit im Denken anhalten kann. Sie ist folglich eine -Hilfswissenschaft, die von einigen Befhigten, dazu Berufenen, auch -ihrer selbst wegen gepflegt werden soll, jedoch nicht die grundlegende -Bedeutung besitzt, die ihr von den Philosophen beigelegt wird. Den -Weg des Nachdenkens, den sie beschreibt, geht das wissenschaftliche -Talent in irgend einer Einzelwissenschaft auch zur Not ohne sie. - -Ibn Chaldun ist ein nchterner Denker. Alchemie und Astrologie -bekmpft er mit vernnftigen Grnden. Dem mystischen Rationalismus -der Philosophen hlt er fter die einfachen Lehren seiner Religion -entgegen, sei es mit persnlicher berzeugung oder nur aus politischer -Rcksicht. Aber auf seine wissenschaftlichen Ansichten bt die Religion -keinen greren Einfluss als der neuplatonische Aristotelismus. Platons -Staat, die pythagoreisch-platonische Philosophie, aber ohne -ihre wunderschtigen Auswchse, und die Geschichtswerke seiner -orientalischen Vorgnger, namentlich des Masudi, haben auf die -Ausbildung seiner Gedanken am meisten gewirkt. - -4. Mit dem Anspruch, eine neue philosophische Disziplin zu -begrnden, von der Aristoteles keine Ahnung hatte, tritt Ibn Chaldun -auf. Philosophie ist die Wissenschaft dessen, was ist, aus seinen -Ursachen oder Grnden entwickelt. Aber dem entspricht nicht, was die -Philosophen ber die hohe Geisterwelt und Gottes Wesen vorbringen: -Unbeweisbares reden sie darber. Viel besser kennen wir unsere -Menschenwelt, und davon lsst sich durch Beobachtung und innere -Seelenerfahrung etwas Sicheres aussagen. Hier lassen sich die -Thatsachen nachweisen und ihre Ursachen herausfinden. Insofern -nun letzteres auch in der Geschichte gelingt, d. h. sofern die -geschichtlichen Ereignisse auf ihre Ursachen zurckgefhrt und -historische Gesetze aufgefunden werden knnen, ist die Geschichte -wirklich Wissenschaft und ein Teil der Philosophie zu nennen. So tritt -der Begriff der Geschichte als Wissenschaft rein heraus. Mit Neugierde, -Eitelkeit, gemeinem Nutzen, erbaulicher Wirkung u. s. w. hat sie nichts -zu schaffen. Sie soll, wenn auch im Dienste hherer Lebenszwecke, -nichts anderes als Thatsachen feststellen und deren kausale -Verknpfung auszumitteln suchen. Kritisch, ohne Vorurteil. Als oberstes -methodologisches Prinzip gilt dabei, dass die Ursache der Wirkung -entspricht, d. h. dass gleiche Erscheinungen auch dieselben Bedingungen -voraussetzen oder dass unter denselben Kulturverhltnissen auch die -nmlichen Vorgnge sich ereignen werden. Da nun mit Wahrscheinlichkeit -anzunehmen ist, dass die Natur der Menschen und der Gesellschaft -im Laufe der Zeit sich nicht oder nicht bedeutend ndert, so ist -ferner ein lebensvolles Verstndnis der Gegenwart das beste Mittel -zur Erforschung der Vergangenheit, indem das nchste, vollstndig -Bekannte uns Rckschlsse gestattet auf die weniger gut bekannten -Ereignisse frherer Zeit, ja sogar einen Ausblick auf die Zukunft -verheit. In jedem Falle ist also die berlieferung an der Gegenwart -zu prfen, und wenn sie uns Dinge erzhlt, die jetzt unmglich sind, -so ist schon deshalb ihre Wahrheit zu bezweifeln. Vergangenheit und -Gegenwart sind einander wie zwei Tropfen Wasser gleich. - -Das knnte, absolut gefasst, auch Ibn Roschd gesagt haben. Nach Ibn -Chaldun gilt das aber nur ganz allgemein als heuristisches Prinzip. Im -einzelnen erleidet es manche Einschrnkung, ist jedenfalls aus den -Thatsachen selbst zu begrnden. - -5. Was ist nun der Gegenstand der Geschichte als philosophischer -Disziplin? Es ist, antwortet Ibn Chaldun, das soziale Leben, die -gesamte materielle und geistige Kultur der Gesellschaft. Die Geschichte -hat zu zeigen, wie die Menschen arbeiten und sich ernhren, warum -sie sich streiten und unter einzelnen Fhrern zu greren Verbnden -zusammenschlieen, wie sie endlich im sesshaften Leben Mue finden -zur Pflege hherer Knste und Wissenschaften, wie also aus rohen -Anfngen nach und nach eine feinere Kultur aufblht, und wie diese -dann wieder hinstirbt. - -Die sich ablsenden Gesellschaftsformen sind, nach Ibn Chaldun, -Nomadentum, Dynastie und Stadtstaat. Die erste Frage ist die -Nahrungsfrage. Nach dem Stande ihrer Wirtschaft (Nomaden, sesshafte -Viehzchter, Ackerbauer) unterscheiden sich die Menschen und die -Vlker. Bedrfnis fhrt zu Raub und Krieg und zur Unterwerfung unter -den fhrenden Herrscher. So entwickelt sich eine Dynastie und diese -grndet sich eine Stadt, wo die Arbeitsteilung oder die gegenseitige -Hilfeleistung Wohlstand hervorbringt. Aber dieser Wohlstand fhrt zu -unnatrlichem Miggange und ppigkeit. Arbeit hat an erster Stelle -den Wohlstand erzeugt, aber jetzt, auf der hchsten Kulturstufe, lsst -man andere fr sich arbeiten. Oft ohne Gegenleistung, denn Ansehen, -oder auch Servilitt nach oben, Erpressung nach unten, verschaffen -Wohlstand. Man wird aber dabei von anderen abhngig. Die Bedrfnisse -werden immer grer, die Steuern immer drckender. Die reichen -Verschwender und Steuerzahler werden arm und ihr unnatrliches Leben -macht sie krank und elend. [17] Die alten Kriegersitten haben sich -verfeinert, sodass man sich nicht mehr verteidigen kann. Das Band des -Gemeinsinnes oder der Religion, womit frher die Not und der Wille des -Herrschers die einzelnen zusammenknpfte, erschlafft, denn die Stdter -sind nicht fromm. So ist alles in innerer Auflsung begriffen. Und da -erscheint ein neuer, krftiger Nomadenstamm aus der Wste, oder ein -weniger berbildetes Volk mit einem festeren Gemeinsinne und fllt -ber die verweichlichte Stadt her. Dann bildet sich ein neuer Staat, -der sich die materiellen und geistigen Gter der alten Kultur aneignet, -und dieselbe Geschichte wiederholt sich. Es ergeht den Staaten und -den greren Verbnden wie einzelnen Familien: in drei bis sechs -Generationen vollendet sich ihre Geschichte. Die erste Generation -grndet, die zweite erhlt, vielleicht auch die dritte u. s. w., -die letzte zerstrt. Das ist der Kreislauf aller Civilisation. - -6. Nach August Mller stimmt die Theorie Ibn Chalduns zu der Geschichte -Spaniens, Westafrikas und Siziliens vom 11. bis 15. Jahrhundert, -deren Beobachtung sie auch entnommen ist. Freilich ist sein -eigenes Geschichtswerk eine Kompilation. Im einzelnen fehlt er -oft, wenn er mit seiner Theorie die berlieferung meistert. Aber -in seiner philosophischen Einleitung findet sich eine Flle -feiner psychologischer und politischer Bemerkungen und als ganzes -ist sie eine groartige Leistung. Das Altertum hat sich mit dem -Problem der Geschichte nicht eingehend befasst. Groe Kunstwerke der -Geschichtschreibung hat es uns hinterlassen, aber keine philosophische -Begrndung der Geschichte als Wissenschaft. Dass die Menschheit es, -obgleich von Ewigkeit her bestehend, nicht lngst zu viel hherer -Kultur gebracht hatte, wurde aus elementaren Ereignissen, Erdbeben, -Wasserfluten u. s. w. erklrt. Dagegen fasste die christliche -Philosophie die Geschichte mit ihren Wandlungen als die Verwirklichung -oder Vorbereitung des Gottesstaates auf Erden. Ibn Chaldun hat nun -zuerst ganz bewusst und in ausfhrlich begrndeter Darstellung den -Versuch gemacht, die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft aus den -nchsten Ursachen abzuleiten. Die Verhltnisse der Rasse, des Klimas, -der Gterproduktion u. s. w. werden errtert und in ihrer Wirkung auf -die sinnlich-geistige Konstitution des Menschen und der Gesellschaft -dargestellt. Im Kreislaufe der Civilisationen findet er eine innere -Gesetzmigkeit. berall forscht er den natrlichen Ursachen nach, -bis zur mglichsten Vollstndigkeit. Dass die Kette von Ursachen -und Folgen in einer letzten Ursache zum Abschlusse komme, behauptet -er auch zu glauben. Die Reihe kann nicht ins Unendliche gehen, und -darum schlieen wir auf einen Gott. Dieser Schluss aber, so heit es -bei ihm, bedeutet eigentlich dies, dass wir nicht im Stande sind, -die Ursachen aller Dinge und die Art ihres Wirkens zu erkennen, -es ist im Grunde ein Gestndnis unserer Unwissenheit. Das bewusste -Nichtwissen ist auch eine Art Wissen. Aber soweit es mglich ist, soll -man das Wissen verfolgen. Indem Ibn Chaldun seine neue Wissenschaft -anbahnt, will er nur die Hauptprobleme angedeutet, nur im allgemeinen -Methode und Gegenstand dieser Wissenschaft angegeben haben. Aber er -hofft, dass andere nach ihm kommen werden, mit gesundem Verstande -und sicherem Wissen seine Untersuchungen weiterzufhren und neue -Probleme aufzustellen. - -Die Hoffnung Ibn Chalduns ist in Erfllung gegangen, aber nicht im -Islam. Wie er ohne Vorgnger war, blieb er ohne Nachfolger. Doch -hat sein Werk im Orient nachhaltig gewirkt. Viele muslimische -Staatsmnner, die seit dem 15. Jahrhundert so manchen europischen -Frsten und Diplomaten zur Verzweiflung gebracht haben, sind bei -unserem Philosophen in die Schule gegangen. - - - - -2. Die Araber und die Scholastik. - -1. Dem Sieger gehrt die Braut. In den Kriegen zwischen Christen -und Muslimen, die in Spanien gefhrt wurden, hatten erstere oft -die Anziehungskraft maurischer Schnen kennen gelernt. Manch -christlicher Ritter hatte mit einer Mohrin den "neuntgigen -Gottesdienst" gefeiert. Aber auer den materiellen Gtern und den -sinnlichen Genssen wirkten auch die Reize geistiger Kultur auf die -Eroberer. Und so erschien die arabische Wissenschaft dem Auge vieler -wissensbedrftiger Mnner wie eine holde Braut. - -Vermittelnd traten da besonders Juden auf. Die Juden hatten alle -Wandlungen der muslimischen Geisteskultur mitgemacht. Viele haben -in der arabischen Sprache geschrieben, andere arabische Schriften -ins Hebrische bertragen. Manch philosophisches Werk muslimischer -Autoren verdankt diesem Umstande seine Erhaltung. - -Der Schlusspunkt jdisch-philosophischer Entwicklung war Maimonides -(1135-1204), der, hauptschlich unter dem Einflusse Farabis und Ibn -Sinas, Aristoteles mit dem Alten Testamente zu vershnen suchte. Teils -deutete er die philosophischen Lehren aus dem offenbarten Texte heraus, -teils lie er die aristotelische Philosophie auf das Irdische sich -beschrnken, whrend dasjenige, was drber ist, aus dem gttlichen -Buche erkannt werden sollte. - -In den muslimischen Staaten zur Zeit ihrer Blte hatten die Juden -sich an der wissenschaftlichen Arbeit beteiligt. Sie waren geduldet, -auch wohl begnstigt worden. Aber mit dem Zusammenbruch jener Staaten, -beim Niedergange der Kultur, nderte sich ihre Lage. Von fanatisierten -Massen vertrieben, flchteten sie sich in die Christenlnder, besonders -nach Sdfrankreich, dort als Kulturvermittler ihre Mission zu erfllen. - -2. An zwei Punkten berhrte sich die muslimische mit der christlichen -Welt des Abendlandes: in Unteritalien und in Spanien. Zu Palermo, -am Hofe Kaiser Friedrichs II. wurde die arabische Wissenschaft eifrig -gepflegt und den Lateinern zugnglich gemacht. Der Kaiser und sein Sohn -Manfred schickten den Universitten zu Bologna und Paris bersetzungen -philosophischer Schriften, zum Teil aus dem Arabischen, zum Teil aber -auch direkt aus dem Griechischen. - -Viel bedeutender aber und einflussreicher war die bersetzerthtigkeit -in Spanien. In dem von den Christen zurckeroberten Toledo befand sich -eine reiche arabische Moschee-Bibliothek, die als Bildungssttte weit -in die nrdlichen Christenlnder hinein bekannt wurde. Mosaraber und -Juden, zum Teil getaufte, arbeiteten dort mit spanischen Christen -zusammen. Aus allen Lndern fanden sich Mitarbeiter. So wirkten -z. B. als bersetzer Johannes Hispanus und Gundisalinus (erste Hlfte -des 12. Jahrhunderts), Gerard von Cremona (1114-1187), Michel der -Schotte und Hermann der Deutsche (zwischen 1240 und 1246). ber die -Thtigkeit dieser Mnner sind wir im einzelnen noch nicht gengend -unterrichtet. Insofern jedem Worte des arabischen Originales oder der -hebrischen (auch spanischen?) bersetzung irgend ein lateinisches -entspricht, sind ihre bersetzungen treu zu nennen. Durch geistvolles -Verstndnis zeichnen sie sich im allgemeinen nicht aus. Demjenigen, -der des Arabischen nicht kundig ist, fllt es schwer, sich da hinein -zu lesen. Gespensterhaft nehmen sich viele beibehaltene arabische -Worte und bis zur Unkenntlichkeit verunstaltete Eigennamen aus. Es -mag das alles eine schne Verwirrung in den Kpfen lateinischer -Philosophieschler angestiftet haben. Und nicht weniger thaten es -die sich neu aufschlieenden Gedanken. - -Die bersetzerthtigkeit hlt im allgemeinen gleichen Schritt -mit dem Interesse christlicher Kreise, und dieses hat sich hnlich -entwickelt, wie wir es im stlichen und westlichen Islam zu beobachten -Gelegenheit hatten (vgl. VI, 1 2). Die ersten bersetzungen -sind mathematisch-astrologisch, medizinisch, naturphilosophisch, -psychologisch, daran sich das logische und metaphysische -schliet. Spter beschrnkt man sich mehr auf Aristoteles und seine -Kommentare, anfangs aber wird allerhand Wunderschtiges bevorzugt. - -Kindi wurde hauptschlich als Arzt und Astrolog bekannt. Ibn Sina -wirkte durch seine Medizin, empirische Psychologie und dazu seine -Naturphilosophie und Metaphysik. Weniger Einfluss bten neben ihm -Farabi und Ibn Baddscha aus. Zuletzt kamen die Kommentare des Ibn -Roschd (Averroes) und ihr Ansehen hat, neben Ibn Sinas Kanon der -Medizin, am lngsten Stand gehalten. - -3. Was hat nun die christliche Philosophie des Mittelalters den -Muslimen zu verdanken? Diese Frage zu beantworten, gehrt eigentlich -nicht mehr zur Aufgabe dieser Monographie. Es ist eine Arbeit fr -sich, dafr es viele Folianten, von denen ich keinen gelesen, zu -durchstbern gibt. Im allgemeinen lsst sich sagen, dass sich in -den bersetzungen aus dem Arabischen dem christlichen Abendlande ein -zweifaches Neues aufthat. Erstens bekam man den Aristoteles, sowohl -logisch als physisch-metaphysisch, vollstndiger als man ihn bisher -kannte. Doch war dies nur von vorbergehender, zeitweilig anregender, -Bedeutung, denn bald wurden alle seine Schriften direkt aus dem -Griechischen viel besser ins Lateinische bersetzt. Das wichtigste -aber war, dass man aus den Schriften der Araber, namentlich des Ibn -Roschd, eine eigentmliche Auffassung der aristotelischen Lehren -als der hchsten Wahrheit kennen lernte. Dies musste fortwhrend zum -Widerspruch, zum Kompromiss zwischen Theologie und Philosophie, oder -gar zur Leugnung des Kirchenglaubens Veranlassung geben. Zum Teil -anregend, zum Teil zersetzend wirkte so die muslimische Philosophie -auf die scholastische Entwicklung des kirchlichen Dogmas ein. Denn -gleichgltig neben einander hergehen, wie das bei muslimischen Denkern -wohl vorgekommen, konnten im Christentume Philosophie und Theologie -noch nicht. Dazu hatte die christliche Dogmatik schon in den ersten -Jahrhunderten ihrer Ausbildung zu viel griechische Philosophie in -sich aufgenommen. Sie konnte noch etwas mehr sich assimilieren. Und -es war verhltnismig leichter, ber die einfachen Lehren des Islam -als ber die verwickelten Dogmen des Christentums hinauszukommen. - -Die christliche Theologie zeigte, als im 12. Jahrhundert der Einfluss -der Araber zu wirken anfing, einen neuplatonisch-augustinischen -Charakter. Bei den Franziskanern blieb auch im 13. Jahrhundert dieser -Charakter gewahrt. Damit kam nun die pythagoreisch-platonische Richtung -im muslimischen Denken gut berein. Fr Duns Scotus war Ibn Gebirol -(Avencebrol, s. VI, 1 2) eine erste Autoritt. Dagegen nahmen die -groen Dominikaner, Albert und Thomas, die die Zukunft der kirchlichen -Lehre bestimmten, einen gemigten Aristotelismus auf, mit dem sich -vieles aus Farabi, besonders aber aus Ibn Sina und Maimonides, ganz -gut vertrug. - -Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts geht eine tiefere Wirkung von -Ibn Roschd aus, und zwar in Paris, dem Mittelpunkte der damaligen -christlich-wissenschaftlichen Bildung. Im Jahre 1256 schreibt Albert -der Groe noch gegen Averroes, 15 Jahre spter aber Thomas von Aquino -gegen die Averroisten. Ihr Haupt ist Siger von Brabant (seit 1266 -bekannt), Mitglied der Artistenfakultt von Paris. Vor der strengen -Konsequenz des averroistischen Systems schreckt er nicht zurck. Und -wie Ibn Roschd den Ibn Sina meistert, so kritisiert, wenn auch uerst -respektierlich, Siger den groen Albert und den heiligen Thomas. Zwar -versichert er, sich der Offenbarung zu unterwerfen, aber die Vernunft -besttigt ihm doch, was Aristoteles, in zweifelhaften Fllen nach -der Erklrung des Ibn Roschd, in seinen Schriften gelehrt hat. Sein -feiner Intellektualismus gefllt aber den Theologen nicht. Wie es -scheint auf Anstiften der Franziskaner, die in ihm vielleicht auch -den Aristotelismus der Dominikaner treffen wollten, wird er von der -Inquisition verfolgt, bis er zu Orvieto (um 1281-1284) im Gefngnis -stirbt. Dante, der mglicherweise von seinen Ketzereien nichts wusste, -hat unseren Siger als Reprsentanten weltlicher Wissenschaft ins -Paradies versetzt. - -Dagegen sind ihm die beiden Vertreter der muslimischen Philosophie -neben den groen und weisen Mnnern Griechenlands und Roms in der -Hlle Vorhalle begegnet. Ibn Sina und Ibn Roschd schlieen dort die -Reihe der groen Heiden, zu denen, wie Dante, die Nachwelt noch oft -mit Bewunderung emporgeblickt hat. - - - - - - - - -ANMERKUNGEN - - -[1] S. Munk, Mlanges de philosophie juive et arabe, Paris 1859. - -[2] Carra de Vaux, Avicenne, Paris 1900. - -[3] Vgl. Snouck Hurgronje, Mekka, II, S. 228 f. - -[4] Hiob XXXVIII. - -[5] 1 Mos. XV 3. - -[6] Der Dialog heisst so, weil Aristoteles whrend des Gesprches -einen Apfel in der Hand hlt, dessen Geruch seine letzten Lebenskrfte -weckt. Am Schlusse sinkt die Hand kraftlos nieder und fllt der Apfel -auf den Boden. - -[7] Als echtes Werk des Aristoteles galt auch Spteren noch ein Auszug -aus der stoicheisis theologik des Proklos. - -[8] Beides kommt vor, doch ist Qijas gewhnlich = Analogie. In der -philosophischen, von den bersetzern herrhrenden Terminologie steht -aber Qijas immer fr syllogismos, whrend analogia mit arab. mithl -wiedergegeben wird. - -[9] Vgl. Snouck Hurgronje in ZDMG. LIII, S. 155. - -[10] Mystiker fhrten auch wohl einen sechsten Sinn dafr ein. - -[11] Nach ihrem grobwollenen Rock (sf) wurden die Asketen Sufis -genannt. - -[12] Rckerts bers. d. Makamen II, S. 219. - -[13] Vgl. v. Kremer, Kulturgesch. des Orients II, S. 429 ff. - -[14] Vgl. den Art. "Zu Kindi und seiner Schule" in Stein's Archiv -fr Geschichte der Philosophie XIII, S. 153 ff., aus dem ich manches, -ohne viel zu ndern, hier wieder aufgenommen habe. - -[15] Das arab. `aql (nous) bersetzt man gewhnlich mit Vernunft -und Intelligenz (lat. intellectus und intelligentia). Ich ziehe -aber Geist vor, weil der Ausdruck Gott und die reinen (separaten) -Sphrengeister mitumfasst. brigens ist schwer zu entscheiden, wie -weit bei den einzelnen Denkern die Personifikation der Vernunft ging. - -[16] Vgl. hierzu Munk, Mlanges, p. 389-409. - -[17] Ibn Chaldun spricht nur von armen Reichen und schweigt von -Proletariern und grostdtischem Elend, wie wir es kennen. Er hat -auch meistens nur in kleineren Stdten gelebt und Kairo aus der -Ferne bewundert. - - - - - - -End of the Project Gutenberg EBook of Geschichte der Philosophie im Islam, by -T. J. de Boer - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE DER PHILOSOPHIE IM ISLAM *** - -***** This file should be named 54679-8.txt or 54679-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/5/4/6/7/54679/ - -Produced by Jeroen Hellingman and the Online Distributed -Proofreading Team at http://www.pgdp.net/ for Project -Gutenberg (This file was produced from images generously -made available by The Internet Archive/American Libraries.) - -Updated editions will replace the previous one--the old editions will -be renamed. - -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. 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Email contact links and up to -date contact information can be found at the Foundation's web site and -official page at www.gutenberg.org/contact - -For additional contact information: - - Dr. Gregory B. Newby - Chief Executive and Director - gbnewby@pglaf.org - -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg -Literary Archive Foundation - -Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide -spread public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. - -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. 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Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition. - -Most people start at our Web site which has the main PG search -facility: www.gutenberg.org - -This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. - diff --git a/old/54679-8.zip b/old/54679-8.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index 1a46035..0000000 --- a/old/54679-8.zip +++ /dev/null diff --git a/old/54679-h.zip b/old/54679-h.zip Binary files differdeleted file mode 100644 index ec62930..0000000 --- a/old/54679-h.zip +++ /dev/null diff --git a/old/54679-h/54679-h.htm b/old/54679-h/54679-h.htm deleted file mode 100644 index 6b0fab2..0000000 --- a/old/54679-h/54679-h.htm +++ /dev/null @@ -1,7643 +0,0 @@ -<!DOCTYPE html -PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 4.01 Transitional//EN" "http://www.w3.org/TR/html4/loose.dtd"> -<!-- This HTML file has been automatically generated from an XML source on 2021-10-19T22:45:17Z using SAXON HE 9.9.1.8 . --> -<html lang="de"> -<head> -<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8"> -<title>Geschichte der Philosophie im Islam</title> -<meta name="generator" content="tei2html.xsl, see https://github.com/jhellingman/tei2html"> -<meta name="author" content="Tjitze Jacobs de Boer (1866–1942)"> -<link rel="coverpage" href="images/new-cover.jpg"> -<link rel="schema.DC" href="http://dublincore.org/documents/1998/09/dces/"> -<meta name="DC.Creator" content="Tjitze Jacobs de Boer (1866–1942)"> -<meta name="DC.Title" content="Geschichte der Philosophie im Islam"> -<meta name="DC.Date" content="2017-05-07"> -<meta name="DC.Language" content="de"> -<meta name="DC.Format" content="text/html"> -<meta name="DC.Publisher" content="Project Gutenberg"> -<meta name="DC.Rights" content="Dieses Buch ist frei von Urheberrechten in den Vereinigten Staaten. 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font-weight:bold'>The Project Gutenberg eBook of Geschichte der Philosophie im Islam, by T. J. de Boer</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and -most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions -whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms -of the Project Gutenberg License included with this eBook or online -at <a href="https://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. If you -are not located in the United States, you will have to check the laws of the -country where you are located before using this eBook. -</div> - -<p style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:1em; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Title: Geschichte der Philosophie im Islam</p> - -<div style='display:block; margin-top:1em; margin-bottom:1em; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Author: T. J. de Boer</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'>Release Date: October 20, 2021 [eBook #54679]</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'>Language: German</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'>Character set encoding: UTF-8</div> - -<div style='display:block; margin-left:2em; text-indent:-2em'>Produced by: Jeroen Hellingman and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net/ for Project Gutenberg (This file was produced from images generously made available by The Internet Archive/American Libraries.)</div> - -<div style='margin-top:2em; margin-bottom:4em'>*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE DER PHILOSOPHIE IM ISLAM ***</div> -<div class="front"> -<div class="div1 cover"><span class="pageNum">[<a href="#toc">Inhalt</a>]</span><div class="divBody"> -<p class="first"></p> -<div class="figure cover-imagewidth"><img src="images/new-cover.jpg" alt="Neu gefasster Vorderdeckel." width="480" height="720"></div><p> -</p> -</div> -</div> -<div class="div1 titlepage"><span class="pageNum">[<a href="#toc">Inhalt</a>]</span><div class="divBody"> -<p class="first"></p> -<div class="figure titlepage-imagewidth"><img src="images/titlepage.png" alt="Originaltitelblatt." width="439" height="720"></div><p> -</p> -</div> -</div> -<div class="titlePage"> -<div class="docTitle"> -<div class="mainTitle">Geschichte <br>der <br>Philosophie im Islam</div> -</div> -<div class="byline">von -<br><span class="docAuthor">T. J. de Boer.</span> </div> -<div class="docImprint">STUTTGART. <br>FR. FROMMANNS VERLAG (E. HAUFF). <br><span class="docDate">1901.</span> </div> -</div> -<p></p> -<div class="div1 copyright"><span class="pageNum">[<a href="#toc">Inhalt</a>]</span><div class="divBody"> -<p class="first xd31e122">Alle Rechte vorbehalten. -<span class="pageNum" id="pb3">[<a href="#pb3">3</a>]</span> </p> -</div> -</div> -<div class="div1 preface"><span class="pageNum">[<a href="#toc">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main">Vorwort.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<p class="first">Nach der vortrefflichen Skizze Munk’s<a class="noteRef" id="xd31e130src" href="#xd31e130">1</a> ist dies der erste Versuch, die Geschichte der Philosophie im Islam im Zusammenhang -vorzuführen. Ein neuer Anfang also, kein Abschluss möchte meine Arbeit sein. Nicht -Alles, was auf diesem Gebiete vorgearbeitet, ist mir bekannt geworden und nicht alles -Bekannte war mir zugänglich. Handschriftliches konnte nur ausnahmsweise benutzt werden. -</p> -<p>Der Darstellung wegen sind die Quellenbelege zurückgehalten. Nur wenn ich etwas fast -wörtlich oder ohne Nachprüfung herübergenommen habe, ist das in den Noten bemerkt -worden. <span class="corr" id="xd31e135" title="Quelle: Uebrigens">Übrigens</span> bedauere ich sehr, dass es jetzt nicht gehörig zur Anschauung kommen kann, was ich, -für das Verständnis der Quellen, Männern wie Dieterici, de Goeje, Goldziher, Houtsma, -Aug. Müller, Munk, Nöldeke, Renan, Snouck Hurgronje, Steinschneider, van Vloten und -vielen, vielen anderen verdanke. -</p> -<p>Erst nach Abschluss dieser Arbeit ist eine interessante, auch über die Vorgeschichte -der Philosophie im Islam sich verbreitende Monographie über Ibn Sina erschienen.<a class="noteRef" id="xd31e140src" href="#xd31e140">2</a> Sie gibt mir aber keine Veranlassung, meine Auffassung im ganzen zu ändern. -</p> -<p>Für alles Bibliographische verweise ich auf die Orientalische Bibliographie, Brockelmann’s -Geschichte der Arabischen Litteratur und die Litteraturnachweise bei <span class="corr" id="xd31e147" title="Quelle: Ueberweg-Heinze">Überweg-Heinze</span>. Bei der Umschreibung arabischer Namen habe ich mehr auf Tradition und deutsche Aussprache -als <span class="pageNum" id="pb4">[<a href="#pb4">4</a>]</span>auf Konsequenz geachtet. Es sei nur bemerkt, dass das z als weiches s zu sprechen, -und das th wie das englische. Im Personenregister bezeichnen Accente die Länge. -</p> -<p>So viel wie möglich hab’ ich mich auf den Islam beschränkt. Deshalb sind Ibn Gebirol -und Maimonides nur im Vorbeigehen genannt, andere jüdische Denker ganz übergangen, -obgleich sie, philosophisch betrachtet, dem muslimischen Bildungskreise angehören. -Der Schaden ist aber nicht gross. Denn über die jüdischen Philosophen ist schon viel -geschrieben worden, während man bis jetzt die muslimischen Denker sehr vernachlässigt -hat. -</p> -<p class="dateline"><span class="ex">Groningen</span> (Niederlande). -</p> -<p class="signed">T. J. de Boer. -<span class="pageNum" id="pb5">[<a href="#pb5">5</a>]</span> </p> -</div> -<div class="footnotes"> -<hr class="fnsep"> -<div class="footnote-body"> -<div id="xd31e130"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e130src">1</a></span> S. Munk, Mélanges de philosophie juive et arabe, Paris 1859. <a class="fnarrow" href="#xd31e130src" title="Zurück zur Note 1 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e140"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e140src">2</a></span> <span class="ex">Carra de Vaux</span>, Avicenne, Paris 1900. <a class="fnarrow" href="#xd31e140src" title="Zurück zur Note 2 im Text.">↑</a></p> -</div> -</div> -</div> -</div> -<div id="toc" class="div1 contents"><span class="pageNum">[<a href="#toc">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main">Inhaltsübersicht.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<p class="first"> <span class="tocPageNum">Seite</span> -</p> -<p>I. <a href="#ch1" id="xd31e170">Zur Einleitung</a>. <span class="tocPageNum">9–33</span> -</p> -<p>1. <a href="#ch1.1" id="xd31e178">Der Schauplatz</a> <span class="tocPageNum">9</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch1.1.1">Das alte Arabien.</a> 2. <a href="#ch1.1.2">Die ersten Chalifen. Medina. Schiiten.</a> 3. <a href="#ch1.1.3">Die Omajjaden. Damaskus, Basra und Kufa.</a> 4. <a href="#ch1.1.4">Die Abbasiden. Bagdad.</a> 5. <a href="#ch1.1.5">Kleinstaaterei. Fall des Chalifates.</a> -</p> -<p>2. <a href="#ch1.2" id="xd31e203">Orientalische Weisheit</a> <span class="tocPageNum">13</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch1.2.1">Semitische Spekulation.</a> 2. <a href="#ch1.2.2">Persische Religion. Zrwanismus.</a> 3. <a href="#ch1.2.3">Indische Weisheit.</a> -</p> -<p>3. <a href="#ch1.3" id="xd31e222">Griechische Wissenschaft</a> <span class="tocPageNum">17</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch1.3.1">Die Syrer.</a> 2. <a href="#ch1.3.2">Die christlichen Kirchen.</a> 3. <a href="#ch1.3.3">Edessa und Nisibis.</a> 4. <a href="#ch1.3.4">Harran.</a> 5. <a href="#ch1.3.5">Gondeschapur.</a> 6. <a href="#ch1.3.6">Syrische <span class="corr" id="xd31e248" title="Quelle: Uebersetzungen">Übersetzungen</span>.</a> 7. <a href="#ch1.3.7">Die Philosophie bei den Syrern.</a> 8. <a href="#ch1.3.8">Arabische <span class="corr" id="xd31e257" title="Quelle: Uebersetzungen">Übersetzungen</span>.</a> 9. <a href="#ch1.3.9">Die Philosophie der <span class="corr" id="xd31e263" title="Quelle: Uebersetzer">Übersetzer</span>.</a> 10. <a href="#ch1.3.10">Umfang der <span class="corr" id="xd31e269" title="Quelle: Ueberlieferung">Überlieferung</span>.</a> 11. <a href="#ch1.3.11">Fortsetzung des Neuplatonismus.</a> 12. <a href="#ch1.3.12">Das Buch vom Apfel.</a> 13. <a href="#ch1.3.13">Die Theologie des Aristoteles.</a> 14. <a href="#ch1.3.14">Aufnahme des Aristoteles.</a> 15. <a href="#ch1.3.15">Die Philosophie im Islam.</a> -</p> -<p>II. <a href="#ch2" id="xd31e291">Philosophie und arabisches Wissen</a> <span class="tocPageNum">34–68</span> -</p> -<p>1. <a href="#ch2.1" id="xd31e299">Die Sprachwissenschaft</a> <span class="tocPageNum">34</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch2.1.1">Die verschiedenen Wissenschaften.</a> 2. <a href="#ch2.1.2">Die arabische Sprache. Der Koran.</a> 3. <a href="#ch2.1.3">Die Grammatiker von Basra und Kufa.</a> 4. <a href="#ch2.1.4">Logische Grammatik. Metrik.</a> 5. <a href="#ch2.1.5">Sprachwissenschaft und Philosophie.</a> -</p> -<p>2. <a href="#ch2.2" id="xd31e325">Die Pflichtenlehre</a> <span class="tocPageNum">38</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch2.2.1">Tradition und Freiheit.</a> 2. <a href="#ch2.2.2">Die Analogie.</a> 3. <a href="#ch2.2.3">Inhalt und Stellung der Pflichtenlehre.</a> 4. <a href="#ch2.2.4">Ethik und Politik.</a> -</p> -<p>3. <a href="#ch2.3" id="xd31e347">Die Glaubenslehre</a> <span class="tocPageNum">42</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch2.3.1">Christliche Dogmatik.</a> 2. <a href="#ch2.3.2">Der Kalam.</a> 3. <a href="#ch2.3.3">Die Mutaziliten und ihre Gegner.</a> 4. <a href="#ch2.3.4">Menschliches und göttliches Wirken.</a> 5. <a href="#ch2.3.5">Gottes Wesen.</a> 6. <a href="#ch2.3.6">Offenbarung und Vernunft.</a> 7. <a href="#ch2.3.7">Abu-l-Hudhail.</a> 8. <a href="#ch2.3.8">Nazzam.</a> 9. <a href="#ch2.3.9">Dschahiz.</a> 10. <a href="#ch2.3.10">Muammar und Abu Haschim.</a> 11. <a href="#ch2.3.11">Aschari.</a> 12. <a href="#ch2.3.12">Der atomistische Kalam.</a> 13. <a href="#ch2.3.13">Die Mystik.</a> -<span class="pageNum" id="pb6">[<a href="#pb6">6</a>]</span></p> -<p>4. <a href="#ch2.4" id="xd31e399">Litteratur und Geschichte</a> <span class="tocPageNum">63</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch2.4.1">Die Litteratur.</a> 2. <a href="#ch2.4.2">Abu-l-Atahia. Mutanabbi, Abu-l-Ala. Hariri.</a> 3. <a href="#ch2.4.3">Geschichtliche <span class="corr" id="xd31e415" title="Quelle: Ueberlieferung">Überlieferung</span>.</a> 4. <a href="#ch2.4.4">Masudi und Muqaddasi.</a> -</p> -<p>III. <a href="#ch3" id="xd31e424">Die pythagoreische Philosophie</a> <span class="tocPageNum">69–89</span> -</p> -<p>1. <a href="#ch3.1" id="xd31e432">Die Naturphilosophie</a> <span class="tocPageNum">69</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch3.1.1">Die Quellen.</a> 2. <a href="#ch3.1.2">Die mathematischen Disziplinen.</a> 3. <a href="#ch3.1.3">Die Naturwissenschaften.</a> 4. <a href="#ch3.1.4">Die Medizin.</a> 5. <a href="#ch3.1.5">Razi.</a> 6. <a href="#ch3.1.6">Die Dahriten.</a> -</p> -<p>2. <a href="#ch3.2" id="xd31e461">Die treuen Brüder von Basra</a> <span class="tocPageNum">76</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch3.2.1">Die Karmaten.</a> 2. <a href="#ch3.2.2">Die Brüder und ihre Encyklopädie.</a> 3. <a href="#ch3.2.3">Eklektizismus.</a> 4. <a href="#ch3.2.4">Das Wissen.</a> 5. <a href="#ch3.2.5">Die Mathematik.</a> 6. <a href="#ch3.2.6">Die Logik.</a> 7. <a href="#ch3.2.7">Gott und Welt.</a> 8. <a href="#ch3.2.8">Die menschliche Seele.</a> 9. <a href="#ch3.2.9">Religionsphilosophie.</a> 10. <a href="#ch3.2.10">Die Ethik.</a> 11. <a href="#ch3.2.11">Wirkung der Encyklopädie.</a> -</p> -<p>IV. <a href="#ch4" id="xd31e506">Die neuplat. Aristoteliker des Ostens</a> <span class="tocPageNum">90–137</span> -</p> -<p>1. <a href="#ch4.1" id="xd31e514">Kindi</a> <span class="tocPageNum">90</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch4.1.1">Sein Leben.</a> 2. <a href="#ch4.1.2">Verhältnis zur Theologie.</a> 3. <a href="#ch4.1.3">Die Mathematik.</a> 4. <a href="#ch4.1.4">Gott, Welt, Seele.</a> 5. <a href="#ch4.1.5">Die Lehre vom Nus.</a> 6. <a href="#ch4.1.6">Kindi als Aristoteliker.</a> 7. <a href="#ch4.1.7">Die Schule Kindis.</a> -</p> -<p>2. <a href="#ch4.2" id="xd31e546">Farabi</a> <span class="tocPageNum">98</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch4.2.1">Die Logiker.</a> 2. <a href="#ch4.2.2">Farabis Leben.</a> 3. <a href="#ch4.2.3">Verhältnis zu Platon und Aristoteles.</a> 4. <a href="#ch4.2.4">Die Philosophie.</a> 5. <a href="#ch4.2.5">Die Logik.</a> 6. <a href="#ch4.2.6">Das Seiende. Gott.</a> 7. <a href="#ch4.2.7">Die Himmelwelt.</a> 8. <a href="#ch4.2.8">Die irdische Welt.</a> 9. <a href="#ch4.2.9">Die menschliche Seele.</a> 10. <a href="#ch4.2.10">Der Geist im Menschen.</a> 11. <a href="#ch4.2.11">Die Ethik.</a> <span class="corr" id="xd31e589" title="Quelle: 1">12.</span> <a href="#ch4.2.12">Die Politik.</a> 13. <a href="#ch4.2.13">Das zukünftige Leben.</a> 14. <a href="#ch4.2.14">Rückblick.</a> 15. <a href="#ch4.2.15">Wirkungen seiner Philosophie. Sidschistani.</a> -</p> -<p>3. <a href="#ch4.3" id="xd31e606">Ibn Maskawaih.</a> <span class="tocPageNum">116</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch4.3.1">Seine Stellung.</a> 2. <a href="#ch4.3.2">Das Wesen der Seele.</a> 3. <a href="#ch4.3.3">Prinzipien der Ethik.</a> -</p> -<p>4. <a href="#ch4.4" id="xd31e625">Ibn Sina</a> <span class="tocPageNum">119</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch4.4.1">Sein Leben.</a> 2. <a href="#ch4.4.2">Das Werk.</a> 3. <a href="#ch4.4.3">Philosophische Wissenschaften. Die Logik.</a> 4. <a href="#ch4.4.4">Metaphysik und Physik.</a> 5. <a href="#ch4.4.5">Anthropologie und Psychologie.</a> 6. <a href="#ch4.4.6">Die Vernunft.</a> 7. <a href="#ch4.4.7">Allegorische Darstellung der Vernunftlehre.</a> 8. <a href="#ch4.4.8">Geheimlehre.</a> 9. <a href="#ch4.4.9">Ibn Sinas Zeit. Beruni.</a> 10. <a href="#ch4.4.10">Behmenjar.</a> 11. <a href="#ch4.4.11">Das Fortleben Ibn Sinas.</a> -</p> -<p>5. <a href="#ch4.5" id="xd31e669">Ibn al-Haitham</a> <span class="tocPageNum">133</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch4.5.1">Der Zug nach Westen.</a> 2. <a href="#ch4.5.2">Ibn al-Haithams Leben und Werke.</a> 3. <a href="#ch4.5.3">Wahrnehmung und Erkenntnis.</a> 4. <a href="#ch4.5.4">Nachwirkung.</a> -<span class="pageNum" id="pb7">[<a href="#pb7">7</a>]</span></p> -<p>V. <a href="#ch5" id="xd31e693">Der Ausgang der Philosophie im Osten</a> <span class="tocPageNum">138–152</span> -</p> -<p>1. <a href="#ch5.1" id="xd31e701">Gazali</a> <span class="tocPageNum">138</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch5.1.1">Dialektik und Mystik.</a> 2. <a href="#ch5.1.2">Gazalis Leben.</a> 3. <a href="#ch5.1.3">Stellung zu seiner Zeit.</a> 4. <a href="#ch5.1.4">Die Welt.</a> 5. <a href="#ch5.1.5">Gott und Vorsehung.</a> 6. <a href="#ch5.1.6">Der Mensch.</a> 7. <a href="#ch5.1.7">Gazalis Theologie.</a> 8. <a href="#ch5.1.8">Erfahrung und Offenbarung.</a> 9. <a href="#ch5.1.9">Rückblick.</a> -</p> -<p>2. <a href="#ch5.2" id="xd31e739">Die Kompendienschreiber</a> <span class="tocPageNum">150</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch5.2.1">Stellung der Philosophie.</a> 2. <a href="#ch5.2.2">Philosophische Bildung.</a> -</p> -<p>VI. <a href="#ch6" id="xd31e755">Die Philosophie im Westen</a> <span class="tocPageNum">153–176</span> -</p> -<p>1. <a href="#ch6.1" id="xd31e763">Die Anfänge</a> <span class="tocPageNum">153</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch6.1.1">Die Omajjadenzeit.</a> 2. <a href="#ch6.1.2">Das elfte Jahrhundert.</a> -</p> -<p>2. <a href="#ch6.2" id="xd31e779">Ibn Baddscha</a> <span class="tocPageNum">156</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch6.2.1">Die Almoraviden.</a> 2. <a href="#ch6.2.2">Ibn Baddschas Leben.</a> 3. <a href="#ch6.2.3">Charakteristik.</a> 4. <a href="#ch6.2.4">Logik und Metaphysik.</a> 5. <a href="#ch6.2.5">Seele und Geist.</a> 6. <a href="#ch6.2.6">Der einzelne Mensch.</a> -</p> -<p>3. <a href="#ch6.3" id="xd31e809">Ibn Tofail</a> <span class="tocPageNum">160</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch6.3.1">Die Almohaden.</a> 2. <a href="#ch6.3.2">Ibn Tofails Leben.</a> 3. <a href="#ch6.3.3">Hai ibn Jaqzan.</a> 4. <a href="#ch6.3.4">Hai und die Entwicklung der Menschheit.</a> 5. <a href="#ch6.3.5">Hai’s Ethik.</a> -</p> -<p>4. <a href="#ch6.4" id="xd31e834">Ibn Roschd</a> <span class="tocPageNum">165</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch6.4.1">Sein Leben.</a> 2. <a href="#ch6.4.2">Ibn Roschd und Aristoteles.</a> 3. <a href="#ch6.4.3">Logik. Erkenntnis der Wahrheit.</a> 4. <a href="#ch6.4.4">Die Welt und Gott.</a> 5. <a href="#ch6.4.5">Körper und Geist.</a> 6. <a href="#ch6.4.6">Geist und Geister.</a> 7. <a href="#ch6.4.7">Rückblick.</a> 8. <a href="#ch6.4.8">Praktische Philosophie.</a> -</p> -<p>VII. <a href="#ch7" id="xd31e869">Zum Schluss</a> <span class="tocPageNum">177–188</span> -</p> -<p>1. <a href="#ch7.1" id="xd31e877">Ibn Chaldun</a> <span class="tocPageNum">177</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch7.1.1">Die Zeitverhältnisse.</a> 2. <a href="#ch7.1.2">Das Leben Ibn Chalduns.</a> 3. <a href="#ch7.1.3">Philosophie und Welterfahrung.</a> 4. <a href="#ch7.1.4">Geschichtsphilosophie. Historische Methode.</a> 5. <a href="#ch7.1.5">Gegenstand der Geschichte.</a> 6. <a href="#ch7.1.6">Charakteristik.</a> -</p> -<p>2. <a href="#ch7.2" id="xd31e906">Die Araber und die Scholastik</a> <span class="tocPageNum">184</span> -</p> -<p class="tocArgument">1. <a href="#ch7.2.1">Politische Lage. Die Juden.</a> 2. <a href="#ch7.2.2">Palermo und Toledo.</a> 3. <a href="#ch7.2.3">Die Araber in Paris.</a> -<span class="pageNum" id="pb9">[<a href="#pb9">9</a>]</span> </p> -</div> -</div> -</div> -<div class="body"> -<div id="ch1" class="div1 chapter"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e170">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main"><span class="divNum">I.</span> Zur Einleitung.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<div id="ch1.1" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e178">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">1.</span> Der Schauplatz.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch1.1.1" class="first"><b>1.</b> Von alters her war, wie heutzutage, die arabische Wüste der Tummelplatz unabhängiger -Beduinenstämme. Mit freiem, gesundem Sinn blickten diese in ihre einförmige Welt hinein, -deren höchster Reiz der Beutezug, deren geistiger Schatz die Stammesüberlieferung -war. Weder die Errungenschaften geselliger Arbeit noch die Gaben schöner Muße waren -ihnen bekannt. Nur an den Rändern der Wüste wurde, in Staatenbildungen, die oft von -den Überfällen jener Beduinen zu leiden hatten, eine höhere Stufe der Gesittung erreicht. -So war es im Süden, wo in christlicher Zeit unter abyssinischer oder persischer Oberhoheit -das alte Reich der Königin von Saba fortbestand. Im Westen lagen an einer alten Handelsstraße -Mekka und Medina (Jathrib), und besonders Mekka mit seinem Markte im Schutze eines -Tempels war ein Mittelpunkt regen Verkehrs. Im Norden endlich hatten sich zwei halbsouveräne -Staaten unter arabischen Fürsten gebildet: gegen Persien hin das Reich der Lachmiden -in Hira und gegen Byzanz der Gassaniden Herrschaft in Syrien. Aber in Sprache und -Poesie stellte sich schon vor Mohammed einigermaßen die Einheit der arabischen Nation -dar. Die Dichter waren die Wissenden ihres Volkes. Ihre Zaubersprüche galten zunächst -den Stämmen als Orakel. Doch ging ihre Wirkung wohl oft über den eigenen Stamm hinaus. -</p> -<p id="ch1.1.2"><b>2.</b> Mohammed und seinen nächsten Nachfolgern, Abu Bekr, Omar, Othman und Ali (622–661) -ist es nun gelungen, die freien Wüstensöhne zusammen mit den gesitteteren <span class="pageNum" id="pb10">[<a href="#pb10">10</a>]</span>Bewohnern der Küstenstriche für ein gemeinsames Unternehmen zu begeistern. Diesem -Ereignis verdankt der Islam seine Weltstellung. Denn Allah zeigte sich groß und für -die Ihm sich Ergebenden (Muslime) war die Welt gar klein. In kurzer Zeit wurde ganz -Persien erobert und verlor das oströmische Reich seine schönsten Provinzen: Syrien -und Ägypten. -</p> -<p>Medina war der Sitz der ersten Chalifen oder Stellvertreter des Propheten. Aber Mohammeds -tapferer Schwiegersohn, Ali, und dessen Söhne unterlagen Moawia, dem klugen Statthalter -von Syrien. Seit der Zeit besteht die Partei des Ali (Schiiten), die unter mancherlei -Wandlungen, bald unterworfen, bald an einzelnen Stellen zur Herrschaft gelangt, ihr -Wesen in der Geschichte treibt, bis sie sich (1502) im persischen Reich endgültig -gegen den sunnitischen Islam abschließt. -</p> -<p>In ihrem Kampfe gegen die weltliche Macht haben die Schiiten sich aller möglichen -Waffen, auch der Wissenschaft bedient. Schon früh erscheint unter ihnen die Partei -der Kaisaniten, die dem Ali und seinen Erben eine übermenschliche Geheimwissenschaft -zuschreibt, ein Wissen, mit dessen Hilfe der innere Sinn der göttlichen Offenbarung -erst klar werde, das aber auch von seinen Adepten nicht weniger Glauben und unbedingten -Gehorsam gegen die Träger solchen Wissens erfordert als der Buchstabe des Korans. -(<abbr title="Vergleiche">Vgl.</abbr> <a href="#ch3.2.1">III, 2 § 1</a>.) -</p> -<p id="ch1.1.3"><b>3.</b> Nach dem Siege Moawias, der Damaskus zur Hauptstadt des muslimischen Reiches machte, -lag die Bedeutung Medinas hauptsächlich auf geistigem Gebiete. Es musste sich damit -begnügen, zum Teil unter jüdischen und christlichen Einflüssen, die Wissenschaft des -Gesetzes und der Tradition zu pflegen. In Damaskus aber führten die Omajjaden (661–750) -ihr weltliches Regiment. Unter ihrer Herrschaft dehnte sich das Reich vom atlantischen -Meere bis über die Grenzen Indiens und Turkestans aus, vom südlichen Meere bis an -den Kaukasus und vor die <span class="pageNum" id="pb11">[<a href="#pb11">11</a>]</span>Mauern von Konstantinopel. Damit war aber auch die weiteste Ausdehnung erreicht. -</p> -<p>Araber nahmen jetzt überall die führende Stellung ein. Sie bildeten eine militärische -Aristokratie und der schlagendste Beweis für ihren Einfluss ist dies, dass unterworfene -Völker mit alter, überlegener Kultur die Sprache der Sieger annahmen. Die arabische -Sprache wurde die Sprache des Staates und der Religion, der Poesie und der Wissenschaft. -Während aber die hohen Staats- und Militärämter vorzugsweise von Arabern verwaltet -wurden, blieb es zunächst Nichtarabern und Mischlingen überlassen, Künste und Wissenschaften -zu pflegen. In Syrien ging man bei Christen in die Schule. Die Hauptstätten geistiger -Bildung aber wurden Basra und Kufa, in denen Araber und Perser, Muslime, Christen, -Juden und Magier zusammenstießen. Dort, wo Handel und Gewerbe aufblühten, sind, unter -hellenistisch-christlichen und persischen Einflüssen entstanden, die Anfänge weltlicher -Wissenschaft im Islam zu suchen. -</p> -<p id="ch1.1.4"><b>4.</b> Den Omajjaden folgten die Abbasiden (750–1258) nach. Diese machten, um zur Herrschaft -zu gelangen, dem Persertum Konzessionen und benutzten religiös-politische Bewegungen. -Nur in dem ersten Jahrhundert ihrer Regierung (bis etwa 860) mehrte oder hielt sich -noch die Größe des Reiches, als dessen Mittelpunkt Mansur, der zweite Herrscher dieses -Hauses, im Jahre 762 Bagdad gründete, eine Stadt, die bald an weltlichem Glanze Damaskus -und als Leuchte des Geistes Basra und Kufa überstrahlte. Nur mit Konstantinopel war -sie zu vergleichen. In Bagdad, an dem Hofe Mansurs (754–775), Haruns (786–809), Mamuns -(813–833) <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> fanden sich, besonders aus den nordöstlichen Provinzen, Dichter und Gelehrte zusammen. -Mehrere Abbasiden liebten weltliche Bildung, sei es an sich oder zur Ausschmückung -ihres Hofes, und wenn sie oft auch den Wert der Künstler und Gelehrten nicht erkannt -haben mögen, so wussten <span class="pageNum" id="pb12">[<a href="#pb12">12</a>]</span>doch diese die materiellen Güter ihrer Herren wohl zu schätzen. -</p> -<p>Wenigstens seit der Zeit Haruns bestand in Bagdad eine Bibliothek und eine Gelehrtenanstalt. -Schon unter Mansur, besonders aber unter Mamun und seinen Nachfolgern, wurde dann -die wissenschaftliche Litteratur der Griechen, meistens durch syrische Vermittelung, -in die arabische Sprache übertragen. Auch Kompendien und Erläuterungen dazu wurden -verfasst. -</p> -<p>Als diese gelehrte Arbeit ihren höchsten Aufschwung nahm, war die Herrlichkeit des -Reiches im Niedergang begriffen. Die alten Stammesfehden, die unter den Omajjaden -nie geruht hatten, waren scheinbar einer festgefügten Einheit des Staates gewichen. -Aber es dauerten in verschärftem Maße andere Streitigkeiten fort, theologische und -metaphysische Zänkereien, wie sie ähnlich den Verfall des oströmischen Reiches begleiteten. -Der Staatsdienst brauchte in der orientalischen Despotie nur wenig befähigte Köpfe. -Viele junge Kräfte gingen im üppigen Genusse unter, andere verfielen auf Wortkünstelei -und Scheingelehrsamkeit. Zur Verteidigung des Reiches dagegen zog man die frische -Kraft weniger überbildeter Völker heran: zuerst iranische oder iranisierte Chorasaner, -darauf Türken. -</p> -<p id="ch1.1.5"><b>5.</b> Immer deutlicher zeigte sich des Reiches Verfall. Die Machtstellung des Türkenheeres, -Aufstände städtischen Pöbels und ländlicher Arbeiter, schiitische und ismaelitische -Umtriebe überall, dazu die Selbständigkeitsgelüste der entfernten Provinzen waren -entweder die Ursachen oder die Symptome des Untergangs. Neben dem Chalifen, der zum -geistlichen Würdenträger herabsank, herrschten die Türken als Hausmeier. Und an der -Peripherie entstanden nach und nach selbständige Staaten, bis zu einer ganz entsetzlichen -Kleinstaaterei. Die wichtigsten, mehr oder weniger unabhängigen Herrscher waren im -Westen, abgesehen von den spanischen Omajjaden (<abbr title="vergleiche">vgl.</abbr> <a href="#ch6.1">VI, 1</a>), die Aglabiden Nordafrikas, die Tuluniden und Fatimiden Ägyptens und die <span class="pageNum" id="pb13">[<a href="#pb13">13</a>]</span>Hamdaniden Syriens und Mesopotamiens; im Osten die Tahiriden und Samaniden, allmählich -von den Türken verdrängt. An den Höfen dieser kleinen Dynastien sind in der nächsten -Zeit (10. und 11. Jahrh.) die Dichter und Gelehrten zu finden. Mehr als Bagdad machen -sich auf kurze Zeit Haleb (Aleppo), der Sitz der Hamdaniden, und auf längere Zeit -Kairo, im Jahre 969 von den Fatimiden erbaut, als Heimstätten geistiger Bestrebungen -geltend. Im Osten glänzt noch einen Augenblick der Hof des Türken Machmud von Ghazna, -der seit dem Jahre 999 Herr von Chorasan war. -</p> -<p>In diese Zeit der Kleinstaaterei und der Türkenwirtschaft fällt auch die Gründung -der muslimischen Universitäten. Im Jahre 1065 wurde die erste in Bagdad errichtet. -Seit der Zeit besitzt der Orient die Wissenschaft nur in stereotypen Auflagen. Der -Lehrer hat gelehrt, was ihm von seinen Lehrern überliefert worden, und jedes neue -Buch enthält kaum einen Satz, der nicht schon in älteren Büchern stände. Die Wissenschaft -ist gerettet. Aber die Gelehrten Transoxaniens, die, der <span class="corr" id="xd31e988" title="Quelle: Ueberlieferung">Überlieferung</span> nach, als sie die Gründung der ersten Madrasah erfuhren, eine Trauerfeier zu Ehren -der Wissenschaft veranstalteten, haben Recht behalten.<a class="noteRef" id="xd31e991src" href="#xd31e991">1</a> -</p> -<p>Über die östlichen Länder des Islam brauste dann (13. Jahrh.) der Mongolensturm dahin. -Was der Türke übrig gelassen, raffte dieser hinweg. Es blühte da keine Kultur wieder -auf, die aus sich heraus eine neue Kunst hervortrieb oder zu einer Erneuerung der -Wissenschaft die Anregung darbot. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch1.2" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e203">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">2.</span> Orientalische Weisheit.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch1.2.1" class="first"><b>1.</b> Vor seiner Berührung mit dem Hellenismus hat der semitische Geist, in philosophischer -Hinsicht, es nie <span class="pageNum" id="pb14">[<a href="#pb14">14</a>]</span>weiter als zu Rätselfragen und Spruchweisheit gebracht. Einzelbeobachtungen aus der -Natur, hauptsächlich aber aus Leben und Schicksal des Menschen, liegen zu Grunde, -und wo das Verständnis aufhört, stellt sich leicht die Ergebung in den allmächtigen -und unergründlichen Willen Gottes ein. Wir kennen diese Weisheit aus dem Alten Testament. -Dass sie sich ähnlich bei den Arabern ausbildete, zeigen uns die biblische Geschichte -der Königin von Saba und die Gestalt des weisen Loqman in der arabischen Überlieferung. -</p> -<p>Neben solcher Weisheit gab es überall die Magie des Zauberers, ein Wissen, das sich -in der Herrschaft über die Dinge bewährte. Aber nur in den priesterlichen Kreisen -Alt-Babyloniens, unter welchen Einflüssen und in welchem Umfange wissen wir nicht -genau, erhob man sich zu einer wissenschaftlicheren Betrachtung der Welt. Vom Wirrsal -des Erdendaseins wandte dort das Auge sich der himmlischen Ordnung zu. Nicht wie der -Hebräer, der über ein gewisses Staunen nicht hinwegkam<a class="noteRef" id="xd31e1009src" href="#xd31e1009">2</a> oder in den unzähligen Gestirnen nur ein Sinnbild eigener Nachkommenschaft sah<a class="noteRef" id="xd31e1012src" href="#xd31e1012">3</a>, sondern ähnlich dem Griechen, der das Viele und Mannigfaltige unter dem Monde erst -verstehen lernte, nachdem er in der Einheit und Stetigkeit der Himmelsbewegung die -Harmonie des Alls gefunden hatte. Nur dass sich mit dem Guten, wie es denn im Hellenismus -nicht anders war, viel mythologisches Spiel und astrologisches Afterwissen verschlangen. -</p> -<p>Diese chaldäische Weisheit wurde in Babylonien und Syrien seit den Tagen Alexanders -des Großen mit hellenistischen, später mit hellenistisch-christlichen Ideen durchsetzt -oder davon verdrängt. Nur in der syrischen Stadt Harran hielt sich bis in die Zeit -des Islam das alte Heidentum, von christlichen Einflüssen wenig berührt. (<abbr title="Vergleiche">Vgl.</abbr> <a href="#ch1.3.4">I, 3 § 4</a>.) -<span class="pageNum" id="pb15">[<a href="#pb15">15</a>]</span></p> -<p id="ch1.2.2"><b>2.</b> Bedeutender als etwaige semitische Überlieferung war es, was dem Islam von persischer -und indischer Weisheit zugeführt wurde. Auf die Frage, ob die orientalische Weisheit -von griechischer Philosophie, oder diese von jener ursprünglich beeinflusst sei, brauchen -wir hier nicht einzugehen. Was der Islam graden Weges Persern und Indern entnommen -hat, lässt sich aus den arabischen Quellen mit ziemlicher Sicherheit ersehen, und -auf dieses dürfen wir uns beschränken. -</p> -<p>Persien ist das Land des Dualismus, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass seine -dualistische Religionslehre, sei es direkt, sei es durch Vermittelung des Manichäismus -oder anderer gnostischer Sekten, auf die theologischen Streitigkeiten im Islam eingewirkt -habe. Viel größer aber ist in weltlichen Kreisen der Einfluss desjenigen Systems gewesen, -das der Überlieferung nach unter dem Sasaniden Jezdegerd II. (438/9–457) sogar zur -öffentlichen Anerkennung kam, des Zrwanismus (<abbr title="vergleiche">vgl.</abbr> <a href="#ch3.1.6"><span class="corr" id="xd31e1034" title="Quelle: II">III</span>, 1 § 6</a>). In diesem System war die dualistische Weltansicht dadurch aufgehoben, dass als -oberstes Prinzip die endlose Zeit (<span class="ex">zrwan</span>, arab. <span class="ex">dahr</span>) aufgestellt und mit dem Geschick, der äußersten Himmelssphäre oder der Bewegung -des Himmels identifiziert wurde. Diese Lehre, die philosophischen Köpfen zusagte, -hat sich, mit oder ohne die Maske des Islam, in der persischen Litteratur und bis -auf unsere Zeit in den volkstümlichen Anschauungen einen großen Platz zu erhalten -gewusst. Von den Theologen aber und nicht weniger von der idealistischen Schulphilosophie -wurde sie als Materialismus, Atheismus <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> abgewiesen. -</p> -<p id="ch1.2.3"><b>3.</b> Als das wahre Land der Weisheit galt Indien. Vielfach findet sich bei den arabischen -Schriftstellern die Anschauung, dort sei die Geburtsstätte der Philosophie zu finden. -Durch friedlichen Handelsverkehr, dessen Vermittler zwischen Indien und dem Abendlande -hauptsächlich Perser waren, dann infolge der muslimischen Eroberung <span class="pageNum" id="pb16">[<a href="#pb16">16</a>]</span>verbreitete sich die Kenntnis indischer Weisheit. Unter Mansur (754–775) und Harun -(786–809) wurde vieles davon, teils durch die Mittelstufe des Persischen (Pahlawi) -hindurch, teils direkt aus dem Sanskrit übersetzt. Von der ethischen und politischen -Spruchweisheit, aus Fabel und Erzählung der Inder, ward manches herübergenommen, so -die von Ibn al-Moqaffa zu Mansurs Zeit aus dem Pahlawi übersetzten Erzählungen des -Pantschatantra <abbr title="und Andere">u. A.</abbr> An erster Stelle aber wirkten indische Mathematik und Astrologie, letztere in Verbindung -mit praktischer Medizin und Zauberkunst, auf die Anfänge der Weltweisheit im Islam. -Die Astrologie des Siddhanta von Brahmagupta, unter Mansur mit Hilfe indischer Gelehrten -von Fazari aus dem Sanskrit übersetzt, war noch vor des Ptolemäus Almagest bekannt. -Eine weite Welt, in Vergangenheit und Zukunft, that sich da auf. Die hohen Zahlen, -mit denen der Inder operierte, erzeugten auf die nüchternen muslimischen Annalisten -einen gewaltigen, verwirrenden Eindruck, wie andererseits der arabische Kaufmann, -der in Indien und China das Alter unserer erschaffenen Welt auf einige Tausend Jahre -ansetzte, sich im höchsten Grade lächerlich machte. -</p> -<p>Auch die logischen und metaphysischen Spekulationen der Inder sind den Muslimen nicht -unbekannt geblieben, aber viel weniger als Mathematik und Astrologie haben diese die -wissenschaftliche Entwicklung beeinflusst. Die Grübeleien der Inder, an ihre heiligen -Bücher anknüpfend und durchaus religiös bestimmt, haben gewiss auf persisches Sufitum -und islamische Mystik nachhaltig eingewirkt. Aber Philosophie ist nun einmal ein griechischer -Begriff und es geht nicht an, einem Tagesgeschmack zu liebe, in unserer Darstellung -den Kuhmilchgedanken frommer Inder allzuviel Platz einzuräumen. Was jene sinnigen -Büßer über den täuschenden Schein alles Sinnlichen vorgebracht haben, mag oft einen -poetischen Reiz besitzen, stimmt auch wohl zu dem, was dem Osten aus neupythagoreischen -und neuplatonischen <span class="pageNum" id="pb17">[<a href="#pb17">17</a>]</span>Quellen an Betrachtungen über die Vergänglichkeit alles Irdischen zugänglich war, -hat aber, ebensowenig wie dieses, etwas Erhebliches zur Erklärung der Erscheinungen, -zur Erweckung wissenschaftlichen Sinnes beigetragen. Nicht indischer Phantasie, sondern -griechischen Geistes bedurfte es dazu, das Nachdenken auf die Erkenntnis des Wirklichen -zu richten. Das beste Beispiel dafür ist die arabische Mathematik. Nach dem Urteile -ihrer besten Kenner ist indisch darin fast nur die Rechenkunst, griechisch, wenn auch -nicht ausschließlich, doch vorwiegend, die Algebra und die Geometrie. Zum Begriffe -reiner Mathematik ist wohl kaum ein Inder durchgedrungen. Die Zahl, auch die höchste, -blieb doch immer eine konkrete. Und in der indischen Philosophie blieb das Wissen -überhaupt ein Mittel. Zweck war die Erlösung vom Übel des Daseins, die Philosophie -Anleitung zum seligen Leben. Daher die Monotonie dieser auf das einheitliche Wesen -aller Dinge gerichteten Weisheit, der gegenüber die reichgegliederte Wissenschaft -der Hellenen die Wirkungen der Natur und des Geistes allseitig zu erfassen bestrebt -war. -</p> -<p>Orientalische Weisheit, Astrologie und Kosmologie, hat den muslimischen Denkern mancherlei -Stoff geliefert, aber die Form, das bildende Prinzip, kam ihnen von den Griechen her. -Überall, wo es sich nicht um bloßes Aufzählen oder zufälliges Zusammenreihen handelt, -sondern nach sachlichen oder logischen Gesichtspunkten eine Anordnung des Mannigfaltigen -versucht wird, darf mit Wahrscheinlichkeit auf griechischen Einfluss geschlossen werden. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch1.3" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e222">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">3.</span> Griechische Wissenschaft.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch1.3.1" class="first"><b>1.</b> Wie die Perser hauptsächlich den Handelsverkehr zwischen Indien-China und Byzanz -leiteten, so traten im fernen Westen, bis ins Frankenreich, die Syrer als Kulturvermittler -auf. Es waren Syrer, die Wein, Seide <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> <span class="pageNum" id="pb18">[<a href="#pb18">18</a>]</span>ins Abendland einführten. Aber es waren auch Syrer, die griechische Bildung aus Alexandrien -und Antiochien nach Osten hin verbreiteten und in den Schulen von Edessa und Nisibis, -Harran und Gondeschapur fortpflanzten. Syrien war das richtige Land der Mitte, wo -Jahrhunderte lang die beiden Weltmächte, die römische und die persische, feindlich -oder friedlich zusammenstießen. Unter solchen Umständen spielten die christlichen -Syrer eine Rolle, wie sie ähnlich später den Juden zu teil ward. -</p> -<p id="ch1.3.2"><b>2.</b> Die muslimischen Eroberer fanden die christliche Kirche, abgesehen von vielen Sekten, -in drei Abteilungen gespalten. Im eigentlichen Syrien herrschte neben der orthodoxen -Reichskirche die monophysitische, in Persien die nestorianische Kirche vor. Der Unterschied -zwischen den Lehrsystemen dieser Kirchen ist wohl nicht ohne Bedeutung für die Entwicklung -der muslimischen Dogmatik gewesen. Nach der Lehre der Monophysiten waren in Christus -Gott und Mensch zu <span class="ex">einer</span> Natur vereinigt, während die Orthodoxen und viel schärfer noch die Nestorianer eine -göttliche und eine menschliche Natur unterschieden. Nun heißt Natur vor allem Energie -oder Wirkungsprinzip. Es handelt sich um die Frage, ob göttliches und menschliches -Wollen und Wirken in Christus ein und dasselbe seien oder verschieden. Die Monophysiten -hoben, aus spekulativen und religiösen Motiven, auf Kosten des Menschlichen die Einheit -in Christus, ihrem Gotte, hervor, die Nestorianer dagegen betonten die Eigenart menschlichen -Seins, Wollens und Wirkens dem göttlichen gegenüber. Letzteres aber bietet, unter -Begünstigung politischer und kultureller Verhältnisse, einer philosophischen Welt- -und Lebensbetrachtung freieren Spielraum, und thatsächlich haben die Nestorianer am -meisten für die Pflege griechischer Wissenschaft gethan. -</p> -<p id="ch1.3.3"><b>3.