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You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org/license + + +Title: Auszug aus der Alten, Mittleren und Neueren Geschichte + +Author: Karl Plœtz + Max Hoffmann + Friedrich Kähler + +Release Date: November 8, 2013 [EBook #44136] + +Language: German + +Character set encoding: UTF-8 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK AUSZUG AUS DER ALTEN *** + + + + +Produced by Henry Flower, Juliet Sutherland and the Online +Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + + + + + + + + +Anmerkungen zur Transkription + +Fett gedruckter Text ist gekennzeichnet mit ~Tilde~, kursiver und +gesperrter mit +Plus+. + + + + + AUSZUG + AUS DER + ALTEN, MITTLEREN UND NEUEREN + GESCHICHTE. + + VON + DR. KARL PLŒTZ (†), + EHEM. PROFESSOR AM FRANZÖSISCHEN GYMNASIUM IN BERLIN. + + NEU BEARBEITET VON PROF. DR. MAX HOFFMANN (†) + UND + PROFESSOR DR. FRIEDRICH KÄHLER, + + SIEBZEHNTE AUFLAGE. + + LADENPREIS: GEBUNDEN 3 MARK. + + LEIPZIG 1912. + VERLAG VON A.G. PLŒTZ. + + Alle Rechte vorbehalten. + Copyright 1912 by A.G. Plœtz, Leipzig. + + + + +Vorwort zur 16. Auflage. + + +Das vorliegende geschichtliche Handbuch, seit der neunten Auflage +von dem jetzigen Herausgeber bearbeitet, ist durch Umgestaltung und +Vermehrung des Inhalts bei den wiederholten Auflagen mehr und mehr +ein Werk des Herausgebers geworden, von ihm zu vertreten hinsichtlich +seiner Eigenheiten und Mängel. Doch ist die übersichtliche Anlage +und Einrichtung des Buches ein bleibendes Verdienst des Verfassers; +auf dem von ihm gelegten Grunde ließ sich leicht weiterbauen. +Prof. Dr. +Plœtz+, 1848–1852 Oberlehrer am Katharineum zu Lübeck, +dann Prof. am Französischen Gymnasium in Berlin, weithin bekannt +durch seine Lehrbücher der französischen Sprache, hatte dieses +Buch als Leitfaden für den Geschichtsunterricht an höheren Schulen +entworfen, ausgehend von dem Grundsatz, daß »nur das Tatsächliche in +möglichst übersichtlicher Gruppierung vorzuführen sei«, weil »ein +Leitfaden, der zusammenhängende Erzählung bietet, dem Vortrage des +Lehrers notwendigerweise Eintrag tut«. Er hatte es aber auch für den +Privatgebrauch bestimmt, »um ein rasches Orientieren über historische, +dem Gedächtnis augenblicklich nicht gegenwärtige Verhältnisse zu +ermöglichen«. Die späteren Auflagen haben diesen letzteren Zweck +mehr berücksichtigt und sind über die dem Schulunterricht gesteckten +Grenzen hinausgegangen; doch ist dem Lehrer die Auswahl dessen, was +gelernt werden soll, leicht gemacht durch die Einrichtung des Druckes. +Strebsamen Schülern ist es vielleicht willkommen, manches hier zu +finden, was bei späteren Studien näher ins Auge gefaßt werden kann. + +Für die neueste Zeit seit 1866 ist den späteren Auflagen sehr +schätzbare Mitarbeit von militärischer Seite zugute gekommen; diese +Mitarbeit erstreckt sich bei der vorliegenden auch auf die deutschen +Kolonien, deren Entwickelung von so hoher Bedeutung für Deutschlands +Weltstellung ist. Auch sonst ist hier und da gebessert, um die +Brauchbarkeit des Buches zu erhöhen. Möge es auch ferner Nutzen stiften +als Führer durch ein weites, fast unermeßliches Gebiet, dessen Kenntnis +doch unentbehrlich ist. + ++Lübeck+, 9. Oktober 1909. + +~Max Hoffmann.~ + + + + +Vorwort zur 17. Auflage. + + +Als ich nach dem 1910 erfolgten Tode des langjährigen Herausgebers +dieses Buches, des Herrn Professors Dr. +Hoffmann+ in +Lübeck+, von +dem Herrn Verleger den ehrenvollen Auftrag erhielt, die Besorgung +der neuen Auflage zu übernehmen, habe ich mich dieser dankenswerten +Aufgabe um so lieber und eifriger unterzogen, als ich bereits die +letzten Ausgaben mit regem Interesse verfolgt hatte. Bei meinen +nahen persönlichen Beziehungen zu dem verdienstvollen bisherigen +Herausgeber glaubte ich anfangs, aus Rücksichten der Pietät für die +17. Auflage noch von größeren Änderungen Abstand nehmen zu müssen. +Jedoch drängte sich mir je länger, je mehr die Erkenntnis auf, daß +die Geschichte Asiens, besonders Ostasiens, infolge der erheblich +lebhafter gewordenen Beziehungen zu Europa und Amerika notwendig eine +eingehendere Behandlung und Würdigung verlange und zweitens, daß der +Wunsch nach einer übersichtlicheren Einteilung und Gliederung des +neuesten Geschichtsstoffes nicht wohl unberücksichtigt gelassen werden +könne. Nach beiden Seiten hin bin ich bestrebt gewesen, entsprechende +Änderungen durchzuführen. Was ich sonst im einzelnen im »Auszug aus der +Geschichte« wie im »Anhang« gekürzt, erweitert oder berichtigt habe, +wird der aufmerksame Leser leicht erkennen. + +Möge das Buch in dieser neuen Fassung die gleiche wohlwollende Aufnahme +finden wie die früheren Auflagen! Möge es ihm gelingen, das Interesse +für die Geschichte und insonderheit die Liebe zur Geschichte +unseres+ +Volkes, die Erkenntnis und Wertschätzung der Grundlagen seiner Kultur +und das Verständnis für seine Größe und seine Ziele in immer weitere +Kreise zu tragen! + +Herrn Professor +Fischer+ in Blaubeuren und Herrn +R.A. Plœtz+ in +Margate (England) sage ich auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen +Dank für wertvolle Notizen zur deutschen und englischen Geschichte. + ++Husum+, 18. Februar 1912. + +~Friedrich Kãhler.~ + + + + + Inhalt + + Seite + Einteilung der allgemeinen Weltgeschichte 1 + Die Rassen in der Weltgeschichte 2 + + + ~I. Alte Geschichte.~ + + + A. Die ägyptisch-semitischen Völker. + + § 1. Ägypter 3 + § 2. Babylonier und Assyrer 6 + § 3. Juden (Hebräer, Israeliten) 11 + § 4. Phöniker und Karthager 13 + + + B. Die asiatischen Arier. + + § 1. Völker Kleinasiens 15 + § 2. Inder 16 + § 3. Iranier 17 + + + C. Die Völker Ostasiens 21 + + + D. Die Griechen. + + § 1. Mythische Zeit 23 + § 2. Staaten und Kolonien 27 + § 3. Perserkriege und Blütezeit Athens 38 + § 4. Peloponnesischer Krieg 47 + § 5. Makedoniens Emporkommen 53 + § 6. Alexander der Große 59 + § 7. Hellenistische Zeit 63 + § 8. Griechische Kunst und Wissenschaft 69 + + + E. Die Römer. + + § 1. Zeit der Königsherrschaft 71 + § 2. Rom als Republik 75 + § 3. Unterwerfung Italiens 82 + § 4. Die Punischen Kriege 87 + § 5. Ausbreitung der römischen Herrschaft 94 + § 6. Bürgerliche Unruhen 100 + § 7. Marius und Sulla 103 + § 8. Pompejus und Cäsar 107 + § 9. Untergang der Republik 118 + § 10. Kunst und Literatur bei den Römern 120 + § 11. Kaiserzeit bis zum Untergang des weströmischen Reiches 121 + + + ~II. Mittlere Geschichte.~ + + + A. Bis zum Vertrage von Verdun (375–843). + + § 1. Völkerwanderung 139 + § 2. Frankenreich unter den Merowingern 145 + § 3. Das oströmische Reich 147 + § 4. Mohammed und das Kalifat 148 + § 5. Frankenreich unter den Karolingern 150 + + + B. Bis zum Beginn der Kreuzzüge (843–1096). + + § 1. Italien und Deutschland (Karolinger, sächsische, + fränkische Kaiser) 155 + § 2. Frankreich 169 + § 3. England und der Norden 169 + § 4. Die Pyrenäische Halbinsel 171 + § 5. Der Osten 172 + + + C. Das Zeitalter der Kreuzzüge (1096–1270). + + § 1. Kreuzzüge 173 + § 2. Deutschland und Italien (Hohenstaufen) 179 + § 3. Frankreich 191 + § 4. England 192 + § 5. Die Pyrenäische Halbinsel 194 + § 6. Der Osten 194 + + + D. Bis zur Entdeckung Amerikas (1270–1492). + + § 1. Deutschland bis auf Maximilian I 195 + § 2. Frankreich bis auf Karl VIII 207 + § 3. Italien 210 + § 4. England bis auf Heinrich VII 211 + § 5. Die Pyrenäische Halbinsel 214 + § 6. Der Norden und Osten 215 + + + ~III. Neuere Geschichte.~ + + + A. Bis zum Westfälischen Frieden (1492–1648). + + § 1. Erfindungen, Entdeckungen und Kolonien 221 + § 2. Die Reformation in Deutschland 224 + § 3. Frankreich bis auf Ludwig XIV. 234 + § 4. Italien 239 + § 5. Die Pyrenäische Halbinsel und die Niederlande 241 + § 6. England und Schottland 245 + § 7. Der Norden und Osten 249 + § 8. Deutschland, Dreißigjähriger Krieg 251 + + + B. Bis zur französischen Revolution (1648–1789). + + § 1. Frankreich unter Ludwig XIV. 261 + § 2. Deutschland unter Leopold I. 265 + § 3. Der Norden und Osten 267 + § 4. England 269 + § 5. Der spanische Erbfolgekrieg 272 + § 6. Der Nordische Krieg 274 + § 7. Deutschland, Friedrich der Große 278 + § 8. Der Norden und Osten 292 + § 9. Großbritannien und Nordamerika 298 + § 10. Südeuropa 303 + § 11. Frankreich unter Ludwig XV. und XVI. 305 + + + C. Bis zum Wiener Kongress (1789–1815). + + § 1. Die Revolution in Frankreich 306 + § 2. Frankreichs Kriege gegen das Ausland 313 + § 3. Machtentfaltung des ersten französischen Kaiserreiches 321 + § 4. Sturz des ersten französischen Kaiserreiches. Deutscher + Befreiungskrieg 331 + § 5. Herstellung des europäischen Staatensystems 339 + + + D. Bis auf unsere Zeit. + + § 1. Neue Erfindungen 343 + § 2. Verfassungs- und Unabhängigkeitskämpfe 345 + § 3. Die Zeit von 1830–1848 348 + § 4. Die Revolutionszeit 1848–1852 354 + § 5. Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhundert 363 + § 6. Machtentfaltung des zweiten französischen Kaiserreichs. + Nationale Einigung Italiens 365 + § 7. Deutschlands Einigung durch Preußen 371 + § 8. Deutsch-französischer Krieg 1870–1871 381 + § 9. Das Deutsche Reich seit 1871 393 + § 10. Österreich-Ungarn 397 + § 11. Rußland 399 + § 12. Die dritte französische Republik 403 + § 13. England 406 + § 14. Holland, Luxemburg, Belgien, Dänemark, Skandinavien, + Schweiz 410 + § 15. Italien 411 + § 16. Die Pyrenäische Halbinsel 413 + § 17. Die Balkanhalbinsel 414 + § 18. Amerika 416 + § 19. Asien 419 + § 20. Entwickelung der deutschen Kolonien 423 + + + Anhang. I. Brandenburgisch-preußische Geschichte 427 + II. Die andern Staaten des Deutschen Reiches 434 + + + Namen- und Sachregister 439 + + + + +~Einteilung der allgemeinen Weltgeschichte.~ + + +Bis ~375~ n. Chr. I. ~Alte Geschichte,~ von der Zeit der ersten +geschichtlichen Kunde bis zum Beginn der Völkerwanderung. + +~375–1492.~ II. ~Mittlere Geschichte,~ vom Beginn der Völkerwanderung +bis zur Entdeckung Amerikas. + +Seit ~1492.~ III. ~Neuere Geschichte,~ von der Entdeckung Amerikas bis +auf unsere Zeit. + +Die ~alte~ Geschichte gliedert sich nach den hervortretenden Völkern in ++fünf Abschnitte+. Diese Völker sind: + +1. ~Die ägyptisch-semitischen Völker.~ 2. ~Die asiatischen Arier.~ 3. +~Die Völker Ostasiens.~ 4. ~Die Griechen.~ 5. ~Die Römer.~ + +Die ~mittlere~ Geschichte teilt man nach den hervorragenden Ereignissen +in +vier Perioden+: + +~375–843.~ 1. Vom Beginn der ~Völkerwanderung~ bis zum ~Vertrag von +Verdun~. + +~843–1096.~ 2. Vom ~Vertrag zu Verdun~ bis zum Beginn der ~Kreuzzüge~. + +~1096–1270.~ 3. Das Zeitalter der ~Kreuzzüge~. + +~1270–1492.~ 4. Vom Ende der ~Kreuzzüge~ bis zur ~Entdeckung Amerikas~. + +Die ~neuere~ Geschichte gliedert sich ebenfalls in +vier Perioden:+ + +~1492–1648.~ 1. Von der ~Entdeckung Amerikas~ bis zum ~Westfälischen +Frieden~. + +~1648–1789.~ 2. Vom ~Westfälischen Frieden~ bis zum Beginn der +~französischen Revolution~. + +~1789–1815.~ 3. Vom Beginn der ~französischen Revolution~ bis zum +~Wiener Kongreß~. + +Seit ~1815~. 4. Vom ~Wiener Kongreß~ bis auf unsere Zeit. + + + + +~Die Rassen in der Weltgeschichte.~ + + +Die Naturforschung bestimmt die Rassenunterschiede des +Menschengeschlechts nach körperlichen Merkmalen; anders müssen +sie von der geschichtlichen Forschung aufgefaßt werden. Reine +Rassen im Sinne der Naturforschung liegen für den Zeitraum unserer +Weltgeschichte nirgends vor. Nur die Nachklänge der Rasseneinheiten, +die man für vorgeschichtliche Zeiten voraussetzen darf, nämlich der +Durchschnitt der körperlichen und geistigen Eigentümlichkeiten, und als +Haupteinteilungsprinzip die Sprache, sind die Merkmale der Rasse im +Sinne des Historikers. In Betracht kommen dabei hauptsächlich folgende +Rassen: + +I. Die +sumerische+ Rasse, die Urbewohner von Babylonien. + +II. Die +ägyptisch-semitische+ (Semiten im weiteren Sinne), deren +Ursitz Arabien gewesen zu sein scheint. + +III. Die +zagrische+ mit dem Hauptsitze um die Grenzgebirge zwischen +der heutigen Türkei und Persien (die herrschende Bevölkerung in Elam). + +IV. Die +kleinasiatische+ (Hethiter), die mit der +indo-atlantischen+ +verwandt zu sein scheint (Urarthier, Mitanier). + +V. Die +arische+ (indo-europäische): Iranier, Inder, Phryger, Griechen, +Italiker, Kelten, Germanen, Litu-Slaven. Diese Völker sind die +Hauptträger der geschichtlichen Entwickelung. + +VI. Von der +altaischen+ Rasse haben die Chinesen und Japaner im Osten +einen eigenen Kulturkreis gebildet, die Bulgaren, Magyaren und Türken +in Europa eine gewisse Bedeutung gewonnen. + +Andere Rassen (Ainos, Dravidas, Malaien, Iberer, Basken, Amerikaner, +Neger) haben eine mehr passive Rolle gespielt als zurückweichende +Urbevölkerung. + + + + +~I. Alte Geschichte.~ + + + + +~A. Die ägyptisch-semitischen Völker.~ + + +§ 1. Ägypter. + +~Ägypten~, das von Höhenzügen und Wüsten eingeschlossene, oberhalb +des Delta nur wenige Stunden breite, etwa 1100 km lange Tal des +untern ~Nil~, der alljährlich vom Juli an auf fast 4 Monate seine +Ufer überflutet und so das Land befruchtet. Zwei Landesteile: +~Unter-Ägypten~ mit der Hauptstadt +Memphis+ und dem Deltalande; +~Ober-Ägypten~ mit der Hauptstadt +Theben+ (Nu-Amôn), Südgrenze die +Stromschnellen bei +Syene+, jetzt Assuan. Beide bestanden ursprünglich +als selbständige Staaten nebeneinander. Ackerbau, Handwerk und Kunst +erscheinen im vierten Jahrtausend v. Chr., wo die geschichtlichen +Nachrichten beginnen, schon hoch entwickelt. + +~Staatswesen~: Erbliches Königtum, die Könige gelten als Söhne des +Sonnengottes +Râ+ selbst für göttliche Wesen. Glänzende Hofhaltung, +viele Beamte, das Land in bestimmte Gaue geteilt. Bedeutender Einfluß +der Priester, denen auch die Pflege der Wissenschaften (Sternkunde, +Heilkunde, Rechtskunde) obliegt. Frühzeitige Feststellung des ++Sonnenjahres+. Strenge Regelung des gesamten Lebens durch religiöse +Satzungen. Erbliche +Stände+, nicht völlig gegeneinander abgeschlossene +Kasten. + +~Religion~: Verehrung der persönlich gedachten Naturkräfte, verbunden +mit symbolischem Tierdienst. Die einzelnen Gaugötter schließen sich +allmählich zu Götterkreisen zusammen. Oberster Gott der Sonnengott +Râ+ +ihm sind die Obelisken geweiht. Neben ihm andere Gottheiten der Sonne, +des Mondes, des Nils usw. Besondere Verehrung des +Ptah+ in Memphis, +des +Amôn+ in Theben, der +Neit+ in Saïs. Der Kampf der dem Menschen +heilsamen und feindlichen Naturkräfte, wie er sich in dem alljährlichen +Aufblühen, Absterben und Wiedererwachen der belebten Natur ausprägt, +wird dargestellt in dem Mythus von +Osiris+. Osiris, der Gott des +Lebens, wird von +Set (Typhon)+, dem Dämon der verzehrenden Gluthitze, +getötet, von seiner trauernden Gemahlin +Isis+ gesucht; endlich +überwindet +Hôrus+, der Sohn beider, den Set. +Osiris+, wieder +belebt, herrscht in der Unterwelt über die Seelen der Abgeschiedenen +(Totengericht). + +Sorgfältige Bestattung der Toten, die für die einmal wiederkehrenden +Seelen durch Einbalsamierung in Felsengräbern und Pyramiden erhalten +wurden (Mumien). Heilige Tiere: der Stier +Hapis+ in Memphis als Abbild +des Ptah verehrt; die Kühe der Isis, die Katzen der Bast, die Sperber +dem Hôrus geheiligt. + +Die ~Hieroglyphenschrift~,[1] ursprünglich Bilderschrift, hat +Buchstaben-, Silben- und Wortzeichen; oft wird dem mit Buchstaben- und +Silbenzeichen geschriebenen Worte ein Bild zur Verdeutlichung angefügt. +Sie wurde hauptsächlich zu Inschriften an den Wänden der Tempel und +Grabkammern benutzt; für den gewöhnlichen Gebrauch schrieb man auf +Papyrusblättern mit einer abgekürzten, der +hieratischen+ Schrift, +später mit der noch mehr verkürzten +demotischen+ Schrift. + +[vor Chr. Vor ~3000.~] + +Das ~alte~ Reich, + +begründet von König ~Mena~ durch Vereinigung der beiden Landesteile. +Wechselnde Residenzen der Könige in der Gegend von +Memphis+ (oberhalb +Kairo). Ihre Grabdenkmäler sind die ~Pyramiden~; über 70 noch +erhalten. Die höchsten (bei dem Dorfe Gizeh) sind von den Königen +der +4. Dynastie+[2] (um 2800) erbaut: +Snofru+, +Chufu+ (Cheops bei +Herodot),[3] +Chafrâ+, +Menkaurâ+. Unter der 6. Dynastie zerfällt +die Einheit des Reiches; mehrere Könige herrschen nebeneinander. +Herstellung der Einheit durch die von +Theben+ in Ober-Ägypten +ausgehende 11. Dynastie. + +[Um 2100.] + +Das ~mittlere~ Reich, + +die klassische Zeit Ägyptens. Blüte der Baukunst und der Literatur +(religiöse, medizinische, biographische Schriften; Märchen, Fabeln +und Lieder). Handelsverkehr mit Syrien und dem Weihrauchlande Punt +(Südarabien). Residenzen in der Landschaft +Fajjûm+ oberhalb +Memphis+. + ++Amenemhât I+. (12. Dynastie) baut den Amôntempel in Theben, seine +Nachfolger unterwerfen das Land Kusch (Nubien), +Wesertôsen III.+ +ist der in der griechischen Sage hervortretende Sesostris. +Amenemhât +III.+ legt im Fajjûm den +Moeris-See+ an, um die Überschwemmungen des +Nils zu regeln, und erbaut dort einen großen Reichstempel, von den +Griechen Labyrinth genannt. Auch diese Dynastie hat Pyramiden gebaut; +Felsengräber von Priestern und hohen Beamten bei Beni-Hassan. + +[Um 1800.] + +Eroberung Ägyptens durch die ~Hyksôs~, Hirtenkönige semitischer +Abkunft, die über die Landenge von Suez eindrangen. Sie beherrschten +hauptsächlich das untere Land, Ober-Ägypten wurde von einheimischen +Statthaltern verwaltet. Einer von diesen, +Ahmôse+, Statthalter in +Theben, vertreibt endlich im 16. Jahrhundert die Hyksôs und herrscht +dann als König. + +[Um 1530.] + +Das ~neue~ Reich (Hauptstadt +Theben+) + +erhebt sich bald zu bedeutender Macht und Größe. König ~Dhutmôse I.~ +(Thutmosis) aus der 18. Dynastie macht Nubien zur Provinz und dringt +in Syrien bis zum Euphrat vor. Seine Tochter +Hatschepsowet+ sendet +Schiffe aus nach dem Weihrauchlande Punt. ~Dhutmôse III.~ macht ++Syrien+ und +Palästina+ zu Provinzen: höchste Machtfülle Ägyptens. + +Seine Nachfolger erhalten diesen Umfang des Reiches aufrecht. +~Amenhotep III.~ schmückt Theben mit glänzenden Bauten; Ruinen bei den +jetzigen Dörfern +Karnak+, +Luksor+ und +Medinet-Abu+; bei letzterem +noch jetzt zwei sitzende Kolosse, Statuen des Amenhotep, deren eine von +den Griechen die +tönende Säule des Memnon+ genannt ward. + +[Um 1400.] + +~Amenhotep IV.~ führt einen Sonnen-Monotheismus ein; alle anderen +Götter sollen dem +Râ+ weichen. Er gründet eine neue Residenz in +Mittel-Ägypten (Ruinen von El-Amarna), steht in freundschaftlichen +Beziehungen zu den Königen von +Babel+ und +Assur+. Nach seinem Tode +Wiederherstellung der früheren Götterverehrung, zumal des Amôn von +Theben. + +[Um 1300–1270.] + +~Seti I.~ und sein Sohn ~Ramsês II.~ (19. Dynastie) kämpfen mit den ++Hethitern+ (Cheta), die in Nordsyrien ein Reich gegründet haben (S. +15). Ramsês siegt in der Schlacht bei +Kadêsch+ am Orontes, deren +epische Beschreibung (der Schreiber Pentaur) in Tempelinschriften +erhalten ist. Blüte des Reichs unter seiner fernerhin friedlichen +Regierung; Residenz zu +Tanis+ im Deltalande, Tempelbauten zu Theben +und Abu-Simbel (in Nubien), Nilkanal bis zum Timsah-See. + +[Um 1180.] + +~Ramsês III.~ (20. Dynastie) behauptet das Ansehen des Reichs durch +Kämpfe gegen die »Seevölker«, welche in Syrien eindringen, und gegen +die Libyer im Westen. + +~Zeit des Verfalles~ unter den folgenden Herrschern, Syrien wird +unabhängig, in Nubien erhebt sich das Reich von +Napăta+. Die +Priesterschaft des Amôn von Theben wird allmächtig, und endlich stößt +der Oberpriester +Hĕrihôr+ den letzten Ramsês (XII.) vom Throne. Gegen +seine Nachfolger erhebt sich eine neue Dynastie (21.) in +Tanis+. +Kriegerisch tritt noch einmal König +Scheschonk I.+ auf (22. Dynastie), +der um 920 für kurze Zeit +Jerusalem+ erobert. Dann Schwäche der +Königsmacht gegenüber den Gaufürsten. + +[Um 775.] + ++Pianchi+, König von +Napăta+, erobert Ägypten; doch wird es nach +einiger Zeit wieder selbständig. Dauernde Eroberung 728 durch ++Schabăka+, König von Napăta, der die 25. Dynastie begründet. Sein +zweiter Nachfolger +Taharka+ tritt den Assyrern in Syrien entgegen. + +[670.] + +~Assurachiddin~, König von Assur, erobert Ägypten und ernennt 22 +Statthalter, meist ägyptische Gaufürsten; doch hat er, wie auch sein +Nachfolger Assurbanipal, gegen den von Napăta zurückkehrenden +Taharka+ +und dessen Nachfolger +Tantamôn+ um den Besitz des Landes zu kämpfen. +Nach des letzteren Tode treten die ägyptischen Statthalter wieder in +ihre Rechte. + +[645.] + ++Herstellung des Reiches.+ ~Psamêtik~ von Sais, einer der Statthalter, +macht sich mit Hilfe karischer und ionischer Söldner unabhängig +von Assyrien (S. 10), residiert zu +Sais+ im Deltalande (26. +Dynastie), öffnet das Land dem Fremdenverkehr (Syrer, Karer, Ionier). +Unzufriedenheit im Stande der Krieger, ein Teil derselben wandert nach +Nubien aus. Sein Sohn + +[610–594.] + +~Neko~ (Necho) setzt den Bau des Kanals vom Timsah-See bis zum Roten +Meere fort, ohne ihn zu vollenden, läßt durch phönikische Seeleute +Afrika umfahren, versucht Syrien wiederzuerobern, wird aber 605 von +den Babyloniern unter Nebukadnezar II. bei +Gargămisch+ am Euphrat +zurückgeschlagen. Sein Enkel +Wahabrê+ (bei Herodot Apries) wird +entthront von + +[570–526.] + +~Ahmôse~ (Amāsis), dessen Regierung die letzte Glanzzeit Ägyptens +ist. Freundschaft mit den Griechen von +Kyrēne+ und mit +Polykrătes +von Samos+; den ionischen Griechen wird die Ansiedlung in +Naukrătis+ +gestattet. Tempelbauten in Sais und Memphis. Sein Sohn + +[525.] + +~Psamêtik III.~ wird in der Schlacht bei ~Pelusium~ von ~Kambyses~ +besiegt. ~Ägypten persische Provinz.~ + + +§ 2. Babylonier und Assyrer. + +Ebenso alt wie im Niltal ist die Kultur in der fruchtbaren Ebene am +Unterlauf des +Euphrat+ (Purat) und +Tigris+ (Diglat), welche später +nach ihrer Hauptstadt ~Babylonien~ hieß. Träger dieser bis ins fünfte +Jahrtausend vor Chr. nachweisbaren Kultur sind die nichtsemitischen +~Sumerer,~ doch sind zu der Zeit, wo die geschichtlichen Nachrichten +beginnen, schon +semitische Stämme+ eingedrungen, zumal in Nord +Babylonien, und haben sich die vorgefundene Kultur angeeignet. + +Die Entwickelung von Gewerbtätigkeit und Handel führt frühzeitig zur +Ausbildung eines genauen Gewichts- und Maßsystems, bei welchem die +Zahl 60 der Einteilung zugrunde liegt (Sexagesimal-System); an die +Beobachtung der Sterne knüpft sich genaue Zeitrechnung, doch auch der +Aberglaube der Sterndeutung (Astrologie). + +~Religion~: Von der Verehrung der leuchtenden Himmelskörper ausgehend +bildet sich eine vielgestaltige Götterwelt. Oberster Gott +Ellit,+ +später +Bêl+ genannt, Sohn des Himmelsgottes +Anu+; seine Gemahlin ++Belit+. Andere Götter +Samas,+ der Sonnengott, +Sin,+ der Mondgott, ++Rammân,+ der Gott des Gewitters, +Marduk+, der Stadtgott von Babel, ++Nergal, Istar, Nabu+. Hohes Ansehen der Priester, die wie in Ägypten +zugleich Lehrer der Wissenschaft sind. + +An der altbabylonischen Kultur nimmt teil das von zagrischen Völkern +bewohnte Land ~Elam~ (Hauptstadt +Susa+ am Choaspes) und allmählich +auch das weiter nördlich am oberen Tigris gelegene Land ~Assur~ +(Assyrien). Überall ist die ~Keilschrift~ im Gebrauch, mit Griffeln auf +Tontafeln und Tonzylinder eingeritzt, später in vereinfachter Form von +den Persern angenommen.[4] + +[Um ~3000.~] + +Stadtkönigtümer im Lande der +Sumerer+ (Südbabylonien), gestützt auf +alte Kultstätten: Ur, Eridu, Larsa, Lagas (Sirpurla), Nipur mit dem auf +Terrassen hochgebauten Tempel des Ellit. + +Im Norden Stadtkönigtümer der +Semiten+: Akkad, Sippara, Borsippa, +Babel. + +[Um 2800.] + +König +Sargon+ von +Akkad+ (Nordbabylonien) gründet ein Reich, das sich +bis nach Syrien erstreckt. + +[Um 2600.] + +Im Süden erheben sich die Könige von Ur, dann die von Larsa; die +Herrscher dieser Dynastien bezeichnen sich auch als Könige von +Sumer +und Akkad+. + +[Um 2300.] + +Kudur-Mabuk, König von +Elam+ (Susiana), erobert Ur und Larsa. + +[Um 2200.] + +~Hammurabi~, König von Babel, befreit den Süden von dem Joch der +Elamiter und zwingt ihn für immer unter die Herrschaft des Nordens; +begründet damit das ~Babylonische Reich~. Die Hauptstadt, ein großes +ummauertes Viereck, vom Euphrat durchströmt; auf der einen Seite des +Flusses die Königsburg, auf der andern ein in 8 Stockwerken sich +erhebender Tempel des Bêl. Sorgfältiger Ackerbau, Anlage von Kanälen. +Eine umfassende +Gesetzgebung+, bekannt geworden durch eine 1901 in +Susa gefundene Inschrift dieses Königs, regelt das bürgerliche Leben: +Landbau, Schiffahrt, Handel, Eherecht, Erbrecht. + +[Um 1700.] + +Herrschaft der vom Zagrosgebirge her eingedrungenen Kassu (Kossäer) +über Babel;[5] seit etwa 1250 wieder einheimische Könige. + +[Um 1500.] + +~Reich Assur am oberen Tigris.~ Alte Hauptstadt gleichen Namens; +spätere Residenzen der Könige sind +Ninua+ (Ninive)[6] und +Kalach+. +Ausbildung des Kriegswesens und geordnete Verwaltung; die Jahre werden +nach dem Wechsel der obersten Staatsbeamten (Limu) gezählt. + +[Um 1450.] + +König +Assurubállit+ von Assur, befreundet mit +Burnaburjasch+ von +Babel, zerstört das Nachbarreich der +Mitani+ am oberen Euphrat. Lange +Zeit bestehen die drei Reiche +Babel+, +Elam+, +Assur+ nebeneinander, +verbunden durch Handelsverkehr, aber auch öfters in Feindschaft. ++Tiglatninib+ von Assur herrscht um 1280 eine Zeitlang auch über Babel, ++Nabukudrossor I.+ (Nebukadnezar I.) von Babel ist um 1130 siegreich +gegen Elam, führt die geraubte Mardukstatue aus Susa zurück. + +[Um 1100.] + ++Tiglatpilêsar I.+ von Assur schlägt einen Angriff der kleinasiatischen ++Muski+ (S. 15) zurück, dringt erobernd vor nach +Naīri+ (den Gebieten +nördlich vom oberen Tigris) und nach +Nordsyrien+, wo das Reich der +Hethiter (S. 5) sich in kleinere Staaten aufgelöst hat; er erreicht bei +Arwad (Aradus) in Phönizien das Mittelmeer. Die nächstfolgenden Könige +haben diesen Umfang der Herrschaft nicht behauptet; dann aber folgt die +Gründung der ~Assyrischen Großmacht~. + +[885–860.] + ++Assurnâssirpal+ (III.) erobert die Länder am oberen Euphrat und +Nordsyrien und dringt wieder bis zum Mittelmeer vor. Tyrus und Sidon +zahlen Tribut. + +[860–825.] + ++Salmanâsar II.+ wiederholt diese Züge, greift zwar +Damaskus+ +mehrfach vergeblich an, hält aber Tyros, Sidon und das Reich Israel +(König Jehu) tributpflichtig, ebenso im Osten die indogermanischen ++Madai+ (Meder) (S. 17); in +Babel+ greift er bei einem Thronstreit +mit Heeresmacht ein. Sein zweiter Nachfolger +Râman-nirari III.+ (um +800) erobert auch +Damaskus+ und führt reiche Beute davon. Unter ihm +reicht die assyrische Macht von Medien über ganz Palästina bis nach +Edom. Dann folgt eine Zeit des Niedergangs; +Salmanâsar III.+ (um 780) +kämpft erfolglos gegen das in den nördlichen Bergländern (Armenien) +entstandene Reich +Urarthu.+ + +[745–727.] + +~Tiglatpilêsar III.~ (Pulu), ein Usurpator, stürzt den schwachen König +Assur-nirari und erhebt die assyrische Macht aufs neue. Er bekriegt +das westliche +Medien+, bricht die Macht der +Urarthier+, stellt die +Herrschaft über +Syrien+ wieder her. Die Könige von Damaskus, Israel, +Tyros zahlen ihm Tribut. In +Babel+ bestätigt er zuerst den König ++Nabunâssir+[7] als aber nach dessen Tode Ukînzêr, Fürst der Kaldi +(Chaldäer, im südlichen Babylonien) sich des Thrones bemächtigt, +vertreibt er diesen und macht sich selbst unter dem Namen Pulu zum +König von Babylon, Sumer und Akkad. So wird er der Gründer des +assyrischen Weltreichs, indem er + +[~729.~] + +~Assur und Babel vereinigt~. + +[722–705.] + +~Sarrûkîn~ (Sargon), Begründer einer neuen Dynastie, beendet die +von seinem Vorgänger Salmanâsar IV. begonnene Belagerung von ++Samaria+, führt die Einwohner nach Medien, schlägt einen Angriff +des ägyptischen Königs Schabăka (S. 6) bei +Raphia+ (unweit Gaza) +zurück, vernichtet durch Eroberung von +Gargamisch+ (Karchemisch) +den letzten Hethiterstaat in Syrien (S. 8). Dann unterwirft er das +westliche +Medien+, siegt über den König Rusas von +Urarthu+, zwingt +Mita, den König der +Muski+ (Midas von Phrygien, S. 8), zur Huldigung. +Cypern tributpflichtig. Inzwischen hat sich in +Babel+ Mardukbaliddin, +Fürst der Kaldi, von Elam her unterstützt, der Herrschaft bemächtigt; +Sarrûkîn besiegt ihn 710 und stellt die Vereinigung beider Reiche +wieder her. Elam bleibt selbständig. Neue Residenz Dûr-Sarrûkîn +(Chorsâbâd) nördlich von Ninive. Sein Sohn + +[705–681.] + +~Sinachirib~ (Sanherib) behauptet Syrien gegen die Ägypter, belagert +aber Tyros und Jerusalem vergeblich (König Hiskia), zerstört die Stadt +Babel nach abermaligem Aufstande der Einwohner. + +[681–668.] + +~Assurachiddin~ (Assarhaddon) stellt Babel wieder her, begünstigt +die Babylonier, unterwirft +Ägypten+ (S. 6, Memphis 670 erobert) und +mehrere +arabische+ Stämme. Sidon erobert und zerstört, wird assyrische +Provinzialstadt. Unter diesem König hat das Reich seine größte +Ausdehnung. Aber schon unter seiner Regierung beginnen nomadische +Indogermanen, die +Skutscha+ und +Gimirai+ (Skythen und Kimmerier), das +Reich vom Norden her zu bedrohen. + +[668–626.] + +~Assurbanipal~ (Sardanapal) wird durch den Aufstand seines Bruders ++Samassumukîn+, den Assurachiddin zum König von Babel eingesetzt +hatte, genötigt, Ägypten aufzugeben (vgl. S. 6), unterwirft jedoch ++Babel+ wieder und macht dem Reiche ~Elam~ ein Ende durch Eroberung der +Hauptstadt +Susa+. Seine durch Bauten verschönerte Residenzstadt ist +~Ninive~; dort ist in den umfangreichen Ruinen der größte Teil seiner +großartigen Bibliothek aufgefunden worden (Tafeln und Zylinder aus Ton +mit Keilschrift). Nach seinem Tode wird +Babel+ wieder selbständig +und erhebt sich bald zu großer Macht, während das assyrische Reich +durch die verheerenden Kriegszüge der +Skythen+, die bis nach Syrien +vordringen, geschwächt wird. + +[~626–539.~] + +~Das Neu-Babylonische (chaldäische) Reich.~ + +[626–605.] + +~Nabupalôssor~, ein Chaldäerfürst, König von Babel, erkennt die +assyrische Oberhoheit nicht mehr an, verbündet sich mit dem König der ++Meder+ Kyaxāres (S. 17). + +[606.] + +~Ende des assyrischen Reiches,~ die vier Residenzstädte, namentlich ++Ninive+, von den Medern unter Kyaxāres zerstört. König +Neko+ von +Ägypten, welcher Syrien zu erobern versucht (609 Schlacht bei Megiddo, +wo König Josia von Juda fällt), wird von +Nabukudrossor+, Nabupalôssors +Sohn, zurückgeschlagen. + +[605–561.] + +~Nabukudrossor II.~ (Nebukadnezar) läßt die vergrößerte Stadt Babel +(Babylon) mit einer doppelten Mauer umziehen, legt die sogen. +schwebenden Gärten der Semiramis (Terrassen) an, stellt den Tempel +des Bêl und die das Land vor Versumpfung schützenden Kanäle wieder +her (Wasserbecken bei +Sippāra+), sichert das Land im Norden durch +die vom Euphrat bis zum Tigris reichende medische Mauer. Amasis von +Ägypten, der sich mit griechischen Inselmächten verbündet hat, 605 bei +Karchemisch besiegt. Krieg gegen Juda. 586 Jerusalem zerstört, die +Einwohner am Euphrat angesiedelt, 573 Tyros unterworfen. + +Nach dem Tode des großen Königs Verfall des Reiches durch Thronstreit. +Kurze Regierungen der drei Nachfolger aus Nebukadnezars Familie; dann +wird die chaldäische Dynastie von den Priestern gestürzt, die einen +Babylonier +Nabunêd+ auf den Thron erheben. Dieser bemüht sich um +Herstellung der Tempel und Einkünfte der Priester, erliegt aber dem +Angriffe der +Perser+. + +[539.] + +~Babylon von Kyros erobert~; Babylonien wird zunächst ein Kronland der +Perserkönige, dann nach einem Aufstand unter Xerxes persische Provinz. +Der Marduktempel von Xerxes zerstört, bleibt seitdem in Trümmern. + + +§ 3. Juden (Hebräer, Israeliten). + +~Syrien~, von semitischen Völkern bewohnt, hat nach dem Verfalle der +Macht der +Hethiter+ (S. 8) keine zusammenfassende Staatsbildung +aufzuweisen; im 9. Jahrhundert wird es von den +Assyrern+ abhängig. +Doch behalten die Einwohner ihre alte Religion und Sprache; in +Nordsyrien herrscht die +aramäische+ Sprache. + +Geschichtlich bedeutsam durch seine +Religion+ ist das im Lande +~Kanaan~ (Palästina) wohnende jüdische Volk, dessen ältere Geschichte +sagenhaft ist. Stammväter: +Abraham+, +Isaak+, +Jakob+; Auswanderung +nach Ägypten, Rückkehr unter +Mose+, Gesetzgebung am +Sinai+. Unter ++Josuas+ Führung werden die Völker Kanaans besiegt; Verteilung des +Landes zu beiden Seiten des +Jordan+ unter die 12 Stämme; der Stamm +Levi zur Priesterschaft bestimmt. Verehrung des einigen unsichtbaren +Gottes +Jahveh+ (Jehovah); sein Heiligtum die tragbare Stiftshütte, +darin die Bundeslade, in welcher die Gesetztafeln aufbewahrt werden. +Das Gesetz Jahvehs beherrscht das ganze bürgerliche Leben. (Theokratie.) + +Weitere Kämpfe mit den Völkern Kanaans unter Führung der ~Richter~: +Gideon, Jephtah, Simson, Samuel. + +[Um 1000.] + +Auf Verlangen des Volkes salbt Samuel den ~Saul~ (aus dem Stamme +Benjamin) zum +König+. Saul, siegreich gegen die Nachbarvölker, +entzweit sich bald mit dem Priestertume. Samuel salbt einen andern +König, +David+, aus dem Stamme Juda. Diesen nötigt Saul zur Flucht, +tötet sich aber selbst nach einem unglücklichen Kampfe gegen die +Philister. + +[Um 980.] + +~David~ treibt die Feinde zurück, entreißt den Jebusitern +Jerusalem+, +wohin die Bundeslade gebracht wird, und macht diese Stadt zur +Hauptstadt. + +[Um 950.] + +~Salomo~ baut den Tempel zu Jerusalem; Freundschaft mit dem König +Hirôm I. von Tyros, gemeinsame Seefahrten nach dem Lande +Ophir+ +(Ostarabien?); glänzende Regierung. Nach seinem Tode + +[Um 925.] + +~Teilung~ des Reiches der Juden. Die Stämme Juda und Benjamin halten zu ++Rehabeam,+ dem Sohne Salomos, die andern zehn Stämme unter +Jerobeam+ +bilden das Reich +Israel+ (Hauptstadt Sichem, später seit Ahab Samaria). + +Im Reiche ~Israel~ gelangt unter König +Ahab+ (um 870) durch den +Einfluß seiner Gemahlin +Isebel+, Tochter +Itobaals I.+ von Tyros, +der phönikische Baal- und Astartedienst zu großer Verbreitung. Kampf +der ~Propheten~ (~Elîa~, +Elisa+ u. a.) gegen das götzendienerische +Königtum. Ahab fällt im Kampf gegen Damaskus. Der Feldhauptmann ++Jehu+, von Elisa gesalbt, tötet Isebel, rottet das Geschlecht Ahabs +aus, macht sich zum König und verbietet den Baaldienst; er wird 842 +dem +assyrischen+ Könige Salmanâsar II. tributpflichtig (S. 9). +Dann Bedrängnis durch die Könige von +Damaskus+, glücklichere Zeit +unter +Jerobeam II.+ König +Menachem+ wird 738 wiederum den Assyrern +untertan; König +Hosea+ wird, als er sich der assyrischen Herrschaft zu +entziehen sucht, 724 von Salmanâsar IV. geschlagen und gefangen. Nach 3 +jähriger Belagerung wird + +[~722.~] + ++Samaria+ von +Sarrûkin+ (S. 9) erobert, das ~Reich Israel zerstört;~ +über 27000 Einwohner weggeführt und in Assyrien und Medien angesiedelt. + +Das Reich ~Juda~ wird noch unter +Rehabeams+ Regierung von den Ägyptern +unter +Scheschonk+ (S. 6) mit Krieg überzogen. König +Josaphat+ (um +870) vermählt, um ein friedliches Verhältnis mit dem Reiche Israel +herzustellen, seinen Sohn mit +Athalja+, der Tochter Ahabs von +Israel und der Isebel. Athalja bemächtigt sich 843 in Jerusalem der +Herrschaft, ermordet, um Davids Stamm auszurotten, ihre eigenen Enkel +(nur +Joas+ wird wunderbar gerettet und im Tempel Jehovahs auferzogen) +und führt in Jerusalem den Baaldienst ein. Sie wird 837 von dem +Hohenpriester +Jojada+ gestürzt und getötet, der junge +Joas+ auf den +Thron gesetzt, der Baaldienst aufgehoben. + +König +Hiskia+ (um 700), der Leitung des Propheten ~Jesaja~ folgend, +verbannt aufs neue die Abgötterei, verweigert den Assyrern den Tribut +und verbindet sich mit Ägypten. Die Assyrer unter +Sinachirib+ belagern +vergeblich Jerusalem, führen aber viele Bewohner des offenen Landes in +die Gefangenschaft. + +Unter +Josia+ (640–609) verheeren die +Skythen+ (s. S. 10) das Land. +Herstellung des Jehovahdienstes nach Auffindung des Gesetzbuches im +Tempel (621); der Prophet ~Jeremia~. König Josia fällt im Kampfe gegen +den ägyptischen König +Neko+ (s. S. 10) bei +Megiddo+ 609. Das Reich +Juda wird den Ägyptern und nach der Schlacht bei +Gargamisch+ (S. 6) +den Babyloniern Untertan. Ein Versuch des letzten Königs +Zedekia+, +die Unabhängigkeit wieder zu gewinnen, mißlingt trotz ägyptischer Hilfe. + +[v. Chr. 586.] + +~Nabukudrossor~, König von Babylon, ~zerstört Jerusalem~. Viele Juden +in die +babylonische Gefangenschaft+ geführt. + +[539.] + +~Kyros~ gestattet den Juden die Rückkehr nach Palästina und die +Wiederherstellung eines Staates Juda. Jerusalem und der Tempel wieder +aufgebaut. Herstellung des mosaischen Gesetzes durch +Esra+ 458, +Mauerbau unter +Nehemia+ 445. An der Spitze des kleinen Staates steht +unter persischer Oberhoheit der +Hohepriester+; Feindschaft gegen ++Samaria+, wo Vermischung mit anderen Völkern eingetreten ist. + + +§ 4. Phöniker und Karthager. + +~Phönikien~, der schmale, hafenreiche Küstenstrich westlich vom Gebirge +Libanon, bewohnt von einem semitischen Volke, welches frühzeitig Städte +gründete: +Arwad+ (Arados), +Gubal+ (Byblos), +Berut+ (Berytos), ++Sidon+, +Zor+ (Tyros). ~Sidon~ seit etwa 1500 v. Chr. die bedeutendste +Stadt. + +Die +Religion+ der Phönīker mit der babylonischen verwandt, durch +Ausschweifung und Grausamkeit entstellt. Hauptgötter +Baal+, +Astarte+ +und +Moloch+, der Feuergott, welchem Menschenopfer dargebracht wurden. +In Tyros +Melkart+ besonders verehrt, in Gubal der Frühlingsgott ++Adonis+. + +Die Phöniker trugen als +Handelsvolk+ die in Ägypten und Babylonien +begründete Kultur nach den Ländern des Westens. Ihre Häfen standen +durch Karawanenstraßen (über Damaskus und Thadmor) mit dem Euphratlande +in Verbindung. Mannigfache +Gewerbtätigkeit+: Weberei, Purpurfärberei, +Glasbereitung, Bergbau, Bearbeitung der Metalle. Ausbildung der +(konsonantischen) Lautschrift, von der die europäischen und neueren +asiatischen »Alphabete« abstammen. + +Gründung zahlreicher ~Kolonieen~ auf Cypern, Rhodos, Kreta, Kythera, +auf Inseln des Ägäischen Meeres, auf Sicilien, an der Nordküste von ++Afrika+ (Utica, Leptis), an der Südküste von +Spanien+ (Gades). +Weitere Handelsfahrten teils nach der Westküste Afrikas, teils nach +Britannien und der deutschen Seeküste, wo sie u. a. den Bernstein +fanden. + +[Um 1100.] + +~Tyros~ gelangt an Stelle von Sidon zum Vorrang unter den phönikischen +Seestädten. + +[Um 950.] + +Blüte von +Tyros+ unter König ~Hirôm I.~, dem Freunde Salomos (S. 11). ++Neu-Tyros+, auf einer Insel der Altstadt gegenüber gelegen, wird +erweitert, befestigt und durch einen Damm mit dem Festlande verbunden. +Später entstehen innere Zwistigkeiten; ein großer Teil der alten +Geschlechter verläßt unter Führung der Königstochter +Elissa+ die Stadt +Tyros und gründet + +[v. Chr. Um 814.] + +~Karthāgo~, punisch +Kartchadast+ (d. h. die neue Stadt), an der +Meeresbucht zwischen dem +Schönen+ und dem +Hermäischen+ Vorgebirge, +nicht weit von dem heutigen +Tunis+ (Doppelhafen, Burg +Byrsa+). Die +Gründerin +Elissa+ wird später als Göttin +Dido-Astarte+ (Beschützerin +der Kolonisation) verehrt. + +Verfassung Karthagos: Aristokratische Republik, die Herrschaft in der +Hand der reichen Großkaufleute und Gewerbetreibenden, an der Spitze +zwei jährlich erwählte +Suffeten+, d. h. Richter, auch Könige genannt, +ein engerer und ein weiterer Senat; die Bürgerschaft hat das Wahlrecht +und wird bei wichtigen Entscheidungen befragt. + +Allmähliches Sinken der Städte des Mutterlandes; sie geraten unter die +Botmäßigkeit der +Assyrer+, dann der +Babylonier+; nur +Tyros+ erhält +sich bis 573 frei. Währenddessen breiten sich die +Griechen+, welche +schon früher (um 1000 v. Chr.) die Phöniker aus dem Ägäischen Meere +verdrängt hatten, an den Küsten und Inseln des westlichen Mittelmeeres +aus und bedrohen die phönikischen Niederlassungen mit Vernichtung. + +[Um ~600~.] + +Gegenüber dieser Gefahr beginnt ~Karthago~ die Phöniker des Westens +unter seiner Führung zu sammeln und gründet ein ~seemächtiges Reich~ +in +Nordafrika+, +Westsicilien+ und +Südspanien+. Grenzkriege mit +den Griechen von +Kyrēne+; die Altäre der Philänen (östlich von +Groß-Leptis) als Grenze festgestellt. Auch +Sardinien+ wird von den +Karthagern besetzt; aus +Korsika+ vertreiben sie, im Bunde mit den +Etruskern, die Griechen von Phokäa (Seeschlacht bei Alalia 540). + +[586–573.] + +~Tyros~ hält eine dreizehnjährige Einschließung (von der Landseite) +durch +Nabukudrossor+ aus, muß aber zuletzt die Oberherrschaft des +Königs von Babylon anerkennen (S. 10). + +[539.] + +Nach Zerstörung des Babylonischen Reiches durch +Kyros+ werden die +Phöniker den Persern Untertan, sie stellen fortan den Hauptteil der ++persischen Seemacht+. ~Sidon~ wird nunmehr wieder die erste Stadt +Phönikiens. +Tripolis+ als Bundesstadt gegründet von Arados, Sidon und +Tyros. + +[332.] + +Nach der Eroberung von Tyros durch +Alexander d. Gr.+ wird Phönikien +und ganz Syrien, bald auch Ägypten und Babylonien ein Teil der großen +~griechisch-makedonischen~ Monarchie. + +Fussnoten: + +[1] Die Entzifferung der Hieroglyphen gelang zuerst dem französischen +Gelehrten +Champollion+ 1822 mit Hilfe des 1799 von Napoleons I. +Soldaten bei +Rosette+ aufgefundenen Steines, der eine Inschrift aus +der Ptolemäerzeit in ägyptischer und griechischer Sprache enthält. + +[2] Einunddreißig +Dynastien+ ägyptischer Könige, mit +Menes+ +beginnend, bis auf Alexander d. Gr. verzeichnete um 280 v. Chr. der +Priester +Manĕtho+ zu Heliopolis (On) in einem griechisch geschriebenen +Werke über Ägyptens alte Geschichte. + +[3] +Herodot+, welcher um 450 v. Chr. Ägypten bereiste, nennt die +Könige Cheops, Chephren, Mykerinos. Seine Angaben über die ältere +Geschichte Ägyptens sind sagenhaft; wertvoll ist seine Schilderung des +Landes und der Volkssitten. + +[4] Die Entzifferung der Keilschrift begann +G. F. Grotefend+ 1802, +indem er in den Inschriften von Persepolis die persischen Königsnamen +erkannte. Weitere Fortschritte namentlich durch +Rawlinson+, welcher +1846 die persische Inschrift von Bagistana (Behistun) (s. S. 20) +herausgab. + +[5] Die fünfte Dynastie bei +Berōssos+, der um 280 v. Chr. die Sagen +der babylonischen Urzeit (große Flut) und die Königsreihen in einem +griechisch geschriebenen Geschichtswerk verzeichnete. + +[6] Die Ruinen von +Ninive+ bei Môssul (am Tigris) zuerst 1842 von dem +Franzosen Botta, 1845 von dem Engländer Layard erforscht, die Ruinen +von +Babylon+ 1853 von Oppert und Rawlinson. Deutsche Ausgrabungen +1886, dann seit 1901. + +[7] Mit Nabunâssirs Regierungsantritt 747 v. Chr. beginnt der in dem +astronomischen Werke des Alexandriners +Ptolemaios+ (um 150 nach Chr.) +erhaltene +astronomische Kanon+, ein Verzeichnis der Herrscher, die +über Babylon regiert haben, bis Antonius Pius, mit genauer Angabe der +Regierungszeiten. + + + + +~B. Die asiatischen Arier.~ + + +Ein neues Zeitalter beginnt mit dem Auftreten der ~Arier~ +(Indoeuropäer). Zuerst treten die +asiatischen+ Zweige dieser +Völkergruppe hervor in Iran, Kleinasien, Armenien, Indien, dann die ++südeuropäischen+ (Griechen und Italiker), weiterhin die Kelten und +Germanen, zuletzt die Slaven und Letten. + + +§ 1. Völker Kleinasiens. + +Um 1500 v. Chr. erscheinen zuerst die den Phrygern verwandten +Muski+ +und Stämme der iranischen +Saken+ (Skythen) in Kleinasien. Sie +verdrängen die +Hethiter+ (S. 5, 8, 9), von deren früherer gewaltiger +Herrschaft sich Denkmäler westlich vom Halys in Syrien, Mesopotamien, +Kilikien, Kappadokien, auch am Sipylos finden. Das ~Phrygische Reich~, +dessen König Mita (Midas) 710 den Assyrern huldigt (S. 9), erliegt bald +darauf dem Ansturm der +Kimmerier+ (S. 10), die ebenso wie die +Saken+ +oder +Skythen+ iranische Stämme sind, die nicht seßhaft werden. Als +selbständige seßhafte Stämme erscheinen die Armenier, Kappadokier, +Lykier; an der Westküste bildet sich das ~Lydische Reich~ und gewinnt +dann weitere Ausdehnung. + +[Um 670.] + +König ~Gyges~, Begründer der +Mermnaden+-Dynastie, huldigt dem +assyrischen Reiche, fällt im Kampf gegen die +Kimmerier+, welche die +Hauptstadt +Sardes+ bis auf die Burg erobern, dann aber zurückweichen. +Seine Nachfolger unterwerfen +Mysien+ und +Phrygien+, bekämpfen die +Griechenstädte. ~Alyattes~, der vierte Mermnade, gerät in Krieg mit +Kyaxâres von Medien. + +[~585.~] + +Unentschiedene Schlacht am Halys zwischen +Alyattes+ und +Kyaxâres+ +(Sonnenfinsternis, vorhergesagt von Thales von Milet). Der +Halys+ wird +als Grenze zwischen dem lydischen und dem medischen Reiche festgesetzt. +Des +Alyattes+ Tochter wird mit +Astyages+, dem Sohne des +Kyaxâres+, +vermählt. +Alyattes+ unterwirft +Bithynien+, +Paphlagonien+, +Karien+, +auch die meisten Griechenstädte, zerstört +Smyrna+. Aufhäufung großer +Schätze in der Königsburg von Sardes. + +[~554–541.~] + +~Kroisos~, Sohn des Alyattes; er unterwirft nach der Einnahme von ++Ephĕsos+ alle griechischen Küstenstädte, mit Ausnahme von +Milet+, mit +dem er das von Alyattes erzwungene Bundesverhältnis erneuert. Reger +Verkehr mit dem europäischen Griechenland. + +Nach der Entthronung seines Schwagers +Astyages+ von Medien durch den +Perser +Kyros+ überzieht +Kroisos+ das persische Reich mit Krieg. Auf +den (zweideutigen) Rat des delphischen Orakels überschreitet er den ++Halys+. Unentschiedene Schlacht bei +Pterĭa+. Kroisos geht unschlüssig +nach Sardes zurück. Kyros folgt ihm, siegt in einer zweiten Schlacht, +erobert Sardes und nimmt Kroisos gefangen. + +[Um ~545.~] + +~Untergang des lydischen Reichs,~ das mit dem persischen vereinigt wird. + + +§ 2. Die Inder. + +Um 1500 v. Chr. Einwanderung +arischer+ Stämme in das Tiefland des +~Indus~; sie breiten sich allmählich aus über das +Ganges+land, über +die Halbinsel +Dekhan+ und die Insel +Ceylon+ (Singhala), überall +eine dunkelfarbige Urbevölkerung (+Dravidas+) verdrängend. Gründung +zahlreicher Staaten. + +Der alt-arische Götterglaube, den die Eroberer mitbrachten, bilderlose +Verehrung der Naturmächte (der Himmelsgott +Diausch-Asura,+ der Gott +des allumfassenden Weltraumes +Váruna,+ der Feuergott +Agni+, der +Gewittergott +Indra+ u. a.), ward unter dem Einfluß der Priester +allmählich zu der mehr monotheistischen ~Brahma~-Religion umgebildet, +die das gesamte Denken und Leben in strenge Satzungen einfügte. Viele +Vorschriften der Reinigung, Lehre von der Seelenwanderung. Das Volk +wird in vier streng geschiedene Stände (Kasten) geteilt: Priester +(+Brahmanen+), Krieger (+Kschatrija+), Ackerbauer und Gewerbetreibende +(+Vaiçja+), die unterworfenen Ureinwohner als Dienende (+Çudra+): am +niedrigsten stehen die als unrein verachteten +Paria+. Die Könige gehen +aus dem Kriegerstande hervor, sie wählen ihre Ratgeber und Beamten aus +den Brahmanen. + +Reiche Entwickelung der Literatur; +Sanskrit+ die Schriftsprache, von +der Volkssprache unterschieden. +Vedas+ die heiligen Bücher (Hymnen, +Gebete, Sprüche), Gesetzbuch des +Manu+. Die epischen Dichtungen ++Mahabhârata+ und +Ramâjana+ schildern die Heldentaten der Kriegszeit, +doch hat ihr ursprünglicher Inhalt manche Umbildung in priesterlichem +Sinne erfahren. In Baukunst und Skulptur ist seit dem 6. Jahrhundert ++persischer+ Einfluß erkennbar. + +[Um 520.] + +~Buddha,~ ein Königssohn (seine Heimat an den Vorhöhen des Himâlaya), +tritt als Reformator auf, verwirft die strengen Satzungen und +Kastenunterschiede, lehrt sittliche Vervollkommnung durch Entsagung +und Mitleid, stellt als Ziel die Ruhe der Seele (Nirwāna) auf. Er wird +später selbst als Gott verehrt, sein Bild in den Tempeln aufgestellt. + +[Um 450.] + +Das Reich von ~Magādha~ im Gangeslande erhebt sich nach Unterwerfung +mehrerer Nachbarstaaten zu größerer Bedeutung: seine Könige nehmen den +Buddhismus an. Residenz +Pataliputra+ (Patna). + +[317–291.] + ++Tschandragupta+, ein Flüchtling aus Magadha, vertreibt die Makedonier +aus dem +Indus+lande, macht sich zum König von Magadha und erweitert +das Reich fast über die ganze vorderindische Halbinsel. Sein Enkel + +[263–226.] + ++Açoka+ durch milde und sorgsame Regierung berühmt. Blütezeit des +Buddhismus; die +Stupa+, Kuppelbauten zum Schutz der Reliquien Buddhas, ++Bhagavāti+ die pyramidenförmig aufsteigenden Tempel (Pagoden). Anlage +von Straßen, Brunnen, Krankenhäusern (auch für Tiere). Inschriften +bezeugen seine Beziehungen zu den Herrschern der Diadochenreiche. + +Im Reiche Magadha lebte im 6. Jahrhundert +nach+ Chr. der Dramendichter +Kalidâsa (Sakuntăla). Im 3. Jahrhundert gelangt die +Brahma+lehre +wieder zur Herrschaft; der Buddhismus breitet sich nach Hinterindien, +Tibet, China, Japan aus. Das Eindringen fremder Eroberer beginnt erst +in der Zeit des Islam. + + +§ 3. Die Iranier. + +Das Hochland +Iran+ (Ariân, Land der Arier) ist ein Land der +Gegensätze; zwischen schneebedeckten Gebirgen und glühenden Sandwüsten +liegen oasenartig Strecken fruchtbarsten Bodens, die natürlichen +Mittelpunkte des Landes. Am stärksten bewohnt sind die Gebirgsländer +am Rande des Hochlandes; im Westen +Medien+ und +Persien+, im Norden ++Hyrkanien+ und +Parthien+, im Osten +Baktrien+ und +Arachosien+; dort +hat sich in der Landschaft +Arīa+ (Herat) auch der alte Gesamtname +erhalten. + +Der alte Götterglaube erfuhr auch hier eine priesterliche Umbildung +durch die Lehre des +Zarathuschtra+ (Zoroaster), der in unbekannter +Zeit unter einem Fürsten +Vistâspa+ lebte. Als Staatsreligion erscheint +diese Lehre erst unter Dareios I., um 520. Über die anderen Götter +erhebt sich +Ahura-Mazda+ (Ormuzd), Beschützer des Ackerbaues und +Verteidiger der Wahrheit; ihm stehen zur Seite die 6 guten Geister, ++Amĕscha-Spenta+. Sein Dienst fordert die Bekämpfung der verderblichen +Mächte, an deren Spitze +Angramanjusch+ (Ahriman) steht. Keine +Götterbilder und Tempel; nur Feueraltäre im Freien, namentlich auf +Bergen; das Feuer gilt als heiliges Symbol der Reinheit. Später +(um 400 v. Chr.) finden auch Götter der alten Volksreligion wieder +große Verehrung, namentlich +Mithra+, der Gott des Sonnenlichts, und ++Anāhĭta+, Göttin der Gewässer, denen man auch Bilder und Tempel +errichtet. Heiliges Buch +Avesta+, nur zum Teil erhalten in einer aus +der Sassanidenzeit (3. Jahrhundert nach Chr.) stammenden Bearbeitung. +Die Priester (Magier) zu einer erblichen Kaste vereinigt. + +Die ~Meder~ im nordwestlichen Gebirgslande, seit 835 den +Assyrern+ +Untertan (S. 9), doch oft sich empörend, befreien sich zur Zeit des +Einbruchs der +Skythen+ (S. 10). Schon um 670 wird +Kastarita+, ein +medischer Fürst, von den Assyrern als gefürchteter Gegner genannt. Nach +Herodot ist +Deiokes+ (700 bis 647) als der Begründer des medischen +Reiches anzusehen. Der Befreier Mediens von den unter +Partatua+ +(Protothyas bei Herodot) infolge des babylonisch-assyrischen Krieges in +großen Scharen (S. 10) eingedrungenen +Skutscha+ (Skythen), die unter +Madyas, dem Sohn Partatuas, 28 Jahre über »Asien« herrschten, war + +[624–585.] + +~Kyaxâres~, vermutlich ein Nachkomme Kastaritas. Er ist wohl der +eigentliche +Gründer des Mederstaates+, schuf ein stehendes Heer, stand +im Bunde mit Babylonien (S. 10). Er zerstört Ninive, kämpft mit den +Lydern (S. 15) und dehnt seine Herrschaft über andere iranische Stämme +(Sagartier, Hyrkanier, Parther) aus. Sein Reich vom Halys im Westen +bis an die Grenze Elams (zu Babylon) im Südosten. Residenz Hagmatâna +(Agbatana). Sein Nachfolger ist + +[584–550.] + +~Astyages~ (babylonisch Ischtuvegu). Er macht einen Vorstoß gegen das +neubabylonische Reich und belagert um 555 +Harrân+. Seine Erfolge +werden vereitelt durch den Aufstand der +Perser+, eines medischen +Vasallenstaates in Elam, unter +Kurusch II+. + +[Um 630.] + +Die ~Perser~ dringen aus ihrem Gebirgslande im Südwesten Irans nach ++Elam+ vor und gründen hier unter dem Achämeniden +Tschischpisch+ +(Teïspes bei Herodot) das Königreich +Antschan+. Hier herrschen die +Könige +Kurusch I.+ und +Kambudschija I.+, dann des letzteren Sohn + +[~558–529.~] + +~Kyros~ (+Kurusch II.+), welcher 550 seinen Lehnsherrn +Astyages+ +stürzt und die medische Hauptstadt +Hagmatâna+ erobert. Er vereinigt +die persischen Stämme unter seiner Herrschaft und gründet das große + +[~559–330.~] + +~Persische Reich,~ + +welches die Völker Vorderasiens zu einer politischen Einheit +zusammenfaßt. Ihm gehorchen die früher den Medern unterworfenen +Völker Irans, die Armenier und Kappadoker; er stürzt das lydische +Reich (S. 16), und während seine Feldherren Mazares und Arpagos die +Griechenstädte an der kleinasiatischen Küste unterwerfen, erobert er ++Babylon+. Das babylonische Reich wird dem persischen angegliedert (S. +11), jedoch in Sitte und Religion nicht angetastet. Die phönikischen +Städte und die Kilikier behalten ihre einheimischen Könige unter +persischer Oberhoheit, in den Griechenstädten werden persisch +gesinnte Fürsten (Tyrannen) eingesetzt, den Juden wird die Rückkehr +nach Palästina gestattet. Hauptstadt zunächst wohl Susa, denn Kyros’ +Stammland Antschan gehörte zu Elam. + +Die +Meder+ sind in diesem Reiche zunächst den Persern gleichgestellt, +ebenso wie die Babylonier; auch aus ihnen nimmt der König seine +Beamten. Bei den +Persern+ herrschen einfache Sitten; als kräftiges +Gebirgsvolk sind sie den in der Kultur vorgeschrittenen Nachbarvölkern +überlegen. Kyros fällt 529 im Kampfe gegen die Nomaden im Nordosten des +Reiches (+Massageten+, ihre Königin Tomyris nach Herodot); sein Grabmal +zu +Pasargădã+ ist erhalten. Sein Sohn und Nachfolger + +[~529–522~.] + +~Kambyses~ (+Kambudschĭja)+ tötet seinen jüngeren Bruder (Smerdis) ++Baraĭja+, der sich an die Spitze eines Aufstandes der östlichen +Reichshälfte gestellt hat. (Kyros hatte sich nicht auf das Persertum +gestützt, sondern auf die alten Kulturländer; erst unter Dareios gewann +das Persertum die führende Stellung im Reich.) Er erobert +Ägypten+ (S. +6), zieht den Nil aufwärts gegen +Napata+, das sich unterwirft. Die +Griechen in +Kyrene+ erkennen ebenfalls die Oberherrschaft der Perser +an, aber eine beabsichtigte Unternehmung gegen +Karthago+ scheitert an +der Weigerung der Phöniker, gegen ihre Pflanzstadt Schiffe zu stellen. +Inzwischen empört sich in Medien der Magier (Priester) +Gaumâta+, indem +er sich für den getöteten ~Bardija~ ausgibt. Kambyses stirbt auf der +Rückkehr aus Ägypten; der falsche Bardija wird nach kurzer Herrschaft +gestürzt von den sieben Stammfürsten der Perser, deren +erster+ König +wird, der Sohn des Achämeniden Vischtâspa (Hystaspes),[8] + +[521–485.] + +~Dareios I.~ (+Darijavahusch+). Aufstände im ganzen Reiche, zuerst in +Elam und Babylon, dann empören sich die Meder, Sagarter, Hyrkanier und +Parther unter angeblichen Nachkommen des +Kyaxâres+, die Armenier, in +Persien selbst ein zweiter falscher +Bardija+. Die Niederwerfung aller +dieser Aufstände (Babylon durch die List des Zopyrus erobert) berichtet +die dreisprachige Keilinschrift (persisch, elamitisch, babylonisch) +an der Felswand von +Bagistâna+ (Behistun, südwestlich von Agbatana am +oberen Choaspes). + +Darauf Neuordnung des Reiches; es wird in 20 +Satrapien+ geteilt, +die bestimmte Steuern zu entrichten haben in Geld und Naturalien. +Nur die eigentlichen Perser sind steuerfrei, nicht mehr die früher +ihnen gleichgestellten Meder. Die Perser bilden den Kern des Heeres. +Die übrigen Reichsvölker stellen Truppen oder Schiffe. Einheitliche +Reichswährung, deren Einheit der Dareikos (Goldmünze von etwa 23 M. +Wert) bildet, der auch in Griechenland und Indien in Umlauf kommt. +300 Dareiken gleich einem babylonischen Silbertalent, 7030 M. unseres +Geldes. Große Heerstraßen angelegt, namentlich die Königsstraße von ++Sardes+ nach +Susa+ mit Stationen für die reitenden Boten des Königs. +Palastbauten in +Susa+ und der neuen Hauptstadt +Persepŏlis+; auch ++Babylon+ und +Agbatāna+ bleiben Residenzen des Großkönigs. + +Dareios erweitert das Reich durch Unterwerfung des +Indus+landes, +läßt von der Indusmündung aus Arabien umfahren und den Nilkanal nach +dem Roten Meer (S. 6) vollenden. Karthago zahlt Tribut. Nach Westen +vordringend überschreitet er 514 mit Heeresmacht den +Bosporus+, dann +auch die untere Donau, dringt in das Skythenland ein, muß jedoch +umkehren (Histiaios, Tyrann von Milet, rettet die Donaubrücke gegen den +Rat des Atheners Miltiades) (S. 36); sein Feldherr Megabazos unterwirft ++Thrakien+ und +Makedonien+. Von den griechischen Inseln werden ++Lemnos+ und +Imbros+ Untertan, wie früher schon +Lesbos+, +Chios+, ++Samos+. + +[500–494.] + +~Aufstand der ionischen Griechen~, + +angestiftet durch den mit einem Fürstentum in Thrakien beschenkten, +dann aber bei Dareios verdächtigten und nach Susa berufenen Tyrannen ++Histiaios von Milet+ und dessen Schwiegersohn +Aristagŏras+. Mit Hilfe +von +Athen+ und +Eretria+ wird +Sardes+ eingenommen, die Stadt geht in +Flammen auf. Aber bald werden die Ionier von dem persischen Landheere +geschlagen, von den Bundesgenossen aus Athen und Eretria verlassen, die +ionische Flotte wird bei der Insel +Lade+ (vor Milet, 494) besiegt. +Nach Unterwerfung der Ionier +Milet zerstört+, die noch übrigen +Einwohner an der Mündung des Tigris angesiedelt. Histiaios gekreuzigt. +492 folgt die Wiederunterwerfung von Thrakien und Makedonien (S. 38). + +[490.] + +Seezug der Perser, um die Unterwerfung der griechischen Inseln zu +vollenden; die Landung in Attika mißlingt. Weitere Unternehmungen gegen +Griechenland gehemmt durch einen Aufstand der +Ägypter+. + +[485–465.] + +~Xerxes I~. (Khsijârscha) unterwirft Ägypten, sein Zug gegen +Griechenland mißlingt; die Herrschaft über Thrakien, Makedonien, +die Inseln, die kleinasiatischen Griechenstädte geht verloren. +Schwelgerisches Leben am Königshofe; die alten einfachen Sitten der +Perser schwinden. Xerxes und sein ältester Sohn werden von Artabān, dem +Führer der Leibwache, in Susa ermordet. Es folgt der zweite Sohn + +[465–424.] + +~Artaxerxes I.~ (Artachschâtra) mit dem Beinamen Langhand (Longimănus). +Zweiter Aufstand der Ägypter unter +Inărōs+, von den Athenern +unterstützt, von +Megabyzos+, dem Satrapen von Syrien, unterdrückt (S. +44). Friede mit den Griechen nach 449; Empörung des Megabyzos durch +Verhandlungen beigelegt. Sein Sohn +Xerxes II.+ wird im zweiten Monat +seiner Regierung ermordet von seinem jüngeren Bruder +Sogdianos+; +diesen stürzt der Halbbruder + +[424–405.] + +~Dareios II.~ (Nothos), der dann mit Satrapenaufständen zu kämpfen +hat. Dritter Aufstand der +Ägypter+, die über 60 Jahre lang ihre +Unabhängigkeit behaupten. + +[405–359.] + +Artaxerxes II. (Mnemon) besiegt seinen jüngeren Bruder +Kyros+, der +als Statthalter in Kleinasien sich empört hat, 401 bei +Kunaxa+ unweit +Babylon, nimmt die Griechenstädte in Kleinasien wieder unter seine +Herrschaft (S. 55). + +[359–338.] + +~Artaxerxes III.~ (Ochos) unterwirft die Phönīker, nach drei Kriegen +auch die Ägypter, herrscht als tatkräftiger Despot, wird endlich +von seinem Günstling, dem Ägypter +Bagoas+, vergiftet. Dieser setzt ++Arses+, des Königs jüngsten Sohn, auf den Thron, beseitigt ihn aber +nach zwei Jahren und macht den Enkel eines Bruders von Artaxerxes II., + +[336–330.] + +~Dareios III.~ (Kodomannos), zum König. Bagoas muß den Giftbecher +trinken. Dareios regiert wohlwollend, erliegt aber dem Angriff der +makedonischen Macht. + +[330.] + +~Vernichtung des Perserreiches~ durch ~Alexander d. Gr.~ Die +griechische Kultur kommt in Vorderasien zum Siege. + +Fussnoten: + +[8] Stammtafel der Achämeniden: + + Tschischpisch. + _____| |__________ + | | + Kurusch I. Anjarâmna. + | | + Kambudschija I. Arschâma. + | | + Kurusch II. Vischtâspa. + _____| |_____ | + | | | + Kambudschija II. Bardija. Darijavahusch. + + + + +~C. Die Völker Ostasiens.~ + + +Durch die weiten Hochflächen des inneren Asiens von den westlichen +Kulturvölkern getrennt entsteht frühzeitig in ~China~ ein bedeutendes +Reich, gegründet auf den +Ackerbau+ in den fruchtbaren Flußtälern +des Hoangho und Jantsekiang. Die sagenhafte Überlieferung stellt an +den Anfang fünf große Kaiser, die in der Zeit von 3300–2207 v. Chr. +regiert haben sollen. Als Gründer des Reiches gilt ~Fohi~, der seine +Untertanen den Gebrauch der Haustiere und die Schriftzeichen lehrte; ++Schinnung+ führte den Ackerbau ein, +Hoang-ti+ lehrte die Zeitrechnung +und ordnete die Verwaltung der Provinzen, seine Gemahlin begründete die +Seidenweberei. + +Zwei Dynastieen regieren von 2207–1122 v. Chr.; unter der zweiten wird +die Macht des Kaisers durch die großen Lehnsträger sehr beschränkt. ++Wu-wang+, Begründer der dritten Dynastie (1122–256). Diese erwirbt zu +dem ursprünglichen Reichsgebiet am unteren Hoangho auch die Länder am +Jantsekiang, verliert aber alle Macht an die großen Feudalherren. + +[551–478.] + +In einer Zeit des Verfalls und innerer Wirren tritt ~Kong-fu-tse~ +(Confucius) als religiöser Reformator auf. Er sammelt Sittensprüche +und Lieder der älteren Zeit in den fünf heiligen Büchern (King); +seine Lehre wird zu seinen Lebzeiten nicht beachtet, später jedoch +unter der Dynastie Han zur Staatsreligion erhoben. Die Grundzüge der +alten Religion (Verehrung des Himmels, der mächtigen Geister und der +Ahnen) hat er nicht verändert. Er will die Menschen glücklich machen +als Mitglieder der Familie und des Staates. Das Einzelindividuum hat +sich der Gewalt und Autorität der Älteren und Höheren unbedingt zu +unterwerfen. + +[255–206.] + +Der Kaiser +Schi-huang-ti+, Begründer der vierten Dynastie, bricht die +Feudalherrschaft der Großen, stellt die Einheit des »Reiches der Mitte« +her, beginnt den Bau der +Großen Mauer+ (2500 km lang, mit Wachttürmen) +zur Abwehr der Einfälle nördlicher Mongolenvölker. + +[206 vor Chr. bis 263 nach Chr.] + +Die +Han+-Dynastie gibt dem Reiche seine größte Ausdehnung und +höchste Blüte im Innern. Im Süden werden Tongking, Anam, Cochinchina +unterworfen, im Westen das Tarim-Gebiet, im Nordosten Korea. + +[Seit 65 n. Chr.] + +Eindringen des +Buddhismus+. Handelsverbindungen nach dem Westen; den +Römern wird die Seide (vestis Serĭca) bekannt. Der römische Kaiser +Marcus Aurelius soll 166 eine Gesandtschaft nach China geschickt haben. + +[220–617.] + +Zeit innerer Kriege; es bilden sich mehrere Reiche, die aber unter ++Wuti+, dem Stifter der Dynastie Tsin (263–420) und dem großen Kaiser ++Taitsung+ (627–659) aus der Dynastie +Tang+ (618–906) vorübergehend +wieder vereinigt werden. Später China unter tatarischen und +mandschurischen Dynastien. + +Die chinesische Kultur verbreitet sich namentlich nach ~Japan~, dessen +Geschichte um 600 v. Chr. mit der Gründung eines Reiches auf der Insel ++Kiusiu+ beginnt. + + + + +~D. Die Griechen.~ + + +Einen großen Fortschritt in der weltgeschichtlichen Entwickelung hat +das hochbegabte Griechenvolk bewirkt. Gegenüber der religiösen und +politischen Gebundenheit der asiatischen Völker zeigt es die +freie+ +Entwickelung der menschlichen Kräfte und hat in Staat, Kunst und +Wissenschaft eine noch jetzt in vieler Beziehung vorbildliche Höhe +erreicht. Die griechische Kultur, begünstigt durch ein wohlgelegenes, +reich gegliedertes Land, stand noch in Blüte, als das +Christentum+ in +die Welt eintrat, und hat ihm die Wege gebahnt. + + +§ 1. Mythische Zeit. + +Der Name +Griechen+ ist deutsche Umformung des von den Römern +gebrauchten Namens +Graeci+.[9] Sie selbst nannten sich +Hellenen+; +als Ureinwohner ihres Landes bezeichneten sie die +Pelasger+. Alte +Heiligtümer des pelasgischen Zeus waren zu +Dodōna+ in Epirus und auf +dem Berge +Lykaios+ in Arkadien. Der Name ~Hellenen~ erscheint bei +Homer noch nicht als Gesamtname des Volkes; die später gewöhnliche +Ansicht unterschied vier Hauptstämme des hellenischen Volkes: +Äŏler+, ++Achäer+, +Dorier+, +Ionier+. + +Merkwürdige Überreste aus der hellenischen Vorzeit sind seit 1870 +durch die von +Schliemann+ und seinen Nachfolgern zuerst in +Troja+ +(Hissarlik), dann in +Amyklä+, +Mykenä+, +Orchomenos+, +Tiryns+ +veranstalteten Ausgrabungen zu Tage gekommen. Man fand in den +Unterbauten weit ausgedehnter Königspaläste und in wohlerhaltenen +Gräbern vielerlei Waffen, eine erstaunliche Menge Goldschmuck, +Wandmalereien, bemalte Tongefäße und anderes. »Schatzhaus des +Atreus«, Löwentor in Mykenä. Weitere Grabungen auf den +Inseln+, +namentlich Cypern, Rhodos, Thera, Kreta, haben gezeigt, daß eine +frühe altertümliche Kultur die Küsten und Inseln des Ägäischen Meeres +umfaßte und unter orientalischem Einfluß, hauptsächlich infolge der +regen Handelsbeziehungen mit den Phönīkern, sich höher entwickelte. +Die Zeit dieser +Mykenischen Kultur+, deren bedeutsamster Mittelpunkt ++Kreta+ war (König +Minos+), ist 1500 bis 12 v. Chr.; eine jüngere +Zeit schildern die +Homerischen Gedichte+. Von alters her viele kleine +Staaten unter kriegerischen Königen, aber kein grausamer Despotismus +wie bei den Assyrern; milde Behandlung der Sklaven. + +~Religion~. Die den arischen Völkern gemeinsame Verehrung der +Naturkräfte bildet sich bei den Griechen frühzeitig um zur Verehrung ++persönlich+ gedachter Götter. Aus dem +Chaos+ sollen Himmel und +Erde (+Urănos+ und +Gaia+) entstanden sein, von diesen stammt das +Göttergeschlecht der +Titanen (Krŏnos, Rhea, Promētheus+ u. a.). Dieses +verdrängen die +olympischen Götter+, an ihrer Spitze der Himmelsgott ++Zeus+, Sohn des Kronos und der Rhea, welcher die Herrschaft der +Welt mit seinen Brüdern +Poseidon+ (Meer) und +Hades+ oder +Pluton+ +(Unterwelt) teilt. Als +olympische Götter+ werden besonders folgende +12 zusammengefaßt: +Zeus+, +Hera+, +Poseidon+, +Demēter+, +Hestia+, ++Hephaistos+, +Ares+, +Apollon+, +Artĕmis+, +Pallas Athene+, ++Aphrodite+, +Hermes+ (die letzten 7 gelten als Kinder des Zeus). +Andere Gottheiten: +Persephŏne+ (Tochter von Zeus und Demeter, Gemahlin +Plutons), +Eros+, der ständige Begleiter der Aphrodite, +Dionysos+ oder ++Bakchos+ (Sohn des Zeus und der thebanischen Königstochter +Semĕle+), +in seinem Gefolge der Hirtengott +Pan+, die Satyrn und Nymphen; ++Asklepios+ (Sohn des Apollon), die 9 +Musen+ (Klio, Euterpe, Thalīa, +Melpomĕne, Terpsichŏre, Erăto, Polymnia, Urania, Kalliŏpe, Töchter des +Zeus und der Mnemosy̆ne), ferner +Eos+, +Iris+; die Meergottheiten ++Nereus+ (seine Töchter die Nereĭden), +Amphitrīte+, +Triton+, ++Proteus+, +Glaukos+. + +Die Abhängigkeit des Menschengeschlechts von den Göttern gibt sich kund +in +Gebeten, Opfern, Festzügen+; durch +Orakel, Vorzeichen+ (Weissagung +aus dem Vogelflug und aus den Eingeweiden der Opfertiere) geben die +Götter ihren Willen kund. Glaube an ein Fortleben nach dem Tode +(Elysion, Tartăros). + +Reiche Entwickelung der +Götter- und Heldensage+, ein Schatz für die +griechische Poesie der folgenden Zeiten. + +Die Erinnerung an die Tatsache, daß Griechenland die Anfänge höherer +Kultur von den Völkern des Ostens erhalten hat, spiegelt sich wieder in +den +Einwanderungssagen+: + +~Danăos~, Gründer der Burg von +Argos+, soll aus +Ägypten+ gekommen +sein, seine 50 Töchter, die +Danaiden+, ermorden ihre Männer, die +Söhne des Äigyptos; nur Hypermnestra rettet den Lynkeus. Ihr Nachkomme ++Perseus+, Sohn des Zeus und der Danae, gründet nach der Rückkehr von +seinen Heldentaten (Medusa getötet, Andromĕda befreit) die Burg von ++Mykēnä+ als Herrschersitz. Aus seinem Geschlecht stammen +Eurystheus+ +und +Herăkles+. + +~Pelops~, Sohn des Königs +Tantălos+, soll aus +Lydien+ nach Elis +gekommen sein. Seine Söhne +Atreus+ und +Thyestes+ bemächtigen sich, +nachdem Eurystheus im Kampfe gegen die Herakliden gefallen ist (s. S. +25), der Herrschaft in +Mykenä+. Atreus’ Sohn +Agamemnon+ herrscht nach +ihm in Mykenä, der jüngere Sohn +Menelāos+ in +Sparta+ als Erbe des +Königs Tyndareos, dessen Tochter Helĕna ihm vermählt ist. + +~Kadmos~, Sohn des phönikischen Königs Agenor von +Sidon+, gründet die +Burg von +Theben+ (Kadmēa), wo seine Nachkommen herrschen; er soll den +Griechen die Buchstabenschrift gebracht haben. + +In Attika gilt als uralter +einheimischer+ König ~Kekrops~, Gründer der +Burg von Athen; an ihn knüpft sich die attische Königsreihe, in welcher ++Erichthonios+, +Erechtheus+, +Jon+, +Ägeus+, +Theseus+ hervortreten. +Unter Ägeus soll Attika der Seeherrschaft des Königs ~Minos~ von ++Kreta+ untertan geworden sein. Letzterem wird, wie dem Kadmos, ++phönikische+ Abstammung zugeschrieben; er gilt als Sohn des Zeus und +der +Europa+, Tochter des Königs Agenor. + +Nationalhelden der griechischen Sage sind +Herăkles+ und +Theseus+. + +~Herăkles~ (+Hercŭles+), Sohn des Zeus und der +Alkmēne+ aus Perseus’ +Stamm, in +Theben+ geboren, wird seinem Vetter +Eurystheus+ in +Mykenä+ +dienstbar,[10] zieht in Gemeinschaft mit +Telămon+ und +Peleus+, +den Söhnen des Königs +Aiăkos+ von Ägina, gegen +Troja+ (König +Laomĕdon, Vater des Priamos), besiegt den König +Neleus+ in +Pylos+. +In +Kaly̆don+ heiratet er die Königstochter +Dejaneira+, welche ihm +später das mit dem Blut des Kentauren +Nessos+ getränkte Gewand sendet; +er verbrennt sich selbst auf dem +Öta+ und wird unter die Götter +aufgenommen. Die ~Dorier~ haben ihn zu ihrem ~Stammheros~ gemacht; +ihre Könige nannten sich seine Nachkommen, von ihm leiten sie ihr +Recht auf den Besitz der Peloponnes ab. Seine Söhne, die +Herakliden+, +sollen gegen die Verfolgungen des Eurystheus bei +Theseus+ in Athen +Schutz gefunden haben; sie versuchen vergebens die Rückkehr, erst den +Nachkommen gelingt sie (dorische Wanderung, S. 28). + +~Theseus~; Sohn des Kekropiden +Ägeus+, ist der Stammheros der +~Ionier~, insbesondere der ~Athener~. Er fährt nach +Kreta+, tötet dort +den +Minotauros+ und rettet mit Hilfe der Königstochter +Ariadne+ die +demselben zum Opfer bestimmten athenischen Jünglinge und Jungfrauen. +Bei der Rückfahrt bleibt Ariadne auf +Naxos+ zurück und wird Gemahlin +des Gottes Dionysos; Theseus vergißt das schwarze Segel mit dem weißen +zu vertauschen, Ägeus stürzt sich in das nach ihm benannte Meer. +Theseus wird +König von Athen+, vereinigt die Bewohner Attikas zu ++einem+ Staate. Er stirbt auf der Insel +Skyros+ im Kampf gegen den +König Lykomēdes. + +Als Gründer des attischen Staates soll er das Volk in drei +Stände+ +geschieden haben: +Eupatriden+ (Adel), +Geomoren+ (Bauern) und ++Demiurgen+ (Gewerbtreibende). Dagegen wird die Einrichtung der vier +alten +Phylen+ (d. i. Stämme): +Geleonten+, +Hoplēten+, +Argadeis+, ++Aigikoreis+ (die Glänzenden, Wehrhaften, Feldarbeiter, Ziegenhirten), +deren jede wieder in drei Phratrien zerfiel, auf +Ion+, den mythischen +Stammvater des ionischen Stammes, zurückgeführt. + +Drei gemeinsame Unternehmungen in der heroischen Zeit sind durch Sagen +verherrlicht, die den Hauptstoff für die griechische Poesie bilden. + +1. Der ~Argonautenzug~. +Phrixos+, Sohn des Minyerkönigs +Athămas+ von ++Orchomĕnos+, flüchtet vor der Stiefmutter Ino mit seiner Schwester ++Helle+ auf dem Widder mit goldenem +Vlies+, den beide von ihrer Mutter ++Nephĕle+ erhalten haben. +Helle+ stürzt auf der Flucht bei Abȳdos +ins Meer, welches nun +Hellespontos+, d. h. »Meer der Helle«, heißt. ++Phrixos+ kommt nach ~Kolchis~ (am +Pontos Euxeinos+, Schwarzen Meere) +zum Könige +Aiētes+. Der Widder wird geopfert, das goldene Vlies in +einem Haine des Gottes Ares von einem Drachen bewacht. -- +Iason+ aus ++Iolkos+, von seinem Oheim +Pelĭas+ aufgefordert, fährt auf dem Schiffe +~Argo~ an der Spitze einer Heldenschar nach Kolchis, um das Vlies zu +holen; es wird mit Hilfe der Zauberin +Medeia+, Tochter des +Aiētes+, +gewonnen. Rückkehr nach +Iolkos+; +Pelĭas+ auf Antrieb der +Medeia+ +getötet. -- + +2. ~Krieg der Sieben gegen Theben~. +Ödipus+, Sohn des +Laïos+, Königs +von Theben aus Kadmos’ Stamm (die Labdakiden) und der +Jokaste+, wird +infolge eines unheilverkündenden Orakels von den Eltern ausgesetzt, in +Korinth von +Poly̆bos+ erzogen. Er tötet bei Delphi den Vater, ohne +ihn zu kennen, löst das Rätsel der +Sphinx+, wird König in Theben und +heiratet seine eigene Mutter. Als ihm der Greuel entdeckt wird, beraubt +er sich selbst des Augenlichts. Seine Töchter +Antigŏne+ und +Ismēne+ +geleiten ihn in die Verbannung. +Theseus+ gewährt ihm Aufnahme; sein +Grab am Hügel +Kolōnos+ bei Athen. In Theben Bruderzwist seiner Söhne +Eteŏkles und Polyneikes. + +Mit dem vertriebenen +Polyneikes+ ziehen gegen Theben: +Adrastos+ +(König von Argos), +Tydeus+, +Amphiarāos+, +Kapăneus+, +Hippomĕdon+, ++Parthenopaios+. Die feindlichen Brüder fallen im Zweikampf, auch die +andern Fürsten alle bis auf +Adrastos+ kommen um. +Kreon+, der Oheim +der Brüder, wird König von Theben, verurteilt +Antigŏne+ zum Tode, weil +sie den Polyneikes bestatten wollte. + +Zehn Jahre später Zug der +Epigonen+ (Söhne der +Sieben+). Theben +wird eingenommen; +Thersandros+, des +Polyneikes+ Sohn, als König +eingesetzt. + +3. ~Trojanischer Krieg~.