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| author | Roger Frank <rfrank@pglaf.org> | 2025-10-14 18:37:59 -0700 |
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Es setzt +die Kenntnis der hier folgenden Fabel aus dem Mahabharata voraus: + +Während der Wanderungen, die Arjuna in Erfüllung eines Bußgelübdes +unternahm, kam er nach Manipur. Dort sah er Chitrāngadā, die schöne +Tochter von Chitravāhana, dem König des Landes, und von ihrer Anmut +überwältigt, bat er den König um ihre Hand. Chitravāhana fragte ihn +nach seiner Herkunft. Auf die Antwort, er sei Arjuna der Pandara, +erzählte der König ihm, daß einer seiner Ahnen, Prabhanjana vom +königlichen Stamme von Manipur, lange kinderlos geblieben war. Um einen +Erben zu erhalten, legte er sich strenge Bußübungen auf. Die Strenge +seines Lebens fand Gnade vor Shiva, und der Gott gewährte ihm und jedem +seiner Nachkommen ein Kind. + +Es geschah aber, daß das versprochene Kind stets ein Knabe war. Er, +Chitravāhana, war der Erste, dem nur eine Tochter, Chitrāngadā, gewährt +war, um das Geschlecht zu erhalten. + +Er hatte sie deshalb stets wie einen Sohn gehalten und zu seinem Erben +gemacht. -- + +Der König fährt in der Erzählung fort: »Der einzige Sohn, den sie +gebären wird, muß der Erhalter meines Geschlechts sein, und diesen Sohn +verlange ich als Kaufpreis für die Einwilligung in die Heirat. Wenn du +willst, kannst du sie unter dieser Bedingung haben.« Arjuna gab das +Versprechen, nahm Chitrāngadā zum Weibe und lebte mit ihr drei Jahre in +ihres Vaters Hauptstadt. Als ihnen ein Sohn geboren wurde, umarmte er +sie liebevoll, nahm Abschied von ihr und ihrem Vater und setzte seine +Wanderung fort. + + + + +PERSONEN + + + Götter: + _Madana_ (Eros). + _Vasanta_ (Lycoris). + + Sterbliche: + _Chitra_, Tochter des Königs von Manipur. + _Arjuna_, ein Prinz aus dem Hause der + Kuru. Er ist aus der Kshatriya oder + Kriegerkaste und lebt während der + Handlung als Eremit einsam im Wald. + + _Dorfleute_ aus einer abgelegenen Gegend + in Manipur. + + + + +ERSTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Chitra_ + +Bist Du der Gott mit den fünf Pfeilen, der Gott der Liebe? + +_Madana_ + +Ich war der Erstgeborene im Herzen des Schöpfers. Ich binde mit Fesseln +des Schmerzes und erfülle mit Seligkeit das Leben der Menschen! + +_Chitra_ + +Ich weiß, ich kenne jenen Schmerz und jene Fesseln! -- Und wer bist Du, +mein Herr? + +_Vasanta_ + +Ich bin sein Freund -- Vasanta -- der König der Jahreszeiten. Tod und +Alter würden die Welt bis ins Mark zerfressen, folgte ich ihnen nicht, +um sie beständig zu bekämpfen. Ich bin die Ewige Jugend. + +_Chitra_ + +Ich beuge mich vor Dir, Vasanta, mein Herr. + +_Madana_ + +Doch welch strenges Gelübde bindet Dich, schöne Fremde? Warum läßt Du +Deine frische Jugend welken in Buße und Demütigung? Solch Opfer ist dem +Dienst der Liebe fremd. Wer bist Du, und was ist Dein Gebet? + +_Chitra_ + +Ich bin Chitra, die Tochter aus dem königlichen Hause von Manipur. +Shivas göttliche Gnade versprach meinem königlichen Ahnherrn eine +ununterbrochene Reihe männlicher Nachkommen. Aber das Wort des Gottes +vermochte nicht, den Lebensfunken in meiner Mutter Leib zu wandeln, so +unbezwingbar war meine Natur, obschon ich ein Weib bin. + +_Madana_ + +Ich weiß, darum erzieht Dich Dein Vater wie einen Sohn. Er hat Dich +gelehrt mit dem Bogen umzugehen und Dich in allen Pflichten eines Königs +unterwiesen. + +_Chitra_ + +Ja, darum trage ich männliches Gewand und habe die Abgeschiedenheit des +Frauengemaches verlassen. Ich weiß nichts von Frauenlist, die die Herzen +gewinnt. Meine starken Hände können den Bogen spannen, aber ich habe die +Kunst des Liebesgottes nicht erlernt; das Spiel der Augen ist mir fremd. + +_Madana_ + +Das erlernt sich von selbst, Du Schöne. Die Augen brauchen darin nicht +unterrichtet zu werden. Das weiß der am besten, der von ihnen ins Herz +getroffen wurde. + +_Chitra_ + +Auf der Suche nach Wild wanderte ich eines Tages einsam durch den Wald +am Ufer des Purna-Flusses. Mein Roß band ich an einen Stamm und drang +in's dichte Gestrüpp, der Spur eines Wildes folgend. Ich fand einen +schmalen, gewundenen Pfad, der sich durch das Dämmer verschlungener +Zweige schlang. Die Blätter erzitterten vom Grillengezirp. Plötzlich +erspähte ich auf meinem Weg einen Mann, der auf einem Lager trockenen +Laubes ruhte. Hochmütig befahl ich ihm, mir Platz zu machen, aber es +kümmerte ihn nicht. Da stach ich ihn verächtlich mit der scharfen Spitze +meines Pfeils. Er sprang auf, stark und ebenmäßig an Wuchs, gleich einer +Flamme, die plötzlich aus einem Aschenhaufen züngelt. Ein belustigtes +Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, vielleicht ob meines knabenhaften +Anblicks. Da -- zum erstenmal in meinem Leben fühlte ich mich Weib und +wußte, daß ein Mann vor mir stand. + +_Madana_ + +In glückbegünstigter Stunde verkünde ich Mann und Weib die erhabene +Lehre: Erkennet einander. -- Was geschah dann? + +_Chitra_ + +Voll Angst und Staunen fragte ich ihn: »Wer bist Du?« »Ich bin +Arjuna«, sagte er, »aus dem großen Stamme der Kuru«. Ich stand wie +versteinert und vergaß mich zu verneigen. War das wirklich Arjuna, der +Abgott meiner Träume, der Einzige, Große! Schon lange kannte ich sein +Gelöbnis, zwölf Jahre in Keuschheit zu leben. Mein junger Ehrgeiz hatte +mich manchen Tag angestachelt, mit ihm eine Lanze zu brechen, ihn +verkappt zum Zweikampf zu fordern und ihm meine Waffenkunst zu beweisen. +Ach töricht Herz, wohin entfloh Dein Stolz? Könnt' ich meine Jugend mit +ihren Sehnsüchten hingeben, um Staub zu sein unter Deinen Füßen, +wahrlich eine köstliche Gnade dünkte mir das. Ich weiß nicht, in welchem +Strudel der Empfindung ich mich verlor, als ich ihn plötzlich zwischen +den Bäumen entschwinden sah! -- Du töricht Weib, du grüßtest ihn nicht +und sprachest kein Wort, noch batest du ihn um Verzeihung, sondern +standest wie ein ungeschickter Tölpel, während er verächtlich +hinwegschritt!... Am nächsten Morgen legte ich meine Männerkleidung ab +und schmückte mich mit Armbändern, Fußringen, einer Gürtelkette und +einem Gewand aus purpurner Seide. Das ungewohnte Kleid schmiegte sich +fest um meinen bebenden Leib; aber ich beschleunigte mein Suchen und +fand Arjuna in Shiva's Waldtempel. + +_Madana_ + +Vollende Deine Erzählung. Ich bin der herzgeborene Gott, und ich +verstehe das Geheimnis dieser Triebe. + +_Chitra_ + +Nur undeutlich vermag ich mich zu erinnern, was ich sagte, und was ich +zur Antwort bekam. Heiß' mich nicht alles erzählen. Scham überwältigte +mich wie ein Donnerschlag und konnte mich doch nicht zerschmettern, so +durchaus hart bin ich, so männlich. Als ich heimwärts schritt, stachen +mich seine letzten Worte wie glühende Nadeln ins Ohr: »Ich habe +Keuschheit gelobt. Ich kann Dein Gemahl nicht sein!« O, um das Gelübde +eines Mannes! Sicherlich weißt Du, o Gott der Liebe, daß zahllose +Heilige und Weise den Preis ihrer lebenslangen Buße hingegeben haben um +eines Weibes willen. Ich brach meinen Bogen entzwei und verbrannte meine +Pfeile im Feuer. Ich haßte meinen starken, geschmeidigen Arm, gezeichnet +vom Spannen des Bogens. O Liebe, Liebe, Du hast tief in den Staub +gebeugt den nichtigen Stolz meiner männlichen Stärke, und all meine +Manneszucht liegt zermalmt zu Deinen Füßen. Nun lehre mich Deine Gebote. +Gib mir die Kraft der Schwachen und die Waffe der wehrlosen Hand. + +_Madana_ + +Ich will Dein Freund sein. Ich will den weltenbezwingenden Arjuna vor +Dein Angesicht bringen, ein Gefangener, der den Richtspruch seiner +Empörung aus Deiner Hand empfangen soll. + +_Chitra_ + +Stünde mir nur die Zeit zu Gebot, ich könnte allmählich sein Herz +gewinnen und brauchte der Götter Hilfe nicht. Zur Seite würde ich ihm +stehen als Gefährte, die wilden Rosse seines Kriegswagens lenken, die +Freuden der Jagd mit ihm teilen. Zur Nacht hielt ich Wache am Eingang +seines Zeltes und hülfe ihm, die großen Pflichten eines Kshatriya +erfüllen, die Schwachen zu befreien und Recht zu sprechen, wo es not +tut. Sicherlich käme der Tag, an dem er mich erblicken und verwundert +fragen würde: »Wer ist dieser Knabe? Ist einer meiner Sklaven aus einem +früheren Leben, meinen guten Taten gleich, mir gefolgt ins Diesseits?« +Ich bin nicht das Weib, das seine Verzweiflung mit nächtlichen Tränen in +einsamer Stille nährt, sie täglich hinter geduldigen Lächeln verbirgt, +als Witwe geboren. Die Blüte meines Verlangens soll nicht in den Staub +sinken, ehe sie zur Frucht gereift ist. Aber es ist die Arbeit eines +Lebens, Verständnis zu finden und Ehre zu erlangen für sein eigenstes +Ich. Darum bin ich an Deine Tür gekommen, Du, weltenüberwindende Liebe, +und Du, Vasanta, jugendlicher Gott der Jahreszeiten, nimm von meinem +jungen Körper die angeborene Ungerechtigkeit der Häßlichkeit. Für einen +einzigen Tag mache mich wunderbar schön, so schön wie die mit einem Mal +in meinem Herzen erblühte Liebe. Gib mir nur einen einzigen Tag +makelloser Schönheit, und ich will einstehen für die Tage, die da +kommen. + +_Madana_ + +Prinzessin, Dein Gebet sei erhört! + +_Vasanta_ + +Nicht nur für einen kurzen Tag, sondern für ein ganzes langes Jahr soll +der Frühlingsblüten Lieblichkeit sich um Deine Glieder schmiegen. + + + + +ZWEITE SZENE + +IM WALD + + +_Arjuna_ + +Träumte mir oder war Wirklichkeit, was ich am See sah? Im sinkenden +Schatten des Abends saß ich auf moosigem Grund und dachte vergangener +Jahre, als aus dem bergenden Dunkel der Blätter langsam eine Erscheinung +trat in der vollkommenen Gestalt eines Weibes. Sie stand auf einem +weißen, flachen Stein am Rande des Wassers. Es schien, als müsse das +Herz der Erde sich weiten vor Freude unter ihren nackten weißen Füßen. +Mir deuchte, die zarte Umhüllung ihres Körpers wollte sich in Verzückung +auflösen in Luft, wie der goldene Frühnebel vom schneeigen Gipfel des +östlichen Berges schmilzt. Sie beugte sich über den schimmernden Spiegel +des Teiches und erblickte ihr Antlitz darin. Sie schrak zurück und stand +still, dann lächelte sie, löste mit einer nachlässigen Bewegung des +linken Arms ihr Haar, das bis zu ihren Füßen zur Erde niederglitt. Sie +entblößte ihre Brust und betrachtete ihre makellos geformten Arme +erfüllt von Zärtlichkeit für ihren Körper. Sie neigte den Kopf und sah +ihre süße, blühende Jugend und das zarte Erröten ihrer flaumigen Haut. +Sie strahlte in freudiger Überraschung. So würde die weiße Lotosblume +den ganzen Tag über sich staunen, könnte sie des Morgens beim Erwachen, +ihren Hals beugen und ihr Abbild im Wasser sehn. Aber einen Augenblick +später wich das Lächeln von ihrem Antlitz, und ein Schatten von Trauer +stieg in ihren Augen auf. Sie band ihre Haarflechten auf, zog den +Schleier um ihre Schultern und schritt leise seufzend hinweg, wie ein +schöner Abend, der in Nacht versinkt. Die erhabene Erfüllung aller +Sehnsucht schien sich mir in einem Blitz geoffenbart zu haben und +verlosch dann ... Aber wer bewegt die Türe? + +(Chitra tritt ein, in Frauenkleidern.) + +Ah! sie ist's! Stille mein Herz!... + +Fürchte nichts, Herrin! Ich bin ein Kshatriya. + +_Chitra_ + +Edler Herr, Du bist mein Gast. Ich wohne in diesem Tempel. Ich weiß +nicht, wie ich Dir Gastfreundschaft erzeigen kann. + +_Arjuna_ + +Schöne Frau, Dein Anblick allein ist die höchste Gastfreundschaft. Wenn +Du mir's nicht verdenken willst, möchte ich Dich etwas fragen. + +_Chitra_ + +Es sei Dir gewährt. + +_Arjuna_ + +Welch strenges Gelübde hält Dich in diesen einsamen Tempelmauern +gefangen und beraubt die Sterblichen Deines lieblichen Anblickes? + +_Chitra_ + +Ich hege einen geheimen Wunsch in meinem Herzen, für dessen Erfüllung +ich täglich Gebete zu Shiva sende. + +_Arjuna_ + +Ach, was kannst Du verlangen, die Du das Verlangen der ganzen Welt bist? +Von dem östlichen Hügel, auf dessen Gipfel die Morgensonne zuerst ihren +feurigen Fuß setzt, bis ans Ende des Abendlands bin ich gewandert. Ich +habe das Köstlichste, Schönste und Größte der Erde gesehen. Mein Wissen +soll Dein sein, nur sage mir, was oder wen Du suchst. + +_Chitra_ + +Ihn, den ich suche, ihn kennen alle. + +_Arjuna_ + +Wer mag dieser Liebling der Götter sein, der Dein Herz gefangen nahm? + +_Chitra_ + +Er ist der Größte aller Helden, ein Sproß des höchsten Herrscherhauses. + +_Arjuna_ + +Herrin, opfere nicht diesen Schatz von Schönheit, der Dein ist, auf dem +Altar eines falschen Ruhmes. Unwahres Gerücht verbreitet sich von Mund +zu Mund, wie der Nebel im frühen Morgendämmer ehe die Sonne aufgeht. +Sage mir, wer ist der erhabene Held aus höchstem königlichem Stamm? + +_Chitra_ + +Einsiedler, der Ruhm andrer Männer erfüllt Dich mit Neid. Weißt Du +nicht, daß der Ruhm des königlichen Hauses der Kuru über die ganze Welt +verbreitet ist? + +_Arjuna_ + +Das Haus der Kuru! + +_Chitra_ + +Und hast Du nie den größten Namen dieses weitgerühmten Hauses gehört? + +_Arjuna_ + +Laß ihn mich von Deinen eigenen Lippen hören. + +_Chitra_ + +Arjuna, der Welteroberer. Ich habe diesen unsterblichen Namen von den +Lippen der Menge abgelesen und ihn sorgfältig in meinem Herzen +verborgen. Einsiedler, was blickst Du so verwirrt drein? Trägt dieser +Name nur trügerischen Glanz? Sag es, und ich will nicht zögern, den +Schrein meines Herzens aufzubrechen und den falschen Edelstein in den +Staub zu werfen. + +_Arjuna_ + +Ob auch sein Name und Ruhm, sein Mut und seine Tapferkeit wahr oder +falsch sind, um des Mitleids willen verbanne ihn nicht aus Deinem +Herzen, denn er kniet zu Deinen Füßen -- in diesem Augenblick. + +_Chitra_ + +Du, Arjuna! + +_Arjuna_ + +Ja, der bin ich, ein vor Liebe verschmachteter Bettler an deiner Tür. + +_Chitra_ + +So ist es nicht wahr, daß Arjuna das Gelübde zwölf Jahre langer +Keuschheit getan hat? + +_Arjuna_ + +Du hast meinen Schwur gelöst wie der Mond den nächtlichen Schwur der +Dunkelheit. + +_Chitra_ + +Scham über Dich! Was sahst du in mir, das Dich Deinem eigenen Ich +untreu werden ließ? Wen suchst du in diesen dunklen Augen, in diesen +milchweißen Armen, wenn Du sie mit dem Preis Deiner Ehre zu bezahlen +bereit bist? Nicht mein wahres Selbst, das weiß ich. Wahrlich das kann +nicht Liebe sein, nicht des Mannes tiefste Ehrfurcht vor dem Weib! Wehe, +daß der Körper, diese zerbrechliche Hülle, uns blendet, das Licht der +unsterblichen Seele zu schauen! Ja, Arjuna, nun weiß ich gewiß, falsch +ist der Ruhm Deines Heldentums. + +_Arjuna_ + +O, ich fühle wie eitel der Ruhm ist und der Stolz der Tapferkeit! Alles +scheint Traum. Du allein bist vollkommen, Du bist der Reichtum der Welt, +das Ende aller Armut, das Ziel alles Strebens, das Weib! Andere Frauen +gibt's, langsam und schwer zu erkennen, aber Dich einen Augenblick lang +zu sehn, heißt höchste Vollendung schauen, jetzt und in Ewigkeit. + +_Chitra_ + +Ach nicht ich bin's, nicht ich, Arjuna! Es ist das Trugbild eines +Gottes. Geh', geh' mein Held, geh'. Frei' nicht die Lüge, opfre dein +großes Herz nicht einer Täuschung. Geh'. + + + + +DRITTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Chitra_ + +Nein, unmöglich ist's den brennenden Blick der hungrigen Seele +auszuhalten, der mit Händen dich umklammert, zu fühlen, wie das Herz +sich müht, die Fesseln zu sprengen, und den wilden Schrei, der sich ihm +entringen will -- und den Liebenden dann hinweg zu senden wie einen +Bettler! Unmöglich ist's! + +(Madana und Vasanta treten auf.) + +Ach, Gott der Liebe, welch furchtbares Feuer hast Du in mich gesenkt! +Ich verbrenne, versenge, was ich berühre. + +_Madana_ + +Ich wünsche zu wissen, was in vergangener Nacht geschah. + +_Chitra_ + +Auf ein Lager von Gras, übersät mit Frühlingsblüten, legte ich mich am +Abend nieder und gedachte des wunderbaren Lobgesangs meiner Schönheit, +den ich von Arjuna gehört. Tropfen nach Tropfen trank ich den Honig, den +ich am Tage gesammelt, Vergangenes und Zukünftiges war vergessen. Ich +fühlte mich der Blume verwandt: ihr sind nur flüchtige Stunden vergönnt, +dem summenden Schmeicheln, dem Flüstern und Murmeln der Wälder zu +lauschen. Dann muß sie die Augen vom Himmel wenden, ihr Haupt beugen und +ihren Atem aushauchen im Staub, klaglos den kurzen Traum eines +vollkommenen Augenblicks beenden, der nicht Vergangenheit noch Zukunft +kennt. + +_Vasanta_ + +Ein grenzenloses Leben voller Ruhm kann blühen und sich erschöpfen an +einem Morgen. + +_Madana_ + +Wie Ewigkeits-Sinn im kleinsten Bruchteil eines Liedes sein kann. + +_Chitra_ + +Die südliche Brise wiegte mich in Schlaf. Von dem blühenden +Malati-Hain über mir tropften schweigend Küsse auf mich nieder. Jede +Blume wählte sich ein Lager zum Sterben, in meinem Haar, auf meiner +Brust oder meinen Füßen. Ich schlief. Und in der Tiefe meines Schlafes +war mir plötzlich, als ob ein durchdringender, gieriger Blick meinen +Körper berühre, wie der spitzige, stechende Finger der Flamme. Ich +sprang auf und sah den Einsiedler vor mir stehen. Der Mond war westwärts +gewandert und lugte durch die Blätter, um das Wunder zu sehen, das durch +göttliche Kunst in zerbrechlicher Menschlichkeit erstanden war. Die Luft +war schwer, duftgeschwängert, die Stille der Nacht klang vom +Grillengezirp, regungslos lag das Spiegelbild der Bäume auf dem See. Und +mit seinem Stab in der Hand stand der Einsiedler groß, aufrecht und +schweigend wie ein Baum des Waldes. Mir war, da ich die Augen aufschlug, +als sei ich abgeschieden von aller Wirklichkeit des Lebens, und es +vollziehe sich an mir eine Wiedergeburt im Land der Träume. Scham fiel +von mir und glitt wie ein gelöstes Gewand auf meine Füße nieder. Ich +hörte seinen Schrei -- »Geliebte, einzig Geliebte!« Und all' meine +vergangenen, vergessenen Leben schmolzen zu einem und riefen ihm Antwort +zu: »Nimm mich, nimm mich ganz zu eigen!« Und ich breitete meine Arme +nach ihm aus. Der Mond sank hinter den Bäumen. Ein dunkler Vorhang +bedeckte alles, Himmel und Erde, Zeit und Raum, Lust und Schmerz, Leben +und Tod schmolzen in Eins in unsagbarer Verzückung.... Mit dem ersten +Morgenstrahl, dem ersten Vogelzwitschern richtete ich mich auf und +blieb, auf den linken Arm gestützt, sitzen. Der Einsiedler lag +schlafend, ein unbekümmertes Lächeln krümmte sich um seine Lippen, wie +der wachsende Mond am Morgen. Der Dämmerung rosiges Glühen fiel auf +seine edle Stirn. Ich seufzte, stand auf und zog die breitblättrigen +Lianen zusammen, um sein Gesicht vor der flutenden Sonne zu schützen. +Ich schaute umher und sah die gleiche alte Erde. Ich erinnerte mich, was +ich gewesen und rannte, rannte wie ein Reh, das seinen eigenen Schatten +fürchtet, den Waldpfad entlang, den Stephali-Blumen bedeckten. Ich fand +einen einsamen Winkel, setzte mich nieder, barg mein Gesicht in beiden +Händen, um zu weinen und zu klagen. Doch meine Augen blieben tränenlos. + +_Madana_ + +Weh über Dich, Tochter der Sterblichen! Ich stahl aus den göttlichen +Speichern den duftenden Wein des Himmels, gab ihn, eine irdische Nacht +gefüllt bis zum Rande, in Deine Hände, auf daß Du tränkest -- und immer +hör' ich noch diesen Schrei der Qual! + +_Chitra_ + +(bitter) + +Wer trank ihn? Des Lebens seltenste Erfüllung, erste Liebesumarmung bot +man mir dar und entriß sie wieder meiner Sehnsucht? Diese erborgte +Schönheit, die Falschheit, die mich umhüllt, sie werden von mir gleiten, +wie Blüten im Wind entblättern, und die einzig sichtbare Erinnerung +jener süßen Vereinigung mitnehmen, und voll Scham über seine Armut wird +das Weib weinend sitzen -- Tag und Nacht. Gott der Liebe, diese +verfluchte äußere Gestalt begleitet mich Tag und Nacht, wie ein Dämon, +und beraubt mich allen Liebeslohnes -- all der Küsse, nach denen ich +verschmachte. + +_Madana_ + +Ach, umsonst war Deine einzige Nacht! Die Barke der Erfüllung kam in +Sicht, aber die Wellen ließen sie das Ufer nicht berühren. + +_Chitra_ + +Der Himmel war meinem Griff ganz nahe und ich vergaß für Augenblicke, +daß ich ihn noch nicht erreicht hatte. Aber als ich des Morgens aus +meinem Traum erwachte, fand ich im eigenen Körper die Rivalin. Nun ward +mir die verhaßte Pflicht, sie täglich zu schmücken, zum Geliebten zu +schicken und zu sehen, wie er sie liebkoste. O Gott, nimm Dein Geschenk +zurück! + +_Madana_ + +Aber wie willst Du vor Deinen Geliebten treten, wenn ich es von Dir +nehme? Ist es nicht grausam, den Becher von seinen Lippen zu reißen, +nachdem er kaum einen Zug der Lust getan? Wie ärgerlich wirst Du ihm +sein? + +_Chitra_ + +Und doch wäre es besser so. Ich will ihm meine wahrhaftige Gestalt zu +erkennen geben, eine edlere Tat, als in dieser Maske zu leben. Wenn er +mich auch verstößt und verschmäht, wenn er mein Herz auch bricht -- +schweigend will ich's tragen. + +_Vasanta_ + +Hör' meinen Rat. Wenn die blumenerfüllte Jahreszeit vergangen, kommt +der Herbst und mit ihm der Triumphzug der Früchte. Die Zeit wird kommen, +da die überreife Blume des Leibes sich vergehend neigt. Dann wird Arjuna +die bleibende fruchtgewordene Wahrheit aus Dir voll Glück hinnehmen. O +Kind, geh' zurück zu Deiner rasenden Feier. + + + + +VIERTE SZENE + +IM WALD + + +_Chitra_ + +Warum beobachtest Du mich, mein Krieger? + +_Arjuna_ + +Ich sehe zu, wie Du den kleinen Kranz windest. Anmut und Geschick, die +Zwillingsbrüder, spielen tanzend auf Deinen Fingerspitzen. Ich sehe zu +und denke. + +_Chitra_ + +Was denkst Du, Herr? + +_Arjuna_ + +Ich denke, daß Du mit der gleichen schwebenden Berührung und Süßigkeit +die Tage meiner Verbannung in einen unsterblichen Kranz windest, um mich +zu meiner Heimkehr damit zu krönen. + +_Chitra_ + +Heimkehr! Diese Liebe ist nichts für ein Heim! + +_Arjuna_ + +Nichts für ein Heim? + +_Chitra_ + +Nein, sprich nie davon. Nimm mit in Dein Heim das Bleibende, Starke. +Laß die kleine wilde Blume an ihrem Geburtsort, laß sie dort in +Schönheit sterben, wenn der Tag sich neigt, mit all den welkenden Blumen +und den modernden Blättern. Nimm sie nicht mit in die Halle Deines +Palastes, um sie dort auf den steinernen Boden zu werfen, der kein +Erbarmen für Welken und Vergehen kennt. + +_Arjuna_ + +Sieht so unsere Liebe aus? + +_Chitra_ + +Ja, so und nicht anders! Was soll das Klagen? Was sich für müßige Tage +schickt, sollte sie nicht überdauern. Lust wandelt sich in Schmerz, wenn +ihr die Tür verschlossen ist, aus der sie scheiden soll. Nimm meine +Liebe hin und halte sie, so lange sie währen darf. Laß nicht des Abends +satte Zufriedenheit mehr fordern, als das morgendliche Verlangen ernten +kann ... Der Tag ist vorüber. Nimm dies Blumengewinde. Ich bin müde. +Nimm mich in Deine Arme, Geliebter, und laß alles eitle unzufriedene +Gezänk verstummen in der süßen Vereinigung unserer Lippen. + +_Arjuna_ + +Still, horch, Geliebte, der Klang der Gebetsglocken aus dem fernen +Dorftempel gleitet auf der Abendluft über die schweigenden Wipfel. + + + + +FÜNFTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Vasanta_ + +Ich kann nicht Schritt mit Dir halten, mein Freund! Ich bin müde. Schwer +ist die Pflicht, das Feuer in Glut zu halten, das Du entzündet hast. +Schlaf überkommt mich, der Fächer entfällt meiner Hand, und kalte Asche +bedeckt die Glut. Ich fahre wieder auf aus meinem Schlummer und rette +die träge Flamme, soweit es in meiner Macht steht. Aber so kann es nicht +weiter gehen. + +_Madana_ + +Ich weiß, Du bist unbeständig wie ein Kind. Ewig ruhelos ist Dein +Spiel im Himmel und auf Erden. Was Du in langen Tagen aufgebaut mit +endloser Sorge für jeden Bruchteil, in einem Augenblick zerstörst Du es +wieder, ohne Bedauern. Aber unsere Arbeit ist heut vollendet. +Freudengeflügelte Tage fliehen flüchtig dahin, und das sich neigende +Jahr vergeht mit berückendem Blühen. + + + + +SECHSTE SZENE + +IM WALD + + +_Arjuna_ + +Ich erwachte am Morgen und fand meine Träume in einen Edelstein +verschmolzen. Ich hatte keinen Schrein, ihn darin zu verschließen, keine +Königskrone, in die ich den Stein hätte fassen können, keine Kette hatte +ich, ihn daran zu hängen, und doch brachte ich's nicht übers Herz, ihn +wegzuweisen. So halte ich ihn, und mein Arm, der Arm eines Kshatriya, +vergißt über müßigem Tun seine Pflicht. + +(Chitra tritt ein.) + +_Chitra_ + +Sage mir Deine Gedanken, Herr! + +_Arjuna_ + +Meine Gedanken sind heute auf die Jagd gerichtet. Sieh, wie der Regen +in Strömen herniederstürzt und wild gegen den Berghang schlägt. Dunkle +Wolkenschatten hängen schwer über dem Wald, und gleich der sorglosen +Jugend überspringt der geschwollene Strom mit spöttischem Lachen alle +Schranken. Stets gingen wir fünf Brüder an solchen Regentagen in den +Wald von Chitraka, wilde Tiere zu jagen. Das waren schöne Zeiten. Unsre +Herzen tanzten zum Trommelwirbel der grollenden Wolken. Der Wald hallte +wider von den Schreien der Pfauen. Durch das Klatschen des Regens und +das Rauschen des Wasserfalles konnte das ängstliche Wild unsre Schritte +nicht hören. Die Leoparden ließen ihre Spuren in der nassen Erde zurück +und verrieten so ihr Lager. War die Jagd vorüber, so forderten wir uns +auf dem Heimweg gegenseitig heraus, reißende Ströme zu durchschwimmen. +Ein ruheloser Geist wohnt in mir, ich habe Sehnsucht nach der Jagd. + +_Chitra_ + +Erst erlege das Wild, das Du jetzt verfolgst. Bist Du gewiß, daß das +verzauberte Tier, das Du jagst, unbedingt gefangen werden muß? Nein, +noch nicht. Wie ein Traum entgleitet Dir das wilde Geschöpf, wenn es Dir +am nächsten scheint. Sieh, wie der rasende Regen den Wind jagt und +tausend Pfeile hinter ihm her sendet. Und doch bleibt der Wind frei und +unbesiegt. So ist auch unser Waidwerk, Geliebter! Du jagst nach der +schnellschreitenden Schönheit und versendest all Deine Pfeile nach ihr, +und doch flieht dies zaubrische Wild stets frei und unberührt davon. + +_Arjuna_ + +Hast Du kein Heim, Geliebte, wo liebende Herzen Deiner Rückkehr harren? +Ein Heim, dem Du durch sanftes Dienen Lieblichkeit verliehst, und dessen +Licht erlosch, als Du es für diese Wildnis verließest? + +_Chitra_ + +Was fragst Du? Sind die Stunden der Lust vorbei, in denen es kein +Denken gab? Weißt Du nicht, daß ich nur die bin, die Du vor Dir siehst? +Mein Blick geht nicht über das Jetzt hinaus. Der Tau auf den Blättern +der Kinsuka-Blüte hat weder Namen noch Schicksal, und gewährt keiner +Frage Antwort. Sie, die Du liebst, gleicht jener vollkommenen Tauperle. + +_Arjuna_ + +Verbindet sie kein Band mit der Welt? Ist sie nur ein Stück Himmel, das +ein lustspendender Gott unachtsam zur Erde fallen ließ? + +_Chitra_ + +Ja. + +_Arjuna_ + +Ach, darum ist mir immer, als müßte ich Dich verlieren. Mein Herz ist +unbefriedigt, meine Gedanken friedlos. Komm näher zu mir, Unerreichbare! +Ergib Dich und dulde die Fesseln, die da heißen: Name, Heim, Sippe. Laß +mein Herz Dich ganz umschließen, und mit Dir leben in der ruhigen +Sicherheit der Liebe. + +_Chitra_ + +Warum mühst Du Dich vergebens, die Farben der Wolken, den Tanz der +Wellen, den Duft der Blumen zu haschen und zu halten? + +_Arjuna_ + +Herrin mein, glaube nicht, daß Du mit Luftgebilden die Liebe befriedigen +kannst. Gib mir etwas, woran ich Halt finde, etwas, das die Lust +überdauert, das sich im Leid bewährt. + +_Chitra_ + +Mein Held, noch ist das Jahr nicht zu Ende, und schon bist Du müde! +Ja, nun erkenne ich die himmlische Güte, die den Blumen ein kurzes Leben +gab. Wäre ich mit den Blumen des letzten Frühlings verwelkt und +gestorben, ich wäre mit Ehren dahingegangen. Doch meine Tage sind +gezählt, Geliebter. Schone mich nicht, saug allen Honig aus mir, da Du +voller Angst bist, daß Dein armes Herz wieder und wieder zurückkommt +voll unerfüllter Wünsche und Begierden, gleich der durstigen Biene, wenn +die Sommerblumen welk im Staub liegen. + + + + +SIEBENTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Madana_ + +Heute ist Deine letzte Nacht. + +_Vasanta_ + +Des Frühlings unerschöpfliche Schatzkammer wird morgen die Lieblichkeit +Deines Körpers zurücknehmen. Die rosige Farbe Deiner Lippen wird in +einem Asoka-Blütenpaar neu aufblühen, frei von der Erinnerung an Arjunas +Küsse. In hundert duftenden Jasmin-Blumen wird der matte, weiße Glanz +Deiner Haut auferstehen. + +_Chitra_ + +O Götter, erhört mein Gebet! Laßt meine Schönheit in der letzten Stunde +dieser Nacht am hellsten erstrahlen, wie das letzte Aufleuchten einer +sterbenden Flamme. + +_Madana_ + +Dein Wunsch sei Dir gewährt. + + + + +ACHTE SZENE + +IM WALD + + +_Die Dorfleute_ + +Wer wird uns nun beschützen? + +_Arjuna_ + +Was soll's, welche Gefahr droht Euch? + +_Die Dorfleute_ + +Die Räuber kommen in Scharen aus den nördlichen Bergen, wie die Flut des +Gebirgsstromes, die unser Dorf verheert. + +_Arjuna_ + +Habt ihr keine Wächter in Eurem Königreich? + +_Die Dorfleute_ + +Chitra, die Königstochter, war der Schrecken aller Bösen. Als sie noch +in diesem glücklichen Lande weilte, kannten wir keine Furcht außer +einer: sterben zu müssen. Nun ist Chitra auf einer Pilgerfahrt, und +niemand kennt ihren Aufenthalt. + +_Arjuna_ + +Ist der Hüter dieses Landes ein Weib? + +_Die Dorfleute_ + +Ja, sie ist uns Vater und Mutter zugleich. + +(Die Dorfleute entfernen sich. Chitra tritt ein.) + +_Chitra_ + +Warum sitzest Du hier so einsam? + +_Arjuna_ + +Ich versuche mir vorzustellen, was für eine Frau die Prinzessin Chitra +sein mag. Viele Menschen erzählen viele Geschichten von ihr. + +_Chitra_ + +Ach, sie ist nicht schön, sie hat nicht meine schönen Augen, die dunkel +sind wie der Tod. Mit ihrem Geschoß kann sie