</b> Die Sprache sowohl der westlichen als auch der östlichen (persischen) Kirche war -das Syrische. Daneben aber wurde in den Klosterschulen das Griechische gelehrt. <span class="pageNum" id="pb19">[<a href="#pb19">19</a>]</span>In der westlichen (monophysitischen) Kirche sind Rasain und Kinnesrin als Stätten -der Bildung zu nennen. Bedeutender war, wenigstens anfangs, die Schule von Edessa, -wie denn auch der edessenische Dialekt sich zur Schriftsprache erhoben hatte. Aber -im Jahre 489 ward die dortige Schule wegen der nestorianischen Gesinnung ihrer Lehrer -geschlossen. Sie that sich dann in Nisibis wieder auf und verbreitete in Persien, -aus politischen Gründen von den Sasaniden begünstigt, nestorianischen Glauben und -griechisches Wissen. -</p> -<p>Der Unterricht in jenen Schulen hatte vorzugsweise biblisch-kirchlichen Charakter -und war auf kirchliche Bedürfnisse berechnet. Aber es nahmen auch Ärzte oder künftige -Studenten der Medizin daran teil. Dass diese oft dem geistlichen Stande angehörten, -hebt den Unterschied zwischen theologischem Studium und der Beschäftigung mit weltlichem -Wissen nicht auf. Zwar haben, nach dem syrisch-römischen Rechtsbuch, die Lehrer (gelehrten -Priester) und Ärzte Steuerfreiheit und andere Privilegien gemeinsam. Aber dass die -ersteren als Heilkünstler der Seele betrachtet wurden, während die Ärzte bloß den -Leib zu flicken hatten, begründete den Vorzug jener vor diesen. Die Medizin blieb -doch immer etwas Weltliches, und nach den Statuten der Schule zu Nisibis (vom Jahre -590) durften die heiligen Schriften nicht mit Büchern des weltlichen Gewerbes in einem -Raume zusammen gelesen werden. -</p> -<p>In ärztlichen Kreisen wurden die Werke des Hippokrat, Galen und Aristoteles sehr geschätzt. -In den Klöstern aber verstand man unter Philosophie zunächst das beschauliche Leben -des Asketen und achtete nur auf das Eine, das not thut. -</p> -<p id="ch1.3.4"><b>4.</b> Eine eigentümliche Stellung nimmt die mesopotamische Stadt Harran, in der Nähe Edessas, -ein. Altsemitisches Heidentum verknüpft sich hier, besonders nach der arabischen Eroberung, -als die Stadt neu emporblühte, mit mathematischen und astronomischen Studien und neupythagoreischer -<span class="pageNum" id="pb20">[<a href="#pb20">20</a>]</span>und neuplatonischer Spekulation. Die Harranier oder Sabier, wie sie im 9. und 10. -Jahrhundert heißen, führen ihre mystische Weisheit auf Hermes Trismegistos, Agathodaemon, -Uranius <abbr title="und Andere">u. A.</abbr> zurück. Zahlreiche Pseudepigraphen des späteren Hellenismus werden von ihnen gläubig -aufgenommen, einzelnes wird vielleicht in ihrem Kreise fabriziert. Als Übersetzer -und gelehrte Schriftsteller sind einige aus ihrer Mitte thätig gewesen. Viele haben -mit persischen und arabischen Gelehrten des achten bis zehnten Jahrhunderts einen -regen wissenschaftlichen Verkehr unterhalten. -</p> -<p id="ch1.3.5"><b>5.</b> In Persien, zu Gondeschapur, finden wir eine von Chosrau Anoscharwan (531–579) gegründete -Anstalt für philosophische und medizinische Studien. Ihre Lehrer waren hauptsächlich -nestorianische Christen. Aber außer den Nestorianern duldete der weltlicher Bildung -geneigte Fürst auch Monophysiten. Besonders als Mediziner waren damals, wie später -am Hofe der Chalifen, christliche Syrer in Ehren. -</p> -<p>Auch die im Jahre 529 aus Athen vertriebenen sieben Philosophen der neuplatonischen -Schule fanden am Hofe Chosraus eine Zufluchtsstätte. Sie mögen aber dort ähnliche -Erfahrungen gemacht haben, wie die französischen Freigeister des vorigen Jahrhunderts -am russischen Hofe. Jedenfalls sehnten sie sich nach der Heimat zurück. Und der König -war freisinnig und großmütig genug, sie gehen zu lassen und für sie im Friedensvertrage -mit Byzanz vom Jahre 549 Glaubensfreiheit zu bedingen. Ganz ohne Einfluss wird ihr -Aufenthalt im persischen Reich doch wohl nicht geblieben sein. -</p> -<p id="ch1.3.6"><b>6.</b> Die Zeit der syrischen Übersetzungen profaner Schriften aus dem Griechischen läuft -etwa vom vierten bis zum achten Jahrhundert. Im vierten Jahrhundert wurden Spruchsammlungen -übertragen. Als erster mit Namen genannter Übersetzer erscheint Probus, “Priester -und Arzt in Antiochien” (erste Hälfte des fünften Jahrhunderts?). <span class="pageNum" id="pb21">[<a href="#pb21">21</a>]</span>Vielleicht war er auch nur Erklärer logischer Schriften des Aristoteles und der Isagoge -des Porphyrius. Bekannter ist Sergius von Rasain (gestorben, wahrscheinlich in Konstantinopel, -um 536, etwa 70 Jahre alt), ein mesopotamischer Mönch und Arzt, der den ganzen Umfang -der alexandrinischen Wissenschaft, vielleicht in Alexandrien selbst, studierte und -dessen Übersetzungen nicht nur auf Theologie, Moral und Mystik, sondern mehr noch -auf Physik, Medizin und Philosophie sich erstreckten. Auch nach der muslimischen Eroberung -wurde die gelehrte Thätigkeit der Syrer fortgesetzt. Jakob von Edessa (etwa 640–708) -übersetzte griechisch-theologische Schriften, befasste sich aber außerdem mit Philosophie -und erklärte auf eine diesbezügliche Anfrage, es sei christlichen Geistlichen erlaubt, -Kindern von muslimischen Eltern gelehrten Unterricht zu erteilen. Bei den letzteren -war also ein Bildungsbedürfnis vorhanden. -</p> -<p>Die Übersetzungen der Syrer, namentlich des Sergius von Rasain, sind im allgemeinen -treu; die logischen und naturwissenschaftlichen aber entsprechen dem Original genauer, -als die ethischen und metaphysischen. In diesen gab es eben viel Dunkles, das missverstanden -oder einfach weggelassen, und viel Heidnisches, das durch Christliches ersetzt ward. -Für Sokrates, Platon und Aristoteles (als Beispiele) traten wohl einmal Petrus, Paulus -und Johannes ein. Das Schicksal und die Götter mussten dem Einen Gotte weichen. Und -Begriffe wie Welt, Ewigkeit, Sünde und dergleichen erhielten ein christliches Gepräge. -Übrigens sind die Araber mit der Anpassung an ihre Sprache, Kultur und Religion später -viel weiter gegangen als die Syrer. Teils lässt sich das wohl aus der muslimischen -Scheu vor allem Heidnischen, teils aber auch aus einer größeren Anpassungsfähigkeit -erklären. -</p> -<p id="ch1.3.7"><b>7.</b> Abgesehen von einigen mathematischen, physischen und medizinischen Schriften haben -die Syrer sich für ein Zweifaches interessiert. Erstens für moralisierende Spruchsammlungen, -<span class="pageNum" id="pb22">[<a href="#pb22">22</a>]</span>mit etwas Philosophiegeschichte verbunden, und im allgemeinen für mystische pythagoreisch-platonische -Weisheit. Diese findet sich hauptsächlich in Pseudepigraphen, die den Namen des Pythagoras, -Sokrates, Plutarch, Dionysius <abbr title="und Andere">u. A.</abbr> tragen. Im Mittelpunkte des Interesses steht eine platonische Seelenlehre, in späterer -pythagoreischer, neuplatonischer oder christlicher Bearbeitung. Platon wird in den -syrischen Klöstern sogar zu einem orientalischen Mönch, der sich eine Zelle im Herzen -der Wildnis erbaute, weitab von den Wohnsitzen der Menschen, und dort, nach dreijährigem -Schweigen und Grübeln über einen Bibelvers, die göttliche Dreieinigkeit erkannt haben -soll. -</p> -<p>Dazu kam denn als Zweites die Logik des Aristoteles. Aristoteles war den Syrern, wie -längere Zeit auch den Arabern, fast nur als Logiker allgemein bekannt. Die Bekanntschaft -erstreckte sich, ähnlich wie in der Frühscholastik des Abendlandes, auf Kategorien, -Hermeneutik und erste Analytik bis zu den kategorischen Figuren. Der Logik bedurfte -man schon, um die Schriften griechischer Kirchenlehrer zu verstehen, da dieselben, -wenigstens formal, davon beeinflusst waren. Wie man aber die Logik nicht vollständig -hatte, so besaß man sie auch nicht rein, sondern in neuplatonischer Überarbeitung, -wie <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> ersichtlich ist aus dem Werke des Paulus Persa, welches in syrischer Sprache für -Chosrau Anoscharwan geschrieben wurde. Es wird darin das Wissen über den Glauben gestellt -und die Philosophie definiert als die Selbstbesinnung der Seele auf ihr inneres Wesen, -in dem sie, gleichsam wie ein Gott, alle Dinge erblickt. -</p> -<p id="ch1.3.8"><b>8.</b> Was die Araber den Syrern verdanken, spricht sich <abbr title="unter andere">u. a.</abbr> darin aus, dass arabische Gelehrte das Syrische für die älteste oder richtige (natürliche) -Sprache hielten. Zwar haben die Syrer Selbständiges nicht geschaffen, aber ihre Übersetzerthätigkeit -kam der arabisch-persischen Wissenschaft zu gute. Es sind fast ohne Ausnahme Syrer -gewesen, die vom 8. bis 10. Jahrhundert aus den älteren <span class="pageNum" id="pb23">[<a href="#pb23">23</a>]</span>oder den von ihnen teils verbesserten, teils neu veranstalteten syrischen Übersetzungen -die griechischen Werke ins Arabische übertrugen. Schon der omajjadische Prinz Chalid -ibn Jezid (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 704), der sich unter Leitung eines christlichen Mönches mit der Alchemie befasste, -soll <span class="corr" id="xd31e1134" title="Quelle: Uebersetzungen">Übersetzungen</span> alchemistischer Werke aus dem Griechischen ins Arabische veranstaltet haben. Sprichwörter, -Gnomen, Briefe, Testamente, überhaupt Philosophiegeschichtliches, wurden schon früh -gesammelt und übersetzt. Aber erst unter Mansur wurde damit angefangen, naturwissenschaftlich-medizinische -und logische Schriften der Griechen, zum Teil aus dem Pahlawi, ins Arabische zu übertragen. -Besonders beteiligte sich daran Ibn al-Moqaffa, ein Anhänger des persischen Dualismus, -von dem die Späteren sich durch ihre Terminologie unterschieden haben sollen. Es ist -uns aber von seinen philosophischen Übersetzungen nichts erhalten. Auch anderes aus -dem achten Jahrhundert ist verloren gegangen; erst aus dem neunten Jahrhundert, aus -der Zeit Mamuns und seiner Nachfolger, ist einiges Übersetzte auf uns gekommen. -</p> -<p>Die Übersetzer des neunten Jahrhunderts waren meistens Mediziner und nach Ptolomäus -und Euklid wurden Hippokrat und Galen mit am ersten übertragen. Beschränken wir uns -auf die Philosophie im engeren Sinne. Von Juhanna oder Jachja ibn Bitriq (Anfang des -neunten Jahrhunderts) soll eine Übersetzung des platonischen Timäus herrühren, ferner -Aristoteles’ Meteorologie, das Buch der Tiere, ein Auszug aus der Psychologie und -die Schrift Über die Welt. Dem Abdalmasich ibn Abdallah Naima al-Himsi (um 835) wird -zugeschrieben eine Übertragung der aristotelischen Sophistik, dazu des Johannes Philoponus -Kommentar zur Physik und die sogenannte Theologie des Aristoteles, ein paraphrastischer -Auszug aus Plotin’s Enneaden. Qosta ibn Luqa al-Balabakki (um 835) soll übersetzt -haben Alexanders von Aphrodisias und Johannes Philoponus’ Kommentare zur aristotelischen -Physik, zum Teil Alexanders Kommentar zu <span class="pageNum" id="pb24">[<a href="#pb24">24</a>]</span>de generatione et corruptione, dazu Pseudo-Plutarchs placita philosophorum <abbr title="und Andere">u. A.</abbr> -</p> -<p>Die fruchtbarsten Übersetzer waren Abu Zaid Honain ibn Ishaq (809?–873), dessen Sohn -Ishaq ibn Honain (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 910 oder 911) und Neffe Hobaisch ibn al-Hasan. Da sie zusammen arbeiteten, gibt es -vieles, das bald dem Einen, bald dem Anderen zugeschrieben wird. Manches wird unter -ihrer Aufsicht von Schülern und Untergebenen angefertigt sein. Ihre Thätigkeit dehnte -sich auf den ganzen Umfang der damaligen Wissenschaft aus. Älteres wurde verbessert, -Neues hinzugefügt. Der Vater übersetzte vorzugsweise Medizinisches, der Sohn aber -mehr Philosophisches. -</p> -<p>Im zehnten Jahrhundert dauerte noch die Arbeit der Übersetzer fort. Es zeichneten -sich besonders aus Abu Bischr Matta ibn Junus al-Qannai (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 940), Abu Zakarija Jachja ibn Adi al-Mantiqi (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 974) und Abu Ali Isa ibn Ishaq ibn Zura (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 1008). Endlich Abu-l-Chair al-Hasan ibn al-Chammar (geb. 942), ein Schüler des Jachja -ibn Adi, von dem, ausser Übersetzungen, Kommentaren <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr>, auch eine Schrift über die Übereinstimmung zwischen Philosophie und Christentum -genannt wird. -</p> -<p>Die Thätigkeit der Übersetzer seit Honain ibn Ishaq beschränkte sich fast ganz auf -die aristotelischen und pseudo-aristotelischen Schriften, deren Auszüge, Paraphrasen -und Kommentare. -</p> -<p id="ch1.3.9"><b>9.</b> Als besonders <span class="corr" id="xd31e1162" title="Quelle: grosse">große</span> Philosophen sind diese Übersetzer nicht anzusehen. Selten arbeiteten sie spontan, -fast immer im Dienste eines Chalifen, eines Wezirs, oder eines anderen vornehmen Mannes. -<span class="corr" id="xd31e1165" title="Quelle: Ausser">Außer</span> ihrem Fachstudium, gewöhnlich der Medizin, interessierte sie höchstens die Weisheit: -schöne Geschichten mit moralischer Anwendung, Anekdötchen und Sprüche. Was wir uns -im Verkehr, in der Erzählung oder auf der Bühne nur als Eigentümlichkeit gewisser -Personen gefallen lassen, wurde von jenen Biedermännern ihres weisen Inhalts oder -vielleicht auch nur schönrednerischen Prunkes wegen bewundert und gesammelt. <span class="pageNum" id="pb25">[<a href="#pb25">25</a>]</span>In der Regel blieben sie dem väterlichen Christenglauben treu. Charakteristisch für -ihre Auffassung und den Freisinn der Chalifen ist es, was die Überlieferung in Bezug -auf Ibn Dschibril berichtet. Als Mansur ihn zum Islam bekehren wollte, soll er gesagt -haben: “Im Glauben meiner Väter werde ich sterben, wo sie sind, wünsche ich auch zu -sein, sei’s nun im Himmel oder in der Hölle.” Da lächelte der Chalif und entließ ihn -<span class="corr" id="xd31e1170" title="Quelle: reichbeschenkt">reich beschenkt</span>. -</p> -<p>Von selbständigen Schriften dieser Männer hat sich nur weniges gerettet. Eine kleine -Abhandlung des Qosta ibn Luqa über den Unterschied zwischen Seele und Geist (<span class="trans" title="pneuma"><span lang="grc" class="grek">πνεῦμα</span></span>, ruh), in lateinischer Übersetzung erhalten, ist viel genannt und benutzt worden. -Der Geist ist danach ein feiner Körper, der von der linken Herzkammer aus den menschlichen -Leib belebt und darin Bewegung und Wahrnehmung bewirkt. Je feiner und klarer dieser -Geist, um so vernünftiger denkt und handelt auch der Mensch. Darüber sind sich Alle -einig. Schwieriger aber ist es, etwas Sicheres und Allgemeingültiges über die Seele -auszusagen. Die Aussprüche der größten Philosophen sind zum Teil verschieden, zum -Teil einander widersprechend. Jedenfalls ist die Seele unkörperlich, weil sie Qualitäten, -und zwar die entgegengesetzten zugleich, in sich aufnimmt. Sie ist einfach, unveränderlich -und vergeht nicht, wie der Geist, mit dem Körper; der Geist vermittelt nur zwischen -beiden, ist also secundäre Ursache der Bewegung und Wahrnehmung. -</p> -<p>Was hier in Bezug auf die Seele behauptet wird, finden wir bei vielen Späteren. Nur -wird allmählich, je mehr die aristotelische Philosophie platonische Ansichten in den -Hintergrund drängt, ein anderes Gegensatzpaar in das volle Licht gerückt. Von der -Bedeutung des Lebensgeistes (ruh) reden nur noch die Mediziner. Die Philosophen stellen -Seele und Geist oder Vernunft (<span class="trans" title="nous"><span lang="grc" class="grek">νοῦς</span></span>, ʻaql) zusammen. Die Seele wird nun ins Vergängliche, mitunter sogar nach gnostischer -Art in das niedere, böse Bereich der Begierden herabgezogen. Über sie erhebt <span class="pageNum" id="pb26">[<a href="#pb26">26</a>]</span>sich, als das Höchste, das Unvergängliche im Menschen, der vernünftige Geist. -</p> -<p>Mit dieser Bemerkung greifen wir aber der Geschichte vor. Kehren wir zu unseren Übersetzern -zurück. -</p> -<p id="ch1.3.10"><b>10.</b> Das Wertvollste, was der griechische Geist an Kunst, Poesie und Geschichtschreibung -uns hinterlassen hat, ist den Orientalen niemals zugänglich geworden. Es hätte bei -ihnen auch schwerlich Verständnis gefunden. Dafür fehlte eben der Geschmack und die -Kenntnis griechischen Lebens. Mit dem sagenumstrahlten Alexander dem Großen fing ihnen -die Geschichte Griechenlands erst an, und es wird der Aufnahme aristotelischer Philosophie -am muslimischen Hofe die Stellung des Aristoteles zum größten Fürsten des Altertums -gewiss förderlich gewesen sein. Die arabischen Geschichtschreiber zählten die griechischen -Fürsten bis auf Kleopatra und weiter die römischen Kaiser auf, aber ein Thukydides -<abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> war ihnen nicht einmal dem Namen nach bekannt. Von Homeros haben sie nicht viel mehr -als den Satz, dass Einer Herrscher sein solle, aufgenommen. Von den großen griechischen -Dramatikern und Lyrikern haben sie keine Ahnung. Nur durch seine Mathematik, Naturwissenschaft -und Philosophie hat das griechische Altertum auf sie gewirkt. Von der Entwicklung -der griechischen Philosophie hat man aus Plutarch, Porphyr <abbr title="und Andere">u. A.</abbr>, sowie aus den Schriften des Aristoteles und Galen einiges erfahren. Es hat sich -aber daran viel Sagenhaftes gehängt, und was im Orient über die Lehren der vorsokratischen -Philosophen berichtet worden, lässt uns nur schließen auf die Pseudepigraphen, aus -denen man schöpfte, oder vielleicht auch auf die im Osten selbst ausgebildeten Ansichten, -die man mit der Autorität alter griechischer Weisen zu stützen suchte. Doch ist bei -Allem immer zunächst an ein griechisches Original zu denken. -</p> -<p id="ch1.3.11"><b>11.</b> Im allgemeinen lässt sich behaupten, dass die Syrer-Araber den Faden der Philosophie -dort aufnahmen, wo ihn die letzten Griechen hatten fallen lassen, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> bei <span class="pageNum" id="pb27">[<a href="#pb27">27</a>]</span>der neuplatonischen Auslegung des Aristoteles, neben dem auch die platonischen Schriften -gelesen und erläutert wurden. Unter den Harraniern und lange Zeit bei einigen muslimischen -Sekten blühten am meisten die platonischen oder pythagoreisch-platonischen Studien, -zu denen sich viel Stoisches und Neuplatonisches gesellte. Man interessierte sich -außerordentlich für das Schicksal des Sokrates, der im heidnischen Athen als ein Märtyrer -seines Vernunftglaubens fiel. Mächtig wirkte die platonische Seelen- und Naturlehre. -Das pythische “Erkenne dich selbst”, als Motto der sokratischen Weisheit überliefert -und neuplatonisch gedeutet, wurde von den Muslimen dem Ali, Mohammeds Schwiegersohn, -oder gar dem Propheten selbst in den Mund gelegt. Wer sich selbst erkennt, erkennt -damit Gott, seinen Herrn, das wurde der Text für allerhand mystische Spekulationen. -</p> -<p>In medizinischen Kreisen und am weltlichen Hofe wurden immer mehr die Werke des Aristoteles -bevorzugt. Zunächst freilich nur die Logik und einzelnes aus den physischen Schriften. -Die Logik, so glaubte man, sei das einzige Neue, was der Stagirite erfunden; in allen -anderen Wissenschaften stimme er aber durchaus mit Pythagoras, Empedokles, Anaxagoras, -Sokrates und Platon überein. Die christlichen und sabischen Übersetzer und die von -ihnen beeinflussten Kreise holten sich deshalb unbedenklich psychologisch-ethische, -politische und metaphysische Belehrung bei den voraristotelischen Weisen. -</p> -<p>Was den Namen des Empedokles, Pythagoras <abbr title="und Andere">u. A.</abbr> trug, war natürlich unecht. Ihre Weisheit wird entweder auf Hermes oder andere, orientalische -Weisen zurückgeführt. So soll Empedokles ein Schüler König Davids, nachher des Weisen -Loqman gewesen, Pythagoras aus der salomonischen Schule hervorgegangen sein <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> Schriften, die in den arabischen Werken als sokratisch zitiert werden, sind, insofern -sie echt, platonische Dialoge, in denen Sokrates auftritt. Von Platon hat man, außer -unechten <span class="pageNum" id="pb28">[<a href="#pb28">28</a>]</span>Schriften, mehr oder weniger umfangreich angeführt: die Apologie, Kriton, den Sophisten, -Phädrus, die Republik, Phädon, Timäus und die Gesetze. Das heißt aber nicht, dass -dies Alles in vollständiger Übersetzung vorgelegen habe. -</p> -<p>Soviel ist sicher, Aristoteles war nicht von Anfang an Alleinherrscher. Platon, wie -man ihn verstand, lehrte die Weltschöpfung und die geistige Substantialität und Unsterblichkeit -der Seele: das schadete dem Glauben nicht. Aristoteles aber, mit seiner Lehre von -der Ewigkeit der Welt und einer weniger spiritualistischen Psychologie und Ethik, -wurde als gefährlich betrachtet. Muslimische Theologen des neunten und zehnten Jahrhunderts -aus verschiedenen Lagern schrieben deshalb gegen Aristoteles. Doch die Verhältnisse -änderten sich. Bald gab es Philosophen, die die platonische Lehre von der Einen Weltseele, -von der die menschlichen Seelen nur endliche Teile seien, verwarfen und beim Aristoteles, -der der Einzelsubstanz so große Bedeutung beilegte, Gründe suchten für ihre Unsterblichkeitshoffnung. -</p> -<p id="ch1.3.12"><b>12.</b> Wie man in der ältesten Zeit den Aristoteles auffassen musste, zeigen uns am besten -die ihm untergeschobenen Schriften. Denn nicht nur bekam man seine echten Werke mit -neuplatonischen Erläuterungen dazu, nicht nur wurde die Schrift “Über die Welt” unbedenklich -als aristotelisch anerkannt, sondern er wurde auch als der Urheber betrachtet von -vielen spätgriechischen Erzeugnissen, in denen ein pythagoreisierender Platonismus -oder Neuplatonismus, oder gar ein wüster Synkretismus ganz offen gelehrt wurde. -</p> -<p>Als erstes Beispiel sei hier genannt das “Buch vom Apfel”<a class="noteRef" id="xd31e1230src" href="#xd31e1230">4</a>, darin Aristoteles dieselbe Rolle spielt wie Sokrates in Platon’s Phädon. Als nämlich -der Philosoph seinem Ende nahe, besuchen ihn einige Schüler, die ihn frohen <span class="pageNum" id="pb29">[<a href="#pb29">29</a>]</span>Mutes finden, was sie veranlasst, Belehrung über das Wesen und die Unsterblichkeit -der Seele von ihrem hinscheidenden Meister zu erbitten. Dieser führt darauf etwa folgendes -aus: Das Wesen der Seele besteht in Wissen, und zwar in seiner höchsten Form, der -Philosophie. Eine vollkommene Erkenntnis der Wahrheit ist deshalb die Seligkeit, die -nach dem Tode der wissenden Seele bevorsteht. Und wie das Wissen mit höherer Erkenntnis -belohnt wird, so besteht die Strafe für Nichtwissen in tieferer Unwissenheit. Es gibt -ja überhaupt im Himmel und auf Erden nichts anderes als Wissen und Nichtwissen und -die Vergeltung, die beide in sich selbst finden. Auch ist weder die Tugend wesentlich -vom Wissen verschieden, noch das Laster vom Nichtwissen: sie verhalten sich zu einander -ähnlich wie das Wasser zum Eise, in verschiedener Form dasselbe. -</p> -<p>Im Wissen, dem göttlichen Wesen der Seele, findet diese naturgemäß ihre einzige wahre -Freude, nicht aber in Essen und Trinken und sinnlicher Lust. Denn die Sinnenlust ist -eine Flamme, die bloß auf kurze Zeit erwärmt; reines Licht aber, das weithin leuchtet, -ist die denkende Seele, die ihre Erlösung aus der dunklen Sinnenwelt herbeisehnt. -Darum fürchtet der Philosoph den Tod nicht, sondern tritt ihm freudig entgegen, wenn -die Gottheit ruft. Der Genuss, den ihm sein beschränktes Wissen hier bietet, ist ihm -eine Gewähr für die Wonne, die die Enthüllung des großen Unbekannten ihm verschaffen -wird. Etwas davon weiß er ja jetzt schon, denn nur durch die Erkenntnis des Unsichtbaren -ist die richtige Schätzung des Sinnenfälligen, deren er sich rühmen darf, überhaupt -möglich. Wer sein Selbst in diesem Leben erkennt, besitzt gerade in dieser Selbsterkenntnis -die Gewissheit, alle Dinge mit ewigem Wissen zu umfassen, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> unsterblich zu sein. -</p> -<p id="ch1.3.13"><b>13.</b> Zweitens sei die sogenannte “Theologie des Aristoteles” erwähnt. Es wird darin der -göttliche Platon als der Idealmensch hingestellt, der durch ein intuitives Denken -alle Dinge erkennt und also der logischen Hilfsmittel des <span class="pageNum" id="pb30">[<a href="#pb30">30</a>]</span>Aristoteles nicht bedarf. Ja, die höchste Wirklichkeit, das absolute Sein, wird nicht -durch Denken, sondern nur in einem ekstatischen Schauen ergriffen. “Öfter war ich,” -so redet hier Aristoteles-Plotin, “mit meiner Seele allein. Des Leibes entkleidet -trat ich, reine Substanz, in mein Selbst hinein, von allem Äusseren zum Inneren zurückkehrend. -Reines Wissen war ich da, Wissendes und Gewusstes zugleich. Wie wunderte ich mich, -dass ich in meinem Selbst Schönheit und Glanz erblickte und mich als einen Teil der -erhabenen göttlichen Welt erkannte, selbst mit schaffendem Leben begabt. In dieser -Selbstgewissheit erhob ich mich über die Welt der Sinne, ja über die Geisterwelt empor -zu dem göttlichen Stande, wo ich solch schönes Licht schaute, dass es keine Zunge -aussprechen, kein Ohr vernehmen könnte.” -</p> -<p>Im Mittelpunkte der Erörterungen steht auch in der Theologie die Seele. Alle wahre -menschliche Wissenschaft ist Wissenschaft der Seele, Selbsterkenntnis, und zwar an -erster Stelle Kenntnis des Wesens, hernach, aber weniger vollständig, der Wirkungen -dieses Wesens. In solcher Erkenntnis, zu der nur äußerst wenige gelangen, besteht -die höchste Weisheit, die sich in Begriffe nicht vollkommen fassen lässt, und die -deshalb der Philosoph als weiser Künstler und Gesetzgeber in ewig schönen Bildern -zur Darstellung bringt, uns Menschen zum Gottesdienste. Es zeigt sich eben darin der -Weise als der überlegene, selbstgenügsame Zauberer, dessen Wissen die Menge beherrscht, -weil diese im Banne der Dinge, der Vorstellungen und Begierden immer gefesselt bleibt. -</p> -<p>Die Seele steht in der Mitte des Alls. Über ihr sind Gott und der Geist, unter ihr -die Materie und die Natur. Ihr Kommen aus Gott durch den Geist in die Materie, ihre -Gegenwart im Körper, ihre Rückkehr nach oben, in diesen drei Stadien verläuft ihr -Leben und das der Welt. Materie und Natur, Sinneswahrnehmung und Vorstellung verlieren -hier fast ganz ihre Bedeutung. Alles ist vom Geist (<span class="trans" title="nous"><span lang="grc" class="grek">νοῦς</span></span>, <span class="pageNum" id="pb31">[<a href="#pb31">31</a>]</span>ʻaql), der Geist ist alle Dinge und im Geiste ist alles Eins. Auch die Seele ist Geist, -freilich, solange sie in ihrem Körper weilt, Geist in Hoffnung, Geist in der Form -der Sehnsucht. Sie sehnt sich nach oben, nach den guten, seligen Gestirnen, die, über -Vorstellung und Strebung erhaben, ihre beschauliche Lichtexistenz führen. -</p> -<p>Das ist nun der orientalische Aristoteles, wie ihn die ersten Peripatetiker im Islam -anerkannten.<a class="noteRef" id="xd31e1261src" href="#xd31e1261">5</a> -</p> -<p id="ch1.3.14"><b>14.</b> Dass die Orientalen sich nie zu einer reinen Auffassung der aristotelischen Philosophie -durchgerungen haben, braucht uns nicht zu wundern. Die Mittel unserer Kritik, Echtes -und Unechtes zu sondern, besaßen sie nicht. Sich in die griechische Kulturwelt hineinzuleben, -musste ihnen sogar schwerer fallen als den christlichen Gelehrten des Mittelalters, -das den lebendigen Zusammenhang mit dem Altertum nie ganz verloren hatte. Man blieb -im Osten abhängig von neuplatonischen Bearbeitungen und Erklärungen. Fehlte ein Teil -des wissenschaftlichen Systems, <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> die aristotelische Politik, so war es selbstverständlich, dass die Gesetze oder der -Staat Platons dafür eintraten. Nur wenigen kam der Unterschied Beider zum Bewusstsein. -</p> -<p>Es ist noch auf ein anderes Motiv zu achten. Schon in ihren neuplatonischen Quellen -fanden die Muslime eine harmonisierende Auslegung der griechischen Philosophen vor, -die sie wohl gezwungen waren, herüberzunehmen. Die ersten Anhänger des Aristoteles -mussten ja polemisch und apologetisch vorgehen. Entgegen oder neben der Übereinstimmung -der muslimischen Gemeinde brauchten sie eine einheitliche Philosophie, darin die Eine -Wahrheit zu finden war. Dieselbe Verehrung, die Mohammed seinerzeit den heiligen Schriften -der Juden und Christen gezollt hatte, fand sich später bei muslimischen Gelehrten -in Bezug auf die Werke griechischer Wissenschaft. Nur zeigten die <span class="pageNum" id="pb32">[<a href="#pb32">32</a>]</span>Gelehrten eine größere Vertrautheit mit ihren Vorbildern und geringere Originalität. -Die alten Philosophen erhielten für sie eine Autorität, der man sich zu fügen hatte. -Die ersten muslimischen Denker waren von der Überlegenheit griechischen Wissens derart -überzeugt, dass sie nicht daran zweifelten, es habe die höchste Stufe der Gewissheit -erreicht. Selbständig weiter zu forschen, war ein Gedanke, der nicht leicht aufkam -im Gehirn des Orientalen, der sich einen Menschen ohne Lehrer nur als einen Schüler -Satans vorzustellen vermag. Nach dem Vorgange hellenistischer Philosophen musste also -der Versuch gemacht werden, zwischen Platon und Aristoteles die Übereinstimmung nachzuweisen, -und besonders diejenigen Lehren, welche Anstoß erregten, entweder stillschweigend -zu beseitigen oder in einem, der muslimischen Dogmatik nicht zu stark widerstreitenden -Sinne darzustellen. Den Gegnern des Aristoteles oder der Philosophie überhaupt zu -gefallen, hob man weise und erbauliche Sprüche aus echten und unechten Werken des -Philosophen hervor, um auf diese Weise der Aufnahme seiner wissenschaftlichen Gedanken -den Weg zu bereiten. Den Eingeweihten aber wurde die Lehre des Aristoteles, wie diejenige -anderer Schulen und Sekten, als eine höhere Wahrheit hingestellt, zu der der positive -Glaube der Menge und das mehr oder weniger begründete System der Theologen die Vorstufen -bilden sollten. -</p> -<p id="ch1.3.15"><b>15.</b> Ein vom Bestande der übersetzten griechischen Werke abhängiger Eklektizismus ist -die muslimische Philosophie immer geblieben. Der Verlauf ihrer Geschichte ist mehr -ein Verdauungs- als ein Zeugungsprozess. Weder durch das Aufzeigen neuer Probleme -noch durch eigentümliche Versuche, alte Fragen zu lösen, hat sie sich bedeutend hervorgethan. -Wichtige Fortschritte des Denkens hat sie also nicht zu verzeichnen. Dennoch hat sie, -historisch betrachtet, eine weit größere Bedeutung, als die einer bloßen Vermittlerin -zwischen dem Altertum und der christlichen Scholastik. Die Aufnahme griechischer Ideen -in die <span class="pageNum" id="pb33">[<a href="#pb33">33</a>]</span>Mischkultur des Orients zu verfolgen, hat an sich als Gegenstand geschichtlichen Interesses -einen ganz eigenen Reiz, zumal, wenn man dabei vergessen kann, dass es einmal Griechen -gegeben. Wichtig wird aber auch die Betrachtung dieses Ereignisses, wenn es zu Vergleichen -mit anderen Kulturen Veranlassung bietet. Die Philosophie ist eine so einzigartige, -selbständig auf griechischem Boden erwachsene Erscheinung, dass man sie als den Bedingungen -des allgemeinen Kulturlebens überhoben ansehen könnte, um sie rein aus sich selbst -heraus zu erklären. Die Geschichte der Philosophie im Islam ist nun schon deshalb -wertvoll, weil sich in ihr der erste Versuch darstellt, in größerem Umfange und mit -größerer Freiheit als es in der altchristlichen Dogmatik geschehen, die Ergebnisse -griechischen Denkens sich anzueignen. Die Erkenntnis der Bedingungen, die solches -ermöglichten, wird uns, wenn auch mit Vorsicht und vorläufig wenigstens in sehr beschränktem -Maße, Analogieschlüsse gestatten auf die Rezeption der griechisch-arabischen Wissenschaft -im christlichen Mittelalter, und vielleicht ein wenig belehren über die Bedingungen, -unter denen Philosophie überhaupt entsteht. -</p> -<p>Von einer muslimischen Philosophie ist eigentlich kaum zu reden. Aber es hat im Islam -viele Männer gegeben, die nicht davon lassen konnten, zu philosophieren. Durch die -griechischen Falten hindurch zeigt sich doch die Form ihrer eigenen Glieder. Es ist -leicht, von der hohen Warte irgend einer Schulphilosophie auf jene Männer herabzublicken. -Besser aber wird es für uns sein, sie kennen und in ihrer historischen Bedingtheit -begreifen zu lernen. Wir müssen es der Einzelforschung überlassen, der Herkunft <span class="corr" id="xd31e1290" title="Quelle: jeden">jedes</span> Gedankens nachzugehen. Unser Zweck kann es nur sein im folgenden zu zeigen, was die -Muslime aus dem vorgefundenen Materiale aufgebaut haben. -<span class="pageNum" id="pb34">[<a href="#pb34">34</a>]</span> </p> -</div> -</div> -</div> -<div class="footnotes"> -<hr class="fnsep"> -<div class="footnote-body"> -<div id="xd31e991"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e991src">1</a></span> <abbr title="Vergleiche">Vgl.</abbr> Snouck Hurgronje, Mekka, II, S. 228 f. <a class="fnarrow" href="#xd31e991src" title="Zurück zur Note 1 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e1009"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e1009src">2</a></span> Hiob XXXVIII. <a class="fnarrow" href="#xd31e1009src" title="Zurück zur Note 2 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e1012"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e1012src">3</a></span> <a class="biblink xd31e40" title="Verweis auf die Bibel: 1. Mose 15:3" href="https://classic.biblegateway.com/passage/?search=gn%2015:3&version=LUTH1545">1 Mos. XV 3</a>. <a class="fnarrow" href="#xd31e1012src" title="Zurück zur Note 3 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e1230"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e1230src">4</a></span> Der Dialog heisst so, weil Aristoteles während des Gespräches einen Apfel in der Hand -hält, dessen Geruch seine letzten Lebenskräfte weckt. Am Schlusse sinkt die Hand kraftlos -nieder und fällt der Apfel auf den Boden. <a class="fnarrow" href="#xd31e1230src" title="Zurück zur Note 4 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e1261"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e1261src">5</a></span> Als echtes Werk des Aristoteles galt auch Späteren noch ein Auszug aus der <span class="trans" title="stoicheiōsis theologikē"><span lang="grc" class="grek">στοιχείωσις θεολογική</span></span> des Proklos. <a class="fnarrow" href="#xd31e1261src" title="Zurück zur Note 5 im Text.">↑</a></p> -</div> -</div> -</div> -</div> -<div id="ch2" class="div1 chapter"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e291">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main"><span class="divNum">II.</span> Philosophie und arabisches Wissen.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<div id="ch2.1" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e299">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">1.</span> Die Sprachwissenschaft.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch2.1.1" class="first"><b>1.</b> Von muslimischen Gelehrten des zehnten Jahrhunderts wurden die Wissenschaften in -arabische und in alte oder nichtarabische eingeteilt. Zu den ersteren gehörten Sprachwissenschaft, -Pflichten- und Glaubenslehre, Litteraturkenntnis und Geschichte; zu den letzteren -die philosophischen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Disziplinen. Im großen -Ganzen ist die Einteilung richtig. Die letztgenannten Fächer sind nicht nur am meisten -von fremden Einflüssen bestimmt, sondern auch nie recht populär geworden. Doch sind -auch die sogenannten arabischen Wissenschaften nicht ganz rein einheimische Schöpfungen. -Auch sie sind entstanden oder ausgebildet, wo im muslimischen Reiche Araber und Nichtaraber -zusammentrafen und das Bedürfnis erwachte, über die den Menschen nächstliegenden Gegenstände, -Sprache und Poesie, Recht und Religion, sofern sich darin Unterschiede oder Unzulänglichkeiten -zeigten, nachzudenken. In der Weise, wie dieses geschah, spürt man deutlich den Einfluss -von Nichtarabern, namentlich Persern, und immer bedeutender macht sich auch dabei -die Einwirkung griechischer Philosophie geltend. -</p> -<p id="ch2.1.2"><b>2.</b> Die arabische Sprache, an deren Wortfülle, Formenreichtum und innerer Bildungsfähigkeit -die Araber selbst sich besonders erfreuten, eignete sich vorzüglich zu einer Weltstellung. -Besonders zeichnet sie sich, wenn man sie <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> mit der schwerfälligen lateinischen oder auch mit der schwülstigen persischen vergleicht, -durch kurze Abstraktbildungen aus, was dem wissenschaftlichen Ausdrucke <span class="pageNum" id="pb35">[<a href="#pb35">35</a>]</span>zu gute kam. Sie ist der feinsten Nuancierung fähig, verführt aber auch durch eine -reichentwickelte Synonymik dazu, von der aristotelischen Regel, dass in der strengen -Wissenschaft der Gebrauch von Synonymen nicht zulässig sei, abzuweichen. -</p> -<p>Eine so elegante, ausdrucksfähige, aber schwierige Sprache, wie es die arabische war, -musste, als sie die Bildungssprache der Syrer und Perser geworden, zu manchen Betrachtungen -Veranlassung bieten. Vor allem machte das Studium des Korans, dessen Vortrag und Auslegung, -eine eingehende Beschäftigung mit der Sprache notwendig. Ungläubige glaubten auch -wohl, im heiligen Buche Sprachfehler nachweisen zu können. Man sammelte also aus alten -Gedichten und der lebendigen Beduinensprache Beispiele, um die koranischen Ausdrücke -zu belegen, woran sich wohl Bemerkungen über Sprachrichtigkeit im allgemeinen anschlossen. -Im ganzen war der lebendige Brauch die Richtschnur, aber um die Autorität des Korans -zu retten, ging es dabei gewiss nicht ohne Künsteleien ab. Den einfachen Gläubigen -war dieses Verfahren immerhin etwas bedenklich. Masudi erzählt uns noch von einigen -Grammatikern aus Basra, die auf einer Lustfahrt einen koranischen Imperativ durchconjugierten -und deshalb (?) von den mit Dattelpflücken beschäftigten Landleuten durchgeprügelt -wurden. -</p> -<p id="ch2.1.3"><b>3.</b> Die Araber führen die Sprachwissenschaft, wie so vieles Andere, auf Ali zurück, dem -sogar die aristotelische Dreiteilung der Rede zugeschrieben wird. In Wirklichkeit -sind die Anfänge in Basra und Kufa gemacht worden. Die erste Entwicklung liegt im -Dunkeln, denn in der Grammatik des Sibawaih (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 786) haben wir eine fertige Gestalt, ein Riesenwerk, das, wie nachher Ibn Sina’s -Kanon der Medizin, die späteren Geschlechter sich nur als das Erzeugnis vieler zusammenarbeitender -Gelehrten erklären konnten. Auch über die Unterschiede zwischen den Schulen von Basra -und Kufa sind wir schlecht unterrichtet. Die <span class="pageNum" id="pb36">[<a href="#pb36">36</a>]</span>Basrenser, wie später die Schule von Bagdad, sollen dem Qijas (der Analogie) einen -großen Einfluss auf die Beurteilung sprachlicher Erscheinungen eingeräumt haben, während -die Kufenser viele vom Qijas abweichende Spracheigenheiten für erlaubt hielten. Im -Gegensatze zu den kufischen Grammatikern wurden aus dem Grunde die anderen Leute der -Logik genannt. Ihre Terminologie wich von der kufischen im einzelnen ab. Viele, denen -nach Ansicht der echten Araber die Logik den Kopf verdreht hatte, werden in der Meisterung -der Sprache entschieden zu weit gegangen sein. Andererseits aber wurde die Willkür -zur Regel erhoben. -</p> -<p>Dass die Schule von Basra sich zuerst logischer Hilfsmittel bediente, wäre kein Zufall. -Überhaupt zeigte sich in Basra am ersten der Einfluss philosophischer Lehren, und -unter ihren Grammatikern befanden sich viele Schiiten und Mutaziliten, die auch auf -ihre Glaubenslehren einzuwirken fremder Weisheit gerne gestatteten. -</p> -<p id="ch2.1.4"><b>4.</b> Die Sprachwissenschaft, sofern sie nicht, von Gegenständen bestimmt, auf Sammlung -von Beispielen, Synonymen <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> sich beschränkte, wurde von der aristotelischen Logik beeinflusst. Syrer und Perser -hatten schon vor muslimischer Zeit die Schrift <span class="trans" title="peri hermēneias"><span lang="grc" class="grek">περὶ ἑρμηνείας</span></span>, mit stoischen und neuplatonischen Zusätzen, studiert. Ibn al-Moqaffa, der anfangs -mit dem Grammatiker Chalil (<abbr title="siehe">s.</abbr> unten) befreundet war, machte dann Alles, was sich sprachlich-logisches im Pahlawi -vorfand, den Arabern zugänglich. Es wurden darnach die Satzarten, bald fünf, bald -acht oder neun, und die drei Redeteile, Nomen, Verbum und Partikel, aufgezählt. In -der Folgezeit nahmen einige, wie Dschahiz, unter die rhetorischen Figuren auch Schlussfiguren -der Logik auf. Und in späteren Darstellungen wurde viel über Laut und Begriff gestritten -und die Frage erörtert, ob die Sprache durch Satzung oder von Natur sei. Allmählich -gewann die philosophische Ansicht, sie sei durch Satzung, das Übergewicht. -<span class="pageNum" id="pb37">[<a href="#pb37">37</a>]</span></p> -<p>Neben der Logik kommt hier noch der Einfluss der propädeutischen oder mathematischen -Wissenschaften in Betracht. Wie die Prosa des Verkehrs und die Reime des Korans wurden -die Verse der Dichter nicht bloß gesammelt, sondern auch nach bestimmten Gesichtspunkten, -unter denen das Metrum, geordnet. Nach der Grammatik entstand die Metrik. Chalil (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 791), der Lehrer Sibawaih’s, dem man die erste Anwendung des Qijas in der Sprachwissenschaft -zuschreibt, soll auch die Metrik erfunden haben. Während man die Sprache als das nationale, -conventionelle Element in der Poesie anzusehen lernte, glaubte man im Metrum das natürliche, -allen Völkern gemeinsame zu finden. Thabit ibn Qorra (836–901) behauptete darum in -seiner Anordnung der Wissenschaften, das Metrum sei etwas Wesentliches, die Metrik -eine natürliche Wissenschaft, sie gehöre somit zur Philosophie. -</p> -<p id="ch2.1.5"><b>5.</b> Trotz alledem behielt die Sprachwissenschaft, die sich auf das Arabische beschränkte, -ihre Eigentümlichkeiten, auf die hier einzugehen nicht am Platze ist. Jedenfalls ist -sie eine großartige Schöpfung des fein beobachtenden und <span class="corr" id="xd31e1353" title="Quelle: fleissig">fleißig</span> sammelnden arabischen Geistes, darauf die Araber stolz sein durften. Ein Apologet -des zehnten Jahrhunderts, der sich gegen die griechische Philosophie wendet, sagte: -“Wer die Feinheiten und Tiefen der arabischen Poesie und Metrik kennt, der weiß, dass -sie alles dasjenige übertrifft, was die Leute als Beweise für ihre Meinungen anzuführen -pflegen, welche in dem Wahne leben, dass sie die Wesenheiten der Dinge zu erkennen -im Stande sind: Zahlen, Linien und Punkte. Ich kann den Nutzen dieser Dinge nicht -einsehen, es sei denn, dass sie trotz des geringen Nutzens, den sie bringen, den Glauben -schädigen und Dinge im Gefolge haben, gegen welche wir Gottes Beistand anrufen.” Man -wollte sich seine Freude an den Einzelheiten der Sprache durch allgemeine philosophische -Spekulationen nicht trüben lassen. Manche Wortbildung, von den Übersetzern fremder -Werke herrührend, wurde als barbarisch <span class="pageNum" id="pb38">[<a href="#pb38">38</a>]</span>von puristischen Sprachlehrern verabscheut. Und weitere Verbreitung als die wissenschaftliche -Sprachforschung fand die schöne Kunst der Kalligraphie, die sich, wie die arabische -Kunst überhaupt, mehr dekorativ als konstruktiv, in edlen, feinen Formen entwickelte. -In den Schriftzügen der arabischen Sprache zeigt sich uns noch die Subtilität des -Geistes, der sie gebildet, zugleich aber auch ein Mangel an Energie, der sich in der -ganzen Entwicklung arabischer Kultur bemerklich gemacht hat. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch2.2" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e325">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">2.</span> Die Pflichtenlehre.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch2.2.1" class="first"><b>1.</b> Der gläubige Muslim hatte, sofern nicht das Herkommen seine Herrschaft behauptete, -anfangs als Richtschnur seines Handelns und Urteilens das Wort Gottes und das Beispiel -seines Propheten. Nachdem dieser gestorben war, folgte man, falls der Koran keine -Auskunft erteilte, der Sunna Mohammeds, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> man that und entschied, wie der Überlieferung seiner Genossen nach Mohammed entschieden -oder gehandelt hatte. Aber seit der Eroberung alter Kulturländer traten an den Islam -ganz neue Ansprüche heran. Statt der einfachen Verhältnisse arabischen Lebens fanden -sich dort Gewohnheiten und Einrichtungen vor, für die das heilige Gesetz keine Bestimmung -bot und noch keine Tradition vorhanden oder ausgedeutet war. Jeden Tag häuften sich -also die Einzelfälle, die nicht vorgesehen waren, und die man, sei es nach dem Herkommen -oder nach eigenem Gutdünken beurteilen musste. In den altrömischen Provinzen, Syrien -und Mesopotamien, wird dabei das römische Recht noch lange Zeit eine bedeutende Wirkung -ausgeübt haben. -</p> -<p>Diejenigen Rechtslehrer nun, welche neben Koran und Sunna der eigenen Ansicht (ra’j, -opinio) einen bestimmenden Einfluss auf das Recht zuerkannten, wurden Anhänger des -Raj genannt. Als solcher ist besonders bekannt geworden Abu Hanifa von Kufa (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 767), der Stifter der <span class="pageNum" id="pb39">[<a href="#pb39">39</a>]</span>hanefitischen Schule. Aber auch in Medina, vor und in der Schule des Malik (715–795) -hat man anfangs ganz harmlos, wenn auch weniger weitgehend, dem Raj gehuldigt. Nur -allmählich hat sich, im Kampfe gegen das zu vielen Willkürlichkeiten Veranlassung -gebende Raj, die Meinung vorgedrängt, es sei in Allem der Tradition (hadîth) in Bezug -auf die Sunna des Propheten zu folgen. Es wurden dann von überall her Traditionen -gesammelt, gedeutet, auch massenhaft gefälscht, und eine Lehre von den Kriterien ihrer -Echtheit ausgebildet, die aber mehr auf die äußere Bezeugung und die Zweckmäßigkeit -des Überlieferten als auf Folgerichtigkeit und historische Treue Gewicht legte. Infolge -dieser Entwicklung standen jetzt den Leuten des Raj, die hauptsächlich in Iraq (Babylonien) -gefunden wurden, die Anhänger der Tradition von Medina entgegen. Auch Schafii (767–820), -der Gründer der dritten Rechtsschule, der sich im allgemeinen an der Sunna hielt, -wurde wohl im Gegensatz zu Abu Hanifa den Anhängern der Tradition beigezählt. -</p> -<p id="ch2.2.2"><b>2.</b> Ein neues Element brachte die Logik in diesen Streit hinein: das Qijas, die Analogie. -Einzelne Qijase gab es natürlich schon früher, aber die Aufstellung des Qijas als -eines Prinzipes, einer Grundlage oder Quelle des Rechtes setzt den Einfluss wissenschaftlicher -Reflexion voraus. Wenn auch Raj und Qijas synonym gebraucht sein mögen, so haftet -doch dem letzteren Ausdrucke weniger das Moment individueller Willkür an. Je mehr -man sich daran gewöhnte, bei sprachlich-logischen Untersuchungen das Qijas anzuwenden, -um so leichter konnte man auch dieses Prinzip in die Grundlehre der Gesetzeskunde -aufnehmen, sei es nun, dass man von Fall zu Fall und von der Mehrzahl der Fälle auf -die übrigen (analogisch) schloss, oder aber für verschiedene Fälle einen gemeinsamen -Grund aufsuchte, aus dem das Verhalten im Einzelfall (syllogistisch) abzuleiten wäre.<a class="noteRef" id="xd31e1379src" href="#xd31e1379">1</a> -<span class="pageNum" id="pb40">[<a href="#pb40">40</a>]</span></p> -<p>Die Anwendung des Qijas scheint zunächst und zumeist in der hanefitischen, dann aber -auch, obgleich in geringerem Umfange, in der schafiitischen Schule üblich gewesen -zu sein. Im Zusammenhang damit wurde die Frage, ob die Sprache das Allgemeine auszudrücken -vermöge oder bloß das Besondere bezeichnen könne, für die Pflichtenlehre von Bedeutung. -</p> -<p>Zu einem großen Ansehen hat das logische Prinzip des Qijas es nie gebracht. Vielmehr -wurde, neben den historischen Grundlagen des Gesetzes, dem Koran und der Sunna, das -Idschma <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> die Übereinstimmung der Gemeinde, betont. Die Übereinstimmung der Gemeinde oder faktisch -der einflussreichsten Gelehrten, die mit den Vätern und Lehrern der katholischen Kirche -zu vergleichen sind, ist das dogmatische Prinzip, das, nur von wenigen angefochten, -sich als das wichtigste Mittel zur Begründung der muslimischen Pflichtenlehre erwiesen -hat. Nach Koran, Sunna und Idschma räumt aber die Theorie immer noch, an vierter Stelle, -dem Qijas einen untergeordneten Platz ein. -</p> -<p id="ch2.2.3"><b>3.</b> Die muslimische Pflichtenlehre (<span class="ex">al-fiqh</span> = das Erkennen) umfasst das ganze Leben des Gläubigen, dem der Glaube selbst an erster -Stelle zur Pflicht gemacht wird. Anfangs stieß sie, wie jede Neuigkeit, auf heftigen -Widerstand. Gesetz ward hier zu Lehre, gläubiger Gehorsam zu grübelndem Wissen. Das -forderte Widerspruch heraus, von einfachen Frommen und klugen Politikern zugleich. -Aber nach und nach wurden die Wissenden oder Gesetzesgelehrten (ulamâ, im Westen faqihs) -als die Erben der Propheten anerkannt. -</p> -<p>Die Pflichtenlehre hat sich vor der Glaubenslehre entwickelt und auch immer bis heute -den ersten Platz zu behaupten gewusst. Fast jeder Muslim weiß etwas davon, weil es -zur guten religiösen Erziehung gehört. Nach dem <span class="pageNum" id="pb41">[<a href="#pb41">41</a>]</span>großen Kirchenvater Gazali ist das Fiqh das tägliche Brot gläubiger Seelen, während -die Glaubenslehre nur als Medizin für Kranke einen Wert hat. -</p> -<p>Auf die fein ausgesponnene Kasuistik des Fiqh näher einzugehen, haben wir hier keine -Veranlassung. Es handelt sich der Hauptsache nach um ein ideelles Recht, das in unserer -mangelhaften Welt wohl nie rein zur Anwendung kommen kann. Seine Prinzipien und seine -Stellung innerhalb des Islam kennen wir jetzt. Es sei nur noch die Einteilung der -sittlichen Handlungen, wie die Pflichtenlehrer sie aufstellen, kurz erwähnt. Es gibt -ihr zufolge 1. Handlungen, deren Ausübung unbedingte Pflicht ist und deshalb belohnt, -deren Unterlassung bestraft wird; 2. gesetzlich anempfohlene Handlungen, die belohnt, -deren Vernachlässigung aber nicht bestraft wird; 3. erlaubte, gesetzlich gleichgiltige -Handlungen; 4. vom Gesetze missbilligte, aber nicht strafbare Handlungen; 5. gesetzlich -verbotene Handlungen, die unbedingt Strafe fordern.<a class="noteRef" id="xd31e1422src" href="#xd31e1422">2</a> -</p> -<p id="ch2.2.4"><b>4.</b> Die Einwirkung griechischer Philosopheme auf die Ethik im Islam ist eine zweifache -gewesen. Bei vielen Sektierern und Mystikern, sowohl orthodoxen als häretischen, findet -sich eine asketische Ethik von pythagoreisch-platonischer Färbung. Sie findet sich -ebenso bei Philosophen, denen wir in der Folge noch begegnen werden. In orthodoxen -Kreisen aber fand der aristotelische Satz, dass Tugend in der richtigen Mitte bestehe, -viel Anklang, weil ähnliches im Koran stand und überhaupt die Richtung des Islam eine -katholische, die Gegensätze aussöhnende war. -</p> -<p>Mehr wohl als die Ethik wurde im muslimischen Reiche die Politik gepflegt. Politische -Parteikämpfe gaben zuerst Veranlassung zu Verschiedenheit der Meinungen. Streitigkeiten -über das Imâmat, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> die Herrschaft über die muslimische Gemeinde, durchziehen die ganze Geschichte <span class="pageNum" id="pb42">[<a href="#pb42">42</a>]</span>des Islam. Es handelt sich aber durchweg mehr um Fragen persönlicher und praktischer -als solche theoretischer Bedeutung, weshalb eine Geschichte der Philosophie sie nicht -eingehend zu berücksichtigen braucht. Philosophisch Wertvolles kommt kaum dabei heraus. -Schon im Laufe der ersten Jahrhunderte entwickelte sich ein festes kanonisches Staatsrecht, -das aber, ähnlich der ideellen Pflichtenlehre, von starken Herrschern als theologische -Grübelei nicht sonderlich beachtet wurde, dagegen von schwachen Fürsten erst recht -nicht zur Anwendung gebracht werden konnte. -</p> -<p>Ebensowenig verlohnt es sich, die vielen, besonders in Persien beliebten Fürstenspiegel, -an deren weisen Sittensprüchen und politisch-klugen Maximen die höfischen Kreise sich -erbauten, näher zu betrachten. -</p> -<p>Das Schwergewicht philosophischer Bestrebungen im Islam liegt auf der theoretischen, -intellektuellen Seite. Mit den thatsächlichen Vorgängen des gesellschaftlichen und -staatlichen Lebens weiß man sich nur notdürftig abzufinden. Auch die Kunst der Muslime, -obgleich sie viel mehr Originelles zeigt als ihre Wissenschaft, versteht es nicht, -die spröden Stoffe zu beleben, sondern spielt mit zierlichen Formen. Die Poesie schafft -kein Drama. Und ihre Philosophie ist nicht praktisch. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch2.3" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e347">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">3.</span> Die Glaubenslehre.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch2.3.1" class="first"><b>1.</b> Im Koran war den Muslimen eine Religion, keine Lehre, Gesetze, aber keine Dogmen -gegeben. Was sich darin der Logik widersetzte, was wir uns aus den wechselnden Lebensverhältnissen -und den verschiedenen Stimmungen des Propheten erklären, wurde von den ersten Gläubigen -einfach hingenommen, ohne zu fragen nach dem Wie und Warum. In den eroberten Ländern -aber fand man eine ausgebildete christliche Dogmatik, sowie zoroastrische und <span class="pageNum" id="pb43">[<a href="#pb43">43</a>]</span>brahmanische Lehren vor. Wie viel die Muslime den Christen verdanken, haben wir schon -öfter betont. Die Glaubenslehre ist von christlichen Einflüssen wohl am meisten bestimmt -worden. In Damaskus wirkten orthodoxe und monophysitische Lehren, in Basra und Bagdad -vielleicht mehr nestorianische und gnostische Theoreme auf die Bildung muslimischer -Dogmen ein. Litterarisches hat sich aus der ersten Zeit dieser Bewegung wenig erhalten. -Man wird sich aber nicht irren, wenn man dem persönlichen Verkehre und dem schulmäßigen -Unterricht eine bedeutende Wirkung zuschreibt. Wie noch heute, lernte man damals im -Orient nicht viel aus Büchern, sondern mehr aus dem Munde des Lehrers. Die Ähnlichkeit -zwischen den ältesten Glaubenslehren im Islam und den Dogmen des Christentums ist -zu groß, dass man einen direkten Zusammenhang leugnen könnte. Die erste Frage nämlich, -über die von muslimischen Gelehrten viel disputiert wurde, war die nach der Freiheit -des Willens. Die Willensfreiheit nun wurde von den orientalischen Christen fast allgemein -angenommen. Nie und nirgends hat man vielleicht über das Willensproblem, in der Christologie -zunächst, aber auch in der Anthropologie, so viel hin und her geredet, wie in den -christlichen Kreisen des Ostens zur Zeit der muslimischen Eroberung. -</p> -<p>Außer diesen zum Teil apriorischen Erwägungen gibt es auch vereinzelte Notizen, die -darauf hindeuten, dass einige von den ersten Muslimen, welche die Willensfreiheit -lehrten, christliche Lehrer hatten. -</p> -<p>Schon aus den gnostischen Systemen, nachher aber aus der Übersetzungslitteratur, gesellte -sich zu den hellenistisch-christlichen eine Anzahl rein philosophischer Elemente. -</p> -<p id="ch2.3.2"><b>2.</b> Eine nach logischer oder dialektischer Methode, sei es <span class="ex">mündlich</span> oder <span class="ex">schriftlich</span> geäußerte, Behauptung nannten die Araber im allgemeinen, ganz besonders aber in der -Glaubenslehre, einen Kalam (<span class="trans" title="logos"><span lang="grc" class="grek">λόγος</span></span>) und diejenigen, welche solche Behauptungen aufstellten, hießen <span class="pageNum" id="pb44">[<a href="#pb44">44</a>]</span><span class="ex">mutakallimun</span>. Von der einzelnen Behauptung wurde der Name auf das ganze System übertragen und -darunter auch die einleitenden, grundlegenden Bemerkungen über Methode <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> mitverstanden. Wir nennen die Wissenschaft des Kalam am besten theologische Dialektik -oder einfach Dialektik und übersetzen im folgenden Mutakallimun mit Dialektiker. -</p> -<p>Der Name Mutakallimun, anfangs allen Dialektikern gemeinsam, ward später vorzugsweise -den antimutazilitischen und orthodoxen Theologen beigelegt. In letzterem Falle wäre -er dem Sinne nach gut mit Dogmatiker oder Scholastiker zu übersetzen. Hatten nämlich -die ersten Dialektiker das Dogma noch zu bilden, die späteren brauchten es bloß darzulegen -und zu begründen. -</p> -<p>Die Einführung der Dialektik war eine gewaltige Neuerung im Islam. Heftig wurde ihr -von den Anhängern der Tradition widersprochen. Was über die Pflichtenlehre hinausging, -hieß ihnen Ketzerei. Der Glaube sollte Gehorsam sein, nicht Erkenntnis, wie Murdschiten -und Mutaziliten behaupteten. Die Spekulation wurde von diesen geradezu als eine Pflicht -der Gläubigen hingestellt. Auch mit dieser Forderung söhnte die Zeit sich aus. Der -Überlieferung nach hatte der Prophet schon gesagt: Das erste, was Gott geschaffen -hat, ist das Wissen, oder: die Vernunft. -</p> -<p id="ch2.3.3"><b>3.</b> Groß ist die Anzahl verschiedener Meinungen, die zum Teil schon in der omajjadischen, -hauptsächlich aber in der ersten abbasidischen Zeit laut wurden. Je weiter sie auseinander -gingen, um so schwerer war es den Männern der Überlieferung, sich da hinein zu finden. -Allmählich aber sonderten sich gewisse einheitliche Lehrgruppen aus, von denen das -rationalistische System der Mutaziliten, der Nachfolger der Qadariten, die weiteste -Verbreitung, besonders unter Schiiten, fand. Vom Chalifen Mamun bis Mutawakkil kam -es sogar zur staatlichen Anerkennung. Früher von der weltlichen Macht unterdrückt -und verfolgt, <span class="pageNum" id="pb45">[<a href="#pb45">45</a>]</span>wurden die Mutaziliten jetzt selber Inquisitoren des Glaubens, denen das Schwert die -Stelle des Beweises vertrat. -</p> -<p>Ungefähr zu derselben Zeit aber fingen auch ihre Gegner, die Traditionarier, damit -an, ein Glaubenssystem aufzubauen. Überhaupt fehlte es nicht an Vermittelungen zwischen -dem naiven Glauben der Menge und der Gnosis der Dialektiker. Dem spiritualistischen -Gepräge des Mutazilitismus gegenüber trugen diese Vermittelungen in Bezug auf die -Gotteslehre einen anthropomorphistischen, in Bezug auf Anthropologie und Kosmologie -einen materialistischen Charakter. Die Seele <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> wurde von ihnen körperlich oder als ein Accidens des Körpers aufgefasst, und das -göttliche Wesen als ein menschlicher Körper vorgestellt. Den bildlichen Gott-Vater -der Christen verabscheute die Religionslehre und Kunst der Muslime, aber abgeschmackte -Grübeleien über die Gestalt Allah’s gab es im Islam die Fülle. Einige gingen so weit, -ihm sämtliche Körperglieder zuzusprechen, nur mit Ausnahme des Bartes und anderer -Privilegien orientalischer Männer. -</p> -<p>Es ist unmöglich, all die dialektischen Sekten, die oft zunächst als politische Parteien -aufgetreten waren, ausführlicher zu besprechen. Von philosophiegeschichtlichem Standpunkte -genügt es auch, die mutazilitischen Hauptlehren, insoweit sie ein allgemeines Interesse -beanspruchen dürfen, hier vorzuführen. -</p> -<p id="ch2.3.4"><b>4.</b> Die erste Frage nun betraf menschliches Handeln und menschliches Schicksal. Die Vorläufer -der Mutaziliten, Qadariten genannt, lehrten die Willensfreiheit des Menschen. Auch -noch in späterer Zeit, als ihre Spekulation sich mehr auf theologisch-metaphysische -Probleme richtete, wurden die Mutaziliten immer zuerst bezeichnet als Anhänger der -göttlichen Gerechtigkeit, die kein Böses verursache und nach seinem Verdienste den -Menschen belohne oder strafe, dann aber, an zweiter Stelle, als Bekenner der Einheit -Gottes, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> der Eigenschaftslosigkeit seines Wesens, an sich betrachtet. Auf die systematische -Darstellung ihrer <span class="pageNum" id="pb46">[<a href="#pb46">46</a>]</span>Lehren werden die Logiker (<abbr title="siehe">s.</abbr> <a href="#ch4.2.1">IV, 2 § 1</a>) ihren Einfluss ausgeübt haben. Schon in der ersten Hälfte des zehnten Jahrhunderts -fing das mutazilitische System mit dem Einheitsbekenntnis an und war die Lehre von -Gottes Gerechtigkeit, die sich in allen seinen Werken kund gebe, an die zweite Stelle -gerückt. -</p> -<p>Mit der Behauptung der Willensfreiheit sollte die menschliche Verantwortlichkeit, -sowie die Heiligkeit Gottes, der nicht die sündigen Handlungen der Menschen unmittelbar -hervorbringen könne, gerettet werden. Darum musste der Mensch Herr seiner Thaten sein, -aber auch bloß dieser. Denn dass die Kraft, welche überhaupt zum Handeln befähigt, -oder das Vermögen, sowohl Gutes als Böses zu thun, unmittelbar von Gott dem Menschen -zukomme, wurde von wenigen bezweifelt. Daher die vielen, mit einer Kritik des philosophischen -Zeitbegriffes verquickten, spitzfindigen Erörterungen über die Frage, ob das von Gott -im Menschen geschaffene Vermögen der Handlung voraufgehe oder zeitlich damit zusammenfalle. -Ginge nämlich die Kraft der That vorher, so müsste sie entweder bis zur That fortdauern, -was ihrem accidentellen Charakter widerspreche (<abbr title="vergleiche">vgl.