[11] +Priămos+, König von +Troja+ oder +Ilios+; +seine Gemahlin +Hekăbe (Hekŭba)+. Von seinen Söhnen treten in der Sage +hervor: +Hektor+ (Gem. +Andromăche+) und +Paris+ (+Alexandros+). Dieser +entführt +Helĕna+, die Gemahlin des +Menelāos+ von +Sparta+. Um sie +zurückzuholen, vereinigen sich die edelsten Fürsten aller griechischen +Gaue: des +Menelāos+ Bruder +Agamemnon+ von +Mykēnä+, Anführer der +Griechen: +Nestor+ von +Pylos+; +Achilleus+, König der +Myrmidonen+ aus ++Phthia+ in Thessalien, Sohn des +Peleus+ und der Nereïde +Thĕtis+; +sein Freund +Patroklos+; +Aias+ und +Teukros+, Söhne Telamons aus ++Salămis+; der jüngere +Aias+ des Oïleus Sohn, Anführer der Lokrer; ++Diomedes+ von +Argos+, des +Tydeus+ Sohn; +Odysseus+ von +Ithăka+, des ++Laërtes+ Sohn; +Idomĕneus+ von Kreta, Enkel des Minos, u. a. + +Bundesgenossen der Troer: Thraker, Päoner, Paphlagonier, Myser, +Phryger, Lyder, Karer; die Lykier unter +Sarpēdon+ und +Glaukos+; +später die Amazonen unter ihrer Königin +Penthesileia+, die Äthiopen +unter +Memnon+. + +Abfahrt der Griechen vom böotischen Hafen +Aulis+ (der Seher +Kalchas+; +Opferung der +Iphigeneia+, welche nach +Tauris+ entrückt wird). +Schiffslager an der troischen Küste, Beutezüge in die Umgegend. Im +zehnten Jahre Streit zwischen +Agamemnon+ und +Achilleus+ wegen +der Sklavin +Brisēis+, Achilleus zieht sich vom Kampfe zurück. Die +Troer dringen unter +Hektors+ Führung siegreich in das Schiffslager +ein, werden aber zurückgetrieben, als +Achilleus+, um den Tod des ++Patroklos+ zu rächen, wieder am Kampfe teilnimmt. Hektor von Achilleus +getötet, dieser durch einen Pfeil des +Paris+. Das hölzerne Pferd auf ++Odysseus’+ Rat gezimmert. Bei der Einnahme Trojas tötet +Neoptolĕmos+, +Achills Sohn, den greisen Priamos. +Aeneas+ entkommt, rettet seinen +Vater +Anchīses+. Irrfahrten der heimkehrenden Helden (+Odysseus+). + ++Agamemnon+ wird nach der Rückkehr von seiner Gemahlin +Klytämnestra+ +und +Aigisthos+ getötet; sein Sohn +Orestes+ rächt ihn, wird von den ++Erinnyen+, den strafenden Göttinnen der Unterwelt, verfolgt, in Athen +auf dem Areopag freigesprochen, nachdem er seine Schwester Iphigeneia +aus Tauris zurückgeführt hat. Er herrscht dann in +Mykenä+. + + +§ 2. Staaten und Kolonien. + +Eine große Umwandlung trat ein durch die +Wanderungen+ hellenischer +Stämme. Die aus Epīrus in das nach ihnen benannte Land einwandernden ++Thessăler+ verdrängen die +Böoter+ aus ihren Wohnsitzen in Arne; +diese nehmen nach Unterwerfung der Kadmeer und Minyer die fortan nach +ihnen benannte Landschaft +Böotien+ in Besitz. Ebenso wandern die am +Pindos in Thessalien ansässigen +Dorier+ nach Süden; ein Teil von +ihnen bleibt in dem Berglande +Doris+ am Öta, die anderen ziehen, +durch +Ätōler+ verstärkt, bei +Naupaktos+ über die Meerenge nach der +Peloponnes. Diese + +[~1104~ (?)] + +~dorische Wanderung~ + +hat die Gründung +dorischer Staaten+ zur Folge. Nach der Sage sind die ++Herakliden+ Tēmenos, Kresphontes, Aristodēmos Anführer der Dorier; +Temenos wird König in +Argos+, Kresphontes in +Messenien+; die Söhne +des Aristodemos, Eurysthĕnes und Prokles, herrschen gemeinsam in ++Sparta+. Oxylos, Anführer der Ätōler, wird König in +Elis+. Ein Teil +der älteren achäischen Bevölkerung zieht sich nach +Achaja+ zurück +und vertreibt die dort wohnenden Ionier, die sich nach Attika wenden, +in +Arkadien+ bleiben die alten Einwohner; dorisch dagegen werden, ++Korinth+, +Sikyon+, +Phlius+, +Epidauros+, +Megara+, +Ägina+, +Kreta+. + +[1066 (?)] + +~Kodros~, König von Athen, fällt, nach der Sage sich freiwillig +opfernd, im Kampf gegen die aus der Peloponnes nach Norden +vordringenden +Dorier+; Attika wird von ihnen nicht unterworfen. + +[~1000–900~.] + +~Äolische, ionische, dorische Kolonien~ an der Küste Kleinasiens und +auf den Inseln. + +Äŏler und Achäer gründen +Mytilēne+ und +Methymna+ auf der Insel ++Lesbos+; +Kyme+, +Smyrna+ u. a. Städte auf dem kleinasiatischen +Festlande; Smyrna wird später ionisch. + +~Ionier~, nach der Sage meist von Athen ausgewandert unter Führung der +Söhne des Kodros, besetzen die Inseln +Chios+ und +Samos+ und gründen +an der lydischen und karischen Küste 12 Städte, namentlich +Milet+, ++Ephĕsos+, +Kolŏphōn+, +Klazomĕnä+, +Phokäa+. Gemeinsames Heiligtum +(+Panionion+) der Tempel des Poseidon am Vorgebirge Mykăle. + +~Dorier~ besetzen die Inseln +Melos+, +Thera+, +Kōs+ und +Rhodos+ und +gründen an der karischen Küste +Halikarnassos+ und +Knidos+. Auch Kreta +galt als dorisch. + +Auf +Cypern+ sind Ansiedlungen von Peloponnesiern aus +vor+-dorischer +Zeit nachgewiesen; nach +Euböa+ und den +Kykladen+ sind die Ionier +früher als nach Asien gekommen. + +In Ionien entstanden in der Zeit von 900–800 v. Chr. die ~homerischen +Gesänge~ (Ilias, Odyssee, Hymnen). +Homēros+ nach der Sage ein blinder +Sänger aus +Smyrna+ oder +Chios+; Sängerschule der +Homeriden+ auf +Chios. Wandernde +Rhapsoden+ sangen dem Volk und den Edlen von +den Taten der Götter und Helden und erweiterten allmählich die +überlieferten Sagenkreise. Die epische Dichtung wurde die Grundlage +hellenischer Bildung und Gesittung. Zu dem heroischen Epos trat +ergänzend hinzu das +Lehrgedicht+; +Hesiodos+ aus Askra in Böotien um +700: Theogonie, Werke und Tage. + +~Staatsverfassungen~. Das patriarchalische +Königtum+ der heroischen +Zeit wird allmählich verdrängt durch die Herrschaft der Edlen +(+Aristokratie+). Diese entartet oft zu einer drückenden Herrschaft +weniger (+Oligarchie+), gegen welche sich in manchen Staaten +Tyrannen+ +als Führer der Gemeinde (Demos) erheben; in andern findet friedlicher +Ausgleich durch einen erwählten Schiedsrichter (+Aisymnētes+) statt. +Tyrann heißt der nicht auf gesetzliche Weise zur Herrschaft gelangte +Herrscher, ursprünglich ohne die Nebenvorstellung willkürlicher oder +grausamer Regierung. Auf die Tyrannis folgt meist eine gemäßigtere +Aristokratie oder +Demokratie+. In der Demokratie entscheidet die +Mehrzahl der +Bürger+ über die Staatsangelegenheiten; die +Fremden+ und ++Sklaven+ sind von politischen Rechten ausgeschlossen. + +Der +spartanische Staat+ wurde das Vorbild der +Aristokratie+, +besonders für die +dorischen+ Staaten, der +athenische Staat+ das +Vorbild der +Demokratie+, besonders für die +ionischen+ Staaten. + +~In dem dorischen Sparta~ bestand die Bevölkerung aus drei streng +geschiedenen Klassen: 1. +Spartiaten+, die dorischen Eroberer, welche +die fruchtbarsten Teile des lakonischen Landes, das Eurotastal +und die Niederungen bis zum Meere, besaßen. 2. +Periöken+ (d. h. +Herumwohnende), Nachkommen der +vertragsmäßig+ unterworfenen Achäer. +Sie waren persönlich freie, aber zinspflichtige Eigentümer ohne +politische Rechte, wurden jedoch zum Kriegsdienst herangezogen. 3. ++Heloten+, Leibeigene des Staats. Sie waren auf die Landlose der +Spartiaten verteilt, bestellten deren Äcker und lieferten ihren Herren +einen bestimmten Teil des Ertrages ab. Im Kriege dienten sie als +Schildknappen und Leichtbewaffnete. + +[~820.~ (?)] + +~Lykurgische Verfassung und Gesetzgebung.~ + +~Lykurgos~, nach sagenhafter Überlieferung aus königlichem Geschlecht, +Vormund des jungen Königs +Charilāos+, schlichtet die Streitigkeiten +und ordnet das Verhältnis der drei Klassen der Bevölkerung zu einander. +Seine Gesetze, auf die Autorität des delphischen Orakels gegründet +und nur mündlich in kurzen Aussprüchen überliefert, gelten als die +Grundlage spartanischer Tüchtigkeit. + +An der Spitze des Staats bleiben zwei +erbliche Könige+ aus +heraklidischem Geschlecht, der eine ein +Agiade+ (von +Agis+, nach +der Sage Sohn des +Eurysthenes+), der andere ein +Eurypontide+ (von ++Eurypon+, Enkel des +Prokles+, s. S. 28). Sie bringen die Staatsopfer +dar, entscheiden Streitigkeiten des Familienrechts, führen das Heer, +ernennen die Beamten, namentlich die 5 +Ephoren+ (d. h. Aufseher, +ursprünglich wohl für die 5 Bezirke des Periökengebietes). + +Der Rat der Alten (+Gerusia+), bestehend aus 28, mindestens 60 Jahre +alten, auf Lebenszeit gewählten Geronten unter dem Vorsitz der beiden +Könige, hat: 1. die Vorberatung über alles der Volksversammlung +Vorzulegende, 2. die Gerichtsbarkeit über Kapitalverbrechen. + +Die +Volksversammlung+, bestehend aus allen über 30 Jahre alten ++Spartiaten+, beschließt endgültig über Gesetze, Verträge, Krieg und +Frieden, doch ohne Beratung und Abstimmung, nur durch Zuruf. + +Die Spartiaten sollen unter sich +gleich+ sein in Besitz und +Kriegstüchtigkeit. Jeder Spartiatenfamilie wird aus dem nach +Kriegsrecht von den Doriern gewonnenen Landbesitz ein unveräußerliches +Erbgut +(Klēros+, d. h. Los) zugewiesen, dessen Bestellung den Heloten +obliegt. Man zählte 4500, später 9000 Landlose der Spartiaten, 30000 +der Periöken. Verbot der +Reisen+ und des +Fremdenverkehrs+ in Sparta; ++eisernes Geld+, nur der Staat darf Gold und Silber besitzen. + +Gemeinschaftliche +Erziehung+ der +Knaben+ vom 7. Jahre an, auf +Abhärtung und kriegerische Übung gerichtet, doch wurden auch die +homerischen Gesänge und Chorlieder lyrischer Dichter (Tyrtaios) +gelernt. Zusammenleben der +Männer+; die Zeltgenossenschaften hatten +auch im Frieden ihre gemeinsamen Mahlzeiten (+Syssitien+). + +Sehr ähnliche Gesetze galten in ~Kreta~, wo zahlreiche selbständige +dorische Städte bestanden. Später dort auch +schriftliche+ Gesetze; +eine 1884 gefundene Inschrift enthält das Recht der Stadt +Gortyn+, +Bestimmungen über Familienrecht, Erbrecht, Stellung der Sklaven u. a. + +[~776.~] + +~Erste Olympiade,~ + +Beginn einer gemeinsamen griechischen Zeitrechnung, die sich an +die alle 4 Jahre dem höchsten Gotte +Zeus+ zu Ehren in ~Olympia~ +gefeierten Spiele knüpfte. In +Elis+, am Flusse Alpheios, lag der +ummauerte heilige Bezirk, die +Altis+, mit Altar und Tempel des Zeus, +Säulenhallen und Schatzhäusern, wo die Weihgeschenke aufgestellt +wurden.[12] Die Spiele fanden außerhalb der Altis statt im +Stadion+ +(Springen, Laufen, Diskoswerfen, Speerwerfen, Ringen) und im ++Hippodrom+ (Wettfahren der Viergespanne). Den Siegern wurden Kränze +von Ölzweigen zuteil; Dichter verherrlichten sie im Liede. Unter dem +Schutze +Spartas+ gewannen die ~Olympischen Spiele~ große Bedeutung +für die Erhaltung des Nationalbewußtseins unter dem politisch sehr +zersplitterten Griechenvolke. + +Ähnliche Spiele, doch vermehrt durch musische Wettkämpfe der Sänger +und Zitherspieler, wurden seit 586 bei ~Delphi~ dem +Apollon+ zu Ehren +gefeiert, in jedem dritten Olympiadenjahr (+Pythische+ Spiele). Das +~Orakel zu Delphi~, oft befragt bei wichtigen Unternehmungen, z.B. +Gründungen von Kolonien, Kriegszügen, stand unter dem Schutze der +delphischen +Amphiktyonie+ (Umwohnerschaft), zu welcher die Phokier, +Lokrer, Böoter, Thessaler u. a. gehörten. + +Dem Poseidon zu Ehren wurden auf dem +Isthmos+, dem Zeus zu Ehren zu ++Nemea+ in Argolis alle zwei Jahre Spiele gefeiert. Die Wettkämpfe +stählten die Volkskraft und weckten den Sinn für freie Entwickelung der +Persönlichkeit. + +Die Hellenen, ihrer körperlichen und geistigen Überlegenheit über +die Barbaren sich bewußt, breiten sich, +Städte gründend+, weit über +die Grenzen des Mutterlandes aus. Die Ansiedlungen an den Küsten des +Ägäischen Meeres genügen nicht mehr, Milet allein sendet gegen 80 +Kolonien aus. + +[~750–550.~] + +~Ionische, dorische, achäische Kolonien~ + +an den pontischen Küsten und im westlichen Teile des Mittelmeers. + ++Ionier+ von Milet gründen +Abȳdos+ und +Lampsăkos+ am Hellespont, ++Kyzĭkos+ an der Propontis, +Sinōpe+ und +Trapĕzūs+ an der Südküste +des Schwarzen Meeres, +Olbia+, +Istros+, +Odessos+ an der Westecke, ++Pantikapaion+ und +Theodosia+ auf der Krim (Chersonēsus Taurica), ++Tanais+ am Asowschen Meer (Palus Mäotis), +Phasis+ und +Dioskurias+ an +der Ostküste des Schwarzen Meeres. Zu +Naukrătis+ in Ägypten gemeinsame +Kolonie der kleinasiatischen Griechen. + ++Dorier+ von Megara gründen +Chalkēdon+ und +Byzantion+ (659) am +Bosporus, +Herakleia+ an der Südküste des Schwarzen Meeres, +Megăra+ +(Tochterstadt +Selinūs+) auf Sicilien. + ++Ionier+ von Chalkis auf Euböa besiedeln die Chalkidike mit mehr als 30 +Städten, darunter +Olynthos+ (+Poteidaia+ korinthische Niederlassung), +gründen +Kyme+ (Cumae) in Campanien (Tochterstadt Neapolis), +Naxos+ +auf Sicilien (Tochterstädte Leontini und Katăna), +Zankle+ (später +Messana) und gegenüber auf dem Festlande +Rhegion+. + ++Dorier+ von Korinth gründen 734 +Syrakūs+, später Kerkyra, Dorier +von Sparta 708 +Tarent+; Dorier von Rhodos +Gela+; und +Akrăgas+ auf +Sicilien; Dorier von Thera +Kyrēne+ (um 630) und +Barka+ in Afrika. + ++Achäer+ gründen +Sybăris+, +Kroton+, +Metapontion+, Lokrer das +epizephyrische +Lokri+ in Unteritalien (Groß-Griechenland). + +Am weitesten nach Westen gehen die +Ionier+ von +Phokäa+; ihre +Kolonien sind +Massalia+ (600) an der gallischen Küste, +Mainăke+ im +südlichen Spanien, +Alalia+ auf Korsika. Als die Küste Kleinasiens +unter persische Herrschaft kam (s. S. 18), verließen die Phokäer ihre +Stadt und segelten zuerst nach Korsika; von dort vertrieben (S. 14), +gründeten sie +Elĕa+ in Unteritalien. + +Infolge dieser Kolonisation griechische Kultur über einen großen Teil +der Mittelmeerküsten verbreitet. Lebhafter Seeverkehr und Eintausch +von Rohprodukten gegen die Erzeugnisse der griechischen Kunst und +Industrie. An die Stelle der Naturalwirtschaft tritt nach und nach die +Geldwirtschaft. + + +~Spartas Hegemonie in der Peloponnes.~ + +In älterer Zeit +Argos+ der bedeutendste Staat. König ~Pheidon~ von +Argos leitet die Festfeier zu Olympia (748, nach anderer Ansicht erst +668), ordnet Maß und Gewicht (dem babylonischen (S. 20) entsprechend, +Vermittler die Phöniker), läßt zuerst in Ägina Münzen prägen. Bald +aber erhebt sich ~Sparta~ zu höherer Macht durch die Eroberung der +argivischen Landschaft Kynuria und Messeniens. Argos seitdem für immer +mit Sparta verfeindet. + +[Um 740.] + +~Erster Messenischer Krieg.~ Tapfere Gegenwehr der Messenier unter +ihrem Könige +Aristodēmos+, namentlich auf der Bergfeste +Ithōme+. +Ein Teil ihres Landes wird von den Spartanern in Besitz genommen, das +übrige zinspflichtig. + +[708.] + +Die aus Sparta infolge von Zwistigkeiten auswandernden +Parthenier+ +gründen ~Tarent~. Seitdem Auswanderung in Sparta verboten. Um diese +Zeit Beschränkung des spartanischen Königtums durch die vergrößerte +Macht der +Ephoren+, welche fortan jährlich von der Spartiatengemeinde +erwählt werden. + +[Um 640.] + +~Zweiter Messenischer Krieg.~ +Aristomĕnes+ Held der Messenier; 11 +Jahre lang wird die Feste +Eira+ verteidigt. Der athenische (?) Sänger ++Tyrtaios+ begeistert die Spartaner durch seine Marschlieder. Nach dem +Fall von Eira flüchten viele Messenier nach Unteritalien (+Rhegion+); +die nicht auswandernden werden +Heloten+. Von Rhegion aus besetzen +später (um 500) Nachkommen der Ausgewanderten die Stadt Zankle auf +Sicilien, die dann den Namen ~Messana~ erhält. + +[Um 600.] + +Aufschwung ~Korinths~ unter dem Tyrannen ~Periander~, dem Sohne +des +Kypsĕlos+, der um 650 die Adelsherrschaft der +Bakchiaden+ +gestürzt hat. Entfaltung der Seemacht; Korinth wird erste Handelsstadt +Griechenlands. Zu der älteren korinthischen Kolonie auf +Kerkyra+ +kommen unter Kypselos hinzu +Leukas+ und +Ambrakia+, unter Periander ++Epidamnos+ und +Apollonia+ an der illyrischen Küste, +Poteidaia+ +auf der Halbinsel Chalkidĭke. Perianders Neffe +Psammetich+ wird 582 +gestürzt, die Aristokratie hergestellt. + +In ~Megăra~ um 630 Tyrannis des ~Theagĕnes~, nach dessen Sturz +Parteikämpfe (der Dichter +Theognis+ um 540), endlich siegt die +Aristokratie. + +In ~Sikyon~ um 600 Tyrannis des ~Kleisthĕnes~, welcher die Genossen +der delphischen Amphiktyonie zum ~ersten heiligen Kriege~ gegen die +phokischen Städte +Krisa+ und +Kirrha+ (Hafenstadt) vereinigt. Beide +Städte zerstört, ihr Gebiet dem pythischen Apollon geweiht. Nach +Kleisthenes’ Tode wird die Aristokratie hergestellt. + +Auch in Milet, Ephesos u. a. Koloniestädten herrschen um dieselbe Zeit +vorübergehend Tyrannen, in +Mytilene+ auf Lesbos waltet um 600 der +weise +Pittăkos+ als Äsymnet. Vergl. S. 37. + +[~Um 550.~] + +~Sparta~ vereinigt die peloponnesischen Staaten (außer +Argos+ und ++Achaja+) zum ~peloponnesischen Bunde~ unter seiner Hegemonie. Die +Griechenstädte an der Westküste Kleinasiens stehen unter lydischer (S. +15), seit 545 unter persischer Herrschaft (S. 18). Auch die Inseln ++Cypern+, +Chios+, +Lesbos+ werden den Persern untertan; +Samos+ erst +522 nach dem Sturz des mächtigen Tyrannen +Polykrates+. + + +~Athens Emporkommen.~ + +Nach Kodros’ Tode (S. 28) wird das Königtum eingeschränkt, aber nicht +beseitigt; Adelsherrschaft der +Eupatriden+ (S. 26). Den Königen treten +erwählte Beamte zur Seite; seit 683 werden +jährlich neun Archonten+ +erwählt. Der erste, +Archon epōny̆mos+, führt den Vorsitz und wacht +über das Familien- und Erbrecht; der zweite, +Basileus+, bringt die +früher den Königen obliegenden Opfer dar, hütet das heilige Recht +und leitet den Areopag; der dritte, +Polemarchos+, ist Heerführer +und Gerichtsherr für die Metöken und Fremden, die andern sechs, ++Thesmotheten+ genannt, leiten die bürgerliche Gerichtsbarkeit. Die +Oberaufsicht über das gesetzliche Verhalten der Bürger führt der +~Areopag~, der auf dem Areshügel vor der +Burg (Akropŏlis)+ sich +versammelnde Gerichtshof, aus früheren Archonten gebildet; er richtet +auch über die schwersten Verbrechen, Mord und Brandstiftung. + +[Um 632.] + +~Aufstand Kylons~, der sich, unterstützt von seinem Schwiegervater ++Theagĕnes+ von Megara, an der Spitze des über die Bedrückung der +Adligen (s. u.) empörten Volkes der Akropolis bemächtigt. Er wird +von dem Archon +Megăkles+, aus dem Geschlecht der +Alkmäoniden+, +vertrieben, seine an den Altären Schutz suchenden Anhänger werden +ermordet. Wegen dieses Frevels Verbannung der Alkmäoniden. Der Priester ++Epimenĭdes+ aus Phaistos auf Kreta berufen, um die Stadt durch +Sühnopfer zu reinigen, + +[Um 620.] + +~Gesetzgebung Drakons.~ Die bestehenden Übelstände nicht beseitigt. Die +Adelsherrschaft bleibt; geschriebene Gesetze, aber sehr hart; das Recht +von den adligen Richtern auch weiterhin nicht selten gebeugt; seit +Einführung der Geldwirtschaft Geld nur gegen hohe Zinsen ausgeliehen; +daher wachsende Unzufriedenheit der ärmeren Bürger, besonders über das +strenge Schuldrecht. ~Solon~, aus Kodros’ Geschlecht stammend, 594 +zum ersten Archon erwählt, erhält Vollmacht, durch neue Anordnungen +Frieden zu stiften. Er war dadurch zu Ansehen gelangt, daß er die +Wiedereroberung der von den Megarern besetzten Insel +Salamis+ +bewirkte; auch hatte auf seinen Antrieb Athen am +heiligen Kriege+ +teilgenommen, und das delphische Orakel war ihm deshalb günstig gesinnt. + +[~594.~] + +~Gesetzgebung Solons.~ 1. +Entlastung+ der ärmeren Bürger +(+Seisachtheia+): die auf dem Grundbesitz haftenden Schulden werden +aufgehoben, alle Schuldsklaven in Freiheit gesetzt, Schuldknechtschaft +für die Zukunft verboten Festsetzung eines Höchstmaßes von Grundbesitz, +damit das attische Land nicht in den Besitz weniger Reicher komme, +Abzahlung anderer Schulden erleichtert durch Herabsetzung des +Münzfußes; 100 Drachmen neuen Geldes = 73 älteren; das +euböische+ +Talent, der persischen Goldwährung entsprechend tritt an die Stelle des ++äginetischen+ (S. 32).[13] + +2. Bestimmung der bürgerlichen Pflichten und Rechte nach dem +Ertrage +des Grundbesitzes+. Die Bürger werden in vier Klassen geteilt: +1. +Pentakosiomedimnen+, deren Güter 500 Scheffel Getreide bezw. +Maß Öl und Wein oder mehr bringen; 2. +Ritter+, 300–500 Scheffel; +3. +Zeugiten+, d. h. die mit einem Gespann wirtschaften, 150–300 +Scheffel; 4. +Thēten+, die ärmeren. Nach der Absicht des Gesetzgebers +sollten alle Bürger Grundbesitz haben; bei steigender Bedeutung des +Geldbesitzes wurde der Ertrag des Getreides in Geld umgerechnet und +danach die Klasseneinteilung bestimmt. + +Die Mitglieder der +drei ersten+ Klassen dienen im Kriege als ++Hoplīten+ (schwerbewaffnete Fußsoldaten), die der +zwei ersten+ +Klassen auch als +Reiter+; für die Ausrüstung der Flotte bestand +schon eine Einteilung der Bürger in 48 +Naukrarien+. Die +Theten+ +sollen nur zur Verteidigung des Landes als Leichtbewaffnete oder +(seit Themistokles) zur Bemannung der Flotte aufgeboten werden. Eine +regelmäßige +Besteuerung+ der Vollbürger gab es nicht, die Ämter wurden +umsonst verwaltet, die Staatsausgaben durch den Ertrag der Bergwerke, +die Strafgelder, das +Kopfgeld der Metöken+, d. h. der eingewanderten +Kaufleute und Handwerker, durch Markt- und Hafenzölle bestritten. ++Außerordentliche Steuern+ wurden in Zeiten der Not auf Volksbeschluß +nach den Vermögensklassen erhoben, die vierte war steuerfrei. + +3. An der Spitze des Staates bleiben die ~neun Archonten~, jährlich +erwählt aus den Bürgern der +ersten+ Vermögensklasse. Neu eingerichtet +wird der ~Rat der Vierhundert~, jährlich erwählt aus den über 30 +Jahre alten Bürgern der +drei+ ersten Klassen. Die ~Volksversammlung~ +(Ekklesia) besteht aus +allen+ über 20 Jahre alten Bürgern. Sie erwählt +die +Beamten+ und entscheidet über die durch +Vorbeschluß des Rates+ an +sie gebrachten Angelegenheiten. Zur Entscheidung wichtigerer Prozesse +werden Geschworenengerichte aus der +richtenden Bürgerschaft+, der +~Heliaia~ (Gesamtzahl 6000) gebildet. Der ~Areopag~ behält seine +Gerichtsbarkeit und Oberaufsicht über das Privatleben der Bürger sowie +über das gesamte Staatsleben. + +Diese Verfassung wird als ~Timokratie~ bezeichnet; erst später +entstand durch Aufhebung der Klassenunterschiede volle +Demokratie+. +Ausgeschlossen von politischen Rechten blieben auch später die ++Schutzverwandten+ (Metöken), die vor Gericht eines Bürgers als +Vertreter bedurften, und die sehr zahlreichen +Sklaven+, die jedoch +durch Gesetz und Sitte gegen Mißhandlung geschützt waren. + +Solon gab auch ~Gesetze für das bürgerliche Leben~ (Familienrecht, +Strafrecht, Beschränkung des Luxus, Schutz des Ackerbaues und der +Ölbaumzucht, Sorge für die körperliche Ausbildung der Jünglinge in den +3 +Gymnasien+: Akademie, Lykeion, Kynosarges). Nach Vollendung der +Gesetzgebung verließ er Athen auf 10 Jahre und unternahm Reisen nach +Ägypten, Cypern, Kleinasien. Rechtfertigung seiner Maßnahmen in seinen +Elegieen. + +~Neue Parteiungen~ in Athen. Den Grundbesitzern in der Ebene (Pediäer) +treten gegenüber die handeltreibenden Küstenbewohner (Parăler) +und die ärmeren Gebirgsbewohner (Diakrĭer), letztere geführt von ++Peisistrătos+, der trotz der Gegenbemühungen +Solons+ immer mehr +Anhang gewinnt und sich zuletzt der +Akropolis+ bemächtigt. + +[~560–527~.] + +~Peisistrătos~, Tyrann von Athen. + +Auswanderung von athenischen Adligen, zum Teil nach der thrakischen +Chersŏnēs, unter des +älteren Miltiădes+ Führung. Solon † 559, +wahrscheinlich in Athen, nach anderen in Soloi auf +Cypern+ +(Unterredung mit Kroisos in Sardes?). + ++Peisistrătos+ regiert in Athen innerhalb der Formen der solonischen +Verfassung, +die er nicht aufhebt+. Er versteht es, das Volk Archonten +wählen zu lassen, welche ihm genehm sind. Zweimal durch Bündnis der +Gegenparteien vertrieben, gewinnt er zuletzt eine dauernde Herrschaft. +Die durch Solon zurückgeführten +Alkmāoniden+ (S. 34) gehen abermals +in die Verbannung, da ihr Führer +Megăkles+ (an der Spitze der +Parăler) sich gegen Peisistrătos nicht behaupten kann. Er erhöht das +auswärtige Ansehen Athens: +Sigeion+ am Eingang in den Hellespont +athenische Kolonie, Schutzherrschaft über +Delos+, Befreundung mit den +Tyrannen +Lygdămis+ von Naxos und +Polykrătes+ von Samos. Er erweitert +und schmückt die Stadt Athen durch Bauten (der große Zeustempel +bleibt unvollendet), baut eine Wasserleitung, ordnet die Feier der ++Panathenäen+ und der +Dionysien+ (die Dithyramben des +Thespis+ +Anfänge der Tragödie), zieht Dichter an seinen Hof, z.B. Simonides, +Anakreon, läßt die homerischen Gesänge schriftlich aufzeichnen und +ordnen. Er vererbt die Herrschaft auf seinen Sohn + +[527–510.] + +~Hippĭas~. Dieser herrscht gemäßigt im Sinne des Vaters, bis sein +Bruder +Hipparchos+ von +Harmodios+ und +Aristogeiton+ aus Privatrache +am Panathenäenfest ermordet wird (514). Hippias übt grausame +Vergeltung, wird von dem ausgewanderten Adel +(Kleisthĕnes+ an der +Spitze der +Alkmäoniden+) in Verbindung mit einem spartanischen Heere +unter +Kleomĕnes+ vertrieben (510). Er begibt sich nach Sigeion und +sucht später Hilfe beim Perserkönige Dareios. + +[~509~.] + +~Gesetzgebung des Kleisthĕnes~ (Sohn des Megăkles, Enkel des +Kleisthĕnes von Sikyon); die solonische Verfassung wird in +demokratischem Sinne weiter gebildet. Die 4 Vermögensklassen bleiben +bestehen, an Stelle der 4 alten Phylen (S. 26) treten ~zehn Phylen~ +(Bezirke), deren Unterabteilungen die +Demen+ (Ortsgemeinden) sind. +Dadurch soll der Einfluß des Adels gebrochen und das Wiederaufleben +der früheren Parteien verhindert werden. Jede Phyle wählt jährlich 50 +Mitglieder in den ~Rat~, dessen Zahl also von 400 auf 500 erhöht wird. +Die 10 Abteilungen des Rats wechseln in der Geschäftsleitung ab, so +daß das Amtsjahr nach dem Wechsel der 50 Ratsvorsteher (Prytanen) in +10 Prytanieen zerfällt. Die Besetzung der meisten ~Ämter~ wird fortan +durch das +Los+ entschieden, nach Vorwahl durch die Phylen; durch ++Abstimmung+ erwählt wurden die Archonten und die 10 Feldherrn. Für +alle Ämter war eine Prüfung in bezug auf das bürgerliche Verhalten +vor dem Amtsantritt und Rechenschaft nach Ablauf des Amtsjahres +vorgeschrieben. Die ~Volksversammlung~ hat nach wie vor die +Entscheidung über Gesetze, Bündnisse, Krieg und Frieden. + +[508.] + +Die Eupatriden unter Führung des Archon +Isagŏras+ rufen abermals +die Spartaner zu Hilfe, um die Durchführung dieser Staatsordnung zu +hindern. +Kleisthĕnes+ flüchtet, die Akropolis wird den Spartanern +überliefert. Aber ein Aufstand des athenischen Volks zwingt den König +Kleomĕnes zum Abzug. Die adligen Parteiführer werden hingerichtet; +Kleisthĕnes zurückberufen. + +[507.] + +Ein Feldzug der Spartaner gegen Athen unter den Königen +Kleomĕnes+ und ++Demarātos+ scheitert infolge des plötzlichen Abzugs der Korinther und +der Uneinigkeit der spartanischen Könige. Die mit Sparta verbündeten ++Böoter+ und +Chalkidier von Euböa+ werden von den Athenern geschlagen. +Diese erobern einen Teil von +Euböa+, wo 4000 Bauerngüter an ärmere +attische Bürger (Kleruchen) verteilt werden. So gewinnt Athen nach +Befestigung seiner inneren Verfassung auch Ansehen nach außen. + +Damit nicht eine Tyrannis wiederkehre, ordnet Kleisthĕnes den +~Ostrakismos~ an: die Volksversammlung ist befugt, mittels +geheimer +Abstimmung+ durch Tonscherben (Ostrăka) die Verbannung eines die +Freiheit gefährdenden Bürgers zu beschließen; doch müssen 6000 Stimmen +abgegeben sein. + +Auch in den ~westgriechischen Städten~ herrschen zeitweise ~Tyrannen~: ++Phalăris+ in +Akrăgas+ (Agrigentum) um 570, +Anaxĭlas+ in +Rhegion+ +494. Zu besonderem Ansehen gelangt +Syrakus+ unter der Herrschaft ++Gelons+ (seit 485), der mit Theron von Akragas befreundet ist. Die +unteritalischen Städte behaupten sich gegen Angriffe der einheimischen +Völkerschaften; die Bürger von +Kroton+ zerstören 510 die reiche +Nachbarstadt +Sybaris+. + +~Entwickelung der Kultur~. +Baukunst+ und +bildende Kunst+ besonders +zur Ausschmückung der Tempel geübt (dorische, später ionische Säulen, +Weihgeschenke aus Erz, Marmor, Gold und Elfenbein). Erhalten sind +namentlich der Tempel von Pästum am Tyrrhenischen Meer und die +Skulpturen des Athenetempels zu +Ägina+ (aus der Zeit um 510, jetzt in +München). + +Zu hoher Blüte entfaltete sich die +Dichtkunst+; bei den +Ioniern+ +namentlich die Elegie: +Kallīnos+ von Ephĕsos um 670, +Mimnermos+ von +Kolŏphon um 600, +Tyrtaios+ und +Solon+ von Athen, auch +Theognis+ von +Megara (S. 33) dichtete in ionischem Dialekt; + +bei den +Doriern+ der lyrische Chorgesang: +Terpander+ von Lesbos um +676 in Sparta, +Alkmān+ von Sardes um 650 ebendaselbst, +Stesichŏros+ +von Himera um 600, +Arion+ von Lesbos, Freund des Periander, +Iby̆kos+ +von Rhegion um 550; + +bei den +Äŏlern+ der lyrische Einzelgesang: +Alkaios+ und +Sappho+ +von Lesbos um 600; der Ionier +Anakrĕon+ von Teos um 540. Jambische +Spottgedichte des +Archilŏchos+ von Paros (um 650) und +Hippōnax+ +von Ephesos (um 540). Die Vollendung der lyrischen Dichtung in +mannigfaltigen Formen zeigt sich in +Simonĭdes+ von Keos und +Pindăros+ +von Theben, beide zur Zeit der Perserkriege. + +Anfänge der +Philosophie+ (zunächst Naturforschung) und der Himmels-, +Erd- und Völkerkunde bei den Ioniern: +Thales+ von Milet (s. S. +15). Herakleitos von Ephesos um 500: »Alles ist in ewigem Wechsel«. ++Pythagŏras+ von Samos wandert um 530 nach Kroton aus (Bund der +Pythagoreer), +Xenophănes+ von Kolophon um dieselbe Zeit nach Elĕa in +Unteritalien (seine Schüler Parmenides, Zeno). +Hekataios+ von Milet um +510. + +In späterer Überlieferung werden als die +sieben Weisen+ dieser +Zeit genannt: +Thales+ von Milet, +Bias+ von Priēne, +Pittăkos+ von +Mytilene, +Periander+ von Korinth, +Cheilon+ von Sparta, +Kleobūlos+ +von Lindos, +Solon+ von Athen. + + +§ 3. Perserkriege und Blütezeit Athens. + +[~500–449~.] + +~Perserkriege.~ + +[500–494.] + +Aufstand der ionischen Griechen gegen die Perser (s. S. 20). Der von ++Athen+ und +Eretrĭa+ ihnen geleistete Beistand ist die ~Veranlassung~ +zu dem Versuch der Perser, auch das europäische Griechenland zu +unterwerfen. + +[~492~.] + +Erster Zug der Perser unter ~Mardonios~. + +Das Landheer unterwirft das Küstenland von +Thrakien+, die Flotte die +Insel +Thasos+. König Alexander von +Makedonien+ erkennt die persische +Hoheit an. Dann aber erleidet das Landheer große Verluste im Kampf mit +den Thrakern, und ein großer Teil der Flotte wird am Vorgebirge ~Athōs~ +durch Sturm vernichtet; dies bestimmt den Mardonios zur Rückkehr. + +An der thrakischen Küste werden feste Plätze angelegt als Stützpunkt +für spätere Feldzüge; +Byzanz+, +Sēstos+, +Abdēra+ erhalten persische +Besatzungen. + +[491.] + +Persische Herolde, welche Erde und Wasser als Zeichen der Unterwerfung +verlangen, werden in Sparta und Athen getötet. Die +Kykladen+ und ++Ägīna+ dagegen, auch manche Gemeinden des Festlandes versprechen dem +Perserkönige Unterwerfung. Der spartanische König +Kleomĕnes+ zwingt +die Ägineten, den Athenern Geiseln zu stellen. + +[~490~.] + +Zweiter Zug der Perser unter ~Datis~ und ~Artaphernes~, dem jungen +Neffen des Dareios. + +Eine große Flotte (nach Herodot 600 Trieren) durchfährt das Ägäische +Meer, landet auf +Naxos+, dann auf +Euböa+, wo die Stadt +Eretria+ +zerstört wird, dann an der Ostküste von +Attika+. Hippias (S. 36) +im Gefolge des Artaphernes. Das athenische Heer, 9000 Hopliten und +außerdem leichtbewaffnete Sklaven (eine tüchtige Reiterei nur bei +den Thessalern), geführt vom Polemarchos und den 10 Feldherrn, unter +welchen +Aristides+ und der vor den Persern aus der Chersones (S. 36, +20) geflüchtete (jüngere) +Miltiades+, lagert mehrere Tage dem Feinde +gegenüber in verschanzter Stellung. Durch 1000 +Platäer+ verstärkt, +greift es, ohne die Ankunft der Spartaner abzuwarten, unter Führung des +~Miltiădes~ an und siegt in der + +[~490~. (Sept.)] + +~Schlacht bei Marăthon~. + +Der Plan der Perser, Athen von der Seeseite zu überraschen, wird +durch schleunigen Rückmarsch des Heeres nach der Stadt vereitelt. Die +persische Flotte kehrt nach Kleinasien zurück. +Hippias+ stirbt auf +Lemnos. + +[489.] + +Unglücklicher Zug des Miltiădes gegen +Paros+. Verwundet nach Athen +zurückgekehrt, wird er von +Xanthippos+ angeklagt und zur Erlegung +der Kosten des Unternehmens (50 Talente) verurteilt, welche sein Sohn ++Kimon+ nach dem Tode des Vaters zahlt. + +~Parteikämpfe in Athen~; 487 Wahl der Archonten durch das +Los+ +eingeführt, 485 Xanthippos durch Ostrakismos verbannt, 483 der +bedächtige und am Althergebrachten hängende ~Aristides~. ~Themistokles~ +erhält dadurch freie Hand zur Durchführung seines Planes, Athen zur +ersten +Seemacht+ Griechenlands zu machen. Schon 493 hatte er als +Archon die Befestigung des Hafens +Piraieus+ durchgesetzt; jetzt +werden, zunächst um gegen Ägina Krieg zu führen, auf seinen Antrag +die bisher zur Austeilung an die Bürger bestimmten Einkünfte aus den +Silberbergwerken von +Laurion+ dazu verwendet, die Flotte bis auf +200 Trieren zu bringen. Die bisherigen Naukrarien (S. 35) werden +aufgehoben und durch die Einrichtung der ~Trierarchie~ ersetzt. Der +Staat liefert die Schiffe; den wohlhabenderen Bürgern liegt ihre +Ausrüstung als +Staatsleistung+ (Liturgie) ob; dafür erhält der +Trierarch die Anführung des von ihm ausgerüsteten Schiffes. Die Theten +zum Flottendienst herangezogen, + +[480.] + +Dritter Zug der Perser unter König ~Xerxes~. + +Große Rüstungen, das Landheer sammelt sich schon 481 bei Kritalla in +Kappadokien, von dort führt Xerxes es nach +Sardes+. Zwei Schiffbrücken +über den +Hellespont+ geschlagen, für die Flotte Kanal bei +Akanthos+ +gegraben, um das Vorgebirge Athos zu vermeiden. Im Frühjahr 480 +Aufbruch von Sardes; Demaratos, der abgesetzte König von Sparta, und +Peisistratos, Sohn des Hippias, begleiten den König. Musterung des +Heeres bei Doriskos in +Thrakien+, nach Herodots übertreibender Angabe +1700000 Mann Fußvolk, 80000 Reiter und zahlreicher Troß; eine Flotte +von 1207 Trieren. + +Nachdem die Griechen den Plan, den Paß von +Tempe+ zu verteidigen, +aufgegeben haben, durchzieht das persische Heer Thessalien, ohne +Widerstand zu finden. Die +Thessăler+ und die böotischen Städte, mit +Ausnahme von +Platää+ und +Thespiä+, senden dem Könige Zeichen der +Unterwerfung. +Argos+, +Achaja+ und das +westliche Mittelgriechenland+ +nehmen am Kampfe gegen ihn nicht teil. + +[~480.~ (Juli.)] + +~Schlacht bei Thermopylä.~ + +Der spartanische König ~Leonĭdas~ an der Spitze von etwa ~6000~ +Schwerbewaffneten (Hopliten) (darunter 300 +Spartiaten+, 1000 +lakedämonische +Periöken+ und 700 +Thespier+) verteidigt 2 Tage lang +den Engpaß, während 1000 Phokier den Fußpfad über den Kallidrŏmos +bewachen. Die Perser, durch den Verräter Ephialtes auf diesen Pfad +geführt, vertreiben die Phokier und kommen dem griechischen Heere in +den Rücken. ~Leonidas~ befiehlt den Periöken und den Bundesgenossen, +nach Hanse zu gehen und stirbt mit den noch übrigen ~Spartiaten~ und +~Thespiern~, welche sich weigern, ihn zu verlassen, den Heldentod. +Bekannte Grabschrift des Simonides. (S. Schillers »Spaziergang«). Die +gezwungen (?) mit Leonidas fechtenden +Thebaner+ strecken die Waffen, +werden teils niedergemacht, teils auf des Königs Befehl gebrandmarkt +nach Theben zurückgeschickt. + +Zu gleicher Zeit unentschiedene ~Seegefechte bei Artemision~, einem +Vorgebirge und Tempel an der Nordspitze von Euböa. Dreitägige Kämpfe; +Verluste der Perser namentlich durch den Untergang der um die Südspitze +von Euböa herum entsandten Schiffe. Auf die Kunde von der Einnahme des +Passes von Thermopy̆lä zieht die hellenische Flotte sich zurück nach +der Bucht von Salămis. Das peloponnesische Landheer beginnt am Isthmos +den Bau einer Schutzmauer. + +Xerxes durchzieht Mittelgriechenland. Die +Lokrer+ und +Dorier+ +unterwerfen sich. Das Gebiet der +Phokier+ wird verwüstet, die gegen ++Delphi+ geschickte Truppe soll durch Gewittersturm zurückgeschreckt +worden sein. +Böotien+ wird als Freundesland behandelt, nur +Thespiä+ +und +Platää+ werden zerstört. + +Die Athener verlassen ihre Stadt, nur die Akropolis bleibt besetzt. +Die waffenfähigen Bürger besteigen die Flotte, die »hölzerne Mauer«; +Greise, Frauen und Kinder werden mit der beweglichen Habe nach ++Salămis+, +Ägina+ und +Troizen+ gebracht. Den Verbannten wird die +Rückkehr gestattet. Die Akropolis wird von den Persern erstürmt; +~Zerstörung der Stadt Athen.~ + +[~480.~ (Ende Sept.)] + +~Seeschlacht bei Salămis.~ + +Die vereinigte hellenische Flotte (378 Trieren, 7 Fünfzigruderer) +steht unter dem Oberbefehl des Spartaners ~Eurybiădes~. Uneinigkeit im +Kriegsrat; der athenische Feldherr ~Themistŏkles~ bewirkt durch eine +geheime Botschaft an Xerxes, daß die Griechen in der Meerenge zwischen +Salamis und Attika von der persischen Flotte eingeschlossen werden. +Xerxes schaut von dem Berge +Ägāleos+ dem Kampfe zu. Glänzender Sieg +der Griechen. ~Aristides~, von Ägina herbeigeeilt, nimmt während des +Flottenkampfes die von den Persern besetzte kleine Insel Psyttaleia, +macht viele vornehme Gefangene. + +Die persische Flotte sammelt sich in der Bucht von Phalēron, Xerxes +beschließt den ~Rückzug~. In Thessalien bleibt +Mardonios+ mit einem +großen Teil des Heeres zurück. Xerxes erreicht nach großen, durch +Seuchen und Mangel an Lebensmitteln verursachten Verlusten den +Hellespont, wo er die Flotte findet, die das Heer übersetzt, da die +Brücke vom Sturm zerstört worden ist. + +Die griechische Flotte, statt, wie Themistokles wollte, die persische +zu verfolgen, wendet sich gegen die Inseln, belagert +Andros+ +vergeblich und löst sich beim Eintritt des Winters auf. Rückkehr der +Athener nach ihrer Stadt, deren Wiederaufbau sofort begonnen wird. + +[~480.~] + +~Schlacht bei Himera,~ + +Sieg der ~sicilischen Griechen~ unter +Gelon+ von Syrakus und +Theron+ +von Akragas (S. 37) über die mit Persien verbündeten +Karthager+. Diese +sollen den Frieden durch Zahlung von 2000 Talenten erkauft haben; sie +bleiben im Besitz ihrer sicilischen Städte (Panormos, Soloeis, Motye). + +[479.] + +Nachdem ~Mardonios~ den Athenern durch Alexander von Makedonien (s. S. +38) vergebens einen Sonderfrieden angeboten hat, rückt er, verstärkt +durch +griechische Bundesgenossen+ (Thessăler, Böoter, Lokrer, Phokier) +in Attika ein. Die Athener retten sich wieder nach +Salămis+. Was in +der Stadt aufgebaut worden, wird von den Persern von neuem zerstört. +Endlich rückt die ganze peloponnesische Streitmacht (30000 Hopliten und +zahlreiche Leichtbewaffnete) über den Isthmos vor, +Mardonios+ geht +zurück und nimmt eine vorteilhafte Stellung in Böotien am +Asōpos+ +ein. Mehr als 10000 +Athener+, +Platäer+ und +Thespier+ vereinigen +sich mit dem peloponnesischen Heere. Anführer der gesamten Streitmacht +(angeblich 110000 Mann, doch keine Reiterei) war ~Pausanïas~ (Regent in +Sparta für den unmündigen Sohn des Leonidas). + +[~479.~ (Sept.)] + +~Schlacht bei Platää.~ + +Nach längerem Zaudern entschließt sich Pausanias zum Kampfe. Glänzender +Sieg, Mardonios fällt. Die Griechen erobern das persische Lager; +von der reichen Beute wird den Göttern der Zehnte geweiht.[14] Das +griechische Heer rückt vor +Theben+, die Häupter der persischen Partei +werden ausgeliefert und auf dem Isthmos hingerichtet. + +Die hellenische Flotte unter dem Oberbefehl des Spartanerkönigs ++Leotychĭdas+ (die athenischen Schiffe unter +Xanthippos+) eröffnet +den ~Angriffskrieg gegen die Perser~, der mit Unterbrechungen bis 445 +dauert. Der persische Flottenführer +Mardontes+, den kleinasiatischen +Griechen in seinem Heere mißtrauend, wagt nicht, die ihm bei +Samos+ +angebotene Seeschlacht anzunehmen. Er läßt dieser Insel gegenüber bei +dem Vorgebirge +Mykăle+ die Schiffe aufs Land ziehen und verschanzt +sich. Die Griechen landen und siegen in der + +[~479.~ (Ende Sept.)] + +~Schlacht bei Mykăle,~ + +nehmen das Lager und stecken die persischen Schiffe in Brand. Mehrere +Inselstädte (namentlich +Samos+, +Lesbos+ und +Chios+), dann die +Küstenstädte Kleinasiens, auch das hergestellte +Milet+ (S. 20), werden +als Bundesgenossen aufgenommen. Die Peloponnesier fahren nach Hause +zurück, die +Athener+ und +Ionier+ erobern +Sēstos+ (S. 38). + +Wiederaufbau der Stadt Athen; sie wird trotz des Einspruchs der +Peloponnesier mit einer starken Mauer von vergrößertem Umfang (60 +Stadien) umgeben. List des +Themistokles+, der als Gesandter nach +Sparta geht. + +[478.] + +Unter Anführung des Spartaners +Pausanĭas+ vertreibt die vereinigte +Flotte der Peloponnesier, Athener und Ionier persische Besatzungen von +der Insel ~Cypern~, fährt dann nach ~Byzanz~ und befreit diese Stadt. +Hochmut des +Pausanias+ gegen die Bundesgenossen, er tritt mit dem +persischen Hofe in geheime Verbindung. Das gewinnende Auftreten der +Anführer der Athener, +Aristides+ und +Kimon+, hat nach Abberufung des +Pausanias durch die Ephoren zur Folge, daß die Führung (+Hegemonie+) +zur See von Sparta auf Athen übergeht, + +[477.] + +~Gründung des attischen Seebundes.~ + +Die Insel- und Küstenstädte des Ägäischen Meeres schließen ein +dauerndes Bündnis mit Athen; die größeren stellen Schiffe zum Kampf +gegen die Perser, die kleineren zahlen Geldbeiträge. Organisation des +Bundes durch Aristides. Bundeskasse im Apollotempel zu +Delos+. + ++Themistokles+, bei den olympischen Spielen 476 von den versammelten +Hellenen geehrt, gerät bei den Athenern allmählich in Mißgunst, wird +470 durch den Ostrakismos verbannt und geht nach +Argos+. Dort wird er +der Teilnahme an den fortgesetzten hochverräterischen Umtrieben des ++Pausanias+ verdächtig. Dieser, von den Ephoren mit Verhaftung bedroht, +rettet sich in Sparta in den Tempel der Athene und stirbt durch Hunger +(468). Themistokles muß aus Argos fliehen, geht nach Kerkȳra, dann nach +Epīrus, endlich nach Susa zum Perserkönig +Artaxerxes+ (s. S. 21), +dem er seine Dienste anbietet. Er erhält eine fürstliche Schenkung in +Kleinasien, stirbt (460) zu Magnesia (am Maiandros). + +Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Perser unter Führung ~Kimons~, +des Sohnes des Miltiades (S. 39). Er erobert mit der Bundesflotte die +noch von den Persern besetzt gehaltenen Plätze an der thrakischen +Küste, namentlich +Eïon+ an der Strymonmündung, besetzt die Insel ++Skyros+ (die Gebeine des Theseus von dort nach Athen gebracht), +unterwirft die vom Bunde abgefallene Insel +Naxos+, besiegt Flotte und +Landheer der Perser in der + +[466.] + +~Doppelschlacht am Eurymĕdon~ + +in Pamphylien. Darauf vertreibt er die Perser von der thrakischen ++Chersŏnēs+, stellt die athenische Kolonie daselbst wieder her und +unterwirft die abtrünnige Insel +Thasos+. -- Bauten in Athen; Stoa +Poikile am Markt mit Wandgemälden von Polygnōtos, Befestigung der +Akropolis, Bau der +langen Mauern+ nach dem Peiraieus und nach Phalēron. + +[464.] + +Erdbeben in Sparta, Aufstand der unterdrückten ~Messenier~ und +~Heloten~. Die Spartaner bitten Athen um Hilfe; sie wird auf Kimons +Antrag gewährt. Aber bald schicken die Spartaner aus Argwohn das +athenische Hilfsheer zurück. Dadurch beleidigt, treten die Athener in +ein Bündnis mit Argos. Mit Mühe unterdrücken die Spartaner 455 den +Aufstand (dritter Messenischer Krieg) (S. 44). + +In Athen erhebt sich gegen Kimons Politik, die auf gutes Einvernehmen +mit Sparta, Fortsetzung des Kriegs gegen Persien und Mäßigung der +Demokratie im Sinne Solons gerichtet ist, die +demokratische+ Partei, +geleitet von +Ephialtes+ und ~Perikles~, dem Sohne des Xanthippos (S. +39). + +[461.] + +Beschränkung des +Areopags+; ein Gesetz des Ephialtes entzieht ihm +die altherkömmliche Oberaufsicht über die bürgerliche Ordnung und +die Staatsverwaltung und läßt ihm nur die +richterliche+ Tätigkeit. +Zugleich Ausdehnung der Volksgerichtsbarkeit; auf +Perikles’+ Antrag +wird den +Heliasten+ (S. 35) ein +Richtersold+ aus der Staatskasse +gewährt. +Kimon+ durch Ostrakismos +verbannt+. + +Weitere Maßregeln der durch den Areopag nicht mehr gehemmten +demokratischen Partei: Einführung des +Ratssoldes+ und des ++Schaugeldes+ (Theorikon) für die Theateraufführungen an Festtagen; +das Archontat wird auch der +dritten+ Vermögensklasse zugänglich. +Einschätzung in die Vermögensklassen nicht mehr nach dem Grundbesitz, +sondern nach dem Gesamtvermögen. + +[459.] + +Fortsetzung des +Krieges gegen Persien+; eine athenische Flotte +fährt nach +Cypern+ und leistet dann den aufständischen +Ägyptern+ +unter Inaros Hilfe (S. 21). Das Unternehmen endet 455 unglücklich; +die Athener, auf einer Nilinsel eingeschlossen, müssen sich ergeben. +Zwiespalt der Griechen untereinander kommt den Persern zustatten. + +[459–445.] + +~Kriege der Peloponnesier~ und ~Böoter~ gegen ~Athen~. + +Athen nimmt das benachbarte +Megara+ in seine Symmachie auf, befestigt +den Hafen. +Korinth+ und +Ägina+ dadurch bedroht, erklären den Krieg. +Seesieg der Athener bei der Insel Kekryphaleia. Nunmehr kommt ein +spartanisches Heer 457 den +Doriern+ in Mittelgriechenland (S. 28) +gegen einen Angriff der +Phokier+ zu Hilfe; die Athener verlegen ihm +den Rückweg, werden aber bei ~Tanăgra~ in Böotien von den Spartanern +besiegt. Die Spartaner kehren nach Hause zurück; die Athener dringen +abermals in Böotien ein, siegen bei +Oinophy̆ta+ über die Thebaner und +gewinnen die andern böotischen Städte, die Phokier und die opuntischen +Lokrer zu Bundesgenossen. +Ägina+ muß sich nach langer Belagerung +unterwerfen (456), die Kriegsschiffe ausliefern und dem attischen +Seebunde beitreten. + +[455.] + +Die attische Flotte unter +Tolmides+ umfährt die Peloponnes, verbrennt +die spartanische Schiffswerft bei Gytheion, landet an den Küsten +von Ätolien und Sikyon, siedelt die Messenier (S. 43), welchen die +Spartaner freien Abzug aus Ithome bewilligen, in +Naupaktos+ am +Eingang in den Korinthischen Meerbusen an. + +[454.] + +Verlegung der Bundeskasse von +Delos+ nach +Athen+. Die Bundesgenossen, +zu regelmäßigen Beiträgen verpflichtet (jährlich 460 Talente) und der +Gerichtshoheit Athens unterworfen, werden tatsächlich zu Untertanen. +Athen ist Hauptstadt eines ansehnlichen +Insel- und Küstenreiches+, +welches nach den erhaltenen Tributlisten in 5 Provinzen geteilt war: +Hellespont, Thrakien, Ionien, Karien, Inseln. + +[453.] + +Seezug des +Perikles+ von dem megarischen Hafen Pagä aus, die +Achäer+ +schließen sich dem athenischen Bunde an; ein Angriff auf Öniadä (an +der akarnanischen Küste) mißlingt. Aussöhnung zwischen +Perikles+ und ++Kimon+, welcher aus der Verbannung zurückberufen wird. Durch Kimons +Einfluß kommt 451 ein +Waffenstillstand+ zwischen Athen und Sparta +zustande. + +Neuer ~Seezug gegen die Perser~. Kimon fährt mit 200 Schiffen nach +Cypern, sendet 60 davon nach Ägypten, stirbt aber während der +Belagerung von +Kition+ an einer Krankheit. Seine Truppen erringen in +der + +[~449.~] + +~Doppelschlacht bei Salamis~ auf Cypern einen glänzenden Sieg über +die +persische+ (d. h. phönikisch-kilikische) Flotte und die am Lande +befindlichen feindlichen Truppen, kehren dann aber nach Hause zurück. +Alsbald erneut sich der Krieg in Mittel-Griechenland. + +[447.] + +~Schlacht bei Koroneia~; Sieg der von Athen abgefallenen Böoter. Gleich +darauf Einfall eines spartanischen Heeres in Attika, um einen Aufstand +auf +Euböa+ gegen Athen zu unterstützen. Perikles bewirkt durch +Bestechung des spartanischen Königs Pleistoanax den Abzug des Heeres, +unterwirft darauf Euböa, ist aber zum Frieden und zum Verzicht auf die +Landhegemonie bereit. + +[~445.~] + +~Dreißigjähriger Friede zwischen Athen und Sparta.~ + +Gegenseitige Anerkennung der +peloponnesischen+ und der +athenischen+ +Bundesgenossenschaft. + +Um diese Zeit (jedenfalls +nach Kimons Tode+) finden auch +Friedensverhandlungen zwischen Athen und ~Persien~ statt, eine +athenische Gesandtschaft unter +Kallias+ geht nach Susa. Doch wird kein +förmlicher Friede geschlossen, man begnügt sich mit stillschweigender +Anerkennung des Besitzstandes. Die Athener geben Cypern auf und +schicken den aufständischen Ägyptern keine weitere Hilfe. Später +erzählte man von einem ~Kimonischen Frieden~, in welchem der +Perserkönig die Unabhängigkeit der kleinasiatischen Griechen anerkannt +und versprochen haben soll, kein Kriegsschiff mehr ins Ägäische Meer zu +schicken. + +~Folgen der Perserkriege~: 1. Die +politische Freiheit+ der Griechen in +Asien und Europa ist gesichert gegen die Machtansprüche des persischen +Despotismus. 2. Die +griechische Kultur+ entfaltet sich zu ihrer +höchsten Blüte in Gewerbtätigkeit und Handel, Kunst und Wissenschaft, +besonders in +Athen+, während Sparta zurückbleibt. + +[~444–429~] + +Nachdem +Thukydĭdes+ (Sohn des Melesias, nicht der gleichnamige +Geschichtschreiber), eine Zeitlang Führer der kimonischen Partei, +durch den Ostrakismos verbannt ist, beginnt die ~Blütezeit Athens~ +unter der Verwaltung des ~Perikles~, welcher, obwohl niemals Archon, +den Staat durch seinen Einfluß als Redner in der Volksversammlung und +in amtlicher Eigenschaft als +Strateg+, als +Finanzvorsteher+ und ++Vorsteher der öffentlichen Bauten+ leitet. + +Unbestrittene Herrschaft Athens im Gebiet seines Seebundes; nur ++Samos+ versucht 441 einen Aufstand. Verstärkung der Kolonie auf der +thrakischen +Chersones+ (S. 36, 43), Flottenfahrt des Perikles nach +dem +Schwarzen Meere+ zur Unterstützung der dortigen Griechenstädte +Sinōpe, Amīsos, Pantikapaion (letztere wichtig für den Getreidehandel +nach Athen). Neue Kolonien +Thurii+ in Unter-Italien, an der Stelle +des zerstörten +Sybăris+ (443), und +Amphipŏlis+ am Strymon (437). +-- Vollendung der Befestigung Athens durch eine +dritte+ lange Mauer +(parallel mit der nach dem Peiraieus führenden, s. S. 43). Neubau der ++Hafenstadt+ Peiraieus, Tempel zu +Eleusis+, in Athen das +Odeion+ +neben dem vergrößerten +Dionysostheater+ am Südabhang der Akropolis, in +der Nähe das noch gut erhaltene Theseion. + +Prachtbauten auf der ~Akropolis~: Der +Parthĕnon+, von Iktīnos und +Kallikrătes erbaut, von dem Bildhauer ~Pheidĭas~ mit dem Standbild +der Göttin Athene aus Gold und Elfenbein, an den Außenseiten mit +Marmorskulpturen geschmückt;[15] die Karyatidenhalle des +Erechtheion+; +die +Propyläen+, als Eingangstor von Mnesĭkles erbaut; daneben die ++Pinakŏthek+ mit Wandgemälden von +Polygnōtos+. Tempel der Athena Nike. +Auf dem freien Platz vor den beiden Tempeln das große eherne Standbild +der +Athene Promăchos+ von ~Pheidias~, welcher auch nach +Olympia+ +berufen wurde, um dort das Standbild des Zeus aus Gold und Elfenbein +aufzurichten. + +Athen jetzt der Brennpunkt des wirtschaftlichen Lebens in Hellas. +Handel nach allen Plätzen des Mittelmeeres. Großindustrie durch Sklaven +betrieben. Bedeutende Ausfuhr von Erzeugnissen des Gewerbefleißes, +Einfuhr von Getreide, Schiffsbauholz und Rohstoffen aller Art. + +Blüte der +dramatischen Dichtung+: Die drei Tragiker ~Aischy̆los~ +(526–455, die Perser 472, die Oresteia 458, eine Trilogie), ~Sŏphŏkles~ +(496–405, Antigone 441, Ödipus auf Kolōnos), ~Euripĭdes~ (480–406, +Medeia 431. Iphigeneia in Tauris 412). Etwas später entfaltet sich die ++Komödie+; besonders bedeutend sind die +politischen+ Komödien des +~Aristophănes~ in der Zeit des Peloponnesischen Krieges (die Ritter +424, die Wolken 423, der Friede 421, die Vögel 414). Dramatische +Aufführungen fanden statt an den +Diony̆sosfesten+ (kleine Dionysien +oder Lenäen, große Dionysien); die Ausstattung des Chores war eine den +reicheren Bürgern obliegende +Liturgie+ (vgl. S. 39). + +Geschichtschreibung: ~Herodot~ von Halikarnaß (484–424?), Teilnehmer an +der Koloniegründung in Thurii; ~Thukydĭdes~ von Athen (470–400?). + +Philosophie: ~Anaxagŏras~ von Klazomĕnä, Lehrer des Perikles +(+Empedŏkles+ in Akragas. +Demokritos+ in Abdēra, um 450). ~Protagŏras~ +von Abdera, neben +Gorgias+ von Leontini und +Prodikos+ von Keos der +berühmteste unter den +Sophisten+, welche als Lehrer der Weisheit und +der Redekunst auftraten. ~Sokrătes~ von Athen (469–399), Gegner der +Sophisten. Ihrer subjektiven Richtung (der Mensch ist das Maß der +Dinge) stellt er das Streben nach objektivem, begriffsmäßigem Wissen +entgegen. + + +§ 4. Peloponnesischer Krieg. (431–404 v. Chr.) + +Nach kurzer Friedenszeit erneuert sich die Feindschaft der auf +Athens politisches und wirtschaftliches Übergewicht eifersüchtigen +aristokratischen Peloponnesier gegen die attische Demokratie; es +beginnt ein fast dreißigjähriger, für Griechenland verderblicher Krieg. + +~Veranlassungen~: 1. Einmischung Athens in den Krieg, welcher +zwischen +Kerkyra+ und +Korinth+ wegen der Kolonie +Epidamnos+ (S. +33) entstanden war.[16] Die Athener erklären sich für Kerkyra und +nehmen (zunächst mit 10 Schiffen) teil an der +Schlacht bei Sybŏta+ +(432) zwischen den Korinthern und Kerkyräern, in der die Korinther +erst Sieger sind, sich aber nach dem Erscheinen weiterer 20 attischer +Trieren zurückziehen. 2. Die Bewohner von +Poteidaia+ (S. 33) fallen +vom athenischen Bunde ab (432), werden von Korinth unterstützt, aber +von den Athenern geschlagen und in ihrer Stadt belagert. + +Die Korinther, unterstützt durch Beschwerden der +Megărer+, welche von +allen attischen Häfen und Märkten ausgeschlossen worden waren, und der +Ägineten, klagen gegen die Athener in Sparta. Die Volksversammlung +der Spartiaten erklärt, daß die Athener die Verträge gebrochen haben, +worauf die +peloponnesische Tagsatzung+ Kriegsbereitschaft beschließt. + +~Streitkräfte beider Parteien~: +Achaja+ und +Argos+ bleiben zunächst +neutral; mit den ~Peloponnesiern~ verbündet: die +Megărer+, +Böoter+, ++opuntischen Lokrer+, +Phokier+. -- Selbständige Bundesgenossen der +~Athener~: +Platää+, +Naupaktos+, +Kerkyra+, +Zakynthos+, +Chios+, ++Lesbos+, die +Thessăler+ und +Akarnanen+. Flotte von 300 Trieren, +Bürgerheer von 29000 Hopliten, Staatsschatz von 6000 Talenten, +Jahrestribut aus dem Bundesgebiet 600 Talente. + +Perikles behauptet sein Ansehen gegen alle Anfeindungen (Anklagen gegen +Pheidias, Anaxagoras, gegen seine Gemahlin Aspasia, endlich gegen ihn +selbst wegen der Verwaltung des Staatsschatzes). Sein Kriegsplan: +Verteidigung in der befestigten Stadt, Angriff mit der Flotte. + +[431.] + +~Der Archidamische Krieg. 431–421.~ Der Krieg beginnt mit einem +Überfall von +Platää+ durch die Thebaner, welche zurückgeschlagen +werden. Darauf ~Einfall der Peloponnesier in Attika~ unter dem +Spartanerkönig +Archidāmos+. Verwüstung des Landes. Die Landbewohner +flüchten in die befestigte Stadt Athen oder lagern zwischen den langen +Mauern. Die athenische Flotte verheert die Küsten der Peloponnes und +nimmt +Ägina+ in Besitz; das Gebiet von +Megăra+ von dem Landheer +verwüstet. + +[430.] + +~Zweiter Einfall~ der Peloponnesier, in Athen bricht die ~Pest~ aus +(der Arzt +Hippokrătes+ aus Kōs). Perikles verheert mit der Flotte die +Küste von +Argolis+, wird im Rechenschaftsprozeß verurteilt, aber für +das nächste Jahr wieder zum Feldherrn erwählt. + +[429.] + +Die Athener nehmen +Poteidaia+ ein; ihre Flotte unter +Phormion+ ist +siegreich im korinthischen Meerbusen bei Naupaktos. + +~Perikles stirbt an der Pest~. An die Spitze der demokratischen Partei +tritt +Kleon+, der »Gerber«, d. i. Besitzer einer durch Sklaven +betriebenen Lederwarenfabrik, an die Spitze der aristokratischen ++Nikĭas+. + +[428.] + ++Dritter Einfall+ der Peloponnesier, dann Abfall der Stadt +Mytilēne+ +auf Lesbos vom athenischen Seebunde (Methymna bleibt den Athenern +treu). Die Spartaner belagern +Platää+. + +[427.] + +Während des +vierten Einfalls+ der Peloponnesier in Attika wird ++Mytilēne+ auf Lesbos von der athenischen Flotte zur Übergabe +gezwungen. Die athenische Volksversammlung beschließt auf +Kleons+ +Antrag, +alle Bürger+ von Mytilēne, am andern Tage jedoch, +nur die +Aristokraten+ hinrichten zu lassen. Über +tausend+ werden getötet, die +Mauern der Stadt geschleift, die Äcker der Insel, mit Ausnahme des +Gebiets von +Methymna+, an attische Bürger verteilt. + +Die Spartaner nehmen +Platää+ ein, die letzten 225 tapferen Verteidiger +der Stadt werden hingerichtet. -- Blutige Parteikämpfe in +Kerkyra+, wo +zuletzt mit Hilfe Athens die Demokraten Sieger bleiben. + +[426.] + +Glückliche Kämpfe der Athener unter +Demosthĕnes+ in +Akarnanien+ gegen +die von den Peloponnesiern unterstützten +Ambrakioten+. + +[425.] + ++Fünfter Einfall+ der Peloponnesier. +Demosthenes+, mit einer nach +Sicilien (S. 50) bestimmten Flotte aussegelnd, landet in Messenien +und besetzt die verfallene Burg von ~Pylos~. Die Peloponnesier +(+Brasĭdas+) besetzen die gegenüberliegende Insel +Sphakteria+, werden +aber durch die athenische Flotte abgeschnitten. Der von spartanischen +Gesandten in Athen angebotene Friede auf +Kleons+ Antrag verworfen. +Kleon und Demosthenes erobern +Sphakteria+; 292 Hopliten, darunter +120 Spartiaten, werden nach Athen gebracht. Die Athener drohen diese +hinzurichten, wenn ein neuer Einfall in Attika geschehe. + +[424.] + +Die Insel +Kythēra+ von den Athenern unter Nikias besetzt. Von Kythēra +und von +Pylos+ aus beunruhigen sie fortwährend das lakonische Gebiet. +Ihr Landheer bei +Delion+ in Böotien von den Böotern geschlagen +(Sokrates von Alkibiades gerettet). + +~Brasĭdas~, der durch Böotien und Thessalien nach +Makedonien+ und ++Thrakien+ gezogen ist, bringt die dortigen Küstenstädte zum Abfall +von Athen, nimmt auch +Amphipŏlis+ ein. Der athenische Feldherr ++Thukydĭdes+ (der Geschichtschreiber), der mit einem Geschwader bei +Thasos lag und diesen Verlust nicht hatte verhindern können, wird +deshalb verbannt. Nach abermals vergeblichen Friedensverhandlungen +senden die Athener Kleon nach Thrakien. Er wird in der + +[~422.~] + +~Schlacht bei Amphipŏlis~ + +von Brasidas geschlagen und fällt auf der Flucht, Brasidas stirbt an +seinen Wunden. + +[~421~.] + +~Friede des Nikĭas~, + +geschlossen auf 50 Jahre. Beide Teile geben die Gefangenen und die +Eroberungen heraus, doch wird diese Bestimmung nur unvollständig +ausgeführt. Schon nach +drei+ Jahren bricht der Krieg wieder aus, +da ~Alkibiădes~ die Athener beredet, dem Bündnis beizutreten, +welches +Argos+ mit anderen peloponnesischen Staaten (Elis und +Mantineia) geschlossen hatte, um dem drückenden Übergewicht Spartas +entgegenzutreten. + +Die vereinigten +Argiver+ und +Athener+ werden in der + +[~418~.] + +~Schlacht bei Mantineia~ + +geschlagen. Die Spartaner stellen durch diesen Sieg ihre Herrschaft +über die Peloponnes wieder her. In Athen bekämpfen sich die Parteien +des +Nikias+ und +Alkibiădes+; durch Anwendung des Ostrakismos wird nur +der unruhige +Hyperbŏlos+ verbannt. + +[416.] + +Die Athener nehmen +Mēlos+ und töten +alle+ Bürger der Insel. + +[~415–413~.] + +Unternehmung der Athener gegen ~Syrakus~. + +Syrakus, nach dem Siege bei +Himĕra+ über die Karthager (S. 41) +aufblühend unter der milden Herrschaft +Hierons+ (Bruder des +Gelon+) +seit 466 mit demokratischer Verfassung, steht an der Spitze der +sicilischen Griechenstädte. + +[427.] + +Hilfsgesuch der Stadt +Leontini+ (der Redner und Sophist +Gorgias+) bei +den Athenern gegen Syrakus; eine athenische Flotte wird nach +Rhegion+ +gesandt, doch gelingt es den Athenern nicht, sich auf Sicilien +festzusetzen. Der Syrakusaner +Hermokrătes+ vermittelt 424 Frieden +unter den sicilischen Städten. + +[416.] + +Hilfsgesuch der Stadt +Egesta+ und der vertriebenen Leontiner gegen +Selinus und Syrakus, bei den Athenern von +Alkibiădes+ befürwortet, von ++Nikias+ widerraten. Eine Flotte von 134 Trieren fährt unter Anführung +von +Alkibiădes+, +Nikias+ und +Lamăchos+ nach Sicilien. Nachdem ++Naxos+ und +Katăna+ besetzt sind, wird Alkibiades zurückgerufen, +abwesend angeklagt wegen Teilnahme an Religionsfreveln, die kurz +vor Abfahrt der Flotte begangen waren (Verstümmelung der Hermen. +Verspottung der eleusinischen Mysterien). Er flieht nach Argos, wird +abwesend zum Tode verurteilt, seine Güter werden eingezogen. Hierauf +begibt er sich, um Rache an Athen zu nehmen, nach Sparta. + +[Sidenote: +414.] + +Die Athener erfechten einen Sieg vor +Syrakus+ und beginnen mit +Erfolg die Belagerung der Stadt, wobei +Lamăchos+ fällt. Die +Spartaner schicken auf Alkibiades’ Antrieb ein kleines Geschwader +unter +Gylippos+ den Syrakusanern zu Hilfe. Die Athener werden +zurückgedrängt, leiden durch Krankheit und Mangel. Nikias der Lage +nicht gewachsen. + +[413.] + +Sie erhalten Verstärkung aus Athen (73 Trieren, 5000 Hopliten) unter ++Demosthĕnes+, werden aber bei einem nächtlichen Angriff auf die +Höhen von +Epipŏlä+ besiegt. Der Abmarsch beschlossen, verzögert +durch abergläubische Bedenken des Nikias wegen einer Mondfinsternis +(27. August). Unglückliche +Seeschlacht+ in dem von den Feinden +gesperrten Hafen von Syrakus; das zu Lande abziehende Heer wird am +Flusse +Assinăros+ teils niedergemacht, teils gefangen. +Nikĭas+ +und +Demosthĕnes+ in Syrakus hingerichtet, 7000 Gefangene in die +Steinbrüche gesteckt, wo viele elend umkommen, oder als Sklaven +verkauft. + +[413. (März.)] + +Auf Alkibiădes’ Rat halten die Spartaner, gereizt durch eine Landung +attischer Schiffe in Lakonien, den Flecken +Dekeleia+ in Attika +besetzt. Von dort aus machen sie (unter König +Agis+) oft wiederholte +Streifzüge. Die dauernde Besetzung wirksamer als die früheren +vorübergehenden Einfälle, Die letzten 9 Jahre des +Peloponnesischen +Krieges+ heißen deshalb der + +[413–404.] + +~Dekeleïsche~ Krieg. + +Bedrängnis der Athener, Flucht vieler Sklaven, Geldnot des Staates. Die +aristokratische Partei kommt wieder zu Ansehen. Einsetzung einer neuen +Behörde von 10 +Vorberatern+. Ordnung der Finanzen; die Tribute der +Bundesgenossen werden in Hafenzölle umgewandelt. Neue Rüstungen. + +Alkibiădes bewirkt den Abfall von +Chios+, +Erythrä+, +Klazomĕnä+ +und +Milēt+ vom athenischen Bunde. Er bringt ein Bündnis zustande +zwischen den Spartanern, die sich bereit erklären, dem Perserkönig +alle ihm ehemals untertänigen Griechenstädte wieder zu überlassen, und +dem persischen Satrapen +Tissaphernes+ in Sardes, der den Spartanern +Hilfsgelder zahlt. + +[412.] + +Eine neue athenische Flotte erscheint an der ionischen Küste; die +Peloponnesier werden im Landkampf bei +Milēt+ geschlagen, aber die +Einnahme der Stadt wird durch das Erscheinen syrakusischer Schiffe +(unter Hermokrates) gehindert. Die athenische Flotte, wieder auf 104 +Schiffe gebracht, ankert vor +Samos+. Alkibiădes, von den Spartanern +angefeindet und beargwöhnt, begibt sich zu Tissaphernes, auf den er +bald großen Einfluß gewinnt. Zugleich knüpft er Unterhandlungen mit den +Oligarchen (Gegnern der Demokratie) im athenischen Heere an. + +[411. (März.)] + +~Verfassungsänderung in Athen~, + +von der oligarchischen Partei +(Antĭphon+, +Theramĕnes+) gewaltsam +durchgesetzt. Rat von 400 Mitgliedern eingesetzt, die Volksversammlung +auf 5000 Bürger beschränkt, alle Staatsbesoldungen, mit Ausnahme +des Soldes der im Heere dienenden Bürger, werden abgeschafft. +Friedensverhandlungen mit Sparta. Aber das Heer bei Samos weigert +sich, die Verfassungsänderung anzuerkennen, erwählt neue Feldherren +(+Thrasybūlos+) und ~ruft Alkibiades zurück~. Dieser übernimmt den +Oberbefehl, weigert sich aber, die Flotte gegen die Oligarchen nach +Athen zu führen, und verlangt, daß sie vor dem Feinde bleibe. In Athen +wird auch ohne Eingreifen des Heeres die Oligarchie nach kurzer Dauer +gestürzt, der alte Rat der 500 wieder eingesetzt, bald auch der Zutritt +aller Bürger zur Volksversammlung wieder hergestellt. + +Die Spartaner brechen jede Verbindung mit Tissaphernes ab und schließen +ein Bündnis mit +Pharnabāzos+, dem Satrapen von Bithynien. Aber die +peloponnesische Flotte (unter +Mindăros+) wird von den Athenern in zwei + +[411.] + +Seegefechten bei ~Abȳdos~ geschlagen und schließlich unter ++Alkibiădes’+ Oberbefehl vernichtet in der + +[410.] + +~Doppelschlacht bei Kyzĭkos~ (Mindaros † im Landkampf an der Küste). +Alkibiădes sichert die athenische Herrschaft auf der thrakischen ++Chersones+, erobert +Chalkēdon+, schließt Vertrag mit Pharnabazos, +erobert endlich auch die von dem Spartaner +Klearchos+ verteidigte, für +die Getreidezufuhr aus den Pontusländern wichtige Stadt +Byzanz+ (409). + +[~408~.] + +~Alkibiădes kehrt nach Athen zurück.~ + +Seine Verurteilung wird widerrufen, die Athener ernennen ihn zum +unumschränkten Feldherrn zu Wasser und zu Lande. Er schützt mit seinem +Heere den langentbehrten Festzug nach Eleusis, fährt dann an der Spitze +der athenischen Flotte wieder nach Kleinasien. Dort hatte unterdessen +der Spartaner +Lysander+ den Oberbefehl erhalten, und des persischen +Königs Dareios II. jüngerer Sohn +Kyros+, Freund der Spartaner, war +Satrap in Sardes geworden. Während Alkibiădes sich an einer Belagerung +von +Phokäa+ beteiligt, wird die von seinem Unterfeldherrn Antiochos +befehligte Flotte von +Lysander+ in dem + +[407.] + +~Seetreffen bei Notion~ im Golf von Ephĕsos geschlagen. Wegen dieses +unverschuldeten Unglücks wird Alkibiădes von den Athenern des +Oberbefehls entsetzt. Er zieht sich nach der thrakischen Chersones +zurück. + +Der neue spartanische Nauarch (Admiral) +Kallikratĭdas+ schließt die +athenische Flotte unter +Konon+ im Hafen von +Mytilene+ ein. Die +Athener rüsten mit äußerster Anstrengung eine neue Flotte aus; diese +schlägt die Peloponnesier in der großen + +[~406~. (Sept.)] + +~Seeschlacht bei den Arginusen~, + +kleinen Inseln an der Küste Kleinasiens, südöstlich von Lesbos; von +120 peloponnesischen Schiffen entkommen nur 43. Aber die siegreichen +Feldherren werden in Athen angeklagt, weil sie die Schiffbrüchigen +bei dem nach der Schlacht eingetretenen Sturm nicht gerettet und die +Leichen nicht bestattet haben; 6 von ihnen, die sich dem Gericht +stellen, werden zum Tode verurteilt. Vergeblicher Widerspruch des ++Sokrates+, der am zweiten Verhandlungstage Vorsteher der Prytanen +(S. 36) war, gegen das abgekürzte (summarische) Gerichtsverfahren. +~Lysander~, wiederum Anführer der spartanischen Flotte, vernichtet die +athenische Flotte in der + +[405. (August.)] + +~Schlacht bei Aigospotamoi~ (Ziegenflüsse), Lampsăkos am Hellespont +gegenüber. Nur +Konon+ rettet sich mit wenigen Schiffen. +Niedermetzelung von 3000 gefangenen Athenern. Lysander vernichtet die +athenische Herrschaft über die Küsten und Inseln, richtet überall +oligarchische Verfassungen ein, die durch spartanische Statthalter +(Harmosten) überwacht werden, erscheint dann mit seiner Flotte vor +dem Peiraieus, während die Landtruppen unter den beiden spartanischen +Königen +Agis+ und +Pausanias+ Athen von der Landseite einschließen. +Unterhandlungen durch +Theramĕnes+. Endlich bewirkt der Hunger die + +[~404~. (Frühjahr.)] + +~Übergabe Athens, Ende des Krieges.~ + +Die Mauern des Peiraieus und die langen Mauern zwischen Stadt +und Häfen werden niedergerissen. Anerkennung der spartanischen +Hegemonie, Verzicht auf alle auswärtigen Besitzungen, Auslieferung der +Kriegsschiffe bis auf 12. Nach Annahme dieser Friedensbedingungen wird +unter +Lysanders+ Einfluß die Neuordnung des Staates +dreißig Männern+ +der oligarchischen Partei (Tyrannen) übertragen. + +~Folgen des peloponnesischen Krieges~: 1. Fortdauernde Zersplitterung +der Griechen, Beginn ihres politischen Niedergangs, erfolgreiche +Einmischung Persiens. 2. +Sparta+ ist mit persischer Hilfe wiederum +im Besitze der +Hegemonie+, aber durch Auflösung der altspartanischen +Zucht entartet. 3. +Athen+, die Siegerin über den Nationalfeind, ist +gedemütigt, hat jedoch noch Kraft zu neuer Erhebung und bleibt die +geistige Hauptstadt Griechenlands. + + +§ 5. Makedoniens Emporkommen. + +Da Sparta seine Hegemonie gegen die Abneigung der anderen Staaten, +besonders gegen das aufstrebende +Theben+ nicht behaupten kann, +erheben sich neue Kriege unter den griechischen Staaten, bis sie der +Herrschaft +Makedoniens+ untertan werden, welches unter den Königen ++Perdikkas II.+ (454–413) und +Archelāos+ (413–399) allmählich +erstarkt war, dann unter Thronstreitigkeiten zu leiden hatte bis zum +Regierungsantritt +Philipps+ 359. + +[~404–403.~] + +Herrschaft der ~Dreißig~ in Athen. + +Sie nehmen eine spartanische Besatzung in die Akropolis auf, verhängen +Verbannung und Hinrichtung über mißliebige Bürger, die von Angebern +(Sykophanten) angeklagt sind. +Theramenes+, der als Mitglied der ++Dreißig+ zur Mäßigung rät, wird auf Betreiben des leidenschaftlichen ++Kritias+ ebenfalls hingerichtet. Darauf sammelt ~Thrasybūlos~ in ++Theben+ die aus Athen entflohenen Anhänger der Demokratie, besetzt +mit ihnen die Bergfeste +Phyle+ im Parnēsgebirge, schlägt die Truppen +der Dreißig und bemächtigt sich der Hafenstadt Munychia (403); Kritias +fällt. An Stelle der 30 wählen die Bürger in Athen 10 gemäßigtere +Oligarchen. Unter Vermittelung des Spartanerkönigs +Pausanĭas+ kommt +ein Vergleich zwischen diesen und Thrasybūlos zustande. Die vereinigten +Bürger ziehen gegen +Eleusis+, wo die meisten der Dreißig getötet +werden, dann wird +Amnestie+ verkündigt. + +[403.] + +Herstellung der Demokratie; neue Aufzeichnung der Gesetze unter dem +Archon ~Eukleides.~ Bald werden auch die Besoldungen und Schaugelder +(S. 44) wieder eingeführt, erstere sogar vermehrt durch den ++Volksversammlungssold+. + +[401.] + +Aufstand des von Sparta unterstützten ~Kyros~ (S. 21) gegen König ++Artaxerxes Mnemon+. Alkibiădes, welcher schon im Jahre 404 den König +hatte warnen wollen, war auf der Reise zu ihm in Phrygien auf Betreiben +Lysanders getötet worden. 13000 griechische Söldner kämpfen für Kyros +in der Schlacht bei ~Kunaxa~ (unweit Babylon); mühsamer Rückzug unter +Führung des Atheners ~Xenophon.~ Nicht ganz 10000 erreichen bei +Trapezūs das Schwarze Meer, die meisten treten bei dem spartanischen +Feldherrn +Thibron+ (s. u.) in Dienst. + +[399.] + +~Sokrates~ in Athen zum Tode verurteilt und durch Gift hingerichtet. +Sein Schüler ~Platon~ erhebt die Philosophie zur umfassenden +Wissenschaft. + +[399–394.] + +~Krieg der Spartaner gegen Persien,~ gehemmt durch Zwiespalt unter den +Griechen. + +Der persische Satrap +Tissaphernes+ will die griechischen Städte +Kleinasiens für ihren Anschluß an die Sache des Kyros züchtigen. Die +Spartaner kommen den Städten zu Hilfe, erst unter +Thibron+, dann +unter +Derkyllĭdas+, endlich unter dem König ~Agesilaos.~ Dieser +dringt 396 siegreich in Asien vor, schlägt am +Paktōlos+ die Reiter +des Tissaphernes, der auf Befehl des Großkönigs von seinem Nachfolger ++Tithraustes+ hingerichtet wird. Aber +Athen,+ +Theben,+ +Korinth,+ ++Argos+ verbünden sich, durch persisches Geld unterstützt, gegen +Sparta, dessen Harmosten sich überall verhaßt gemacht hatten. + +[395.] + +Lysander fällt bei +Haliartos+ (in Böotien) im Kampf gegen die Thebaner. + +[394.] + +Seeschlacht bei +Knidos+; die spartanische Flotte wird von der +persischen, von dem Athener Konon geführten Flotte besiegt. Vertreibung +der Harmosten aus den griechischen Städten Kleinasiens. ~Agesilāos,~ +aus Asien +zurückberufen+, zieht durch Thrakien, Makedonien und +Thessalien, schlägt die Verbündeten in der + +[394.] + +~Schlacht bei Koroneia~ (im westl. Böotien) + +und gelangt in die Peloponnes zurück. Konon stellt mit persischem +Gelde die ~2 langen Mauern~ zwischen Athen und dem Peiraieus wieder +her. Darauf Landkrieg in der Gegend von +Korinth+, das den Zugang zur +Peloponnes beherrscht; die athenischen Peltasten +Iphikrătes+ bringen +den Spartanern schwere Verluste bei. + +Der Spartaner +Antalkĭdas+ gewinnt die Gunst des persischen Satrapen +Tiribazos; Sparta sendet nochmals eine Flotte nach der asiatischen +Küste aus, die aber vor der athenischen unter +Thrasybūlos+ +zurückweicht. Endlich entscheidet der Perserkönig; die griechischen +Staaten nehmen die von ihm gestellten Bedingungen an. + +[~387.~] + +~Friede des Antalkĭdas.~ Die Griechenstädte +Kleinasiens+, sowie die +Inselstadt +Klazomĕnä+ und +Cypern+ werden den Persern ~preisgegeben.~ +Die Athener behalten nur die Herrschaft über +Lemnos,+ +Imbros+ und ++Skyros+, alle übrigen Staaten und Inseln sollen selbständig sein. +Messenien jedoch bleibt unter spartanischer Herrschaft. Gewalttätiges +Auftreten der Spartaner zur Durchführung dieser Bestimmungen. + +[379–362.] + +Krieg zwischen ~Theben~ und ~Sparta,~ + +veranlaßt durch die Besetzung der +Kadmeia+ (383). Ein spartanisches +Heer war gegen die Stadt +Olynthos+ gesandt, welche ihre Hegemonie +über die kleineren Städte der Halbinsel Chalkidĭke nicht aufgeben +wollte. +Phöbĭdas+, mit einer zweiten Abteilung nachgesandt, +besetzt die Kadmeia, die Burg von Theben, im Einverständnis mit der +aristokratischen Partei daselbst. Olynth wird 379 von den Spartanern +erobert. + +[~379.~] + +Thebanische Flüchtlinge, die in +Athen+ Aufnahme gefunden haben, +befreien von dort aus unter Führung des ~Pelopĭdas~ ihre Vaterstadt +und nötigen, unter Mitwirkung des ~Epameinondas~, die Spartaner zum +Abzug aus der Kadmeia. + +[~378.~] + +Die spartanischen Könige +Kleombrŏtos+ und +Agesilāos+ ziehen +gegen Theben zu Felde, kämpfen aber ohne Erfolg. Der Versuch eines +spartanischen Unterfeldherrn, sich des Peiraieus zu bemächtigen, +veranlaßt die Athener zum +Bündnis mit Theben+. Darauf gründen sie +den ~zweiten athenischen Seebund~ (Chios, Lesbos, Rhodos, Byzanz, +Euböa, Kerkyra, chalkidische Städte, Kykladen; keine Kleruchieen +in bundesgenössischem Gebiet, geringere Geldbeiträge). Seesiege +des +Chabrias+ (bei Naxos) und +Timotheos+ (bei Leukas) über die +peloponnesische Flotte. +Olynth+ wird wieder selbständig. Sparta +und Athen als Vertreter ihrer Bundesgenossen schließen 371 Frieden; ++Theben+ aber weigert sich, seine Hegemonie über Böotien aufzugeben, +soll von den Spartanern dazu gezwungen werden. + +[~371.~] + +~Schlacht bei Leuktra.~ + +Der spartanische König +Kleombrotos+ von ~Epameinondas~ besiegt. +Schiefe Schlachtordnung, +Pelopĭdas+ mit der heiligen Schar auf dem +linken Flügel bringt durch sein Vordringen den Kampf zur Entscheidung. + +[~370.~] + +~Angriff der Thebaner auf Sparta.~ Spartas Hegemonie wird durch den +Abfall der +Arkăder+ und die von Epameinondas angeordnete ~Befreiung +der Messenier~ schwer erschüttert. Gründung der Städte +Megalopŏlis+ +in Arkadien und +Messēne+ am Fuß der Berges Ithōme. Die offene Stadt ++Sparta+ wird von +Agesilaos+ erfolgreich verteidigt; ein athenisches +Heer kommt den Spartanern zu Hilfe; Rückzug der Thebaner. + +[369–367.] + +Epameinondas zieht noch zweimal nach der +Peloponnes+, um den erlangten +Einfluß zu sichern; Pelopidas bekämpft in +Thessalien+ den Tyrannen +Alexander von Pherā und schlichtet einen Thronstreit in +Makedonien+, +wird auf dem Rückweg unweit Pherä gefangen genommen, aber von +Epameinondas befreit. + +[367.] + +Gesandte der griechischen Staaten gehen nach +Susa+; Thebens Versuch, +einen Vertrag auf Grund der vom Perserkönige gutgeheißenen Vorschläge +zustande zu bringen, mißlingt. + +[364.] + +Pelopidas fällt im Kampfe gegen den Tyrannen von Pherä bei ++Kynoskephălä+; Epameinondas unternimmt mit einer neugebildeten Flotte +eine Fahrt bis +Byzanz+, um der athenischen Seemacht entgegenzutreten. +Unterdessen neue Streitigkeiten in der Peloponnes; Epameinondas +unternimmt einen +vierten+ Zug dorthin. + +[~862.~] + +~Schlacht bei Mantineia,~ + +Epameinondas fällt als Sieger im Kampfe gegen die Spartaner und ihre +Bundesgenossen (darunter 6000 Athener). Damit endet die kurze Zeit der ++thebanischen Hegemonie+ (371 bis 362). + +Friedensvertrag unter den griechischen Staaten, doch treten die +Spartaner nicht bei, da sie die Unabhängigkeit Messeniens nicht +anerkennen wollen. +Agesilāos+ geht nach Ägypten zur Unterstützung der +Aufständischen gegen die Perser (s. S. 21), deren Flotte der Athener ++Chabrĭas+ befehligt. Agesilāos stirbt auf der Rückfahrt (360). + +[~359–336.~] + +~Philipp, König von Makedonien,~ + +Sohn des Königs Amyntas, war von Pelopidas als Geisel auf 3 Jahre +nach Theben gebracht worden und hatte dort griechische Bildung und +Kriegskunst kennen gelernt. Er wird, 23 Jahre alt, nach dem Tode seines +älteren Bruders Perdikkas, König von Makedonien. Tapfer und staatsklug +befestigt er seinen Thron in dem von Parteikämpfen zerrissenen Lande, +sichert die Grenzen gegen die unruhigen Nachbarvölker (+Päŏner+, ++Illyrier+) und richtet ein stehendes Heer ein (+Phalanx+). Hauptwaffe +die Sarissa, ein 5 m langer Speer. Dann beginnt er die Ausbreitung +seiner Herrschaft an der thrakischen Küste und greift in das +Bundesgebiet der Athener ein, die er durch schlaue Unterhandlungen +täuscht. + +[357–356.] + +Philipp erobert +Amphipŏlis+ (reiche Goldbergwerke in der Nähe), ++Pydna+, +Poteidaia+, schließt Bündnis mit +Olynth+. Athen unterdessen +bedrängt durch Abfall der Bundesgenossen. Chios, Kos, Rhodos, Byzanz +sagen sich vom Seebunde los. Nach kraftloser Kriegführung (+Chabrias+ +† im Hafen von Chios) erkennt Athen 355 auf Antrag des +Eubūlos+ ihre +Selbständigkeit an. Der Seebund fortan unbedeutend. Eubūlos Vertreter +der Friedenspolitik; die Überschüsse der Staatsverwaltung werden auf +seinen Antrag der Festgelderkasse (S. 54) überwiesen. + +[~355–346.~] + +(Zweiter) ~Heiliger Krieg~ gegen die Phokier, + +die wegen Benutzung des dem delphischen Gotte geweihten Landes von +Kirrha (s. S. 33) von den Amphiktyonen zu einer hohen Geldstrafe +verurteilt waren. Die Thebaner übernehmen die Eintreibung dieser +Geldstrafe, die Phokier aber bemächtigen sich der Schätze des +delphischen Tempels, verstärken sich durch Söldner und verteidigen sich +längere Zeit mit Erfolg. + +[352.] + ++Onomarchos+, Feldherr der Phokier, fällt in Thessalien im Kampfe gegen +~Philipp~, welcher von den mit Theben verbündeten Thessălern zu Hilfe +gerufen war. Ein +athenisches+ Heer hindert durch Besetzung des Passes +von +Thermopy̆lä+ Philipp am Einmarsch in Mittel-Griechenland; die +Phokier behaupten sich noch weiter. + +Philipp wendet sich wieder nach Thrakien und greift +Olynth+ an. ++Demosthĕnes+, seit 351 (erste Philippika) Führer des nationalen +Widerstandes gegen die drohende makedonische Macht, veranlaßt +Hilfssendungen der Athener nach Olynth. + +[~348.