jede Scheibe durchbohren, +nur nicht das Herz unsres Helden. + +_Arjuna_ + +Sie sagen, an Tapferkeit sei sie ein Mann, und ein Weib an Zärtlichkeit. + +_Chitra_ + +Und das gerade ist ihr größtes Unglück. Das Weib, das nur Weib ist, das +mit seinem Lächeln, mit seinen Seufzern, und mit zarten Liebkosungen die +Herzen der Männer einspinnt, ist allein glücklich. Was frommt ihr +Weisheit und große Taten? Hättest Du die Prinzessin nur gestern sehen +können, im Hof von Shivas Tempel, der am Waldpfad liegt, Du wärest +vorübergegangen ohne sie eines Blickes zu würdigen. Bist Du denn +weiblicher Schönheit so überdrüssig, daß Du in ihr männliche Kraft +suchst? + +Aus grünen Blättern, feucht vom sprühenden Gischt des Wasserfalls, habe +ich unser Bett zur Mittagsrast bereitet, in nachtdunkler Grotte. Die +Kühle des weichen grünen Mooses, das dicht den tropfenden Stein bedeckt, +küßt dort Deine Augen in Schlaf. Laß Dich dorthin geleiten. + +_Arjuna_ + +Nein, heute nicht, Geliebte. + +_Chitra_ + +Warum nicht heute? + +_Arjuna_ + +Ich habe von einer Räuberhorde gehört, die in die Ebene gekommen ist. +Ich muß gehen meine Waffen bereiten, um die erschreckten Dorfleute zu +beschützen. + +_Chitra_ + +Du brauchst Dich nicht um sie zu sorgen. Prinzessin Chitra hat starke +Wächter an den Grenzpässen aufgestellt, ehe sie ihre Pilgerfahrt begann. + +_Arjuna_ + +Nur für kurze Zeit laß mich das Kriegshandwerk eines Kshatriya üben. +Mit neuem Ruhm will ich diesen müßigen Arm bedecken, damit er Deinem +Haupt ein würdigeres Kissen sei. + +_Chitra_ + +Doch, wenn ich mich weigere Dich gehen zu lassen, wenn meine Arme Dich +umwunden halten? Würdest Du Dich roh von mir losreißen und mich +verlassen? So geh! Aber wisse, daß die Liane -- einmal entzweigebrochen +-- nie wieder zu einem Ganzen wird. Geh, wenn Dein Durst gestillt ist. +Doch wenn nicht, denke daran, wie unbeständig die Göttin der Lust ist +und daß sie nicht wartet auf den Menschen. Bleib noch eine Weile, Herr! +Sage mir die unruhigen Gedanken, die Dich quälen. Wer nahm heute Deine +Seele gefangen? War es Chitra? + +_Arjuna_ + +Ja, es ist Chitra. Mich nimmt wunder, um welches Gelübdes willen sie +auf die Pilgerfahrt gegangen ist. Was mangelt ihr? + +_Chitra_ + +Was ihr mangelt? Ja, hat sie denn je etwas besessen, die Unglückliche? +Es sind ja ihre eigensten Fähigkeiten, die sie mit Gefängnismauern +umschließen und ihr Frauenherz in einer kahlen Zelle gefangen halten. +Verdunkelt ist diese Frau und unerfüllt. Ihre Weibesliebe muß sich mit +einem Lumpenkleide bescheiden, denn Schönheit blieb ihr versagt. Sie +gleicht dem Geist eines freudlosen Morgens. Sie sitzt auf steinigem +Berggipfel und dunkle Wolken haben ihr Licht ausgelöscht. Frag mich +nicht nach ihrem Leben. Seine Geschichte klingt dem Ohr des Mannes nicht +lieblich. + +_Arjuna_ + +Ich brenne danach, alles von ihr zu hören. Ich bin wie ein Wanderer, der +um Mitternacht an eine fremde Stadt kommt. Kuppeln, Türme und +Gartenbäume sehen verschwommen und schattenhaft aus, und durch die +Stille des Schlafes tönt hin und wieder das dumpfe Klagen des Meeres. +Und er harrt sehnsüchtig auf den Morgen, der ihm alle die fremden Wunder +offenbaren soll. O, erzähle mir ihre Geschichte. + +_Chitra_ + +Was ist da mehr zu erzählen? + +_Arjuna_ + +Meine Einbildung zaubert mir sie vor, wie sie auf weißem Rosse reitet, +in der Linken die Zügel haltend und in der rechten Hand den Bogen, +gleich der Liebesgöttin, die frohe Hoffnung spendet. Mit wilder Liebe +schützt sie ihre säugenden Jungen wie eine wachsame Löwin. Auch des +Weibes Arme, die nichts anderes als ungefesselte Kraft schmückt, sind +schön! Mein Herz ist ruhelos, Du Liebliche, wie eine Schlange, die aus +langem Winterschlaf erwacht. Komm, laß uns miteinander auf schnellen +Rossen dahineilen, Seite an Seite, wie Zwillingsgestirne, die leuchtend +den Raum durchmessen. Heraus aus diesem dunklen, grünen, einschläfernden +Gefängnis, komm hervor unter der feuchten, duftenden, berauschenden +Decke, die den Atem benimmt! + +_Chitra_ + +Arjuna, sag mir die Wahrheit: wenn ich mich jetzt plötzlich durch +einen Zauber dieser wollüstigen Weichheit entledigen könnte, diesen +zarten Schmelz der Schönheit abstreifte, der vor der derben, gesunden +Berührung der Welt schaudert, und das alles von meinem Körper +herunterrisse wie geborgtes Gewand -- könntest Du das ertragen? Wenn ich +mich aufrichte, grade und stark, mit der Kraft eines mutigen Herzens, +und die Listen und Künste der kriechenden Schwachheit verächtlich von +mir weise, wenn ich mein Haupt erhebe, wie die hohe, junge Bergtanne, +und mich nicht länger im Staub winde, wie die Liane, -- werde ich dann +Gnade finden vor den Augen des Mannes? Nein, nein, Du könntest es nicht +ertragen. Es ist besser, ich verstreue um mich all die zierlichen +Spielereien flüchtiger Jugend und warte auf Dich in Geduld. Ist's Dir +gefällig zurückzukehren, so will ich Dir lächelnd aus dem Becher dieses +schönen Leibes den Wein der Lust schenken. Hast Du genug davon und bist +Du müde, so will ich mich demütig und dankbar in den Winkel +zurückziehen, den man mir gelassen hat. Wie gefiele es Deiner +Heldenseele, hoffte die Gespielin der Nacht Deine Gefährtin am Tage zu +sein? Wie, wenn der linke Arm die Last des stolzen rechten mit zu tragen +lernte? + +_Arjuna_ + +Ich werde Dich niemals richtig erkennen. Eine Göttin, verborgen in +einem goldenen Heiligenbild scheinst Du mir. Ich kann Dich nicht +berühren, ich kann Dir Deine unschätzbaren Gaben nicht vergelten. Und so +bleibt meine Liebe unvollkommen. Aus der rätselhaften Tiefe Deiner +traurigen Augen, aus Deinen spielerischen Worten, die ihre eigene +Bedeutung verspotten, erhasche ich manchmal den Schimmer eines Wesens, +das die schmachtende Anmut seines Körpers vernichten möchte. In der +reinen Flamme des Leides, verborgen hinter des Lächelns zartem Schleier, +sehnt es sich wieder zu erstehen. Ein Trugbild, erscheint uns die +Wahrheit zuerst, in einer Verkleidung tritt sie vor den Geliebten hin. +Aber es kommt eine Zeit, da sie Schleier und Schmuck abwirft und +dasteht, bekleidet mit nackter Hoheit. Ich verzehre mich nach diesem +letzten Du, nach jener einfachsten, wahrsten Klarheit. Was bedeuten die +Tränen, mein Lieb? Warum verbirgst Du Dein Gesicht in den Händen? Hab +ich Dir weh getan, mein Liebling? Vergiß, was ich sagte. Ich will mit +der Gegenwart zufrieden sein. Wie der Vogel Geheimnis aus unsichtbarem, +dunkelm Nest zu mir kommt, musikerfüllte Botschaft bringend, so komm Du +zu mir und laß mich jeden Augenblick der Schönheit erleben. Laß mich und +meine Hoffnung ewig am Ufer der Erfüllung sitzen und so meine Tage +beschließen. + + + + +NEUNTE SZENE + +IM WALD + + +_Chitra_ + +(in einen Mantel gehüllt.) + +Mein Herr, hast Du den Becher bis zur Neige geleert? Ist dies wirklich +das Ende? Nein, wenn alles getan, so bleibt doch noch Eins, mein letztes +Opfer, das ich zu Deinen Füßen darbringe. Aus dem himmlischen Garten +brachte ich Blumen von unvergleichlicher Schönheit, Dich zu ehren, Gott +meines Herzens. + +Ich will die Blumen aus dem Tempel hinauswerfen, wenn sie verwelkt sind +und die heilige Handlung vorüber. + +(Sie nimmt ihren Mantel ab und trägt Männerkleidung wie am Anfang.) + +Nun laß Deinen Knecht Gnade finden vor Deinen Augen. + +Ich bin nicht schön und vollkommen wie die Blumen, mit denen ich Dich +ehrte. Ich bin voller Schuld und Fehler. Auf der großen Heerstraße der +Welt bin ich ein Wanderer, meine Kleider sind beschmutzt, und Dornen +haben meine Füße blutig gerissen. Wie könnte ich schön sein wie die +Blumen, voll unbefleckter Lieblichkeit, für die kurze Dauer eines +Augenblicks? Die Gabe, die ich Dir voll Stolz darbringe, ist das Herz +eines Weibes. Darinnen ist eingeschlossen aller Schmerz und alle Lust, +alle Hoffnung, alle Furcht, alle Scham einer Erdentochter. + +Hier ist der Uranfang der Liebe, von hier aus ringt sie nach +Unsterblichkeit. Im Herzen des Weibes liegt eine große und erhabene +Unvollkommenheit. Nun, da die Anbetung der Schönheit vorüber, nimm +diesen + +(auf sich zeigend) + +als Deinen Knecht für kommende Tage. + +Ich bin Chitra, die Königstochter. Vielleicht erinnerst Du Dich des +Tages, als in Shivas Tempel ein Weib zu Dir trat, behangen mit Putz und +Schmuck. Die Schamlose kam und warb um Dich wie ein Mann. Du stießest +sie zurück, und Du tatest wohl daran. Herr, jenes Weib -- bin ich. Sie +diente mir als Maske. Damals verlieh mir die göttliche Gnade für ein +Jahr die strahlendste Gestalt, die je einem Sterblichen wurde. Mit der +Last jenes Betruges beschwerte ich meines Helden Herz. Dies Weib kann +ich nicht sein. + +Ich bin Chitra. Keine Göttin bin ich, die man anbetet, aber auch nicht +ein Gegenstand allgemeinen Mitleids, den man achtlos abschüttelt wie ein +Insekt. Wenn Du mich würdig findest, Dir zur Seite zu stehen, wenn ich +die großen Pflichten Deines Lebens teilen darf -- dann wirst Du mein +wahres Wesen erkennen. Wenn Dein Kind, das ich in meinem Schoß nähre, +ein Sohn sein wird, will ich es lehren, ein zweiter Arjuna zu werden. +Wenn die Zeit kommt, werde ich ihn zu Dir senden, und Du wirst endlich +mein eigenstes Ich erkennen. Heute kann ich Dir nur Chitra darbringen, +die Tochter eines Königs. + +_Arjuna_ + +Geliebte, mein Leben ist vollkommen erfüllt. + +ENDE + + + + +ANMERKUNGEN + + +Zu Seite: + + 5: _Pandava_ (so für Pandaṟa zu lesen). Das Königsgeschlecht, von + dem das Mahābhārata handelt, stammt von _Kuru_ ab; ein Zweig + derselben sind die Pāṇḍavas, fünf Brüder (S. 50), zu denen der + Held Arjuna gehört. Dieser stammt also auch aus dem Hause der + Kurus. (S. 9.) + + 35: _Malati-Hain._ Mālati ist der großblütige Jasmin. + + 38: _Stephali-Blüten_; lies _Sh_ephali. Śephālikā ist der Strauch + vitex negundo, dessen Blüten in Vasavadatta Abt. IV mit + Zinnoberkügelchen verglichen werden. + + 53: _Kinsuka-Blüte._ Der Kiṃśuka, Butea frondosa, ist ein + stattlicher Baum, dessen Zweige im Frühjahr mit großen + scharlachroten Schmetterlingsblüten bedeckt sind. Die schöne Blüte + ist aber geruchlos. + + 56: _Asoka-Blüten._ Der Aśokabaum, Jonesia Asoka, hat rote Blüten. + Er spielt in der indischen Dichtung eine große Rolle. Aśoka + bedeutet »Kummerlos.« + + * * * * * + +Tagore's Dichtung entspricht nicht dem Sinn der Sage. Er sagt S. 6 von +Chitrā's Vater: »er hatte sie deshalb stets wie einen Sohn gehalten und +zu seinem Erben gemacht«. Der Text in Protap Chandra Roys Übersetzung +lautet: I have duly made her a _Putrikā_. _putrikā_ ist ein juristischer +Ausdruck und bezeichnet eine Tochter, die mangels eines Sohnes (_putra_) +die Familie ihres Vaters, nicht ihres Gatten fortpflanzen soll. Für +letzteren bedeutet also die Eingehung einer solchen Ehe den Verzicht auf +die Fortpflanzung seiner Familie. Tagore hat dies offenbar nicht gewußt +und macht daher aus _putrikā_ eine Tochter, die als Sohn (_putra_) +erzogen wird! Das Epos kennt eine Sage, wo eine Prinzessin für einen +Prinz ausgegeben und als solcher erzogen wird (die Geschichte von +_Śikhandin_). Diese Reminiszenz mag sich bei dem Dichter mit dem +Sagenstoff, auf den er in der Vorrede hinweist, verschmolzen haben. + + * * * * * + +Für die Anmerkungen ist die Übersetzerin dem Sanskritisten der Bonner +Universität, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Jacobi, zu Dank verpflichtet. + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Chitra, by Rabindranath Tagore + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 44246 *** diff --git a/44246-h/44246-h.htm b/44246-h/44246-h.htm new file mode 100644 index 0000000..c57727e --- /dev/null +++ b/44246-h/44246-h.htm @@ -0,0 +1,1453 @@ +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd"> +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" xml:lang="en" lang="en"> + <head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html;charset=UTF-8" /> + <meta http-equiv="Content-Style-Type" content="text/css" /> + <link rel="coverpage" href="images/cover_ebook.jpg" /> + <title> + The Project Gutenberg eBook of Chitra, by Rabindranath Tagore. + </title> + <style type="text/css"> + +body { + max-width: 40em; + margin: auto; + width: 80%; +} + +h1 { + text-align: center; + clear: both; + letter-spacing: 0.2em; + margin-right: -0.2em; +} + +h2 { + margin-top: 3em; + text-align: center; + clear: both; +} + +p { + text-indent: 1em; + margin-top: .51em; + text-align: justify; + margin-bottom: .49em; +} + +hr { + width: 33%; + margin-top: 2em; + margin-bottom: 2em; + margin-left: auto; + margin-right: auto; + clear: both; +} + +hr.tb {width: 45%;} +hr.chap {width: 65%} + +a[title].pagenum { + position: absolute; + right: 3%; +} + +a[title].pagenum:after { + content: attr(title); + border: 1px solid silver; + display: inline; + font-size: x-small; + text-align: right; + color: #808080; + background-color: inherit; + font-style: normal; + padding: 1px 4px 1px 4px; + font-variant: normal; + font-weight: normal; + text-decoration: none; + text-indent: 0; + letter-spacing: 0; +} + +.center {text-align: center;} + +.title { + letter-spacing: 0.2em; + text-align: center; + line-height: 1.6; + font-weight: bold; +} + +.infopage { + text-align: center; +} + +@media print, handheld { + .infopage { + page-break-before: always; + page-break-after: always; + } +} + +@media handheld +{ + body { + margin: 0; + padding: 0; + width: 95%; + } +} + +@media screen { + .infopage { + margin: 6em 0; + } +} + +.gesperrt { + letter-spacing: 0.2em; + margin-right: -0.2em; +} + +em.gesperrt { + font-style: normal; +} + +.plain { + text-align: justify; + padding-left: 2em; + padding-right: 2em; + margin-top: 0em; + margin-bottom: 0.2em; +} + +.character { + margin-left: 5em; + font-style: italic; +} + +.space-above { + margin-top: 8em; +} + +.personen { + padding-left: 1em; + text-indent:-1em; +} + + </style> + </head> +<body> +<div>*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 44246 ***</div> + +<p><a class="pagenum" name="Page_1" title="1"> </a></p> + +<p class="title"><big>RABINDRANATH TAGORE</big></p> +<h1>CHITRA</h1> +<p class="title"><br />*<br /> +EIN SPIEL<br /> +IN EINEM AUFZUG<br /> +*</p> +<p class="title space-above">KURT WOLFF VERLAG<br /> +LEIPZIG</p> +<p><a class="pagenum" name="Page_2" title="2"> </a></p> + +<p class="infopage"> +<i>Einbandzeichnung von Walter Tiemann.</i><br /> +<i>Dritte unveränderte Auflage 1918.</i><br /> +<i>Die erste Auflage erschien 1914.</i><br /> +</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_3" title="3"> </a></p> + +<p class="infopage"><i>Berechtigte deutsche Übertragung von<br /> +ELISABETH WOLFF-MERCK<br /> +nach der von Rabindranath Tagore selbst<br /> +veranstalteten englischen Ausgabe</i></p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_4" title="4"> </a><br/><a class="pagenum" name="Page_5" title="5"> </a></p> + +<h2><a name="VORBEMERKUNG" id="VORBEMERKUNG">VORBEMERKUNG</a></h2> +<p class="plain">Dieses lyrische Drama wurde vor ungefähr 25 Jahren geschrieben. Es setzt +die Kenntnis der hier folgenden Fabel aus dem Mahabharata voraus:</p> + +<p class="plain">Während der Wanderungen, die Arjuna +in Erfüllung eines Bußgelübdes unternahm, kam er nach Manipur. Dort sah +er Chitrāngadā, die schöne Tochter von Chitravāhana, dem König des Landes, +und von ihrer Anmut überwältigt, bat er den König um ihre Hand. Chitravāhana +fragte ihn nach seiner Herkunft. Auf die Antwort, er sei Arjuna der <a href="#pandava">Pandara</a>, erzählte +der König ihm, daß einer seiner Ahnen, Prabhanjana vom königlichen +Stamme von Manipur, lange kinderlos geblieben<a class="pagenum" name="Page_6" title="6"> </a> +war. Um einen Erben zu erhalten, legte er sich strenge Bußübungen auf. Die +Strenge seines Lebens fand Gnade vor Shiva, und der Gott gewährte ihm und +jedem seiner Nachkommen <em class="gesperrt">ein</em> Kind.</p> + +<p class="plain">Es geschah aber, daß das versprochene Kind stets ein Knabe war. Er, Chitravāhana, +war der Erste, dem nur eine Tochter, Chitrāngadā, gewährt war, um das Geschlecht zu erhalten.</p> + +<p class="plain">Er hatte sie deshalb stets wie einen Sohn gehalten und zu seinem Erben gemacht. —</p> + +<p class="plain">Der König fährt in der Erzählung fort: +»Der einzige Sohn, den sie gebären wird, muß der Erhalter meines Geschlechts +sein, und diesen Sohn verlange ich als Kaufpreis für die Einwilligung in die Heirat.<a class="pagenum" name="Page_7" title="7"> </a> +Wenn du willst, kannst du sie unter dieser Bedingung haben.« Arjuna gab das +Versprechen, nahm Chitrāngadā zum Weibe und lebte mit ihr drei Jahre in ihres +Vaters Hauptstadt. Als ihnen ein Sohn geboren wurde, umarmte er sie liebevoll, +nahm Abschied von ihr und ihrem Vater und setzte seine Wanderung fort.</p> +<hr class="chap" /> + +<p><a class="pagenum" name="Page_8" title="8"> </a><br /><a class="pagenum" name="Page_9" title="9"> </a></p> + +<h2><a name="PERSONEN" id="PERSONEN">PERSONEN</a></h2> + +<p><span style="margin-left: 5em;">Götter:</span></p> + +<p class="personen"><i>Madana</i> (Eros).</p> +<p class="personen"><i>Vasanta</i> (Lycoris).</p> + +<p><span style="margin-left: 5em;">Sterbliche:</span></p> + +<p class="personen"><i>Chitra</i>, Tochter des Königs von Manipur.</p> +<p class="personen"><i>Arjuna</i>, ein Prinz aus dem Hause der Kuru. Er ist aus der Kshatriya oder +Kriegerkaste und lebt während der Handlung als Eremit einsam im Wald.</p> +<p class="personen"><i>Dorfleute</i> aus einer abgelegenen Gegend in Manipur.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_10" title="10"> </a></p> +<hr class="chap" /> + +<p><a class="pagenum" name="Page_11" title="11"> </a></p> + +<h2><a name="ERSTE_SZENE" id="ERSTE_SZENE">ERSTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM TEMPEL</big></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Bist Du der Gott mit den fünf Pfeilen, +der Gott der Liebe?</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ich war der Erstgeborene im Herzen des Schöpfers. Ich binde mit Fesseln des +Schmerzes und erfülle mit Seligkeit das Leben der Menschen!</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ich weiß, ich kenne jenen Schmerz und jene Fesseln! — Und wer bist Du, mein +Herr?</p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Ich bin sein Freund — Vasanta — der<a class="pagenum" name="Page_12" title="12"> </a> +König der Jahreszeiten. Tod und Alter würden die Welt bis ins Mark zerfressen, +folgte ich ihnen nicht, um sie beständig zu bekämpfen. Ich bin die Ewige Jugend.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ich beuge mich vor Dir, Vasanta, mein Herr.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Doch welch strenges Gelübde bindet Dich, schöne Fremde? Warum läßt Du +Deine frische Jugend welken in Buße und Demütigung? Solch Opfer ist dem Dienst +der Liebe fremd. Wer bist Du, und was ist Dein Gebet?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ich bin Chitra, die Tochter aus dem +königlichen Hause von Manipur. Shivas<a class="pagenum" name="Page_13" title="13"> </a> +göttliche Gnade versprach meinem königlichen Ahnherrn eine ununterbrochene +Reihe männlicher Nachkommen. Aber das Wort des Gottes vermochte nicht, +den Lebensfunken in meiner Mutter Leib zu wandeln, so unbezwingbar war meine +Natur, obschon ich ein Weib bin.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ich weiß, darum erzieht Dich Dein Vater wie einen Sohn. Er hat Dich gelehrt mit +dem Bogen umzugehen und Dich in allen Pflichten eines Königs unterwiesen.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ja, darum trage ich männliches Gewand und habe die Abgeschiedenheit des +Frauengemaches verlassen. Ich weiß nichts von Frauenlist, die die Herzen gewinnt.<a class="pagenum" name="Page_14" title="14"> </a> +Meine starken Hände können den Bogen spannen, aber ich habe die Kunst +des Liebesgottes nicht erlernt; das Spiel der Augen ist mir fremd.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Das erlernt sich von selbst, Du Schöne. Die Augen brauchen darin nicht unterrichtet +zu werden. Das weiß der am besten, der von ihnen ins Herz getroffen wurde.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Auf der Suche nach Wild wanderte ich eines Tages einsam durch den Wald +am Ufer des Purna-Flusses. Mein Roß band ich an einen Stamm und drang in's +dichte Gestrüpp, der Spur eines Wildes folgend. Ich fand einen schmalen,<a class="pagenum" name="Page_15" title="15"> </a> +gewundenen Pfad, der sich durch das Dämmer verschlungener Zweige schlang. +Die Blätter erzitterten vom Grillengezirp. Plötzlich erspähte ich auf meinem Weg +einen Mann, der auf einem Lager trockenen Laubes ruhte. Hochmütig befahl ich +ihm, mir Platz zu machen, aber es kümmerte ihn nicht. Da stach ich ihn verächtlich +mit der scharfen Spitze meines Pfeils. Er sprang auf, stark und ebenmäßig an +Wuchs, gleich einer Flamme, die plötzlich aus einem Aschenhaufen züngelt. +Ein belustigtes Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, vielleicht ob meines knabenhaften +Anblicks. Da — zum erstenmal in meinem Leben fühlte ich mich +Weib und wußte, daß ein Mann vor mir stand.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_16" title="16"> </a></p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>In glückbegünstigter Stunde verkünde ich Mann und Weib die erhabene Lehre: +Erkennet einander. — Was geschah dann?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Voll Angst und Staunen fragte ich ihn: »Wer bist Du?« »Ich bin Arjuna«, sagte +er, »aus dem großen Stamme der Kuru«. Ich stand wie versteinert und vergaß mich +zu verneigen. War das wirklich Arjuna, der Abgott meiner Träume, der Einzige, +Große! Schon lange kannte ich sein Gelöbnis, zwölf Jahre in Keuschheit zu leben. +Mein junger Ehrgeiz hatte mich manchen Tag angestachelt, mit ihm eine Lanze zu +brechen, ihn verkappt zum Zweikampf +zu fordern und ihm meine Waffenkunst<a class="pagenum" name="Page_17" title="17"> </a> +zu beweisen. Ach töricht Herz, wohin entfloh Dein Stolz? Könnt' ich meine +Jugend mit ihren Sehnsüchten hingeben, um Staub zu sein unter Deinen Füßen, +wahrlich eine köstliche Gnade dünkte mir das. Ich weiß nicht, in welchem Strudel +der Empfindung ich mich verlor, als ich ihn plötzlich zwischen den Bäumen entschwinden +sah! — Du töricht Weib, du grüßtest ihn nicht und sprachest kein +Wort, noch batest du ihn um Verzeihung, sondern standest wie ein ungeschickter +Tölpel, während er verächtlich hinwegschritt!... +Am nächsten Morgen legte ich meine Männerkleidung ab und schmückte +mich mit Armbändern, Fußringen, einer Gürtelkette und einem Gewand aus purpurner +Seide. Das ungewohnte Kleid<a class="pagenum" name="Page_18" title="18"> </a> +schmiegte sich fest um meinen bebenden Leib; aber ich beschleunigte mein Suchen +und fand Arjuna in Shiva's Waldtempel.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Vollende Deine Erzählung. Ich bin der herzgeborene Gott, und ich verstehe das +Geheimnis dieser Triebe.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Nur undeutlich vermag ich mich zu erinnern, was ich sagte, und was ich zur +Antwort bekam. Heiß' mich nicht alles erzählen. Scham überwältigte mich wie +ein Donnerschlag und konnte mich doch nicht zerschmettern, so durchaus hart +bin ich, so männlich. Als ich heimwärts +schritt, stachen mich seine letzten Worte<a class="pagenum" name="Page_19" title="19"> </a> +wie glühende Nadeln ins Ohr: »Ich habe Keuschheit gelobt. Ich kann Dein Gemahl +nicht sein!« O, um das Gelübde eines Mannes! Sicherlich weißt Du, o Gott +der Liebe, daß zahllose Heilige und Weise den Preis ihrer lebenslangen Buße hingegeben +haben um eines Weibes willen. Ich brach meinen Bogen entzwei und verbrannte +meine Pfeile im Feuer. Ich haßte meinen starken, geschmeidigen Arm, gezeichnet +vom Spannen des Bogens. O Liebe, Liebe, Du hast tief in den Staub +gebeugt den nichtigen Stolz meiner männlichen Stärke, und all meine Manneszucht +liegt zermalmt zu Deinen Füßen. Nun lehre mich Deine Gebote. Gib mir +die Kraft der Schwachen und die Waffe der wehrlosen Hand.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_20" title="20"> </a></p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ich will Dein Freund sein. Ich will den weltenbezwingenden Arjuna vor Dein Angesicht +bringen, ein Gefangener, der den Richtspruch seiner Empörung aus Deiner Hand empfangen soll.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Stünde mir nur die Zeit zu Gebot, ich könnte allmählich sein Herz gewinnen +und brauchte der Götter Hilfe nicht. Zur Seite würde ich ihm stehen als Gefährte, +die wilden Rosse seines Kriegswagens lenken, die Freuden der Jagd mit ihm +teilen. Zur Nacht hielt ich Wache am Eingang seines Zeltes und hülfe ihm, die +großen Pflichten eines Kshatriya erfüllen, +die Schwachen zu befreien und Recht zu<a class="pagenum" name="Page_21" title="21"> </a> +sprechen, wo es not tut. Sicherlich käme der Tag, an dem er mich erblicken und +verwundert fragen würde: »Wer ist dieser Knabe? Ist einer meiner Sklaven aus +einem früheren Leben, meinen guten Taten gleich, mir gefolgt ins Diesseits?« Ich +bin nicht das Weib, das seine Verzweiflung mit nächtlichen Tränen in einsamer +Stille nährt, sie täglich hinter geduldigen Lächeln verbirgt, als Witwe geboren. +Die Blüte meines Verlangens soll nicht in den Staub sinken, ehe sie zur Frucht +gereift ist. Aber es ist die Arbeit eines Lebens, Verständnis zu finden und Ehre +zu erlangen für sein eigenstes Ich. Darum bin ich an Deine Tür gekommen, Du, +weltenüberwindende Liebe, und Du, Vasanta, +jugendlicher Gott der Jahreszeiten,<a class="pagenum" name="Page_22" title="22"> </a> +nimm von meinem jungen Körper die angeborene Ungerechtigkeit der Häßlichkeit. +Für einen einzigen Tag mache mich wunderbar schön, so schön wie die mit +einem Mal in meinem Herzen erblühte Liebe. Gib mir nur einen einzigen Tag +makelloser Schönheit, und ich will einstehen für die Tage, die da kommen.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Prinzessin, Dein Gebet sei erhört!</p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Nicht nur für einen kurzen Tag, sondern für ein ganzes langes Jahr soll der +Frühlingsblüten Lieblichkeit sich um Deine Glieder schmiegen.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_23" title="23"> </a></p> + +<h2><a name="ZWEITE_SZENE" id="ZWEITE_SZENE">ZWEITE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM WALD</big></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Träumte mir oder war Wirklichkeit, was ich am See sah? Im sinkenden Schatten +des Abends saß ich auf moosigem Grund und dachte vergangener Jahre, +als aus dem bergenden Dunkel der Blätter langsam eine Erscheinung trat in der vollkommenen +Gestalt eines Weibes. Sie stand auf einem weißen, flachen Stein am +Rande des Wassers. Es schien, als müsse das Herz der Erde sich weiten vor Freude +unter ihren nackten weißen Füßen. Mir deuchte, die zarte Umhüllung ihres +Körpers wollte sich in Verzückung auflösen +in Luft, wie der goldene Frühnebel<a class="pagenum" name="Page_24" title="24"> </a> +vom schneeigen Gipfel des östlichen Berges schmilzt. Sie beugte sich über den +schimmernden Spiegel des Teiches und erblickte ihr Antlitz darin. Sie schrak zurück +und stand still, dann lächelte sie, löste mit einer nachlässigen Bewegung +des linken Arms ihr Haar, das bis zu ihren Füßen zur Erde niederglitt. Sie entblößte +ihre Brust und betrachtete ihre makellos geformten Arme erfüllt von Zärtlichkeit +für ihren Körper. Sie neigte den Kopf und sah ihre süße, blühende Jugend und das +zarte Erröten ihrer flaumigen Haut. Sie strahlte in freudiger Überraschung. So +würde die weiße Lotosblume den ganzen Tag über sich staunen, könnte sie des +Morgens beim Erwachen, ihren Hals beugen +und ihr Abbild im Wasser sehn. Aber<a class="pagenum" name="Page_25" title="25"> </a> +einen Augenblick später wich das Lächeln von ihrem Antlitz, und ein Schatten von +Trauer stieg in ihren Augen auf. Sie band ihre Haarflechten auf, zog den Schleier +um ihre Schultern und schritt leise seufzend hinweg, wie ein schöner Abend, +der in Nacht versinkt. Die erhabene Erfüllung aller Sehnsucht schien sich mir +in einem Blitz geoffenbart zu haben und verlosch dann ... Aber wer bewegt die Türe?</p> + +<p>(Chitra tritt ein, in Frauenkleidern.)</p> + +<p>Ah! sie ist's! Stille mein Herz!...</p> + +<p>Fürchte nichts, Herrin! Ich bin ein Kshatriya.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Edler Herr, Du bist mein Gast. Ich +wohne in diesem Tempel. Ich weiß nicht,<a class="pagenum" name="Page_26" title="26"> </a> +wie ich Dir Gastfreundschaft erzeigen +kann.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Schöne Frau, Dein Anblick allein ist die höchste Gastfreundschaft. Wenn Du +mir's nicht verdenken willst, möchte ich Dich etwas fragen.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Es sei Dir gewährt.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Welch strenges Gelübde hält Dich in diesen einsamen Tempelmauern gefangen +und beraubt die Sterblichen Deines lieblichen Anblickes?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ich hege einen geheimen Wunsch in<a class="pagenum" name="Page_27" title="27"> </a> +meinem Herzen, für dessen Erfüllung ich täglich Gebete zu Shiva sende.