</abbr> <a href="#ch2.3.12">II, 3 § 12</a>), oder aber schon vor der That aufhören zu existieren, und in diesem Falle wäre sie -überhaupt entbehrlich. -</p> -<p>Vom menschlichen Handeln wurde die Spekulation weiter auf das Wirken der Natur übertragen. -Statt Gott oder der Mensch hieß hier der Gegensatz Gott oder die Natur. Die hervorbringenden -und zeugenden Kräfte der Natur wurden als Mittel oder nächste Ursachen anerkannt und -von einigen zu erforschen gesucht. Die Natur selbst aber, wie die ganze Welt, war -ihrer Ansicht nach ein Werk Gottes, eine Schöpfung seiner Weisheit. Wie die Allmacht -Gottes im Sittlichen an seiner Heiligkeit oder Gerechtigkeit eine Schranke fand, so -hier im Natürlichen an seiner Weisheit. Auch Übel und Böses in der Welt wurden aus -der Weisheit Gottes, die Alles zum Besten <span class="pageNum" id="pb47">[<a href="#pb47">47</a>]</span>schicke, erklärt. Erzeugnis oder Zweck göttlicher Thätigkeit ist es nicht. Gott könne -zwar, so hatten Frühere behauptet, Böses und Unvernünftiges thun, er thäte es nur -nicht. Dagegen lehrten die späteren Mutaziliten, Gott habe gar nicht die Macht, so -etwas seinem Wesen Widerstreitendes zu thun. Von ihren darob entrüsteten Gegnern, -die Gottes unbeschränkte Macht und seinen unergründlichen Willen unmittelbar in allem -Handeln und Wirken thätig sich vorstellten, wurden sie wegen solcher Lehre mit den -dualistischen Magiern verglichen. Der konsequente Monismus war auf Seiten dieser Gegner, -die den Menschen und die Natur nicht neben und unter Gott zu Schöpfern ihrer Thaten -oder Wirkungen machen möchten. -</p> -<p id="ch2.3.5"><b>5.</b> Die Mutaziliten hatten, wie schon aus dem Vorhergehenden erhellt, einen anderen Gottesbegriff -als die Menge und die Traditionarier. Dies zeigte sich nun, im Fortgange der Spekulation, -besonders deutlich in der Lehre von den göttlichen Eigenschaften. Von Anfang an war -im Islam die Einheit Gottes stark betont. Das hinderte aber nicht, dass man ihm, nach -menschlicher Analogie, viele schöne Namen gab und mehrere Attribute beilegte. Als -die vorzüglichsten stellten sich, gewiss unter dem Einflusse christlicher Dogmatik, -allmählich heraus: Wissen, Macht, Leben, Wille, Rede oder Wort, Gesicht und Gehör. -Von diesen wurden Gesicht und Gehör zuerst in geistigem Sinne gedeutet oder ganz beseitigt. -Aber mit irgend einer Vielheit gleichewiger Eigenschaften schien die absolute Einheit -des göttlichen Wesens sich nicht vertragen zu wollen. Wäre das nicht die Trinität -der Christen, die ja auch schon die drei Personen des Einen göttlichen Wesens als -Eigenschaften gedeutet hatten? Teils suchte man nun, um dieser Inkonvenienz zu entgehen, -einige Eigenschaften aus anderen begrifflich abzuleiten und auf eine, <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> das Wissen oder die Macht, zurückzuführen, teils auch sie samt und sonders als Zustände -des göttlichen Wesens zu fassen oder mit dem Wesen selbst zu identifizieren<span class="corr" id="xd31e1521" title="Quelle: .">,</span> wobei <span class="pageNum" id="pb48">[<a href="#pb48">48</a>]</span>denn freilich ihre Bedeutung so ziemlich verschwand. Mitunter wurde versucht, durch -Künsteleien des sprachlichen Ausdrucks noch etwas davon zu retten. Während <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> ein Philosoph, die Eigenschaften leugnend, behauptete, Gott sei wissend seinem Wesen -nach, drückte ein mutazilitischer Dialektiker das so aus: Gott ist wissend, aber durch -ein Wissen, das er selbst ist. -</p> -<p>Nach Ansicht der Traditionarier ward auf diese Weise der Gottesbegriff allen Inhaltes -beraubt. Über negative Bestimmungen, Gott sei nicht wie die Dinge dieser Welt, er -sei über Raum, Zeit, Bewegung <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> erhaben, kamen die Mutaziliten kaum hinaus. Aber dass er Schöpfer der Welt sei, daran -hielten sie fest. Wenn man auch von Gottes Wesen wenig aussagen konnte, aus seinen -Werken glaubte man ihn zu erkennen. -</p> -<p>Die Schöpfung war den Mutaziliten, wie ihren Gegnern, ein absoluter Akt Gottes, die -Weltexistenz eine zeitliche. Energisch bekämpften sie die Lehre von der Weltewigkeit, -die, durch die aristotelische Philosophie gestützt, im Orient weitverbreitet war. -</p> -<p id="ch2.3.6"><b>6.</b> Als eins von den ewigen Attributen Gottes fanden wir die Rede oder das Wort. Wahrscheinlich -mit Anschluss an die christliche Logoslehre wurde nämlich die Ewigkeit des dem Propheten -geoffenbarten Korans gelehrt. Das war nach den <span class="corr" id="xd31e1537" title="Quelle: Mutaliziten">Mutaziliten</span> geradezu Abgötterei, neben Allah an einen ewigen Koran zu glauben. Die mutazilitischen -Chalifen verkündigten dagegen als Staatsdogma, der Koran sei geschaffen worden. Wer -dies leugnete, wurde öffentlich bestraft. Obgleich nun die Mutaziliten mit diesem -Dogma dem ursprünglichen Islam näher stehen mochten als ihre Gegner, so hat doch die -Geschichte den letzteren Recht gegeben. Fromme Bedürfnisse waren eben mächtiger als -logische Schlussfolgerungen. Viele Mutaziliten setzten sich, nach der Meinung ihrer -Glaubensbrüder, über den Koran, das Wort Gottes, allzuleicht hinweg. Wenn es zu ihren -Theorien nicht stimmte, wurde es aus- <span class="pageNum" id="pb49">[<a href="#pb49">49</a>]</span>und umgedeutet. In Wirklichkeit galt manchem die Vernunft mehr als das offenbarte -Buch. Aus der Vergleichung nicht nur der drei Offenbarungsreligionen, sondern auch -dieser mit persischer und indischer Religionslehre und philosophischer Spekulation, -ergab sich eine, die Gegensätze versöhnende, natürliche Religion. Aufgebaut wurde -diese auf der Grundlage eines angeborenen, allgemeinnotwendigen Wissens, dass es Einen -Gott gebe, der als weiser Schöpfer die Welt hervorgebracht und auch den Menschen mit -Vernunft begabt habe, damit er seinen Schöpfer erkennen und Gutes und Böses unterscheiden -könne. Dieser Natur- oder Vernunftreligion gegenüber sei dann die Erkenntnis der Offenbarungslehren -etwas Hinzukommendes, ein erworbenes Wissen. -</p> -<p>Mit dieser Behauptung hatten die konsequentesten Mutaziliten sich von der Übereinstimmung -der muslimischen Gemeinde losgesagt, sich also thatsächlich außerhalb des katholischen -Glaubens gestellt. Anfangs beriefen sie sich noch auf jene Übereinstimmung. Sie konnten -es thun, so lange die Regierung ihnen günstig gesinnt war. Es dauerte aber nicht lange. -Bald erfuhren sie, was seitdem noch öfter erfahren wurde: die Völker lassen sich leichter -von oben herab eine Religion als eine Aufklärung vorschreiben. -</p> -<p id="ch2.3.7"><b>7.</b> Nach diesem Überblick sehen wir uns einige von den bedeutendsten Mutaziliten näher -an, damit dem allgemeinen Bilde nicht die individuellen Züge fehlen. -</p> -<p>Zuerst betrachten wir Abu-l-Hudhail al-Allaf, der um die Mitte des neunten Jahrhunderts -starb. Er war ein berühmter Dialektiker, einer der ersten, die der Philosophie einen -Einfluss auf ihre theologischen Lehren gestatteten. -</p> -<p>Dass eine Eigenschaft irgendwie einem Wesen inhärieren könne, lässt sich nach Abu-l-Hudhail -nicht denken: entweder muss sie mit dem Wesen identisch oder davon verschieden sein. -Doch sieht er sich nach einer Vermittlung um. Gott ist, nach ihm, wissend, mächtig, -lebendig durch Wissen, Macht und Leben, die sein Wesen selbst <span class="pageNum" id="pb50">[<a href="#pb50">50</a>]</span>sind. Wie auch schon von christlicher Seite geschehen war, nennt er jene drei Bestimmungen -die Modi (wudschuh) des göttlichen Wesens. Auch Hören, Sehen <abbr title="unter andere">u. a.</abbr> lässt er sich als ewig in Gott gefallen, jedoch nur mit Rücksicht auf die später -zu schaffende Welt. Übrigens mag es ihm und anderen von der Zeitphilosophie Berührten -leicht genug gewesen sein, diese und ähnliche Ausdrücke, wie das Schauen Gottes am -jüngsten Tage,<a class="noteRef" id="xd31e1554src" href="#xd31e1554">3</a> spiritualistisch zu deuten, da sie ja das Sehen und Hören überhaupt als geistige -Akte auffassten. Abu-l-Hudhail behauptete <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr>, die Bewegung sei sichtbar, tastbar aber nicht, weil sie kein Körper sei. -</p> -<p>Nicht ewig soll nun aber der Wille Gottes sein. Im Gegenteil nimmt Abu-l-Hudhail absolute -Willensäußerungen an, sowohl von dem wollenden Wesen wie von dem gewollten Gegenstande -verschieden. So nimmt das absolute Schöpfungswort eine Mittelstellung ein zwischen -dem ewigen Schöpfer und der geschaffenen zeitlichen Welt. Diese Willensäußerungen -Gottes sind eine Art Mittelwesen, mit den platonischen Ideen oder den Sphärengeistern -zu vergleichen, aber wohl mehr als immaterielle Kräfte, denn als persönliche Geister -gedacht. -</p> -<p>Von dem absoluten Schöpfungsworte unterscheidet Abu-l-Hudhail das accidentelle Offenbarungswort, -das sich als Befehl und Verbot, in materieller, räumlicher Erscheinung an die Menschen -kund gibt und also nur für diese zeitliche Welt Bedeutung hat. Die Möglichkeit, nach -dem göttlichen Offenbarungsworte zu leben oder dem zu widerstreiten, ist folglich -nur in diesem Leben vorhanden. Verpflichtendes Gebot und Verbot setzt Willensfreiheit -und die Fähigkeit danach zu handeln voraus. Im zukünftigen Leben dagegen gibt es keine -gesetzlichen Verpflichtungen, somit auch keine Freiheit mehr; Alles hängt dort von -der absoluten Bestimmung Gottes ab. Auch wird <span class="pageNum" id="pb51">[<a href="#pb51">51</a>]</span>es im Jenseits keine Bewegung geben, denn wie die Bewegung einmal angefangen hat, -muss sie, am Ende der Welt, aufhören zur ewigen Ruhe. An eine körperliche Auferstehung -dürfte also Abu-l-Hudhail wohl nicht geglaubt haben. -</p> -<p>Die menschlichen Handlungen unterscheidet er in natürliche und sittliche oder “Handlungen -der Glieder und des Herzens”. Sittlich ist eine Handlung nur, wenn wir sie frei verrichten. -Die sittliche That ist des Menschen selbsterworbenes Eigentum, sein Wissen dagegen -kommt ihm von Gott her zu, teils durch Offenbarung, teils durch natürliche Erleuchtung. -Schon vor aller Offenbarung ist der Mensch von Natur verpflichtet, also auch wohl -im Stande, Gott zu erkennen, Gutes und Böses zu unterscheiden, und tugendhaft, wahrhaftig -und gerecht zu leben. -</p> -<p id="ch2.3.8"><b>8.</b> Ein merkwürdiger Mensch und Denker ist ein jüngerer Zeitgenosse und, wie es scheint, -Schüler des Abu-l-Hudhail, gewöhnlich Al-Nazzam genannt. Er starb im Jahre 845. Ein -phantastischer, unruhiger, ehrgeiziger Mann, kein folgerichtiger, aber doch ein kühner -und ehrlicher Denker, so hat ihn Dschahiz, einer seiner Schüler, uns vorgestellt. -Die Leute hielten ihn für einen Verrückten oder einen Ketzer. Vieles in seinen Lehren -berührt sich mit dem, was den Orientalen als Philosophie des Empedokles und Anaxagoras -bekannt war (<abbr title="vergleiche">vgl.</abbr> auch Abu-l-Hudhail). -</p> -<p>Nach der Ansicht Nazzams kann Gott überhaupt kein Böses thun, ja er kann nur das, -was er als das Beste für seine Diener erkennt. Seine Allmacht reicht auch nicht weiter -als die wirkliche That. Wer könnte ihn daran hindern, die schöne Überfülle seines -Wesens zu verwirklichen? Einen Willen im eigentlichen Sinne, der immer ein Bedürfnis -voraussetze, ist Gott gar nicht beizulegen. Gottes Wille ist vielmehr nur eine Bezeichnung -für seine Thätigkeit selbst oder für die den Menschen erteilten Befehle. Die Schöpfung -ist ein einmaliger Akt, mit dem <span class="pageNum" id="pb52">[<a href="#pb52">52</a>]</span>Alles zugleich erschaffen, sodass Eins im Andern enthalten ist und im Laufe der Zeit -die verschiedenen Exemplare von Mineralien, Pflanzen und Tieren, sowie die vielen -Adamskinder, nach und nach aus ihrem latenten Zustande in die Erscheinung treten. -</p> -<p>Mit den Philosophen verwirft Nazzam die Atomenlehre (<abbr title="siehe">s.</abbr> <a href="#ch2.3.12">II, 3 § 12</a>), weiß sich dann aber das Durchlaufen einer bestimmten Strecke, wegen der unendlichen -Teilbarkeit des Raumes, nur durch Sprünge zu erklären. Statt aus Atomen lässt er die -körperlichen Substanzen aus Accidenzen zusammengesetzt sein. Wie sich Abu-l-Hudhail -die Inhärenz von Eigenschaften in einem Wesen nicht denken konnte, so kann sich Nazzam -das Accidens nur als die Substanz selbst oder als einen Teil der Substanz vorstellen. -So ist das Feuer oder das Warme <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> latent im Holze vorhanden, wird aber frei, wenn durch Reibung sein Antagonist, das -Kalte, verschwindet. Es findet dabei eine Bewegung oder Umsetzung, aber keine qualitative -Veränderung statt. Die sinnlichen Qualitäten, wie Farben, Geschmäcke und Gerüche, -sind nach Nazzam Körper. -</p> -<p>Auch die Seele oder den Geist des Menschen fasst er als einen feinen Körper auf. Freilich -ist die Seele des Menschen vorzüglichster Teil, sie durchdringt den Körper, ihr Organ, -ganz und ist der wirkliche, wahrhafte Mensch zu nennen. Gedanken und Strebungen werden -als Bewegungen der Seele definiert. -</p> -<p>In Glaubenssachen und Gesetzesfragen verwirft Nazzam sowohl die Übereinstimmung der -Gemeinde als auch die analogische Interpretation des Rechtes, und beruft sich, schiitisch, -auf den unfehlbaren Imam. Er hält es für möglich, dass alle Muslime eine irrige Lehre -übereinstimmend zulassen, wie <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> dass Mohammed im Unterschiede von anderen Propheten eine Mission für die ganze Menschheit -habe. Gott sendet aber jeden Propheten zur ganzen Menschheit. -</p> -<p>Übrigens teilt Nazzam in Bezug auf die Erkenntnis <span class="pageNum" id="pb53">[<a href="#pb53">53</a>]</span>Gottes und der sittlichen Pflichten durch die Vernunft die Ansicht des Abu-l-Hudhail. -Von der unnachahmbaren Vortrefflichkeit des Korans ist er nicht sonderlich überzeugt. -Es soll das ewige Wunder des Korans nur darin bestehen, dass die Zeitgenossen Mohammeds -davon abgehalten wurden, dem Koran Ähnliches hervorzubringen. -</p> -<p>Von der muslimischen Eschatologie hat er wohl nicht viel gehalten. Wenigstens löst -sich für ihn die Höllenqual in einen Verbrennungsprozess auf. -</p> -<p id="ch2.3.9"><b>9.</b> Aus der Schule Nazzams werden uns viele synkretistische Lehren überliefert, alle -ohne Originalität. Von den Männern, die aus ihr hervorgegangen, ist der berühmteste -der Schöngeist und Naturphilosoph Dschahiz (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 869), der vom echten Gelehrten verlangte, er solle das Studium der Theologie mit -dem der Naturwissenschaft verknüpfen. In allen Dingen spürt er die Wirkungen der Natur, -in diesen aber einen Hinweis auf den Schöpfer der Welt. Die menschliche Vernunft ist -im Stande, den Schöpfer zu erkennen und ebenso das Bedürfnis nach einer prophetischen -Offenbarung einzusehen. Des Menschen Verdienst ist nur sein Wollen, denn einerseits -sind alle seine Thaten im Naturgeschehen verflochten, und andererseits ist sein ganzes -Wissen notwendig von oben bestimmt. Doch scheint dem Wollen, das aus dem Wissen abgeleitet -wird, keine große Bedeutung zuzukommen. Wenigstens wird der Wille im göttlichen Wesen -ganz negativ gefasst, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> Gott wirke niemals unbewusst und mit Missfallen an seinem Werke. -</p> -<p>In alldem ist wenig Eigenes. Das Mittelmaß ist sein ethisches Ideal, aber auch seines -Geistes Geschick. Nur im Kompilieren seiner vielen Schriften ist Dschahiz unmäßig -gewesen. -</p> -<p id="ch2.3.10"><b>10.</b> Bei den älteren Mutaziliten überwiegen die ethischen und naturphilosophischen Erwägungen; -bei den späteren gewinnen logisch-metaphysische Betrachtungen das Übergewicht. Besonders -neuplatonische Einflüsse sind hier zu verspüren. -<span class="pageNum" id="pb54">[<a href="#pb54">54</a>]</span></p> -<p>Muammar, dessen Lebenszeit nicht näher bestimmt wird (etwa um 900 anzusetzen), hat -manches mit den Obengenannten gemeinsam. Aber weit nachdrücklicher leugnet er die -Existenz göttlicher Eigenschaften, die der absoluten Einheit des Wesens widersprechen. -Gott ist über jede Vielheit hinaus. Er kennt weder sich selbst noch ein Anderes, denn -das Wissen würde in ihm eine Vielheit voraussetzen. Auch ist er überewig zu nennen. -Dennoch ist er als Schöpfer der Welt anzuerkennen. Freilich hat er nur Körper geschaffen, -und diese schaffen selbst, sei es durch Naturwirkung, sei es mit Willen, ihre Accidenzen. -Die Zahl dieser Accidenzen ist unendlich, denn sie sind ihrem Wesen nach nichts weiter -als die begrifflichen Beziehungen des Denkens. Muammar ist Conceptualist. Bewegung -und Ruhe, Gleichheit und Verschiedenheit <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> sind nichts an sich, sondern haben nur eine begriffliche oder ideelle Wirklichkeit. -Die Seele, die das wahre Wesen des Menschen sein soll, wird als eine Idee oder eine -immaterielle Substanz gefasst. Wie sie sich dann zum Körper und zu dem göttlichen -Wesen verhalte, wird nicht klargestellt. Die Überlieferung ist verworren. -</p> -<p>Des Menschen Wille ist frei, das Wollen eigentlich seine einzige That. Denn die äußere -Handlung gehört dem Körper (<abbr title="vergleiche">vgl.</abbr> Dschahiz). -</p> -<p>Die Schule von Bagdad, der Muammar anzugehören scheint, war conceptualistisch. Mit -Ausnahme der allgemeinsten Bestimmungen, denen des Seins und des Werdens, ließ sie -die Universalien nur als Begriffe Bestand haben. Näher dem Realismus stand Abu Haschim -von Basra (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 933). Gottes Eigenschaften, sowie die Accidenzen oder Gattungsbegriffe überhaupt, -fasste er als ein Mittleres zwischen Sein und Nichtsein auf. Er nannte sie Zustände -oder Modi. Als Erfordernis alles Wissens bezeichnete er den Zweifel. Ein naiver Realist -war er nicht. -</p> -<p>Auch mit dem Nichtsein trieben mutazilitische Denker ein dialektisches Spiel. Es werde -gedacht, es müsse also <span class="pageNum" id="pb55">[<a href="#pb55">55</a>]</span>dem Nichtsein wie dem Sein eine Art Wirklichkeit zukommen, folgerte man. Versucht -doch der Mensch eher das Nichts zu denken, als dass er überhaupt nicht denke. -</p> -<p id="ch2.3.11"><b>11.</b> Im neunten Jahrhundert hatten sich im Kampfe gegen die Mutaziliten mehrere dialektische -Systeme ausgebildet, von denen <abbr title="unter andere">u. a.</abbr> das karramitische sich lange über das zehnte Jahrhundert hinaus erhielt. Aus den -Reihen der Mutaziliten aber erstand der Mann, der die Gegensätze zu vermitteln berufen -war, und der das zunächst im Osten, später im ganzen Islam als orthodox anerkannte -Lehrsystem aufstellte. Es war al-Aschari (873–935), der es verstand, Gotte zu geben, -was Gottes, und dem Menschen, was des Menschen ist. Den groben Anthropomorphismus -der antimutazilitischen Dialektiker wies er ab, Gott über alles Körperliche und Menschliche -hinausrückend, ihm aber seine Allmacht und Allwirksamkeit lassend. Die Natur büßte -bei ihm alle ihre Wirksamkeit ein, dem Menschen aber wurde ein gewisses Verdienst -vorbehalten, darin bestehend, dass er den von Gott in ihm geschaffenen Handlungen -seine Zustimmung erteilen, sich dieselben als seine Thaten aneignen könne. Auch wurde -dem Menschen sein sinnlich-geistiges Wesen nicht verkümmert. Er durfte hoffen auf -die Auferstehung des Fleisches und das Schauen Gottes. Was die koranische Offenbarung -betrifft, unterschied Aschari zwischen einem ewigen Worte in Gott und dem in der Zeit -geoffenbarten Buche, wie wir es besitzen. -</p> -<p>Bei der Ausführung seiner Lehren zeigte sich Aschari in keiner Weise originell, sondern -er fasste nur Gegebenes vermittelnd zusammen, was denn nicht ohne Widersprüche gelingen -wollte. Die Hauptsache jedoch war, dass seine Kosmologie, Anthropologie und Eschatologie, -zur Erbauung frommer Seelen, nicht allzu weit von dem Wortlaute der Tradition sich -entfernten, und dass seine Theologie, infolge einer etwas vergeistigten Auffassung -Gottes, auch höher Gebildete nicht ganz unbefriedigt ließ. -</p> -<p>Aschari stützt sich auf die Offenbarung des Korans. <span class="pageNum" id="pb56">[<a href="#pb56">56</a>]</span>Eine davon unabhängige Vernunfterkenntnis in Bezug auf göttliche Dinge erkennt er -nicht an. Die Sinne sollen im allgemeinen nicht täuschen, dagegen wohl unser Urteil. -Zwar erkennen wir Gott mit unserer Vernunft, aber nur aus der Offenbarung, der einzigen -Quelle solchen Wissens. -</p> -<p>Gott ist nun, nach Aschari, zunächst der allmächtige Schöpfer. Ferner ist er allwissend, -er weiß, was die Menschen thun und was sie thun wollen, was geschieht und wie das, -was nicht geschieht, wenn es geschähe, geschehen wäre. Dazu kommen Gott alle Bestimmungen -zu, die irgend eine Vollkommenheit ausdrücken, nur dass sie Gott in einem anderen, -höheren Sinne eignen als den Geschöpfen. In Schöpfung und Erhaltung der Welt ist Gott -die einzige Ursache; alles Weltgeschehen rührt fortwährend unmittelbar von ihm her. -Der Mensch aber ist sich des Unterschiedes zwischen seinen unwillkürlichen Bewegungen, -wie Zittern und Beben, und seiner mit Willen und Wahl ausgeführten Handlungen wohl -bewusst. -</p> -<p id="ch2.3.12"><b>12.</b> Das Eigentümlichste, was die Dialektik der Muslime ausgebildet hat, ist ihre Atomenlehre. -Die Entwicklung dieser Lehre liegt noch fast ganz im Dunkeln. Schon von Mutaziliten, -besonders aber von deren Gegnern vor Aschari ist sie vertreten worden. Unsere Darstellung -zeigt, wie sie sich in der ascharitischen Schule erhalten, zum Teil vielleicht erst -ausgebildet hat. -</p> -<p>Die Atomenlehre der muslimischen Dialektiker hat ihre Quelle allerdings in griechischer -Naturphilosophie, aber ihre Aufnahme und Weiterbildung sind von den Bedürfnissen theologischer -Polemik und Apologetik bestimmt, wie sich dies ähnlich bei einzelnen Juden und bei -gläubigen Katholiken beobachten lässt. Dass man, im Islam, den Atomismus aufgegriffen -habe, nur weil Aristoteles ihn bekämpfte, ist nicht wohl glaublich. Wir haben hier -einen verzweifelten Kampf um ein religiöses Gut zu verzeichnen, dabei die Waffen nicht -gewählt werden. Der Zweck entscheidet. Die Natur soll nicht aus sich selbst heraus, -<span class="pageNum" id="pb57">[<a href="#pb57">57</a>]</span>sondern aus einem göttlichen Schöpfungsakte erklärt; nicht als eine ewige göttliche -Ordnung, sondern als ein Geschöpf vergänglichen Daseins diese Welt angesehen werden. -Als freiwirkender, allmächtiger Schöpfer soll Gott gedacht und benannt werden, nicht -als unpersönliche Ursache oder ruhender Urgrund. An der Spitze der muslimischen Dogmatik -steht daher seit alter Zeit die Schöpfungslehre als ein Zeugnis gegen die heidnisch-philosophische -Ansicht von der Ewigkeit der Welt und von den Wirkungen der Natur. -</p> -<p>Was wir von der Sinnenwelt wahrnehmen, so reden diese Atomisten, sind vorübergehende -Accidenzen, die jeden Augenblick kommen und gehen. Das Substrat dieses Wechsels sind -die (körperlichen) Substanzen, die, weil in oder an ihnen Veränderungen vorgehen, -nicht unveränderlich gedacht werden können. Sind sie, die Substanzen, veränderlich, -dann können sie auch nicht dauerhaft sein, denn Ewiges ändert sich nicht. Folglich -ist Alles in der Welt, da Alles sich ändert, entstanden, von Gott erschaffen. -</p> -<p>Das ist der Ausgangspunkt. Von der Veränderlichkeit alles Existierenden wird geschlossen -auf den ewigen, unveränderlichen Schöpfer. Die Späteren aber schließen, unter dem -Einfluss muslimischer Philosophen, von der Kontingenz oder Possibilität alles Endlichen -auf das notwendig-existierende Wesen Gottes. -</p> -<p>Kehren wir zur Welt zurück. Sie besteht aus Accidenzen und deren Substrate, die Substanzen. -Substanz und Accidens oder Qualität sind die zwei Kategorien, mittelst derer die Wirklichkeit -begriffen wird. Die übrigen Kategorien fallen entweder unter die der Qualität oder -lösen sich in Verhältnisse und Denkbestimmungen auf, denen, objektiv, nichts entspricht. -Die Materie als Möglichkeit ist nur im Denken, die Zeit ist nichts anderes als Koexistenz -verschiedener Gegenstände oder simultane Beziehung der Vorstellung, und Raum und Größe -kommen zwar den Körpern zu, nicht aber den einzelnen Teilen (Atomen), aus denen die -Körper zusammengesetzt sind. -<span class="pageNum" id="pb58">[<a href="#pb58">58</a>]</span></p> -<p>Was von den Substanzen überhaupt ausgesagt werden kann, sind Accidenzen. Ihre Anzahl -ist, an jeder einzelnen Substanz, zahlreich oder gar, wie einige behaupten, unendlich, -da von beliebigen gegensätzlichen Bestimmungen, zu denen auch die negativen gehören, -jeder Substanz entweder die eine oder die andere zukomme. Das negative Accidens hat -um nichts weniger Realität als das positive. Gott schafft auch die Privation und die -Vernichtung, wofür es denn freilich nicht leicht ist, das Substrat ausfindig zu machen. -Und da jedes Accidens immer nur seinen Sitz in irgend einer Substanz haben kann, und -nicht in einem anderen Accidens, so gibt es in Wirklichkeit kein Allgemeines, mehreren -Substanzen Gemeinsames. Die Universalien sind in keiner Weise in den Einzeldingen, -sie sind Begriffe. -</p> -<p>Somit gibt es keine Verbindung zwischen den Substanzen, sie stehen getrennt für sich -als Atome, die einander gleich sind. Eigentlich haben sie eine größere Ähnlichkeit -mit den Homöomerien des Anaxagoras als mit den kleinsten Stoffteilchen der Atomisten. -Sie sind an sich unräumlich (ohne makan), haben aber ihren Ort (hajjiz) und füllen -durch ihre Position den Raum aus. Es sind also unausgedehnte, punktuell gedachte Einheiten, -aus denen die räumliche Körperwelt aufgebaut wird. Zwischen ihnen soll es ein Leeres -geben, denn sonst wäre, da die Atome nicht in einander eindringen, jede Bewegung unmöglich. -Alle Veränderung aber wird auf Vereinigung und Trennung, Bewegung und Ruhe zurückgeführt. -Sonstige, wirksame Beziehungen zwischen den Atomen-Substanzen gibt es nicht. Sie sind -einmal da und freuen sich ihres Daseins, haben aber gar nichts mit einander zu thun. -Die Welt ist eine diskontinuierliche Masse, ohne lebendige Wechselwirkung. -</p> -<p>Das Altertum hatte dieser Auffassung vorgearbeitet, <abbr title="unter andere">u. a.</abbr> auch mit seiner Lehre von dem diskontinuierlichen Charakter der Zahl. Wurde die Zeit -nicht als die Zahl <span class="pageNum" id="pb59">[<a href="#pb59">59</a>]</span>der Bewegung definiert? Warum sollte man nun nicht jene Lehre auf Raum, Zeit und Bewegung -übertragen? Die Dialektiker thaten es, und es mag auch die Skepsis der Alten dabei -mitgewirkt haben. Wie die substanzielle Körperwelt wurden auch Raum, Zeit und Bewegung -in Atome ohne Ausdehnung, in Momente ohne Dauer zerlegt. Die Zeit wird eine Aufeinanderfolge -von vielen einzelnen Jetzt, und zwischen je zwei Zeitmomenten gibt es ein Leeres. -Ebenso verhält es sich mit der Bewegung: zwischen je zwei Bewegungen gibt es eine -Ruhe. Eine schnelle und eine langsame Bewegung besitzen dieselbe Geschwindigkeit, -nur hat die letztere mehr Ruhepunkte. Um dann aber über den leeren Raum, das unausgefüllte -Zeitmoment und die Ruhepause zwischen zwei Bewegungen hinauszukommen, wird die Lehre -vom Sprunge benutzt. Von Raumpunkt zu Raumpunkt soll die Bewegung, von Moment zu Moment -die Zeit weiterspringen. -</p> -<p>Diese phantastische Lehre brauchte man eigentlich gar nicht. Sie war eine Antwort -auf naives Fragen. Konsequent hatte man die ganze räumlich-zeitlich bewegte Körperwelt -in Atome mit deren Accidenzen zerstückt. Wohl behaupteten einige, dass zwar die Accidenzen -jeden Augenblick schwinden, die Substanzen dagegen dauernden Bestand haben, aber andere -machten da keinen Unterschied. Wie die Accidenzen, so lehrten sie, bestehen auch die -Substanzen, die ja Raumpunkte sind, nur einen Zeitpunkt. Jeden Augenblick schafft -Gott die Welt aufs neue, sodass ihr jetziger Zustand weder mit dem unmittelbar vorhergehenden -noch mit dem gleich folgenden in irgend einem wesentlichen Zusammenhange steht. Es -gibt also eine Reihe aufeinander folgender Welten, die sich nur scheinbar als <span class="ex">eine</span> Welt darstellen. Dass es für uns so etwas wie Zusammenhang oder Kausalität in den -Erscheinungen gibt, rührt nur daher, dass es Allah nach seinem unergründlichen Willen -heut oder morgen nicht beliebt, die Gewohnheit des Geschehens durch ein Wunder zu -unterbrechen, <span class="pageNum" id="pb60">[<a href="#pb60">60</a>]</span>was er aber jeden Augenblick zu thun im Stande ist. Wie aller Kausalzusammenhang nach -dem atomistischen Kalam verschwindet, wird sehr gut durch das klassische Beispiel -vom schreibenden Menschen ausgedrückt. Gott schafft nämlich in ihm, und zwar an jedem -Zeitpunkte aufs neue, zuerst den Willen, dann das Vermögen zu schreiben, darauf die -Bewegung der Hand, und endlich die Bewegung der Feder. Eins ist dabei völlig unabhängig -von dem Andern. -</p> -<p>Wenn man nun dagegen einwendet, dass mit der Kausalität oder der Regelmäßigkeit des -Weltgeschehens auch die Möglichkeit alles Wissens aufgehoben sei, so erwidert der -gläubige Denker, Allah wisse ja Alles vorher schon, er schaffe nicht nur die Dinge -der Welt und was sie zu wirken scheinen, sondern auch das Wissen darum in der menschlichen -Seele, und wir brauchen nicht weiser zu sein als Er. Er weiß es am besten. -</p> -<p>Allah und die Welt, Gott und der Mensch, über diese Gegensätze konnte die muslimische -Dialektik nicht hinaus kommen. Außer Gott gibt es nur Platz für körperliche Substanzen -und deren Accidenzen. Das Dasein menschlicher Seelen als unkörperlicher Substanzen, -sowie überhaupt die Existenz reiner Geister, beides von Philosophen und, weniger bestimmt, -von einigen Mutaziliten gelehrt, wollte nicht recht stimmen zu der muslimischen Lehre -von der Transcendenz Gottes, der keinen Genossen hat. Die Seele gehört zu der Körperwelt. -Leben, Empfindung, Beseeltheit sind ebenso Accidenzen wie Farbe, Geschmack und Geruch, -Bewegung und Ruhe. Einige nehmen nur ein Seelenatom an, nach anderen sind mehrere -feine Seelenatome unter die Körperatome gemischt. Das Denken haftet jedenfalls an -einem einzigen Atom. -</p> -<p id="ch2.3.13"><b>13.</b> Nicht alle guten Muslime konnten sich bei der Dialektik beruhigen. Der fromme Diener -Gottes möchte doch auf andere Weise seinem Herrn etwas näher kommen. Dieses Bedürfnis, -schon anfangs im Islam vorhanden, durch <span class="pageNum" id="pb61">[<a href="#pb61">61</a>]</span>christliche und persisch-indische Einflüsse verstärkt und unter entwickelteren Kulturverhältnissen -mächtig angewachsen, hat im Islam eine Reihe von Erscheinungen hervorgerufen, die -man als Mystik und Sufismus<a class="noteRef" id="xd31e1675src" href="#xd31e1675">4</a> zu bezeichnen pflegt. In dieser Entwicklung eines muslimischen Heiligenwesens und -Mönchtums hat sich die Geschichte christlicher Mönche und Klöster in Syrien und Ägypten, -auch diejenige indischer Büßer wiederholt. Im Grunde haben wir es hier also mit religiöser -oder geistiger Praxis zu thun. Aber die Praxis spiegelt sich immer im Denken, sie -erhält ihre Theorie. Man bedurfte, um ein intimeres Verhältnis mit der Gottheit zu -Stande zu bringen, vielfach symbolischer Handlungen und vermittelnder Personen. Diese -nun versuchten es, sich und den Eingeweihten die Geheimnisse der Symbole zu enthüllen -und außerdem ihre eigene vermittelnde Stellung in der Stufenordnung des Alls zu begründen. -Besonders neuplatonische Lehren, teilweise aus der trüben Quelle des Pseudo-Dionysios -des Areopagiten und des heiligen Hierotheos (Stephen bar Sudaili?) mussten dazu herhalten. -Auch scheint der indische Yoga, wenigstens in Persien, bedeutend eingewirkt zu haben. -Meistens hielt sich die Mystik in den Schranken der Orthodoxie, die immer auch verständig -genug war, Dichtern und Schwärmern etwas nachzusehen. In Bezug auf die Lehre, dass -Gott alles in allem <span class="ex">wirke</span>, waren Dialektiker und Mystiker einverstanden. Dass aber Gott auch alles in allem -<span class="ex">sei</span>, wurde von der extremen Mystik hinzugefügt. Daraus entwickelte sich ein heterodoxer -Pantheismus, der die Welt zum leeren Scheine und das menschliche Ich zum Gotte machte. -So wird die Einheit Gottes zur Alleinheit, seine Allwirksamkeit zur Allwesenheit. -Höchstens gibt es außer Gott noch die Eigenschaften oder Zustände der sufischen zu -Ihm sich hinbewegenden Seele. Eine Psychologie des Gefühles wird von sufischen Lehrern -entwickelt. <span class="pageNum" id="pb62">[<a href="#pb62">62</a>]</span>Während, nach ihnen, unsere Vorstellungen von außen an die Seele herankommen und unsere -Strebungen eine Veräußerlichung des Inneren bedeuten, besteht das wahre Wesen unserer -Seele aus gewissen Zuständen oder Gefühlen der Lust und Unlust. Das wesentlichste -von allen ist die Liebe. Weder Furcht noch Hoffnung, sondern die Liebe erhebt uns -zu Gott. Kein Wissen und kein Wollen, sondern die Vereinigung mit dem Geliebten heißt -Seligkeit. -</p> -<p>Weit gründlicher als von den Dialektikern wird von diesen Mystikern die Welt, und -schließlich auch die Menschenseele vernichtet. Von jenen ist sie der schaffenden Willkür, -von diesen dem erleuchtenden, liebenden Wesen Gottes zum Opfer dargebracht worden. -In der Sehnsucht nach dem Einen Geliebten wird die verwirrende Mannigfaltigkeit der -Dinge, wie sie unseren Sinnen und der Vorstellung erscheint, abgestreift. Alles wird, -im Sein wie im Denken, auf einen Punkt konzentriert. Als Gegensatz denke man sich -echtes Griechentum. Dort wünschte man sich die Zahl der Sinne größer, um etwas mehr -von dieser schönen Welt erkennen zu können. Diese Mystiker aber schelten die Vielheit -der Sinne, weil sie Verwirrung in ihr Glück hineinbringt. -</p> -<p>Doch macht die menschliche Natur sich überall geltend. Jene Welt und Sinnen entsagenden -Männer schwelgen oft bis in ein hohes Alter hinein in den sinnlichsten Phantasien. -</p> -<p>Dass viele sich gar wenig um die Glaubenslehre kümmerten, und dass die asketische -Moral der Sufis öfter in das Gegenteil sich verwandelte, braucht uns nach alledem -nicht zu wundern. -</p> -<p>Die Entwicklung des Sufismus im einzelnen zu verfolgen, ist mehr eine Aufgabe für -die Religions- als für die Philosophiegeschichte. Auch finden wir die philosophischen -Elemente, die darin aufgenommen wurden, bei den muslimischen Philosophen, denen wir -im folgenden begegnen werden. -<span class="pageNum" id="pb63">[<a href="#pb63">63</a>]</span> </p> -</div> -</div> -<div id="ch2.4" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e399">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">4.</span> Litteratur und Geschichte.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch2.4.1" class="first"><b>1.</b> Arabische Poesie und Annalistik haben sich unabhängig von Schulgelehrsamkeit ausgebildet. -Im Laufe der Zeit aber wussten Litteratur und Geschichtschreibung sich nicht von fremden -Einflüssen rein zu erhalten. Mit einigen Andeutungen, dies zu erhärten, müssen wir -uns hier begnügen. -</p> -<p>Einen Bruch mit der poetischen Tradition des Arabertums, wie ihn das Christentum in -der germanischen Welt verursachte, bedeutete die Einführung des Islam nicht. Schon -die weltliche Litteratur der Omajjadenzeit überlieferte viele Weisheitssprüche, zum -Teil aus der altarabischen Poesie, die der Koranpredigt Konkurrenz machten. Abbasidenchalife, -wie Mansur, Harun und Mamun, waren litterarisch gebildeter als Karl der Große. Ihre -Söhne wurden nicht nur mit Koranlektüre erzogen, sondern auch mit den alten Dichtern -und der Volksgeschichte bekannt gemacht. Dichter und Litteraten wurden an die Höfe -gezogen und fürstlich belohnt. Dort erfuhr dann die Litteratur den Einfluss gelehrter -Bildung und philosophischer Spekulation, wenn auch in den meisten Fällen recht oberflächlich. -Dies zeigt sich vor allem in skeptischen Äußerungen, frivoler Verspottung des Heiligsten -und Verherrlichung des Sinnengenusses. Daneben aber drangen weise Sprüche, ernste -Betrachtungen, mystische Spekulationen in die anfangs nüchtern-realistische Poesie -der Araber ein. Statt der sinnlichen Frische der Darstellung trat ein ermüdendes Spiel -mit Gedanken und Gefühlen, wenn nicht gar mit leeren Worten, Metren und Reimen, ein. -</p> -<p id="ch2.4.2"><b>2.</b> Der hässliche Abu-l-Atahia (748–828) redet in seiner süßlichen Poesie fast immer -von unglücklicher Liebe und Verlangen nach dem Tode. Seine Weisheit spricht er in -diesen Versen aus: -</p> -<div class="lgouter"> -<p class="line">Lass nach dem Zweifel den Verstand sich richten: </p> -<p class="line">Vor Sünde schützt am besten das Verzichten. </p> -</div> -<p><span class="pageNum" id="pb64">[<a href="#pb64">64</a>]</span></p> -<p>Wer nur einiges Verständnis für das Leben und für Naturpoesie besitzt, wird sich an -seinen Weltentsagungsgedichten ebensowenig erfreuen können, wie an den der Form nach -zwar epigrammatischen, dem Inhalte nach aber furchtbar langweiligen Versen des Mutanabbi -(905–965), den man wohl als den größten arabischen Dichter gefeiert hat. -</p> -<p>Ebenso hat man über Gebühr Abu-l-Ala al-Maarri (973–1058) als philosophischen Dichter -erhoben. Seine, mitunter ganz ehrenwerten Gesinnungen und verständigen Ansichten sind -weder Philosophie noch ist der gekünstelte und oft banale Ausdruck dafür Poesie. Als -Philologe oder Historiker hätte dieser Mann bei günstigeren Verhältnissen (er war -blind und nicht übermäßig reich) vielleicht in der niederen Kritik etwas leisten können. -Nun aber muss er statt Begeisterung für das Leben freudenlose Entsagung predigen, -an den politischen Verhältnissen, den Anschauungen der gläubigen Menge und den wissenschaftlichen -Behauptungen der Gelehrten herumnörgeln, ohne selbst etwas Positives aufstellen zu -können. Es fehlt ihm fast ganz die Gabe der Kombination. Analysieren kann er, aber -er findet keine Synthese. Sein Wissen ist unfruchtbar. Der Baum seiner Erkenntnis -hat die Wurzeln in der Luft, wie er selbst in einem seiner Briefe, wohl in anderem -Sinne, eingesteht. Er lebt als strenger Cölibatär und Vegetarianer, wie es sich für -einen Pessimisten geziemt. Es ist ja Alles, wie er in seinen Gedichten ausspricht, -eitel Tand. Das Geschick ist blind, die Zeit verschont weder den König, der des Lebens -genießt, noch den Frommen, der seine Nächte durchwacht. Auch der widervernünftige -Glaube löst uns des Daseins Rätsel nicht. Was es hinter dem bewegten Himmel geben -mag, bleibt uns ewig verborgen. Religionen, welche da eine Aussicht eröffnen, sind -vom Eigennutz erfunden. Allerhand Sekten und Parteiungen werden von den Mächtigen -benutzt, ihre Gewalt zu sichern. Die Wahrheit darüber darf man nur leise <span class="pageNum" id="pb65">[<a href="#pb65">65</a>]</span>sagen. Darum ist es das klügste, sich von der Welt entfernt zu halten, uneigennützig -Gutes zu thun, weil dies tugendhaft und schön ist, ohne irgendwelche Aussicht auf -Belohnung. -</p> -<p>Andere Schöngeister hatten eine praktischere Philosophie und wussten sich besser in -der Welt geltend zu machen. Sie huldigten der klugen Lehre des Theaterdirektors aus -Goethes Faust: Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen. Der vollendetste Typus -dieser Art ist Hariri (1054–1122), dessen Held, der Bettler und Landstreicher Abu -Zaid von Serug als höchste Weisheit lehrt: -</p> -<div class="lgouter"> -<p class="line">Hetze, statt gehetzt zu werden; </p> -<p class="line">Welt ist all ein Wald für Hatzen. </p> -<p class="line">Wenn der Falke dir entgangen, </p> -<p class="line">Nimm fürlieb nur mit dem Spatzen; </p> -<p class="line">Und erhältst du nicht den Thaler, </p> -<p class="line">So <span class="corr" id="xd31e1726" title="Quelle: begnüg">begnüg’</span> dich mit dem Batzen.<a class="noteRef" id="xd31e1729src" href="#xd31e1729">5</a> </p> -</div> -<p id="ch2.4.3" class="first"><b>3.</b> Wie die Poesie, so zeichnete sich auch die Annalistik der alten Araber durch scharfe -Erfassung des Einzelnen aus, war aber einer Gesamtauffassung der Ereignisse nicht -fähig. Mit der gewaltigen Ausdehnung des Reiches erweiterte sich dann der Blick. Zunächst -wurde ein <span class="corr" id="xd31e1736" title="Quelle: grosses">großes</span> Material gesammelt. Mehr als die religiösen Pilgerzüge förderten Reisen zur Sammlung -von Traditionen, zum Zwecke der Verwaltung und des Handels, oder auch zur Befriedigung -der Neugier unternommen, das geschichtliche und geographische Wissen. Eigentümliche -Methoden der Forschung, auf den Wert der Überlieferung als Quelle unseres Wissens -sich beziehend, wurden ausgearbeitet. Mit derselben Subtilität, wie in der Grammatik, -ein ausgedehntes Feld der Beobachtung ins Unendliche einteilend, mehr arabeskenhaft -als übersichtlich, bildete sich so eine Logik der Geschichte aus, die dem orientalischen -Auge um vieles schöner erscheinen musste als das aristotelische <span class="pageNum" id="pb66">[<a href="#pb66">66</a>]</span>Organon in seinem strengen Aufbau. Von vielen wurde die Überlieferung, mit deren Beglaubigung -man es in der Regel praktisch weniger genau nahm als in der Theorie, dem Sinnenzeugnisse -gleichgesetzt, und dem Verstandesurteile, das ja so leicht Fehlschlüsse zulasse, vorgezogen. -</p> -<p>Es gab aber immer Leute, die unparteiisch sich widersprechende Berichte neben einander -überlieferten. Andere, obgleich mit Schonung für die Gefühle und Bedürfnisse der Gegenwart, -hielten ihr mehr oder weniger begründetes Urteil über Vergangenes nicht zurück, wie -es denn oft leichter ist, aus der Geschichte als aus dem Leben klug zu werden. -</p> -<p>Neue Gegenstände der Forschung, neue Betrachtungsweisen traten hinzu. Die Erdkunde -nahm, <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> in der Klimatogeographie, Naturphilosophisches auf, die Geschichtsschreibung zog -auch das geistige Leben, Glauben und Sitte, Litteratur und Wissenschaft in den Bereich -ihrer Darstellung. Die Bekanntschaft mit anderen Ländern und Völkern forderte vielfach -zum Vergleiche auf. Und es kam also ein internationales, humanistisches Element herein. -</p> -<p id="ch2.4.4"><b>4.</b> Ein Vertreter humanistischer Sinnesweise ist Masudi (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> etwa 956). Er hat Interesse und Verständnis für Alles, was menschlich ist. Überall -lernt er von den Menschen, denen er begegnet, und infolgedessen ist die Bücherlektüre, -die seine Einsamkeit ausfüllt, nicht unfruchtbar. Weder die enge Praxis des Lebens -und Glaubens, noch die luftigen Spekulationen der Philosophie sagen ihm zu. Er kennt -sein Talent. Und er findet bis zuletzt, wenn er fern von der Heimat in Ägypten sein -Alter verbringt, seinen Trost, die Medizin seiner Seele, in dem Studium der Geschichte. -Die Geschichte ist ihm die allesumfassende Wissenschaft, seine Philosophie, die die -Wahrheit dessen, was war und ist, darzustellen hat. Auch die Weltweisheit mit ihrer -Entwicklung wird der Geschichte zum Gegenstande. Ohne diese wäre ja alles Wissen längst -zu Grunde gegangen. Denn die Gelehrten kommen <span class="pageNum" id="pb67">[<a href="#pb67">67</a>]</span>und gehen, aber die Geschichte verzeichnet ihre Geistesthaten und stellt dadurch die -Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart her. Ohne Vorurteil berichtet sie über -die Ereignisse und über die Ansichten der Menschen. Freilich, die Synthese der Thatsachen -und die eigene Meinung des Verfassers herauszufinden, das überlässt Masudi oft dem -verständigen Leser. -</p> -<p>Nach ihm darf rühmend hervorgehoben werden der Geograph Maqdasi (oder Muqaddasi, schrieb -im Jahre 985), der viele Länder durchreiste und in den verschiedensten Berufen auftrat, -das Leben seiner Zeit kennen zu lernen. Er ist ein wahrer Abu Zaid von Serug (<abbr title="vergleiche">vgl.</abbr> <a href="#ch2.4.2">II, 4 § 2</a>), nur dass er einen Zweck hat. -</p> -<p>Kritisch geht er ans Werk. Er hält sich zu der Wissenschaft, die man durch Forschen -und Nachfragen, nicht durch Traditionsglauben oder reine Vernunftschlüsse gewinnt. -Was Geographisches im Koran steht, erklärt er sich aus dem engen Gesichtskreise der -Araber, dem Allah sich anbequemt haben soll. -</p> -<p>Sine ira et studio beschreibt er nun die Länder und Völker, die er mit eigenen Augen -sah. Er will an erster Stelle Selbsterlebtes darstellen, dann was er von glaubwürdigen -Leuten vernommen, und endlich was er in Büchern gefunden. Aus seiner Selbstcharakteristik -sind die folgenden Sätze zusammengezogen: -</p> -<p>“Ich habe allgemeine Bildung und Pflichtenlehre unterrichtet, bin als Prediger aufgetreten -und habe von dem Minarete der Moscheen den Gebetsruf erschallen lassen. Gelehrten -Sitzungen und frommen Übungen habe ich beigewohnt. Ich habe Suppe mit den Sufis, Brei -mit den Mönchen und Schiffskost mit den Matrosen gegessen. Manchmal war ich die Eingezogenheit -selbst, dann wieder aß ich verbotene Speisen gegen mein besseres Wissen. Ich ging -mit den Einsiedlern des Libanons um und dann wieder lebte ich am fürstlichen Hofe. -Kriege habe ich mitgemacht, auch saß ich gefangen und wurde als Spion <span class="pageNum" id="pb68">[<a href="#pb68">68</a>]</span>in den Kerker geworfen. Mächtige Fürsten und Minister gaben mir Gehör, dann schloss -ich mich wieder einer Räuberbande an oder saß als Kleinhändler auf dem Markte. Viel -Ehren und Ansehen genoss ich, aber ebenso musste ich Schimpfworte hören und mich zum -Eide erniedrigen, als ich der Ketzerei oder schlechter Handlungen verdächtigt ward.”<a class="noteRef" id="xd31e1768src" href="#xd31e1768">6</a> -</p> -<p>Wir sind heutigen Tages gewöhnt, uns den Orientalen in beschaulicher Ruhe, Glauben -und Sitte der Väter ergeben, vorzustellen. Ganz richtig ist die Vorstellung nicht. -Aber weit weniger als zu der gegenwärtigen Lage stimmt sie zu der Verfassung des Islam -in den ersten vier Jahrhunderten, als dieser sich anschickte, den Besitz nicht nur -der äußeren Güter der Welt, sondern auch der geistigen Errungenschaften der Menschheit -zu ergreifen. -<span class="pageNum" id="pb69">[<a href="#pb69">69</a>]</span> </p> -</div> -</div> -</div> -<div class="footnotes"> -<hr class="fnsep"> -<div class="footnote-body"> -<div id="xd31e1379"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e1379src">1</a></span> Beides kommt vor, doch ist Qijas gewöhnlich = Analogie. In der philosophischen, von den Übersetzern herrührenden Terminologie steht aber Qijas -immer für <span class="trans" title="syllogismos"><span lang="grc" class="grek">συλλογισμός</span></span>, während <span class="trans" title="analogia"><span lang="grc" class="grek">ἀναλογία</span></span> mit <span class="ex">arab. mithl</span> wiedergegeben wird. <a class="fnarrow" href="#xd31e1379src" title="Zurück zur Note 1 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e1422"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e1422src">2</a></span> <abbr title="Vergleiche">Vgl.</abbr> Snouck Hurgronje in ZDMG. LIII, S. 155. <a class="fnarrow" href="#xd31e1422src" title="Zurück zur Note 2 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e1554"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e1554src">3</a></span> Mystiker führten auch wohl einen sechsten Sinn dafür ein. <a class="fnarrow" href="#xd31e1554src" title="Zurück zur Note 3 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e1675"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e1675src">4</a></span> Nach ihrem grobwollenen Rock (sûf) wurden die Asketen Sufis genannt. <a class="fnarrow" href="#xd31e1675src" title="Zurück zur Note 4 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e1729"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e1729src">5</a></span> Rückerts Übers. d. Makamen II, S. 219. <a class="fnarrow" href="#xd31e1729src" title="Zurück zur Note 5 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e1768"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e1768src">6</a></span> <abbr title="Vergleiche">Vgl.</abbr> v. Kremer, Kulturgesch. des Orients II, S. 429 ff. <a class="fnarrow" href="#xd31e1768src" title="Zurück zur Note 6 im Text.">↑</a></p> -</div> -</div> -</div> -</div> -<div id="ch3" class="div1 chapter"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e424">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main"><span class="divNum">III.</span> Die pythagoreische Philosophie.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<div id="ch3.1" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e432">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">1.</span> Die Naturphilosophie.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch3.1.1" class="first"><b>1.</b> Euklid und Ptolemäus, Hippokrat und Galen, einiges von Aristoteles, dazu ein umfangreiches -neupythagoreisches und neuplatonisches Schrifttum, damit sind die Elemente der arabischen -Naturphilosophie bezeichnet. Es ist eine Popularphilosophie, die, besonders durch -die Sabier von Harran vermittelt, bei Schiiten und anderen Sekten Aufnahme fand, und -die in der Folge nicht nur höfische Kreise, sondern auch eine ganze Masse von Gebildeten -und Halbgebildeten ergriff. Einzelheiten aus den Schriften des “Logikers” Aristoteles -wurden aufgenommen, aus der <span class="corr" id="xd31e1790" title="Quelle: Metereologie">Meteorologie</span>, aus der ihm zugeschriebenen Schrift Über die Welt, aus dem Buch der Tiere, der Psychologie -<abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr>, aber der Geist des Ganzen ist von Pythagoras-Platon, von Stoikern und von späten -Astrologen und Alchemisten bestimmt. Menschliche Neugierde und frommer Sinn, die Gottes -Geheimnisse aus seinen Geschöpfen herauslesen möchten, gehen dabei über das praktische -Bedürfnis, das etwas Rechenkunst für die Verteilung der Erbschaft und für den Handel, -auch etwas Astronomie für die Zeitbestimmung gottesdienstlicher Verrichtungen brauchte, -weit hinaus. Von überall her holt man sich seine Weisheit herbei. Es bekundet sich -darin eine Gesinnung, die von Masudi richtig formuliert wurde: es sei das Gute anzuerkennen, -ob es sich beim Feinde oder beim Freunde finde. Sollte doch Ali, der Fürst der Gläubigen, -gesagt haben: “Die Weltweisheit ist das verirrte Schaf des Gläubigen, nimm es wieder -auf, wenn auch von den Ungläubigen”. -<span class="pageNum" id="pb70">[<a href="#pb70">70</a>]</span></p> -<p id="ch3.1.2"><b>2.</b> Der Patron mathematischer Studien im Islam ist Pythagoras. Zwar wird Griechisches -und Indisches gemischt, aber Alles unter neupythagoreische Gesichtspunkte gestellt. -Ohne das Studium der mathematischen Disziplinen: Arithmetik und Geometrie, Astronomie -und Musik, wird Keiner, so heißt es, zum Philosophen oder gebildeten Arzt. Die Zahlenlehre, -höher geschätzt als die Messkunde, weil sie weniger zur Anschauung spricht und den -Geist dem Wesen der Dinge näher bringen soll, gibt zu den ausschweifendsten Spielereien -Veranlassung. Gott ist selbstverständlich die große Eins, von der Alles ausgeht, selbst -keine Zahl, sondern Ursache der Zahl. Vor allem aber wird die Vierzahl, die Zahl der -Elemente <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr>, von den Naturphilosophen bevorzugt. Bald kann man über nichts im Himmel und auf -Erden mehr reden und schreiben, es sei denn in viergliedrigen Sätzen und viergeteilten -Abhandlungen. -</p> -<p>Von der Mathematik kam man schnell und leicht zur Astronomie und Astrologie hinüber. -Die altorientalische Praxis, die man vorfand, wurde schon von den Hofastrologen der -Omajjaden, eingehender aber am abbasidischen Hofe weitergeführt. Man gelangte dabei -zu Spekulationen, die dem Offenbarungsglauben zuwiderliefen und deshalb von den Hütern -der Religion niemals gebilligt werden konnten. Für den Gläubigen bestand nur der Gegensatz: -Gott und Welt, oder dieses Leben und das zukünftige. Für den Astrologen aber gab es -zwei Welten, eine himmlische und eine irdische, und Gott und das Jenseits lagen in -weiter Ferne. Je nachdem nun das Verhältnis zwischen den Himmelskörpern und den Dingen -unter dem Monde vorgestellt wurde, bildete sich eine verständige Astronomie oder eine -phantastische Astrologie heraus. Ganz frei vom astrologischen Wahne waren nur wenige. -Solange nämlich das ptolemäische System die Wissenschaft beherrschte, war es einem -gänzlich Ungebildeten leichter, den Unsinn zu verspotten, als es dem gelehrten Forscher -war, ihn zu <span class="pageNum" id="pb71">[<a href="#pb71">71</a>]</span>überwinden. War ihm doch diese Erde mit ihren Lebewesen ein Erzeugnis himmlischer -Kräfte, ein Abglanz himmlischen Lichtes, ein Nachklang der ewigen Sphärenharmonie. -Wer nun den Sternen- und Sphärengeistern Vorstellung und Willen zuschrieb, ließ sie -die Stelle der göttlichen Vorsehung vertreten, führte auf ihre Thätigkeit also Gutes -und Böses zurück und suchte aus dem Stande ihrer Körper, mittelst derer sie nach dauernden -Gesetzen auf das Irdische wirken, die zukünftigen Ereignisse zu erkunden. Andere freilich -bezweifelten diese Vorsehung zweiter Ordnung, sei es aus Erfahrungs- und Vernunftgründen, -sei es aus dem peripatetischen Glauben, dass die seligen himmlischen Wesen reine denkende -Geister seien, über Vorstellung und Willen, somit über alle sinnliche <span class="corr" id="xd31e1806" title="Quelle: Besonderkeit">Besonderheit</span> erhaben, sodass ihre fürsorgliche Wirkung nur das Wohl des Ganzen bezwecke, niemals -aber auf die Einzelpersönlichkeit oder das Einzelgeschehen sich beziehen könne. -</p> -<p id="ch3.1.3"><b>3.</b> Auf dem Gebiete der Naturwissenschaften haben muslimische Gelehrte ein reiches Material -zusammengebracht, zu einer wirklich wissenschaftlichen Behandlung ist es aber kaum -irgendwo gekommen. In den einzelnen Naturwissenschaften, deren Ausbildung hier nicht -verfolgt werden kann, hielt man sich an überlieferten Systemen. Um die Weisheit Gottes -und die Wirkungen der Natur, die als eine Kraft oder eine Emanation der Weltseele -gefasst wurde, zu ergründen, wurden alchemistische Versuche angestellt, die Zauberkräfte -der Talismane geprüft, die Einflüsse der Musik auf Tier- und Menschenseele erforscht, -physiognomische Beobachtungen gemacht, die Wunder des Schlaf- und Traumlebens, der -Wahrsagerei und Prophetie zu deuten versucht <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> Im Mittelpunkt des Interesses stand natürlich der Mensch als Mikrokosmos, der sämtliche -Elemente und Kräfte des Alls in sich vereinigen soll. Als das Wesentliche am Menschen -galt die Seele. Ihr Verhältnis zur Weltseele und ihr zukünftiges Los waren <span class="pageNum" id="pb72">[<a href="#pb72">72</a>]</span>Gegenstände der Forschung. Aber auch über die Vermögen der Seele und deren Lokalisierung -in Herz und Hirn wurde viel spekuliert. Einige hielten sich an Galen, andere gingen -über ihn hinaus und ließen den fünf äußeren Sinnen fünf innere entsprechen, eine Lehre, -die, nebst ähnlichen Naturgeheimnissen, auf Apollonius von Tyane zurückgeführt wurde. -</p> -<p>Es versteht sich, dass bei dem Studium der mathematischen und naturwissenschaftlichen -Disziplinen die verschiedensten Verhaltungsweisen gegenüber den Religionslehren möglich -waren. Doch wurden die propädeutischen Wissenschaften, sobald sie selbständig auftraten, -dem Glauben immer gefährlich. Mit der Astronomie verband sich leicht die Annahme von -der Weltewigkeit, von einer ungeschaffenen Materie, von Ewigkeit her bewegt. Und wenn -die Himmelsbewegung ewig, dann wohl auch der irdische Wechsel. Ewig sind, so wird -von manchem gelehrt, alle Reiche der Natur, ewig ist auch das Menschengeschlecht und -dreht sich im Kreise herum. Nichts Neues gibt es auf der Welt, wie alles Andere wiederholen -sich Ansichten und Begriffe der Menschen. Was nur möglicherweise gethan, behauptet, -gewusst werden kann, ist schon dagewesen und wird einmal wieder <span class="corr" id="xd31e1819" title="Quelle: dasein">da sein</span>. -</p> -<p>Darüber ließ sich nun trefflich reden und klagen, ohne dass die Wissenschaft viel -dadurch gefördert wurde. -</p> -<p id="ch3.1.4"><b>4.</b> Etwas nützlicher schien die Wissenschaft der Medizin zu sein, die aus naheliegenden -Gründen von den hohen Herren begünstigt wurde. Nicht am wenigsten ihretwegen beauftragten -die Chalifen so viele Männer mit dem Übersetzen griechischer Werke. Kein Wunder also, -dass der Einfluss mathematisch-naturwissenschaftlicher Lehren, sowie der Logik, auch -in die Medizin eindrang. Der alte Mediziner war geneigt, sich mit hergebrachten Zauberformeln -und anderen von der Erfahrung erprobten Mitteln zu begnügen. Aber die moderne Gesellschaft -des neunten Jahrhunderts forderte vom Arzte philosophisches Wissen. Er <span class="pageNum" id="pb73">[<a href="#pb73">73</a>]</span>sollte die “Naturen” der Nahrungs-, Genuss- und Heilmittel, die Mischungen des Körpers -und in jedem Falle die Einwirkungen der Gestirne kennen. Der Arzt war der Bruder des -Astrologen, dessen Wissen ihm imponierte, weil es einen erhabeneren Gegenstand hatte -als die medizinische Praxis. Er sollte beim Alchemisten in die Schule gehen und nach -mathematisch-logischen Methoden seine Kunst ausüben. Es genügte den Bildungsfanatikern -des neunten Jahrhunderts nicht, dass der Mensch nach dem Qijas, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> logisch richtig zu sprechen, zu glauben und sich zu benehmen hatte, er musste sich -außerdem nach dem Qijas kurieren lassen. Wie über die Grundlagen der Glaubens- und -Pflichtenlehre, wurde, am Hofe Wathik’s (842–847), über die Prinzipien der Medizin -in gelehrten Sitzungen disputiert. Es fragte sich nämlich, mit Anlehnung an eine galenische -Schrift, ob die Medizin auf Überlieferung, Erfahrung oder Vernunfterkenntnis beruhe, -oder aber ob sie durch logische Deduktion (Qijas) auf mathematisch-naturwissenschaftliche -Sätze sich stütze. -</p> -<p id="ch3.1.5"><b>5.</b> Die hier flüchtig skizzierte Naturphilosophie galt den meisten Gelehrten des neunten -Jahrhunderts als Philosophie schlechthin, im Gegensatz zu der theologischen Dialektik, -und wurde als pythagoreisch bezeichnet. Auch in das zehnte Jahrhundert ging sie hinüber -und ihr bedeutendster Vertreter wurde der berühmte Arzt Razi (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 923 oder 932). Dieser war in Rai geboren und mathematisch gebildet und hatte dann -mit großem Fleiße Medizin und Naturphilosophie studiert. Der Dialektik war er abhold, -er kannte die Logik nur bis zu den kategorischen Figuren der ersten Analytik. Nachdem -er als Direktor des Krankenhauses seiner Vaterstadt und in Bagdad thätig gewesen war, -ging er auf Reisen und hielt sich an verschiedenen Fürstenhöfen auf, <abbr title="unter andere">u. a.</abbr> bei dem Samaniden Mansur ibn Ishaq, dem er ein medizinisches Werk widmete. -</p> -<p>Vom ärztlichen Berufe und dem dazu erforderlichen Studium hat Razi eine hohe Meinung. -Die tausendjährige <span class="pageNum" id="pb74">[<a href="#pb74">74</a>]</span>Weisheit der Bücher schätzt er mehr als die Erfahrungen des Einzelnen in einem kurzen -Leben, zieht aber diese den nicht erfahrungsmäßig erprobten Folgerungen der “Logiker” -vor. -</p> -<p>Das Verhältnis zwischen Leib und Seele denkt er sich von der Seele bestimmt. Es sollen -also die Zustände und Leiden der Seele aus der Physiognomie sich erkennen lassen, -der Mediziner soll zugleich Seelenarzt sein. Er verfasste darum auch eine geistige -Medizin, eine Art Diätetik der Seele. Um die Vorschriften des muslimischen Gesetzes, -das Weinverbot <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr>, kümmerte er sich dabei nicht. Sein Libertinismus scheint ihn aber zum Pessimismus -geführt zu haben. Er fand nämlich mehr Übel als Gutes in der Welt und bezeichnete -die Lust als Abwesenheit von Unlust. -</p> -<p>Wie hoch Razi den Aristoteles und Galen schätzte, um ein tieferes Verständnis ihrer -Werke hat er sich doch nicht sonderlich bemüht. Eifrig betrieb er die Alchemie, seiner -Ansicht nach eine in der Existenz einer Urmaterie begründete wirkliche Kunst, die -den Philosophen unerlässlich sei, glaubte auch, sie wäre von Pythagoras, Demokrit, -Platon, Aristoteles und Galen ausgeübt worden. Entgegen der peripatetischen Lehre -nahm er an, der Körper habe das Prinzip der Bewegung in sich selbst, was allerdings -ein fruchtbarer Gedanke in der Naturwissenschaft hätte werden können, wenn er anerkannt -und weiter ausgebildet worden wäre. -</p> -<p>Razis Metaphysik geht aus von alten Lehren, die seine Zeitgenossen dem Anaxagoras, -Empedokles, Mani <abbr title="und Andere">u. A.