~] + +~Philipp erobert Olynth~ + +durch Verrat, zerstört diese Stadt sowie eine große Zahl kleinerer Orte +auf der Halbinsel Chalkidike und verkauft die Einwohner als Sklaven. + +[346.] + +Friede zwischen Philipp und den Athenern auf Antrag des +Philokrătes+. +Demosthenes und Äschines Gesandte an Philipp. Dieser zieht, abermals +von den Thessalern und Thebanern zu Hilfe gerufen, nach +Phokis+ und +gewährt dem phokischen Feldherrn Phalaikos und seinen Söldnern freien +Abzug. + +[~346.~] + +~Philipp unterwirft die Phokier,~ + +zerstört ihre Städte, wird an ihrer Stelle in den +Amphiktyonen+bund +aufgenommen. In Athen Unwille über sein gewaltsames Vordringen; +Demosthenes’ Rede vom Frieden. + +[344.] + +Philipp tritt an die Spitze des +thessalischen+ Bundes, unterstützt ++Argos, Messenien, Elis+ gegen Sparta. Demosthenes’ zweite Philippika. + +[343.] + +Philipp bringt +Epirus+ und einen Teil von +Euböa+ in Abhängigkeit. +Äschines, von Demosthenes wegen seines Verhaltens bei der Gesandtschaft +angeklagt, wird freigesprochen. + +[342–341.] + +Philipp dringt in Thrakien bis zum Pontos vor, gründet +Philippopolis+ +am Hebros, unterstützt die Stadt +Kardia+ in ihrem Streit mit den +athenischen Kolonisten der thrakischen Chersones (S. 46). Die nationale +Partei in Athen (Demosthenes’ dritte Philippika) bringt ein ~Bündnis +hellenischer Staaten~ (Megarer, Korinther, Euböer, Achäer, Akarnanen +u. a.) unter Athens Leitung gegen Philipp zustande. + +[340.] + +Philipp belagert vergeblich +Perinthos+ und +Byzanz+. Die Athener +erklären ihm den Krieg, schicken zwei Flotten mit Hilfstruppen (unter ++Chares+ und +Phokion+) nach Byzanz und erzwingen die Aufhebung der +Belagerung. + +[339–338.] + +(Dritter) ~Heiliger Krieg~ gegen Amphissa, nachdem die Amphiktyonen, +auf Veranstaltung des von Philipp bestochenen +Äschines+, die Lŏkrer +von Amphissa wegen Aneignung eines dem delphischen Gotte geheiligten +Ackers in Strafe genommen hatten. Philipp, von den Amphiktyonen +mit der Ausführung des Beschlusses beauftragt, besetzt die Stadt ++Elateia+, welche den Zugang zu Böotien beherrscht. Große Bestürzung +in Griechenland. Die Athener rüsten Flotte und Landheer; Demosthenes +bringt ein ~Bündnis mit Theben~ zustande. Philipp +zerstört Amphissa+ +und besiegt die verbündeten Athener, Thebaner, Phokier, Korinther, +Achäer in der + +[~338.~ (Aug.)] + +~Schlacht bei Chaironeia.~ + +Sein Sohn +Alexander+ entscheidet die Schlacht durch Vernichtung +der +heiligen Schar+ der Thebaner. Philipp straft die Thebaner hart +(Aufhebung der Hegemonie über Böotien, Rückkehr der Verbannten, +makedonische Besatzung in der Burg Kadmeia); den Athenern bewilligt +er einen günstigen Frieden. Er rückt in die Peloponnes ein, nimmt den +Spartanern einen großen Teil ihres Gebietes und gibt es den Messeniern, +Argivern und Arkadern. + +~Makedonische Hegemonie.~ Auf einer Nationalversammlung zu +Korinth+, +an der nur die Spartaner nicht teilnehmen, läßt sich Philipp zum +unumschränkten Heerführer der Griechen gegen die Perser wählen. Im +übrigen behalten die griechischen Staaten ihre Selbständigkeit; eine +Bundesversammlung (Synedrion) zu Korinth soll ihre Streitigkeiten +schlichten. + + +§ 6. Alexander der Große. + +Philipp, der bereits Truppen nach Asien gesandt hat, um den Krieg +gegen die Perser zu beginnen, wird 336 von +Pausanias+, einem seiner +Leibwächter, ermordet. Ihm folgt sein von ~Aristotĕles~ gebildeter +zwanzigjähriger Sohn + +[~336–323.~] + +~Alexander der Große.~ + +Er zieht mit Heeresmacht nach +Korinth+ (Diogenĕs) und läßt sich die +Machtstellung seines Vaters übertragen, sichert dann die Nordgrenze +seines Reiches durch einen Zug gegen die +Triballer+, +Geten+ und ++Illyrier+, wobei er die Donau überschreitet. Auf die Nachricht +von einer Erhebung der Griechen erscheint er 335 zum zweitenmal in +Griechenland, schlägt die Thebaner, zerstört +Theben+ mit Ausnahme der +Kadmeia, der Tempel und des Hauses des Dichters ~Pindar~ (522–422), und +läßt die Einwohner als Sklaven verkaufen. Die +Athener+ unterwerfen +sich und erhalten Verzeihung. +Antipăter+ bleibt als Reichsverweser in +Makedonien zurück. + +[~334.~] + +~Zug Alexanders gegen Persien.~ + +Alexander fährt mit 30000 Fußsoldaten und 5000 Reitern (Feldherren +Perdikkas, Kleitos, Parmenion, Hephaistion, Kratĕros, Ptolemaios, +Antigŏnos) bei +Abȳdos+ über den Hellespont, schlägt die persischen +Satrapen und +Memnon+, den Führer der griechischen Söldner des Dareios, +in der + +[~334.~ (Mai.)] + +~Schlacht am Granīkos,~ + +einem kleinen Flusse in +Troas+. Rettung Alexanders durch +Kleitos+. + +Alexander zieht südwärts, erklärt die griechischen Städte und Inseln +für frei von der persischen Herrschaft (S. 55), erobert +Milet+ +und +Halikarnassos+. Weiterer Marsch durch Karien und Lykien, dann +nordwärts in das Innere; Aufenthalt zu +Gordion+ in Phrygien, wo +Verstärkungen seines Heeres eintreffen; er löst den gordischen Knoten +mit dem Schwert. + +[333.] + +Zug durch Kappadokien nach Kilikien, Erkrankung in +Tarsos+ (Bad im +Flusse Kydnos, der Arzt Philippos); durch die +syrischen Pforten+ nach +der Küstenstadt +Myriandros+ in Syrien. Unterdes ist König ~Dareios +III.~ (Kodomannos) mit einem großen Heere vom Euphrat herangezogen und +den Makedoniern in den Rücken gekommen. Auf die Kunde hiervon kehrt +Alexander um und erficht über die Perser in der + +[~333.~ (Nov.)] + +~Schlacht bei Issos~ + +an der Küste von +Kilikien+ einen glänzenden Sieg. Dareios entkommt, +seine Mutter, Gemahlin und Kinder fallen in die Hände des Siegers. + +Um die persische Seemacht aufzulösen, erobert Alexander +Syrien+ und ++Phönikien+ (7monatige Belagerung der Inselstadt +Tyros+) dringt dann +in Ägypten ein, wird in +Memphis+ als Befreier begrüßt. Gründung der +Stadt ~Alexandreia~ in trefflich gewählter Lage. Zug durch die libysche +Wüste nach der Oase +Siwah+ zum Orakel des +Zeus Ammon+. Von Ägypten +zieht Alexander 331 zurück nach Tyros, dann durch Syrien zum +Euphrat+, +den er bei Thapsakos überschreitet, dann durch Mesopotamien. Jenseits +des +Tigris+ schlägt er mit 47000 Mann das vielfach überlegene Heer der +Perser in der + +[~331.~ (Okt.)] + +~Schlacht bei Gaugamēla~ oder ~Arbēla~ + +nicht weit von den Ruinen von +Ninive+. Während Dareios nach Medien +entflieht, wendet sich Alexander nach Süden, zieht, ohne Widerstand +zu finden, in +Babylon+ ein, nimmt darauf +Susa+, dringt durch die +persischen Pässe, zieht als Sieger in +Persepŏlis+ und +Pasargădä+ ein. +Verbrennung des Königspalastes der Achämeniden in Persepolis, + +[~330.~] + +~Alexander zerstört das Perserreich.~ + +Dareios flieht weiter nach Osten; Alexander zieht in +Agbatana+ ein, +gelangt dann durch die kaspischen Pässe nach +Parthien+. Dareios wird +in der Nähe von Hekatompylos von dem Satrapen ~Bessos~ ermordet, der +nach Baktrien entweicht und den Königstitel annimmt. Die Leiche des +Königs auf Alexanders Befehl feierlich in Pasargadä bestattet. In ++Hyrkanien+ unterwerfen sich dem Sieger die noch übrigen griechischen +Söldner des Dareios. Alexander zieht weiter durch +Areia+ nach ++Drangiana+; hier wird in +Prophthasia+ die Verschwörung des ~Philōtas~ +entdeckt. Er wird vom Heere verurteilt und hingerichtet, sein Vater +~Parmenion~ wird auf Alexanders Befehl in +Agbatana+ getötet. Dann Zug +durch +Arachosien+ bis zum Fuße des +Paropamīsos+ (Hindukusch). + +[329.] + +Alexander überschreitet den Paropamisos und dringt in +Baktrien+ +ein; Bessos wird ihm ausgeliefert und hingerichtet. Dann Zug durch ++Sogdiana+ bis zum +Jaxartes+ (Sir Darja), wo er an der Grenze +gegen die Skythen die Stadt +Alexandreia Eschăte+ gründet. Durch +einen gefährlichen Aufstand unter ~Spitamĕnes~ wird er längere Zeit +in diesen Gegenden festgehalten. In +Marakanda+ (jetzt Samarkand) +ersticht er im Jähzorn den Kleitos 328. In +Baktra+ Vermählung mit +~Roxane~, der Tochter eines baktrischen Fürsten. Alexander beginnt +orientalische Kleidung und Lebensweise anzunehmen. Verurteilung seines +Jugendgefährten ~Kallisthĕnes~, der dies mißbilligte. + +[~327–325.~] + +~Zug Alexanders nach Indien.~ + +Mit seinem durch asiatische Truppen ansehnlich verstärkten Heere +gelangt Alexander unter harten Kämpfen mit den Bergvölkern zum +Indus+, +überschreitet den Strom und betritt das Fünfstromland (+Pendschab+). +Vereint mit dem indischen Fürsten von +Taxila (Taxĭles)+, der sich ihm +unterwirft, besiegt er in der + +[~326.~] + +~Schlacht am Hydaspes~ + +den +Pōros+, der gefangen, großmütig behandelt und als Vasall wieder in +seine Herrschaft eingesetzt wird. + +Gründung der Städte +Nikäa+ und +Bukephăla+. Alexander rückt nach +Osten bis zum +Hyphăsis+ vor. Hier weigern sich die Makedonier weiter +zu marschieren; Alexander entschließt sich zur +Umkehr+, führt aber +seinen Vorsatz, den Ozean zu erreichen, durch. Bau einer großen Flotte, +auf der ein Teil des Heeres den +Hydaspes+ hinab in den +Akesĭnes+ +einfährt, während der andere (mit 200 Elefanten) am Flußufer entlang +marschiert. Kampf mit den +Mallern+; Alexanders tollkühne Tapferkeit +und schwere Verwundung. Nach seiner Genesung setzt er Marsch und Fahrt +fort und gelangt zum Einfluß der +vereinigten Pendschabströme+ in den ++Indus+. + +[325.] + +Fahrt und Zug den +Indus+ hinunter. +Kratĕros+ tritt mit einem Teile +des Heeres auf dem näheren Wege nach Westen den Rückzug nach Persien +an, Alexander marschiert und fährt mit dem andern Teile bis zum +Indus-Delta. Hier läuft die Flotte unter +Nearchos+ in den Indischen +Ozean ein (+Ebbe und Flut+). Nearchos fährt die Küste nach Westen +entlang in den Persischen Meerbusen, während Alexander mit dem Landheer +durch das wüste +Gedrosien (Belutschistan)+ zieht. Nach beschwerlichem +Marsche kommt er in +Karmanien+ an, trifft mit +Kratĕros+ zusammen und +später an der Küste mit +Nearchos+, der dann weiter fahren und die +Mündung des Euphrat und Tigris erkunden muß. Damit ist der Seeweg von +Babylon nach Indien erforscht. + +[324. (Jan.)] + +Rückkehr Alexanders nach Persien und Strafgericht über habsüchtige und +grausame Statthalter, die den König und sein Heer für verloren gehalten +hatten. Ankunft in +Susa+. Hier enthüllt Alexander seinen großen Plan, +den ~Orient zu hellenisieren~, Sieger und Besiegte zu +einer+ Nation +zu verschmelzen und ein ~großes makedonisch-persisches Weltreich~ zu +gründen. Er vermählt sich mit Stateira, der älteren Tochter des Königs +Dareios III., sein Feldherr +Hephästion+ mit der jüngeren; viele +Offiziere des Heeres und über 10000 Soldaten nehmen asiatische Frauen. +Große Pläne zur Eröffnung neuer Handelswege (Umfahrt Arabiens), zum Bau +von Verkehrsstraßen für die mehr als 70 in allen Provinzen des Reiches +gegründeten +griechischen Städte+. Alexander beansprucht als Nachfolger +des »Großkönigs« göttliche Verehrung. + +[324. (Juli.)] + +Aufstand des makedonischen Heeres in +Opis+ am Tigris, durch Alexanders +Mut und Klugheit beschwichtigt. Entlassung der reich belohnten +Veteranen unter +Kratĕros+ nach Makedonien, während +Antipăter+ +von dort neue Truppen herbeiführen soll. -- Zug nach Agbatana, +wo Hephästion stirbt. Im Lager unweit +Babylon+ erscheinen vor +Alexander zahlreiche Gesandtschaften aus Griechenland, Italien und +Afrika (Karthago). Von Babylon aus wird eine Erforschung des Euphrat +unternommen. + +[~323.~ (Juni.)] + +~Tod Alexanders des Großen~ + +in dem zur Hauptstadt des neuen Weltreichs bestimmten Babylon. + +In ~Griechenland~ erheben sich 330 die Spartaner unter ihrem Könige +Agis III., +Antipăter+ besiegt sie in der blutigen Schlacht bei ++Megalopŏlis+. Gleich darauf in Athen Prozeß des +Äschines+ gegen +Ktesiphon, welcher 336 einen Ehrenkranz für +Demosthenes+ beantragt +hatte. Äschines geht nach der glänzenden Verteidigungsrede des +Demosthenes in die Verbannung nach Rhodos. Neue Aufregung 324, als +Alexanders Schatzmeister +Harpălos+ nach Griechenland flüchtet +und Alexander das Gebot verkünden läßt, ihn als Gott zu verehren +und die Verbannten wieder aufzunehmen. +Demosthenes+, fälschlich +angeklagt wegen Veruntreuung der dem Harpalos abgenommenen Gelder, +wird nun verbannt, kehrt aber bald zurück und bewirkt, als die Kunde +von Alexanders Tode kommt, in Gemeinschaft mit +Leosthĕnes+ und ++Hypereides+ eine Erhebung der Griechen unter Athens Führung, + +[~323–322.~] + +~Lamischer Krieg.~ + +Die Hellenen kämpfen anfangs glücklich unter Leosthĕnes und schließen +Antipăter in +Lamia+ ein, doch wird er durch ein von Leonnātos +herangeführtes Entsatzheer befreit. Auch +Kratĕros+ mit den Veteranen +Alexanders kommt ihm zu Hilfe; beide vereinigt siegen bei +Krannon+ +in Thessalien (322). Das griechische Heer zerstreut sich, die Staaten +unterwerfen sich einzeln. Die Athener müssen eine makedonische +Besatzung in +Munychia+ aufnehmen und die demokratische Verfassung +beschränken (+Phokion+ und +Demādes+ an der Spitze des Staats), das +Bürgerrecht wird an einen Census geknüpft. +Demosthenes+ flüchtig, +nimmt auf der Insel +Kalaurĭa+ (an der Küste von Argŏlis) Gift (322). + + +§ 7. Hellenistische Zeit. + +[323–301.] + +~Kämpfe der Diadochen (Nachfolger Alexanders).~ + +Diese langen und verwickelten Kämpfe, die unmittelbar nach Alexanders +Tode ausbrechen, zerstören das kaum gegründete makedonisch-persische +Weltreich, führen aber das von Alexander begonnene Werk der +Hellenisierung des Orients, der Ausbreitung griechischer Kultur und +Sprache, in anderer Weise erfolgreich weiter. + +~Perdikkas~ wird 323 zum Reichsverweser ernannt für die +regierungsunfähigen »Könige«, Alexanders Halbbruder +Philipp +Arrhidaios+ († 317) und seinen nachgeborenen Sohn von der Roxane, ++Alexander+ († 311). Die Verwaltung +Makedoniens+ und seiner +Nebenländer führen ~Antipăter~ und ~Kratĕros~. Auch die übrigen +Feldherren erhalten Statthalterschaften, namentlich ~Ptolemaios~: ++Ägypten+; ~Antigŏnos~: +Groß-Phrygien, Pamphylien+ und +Lykien+; +~Eumĕnes~, Alexanders Geheimschreiber: +Paphlagonien+ und ++Kappadokien+, die er noch erobern soll; ~Leonnātos~ († 322): das ++hellespontische Phrygien+; ~Lysimachos~: +Thrakien+. Der Plan des +Perdikkas, sich selbst zum Könige zu machen, bewirkt ein Bündnis der +meisten übrigen Feldherren gegen ihn; er wird auf einem Zuge gegen +Ptolemaios von seinen eigenen Truppen getötet. + +[321.] + +~Antipăter~ Reichsverweser, neue Verteilung der Statthalterschaften, +wobei namentlich ~Seleukos~ die Satrapie +Babylon+ erhält. Krieg +zwischen Antigŏnos und Eumĕnes. + +[319.] + +~Polysperchon~ Reichsverweser, gelangt zu keinem Ansehen. In den +fortdauernden Kämpfen siegt ~Antigŏnos~ in Kleinasien über Eumĕnes; +~Kassander~, Antipaters Sohn, gewinnt die Herrschaft in Makedonien, +läßt Alexanders Mutter +Olympias+ töten und vermählt sich mit +Alexanders Schwester +Thessalonīke+, gründet ihr zu Ehren eine bald +aufblühende Handelsstadt (jetzt Saloniki). + +Da Antigŏnos das ganze Reich unter seine Botmäßigkeit bringen will, so +entsteht ein. + +[315–301.] + +Krieg zwischen ~Antigŏnos~ und den übrigen Statthaltern. + +~Antigŏnos~ und sein Sohn ~Demetrĭos Poliorkētes~ (der Städtebelagerer) +nehmen 306 den ~Königstitel~ an. Diesem Beispiele folgen +Ptolemaios+, ++Seleukos+, +Lysimachos+, +Kassander+.[17] + +Demetrios belagert 304 vergeblich die feste Stadt +Rhodos+, sucht dann +sich in Griechenland festzusetzen. + +[301.] + +~Schlacht bei Ipsos~ (in Phrygien). + +Antigŏnos fällt, sein Sohn +Demetrĭos+ entflieht und führt mehrere +Jahre lang ein abenteuerliches Freibeuterleben. + +In Asien für die nächste Zeit Friede; in Europa dauern die Kämpfe fort. +Nach +Kassanders+ Tode (297) bemächtigt sich +Demetrios+ der Herrschaft +in Makedonien, wird aber 287 vertrieben und stirbt als Gefangener in +der Gewalt des +Seleukos+ in Syrien. Sein Sohn ~Antigŏnos Gonātas~ +behauptet sich nach wechselvollen Kämpfen im Besitz Makedoniens. + +Aus dem Weltreich Alexanders d. Gr. sind +drei große Monarchien+ +entstanden (Ägypten, Syrien, Makedonien), in denen ~Griechisch~ die +Sprache des Hofes, der Regierung und der Gebildeten ist. Daneben +mehrere kleinere Monarchien, griechische Freistädte und im Osten ++halb+griechische Staaten (S. 65ff). + + +1. ~Ägypten~ unter den ~Ptolemäern~. + +[323–285.] + ++Ptolemaios I. Lagi+ (d. h. Sohn des Lagos), auch +Sotēr+ genannt, weil +er den Rhodiern Hilfe brachte, sorgt für gute Verwaltung, herrscht +auch über +Cypern+, setzt in +Kyrene+ seinen Stiefsohn +Magas+ ein. + +[285–247.] + ++Ptolemaios II. Philadelphos+ gründet in der Hauptstadt +Alexandrīa+ +das Museum und die Bibliothek, gewinnt im Kriege gegen das +Seleukidenreich +Phönikien+, +Cölesyrien+ und die Südküste ++Kleinasiens+. + +[247–221.] + ++Ptolemaios III. Euergĕtes+ (der Wohltäter) behauptet noch den Umfang +des Reiches, fördert Wissenschaften und Künste. Mit Ptolemaios IV. +Philopātor (221–205) beginnt der Verfall; unter Ptolemaios V. Epiphănes +(205–181) beginnt die Abhängigkeit von den Römern, doch erst 30 v. Chr. +wird Ägypten römische Provinz. + + +2. ~Syrien~ unter den ~Seleukiden~. + +[321–281.] + ++Seleukos I. Nikātor+ herrscht weithin nach Osten bis zu den durch +Alexander festgesetzten Grenzen; nur das +Indus+land wird aufgegeben +(S. 16). Viele griechische Städte gegründet (Seleukeia am Tigris, +Edessa, Hekatompylos); Residenz Seleukeia neben +Antiochīa+ am Orontes. +Durch den Sieg bei Ipsos gewinnt er einen großen Teil Kleinasiens, +erweitert dies Gebiet 281 durch den Sieg in der Koros-Ebene (im +hellespontischen Phrygien) über +Lysimăchos+, fällt aber bald darauf +durch Mörderhand. + +[281–261.] + ++Antiochos I. Soter+ schlägt die +Gallier+ zurück (s. S. 66), behauptet +noch den Umfang des Reiches. Unter +Antiochos II. Theos+ (261–248) +entstehen selbständige Königreiche in +Baktrien+ und +Parthien+. + +[222–187.] + ++Antiochos III. der Große+ kämpft gegen Ägypten, gegen die Parther und +Baktrer, wird 190 von den Römern gedemütigt, behält aber immer noch ein +ansehnliches Reich. + +[167–130.] + +Befreiungskampf der ~Juden~ unter Führung der ~Makkabäer~ (Mattathias +und seine Söhne) gegen +Antiochos IV. Epiphănes+ und dessen Nachfolger. +Palästina wird ein unabhängiger Priesterstaat, seit 63 unter römischem +Schutze. + +[83.] + ++Tigrānes+, König von +Armenien+, macht dem durch das Vordringen der +Parther geschwächten Seleukidenreiche ein Ende. + +[64.] + +Syrien wird römische Provinz. + +Das Reich der ~Parther~, die unter den +Arsakiden+ (250 vor Chr. +bis 226 nach Chr.) alle Länder zwischen Euphrat und Indus erobern, +bildet im Orient einen Damm erst gegen den Hellenismus, dann gegen die +Römerherrschaft. + + +3. ~Die kleinasiatischen Länder.~ + +a) ~Bithynien,~ das sich 298 von dem thrakischen Reich des Lysimachos +losriß; Residenz +Nikomedeia+, gegründet um 264 von König Nikomedes I. +Nikomedes III. setzt 74 die Römer zu Erben ein. + +b) Das ~pergamenische Reich~ unter den ~Attaliden~ mit der Hauptstadt +~Pergămon~ in Mysien,[18] nach Lysimachos’ Tode 281 selbständig, +aufblühend unter König +Attălos I.+ († 197), der die Galater (s. u.) +zurückschlug und die Bibliothek gründete, und seinem Sohne +Eumenes +II.+ († 159), dem treuen Bundesgenossen der Römer. Attalos III. setzt +133 die Römer zu Erben ein. + +c) Die ~griechischen Seestädte,~ namentlich +Sinōpe+, +Herakleia+ am +Pontus, +Lampsăkos+, +Smyrna+, +Ephesos+, +Rhodos+. + +d) Der Bundesstaat der ~Galăter,~ gegründet von gallischen Heerhaufen, +welche 280 in Makedonien und Griechenland einbrachen, dann den +Hellespont überschritten und sich in +Phrygien+ niederließen; drei +Stämme (Tolistobojer, Tektosagen, Trokmer) unter je 4 Tetrarchen; +Hauptstädte Ankȳra (Angora) und Pessinūs. + +e) ~Kappadokien, Pontus, Armenien,~ drei Königreiche unter +einheimischen Dynastien, welche ebenso wie die Galăter nur zum Teil +griechische Kultur annahmen. + + +4. ~Makedonien~ unter den ~Antigoniden.~ + ++Antigonos Gonātas+ (277–239) beruhigt das durch die Thronkämpfe +und den Einfall der Gallier verwüstete Land, gibt die Ansprüche auf +Herrschaft über +Griechenland+ nicht auf. Sein zweiter Nachfolger ++Antigonos Doson+ (229–220) befestigt diese Herrschaft aufs neue (s. +S. 68); +Philipp V.+ (220–179) muß 197 darauf verzichten. +Perseus+ +(179–168) wird von den Römern entthront; 146 wird Makedonien römische +Provinz. + + +5. ~Die altgriechischen Länder.~ + +In ~Italien~ (Großgriechenland) behaupten sich die Griechenstädte, +besonders +Tarent+, +Thurii+, +Metapont+, +Lokri+, öfters vom +Mutterlande her unterstützt (338 Archidamos von Sparta, Sohn des +Agesilaos, 330 Alexander von Epirus, Bruder der Olympias), gegen +Angriffe der Lukaner und Bruttier; ebenso in ~Gallien~ +Massalia+ +gegen die einheimischen Stämme. Später treten sie unter römische +Schutzherrschaft, Massalia erst 125 v. Chr. + +~Syrakus~ behauptet nach Abwehr des athenischen Angriffs (S. 50) noch +lange eine bedeutende Stellung. + +[406–367.] + ++Dionysios I.+, +Tyrann+ nach glücklicher Abwehr der Karthager. Er +vereinigt die sicilischen Griechenstädte unter seiner oft grausamen +Herrschaft, unterwirft auch Rhegion und Kroton, bekämpft noch dreimal +die Karthager. Auf Veranlassung seines Schwagers +Dion+ verweilt der +athenische Philosoph +Platon+ eine Zeitlang an seinem Hofe. Ihm folgt +sein Sohn + +[367–344.] + ++Dionysios II.+, anfangs unter Leitung des Dion und Platon. Er wird 357 +von Dion vertrieben, wendet sich nach Lokri, kehrt 346 zurück, wird 344 +von dem korinthischen Feldherrn +Timoleon+ besiegt und nach Korinth +gesandt, wo er noch einige Jahre als Privatmann lebt. + +[339.] + ++Timoleon+, der Befreier Siciliens, schlägt die Karthager am Flusse ++Krimīsos+. + +[317–289.] + ++Agathŏkles+, Tyrann von Syrakus, bekämpft die Karthager in Afrika, +erkennt aber schließlich ihre Herrschaft über den Westen Siciliens an. + +[278–276.] + ++Pyrrhos+, König von Epirus, schützt die sicilischen Städte gegen +Angriffe der Karthager. + +[270–215.] + ++Hieron II.+, König von Syrakus, schließt mit den Römern ein Bündnis. +Unter seiner milden Regierung blüht die Stadt wieder auf. + +[212.] + +Syrakus von den Römern erobert, wird zinspflichtige Provinzialstadt. + +In ~Athen~ kommt während des Kampfes gegen Kassander (S. 64) die +demokratische Partei noch einmal zur Herrschaft; +Phokion+ wird 318 zum +Giftbecher verurteilt. Bald aber muß Athen sich der makedonischen Macht +wieder unterwerfen. +Demetrios von Phalēron+ regiert als Statthalter +Kassanders, wird 307 von +Demetrios Poliorkētes+ vertrieben. Nach der +Schlacht bei Ipsos versucht Athen seine Freiheit wieder herzustellen, +wird aber 294 dem +Demetrios Poliorkētes+ als König von Makedonien +untertan. + +[266–263.] + +Befreiungskrieg der Athener unter +Glaukon+ und +Chremonides+, doch +ohne Erfolg. + +[229.] + +König Antigonos Doson zieht, auf Verwendung des +Aratos+ (s. S. 68), +die makedonische Besatzung zurück. Athen ist fortan selbständig, +aber ohne politische Macht, es bleibt jedoch Sitz der Bildung und +Gelehrsamkeit. + +~Theben,~ von Kassander wieder hergestellt (vgl. S. 59), sendet 278 +zusammen mit Athen, Phokis, Lokris und den Ätolern ein Heer zur +Verteidigung des +Thermopylenpasses+ gegen die durch Makedonien +vordringenden +Gallier+ (S. 66); diese erobern den Paß, kehren aber um +nach einer Niederlage bei Delphi. Thessalien, Euböa, Korinth sind um +diese Zeit +makedonisch+. Die vollständige Unterwerfung Griechenlands +unter die makedonische Herrschaft verhindert der um + +[280.] + +erweiterte ~Ätolische Bund~ und der zur selben Zeit erneuerte +~Achäische Bund~. + +Letzterer gelangt zu ansehnlicher Macht durch den von ~Arātos~ +bewirkten Beitritt der Städte +Sikyon+ und +Korinth+; aus Korinth wird +243 die makedonische Besatzung vertrieben. Bald schließen sich Megara, +Megalopolis, Argos u. a. peloponnesische Städte dem Achäischen Bunde +an. +Verfassung+ des Bundes: An der Spitze ein jährlich gewählter +Feldherr (Strategos), ihm zur Seite ein Kanzler (Grammateus) und ein +Rat von 10 Demiurgen; in den Bundesversammlungen (zu Ägion) dürfen alle +über 30 Jahre alten Bürger der verbündeten Städte erscheinen, jede +Stadt hat +eine+ Stimme. Ähnlich ist die Verfassung des +Ätolischen +Bundes+, zu welchem auch Lokris, Phokis, Teile von Akarnanien und +Thessalien gehören. + +In ~Sparta~, das unter der Herrschaft einer reichen Oligarchie entartet +ist, büßt der junge König +Agis IV.+ den Versuch, die lykurgischen +Einrichtungen herzustellen, mit dem Leben (241). Besseren, aber nur +vorübergehenden Erfolg hat der gleiche Versuch des Königs +Kleomĕnes +III.+, welcher die Ephoren überfallen und töten läßt, 80 Oligarchen +verbannt und eine Verfassungsreform durchsetzt (226). Aber unheilvoll +ist die Feindschaft zwischen Sparta und dem +Achäischen Bunde+. Arātos +ruft den makedonischen König +Antigŏnos Doson+ herbei und übergibt ihm +die Burg von Korinth. Die Spartaner werden in der + +[~221.~] + +~Schlacht bei Sellasĭa~ + +geschlagen; Kleomĕnes flieht, stirbt 220 in Ägypten. Antigonos +rückt in Sparta ein und stellt dort die Herrschaft der Oligarchen +wieder her. Die ~makedonische Oberhoheit~ wird durch Abschluß eines +makedonisch-hellenischen Bundes befestigt. Dagegen erhebt sich ein +neuer Krieg von Seiten des +Ätolischen+ Bundes, mit welchem die +Spartaner sich verbinden; die Peloponnes wird furchtbar verwüstet +(220–217). + +Nach kurzer Friedenszeit abermals Krieg (211–205) der mit +Rom+ +verbündeten Ätōler und Spartaner gegen +Philipp V.+ von Makedonien; +dieser behauptet die Herrschaft über Thessalien, Euböa, Phokis, Lokris, +Korinth. Im dritten Kriege (200–197) schließt sich auch der Achäische +Bund den Feinden Philipps an. + +[~197.~] + +~Aufhebung der makedonischen Herrschaft über Griechenland.~ Die +Römer+ +walten fortan als Schiedsrichter über den griechischen Staaten. + +[192.] + +~Philopoimen,~ Feldherr des Achäischen Bundes, bringt +Sparta+ zum +Anschluß an den Bund, nachdem der von ihm bekämpfte Tyrann +Nabis+ +gefallen ist. Bald schließen auch Elis und Messenien sich an; die +Freundschaft mit Rom wird aufrecht erhalten. + +[189.] + +Die +Ätoler+ wegen feindlicher Erhebung gegen Rom bestraft. + +[183.] + ++Philopoimen+ von den abtrünnigen Messeniern gefangen und getötet; der +Achäische Bund durch Streitigkeiten zerrüttet. + +[167.] + +Tausend angesehene Achäer werden zur Verantwortung nach Rom gefordert. + +[146.] + +Krieg des Achäischen Bundes gegen +Rom+, veranlaßt durch Klagen der +Spartaner gegen den Bund. Der Bundesfeldherr +Kritolāos+ wird von Q. +Caecilius Metellus bei +Skarpheia+ am Malischen Meerbusen besiegt, sein +Nachfolger +Diaios+ von L. Mummius bei +Leukopĕtra+ auf dem Isthmos. + +[~146.~] + +~Korinth von den Römern erobert und zerstört.~ + +Die griechischen Staaten werden zum Teil tributpflichtig; sie behalten +ihre eigene Verfassung und Verwaltung, stehen aber fortan unter der +Aufsicht des römischen Statthalters von Makedonien. + +[27.] + +Einrichtung der römischen Provinz +Achaja+ (Peloponnes, +Mittel-Griechenland, Thessalien und Epirus). + + +§ 8. Griechische Kunst und Wissenschaft. + +Das in Griechenland frühzeitig entwickelte Geistesleben (S. 28 f., 37 +f.), welches in Athen zu Perikles’ Zeit zu hoher Blüte gelangte (S. +46), hat auch nachher noch mannigfaltige und bedeutende Erscheinungen +aufzuweisen. + +In der bildenden Kunst sind berühmte Zeitgenossen des Pheidias +Myron+ +von Eleutherä in Böotien (Diskobolos) und +Polykleitos+ von Argos (Hera +in Argos); Schüler des Pheidias +Alkamĕnes+ und +Paionios+ (Skulpturen +in Olympia). Dann folgen +Skopas+ von Paros (Mausoleum zu Halikarnaß +350, Niobegruppe) und +Praxitĕles+ von Athen (Hermes zu Olympia); +in Alexanders Zeit der Erzgießer +Lysippos+ von Sikyon. Nach den +Diadochenkämpfen die +pergamenische Kunstschule+ (Zeusaltar zu Pergamon, +der sterbende Fechter) und die +rhodische Kunstschule+ (Laokoongruppe, +farnesischer Stier). + +Als Maler ragen hervor +Zeuxis+ von Herakleia, +Parrhasios+ von ++Ephesos+ (beide in Athen zu Sokrates’ Zeit), +Apelles+ von Kos in +Alexanders Zeit. + +In ~Athen~ entfaltete sich Philosophie, Geschichtschreibung und +Beredsamkeit zur höchsten Blüte; +Platon+ von Athen (427–347) und +seine Nachfolger (Akademiker) lehrten in der +Akademie+, +Aristoteles+ +von Stageira, Lehrer Alexanders des Großen (388–322), lehrte im ++Lykeion+; seine Schüler die Peripatetiker. Um 300 gründete +Zenon+ +von Kition in der +Stoa+ (Halle) die Schule der +Stoiker+, +Epikūros+ +von Samos die Schule der +Epikureer+. Diese vier Philosophenschulen +erhalten sich bis weit in die römische Kaiserzeit hinein. + +Geschichtschreiber: +Xenophon+ von Athen, +Ephŏros+ von Kyme, ++Theopompos+ von Chios († um 320), +Timaios+ von Tauromenion († um +250). Redner: +Antĭphon+, +Lysias+, +Isokrătes+ († 338), +Demosthenes+ +(† 322), +Äschines+, +Hypereides+, +Lykurgos+. + +Dichter der neuern Komödie: +Philēmon+ und +Menander+ um 300 zu Athen. + +In ~Alexandria~ um 270 die Dichter +Kallimachos+ von Kyrene, +Theokrit+ +von Syrakus, +Apollonios+, der später in Rhodos lebte; der Mathematiker ++Eukleides+ um 300, der Geograph +Eratosthĕnes+ um 240, die Grammatiker ++Zenodotos+ um 280, +Aristarchos+ um 180 (Erklärung des Homer). + +Für die Aufnahme der griechischen Bildung bei den Römern waren +besonders wirksam der Stoiker +Panaitios+ von Rhodos und der +Geschichtschreiber +Polybios+ von Megalopolis, beide mit dem jüngeren +Scipio befreundet (um 146). Nachblüte der griechischen Literatur und +Kunst in der römischen Kaiserzeit. + +Fussnoten: + +[9] Diese Bezeichnung wahrscheinlich herzuleiten von dem Volk der ++Graer+ in Böotien, das bei der Gründung der Kolonie Kyme (Cumä) in +Campanien durch Auswanderer aus Chalkis auf Euböa beteiligt gewesen zu +sein scheint. + +[10] Die +12 Arbeiten+: Nemeischer +Löwe+, lernäische +Hydra+, +erymanthischer +Eber+, kerynitische +Hirschkuh+, stymphalische +Vögel+, +Gürtel der +Amazonenkönigin+ Hippoly̆ta, Stall des +Augīas+, kretischer ++Stier+, Rosse des +Diomēdes+, Rinder des +Geryŏnes+, Äpfel der ++Hesperiden+, +Kerbĕros+. + +[11] Nach der Berechnung des alexandrinischen Gelehrten +Eratosthĕnes+ +ist die Zerstörung Trojas 1184 v. Chr. zu setzen. + +[12] Die nähere Kenntnis dieses griechischen Nationalheiligtums +verdanken wir den Ausgrabungen, welche auf Veranstaltung des Deutschen +Reiches 1875–81 unter Leitung von +E. Curtius+ daselbst angestellt +worden sind. + +[13] ~Attisches Münzwesen~: Kleinste Silbermünze der +Obŏlos+ (13 +Pf.); 6 Obolen = l +Drachme+; größere Silbermünze das +Tetradrachmon+. +Gepräge: Pallaskopf, auf der Rückseite Eule und Ölzweig. Goldmünze der ++Stater+, entsprechend dem persischen +Dareikos+ = 20 Drachmen. Größere +Summen werden nach +Minen+ zu 100 Drachmen und +Talenten+ berechnet; +ein Talent = 6000 Drachmen = 4715 Mark unseres Geldes. + +[14] Von dem nach Delphi geweihten goldnen Dreifuß ist das eherne +Untergestell erhalten (1856 in Konstantinopel ausgegraben), drei sich +umeinander windende Schlangen, darauf die Inschrift, welche die Namen +der gegen die Perser verbündeten griechischen Staaten enthält (Thukyd. +I, 132). + +[15] Die erhaltenen Reste derselben seit 1816 (Lord Elgin) im +Britischen Museum zu +London+. + +[16] Die Gemeinde von +Epidamnos+ (späterer Name +Dyrrhachium+), +bedrängt von den aus der Stadt vertriebenen, mit den illyrischen +Barbaren verbündeten Adligen, bittet die Mutterstadt +Kerkyra+ +vergebens um Hilfe, erhält aber Beistand von +Korinth+, der Mutterstadt +Kerkyras. Deswegen nehmen die Kerkyräer für die aus Epidamnos +Vertriebenen Partei, besiegen die Korinther bei +Aktion+ (Actium, 434) +und nehmen Epidamnos ein. Korinth und Kerkyra bewerben sich beide um +athenische Hilfe. + +[17] Seit dieser Zeit wurde es üblich, nach persischer Sitte das +Bildnis des Königs auf die +Münzen+ zu prägen. Auf den Münzen +Alexanders d. Gr. erscheinen noch nach dem älteren Brauch Götterbilder +(Zeus, Athene, Herakles). + +[18] Die Bedeutung der Stadt +Pergamon+ bis in die römische Kaiserzeit +hinein ist durch die von +K. Humann+ 1870–1886 unternommenen +Ausgrabungen in helles Licht getreten. Der von Eumenes II. nach einem +abermaligen Siege über die Galater errichtete +Zeusaltar+ war mit +Skulpturen geschmückt, welche den Kampf der hellenischen Götter gegen +die Giganten darstellen (jetzt im Museum zu Berlin). + + + + +~E. Die Römer.~ + + +~Italia,~[19] ursprünglich Name des südlichsten Teils der Halbinsel, +wird allmählich Gesamtname. Ursprünglich von sehr verschiedenen +Völkerschaften bewohnt, gelangt Italien durch die Machtausbreitung +der Stadt +Rom+ zu nationaler und politischer +Einheit+, ohne die +landschaftlichen Unterschiede zu verlieren. + +Als älteste Einwohner erscheinen in Ober-Italien westlich die ++Ligŭrer+, östlich die +Venĕter+, beides illyrische Stämme. Ihnen +verwandt sind in Unter-Italien die +Japyger+. Die Mitte der Halbinsel +bewohnen westlich die +Latiner+ und +Ausoner+ (Latium und Campanien), +östlich die +Umbrer+ und die +sabellischen Stämme,+ welche sich +erobernd ausbreiten: nach Latium dringen die +Aequer+ und +Volsker+ +vor, in südlicher Richtung die +Samniten+ und +Lucaner+, im Stammlande +bleiben die +Sabiner+. + +Höhere Kultur entwickelt sich zuerst bei den ~Etruskern~ oder +~Tyrrhenern~ (etrusk. Rasenna), die in Etrurien und in der mittleren +Po-Ebene wohnen, unter phönikischem Einfluß (s. S. 13). Sie gründen ++Städte+ und stehen seit etwa 750 v. Chr. in lebhaftem Handelsverkehr +mit Karthagern und Griechen. In den Gräbern (Gewölbebauten) bei +Tarquinii, Caere, Clusium, Bononia (jetzt Bologna) haben sich +bedeutende Reste ihrer Kultur erhalten: Wandmalereien, Goldschmuck, +Waffen, Tongefäße. Sie dringen um 600 v. Chr. erobernd vor nach Latium +und Campanien, werden aber gehemmt durch die selbständige Entwickelung ++Roms+ und verlieren seit 438 Campanien an die vordringenden ++Sabeller+. In die Po-Ebene dringen um diese Zeit +keltische+ Stämme +von Norden her ein; nach ihnen heißt dieses Land fortan +Gallia +cisalpina+. + +In ~Latium~ bestand in alter Zeit ein Bund von 30 Gemeinden mit +jährlichem Bundesfest auf dem Albanerberge zu Ehren des höchsten Gottes +Juppiter; Vorort war +Alba longa+, auf halber Höhe des Berges gelegen. ++Rom+, als Grenzplatz gegen die Etrusker gegründet, verstärkt durch +Aufnahme von Sabinern, erhebt sich zur herrschenden Stadt. An der +Spitze der Latiner unterwirft es die andern Völker Italiens nach und +nach und wird dann Mittelpunkt eines Weltreiches. Die ältere Geschichte +Roms ist in der Überlieferung sagenhaft ausgeschmückt. + + +§ 1. Zeit der Königsherrschaft. (753–510.) + +~Gründungssage~: König +Numĭtor+ von +Alba longa+, Nachkomme des mit +trojanischen Flüchtlingen in +Latium+ gelandeten +Aenēas+, wird von +seinem Bruder +Amulĭus+ des Thrones beraubt, sein Sohn getötet, seine +Tochter +Rea Silvia+, damit das Geschlecht des Numĭtor aussterbe, unter +die vestalischen Jungfrauen aufgenommen. Die Zwillinge ~Romŭlus~ und +~Remus,~ Söhne der Rea Silvia und des +Kriegsgottes Mars+, befiehlt +Amulĭus in den über die Ufer getretenen +Tiber+ zu werfen. Die Kinder +werden gerettet, von einer Wölfin gesäugt und von dem königlichen +Hirten +Faustŭlus+ auferzogen. Zu Jünglingen herangewachsen, machen +Romulus und Remus an der Spitze anderer Hirten Jagd- und Beutezüge. +Remus wird gefangen und vor Numitor geführt, dieser erkennt seine +Enkel. Sie töten den Amulius, setzen Numitor wieder als König ein und +gründen mit seiner Erlaubnis an der Stelle des Tiberufers, wo sie +einst ausgesetzt wurden, eine Stadt. Bei dem Streit darüber, wer sie +nach seinem Namen nennen und beherrschen soll, wird +Remus+ getötet; +~Romulus,~ alleiniger König, gründet die Stadt ~Roma~ auf dem Hügel ++Palatinus+. Als Gründungstag galt seit Varro (1 Jahrh. vor Chr.) der +21. April (Fest der Hirtengöttin +Pales+) des Jahres 753 v. Chr. + +~Romulus,~ kriegerischer König, nimmt Flüchtlinge aus anderen Städten +auf (Asyl auf dem Mons Capitolinus), erwählt einen +Senat+ von 100 +Mitgliedern. Raub der Sabinerinnen beim Fest der Consualia; deshalb +Krieg mit den Nachbarstädten Caenina, Antemnae, Crustumerium (Romulus +gewinnt die ersten spolia opima) und mit den +Sabinern+, deren König ++Titus Tatius+ sich durch den Verrat der +Tarpeia+ des Burgfelsens +bemächtigt. Die Schlacht zwischen Römern und Sabinern wird durch die +geraubten Sabinerinnen unterbrochen. Vereinigung der Römer und Sabiner +zu +einem+ Staate unter gemeinschaftlicher Regierung des Romulus und +Tatius bis zu des letzteren Tode. Romulus führt Kriege gegen die ++Etruskerstädte Fidenae+ und +Veii+. Er wird während eines Gewitters zu +den Göttern entrückt und fortan als Gott +Quirīnus+ verehrt. + +~Numa Pompilius,~ aus +Cures+, nach +einjährigem Interregnum+ von den ++Römern+ aus den +Sabinern+ erwählt. Friedlicher König, Ordner des +römischen Gottesdienstes, nach dem Rat der Camene +Egerĭa+, seiner +Gemahlin. +Janustempel+, ein in Kriegszeiten geöffnetes Tor zwischen +den beiden Ansiedelungen auf dem Palatinus und Quirinalis, am Fuße der +gemeinschaftlichen Burg auf dem +Capitol+. Einsetzung der +Pontifices+, ++Augŭres+, +Flamĭnes+, +Salii+, +Fetiales+, +virgines Vestales+. + +~Tullus Hostilius,~ kriegerischer König. Krieg mit +Veii+ und ++Fidenae+, Verrat des Diktators von Alba, +Mettius Fuffetius+, der +von Pferden gevierteilt wird. +Alba longa+ zerstört (Horatier und +Curiatier), die Bewohner siedeln nach Rom über. + +~Ancus Marcius,~ Enkel des Numa, zugleich friedlicher und kriegerischer +König (»et Numae et Romuli memor«). Er stellt die von seinem Vorgänger +vernachlässigten gottesdienstlichen Ordnungen wieder her und verpflanzt +die Einwohner kleiner latinischer Ortschaften nach Rom, gilt deshalb +als Begründer der +Plebs+ (S. 74). Befestigung des Ianiculum, Bau der +Pfahlbrücke (+pons sublicius+) über den Tiber. Gründung der Hafenstadt ++Ostĭa+. + +~Tarquinius Priscus,~ aus der etruskischen Stadt +Tarquinii+ mit seiner +Gemahlin +Tanaquil+ nach Rom eingewandert (ihm wird +griechische+ +Abstammung von dem +Bakchiaden+ Demaratus aus Korinth zugeschrieben), +wird Vormund der Söhne des Ancus und zum römischen Könige gewählt. Er +beginnt den Bau des Juppitertempels auf dem Kapitol, der +Kloaken+ +(Abzugsgräben für die Niederungen zwischen den Hügeln der Stadt) der +Stadtmauer und des +Circus maximus+. Der Senat wird auf 300 Mitglieder +gebracht (+patres minorum gentium+). Verdoppelung der Zahl der +Ritter; der Augur +Attus Navius+ widersetzt sich der Bildung neuer +Rittercenturien. Kriege gegen +Sabiner+ und +Latiner+. Nach Ermordung +des Tarquinius durch die Söhne des +Ancus+ wird durch die List der ++Tanaquil+ König + +~Servius Tullius,~ Sohn der Sklavin +Ocrisia+ und eines Gottes, von +Tanaquil infolge eines Wunderzeichens königlich erzogen, Schwiegersohn +des Tarquinius. Krieg gegen +Veii,+ Aufnahme Roms in den +latinischen +Bund+. Bau der +Ringmauer+ um die 7 Hügel der Stadt (Palatinus, +Capitolinus, Aventinus, Caelius, Esquilinus, Viminalis, Quirinalis), +Einrichtung des Census und der ~Centurieneinteilung~ (s. S. 74). +Servius Tullius wird ermordet von seinem Schwiegersohn + +~Tarquinius Superbus,~ den die Sage als grausamen Despoten darstellt. +Er befragt den Senat nicht und zwingt das Volk zu Frondiensten beim +Bau des kapitolinischen Tempels; er unterwirft sich den latinischen +Bund, bemächtigt sich durch die List und den Verrat seines Sohnes ++Sextus+ der Stadt +Gabii.+ Er erwirbt die +sibyllinischen Bücher+, +sendet aber seine Söhne auch zum delphischen Orakel, wohin sie ihr +Vetter +L. Iunius Brutus+ begleitet, der den Spruch des Orakels +am besten versteht. Während der Belagerung von +Ardĕa+ Frevel des ++Sextus+ Tarquinius gegen +Lucretia,+ die Gemahlin des +L. Tarquinius +Collatinus+. Diese tötet sich selbst; ~Brutus~ ruft vor ihrem Leichnam +das Volk in Rom zu den Waffen und wiegelt das Heer gegen den König auf, +der die Tore der Stadt verschlossen findet und in die Verbannung geht. + +Die letzten drei Könige gehören einer +etruskischen+ Dynastie an; durch +ihre Vertreibung wird Rom wieder eine +latinische+ Stadt. + +~Religion.~ Die altitalischen Götter wurden nicht wie die griechischen +menschenähnlich gedacht, sondern als unsichtbare Gewalten; Tempel und +Götterbilder wurden allmählich eingeführt unter griechischem Einfluß, +zuerst bei den Etruskern. +Janus, Saturnus, Juppiter, Mars+ (Quirinus), ++Juno, Vesta, Ceres, Minerva+ sind italische Gottheiten, die später +mit griechischen Göttern gleichgestellt wurden; ihre Verehrung wurde +von besonderen Priestern geleitet (drei +Flamines+: Dialis, Martialis, +Quirinalis: zwölf +Salii,+ Diener des Mars, Träger der heiligen +Schilde, ancilia; sechs +Vestalinnen+). Neben diesen Hauptgöttern viele +andere, die als Beschützer des Landbaues an bestimmten Festen und +heiligen Stätten verehrt wurden: +Pales, Consus, Ops, Faunus, Silvanus, +Terminus, Feronia, Flora, Pomona, Vertumnus+ u. a. Als Beschützer des +Hauses und der Vorräte wurden die +Lares+ und +Penates+ angerufen. +Auch sittliche Begriffe wurden als Götter gedacht und verehrt: Fides, +Pietas, Honor, Virtus, Fortuna, Concordia. + +Den Willen der Götter erforschten die +Augŭres+ aus Himmelszeichen +(Donner und Blitz), Vogelflug (Auspicien) und anderen Zeichen; +aus Etrurien kamen die +Haruspĭces+ hinzu, die namentlich aus den +Eingeweiden der Opfertiere weissagten. Besondere Priester hatten +die im kapitolinischen Tempel aufbewahrten +sibyllinischen Bücher+ +aufzuschlagen. Die Aufsicht über den gesamten Götterdienst, auch über +die von einzelnen Geschlechtern und Genossenschaften (z. B. den +fratres Arvales) dargebrachten Opfer hatten die +Pontifices+; ihnen lag +daher auch die Ordnung des +Kalenders+ ob. Verträge mit fremden Völkern +unter heiligen Gebräuchen zu schließen und zu lösen war die Aufgabe der ++Fetiales+. + +~Älteste Verfassung~: Das Bürgerrecht umfaßt +commercium, conubium, +suffragium, honores+ (Berechtigung zu Ämtern). Die Hausväter (+patres+) +mit ihren nächsten Angehörigen (+patricii+) bilden die Bürgergemeinde +(+populus+) und zugleich die Kriegerschaft (+Quintes+). Sie sind +eingeteilt in drei Stämme (+tribus+), die Ramnes, Tities und Luceres, +jeder Stamm in 10 +curiae+, jede Curie in 10 +gentes+ (Geschlechter). +Die vom Könige zu einer Mitteilung oder Befragung berufene +Bürgergemeinde der ~Patrizier~ bildet die ~comitia curiata~. Der von +ihnen erwählte ~König~ übt die Befehlsgewalt (+Imperium+) als oberster +Priester, Richter und Heerführer aus. Beratend steht ihm zur Seite der +~Senat~ (Rat der Ältesten); er bestellt, wenn das Königtum erledigt +ist, aus seiner Mitte den ~interrex~, alle 5 Tage wechselnd. Die +außerhalb der Geschlechter stehenden +Schutzverwandten+, welche einen +Beschützer (patronus) haben müssen, heißen diesem gegenüber ~clientes~ +(Hörige, von cluēre). Ihre Nachkommen, vermehrt durch Einwohner der im +Kriege unterworfenen latinischen Nachbargemeinden, bilden allmählich +eine Gemeinde der Nichtbürger (~plebs~ oder plebes, verwandt mit +pleo, plenus, die Menge). Sie sind ohne politische Rechte. Ihre erste +Ansiedelung auf dem Aventinus. + +Die Änderung dieser Verfassung beginnt mit der Heranziehung der +Plebejer zum +Kriegsdienst+ durch die dem ~Servius Tullius~ +zugeschriebene Heeres- und Steuerverfassung. Er bildet 18 +Reitercenturien und 80 Centurien schwerbewaffnete Fußsoldaten; +Besitzmaß 20 Morgen Land, nach späterem Ansatz in Geld 100000 As.[20] +Zu dieser ersten Klasse der Bürger treten vier weitere hinzu, 90 +Centurien mit leichterer Bewaffnung, ohne Panzer, dem geringeren +Besitz entsprechend; 2 besondere Centurien bilden die Schmiede und +Zimmerleute (fabri), ebenso die Hornbläser und Trompeter (cornicines +et tubicines); die Armen ohne Grundbesitz (proletarii) bilden als +Ersatzmannschaft +eine+ große Centurie. Gesamtzahl 193 Centurien. + +In der Volksversammlung (comitia centuriata) fortan Abstimmung der +Bürger nach Centurien. Die Begüterten haben also mit 98 Stimmen stets +das Übergewicht über die anderen 95 Centurien. + +Das Fußvolk bildet 2 Legionen für den Felddienst (centuriae iuniorum) +und 2 für die Stadtverteidigung (centuriae seniorum). Behufs der +Aushebung und Entrichtung der Kriegssteuer (+tributum+) wird Stadt und +Gebiet in eine Anzahl von Quartieren (+tribus+) geteilt. Alle 4, später +alle 5 Jahre findet eine neue Einschätzung (+census+) der Bürger nach +dem Vermögen statt; sie schließt mit einem Reinigungsopfer (+lustrum+). +Die nicht in Tribus aufgenommenen Einwohner ohne Bürgerrecht sind vom +Kriegdienst frei und zahlen ein Schutzgeld +(aerarii).+ + +Diese Kriegsverfassung, getragen von Sittenstrenge und bürgerlicher +Zucht, machte die Römer ihren Nachbarn überlegen. + + +§ 2. Rom als Republik. + +[~510.~ (?)] + +~Vertreibung der Tarquinier.~ + +An die Spitze des Staates treten 2 +consŭles+, auf +ein+ Jahr gewählt; +die ersten waren ~L. Iunius Brutus~ und ~L. Tarquinius Collatinus.~ +Der letztere, als Verwandter der vertriebenen Königsfamilie beim Volke +unbeliebt, wird bald ersetzt durch ~P. Valerius Poplicŏla,~ den ersten ++consul suffectus,+ der sich durch die +lex Valeria de provocatione+ +die Gunst des Volkes sicherte. + +Die ~consŭles~ üben während ihres Amtsjahres die früher den Königen +zustehende Gewalt aus: +imperium+ und +auspicia publica,+ d. h. +Befragung der Götter von Staats wegen. Für gewisse Opfer, welche früher +die Könige dargebracht hatten, wird ein Priester als +rex sacrificulus+ +bestellt und dem +pontĭfex maximus+ untergeordnet. Jeder Konsul kann +die Maßnahmen des andern durch das ius intercedendi unwirksam machen. +Gehilfen der Konsuln für Kriminalgerichtsbarkeit und Verwaltung des +Staatsschatzes (+aerarium+) sind die 2 +quaestores+. Die Konsuln +haben als äußere Zeichen ihrer Amtsgewalt den Amtssessel (+sella +curulis+) und das Obergewand mit Purpurstreif (+toga praetexta+); ihnen +schreiten vorauf 12 +lictores,+ welche in Rutenbündeln (+fasces+) Beile +(+secures+) tragen, doch nicht im Stadtgebiet, weil in Friedenszeit die +obrigkeitliche Gewalt der Konsuln durch das +Berufungsrecht+ beschränkt +ist. Nach der +lex Valeria de provocatione+[21] steht es dem zum +Tode oder zu körperlicher Züchtigung verurteilten Bürger frei, die +Entscheidung der Volksversammlung, der ~comitia centuriata,~ anzurufen. + +Hauptrechte dieser Volksversammlung sind die +Beamtenwahl,+ die ++Gesetzgebung+ und die +Entscheidung über Krieg und Frieden.+ Bei der +Abstimmung haben die 6 alten, +vorwiegend+ patrizischen Rittercenturien +das Vorstimmrecht (centuriae +praerogativae+). Sind die Centurien der ++ersten+ Klasse (S. 74 f.) mit den Rittern einig, so werden die übrigen +Klassen nicht befragt. Die +comitia curiata+ verlieren ihre frühere +Bedeutung, doch bleibt ihnen das Recht, die gewählten Konsuln zu +bestätigen (+lex curiata de imperio+). + +Der ~Senat,~ früher nur aus Patriziern bestehend, wird durch +zugeschriebene +Plebejer+ (daher die Formel: +patres (et) conscripti+) +ergänzt, und zwar aus den +Rittern+, d. h. den Reichen. Der +Senatsbeschluß (+senatūs consultum+) ist für die Konsuln maßgebend, hat +aber nicht +Gesetzes+kraft. Zur Zeit besonderer Gefahr tritt an die +Spitze des Staates ein ~Dictator~, ohne Mitwirkung der Bürgerschaft, +aber mit Beirat des Senats von einem der Konsuln +ernannt+ (dictatorem ++dicere+). Die Konsuln sind ihm untergeordnet; er ernennt seinen +Gehilfen, den +magister equitum+; beide dürfen ihr Amt nicht länger als +sechs Monate führen. + +[509.] + +Verschwörung junger Patrizier zur Herstellung des Königtums. Der Konsul ++L. Junius Brutus+ läßt seine eigenen Söhne als Teilnehmer an der +Verschwörung hinrichten. Darauf Krieg mit den +Etruskern+ von Veii und +Tarquinii; +Brutus+ fällt im Zweikampf mit +Aruns Tarquinius+ vor der +Schlacht am Walde +Arsia+. An seine Stelle wird zuerst +Sp. Lucretius,+ +nach dessen Tode +M. Horatius+ gewählt, welcher den in der Königszeit +erbauten Tempel des Juppiter Capitolinus weiht. + +[508.] + +Unglücklicher Krieg der Römer gegen den etruskischen König +Porsenna+ +von +Clusium+; sie müssen den Frieden durch Gebietsabtretung und +Entwaffnung erkaufen. Römische Sagen von +Horatius Cocles+, dem +tapferen Verteidiger der Tiberbrücke, von dem Heldenmute des +Mucius +Scaevola+ und der +Cloelia+. Die weiter in Latium vorrückenden Etrusker +werden vor +Aricia+ von den Latinern und ihren Bundesgenossen, den +Griechen aus +Cumae+ (unter +Aristodemos+), geschlagen und können +sich auf dem linken Tiberufer nicht behaupten. Rom erlangt bald seine +frühere Machtstellung wieder. König Tarquinius stirbt in Cumae. + +Vielleicht in dieser Zeit schon Handelsvertrag zwischen Rom und +Karthago. Die Küstenstädte bis Terracina unter Roms Oberhoheit (S. 82). + +[496.] + +Sagenhafter Sieg der Römer über die Latiner und Tarquinius am See ++Regillus+ (bei +Tusculum+); der Dictator +Aulus Postumius+ siegt mit +Hilfe der +Dioskuren+ (Kastor und Pollux), denen alsbald ein Tempel in +Rom errichtet wird. + +[~494.~] + +~Auswanderung der Plebejer auf den Heiligen Berg~ (+secessio plebis in +Montem sacrum+). + +Die Plebejer waren durch häufigen +Kriegsdienst,+ durch das strenge ++Schuldrecht,+ welches auch die Person des Schuldners in die Gewalt des +Gläubigers gab, und durch Verweigerung eines Anteils am +Gemeindelande+ +(ager publicus) in Not geraten. Sie wollen eine neue Stadt gründen, +werden aber durch Vermittelung des Patriziers +Menenius Agrippa+ zur +Rückkehr bewogen. Darauf Erlaß der drückendsten Schulden, Einsetzung +besonderer plebejischer Beamter: Die ~Volkstribunen~ +(tribuni plebis,+ +anfangs 2, dann 5, endlich 10) sind +unverletzlich+ (sacro-sancti) und +haben das Recht des Schutzes (+ius auxilii+) für jeden Plebejer gegen +Unbill eines Beamten. Daraus entwickelt sich ein Verbietungsrecht ++(Veto,+ ius intercedendi) gegen Senatsbeschlüsse und Befehle der +Beamten; nur gegen das +imperium militare,+ also gegen den Dictator und +gegen die Konsuln außerhalb der Stadt gilt der tribunicische Einspruch +nicht. Ferner haben sie das Recht, Widerstrebende zu verhaften +(ius +prensionis)+ und das Recht, mit der von ihnen vertretenen Gemeinde +zu verhandeln (+ius agendi cum plebe+). Damit hängt die Einrichtung +der ~comitia tributa~ zusammen: Versammlungen der Plebejer nach den +Wohnbezirken (+tribus+). Man unterschied 4 +tribus urbanae,+ 17 ++rusticae+; bei wachsendem Gebiet wurde die Zahl bis auf 35 erhöht. +Jede Tribus hat in den Komitien +eine+ Stimme, innerhalb der Tribus +wird nach Köpfen (+virītim+) gestimmt. + +Als Gehilfen stehen den Tribunen 2 ~Volksädilen~ (aediles plebis) +zur Seite; sie üben Polizeigerichtsbarkeit, namentlich über den +Marktverkehr, und verwahren die schriftlich aufgezeichneten +Volksbeschlüsse (+plebiscīta+) im Tempel der Ceres am Abhang des +Aventin. + +[493.] + +Der Konsul +Spurius Cassius+ erneuert das Bündnis zwischen Rom und +den +latinischen Städten+ auf Grund der Gleichberechtigung (+foedus +aequum+). Erst allmählich gewinnt Rom die Hegemonie über die Latiner +wieder. Fortwährende Fehden mit +Etruskern, Sabinern, Äquern, +Volskern.+ + +Im Innern dauern die Kämpfe zwischen ~Patriziern~ und ~Plebejern~ fort; +letztere streben auch nach +politischer+ Gleichberechtigung. Einen +Versuch zur Beseitigung des Tribunats macht der Patrizier + +[491.] + +~Cn. Marcius Coriolanus,~ der während einer Hungersnot vorschlägt, den +Plebejern Getreide aus Staatsmitteln nur gegen Verzichtleistung auf +das Tribunat zu bewilligen. Von den Tribunen vor die ~comitia tributa~ +gefordert, erscheint Coriolan nicht, wird abwesend verbannt, geht zu +den Volskern, führt sie gegen Rom, gibt aber auf das ernste Wort seiner +Mutter +Veturia+ und auf die Bitten seiner Gemahlin +Volumnia+ den +Kampf gegen die Vaterstadt auf. + +[486.] + +~Spurius Cassius,~ zum dritten Male Konsul, beantragt das erste +~Ackergesetz~ (+lex agraria+): Verteilung von Gemeindeland an +bedürftige Plebejer und +latinische Bundesgenossen+. Die Patrizier und +die reichen Plebejer vereinigen sich gegen ihn; er wird nach Ablauf +seines Amtsjahres verurteilt und hingerichtet. + +[479.] + +Das Geschlecht der ~Fabier~ (+gens Fabia+), aus welchem mehrere Jahre +nacheinander immer ein Konsul erwählt war, zerfällt mit den anderen +patrizischen Geschlechtern; der Konsul +Kaeso Fabius+ befürwortet die +Ackerverteilung an die Plebejer. Auszug der Fabier mit ihren Klienten +(zusammen 306), um den Krieg gegen die +Etrusker+ zu führen; sie werden +am Bache +Cremĕra+ überfallen und fast sämtlich vernichtet. + +[471.] + +Die Plebejer erhalten durch den Gesetzvorschlag des Volkstribunen ++Volĕro Publilius+ das Recht, ihre Beamten fortan in den Tributkomitien +zu wählen (~lex Publilia~: +ut plebei magistratus tributis comitiis +fierent+). + +[462.] + +Antrag des Volkstribunen +C. Terentilius Arsa+ auf Ernennung einer +Kommission zur schriftlichen Aufzeichnung der Gesetze. Heftiger +Widerstand der Patrizier. ~L. Quinctius Cincinnatus,~ 458 zum +Dictator gewählt, befreit ein von den +Äquern+ am Berge +Algidus+ +eingeschlossenes römisches Heer und zwingt die Feinde, unter dem Joch +durchzugehen. + +[~451.~] + +~Decemvirn zur Aufzeichnung der Gesetze.~ + +(+Decemviri consulari potestate legibus scribundis+), mit zeitweiliger +Aufhebung des Konsulats, des Tribunats und des Provocationsrechts. Die +Gesetze werden vom Volke angenommen, in zehn Erztafeln eingegraben +und auf dem Forum aufgestellt. Da noch ein Nachtrag nötig erscheint, +so werden 450 noch einmal Decemvirn (davon drei Plebejer) ernannt, +welche noch zwei Tafeln hinzufügen. Die in den ~Zwölftafelgesetzen~ +enthaltenen Bestimmungen über Familienrecht, Erbrecht, Schuldrecht usw. +sind bleibende Grundlagen des +römischen Rechts+ geworden (Liv. III, +34: +fons omnis publici privatique iuris+). + +[449.] + +~Zweite secessio plebis,~ + +veranlaßt durch Gewalttaten der Decemvirn, die nach Vollendung +der Gesetzgebung ihr Amt nicht sogleich niederlegten. Ungerechter +Richterspruch des +Appius Claudius+ über +Virginia+, die infolgedessen +von ihrem Vater auf dem Forum getötet wird. Neugewählte Konsuln, L. +Valerius und M. Horatius, vermitteln den Ausgleich durch drei Gesetze +(+leges Valeriae Horatiae+): 1. Gleichstellung der Beschlüsse der +Tributkomitien (+plebiscita+) mit denen der Centuriatkomitien +(ut +quod tributim plebs iussisset, populum teneret).+ 2. Herstellung +des Provocationsrechts. 3. Herstellung der Unverletzlichkeit des +Volkstribunen, welche auch auf die Ädilen und die Richter über +Privatklagen (+decemviri litibus iudicandis+) ausgedehnt wird. + +[445.] + +Gesetz des Tribunen ~Canuleius~, welches die Ehen zwischen Patriziern +und Plebejern für gültig erklärt +(lex Canuleia de conubio)+: die +Kinder folgen fortan dem Stande des Vaters (nicht mehr der pars +deterior). Dagegen wird der zweite Antrag der Tribunen, daß auch ++Plebejer+ zu +Konsuln+ gewählt werden dürfen, abgelehnt. Es findet +ein Vergleich statt: an Stelle der Konsuln können einige der jährlich +erwählten Legionsanführer (in der Regel 6) mit konsularischer Gewalt +ausgestattet werden (~tribuni militum consulari potestate~): hierzu +sind auch Plebejer berechtigt. + +[443.] + +Einsetzung der ~Censur~, eines neuen ~patrizischen~ Amtes. Die ++zwei+ Censoren werden in den +Centuriatkomitien+ erwählt, alle 4 +oder 5 Jahre; doch wird ihre Amtsdauer auf 18 Monate beschränkt, so +daß das Amt in der Zwischenzeit ruht. Befugnisse der ~Censoren~: 1. +Abhaltung des +Census+; die Bürger werden in die Klassen und Centurien +eingeordnet (+discriptio classium et centuriarum+), die Ritter +gemustert (+recognitio equitum+), die Senatsliste wird von ihnen +aufgestellt (+lectio senatus+): 2. Verwaltung des Staatseigentums; die +Abgaben vom Gemeindelande (+vectigalia+) und die Zölle (+portoria+) +werden verpachtet, die Ausführung von Bauten (Tempeln, Heerstraßen +(via Appia des Ap. Claudius Caecus), Wasserleitungen) an Unternehmer +verdungen; 3. in Verbindung mit dem Census Aufsicht über die Sitten ++(regimen morum+: senatu movere, equum adimere, tribu movere et +aerarium facere; +nota censoria).+ Durch diese letztere Befugnis +gelangt das Amt der Censur zu einer hohen moralischen und politischen +Bedeutung. + +[~439.~] + ++Spurius Maelius,+ ein reicher Plebejer, der während einer Teuerung +Getreide zu geringem Preise abgibt, wird beschuldigt, nach der +Königsherrschaft zu streben, und von +C. Servilius Ahāla,+ dem Magister +equitum des achtzigjährigen Dictators +L. Quinctius Cincinnātus,+ auf +der Straße erschlagen. + +[421.] + +Die Zahl der ~Quästoren~, denen die Verwaltung der Staatskasse +(+aerarium+) obliegt, auf 4 vermehrt; die Plebejer erhalten Zutritt zu +diesem Amte. + +[~396.~] + +Ein erster großer Erfolg in den Nachbarfehden ist die Eroberung der +Etruskerstadt ~Veii~ durch den Dictator ~M. Furius Camillus.~ Er wird +aber wegen ungerechten Verfahrens bei Verteilung der Beute angeklagt +und geht in die Verbannung. Die Macht der Etrusker, durch den Einbruch +der Gallier (Kelten) und den Seesieg der Syrakusaner unter Hieron I. +(S. 50) bei Cumae schon 474 geschwächt, ist seitdem gebrochen. + +~Einfall der Gallier~ (+Senonen+) ~in Latium,~ + +veranlaßt durch Teilnahme römischer Gesandter an dem Kampfe der +Etrusker von +Clusium+ gegen dieselben. + +[~388.~ (18. Juli.)] + +~Schlacht an der Allia,~ + +einem Bache, der 15 km nördlich von Rom in den Tiber fließt. Niederlage +und Flucht der Römer auf das rechte Tiberufer, wodurch die Stadt +preisgegeben wird. + +Das von den Einwohnern verlassene Rom (nur der +Mons Capitolinus+ +bleibt besetzt) wird von den Galliern (unter +Brennus+) eingenommen, +geplündert und niedergebrannt. Vergeblich versuchen sie, das Kapitol +zu ersteigen, die Gänse der Juno; +M. Manlius Capitolinus.+ Nach +7monatiger Einschließung des Burgfelsens wird der Abzug der Gallier +durch Gold erkauft. Nach der römischen Sage verbietet der aus der +Verbannung zurückgerufene +Camillus+ als Dictator das Abwägen des +Goldes (Vae victis!) und vertreibt die Feinde. -- Rückkehr der +Bewohner. Der Plan, nach +Veii+ auszuwandern, wird von Camillus +vereitelt. Rascher, aber unregelmäßiger Aufbau der Stadt, die bald +wieder in ihrer alten gebietenden Machtstellung dasteht, nachdem ++Camillus+ die Äquer, Volsker, Etrusker besiegt hat. + +~Ausgleich der Stände, Entstehung der Nobilität.~ + +Der Ständekampf beginnt aufs neue; die reicheren Plebejer streben nach +Gleichberechtigung und Zutritt zu den Staatsämtern, die ärmeren nach +Erleichterung des Schuldrechts und Anteil am Gemeindeland. + +[384.] + +Der Patrizier ~M. Manlius Capitolinus,~ der mit seinem Vermögen +plebejische Schuldner löst, wird beschuldigt, nach der Königswürde +zu streben, als Hochverräter verurteilt und vom Tarpejischen Felsen +herabgestürzt. + +[~366.~] + +~L. Sextius Lateranus, erster plebejischer Konsul,~ nach zehnjährigem +Kampfe um die von ihm und +C. Licinius Stolo+ als Volkstribunen +beantragten Gesetze (+leges Liciniae Sextiae+), welche anordnen: 1. +Erleichterung der +Schuldner+ durch Abzug der gezahlten Zinsen vom +Kapital, dessen Rest dann binnen drei Jahren in gleichen Raten zu +zahlen ist; 2. Niemand soll mehr als 500 Morgen +Gemeindeland+ in +Besitz haben; 3. Aufhebung der tribuni militum consulari potestate; +einer der Konsuln soll unbedingt +Plebejer+ sein. + +Als neues +patrizisches+ Amt wird die ~Prätur~ eingerichtet zur Leitung +der +Rechtspflege+, die bisher den Konsuln oblag. Der Prätor, von 6 +Liktoren begleitet, ist auch Stellvertreter der Konsuln, wenn sie +von Rom abwesend sind. Später außer dem praetor urbanus ein praetor +inter peregrinos (für die Ausländer) eingesetzt. Ferner treten den +plebejischen Ädilen zwei ~kurulische Ädilen~ zur Seite; sie üben +gemeinsam mit ihnen die Markt- und Straßenpolizei und veranstalten die +öffentlichen Festspiele, namentlich die +ludi Romani+ alljährlich im +September (+cura annonae, cura urbis, cura ludorum+); in der Führung +dieses Amtes wechseln Patrizier und Plebejer Jahr um Jahr ab. + +Nach und nach werden +alle Ämter den Plebejern zugänglich,+ die Censur +351, die Prätur 337. Auch zu den Priesterkollegien der +Pontifices+ und ++Augures+ erhalten die Plebejer Zutritt (300 +lex Ogulnia+). + +Nach diesem Ausgleich entwickelt sich allmählich ein neuer Gegensatz +zwischen dem +Amtsadel+ (~Optimates, Nobiles~), der die Patrizier +und reicheren Plebejer umfaßt, und dem +Bürgerstande+ (~Plebs~ im +späteren Sinne). Doch kann sich der Amtsadel (+ius imaginum+) nicht +so schroff wie der bisher geltende Geburtsadel gegen den Bürgerstand +abschließen, sondern ergänzt sich fortwährend durch Aufnahme neuer +Mitglieder (+homines novi+). Durch Volkswahl gelangt der Bewerber +(+candidatus+) zu den Ämtern, durch das Vertrauen der Censoren in den +Senat. Reihenfolge der Ämter: +Quästor, Ädil, Prätor, Konsul, Censor+. +Über das gesetzmäßige Alter s. S. 96. + +Der ~Senat~ leitet namentlich die auswärtige Politik und die +Finanzverwaltung. Die oberste Entscheidung in der +Gesetzgebung+ +und bei +Kriminalprozessen+ steht nach wie vor bei den ~Komitien~, +und zwar sowohl bei den +Centuriat+- wie bei den +Tribut+-Komitien, +welche +alle+ Bürger, Patrizier und Plebejer, jedoch mit verschiedener +Abstimmungsordnung, umfassen. Hinsichtlich des +Wahlrechts+ bleibt +der Unterschied, daß die +magistratus maiores+ (Konsuln, Prätoren, +Censoren) in den +Centuriat+-Komitien, die +magistratus minores+ +(Ädilen und Quästoren) sowie die Volkstribunen in den +Tribut+-Komitien +gewählt werden. + +Die ~Volkstribunen~ erscheinen fortan nicht mehr in so scharfem +Gegensatz zum Senat wie während des Ständekampfes; sie nehmen an seinen +Sitzungen teil, berufen ihn auch bisweilen. + +Der Not der +armen+ Plebejer, die auch nach den Licinischen Gesetzen +wiederkehrt, wird durch +Ackerverteilungen+ und Gründung von ++Bürgerkolonien+ nach glücklich geführten Kriegen abgeholfen. Aufhebung +der Schuldknechtschaft durch das Gesetz des Konsuls +C. Poetelius+ 326. + +Im Jahre 287 secessio plebis auf den Janiculus. Durch die lex Hortensia +werden die plebiscita (S. 77) der concilia plebis den populiscita der +Centuriat-Komitien gleichgestellt. + +Umgestaltung der ~Heeresverfassung~, hauptsächlich von +Camillus+ +veranlaßt. Die Legion wird in 30 +Manipel+ zu je 2 +Centurien+ +eingeteilt, ihre Aufstellung in drei Treffen (+hastati, principes, +triarii+) gegliedert. Die so zusammengesetzte Schlachtordnung +übertrifft die alte Phalanx bedeutend an Beweglichkeit. Die Bewaffnung +gleichmäßiger als nach der servianischen Ordnung. Die Stoßlanze +(+hasta+) wird bald auf das dritte Treffen (+triarii+) beschränkt; +die beiden vorderen Treffen erhalten einen kürzeren Wurfspeer +(+pilum+); gemeinsam für alle Schwerbewaffneten sind Schwert, Schild, +Helm und Panzer. Die Legion zählt in der Regel 4200 Mann, darunter +1200 Leichtbewaffnete (+velĭtes+) ohne Panzer, mit leichtem Schild, +Lederhelm und leichten Wurfspeeren; dazu kommen 300 Reiter. Zwei +Legionen, begleitet von Truppen der Bundesgenossen, bilden gewöhnlich +ein konsularisches Heer. + +[367–349.] + +Wiederholte Kämpfe mit den ~Galliern,~ welche sich in Ober-Italien +(+Gallia cisalpina+) bleibend niedergelassen haben und von dort +häufig Einfälle in Mittel-Italien machen. Zweikämpfe des +T. Manlius +Torquatus+ und +M. Valerius Corvus+ mit gallischen Kriegern. + +[348.] + +Erster Handelsvertrag zwischen ~Rom~ und ~Karthago~,[22] + +in welchem Rom als Vorort der mittelitalischen Westküste erscheint. + + +§ 3. Unterwerfung Italiens. + +[~343–341.~] + +~Erster Samnitenkrieg.~ + +~Veranlassung~: Die +Sidicīner+ in +Teānum+ und die +Campāner+ in ++Capua+, beide Nachkommen ausgewanderter samnitischer Volksstämme, +suchen Schutz bei den Römern gegen ihre eigenen Stammgenossen, die +~Samniten des Gebirges~, welche in dem eigentlichen Samnium eine +Eidgenossenschaft bildeten und von dort aus in immer neuen Schwärmen +die ~Ebene~ (Campania) brandschatzten. + +Nach römischer Überlieferung erfechten die Römer drei Siege, doch wird +ein Vergleich geschlossen, welcher den Römern +Capua+, den Samniten ++Teanum+ überliefert. Die Samniten werden zu diesem Vergleiche bestimmt +durch einen Krieg mit +Tarent+, die Römer durch den + +[~340–338.~] + +~Krieg der Latiner~, + +welche sich gegen Roms Hegemonie auflehnen und vollständige +Gleichstellung mit den Römern verlangen: +ein+ Konsul und der +halbe+ +Senat sollen Latiner sein. Capua und die Volsker mit den Latinern +verbündet, die Samniten mit den Römern. + +Kampf in Campanien; der Konsul +T. Manlius Torquatus+ läßt seinen +Sohn hinrichten, weil er dem Verbot zuwider sich in einen Zweikampf +eingelassen, und siegt, von den Samniten unterstützt, in einer Schlacht +unweit des ~Vesuv~; Opfertod des andern Konsuls +P. Decius Mus+. +Entscheidungsschlacht bei ~Trifanum~ unweit +Minturnae+, Sieg des ++Manlius+ über die Latiner und Campaner. + +~Auflösung des latinischen Bundes~. Den latinischen Städten wird +gegenseitiges +Commercium+ und +Conubium+ untersagt, sie müssen +einzeln mit Rom Verträge schließen und Land abtreten (so +Tibur+ und ++Praeneste+); einige erhalten römisches Bürgerrecht (so +Lanuvium+ und ++Aricia+). Die Volskerstadt +Antium+ wird +römische Kolonie+; mit den +Schnäbeln der erbeuteten Schiffe dieser Stadt wird die Rednerbühne auf +dem Forum Romanum geziert (daher +rostra+ genannt). +Capua+ und andere +Städte Campaniens erhalten römisches Bürgerrecht ohne Stimmrecht. + +Bald jedoch wird den nunmehr abhängigen Latinern Anteil an den +römischen Eroberungen gewährt; +Cales+ und +Fregellae+ werden als ++latinische+ Kolonien eingerichtet. + +[~326–304.~] + +~Zweiter Samnitenkrieg.~ + +~Veranlassung~: Übergriffe der Römer am Liris, namentlich die +Einrichtung der Kolonie +Fregellae+; ferner die Besetzung der +Griechenstadt +Palaeapolis+ (neben +Neapolis+) durch Q. Publilius Philo +(den ersten +Prokonsul+). + +Bündnis der Römer mit den +Apŭlern+ und +Lukanern+; zum erstenmal +überschreiten römische Heere den Apennin. Die Römer sind zu Anfang des +Krieges im Vorteil. Aber + +[~321.~] + +~Niederlage in den Caudinischen Pässen.~ Die beiden Konsuln werden, +als sie der apulischen Stadt +Luceria+ von Campanien aus zu Hilfe +eilen wollen, von dem samnitischen Heerführer +Gavius Pontius+ in den ++furculae Caudinae+ eingeschlossen und zur Ergebung genötigt. Sie +beschwören einen Friedensvertrag; 600 römische Ritter bleiben als +Geiseln zurück, das Heer darf unter dem Joch abziehen. Der römische +Senat verweigert die Anerkennung dieses Vertrages und liefert die +Konsuln den Samniten aus, welche sie nicht annehmen. + +Die Samniten erobern +Luceria+ und +Fregellae+. Durch äußerste +Kraftanstrengung gewinnen die Römer wieder die Oberhand. Im Jahre +319 soll der Konsul +L. Papirius Cursor+ Luceria wiedererobert, die +römischen Geiseln befreit und die samnitische Besatzung unter das Joch +geschickt haben; 314 wird Luceria römische Kolonie. + +[~312.~] + +Bau der ~Via Appia~, einer großen Heerstraße von Rom nach Capua durch +die pomptinischen Sümpfe, begonnen von dem Censor +Appius Claudius +Caecus+. Derselbe legt auch die erste Wasserleitung (aqua Appia) in Rom +an. + +[310.] + +Sieg des Konsuls +Q. Fabius Maximus Rullianus+ über die zu spät sich +erhebenden +Etrusker+ und +Marser+ am +Vadimonischen See+. + +[309.] + +Erstes Erscheinen einer +römischen Kriegsflotte+ bei der Belagerung der +campanischen Stadt +Nuceria.+ + +[305.] + ++Bovianum+, Hauptwaffenplatz der Samniten, eingenommen. + +[304.] + +Friede; die Samniten erlangen gleich ihren sabellischen Bundesgenossen +Freiheit innerhalb ihrer Stammesgrenzen; Erneuerung der +alten+ +Verträge zu +gleichem+ Recht (foedus aequum). + +Zur Befestigung ihrer Herrschaft legen die Römer wiederum mehrere ++Kolonien+ und neue +Heerstraßen+ an, so +Narnia+ in Umbrien (spätere ++via Flaminia+) und +Alba Fucentia+ am +Lacus Fucĭnus+ (spätere +via +Valeria+). + +[~298–290.~] + +~Dritter Samnitenkrieg.~ + +Die Samniten schließen mit den +Lukanern+ ein Bündnis, um einen +letzten Kampf für Italiens Unabhängigkeit zu wagen. Neue Erhebung der ++Etrusker+ und +Umbrer+. + +Der Konsul +L. Cornelius Scipio+[23] nötigt 298 die Lukaner, dem +Bündnis mit Samnium zu entsagen. Die Samniten stellen mit äußerster +Kraftanstrengung drei Heere ins Feld, eins zur Verteidigung ihres +Gebiets, das zweite für Campanien; das dritte führt ihr Feldherr ++Gellius Egnatius+ durch das +marsische+ und +umbrische+ Gebiet nach ++Etrurien+. Gallische Stämme schließen sich dem +Bündnis der Italiker +gegen Rom+ an. Große Rüstungen in Rom. Die Konsuln +Q. Fabius Maximus +Rullianus+ und +P. Decius Mus+ rücken mit 60000 Mann nach Umbrien vor. + +[~295.~] + +~Entscheidungsschlacht bei Sentinum~, Todesweihe des jüngeren +P. +Decius Mus+. + +Die Umbrer unterwerfen sich, die Etrusker bitten um Frieden und +werden Rom Untertan; die Samniten kämpfen weiter, werden aber 293 bei ++Aquilonia+ besiegt. Endlich erneuert der Konsul +M’. Curius Dentatus+ +das Bündnis mit ihnen; sie behalten ihr Gebiet, lassen aber fortan den +Römern freie Hand, ihre Herrschaft im übrigen Italien zu befestigen. + +Abermals +Kolonien+ gegründet: +Minturnae+ und +Sinuessa+ im Gebiet +der Aurunker (römische Bürgerkolonien), +Hatria+ in Picenum, +Venusia+ +in Apulien (latinische Kolonien). Die +Sabiner+ müssen römisches +Bürgerrecht ohne Stimmrecht annehmen. Gegen die Gallier wird 283 die +Bürgerkolonie +Sena Gallica+ in Umbrien eingerichtet. Der Schutz, +welchen Rom der von Lukanern und Bruttiern angegriffenen Griechenstadt ++Thurii+ gewährt, führt herbei den + +[~282–272.~] + +~Krieg mit Tarent.~ + +~Veranlassung~: Ältere Verträge mit Tarent, der reichsten und +mächtigsten Griechenstadt in Unter-Italien, untersagten den Römern, +mit Kriegsschiffen über das +Lacinische Vorgebirge+ bei Kroton +hinauszufahren. Trotzdem erscheint eine nach der umbrischen Küste +bestimmte römische +Kriegsflotte+ im Hafen von Tarent. Die Tarentiner +greifen sie an, nehmen fünf Schiffe, vertreiben die römische Besatzung +aus +Thurii+. Römische Gesandte, welche Genugtuung verlangen, werden in +Tarent beschimpft; darauf Kriegserklärung. + +Die Tarentiner rufen den König ~Pyrrhos von Epirus~ zu Hilfe; dieser +schickt zuerst seinen Feldherrn +Milon+ mit 3000 Epiroten nach Tarent +(281), im folgenden Jahre landet er selbst mit einem aus +Epiroten, +Makedonen, Griechen+ bestehenden Söldnerheere von 25000 Mann und 20 +Elefanten in Italien. Strenges militärisches Auftreten des Königs in +Tarent; die Bürger werden zum Kriegsdienst gezwungen. + +[~280.~] + +~Schlacht bei Herakleia~ (am Meerbusen von Tarent); die römische +Manipularordnung erliegt dem Angriff der makedonischen Phalanx und der +Elefanten. Die Griechenstädte, die Bruttier, Lukaner und +Samniten+ +schließen sich Pyrrhos an. Er bietet den Römern Frieden an; sein +Gesandter +Kineas+ wird abgewiesen (Rede des blinden Konsulars +Appius +Claudius+ im Senat). Pyrrhos rückt durch Campanien bis +Anagnia+ vor, +kehrt aber um, da die Bundesgenossen der Römer diesen treu bleiben. +C. +Fabricius+ Gesandter an Pyrrhos wegen Auswechselung der Gefangenen. + +[~279.~] + +~Schlacht bei Asculum~ in Apulien; + +Pyrrhos siegt wiederum, doch mit großen Verlusten. Er folgt einem +Hilferuf der von den +Karthagern+ bedrängten +Syrakusaner+ (S. 67), +läßt nur eine Besatzung in Tarent zurück. Kriegsbündnis zwischen +Rom+ +und +Karthago+, doch lehnen die Römer die Landung einer karthagischen +Flotte in Italien ab und bekämpfen allein die Griechenstädte. Pyrrhos +kehrt 276 nach Tarent zurück. Als er den Samniten Hilfe bringen will, +wird er von +M’. Curius Dentatus+ in der + +[~275.~] + +~Schlacht bei Beneventum~ + +völlig geschlagen und kehrt nach Epirus zurück († 272 in Argos). Erst +nach seinem Tode überliefert +Milon+ Stadt und Burg von Tarent den +Römern unter der Bedingung freien Abzugs. Die Tarentiner müssen Waffen +und Schiffe ausliefern und die Mauern niederreißen, behalten aber ihre +eigene Stadtverwaltung. + +Nach Tarents Fall Unterwerfung der +Samniten, Lukaner+ und +Bruttier+. +Alle müssen Teile ihres Gebiets abtreten und +Kolonien+ aufnehmen +(Beneventum und Aesernia in Samnium). Im J. 270 Einnahme von +Rhegium+, +welches 10 Jahre in den Händen aufständischer campanischer Soldaten +gewesen war, die jetzt mit dem Tode bestraft werden. ~Italien~ (bis zum +Apennin) ~geeinigt unter römischer Herrschaft~. Verlängerung der +Via +Appia+(S. 84) von +Capua+ über +Venusia+ und +Tarent+ bis +Brundisium+. +In bezug auf das Verhältnis der unterworfenen Gemeinden zu Rom sind zu +unterscheiden: + +1. ~Municipien~ (+municipia+), d. h. Gemeinden mit beschränktem +römischem Bürgerrecht (+civitas sine suffragio et iure honorum+). Sie +haben also +commercium+ und +conubium+, römische Rechtsprechung und +römischen Kriegsdienst. + +2. ~Kolonien~ (+coloniae+), d. h. römische Festungen. Viele +unterworfene Orte müssen einen Teil ihrer Ländereien abtreten. Dieses +Land wird an +römische Bürger+ verteilt, die ihr volles Bürgerrecht +behalten und fortan in der Kolonie die herrschende Gemeinde, gleichsam +die +Patrizier+, bilden, während die alten Einwohner zu +Insassen+ +ohne politische Rechte herabsinken. Die Rechtspflege wird in den ++Municipien+ wie in den +Kolonien+ durch Präfekten (+praefecti iure +dicundo+) ausgeübt, welche der +praetor urbanus+ (s. S. 81) ernennt. + +3. ~Verbündete~ (+socii, civitates foederatae+), deren Verhältnis zu +Rom durch +Verträge+ geordnet ist. Sie haben eigene Verwaltung und +Gerichtsbarkeit und sind vom Dienst in der Legion befreit, müssen +dagegen +Hilfstruppen+ oder +Schiffe+ stellen. Tribut wird nicht von +ihnen gefordert. Am meisten begünstigt sind die +Latiner+, sie können +unter gewissen Bedingungen römisches Bürgerrecht erwerben und werden +zusammen mit römischen Bürgern in +latinische Kolonien+ ausgesandt. + + +§ 4. Die Punischen Kriege. + +[~264–241.~] + +~Erster Punischer Krieg.~ Kampf um Sicilien. + +(Die frühere Geschichte der +Karthager+ oder +Punier+ siehe S. 131, 41, +67.) + +Karthago mit seiner +oligarchischen+ Verfassung, welche der +Bürgergemeinde geringen Einfluß gewährt und die Untertanen durch +Tributforderung drückt, und mit seinen +Söldnerheeren+ ist trotz +seines Reichtums im Nachteil gegen Rom, wo gleichmäßigere Verteilung +der bürgerlichen Rechte und allgemeine Verpflichtung zum Kriegsdienst +besteht. + +~Veranlassung~: Die +Mamertiner+, d. h. +Marsmänner+, ehemalige +campanische Söldner des Agathŏkles (S. 67), hatten sich der Stadt ++Messana+ bemächtigt. Sie werden von König +Hiero II.+ von +Syrakus+ +bekriegt. Ein Teil von ihnen ruft die +Karthager,+ ein anderer +die Römer zu Hilfe. Der römische Senat schwankt, die Bürgerschaft +beschließt, den Mamertinern Hilfe zu gewähren. Eine römische +Kriegsflotte, meist aus Schiffen der süditalischen Bundesgenossen +bestehend, setzt Truppen von Rhegium nach +Messana+ über; die +karthagische Besatzung wird aus der Burg vertrieben. + +[~264.