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ach, was kannst Du verlangen, die Du das Verlangen der ganzen Welt bist? Von +dem östlichen Hügel, auf dessen Gipfel die Morgensonne zuerst ihren feurigen +Fuß setzt, bis ans Ende des Abendlands bin ich gewandert. Ich habe das Köstlichste, +Schönste und Größte der Erde gesehen. Mein Wissen soll Dein sein, nur +sage mir, was oder wen Du suchst.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ihn, den ich suche, ihn kennen alle.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Wer mag dieser Liebling der Götter +sein, der Dein Herz gefangen nahm?</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_28" title="28"> </a></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Er ist der Größte aller Helden, ein Sproß des höchsten Herrscherhauses.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Herrin, opfere nicht diesen Schatz von Schönheit, der Dein ist, auf dem Altar +eines falschen Ruhmes. Unwahres Gerücht verbreitet sich von Mund zu Mund, +wie der Nebel im frühen Morgendämmer ehe die Sonne aufgeht. Sage mir, wer ist +der erhabene Held aus höchstem königlichem Stamm?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Einsiedler, der Ruhm andrer Männer erfüllt Dich mit Neid. Weißt Du nicht, +daß der Ruhm des königlichen Hauses der Kuru über die ganze Welt verbreitet ist?</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_29" title="29"> </a></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Das Haus der Kuru!</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Und hast Du nie den größten Namen dieses weitgerühmten Hauses gehört?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Laß ihn mich von Deinen eigenen Lippen hören.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Arjuna, der Welteroberer. Ich habe diesen unsterblichen Namen von den +Lippen der Menge abgelesen und ihn sorgfältig in meinem Herzen verborgen. Einsiedler, +was blickst Du so verwirrt drein? Trägt dieser Name nur trügerischen +Glanz? Sag es, und ich will nicht zögern, +den Schrein meines Herzens aufzubrechen<a class="pagenum" name="Page_30" title="30"> </a> +und den falschen Edelstein in den Staub zu werfen.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ob auch sein Name und Ruhm, sein Mut und seine Tapferkeit wahr oder +falsch sind, um des Mitleids willen verbanne ihn nicht aus Deinem Herzen, +denn er kniet zu Deinen Füßen — in diesem Augenblick.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Du, Arjuna!</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ja, der bin ich, ein vor Liebe verschmachteter Bettler an deiner Tür.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>So ist es nicht wahr, daß Arjuna das Gelübde zwölf Jahre langer Keuschheit getan hat?</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_31" title="31"> </a></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Du hast meinen Schwur gelöst wie der Mond den nächtlichen Schwur der Dunkelheit.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Scham über Dich! Was sahst du in mir, das Dich Deinem eigenen Ich untreu +werden ließ? Wen suchst du in diesen dunklen Augen, in diesen milchweißen +Armen, wenn Du sie mit dem Preis Deiner Ehre zu bezahlen bereit bist? Nicht mein +wahres Selbst, das weiß ich. Wahrlich das kann nicht Liebe sein, nicht des +Mannes tiefste Ehrfurcht vor dem Weib! Wehe, daß der Körper, diese zerbrechliche +Hülle, uns blendet, das Licht der +unsterblichen Seele zu schauen! Ja, Arjuna,<a class="pagenum" name="Page_32" title="32"> </a> +nun weiß ich gewiß, falsch ist der Ruhm Deines Heldentums.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>O, ich fühle wie eitel der Ruhm ist und der Stolz der Tapferkeit! Alles scheint +Traum. Du allein bist vollkommen, Du bist der Reichtum der Welt, das Ende +aller Armut, das Ziel alles Strebens, das Weib! Andere Frauen gibt's, langsam und +schwer zu erkennen, aber Dich einen Augenblick lang zu sehn, heißt höchste +Vollendung schauen, jetzt und in Ewigkeit.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ach nicht ich bin's, nicht ich, Arjuna! Es ist das Trugbild eines Gottes. Geh', +geh' mein Held, geh'. Frei' nicht die Lüge, opfre dein großes Herz nicht einer Täuschung. Geh'.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_33" title="33"> </a></p> + +<h2><a name="DRITTE_SZENE" id="DRITTE_SZENE">DRITTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM TEMPEL</big></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Nein, unmöglich ist's den brennenden Blick der hungrigen Seele auszuhalten, +der mit Händen dich umklammert, zu fühlen, wie das Herz sich müht, die Fesseln +zu sprengen, und den wilden Schrei, der sich ihm entringen will — und den +Liebenden dann hinweg zu senden wie einen Bettler! Unmöglich ist's!</p> + +<p>(Madana und Vasanta treten auf.)</p> + +<p>Ach, Gott der Liebe, welch furchtbares Feuer hast Du in mich gesenkt! Ich verbrenne, +versenge, was ich berühre.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ich wünsche zu wissen, was in vergangener Nacht geschah.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_34" title="34"> </a></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Auf ein Lager von Gras, übersät mit +Frühlingsblüten, legte ich mich am Abend +nieder und gedachte des wunderbaren +Lobgesangs meiner Schönheit, den ich +von Arjuna gehört. Tropfen nach Tropfen +trank ich den Honig, den ich am Tage +gesammelt, Vergangenes und Zukünftiges +war vergessen. Ich fühlte mich der Blume +verwandt: ihr sind nur flüchtige Stunden +vergönnt, dem summenden Schmeicheln, +dem Flüstern und Murmeln der Wälder +zu lauschen. Dann muß sie die Augen +vom Himmel wenden, ihr Haupt beugen +und ihren Atem aushauchen im Staub, +klaglos den kurzen Traum eines vollkommenen +Augenblicks beenden, der +nicht Vergangenheit noch Zukunft kennt.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_35" title="35"> </a></p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Ein grenzenloses Leben voller Ruhm +kann blühen und sich erschöpfen an +einem Morgen.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Wie Ewigkeits-Sinn im kleinsten Bruchteil +eines Liedes sein kann.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Die südliche Brise wiegte mich in Schlaf. +Von dem blühenden <a href="#malati">Malati-Hain</a> über +mir tropften schweigend Küsse auf mich +nieder. Jede Blume wählte sich ein Lager +zum Sterben, in meinem Haar, auf meiner +Brust oder meinen Füßen. Ich schlief. +Und in der Tiefe meines Schlafes war +mir plötzlich, als ob ein durchdringender, +gieriger Blick meinen Körper berühre,<a class="pagenum" name="Page_36" title="36"> </a> +wie der spitzige, stechende Finger der +Flamme. Ich sprang auf und sah den Einsiedler +vor mir stehen. Der Mond war +westwärts gewandert und lugte durch die +Blätter, um das Wunder zu sehen, das +durch göttliche Kunst in zerbrechlicher +Menschlichkeit erstanden war. Die Luft +war schwer, duftgeschwängert, die Stille +der Nacht klang vom Grillengezirp, regungslos +lag das Spiegelbild der Bäume +auf dem See. Und mit seinem Stab in der +Hand stand der Einsiedler groß, aufrecht +und schweigend wie ein Baum des Waldes. +Mir war, da ich die Augen aufschlug, +als sei ich abgeschieden von aller Wirklichkeit +des Lebens, und es vollziehe sich +an mir eine Wiedergeburt im Land der +Träume. Scham fiel von mir und glitt<a class="pagenum" name="Page_37" title="37"> </a> +wie ein gelöstes Gewand auf meine Füße +nieder. Ich hörte seinen Schrei — »Geliebte, +einzig Geliebte!« Und all' meine +vergangenen, vergessenen Leben schmolzen +zu einem und riefen ihm Antwort +zu: »Nimm mich, nimm mich ganz zu +eigen!« Und ich breitete meine Arme nach +ihm aus. Der Mond sank hinter den Bäumen. +Ein dunkler Vorhang bedeckte alles, +Himmel und Erde, Zeit und Raum, Lust +und Schmerz, Leben und Tod schmolzen +in Eins in unsagbarer Verzückung.... +Mit dem ersten Morgenstrahl, dem ersten +Vogelzwitschern richtete ich mich auf und +blieb, auf den linken Arm gestützt, sitzen. +Der Einsiedler lag schlafend, ein unbekümmertes +Lächeln krümmte sich um +seine Lippen, wie der wachsende Mond<a class="pagenum" name="Page_38" title="38"> </a> +am Morgen. Der Dämmerung rosiges Glühen +fiel auf seine edle Stirn. Ich seufzte, +stand auf und zog die breitblättrigen Lianen +zusammen, um sein Gesicht vor der +flutenden Sonne zu schützen. Ich schaute +umher und sah die gleiche alte Erde. Ich +erinnerte mich, was ich gewesen und +rannte, rannte wie ein Reh, das seinen +eigenen Schatten fürchtet, den Waldpfad +entlang, den <a href="#stephali">Stephali-Blumen</a> bedeckten. +Ich fand einen einsamen Winkel, setzte +mich nieder, barg mein Gesicht in beiden +Händen, um zu weinen und zu klagen. +Doch meine Augen blieben tränenlos.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Weh über Dich, Tochter der Sterblichen! +Ich stahl aus den göttlichen Speichern<a class="pagenum" name="Page_39" title="39"> </a> +den duftenden Wein des Himmels, gab ihn, eine irdische Nacht gefüllt bis +zum Rande, in Deine Hände, auf daß Du tränkest — und immer hör' ich noch diesen Schrei der Qual!</p> + +<p class="character">Chitra</p> +<p><span style="margin-left: 3em;">(bitter)</span></p> + +<p>Wer trank ihn? Des Lebens seltenste +Erfüllung, erste Liebesumarmung bot +man mir dar und entriß sie wieder meiner +Sehnsucht? Diese erborgte Schönheit, +die Falschheit, die mich umhüllt, sie werden +von mir gleiten, wie Blüten im Wind +entblättern, und die einzig sichtbare Erinnerung +jener süßen Vereinigung mitnehmen, +und voll Scham über seine Armut +wird das Weib weinend sitzen — +Tag und Nacht. Gott der Liebe, diese<a class="pagenum" name="Page_40" title="40"> </a> +verfluchte äußere Gestalt begleitet mich +Tag und Nacht, wie ein Dämon, und beraubt +mich allen Liebeslohnes — all der +Küsse, nach denen ich verschmachte.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ach, umsonst war Deine einzige Nacht! Die Barke der Erfüllung kam in Sicht, +aber die Wellen ließen sie das Ufer nicht berühren.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Der Himmel war meinem Griff ganz nahe und ich vergaß für Augenblicke, daß +ich ihn noch nicht erreicht hatte. Aber als ich des Morgens aus meinem Traum +erwachte, fand ich im eigenen Körper die Rivalin. Nun ward mir die verhaßte +Pflicht, sie täglich zu schmücken, zum<a class="pagenum" name="Page_41" title="41"> </a> +Geliebten zu schicken und zu sehen, wie er sie liebkoste. O Gott, nimm Dein Geschenk +zurück!</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Aber wie willst Du vor Deinen Geliebten treten, wenn ich es von Dir nehme? +Ist es nicht grausam, den Becher von seinen Lippen zu reißen, nachdem er +kaum einen Zug der Lust getan? Wie ärgerlich wirst Du ihm sein?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Und doch wäre es besser so. Ich will ihm +meine wahrhaftige Gestalt zu erkennen +geben, eine edlere Tat, als in dieser Maske +zu leben. Wenn er mich auch verstößt +und verschmäht, wenn er mein Herz auch +bricht — schweigend will ich's tragen.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_42" title="42"> </a></p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Hör' meinen Rat. Wenn die blumenerfüllte +Jahreszeit vergangen, kommt der +Herbst und mit ihm der Triumphzug der +Früchte. Die Zeit wird kommen, da die +überreife Blume des Leibes sich vergehend +neigt. Dann wird Arjuna die bleibende +fruchtgewordene Wahrheit aus +Dir voll Glück hinnehmen. O Kind, geh' +zurück zu Deiner rasenden Feier.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_43" title="43"> </a></p> + +<h2><a name="VIERTE_SZENE" id="VIERTE_SZENE">VIERTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM WALD</big></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Warum beobachtest Du mich, mein Krieger?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich sehe zu, wie Du den kleinen Kranz windest. Anmut und Geschick, die Zwillingsbrüder, +spielen tanzend auf Deinen Fingerspitzen. Ich sehe zu und denke.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Was denkst Du, Herr?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich denke, daß Du mit der gleichen +schwebenden Berührung und Süßigkeit +die Tage meiner Verbannung in einen<a class="pagenum" name="Page_44" title="44"> </a> +unsterblichen Kranz windest, um mich +zu meiner Heimkehr damit zu krönen.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Heimkehr! Diese Liebe ist nichts für +ein Heim!</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Nichts für ein Heim?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Nein, sprich nie davon. Nimm mit in +Dein Heim das Bleibende, Starke. Laß +die kleine wilde Blume an ihrem Geburtsort, +laß sie dort in Schönheit sterben, +wenn der Tag sich neigt, mit all den welkenden +Blumen und den modernden +Blättern. Nimm sie nicht mit in die Halle +Deines Palastes, um sie dort auf den +steinernen Boden zu werfen, der kein<a class="pagenum" name="Page_45" title="45"> </a> +Erbarmen für Welken und Vergehen +kennt.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Sieht so unsere Liebe aus?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ja, so und nicht anders! Was soll das +Klagen? Was sich für müßige Tage schickt, +sollte sie nicht überdauern. Lust wandelt +sich in Schmerz, wenn ihr die Tür verschlossen +ist, aus der sie scheiden soll. +Nimm meine Liebe hin und halte sie, so +lange sie währen darf. Laß nicht des +Abends satte Zufriedenheit mehr fordern, +als das morgendliche Verlangen ernten +kann ... Der Tag ist vorüber. Nimm dies +Blumengewinde. Ich bin müde. Nimm +mich in Deine Arme, Geliebter, und laß<a class="pagenum" name="Page_46" title="46"> </a> +alles eitle unzufriedene Gezänk verstummen +in der süßen Vereinigung unserer +Lippen.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Still, horch, Geliebte, der Klang der +Gebetsglocken aus dem fernen Dorftempel +gleitet auf der Abendluft über die +schweigenden Wipfel.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_47" title="47"> </a></p> + +<h2><a name="FUENFTE_SZENE" id="FUENFTE_SZENE">FÜNFTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM TEMPEL</big></p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Ich kann nicht Schritt mit Dir halten, +mein Freund! Ich bin müde. Schwer ist +die Pflicht, das Feuer in Glut zu halten, +das Du entzündet hast. Schlaf überkommt +mich, der Fächer entfällt meiner +Hand, und kalte Asche bedeckt die Glut. +Ich fahre wieder auf aus meinem Schlummer +und rette die träge Flamme, soweit +es in meiner Macht steht. Aber so kann +es nicht weiter gehen.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ich weiß, Du bist unbeständig wie ein +Kind. Ewig ruhelos ist Dein Spiel im +Himmel und auf Erden. Was Du in langen<a class="pagenum" name="Page_48" title="48"> </a> +Tagen aufgebaut mit endloser Sorge +für jeden Bruchteil, in einem Augenblick +zerstörst Du es wieder, ohne Bedauern. +Aber unsere Arbeit ist heut vollendet. +Freudengeflügelte Tage fliehen flüchtig +dahin, und das sich neigende Jahr vergeht +mit berückendem Blühen.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_49" title="49"> </a></p> + +<h2><a name="SECHSTE_SZENE" id="SECHSTE_SZENE">SECHSTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM WALD</big></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich erwachte am Morgen und fand +meine Träume in einen Edelstein verschmolzen. +Ich hatte keinen Schrein, ihn +darin zu verschließen, keine Königskrone, +in die ich den Stein hätte fassen können, +keine Kette hatte ich, ihn daran zu hängen, +und doch brachte ich's nicht übers +Herz, ihn wegzuweisen. So halte ich ihn, +und mein Arm, der Arm eines Kshatriya, +vergißt über müßigem Tun seine Pflicht.</p> + +<p>(Chitra tritt ein.)</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Sage mir Deine Gedanken, Herr!</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_50" title="50"> </a></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Meine Gedanken sind heute auf die +Jagd gerichtet. Sieh, wie der Regen in +Strömen herniederstürzt und wild gegen +den Berghang schlägt. Dunkle Wolkenschatten +hängen schwer über dem Wald, +und gleich der sorglosen Jugend überspringt +der geschwollene Strom mit spöttischem +Lachen alle Schranken. Stets +gingen wir fünf Brüder an solchen Regentagen +in den Wald von Chitraka, wilde +Tiere zu jagen. Das waren schöne Zeiten. +Unsre Herzen tanzten zum Trommelwirbel +der grollenden Wolken. Der +Wald hallte wider von den Schreien der +Pfauen. Durch das Klatschen des Regens +und das Rauschen des Wasserfalles +konnte das ängstliche Wild unsre Schritte<a class="pagenum" name="Page_51" title="51"> </a> +nicht hören. Die Leoparden ließen ihre +Spuren in der nassen Erde zurück und +verrieten so ihr Lager. War die Jagd vorüber, +so forderten wir uns auf dem Heimweg +gegenseitig heraus, reißende Ströme +zu durchschwimmen. Ein ruheloser Geist +wohnt in mir, ich habe Sehnsucht nach +der Jagd.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Erst erlege das Wild, das Du jetzt verfolgst. +Bist Du gewiß, daß das verzauberte +Tier, das Du jagst, unbedingt gefangen +werden muß? Nein, noch nicht. +Wie ein Traum entgleitet Dir das wilde +Geschöpf, wenn es Dir am nächsten +scheint. Sieh, wie der rasende Regen den +Wind jagt und tausend Pfeile hinter ihm +her sendet. Und doch bleibt der Wind<a class="pagenum" name="Page_52" title="52"> </a> +frei und unbesiegt. So ist auch unser Waidwerk, +Geliebter! Du jagst nach der schnellschreitenden +Schönheit und versendest +all Deine Pfeile nach ihr, und doch flieht +dies zaubrische Wild stets frei und unberührt +davon.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Hast Du kein Heim, Geliebte, wo liebende +Herzen Deiner Rückkehr harren? +Ein Heim, dem Du durch sanftes Dienen +Lieblichkeit verliehst, und dessen Licht +erlosch, als Du es für diese Wildnis verließest?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Was fragst Du? Sind die Stunden der +Lust vorbei, in denen es kein Denken +gab? Weißt Du nicht, daß ich nur die bin,<a class="pagenum" name="Page_53" title="53"> </a> +die Du vor Dir siehst? Mein Blick geht +nicht über das Jetzt hinaus. Der Tau auf +den Blättern der <a href="#kinsuka">Kinsuka-Blüte</a> hat weder +Namen noch Schicksal, und gewährt keiner +Frage Antwort. Sie, die Du liebst, +gleicht jener vollkommenen Tauperle.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Verbindet sie kein Band mit der Welt? +Ist sie nur ein Stück Himmel, das ein lustspendender +Gott unachtsam zur Erde +fallen ließ?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ja.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ach, darum ist mir immer, als müßte +ich Dich verlieren. Mein Herz ist unbefriedigt, +meine Gedanken friedlos. Komm +näher zu mir, Unerreichbare! Ergib Dich<a class="pagenum" name="Page_54" title="54"> </a> +und dulde die Fesseln, die da heißen: +Name, Heim, Sippe. Laß mein Herz Dich +ganz umschließen, und mit Dir leben in +der ruhigen Sicherheit der Liebe.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Warum mühst Du Dich vergebens, die +Farben der Wolken, den Tanz der Wellen, +den Duft der Blumen zu haschen und +zu halten?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Herrin mein, glaube nicht, daß Du mit +Luftgebilden die Liebe befriedigen kannst. +Gib mir etwas, woran ich Halt finde, +etwas, das die Lust überdauert, das sich +im Leid bewährt.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Mein Held, noch ist das Jahr nicht zu<a class="pagenum" name="Page_55" title="55"> </a> +Ende, und schon bist Du müde! Ja, nun +erkenne ich die himmlische Güte, die den +Blumen ein kurzes Leben gab. Wäre ich +mit den Blumen des letzten Frühlings +verwelkt und gestorben, ich wäre mit +Ehren dahingegangen. Doch meine Tage +sind gezählt, Geliebter. Schone mich +nicht, saug allen Honig aus mir, da Du +voller Angst bist, daß Dein armes Herz +wieder und wieder zurückkommt voll unerfüllter +Wünsche und Begierden, gleich +der durstigen Biene, wenn die Sommerblumen +welk im Staub liegen.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_56" title="56"> </a></p> + +<h2><a name="SIEBENTE_SZENE" id="SIEBENTE_SZENE">SIEBENTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM TEMPEL</big></p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Heute ist Deine letzte Nacht.</p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Des Frühlings unerschöpfliche Schatzkammer +wird morgen die Lieblichkeit +Deines Körpers zurücknehmen. Die rosige +Farbe Deiner Lippen wird in einem +<a href="#asoka">Asoka-Blütenpaar</a> neu aufblühen, frei von +der Erinnerung an Arjunas Küsse. In hundert +duftenden Jasmin-Blumen wird der +matte, weiße Glanz Deiner Haut auferstehen.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>O Götter, erhört mein Gebet! Laßt +meine Schönheit in der letzten Stunde<a class="pagenum" name="Page_57" title="57"> </a> +dieser Nacht am hellsten erstrahlen, wie das letzte Aufleuchten einer sterbenden Flamme.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Dein Wunsch sei Dir gewährt.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_58" title="58"> </a></p> + +<h2><a name="ACHTE_SZENE" id="ACHTE_SZENE">ACHTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM WALD</big></p> + +<p class="character">Die Dorfleute</p> + +<p>Wer wird uns nun beschützen?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Was soll's, welche Gefahr droht Euch?</p> + +<p class="character">Die Dorfleute</p> + +<p>Die Räuber kommen in Scharen aus den nördlichen Bergen, wie die Flut des +Gebirgsstromes, die unser Dorf verheert.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Habt ihr keine Wächter in Eurem Königreich?</p> + +<p class="character">Die Dorfleute</p> + +<p>Chitra, die Königstochter, war der +Schrecken aller Bösen. Als sie noch in<a class="pagenum" name="Page_59" title="59"> </a> +diesem glücklichen Lande weilte, kannten +wir keine Furcht außer einer: sterben +zu müssen. Nun ist Chitra auf einer Pilgerfahrt, +und niemand kennt ihren Aufenthalt.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ist der Hüter dieses Landes ein Weib?</p> + +<p class="character">Die Dorfleute</p> + +<p>Ja, sie ist uns Vater und Mutter zugleich.</p> + +<p>(Die Dorfleute entfernen sich. +Chitra tritt ein.)</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Warum sitzest Du hier so einsam?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich versuche mir vorzustellen, was für +eine Frau die Prinzessin Chitra sein mag.<a class="pagenum" name="Page_60" title="60"> </a> +Viele Menschen erzählen viele Geschichten +von ihr.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ach, sie ist nicht schön, sie hat nicht +meine schönen Augen, die dunkel sind +wie der Tod. Mit ihrem Geschoß kann +sie jede Scheibe durchbohren, nur nicht +das Herz unsres Helden.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Sie sagen, an Tapferkeit sei sie ein +Mann, und ein Weib an Zärtlichkeit.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Und das gerade ist ihr größtes Unglück. +Das Weib, das nur Weib ist, das mit +seinem Lächeln, mit seinen Seufzern, und +mit zarten Liebkosungen die Herzen der +Männer einspinnt, ist allein glücklich.<a class="pagenum" name="Page_61" title="61"> </a> +Was frommt ihr Weisheit und große +Taten? Hättest Du die Prinzessin nur +gestern sehen können, im Hof von Shivas +Tempel, der am Waldpfad liegt, Du +wärest vorübergegangen ohne sie eines +Blickes zu würdigen. Bist Du denn weiblicher +Schönheit so überdrüssig, daß Du +in ihr männliche Kraft suchst?</p> + +<p>Aus grünen Blättern, feucht vom +sprühenden Gischt des Wasserfalls, habe +ich unser Bett zur Mittagsrast bereitet, +in nachtdunkler Grotte. Die Kühle des +weichen grünen Mooses, das dicht den +tropfenden Stein bedeckt, küßt dort Deine +Augen in Schlaf. Laß Dich dorthin geleiten.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Nein, heute nicht, Geliebte.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_62" title="62"> </a></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Warum nicht heute?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich habe von einer Räuberhorde gehört, +die in die Ebene gekommen ist. Ich +muß gehen meine Waffen bereiten, um +die erschreckten Dorfleute zu beschützen.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Du brauchst Dich nicht um sie zu +sorgen. Prinzessin Chitra hat starke Wächter +an den Grenzpässen aufgestellt, ehe +sie ihre Pilgerfahrt begann.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Nur für kurze Zeit laß mich das Kriegshandwerk +eines Kshatriya üben. Mit +neuem Ruhm will ich diesen müßigen Arm +bedecken, damit er Deinem Haupt ein +würdigeres Kissen sei.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_63" title="63"> </a></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Doch, wenn ich mich weigere Dich +gehen zu lassen, wenn meine Arme Dich +umwunden halten? Würdest Du Dich +roh von mir losreißen und mich verlassen? +So geh! Aber wisse, daß die Liane — +einmal entzweigebrochen — nie wieder +zu einem Ganzen wird. Geh, wenn Dein +Durst gestillt ist. Doch wenn nicht, denke +daran, wie unbeständig die Göttin der +Lust ist und daß sie nicht wartet auf den +Menschen. Bleib noch eine Weile, Herr! +Sage mir die unruhigen Gedanken, die +Dich quälen. Wer nahm heute Deine +Seele gefangen? War es Chitra?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ja, es ist Chitra. Mich nimmt wunder, +um welches Gelübdes willen sie auf die<a class="pagenum" name="Page_64" title="64"> </a> +Pilgerfahrt gegangen ist. Was mangelt +ihr?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Was ihr mangelt? Ja, hat sie denn je +etwas besessen, die Unglückliche? Es sind +ja ihre eigensten Fähigkeiten, die sie mit +Gefängnismauern umschließen und ihr +Frauenherz in einer kahlen Zelle gefangen +halten. Verdunkelt ist diese Frau und +unerfüllt. Ihre Weibesliebe muß sich mit +einem Lumpenkleide bescheiden, denn +Schönheit blieb ihr versagt. Sie gleicht +dem Geist eines freudlosen Morgens. Sie +sitzt auf steinigem Berggipfel und dunkle +Wolken haben ihr Licht ausgelöscht. +Frag mich nicht nach ihrem Leben. +Seine Geschichte klingt dem Ohr des +Mannes nicht lieblich.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_65" title="65"> </a></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich brenne danach, alles von ihr zu +hören. Ich bin wie ein Wanderer, der +um Mitternacht an eine fremde Stadt +kommt. Kuppeln, Türme und Gartenbäume +sehen verschwommen und schattenhaft +aus, und durch die Stille des +Schlafes tönt hin und wieder das dumpfe +Klagen des Meeres. Und er harrt sehnsüchtig +auf den Morgen, der ihm alle die +fremden Wunder offenbaren soll. O, erzähle +mir ihre Geschichte.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Was ist da mehr zu erzählen?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Meine Einbildung zaubert mir sie vor, +wie sie auf weißem Rosse reitet, in der +Linken die Zügel haltend und in der rechten<a class="pagenum" name="Page_66" title="66"> </a> +Hand den Bogen, gleich der Liebesgöttin, +die frohe Hoffnung spendet. Mit +wilder Liebe schützt sie ihre säugenden +Jungen wie eine wachsame Löwin. Auch +des Weibes Arme, die nichts anderes als +ungefesselte Kraft schmückt, sind schön! +Mein Herz ist ruhelos, Du Liebliche, wie +eine Schlange, die aus langem Winterschlaf +erwacht. Komm, laß uns miteinander +auf schnellen Rossen dahineilen, +Seite an Seite, wie Zwillingsgestirne, die +leuchtend den Raum durchmessen. Heraus +aus diesem dunklen, grünen, einschläfernden +Gefängnis, komm hervor +unter der feuchten, duftenden, berauschenden +Decke, die den Atem benimmt!</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Arjuna, sag mir die Wahrheit: wenn<a class="pagenum" name="Page_67" title="67"> </a> +ich mich jetzt plötzlich durch einen Zauber +dieser wollüstigen Weichheit entledigen +könnte, diesen zarten Schmelz der +Schönheit abstreifte, der vor der derben, +gesunden Berührung der Welt schaudert, +und das alles von meinem Körper herunterrisse +wie geborgtes Gewand — könntest +Du das ertragen? Wenn ich mich +aufrichte, grade und stark, mit der Kraft +eines mutigen Herzens, und die Listen +und Künste der kriechenden Schwachheit +verächtlich von mir weise, wenn ich +mein Haupt erhebe, wie die hohe, junge +Bergtanne, und mich nicht länger im +Staub winde, wie die Liane, — werde ich +dann Gnade finden vor den Augen des +Mannes? Nein, nein, Du könntest es nicht +ertragen. Es ist besser, ich verstreue um<a class="pagenum" name="Page_68" title="68"> </a> +mich all die zierlichen Spielereien flüchtiger +Jugend und warte auf Dich in Geduld. +Ist's Dir gefällig zurückzukehren, +so will ich Dir lächelnd aus dem Becher +dieses schönen Leibes den Wein der Lust +schenken. Hast Du genug davon und bist +Du müde, so will ich mich demütig und +dankbar in den Winkel zurückziehen, +den man mir gelassen hat. Wie gefiele +es Deiner Heldenseele, hoffte die Gespielin +der Nacht Deine Gefährtin am +Tage zu sein? Wie, wenn der linke Arm +die Last des stolzen rechten mit zu tragen +lernte?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich werde Dich niemals richtig erkennen. Eine Göttin, verborgen in einem +goldenen Heiligenbild scheinst Du mir.