</abbr> zuschrieben. An der Spitze seines Systems stehen fünf gleichewige Prinzipien, der -Schöpfer, die Universalseele, die erste oder Urmaterie, der absolute Raum und die -absolute Zeit oder ewige Dauer. Damit sind die notwendigen Bedingungen der wirklich -existierenden Welt gegeben. Die einzelnen Sinneswahrnehmungen setzen überhaupt eine -Materie voraus, wie die Zusammenfassung verschiedener <span class="pageNum" id="pb75">[<a href="#pb75">75</a>]</span>wahrgenommener Gegenstände einen Raum. Die wahrgenommenen Veränderungen zwingen uns -ferner zur Annahme einer Zeit. Die Existenz lebendiger Wesen führt uns auf eine Seele, -und dass einige von diesen lebendigen Wesen mit Vernunft begabt sind, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> befähigt, die Künste zur höchsten Vollkommenheit zu bringen, dies nötigt uns an einen -weisen Schöpfer zu glauben, dessen Vernunft alles aufs beste angeordnet hat. -</p> -<p>Trotz der Ewigkeit seiner fünf Prinzipien spricht Razi also von einem Schöpfer und -gibt auch eine Schöpfungsgeschichte. Zuerst nämlich wurde ein einfaches, reines, geistiges -Licht erschaffen, die Materie der Seelen, welche lichtartige, einfache, geistige Substanzen -sind. Jene Lichtmaterie oder die Oberwelt, aus der die Seelen herkamen, heißt auch -Vernunft oder Licht vom Lichte Gottes. Dem Lichte folgt der Schatten, aus dem, zum -Dienste der vernünftigen Seele, die animalische Seele geschaffen wird. Zugleich aber -mit dem einfachen, geistigen Lichte war schon anfangs ein zusammengesetztes da, das -ist der Körper, aus dessen Schatten nun die vier Naturen, Wärme und Kälte, Trockenheit -und Feuchtigkeit, hervorgehen. Aus diesen vier Naturen werden zuletzt sämtliche himmlische -und irdische Körper gebildet. Aber das Alles geschieht von Ewigkeit her, ohne zeitlichen -Anfang, denn Gott war nie ohne Thätigkeit. -</p> -<p>Dass Razi Astrolog war, versteht sich nach dem Gesagten von selbst. Die Himmelskörper -bestehen ja nach ihm aus denselben Elementen wie die irdischen Dinge und diese sind -den Einwirkungen jener fortwährend ausgesetzt. -</p> -<p id="ch3.1.6"><b>6.</b> Razi hatte sich nach zwei Seiten hin polemisch zu verhalten. Er bekämpfte einerseits -die muslimische Einheit Gottes, die keine ewige Seele, Materie, Raum und Zeit neben -sich duldet, andererseits aber wendete er sich gegen das dahritische System, das keinen -Weltschöpfer anerkennt. Dieses System, das von muslimischen Schriftstellern öfter, -mit dem gehörigen Abscheu natürlich, erwähnt <span class="pageNum" id="pb76">[<a href="#pb76">76</a>]</span>wird, scheint, wenn auch zahlreiche, doch keine bedeutende Vertreter gefunden zu haben. -Die Anhänger des Dahr (<abbr title="siehe">s.</abbr> <a href="#ch1.2.2">I<span class="corr" id="xd31e1869" title="Nicht in der Quelle">,</span> 2 § 2</a>) werden als Materialisten, Sensualisten, Atheisten, Anhänger der Seelenwanderung -<abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> uns vorgeführt, aber Genaueres über ihre Lehren erfahren wir nicht. Die Dahriten -hatten jedenfalls nicht das Bedürfnis, alles Seiende auf ein Prinzip zurückzuführen, -das geistigen Wesens und schaffenden Wirkens war. Und eines solchen Prinzipes bedurfte -die muslimische Philosophie, sollte sie sich mit der Glaubenslehre auch nur einigermaßen -vertragen. Dazu eignete sich die Naturphilosophie nicht, weil diese mehr Interesse -zeigte für die mannigfachen und oft gegensätzlichen Wirkungen der Natur als für den -Einen Urgrund des Alls. Besser aber erfüllte diesen Zweck der neuplatonische Aristotelismus, -dessen logisch-metaphysische Spekulation darauf ausging, alles Seiende auf ein höchstes -Sein zurückzuführen oder alle Dinge aus einem obersten Wirkungsprinzip abzuleiten. -Doch bevor wir uns dieser Richtung des Denkens, die schon im neunten Jahrhundert sich -zu zeigen anfing, zuwenden, haben wir noch über einen Versuch zu berichten, die Naturphilosophie -mit den Lehren des Glaubens zu einer Religionsphilosophie zu verschmelzen. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch3.2" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e461">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">2.</span> Die treuen Brüder von Basra.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch3.2.1" class="first"><b>1.</b> Im Orient, wo jede Religion einen Staat im Staate bildete, trat eine politische Partei, -schon damit sie überhaupt Anhänger gewinne, immer zugleich als religiöse Sekte auf. -Prinzipiell kannte nun der Islam keinen Unterschied zwischen den Menschen, keine Kasten -oder Stände. Aber Besitz und Bildung haben überall dieselbe Wirkung. Und in ihrem -Gefolge fing man an, Grade der Frömmigkeit und Stufen der Erkenntnis aufzustellen, -danach Gemeinde oder Partei sich einteilen ließe. So entstanden geheime Gesellschaften -mit verschiedenen Graden, deren <span class="pageNum" id="pb77">[<a href="#pb77">77</a>]</span>höchster oder nächsthöchster eine Geheimlehre besaß, die der neupythagoreischen Naturphilosophie -manches entlehnte. Zu ihrem Zwecke, Eroberung politischer Macht, war jedes Mittel -erlaubt. Für die Eingeweihten wurde der Koran allegorisch ausgelegt. Zwar führte man -diese geheime Weisheit auf Propheten mit biblischen und koranischen Namen zurück, -es steckten aber heidnische Philosophen dahinter. Die Philosophie wurde ganz zu einer -politischen Mythologie umgebildet. Die hohen Geister und Seelen, die theoretische -Denker in Gestirnen und Planeten erkannten, verkörperten sich für die Realpolitik -in menschliche Wesen, denen zur Gründung eines irdischen Reiches der Gerechtigkeit -behülflich zu sein, als religiöse Pflicht verkündigt ward. Man kann die Gesellschaften, -die solches betrieben, am besten mit Vereinen vergleichen, wie sie bis auf den Saint-Simonismus -und verwandte Erscheinungen dieses Jahrhunderts, in Ländern, wo die Geistesfreiheit -beschränkt ist, aufzutreten pflegen. -</p> -<p>Urheber einer solchen Bewegung war, in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts, -das Haupt der Karmatenpartei, Abdallah ibn Maimun. Er war ein persischer Augenarzt, -in der Schule der Naturphilosophen gebildet. Gläubige und Freidenker wusste er in -einen Bund zusammenzuschließen, um den Versuch zu machen, die abbasidische Regierung -zu stürzen. Dem Einen war er ein Gaukler, dem Andern ein frommer Asket oder ein gelehrter -Philosoph. Seine Farbe war weiß, weil seine Religion die des reinen Lichtes, zu dem -die Seele nach ihren irdischen Wanderungen aufsteigen sollte. Verachtung des Körpers, -Geringschätzung der materiellen, allen Bundesbrüdern gemeinsamen Güter wurde gepredigt, -sowie Hingebung an den Bund, Treue und Gehorsam bis in den Tod gegen seine Oberen. -Denn der Bund stufte sich in Graden ab. Nach der Stufenfolge des Seins, Gott, Vernunft, -Seele, Raum und Zeit, stellte man sich die Offenbarung Gottes in der Geschichte und -in der Verfassung seines Bundes vor. -<span class="pageNum" id="pb78">[<a href="#pb78">78</a>]</span></p> -<p id="ch3.2.2"><b>2.</b> Die Hauptstätten der karmatischen Wirksamkeit waren Basra und Kufa. Nun aber finden -wir in der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts in Basra eine kleine Gesellschaft -von Männern, deren Bund vier Grade haben soll. Inwiefern es den Brüdern gelungen ist, -die ideelle Gliederung ihres Bundes zu verwirklichen, wissen wir freilich nicht. Dem -ersten Grade gehören die jungen Männer von 15 bis 30 Jahren an, deren Seelen in natürlicher -Weise ausgebildet werden. Als Schüler haben sie sich ganz ihren Lehrern zu fügen. -Der zweite Grad (30–40 Jahre) wird in die Weltweisheit eingeführt und bekommt eine -analoge Erkenntnis der Dinge. Im dritten Grade (40–50 Jahre) wird das göttliche Weltgesetz -in adäquater Form erkannt, es ist das die Stufe der Propheten. Im höchsten Grade endlich, -wenn man über 50 Jahre hinaus ist, erlebt man, wie die seligen Engel, die wahre Wirklichkeit -der Dinge. Man ist da über Natur, Lehre und Gesetz erhaben. -</p> -<p>Aus diesem Brüderbunde ist uns eine stufenmäßig fortschreitende Encyklopädie der damaligen -Wissenschaften erhalten. Sie besteht aus 51 (ursprünglich vielleicht 50) Abhandlungen, -die inhaltlich verschiedener Art und Herkunft sind, sodass es den Redaktoren oder -Compilatoren nicht gelungen ist, eine durchgängige Übereinstimmung herzustellen. Im -allgemeinen aber findet sich in dieser Encyklopädie ein eklektischer Gnostizismus -auf naturphilosophischer Grundlage mit politischem Hintergrunde. Mit mathematischen -Betrachtungen, voll Zahlen- und Buchstabenspiel hebt die Darstellung an, durch Logik -und Physik, aber Alles auf die Seele und ihre Kräfte beziehend, schreitet sie fort, -um endlich in mystisch-zauberischer Weise sich der Erkenntnis der Gottheit zu nähern. -Das Ganze stellt sich als die Lehre einer verfolgten Sekte dar, ab und zu blickt das -Politische hindurch. Wir sehen noch etwas von Leiden und Kampf, von Bedrückungen, -denen die Männer dieser <span class="corr" id="xd31e1894" title="Quelle: Encyclopädie">Encyklopädie</span> oder ihre Vorgänger ausgesetzt waren, von Hoffnung, die sie hegen, von Duldung, <span class="pageNum" id="pb79">[<a href="#pb79">79</a>]</span>die sie predigen. Sie suchen in dieser spiritualistischen Philosophie Trost oder Erlösung, -sie ist ihre Religion. Treu bis zum Tode, heißt es, sollen die Brüder sein, denn für -der Freunde Wohl in den Tod zu gehen, das ist der wahre heilige Krieg. Auf der Pilgerfahrt -des Lebens durch diese Welt, so wird die verpflichtete Reise nach Mekka allegorisiert, -soll Einer dem Andern mit allen Mitteln beistehen. Die Reichen sollen von ihren materiellen, -die Weisen von ihren geistigen Gütern den Anderen mitteilen. Doch ist das Wissen, -wie wir es in der Encyklopädie haben, wohl hauptsächlich den Eingeweihten der höchsten -Grade vorbehalten worden. -</p> -<p>Es scheint nun allerdings dieser Bund der treuen Brüder von Basra, wie vielleicht -eine Zweigniederlassung in Bagdad, ein stilles Dasein geführt zu haben. Die Brüder -mögen sich zu den Karmaten etwa verhalten haben wie die ruhigeren Taufgesinnten zu -den revolutionären Wiedertäufern des Königs von Sion. -</p> -<p>Als Mitglieder des Bundes und Verfasser der Encyklopädie werden uns von Späteren genannt: -Abu Sulaiman Mohammed ibn Muschir al-Busti, genannt al-Muqaddasi, Abu-l-Hasan Ali -ibn Harun al-Zandschani, Mohammed ibn Achmed al-Nahradschuri, al-Aufi und Zaid ibn -Rifaa. Zur Zeit ihres Wirkens hatte das Chalifat seine weltliche Macht schon ganz -dem schiitischen Bujidenhause (945) abtreten müssen. Wahrscheinlich begünstigte dieser -Umstand das Hervortreten mit einer Encyklopädie, in der schiitische und mutazilitische -Lehren mit den Ergebnissen der Philosophie zu einem populären System zusammengefasst -waren. -</p> -<p id="ch3.2.3"><b>3.</b> Die Brüder bekennen sich selbst zum Eklektizismus. Sie wollen die Weisheit aller -Völker und Religionen sammeln. Noah und Abraham, Sokrates und Platon, Zoroaster und -Jesus, Mohammed und Ali sind ihre Propheten. Sokrates, Jesus und seine Apostel, sowie -die Aliden, werden als heilige Märtyrer ihres Vernunftglaubens verehrt. Das Religionsgesetz -in seinem buchstäblichen Sinne heißt gut <span class="pageNum" id="pb80">[<a href="#pb80">80</a>]</span>für den gemeinen Mann, eine Medizin für schwache und kranke Seelen; für starke Geister -aber ist die tiefere philosophische Einsicht. Der Körper wird dem Tode geweiht, Sterben -bedeutet Auferstehen zum reinen Leben des Geistes, für diejenigen nämlich, die schon -während ihres Erdendaseins durch philosophische Betrachtungen aus sorglosem Schlummer -und thörichtem Schlaf erwacht sind. Mit endlosen Wiederholungen, durch Legenden und -Sagen spätgriechischer, jüdisch-christlicher, persischer oder indischer Herkunft, -wird dieses eingeschärft. Alles Vergängliche wird dabei zum Gleichnis. Auf den Trümmern -der positiven Religion und der naiven Ansicht baut sich eine spiritualistische Philosophie -auf, alles Wissen und Streben der Menschheit, sofern es in den Gesichtskreis der Brüder -getreten ist, umfassend. Der Zweck ihres Philosophierens heißt das Gottähnlichwerden -der Seele, soweit es Menschen möglich ist. -</p> -<p>In der Darstellung treten, aus begreiflichen Gründen, die negativen Tendenzen der -Brüder etwas zurück. Am rücksichtslosesten aber tritt ihre Kritik der menschlichen -Gesellschaft und der positiven Religionen hervor in dem Buche vom Tier und Mensch, -wo die Einkleidung es ihnen ermöglicht, die Tiere sagen zu lassen, was aus menschlichem -Munde zu hören, bedenklich werden könnte. -</p> -<p id="ch3.2.4"><b>4.</b> Der eklektische Charakter und die in den Unterteilen wenig systematische Art der -Darstellung erschwert es, die Philosophie der Brüder einheitlich zu entwickeln. Doch -sollen hier die wichtigsten Sätze, wenn auch mitunter in loser Verknüpfung, zusammengereiht -werden. -</p> -<p>Die Geistesthätigkeit des Menschen zerfällt, nach der Encyklopädie, in Kunst und Wissenschaft. -Wissen nun ist die Form des Gewussten in der wissenden Seele oder eine höhere, feinere, -geistigere Existenzweise des im Stoffe Wirklichen. Kunst dagegen ist das Hervorgehenlassen -der Form aus der Künstlerseele in die Materie hinein. Das Wissen ist potentiell in -der Seele des Schülers vorhanden, <span class="pageNum" id="pb81">[<a href="#pb81">81</a>]</span>wird aber erst aktuell durch die belehrende Thätigkeit eines Meisters, der das Wissen -als ein Wirkliches in sich trägt. Woher aber hat es der erste Meister? Nach den Philosophen, -so antworten die Brüder, hat er es sich durch eigenes Nachdenken erworben, nach den -Theologen durch prophetische Erleuchtung erhalten, nach unserer Meinung aber gibt -es verschiedene Wege oder Vermittelungen, zum Wissen zu gelangen. Aus der Mittelstellung -der Seele zwischen Körper- und Geisteswelt ergeben sich schon drei Wege oder Quellen -der Erkenntnis. Die Seele erkennt nämlich das, was unter ihr steht, durch die Sinne, -das, was über ihr ist, durch logische Folgerung, und endlich sich selbst durch vernünftige -Betrachtung oder unmittelbare Anschauung. Von diesen Arten ist die Selbsterkenntnis -die gewisseste und vorzüglichste. Das menschliche Wissen erweist sich, wenn es darüber -hinauszugehen versucht, vielfach beschränkt. Über Fragen, wie Weltentstehung und Weltewigkeit, -soll man deshalb nicht gleich philosophieren, sondern sich zunächst an dem Einfacheren -versuchen. Und nur durch Weltentsagung und gerechten Wandel erhebt die Seele sich -allmählich zur reinen Erkenntnis des Höchsten. -</p> -<p id="ch3.2.5"><b>5.</b> Nach der weltlichen Bildung in Sprachwissenschaft, Poesie und Geschichte und nach -der religiösen Erziehung und Glaubenslehre, soll das philosophische Studium mit den -mathematischen Disziplinen anfangen. Alles wird hier neupythagoreisch-indisch dargestellt. -Nicht nur die Zahlen, auch die Buchstaben werden zu kindischen Spielereien benutzt. -Es kam da den Brüdern besonders zu statten, dass das arabische Alphabet 28 = 4 × 7 -Buchstaben zählt. Statt nach sachlichen Gesichtspunkten zu verfahren, wird durch alle -Wissenschaften hindurch nach sprachlichen Analogien und Zahlenverhältnissen phantasiert. -Die Arithmetik untersucht nicht die Zahl als solche, sondern deren Bedeutsamkeit. -Es wird nicht für die Erscheinungen ein zahlenmäßiger Ausdruck gesucht, sondern nach -dem System der Zahlen werden die Dinge gedeutet. Die Zahlenlehre <span class="pageNum" id="pb82">[<a href="#pb82">82</a>]</span>ist göttliche Weisheit, die über den Dingen ist, denn die Dinge sind erst den Zahlen -nachgebildet. Das absolute Prinzip alles Seienden und Gedachten ist die Eins. Daher -steht die Wissenschaft der Zahl am Anfang, in der Mitte und am Ende aller Philosophie. -Die Geometrie mit ihren anschaulichen Figuren dient nur dazu, Anfängern das Verständnis -zu erleichtern, wahre, reine Wissenschaft aber ist allein die Arithmetik. Doch wird -auch die Geometrie eingeteilt in eine sinnliche, die Linien, Flächen und Körper zum -Gegenstande hat, und eine reine oder geistige, die von den Dimensionen oder Eigenschaften -der Dinge, Länge, Breite und Tiefe, handelt. Der Zweck sowohl der Arithmetik als der -Geometrie ist, die Seele vom Sinnlichen auf das Geistige hinzuführen. -</p> -<p>Zuerst führen sie uns dann zur Betrachtung der Gestirne. In der Astrologie bietet -nun die Encyklopädie, wie nicht anders zu erwarten ist, höchst phantastische, zum -Teil sich widersprechende Lehren. Durch das Ganze geht die Überzeugung hindurch, dass -die Gestirne nicht bloß Zukünftiges vorhersagen, sondern dass sie alles Geschehen -unter dem Monde direkt beeinflussen oder bewirken. Sowohl Glück als Unglück kommt -von ihnen her. Jupiter, Venus und die Sonne führen Glück, Saturn, Mars und der Mond -dagegen Unglück herbei, und die Wirkungen des Merkur sind aus Gutem und Bösem gemischt. -Merkur ist der Herr der Bildung und der Wissenschaft; ihm verdanken wir unsere Erkenntnis, -die Gutes und Böses umfasst. So hat denn auch jeder andere Planet seinen eigenen Wirkungskreis, -und der Mensch empfindet in seinem Leben, wenn er nicht vorzeitig weggerafft wird, -nach und nach die Einflüsse sämtlicher Himmelskörper. Der Mond lässt seinen Körper -wachsen und Merkur bildet seinen Geist aus. Dann beherrscht ihn Venus. Die Sonne gibt -ihm Familie, Reichtum oder Herrschaft, Mars Tapferkeit und Edelsinn. Darauf bereitet -er sich, unter Jupiters Führung, durch religiöse Übungen zur Reise ins Jenseits vor -und gelangt unter dem <span class="pageNum" id="pb83">[<a href="#pb83">83</a>]</span>Einflusse Saturns zur Ruhe. Viele Menschen aber leben nicht lange genug oder sind -nicht in der Lage, ihre natürlichen Anlagen in ungestörter Folge zu entwickeln. Darum -schickt Gott ihnen gnädig seine Propheten, nach deren Lehre man sich auch in kurzer -Frist und unter ungünstigen Verhältnissen vollständig ausbilden kann. -</p> -<p id="ch3.2.6"><b>6.</b> Nach der Encyklopädie ist der Mathematik die Logik verwandt. Wie nämlich die Mathematik -vom Sinnlichen zum Geistigen hinführt, so nimmt auch die Logik eine Mittelstellung -zwischen Physik und Metaphysik ein. Die Physik hat es mit den Körpern, die Metaphysik -mit den reinen Geistern zu thun, die Logik aber behandelt die Begriffe dieser sowie -die Vorstellungen jener in unserer Seele. Doch steht die Logik der Mathematik an Umfang -und Bedeutung nach. Denn das Mathematische wird nicht nur als ein Mittleres, sondern -auch als das Wesen des Alls gefasst. Hingegen bleibt die Logik ganz auf die seelischen -Gebilde als ein Mittleres zwischen Körper und Geist beschränkt. Die Dinge richten -sich nach den Zahlen, unsere Vorstellungen und Begriffe aber nach den Dingen. -</p> -<p>Die logischen Betrachtungen der Brüder knüpfen sich an Porphyrs Einleitung und die -Kategorien, die Hermeneutik und die Analytiken des Aristoteles. Eigentümliches bieten -sie nicht oder sehr wenig. -</p> -<p>Zu den fünf Worten des Porphyr wird als sechstes das Individuum hinzugefügt, wohl -der Symmetrie wegen. Drei davon, Gattung, Art, Individuum, heißen dann objektive, -und drei, Differenz, Proprium, Accidens, begriffliche Bestimmungen. Die Kategorien -sind Gattungsbegriffe, von denen der erste die Substanz, die neun anderen deren Accidenzen -bezeichnen. Durch Einteilung in Arten wird ferner das ganze System der Begriffe entwickelt. -Außer der Einteilung aber gibt es noch drei logische Methoden: Analyse, Definition -und Deduktion. Die Analyse ist die Methode für Anfänger, weil sie das Individuelle -erkennen lässt. Subtiler aber, das Geistige uns erschließend, sind <span class="pageNum" id="pb84">[<a href="#pb84">84</a>]</span>die Definition, welche die Arten, und die Deduktion, welche die Gattungen in ihrem -Wesen ergründet. -</p> -<p>Über das Dasein der Dinge belehren uns die Sinne, der Dinge Wesenheit aber wird durch -Nachdenken erkannt. Was die Sinne uns zu erkennen geben, ist wenig, wie die Buchstaben -des Alphabets; bedeutender schon, wie die Worte, sind die Prinzipien der Vernunfterkenntnis; -das Wichtigste aber sind die aus jenen Prinzipien abgeleiteten Sätze, die der menschliche -Geist sich selbst erwirbt oder aneignet, im Unterschiede von demjenigen Wissen, das -ihm die Natur oder die göttliche Offenbarung erteilt hat. -</p> -<p id="ch3.2.7"><b>7.</b> Von Gott, dem höchsten Sein, der über alle Unterschiede und Gegensätze, auch des -Körperlichen und Geistigen, erhaben ist, wird die ganze Welt auf dem Wege der Emanation -abgeleitet. Wenn mitunter von einer Schöpfung die Rede ist, so ist das als eine Anbequemung -an den theologischen Sprachgebrauch aufzufassen. Folgendermaßen stellt sich nun die -Stufenreihe der emanierten Wesen dar: 1. der schaffende Geist (<span class="trans" title="nous"><span lang="grc" class="grek">νοῦς</span></span>, <span class="ex">ʻaql</span>); 2. der leidende Geist oder die Allseele; 3. die erste Materie; 4. die wirkende -Natur, eine Kraft der Weltseele; 5. der absolute Körper, auch zweite Materie genannt; -6. die Sphärenwelt; 7. die Elemente der sublunarischen Welt; 8. die aus diesen Elementen -zusammengesetzten Mineralien, Pflanzen und Tiere. Das sind also acht Wesen, die zusammen -mit Gott, der absoluten Eins, die in und mit jedem Dinge ist, die Reihe der den neun -Grundzahlen entsprechenden Urwesen vollenden. -</p> -<p>Geist, Seele, Urmaterie und Natur sind einfach, mit dem Körper aber betreten wir das -Gebiet des Zusammengesetzten. Alles ist hier entweder Materie oder Form, Substanz -oder Accidens. Die ersten Substanzen sind Materie und Form, die ersten Accidenzen -oder Eigenschaften Raum, Bewegung und Zeit, denen man wohl im Sinne der Brüder den -Ton und das Licht hinzufügen könnte. Die Materie ist eins, alle Vielheit und Verschiedenheit -<span class="pageNum" id="pb85">[<a href="#pb85">85</a>]</span>rührt von den Formen her. Die Substanz wird auch als die konstituierende, materielle, -das Accidens als die vollendende, geistige Form bezeichnet. Klar spricht die Encyklopädie -sich nicht aus. Jedenfalls aber wird die Substantialität mehr im Allgemeinen als im -Besonderen gesucht und die Form der Materie vorgezogen. Wie ein Gespenst schreckt -die substantielle Form von jedem Eingehen auf das Materielle ab. Wie Herren nach ihrer -Willkür wandern die Formen durch die niedere Welt der Materie. Von einer inneren Beziehung -zwischen Materie und Form ist keine Spur zu entdecken. Nicht nur gedanklich, sondern -auch real lassen sie sich trennen. -</p> -<p>Hieraus lässt sich schon ein Begriff von der Naturgeschichte der Brüder bilden. Man -hat sie als Darwinisten des zehnten Jahrhunderts hingestellt. Nichts ist weniger richtig. -Zwar ergeben die verschiedenen Reiche der Natur, nach der Encyklopädie, eine aufsteigende -und zusammenhängende Reihe. Aber nicht nach der Körperbildung wird das Verhältnis -bestimmt, sondern nach der inneren Form oder der Seelensubstanz. In mystischer Weise -wandert die Form vom Niederen zum Höheren und umgekehrt, nicht nach inneren Bildungsgesetzen -oder durch Anpassung an das Äußere modifiziert, sondern nach den Einwirkungen der -Gestirne und, wenigstens beim Menschen, nach praktischem und theoretischem Verhalten. -Eine Entwicklungsgeschichte in modernem Sinne zu geben, lag den Brüdern ganz fern. -Ausdrücklich betonen sie <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr>, Pferd und Elephant seien menschenähnlicher als der Affe, obgleich beim letzteren -die körperliche Übereinkunft größer. Aber der Körper ist ja etwas ganz Nebensächliches -in ihrem System, der Tod des Körpers heißt die Geburt der Seele. Nur die Seele ist -ein wirkendes Wesen, das sich den Körper schafft. -</p> -<p id="ch3.2.8"><b>8.</b> Die Naturlehre der Brüder geht demnach fast vollständig in Psychologie auf. Beschränken -wir uns hier auf die menschliche Seele. Sie steht in der Mitte des <span class="pageNum" id="pb86">[<a href="#pb86">86</a>]</span>Alls. Wie die Welt ein großer Mensch, ist der Mensch eine kleine Welt. -</p> -<p>Die menschliche Seele ist von der Weltseele emaniert, und die Seelen sämtlicher Individuen -bilden zusammen eine Substanz, die man den absoluten Menschen oder den Geist der Menschheit -nennen könnte. Jede Einzelseele aber steckt in der Materie und muss sich allmählich -zum Geiste hinbilden. Dazu hat sie viele Vermögen oder Kräfte. Von diesen sind die -theoretischen Vermögen die vorzüglichsten, denn in der Erkenntnis besteht das Leben -der Seele. -</p> -<p>Die Seele des Kindes ist zunächst wie ein weißes Blatt. Was die fünf Sinne ihr zuführen, -wird, vorn, mitten und hinten im Gehirne, erstens vorgestellt, zweitens beurteilt -und drittens aufbewahrt. Durch das Vermögen der Sprache und die Schreibkunst, womit -die entsprechende Fünfzahl innerer Sinne erreicht ist, wird dann der Vorstellungsinhalt -verwirklicht. -</p> -<p>Unter den äußeren Sinnen geht das Gehör dem Gesichte voran, denn dieses bezieht sich, -ein Sklave des Augenblickes, auf das sinnlich Gegenwärtige, dagegen das Gehör auch -Vergangenes erfasst und die Harmonie der tönenden Sphären empfindet. Gehör und Gesicht -bilden zusammen die Gruppe geistiger Sinne, deren Wirkung zeitlos von statten gehen -soll. -</p> -<p>Während nun der Mensch die äußeren Sinne mit den Tieren gemein hat, so bekundet sich -in der Urteilskraft, in der Sprache und im Handeln die spezifisch menschliche Vernunft. -Diese urteilt über gut und böse, nach welchem Urteile der Wille sich entscheidet. -Besonders aber ist die Bedeutung der Sprache für das Erkenntnisleben der Seele hervorzuheben. -Ein Begriff, der nicht durch irgend einen Ausdruck in irgend einer Sprache bezeichnet -werden kann, ist eben kein denkbarer Begriff. Das Wort ist der Körper des Gedankens, -der rein für sich nicht bestehen kann. -</p> -<p>Wie aber diese Auffassung vom Verhältnis zwischen <span class="pageNum" id="pb87">[<a href="#pb87">87</a>]</span>Begriff und Ausdruck zu sonstigen Meinungen der Brüder stimmen soll, ist nicht einzusehen. -</p> -<p id="ch3.2.9"><b>9.</b> Auf ihrer höchsten Stufe wird die Lehre der Brüder Religionsphilosophie. Eine Versöhnung -zwischen Wissenschaft und Leben, Philosophie und Glauben ist ihre Absicht. Da sind -nun die Menschen sehr verschieden. Der gewöhnliche Mensch braucht einen sinnlichen -Gottesdienst. Aber wie die Seele des gemeinen Mannes Tier- und Pflanzenseele unter -sich hat, so stehen über ihr die Seele des Philosophen und des Propheten, dem sich -der reine Engel anschließt. Auf den höheren Stufen erhebt sich die Seele auch über -die niedere Volksreligion, deren sinnliche Vorstellungen und Gebräuche. -</p> -<p>Als die vollkommenere religiöse Offenbarung erschien den Brüdern wohl das Christentum, -auch der zoroastrische Glaube. Unser Prophet Mohammed, sagen sie, wurde an ein ungebildetes -Volk von Wüstenbewohnern geschickt, die weder von der Schönheit dieser Welt noch von -dem geistigen Charakter der jenseitigen eine richtige Vorstellung besaßen. Die grobsinnlichen -Ausdrücke des Korans, dem Verständnis jenes Volkes angepasst, sollen von den höher -Gebildeten in spiritualistischem Sinne verstanden werden. -</p> -<p>Aber auch die anderen Volksreligionen haben die Wahrheit nicht rein. Über sie alle -hinaus gibt es einen Vernunftglauben, für den die Brüder sogar eine metaphysische -Ableitung versuchen. Zwischen Gott und sein erstes Geschöpf, den schaffenden Geist, -wird als Hypostase das göttliche Weltgesetz (nâmûs) eingeschoben. Es ist das die über -Alles sich erstreckende weise Anordnung eines barmherzigen Schöpfers, der Niemandem -Böses will. Den Glauben an einen zornigen Gott, an Höllenstrafen und dergleichen erklären -die Brüder für widervernünftig. Ein solcher Glaube thut der Seele weh. Die unwissende, -sündige Seele findet schon in diesem Leben, in ihrem eigenen Leibe die Hölle. Auferstehung -dagegen heißt die Trennung der Seele von ihrem Körper. Und die große Auferstehung -<span class="pageNum" id="pb88">[<a href="#pb88">88</a>]</span>am jüngsten Tage ist die Trennung der Allseele von der Welt, ihre Rückkehr zu Gott. -Das Ziel sämtlicher Religionen ist ja die Hinwendung zu Gott. -</p> -<p id="ch3.2.10"><b>10.</b> Die Ethik der Brüder hat einen asketisch-spiritualistischen Charakter, obgleich sich -auch hier der Eklektizismus zeigt. Gut handelt nach ihr der Mensch, wenn er der richtigen -Natur folgt, lobenswert ist die freie That der Seele, vortrefflich sind die aus vernünftiger -Überlegung hervorgegangenen Handlungen, und einer Belohnung, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> der Erhebung zur himmlischen Sphärenwelt wert ist endlich die Befolgung des göttlichen -Weltgesetzes. Dazu bedarf es der Sehnsucht nach oben. Die höchste Tugend ist deshalb -die Liebe, die nach Vereinigung mit Gott, dem ersten Geliebten, hinstrebt, die sich -aber auch in diesem Leben als religiöse Duldung und Schonung aller Geschöpfe bethätigt. -Ihr Gewinn im Diesseits ist Seelenruhe, Herzensfreiheit, Frieden mit der ganzen Welt, -und im Jenseits das Aufsteigen zum ewigen Lichte. -</p> -<p>Nach alledem braucht es uns nicht zu wundern, dass dem Leibe viel Schlechtes nachgesagt -wird. Unser wahres Wesen heißt die Seele, unseres Daseins höchster Zweck soll es sein, -mit Sokrates dem Geiste, mit Christus dem Gesetz der Liebe zu leben. Dennoch ist der -Leib zu schonen und zu pflegen, damit die Seele Zeit habe, sich vollkommen zu entwickeln. -In diesem Sinne wird von den Brüdern ein menschliches Bildungsideal aufgestellt, dessen -Züge den Charakteren verschiedener Völker entlehnt sind. Der ideale, sittlich vollkommene -Mensch soll nämlich ostpersischer Abstammung sein, arabisch seinem Glauben nach, von -iraqischer (babylonischer) Bildung, erfahren wie ein Hebräer, ein Christusjünger in -seinem Wandel, fromm wie ein syrischer Mönch, ein Grieche in den Einzelwissenschaften, -ein Inder in der Deutung aller Geheimnisse, endlich aber und zuhöchst ein Sufi in -seinem ganzen Geistesleben. -</p> -<p id="ch3.2.11"><b>11.</b> Der Versuch einer Versöhnung, die auf diese <span class="pageNum" id="pb89">[<a href="#pb89">89</a>]</span>Weise zwischen Wissen und Glauben sollte hergestellt werden, hat nach keiner Seite -befriedigt. Auf die allegorische Koraninterpretation der Brüder blickten die theologischen -Dialektiker herab, wie heutzutage unsere Gottesgelehrten auf die neutestamentliche -Exegese des Grafen Tolstoi. Und die reineren Aristoteliker betrachteten die pythagoreisch-platonische -Richtung der Encyklopädie wie ein heutiger Philosophieprofessor Spiritismus, Occultismus -und derartige Erscheinungen anzusehen pflegt. Aber in der breiten Masse der gebildeten -oder halbgebildeten Welt haben die Schriften oder doch die Ansichten der treuen Brüder -von Basra eine bedeutende Wirkung erzielt, von der die vielen, meist jungen Handschriften -der umfangreichen Encyklopädie beredtes Zeugnis ablegen. Bei vielen Sekten innerhalb -der islamischen Welt, Batiniten, Ismaeliten, Assasinen, Drusen, oder wie sie sonst -heißen mögen, finden wir der Hauptsache nach dieselben Lehren wieder. Vorzugsweise -in dieser Form hat sich griechische Weisheit im Osten acclimatisieren können, während -die aristotelische Schulphilosophie fast nur im Treibhause fürstlicher Gönner gedeihen -wollte. Der große Kirchenvater Gazali that die Weisheit der Brüder gar leicht als -Popularphilosophie ab, scheute sich aber nicht, von ihnen das Gute herüberzunehmen. -Er verdankt ihrem Gedankenkreise mehr, als er wohl selbst eingestehen mochte. Auch -von anderen, besonders in encyklopädischen Werken, sind ihre Abhandlungen ausgenutzt -worden. Die Wirkung der Encyklopädie dauert noch fort im muslimischen Osten. Vergebens -hat man sie, zusammen mit den Schriften Ibn Sina’s, im Jahre 1150 zu Bagdad verbrannt. -<span class="pageNum" id="pb90">[<a href="#pb90">90</a>]</span> </p> -</div> -</div> -</div> -</div> -<div id="ch4" class="div1 chapter"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e506">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main"><span class="divNum">IV.</span> Die neuplatonischen Aristoteliker des Ostens.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<div id="ch4.1" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e514">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">1.</span> Kindi.<a class="noteRef" id="xd31e2009src" href="#xd31e2009">1</a></h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch4.1.1" class="first"><b>1.</b> Kindi steht in mannigfachen Beziehungen zu den mutazilitischen Dialektikern und den -neupythagoreischen Naturphilosophen seiner Zeit und wir hätten ihn also schon vor -Razi (<abbr title="siehe">s.</abbr> <a href="#ch3.1.5">III, 1 § 5</a>) unter den letzteren behandeln können. Doch hat ihn die Tradition einstimmig als -den ersten Peripatetiker im Islam hingestellt. Mit welchem Rechte, wird sich, soweit -es aus den wenigen mangelhaft erhaltenen Schriften dieses Philosophen möglich ist, -im folgenden ergeben. -</p> -<p>Abu Jaqub ibn Ishaq al-Kindi (<abbr title="das heißt">d. h.</abbr> aus dem Stamme Kinda) war arabischer Abstammung, und wurde deshalb, im Unterschiede -von seinen vielen nichtarabischen Genossen, die sich mit Weltweisheit abgaben, der -<span class="ex">arabische</span> Philosoph genannt. Er führte seinen Stammbaum auf die alten Kinda-Fürsten zurück. -Ob er dazu das Recht besaß, lassen wir dahingestellt bleiben. Jedenfalls hatte der -südarabische Kindastamm es in der äußeren Kultur weiter gebracht als andere Stämme. -Viele Kinditen hatten sich auch schon früh in Iraq (Babylonien) angesiedelt, wo dann -unser Philosoph in Kufa, davon sein Vater Statthalter war, geboren wurde, vermutlich -am Anfange des neunten Jahrhunderts. Seine Erziehung erhielt er wahrscheinlich teilweise -<span class="pageNum" id="pb91">[<a href="#pb91">91</a>]</span>in Basra, ferner in Bagdad, also in den Mittelpunkten der damaligen Bildung. Hier -lernte er persische Kultur und griechisches Wissen höher schätzen als alte Arabertugend -und muslimischen Glauben. Er behauptete sogar, wohl nach anderen, Kachtan, der Stammvater -der Südaraber, sei ein Bruder Jaunan’s gewesen, von dem die Griechen herstammen. So -etwas konnte man sagen in Bagdad, am abbasidischen Hofe, wo man keine Nationalität -kannte und die alten Griechen bewunderte. -</p> -<p>Wie lange und in welcher Stellung Kindi am Hofe weilte, ist nicht bekannt. Er wird -als Übersetzer griechischer Werke ins Arabische genannt und soll die Arbeiten anderer -verbessert haben, <abbr title="unter andere">u. a.</abbr> die sogenannte Theologie des Aristoteles. Zahlreiche Diener und Schüler, deren Namen -uns überliefert sind, waren vermutlich unter seiner Aufsicht damit beschäftigt. Ferner -mag er dem Hofe als Astrologe oder Arzt, vielleicht auch bei der Finanzverwaltung, -Dienste geleistet haben. Später aber wurde er entfernt, als er von der orthodoxen -Restauration unter Mutawakkil (847–861) mit betroffen ward, und seine Bibliothek eine -Zeit lang konfisziert. In Bezug auf seinen Charakter sagt ihm die Überlieferung nach, -er sei geizig gewesen, was übrigens viele andere Schöngeister und Bücherliebhaber -sollen gewesen sein. -</p> -<p>Ebensowenig wie Kindi’s Geburts-, ist sein Todesjahr bekannt. Er scheint also in Ungnaden -oder doch in untergeordneter Stellung gestorben zu sein. Dass Masudi (<abbr title="siehe">s.</abbr> <a href="#ch2.4.4">II, 4 § 4</a>), der ihn sehr schätzte, ganz darüber schweigt, ist befremdend. Höchstwahrscheinlich -lebte er noch nach dem Jahre 870, wie aus einer seiner astrologischen Abhandlungen -hervorgeht. Der Ablauf einer kleinen Weltperiode stand damals bevor, und das wurde -von den Karmaten zur Stürzung des Fürstenhauses benutzt. Da war nun aber Kindi reichsfreundlich -genug, den von einer Konjunktion bedrohten Bestand des Staates um etwa 450 Jahre zu -verlängern. Sein fürstlicher Gönner konnte zufrieden <span class="pageNum" id="pb92">[<a href="#pb92">92</a>]</span>sein und die Geschichte hat sich bis auf ein halbes Jahrhundert gefügt. -</p> -<p id="ch4.1.2"><b>2.</b> Kindi war ein Polyhistor, er hatte die ganze gelehrte Bildung seiner Zeit in sich -aufgenommen. Als Geograph, Kulturhistoriker und Mediziner mag er eigene Beobachtungen -angestellt und mitgeteilt haben, ein schöpferischer Geist ist er keinesfalls gewesen. -Seine theologischen Ansichten zeigen mutazilitisches Gepräge. Er schrieb nämlich über -das menschliche Vermögen zu handeln und die Zeit seines Entstehens, ob vor oder zugleich -mit der That. Ausdrücklich betonte er die Gerechtigkeit und die Einheit Gottes. Gegen -die damals als indisch oder brahmanisch bekannte Theorie, als einzige Erkenntnisquelle -reiche die Vernunft aus, verteidigte er die Prophetie, suchte diese aber mit der Vernunft -in Einklang zu bringen. Seine Kenntnis verschiedener Religionssysteme forderte ihn -zur Vergleichung auf. Als allen gemeinsam fand er den Glauben heraus, dass die Welt -das Werk einer ewigen einheitlichen Ursache sei, für die unser Wissen keine nähere -Bezeichnung besitze. Es sei aber die Pflicht der Einsichtigen, diese Ursache als göttlich -anzuerkennen. Die Gottheit selbst habe ihnen dazu den Weg gezeigt, auch Gesandte geschickt -zum Zeugnis, die den Gehorsamen ewige Glückseligkeit verheißen, den Ungehorsamen aber -entsprechende Bestrafung androhen sollen. -</p> -<p id="ch4.1.3"><b>3.</b> Kindi’s eigentliche Philosophie ist, wie diejenige seiner Zeitgenossen, an erster -Stelle Mathematik und Naturphilosophie, wobei dann Neuplatonisches und Neupythagoreisches -ineinanderfließen. Es wird nach ihm keiner Philosoph ohne das Studium der Mathematik. -Phantastisches Spiel mit Zahlen und Buchstaben findet sich öfter in seinen Schriften. -Er wandte auch die Mathematik auf die Medizin an in der Lehre von den zusammengesetzten -Heilmitteln. Er gründete nämlich die Wirkung dieser Mittel, ähnlich derjenigen der -Musik, auf die geometrische Proportion. Es handelt sich hier um die Proportionalität -der sinnlichen <span class="pageNum" id="pb93">[<a href="#pb93">93</a>]</span>Qualitäten: warm, kalt, trocken und feucht. Soll ein Heilmittel im ersten Grade warm -sein, dann muss es das Doppelte an Wärme besitzen von der gleichmäßigen Mischung, -im zweiten Grade das Vierfache <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> Die Entscheidung darüber scheint Kindi dem Sinne, besonders dem Geschmacke anvertraut -zu haben, sodass wir bei ihm eine Ahnung von der Proportionalität der Sinnesempfindungen -hätten. Das war nun, wenn überhaupt originell, bei ihm wohl nichts anderes als eine -mathematische Spielerei. Cardan aber, ein Philosoph der Renaissance, hat ihn wegen -dieser Lehre noch zu den zwölf subtilsten Geistern gerechnet. -</p> -<p id="ch4.1.4"><b>4.</b> Die Welt ist nach Kindi, wie oben schon gesagt, ein Werk Gottes, dessen Wirken aber -von oben nach unten vielfach vermittelt wird. Alles Höhere wirkt auf das Niedere ein, -nicht aber das Verursachte auf seine über ihm auf der Stufe des Seins stehende Ursache. -In allem Weltgeschehen ist nun eine durchgängige Ursächlichkeit, die es uns ermöglicht, -aus der Erkenntnis der Ursache, der Himmelskörper <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr>, Zukünftiges vorherzusagen. Auch haben wir an einem vollständig erkannten Einzelwesen -einen Spiegel, darin der ganze Zusammenhang der Welt zu schauen. -</p> -<p>Dem Geiste gehört die höhere Wirklichkeit und alle Wirksamkeit an. Seinem Wunsche -gemäß hat sich die Materie zu gestalten. Und zwischen dem göttlichen Geiste und der -materiellen Körperwelt steht die Seele in der Mitte. Sie ist es, die die Sphärenwelt -erst geschaffen hat. Von dieser Weltseele ist die menschliche Seele ein Ausfluss. -Ihrer Natur nach, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> in ihren Wirkungen, ist die letztere an die Mischung ihres Körpers gebunden, aber -ihrem geistigen Wesen nach ist sie davon unabhängig, treffen sie also auch nicht die -Einwirkungen der Gestirne, die sich auf das Natürliche beschränken. Unsere Seele, -so führt Kindi aus, ist eine einfache, unvergängliche Substanz, aus der Welt der Vernunft -in die Sinnenwelt herabgekommen, <span class="pageNum" id="pb94">[<a href="#pb94">94</a>]</span>aber mit Erinnerung an ihren früheren Zustand ausgestattet. Sie findet sich hier nicht -heimisch, denn sie hat viele Bedürfnisse, deren Befriedigung ihr versagt bleibt, und -die deshalb von schmerzlichen Gefühlen begleitet sind. Es ist eben nichts beständig -in dieser Welt des Entstehens und Vergehens, in der man dessen, was man liebt, jeden -Augenblick beraubt werden kann. Beständigkeit gibt es nur in der Welt der Vernunft. -Wenn wir also unsere Wünsche erfüllt sehen wollen und nicht dessen beraubt werden, -was uns teuer ist, so müssen wir uns den ewigen Gütern der Vernunft zuwenden, der -Furcht Gottes, der Wissenschaft und den guten Werken. Wenn wir aber nur den materiellen -Gütern nachgehen und glauben, sie uns erhalten zu können, so streben wir etwas nach, -das in Wirklichkeit nicht existiert. -</p> -<p id="ch4.1.5"><b>5.</b> Dieser ethisch-metaphysischen Dualität des Sinnlichen und Geistigen entspricht die -Lehre Kindi’s vom Wissen. Unsere Erkenntnis ist danach entweder sinnliche oder Vernunfterkenntnis; -was dazwischen, die Phantasie oder die Vorstellungskraft, heißt mittleres Vermögen. -Die Sinne erfassen nun das Einzelne oder die materielle Form, die Vernunft aber das -Allgemeine, Arten und Gattungen, oder die geistige Form. Und wie das Wahrgenommene -mit der Sinneswahrnehmung eins ist, so ist es auch das von der Vernunft Erfasste mit -der Vernunft selbst. -</p> -<p>Zum ersten Male taucht hier nun die Lehre von der Vernunft oder vom Geiste (<span class="trans" title="nous"><span lang="grc" class="grek">νοῦς</span></span>, ʻaql) in einer Gestalt auf, wie sie, nur etwas modifiziert, bei den späteren muslimischen -Philosophen einen großen Platz einnimmt. Sie ist charakteristisch für den ganzen Verlauf -der Philosophie im Islam. Wie im Universalienstreite des christlichen Mittelalters -sich doch auch ein objectiv-wissenschaftliches Interesse kundgibt, so zeigt sich in -den philosophischen Erörterungen der Muslime über den denkenden Geist vor allem das -subjektive Bedürfnis intellektueller Bildung. -<span class="pageNum" id="pb95">[<a href="#pb95">95</a>]</span></p> -<p>Kindi unterscheidet einen vierfachen Geist<a class="noteRef" id="xd31e2085src" href="#xd31e2085">2</a>: erstens den Geist, der immer wirklich ist, die Ursache und das Wesen alles Geistigen -in der Welt, also wohl Gott oder der erste geschaffene Geist; zweitens den Geist als -vernünftige Anlage oder Potenz der menschlichen Seele; drittens als Habitus oder wirklichen -Besitz der Seele, dessen sie sich jeden Augenblick bedienen kann, wie <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> der Schreiber seiner Kunst; endlich viertens als Thätigkeit, wodurch das, was die -Seele als ein Wirkliches in sich hat, in die äußere Wirklichkeit übergeführt wird. -Letztere Thätigkeit scheint, nach Kindi, die eigene That des Menschen zu sein, während -er die Überführung der Potenz zum Habitus oder die Verwirklichung des Möglichen von -der ersten Ursache, dem ewigwirklichen Geiste herleitet. Den wirklichen Geist haben -wir also von oben erhalten und es heißt der dritte <span class="ex">ʻaql</span> deshalb <span class="ex">ʻaql mustafad</span>, lat. <span class="ex" lang="la">intellectus adeptus sive adquisitus</span>. Die Grundanschauung des Altertums, alles Wissen um die Dinge müsse von außen an -uns herankommen, geht in dieser Form, in der Lehre vom <span class="ex">ʻaql mustafad</span> oder dem Geiste, den wir von oben bekommen, durch die arabische Philosophie und dann -in die christliche hinein. Leider ist die Lehre in Bezug auf diese Philosophie selbst -nahezu richtig. Der thätige Geist, der sie geschaffen, ist in Wirklichkeit der neuplatonische -Aristoteles. -</p> -<p>Das Höchste, was er besitzt, hat der Mensch ja immer seinem Gotte oder den Göttern -zugeschrieben. Muslimische Theologen schrieben der göttlichen Wirksamkeit unmittelbar -die sittlichen Handlungen des Menschen zu. Nach den Philosophen aber ist das Wissen -mehr als die That. Diese, auf die niedere, sinnliche Welt sich richtend, mag des <span class="pageNum" id="pb96">[<a href="#pb96">96</a>]</span>Menschen Eigentum sein; sein höchstes Wissen aber, die reine Vernunft, kommt von oben -her, vom göttlichen Wesen. -</p> -<p>Es ist klar, dass die Lehre vom Geiste, wie sie bei Kindi vorliegt, auf die Nus-Lehre -des Alexander von Aphrodisias im zweiten Buche über die Seele zurückgeht. Aber Alexander -behauptete ausdrücklich, nach Aristoteles gebe es einen dreifachen Nus. Kindi sagt -dagegen, er stelle die Meinung des Platon und Aristoteles dar. Neupythagoreisches -und Neuplatonisches verknüpfen sich hier. In allem muss die Vierzahl nachgewiesen -werden, und Platon und Aristoteles sollen übereinstimmen. -</p> -<p id="ch4.1.6"><b>6.</b> Ziehen wir die Summe. Kindi ist mutazilitischer Theolog und neuplatonischer Philosoph -mit neupythagoreischen Zuthaten. Sokrates, der Märtyrer des athenischen Heidentumes, -ist sein Ideal, über ihn, sein Schicksal und seine Lehre hat er mehrere Schriften -verfasst. Platon und Aristoteles sucht er in neuplatonischer Weise zu vereinigen. -</p> -<p>Trotzdem nennt ihn die Überlieferung den ersten, der in seinen Schriften dem Aristoteles -folgte. Nicht ganz ohne Grund fürwahr. In seinem langen Schriftenverzeichnisse nimmt -Aristoteles einen hervorragenden Platz ein. Er begnügte sich nicht mit bloßem Übersetzen, -sondern studierte die übersetzten Werke, versuchte es auch sie zu verbessern und zu -erläutern. Die aristotelische Physik, mit der Erklärung des Alexander von Aphrodisias, -hat jedenfalls bedeutend auf ihn gewirkt. Behauptungen, wie dass die Welt nicht der -Wirklichkeit, sondern nur der Potenz nach unendlich sei, dass die Bewegung stetig -und dergleichen mehr deuten darauf hin. Die damaligen Naturphilosophen, wie noch die -treuen Brüder, sagten <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr>, die Bewegung sei ebensowenig stetig wie die Zahl. -</p> -<p>Ferner aber wandte Kindi sich entschieden von der wundersüchtigen Zeitphilosophie -ab, indem er die Alchemie für Schwindel erklärte. Er hielt es für menschenunmöglich, -was die Natur allein hervorzubringen im Stande ist. <span class="pageNum" id="pb97">[<a href="#pb97">97</a>]</span>Wer sich denn auch mit alchemistischen Versuchen abgebe, betrüge, seiner Meinung nach, -sich selbst oder andere. Diese Ansicht <span class="corr" id="xd31e2137" title="Quelle: Kindis">Kindi’s</span> hat der berühmte Mediziner Razi zu widerlegen versucht. -</p> -<p id="ch4.1.7"><b>7.</b> Sowohl als Lehrer wie als Schriftsteller hat Kindi hauptsächlich durch seine Mathematik, -Astrologie, Geographie und Medizin gewirkt. Sein treuester und gewiss bedeutendster -Schüler war Achmed ibn Mohammed al-Tajjib al-Sarachsi (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 899), Verwaltungsbeamter und Freund des Chalifen Mutadid, dessen Nachlässigkeit oder -Willkür er zum Opfer fiel. Er befasste sich mit Geheimwissenschaft und Astrologie, -bemühte sich, aus den Wundern der Schöpfung die Weisheit und Macht des Schöpfers zu -erkennen, und trieb Geographie und Geschichte. Bekannter ist ein anderer Schüler Kindi’s -geworden, Abu Maschar (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 885), der aber seinen Ruhm ganz der Astrologie zu verdanken hat. Dieser soll von -einem fanatischen Gegner der Philosophie, durch ein oberflächliches Studium der Mathematik -zur Beschäftigung mit der Astrologie gereizt, als er schon 47 Jahre alt war, ein Verehrer -Kindi’s geworden sein. Ob nun das Dichtung oder Wahrheit, auf jeden Fall ist ein solcher -Bildungsgang charakteristisch für das neugierige Haschen nach halbverstandenem Wissen, -das den ersten Jahrhunderten der arabischen Wissenschaft eigentümlich ist. -</p> -<p>Die Schule Kindi’s ist in keiner Weise über den Meister hinausgegangen. Von ihrer -litterarischen Thätigkeit ist uns fast nur in einzelnen Zitaten etwas erhalten. Möglich -wäre es allerdings, dass in den Abhandlungen der treuen Brüder sich einiges gerettet -hätte. Doch lässt sich dies beim jetzigen Stande der Wissenschaft nicht bestimmen. -<span class="pageNum" id="pb98">[<a href="#pb98">98</a>]</span> </p> -</div> -</div> -<div id="ch4.2" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e546">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">2.</span> Farabi.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch4.2.1" class="first"><b>1.</b> Im zehnten Jahrhundert werden von den Naturphilosophen die Logiker oder Metaphysiker -unterschieden. Diese befolgen eine strengere Methode als die Dialektiker und behandeln -andere Gegenstände als die Physiker. Von Pythagoras haben sie sich losgesagt, um sich -der Führung des Aristoteles, freilich in neuplatonischer Gestalt, anzuvertrauen. -</p> -<p>Wir haben es da mit zwei Richtungen wissenschaftlichen Interesses zu thun. Die Naturphilosophen -interessieren sich mehr oder weniger für die Fülle konkreter Erscheinungen der Natur, -wie der Länder- und Völkerkunde. Sie untersuchen überall die Wirkungen der Dinge, -glauben auch das Wesen nur in der Wirkung zu erkennen. Wenn sie zwar über Natur, Seele -und Geist zum göttlichen Wesen hinaufsteigen, so bestimmen sie dieses doch nur oder -vorzugsweise als erste Ursache, als weisen Schöpfer, dessen Güte und Weisheit aus -seinen Werken hervorgehe. -</p> -<p>Ganz anders verhalten sich die Logiker. Das Einzelgeschehen hat für sie untergeordneten -Wert, nicht weiter, als es aus dem Allgemeinen ableitbar sich erweist. Gehen die Physiker -von den Wirkungen aus, die Logiker wollen aus ihren Gründen die Dinge begreifen. Sie -fragen überall nach dem Begriff oder dem Wesen der Dinge, bis zum Höchsten. Gott, -um mit einem Beispiele den Gegensatz greifbar hinzustellen, ist ihnen nicht zunächst -der weise Schöpfer, sondern das notwendig-existierende Wesen. -</p> -<p>Die Logiker folgen zeitlich den Physikern nach, wie denn auch von der mutazilitischen -Dialektik (<abbr title="siehe">s.</abbr> <a href="#ch2.3.4">II, 3 § 4</a> und <a href="#ch2.3.5">5</a>) zuerst Gottes Wirken, darauf sein Wesen in den Kreis der Betrachtung gezogen wurde. -</p> -<p>Als den bedeutendsten Vertreter der naturphilosophischen Richtung haben wir Razi kennen -gelernt. Die logisch-metaphysischen Bestrebungen, denen Kindi <abbr title="unter andere">u. a.</abbr> vorgearbeitet, <span class="pageNum" id="pb99">[<a href="#pb99">99</a>]</span>erreichen ihren Höhepunkt in Razi’s jüngerem Zeitgenossen Abu Nasr Mohammed ibn Mohammed -ibn Tarchan ibn Uzlag al-Farabi. -</p> -<p id="ch4.2.2"><b>2.</b> Über den äußeren Lebens- und Bildungsgang Farabis ist wenig Sicheres zu sagen. Er -war ein stiller Mann, der im Schatten der Macht, zuletzt als Sufi gekleidet, sich -einem philosophisch-beschaulichen Leben hingab. Sein Vater soll persischer Heerführer -gewesen sein. In Wasidsch, einem kleinen befestigten Orte des Bezirkes Farab, im Türkenlande -Transoxanien, wurde er geboren. In Bagdad erhielt er, teilweise von einem christlichen -Lehrer, Johanna ibn Hailan, seine Ausbildung. Diese umfasste sowohl Litterarisches -als Mathematisches, also Trivium und Quadrivium im Sinne des christlichen Mittelalters. -Von seiner mathematischen Bildung zeugen noch einige seiner Schriften, namentlich -über Musik. Die Legende lässt ihn alle Sprachen der Welt (70) reden. Aus seinen Werken -erhellt, was schon a priori wahrscheinlich, dass er Türkisch und Persisch verstand. -Das Arabisch schreibt er klar und nicht ohne Reiz. Nur schadet die Vorliebe für Synonymen -und parallele Satzglieder dann und wann der Präzision des philosophischen Ausdruckes. -</p> -<p>Die Philosophie, in die Farabi eingeweiht wurde, stammte aus der Schule von Merw. -Vielleicht hatte diese sich schon mehr metaphysischen Fragen zugewandt als die naturphilosophische -Richtung der Harranier und Basrenser. -</p> -<p>Von Bagdad, wo er lange Zeit gelebt und gewirkt, siedelte Farabi, wohl infolge der -politischen Wirren, nach Haleb (Aleppo) an den glänzenden Hof Saif-addaula’s über. -Nur soll er nicht am Hofe, sondern in Naturzurückgezogenheit die letzten Jahre verbracht -haben. Auf einer Reise starb er in Damaskus, Dezember des Jahres 950, wo ihm, wie -berichtet wird, sein Fürst in sufischem Gewande die Leichenrede hielt. Er soll 80 -Jahre alt geworden sein. Dass er ein hohes Alter erreicht hat, ist wahrscheinlich. -Sein Zeit- und Studiengenosse Abu Bischr <span class="pageNum" id="pb100">[<a href="#pb100">100</a>]</span>Matta starb 10 Jahre früher und sein Schüler Abu Zakarija Jachja ibn Adi im Jahre -974, 81 Jahre alt. -</p> -<p id="ch4.2.3"><b>3.</b> Die zeitliche Reihenfolge der Schriften Farabis ist nicht festgestellt. Kleinere -Abhandlungen, in denen er sich mit den Dialektikern und Naturphilosophen berührt, -dürften, wenn sie überhaupt echt in der überlieferten Gestalt, populäre oder Jugendschriften -sein. Seine Entwicklung wendete sich dem aristotelischen Schrifttum zu, weshalb ihn -der Orient den zweiten Lehrer, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> den zweiten Aristoteles nannte. -</p> -<p>Seit seiner Zeit steht die Zahl und Folge der aristotelischen oder doch dem Aristoteles -zugeschriebenen Werke, die man nach seinem Vorgange paraphrasierte und kommentierte, -im allgemeinen fest. Zuerst die acht logischen Schriften, Kategorien, Hermeneutik, -erste und zweite Analytik, Topik, Sophistik, Rhetorik und Poetik, denen die Isagoge -des Porphyr voraufgeht. Dann folgen die acht Schriften zur Physik, auscultatio physica, -de coelo et mundo, de generatione et corruptione, die Meteorologie, die Psychologie, -de sensu et sensato, das Buch der Pflanzen und das der Tiere. Endlich schließen sich -an Metaphysik, Ethik, Politik <abbr title="unter andere">u. a.</abbr> -</p> -<p>Die sogenannte Theologie des Aristoteles hat Farabi noch für ein echtes Werk gehalten. -In neuplatonischer Weise und mit einiger Accommodation an den muslimischen Glauben -sucht er die Übereinstimmung zwischen Platon und Aristoteles nachzuweisen. Nicht sondernde -Kritik, eine geschlossene Weltanschauung ist ihm Bedürfnis. Die Befriedigung dieses -mehr religiösen als wissenschaftlichen Bedürfnisses lässt ihn über philosophische -Differenzen hinwegsehen. Platon und Aristoteles sollen sich von einander nur unterscheiden -durch ihre Methode, im sprachlichen Ausdruck und in ihrem Verhalten zum praktischen -Leben. Ihre Weisheitslehre aber ist dieselbe. Sie sind die Imame, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> die höchsten Autoritäten in der Philosophie, und da sie Beide selbständige, originelle -Geister gewesen, gilt ihre <span class="pageNum" id="pb101">[<a href="#pb101">101</a>]</span>übereinstimmende Autorität dem Farabi mehr als der Glaube der ganzen muslimischen -Gemeinde, die mit blindem Zutrauen Einem Führer folgt. -</p> -<p id="ch4.2.4"><b>4.</b> Farabi wird den Ärzten zugezählt, doch scheint er die Kunst nicht praktisch geübt -zu haben. Er widmete sich der Heilkunst der Seele ganz. Seelenreinheit nannte er die -Bedingung und die Frucht alles Philosophierens, Wahrheitsliebe forderte er auch gegen -Aristoteles. Geometrie und Logik sollen dann das Urteil bilden für das Studium der -Natur- und Geisteswissenschaften. Den einzelnen Disziplinen aber schenkt Farabi wenig -Beachtung, er konzentriert sich auf Logik, Metaphysik und die Prinzipien der Physik. -Die Philosophie ist ihm die Wissenschaft alles Seienden als solchen, bei deren Erwerb -man der Gottheit ähnlich wird. Sie ist die eine, allesumfassende Wissenschaft, die -uns das einheitliche Weltbild vorführt. Den Dialektikern wirft Farabi vor, dass sie -ungeprüft die Sätze des gemeinen Bewusstseins als Grundlage für ihre Beweise benutzen, -den Naturphilosophen, dass sie sich immer nur mit den Wirkungen der Dinge befassen, -also nie über die Gegensätze des Weltgeschehens hinaus zu einer einheitlichen Auffassung -des Alls gelangen. Den ersteren gegenüber will er das Denken begründen, im Gegensatze -zu den letzteren den Einen Urgrund alles Seienden erforschen. Wir werden folglich -seiner historischen und dogmatischen Stellung am besten gerecht, wenn wir zuerst seine -Logik, darauf die Metaphysik und zuletzt seine Physik und praktische Philosophie zur -Darstellung bringen. -</p> -<p id="ch4.2.5"><b>5.</b> Farabis Logik ist keine reine Analyse wissenschaftlichen Denkens, sondern enthält -auch viele sprachliche Bemerkungen und <span class="corr" id="xd31e2213" title="Quelle: erkenntnis-theoretische">erkenntnistheoretische</span> Erörterungen. Wie die Grammatik sich auf die Sprache eines Volkes beschränkt, so -soll die Logik dagegen den sprachlichen Ausdruck der Gesamtvernunft aller Völker heranziehen. -Von den einfachsten Elementen der Sprache zu den zusammengesetzten <span class="pageNum" id="pb102">[<a href="#pb102">102</a>]</span>hat sie fortzuschreiten, vom Wort zum Satze, zur Rede. -</p> -<p>Nach der Beziehung ihrer Gegenstände zur Wirklichkeit zerfällt die Logik in zwei Teile: -der erste Teil umfasst die Lehre von den Begriffen und Definitionen (<span class="ex">tasawwur</span>), der zweite diejenige von den Urteilen, Schlüssen und Beweisen (<span class="ex">tasdiq</span>). Die Begriffe, mit denen die Definitionen in ganz äußerlicher Weise zusammengestellt -werden, haben an sich keine Beziehung zur Wirklichkeit, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> sie sind weder wahr noch falsch. Unter Begriffen versteht Farabi hier die einfachsten -seelischen Gebilde, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> sowohl die aus sinnlicher Wahrnehmung stammenden Vorstellungen einzelner Gegenstände -als die ursprünglichen dem Geiste eingeprägten Begriffe, wie das Notwendige, das Wirkliche, -das Mögliche. Solche Vorstellungen und Begriffe sind unmittelbar gewiss. Man kann -den Sinn des Menschen darauf hinlenken, seine Seele darauf aufmerksam machen, sie -ihm aber nicht vordemonstrieren, nicht aus Bekanntem ableitend sie erklären, da sie -an sich im höchsten Grade klar sind. -</p> -<p>Aus der Zusammensetzung von Vorstellungen oder Begriffen ergeben sich Urteile, die -nun entweder wahr oder falsch sein können. Durch Schluss und Beweis geht die Begründung -der Urteile auf einige dem Verstande ursprünglich gegebene, unmittelbar einleuchtende, -nicht weiter begründbare Sätze zurück. Solche Sätze, die Grundsätze oder Axiome aller -Wissenschaft, soll es geben für die Mathematik, die Metaphysik und die Ethik. -</p> -<p>Die Lehre vom Beweise, wie von Bekanntem, Begründetem aus wir zur Erkenntnis eines -Unbekannten gelangen, ist nach Farabi die eigentliche Logik. Dazu bildet die Kenntnis -der Hauptbegriffe (Kategorien), ihrer Zusammensetzung im Urteil (Hermeneutik) und -im Schlusse (erste Analytik) nur die Einleitung. Und in der Beweislehre kommt es darauf -an, die Normen zu ermitteln einer allgemeingültigen, notwendigen Wissenschaft, was -die Philosophie <span class="pageNum" id="pb103">[<a href="#pb103">103</a>]</span>sein soll. Als oberste Norm gilt hier der Satz des Widerspruchs, wodurch in einem -einheitlichen Denkakte die Wahrheit oder Notwendigkeit zugleich mit der Unwahrheit -oder Unmöglichkeit des Gegenteiles erkannt wird. Dementsprechend soll die platonische -Dichotomie als wissenschaftliche Methode der aristotelischen Polytomie vorzuziehen -sein. Ferner begnügt Farabi sich nicht mit der formalen Seite der Beweislehre. Diese -soll mehr sein als eine Methodologie, die den richtigen Weg zur Wahrheit zeigt, sie -soll selbst Wahrheit zeigen, Wissenschaft erzeugen. Sie betrachtet die Urteile nicht -bloß als Material für die Schlussform, sondern untersucht auch ihren Wahrheitsgehalt -in Beziehung auf die Einzelwissenschaften. Nicht nur Hilfsmittel ist sie, sie ist -vielmehr ein Teil der Philosophie. -</p> -<p>Die Beweislehre geht, wie wir sahen, auf notwendiges Wissen aus, dem notwendigen Sein -entsprechend. Außer diesem aber ist das große Gebiet des Möglichen da, von dem wir -nur ein wahrscheinliches Wissen erhalten können. Die verschiedenen Grade der Wahrscheinlichkeit -nun oder die Art und Weise, in der wir zu einer Wissenschaft des Möglichen gelangen, -werden in der Topik erörtert. Daran schließen sich Sophistik, Rhetorik und Poetik, -die sonst hauptsächlich praktische Ziele verfolgen. Zusammen aber mit der Topik werden -sie bei Farabi zu einer Dialektik des Scheines. Nur auf den notwendigen Sätzen der -zweiten Analytik, so führt er aus, lässt sich wahre Wissenschaft aufbauen, aber von -den topischen (dialektischen) bis zu den poetischen Urteilen stuft sich das Wahrscheinliche -zum bloßen Scheine der Wahrheit ab. Am tiefsten steht also die Poesie, die nach Farabis -Ansicht ein lügnerisches und unsittliches Gerede ist. -</p> -<p>Im Anschluss an Porphyrs Isagoge hat unser Philosoph sich auch über die Universalienfrage -geäußert. Das Besondere findet er nicht nur in den Dingen und in der sinnlichen Wahrnehmung, -sondern auch im Denken. Ebenso <span class="pageNum" id="pb104">[<a href="#pb104">104</a>]</span>ist das Allgemeine nicht bloß, accidentell, in den Einzeldingen, sondern auch, substantiell, -im Geiste. Der menschliche Geist abstrahiert das Allgemeine von den Dingen, vor diesen -war es aber schon an sich. Dem Sinne nach findet somit der dreifache Unterschied des -<span class="ex">ante rem</span>, <span class="ex">in re</span>, <span class="ex">post rem</span> sich bereits bei Farabi. -</p> -<p>Gehört zu den Universalien auch das bloße Sein? Ist die Existenz überhaupt ein Prädikat? -Diese Frage, die soviel Unheil in der Philosophie gestiftet, wurde von Farabi völlig -richtig beantwortet. Die Existenz ist nach ihm eine grammatische oder logische Beziehung, -aber keine Kategorie der Wirklichkeit, die etwas von den Dingen aussagt. Die Existenz -eines Dinges ist nichts außer dem wirklichen Dinge selbst. -</p> -<p id="ch4.2.6"><b>6.