~] + +Die Karthager und +Hiero+ von Syrakus belagern die Römer in Messana, +müssen aber zurückweichen. Hiero schließt sich bald den vordringenden +Römern an. Nach Eroberung der Stadt +Agrigentum+ (Akrăgas, s. S. 32) +262 beschließen die Römer den Bau einer großen +Kriegsflotte+. Sie +bauen Schiffe mit fünf Ruderreihen (Pentēren) nach dem Muster eines +gestrandeten karthagischen Kriegsschiffs. + +[~260.~] + +~Erster Seesieg der Römer~ unter ~C. Duilius~ bei ~Mylae,~ westlich +von Messana, mit Hilfe der Enterbrücken. Zum Andenken an den Sieg die ++columna rostrata+ auf dem Forum errichtet. + +[256.] + +Nach einem zweiten Seesiege bei ~Eknomos~ an der Südküste Siciliens +landen die Konsuln ~M. Atilius Regulus~ und +L. Manlius Volso+ an der +afrikanischen Küste. Die Karthager, durch Verwüstung ihres Gebiets +erschreckt, bitten um Frieden; Regulus stellt zu hohe Forderungen, +wird 255 bei +Tunes+ geschlagen und gefangen. + +Fortsetzung des Krieges in Sicilien; die Römer erobern +Panormus+ und +behaupten es durch einen Sieg des Konsuls +L. Caecilius Metellus+ +(251), der bei seinem Triumph in Rom über 100 Elefanten aufführt. + +Friedensgesandtschaft der Karthager nach Rom. Nach der römischen +Legende soll Regulus die Annahme des Friedens widerraten haben und +in Karthago unter Martern getötet worden sein. Die Römer nehmen den +Seekrieg wieder auf, belagern aber vergeblich die starke karthagische +Seefestung ~Lilybaeum~. Der Konsul +P. Claudius Pulcher+ (die heiligen +Hühner) wird in der + +[~249~.] + +~Seeschlacht bei Drepăna~ + +von den Karthagern geschlagen. Darauf in den nächsten Jahren nur ++Landkrieg+ auf der Westseite Siciliens. Der karthagische Feldherr +~Hamilkar~, genannt ~Barkas~ (d. h. der +Blitz+), verteidigt sich 6 +Jahre mit Erfolg gegen die Römer, erst auf dem Berge +Eirkte+ (Monte +Pellegrino bei +Palermo+), dann auf dem +Eryx+ bei Drepana, beunruhigt +auch durch Kaper die Küsten Italiens. Durch das Zusammentreten reicher +Bürger in Rom wird endlich aus Privatmitteln eine neue Flotte gebaut. +Mit dieser erringt der Konsul ~C. Lutatius Catulus~ den entscheidenden + +[~241~.] + +~Seesieg bei den Agatischen Inseln~ + +(gegenüber Lilybaeum) über die karthagische Flotte unter Hanno. + +~Friede~: 1. Die Karthager verzichten auf ganz ~Sicilien~. 2. Sie +zahlen 3200 Talente (16½ Mill. Mark) Kriegsentschädigung in zehn +Jahren. -- Der größere, ~westliche Teil Siciliens~ wird die ~erste +römische Provinz~ unter der Verwaltung eines Prätors; der kleinere ++südöstliche Teil+ bleibt unter der Hoheit des mit Rom verbündeten ++Königs Hiero von Syrakus+. + +[238.] + +~Karthago~ in großer Gefahr durch den +Aufstand der Söldner+ und der ++libyschen Untertanen+, welcher endlich von +Hamilkar+ unterdrückt +wird. Die Römer benutzen dies, um von den Karthagern die Abtretung +von ~Sardinien~ und Zahlung von 1200 Talenten zu erzwingen. Die Insel +wird mit dem früher +etruskischen+ ~Korsika~ zu +einer+ Provinz +vereinigt. Doch besetzen die Römer nur die Küsten dieser Inseln; die +Gebirgsbewohner im Inneren werden gelegentlich bekriegt, um Sklaven zu +erbeuten. + +[236.] + ++Hamilkar+ beginnt Eroberungen in ~Spanien~, um neues Gebiet für +Karthago zu gewinnen; sein Schwiegersohn +Hasdrubal+, Nachfolger im +Oberbefehl, gründet 227 +Neu-Karthago+ (Cartagena). + +[229–228.] + +Krieg der Römer gegen die seeräuberischen ~Illyrier~ von Skodra. Eine +römische Flotte beschützt die Griechenstädte Kerkyra, Apollonia, +Epidamnos; die Königin Teuta muß Tribut zahlen und Gebiet abtreten. + +[225–222.] + +Die Römer unterwerfen Nord-Italien, ~Gallia cisalpina~, gereizt +durch einen Einfall gallischer Stämme in +Etrurien+. Diese werden +bei +Telamon+ an der etruskischen Küste vernichtet. Der Konsul Cn. +Cornelius Scipio besiegt die Bojer und Cenomanen und erobert 222 ++Mediolanum+ (Mailand), die Hauptstadt der Insŭbrer. Zur Sicherung des +neuen Gebietes werden die latinischen Kolonien Placentia, Cremona, +Mutĭna angelegt. Die schon früher gebaute Heerstraße nach +Spoletium+ +wird weiter geführt über den Apennin bis an das Adriatische Meer, dann +die Küste entlang bis +Arimĭnum+ (~Via Flaminia~). Weitere Maßregeln +zur Befestigung ihrer Herrschaft im cisalpinischen Gallien unterbricht +der + +[~218–201.~] + +~Zweite Punische Krieg.~ + +~Ursachen~: Eifersucht der Römer auf die durch Erwerbungen in Spanien +neu aufblühende Macht Karthagos; Bestreben des Hauses Barkas, an Rom +Rache zu nehmen. + +~Veranlassung~: Die Eroberung der mit Rom verbündeten spanischen Stadt ++Saguntum+ (Murviedro, nördlich von Valencia) durch ~Hannibal~, den +Sohn Hamilkars, 219. Eine römische Gesandtschaft fordert in Karthago +Hannibals Auslieferung; diese wird verweigert, obgleich ein großer Teil +des karthagischen Senats der Machtstellung der Familie Barkas abgeneigt +ist. Darauf Kriegserklärung der Römer. + +Den römischen Kriegsplan, mit dem Hauptheere von Sicilien aus +eine Landung in +Afrika+ zu machen, während ein zweites Heer die +karthagischen Truppen in +Spanien+ beschäftigen soll, vereitelt + +[218.] + +~Hannibals kühner Zug nach Italien~ auf dem Landwege. Er überschreitet +nach Zurücklassung genügender Truppen in Spanien unter seinem Bruder +Hasdrubal, die östlichen +Pyrenäen+ mit 50000 Mann Fußvolk, 9000 +Reitern, 37 Elefanten und durchzieht das südliche Gallien. Der römische +Konsul +P. Cornelius Scipio+, welcher auf der Fahrt nach Spanien in +Massilia angelegt hatte, kann Hannibals Übergang über den +Rhodănus+ +(Rhône) nicht hindern, kehrt nach Italien zurück, sendet aber seinen +Bruder +Cn. Scipio+ mit dem Hauptteil des Heeres nach Spanien. +Hannibal zieht am Rhodanus aufwärts bis zum Nebenfluß Isăra (Isère), +dann östlich durch die Gebiete der +Allobrŏger+ und +Ceutronen+, +überschreitet kämpfend die +Alpen+ (Paß des +Mont Genèvre+ oder des ++Kleinen St. Bernhard+) und gelangt nach unsäglichen Mühen mit nur +26000 Mann und wenigen Elefanten nach Ober-Italien. + +[~218.~ (Sept.)] + +~Reitertreffen am Ticinus~, +linkem+ Nebenfluß des Po. Scipio +verwundet, wird durch seinen 17jährigen Sohn, den späteren +»+Africanus+«, gerettet. Verstärkt durch aufständische Gallier (S 89), +schlägt Hannibal in der + +[~218.~ (Dez.)] + +~Schlacht an der Trebia~ (+rechtem+ Nebenfluß des Po) den andern Konsul ++Tib. Sempronius Longus+, der, aus Sicilien zurückberufen, die beiden +vereinigten römischen Heere befehligte. + +Hannibal befördert den nationalen Aufstand der cisalpinischen Gallier, +entläßt alle gefangenen römischen Bundesgenossen, überschreitet den +Apennin und vernichtet ein römisches Heer von 30000 Mann unter dem +Konsul +C. Flaminius+ in der + +[~217.~] + +~Schlacht am Trasimenischen See~. Schrecken in Rom; man rüstet sich +aber zur Verteidigung der Stadt. ~Q. Fabius Maximus~ zum +Dictator+ +ernannt. Hannibal wendet sich nach Osten, um den Abfall der römischen +Bundesgenossen allgemein zu machen, zieht durch +Picenum+ nach ++Apulien+. Fabius folgt ihm in gemessener Entfernung, eine Schlacht +vermeidend (daher +Cunctator+, der Zauderer, genannt). Als Hannibal, +wieder den Apennin überschreitend, nach Campanien vordringt, hindert +Fabius ihn nicht an der Plünderung der reichen Landschaft, verlegt ihm +aber den Rückweg bei +Casilīnum+ am +Volturnus+. Hannibal gewinnt durch +eine List freie Bahn und kehrt nach +Apulien+ zurück. + +Die römische Bürgerschaft, mit Fabius’ Kriegführung unzufrieden, gibt +dem magister equitum +M. Minucius+, der bei +Gerunium+ glückliche +Gefechte gegen die Karthager besteht, als zweitem +Dictator+ einen +unabhängigen Oberbefehl über die Hälfte des Heeres. Er greift +Hannibal an, wird geschlagen und nur durch +Fabius+ vor vollständiger +Vernichtung gerettet. + +Zu Konsuln des Jahres 216 werden der als Feldherr bewährte ~L. Aemilius +Paullus~ von der Optimatenpartei und der unfähige ~C. Terentius Varro~ +von der Volkspartei erwählt, um mit einem Heere von 86000 Römern und +Bundesgenossen Hannibal zu vernichten. Varro greift an dem Tage, wo er +den Oberbefehl hat, unvorsichtig an. + +[~216.~] + +~Schlacht bei Cannae~ (in Apulien, am +Aufidus+), furchtbare Niederlage +der Römer; gegen 50000 werden getötet, darunter mehr als 80 Männer +senatorischen Ranges und der Konsul +L. Aemilius Paullus+, die übrigen +werden gefangen oder zersprengt. +Varro+ rettet sich mit einer kleinen +Schar nach Venusia und sammelt allmählich einen Rest von 10000 Mann. + +In demselben Jahre wird auch eine nach dem cisalpinischen Gallien +geschickte Legion vernichtet. Der ~Abfall von Capua~, die Lossagung +der Samniten, Lukaner, Bruttier und vieler unteritalischer Städte vom +römischen Bündnis ist die unmittelbare Folge der Schlacht bei +Cannae+. + +Bewundernswürdige Haltung des römischen Senats. Die Trauer um die +Gefallenen wird auf 30 Tage beschränkt, Hannibals Gesandten, welche die +Lösung der Gefangenen anbieten, der Eintritt in die Stadt verboten; +mit Heranziehung aller irgend Waffenfähigen, selbst Sklaven, wird ein +neues Heer gebildet und zum Teil mit alten Beutestücken aus den Tempeln +bewaffnet. Der Prätor ~M. Claudius Marcellus~, schon im gallischen +Kriege erprobt, und der Dictator +M. Junius Pera+ verteidigen die +römischen Stellungen bei +Neapolis+, +Cumae+ und +Nola+. Hannibal +bezieht Winterquartiere in +Capua+. Karthago schließt Bündnis mit ++Philipp V.+ von Makedonien und +Hieronymus+, dem Enkel und Nachfolger +des Königs Hiero in Syrakus (S. 88). + +[~215.~] + +Wendung des Krieges zugunsten der Römer. Hannibal, bei +Nola+ von ++Marcellus+ zurückgeschlagen, geht nach +Apulien+ und gibt den +Angriffskrieg auf. Aus Karthago erhält er, mit Ausnahme einer Sendung +von 4000 Mann, keine Unterstützung. Die Römer dagegen bringen ihre +Kriegsmacht bald auf 21 Legionen; ihre +Flotte+ beherrscht von +Lilybaeum aus das Meer und macht öfters Landungen an der afrikanischen +Küste. Hannibals Hoffnung auf Zuzug aus Spanien wird vereitelt durch den + +[~218–206.~] + +~Krieg der Römer gegen die Karthager in Spanien.~ + +Die Feldherrn +P.+ und +Cn. Cornelius Scipio+ besiegen +Hasdrubal+, +Hannibals Bruder, 216 am +Ibērus+ (Ebro) und dringen bis in das Gebiet +des +Baetis+ (Guadalquivir) vor, wo sie sich unter wechselvollen +Kämpfen ~bis 211~ im ganzen siegreich behaupten. Zugleich bedrängen +sie durch ihren Bundesgenossen +Syphax+, König von Westnumidien, die +Karthager in Afrika. Das Bündnis mit Philipp von Makedonien bringt dem +Unternehmen Hannibals ebenfalls keine Hilfe. + +[215–205.] + +~Erster Makedonischer Krieg,~ + +von den Römern mit geringen Streitkräften glücklich geführt. Der +unentschlossene König +Philipp+ wagt nicht, die versprochene Landung +in Italien auszuführen. Die Römer bringen gegen ihn ein Bündnis ++griechischer+ Staaten zustande (die ~Ätōler~ an der Spitze), dem sich ++illyrische+ und +thrakische+ Häuptlinge, sowie König +Attălos+ von +Pergamon anschließen. + +[214–210.] + +~Krieg in Sicilien (Belagerung von Syrakus),~ + +durch ~Marcellus~ zugunsten der Römer entschieden. Nach Vernichtung +des karthagischen Entsatzheeres unter +Himilko+ durch Niederlagen und +Seuchen in den sumpfigen Niederungen des +Anāpos+ wird trotz tapferer +Verteidigung (+Archimēdēs+) + +[~212.~] + +~Syrakus erobert und geplündert.~ + +In Italien nimmt Hannibal die Stadt ~Tarent~ ein, mit Ausnahme der +Burg, und kämpft glücklich in Lukanien. + +[211.] + +Unglück der Römer in ~Spanien~. Beide Scipionen werden von den +Karthagern und ihrem Verbündeten +Massinissa+, Sohn des Königs von +Ostnumidien (selbst König 208), geschlagen und getötet; ihre Truppen +weichen nach Norden über den Ebro zurück. + +Hannibal greift das römische Belagerungsheer vor ~Capua~ an, wird +aber zurückgeschlagen. Um die Römer zur Aufhebung der Belagerung zu +bewegen, rückt er gerade auf Rom los und schlägt am Anio ein Lager auf +(+Hannibal ad portas!+), geht aber nach Verwüstung der Umgegend, da die +Römer zur Verteidigung bereit sind, nach Unter-Italien zurück, ohne +seinen Zweck erreicht zu haben. + +~Capua muss sich den Römern ergeben~, welche über die Stadt ein +furchtbares Strafgericht ergehen lassen (viele Bürger als Sklaven +verkauft, 53 Senatoren enthauptet, die Selbstständigkeit der Gemeinde +vernichtet). Hannibals Angriff auf +Rhegium+ und auf die +Burg von +Tarent+ mißlingt; seine italischen Bundesgenossen beginnen ihn zu +verlassen. + +[210.] + +Der junge ~P. Cornelius Scipio~ (Sohn und Neffe der in Spanien +gefallenen Brüder) wird als Prokonsul nach Spanien geschickt; er geht +209 über den Ebro und erobert +Neukarthago+, während in Italien Q. +Fabius Maximus +Tarent+ wiedergewinnt. + +[208.] + +Marcellus fällt in einem Reitertreffen bei +Venusia+. Ausharren der +Römer trotz der durch die Dauer des Krieges sich fühlbar machenden +Erschöpfung der Kräfte. Zwölf latinische Kolonien erklären sich außer +stande, fernerhin Geld und Mannschaften zu liefern, 18 andere dagegen +halten treu zu Rom. + +In ~Spanien~ dringt Scipio siegreich bis zum Süden vor, kämpft aber bei ++Baecula+ ohne Entscheidung mit +Hasdrubal+ und kann ihn nicht hindern, +über die (westlichen) Pyrenäen zu gehen, um seinem Bruder Hannibal +Hilfe zuzuführen. + +[~207.~] + +Hasdrubal, in Ober-Italien angelangt, ruft die cisalpinischen Gallier +aufs neue zu den Waffen. Große Rüstungen in Rom (23 Legionen auf den +verschiedenen Kriegsschauplätzen), um die Gefahr abzuwehren. Gegen +Hasdrubal wird der Konsul +M. Livius Salinator+, gegen Hannibal der +Konsul +C. Claudius Nero+ gesendet. Dieser entschließt sich, während +Hannibal ihm gegenüber in +Apulien+ lagert, zu einem Eilmarsch mit 7000 +Mann auserlesener Truppen und vereinigt sich mit seinem Amtsgenossen. +Beide Konsuln siegen in der + +[~207.~] + +~Schlacht bei Sena Gallica~, nicht weit vom Flusse ~Metaurus~. ++Hasdrubal+ fällt. Auf die Nachricht von dieser Niederlage (die Römer +werfen den karthagischen Vorposten den Kopf des +Hasdrubal+ zu) zieht +Hannibal nach dem Bruttierlande zurück. + +[206.] + +Die Karthager räumen +Gades+ (Cadix), ihre letzte Besitzung in Spanien. + +[205.] + +~Scipio~, zum Konsul erwählt, bereitet in Sicilien einen Zug nach +Afrika vor. +Mago+, Hannibals jüngster Bruder, landet mit den Trümmern +des spanischen Heeres der Karthager bei +Genua+ und ruft die Ligurer zu +den Waffen. Sofort werden drei römische Heere gegen ihn aufgeboten. + +[204.] + +Scipios Landung in Afrika. Den Kern seines Heeres bilden die Reste des +einst bei Cannae besiegten Heeres (2 Legionen). Mit ihm vereinigt sich +Massinissa, der von den Karthagern und dem jetzt mit ihnen verbündeten ++Syphax+ (Gemahl der Karthagerin +Sophonĭba+) aus seinem Reiche +vertrieben war. + +[203.] + ++Scipio+ schlägt die Karthager und Numider durch nächtlichen Überfall +(das Lager in Brand gesteckt) und bedroht Karthago. +Syphax+ wird in +der Nähe seiner Hauptstadt +Cirta+ (Constantine) von einer römischen +Heeresabteilung unter +C. Laelius+ und den numidischen Reitern unter ++Massinissa+ besiegt und gefangen. Friedensunterhandlungen ohne +Ergebnis. Die Karthager rufen +Hannibal+ und +Mago+ nach Afrika zurück; +Mago stirbt auf der Überfahrt. Hannibal schifft sich in +Kroton+ ein, +nachdem er die italischen Soldaten, die ihm nicht folgen wollen, hat +niedermachen lassen, und landet bei Leptis. Nach einer fruchtlosen +persönlichen Unterhandlung zwischen Scipio und Hannibal kommt es zur + +[~202.~] + +~Entscheidungsschlacht bei Zama~, + +in der das karthagische Heer geschlagen und vernichtet wird. Hannibal +flüchtet nach +Hadrumētum+. + +[~201.~] + +Scipio gewährt den Karthagern ~Frieden~ unter folgenden Bedingungen: 1. +Abtretung der spanischen Besitzungen und der Inseln des Mittelmeeres. +2. Übergabe des numidischen Reiches an +Massinissa+. 3. Zahlung eines ++jährlichen+ Tributs von 200 Talenten (etwa 1 Mill. Mark) +fünfzig+ +Jahre lang. 4. Auslieferung und Verbrennung aller Kriegsschiffe bis +auf 10. 5. Verbot, ohne Erlaubnis der Römer irgendwo Krieg zu führen. +-- +P. Cornelius Scipio+, der den Beinamen ~Africanus~ erhält, feiert +in Rom einen glänzenden Triumph (+Syphax+). + +Die italischen Bundesgenossen Hannibals werden zu bedeutenden +Gebietsabtretungen verurteilt: in diesen Gebieten werden +Kolonien+ +gegründet (+Puteoli+, +Salernum+, +Croton+, +Vibo+); das Gebiet von ++Capua+ bleibt ager publicus. Nach einer nochmaligen Erhebung der +cisalpinischen Gallier und der Ligurer wird + +[200–191.] + +~Ober-Italien~ nach schwerem Kampfe ~wieder unterworfen~. +Wiederherstellung der Kolonien +Placentia+, +Cremona+, +Mutina+; +~Via Aemilia~ von Ariminum bis Placentia; Kolonie +Aquileia+ an der +Nordostgrenze. + +~Folgen des zweiten Punischen Krieges~: 1. Durch den glücklichen +Ausgang des Kampfes, bei welchem der Bestand des römischen Staats +gefährdet war, ist die nationale Einigung und Unabhängigkeit Italiens +unter Roms Herrschaft sichergestellt. 2. Rom gewinnt außeritalische ++Provinzen+ und beschreitet, durch keinen ebenbürtigen Gegner mehr +gehindert, die Bahn zur +Weltherrschaft+. + + +§ 5. Ausbreitung der römischen Herrschaft. + +In ~Spanien~ werden 197 ~zwei Provinzen~ eingerichtet: +Hispania +citerior+ (Tarraconensis) und +Hispania ulterior+ (Baetica). Doch +bedarf es noch oft wiederholter Feldzüge (195 der Konsul +M. Porcius +Cato+), um die römische Herrschaft zu befestigen. + +Durch Unterwerfung der griechischen Länder des Ostens entsteht ein +mächtiges, zweisprachiges Reich, welches die +Mittelmeer+länder zu +einer großen Einheit zusammenschließt. + +[~200–197.~] + +~Zweiter Makedonischer Krieg.~ + +~Veranlassung~: Makedonische Söldner hatten bei Zama gegen die Römer +gekämpft. Außerdem bitten König +Attălos+ von +Pergămon+ und die Städte ++Rhodos+ und +Athen+ die Römer um Hilfe gegen Philipp, der im Bunde mit +Antiochos III. von Syrien Ägypten bekriegt und auch sie schwer bedrängt. + +Zwei römische Legionen unter +P. Sulpicius Galba+ landen in Illyrien +bei +Apollonia+. Die römische Flotte schützt den Peiraieus und +bedroht Euböa. Philipp, vor Athen zurückgeschlagen, wird gezwungen, +Mittel-Griechenland zu verlassen. Erfolglose Kriegführung der Römer +in +Illyrien+; die Flotte versucht vergebens eine Landung auf der +Halbinsel +Chalkidike+. Aber der Konsul ~T. Quinctius Flamininus~ +(198) gewinnt, nach Umgehung der festen Stellung Philipps, Epirus, +besetzt dann Phokis und Böotien und siegt endlich in der + +[~197.~] + +~Schlacht bei Kynoskephălae~ in Thessalien. + +~Friede~: Philipp muß die Hegemonie über Griechenland sowie überhaupt +alle Besitzungen außerhalb des eigentlichen Makedoniens aufgeben und +in 10 Jahren 1000 Talente zahlen; ferner darf er nur 5000 Soldaten und +5 Kriegsschiffe halten und nur mit römischer Erlaubnis Krieg führen. +-- Bei den Isthmischen Spielen läßt +Flamininus+ den Senatsbeschluß +verkünden, welcher die bisher Philipp untertänigen ~griechischen +Staaten für frei~ erklärt. Die meisten treten in den Achäischen Bund; +die Römer beschränken die Herrschaft des Tyrannen +Nabis+ von Sparta, +lassen sie aber als Gegengewicht gegen den Achäischen Bund bestehen (s. +S. 69). + +[195.] + +Die oligarchische Partei in ~Karthago~, wo auf Hannibals Anregung eine +demokratische Reform der Verfassung stattgefunden hat, verdächtigt +diesen beim römischen Senat, der seine Auslieferung verlangt. Hannibal +flüchtet nach Tyrus, von da zum König Antiochos. + +[~192–189.~] + +~Krieg mit Antiochos III. von Syrien.~ + +Antiochos, herbeigerufen von den mit Roms Schutzherrschaft +unzufriedenen +Ätōlern+, eröffnet den Krieg mit einer Landung in +Thessalien. Von da geht er nach Euböa. Die meisten Griechen, namentlich +der +Achäische+ Bund, bleiben den Römern treu, mit denen sich auch ++Philipp von Makedonien, Eumĕnes von Pergamon+ und +Rhodos+ verbinden. +Landung des Konsuls M’. Acilius Glabrio in Epirus und Marsch nach +Thessalien. + +[191.] + +~Schlacht bei Thermopylae.~ Der Konsular und Besieger der Spanier, ++M. Porcius Cato,+ welcher als Kriegstribun im römischen Heere dient, +überrumpelt die Ätoler auf dem Bergpfade des Ephialtes (S. 40), der +Konsul +Acilius+ nimmt den Hauptpaß und zersprengt das Heer des +Antiochos, der mit wenigen Truppen nach +Chalkis+ entkommt und sich +dort nach +Ephĕsus+ einschifft. + +[190.] + +Eine +rhodische+ Flotte besiegt die von +Hannibal+ geführte Flotte des +Königs an der Mündung des +Eurymedon+ (s. S. 43), die römische Flotte +siegt am Vorgebirge +Myonnesos+ unweit Ephesus. Das römische Landheer +unter +L. Cornelius Scipio,+ welchen sein Bruder +Scipio Africanus+ als +Legat begleitet, marschiert durch Makedonien und Thrakien, setzt über +den Hellespont und schlägt den Antiochos bei ~Magnesia~ am Sipy̆los, +nicht weit von Smyrna. + +[189.] + +Friedensschluß: Antiochos tritt +Kleinasien+ bis zum Taurusgebirge ab, +zahlt in zwölf Jahren 15000 Talente (über 70 Mill. Mark) Kriegskosten, +liefert seine Kriegsschiffe bis auf zehn aus. +Hannibal+ entflieht nach +Bithynien zum Könige Prusias, tötet sich dort 183 durch Gift. + +In Rom glänzender Triumph des +L. Cornelius Scipio+, der den +Beinamen +Asiaticus+ annimmt. Der Senat beschließt, vor der Hand +keine unmittelbaren Besitzungen in Asien zu erwerben, verteilt die +abgetretenen Länder an die Bundesgenossen, namentlich an +Eumĕnes+ +von Pergamon und die +Rhodier+, und nimmt die griechischen Städte +Asiens in Schutz gegen die +Galăter+ (189 Zug des Konsuls +Cn. +Manlius Volso+ von Ephĕsus aus). In Griechenland werden die +Ätōler+ +besiegt und unterworfen, die übrigen Staaten behalten vorläufig ihre +Selbständigkeit. Die inneren Zwistigkeiten dauern unter den Griechen +fort, der römische Senat wird als Schiedsrichter angerufen, + +[186.] + +Senatus consultum +de bacchanalibus+ gegen die Ausartung griechischer +Götterdienste. + +[184.] + +~M. Porcius Cato~ (234–149) strenger Censor in Rom, bekämpft als +Vertreter altrömischer Sittenstrenge die zugleich mit der griechischen +Bildung sich ausbreitenden Laster der Nobilität (+ambitio, avaritia, +luxuria+), erbaut nach griechischem Vorbilde die erste Säulenhalle am +Forum, Basilica Porcia. +P. Cornelius Scipio Africanus+, mit seinem +Bruder L. Scipio von zwei Volkstribunen angeklagt wegen willkürlicher +Verwendung der von Antiochos gezahlten Gelder, schlägt durch sein +Ansehen den Prozeß nieder, verläßt dann Rom und stirbt 183 auf seinem +Landgute zu Liternum in Campanien. + +[180.] + +~Lex Villia annalis~, beantragt von dem Tribunen +L. Villius,+ zur +Beschränkung der Ämtersucht (ambitio). Sie setzt ein bestimmtes Alter +für die kurulischen Ämter fest: nach zehnjährigem Kriegsdienst Ädilität +im 37. Lebensjahre, Prätur im 40., Konsulat im 43. Von der Bewerbung +um die Ädilität waren Unvermögende schon dadurch ausgeschlossen, daß +die Kosten für die +öffentlichen Spiele+ (ludi Romani, ludi plebei, +Megalesia, Cerealia, Floralia) größtenteils von den Ädilen selbst +getragen wurden. + +[~171–168.~] + +~Dritter Makedonischer Krieg.~ + +Philipps V. Sohn ~Perseus~ will Makedoniens Macht über Griechenland +herstellen; König Eumĕnes von Pergamon verklagt ihn in Rom. Die +römische Kriegführung in Thessalien anfangs erfolglos, so daß unter den +Griechen sich Neigung zum Abfall zeigt; dann aber dringt ~L. Aemilius +Paullus~, Sohn des bei Cannae gefallenen Konsuls, nachdem er die +Mannszucht im Heere hergestellt hat, in Makedonien ein und gewinnt die +entscheidende + +[~168.~] + +~Schlacht bei Pydna.~ + +Perseus entflieht zu Schiff, ergibt sich dann auf der Insel Samothrake +den Römern. Glänzender Triumph des Aemilius Paullus. Die nach Rom +gebrachte Beute ist so bedeutend, daß fortan den Bürgern das +Tributum+ +(s. S. 75) erlassen werden kann. + +~Makedonien~ wird noch nicht zur Provinz gemacht, sondern in 4 von +Rom abhängige Bezirke aufgelöst, die untereinander weder +commercium+ +noch +conubium+ haben; ebenso +Illyrien+ nach Besiegung des Königs ++Genthios+, eines Bundesgenossen des Perseus, in 3 Bezirke. Über ++Epirus+ wird ein grausames Strafgericht verhängt (70 Städte zerstört, +die Einwohner als Sklaven verkauft); die +griechischen Staaten+ werden +in das Verhältnis der Untertänigkeit herabgedrückt. 1000 vornehme +Achäer werden zur Untersuchung nach Rom geführt (unter ihnen der +Geschichtschreiber +Polybios+) und dann 16 Jahre in italischen Städten +in Gewahrsam gehalten. Die alten Bundesgenossen der Römer, Eumĕnes +von ~Pergamon~ und die ~Rhodier~, welche im Kriege eine vermittelnde +Stellung hatten einnehmen wollen, werden gedemütigt und den letzteren +ihre Besitzungen auf dem Festlande abgenommen. In einem zwischen +~Syrien~ und ~Ägypten~ ausgebrochenen Kriege schreitet der Senat zum +Schutze der Ptolemäer ein. Der römische Gesandte +C. Popillius Laenas+ +(168) befiehlt dem König +Antiochus IV.+ von Syrien vor Alexandrīa in +herrischer Weise den Rückzug. + +[~149–146.~] + +~Dritter Punischer Krieg.~ + +~Veranlassung~: Streitigkeiten der Karthager mit König +Massinissa+, +der ihr Gebiet schmälert; sie bekämpfen ihn ohne römische Erlaubnis. +Der Senat beschließt Krieg auf Betreiben des greisen +M. Porcius Cato+: +Ceterum censeo Carthaginem esse delendam († 149). + +Zwei konsularische Heere landen bei +Utĭca+; die Karthager unterwerfen +sich, liefern Schiffe und Waffen aus. Als aber gefordert wird, daß sie +ihre Stadt verlassen und sich 2 Meilen vom Meere neu anbauen sollen, +entschließen sie sich zu verzweifeltem Widerstande. Mit äußerster +Anstrengung aller Bewohner Karthagos wird eine neue Kriegsrüstung +zustande gebracht, Tag und Nacht werden Waffen geschmiedet, im +inneren Hafen wird eine neue Flotte gebaut. Ein Sturm der Römer wird +zurückgeschlagen. Belagerung Karthagos. + +[147.] + +~P. Cornelius Scipio Aemilianus,~ Sohn des L. Aemilius Paullus, durch +Adoption Enkel des Scipio Africanus[24] erhält den Oberbefehl. Er +schließt die Stadt von der Land- und Seeseite vollständig ein. + +[~146.~] + +~Einnahme und Zerstörung Karthagos.~ + +Sechstägiger Straßenkampf und 17tägiger Brand. Die überlebenden +Einwohner werden als Sklaven verkauft. + +Das Land vom +Tusca+fluß, gegenüber der Insel +Galatha+, bis zur +kleinen Syrte wird unter dem Namen ~Africa~ römische Provinz +(Hauptstadt +Utĭca+). Das übrige Land kommt an das verbündete +Königreich +Numidien+. Glänzender Triumph Scipios, der den Beinamen ++Africanus+ (minor) erhält. + +[146.] + +~Makedonien wird römische Provinz~ + +nach Besiegung des +Andriskos+, der sich für einen Sohn des Perseus +ausgibt, durch +Q. Caecilius Metellus.+ + +[140.] + +~Einnahme und Zerstörung von Korinth~ + +nach einem kurzen Kriege des Achäischen Bundes gegen die Römer. Der +Konsul +L. Mummius+ siegt bei +Leukopetra+, besetzt Korinth und +zerstört es auf Befehl des Senats. Die Kunstschätze werden nach Rom +geschickt, sämtliche Einwohner als Sklaven verkauft. Das Gebiet der +Stadt wird teils an +Sikyon+ gegeben, teils für römisches Gemeindeland +erklärt. + +Die anderen griechischen Städte werden im allgemeinen mit Milde +behandelt, doch sind sie dem in +Thessalonike+ residierenden ++Statthalter von Makedonien+ untergeordnet (s. S. 69). + +Die ersten ~vier Provinzen~ (+Sicilia+, +Sardinia+ nebst +Corsica+, ++Hispania citerior+ und +ulterior+) wurden anfänglich von ~Prätoren~ +verwaltet, so daß es mit dem +Praetor urbanus+ und dem +Praetor inter +peregrinos+ (seit 241), welche stets in Rom blieben, ~6~ jährlich +erwählte Prätoren gab. Später wird es üblich, daß alle Prätoren während +des Amtsjahres in Rom bleiben als Vorsitzende der aus Senatoren +gebildeten +Gerichtshöfe+ (+quaestiones perpetuae+). Im +nächsten+ +Jahre gehen dann die Prätoren als ~Proprätoren~, begleitet von ++Quästoren+ als Finanzbeamten, in die ihnen durch das Los zugefallenen +Provinzen; doch werden in solche Provinzen, wo noch Krieg zu führen +ist, in der Regel die +Prokonsuln+ gesandt. Neben der Verwaltung steht +den Prokonsuln und Proprätoren die höchste Militär- und Justizgewalt zu. + +[149.] + +Einsetzung des Gerichtshofs über Erpressungen (+de repetundis+) zur +Abstellung der aus den Provinzen kommenden Klagen. + +Im Jahre 146 bestanden ~acht Provinzen~, außer den vier oben genannten +noch +Gallia cisalpina+, +Illyricum+, +Africa+, +Macedonia+. Die +Einrichtung einer Provinz wird in der Regel von dem erobernden +Feldherrn und einer Kommission von 10 Senatoren vorgenommen. Die +Provinzen sind im Gegensatz zu Italien +steuerpflichtige+ Gebiete. +Doch behalten einige Städte auf Grund eines Vertrages (+civitates +foederatae+), andere auf Grund eines Senats- oder Volksbeschlusses +(+civitates liberae et immunes+) Steuerfreiheit, eigene Gerichtsbarkeit +und Verwaltung durch selbstgewählte Behörden (divide et impera!).[25] +Die Abgaben der Provinz [Grundsteuer (tributum); Pacht- und Weidegelder +von Staatsländereien (vectigal, scriptura); Hafenzölle (portoria)] +werden an ~Abgabenpächter (publicani)~ verpachtet, meist Gesellschaften +von römischen Bürgern aus dem Ritterstande (+ordo equester+, S. 102), +von denen viele auch als Bankiers (+negotiatores+) und Großkaufleute +(+mercatores+) in der Provinz Handelsgeschäfte trieben. Dem Amtsadel +(+ordo senatorius+) waren Geld und Handelsgeschäfte untersagt; er legte +sein Geld in Ländereien an, die durch Sklaven bearbeitet wurden. + +In Italien bleibt der Gegensatz zwischen +römischen Bürgern+ und ++Bundesgenossen+; die Municipien (S. 86) erhalten nach und nach +römisches Bürgerrecht. Die Herrschaft der ~Nobilität~ mit ihrem +regelmäßigen Ämterwechsel ist so befestigt, daß Ernennung von ++Dictatoren+ lange Zeit nicht mehr vorkommt. Seit 153 v. Chr. treten +die Konsuln ihr Amt stets am 1. Januar an (früher am 1. März). In +Zeiten der Gefahr überträgt der Senat ihnen diktatorische Gewalt durch +den Beschluß: +Videant consules, ne quid detrimenti respublica capiat+. + +Zunehmende Verweichlichung und Genußsucht in Rom seit dem Ende des +zweiten Punischen Krieges. Beginn des Großkapitalismus und der +Latifundienwirtschaft. Vergebliche Bestrebungen von Männern wie M. +Porcius Cato Censorius (234–149). + + +§ 6. Bürgerliche Unruhen. + +[~153–133.~] + +~Unterwerfung Spaniens.~ + +Wiederholte Einfälle der freien +Lusitaner+ (in Portugal) in die +südliche Provinz. Ihr Feldherr +Viriāthus+, in mehreren Schlachten +siegreich, wird 139 durch Verräter aus seiner Umgebung ermordet. In der +nördlichen Provinz ist die Stadt ~Numantia~ (unweit +Soria+ am oberen ++Duero+) Mittelpunkt des Widerstandes. Endlich erhält den Oberbefehl ++P. Cornelius Scipio Aemilianus Africanus+ (minor), der die Mannszucht +im Heere wiederherstellt und nach 15monatiger Einschließung die Stadt +aushungert. Verzweifelte Verteidigung. + +[~133.~] + +~Übergabe und Zerstörung von Numantia.~ + +Scipios Beiname Numantinus. Seit dem Fall von Numantia ist ganz +Spanien, mit Ausnahme der nördlichen Bergvölker, der römischen +Herrschaft unterworfen. + +[135–132.] + +~Erster Sklavenkrieg.~ + +Aufstand der mißhandelten Sklaven in Sicilien unter dem Syrer +Eunūs+, +der sich König +Antiochos+ nennt, glücklich gegen mehrere römische +Heere kämpft, endlich aber gefangen und mit einer großen Anzahl +Aufständischer hingerichtet wird. + +[~133–121.~] + +~Gracchische Unruhen,~ + +hervorgerufen durch die auf gewaltsame Weise betriebenen politischen +und sozialen +Reformen+ der Brüder +Tiberius+ und +Gaius Sempronius +Gracchus.+ + +Fortwährende Vermehrung der großen, durch Sklaven bewirtschafteten +Güter (+Latifundia+). Billiges Getreide aus den Provinzen. Dadurch +schmilzt der freie Bauernstand zusammen; viele arme Bürger ziehen +nach Rom, gelockt durch die Aussicht auf Getreidespenden und +Wahlbestechungen. Deshalb stellt + +[~133.~] + +~Tib. Sempronius Gracchus,~ durch seine Mutter +Cornelia+ Enkel des +Siegers von Zama, als Volkstribun den Antrag auf Erneuerung des in +Vergessenheit geratenen ~Licinischen Ackergesetzes~ (S. 81), doch +sollen außer den 500 Morgen für zwei Söhne noch je 250 vom Gemeindeland +von den Besitzern behalten und für die auf dem zurückzugebenden Lande +ausgeführten Bauten und Anlagen Entschädigungen gezahlt werden. Aus dem +dadurch frei gewordenen Gemeindeland sollen unveräußerliche Bauerngüter +von je 30 Morgen gebildet und zur Bewirtschaftung gegen einen mäßigen +Erbzins an arme Bürger verteilt werden. Nachdem Tib. Gracchus den +Volkstribunen +M. Octavius+, der dagegen beharrlich Einspruch erhebt, +durch Volksbeschluß widerrechtlich hat absetzen lassen, wird das +Gesetz vom Volke angenommen; mit seiner Ausführung werden beauftragt: ++Tib. Gracchus+, sein Schwiegervater +Appius Claudius+ und sein Bruder ++C. Gracchus+ (tresviri agris dandis assignandis). + +[~133.~] + +Tod des Königs +Attălos III. von Pergămon+, der sein Reich (fortan +~römische Provinz Asia~) und seine Schätze den Römern hinterläßt (S. +66). + +Tib. Gracchus beantragt gegen das bestehende Herkommen, wonach der ++Senat+ über auswärtige Angelegenheiten entscheidet, beim +Volke+, den +pergamenischen Schatz an die neuen Landbesitzer behufs Anschaffung des +nötigen Inventars zu verteilen. + +Vorbereitung weiterer volkstümlicher Gesetze (Abkürzung der Dienstzeit, +Ausdehnung des Provokationsrechtes u. a.). + +Tib. Gracchus will sich +entgegen dem bestehenden Gesetz+ für das +folgende Jahr wieder zum Tribunen wählen lassen, wird aber mit 300 +seiner Anhänger von den Optimaten unter Führung des P. Cornelius Scipio +Nasica auf dem Forum ~erschlagen~. Die Konsuln des folgenden Jahres +schreiten gegen die Volkspartei (+populares+) mit Hinrichtungen und +Verbannungen ein, die beschlossene Ackerverteilung aber kommt zur +Ausführung. + +[131.] + +Der Volkstribun +C. Papirius Carbo+ setzt, um den Einfluß der Optimaten +auf die Tributkomitien zu brechen, schriftliche geheime Abstimmung in +denselben durch (lex tabellaria), welche für die Wahlen schon seit 139 +angeordnet war. Seinen weiteren Vorschlägen tritt ~P. Cornelius Scipio +Aemilianus~ (Gemahl der Sempronia, Schwester der Gracchen, S. 98), +entgegen; auch hemmt er die weitere Tätigkeit der tresviri agris dandis +assignandis, indem er bewirkt, daß ihnen die richterliche Entscheidung +über streitiges Land entzogen wird. + +[129.] + +Am Tage nach einer aufgeregten Verhandlung wird +Scipio+ in seinem +Hause tot (ermordet?) gefunden. + +[125.] + +Der Konsul +M. Fulvius Flaccus+, welcher im Sinne der gracchischen +Partei beantragt, den italischen Bundesgenossen römisches Bürgerrecht +zu gewähren, wird vom Senat der von gallischen Stämmen bedrängten +Stadt +Massilia+ (S. 66) zu Hilfe geschickt. Bald darauf werden, um +den Landweg von Italien nach Spanien zu sichern, römische Kolonien in ++Aquae Sextiae+ und +Narbo+ gegründet, zur Sicherung des Seeverkehrs +werden die +Balearischen Inseln+ besetzt. + +[121.] + +~Gallia Narbonensis römische Provinz~ (Massilia +civitas foederata+). + +[~123.~] + +~Gaius Sempronius Gracchus~ erneuert als Volkstribun das +Ackergesetz+ +seines Bruders und knüpft daran eine Reihe von Gesetzen, welche die +Herrschaft der Optimaten zu stürzen bestimmt sind. Er gewinnt die +Menge der ärmeren Bürger für sich, indem er die persönliche Freiheit +sichert (+lex Sempronia de civibus Romanis+: ne de capite civium +Romanorum iniussu populi iudicaretur), den Kriegsdienst erleichtert +(+lex militaris+) und Getreideverkauf von Staats wegen an die Bürger zu +billigem Preise anordnet (~lex frumentaria~). Für 122 wird er auf Grund +eines Gesetzes, welches bei Mangel an Bewerbern um das Tribunat dem +Volke freie Wahl gestattet, wieder zum Tribunen gewählt. + +Durch die ~lex iudiciaria~ überträgt C. Gracchus die Besetzung +der Geschworenengerichte (quaestiones perpetuae, S. 98) vom +~Senatorenstand~ (+ordo senatorius+) auf den ~Ritterstand~ (+ordo +equester+). Dieser umfaßte die reicheren Bürger, welche als Besitzer +eines Vermögens von mindestens 400 000 sestertii (70 000 Mark) zum +Kriegsdienst zu Pferde eingeschätzt waren; die Senatoren aber waren +seit 129 gesetzlich verpflichtet, mit ihrem Eintritt in den Senat aus +den Rittercenturien auszuscheiden. Die einflußreichen Mitglieder der ++Geldaristokratie+ (publicani und negotiatores, S. 99) saßen also +fortan auch über Senatoren zu Gericht. + +Auch die Besetzung der +Statthalterschaften+ in den Provinzen wird +(durch die ~lex de provinciis~) der freien Verfügung des Senats +entzogen; die Provinz +Asia+ wird durch die Anordnung, daß die +Verpachtung der Abgaben in Rom durch die Censoren geschehen soll, +der Habsucht der +publicani+ aus dem Ritterstande ausgeliefert. Um +die Ackerverteilung zu fördern, wird Aussendung von +Kolonien+ durch +Volksbeschluß angeordnet (~lex de coloniis deducendis~). Während +Gracchus von Rom abwesend ist, um die Gründung der Kolonie +Iunonia+ +an der Stelle des zerstörten +Karthago+ zu leiten, tritt der Tribun ++M. Livius Drusus+ mit Gegenvorschlägen, besonders die Gründung von +Kolonien in Italien betreffend, auf und wird vom Senat unterstützt + +Der Antrag des Gracchus, den Latinern volles Bürgerrecht, den übrigen +Italikern latinisches Recht zu bewilligen (+lex de civitate sociis +danda+), kommt bei dem vereinigten Widerstande der Optimaten und eines +großen Teiles der Bürgerschaft nicht zur Annahme. Gracchus wird für das +Jahr 121 nicht wieder zum Tribunen erwählt. + +[121.] + +Bürgerkampf in der Stadt, veranlaßt durch einen von einem Anhänger des +Gracchus verübten Mord. Die Volkspartei besetzt den +Aventin+, der +Senat erteilt dem Konsul +L. Opimius+ durch das +Senatus consultum +ultimum+ (S. 99) Vollmacht zu Gewaltmaßregeln. Der Aventin wird von +Bewaffneten erstürmt, ~C. Gracchus~ und ~M. Fulvius~ werden ~auf der +Flucht erschlagen~. Gegen 3000 Anhänger des Gracchus werden bei der +folgenden Untersuchung verhaftet und getötet. + +Herstellung der Senatsherrschaft; die Kolonien (außer +Narbo+) kommen +nicht zur Ausführung. Das verteilte Gemeindeland wird 111 durch +Volksbeschluß in zinsfreies Eigentum umgewandelt, kann also von +reicheren Bürgern wieder angekauft werden. + + +§ 7. Marius und Sulla. + +Die Behauptung des zu ansehnlicher Ausdehnung gelangten römischen +Reiches macht immer wieder Kriege notwendig, deren Führung durch die +inneren Parteikämpfe beeinflußt wird. + +[~111–105.~] + +~Jugurthinischer Krieg.~ Jugurtha, Enkel Massinissas, hatte seine +Vettern und Miterben Adherbal und Hiempsal aus dem Besitz +Numidiens+ +vertrieben und getötet. Der Krieg gegen ihn wird anfangs von +bestochenen Anführern nachlässig geführt; ein Sieg des Caecilius +Metellus (Numidicus) am Flusse +Muthul+ ist nicht entscheidend. +C. +Marius+, Unterfeldherr des Q. Caecilius Metellus, aus niederem Stande, +Sohn eines Bauern aus der Gegend von Arpinum, 107 zum Konsul erwählt, +nötigt Jugurtha, zum Könige Bocchus von +Mauretanien+ zu fliehen. Von +diesem erlangt der optimatische Quästor +L. Cornelius Sulla+ durch +geschickte Unterhandlungen die Auslieferung des Feindes. Jugurtha wird +in Rom im Triumph aufgeführt, dann im Gefängnis (Tullianum) getötet. ++Numidien+ wird zwischen +Bocchus+ und Jugurthas Halbbruder +Gauda+, +dem letzten noch lebenden Enkel Massinissas, geteilt. + +[~113–101.~] + +~Krieg gegen die Cimbern und Teutonen.~ + +Der +germanische+ Stamm der +Cimbern+, von Norden her aus der ++Chersonesus Cimbrica+ (Schleswig und Jütland) auswandernd, dringt +in die Alpengegenden ein, schlägt 113 bei +Noreja+ (in Kärnten) den +Konsul +Cn. Papirius Carbo+, wendet sich darauf nach Westen dem Rhein +zu, überschreitet diesen Strom und schlägt 109 in Gallien den Konsul ++M. Junius Silanus+. Große Niederlage zweier römischer Heere 105 bei +~Arausio~ (Orange) an der Rhone. Schrecken in Rom; die Volkspartei +setzt für 104 die Erwählung des ~Marius~ zum Konsul durch; er wird auch +in den folgenden Jahren wiedergewählt und rüstet sich, während die +Cimbern nach Spanien ziehen, in der Provinz +Gallia Narbonensis+ zur +Abwehr. + +Die Cimbern, nach Gallien zurückgekehrt, vereinigen sich mit dem +gleichfalls germanischen Volke der ~Teutonen~ und mit +helvetischen+ +(keltischen) Stämmen, namentlich den Tigurinern. Einbruch in Italien +beschlossen; die Cimbern und Tiguriner ziehen nach Kärnten, um von +Norden her die Alpen zu überschreiten; die Teutonen mit den Ambronen, +der Kernschar der Cimbern, ziehen durch die römische Provinz an +Marius’ Lager vorüber, um die Pässe der Westalpen zu erreichen. + +[102.] + +~Schlacht bei Aquae Sextiae~ (Aix in der Provence, s. S. 101); Marius +vernichtet in gewaltigem Kampfe die Teutonen und Ambronen. Dann zieht +er über die Alpen dem optimatischen Konsul +Q. Lutatius Catulus+ zu +Hilfe, der vor den Cimbern in die Gegend am oberen Po zurückgewichen +war. + +[~101.~] + +~Schlacht bei Vercellae~ (nördlich am oberen Po), Sieg der beiden +Konsuln; das Hauptverdienst gebührt Marius. + +Man erwartet von ihm, daß er die Herrschaft der Optimaten stürze. Im +Jahre 100 zum sechsten Male Konsul, tritt er in Verbindung mit den +Führern der Volkspartei, dem Prätor +C. Servilius Glaucia+ und dem +Volkstribunen +L. Saturninus+, entzweit sich aber bald mit ihnen und +unterdrückt schließlich, der Aufforderung des Senats Folge leistend, +die von ihnen erregten Unruhen mit Waffengewalt, geht dann auf einige +Zeit nach der Provinz Asia. + +[91.] + +Zur Versöhnung der Parteien beantragt der Volkstribun ~M. Livius +Drusus~: 1. Rückgabe der Geschworenengerichte (S. 102) an den Senat, +der aber durch 300 Mitglieder des Ritterstandes vermehrt werden soll; +2. Ackerverteilung und ein neues Getreidegesetz. Heftige Erörterungen +darüber im Senat. Als er dann den Italikern die Erteilung des +Bürgerrechts in Aussicht stellt, gilt er wie C. Gracchus als Aufrührer +und wird durch Meuchelmord beseitigt. Die Italiker aber erheben sich +nun zum Kriege gegen Rom. + +[~91–88.~] + +~Marsischer oder Bundesgenossenkrieg.~ + ++Corfinium+ im Gebirgslande, östlich vom Fucinus-See, wird zur +Hauptstadt des neuen Staates bestimmt; dort soll ein Senat von 500 +Mitgliedern aus allen italischen Stämmen tagen; zwei Konsuln treten an +die Spitze. Aber die Latiner, Etrusker und Umbrer halten zu Rom; es +kommt nicht zu großen Entscheidungskämpfen, da der Antrag des Konsuls ++L. Julius Caesar+, den treu gebliebenen Bundesgenossen das Bürgerrecht +zu verleihen, bald dahin erweitert wird, daß es allen Abgefallenen, +die sich binnen 60 Tagen melden, gewährt werden soll (+lex Plautia +Papiria+, von zwei Volkstribunen des Jahres 89 vorgeschlagen). Damit +wird die Bevölkerung Italiens zur Teilnahme an der Weltherrschaft +Roms zugelassen. Die nach Annahme dieser Anträge noch Widerstrebenden +werden von +Sulla+ und anderen Feldherrn nach und nach besiegt. Ein +auswärtiger Feind erhebt sich, und durch neuen inneren Hader kommt der +römische Staat in die größte Gefahr. + +[~88–84.~] + +~Erster Mithradatischer Krieg.~ + +Gleichzeitig ~Bürgerkrieg~ zwischen Optimaten und Volkspartei. + ++Mithradates VI.+, König von +Pontus+ (S. 66), hatte seine Herrschaft +bis nach Kolchis und dem Kimmerischen Bosporus (Krim) ausgedehnt, den +König von Bithynien vertrieben und war dann in der römischen Provinz ++Asia+ als Befreier aufgetreten. Auf seinen in Ephesus erlassenen +Befehl werden alle in der Provinz sich aufhaltenden Italiker ermordet. + +In Rom beantragt der Volkstribun +P. Sulpicius+ Verteilung der +Neubürger in alle 35 Tribus und Übertragung des Oberbefehls gegen +Mithradates an Marius. ~Sulla~, als Konsul des Jahres 88 entschlossen, +sich den Oberbefehl nicht entreißen zu lassen, führt seine 6 Legionen +von Nola aus ~gegen Rom~ und erstürmt die Stadt. Sulpicius auf der +Flucht getötet, Marius entkommt über Minturnae nach +Afrika+. Sulla +stellt die alte, um 241 abgeschaffte Stimmordnung der Servianischen +Verfassung für die Centuriatkomitien wieder her und bestimmt, daß +fortan in der Bürgerschaft über keinen Antrag ohne Vorbeschluß des +Senats abgestimmt werden darf. + +[87.] + +Nachdem Sulla zur Kriegführung gegen Mithradates abgereist ist, +beruft der aus der Volkspartei erwählte Konsul L. Cornelius +Cinna+ +den flüchtigen Marius zurück und beginnt mit ihm eine revolutionäre +Schreckensherrschaft in Rom. Viele Optimaten werden getötet, ihr +Vermögen eingezogen. Marius, zum siebenten Male Konsul 86, stirbt zu +Anfang des Jahres; Cinna führt seine Willkürherrschaft weiter, wird 84 +in Ancona getötet, als er die Flotte gegen Sulla führen will. + +Mithradates’ Feldherr +Archelaos+ hat inzwischen einen großen Teil +Griechenlands zum Abfall von der römischen Herrschaft gebracht. Sulla +schlägt ihn in Böotien, nimmt 86 nach längerer Belagerung +Athen+ ein, +schlägt Mithradates’ Truppen nochmals bei +Chaironeia+ und 85 bei ++Orchomenos+, geht dann nach Asien hinüber. + +[84.] + +Friede mit Mithradates zu +Dardănos+ in Troas; er muß die besetzten +Gebiete (die Provinz +Asia+, die Königreiche +Bithynien+ und ++Paphlagonien+) räumen, alle Kriegsschiffe ausliefern und 3000 Talente +zahlen. Darauf wendet sich Sulla gegen das Heer der Volkspartei, +welches 86 nach Asien gekommen war, aber nichts ausgerichtet hatte; +die Soldaten fallen ihm zu, der Anführer C. Flavius Fimbria tötet sich +selbst. + +[83.] + +Sulla landet mit etwa 40000 Mann in +Brundisium+, sichert den +Bundesgenossen das volle Bürgerrecht zu, schlägt in mehreren Treffen, +unterstützt von dem jungen +Cn. Pompeius,+ der ihm ein Heer von +Freiwilligen zuführt, die Heere der Volkspartei. + +[82.] + +Sulla nimmt ~Rom~ ohne Widerstand ein, schlägt die +Samniten+, +welche noch immer das Bürgerrecht verschmähen, in einer Schlacht +am ~Kollinischen Tor~, verhängt über aufständische Städte ein +Strafgericht. In Rom verfügt er als ~Dictator~ blutige Verfolgung der +Marianischen Partei; es werden +Proskriptionslisten+ aufgestellt; die +Zahl der Geächteten steigt auf 4700. Ihre Güter werden eingezogen und +die Sklaven freigelassen, ihre Kinder von allen Ämtern ausgeschlossen. +Nach Beendigung des Bürgerkrieges folgen Landanweisungen an die +Veteranen des Heeres; in die besiegten italischen Städte (Faesulae, +Praeneste, Pompeii u. a.) werden ganze Kolonien geschickt. Seine +Unterfeldherrn besiegen die Marianer in Spanien, Sicilien und Afrika. ++Pompeius+, aus Afrika 81 zurückkehrend, zieht im Triumph in Rom ein +und wird von Sulla mit dem Beinamen +Magnus+ begrüßt. + +~Gesetzgebung Sullas~ (+leges Corneliae+) zur Befestigung der ++Optimatenherrschaft+: 1. Der an Zahl sehr zusammengeschmolzene +Senat+ +wird durch 300 von den Tributkomitien erwählte Mitglieder ergänzt; für +die Zukunft wird der Eintritt in den Senat gesetzlich an die Bekleidung +der +Quästur+ geknüpft. Die Zahl der jährlich von den Tributkomitien +zu erwählenden +Quästoren+ wird auf 20 erhöht. Das Amt der +Censur+ +mit seiner Befugnis, alle fünf Jahre die Senatsliste neu aufzustellen, +hört tatsächlich auf. Die von C. Gracchus dem Ritterstande übertragenen ++Geschwornengerichte+ werden dem Senat zurückgegeben. + +2. Die +Komitien+ behalten das Recht, Gesetze zu bestätigen und +Beamte zu wählen; den Priesterkollegien (S. 81) wird das Recht der +Selbstergänzung zurückgegeben. Die im J. 88 versuchte Wiederherstellung +der Servianischen Stimmordnung wird aufgegeben. + +3. Das Recht der +Volkstribunen+, Gesetzvorschlage an die Komitien zu +bringen, wird an die Genehmigung des Senats geknüpft; Mißbrauch ihres +Einspruchsrechts wird mit schweren Geldbußen bedroht; wer das Tribunat +bekleidet, ist +zur Übernahme anderer Ämter unfähig.+ + +4. Die Zahl der +stehenden Gerichtshöfe+ (+quaestiones perpetuae+, S. +98) wird +vermehrt+, daran schließt sich die Vermehrung der +Prätoren+ +auf 8 und eine umfassende Kriminalgesetzgebung. + +[81.] + +Sulla läßt Konsuln wählen, führt aber selbst als +Dictator+ die +Regierung weiter. Für das Jahr 80 läßt er sich selbst und seinen +Waffengenossen +Q. Metellus+ (Sohn des Numidicus, S. 103) zu Konsuln +erwählen, und bahnt so den Übergang zur verfassungsmäßigen Ordnung an. + +[~79.~] + +~Sulla legt freiwillig die Dictatur nieder~ und tritt ins Privatleben +zurück († 78). + + +§ 8. Pompeius und Cäsar. + +Die Sullanische Staatsordnung gewinnt keinen festen Bestand, da +der Senat auf die Dauer nicht imstande ist, den Ehrgeiz einzelner +Machthaber zu zügeln. + ++Pompeius+ bekämpft 77–72 in Spanien den Marianer +Q. Sertorius+, +der sich dort eine unabhängige Herrschaft gegründet hat, schließlich +aber durch Verschworene ermordet wird. Bei der Rückkehr 71 vernichtet +er flüchtige Scharen aufständischer +Sklaven+, die unter Führung des +Thrakers +Spartăcus+ seit 73 Italien stark beunruhigt hatten, aber von ++M. Licinius Crassus+ bereits besiegt worden waren (2. +Sklavenkrieg+, +s. S. 100). + +[70.] + +Umsturz der Sullanischen Verfassung. Die Konsuln ~Pompeius~ und +~Crassus~ stellen die von Sulla beschränkte +tribunicische Gewalt+ +wieder her. Auf Antrag des Prätors +L. Aurelius Cotta+ werden die ++Gerichte+ fortan zu gleichen Teilen aus Senatoren, Rittern und Männern +des Bürgerstandes gebildet. Auch werden wieder +Censoren+ erwählt; bei +Aufstellung der Senatsliste werden 64 von Sulla ernannte Senatoren +ausgestoßen. Der Volksgunst verdankt +Pompeius+ zweimalige Übertragung +des Oberbefehls in den damals entstandenen Kriegen. + +[~78–67.~] + +~Krieg gegen die Seeräuber.~ Seit Zerstörung Karthagos war die römische +Kriegsflotte vernachlässigt. Erpressungen der Statthalter in Asien +trugen dazu bei, daß das Unwesen des Seeraubes den Handelsverkehr auf +dem ganzen Mittelmeer gefährdete. Die italischen Küstenstädte von ihnen +gebrandschatzt, eine römische Flotte vor Ostia geschlagen. +Kreta+ +und +Cilicien+ Hauptsitze der Seeräuber. Nachdem im J. 103 ein Teil +Ciliciens zur Provinz gemacht war, besetzt der Prokonsul +P. Servilius +Vatia+ 78–75 auch die westlich angrenzenden Landschaften Pamphylien, +Pisidien, Isaurien und zerstört viele Seeräuberstädte, +Kreta+ wird +nach längeren Kämpfen 67 zur Provinz gemacht (bald mit +Cyrenaica+ +vereinigt). Da indes das Piratenunwesen noch fortdauert, so erhält + +[67.] + +~Pompeius~ auf Antrag des Volkstribunen +A. Gabinius+ (+lex Gabinia+) +auf drei Jahre ~den unumschränkten Oberbefehl~ über das ganze +Mittelmeer und über alle Küsten desselben bis 10 Meilen (75 km) +landeinwärts; alle Staatskassen, alle Hilfsmittel der Provinzen und der +Schutzstaaten werden ihm zur unbedingten Verfügung gestellt. Pompeius +säubert mit 120000 Mann und 500 Schiffen in drei Monaten (durch 2 +kurze Feldzüge) erst das westliche, dann das östliche Mittelmeer, +nimmt viele Seeräuber gefangen und siedelt sie meist landeinwärts an +(+Pompeiopolis+, bisher +Soloi+, in Cilicien). + +[~74–64.~] + +~Dritter Mithradatischer Krieg.~ + +Gegen den König von +Pontus+ hatte der Proprätor +L. Licinius Murena+ +83–81 einen zweiten Krieg geführt, um ihn zu völliger Ausführung +des Friedens zu Dardanos zu zwingen. Nach Sullas Tode erhebt sich ++Mithradates+ von neuem, verbündet mit seinem Schwiegersohn +Tigranes+ +von Armenien, der dem Reiche Syrien (S. 65) ein Ende macht. Mithradates +besetzt +Bithynien+, das König Nikomedes den Römern vermacht hatte (S. +66), wird aber von dem Prokonsul +L. Licinius Lucullus+ 72 bei +Kabira+ +geschlagen und aus seinem Reiche vertrieben. Lucullus siegt 69 auch +über Tigranes bei +Tigranokerta+ und besetzt die Landschaft Kommagēne +am oberen Euphrat, wird aber 68 bei dem Zuge durch die armenischen +Berge gegen die Hauptstadt +Artaxăta+ durch Meuterei seiner Soldaten +zur Umkehr genötigt. Alle Erfolge gehen verloren; Mithradates kehrt in +sein Reich zurück. Lucullus vom Senat zurückgerufen. + +[66.] + +~Pompeius~ erhält den Oberbefehl in Asien auf Antrag des Tribunen ++C. Manilius+ (Ciceros Rede +de imperio Cn. Pompei+ oder +pro lege +Manilia+). Er schließt ein Bündnis mit den +Parthern+, besiegt +Mithradates in einer nächtlichen Schlacht am Flusse +Lykos+, verfolgt +ihn bis zum +Phasis+ und wendet sich dann nach Armenien. Bei +Artaxata+ +unterwirft sich Tigranes; er bleibt König von Armenien, muß aber auf +alle Eroberungen verzichten und 6000 Talente Kriegskosten zahlen. + +[65.] + +Pompeius kämpft mit den kriegerischen Bergvölkern im +Kaukasus+, gibt +aber die weitere Verfolgung des nach der Taurischen Chersones (Krim) +geflüchteten Mithradates auf und zieht nach Pontus, von da nach Syrien. + +[~64–63.~] + +~Einrichtung des asiatischen Römerstaates durch Pompeius.~ + +Neue Provinzen: 1. ~Pontus~, bestehend aus Bithynien, der Küste +von Paphlagonien und dem westlichen Teil des früheren Reiches des +Mithradates. 2. ~Syria~, zunächst nur das Küstenland, vom Meerbusen +von Issus bis +Damaskus+, später bedeutend erweitert. Neugeordnet wird +die schon bestehende Provinz ~Cilicia~ (mit Pamphylien und Isaurien, +S. 107). Die asiatischen Provinzen sind vielfach durchbrochen und +umgeben von unabhängigen +Stadtgebieten+, sowie von fürstlichen und +priesterlichen (Pessinūs, Komana) +Herrschaften+ unter römischer +Oberhoheit. Von den Vasallenkönigen sind die bedeutendsten der König +von +Kappadokien+ und der König +Deiotărus+ von Galatien (S. 66). In +Palästina setzt Pompeius nach Einnahme Jerusalems und des Tempels den +von seinem Bruder Aristobulos vertriebenen Makkabäer +Hyrkanos+ als +Hohenpriester und dem römischen Volke tributpflichtigen Herrscher ein. + +[63.] + +Auf die Nachricht, daß +Mithradates+ sich in +Pantikapaion+ infolge +des Aufstandes seines Sohnes +Pharnăces+ den Tod gegeben, zieht +Pompeius wieder nach Pontus; er bestätigt den Pharnăces im Besitz des +bosporanischen Reiches. + +[61.] + +Pompeius, nach Italien zurückgekehrt, entläßt in Brundisium sein Heer +und kommt als Privatmann nach Rom. Einige Monate später zweitägiger +prachtvoller Triumph. + +[~66–63.~] + +~Catilinarische Verschwörung.~ + +Bund der +Volkspartei+ mit den Anhängern des verschuldeten Patriziers +~L. Sergius Catilina~, welche durch gewaltsamen Umsturz des Staates und +Schuldentilgung +(tabulae novae+) Besitz und Macht zu erlangen hoffen. + +Die erste Verschwörung im J. 66, nach welcher die Konsuln des J. 65 +ermordet, darauf +Crassus+ (S. 107) zum Dictator, +C. Julius Cäsar+[26] +zum magister equitum erhoben werden sollen, kommt wegen Unschlüssigkeit +einiger Teilnehmer und sonstiger Hindernisse nicht zur Ausführung. Für +das Jahr ~63~ soll die Erwählung des +Catilina+ und des +C. Antonius+ +zu Konsuln durchgesetzt werden, aber nur der letztere wird gewählt; +sein Amtsgenosse wird der als Redner und Anwalt beliebte, bisher keiner +Partei vollständig angehörige ~M. Tullius Cicero~.[27] Dieser sichert +dem verschuldeten Antonius durch eigene Verzichtleistung im voraus die +einträgliche Statthalterschaft +Makedonien+ zu und macht ihn dadurch +den Verschworenen abwendig. + +Cicero verhindert während seines Konsulates mehrere Anträge der +Volkspartei, namentlich ein weitgehendes Ackergesetz, überwacht die +Anschläge der Verschwörung und vereitelt den Versuch Catilinas, bei +der Konsulwahl für 62 die Mitbewerber und ihn selbst, den die Wahl +leitenden Konsul, zu ermorden. Der Senat, von der Bildung eines +aufständischen Heeres unter G. Manlius in +Etrurien+ unterrichtet, +erteilt den Konsuln Vollmacht zur Rettung des Staates (S. 99). +Catilinas Plan, Cicero in seinem Hause ermorden zu lassen, wird +ebenfalls verraten und mißlingt. ~Cicero enthüllt die Verschwörung~ in +der Senatssitzung am 8. Nov. 63 (erste Catilinarische Rede); Catilina +verläßt darauf die Stadt und geht zu dem Heere nach Etrurien. Seine +Mitverschworenen, der Prätor +Lentulus+, +Cethegus+, +Gabinius+ u. a., +lassen sich mit den Gesandten der Allobreger (in der provincia +Narbonensis) in Verhandlungen ein; diese werden bei der Abreise von Rom +angehalten; auf Grund der bei ihnen gefundenen schriftlichen Beweise +wird am 5. Dez. im Senat über die Verschworenen Gericht gehalten. Der +Senat beschließt trotz +Cäsars+ Gegenrede, durch +Cicero+ (vierte +Catilinarische Rede) und +M. Porcius Cato+ (Urenkel des M. Porcius Cato +Censorius) bestimmt, die fünf Verhafteten hinrichten zu lassen; das +Urteil wird am Abend des 5. Dez. im Tullinanum vollzogen. Cicero vom +Volke als +pater patriae+ begrüßt. + +Mit der Kriegführung gegen das Catilinarische Heer wird der Konsul +C. +Antonius+ beauftragt. Dessen Legat +M. Petreius+ schlägt den Catilina +bei ~Pistoria~ (~62~). Catilina und 3000 seiner Anhänger fallen. + +[61.] + +~Cäsar~ gewinnt seinen ersten Kriegsruhm als Proprätor in der Provinz ++Hispania ulterior+, verzichtet aber nach seiner Rückkehr (60) auf den +Triumph, um als Bewerber um das Konsulat auftreten zu können. + +Die Weigerung des Senats, die von ~Pompeius~ beantragte Ackerverteilung +an seine Veteranen zu bewilligen und seine in Asien getroffenen +Anordnungen zu bestätigen, führt einen vollständigen Bruch zwischen +Pompeius und den Optimaten herbei. Die drei mächtigsten Männer Roms +verbinden sich zu gegenseitiger Unterstützung: + +[~60~.] + +~Das erste Triumvirat~, +Pompeius+, +Cäsar+ und +Crassus+. + +[~59~.] + +~Cäsar Konsul~, bringt die von Pompeius gewünschten Anträge an die +Komitien: sie werden trotz des Widerstandes, den der andere Konsul +M. +Calpurnius Bibulus+ leistet, vom Volke angenommen. Die Freundschaft +zwischen ~Cäsar~ und ~Pompeius~ wird durch Vermählung des lezteren mit +Cäsars Tochter +Julia+ befestigt. + +Auf Antrag des Tribunen P. Vatinius erhält Cäsar durch Volksbeschluß +die Statthalterschaft von +Gallia cisalpina+ und +Illyricum auf 5 +Jahre+; auf Pompeius’ Antrag fügt der bestürzte Senat noch ~Gallia +Narbonensis~ (S. 101) hinzu. Die Ausführung des Ackergesetzes wird +einer Kommission übertragen, an deren Spitze +Pompeius+ und +Crassus+ +stehen. Ehe Cäsar in seine Provinzen abgeht, wird + +[58.] + +~Catos~ und ~Ciceros~ Entfernung aus Rom auf Cäsars Betreiben +durchgesetzt von dem durch Adoption aus einem Patrizier zum Plebejer +gemachten Volkstribunen ~P. Clodius~, Nachkommen des App. Claudius +Caecus. Cato wird durch Volksbeschluß beauftragt, die den Römern +durch Testament des Königs von Ägypten zugewiesene Insel +Cypern+ zu +übernehmen. +Cicero+ wird +geächtet+, weil er römische Bürger ohne +gerichtliches Urteil habe hinrichten lassen; er geht nach Thessalonike +in Makedonien. + +[~58–51.~] + +~Eroberung Galliens durch Cäsar.~ + +Gallien bewohnt von +keltischen+ Stämmen, die sich zu Gauverbänden +vereinigt haben (im N. die +Belger+, im S. die +Aquitaner+, in der +Mitte die +Äduer+, +Arverner+, +Sequaner+ mit ihren Genossen). Zur +Ausgleichung der Streitigkeiten jährliche Landtage im Gebiet der ++Carnuten+ unter Leitung der Priester (+Druiden+). Die Arverner und +Sequaner aber haben im Streit mit den Äduern +germanische+ Stämme, ++Sueben+ unter dem König +Ariovist+, herbeigerufen und ihnen Land +abtreten müssen. Cäsar schützt, indem er zunächst für die Sicherheit +der römischen Provinz sorgt, die Gallier in ihren Wohnsitzen. + +[58.] + +Cäsar siegt über die in Gallien einbrechenden ~Helvetier~ bei ++Bibracte+ (unweit Autun), dann über den Germanenfürsten ~Ariovist~ +nordöstlich von +Vesontio+ (Besançon), in der Gegend von +Mülhausen+ im +Elsaß. + +[57.] + +Unterwerfung der meisten +belgischen+ Volksstämme nach einem schwer +errungenen Siege über die +Nervier+ am Flusse +Sabis+ (Sambre). Im +Süden vergeblicher Versuch, durch Besetzung von +Octodurus+ (Martigny +in Wallis) den Alpenübergang über den Paß des +Großen St. Bernhard+ zu +sichern. + +[56.] + +Unterwerfung der Seestaaten, namentlich der +Venĕter+, in +Arĕmorĭca+ +(Bretagne und Normandie) durch schwere Kämpfe Cäsars zu Lande und zur +See. Im Süden unterwirft der Legat +P. Crassus+, Sohn des Triumvirs, +die +Aquitaner+. + +[55.] + +Cäsar treibt die germanischen Stämme der +Usipĕter+ und +Tenktĕrer+ +über den Rhein zurück. Übergang über den Strom auf einer Pfahlbrücke +(in der Gegend von Neuwied). Rückkehr nach 18tägigem Verweilen auf dem +rechten Ufer. + +Erste Überfahrt nach +Britannien+ mit 2 Legionen, Landung nordöstlich +von +Dover+, doch baldige Rückkehr. Cäsars Legaten unterwerfen die +nördlichsten gallischen Küstenvölker, die +Morĭner+ und +Menapier+. + +[54.] + +Zweite Überfahrt nach +Britannien+ mit 5 Legionen. Der Äduer ++Dumnorix+, der die Mitfahrt verweigert, wird getötet. Cäsar landet, +dringt in das Innere vor, überschreitet die Themse, kämpft glücklich +gegen die britischen Kelten unter +Cassivellaunus+. Unterdessen Angriff +auf sein Schiffslager; er kehrt zurück, nachdem Cassivellaunus sich +unterworfen und Geiseln gestellt hat. + +Im Winter Aufstand mehrerer gallischer Völkerschaften, veranlaßt von +dem Trevĕrer +Indutiomārus+. Die +Eburonen+ unter Ambiorix vernichten +15 römische Kohorten (unter +Sabinus+ und +Cotta+) bei Aduatŭca und +bestürmen mit den Nerviern das Winterlager des Legaten +Q. Tullius +Cicero+ (Bruder des Redners), der tapfer standhält und von Cäsar +befreit wird. Indutiomārus fällt bei einem Angriff auf das Winterlager +des +T. Labienus+. + +[53.] + +Labienus unterwirft die Trevĕrer, Cäsar überschreitet zum zweiten Male +den +Rhein+, um die Sueben abzuwehren. Nach der Rückkehr Strafgericht +über die Eburonen. + +[52.] + +Allgemeiner Aufstand der Gallier unter dem Arverner ~Vercingetŏrix~. +Cäsar erobert +Cenăbum+ (Orléans) und +Avarĭcum+ (Bourges), entsendet +den Legaten T. Labienus zur Besetzung von +Lutetia Parisiorum+ (Paris), +belagert aber vergeblich +Gergovia+ (in der Nähe von Clermont in der +Auvergne). Aufstand der bisher ihm treu ergebenen +Äduer+. Cäsar +vereinigt sich wieder mit Labienus, schließt Vercingetorix in +Alesia+ +(Alise Sainte-Reine nordwestlich von Dijon) ein. Harter Kampf gegen +ein großes, aus allen Teilen Galliens zusammengebrachtes Entsatzheer, +welches zurückgeschlagen wird. Vercingetorix muß sich ergeben (6 Jahre +später in Rom hingerichtet). Bestrafung der Aufständischen. + +[51.] + +Vollendung der Unterwerfung des transalpinischen Galliens, welches +Cäsar mit 10 über das ganze Land verteilten Legionen im Gehorsam erhält. + +~Ergebnisse und weltgeschichtliche Bedeutung der achtjährigen Kämpfe +Cäsars:~ 1. Das römische Reich wird durch die Unterwerfung des großen ++Kelten+landes erweitert und gegen Angriffe der nordischen Völker +gesichert. 2. Die Ausbreitung des römischen Handels (Massilia) und +der griechisch-römischen Kultur über West- und Mitteleuropa wird +durch Erschließung +Galliens, Britanniens+ und +Germaniens+ wesentlich +gefördert. 3. Cäsar gewinnt ein ihm ergebenes, kriegsgeübtes Heer, um +die notwendig gewordene Umgestaltung der römischen Republik in eine +Monarchie durchzuführen. + +Während diese großartigen Erfolge Cäsars den alten Kriegsruhm des +Pompeius in Schatten stellen, bemüht sich dieser vergebens, in Rom die +von +P. Clodius+ erregten Unruhen der Volkspartei zu unterdrücken. Doch +wird im J. 57 die Zurückberufung Ciceros durchgesetzt, und die beiden +Tribunen +T. Annius Milo+ und +P. Sestius+ treten mit bewaffneten +Anhängern den Scharen des in Cäsars Diensten stehenden Clodius entgegen. + +[~56.~] + +~Erneuerung des Triumvirats zu Lucca~ (in Etrurien). Cäsar, Pompeius +und Crassus vereinigen sich dort mit ihren Anhängern (über 200 +Senatoren). Infolge der getroffenen Verabredungen werden für das J. +55 mit Anwendung von Gewalt als Konsuln durchgesetzt ~Pompeius~ und +~Crassus~. Durch Volksbeschluß erhält dann auf 5 Jahre Pompeius die +Statthalterschaft +beider Spanien+, Crassus die von +Syrien+, während +Cäsars Oberbefehl in +Gallien+ auf +weitere 5 Jahre verlängert+ wird. +Die Optimaten müssen sich diesen Beschlüssen fügen. + +[53.] + +~Crassus~ unternimmt einen Kriegszug gegen die +Parther+ (S. 65), wird +aber bei ~Carrhae~ in Mesopotamien von ihnen geschlagen und bald darauf +bei einer Verhandlung getötet. Sein Heer nahezu aufgerieben, römische +Feldzeichen von den Parthern erbeutet (S. 123). + +Pompeius bleibt in Rom, erbaut dort das erste steinerne Theater, +veranstaltet glänzende Spiele, läßt seine spanischen Provinzen durch +Legaten verwalten. + +[52.] + ++Clodius getötet+ bei einem Zusammenstoß mit der Bande des +Milo+ auf +der Via Appia. Aufstand in Rom bei der Leichenfeier für Clodius, die ++Curia Hostilia+ in Brand gesteckt. ~Pompeius~, zum alleinigen Konsul +erwählt (+consul sine collega+), stellt die Ruhe wieder her. Auf Grund +der von ihm beantragten Gesetze +de ambitu+ und +de vi+ wird Milo +trotz Ciceros Verteidigungsrede verurteilt und geht in die Verbannung. ++Cicero+ als Prokonsul Statthalter von Cilicien (51–50) und damit +wieder aus Rom entfernt. + +Pompeius, seit dem Tode der Julia (54) dem Cäsar entfremdet, +heiratet die Tochter des Optimaten +Q. Metellus Scipio+, der für die +letzten 5 Monate des Jahres 52 sein Mitkonsul wird. Er läßt sich die +Statthalterschaft in Spanien auf 5 Jahre erneuern. + +Verhandlungen im Senat (51–50) über die durch widersprechende +Bestimmungen unlösbar verwickelte Frage, ob Cäsar seine +Statthalterschaft am 1. +März+ 49 oder erst +Ende+ 49 niederzulegen +habe. Cäsars Gegner bestehen, um ihn zu stürzen, auf dem früheren +Termin, wollen auch einen Volksbeschluß, der ihm gestattete, sich +abwesend um das Konsulat (für das Jahr 48) zu bewerben, nicht +anerkennen. Cäsar fügt sich dem Verlangen, daß er zwei Legionen +(darunter eine früher von Pompeius entliehene) zum Partherkrieg +abgebe, läßt aber durch den ihm gleich Clodius ergebenen Volkstribunen ++C. Scribonius Curio+ die Forderung stellen, daß er und Pompeius +gleichzeitig am 1. März 49 den Oberbefehl niederlegen sollen. + +[vor Chr ~49–46.~] + +~Bürgerkrieg zwischen Cäsar und den Optimaten.~ + +[49. (1. Jan.)] + +Der Senat erklärt nach Abweisung wiederholter Vermittelungsvorschläge +Cäsar für einen Reichsfeind (+hostis+), wenn er nicht innerhalb einer +bestimmten kurzen Frist seine Provinzen an die ernannten Nachfolger +übergebe und sein Heer entlasse. Ein zweiter Senatsbeschluß (7. +Jan.) gibt den Konsuln und Prokonsuln Vollmacht zu außerordentlichen +Maßregeln (S. 99). Die Cäsar ergebenen Volkstribunen fliehen zu ihm +nach +Ravenna+. + +Cäsar geht mit +einer+ Legion über den Bach ~Rubico~, die Grenzscheide +zwischen seiner Provinz und Italien, und beginnt damit den Bürgerkrieg. + +Große Bestürzung in Rom. Pompeius, dessen Rüstungen erst begonnen +haben, entweicht mit den Konsuln und einem Teile des Senats (darunter +Cicero) nach +Capua+, dann nach +Brundisium+ (Staatskasse in Rom +zurückgelassen). Cäsar zieht durch Umbrien und Picenum, zwingt, durch 2 +nachgekommene und 3 neugebildete Legionen verstärkt, den +L. Domitius+ +in +Corfinium+ zur Übergabe und rückt vor +Brundisium+. Pompeius +entkommt mit der Flotte nach +Dyrrhachium+. Cäsar ordnet den Bau neuer +Schiffe an und wendet sich zunächst nach +Rom+; dort beschwichtigt +er die Besorgnis vor Wiederkehr der Greuel des ersten Bürgerkrieges. +Großmütiges Verfahren gegen seine Feinde. + +[Sidenote:49.] + +Cäsar geht auf dem Landwege nach Spanien zur Bekämpfung der Legaten des +Pompeius: ein Teil seines Heeres belagert +Massilia+. Die Legaten +L. +Afranius+ und +M. Petreius+ werden bei +Ilerda+, nördlich vom Ebro, zur +Übergabe gezwungen, ihr Heer wird aufgelöst. + ++M. Terentius Varro+, der in +Hispania ulterior+ den Oberbefehl führt, +zieht sich nach +Gades+ zurück und ergibt sich ohne Kampf, da die +meisten Städte der Provinz sich für Cäsar erklären. Als dieser nach +Italien zurückmarschiert, unterwirft sich ihm die ausgehungerte und +mit Erstürmung bedrohte Stadt +Massilia+. Während dieser Zeit hat sein +Legat +C. Scribonius Curio+ Sicilien unterworfen. Derselbe setzt +nach Afrika über, siegt erst bei +Utĭca+, wird aber von +Iuba+, König +von Numidien, der sich für Pompeius erklärt hatte, am +Bagradasfluß+ +geschlagen und fällt. + +Cäsar wird (abwesend) in Rom von dem Prätor +M. Aemilius Lepidus+ +zum +Dictator+ ernannt, legt aber die Dictatur nach 11 Tagen nieder, +nachdem er für das Jahr + +[~48.~] + +zum Konsul erwählt ist (zusammen mit +P. Servilius Isauricus+), während +der nach dem Osten geflüchtete Teil des Senats (in +Thessalonike+) dem +Pompeius und allen Beamten des letzten Jahres die Amtsgewalt verlängert. + +Landung Cäsars an der Küste von Epirus; er rückt nach +Illyrien+ vor +und nimmt die Städte Oricum und Apollonia ein. Sein Legat +M. Antonius+ +kann erst nach einigen Monaten mit dem anderen Teil des Heeres folgen, +da die pompejanische Flotte das Meer beherrscht. Cäsar schließt das +Heer des Pompeius bei ~Dyrrhachium~ ein, aber seine Verschanzungen +werden durchbrochen. ~Cäsar, geschlagen~ und zum Rückzug gezwungen, +geht nach +Thessalien+, wohin ihm Pompeius folgt. +Cato+ und +Cicero+ +bleiben in Dyrrhachium zurück. In der thessalischen Ebene kommt es zur + +[~48.~ (9. Aug.)] + +~Schlacht bei Pharsālus.~ + +Cäsar schlägt mit etwa 22000 Mann das mehr als doppelt so starke Heer +des Pompeius und zersprengt es vollständig. 20000 Pompejaner strecken +die Waffen, Pompeius flieht nach der Küste, geht zu Schiff über ++Lesbos+ nach +Ägypten+. Dort wird er bei der Landung auf Befehl des +Ministers des jungen Königs Ptolemäus XII. ermordet. Cäsar landet mit +4000 Mann in Alexandria. + +In Rom wird dem Sieger Cäsar die ~Dictatur~ auf unbestimmte Zeit (wie +früher Sulla, S. 106), das ~Konsulat~ auf 5 Jahre, die ~tribunicische +Gewalt~ auf Lebenszeit übertragen. Er nimmt das Konsulat erst +wieder für das Jahr 46 an und sendet den +M. Antonius+ als seinen +Stellvertreter (magister equitum) nach Rom. + +[~48–47.~] + +~Alexandrinischer Krieg.~ + +Aufstand der Einwohner von Alexandrīa, unterstützt durch das seit +Zurückführung des Königs +Ptolemäus Aulētes+ (55) dort befindliche +römische Besatzungsheer. Cäsar, in der Königsburg belagert, gerät in +die größte Gefahr, aus der ihn nur seine Verwegenheit rettet. Er läßt +die ägyptische Flotte in Brand stecken, wobei ein Teil der Stadt in +Feuer aufgeht, auch die berühmte alexandrinische Bibliothek (s. S. +65). Er verläßt die Stadt, nachdem er sich den Besitz der den Hafen +beherrschenden Leuchtturminsel Pharos gesichert hat, und schlägt mit +Hilfe eines aus Asien herbeigekommenen Entsatzheeres das ägyptische +Heer am Nil. Der junge König +Ptolemäus+ ertrinkt auf der Flucht. +Die Regierung wird, +unter römischer Oberhoheit+, seiner Schwester ++Kleopatra+ und ihrem jüngsten Bruder übergeben, in Alexandrīa bleibt +eine römische Besatzung. Cäsar geht nach Kleinasien und beendet in +einem +fünftägigen+ Feldzug (+veni, vidi, vici+) den + +[~47.~] + +~Krieg gegen Pharnăces~, + +Sohn des Mithradates (s. S. 109), welcher +Pontus+, +Klein-Armenien+ +und +Kappadokien+ besetzt hatte. Cäsar besiegt ihn bei +Zela+ und +zwingt ihn zur Rückkehr in sein bosporanisches Reich, wo er bald +umkommt. Ordnung der asiatischen Verhältnisse. +Deiotărus+ (S. 109), +der bei Pharsalus gegen Cäsar gefochten hatte, verliert den größten +Teil seiner Herrschaft. + +Rückkehr Cäsars nach Rom. +Cicero+, von ihm begnadigt und ehrenvoll +behandelt, zieht sich auf sein Tusculanum zurück, bleibt aber sein +Gegner. Nach Beschwichtigung eines Aufstandes der in Campanien +stehenden Legionen unternimmt Cäsar den + +[~46.~] + +~Krieg in Afrika~ + +gegen die Pompejaner (+Cn.+ und +Sextus Pompeius+, +Q. Metellus +Scipio+, +Cato+, +Labienus+, +Petreius+, König +Iuba+). Er landet bei +Hadrumētum, gerät in Gefahr, da der größte Teil der Truppen infolge +eines Sturmes erst später eintrifft, führt dann den Krieg mit Vorsicht +gegen die an Zahl überlegenen Feinde, siegt endlich in der blutigen +~Schlacht bei Thapsus~. +Cato+ tötet sich in +Utĭca+, um den Untergang +der Republik nicht zu überleben, daher »Uticensis« genannt. Labienus +und Sextus Pompeius entkommen nach Spanien. -- Ein Teil +Numidiens+ +wird von Cäsar mit der Provinz Afrika vereinigt, der andere an König ++Bocchus+ von Ost-Mauretanien gegeben. + +Rückkehr Cäsars nach Rom, wo er ~vier~ Triumphe feiert (+Gallien+, ++Ägypten+, +Pharnăces+, +Afrika+). Bewirtung des Volkes an 22000 +Tischen, prächtige Festspiele, Geld- und Getreidespenden. Cäsars ++Dictatur+ wird zunächst auf 10 Jahre, später auf Lebenszeit (dictator +perpetuus) verlängert. Er beginnt die ~Neuordnung des zerrütteten +Staatswesens~: Census der Bürgerschaft; Beschränkung der Zahl derer, +welche regelmäßig Getreidespenden empfangen, auf 150000; Bestimmungen +über die Verfassung der Bürgerstädte (lex Iulia municipalis); +Herstellung des Senats; Ackerverteilung an die Veteranen. ~Verbesserung +des Kalenders~ mit Hilfe des alexandrinischen Astronomen +Sosigĕnes+. +Das Jahr 46 wird durch Einschaltung um 67 Tage verlängert; an Stelle +des bisher üblichen Mondjahres mit Schaltmonaten tritt das Sonnenjahr +von 365¼ Tagen (alle 4 Jahre ein Schaltjahr). + +Nochmals erheben sich in ~Spanien~ die Söhne des Pompeius und Cäsars +früherer Legat Labienus; Cäsar siegt nach hartnäckigem Widerstande in +der + +[~45.~] + +~Schlacht bei Munda~ (in der südlichen Provinz, zwischen Cordŭba und +Gades), setzt dann in Rom als ~Dictator~ und ~Imperator~ (letzterer +Titel früher nur zeitweise von siegreichen Feldherren bis zum Tage +des Triumphes geführt) sein großartiges Reformwerk fort. Die alten +Formen der republikanischen Verfassung behält er bei, in der Tat aber +waltet Cäsar als Alleinherrscher. Als +Pontifex maximus+ hat er die +Oberaufsicht über das Religionswesen, als Inhaber der +tribunicia +potestas+ das Vorschlagsrecht bei der Gesetzgebung und das Ansehen +eines unverletzlichen Vertreters und Beschützers des Volkes. Den ++Komitien+ bleibt die Bestätigung der Gesetze als ein nur formelles +Recht; ihr Wahlrecht wird durch das Vorschlagsrecht des Dictators +sehr beschränkt. Der +Senat+, auf 900 Mitglieder vermehrt, wird +wieder, wie zur Königszeit, zu einem nur beratenden Reichsrat. Die +oberste +Gerichtsgewalt+ steht, ebenfalls wie in der Königszeit, dem +Alleinherrscher zu (Prozesse des +Ligarius+ und +Deiotărus+, bei +welchen Cicero als Anwalt auftritt). + +Großartige Bauten in Rom (Basilica Iulia an der Südseite des Forums; +die Nordseite wird erweitert durch das Forum Iulium mit dem Tempel +der Venus Genetrix). Gründung einer öffentlichen Bibliothek. Neue +Provinzialordnung zum Schutz der Provinzen gegen die Willkür der +Statthalter; Gründung von Kolonien in den Provinzen, +Karthago+ und ++Korinth+ hergestellt. Luxusgesetze, Kriminalgesetzgebung. + +Durch weitgehende Ehrenbeschlüsse (Bildsäulen von ihm in allen Tempeln, +seine Statue neben denen der sieben Könige, Münzen mit seinem Bildnis +(S. 74, Anm.), Feier seines Geburtstages am 12. des Monats Quinctilis, +der nun +Iulius+ genannt wurde, alle fünf Jahre Spiele ihm zu Ehren +u. a.) wird Cäsars Alleinherrschaft beim Volke unbeliebt. Das von +M. +Antonius+ am Lupercalienfeste (15 Februar 44) ihm öffentlich angebotene +Königsdiadem weist er zurück. Während der Vorbereitungen zu einem +Rachekrieg gegen die +Parther+ (S. 113), welcher die Ostgrenze des +Reichs sichern soll, bildet sich unter den Senatoren eine Verschwörung +(+C. Cassius Longinus+, +M. Iunius Brutus+, +C. Trebonius+, +Decimus +Brutus+, +L. Tillius Cimber+, +P. Servilius Casca+ u. a.). + +[~44.