<a class="pagenum" name="Page_69" title="69"> </a> +Ich kann Dich nicht berühren, ich kann Dir Deine unschätzbaren Gaben nicht +vergelten. Und so bleibt meine Liebe unvollkommen. Aus der rätselhaften Tiefe +Deiner traurigen Augen, aus Deinen spielerischen Worten, die ihre eigene Bedeutung +verspotten, erhasche ich manchmal den Schimmer eines Wesens, das die +schmachtende Anmut seines Körpers vernichten möchte. In der reinen Flamme +des Leides, verborgen hinter des Lächelns zartem Schleier, sehnt es sich wieder zu +erstehen. Ein Trugbild, erscheint uns die Wahrheit zuerst, in einer Verkleidung +tritt sie vor den Geliebten hin. Aber es kommt eine Zeit, da sie Schleier und +Schmuck abwirft und dasteht, bekleidet mit nackter Hoheit. Ich verzehre mich<a class="pagenum" name="Page_70" title="70"> </a> +nach diesem letzten Du, nach jener einfachsten, wahrsten Klarheit. Was bedeuten +die Tränen, mein Lieb? Warum verbirgst Du Dein Gesicht in den Händen? +Hab ich Dir weh getan, mein Liebling? Vergiß, was ich sagte. Ich will mit der +Gegenwart zufrieden sein. Wie der Vogel Geheimnis aus unsichtbarem, dunkelm +Nest zu mir kommt, musikerfüllte Botschaft bringend, so komm Du zu mir und +laß mich jeden Augenblick der Schönheit erleben. Laß mich und meine Hoffnung +ewig am Ufer der Erfüllung sitzen und so meine Tage beschließen.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_71" title="71"> </a></p> + +<h2><a name="NEUNTE_SZENE" id="NEUNTE_SZENE">NEUNTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM WALD</big></p> + +<p class="character">Chitra</p> +<p><span style="margin-left: 3em;">(in einen Mantel gehüllt.)</span></p> + +<p>Mein Herr, hast Du den Becher bis +zur Neige geleert? Ist dies wirklich das +Ende? Nein, wenn alles getan, so bleibt +doch noch Eins, mein letztes Opfer, das +ich zu Deinen Füßen darbringe. Aus dem +himmlischen Garten brachte ich Blumen +von unvergleichlicher Schönheit, Dich +zu ehren, Gott meines Herzens.</p> + +<p>Ich will die Blumen aus dem Tempel +hinauswerfen, wenn sie verwelkt sind und +die heilige Handlung vorüber.</p> + +<p>(Sie nimmt ihren Mantel ab und trägt Männerkleidung wie am Anfang.)</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_72" title="72"> </a></p> + +<p>Nun laß Deinen Knecht Gnade finden vor Deinen Augen.</p> + +<p>Ich bin nicht schön und vollkommen +wie die Blumen, mit denen ich Dich ehrte. +Ich bin voller Schuld und Fehler. Auf +der großen Heerstraße der Welt bin ich +ein Wanderer, meine Kleider sind beschmutzt, +und Dornen haben meine Füße +blutig gerissen. Wie könnte ich schön +sein wie die Blumen, voll unbefleckter +Lieblichkeit, für die kurze Dauer eines +Augenblicks? Die Gabe, die ich Dir voll +Stolz darbringe, ist das Herz eines Weibes. +Darinnen ist eingeschlossen aller Schmerz +und alle Lust, alle Hoffnung, alle Furcht, +alle Scham einer Erdentochter.</p> + +<p>Hier ist der Uranfang der Liebe, von +hier aus ringt sie nach Unsterblichkeit.<a class="pagenum" name="Page_73" title="73"> </a> +Im Herzen des Weibes liegt eine große +und erhabene Unvollkommenheit. Nun, +da die Anbetung der Schönheit vorüber, +nimm diesen</p> + +<p>(auf sich zeigend)</p> + +<p>als Deinen Knecht für kommende Tage.</p> + +<p>Ich bin Chitra, die Königstochter. Vielleicht +erinnerst Du Dich des Tages, als in +Shivas Tempel ein Weib zu Dir trat, behangen +mit Putz und Schmuck. Die +Schamlose kam und warb um Dich wie +ein Mann. Du stießest sie zurück, und +Du tatest wohl daran. Herr, jenes Weib +— bin ich. Sie diente mir als Maske. Damals +verlieh mir die göttliche Gnade für +ein Jahr die strahlendste Gestalt, die je +einem Sterblichen wurde. Mit der Last +jenes Betruges beschwerte ich meines<a class="pagenum" name="Page_74" title="74"> </a> +Helden Herz. Dies Weib kann ich nicht +sein.</p> + +<p>Ich bin Chitra. Keine Göttin bin ich, +die man anbetet, aber auch nicht ein +Gegenstand allgemeinen Mitleids, den +man achtlos abschüttelt wie ein Insekt. +Wenn Du mich würdig findest, Dir zur +Seite zu stehen, wenn ich die großen +Pflichten Deines Lebens teilen darf — +dann wirst Du mein wahres Wesen erkennen. +Wenn Dein Kind, das ich in meinem +Schoß nähre, ein Sohn sein wird, +will ich es lehren, ein zweiter Arjuna zu +werden. Wenn die Zeit kommt, werde +ich ihn zu Dir senden, und Du wirst endlich +mein eigenstes Ich erkennen. Heute +kann ich Dir nur Chitra darbringen, die +Tochter eines Königs.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_75" title="75"> </a></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Geliebte, mein Leben ist vollkommen +erfüllt.</p> + +<div class="center"><em class="gesperrt">ENDE</em></div> +<hr class="chap" /> + +<p><a class="pagenum" name="Page_76" title="76"> </a></p> + + + +<h2><a name="ANMERKUNGEN" id="ANMERKUNGEN">ANMERKUNGEN</a></h2> + + +<p>Zu Seite:</p> + +<blockquote> + +<p><a name="pandava" /><a href="#Page_5">5</a>: <i>Pandava</i> (so für Pandaṟa zu lesen). +Das Königsgeschlecht, von dem das +Mahābhārata handelt, stammt von +<i>Kuru</i> ab; ein Zweig derselben sind +die Pāṇḍavas, fünf Brüder (S. <a href="#Page_50">50</a>), zu +denen der Held Arjuna gehört. Dieser +stammt also auch aus dem Hause +der Kurus. (S. <a href="#Page_9">9</a>).</p> + +<p><a name="malati" /><a href="#Page_35">35</a>: <i>Malati-Hain.</i> Mālati ist der großblütige Jasmin.</p> + +<p><a name="stephali" /><a href="#Page_38">38</a>: <i>Stephali-Blüten</i>; lies <i>Sh</i>ephali. Śephālikā +ist der Strauch vitex negundo, dessen Blüten in Vasavadatta Abt. IV +mit Zinnoberkügelchen verglichen werden.</p> + +<p><a name="kinsuka" /><a href="#Page_53">53</a>: <i>Kinsuka-Blüte.</i> Der Kiṃśuka, Butea +frondosa, ist ein stattlicher Baum, +dessen Zweige im Frühjahr mit großen<a class="pagenum" name="Page_78" title="78"> </a> +scharlachroten Schmetterlingsblüten bedeckt sind. Die schöne Blüte +ist aber geruchlos.</p> + +<p><a name="asoka" /><a href="#Page_56">56</a>: <i>Asoka-Blüten.</i> Der Aśokabaum, Jonesia +Asoka, hat rote Blüten. Er spielt in der indischen Dichtung eine große +Rolle. Aśoka bedeutet »Kummerlos.«</p></blockquote> + +<hr class="tb" /> + +<p>Tagore's Dichtung entspricht nicht dem Sinn der Sage. Er sagt S. <a href="#Page_6">6</a> von Chitrā's +Vater: »er hatte sie deshalb stets wie einen Sohn gehalten und zu seinem Erben gemacht«. +Der Text in Protap Chandra Roys Übersetzung lautet: I have duly +made her a <i>Putrikā</i>. <i>putrikā</i> ist ein juristischer +Ausdruck und bezeichnet eine +Tochter, die mangels eines Sohnes (<i>putra</i>) +die Familie ihres Vaters, nicht ihres Gatten +fortpflanzen soll. Für letzteren bedeutet<a class="pagenum" name="Page_79" title="79"> </a> +also die Eingehung einer solchen +Ehe den Verzicht auf die Fortpflanzung +seiner Familie. Tagore hat dies offenbar +nicht gewußt und macht daher aus <i>putrikā</i> +eine Tochter, die als Sohn (<i>putra</i>) +erzogen wird! Das Epos kennt eine Sage, +wo eine Prinzessin für einen Prinz ausgegeben +und als solcher erzogen wird +(die Geschichte von <i>Śikhandin</i>). Diese +Reminiszenz mag sich bei dem Dichter +mit dem Sagenstoff, auf den er in der Vorrede +hinweist, verschmolzen haben.</p> + +<hr class="tb" /> + +<p>Für die Anmerkungen ist die Übersetzerin dem Sanskritisten der Bonner +Universität, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Jacobi, zu Dank verpflichtet.</p> + +<div>*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 44246 ***</div> +</body> +</html> diff --git a/44246-h/images/cover_ebook.jpg b/44246-h/images/cover_ebook.jpg Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..a8e0151 --- /dev/null +++ b/44246-h/images/cover_ebook.jpg diff --git a/LICENSE.txt b/LICENSE.txt new file mode 100644 index 0000000..6312041 --- /dev/null +++ b/LICENSE.txt @@ -0,0 +1,11 @@ +This eBook, including all associated images, markup, improvements, +metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be +in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES. + +Procedures for determining public domain status are described in +the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org. + +No investigation has been made concerning possible copyrights in +jurisdictions other than the United States. 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You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Chitra + Ein Spiel in einem Aufzug + +Author: Rabindranath Tagore + +Translator: Elisabeth Wolff-Merck + +Release Date: November 21, 2013 [EBook #44246] + +Language: German + +Character set encoding: UTF-8 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK CHITRA *** + + + + +Produced by Norbert H. Langkau, Marc-Andre Seekamp and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + + + + + + + + +Anmerkungen zur Transkription: Im Original kursiv gedruckter Text ist +mit _Unterstrich_ markiert. + + + + + RABINDRANATH TAGORE + + CHITRA + + EIN SPIEL IN EINEM AUFZUG + + +KURT WOLFF VERLAG +LEIPZIG + + + + +Einbandzeichnung von Walter Tiemann. +Dritte unveränderte Auflage 1918. +Die erste Auflage erschien 1914. + + + + +_Berechtigte deutsche Übertragung von ELISABETH WOLFF-MERCK nach der +von Rabindranath Tagore selbst veranstalteten englischen Ausgabe_ + + + + +VORBEMERKUNG + + +Dieses lyrische Drama wurde vor ungefähr 25 Jahren geschrieben. Es setzt +die Kenntnis der hier folgenden Fabel aus dem Mahabharata voraus: + +Während der Wanderungen, die Arjuna in Erfüllung eines Bußgelübdes +unternahm, kam er nach Manipur. Dort sah er Chitrāngadā, die schöne +Tochter von Chitravāhana, dem König des Landes, und von ihrer Anmut +überwältigt, bat er den König um ihre Hand. Chitravāhana fragte ihn +nach seiner Herkunft. Auf die Antwort, er sei Arjuna der Pandara, +erzählte der König ihm, daß einer seiner Ahnen, Prabhanjana vom +königlichen Stamme von Manipur, lange kinderlos geblieben war. Um einen +Erben zu erhalten, legte er sich strenge Bußübungen auf. Die Strenge +seines Lebens fand Gnade vor Shiva, und der Gott gewährte ihm und jedem +seiner Nachkommen ein Kind. + +Es geschah aber, daß das versprochene Kind stets ein Knabe war. Er, +Chitravāhana, war der Erste, dem nur eine Tochter, Chitrāngadā, gewährt +war, um das Geschlecht zu erhalten. + +Er hatte sie deshalb stets wie einen Sohn gehalten und zu seinem Erben +gemacht. -- + +Der König fährt in der Erzählung fort: »Der einzige Sohn, den sie +gebären wird, muß der Erhalter meines Geschlechts sein, und diesen Sohn +verlange ich als Kaufpreis für die Einwilligung in die Heirat. Wenn du +willst, kannst du sie unter dieser Bedingung haben.« Arjuna gab das +Versprechen, nahm Chitrāngadā zum Weibe und lebte mit ihr drei Jahre in +ihres Vaters Hauptstadt. Als ihnen ein Sohn geboren wurde, umarmte er +sie liebevoll, nahm Abschied von ihr und ihrem Vater und setzte seine +Wanderung fort. + + + + +PERSONEN + + + Götter: + _Madana_ (Eros). + _Vasanta_ (Lycoris). + + Sterbliche: + _Chitra_, Tochter des Königs von Manipur. + _Arjuna_, ein Prinz aus dem Hause der + Kuru. Er ist aus der Kshatriya oder + Kriegerkaste und lebt während der + Handlung als Eremit einsam im Wald. + + _Dorfleute_ aus einer abgelegenen Gegend + in Manipur. + + + + +ERSTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Chitra_ + +Bist Du der Gott mit den fünf Pfeilen, der Gott der Liebe? + +_Madana_ + +Ich war der Erstgeborene im Herzen des Schöpfers. Ich binde mit Fesseln +des Schmerzes und erfülle mit Seligkeit das Leben der Menschen! + +_Chitra_ + +Ich weiß, ich kenne jenen Schmerz und jene Fesseln! -- Und wer bist Du, +mein Herr? + +_Vasanta_ + +Ich bin sein Freund -- Vasanta -- der König der Jahreszeiten. Tod und +Alter würden die Welt bis ins Mark zerfressen, folgte ich ihnen nicht, +um sie beständig zu bekämpfen. Ich bin die Ewige Jugend. + +_Chitra_ + +Ich beuge mich vor Dir, Vasanta, mein Herr. + +_Madana_ + +Doch welch strenges Gelübde bindet Dich, schöne Fremde? Warum läßt Du +Deine frische Jugend welken in Buße und Demütigung? Solch Opfer ist dem +Dienst der Liebe fremd. Wer bist Du, und was ist Dein Gebet? + +_Chitra_ + +Ich bin Chitra, die Tochter aus dem königlichen Hause von Manipur. +Shivas göttliche Gnade versprach meinem königlichen Ahnherrn eine +ununterbrochene Reihe männlicher Nachkommen. Aber das Wort des Gottes +vermochte nicht, den Lebensfunken in meiner Mutter Leib zu wandeln, so +unbezwingbar war meine Natur, obschon ich ein Weib bin. + +_Madana_ + +Ich weiß, darum erzieht Dich Dein Vater wie einen Sohn. Er hat Dich +gelehrt mit dem Bogen umzugehen und Dich in allen Pflichten eines Königs +unterwiesen. + +_Chitra_ + +Ja, darum trage ich männliches Gewand und habe die Abgeschiedenheit des +Frauengemaches verlassen. Ich weiß nichts von Frauenlist, die die Herzen +gewinnt. Meine starken Hände können den Bogen spannen, aber ich habe die +Kunst des Liebesgottes nicht erlernt; das Spiel der Augen ist mir fremd. + +_Madana_ + +Das erlernt sich von selbst, Du Schöne. Die Augen brauchen darin nicht +unterrichtet zu werden. Das weiß der am besten, der von ihnen ins Herz +getroffen wurde. + +_Chitra_ + +Auf der Suche nach Wild wanderte ich eines Tages einsam durch den Wald +am Ufer des Purna-Flusses. Mein Roß band ich an einen Stamm und drang +in's dichte Gestrüpp, der Spur eines Wildes folgend. Ich fand einen +schmalen, gewundenen Pfad, der sich durch das Dämmer verschlungener +Zweige schlang. Die Blätter erzitterten vom Grillengezirp. Plötzlich +erspähte ich auf meinem Weg einen Mann, der auf einem Lager trockenen +Laubes ruhte. Hochmütig befahl ich ihm, mir Platz zu machen, aber es +kümmerte ihn nicht. Da stach ich ihn verächtlich mit der scharfen Spitze +meines Pfeils. Er sprang auf, stark und ebenmäßig an Wuchs, gleich einer +Flamme, die plötzlich aus einem Aschenhaufen züngelt. Ein belustigtes +Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, vielleicht ob meines knabenhaften +Anblicks. Da -- zum erstenmal in meinem Leben fühlte ich mich Weib und +wußte, daß ein Mann vor mir stand. + +_Madana_ + +In glückbegünstigter Stunde verkünde ich Mann und Weib die erhabene +Lehre: Erkennet einander. -- Was geschah dann? + +_Chitra_ + +Voll Angst und Staunen fragte ich ihn: »Wer bist Du?« »Ich bin +Arjuna«, sagte er, »aus dem großen Stamme der Kuru«. Ich stand wie +versteinert und vergaß mich zu verneigen. War das wirklich Arjuna, der +Abgott meiner Träume, der Einzige, Große! Schon lange kannte ich sein +Gelöbnis, zwölf Jahre in Keuschheit zu leben. Mein junger Ehrgeiz hatte +mich manchen Tag angestachelt, mit ihm eine Lanze zu brechen, ihn +verkappt zum Zweikampf zu fordern und ihm meine Waffenkunst zu beweisen. +Ach töricht Herz, wohin entfloh Dein Stolz? Könnt' ich meine Jugend mit +ihren Sehnsüchten hingeben, um Staub zu sein unter Deinen Füßen, +wahrlich eine köstliche Gnade dünkte mir das. Ich weiß nicht, in welchem +Strudel der Empfindung ich mich verlor, als ich ihn plötzlich zwischen +den Bäumen entschwinden sah! -- Du töricht Weib, du grüßtest ihn nicht +und sprachest kein Wort, noch batest du ihn um Verzeihung, sondern +standest wie ein ungeschickter Tölpel, während er verächtlich +hinwegschritt!... Am nächsten Morgen legte ich meine Männerkleidung ab +und schmückte mich mit Armbändern, Fußringen, einer Gürtelkette und +einem Gewand aus purpurner Seide. Das ungewohnte Kleid schmiegte sich +fest um meinen bebenden Leib; aber ich beschleunigte mein Suchen und +fand Arjuna in Shiva's Waldtempel. + +_Madana_ + +Vollende Deine Erzählung. Ich bin der herzgeborene Gott, und ich +verstehe das Geheimnis dieser Triebe. + +_Chitra_ + +Nur undeutlich vermag ich mich zu erinnern, was ich sagte, und was ich +zur Antwort bekam. Heiß' mich nicht alles erzählen. Scham überwältigte +mich wie ein Donnerschlag und konnte mich doch nicht zerschmettern, so +durchaus hart bin ich, so männlich. Als ich heimwärts schritt, stachen +mich seine letzten Worte wie glühende Nadeln ins Ohr: »Ich habe +Keuschheit gelobt. Ich kann Dein Gemahl nicht sein!« O, um das Gelübde +eines Mannes! Sicherlich weißt Du, o Gott der Liebe, daß zahllose +Heilige und Weise den Preis ihrer lebenslangen Buße hingegeben haben um +eines Weibes willen. Ich brach meinen Bogen entzwei und verbrannte meine +Pfeile im Feuer. Ich haßte meinen starken, geschmeidigen Arm, gezeichnet +vom Spannen des Bogens. O Liebe, Liebe, Du hast tief in den Staub +gebeugt den nichtigen Stolz meiner männlichen Stärke, und all meine +Manneszucht liegt zermalmt zu Deinen Füßen. Nun lehre mich Deine Gebote. +Gib mir die Kraft der Schwachen und die Waffe der wehrlosen Hand. + +_Madana_ + +Ich will Dein Freund sein. Ich will den weltenbezwingenden Arjuna vor +Dein Angesicht bringen, ein Gefangener, der den Richtspruch seiner +Empörung aus Deiner Hand empfangen soll. + +_Chitra_ + +Stünde mir nur die Zeit zu Gebot, ich könnte allmählich sein Herz +gewinnen und brauchte der Götter Hilfe nicht. Zur Seite würde ich ihm +stehen als Gefährte, die wilden Rosse seines Kriegswagens lenken, die +Freuden der Jagd mit ihm teilen. Zur Nacht hielt ich Wache am Eingang +seines Zeltes und hülfe ihm, die großen Pflichten eines Kshatriya +erfüllen, die Schwachen zu befreien und Recht zu sprechen, wo es not +tut. Sicherlich käme der Tag, an dem er mich erblicken und verwundert +fragen würde: »Wer ist dieser Knabe? Ist einer meiner Sklaven aus einem +früheren Leben, meinen guten Taten gleich, mir gefolgt ins Diesseits?« +Ich bin nicht das Weib, das seine Verzweiflung mit nächtlichen Tränen in +einsamer Stille nährt, sie täglich hinter geduldigen Lächeln verbirgt, +als Witwe geboren. Die Blüte meines Verlangens soll nicht in den Staub +sinken, ehe sie zur Frucht gereift ist. Aber es ist die Arbeit eines +Lebens, Verständnis zu finden und Ehre zu erlangen für sein eigenstes +Ich. Darum bin ich an Deine Tür gekommen, Du, weltenüberwindende Liebe, +und Du, Vasanta, jugendlicher Gott der Jahreszeiten, nimm von meinem +jungen Körper die angeborene Ungerechtigkeit der Häßlichkeit. Für einen +einzigen Tag mache mich wunderbar schön, so schön wie die mit einem Mal +in meinem Herzen erblühte Liebe. Gib mir nur einen einzigen Tag +makelloser Schönheit, und ich will einstehen für die Tage, die da +kommen. + +_Madana_ + +Prinzessin, Dein Gebet sei erhört! + +_Vasanta_ + +Nicht nur für einen kurzen Tag, sondern für ein ganzes langes Jahr soll +der Frühlingsblüten Lieblichkeit sich um Deine Glieder schmiegen. + + + + +ZWEITE SZENE + +IM WALD + + +_Arjuna_ + +Träumte mir oder war Wirklichkeit, was ich am See sah? Im sinkenden +Schatten des Abends saß ich auf moosigem Grund und dachte vergangener +Jahre, als aus dem bergenden Dunkel der Blätter langsam eine Erscheinung +trat in der vollkommenen Gestalt eines Weibes. Sie stand auf einem +weißen, flachen Stein am Rande des Wassers. Es schien, als müsse das +Herz der Erde sich weiten vor Freude unter ihren nackten weißen Füßen. +Mir deuchte, die zarte Umhüllung ihres Körpers wollte sich in Verzückung +auflösen in Luft, wie der goldene Frühnebel vom schneeigen Gipfel des +östlichen Berges schmilzt. Sie beugte sich über den schimmernden Spiegel +des Teiches und erblickte ihr Antlitz darin. Sie schrak zurück und stand +still, dann lächelte sie, löste mit einer nachlässigen Bewegung des +linken Arms ihr Haar, das bis zu ihren Füßen zur Erde niederglitt. Sie +entblößte ihre Brust und betrachtete ihre makellos geformten Arme +erfüllt von Zärtlichkeit für ihren Körper. Sie neigte den Kopf und sah +ihre süße, blühende Jugend und das zarte Erröten ihrer flaumigen Haut. +Sie strahlte in freudiger Überraschung. So würde die weiße Lotosblume +den ganzen Tag über sich staunen, könnte sie des Morgens beim Erwachen, +ihren Hals beugen und ihr Abbild im Wasser sehn. Aber einen Augenblick +später wich das Lächeln von ihrem Antlitz, und ein Schatten von Trauer +stieg in ihren Augen auf. Sie band ihre Haarflechten auf, zog den +Schleier um ihre Schultern und schritt leise seufzend hinweg, wie ein +schöner Abend, der in Nacht versinkt. Die erhabene Erfüllung aller +Sehnsucht schien sich mir in einem Blitz geoffenbart zu haben und +verlosch dann ... Aber wer bewegt die Türe? + +(Chitra tritt ein, in Frauenkleidern.) + +Ah! sie ist's! Stille mein Herz!... + +Fürchte nichts, Herrin! Ich bin ein Kshatriya. + +_Chitra_ + +Edler Herr, Du bist mein Gast. Ich wohne in diesem Tempel. Ich weiß +nicht, wie ich Dir Gastfreundschaft erzeigen kann. + +_Arjuna_ + +Schöne Frau, Dein Anblick allein ist die höchste Gastfreundschaft. Wenn +Du mir's nicht verdenken willst, möchte ich Dich etwas fragen. + +_Chitra_ + +Es sei Dir gewährt. + +_Arjuna_ + +Welch strenges Gelübde hält Dich in diesen einsamen Tempelmauern +gefangen und beraubt die Sterblichen Deines lieblichen Anblickes? + +_Chitra_ + +Ich hege einen geheimen Wunsch in meinem Herzen, für dessen Erfüllung +ich täglich Gebete zu Shiva sende. + +_Arjuna_ + +Ach, was kannst Du verlangen, die Du das Verlangen der ganzen Welt bist? +Von dem östlichen Hügel, auf dessen Gipfel die Morgensonne zuerst ihren +feurigen Fuß setzt, bis ans Ende des Abendlands bin ich gewandert. Ich +habe das Köstlichste, Schönste und Größte der Erde gesehen. Mein Wissen +soll Dein sein, nur sage mir, was oder wen Du suchst. + +_Chitra_ + +Ihn, den ich suche, ihn kennen alle. + +_Arjuna_ + +Wer mag dieser Liebling der Götter sein, der Dein Herz gefangen nahm? + +_Chitra_ + +Er ist der Größte aller Helden, ein Sproß des höchsten Herrscherhauses. + +_Arjuna_ + +Herrin, opfere nicht diesen Schatz von Schönheit, der Dein ist, auf dem +Altar eines falschen Ruhmes. Unwahres Gerücht verbreitet sich von Mund +zu Mund, wie der Nebel im frühen Morgendämmer ehe die Sonne aufgeht. +Sage mir, wer ist der erhabene Held aus höchstem königlichem Stamm? + +_Chitra_ + +Einsiedler, der Ruhm andrer Männer erfüllt Dich mit Neid. Weißt Du +nicht, daß der Ruhm des königlichen Hauses der Kuru über die ganze Welt +verbreitet ist? + +_Arjuna_ + +Das Haus der Kuru! + +_Chitra_ + +Und hast Du nie den größten Namen dieses weitgerühmten Hauses gehört? + +_Arjuna_ + +Laß ihn mich von Deinen eigenen Lippen hören. + +_Chitra_ + +Arjuna, der Welteroberer. Ich habe diesen unsterblichen Namen von den +Lippen der Menge abgelesen und ihn sorgfältig in meinem Herzen +verborgen. Einsiedler, was blickst Du so verwirrt drein? Trägt dieser +Name nur trügerischen Glanz? Sag es, und ich will nicht zögern, den +Schrein meines Herzens aufzubrechen und den falschen Edelstein in den +Staub zu werfen. + +_Arjuna_ + +Ob auch sein Name und Ruhm, sein Mut und seine Tapferkeit wahr oder +falsch sind, um des Mitleids willen verbanne ihn nicht aus Deinem +Herzen, denn er kniet zu Deinen Füßen -- in diesem Augenblick. + +_Chitra_ + +Du, Arjuna! + +_Arjuna_ + +Ja, der bin ich, ein vor Liebe verschmachteter Bettler an deiner Tür. + +_Chitra_ + +So ist es nicht wahr, daß Arjuna das Gelübde zwölf Jahre langer +Keuschheit getan hat? + +_Arjuna_ + +Du hast meinen Schwur gelöst wie der Mond den nächtlichen Schwur der +Dunkelheit. + +_Chitra_ + +Scham über Dich! Was sahst du in mir, das Dich Deinem eigenen Ich +untreu werden ließ? Wen suchst du in diesen dunklen Augen, in diesen +milchweißen Armen, wenn Du sie mit dem Preis Deiner Ehre zu bezahlen +bereit bist? Nicht mein wahres Selbst, das weiß ich. Wahrlich das kann +nicht Liebe sein, nicht des Mannes tiefste Ehrfurcht vor dem Weib! Wehe, +daß der Körper, diese zerbrechliche Hülle, uns blendet, das Licht der +unsterblichen Seele zu schauen! Ja, Arjuna, nun weiß ich gewiß, falsch +ist der Ruhm Deines Heldentums. + +_Arjuna_ + +O, ich fühle wie eitel der Ruhm ist und der Stolz der Tapferkeit! Alles +scheint Traum. Du allein bist vollkommen, Du bist der Reichtum der Welt, +das Ende aller Armut, das Ziel alles Strebens, das Weib! Andere Frauen +gibt's, langsam und schwer zu erkennen, aber Dich einen Augenblick lang +zu sehn, heißt höchste Vollendung schauen, jetzt und in Ewigkeit. + +_Chitra_ + +Ach nicht ich bin's, nicht ich, Arjuna! Es ist das Trugbild eines +Gottes. Geh', geh' mein Held, geh'. Frei' nicht die Lüge, opfre dein +großes Herz nicht einer Täuschung. Geh'. + + + + +DRITTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Chitra_ + +Nein, unmöglich ist's den brennenden Blick der hungrigen Seele +auszuhalten, der mit Händen dich umklammert, zu fühlen, wie das Herz +sich müht, die Fesseln zu sprengen, und den wilden Schrei, der sich ihm +entringen will -- und den Liebenden dann hinweg zu senden wie einen +Bettler! Unmöglich ist's! + +(Madana und Vasanta treten auf.) + +Ach, Gott der Liebe, welch furchtbares Feuer hast Du in mich gesenkt! +Ich verbrenne, versenge, was ich berühre. + +_Madana_ + +Ich wünsche zu wissen, was in vergangener Nacht geschah. + +_Chitra_ + +Auf ein Lager von Gras, übersät mit Frühlingsblüten, legte ich mich am +Abend nieder und gedachte des wunderbaren Lobgesangs meiner Schönheit, +den ich von Arjuna gehört. Tropfen nach Tropfen trank ich den Honig, den +ich am Tage gesammelt, Vergangenes und Zukünftiges war vergessen. Ich +fühlte mich der Blume verwandt: ihr sind nur flüchtige Stunden vergönnt, +dem summenden Schmeicheln, dem Flüstern und Murmeln der Wälder zu +lauschen. Dann muß sie die Augen vom Himmel wenden, ihr Haupt beugen und +ihren Atem aushauchen im Staub, klaglos den kurzen Traum eines +vollkommenen Augenblicks beenden, der nicht Vergangenheit noch Zukunft +kennt. + +_Vasanta_ + +Ein grenzenloses Leben voller Ruhm kann blühen und sich erschöpfen an +einem Morgen. + +_Madana_ + +Wie Ewigkeits-Sinn im kleinsten Bruchteil eines Liedes sein kann. + +_Chitra_ + +Die südliche Brise wiegte mich in Schlaf. Von dem blühenden +Malati-Hain über mir tropften schweigend Küsse auf mich nieder. Jede +Blume wählte sich ein Lager zum Sterben, in meinem Haar, auf meiner +Brust oder meinen Füßen. Ich schlief. Und in der Tiefe meines Schlafes +war mir plötzlich, als ob ein durchdringender, gieriger Blick meinen +Körper berühre, wie der spitzige, stechende Finger der Flamme. Ich +sprang auf und sah den Einsiedler vor mir stehen. Der Mond war westwärts +gewandert und lugte durch die Blätter, um das Wunder zu sehen, das durch +göttliche Kunst in zerbrechlicher Menschlichkeit erstanden war. Die Luft +war schwer, duftgeschwängert, die Stille der Nacht klang vom +Grillengezirp, regungslos lag das Spiegelbild der Bäume auf dem See. Und +mit seinem Stab in der Hand stand der Einsiedler groß, aufrecht und +schweigend wie ein Baum des Waldes. Mir war, da ich die Augen aufschlug, +als sei ich abgeschieden von aller Wirklichkeit des Lebens, und es +vollziehe sich an mir eine Wiedergeburt im Land der Träume. Scham fiel +von mir und glitt wie ein gelöstes Gewand auf meine Füße nieder. Ich +hörte seinen Schrei -- »Geliebte, einzig Geliebte!« Und all' meine +vergangenen, vergessenen Leben schmolzen zu einem und riefen ihm Antwort +zu: »Nimm mich, nimm mich ganz zu eigen!