</b> Die logische Richtung des Denkens macht sich auch in der Metaphysik geltend. An Stelle -des Veränderlichen und des Ewigen treten die Begriffe des Möglichen und des Notwendigen -hervor. -</p> -<p>Alles Seiende ist nämlich nach Farabi entweder ein notwendiges oder ein mögliches; -ein Drittes gibt es nicht. Da nun alles Mögliche zu seiner Verwirklichung eine Ursache -voraussetzt, die Reihe der Ursachen aber nicht ins Unendliche gehen kann, so sehen -wir uns genötigt, ein notwendig Seiendes anzunehmen, das ursachlos, höchst vollkommen, -ewig vollwirklich, sich selbst genügend, ohne jede Veränderung, als absoluter Geist, -reine Güte, Denken, Denkendes und Gedachtes in einem Wesen, die alles übersteigende -Güte und Schönheit seines Wesens liebt. Dieses Wesen kann nicht bewiesen werden, denn -es ist selbst der Beweis und der Urgrund aller Dinge. Wahrheit und Wirklichkeit fallen -in diesem Wesen zusammen. In seinem Begriffe liegt es, dass es einzig ist, denn wenn -es zwei erste, absolute Wesen gäbe, müssten sie teils gleich, teils von einander verschieden -sein, wodurch aber die Einfachheit eines jeden aufgehoben wäre. Ein allervollkommenstes -Wesen muss einzig sein. -<span class="pageNum" id="pb105">[<a href="#pb105">105</a>]</span></p> -<p>Dieses Erste, Eine, wahrhaft Wirkliche nennen wir Gott. Und da in Ihm alles eins ist, -auch ohne Artdifferenz, so gibt es keine Definition für sein Wesen. Doch legt ihm -der Mensch die schönsten, die höchsten Werte des Lebens zum Ausdruck bringenden Namen -bei, weil im mystischen Drange dazu die Worte ihre gewöhnliche Bedeutung verlieren, -über jeden Widerspruch hinaus. Einige Namen beziehen sich auf das Wesen, andere auf -sein Verhältnis zur Welt, ohne jedoch die Einheit des Wesens zu beeinträchtigen. Alle -sind sie aber metaphorisch zu verstehen, nur nach schwacher Analogie vermögen wir -sie aufzufassen. Eigentlich sollten wir von Gott, dem vollkommensten Wesen, auch den -vollständigsten Begriff haben. Sind doch unsere mathematischen Begriffe vollkommener -als die physischen, weil sie sich auf vollkommenere Gegenstände beziehen. Aber mit -dem Allervollkommensten ergeht es uns wie mit dem hellsten Lichte: wegen der Schwäche -unserer Augen können wir es nicht vertragen. So haften auch an unserem Erkennen die -Mängel der Materie. -</p> -<p id="ch4.2.7"><b>7.</b> Besser als an sich vermögen wir Gott zu sehen in der Stufenordnung der aus ihm hervorgehenden -Wesen. Von Ihm, dem Einzigen, ist das All, denn sein Wissen ist die höchste Macht. -Indem er sich selbst erkennt, wird die Welt. Nicht ein allmächtiger Schöpferwille, -sondern die Erkenntnis des Notwendigen ist die Ursache aller Dinge. Von Ewigkeit her -sind in Gott die Formen oder Vorbilder der Dinge und ewig geht auch aus ihm sein Ebenbild -hervor, das zweite All genannt oder der erste geschaffene Geist, der die äußerste -Himmelsphäre bewegt. Diesem Geiste folgen, einer aus dem anderen, die acht Sphärengeister, -die alle einzig in ihrer Art, vollkommen und Schöpfer der Himmelskörper sind. Diese -neun Geister, himmlische Engel genannt, bilden zusammen die zweite Stufe des Seins. -Auf der dritten Stufe steht die in der Menschheit thätige Vernunft, heißt auch der -heilige Geist, <span class="pageNum" id="pb106">[<a href="#pb106">106</a>]</span>der Himmel und Erde verbindet; auf der vierten Stufe befindet sich die Seele. Beide, -Vernunft und Seele, bleiben nicht rein für sich in ihrer Einheit, sondern vervielfältigen -sich nach der Vielheit menschlicher Wesen. Als Wesen fünfter und sechster Ordnung -erscheinen zuletzt Form und Materie, mit denen die Reihe geistigen Seins abgeschlossen -ist. Die drei ersten Stufen, Gott, Sphärengeister und thätige Vernunft, bleiben Geist -an sich, die drei folgenden aber, Seele, Form und Materie, obgleich unkörperlich, -gehen doch ein Verhältnis zum Körper ein. -</p> -<p>Entsprechend denen des Geistigen hat auch das Körperliche, das der Imagination des -Geistes entspringen soll, sechs Stufen: Himmelskörper, Menschenkörper, Tierkörper, -Pflanzenkörper, Mineral und Element. -</p> -<p>Wahrscheinlich zeigen sich in diesen Spekulationen nach der Dreizahl noch die Einflüsse -der christlichen Lehrer Farabis. Für sie bedeutete nämlich die Dreizahl, was den Naturphilosophen -die Vierzahl war. Auch die Terminologie stimmt dazu. -</p> -<p>Das ist aber nur äußerlich; der Inhalt ist Neuplatonismus. Als ein ewiger, intellektueller -Prozess erscheint hier die Schöpfung oder Emanation der Welt. Indem der erste geschaffene -Geist seinen Urheber denkt, entsteht der zweite Sphärengeist; indem er, sich selbst -denkend, sich substanziert, geht aus ihm der erste Körper, die oberste Himmelsphäre, -hervor. Und so geht es weiter bis zu der niedersten Sphäre, der des Mondes, in notwendiger -Folge. Ganz nach dem ptolemäischen Sphärensystem, wie es jeder Gebildete, wenigstens -aus Dantes Komödie, kennt, in neuplatonischer Ableitung. Es bilden die Sphären zusammen -eine ununterbrochene Ordnung, denn alles Seiende ist eine Einheit. Schöpfung und Erhaltung -der Welt ist ein und dasselbe. Und nicht nur die Einheit des göttlichen Wesens bildet -sich in der Welt ab, sondern in ihrer schönen Ordnung drückt sich auch die göttliche -Gerechtigkeit aus. Die logische Weltordnung ist zugleich eine sittliche. -<span class="pageNum" id="pb107">[<a href="#pb107">107</a>]</span></p> -<p id="ch4.2.8"><b>8.</b> Die irdische Welt unter dem Monde ist natürlich ganz von der Welt der Himmelsphären -abhängig. Doch trifft die Einwirkung von oben erstens, wie wir a priori erkennen, -die notwendige Ordnung des Ganzen, zweitens zwar auch das Einzelne, aber nur insofern -dies in natürlicher Wechselwirkung begründet ist, also nach Regeln, welche die Erfahrung -uns lehrt, stattfindet. Die Astrologie, die alles Zufällige, Außerordentliche, den -Gestirnen und ihren Konjunktionen zuschreibt, wird von Farabi bekämpft. Vom Zufälligen -gibt es kein sicheres Wissen, und viel des irdischen Geschehens trägt, wie ja auch -Aristoteles gelehrt, in hohem Grade den Charakter des Zufälligen oder des Möglichen -an sich. Dagegen hat die himmlische Welt eine andere, vollkommenere Natur, die nach -notwendigen Gesetzen wirkt. Sie kann dieser irdischen Welt nur Gutes spenden, warum -es ganz verfehlt ist, zu behaupten, von einigen Gestirnen käme Glück, von anderen -jedoch Unglück her. Die Natur der Himmel ist Eine und gleichmäßig gut. Der Schluss, -zu dem nach diesen Erwägungen Farabi gelangt, ist denn auch dieser: demonstrative, -ganz sichere Erkenntnis gibt nur die mathematische Astronomie, ein wahrscheinliches -Wissen gewährt die physikalische Himmelskunde, einen ganz unsicheren Glauben aber -verdienen die Sätze und Weissagungen der Astrologie. -</p> -<p>Gegenüber der Einfachheit der Himmelswelt haben wir unter dem Monde das Reich der -vier Naturen, also der Gegensätze und der Veränderung. Von den Elementen bis zum Menschen -gibt es auch hier in der Vielheit die Einheit der aufsteigenden Reihe. Wenig Eigentümliches -weiß Farabi darüber vorzubringen. Seinem logischen Standpunkte treu kümmert er sich -weniger um die Naturwissenschaften, zu denen er wohl unbedenklich, auf die ursprüngliche -Einheit der Materie sich stützend, die Alchemie wird gezählt haben. Wir wenden uns -gleich seiner Lehre vom Menschen oder von der menschlichen Seele zu, die einiges Interesse -darbietet. -<span class="pageNum" id="pb108">[<a href="#pb108">108</a>]</span></p> -<p id="ch4.2.9"><b>9.</b> Die Kräfte oder Teile der menschlichen Seele sind nach Farabi nicht koordiniert, -sondern bilden eine aufsteigende Reihe. Das niedere Vermögen ist Materie für das höhere -und dieses die Form für jenes; das höchste aber, das Denken, ist immateriell, Form -für alle vorhergehenden Formen. Aus dem Sinnlichen erhebt das Leben der Seele sich -durch die Vorstellung zum Denken. In allen Vermögen aber ist ein Streben oder Wollen -enthalten. Jede Theorie hat die praktische Kehrseite. Von den Wahrnehmungen der Sinne -sind Neigung und Abneigung unzertrennlich. Zu ihren Vorstellungen verhält sich die -Seele zustimmend oder ablehnend, indem sie bejaht und verneint. Das Denken endlich -richtet über Gutes und Böses, gibt dem Willen seine Motive und bildet Kunst und Wissenschaft -aus. Alles Wahrnehmen, Vorstellen und Denken hat irgend ein Streben zur notwendigen -Folge, wie die Wärme aus der Substanz des Feuers hervorgeht. -</p> -<p>Die Seele ist die Vollkommenheit (Entelechie) des Körpers, aber die Vollkommenheit -der Seele ist der Geist (<span class="ex">ʻaql</span>). Nur der Geist ist der wahre Mensch. -</p> -<p id="ch4.2.10"><b>10.</b> Vom Geiste ist demnach zumeist die Rede. Im menschlichen Geiste erhebt sich alles -Irdische zu einer höheren Existenzweise, die den Kategorien des Körperlichen enthoben -ist. Als Anlage oder Potenz ist nun der Geist in der Seele des Kindes vorhanden. Indem -er dann die Körperformen mittelst der Sinne und der Vorstellung in der Erfahrung erfasst, -wird er auch wirklich zum Geiste. Diese Überführung von der Möglichkeit zur Wirklichkeit, -das Zustandekommen der Erfahrung also, ist aber nicht des Menschen eigene That, sondern -wird von dem übermenschlichen Geiste, der aus dem letzten Sphärengeist, dem des Mondes, -hervorgegangen ist, bewirkt. Als Spende von oben, nicht als eine in geistigem Ringen -erarbeitete Erkenntnis stellt sich so das menschliche Wissen dar. Im Lichte des über -uns stehenden Geistes erblickt unser Verstand die Formen des Körperlichen. Dabei erweitert -sich <span class="pageNum" id="pb109">[<a href="#pb109">109</a>]</span>aber die Erfahrung zur Vernunfterkenntnis. Die Erfahrung nämlich umfasst nur die von -der Stoffwelt abstrahierten Formen. Es gibt ja aber auch Formen oder allgemeine Wesenheiten -vor und über den stofflichen Dingen, in den reinen Geistern der Sphären. Von diesen -“getrennten Formen” erhält der Mensch jetzt Kunde; nur durch ihre Einwirkung wird -ihm seine wirkliche Erfahrung erklärlich. Die höhere Form wirkt immer nur auf die -zunächst ihr folgende, von Gott bis zum Geiste der Menschheit. Nach oben hin verhält -sich jede Zwischenform empfangend, nach unten aber gebend thätig. Im Verhältnis zum -menschlichen Geiste, der von oben beeinflusst wird (<span class="ex">ʻaql mustafad</span>), ist also der übermenschliche, aus dem letzten Sphärengeist hervorgegangene Geist -thätig oder schaffend zu nennen (<span class="ex">ʻaql fu ʻʻâl.</span>)<span class="corr" id="xd31e2298" title="Nicht in der Quelle">.</span> Doch ist er nicht immer thätig, weil er an der Materie eine Schranke seiner Wirksamkeit -hat. Gott aber ist der vollwirkliche, ewigthätige Geist. -</p> -<p>Im Menschen ist der Geist dreifach: als möglich, als wirklich, als von oben bewirkt. -Das heißt aber im Sinne Farabis dies: des Menschen geistige Anlage (1) wird durch -Erfahrungswissen (2) hindurch geführt zur Erkenntnis des Übersinnlichen (3), das aller -Erfahrung vorhergeht und selbst die Erfahrung bewirkt. -</p> -<p>Die Stufen des Geistes und seiner Erkenntnis entsprechen den Stufen des Seins. Sehnsüchtig -strebt das Niedere dem Höheren zu und das Höhere hebt das Niedere zu sich empor. Der -über uns stehende Geist, der allem Irdischen die Formen verliehen hat, sucht diese -zertrennten Formen wieder zusammenzubringen, dass sie in Liebe sich einigen. Zunächst -sammelt er sie im Menschen. Darauf, dass derselbe Geist, der dem Körperlichen die -Gestalt verlieh, auch dem Menschen die Idee gibt, beruht nun aber die Möglichkeit -und die Wahrheit menschlicher Erkenntnis. Die zerstreuten Formen des Irdischen finden -sich im menschlichen Geiste wieder, wodurch dieser dem letzten Himmelsgeiste ähnlich -wird. Vereinigung mit dem Himmelsgeiste, <span class="pageNum" id="pb110">[<a href="#pb110">110</a>]</span>dadurch er sich Gott nähert, ist Ziel und Glück des Menschengeistes. -</p> -<p>Ob nun eine solche Vereinigung vor dem Tode des Menschen möglich sei, ist nach Farabi -zweifelhaft oder ganz zu verneinen. In diesem Leben ist Vernunfterkenntnis das Höchste, -was erreicht werden kann. Aber die Trennung vom Körper gibt der vernünftigen Seele -die völlige Freiheit des Geistes. Besteht sie dann aber noch als Individualseele? -Oder ist sie nur ein Moment der höheren Weltvernunft? Dunkel, und nicht in allen Schriften -übereinstimmend, drückt Farabi sich darüber aus. Die Menschen, so heißt es, sterben -hin, ein Geschlecht folgt dem andern und Gleiches verbindet sich mit Gleichem, Jedes -in seiner Ordnung. Unendlich, weil nicht an den Raum gebunden, mehren sich die vernünftigen -Seelen, wie Gedanke zu Gedanken, Kraft zu Kraft hinzukommt. Jede Seele denkt sich -selbst und alle andern, die ihr gleich sind, und je mehr sie denkt, um so intensiver -ist ihre Freude (<abbr title="vergleiche">vgl.</abbr> unten <a href="#ch4.2.13">§ 13</a>). -</p> -<p id="ch4.2.11"><b>11.</b> Wir kommen zur praktischen Philosophie. In Ethik und Politik treten wir in ein etwas -näheres Verhältnis zum Leben und Glauben der Muslime. Einige allgemeine Gesichtspunkte -seien hervorgehoben. -</p> -<p>Wie die Logik die Prinzipien des Wissens, so soll die Ethik die Grundsätze des Handelns -darstellen. Nur dass hier Übung und Erfahrung etwas mehr gewertet werden, als in der -Erkenntnistheorie. In der Ausführung schließt sich Farabi teils dem Platon, teils -dem Aristoteles an, teils geht er auch in mystisch-asketischer Weise über sie hinaus. -Den Theologen gegenüber, die zwar ein Vernunftwissen, aber keine Vernunftgesetze des -Handelns anerkennen, betont Farabi öfter, die Vernunft bestimme, ob etwas gut sei -oder böse. Wie sollte die von oben her uns erteilte Vernunft nicht das Handeln bestimmen, -da ja im Wissen die höchste Tugend besteht? Wenn einer, so erklärt Farabi höchst bezeichnend, -alles wüsste, was in den Schriften <span class="pageNum" id="pb111">[<a href="#pb111">111</a>]</span>des Aristoteles steht, danach aber nicht handelte, während ein anderer in seinem Sinne -handelte ohne davon zu wissen, so wäre dem ersteren der Vorzug zu geben. Die Erkenntnis -steht höher als die sittliche That, sonst könnte sie diese nicht bestimmen. -</p> -<p>Von Natur aus begehrt die Seele. Insofern sie wahrnimmt und vorstellt, kommt ihr, -wie den Tieren, ein Wille zu. Aber Wahlfreiheit hat allein der Mensch, da dieselbe -auf vernünftiger Überlegung beruht. Die Sphäre der Freiheit ist das reine Denken. -Es ist das also eine Freiheit, die von den Motiven des Denkens abhängig ist, eine -Freiheit, die zugleich Notwendigkeit ist, weil sie in letzter Instanz von dem vernünftigen -Wesen Gottes bestimmt ist. In diesem Sinne ist Farabi Determinist. -</p> -<p>Die so gefasste Freiheit des Menschen kann sich, wegen des Widerstandes der Materie, -in der Herrschaft über das Sinnliche nur unvollkommen bethätigen. Vollkommen wird -sie erst nach der Befreiung der vernünftigen Seele von den Banden des Stoffes und -den Hüllen des Irrtums, im Leben des Geistes. Das aber ist die höchste Glückseligkeit, -die nur ihrer selbst willen erstrebt wird, somit das Gute schlechthin. Und dieses -Gute sucht die Menschenseele, wenn sie sich dem Geiste über ihr zuwendet, wie die -Seelen der Himmel, als sie sich dem Höchsten nähern. -</p> -<p id="ch4.2.12"><b>12.</b> Schon die Ethik nimmt wenig Rücksicht auf die wirklichen sittlichen Verhältnisse. -Noch weiter aber entfernt Farabi sich von der Wirklichkeit in seiner Politik. Das -platonische Staatsideal geht für seine orientalische Anschauungsweise fast ganz in -den philosophischen Herrscher auf. Von einem natürlichen Bedürfnis zusammengeführt, -haben die Menschen sich dem Willen eines Einzigen unterworfen, in welchem der Staat, -ob er nun gut oder böse, gleichsam verkörpert ist. Deshalb sind die Staaten schlecht, -wenn ihr Haupt in Bezug auf die Prinzipien des Guten entweder unwissend oder im Irrtum -oder <span class="pageNum" id="pb112">[<a href="#pb112">112</a>]</span>gar verderbt ist. Der gute oder vorzügliche Staat dagegen hat nur Eine Art, darin -der Philosoph Herrscher ist. Mit allen menschlichen und philosophischen Tugenden stattet -Farabi seinen Fürsten aus: es ist Platon in Mohammeds Prophetenmantel. -</p> -<p>In der Beschreibung der den idealen Fürsten vertretenden Herrscher — es können mehrere -zugleich sein, auch können Fürst und Minister sich in Herrschertugend und Weisheit -teilen — nähern wir uns der muslimischen Staatslehre jener Zeit. Aber die Ausdrücke -sind verhüllt. Die richtige Abstammung eines Fürsten <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> und die Pflicht der Führung in den heiligen Krieg werden nicht klar bezeichnet. Es -bleibt doch alles in philosophischem Nebel schweben. -</p> -<p id="ch4.2.13"><b>13.</b> Im Staate, der mit der Religionsgemeinschaft zusammenfällt, ist die Sittlichkeit -allein vollkommen. Nach dem Zustande des Staates bestimmt sich also nicht nur das -zeitliche Schicksal seiner Bürger, sondern auch ihr zukünftiges Los. Die Seelen der -Bürger im “unwissenden” Staate sind ohne Vernunft, als sinnliche Formen kehren sie -zu den Elementen wieder, damit sie sich aufs neue mit anderen Wesen, Menschen oder -Tieren, verbinden. In den “irrenden” und “verderbten” Staaten ist allein der Führer -verantwortlich, seiner wartet Strafe im Jenseits; die irregeführten Seelen aber teilen -das Schicksal der Unwissenden. Dagegen bestehen nur die guten wissenden Seelen fort, -sie gehen ein in die Welt des reinen Geistes. Je höher die Stufe des Wissens, die -sie in diesem Leben erreicht, um so höher wird nach dem Tode ihre Stelle in der Ordnung -des Alls sein, um so intensiver ihre selige Lust. -</p> -<p>Vermutlich sind derartige Ausdrücke nur die Hülle eines mystisch-philosophischen Glaubens -von dem Aufgehen des menschlichen Geistes in den Weltgeist, zuletzt in Gott. Denn, -so lehrt Farabi, in absteigender Betrachtung (logisch-metaphysisch) ist die Welt etwas -anderes als Gott, im Aufsteigen aber erkennt die Seele das Diesseits als identisch -<span class="pageNum" id="pb113">[<a href="#pb113">113</a>]</span>mit dem Jenseits, weil Gott in allem, ja in seiner Einheit das All selbst ist. -</p> -<p id="ch4.2.14"><b>14.</b> Überblicken wir jetzt Farabis System, so zeigt es sich als einen ziemlich konsequenten -Spiritualismus, genauer bestimmt Intellektualismus. Das Körperliche, Sinnenfällige -entspringt der Imagination des Geistes, man könnte es als “verworrene Vorstellung” -bezeichnen. Das einzige wahre Sein ist Geist, aber verschieden abgestuft. Ganz einfach -rein ist nur Gott, und die ewig aus ihm hervorgehenden Geister, einer aus dem andern, -haben schon die Vielheit in sich. Die Zahl der selbständigen Geister wird nach dem -ptolemäischen Weltsystem bestimmt und entspricht der himmlischen Hierarchie. Je weiter -vom Ersten entfernt, um so weniger hat einer am Sein des reinen Geistes teil. Von -dem letzten Weltgeiste kommt dem Menschen sein Wesen, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> die Vernunft zu. Alles ist ohne Lücke, die Welt ist ein gut und schön geordnetes -Ganzes. Übel und Böses sind nur eine notwendige Folge der Endlichkeit im Einzelnen, -wodurch die Güte des Alls um so deutlicher hervortritt. -</p> -<p>Ob die schöne Ordnung der Welt, von Ewigkeit her aus Gott emaniert, jemals wird zerstört -werden können oder auch in Gott zurückfließen? Ein fortwährendes Zurückströmen zur -Gottheit gibt es wohl. Die Sehnsucht der Seele geht nach oben, fortschreitendes Wissen -läutert sie und führt sie hinauf. Aber wie weit? Philosophen und Propheten haben es -nicht klar sagen können. Beide, die Philosophie und die Prophetie, leitet Farabi von -dem schaffenden Weltgeiste über uns her. Hin und wieder spricht er sich über die Prophetie -aus, als ob diese die höchste Stufe menschlichen Erkennens und Handelns darstelle. -Das kann aber nicht seine wirkliche Meinung sein, ist wenigstens nicht die Konsequenz -seiner theoretischen Philosophie. Ihr zufolge gehört alles Prophetische in Traum, -Gesicht, Offenbarung <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> dem Kreise der Vorstellung an, steht also in der Mitte zwischen sinnlicher <span class="pageNum" id="pb114">[<a href="#pb114">114</a>]</span>Wahrnehmung und reiner Vernunfterkenntnis. Wenn er nun auch in seiner Ethik und Politik -der Religion eine hohe erzieherische Bedeutung beimisst, so bleibt sie doch immer -an absolutem Werte der Erkenntnis durch reine Vernunft nachstehen. -</p> -<p>Farabi hat im Intellektuellen für ein Ewiges gelebt. Ein König an Geist, ein Bettler -an Besitz, war es ihm bei seinen Büchern und den Vögeln und Blumen seines Gartens -wohl. Seinem Volke, der muslimischen Gemeinde, konnte er nur wenig sein. In seiner -Staats- und Sittenlehre war für weltliche Geschäfte und für den heiligen Krieg keine -rechte Stelle. Seine Philosophie befriedigte kein sinnliches Bedürfnis und widersprach -dem sinnlich-geistigen Vorstellungsleben, wie es sich besonders in Kunstschöpfungen -und religiösen Phantasien äußert. Er verlor sich in den Abstraktionen des reinen Geistes. -Als frommer, heiliger Mann wurde er von Mitlebenden angestaunt, von wenigen Schülern -als personifizierte Weisheit verehrt, von den echten Gelehrten des Islam aber für -alle Zeit verketzert. Grund gab es freilich genug dafür. Wie die Naturphilosophie -leicht zu Naturalismus und Atheismus führte, so leitete der Monotheismus der Logiker -unmerklich zum Pantheismus hinüber. -</p> -<p id="ch4.2.15"><b>15.</b> Viel Schule hat Farabi nicht gemacht. Bekannt geworden ist Abu Zakarija Jachja ibn -Adi, ein jakobitischer Christ, als Übersetzer aristotelischer Werke. Mehr genannt -worden aber ist ein Schüler des letzteren, mit Namen Abu Sulaiman Mohammed ibn Tahir -ibn Bahrain al-Sidschistani, der in der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts in -Bagdad die Gelehrten seiner Zeit um sich versammelte. Die Gespräche, welche sie da -führten und die philosophischen Belehrungen, die der Meister erteilte, sind uns zum -Teil erhalten. Wir sehen deutlich den Ausgang der Schule. Wie die Naturphilosophie -in Geheimwissenschaft verlief und die Schule Kindis sich von der Philosophie ab mathematischem -und physikalischem Einzelwissen <span class="pageNum" id="pb115">[<a href="#pb115">115</a>]</span>zuwandte, so geht hier die logische Richtung Farabis in Wortphilosophie über. In Distinktionen -und Begriffsbestimmungen bewegt sich das Gespräch. Auch werden Einzelheiten aus der -Philosophiegeschichte und den besonderen Wissenschaften ohne systematischen Zusammenhang -erörtert. Fast nirgends zeigt sich ein sachliches Interesse. Die menschliche Seele -rückt ganz in den Vordergrund, ähnlich wie bei den treuen Brüdern, nur dass diese -mehr die wunderbaren Wirkungen der Seele, jene Logiker aber ihr vernünftiges Wesen -und ihre Erhebung in das Übervernünftige betrachten. Statt mit Zahlen und Buchstaben, -wie bei den Brüdern, wird in Sidschistanis Gesellschaft mit Worten und Begriffen gespielt. -Das Ende ist in beiden Fällen ein mystischer Sufismus. -</p> -<p>Es ist demnach nicht zu verwundern, dass in den gelehrten Sitzungen Abu Sulaimans, -über die sein Schüler Tauhidi (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 1009) Bericht erstattet, Empedokles, Sokrates, Platon <abbr title="unter andere">u. a.</abbr> mehr genannt werden als Aristoteles. Eine sehr gemischte Gesellschaft findet sich -da in jenen Sitzungen zusammen. Es wird nicht gefragt, welchem Lande man entstamme, -welcher Religion man angehöre. Man lebt der Überzeugung, die von Platon hergeleitet -wird, in jeder Meinung stecke etwas von der Wahrheit, wie in allen Dingen ein gemeinsames -Sein und in allen Wissenschaften eine und dieselbe wirkliche Erkenntnis. Nur unter -dieser Annahme scheint es begreiflich, dass jeder zunächst seine eigene Meinung für -die wahre, und die von ihm gepflegte Wissenschaft für die vorzüglichste halten könne. -Eben deswegen gibt es auch keinen Zwiespalt zwischen Religion und Philosophie, wie -heftig man es von beiden Seiten behaupten möge. Die Philosophie bestätigt vielmehr -die Lehren der Religion, wie diese die Resultate jener vervollkommnet. Ist die philosophische -Erkenntnis Wesen und Ziel der menschlichen Seele, so ist der religiöse Glaube ihr -Leben oder der Weg zu dem Ziele. Da nämlich die Vernunft Gottes Statthalter auf Erden -ist, so ist es unmöglich, <span class="pageNum" id="pb116">[<a href="#pb116">116</a>]</span>dass Vernunft und Offenbarung sich widersprechen. -</p> -<p>Einzelnes hervorzuheben aus den Gesprächen, deren Grundstimmung wir angegeben, verlohnt -sich nicht. Kulturhistorisch ist die Erscheinung Sidschistanis und seines Kreises -wichtig, aber für die Fortbildung der Philosophie im Islam hat sie keine Bedeutung. -Was für Farabi wirklich das Leben seines Geistes war, wird in dieser Gesellschaft -gar oft zum Gegenstande geistreicher Unterhaltung. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch4.3" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e606">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">3.</span> Ibn Maskawaih.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch4.3.1" class="first"><b>1.</b> Wir sind an die Wende des zehnten und elften Jahrhunderts gelangt. Farabis Schule -scheint auszusterben und Ibn Sina, der die Philosophie seines Vorgängers zu neuem -Leben erwecken sollte, ist noch ein Jüngling. Hier aber haben wir eines Mannes zu -gedenken, der zwar dem Kindi näher als dem Farabi verwandt ist, doch auch, wegen der -Gemeinsamkeit ihrer Quellen, in wesentlichen Punkten mit dem letzteren übereinstimmt. -Sein Beispiel zeigt zugleich, dass die hellsten Köpfe der Zeit nicht gesonnen waren, -Farabi auf das Gebiet logisch-metaphysischer Spekulationen zu folgen. -</p> -<p>Dieser Mann ist der Arzt, Philolog und Historiker Abu Ali ibn Maskawaih, der Schatzmeister -und Freund des Sultans Adudaddaula war und hochbetagt im Jahre 1030 starb. U. a. hat -er uns eine bis heute im Orient geschätzte philosophische Ethik hinterlassen. Sie -ist eine Mischung aus Platon, Aristoteles, Galen und dem muslimischen Religionsgesetz, -doch herrscht darin Aristoteles vor. Mit einer Abhandlung über das Wesen der Seele -hebt sie an. -</p> -<p id="ch4.3.2"><b>2.</b> Die menschliche Seele, so führt Ibn Maskawaih aus, ist eine unkörperliche, einfache, -sich ihres Seins, Wissens und Wirkens bewusste Substanz. Dass sie geistiger Natur -sein muss, folgt schon daraus, dass sie die entgegengesetzten <span class="pageNum" id="pb117">[<a href="#pb117">117</a>]</span>Formen zugleich in sich aufnimmt, <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> die Vorstellung von weiß und schwarz, während ein Körper nur eins von beiden auf -einmal aufnehmen kann. Ferner nimmt sie sowohl die Formen des Sinnlichen wie des Geistigen -in gleicher, geistiger Weise auf, denn die Länge ist in der Seele nicht lang, wird -auch im Gedächtnis nicht länger. Weit über ihren Körper geht sodann das Wissen und -Wirken der Seele hinaus, ja die ganze Sinnenwelt genügt ihr nicht. Überdies besitzt -sie eine ursprüngliche Vernunfterkenntnis, die ihr nicht von den Sinnen zugekommen -sein kann, denn durch dieselbe bestimmt sie, bei der Vergleichung und Unterscheidung -des von der sinnlichen Wahrnehmung ihr Dargebotenen, Wahres und Falsches, die Sinne -beaufsichtigend und berichtigend. Im Selbstbewusstsein endlich, dem Wissen um das -eigene Wissen, zeigt sich am klarsten die geistige Einheit der Seele, in der Denken, -Denkendes und Gedachtes zusammen fallen. -</p> -<p>Von den Tierseelen unterscheidet sich die menschliche Seele besonders durch vernünftige -Überlegung als das Prinzip ihres Handelns, welches auf das Gute gerichtet ist. -</p> -<p id="ch4.3.3"><b>3.</b> Gut ist im allgemeinen dasjenige, wodurch ein Wollendes den Zweck oder die Vollkommenheit -seines Wesens erreicht. Gut zu sein, dazu ist also eine gewisse auf einen Endzweck -gerichtete Anlage erforderlich. In Bezug auf ihre Anlage unterscheiden die Menschen -sich aber sehr wesentlich. Nur wenige, meint Ibn Maskawaih, sind von Natur gut und -werden nie schlecht, denn was von Natur ist, ändert sich nicht. Viele dagegen sind -von Natur schlecht und werden nie gut. Andere aber, die anfangs weder gut noch schlecht -sind, werden durch Erziehung und gesellschaftlichen Verkehr nach einer von beiden -Seiten hin bestimmt. -</p> -<p>Das Gute ist nun entweder ein allgemeines oder ein besonderes. Es gibt ein absolutes -Gut, mit dem höchsten Sein und der höchsten Erkenntnis identisch, dem alle Guten <span class="pageNum" id="pb118">[<a href="#pb118">118</a>]</span>zusammen zustreben. Aber für jeden Einzelnen stellt sich ein besonderes Gut subjektiv -als Glück oder Lust dar, und dieses besteht in der vollen Bethätigung des eigenen -Wesens, in der vollständigen Auslebung des Inneren. -</p> -<p>Im allgemeinen ist der Mensch gut und glücklich, wenn er menschlich handelt. Tugend -ist menschliche Tüchtigkeit. Da nun aber die Menschheit in den verschiedenen Individuen -verschieden abgestuft sich darstellt, so ist das Glück oder das Gut nicht für alle -dasselbe. Und weil das auf sich selbst gestellte Individuum nicht alle möglichen Güter -verwirklichen kann, so müssen viele zusammenleben. Daraus ergibt sich schon als eine -erste Pflicht oder die Grundlage aller Tugenden die allgemeine Menschenliebe, ohne -die keine Gesellschaft möglich ist. Nur mit und in anderen ist der einzelne Mensch -vollkommen, die Ethik soll Sozialethik sein. Die Freundschaft ist darum nicht, wie -bei Aristoteles, eine Erweiterung der Selbstliebe, sondern eine Einschränkung oder -eine Art der Nächstenliebe. Und diese, wie die Tugend überhaupt, kann sich nur bethätigen -in der Gesellschaft oder der Staatsgemeinschaft, nicht aber in der Weltflucht des -frommen Mönches. Der Einsiedler, der glaubt, mäßig und gerecht zu leben, irrt sich -in Bezug auf den Charakter seiner Handlungen. Diese mögen religiös sein, moralisch -sind sie nicht. Ihre Betrachtung fällt also nicht der Ethik zu. -</p> -<p>Übrigens stimmt, nach Ibn Maskawaih, das richtig aufgefasste Religionsgesetz vorzüglich -mit einer humanen Ethik überein. Die Religion ist eine sittliche Schulung für das -Volk. Ihre Vorschriften über den gemeinschaftlichen Gottesdienst und die Wallfahrt -nach Mekka sollen <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> die Pflege der Nächstenliebe in den weitesten Kreisen bezwecken. -</p> -<p>Im einzelnen ist es Ibn Maskawaih nicht gelungen, die ethischen Lehren der Griechen, -die er in seine Darstellung aufnimmt, unter einander und mit dem Gesetz des Islam -zu verschmelzen. Wir übergehen das. Doch ist <span class="pageNum" id="pb119">[<a href="#pb119">119</a>]</span>nicht nur im allgemeinen sein Versuch zu loben, eine von der Kasuistik der Pflichtenlehrer -und von der Askese der Sufi’s freie Ethik zu geben, sondern auch in der Ausführung ist die Besonnenheit eines reichgebildeten -Mannes anzuerkennen. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch4.4" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e625">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">4.</span> Ibn Sina.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch4.4.1" class="first"><b>1.</b> Zu Efschene, in der Nähe Bocharas, wurde im Jahre 980 aus einer Beamtenfamilie geboren -Abu Ali al-Hosain ibn Abdallah ibn Sina (<span class="ex">Avicenna</span>). Im elterlichen Hause, wo persische und anti-muslimische Traditionen lebendig waren, -erhielt er seine weltliche und religiöse Erziehung. Dann studierte der körperlich -und geistig frühreife Jüngling Philosophie und Medizin in Bochara. Siebzehn Jahre -war er alt, als er den Fürsten Nuch ibn Mansur glücklich kurierte, und der Zutritt -zu dessen Bibliothek ihm gestattet ward. Von jetzt ab war er, in Studium und Praxis, -sein eigener Lehrer. Er verstand es, das Leben und die Bildung seiner Zeit sich zu -Nutzen zu machen. Im Getriebe der Kleinstaaterei versuchte er unablässig sein Glück. -Einem großen Fürsten hätte er sich wohl ebensowenig unterordnen können wie in der -Wissenschaft einem Lehrer. Von Hof zu Hof wanderte er fort, bald in der Staatsverwaltung, -bald als Lehrer und Schriftsteller thätig, bis er Wezir des Schems addaula in Hamadan -wurde. Nach dem Tode dieses Fürsten ward er von dessen Sohne ein paar Monate auf die -Festung geschickt. Darauf ging er weiter nach Ispahan zu Ala addaula. Endlich starb -er noch in Hamadan, das Ala addaula erobert hatte, im Alter von 57 Jahren (1037). -Sein Grab wird noch heute dort gezeigt. -</p> -<p id="ch4.4.2"><b>2.</b> Es ist wohl der größte Irrtum, der sich in der Geschichte der muslimischen Philosophie -festgesetzt hat, Ibn Sina sei über Farabi hinaus zu einem reineren Aristotelismus -vorgedrungen. Was kümmerte unser Weltmann <span class="pageNum" id="pb120">[<a href="#pb120">120</a>]</span>sich im Grunde um Aristoteles. Sich in den Geist irgend eines Systems zu versenken, -war nicht seine Sache. Er nahm das ihm Zusagende, wo er es fand, bevorzugte aber dabei -die seichten Paraphrasen des Themistius. So ward er der große Vermittlungsphilosoph -des Orients, der richtige Vorläufer der Kompendienschreiber für alle Welt. Er wusste -seinen von überall her zusammengeholten Stoff geschickt zu gruppieren und, wenn auch -nicht ohne Spitzfindigkeit, fasslich darzustellen. Jeden Augenblick seines Lebens -nutzte er aus. Am Tage besorgte er die Staatsgeschäfte oder übte seine Lehrthätigkeit -aus, der Abend war den geselligen Genüssen der Freundschaft und der Liebe gewidmet, -und manche Nacht fand ihn schriftstellerisch thätig, das Schreibrohr in der Hand, -den Becher zur Seite, damit er nicht einschlafe. Zeit und Umstände bestimmten diese -Wirksamkeit. Wenn er am fürstlichen Hofe die nötige Muße und eine Bibliothek zur Hand -hatte, schrieb er seinen Kanon der Medizin oder die große philosophische Encyklopädie. -Auf Reisen verfasste er Auszüge und kleinere Werke. Auf der Festung schrieb er Gedichte -und fromme Betrachtungen, aber immer in gefälliger Form. Seine kleineren mystischen -Schriften haben sogar einen poetischen Reiz. Auf Bestellung ward von ihm auch die -Wissenschaft, Logik und Medizin versifiziert, wie das seit dem zehnten Jahrhundert -immer mehr Sitte wurde. Nimmt man hinzu, dass er nach Belieben persisch oder arabisch -schrieb, so bekommt man das Bild eines vielgewandten Mannes. Sein Leben war reich -an Arbeit und Genuss bis zur Übersättigung. An Genialität freilich stand er seinem -älteren Landsmann, dem Dichter Firdausi (940–1020), an wissenschaftlichem Talente -seinem Zeitgenossen Beruni (<abbr title="siehe">s.</abbr> unten <a href="#ch4.4.9">§ 9</a>) nach. Firdausi und Beruni haben für uns noch Bedeutung. Ibn Sina aber war der Ausdruck -seiner Zeit und darauf beruht seine große Wirkung, seine geschichtliche Stellung. -Nicht wie Farabi zog er sich aus dem Leben zurück, sich in die Kommentatoren des Aristoteles -<span class="pageNum" id="pb121">[<a href="#pb121">121</a>]</span>zu versenken, sondern in ihm verschmolzen sich griechische Wissenschaft und orientalische -Weisheit. Kommentare zu den Alten, meinte er, waren genug geschrieben. Es war jetzt -an der Zeit, eine eigene Philosophie auszubilden, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> alten Lehren eine moderne Form zu geben. -</p> -<p id="ch4.4.3"><b>3.</b> In der Medizin befleißigt Ibn Sina sich einer systematischen Darstellung, doch ist -er hier kein strenger Logiker. Der Erfahrung räumt er, wenigstens theoretisch, einen -großen Platz ein und ausführlich bespricht er die Bedingungen, unter denen nur <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> die Wirksamkeit der Heilmittel erkannt werden könne. Was aber an philosophischen -Prinzipien die Medizin enthält, soll diese als Lehnsätze aus der Philosophie herübernehmen. -</p> -<p>Die eigentliche Philosophie zerfällt in Logik, Physik und Metaphysik. Als Ganzes umfasst -sie die Wissenschaft alles Seienden als solchen und der Prinzipien aller Einzelwissenschaften, -wodurch, soweit es menschenmöglich ist, die philosophierende Seele die höchste Vollkommenheit -erreicht. Das Seiende ist nun entweder geistig, Gegenstand der Metaphysik, oder körperlich, -Gegenstand der Physik, oder intellektuell, Gegenstand der Logik. Die Gegenstände der -Physik können weder sein noch gedacht werden ohne Materie. Das Metaphysische aber -ist ganz ohne Materie und das Logische ist von der Materie abstrahiert. Einige Ähnlichkeit -hat das Logische mit dem Mathematischen, insofern nämlich die Gegenstände der Mathematik -sich von der Materie abstrahieren lassen. Doch bleibt das Mathematische immer darstellbar, -konstruierbar, hingegen hat das Logische als solches sein Dasein nur im Intellekte, -wie <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> Identität, Einheit und Vielheit, Allgemeinheit und Partikularität, Wesentlichkeit -und Zufälligkeit <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> Die Logik ist demnach die Wissenschaft der Denkbestimmungen. -</p> -<p>In der näheren Ausführung schließt Ibn Sina sich ganz der Logik Farabis an. Wohl besser -noch würde sich die Übereinstimmung uns zeigen, wenn die logischen <span class="pageNum" id="pb122">[<a href="#pb122">122</a>]</span>Schriften seines Vorgängers vollständiger erhalten wären. Öfter betont er die Mangelhaftigkeit -der menschlichen Denknatur, die einer logischen Regel dringend bedürftig sei. Wie -der Physiognomiker aus äußeren Zügen auf den Charakter des Inneren schließt, so soll -der Logiker aus bekannten Vordersätzen Unbekanntes ableiten. Wie leicht schleichen -sich dabei die Irrtümer der Phantasie und der Begierde ein! Eines Kampfes mit der -Sinnlichkeit bedarf es, damit das Vorstellungsleben sich erhebe zu der reinen Wahrheit -der Vernunft, durch die etwas als notwendig erkannt wird. Nur der göttlich inspirierte -Mensch kann der Logik entbehren, ebenso wie der Beduine eine arabische Grammatik nicht -braucht. -</p> -<p>Auch die Universalienfrage wird ähnlich wie bei Farabi behandelt. Vor aller Vielheit -hat jedes Ding ein Sein im Geiste Gottes und der Engel (Sphärengeister), dann geht -es als materielle Form in die Vielheit ein, um endlich im menschlichen Intellekte -zur Allgemeinheit des Begriffes sich zu erheben. Wie nun Aristoteles zwischen erster -(individueller) und zweiter (allgemeinbegrifflicher) Substanz unterschieden hat, so -macht Ibn Sina ähnlich einen Unterschied zwischen erstem und zweitem Begriff (<span class="ex">ma’nâ</span>, <span class="ex">intentio</span>). Der erste bezieht sich auf die Dinge, der zweite auf die Disposition unseres Denkens. -</p> -<p id="ch4.4.4"><b>4.</b> In der Metaphysik und der Physik unterscheidet Ibn Sina sich von Farabi hauptsächlich -dadurch, dass er, indem er die Materie nicht aus Gott ableitet, das Geistige höher -<span class="corr" id="xd31e2463" title="Quelle: übes">über</span> alles Materielle hinausrückt, und, im Zusammenhang damit, die Bedeutung der Seele -als einer Vermittlerin zwischen dem Geistigen und dem Körperlichen steigert. -</p> -<p>Aus dem Begriffe des Möglichen und Notwendigen ergibt sich die Existenz eines notwendigen -Wesens schlechthin. Nicht aus seinen Werken soll man, nach Ibn Sina, das Dasein eines -Schöpfers zu erweisen suchen, sondern aus dem möglichen Charakter alles Seienden und -Denklichen <span class="pageNum" id="pb123">[<a href="#pb123">123</a>]</span>in der Welt die Existenz eines ersten notwendig Seienden, in welchem Wesen und Dasein -Eins sind, folgern. -</p> -<p>Nicht nur alles, was unter dem Monde ist, ist möglicher Natur, sondern auch die Himmel -sind an sich nur möglich. Notwendig wird ihre Existenz durch ein anderes, das über -alle Möglichkeit hinaus ist, also auch über alle Vielheit und Veränderlichkeit. Das -absolut Notwendige ist eine starre Einheit, aus der nichts Vielfaches hervorgehen -kann. Dieses erste Eine ist Ibn Sinas Gott, dem zwar viele Prädikate, des Denkens -<abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr>, beigelegt werden, aber nur im Sinne der Negation oder der Beziehung, sodass sie -die Einheit des Wesens nicht berühren. -</p> -<p>Aus dem ersten Einen kann also nur Eines hervorgehen, der erste Weltgeist. In diesem -entsteht die Vielheit. Indem er nämlich seine Ursache denkt, erzeugt er einen dritten -Geist, den Lenker der äußersten Sphäre; indem er sich selbst denkt, entsteht eine -Seele, mittelst der der Sphärengeist seine Wirkung ausübt; und sofern er drittens -ein an sich Mögliches ist, geht aus ihm ein Körper hervor, die äußerste Sphäre. Und -so geht es weiter. Jeder Geist entlässt aus sich eine Dreiheit: Geist, Seele und Körper. -Denn, da der Geist nicht unmittelbar den Körper bewegen kann, so bedarf er zur Ausübung -seiner Wirksamkeit der Seele. Zuletzt kommt der thätige Geist (<span class="ex">ʻaql fu-ʻʻâl</span>) der die Materie des Irdischen, die körperlichen Formen und die menschlichen Seelen -hervorbringt und lenkt. -</p> -<p>Dieser ganze Prozess, der nicht zeitlich vorgestellt werden darf, findet statt in -einem Substrate, der Materie. Die Materie ist die ewige, reine Möglichkeit alles Seienden, -zugleich die Schranke für die Wirkung des Geistes. Sie ist das Prinzip aller Individualität. -</p> -<p>Das musste nun allerdings gläubigen Muslimen als etwas Furchtbares erscheinen. Wohl -hatten mutazilitische Dialektiker behauptet, Gott könne kein Böses oder nichts Vernunftwidriges -thun. Jetzt aber behauptete die Philosophie, <span class="pageNum" id="pb124">[<a href="#pb124">124</a>]</span>dass Gott statt alles Mögliche zu können, nur das an sich Mögliche zu bewirken im -Stande sei, und dass direkt von ihm nur der erste Weltgeist ausgehe. -</p> -<p>Übrigens macht Ibn Sina alle Anstrengung, sich dem Volksglauben anzubequemen. Alles -ist durch Gottes Bestimmung, sagt er, Gutes und Böses, aber nur ersteres mit freudiger -Billigung. Das Böse ist entweder ein Nichtseiendes oder, sofern es von Gott herrührt, -ein Accidentelles. Hätte Er, der notwendigen Übel wegen, diese Welt nicht hervorgehen -lassen, so wäre das der Übel größtes gewesen. Die Welt könnte nicht besser und schöner -sein als sie eben ist. In ihrer schönen Ordnung besteht die göttliche Vorsehung, die -von den Seelen der Himmel vermittelt wird. Gott und die reinen Geister kennen nur -das Allgemeine, können also nicht für Besonderes sorgen. Aber die Seelen der Himmelsphären, -denen Vorstellung des Einzelnen zukommt und durch die der Geist auf den Körper wirkt, -bieten die Möglichkeit, eine Fürsorge auch für das Einzelne und den Einzelnen anzunehmen, -die Offenbarung zu erklären <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> Auch das plötzliche Entstehen und Vergehen von Substanzen (Schöpfung und Vernichtung) -im Gegensatze zu der stetigen Bewegung, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> dem allmählichen Übergange des Möglichen zum Wirklichen, scheint dem Ibn Sina nichts -Unmögliches zu bedeuten. Überhaupt herrscht bei ihm keine Klarheit über das Verhältnis -der Seinsformen, über Geist und Körper, Form und Materie, Substanz und Accidens. Dem -Wunder bleibt jedenfalls ein Platz übrig. In heftigen, seelischen Erregungen, die -oft plötzlich eine große Hitze oder Kälte bei uns hervorrufen, haben wir, nach Ibn -Sina, Analoga zu wunderbaren Wirkungen der Weltseele, wenn diese auch gewöhnlich dem -Naturlaufe folgt. Von allen diesen Möglichkeiten macht unser Philosoph selbst sehr -mäßigen Gebrauch. Astrologie und Alchemie hat er aus ganz vernünftigen Gründen bekämpft. -Trotzdem hat man ihm bald nach seinem Tode schon astrologische Gedichte aufgebürdet -und <span class="pageNum" id="pb125">[<a href="#pb125">125</a>]</span>erscheint er in der türkischen Romanlitteratur, freilich an der Stelle eines alten -Mystikers, als Zauberer. -</p> -<p>Ibn Sinas Physik beruht ganz auf der Annahme, ein Körper könne nichts bewirken. Was -wirkt, ist überall eine Kraft, eine Form, eine Seele und durch sie der Geist. Im Gebiete -des Physischen gibt es also unzählige Kräfte, deren Hauptstufen von unten nach oben -die Naturkräfte, die Vermögen der Pflanzen und der Tiere, die Menschenseelen und die -Weltseelen sind. -</p> -<p id="ch4.4.5"><b>5.</b> Farabi war es vor allem um die reine Vernunft zu thun: er hat das Denken um seiner -selbst willen geliebt. Ibn Sina aber ist überall um die Seele bemüht. Wie er in seiner -Medizin den menschlichen Körper ins Auge fasst, so in seiner Philosophie die menschliche -Seele. Seine große philosophische Encyklopädie heißt ja die Heilung (sc. der Seele). -Die Psychologie ist der Mittelpunkt seines Systems. -</p> -<p>Seine Anthropologie ist dualistisch. Körper und Seele gehören nicht wesentlich zusammen. -Wie alle Körper unter der Einwirkung der Gestirne aus der Mischung der Elemente hervorgehen, -so der menschliche Körper aus dem schönsten Gleichmaße dieser Mischung. Eine spontane -Generation des Körpers, wie überhaupt ein Aussterben und Neuerstehen des Menschengeschlechtes -ist deshalb möglich. Aber aus der Mischung der Elemente lässt sich die Seele nicht -erklären. Sie ist nicht die untrennbare Form des Körpers, sondern diesem accidentell. -Von dem Geber der Formen, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> dem thätigen Geiste über uns, erhält jeder Körper seine ihm und nur ihm eignende -Seele. Von Anfang an ist jede Seele Individualsubstanz und sie bildet sich zeitlebens -in ihrem Körper immer individueller aus. Zu der Behauptung, die Materie sei das Prinzip -der Individualität, stimmt dies allerdings nicht. Aber die Seele ist das Wunderkind -unseres Philosophen. Er ist nicht leichtgläubig, warnt öfter vor einem allzuleichten -Hinnehmen der Geheimnisse des Seelenlebens, weiß aber doch <span class="pageNum" id="pb126">[<a href="#pb126">126</a>]</span>selber manches zu berichten über die vielen wunderbaren Kräfte und möglichen Wirkungen -der Seele, die die vielverschlungenen Pfade des Lebens wandert und die Abgründe des -Seins und Nichtseins übersteigt. -</p> -<p>Von allen Seelenkräften sind die theoretischen Vermögen die vorzüglichsten. Äußere -und innere Sinne führen der vernünftigen Seele die Kenntnis der Welt zu. Besonders -die Lehre von den inneren Sinnen, den sinnlich-geistigen Vorstellungsvermögen, deren -Sitz das Gehirn, wird von Ibn Sina eingehend dargestellt. -</p> -<p>Gewöhnlich nahmen die Mediziner-Philosophen drei innere Sinne oder Stadien des Vorstellungsprozesses -an: 1. die Zusammenfassung der einzelnen Sinneswahrnehmungen zu einem Gesamtbilde -im Vorderhirn; 2. die Umbildung oder Bearbeitung dieser Vorstellung des Gemeinsinnes -mit Hilfe schon vorhandener Vorstellungen, also die eigentliche Apperzeption, in der -Mitte des Gehirns; 3. die Aufbewahrung der apperzipierten Vorstellung im Gedächtnis, -das seinen Sitz im hintern Teile des Gehirns haben soll. Ibn Sina geht etwas weiter -in der Analyse. Er unterscheidet im Vorderhirne vom Gemeinsinne das sinnliche Gedächtnis<span class="corr" id="xd31e2507" title="Nicht in der Quelle">,</span> die Schatzkammer der Gesamtbilder. Ferner lässt er die Apperzeption teils unbewusst, -unter dem Einfluss des sinnlich-begehrenden Lebens, wie es sich auch bei den Tieren -findet, von statten gehen, teils aber bewusst, unter der Mitwirkung der Vernunft, -zu Stande kommen. In dem ersteren Falle behält die Vorstellung ihre Beziehung zu dem -Einzelding — so kennt das Schaf die Feindschaft des Wolfes —, in dem zweiten Falle -aber erweitert sie sich zum allgemeinen. Dazu kommt dann als fünftes hinzu das vorstellende -Gedächtnis oder das Zeughaus der von der sinnlichen Phantasie und dem vernünftigen -Nachdenken gebildeten Vorstellungen. Es entsprechen also, aber ganz anders als bei -den treuen Brüdern (<abbr title="siehe">s.</abbr> <a href="#ch3.2.8">III, 2 § 8</a>), den fünf äußeren Sinnen fünf innere. Unbeantwortet bleibt die aufgeworfene Frage, -ob man nicht von dem <span class="pageNum" id="pb127">[<a href="#pb127">127</a>]</span>Gedächtnis noch die Erinnerung als ein besonderes Vermögen zu scheiden habe. -</p> -<p id="ch4.4.6"><b>6.</b> Auf dem Gipfel der theoretischen Seelenkräfte steht die Vernunft. Es gibt zwar auch -eine praktische Vernunft, aber in ihrem Thun haben wir uns selbst nur mittelbar, vervielfältigt; -unmittelbar dagegen in dem Selbstbewusstsein, dem reinen Erkennen unseres Wesens, -darin die Einheit unserer Vernunft sich darstellt. Statt aber die niederen Kräfte -der Seele herabzudrücken, zieht die Vernunft dieselben hinauf, die Sinneswahrnehmung -verfeinernd, die Vorstellung verallgemeinernd. An dem ihr von den äußeren und inneren -Sinnen zugeführten Materiale arbeitet sich die Vernunft, die anfangs bloße Denkfähigkeit -ist, nach und nach zur vollkommenen Denkfertigkeit aus. Durch Übung wird die Anlage -Wirklichkeit. Es geschieht das an der Hand der Erfahrung, aber unter der Führung und -der Erleuchtung von oben, von dem Geber der Formen, der als thätiger Geist der Vernunft -die Ideen mitteilt. Ein Gedächtnis aber für die reinen Vernunftideen hat die menschliche -Seele nicht, denn Gedächtnis setzt immer ein körperliches Substrat voraus. So oft -also die vernünftige Seele etwas erkennt, fließt ihr jedesmal von oben die Erkenntnis -zu, und nicht durch Umfang und Inhalt des Erkennens unterscheiden sich die denkenden -Seelen, sondern durch die Fertigkeit, sich zur Aufnahme der Erkenntnis mit dem Geiste -über uns in Verbindung zu setzen. -</p> -<p>Die vernünftige Seele, die dasjenige, was unter ihr ist, beherrscht, und das Höhere -durch die Erleuchtung des Weltgeistes erkennt, ist nun der eigentliche Mensch, entstanden -zwar, aber als einfaches Wesen, als Individualsubstanz, unzerstörbar, unsterblich. -Hier unterscheidet durch ihre Klarheit Ibn Sinas Lehre sich von derjenigen des Farabi. -Seit Ibn Sina gilt im Orient die Annahme der individuellen Unsterblichkeit entstandener -Menschenseelen als aristotelisch, das Gegenteil als platonisch. So versteht sich seine -Philosophie besser mit der Religion. <span class="pageNum" id="pb128">[<a href="#pb128">128</a>]</span>Im menschlichen Körper und in der ganzen Sinnenwelt hat die Seele eine Schule, sich -auszubilden. Nach dem leiblichen Tode aber, der diesem Körper für immer ein Ende macht, -besteht die Seele in enger oder entfernter Verbindung mit dem Weltgeiste fort. In -dieser Vereinigung (die nicht als völlige Einswerdung aufzufassen ist) mit dem Geiste -über uns besteht die Seligkeit der guten, wissenden Seelen. Den anderen wird ewiges -Unglück zu teil. Wie körperliche Mängel zu Krankheiten führen, so folgt notwendig -aus schlechtem Seelenzustande die Strafe. In derselben Weise bemisst sich aber auch -die himmlische Belohnung nach der Stufe seelischer Gesundheit oder Vernünftigkeit, -die im Erdenleben erreicht wurde. Der reinen Seele bleibt in den Leiden der Zeit der -Trost des Ewigen. -</p> -<p>Freilich wird das Höchste nur von wenigen erreicht. Auf dem Gipfel der Wahrheit ist -für die Masse kein Platz; nur einer nach dem andern dringt zu der auf einsamer Höhe -entspringenden Quelle der Gotteserkenntnis vor. -</p> -<p id="ch4.4.7"><b>7.</b> Seine Ansicht von der menschlichen Vernunft auszudrücken, benutzt und deutet Ibn -Sina dichterische Überlieferungen, wie das auch in der späteren persischen Litteratur -sehr beliebt war. An erster Stelle interessiert uns die allegorisierte Gestalt des -Hai ibn Jaqzan. Sie stellt den Aufstieg des Geistes aus den Elementen durch die Reiche -der Natur, der Seele und der Geister bis zum Throne des Ewigen, Einen dar. Als ein -jugendlicher Greis, seine Führerschaft anbietend, begegnet sie dem Philosophen. Dieser -hat sich bemüht, mit seinen äußeren und inneren Sinnen, Erde und Himmel zu erkennen. -Zwei Wege öffnen sich ihm: nach Westen der Weg der Materie und des Bösen, nach Sonnenaufgang -aber der Weg der geistigen, ewigreinen Formen, auf den Hai den Wanderer führt. Zusammen -gelangen sie zu der Quelle göttlicher Weisheit, dem Born ewiger Jugend, wo Schönheit -der Schönheit Vorhang, Licht des Lichtes Schleier ist: das ewige Geheimnis. -<span class="pageNum" id="pb129">[<a href="#pb129">129</a>]</span></p> -<p>Hai ibn Jaqzan ist demnach der Führer der einzelnen denkenden Seelen, er ist der ewige -Geist, der über der Menschheit steht und sich in ihr bethätigt. -</p> -<p>Einen ähnlichen Sinn findet unser Philosoph in der vielfach umgebildeten spätgriechischen -Legende von den Brüdern Salaman und Absal. Salaman ist ihm der Weltmensch, dessen -Weib (= die sinnliche Welt) sich in Absal verliebt und diesen durch eine List in ihre -Arme zu führen weiß. Vor dem entscheidenden Augenblicke fährt aber ein Blitz vom Himmel -herab, entdeckt Absal den beinahe begangenen Frevel und erhebt ihn von der sinnlichen -Genusswelt zu der Welt reingeistiger Betrachtung. -</p> -<p>Wie ein Vogel, heißt es an anderer Stelle, ist die Seele des Philosophen. Mit großer -Mühe entkommt sie irdischen Stricken und durchfliegt die Weltenräume, bis der Engel -des Todes ihr die letzten Fesseln löst. -</p> -<p>Das ist Ibn Sinas Mystik. Seine Seele hat Bedürfnisse, für die seine Apotheke keine -Mittel, das höfische Leben keine Befriedigung darbietet. -</p> -<p id="ch4.4.8"><b>8.</b> Ethik und Politik theoretisch auszubilden bleibe den Lehrern des Fiqh überlassen. -Unser Philosoph fühlt sich auf der Stufe eines Erleuchteten wie ein Gott über alle -menschlichen Gesetze hinausgehoben. Nur für die Menge ist das Gesetz der Religion -und des Staates verpflichtend. Mohammeds Zweck war, die Beduinen zu zivilisieren; -zu dem Zwecke predigte er <abbr title="unter andere">u. a.</abbr> eine Auferstehung des Fleisches. Was reingeistige Seligkeit bedeutet, hätten sie -nicht verstanden, er musste sie also mit der Aussicht auf körperliche Leiden oder -Freuden erziehen. Mit dieser sinnlichen Menge, deren Gottesdienst in der Beobachtung -äußerer Formen besteht, stimmen insofern die Asketen, obgleich sie ganz der Welt und -der Sinne entsagen wollen, überein, dass auch sie mit Rücksicht auf eine himmlische -Belohnung ihre frommen Werke ausüben. Höher als die Menge und die Frommen stehen die -wahren Gottesverehrer in geistiger Liebe, die nichts wollen als <span class="pageNum" id="pb130">[<a href="#pb130">130</a>]</span>Gott selbst, ohne Hoffnung, ohne Furcht. Ihr Eigentum ist die Freiheit des Geistes. -</p> -<p>Dieses Geheimnis aber soll man der Menge nicht offenbaren. Nur seinen liebsten Schülern -vertraut es der Philosoph. -</p> -<p id="ch4.4.9"><b>9.</b> Ibn Sina kam auf seinen Reisen mit vielen gelehrten Zeitgenossen zusammen. Dauernde -Verbindungen waren, wie es scheint, nicht davon die Folge. Wie er sich von seinen -Vorgängern allein dem Farabi verpflichtet fühlt, so dankt er der Mitwelt nur in seinen -fürstlichen Gönnern. Den Ibn Maskawaih (<abbr title="siehe">s.</abbr> IV 3), mit dem er noch öfter zusammenkam, hat er ungünstig beurteilt. Mit dem ihm -als Forscher überlegenen Beruni führte er eine Korrespondenz, die aber bald abgebrochen -wurde. -</p> -<p>Beruni (973–1048), wenn er auch Kindi und Masudi eher als Farabi und den jüngeren -Ibn Sina seine Meister nennen darf, verdient hier zur Charakteristik der Zeit einer -kurzen Erwähnung. Vorzüglich beschäftigten ihn Mathematik, Astronomie, Länder- und -Völkerkunde. Er war ein scharfer Beobachter und guter Kritiker. Aber er verdankte -der Philosophie manche Aufklärung und widmete ihr als Kulturerscheinung fortwährend -seine Aufmerksamkeit. -</p> -<p>Treffend hebt Beruni die Übereinstimmung zwischen pythagoreisch-platonischer Philosophie, -indischer Weisheit und vielen sufischen Anschauungen hervor. Nicht weniger treffend -erkennt er die Überlegenheit griechischer Wissenschaft gegenüber den Versuchen und -Leistungen der Araber und Inder. Indien, sagt er, von Arabien ganz zu schweigen, hat -keinen Sokrates hervorgebracht. Keine logische Methode hat dort die Phantasie aus -der Wissenschaft vertrieben. Doch will er einzelnen Indern gerecht werden. Zustimmend -führt er als die Lehre der Anhänger Aryabhatas folgendes an: “Es genügt uns, das zu -erkennen, was von den Strahlen der Sonne beleuchtet wird; was darüber hinausgeht, -wenn auch von <span class="corr" id="xd31e2553" title="Quelle: unmesslicher">unermesslicher</span> Ausdehnung, <span class="pageNum" id="pb131">[<a href="#pb131">131</a>]</span>brauchen wir nicht. Was der Sonnenstrahl nicht erreicht, können die Sinne nicht wahrnehmen, -und was der Sinn nicht wahrnimmt, können wir nicht erkennen.” -</p> -<p>Daraus ergibt sich uns Berunis Philosophie. Nur die Wahrnehmungen der Sinne, von einem -logischen Geiste verknüpft, gewähren sichere Erkenntnis. Und zum Leben brauchen wir -eine praktische Philosophie, die uns vom Freunde den Feind unterscheiden lässt. Er -glaubte selbst wohl nicht, damit alles und das letzte Wort gesagt zu haben. -</p> -<p id="ch4.4.10"><b>10.</b> Aus der Schule Ibn Sinas sind uns mehr Namen überliefert als Schriften erhalten. -Dschuzdschani hat, im Anschluss an eine Selbstbiographie, das Leben des Meisters beschrieben. -Und von Abu-l-Hasan Behmenjar ibn al-Marzuban haben wir noch ein paar kleinere metaphysische -Abhandlungen, die sich fast ganz in Übereinstimmung mit dem Systeme seines Lehrers -befinden. Nur scheint die Materie etwas von ihrer Substantialität einzubüßen: als -Seinsmöglichkeit wird sie zu einer Relation oder Beziehung des Denkens. -</p> -<p>Gott ist, nach Behmenjar, die reine, ursachlose Einheit notwendigen Seins, nicht der -lebendige, alles wirkende Schöpfer. Er ist zwar Ursache der Welt, aber die Folge ist -mit der Ursache zugleich und notwendig gegeben, sonst wäre die Ursache nicht vollkommen, -weil der Veränderung fähig. Wesenhaft, nicht zeitlich, geht Gottes Dasein dem der -Welt voran. Drei Bestimmungen kommen demnach dem höchsten Sein zu: dass es wesentlich -zuerst, sich selbst genügend und notwendig sei, m. a. W. Gottes Wesen ist die Seinsnotwendigkeit. -Diesem absolut-notwendigen Sein verdankt alles möglicherweise Existierende sein Dasein. -</p> -<p>Das stimmt nun wohl zu den Lehren Ibn Sinas. Und ebenso verhält es sich mit dem Weltbilde -und der Seelenlehre des Schülers. Was einmal zur vollen Wirklichkeit <span class="pageNum" id="pb132">[<a href="#pb132">132</a>]</span>gelangt ist, die der Art nach verschiedenen Sphärengeister, die Urmaterie und die -individuell verschiedenen menschlichen Seelen, besteht alles ewig fort. Vollwirkliches, -weil ohne jede Möglichkeit, kann nicht vergehen. -</p> -<p>Die Eigenart alles Geistigen ist die Erkenntnis des eigenen Wesens. Wille <span class="corr" id="xd31e2571" title="Quelle: heisst">heißt</span>, nach Behmenjar, nichts anderes als Erkenntnis dessen, was notwendig aus dem Wesen -folgt. In der Selbsterkenntnis besteht auch das Leben und die Lust der vernünftigen -Seele. -</p> -<p id="ch4.4.11"><b>11.</b> Ibn Sina hat eine weitgehende Wirkung erzielt. Nach seinem Kanon der Medizin, der -auch im Abendlande vom 13. bis 16. Jahrhundert hohes Ansehen genoss, werden heutigen -Tages noch die Perser kuriert. Sein Einfluss auf die christliche Scholastik war bedeutend. -Dante setzte ihn zwischen Hippokrat und Galen, und Scaliger behauptete, er sei in -der Medizin dem Galen gleich, in der Philosophie diesem sogar weit überlegen. -</p> -<p>Dem Orient galt und gilt er als der Fürst der Philosophie. Der neuplatonische Aristotelismus -ist dort bekannt geblieben in der Form, die ihm Ibn Sina gegeben. Zahlreich sind die -Handschriften seiner Werke, ein Zeugnis seiner Popularität, unzählig aber die Kompendien -und Kommentare zu seinen Schriften. Mediziner und Staatsmänner, aber auch Theologen -studierten ihn. Nur wenige gingen über ihn zu den Quellen zurück. -</p> -<p>Der Feinde gab es freilich von Anfang an viele und sie äußerten sich lauter als die -Freunde. Dichter verfluchten ihn, Theologen stimmten mit ein oder versuchten es, ihn -zu widerlegen. Und der Chalif Mustandschid ließ im Jahre 1150 unter der philosophischen -Bibliothek eines Richters auch die Schriften Ibn Sinas zu Bagdad dem Feuer übergeben. -<span class="pageNum" id="pb133">[<a href="#pb133">133</a>]</span> </p> -</div> -</div> -<div id="ch4.5" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e669">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">5.