~ (15. März.)] + +~Ermordung Cäsars in der Senats-Sitzung~, + +die an jenem Tage zufällig in der an das Theater des Pompeius +anstoßenden +Curia Pompeia+ gehalten wurde. Cäsar fällt, von 23 Stichen +durchbohrt, an der Bildsäule des Pompeius nieder. + + +§ 9. Untergang der Republik. + +Für kurze Zeit übernimmt der Senat wieder die Staatsleitung. Er verfügt +zugleich die Aufrechterhaltung der Gesetze Cäsars und Straflosigkeit +(Amnestie) für dessen Mörder. Allein das Volk der Hauptstadt, aufgeregt +durch die +Leichenrede des Consuls M. Antonius+, verübt Gewalttaten +gegen die Verschworenen. Die Häupter der Verschwörung verlassen Rom, +um in die ihnen (noch von Cäsar selbst) angewiesenen Provinzen zu +gehen: ~M. Brutus~ nach +Makedonien+, ~Cassius~ nach +Syrien+, ~Decimus +Brutus~ nach +Gallia cisalpina+. + +In Rom maßt sich ~M. Antonius~ (Konsul mit +P. Cornelius Dolabella+) im +Besitz der testamentarischen Bestimmungen Cäsars, unter dem Vorwande, +den letzten Willen des Dictators auszuführen, eine unumschränkte +Gewalt an, ändert die Verteilung der Provinzen, läßt sich namentlich +die Provinz +Gallia cisalpina+ durch Volksbeschluß zuerteilen. +Dagegen tritt der 19jähr. ~C. Octavius~ (geb. 63), der Großneffe und +Adoptivsohn Cäsars, daher fortan ~C. Julius Cäsar Octavianus~ genannt, +in Verbindung mit dem Senat. Bei den Soldaten beliebt, sammelt er +zahlreiche Veteranen Cäsars um sich und bestimmt 2 Legionen des +Antonius, sich unter seinen Befehl zu stellen. Durch die einander +entgegengesetzten Bestrebungen der Machthaber wird das römische Reich +in +neue Bürgerkriege+ gestürzt. + +[44–43.] + +Gegen Antonius, der den Decimus Brutus in +Mutĭna+ belagert und ihm +seine Provinz entreißen will, werden auf Betreiben +Ciceros+ (die ++Philippischen+ Reden) die beiden Konsuln Hirtius und Pansa ausgesandt, +mit ihnen der junge ~Octavian~ als Proprätor (+Mutinensischer Krieg+). +Beide Konsuln fallen; Dec. Brutus verfolgt den besiegten Antonius +nach Gallia transalpina. Octavian aber führt das ganze Heer nach Rom, +erzwingt vom Senat seine Erwählung zum Konsul, Widerruf der Amnestie +für die Verschworenen und ihre Verurteilung. Hierauf zieht er zum +Schein gegen +Antonius+, mit dem er schon geheime Unterhandlungen +angeknüpft hatte. Auf einer Zusammenkunft bei +Bononia+ wird das + +[~43.~ (Nov.)] + +~zweite Triumvirat~ + +geschlossen zwischen ~Antonius~, ~Octavian~ und ~M. Ämilius Lepidus~ +(Statthalter in Gallia Narbonensis). Die drei Machthaber (+tresviri +reipublicae constituendae+) lassen ihre angemaßte Gewalt von den +Komitien auf 5 Jahre bestätigen und beginnen ihre Herrschaft mit +grausamen ~Proskriptionen~: 130 Senatoren und 2000 Männer vom +Ritterstande werden geächtet und größtenteils getötet (u. a. +Cicero+ +und sein Bruder +Quintus+, S. 112), ihr Vermögen eingezogen. Darauf + +[~43–42.~] + +~Krieg gegen die republikanische Partei.~ + ++Antonius+ und +Octavianus+ ziehen gegen +M. Brutus+ und +C. Cassius+, +welche in Makedonien und Syrien eine bedeutende Kriegsmacht gesammelt +hatten. In der (+ersten+) + +[~42.~] + +~Schlacht bei Philippi~ + +in Thrakien besiegt +Antonius+, welcher den rechten Flügel befehligt, +den linken Flügel des republikanischen Heeres unter ~Cassius~, während ++Octavian+ vor den Truppen des ~Brutus~ zurückweichen muß. Auf die +falsche Nachricht von einer Niederlage des Brutus läßt sich ~Cassius~ +durch einen Sklaven töten. ~Brutus~, 20 Tage später in einer +zweiten +Schlacht+ von +Antonius+ geschlagen, tötet sich selbst. + +~Antonius~ brandschatzt die Provinzen +Asien+ und +Syrien+ und +folgt dann der Königin ~Kleopatra~ (S. 116), die er nach +Tarsus+ +vorgefordert hatte, nach +Ägypten+. Währenddessen nimmt ~Octavian~ in +Italien die den Veteranen versprochenen Ackerverteilungen vor; +L. +Antonius+, Bruder des Triumvir, der ihm dabei entgegentritt, wird in ++Perusia+ belagert und muß sich ergeben. +M. Antonius+ landet mit einem +Heere bei Brundisium; es kommt in Brundisium zu einem Vergleich, nach +welchem die Verwaltung des Reiches so geteilt wird, daß + +[40.] + +~Octavian~ den +Westen+, ~Antonius~ den +Osten+ (Grenzlinie geht +durch Illyrien), ~Lepidus~ +Afrika+ erhält. +Sextus Pompeius+, der +sich von Sicilien aus eine Seeherrschaft über die italischen Inseln +gegründet hatte (sein Bruder Cn. bei Munda †), wird (36) von +M. +Vipsanius Agrippa+, dem Unterfeldherrn Octavians, bei +Mylae+ besiegt. ++Lepidus+, der nun auf Sicilien Anspruch erhebt, verliert nach einem +kurzen Feldzuge auch Afrika an Octavian, ihm bleibt nur die Würde eines +Pontifex maximus. + ++Octavian+ sorgt für friedliche Verwaltung Italiens, bekämpft aber +auch, um Norditalien zu sichern, die Dalmatier und Pannonier, erobert +35 die Stadt Siscia an der Save. + ++Antonius+, mit Octavians Schwester +Octavia+ vermählt, unternimmt 38 +und 37 wenig erfolgreiche Züge gegen die +Parther+, schwelgt dann in +Ägypten am Hofe der +Kleopatra+, zieht 34 gegen +Armenien+ und führt +den König Artavasdes als Gefangenen in Alexandria im Triumph auf, +verschenkt endlich römische Provinzen an seine Kinder mit der Kleopatra +und schickt der Octavia den Scheidebrief. Octavian läßt in Rom durch +Volksbeschluß dem Antonius den Oberbefehl entziehen und an Kleopatra +den Krieg erklären. + +[~31–30.~] + +~Krieg zwischen Octavian und Antonius.~ + +Während Antonius und Kleopatra lange in +Ephĕsos, Samos, Athen+ und ++Patrae+ (in Achaja) verweilen, vollendet Octavian seine Rüstungen +und setzt das Landheer nach Epirus über; seine 250 Schiffe starke, von ++Agrippa+ geführte Flotte besiegt die an Zahl der Schiffe überlegene +Flotte des Antonius und der Kleopatra in der + +[~31.~ (2. Sept.)] + +~Seeschlacht bei Actium.~ + +Kleopatra flieht mit ihren Schiffen, ehe die Schlacht entschieden ist; +Antonius folgt ihr. Sein Landheer ergibt sich nach 7 Tagen dem Octavian +ohne Kampf. + +[30.] + +Octavian geht nach Asien, wo er sein 4. Konsulat antritt, kehrt zur +Beschwichtigung einer Meuterei der Veteranen auf kurze Zeit nach +Italien zurück, begabt sich dann wieder zu seinem Heere und führt es +durch +Syrien+ nach +Ägypten+. Antonius, von seinen Truppen verlassen, +tötet sich auf die falsche Nachricht vom Tode der Kleopatra. Diese +tötet sich bald darauf durch Gift, als sie sieht, daß Octavian sie nur +schont, um sie in Rom im Triumph aufzuführen. Octavian macht ~Ägypten +zur römischen Provinz,~ ordnet dann die Verhältnisse in Vorderasien und +kehrt 29 im Monat Sextilis (nachher ihm zu Ehren +Augustus+ genannt) +nach Rom zurück. Dreitägiger Triumph, der Janustempel geschlossen (vgl. +S. 72). + +~Alleinherrschaft Octavians,~ in der von ~Cäsar~ begründeten Weise, +jedoch so, daß die +Dictatur+ ersetzt wird durch das von ihm +anfangs ständig bekleidete +Konsulat+, dann durch das +allgemeine +prokonsularische Imperium+. Das römische Reich, nach Beendigung der +Bürgerkriege im Frieden aufblühend, schützt noch mehrere Jahrhunderte +lang unter der Herrschaft der Kaiser die Kulturvölker des Altertums +gegen die Angriffe der Barbaren. + + +§ 10. Kunst und Literatur bei den Römern. + +Die Anfänge nationaler Baukunst und Dichtung bei Etruskern und Latinern +entwickeln sich erst durch die Bekanntschaft mit griechischer Kultur +zu höherer Blüte. Griechischer Baustil erscheint in den Tempeln und +Säulenhallen, mit welchen Rom sich schmückte, als es zur Großstadt +heranwuchs. Griechische Statuen wurden nach Eroberung griechischer +Städte (Tarent 272, Syrakus 212, Korinth 146) zahlreich nach Rom +gebracht; seit 146 arbeiteten viele griechische Künstler in Rom. Drei +griechische Philosophen (+Karneades, Diogenes, Kritolaos+) 156 als +athenische Gesandte in Rom. + +Anfänge der römischen Literatur: Gottesdienstliche Lieder der ++Salii+ (S. 73) und +Fratres arvales+, religiöse und geschichtliche +Aufzeichnungen der Priester (libri pontificum, fasti consulares +und triumphales), Erklärungen der Zwölf-Tafelgesetze (S. 78 f). +Volkstümliche Bühnendarstellungen werden zuerst 364 erwähnt als +Bestandteil der Festspiele (ludi scaenici). Griechische Tragödien und +Komödien in lateinischer Bearbeitung brachte +Livius Andronīcus+, ein +Grieche aus Tarent, seit 240 in Rom zur Aufführung, nach ihm +Cn. +Naevius+ aus Campanien, der auch nationale Stoffe dramatisch darstellte +(+fabulae praetextae+) und den ersten Punischen Krieg in einem Epos (in +saturnischen Versen) besang; ferner +Q. Ennius+ aus Rudiä in Calabrien +(† 169), der ebenfalls in einem Epos in Hexametern (+Annales+) die +Geschichte Roms bis auf seine Zeit darstellte, befreundet mit Scipio +Africanus maior. Erhalten sind die Bearbeitungen griechischer Komödien +von +T. Maccius Plautus+ († 184) und +P. Terentius+ († 159). + +Die ältesten römischen Geschichtschreiber (Annalisten) schrieben +griechisch. Als erster Schriftsteller in lateinischer Prosa ist +M. +Porcius Cato+ († 149, +Origines+, +de re rustica+, Reden) zu nennen. +Besonders gepflegt wurde die Rechtsgelehrsamkeit (Sex. Aelius Catus, +Konsul 198, +Q. Mucius Scaevola augur+, Konsul 117, Lehrer Ciceros) +und die Beredsamkeit (+C. Gracchus+ † 121, +L. Licinius Crassus+ † 91, ++M. Antonius+ † 87, +Q. Hortensius+ † 50). Die nationalen Altertümer +erforschte +M. Terentius Varro+ (116–27, de lingua Latina, antiquitates +rerum humanarum et divinarum). Als Geschichtschreiber ragen hervor +C. +Iulius Cäsar+ († 44) und +C. Sallustius Crispus+ († 34). Den Reichtum +und die Schönheit der lateinischen Sprache entfaltet besonders +M. +Tullius Cicero+ († 43) als Redner und philosophischer Schriftsteller +(Tusculanae disputationes, de officiis u. a.). Als Dichter sind in +Ciceros Zeit zu nennen +T. Lucretius Carus+ († 55), Verfasser eines +philosophischen Lehrgedichts +de rerum natura+, und der Lyriker +C. +Valerius Catullus+ († 54). + + +§ 11. Kaiserzeit bis zum Untergang des weströmischen Reiches. + +(Von ~31 vor~ Chr. bis ~476 nach~ Chr.) + +[vor nach Chr. ~31–68.~] + +~Das Julisch-claudische Herrscherhaus.~ + +[~31–14.~] + +~Cäsar Octavianus Augustus.~ + +Der Beiname +Augustus+ (der +Erlauchte+, +Erhabene+), den ihm (27 vor +Chr.) der Senat erteilte, ist auf seine Nachfolger übergegangen und +ebenso wie +Princeps+, +Cäsar+, +Imperator+, zum Titel der römischen +Herrscher geworden.[28] + +Augustus beschränkt den Senat auf 600 Mitglieder und knüpft die +Senatorwürde an einen hohen Census (1 Million Sest. = etwa 180000 M.). +Das +Konsulat+ bleibt bestehen, wird anfangs von Augustus ständig, +später von ihm und seinen Nachfolgern noch bisweilen bekleidet, gilt +aber nur als Ehrenamt und wird in seiner Dauer verkürzt, zuletzt +in der Regel auf 2 Monate. Auch die andern republikanischen Ämter +bleiben, doch mit beschränktem Geschäftskreis; die +Censur+ wird von +den Kaisern übernommen, wie sie schon Cäsar unter dem Titel Praefectus +morum ausgeübt hatte. Dem Senat bleibt ein gewisser Anteil an der +Herrschergewalt. + +Die kaiserliche Herrschaft beruht auf dem Heerbefehl, der +tribunicischen Gewalt und der obersten Gerichtsgewalt. Seit dem Tode +des Lepidus (13) war Augustus auch Pontifex maximus. Einflußreiche +kaiserliche Beamte sind der +Praefectus urbi+ (Polizeipräsident) und +die beiden +Praefecti praetorio+ (Befehlshaber der aus 9 Kohorten +bestehenden kaiserlichen Garde). Einteilung Roms in 14, Italiens in +11 +regiones+. Einrichtung einer +Reichspost (cursus publicus)+ für +die von Staats wegen reisenden Beamten. Schutz der Provinzen gegen +die Übergriffe der Beamten. Fürsorge für die Armen. Ansiedelung +unbemittelter Bürger in Kolonien. + +[27.] + +Neue +Einteilung der Provinzen+ in senatorische, d. h. völlig +beruhigte, welche ohne Kriegsheer von Prokonsuln und Proprätoren +verwaltet werden können und vom Senat verliehen werden (+Africa, Asia, +Achaja, Illyricum, Macedonia, Sicilia, Creta+ und +Cyrenaica, Bithynia, +Sardinia, Hispania Baetica+), und in +kaiserliche+, die Augustus durch +Legaten an der Spitze von Legionen verwalten läßt und daher selber +verteilt: +(Hispania Tarraconensis, Lusitania+, die vier gallischen: ++Narbonensis, Lugdunensis, Aquitania+ und +Belgica+ mit +Germania +superior et inferior, Syria, Cilicta, Cyprus, Aegyptus+). In dieser +Teilung ist später mehreres geändert worden. Alle nach 27 vor Chr. +begründeten Provinzen fielen dem Kaiser zu. Zwei Staatskassen, das vom +Senat verwaltete +aerarium+ (Einnahmen aus den senatorischen Provinzen) +und +fiscus+ (Einnahmen aus den kaiserlichen Gütern und Provinzen). +Das Heer auf 25 Legionen (etwa 250000 Mann) gebracht. Dazu eine starke +Flotte in Misenum und Ravenna. + +~Blütezeit der römischen Literatur.~ +C. Cilnius Maecenas+ († 8 vor +Chr.), Freund des Augustus, Gönner und Beschützer der Dichter: +P. +Vergilius Maro+ (70–19 vor Chr.). +Q. Horatius Flaccus+ (65–8 vor +Chr.). Die Elegiker +Albius Tibullus, S. Propertius+ und +P. Ovidius +Naso+ (9 nach Chr. nach +Tomi+ am Pontus Euxīnus (Constanza i. d. +Dobrudscha) verbannt, † 17). Der Geschichtschreiber +T. Livius+ (59 +vor Chr. bis 17 nach Chr.) gibt dem römischen Volke eine ausführliche +Gesamtdarstellung seiner Geschichte. Der Architekt +Vitruvius+, die +Juristen +M. Antistius Labeo+ und +C. Ateius Capito+. + + ~Familie des Augustus.~ + + ~C. Julius Cäsar Octavianus Augustus,~ geb. 63 v. Chr., †14 n. Chr. + Gemahlinnen: 1. Claudia. 2. Scribonia. 3. Livia, Mutter des + | Tiberius u. Drusus, + | Söhne v. Tiberius + | Claudius Nero. + ~Iulia,~ †14 n. Chr. + Gem.: 1. Marcellus, 2. M. Vipsanius Agrippa. 3. Tiberius. + Sohn d. Octavia. †12 v. Chr. + †23 v. Chr. | + | + ______________________________________________________________________ + Gaius Cäsar. Lucius Cäsar. Agrippina. Julia. Agrippa Postumus. + †4 n. Chr. †2 n. Chr. †33 n. Chr. †28 n. Chr. †14 n. Chr. + +In der ersten Hälfte der Regierung des Augustus ist sein Schwiegersohn ++Agrippa+ seine Hauptstütze. Census in allen Provinzen, Vermessung +des Reiches durch Agrippa, Bauten in Rom: Forum Augusti, Thermae +Agrippae mit dem +Pantheon+, Tempel des Apollo, des Mars und der Venus. +Wiederherstellung der verfallenen Heiligtümer und Wiederbelebung der +alten Religiosität. Agrippas Söhne +Gaius Cäsar+ und +Lucius Cäsar+ +werden 17 vor Chr. von Augustus adoptiert. Ihre Mutter +Iulia+ heiratet +in dritter Ehe den Stiefsohn des Augustus, +Tiberius+, wird aber +schließlich wegen ihrer Sittenlosigkeit verbannt. Nach dem Tode seiner +beiden ältesten Enkel adoptiert Augustus den +Tiberius+ und bezeichnet +ihn als Nachfolger. + +[27–25.] + +Augustus ordnet persönlich die Verhältnisse der +gallischen+ und ++spanischen+ Provinzen. Unterwerfung der Cantabrer und Asturer. ++Lugdunum+ (Lyon) Hauptstadt in Gallien, +Tarraco+ und +Corduba+ +Hauptstädte in Spanien. + +[22–19.] + +Augustus ordnet persönlich die Verhältnisse des römischen +Asiens+. Der +Partherkönig +Phraates+ gibt auf die Nachricht von seiner Ankunft in +Syrien die bei der Niederlage des Crassus (S. 113) erbeuteten römischen +Feldzeichen zurück. Durch +Tiberius+ wird +Tigrānes+ in sein Reich +Armenien wieder eingesetzt. + +Nach Rom zurückgekehrt erläßt Augustus Gesetze zur Bekämpfung des Luxus +und der Ehelosigkeit (+lex Iulia sumptuaria, lex Iulia de maritandis +ordinibus+). + +[15.] + ++Tiberius+ und +Drusus+, die Stiefsöhne des Kaisers, unterwerfen +die Alpenvölker und das Gebiet zwischen den Alpen und der Donau; +Einrichtung der Provinzen ~Raetia~ (Hauptort +Augusta Vindelicorum+, +jetzt Augsburg) und ~Noricum~ (Kärnten und Steiermark). Schon einige +Jahre früher war von Makedonien aus das untere Donaugebiet ~Mösien~ +unterworfen worden. + +[12–9.] + ++Tiberius+ unterwirft ~Pannonien~ (das südwestliche Ungarn). Damit ist +die +Donaugrenze+ des Reiches festgestellt; sie wird ebenso wie die ++Rheingrenze+ durch Standlager der Legionen, aus denen später Städte +geworden sind, beschützt. Standlager am Rhein: Moguntiacum (Mainz), +Civitas Ubiorum (später Colonia Agrippinensis, Köln), Castra vetera +(Xanten), Standlager an der Donau: Regina castra (Regensburg), Batava +castra (Passau), später auch Vindobona (Wien) und Juvavum (Salzburg). + +[12–9.] + ++Drusus+ unternimmt vom Rhein aus vier Feldzüge in das +innere +Germanien,+ das erstemal zur See, vom lacus Flevo (Zuyder-See) in +die +Ems+mündung hinein, dann zu Lande die +Lippe+ aufwärts (Castell ++Aliso+ bei Haltern), dann von Mainz aus gegen die Chatten, zuletzt von +Mainz bis zur Elbe. Er stirbt auf dem Rückmarsch infolge eines Sturzes +mit dem Pferde. + +[8–7.] + ++Tiberius+, sein Nachfolger im Oberbefehl, bringt einen Teil der +germanischen Völkerschaften auf dem rechten Rheinufer zur Anerkennung +der römischen Oberhoheit. Er zieht sich dann (6) nach +Rhodus+ zurück +und kommt erst 7 Jahre später nach Verbannung seiner Gemahlin Julia +wieder nach Rom. + +~Christus geboren~ vier oder sechs Jahre vor dem Beginn unserer +Zeitrechnung.[29] + +Das Christentum, langsam sich ausbreitend im römischen Reiche, +entfaltet nach dem Untergange desselben seine weltbezwingende Macht. + +[nach Chr. 4–5.] + ++Tiberius+, in den letzten Jahren der Regierung des Augustus schon +beinahe Mitregent, durchzieht von neuem das nördliche Germanien, +besiegt die +Langobarden+ an der unteren Elbe. Römische Statthalter +verwalten das Gebiet zwischen Rhein und Elbe. Der unter Tiberius’ +Anführung schon begonnene Angriff auf das +suebische+ Reich des ++Marbod+ (in Böhmen) wird unterbrochen (6–9) durch einen gefährlichen +Aufstand der illyrischen und pannonischen Völkerschaften. + +[~9.~] + +Drei römische Legionen unter ~P. Quinctilius Varus~ werden im +~Teutoburger Walde~ von dem Cheruskerfürsten ~Arminius~ vernichtet. +Germanien bis zum Rhein befreit, +Tiberius+ aber sichert die +Rheingrenze. + +[14.] + +Augustus stirbt in +Nola+ im 76. Lebensjahre. Eine von ihm selbst +verfaßte Übersicht seiner Taten (+Res gestae divi Augusti+) ist +in einer Tempelinschrift zu Ancyra (Angora) in Galatien erhalten +(+monumentum Ancyranum+). + +[14–37.] + +~Tiberius~ (vollständig: +Tiberius Claudius Nero+), des Augustus +Stief- und Adoptivsohn, geb. 42, tüchtiger Herrscher, jedoch hart +und argwöhnisch. Das Recht der Beamtenwahlen und die Bestätigung +der Gesetze wird von den +Komitien+ auf den +Senat+ übertragen. Die +an republikanischen Erinnerungen festhaltende Aristokratie wird in +strenger Abhängigkeit gehalten, besonders durch Anklagen +de maiestate+ +(die auch schon zur Zeit der Republik vorkamen) bei der kleinsten +Beleidigung des Fürsten; Belohnung der Angeber (+delatores+). Gute +Verwaltung in den Provinzen. + +[14–16.] + +Drei Feldzüge des Neffen des +Tiberius, Drusus Cäsar Germanicus+, (von +Köln aus) über den Rhein gegen die Germanen, der zweite und dritte mit +einer Flottenfahrt in die Emsmündung verbunden. Beim zweiten wird die +Stätte der Niederlage des Varus berührt; beim dritten Sieg der Römer +auf dem +Campus Idisiaviso+ jenseits der +Weser+ über Arminius, aber +keine Unterwerfung des Landes. Die Flotte bei der Rückkehr durch Sturm +zerstreut. + +[17.] + +Germanicus, von Tiberius abgerufen und nach dem Orient gesandt, setzt +in Armenien einen König ein, macht +Kappadokien+ zur römischen Provinz, +gerät in Syrien mit dem Statthalter L. Calpurnius Piso in Streit. Sein +Tod im 34. Lebensjahr (19 in Antiochia an Gift?) in Rom sehr beklagt. + +In Deutschland Krieg zwischen +Armin+ und +Marbod+, letzterer aus +seinem Reiche vertrieben, findet bei den Römern Aufnahme († zu +Ravenna). Armin wird von seinen eigenen Verwandten, die ihn des +Strebens nach der Königsherrschaft beschuldigen, 37 Jahre alt, getötet +(21). + +[23.] + ++L. Aelius Seianus+, Befehlshaber der +Prätorianer+ (S. 122), erhebt +sich zum übermächtigen Günstling des alternden Kaisers, der 27 seinen +Aufenthalt dauernd auf der Insel +Capreae+ (Capri) nimmt. Sejan +vergiftet +Drusus+, den einzigen Sohn des Kaisers, und bewirkt die +Verbannung der +Agrippina+, Witwe des Germanicus. + +[31.] + +Sturz Sejans; nach ihm werden viele Senatoren als Teilnehmer an seiner +Verschwörung hingerichtet. +Macro+, nunmehr Praefectus praetorio, +bleibt von der Willkür des mißtrauischen Kaisers abhängig. + +[~37–68.~] + +~Das Claudische Herrscherhaus,~ durch Adoption mit dem Julischen +verbunden: + + +Tiberius+ Claudius Nero. Nero Claudius +Drusus+. + †37 n. Chr. †9 v. Chr. + | _____________|_________ + | | | + Drusus †23 +Drusus Germanicus.+ Tib. +Claudius+ Nero. + n. Chr. †19 n. Chr. †54. + Gem. Agrippina. | + ___________|________ | + | | Octavia, Britanniens. + Agrippina d. j., +Caligula+. + | †41. + | + L. Domitius (+Nero+) + †68. + +[~37–41.~] + +~Caligula~ (+Gaius Cäsar Germanicus+), + +der jüngste Sohn des Germanicus, von den Soldaten als Knabe +Caligula+ +(Stiefelchen) benannt, zeigt sich bald als grausamer (+oderint, +dum metuant!+), jeder Schranke spottender Despot. Schwelgerei, +Selbstvergötterung, unnütze Feldzüge nach der Rheingrenze und der +gallischen Küste. Nach seiner Ermordung durch die Prätorianer wird von +diesen zum Imperator ausgerufen sein Oheim + +[~41–54.~] + +~Claudius~ (+Tiberius Claudius Nero Germanicus+), + +jüngerer Bruder des Germanicus, ein wohlmeinender, aber schwacher +Fürst, beherrscht von Günstlingen und von seinen Gemahlinnen: 1. der +sittenlosen +Messalina+ und, nachdem er diese (48) hat töten lassen, 2. +der herrschsüchtigen +Agrippina+, Tochter des Germanicus. + +[43.] + +Beginn der Eroberung +Britanniens+ unter dem Oberbefehl des +A. +Plautius+ (dessen Legat +T. Flavius Vespasianus+); der südliche Teil +wird römische Provinz. + +Unter Claudius’ Regierung werden außerdem folgende Provinzen +eingerichtet: in Afrika +Mauretania+, im Orient +Lycia+ und +Thracia+. ++Iudaea+, von 40 vor Chr. bis 6 nach Chr. und dann wieder 41–44 nach +Chr. abhängiges Königreich, wird wieder zur Provinz +Syrien+ gezogen. + ++Agrippina+ überredet den Claudius, den +L. Domitius+, ihren Sohn aus +früherer Ehe, zu adoptieren (bei der Adoption erhält er den Namen ++Nero+) und zum Thronfolger zu ernennen an Stelle seines eigenen Sohnes ++Britannicus+ (von der +Messalina+), dessen Schwester +Octavia+ zur +Gemahlin Neros bestimmt wird. Als Neros Adoption den Kaiser gereut, +vergiftet ihn Agrippina. + +[~54–68.~] + +~Nero~ (+Nero Claudius Cäsar Drusus Germanicus+), + +von den Prätorianern zum Imperator ausgerufen, in den ersten Jahren +geleitet von dem Praefectus praetorio +Afranius Burrus+ und seinem +Lehrer +L. Annaeus Seneca+. + +Er vergiftet (55) seinen Stiefbruder +Britannicus+, mit dessen Erhebung +zum Imperator ihm Agrippina gedroht hatte, läßt (59) seine Mutter ++Agrippina+ selbst töten, verstößt seine Gemahlin +Octavia+, die +er später ebenfalls töten läßt, und heiratet +Poppaea Sabina+, die +Gemahlin Othos. Ausschweifungen und Grausamkeiten; er tritt öffentlich +im Wettkampf als Wagenlenker, Schauspieler und Sänger auf. Kriechende +Unterwürfigkeit des Senats, + +[61.] + +Aufstand in Britannien, von +Suetonius Paulinus+ unterdrückt. + +[58–63.] + +Krieg gegen die Parther und Armenier. Nach Einnahme und Zerstörung von ++Artaxăta+ bringt +Domitius Corbŭlo+ in Armenien den König +Tiridates+ +zur Anerkennung der römischen Oberhoheit. + +[~64.~] + +Eine sechstägige und bald darauf eine nochmalige dreitägige ++Feuersbrunst+ (nach unbegründetem Gerücht auf Neros Befehl angelegt) +zerstört einen großen Teil der Stadt Rom. Nero beschuldigt die +Juden+ +und die +Christengemeinde+ Roms der Brandstiftung und verhängt grausame +Strafen über sie (+erste Christenverfolgung+). Großartige Neubauten in +Rom, breitere Straßen. Der Kaiserpalast wird vom Palatin bis über den +Esquilin ausgedehnt (+domus aurea+). + +[65.] + +Verschwörung des +C. Calpurnius Piso+ entdeckt, viele Hinrichtungen; ++Seneca+ genötigt, sich selbst zu töten. + +[68.] + +Aufstand in Gallien (+C. Julius Vindex+) und im diesseitigen Spanien, +dessen Statthalter, der 73jährige +Sulpicius Galba+, zum Imperator +ausgerufen wird. Nero, erst kürzlich von einer großen Kunstreise nach +Griechenland zurückgekehrt, flieht und tötet sich auf dem Landgute +eines seiner Freigelassenen in der Nähe von Rom. + +Das Reich wird nach dieser verderblichen Regierung abermals durch ++Bürgerkriege+ zerrüttet: + +[~68–69.~ Juni–Jan.] + +~Galba~ (+Servius Sulpicius Galba+), + +der sich bald durch unzeitige Strenge und Sparsamkeit verhaßt macht. +Die Prätorianer ermorden ihn und erheben an seiner Stelle + +[~69.~ Jan.–Apr.] + +~Otho~ (+Marcus Salvius Otho+), + +einen ehemaligen Günstling Neros. Schon vorher war von den Legionen am +Rhein zum Imperator ausgerufen + +[~69.~ Apr.–Dez.] + +~Vitellius~ (+Aulus Vitellius+), + +der, nachdem seine Legaten den Otho bei +Bedriacum+ (östlich von ++Cremona+) besiegt haben und dieser sich selbst getötet hat, in +Rom einrückt und die Stadt zum Schauplatze seiner Prasserei und +Verschwendung macht. Er wird bei einem Straßenkampf in Rom umgebracht. + +[~69–96.~] + +~Die drei Flavier~: + +[~69–79.~] + +~Vespasianus~ (+Titus Flavius Vespasianus+), + +besonders auf Betreiben des Statthalters von Syrien, +Licinius +Mucianus+, zum Imperator ausgerufen, während er in Palästina seit +66 gegen die aufständischen Juden Krieg führt. Er übergibt seinem +Sohne +Titus+ den Oberbefehl und kommt nach längerem Aufenthalt in ++Alexandrīa+ nach Rom, wo inzwischen Vitellius durch das siegreiche +Eindringen der Donauarmee (+Antonius Primus+) beseitigt ist. -- +Wiederherstellung der Mannszucht im Heere, der Ordnung in den Finanzen. +Der Kaiser gibt das Beispiel strengerer und einfacher Sitte, sorgt für +öffentlichen Unterricht von Staats wegen (Grammatik und Rhetorik). + +[~69–71.~] + +~Aufstand der Batāver unter Claudius Civīlis,~ + +einem ihrer Häuptlinge aus fürstlichem Geschlecht. Die Aufständischen +geben anfangs vor, nicht gegen das römische Reich, sondern +gegen +Vitellius+ und +für Vespasianus+ zu kämpfen. Dadurch gelingt es +ihnen, einen Teil der römischen Soldaten für sich zu gewinnen. ++Civilis+ schlägt die Römer wiederholt und dringt, durch beutelustige +rechtsrheinische Germanen unterstützt, weit in Gallien vor. Ein +großer Teil der gallischen Völkerschaften fällt ihm zu; es tritt +der Plan hervor, ein unabhängiges +gallisches Reich+ zu gründen. +Nachdem aber die Herrschaft Vespasians in Rom befestigt ist, macht ++Petilius Cerialis,+ begünstigt durch die unter den verbündeten Völkern +ausgebrochenen Zwistigkeiten, dem Aufstand ein Ende und unterwirft ganz +Gallien wieder der römischen Herrschaft. + +[~70.~ (Septbr.)] + +~Titus erobert und zerstört Jerusalem~ nach langer, hartnäckiger +Verteidigung. Schreckliches Strafgericht über die zum Osterfest dort +zusammengekommenen Juden. Triumphbogen in Rom errichtet im Anschluß an +andere Bauten Vespasians (Templum Pacis; +Amphitheatrum Flavium,+ auch ++Colosseum+ genannt). + +[78.] + ++Gn. Iulius Agricola,+ Schwiegervater des Geschichtschreibers ++Tacitus+, wird Statthalter in Britannien. Dem Vespasian folgt sein Sohn + +[~79–81.~] + +~Titus~ (+Titus Flavius Vespasianus+), + +der die ihm entgegengebrachten Befürchtungen durch milde und sorgsame +Regierung glänzend widerlegt (+»amor et deliciae generis humani«+). + +[79.] + +Ausbruch des Vesuvs. +Herculanĕum+ durch Lava, +Pompeii+ durch Asche +und Schlamm verschüttet (Ausgrabungen seit 1719 und 1748). Tod des +älteren +Plinius,+ Anführers der römischen Flotte in Misenum. -- Dem +Titus folgt sein ihm unähnlicher Bruder + +[~81–96.~] + +~Domitianus~ (+Titus Flavius Domitianus+), + +der mit der Zeit immer mehr zum habsüchtigen und grausamen Despoten +wird. + +[84.] + +Feldzug gegen die Chatten. Im Anschluß daran wird der großartige +Grenzwall (+limes+) zwischen dem mittleren Rhein und der oberen Donau +(von Rheinbrohl bis Kehlheim) begonnen. Eins der dazu gehörenden +Kastelle ist in der +Saalburg+ wieder erstanden. Das dahinter liegende +Land als Zehntland (+agri decumates+) mit der Provinz +Germania +superior+ (Hauptstadt Moguntiacum, Mainz) verbunden. + +[81–84.] + +Glückliche Feldzüge des ~Agricola~ in Britannien, die römische +Herrschaft bis nach Schottland hinein ausgedehnt. + +[86–90.] + +Erfolgloser Krieg gegen die Dacier; Domitian soll vom Könige ++Decebălus+ den Frieden erkauft haben. + +[96.] + +Domitian durch eine Palastverschwörung ermordet. + +[~96–192.~] + +~Nerva und seine Adoptivfamilie~: + +[~96–98.~] + +~Nerva~ (+Marcus Cocceius Nerva+), + +ein 64 jähriger Senator, durch die Mörder Domitians und den Senat auf +den Thron erhoben, stellt die Majestätsprozesse ab, ruft die Verbannten +zurück, vermindert die Abgaben, legt den Grund zur Einrichtung der ++Alimentatio+, d. h. Staatsunterstützung zur Erziehung der Kinder, in +Italien. Er adoptiert und ernennt zu seinem Mitregenten und Nachfolger + +[~98–117.~] + +~Trajan~ (+Marcus Ulpius Traianus+), + +Statthalter der Provinz +Germania superior+, geboren 53 in der +römischeu Kolonie +Italica+ in Spanien, den ersten Nicht-Italiker auf +dem Throne der Cäsaren. Trefflicher Regent und Feldherr. Großartige +Bauten in Rom (+Forum Traiani+); Straßen und Häfen in den Provinzen, +der Hauptteil des germanischen Grenzwalls gebaut. + +[101–107.] + +Unterwerfung des Landes ~Dacien~ (Rumänien und Siebenbürgen). Die +römischen Legionen dringen aus Mösien und Pannonien (Kolonie +Sirmium+ +an der Save) über die Donau vor, erstürmen Sarmizegethusa, die +Hauptstadt des +Decebălus+; eine steinerne Brücke wird (unterhalb +Orsova) über die Donau gebaut. Decebalus unterwirft sich (102), doch +wird 105 neuer Krieg nötig; 107 wird das Land römische +Provinz+. +Ansiedlung zahlreicher Kolonisten, von denen die heutigen +Rumänen+ +abstammen. Darstellung des Krieges auf den Reliefs der Trajanssäule in +Rom. + +[105.] + +Einrichtung der römischen Provinz ~Arabia~ durch den Statthalter +von +Syrien+, A. Cornelius Palma, (das Land östlich und südlich von +Damaskus und Judäa, bis zum Roten Meere; Hauptstadt +Petra+). + +[114–116.] + +Krieg Trajans gegen die ~Parther~. + +Der Neffe des Partherkönigs +Chosroës+ wird aus Armenien vertrieben. ++Armenia+, +Mesopotamia+, +Assyria+ römische Provinzen. Trajan erobert ++Seleucia+ und +Ktesiphon+ am Tigris, fährt zu Schiff den Tigris +hinunter bis zum Persischen Meerbusen, setzt bei den Parthern einen +Vasallenkönig ein, stirbt auf der Rückkehr in +Cilicien.+ + +[~117–138.~] + +~Hadrian~ (+Publius Aelius Hadrianus+), + +von seinem Verwandten Trajan adoptiert. Friedliebend, auf sorgsame +Verwaltung des Reiches bedacht, gelehrt und kunstliebend. Er gibt die +neuen Provinzen +Armenia+, +Mesopotamia+ und +Assyria+ wieder auf, +so daß der Euphrat die östliche Grenze des Reiches bildet, stellt in ++Mösien+ und +Dacien+ die Ruhe wieder her, regiert in Rom in gutem +Einverständnis mit dem Senat. + ++Rundreisen+ durch die Provinzen des Reiches (121–126, 129–134), +um überall die Wohlfahrt zu fördern; sein Günstling und Begleiter +Antinous; längerer Aufenthalt in +Athen+, wo er einen neuen Stadtteil +anlegt und den Zeustempel (S. 36) vollendet. In Rom erbaut er den +Doppeltempel der Venus und Roma; sein großes Grabmal Mausoleum +Hadriani, jetzt die Engelsburg. Seine Villa bei +Tibur+ (Tivŏli) mit +prächtigen Gartenanlagen. In Britannien +Grenzwall+ gegen die Picten +und Scoten (von Newcastle bis zum Solwaybusen). + +Sammlung der Edikte früherer Prätoren (+Edictum perpetuum+) durch den +Rechtsgelehrten +Salvius Iulianus+; daran knüpft sich die weitere +Ausbildung der Rechtsgelehrsamkeit, welche für den inneren Bestand des +großen Reiches von der höchsten Bedeutung war. + +[132–135.] + +Aufstand der ~Juden~ wegen Anlegung der Kolonie +Aelia Capitolina+ +an der Stelle des zerstörten Jerusalem. Ihr Anführer Bar-Kochba. +Verzweifelter Kampf; Niederlage und +Zerstreuung+ der Juden. Eine ++christliche+ Gemeinde sammelt sich bald wieder an der heiligen Stätte; +der Name +Jerusalem+ wird später wieder hergestellt. + +[~138–161.~] + +~Antoninus Pius~ (+Titus Aurelius Antoninus Pius+), + +von Hadrian adoptiert. Friedliche, segensreiche Regierung, jedoch die +Grenzen des Reiches kräftig gegen die Angriffe der Barbaren geschützt. +Zweiter Grenzwall in Britannien (vom Forth zum Clyde). Gemäß der von +Hadrian festgesetzten Erbfolgeordnung folgt ihm sein Neffe + +[~161–180.~] + +~Marcus Aurelius Antoninus~, weiser und tätiger Regent, hochgebildet +(Schüler des Redners +Cornelius Fronto+), stoischer Philosoph, bis 169 +gemeinschaftlich mit seinem Adoptivbruder, dem ausschweifenden ~Lucius +Verus~. + +[162–165.] + +Krieg gegen die ~Parther~, unter Oberleitung des +L. Verus+, der sich +aber bald in Antiochia dem Wohlleben hingibt, während seine Legaten den +Krieg glücklich führen. Ein +Teil+ Mesopotamiens wird wieder römische +Provinz (S. 130). + +[166–180.] + +Krieg mit den ~Markomannen~ und ~Quaden~ (in Böhmen). + +Marcus Aurelius kämpft mit wechselndem Glück gegen die immer von +neuem andringenden Barbaren. Während eines kurzen Friedens mit ihnen +Besiegung des aufständischen +Avidius Cassius+ in Syrien, 175. Triumph +in Rom 176; der Senat errichtet dem Kaiser eine Reiterstatue, die noch +heute das Kapitol schmückt. Ehe es dem Kaiser gelingt, die Grenze +des Reiches an der Donau völlig zu sichern, stirbt er in +Vindobŏna+ +(Wien). Ihm folgt sein entarteter Sohn + +[180–192.] + +~Commodus~, + +der mit den Germanen Frieden schließt und sich in Rom, die Regierung +meist den Praefectis praetorio (S. 122) überlassend, Ausschweifungen +und seinem immer mehr hervortretenden Hange zu Grausamkeiten hingibt. +Er wird endlich von seiner Umgebung ermordet. + + +~Silbernes Zeitalter der römischen Literatur.~ + +Philosophische Schriften und Briefe des Stoikers +L. Annaeus Seneca+ +(† 65); sein Neffe +M. Annaeus Lucanus+ verfaßt ein Epos Pharsalia. +Epigramme des +Martialis+, Satiren des +Persius+ und +Iuvenalis+. M. +Fabius +Quintilianus+ Lehrer der Rhetorik, Verfasser der Institutio +oratoria. Ein Werk umfassender Gelehrsamkeit ist die Naturalis historia +des +C. Plinius Secundus+ († 79). Briefsammlung seines Neffen, des ++jüngeren Plinius+, welcher mit dem Geschichtschreiber +Cornelius +Tacitus+ († 117), dem hervorragendsten Schriftsteller dieser Zeit, +befreundet war; Tacitus’ Germania 98, Plinius Statthalter in Bithynien +111. -- Kaiserbiographien des +C. Suetonius+. + + +~Nachblüte der griechischen Literatur.~ + +Unter Augustus der Geograph +Strabo+ aus Amaseia in Pontus, der +Altertumsforscher +Dionysios von Halikarnaß+, beide in Rom. Unter +Trajan und Hadrian der Philosoph und Geschichtschreiber +Plutarchos+ +von Chaironeia, der Perieget +Pausanias+. Um 150 der Geograph ++Ptolemaios+ zu Alexandrīa, um 180 der Satiriker +Lukianos+ von +Samosata, um 220 der Geschichtschreiber +Cassius Dio+. + + +~Ausbreitung des Christentums.~ + +Wirksamkeit der +Apostel+ im ersten Jahrhundert. +Paulus+ predigt in +Antiochia (42), in Athen und Korinth (53), in Ephesos (55), wird 61 +nach +Rom+ geführt, erleidet dort gleichwie +Petrus+ den Märtyrertod. +Verfolgungen im zweiten und dritten Jahrhundert können die zahlreichen +christlichen Gemeinden nicht ausrotten; das Beispiel der +Märtyrer+ +(+Ignatius+ Bischof von Antiochia 115, +Polykarpos+ Bischof von Smyrna +167 und viele andere) wirkt erhebend. Christliche Schriftsteller: ++Clemens+, Bischof von Rom (um 90), +Clemens+ in Alexandria (200), ++Tertullianus+ in Karthago (200), +Origenes+ in Alexandria (230), ++Cyprianus+ in Karthago (230), +Lactantius+ in Nicomedia (300), ++Eusebios+, Bischof von Cäsarea (330), +Augustinus+, Bischof von Hippo +Regius (354–430), s. S. 141. + +[~193–284~.] + +~Zeit der Soldatenkaiser.~ + +Der Mangel einer festen Erbfolge stürzt das römische Reich oftmals in +Verwirrung; dennoch behauptet es sich noch lange gegen die andringenden +Barbaren. Nach den kurzen Regierungen der von den Prätorianern +erhobenen Kaiser +Pertinax+ und +Didius Iulianus+ folgt der von den +illyrischen Legionen zum Kaiser ausgerufene Statthalter von Pannonien + +[~193–211.~] + +~Septimius Severus~, + +welcher vom Senat anerkannt wird und sich gegen die anderen +Prätendenten (+Pescennius Niger+ im Orient, +Clodius Albinus+ in +Britannien und Gallien) behauptet. Umwandlung der bisher aus Italikern +bestehenden +Prätorianer+ in eine aus allen Provinzlegionen sich +ergänzende Truppe. Verbesserung der Rechtspflege (die Juristen ++Papinianus, Ulpianus, Paulus+). Erfolgreicher Krieg gegen die ++Parther+, ihre Hauptstadt +Ktesiphon+ 197 zerstört; die Provinz ++Mesopotamien+ wiederhergestellt. (Hauptstädte Edessa und Nisibis). +Zug nach Britannien 208; der Grenzwall Hadrians wiederhergestellt. ++Septimius+ stirbt in +Eburācum+ (York). Sein Sohn + +[211–217.] + +~Caracalla~ (+M. Aurelius Antoninus+) + +ermordet seinen Bruder und Mitregenten ~Geta~ mit Tausenden seiner +Anhänger, darunter +Papinianus+. Durch die +Constitutio Antoniniana+ +212 Erteilung des römischen Bürgerrechts an alle freien Provinzialen. +Aber auch von der Grausamkeit und Habsucht des Kaisers werden die +Provinzen in weitem Umfange betroffen (das Blutbad in +Alexandrīa+ 215). + +Caracalla bekämpft 213 die +Alamannen+ jenseits des Grenzwalls, 214 +die +Goten+ an der unteren Donau, greift 216 die Parther an, wird +in Mesopotamien auf Anstiften des Praefectus praetorio ~Macrinus~ +ermordet. Dieser, vom Heere zum Nachfolger erwählt, erkauft von +den Parthern den Frieden. Die Soldaten rufen zum Imperator aus den +14jährigen +Varius Avitus Bassianus+, genannt + +[218–222.] + +~Elagabălus~, Sonnenpriester zu Emĕsa in Syrien, der für einen Sohn +Caracallas ausgegeben wird. Macrinus, bei Antiochia besiegt, wird in +Kleinasien verhaftet und hingerichtet. Elagabalus überläßt sich in +Rom den schändlichsten Ausschweifungen; die Regierung führt seine +Großmutter +Julia Maesa+, Schwester der Mutter Caracallas. Er wird von +den Prätorianern ermordet; ihm folgt sein Vetter + +[~222–235.~] + +~Alexander Severus~, + +von den besten Absichten beseelt, aber schwankend und nicht energisch, +geleitet von seiner Mutter +Julia Mamaea+, Tochter der Julia Maesa, +und von den Rechtsgelehrten +Domitius Ulpianus+ und +Julius Paulus+. +Seine Maßregeln zur Herstellung der Mannszucht im Heere veranlassen +Empörungen; bei einer derselben wird +Ulpianus+, der Befehlshaber der +Prätorianer, ermordet. + +[~226.~] + +Infolge der Auflösung des +Partherreiches+ unter den Arsakiden (S. 65) +und Stiftung des ~Neupersischen Reichs~ (Dynastie der +Sassaniden+) +erwächst dem römischen Reiche ein neuer gefährlicher Feind im Orient, +doch wird im Kriege (231–33) die Reichsgrenze vorerst noch behauptet, +Nach Ermordung des Alexander Severus am Rhein erheben die Soldaten auf +den Thron ihren Feldherrn + +[235–238.] + +~Maximinus Thrax~, + +einen Thraker von außerordentlicher Größe und Stärke. Siegreicher +Zug über den Rhein, dann nach der untern Donau. Unterdessen wird in +Afrika zum Imperator ausgerufen der 80jährige Senator +Gordianus I.+, +der seinen Sohn +Gordianus II.+ zum Mitregenten ernennt, bald aber +sich selbst tötet, nachdem der Sohn in Afrika kämpfend gefallen. ++Maximinus+, vom Senat für abgesetzt erklärt, wird bei der Belagerung +von +Aquileia+ von den Soldaten getötet. -- Die Prätorianer erheben +Gordians I. Enkel, ~Gordianus III.~, auf den Thron. Dieser wird nach +glücklicher Beendigung eines Krieges gegen die Neuperser 244 ermordet +auf Veranlassung des Praefectus praetorio ~Philippus Arabs~, eines +Mannes von semitischer Abkunft, welcher 248 das +tausendjährige +Bestehen+ des römischen Reiches feiert, 249 von den mösischen Legionen +unter ihrem Feldherrn ~Decius~ besiegt und getötet wird. Unter diesem +Kaiser + +[~250.~] + +Allgemeine ~Christenverfolgung~, nachdem man längere Zeit die Christen +hatte gewähren lassen. Decius schlägt die +Goten+, welche +Thrakien+ +plündern, verliert aber Sieg und Leben, als er sie nach der Donau hin +verfolgt (251). Die Legionen erwählen den Feldherrn ~Gallus~, unter +dessen ebenfalls kurzer Regierung die Pest in mehreren Provinzen +des Reiches wütet. Er wird 253 ermordet von dem gegen die +Goten+ +siegreichen ~Aemilianus~, dieser nach kaum 4 Monaten von + +[253–260.] + +~Valerianus~, + +der seinen Sohn ~Gallienus~ zum Mitregenten annimmt. Beide kämpfen +gegen die fortwährend erneuten Einfälle germanischer Heerhaufen, +namentlich der +Franken+ in Gallien und Spanien, der +Alamannen+ in +Ober-Italien (bei Mailand besiegt), der +Goten+ in die Balkan-Halbinsel +und Kleinasien. Unglücklicher Feldzug des +Valerianus+ gegen +die Perser; er wird bei +Edessa+ geschlagen, gefangen und (als +70jähriger Greis) bis zu seinem Tode von dem König Sapores als Sklave +umhergeschleppt. Gegen ihn und seinen Sohn + +[260–268.] + +~Gallienus~ + +tritt eine große Anzahl von Gegenkaisern auf, während die Barbaren ihre +Einfälle in das römische Gebiet fortsetzen. Längere Zeit behaupten +sich +Postumus+ in Gallien und +Odaenathus+ (aus Palmȳra) in Syrien. +Letzterer wird von Gallienus als Mitregent für den Orient anerkannt; +nach seiner Ermordung (267) herrscht seine Gemahlin +Zenobia+ in +Palmȳra. Gallienus wird vor Mediolanum, wo er den Prätendenten ++Aureŏlus+ belagert, von Verschwörern ermordet. Diese erheben auf den +Thron + +[268–270.] + +~Claudius II.~, + +einen erfahrenen Feldherrn, der nach Hinrichtung des Aureolus die ++Alamannen+ am Gardasee, +die Goten+ bei Naissus in Mösien (an der +Morawa) besiegt. Ihm folgt + +[~270–275~.] + +~Aurelianus~, der Hersteller des Reiches (+Restitutor orbis+). Er +schließt mit den Goten Frieden, indem er die Provinz +Dacien+ aufgibt. +Die Donau von jetzt ab Reichsgrenze; der größte Teil der römischen +Kolonisten wird nach +Mösien+ zurückversetzt. Aurelian vertreibt +die abermals in Italien eingedrungenen Alamannen und Markomannen +und beginnt zum Schutze Roms vor den Barbaren den Bau einer neuen ++Stadtmauer+, welche die erweiterte +Kaiserstadt+ umfaßt. Er unterwirft ++Syrien+, belagert und zerstört +Palmyra+ (273), nimmt Zenobia gefangen +und erobert +Ägypten+ wieder. Nachdem er so den Orient unterworfen, +wendet er sich gegen +Tetricus+ in Gallien, der, bei Châlons besiegt, +sich ergibt. Nach kurzem Aufenthalt in Rom reist er wieder in die +östlichen Provinzen, wird aber unweit Byzanz von Verschwörern ermordet. +Auf Ansuchen des Heeres ernennt der Senat in Rom zum Augustus den +75jährigen Senator + +[275–276.] + +~Tacitus~, + +der die +Alanen+ und +Goten+, welche in Kleinasien eingefallen waren, +schlägt, aber bald von den Soldaten ermordet wird. + +[276–282.] + +~Probus~ + +schlägt am Rhein die +Franken+ und +Alamannen+, an der Donau die ++Burgunder+, +Vandalen+ und +Goten+ zurück, stellt den Grenzwall +(+limes+) zwischen Rhein und Donau wieder her, fördert den Weinbau +in Gallien, am Rhein und an der Mosel, sichert auch Syrien und +Mesopotamien gegen die Perser. Starke Ansiedelung von Barbaren in den +Grenzgebieten des Reiches. Als er in Pannonien die Soldaten zu Kanal- +und Wegebauten nötigt, wird er bei Sirmium von ihnen erschlagen, + +[282–284.] + +~Carus~ + +besiegt an der unteren Donau die +Sarmaten+ und dringt, während der +germanische Grenzwall mit den +agri decumates+ an die +Alamannen+ +verloren geht, erfolgreich gegen die +Perser+ vor, stirbt aber bald +nach der Einnahme von +Ktesiphon+ (vom Blitze erschlagen?). Das +heimkehrende Heer wählt in Chalkēdon zum Kaiser den Feldherrn + +[~284–305.~] + +~Diocletianus~, + +welcher dem römischen Reiche eine neue Verfassung gibt auf Grund +der ~unbeschränkten Monarchie~. Der Senat verliert allen Einfluß +auf die Regierung, +Rom+ nicht mehr Wohnsitz des Kaisers. Strenges +Hofceremoniell nach orientalischer Art. Der Kaiser trägt das Diadem, +läßt sich mit Dominus anreden. Neuordnung der Verwaltung, die Provinzen +verkleinert und an Zahl vermehrt (101 Provinzen, in 12 +Diöcesen+ +geordnet; auch Italien in Provinzen geteilt). Steigender Abgabendruck. +Zum +Mitregenten+ (mit dem Titel Augustus) ernennt Diocletian, indem +er sich außer der allgemeinen Oberleitung die Regierung des Ostens +vorbehält (Residenz +Nicomedia+ in Bithynien), seinen Waffengefährten +~Maximianus~ (Residenz +Mediolanum+, Mailand). + +[293.] + +~Diocletian~ ernennt zwei Cäsaren: 1. ~Constantius Chlorus~, der seine +Gemahlin +Helĕna+, eine Christin, verstoßen und die Stieftochter +Maximians heiraten muß; er erhält die Verwaltung von +Gallien, +Britannien+ und +Spanien+ (Residenzen +Augusta Treverorum+ (Trier) +und +Eburācum+ (York)), während +Maximianus+ die Verwaltung von ++Italien+ und +Afrika+ behält; 2. ~Galerius~, welcher Diocletians +Schwiegersohn wird und die Verwaltung von +Illyricum+ (mit Makedonien +und Griechenland, Residenz +Sirmium+ a. d. Save) übernimmt. + +Die vier Regenten sorgen im Einverständnis miteinander für die +Verwaltung und den Grenzschutz, Diocletian selbst namentlich in +Ägypten, Galerius am Euphrat gegen die +Perser+. Der Tigris als +Grenzfluß festgesetzt. +Edictum de pretiis+ 301 zur Abstellung des +Wuchers. Glänzende Bauten in +Trier+. + +[~303.~] + +Allgemeine ~Christenverfolgung~, durch Constantius in seinen Provinzen +gemildert. + +[305.] + ++Diocletian+ († 313 in Salona in Dalmatien) und +Maximian+ danken +ab, ~Constantius~ und ~Galerius~ werden Augusti; letzterer setzt +die Christenverfolgung fort. Die beiden nach seinem Vorschlag von +Diocletian ernannten Cäsaren kommen nicht zu Ansehen; in den westlichen +Provinzen übernimmt 306 ~Constantinus~, Sohn des Constantius und der +Helena, nach dem Tode des Vaters die Regierung, in Rom erheben die +Prätorianer ~Maxentius~, den Sohn Maximians. + +[312.] + +Nach Galerius’ Tode Krieg zwischen Maxentius und +Konstantin+; dieser +dringt in Italien ein und siegt bei +Turin+ und bei +Saxa rubra+ unweit +Rom +(hoc signo vince!+); Maxentius ertrinkt auf der Flucht im Tiber. +Konstantin erkennt ~Licinius~ an, welchen Galerius zum Mitregenten des +Ostens ernannt hatte, und erläßt 313 in Mailand ein ~Edikt zum Schutze +der Christen~. Nach einiger Zeit entsteht Krieg zwischen den beiden +Herrschern; Licinius, 323 in zwei Schlachten, bei Adrianopel und bei +Chalkēdon, besiegt, ergibt sich und wird 325 hingerichtet. + +[~328–337.~] + +~Konstantin der Große Alleinherrscher.~ + +Das ~Christentum~ wird vom ~Staate anerkannt~ und dem Heidentum +gegenüber begünstigt. + +[~325.~] + +Erste ~allgemeine Kirchenversammlung~ (ökumenisches Konzil), unter +Vorsitz des Kaisers zu ~Nicaea~ in Bithynien. Der +Arianismus+, d. h. +die Lehre des +Arius+, ehemaligen Presbyters in +Alexandria+, von der +Gott dem Vater nur +ähnlichen+ Natur Christi wird verworfen; die Lehre +des +Athanasius+ (späteren Bischofs von Alexandria) von der Gott dem +Vater +gleichen+ Natur Christi wird durch das +Symbŏlum Nicaenum+ zum +Dogma der Kirche erhoben. + +[330.] + +Konstantin erwählt +Byzantium+ unter dem Namen ~Constantinopolis~ +zur Hauptstadt. Die Reichsverwaltung wird auf den von +Diocletian+ +geschaffenen Grundlagen abschließend geordnet; Einteilung in 4 +Präfekturen (+Oriens, Illyricum, Italia, Galliae+), mit 14 Diöcesen und +~117~ Provinzen. Strenge Rangordnung der Beamten, 7 Minister bekleiden +die obersten Hofämter, Staatsrat (+consistorium principis+), Trennung +der Zivil- und Militärgewalt. Neue Abgabenordnung. Abschaffung der +Prätorianer. Verminderung der Truppenzahl der Legionen, dafür Erhöhung +der Anzahl der Legionen auf 175. Den Oberbefehl führen 2 Kronfeldherren +(magistri militum), 5 magistri der Reiterei und des Fußvolkes, unter +ihnen stehen die Comites und Duces (Grafen und Herzoge). + +Konstantin empfängt kurz vor seinem Tode die Taufe und teilt die +Verwaltung des Reiches unter seine drei Söhne als +Augusti+ und zwei +Neffen als +Cäsaren+. Nachdem er in Nikomedia gestorben ist, werden +die beiden Cäsaren getötet. Die drei Augusti geraten bald in Streit: ++Constantinus II.+ wird 340 bei Aquileia erschlagen, als er gegen ++Constans+, der in Italien herrscht, zu Felde zieht. ~Constantius II.~ +schützt den Osten gegen die Perser, vereinigt nach Constans’ Tode +350 das ganze Reich. Sein Vetter +Julianus+ besiegt als Statthalter +Galliens 357 die Alamannen bei +Argentoratum+ (Straßburg) und bekämpft +erfolgreich die Franken; die Soldaten rufen ihn 361 zum Kaiser aus. +Constantius stirbt auf dem Zuge gegen ihn. + +[361–363.] + +~Iulianus~, genannt +Apostăta+, weil er als Anhänger der heidnischen +Philosophie (Schule der Cyniker) das Christentum verläßt und eine +Wiederherstellung des heidnischen Götterdienstes in gereinigter Form +versucht. Er muß bald einen Krieg gegen die +Perser+ beginnen, besiegt +sie bei +Ktesiphon+, stirbt aber auf dem Rückzuge an einer Wunde. Die +Soldaten erheben zum Kaiser den +Christen+ ~Iovianus~, der mit den +Persern Frieden schließt, aber schon 364 stirbt. + +[364–375.] + +~Valentinianus~, in +Nicaea+ erwählt, ebenfalls Christ, teilt +abermals das Reich, ernennt seinen Bruder ~Valens~, einen Arianer, +zum Mitregenten für den Osten; beide um gute Verwaltung des Reiches +bemüht. Herabsetzung der Steuern. Edikt gegen die Schenkungen an den +Klerus und die Kirche. Religiöse Duldung auch gegen die Heiden geübt. +Die Regierung des Westens übernimmt 375 Valentinians Sohn ~Gratianus~, +schon vorher Mitregent. + +[375.] + +~Beginn der Völkerwanderung~ (s. S. 140). Nachdem Valens bei ++Adrianopel+ (378) gegen die Westgoten gefallen ist, erhebt Gratianus +den Spanier + +[379–395.] + +~Theodosius~ zum Mitregenten und übergibt ihm die Verwaltung des +Ostens. Theodosius schreitet mit wachsender Entschiedenheit gegen das +Heidentum ein. Gratian fällt 383 im Kampfe gegen den in Britannien +von den Soldaten erhobenen ~Maximus~; Theodosius erkennt diesen als +Herrscher des Westens an, doch soll Italien dem Bruder Gratians, ++Valentinian II.+, verbleiben. Als Maximus dennoch in Italien +eindringt, wird er 388 von den Truppen des Theodosius in Aquileia +getötet. Gute Reichsverwaltung, glänzende Bauten in Konstantinopel. +381 Konzil zu Konstantinopel. Die athanasianische Lehre als allein +berechtigt anerkannt. + +[390.] + +Aufstand in Thessalonike, von Theodosius grausam bestraft; 7000 +Menschen im Cirkus getötet. Deshalb schließt der Bischof ~Ambrosius~ +von ~Mailand~ den Kaiser von der christlichen Kommunion aus, bis er (8 +Monate später) öffentlich Buße getan hat. + +[392.] + +Allgemeines +Verbot der heidnischen Opfer+, die sich auf dem Lande +länger halten als in den Städten; die Heiden werden in dieser Zeit ++pagani+ genannt. Letzte Feier der Spiele zu +Olympia+ (s. S. 30). + +[394.] + +Theodosius siegt bei Aquileia über den Franken +Arbogast+, der +Valentinian II. gestürzt und getötet und einen Schattenkaiser ernannt +hat. Das römische Reich nochmals vereinigt. + +[~395.~] + +~Bleibende Reichsteilung~ nach Theodosius’ Tode. Sein älterer Sohn + +~Arcadius~ erhält das ~oströmische Reich~ (395–1453), auch +~byzantinisches~ oder ~griechisches~ Kaisertum genannt; Hauptstadt: ++Byzanz+ oder +Konstantinopel+. + +~Honorius~, der jüngere Sohn, erhält das ~weströmische Reich~ +(395–476); Hauptstadt +Rom+, seit 402 +Ravenna+ kaiserliche Residenz. +Die Grenze bildet etwa die Verlängerung der Linie Budapest-Draumündung. + +Beide Reiche werden durch das Eindringen germanischer Völker gefährdet; +der größte Ansturm wendet sich gegen das weströmische. + +[395–423.] + +~Honorius~, anfangs unter Vormundschaft des Vandalen +Stilicho+, +unfähig, das Reich zu schützen. + +[425–455.] + +~Valentinian III.~, lange unter Vormundschaft seiner Mutter +Placidia+, +sieht sich auf den unsicheren Besitz Italiens beschränkt. Auf ihn +folgen in schnellem Wechsel ohnmächtige Kaiser, die teils von dem ++Sueben+ ~Ricimer~ († 472), dem Anführer der germanischen Soldtruppen, +teils vom oströmischen Kaiser ernannt werden. Zuletzt wird + +[476.] + +~Romulus Augustus~, der Sohn eines Feldherrn +Orestes+ aus Pannonien, +von den Truppen seines Vaters auf den Thron erhoben, jedoch von +~Odovakar~, dem Anführer der germanischen Truppen, abgesetzt. Odovakar +beherrscht Italien, dem Namen nach unter Oberhoheit des oströmischen +Kaisers +Zeno+, der ihm den Titel eines +Patricius+ verleiht und die +Verwaltung der Diöcese Italien überträgt. + +Fussnoten: + +[19] Der Name herzuleiten von vitulus = Rinderland, vgl. Böotien. + +[20] ~Römisches Münzwesen~: Anfänglich schweres Kupfergeld, 1 As = 1 +Pfund Kupfer; seit 268 v. Chr. Silbergeld: Sestertius = 2½ As, Denarius += 10 As; seit 217 v. Chr. Goldmünzen zu 20–100 Sestertien. Nach öfterem +Sinken des Münzfußes war seit 217 v. Chr. der Wert des Sestertius +17½ Pf., des Denarius 70 Pf. unseres Geldes, also 100000 As = 7000 +Mark. Gepräge der ältesten Kupfermünzen: Vorderteil eines Schiffes +und Januskopf; Gepräge der späteren Münzen: Kopf der Göttin Roma, +Victoria auf dem Zweigespann. Mit Cäsar beginnt die Sitte, den Kopf des +Herrschers auf die Münzen zu prägen, nach griechischem Vorbilde, s. S. +64. + +[21] Cic. de rep. 2, 31, 54: +ne quis magistratus civem Romanum +adversus provocationem necaret neve verberaret.+ + +[22] +Polybios+ setzt diesen Vertrag schon in das erste Jahr der +Republik (509), doch hat die auf +Livius+ beruhende Angabe mehr +Wahrscheinlichkeit. + +[23] Die Inschrift seines noch erhaltenen Sarkophags lautet (in +saturnischem Versmaß): +Cornéliús Lucius Scipiȯ Barbátus || Gnaivód +patre prognátus fórtis vir sapiénsque || quoiús fórma virtutei +parisuma+ (parissima) +fúit || consól censȯr aidilis quei fuit apúd vos +|| Taurásiá Cisaúna Sámnió cépit || subigit omné Loucánam ópsidésque +abdoúcit+. + +[24] Stammtafel: + + P. Cornelius Scipio, †211. + | + ___________________________________ + | | + P. Cornelius Scipio Africanus L. Cornelius Scipio + (maior), †183. Asiaticus. + | + ____________________________________ + | | + P. Cornelius Scipio, Cornelia + Augur 180. Gem. Tib. Sempronius Gracchus, + Adoptivsohn: Consul 177 und 163. + P. Cornelius Scipio | + Aemilianus Africanus (minor) ____________________ + Numantinus †129. | | + Gem. Sempronia. Tib. Sempronius C. Sempronius + Gracchus †133. Gracchus †121. + +[25] +Civitates foederatae+ waren Messana, Tauromenium, Tarrăco, Gades, +Athen, Sparta, in Italien Neapolis, Rhegium, Heraclea u. a., +civitates +liberae et immunes+ waren Panormus, Segesta, Dyrrhachium, Thessalonike, +Amphipolis, Utica, Hadrumetum. Das Gebiet der zerstörten Städte, wie +Karthago und Korinth, war +ager publicus+. + +[26] ~C. Julius Cäsar~, geb. 102 v. Chr., 82 als Schwiegersohn +Cinnas von Sulla geächtet, dann begnadigt, tut Kriegsdienste bei der +Belagerung der aufständischen Stadt +Mytilene+ und in +Cilicien+ unter +P. Servilius, tritt nach Sullas Tode in +Rom+ als Redner vor Gericht +auf, reist 76 nach +Rhodus+, um den Rhetor Molo zu hören (unterwegs +von Seeräubern gefangen, die er später hinrichten läßt), 68 Quästor in +Spanien, 65 Ädil, 63 Pontifex maximus, nachdem das Recht der Komitien, +die Priesterkollegien zu wählen (S. 106), wiederhergestellt war. + +[27] ~M. Tullius Cicero~, geb. 106 auf einem Gut bei +Arpinum+, tut +89 Kriegsdienste im marsischen Kriege, hört dann in Rom griechische +Philosophen, tritt 80 als Anwalt des S. +Roscius+ zuerst in einer causa +publica vor Gericht auf, reist 79–77 nach Athen und Rhodus, 75 Quästor +in Sicilien, 70 Ankläger des +C. Verres+, 69 Ädil, 66 Praetor urbanus. + +[28] Als Erbe Cäsars nannte sich der erste Alleinherrscher +Imperator +Caesar Augustus divi Iuli filius+. + +[29] Der Abt Dionysius in Rom (532), dessen Berechnung durch das +Ansehen der Päpste maßgebend wurde, hat die Regierung des Königs ++Herodes+ (40–4 v. Chr.) unrichtig angesetzt. Herodes starb im Jahre +750 Roms: Christi Geburt ist früher. + + + + +~II. Mittlere Geschichte~ + + + + +~A. Vom Beginn der Völkerwanderung bis zum Vertrage von Verdun. +375–843.~ + + +§ 1. Völkerwanderung. + +In den Kulturkreis des Altertums dringen die ~Germanen~ mit frischer +Volkskraft ein, zunächst vieles zerstörend. Bald aber gründen sie neue +Staaten, in welche die antike Kultur aufgenommen wird. Der Schauplatz +der Geschichte erweitert sich über ganz Europa; es scheiden sich ++romanische+ und +germanische+ Staaten; im Osten treten die +Slaven+ +hinzu. + +~Sitze germanischer Volksstämme um 375 nach Chr.~ + ++Ostgoten+ im südlichen Rußland, +Westgoten+ in Dacien (+östl.+ Ungarn, +Rumänien), +Vandalen+ in Pannonien (+südwestl.+ Ungarn), +Sueben+ in +Mähren, Böhmen und Bayern, +Burgunder+ am Neckar und Main, +Alamannen+ +am Oberrhein, +ripuarische Franken+ zu beiden Seiten des Niederrheins +(bei Köln), +salische Franken+ in Belgien und an den Rheinmündungen, ++Sachsen+ von der Elbe bis fast an den Rhein, +Thüringer+ in +Mitteldeutschland, +Langobarden+ an der untern Elbe, +Friesen+ an der +Nordseeküste. + +~Religion und Staatswesen der Germanen~: + +Verehrung der Götter auf Bergen oder in heiligen Hainen; keine Tempel +und Götterbilder. +Wodan+ der Himmelsgott, +Donar+ der Donnergott, ++Ziu+ der Kriegsgott. Glaube an ein Fortleben der Helden nach dem Tode +in +Walhalla+. + +Keine Städte; die Volksstämme teilen sich nach der Lage der +vereinzelten Wohnstätten in +Gaue+. Unvollkommener Ackerbau, meist den ++Hörigen+ (Unfreien) überlassen. Jagd und Krieg die Hauptbeschäftigung +der +Freien+. + +Die +Versammlung der Freien+ entscheidet über Krieg und Frieden +und schwere Rechtsfälle; sie wählt Gauvorsteher (Richter) und für +den Kriegsfall Herzöge, meist aus den +Edlen+, die aber keinen +geschlossenen Stand mit besonderen Vorrechten bilden. Kampflustige +Freie schließen sich als +Gefolge+, zur Treue verpflichtet, an +hervorragende Edle an. + +Größere Kriege führen zur Ausbildung des +Königtums+, welches während +der Völkerwanderung bei den meisten germanischen Völkern durchdringt. +Grenzkriege mit den Römern am Rhein und an der Donau; germanische +Heerscharen oft in römischem Solde. Die +Goten+, welche um 180 von der +Weichsel nach der unteren Donau vordringen, sind bis 270 gefährliche +Feinde des römischen Reiches; dann meist friedliches Verhältnis. Eine +Schar christlicher (arianischer) +Westgoten+ unter dem Bischof ~Ulfila~ +wird 348 in +Mösien+ angesiedelt; Ulfilas +Bibelübersetzung+ das erste +Schriftwerk in gotischer Sprache; er stirbt 381 in Konstantinopel. + +[~375.~] + +~Anfang der Völkerwanderung.~ + +Die ~Hunnen~, ein +mongolisches, nomadisches Reitervolk+, unterwerfen, +nachdem sie etwa 372 die Wolga überschritten und die nichtgermanischen ++Alanen+ besiegt haben, das ~Ostgotenreich~ (am Dnjepr, König +Ermanarich aus dem Geschlechte der Amăler) und stürzen sich dann auf +die ~Westgoten~. Der heidnische Teil der Westgoten unter +Athanarich+ +zieht sich nach Siebenbürgen und in die Karpathen zurück, der +christliche unter +Fritigern+ und +Alaviv+ erhält von Kaiser +Valens+ +Sitze in Mösien und Thrakien zugesichert. Streitigkeiten mit den +römischen Beamten nach dem Übergang über die Donau führen zum Kampf, +die Goten dringen verwüstend vor. + +[378.] + +~Schlacht bei Adrianopel.~ +Valens+ besiegt und getötet. + +Sein Nachfolger +Theodosius+ schließt Frieden mit den Westgoten, welche +gegen Sold und Wohnsitze in Mösien und Thrakien als +foederati+ die +Grenze des römischen Reiches schützen sollen. Das ~Reich der Hunnen~ +breitet sich in den Ländern +nördlich der Donau+ aus. + +[395.] + +~Alarich~, König der Westgoten, verwüstet, da nach Theodosius’ Tode ++Arcadius+ den Sold nicht zahlt, Makedonien, Illyrien und Griechenland +und dringt bis in die Peloponnes vor. ~Stilicho~, Feldherr des +weströmischen Reiches, kommt dem oströmischen zu Hilfe, schließt die +Westgoten am Gebirge Pholoë in +Arkadien+ ein, läßt sie aber entkommen. +Alarich zieht nach Illyrien, wird vom Kaiser Arcadius zum +Dux+ von +Illyricum orientale ernannt. Das Vordringen der germanischen Völker +richtet sich nun gegen das +west+römische Reich. + +[401.] + +Alarichs erster ~Einfall in Italien~, Stilicho tritt ihm entgegen. +Schlacht bei +Pollentia+ (402); Alarich kehrt nach Illyrien zurück. + +[405.] + +Germanische Heerhaufen, namentlich +Ostgoten+ unter +Radagais+, fallen +in Italien ein, werden aber von Stilicho mit Hilfe der rheinischen +Legionen bei +Fäsulä+ besiegt und durch Kampf und Hunger aufgerieben. +Die Rheingrenze seitdem verloren. + +[406.] + +Heerhaufen von ~Vandalen~, ~Sueben~ und ~Alanen~ ziehen aus den +Donauländern unter hartem Kampf mit den Franken über den Rhein und +brechen dann 409 in ~Spanien~ ein. Die Vandalen besetzen den südlichen +Teil (Andalusien = Vandalicia), die Alanen den Südwesten (Lusitanien), +die Sueben den Nordwesten (Gallaecia). + +Um dieselbe Zeit breiten sich die ~salischen Franken~ im nördlichen +Gallien aus; die ~Burgunder~ setzen sich am mittleren Rhein fest, ++Worms+ ihre Hauptstadt. + +[408.] + +Stilicho gestürzt und auf Befehl des Kaisers Honorius ermordet. +~Alarichs~ zweiter Einfall in Italien, er belagert Rom, zieht aber +gegen Lösegeld ab. Da der kaiserliche Hof zu Ravenna sich weigert, +den Goten Landbesitz in Noricum zu gewähren, rückt +Alarich+ zum +zweiten Male vor Rom (409) und erzwingt vom Senate die Ernennung des +Stadtpräfekten +Attălus+ zum Gegenkaiser. +Alarich+ belagert +Honorius+ +vergeblich in +Ravenna+, entzweit sich mit Attalus, setzt ihn ab und +rückt zum dritten Male vor Rom. + +[410.] + +Einnahme und Plünderung ~Roms~ durch Alarich. Er zieht darauf nach +Unteritalien, um nach Sicilien und von da nach Afrika überzusetzen, +stirbt aber unterwegs (im +Busento+ bei Cosenza begraben). + +[410–415.] + +~Athaulf~, Alarichs Schwager, führt die Westgoten nach Gallien, +vermutlich infolge eines Übereinkommens mit dem Kaiser Honorius zur +Bekämpfung der dort eingedrungenen Germanen. Er vermählt sich in Narbo +414 mit +Placidia+, Schwester des Honorius, wird aber bald darauf +von dem kaiserlichen Feldherrn +Constantius+ angegriffen, zieht nach ++Spanien+, erobert +Barcelona+, wird dort ermordet. Sein Bruder + +[415–419.] + +~Wallia~ schließt wiederum Vertrag mit Honorius, sendet Placidia zurück +und kämpft für die Römer gegen Vandalen, Alanen und Sueben. Ihm wird +das südliche +Gallien+ unter römischer Hoheit abgetreten. + +[~415–711.~] + +~Westgotenreich~ in Südgallien und Spanien, bald von Rom unabhängig. +Hauptstadt +Tolosa+ (Toulouse), später +Toledo+. + +[429.] + +König +Genserich+ führt die +Vandalen+ aus Spanien nach Afrika hinüber, +herbeigerufen von dem abtrünnigen römischen Statthalter +Bonifatius+, +der nachher vergeblich die Eingedrungenen bekämpft. +Augustinus+, +Bischof von Hippo Regius, † 430 während der Belagerung dieser Stadt +durch die Vandalen. +Karthago+, die Hauptstadt der römischen Provinz, +wird erst 439 von ihnen erobert. + +[~429–534.~] + +~Vandalenreich~ in Afrika. + +Die Vandalen (Arianer) gründen eine Seemacht und beginnen die Küsten +und Inseln des Mittelmeeres zu plündern. Ihre früheren Wohnsitze in ++Spanien+ werden von den Westgoten in Besitz genommen. + +[443.] + +Die ~Burgunder~, unter ihrem König +Gundahar+, von dem römischen +Feldherrn +Aëtius+ mit Hilfe hunnischer Söldner besiegt, erhalten +Wohnsitze an der oberen Rhone und Saône. Die ~Alamannen~ breiten sich +(an Stelle der Burgunder) über die frühere römische Provinz +Germania +superior+ (Elsaß) und die Schweizer Ebene aus. + +[~449.~] + ++Britannien+ besetzt von ~Sachsen~, ~Angeln~ und ~Jüten~, die von den +Briten gegen die räuberischen Stämme der nördlichen Gebirge (+Picten+ +und +Scoten+) zu Hilfe gerufen werden. Sie setzen (nach der Sage unter +den Führern +Hengist+ und +Horsa+) nach Britannien über und gründen +dort 7 Staaten: +Kent+, +Sussex+, +Wessex+, +Essex+, +Ostangeln+, ++Mercia+, +Northumbria+. Die christlichen +Briten+ werden teils nach +der Westseite der Insel (+Wales+, Sagen von König Artus) gedrängt, +teils siedeln sie nach der Küstenlandschaft +Aremorica+ (Bretagne) in +Gallien über. + +[~451.~] + +~Attila~ (+Etzel+), König der ~Hunnen~, bricht verheerend in Gallien +ein; in seinem Gefolge auch die Heerscharen der ihm unterworfenen ++germanischen+ Völker, +Ostgoten+, (Attila gotisch = Väterchen) ++Gepiden+, +Heruler+, +Rugier+ u. a. Er belagert vergeblich +Orléans+ +(Civitas Aureliani). + +[451.] + +~Schlacht~ auf den ~Katalaunischen Feldern~ (nach +Catalaunum+, d. +i. +Châlons-sur-Marne+, das Schlachtfeld selbst näher bei +Troyes+). +Attila von dem römischen Heer unter ~Aëtius~ und den +Westgoten+ (mit +Hilfstruppen der +Burgunder+, +Franken+ u. a.) in gewaltigem Kampfe +besiegt, geht über den Rhein zurück. + +[452.] + +~Attila~ zieht nach ~Italien~, zerstört +Aquileia+, dessen Bewohner in +die Lagunen flüchten (Entstehung der Stadt +Venedig+). Er verwüstet die +Po-Ebene, +bedroht Rom+, kehrt aber um auf Bitten einer Gesandtschaft, +an deren Spitze der römische Papst Leo I. steht. + +[453.] + +Attila stirbt in Pannonien; nach seinem Tode ~Zerfall des +Hunnenreiches~. Die bisher den Hunnen unterworfenen germanischen +Völker werden frei; die +Gepiden+ begründen ein Reich in Dacien, die ++Ostgoten+ in Pannonien. + +Vordringen ~slavischer Völker~ in die von den Germanen verlassenen +Gebiete bis zur +Elbe+. + +[455.] + +Rom nach Ermordung Valentinians III. 14 Tage lang von den ~Vandalen~ +geplündert, welche Eudoxia, die Witwe Valentinians, herbeigerufen haben +soll. Die Vandalen beherrschen die Nordküste Afrikas bis Kyrēne und +die Inseln des westlichen Mittelmeeres. + +[~476.~] + +~Odovakar~, Anführer von Herŭlern und anderen Germanen in römischem +Solde, wird nach Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Herrscher +in Italien (vgl. S. 138). + + +Gründung des ~Frankenreiches~ in Gallien. + +[486.] + +Der Merowinger ~Chlodwig~ (Chlodovech), König der +salischen Franken+ +(481–511), besiegt bei ~Soissons~ den römischen Statthalter +Syagrius+ +und vernichtet dadurch den letzten Rest des weströmischen Reiches. + +[~496.~] + +Chlodwig besiegt die ~Alamannen~ im Elsaß (+nicht+ bei Zülpich, +wo früher ein Kampf zwischen Alamannen und ripuarischen Franken +stattgefunden hatte). Chlodwig gelobt in der Schlacht, +Christ+ zu +werden, nimmt mit seinem Volke die +katholische+ Lehre an, wird in ++Reims+ vom Bischof Remigius getauft. + +[500.] + +Chlodwig besiegt die ~Burgunder~ bei +Dijon+, doch behauptet König +Gundobad seine Herrschaft. Durch List und Gewalt macht Chlodwig sich +zum Alleinherrscher +aller+ Franken, s. unten und S. 145 ff. + +[~493–553.~] + +~Ostgotenreich~ in Italien. + +~Theoderich der Große~, christlicher König der Ostgoten, führt nach +Übereinkunft mit dem oströmischen Kaiser +Zeno+, der ihm den Rang +eines Patricius (S. 138) und Konsuls verlieh, sein Volk aus Pannonien +nach Italien, siegt über Odovakar am Isonzo 489, belagert ihn in ++Ravenna+, läßt ihn 493 nach Einnahme der festen Stadt hinrichten. Er +sorgt in Italien für Erhaltung der römischen Kultur und friedliches +Zusammenleben von Römern und Goten. Seine Regierung für Italien eine +Zeit des Glückes und Wohlstandes. Sein Minister +Cassiodorius+ schreibt +die Geschichte der Goten und verkündet Gesetze in lateinischer Sprache. +Doch bleibt der Zwiespalt zwischen beiden Nationen, da die Goten ++Arianer+ sind. Boëthius und Symmachus 525 hingerichtet wegen geheimer +Verbindungen mit dem oströmischen Kaiser. + +Theoderich schließt Frieden mit den +Vandalen+, welche ihre Raubzüge +gegen Italien aufgeben, nimmt die +Alamannen+ und +Westgoten+ gegen die +wachsende Macht des Frankenreiches in Schutz, waltet als Friedenshort +und Völkerhirt unter seinen germanischen (arianischen) Stammverwandten. + +[507.] + +Chlodwig besiegt die ~Westgoten~ bei +Voullon+ oder +Voullé+ (unweit +Poitiers) und besetzt ihr Land bis zur Garonne: in +Arles+ behaupten +sie sich mit Hilfe der Ostgoten. Theoderich vereinigt die Provence +mit seinem Reiche und übernimmt die vormundschaftliche Regierung +für seinen Enkel +Amalarich+, den Sohn des bei Voullon gefallenen +Westgotenkönigs Alarich II. + +[526.] + +Theoderich † zu +Ravenna+; sein Grabmal dort erhalten. In den deutschen +Heldenliedern erscheint er als +Dietrich von Bern+ (Verona). + +Das +Westgotenreich+ behauptet sich in +Spanien+ (Hauptstadt +Toledo+) +bis 711. Gegen das +Vandalen+reich und das +Ostgoten+reich erhebt sich +die wieder erstarkte Macht des ~oströmischen Kaisertums~. + +[534.] + +~Belisar~, Feldherr des oströmischen Kaisers Justinian (S. 147), +zerstört das ~Vandalenreich~ in Afrika. + +Verfall des Vandalenreichs seit Genserichs Tode (477). Den letzten +König +Gelimer+ nimmt Belisar gefangen. + +[535–553.] + +Vernichtungskrieg +Justinians+ gegen das ~Ostgotenreich.~ + +~Veranlassung~: +Amalaswintha+, Tochter Theoderichs d. Gr., 526–534 +Regentin für ihren unmündigen Sohn Athalarich, wird nach dessen Tode +ermordet von +Theodahad+, den sie zum Mitregenten angenommen hat. +Kaiser Justinian tritt als ihr Rächer auf. + +[535–540.] + +~Belisar~ erobert zuerst Sicilien, dann Neapel, bekämpft +Vitigis+, den +die Ostgoten an Stelle Theodahads zum König erwählt haben, erobert Rom +und führt Vitigis als Gefangenen nach Konstantinopel. Während er dann +im Osten des Reichs die +Perser+ bekämpft, erobern die Ostgoten unter +König +Totila+ den größten Teil Italiens wieder. + +[544–549.] + +Belisar, aufs neue nach Italien gesandt, kämpft mit wechselndem Erfolge +gegen Totila. Nach Belisars zweiter Abberufung wird Rom von Totila +wieder erobert. + +[552.] + +~Narses~, Belisars Nachfolger, siegt mit germanischen Hilfstruppen +über Totila bei +Tagīnä+ (in Umbrien, nicht weit von Sentinum); Totila +fällt. +Teja+, der letzte Ostgotenkönig, fällt im Verzweiflungskampfe +am +Mons lactarius+ (in der Nähe des Vesuv); die Reste seines Heeres +erhalten freien Abzug. + +[553.] + +Scharen von +Franken+ und +Alamannen+, welche über die Alpen in Italien +eindringen, werden von +Narses+ zurückgeschlagen, die letzten am ++Volturnus+ vernichtet. Italien wird Provinz des oströmischen Reiches +(+Exarchat+). Narses erster Exarch, sein Sitz in Ravenna. + +[~568–774.~] + +~Langobardenreich~ in Italien. + +~Alboin~, König der seit etwa 500 in Pannonien ansässigen ++Langobarden+, zerstört mit Hilfe der +Avaren+, eines den Hunnen +verwandten, asiatischen Volkes, welches bis zur Donau vorgedrungen +ist, das Reich der +Gepiden+ (566) und führt bald darauf (568) sein +Volk nach +Italien+, vielleicht von Narses, der am byzantinischen Hof +in Ungnade gefallen war, herbeigerufen. +Pavīa+ (Ticīnum), erst nach +dreijähriger Belagerung erobert, wird Hauptstadt seines Reiches. Unter +seinen Nachfolgern werden langobardische Herzogtümer in +Friaul+, ++Spoleto+, +Benevent+ gegründet. Unter oströmischer Herrschaft bleiben +nur +Venedig+, +Ravenna+, +Neapel+, und +Kalabrien+. + +Die Bischöfe von ~Rom~ wissen ihrem Gebiete, dem ~Patrimonium Petri~, +die Unabhängigkeit zu sichern (später Berufung auf eine +Schenkung +Konstantins+ in den um die Mitte des 9. Jahrh. entstandenen, +gefälschten pseudo-isidorischen Dekretalen). + +[589.] + ++Authari+ (Sohn +Klephs+), der 3. König des Langobardenreiches, +vermählt mit Theodelinde, Tochter des +Bayern+herzogs Garibald, +durch deren Einfluß der Übertritt der Langobarden vom +Arianismus+ +zur +katholischen Lehre+ bewirkt wird. Gleichzeitig vollzieht sich +dieselbe Umwandlung im spanischen ~Westgotenreich~, welches 585 durch +Unterwerfung des +Suebenreiches+ erweitert ist. + +[590–604.] + +~Gregor I.~ (der Große), Bischof von Rom, befestigt das Ansehen des +~Papsttums~. (Pápa, d. h. Vater, früher der Name jedes christlichen +Bischofs, bald dem Nachfolger +Petri+ ausschließlich beigelegt.) -- +Sendung von Glaubensboten zu den Angelsachsen nach +England+ (597), der +Abt +Augustinus+ begründet das Erzbistum +Canterbury+. -- Ausbreitung +der ~Klöster~; Mönchsregel des h. +Benedikt+ von Nursia, der 529 +das Mutterkloster des Benediktiner-Ordens auf dem Monte Cassino in +Kampanien gründete. Nach dem Untergang des weströmischen Reiches ist +die +römische Kirche+ von größter Bedeutung für die Erhaltung und +Fortbildung der aus dem Altertum überlieferten +Kultur+. + + +§ 2. Frankenreich unter den Merowingern. + +(Vgl. S. 143.) + +[511.] + +Nach Chlodwigs Tode +erste+ Teilung (doch nicht völlige +Gebietstrennung) des Frankenreiches. Seine vier Söhne herrschen +gemeinsam, aber mit gesondertem Hofhalt zu +Metz+, +Orléans+, +Paris+, ++Soissons+. + +[531–532.] + +Das Reich der ~Thüringer~ wird von Theoderich, dem ältesten der Brüder, +durch den Sieg bei +Scheidungen+, das der ~Burgunder~ von den jüngeren +Söhnen Chlodwigs: +Chlodomer+, +Childebert+, +Chlotar+, erobert. + +Der +nördliche+ Teil Thüringens (bis zur +Unstrut+) fällt an die ++Sachsen+ als Bundesgenossen der Franken in dem Kriege; in das ++Main+gebiet, welches ebenfalls zum alten Thüringerreich gehörte, +ziehen fränkische Ansiedler ein (Ost+franken+). + +Nach dem Untergang des ostgotischen Reiches Erwerbung der +Provence+ +(536); auch die +Bayern+ (entstanden aus Vereinigung der Markomannen +und Quaden (S. 131) mit anderen Volks-Stämmen) schließen sich dem +Frankenreiche an; sie behalten aber ihr heimisches Herzogsgeschlecht, +die Agilolfinger. + +[558–561.] + +Das Frankenreich wieder vereinigt unter ~Chlotar I.~, Chlodwigs +jüngstem Sohn, der seine Brüder überlebt. Nach seinem Tode +zweite+ +Teilung, zuerst in vier, dann in drei Reichsteile: Austrasien, +Neustrien, Burgund. Es folgt eine Zeit der Zerrüttung; +Brunhild+, +eine westgotische Königstochter, veranlaßt ihren Gemahl +Sigibert+ von +Austrasien zum Kriege gegen seinen Bruder +Chilperich+ von Neustrien, +der ihre Schwester verstoßen und sich mit +Fredegunde+ vermählt hat. +Chilperich ermordet 584, darauf Kampf der Adelsparteien. + +[613–628.] + +Zweite Wiedervereinigung des ganzen Frankenreiches durch ~Chlotar II.~ +von Neustrien, Sohn der Fredegunde. Brunhild gefangen, gemartert und zu +Tode geschleift. + +~Verfassung des Frankenreiches~: Das Land ist in +Gaue+ (+pagi+) +eingeteilt, deren Vorsteher die vom König ernannten +Grafen+ +(+comites+) sind; die Gaue zerfallen in +Hundertschaften+ (+centenae+). +Jede Hundertschaft hat ihre Gerichtsstätte, +Malberg+ genannt, wo unter +Leitung ihres Vorstehers (centenarius) oder des Grafen die Freien +zum Gerichtstag (+Ding+) erscheinen. Das Volksrecht aufgezeichnet +als +lex Salica+ (schon unter Chlodwig) und +lex Ripuaria+; das +Deutsche war Volkssprache, aber nicht Schriftsprache. Altgermanisches +Gerichtsverfahren: Eideshelfer, Zweikampf, Gottesurteile durch +siedendes Wasser oder glühendes Eisen. Totschlag kann durch Wergeld +gesühnt werden. Oberstes Gericht das Hofgericht des Königs. + +Stände des Volkes: Freie, Halbfreie oder Hörige (+liti+) und +Unfreie (+Leibeigene+). Die Mitglieder des königlichen Gefolges +(+antrustiones+) haben das dreifache +Wergeld+ der Freien. Freie, die +sich in den Schutz eines Mächtigeren oder des Königs begeben, sind +dessen +Vasallen+. Sie empfangen von ihm Grundbesitz zum Nießbrauch; +daraus entwickelt sich in der karolingischen Zeit das +Lehnswesen+ +(+beneficium+ oder +feudum+, das Lehngut, im Gegensatz zum Eigengut, ++allodium+). + +Die aus römischer Zeit vorhandenen +Städte+ behalten eine gewisse +Bedeutung als Bischofsitze; die Einwohner sind aber meistens Halbfreie +oder Unfreie. Die zahlreichen +Kirchengüter+ erhalten allmählich +Befreiung von der Gerichtsbarkeit der Grafen (+Immunität+); ein von dem +Bischof oder Abt erwählter Schutzherr (+advocatus+, +Vogt+) übt dann +die Gerichtsbarkeit. + +Zum Kriegsdienst sind alle Freien verpflichtet (+Heerbann+); die +Vasallen ziehen unter Führung ihres Beschützers (+senior+) zu Felde, +die übrigen unter Führung des Grafen. In Reichsteilen, die früher +selbständig waren (Aquitanien, Bretagne, Bayern, Thüringen), hat +der +Herzog+ (+dux+) den Oberbefehl über den Heerbann mehrerer +Grafschaften. Bei der jährlichen Heeresmusterung (+Märzfeld+, später ++Maifeld+) versammelt der König die Großen zu Beratungen (+placita+) +und verkündet mit ihrer Zustimmung +Gesetze+. + +Die wichtigsten Hofämter sind: Seneschall, Marschall (comes stabuli), +Kämmerer, Mundschenk, Kanzler, Pfalzgraf (+comes palatii+ oder ++palatinus+). Der +Majordomus+, ursprünglich Vorsteher der königlichen +Hofhaltung, gewinnt allmählich die größte Macht als Stellvertreter des +bald hier, bald dort residierenden Königs. + +Unter +Chlotar II.