« Und ich breitete meine Arme +nach ihm aus. Der Mond sank hinter den Bäumen. Ein dunkler Vorhang +bedeckte alles, Himmel und Erde, Zeit und Raum, Lust und Schmerz, Leben +und Tod schmolzen in Eins in unsagbarer Verzückung.... Mit dem ersten +Morgenstrahl, dem ersten Vogelzwitschern richtete ich mich auf und +blieb, auf den linken Arm gestützt, sitzen. Der Einsiedler lag +schlafend, ein unbekümmertes Lächeln krümmte sich um seine Lippen, wie +der wachsende Mond am Morgen. Der Dämmerung rosiges Glühen fiel auf +seine edle Stirn. Ich seufzte, stand auf und zog die breitblättrigen +Lianen zusammen, um sein Gesicht vor der flutenden Sonne zu schützen. +Ich schaute umher und sah die gleiche alte Erde. Ich erinnerte mich, was +ich gewesen und rannte, rannte wie ein Reh, das seinen eigenen Schatten +fürchtet, den Waldpfad entlang, den Stephali-Blumen bedeckten. Ich fand +einen einsamen Winkel, setzte mich nieder, barg mein Gesicht in beiden +Händen, um zu weinen und zu klagen. Doch meine Augen blieben tränenlos. + +_Madana_ + +Weh über Dich, Tochter der Sterblichen! Ich stahl aus den göttlichen +Speichern den duftenden Wein des Himmels, gab ihn, eine irdische Nacht +gefüllt bis zum Rande, in Deine Hände, auf daß Du tränkest -- und immer +hör' ich noch diesen Schrei der Qual! + +_Chitra_ + +(bitter) + +Wer trank ihn? Des Lebens seltenste Erfüllung, erste Liebesumarmung bot +man mir dar und entriß sie wieder meiner Sehnsucht? Diese erborgte +Schönheit, die Falschheit, die mich umhüllt, sie werden von mir gleiten, +wie Blüten im Wind entblättern, und die einzig sichtbare Erinnerung +jener süßen Vereinigung mitnehmen, und voll Scham über seine Armut wird +das Weib weinend sitzen -- Tag und Nacht. Gott der Liebe, diese +verfluchte äußere Gestalt begleitet mich Tag und Nacht, wie ein Dämon, +und beraubt mich allen Liebeslohnes -- all der Küsse, nach denen ich +verschmachte. + +_Madana_ + +Ach, umsonst war Deine einzige Nacht! Die Barke der Erfüllung kam in +Sicht, aber die Wellen ließen sie das Ufer nicht berühren. + +_Chitra_ + +Der Himmel war meinem Griff ganz nahe und ich vergaß für Augenblicke, +daß ich ihn noch nicht erreicht hatte. Aber als ich des Morgens aus +meinem Traum erwachte, fand ich im eigenen Körper die Rivalin. Nun ward +mir die verhaßte Pflicht, sie täglich zu schmücken, zum Geliebten zu +schicken und zu sehen, wie er sie liebkoste. O Gott, nimm Dein Geschenk +zurück! + +_Madana_ + +Aber wie willst Du vor Deinen Geliebten treten, wenn ich es von Dir +nehme? Ist es nicht grausam, den Becher von seinen Lippen zu reißen, +nachdem er kaum einen Zug der Lust getan? Wie ärgerlich wirst Du ihm +sein? + +_Chitra_ + +Und doch wäre es besser so. Ich will ihm meine wahrhaftige Gestalt zu +erkennen geben, eine edlere Tat, als in dieser Maske zu leben. Wenn er +mich auch verstößt und verschmäht, wenn er mein Herz auch bricht -- +schweigend will ich's tragen. + +_Vasanta_ + +Hör' meinen Rat. Wenn die blumenerfüllte Jahreszeit vergangen, kommt +der Herbst und mit ihm der Triumphzug der Früchte. Die Zeit wird kommen, +da die überreife Blume des Leibes sich vergehend neigt. Dann wird Arjuna +die bleibende fruchtgewordene Wahrheit aus Dir voll Glück hinnehmen. O +Kind, geh' zurück zu Deiner rasenden Feier. + + + + +VIERTE SZENE + +IM WALD + + +_Chitra_ + +Warum beobachtest Du mich, mein Krieger? + +_Arjuna_ + +Ich sehe zu, wie Du den kleinen Kranz windest. Anmut und Geschick, die +Zwillingsbrüder, spielen tanzend auf Deinen Fingerspitzen. Ich sehe zu +und denke. + +_Chitra_ + +Was denkst Du, Herr? + +_Arjuna_ + +Ich denke, daß Du mit der gleichen schwebenden Berührung und Süßigkeit +die Tage meiner Verbannung in einen unsterblichen Kranz windest, um mich +zu meiner Heimkehr damit zu krönen. + +_Chitra_ + +Heimkehr! Diese Liebe ist nichts für ein Heim! + +_Arjuna_ + +Nichts für ein Heim? + +_Chitra_ + +Nein, sprich nie davon. Nimm mit in Dein Heim das Bleibende, Starke. +Laß die kleine wilde Blume an ihrem Geburtsort, laß sie dort in +Schönheit sterben, wenn der Tag sich neigt, mit all den welkenden Blumen +und den modernden Blättern. Nimm sie nicht mit in die Halle Deines +Palastes, um sie dort auf den steinernen Boden zu werfen, der kein +Erbarmen für Welken und Vergehen kennt. + +_Arjuna_ + +Sieht so unsere Liebe aus? + +_Chitra_ + +Ja, so und nicht anders! Was soll das Klagen? Was sich für müßige Tage +schickt, sollte sie nicht überdauern. Lust wandelt sich in Schmerz, wenn +ihr die Tür verschlossen ist, aus der sie scheiden soll. Nimm meine +Liebe hin und halte sie, so lange sie währen darf. Laß nicht des Abends +satte Zufriedenheit mehr fordern, als das morgendliche Verlangen ernten +kann ... Der Tag ist vorüber. Nimm dies Blumengewinde. Ich bin müde. +Nimm mich in Deine Arme, Geliebter, und laß alles eitle unzufriedene +Gezänk verstummen in der süßen Vereinigung unserer Lippen. + +_Arjuna_ + +Still, horch, Geliebte, der Klang der Gebetsglocken aus dem fernen +Dorftempel gleitet auf der Abendluft über die schweigenden Wipfel. + + + + +FÜNFTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Vasanta_ + +Ich kann nicht Schritt mit Dir halten, mein Freund! Ich bin müde. Schwer +ist die Pflicht, das Feuer in Glut zu halten, das Du entzündet hast. +Schlaf überkommt mich, der Fächer entfällt meiner Hand, und kalte Asche +bedeckt die Glut. Ich fahre wieder auf aus meinem Schlummer und rette +die träge Flamme, soweit es in meiner Macht steht. Aber so kann es nicht +weiter gehen. + +_Madana_ + +Ich weiß, Du bist unbeständig wie ein Kind. Ewig ruhelos ist Dein +Spiel im Himmel und auf Erden. Was Du in langen Tagen aufgebaut mit +endloser Sorge für jeden Bruchteil, in einem Augenblick zerstörst Du es +wieder, ohne Bedauern. Aber unsere Arbeit ist heut vollendet. +Freudengeflügelte Tage fliehen flüchtig dahin, und das sich neigende +Jahr vergeht mit berückendem Blühen. + + + + +SECHSTE SZENE + +IM WALD + + +_Arjuna_ + +Ich erwachte am Morgen und fand meine Träume in einen Edelstein +verschmolzen. Ich hatte keinen Schrein, ihn darin zu verschließen, keine +Königskrone, in die ich den Stein hätte fassen können, keine Kette hatte +ich, ihn daran zu hängen, und doch brachte ich's nicht übers Herz, ihn +wegzuweisen. So halte ich ihn, und mein Arm, der Arm eines Kshatriya, +vergißt über müßigem Tun seine Pflicht. + +(Chitra tritt ein.) + +_Chitra_ + +Sage mir Deine Gedanken, Herr! + +_Arjuna_ + +Meine Gedanken sind heute auf die Jagd gerichtet. Sieh, wie der Regen +in Strömen herniederstürzt und wild gegen den Berghang schlägt. Dunkle +Wolkenschatten hängen schwer über dem Wald, und gleich der sorglosen +Jugend überspringt der geschwollene Strom mit spöttischem Lachen alle +Schranken. Stets gingen wir fünf Brüder an solchen Regentagen in den +Wald von Chitraka, wilde Tiere zu jagen. Das waren schöne Zeiten. Unsre +Herzen tanzten zum Trommelwirbel der grollenden Wolken. Der Wald hallte +wider von den Schreien der Pfauen. Durch das Klatschen des Regens und +das Rauschen des Wasserfalles konnte das ängstliche Wild unsre Schritte +nicht hören. Die Leoparden ließen ihre Spuren in der nassen Erde zurück +und verrieten so ihr Lager. War die Jagd vorüber, so forderten wir uns +auf dem Heimweg gegenseitig heraus, reißende Ströme zu durchschwimmen. +Ein ruheloser Geist wohnt in mir, ich habe Sehnsucht nach der Jagd. + +_Chitra_ + +Erst erlege das Wild, das Du jetzt verfolgst. Bist Du gewiß, daß das +verzauberte Tier, das Du jagst, unbedingt gefangen werden muß? Nein, +noch nicht. Wie ein Traum entgleitet Dir das wilde Geschöpf, wenn es Dir +am nächsten scheint. Sieh, wie der rasende Regen den Wind jagt und +tausend Pfeile hinter ihm her sendet. Und doch bleibt der Wind frei und +unbesiegt. So ist auch unser Waidwerk, Geliebter! Du jagst nach der +schnellschreitenden Schönheit und versendest all Deine Pfeile nach ihr, +und doch flieht dies zaubrische Wild stets frei und unberührt davon. + +_Arjuna_ + +Hast Du kein Heim, Geliebte, wo liebende Herzen Deiner Rückkehr harren? +Ein Heim, dem Du durch sanftes Dienen Lieblichkeit verliehst, und dessen +Licht erlosch, als Du es für diese Wildnis verließest? + +_Chitra_ + +Was fragst Du? Sind die Stunden der Lust vorbei, in denen es kein +Denken gab? Weißt Du nicht, daß ich nur die bin, die Du vor Dir siehst? +Mein Blick geht nicht über das Jetzt hinaus. Der Tau auf den Blättern +der Kinsuka-Blüte hat weder Namen noch Schicksal, und gewährt keiner +Frage Antwort. Sie, die Du liebst, gleicht jener vollkommenen Tauperle. + +_Arjuna_ + +Verbindet sie kein Band mit der Welt? Ist sie nur ein Stück Himmel, das +ein lustspendender Gott unachtsam zur Erde fallen ließ? + +_Chitra_ + +Ja. + +_Arjuna_ + +Ach, darum ist mir immer, als müßte ich Dich verlieren. Mein Herz ist +unbefriedigt, meine Gedanken friedlos. Komm näher zu mir, Unerreichbare! +Ergib Dich und dulde die Fesseln, die da heißen: Name, Heim, Sippe. Laß +mein Herz Dich ganz umschließen, und mit Dir leben in der ruhigen +Sicherheit der Liebe. + +_Chitra_ + +Warum mühst Du Dich vergebens, die Farben der Wolken, den Tanz der +Wellen, den Duft der Blumen zu haschen und zu halten? + +_Arjuna_ + +Herrin mein, glaube nicht, daß Du mit Luftgebilden die Liebe befriedigen +kannst. Gib mir etwas, woran ich Halt finde, etwas, das die Lust +überdauert, das sich im Leid bewährt. + +_Chitra_ + +Mein Held, noch ist das Jahr nicht zu Ende, und schon bist Du müde! +Ja, nun erkenne ich die himmlische Güte, die den Blumen ein kurzes Leben +gab. Wäre ich mit den Blumen des letzten Frühlings verwelkt und +gestorben, ich wäre mit Ehren dahingegangen. Doch meine Tage sind +gezählt, Geliebter. Schone mich nicht, saug allen Honig aus mir, da Du +voller Angst bist, daß Dein armes Herz wieder und wieder zurückkommt +voll unerfüllter Wünsche und Begierden, gleich der durstigen Biene, wenn +die Sommerblumen welk im Staub liegen. + + + + +SIEBENTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Madana_ + +Heute ist Deine letzte Nacht. + +_Vasanta_ + +Des Frühlings unerschöpfliche Schatzkammer wird morgen die Lieblichkeit +Deines Körpers zurücknehmen. Die rosige Farbe Deiner Lippen wird in +einem Asoka-Blütenpaar neu aufblühen, frei von der Erinnerung an Arjunas +Küsse. In hundert duftenden Jasmin-Blumen wird der matte, weiße Glanz +Deiner Haut auferstehen. + +_Chitra_ + +O Götter, erhört mein Gebet! Laßt meine Schönheit in der letzten Stunde +dieser Nacht am hellsten erstrahlen, wie das letzte Aufleuchten einer +sterbenden Flamme. + +_Madana_ + +Dein Wunsch sei Dir gewährt. + + + + +ACHTE SZENE + +IM WALD + + +_Die Dorfleute_ + +Wer wird uns nun beschützen? + +_Arjuna_ + +Was soll's, welche Gefahr droht Euch? + +_Die Dorfleute_ + +Die Räuber kommen in Scharen aus den nördlichen Bergen, wie die Flut des +Gebirgsstromes, die unser Dorf verheert. + +_Arjuna_ + +Habt ihr keine Wächter in Eurem Königreich? + +_Die Dorfleute_ + +Chitra, die Königstochter, war der Schrecken aller Bösen. Als sie noch +in diesem glücklichen Lande weilte, kannten wir keine Furcht außer +einer: sterben zu müssen. Nun ist Chitra auf einer Pilgerfahrt, und +niemand kennt ihren Aufenthalt. + +_Arjuna_ + +Ist der Hüter dieses Landes ein Weib? + +_Die Dorfleute_ + +Ja, sie ist uns Vater und Mutter zugleich. + +(Die Dorfleute entfernen sich. Chitra tritt ein.) + +_Chitra_ + +Warum sitzest Du hier so einsam? + +_Arjuna_ + +Ich versuche mir vorzustellen, was für eine Frau die Prinzessin Chitra +sein mag. Viele Menschen erzählen viele Geschichten von ihr. + +_Chitra_ + +Ach, sie ist nicht schön, sie hat nicht meine schönen Augen, die dunkel +sind wie der Tod. Mit ihrem Geschoß kann sie jede Scheibe durchbohren, +nur nicht das Herz unsres Helden. + +_Arjuna_ + +Sie sagen, an Tapferkeit sei sie ein Mann, und ein Weib an Zärtlichkeit. + +_Chitra_ + +Und das gerade ist ihr größtes Unglück. Das Weib, das nur Weib ist, das +mit seinem Lächeln, mit seinen Seufzern, und mit zarten Liebkosungen die +Herzen der Männer einspinnt, ist allein glücklich. Was frommt ihr +Weisheit und große Taten? Hättest Du die Prinzessin nur gestern sehen +können, im Hof von Shivas Tempel, der am Waldpfad liegt, Du wärest +vorübergegangen ohne sie eines Blickes zu würdigen. Bist Du denn +weiblicher Schönheit so überdrüssig, daß Du in ihr männliche Kraft +suchst? + +Aus grünen Blättern, feucht vom sprühenden Gischt des Wasserfalls, habe +ich unser Bett zur Mittagsrast bereitet, in nachtdunkler Grotte. Die +Kühle des weichen grünen Mooses, das dicht den tropfenden Stein bedeckt, +küßt dort Deine Augen in Schlaf. Laß Dich dorthin geleiten. + +_Arjuna_ + +Nein, heute nicht, Geliebte. + +_Chitra_ + +Warum nicht heute? + +_Arjuna_ + +Ich habe von einer Räuberhorde gehört, die in die Ebene gekommen ist. +Ich muß gehen meine Waffen bereiten, um die erschreckten Dorfleute zu +beschützen. + +_Chitra_ + +Du brauchst Dich nicht um sie zu sorgen. Prinzessin Chitra hat starke +Wächter an den Grenzpässen aufgestellt, ehe sie ihre Pilgerfahrt begann. + +_Arjuna_ + +Nur für kurze Zeit laß mich das Kriegshandwerk eines Kshatriya üben. +Mit neuem Ruhm will ich diesen müßigen Arm bedecken, damit er Deinem +Haupt ein würdigeres Kissen sei. + +_Chitra_ + +Doch, wenn ich mich weigere Dich gehen zu lassen, wenn meine Arme Dich +umwunden halten? Würdest Du Dich roh von mir losreißen und mich +verlassen? So geh! Aber wisse, daß die Liane -- einmal entzweigebrochen +-- nie wieder zu einem Ganzen wird. Geh, wenn Dein Durst gestillt ist. +Doch wenn nicht, denke daran, wie unbeständig die Göttin der Lust ist +und daß sie nicht wartet auf den Menschen. Bleib noch eine Weile, Herr! +Sage mir die unruhigen Gedanken, die Dich quälen. Wer nahm heute Deine +Seele gefangen? War es Chitra? + +_Arjuna_ + +Ja, es ist Chitra. Mich nimmt wunder, um welches Gelübdes willen sie +auf die Pilgerfahrt gegangen ist. Was mangelt ihr? + +_Chitra_ + +Was ihr mangelt? Ja, hat sie denn je etwas besessen, die Unglückliche? +Es sind ja ihre eigensten Fähigkeiten, die sie mit Gefängnismauern +umschließen und ihr Frauenherz in einer kahlen Zelle gefangen halten. +Verdunkelt ist diese Frau und unerfüllt. Ihre Weibesliebe muß sich mit +einem Lumpenkleide bescheiden, denn Schönheit blieb ihr versagt. Sie +gleicht dem Geist eines freudlosen Morgens. Sie sitzt auf steinigem +Berggipfel und dunkle Wolken haben ihr Licht ausgelöscht. Frag mich +nicht nach ihrem Leben. Seine Geschichte klingt dem Ohr des Mannes nicht +lieblich. + +_Arjuna_ + +Ich brenne danach, alles von ihr zu hören. Ich bin wie ein Wanderer, der +um Mitternacht an eine fremde Stadt kommt. Kuppeln, Türme und +Gartenbäume sehen verschwommen und schattenhaft aus, und durch die +Stille des Schlafes tönt hin und wieder das dumpfe Klagen des Meeres. +Und er harrt sehnsüchtig auf den Morgen, der ihm alle die fremden Wunder +offenbaren soll. O, erzähle mir ihre Geschichte. + +_Chitra_ + +Was ist da mehr zu erzählen? + +_Arjuna_ + +Meine Einbildung zaubert mir sie vor, wie sie auf weißem Rosse reitet, +in der Linken die Zügel haltend und in der rechten Hand den Bogen, +gleich der Liebesgöttin, die frohe Hoffnung spendet. Mit wilder Liebe +schützt sie ihre säugenden Jungen wie eine wachsame Löwin. Auch des +Weibes Arme, die nichts anderes als ungefesselte Kraft schmückt, sind +schön! Mein Herz ist ruhelos, Du Liebliche, wie eine Schlange, die aus +langem Winterschlaf erwacht. Komm, laß uns miteinander auf schnellen +Rossen dahineilen, Seite an Seite, wie Zwillingsgestirne, die leuchtend +den Raum durchmessen. Heraus aus diesem dunklen, grünen, einschläfernden +Gefängnis, komm hervor unter der feuchten, duftenden, berauschenden +Decke, die den Atem benimmt! + +_Chitra_ + +Arjuna, sag mir die Wahrheit: wenn ich mich jetzt plötzlich durch +einen Zauber dieser wollüstigen Weichheit entledigen könnte, diesen +zarten Schmelz der Schönheit abstreifte, der vor der derben, gesunden +Berührung der Welt schaudert, und das alles von meinem Körper +herunterrisse wie geborgtes Gewand -- könntest Du das ertragen? Wenn ich +mich aufrichte, grade und stark, mit der Kraft eines mutigen Herzens, +und die Listen und Künste der kriechenden Schwachheit verächtlich von +mir weise, wenn ich mein Haupt erhebe, wie die hohe, junge Bergtanne, +und mich nicht länger im Staub winde, wie die Liane, -- werde ich dann +Gnade finden vor den Augen des Mannes? Nein, nein, Du könntest es nicht +ertragen. Es ist besser, ich verstreue um mich all die zierlichen +Spielereien flüchtiger Jugend und warte auf Dich in Geduld. Ist's Dir +gefällig zurückzukehren, so will ich Dir lächelnd aus dem Becher dieses +schönen Leibes den Wein der Lust schenken. Hast Du genug davon und bist +Du müde, so will ich mich demütig und dankbar in den Winkel +zurückziehen, den man mir gelassen hat. Wie gefiele es Deiner +Heldenseele, hoffte die Gespielin der Nacht Deine Gefährtin am Tage zu +sein? Wie, wenn der linke Arm die Last des stolzen rechten mit zu tragen +lernte? + +_Arjuna_ + +Ich werde Dich niemals richtig erkennen. Eine Göttin, verborgen in +einem goldenen Heiligenbild scheinst Du mir. Ich kann Dich nicht +berühren, ich kann Dir Deine unschätzbaren Gaben nicht vergelten. Und so +bleibt meine Liebe unvollkommen. Aus der rätselhaften Tiefe Deiner +traurigen Augen, aus Deinen spielerischen Worten, die ihre eigene +Bedeutung verspotten, erhasche ich manchmal den Schimmer eines Wesens, +das die schmachtende Anmut seines Körpers vernichten möchte. In der +reinen Flamme des Leides, verborgen hinter des Lächelns zartem Schleier, +sehnt es sich wieder zu erstehen. Ein Trugbild, erscheint uns die +Wahrheit zuerst, in einer Verkleidung tritt sie vor den Geliebten hin. +Aber es kommt eine Zeit, da sie Schleier und Schmuck abwirft und +dasteht, bekleidet mit nackter Hoheit. Ich verzehre mich nach diesem +letzten Du, nach jener einfachsten, wahrsten Klarheit. Was bedeuten die +Tränen, mein Lieb? Warum verbirgst Du Dein Gesicht in den Händen? Hab +ich Dir weh getan, mein Liebling? Vergiß, was ich sagte. Ich will mit +der Gegenwart zufrieden sein. Wie der Vogel Geheimnis aus unsichtbarem, +dunkelm Nest zu mir kommt, musikerfüllte Botschaft bringend, so komm Du +zu mir und laß mich jeden Augenblick der Schönheit erleben. Laß mich und +meine Hoffnung ewig am Ufer der Erfüllung sitzen und so meine Tage +beschließen. + + + + +NEUNTE SZENE + +IM WALD + + +_Chitra_ + +(in einen Mantel gehüllt.) + +Mein Herr, hast Du den Becher bis zur Neige geleert? Ist dies wirklich +das Ende? Nein, wenn alles getan, so bleibt doch noch Eins, mein letztes +Opfer, das ich zu Deinen Füßen darbringe. Aus dem himmlischen Garten +brachte ich Blumen von unvergleichlicher Schönheit, Dich zu ehren, Gott +meines Herzens. + +Ich will die Blumen aus dem Tempel hinauswerfen, wenn sie verwelkt sind +und die heilige Handlung vorüber. + +(Sie nimmt ihren Mantel ab und trägt Männerkleidung wie am Anfang.) + +Nun laß Deinen Knecht Gnade finden vor Deinen Augen. + +Ich bin nicht schön und vollkommen wie die Blumen, mit denen ich Dich +ehrte. Ich bin voller Schuld und Fehler. Auf der großen Heerstraße der +Welt bin ich ein Wanderer, meine Kleider sind beschmutzt, und Dornen +haben meine Füße blutig gerissen. Wie könnte ich schön sein wie die +Blumen, voll unbefleckter Lieblichkeit, für die kurze Dauer eines +Augenblicks? Die Gabe, die ich Dir voll Stolz darbringe, ist das Herz +eines Weibes. Darinnen ist eingeschlossen aller Schmerz und alle Lust, +alle Hoffnung, alle Furcht, alle Scham einer Erdentochter. + +Hier ist der Uranfang der Liebe, von hier aus ringt sie nach +Unsterblichkeit. Im Herzen des Weibes liegt eine große und erhabene +Unvollkommenheit. Nun, da die Anbetung der Schönheit vorüber, nimm +diesen + +(auf sich zeigend) + +als Deinen Knecht für kommende Tage. + +Ich bin Chitra, die Königstochter. Vielleicht erinnerst Du Dich des +Tages, als in Shivas Tempel ein Weib zu Dir trat, behangen mit Putz und +Schmuck. Die Schamlose kam und warb um Dich wie ein Mann. Du stießest +sie zurück, und Du tatest wohl daran. Herr, jenes Weib -- bin ich. Sie +diente mir als Maske. Damals verlieh mir die göttliche Gnade für ein +Jahr die strahlendste Gestalt, die je einem Sterblichen wurde. Mit der +Last jenes Betruges beschwerte ich meines Helden Herz. Dies Weib kann +ich nicht sein. + +Ich bin Chitra. Keine Göttin bin ich, die man anbetet, aber auch nicht +ein Gegenstand allgemeinen Mitleids, den man achtlos abschüttelt wie ein +Insekt. Wenn Du mich würdig findest, Dir zur Seite zu stehen, wenn ich +die großen Pflichten Deines Lebens teilen darf -- dann wirst Du mein +wahres Wesen erkennen. Wenn Dein Kind, das ich in meinem Schoß nähre, +ein Sohn sein wird, will ich es lehren, ein zweiter Arjuna zu werden. +Wenn die Zeit kommt, werde ich ihn zu Dir senden, und Du wirst endlich +mein eigenstes Ich erkennen. Heute kann ich Dir nur Chitra darbringen, +die Tochter eines Königs. + +_Arjuna_ + +Geliebte, mein Leben ist vollkommen erfüllt. + +ENDE + + + + +ANMERKUNGEN + + +Zu Seite: + + 5: _Pandava_ (so für Pandaṟa zu lesen). Das Königsgeschlecht, von + dem das Mahābhārata handelt, stammt von _Kuru_ ab; ein Zweig + derselben sind die Pāṇḍavas, fünf Brüder (S. 50), zu denen der + Held Arjuna gehört. Dieser stammt also auch aus dem Hause der + Kurus. (S. 9.) + + 35: _Malati-Hain._ Mālati ist der großblütige Jasmin. + + 38: _Stephali-Blüten_; lies _Sh_ephali. Śephālikā ist der Strauch + vitex negundo, dessen Blüten in Vasavadatta Abt. IV mit + Zinnoberkügelchen verglichen werden. + + 53: _Kinsuka-Blüte._ Der Kiṃśuka, Butea frondosa, ist ein + stattlicher Baum, dessen Zweige im Frühjahr mit großen + scharlachroten Schmetterlingsblüten bedeckt sind. Die schöne Blüte + ist aber geruchlos. + + 56: _Asoka-Blüten._ Der Aśokabaum, Jonesia Asoka, hat rote Blüten. + Er spielt in der indischen Dichtung eine große Rolle. Aśoka + bedeutet »Kummerlos.« + + * * * * * + +Tagore's Dichtung entspricht nicht dem Sinn der Sage. Er sagt S. 6 von +Chitrā's Vater: »er hatte sie deshalb stets wie einen Sohn gehalten und +zu seinem Erben gemacht«. Der Text in Protap Chandra Roys Übersetzung +lautet: I have duly made her a _Putrikā_. _putrikā_ ist ein juristischer +Ausdruck und bezeichnet eine Tochter, die mangels eines Sohnes (_putra_) +die Familie ihres Vaters, nicht ihres Gatten fortpflanzen soll. Für +letzteren bedeutet also die Eingehung einer solchen Ehe den Verzicht auf +die Fortpflanzung seiner Familie. Tagore hat dies offenbar nicht gewußt +und macht daher aus _putrikā_ eine Tochter, die als Sohn (_putra_) +erzogen wird! Das Epos kennt eine Sage, wo eine Prinzessin für einen +Prinz ausgegeben und als solcher erzogen wird (die Geschichte von +_Śikhandin_). Diese Reminiszenz mag sich bei dem Dichter mit dem +Sagenstoff, auf den er in der Vorrede hinweist, verschmolzen haben. + + * * * * * + +Für die Anmerkungen ist die Übersetzerin dem Sanskritisten der Bonner +Universität, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Jacobi, zu Dank verpflichtet. + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Chitra, by Rabindranath Tagore + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK CHITRA *** + +***** This file should be named 44246-0.txt or 44246-0.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/4/4/2/4/44246/ + +Produced by Norbert H. Langkau, Marc-Andre Seekamp and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. Special rules, +set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to +copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to +protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project +Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you +charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you +do not charge anything for copies of this eBook, complying with the +rules is very easy. 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You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Chitra + Ein Spiel in einem Aufzug + +Author: Rabindranath Tagore + +Translator: Elisabeth Wolff-Merck + +Release Date: November 21, 2013 [EBook #44246] + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK CHITRA *** + + + + +Produced by Norbert H. Langkau, Marc-Andre Seekamp and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + + + + + + + + +Anmerkungen zur Transkription: Im Original kursiv gedruckter Text ist +mit _Unterstrich_ markiert. + + + + + RABINDRANATH TAGORE + + CHITRA + + EIN SPIEL IN EINEM AUFZUG + + +KURT WOLFF VERLAG +LEIPZIG + + + + +Einbandzeichnung von Walter Tiemann. +Dritte unvernderte Auflage 1918. +Die erste Auflage erschien 1914. + + + + +_Berechtigte deutsche bertragung von ELISABETH WOLFF-MERCK nach der +von Rabindranath Tagore selbst veranstalteten englischen Ausgabe_ + + + + +VORBEMERKUNG + + +Dieses lyrische Drama wurde vor ungefhr 25 Jahren geschrieben. Es setzt +die Kenntnis der hier folgenden Fabel aus dem Mahabharata voraus: + +Whrend der Wanderungen, die Arjuna in Erfllung eines Bugelbdes +unternahm, kam er nach Manipur. Dort sah er Chitrangada, die schne +Tochter von Chitravahana, dem Knig des Landes, und von ihrer Anmut +berwltigt, bat er den Knig um ihre Hand. Chitravahana fragte ihn +nach seiner Herkunft. Auf die Antwort, er sei Arjuna der Pandara, +erzhlte der Knig ihm, da einer seiner Ahnen, Prabhanjana vom +kniglichen Stamme von Manipur, lange kinderlos geblieben war. Um einen +Erben zu erhalten, legte er sich strenge Bubungen auf. Die Strenge +seines Lebens fand Gnade vor Shiva, und der Gott gewhrte ihm und jedem +seiner Nachkommen ein Kind. + +Es geschah aber, da das versprochene Kind stets ein Knabe war. Er, +Chitravahana, war der Erste, dem nur eine Tochter, Chitrangada, gewhrt +war, um das Geschlecht zu erhalten. + +Er hatte sie deshalb stets wie einen Sohn gehalten und zu seinem Erben +gemacht. -- + +Der Knig fhrt in der Erzhlung fort: Der einzige Sohn, den sie +gebren wird, mu der Erhalter meines Geschlechts sein, und diesen Sohn +verlange ich als Kaufpreis fr die Einwilligung in die Heirat. Wenn du +willst, kannst du sie unter dieser Bedingung haben. Arjuna gab das +Versprechen, nahm Chitrangada zum Weibe und lebte mit ihr drei Jahre in +ihres Vaters Hauptstadt. Als ihnen ein Sohn geboren wurde, umarmte er +sie liebevoll, nahm Abschied von ihr und ihrem Vater und setzte seine +Wanderung fort. + + + + +PERSONEN + + + Gtter: + _Madana_ (Eros). + _Vasanta_ (Lycoris). + + Sterbliche: + _Chitra_, Tochter des Knigs von Manipur. + _Arjuna_, ein Prinz aus dem Hause der + Kuru. Er ist aus der Kshatriya oder + Kriegerkaste und lebt whrend der + Handlung als Eremit einsam im Wald. + + _Dorfleute_ aus einer abgelegenen Gegend + in Manipur. + + + + +ERSTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Chitra_ + +Bist Du der Gott mit den fnf Pfeilen, der Gott der Liebe? + +_Madana_ + +Ich war der Erstgeborene im Herzen des Schpfers. Ich binde mit Fesseln +des Schmerzes und erflle mit Seligkeit das Leben der Menschen! + +_Chitra_ + +Ich wei, ich kenne jenen Schmerz und jene Fesseln! -- Und wer bist Du, +mein Herr? + +_Vasanta_ + +Ich bin sein Freund -- Vasanta -- der Knig der Jahreszeiten. Tod und +Alter wrden die Welt bis ins Mark zerfressen, folgte ich ihnen nicht, +um sie bestndig zu bekmpfen. Ich bin die Ewige Jugend. + +_Chitra_ + +Ich beuge mich vor Dir, Vasanta, mein Herr. + +_Madana_ + +Doch welch strenges Gelbde bindet Dich, schne Fremde? Warum lt Du +Deine frische Jugend welken in Bue und Demtigung? Solch Opfer ist dem +Dienst der Liebe fremd. Wer bist Du, und was ist Dein Gebet? + +_Chitra_ + +Ich bin Chitra, die Tochter aus dem kniglichen Hause von Manipur. +Shivas gttliche Gnade versprach meinem kniglichen Ahnherrn eine +ununterbrochene Reihe mnnlicher Nachkommen. Aber das Wort des Gottes +vermochte nicht, den Lebensfunken in meiner Mutter Leib zu wandeln, so +unbezwingbar war meine Natur, obschon ich ein Weib bin. + +_Madana_ + +Ich wei, darum erzieht Dich Dein Vater wie einen Sohn. Er hat Dich +gelehrt mit dem Bogen umzugehen und Dich in allen Pflichten eines Knigs +unterwiesen. + +_Chitra_ + +Ja, darum trage ich mnnliches Gewand und habe die Abgeschiedenheit des +Frauengemaches verlassen. Ich wei nichts von Frauenlist, die die Herzen +gewinnt. Meine starken Hnde knnen den Bogen spannen, aber ich habe die +Kunst des Liebesgottes nicht erlernt; das Spiel der Augen ist mir fremd. + +_Madana_ + +Das erlernt sich von selbst, Du Schne. Die Augen brauchen darin nicht +unterrichtet zu werden. Das wei der am besten, der von ihnen ins Herz +getroffen wurde. + +_Chitra_ + +Auf der Suche nach Wild wanderte ich eines Tages einsam durch den Wald +am Ufer des Purna-Flusses. Mein Ro band ich an einen Stamm und drang +in's dichte Gestrpp, der Spur eines Wildes folgend. Ich fand einen +schmalen, gewundenen Pfad, der sich durch das Dmmer verschlungener +Zweige schlang. Die Bltter erzitterten vom Grillengezirp. Pltzlich +ersphte ich auf meinem Weg einen Mann, der auf einem Lager trockenen +Laubes ruhte. Hochmtig befahl ich ihm, mir Platz zu machen, aber es +kmmerte ihn nicht. Da stach ich ihn verchtlich mit der scharfen Spitze +meines Pfeils. Er sprang auf, stark und ebenmig an Wuchs, gleich einer +Flamme, die pltzlich aus einem Aschenhaufen zngelt. Ein belustigtes +Lcheln zuckte um seine Mundwinkel, vielleicht ob meines knabenhaften +Anblicks. Da -- zum erstenmal in meinem Leben fhlte ich mich Weib und +wute, da ein Mann vor mir stand. + +_Madana_ + +In glckbegnstigter Stunde verknde ich Mann und Weib die erhabene +Lehre: Erkennet einander. -- Was geschah dann? + +_Chitra_ + +Voll Angst und Staunen fragte ich ihn: Wer bist Du? Ich bin +Arjuna, sagte er, aus dem groen Stamme der Kuru. Ich stand wie +versteinert und verga mich zu verneigen. War das wirklich Arjuna, der +Abgott meiner Trume, der Einzige, Groe! Schon lange kannte ich sein +Gelbnis, zwlf Jahre in Keuschheit zu leben. Mein junger Ehrgeiz hatte +mich manchen Tag angestachelt, mit ihm eine Lanze zu brechen, ihn +verkappt zum Zweikampf zu fordern und ihm meine Waffenkunst zu beweisen. +Ach tricht Herz, wohin entfloh Dein Stolz? Knnt' ich meine Jugend mit +ihren Sehnschten hingeben, um Staub zu sein unter Deinen Fen, +wahrlich eine kstliche Gnade dnkte mir das. Ich wei nicht, in welchem +Strudel der Empfindung ich mich verlor, als ich ihn pltzlich zwischen +den Bumen entschwinden sah! -- Du tricht Weib, du grtest ihn nicht +und sprachest kein Wort, noch batest du ihn um Verzeihung, sondern +standest wie ein ungeschickter Tlpel, whrend er verchtlich +hinwegschritt!... Am nchsten Morgen legte ich meine Mnnerkleidung ab +und schmckte mich mit Armbndern, Furingen, einer Grtelkette und +einem Gewand aus purpurner Seide. Das ungewohnte Kleid schmiegte sich +fest um meinen bebenden Leib; aber ich beschleunigte mein Suchen und +fand Arjuna in Shiva's Waldtempel. + +_Madana_ + +Vollende Deine Erzhlung. Ich bin der herzgeborene Gott, und ich +verstehe das Geheimnis dieser Triebe. + +_Chitra_ + +Nur undeutlich vermag ich mich zu erinnern, was ich sagte, und was ich +zur Antwort bekam. Hei' mich nicht alles erzhlen. Scham berwltigte +mich wie ein Donnerschlag und konnte mich doch nicht zerschmettern, so +durchaus hart bin ich, so mnnlich. Als ich heimwrts schritt, stachen +mich seine letzten Worte wie glhende Nadeln ins Ohr: Ich habe +Keuschheit gelobt. Ich kann Dein Gemahl nicht sein! O, um das Gelbde +eines Mannes! Sicherlich weit Du, o Gott der Liebe, da zahllose +Heilige und Weise den Preis ihrer lebenslangen Bue hingegeben haben um +eines Weibes willen. Ich brach meinen Bogen entzwei und verbrannte meine +Pfeile im Feuer. Ich hate meinen starken, geschmeidigen Arm, gezeichnet +vom Spannen des Bogens. O Liebe, Liebe, Du hast tief in den Staub +gebeugt den nichtigen Stolz meiner mnnlichen Strke, und all meine +Manneszucht liegt zermalmt zu Deinen Fen. Nun lehre mich Deine Gebote. +Gib mir die Kraft der Schwachen und die Waffe der wehrlosen Hand. + +_Madana_ + +Ich will Dein