</span> Ibn al-Haitham.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch4.5.1" class="first"><b>1.</b> Nach Ibn Sina und seiner Schule fand die theoretische Philosophie in den östlichen -Ländern des muslimischen Reiches wenig Pflege mehr. Die arabische Sprache musste im -Leben und in der Litteratur dort immer mehr der persischen weichen. Dass letztere -Sprache sich weniger gut zu abstrakt logischen und metaphysischen Erörterungen eignet, -dürfte dabei nur ganz nebensächlich ins Gewicht fallen. Es änderten sich in trauriger -Weise die Kulturverhältnisse und damit die Interessen der Menschen. Ethik und Politik -traten in den Vordergrund, jedoch ohne eine wirklich neue Gestalt zu bekommen. Ganz -vorherrschend aber war es in der neupersischen Litteratur eine teils freigeistige, -teils, und zwar überwiegend, mystische Poesie, die das Bedürfnis der Gebildeten nach -Weisheit befriedigte. -</p> -<p>Seit der Mitte des zehnten Jahrhunderts etwa hatte sich von Bagdad aus ein Teil der -wissenschaftlichen Bewegung dem Westen zugewendet. Wir fanden schon Farabi in Syrien, -Masudi in Ägypten. Dort wurde Kairo ein zweites Bagdad. -</p> -<p id="ch4.5.2"><b>2.</b> In Kairo treffen wir am Anfang des elften Jahrhunderts einen der bedeutendsten Mathematiker -und Physiker des ganzen Mittelalters, Abu Ali Mohammed ibn al-Hasan ibn al-Haitham. -In Basra, wo er geboren wurde, hatte er schon ein Staatsamt verwaltet. In allzugroßem -Vertrauen auf die Verwertbarkeit seiner mathematischen Kenntnisse glaubte er die Nilüberschwemmungen -regulieren zu können. Deshalb vom Chalifen al-Hakim berufen, sah er bald nach seiner -Ankunft das Vergebliche seiner Bemühungen ein. Als Verwaltungsbeamter fiel er dann -in Ungnade, verbarg sich bis zum Tode des Chalifen (1020) und lebte ferner wissenschaftlichen -und litterarischen Arbeiten, bis er im Jahre 1038 starb. -<span class="pageNum" id="pb134">[<a href="#pb134">134</a>]</span></p> -<p>Seine Hauptwirksamkeit liegt auf dem Gebiete der Mathematik und ihrer Anwendung. Doch -hat er sich auch sehr viel mit den galenischen und aristotelischen Schriften, und -nicht bloß mit den physischen, beschäftigt. Nach seinem eigenen Bekenntnis hat er -von Jugend auf alles bezweifelnd, die verschiedenen Ansichten und Lehren der Menschen -betrachtet, bis er in allen mehr oder weniger gelungene Versuche, sich der Wahrheit -zu nähern, erkannte. Als Wahrheit galt ihm ferner nur das, was sich der sinnlichen -Wahrnehmung als Material darbot und vom Verstande seine Form erhielt, also die logisch -bearbeitete Wahrnehmung. Solche Wahrheit zu suchen war sein Bestreben beim Studium -der Philosophie. Die Philosophie sollte ihm Grundlage aller Wissenschaften sein. Er -fand sie in den Schriften des Aristoteles, weil dieser es am besten verstanden hatte, -die sinnliche Wahrnehmung einheitlich zu vernünftiger Erkenntnis zu verknüpfen. Eifrig -studierte und erläuterte er darum die Werke des Aristoteles, zu Nutz und Frommen der -Menschheit, zu eigener Übung und als Schatz und Trost für sein Alter. Von diesen Arbeiten -scheint uns aber nichts erhalten zu sein. -</p> -<p>Des Ibn al-Haithams bedeutendste Schrift, die in lateinischer Übersetzung und Bearbeitung -auf uns gekommen ist, ist die Optik. Er zeigt sich darin als einen scharfen mathematischen -Denker, überall um die Analyse der Begriffe und der wirklichen Vorgänge bemüht. Ein -Abendländer des 13. Jahrhunderts (Witelo) wusste das Ganze methodischer darzustellen, -doch dürfte an Schärfe der Beobachtung im einzelnen Ibn al-Haitham jenem überlegen -sein. -</p> -<p id="ch4.5.3"><b>3.</b> Das Denken Ibn al-Haithams ist ganz mathematisch bestimmt. Die Substanz eines Körpers -besteht nach ihm aus der Summe seiner wesentlichen Eigenschaften, wie das Ganze der -Summe der Teile und der Begriff der Summe seiner Merkmale gleich ist. -<span class="pageNum" id="pb135">[<a href="#pb135">135</a>]</span></p> -<p>In der Optik interessieren uns besonders die psychologischen Bemerkungen über das -Sehen und die Sinneswahrnehmung überhaupt. Das Bestreben ist hier darauf gerichtet, -die einzelnen Momente der Wahrnehmung zu sondern und den zeitlichen Charakter des -ganzen Prozesses hervorzuheben. -</p> -<p>Die Wahrnehmung setzt sich dann zusammen aus der Sinnesempfindung (1), der Vergleichung -(2) mehrerer Empfindungen oder der jetzigen Empfindung mit dem infolge früherer Empfindungen -nach und nach in der Seele geformten Erinnerungsbilde, und dem Wiedererkennen (3), -sodass wir das jetzt Wahrgenommene als mit dem Erinnerungsbilde gleich erkennen. Das -Vergleichen und das Wiedererkennen sind keine Thätigkeiten der Sinne, die nur passiv -empfinden, sondern fallen dem urteilenden Verstande zu. Gewöhnlich geht das alles -unbewusst oder halbbewusst von statten, und nur durch Besinnung wird es uns zum Bewusstsein -geführt und das scheinbar Einfache in seine Bestandteile zerlegt. -</p> -<p>Der Prozess der Wahrnehmung verläuft sehr schnell. Je geübter der Mensch in dieser -Hinsicht ist und je öfter eine Wahrnehmung sich wiederholt, um so fester wird das -Erinnerungsbild der Seele eingeprägt, um so schneller kommt das Wiedererkennen oder -die Wahrnehmung zu Stande. Die Ursache davon ist die, dass die neue Empfindung von -dem schon vorhandenen seelischen Gebilde ergänzt wird. Leicht könnte man also meinen, -die Wahrnehmung sei, wenigstens nach langer Einübung, ein zeitloser Akt. Das wäre -aber ein Irrtum, denn nicht nur entspricht jeder Empfindung eine qualitative, im Sinnesorgan -lokalisierte Veränderung, die eine Zeit erfordert, sondern auch zwischen der Reizung -des Organs und der bewussten Wahrnehmung muss der räumlichen Fortleitung des Reizes -durch die Nerven eine Zeitstrecke entsprechen. Dass es <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> zur Auffassung einer Farbe Zeit bedarf, beweist der drehende Farbenkreisel, der uns -nur eine Mischfarbe zeigt, weil wir <span class="pageNum" id="pb136">[<a href="#pb136">136</a>]</span>wegen der schnellen Bewegung keine Zeit haben, die einzelnen Farben aufzufassen. -</p> -<p>Vergleichen und Wiedererkennen sind nach Ibn al-Haitham die bedeutenden, seelischen -Momente der Wahrnehmung. Dagegen entspricht die Empfindung der Materie, der empfindende -Sinn verhält sich passiv. Eigentlich ist alles Empfinden an sich eine Art Unlust, -welche sich für gewöhnlich nicht fühlbar macht, bei sehr starken Reizen aber, <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> durch allzuhelles Licht, zum Bewusstsein kommt. Der Charakter der Lust kommt nur -der vollkommenen Wahrnehmung zu, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> dem Erkennen, das die Materie der Empfindung zur seelischen Form erhebt. -</p> -<p>Das Vergleichen und Wiedererkennen in der Wahrnehmung ist wesentlich ein unbewusstes -Urteilen und Schließen. Das Kind macht schon einen Schluss, wenn es von zwei Äpfeln -den schöneren wählt. Schließen ist jede Erfassung eines Zusammenhanges. Weil aber -Urteilen und Schließen schnell zu Stande kommen, irrt der Mensch sich dabei leicht, -und hält auch oft für einen ursprünglichen Begriff, was nur ein auf dem Wege des Schließens -abgeleitetes Urteil ist. Bei allem, was uns als Axiome verkündet wird, soll man doch -auf der Hut sein und nachspüren, ob es nicht aus Einfacherem abgeleitet werden könne. -</p> -<p id="ch4.5.4"><b>4.</b> Diese Aufforderung unseres Philosophen hat im Orient wenig gefruchtet. Zwar hat er -in Mathematik und Astronomie etwas Schule gemacht, aber für seine aristotelische Philosophie -gab es weniger Liebhaber. Wir kennen nur einen seiner Schüler, der zu den Philosophen -gezählt wird, Abu-l-Wafa Mubasschir ibn Fatik al-Qaid, einen ägyptischen Emir, der -im Jahre 1053 ein Werk mit Spruchweisheit, Anekdoten zur Philosophiegeschichte <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> lieferte. Von eigener Gedankenarbeit ist dabei kaum etwas zu spüren. Es sollte unterhalten. -Und mehr noch als an solchem Werke erbauten sich die Einwohner Kairos <span class="pageNum" id="pb137">[<a href="#pb137">137</a>]</span>in der Folgezeit an den Märchen der Tausend und eine Nacht. -</p> -<p>Der Orient hat Ibn al-Haitham fast vergessen, ihn und seine Werke verketzert. Ein -Schüler des jüdischen Philosophen Maimonides erzählt, er sei wegen Handelsgeschäfte -in Bagdad gewesen, als dort die Bibliothek eines Philosophen (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 1214) verbrannt wurde. Da warf ein Prediger, der die Exekution leitete, mit eigener -Hand eine astronomische Schrift des Ibn al-Haitham in die Flammen, nachdem er auf -eine darin abgebildete Weltkugel als das Unglückszeichen verruchter Gottlosigkeit -hingewiesen hatte. -<span class="pageNum" id="pb138">[<a href="#pb138">138</a>]</span> </p> -</div> -</div> -</div> -<div class="footnotes"> -<hr class="fnsep"> -<div class="footnote-body"> -<div id="xd31e2009"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e2009src">1</a></span> <abbr title="Vergleiche">Vgl.</abbr> den Art. “Zu Kindi und seiner Schule” in Stein’s Archiv für Geschichte der Philosophie -XIII, S. 153 ff., aus dem ich manches, ohne viel zu ändern, hier wieder aufgenommen -habe. <a class="fnarrow" href="#xd31e2009src" title="Zurück zur Note 1 im Text.">↑</a></p> -</div> -<div id="xd31e2085"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e2085src">2</a></span> Das arab. <span class="ex">ʻaql</span> (<span class="trans" title="nous"><span lang="grc" class="grek">νοῦς</span></span>) übersetzt man gewöhnlich mit Vernunft und Intelligenz (lat. <span class="ex">intellectus</span> und <span class="ex">intelligentia</span>). Ich ziehe aber Geist vor, weil der Ausdruck Gott und die reinen (separaten) Sphärengeister -mitumfasst. Übrigens ist schwer zu entscheiden, wie weit bei den einzelnen Denkern -die Personifikation der Vernunft ging. <a class="fnarrow" href="#xd31e2085src" title="Zurück zur Note 2 im Text.">↑</a></p> -</div> -</div> -</div> -</div> -<div id="ch5" class="div1 chapter"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e693">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main"><span class="divNum">V.</span> Der Ausgang der Philosophie im Osten.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<div id="ch5.1" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e701">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">1.</span> Gazali.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch5.1.1" class="first"><b>1.</b> Wir haben früher schon gesehen, dass die theologische Bewegung im Islam stark von -der Philosophie beeinflusst war. Nicht nur die mutazilitische, sondern auch die antimutazilitische -Dialektik holte ihre Ansichten und die Argumente, womit sie die eigene Lehre stützte, -die des Gegners bekämpfte, zum großen Teile aus den Schriften der Philosophen. Man -nahm aus diesen auf, was man eben brauchen konnte, das andere ließ man auf sich beruhen, -oder aber man machte den Versuch, es zu widerlegen. So entstanden zahlreiche Schriften, -gegen eine besondere philosophische Lehre oder einen einzelnen Philosophen gerichtet. -Ein Versuch aber, das ganze System der Philosophie, wie es im Osten auf griechischer -Grundlage aufgebaut war, nach eingehendem Studium von allgemeinen Gesichtspunkten -aus zu bekämpfen, ist wohl vor Gazali nicht gemacht worden. -</p> -<p>Das Unternehmen Gazalis hatte auch eine positive Seite. Neben der Dialektik, die die -Lehren des Glaubens verständlich zu machen oder gar vernünftig zu begründen suchte, -lief im Islam eine Mystik her, die auf innerliches, gemütliches Erfassen des Dogmas -aus war. Nicht begreifen oder beweisen wollte sie den Glaubensinhalt, sondern erfahren, -im Geiste erleben. Dem Glauben soll ja die höchste Gewissheit zukommen. Sollte man -ihn dann in ein abgeleitetes Wissen verwandeln können? Oder sollten seine <span class="pageNum" id="pb139">[<a href="#pb139">139</a>]</span>Sätze Prinzipien der Vernunft sein, keines weiteren Beweises fähig noch bedürftig? -Aber die Grundsätze der Vernunft müssen, wenn sie einmal bekannt sind, allgemein anerkannt -werden, und die allgemeine Anerkennung fehlt den Sätzen des Glaubens. Woher sonst -der Unglaube? So wurde weiter gefragt. Und als der einzige Ausweg aus solchen Zweifeln -erschien es vielen, die Glaubenslehre auf eine innere, übervernünftige Erleuchtung -zu gründen. Anfangs geschah das unbewusst, in mystischem Drange, wobei denn oft der -Inhalt der Pflichten- und Glaubenslehre sehr vernachlässigt wurde. Auch hier hat Gazali -eingegriffen. Was vielleicht von Salimiten und Karramiten, antimutazilitischen Sekten, -vorgebildet war, hat er in großem Stile durchgeführt: die Mystik trägt und krönt seit -seiner Zeit das Lehrgebäude des orthodoxen Islam. -</p> -<p id="ch5.1.2"><b>2.</b> Merkwürdig ist die Lebensgeschichte dieses Mannes, und zum Verständnis seiner Wirksamkeit -ist es unbedingt erforderlich, etwas näher darauf einzugehen. Im Jahre 1059 wurde -er zu Tos in Chorasan geboren, war also ein Landsmann des großen Dichters Firdausi. -Wie dieser von der alten Herrlichkeit der persischen Nation zeugt, so sollte Gazali -“Zeugnis und Zierde” des ganzen zukünftigen Islam sein. Schon seine Erziehung, nach -dem Tode des Vaters im Hause eines sufischen Freundes, war mehr universal als national -gerichtet. Dem unruhigen, phantastischen Geiste des Jünglings sagte auch keine Beschränkung -zu. In der spitzfindigen Kasuistik der Pflichtenlehre mit ihren präzisen Formeln fand -er sich nicht zurecht. Er sah sie an als ein weltliches Wissen, von dem er sich abwendete, -um sich in die Erkenntnis Allahs geistig zu vertiefen. Dann studierte er in Nischabur -Theologie bei einem sufischen Lehrer, dem Imam al-Haramain (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 1085), während dessen er wohl selbst anfing zu schriftstellern und zu lehren, vielleicht -auch schon an <span class="corr" id="xd31e2659" title="Quelle: seine">seiner</span> Wissenschaft zu zweifeln. Er begab sich darauf zu Nizam al-Mulk, dem Wezir des Seldschukenfürsten, -bis er (1091) eine Professur in Bagdad erhielt. In <span class="pageNum" id="pb140">[<a href="#pb140">140</a>]</span>diese Zeit fällt jedenfalls die nähere Beschäftigung mit der Philosophie. Es war aber -nicht reine Liebe zur Wissenschaft, die ihn dazu trieb, sondern die Sehnsucht des -Herzens, Lösung für die Zweifel des Verstandes zu finden. Keine Aufklärung über das -Weltgeschehen, auch keine Klärung des eigenen Denkens, sondern Herzensruhe und die -Erfahrung einer höheren Wirklichkeit suchte er zu erreichen. Eingehend befasste er -sich mit den Schriften der Philosophen, besonders denen des Farabi und Ibn Sina, und -hauptsächlich dem System des letzteren folgend, schrieb er ein philosophisches Kompendium, -objektiv gehalten, scheinbar mit einiger Teilnahme am Inhalt. Er that es, wie er anfangs -wohl leise zur Selbstberuhigung, später aber laut zu seiner Entschuldigung sagte, -nur um der Darstellung der philosophischen Lehren die Widerlegung folgen zu lassen. -Auch diese erschien, wahrscheinlich nicht lange Zeit darauf. Es war die berühmte “Ruin -der Philosophen”, die vermutlich noch in Bagdad oder kurz nach seiner Abreise verfasst -wurde. -</p> -<p>Schon nach vier Jahren nämlich (1095) hatte Gazali seine von äußerem Erfolg begleitete -Lehrthätigkeit in Bagdad eingestellt. Sein immer zweifelnder Geist fand im dogmatischen -Vortrag wohl keine Befriedigung. Seine glänzende Stellung zog ihn bald an, bald stieß -sie ihn ab. Er glaubte wohl, auf andere Weise besser die Welt und ihre Weisheit bekämpfen -zu können, zu sollen. Sein Ehrgeiz war größer als diese Welt. Doch tiefer. Während -einer Krankheit stand ihm der innere Beruf vor der Seele. Im stillen, durch sufische -Übungen, sollte er sich darauf vorbereiten, vielleicht einmal als religiös-politischer -Reformator auftreten. Zu derselben Zeit, als die Ritter vom Kreuze im Abendlande sich -gegen den Islam rüsteten, da bereitete sich Gazali zum geistigen Vorkämpfer des muslimischen -Glaubens. Nicht gewaltig war seine Bekehrung, wie die des heiligen Augustin, sondern -dem Erlebnis zu vergleichen des heiligen Hieronymus, der im Traume von <span class="pageNum" id="pb141">[<a href="#pb141">141</a>]</span>seinen ciceronianischen Liebhabereien zum praktischen Christentum berufen ward. -</p> -<p>Zehn Jahre ist nun Gazali auf der Wanderschaft, seine Zeit in fromme Übungen und litterarische -Thätigkeit teilend. In der ersten Zeit vermutlich hat er sein theologisch-ethisches -Hauptwerk “Die Belebung der Religionswissenschaften” geschrieben. Gegen Ende hat er -reformatorisch zu wirken versucht. Seine Reise führte ihn über Damaskus und Jerusalem -(noch vor der Einnahme durch die Kreuzfahrer), Alexandria, Mekka und Medina nach Hause -zurück. -</p> -<p>Nach seiner Rückkehr hat Gazali noch auf kurze Zeit in Nischabur als Lehrer gewirkt -und ist in seiner Vaterstadt Tos am 19. Dez. des Jahres 1111 gestorben. Die letzten -Jahre gehören hauptsächlich frommer Betrachtung und dem Studium der Traditionen, die -einmal dem Jüngling nicht ins Gedächtnis hinein wollten. Ein schön vollendetes Leben, -in dem das Ende zum Anfang zurückkehrt. -</p> -<p id="ch5.1.3"><b>3.</b> Gazali überschaut die geistigen Strömungen seiner Zeit. Da gibt es nun die Dialektik -der Theologen, eine sufische Mystik, pythagoreische Popularphilosophie und neuplatonischen -Aristotelismus. Was die Dialektik ergründen will, ist auch Gegenstand seines Glaubens, -nur dünken ihm ihre Argumente etwas schwach und deshalb viele von ihren Behauptungen -bedenklich. Der sufischen Mystik fühlt er sich am nächsten verwandt, ihr verdankt -er das beste: die Begründung seines Glaubens in der Persönlichkeit, sodass er als -innere Erfahrung postulieren kann, was die Dialektiker verstandesmäßig abzuleiten -versuchen. Auch der Popularphilosophie dankt er Belehrung, über Mathematik nämlich, -die er durchaus als Wissenschaft anerkennt, und ihre astronomischen Folgerungen. Ihre -Physik lässt er, wo sie nicht gegen den Glauben verstößt, gelten. Aber der Aristotelismus, -wie er von Farabi und Ibn Sina, nicht weniger autoritätsgläubig als die Theologen, -<span class="pageNum" id="pb142">[<a href="#pb142">142</a>]</span>gelehrt worden, erscheint ihm als der Feind des Islam, den er im Namen sämtlicher -muslimischen Schulen und Richtungen, also von katholischem Standpunkte, bekämpfen -soll. Und zwar mit des Aristoteles eigenen Waffen, denen der Logik. Denn ebenso fest -wie die Sätze der Mathematik, stehen ihm die Grundsätze des Denkens, welche die Logik -lehrt. Vollbewusst geht er vom Satze des Widerspruchs aus, dem sich Gott selbst, nach -seiner Behauptung, unterwirft. -</p> -<p>Von den physisch-metaphysischen Lehren der Philosophie greift er nun hauptsächlich -drei an: 1. dass die Welt ewig sei; 2. dass Gott nur Allgemeines erkenne und es folglich -keine besondere Vorsehung gebe; 3. dass nur die Seele unsterblich sei und also eine -Auferstehung des Fleisches nicht zu erwarten. Bei der Widerlegung dieser Lehren ist -Gazali vielfach abhängig von dem christlichen Kommentator des Aristoteles, Johannes -Philoponus, der auch gegen des Proklos Lehre von der Ewigkeit der Welt geschrieben -hat. -</p> -<p id="ch5.1.4"><b>4.</b> Die Welt ist nach den Philosophen eine Kugel von endlicher Ausdehnung, aber unendlicher -Dauer. Von Ewigkeit geht sie aus Gott hervor, wie die Wirkung mit der Ursache zugleich -ist. Dagegen meint Gazali, dass man Raum und Zeit nicht in der Weise verschieden auffassen -dürfe, und dass die göttliche Ursächlichkeit als freischöpferische Macht zu bestimmen -sei. -</p> -<p>Zunächst Raum und Zeit. Ebensowenig wie Anfang und Ende der Zeit können wir uns eine -äußerste Grenze des Raumes vorstellen. Wer an eine endlose Zeit glaubt, muss, seiner -Vorstellung folgend, also auch die Existenz eines unendlichen Raumes annehmen. Dass -der Raum dem äußeren, die Zeit dagegen dem inneren Sinne entspreche, ändert daran -nichts, denn aus dem Sinnlichen kommen wir doch nicht heraus. Wie der Raum zum Körper, -so verhält sich die Zeit zur Bewegung des Körpers. Beide sind nur Verhältnisse der -Dinge, in und mit den Dingen <span class="pageNum" id="pb143">[<a href="#pb143">143</a>]</span>der Welt erschaffen, oder vielmehr nur Beziehungen unserer Vorstellungen, die Gott -in uns schafft. -</p> -<p>Wichtiger noch ist es, was Gazali über die Ursächlichkeit beibringt. Die Philosophen -unterscheiden ein Wirken Gottes, der wollenden Geistwesen, der Seele, der Natur, des -Zufalles oder dergleichen. Für Gazali aber gibt es, wie für den orthodoxen Kalam, -überhaupt nur eine Kausalität, die des wollenden Wesens. Die Naturkausalität beseitigt -er ganz, sie löst sich ohne Rest in ein Zeitverhältnis auf. Auf eine bestimmte Erscheinung -(Ursache) sehen wir regelmäßig eine bestimmte andere (Wirkung) folgen; wie sie aber -daraus erfolgt, bleibt uns ein Rätsel. Von dem Wirken der Naturdinge wissen wir nichts. -Auch ist jede Veränderung an sich unbegreiflich. Wie etwas ein anderes wird, ist dem -Denken unfasslich, dieses kann ebensogut nach Thatsachen wie nach Ursachen fragen. -Etwas ist oder ist nicht, aber ein Seiendes in ein Anderes zu verwandeln, dazu ist -nicht einmal die göttliche Allmacht im Stande. Sie schafft oder vernichtet. -</p> -<p>Dennoch ist es eine Thatsache unseres Bewusstseins, dass wir etwas wirken. Wenn wir -etwas wollen und die Kraft zur Ausführung besitzen, nehmen wir den Erfolg als unsere -That in Anspruch. Aus freiem Willen, mit bewusster Kraft handeln, das ist die einzige -Kausalität, davon wir wissen, und hieraus schließen wir auf das göttliche Wesen. Mit -welchem Rechte? In seiner persönlichen Erfahrung des Gottesbildes in seiner Seele -glaubt Gazali die Berechtigung zu solchem Schlusse zu finden. Aber die Gottähnlichkeit -seiner Seele will er nicht auf die Natur übertragen. -</p> -<p>Gott ist ihm demnach, sofern er aus der Welt zu erkennen, das allmächtige, freiwollende -und wirkende Wesen. Seiner Wirksamkeit darf man keine räumliche Schranke setzen, wie -die Philosophen thun, wenn sie ihn nur auf sein erstes Geschöpf wirken lassen. Andererseits -aber kann er sein Werk räumlich und zeitlich beschränken, <span class="pageNum" id="pb144">[<a href="#pb144">144</a>]</span>sodass diese endliche Welt auch nur eine endliche Dauer besitzt. Dass Gott die Welt -aus dem Nichts hervorrufe durch eine absolute Schöpfungsthat, scheint den Philosophen -absurd. Sie erkennen nur einen Wechsel der Accidenzen oder Formen an der Einen Materie, -ein Wandern des Wirklichen von Möglichkeit zu Möglichkeit. Aber entsteht denn nie -etwas Neues? Ist nicht jede sinnliche Wahrnehmung, so fragt Gazali, und jede geistige -Perzeption etwas ganz Neues, das entweder ist oder nicht ist, bei dessen Entstehen -aber nicht das Gegenteil aufhört, bei dessen Verschwinden nicht das Entgegengesetzte -eintritt? Sind auch nicht die vielen individuellen Seelen, die es nach Ibn Sinas System -geben soll, absolut neu entstanden? -</p> -<p>Mit Fragen wird man nicht fertig. Die Vorstellung schweift überall in die Weite, das -Denken führt uns ins Unendliche. Wie Raum und Zeit, lässt sich auch die Reihe der -Ursachen nirgendwo abschliessen. Damit es aber ein bestimmtes, abgeschlossenes Sein -gebe, — diese Forderung stellt Gazali mit den Philosophen — brauchen wir einen ewigen -Willen als erste von allem Anderen verschiedene Ursache. -</p> -<p>Dies dürfen wir jedenfalls dem Gazali zugestehen: die phantastische Formen- und Seelenlehre -des Ibn Sina hält seiner Kritik nicht Stand. -</p> -<p id="ch5.1.5"><b>5.</b> Wir haben uns schon dem Gottesbegriffe genähert. Den Philosophen ist Gott das höchste -Sein, dessen Wesen das Denken. Was er erkennt, wird, geht aus seinem Überflusse hervor, -positiv gewollt aber hat er es nicht. Denn alles Wollen setzt einen Mangel, ein Bedürfnis, -voraus und bedingt eine Veränderung in dem wollenden Wesen. Wollen ist Bewegung in -der Materie, vollwirklicher Geist will nichts. Gott schaut also in wunschloser Betrachtung -seiner Schöpfung zu. Er erkennt sich selbst oder auch sein erstes Geschöpf oder, nach -Ibn Sina, das Allgemeine, die ewigen Gattungen und Arten aller Dinge. -<span class="pageNum" id="pb145">[<a href="#pb145">145</a>]</span></p> -<p>Nach Gazali aber soll Gott ewig ein Wille zukommen als eins seiner ewigen Attribute. -Herkömmlicherweise lässt er zwar in metaphysischen und ethischen Betrachtungen das -Erkennen dem Wollen vorangehen. Aber seiner Überzeugung nach ist im Wissen die Einheit -des Wesens nicht mehr als im Wollen. Nicht nur die Vielheit der Gegenstände des Wissens -und ihre verschiedene Beziehung auf das wissende Subjekt, sondern auch das Selbstbewusstsein, -das Wissen um das Wissen, geht an sich betrachtet ins Unendliche. Es muss da ein Willensakt -den Abschluss bewirken. In der Richtung der Aufmerksamkeit und in der Selbstbesinnung -wirkt ein ursprüngliches Wollen. Und so kommt auch das göttliche Wissen nur zu einem -einheitlichen Abschluss, in seiner Persönlichkeit, durch einen ursprünglichen, ewigen -Willen. Statt der Behauptung der Philosophen, Gott wolle die Welt, weil er sie als -das Beste denke, setzt Gazali: Gott erkennt die Welt, weil und indem er sie will. -</p> -<p>Sollte denn Er, der alles will und schafft, sein Werk nicht erkennen bis zum kleinsten -Stoffteile? Wie sein ewiger Wille aller Einzeldinge Ursache, so umfasst sein ewiges -Wissen alles Besondere zugleich, ohne dass die Einheit seines Wesens dadurch aufgehoben -wird. Es gibt folglich eine Vorsehung. -</p> -<p>Auf die Einwendung, dass die göttliche Vorsehung alles besondere Geschehen notwendig -mache, entgegnet Gazali, ähnlich wie der hl. Augustin, das Vorherwissen unterscheide -sich nicht vom Wissen im Gedächtnis, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> Gottes Wissen sei über jeden Zeitunterschied erhaben. -</p> -<p>Es lässt sich fragen, ob nicht Gazali, um den ewigen, allmächtigen Schöpferwillen -zu retten, sowohl den zeitlichen Charakter der Welt, den er beweisen möchte, als die -Freiheit des menschlichen Handelns, von der er dabei ausgeht, und die er auch nicht -ganz aufgeben wollte, jener absoluten Macht zum Opfer dargebracht habe. Gott <span class="pageNum" id="pb146">[<a href="#pb146">146</a>]</span>zu liebe verschwindet diese Welt der Schatten und der Abbilder, wie er sie nennt. -</p> -<p id="ch5.1.6"><b>6.</b> Die dritte Frage, über die Gazali sich mit den Philosophen auseinandersetzt, hat -weniger philosophisches Interesse. Sie betrifft die Auferstehung des Fleisches. Nach -den Philosophen ist nur die Seele unsterblich, sei es individuell oder als Teil der -Weltseele; dagegen der Körper vergänglich. Gegen diesen Dualismus, der theoretisch -zu einer asketischen Ethik führte, praktisch aber sehr leicht in Libertinismus sich -umsetzte, empört sich das religiös-sittliche Gefühl Gazalis. Soll das Fleisch Pflichten -haben, so muss es wieder in seine Rechte eingesetzt werden. Die Möglichkeit der Auferstehung -ist ja nicht zu leugnen, denn die Wiedervereinigung der Seele mit ihrem (neuen) Körper -ist nicht wunderbarer als die erste Verbindung derselben mit dem irdischen Leibe, -die auch von Philosophen angenommen wird. Kann doch jede Seele zur Zeit der Auferstehung -einen neuen, ihr passenden Leib bekommen. Jedenfalls aber ist die Seele das eigentliche -Wesen des Menschen; aus welcher Materie ihr himmlischer Körper gebildet wird, ist -gleichgiltig. -</p> -<p id="ch5.1.7"><b>7.</b> Schon aus diesen letzten Sätzen erhellt, dass Gazalis Theologie von philosophischer -Spekulation nicht unberührt geblieben ist. Wie die abendländischen Kirchenväter hat -er, bewusst oder unbewusst, viel Philosophisches aufgenommen. Von den Muslimen des -Westens wurde deshalb seine Theologie lange Zeit als Neuerung verketzert. Wirklich -weist seine Lehre von Gott, von der Welt und der menschlichen Seele viele Elemente -auf, die dem ältesten Islam fremd sind, und, teils durch christliche und jüdische, -teils durch spätere muslimische Vermittelung, auf heidnische Weisheit zurückgehen. -</p> -<p>Allah, der Welten Herr, Mohammeds Gott, ist zwar für Gazali eine lebendige Persönlichkeit, -aber doch weit weniger anthropomorph als er dem naiven Glauben und im antimutazilitischen -Dogma erschien. Der sicherste Weg, <span class="pageNum" id="pb147">[<a href="#pb147">147</a>]</span>ihn zu erkennen, soll es sein, alle Eigenschaften der Geschöpfe ihm abzusprechen. -Das heißt aber nicht, dass er keine Eigenschaften besitze. Im Gegenteil. Die Vielheit -der Bestimmungen schadet nicht der Einheit des Wesens. Schon das Körperliche bietet -dafür Analogien. Ein Ding kann zwar nicht zugleich schwarz und weiß, wohl aber kalt -und trocken sein. Nur soll man, wenn man Gott menschliche Attribute beilegt, diese -in anderem, höherem Sinne verstehen. Denn er ist reiner Geist. Außer Allwissenheit -und Allmacht kommen ihm aber auch reine Güte und Allgegenwart zu. Durch diese Allgegenwart -werden Diesseits und Jenseits einander etwas näher gerückt als in der gewöhnlichen -Vorstellung. -</p> -<p>Gott ist vergeistigt. Nun werden aber auch Auferstehung und zukünftiges Leben viel -geistiger gefasst als dieses Leben. Die philosophisch-gnostische Lehre von drei oder -vier Welten ermöglicht solche Auffassung. Stufenmäßig erheben sich über einander die -irdische sinnliche Menschenwelt, die Welt <span class="corr" id="xd31e2724" title="Quelle: himmlicher">himmlischer</span> Geister, zu der unsere Seele gehört, die Welt überhimmlischer Engel, endlich Gott -selbst als die Welt reinsten Lichtes, vollkommensten Geistes. Aus der niederen Welt -steigt die fromme erleuchtete Seele durch die Himmel hinauf bis vor Gottes Angesicht. -Denn sie ist geistiger Natur und ihr Auferstehungskörper himmlischen Wesens. -</p> -<p>Entsprechend den verschiedenen Welten und den Seelenstufen unterscheiden sich auch -die Menschen von einander. Der sinnliche Mensch muss sich begnügen mit Koran und Tradition, -über den Buchstaben darf er nicht hinausgehen. Die Pflichtenlehre ist sein Lebensbrot, -Philosophie wäre für ihn <span class="corr" id="xd31e2729" title="Quelle: tötliches">tödliches</span> Gift. Derjenige, der nicht schwimmen kann, darf sich nicht ins Meer wagen. -</p> -<p>Dennoch gibt es immer Leute, die, um schwimmen zu lernen, ins Wasser gehen. Sie wollen -ihren Glauben zum Wissen erheben und fallen dabei leicht in Zweifel und Unglauben. -Für sie, meint Gazali, können Dogmatik <span class="pageNum" id="pb148">[<a href="#pb148">148</a>]</span>und Polemik gegen die Philosophie ein nützliches Heilmittel sein. -</p> -<p>Auf der höchsten Stufe menschlicher Vollkommenheit stehen aber diejenigen, welche -ohne schweres Nachdenken durch innere göttliche Erleuchtung die Wahrheit und Wirklichkeit -der geistigen Welt in sich erfahren. Es sind dies die Propheten und frommen Mystiker, -zu denen Gazali sich zählen darf. In allem sehen sie Gott, ihn, ja ihn allein, in -der Natur wie im Leben ihrer Seele. Vorzüglich aber in der Seele, die zwar nicht gottgleich, -aber doch gottähnlich ist. Wie alles Äußere jetzt sich ändert! Was scheinbar außer -uns besteht, wird zu einem Zustande oder einer Eigenschaft der Seele, die im Bewusstsein -ihrer Vereinigung mit Gott zur höchsten Seligkeit fortschreitet. Alles einigt sich -da in Liebe. Der wahre Gottesdienst geht über Furcht vor Strafe und Hoffnung auf Belohnung -hinaus zur Liebe Gottes im Geiste. Über Dulden und Danken — die Pflicht der noch nicht -vollendeten frommen Wanderer auf Erden — erhebt sich der vollkommene Gottesdiener, -schon in dieser Welt Gott freudig zu lieben und zu loben. -</p> -<p id="ch5.1.8"><b>8.</b> Es ergeben sich uns aus dem Vorigen drei Stufen des Glaubens oder der Gewissheit. -Erstens der Autoritätsglaube der Menge: sie glaubt, was ihr ein glaubwürdiger Mann -erzählt, <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> dass N. N. da im Hause sei. Zweitens das abgeleitete Wissen der Gelehrten: sie haben -den N. N. reden hören und schließen, dass er sich im Hause befinde. Drittens aber -die unmittelbare Gewissheit der Erkennenden: diese sind ins Haus gegangen und haben -mit eigenen Augen den N. N. gesehen. -</p> -<p>Auf Erfahrung legt Gazali überall Gewicht, den Dialektikern und Philosophen gegenüber. -Mit ihren allgemeinen Begriffen werden sie zunächst der Mannigfaltigkeit dieser sinnlichen -Welt nicht gerecht. Die sinnlichen Qualitäten der Dinge, auch die Zahl der Gestirne -<abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> erkennen wir nur durch Erfahrung, nicht aus reinen Begriffen. <span class="pageNum" id="pb149">[<a href="#pb149">149</a>]</span>Viel weniger aber noch erschöpfen diese die Höhen und Tiefen unseres Inneren. Dem -diskursiven Verstande der Gelehrten bleibt ewig verborgen, was der Gottesfreund intuitiv -erkennt. Sehr wenige ersteigen diese Höhe der Erkenntnis, wo sie mit den Gottesgesandten -und Propheten aller Zeiten zusammentreffen. Ihnen zu folgen ist daher die Pflicht -der niedriger stehenden Geister. -</p> -<p>Wie erkennt man nun aber den überlegenen Geist, dessen man zum Führer bedarf? Das -ist eine Frage, an der jedes religiös-bestimmte System, das menschlicher Vermittler -nicht entbehren kann, rein verstandesmäßig betrachtet, scheitern muss. Auch Gazalis -Antwort ist schwankend. Soviel ist ihm gewiss, dass Verstandesgründe allein hier nicht -den Ausschlag geben können. Den wirklich von Gott erleuchteten Propheten und Lehrer -erkennt man durch Versenkung in seine einzigartige Persönlichkeit, durch die Erfahrung -innerer Verwandtschaft. Die Wahrheit der Prophetie bewährt sich in ihrem sittlichen -Einfluss auf die Seele. Von der Wahrhaftigkeit des Gotteswortes im Koran bekommen -wir eine moralische, keine theoretische Gewissheit. Das einzelne Wunder ist nicht -im Stande zu überzeugen, sondern die Offenbarung als Ganzes sowie die Persönlichkeit -des Propheten, durch den die Offenbarung vermittelt, machen auf die verwandte Seele -einen unwiderstehlichen Eindruck. Von diesem Eindrucke ganz hingerissen, entsagt sie -der Welt, um die Pfade Gottes zu wandern. -</p> -<p id="ch5.1.9"><b>9.</b> Gazali ist ohne Zweifel die merkwürdigste Gestalt des Islam. Seine Lehre ist ein -Ausdruck seiner Persönlichkeit. Auf das Verständnis dieser Welt hat er verzichtet. -Aber das religiöse Problem hat er viel tiefer erfasst als die Philosophen seiner Zeit. -Diese waren, wie ihre griechischen Vorgänger, intellektualistisch, sahen folglich -die Lehren der Religion an nur als Produkte der Vorstellung, der Phantasie oder auch -der Willkür des Gesetzgebers. Ihnen zufolge war Religion entweder blinder <span class="pageNum" id="pb150">[<a href="#pb150">150</a>]</span>Gehorsam oder eine Art Erkenntnis, eine Wahrheit niederer Ordnung enthaltend. -</p> -<p>Dagegen stellt Gazali Religion als Erfahrung seines Inneren hin. Mehr als Gesetz und -mehr als Lehre ist sie ihm, sie ist Seelenerlebnis. -</p> -<p>Nicht jeder erlebt das so wie Gazali. Wer ihm aber bei seinem mystischen Fluge, über -die Bedingungen möglicher Erfahrung hinaus, nicht folgen kann, wird doch eingestehen -müssen, dass seine Irrfahrten auf der Suche nach dem Höchsten für die Geschichte des -menschlichen Geistes nicht weniger wichtig sind als die scheinbar sicheren Gänge der -Philosophen seiner Zeit durch ein Land, das andere vor ihnen entdeckt haben. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch5.2" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e739">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">2.</span> Die Kompendienschreiber.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch5.2.1" class="first"><b>1.</b> In einer Geschichte des gelehrten Unterrichtes bei den muslimischen Völkern müsste -dieser Gegenstand einen größeren Raum einnehmen; wir werden ihn hier mit wenigen Worten -abthun. -</p> -<p>Dass Gazali die Philosophie für alle Folgezeit vernichtet habe, ist eine oft wiederholte, -aber ganz irrige Behauptung, die weder von geschichtlichem Wissen noch von Verständnis -zeugt. Die Philosophie hat im Osten nach ihm ihre Lehrer und Schüler zu Hunderten -und Tausenden gezählt. Ebensowenig wie die Pflichtenlehrer ihre spitzfindige Kasuistik, -haben die Glaubenslehrer ihre dialektischen Argumente zur Stütze des Dogmas aufgegeben. -Und die allgemeine Bildung hat einen Bestandteil philosophischer Gelehrsamkeit in -sich aufgenommen. -</p> -<p>Freilich, eine hervorragende Stellung hat die Philosophie sich nicht zu erobern, ihr -früheres Ansehen nicht zu erhalten gewusst. Nach einer arabischen Anekdote soll ein -Philosoph, der in Gefangenschaft geraten war und von einem Manne, der ihn als Sklaven -kaufen wollte, befragt wurde, wozu er tauge, die Antwort gegeben haben: Zur <span class="pageNum" id="pb151">[<a href="#pb151">151</a>]</span>Freiheit. Philosophie braucht Freiheit. Und wo gab es diese im Orient? Freiheit von -materiellen Sorgen, Freiheit zur Bethätigung uninteressierten Denkens schwanden immer -mehr dahin, wo keine aufgeklärten Despoten im Stande waren, sie zu gewähren und zu -schützen. Als glaubens- und staatsgefährlich wurden die Philosophen an manchen Orten -verfolgt. Es ist das nur ein Zeichen des allgemeinen Kulturverfalles. Wenn auch abendländische -Reisende des zwölften Jahrhunderts die Kultur des Ostens höchlich preisen, so war -sie doch, mit früheren Zeiten verglichen, im Niedergang begriffen. Auf keinem Gebiete -ging man über das alte hinaus, dazu waren die Geister zu schwach. Die litterarische -Produktion stockte und den Vielschreibern der folgenden Jahrhunderte gebührt nur das -Verdienst der schönen Auswahl. Die Pflichten- und die Glaubenslehre mit der Mystik -hatten ihren Abschluss gefunden. Ebenso die Philosophie. Nach Ibn Sina, ihrem Fürsten, -mit selbständigen Ansichten hervorzutreten, fühlte keiner sich berufen. Es war die -Zeit gekommen der Kompendien, der Kommentare, der Glossen und Superglossen. Damit -vertrieb die gelehrte Welt sich in der Schule die Zeit, während die gläubige Menge -sich immer mehr der Führung der Derwischorden unterstellte. -</p> -<p id="ch5.2.2"><b>2.</b> Die allgemeine Bildung entnahm am meisten der philosophischen Propädeutik, etwas -Mathematik <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr>, in der Regel natürlich höchst elementar. Von Sektierern und Mystikern wurde vieles -der pythagoreisch-platonischen Weisheit entlehnt. Besonders den Heiligen- und Wunderglauben -zu stützen, mussten jene Lehren herhalten. Eine wüste, synkretistische Theosophie -schmückte sich damit. Sie nahm auch den Aristoteles, natürlich den unechten, unter -ihre Lehrer auf, machte ihn aber zum Schüler des Agathodaemon und Hermes. -</p> -<p>Die nüchternen Geister dagegen hielten sich an dem Aristotelismus, soweit er sich -mit ihren eigenen Ansichten oder dem orthodoxen Glauben vertrug. Fast allgemein <span class="pageNum" id="pb152">[<a href="#pb152">152</a>]</span>folgte man dem System des Ibn Sina, nur wenige gingen auf Farabi zurück oder suchten -beide zu vereinigen. Von den physischen und metaphysischen Lehren nahm man weniger -Notiz; Ethik und Politik wurden schon mehr gepflegt; allgemein studiert aber nur die -Logik. Diese ließ sich trefflich in schulmäßige Form bringen, als reine Formallogik -war sie ein Werkzeug, dessen sich jeder bedienen konnte. Mit den Mitteln der Logik -ließ sich ja alles beweisen. Und wenn einmal ein Beweis als fehlerhaft erkannt wurde, -so tröstete man sich damit, dass die Behauptung doch richtig sein könnte, wenn auch -der Beweis dafür nicht richtig geführt worden war. -</p> -<p>Schon in der Encyklopädie des Abu Abdallah al-Chwarizmi aus dem letzten Viertel des -zehnten Jahrhunderts war der Logik ein größerer Raum zugemessen als der Physik und -Metaphysik. Ebenso machten es viele spätere Encyklopädien und Sammelwerke. Auch die -Dogmatiker fingen ihr System an mit logischen und erkenntnistheoretischen Betrachtungen, -in denen dem “Wissen” ein traditionelles Lob gespendet wurde. Und seit dem zwölften -Jahrhundert entstand eine ganze Menge Einzelbearbeitungen des aristotelischen Organons. -Als vielgebraucht, kommentiert <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> seien hier nur genannt die Werke des Abhari (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 1264), der unter dem Titel Isagudschi (<span class="trans" title="eisagōgē"><span lang="grc" class="grek">εἰσαγωγή</span></span>) eine kurze Übersicht der ganzen Logik gab, und des Qazwini (<abbr title="gestorben">gest.</abbr> 1276). -</p> -<p>An der größten Universität der muslimischen Welt, in Kairo, werden heutzutage noch -die Kompendien des 13. und 14. Jahrhunderts gebraucht. Dort heißt es noch, wie lange -Zeit bei uns: Zuerst Collegium logicum! Selbstverständlich mit keinem besseren Erfolge. -Man lässt sich, innerhalb der Schranken des Gesetzes, die von den alten Philosophen -aufgefundenen Regeln des Denkens gefallen, lächelt aber dabei über jene Männer und -über die mutazilitischen Dialektiker, die “an die Vernunft geglaubt”. -<span class="pageNum" id="pb153">[<a href="#pb153">153</a>]</span> </p> -</div> -</div> -</div> -</div> -<div id="ch6" class="div1 chapter"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e755">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main"><span class="divNum">VI.</span> Die Philosophie im Westen.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<div id="ch6.1" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e763">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">1.</span> Die Anfänge.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch6.1.1" class="first"><b>1.</b> Zum muslimischen Occidente rechnet man das westliche Nordafrika, Spanien und Sizilien. -Nordafrika hat zunächst untergeordnete Bedeutung. Sizilien richtet sich nach Spanien -und wird bald von den Nordmannen Unteritaliens unterworfen. Für unseren Zweck kommt -zunächst das muslimische Spanien oder Andalusien in Betracht. -</p> -<p>Das Kulturschauspiel des Orients erlebt hier eine zweite Aufführung. Wie dort Araber -mit Persern, so vermählen sich hier Araber mit Spaniern. Und statt der Türken und -Mongolen gibt es hier die Berbern Nordafrikas, deren rohe Kraft immer mehr zerstörend -in das Spiel feinerer Bildung eingreift. -</p> -<p>Nach dem Sturze der Omajjaden in Syrien (750) hat sich einer aus ihrem Hause, Abderrachman -ibn Moawia, nach Spanien begeben, wo er sich zum Emir von Kordova und ganz Andalusien -emporzuarbeiten wusste. Über 250 Jahre dauerte diese Omajjadenherrschaft und erreichte, -nach vorübergehender Kleinstaaterei, unter Abderrachman III. (912–961), dem ersten, -der sich Chalif nennen <span class="corr" id="xd31e2820" title="Quelle: liess">ließ</span>, und dessen Sohn al-Hakam II. (961–976) ihren Glanzpunkt. Das zehnte Jahrhundert -war für Spanien, was das neunte für den Orient: die Zeit höchster materieller und -geistiger Kultur. Wenn möglich war sie hier frischer, naturwüchsiger als dort. Produktiver, -wenn es wahr ist, dass alles Theoretisieren entweder einen Mangel oder eine <span class="pageNum" id="pb154">[<a href="#pb154">154</a>]</span>Stockung der Produktionskraft bedeutet. Die Wissenschaften, und besonders die Philosophie, -fanden hier nämlich weit weniger Vertreter. Überhaupt waren die Verhältnisse geistigen -Lebens einfacher gestaltet. Die Zahl alter Kulturschichten war geringer. Wohl hatte -man hier außer Muslimen Juden und Christen, die sich zu Abderrachmans III. Zeit gemeinschaftlich -am Kulturleben arabischen Stempels beteiligten. Aber Anhänger des Zoroaster, Atheisten -<abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> gab es nicht. Auch waren die Parteiungen des östlichen Islam fast unbekannt. Nur -eine Rechtschule, die des Malik, fand Eingang. Mutazilitische Dialektik störte nicht -den Frieden des Glaubens. Zwar verherrlichten die andalusischen Dichter die Dreiheit: -Wein, Weib und Gesang, aber frivole Freigeisterei einerseits, düstere Weltflucht und -Theosophie andererseits kamen nur selten zum Ausdruck. -</p> -<p>Im ganzen war die geistige Kultur vom Orient abhängig. Seit dem zehnten Jahrhundert -wurden aus Spanien viele wissenschaftliche Reisen dorthin, über Ägypten bis zum östlichen -Persien, unternommen, um den Vorlesungen berühmter Gelehrten beizuwohnen. Und das -Bedürfnis nach Bildung in Andalusien lockte auch manch orientalischen Gelehrten, der -in seiner Heimat keine Beschäftigung fand, herbei. Dazu ließ al-Hakam II. überall -im Osten Bücher abschreiben für seine Bibliothek, deren Bändezahl auf 400000 angegeben -wird. -</p> -<p>Hauptsächlich interessierte der Westen sich für Mathematik und Naturwissenschaft, -Astrologie und Medizin, ebenso wie anfangs der Osten. Poesie, Geschichte und Geographie -wurden eifrig gepflegt. Der Geist war noch von des Gedankens Blässe nicht angekränkelt. -Als Abdallah ibn Masarra von Kordova, unter Abderrachman III., mit Naturphilosophie -nach Hause kam, musste er seine Schriften verbrennen sehen. -</p> -<p id="ch6.1.2"><b>2.</b> Im Jahre 1013 wurde Kordova, “die Zierde der Welt”, von den Berbern verwüstet und -das Omajjadenreich <span class="pageNum" id="pb155">[<a href="#pb155">155</a>]</span>zerfiel in eine Anzahl kleiner Staaten. Ihre Nachblüte füllt das elfte Jahrhundert, -die mediceische Zeit Spaniens, aus. An den städtischen Höfen gedeihen noch Kunst und -Poesie, üppig wuchernd auf den Trümmern alter Herrlichkeit. Die Kunst verfeinert sich, -die Poesie wird weise, subtil der wissenschaftliche Gedanke. Aus dem Orient zieht -man immerfort geistige Nahrung. Naturphilosophie, die Schriften der treuen Brüder, -die Logik aus der Schule des Abu Sulaiman al-Sidschistani halten nach einander ihren -Einzug. Gegen Ende des Jahrhunderts spürt man auch den Einfluss der Schriften Farabis -und wird Ibn Sinas Medizin bekannt. -</p> -<p>Die Anfänge philosophischen Nachdenkens finden wir zumeist bei den zahlreichen gebildeten -Juden. Mächtig und ganz eigenartig wirkt die Naturphilosophie des Ostens auf Ibn Gebirol, -den Avencebrol christlicher Schriftsteller. Bachja ibn Pakuda wird von den treuen -Brüdern beeinflusst. Sogar die religiöse Poesie der Juden wird von der philosophischen -Bewegung ergriffen. Es spricht darin die Seele, die sich zum Geiste erhebt, nicht -die jüdische Gemeinde, die ihren Gott sucht. -</p> -<p>Unter den Muslimen blieb die Zahl derjenigen, die sich eingehend mit Philosophie beschäftigten, -sehr beschränkt. Kein Meister sammelte eine zahlreiche Jüngerschaar um sich, gelehrte -Sitzungen, in denen über philosophische Gegenstände disputiert wurde, fanden kaum -statt. So musste sich hier der einzelne Denker wohl ganz vereinsamt fühlen. Subjektiv -wie im Orient, bildete sich auch im Westen die Philosophie aus. Aber sie war hier -mehr nur die Sache vereinzelter Individuen und stand dazu dem Glauben der Menge ferner. -Im Orient gab es zahllose Vermittelungen zwischen Glauben und Wissen, zwischen den -Philosophen und der gläubigen Gemeinde. Das Problem des denkenden Individuums gegenüber -der staatlichen Gesellschaft und dem Glauben beschränkter fanatischer Massen wurde -daher im Westen schärfer gefasst. -<span class="pageNum" id="pb156">[<a href="#pb156">156</a>]</span> </p> -</div> -</div> -<div id="ch6.2" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e779">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">2.</span> Ibn Baddscha.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch6.2.1" class="first"><b>1.</b> Gegen Ende des elften Jahrhunderts, als Abu Bekr Mohammed ibn Jachja ibn al-Saig -ibn Baddscha in Saragossa geboren wurde, war das schöne Andalusien nahe daran, in -seiner Kleinstaaterei unterzugehen. Von Norden her wurde es von den weniger gebildeten, -aber kräftigen und tapferen Christenrittern bedroht. Da griff aber rettend die berberische -Dynastie der Almoraviden ein, die nicht nur fester im Glauben, sondern auch klüger -in der Politik war als die üppigen Herrschergeschlechter Spaniens. Jetzt schien die -Zeit feiner Bildung und freien Forschens für immer dahin. Nur Traditionarier der strengsten -Observanz durften öffentlich auftreten. Und die Philosophen, wenn sie sich nicht verborgen -hielten, wurden verfolgt oder getötet. -</p> -<p id="ch6.2.2"><b>2.</b> Aber barbarische Herren haben ihre Grillen, indem sie die Bildung der von ihnen Unterworfenen, -wenigstens äußerlich, sich anzueignen lieben. Also nahm sich Abu Bekr ibn Ibrahim, -Schwager des Almoravidenfürsten Ali, der einige Zeit Gouverneur Saragossas war, zum -großen Ärgernis seiner Faqihs und Soldaten, den Ibn Baddscha zum Vertrauten und ersten -Minister. Dieser Mann nun war in den mathematischen Wissenschaften, besonders in der -Astronomie und Musik, dazu in der Medizin, theoretisch und praktisch bewandert und -gab sich mit logischen, naturphilosophischen und metaphysischen Spekulationen ab. -Er war nach der Ansicht der Fanatiker ein ganz verrückter Atheist und unsittlicher -Mensch. -</p> -<p>Von dem äußeren Leben Ibn Baddschas wissen wir ferner nur, dass er im Jahre 1118 nach -dem Falle Saragossas zu Sevilla war, wo er mehrere seiner Schriften verfasste, darauf -in Granada, und dass er sich nach Fez an den Almoravidenhof begab, wo er im Jahre -1138 starb. Der Überlieferung nach fand er, auf Veranlassung eines neidischen Arztes, -den Gifttod. Glücklich war, nach seinem <span class="pageNum" id="pb157">[<a href="#pb157">157</a>]</span>Selbstbekenntnis, sein kurzes Leben nicht gewesen. Oft hatte er sich, als letzte Zuflucht, -den Tod herbeigesehnt. Materielle Not, vor allem geistige Vereinsamung mögen ihn gedrückt -haben. Dass er zu seiner Zeit, in seiner Umgebung, sich nicht heimisch fühlen konnte, -zeigen zur Genüge die erhaltenen Schriften. -</p> -<p id="ch6.2.3"><b>3.</b> Er schließt sich fast ganz an Farabi, den einsamen, stillen Mann des Orients an. -Wie dieser hat er wenig systematisiert. Die Zahl seiner selbständigen Abhandlungen -ist nicht groß. Aus kurzen Erläuterungen zu den aristotelischen und anderen philosophischen -Schriften besteht das meiste. Seine Bemerkungen sind abgerissen, bald fängt er hier, -bald dort von neuem an. Mit immer neuen Ansätzen sucht er sich dem griechischen Gedanken -zu nähern, von den verschiedensten Seiten in die alte Wissenschaft einzudringen. Die -Philosophie wird er nicht los, und er wird nicht fertig mit ihr. Auf den ersten Blick -macht das einen verwirrenden Eindruck. Im <span class="corr" id="xd31e2861" title="Quelle: dunkeln">dunklen</span> Drange aber ist der Philosoph sich seiner Wege bewusst. Auf der Suche nach Wahrheit -und Recht findet er ein anderes, Einheit und Freude seines Lebens. Gazali hat es sich, -seiner Meinung nach, gar zu leicht gemacht, als er glaubte, nur im Vollbesitz der -durch göttliche Erleuchtung erfassten Wahrheit glücklich sein zu können. Der Wahrheit -zu liebe, die sich in den sinnlichen Bildern religiöser Mystik mehr verhüllt als aufdeckt, -soll der Philosoph stark genug sein, jenem Glücke zu entsagen. Nur vom reinen Denken, -das keine Sinnenlust trübt, wird die höchste Gottheit geschaut. -</p> -<p id="ch6.2.4"><b>4.</b> In seinen logischen Schriften hat Ibn Baddscha sich kaum von Farabi entfernt. Auch -seine physischen und metaphysischen Lehren stimmen im allgemeinen zu den Ansichten -des Meisters. Nur die Art und Weise, in der er die Entwicklungsgeschichte des menschlichen -Geistes und die Stellung des Menschen in Wissenschaft und Leben darlegt, darf einiges -Interesse beanspruchen. -</p> -<p>Zwei Arten des Seienden gibt es ihm zufolge: ein bewegtes <span class="pageNum" id="pb158">[<a href="#pb158">158</a>]</span>und ein unbewegtes. Das Bewegte ist körperlich, begrenzt, aber seine ewige Bewegung -lässt sich aus dem endlichen Körper nicht erklären. Es bedarf, im Gegenteil, zur Erklärung -dieser unendlichen Bewegung einer unendlichen Kraft oder eines ewigen Wesens, des -Geistes. Indem nun das Körperliche oder Natürliche von außen bewegt wird und der Geist, -selbst unbewegt, dem Körperlichen Bewegung verleiht, steht das Seelische als das sich -selbst Bewegende in der Mitte. Das Verhältnis nun zwischen dem Natürlichen und dem -Seelischen macht dem Ibn Baddscha ebensowenig Mühe wie seinen Vorgängern. Das Hauptproblem -aber ist dieses: Wie verhalten sich Seele und Geist zu einander, namentlich im Menschen? -</p> -<p id="ch6.2.5"><b>5.</b> Ibn Baddscha geht von der Voraussetzung aus, dass der Stoff nicht ohne irgend eine -Form sein kann, wohl aber die Form rein für sich ohne Stoff. Sonst nämlich ließe sich -überhaupt keine Veränderung denken, denn dieselbe ist nur möglich durch das Kommen -und Gehen der substantiellen Formen. -</p> -<p>Diese Formen nun, vom Hylischen bis zum rein Geistigen, bilden eine Reihe, der die -Entwicklung des menschlichen Geistes entspricht, sofern nämlich er das Vernunftideal -verwirklicht.<a class="noteRef" id="xd31e2878src" href="#xd31e2878">1</a> Des Menschen Aufgabe ist es, sämtliche geistigen Formen zu erfassen, zunächst die -intelligibelen Formen alles Körperlichen, dann die sinnlich-geistigen Vorstellungen -der Seele, darauf den Menschengeist selbst und den thätigen Geist über ihn, endlich -die reinen Geister der Himmelsphären. Durch successive Erhebung aus dem Individuellen, -Sinnlichen, dessen Vorstellung den Stoff des Geistes bildet, gelangt der Mensch zum -<span class="corr" id="xd31e2882" title="Quelle: Uebermenschlichen">Übermenschlichen</span> und Göttlichen. Dazu führt ihn nun die Philosophie oder die Erkenntnis des Allgemeinen, -die durch Studium und Nachdenken aus der Erkenntnis des Individuellen, aber mit Hilfe -des erleuchtenden Geistes von oben hervorgeht. <span class="pageNum" id="pb159">[<a href="#pb159">159</a>]</span>Gegenüber dieser Erkenntnis des Allgemeinen oder Unendlichen, in dem Sein und Gedachtwerden -zusammenfallen, erweist sich alles Wahrnehmen und Vorstellen als trüglich. In der -Vernunfterkenntnis also und nicht in mystisch-religiösen Träumereien, denen immer -Sinnliches anhaftet, erreicht der menschliche Geist seine Vollkommenheit. Denken ist -die höchste Seligkeit, denn alles Intelligibele ist seiner selbst Zweck. Da es aber -das Allgemeine ist, so lässt sich ein Fortbestehen individueller Menschengeister über -dieses Leben hinaus nicht annehmen. Es möge die Seele, die im sinnlich-geistigen Vorstellungsleben -das Individuelle erfasst und in einzelnen Begierden und Handlungen sich kund gibt, -nach dem Tode weiter bestehen können und Strafe oder Belohnung erhalten, der Geist -aber oder der vernünftige Teil der Seele ist in allen eins. Ewig ist nur der Geist -der ganzen Menschheit in seiner Vereinigung mit dem thätigen Geiste über ihm. Diese -Lehre, unter dem Namen des Averroes in das christliche Mittelalter eingedrungen, findet -sich also schon bei Ibn Baddscha, wenn nicht ganz scharf gefasst, doch klarer als -bei Farabi. -</p> -<p id="ch6.2.6"><b>6.</b> Nicht jeder Mensch erhebt sich zu solcher Höhe der Betrachtung. Die meisten tasten -immer im Dunkeln herum, nur Schattenrisse der Dinge sehen sie und wie Schatten werden -sie vergehen. Einige sehen das Licht zwar und die farbige Welt der Dinge, aber ganz -wenige erkennen das Wesen dessen, was sie gesehen. Nur die letzteren, die Seligen, -erreichen das ewige Leben, in dem sie selbst zu Licht werden. -</p> -<p>Wie gerät nun aber der Einzelne zu dieser Stufe des Erkennens und seligen Seins? Durch -vernünftiges Handeln und freie Ausbildung seiner intellektuellen Kräfte. Vernünftiges -Handeln ist freies <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> zweckbewusstes Handeln. Wenn einer <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> einen Stein zerschlägt, weil er sich daran gestoßen, so handelt er zwecklos wie ein -Tier oder ein Kind; thut er es aber, damit sich andere nicht <span class="pageNum" id="pb160">[<a href="#pb160">160</a>]</span>daran stoßen werden, so ist seine That menschlich, vernünftig zu nennen. -</p> -<p>Um menschlich leben, vernünftig handeln zu können, muss unter Umständen der Einzelne -sich aus der Gesellschaft zurückziehen. Ibn Baddschas Ethik heißt “die Leitung des -Einsamen”. Zur Selbsterziehung fordert sie auf. In der Regel aber kann man sich der -Vorteile menschlichen Zusammenlebens bedienen, ohne die Nachteile mit in den Kauf -zu nehmen. Zu kleineren oder größeren Verbänden können die Weisen sich zusammenschließen, -ja das ist sogar ihre Pflicht, wenn sie sich treffen. Sie bilden dann einen Staat -im Staate. Naturgemäß versuchen sie zu leben, sodass unter ihnen weder Arzt noch Richter -nötig ist. Wie Pflanzen in freier Luft wachsen sie auf und brauchen die Kunst der -Gärtner nicht. Von den niederen Genüssen und Gesinnungen der Menge halten sie sich -fern. Sie sind Fremdlinge in dem weltlichen Treiben der Gesellschaft. Und da sie Freunde -unter einander sind, wird dieses Leben ganz von der Liebe bestimmt. Und als Freunde -Gottes, der die Wahrheit ist, finden sie ihre Ruhe in der Vereinigung mit dem übermenschlichen -Geiste der Erkenntnis. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch6.3" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e809">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">3.</span> Ibn Tofail.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch6.3.1" class="first"><b>1.</b> Die Herrschaft über den westlichen Islam verblieb den Berbern, aber an die Stelle -der Almoraviden traten alsbald die Almohaden. Der Gründer der neuen Dynastie, Mohammed -ibn Tumart, war seit 1121 als Mahdi aufgetreten. Unter seinen Nachfolgern Abu Jaaqub -Jusuf (1163–1184) und Abu Jusuf Jaaqub (1184–1198) erreichte ihre Herrschaft, deren -Sitz Marokko, den Höhepunkt. -</p> -<p>Eine gewaltige Neuerung in der Theologie führten die Almohaden herbei: das bis jetzt -verketzerte System der Aschari und Gazali wurde im Westen aufgenommen. Das <span class="pageNum" id="pb161">[<a href="#pb161">161</a>]</span>bedeutete eine Vergeistigung der Glaubenslehre, die weder Altgläubige noch Freidenker -ganz befriedigen konnte, aber doch manchen zu weiterem Philosophieren angeregt haben -mag. Bisher hatte man sich gegen alles Räsonnieren in Glaubenssachen ablehnend verhalten, -und auch später noch waren viele Politiker und Philosophen der Ansicht, an dem Glauben -der Menge solle man nicht rütteln, noch ihn zum Wissen erheben, sondern die Gebiete -der Religion und der Philosophie reinlich scheiden. -</p> -<p>Die Almohaden waren theologisch interessiert, doch zeigten Abu Jaaqub und dessen Nachfolger, -soweit die politischen Verhältnisse es erlaubten, ein derartiges Verständnis für weltliches -Wissen, dass eine kurze Blüte der Philosophie an ihrem Hofe hervorbrechen konnte. -</p> -<p id="ch6.3.2"><b>2.</b> Nachdem er in Granada eine Sekretärstelle bekleidet hatte, finden wir den Abu Bekr -Mohammed ibn Abdalmalik ibn Tofail al-Qaisi als Wezir und Leibarzt des Abu Jaaqub. -In der kleinen andalusischen Stadt Guadix war er geboren und in der Residenz Marokko -starb er im Jahre 1185. Dazwischen liegt sein, wie es scheint, wenig wechselreiches -Leben. Er liebte die Bücher mehr als die Menschen und in der großen Bibliothek seines -Herrn las er sich vieles zusammen, das er für seine Kunst brauchte oder das seiner -Wissbegierde zusagte. Er war der Dilettant unter den Philosophen des Westens, mehr -zu beschaulichem Genießen als zu wissenschaftlicher Arbeit aufgelegt. Zum Schreiben -kam er selten. Seiner Behauptung, das ptolemäische Weltsystem gründlich verbessern -zu können, braucht man wohl nicht unbedingt Glauben zu schenken. Viele Araber haben -Ähnliches behauptet, sie <span class="corr" id="xd31e2919" title="Quelle: thatens">thaten es</span> aber nicht. -</p> -<p>Von Ibn Tofails poetischen Versuchen haben sich ein paar Gedichte erhalten. Sein Hauptbestreben -aber war, dem des Ibn Sina ähnlich, griechische Wissenschaft mit orientalischer Weisheit -zu einer modernen Weltansicht zu vereinigen. Wie Ibn Baddscha war ihm das ein persönliches -<span class="pageNum" id="pb162">[<a href="#pb162">162</a>]</span>Anliegen. Das Verhältnis des einzelnen zu der Gesellschaft und ihren Vorurteilen beschäftigte -auch seinen Geist. Aber er ging weiter. Ibn Baddscha ließ als Regel den einzelnen -oder einen kleinen Kreis selbständiger Denker einen Staat im Staate bilden, gleichsam -wie ein Abbild des großen Ganzen oder als Vorbild für bessere Zeiten. Ibn Tofail dagegen -griff auf das Original zurück. -</p> -<p id="ch6.3.3"><b>3.