+ hat jeder der drei großen Reichsteile einen eigenen ++Majordomus+; unter seinem Sohne +Dagobert+ kommt ~Pippin~ (der Ältere) +zu besonderem Ansehen in Austrasien. Dessen Enkel ~Pippin~ (der +Mittlere) macht sich durch den + +[687.] + +Sieg bei +Testri+ (unweit St. Quentin) über den Majordomus von +Neustrien zum +Majordomus des ganzen Frankenreiches.+ + +Sein Sohn ~Karl Martel~ gilt, obgleich er noch nicht den Königstitel +annahm, als Begründer der Dynastie, welche das entartete Haus der +Merowinger verdrängte. + + +§ 3. Das oströmische Reich. + +Nach Attilas Tode (S. 142) Aufhören der Bedrängnis durch die +Hunnen+. +Das wieder erstarkende Reich bewahrt unter despotischen, aber oft +von ihrer Umgebung abhängigen Herrschern noch Jahrhunderte lang die +griechische Kultur. + +[~527–565~] + +~Justinian I.~ läßt durch seinen Minister +Tribonianus+ aus den +Gesetzen früherer Kaiser und den Schriften früherer Rechtsgelehrter ein +umfassendes Gesetzbuch, ~Corpus iuris civilis~, zusammenstellen. Teile +desselben: 1. +Institutiones+, 2. +Pandectae+ oder +Digesta+, 3. +Codex +Justinianeus+, 4. +Novellae+ später hinzugefügt. + +[~532.~] + +~Nika-Aufstand~ in Konstantinopel, veranlaßt durch die Parteien der +Rennbahn, die sich mit dem Schlachtruf +Nika+ gegen die Regierung +erheben, aber bald unter sich uneinig werden. Die +Blauen+, von ++Belisars+ Truppen unterstützt, siegen über die +Grünen+. Ein großer +Teil der Stadt durch Brand zerstört, dann schöner wiederhergestellt. +Großartige Prachtbauten, z.B. 25 neue Kirchen, darunter die ++Sophienkirche+. + +Kriege gegen die +Germanen+ (s.S. 144); Afrika und Italien für die +oströmische Herrschaft wiedergewonnen. Im Osten Bedrängnis durch die +~Perser~, welche in Syrien eindringen. Blüte des Sassanidenreiches (S. +133) unter König +Kosru I.+, die altpersische +Masda+religion (S. 17) +herrscht dort in neuer Kraft. Die Donaugrenze wird mit Mühe geschützt +gegen Einfälle der +Bulgaren+ und +slavischen+ Stämme; zu deren +Bekämpfung wird das mongolische Volk der +Avaren+ gewonnen, welches +seine Wohnsitze in den Steppen an der Donau und Theiß nimmt, wo früher +die Hunnen hausten. + +Unter den folgenden Kaisern Verfall des Reiches. Italien geht +größtenteils verloren (S. 145); +Bulgaren+ und +Serben+ siedeln sich +südlich der Donau an, doch unter Oberhoheit des Reiches. + +[627.] + +~Heraklios II.~ besiegt die +Perser+ bei den Ruinen von +Ninive,+ +verliert aber bald darauf Syrien und Ägypten durch das erobernde +Vordringen der Araber. Der übrige Bestand des Reiches ist gesichert. + +[668–675.] + +Unter Kaiser +Konstantin IV.+ Abwehr der wiederholten Angriffe der +Araber auf +Konstantinopel+ (das griechische Feuer). + +[726.] + ++Leo III.+ verbietet nach abermaliger Abwehr der Araber den ++Bilderdienst.+ Dadurch werden langdauernde kirchliche Streitigkeiten +veranlaßt; die Parteien der Bilderdiener und Bilderstürmer +bekämpfen einander, bis die Kaiserin +Irene+ 787 den Bilderdienst +wiederherstellt. Nach ihrem Tode erneuter Streit: +Leo V.,+ siegreich +gegen die Bulgaren, verbietet 815 den Bilderdienst, wird 820 von +Verschwörern ermordet; endlich entscheidet 842 die Kaiserin +Theodora+ +zu Gunsten des Bilderdienstes. + + +§ 4. Mohammed und das Kalifat. + +Die ~Arăber~, lange Zeit durch die Natur ihres Landes vom Völkerverkehr +ferngehalten, erheben sich unter der Einwirkung einer neuen +Religion+ +aus der Stammverfassung zur Gründung einer Reichsmacht. Diese tritt in +Kampf gegen das christliche Europa. + +~Mohammed,~ geb. 571 zu Mekka, aus dem Stamme Kureïsch, lernt auf +Handelsreisen nach Syrien die jüdische und die christliche Religion +kennen, zieht sich öfters in die Einsamkeit zurück, tritt dann +unter seinem Stamme als Prophet auf. Hauptsatz seiner Lehre, des +~Islâm~: Es ist nur ein Gott (Allah), und Mohammed sein Prophet. Die +Gläubigen (+Moslemin+) sind zu Gebeten, Fasten, Almosen, Wallfahrten +verpflichtet; Gerechtigkeit die Haupttugend. Vielweiberei gestattet. +Glaube an Vorherbestimmung (Fatalismus), sinnliche Vorstellungen vom +Fortleben im Paradiese. + +[622.] + +Mohammeds Flucht (~Hedschra~) von +Mekka+ nach +Medina+ Anfang einer +neuen Zeitrechnung bei den Völkern, die den Islam annehmen. + +[630.] + +Mohammeds Rückkehr; er reinigt die +Káaba+, das alte Heiligtum in +Mekka, von Götzenbildern. Bald ganz Arabien ihm untertan. Er stirbt +632, sein Grab in Medīna. Seine Nachfolger die ~Kalifen~: + +[632–634.] + +~Abu Bekr~, Schwiegervater des Propheten. Entstehung des 114 Suren +umfassenden ~Koran~, der später ergänzt wird durch Aufzeichnung +mündlich überlieferter Aussprüche des Propheten (die +Sunna+). Spaltung +der Gläubigen in +Sunniten+, welche diese anerkennen, und +Schiiten+, +welche sie verwerfen und ~Ali~, den Schwiegersohn Mohammeds, als dessen +einzig rechtmäßigen Nachfolger betrachten. (Die Perser z. B. sind +Schiiten, die Türken Sunniten.) + +[634–644.] + +~Omar~, Begründer der arabischen Herrschaft im Orient: 1. Zerstörung +des +Neupersischen Reiches+ der Sassaniden; der Feldherr Saad zieht 636 +als Sieger in Ktesiphon ein. + +2. Dem +oströmischen+ Reiche entreißt Omar +Syrien+ und +Palästina+ +(Damaskus 635, Jerusalem 637); sein Feldherr Amru erobert +Ägypten+ +(Alexandria 641). Gründung der Städte +Kairo+ und +Basra+ (am Schatt +el Arab). Die erobernden Araber nehmen vieles von der persischen und +griechischen Kultur an, machen aber ihre Religion und Sprache zur +herrschenden. + +Innere Kriege unter den beiden folgenden Kalifen; +Othman+ wird 656 in +einem Aufstande zu Medina ermordet, +Ali+, Mohammeds Schwiegersohn, 661 +durch Verschwörer. + +[~661–750.~] + +~Die Omaijaden.~ + ++Muawija+, Urenkel des Omaija, eines Verwandten Mohammeds, gründet +eine +sunnitische+ Dynastie, verlegt die Residenz von Medina nach +~Damaskus~. Seine Feldherrn belagern Konstantinopel vergeblich; in +Kleinasien beginnen langdauernde Kämpfe, da das byzantinische Reich +starken Widerstand leistet. +Nordafrika+ wird von den Arabern gewonnen; +697 zerstören sie Karthago. + +[711.] + +Der Feldherr +Tarik+ setzt nach +Spanien+ über, herbeigerufen von +Graf Julian, dem Statthalter von Ceuta, gegen den Westgotenkönig +Roderich. Er landet bei dem nach ihm benannten Berge Dschebel al-Tarik +(Gibraltar) und vernichtet durch die siebentägige Schlacht am Guadalete +und Saladofluß bei ~Xeres de la Frontera~ das +Westgotenreich+. Nur ein +kleines christliches Königreich +Asturien+ behauptet sich im Norden der +Halbinsel. + +[717.] + +Konstantinopel wiederum vergeblich belagert; dagegen wird das +Indusland, Baktrien, Sogdiana dem Islam unterworfen. Im Innern +häufige Kämpfe mit den Anhängern Alis; Entfaltung der Künste und +Wissenschaften, namentlich unter +Welid I.+ (705–715), welcher die +prachtvolle Moschee zu Damaskus baut. + +[750.] + +Merwan II. wird in der blutigen Schlacht am +Zab+ (Nebenfluß des +Tigris) besiegt von +Abul Abbas+, der das Geschlecht der Omaijaden +ausrottet; nur +Abdurrahman+ entkommt nach +Spanien+ und gründet dort +ein selbständiges Kalifat in Cordova. Hier wie in Granada (Alhambra) +großartige Baudenkmäler aus jener Zeit erhalten. + +[~750–1258.~] + +~Die Abbassiden.~ + +Neue Residenz ~Bagdad~; glänzende Regierung +Harun al Raschids+ +786–809, von den Dichtern gepriesen. Blüte des Handels, der Architektur +und der Wissenschaften (Philosophie, Mathematik, Geographie, +Naturforschung, Medizin) unter seinem Sohne +Mamun+ 813–833. Bagdad, +Damaskus, Mekka, Kairo Mittelpunkte der arabischen Kultur. Die +Nachfolger haben mit Aufständen zu kämpfen. + + +§ 5. Frankenreich unter den Karolingern. + +~Karl Martel~ (der Hammer, Majordomus 714–741) unterwirft die +unbotmäßigen Großen des Reiches, bekämpft die +Friesen+ und +Sachsen+, +sichert das Frankenreich gegen die vordringenden +Araber+ durch die +siebentägige + +[732.] + +Schlacht ~zwischen Tours und Poitiers.~ + +Er regiert seit 737 ohne König, seine beiden Söhne +Karlmann+ und ++Pippin+ setzen 743 wieder einen König (Childerich III.) ein. Karlmann +tritt 747 von der Regierung zurück. + +[~751–768.~] + +~Pippin, König der Franken,~ + +nachdem Childerich III. unter Zustimmung des Papstes Zacharias durch +die zu +Soissons+ versammelten fränkischen Großen abgesetzt und in ein +Kloster geschickt ist. Pippin wird auf den Schild erhoben, dann von den +Bischöfen gesalbt. 753 Kriegszug gegen die +Sachsen+. + +[754.] + +Papst Stephan II., der als Schutzflehender erscheint, wiederholt zu +St. Denys (bei Paris) die Salbung an Pippin und seinen Söhnen. Pippin +zieht darauf nach +Italien+ und drängt den Langobardenkönig +Aistulf+ +zurück, welcher +Rom+ seinem Reiche einverleiben will. Pippin bestätigt +den Papst in dem Besitz des Ducats von Rom (Kirchenstaat, S. 145) +und erweitert ihn durch Schenkung des +Exarchats Ravenna+ und der ++Pentapolis+ (Gebiet von +Ancona+ und +Rimini+). Er beansprucht für +sich und erhält vom Papst den Titel +Patricius+ von Rom (S. 138, 143). + +[719–754.] + +~Bonifatius~, der Apostel der Deutschen. + +Im inneren Deutschland hatten in der Merowingerzeit ~irische~ und +~fränkische~ Missionare, gestützt auf die aus römischer Zeit her +bestehenden Bistümer in Basel, Konstanz, Straßburg, Augsburg, Mainz, +Trier, Köln, an mehreren Orten Kirchen und Klöster gegründet: +Columba+ +und +Gallus+ um 610 bei den Alamannen am Bodensee (Kloster St. Gallen), ++Pirmin+ (Kloster Reichenau), +Emmeram+ in Regensburg, +Kilian+ in +Würzburg, +Rupert+ in Salzburg u. a. + +~Bonifatius~ (sein ursprünglicher Name +Winfried+), ein ~Angelsachse~ +aus Wessex, erhält 719 in Rom von Papst Gregor II. den Auftrag, in den +noch heidnischen Gegenden Deutschlands das Christentum zu verkündigen. +Er predigt zuerst in Gemeinschaft mit seinem Landsmann +Wilibrord+, +dem Bischof von Utrecht, in +Friesland+, wendet sich dann nach +Ostfranken, Thüringen, Hessen, Bayern. Bei Geismar in Hessen fällt +er die Wodanseiche. Seit 722 Bischof, 732 Erzbischof ohne bestimmten +Bischofsitz, bringt er alle neu gegründeten Bistümer (Salzburg, +Regensburg, Freising, Passau, Würzburg, Eichstätt, Erfurt, letzteres +bald zu Mainz gezogen) und Klöster (Fritzlar, Fulda, Ohrdruf) in +strenge Abhängigkeit vom römischen Stuhle. Auch im westlichen Teile +des Frankenreichs ordnet er die verfallenen kirchlichen Einrichtungen +wieder. Er wird 748 ~Erzbischof von Mainz~, 755 bei einer letzten +Missionsreise von den heidnischen Friesen bei Dokkum erschlagen; +begraben in +Fulda+. + +[~768–814.~] + +~Karl der Große~, + +anfangs gemeinschaftlich mit seinem Bruder +Karlmann+ regierend, +nach dessen Tode 771 Alleinherrscher. Karlmanns Söhne fliehen zu ++Desiderius+, dem König der Langobarden, dessen Tochter Desiderata +Karl geheiratet, dann verstoßen hatte. Zur Sicherung der Reichsgrenze +beginnt Karl die langwierigen ~Sachsenkriege~; durch die Unterwerfung +der noch heidnischen +Sachsen+ (geteilt in Westfalen, Engern, +Ostfalen, Nordalbinger) wird die Einigung der deutschen Volksstämme im +Frankenreiche vollendet. + +[772.] + +~Erster Sachsenkrieg.~ Maifeld zu +Worms+, von da aus Zug gegen +die +Engern+. Eroberung der +Eresburg+ (Stadtberge an der Diemel), +Zerstörung der +Irminsul+, eines heiligen Denkmals. + +[773–774.] + +Zug nach +Italien+; ~Zerstörung des Langobardenreiches~. + +Da Papst Hadrian I. sich weigert, Karlmanns Söhne zu Königen der +Franken zu krönen, besetzt Desiderius die +Pentapolis+ und bedroht +Rom. Karl als +Patricius+ von Rom kommt dem Papst zu Hilfe. Einnahme +von +Pavīa+ nach langwieriger Belagerung; Desiderius in ein Kloster +gebracht. Karl krönt sich mit der eisernen Krone der Langobarden +und wird König von +Italien+ (Langobardenreich, also Nord- und +Mittel-Italien; Süd-Italien bleibt teils im Besitz der Byzantiner, +teils selbständig unter dem Herzog von Benevent). Karl bestätigt dem +Papst die Schenkung seines Vaters. + +[775–777.] + +Fortsetzung des ~Sachsenkrieges~: 775 Zug von Düren aus nach ++Westfalen+, Eroberung der +Sigiburg+ (Hohensyburg am Einfluß der Lenne +in die Ruhr). 776 von Worms aus Wiederherstellung der von den Sachsen +zerstörten +Eresburg+ und Zug bis zur Lippe, 777 Maifeld in +Paderborn+. + +[778.] + +Zug nach +Spanien+, veranlaßt durch ein Hilfsgesuch des Emirs von +Saragossa gegen den Kalifen von Cordŏva. Pamplona erobert, Saragossa +belagert. Beim Rückzuge überfallen die Basken im Tal +Roncesvalles+ die +Nachhut des Heeres. Tod des in der Sage gefeierten Helden +Roland+. +Infolgedessen die spanischen Eroberungen verloren. + +Inzwischen neue Erhebung der ~Sachsen~ unter +Widukind+. Karl siegt +779 bei +Bocholt+ an der Aa (nördlich von Wesel), zieht 780 von der +Eresburg aus nach Lippspringe und von da bis zur Elbe. Die Sachsen +unterwerfen sich, Einführung des Christentums. + +[781.] + +Zug nach +Italien+, Zusammenkunft mit dem Papste in Rom. + +[782.] + +Abermals Aufstand der ~Sachsen~ unter +Widukind+. Sie vernichten ein +fränkisches Heer, welches mit ihnen zusammen die wendischen +Sorben+ +bekämpfen soll, am Berge +Süntel+. Deshalb Strafgericht zu +Verden+ +an der Aller, 4500 Sachsen getötet. 783 infolge dieser Bluttat neuer, +furchtbarer Aufstand. Karl siegt erst bei +Detmold+, dann an der ++Hase+, dringt bis zur +Elbe+ verwüstend vor. 785 unterwirft sich +Widukind und wird Christ. + +Einführung der fränkischen +Grafschafts+verfassung in Sachsen. Anfänge +des städtischen Lebens knüpfen sich an die nach und nach gegründeten ++Bischofsitze+: Bremen, Münster, Paderborn, später Osnabrück, Verden, +Minden; unter Ludwig dem Frommen Hildesheim und Halberstadt. + +[787.] + +Zug nach +Italien+; Herzog Arichis von Benevent unterwirft sich. + +[788.] + +Aufhebung des Herzogtums +Bayern+ nach zweimaliger Auflehnung des +Herzogs +Tassilo+; dieser wird in ein Kloster geschickt. + +[789.] + +Krieg gegen die ~Slaven~ (Wenden); Karl zieht von Köln aus durch +Sachsen, überschreitet die Elbe, besiegt den Stamm der Wilzen, dringt +bis zur +Peene+ vor. + +[791.] + +Krieg gegen die ~Avaren~ (S. 148), welche Tassilo unterstützt hatten; +Zug von Regensburg aus bis zur Raab. + +[794.] + +Karl und sein gleichnamiger ältester Sohn unterdrücken einen neuen +Aufstand der ~Sachsen~, mit zwei getrennten Heeren eindringend. Fernere +Züge 795–799, viele Sachsen hinweggeführt und in fränkischem Gebiet +angesiedelt. + +[795.] + +Karls Sohn Ludwig bekämpft die Mauren, gründet bis 811 die +spanische+ +Mark (Barcelona 801 erobert). + +[796.] + +Karls Sohn Pippin erstürmt den Königsring (Hauptlager) der +Avaren+ +zwischen Donau und Theiß. Das Land zwischen +Enns+ und +Raab+ wird als +Avarische Mark mit deutschen Ansiedlern besetzt, +Salzburg+ 798 zum +Erzbistum erhoben, ebenso um dieselbe Zeit +Köln.+ + +[~800.~ 25. Dezbr.] + +~Karl erneuert das weströmische Kaisertum.~ + +Papst Leo III., von Verwandten seines Vorgängers Hadrian bei einem +Aufstande mißhandelt und verjagt, sucht Schutz bei Karl im Lager +zu Paderborn (799). Karl läßt ihn mit bewaffnetem Geleit nach Rom +zurückführen, begibt sich zunächst nach +Aachen+, dann nach der ++Nordseeküste+, um eine Flotte und befestigte Küstenplätze einzurichten +zur Abwehr der seeräuberischen +Normannen+, zieht dann nach Italien +und wird am Weihnachtsfest 800 in der Peterskirche zu +Rom+ vom Papste +als römischer Kaiser gekrönt. Gesandte des Kalifen +Harun al Raschid+ +begrüßen ihn 801 in Ivrea, Gesandte des oströmischen Reiches 802 in +Aachen. + +[804.] + +Letzter Feldzug gegen die ~Sachsen~; Karl zieht von Aachen aus nach +Lippspringe, hält dort das Maifeld ab, dringt dann bis zur unteren Elbe +(bei Harburg) vor. + +[806.] + +Karl der Jüngere besiegt den slavischen Stamm der ~Sorben~ (zwischen +Elbe und Saale); Grenzfesten werden bei Magdeburg und Halle angelegt. ++Sorbische Mark+ gegründet. + +[808.] + +Karl der Jüngere bekämpft jenseits der Elbe die ~Dänen~; ihr König ++Götrik+ befestigt das +Danewerk+ (westlich von Schleswig) zum Schutz +seiner Grenze, wird 810, als der Kaiser selbst gegen ihn zieht, von +seinen Untertanen ermordet. 811 Friede mit seinem Nachfolger Hemming an +der +Eider+. Bei diesen Expeditionen werden +Hamburg+ und +Itzehoe+ und +nördlich von der Eider die +Dänische Mark+ angelegt. + +[811.] + +Maifeld zu +Aachen+; dann besichtigt der Kaiser die in +Boulogne+ zur +Abwehr der ~Normannen~ gerüstete Flotte. + +[813.] + +Nach dem Tode der beiden älteren Söhne Karl und Pippin krönt Karl +zu +Aachen+ seinen jüngsten Sohn +Ludwig+ als Nachfolger. Er stirbt +daselbst, 72 Jahre alt, am 28. Januar 814. Sein Grab in dem von ihm +dort erbauten Münster. + +Grenzen des Frankenreiches: Ebro -- Raab, Eider -- Garigliano. +Grenzmarken: die spanische und bretonische (S. 142) im Westen, +die avarische und sorbische im Osten, die sächsische und dänische +im Norden. Während seiner ganzen Regierung sorgt Karl d. Gr. für ++Gesetzgebung+ und +Verwaltung+. Aufzeichnung der noch ungeschriebenen +Volksrechte (lex Saxonum); die in den verschiedenen Reichsteilen +geltenden älteren Volksrechte der Franken, Westgoten, Burgunder, +Alamannen, Bayern, Langobarden werden ergänzt durch die +Capitularia+, +die bei den Versammlungen der geistlichen und weltlichen Großen +(+Placita, Conventus generales+) verkündet werden. Aufsicht über die +von den Bischöfen, Gaugrafen und Markgrafen (marchiones) geführte +Verwaltung durch die +Königsboten+ (missi regis, missi dominici); +die Herzogswürde ist abgeschafft. Bei wachsender Ausbildung des ++Lehnswesens+ ruht doch die Hauptkraft des Heeres noch auf dem ++Heerbann+ der +Freien+; die ärmeren Freien werden geschützt gegen die +Versuche der Großen, sie gewaltsam zu abhängigen Lehnsträgern zu machen. + +Zur Förderung der Bildung im Frankenreiche werden ausländische +Geistliche berufen, besonders der Angelsachse +Alcuin,+ Abt von +Tours. +Hofschule+ zur Ausbildung tüchtiger Beamten; zahlreiche ++Klosterschulen+ (Fulda, St. Gallen). Paul, Warnefrieds Sohn (+Paulus +Diacŏnus+) Geschichtschreiber der Langobarden; der Franke +Einhard+, +Verfasser der +Vita Carŏli imperatoris+. Karl d. Gr. selbst bemüht sich +um die Grammatik der deutschen Sprache, gibt den Monaten und den Winden +deutsche Namen, läßt die alten Heldenlieder sammeln. Sorge für den +Landbau (Capitulare de villis). Anlage eines Kanals von der Donau zum +Main, 793 in Regensburg angeordnet, aber nicht vollendet. Residenzen +des Herrschers die +Pfalzen+ (palatia) zu Aachen, Ingelheim, Worms, +Nimwegen, Heristal, Diedenhofen, Attigny u. a. + +[~814–840.~] + +~Ludwig der Fromme.~ Die Reichsverwaltung wird zunächst in der von +Karl d. Gr. begründeten Weise weitergeführt, doch wird der Einfluß der +Geistlichen überwiegend. Ludwig läßt sich 816 in +Reims+ nochmals vom ++Papste+ Stephan IV. krönen; sein ältester Sohn +Lothar+, schon 817 zum +Mitregenten ernannt, übernimmt die Verwaltung +Italiens+ und wird 823 +in Rom zum +Kaiser+ gekrönt. + +[826.] + +Taufe des Dänenkönigs Harald zu +Mainz+; der Mönch +Ansgar+ von Corvey +predigt das Christentum in Dänemark, dann auch in Schweden. + +[830.] + +Empörung der drei älteren Söhne, Lothar, Pippin und Ludwig, als der +Kaiser die früher beschlossene Reichsteilung abändert zu Gunsten +des jüngsten Sohnes Karl (aus zweiter Ehe mit Judith, die aus dem +alamannischen Geschlecht der +Welfen+ stammte). Eine Reichsversammlung +zu +Nimwegen+ setzt den Kaiser wieder in volle Macht ein. + +[831.] + +Gründung des Erzbistums +Hamburg+; Ansgar erster Erzbischof. + +[833.] + +Zweite Empörung der Söhne. Der Kaiser, auf dem +Lügenfelde+ bei Colmar +im Elsaß von seinem Heere verlassen, wird gefangen und von Lothar zu +öffentlicher Kirchenbuße in +Soissons+ genötigt, bald aber von Ludwig +und Pippin befreit und wieder auf den Thron gesetzt. + +[838.] + +Pippin †, Ludwig erhebt sich gegen den Vater, der jetzt an Lothar eine +Stütze findet. + +[840.] + +Ludwig der Fromme † auf einer Rheininsel bei Ingelheim; der Zwist der +Söhne dauert fort. + +[841.] + +Schlacht bei +Fontenay+ (unweit Auxerre an der Yonne); Ludwig und Karl +siegen über Lothar. + +Sie befestigen ihr Bündnis 842 durch die Eide zu +Straßburg,+ in +welchen die Scheidung der deutschen und französischen Sprache im +Frankenreiche deutlich hervortritt. + +[~843.~] + +~Vertrag zu Verdun~, Teilung des Reiches. + +Kaiser ~Lothar~ erhält +Italien+ und +Mittelfranken+, begrenzt östlich +vom Rhein, westlich von Rhone, Saône, Maas und Schelde, mit den +Hauptstädten +Rom+ und +Aachen+; + +~Ludwig der Deutsche~ erhält +Ostfranken+, das rechtsrheinische Land, +dazu auf dem linken Rheinufer die Gaue von Mainz, Worms, Speier +(propter vini copiam). + +~Karl der Kahle~ erhält +Westfranken+ (Neustrien, Aquitanien, Burgund). + +In Ludwigs Reich überwiegt die +germanische+, in Karls Reich die ++romanische+ Bevölkerung. So entwickeln sich fortan +Deutschland+ und ++Frankreich+ als nationale Staaten. Die Ostfranken nennen ihre Sprache +im Gegensatz zu der römischen Sprache der gelehrten Geistlichkeit +die +deutsche+, d. h. die volkstümliche; allmählich werden die +deutschredenden Stämme als +Deutsche+ vereinigt. + + + + +~B. Vom Vertrage zu Verdun bis zum Beginn der Kreuzzüge. 843–1096.~ + + +§ 1. Italien und Deutschland. + +[~843–875.~] + +~Karolinger[30] in Italien.~ + ++Lothar+ regiert bis 855, nach ihm sein ältester Sohn +Ludwig II.+ +als Kaiser bis 875; er herrscht über Italien; von den beiden jüngeren +Söhnen erhält Lothar II. das Gebiet von der Nordsee bis zur Rhone +und Saône (Lothari regnum, +Lothringen+), Karl den südlichen Teil. +Die nordafrikanischen ~Araber~ (Sarazenen), seit 827 im Besitze ++Siciliens+, beunruhigen durch Seezüge die Küsten Italiens. Rom +gesichert durch die aurelianische Mauer (S. 134); Papst +Leo IV.+ läßt +auch den Stadtteil auf dem rechten Tiberufer (Peterskirche und Vatikan) +ummauern. + +Papst +Nikolaus I.+ (858–867), gestützt auf die +pseudo-isidorischen +Dekretalen+ (S. 145) (Bischof Isidor von Sevilla, um 600, hatte zuerst +päpstliche Entscheidungen gesammelt), bringt die päpstliche Macht +gegenüber den Bischöfen und den karolingischen Herrschern zu hohem +Ansehen, kann aber die durch dogmatische Streitigkeiten veranlaßte +Loslösung der +griechisch-katholischen Kirche+ von der Oberhoheit Roms +nicht verhindern. Der Patriarch +Photius+ in Konstantinopel tritt 863 +dem päpstlichen Bann entgegen; völlige Trennung der beiden Kirchen erst +1054. + +Die Slavenapostel +Methodius+ und +Cyrillus+, 863 aus Thessalonich +nach +Mähren+ berufen, erkennen Roms Oberhoheit an; von Mähren aus +verbreitet sich das Christentum um 900 nach +Böhmen+ und +Polen+. + +[875.] + ++Karl der Kahle+ von Frankreich gewinnt in Rom die Kaiserkrone, † 877 ++(Karl II.).+ + +[~843–911.~] + +~Karolinger in Deutschland.~ + +[~843–876.~] + +~Ludwig der Deutsche~ führt Grenzkriege gegen die +Slaven+ (Abodriten +in Mecklenburg, Sorben, Czechen), setzt in Mähren den Herzog Rastislav +ein. + +[845.] + ++Hamburg+ zerstört von den +Normannen+, die schon mehrmals die +friesische Küste heimgesucht hatten; das Erzbistum wird nach +Bremen+ +verlegt. Die ferneren Raubzüge der Normannen richten sich gegen das +westfränkische Reich. + +[870.] + +~Vertrag zu Mersen~ (an der Maas) mit Karl dem Kahlen; nach dem +Tode der beiden jüngeren Söhne Lothars I. wird deren Erbe zwischen +Deutschland und Frankreich geteilt. Der germanische Teil (Friesland, +Lothringen, Elsaß) kommt an Deutschland, der romanische (Flandern, +Brabant, Verdun, Burgund, Provence) an Frankreich. + +[874.] + +Swatopluk, Fürst von Mähren, zur Huldigung genötigt. + +[~876–887.~] + +~Karl der Dicke~ regiert zuerst gemeinsam mit seinen älteren Brüdern +Karlmann und Ludwig. Letzterer weist durch den Sieg bei +Andernach+ +am Rhein 876 Karls des Kahlen Ansprüche auf Lothringen zurück. Karl +zieht 879 und 881 nach Italien, erlangt 881 in Rom die Kaiserkrone +(+Karl III.+) wird 884 auch in Westfranken zum König gewählt. So +vereinigt er noch einmal ~Karls des Großen Monarchie~ mit Ausnahme von ++Niederburgund+ (Rhônegebiet), wo 879 Boso von Vienne, Schwiegersohn +Kaiser Ludwigs II., zum König erwählt war (Hauptstadt +Arles+, daher +der Name Arelatisches Reich). Aber er verliert bald sein Ansehen, +weil er den +Paris+ belagernden +Normannen+ ein Lösegeld von 7000 +Pfund Silber bewilligt und Burgund verpfändet; er wird von den zu ++Tribur+ (südöstlich von Mainz auf dem rechten Rheinufer) versammelten +Fürsten des ostfränkischen Reiches abgesetzt und stirbt bald +darauf. +Hochburgund+ (Westschweiz und Franche-Comté) wird 888 ein +selbständiges Reich unter dem Welfen Rudolf. + +[~887–899.~] + +~Arnulf von Kärnten,~ Sohn Karlmanns, schlägt die Normannen bei +Löwen+ +an der +Dyle+ 891 und kämpft im Bunde mit dem finnischen Reitervolke +der ~Magyaren~ (Ungarn), das vom Ural her in die früheren Wohnsitze +der Avaren eingedrungen ist, gegen +Swatopluk+ von +Mähren+, dessen +slavisches Reich nach seinem Tode (894) zerfällt. Arnulf zieht zweimal +nach Italien, wird 896 in Rom zum Kaiser gekrönt, stirbt aber, ehe er +sein Reich befestigen kann. Ihm folgt sein sechsjähriger Sohn + +[~899–911.~] + +~Ludwig das Kind~ unter Leitung des Erzbischofs +Hatto+ von Mainz. +Furchtbare Verheerung Deutschlands durch die Raubzüge der +Magyaren+; +wiederholt durchziehen sie Bayern (907 Herzog Luitpold, Stammvater der ++Wittelsbacher+ samt seinem Heer vernichtet), Thüringen und Sachsen. +Zugleich innere Fehden: Graf Adalbert von +Babenberg+ kämpft gegen die +in Franken und Hessen begüterten +Konradiner+; er wird besiegt und vor +seiner Burg hingerichtet. + +In verschiedenen Reichsteilen erhebt sich wieder das durch Karl +den Großen beseitigte +Stammesherzogtum+; es bilden sich die +Stammherzogtümer ~Sachsen, Franken, Bayern, Schwaben, Lothringen~. +Nach Ludwigs Tode lehnt der greise +Otto der Erlauchte+, Herzog von +Sachsen, die Königskrone ab und lenkt die Wahl der Großen auf den mit +den Karolingern nahe verwandten Konradiner + +[~911–918.~] + +~Konrad I. von Franken~. Einfälle der Dänen, Slaven und Magyaren. +Konrad kämpft vergeblich um die Anerkennung der Königsgewalt, +namentlich gegen +Heinrich+, Ottos des Erlauchten Sohn, seit 912 Herzog +von Sachsen. +Lothringen+ wendet sich dem westfränkischen Reiche zu, ++Elsaß+ bleibt mit Schwaben verbunden. + +In ~Italien~, welches von Raubzügen der Magyaren und der Araber +heimgesucht wird, hat nach Arnulfs Tode +Berengar von Friaul+ ein +Königtum begründet, er erlangt 915 auch die Kaiserwürde. Gegen ihn +tritt 922 +Rudolf II.+ von Hochburgund auf, gegen diesen +Hugo+ von +Niederburgund. Rudolf II. schließt 933 Vertrag mit Hugo, der zum König +von Italien gekrönt, auf Niederburgund verzichtet; vereinigtes ~Reich +Burgund~ (Hauptstadt Arles) 933–1033. Dagegen gewinnt das italische +Königtum keinen festen Bestand; Hugo wird 945 von +Berengar von Ivrea+ +vertrieben; Hugos Sohn Lothar, mit Rudolfs II. Tochter +Adelheid+ +(deren zweiter Gemahl Otto der Große) vermählt, sucht nach dem Tode +seines Schwiegervaters vergebens dessen Reich wiederzugewinnen, † 950. +Das +Papsttum+ ist in dieser Zeit in tiefem Verfall, abhängig von +streitenden römischen Adelsparteien. + +[~919–1024.~] + +~Sächsische Könige und Kaiser.~ + + Heinrich I. †936. + ________________|_________________________________________ + Thankmar ~Otto I.~ †973 Heinrich, Brun, + †938. | Herzog v. Bayern †955. Erzb. v. + ______________|_________ ________|___________ Köln. + Lindolf ~Otto II.~ †983. Heinrich d. Zänker, + †957 | Herzog v. Bayern †995. + __|__ __|__ + ~Otto III.~ ~Heinrich II.~ †1024. + †1002. + +Auf Wunsch des sterbenden Konrad und auf Betreiben +Eberhards+, seines +Bruders, wird zu +Fritzlar+ an der +Eder+ von den +Franken+ und ++Sachsen+ erwählt + +[~919–936.~] + +~Heinrich I., der Begründer des Deutschen Reiches.~ + +Er nötigt durch Kriegszüge die Herzöge Burkhard von +Schwaben+ und +Arnulf von +Bayern+ zur Anerkennung seiner Oberhoheit, schließt 924 +mit den +Magyaren+ (Ungarn) einen 9jährigen Waffenstillstand, welcher +gegen Tribut +Sachsen+ und +Thüringen+ sicher stellt, bringt 925 durch +einen Kriegszug über den Rhein +Lothringen+ wieder zum Reiche; Herzog ++Giselbert+ wird sein Schwiegersohn. + +In +Sachsen+ sorgt er für Befestigung älterer Ortschaften (Merseburg, +Goslar) und Anlage neuer Burgen (Quedlinburg); die Sachsen gewöhnen +sich allmählich an +städtisches+ Leben und an +Reiter+dienst im Kriege. + +[928.] + +Glückliche Kämpfe gegen die +Wenden+; Brennabor, Stadt der Heveller, im +Winter erobert; im Lande der Daleminzier die Feste +Meißen+ gegründet. + +[929.] + +Zug nach +Prag+, Herzog Wenzel von +Böhmen+ zur Huldigung genötigt. +Währenddessen Aufstand der nördlichen Wenden; sie werden von den +sächsischen Grafen Bernhard und Thietmar bei +Lenzen+ (unweit Dömitz an +der Elbe) geschlagen. + +[932.] + +Unterwerfung der Wenden in der +Lausitz+. + +[933.] + +~Sieg~ Heinrichs über die ~Ungarn~ an der Unstrut (bei Riade); Sachsen +fortan vor ihnen gesichert. + +[934.] + +Zug gegen die +Dänen+ unter König Gorm; Wiederherstellung der Grenzmark +zwischen Eider und Schlei, später Mark +Schleswig+ genannt. + +[936.] + +Heinrich † zu +Memleben+ an der Unstrut, begraben in dem von +ihm gegründeten Münster zu Quedlinburg. Ihm folgt sein mit der +angelsächsischen Königstochter +Editha+ vermählter Sohn + +[~936–973.~] + +~Otto I., der Grosse.~ Krönung in +Aachen+ durch den Erzbischof +von Mainz; die Herzöge verwalten dabei die Hofämter: Giselbert von +Lothringen +Kämmerer+, Eberhard von Franken +Truchseß+, Hermann von +Schwaben +Mundschenk+, Arnulf von Bayern +Marschall+. Otto, erst 24 +Jahre alt, sucht die Selbständigkeit der Herzöge zu beschränken. + +[937.] + +Einfall der Ungarn in +Franken+; von Otto zurückgeschlagen ziehen sie +nach Westen, verheeren große Strecken von Frankreich und Burgund, +dringen auch in Italien ein. + +[938.] + +Aufstand des zu einer Strafe verurteilten Frankenherzogs +Eberhard+ +in Gemeinschaft mit Ottos Halbbruder +Thankmar+, der in der Eresburg +getötet wird. Eberhard unterwirft sich und erhält Verzeihung; Otto +schlägt einen Einfall der Ungarn in +Sachsen+ zurück und zieht dann +nach Bayern gegen die Söhne des Herzogs Arnulf († 937), die ihm +Huldigung verweigern; er setzt Arnulfs Bruder Berthold als Herzog, +einen der Söhne als +Pfalzgrafen+ in Bayern ein zur Ausübung der +höchsten Gerichtsbarkeit und Aufsicht über die königlichen Besitzungen +und Einkünfte im Lande. + +[939.] + +Abermaliger Aufstand +Eberhards+ in Gemeinschaft mit Ottos jüngerem +Bruder +Heinrich+ und dessen Schwager Herzog +Giselbert+ von +Lothringen. Eberhard fällt im Kampfe bei +Andernach+, Giselbert +ertrinkt auf der Flucht im Rhein; Heinrich entkommt nach Frankreich, +kehrt aber bald zurück und erhält Verzeihung. + +[940.] + +König Ludwig IV. von ~Frankreich~, mit Giselberts Witwe vermählt, +versucht +Lothringen+ an sich zu reißen. Otto dringt mit Heeresmacht +in Frankreich ein bis zur Seine, sichert Lothringen dem deutschen +Reiche. Er gibt dieses Herzogtum 944 an +Konrad den Roten+ (Ahnherrn +des fränkisch-salischen Königshauses), der sein Schwiegersohn wird. +Zum Herzog von Bayern ernennt er nach Bertholds Tode 947 seinen Bruder ++Heinrich+, zum Herzog von Schwaben 950 seinen Sohn +Liudolf+; Franken +und Sachsen behält er selbst. + ++Hermann Billung+, Markgraf gegen die nördlichen Wenden und Dänen, +erhält später die Herzogsgewalt in Sachsen. Die Mark an der mittleren +Elbe verwaltet Markgraf +Gero+, unter dessen Schutze im Wendenlande die +Bistümer +Havelberg+ und +Brandenburg+ gegründet werden. + +[946.] + +Zweiter Zug Ottos nach +Frankreich+ bis Rouen, diesmal zur +Unterstützung König +Ludwigs IV.+, besonders gegen +Hugo+, den Herzog +von Francien (beide seine Schwäger). + +Die bedeutende Machtstellung, welche Otto errungen hat, legt es dem +tatkräftigen Herrscher nahe, nun auch in die zerrütteten Verhältnisse +~Italiens~ einzugreifen. + +[951.] + +Erster Zug nach +Italien+ (über den Brennerpaß) gegen Berengar von +Ivrea (S. 158). Otto befreit und heiratet (in zweiter Ehe) die +burgundische Königstochter ~Adelheid~ (s. S. 158). Er empfängt in ++Pavia+ die Huldigung der italischen Großen, Berengar unterwirft sich +ihm als Vasall. + +[953.] + ++Liudolf+ von Schwaben und sein Schwager +Konrad+ von Lothringen +empören sich gegen den König und verbinden + +[954.] + +sich mit den +Ungarn+, die durch Bayern und Franken bis nach Lothringen +streifen. Sie werden nach hartem Kampfe besiegt und verlieren ihre +Herzogtümer, sind fortan dem Könige getreu. + +[~955.~ 10. Aug.] + +~Sieg Ottos über die Ungarn auf dem Lechfelde bei Augsburg.~ Konrad, +für den König kämpfend, fällt in der Schlacht. Die bayrische ++Ostmark+ (aus der später das Herzogtum +Österreich+ hervorgeht) wird +wiederhergestellt. Das Herzogtum +Bayern+ geht nach dem Tode Heinrichs +955 auf dessen Sohn über (Heinrich der Zänker), in +Schwaben+ regiert +Heinrichs Schwiegersohn Burkhard; +Lothringen +verwaltet Ottos jüngster +Bruder, Erzbischof Brun von Köln. Ottos Sohn Wilhelm ist Erzbischof +von +Mainz+. So suchte Otto das Reich zu festigen, indem er die +Herzogtümer seinen Verwandten gab. Zur Beaufsichtigung und Beschränkung +der herzoglichen Gewalt setzte er überall Pfalzgrafen ein, die das +Königsgut verwalteten. + +[Okt.] + +Zug Ottos gegen die +Wenden+, Sieg an der +Recknitz+ (in Mecklenburg) +im Verein mit Markgraf Gero. + +[957.] + ++Liudolf zieht+ im Auftrage des Vaters nach Italien gegen +Berengar+, +besiegt ihn, stirbt aber vor der Rückkehr. + +[961–965.] + +Zweiter Zug Ottos nach Italien, da Papst Johann XII. um Hilfe gegen +Berengar bittet. + +[~962.~ 2. Febr.] + +~Kaiserkrönung Ottos I. in Rom.~ Während Kaiser Otto in der Lombardei +gegen Berengar kämpft, versucht Papst Johann XII. sich der kaiserlichen +Schutzherrschaft zu entziehen. Otto kehrt mit Heeresmacht nach Rom +zurück (Nov. 963); der Papst entflieht und wird abgesetzt. Otto +zieht wieder nach Oberitalien; Berengar unterwirft sich und wird als +Gefangener nach Bayern gesandt, stirbt 966 in Bamberg. Inzwischen wird +der von Otto eingesetzte Papst Leo VIII. aus Rom vertrieben; Otto zieht +zum dritten Mal dorthin und sendet den Gegenpapst Benedikt V. als +Gefangenen nach Hamburg. + +[965.] + +Rückkehr des Kaisers nach Deutschland. Fürstentag in +Ingelheim+; dann +in +Köln+ Zusammenkunft mit seiner Schwester Gerberga, der Königin +von Frankreich, und ihrem Sohne, König Lothar. Er begibt sich nach ++Sachsen+ und teilt nach dem Tode Geros dessen Gebiet in sechs Marken, +die später in drei zusammengezogen werden: +Nordmark+ (Altmark) an der +mittleren Elbe, +Ostmark+ (Lausitz) weiter südlich die Mark +Meißen+. +Der Tod des Erzbischofs Brun veranlaßt den Kaiser 966 zu einem +abermaligen Zuge nach +Köln+; er ordnet die Verhältnisse in Lothringen +und hält dann einen Reichstag zu +Worms+. + +[966–972.] + +Dritter Zug nach Italien (über Chur und den Septimerpaß). Ottos Sohn, +Otto II. (geb. 955), schon 961 als deutscher König gekrönt, empfängt +in Rom die Kaiserkrone. Die Huldigung der Herzöge von Capua und +Benevent (s. S. 152) gibt Anlaß zu Feldzügen nach +Apulien+ gegen die +oströmische Herrschaft. 968 Synode zu Ravenna; dort wird die Gründung +des Erzbistums +Magdeburg+ und der Bistümer Merseburg, Zeitz, Meißen +beschlossen. Der Kaiser residiert längere Zeit in +Pavia+, schickt +nach abermaligen Kämpfen in Apulien Gesandte nach Konstantinopel; 972 +wird in +Rom+ die Vermählung seines Sohnes Otto mit der oströmischen +Prinzessin +Theophano+ gefeiert. Apulien und Calabrien, Neapel und +Salerno bleiben unter oströmischer, Capua und Benevent unter deutscher +Herrschaft. + +[972.] + +Rückkehr nach Deutschland; Synode in Ingelheim, Fürstentag in +Frankfurt. Im März 973 ist der Kaiser in Magdeburg, dann in Quedlinburg +und Merseburg; er stirbt am 7. Mai 973 in Memleben, wird im Dom zu +Magdeburg neben seiner ersten Gemahlin Editha bestattet. + +~Verfassung des deutschen Reiches~: +Wahlkönigtum+; die Königsmacht +beruht auf bedeutenden Reichsgütern in allen Teilen des Reiches, +besonders in Franken und Sachsen, zu deren Verwaltung der König ++Pfalzgrafen+ ernennt. Keine feste Residenz; der König ordnet überall +die wichtigen Angelegenheiten persönlich. Oberste Beamte sind die ++Herzöge+, dem Könige ebenso zur Lehnstreue verpflichtet wie die +ihnen untergeordneten Grafen und kleineren Vasallen. Da diese jedoch +starke partikularistische Gelüste zeigen, so sucht der Kaiser die +Reichseinheit später auf die Kirche zu gründen. Er stützt sich auf die +nur von ihm ernannten +Erzbischöfe+ und +Bischöfe+, welche bedeutende +Reichslehen empfangen und nun einen neuen geistlichen Beamtenstand +bilden, dessen Lehen nicht erblich sind. Diese vom Könige eingesetzten +geistlichen Fürsten erweisen sich als bessere Stützen des Reiches, +als die nach Erblichkeit der Lehen strebenden weltlichen Fürsten. Die +Zahl der unabhängigen +Freien+ ist vermindert; der Heerbann tritt +allmählich zurück gegen das +Lehnsaufgebot+. Die Städte sind noch +unbedeutend. Das +Kaisertum+ gibt den deutschen Königen als obersten +Herrschern über das römische Reich deutscher Nation Anspruch auf +Oberhoheit über die benachbarten Länder und Schutzherrschaft über die +Kirche. + +[~973–983.~] + +~Otto II.~ erhält die von seinem Vater begründete Kaisermacht +aufrecht. 974 Zug gegen +Dänemark+ bis zum Danewerk, 976 Absetzung des +aufständischen Herzogs Heinrich des Zänkers von +Bayern+. Bayern wird +verkleinert durch Abtrennung des Herzogtums +Kärnten+ mit der Mark +Verona, sowie durch Errichtung einer Mark im +Nordgau+, nördlich von +Regensburg. Die früher schon errichtete Mark +Österreich +erhält der +Babenberger (s.S. 157) Luitpold. Herzog Boleslav von +Böhmen+ huldigt +978 zu Magdeburg. + +[978.] + +König Lothar von Frankreich überfällt den Kaiser in +Aachen+, versucht +Lothringen zu erobern, verzichtet aber darauf, nachdem Otto mit +Heeresmacht bis +Paris+ vorgedrungen ist. + +[980–983] + +Krieg in Italien. Der Kaiser dringt von Rom aus nach Unter-Italien +vor, siegt 982 über die Griechen und Sarazenen am Kap Colonne, südlich +von Cotrone (Kroton), muß aber nach einer vernichtenden Niederlage +bei +Squillace+ an der +Küste von Calabrien+ umkehren. Reichstag zu ++Verona+. Ottos dreijähriger Sohn zum König gewählt. + +[983.] + +Aufstand der +Dänen+ und +Wenden+; Hamburg und die Bistümer Havelberg, +Brandenburg, Zeitz zerstört. Otto II. stirbt in Rom 28 Jahre alt, wird +in der Peterskirche begraben. + +[~983–1002.~] + +~Otto III.,~ beim Tode des Vaters 3 Jahre alt. Heinrichs des +Zänkers Anspruch auf die Vormundschaft, ja sogar auf die Krone, +wird zurückgewiesen, doch erhält er Bayern zurück. Ottos Mutter, +die Griechin +Theophano+, herrscht in Deutschland, seine Großmutter ++Adelheid+ in Italien. Wachsende Selbständigkeit der Großen des +Reiches, doch wird der Reichsfriede erhalten. Nach Theophanos Tode +(991) führen Adelheid und der Erzbischof +Willigis+ von Mainz die +Regierung, bis der junge Fürst 995 sie selbst übernimmt. + +[996.] + +Otto III. wird in Rom durch den von ihm eingesetzten deutschen Papst ++Gregor V.+ gekrönt, befreundet sich mit +Adalbert von Prag+ und +Erzbischof +Gerbert+ von Reims, der bald nach Deutschland kommt und in +Magdeburg Ottos Lehrer wird. + +[997.] + +Adalbert von den heidnischen +Preußen+ erschlagen. + +[998–999.] + +Ottos zweiter Zug nach Rom, Gerbert als Papst eingesetzt (Silvester +II.); Ottos Plan, als Kaiser in +Rom+ seinen Wohnsitz zu nehmen und von +hier aus die Christenheit als einen theokratischen Universalstaat zu +beherrschen. + +[1000.] + +Ottos III. Wallfahrt zum Grabe des heiligen Adalbert in +Gnesen+, wo er +in Gemeinschaft mit Herzog Boleslav von Polen ein Erzbistum errichtet: +dann nach +Aachen+ zum Grabe Karls d. Gr. Von da reist er nach Rom. + +[1001.] + +Papst Silvester II. verleiht dem +Ungarn+fürsten +Stephan dem +Heiligen+, der sein Volk zum Christentum bekehrt, die Königskrone +(Stephanskrone). Otto III., durch Aufstand +aus Rom vertrieben+, +begibt sich mit dem Papste nach Ravenna, versucht vergebens Rom +wiederzuerobern. + +[1002.] + +Otto † in Paterno (am Fuße des Sorakte), in Aachen bestattet. Silvester +kehrt nach Rom zurück. + +[~1002–1024.~] + +~Heinrich II.~ (der Heilige), Herzog von Bayern, Sohn Heinrichs des +Zänkers und der Schwester König Rudolfs III. von Burgund, zu Mainz zum +König erwählt und gekrönt, im Gegensatz zu Otto III. eine nüchterne, +praktische Herrschernatur. Er stellt das erschütterte Ansehen der +Kaisergewalt wieder her und behauptet das +deutsch-italische+ Reich. + +[1004.] + +Erster Zug nach Italien gegen +Arduin+ von Ivrea. Heinrich unterwirft +Ober-Italien und wird in Pavia zum König von Italien gekrönt. + +[1004–1018.] + +Kriege gegen +Boleslav Chrobry (der Kühne)+ von ~Polen~, der Böhmen +aufgeben muß, aber die Lausitz behält. Die +Wenden+ im Havellande +bleiben unabhängig. + +[1007.] + +Gründung des Bistums +Bamberg+. Förderung der von dem französischen +Kloster +Cluny+ ausgehenden, auf strengste mönchische Zucht und eine +Erneuerung und Vertiefung des religiösen Lebens gerichteten Reform +des Mönchtums. Die Bischöfe dienen, wie unter Otto I., der geordneten +Reichsverwaltung. + +[1014.] + +Zweiter Zug nach Italien, Heinrich in Rom zum +Kaiser+ gekrönt. Arduin +gibt den Widerstand auf († 1015). + +[1016–1018.] + +Kämpfe und Verhandlungen Heinrichs, um sein Erbrecht auf +Burgund+ zur +Anerkennung zu bringen. + +[1022.] + +Dritter Zug nach Italien. Heinrich unterwirft +Benevent, Capua, +Salerno+, wird beim Kampfe gegen die Griechen in Apulien von den nach +einem Zuge nach Jerusalem dort unlängst eingewanderten +Normannen+ +unterstützt. + +[1023.] + +Fürstentag zu +Aachen+, dann Zusammenkunft mit König Robert von ++Frankreich+ zu Ivois am Chiers (Nebenfluß der Maas, südöstlich von +Sedan). + +[1024.] + +Tod des Kaisers in der Pfalz zu +Grona+ (bei Göttingen). Sein Grab im +Dom zu Bamberg. + + ~1024–1125 Fränkische oder salische Kaiser.~ + + Otto der Grosse †973 + | + Konrad der Rote †955. Luitgard. + |______________________________| + | + ~Konrad II.~ †1039. + Gem. Gisela. + | + ~Heinrich III.~ †1056. + Gem. Agnes von Poitou. + | + ~Heinrich IV.~ †1106. + _______________________|___________________________ + Konrad ~Heinrich V.~ †1125. Agnes, Gem. + †1101. Friedrich von Büren, + Herzog von Schwaben. + +Königswahl durch die Fürsten +aller+ Stämme auf der Rheinebene zwischen +Mainz und Worms (bei Kamba). Die Wahl richtet sich auf die beiden ++Konrade+, Brudersöhne, Urenkel Konrads des Roten (S. 159); nach kurzem +Schwanken wird der ältere erwählt. + +[~1024–1039.~] + +~Konrad II.~ unternimmt nach der Krönung zu Mainz einen Umritt durch +das Reich (Aachen, Nimwegen, Dortmund, Hildesheim, Goslar, Magdeburg, +Augsburg, Konstanz, Basel, Straßburg, Worms), hält dann einen +Fürstentag in Tribur. + +[1026.] + +Zug nach +Italien+, Krönung zum lombardischen König, Kaiserkrönung +zu Rom 1027 in Gegenwart +Knuds des Großen,+ Königs von England und +Dänemark, und +Rudolfs III.+ von Burgund. In Apulien huldigen ihm die +Fürsten von Benevent, Capua, Salerno. Rückkehr über Ravenna und Verona. +Unterdessen Fürstenerhebung in Deutschland. In Ulm unterwirft sich +ihm sein Stiefsohn +Ernst, Herzog von Schwaben,+ welcher Ansprüche +auf Burgund erhoben hatte, weil seine Mutter Gisela eine Nichte des +kinderlosen Königs Rudolf III. war. Er kommt in Haft nach der Burg +Giebichenstein bei Halle, wird nach einiger Zeit begnadigt, dann aber +geächtet, weil er sich weigert, seinen Freund Werner von Kiburg zu +bekämpfen; beide fallen 1030 in einem Gefecht im Schwarzwald. + +[1030.] + +Einfall der +Polen+ unter Herzog Miesco; sie verwüsten das Land +zwischen Elbe und Saale, werden von dem Grafen Dietrich von Wettin +vertrieben. Der Kaiser unternimmt zunächst einen Zug nach +Ungarn+, um +die bayrischen Marken gegen Einfalle zu sichern, zieht dann 1031 nach ++Polen.+ Miesco muß die Lausitz zurückgeben, huldigt dem Kaiser 1033 zu +Merseburg. + +[1033] + +~Burgund mit dem deutschen Reiche vereinigt.~ Konrad gewinnt das ++arelatische+ Königreich (S. 158) nach dem Tode Rudolfs III. durch drei +Feldzüge gegen den Grafen +Odo+ von Champagne, Neffen Rudolfs III, +nach Abschluß eines Bündnisses mit König Heinrich I. von Frankreich. In ++Zürich+ und +Genf+ huldigen ihm die burgundischen Großen. + +[Sidenote:1035] + +Konrad verlobt zu Bamberg seinen Sohn +Heinrich+, Herzog von Bayern +(später auch von Schwaben) mit der Tochter Knuds von +Dänemark+ und +überläßt diesem die Mark +Schleswig+; die Eider wieder Reichsgrenze. + +[1037–1038.] + +Zweiter Zug nach Italien. Die +Erblichkeit+ der kleineren +Lehen+ wird +für Italien durch Gesetz festgestellt. Der Normanne +Rainulf+ wird mit +der Grafschaft +Aversa+ in Campanien belehnt. + +[1039.] + +Konrad † in Utrecht, begraben in dem von ihm gegründeten Dom zu ++Speier+. Er war einer der bedeutendsten Herrscher des Mittelalters, +reich an Erfolgen. Gegen die großen Vasallen suchte er ein Gegengewicht +in den Inhabern der kleinen Lehen, für deren Erblichkeit er eintrat. +Von den neu ernannten Kirchenfürsten verlangte er eine Abgabe. Ihm +folgt sein schon als Knabe in Aachen zum König gekrönter Sohn + +[~1039–1056.~] + +~Heinrich III.~ Hohe Machtstellung des Kaisertums. König Heinrich +ist beim Beginn seiner Regierung Herzog von +Bayern, Schwaben+ und ++Franken+, setzt aber später in Bayern und Schwaben wieder andere +Herzöge ein. In +Sachsen+ ist die Kaiserpfalz zu +Goslar+ oft sein +Wohnsitz. + +[1041.] + +Unterwerfung des Herzogs Bretislav von ~Böhmen.~ + +[1042.] + +Zug nach +Burgund+, Herstellung des Landfriedens daselbst im Anschluß +an die in Frankreich verkündete +Treuga Dei+ (s. S. 169). + +[1042–1044.] + +In ~Ungarn~ wird König Peter, von Heinrich durch drei Feldzüge wieder +eingesetzt, ein Vasall des Reiches. Vergrößerung der bayrischen +Ostmark bis zur +Leitha+. Die Lehnshoheit über Ungarn wird nicht lange +behauptet. + +[1046.] + +Zug nach +Italien+. Heinrich läßt durch die Synode zu +Sutri+ drei +gleichzeitige, der Simonie (Verkauf geistlicher Ämter) schuldige Päpste +absetzen, ernennt einen Deutschen (Clemens II.), der ihn zum Kaiser +krönt, und weiterhin noch +drei+ deutsche Päpste, belehnt +Drogo+, Sohn +des Normannen +Tankred von Hauteville,+ mit ~Apulien.~ + +[1048.] + ++Oberlothringen+ wird nach Absetzung des Herzogs Gottfried an +den elsässischen Grafen +Gerhard,+ Stammvater des lothringischen +Herzogshauses, gegeben. + +[1055.] + +Zweiter Zug nach Italien; die Markgräfin +Beatrix von Tuscien+, mit +welcher sich Gottfried vermählt hat, um in Italien neue Macht zu +gewinnen, muß dem Kaiser nach Deutschland folgen. Unterdrückung einer +Fürstenverschwörung; Gottfried unterwirft sich dem Kaiser. + +[1056.] + +Sieg der Wenden über ein sächsisches Heer bei +Pritzlava+ an der +Havelmündung. Heinrich, erst 39 Jahre alt, auf der Burg +Bodfeld+ im +Harz. Ihm folgt sein 6jähriger, bereits 1054 zu Aachen gekrönter Sohn. + +[~1056–1106.~] + +~Heinrich IV.~ Seine Mutter +Agnes+ von Poitou, Reichsverweserin, gibt +Schwaben an ihren Schwiegersohn +Rudolf von Rheinfelden+, Kärnten an ++Berthold von Zähringen+, Bayern an den sächsischen Grafen +Otto von +Nordheim.+ Die Macht der Fürsten erhebt sich bald gegen das Kaisertum. + +[1062.] + +Entführung des jungen Königs von +Kaiserswert+ nach +Köln+ durch +Erzbischof +Anno+ von Köln, der die Erziehung des Königs übernimmt, +aber bald seinen Einfluß mit Erzbischof +Adalbert+ von Bremen teilen +muß. König Heinrich, 1065 mündig erklärt, entfernt auf Verlangen der +Fürsten Adalbert aus seiner Umgebung, richtet alsbald seinen Unwillen +gegen die sächsischen Großen. + +[1070.] + ++Otto von Nordheim,+ eines Mordanschlags auf den König angeklagt, +verliert das Herzogtum Bayern; es kommt an seinen Schwiegersohn +Welf+, +den Sohn des Markgrafen Azzo von Este und der letzten Welfin, der nach +dem Aussterben des Mannsstammes eine neue Linie des +Welfenhauses+ (S. +154) begründet. +Magnus+, Sohn des Sachsenherzogs Ordulf, wird als +Bundesgenosse Ottos in Haft gehalten. + +[1073.] + ++Aufstand der Sachsen+ gegen die von Heinrich in ihrem Lande angelegten ++Burgen+; Flucht Heinrichs von der +Harzburg+, demütigender Friede zu +Gerstungen, Zerstörung der Harzburg. Heinrich findet Hilfe bei den +Bürgern von +Worms+ und mehreren Fürsten, besiegt die Sachsen an der ++Unstrut+ 1075. Bald aber gerät er in Streit mit + +[1073–1085.] + +~Papst Gregor VII.~ (Hildebrand), aus einer Bauernfamilie in +Toskana stammend, aufgewachsen in Rom unter dem Einfluß der von dem +französischen Kloster +Cluny+ (westlich der Saône, unweit Mâcon) +ausgehenden streng kirchlichen Richtung. Er hatte als Archidiakonus und +Kanzler unter +fünf+ Päpsten die weltlichen Geschäfte des römischen +Stuhles geleitet. Unter seinem Einfluß erließ 1059 Nikolaus II. das +Dekret über die Papstwahl durch die +Kardinäle+. + +Gregors Ziel ist die von allen Cluniazensern angestrebte ~Erhebung +der Kirche über die Staaten~, des ~Papsttums~ über das ~Kaisertum.~ +Er gebietet strenge Durchführung des +Cölibats+ (Ehelosigkeit) der +Geistlichen, verbietet die von Heinrich ebenso wie von Konrad II. +geübte +Simonie+ (Geldzahlung für den Empfang eines geistlichen Amtes. +Apostelgesch. 8, 18) und die +Laieninvestitur+ (kein Bischof oder Abt +soll die Belehnung mit +Ring+ und +Stab+ aus Laienhand empfangen). + +[1076.] + +Heinrich läßt den Papst durch eine Synode deutscher Bischöfe in +Worms+ +für abgesetzt erklären; darauf spricht Gregor gegen ihn den +Bann+ aus. +Ein Fürstentag zu +Tribur+ erklärt den König für abgesetzt, wenn er +nicht binnen Jahresfrist sich vom Banne löse. + +[1077. Januar.] + +~Heinrich büßt~ vor dem Papst ~in Canossa~, einem Schlosse bei Reggio +nell’ Emilia, der Markgräfin ~Mathilde~ von Tuscien, Tochter der +Beatrix, gehörig (S. 165). Der Papst löst ihn vom Banne unter der +Bedingung, daß er in seinem Streit mit den Fürsten die Entscheidung des +Papstes anerkenne. Heinrich bleibt in Oberitalien, verhindert die Reise +des Papstes nach Deutschland. Die Fürsten wählen +Rudolf von Schwaben+ +zum deutschen König. + +[1077–1080.] + +Krieg in Deutschland zwischen Heinrich IV. und seinem Schwager Rudolf, +letzterer wird in der Schlacht an der +Elster+ 1080 tödlich verwundet; +sein Herzogtum +Schwaben+ hat +Friedrich von Hohenstaufen+, Heinrichs +Schwiegersohn, bereits 1079 erhalten. + +[1081.] + +Heinrich, zum +zweiten Mal+ gebannt, zieht nach Italien, erobert Rom +1084, wird durch den von ihm erhobenen Gegenpapst Clemens III. zum +Kaiser gekrönt. Gregor in der Engelsburg belagert, durch die ihm treu +ergebenen Normannen unter +Robert Guiscard+ befreit, stirbt 1085 in +Salerno. Seine letzten Worte »+Dilexi iustitiam et odi iniquitatem, +propterea morior in exilio+«. + +Deutschland durch Bürgerkrieg zerrüttet. Kaiser Heinrich erobert 1084 +Augsburg, zieht dann nach Metz, läßt 1085 durch eine Synode zu +Mainz+ +den Gottesfrieden für das ganze Reich verkünden. In +Sachsen+ bekämpft +er den Gegenkönig +Hermann von Salm+, welcher 1088 abdankt; die Sachsen +unterwerfen sich nach Anerkennung ihrer alten Rechte. + +[1090–1097.] + +Heinrich kämpft in Italien gegen die Markgräfin +Mathilde+ und Papst +Urban II. Abfall seines Sohnes Konrad († 1101). In Deutschland ist +Herzog +Welf+ von Bayern Führer der päpstlichen Partei. Der Kaiser +verweilt fast machtlos in Italien, während Urban II. als Gebieter der +ganzen Christenheit auftritt und das große Unternehmen des ersten +Kreuzzuges (S. 173) ins Werk setzt. Nach Aussöhnung mit Herzog +Welf+ +kehrt der Kaiser nach Deutschland zurück, stellt den Landfrieden zum +Schutze der Bürger und Bauern wieder her und besetzt die Bistümer nach +seinem Ermessen. Aber die Bischöfe fast immer auf der Seite seiner +Gegner. + +[1104.] + +Empörung seines zweiten Sohnes Heinrich, der ihn in der Burg ++Böckelheim+ (an der Nahe) gefangen setzt und zur Verlesung eines +Sündenbekenntnisses und Abdankung zwingt (Fürstentag zu +Ingelheim+). +Der Kaiser entflieht nach +Lüttich+, wo er 1106 stirbt, während das +deutsche Bürgertum für ihn zum Kriege rüstet; die Leiche erst 1111 vom +Bann gelöst und im Dom zu +Speier+ beigesetzt. + +[~1106–1125.~] + +~Heinrich V.~, durch die päpstliche Partei zum Thron gelangt, aber +entschlossen, sein Herrscherrecht zu behaupten. Nachdem er die +Grenzländer des Reiches im Westen und Osten (Lothringen und Böhmen) +durch Feldzüge gesichert hat, zieht er nach Rom, nimmt den Papst +Paschālis II. gefangen, erzwingt die Kaiserkrönung und das Recht der ++Investitur+ (1111). Sobald aber der Kaiser Italien verlassen hat, +erklärt ein zu Rom im Lateran versammeltes Konzil den Vertrag für +erzwungen und nichtig; ein zweites Konzil zu +Vienne+ spricht den Bann +über Heinrich aus. + +Neuer Aufstand der +Sachsen+ unter ihrem Herzog +Lothar+ von +Supplinburg, der die Billunger (S. 159) beerbt hatte; die Erzbischöfe +von Mainz und Köln u. a. Fürsten schließen sich an. Sieg der Sachsen +am +Welfesholze+ bei Mansfeld 1115. +Friedrich+ und +Konrad+ von ++Staufen+ verteidigen die Sache des Kaisers, während dieser zum zweiten +Mal nach Italien zieht, dort die der Kirche vererbten Mathildischen +Güter in Besitz nimmt und einen Gegenpapst aufstellt (1118). Der +~Investiturstreit~ wird nach langen Verhandlungen mit dem Papste ++Calixtus II.+ beendigt durch das + +[~1122.~] + +~Wormser Konkordat~: Kirchliche Wahl der Bischöfe und Äbte für +Deutschland in Gegenwart des Kaisers oder seiner Abgesandten, ++kaiserliche+ Belehnung +vor+ der Weihe, aber +nicht+ mit Ring und +Stab, sondern mit dem +Scepter+; für Italien und Burgund die gleiche +Belehnung erst +nach+ erfolgter Wahl und Weihe. Die geistlichen Fürsten +bleiben Lehnsträger des Reiches; sie erscheinen auch fernerhin vielfach +als treue Stützen der kaiserlichen Macht. + +Die +Verbindung Deutschlands mit Italien+, trotz der vielfachen Kämpfe +segensreich für beide Länder, aber in Italien mehr und mehr als +Fremdherrschaft empfunden, dauert fort. Handel und Gewerbe entfalten +sich in den aufblühenden Städten, z. B. Worms, Köln, Augsburg u. a. m. +(S. 190). Kunst und Wissenschaft, von der Kirche gefördert, tragen in +Deutschland noch römisches Gepräge, entwickeln sich aber selbständig. ++Romanischer Baustil+: Dome zu Mainz und Speier, Kaiserpfalz zu Goslar. +Der kunstsinnige Bischof Bernward von Hildesheim († 1022). Dichtung und +Geschichtschreibung in lateinischer Sprache: das Waltharilied, Roswitha +von Gandersheim, Widukind von Corvey, Lambert von Hersfeld u. a. Die +Volkssprache wird erst allmählich zur Schriftsprache. + + +§ 2. Frankreich. + +[~843–987.~] + +~Karolinger~ in Frankreich. + ++Karl der Kahle+ behauptet sich mit Mühe gegen die aufständischen +Großen, erlangt 875 in Italien den Kaisertitel, † 877. Sein Enkel ++Ludwig III.+ besiegt 881 die +Normannen+ bei Saulcourt (Ludwigslied +in deutscher Sprache). +Karl der Dicke+ machtlos gegen sie; nach +seiner Absetzung (S. 157) wird Graf +Odo+ von Paris, der sich bei +der Verteidigung von Paris gegen die Normannen tapfer gezeigt hat, +zum König erwählt, † 898. Eine Gegenpartei erwählt 893 +Karl den +Einfältigen+, Bruder Ludwigs III., der nach Odos Tode allgemein +anerkannt wird. Durch ihn erhalten normannische Scharen, die bereit +sind, das Christentum anzunehmen, 912 feste Wohnsitze in dem oft von +ihnen heimgesuchten Küstenlande. +Rolf+, getauft +Robert+, erster +Herzog der +Normandie+, herrscht als Vasall des französischen Königs +auch über die +Bretagne+. + +Häufige Empörungen gegen das schwache Königtum; Karls Sohn +Ludwig IV.+ +(d’Outre-mer genannt, weil er nach England geflüchtet war) wird von +Herzog +Hugo von Francien+, dem Neffen Odos, bedrängt, von Otto I. von +Deutschland unterstützt (S. 159). Letzte Karolinger: +Lothar+ († 986). ++Ludwig V.+ (Fainéant) † 987. + +[~987–1328.~] + +~Capetinger.~ + +~Hugo Capet~, Sohn Hugos von Francien, von den Großen erwählt, dann +in +Reims+ gekrönt, bringt das Königtum wieder zu Ansehen. Er hat +den Vasallen gegenüber noch keine bedeutende Macht, hält aber die +Lehnshoheit fest. Seine Nachfolger +Robert+, +Heinrich I.+, +Philipp +I.+, († 1108) wissen die Erblichkeit des Königtums zu wahren. Heinrich +I. gibt das +Herzogtum Burgund+ (Hauptstadt Dijon, zu unterscheiden +von dem mit Deutschland vereinigten Königreich Burgund, S. 164) seinem +jüngeren Bruder Robert als Lehen. Zur Sicherung des Landfriedens +verkündet der Klerus (zuerst 1040 in Aquitanien) die ~Treuga Dei~, den +Gottesfrieden, einen von der Kirche gebotenen Stillstand aller Fehden +während der kirchlichen Festzeiten und der zweiten Hälfte jeder Woche +(von Mittwoch Abend bis Montag früh). + + +§ 3. England und der Norden. + +[~827–1066.~] + +England unter ~sächsischen Königen.~ + +[827.] + ++Egbert+ von +Wessex+ vereinigt die sieben Reiche (S. 142) als erster +König von ~England~. Einfälle und Ansiedlungen der heidnischen ++Normannen+ (+Dänen+). Sein Enkel + +[871–901.] + +~Alfred der Große~ bekämpft glücklich die Dänen und stellt die alte ++Grafschafts+verfassung wieder her; das Grafschaftsgericht unter +Leitung des vom König ernannten +Ealdorman+, dessen Stellvertreter der ++shirgerefa+ (sherif). Blüte des Reiches noch unter seinem Sohne und +seinem Enkel, dann Verfall und neue Bedrängnis durch die Dänen. + +[1002.] + +~Ermordung der Dänen~ auf englischem Boden an +einem+ Tage (dänische +Vesper), auf Befehl König +Ethelreds II.+ Infolge davon neue Rachezüge +der Dänen nach England und endlich + +[1016–1042.] + +~dänische Herrschaft~ über England unter ~Knud dem Grossen~ (S. 164), +der als Sieger Milde übt und in Dänemark das Christentum zum Siege +bringt († 1035), und unter seinen Söhnen +Harald I.+ und +Hardiknud+. + +[1042–1066.] + +Das Regiment der angelsächsischen Könige wiederhergestellt. ~Eduard +der Bekenner~, Sohn +Ethelreds+, aus der Normandie zurückgekehrt, +begünstigt die Normannen an seinem Hofe, die aber von seinem +Schwiegervater +Godwin+ vertrieben werden. Sein Feldherr Siward besiegt ++Macbeth+, der sich in +Schottland+ nach der Ermordung des Königs ++Duncan+ des Thrones bemächtigt hat (1054). Duncans Sohn Malcolm nimmt +Schottland von Eduard zu Lehen. Nach Eduards Tode wird +Harald II.+, +Godwins Sohn, zum König ausgerufen, verliert aber Thron und Leben in der + +[1066.] + +~Schlacht bei Hastings~ (spr. Hēstings) gegen ~Wilhelm den Eroberer~, +Herzog von der ~Normandie~, der sich in Westminster zum König von +England krönen läßt. König Malcolm von Schottland schließt mit ihm +Vertrag. + ++Dänemark+, +Norwegen+, +Schweden+ bestehen seit Anfang des 11. +Jahrhunderts als christliche Königreiche (Olaf der Heilige in Norwegen +† 1030) nebeneinander, noch oft von wildem Streit erfüllt. Am meisten +kommt +Dänemark+ empor unter dem Neffen Knuds d. Gr. +Svend Estridson+ +(† 1076) und dessen Söhnen. + +~Fernere Staatengründungen der Normannen~: + +1. Schwedische +Waräger+ fahren über die Ostsee; ihr Fürst +Rurik+ +gründet 862 durch Vereinigung slavischer Stämme das ~russische Reich~ +(Hauptstadt +Nowgorod+, dann +Kiew+). Rußland entwickelt sich unter +den +Ruriks+ (862–1598) als +slavischer+ Staat im Anschluß an das +oströmische Reich. Großfürst +Wladimir+ der Große, vermählt mit der +Tochter eines oströmischen Kaisers, führt 988 das Christentum nach +griechischer Lehre ein. + +2. Norwegische +Wikinger+ kommen um 860 nach Island, 983 nach Grönland +(Erich der Rote), um 1000 nach der Küste Nordamerikas (Vinland). +Diese Niederlassungen von den Eskimos zerstört. Bestand hat dagegen +der Freistaat auf der Insel ~Island~. Hier werden um 1100, als das +Christentum bereits eingeführt ist, die nordischen Götter- und +Heldensagen in der poetischen oder Lieder-+Edda+ aufgezeichnet (ergänzt +durch die jüngere prosaische Edda von dem Isländer Snorri Sturluson um +1230). Island wird 1262 mit Norwegen vereinigt. + +3. Der Normannenstaat in ~Unteritalien~, um 1020 von christlichen +Normannen aus der Normandie gegründet (vgl. S. 163), nimmt italienische +und arabische Kultur an. Bald treten sie in enge Beziehungen zum Papst. +Von Robert Guiskard (S. 167) wird das ganze unteritalische Festland, +von seinem Bruder Roger Sicilien den Sarazenen entrissen. Herzog ++Roger+ wird 1130 vom Papste in Palermo als +König von Neapel+ und ++Sicilien+ gekrönt. + + +§ 4. Die Pyrenäische Halbinsel. + +[~955–1031.~] + +~Kalifat von Cordŏva~, gegründet von dem Omaijaden +Abdurrahman+ (s. S. +150). Glänzendste Zeit im 10. Jahrh. (Abdurrahman III, Hakem II., der +Feldherr +Almansur+). Das volkreiche +Cordŏva+ Sitz der Wissenschaften +und Künste. + +[1031.] + +Auflösung des Kalifats von Cordŏva in eine Menge kleiner Herrschaften. +Die +Morabethen+ aus Mauretanien zu Hilfe gerufen, stellen sich mit +Erfolg dem Andrängen der Christen entgegen (1086 Schlacht bei +Salaka+ +unweit Badajoz) und reißen dann die Herrschaft des mohammedanischen +Spaniens an sich. + +~Christliche Reiche~: +Asturien+, seit Alfons III. († 910) bis zum +Duero reichend, nach der neuen Residenz auch Königreich Leon genannt, +mit dem Grenzgebiet +Kastilien+, das seinen Namen von den gegen die +Araber errichteten Kastellen hat. ~Navarra~, ursprünglich fränkische +Grafschaft, seit 905 Königreich, erweitert durch Eroberung der +Landschaft +Aragon+ am oberen Ebro. ~Barcelona~, ebenfalls fränkische +Grafschaft (S. 152), seit etwa 900 unabhängig unter einer erblichen +Dynastie. + +[1035.] + ++Sancho III.+, der Große, König von +Navarra+, auch über +Kastilien+ +herrschend, teilt sein Reich unter seine Söhne. Der zweite, welcher +Kastilien erhält, gewinnt bald auch Leon hinzu; der dritte erhält +Aragon als Königreich. Daher fortan die drei Königreiche ~Navarra~, +~Kastilien~, ~Aragon~, daneben die Markgrafschaft ~Barcelona~ +(Katalonien). + +König +Alfons VI.+ von +Kastilien+, Enkel Sanchos d. Gr., erobert 1085 ++Toledo+; der kastilische Ritter +Rodrigo Diaz+, von den Arabern ~Cid~, +d. h. Herr, genannt, erobert 1094 +Valencia+, doch fällt es nach seinem +Tode wieder in die Hände der Araber. + + +§ 5. Der Osten. + +[~867–1057.~] + +Das ~oströmische Reich~ unter der ~makedonischen Dynastie.~ + ++Basilius I.+ (867–886), durch Ermordung seines Vorgängers Michael +III. auf den Thron gelangt, regiert kraftvoll, wehrt die Araber in +Kleinasien und zur See ab, mildert den Steuerdruck, verbessert die +Rechtspflege. Seine beiden Nachfolger +Leo VI.+ und +Konstantin VII. +Porphyrogennetos+ Beschützer der Wissenschaften. +Nikëphoros II.+ +(963–969) kämpft glücklich gegen Araber und +Bulgaren+; +Basilius II.+ +(976–1025) unterwirft die Bulgaren in blutigen Kämpfen. + +[1043.] + +Die ~Serben~, ein im 7. Jahrhundert eingewandertes slavisches Volk, +machen sich unabhängig von Ostrom; Königreich +Serbien+ bis 1458. + +[~1057–1204.~] + +Haus der ~Komnenen~. + ++Alexius I.+ (1081–1118) tritt dem von der Donau her vordringenden +türkischen Stamme der +Petschenegen+ erfolgreich entgegen. Den ++Seldschuken+ (s. u.) kann Kleinasien nicht wieder entrissen werden. + +Das ~Kalifat von Bagdad~ gerät seit 861 durch Emporkommen von +Teilfürsten in Verfall. Die +Abbassiden+ werden von den Anführern ihrer +türkischen Leibwache abhängig. + +[935.] + +Die aus Persien stammenden +Bujiden+ reißen die Würde des +Emir +al Omra+ (Fürst der Fürsten) an sich; der Kalif bleibt nur noch +geistliches Oberhaupt + +[969.] + ++Ägypten+ sondert sich ab als eigenes Kalifat unter den +Fatimiden+ +(Schiiten, vergl. S. 149). Kairo glänzende Hauptstadt, Syrien bald +hinzuerobert. + +[998–1030.] + +Sultan +Mahmud+, Herrscher des +Gasnaviden+reichs, gewinnt die früher +von den +Samaniden+ (unter Oberhoheit der Kalifen) beherrschten Gebiete +um Buchara und Samarkand, dringt erobernd nach +Indien+ vor. An seinem +Hofe zu Gasna (in Afghanistan) der persische Dichter +Firdusi+ und der +arabische Philosoph +Ibn Sina+ (Avicenna), Erklärer des Aristoteles. + +[1058.] + ++Togrulbeg+, Sultan der +seldschukischen+, aus der Bucharei stammenden ++Türken+, befreit den Kalifen von der Übermacht der Bujiden. Er +vererbt die Würde des Emir al Omra auf seinen Neffen +Alp Arslan+ und +dessen Sohn +Malekschah+; dieser stellt die Einheit des Kalifenreiches +wieder her, entreißt den Fatimiden Syrien, den Gasnaviden Buchara und +Samarkand, residiert zu Ispahan. + +[1092.] + +Nach Malekschahs Tode +Teilung der Seldschukenherrschaft+; besondere +Sultanate in Iran, Karman (östliches Persien), Aleppo, Damaskus, +Iconium. Trotzdem wird der Bestand des Kalifats durch die nun folgenden +Angriffe der Christen nicht wesentlich erschüttert. + ++Bagdad+ bleibt glänzender Herrschersitz bis zum Eindringen der +Mongolen (S. 195). + + + + +~C. Das Zeitalter der Kreuzzüge. (1096–1270).~ + + +§ 1. Die Kreuzzüge. + +~Veranlassung~: Die Wallfahrten der Christen nach dem +heiligen Grabe+ +(die Kirche über demselben erbaut von +Helĕna+, der Mutter Konstantins +d. Gr.) werden gestört, seitdem die +Fatimiden+, und mehr noch seitdem +die +Seldschuken+ über Palästina herrschen. Mißhandlungen der Pilger, +Hilferufe des bedrängten byzantinischen Reiches; das neu erstarkte +Papsttum schenkt ihnen Gehör und ruft mit Benutzung der asketisch +angeregten und zugleich kriegerischen Stimmung im Abendlande eine +großartige Völkerbewegung hervor. + +[1095.] + +Papst +Urban II.+ ruft auf den Kirchenversammlungen zu +Piacenza+ +und zu +Clermont+ in der Auvergne die Gläubigen zum Kreuzzug auf; +allgemeine Begeisterung. (+Gott will es!+). Der Eremit +Peter von +Amiens+ predigt in Frankreich mit großem Erfolge das Kreuz. Die von +ihm und dem Ritter +Walter Senzaveir+ (Habenichts) geführten Scharen +gelangen unter großen Verlusten nach Kleinasien und werden dort im +Kampfe aufgerieben, andere gehen schon in Ungarn und Bulgarien zugrunde. + +[~1096–1099.~] + +~Erster Kreuzzug.~ Königreich Jerusalem. Anführende Fürsten: +Gottfried +von Bouillon+, Herzog von Nieder-Lothringen; seine Brüder +Balduin+ +und +Eustachius+; +Robert+, Herzog der Normandie, Sohn Wilhelms des +Eroberers; +Robert+ von Flandern; +Stephan+ von Blois; +Raimund+, +Graf von Toulouse; +Hugo von Vermandois+, Bruder Philipps I., Königs +von Frankreich; +Boëmund+ von Tarent, Sohn Robert Guiscards; sein +Neffe +Tankred+. Sie führen über 200000 Krieger, meist Franzosen und +Normannen, nach dem Orient. Der Bischof +Adhemar von Puy+, der in +Clermont zuerst sich das Kreuz anheftete, nimmt als päpstlicher Legat +am Zuge Teil († 1098). + +Die Fürsten ziehen auf verschiedenen Wegen (Gottfried von Bouillon die +Donau abwärts, Raimund von Toulouse durch Oberitalien und Dalmatien, +die Nordfranzosen und Normannen von Apulien aus zur See) nach +Konstantinopel; sie leisten mit Ausnahme Raimunds dem Kaiser +Alexius +Komnenus+ den Lehnseid für die zu erobernden Länder und werden auf +griechischen Schiffen übergesetzt. + +[1097.] + ++Nicäa,+ von den Kreuzfahrern belagert, ergibt sich dem griechischen +Kaiser. Sieg der Kreuzfahrer bei +Doryläum+ über den Sultan von ++Iconium. Balduin+ trennt sich vom Hauptheere, zieht über den Euphrat +und erwirbt sich die Herrschaft in +Edessa.+ + +[1097–1098. Okt. Juni.] + +Das Hauptheer belagert lange vergeblich Antiochīa am Orontes, endlich +verrät ein armenischer Renegat die Stadt an +Boemund+ von Tarent. + +[1098.] + ++Kerboga,+ Emir von Mosul, rückt mit einem ungeheuren Heere heran +und belagert in Antiochīa die durch Krankheit und Mangel erschöpften +Kreuzfahrer. Siegreicher Ausfall der Christen (die heilige Lanze!), das +Heer der Seldschuken wird in die Flucht geschlagen und zerstreut. Lange +Rast und Streitigkeiten der Kreuzfahrer in Antiochīa. + +[~1099.~] + +Zug an der Küste entlang nach Jerusalem. Am 7. Juni erblicken die +Kreuzfahrer (nur noch 21500 kampffähige Krieger) die heilige Stadt, +welche im J. 1098 den Seldschuken durch die +Fatimiden+ wieder +entrissen worden war. Nach fünfwöchiger Belagerung. + +[15. Juli.] + +~Erstürmung Jerusalems.~ Furchtbares Blutbad, Wallfahrt nach der Kirche +des heiligen Grabes. + +Das +christliche Königreich Jerusalem+ wird als Lehnsstaat nach +französischem Vorbild eingerichtet; kleinere Lehnsstaaten: das +Fürstentum +Antiochīa,+ die Grafschaften +Edessa+ und +Tripolis.+ +Sammlung der Gesetze in den +Assises du royaume de Jérusalem.+ Zwei +Patriarchen, in +Jerusalem+ und in +Antiochīa.+ + +Gottfried von Bouillon, +Beschützer des heiligen Grabes.+ Er besiegt +den Sultan von Ägypten bei +Askalon+ 1099; † 1100. Sein Bruder +Balduin +I.+ nimmt den +Königs+titel an. Akkon, Tripolis, Beirut, Sidon mit +Hilfe der Pisaner und Genuesen erobert, etwas später +Tyrus+ mit Hilfe +der Venetianer. + +Auf Balduin I. († 1118) folgen +Balduin II.+ († 1131), +Fulco+ +von Anjou († 1143), unter dem das Königreich Jerusalem die größte +Ausdehnung gewinnt, +Balduin III.+ († 1162), +Amalrich+ († 1173), ++Balduin IV.+ († 1184), +Balduin V.+ (unmündig, † 1186), +Guido+ von +Lusignan († 1195) s. S. 175. + +[~1147–1149.~] + +~Zweiter Kreuzzug.~ Ohne Erfolg. ~Veranlassung~: Eroberung +Edessas+ +durch +Imadeddin Zenki,+ Emir von Mosul (1144), und nochmals durch +dessen Sohn +Nureddin+ (1146). Abt +Bernhard+ von Clairvaux predigt das +Kreuz. + ++Konrad III.+ von Deutschland und +Ludwig VII.+ von Frankreich brechen, +jener von +Regensburg,+ dieser etwas später von Metz aus, nach +Palästina auf. Sie ziehen nacheinander durch Ungarn nach Kleinasien. +Das +deutsche+ Heer dringt bis Doryläum vor, erleidet aber durch Mangel +und Kämpfe mit dem Sultan von Iconium schwere Verluste. Die nach Nicäa +Entkommenen kehren zum Teil heim; mit den übrigen schließt sich Konrad +dem Zuge des +französischen+ Heeres +an der Küste entlang+ an, kehrt +aber zur Herstellung seiner Gesundheit nochmals nach Konstantinopel +zurück. +Ludwig+ fährt mit dem französischen Adel zu Schiffe nach +Antiochīa. Das übrige Heer setzt den Weg zu Lande fort, wobei es durch +Hunger und feindliche Angriffe vollends aufgerieben wird. +Konrad+ +kommt 1148 zur See nach dem Heiligen Lande und macht zusammen mit den +Franzosen einen vergeblichen Angriff auf +Damaskus+. + +[~1189–1192.~] + +~Dritter Kreuzzug.~ Eroberung von Akkon. + +~Veranlassung: Saladin~, Sohn des Kurden Ejub, Gründer der Dynastie der ++Ejubiden+ in Ägypten, erobert Nureddins Reich, schlägt die Christen +in der blutigen Schlacht bei +Hittin+ (Tiberias) am See Genezareth, +~erobert Jerusalem~ 1187. Die christlichen Einwohner großmütig +behandelt, König Guido von Lusignan und viele Ritter geraten in +Gefangenschaft. + +~Kaiser Friedrich I.~, der als Jüngling am zweiten Kreuzzug +teilgenommen hatte, tritt als Greis im Frühjahr 1189 den Zug von +Regensburg aus an, zieht durch Ungarn, erzwingt den Durchzug durch das +griechische Kaiserreich, bleibt den Winter in Adrianopel, setzt 1190 +nach Kleinasien über, erobert Iconium und zieht nach Cilicien; dort +ertrinkt er (10. Juni) im +Kalykadnus+ (Saleph). Sein Sohn, Herzog ++Friedrich+ von Schwaben, führt einen Teil der Pilger (viele kehren um) +über Tarsus, Antiochīa und Tyrus nach +Akkon+. Er stirbt 1191 während +der Belagerung dieser Stadt, welche der frei gewordene König +Guido+ +leitet. + +~Richard Löwenherz~, König von England, und ~Philipp II.~ +Augustus+, +König von Frankreich, fahren zur See, Richard von Marseille, Philipp +von Genua aus nach dem Heiligen Lande (1190); Beteiligung von +Genua+, ++Pisa+ und +Venedig+. Nach längerem Aufenthalt in Sicilien kommen die +beiden Könige vor +Akkon+ an, welches Lusignan schon fast zwei Jahre +belagerte. Die Stadt wird nun schnell zur Übergabe gezwungen (Juli +1191). + +Philipp, mit Richard entzweit, kehrt nach Frankreich zurück. +Heldentaten und Grausamkeiten Richards, der zweimal vor Jerusalem +umkehren muß. Waffenstillstand mit Saladin (1192): der Küstenstrich +von +Joppe bis Akkon+ wird an die Christen abgetreten, der Besuch der +heiligen Orte gestattet. +Cypern+ wird von Richard, der es 1191 erobert +hatte, an Guido von Lusignan zu Lehen gegeben, der seine Würde als +»König von Jerusalem« an +Heinrich von Champagne+ überläßt. + +Richard leidet auf der Rückkehr Schiffbruch bei Aquileja, wird trotz +seiner Verkleidung bei Wien erkannt, von Herzog +Leopold VI. von +Österreich+, den er vor Akkon tödlich beleidigt hatte, festgenommen und +an Kaiser +Heinrich VI.+ ausgeliefert. Dieser hält ihn in der Feste ++Trifels+ (westlich von Landau in der Pfalz) gefangen und gibt ihn +erst nach 13 Monaten gegen ein Lösegeld von 100000 Mark Silbers und +Lehnshuldigung frei. + +[~1202–1204~.] + +~Vierter Kreuzzug~. + +Lateinisches Kaisertum 1204–1261. + +Auf Anregung des Papstes +Innocenz III.+ (1198–1216) (Kreuzpredigt des ++Fulco+ von Neuilly) unternehmen mächtige französische Barone zusammen +mit dem Grafen +Balduin+ von Flandern und dem Markgrafen +Bonifacius+ +von Montferrat einen Kreuzzug, der ursprünglich gegen Ägypten gerichtet +war. Die Kreuzfahrer übernehmen für die Venetianer (Doge +Heinrich +Dandolo+), zum Teil als Preis der Überfahrt, die Eroberung von +Zara+ +in Dalmatien. + +Auf Bitten des byzantinischen Prinzen +Alexius+ für seinen Vater, den +entthronten Kaiser +Isaak Angelus+, fahren die Kreuzfahrer auf der +venetianischen Flotte nach ~Konstantinopel~, nehmen die Stadt ein +und setzen Alexius und seinen Vater auf den Thron (1203). Aber die +Erfüllung der eingegangenen Bedingungen (Vereinigung der griechischen +Kirche mit der römischen, Zahlung bedeutender Geldsummen) scheitert an +dem Widerstande der Bevölkerung. Streitigkeiten, bei denen die Stadt in +Brand gerät. Zweite Einnahme der Stadt; Plünderung, wobei viele Werke +der alten Kunst zugrunde gehen (1204). + +Errichtung des ~Lateinischen Kaisertums~ (+Balduin+ Kaiser). Viele +Küstenstriche und Inseln kommen an die +Venetianer+; Korfu, Zante, +Kandia, ein großer Teil von Morea (Peloponnes). Gewaltiges Aufblühen +des venetianischen Handels. Der Markgraf von Montferrat wird König von ++Thessalonich+, französische Herzöge in +Athen+, +Theben+, +Achaja+; +Villehardouin, der Geschichtschreiber des Kreuzzuges, Marschall des +Reiches. + +Ein +griechisches+ Kaisertum behauptet sich in +Nicäa+, ein zweites +in +Trapezunt+ am Schwarzen Meere. Von Nicäa aus macht +Michael +Paläolŏgus+ 1261, von +Genua+ unterstützt, dem Lateinischen Kaisertum +ein Ende. Er erkennt 1274 die Suprematie des Papstes an. Aber der +griechische Klerus und das Volk gegen die Ansprüche der Päpste. Schon +1280 wurde diese Union wieder gelöst (S. 218). + +[1212.] + ++Kinderkreuzzug+. Tausende von Knaben und Mädchen aus Frankreich und +Deutschland ziehen nach Marseille und Genua; viele kommen unterwegs um, +manche werden zur Rückkehr genötigt, andere in Alexandria als Sklaven +verkauft. + +[1217.] + +Kreuzzug des Königs +Andreas II.