Freund sein. Ich will den weltenbezwingenden Arjuna vor +Dein Angesicht bringen, ein Gefangener, der den Richtspruch seiner +Emprung aus Deiner Hand empfangen soll. + +_Chitra_ + +Stnde mir nur die Zeit zu Gebot, ich knnte allmhlich sein Herz +gewinnen und brauchte der Gtter Hilfe nicht. Zur Seite wrde ich ihm +stehen als Gefhrte, die wilden Rosse seines Kriegswagens lenken, die +Freuden der Jagd mit ihm teilen. Zur Nacht hielt ich Wache am Eingang +seines Zeltes und hlfe ihm, die groen Pflichten eines Kshatriya +erfllen, die Schwachen zu befreien und Recht zu sprechen, wo es not +tut. Sicherlich kme der Tag, an dem er mich erblicken und verwundert +fragen wrde: Wer ist dieser Knabe? Ist einer meiner Sklaven aus einem +frheren Leben, meinen guten Taten gleich, mir gefolgt ins Diesseits? +Ich bin nicht das Weib, das seine Verzweiflung mit nchtlichen Trnen in +einsamer Stille nhrt, sie tglich hinter geduldigen Lcheln verbirgt, +als Witwe geboren. Die Blte meines Verlangens soll nicht in den Staub +sinken, ehe sie zur Frucht gereift ist. Aber es ist die Arbeit eines +Lebens, Verstndnis zu finden und Ehre zu erlangen fr sein eigenstes +Ich. Darum bin ich an Deine Tr gekommen, Du, weltenberwindende Liebe, +und Du, Vasanta, jugendlicher Gott der Jahreszeiten, nimm von meinem +jungen Krper die angeborene Ungerechtigkeit der Hlichkeit. Fr einen +einzigen Tag mache mich wunderbar schn, so schn wie die mit einem Mal +in meinem Herzen erblhte Liebe. Gib mir nur einen einzigen Tag +makelloser Schnheit, und ich will einstehen fr die Tage, die da +kommen. + +_Madana_ + +Prinzessin, Dein Gebet sei erhrt! + +_Vasanta_ + +Nicht nur fr einen kurzen Tag, sondern fr ein ganzes langes Jahr soll +der Frhlingsblten Lieblichkeit sich um Deine Glieder schmiegen. + + + + +ZWEITE SZENE + +IM WALD + + +_Arjuna_ + +Trumte mir oder war Wirklichkeit, was ich am See sah? Im sinkenden +Schatten des Abends sa ich auf moosigem Grund und dachte vergangener +Jahre, als aus dem bergenden Dunkel der Bltter langsam eine Erscheinung +trat in der vollkommenen Gestalt eines Weibes. Sie stand auf einem +weien, flachen Stein am Rande des Wassers. Es schien, als msse das +Herz der Erde sich weiten vor Freude unter ihren nackten weien Fen. +Mir deuchte, die zarte Umhllung ihres Krpers wollte sich in Verzckung +auflsen in Luft, wie der goldene Frhnebel vom schneeigen Gipfel des +stlichen Berges schmilzt. Sie beugte sich ber den schimmernden Spiegel +des Teiches und erblickte ihr Antlitz darin. Sie schrak zurck und stand +still, dann lchelte sie, lste mit einer nachlssigen Bewegung des +linken Arms ihr Haar, das bis zu ihren Fen zur Erde niederglitt. Sie +entblte ihre Brust und betrachtete ihre makellos geformten Arme +erfllt von Zrtlichkeit fr ihren Krper. Sie neigte den Kopf und sah +ihre se, blhende Jugend und das zarte Errten ihrer flaumigen Haut. +Sie strahlte in freudiger berraschung. So wrde die weie Lotosblume +den ganzen Tag ber sich staunen, knnte sie des Morgens beim Erwachen, +ihren Hals beugen und ihr Abbild im Wasser sehn. Aber einen Augenblick +spter wich das Lcheln von ihrem Antlitz, und ein Schatten von Trauer +stieg in ihren Augen auf. Sie band ihre Haarflechten auf, zog den +Schleier um ihre Schultern und schritt leise seufzend hinweg, wie ein +schner Abend, der in Nacht versinkt. Die erhabene Erfllung aller +Sehnsucht schien sich mir in einem Blitz geoffenbart zu haben und +verlosch dann ... Aber wer bewegt die Tre? + +(Chitra tritt ein, in Frauenkleidern.) + +Ah! sie ist's! Stille mein Herz!... + +Frchte nichts, Herrin! Ich bin ein Kshatriya. + +_Chitra_ + +Edler Herr, Du bist mein Gast. Ich wohne in diesem Tempel. Ich wei +nicht, wie ich Dir Gastfreundschaft erzeigen kann. + +_Arjuna_ + +Schne Frau, Dein Anblick allein ist die hchste Gastfreundschaft. Wenn +Du mir's nicht verdenken willst, mchte ich Dich etwas fragen. + +_Chitra_ + +Es sei Dir gewhrt. + +_Arjuna_ + +Welch strenges Gelbde hlt Dich in diesen einsamen Tempelmauern +gefangen und beraubt die Sterblichen Deines lieblichen Anblickes? + +_Chitra_ + +Ich hege einen geheimen Wunsch in meinem Herzen, fr dessen Erfllung +ich tglich Gebete zu Shiva sende. + +_Arjuna_ + +Ach, was kannst Du verlangen, die Du das Verlangen der ganzen Welt bist? +Von dem stlichen Hgel, auf dessen Gipfel die Morgensonne zuerst ihren +feurigen Fu setzt, bis ans Ende des Abendlands bin ich gewandert. Ich +habe das Kstlichste, Schnste und Grte der Erde gesehen. Mein Wissen +soll Dein sein, nur sage mir, was oder wen Du suchst. + +_Chitra_ + +Ihn, den ich suche, ihn kennen alle. + +_Arjuna_ + +Wer mag dieser Liebling der Gtter sein, der Dein Herz gefangen nahm? + +_Chitra_ + +Er ist der Grte aller Helden, ein Spro des hchsten Herrscherhauses. + +_Arjuna_ + +Herrin, opfere nicht diesen Schatz von Schnheit, der Dein ist, auf dem +Altar eines falschen Ruhmes. Unwahres Gercht verbreitet sich von Mund +zu Mund, wie der Nebel im frhen Morgendmmer ehe die Sonne aufgeht. +Sage mir, wer ist der erhabene Held aus hchstem kniglichem Stamm? + +_Chitra_ + +Einsiedler, der Ruhm andrer Mnner erfllt Dich mit Neid. Weit Du +nicht, da der Ruhm des kniglichen Hauses der Kuru ber die ganze Welt +verbreitet ist? + +_Arjuna_ + +Das Haus der Kuru! + +_Chitra_ + +Und hast Du nie den grten Namen dieses weitgerhmten Hauses gehrt? + +_Arjuna_ + +La ihn mich von Deinen eigenen Lippen hren. + +_Chitra_ + +Arjuna, der Welteroberer. Ich habe diesen unsterblichen Namen von den +Lippen der Menge abgelesen und ihn sorgfltig in meinem Herzen +verborgen. Einsiedler, was blickst Du so verwirrt drein? Trgt dieser +Name nur trgerischen Glanz? Sag es, und ich will nicht zgern, den +Schrein meines Herzens aufzubrechen und den falschen Edelstein in den +Staub zu werfen. + +_Arjuna_ + +Ob auch sein Name und Ruhm, sein Mut und seine Tapferkeit wahr oder +falsch sind, um des Mitleids willen verbanne ihn nicht aus Deinem +Herzen, denn er kniet zu Deinen Fen -- in diesem Augenblick. + +_Chitra_ + +Du, Arjuna! + +_Arjuna_ + +Ja, der bin ich, ein vor Liebe verschmachteter Bettler an deiner Tr. + +_Chitra_ + +So ist es nicht wahr, da Arjuna das Gelbde zwlf Jahre langer +Keuschheit getan hat? + +_Arjuna_ + +Du hast meinen Schwur gelst wie der Mond den nchtlichen Schwur der +Dunkelheit. + +_Chitra_ + +Scham ber Dich! Was sahst du in mir, das Dich Deinem eigenen Ich +untreu werden lie? Wen suchst du in diesen dunklen Augen, in diesen +milchweien Armen, wenn Du sie mit dem Preis Deiner Ehre zu bezahlen +bereit bist? Nicht mein wahres Selbst, das wei ich. Wahrlich das kann +nicht Liebe sein, nicht des Mannes tiefste Ehrfurcht vor dem Weib! Wehe, +da der Krper, diese zerbrechliche Hlle, uns blendet, das Licht der +unsterblichen Seele zu schauen! Ja, Arjuna, nun wei ich gewi, falsch +ist der Ruhm Deines Heldentums. + +_Arjuna_ + +O, ich fhle wie eitel der Ruhm ist und der Stolz der Tapferkeit! Alles +scheint Traum. Du allein bist vollkommen, Du bist der Reichtum der Welt, +das Ende aller Armut, das Ziel alles Strebens, das Weib! Andere Frauen +gibt's, langsam und schwer zu erkennen, aber Dich einen Augenblick lang +zu sehn, heit hchste Vollendung schauen, jetzt und in Ewigkeit. + +_Chitra_ + +Ach nicht ich bin's, nicht ich, Arjuna! Es ist das Trugbild eines +Gottes. Geh', geh' mein Held, geh'. Frei' nicht die Lge, opfre dein +groes Herz nicht einer Tuschung. Geh'. + + + + +DRITTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Chitra_ + +Nein, unmglich ist's den brennenden Blick der hungrigen Seele +auszuhalten, der mit Hnden dich umklammert, zu fhlen, wie das Herz +sich mht, die Fesseln zu sprengen, und den wilden Schrei, der sich ihm +entringen will -- und den Liebenden dann hinweg zu senden wie einen +Bettler! Unmglich ist's! + +(Madana und Vasanta treten auf.) + +Ach, Gott der Liebe, welch furchtbares Feuer hast Du in mich gesenkt! +Ich verbrenne, versenge, was ich berhre. + +_Madana_ + +Ich wnsche zu wissen, was in vergangener Nacht geschah. + +_Chitra_ + +Auf ein Lager von Gras, berst mit Frhlingsblten, legte ich mich am +Abend nieder und gedachte des wunderbaren Lobgesangs meiner Schnheit, +den ich von Arjuna gehrt. Tropfen nach Tropfen trank ich den Honig, den +ich am Tage gesammelt, Vergangenes und Zuknftiges war vergessen. Ich +fhlte mich der Blume verwandt: ihr sind nur flchtige Stunden vergnnt, +dem summenden Schmeicheln, dem Flstern und Murmeln der Wlder zu +lauschen. Dann mu sie die Augen vom Himmel wenden, ihr Haupt beugen und +ihren Atem aushauchen im Staub, klaglos den kurzen Traum eines +vollkommenen Augenblicks beenden, der nicht Vergangenheit noch Zukunft +kennt. + +_Vasanta_ + +Ein grenzenloses Leben voller Ruhm kann blhen und sich erschpfen an +einem Morgen. + +_Madana_ + +Wie Ewigkeits-Sinn im kleinsten Bruchteil eines Liedes sein kann. + +_Chitra_ + +Die sdliche Brise wiegte mich in Schlaf. Von dem blhenden +Malati-Hain ber mir tropften schweigend Ksse auf mich nieder. Jede +Blume whlte sich ein Lager zum Sterben, in meinem Haar, auf meiner +Brust oder meinen Fen. Ich schlief. Und in der Tiefe meines Schlafes +war mir pltzlich, als ob ein durchdringender, gieriger Blick meinen +Krper berhre, wie der spitzige, stechende Finger der Flamme. Ich +sprang auf und sah den Einsiedler vor mir stehen. Der Mond war westwrts +gewandert und lugte durch die Bltter, um das Wunder zu sehen, das durch +gttliche Kunst in zerbrechlicher Menschlichkeit erstanden war. Die Luft +war schwer, duftgeschwngert, die Stille der Nacht klang vom +Grillengezirp, regungslos lag das Spiegelbild der Bume auf dem See. Und +mit seinem Stab in der Hand stand der Einsiedler gro, aufrecht und +schweigend wie ein Baum des Waldes. Mir war, da ich die Augen aufschlug, +als sei ich abgeschieden von aller Wirklichkeit des Lebens, und es +vollziehe sich an mir eine Wiedergeburt im Land der Trume. Scham fiel +von mir und glitt wie ein gelstes Gewand auf meine Fe nieder. Ich +hrte seinen Schrei -- Geliebte, einzig Geliebte! Und all' meine +vergangenen, vergessenen Leben schmolzen zu einem und riefen ihm Antwort +zu: Nimm mich, nimm mich ganz zu eigen! Und ich breitete meine Arme +nach ihm aus. Der Mond sank hinter den Bumen. Ein dunkler Vorhang +bedeckte alles, Himmel und Erde, Zeit und Raum, Lust und Schmerz, Leben +und Tod schmolzen in Eins in unsagbarer Verzckung.... Mit dem ersten +Morgenstrahl, dem ersten Vogelzwitschern richtete ich mich auf und +blieb, auf den linken Arm gesttzt, sitzen. Der Einsiedler lag +schlafend, ein unbekmmertes Lcheln krmmte sich um seine Lippen, wie +der wachsende Mond am Morgen. Der Dmmerung rosiges Glhen fiel auf +seine edle Stirn. Ich seufzte, stand auf und zog die breitblttrigen +Lianen zusammen, um sein Gesicht vor der flutenden Sonne zu schtzen. +Ich schaute umher und sah die gleiche alte Erde. Ich erinnerte mich, was +ich gewesen und rannte, rannte wie ein Reh, das seinen eigenen Schatten +frchtet, den Waldpfad entlang, den Stephali-Blumen bedeckten. Ich fand +einen einsamen Winkel, setzte mich nieder, barg mein Gesicht in beiden +Hnden, um zu weinen und zu klagen. Doch meine Augen blieben trnenlos. + +_Madana_ + +Weh ber Dich, Tochter der Sterblichen! Ich stahl aus den gttlichen +Speichern den duftenden Wein des Himmels, gab ihn, eine irdische Nacht +gefllt bis zum Rande, in Deine Hnde, auf da Du trnkest -- und immer +hr' ich noch diesen Schrei der Qual! + +_Chitra_ + +(bitter) + +Wer trank ihn? Des Lebens seltenste Erfllung, erste Liebesumarmung bot +man mir dar und entri sie wieder meiner Sehnsucht? Diese erborgte +Schnheit, die Falschheit, die mich umhllt, sie werden von mir gleiten, +wie Blten im Wind entblttern, und die einzig sichtbare Erinnerung +jener sen Vereinigung mitnehmen, und voll Scham ber seine Armut wird +das Weib weinend sitzen -- Tag und Nacht. Gott der Liebe, diese +verfluchte uere Gestalt begleitet mich Tag und Nacht, wie ein Dmon, +und beraubt mich allen Liebeslohnes -- all der Ksse, nach denen ich +verschmachte. + +_Madana_ + +Ach, umsonst war Deine einzige Nacht! Die Barke der Erfllung kam in +Sicht, aber die Wellen lieen sie das Ufer nicht berhren. + +_Chitra_ + +Der Himmel war meinem Griff ganz nahe und ich verga fr Augenblicke, +da ich ihn noch nicht erreicht hatte. Aber als ich des Morgens aus +meinem Traum erwachte, fand ich im eigenen Krper die Rivalin. Nun ward +mir die verhate Pflicht, sie tglich zu schmcken, zum Geliebten zu +schicken und zu sehen, wie er sie liebkoste. O Gott, nimm Dein Geschenk +zurck! + +_Madana_ + +Aber wie willst Du vor Deinen Geliebten treten, wenn ich es von Dir +nehme? Ist es nicht grausam, den Becher von seinen Lippen zu reien, +nachdem er kaum einen Zug der Lust getan? Wie rgerlich wirst Du ihm +sein? + +_Chitra_ + +Und doch wre es besser so. Ich will ihm meine wahrhaftige Gestalt zu +erkennen geben, eine edlere Tat, als in dieser Maske zu leben. Wenn er +mich auch verstt und verschmht, wenn er mein Herz auch bricht -- +schweigend will ich's tragen. + +_Vasanta_ + +Hr' meinen Rat. Wenn die blumenerfllte Jahreszeit vergangen, kommt +der Herbst und mit ihm der Triumphzug der Frchte. Die Zeit wird kommen, +da die berreife Blume des Leibes sich vergehend neigt. Dann wird Arjuna +die bleibende fruchtgewordene Wahrheit aus Dir voll Glck hinnehmen. O +Kind, geh' zurck zu Deiner rasenden Feier. + + + + +VIERTE SZENE + +IM WALD + + +_Chitra_ + +Warum beobachtest Du mich, mein Krieger? + +_Arjuna_ + +Ich sehe zu, wie Du den kleinen Kranz windest. Anmut und Geschick, die +Zwillingsbrder, spielen tanzend auf Deinen Fingerspitzen. Ich sehe zu +und denke. + +_Chitra_ + +Was denkst Du, Herr? + +_Arjuna_ + +Ich denke, da Du mit der gleichen schwebenden Berhrung und Sigkeit +die Tage meiner Verbannung in einen unsterblichen Kranz windest, um mich +zu meiner Heimkehr damit zu krnen. + +_Chitra_ + +Heimkehr! Diese Liebe ist nichts fr ein Heim! + +_Arjuna_ + +Nichts fr ein Heim? + +_Chitra_ + +Nein, sprich nie davon. Nimm mit in Dein Heim das Bleibende, Starke. +La die kleine wilde Blume an ihrem Geburtsort, la sie dort in +Schnheit sterben, wenn der Tag sich neigt, mit all den welkenden Blumen +und den modernden Blttern. Nimm sie nicht mit in die Halle Deines +Palastes, um sie dort auf den steinernen Boden zu werfen, der kein +Erbarmen fr Welken und Vergehen kennt. + +_Arjuna_ + +Sieht so unsere Liebe aus? + +_Chitra_ + +Ja, so und nicht anders! Was soll das Klagen? Was sich fr mige Tage +schickt, sollte sie nicht berdauern. Lust wandelt sich in Schmerz, wenn +ihr die Tr verschlossen ist, aus der sie scheiden soll. Nimm meine +Liebe hin und halte sie, so lange sie whren darf. La nicht des Abends +satte Zufriedenheit mehr fordern, als das morgendliche Verlangen ernten +kann ... Der Tag ist vorber. Nimm dies Blumengewinde. Ich bin mde. +Nimm mich in Deine Arme, Geliebter, und la alles eitle unzufriedene +Geznk verstummen in der sen Vereinigung unserer Lippen. + +_Arjuna_ + +Still, horch, Geliebte, der Klang der Gebetsglocken aus dem fernen +Dorftempel gleitet auf der Abendluft ber die schweigenden Wipfel. + + + + +FNFTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Vasanta_ + +Ich kann nicht Schritt mit Dir halten, mein Freund! Ich bin mde. Schwer +ist die Pflicht, das Feuer in Glut zu halten, das Du entzndet hast. +Schlaf berkommt mich, der Fcher entfllt meiner Hand, und kalte Asche +bedeckt die Glut. Ich fahre wieder auf aus meinem Schlummer und rette +die trge Flamme, soweit es in meiner Macht steht. Aber so kann es nicht +weiter gehen. + +_Madana_ + +Ich wei, Du bist unbestndig wie ein Kind. Ewig ruhelos ist Dein +Spiel im Himmel und auf Erden. Was Du in langen Tagen aufgebaut mit +endloser Sorge fr jeden Bruchteil, in einem Augenblick zerstrst Du es +wieder, ohne Bedauern. Aber unsere Arbeit ist heut vollendet. +Freudengeflgelte Tage fliehen flchtig dahin, und das sich neigende +Jahr vergeht mit berckendem Blhen. + + + + +SECHSTE SZENE + +IM WALD + + +_Arjuna_ + +Ich erwachte am Morgen und fand meine Trume in einen Edelstein +verschmolzen. Ich hatte keinen Schrein, ihn darin zu verschlieen, keine +Knigskrone, in die ich den Stein htte fassen knnen, keine Kette hatte +ich, ihn daran zu hngen, und doch brachte ich's nicht bers Herz, ihn +wegzuweisen. So halte ich ihn, und mein Arm, der Arm eines Kshatriya, +vergit ber migem Tun seine Pflicht. + +(Chitra tritt ein.) + +_Chitra_ + +Sage mir Deine Gedanken, Herr! + +_Arjuna_ + +Meine Gedanken sind heute auf die Jagd gerichtet. Sieh, wie der Regen +in Strmen herniederstrzt und wild gegen den Berghang schlgt. Dunkle +Wolkenschatten hngen schwer ber dem Wald, und gleich der sorglosen +Jugend berspringt der geschwollene Strom mit spttischem Lachen alle +Schranken. Stets gingen wir fnf Brder an solchen Regentagen in den +Wald von Chitraka, wilde Tiere zu jagen. Das waren schne Zeiten. Unsre +Herzen tanzten zum Trommelwirbel der grollenden Wolken. Der Wald hallte +wider von den Schreien der Pfauen. Durch das Klatschen des Regens und +das Rauschen des Wasserfalles konnte das ngstliche Wild unsre Schritte +nicht hren. Die Leoparden lieen ihre Spuren in der nassen Erde zurck +und verrieten so ihr Lager. War die Jagd vorber, so forderten wir uns +auf dem Heimweg gegenseitig heraus, reiende Strme zu durchschwimmen. +Ein ruheloser Geist wohnt in mir, ich habe Sehnsucht nach der Jagd. + +_Chitra_ + +Erst erlege das Wild, das Du jetzt verfolgst. Bist Du gewi, da das +verzauberte Tier, das Du jagst, unbedingt gefangen werden mu? Nein, +noch nicht. Wie ein Traum entgleitet Dir das wilde Geschpf, wenn es Dir +am nchsten scheint. Sieh, wie der rasende Regen den Wind jagt und +tausend Pfeile hinter ihm her sendet. Und doch bleibt der Wind frei und +unbesiegt. So ist auch unser Waidwerk, Geliebter! Du jagst nach der +schnellschreitenden Schnheit und versendest all Deine Pfeile nach ihr, +und doch flieht dies zaubrische Wild stets frei und unberhrt davon. + +_Arjuna_ + +Hast Du kein Heim, Geliebte, wo liebende Herzen Deiner Rckkehr harren? +Ein Heim, dem Du durch sanftes Dienen Lieblichkeit verliehst, und dessen +Licht erlosch, als Du es fr diese Wildnis verlieest? + +_Chitra_ + +Was fragst Du? Sind die Stunden der Lust vorbei, in denen es kein +Denken gab? Weit Du nicht, da ich nur die bin, die Du vor Dir siehst? +Mein Blick geht nicht ber das Jetzt hinaus. Der Tau auf den Blttern +der Kinsuka-Blte hat weder Namen noch Schicksal, und gewhrt keiner +Frage Antwort. Sie, die Du liebst, gleicht jener vollkommenen Tauperle. + +_Arjuna_ + +Verbindet sie kein Band mit der Welt? Ist sie nur ein Stck Himmel, das +ein lustspendender Gott unachtsam zur Erde fallen lie? + +_Chitra_ + +Ja. + +_Arjuna_ + +Ach, darum ist mir immer, als mte ich Dich verlieren. Mein Herz ist +unbefriedigt, meine Gedanken friedlos. Komm nher zu mir, Unerreichbare! +Ergib Dich und dulde die Fesseln, die da heien: Name, Heim, Sippe. La +mein Herz Dich ganz umschlieen, und mit Dir leben in der ruhigen +Sicherheit der Liebe. + +_Chitra_ + +Warum mhst Du Dich vergebens, die Farben der Wolken, den Tanz der +Wellen, den Duft der Blumen zu haschen und zu halten? + +_Arjuna_ + +Herrin mein, glaube nicht, da Du mit Luftgebilden die Liebe befriedigen +kannst. Gib mir etwas, woran ich Halt finde, etwas, das die Lust +berdauert, das sich im Leid bewhrt. + +_Chitra_ + +Mein Held, noch ist das Jahr nicht zu Ende, und schon bist Du mde! +Ja, nun erkenne ich die himmlische Gte, die den Blumen ein kurzes Leben +gab. Wre ich mit den Blumen des letzten Frhlings verwelkt und +gestorben, ich wre mit Ehren dahingegangen. Doch meine Tage sind +gezhlt, Geliebter. Schone mich nicht, saug allen Honig aus mir, da Du +voller Angst bist, da Dein armes Herz wieder und wieder zurckkommt +voll unerfllter Wnsche und Begierden, gleich der durstigen Biene, wenn +die Sommerblumen welk im Staub liegen. + + + + +SIEBENTE SZENE + +IM TEMPEL + + +_Madana_ + +Heute ist Deine letzte Nacht. + +_Vasanta_ + +Des Frhlings unerschpfliche Schatzkammer wird morgen die Lieblichkeit +Deines Krpers zurcknehmen. Die rosige Farbe Deiner Lippen wird in +einem Asoka-Bltenpaar neu aufblhen, frei von der Erinnerung an Arjunas +Ksse. In hundert duftenden Jasmin-Blumen wird der matte, weie Glanz +Deiner Haut auferstehen. + +_Chitra_ + +O Gtter, erhrt mein Gebet! Lat meine Schnheit in der letzten Stunde +dieser Nacht am hellsten erstrahlen, wie das letzte Aufleuchten einer +sterbenden Flamme. + +_Madana_ + +Dein Wunsch sei Dir gewhrt. + + + + +ACHTE SZENE + +IM WALD + + +_Die Dorfleute_ + +Wer wird uns nun beschtzen? + +_Arjuna_ + +Was soll's, welche Gefahr droht Euch? + +_Die Dorfleute_ + +Die Ruber kommen in Scharen aus den nrdlichen Bergen, wie die Flut des +Gebirgsstromes, die unser Dorf verheert. + +_Arjuna_ + +Habt ihr keine Wchter in Eurem Knigreich? + +_Die Dorfleute_ + +Chitra, die Knigstochter, war der Schrecken aller Bsen. Als sie noch +in diesem glcklichen Lande weilte, kannten wir keine Furcht auer +einer: sterben zu mssen. Nun ist Chitra auf einer Pilgerfahrt, und +niemand kennt ihren Aufenthalt. + +_Arjuna_ + +Ist der Hter dieses Landes ein Weib? + +_Die Dorfleute_ + +Ja, sie ist uns Vater und Mutter zugleich. + +(Die Dorfleute entfernen sich. Chitra tritt ein.) + +_Chitra_ + +Warum sitzest Du hier so einsam? + +_Arjuna_ + +Ich versuche mir vorzustellen, was fr eine Frau die Prinzessin Chitra +sein mag. Viele Menschen erzhlen viele Geschichten von ihr. + +_Chitra_ + +Ach, sie ist nicht schn, sie hat nicht meine schnen Augen, die dunkel +sind wie der Tod. Mit ihrem Gescho kann sie jede Scheibe durchbohren, +nur nicht das Herz unsres Helden. + +_Arjuna_ + +Sie sagen, an Tapferkeit sei sie ein Mann, und ein Weib an Zrtlichkeit. + +_Chitra_ + +Und das gerade ist ihr grtes Unglck. Das Weib, das nur Weib ist, das +mit seinem Lcheln, mit seinen Seufzern, und mit zarten Liebkosungen die +Herzen der Mnner einspinnt, ist allein glcklich. Was frommt ihr +Weisheit und groe Taten? Httest Du die Prinzessin nur gestern sehen +knnen, im Hof von Shivas Tempel, der am Waldpfad liegt, Du wrest +vorbergegangen ohne sie eines Blickes zu wrdigen. Bist Du denn +weiblicher Schnheit so berdrssig, da Du in ihr mnnliche Kraft +suchst? + +Aus grnen Blttern, feucht vom sprhenden Gischt des Wasserfalls, habe +ich unser Bett zur Mittagsrast bereitet, in nachtdunkler Grotte. Die +Khle des weichen grnen Mooses, das dicht den tropfenden Stein bedeckt, +kt dort Deine Augen in Schlaf. La Dich dorthin geleiten. + +_Arjuna_ + +Nein, heute nicht, Geliebte. + +_Chitra_ + +Warum nicht heute? + +_Arjuna_ + +Ich habe von einer Ruberhorde gehrt, die in die Ebene gekommen ist. +Ich mu gehen meine Waffen bereiten, um die erschreckten Dorfleute zu +beschtzen. + +_Chitra_ + +Du brauchst Dich nicht um sie zu sorgen. Prinzessin Chitra hat starke +Wchter an den Grenzpssen aufgestellt, ehe sie ihre Pilgerfahrt begann. + +_Arjuna_ + +Nur fr kurze Zeit la mich das Kriegshandwerk eines Kshatriya ben. +Mit neuem Ruhm will ich diesen migen Arm bedecken, damit er Deinem +Haupt ein wrdigeres Kissen sei. + +_Chitra_ + +Doch, wenn ich mich weigere Dich gehen zu lassen, wenn meine Arme Dich +umwunden halten? Wrdest Du Dich roh von mir losreien und mich +verlassen? So geh! Aber wisse, da die Liane -- einmal entzweigebrochen +-- nie wieder zu einem Ganzen wird. Geh, wenn Dein Durst gestillt ist. +Doch wenn nicht, denke daran, wie unbestndig die Gttin der Lust ist +und da sie nicht wartet auf den Menschen. Bleib noch eine Weile, Herr! +Sage mir die unruhigen Gedanken, die Dich qulen. Wer nahm heute Deine +Seele gefangen? War es Chitra? + +_Arjuna_ + +Ja, es ist Chitra. Mich nimmt wunder, um welches Gelbdes willen sie +auf die Pilgerfahrt gegangen ist. Was mangelt ihr? + +_Chitra_ + +Was ihr mangelt? Ja, hat sie denn je etwas besessen, die Unglckliche? +Es sind ja ihre eigensten Fhigkeiten, die sie mit Gefngnismauern +umschlieen und ihr Frauenherz in einer kahlen Zelle gefangen halten. +Verdunkelt ist diese Frau und unerfllt. Ihre Weibesliebe mu sich mit +einem Lumpenkleide bescheiden, denn Schnheit blieb ihr versagt. Sie +gleicht dem Geist eines freudlosen Morgens. Sie sitzt auf steinigem +Berggipfel und dunkle Wolken haben ihr Licht ausgelscht. Frag mich +nicht nach ihrem Leben. Seine Geschichte klingt dem Ohr des Mannes nicht +lieblich. + +_Arjuna_ + +Ich brenne danach, alles von ihr zu hren. Ich bin wie ein Wanderer, der +um Mitternacht an eine fremde Stadt kommt. Kuppeln, Trme und +Gartenbume sehen verschwommen und schattenhaft aus, und durch die +Stille des Schlafes tnt hin und wieder das dumpfe Klagen des Meeres. +Und er harrt sehnschtig auf den Morgen, der ihm alle die fremden Wunder +offenbaren soll. O, erzhle mir ihre Geschichte. + +_Chitra_ + +Was ist da mehr zu erzhlen? + +_Arjuna_ + +Meine Einbildung zaubert mir sie vor, wie sie auf weiem Rosse reitet, +in der Linken die Zgel haltend und in der rechten Hand den Bogen, +gleich der Liebesgttin, die frohe Hoffnung spendet. Mit wilder Liebe +schtzt sie ihre sugenden Jungen wie eine wachsame Lwin. Auch des +Weibes Arme, die nichts anderes als ungefesselte Kraft schmckt, sind +schn! Mein Herz ist ruhelos, Du Liebliche, wie eine Schlange, die aus +langem Winterschlaf erwacht. Komm, la uns miteinander auf schnellen +Rossen dahineilen, Seite an Seite, wie Zwillingsgestirne, die leuchtend +den Raum durchmessen. Heraus aus diesem dunklen, grnen, einschlfernden +Gefngnis, komm hervor unter der feuchten, duftenden, berauschenden +Decke, die den Atem benimmt! + +_Chitra_ + +Arjuna, sag mir die Wahrheit: wenn ich mich jetzt pltzlich durch +einen Zauber dieser wollstigen Weichheit entledigen knnte, diesen +zarten Schmelz der Schnheit abstreifte, der vor der derben, gesunden +Berhrung der Welt schaudert, und das alles von meinem Krper +herunterrisse wie geborgtes Gewand -- knntest Du das ertragen? Wenn ich +mich aufrichte, grade und stark, mit der Kraft eines mutigen Herzens, +und die Listen und Knste der kriechenden Schwachheit verchtlich von +mir weise, wenn ich mein Haupt erhebe, wie die hohe, junge Bergtanne, +und mich nicht lnger im Staub winde, wie die Liane, -- werde ich dann +Gnade finden vor den Augen des Mannes? Nein, nein, Du knntest es nicht +ertragen. Es ist besser, ich verstreue um mich all die zierlichen +Spielereien flchtiger Jugend und warte auf Dich in Geduld. Ist's Dir +gefllig zurckzukehren, so will ich Dir lchelnd aus dem Becher dieses +schnen Leibes den Wein der Lust schenken. Hast Du genug davon und bist +Du mde, so will ich mich demtig und dankbar in den Winkel +zurckziehen, den man mir gelassen hat. Wie gefiele es Deiner +Heldenseele, hoffte die Gespielin der Nacht Deine Gefhrtin am Tage zu +sein? Wie, wenn der linke Arm die Last des stolzen rechten mit zu tragen +lernte? + +_Arjuna_ + +Ich werde Dich niemals richtig erkennen. Eine Gttin, verborgen in +einem goldenen Heiligenbild scheinst Du mir. Ich kann Dich nicht +berhren, ich kann Dir Deine unschtzbaren Gaben nicht vergelten. Und so +bleibt meine Liebe unvollkommen. Aus der rtselhaften Tiefe Deiner +traurigen Augen, aus Deinen spielerischen Worten, die ihre eigene +Bedeutung verspotten, erhasche ich manchmal den Schimmer eines Wesens, +das die schmachtende Anmut seines Krpers vernichten mchte. In der +reinen Flamme des Leides, verborgen hinter des Lchelns zartem Schleier, +sehnt es sich wieder zu erstehen. Ein Trugbild, erscheint uns die +Wahrheit zuerst, in einer Verkleidung tritt sie vor den Geliebten hin. +Aber es kommt eine Zeit, da sie Schleier und Schmuck abwirft und +dasteht, bekleidet mit nackter Hoheit. Ich verzehre mich nach diesem +letzten Du, nach jener einfachsten, wahrsten Klarheit. Was bedeuten die +Trnen, mein Lieb? Warum verbirgst Du Dein Gesicht in den Hnden? Hab +ich Dir weh getan, mein Liebling? Vergi, was ich sagte. Ich will mit +der Gegenwart zufrieden sein. Wie der Vogel Geheimnis aus unsichtbarem, +dunkelm Nest zu mir kommt, musikerfllte Botschaft bringend, so komm Du +zu mir und la mich jeden Augenblick der Schnheit erleben. La mich und +meine Hoffnung ewig am Ufer der Erfllung sitzen und so meine Tage +beschlieen. + + + + +NEUNTE SZENE + +IM WALD + + +_Chitra_ + +(in einen Mantel gehllt.) + +Mein Herr, hast Du den Becher bis zur Neige geleert? Ist dies wirklich +das Ende? Nein, wenn alles getan, so bleibt doch noch Eins, mein letztes +Opfer, das ich zu Deinen Fen darbringe. Aus dem himmlischen Garten +brachte ich Blumen von unvergleichlicher Schnheit, Dich zu ehren, Gott +meines Herzens. + +Ich will die Blumen aus dem Tempel hinauswerfen, wenn sie verwelkt sind +und die heilige Handlung vorber. + +(Sie nimmt ihren Mantel ab und trgt Mnnerkleidung wie am Anfang.) + +Nun la Deinen Knecht Gnade finden vor Deinen Augen. + +Ich bin nicht schn und vollkommen wie die Blumen, mit denen ich Dich +ehrte. Ich bin voller Schuld und Fehler. Auf der groen Heerstrae der +Welt bin ich ein Wanderer, meine Kleider sind beschmutzt, und Dornen +haben meine Fe blutig gerissen. Wie knnte ich schn sein wie die +Blumen, voll unbefleckter Lieblichkeit, fr die kurze Dauer eines +Augenblicks? Die Gabe, die ich Dir voll Stolz darbringe, ist das Herz +eines Weibes. Darinnen ist eingeschlossen aller Schmerz und alle Lust, +alle Hoffnung, alle Furcht, alle Scham einer Erdentochter. + +Hier ist der Uranfang der Liebe, von hier aus ringt sie nach +Unsterblichkeit. Im Herzen des Weibes liegt eine groe und erhabene +Unvollkommenheit. Nun, da die Anbetung der Schnheit vorber, nimm +diesen + +(auf sich zeigend) + +als Deinen Knecht fr kommende Tage. + +Ich bin Chitra, die Knigstochter. Vielleicht erinnerst Du Dich des +Tages, als in Shivas Tempel ein Weib zu Dir trat, behangen mit Putz und +Schmuck. Die Schamlose kam und warb um Dich wie ein Mann. Du stieest +sie zurck, und Du tatest wohl daran. Herr, jenes Weib -- bin ich. Sie +diente mir als Maske. Damals verlieh mir die gttliche Gnade fr ein +Jahr die strahlendste Gestalt, die je einem Sterblichen wurde. Mit der +Last jenes Betruges beschwerte ich meines Helden Herz. Dies Weib kann +ich nicht sein. + +Ich bin Chitra. Keine Gttin bin ich, die man anbetet, aber auch nicht +ein Gegenstand allgemeinen Mitleids, den man achtlos abschttelt wie ein +Insekt. Wenn Du mich wrdig findest, Dir zur Seite zu stehen, wenn ich +die groen Pflichten Deines Lebens teilen darf -- dann wirst Du mein +wahres Wesen erkennen. Wenn Dein Kind, das ich in meinem Scho nhre, +ein Sohn sein wird, will ich es lehren, ein zweiter Arjuna zu werden. +Wenn die Zeit kommt, werde ich ihn zu Dir senden, und Du wirst endlich +mein eigenstes Ich erkennen. Heute kann ich Dir nur Chitra darbringen, +die Tochter eines Knigs. + +_Arjuna_ + +Geliebte, mein Leben ist vollkommen erfllt. + +ENDE + + + + +ANMERKUNGEN + + +Zu Seite: + + 5: _Pandava_ (so fr Pandara zu lesen). Das Knigsgeschlecht, von + dem das Mahabharata handelt, stammt von _Kuru_ ab; ein Zweig + derselben sind die Pandavas, fnf Brder (S. 50), zu denen der + Held Arjuna gehrt. Dieser stammt also auch aus dem Hause der + Kurus. (S. 9.) + + 35: _Malati-Hain._ Malati ist der grobltige Jasmin. + + 38: _Stephali-Blten_; lies _Sh_ephali. Sephalika ist der Strauch + vitex negundo, dessen Blten in Vasavadatta Abt. IV mit + Zinnoberkgelchen verglichen werden. + + 53: _Kinsuka-Blte._ Der Kimsuka, Butea frondosa, ist ein + stattlicher Baum, dessen Zweige im Frhjahr mit groen + scharlachroten Schmetterlingsblten bedeckt sind. Die schne Blte + ist aber geruchlos. + + 56: _Asoka-Blten._ Der Asokabaum, Jonesia Asoka, hat rote Blten. + Er spielt in der indischen Dichtung eine groe Rolle. Asoka + bedeutet Kummerlos. + + * * * * * + +Tagore's Dichtung entspricht nicht dem Sinn der Sage. Er sagt S. 6 von +Chitra's Vater: er hatte sie deshalb stets wie einen Sohn gehalten und +zu seinem Erben gemacht. Der Text in Protap Chandra Roys bersetzung +lautet: I have duly made her a _Putrika_. _putrika_ ist ein juristischer +Ausdruck und bezeichnet eine Tochter, die mangels eines Sohnes (_putra_) +die Familie ihres Vaters, nicht ihres Gatten fortpflanzen soll. Fr +letzteren bedeutet also die Eingehung einer solchen Ehe den Verzicht auf +die Fortpflanzung seiner Familie. Tagore hat dies offenbar nicht gewut +und macht daher aus _putrika_ eine Tochter, die als Sohn (_putra_) +erzogen wird! Das Epos kennt eine Sage, wo eine Prinzessin fr einen +Prinz ausgegeben und als solcher erzogen wird (die Geschichte von +_Sikhandin_). Diese Reminiszenz mag sich bei dem Dichter mit dem +Sagenstoff, auf den er in der Vorrede hinweist, verschmolzen haben. + + * * * * * + +Fr die Anmerkungen ist die bersetzerin dem Sanskritisten der Bonner +Universitt, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Jacobi, zu Dank verpflichtet. + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Chitra, by Rabindranath Tagore + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK CHITRA *** + +***** This file should be named 44246-8.txt or 44246-8.