</b> In seinem Werke “Hai ibn Jaqzan” stellt er den Fall rein dar. Zwei Inseln bilden -die Scenerie: auf die eine versetzt er die menschliche Gesellschaft mit ihrer Konvention, -auf die andere ein Individuum, das sich natürlich entwickelt. Die Gesellschaft als -Ganzes wird von niederen Trieben, nur äußerlich durch eine grobsinnliche Religion -etwas gebändigt, beherrscht. Aber zwei Männer aus dieser Gesellschaft, Salaman und -Asal (Absal, <abbr title="vergleiche">vgl.</abbr> <a href="#ch4.4.7">IV, 4 § 7</a>) genannt, erheben sich zu vernünftiger Erkenntnis und Beherrschung ihrer Begierden. -Mit Anbequemung an die Volksreligion weiß der erstere, der praktischen Sinnes ist, -das Volk zu regieren; der andere aber, von spekulativer Anlage und mystischer Neigung, -wandert aus nach der gegenüberliegenden, wie er glaubt, unbewohnten Insel, dort dem -Studium und der Askese sich zu ergeben. -</p> -<p>Auf jener Insel aber war unser Hai ibn Jaqzan, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> der Einsame, der Sohn des Wachenden, zu einem vollkommenen Philosophen herangebildet. -Als Kind nach der Insel verschlagen oder durch spontane Generation daselbst entstanden, -war er von einer Gazelle gesäugt worden, hatte sich dann nach und nach, wie ein Robinson, -aber ganz auf eigene Mittel angewiesen, eine materielle Existenz gegründet, ferner -durch Beobachtung und Nachdenken sich die Erkenntnis der Natur, der Himmel, Gottes -und seines Inneren erworben, bis er nach 7 × 7 Jahren das Höchste erreichte, nämlich -das sufische Schauen Gottes, die Ekstase. In diesem Zustande fand ihn Asal. Nachdem -sie dazu gelangt waren, sich zu verständigen — Hai war anfangs noch ohne Sprache — -stellte es sich heraus, dass die Philosophie <span class="pageNum" id="pb163">[<a href="#pb163">163</a>]</span>des Einen und die Religion des Anderen zwei Formen derselben Wahrheit waren, nur in -der ersteren etwas weniger verschleiert. Als dann aber Hai erfuhr, dass auf der gegenüberliegenden -Insel ein ganzes Volk in dunklem Irrtum verharrte, fasste er den Entschluss, dahin -zu gehen, den Leuten die Wahrheit zu enthüllen. Da musste er aber die Erfahrung machen, -dass die Menge einer reinen Auffassung der Wahrheit nicht fähig war, und dass Mohammed -weise daran gethan, als er dem Volke statt des vollen Lichtes Sinnbilder gegeben hatte. -Nach diesem Ergebnis zog er sich deshalb mit seinem Freunde Asal auf die unbewohnte -Insel zurück, Gott im Geist und Wahrheit zu dienen bis zum Tode. -</p> -<p id="ch6.3.4"><b>4.</b> Ibn Tofail hat den weitaus größten Teil seines Romans dem Entwicklungsgange Hais -gewidmet. Es wird nun aber wohl nicht seine Meinung gewesen sein, das auf sich selbst -gestellte Individuum könne es an der Hand der Natur ohne die Hilfe der Gesellschaft -so weit bringen, wie unser Hai. Er dachte doch wohl etwas mehr historisch als einige -Aufklärer des vorigen Jahrhunderts. Viele kleine Züge in seinem Werke zeigen, dass -Hai der Vertreter der außerhalb der Offenbarung stehenden Menschheit sein soll. Was -sich in ihm vollzieht, ist die Entwicklung indischer, persischer, griechischer Weisheit. -Ein paar Andeutungen in dieser Richtung, die hier nicht weiter verfolgt werden kann, -mögen diese Ansicht wahrscheinlich machen. So ist es zunächst bedeutsam, dass Hai -auf der Insel Ceylon lebt, deren Klima die spontane Generation ermöglichen soll, wo -der Sage nach Adam, der erste Mensch, erschaffen wurde und wo der indische König zum -Weisen kam. Hais erste religiöse Bewunderung, nachdem er sich aus tierischen Anfängen -durch Scham und Neugierde emporgearbeitet, gilt dem von ihm entdeckten Feuer, was -an die persische Religion erinnert. Und seine weiteren Spekulationen sind der griechisch-arabischen -Philosophie entlehnt. -</p> -<p>Die Verwandtschaft mit Ibn Sinas Hai-Gestalt <span class="pageNum" id="pb164">[<a href="#pb164">164</a>]</span>(<abbr title="siehe">s.</abbr> <a href="#ch4.4.7">IV, 4 § 7</a>), auf die Ibn Tofail selbst hinweist, ist klar. Nur tritt Hai hier menschlicher auf. -Ibn Sinas Figur stellt den übermenschlichen Geist dar. Der Romanheld Ibn Tofails aber -scheint die Personifikation zu sein des natürlichen, von oben her erleuchteten Geistes -der Menschheit, der mit der richtig verstandenen Prophetenseele Mohammeds, deren Aussagen -allegorisch zu deuten sind, vortrefflich übereinstimmen soll. -</p> -<p>Ibn Tofail ist somit zu denselben Ergebnissen gekommen wie seine orientalischen Vorgänger. -Dem gemeinen Manne muss die Religion erhalten bleiben, weil er nicht darüber hinaus -kann. Nur wenige erheben sich zum Verständnis der religiösen Symbole. Und ganz vereinzelt -erreicht einer die freie Anschauung der höchsten Wirklichkeit. Mit dem größten Nachdruck -ist letzteres hier hervorgehoben. Auch wenn man in Hai den Vertreter der Menschheit -findet, wird man das nicht leugnen können. Als die höchste Vollkommenheit des Menschen -wird es hingestellt, in einsamster Stille, von allem Sinnlichen abgewendet, sein Selbst -in den Weltgeist zu versenken. -</p> -<p>Freilich, dazu kommt es erst im Alter, das <span class="corr" id="xd31e2958" title="Quelle: ausserdem">außerdem</span> einen menschlichen Freund findet. Und die Beschäftigung mit dem Materiellen, mit -Künsten und Wissenschaften, bildet die natürliche Vorstufe geistiger Vollkommenheit. -Ohne Reue und Scham darf also Ibn Tofail auf sein am Hofe verbrachtes Leben zurückschauen. -</p> -<p id="ch6.3.5"><b>5.</b> Die philosophischen Ansichten, die Hai sich in seinen sieben Lebensperioden entwickelte, -sind uns schon öfter begegnet. Aber auch sein praktisches Verhalten wird von Ibn Tofail -besonders berücksichtigt. Sufische Übungen, wie sie in orientalischen Ordensgemeinschaften -noch befolgt werden, wie sie aber auch schon von Platon und Neuplatonikern empfohlen -worden, haben die Stelle gottesdienstlicher Handlungen nach dem muslimischen Gesetze -eingenommen. Und Hai bildet sich in der siebenten Periode seines Lebens eine Ethik -aus, die pythagoreisch aussieht. -<span class="pageNum" id="pb165">[<a href="#pb165">165</a>]</span></p> -<p>Als den Zweck seines Handelns hat sich dem Hai ergeben, in allem das Eine zu suchen -und sich mit dem Absoluten, Selbständigbestehenden zu vereinigen. Diesem Höchsten -sieht er nämlich die ganze Natur zustreben. Über die Ansicht, alles auf Erden sei -des Menschen wegen da, ist er hinaus. Tier und Pflanze leben ebenfalls für sich selbst -und für Gott. Nicht willkürlich also darf er damit handeln. Auf das Notwendigste beschränkt -er jetzt seine leiblichen Bedürfnisse. Reife Früchte werden von ihm bevorzugt, deren -Samen er fromm der Erde anvertraut. Sorgfältig hütet er sich davor, dass durch seine -Begierde irgend eine Art ganz aussterbe. Und nur in der äußersten Not greift er zu -tierischer Nahrung, wobei er ebenso die Art möglichst zu schonen sucht. Genug zum -Leben, zum Schlafen zu wenig, wird seine Losung. -</p> -<p>Das betrifft das Verhalten seines Körpers zum Irdischen. Aber mit dem Himmel verbindet -ihn der Lebensgeist. Und wie die Himmel bestrebt er sich, seiner Umgebung zu nützen -und selbst rein zu leben. So pflegt er die Pflanze und schützt das Tier, damit seine -Insel zum Paradiese werde. Er hält auf die äußerste Reinlichkeit seines Körpers und -seiner Kleidung und sucht all seine Bewegungen harmonisch, denen der Himmelskörper -gleichmäßig, zu gestalten. -</p> -<p>Auf diese Weise wird er allmählich befähigt, sein Selbst über Erde und Himmel hinaus -zum reinen Geiste zu erheben. Das ist der Zustand der Ekstase, den kein Gedanke, kein -Wort, kein Bild je hat fassen oder ausdrücken können. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch6.4" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e834">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">4.</span> Ibn Roschd.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch6.4.1" class="first"><b>1.</b> Abu-l-Walid Mohammed ibn Achmed ibn Mohammed ibn Roschd (Averroes) wurde im Jahre -1126 zu Kordova aus einer Juristenfamilie geboren. Dort eignete er sich auch die gelehrte -Bildung seiner Zeit an. Im Jahre 1153 <span class="pageNum" id="pb166">[<a href="#pb166">166</a>]</span>soll er von Ibn Tofail dem Fürsten Abu Jaaqub Jusuf vorgestellt sein, über welchen -Vorfall wir einen charakteristischen Bericht besitzen. Nach den einleitenden Höflichkeitsphrasen -nämlich fragte ihn der Fürst: Was ist die Ansicht der Philosophen über den Himmel, -ist er ewig oder entstanden? Vorsichtig antwortete Ibn Roschd, er beschäftige sich -nicht mit Philosophie. Darauf fing der Fürst mit Ibn Tofail über den Gegenstand an -zu reden und zeigte zum Erstaunen des Zuhörers seine Bekanntschaft mit Aristoteles, -Platon und den Philosophen und Theologen des Islam. Jetzt rückte auch Ibn Roschd mit -der Sprache heraus und erwarb sich die Gunst des hohen Herrn. Sein Schicksal war bestimmt. -Er sollte den Aristoteles interpretieren, wie keiner es vor ihm gethan, damit die -Menschheit rein und vollständig die Wissenschaft besitze. -</p> -<p>Nebenbei war er Jurist und Mediziner. Wir finden ihn (1169) als Richter in Sevilla -und kurz darauf in Kordova. Abu Jaaqub, jetzt <span class="corr" id="xd31e2982" title="Quelle: Chalife">Chalif</span>, beruft ihn im Jahre 1182 als seinen Leibarzt, nach kurzer Zeit aber ist er wieder -Richter in seiner Vaterstadt, wie es sein Vater und Großvater gewesen. Aber die Verhältnisse -verschlechtern sich. Die Philosophen werden verflucht und ihre Schriften ins Feuer -geworfen. In seinem Alter wird Ibn Roschd von Abu Jusuf nach Elisana (Lucena bei Kordova) -verbannt, doch stirbt er in der Residenz Marokko, am 10. Dez. 1198. -</p> -<p id="ch6.4.2"><b>2.</b> Auf Aristoteles konzentriert sich seine Wirksamkeit. Was er von dessen Schriften -und über sie erlangen kann, wird fleißig studiert und genau verglichen. Ibn Roschd -hat noch in Übersetzung Schriften der Griechen gekannt, die jetzt ganz oder teilweise -verloren sind. Kritisch und systematisch geht er ans Werk. Er paraphrasiert den Aristoteles, -er interpretiert, bald kürzer, bald ausführlicher, in mittleren und großen Kommentaren. -So verdient er sich den Namen des Kommentators, den er <span class="pageNum" id="pb167">[<a href="#pb167">167</a>]</span>auch in Dantes Komödie besitzt. Es ist, als ob die Philosophie der Muslime in ihm -zum Verständnis des Aristoteles kommen soll, um dann, fertig, sterben zu können. Aristoteles -ist für ihn der vollkommenste Mensch, der größte Denker, der im Besitze einer unfehlbaren -Wahrheit gewesen. Neue Entdeckungen der Astronomie und der Physik könnten daran nichts -ändern. Zwar kann man den Aristoteles mißverstehen. Ibn Roschd selbst hat manches, -was er den Schriften Farabis und Ibn Sinas entnommen, später anders und besser verstehen -gelernt. Doch lebt er immer des Glaubens, dass der richtig verstandene Aristoteles -mit der höchsten uns Menschen erreichbaren Wissenschaft übereinstimmen werde. Im ewigen -Kreislaufe des Weltgeschehens hat Aristoteles eine Höhe erreicht, über die hinauszugelangen -nicht möglich ist. Denen, die nach Aristoteles gekommen sind, hat es oft viel Mühe -und Nachdenken gekostet, sich die Einsichten zu erschließen, die sich dem ersten Meister -leicht eröffneten. Nach und nach aber werden alle Zweifel und Gegenreden verstummen, -denn Aristoteles ist ein Übermensch, gleichsam von der Vorsehung dazu bestimmt, zu -zeigen, wie weit das menschliche Geschlecht es in seiner Annäherung an den Weltgeist -bringen kann. Als die höchste Inkarnation des Geistes der Menschheit möchte Ibn Roschd -seinen Meister den göttlichen nennen. -</p> -<p>Es wird sich im folgenden zeigen, dass die maßlose Bewunderung für Aristoteles zu -einer reinen Erfassung seiner Gedanken auch bei Ibn Roschd nicht ausreichte. Den Ibn -Sina zu bekämpfen, lässt er keine Gelegenheit vorbeigehen. Mit Farabi und Ibn Baddscha, -denen er vieles verdankt, setzt er sich auch gelegentlich auseinander. Er meistert -alle seine Vorgänger, weit schlimmer als Aristoteles es seinen Lehrer Platon gethan. -Und dennoch ist er selbst nicht hinausgekommen, bei weitem nicht, über die Auffassung -neuplatonischer Ausleger und die <span class="corr" id="xd31e2993" title="Quelle: Mißverständnisse">Missverständnisse</span> syrischer und arabischer Übersetzer. Öfter <span class="pageNum" id="pb168">[<a href="#pb168">168</a>]</span>folgt er sogar dem oberflächlichen Themistius entgegen dem verständigen Alexander -von Aphrodisias, oder sucht ihre Ansichten zu kombinieren. -</p> -<p id="ch6.4.3"><b>3.</b> Ibn Roschd ist vor allem ein Fanatiker der aristotelischen Logik. Ohne sie wird man -nicht selig und es ist schade für Platon und Sokrates, dass sie nicht davon wussten! -Die Glückseligkeit der Menschen bemisst sich nach der Stufe ihrer logischen Einsichten. -Mit kritischem Blicke erkennt er Porphyrs Isagoge als entbehrlich, aber Rhetorik und -Poetik rechnet er noch zum logischen Organon. Da gibt es denn die wunderlichsten Missverständnisse. -Tragödie und Komödie <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> werden zu Lob- und Schmähgedichten, die poetische Wahrscheinlichkeit muss es sich -gefallen lassen, entweder demonstrierbare Wahrheit oder trügerischen Schein zu bedeuten, -die Erkennung auf der Bühne wird zur apodeiktischen Erkenntnis <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> Von der griechischen Welt hat er natürlich überhaupt keine Anschauung. Es ist verzeihlich, -denn er konnte keine Ahnung davon haben. Dennoch verzeiht man nicht gerne dem, der -andere geschulmeistert. -</p> -<p>Wie seine Vorgänger legt Ibn Roschd besonderen Nachdruck auf das Sprachliche, soweit -es allen Sprachen gemeinsam. Dieses Gemeinsame, das Universelle also, hat Aristoteles, -meint er, in seiner Hermeneutik, aber auch in der Rhetorik, immer vor Augen. So soll -es auch der arabische Philosoph halten, nur darf er die Beispiele zur Erläuterung -der allgemeinen Regeln der arabischen Sprache und Litteratur entnehmen. Um die allgemeinen -Regeln aber ist es zu thun, Wissenschaft ist Erkenntnis des Allgemeinen. -</p> -<p>Die Logik ebnet dazu die Wege, dass unser Wissen aus sinnlicher Besonderheit zur reinen -Vernunftwahrheit aufsteige. Die Menge wird immer im Sinnlichen leben, im Irrtum herumtappen. -Mangelhafte Anlage und wenig Ausbildung, dazu schlechte Gewöhnung halten sie vom Fortschritt -zurück. Doch muss es einigen möglich sein, zur Erkenntnis der Wahrheit zu gelangen. -Der Adler <span class="pageNum" id="pb169">[<a href="#pb169">169</a>]</span>schaut der Sonne ins Gesicht, denn, wenn keiner sie anschauen könnte, so hätte die -Natur etwas vergebens gemacht. Was da glänzt, soll gesehen, was da ist, soll erkannt -werden, wenn auch nur von einem einzigen Manne. Und die Wahrheit ist. Die Liebe zu -ihr in unserer Brust wäre ganz vergebens, wenn wir uns ihr nicht nähern könnten. Ibn -Roschd glaubt, in vielen Dingen die Wahrheit zu erkennen, ja die absolute Wahrheit -auffinden zu können. Mit Lessing hätte er sich nicht bescheiden mögen, sie zu suchen. -</p> -<p>Die Wahrheit ist ihm ja in Aristoteles gegeben. Von diesem Standpunkte blickt er auf -die muslimische Theologie herab. Zwar erkennt er in der Religion eine Wahrheit eigener -Art (<abbr title="siehe">s.</abbr> unten <a href="#ch6.4.7">§ 7</a>), aber die Theologie ist ihm zuwider. Sie will beweisen, was, auf diese Weise, nicht -bewiesen werden kann. Die Offenbarung im Koran, so lehrt Ibn Roschd mit anderen, später -ähnlich Spinoza, hat nicht den Zweck, die Menschen zu belehren, sondern sie zu bessern. -Nicht Wissen, sondern Gehorsam oder Sittlichkeit ist das Ziel des Gesetzgebers, der -weiß, dass menschliches Glück nur in der Gesellschaft zu verwirklichen ist. -</p> -<p id="ch6.4.4"><b>4.</b> Was Ibn Roschd von seinen Vorgängern, namentlich von Ibn Sina, unterscheidet, ist -vor allem die unzweideutige Art und Weise, in der er die Welt als ewigen Prozess des -Werdens auffasst. Die Welt als ganzes ist eine ewig-notwendige Einheit, ohne irgendwelche -Möglichkeit des Nicht- oder Andersseins. Materie und Form sind nur im Gedanken zu -trennen. Die Formen wandern nicht wie Gespenster durch die dunkle Materie, sondern -sind keimartig in dieser enthalten. Wie Naturkräfte wirken die materiellen Formen, -ewig fortzeugend, nie von der Materie getrennt, aber dennoch göttlich zu nennen. Absolutes -Entstehen und Vergehen gibt es nicht, denn alles Geschehen ist Übergang von der Potenzialität -zur Aktualität und von der Aktualität in die Potenzialität zurück. Dabei wird gleichartiges -immer nur von gleichartigem erzeugt. -<span class="pageNum" id="pb170">[<a href="#pb170">170</a>]</span></p> -<p>Es gibt aber eine Stufenordnung des Seienden. Die materielle oder substanzielle Form -steht in der Mitte zwischen bloßem Accidens und reiner (separater) Form. Auch die -substanziellen Formen zeigen graduelle Verschiedenheiten, Mittelzustände zwischen -Potenzialität und Aktualität. Und endlich das ganze System der Formen, von der niedersten -hylischen Form bis zum göttlichen Wesen, der Urform des Alls, ist ein geschlossener -Stufenbau. -</p> -<p>Der ewige Prozess des Werdens innerhalb der gegebenen Ordnung setzt nun eine ewige -Bewegung voraus, und diese ein ewig Bewegendes. Wenn die Welt entstanden wäre, so -könnte man von ihr nur schließen auf eine andere, ebenfalls entstandene Körperwelt, -die sie erzeugt hätte, ins Unendliche. Wenn sie ein Mögliches wäre, nur auf ein Mögliches, -daraus sie geworden, und so in infinitum. Nur die Annahme einer einheitlich ewig-notwendig -bewegten Welt gewährt uns nach Ibn Roschd die Möglichkeit, auf ein ewig bewegendes, -von der Welt getrenntes Wesen zu schließen, das, indem es immerfort die Bewegung und -schöne Ordnung des Alls bewirkt, Urheber der Welt genannt werden darf, und das in -den Geistern, welche die Sphären bewegen — denn jede besondere Bewegung erfordert -ihr besonderes Prinzip —, die Vermittler seiner Thätigkeit hat. -</p> -<p>Das Wesen des ersten Bewegenden oder Gottes, sowie der Sphärengeister, findet Ibn -Roschd im Denken, in dem ihm die Einheit des Seins gegeben ist. Das mit seinem Gegenstande -identische Denken ist die einzige positive Bestimmung des göttlichen Wesens, womit -dann Sein und Einheit absolut zusammenfallen. Sein und Einheit kommen nämlich nicht -zum Wesen hinzu, sondern sind, wie alle Universalien, nur im Denken gegeben. Das Denken -bringt überall das Allgemeine im Besonderen hervor. Zwar ist das Universale als Natur -in den Dingen wirksam, aber das Universale als solches ist nur im Verstande. Oder -der Möglichkeit nach ist es in den Dingen, wirklich aber im <span class="pageNum" id="pb171">[<a href="#pb171">171</a>]</span>Verstande, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> im Verstande hat es mehr Sein, eine höhere Art zu existieren als in den Dingen. -</p> -<p>Fragt man nun, ob das göttliche Denken auch das Besondere, oder nur das Allgemeine -umfasse, so antwortet Ibn Roschd: keins von beidem, denn über beides ist das göttliche -Wesen hinaus. Sein Denken bewirkt das All, umfasst das All. Gott ist das Prinzip, -die Urform und der Endzweck aller Dinge. Er ist die Weltordnung, die Versöhnung aller -Gegensätze, das All selbst in seiner höchsten Existenzweise. Dass von einer göttlichen -Vorsehung im gewöhnlichen Sinne also nicht geredet werden könne, ergibt sich daraus -von selbst. -</p> -<p id="ch6.4.5"><b>5.</b> Zwei Arten des Seienden kennen wir: ein bewegtes und ein bewegendes, selbst aber -unbewegtes, oder ein körperliches und ein geistiges. Im Geistigen aber liegt die höhere -Einheit oder Vollendung alles Seienden in stufenmäßiger Ordnung. Es ist also keine -abstrakte Einheit. Die Sphärengeister sind, je ferner sie dem ersten stehen, um so -weniger einfach. Alle erkennen sich selbst, aber in ihrem Wissen ist auch die Beziehung -auf die erste Ursache. Daraus ergibt sich eine Art Parallelismus zwischen dem Körperlichen -und dem Geistigen. Der Zusammensetzung des Körperlichen aus Materie und Form entspricht -etwas in den niederen Geistern. Was dem rein Geistigen beigemischt, ist zwar keine -Materie, die etwas erleiden könnte, aber doch etwas der Materie ähnliches, das ein -anderes in sich aufzunehmen vermag. Sonst ließe sich mit der Einheit des auffassenden -Geistes die Vielheit der Intelligibilia nicht in Übereinstimmung bringen. -</p> -<p>Die Materie erleidet, der Geist aber empfängt. Hauptsächlich mit Rücksicht auf den -menschlichen Geist hat Ibn Roschd diesen fein unterscheidenden Parallelismus eingeführt. -</p> -<p id="ch6.4.6"><b>6.</b> Dass die menschliche Seele sich zu ihrem Körper verhalte, wie die Form zur Materie, -steht dem Ibn Roschd fest. Es ist ihm völlig ernst damit. Die Theorie vieler <span class="pageNum" id="pb172">[<a href="#pb172">172</a>]</span>unsterblicher Seelen weist er, Ibn Sina bekämpfend, ganz bestimmt zurück. Nur als -Vollkommenheit ihres Leibes hat die Seele einen Bestand. -</p> -<p>Was die empirische Psychologie betrifft, ist er ängstlich bestrebt, sich an Aristoteles, -gegen Galen <abbr title="unter andere">u. a.</abbr>, zu halten. Aber in der Lehre vom Nus entfernt er sich, ohne dass er sich dessen -bewusst wäre, nicht unbeträchtlich von seinem Meister. Eigentümlich, von neuplatonischen -Anschauungen ausgehend, ist seine Auffassung der materiellen Vernunft. Sie ist nicht -bloß eine Anlage oder eine Fähigkeit der menschlichen Seele. Sie ist auch nicht gleichbedeutend -mit dem sinnlich-geistigen Vorstellungsleben, sondern sie ist etwas Überseelisches, -Überindividuelles. Die materielle Vernunft ist ewiger, unvergänglicher Geist, ebenso -ewig und unvergänglich wie die reine Vernunft oder der thätige Geist über uns. Es -ist die Verselbständigung der Materie im Bereiche des Körperlichen, die hier von Ibn -Roschd, freilich mit Anschluss an Themistius <abbr title="unter andere">u. a.</abbr>, auf das Gebiet des Geistigen übertragen wird. -</p> -<p>Die materielle Vernunft ist also ewige Substanz. Die Anlage aber oder die Fähigkeit -des menschlichen Individuums zu geistiger Erkenntnis nennt Ibn Roschd leidende Vernunft. -Diese entsteht und vergeht mit den Individuen, während die materielle Vernunft ewig -ist, wie die Gattung der Menschheit. -</p> -<p>Nun bleibt aber, wie nicht anders möglich, das Verhältnis zwischen dem thätigen und -dem empfangenden Geiste (so sagen wir jetzt für materielle Vernunft) etwas dunkel. -Der thätige Geist macht die Vorstellungen der menschlichen Seele intelligibel, der -empfangende Geist nimmt sie in sich auf. Das Seelenleben der menschlichen Individuen -ist also der Ort, wo das mystische Liebespaar sich trifft. Und die Örter sind sehr -verschieden. Von der ganzen seelischen Anlage des Menschen und von der Disposition -seiner Vorstellungen hängt es ab, in welchem Grade der thätige Geist dieselben zur -Intelligibilität erheben <span class="pageNum" id="pb173">[<a href="#pb173">173</a>]</span>kann, inwiefern der empfangende Geist sie zu seinem Inhalte zu machen im Stande ist. -Dadurch erklärt es sich, dass die Menschen nicht alle auf derselben Stufe geistigen -Erkennens stehen. Aber die Summe geistiger Erkenntnis in der Welt ändert sich nicht, -wenn auch ihre Verteilung an die einzelnen Schwankungen unterliegt. Mit Naturnotwendigkeit -ersteht immer wieder der Philosoph, sei es Aristoteles oder Ibn Roschd, in dessen -Kopf das Seiende zum Begriff wird. Zwar sind die Gedanken der Individuen zeitlich -und ist der empfangende Geist, insofern der einzelne an ihm teil hat, veränderlich, -aber als menschliche Gattungsvernunft betrachtet, ist dieser Geist ewig unveränderlich, -wie der thätige Geist aus der letzten Sphäre über uns. -</p> -<p id="ch6.4.7"><b>7.</b> Im ganzen sind es drei große Ketzereien, die das System des Ibn Roschd in Widerspruch -setzen zu der Theologie der drei Weltreligionen seiner Zeit. Erstens die Ewigkeit -der Körperwelt und der sie bewegenden Geister, zweitens der notwendige Kausalnexus -alles Weltgeschehens, sodass für Vorsehung, Wunder und dergleichen kein Platz bleibt, -und drittens die Vergänglichkeit alles Individuellen, womit auch die individuelle -Unsterblichkeit aufgehoben ist. -</p> -<p>Logisch betrachtet scheint die Annahme einer Anzahl selbständiger Sphärengeister unter -Gott keinen genügenden Grund zu besitzen. Aber Ibn Roschd hilft sich hier, wie seine -Vorgänger, über den Widerspruch hinweg mit der Behauptung, jene Sphärengeister seien -nicht individuell, sondern nur der Art nach verschieden. Ihr Zweck war ja nur, so -lange die Einheit des Weltsystems nicht erkannt war, die verschiedenen Bewegungen -zu erklären. Nachdem das ptolemäische Weltsystem gefallen und diese vermittelnden -Geister überflüssig wurden, identifizierte man den thätigen Geist mit Gott, wie es -übrigens auch schon früher von spekulativer und religiöser Seite versucht war. Ein -Schritt weiter war es nur, auch den ewigen Geist der Menschheit mit Gott zu identifizieren. -Keins von beiden <span class="pageNum" id="pb174">[<a href="#pb174">174</a>]</span>hat Ibn Roschd gethan, wenigstens nicht nach dem Wortlaute seiner Schriften. Aber -in seinem Systeme war, bei konsequenter Durchführung, die Möglichkeit dazu gegeben, -wie zu einer pantheistischen Weltanschauung überhaupt. Andererseits konnte sich leicht -der Materialismus, wie entschieden ihn auch unser Philosoph bekämpfte, daran lehnen. -Denn wo die Ewigkeit, Form und Wirksamkeit alles Materiellen so stark betont wird, -wie von ihm geschah, da mag der Geist noch König heißen, aber, wie es scheinen könnte, -nur von des Stoffes Gnaden. -</p> -<p>Jedenfalls ist Ibn Roschd ein kühner und folgerichtiger, wenn auch kein origineller -Denker zu nennen. Die theoretische Philosophie genügte ihm, doch schuldete er es seiner -Zeit und seiner Stellung, sich mit der Religion und der Praxis abzufinden. Wir können -uns darüber kurz fassen. -</p> -<p id="ch6.4.8"><b>8.</b> Ibn Roschd findet oft Gelegenheit, gegen die ungebildeten Herrscher und die bildungsfeindlichen -Theologen seiner Zeit sich zu äußern. Doch bleibt ihm das Leben im Staate immer der -Einsamkeit vorzuziehen. Auch seinen Gegnern dankt er — das ist ein erfreulicher Charakterzug -— für manche Belehrung. Die Einsamkeit, meint er, bringe keine Künste und Wissenschaften -hervor, höchstens könne man in ihr das Erworbene genießen und es vielleicht um ein -weniges vermehren. Zum Wohle des Ganzen aber soll jeder beitragen, auch die Frauen -sollen wie die Männer der Gesellschaft und dem Staate dienen. Hier schließt Ibn Roschd -sich dem Platon an (die Politik des Aristoteles hat er nicht gekannt) und bemerkt -ganz vernünftig, viel Armut und Elend seiner Zeit rühre daher, dass man sich die Weiber -nur zu einem außerdem sehr fraglichen Vergnügen wie Haustiere oder Pflanzen halte, -statt sie an der materiellen und geistigen Güterproduktion und der Hütung dieser Güter -teilnehmen zu lassen. -</p> -<p>In der Ethik tadelt unser Philosoph sehr scharf die Doktrin der Rechtslehrer, dass -etwas nur gut oder böse <span class="pageNum" id="pb175">[<a href="#pb175">175</a>]</span>sei, weil Gott es so gewollt. Alles hat vielmehr von Natur oder vernunftgemäss seinen -sittlichen Charakter. Die von vernünftiger Einsicht bestimmte Handlung ist sittlich. -Freilich ist es nicht die Einzelvernunft, sondern die Staatsraison, an die in letzter -Instanz zu appellieren ist. -</p> -<p>Von staatsmännischem Gesichtspunkte aus betrachtet Ibn Roschd auch die Religion. Er -würdigt sie ihres moralischen Zweckes wegen. Sie ist Gesetz, keine Lehre. Deshalb -bekämpft er fortwährend die Theologen, die statt gläubig zu gehorchen begreifen wollen. -Er macht es Gazali zum Vorwurf, dass dieser der Philosophie Einfluss auf seine Religionslehre -auszuüben gestattet und dadurch viele zum Zweifel und Unglauben veranlasst hat. Das -Volk soll glauben, so wie es im Buche steht. Das ist Wahrheit, freilich eine Wahrheit -für große Kinder, denen man Märchen erzählt. Was darüber hinaus, ist vom Übel. Für -die Existenz Gottes <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> hat der Koran zwei jedem einleuchtende Beweise: die göttliche Fürsorge für alles, -besonders für den Menschen, und die Erschaffung des Lebens in Pflanzen, Tieren <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> Daran ist nicht zu rütteln, am Wortlaute der Offenbarung nicht theologisch herumzudeuteln. -Denn die Beweise, welche die Theologen für das Dasein Gottes beibringen, halten einer -wissenschaftlichen Kritik nicht Stand, ebensowenig wie der aus dem Begriffe des Möglichen -und Notwendigen bei Farabi und Ibn Sina. Das alles führt zu Atheismus und Libertinismus. -Im Interesse der Sittlichkeit, des Staates also, ist die halbe Theologie zu bekämpfen. -</p> -<p>Dagegen dürfen die wissenden Philosophen das Wort Gottes im Koran deuten. Im Lichte -höchster Wahrheit verstehen sie, was damit bezweckt ist. Und dem gemeinen Manne sagen -sie davon nur so viel, wie er eben aufzufassen im Stande ist. Auf diese Weise kommt -die schönste Harmonie heraus. Religionsgesetz und Philosophie stimmen mit einander -überein, eben weil sie nicht dasselbe wollen. Wie Praxis und Theorie verhalten sie -sich. Indem der <span class="pageNum" id="pb176">[<a href="#pb176">176</a>]</span>Philosoph die Religion begreift, lässt er sie in ihrem Bereiche gelten, sodass die -Philosophie gar nicht wider die Religion verstößt. Die Philosophie aber ist die höchste -Form der Wahrheit, zugleich auch die erhabenste Religion. Die Religion des Philosophen -nämlich ist die Erkenntnis alles dessen, was ist. -</p> -<p>Aber irreligiös erscheint diese Ansicht doch, und eine positive Religion kann es sich -nicht gefallen lassen, im Reiche der Wahrheit die führende Stellung der Philosophie -anzuerkennen. Nur natürlich war es, dass die Theologen des Westens, ähnlich ihren -orientalischen Brüdern, die Gunst der Verhältnisse ausnutzten und nicht ruhten, bis -sie die Herrin zur Magd der Theologie erniedrigt hatten. -<span class="pageNum" id="pb177">[<a href="#pb177">177</a>]</span> </p> -</div> -</div> -</div> -<div class="footnotes"> -<hr class="fnsep"> -<div class="footnote-body"> -<div id="xd31e2878"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e2878src">1</a></span> <abbr title="Vergleiche">Vgl.</abbr> hierzu Munk, Mélanges, p. 389–409. <a class="fnarrow" href="#xd31e2878src" title="Zurück zur Note 1 im Text.">↑</a></p> -</div> -</div> -</div> -</div> -<div id="ch7" class="div1 chapter"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e869">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main"><span class="divNum">VII.</span> Zum Schluss.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<div id="ch7.1" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e877">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">1.</span> Ibn Chaldun.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch7.1.1" class="first"><b>1.</b> Die Philosophie des Ibn Roschd und seine Erklärung des Aristoteles hat auf die muslimische -Welt äußerst wenig gewirkt. Viele seiner Schriften sind im Original verloren gegangen, -wir haben sie in hebräischen und lateinischen Übersetzungen. Schüler und Nachfolger -hat er nicht gefunden. In abgelegenen Winkeln fand sich wohl mancher Freigeist oder -Mystiker, in dessen Kopf es wunderlich genug aussah, um sich ernstlich mit philosophischen -Fragen theoretischer Art abzumühen, aber auf die allgemeine Bildung und die Gestaltung -der Verhältnisse zu wirken, wurde der Philosophie nicht verstattet. Vor den siegreichen -Waffen der Christen zog die materielle und damit auch die geistige Kultur der Muslime -sich immer weiter zurück. Spanien ward Afrika, wo der Berber herrschte. Die Zeit war -ernst, es handelte sich um die Existenz des Islam in diesen Ländern. Zum Kampfe gegen -den Feind, aber auch gegen einander, rüsteten sich die Männer, und zu mystischen Übungen -schlossen sich überall die frommen Brüder zusammen. In den sufischen Orden dieser -Leute retteten sich wenigstens noch einige philosophische Formeln. Als gegen die Mitte -des dreizehnten Jahrhunderts Kaiser Friedrich II. den muslimischen Gelehrten von Ceuta -eine Anzahl philosophischer Fragen vorlegte, beauftragte der Almohade Abdalwahid den -Ibn Sabin, Stifter eines mystischen Ordens, damit, sie zu beantworten. Er that es. -In schulmeisterlichem Tone leiert er die Ansichten alter und neuer Philosophen ab. -Das <span class="pageNum" id="pb178">[<a href="#pb178">178</a>]</span>sufische Geheimnis, Gott sei die Realität aller Dinge, lässt er durchblicken. Das -einzige aber, was wir aus seinen Antworten lernen können, ist, dass Ibn Sabin Bücher -gelesen, von denen, wie er glaubt, Kaiser Friedrich keine blasse Ahnung hatte. -</p> -<p id="ch7.1.2"><b>2.</b> In kleinen Staatengebilden, auf- und abwogend, trieb die muslimische Kultur des Westens -dahin. Bevor sie jedoch ganz verschwand, fand sich der Mann, der das Gesetz ihrer -Bildung aufzufinden versuchte, und damit eine neue philosophische Disziplin, die Philosophie -der Gesellschaft oder der Geschichte, zu begründen glaubte. Dieser merkwürdige Mensch -ist Ibn Chaldun, im Jahre 1332 aus sevillanischer Familie zu Tunis geboren. Dort erhielt -er auch seine Erziehung und wurde dann, teilweise von einem im Orient ausgebildeten -Lehrer, philosophisch geschult. Nach dem Studium aller bekannten Wissenschaften war -er bald im Staatsdienste, bald auf Reisen, aber überall ein guter Beobachter. Verschiedenen -Fürsten diente er als Sekretär, auch war er Gesandter an mehreren Höfen in Spanien -und Afrika. So war er am christlichen Hofe Peters des Grausamen in Sevilla. Auch ist -er bei Tamerlan in Damaskus gewesen. Eine reiche Welterfahrung hatte er sich also -zu eigen gemacht, als er im Jahre 1406 zu Kairo starb. -</p> -<p>Als Charakter ist er vielleicht nicht hoch zu stellen. Man wird aber dem Manne, der -mehr als andere seiner Zeit für die Wissenschaft gelebt, etwas Eitelkeit, Dilettantismus -und dergleichen gerne verzeihen. -</p> -<p id="ch7.1.3"><b>3.</b> Die Schulphilosophie, wie Ibn Chaldun sie kennen lernte, befriedigte ihn nicht. In -ihren fertigen Rahmen passte sein Weltbild nicht hinein. Wenn er etwas mehr zum Theoretisieren -aufgelegt gewesen wäre, hätte er wohl einen Nominalismus ausgebildet. Die Philosophen -behaupten, alles zu wissen. Ihm aber erscheint das Universum zu groß, als dass es -von unserem Verstande begriffen werden könne. Es gibt der Wesen und der Dinge <span class="pageNum" id="pb179">[<a href="#pb179">179</a>]</span>mehr, unendlich viel mehr, als der Mensch wissen kann. “Gott schafft, was ihr nicht -wisset”. Die logischen Deduktionen wollen oft nicht stimmen zu der empirischen Natur -der Einzeldinge, die nur durch Beobachtung erkannt wird. Es ist Einbildung, durch -bloße Anwendung logischer Regeln zur Wahrheit gelangen zu können. Nachdenken über -das erfahrungsmäßig Gegebene ist demnach die Aufgabe des wissenschaftlichen Mannes. -Und nicht darf er sich mit seiner Einzelerfahrung begnügen, sondern mit kritischer -Sorgfalt hat er die Summe der gesamten überlieferten Erfahrung der Menschheit zu ziehen. -</p> -<p>Von Natur ist die Seele ohne Wissen. Aber von Natur hat sie auch das Vermögen, nachzudenken, -die gegebene Erfahrung zu bearbeiten. Beim Nachdenken springt, wie durch Inspiration, -oft der richtige Mittelbegriff hervor, mittelst dessen die gewonnene Einsicht dann -nach den Regeln formaler Logik zurechtgelegt werden mag. Die Logik bringt keine Erkenntnis -hervor, sondern beschreibt nur den Weg unseres Nachdenkens, zeigt, wie wir zum Wissen -kommen, und hat insofern auch einen Wert, dass sie uns vor Irrtümern hüten und den -Geist schärfen und zu Genauigkeit im Denken anhalten kann. Sie ist folglich eine Hilfswissenschaft, -die von einigen Befähigten, dazu Berufenen, auch ihrer selbst wegen gepflegt werden -soll, jedoch nicht die grundlegende Bedeutung besitzt, die ihr von den Philosophen -beigelegt wird. Den Weg des Nachdenkens, den sie beschreibt, geht das wissenschaftliche -Talent in irgend einer Einzelwissenschaft auch zur Not ohne sie. -</p> -<p>Ibn Chaldun ist ein nüchterner Denker. Alchemie und Astrologie bekämpft er mit vernünftigen -Gründen. Dem mystischen Rationalismus der Philosophen hält er öfter die einfachen -Lehren seiner Religion entgegen, sei es mit persönlicher Überzeugung oder nur aus -politischer Rücksicht. Aber auf seine wissenschaftlichen Ansichten übt die Religion -keinen größeren Einfluss als der neuplatonische <span class="pageNum" id="pb180">[<a href="#pb180">180</a>]</span>Aristotelismus. Platons Staat, die pythagoreisch-platonische Philosophie, aber ohne -ihre wundersüchtigen Auswüchse, und die Geschichtswerke seiner orientalischen Vorgänger, -namentlich des Masudi, haben auf die Ausbildung seiner Gedanken am meisten gewirkt. -</p> -<p id="ch7.1.4"><b>4.</b> Mit dem Anspruch, eine neue philosophische Disziplin zu begründen, von der Aristoteles -keine Ahnung hatte, tritt Ibn Chaldun auf. Philosophie ist die Wissenschaft dessen, -was ist, aus seinen Ursachen oder Gründen entwickelt. Aber dem entspricht nicht, was -die Philosophen über die hohe Geisterwelt und Gottes Wesen vorbringen: Unbeweisbares -reden sie darüber. Viel besser kennen wir unsere Menschenwelt, und davon lässt sich -durch Beobachtung und innere Seelenerfahrung etwas Sicheres aussagen. Hier lassen -sich die Thatsachen nachweisen und ihre Ursachen herausfinden. Insofern nun letzteres -auch in der Geschichte gelingt, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> sofern die geschichtlichen Ereignisse auf ihre Ursachen zurückgeführt und historische -Gesetze aufgefunden werden können, ist die Geschichte wirklich Wissenschaft und ein -Teil der Philosophie zu nennen. So tritt der Begriff der Geschichte als Wissenschaft -rein heraus. Mit Neugierde, Eitelkeit, gemeinem Nutzen, erbaulicher Wirkung <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> hat sie nichts zu schaffen. Sie soll, wenn auch im Dienste höherer Lebenszwecke, -nichts anderes als Thatsachen feststellen und deren kausale Verknüpfung auszumitteln -suchen. Kritisch, ohne Vorurteil. Als oberstes methodologisches Prinzip gilt dabei, -dass die Ursache der Wirkung entspricht, <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> dass gleiche Erscheinungen auch dieselben Bedingungen voraussetzen oder dass unter -denselben Kulturverhältnissen auch die nämlichen Vorgänge sich ereignen werden. Da -nun mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Natur der Menschen und der Gesellschaft -im Laufe der Zeit sich nicht oder nicht bedeutend ändert, so ist ferner ein lebensvolles -Verständnis der Gegenwart das beste Mittel zur Erforschung der Vergangenheit, indem -das <span class="pageNum" id="pb181">[<a href="#pb181">181</a>]</span>nächste, vollständig Bekannte uns Rückschlüsse gestattet auf die weniger gut bekannten -Ereignisse früherer Zeit, ja sogar einen Ausblick auf die Zukunft verheißt. In jedem -Falle ist also die Überlieferung an der Gegenwart zu prüfen, und wenn sie uns Dinge -erzählt, die jetzt unmöglich sind, so ist schon deshalb ihre Wahrheit zu bezweifeln. -Vergangenheit und Gegenwart sind einander wie zwei Tropfen Wasser gleich. -</p> -<p>Das könnte, absolut gefasst, auch Ibn Roschd gesagt haben. Nach Ibn Chaldun gilt das -aber nur ganz allgemein als heuristisches Prinzip. Im einzelnen erleidet es manche -Einschränkung, ist jedenfalls aus den Thatsachen selbst zu begründen. -</p> -<p id="ch7.1.5"><b>5.</b> Was ist nun der Gegenstand der Geschichte als philosophischer Disziplin? Es ist, -antwortet Ibn Chaldun, das soziale Leben, die gesamte materielle und geistige Kultur -der Gesellschaft. Die Geschichte hat zu zeigen, wie die Menschen arbeiten und sich -ernähren, warum sie sich streiten und unter einzelnen Führern zu größeren Verbänden -zusammenschließen, wie sie endlich im sesshaften Leben Muße finden zur Pflege höherer -Künste und Wissenschaften, wie also aus rohen Anfängen nach und nach eine feinere -Kultur aufblüht, und wie diese dann wieder hinstirbt. -</p> -<p>Die sich ablösenden Gesellschaftsformen sind, nach Ibn Chaldun, Nomadentum, Dynastie -und Stadtstaat. Die erste Frage ist die Nahrungsfrage. Nach dem Stande ihrer Wirtschaft -(Nomaden, sesshafte Viehzüchter, Ackerbauer) unterscheiden sich die Menschen und die -Völker. Bedürfnis führt zu Raub und Krieg und zur Unterwerfung unter den führenden -Herrscher. So entwickelt sich eine Dynastie und diese gründet sich eine Stadt, wo -die Arbeitsteilung oder die gegenseitige Hilfeleistung Wohlstand hervorbringt. Aber -dieser Wohlstand führt zu unnatürlichem Müßiggange und Üppigkeit. Arbeit hat an erster -Stelle den Wohlstand erzeugt, aber jetzt, auf der höchsten Kulturstufe, <span class="pageNum" id="pb182">[<a href="#pb182">182</a>]</span>lässt man andere für sich arbeiten. Oft ohne Gegenleistung, denn Ansehen, oder auch -Servilität nach oben, Erpressung nach unten, verschaffen Wohlstand. Man wird aber -dabei von anderen abhängig. Die Bedürfnisse werden immer größer, die Steuern immer -drückender. Die reichen Verschwender und Steuerzahler werden arm und ihr unnatürliches -Leben macht sie krank und elend.<a class="noteRef" id="xd31e3140src" href="#xd31e3140">1</a> Die alten Kriegersitten haben sich verfeinert, sodass man sich nicht mehr verteidigen -kann. Das Band des Gemeinsinnes oder der Religion, womit früher die Not und der Wille -des Herrschers die einzelnen zusammenknüpfte, erschlafft, denn die Städter sind nicht -fromm. So ist alles in innerer Auflösung begriffen. Und da erscheint ein neuer, kräftiger -Nomadenstamm aus der Wüste, oder ein weniger überbildetes Volk mit einem festeren -Gemeinsinne und fällt über die verweichlichte Stadt her. Dann bildet sich ein neuer -Staat, der sich die materiellen und geistigen Güter der alten Kultur aneignet, und -dieselbe Geschichte wiederholt sich. Es ergeht den Staaten und den größeren Verbänden -wie einzelnen Familien: in drei bis sechs Generationen vollendet sich ihre Geschichte. -Die erste Generation gründet, die zweite erhält, vielleicht auch die dritte <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr>, die letzte zerstört. Das ist der Kreislauf aller Civilisation. -</p> -<p id="ch7.1.6"><b>6.</b> Nach August Müller stimmt die Theorie Ibn Chalduns zu der Geschichte Spaniens, Westafrikas -und Siziliens vom 11. bis 15. Jahrhundert, deren Beobachtung sie auch entnommen ist. -Freilich ist sein eigenes Geschichtswerk eine Kompilation. Im einzelnen fehlt er oft, -wenn er mit seiner Theorie die Überlieferung meistert. Aber in seiner philosophischen -Einleitung findet sich eine Fülle feiner psychologischer und politischer Bemerkungen -und als ganzes ist sie eine großartige Leistung. Das <span class="pageNum" id="pb183">[<a href="#pb183">183</a>]</span>Altertum hat sich mit dem Problem der Geschichte nicht eingehend befasst. Große Kunstwerke -der Geschichtschreibung hat es uns hinterlassen, aber keine philosophische Begründung -der Geschichte als Wissenschaft. Dass die Menschheit es, obgleich von Ewigkeit her -bestehend, nicht längst zu viel höherer Kultur gebracht hatte, wurde aus elementaren -Ereignissen, Erdbeben, Wasserfluten <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> erklärt. Dagegen fasste die christliche Philosophie die Geschichte mit ihren Wandlungen -als die Verwirklichung oder Vorbereitung des Gottesstaates auf Erden. Ibn Chaldun -hat nun zuerst ganz bewusst und in ausführlich begründeter Darstellung den Versuch -gemacht, die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft aus den nächsten Ursachen abzuleiten. -Die Verhältnisse der Rasse, des Klimas, der Güterproduktion <abbr title="und so weiter">u. s. w.</abbr> werden erörtert und in ihrer Wirkung auf die sinnlich-geistige Konstitution des Menschen -und der Gesellschaft dargestellt. Im Kreislaufe der Civilisationen findet er eine -innere Gesetzmäßigkeit. Überall forscht er den natürlichen Ursachen nach, bis zur -möglichsten Vollständigkeit. Dass die Kette von Ursachen und Folgen in einer letzten -Ursache zum Abschlusse komme, behauptet er auch zu glauben. Die Reihe kann nicht ins -Unendliche gehen, und darum schließen wir auf einen Gott. Dieser Schluss aber, so -heißt es bei ihm, bedeutet eigentlich dies, dass wir nicht im Stande sind, die Ursachen -aller Dinge und die Art ihres Wirkens zu erkennen, es ist im Grunde ein Geständnis -unserer Unwissenheit. Das bewusste Nichtwissen ist auch eine Art Wissen. Aber soweit -es möglich ist, soll man das Wissen verfolgen. Indem Ibn Chaldun seine neue Wissenschaft -anbahnt, will er nur die Hauptprobleme angedeutet, nur im allgemeinen Methode und -Gegenstand dieser Wissenschaft angegeben haben. Aber er hofft, dass andere nach ihm -kommen werden, mit gesundem Verstande und sicherem Wissen seine Untersuchungen weiterzuführen -und neue Probleme aufzustellen. -<span class="pageNum" id="pb184">[<a href="#pb184">184</a>]</span></p> -<p>Die Hoffnung Ibn Chalduns ist in Erfüllung gegangen, aber nicht im Islam. Wie er ohne -Vorgänger war, blieb er ohne Nachfolger. Doch hat sein Werk im Orient nachhaltig gewirkt. -Viele muslimische Staatsmänner, die seit dem 15. Jahrhundert so manchen europäischen -Fürsten und Diplomaten zur Verzweiflung gebracht haben, sind bei unserem Philosophen -in die Schule gegangen. -</p> -</div> -</div> -<div id="ch7.2" class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#xd31e906">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main"><span class="divNum">2.</span> Die Araber und die Scholastik.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p id="ch7.2.1" class="first"><b>1.</b> Dem Sieger gehört die Braut. In den Kriegen zwischen Christen und Muslimen, die in -Spanien geführt wurden, hatten erstere oft die Anziehungskraft maurischer Schönen -kennen gelernt. Manch christlicher Ritter hatte mit einer Mohrin den “neuntägigen -Gottesdienst” gefeiert. Aber außer den materiellen Gütern und den sinnlichen Genüssen -wirkten auch die Reize geistiger Kultur auf die Eroberer. Und so erschien die arabische -Wissenschaft dem Auge vieler wissensbedürftiger Männer wie eine holde Braut. -</p> -<p>Vermittelnd traten da besonders Juden auf. Die Juden hatten alle Wandlungen der muslimischen -Geisteskultur mitgemacht. Viele haben in der arabischen Sprache geschrieben, andere -arabische Schriften ins Hebräische übertragen. Manch philosophisches Werk muslimischer -Autoren verdankt diesem Umstande seine Erhaltung. -</p> -<p>Der Schlusspunkt jüdisch-philosophischer Entwicklung war Maimonides (1135–1204), der, -hauptsächlich unter dem Einflusse Farabis und Ibn Sinas, Aristoteles mit dem Alten -Testamente zu versöhnen suchte. Teils deutete er die philosophischen Lehren aus dem -offenbarten Texte heraus, teils ließ er die aristotelische Philosophie auf das Irdische -sich beschränken, während dasjenige, was drüber ist, aus dem göttlichen Buche erkannt -werden sollte. -</p> -<p>In den muslimischen Staaten zur Zeit ihrer Blüte hatten die Juden sich an der wissenschaftlichen -Arbeit beteiligt. <span class="pageNum" id="pb185">[<a href="#pb185">185</a>]</span>Sie waren geduldet, auch wohl begünstigt worden. Aber mit dem Zusammenbruch jener -Staaten, beim Niedergange der Kultur, änderte sich ihre Lage. Von fanatisierten Massen -vertrieben, flüchteten sie sich in die Christenländer, besonders nach Südfrankreich, -dort als Kulturvermittler ihre Mission zu erfüllen. -</p> -<p id="ch7.2.2"><b>2.</b> An zwei Punkten berührte sich die muslimische mit der christlichen Welt des Abendlandes: -in Unteritalien und in Spanien. Zu Palermo, am Hofe Kaiser Friedrichs II. wurde die -arabische Wissenschaft eifrig gepflegt und den Lateinern zugänglich gemacht. Der Kaiser -und sein Sohn Manfred schickten den Universitäten zu Bologna und Paris Übersetzungen -philosophischer Schriften, zum Teil aus dem Arabischen, zum Teil aber auch direkt -aus dem Griechischen. -</p> -<p>Viel bedeutender aber und einflussreicher war die Übersetzerthätigkeit in Spanien. -In dem von den Christen zurückeroberten Toledo befand sich eine reiche arabische Moschee-Bibliothek, -die als Bildungsstätte weit in die nördlichen Christenländer hinein bekannt wurde. -Mosaraber und Juden, zum Teil getaufte, arbeiteten dort mit spanischen Christen zusammen. -Aus allen Ländern fanden sich Mitarbeiter. So wirkten <abbr title="zum Beispiel">z. B.</abbr> als Übersetzer Johannes Hispanus und Gundisalinus (erste Hälfte des 12. Jahrhunderts)<span class="corr" id="xd31e3181" title="Nicht in der Quelle">,</span> Gerard von Cremona (1114–1187), Michel der Schotte und Hermann der Deutsche (zwischen -1240 und 1246). Über die Thätigkeit dieser Männer sind wir im einzelnen noch nicht -genügend unterrichtet. Insofern jedem Worte des arabischen Originales oder der hebräischen -(auch spanischen?) Übersetzung irgend ein lateinisches entspricht, sind ihre Übersetzungen -treu zu nennen. Durch geistvolles Verständnis zeichnen sie sich im allgemeinen nicht -aus. Demjenigen, der des Arabischen nicht kundig ist, fällt es schwer, sich da hinein -zu lesen. Gespensterhaft nehmen sich viele beibehaltene arabische Worte und bis zur -Unkenntlichkeit verunstaltete Eigennamen aus. Es mag das alles eine schöne Verwirrung -in den Köpfen lateinischer Philosophieschüler <span class="pageNum" id="pb186">[<a href="#pb186">186</a>]</span>angestiftet haben. Und nicht weniger thaten es die sich neu aufschließenden Gedanken. -</p> -<p>Die Übersetzerthätigkeit hält im allgemeinen gleichen Schritt mit dem Interesse christlicher -Kreise, und dieses hat sich ähnlich entwickelt, wie wir es im östlichen und westlichen -Islam zu beobachten Gelegenheit hatten (<abbr title="vergleiche">vgl.</abbr> <a href="#ch6.1.2">VI, 1 § 2</a>). Die ersten Übersetzungen sind mathematisch-astrologisch, medizinisch, naturphilosophisch, -psychologisch, daran sich das logische und metaphysische schließt. Später beschränkt -man sich mehr auf Aristoteles und seine Kommentare, anfangs aber wird allerhand Wundersüchtiges -bevorzugt. -</p> -<p>Kindi wurde hauptsächlich als Arzt und Astrolog bekannt. Ibn Sina wirkte durch seine -Medizin, empirische Psychologie und dazu seine Naturphilosophie und Metaphysik. Weniger -Einfluss übten neben ihm Farabi und Ibn Baddscha aus. Zuletzt kamen die Kommentare -des Ibn Roschd (Averroes) und ihr Ansehen hat, neben Ibn Sinas Kanon der Medizin, -am längsten Stand gehalten. -</p> -<p id="ch7.2.3"><b>3.</b> Was hat nun die christliche Philosophie des Mittelalters den Muslimen zu verdanken? -Diese Frage zu beantworten, gehört eigentlich nicht mehr zur Aufgabe dieser Monographie. -Es ist eine Arbeit für sich, dafür es viele Folianten, von denen ich keinen gelesen, -zu durchstöbern gibt. Im allgemeinen lässt sich sagen, dass sich in den Übersetzungen -aus dem Arabischen dem christlichen Abendlande ein zweifaches <span class="corr" id="xd31e3197" title="Quelle: Neue">Neues</span> aufthat. Erstens bekam man den Aristoteles, sowohl logisch als physisch-metaphysisch, -vollständiger als man ihn bisher kannte. Doch war dies nur von vorübergehender, zeitweilig -anregender, Bedeutung, denn bald wurden alle seine Schriften direkt aus dem Griechischen -viel besser ins Lateinische übersetzt. Das wichtigste aber war, dass man aus den Schriften -der Araber, namentlich des Ibn Roschd, eine eigentümliche Auffassung der aristotelischen -Lehren als der höchsten Wahrheit kennen lernte. Dies musste fortwährend zum Widerspruch, -zum <span class="pageNum" id="pb187">[<a href="#pb187">187</a>]</span>Kompromiss zwischen Theologie und Philosophie, oder gar zur Leugnung des Kirchenglaubens -Veranlassung geben. Zum Teil anregend, zum Teil zersetzend wirkte so die muslimische -Philosophie auf die scholastische Entwicklung des kirchlichen Dogmas ein. Denn gleichgültig -neben einander hergehen, wie das bei muslimischen Denkern wohl vorgekommen, konnten -im Christentume Philosophie und Theologie noch nicht. Dazu hatte die christliche Dogmatik -schon in den ersten Jahrhunderten ihrer Ausbildung zu viel griechische Philosophie -in sich aufgenommen. Sie konnte noch etwas mehr sich assimilieren. Und es war verhältnismäßig -leichter, über die einfachen Lehren des Islam als über die verwickelten Dogmen des -Christentums hinauszukommen. -</p> -<p>Die christliche Theologie zeigte, als im 12. Jahrhundert der Einfluss der Araber zu -wirken anfing, einen neuplatonisch-augustinischen Charakter. Bei den Franziskanern -blieb auch im 13. Jahrhundert dieser Charakter gewahrt. Damit kam nun die pythagoreisch-platonische -Richtung im muslimischen Denken gut überein. Für Duns Scotus war Ibn Gebirol (Avencebrol, -<abbr title="siehe">s.</abbr> <a href="#ch6.1.2">VI, 1 § 2</a>) eine erste Autorität. Dagegen nahmen die großen Dominikaner, Albert und Thomas, -die die Zukunft der kirchlichen Lehre bestimmten, einen gemäßigten Aristotelismus -auf, mit dem sich vieles aus Farabi, besonders aber aus Ibn Sina und Maimonides, ganz -gut vertrug. -</p> -<p>Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts geht eine tiefere Wirkung von Ibn Roschd aus, -und zwar in Paris, dem Mittelpunkte der damaligen christlich-wissenschaftlichen Bildung. -Im Jahre 1256 schreibt Albert der Große noch gegen Averroes, 15 Jahre später aber -Thomas von Aquino gegen die Averroisten. Ihr Haupt ist Siger von Brabant (seit 1266 -bekannt), Mitglied der Artistenfakultät von Paris. Vor der strengen Konsequenz des -averroistischen Systems schreckt er nicht zurück. Und wie Ibn Roschd den Ibn Sina -meistert, so kritisiert, wenn auch äußerst <span class="pageNum" id="pb188">[<a href="#pb188">188</a>]</span>respektierlich, Siger den großen Albert und den heiligen Thomas. Zwar versichert er, -sich der Offenbarung zu unterwerfen, aber die Vernunft bestätigt ihm doch, was Aristoteles, -in zweifelhaften Fällen nach der Erklärung des Ibn Roschd, in seinen Schriften gelehrt -hat. Sein feiner Intellektualismus gefällt aber den Theologen nicht. Wie es scheint -auf Anstiften der Franziskaner, die in ihm vielleicht auch den Aristotelismus der -Dominikaner treffen wollten, wird er von der Inquisition verfolgt, bis er zu Orvieto -(um 1281–1284) im Gefängnis stirbt. Dante, der möglicherweise von seinen Ketzereien -nichts wusste, hat unseren Siger als Repräsentanten weltlicher Wissenschaft ins Paradies -versetzt. -</p> -<p>Dagegen sind ihm die beiden Vertreter der muslimischen Philosophie neben den großen -und weisen Männern Griechenlands und Roms in der Hölle Vorhalle begegnet. Ibn Sina -und Ibn Roschd schließen dort die Reihe der großen Heiden, zu denen, wie Dante, die -Nachwelt noch oft mit Bewunderung emporgeblickt hat. -<span class="pageNum" id="pb189">[<a href="#pb189">189</a>]</span> </p> -</div> -</div> -</div> -<div class="footnotes"> -<hr class="fnsep"> -<div class="footnote-body"> -<div id="xd31e3140"> -<p class="footnote"><span class="fnlabel"><a class="noteRef" href="#xd31e3140src">1</a></span> Ibn Chaldun spricht nur von armen Reichen und schweigt von Proletariern und großstädtischem -Elend, wie wir es kennen. Er hat auch meistens nur in kleineren Städten gelebt und -Kairo aus der Ferne bewundert. <a class="fnarrow" href="#xd31e3140src" title="Zurück zur Note 1 im Text.">↑</a></p> -</div> -</div> -</div> -</div> -</div> -<div class="back"> -<div class="div1 index"><span class="pageNum">[<a href="#toc">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main">Personenregister.