+ von Ungarn; er versucht von Akkon aus +vorzudringen, doch ohne Erfolg. + +Neue Pilgerscharen, die sich in +Akkon+ sammeln, unternehmen einen +Angriff auf Ägypten, erobern +Damiette+ 1219, müssen es aber 1221 +wieder räumen. + +[~1228–1229.~] + +~Fünfter Kreuzzug.~ Jerusalem auf kurze Zeit wiedergewonnen. + +~Friedrich II.~, römischer Kaiser, wegen verzögerter Erfüllung seines +Versprechens, einen Kreuzzug zu unternehmen, im päpstlichen Banne, +fährt zur See nach Akkon, erhält von dem ägyptischen Sultan +Elkâmil+ +durch Vertrag +Jerusalem+ (wo er sich krönt[31]) und +Nazareth+, sowie +die Landstriche von da bis zur Küste, nebst +Sidon+. + +[1244.] + ++Jerusalem+ durch die Chowaresmier (S. 195) im Dienste des Sultans von +Ägypten erobert und den Christen auf immer verloren. + +[~1248–1254.~] + +~Sechster Kreuzzug.~ Ohne Erfolg. + +Ludwig IX., der Heilige, König von Frankreich, fährt zur See nach ++Cypern+ und verweilt dort den Winter. Um die Sarazenenherrschaft +in ihrem Hauptsitze ~Ägypten~ zu vernichten, fährt er im Frühjahr +1249 nach +Damiette+ und nimmt die Stadt ein. Auf dem Zuge nach ++Kairo+ wird Ludwig geschlagen, von Damiette abgeschnitten und mit +dem ganzen französischen Heere gefangen (April 1250). Die Ausführung +des Friedensvertrages, wonach der König gegen Räumung von Damiette +und bedeutendes Lösegeld frei kommen soll, gefährdet vorübergehend +der Sturz der Ejubiden (S. 175) durch die +Mamelucken+. Ludwig fährt +nach Palästina, befestigt während eines fast vierjährigen Aufenthalts ++Akkon+ und andere Küstenstädte, kehrt 1254 nach Frankreich zurück. + +[1268.] + ++Antiochīa+ von dem Sultan Bibars von Ägypten erobert. + +[~1270.~] + +~Siebenter Kreuzzug.~ Ohne Erfolg. + +Ludwig IX. fährt zur See nach +Tunis+, wo ihn und einen großen Teil des +Heeres Krankheit hinwegrafft. + +[1291.] + ++Akkon+ wird von den Mamelucken erstürmt, die letzten Besitzungen in +Palästina (+Tyrus+, +Beirut+, +Sidon+) werden von den Christen geräumt. + +~Folgen der Kreuzzüge~: 1. Erhöhtes Ansehen der Kirche und des ++Papsttums+. 2. Ausbildung des +Rittertums+, welches sowohl für den +Staat wie für das gesellschaftliche Leben hohe Bedeutung erlangt. 3. +Aufschwung des Seehandels und Entwickelung der +Städte+, zunächst in +Italien (Venedig und Genua). 4. Fortschreiten der geistigen Bildung +durch die im Orient gewonnenen neuen Anschauungen und Kenntnisse +(besonders der Philosophie des Aristoteles, Geographie und Naturkunde). + +Stützen der kirchlichen Macht, zugleich Förderer des Ackerbaues, +der Künste und Wissenschaften sind die neugebildeten ~Mönchsorden~: ++Cistercienser+ 1098 (Citeaux unweit Dijon), +Prämonstratenser+ +1120 (Prémontré bei Laon), die Bettelorden der +Dominikaner+ 1216, ++Franziskaner+ 1223 (Franz von Assisi in Umbrien) und +Augustiner+ +1244. Ausbildung der ~Scholastik~ (Philosophie im Dienste der Kirche) +durch die beiden Dominikaner +Albertus Magnus+ (Albert von Bollstädt +in Schwaben, lehrte in Paris und Köln, † 1280) und +Thomas von Aquino+ +(lehrte in Paris, Köln, Rom, Neapel, † 1274). + +Die kräftigsten Vorkämpfer der christlichen Staaten im Orient waren + + +~Die geistlichen Ritterorden.~ + +1. ~Tempelherren~ oder ~Templer~ (so genannt nach ihrem nahe der Stelle +des salomonischen +Tempels+ gelegenen Ordenshause in Jerusalem), +hervorgegangen aus einem 1118 geschlossenen Bunde 8 französischer +Ritter (+Hugo de Payens+). Zu den drei Mönchsgelübden (Armut, +Keuschheit, Gehorsam) wird die Verpflichtung zum Kampfe gegen die +Ungläubigen hinzugefügt. +Weißer+ Mantel, +rotes+ Kreuz. Der Orden wird +1291 nach Cypern verlegt, 1312 auf dem Konzil zu +Vienne+ durch Papst +Clemens V. aufgehoben. + +2. ~Johanniter~, entstanden aus der Brüderschaft des Hospitals des +heiligen Johannes in Jerusalem, welches Kaufleute aus +Amalfi+ um +1048 gestiftet hatten. Die Brüderschaft wird erweitert nach dem +ersten Kreuzzuge, dann nach dem Vorbild der Templer zum Ritterorden +umgestaltet (+Raimund Dupuis+). +Schwarzer+ Mantel, +weißes+ Kreuz. Der +Orden wird verlegt nach Cypern 1291, nach Rhodus 1310, nach Malta 1526, +wo er bis 1798 seinen Sitz hat (daher Malteser genannt). + +3. ~Deutscher Orden~, aus einer bei der Belagerung von ~Akkon~ 1190 +gestifteten Brüderschaft für Krankenpflege[32] zum ritterlichen Orden +umgewandelt 1198. +Weißer+ Mantel, +schwarzes+ Kreuz. Ordenssitz in ++Akkon+. Unter dem Hochmeister +Hermann von Salza+ wird 1226 der +Orden von dem polnischen Herzog +Konrad von Masovien+ zur Bekämpfung +der heidnischen ~Preussen~ eingeladen, von Kaiser +Friedrich II.+ +dazu bevollmächtigt und im Besitz des Landes Kulm sowie der künftigen +Eroberungen bestätigt. +Hermann Balk+, erster +Landmeister+ in +Preußen, welches durch blutige Kämpfe 1230–1283 unterworfen wird. Im +Jahre 1291 wird der Sitz des Hochmeisters nach +Venedig+, 1309 nach ++Marienburg+, 1457 nach +Königsberg+ verlegt. 1525 wird das Ordensland +weltliches Herzogtum. Die katholisch bleibenden Ritter behaupten sich +im Besitz der deutschen Güter; Sitz ihres Hochmeisters zu +Mergentheim+ +in Franken. Der Orden wird 1809 aufgehoben. + +In allen drei Orden: +Ritter+, +Priester+, +dienende Brüder+. + + +§ 2. Deutschland und Italien. + +[~1125–1137.~] + +~Lothar von Sachsen~, gewählt auf Betreiben der Erzbischöfe von Mainz +und Köln, (er läßt seine Wahl vom Papst bestätigen) im Gegensatz zu den +Neffen Heinrichs V., +Friedrich+ und +Konrad+ von Staufen. Er bekämpft +sie mit Hilfe seines Schwiegersohnes +Heinrichs des Stolzen+, Herzogs +von Bayern, aus dem +Welfen+hause (S. 166). Konrad läßt sich in Italien +zum König krönen, wird aber bald von seinen Anhängern verlassen; +Friedrich verteidigt sein Herzogtum +Schwaben+; beide unterwerfen sich +erst 1135. + +[Sidenote 1130.] + +Lothar entscheidet bei einer zwiespältigen Papstwahl für +Innocenz +II.+, zieht dann 1131 nach +Dänemark+ und benutzt einen Thronstreit +daselbst, um den König Magnus zum Vasallen des Reiches zu machen; dann +1132 Zug nach +Italien+. + +[1133.] + +Lothar, in Rom von Innocenz II. zum Kaiser gekrönt, nimmt die Allodien +der Markgräfin +Mathilde von Tuscien+ († 1115) vom Papste zu Lehen, +kehrt nach Deutschland zurück, ohne den Gegenpapst +Anaklet+, der sich +auf die +Normannen+ stützt (S. 171), aus Rom vertrieben zu haben. + +[1136–1137.] + +Zweiter Zug nach +Italien+. Lothar vertreibt den Normannenfürsten ++Roger II.+ auf kurze Zeit vom italischen Festlande, stirbt auf dem +Rückwege in Bayern, nachdem er +Heinrich dem Stolzen+ die Mathildischen +Güter und das Herzogtum Sachsen übertragen hat. + +Unter Lothars Regierung erfolgreicher Wiederbeginn der ~deutschen +Kolonisation~ im Norden und Osten des Reiches. Drei Fürstenhäuser, +welche dafür viel geleistet haben, verdanken ihm ihre Einsetzung: +die +Schauenburger+ in ~Holstein~, die +Wettiner+ in ~Meissen~, die ++Askanier+ in ~Brandenburg~ (Albrecht der Bär 1134, Markgraf der +Nordmark, (Altmark)). Bei den wendischen Pommern predigt Bischof +Otto +von Bamberg+ 1124 und 1127 das Christentum. + +[~1138–1254.~] + +~Haus der Hohenstaufen~ (Staufer), nach der Burg +Staufen+ in Schwaben +benannt. + +[~1188–1152.~] + +~Konrad III.~, von der dem sächsischen Hause feindlichen Partei ohne +Beteiligung der +Sachsen+ und +Bayern+ gewählt. + +Kampf der ~Welfen~ gegen die ~Staufer~ (letztere auch +Waiblinger+ +genannt nach der Burg Waiblingen in Schwaben). In Italien heißen die +Parteinamen +Guelfen+ und +Ghibellinen+. + +König Konrad spricht über +Heinrich den Stolzen+ die Acht aus und +verleiht das Herzogtum Sachsen an +Albrecht den Bären+, Bayern an ++Leopold IV.+, Markgrafen von Österreich. Während des Kampfes stirbt +Heinrich der Stolze 1139. Die sächsischen Großen halten zu seinem +10jährigen Sohne Heinrich; in Bayern und Schwaben kämpft sein Bruder +Welf VI. für seinen Neffen. + +[1140.] + ++Schlacht bei Weinsberg+ (unweit Heilbronn), Sieg Konrads über Welf +VI., die Stadt muß sich ergeben. (Die treuen Weiber von Weinsberg). + +Nach dem Tode Leopolds von Österreich kommt Bayern an seinen Bruder ++Heinrich Jasomirgott+,[33] welcher +Gertrud+, Heinrichs des Stolzen +Witwe, heiratet (1142). Des letzteren Sohn +Heinrich der Löwe+ erhält +Sachsen zurück. Albrecht der Bär entsagt seinen Ansprüchen auf das +Herzogtum Sachsen, erhält seine anhaltischen Besitzungen zurück, +regiert in der Nordmark und (seit Pribislavs Tode 1150) im Havellande +als +Markgraf von Brandenburg+ (S. »Anhang«). + +[1147.] + +Während Konrad III. den zweiten Kreuzzug nach Palästina unternimmt, +herrscht in Italien große Verwirrung. Der Mönch +Arnold von Brescia+ +im Kampf mit dem Papst. In Rom eine Republik gegründet, der Papst +vertrieben. In Norddeutschland ~Wendenkreuzzug~: Heinrich der +Löwe gegen den Obotritenfürsten +Niklot+, dessen Söhne später das +Christentum annehmen; Albrecht der Bär und Konrad von Wettin gegen +den Pommernfürsten +Ratibor+, der 1149 sich zum Christentum bekennt. +Seitdem deutsche Einwanderung in +Mecklenburg+ und +Pommern+, welche +deutsche Reichsländer werden. + +Konrad III. empfiehlt zum Nachfolger seinen Neffen +Friedrich von +Schwaben+, der von den Fürsten einstimmig in +Frankfurt+ gewählt, dann +in +Aachen+ gekrönt wird. Im Gegensatz zu Lothar und Konrad III. zeigt +er dem Papst seine Wahl nur an. + +[~1152–1190.~] + +~Friedrich I., Barbarossa~, durch Tapferkeit und Gerechtigkeit +hervorragend. Reichstag zu Merseburg 1152, Entscheidung des dänischen +Thronstreits: +Svend+ wird König von Dänemark als Vasall des Reiches. + + ~Welfen.~ + + Welf IV., + Hz. v. Bayern, †1101. + | + Heinrich d. Schwarze, + Hz. v. Bayern, †1126. + Gem. Wulfhild, T. des Magnus Billung. + _____________|_______________________ + | | | + Heinrich der Stolze, Welf VI. Judith, Gem. v. Friedrich Hz. + Hz. v. Bayern u. †1191. v. Schwaben, + Sachsen, †1139. †1147. + Gem. Gertrud, T. + Lothars v. Sachsen. + | + ~Heinrich~ der Löwe + Herzog v. Sachsen u. Bayern, †1195. + ____|__________________ + | | + ~Otto IV.,~ Wilhelm + †1218. | + 1. Gem. Beatrix | + 2. Maria Otto das Kind, + v. Brabant erster Hz. v. + Braunschweig-Lüneburg. + + + ~Hohenstaufen (Staufer).~ + + Friedrich, Herzog von Schwaben, †1105. + Gem. Agnes, Tochter Kaiser Heinrichs IV. + _____________|_________________ + | | + Friedrich Hz. ~Konrad III.,~ + v. Schwaben, †1147. †1152. + | + ~Friedrich I.,~ Barbarossa + †1190. + ___|___________________________________ + | | | + ~Heinrich VI.,~ Friedrich ~Philipp~ + †1197. Hz. v. Schwaben von Schwaben + Gem. Konstanze. †1191. †1208. + | ___________|________ + ~Friedrich II.,~ Beatrix, Beatrix, + †1250. Gem. Otto IV. Gem. Ferdinand III. + | von Kastilien. + __|______________________________________________ |____ + | | | | | | + Heinrich, ~Konrad IV.,~ Margarete, †1270, Enzio, Manfred, Alfons X. + †1242. †1254. Gem. Albrecht †1272. †1266. von + | von Thüringen. | Kastilien. + | __|__________ | + Konradin Friedrich. Diezmann. Constantia, + †1268. Gem. Peter III. von + Aragon. + +Friedrichs Hauptbestreben ist, das Ansehen des ~Kaisertums~ +wiederherzustellen. Daher Streit mit den zu mächtigen Republiken +gewordenen ~lombardischen Städten~. Sechs Züge nach ~Italien~, bei +welchen das deutsche +Rittertum+ seine Kraft entfaltet. + +[1154–1155.] + ++Erster Zug.+ Friedrich zerstört einige kleine Orte, die sich ihm +widersetzen, und wird in Rom von Hadrian IV. zum Kaiser gekrönt. +Tapferer Kampf +Heinrichs des Löwen+ gegen die aufständischen Römer. ++Arnold von Brescia+ (Schüler des Scholastikers +Abälard+), der gegen +die weltliche Herrschaft der Geistlichen und den Güterbesitz der Kirche +aufgetreten war, wird verurteilt und verbrannt. + +Auf dem Rückwege von Rom erstürmt +Otto von Wittelsbach+ den Engpaß im +Etschtale bei +Verona+. + +[1156.] + +Heinrich der Löwe erhält auch Bayern zurück. +Österreich+ bleibt im +Besitze der +Babenberger+ (S. 162) als ein auch in weiblicher Linie +erbliches +Herzogtum+. + +Gegenüber der welfischen Machtstellung in Sachsen und Bayern stützt +die kaiserliche Macht sich auf die Stammgüter in +Schwaben+ und +auf die von den Saliern ererbten Güter in +Franken+, außerdem auf +bedeutende +Reichsgüter+ in anderen Landschaften, besonders in der +Rheingegend. Das »goldene Mainz« Mittelpunkt des Handels und Verkehrs. +Die Verwaltung dieser Güter werden +Ministerialen+ übertragen, d. h. +den Gehülfen (ministri) der Ritter und freien Herren, die ursprünglich +unfrei gewesen waren, dann aber infolge ihrer gehobenen Stellung sich +mehr und mehr von ihren hörigen Standesgenossen abhoben und schließlich +den freien Rittern gleich geachtet wurden. ~Kaiserliche Pfalzen~ zu +Hagenau (im Elsaß), Trifels und Kaiserslautern (in der Rheinpfalz), +Ingelheim, Gelnhausen, Aachen, Dortmund, Goslar, Tilleda (am +Kyffhäuser), Nürnberg u. a. Die +Pfalzgrafschaft am Rhein+ überträgt +Friedrich 1156 seinem Halbbruder Konrad, der die Burg +Heidelberg+ +gründet. + +[1156] + +vermählt Friedrich sich mit +Beatrix+, der Erbin von Hochburgund. + +[1157.] + +Zug Friedrichs über die Oder nach +Polen+. Herzog Boleslav IV. +unterwirft sich, räumt um 1163 seinen Neffen besondere Fürstentümer in +~Schlesien~ ein; seitdem deutsche Einwanderung in dieses Land. + +[Sept.] + +Reichstag zu +Würzburg+; es erscheinen Gesandtschaften aus dem +byzantinischen Reich, aus England, Dänemark, Ungarn, Italien, +~Burgund~. Auf dem Reichstage zu +Besançon+ (Okt.) huldigen die +burgundischen Großen. Der Kanzler des Kaisers, Graf +Rainald von +Dassel+, tritt gegen den Kardinal +Roland von Siena+ auf, welcher auf +Grund eines päpstlichen Schreibens die Kaiserkrone für ein päpstliches +Lehen (+beneficium+) erklärt. + +[1158.] + +Fürstentag zu +Regensburg+; Herzog Wladislav von ~Böhmen~ erhält von +Friedrich die +Königskrone+. + +[1158–1162.] + ++Zweiter Zug+ nach ~Italien~. Die lombardischen Städte, auch +Mailand, unterwerfen sich. Reichstag auf den +Ronkalischen Feldern+ +(bei Piacenza), die kaiserlichen Hoheitsrechte über die Städte in +Oberitalien auf Grund des +römischen Rechts+ festgestellt. Die +Mailänder empören sich von neuem. Streit des Kaisers mit dem Papste +über die kaiserlichen Rechte in Rom. Krieg gegen Mailand, das sich nach +längerer Belagerung ergeben muß. Auf Befehl des Kaisers wird + +[1162.] + +~Mailand zerstört~ durch die Einwohner der Nachbarstädte. + +[1159–1177.] + +Kirchenspaltung. Papst ~Alexander III.~ (Roland von Siena) von der +Mehrzahl der Kardinale gewählt, Viktor IV. von der kaiserlich gesinnten +Minderheit. Friedrich entscheidet auf dem Konzil zu Pavia (+Rainald+, +Erzbischof von Köln) für Viktor. Alexander III., im Bunde mit den +lombardischen Städten, spricht über den Kaiser den +Bann+ aus, sieht +sich aber genötigt, nach Frankreich zu entweichen. + +[1163.] + ++Dritter Zug+. Der Kaiser ohne Heer. Er bestätigt die Anordnungen +seines Kanzlers +Rainald+. Bald neue Unruhen in Italien, Alexander III. +kehrt nach Rom zurück. + +[1166–1168.] + ++Vierter Zug+. Paschalis III., Viktors Nachfolger, wird von Friedrich +nach Rom geführt; Alexander entflieht nach Benevent, findet Schutz im +Normannenreich (S. 171). Unterdessen stellen die Lombarden +Mailand+ +wieder her, erbauen +Alessandria+ (dem Papste zu Ehren benannt) und +besetzen die Alpenpässe. Der Kaiser, dessen Heer durch eine in Rom +ausgebrochene +Seuche+ fast aufgerieben war, entkommt nur mit Mühe nach +Deutschland. + +Fehde zwischen +Heinrich dem Löwen+, der seine Herzogsgewalt über +Mecklenburg und Pommern ausgedehnt hat, und den ihm feindlichen Fürsten +(den Erzbischöfen von Magdeburg und Bremen, Albrecht dem Bären, Otto +von Meißen, Ludwig dem Eisernen von Thüringen u. a.). Der Kaiser +schlichtet den Streit zu Gunsten Heinrichs des Löwen, bringt aber +durch Vertrag mit dem kinderlosen Welf VI. die +welfischen Stammgüter+ +in Schwaben (Altorf und Ravensburg) an sich, um seine Hausmacht zu +vermehren. Heinrich der Löwe unternimmt eine Wallfahrt nach Jerusalem +(1172). + +[1174–1178.] + ++Fünfter Zug+ Friedrichs nach Italien. Er belagert vergeblich das +feste +Alessandria+. Heinrich der Löwe verweigert auf den Anruf +des Kaisers die Heeresfolge (Zusammenkunft in +Partenkirchen+ oder ++Chiavenna+). Der Kaiser greift die Lombarden an, wird aber in der + +[1176.] + +~Schlacht bei Legnano~ besiegt. Unterhandlungen und Waffenstillstand +mit Alexander III. und den lombardischen Städten. + +[1177.] + +Aussöhnung zwischen Kaiser und Papst in +Venedig+. Alexander III. wird +durch Erzbischof Christian von Mainz im Auftrage des Kaisers nach Rom +zurückgeführt. Friedrich ordnet die Verhältnisse Italiens, empfängt +1178 in +Arles+ die burgundische Krone, kehrt dann nach Deutschland +zurück, um seinen Vetter +Heinrich den Löwen+ zu demütigen. + +[~1180.~] + +~Heinrich der Löwe geächtet~ und seiner Lehen verlustig erklärt, +nachdem er auf viermalige Vorladung nicht erschienen ist. Friedrich +zieht mit Heeresmacht gegen ihn, dringt 1181 durch Sachsen bis +Lübeck+ +vor und nimmt diese Stadt ein, darauf unterwirft sich Heinrich der Löwe +zu +Erfurt+. Er behält seinen Allodialbesitz von mütterlicher Seite, +Braunschweig und Lüneburg, muß aber auf drei Jahre in die Verbannung +gehen, begibt sich nach +England+ zu seinem Schwiegervater König +Heinrich II. + +~Teilung des Herzogtums Sachsen~. +Westfalen+ kommt größtenteils an +das Erzbistum Köln; die Grafen von +Holstein, Schwerin, Oldenburg, +Teklenburg+ u. a. werden reichsunmittelbar; ebenso die Stadt +Lübeck+, +während +Hamburg+ den Grafen von Holstein, +Bremen+ seinem Erzbischof +noch Untertan bleibt.[34] + +Das +östliche Sachsen+ (Wittenberg und Lauenburg) mit der Herzogswürde +erhält +Bernhard von Askanien,+ Sohn Albrechts des Bären; ~Bayern~ +(ohne +Steiermark+, welches selbständiges Herzogtum wird, bald aber an +Österreich kommt) erhält +Otto von Wittelsbach+ († 1183). + +[1183.] + +Friede mit den lombardischen Städten zu +Konstanz+. Die meisten +beanspruchten Rechte (namentlich freie Wahl der Stadtobrigkeit, +Consules) werden ihnen gegen Anerkennung der Oberhoheit des deutschen +Reiches zugestanden. + +[1184.] + +Glänzendes Reichsfest in der Rheinebene bei +Mainz+; der Kaiser erteilt +seinen beiden ältesten Söhnen den Ritterschlag. ~Einheit und Macht des +deutschen Reiches überall anerkannt.~ + +[1184–1186.] + ++Sechster+ (friedlicher) Zug nach Italien. Der Kaiser vermählt in ++Mailand+ seinen schon längst zum deutschen König gewählten 21jährigen +Sohn ~Heinrich~ mit ~Konstanze,~ der Erbin des +Normannenreiches+ in +Unteritalien. + +[1189–1190.] + ++Friedrichs Kreuzzug+ und +Tod+ (s. S. 175). Sein Sohn Heinrich +Reichsverweser. +Heinrich der Löwe,+ der bei des Kaisers Aufbruch +abermals auf 3 Jahre das Reich hatte verlassen müssen, kehrt +eigenmächtig aus England zurück. Da im Nov. 1189 König Wilhelm II. von +Sicilien gestorben ist, so beeilt sich König Heinrich, mit Heinrich dem +Löwen einen Vertrag zu schließen. Mittlerweile kommt die Nachricht von +Kaiser Friedrichs Tode nach Deutschland. + +[~1190–1197.~] + +~Heinrich VI.,~ ein staatskluger, hochgebildeter Fürst, aber streng und +rücksichtslos. + +[1191.] + ++Erster Zug+ nach +Italien.+ Heinrich empfängt die Kaiserkrone in +Rom und zieht nach Neapel, um das Erbe seiner Gemahlin Konstanze dem +Normannen +Tankred+ +von Lecce+ zu entreißen. Vergebliche Belagerung +von Neapel. Krankheiten in seinem Heere zwingen den Kaiser zur Rückkehr +nach Deutschland. Dort + +[1192–1194.] + +neuer Krieg mit Heinrich dem Löwen, der den Vertrag nicht gehalten hat. +Den Krieg beendet ein Vergleich, welcher erleichtert wird durch die +Freigebung von Heinrichs des Löwen Schwager, +Richard Löwenherz+ von +England (s. S. 176). Heinrich der Löwe stirbt 1195 zu Braunschweig. + +[1194.] + ++Zweiter Zug+ nach +Italien+; das Königreich beider Sicilien +unterworfen, Krönung zu +Palermo+. ~Kaiserliche Herrschaft über ganz +Italien,~ deutsche Statthalter in Tuscien, Ancona, Spoleto. + +[1196.] + +Reichstag zu +Würzburg+. Der Plan Heinrichs, Deutschland (vereinigt +mit dem Königreich beider Sicilien) zum +Erbreich+ zu machen, wogegen +ebenso alle Lehen, auch in weiblicher Linie, erblich werden sollen, +scheitert an dem Widerstande der geistlichen und weltlichen Fürsten. + +[1197.] + ++Dritter Zug+ Heinrichs nach +Italien+. Er unterdrückt eine +Verschwörung mit grausamer Härte. Inmitten großartiger Pläne (Eroberung +des oströmischen Reiches, Gründung einer Weltherrschaft, Kreuzzug) +stirbt er, erst 32 Jahre alt, plötzlich in Messina. Sein Sohn +Friedrich, noch nicht 3 Jahre alt, schon vor seiner Taufe von den +deutschen Fürsten zum Nachfolger seines Vaters ernannt. + +In Deutschland Doppelwahl; + +[~1198–1208.~] + +~Philipp von Schwaben~ (jüngster Sohn Friedrich Barbarossas). + +[~1198–1215.~] + +~Otto IV. von Braunschweig~ (Sohn Heinrichs des Löwen). + +[1198–1215.] + +Thronkrieg zwischen +Staufern+ und +Welfen+.[35] + +Otto IV. von Papst ~Innocenz III.~ anerkannt, von seinem durch den +Papst gebannten Gegenkönig Philipp besiegt und fast auf Braunschweig +beschränkt. + +[1208.] + +Philipp wird +zu Bamberg+ ermordet von dem bayrischen Pfalzgrafen ++Otto von Wittelsbach+ (Privatrache). Darauf wird ~Otto IV.~, der +sich mit Philipps junger Tochter verlobt, allgemein anerkannt und von +Papst Innocenz III. in Rom 1209 zum Kaiser gekrönt, nachdem er dem +päpstlichen Stuhle die Mathildischen Güter (S. 179) überlassen und +andere Zugeständnisse gemacht hat. Bald aber gerät er in Streit mit dem +Papste, welcher im Verein mit der staufischen Partei in Deutschland +gegen ihn 1212 als König aufstellt seinen Mündel ~Friedrich~, Sohn +Heinrichs VI. Friedrich verspricht, Sicilien, das die Kurie als ein +päpstliches Lehen ansah, nie mit dem Reich zu vereinigen. + +[1214.] + +Otto IV., als Bundesgenosse Englands von Philipp II. Augustus von +Frankreich bei +Bouvines+ (unweit +Lille+) besiegt (S. 193), zieht sich +in seine Erblande zurück († 1218 auf der Harzburg). + +Hohes Ansehen des ~Papsttums~ unter ~Innocenz III.~ (1198 bis 1216), +der als Statthalter Christi auf Erden auch zwischen Frankreich +und England (S. 193), in Aragon und Portugal, Ungarn und den +skandinavischen Reichen als Schiedsrichter auftritt. Herstellung des ++Kirchenstaats+, Krieg gegen die Ketzer in Südfrankreich (S. 191), +Einsetzung der +Inquisition+ auf dem Laterankonzil zu Rom 1215. + +Blüte der ritterlichen ~Dichtkunst~ in Deutschland: Heinrich von +Veldeke, Hartmann von Aue; +Wolfram von Eschenbach+ und +Walther von +der Vogelweide+ am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen († 1217) +auf der Wartburg. Schriftliche Aufzeichnung des +Nibelungenliedes+. + +[~1212(15)–1250.~] + +~Friedrich II., zugleich König beider Sicilien~, der geistig +bedeutendste Fürst des Mittelalters, leidenschaftlich, mehr Italiener +als Deutscher (in Sicilien geboren, von seiner italienischen Mutter +erzogen), entschiedener Gegner der geistlichen Herrschaft. + +Er wird von einem Teile der Fürsten 1212 in Frankfurt zum König +gewählt, verleiht 1214 die +Pfalzgrafschaft am Rhein+ (S. 182) dem +Herzog Ludwig I. von Bayern, dem Sohne Ottos von Wittelsbach, und +bestätigt dem König Waldemar II. von +Dänemark+ den Besitz der Länder +jenseits der +Elbe+ und +Elde+ (Holstein und Mecklenburg), welche +dieser während des deutschen Thronstreits an sich gerissen hatte. + +[~1215~.] + +Friedrich II. allgemein anerkannt und zu +Aachen+ gekrönt. Er gelobt +einen Kreuzzug und verläßt Deutschland 1220, nachdem er die Wahl seines +jungen Sohnes +Heinrich+ zum römischen König erreicht hat. + +[1220.] + +Kaiserkrönung Friedrichs II. in +Rom+ nach erneutem Versprechen eines +Kreuzzugs; darauf ordnet er die Verhältnisse des sicilischen Reiches. +In Deutschland Erzbischof +Engelbert von Köln+ Reichsverweser († 1225), +dann König Heinrich. + +[1223.] + ++Waldemar II. von Dänemark+ wird von dem Grafen Heinrich von Schwerin +gefangen genommen und nach Deutschland geführt. +Hermann von Salza+, +Hochmeister des Deutschen Ordens, vermittelt im Auftrage des Kaisers +seine Freilassung, die erst 1225 gegen hohes Lösegeld und Verzicht auf +die deutschen Gebiete erfolgt. + +[1226.] + +Der Kaiser bevollmächtigt den Deutschen Orden zur Eroberung +Preußens+ +(S. 178). Reichstag zu +Cremona+, Streitigkeiten mit den lombardischen +Städten. + +[1227.] + +Das in Apulien versammelte Kreuzheer löst sich auf wegen Ausbruchs der +Pest. Ludwig, Landgraf von Thüringen, Gemahl der heiligen Elisabeth, +stirbt. Papst Gregor IX. (1227–41) spricht den Bann über den Kaiser aus. + +[1227.] + +~Schlacht bei Bornhöved~ in Holstein. Waldemar II., der Sieger, besiegt +von den Grafen von Holstein und Schwerin, Herzog Albert von Sachsen, +dem Erzbischof von Bremen und den Bürgern von Lübeck und Hamburg. Das +Land bis zur Eider für Deutschland gerettet. + +[1228–1229.] + +~Kreuzzug~ Friedrichs II. (S. 177). Nach der Rückkehr vertreibt er +die in sein italisches Reich eingedrungenen päpstlichen Truppen +(Schlüsselsoldaten genannt). + +[1230.] + +Friede mit dem Papste zu ~San Germano~, Aufhebung des Bannes. +Gesetzgebung Friedrichs II. für das unteritalische Reich (Constitutio +Monarchiae Siculae); geordnete Verwaltung und Rechtspflege; auf den +Landtagen erscheinen neben dem Adel Vertreter der Städte; direkte +und indirekte Steuern eingeführt; Beamtentum, Söldnerheer und Flotte +geschaffen; staatliche Universität in Neapel gegründet. + +[1231.] + +In Deutschland wird die ~Landeshoheit~ der geistlichen und weltlichen +~Fürsten~ über ihre Gebiete befestigt durch die von Friedrich II. +genehmigten Beschlüsse des Reichstags zu +Worms+. + +[1233.] + +Der Dominikaner +Konrad von Marburg+, Beichtvater der Landgräfin +Elisabeth von Thüringen (1207–1231), welcher in Deutschland als +Ketzerrichter auftrat, wird erschlagen; aber ein Kreuzheer besiegt und +vernichtet 1234 die der Ketzerei beschuldigten +Stedinger+ Bauern in +Oldenburg. + +[1235.] + +Friedrich II. kommt wegen Empörung seines Sohnes Heinrich nach +Deutschland, schickt ihn als Gefangenen nach Italien († 1242), erläßt +auf dem +Reichstag zu Mainz+ ein ~Landfriedensgesetz~ (+erste+ +Veröffentlichung eines Reichsgesetzes auch in +deutscher+ Sprache) +und verleiht dem Welfen +Otto+, Neffen Ottos IV., das Herzogtum ++Braunschweig-Lüneburg+. + +[Sidenote 1236.] + +Siegreicher Kampf Friedrichs gegen die +lombardischen Städte+, in +welchen die Partei der ~Guelfen~ herrscht. Sein Verbündeter der +grausame +Ezzelino da Romano+, Markgraf von Verona, an der Spitze +der ~Ghibellinen~. Der Kaiser zieht noch einmal nach Deutschland, um +Herzog Friedrich den Streitbaren von +Österreich+ wegen Empörung zu +strafen und die Wahl seines zweiten Sohnes Konrad zum römischen König +durchzusetzen. + +[1237.] + +Glänzender Sieg Friedrichs über die Lombarden bei ~Cortenuova~. Seine +zu weit gehenden Forderungen vereiteln jedoch die völlige Unterwerfung +der Lombardei. Sein Sohn Enzio mit der Erbin von Sardinien vermählt, +über das die Kurie die Lehnshoheit beanspruchte. Papst Gregor IX. +beschuldigt ihn der Ketzerei und bannt ihn 1239 abermals. Er dringt +1240 vor bis in die Nähe Roms, wendet sich dann nach Ancona und +belagert Faenza. + +[1241.] + +Seesieg seines Sohnes +Enzio+ bei +Elba+ über die genuesische Flotte, +viele zum Konzil nach Rom fahrende Geistliche gefangen. Gregor IX. †. +Sein Nachfolger Innocenz IV. verhandelt mit dem Kaiser, entflieht aber +1244 nach Genua und weiter nach Lyon. (Bedrohung Deutschlands durch die +Mongolen, s. S. 195). + +[~1245.~] + +~Absetzung des Kaisers~ durch Beschluß des +Konzils zu Lyon+. Innocenz +IV. erneuert den Bann gegen ihn und fordert die deutschen Fürsten zu +einer Neuwahl auf. Die Bettelmönche (Franziskaner und Dominikaner) +predigen das Kreuz gegen ihn. + +[1246–1247.] + +~Heinrich Raspe~, Landgraf von Thüringen, Schwager der heiligen +Elisabeth, der sie mit ihren Kindern von der Wartburg vertrieb, als +Gegenkönig anfangs siegreich gegen Konrad, Friedrichs Sohn, dann +aber bei Ulm zurückgeschlagen, stirbt 1247 auf der Wartburg. Mit ihm +erlischt das landgräfliche Haus von Thüringen, dessen +östlicher+ Teil +mit der Markgrafschaft +Meißen+ vereinigt wird; aus dem +westlichen+ +geht die Landgrafschaft +Hessen+ hervor. + +[1247–1256.] + +~Wilhelm von Holland~, zweiter Gegenkönig, der jedoch kein Ansehen in +Deutschland erlangt. + +~Friedrich~ kämpft 1248 in Italien anfangs glücklich, wird aber vor +Parma zurückgeschlagen. Sein Sohn +Enzio+ gerät 1249 beim Kampfe gegen +Bologna in Gefangenschaft († nach 23jähriger Haft im Kerker). Der +Kanzler +Petrus von Vinea+ wird wegen geheimer Verhandlungen mit dem +Papste als Verräter geblendet, † 1249. + +[1250.] + +Friedrich stirbt zu Fiorentino (in Apulien) in den Armen seines Sohnes +Manfred. Ihm folgt in Deutschland sein Sohn + +[~1250–1254.~] + +~Konrad IV.~ (Gegenkönig Wilhelm von Holland), der aber schon 1251 nach +Italien zieht, um gemeinsam mit Manfred um das unteritalische Erbreich +zu kämpfen. Er erobert 1253 Neapel, stirbt aber im folgenden Jahre am +Fieber. + +[1256.] + +Wilhelm von Holland fällt im Kampfe gegen die Friesen. + +[~1256–1273.~] + +~Interregnum in Deutschland.~ + +Graf +Richard von Cornwallis+, Bruder Heinrichs III. von England, +Schwager Kaiser Friedrichs II., von einem Teil der Fürsten erwählt, in +Aachen gekrönt, kommt nur am Rhein zur Anerkennung († 1272). +Alfons X. +von Kastilien+, Enkel des Hohenstaufen Philipp von Schwaben, von andern +Fürsten gewählt, kommt nie nach Deutschland. + +~Verfall des deutschen Reiches.~ Die Reichsgüter (S. 182) werden teils +von den Fürsten in Besitz genommen, teils reichsfreier Besitz von +Rittern, Städten und Klöstern. Fehden und Raubrittertum namentlich +am Rhein und in Schwaben. 1254 Stiftung des +rheinischen Bundes+ +(ausgehend von den Städten Mainz und Worms; die Erzbischöfe von Mainz, +Trier, Köln, mehrere Bischöfe, Grafen und Städte schließen sich an) zur +Wahrung des Landfriedens und Beseitigung ungerechter Zölle. + +~Befestigung der Landeshoheit~ in den größeren fürstlichen Gebieten: +die +Wittelsbacher+ in Bayern und der Rheinpfalz (Residenz Heidelberg, +S. 186), die +Welfen+ in Braunschweig-Lüneburg (S. 188), die +Askanier+ +in Sachsen-Wittenberg und Sachsen-Lauenburg, Anhalt und Brandenburg +(S. 180, 184), die +Wettiner+ in Meißen und Thüringen (S. 188). In den +östlichen Landschaften Fortschreiten der deutschen +Kolonisation+ (S. +179). + +Bei dem Mangel geordneter Rechtsprechung von Reichs wegen gewinnt das +von dem sächsischen Schöffen +Eike von Repgow+ um 1230 aufgezeichnete +Rechtsbuch, der +Sachsenspiegel+, bald große Verbreitung; in ähnlicher +Weise wird das in Oberdeutschland geltende Land- und Lehnsrecht um 1276 +im +Schwabenspiegel+ aufgezeichnet. In Westfalen entwickeln sich aus +den alten Grafschaftsgerichten die +Femgerichte+; der Erzbischof von +Köln Oberstuhlherr, Freischöffen im ganzen Reiche. + +Allmähliches ~Aufblühen der Städte~: sie streben, zum Teil auf frühere +kaiserliche Privilegien gestützt, nach +Selbstregierung+ durch den von +den Bürgern erwählten +Rat+. Worms und Köln treten schon unter Heinrich +IV. und V. hervor. Die Bürger von +Köln+ behaupten ihre Rechte im +Streit gegen den Erzbischof 1258–1271 und in der Schlacht bei Worringen +1288, die Bürger von +Straßburg+ siegen über den Bischof 1262 bei +Hausbergen. Diese und andere +bischöfliche+ Städte (Worms, Speier, +Augsburg, Regensburg) werden gleich den früher von +königlichen+ +Beamten (Burggrafen oder Vögten) regierten Städten (Frankfurt, Aachen, +Dortmund, Lübeck, Goslar, Nürnberg, Ulm u. a.) allmählich zu ~freien +Reichsstädten~. Andere bleiben unter bischöflicher oder +fürstlicher+ +Hoheit (Mainz, Magdeburg, Würzburg, München, Braunschweig, Stralsund +u. a.), erlangen aber doch bedeutende Rechte zur Sicherung ihres +Handels und Gewerbefleißes. + +~Aufblühen der Baukunst.~ Den romanischen Rundbogenstil (Dome zu Mainz, +Worms, Speier und Bamberg; Wartburg) verdrängt allmählich der zuerst +von den Arabern angewandte sog. gotische Spitzbogenstil: Dom zu +Köln+ +1248 vom Erzbischof Konrad von Hochstaden an Stelle eines älteren Doms +gegründet; Erwin von Steinbach beginnt 1277 die Westfront des Münsters +zu +Straßburg.+ + +[~1266–1268.~] + +~Untergang des staufischen Herrscherhauses in Italien.~ + +~Manfred~ verteidigt das Königreich beider Sicilien zuerst als +Reichsverweser für Konradin, den in Deutschland zurückgebliebenen Sohn +Konrads IV., seit 1258 als König. Er fällt 1266 in der +Schlacht bei +Benevent+ im Kampfe gegen +Karl von Anjou+, Bruder Ludwigs IX. von +Frankreich, welchem der Papst das Königreich zu Lehen gegeben hat. + +~Konradin~ geht 1267 mit +Friedrich von Baden+ (als Sohn der +babenbergischen Erbtochter von Österreich auch Friedrich +von +Österreich+ genannt) nach Italien. Er wird 1268 bei ~Tagliacozzo~ (nahe +dem +Logo di Celano+, Fuciner-See) geschlagen und auf Befehl Karls von +Anjou in Neapel hingerichtet. + +Die Grausamkeit des Königs erregt Unruhen in Sicilien. + +[~1282.~ 30. März.] + +~Sicilianische Vesper,~ so genannt, weil der Aufstand am Ostermontag +gegen Abend ausbrach. Ermordung aller Franzosen in +Palermo+, dann in +ganz Sicilien, angestiftet von dem Ghibellinen Johann von +Procida+. +König Pedro III. von +Aragon+, Schwiegersohn Manfreds, vereinigt +Sicilien mit seinem Reiche; Karl von Anjou behält das Königreich +Neapel. + + +§ 3. Frankreich. + +Allmähliches Erstarken des Königtums. Die Macht der ~Capetinger~ ist +noch auf ihr Herzogtum +Francien+ (Isle de France und Orléanais) +beschränkt, doch halten sie die Lehnshoheit über die großen Vasallen +fest. + ++Philipp I.+ (1060–1108) mit Gregor VII. in Streit wegen der +Hoheitsrechte über die Bischöfe, während des ersten Kreuzzuges im Bann +wegen Verstoßung seiner Gemahlin, vererbt doch die königlichen Rechte +auf seinen Sohn +Ludwig VI.+ (1108–1137). Dieser bringt mit Hilfe des +staatsklugen Abtes +Suger+ von St.-Denis die königliche Gerichtsbarkeit +über die Vasallen zu Ansehen und fördert die Städte. Veredlung des ++Rittertums+ durch die Kreuzzüge; Aufblühen der ritterlichen Dichtkunst +(+Troubadours+ in der Provence, Trouvères in Nordfrankreich). +Ludwig +VII.+ (1137–1180) unternimmt den zweiten Kreuzzug (S. 174f.), läßt sich +von seiner Gemahlin +Eleonore+ von Aquitanien scheiden; diese heiratet +Heinrich II. Plantagenet, König von England, der dadurch +Poitou+, ++Guyenne+ und +Gascogne+ u. a.m. erhält. + +[~1180–1223.~] + +~Philipp II.~ Augustus. Dritter Kreuzzug mit Richard Löwenherz (S. +175f.). Siegreiche Kriege gegen England nach der Rückkehr (S. 193); +Mehrung der Königsmacht. + +[1209–1229.] + +~Albigenserkriege~ in Südfrankreich, veranlaßt durch die Predigten der +Cistercienser und Dominikaner (S. 178) gegen die kirchlichen Sekten +der +Katharer+ (in Deutschland +Ketzer+ genannt) und +Waldenser+ +(Petrus Waldus zu Lyon 1173). Graf Raimund VI. von +Toulouse+ nimmt +sich der Bedrängten an, welche grausam verfolgt werden (Einwohnerschaft +des erstürmten Béziers, 20000 Seelen, umgebracht), muß vor Simon von +Montfort zurückweichen, gewinnt aber schließlich seine Besitzungen +wieder. Philipp II., Augustus, vermeidet die Einmischung in den Krieg; +sein Sohn +Ludwig VIII.+ (1223–1226) folgt dem Hilferuf Amalrichs +von Montfort gegen Raimund VII., stirbt aber vor Beendigung des +Kriegszuges. Die päpstliche Inquisition vollendet die gewaltsame +Bekehrung der Albigenser. + +[~1226–1270.~] + +~Ludwig IX., der Heilige,~ anfangs unter Vormundschaft seiner Mutter +Blanka von Kastilien. Raimund VII. unterwirft sich 1229; die Grafschaft ++Toulouse+ mit der Krone vereinigt, ebenso andere Provinzen durch +Vertrag oder Erbanfall. Friedliche Regierung, Verbot der Fehden, +Fürsorge für die Rechtspflege; Gottesurteile abgeschafft; die +Gerichtsbarkeit der großen Vasallen beschränkt durch die Oberaufsicht +der königlichen Gerichte (Parlamente). Aufblühen der Universität ++Paris+. Ludwigs Kaplan Robert von Sorbon gründet die +Sorbonne+, +berühmt als Hauptsitz der theologischen Studien. Sechster und siebenter +Kreuzzug (S. 177). + + +§ 4. England. + +[~1066–1154.~] + +~Normannische Könige.~ + +[~1066–1087.~] + +~Wilhelm I.~, der Eroberer, Sohn Roberts II, des Teufels, vollendet +in blutigen Kämpfen die Unterwerfung der Angelsachsen und richtet +den normannischen Lehnsstaat ein, aber mit Beibehaltung der +angelsächsischen Grafschaftseinteilung und Gerichtsverfassung. +Aufzeichnung der Rechtsverhältnisse und Abgaben der Grundbesitzer im ++Domesdaybook+ (von domus dei): Ritterlehen, Kirchengüter, städtischer +Besitz, freie Bauerngüter, Höfe der Unfreien. Zwei Volksstämme und +zwei Sprachen, die +sächsische+ und die +französische,+ bestehen noch +lange Zeit in England nebeneinander; König und Adel sind französische +Normannen. + +Wilhelms I. ältester Sohn Robert erbt die +Normandie+; in England +folgen die jüngeren Söhne, zuerst +Wilhelm II.+, dann +Heinrich I.+, +welcher 1106 auch die Normandie in Besitz nimmt. Ihm folgt sein +Schwestersohn +Stephan von Blois+, gegen welchen Heinrichs Tochter +Mathilde, vermählt mit dem Grafen Gottfried von Anjou, Erbansprüche +erhebt. Langwierige Kämpfe; endlich wird Mathildens Sohn Heinrich von +Anjou als Thronfolger anerkannt. + +[~1154–1399.~] + +~Haus Anjou-Plantagenet.~[36] + +[~1154–1189.~] + +~Heinrich II.~ besitzt große französische Lehen: 1. +Normandie+ und ++Bretagne+ als Erbe der normannischen Könige, 2. +Anjou+, +Maine+, ++Touraine+ von seinem Vater, 3. durch Heirat mit +Eleonore+ (1152, s. +S. 191) +Poitou+, +Guyenne+ und +Gascogne+, also im ganzen mehr als +halb Frankreich. + +[1164.] + +Reform der Rechtspflege durch die Beschlüsse von +Clarendon+, +namentlich werden die Vorrechte der Geistlichen beschränkt. Deswegen +Streit mit dem Erzbischof +Thomas Becket+ von Canterbury, welcher von +Anhängern des Königs 1170 ermordet wird. + +[1171.] + +Kriegszug nach +Irland+, die Fürsten der Insel unterwerfen sich der +englischen Lehnshoheit. Durch einen Aufstand wird ein Teil wieder +selbständig. + +[1174.] + +Heinrichs Buße am Grabe des auf sein Anstiften ermordeten +Erzbischofs; seine aufständischen Söhne müssen sich unterwerfen. Die +Gerichtsbarkeit über die Geistlichen wird durch Verträge mit Papst +Alexander III. geregelt. + +[~1189–1199.~] + +~Richard Löwenherz~, in ritterlichen Kämpfen hervorragend, aber ohne +Mäßigung. Kreuzzug, Gefangenschaft in Deutschland (S. 176), dann Kriege +mit Philipp II. Augustus von Frankreich. Richards Bruder + +[~1199–1216.~] + +~Johann~ (ohne Land) läßt seinen Neffen +Arthur von der Bretagne+, der +ihm den Thron streitig macht, ermorden, wird deshalb als französischer +Vasall (S. 192) von Philipp II. vor den französischen Lehnsgerichtshof +geladen, verliert 1204 die Normandie, bald auch die übrigen +französischen Lehen bis auf Guyenne an die Krone Frankreich. -- Streit +mit Papst Innocenz III. über die Wahl eines Erzbischofs von Canterbury +(1205). England mit dem Interdikt, Johann mit dem Bann belegt. Der +König unterwirft sich dem Papst und leistet ihm den Lehnseid (1213). +Während er dann von La Rochelle aus die verlorenen Gebiete in +Frankreich zurückzuerobern versucht, werden seine Verbündeten, der Graf +von Flandern und Otto IV. von Deutschland, bei +Bouvines+ geschlagen +(1214 s. S. 186). Aufstand der großen Vasallen; sie erzwingen auf der +Wiese Runnymede bei +Windsor+ die Bewilligung der + +[1215.] + +~Magna charta libertatum~, +Grundlage der englischen Verfassung+: Freie +Wahl der Bischöfe und Äbte durch die Geistlichen; Erblichkeit der +Lehen; Steuern anstatt der Lehnsdienste (Schildgeld) und Hilfsgelder +sollen nur mit Zustimmung der Prälaten und Barone erhoben werden; jeder +Freie soll nur von seinesgleichen nach Landesrecht gerichtet werden; +die Städte sollen ihre Privilegien behalten und die Kaufleute freien +Verkehr haben. + +[~1216–1272.~] + +~Heinrich III.~, anfangs unter Vormundschaft des Grafen Wilhelm von ++Pembroke+. Ein französisches Heer, das in England gelandet war, wird +zum Abzug genötigt. Vertrag mit Frankreich 1259; Guyenne als englischer +Besitz anerkannt. + +Öftere Streitigkeiten mit den zum +Parlament+ versammelten Baronen; +das Land bedrückt durch die Geldforderungen päpstlicher Legaten, um +Heinrichs jüngstem Sohn Edmund die Herrschaft über Neapel und Sicilien +zu verschaffen. +Simon von Montfort,+ Graf von +Leicester+ (spr. +Lester), nimmt 1264 den König gefangen, beruft 1265 auch Vertreter der +Grafschaften (zwei Ritter aus jeder Grafschaft) und der Städte zum +Parlament, wird aber bei +Evesham+ von dem Kronprinzen Eduard besiegt. +Der König befreit; darauf erneute Bestätigung der +Magna charta.+ In +dieser Zeit allmähliche Vermischung und Ausgleichung der Angelsachsen +und Normannen. + + +§ 5. Die Pyrenäische Halbinsel. + +Fortdauernde Kämpfe zwischen Christen und Mohammedanern. König Alfons +VI. von ~Kastilien~ überträgt dem Grafen +Heinrich von Burgund+ 1095 +die Grafschaft ~Portugal~ (zwischen Minho und Duero) als Lehen. +Heinrichs Sohn Alfons macht sich von der Lehnspflicht frei und +nennt sich 1140 ~König von Portugal~. Deutsche Kreuzfahrer aus den +Rheinlanden, welche zur See nach Palästina ziehen, helfen 1147 zur +Eroberung +von Lissabon.+ + +[1118.] + +König Alfons I. von ~Aragon~ vertreibt die Araber aus +Saragossa+. +Durch die Vermählung seiner Nichte mit dem Markgrafen von Barcelona +werden 1137 die Länder Aragon und Katalonien vereinigt. + +[1157.] + +~Kastilien~ geschwächt durch Abtrennung von Leon. Dem erneuten +Anstürmen der Araber treten die drei bald darauf gegründeten +~Ritterorden~ von +Alcántara+ (am Tajo), +Calatrāva+ (am Guadiana), ++San Jago di Compostella+ (in Galicien) erfolgreich entgegen. + +[1212.] + +Großer Sieg der vereinigten Könige und Ritter bei ~Tolosa~ (in der +Sierra Morena). + +[1230.] + ++Ferdinand III.+ vereinigt Leon wieder mit Kastilien, erobert 1236 ++Cordova+, 1248 +Sevilla+. Sein Sohn +Alfons X.+, der Weise (S. 189) +erweitert sein Reich auf Kosten der Mauren. Selbst Philosoph und +Astronom (seine Verbesserung der Ptolemäischen Planetentafeln), ist er +ein eifriger Förderer der Wissenschaften; Universität Salamanca. Alfons +1282 abgesetzt, † 1284 als Flüchtling bei den Mauren in Sevilla. + +[1238.] + +Jakob I. von Aragon erobert +Valencia+, bald darauf vertreibt Alfons +III. von Portugal die Araber aus +Algarbe+. Nur in Andalusien behauptet +sich das arabische Königreich ~Granāda~ bis 1492. + + +§ 6. Der Osten. + +Das ~oströmische Reich~ ist unter den letzten Komnenen (S. 172) durch +Thronstreitigkeiten geschwächt; die +Bulgaren+ machen sich 1186 +unabhängig. Das 1204 von den Kreuzfahrern errichtete +Lateinische +Kaisertum+ (S. 176) gewinnt keinen festen Bestand; griechische Sprache +und Sitte behauptet sich. Unter dem Hause der ~Paläologen~ seit 1261 +bleibt das Reich von dem Ansturm der Mongolen verschont, wird aber bald +danach von den Türken bedrängt. + +[1206.] + +Die ~Mongolen~ erheben am Amur den Stammfürsten +Temudschin+ zu ihrem +Oberhaupt, ~Tschingis Chan~ † 1226. Er beginnt große Eroberungszüge, +unterwirft Nord-China und vernichtet nach Westen zu das Reich der ++Chowaresmier,+ welche seit 1150 die meisten seldschuckischen Sultanate +und das frühere Gasnavidenreich (S. 172) erobert hatten. Sein Sohn ++Oktai+ macht +Karakorum+ zum Herrschersitz. Sein Enkel +Kublai +Chan+ (1260–1294) begründet in China die mongolische Dynastie +Jüan+ +(1280–1367), sucht auch Japan zu erobern (S. 220). An Kublais Hofe in +Peking der venezianische Reisende +Marco Polo+ (S. 221). + +[1237.] + +Temudschins Enkel +Batu+ dringt vom +Chanat Kiptschak+ (Reich der +Goldenen Horde) aus erobernd in Rußland ein. Moskau und Kiew verbrannt, +dann Zug durch Polen und Angriff auf +Schlesien+. Ein deutsches +Ritterheer unter +Heinrich dem Frommen,+ Herzog von Liegnitz, tritt den +Mongolen entgegen. + +[1241.] + +~Schlacht bei Wahlstatt~ (Liegnitz). Die Mongolen, obwohl Sieger, +ziehen nach Südosten ab durch Ungarn, nehmen ihre Wohnsitze im +Chanat +Kiptschak+; Hauptstadt Sarai (Gouv. Astrachan). +Rußland+ bleibt ihnen +Untertan bis 1480. + +[~1258.~] + +~Vernichtung des Kalifats~ durch die asiatischen Mongolen, welche ++Bagdad+ zerstören. Ihrem Vordringen nach Syrien treten die ++Mamelucken+ (S. 177) entgegen. Das große Reich der Mongolen, welche +größtenteils den Islam annehmen, löst sich in einzelne Chanate auf; +China wird 1368 durch +Taitsu+, einen buddhistischen Priester, von der +Mongolenherrschaft befreit. Mit ihm beginnt die Dynastie der +Ming+ +(1368–1644). + +Fussnoten: + +[30] Stammtafel: + + ~Karl der Grosse †814~ + Karl †811 Pippin †810 ~Ludwig der Fromme †840~ + ________________________________|____________________________ + ~Lothar I.~ †855 Ludwig der Deutsche †876 ~Karl d.~ | + | | ~Kahle~ †877 | + _____|_________________________ ______|______________ ___|_____ + ~Ludwig II.~ Lothar II. Karl Karlmann Ludwig ~Karl~ Französische + †875. v. Lothr. v.d. †880. †882 ~d. Dicke~ Karolinger, + †869. Provence | †888. erloschen + Arnulf 987. + †899. + | + Ludwig das Kind †911. + +[31] Friedrichs Nachfolger in der Kaiserwürde führen seitdem den Titel: +König von Jerusalem (seit 1806 die Kaiser von Österreich). + +[32] Ein deutsches Hospital hatte in Jerusalem seit etwa 1110 +bestanden, war aber 1187 mit zu Grunde gegangen. + +[33] So genannt von der Beteuerung, die er stets im Mund führte. + +[34] +Lübeck+, zunächst +kaiserliche+ Stadt, erhielt das Privilegium +als +freie Reichsstadt+ 1226; +Hamburg+ und +Bremen+, seit 1473 +bisweilen zu Reichstagen berufen, erhielten die ausdrückliche +Anerkennung als freie Reichsstädte erst 1510 bezw. 1646. + +[35] Vgl. die Lieder Walthers v. d. Vogelweide. + +[36] So genannt von dem +Ginsterzweig+ (planta genista), welchen ++Gottfried+ von Anjou, Vater Heinrichs II., als Helmzier zu tragen +pflegte. + + + + +D. Vom Ende der Kreuzzüge bis zur Entdeckung Amerikas. (1270–1492.) + + +§ 1. Deutschland. + +[~1273–1347.~] + +~Könige und Kaiser aus verschiedenen Häusern.~ + +[~1273–1291.~] + +~Rudolf I., Graf von Habsburg~, reich begütert im Aargau und am +Vierwaldstättersee, Landgraf im Elsaß, wird in +Frankfurt+ von den +sieben angesehensten Reichsfürsten zum römischen König gewählt, +besonders auf Betreiben seines Verwandten, des Burggrafen Friedrich +III. von Nürnberg (aus dem Hause +Hohenzollern+). Krönung zu +Aachen,+ +erster Reichstag 1274 zu +Nürnberg+; Beschluß, das Reichsgut +zurückzufordern. Doch kommt dieser Beschluß nur in geringem Maße zur +Ausführung; der König sieht sich auf Vergrößerung seiner +Hausmacht+ +angewiesen. + +[1276.] + +Krieg gegen ~Ottokar~, König von Böhmen, welcher nach dem Aussterben +der Babenberger (1246) +Österreich+ in Besitz genommen, von den Ungarn ++Steiermark+ wieder erobert, +Kärnten+ und +Krain+ durch Erbschaft +erworben hatte. Ottokar wird geächtet, unterwirft sich, erneuert aber +bald den Krieg. + +[~1278.~] + +~Sieg Rudolfs auf dem Marchfelde~ (bei Dürnkrut), Ottokar fällt. +Vergleich mit dem Vormunde seines Sohnes +Wenzel+. Dieser behält ++Böhmen+, später bekommt er auch +Mähren+ zurück. Bildung der +~habsburgischen Hausmacht~: +Österreich+, +Steiermark+ und +Krain+ +kommen als Reichslehen an die Söhne Rudolfs, +Kärnten+ an Graf ++Meinhard+ von Tirol, seinen Schwager. + +[1281.] + +Rudolf verkündet +Landfriedens+ordnungen in Bayern, Franken und am +Rhein. In Schwaben leisten Graf Eberhard von +Württemberg+ und Markgraf +Rudolf von +Baden+ (Stammburg +Zähringen+ bei Freiburg im Breisgau) +der Absicht des Königs, das Herzogtum Schwaben wiederherzustellen, +erfolgreich Widerstand. + +[1289.] + +Feldzug nach +Burgund+; die Freigrafschaft (+Franche-Comté+, Hauptstadt +Besançon) für das deutsche Reich wiedergewonnen. Die Provence und +Avignon bleiben im Besitz Karls von Anjou (S. 190). + +[1290.] + +Rudolf residiert zu +Erfurt+, schlichtet Streitigkeiten in Thüringen, +läßt 29 Raubritter enthaupten und 66 Burgen brechen. + +[1291.] + +Rudolf † zu +Speier+. Zum Nachfolger wird nicht sein Sohn Albrecht +gewählt, sondern auf Betreiben des Erzbischofs von Mainz, Gerhard v. +Eppstein, ein mit diesem verwandter, minder mächtiger Graf, + +[~1292–1298.~] + +~Adolf von Nassau~. Dieser will den Streit zwischen Landgraf +Albrecht+ +dem Entarteten von Thüringen und seinen Söhnen +Friedrich+ und ++Diezmann+ (S. 181) benutzen, um die Mark +Meißen+ als erledigtes +Reichslehen einzuziehen, wird aber, ehe er dies durchführen kann, durch +eine von Erzbischof Gerhard v. Eppstein berufene Fürstenversammlung ++abgesetzt+ und fällt in der Schlacht bei +Göllheim+ (am Donnersberge) +im Kampfe gegen den nun zum Throne berufenen + +[~1298–1308.~] + +~Albrecht I. von Österreich,~ Sohn Rudolfs I. Papst Bonifacius VIII. +verweigert ihm die Anerkennung; Albrecht schließt ein Bündnis mit +König Philipp IV. von Frankreich und demütigt die vier +rheinischen +Kurfürsten+ (Mainz, Trier, Köln, Pfalz), indem er 1301 zu Gunsten der +Städte die willkürlichen Rheinzölle aufhebt. + +[1303.] + +Aussöhnung mit dem Papste, dessen Recht auf Bestätigung der deutschen +Königswahl Albrecht anerkennt. Gleich darauf ~Sturz der päpstlichen +Macht~ (S. 207), doch unternimmt Albrecht keinen Zug nach Italien, +sondern versucht +Böhmen+ für seine +Hausmacht+ zu gewinnen. Das von +ihm nach Meißen entsandte Heer wird 1307 von Friedrich und Diezmann bei ++Lucka+ unweit Altenburg geschlagen. + +[1308.] + +Albrecht wird von seinem Neffen +Johann+ (Parricīda), dem er sein Erbe +vorenthielt, zwischen Aar und Reuß, nahe bei der +Habsburg+ ermordet. +Die Königswahl lenkt der Erzbischof von Trier auf seinen Bruder: + +[~1308–1313.~] + +Heinrich VII., Graf von ~Luxemburg~. Dieser stellt die Rheinzölle zu +Gunsten der Fürsten wieder her. Den Söhnen Albrechts bestätigt er den +Besitz ihrer Lehen, erkennt aber 1309 die ~Schweizer Waldstätte~ als +~reichsunmittelbar~ an. + + +~Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft.~ + +Schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts treten die Waldorte dem +Bestreben der Grafen von Habsburg, die mit der Grafschaft verbundene +Vogtei zu einer vollständigen Landeshoheit über sie auszubilden, +entgegen. König Heinrich (S. 187) erteilt 1231 einen Freibrief für ++Uri+, Kaiser Friedrich II. 1240 für +Schwyz+. König Rudolf erkennt +den Freibrief für Uri an, ernennt in Schwyz nur einheimische Amtleute. +Gleich nach seinem Tode, am 1. August 1291, schließen die drei Waldorte ++Uri+, +Schwyz+, +Unterwalden+ zur Erhaltung ihrer Freiheit einen ++ewigen Bund,+ fügen sich aber zunächst noch der Herrschaft König +Albrechts. + +Die von der Volksdichtung ausgeschmückte Erzählung, welche die Tatsache +des +allmählichen+ Erringens der +Reichsunmittelbarkeit+ der Waldstätte +auf ein kurzes Zeitmaß zusammendrängt, erscheint erst nach und nach +sich ausbildend in Chroniken des 15. Jahrhunderts und steht vielfach +in Widerspruch mit den Urkunden. Weder der +Schwur auf dem Rütli+ +(1307, Werner Stauffacher, Walter Fürst, Arnold vom Melchtal), noch die +Vertreibung der Vögte am 1. Januar 1308 ist historisch verbürgt. Ein +Landvogt +Geßler+ hat weder in Uri noch in Küßnacht regiert. Die Sage +vom Apfelschuß findet sich auch in Norwegen, Island, Dänemark, am Rhein +und in England; sie ist eine allgemein germanische Sage. Das älteste +Lied von +Tell+ stammt aus der Zeit der burgundischen Kriege (1477); +die uns geläufige Tradition gibt erst der Chronist +Tschudi+ (um 1550). + +[~1310.~] + +Heinrichs VII. Sohn +Johann+ wird König von ~Böhmen~, gewählt durch +die böhmischen Stände entgegen den Ansprüchen der Habsburger (der +Mannesstamm der +Prschemysliden+ in Böhmen war 1306 ausgestorben, +Johann heiratet den letzten weiblichen Sproß); dadurch erhalten +die Luxemburger eine +Hausmacht+. Seitdem Gegensatz zwischen den +Habsburgern und Luxemburgern. + +[1310–1313.] + +Heinrichs VII. Römerzug. Er wird von den +Ghibellinen+ (+Dante+, 1302 +aus Florenz verbannt) herbeigerufen, schlichtet die Parteikämpfe in +Mailand (die +Visconti+ hier seit 1277), unterwirft Brescia, wird +in Genua und Pisa freudig aufgenommen, in +Rom+ zum Kaiser gekrönt, +belagert aber vergeblich die guelfisch gesinnte Stadt +Florenz+ und +stirbt auf dem Zuge gegen Neapel. + +In dieser Zeit bringt König Philipp IV. von Frankreich die ++Freigrafschaft Burgund+ (S. 196) durch Heirat an sich und zwingt den +Erzbischof von +Lyon+ zur Huldigung. + +[~1314–1347.~}] + +~Ludwig der Bayer~ (Haus Wittelsbach). + +[~1314–1330.~}] + +~Friedrich von Österreich~, Sohn Albrechts. Doppelwahl durch Parteiung +der Fürsten; beide Könige sind Enkel Rudolfs von Habsburg. Friedrichs +Macht wird geschwächt durch den + +[1315.] + +Sieg der Schweizer Eidgenossen am Berge ~Morgarten~ über +Leopold +von Österreich+, Friedrichs Bruder. Darauf bestätigt der von der +luxemburgischen Partei gewählte Herzog Ludwig von Oberbayern, der kurz +vorher (1313) die Österreicher bei Gammelsdorf a. d. Isar besiegt +hatte, den Waldstätten ihre Reichsunmittelbarkeit. + +[1322.] + +Schlacht bei ~Ampfing~ oder ~Mühldorf~. Friedrich von Österreich +geschlagen (Sage von Schweppermann) und als Gefangener nach der Burg ++Trausnitz+ geführt. + +[1324.] + +Papst +Johann XXII.+, in Avignon (s. S. 207) unter französischem +Einfluß, mischt sich in den Thronstreit und spricht den Bann über ++Ludwig+ aus, doch bleibt derselbe unwirksam, da durch die sittliche +Entartung des päpstlichen Hofes in Avignon das Ansehen des Papsttums +überhaupt gesunken ist. + +Ludwig gibt die durch Aussterben der Askanier 1320 erledigte Mark ++Brandenburg+ (S. 179) seinem Sohne +Ludwig+, mit dem er später ++Margarete Maultasch+, Erbin von Tirol und Kärnten, vermählt, nachdem +diese ihre Ehe mit einem Sohne Johanns von Böhmen getrennt hat. Kärnten +kommt, ehe die Vermählung stattfindet, an die Herzöge von +Österreich+ +(1335). Tirol wird von Margarete Maultasch nach dem Tode ihres zweiten +Gemahls Ludwig doch dem Hause Habsburg vermacht (S. 200). + +[1325.] + +Friedrich wird gegen Verzichtleistung auf den Thron in Freiheit +gesetzt, stellt sich wieder als Gefangener, wird von Ludwig als +Mitkönig anerkannt, stirbt 1330. + +[1327–1330.] + +Ludwigs Römerzug. Er wird in Rom zum Kaiser gekrönt, stellt einen +Gegenpapst auf, kann aber die kaiserlichen Herrschaftsrechte nur wenig +zur Geltungbringen, In Deutschland Streitigkeiten mit den Fürsten. +Frankreich und dem Papste gegenüber einigen sich endlich die Kurfürsten +zur Unterstützung Ludwigs: + +[~1338.~] + +Der ~Kurverein zu Rense~ (am Rhein, oberhalb Koblenz) erklärt jeden +rechtmäßig gewählten deutschen König auch ohne päpstliche Krönung für +den rechtmäßigen ~römischen Kaiser.~ + +Ludwigs eigenmächtiges Verfahren zur Vergrößerung seiner Hausmacht +(Brandenburg, Tirol, Holland) führt im Verein mit päpstlichen und +französischen Umtrieben 1346 zur Wahl eines Gegenkönigs: +Karl+ a. +d. Hause Luxemburg, Sohn des bei +Crecy+ im Kampfe für Frankreich +gefallenen Königs Johann von Böhmen (S. 208). Kaiser Ludwig † 1347 (auf +der Bärenjagd bei München), +Karl+ wird allgemein anerkannt. + +[~1347–1437.~] + +~Luxemburgische Kaiser.~ + +[~1347–1378.~] + +~Karl IV.,~ ein staatskluger Fürst, gelehrt und kunstsinnig. Die +bayrische Partei stellt 1349 den Grafen +Günther von Schwarzburg+ als +Gegenkönig auf; doch stirbt dieser schon nach wenigen Monaten. In ++Brandenburg+ tritt, von Karl begünstigt, der +falsche Waldemar+ gegen +die bayrischen Markgrafen auf. (S. Anhang.) 1350 Aussöhnung mit den +Wittelsbachern. + +[1349–50.] + +~Pest~ (schwarzer Tod) in Deutschland und in fast ganz Europa. +Erbitterte Verfolgungen der durch Verleihen von Geld gegen Zinsen reich +gewordenen Juden. Sie sollten die Brunnen vergiftet haben. Umzüge der +Geißler (Flagellanten). + +Karls Hauptsorge ist auf sein Erbland ~Böhmen~ gerichtet. Er zieht +deutsche Ansiedler heran, baut in +Prag+ den Dom und die Burg +Hradschin, stiftet daselbst 1348 nach dem Muster von Paris (S. 192) +eine ~Universität~ mit vier Fakultäten, die erste in Deutschland. Durch +Verträge mit den schlesischen Fürsten (S. 182) vollendet er die schon +von seinem Vater angebahnte Vereinigung +Schlesiens+ mit Böhmen; auch +die +Lausitz+ kommt zu Böhmen. + +[1353.] + +Zutritt +Berns+ zur Eidgenossenschaft, welche nun, immer noch zum +deutschen Reich gehörig, Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern, Zürich, +Glarus, Zug und Bern (die sogenannten 8 +alten+ Orte) umfaßt. + +[1354–1355.] + +Erster Zug Karls IV. nach Italien. Während der Abwesenheit der Päpste +in Avignon hatte +Cola di Rienzi+ sich zum »Volkstribunen« gemacht und +die altrömische Republik wieder aufgerichtet (S. 211). Karl empfängt +die Huldigung der lombardischen Städte, verweilt aber in Rom nur einen +Tag, um die Kaiserkrone zu empfangen. + +[~1356.~] + +~Goldene Bulle~,[37] +Reichsgrundgesetz+, beschlossen auf zwei +Reichstagen zu +Nürnberg+ und +Metz+. Die Kaiserwahl wird endgültig +den 7 Kurfürsten übertragen, welche sie schon seit längerer Zeit +tatsächlich ausübten;[38] +drei geistliche+: 1. Erzbischof von ~Mainz~ +(Erzkanzler für Deutschland), 2. Erzbischof von ~Trier~ (Erzkanzler +für Burgund), 3. Erzbischof von ~Köln~ (Erzkanzler für Italien); +vier +weltliche+: 4. König von ~Böhmen~ (Erzschenk), 5. ~Pfalz~graf bei Rhein +(Erztruchseß), 6. Herzog von ~Sachsen~-Wittenberg (Erzmarschall), 7. +Markgraf von ~Brandenburg~ (Erzkämmerer). + +Die Kurfürstentümer, welche im Mannesstamme auf den Erstgeborenen +forterben und gewisse Regalien erhalten (Privilegium +de non +appellando,+ Münzrecht, Bergwerks- und Salzhoheit, Judenzoll u. a. +m.), sollen unteilbar sein. Bestimmungen über den +Landfrieden+; den +Städten wird die Bildung besonderer Städtebündnisse und die Aufnahme +von Pfahlbürgern (die in der Stadt nicht ansässig sind) untersagt. + +[1363.] + +Österreich erwirbt +Tirol+ durch Vertrag mit Margarete Maultasch. + +[1365.] + +Karl IV. reist nach +Avignon+, um den Papst zur Rückkehr nach Rom zu +bewegen, und läßt sich in +Arles+ krönen, um die Oberhoheit über die +tatsächlich an Frankreich gekommenen burgundischen Gebiete festzuhalten +(S. 196, 198). + +[1368.] + +Zweiter Römerzug. Karl IV. führt Papst Urban V. nach Rom, aber bald +nach seinem Abzuge kehrt der Papst nach Avignon zurück. + +[1373.] + +Durch den Vertrag zu +Fürstenwalde+ überläßt +Otto der Finne+ (Faule), +der letzte bayrische Markgraf von Brandenburg, die Mark gegen ein +Jahrgehalt an Karl IV. + + +~Städtebünde.~ + +Die ~Hanse.~ Verbindungen deutscher Kaufleute im Auslande, namentlich +zu +Wisby+ auf der Insel Gotland und in +London+ schon im 12. +Jahrhundert, haben Handelsbündnisse ihrer Heimatstädte zur Folge. 1241 +Bündnis zwischen +Lübeck+ und +Hamburg+. Um 1294 tritt ~Lübeck~ an die +Spitze eines Bundes von Seestädten an der Nord- und Ostseeküste (von ++Bremen+ bis +Reval+), denen sich zahlreiche norddeutsche Binnenstädte +(Köln, Osnabrück, Braunschweig, Magdeburg, Berlin, Thorn, Breslau u. a.) +anschließen, später auch die niederländischen Seestädte (Kampen, +Deventer u. a.) Zweck des Bundes: Sicherung der Straßen zu Wasser und +zu Lande, Erwerbung und Erhaltung von Handelsprivilegien im Auslande. ++Hansetage+ meist zu +Lübeck+ gehalten. Auswärtige Niederlassungen +(Kontore) zu +Brügge+, +London+, +Bergen+, +Nowgorod.+ In Wisby, +Stockholm, Kopenhagen, Malmö, Riga zahlreiche deutsche Kaufleute +ansässig. Jährlicher Markt zur Zeit des Heringsfangs an der Küste von ++Schonen+. Einteilung des Bundes in 3 Drittel, im 16. Jahrhundert in 4 +Quartiere mit den Vororten Lübeck, Köln, Braunschweig, Danzig. + +[1361–1362.] + +Krieg gegen Waldemar IV., König von Dänemark, welcher +Wisby+ +eingenommen und geplündert hatte. Die Kriegsflotte der Hanse hat +anfangs Erfolge, wird aber vor +Helsingborg+ geschlagen. Ihr Führer, +der Lübecker Bürgermeister Johann +Wittenborg+, wird deshalb angeklagt +und in Lübeck hingerichtet. + +[1367–1370.] + +Zweiter Krieg; Waldemar IV. flüchtet aus seinem Reiche. Kopenhagen, +Helsingör u. a. Städte erobert. Im Frieden zu +Stralsund+ 1370 wird die +Küste von Schonen auf 15 Jahre an die Hanse abgetreten; auch verspricht +der dänische Reichsrat, den Nachfolger Waldemars nur mit Zustimmung der +Städte zu erwählen. Bis ins 16. Jahrhundert behauptet der Hansebund +die Handelsherrschaft über Skandinavien, Rußland, England. Da er +sich aber nicht an einen starken Staat anlehnte, so zerfiel er, als +die nordischen Staaten mehr und mehr erstarkten. Die im Binnenlande +gelegenen deutschen Städte wurden durch ihre Landesfürsten teilweise +zum Austritt aus der Hanse gezwungen, wie z. B. Berlin durch Kurfürst +Friedrich II. + +Im Innern zeigt sich in den ~Hansestädten,~ in welchen der Großhandel +die Gewerbtätigkeit übertrifft, das Festhalten an der aristokratischen +Regierung des sich selbst ergänzenden +Rats+, während in den +~süddeutschen Städten~ die nach +Zünften+ geordneten Handwerker +bedeutenden Anteil an der meist jährlichen Neuwahl des Rats erhalten. ++Zunftkämpfe+ in Ulm 1292, Speier 1327, Straßburg 1332, Regensburg +1334, Augsburg 1368; in Nürnberg behaupten die Patrizier 1349 das +Übergewicht, ebenso in Köln 1370, doch siegen dort die Zünfte 1396. + +Nicht von gleicher Dauer wie der Hansebund waren die ~süddeutschen +Städtebündnisse~, welche die Selbständigkeit der Städte gegen die ++Fürsten+ und die +Reichsritter+ sichern sollten: der 1254 geschlossene +~rheinische Bund~ (S. 189) öfters von seiten der Städte erneuert; der +~schwäbische Städtebund~, zuerst 1331, dann wiederum 1376 geschlossen, +namentlich gegen den Grafen von Württemberg +Eberhard den Greiner+ (d. +h. Zänker), auch der Rauschebart genannt. + +~Adelsbündnisse~ in Schwaben, Franken und am Rhein gegen Fürsten +und Städte gerichtet (der +Löwenbund+, der +St. Georgsbund+, die ++Schlegler+). + +[~1377–1389.~] + +~Süddeutscher Städtekrieg.~ + +[1377.] + +Sieg der schwäbischen Städte (Vorort +Ulm+) bei +Reutlingen+ über +Eberhards Sohn Ulrich. Der schwäbische Städtebund vom Kaiser anerkannt. + +[1378.] + +Tod Karls IV., nachdem er seine Länder unter seine drei Söhne so +geteilt hat, daß +Wenzel+ Böhmen und Schlesien (später fällt ihm auch +Luxemburg zu), +Sigismund+ die Mark Brandenburg, +Johann+ die Lausitz +erhält. In +Mähren+ herrschen 2 Neffen Karls, +Jobst+ und +Prokop+ als +Markgrafen. Zum deutschen König war schon gewählt worden + +[~1378–1400.~] + +~Wenzel~, Karls IV. ältester Sohn. + +[1381.] + +Der +schwäbische+ Städtebund vereinigt sich mit den +rheinischen+ +und schließt bald auch ein Bündnis mit einem Teil der Schweizer +Eidgenossenschaft. + +[1384.] + +Wenzel bringt einen Landfrieden auf vier Jahre zustande (Fürstentag +zu +Heidelberg+), doch beginnen die Fehden, sobald er nach Böhmen +zurückgekehrt ist, aufs neue. Herzog +Leopold III.+ von +Österreich+ +bekriegt im Bunde mit dem süddeutschen Adel die Eidgenossen. Das +Ritterheer wird in der + +[~1386.~] + +~Schlacht bei Sempach~ (+Arnold Winkelried?+) gänzlich geschlagen, +ebenso 1388 in der Schlacht bei +Näfels+. Die Herzöge von Österreich +verzichten auf die Unterwerfung der Schweiz. + +[1388.] + +Erneuerung des Städtekrieges. Eberhard der Greiner siegt über die +schwäbischen Städte bei +Döffingen+ (wo sein einziger Sohn +Ulrich+ +fällt), Pfalzgraf +Ruprecht+ über die rheinischen bei +Worms+. + +[1389.] + +Landfriede zu +Eger+, von König Wenzel verkündet. Die Städte behalten +ihre Reichsfreiheit, müssen aber auf Sonderbündnisse verzichten. + +[1400.] + +Wenzel, in Böhmen durch Härte (der Generalvikar des Erzbischofs von +Prag, Johann von Nepomuk, Beichtvater der Gemahlin Wenzels, in die +Moldau gestürzt) und Trägheit verhaßt, aus Anlaß innerer Zerwürfnisse +wiederholt gefangen gesetzt, wird von den am Königsstuhl bei Rense +versammelten rheinischen Kurfürsten der deutschen Königswürde entsetzt. +Er stirbt 1419 als König von Böhmen. + +[~1400–1410.~] + +~Ruprecht von der Pfalz~ vermag selbst bei seiner Partei kaum das +königliche Ansehen zur Geltung zu bringen. + +[1401.] + +Unglücklicher Zug Ruprechts nach Italien. Das deutsche Heer wird bei ++Brescia+ geschlagen von +Johann Galeazzo Visconti,+ den König Wenzel +zum erblichen Herzog von Mailand ernannt hatte (1395) (S. 198). + +[1409.] + +Infolge der hussitischen Streitigkeiten (s. S. 204) in Prag und einer +Veränderung der Universitätsstatuten zu Gunsten der czechischen Nation +verlassen die deutschen Professoren und Studenten die Universität Prag +und gehen meist nach +Leipzig+, wo +Friedrich der Streitbare+ von +Meißen (S. 204) eine Universität stiftet. + +[1409.] + +~Konzil zu Pisa,~ berufen zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit +(seit 1378 +zwei+ Päpste, einer in +Rom+, einer in +Avignon+). Der vom +Konzil erwählte Papst Alexander V. vermag die beiden anderen nicht zur +Abdankung zu nötigen. + +[~1410–1437.~] + +~Sigismund,~ Wenzels Bruder, Markgraf von +Brandenburg+ und König von ++Ungarn+ (als Gemahl der Tochter König Ludwigs des Großen, S. 217), +gewählt besonders auf Betreiben des Burggrafen +Friedrich VI. von +Nürnberg,+ doch nur durch drei Kurstimmen, während die anderen für ++Jobst von Mähren+ abgegeben werden und +Wenzel+ als dritter noch +Ansprüche auf die Krone erhebt. Jobst † 1411; darauf zweite Wahl +einstimmig für Sigismund. Dieser zieht nach Italien und einigt sich +mit Papst +Johann XXIII.+, Alexanders V. Nachfolger, über die Berufung +eines allgemeinen Konzils nach einer +deutschen+ Stadt. + +[~1414–1418.~] + +~Kirchenversammlung zu Konstanz,~ zahlreich besucht von Fürsten und +Prälaten, hat eine dreifache Aufgabe zu lösen: 1. Beseitigung der +Kirchenspaltung (+causa unionis+), 2. Verbesserung der kirchlichen +Zustände +(causa reformationis),+ 3. Abstellung der Ketzerei +(causa +fidei).+ + +Von der Reformpartei wird die Abstimmung nach +Nationen+ (deutsche, +franz., engl., italien., je eine +Kuriatstimme+) durchgesetzt. Papst +Johann XXIII., der persönlich erschienen war, wird zu öffentlicher +Abdankung bewogen, entflieht dann aber mit Hilfe des Herzogs Friedrich +von Österreich. Dieser, in die Acht erklärt, muß sich unterwerfen. +Das Konzil spricht auf Antrag +Gersons+, des Kanzlers der Pariser +Universität, den Grundsatz aus, +daß das Konzil über dem Papste stehe+; +Johann XXIII. wird abgesetzt, Gregor XII. in Rom verzichtet freiwillig. + +Inzwischen ist der Tscheche +Johann Hus,+ Professor in Prag, Anhänger +der Lehren des Engländers +Wycliffe+ (S. 312, Verwerfung des Ablasses, +der Ohrenbeichte, der Transsubstantiation), seit 1412 im Bann, im +Vertrauen auf das von Sigismund ihm gewährte sichere Geleit in Konstanz +erschienen; er wird als Ketzer verurteilt. + +[~1415.~ 6. Juli.] + +~Hus verbrannt,~ 1416 sein Freund +Hieronymus+ von Prag. Sigismund +reist nach Spanien, um Benedikt XIII., der sich von Avignon nach der +Burg Peniscola (unweit Valencia) zurückgezogen hat, zur Abdankung +zu bewegen. Dies mißlingt, aber die spanische Geistlichkeit sagt +sich von Benedikt los. Sigismund reist über Paris nach England, um +zwischen Frankreich und England Frieden zu vermitteln (S. 209), +doch ohne Erfolg. Nach seiner Rückkehr 1417 Beratung über die ++Kirchenverbesserung+ (Beschränkung der päpstlichen Willkür in der +Verleihung kirchlicher Ämter, Aufhebung drückender Abgaben, Besserung +des Lebens der Geistlichen). + +Dem Verlangen der Reformpartei, daß diese Verbesserung +vor+ der +Wahl eines neuen Papstes zum Abschluß komme, treten die Anhänger des +Papsttums in den romanischen Nationen, verstärkt durch die Spanier +als +fünfte+ Nation, entgegen. Der neugewählte Papst +Martin V.+ +(Kardinal Colonna, S. 211) bringt +drei Konkordate+, mit den Deutschen, +Engländern und Romanen, zum Abschluß, die aber nicht zur Abstellung der +Mißbräuche führen. + +[~1415.~] + +Sigismund überträgt in +Konstanz+ dem Burggrafen +Friedrich VI. von +Nürnberg+, als Belohnung für wichtige, ihm und dem Reiche geleistete +Dienste die ~Mark Brandenburg~ mit der Kur- und Erzkämmererwürde +(Belehnung 1417). + +[1423.] + +Sigismund belehnt +Friedrich den Streitbaren+, Markgrafen von +Meißen+, +aus dem Hause +Wettin+ (s. S. 179, 203) mit dem Kurfürstentum +~Sachsen-Wittenberg~, nach dem Aussterben der dort regierenden Askanier +(S. 189). In Sachsen-Lauenburg regieren Askanier noch bis 1689, dann +kommt das Land an Hannover. + +[~1419–1436.~] + +~Hussitenkrieg.~ Entrüstung der Böhmen über Hus’ Hinrichtung. Seine +Anhänger, +Hussiten+, auch +Utraquisten+ genannt (weil sie das +Abendmahl +sub utraque specie+, Brot und Wein, auch für die Laien +verlangen), wollen die Ausübung ihrer vom Konzil verworfenen Lehre +mit Gewalt durchsetzen. König Wenzel sucht zu vermitteln; nach seinem +Tode 1419 Aufstand in Prag. +Ziska+, Anführer der Hussiten. Sigismund, +Erbe der böhmischen Krone, wird zwar in Prag gekrönt, muß aber das +Land bald verlassen. Die 1421 in Böhmen eindringenden Reichstruppen +werden zurückgeschlagen, Sigismunds Heer wird 1422 bei +Deutsch-Brod+ +vernichtet. Verheerende Züge der Hussiten in die umliegenden +Länder (Österreich, Bayern, Franken, Sachsen, Schlesien, Lausitz, +Brandenburg); öftere Niederlagen der gegen sie aufgebotenen Reichsheere. + +[~1431–1449.~] + +~Konzil zu Basel~, zur Wiederherstellung des Friedens und zur +Durchführung der kirchlichen Reformen berufen. Durch Gesandte des +Konzils wird ein Vergleich mit den gemäßigten Hussiten (Kalixtinern, +Utraquisten) geschlossen: +Prager Kompaktaten+ 1433; die +Taboriten+, +(Tabor, Stadt in Böhmen), welche den Vergleich nicht annehmen, werden +bei +Böhmisch-Brod+ 1434 besiegt, Sigismund zieht 1436 in Prag ein. + +Während dieser Bedrängnis des deutschen Reiches im Osten erhebt sich +im Westen die Macht der französischen Herzöge von ~Burgund,~ welche +ansehnliche deutsche Reichslehen an sich bringen. Philipp der Kühne (S. +208) verschafft seinem zweiten Sohne die Nachfolge in +Brabant+ und ++Limburg+; sein Enkel Philipp der Gute erbt diese Länder und außerdem +1428 die Grafschaften +Holland+, +Seeland+, +Hennegau+, bald auch ++Luxemburg+. Auch das Herzogtum ~Lothringen~ kommt nach dem Aussterben +des Mannesstammes (S. 165) 1431 an eine +französische+ Dynastie, da die +Erbin sich mit +René von Anjou+, Graf von Provence, Titularkönig von +Neapel (S. 211) vermählt. + +Im Innern des deutschen Reiches Verwirrung, Fehden und Selbsthilfe. Bei +der herrschenden Rechtsunsicherheit erlangen die +Femgerichte+ (S. 190) +für einige Zeit große Bedeutung. + +[~1438–1740.~] + +~Kaiser aus dem Hause Habsburg.~ + +[~1438–1439.~] + +~Albrecht II.~, der tatkräftige Schwiegersohn Sigismunds, dem er auch +in +Böhmen+ und +Ungarn+ folgt, stirbt nach der Rückkehr von einem +Türkenzuge. + +[~1440–1493.~] + +~Friedrich III.~ von Steiermark, (Vetter Albrechts), der letzte in Rom +(1452) gekrönte deutsche Kaiser. Ein durchaus unfähiger Herrscher, läßt +er sich durch seinen Ratgeber +Aeneas Silvius Piccolomini+ (später +Papst +Pius II.+) bewegen, in dem Streit zwischen dem ~Baseler Konzil~ +und Papst Eugen IV. auf die Seite des Papstes zu treten. Die von dem +Konzil beschlossenen kirchlichen Reformen werden durch das +Wiener +Konkordat+ 1448 vereitelt; das Konzil löst sich auf 1449. + +Bürgerkrieg in der +Schweiz+ 1440–1450; Zürich mit Österreich +verbündet. Auf Kaiser Friedrichs Bitte schickt Karl VII. von Frankreich +den Dauphin (als König Ludwig XI.) mit den zügellosen Scharen der ++Armagnacs+ gegen +Basel+. Heldentod von 1600 Eidgenossen bei ~St. +Jakob~ 1444. Die Armagnacs plündern darauf im Elsaß, bis der Kurfürst +von der Pfalz sie vertreibt. Friede der Schweizer mit Frankreich. Das +Haus Habsburg verliert seine letzten Besitzungen in der Schweiz; es +behält seine Besitzungen im Elsaß und in Schwaben (Vorder-Österreich). + +~Fehden im deutschen Reiche~, denen der Kaiser untätig zusieht. In ++Sachsen+ Bruderkrieg zwischen Kurfürst Friedrich dem Sanftmütigen und +seinem Bruder Wilhelm (1446–50); im Anschluß daran der +Prinzenraub+: +Ritter Kunz von Kaufungen entführt 1455 die beiden Söhne Friedrichs +aus dem Schloß zu Altenburg, wird aber von Köhlern im Walde gefangen. +Der Erzbischof von Köln führt Krieg gegen die Stadt +Soest+ (Soester +Fehde 1444–1449), Kurfürst +Albrecht Achilles+ von Brandenburg gegen ++Nürnberg+ (1449–1453), Pfalzgraf +Friedrich der Siegreiche+ gegen den +Erzbischof von +Mainz+, den Grafen von Württemberg und den Markgrafen +von Baden (Pfälzer Fehde 1462). Zur Herstellung des Friedens in +Deutschland ist der +schwäbische Bund+ förderlich, 1488 auf Betreiben +des Kaisers von Fürsten, Rittern und Städten geschlossen. + +[Um ~1450.~] + +~Johann Gutenberg~ (in Mainz) erfindet die Buchdruckerkunst. (+Johann +Fust, Peter Schöffer.+) + +In ~Böhmen~ Parteikämpfe während der Unmündigkeit des jungen Königs ++Ladislaus Postumus+ (Sohn Albrechts II.), für den Friedrich III. die +Vormundschaft führt. +Georg Podiebrad+ wird 1452 zum Reichsverweser, +1458 nach Ladislaus’ Tode zum König gewählt, aber als Utraquist +angefeindet († 1471). +Matthias Corvinus+ wird König von Ungarn (S. +218), besetzt die Nebenländer Mähren, Schlesien, Lausitz; schließt 1478 +Frieden mit Georgs Nachfolger +Wladislav+ (Sohn Kasimirs IV. von Polen). + +[1474–1475.] + ++Karl der Kühne+ von ~Burgund~, durch Verpfändung im Besitz der +habsburgischen Teile des +Elsaß+, dringt in das Erzbistum +Köln+ ein, +um den abgesetzten Erzbischof zurückzuführen, belagert +Neuß+, wird +aber durch das Anrücken eines Reichsheeres unter Friedrich III. und +durch den Angriff der Schweizer auf Héricourt zum Abzug bewogen. + +[1476.] + +Karl der Kühne stürzt sich, nachdem er sich +Lothringens+ bemächtigt +und den Herzog Renatus vertrieben hat, auf die Schweizer, wird bei ++Granson+ und bei +Murten+ geschlagen. + +[1477.] + +Karl der Kühne fällt im Kampfe gegen den zurückgekehrten Herzog +von Lothringen vor +Nancy+; seine Tochter Maria vermählt sich mit +Friedrichs III. Sohn, Erzherzog +Maximilian+. Dieser gewinnt dadurch +die ~Niederlande~ und die ~Freigrafschaft Burgund~ (S. 198) für die ++habsburgische Hausmacht,+ verteidigt diese Erwerbung im Kriege gegen +Ludwig XI. von Frankreich, der die burgundischen Städte in der Picardie +und das +Herzogtum Burgund+ als erledigte Mannslehen einzieht. + +[1490.] + +Friedrich III., von +Matthias Corvinus+ aus Wien vertrieben (1485), +wird nach dessen Tode († 1490) von seinem Sohn +Maximilian+ +zurückgeführt. + +[1491.] + ++Wladislav IV.+ von Böhmen, nach Corvinus’ Tode auch König von ++Ungarn+, sichert im Frieden zu +Preßburg+ dem Hause Habsburg die +Nachfolge zu. + + Albrecht II. †1439. + Gem. Elisabeth, Tochter Sigismunds. + _______________|__________________ + | | + Elisabeth, Ladislaus Postumus, + Gem. Kasimir IV. von Polen. †1457. + | + Wladislav, + 1471 König v. Böhmen, 1490 König v. Ungarn. + __________|__________________ + | | + Ludwig II. †1526. Anna, + Gem. Maria v. Österreich. Gem. Ferdinand I. + + +§ 2. Frankreich. + +[~1270–1285.