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/4/4/2/4/44246/ + +Produced by Norbert H. Langkau, Marc-Andre Seekamp and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. Special rules, +set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to +copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to +protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project +Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you +charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you +do not charge anything for copies of this eBook, complying with the +rules is very easy. 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You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Chitra + Ein Spiel in einem Aufzug + +Author: Rabindranath Tagore + +Translator: Elisabeth Wolff-Merck + +Release Date: November 21, 2013 [EBook #44246] + +Language: German + +Character set encoding: UTF-8 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK CHITRA *** + + + + +Produced by Norbert H. Langkau, Marc-Andre Seekamp and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + + + + + +</pre> + +<p><a class="pagenum" name="Page_1" title="1"> </a></p> + +<p class="title"><big>RABINDRANATH TAGORE</big></p> +<h1>CHITRA</h1> +<p class="title"><br />*<br /> +EIN SPIEL<br /> +IN EINEM AUFZUG<br /> +*</p> +<p class="title space-above">KURT WOLFF VERLAG<br /> +LEIPZIG</p> +<p><a class="pagenum" name="Page_2" title="2"> </a></p> + +<p class="infopage"> +<i>Einbandzeichnung von Walter Tiemann.</i><br /> +<i>Dritte unveränderte Auflage 1918.</i><br /> +<i>Die erste Auflage erschien 1914.</i><br /> +</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_3" title="3"> </a></p> + +<p class="infopage"><i>Berechtigte deutsche Übertragung von<br /> +ELISABETH WOLFF-MERCK<br /> +nach der von Rabindranath Tagore selbst<br /> +veranstalteten englischen Ausgabe</i></p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_4" title="4"> </a><br/><a class="pagenum" name="Page_5" title="5"> </a></p> + +<h2><a name="VORBEMERKUNG" id="VORBEMERKUNG">VORBEMERKUNG</a></h2> +<p class="plain">Dieses lyrische Drama wurde vor ungefähr 25 Jahren geschrieben. Es setzt +die Kenntnis der hier folgenden Fabel aus dem Mahabharata voraus:</p> + +<p class="plain">Während der Wanderungen, die Arjuna +in Erfüllung eines Bußgelübdes unternahm, kam er nach Manipur. Dort sah +er Chitrāngadā, die schöne Tochter von Chitravāhana, dem König des Landes, +und von ihrer Anmut überwältigt, bat er den König um ihre Hand. Chitravāhana +fragte ihn nach seiner Herkunft. Auf die Antwort, er sei Arjuna der <a href="#pandava">Pandara</a>, erzählte +der König ihm, daß einer seiner Ahnen, Prabhanjana vom königlichen +Stamme von Manipur, lange kinderlos geblieben<a class="pagenum" name="Page_6" title="6"> </a> +war. Um einen Erben zu erhalten, legte er sich strenge Bußübungen auf. Die +Strenge seines Lebens fand Gnade vor Shiva, und der Gott gewährte ihm und +jedem seiner Nachkommen <em class="gesperrt">ein</em> Kind.</p> + +<p class="plain">Es geschah aber, daß das versprochene Kind stets ein Knabe war. Er, Chitravāhana, +war der Erste, dem nur eine Tochter, Chitrāngadā, gewährt war, um das Geschlecht zu erhalten.</p> + +<p class="plain">Er hatte sie deshalb stets wie einen Sohn gehalten und zu seinem Erben gemacht. —</p> + +<p class="plain">Der König fährt in der Erzählung fort: +»Der einzige Sohn, den sie gebären wird, muß der Erhalter meines Geschlechts +sein, und diesen Sohn verlange ich als Kaufpreis für die Einwilligung in die Heirat.<a class="pagenum" name="Page_7" title="7"> </a> +Wenn du willst, kannst du sie unter dieser Bedingung haben.« Arjuna gab das +Versprechen, nahm Chitrāngadā zum Weibe und lebte mit ihr drei Jahre in ihres +Vaters Hauptstadt. Als ihnen ein Sohn geboren wurde, umarmte er sie liebevoll, +nahm Abschied von ihr und ihrem Vater und setzte seine Wanderung fort.</p> +<hr class="chap" /> + +<p><a class="pagenum" name="Page_8" title="8"> </a><br /><a class="pagenum" name="Page_9" title="9"> </a></p> + +<h2><a name="PERSONEN" id="PERSONEN">PERSONEN</a></h2> + +<p><span style="margin-left: 5em;">Götter:</span></p> + +<p class="personen"><i>Madana</i> (Eros).</p> +<p class="personen"><i>Vasanta</i> (Lycoris).</p> + +<p><span style="margin-left: 5em;">Sterbliche:</span></p> + +<p class="personen"><i>Chitra</i>, Tochter des Königs von Manipur.</p> +<p class="personen"><i>Arjuna</i>, ein Prinz aus dem Hause der Kuru. Er ist aus der Kshatriya oder +Kriegerkaste und lebt während der Handlung als Eremit einsam im Wald.</p> +<p class="personen"><i>Dorfleute</i> aus einer abgelegenen Gegend in Manipur.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_10" title="10"> </a></p> +<hr class="chap" /> + +<p><a class="pagenum" name="Page_11" title="11"> </a></p> + +<h2><a name="ERSTE_SZENE" id="ERSTE_SZENE">ERSTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM TEMPEL</big></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Bist Du der Gott mit den fünf Pfeilen, +der Gott der Liebe?</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ich war der Erstgeborene im Herzen des Schöpfers. Ich binde mit Fesseln des +Schmerzes und erfülle mit Seligkeit das Leben der Menschen!</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ich weiß, ich kenne jenen Schmerz und jene Fesseln! — Und wer bist Du, mein +Herr?</p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Ich bin sein Freund — Vasanta — der<a class="pagenum" name="Page_12" title="12"> </a> +König der Jahreszeiten. Tod und Alter würden die Welt bis ins Mark zerfressen, +folgte ich ihnen nicht, um sie beständig zu bekämpfen. Ich bin die Ewige Jugend.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ich beuge mich vor Dir, Vasanta, mein Herr.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Doch welch strenges Gelübde bindet Dich, schöne Fremde? Warum läßt Du +Deine frische Jugend welken in Buße und Demütigung? Solch Opfer ist dem Dienst +der Liebe fremd. Wer bist Du, und was ist Dein Gebet?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ich bin Chitra, die Tochter aus dem +königlichen Hause von Manipur. Shivas<a class="pagenum" name="Page_13" title="13"> </a> +göttliche Gnade versprach meinem königlichen Ahnherrn eine ununterbrochene +Reihe männlicher Nachkommen. Aber das Wort des Gottes vermochte nicht, +den Lebensfunken in meiner Mutter Leib zu wandeln, so unbezwingbar war meine +Natur, obschon ich ein Weib bin.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ich weiß, darum erzieht Dich Dein Vater wie einen Sohn. Er hat Dich gelehrt mit +dem Bogen umzugehen und Dich in allen Pflichten eines Königs unterwiesen.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ja, darum trage ich männliches Gewand und habe die Abgeschiedenheit des +Frauengemaches verlassen. Ich weiß nichts von Frauenlist, die die Herzen gewinnt.<a class="pagenum" name="Page_14" title="14"> </a> +Meine starken Hände können den Bogen spannen, aber ich habe die Kunst +des Liebesgottes nicht erlernt; das Spiel der Augen ist mir fremd.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Das erlernt sich von selbst, Du Schöne. Die Augen brauchen darin nicht unterrichtet +zu werden. Das weiß der am besten, der von ihnen ins Herz getroffen wurde.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Auf der Suche nach Wild wanderte ich eines Tages einsam durch den Wald +am Ufer des Purna-Flusses. Mein Roß band ich an einen Stamm und drang in's +dichte Gestrüpp, der Spur eines Wildes folgend. Ich fand einen schmalen,<a class="pagenum" name="Page_15" title="15"> </a> +gewundenen Pfad, der sich durch das Dämmer verschlungener Zweige schlang. +Die Blätter erzitterten vom Grillengezirp. Plötzlich erspähte ich auf meinem Weg +einen Mann, der auf einem Lager trockenen Laubes ruhte. Hochmütig befahl ich +ihm, mir Platz zu machen, aber es kümmerte ihn nicht. Da stach ich ihn verächtlich +mit der scharfen Spitze meines Pfeils. Er sprang auf, stark und ebenmäßig an +Wuchs, gleich einer Flamme, die plötzlich aus einem Aschenhaufen züngelt. +Ein belustigtes Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, vielleicht ob meines knabenhaften +Anblicks. Da — zum erstenmal in meinem Leben fühlte ich mich +Weib und wußte, daß ein Mann vor mir stand.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_16" title="16"> </a></p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>In glückbegünstigter Stunde verkünde ich Mann und Weib die erhabene Lehre: +Erkennet einander. — Was geschah dann?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Voll Angst und Staunen fragte ich ihn: »Wer bist Du?« »Ich bin Arjuna«, sagte +er, »aus dem großen Stamme der Kuru«. Ich stand wie versteinert und vergaß mich +zu verneigen. War das wirklich Arjuna, der Abgott meiner Träume, der Einzige, +Große! Schon lange kannte ich sein Gelöbnis, zwölf Jahre in Keuschheit zu leben. +Mein junger Ehrgeiz hatte mich manchen Tag angestachelt, mit ihm eine Lanze zu +brechen, ihn verkappt zum Zweikampf +zu fordern und ihm meine Waffenkunst<a class="pagenum" name="Page_17" title="17"> </a> +zu beweisen. Ach töricht Herz, wohin entfloh Dein Stolz? Könnt' ich meine +Jugend mit ihren Sehnsüchten hingeben, um Staub zu sein unter Deinen Füßen, +wahrlich eine köstliche Gnade dünkte mir das. Ich weiß nicht, in welchem Strudel +der Empfindung ich mich verlor, als ich ihn plötzlich zwischen den Bäumen entschwinden +sah! — Du töricht Weib, du grüßtest ihn nicht und sprachest kein +Wort, noch batest du ihn um Verzeihung, sondern standest wie ein ungeschickter +Tölpel, während er verächtlich hinwegschritt!... +Am nächsten Morgen legte ich meine Männerkleidung ab und schmückte +mich mit Armbändern, Fußringen, einer Gürtelkette und einem Gewand aus purpurner +Seide. Das ungewohnte Kleid<a class="pagenum" name="Page_18" title="18"> </a> +schmiegte sich fest um meinen bebenden Leib; aber ich beschleunigte mein Suchen +und fand Arjuna in Shiva's Waldtempel.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Vollende Deine Erzählung. Ich bin der herzgeborene Gott, und ich verstehe das +Geheimnis dieser Triebe.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Nur undeutlich vermag ich mich zu erinnern, was ich sagte, und was ich zur +Antwort bekam. Heiß' mich nicht alles erzählen. Scham überwältigte mich wie +ein Donnerschlag und konnte mich doch nicht zerschmettern, so durchaus hart +bin ich, so männlich. Als ich heimwärts +schritt, stachen mich seine letzten Worte<a class="pagenum" name="Page_19" title="19"> </a> +wie glühende Nadeln ins Ohr: »Ich habe Keuschheit gelobt. Ich kann Dein Gemahl +nicht sein!« O, um das Gelübde eines Mannes! Sicherlich weißt Du, o Gott +der Liebe, daß zahllose Heilige und Weise den Preis ihrer lebenslangen Buße hingegeben +haben um eines Weibes willen. Ich brach meinen Bogen entzwei und verbrannte +meine Pfeile im Feuer. Ich haßte meinen starken, geschmeidigen Arm, gezeichnet +vom Spannen des Bogens. O Liebe, Liebe, Du hast tief in den Staub +gebeugt den nichtigen Stolz meiner männlichen Stärke, und all meine Manneszucht +liegt zermalmt zu Deinen Füßen. Nun lehre mich Deine Gebote. Gib mir +die Kraft der Schwachen und die Waffe der wehrlosen Hand.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_20" title="20"> </a></p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ich will Dein Freund sein. Ich will den weltenbezwingenden Arjuna vor Dein Angesicht +bringen, ein Gefangener, der den Richtspruch seiner Empörung aus Deiner Hand empfangen soll.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Stünde mir nur die Zeit zu Gebot, ich könnte allmählich sein Herz gewinnen +und brauchte der Götter Hilfe nicht. Zur Seite würde ich ihm stehen als Gefährte, +die wilden Rosse seines Kriegswagens lenken, die Freuden der Jagd mit ihm +teilen. Zur Nacht hielt ich Wache am Eingang seines Zeltes und hülfe ihm, die +großen Pflichten eines Kshatriya erfüllen, +die Schwachen zu befreien und Recht zu<a class="pagenum" name="Page_21" title="21"> </a> +sprechen, wo es not tut. Sicherlich käme der Tag, an dem er mich erblicken und +verwundert fragen würde: »Wer ist dieser Knabe? Ist einer meiner Sklaven aus +einem früheren Leben, meinen guten Taten gleich, mir gefolgt ins Diesseits?« Ich +bin nicht das Weib, das seine Verzweiflung mit nächtlichen Tränen in einsamer +Stille nährt, sie täglich hinter geduldigen Lächeln verbirgt, als Witwe geboren. +Die Blüte meines Verlangens soll nicht in den Staub sinken, ehe sie zur Frucht +gereift ist. Aber es ist die Arbeit eines Lebens, Verständnis zu finden und Ehre +zu erlangen für sein eigenstes Ich. Darum bin ich an Deine Tür gekommen, Du, +weltenüberwindende Liebe, und Du, Vasanta, +jugendlicher Gott der Jahreszeiten,<a class="pagenum" name="Page_22" title="22"> </a> +nimm von meinem jungen Körper die angeborene Ungerechtigkeit der Häßlichkeit. +Für einen einzigen Tag mache mich wunderbar schön, so schön wie die mit +einem Mal in meinem Herzen erblühte Liebe. Gib mir nur einen einzigen Tag +makelloser Schönheit, und ich will einstehen für die Tage, die da kommen.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Prinzessin, Dein Gebet sei erhört!</p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Nicht nur für einen kurzen Tag, sondern für ein ganzes langes Jahr soll der +Frühlingsblüten Lieblichkeit sich um Deine Glieder schmiegen.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_23" title="23"> </a></p> + +<h2><a name="ZWEITE_SZENE" id="ZWEITE_SZENE">ZWEITE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM WALD</big></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Träumte mir oder war Wirklichkeit, was ich am See sah? Im sinkenden Schatten +des Abends saß ich auf moosigem Grund und dachte vergangener Jahre, +als aus dem bergenden Dunkel der Blätter langsam eine Erscheinung trat in der vollkommenen +Gestalt eines Weibes. Sie stand auf einem weißen, flachen Stein am +Rande des Wassers. Es schien, als müsse das Herz der Erde sich weiten vor Freude +unter ihren nackten weißen Füßen. Mir deuchte, die zarte Umhüllung ihres +Körpers wollte sich in Verzückung auflösen +in Luft, wie der goldene Frühnebel<a class="pagenum" name="Page_24" title="24"> </a> +vom schneeigen Gipfel des östlichen Berges schmilzt. Sie beugte sich über den +schimmernden Spiegel des Teiches und erblickte ihr Antlitz darin. Sie schrak zurück +und stand still, dann lächelte sie, löste mit einer nachlässigen Bewegung +des linken Arms ihr Haar, das bis zu ihren Füßen zur Erde niederglitt. Sie entblößte +ihre Brust und betrachtete ihre makellos geformten Arme erfüllt von Zärtlichkeit +für ihren Körper. Sie neigte den Kopf und sah ihre süße, blühende Jugend und das +zarte Erröten ihrer flaumigen Haut. Sie strahlte in freudiger Überraschung. So +würde die weiße Lotosblume den ganzen Tag über sich staunen, könnte sie des +Morgens beim Erwachen, ihren Hals beugen +und ihr Abbild im Wasser sehn. Aber<a class="pagenum" name="Page_25" title="25"> </a> +einen Augenblick später wich das Lächeln von ihrem Antlitz, und ein Schatten von +Trauer stieg in ihren Augen auf. Sie band ihre Haarflechten auf, zog den Schleier +um ihre Schultern und schritt leise seufzend hinweg, wie ein schöner Abend, +der in Nacht versinkt. Die erhabene Erfüllung aller Sehnsucht schien sich mir +in einem Blitz geoffenbart zu haben und verlosch dann ... Aber wer bewegt die Türe?</p> + +<p>(Chitra tritt ein, in Frauenkleidern.)</p> + +<p>Ah! sie ist's! Stille mein Herz!...</p> + +<p>Fürchte nichts, Herrin! Ich bin ein Kshatriya.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Edler Herr, Du bist mein Gast. Ich +wohne in diesem Tempel. Ich weiß nicht,<a class="pagenum" name="Page_26" title="26"> </a> +wie ich Dir Gastfreundschaft erzeigen +kann.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Schöne Frau, Dein Anblick allein ist die höchste Gastfreundschaft. Wenn Du +mir's nicht verdenken willst, möchte ich Dich etwas fragen.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Es sei Dir gewährt.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Welch strenges Gelübde hält Dich in diesen einsamen Tempelmauern gefangen +und beraubt die Sterblichen Deines lieblichen Anblickes?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ich hege einen geheimen Wunsch in<a class="pagenum" name="Page_27" title="27"> </a> +meinem Herzen, für dessen Erfüllung ich täglich Gebete zu Shiva sende.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ach, was kannst Du verlangen, die Du das Verlangen der ganzen Welt bist? Von +dem östlichen Hügel, auf dessen Gipfel die Morgensonne zuerst ihren feurigen +Fuß setzt, bis ans Ende des Abendlands bin ich gewandert. Ich habe das Köstlichste, +Schönste und Größte der Erde gesehen. Mein Wissen soll Dein sein, nur +sage mir, was oder wen Du suchst.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ihn, den ich suche, ihn kennen alle.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Wer mag dieser Liebling der Götter +sein, der Dein Herz gefangen nahm?</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_28" title="28"> </a></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Er ist der Größte aller Helden, ein Sproß des höchsten Herrscherhauses.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Herrin, opfere nicht diesen Schatz von Schönheit, der Dein ist, auf dem Altar +eines falschen Ruhmes. Unwahres Gerücht verbreitet sich von Mund zu Mund, +wie der Nebel im frühen Morgendämmer ehe die Sonne aufgeht. Sage mir, wer ist +der erhabene Held aus höchstem königlichem Stamm?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Einsiedler, der Ruhm andrer Männer erfüllt Dich mit Neid. Weißt Du nicht, +daß der Ruhm des königlichen Hauses der Kuru über die ganze Welt verbreitet ist?</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_29" title="29"> </a></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Das Haus der Kuru!</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Und hast Du nie den größten Namen dieses weitgerühmten Hauses gehört?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Laß ihn mich von Deinen eigenen Lippen hören.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Arjuna, der Welteroberer. Ich habe diesen unsterblichen Namen von den +Lippen der Menge abgelesen und ihn sorgfältig in meinem Herzen verborgen. Einsiedler, +was blickst Du so verwirrt drein? Trägt dieser Name nur trügerischen +Glanz? Sag es, und ich will nicht zögern, +den Schrein meines Herzens aufzubrechen<a class="pagenum" name="Page_30" title="30"> </a> +und den falschen Edelstein in den Staub zu werfen.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ob auch sein Name und Ruhm, sein Mut und seine Tapferkeit wahr oder +falsch sind, um des Mitleids willen verbanne ihn nicht aus Deinem Herzen, +denn er kniet zu Deinen Füßen — in diesem Augenblick.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Du, Arjuna!</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ja, der bin ich, ein vor Liebe verschmachteter Bettler an deiner Tür.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>So ist es nicht wahr, daß Arjuna das Gelübde zwölf Jahre langer Keuschheit getan hat?</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_31" title="31"> </a></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Du hast meinen Schwur gelöst wie der Mond den nächtlichen Schwur der Dunkelheit.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Scham über Dich! Was sahst du in mir, das Dich Deinem eigenen Ich untreu +werden ließ? Wen suchst du in diesen dunklen Augen, in diesen milchweißen +Armen, wenn Du sie mit dem Preis Deiner Ehre zu bezahlen bereit bist? Nicht mein +wahres Selbst, das weiß ich. Wahrlich das kann nicht Liebe sein, nicht des +Mannes tiefste Ehrfurcht vor dem Weib! Wehe, daß der Körper, diese zerbrechliche +Hülle, uns blendet, das Licht der +unsterblichen Seele zu schauen! Ja, Arjuna,<a class="pagenum" name="Page_32" title="32"> </a> +nun weiß ich gewiß, falsch ist der Ruhm Deines Heldentums.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>O, ich fühle wie eitel der Ruhm ist und der Stolz der Tapferkeit! Alles scheint +Traum. Du allein bist vollkommen, Du bist der Reichtum der Welt, das Ende +aller Armut, das Ziel alles Strebens, das Weib! Andere Frauen gibt's, langsam und +schwer zu erkennen, aber Dich einen Augenblick lang zu sehn, heißt höchste +Vollendung schauen, jetzt und in Ewigkeit.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ach nicht ich bin's, nicht ich, Arjuna! Es ist das Trugbild eines Gottes. Geh', +geh' mein Held, geh'. Frei' nicht die Lüge, opfre dein großes Herz nicht einer Täuschung. Geh'.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_33" title="33"> </a></p> + +<h2><a name="DRITTE_SZENE" id="DRITTE_SZENE">DRITTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM TEMPEL</big></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Nein, unmöglich ist's den brennenden Blick der hungrigen Seele auszuhalten, +der mit Händen dich umklammert, zu fühlen, wie das Herz sich müht, die Fesseln +zu sprengen, und den wilden Schrei, der sich ihm entringen will — und den +Liebenden dann hinweg zu senden wie einen Bettler! Unmöglich ist's!</p> + +<p>(Madana und Vasanta treten auf.)</p> + +<p>Ach, Gott der Liebe, welch furchtbares Feuer hast Du in mich gesenkt! Ich verbrenne, +versenge, was ich berühre.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ich wünsche zu wissen, was in vergangener Nacht geschah.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_34" title="34"> </a></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Auf ein Lager von Gras, übersät mit +Frühlingsblüten, legte ich mich am Abend +nieder und gedachte des wunderbaren +Lobgesangs meiner Schönheit, den ich +von Arjuna gehört. Tropfen nach Tropfen +trank ich den Honig, den ich am Tage +gesammelt, Vergangenes und Zukünftiges +war vergessen. Ich fühlte mich der Blume +verwandt: ihr sind nur flüchtige Stunden +vergönnt, dem summenden Schmeicheln, +dem Flüstern und Murmeln der Wälder +zu lauschen. Dann muß sie die Augen +vom Himmel wenden, ihr Haupt beugen +und ihren Atem aushauchen im Staub, +klaglos den kurzen Traum eines vollkommenen +Augenblicks beenden, der +nicht Vergangenheit noch Zukunft kennt.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_35" title="35"> </a></p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Ein grenzenloses Leben voller Ruhm +kann blühen und sich erschöpfen an +einem Morgen.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Wie Ewigkeits-Sinn im kleinsten Bruchteil +eines Liedes sein kann.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Die südliche Brise wiegte mich in Schlaf. +Von dem blühenden <a href="#malati">Malati-Hain</a> über +mir tropften schweigend Küsse auf mich +nieder. Jede Blume wählte sich ein Lager +zum Sterben, in meinem Haar, auf meiner +Brust oder meinen Füßen. Ich schlief. +Und in der Tiefe meines Schlafes war +mir plötzlich, als ob ein durchdringender, +gieriger Blick meinen Körper berühre,<a class="pagenum" name="Page_36" title="36"> </a> +wie der spitzige, stechende Finger der +Flamme. Ich sprang auf und sah den Einsiedler +vor mir stehen. Der Mond war +westwärts gewandert und lugte durch die +Blätter, um das Wunder zu sehen, das +durch göttliche Kunst in zerbrechlicher +Menschlichkeit erstanden war. Die Luft +war schwer, duftgeschwängert, die Stille +der Nacht klang vom Grillengezirp, regungslos +lag das Spiegelbild der Bäume +auf dem See. Und mit seinem Stab in der +Hand stand der Einsiedler groß, aufrecht +und schweigend wie ein Baum des Waldes. +Mir war, da ich die Augen aufschlug, +als sei ich abgeschieden von aller Wirklichkeit +des Lebens, und es vollziehe sich +an mir eine Wiedergeburt im Land der +Träume. Scham fiel von mir und glitt<a class="pagenum" name="Page_37" title="37"> </a> +wie ein gelöstes Gewand auf meine Füße +nieder. Ich hörte seinen Schrei — »Geliebte, +einzig Geliebte!« Und all' meine +vergangenen, vergessenen Leben schmolzen +zu einem und riefen ihm Antwort +zu: »Nimm mich, nimm mich ganz zu +eigen!« Und ich breitete meine Arme nach +ihm aus. Der Mond sank hinter den Bäumen. +Ein dunkler Vorhang bedeckte alles, +Himmel und Erde, Zeit und Raum, Lust +und Schmerz, Leben und Tod schmolzen +in Eins in unsagbarer Verzückung.... +Mit dem ersten Morgenstrahl, dem ersten +Vogelzwitschern richtete ich mich auf und +blieb, auf den linken Arm gestützt, sitzen. +Der Einsiedler lag schlafend, ein unbekümmertes +Lächeln krümmte sich um +seine Lippen, wie der wachsende Mond<a class="pagenum" name="Page_38" title="38"> </a> +am Morgen. Der Dämmerung rosiges Glühen +fiel auf seine edle Stirn. Ich seufzte, +stand auf und zog die breitblättrigen Lianen +zusammen, um sein Gesicht vor der +flutenden Sonne zu schützen. Ich schaute +umher und sah die gleiche alte Erde. Ich +erinnerte mich, was ich gewesen und +rannte, rannte wie ein Reh, das seinen +eigenen Schatten fürchtet, den Waldpfad +entlang, den <a href="#stephali">Stephali-Blumen</a> bedeckten. +Ich fand einen einsamen Winkel, setzte +mich nieder, barg mein Gesicht in beiden +Händen, um zu weinen und zu klagen. +Doch meine Augen blieben tränenlos.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Weh über Dich, Tochter der Sterblichen! +Ich stahl aus den göttlichen Speichern<a class="pagenum" name="Page_39" title="39"> </a> +den duftenden Wein des Himmels, gab ihn, eine irdische Nacht gefüllt bis +zum Rande, in Deine Hände, auf daß Du tränkest — und immer hör' ich noch diesen Schrei der Qual!