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<p class="first">Abdallâh ibn Maimûn <a href="#pb77" class="pageref">77</a>. -</p> -<p>— — Masarra <a href="#pb154" class="pageref">154</a>. -</p> -<p>abu Abdallâh al-Chwârizmî <a href="#pb152" class="pageref">152</a>. -</p> -<p>Abdalmasîch ibn Abdallâh Nâ’ima al-Himsî <a href="#pb23" class="pageref">23</a>. -</p> -<p>Abdalwâhid <a href="#pb177" class="pageref">177</a>. -</p> -<p>Abderrachmân ibn Moawia <a href="#pb153" class="pageref">153</a>. -</p> -<p>— III. <a href="#pb153" class="pageref">153</a> f. -</p> -<p>Abharî <a href="#pb152" class="pageref">152</a>. -</p> -<p>Abraham <a href="#pb79" class="pageref">79</a>. -</p> -<p>Achmed ibn Moh. al-Tajjib al-Sarachsî <a href="#pb97" class="pageref">97</a>. -</p> -<p>Adudaddaula <a href="#pb116" class="pageref">116</a>. -</p> -<p>Agathodaemon <a href="#pb20" class="pageref">20</a>, <a href="#pb151" class="pageref">151</a>. -</p> -<p>Alâ addaula <a href="#pb119" class="pageref">119</a>. -</p> -<p>abu-l-ʻAlâ al-Ma’arrî <a href="#pb64" class="pageref">64</a>. -</p> -<p>Albertus Magnus <a href="#pb187" class="pageref">187</a> f. -</p> -<p>Alexander Aphrodis. <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb96" class="pageref">96</a>, <a href="#pb168" class="pageref">168</a>. -</p> -<p>— Magnus <a href="#pb14" class="pageref">14</a>, <a href="#pb26" class="pageref">26</a>. -</p> -<p>ʻAlî <a href="#pb9" class="pageref">9</a> f., <a href="#pb27" class="pageref">27</a>, <a href="#pb35" class="pageref">35</a>, <a href="#pb69" class="pageref">69</a>, <a href="#pb79" class="pageref">79</a>. -</p> -<p>—, Almoravide <a href="#pb156" class="pageref">156</a>. -</p> -<p>abu ʻAlî s. ibn Sînâ. -</p> -<p>— — ʻIsâ ibn Ishâq ibn Zur’a <a href="#pb24" class="pageref">24</a>. -</p> -<p>Anaxagoras <a href="#pb27" class="pageref">27</a>, <a href="#pb51" class="pageref">51</a>, <a href="#pb58" class="pageref">58</a>, <a href="#pb74" class="pageref">74</a>. -</p> -<p>Apollonius von Tyane <a href="#pb72" class="pageref">72</a>. -</p> -<p>Aristoteles <a href="#pb19" class="pageref">19</a>, <a href="#pb21" class="pageref">21</a>–23, <a href="#pb26" class="pageref">26</a>–32, <a href="#pb56" class="pageref">56</a>, <a href="#pb69" class="pageref">69</a>, <a href="#pb74" class="pageref">74</a>, <a href="#pb83" class="pageref">83</a>, <a href="#pb91" class="pageref">91</a>, <a href="#pb96" class="pageref">96</a>, <a href="#pb98" class="pageref">98</a>, <a href="#pb100" class="pageref">100</a> f., <a href="#pb107" class="pageref">107</a>, <a href="#pb110" class="pageref">110</a> f., <a href="#pb115" class="pageref">115</a> f., <a href="#pb118" class="pageref">118</a>, <a href="#pb120" class="pageref">120</a>–122, <a href="#pb134" class="pageref">134</a>, <a href="#pb142" class="pageref">142</a>, <a href="#pb151" class="pageref">151</a>, <a href="#pb166" class="pageref">166</a>–169, <a href="#pb172" class="pageref">172</a>–174, <a href="#pb177" class="pageref">177</a>, <a href="#pb180" class="pageref">180</a>, <a href="#pb184" class="pageref">184</a>, <a href="#pb186" class="pageref">186</a>, <a href="#pb188" class="pageref">188</a>. -</p> -<p>Aryabhata <a href="#pb130" class="pageref">130</a>. -</p> -<p>Ascharî <a href="#pb55" class="pageref">55</a> f., <a href="#pb160" class="pageref">160</a>. -</p> -<p>abu-l-Atâhia <a href="#pb63" class="pageref">63</a>. -</p> -<p>al-ʻAufî <a href="#pb79" class="pageref">79</a>. -</p> -<p>Augustinus, S. <a href="#pb140" class="pageref">140</a>, <a href="#pb145" class="pageref">145</a>. -</p> -<p>Avempace s. ibn Bâddscha. -</p> -<p>Avencebrol s. ibn Gebirol. -</p> -<p>Averroes s. ibn Roschd. -</p> -<p>Avicenna s. ibn Sînâ. -</p> -<p>Bachja ibn Pakuda <a href="#pb155" class="pageref">155</a>. -</p> -<p>ibn Bâddscha <a href="#pb156" class="pageref">156</a> ff., <a href="#pb161" class="pageref">161</a>, <a href="#pb167" class="pageref">167</a>, <a href="#pb186" class="pageref">186</a>. -</p> -<p>Behmenjârʻ s. abu-l-Hasan. -</p> -<p>abu Bekr <a href="#pb9" class="pageref">9</a>. -</p> -<p>— — ibn Ibrâhîm <a href="#pb156" class="pageref">156</a>. -</p> -<p>Bêrûnî <a href="#pb120" class="pageref">120</a>, <a href="#pb130" class="pageref">130</a> f. -</p> -<p>abu Bischr Mattâ ibn Jûnus al-Qannâ’î <a href="#pb24" class="pageref">24</a>, <a href="#pb99" class="pageref">99</a> f. -</p> -<p>Brahmagupta <a href="#pb16" class="pageref">16</a>. -</p> -<p>Cardan <a href="#pb93" class="pageref">93</a>. -</p> -<p>abu-l-Chair al-Hasan ibn al-Chammâr <a href="#pb24" class="pageref">24</a>. -</p> -<p>ibn Chaldûn <a href="#pb177" class="pageref">177</a> ff. -</p> -<p>Châlid ibn Jezîd <a href="#pb23" class="pageref">23</a>. -</p> -<p>Chalîl <a href="#pb36" class="pageref">36</a> f. -</p> -<p>Chosrau Anoscharwân <a href="#pb20" class="pageref">20</a>, <a href="#pb22" class="pageref">22</a>. -</p> -<p>Dante <a href="#pb106" class="pageref">106</a>, <a href="#pb132" class="pageref">132</a>, <a href="#pb167" class="pageref">167</a>, <a href="#pb188" class="pageref">188</a>. -</p> -<p>David <a href="#pb27" class="pageref">27</a>. -</p> -<p>Demokrit <a href="#pb74" class="pageref">74</a>. -</p> -<p>Dionysios Areopag. <a href="#pb22" class="pageref">22</a>, <a href="#pb61" class="pageref">61</a>. -</p> -<p>Dschâhiz <a href="#pb36" class="pageref">36</a>, <a href="#pb51" class="pageref">51</a>, <a href="#pb53" class="pageref">53</a> f. -</p> -<p>ibn Dschibrîl <a href="#pb25" class="pageref">25</a>. -</p> -<p>Dschuzdschânî <a href="#pb131" class="pageref">131</a>. -</p> -<p><span class="corr" id="xd31e3627" title="Quelle: Dunss 187 Scotu">Duns Scotus <a href="#pb187" class="pageref">187</a></span>. -</p> -<p>Empedokles <a href="#pb27" class="pageref">27</a>, <a href="#pb51" class="pageref">51</a>, <a href="#pb74" class="pageref">74</a>, <a href="#pb115" class="pageref">115</a>. -<span class="pageNum" id="pb190">[<a href="#pb190">190</a>]</span> -</p> -<p>Euklid <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb69" class="pageref">69</a>. -</p> -<p>Fârâbî <a href="#pb98" class="pageref">98</a> ff., <a href="#pb120" class="pageref">120</a>–122, <a href="#pb125" class="pageref">125</a>, <a href="#pb127" class="pageref">127</a>, <a href="#pb130" class="pageref">130</a>, <a href="#pb133" class="pageref">133</a>, <a href="#pb140" class="pageref">140</a> f., <a href="#pb152" class="pageref">152</a>, <a href="#pb155" class="pageref">155</a>, <a href="#pb157" class="pageref">157</a>, <a href="#pb159" class="pageref">159</a>, <a href="#pb167" class="pageref">167</a>, <a href="#pb175" class="pageref">175</a>, <a href="#pb184" class="pageref">184</a>, <a href="#pb186" class="pageref">186</a> f. -</p> -<p>Fazârî <a href="#pb16" class="pageref">16</a>. -</p> -<p>Firdausî <a href="#pb120" class="pageref">120</a>, <a href="#pb139" class="pageref">139</a>. -</p> -<p>Friedrich II. <a href="#pb177" class="pageref">177</a> f., <a href="#pb185" class="pageref">185</a>. -</p> -<p>Galen <a href="#pb19" class="pageref">19</a>, <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb26" class="pageref">26</a>, <a href="#pb69" class="pageref">69</a>, <a href="#pb72" class="pageref">72</a>, <a href="#pb74" class="pageref">74</a>, <a href="#pb116" class="pageref">116</a>, <a href="#pb132" class="pageref">132</a>, <a href="#pb172" class="pageref">172</a>. -</p> -<p>Gazâlî <a href="#pb41" class="pageref">41</a>, <a href="#pb89" class="pageref">89</a>, <a href="#pb138" class="pageref">138</a> ff., <a href="#pb157" class="pageref">157</a>, <a href="#pb160" class="pageref">160</a>, <a href="#pb175" class="pageref">175</a>. -</p> -<p>ibn Gebirol <a href="#pb155" class="pageref">155</a>, <a href="#pb187" class="pageref">187</a>. -</p> -<p>Gerard von Cremona <a href="#pb185" class="pageref">185</a>. -</p> -<p>Gundisalinus <a href="#pb185" class="pageref">185</a>. -</p> -<p>ibn al-Haitham <a href="#pb133" class="pageref">133</a> ff. -</p> -<p>al-Hakam II. <a href="#pb153" class="pageref">153</a> f. -</p> -<p>al-Hâkim <a href="#pb133" class="pageref">133</a>. -</p> -<p>abu Hâmid s. Gazâlî. -</p> -<p>abu Hanîfa <a href="#pb38" class="pageref">38</a> f. -</p> -<p>al-Haramain, Imâm <a href="#pb139" class="pageref">139</a>. -</p> -<p>Harîrî <a href="#pb65" class="pageref">65</a>. -</p> -<p>Hârûn <a href="#pb11" class="pageref">11</a> f., <a href="#pb16" class="pageref">16</a>, <a href="#pb63" class="pageref">63</a>. -</p> -<p>abu-l-Hasan ʻAlî ibn Hârûn al-Zandschânî <a href="#pb79" class="pageref">79</a>. -</p> -<p>— Behmenjâr ibn Marzubân <a href="#pb131" class="pageref">131</a> f. -</p> -<p>abu Hâschim <a href="#pb54" class="pageref">54</a>. -</p> -<p>Hermann der Deutsche <a href="#pb185" class="pageref">185</a>. -</p> -<p>Hermes Trismegistos <a href="#pb20" class="pageref">20</a>, <a href="#pb27" class="pageref">27</a>, <a href="#pb151" class="pageref">151</a>. -</p> -<p>Hieronymus, S. <a href="#pb140" class="pageref">140</a>. -</p> -<p>Hippokrat <a href="#pb19" class="pageref">19</a>, <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb69" class="pageref">69</a>, <a href="#pb132" class="pageref">132</a>. -</p> -<p>Hobaisch ibn al-Hasan <a href="#pb24" class="pageref">24</a>. -</p> -<p>Homeros <a href="#pb26" class="pageref">26</a>. -</p> -<p>Honain ibn Ishâq s. abu Zaid. -</p> -<p>abu-l-Hudhail al-ʻAllâf <a href="#pb49" class="pageref">49</a>–53. -</p> -<p>Ishâq ibn Honain <a href="#pb24" class="pageref">24</a>. -</p> -<p>Jachjâ ibn Bitrîq <a href="#pb23" class="pageref">23</a>. -</p> -<p>Jakob von Edessa <a href="#pb21" class="pageref">21</a>. -</p> -<p>abu Ja’qûb Jûsuf <a href="#pb160" class="pageref">160</a> f., <a href="#pb166" class="pageref">166</a>. -</p> -<p>Jaunân <a href="#pb91" class="pageref">91</a>. -</p> -<p>Jesus <a href="#pb79" class="pageref">79</a>, <a href="#pb88" class="pageref">88</a>. -</p> -<p>Jezdegerd II. <a href="#pb15" class="pageref">15</a>. -</p> -<p>Johannâ ibn Hailân <a href="#pb99" class="pageref">99</a>. -</p> -<p>Johannes <a href="#pb21" class="pageref">21</a>. -</p> -<p>— Hispanus <a href="#pb185" class="pageref">185</a>. -</p> -<p>— Philoponus <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb142" class="pageref">142</a>. -</p> -<p>abu Jûsuf Ja’qûb <a href="#pb160" class="pageref">160</a> f., <a href="#pb166" class="pageref">166</a>. -</p> -<p>Kachtân <a href="#pb91" class="pageref">91</a>. -</p> -<p>Kindî <a href="#pb90" class="pageref">90</a> ff., <a href="#pb98" class="pageref">98</a>, <a href="#pb114" class="pageref">114</a>, <a href="#pb116" class="pageref">116</a>, <a href="#pb130" class="pageref">130</a>, <a href="#pb186" class="pageref">186</a>. -</p> -<p>Kleopatra <a href="#pb26" class="pageref">26</a>. -</p> -<p>Lessing <a href="#pb169" class="pageref">169</a>. -</p> -<p>Loqmân <a href="#pb14" class="pageref">14</a>, <a href="#pb27" class="pageref">27</a>. -</p> -<p>Machmûd von Ghazna <a href="#pb13" class="pageref">13</a>. -</p> -<p>Maimonides <a href="#pb137" class="pageref">137</a>, <a href="#pb184" class="pageref">184</a>, <a href="#pb187" class="pageref">187</a>. -</p> -<p>Mâlik <a href="#pb39" class="pageref">39</a>, <a href="#pb154" class="pageref">154</a>. -</p> -<p>Mamûn <a href="#pb11" class="pageref">11</a> f., <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb44" class="pageref">44</a>, <a href="#pb63" class="pageref">63</a>. -</p> -<p>Manfred <a href="#pb185" class="pageref">185</a>. -</p> -<p>Mâni <a href="#pb74" class="pageref">74</a>. -</p> -<p>Mansûr <a href="#pb11" class="pageref">11</a> f., <a href="#pb16" class="pageref">16</a>, <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb25" class="pageref">25</a>, <a href="#pb63" class="pageref">63</a>. -</p> -<p>— ibn Ishâq <a href="#pb73" class="pageref">73</a>. -</p> -<p>abu Maschar <a href="#pb97" class="pageref">97</a>. -</p> -<p>ibn Maskawaih <a href="#pb116" class="pageref">116</a> ff., <a href="#pb130" class="pageref">130</a>. -</p> -<p>Mas’ûdî <a href="#pb35" class="pageref">35</a>, <a href="#pb66" class="pageref">66</a> f., <a href="#pb69" class="pageref">69</a>, <a href="#pb91" class="pageref">91</a>, <a href="#pb130" class="pageref">130</a>, <a href="#pb133" class="pageref">133</a>, <a href="#pb180" class="pageref">180</a>. -</p> -<p>Michel der Schotte <a href="#pb185" class="pageref">185</a>. -</p> -<p>Moawia <a href="#pb10" class="pageref">10</a>. -</p> -<p>Mohammed <a href="#pb9" class="pageref">9</a> f., <a href="#pb27" class="pageref">27</a>, <a href="#pb31" class="pageref">31</a>, <a href="#pb38" class="pageref">38</a>, <a href="#pb42" class="pageref">42</a>, <a href="#pb52" class="pageref">52</a>, <a href="#pb79" class="pageref">79</a>, <a href="#pb87" class="pageref">87</a>, <a href="#pb112" class="pageref">112</a>, <a href="#pb129" class="pageref">129</a>, <a href="#pb146" class="pageref">146</a>, <a href="#pb164" class="pageref">164</a>. -</p> -<p>— ibn Achmed al-Nahradschûrî <a href="#pb79" class="pageref">79</a>. -</p> -<p>— ibn Tûmart <a href="#pb160" class="pageref">160</a>. -</p> -<p>ibn al-Moqaffa <a href="#pb16" class="pageref">16</a>, <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb36" class="pageref">36</a>. -</p> -<p>Mu’ammar <a href="#pb54" class="pageref">54</a>. -</p> -<p>Muqaddasî <a href="#pb67" class="pageref">67</a>. -</p> -<p>Mustandschid <a href="#pb132" class="pageref">132</a>. -</p> -<p>Mu’tadid <a href="#pb97" class="pageref">97</a>. -</p> -<p>Mutanabbî <a href="#pb64" class="pageref">64</a>. -</p> -<p>Mutawakkil <a href="#pb44" class="pageref">44</a>, <a href="#pb91" class="pageref">91</a>. -</p> -<p>abu Nasr s. Fârâbî. -</p> -<p>Nazzâm <a href="#pb51" class="pageref">51</a>–53. -</p> -<p>Nizâm al-mulk <a href="#pb139" class="pageref">139</a>. -</p> -<p>Noah <a href="#pb79" class="pageref">79</a>. -</p> -<p>Nûch ibn Mansûr <a href="#pb119" class="pageref">119</a>. -<span class="pageNum" id="pb191">[<a href="#pb191">191</a>]</span> -</p> -<p>Omar <a href="#pb9" class="pageref">9</a>. -</p> -<p>Othmân <a href="#pb9" class="pageref">9</a>. -</p> -<p>Paulus <a href="#pb21" class="pageref">21</a>. -</p> -<p>— Persa <a href="#pb22" class="pageref">22</a>. -</p> -<p>Peter der Grausame <a href="#pb178" class="pageref">178</a>. -</p> -<p>Petrus <a href="#pb21" class="pageref">21</a>. -</p> -<p>Platon <a href="#pb21" class="pageref">21</a>–23, <a href="#pb27" class="pageref">27</a>–29, <span class="corr" id="xd31e4298" title="Quelle: 31f."><a href="#pb31" class="pageref">31</a> f.</span>, <a href="#pb69" class="pageref">69</a>, <a href="#pb74" class="pageref">74</a>, <a href="#pb79" class="pageref">79</a>, <a href="#pb96" class="pageref">96</a>, <a href="#pb100" class="pageref">100</a>, <a href="#pb110" class="pageref">110</a>, <a href="#pb112" class="pageref">112</a>, <span class="corr" id="xd31e4325" title="Quelle: 115f."><a href="#pb115" class="pageref">115</a> f.</span>, <a href="#pb164" class="pageref">164</a>, <a href="#pb166" class="pageref">166</a>–168, <a href="#pb174" class="pageref">174</a>, <a href="#pb180" class="pageref">180</a>. -</p> -<p>Plotin <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb30" class="pageref">30</a>. -</p> -<p>Plutarch <a href="#pb22" class="pageref">22</a>, <a href="#pb24" class="pageref">24</a>, <a href="#pb26" class="pageref">26</a>. -</p> -<p>Porphyr <a href="#pb21" class="pageref">21</a>, <a href="#pb26" class="pageref">26</a>, <a href="#pb83" class="pageref">83</a>, <a href="#pb103" class="pageref">103</a>, <a href="#pb168" class="pageref">168</a>. -</p> -<p>Probus <span class="corr" id="xd31e4381" title="Quelle: 20f."><a href="#pb20" class="pageref">20</a> f.</span> -</p> -<p>Proklos <a href="#pb31" class="pageref">31</a>, <a href="#pb142" class="pageref">142</a>. -</p> -<p>Ptolemäus <a href="#pb16" class="pageref">16</a>, <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb69" class="pageref">69</a>. -</p> -<p>Pythagoras <a href="#pb22" class="pageref">22</a>, <a href="#pb27" class="pageref">27</a>, <span class="corr" id="xd31e4414" title="Quelle: 69f."><a href="#pb69" class="pageref">69</a> f.</span>, <a href="#pb74" class="pageref">74</a>, <a href="#pb98" class="pageref">98</a>. -</p> -<p>Qazwînî <a href="#pb152" class="pageref">152</a>. -</p> -<p>Qostâ ibn Lûqâ al-Ba’labakkî <a href="#pb23" class="pageref">23</a>, <a href="#pb25" class="pageref">25</a>. -</p> -<p>Râzî <span class="corr" id="xd31e4440" title="Quelle: 73ff."><a href="#pb73" class="pageref">73</a> ff.</span>, <a href="#pb90" class="pageref">90</a>, <span class="corr" id="xd31e4448" title="Quelle: 97f."><a href="#pb97" class="pageref">97</a> f.</span> -</p> -<p>ibn Roschd <a href="#pb159" class="pageref">159</a>, <span class="corr" id="xd31e4458" title="Quelle: 165ff."><a href="#pb165" class="pageref">165</a> ff.</span>, <a href="#pb181" class="pageref">181</a>, <a href="#pb186" class="pageref">186</a>–188. -</p> -<p>ibn Sab’în <a href="#pb177" class="pageref">177</a>. -</p> -<p>Saif addaula <a href="#pb99" class="pageref">99</a>. -</p> -<p>Salomon <a href="#pb27" class="pageref">27</a>. -</p> -<p>Sarachsî s. Achmed. -</p> -<p>Scaliger <a href="#pb132" class="pageref">132</a>. -</p> -<p>Schâfi’î <a href="#pb39" class="pageref">39</a>. -</p> -<p>Schems addaula <a href="#pb119" class="pageref">119</a>. -</p> -<p>Sergius von Ras’ain <a href="#pb21" class="pageref">21</a>. -</p> -<p>Sîbawaih <a href="#pb35" class="pageref">35</a>, <a href="#pb37" class="pageref">37</a>. -</p> -<p>Siger von Brabant <a href="#pb187" class="pageref">187</a> f. -</p> -<p>ibn Sînâ <a href="#pb35" class="pageref">35</a>, <a href="#pb89" class="pageref">89</a>, <a href="#pb116" class="pageref">116</a>, <a href="#pb119" class="pageref">119</a> ff., <a href="#pb140" class="pageref">140</a> f., <a href="#pb144" class="pageref">144</a>, <a href="#pb151" class="pageref">151</a> f., <a href="#pb155" class="pageref">155</a>, <a href="#pb161" class="pageref">161</a>, <a href="#pb163" class="pageref">163</a> f., <a href="#pb167" class="pageref">167</a>, <a href="#pb169" class="pageref">169</a>, <a href="#pb172" class="pageref">172</a>, <a href="#pb175" class="pageref">175</a>, <a href="#pb184" class="pageref">184</a>, <a href="#pb186" class="pageref">186</a>–188. -</p> -<p>Sokrates <a href="#pb21" class="pageref">21</a> f., <a href="#pb27" class="pageref">27</a> f., <a href="#pb79" class="pageref">79</a>, <a href="#pb88" class="pageref">88</a>, <a href="#pb96" class="pageref">96</a>, <a href="#pb115" class="pageref">115</a>, <a href="#pb130" class="pageref">130</a>, <a href="#pb168" class="pageref">168</a>. -</p> -<p>Spinoza <a href="#pb169" class="pageref">169</a>. -</p> -<p>Stephen bar Sudaili <a href="#pb61" class="pageref">61</a>. -</p> -<p>abu Sulaimân Moh. ibn Muschîr al-Bustî <a href="#pb79" class="pageref">79</a>. -</p> -<p>— Moh. ibn Tâhîr ibn Bahrâm al-Sidschistânî <a href="#pb114" class="pageref">114</a> ff., <a href="#pb155" class="pageref">155</a>. -</p> -<p>Tamerlan <a href="#pb178" class="pageref">178</a>. -</p> -<p>Tauhîdî <a href="#pb115" class="pageref">115</a>. -</p> -<p>Thâbit ibn Qorra <a href="#pb37" class="pageref">37</a>. -</p> -<p>Themistius <a href="#pb120" class="pageref">120</a>, <a href="#pb168" class="pageref">168</a>, <a href="#pb172" class="pageref">172</a>. -</p> -<p>Thomas von Aquino, S. <a href="#pb187" class="pageref">187</a> f. -</p> -<p>Thukydides <a href="#pb26" class="pageref">26</a>. -</p> -<p>ibn Tofail <span class="corr" id="xd31e4660" title="Quelle: 160ff."><a href="#pb160" class="pageref">160</a> ff.</span>, <a href="#pb166" class="pageref">166</a>. -</p> -<p>Uranius <a href="#pb20" class="pageref">20</a>. -</p> -<p>abu-l-Wafâ Mubasschir ibn Fâtik al-Qâ’id <a href="#pb136" class="pageref">136</a>. -</p> -<p>abu-l-Walîd s. ibn Roschd. Wâthik <a href="#pb73" class="pageref">73</a>. -</p> -<p>Witelo <a href="#pb134" class="pageref">134</a>. -</p> -<p>Zaid ibn Rifâ’a <a href="#pb79" class="pageref">79</a>. -</p> -<p>abu Zaid Honain ibn Ishâq <a href="#pb24" class="pageref">24</a>. -</p> -<p>abu Zakarîjâ Jachjâ ibn ʻAdî al-Mantiqî <a href="#pb24" class="pageref">24</a>, <a href="#pb100" class="pageref">100</a>, <a href="#pb114" class="pageref">114</a>. -</p> -<p>Zoroaster <a href="#pb79" class="pageref">79</a>, <a href="#pb154" class="pageref">154</a>. -<span class="pageNum" id="pb193">[<a href="#pb193">193</a>]</span> </p> -</div> -</div> -<div class="div1 advertisement"><span class="pageNum">[<a href="#toc">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h2 class="main">Fr. Frommanns Verlag (E. Hauff) in Stuttgart.</h2> -</div> -<div class="divBody"> -<div class="div2 section"><span class="pageNum">[<a href="#toc">Inhalt</a>]</span><div class="divHead"> -<h3 class="main xd31e4723">Frommanns Klassiker der Philosophie.</h3> -</div> -<div class="divBody"> -<p class="first xd31e122">Herausgegeben von -</p> -<p class="xd31e122">Prof. Dr. <b>Richard Falckenberg</b> in Erlangen. -</p> -<p>Strassburger Post: Auch wir mochten diese Sammlung von Monographien dem deutschen -Publikum aufs wärmste empfehlen, ja, wir nehmen keinen Anstand, diese klar geschriebenen -Einführungen in das Reich der Denkerfürsten als den Grundstock jeder gediegenen Privatbibliothek -zu bezeichnen. Dazu eignen sich die Monographien, nebenbei bemerkt, auch durch ihre -vornehme Ausstattung. -</p> -<p class="adTitle">I. <b>G. Th. Fechner.</b> -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>K. Lasswitz</b> in Gotha. 214 S. Brosch. M. 1.75. Geb. M. 2.25. -</p> -<p class="adContent">I. Leben und Wirken. — II. Das Weltbild. 1. Die Bewegung. 2. Das Bewusstsein. -</p> -<p class="adTitle">II. <b>Hobbes</b> -</p> -<p class="adSubTitle">Leben und Lehre. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>Ferd. Tönnies</b> in Kiel. 246 S. Brosch. M. 2.— Geb. M. 2.50. -</p> -<p class="adContent">I. Leben des Hobbes. — II. Lehre des Hobbes: Logik. Grund-Begriffe. Die mechanischen -Grundsätze. Die Physik. Die Anthropologie. Das Naturrecht. -</p> -<p class="adTitle">III. <b>S. Kierkegaard</b> -</p> -<p class="adSubTitle">als Philosoph. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>H. Höffding</b> in Kopenhagen. -</p> -<p class="adPrice">186 S. Brosch. M. 1.50. Geb. M. 2.—. -</p> -<p class="adContent">I. Die romantisch-spekulative Religionsphilosophie. — II. K’s. ältere Zeitgenossen -in Dänemark. — III. K’s. Persönlichkeit. — IV. K’s. Philosophie. -</p> -<p class="adTitle">IV. <b>Rousseau</b> -</p> -<p class="adSubTitle">und seine Philosophie. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>H. Höffding</b> in Kopenhagen. -</p> -<p class="adPrice">158 S. Brosch. M. 1.75. Geb. M. 2.25. -</p> -<p class="adContent">I. Rousseaus Erweckung und sein Problem. — II. R. und seine Bekenntnisse. — III. Leben, -Charakter und Werke. — IV. Die Philosophie Rousseaus. -</p> -<p class="adTitle">V. <b>Herbert Spencer.</b> -</p> -<p class="adAuthor">Von Dr. <b>Otto Gaupp</b> in London. -</p> -<p class="adPrice">Mit Spencers Bildnis. 2. verm. Aufl. 186 S. Brosch. M. 2.—. Geb. M. 2.50. -</p> -<p class="adContent">I. Spencers Leben. — II. Spencers Werk. 1. Zur Entstehungsgeschichte der Entwicklungsphilosophie. -2. Die Prinzipienlehre. 3 Biologie und Psychologie. 4. Soziologie und Ethik. -<span class="pageNum" id="pb194">[<a href="#pb194">194</a>]</span></p> -<p class="adTitle">VI. <b>Fr. Nietzsche.</b> -</p> -<p class="adSubTitle">Der Künstler und der Denker. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>Alois Riehl</b> in Halle. -</p> -<p class="adPrice">Mit Nietzsches Bildnis. 3. verm. Aufl. 176 S. Brosch. M. 2.—. Geb. M. 2.50. -</p> -<p class="adContent">I. Die Schriften und die Persönlichkeit. — II. Der Künstler. — III. Der Denker. -</p> -<p class="adTitle">VII. <b><span class="corr" id="xd31e4827" title="Quelle: J.">I.</span> Kant.</b> -</p> -<p class="adSubTitle">Sein Leben und seine Lehre. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>Friedr. Paulsen</b> in Berlin. -</p> -<p class="adPrice">Mit Kants Bildnis und Brieffaksimile aus 1792. -</p> -<p class="adPrice">3. Aufl. 420 S. Brosch. M. 4.—. Geb. M. 4.75. -</p> -<p class="adTitle">VIII. <b>Aristoteles.</b> -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>Herm. Siebeck</b> in Giessen. -</p> -<p class="adPrice">144 S. Brosch. M. 1.75. Geb. M. 2.25. -</p> -<p class="adTitle">IX. <b>Platon.</b> -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>Wilhelm Windelband</b> in Strassburg. -</p> -<p class="adPrice">Mit Platons Bildnis. 196 S. Brosch. M. 2.—. Geb. M. 2.50. -</p> -<p class="adTitle">X. <b>Schopenhauer.</b> -</p> -<p class="adSubTitle">Seine Persönlichkeit, seine Lehre, sein Glaube. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>Johannes Volkelt</b> in Leipzig. -</p> -<p class="adPrice">Mit Schopenhauers Bildnis. 408 S. Brosch. M. 4.—. -</p> -<p class="adPrice">Geb. <span class="corr" id="xd31e4884" title="Quelle: Mk.">M.</span> 4.75. -</p> -<p class="adTitle">XI. <b>Thomas Carlyle.</b> -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>Paul Hensel</b> in <b>Heidelberg</b>. -</p> -<p class="adPrice">Mit Carlyles Bildnis. 212 S. Brosch. M. 2.—. Geb. M. 2.50. -</p> -<p class="adTitle">XII. <b>Hermann Lotze.</b> -</p> -<p class="adSubTitle">Erster Teil: Leben und Schriften. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>Richard Falckenberg</b> in <b>Erlangen</b>. -</p> -<p class="adPrice">Mit Lotzes Bildnis. 206 S<span class="corr" id="xd31e4919" title="Nicht in der Quelle">.</span> Brosch. M. 2.—. Geb. M. 2.50. -</p> -<p class="adTitle">XIII. <b>W. Wundt.</b> -</p> -<p class="adSubTitle">Seine Philosophie und Psychologie. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>Edmund König</b> in <b>Sondershausen</b>. -</p> -<p class="adPrice">Mit Wundts Bildnis. 207 S. Brosch. M. 2.—. Geb. M. 2.50. -</p> -<p>Darstellungen von <b>Stuart Mill</b> und <b>Goethe als Denker</b> werden sich zunächst anschliessen. -<span class="pageNum" id="pb195">[<a href="#pb195">195</a>]</span> -</p> -<p class="adTitle">Geschichte der Philosophie im Umriss. -</p> -<p class="adAuthor">Ein Leitfaden zur Übersicht von Dr. <b>Albert Schwegler</b>. -</p> -<p class="adPrice">15. Aufl. durchgesehen und ergänzt von Prof. Dr. <span class="ex">R. Koeber</span>. 402 S. Originalausg. gr. Oktav, Brosch. M. 2.25. Geb. M. 3.—. -</p> -<p class="adContent">Das Schweglersche Werk behält in der philosophischen Geschichtslitteratur bleibenden -Wert durch die lichtvolle Behandlung und leichte Bewältigung des spröden Stoffs bei -gemeinfasslicher Darstellung, die sich mit wissenschaftlicher Gründlichkeit paart. -</p> -<p class="adTitle">Mythologie und Metaphysik. -</p> -<p class="adSubTitle">Grundlinien einer Geschichte der Weltanschauungen -</p> -<p class="adAuthor">von Prof. Dr. <b>Wilhelm Bender</b> in Bonn. -</p> -<p class="adSubTitle">I. Bd.: <b>Die Entstehung der Weltanschauungen im griechischen Altertum.</b> -</p> -<p class="adPrice">296 S. Brosch. M. 4.—. -</p> -<p class="adTitle">Geschichte der Philosophie im Islam. -</p> -<p class="adAuthor">Von <b>T. J. de Boer</b>. -</p> -<p class="adPrice">191 S. Brosch. M. 4.—. Geb. M. 5.—. -</p> -<p class="adTitle">Psychische Kraftübertragung. -</p> -<p class="adSubTitle">Enthaltend unter anderem einen Beitrag zur Lehre von dem Unterschied der Stände. -</p> -<p class="adAuthor">Von <b>Exsul</b><span class="corr" id="xd31e4997" title="Quelle: ,">.</span> -</p> -<p class="adPrice">23 S. Brosch. M. —.50. -</p> -<p class="adTitle">John Locke, -</p> -<p class="adSubTitle">ein Bild aus den geistigen Kämpfen Englands im 17. Jahrhundert. -</p> -<p class="adAuthor">Von Dr. <b>Ed. Fechtner</b>, Bibliothekar d. techn. Hochschule Wien. -</p> -<p class="adPrice">310 S. Brosch. M. 5.—. -</p> -<p class="adTitle">Der Wille zum Glauben -</p> -<p class="adSubTitle">und andere popularphilosophische Essays. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. <b>William James</b>. Übersetzt von Dr. <b>Th. Lorenz</b>. -</p> -<p class="adPrice">216 S. Brosch. M. 3.—. -</p> -<p class="adContent">1. Der Wille zum Glauben. 2. Ist das Leben wert, gelebt zu werden. 3. Das Rationalitätsgefühl. -4. Das Dilemma des Determinismus. 5. Der Moralphilosoph und das sittliche Leben. -</p> -<p class="adTitle">Der Kampf zweier Weltanschauungen. -</p> -<p class="adSubTitle">Eine Kritik, der alten und neuesten Philosophie mit Einschluss der christlichen Offenbarung. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>G. Spicker</b> in Münster. -</p> -<p class="adPrice">310 S. Brosch. M. 5.—. -<span class="pageNum" id="pb196">[<a href="#pb196">196</a>]</span> -</p> -<p class="adTitle">Ein deutscher Buddhist. -</p> -<p class="adAuthor"><span class="ex">Biographische Skizze</span> von <b>Dr. Arthur Pfungst</b>. -</p> -<p class="adPrice">Mit Schultzes Bildnis. 2. verm. Aufl. 52 S. 8<sup>o</sup>. Brosch. M. —.75. -</p> -<p class="adTitle">Die Grundfrage der Religion. -</p> -<p class="adAuthor">Versuch einer auf den realen Wissenschaften ruhenden Gotteslehre von Prof. <b>Dr. Julius Baumann</b> in Göttingen. -</p> -<p class="adPrice">72 S. Brosch. M. 1.20. -</p> -<p class="adTitle">Wie Christus urteilen und handeln würde, -</p> -<p class="adSubTitle">wenn er heutzutage unter uns lebte. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. <b>Dr. Julius Baumann</b> in Göttingen. -</p> -<p class="adPrice">88 S. Brosch. M. 1.40. -</p> -<p class="adTitle">Leben und Walten der Liebe. -</p> -<p class="adAuthor">Von <b>S. Kierkegaard</b>. <span class="corr" id="xd31e5085" title="Quelle: Uebersetzt">Übersetzt</span> von <b>A. Dorner</b>. -</p> -<p class="adPrice">534 S. Brosch. M. 5.—. Gebd. M. 6.—. -</p> -<p class="adTitle">Kierkegaard, S., Angriff auf die Christenheit. -</p> -<p class="adAuthor"><span class="corr" id="xd31e5097" title="Quelle: Uebersetzt">Übersetzt</span> von <b>A. Dorner</b> und <b>Chr. Schrempf</b>. -</p> -<p class="adAuthor">656 S. In 2 Teile brosch. M. 8.50. Geb. M. 10.—. -</p> -<p>Daraus Sonderdruck: -</p> -<p class="adTitle">Richtet selbst. -</p> -<p class="adSubTitle">Zur Selbstprüfung der Gegenwart anbefohlen. -</p> -<p class="adPrice">Zweite Reihe. 112 S. M. 1.50. -</p> -<p class="adTitle">Der Anti-Pietist. 67 S. Brosch. M. 1.—. -</p> -<p class="adTitle">Die Wahrheit. -</p> -<p class="adSubTitle">Halbmonatschrift zur Vertiefung in die Fragen und Aufgaben des Menschenlebens. -</p> -<p class="adAuthor">Herausgeber: <b>Chr. Schrempf</b>. -</p> -<p class="adPrice">Bd. I–IV brosch. à M. 3.20, gebd. à M. 3.75., V–VIII brosch. à M. 3.60, gebd. à M. -4.15. Bei gleichzeitiger Abnahme von mindestens 4 Bänden jeder Band nur M. 2.— brosch., -M. 2.50 gebd. -</p> -<p class="adContent">Die Zeitschrift, die seit Oktober 1897 nicht mehr erscheint, enthält eine Anzahl Aufsätze -von bleibendem Werte aus der Feder der Professoren Fr. <span class="ex">Paulsen</span>, <span class="ex">Max Weber</span>, <span class="ex">H. Herkner</span>, <span class="ex">Theobald Ziegler</span>, <span class="ex">Alois Riehl</span>, von Pfarrer Fr. <span class="ex">Naumann</span>, <span class="ex">Karl Jentsch</span>, <span class="ex">Chr. Schrempf</span> und anderen hervorragenden Mitarbeitern. -<span class="pageNum" id="pb197">[<a href="#pb197">197</a>]</span> -</p> -<p>Schriften von <b>Christoph Schrempf</b>: -</p> -<p class="adTitle"><b>Drei Religiöse Reden.</b> 76 S. Brosch. M. 1.20. -</p> -<p class="adTitle">Natürliches Christentum. -</p> -<p class="adPrice">Vier neue religiöse Reden. 112 S. Brosch. M. 1.50. -</p> -<p class="adTitle"><span class="corr" id="xd31e5172" title="Quelle: Ueber">Über</span> die Verkündigung des Evangeliums an d. neue Zeit. -</p> -<p class="adPrice">40 S. Brosch. M. —.60. -</p> -<p class="adTitle"><b>Zur Pfarrersfrage.</b> 52 S. Brosch. M. —.80. -</p> -<p class="adTitle">An die Studenten der Theologie zu Tübingen. -</p> -<p class="adSubTitle">Noch ein Wort zur Pfarrersfrage. -</p> -<p class="adPrice">30 S. Brosch. M. —.50. -</p> -<p class="adTitle"><b>Eine Nottaufe.</b> 56 S. Brosch. M.—.75. -</p> -<p class="adTitle">Toleranz. -</p> -<p class="adSubTitle">Rede geh. in der Berl. Gesellschaft für Eth. Kultur. -</p> -<p class="adPrice">32 S. Brosch. M. —.50. -</p> -<p class="adTitle">Zur Theorie des Geisteskampfes. -</p> -<p class="adPrice">56 S. Brosch. M. —.80. -</p> -<p class="adPrice">Obige 8 Schriften <span class="ex">Chr. Schrempfs</span> kosten anstatt M. 6.65, wenn gleichzeitig bezogen, nur M. 3.—. -</p> -<p class="adTitle">Menschenloos. -</p> -<p class="adSubTitle">Hiob * Ödipus * Jesus * Homo sum<span class="corr" id="xd31e5211" title="Quelle: ..">…</span> -</p> -<p class="adPrice">152 S. Brosch. M. 1.80. Geb. M. 2.60. -</p> -<p class="adTitle">Martin Luther -</p> -<p class="adSubTitle">aus dem Christlichen ins Menschliche übersetzt. -</p> -<p class="adPrice">188 S. Brosch. M. 2.50. Geb. M. 3.50. -</p> -<p class="adTitle">Das moderne Drama der Franzosen -</p> -<p class="adSubTitle">in seinen Hauptvertretern. -</p> -<p class="adContent">Mit zahlreichen Textproben aus hervorragenden Werken von Augier, Dumas, Sardou und -Pailleron. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>Joseph Sarrazin</b>. -</p> -<p class="adPrice">2. Aufl. 325 S. Brosch. M. 2.—. Geb. M. 3.—. -<span class="pageNum" id="pb198">[<a href="#pb198">198</a>]</span> -</p> -<p class="adTitle">Schiller in seinen Dramen. -</p> -<p class="adAuthor">Von <b>Carl Weitbrecht</b>, Prof. a. d. techn. Hochschule Stuttgart. -</p> -<p class="adPrice">314 S. Brosch. M. 3.60. Eleg. geb. M. 4.50. -</p> -<p class="adContent">Ein bedeutendes und schönes Bach zugleich, getragen von jenem sittlichen Pathos, das -allein Schillers Person und Lebenswerk gerecht zu werden vermag und dabei in seiner -Darstellungsweise darauf angelegt, dem Leser einen wirklichen ästhetischen Genuss -zu bereiten. (Dtsche. Litteraturztg.) -</p> -<p class="adTitle">Diesseits von Weimar. -</p> -<p class="adSubTitle">Auch ein Buch über Goethe. -</p> -<p class="adAuthor">Von <b>Carl Weitbrecht</b>, Prof. a. d. techn. Hochschule Stuttgart. -</p> -<p class="adPrice">320 S. Brosch. M. 3.60. Eleg. geb. M 4.50. -</p> -<p class="adContent">Ein köstliches Buch, das man von Anfang bis Ende mit immer gleichbleibendem Vergnügen -liest. Der Titel will sagen, dass es sich hier um den jungen Goethe handelt vor seiner -<span class="corr" id="xd31e5263" title="Quelle: Uebersiedelung">Übersiedelung</span> nach Weimar. -</p> -<p class="adCitation">(Pädagog. Jahresbericht.) -</p> -<p class="adTitle">Schwarmgeister. -</p> -<p class="adSubTitle">Tragödie. -</p> -<p class="adAuthor">Von <b>Carl Weitbrecht</b>. -</p> -<p class="adPrice">125 S. Brosch. M. 1.80. -</p> -<p class="adTitle">Das Frommannsche Haus und seine Freunde. -</p> -<p class="adAuthor">Von <b>F. J. Frommann</b>. -</p> -<p class="adPrice">3. Ausgabe. 191 S. Brosch. M. 3.—. -</p> -<p class="adTitle">Goethes Charakter. -</p> -<p class="adSubTitle">Eine Seelenschilderung -</p> -<p class="adAuthor">von <b>Robert Saitschick</b>. -</p> -<p class="adPrice">150 S. Brosch. M. 1.80. -</p> -<p class="adContent">I. Lebenskämpfe. II. Eigenart. III. Welt und Seele. -</p> -<p class="adContent">Wir zählen Saitschicks Schrift zu den wertvollsten Essays, die über Goethe geschrieben -wurden. (Beil. z. Allg. Ztg.) -</p> -<p class="adTitle">Versuch über die Ungleichheit der Menschenracen. -</p> -<p class="adAuthor">Vom <b>Grafen Gobineau</b>. -</p> -<p class="adAuthor">Deutsche Ausgabe von <b>Ludwig Schemann</b>. -</p> -<ul> -<li>Erster Band 324 S. Brosch. M. 3.50. Geb. M. 4.50. </li> -<li>Zweiter Band 388 S. Brosch. M. 4.20. Geb. M. 5.20. </li> -<li>Dritter Band 440 S. Brosch. M. 4.80. Geb. M. 5.80. </li> -</ul><p> -</p> -<p><span class="ex">Gobineau</span> hat stolz und gross es ausgesprochen, er habe zuerst die wirkliche noch unerkannte -Basis der <span class="ex">Geschichte</span> aufgedeckt. Schwerlich möchte er sich mit seinem Glauben überhoben haben! … Der »Nationalitäten«—, -<abbr title="das heißt">d. h.</abbr> eben der Racen-Gedanke durchzieht das moderne Völkerleben heute mehr denn je, und -keiner kann sich mehr der Empfindung erwehren, dass alle modernen Nationen vor eine -Entscheidung, eine Prüfung gestellt sind, was sie als Nationen — <abbr title="das heißt">d. h.</abbr> eben nach ihrer Racen-Anlage, ihren Mischungsbestandteilen, dem Ergebnisse ihrer -Racenmischungen — wert seien, inwieweit sie dunkel geahnten, vielleicht mit Vernichtung -drohenden Stürmen der Zukunft gewachsen sein werden<span class="corr" id="xd31e5333" title="Nicht in der Quelle">.</span> -</p> -<p>Mit dem im Jahre 1901 erscheinenden vierten Bande ist das Werk vollständig. -<span class="pageNum" id="pb199">[<a href="#pb199">199</a>]</span> -</p> -<p class="adTitle">Handbuch der natürlich-menschlichen Sittenlehre -</p> -<p class="adSubTitle">für Eltern und Erzieher. -</p> -<p class="adAuthor">Von Direktor Dr. <b>A. Döring</b>. -</p> -<p class="adPrice">431 S. Brosch. M. 4.—. Eleg. geb. M. 5.—. -</p> -<p class="adContent">I. Der Stoff des ethischen Unterrichts. 1. Der Inhalt der sittlichen Forderung. 2 -Das Zustandekommen des Sittlichen. II. Die dem ethischen Unterrichte vorangehende -sittliche Erziehung. -</p> -<p class="adTitle">Herbart, Pestalozzi -</p> -<p class="adSubTitle">und die heutigen Aufgaben der Erziehungslehre. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>P. Natorp</b> in Marburg. -</p> -<p class="adPrice">157 S. Brosch. M. 1.80. -</p> -<p>I. Herbarts allgemeine Bedeutung. II. Herbarts Ethik. III. Herbarts Psychologie. Einteilung -seiner Pädagogik. »Regierung«. IV. »Unterricht« und »Zucht«; »Erziehender Unterricht«. -V. Das Zeitalter <span class="ex">Pestalozzis</span>. VI. Allgemeine Grundlagen der Erziehungslehre Pestalozzis. VII. Pestalozzis Grundansicht -über die soziale Bedingtheit der Erziehung. Die »Abendstunde«. VIII. Ethik und Sozialphilosophie -nach den »Nachforschungen«. Religion. -</p> -<p class="adTitle">Sozialpädagogik. -</p> -<p class="adSubTitle">Theorie der Willenserziehung auf der Grundlage der Gemeinschaft. -</p> -<p class="adAuthor">Von Prof. Dr. <b>P. Natorp</b> in Marburg. -</p> -<p class="adPrice">360 S. Brosch. M. 6.—. -</p> -<p class="adContent">I. Fundamentalphilosophische Voraussetzungen. II. Grundlinien individualer und sozialer -Ethik. III. Organisation und Methode der Willenserziehung. -</p> -<p class="adTitle">Rodbertus. -</p> -<p class="adAuthor">Von <b>Karl Jentsch</b>. -</p> -<p class="adPrice">259 S. Preis brosch. M. 3.—. Eleg. gebd. M. 3.80. -</p> -<p class="adContent">I. Lebensgeschichte. II. Die Lehre. 1. Antike Staatswirtschaft. 2. Die Volkswirtschaft -der Gegenwart. 3. Die Staatswirtschaft der Zukunft. III. Die Bedeutung des Mannes. -</p> -<p class="adTitle">P. J. Proudhon. -</p> -<p class="adSubTitle">Leben und Werke. -</p> -<p class="adAuthor">Von Dr. <b>Arthur Mülberger</b>. -</p> -<p class="adPrice">248 S. Brosch. M. 2.80. Eleg. geb. M. 3.60. -</p> -<p class="adContent">I. Der Kritiker. 1809–1848. II. Der Kämpfer. 1848–1852. III. Der Denker. 1852–1865. -</p> -<p class="adTitle">Gut und Geld. -</p> -<p class="adSubTitle">Volkswirtschaftliche Studien eines Praktikers. -</p> -<p class="adAuthor">Von <b>Gustav Müller</b>. (New-York). -</p> -<p class="adPrice">292 S. Brosch. M. 2.40. Eleg. geb. M. 3.20. -</p> -<p class="adContent">I. Der Reichtum. II. Das Kapital. III. Der produktive und der unproduktive Verbrauch. -IV. Der Lohn. V. Der Gewinn. VI. Die Rente. VII. Der Wert. VIII. Das Geld. IX. Die -Produktivität der Nationen. X. Der Welthandel. XI. Freihandel und Zollschutz. XII. -Die Krisis. XIII. Die Grenzen des Reichtums. -<span class="pageNum" id="pb200">[<a href="#pb200">200</a>]</span> -</p> -<p class="adTitle">Politiker und Nationalökonomen. -</p> -<p class="adSubTitle">Eine Sammlung biographischer System- und Charakterschilderungen -</p> -<p class="xd31e122">herausgegeben von -</p> -<p class="adAuthor"><b>G. Schmoller</b> und <b>O. Hintze</b> -</p> -<p class="xd31e122">Professoren an der Universität Berlin. -</p> -<p class="adSubTitle">I. <b>Machiavelli</b> -</p> -<p class="xd31e122">von -</p> -<p class="adAuthor">Richard Fester -</p> -<p class="xd31e122">Professor an der Universität Erlangen. -</p> -<p class="adPrice">214 S. Brosch. M. 2.50; Geb. M. 3.—. -</p> -<p>Plan und Mitarbeiter des Unternehmens. -</p> -<p>Eine neue Durchforschung und eine aus dem lebendigen Geist moderner Weltauffassung -und Wissenschaft entspringende Würdigung der politischen und sozialen Systeme, die -im Laufe der letzten vier Jahrhunderte die denkenden Köpfe und das Leben der Völker -beherrscht haben, ist eine heute vielfach empfundene Aufgabe. Zur Lösung derselben -erschien die Form der Biographie die geeignetste. -</p> -<p>Hervorragende Gelehrte und Schriftsteller haben sich zu monographischen Darstellungen -grosser Politiker und Nationalökonomen vereinigt. Es wurde dabei der schriftstellerischen -Individualität, der Neigung der einzelnen Forscher volle Freiheit gewährt, in der -Auswahl wie in der Behandlung der Gegenstände. -</p> -<p>Die Sammlung will nicht einseitigen, wissenschaftlichen oder politisch-sozialen Parteiidealen -dienen. -</p> -<p>Als Leser denken wir uns nicht bloss und nicht in erster Linie Fachgelehrte, sondern -gebildete Männer und Frauen aus allen Lebenskreisen, vor allem auch Studierende aller -Fakultäten. Die Sammlung will einerseits dazu beitragen, die Wissenschaft vom Staats- -und Gesellschaftsleben zu fördern; sie will aber andererseits auch dem praktischen -Bedürfnis dienen, die politische und soziale Bildung unserer Nation zu klären und -zu vertiefen. -</p> -<p>Ihre Mitarbeit bei diesem Unternehmen haben bisher zugesagt oder doch in Aussicht -gestellt: -</p> -<div class="table"> -<table> -<tr> -<td class="cellLeft cellTop">Prof. Dr. <i>v. Bezold</i> in <i>Bonn</i> </td> -<td class="cellRight cellTop"><span class="seg">für</span> <b>Bodinus</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Dr. <i>Gaupp</i> in <i>London</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Gladstone</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Prof. Dr. <i>Gothein</i> in <i>Bonn</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Vico</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Prof. Dr. <i>Grünberg</i> in <i>Wien</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Turgot</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Prof. Dr. <i>Hasbach</i> in <i>Kiel</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Adam Smith</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Prof. Dr. <i>Hintze</i> in <i>Berlin</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Friedrich d. Gr.</b> </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Prof. Dr. <i>Marcks</i> in <i>Leipzig</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Dahlmann</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Prof. Dr. <i>Oldenberg</i> in <i>Marburg</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>K. Marx</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Prof. Dr. <i>Pribram</i> in <i>Wien</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Cromwell</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Prof. Dr. <i>Rathgen</i> in <i>Marburg</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Niebuhr</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">H. <i>Rippler</i> in <i>Berlin</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Bismarck</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Prof. Dr. <i>Schäfer</i> in <i>Heidelberg</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Treitschke</b>. </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft">Prof. Dr. <i>Schmoller</i> in <i>Berlin</i> </td> -<td class="cellRight"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>Friedr. Wilhelm I.</b> </td> -</tr> -<tr> -<td class="cellLeft cellBottom">Prof. Dr. <i>Waentig</i> in <i>Greifswald</i> </td> -<td class="cellRight cellBottom"><span class="seg"><span class="ditto"><span class="s">für</span><span class="d"><span class="i">,,</span></span></span> </span> <b>St. Simon</b>. </td> -</tr> -</table> -</div><p> -</p> -<p>Darstellungen von <b>Cavour</b>, <b>Roon</b>, <b>Moltke</b>, <b>Lassalle</b>, <b>Fr. List</b> und andern grossen Staatsmännern und Nationalökonomen werden folgen. -</p> -</div> -</div> -</div> -</div> -<div class="transcriberNote"> -<h2 class="main">Kolophon</h2> -<h3 class="main">Verfügbarkeit</h3> -<p class="first">This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions -whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project -Gutenberg License included with this eBook or online at <a class="seclink xd31e40" title="Externe Link" href="https://www.gutenberg.org/" rel="home">www.gutenberg.org</a>. -</p> -<p>This eBook is produced by the Online Distributed Proofreading Team at <a class="seclink xd31e40" title="Externe Link" href="https://www.pgdp.net/">www.pgdp.net</a>. -</p> -<p>An English translation of this ebook, <i><a class="pglink xd31e40" title="Link zu Project Gutenberg Ebook" href="https://www.gutenberg.org/ebooks/66566">The History of Philosophy in Islam</a></i>, is also available from Project Gutenberg. -</p> -<h3 class="main">Metadaten</h3> -<table class="colophonMetadata" summary="Metadaten"> -<tr> -<td><b>Titel:</b></td> -<td>Geschichte der Philosophie im Islam</td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b>Autor:</b></td> -<td>Tjitze Jacobs de Boer (1866–1942)</td> -<td><a href="https://viaf.org/viaf/12674288/" class="seclink">Information</a></td> -</tr> -<tr> -<td><b>Veröffentlichungsdatum:</b></td> -<td>2017-05-07</td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b>Sprache:</b></td> -<td>Deutsch</td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b>Veröffentlichungsdatum des Originals:</b></td> -<td>1901</td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b>Stichwörter:</b></td> -<td>Arabic Philosophy, History</td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b></b></td> -<td>Islamic philosophy</td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b>Projekt Gutenberg:</b></td> -<td><a href="https://www.gutenberg.org/ebooks/54679" class="seclink">54679</a></td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b>OCLC/WorldCat:</b></td> -<td><a href="https://www.worldcat.org/oclc/8362771" class="seclink">8362771</a></td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b>Open Library (Buch):</b></td> -<td><a href="https://openlibrary.org/books/OL24783344M" class="seclink">OL24783344M</a></td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b>Open Library (Werk):</b></td> -<td><a href="https://openlibrary.org/works/OL15874814W" class="seclink">OL15874814W</a></td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b>GitHub:</b></td> -<td><a href="https://github.com/GutenbergSource/54679-De-Boer-Geschichte-der-Philosophie-im-Islam" class="seclink">54679-De-Boer-Geschichte-der-Philosophie-im-Islam</a></td> -<td></td> -</tr> -<tr> -<td><b>QR-Code:</b></td> -<td colspan="2"><img src="images/qr54679.png" alt="QR-Code der URL von Project Gutenberg" width="148" height="148"></td> -</tr> -</table> -<h3 class="main">Kodierung</h3> -<p class="first"> -</p> -<h3 class="main">Überblick der Revisionen</h3> -<ul> -<li>2017-04-29 Started. </li> -</ul> -<h3 class="main">Externe Referenzen</h3> -<p>Dieses Project Gutenberg Buch enthält externe Referenzen. Diese Links können möglicherweise -für Sie nicht funktionieren.</p> -<h3 class="main">Korrekturen</h3> -<p>Die folgenden Korrekturen sind am Text angewendet worden:</p> -<table class="correctionTable" summary="Übersicht der Korrekturen im Text"> -<tr> -<th>Seite</th> -<th>Quelle</th> -<th>Korrektur</th> -<th>Edit-Distanz</th> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e135">3</a></td> -<td class="width40 bottom">Uebrigens</td> -<td class="width40 bottom">Übrigens</td> -<td class="bottom">2 / 1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e147">3</a></td> -<td class="width40 bottom">Ueberweg-Heinze</td> -<td class="width40 bottom">Überweg-Heinze</td> -<td class="bottom">2 / 1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e248">5</a>, <a class="pageref" href="#xd31e257">5</a>, <a class="pageref" href="#xd31e1134">23</a></td> -<td class="width40 bottom">Uebersetzungen</td> -<td class="width40 bottom">Übersetzungen</td> -<td class="bottom">2 / 1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e263">5</a></td> -<td class="width40 bottom">Uebersetzer</td> -<td class="width40 bottom">Übersetzer</td> -<td class="bottom">2 / 1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e269">5</a>, <a class="pageref" href="#xd31e415">6</a>, <a class="pageref" href="#xd31e988">13</a></td> -<td class="width40 bottom">Ueberlieferung</td> -<td class="width40 bottom">Überlieferung</td> -<td class="bottom">2 / 1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e589">6</a></td> -<td class="width40 bottom">1</td> -<td class="width40 bottom">12.</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1034">15</a></td> -<td class="width40 bottom">II</td> -<td class="width40 bottom">III</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1162">24</a></td> -<td class="width40 bottom">grosse</td> -<td class="width40 bottom">große</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1165">24</a></td> -<td class="width40 bottom">Ausser</td> -<td class="width40 bottom">Außer</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1170">25</a></td> -<td class="width40 bottom">reichbeschenkt</td> -<td class="width40 bottom">reich beschenkt</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1290">33</a></td> -<td class="width40 bottom">jeden</td> -<td class="width40 bottom">jedes</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1353">37</a></td> -<td class="width40 bottom">fleissig</td> -<td class="width40 bottom">fleißig</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1521">47</a></td> -<td class="width40 bottom">.</td> -<td class="width40 bottom">,</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1537">48</a></td> -<td class="width40 bottom">Mutaliziten</td> -<td class="width40 bottom">Mutaziliten</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1726">65</a></td> -<td class="width40 bottom">begnüg</td> -<td class="width40 bottom">begnüg’</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1736">65</a></td> -<td class="width40 bottom">grosses</td> -<td class="width40 bottom">großes</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1790">69</a></td> -<td class="width40 bottom">Metereologie</td> -<td class="width40 bottom">Meteorologie</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1806">71</a></td> -<td class="width40 bottom">Besonderkeit</td> -<td class="width40 bottom">Besonderheit</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1819">72</a></td> -<td class="width40 bottom">dasein</td> -<td class="width40 bottom">da sein</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1869">76</a>, <a class="pageref" href="#xd31e2507">126</a>, <a class="pageref" href="#xd31e3181">185</a></td> -<td class="width40 bottom"> -[<i>Nicht in der Quelle</i>] -</td> -<td class="width40 bottom">,</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e1894">78</a></td> -<td class="width40 bottom">Encyclopädie</td> -<td class="width40 bottom">Encyklopädie</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2137">97</a></td> -<td class="width40 bottom">Kindis</td> -<td class="width40 bottom">Kindi’s</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2213">101</a></td> -<td class="width40 bottom">erkenntnis-theoretische</td> -<td class="width40 bottom">erkenntnistheoretische</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2298">109</a>, <a class="pageref" href="#xd31e4919">194</a>, <a class="pageref" href="#xd31e5333">198</a></td> -<td class="width40 bottom"> -[<i>Nicht in der Quelle</i>] -</td> -<td class="width40 bottom">.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2463">122</a></td> -<td class="width40 bottom">übes</td> -<td class="width40 bottom">über</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2553">130</a></td> -<td class="width40 bottom">unmesslicher</td> -<td class="width40 bottom">unermesslicher</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2571">132</a></td> -<td class="width40 bottom">heisst</td> -<td class="width40 bottom">heißt</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2659">139</a></td> -<td class="width40 bottom">seine</td> -<td class="width40 bottom">seiner</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2724">147</a></td> -<td class="width40 bottom">himmlicher</td> -<td class="width40 bottom">himmlischer</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2729">147</a></td> -<td class="width40 bottom">tötliches</td> -<td class="width40 bottom">tödliches</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2820">153</a></td> -<td class="width40 bottom">liess</td> -<td class="width40 bottom">ließ</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2861">157</a></td> -<td class="width40 bottom">dunkeln</td> -<td class="width40 bottom">dunklen</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2882">158</a></td> -<td class="width40 bottom">Uebermenschlichen</td> -<td class="width40 bottom">Übermenschlichen</td> -<td class="bottom">2 / 1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2919">161</a></td> -<td class="width40 bottom">thatens</td> -<td class="width40 bottom">thaten es</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2958">164</a></td> -<td class="width40 bottom">ausserdem</td> -<td class="width40 bottom">außerdem</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2982">166</a></td> -<td class="width40 bottom">Chalife</td> -<td class="width40 bottom">Chalif</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e2993">167</a></td> -<td class="width40 bottom">Mißverständnisse</td> -<td class="width40 bottom">Missverständnisse</td> -<td class="bottom">2</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e3197">186</a></td> -<td class="width40 bottom">Neue</td> -<td class="width40 bottom">Neues</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e3627">189</a></td> -<td class="width40 bottom">Dunss 187 Scotu</td> -<td class="width40 bottom">Duns Scotus 187</td> -<td class="bottom">10</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4298">191</a></td> -<td class="width40 bottom">31f.</td> -<td class="width40 bottom">31 f.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4325">191</a></td> -<td class="width40 bottom">115f.</td> -<td class="width40 bottom">115 f.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4381">191</a></td> -<td class="width40 bottom">20f.</td> -<td class="width40 bottom">20 f.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4414">191</a></td> -<td class="width40 bottom">69f.</td> -<td class="width40 bottom">69 f.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4440">191</a></td> -<td class="width40 bottom">73ff.</td> -<td class="width40 bottom">73 ff.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4448">191</a></td> -<td class="width40 bottom">97f.</td> -<td class="width40 bottom">97 f.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4458">191</a></td> -<td class="width40 bottom">165ff.</td> -<td class="width40 bottom">165 ff.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4660">191</a></td> -<td class="width40 bottom">160ff.</td> -<td class="width40 bottom">160 ff.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4827">194</a></td> -<td class="width40 bottom">J.</td> -<td class="width40 bottom">I.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4884">194</a></td> -<td class="width40 bottom">Mk.</td> -<td class="width40 bottom">M.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e4997">195</a></td> -<td class="width40 bottom">,</td> -<td class="width40 bottom">.</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e5085">196</a>, <a class="pageref" href="#xd31e5097">196</a></td> -<td class="width40 bottom">Uebersetzt</td> -<td class="width40 bottom">Übersetzt</td> -<td class="bottom">2 / 1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e5172">197</a></td> -<td class="width40 bottom">Ueber</td> -<td class="width40 bottom">Über</td> -<td class="bottom">2 / 1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e5211">197</a></td> -<td class="width40 bottom">..</td> -<td class="width40 bottom">…</td> -<td class="bottom">1</td> -</tr> -<tr> -<td class="width20"><a class="pageref" href="#xd31e5263">198</a></td> -<td class="width40 bottom">Uebersiedelung</td> -<td class="width40 bottom">Übersiedelung</td> -<td class="bottom">2 / 1</td> -</tr> -</table> -<h3 class="main">Abkürzungen</h3> -<p>Übersicht der Abkürzungen im Text.</p> -<table class="abbreviationtable" summary="Übersicht der Abkürzungen im Text."> -<tr> -<th>Abkürzung</th> -<th>Ausgeschriebene Form</th> -</tr> -<tr> -<td class="bottom">d. h.</td> -<td class="bottom">das heißt</td> -</tr> -<tr> -<td class="bottom">gest.</td> -<td class="bottom">gestorben</td> -</tr> -<tr> -<td class="bottom">s.</td> -<td class="bottom">siehe</td> -</tr> -<tr> -<td class="bottom">u. A.</td> -<td class="bottom">und Andere</td> -</tr> -<tr> -<td class="bottom">u. a.</td> -<td class="bottom">unter andere</td> -</tr> -<tr> -<td class="bottom">u. s. w.</td> -<td class="bottom">und so weiter</td> -</tr> -<tr> -<td class="bottom">Vgl.</td> -<td class="bottom">Vergleiche</td> -</tr> -<tr> -<td class="bottom">vgl.</td> -<td class="bottom">vergleiche</td> -</tr> -<tr> -<td class="bottom">z. B.</td> -<td class="bottom">zum Beispiel</td> -</tr> -</table> -</div> -</div> -<div style='display:block; margin-top:4em'>*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK GESCHICHTE DER PHILOSOPHIE IM ISLAM ***</div> -<div style='text-align:left'> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Updated editions will replace the previous one—the old editions will -be renamed. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright -law means that no one owns a United States copyright in these works, -so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United -States without permission and without paying copyright -royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part -of this license, apply to copying and distributing Project -Gutenberg™ electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG™ -concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, -and may not be used if you charge for an eBook, except by following -the terms of the trademark license, including paying royalties for use -of the Project Gutenberg trademark. If you do not charge anything for -copies of this eBook, complying with the trademark license is very -easy. You may use this eBook for nearly any purpose such as creation -of derivative works, reports, performances and research. Project -Gutenberg eBooks may be modified and printed and given away--you may -do practically ANYTHING in the United States with eBooks not protected -by U.S. copyright law. Redistribution is subject to the trademark -license, especially commercial redistribution. -</div> - -<div style='margin:0.83em 0; font-size:1.1em; text-align:center'>START: FULL LICENSE<br> -<span style='font-size:smaller'>THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE<br> -PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK</span> -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -To protect the Project Gutenberg™ mission of promoting the free -distribution of electronic works, by using or distributing this work -(or any other work associated in any way with the phrase “Project -Gutenberg”), you agree to comply with all the terms of the Full -Project Gutenberg™ License available with this file or online at -www.gutenberg.org/license. -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg™ electronic works -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg™ -electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to -and accept all the terms of this license and intellectual property -(trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all -the terms of this agreement, you must cease using and return or -destroy all copies of Project Gutenberg™ electronic works in your -possession. If you paid a fee for obtaining a copy of or access to a -Project Gutenberg™ electronic work and you do not agree to be bound -by the terms of this agreement, you may obtain a refund from the person -or entity to whom you paid the fee as set forth in paragraph 1.E.8. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -1.B. “Project Gutenberg” is a registered trademark. It may only be -used on or associated in any way with an electronic work by people who -agree to be bound by the terms of this agreement. 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Information about the Mission of Project Gutenberg™ -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Project Gutenberg™ is synonymous with the free distribution of -electronic works in formats readable by the widest variety of -computers including obsolete, old, middle-aged and new computers. It -exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations -from people in all walks of life. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Volunteers and financial support to provide volunteers with the -assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s -goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will -remain freely available for generations to come. In 2001, the Project -Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure -and permanent future for Project Gutenberg™ and future -generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see -Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org. -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit -501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the -state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal -Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification -number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by -U.S. federal laws and your state’s laws. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West, -Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up -to date contact information can be found at the Foundation’s website -and official page at www.gutenberg.org/contact -</div> - -<div style='display:block; font-size:1.1em; margin:1em 0; font-weight:bold'> -Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread -public support and donations to carry out its mission of -increasing the number of public domain and licensed works that can be -freely distributed in machine-readable form accessible by the widest -array of equipment including outdated equipment. Many small donations -($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt -status with the IRS. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -The Foundation is committed to complying with the laws regulating -charities and charitable donations in all 50 states of the United -States. Compliance requirements are not uniform and it takes a -considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up -with these requirements. We do not solicit donations in locations -where we have not received written confirmation of compliance. To SEND -DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state -visit <a href="https://www.gutenberg.org/donate/">www.gutenberg.org/donate</a>. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -While we cannot and do not solicit contributions from states where we -have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition -against accepting unsolicited donations from donors in such states who -approach us with offers to donate. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -International donations are gratefully accepted, but we cannot make -any statements concerning tax treatment of donations received from -outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Please check the Project Gutenberg web pages for current donation -methods and addresses. 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Thus, we do not -necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper -edition. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -Most people start at our website which has the main PG search -facility: <a href="https://www.gutenberg.org">www.gutenberg.org</a>. -</div> - -<div style='display:block; margin:1em 0'> -This website includes information about Project Gutenberg™, -including how to make donations to the Project Gutenberg Literary -Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to -subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. -</div> - -</div> - -</body> -</html> diff --git a/old/54679-h/images/book.png b/old/54679-h/images/book.png Binary files differdeleted file mode 100644 index 8c9ee4f..0000000 --- a/old/54679-h/images/book.png +++ /dev/null diff --git a/old/54679-h/images/card.png b/old/54679-h/images/card.png Binary files differdeleted file mode 100644 index 1ffbe1a..0000000 --- a/old/54679-h/images/card.png +++ /dev/null diff --git a/old/54679-h/images/external.png b/old/54679-h/images/external.png Binary files differdeleted file mode 100644 index ba4f205..0000000 --- a/old/54679-h/images/external.png +++ /dev/null diff --git a/old/54679-h/images/new-cover-tn.jpg b/old/54679-h/images/new-cover-tn.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 4bb4824..0000000 --- a/old/54679-h/images/new-cover-tn.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/54679-h/images/new-cover.jpg b/old/54679-h/images/new-cover.jpg Binary files differdeleted file mode 100644 index 2a72781..0000000 --- a/old/54679-h/images/new-cover.jpg +++ /dev/null diff --git a/old/54679-h/images/qr54679.png b/old/54679-h/images/qr54679.png Binary files differdeleted file mode 100644 index 09966fd..0000000 --- a/old/54679-h/images/qr54679.png +++ /dev/null diff --git a/old/54679-h/images/titlepage.png b/old/54679-h/images/titlepage.png Binary files differdeleted file mode 100644 index 864114c..0000000 --- a/old/54679-h/images/titlepage.png +++ /dev/null |