</p> + +<p class="character">Chitra</p> +<p><span style="margin-left: 3em;">(bitter)</span></p> + +<p>Wer trank ihn? Des Lebens seltenste +Erfüllung, erste Liebesumarmung bot +man mir dar und entriß sie wieder meiner +Sehnsucht? Diese erborgte Schönheit, +die Falschheit, die mich umhüllt, sie werden +von mir gleiten, wie Blüten im Wind +entblättern, und die einzig sichtbare Erinnerung +jener süßen Vereinigung mitnehmen, +und voll Scham über seine Armut +wird das Weib weinend sitzen — +Tag und Nacht. Gott der Liebe, diese<a class="pagenum" name="Page_40" title="40"> </a> +verfluchte äußere Gestalt begleitet mich +Tag und Nacht, wie ein Dämon, und beraubt +mich allen Liebeslohnes — all der +Küsse, nach denen ich verschmachte.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ach, umsonst war Deine einzige Nacht! Die Barke der Erfüllung kam in Sicht, +aber die Wellen ließen sie das Ufer nicht berühren.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Der Himmel war meinem Griff ganz nahe und ich vergaß für Augenblicke, daß +ich ihn noch nicht erreicht hatte. Aber als ich des Morgens aus meinem Traum +erwachte, fand ich im eigenen Körper die Rivalin. Nun ward mir die verhaßte +Pflicht, sie täglich zu schmücken, zum<a class="pagenum" name="Page_41" title="41"> </a> +Geliebten zu schicken und zu sehen, wie er sie liebkoste. O Gott, nimm Dein Geschenk +zurück!</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Aber wie willst Du vor Deinen Geliebten treten, wenn ich es von Dir nehme? +Ist es nicht grausam, den Becher von seinen Lippen zu reißen, nachdem er +kaum einen Zug der Lust getan? Wie ärgerlich wirst Du ihm sein?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Und doch wäre es besser so. Ich will ihm +meine wahrhaftige Gestalt zu erkennen +geben, eine edlere Tat, als in dieser Maske +zu leben. Wenn er mich auch verstößt +und verschmäht, wenn er mein Herz auch +bricht — schweigend will ich's tragen.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_42" title="42"> </a></p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Hör' meinen Rat. Wenn die blumenerfüllte +Jahreszeit vergangen, kommt der +Herbst und mit ihm der Triumphzug der +Früchte. Die Zeit wird kommen, da die +überreife Blume des Leibes sich vergehend +neigt. Dann wird Arjuna die bleibende +fruchtgewordene Wahrheit aus +Dir voll Glück hinnehmen. O Kind, geh' +zurück zu Deiner rasenden Feier.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_43" title="43"> </a></p> + +<h2><a name="VIERTE_SZENE" id="VIERTE_SZENE">VIERTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM WALD</big></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Warum beobachtest Du mich, mein Krieger?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich sehe zu, wie Du den kleinen Kranz windest. Anmut und Geschick, die Zwillingsbrüder, +spielen tanzend auf Deinen Fingerspitzen. Ich sehe zu und denke.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Was denkst Du, Herr?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich denke, daß Du mit der gleichen +schwebenden Berührung und Süßigkeit +die Tage meiner Verbannung in einen<a class="pagenum" name="Page_44" title="44"> </a> +unsterblichen Kranz windest, um mich +zu meiner Heimkehr damit zu krönen.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Heimkehr! Diese Liebe ist nichts für +ein Heim!</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Nichts für ein Heim?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Nein, sprich nie davon. Nimm mit in +Dein Heim das Bleibende, Starke. Laß +die kleine wilde Blume an ihrem Geburtsort, +laß sie dort in Schönheit sterben, +wenn der Tag sich neigt, mit all den welkenden +Blumen und den modernden +Blättern. Nimm sie nicht mit in die Halle +Deines Palastes, um sie dort auf den +steinernen Boden zu werfen, der kein<a class="pagenum" name="Page_45" title="45"> </a> +Erbarmen für Welken und Vergehen +kennt.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Sieht so unsere Liebe aus?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ja, so und nicht anders! Was soll das +Klagen? Was sich für müßige Tage schickt, +sollte sie nicht überdauern. Lust wandelt +sich in Schmerz, wenn ihr die Tür verschlossen +ist, aus der sie scheiden soll. +Nimm meine Liebe hin und halte sie, so +lange sie währen darf. Laß nicht des +Abends satte Zufriedenheit mehr fordern, +als das morgendliche Verlangen ernten +kann ... Der Tag ist vorüber. Nimm dies +Blumengewinde. Ich bin müde. Nimm +mich in Deine Arme, Geliebter, und laß<a class="pagenum" name="Page_46" title="46"> </a> +alles eitle unzufriedene Gezänk verstummen +in der süßen Vereinigung unserer +Lippen.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Still, horch, Geliebte, der Klang der +Gebetsglocken aus dem fernen Dorftempel +gleitet auf der Abendluft über die +schweigenden Wipfel.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_47" title="47"> </a></p> + +<h2><a name="FUENFTE_SZENE" id="FUENFTE_SZENE">FÜNFTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM TEMPEL</big></p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Ich kann nicht Schritt mit Dir halten, +mein Freund! Ich bin müde. Schwer ist +die Pflicht, das Feuer in Glut zu halten, +das Du entzündet hast. Schlaf überkommt +mich, der Fächer entfällt meiner +Hand, und kalte Asche bedeckt die Glut. +Ich fahre wieder auf aus meinem Schlummer +und rette die träge Flamme, soweit +es in meiner Macht steht. Aber so kann +es nicht weiter gehen.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Ich weiß, Du bist unbeständig wie ein +Kind. Ewig ruhelos ist Dein Spiel im +Himmel und auf Erden. Was Du in langen<a class="pagenum" name="Page_48" title="48"> </a> +Tagen aufgebaut mit endloser Sorge +für jeden Bruchteil, in einem Augenblick +zerstörst Du es wieder, ohne Bedauern. +Aber unsere Arbeit ist heut vollendet. +Freudengeflügelte Tage fliehen flüchtig +dahin, und das sich neigende Jahr vergeht +mit berückendem Blühen.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_49" title="49"> </a></p> + +<h2><a name="SECHSTE_SZENE" id="SECHSTE_SZENE">SECHSTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM WALD</big></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich erwachte am Morgen und fand +meine Träume in einen Edelstein verschmolzen. +Ich hatte keinen Schrein, ihn +darin zu verschließen, keine Königskrone, +in die ich den Stein hätte fassen können, +keine Kette hatte ich, ihn daran zu hängen, +und doch brachte ich's nicht übers +Herz, ihn wegzuweisen. So halte ich ihn, +und mein Arm, der Arm eines Kshatriya, +vergißt über müßigem Tun seine Pflicht.</p> + +<p>(Chitra tritt ein.)</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Sage mir Deine Gedanken, Herr!</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_50" title="50"> </a></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Meine Gedanken sind heute auf die +Jagd gerichtet. Sieh, wie der Regen in +Strömen herniederstürzt und wild gegen +den Berghang schlägt. Dunkle Wolkenschatten +hängen schwer über dem Wald, +und gleich der sorglosen Jugend überspringt +der geschwollene Strom mit spöttischem +Lachen alle Schranken. Stets +gingen wir fünf Brüder an solchen Regentagen +in den Wald von Chitraka, wilde +Tiere zu jagen. Das waren schöne Zeiten. +Unsre Herzen tanzten zum Trommelwirbel +der grollenden Wolken. Der +Wald hallte wider von den Schreien der +Pfauen. Durch das Klatschen des Regens +und das Rauschen des Wasserfalles +konnte das ängstliche Wild unsre Schritte<a class="pagenum" name="Page_51" title="51"> </a> +nicht hören. Die Leoparden ließen ihre +Spuren in der nassen Erde zurück und +verrieten so ihr Lager. War die Jagd vorüber, +so forderten wir uns auf dem Heimweg +gegenseitig heraus, reißende Ströme +zu durchschwimmen. Ein ruheloser Geist +wohnt in mir, ich habe Sehnsucht nach +der Jagd.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Erst erlege das Wild, das Du jetzt verfolgst. +Bist Du gewiß, daß das verzauberte +Tier, das Du jagst, unbedingt gefangen +werden muß? Nein, noch nicht. +Wie ein Traum entgleitet Dir das wilde +Geschöpf, wenn es Dir am nächsten +scheint. Sieh, wie der rasende Regen den +Wind jagt und tausend Pfeile hinter ihm +her sendet. Und doch bleibt der Wind<a class="pagenum" name="Page_52" title="52"> </a> +frei und unbesiegt. So ist auch unser Waidwerk, +Geliebter! Du jagst nach der schnellschreitenden +Schönheit und versendest +all Deine Pfeile nach ihr, und doch flieht +dies zaubrische Wild stets frei und unberührt +davon.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Hast Du kein Heim, Geliebte, wo liebende +Herzen Deiner Rückkehr harren? +Ein Heim, dem Du durch sanftes Dienen +Lieblichkeit verliehst, und dessen Licht +erlosch, als Du es für diese Wildnis verließest?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Was fragst Du? Sind die Stunden der +Lust vorbei, in denen es kein Denken +gab? Weißt Du nicht, daß ich nur die bin,<a class="pagenum" name="Page_53" title="53"> </a> +die Du vor Dir siehst? Mein Blick geht +nicht über das Jetzt hinaus. Der Tau auf +den Blättern der <a href="#kinsuka">Kinsuka-Blüte</a> hat weder +Namen noch Schicksal, und gewährt keiner +Frage Antwort. Sie, die Du liebst, +gleicht jener vollkommenen Tauperle.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Verbindet sie kein Band mit der Welt? +Ist sie nur ein Stück Himmel, das ein lustspendender +Gott unachtsam zur Erde +fallen ließ?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ja.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ach, darum ist mir immer, als müßte +ich Dich verlieren. Mein Herz ist unbefriedigt, +meine Gedanken friedlos. Komm +näher zu mir, Unerreichbare! Ergib Dich<a class="pagenum" name="Page_54" title="54"> </a> +und dulde die Fesseln, die da heißen: +Name, Heim, Sippe. Laß mein Herz Dich +ganz umschließen, und mit Dir leben in +der ruhigen Sicherheit der Liebe.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Warum mühst Du Dich vergebens, die +Farben der Wolken, den Tanz der Wellen, +den Duft der Blumen zu haschen und +zu halten?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Herrin mein, glaube nicht, daß Du mit +Luftgebilden die Liebe befriedigen kannst. +Gib mir etwas, woran ich Halt finde, +etwas, das die Lust überdauert, das sich +im Leid bewährt.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Mein Held, noch ist das Jahr nicht zu<a class="pagenum" name="Page_55" title="55"> </a> +Ende, und schon bist Du müde! Ja, nun +erkenne ich die himmlische Güte, die den +Blumen ein kurzes Leben gab. Wäre ich +mit den Blumen des letzten Frühlings +verwelkt und gestorben, ich wäre mit +Ehren dahingegangen. Doch meine Tage +sind gezählt, Geliebter. Schone mich +nicht, saug allen Honig aus mir, da Du +voller Angst bist, daß Dein armes Herz +wieder und wieder zurückkommt voll unerfüllter +Wünsche und Begierden, gleich +der durstigen Biene, wenn die Sommerblumen +welk im Staub liegen.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_56" title="56"> </a></p> + +<h2><a name="SIEBENTE_SZENE" id="SIEBENTE_SZENE">SIEBENTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM TEMPEL</big></p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Heute ist Deine letzte Nacht.</p> + +<p class="character">Vasanta</p> + +<p>Des Frühlings unerschöpfliche Schatzkammer +wird morgen die Lieblichkeit +Deines Körpers zurücknehmen. Die rosige +Farbe Deiner Lippen wird in einem +<a href="#asoka">Asoka-Blütenpaar</a> neu aufblühen, frei von +der Erinnerung an Arjunas Küsse. In hundert +duftenden Jasmin-Blumen wird der +matte, weiße Glanz Deiner Haut auferstehen.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>O Götter, erhört mein Gebet! Laßt +meine Schönheit in der letzten Stunde<a class="pagenum" name="Page_57" title="57"> </a> +dieser Nacht am hellsten erstrahlen, wie das letzte Aufleuchten einer sterbenden Flamme.</p> + +<p class="character">Madana</p> + +<p>Dein Wunsch sei Dir gewährt.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_58" title="58"> </a></p> + +<h2><a name="ACHTE_SZENE" id="ACHTE_SZENE">ACHTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM WALD</big></p> + +<p class="character">Die Dorfleute</p> + +<p>Wer wird uns nun beschützen?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Was soll's, welche Gefahr droht Euch?</p> + +<p class="character">Die Dorfleute</p> + +<p>Die Räuber kommen in Scharen aus den nördlichen Bergen, wie die Flut des +Gebirgsstromes, die unser Dorf verheert.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Habt ihr keine Wächter in Eurem Königreich?</p> + +<p class="character">Die Dorfleute</p> + +<p>Chitra, die Königstochter, war der +Schrecken aller Bösen. Als sie noch in<a class="pagenum" name="Page_59" title="59"> </a> +diesem glücklichen Lande weilte, kannten +wir keine Furcht außer einer: sterben +zu müssen. Nun ist Chitra auf einer Pilgerfahrt, +und niemand kennt ihren Aufenthalt.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ist der Hüter dieses Landes ein Weib?</p> + +<p class="character">Die Dorfleute</p> + +<p>Ja, sie ist uns Vater und Mutter zugleich.</p> + +<p>(Die Dorfleute entfernen sich. +Chitra tritt ein.)</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Warum sitzest Du hier so einsam?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich versuche mir vorzustellen, was für +eine Frau die Prinzessin Chitra sein mag.<a class="pagenum" name="Page_60" title="60"> </a> +Viele Menschen erzählen viele Geschichten +von ihr.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Ach, sie ist nicht schön, sie hat nicht +meine schönen Augen, die dunkel sind +wie der Tod. Mit ihrem Geschoß kann +sie jede Scheibe durchbohren, nur nicht +das Herz unsres Helden.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Sie sagen, an Tapferkeit sei sie ein +Mann, und ein Weib an Zärtlichkeit.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Und das gerade ist ihr größtes Unglück. +Das Weib, das nur Weib ist, das mit +seinem Lächeln, mit seinen Seufzern, und +mit zarten Liebkosungen die Herzen der +Männer einspinnt, ist allein glücklich.<a class="pagenum" name="Page_61" title="61"> </a> +Was frommt ihr Weisheit und große +Taten? Hättest Du die Prinzessin nur +gestern sehen können, im Hof von Shivas +Tempel, der am Waldpfad liegt, Du +wärest vorübergegangen ohne sie eines +Blickes zu würdigen. Bist Du denn weiblicher +Schönheit so überdrüssig, daß Du +in ihr männliche Kraft suchst?</p> + +<p>Aus grünen Blättern, feucht vom +sprühenden Gischt des Wasserfalls, habe +ich unser Bett zur Mittagsrast bereitet, +in nachtdunkler Grotte. Die Kühle des +weichen grünen Mooses, das dicht den +tropfenden Stein bedeckt, küßt dort Deine +Augen in Schlaf. Laß Dich dorthin geleiten.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Nein, heute nicht, Geliebte.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_62" title="62"> </a></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Warum nicht heute?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich habe von einer Räuberhorde gehört, +die in die Ebene gekommen ist. Ich +muß gehen meine Waffen bereiten, um +die erschreckten Dorfleute zu beschützen.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Du brauchst Dich nicht um sie zu +sorgen. Prinzessin Chitra hat starke Wächter +an den Grenzpässen aufgestellt, ehe +sie ihre Pilgerfahrt begann.</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Nur für kurze Zeit laß mich das Kriegshandwerk +eines Kshatriya üben. Mit +neuem Ruhm will ich diesen müßigen Arm +bedecken, damit er Deinem Haupt ein +würdigeres Kissen sei.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_63" title="63"> </a></p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Doch, wenn ich mich weigere Dich +gehen zu lassen, wenn meine Arme Dich +umwunden halten? Würdest Du Dich +roh von mir losreißen und mich verlassen? +So geh! Aber wisse, daß die Liane — +einmal entzweigebrochen — nie wieder +zu einem Ganzen wird. Geh, wenn Dein +Durst gestillt ist. Doch wenn nicht, denke +daran, wie unbeständig die Göttin der +Lust ist und daß sie nicht wartet auf den +Menschen. Bleib noch eine Weile, Herr! +Sage mir die unruhigen Gedanken, die +Dich quälen. Wer nahm heute Deine +Seele gefangen? War es Chitra?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ja, es ist Chitra. Mich nimmt wunder, +um welches Gelübdes willen sie auf die<a class="pagenum" name="Page_64" title="64"> </a> +Pilgerfahrt gegangen ist. Was mangelt +ihr?</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Was ihr mangelt? Ja, hat sie denn je +etwas besessen, die Unglückliche? Es sind +ja ihre eigensten Fähigkeiten, die sie mit +Gefängnismauern umschließen und ihr +Frauenherz in einer kahlen Zelle gefangen +halten. Verdunkelt ist diese Frau und +unerfüllt. Ihre Weibesliebe muß sich mit +einem Lumpenkleide bescheiden, denn +Schönheit blieb ihr versagt. Sie gleicht +dem Geist eines freudlosen Morgens. Sie +sitzt auf steinigem Berggipfel und dunkle +Wolken haben ihr Licht ausgelöscht. +Frag mich nicht nach ihrem Leben. +Seine Geschichte klingt dem Ohr des +Mannes nicht lieblich.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_65" title="65"> </a></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich brenne danach, alles von ihr zu +hören. Ich bin wie ein Wanderer, der +um Mitternacht an eine fremde Stadt +kommt. Kuppeln, Türme und Gartenbäume +sehen verschwommen und schattenhaft +aus, und durch die Stille des +Schlafes tönt hin und wieder das dumpfe +Klagen des Meeres. Und er harrt sehnsüchtig +auf den Morgen, der ihm alle die +fremden Wunder offenbaren soll. O, erzähle +mir ihre Geschichte.</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Was ist da mehr zu erzählen?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Meine Einbildung zaubert mir sie vor, +wie sie auf weißem Rosse reitet, in der +Linken die Zügel haltend und in der rechten<a class="pagenum" name="Page_66" title="66"> </a> +Hand den Bogen, gleich der Liebesgöttin, +die frohe Hoffnung spendet. Mit +wilder Liebe schützt sie ihre säugenden +Jungen wie eine wachsame Löwin. Auch +des Weibes Arme, die nichts anderes als +ungefesselte Kraft schmückt, sind schön! +Mein Herz ist ruhelos, Du Liebliche, wie +eine Schlange, die aus langem Winterschlaf +erwacht. Komm, laß uns miteinander +auf schnellen Rossen dahineilen, +Seite an Seite, wie Zwillingsgestirne, die +leuchtend den Raum durchmessen. Heraus +aus diesem dunklen, grünen, einschläfernden +Gefängnis, komm hervor +unter der feuchten, duftenden, berauschenden +Decke, die den Atem benimmt!</p> + +<p class="character">Chitra</p> + +<p>Arjuna, sag mir die Wahrheit: wenn<a class="pagenum" name="Page_67" title="67"> </a> +ich mich jetzt plötzlich durch einen Zauber +dieser wollüstigen Weichheit entledigen +könnte, diesen zarten Schmelz der +Schönheit abstreifte, der vor der derben, +gesunden Berührung der Welt schaudert, +und das alles von meinem Körper herunterrisse +wie geborgtes Gewand — könntest +Du das ertragen? Wenn ich mich +aufrichte, grade und stark, mit der Kraft +eines mutigen Herzens, und die Listen +und Künste der kriechenden Schwachheit +verächtlich von mir weise, wenn ich +mein Haupt erhebe, wie die hohe, junge +Bergtanne, und mich nicht länger im +Staub winde, wie die Liane, — werde ich +dann Gnade finden vor den Augen des +Mannes? Nein, nein, Du könntest es nicht +ertragen. Es ist besser, ich verstreue um<a class="pagenum" name="Page_68" title="68"> </a> +mich all die zierlichen Spielereien flüchtiger +Jugend und warte auf Dich in Geduld. +Ist's Dir gefällig zurückzukehren, +so will ich Dir lächelnd aus dem Becher +dieses schönen Leibes den Wein der Lust +schenken. Hast Du genug davon und bist +Du müde, so will ich mich demütig und +dankbar in den Winkel zurückziehen, +den man mir gelassen hat. Wie gefiele +es Deiner Heldenseele, hoffte die Gespielin +der Nacht Deine Gefährtin am +Tage zu sein? Wie, wenn der linke Arm +die Last des stolzen rechten mit zu tragen +lernte?</p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Ich werde Dich niemals richtig erkennen. Eine Göttin, verborgen in einem +goldenen Heiligenbild scheinst Du mir.<a class="pagenum" name="Page_69" title="69"> </a> +Ich kann Dich nicht berühren, ich kann Dir Deine unschätzbaren Gaben nicht +vergelten. Und so bleibt meine Liebe unvollkommen. Aus der rätselhaften Tiefe +Deiner traurigen Augen, aus Deinen spielerischen Worten, die ihre eigene Bedeutung +verspotten, erhasche ich manchmal den Schimmer eines Wesens, das die +schmachtende Anmut seines Körpers vernichten möchte. In der reinen Flamme +des Leides, verborgen hinter des Lächelns zartem Schleier, sehnt es sich wieder zu +erstehen. Ein Trugbild, erscheint uns die Wahrheit zuerst, in einer Verkleidung +tritt sie vor den Geliebten hin. Aber es kommt eine Zeit, da sie Schleier und +Schmuck abwirft und dasteht, bekleidet mit nackter Hoheit. Ich verzehre mich<a class="pagenum" name="Page_70" title="70"> </a> +nach diesem letzten Du, nach jener einfachsten, wahrsten Klarheit. Was bedeuten +die Tränen, mein Lieb? Warum verbirgst Du Dein Gesicht in den Händen? +Hab ich Dir weh getan, mein Liebling? Vergiß, was ich sagte. Ich will mit der +Gegenwart zufrieden sein. Wie der Vogel Geheimnis aus unsichtbarem, dunkelm +Nest zu mir kommt, musikerfüllte Botschaft bringend, so komm Du zu mir und +laß mich jeden Augenblick der Schönheit erleben. Laß mich und meine Hoffnung +ewig am Ufer der Erfüllung sitzen und so meine Tage beschließen.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_71" title="71"> </a></p> + +<h2><a name="NEUNTE_SZENE" id="NEUNTE_SZENE">NEUNTE SZENE</a></h2> +<p class="center"><big>IM WALD</big></p> + +<p class="character">Chitra</p> +<p><span style="margin-left: 3em;">(in einen Mantel gehüllt.)</span></p> + +<p>Mein Herr, hast Du den Becher bis +zur Neige geleert? Ist dies wirklich das +Ende? Nein, wenn alles getan, so bleibt +doch noch Eins, mein letztes Opfer, das +ich zu Deinen Füßen darbringe. Aus dem +himmlischen Garten brachte ich Blumen +von unvergleichlicher Schönheit, Dich +zu ehren, Gott meines Herzens.</p> + +<p>Ich will die Blumen aus dem Tempel +hinauswerfen, wenn sie verwelkt sind und +die heilige Handlung vorüber.</p> + +<p>(Sie nimmt ihren Mantel ab und trägt Männerkleidung wie am Anfang.)</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_72" title="72"> </a></p> + +<p>Nun laß Deinen Knecht Gnade finden vor Deinen Augen.</p> + +<p>Ich bin nicht schön und vollkommen +wie die Blumen, mit denen ich Dich ehrte. +Ich bin voller Schuld und Fehler. Auf +der großen Heerstraße der Welt bin ich +ein Wanderer, meine Kleider sind beschmutzt, +und Dornen haben meine Füße +blutig gerissen. Wie könnte ich schön +sein wie die Blumen, voll unbefleckter +Lieblichkeit, für die kurze Dauer eines +Augenblicks? Die Gabe, die ich Dir voll +Stolz darbringe, ist das Herz eines Weibes. +Darinnen ist eingeschlossen aller Schmerz +und alle Lust, alle Hoffnung, alle Furcht, +alle Scham einer Erdentochter.</p> + +<p>Hier ist der Uranfang der Liebe, von +hier aus ringt sie nach Unsterblichkeit.<a class="pagenum" name="Page_73" title="73"> </a> +Im Herzen des Weibes liegt eine große +und erhabene Unvollkommenheit. Nun, +da die Anbetung der Schönheit vorüber, +nimm diesen</p> + +<p>(auf sich zeigend)</p> + +<p>als Deinen Knecht für kommende Tage.</p> + +<p>Ich bin Chitra, die Königstochter. Vielleicht +erinnerst Du Dich des Tages, als in +Shivas Tempel ein Weib zu Dir trat, behangen +mit Putz und Schmuck. Die +Schamlose kam und warb um Dich wie +ein Mann. Du stießest sie zurück, und +Du tatest wohl daran. Herr, jenes Weib +— bin ich. Sie diente mir als Maske. Damals +verlieh mir die göttliche Gnade für +ein Jahr die strahlendste Gestalt, die je +einem Sterblichen wurde. Mit der Last +jenes Betruges beschwerte ich meines<a class="pagenum" name="Page_74" title="74"> </a> +Helden Herz. Dies Weib kann ich nicht +sein.</p> + +<p>Ich bin Chitra. Keine Göttin bin ich, +die man anbetet, aber auch nicht ein +Gegenstand allgemeinen Mitleids, den +man achtlos abschüttelt wie ein Insekt. +Wenn Du mich würdig findest, Dir zur +Seite zu stehen, wenn ich die großen +Pflichten Deines Lebens teilen darf — +dann wirst Du mein wahres Wesen erkennen. +Wenn Dein Kind, das ich in meinem +Schoß nähre, ein Sohn sein wird, +will ich es lehren, ein zweiter Arjuna zu +werden. Wenn die Zeit kommt, werde +ich ihn zu Dir senden, und Du wirst endlich +mein eigenstes Ich erkennen. Heute +kann ich Dir nur Chitra darbringen, die +Tochter eines Königs.</p> + +<p><a class="pagenum" name="Page_75" title="75"> </a></p> + +<p class="character">Arjuna</p> + +<p>Geliebte, mein Leben ist vollkommen +erfüllt.</p> + +<div class="center"><em class="gesperrt">ENDE</em></div> +<hr class="chap" /> + +<p><a class="pagenum" name="Page_76" title="76"> </a></p> + + + +<h2><a name="ANMERKUNGEN" id="ANMERKUNGEN">ANMERKUNGEN</a></h2> + + +<p>Zu Seite:</p> + +<blockquote> + +<p><a name="pandava" /><a href="#Page_5">5</a>: <i>Pandava</i> (so für Pandaṟa zu lesen). +Das Königsgeschlecht, von dem das +Mahābhārata handelt, stammt von +<i>Kuru</i> ab; ein Zweig derselben sind +die Pāṇḍavas, fünf Brüder (S. <a href="#Page_50">50</a>), zu +denen der Held Arjuna gehört. Dieser +stammt also auch aus dem Hause +der Kurus. (S. <a href="#Page_9">9</a>).</p> + +<p><a name="malati" /><a href="#Page_35">35</a>: <i>Malati-Hain.</i> Mālati ist der großblütige Jasmin.</p> + +<p><a name="stephali" /><a href="#Page_38">38</a>: <i>Stephali-Blüten</i>; lies <i>Sh</i>ephali. Śephālikā +ist der Strauch vitex negundo, dessen Blüten in Vasavadatta Abt. IV +mit Zinnoberkügelchen verglichen werden.</p> + +<p><a name="kinsuka" /><a href="#Page_53">53</a>: <i>Kinsuka-Blüte.</i> Der Kiṃśuka, Butea +frondosa, ist ein stattlicher Baum, +dessen Zweige im Frühjahr mit großen<a class="pagenum" name="Page_78" title="78"> </a> +scharlachroten Schmetterlingsblüten bedeckt sind. Die schöne Blüte +ist aber geruchlos.</p> + +<p><a name="asoka" /><a href="#Page_56">56</a>: <i>Asoka-Blüten.</i> Der Aśokabaum, Jonesia +Asoka, hat rote Blüten. Er spielt in der indischen Dichtung eine große +Rolle. Aśoka bedeutet »Kummerlos.«</p></blockquote> + +<hr class="tb" /> + +<p>Tagore's Dichtung entspricht nicht dem Sinn der Sage. Er sagt S. <a href="#Page_6">6</a> von Chitrā's +Vater: »er hatte sie deshalb stets wie einen Sohn gehalten und zu seinem Erben gemacht«. +Der Text in Protap Chandra Roys Übersetzung lautet: I have duly +made her a <i>Putrikā</i>. <i>putrikā</i> ist ein juristischer +Ausdruck und bezeichnet eine +Tochter, die mangels eines Sohnes (<i>putra</i>) +die Familie ihres Vaters, nicht ihres Gatten +fortpflanzen soll. Für letzteren bedeutet<a class="pagenum" name="Page_79" title="79"> </a> +also die Eingehung einer solchen +Ehe den Verzicht auf die Fortpflanzung +seiner Familie. Tagore hat dies offenbar +nicht gewußt und macht daher aus <i>putrikā</i> +eine Tochter, die als Sohn (<i>putra</i>) +erzogen wird! Das Epos kennt eine Sage, +wo eine Prinzessin für einen Prinz ausgegeben +und als solcher erzogen wird +(die Geschichte von <i>Śikhandin</i>). Diese +Reminiszenz mag sich bei dem Dichter +mit dem Sagenstoff, auf den er in der Vorrede +hinweist, verschmolzen haben.</p> + +<hr class="tb" /> + +<p>Für die Anmerkungen ist die Übersetzerin dem Sanskritisten der Bonner +Universität, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Jacobi, zu Dank verpflichtet.</p> + + + + + + + + +<pre> + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Chitra, by Rabindranath Tagore + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK CHITRA *** + +***** This file should be named 44246-h.htm or 44246-h.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/4/4/2/4/44246/ + +Produced by Norbert H. Langkau, Marc-Andre Seekamp and the +Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. Special rules, +set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to +copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to +protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project +Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you +charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you +do not charge anything for copies of this eBook, complying with the +rules is very easy. 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It exists +because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from +people in all walks of life. + +Volunteers and financial support to provide volunteers with the +assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's +goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will +remain freely available for generations to come. In 2001, the Project +Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure +and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. +To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation +and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 +and the Foundation information page at www.gutenberg.org + + +Section 3. 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Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm +concept of a library of electronic works that could be freely shared +with anyone. For forty years, he produced and distributed Project +Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. + +Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. +unless a copyright notice is included. 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