~] + +~Philipp III.~, +der Kühne+ (+le Hardi+), vermählt seinen + +[~1285–1314.~] + +Sohn ~Philipp IV.~, +den Schönen+ (+le Bel+), mit +Johanna+, Erbin +von Navarra. Kampf mit Papst +Bonifacius VIII.+, der dem König die +Besteuerung der französischen Geistlichkeit untersagt. Der Papst wird +1313 in Anagni von Verschwörern gefangen genommen, doch von seinen +Anhängern befreit, stirbt bald darauf. + +[1309.] + +Papst +Clemens V.+, vorher Bischof von Bordeaux, verlegt die päpstliche +Residenz nach ~Avignon~ (an der Rhone); das Papsttum von Frankreich +abhängig (Babylonische Gefangenschaft (1309–1377)). + +[1312.] + +Aufhebung des +Tempelherrn+ordens durch Clemens V., auf Antrieb des +nach den Schätzen und Gütern des Ordens lüsternen Königs. In Paris +werden 54 Ritter verurteilt und verbrannt, zuletzt auch der Großmeister ++Jakob+ von +Molay+ (1314). Erwerbung burgundischer Gebiete (s. S. +198). Auf +Philipp IV.+ folgen hintereinander seine drei Söhne Ludwig +X., Philipp V., Karl IV., dann nach dem +salischen Gesetz+, welches die +Frauen von der Thronfolge ausschließt[39] (Beschluß der Reichsstände +von 1317), das + +[~1328–1498.~] + +~Haus Valois~ (Nebenlinie der Capetinger). + +[~1328–1350.~] + +~Philipp VI.,~ Sohn Karls von Valois, eines Bruders Philipps IV. Gegen +ihn erhebt Ansprüche auf den französischen Thron ~Eduard III.~ von +England, als Sohn einer Tochter Philipps IV., daher + +[~1339–1453.~] + +mehr als ~hundertjähriger Krieg~ zwischen Frankreich und England. + +[1340.] + +Seesieg der Engländer bei ~Sluys~, dem Hafenort von Brügge. Die +flandrischen Städte, geleitet von +Jakob von Artevelde+, mit ihnen +verbündet. + +[1346.] + +Sieg der Engländer bei ~Crécy~ in der Picardie, Anwendung von ++Geschützen+; Tod des blinden Königs +Johann von Böhmen+ (S. 199). ++Calais+ erobert 1347 + +[~1350–1364.~] + +~Johann II., der Gute.~ + +[1356.] + +Sieg des +Schwarzen Prinzen+ (Sohn Eduards III.) bei +Maupertuis+ +unweit +Poitiers+. Johann 4 Jahre lang in England Gefangener. +Währenddessen in Frankreich Verwirrung und furchtbare innere Kämpfe, da +der junge Dauphin[40] + +als Statthalter nicht durchzugreifen vermag. + +[1357–1358.] + +Aufstand in Paris, geleitet von +Etienne Marcel+, dem Vorsteher der +Innungen (+prévôt des marchands+), der mit +Karl dem Bösen+, König von +Navarra, in Verbindung tritt. + +[1358.] + +Bauernkrieg mit furchtbaren Greueltaten, +Jacquerie+ genannt nach dem +Anführer +Guillaume Caillet+, mit dem Beinamen +Jacques Bonhomme+, +welcher dann zum Spottnamen des französischen niederen Volks wurde. Der +Adel schart sich um den Dauphin; nach Unterwerfung der Bauern wird auch +der Aufstand in Paris blutig unterdrückt. + +[1360.] + ++Friede+ mit England zu +Bretigny+ (bei +Chartres+): Eduard III. +verzichtet auf die französische Krone und erhält +Poitou+, +Guyenne+ +und +Gascogne+ als unabhängigen Besitz ohne Lehnspflicht (S. 192). + +[1363.] + +Johann gibt das Herzogtum +Burgund+ seinem jüngeren Sohn +Philipp dem +Kühnen+ (burgundische Nebenlinie der Valois). Dieser legt durch seine +Heirat mit der Erbtochter des Grafen von +Flandern+ den Grund zur +Herrschaft des burgundischen Hauses in den Niederlanden (S. 205). + +[~1364–1380.~] + +~Karl V., der Weise~. Beruhigung der inneren Verhältnisse, dann +Erneuerung des Krieges; die meisten früheren (S. 192) englischen +Besitzungen in Frankreich werden wiedergewonnen. + +Ritter +Bertrand du Guesclin+, seit 1370 Connétable von Frankreich, +siegreich gegen die Engländer. + +[~1380–1422.~] + +~Karl VI.~, verfällt in Wahnsinn, seine Oheime, die Herzoge von Orléans +und Burgund, Reichsverweser, 2 Parteien: +Burgund+ und +Orléans+ +(Armagnacs) (S. 205). + +[1407.] + +Der Herzog von Orléans wird auf Befehl des Herzogs +Johann+ von +Burgund ermordet. Die dadurch veranlaßten Parteikämpfe erleichtern das +abermalige Vordringen der Engländer. + +[1415.] + +Sieg +Heinrichs V.+, Königs von England, bei ~Azincourt~ (unweit +Crécy), darauf Eroberung der Normandie. + +[1419.] + +Johann von Burgund auf der Brücke von Montereau durch die Begleiter des +Dauphin Karl (+Duchâtel+) ermordet. Johanns Sohn +Philipp+ schließt +deshalb mit Beistimmung der Königin +Isabeau+ mit den Engländern den +Vertrag von +Troyes+; Heinrich V. heiratet +Katharina+, Tochter Karls +VI., und wird als Regent und Nachfolger auf dem Thron Frankreichs +anerkannt, † 1422. + +Unter +Johann+ und seinem Sohne +Philipp dem Guten+ erreicht das +burgundische Herzogshaus den Gipfel seiner Macht. Blüte des Handels, +der Gewerbe und der Künste in den flandrischen Städten, besonders in ++Brügge+ und +Gent+ (die Maler Hubert und Johann van Eyck um 1420). +Philipp bemächtigt sich der Erbschaft der Gräfin Jakobäa von +Holland+ +(S. 205). + +[~1422–1461.~] + +~Karl VII.~, zunächst nur südlich von der Loire anerkannt, im Norden +der minderjährige +Heinrich VI.+, König von England, geb. 1421. + +[1429.] + +~Johanna d’Arc~ (geb. 1412 in Domremy an der Maas), genannt die +~Jungfrau von Orléans~, weil sie dieser Stadt Entsatz bringt. +Die Engländer und Burgunder zurückgetrieben, Karl VII. in Reims +gekrönt. +Johanna+ 1430 bei Compiègne von den Burgundern gefangen, +den Engländern ausgeliefert, 1431 in Rouen von einem geistlichen +Gerichtshof als Zauberin und Ketzerin verurteilt und verbrannt. Das +ungerechte Urteil wird später (1456) auf Befehl des Papstes widerrufen. +Ihre Seligsprechung durch Papst Leo XIII. 1894. + +[1435.] + +Friede zu +Arras+ zwischen Karl VII. und Philipp von Burgund. Die +Engländer verlieren schließlich +alle+ französischen Besitzungen außer ++Calais+ (S. 236), ihr Feldherr +Talbot+ † 1453 in dem Treffen bei ++Castillon+. Errichtung der Ordonnanz-Kompanien, Anfang der stehenden +Heere. + +[~1461–1483.~] + +~Ludwig XI.~ bricht durch Klugheit und Treulosigkeit die Macht der +großen Vasallen, welche gegen ihn die +Ligue du bien public+ schließen +(Herzöge von Burgund, Bretagne, Orléans, Anjou, Nemours, Bourbon, +Grafen von Charollais u. a.) und legt den Grund zur +unumschränkten+ +Monarchie. Nach dem Tode Karls des Kühnen (1477, s. S. 206) zieht er +das Herzogtum +Burgund+ als erledigtes Lehen ein, während die andern +Besitzungen des Herzogs an Deutschland kommen; nach dem Tode Renés +von Anjou (1480) werden +Anjou+, +Maine+ und die +Provence+ mit den +Kronländern vereinigt. + +[~1483–1498.~] + +~Karl VIII.~ gewinnt die +Bretagne+ durch Vermählung mit der Tochter +des letzten Herzogs (S. 235), zieht 1494 nach Italien, um die Ansprüche +des Hauses Anjou auf das Königreich +Neapel+ geltend zu machen (S. +190). Er erobert das Königreich, wird aber durch ein Bündnis zwischen +dem Papste, dem Kaiser, dem Herzog von Mailand, Venedig und Spanien zum +Rückzuge genötigt. + + +§ 3. Italien. + +Entwickelung selbständiger Staaten seit dem Sinken der deutschen +Kaisermacht (1250). + +~Mailand~, seit Kaiser Heinrich VII. (1310) unter den +Visconti+ als +kaiserlichen Statthaltern, seit 1395 als +Herzögen+ (S. 203). Nach +dem Aussterben der Visconti bemächtigt sich der von den Mailändern in +Sold genommene Condottiere +Franz Sforza+ der Herrschaft und wird 1450 +Herzog von Mailand. + +Die Grafen von ~Savoyen~, deren Ahnherr Graf Humbert Weißhand 1032 +mit Burgund unter die Herrschaft der deutschen Könige kam, seit etwa +1050 durch Heirat auch im Besitz von Piemont, erhalten 1416 von Kaiser +Sigismund die +Herzogs+würde. Die Markgrafen von +Este+ (S. 166) werden +1452 von Friedrich III. zu Herzögen von ~Modena~ und +Reggio+ erhoben; +Papst Paul II. belehnt sie 1471 mit dem Herzogtum +Ferrara+. + +~Venedig~, seit 697 durch Vereinigung der Inselgemeinden +ein+ +Staat unter einem +Dogen+ (dux), seit etwa 1000 Beherrscherin des +Adriatischen Meeres, wächst während der Kreuzzüge an Macht und Ansehen +(s. S. 176, 178). Nach Beendigung der Seekriege mit +Genua+ (1381) +ist Venedig Herrin des Mittelmeeres und des Levantehandels. Sein +Festlandsgebiet erstreckt sich über Padua und Verona bis Brescia; seine +Seemacht stützt sich auf den Besitz von Dalmatien, Kandia und Korfu. +~Verfassung~ streng aristokratisch. 1172 Einsetzung des +großen+ Rates +(450 bis 500 Mitglieder), dann des +kleinen+ Rates (Signoria), der die +Macht des Dogen noch mehr beschränkt. 1298 +Schließung+ des +großen +Rates+, die Namen der ratsfähigen Familien (Nobili) werden in dem ++Goldenen Buch+ verzeichnet. Zur Unterdrückung von Verschwörungen 1310 +der +Rat der Zehn+ eingerichtet; Hinrichtung des Dogen +Marino Falieri+ +1355. Seit 1539 ernennt der Rat der Zehn die drei +Staatsinquisitoren+, +deren strenge Herrschaft aber erst 1583 beginnt. + +~Genua~, seit Herstellung des griechischen Kaisertums (1261) im Orient +mächtig, nach dem Siege über Pisa (1284) auch im Besitz der Inseln +Sardinien, Korsika, Elba, dann aber durch die Kriege mit Venedig und +innere Unruhen geschwächt, seit 1396 bald von Frankreich, bald von +Mailand abhängig. + +~Florenz~, seit 1282 mit demokratischer Verfassung (die +Priori delle +arti+ bilden die +Signoria+), öfters durch Parteikämpfe erschüttert, +gewinnt allmählich die Herrschaft über die Landschaft +Toskana+; Pisa +erst 1429 unterworfen. Seit 1400 gelangt das Geschlecht der ~Medici~ +zu hohem Ansehen und fürstlicher Stellung. +Johann von Medici+, reicher +Bankier, Begründer der Macht des Hauses. Sein Sohn +Cosĭmo+, der +Vater +des Vaterlandes+, († 1464), Beschützer der Künste (Brunelleschi, +Ghiberti, Donatello u. a.), Begründer der platonischen Akademie und der +mediceischen Bibliothek. Unter dessen Enkel +Lorenzo+ (il Magnifico, † +1492) die glänzendste Zeit für Florenz. + +Entfaltung der ~italienischen Literatur~ durch die drei florentinischen +Dichter +Dante+ Alighieri († 1321), +Petrarca+ († 1374), +Boccaccio+ +(† 1375). Von Petrarca besonders angeregt entwickelt sich das erneute +Studium der Wissenschaft und Poesie des Altertums (+Humanismus+), +gefördert durch griechische Gelehrte, die nach der Eroberung +Konstantinopels (S. 218) aus dem byzantinischen Reiche vor den Türken +geflohen waren. Hand in Hand damit geht der Aufschwung der ~bildenden +Kunst~ (+Renaissance+) zuerst in Florenz, dann in Rom (Peterskirche). + +Der ~Kirchenstaat~, in der Langobardenzeit begründet, durch die von +Karl d. Gr. bestätigte Schenkung Pippins (s. S. 150) und andere +Erwerbungen erweitert, seit Innocenz III. vom deutschen Reiche völlig +unabhängig. Zerrüttung durch Adelskämpfe (die Orsini und Colonna), +während die Päpste in +Avignon+ residieren (1309–1376). +Cola di +Rienzi+ tritt 1347 als Volkstribun auf, wird vertrieben, kehrt 1354 als +päpstlicher Senator zurück, wird aber durch Volksaufstand getötet (S. +199). Herstellung der Einheit der Kirche durch das Konzil zu Konstanz +(S. 203f.), des Kirchenstaats erst durch Papst +Nikolaus V.+ (1447 bis +1455), der als Freund der Wissenschaften die vatikanische Bibliothek +begründet. + +In ~Neapel~ Haus +Anjou+ bis 1435. ~Sicilien~ 1282–1295 mit +Aragon+ +verbunden (S. 190), dann unter einer Nebenlinie des aragonischen +Hauses, seit 1409 wieder bei Aragon, dessen König +Alfons V.+ 1435–1442 +auch Neapel erobert. Glänzende Hofhaltung, Pflege des Humanismus +(+Laurentius Valla+). Nach Alfons’ Tode (1458) kommt +Neapel+ ohne +Sicilien an seinen natürlichen Sohn Ferdinand I. und dessen Nachkommen; +in Sicilien aragonische Dynastie bis 1504. Von 1504–1713 Neapel und +Sicilien bei Spanien (S. 235). + + +§ 4. England. + +[~1272–1307.~] + +~Eduard I.~, Sohn Heinrichs III. (S. 193), unterwirft +Wales+ +vollständig (Prinz von Wales, Titel seines ältesten Sohnes und fortan +jedes Thronerben), mischt sich als Lehnsherr in die schottischen +Thronstreitigkeiten, beruft Vertreter der Grafschaften und Städte zum +Parlament; Anfang des Unterhauses. + +[~1307–1327.~] + +~Eduard II.~, von den Schotten geschlagen, muß Robert Bruce als +schottischen König anerkennen. Er wird auf Anstiften der Königin und +ihres Günstlings +Mortimer+ vom Parlament abgesetzt und später auf +grausame Weise ermordet. Ihm folgt der tatkräftige + +[~1327–1377.~] + +~Eduard III.~ König +David Bruce+ von Schottland als Gefangener in +London, gegen Lösegeld freigelassen. Seit 1371 Haus +Stuart+ in +Schottland; Robert II., 1371–1390, Tochtersohn von Robert Bruce, +nicht mehr lehnsabhängig von England. -- Trennung des englischen +Parlaments in +Oberhaus+ und +Unterhaus+. Steuerbewilligungsrecht und +Petitionsrecht des Unterhauses. Ausbildung des +Selfgovernment+ in den +Grafschaften (das Friedensrichteramt). Krieg mit Frankreich s. S. 207. +Geoffrey +Chaucer+, Begründer der englischen Literatur, † 1400. + +[~1377–1399.~] + +~Richard II.~, Enkel Eduards III. Die Bestrebungen des Reformators ++Wycliffe+ (Prof. in Oxford, 1382 abgesetzt, vgl. S. 203) werden +vereitelt durch den gefährlichen Aufstand der Bauern unter +Wat Tyler+ +1381. Richard zur Abdankung genötigt von seinem Vetter +Heinrich von +Lancaster+, † im Gefängnis. + +[1399–1461.] + +~Haus Lancaster~ (Nebenlinie des Hauses Plantagenet). + +[~1399–1413.~] + +~Heinrich IV.~, Enkel Eduards III. Kämpfe gegen Empörungen des hohen +Adels (Heinrich Percy); der König behauptet sich im Bunde mit der +Kirche. Grausame Verfolgung der Anhänger Wycliffes. + +[~1413–1422.~] + +~Heinrich V.~, als Prinz der Genosse wüster Gesellen, als König +energisch und tapfer. Aufstand der +Lollharden+ (Anhänger Wycliffes) +unterdrückt. Krieg in Frankreich s. S. 209. + +[~1422–1461.~] + +~Heinrich VI.~, beim Regierungsantritt unmündig, später von +Günstlingen geleitet, kann den Übermut des Adels nicht im Zaum halten. +Unglücklicher Ausgang des Krieges in Frankreich. Sein Vetter +Richard +von York+, zweimal wegen Krankheit des Königs zum Protektor des Reiches +erwählt, erhebt zuerst 1452 offen Anspruch auf die Krone. Gegen ihn +die Königin +Margarete+ (aus dem Hause +Anjou+) und der Herzog von ++Somerset+ († 1454). + +[1459–1485.] + +~Bürgerkrieg in England~; Parteien der +Roten Rose+ (Lancaster) und +der +Weißen Rose+ (York). Richard von York bei Wakefield besiegt und +getötet 1460. Dennoch behauptet sich seine Partei im Felde und ruft +1461 in London seinen Sohn +Eduard+ zum König aus. + + Die Familien ~Lancaster~, ~York~ und ~Tudor~. + + Eduard III. †1377. + _____________________|__________________________________... + | | | | + Eduard, Lionel Johann von Gent, Edmund, + (der Schwarze Prinz) Hz. v. Clarence Hz. ~v. Lancaster~, Hz. ~v. York~, + †1376. †1368. †1399. †1402. + | | ____|__________ + ~Richard II.~, | | | + abgesetzt 1399, | ~Heinrich IV.~ John Bedford. + †1400. | †1413 | + | | | + | | | + | ~Heinrich V.~ John Bedford. + | †1422 Gem. Kath. | + | v. Frankreich | + | | | + Seine ~Heinrich VI.~ ~Margarete.~ + Urenkelin -- 1461, Gem. Edm. ~Tudor~ + Anna ermordet (Sohn v. Owen Tudor + Mortimer, 1471. u. Kath. v. + Gem. v. | Frankreich, + Richard v. Eduard, Witwe + Cambridge Prinz v. Wales, Heinrichs V.). + ermordet 1471. | + | + ~Heinrich VII.~ †1509. + Tudor. + ___________|________ + | | + ~Heinrich VIII.~ Margarete, + †1547. Gem. Jakob IV. Stuart + | v. Schottland. + ___|______________________ + | | | + ~Maria~ die ~Elisabeth~ ~Eduard VI.~ + Katholische †1558. †1603. †1553. + + + ... Edmund, + Hz. ~v. York~, + 1402. + ________|_______ + | | + Eduard, Richard, + Hz. v. York Gr. v. Cambridge. + Gem. Anna Mortimer. + | + _________________________ + Richard, Hz. v. York, 1460 + ________|________ + | | + ~Eduard IV.~ ~Richard III.~ + 1483 (Hz. v. Gloucester) + | 1485 + |_______________________________________ + | | | + Elisabeth, ~Eduard V.~ Richard. + Gem. Heinr. Tudor. ermord. ermord. + 1483 1483 + +[1461–1485.] + +~Haus York~ (Nebenlinie des Hauses Plantagenet). + +[~1461–1483.~] + +~Eduard IV.~ sichert seine Herrschaft durch die Siege bei +Towton+ 1461 +und +Hexham+ 1464, nimmt Heinrich VI. gefangen, doch wird er 1470 von ++Margarete+ und Graf +Warwick+ (dem »Königsmacher«), der früher das +meiste zu seiner Erhebung beigetragen hatte, vertrieben und Heinrich +VI. wieder auf den Thron gesetzt. Eduard IV. kehrt bald zurück, besiegt +das Haus Lancaster bei +Barnet+ (Warwick †) und +Tewkesbury+ 1471 und +rottet es fast aus; nur +Heinrich Tudor+ entkommt. König Heinrich VI. +im Tower ermordet 1471. + +[~1483.~] + +~Eduard V.~, Sohn Eduards IV., mit seinem jungen Bruder +Richard+ im +Tower erstickt auf Befehl seines Oheims, des grausamen +Richard von +Gloucester+ (spr. Gloster), welcher den Thron besteigt als + +[~1483–1485.~] + +~Richard III.~ Er wird bei +Bosworth+ 1485 besiegt von einem Sprößling +des Hauses Lancaster, ~Heinrich Tudor~, Grafen von Richmond, welcher +durch seine Heirat mit +Elisabeth von York+, Tochter Eduards IV., +die Ansprüche beider Häuser vereinigt. Nach Beendigung der blutigen +Adelskriege erstarkt das +Königtum+ unter dem Hause +Tudor+ (1485–1603). + + +§ 5. Die Pyrenäische Halbinsel. + +Den vier christlichen Königreichen steht noch immer das durch Ackerbau +und Kunstfleiß blühende arabische (maurische) Königreich +Granāda+ +gegenüber (S. 194). + +~Navarra~, 1285–1329 mit Frankreich vereinigt (s. S. 207), 1425–1431 +mit Aragon, bleibt ein unbedeutendes Grenzland. + +König Pedro III. von ~Aragon~ (S. 190) unterstützt die Sicilianische +Vesper, gewährt 1283, um die Kriegskosten zu bestreiten, den +Reichsständen (Cortes) große Rechte durch das Privilegium von +Saragossa. Pedro IV. erhöht 1348 die Macht des Königtums und erobert +die Balearen, bewilligt aber die Einsetzung eines Oberrichters +(Justicia), der Streitigkeiten zwischen König und Reichsständen zu +entscheiden hat. + +Alfons XI. von ~Kastilien~ besiegt 1340 die Araber, bringt aber +den Krieg nicht zu Ende. Zwiespalt unter seinen Söhnen +Pedro dem +Grausamen+ und +Heinrich von Trastamara+; letzterer findet bei +Aragon Hilfe und vertreibt mit französischen Söldnern den Gegner. +Pedro wird 1367 durch einen Kriegszug des Schwarzen Prinzen (S. +208) zurückgeführt, aber nach Erneuerung des Kampfes 1369 besiegt +und getötet. Heinrich herrscht darauf bis 1379 in Freundschaft mit +Frankreich. Sein Sohn +Johann I.+ versucht vergebens 1385 ~Portugal~ +zu erobern. Unter +Johann II.+ tritt der Connétable +Alvaro de Luna+ +der großen Macht des Adels entgegen, wird aber 1453 gestürzt. Johanns +Tochter +Isabella+ vermählt sich 1469 mit +Ferdinand+, dem Thronfolger +von +Aragon+, wird 1474 Königin von Kastilien. + +[1479–1516.] + +Ferdinand II., der Katholische, von Aragon. Vereinigung der beiden +Reiche +Kastilien+ und +Aragon+, doch regiert Isabella in Kastilien +selbständig. Die Großmeisterwürde der drei Ritterorden (S. 194) wird +mit der Krone vereinigt, die Willkür des Adels durch Erneuerung des +Friedensbundes der Städte (+Hermandad+) eingeschränkt. Mit päpstlicher +Genehmigung Erneuerung der ~Inquisition~ (S. 186) zur Verfolgung der +Ketzer, besonders gegen die Moriscos (Nachkommen der Mauren, span. +Moros) und Juden gerichtet. Der Dominikaner +Torquemada+ 1483 zum +Großinquisitor ernannt; Tausende zum Feuertode verurteilt (Autos da fé). + +[1492.] + +Eroberung von ~Granada~; der letzte König Abdallah (Boabdil) zieht sich +nach Afrika zurück. + +~Portugal~ im Aufblühen unter der unecht burgundischen Dynastie +seit 1385. Unter König Johann I. wird +Ceuta+ erobert 1415; sein +Sohn +Heinrich der Seefahrer+ fördert die Entdeckungsfahrten längs +der afrikanischen Küste. 1455 wird +Cap Verde+ erreicht, 1482 die +Kongomündung: an dieser Fahrt nahm der um die Nautik und Geographie +(sein Globus in Nürnberg) sehr verdiente Nürnberger Kaufmann Martin +Behaim teil, Freund des Columbus und Magelhães, († 1506 in Lissabon). +1487 umfährt ~Bartolomeo Diaz~ das +Cabo tormentoso+, von König Johann +II. +Cabo de boã esperanza+ (Kap der guten Hoffnung) genannt. + + +§ 6. Der Norden und Osten. + +~Dänemark~, seit +Knud+ dem Großen (S. 170) ein christliches Reich, +entfaltet seine Seemacht unter +Waldemar I.+, der 1168 Rügen erobert, +und Waldemar II., dem Sieger, der 1219 Estland gewinnt, auch bis 1227 +über Holstein und den angrenzenden Teil von Mecklenburg herrscht (S. +187). Dann folgen schwächere Könige; erst +Waldemar IV.+ beseitigt +die innere Zerrüttung. Er überläßt 1346 Estland dem Deutschen Orden, +gewinnt 1360 von Schweden die Landschaft Schonen zurück, muß dann vor +der Seemacht der deutschen Hanse weichen (S. 201). + ++Margareta+, Tochter Waldemars IV., Gemahlin Hakons VI. von Norwegen, +regiert seit 1375 in Dänemark für ihren unmündigen Sohn Olaf († 1387), +nach Hakons Tode 1380 auch in ~Norwegen~, wird 1388 von einem Teil des +schwedischen Adels zur Regentin ~Schwedens~ erwählt. Sie besiegt ihren +Gegner Albrecht von Mecklenburg (seit 1364 König von Schweden), dessen +Anhänger sich mit Hilfe der seeräuberischen +Vitalienbrüder+ noch +einige Jahre in Stockholm behaupten, bis die deutsche +Hanse+ dagegen +einschreitet. + +[1397.] + +~Kalmarische Union~. Die Stände der drei Reiche beschließen zu +Kalmar+ +die Vereinigung unter einem gemeinsamen Wahlkönigtum. +Margareta+ +regiert mit hohem Ansehen, † 1412. + +[1409–1435.] + +Krieg um ~Schleswig~. Dieses Herzogtum, schon seit 1326 nach der sogen. +Waldemarschen Konstitution, nach der es nie wieder mit Reich und Krone +von Dänemark vereinigt werden sollte, größtenteils im erblichen Besitz +der deutschen Grafen von +Holstein+ (aus dem Hause Schauenburg, S. +179), 1386 von Margareta dem Grafen Gerhard VI. zu Lehen gegeben, +wird von seinen Söhnen mit Hilfe der Hanse behauptet gegen Margaretas +Nachfolger +Erich VII+. + +[1460.] + +König +Christian I.+ von Dänemark (aus dem Hause der Grafen von +Oldenburg, Schwestersohn Adolfs VIII. von Holstein) wird von +den Ständen von +Schleswig-Holstein+ nach dem Aussterben des +Schauenburgischen Hauses zum Herzog erwählt, nachdem er die +Waldemarsche Konstitution beschworen hat. Personal-Union mit Dänemark +bis 1863. + +Als Unionskönig kann Christian I. die Herrschaft über +Schweden+ gegen +den dort erwählten Reichsvorsteher +Sten Sture+ nicht behaupten, doch +wird unter seinem Nachfolger +Johann+ die Union der drei Reiche wieder +hergestellt. + +[1500.] + +Schlacht bei +Hemmingstedt+; die +Dithmarschen+, wie die Stedinger (S. +188), eine Art Bauernrepublik unter dem Schutze des Stiftes Bremen, +behaupten ihre Freiheit gegen das dänisch-holsteinische Adelsheer. + +~Rußland,~ nach dem Tode Wladimirs des Großen (S. 170) in mehrere +Fürstentümer geteilt unter Oberhoheit des Großfürsten von +Kiew+, +kommt 1237 unter die Herrschaft der +Mongolen+ (S. 195). Der Chan der +»Goldenen Horde« ernennt den Großfürsten und die Teilfürsten, empfängt +von ihnen Tribut. Um 1330 wird Moskau Residenz des Großfürsten, als +Kiew von den +Litauern+ erobert worden ist. + +[~1480.~] + +~Iwan III., der Große~, Zar von Großrußland, Begründer der +einheitlichen Monarchie, macht der Mongolenherrschaft ein Ende, nachdem +er 1478 die mit der deutschen Hanse verbündete Republik +Nowgorod+ +unterworfen hat. + +~Polen,~ seit etwa 840 unter Fürsten aus dem Hause der Piasten, +christlich seit 965, oft in Kampf mit dem deutschen Reiche, mit den +heidnischen Preußen (später dem Deutschen Orden) und mit Rußland. An +Stelle der Teilfürstentümer begründet +Wladislaw Lokietek+ 1320 ein +einheitliches +Königtum+, Residenz +Krakau+. + +[1333–1370.] + +~Kasimir der Große~, trefflicher Regent, sorgt für den Bauernstand, +gründet Städte, zieht deutsche Ansiedler herbei. Ihm folgt sein +Schwestersohn +Ludwig der Große+ (s. unten) von Ungarn († 1382); dessen +Tochter Hedwig vermählt sich 1386 mit dem bisher noch heidnischen +Großfürsten +Jagello von Litauen+. Seitdem Polen und Litauen vereinigt +unter den Jagellonen 1386–1572. Ludwigs zweite Tochter Maria, Erbin von +Ungarn, mit dem deutschen König Sigismund vermählt (S. 203). + +~Preußen~ wird 1230–1283 in langem Kampfe von dem ~Deutschen Orden~ +(s. S. 178f.) erobert; durch den Anschluß des in Livland vom Bischof +von Riga gegründeten +Schwertbrüder+ordens (1237) erweitert sich das +Ordensgebiet über Kurland, Livland, Estland hin. +Königsberg+ 1255 +gegründet; seit 1309 die ~Marienburg~ Sitz des Hochmeisters. Blüte des +Ordens unter +Winrich von Kniprode+ (1351–1382), dann allmählicher +Verfall. Verhängnisvoll für den Orden wurde die Vereinigung Litauens +mit Polen 1386. + +[~1410.~] + +~Schlacht bei Tannenberg,~ Sieg der ~Polen~ über den Orden. +Heinrich +von Plauen+ verteidigt die Marienburg, schließt als Hochmeister den +noch günstigen +ersten+ Frieden zu Thorn, wird aber 1413 von den +Ordensrittern abgesetzt. Unzufriedenheit des Landadels und der Städte +mit der Ordensherrschaft, sie treten in Verbindung mit +Polen+. Neuer +Krieg 1454, König Kasimir II. erobert 1457 die Marienburg und behauptet +sie in heftigem Kampfe 1460; der Hochmeister zieht sich nach Königsberg +zurück. + +[~1466.~] + +~Zweiter Friede zu Thorn~: Westpreußen mit Ermeland an Polen +abgetreten, +Ostpreußen+ bleibt dem Orden als +polnisches Lehen+. + +In ~Livland~ behauptet ein Teil des Ordens unter dem Landmeister Wolter +von +Plettenberg+ (1494–1535) seine Unabhängigkeit gegen Rußland. + +~Ungarn~ gegen Ende des 9. Jahrhunderts von den ~Magyaren~ (S. +158, 160) in Besitz genommen, bis 1301 unter dem Regentenhause der ++Arpaden+. Einführung des Christentums durch Herzog +Geisa+ und seinen +Sohn +Stephan den Heiligen+, ersten +König+ von Ungarn (S. 163). +Einwanderung zahlreicher Deutscher, namentlich in +Siebenbürgen+ +unter König Geisa II. um 1150. Bildung einer mächtigen Aristokratie +(+Magnaten+). Die +Goldene Bulle+, dem Könige +Andreas II.+ 1222 nach +seiner Rückkehr von einem Kreuzzuge (S. 177) abgenötigt, bildet die +Grundlage der Privilegien des ungarischen Adels. + +Nach dem Erlöschen der Arpaden regiert in Ungarn das Haus ~Anjou~ +(1308–1382), Blütezeit unter ~Ludwig dem Großen~ (1342–1382, s. oben), +der 1370 auch den polnischen Thron besteigt. + +Unter König +Sigismund+, Ludwigs d. Gr. Schwiegersohn aus dem Hause +Luxemburg (1387–1437), beginnender Verfall des Reiches. Albrecht von +Österreich 1438–1439, dann 1440 +Wladislaw III.+ von Polen gewählt, der +bei +Varna+ 1444 gegen die Türken fällt, darauf Albrechts unmündiger +Sohn +Ladislaus Postumus+ (vgl. S. 206). Der Reichsverweser +Johann +Hunyadi+ besiegt die Türken bei Belgrad 1456; sein Sohn ~Matthias +Corvinus~ wird zum König erwählt. Nach dessen glänzender Regierung +(1458–1490) wird Ungarn unter +Wladislaw+, dem Sohn Kasimirs IV. von +Polen, mit Böhmen vereinigt und dem Erzherzog Maximilian (S. 206) die +Nachfolge zugesichert. + +Reich der ~Osmanischen Türken~, um 1300 durch +Osman I.+ in Kleinasien +begründet. Sein Sohn +Urchan+ erobert 1330 +Nicäa+, bildet aus +dem Knabenzins unterworfener christlicher Völker das Fußvolk der ++Janitscharen+, unternimmt Landungen an der europäischen Küste. +Murad +I.+ macht Adrianopel 1365 zu seiner Residenz, unterwirft Bulgarien (S. +194). + +[1389.] + +Sieg Murads über die +Serben+ auf dem Amselfelde bei +Kossova+; Serbien +wird tributpflichtig (S. 172). + +[1396.] + +Sieg Bajazets I. bei +Nikopoli+ an der Donau über ein großes Kreuzheer +ungarischer, deutscher und französischer Ritter unter Führung König +Sigismunds. Seitdem Schrecken des türkischen Namens im christlichen +Abendlande. + +Die weitere Entfaltung der osmanischen Macht wird vorübergehend gehemmt +durch eine neue Erhebung der ~Mongolen~ in Asien unter +Timur Lenk+, +welcher in gewaltigem Siegeszuge Persien (bei Ispahan 70000 Köpfe +erschlagener Feinde zusammengeschichtet), das Indusland, Syrien, +Kleinasien unterwirft. Bagdad zerstört. Hauptstadt seines Reiches ++Samarkand+. + +[1402.] + +Schlacht bei +Angora+ in Kleinasien; Bajazet besiegt und gefangen. + +Nach Timurs Tode (1405) zerfällt sein Reich; die Osmanen stellen ihre +Herrschaft in Kleinasien und der griechischen Halbinsel wieder her. +Erste Belagerung von Konstantinopel 1422. + +Die Donaugrenze wird von den ~Ungarn~ heldenmütig verteidigt. Öftere +Verhandlungen der oströmischen Kaiser mit den Päpsten über Herstellung +der kirchlichen Einheit (S. 176); die Beschlüsse des (in Ferrara 1438 +eröffneten) +Unionskonzils+ zu +Florenz+ 1439 werden in Konstantinopel +von der Geistlichkeit und dem Volke nicht angenommen. Papst Eugen +IV. läßt das Kreuz predigen gegen die Türken, aber die Schlacht bei +Varna (s. oben) lähmt den Kriegseifer. Sultan Mohammed II. macht dem +oströmischen Reiche ein Ende durch die + +[~1453.~] + +~Eroberung Konstantinopels.~ + +[~29. Mai.~] + +Tapfere Verteidigung durch den letzten Kaiser +Konstantin XII.+ und den +Genuesen +Giustiniani+. Griechische Gelehrte flüchten nach Italien (s. +S. 211). + ++Athen+ wird 1456 von den Türken besetzt, die Halbinsel +Morea+ 1460 +verwüstet. In +Albanien+ leistet Georg Castriota (Skanderbeg) tapferen +Widerstand, † 1467. +Bosnien+ und die +Walachei+ werden 1462–1464 +unterworfen, bald auch Albanien. Belgrad (S. 218) bleibt noch bis 1521 +(s. unten) ungarische Grenzfeste. + +[1463–1479.] + +Seekrieg der +Venetianer+ gegen die Türken; sie behalten Kandia, Korfu +und mehrere Plätze in Morea, verpflichten sich aber zur Tributzahlung, +um ihren Handel zu behalten. + +[1480.] + +Rhodus von den +Johannitern+ rühmlich verteidigt. Sultan Bajazet II. +überläßt 1489 den Venetianern die Insel +Cypern+ (Katharina Cornaro, +Gemahlin des letzten Fürsten aus dem Hause Lusignan, s. S. 175), +vertreibt sie aber 1500 aus Morea. Kriegszug nach der +Moldau+ 1497. + +Sultan Selim I. unterwirft 1515–1517 Mesopotamien, Syrien und Ägypten. +Die Ausbreitung der Türkenherrschaft versperrt die alten Handelswege +nach Indien. + +Die von den +Türken+ dem christlichen Europa drohende Gefahr steigert +sich unter Sultan Soliman II., der 1521 +Belgrad+ erobert (vgl. S. 230). + +In ~Persien~ erst 1505 die Mongolenherrschaft beseitigt und eine +einheimische Dynastie wieder eingesetzt. Begründung des neupersischen +Reiches. 1582–1627 regiert der Schah Abbas der Große. Residenz Ispahan. + +In ~Indien~ begründet Baber, ein Nachkomme Timurs, 1525 das Reich des +Großmogul; Hauptstadt Delhi. Blüte dieses Reiches unter Dschelaleddin +Mohammed (Akbar) 1556–1605. + +In ~China~ unter der Ming-Dynastie (1368–1644) wird die bis 1911 +noch geltende Regierungsform ausgebildet. Der Kaiser, »der Sohn des +Himmels«, besitzt unumschränkte Gewalt über alle Untertanen, ist +geistliches Oberhaupt, höchster Richter und Anführer im Kriege. +Er genießt abgöttische Verehrung (Kotau). Strenges Zeremoniell. +Gelbe Kleidung äußeres Zeichen seiner Würde. Der Nachfolger von ihm +aus seinen Söhnen gewählt, falls diese fehlen, aus den nächsten +Verwandten. Dem Kaiser stehen Minister zur Seite, auf deren Anregung +und Verantwortung er die Gesetze erläßt. In Wirklichkeit jedoch ist +die Regierung des Reiches der Mitte in eine Willkürherrschaft der +Provinzvorstände (Vizekönige) ausgeartet. + +~Japan~, wohin um die Mitte des 6. Jahrhunderts nach Chr. von China +aus (über Korea) der Buddhismus und zugleich chinesische Civilisation +gekommen, wird aus einem Geschlechterstaat in einen Beamtenstaat nach +chinesischem Muster umgewandelt. Der +Mikado+ wird unumschränkter +Herrscher des Reiches. Hauptstadt Kioto. Der Großkanzler (Daijo +Daijin) und die Minister führen die Regierung des Landes, die Provinzen +von Statthaltern verwaltet. Alle Beamten mit erblichem Landbesitz +ausgestattet. Einzelne Familien sichern sich den erblichen Besitz der +wichtigsten Ämter. So bildet sich ein Hausmeiertum aus. Der Mikado von +den Ministern, die Provinzialstatthalter von den Großgrundbesitzern in +den Provinzen, d. h. von den Ministern allmählich bei Seite geschoben. +Militär- und Zivilgewalt getrennt. Der Oberfeldherr des aus den Hörigen +der mächtigsten Geschlechter hervorgegangenen Soldatenstandes, der ++Shogun+, bringt schließlich auch das Amt des Großkanzlers in seinen +Besitz. Nach langen erbitterten Kämpfen fällt das Shogunat, d. h. der +Inbegriff aller Regierungsgewalt, der Familie der Minamoto zu. Der +Kaiser in Kioto in strenger Abhängigkeit gehalten, bleibt nur im Besitz +gewisser Ehrenrechte. Residenz der Shogune in Kamakura. + +[1275.] + +Vergebliche Expedition des Mongolenfürsten Kublai-Chans zur +Unterwerfung Japans. Eine zweite Flotte gleichfalls zurückgeschlagen, +durch einen Taifun völlig vernichtet (S. 195). Gegen Ende des 15. +Jahrhunderts werden die Militärgouverneure in den Provinzen (Shugo) +nach Beseitigung der Statthalter unabhängige Territorialherren +(Daimyo). + +Fussnoten: + +[37] so genannt nach den goldenen Siegelkapseln. + +[38] Streitig war das Kurrecht zwischen den beiden sächsischen und +den beiden nach dem Tode Ludwigs des Strengen 1294 entstandenen +wittelsbachischen Linien. Dasselbe ward nun Sachsen-+Wittenberg+ und ++Pfalz+ zuerkannt, Sachsen-+Lauenburg+ und +Bayern+ aber abgesprochen +(S. 189). + +[39] +De terra vero salica in mulierem nulla portio transit, sed hoc +virilis sexus acquirit+ (bezieht sich eigentlich auf +Allodial+besitz +und weder auf Lehen noch auf die Thronfolge). + +[40] Titel des Thronfolgers seit 1349, da der letzte Graf von +Vienne+ +sein Gebiet (le Dauphiné) dem französischen Königshause übertrug. + + + + +~III. Neuere Geschichte.~ + + + + +~A. Von der Entdeckung Amerikas bis zum Westfälischen Frieden. +(1492–1648.)~ + + +§ 1. Erfindungen, Entdeckungen u. Kolonien. + +Drei noch dem +Mittelalter+ angehörige ~Erfindungen~, die mit dem +Beginn der neueren Zeit zu allgemeinerer Anwendung kommen, sind +auf die Umgestaltung der Welt von großem Einfluß gewesen. 1. Der +~Kompaß~ (um 1310 durch +Flavio Gioja+ von Amalfi erfunden?), fördert +Sicherheit der Schiffahrt und ermöglicht die Entdeckungsfahrten. +2. Das ~Schießpulver~, wahrscheinlich aus Asien (China, Indien, +Arabien) nach Europa gekommen, nach einer unhaltbaren Überlieferung +erfunden durch den Mönch +Berthold Schwarz+ zu Freiburg im Breisgau +(1354?), jedenfalls um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Europa zuerst +angewendet. Durch diese Erfindung eine allmähliche Umgestaltung des ++Kriegswesens+ und der Untergang des +Rittertums+ herbeigeführt (S. +226). 3. Die ~Buchdruckerkunst~ (S. 206), allgemeiner verbreitet, +seitdem sich nach der Eroberung von Mainz (1462 in der Pfälzer Fehde, +s. S 206) die Gehilfen +Fusts+ in verschiedene Länder zerstreut hatten, +das wichtigste Mittel zur Verbreitung geistiger Bildung, Förderung des +Humanismus und der +Reformation+. + +[~1492.~] + +~Entdeckung Amerikas~ durch ~Columbus~. + +~Cristoforo Columbo~ (er selbst nannte und schrieb sich, seit er +Spanier geworden, stets ~Cristobal Colon~), aus +Genua+, seit seiner +frühesten Jugend Seefahrer, will einen westlichen Seeweg nach +Indien+ +und namentlich nach der Wunderinsel +Zipangu+ (Japan) suchen, welche +der Venetianer +Marco Polo+ (Reisen von 1271–1295, S. 206) in dem +Buche +Mirabilia mundi+ beschrieben hatte. Vom Könige von Portugal +abgewiesen, tritt Colon 1486 in den Dienst der Königin Isabella +von +Kastilien+ (S. 214). Erst nach der Einnahme Granādas werden +notdürftige Mittel für das große Unternehmen beschafft. Vertrag mit ++Colon+, dem der Adel, die erbliche Würde eines Admirals und Vizekönigs +und ⅒ der Einkünfte der neuen Länder zugestanden werden. Er +unternimmt 4 Reisen. + +~Erste Reise~ 1492. Abfahrt von Palos mit 3 kleinen Schiffen am 3. +Aug. 1492, von den Kanarischen Inseln am 6. September. Am 12. Oktober +Landung auf +Guanahani+ (San Salvador), einer von den Bahama-Inseln. +Entdeckung von +Cuba+ und +Haïti+; erste Kolonie Española auf Haïti +gegründet. + +~Zweite Reise~ 1493–1496 von Cadiz aus. Entdeckung der Kleinen ++Antillen+ und der Insel +Jamaika+; Niederwerfung des Aufstandes in +Española. + +~Dritte Reise~ 1498–1500. +Trinidad+ und das Festland von +Südamerika[41] (die Mündung des +Orinoko+) entdeckt; dann Fahrt +nach Española. Colon, als Ausländer, auch durch Härte und nicht +abzuleugnende Habsucht verhaßt, wird bei Hofe angeklagt. +Bobadilla+, +mit Vollmacht als Oberrichter nach der Kolonie gesendet, schickt ihn in +Ketten nach Spanien. Dort wird Colon sofort in Freiheit gesetzt und mit +Auszeichnung behandelt, behält auch die +Admirals+würde, wird aber als ++Statthalter+ durch +Ovando+ ersetzt. + +~Vierte Reise~ 1502–1504. Küste von Honduras entdeckt, Schiffbruch, +trauriger Aufenthalt bei den Wilden auf Jamaika, endlich Rückkehr von +Haïti aus. + +Columbus stirbt in Valladolid 1506, ohne zu wissen, daß er einen +neuen +Erdteil+ entdeckt hat; er hielt jene Länder für Teile Asiens (Indien). +Sein Sohn +Diego Colon+, 1509 Admiral und Vizekönig von Española († +1526). Die Admiralswürde vererbt sich auf seinen Enkel und Urenkel. + +Der gelehrte Florentiner ~Amerigo Vespucci~ gibt nach mehreren Fahrten +mit den Portugiesen nach Südamerika (die Küste von Venezuela durch den +Spanier +Hojeda+ entdeckt) Karten und Beschreibungen der neu entdeckten +Länder heraus. +Nach+ ihm, nicht durch ihn erhält der neue Erdteil den +Namen ~Amerika~. + +[~1498.~] + +~Seeweg nach Ostindien~ von ~Vasco da Gama~ entdeckt. Die Portugiesen +behalten die schon seit längerer Zeit von ihnen verfolgte Richtung der +Entdeckungsfahrten (S. 215) bei; +Vasco da Gama+ landet um Weihnachten +1497 an der +Costa Natal+, dann in +Melinde+; von da gelangt er unter +Führung eines arabischen Lotsen nach +Calicut+ an der Küste +Malabar+. + +[~1500.~] + +~Brasilien~ entdeckt von ~Cabral~, dessen Schiffe bei der zweiten Fahrt +nach Indien in die westliche Meeresströmung geraten; er landet dann in +Calicut und Cotschin. + +[1505–1515.] + +Begründung portugiesischer Kolonien in Asien durch die Vizekönige ++Almeida+ und +Albuquerque+. Hauptort +Goa+, andere Ansiedlungen in +Diu, Malakka, Ceylon, Macao (der Dichter +Camoëns+ 1555). + +[1513.] + +Der Spanier +Balboa+ dringt vom Meerbusen von +Darien+ aus zum +Stillen +Ozean+ vor. + +[1515.] + +Der Spanier +Diaz de Solis+ erreicht die +La Plata+-Mündung. + +[~1519–1522.~] + +~Erste Erdumsegelung~ unter ~Ferdinand Magalhães~ (spr. Magaliängs), +einem in spanische Dienste getretenen Portugiesen. Durchfahrt nach dem +Stillen Ozean durch die +Magalhães+straße. Er selbst wird 1521 auf +einer der Philippineninseln erschlagen (S. 215). + +[1519–1521.] + +Eroberung von ~Mexiko~ durch ~Hernan Cortez~. Dieser segelt mit 600 +spanischen Soldaten von Cuba nach dem Hafenort Veracruz, wo er seine +Schiffe versenkt. Dann marschiert er mit den Tlaskalanern verbündet auf ++Mexiko+, die Residenz des Königs der Azteken, +Montezuma+, der ihn +in die Stadt einläßt. Er nimmt den König in seinem Palast gefangen. +Infolgedessen Aufstand der Mexikaner, Tod Montezumas. Die Spanier +verlassen die Stadt, nächtlicher Kampf auf einem der Dämme des Sees, +furchtbare Verluste (+Noche triste+). Sieg der Spanier. Von Tlaskala, +wohin er sich zurückgezogen, kehrt Cortez bald mit Verstärkungen +vor die Hauptstadt zurück. Einnahme von Mexiko nach hartnäckigem +Belagerungskampf 1521. Der König +Guatmotzin+ hingerichtet. Cortez +anfangs unumschränkter Statthalter von +»Neuspanien«+, dann auf die +militärische Oberleitung beschränkt, entdeckt +Kalifornien+ 1535, +stirbt in Spanien 1547. + +[1532.] + +Eroberung von ~Peru~ durch ~Pizarro~. + +Die »Conquistadoren« (Eroberer) finden in dem silberreichen Peru, +wie in Mexiko, eine schon lange bestehende einheimische Kultur vor. +Adelsherrschaft bei den +Inkas+, die sich »Söhne der Sonne« nannten. +Sonnentempel in der Hauptstadt +Cuzko+, reich mit Gold geschmückt. +Pizarro nimmt den König +Atahualpa+ vor seinem Heere gefangen und +läßt ihn, nachdem er ein ungeheueres Lösegeld von ihm erpreßt hat, +hinrichten. Gründung von +Lima+ 1535, Fehden zwischen den spanischen +Anführern. Pizarros Nebenbuhler +Almagro+, aus +Chile+ zurückgekehrt, +wird 1538 von ihm besiegt und hingerichtet, er selbst von dessen +Freunden 1541 in einem Aufstande erschlagen. Die Krone übernimmt die +Verwaltung des Landes 1548. + +Drei spanische Vizekönigreiche: +Mexiko+, +Peru+, +Neu-Granada+, später +ein viertes für das +La Plata+-Gebiet; für die westindischen Inseln das +Generalkapitanat +Cuba+. + +~China~ und ~Japan~ werden den Portugiesen im 16. Jahrh. gleichfalls +geöffnet (+Ningpo+, +Macao+), später auch den Spaniern und +Niederländern (+Formosa+). Der Handelsverkehr mit Europa von den ++Daimyo+ in Japan (S. 220) sehr begünstigt. Das +Christentum+ (schon +Papst Clemens V. hatte 1307 ein Erzbistum in Peking und 1313 ein Bistum +in Zeitun eingerichtet) (S. 195), findet in China (Jesuiten Franz +Xaver, Ruggieri) und ebenso in Japan schnell Verbreitung. + + +~Folgen der Entdeckungen.~ + +1. Die Ausbreitung des Christentums und der europäischen Kultur +über die ganze Erde ist ermöglicht. 2. Aufschwung von Handel und +Gewerbe durch die Verwertung der überseeischen Erzeugnisse, Sinken +des Geldwertes durch die Ausbeutung der Gold- und Silberbergwerke +in Südamerika. 3. Bereicherung der Wissenschaften, besonders der +Geographie und Naturkunde. 4. Im europäischen Staatensystem kommen die ++Seemächte+ durch den Besitz von +Kolonien+ zu besonderer Geltung. +Spanien und Portugal treten jedoch am Ende des 16. Jahrh. zurück gegen +die Niederlande und England. 5. Auswanderung aus den übervölkerten +Teilen Europas nach Amerika. + + +§ 2. Die Reformation in Deutschland. + +[~1493–1519.~] + +~Maximilian I.~ zieht nicht mehr zur Krönung nach Rom, nennt sich ++»erwählter römischer Kaiser«+. + +[1495.] + +Reform der Reichsverfassung durch die Beschlüsse des Reichstags zu ++Worms+: ~Ewiger Landfriede~, Reichssteuer (gelangt nicht zu bleibender +Einführung), ~Reichskammergericht~ (erst in +Frankfurt+, dann in ++Speier+, seit 1693 in +Wetzlar+). Besserung der Rechtsprechung durch +Annahme des +römischen Rechts+ (S. 147), welches seit Friedrich I. (S. +183) noch immer als kaiserliches Recht galt. + +Auf den +Reichstagen+ werden, nachdem die Berufung der Reichsstädte +(seit 1487) üblich geworden ist, die kaiserlichen Vorschläge in 3 ++Kollegien+ beraten: Kurfürsten, Fürsten (geistliche und weltliche), +Reichsstädte. Der Kaiser verkündet die Beschlüsse im +Reichsabschied+. + +[1512.] + +Reichstag zu +Köln+, Einteilung des deutschen Reiches in 10 +~Landfriedenskreise~: + +1. der +österreichische+, 2. +bayrische+, 3. +schwäbische+, 4. ++fränkische+ (Maingebiet, Burggrafschaft Nürnberg), 5. +oberrheinische+ +(Lothringen, Hessen u. a.), 6. +kurrheinische+ (Mainz, Trier, Köln, +Pfalz), 7. +burgundische+ (Niederlande), 8. +westfälische+, 9. ++niedersächsische+ (Braunschweig, Lüneburg, Lauenburg, Holstein, +Mecklenburg u. a.), 10. +obersächsische+ (Sachsen, Brandenburg, Pommern +u. a.). + ++Böhmen+ (mit seinen Nebenländern Mähren, Schlesien, Lausitz) und +die +Schweiz+ bleiben außerhalb der Kreisverfassung; das Ordensland ++Preußen+ steht unter +polnischer+ Oberhoheit (S. 217). + +Wenig erfolgreiche Teilnahme Maximilians an den +italienischen+ Kriegen +(S. 285, 239); +Mailand+ kommt an Frankreich, die +Schweiz+ wird +tatsächlich unabhängig vom deutschen Reiche, da den Eidgenossen (seit +1501 dreizehn Orte, außerdem die »zugewandten Orte«) Freiheit von +Reichssteuern und vom Reichskammergericht zugestanden wird (S. 260). + +~Bildung der habsburgischen Hausmacht.~ Durch Verträge und Heiraten +gewinnt Maximilian seinem Hause die Herrschaft über +Spanien+ mit +seinen Nebenländern, sowie über +Böhmen+ und +Ungarn+. + + ~Maximilian I.~, ~Maria~ ~Ferdinand~, ~Isabella~, + Kaiser, v. Burgund, K. v. Aragon, K. v. Kastilien, + †1519. †1482. †1516. †1504 + |__________________| |__________________| + | | + ~Philipp der Schöne~, ~Johanna die Wahnsinnige~, + Erzhz. v. Österr., †1506. K. v. Aragon u. Kast., †1555. + |_____________________________________________| + | + ~Karl V.~ (I.), †1558, ~Ferdinand I.~, †1564, + Gem. Isabella v. Portugal Gem. Anna von Ungarn. + | | + ~Philipp II.~, K. v. Spanien. ~Maximilian II.~, Kaiser, + †1598. †1576. + +Maximilians Sohn, Erzherzog +Philipp+, heiratet +Johanna+, die Erbin +der spanischen Monarchie (Aragon, Kastilien, Neapel [s. S. 235] und die +amerikanischen Kolonien), nimmt 1504 den Titel König von Kastilien an, +stirbt aber, ehe sein Anspruch mit dem Recht König Ferdinands auf die +Regentschaft über Kastilien ausgeglichen ist (S. 241). + +Philipps ältester Sohn +Karl+, 1516 König des vereinigten ~Spaniens~, +erbt 1519 von Maximilian die ~habsburgischen Erblande~ (Österreich, +Steiermark, Kärnten, Krain, Vorderösterreich am Oberrhein, Tirol) und +die ~Niederlande~, überträgt die ersteren 1521 bezw. 1522 an seinen +Bruder +Ferdinand+. Dieser heiratet +Anna+, Schwester Ludwigs II., des +letzten Königs von +Böhmen+ und +Ungarn+ (dessen Gemahlin +Maria+ ist +Ferdinands Schwester) und erwirbt 1526 die Herrschaft über ~Böhmen~ und +~Ungarn~ (S. 207, 230). + +Die ~Umbildung des Rechts~ unter dem beherrschenden Einfluß des +römischen (S. 224) bewirkt in Deutschland allmählich eine Stärkung +der fürstlichen Gewalt. Das römische Recht, das der jetzt allgemein +durchgeführten Geld Wirtschaft mehr entspricht als das der früheren +Naturalwirtschaft angepaßte deutsche Recht, mißt den Landesherren +unumschränkte Gewalt zu (S. 183), schließt das Volk und den Adel von +der Teilnahme an der Rechtsprechung und Verwaltung aus und überträgt +diese den römisch gebildeten Juristen. So bildet sich im Laufe der Zeit +überall ~der fürstliche Absolutismus~ aus, wie ihn in Italien Friedrich +II. begründete (S. 187). In Deutschland werden die Fürsten nach und +nach absolute Territorialherren, deren Selbständigkeit die Kaiser nicht +zu bezwingen vermögen. Unter dem Einfluß des römischen Rechts wird +auch die Erstgeburtserbfolge und die Aufhebung der Landesteilungen +allmählich durchgeführt, z. B. für Brandenburg in der Constitutio +Achillea von 1473, für Bayern 1506 usw. + +An die Stelle des alten ritterlichen Lehnsaufgebots tritt das +~Söldnerheer~ (+Landsknechte+), das weniger durch den Fahneneid als +durch die Soldzahlung an die Fürsten gekettet (vgl. S. 229), die +sicherste Stütze des Absolutismus wird. Der Unterhalt dieser stehenden +Heere durch Steuern aufgebracht, deren Bewilligung den Landständen +(Vertretung der Geistlichkeit, der Vasallen und Städte) vorbehalten +bleibt. + +Das ~Rittertum~ verliert den militärischen Vorrang seit der Einführung +der Feuerwaffen an die Landsknechte und die bürgerliche Artillerie. +Die Burgen gewähren keinen sicheren Schutz mehr. Infolge der +veralteten Art der Bewirtschaftung (Dreifelderwirtschaft) ist der +Ackerbau unrentabel geworden, zumal im Verhältnis zu den städtischen +Erwerbszweigen. Hierdurch und durch die fortgesetzten Erbteilungen der +Adelsgüter verschlechtert sich auch die materielle Lage der Ritter. +Daher Erhöhung der Leistungen und Abgaben der ~Bauern~, die infolge +der Bevölkerungszunahme auch vielfach die Hufen teilen müssen, da sie +von jedem gewerblichen Betrieb der Bürger ausgeschlossen sind. In den +~Städten~ blühen Handel und Gewerbe. Ansammlung großer Kapitalien +in den Händen der patrizischen Geschlechter, z. B. der +Welser+ +und +Fugger+ in Augsburg (S. 234). Blüte der Kunst und Literatur. +Pflege des Meistergesanges (+Hans Sachs+ in Nürnberg). In den Städten +geordnete Verwaltung, Sorge für Unterricht, Arme und Kranke, während +der fürstliche Staat für die Volkswohlfahrt wenig leistet, weil es ihm +an Beamten fehlt. + +~Aufblühen der Wissenschaften und Künste in Deutschland~, angeregt +durch den von Italien aus sich verbreitenden +Humanismus+ (S. 211). +Deutsche Humanisten: +Johann v. Dalberg+, 1483 Kanzler der Universität +Heidelberg und Bischof von Worms, +Konrad Celtis+, 1497 Prof. in Wien, ++Wilibald Pirkheimer+, Ratsherr in Nürnberg, +Konrad Peutinger+ in +Augsburg, +Johann Reuchlin+, Prof. in Tübingen, 1482 mit Graf Eberhard +in Italien, 1502 Richter des schwäbischen Bundes (S. 206), gerät 1510 +mit den Dominikanern von Köln in Streit über die Religionsbücher der +Juden: viele Humanisten nehmen an dem Streit teil, namentlich der +Ritter +Ulrich von Hutten+, als Mitverfasser der +Epistolae obscurorum +virorum+ 1516. +Erasmus von Rotterdam+, bekannt durch seine satirische +Schrift +Laus stultitiae+, gibt 1516 das griechische Neue Testament +heraus. + +Nikolaus +Kopernikus+ (geb. zu Thorn 1473, Domherr zu Frauenburg am +Frischen Haff, † 1543), angeregt durch die Schriften des Astronomen ++Johannes Müller+ von Königsberg in Franken (+Regiomontanus+, 1471 in +Nürnberg, † 1476), begründet die richtige Lehre vom Sonnensystem, Seine +Nachfolger Joh. +Kepler+ aus Württemberg († 1630) und +Galilei+ aus +Pisa († 1642). + +Blüte der bildenden Künste namentlich in +Nürnberg+: der Holzschnitzer ++Veit Stoß+ († 1533), der Bildhauer +Adam Kraft+ († 1507), der +Erzgießer +Peter Vischer+ († 1529), der Maler +Albrecht Dürer+ (geb. +1471, † 1528); in Augsburg die Maler +Hans Holbein,+ Vater und Sohn, † +1524 im Elsaß, bezw. 1543 in London. + +Auch die ~Baukunst~ strebte die Wiedergeburt der griechisch-römischen +Bauweise im Anschluß an die erhaltenen Baudenkmäler an +(~Renaissancestil~) (S. 211). In Deutschland vermischte sich der antike +Stil vielfach mit nationalen, der Gotik entlehnten Elementen, z.B. +Türmchen und Erkern. (+Heidelberger Schloß+.) + +[~1517.~] + +Beginn der ~Reformation~ durch ~Luther.~ + +~Martin Luther,~ geb. 10. Nov. 1483 in Eisleben, Sohn eines Bergmanns, +studiert seit 1501 in +Erfurt+, geht 1505 ins Augustinerkloster +daselbst, wird 1508 Professor an der Universität +Wittenberg+, 1511 in +Angelegenheiten seines Ordens nach Rom geschickt. Da der Dominikaner ++Johann Tetzel+ im Auftrage des Erzbischofs Albrecht von Mainz Ablaß +verkaufend umherzieht, schlägt Luther am 31. Oktober 1517 seine +95 Sätze (Thesen) gegen den Mißbrauch des Ablasses an die Tür der +Schloßkirche zu Wittenberg. + +[1518.] + +In der +Schweiz+ Beginn der Reformation durch Ulrich ~Zwingli~ in +Zürich, veranlaßt durch den Ablaßkrämer Bernardin +Samson+. + ++Luther+, vor den Kardinal Thomas de Vio aus Gaëta (+Cajetanus+) nach +Augsburg gefordert, weigert sich zu widerrufen, appelliert an den +Papst.[42] Vermittelung durch den päpstlichen Kämmerer +v. Miltitz+ +(Gespräch zu +Altenburg+). Luther geschützt von Kurfürst +Friedrich dem +Weisen+ von Sachsen (+Ernestinische+ Linie des Hauses Wettin), während +Herzog Georg (+Albertinische+ Linie) ihm abgeneigt bleibt.[43] Philipp ++Melanchthon+ (Schwarzerd), ein Verwandter Reuchlins, geb. 1497 zu +Bretten in Baden, seit 1518 als Professor in Wittenberg, Luthers +Mitarbeiter († 1560). + +[1519.] + ++Disputation zu Leipzig+; Joh. +Eck+, Prof. zu Ingolstadt, gegen ++Karlstadt+ (Andreas Bodenstein aus Karlstadt) und +Luther+. Letzterer +bekennt, daß Papst und Konzilien nicht unfehlbar seien, und daß sich in +Hussens Lehre viel Wahres finde. Das war der Bruch mit Rom. Eck reist +darauf nach Rom und erwirkt eine päpstliche Verdammungsbulle gegen 41 +Artikel aus Luthers Schriften. + +[1520.] + +Luther veröffentlicht 3 reformatorische Schriften: 1. An den +christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes +Besserung, 2. Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche, 3. +Von der Freiheit eines Christenmenschen, verbrennt die päpstlichen +Dekretalen und die Bannbulle vor dem Elstertore zu Wittenberg. + +[~1519–1556.~] + +~Karl V.~, Enkel Maximilians, abwesend gewählt von den in Frankfurt +versammelten Kurfürsten, 1520 in Aachen gekrönt. +Friedrich der Weise+ +hatte die Kaiserkrone wegen hohen Alters abgelehnt. + +[~1521.~ 18. April] + +~Reichstag zu Worms.~ Luther verteidigt seine Lehre vor dem Kaiser, +der ihm das freie Geleit hält. Doch wird er in die Reichsacht +erklärt und auf Befehl +Friedrichs des Weisen+ aus Vorsicht auf die ++Wartburg+ gebracht. Das +Wormser Edikt+ verbietet alle Neuerungen. +-- Luther beginnt die ~Bibelübersetzung~ (vollendet 1534). Er kehrt +auf die Nachricht von +Karlstadts+ Unordnungen nach Wittenberg zurück +(Frühjahr 1522) und predigt gegen die +Bilderstürmer+, richtet dann +den Gottesdienst mit deutscher Predigt und Abendmahl unter beiderlei +Gestalt in Kursachsen ein. Die Ausbreitung der Reformation in +Deutschland wird dadurch gefördert, daß Karl V. bald nach Spanien +zurückkehrt und dann durch Kriege mit Franz I. von Frankreich in +Anspruch genommen ist. + +[1522–1523.] + +Reichstag zu Nürnberg. Die Durchführung des Wormser Edikts für +unmöglich erklärt. Die Berufung eines Konzils verlangt. + +[~1522–1523.~] + +~Ritterkrieg~ im Rheinlande. +Franz von Sickingen+ an der Spitze eines +Ritterbundes gegen die geistlichen Fürstentümer, belagert vergeblich ++Trier+, wird in seiner Burg +Landstuhl+ (bei Kaiserslautern) +eingeschlossen und fällt. Sein Freund +Ulrich von Hutten+ stirbt als +Flüchtling auf der Insel Ufnau im Zürchersee. + +[~1524–1525.~] + +~Bauernkrieg~ in Schwaben und Franken, begleitet von furchtbaren +Greueln. Die 12 +Artikel+ der Bauern fordern Wahl der Pfarrer durch +die Gemeinde, Beschränkung der Abgabe des Zehnten auf den Kornzehnt, +Aufhebung der Leibeigenschaft, Freiheit der Jagd und des Fischfanges +u. a. Luther ermahnt anfangs zum Frieden, schreibt dann heftig »wider +die mördischen und raubischen Bauern«. Die Aufständischen werden +geschlagen (namentlich bei Königshofen a. d. Tauber) und blutig +bestraft. -- Die +Wiedertäufer+ in Thüringen mit den Bauern verbündet; +sie werden bei Frankenhausen geschlagen, ihr Führer +Thomas Münzer+ mit +25 anderen Anführern in Mühlhausen in Thüringen hingerichtet. + +[1525.] + +Kurfürst Friedrich der Weise †. Ihm folgt sein Bruder Johann der +Beständige (1525–1532). Reformation in +Preußen+. Hochmeister +Albrecht +von Brandenburg+ wird +Herzog+ in Preußen unter polnischer Lehnshoheit. + +Luthers Vermählung mit Katharina von Bora. Kirchenvisitation in +Sachsen, Sorge für die Schulen, Katechismus 1529. + +[~1521–1526.~] + +~Erster Krieg~ Karls V. gegen Franz I. von Frankreich. Karl erhebt +Ansprüche auf +Mailand+ und das +Herzogtum+ Burgund (S. 206), Franz +auf das spanische Navarra und auf Neapel (S. 235). Die Franzosen +werden aus Mailand vertrieben, welches +Franz Sforza+ (S. 210) 1522 +erhält. Der französische +Connétable Karl von Bourbon+ geht zu Karl +V. über. Mißglückter Einfall der Franzosen in Italien (1523–1524, auf +dem Rückzuge fällt +Bayard+, S. 235), darauf Einfall der Kaiserlichen +in das südliche Frankreich. Franz I. geht über den Mont Cenis, nimmt +Mailand wieder. + +[1525.] + +~Schlacht bei Pavīa~, Sieg der Spanier unter +Pescara+ und der +deutschen Landsknechte unter +Georg von Frundsberg+; Franz I. gefangen. + +[1526.] + +Friede zu ~Madrid~. Franz entsagt allen Ansprüchen auf Mailand und +Neapel, sowie der Lehnshoheit über Flandern und Artois, willigt in die +Herausgabe des Herzogtums Burgund, stellt seine Söhne als Geiseln. +Gleichzeitig zeichnet er einen feierlichen Protest gegen den Frieden +auf, läßt sich dann vom Papst von seinem Eide lösen und erklärt die +in Madrid beschworenen Bedingungen als erzwungen für nichtig. Papst +Clemens schließt (Mai 1526) mit Frankreich, Venedig, Florenz und +Mailand die +Heilige Liga+ von +Cognac+ gegen Karl V. + +[~1526.~] + +~Erster Reichstag zu Speier.~ Die Evangelischen, an der Spitze Kurfürst +Johann der Beständige von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen, +erwirken einen der Ausbreitung der neuen Lehre günstigen Reichsabschied. + +[~1527–1529.~] + +~Zweiter Krieg~ zwischen Karl V. und Franz I. Das kaiserliche (nicht +bezahlte und aufrührerische) Heer unter dem Connétable von Bourbon +nimmt Rom mit Sturm, Bourbon fällt, der Papst wird in der Engelsburg +belagert (1527), doch erfolgt bald die Aussöhnung mit dem Hofe zu +Madrid. Vergeblicher Einfall der Franzosen in Neapel. + +[1529.] + +Damenfriede zu ~Cambrai~. +Margarete von+ Österreich, Tante Karls, +und +Luise von Savoyen+, Mutter des Königs von Frankreich. Letzterer +zahlt 2 Millionen Kronen und entsagt den Ansprüchen auf Italien. Karl +verspricht seine Ansprüche auf Burgund +für jetzt+ nicht geltend zu +machen und entläßt die französischen Prinzen. + +[1529.] + +~Zweiter Reichstag zu Speier~, wo Ferdinand (S. 225) und die +katholische Partei infolge der siegreichen Machtstellung des Kaisers +energischer auftreten. Der Reichstagsbeschluß von 1526 wird aufgehoben. +Strenge Durchführung des +Wormser Edikts+ in den evangelischen +Territorien beschlossen. Hiergegen protestieren die evangelischen +Stände (daher Protestanten genannt). Darauf +Religionsgespräch zu +Marburg+ zwischen Luther und Zwingli. Einigung über 14 Artikel, doch +nicht über die Lehre vom Abendmahl. + +[~1526–1532.~] + +~Krieg mit den Türken.~ Sultan +Soliman II.+, welcher 1522 die +Johanniter (S. 219) aus Rhodus vertrieben hat, fällt in Ungarn ein; +König Ludwig II. von Ungarn und Böhmen † in der +Schlacht bei Mohacz+ +(1526). Eine Partei des ungarischen Adels wählt +Ferdinand+, Karls +Bruder, die andere +Johann Zapolya+ von Siebenbürgen, zu dessen Schutze +Soliman abermals erscheint, jedoch +Wien+ vergeblich belagert (1529). + +[1530.] + +Karl V. in +Bologna+ gekrönt; letzte Krönung eines deutschen Kaisers +durch den Papst. + +Glänzender ~Reichstag zu Augsburg~ unter persönlichem Vorsitz des +Kaisers. Überreichung der von +Melanchthon+ verfaßten ~Augsburgischen +Konfession~ (Confessio Augustana). Der Reichsabschied gebietet die +Aufhebung aller Neuerungen. Deshalb + +[Dez.] + +~Schmalkaldischer Bund~ der meisten protestantischen Fürsten und +Reichsstädte. + +[1531.] + +Treffen bei +Kappel+; die Züricher von den katholischen Waldkantonen +geschlagen, Zwingli †, doch behauptet sich seine Lehre. + +Karl V. läßt seinen Bruder +Ferdinand+ in Köln zum römischen König +wählen und in Aachen krönen. Der Kurfürst von Sachsen protestiert +im Namen der Evangelischen dagegen. Infolge der von neuem drohenden +Türkengefahr kommt zustande der + +[~1532.~] + +~Religionsfriede zu Nürnberg.~ Den Protestanten wird bis zu einem +allgemeinen Konzil freie Religionsübung zugestanden. + +Soliman II. fällt verheerend in Ungarn ein. Heldenmütige Verteidigung +von +Güns+. Ein großes Reichsheer sammelt sich bei Wien, Soliman geht +zurück. Karl V. reist wieder nach Spanien. + +[1534–1535.] + +Unruhen der ~Wiedertäufer~ in ~Münster~ (Jan Matthys aus Harlem, dann ++Johann Bockelson+ aus Leyden, »König von Zion«). + +[1534.] + +Landgraf Philipp von Hessen führt den 1519 vom schwäbischen Bunde +vertriebenen (lutherischen) Herzog Ulrich von ~Württemberg~ in sein +Herzogtum zurück, mit welchem der Kaiser seinen Bruder +Ferdinand+ +belehnt hatte. Dieser verzichtet im Frieden zu Kadan auf den ferneren +Besitz Württembergs, wird dafür von den Evangelischen als römischer +König anerkannt. Landgraf Philipp leistet darauf dem Bischof von ++Münster+ Hilfe zur Unterwerfung der Stadt; Johann von Leyden nebst +anderen Anführern grausam hingerichtet. + +Württemberg, Pommern, Anhalt und mehrere Reichsstädte treten dem +Schmalkaldischen Bunde bei (1536). + +[1535.] + +Karls V. Zug gegen +Tunis+ (Seeräuber +Chaireddin Barbarossa+). Tunis +erobert und alle Christensklaven befreit. + +[~1536–1538.~] + +~Dritter Krieg~ zwischen Karl V. und Franz I., letzterer erneuert seine +Ansprüche auf +Mailand+ nach dem Tode des Herzogs Franz Sforza. Er +verbündet sich mit +Soliman II.+, der Ungarn bedrängt und durch seine +Flotte die Küste Italiens plündern läßt. + +[1538.] + ++Waffenstillstand zu Nizza+ auf Grund des Besitzstandes. Darauf reist +Karl V., um einen Aufruhr in seiner Geburtsstadt +Gent+ zu bekämpfen, +durch Frankreich, wo er von Franz I. ausgezeichnet empfangen wird. + +Einführung der Reformation im +Herzogtum+ Sachsen (Herzog Georg † +1539), im Kurfürstentum Brandenburg (1539), im Herzogtum Mecklenburg +(1540). + +[1540.] + +Der ~Jesuiten-~Orden, von dem Spanier +Ignatius von Loyōla+ 1534 +gestiftet zur Ausbreitung der katholischen Lehre, wird von Papst Paul +III. bestätigt. + +[~1541.~] + +~Reformation in Genf~ durch ~Johann Calvin.~ Jean +Cauvin+ aus Noyon +in der Picardie, geb. 1509, tritt 1532 in Paris als Reformator auf, +findet Schutz bei Margarete von Navarra, Schwester Franz’ I. (S. +236). Aus Frankreich 1534 vertrieben, lebt Calvin abwechselnd in +Basel, Genf, Straßburg, von 1541 bis zu seinem Tode 1564 in +Genf+. +Die Anhänger Zwinglis schließen sich ihm allmählich an. Calvinische ++Kirchenverfassung+: Die Gemeinde von den erwählten Geistlichen +und +Ältesten+ (Presbyterium) regiert, mehrere Gemeinden durch die ++Synode+; strenge Kirchenzucht. Der Arzt Servet 1553 als Irrlehrer (De +trinitatis erroribus) verbrannt. + +[1541.] + +Verlängerung des Religionsfriedens auf dem Reichstag zu +Regensburg+ in +Gegenwart Karls V. + +Soliman II. setzt in +Ofen+ einen türkischen Pascha ein. Karls V. +unglücklicher Zug nach +Algier+. + +[1542.] + +Vertreibung des Herzogs +Heinrich+ von Braunschweig-Wolfenbüttel durch +den Schmalkaldischen Bund. + +[~1542–1544.~] + +~Vierter Krieg~ Karls V. gegen Franz I., der wiederum mit Soliman II. +verbündet ist. Der Kaiser unterwirft den Herzog von +Cleve+, der sich +an Frankreich angeschlossen hat, und dringt bis +Soissons+ vor. + +[1544.] + +Friede zu ~Crespy~ (spr. +Crépi+): Der Herzog von Orléans, zweiter Sohn +des französischen Königs, soll eine kaiserliche Prinzessin heiraten und +Mailand erhalten. Da er aber schon 1545 stirbt, so bleibt +Mailand+ dem +Kaiser, der es seinem Sohne +Philipp+ zu Lehen gibt. + +[1545.] + ++Hermann von Wied+, Erzbischof von +Köln+, welcher +Melanchthon+ zu +sich berufen hatte, um in seinem Erzstift die Reformation einzuführen, +wird vom Kaiser verwarnt und sucht Hilfe beim Schmalkaldischen Bunde. + +[~1545–1563.~] + +~Kirchenversammlung zu Trient~ (Tridentum) in Tirol, von den +Protestanten nicht beschickt, vom Papste zweimal vertagt. Kirchliche +Reformen, zugleich genauere Feststellung der katholischen Lehre. + +[1546.] + +18. Febr. Tod Luthers in Eisleben. + +[~1546–1547.~] + +~Schmalkaldischer Krieg.~ Karl V. will die reichsständische +Selbständigkeit in Deutschland brechen und zugleich im Bunde mit +dem Papste, der ihm Geld und Truppen sendet, die kirchliche Einheit +wiederherstellen. Die Häupter des Schmalkaldischen Bundes, +Johann +Friedrich+, Kurfürst von Sachsen, und Landgraf +Philipp+ von Hessen +werden in die Acht erklärt. Herzog +Moritz+ von Sachsen, Philipps +Schwiegersohn, schließt sich der Sache des Kaisers an. + +[1546.] + +Unentschlossene Kriegführung der Verbündeten an der +Donau+. Johann +Friedrich wird durch einen Einfall des Herzogs Moritz in sein Land +zur Rückkehr veranlaßt. Die süddeutschen Protestanten (Ulm, Augsburg, +Straßburg, Herzog Ulrich von Württemberg u. a.) unterwerfen sich, +Hermann von Wied wird aus Köln vertrieben. Karl V. zieht mit seinem aus +Spaniern (Herzog +Alba+) und Italienern gebildeten Heere nach Sachsen, +geht über die Elbe, schlägt in der + +[~1547.~ 24. April.] + +~Schlacht bei Mühlberg~ (auf der Lochauer Heide, bei Torgau) den +Kurfürsten von Sachsen, nimmt ihn gefangen und zieht als Sieger +in +Wittenberg+ ein. Vergleich unter Vermittelung Joachims II. +von Brandenburg. Die Kurwürde und die Kurländer kommen an die ++Albertinische+ Linie des Hauses Wettin (Herzog Moritz); die +Ernestinische Linie behält nur die thüringischen Gebiete (+Weimar+, ++Jena+, +Eisenach+, +Gotha+ u. a., S. 227). +Philipp von Hessen+ +unterwirft sich in +Halle+ und wird, obgleich sich Moritz und Joachim +II. für seine Freiheit verbürgt hatten, gefangen gehalten. + +[1548.] + +Auf dem +Reichstag+ zu +Augsburg+ dekretiert der Kaiser, da das +Tridentiner Konzil vom Papste nach Bologna verlegt ist, das ~Interim,~ +welches den Protestanten aufgezwungen werden soll. Einstweilen wird +ihnen die Priesterehe und das Abendmahl unter beiderlei Gestalt +zugestanden. Sonst soll Lehre und Kirchenverfassung im wesentlichen +katholisch bleiben. Die Stadt +Magdeburg+, als Mittelpunkt des +Widerstandes in die Reichsacht erklärt, wird vom Kurfürsten ~Moritz von +Sachsen~ 1550–51 belagert, unterwirft sich ihm, ohne Glaubenszwang zu +erleiden. Moritz, erbittert über die Behandlung seines Schwiegervaters +und besorgt für seine Stellung und die »Libertät« aller deutschen +Fürsten, rüstet heimlich gegen den Kaiser und nötigt ihn, nach Abschluß +eines Bündnisses mit +Heinrich II.+ von Frankreich, zur + +[~1552.~] + +Flucht aus +Innsbruck+. Das in +Trient+ wieder versammelte Konzil +vertagt sich und tritt erst 1562 wieder zusammen. In Passau tritt ein +Fürstentag zusammen. König +Ferdinand+ vermittelt den + +~Passauer Vertrag~: Das Interim abgeschafft. Freilassung Philipps +von Hessen, der Religionsfriede soll auf dem nächsten +Reichstage+ +festgestellt werden. Auch Kurfürst Johann Friedrich wird freigelassen. + +[1552.] + +~Karl V.~ zieht mit Heeresmacht gegen ~Heinrich II.~ von Frankreich, +welcher als Moritz’ Verbündeter die ~lothringischen Bistümer~ +Metz+, ++Toul+ und +Verdun+ besetzt hat. Vergebliche Belagerung von +Metz+, +welches Franz von Guise mit Erfolg verteidigt. Frankreich bleibt im +Besitz der drei Bistümer, während das +Herzogtum+ Lothringen nach wie +vor beim deutschen Reiche bleibt. + +[1553.] + +Moritz siegt bei +Sievershausen+ (unweit Hannover) über seinen +bisherigen Verbündeten +Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach+ +(der den Passauer Vertrag nicht anerkennen will), wird aber tödlich +verwundet. + +Karl V. zieht sich verstimmt nach den Niederlanden zurück, überläßt die +Herstellung des Friedens in Deutschland seinem Bruder Ferdinand. + +[~1555.~] + +~Augsburger Religionsfriede~. Die +Landesherren+ und +freien Städte+, +welche sich zur +Augsburgischen Konfession+ bekennen, erhalten +Religionsfreiheit und das Recht, in ihren Gebieten die Konfession ihrer +Untertanen zu bestimmen: cuius regio, eius religio. Den andersgläubigen +Untertanen soll das Recht auszuwandern gewahrt bleiben. Zu Gunsten +der katholischen Kirche ~geistlicher Vorbehalt~ (+Reservatum +ecclesiasticum+), daß geistliche Reichsstände, welche protestantisch +werden, Amt, Gebiet und Einkünfte verlieren sollen (S. 232). Die +Evangelischen fügen sich dieser Bestimmung gegen eine +Deklaration+, +daß evangelische Untertanen geistlicher Reichsstände bei ihrer +Religion gelassen werden sollen. Die Reformierten sind von dem Frieden +ausgeschlossen. + + +~Wirkungen der Reformation.~ + +Die von Deutschland ausgehende religiöse Bewegung führt in den meisten +europäischen Ländern 1. zur +Abschaffung kirchlicher Mißbräuche+ +und Vertiefung des religiösen Lebens, 2. zu erhöhter Pflege der von +den Fesseln der Kirche befreiten +Wissenschaften+, Verbesserung des +Schulwesens, Verbreitung geistiger Bildung, 3. zur Stärkung der Gewalt +der Territorialfürsten und durch den Gegensatz der Konfessionen zu ++politischen Kämpfen+, in denen das europäische +Staatensystem+ sich +ausbildet. + +~Luthers Lehre~ verbreitet sich nach Dänemark, Schweden, Norwegen und +den Ostseeprovinzen, +Calvins+ Lehre (die ~reformierte Kirche~) nach +Frankreich, den Niederlanden, Schottland; in Deutschland findet sie +namentlich im Kurfürstentum Pfalz (Heidelberger Katechismus 1563), in +Hessen und Bremen Eingang. + +Hebung des Wohlstandes in Deutschland, namentlich in den oberdeutschen ++Reichsstädten+; die Kaufmannshäuser Fugger und Welser in +Augsburg+. +Aufblühen der +deutschen Literatur+: Hans Sachs († 1576) in +Nürnberg+, +Joh. Fischart in +Straßburg+ († 1591); das protestantische Kirchenlied. +Die Maler Lukas Kranach, Vater und Sohn, in +Wittenberg+, später in +Weimar († 1553 bezw. 1586). + +[~1550.~] + +~Abdankung Karls V.~ in Brüssel. Die Krone ~Spanien~ (mit den +Kolonien), dazu +Neapel+, +Mailand+, Freigrafschaft +Burgund+ und die +Niederlande kommen an seinen Sohn +Philipp+, die Kaiserwürde an seinen +Bruder +Ferdinand I.+ (s. S. 225). Karl lebt in der Nähe des Klosters +S. Just (in Estremadura, nördlich vom Tajo) als Privatmann (nicht +Mönch), stirbt 1558. + + +§ 3. Frankreich. + +[~1498–1589.~] + +Häuser ~Orléans~ und ~Angoulême~. + +Nebenlinien des Hauses Valois (s. S. 208), deren Zusammenhang mit der +Hauptlinie die folgende Stammtafel darstellt. + + ~Karl V.~ (dritter K. aus dem Hause +Valois+) †1380. + ___________________|_______________________ + ~Karl VI.~ †1422. Ludwig, Hz. v. Orléans. + | Gem. Valentine Visconti. + | ______|__________________ + ~Karl VII.~ †1461. Karl, Hz. Johann, Graf + | v. Orléans. v. Angoulême. + | | | + ~Ludwig XI.~ †1483. ~Ludwig XII.~ Karl, Graf v. Angoulême. + | †1515. Gem. Anna v. Gem. Louise v. Savoyen. + | d. Bretagne, Witwe | + | Karls VIII. | + | | | + ~Karl VIII.~ †1498. Claudia. ~Franz I.~ †1547. + Gem. Anna v. d. Bretagne. |________________| + | + ~Heinrich II.~ †1559. + Gem. Katharina v. Medici. + _______________________________|_______________________________ + | | | | | | + ~Franz II.~ Elisabeth, ~Karl IX.~ ~Heinrich III.~ Franz, Margarete, + †1560. Gem. Gem. †1574. (Hz. v. Anjou) Hz. v. Gem. + Maria Stuart. Philipp II. K. v. Polen. Alençon. Heinrich IV. + K. v. Spanien. †1589. + +Die französische Monarchie, nach Zeiten schwerer Erschütterung wieder +erstarkt, beginnt schon unter +Karl VIII.+ (S. 209) eine gegen ++Italien+ gerichtete Eroberungspolitik, doch ohne dauernden Erfolg. + +[1498–1515.] + +~Ludwig XII.~ heiratet Anna von der +Bretagne+, Karls VIII. Witwe, +um dieses Herzogtum bei der Krone zu erhalten, macht Ansprüche auf +~Mailand~ als Enkel von +Valentine Visconti+, verjagt den Herzog ++Ludovico Moro+ (aus dem Hause +Sforza+, s. S. 211), der, als er nach +Mailand zurückkehrt, gefangen wird (1500). + +[1501.] + ++Ludwig XII.+ erobert im Bunde mit +Ferdinand dem Katholischen+, +König von Aragon, das Königreich ~Neapel~. Spanier und Franzosen bald +uneinig, die letzteren von dem spanischen Feldherrn +Gonsalvo de +Cordŏva+ am +Garigliano+ geschlagen (1504). Ludwig XII. verzichtet auf +Neapel, behauptet aber die Schutzherrschaft über +Genua+. Neapel und +Sicilien bis 1713 in spanischem Besitz. Gonsalvo erster Vizekönig. + +[1508.] + +Teilnahme Ludwigs an der +Liga zu Cambrai+ gegen Venedig, aber Papst +Julius II., Ferdinand der Katholische und Venedig verbinden sich 1511 +zur +Heiligen Liga+, um die Franzosen aus Italien zu vertreiben. Diese +führen den Krieg unter +Gaston de Foix+, Neffen Ludwigs XII., anfangs +glücklich, nehmen 1512 +Brescia+ mit Sturm (~Bayard~, der Ritter ohne +Furcht und Tadel, S. 229), schlagen mit Hilfe von 5000 deutschen +Landsknechten das spanisch-päpstliche Heer bei +Ravenna+, werden aber +1513 von den Schweizern bei +Novāra+ geschlagen und räumen Italien. + +[~1515–1547.~] + +~Franz I.~ + +[1515.] + +Er erobert +Mailand+ wieder durch den glänzenden Sieg über die +Schweizer bei ~Marignano~. + +[1520.] + +Zusammenkunft mit Heinrich VIII. von England (+Camp du drap d’or+) in +der Nähe von Calais. + +Kriege mit +Karl V.+ (s. S. 229–232): +Mailand+ verloren. Künste +und Wissenschaften werden gefördert durch den Verkehr mit Italien. +Schloßbauten: der +Louvre+ in Paris. + +Erhöhung der königlichen Macht durch ein Konkordat mit dem Papste +(1516), welches die Wahl der Bischöfe und Äbte im wesentlichen dem +König überläßt; dagegen Wiedereinführung der +Annaten+ (Gebühren für +die Bestätigung durch den Papst in der Höhe eines Jahreseinkommens) und +Verzichtleistung auf den Grundsatz des Konstanzer und Baseler Konzils, +daß ein allgemeines Konzil +über+ dem Papste stehe (s. S. 203). +Verfolgung der Protestanten und grausame Hinrichtungen. + +[~1547–1559.~] + +~Heinrich II.~ Wachsende Macht der ~Guisen~, eines Nebenzweiges +des Hauses Lothringen, (+Franz+, Herzog von Guise, und +Karl+, der +»Kardinal von Lothringen«). Verfolgung der Protestanten in Frankreich, +aber Unterstützung der +deutschen+ Protestanten. 1552 +Metz+, +Toul+, ++Verdun+ gewonnen, Krieg mit Karl V. (s. S 233). + +[1556–1559.] + +Krieg mit +Philipp II.+ von Spanien. Die Franzosen von den Spaniern +(mit Hilfe der Engländer) bei +St. Quentin+ 1557 und durch den Grafen ++Egmont+ bei +Gravelingen+ 1558 geschlagen. +Franz von Guise+ nimmt ++Calais+, die letzte Besitzung der Engländer in Frankreich (S. 209). + +[1559.] + +Im Frieden zu +Cateau Cambrésis+ geben die Franzosen alle Eroberungen, +außer +Calais+, heraus. Philipp II. heiratet Elisabeth, älteste Tochter +Heinrichs II. Auf Heinrich II., der an einer Turnierwunde stirbt, +folgen hintereinander seine drei schwachen Söhne. + +[~1559–1560.~] + +~Franz II.~, erster Gemahl der +Maria Stuart+ von Schottland, einer +Nichte der Guisen. Verfolgung der Protestanten, grausame Hinrichtungen +(+Chambres ardentes+). Des Königs Mutter ~Katharina von Medici~ mit den +Guisen verbündet, während die Prinzen aus dem Hause +Bourbon+, Anton, +König von Navarra,[44] und Ludwig von Condé, sich der Protestanten +annehmen. + +[~1560–1574.~] + +~Karl IX.~, 10 Jahre alt, ebenfalls unter der Leitung seiner Mutter ++Katharina von Medici+, + +[1562–1598.] + +~Hugenottenkriege.[45]~ + +Die Verletzung eines den Reformierten gewährten Toleranzedikts durch ++Franz von Guise+ (Blutbad zu +Vassy+ in der Champagne 1562) und +grausame Verfolgungen in mehreren Städten veranlassen eine bewaffnete +Erhebung der Reformierten unter Führung des Prinzen von +Condé+ und +des Admirals +Coligny+. Sie erkämpfen in +drei Kriegen+ (bis 1570) das +Zugeständnis bedingter Religionsfreiheit, welches durch Einräumung +von 4 Sicherheitsplätzen (namentlich der Hafenstadt +La Rochelle+) +gewährleistet wird. + +[~1572.~ 23.–24. Aug.] + +~Die Bartholomäusnacht~ oder ~Pariser Bluthochzeit.~ Bei Gelegenheit +der Vermählung +Heinrichs von Bourbon+ und +Navarra+, der nach Condés +Tode an die Spitze der Hugenotten getreten war, mit der Schwester des +Königs Karl IX., Margarete von Valois, zuerst ein Mordanschlag auf ++Coligny+ gemacht, dann Ermordung aller in Paris anwesenden Hugenotten, +geleitet von +Heinrich von Guise+ und der Königin-Mutter +Katharina +von Medici+. Heinrich von Navarra rettet sein Leben durch Übertritt +zur katholischen Kirche. In der Hauptstadt werden über 2000, in ganz +Frankreich gegen 20000 Hugenotten ermordet. Diese Bluttat entzündet +den +vierten+ Krieg (1572–1573). La Rochelle, von Herzog +Heinrich von +Anjou+, Bruder des Königs Karl IX., belagert, verteidigt sich tapfer +(Graf Montgomery). Die Wahl des Herzogs von Anjou zum König von Polen +bewirkt einen Vergleich. + +Karl IX. stirbt 1574. Sein Bruder, der aus Polen entweicht, wird König +von Frankreich als + +[~1574–1589.~] + +~Heinrich III.~ Der +fünfte+ Krieg, während dessen Heinrich von Navarra +wieder zum reformierten Glauben übertritt, wird 1576 unter Bedingungen +beendigt, die für die Hugenotten günstiger sind als die früheren +Friedensschlüsse. Daher Unzufriedenheit der strengen Katholiken; die +~Heilige Ligue~ beabsichtigt im Bunde mit +Philipp II.+ Vernichtung der +reformierten Partei und Erhebung der Guisen auf den Thron. Der König +erklärt sich aus Furcht vor der Ligue zum Haupt derselben und verbietet +den reformierten Gottesdienst in ganz Frankreich. + +Daher nochmals +drei Kriege+, der letzte (1585–1589) genannt ~Krieg der +drei Heinriche~ (+Heinrich III.+ von Valois, +Heinrich+ von Navarra, ++Heinrich+ von Guise). In Paris bildet sich die ~Ligue der Sechzehn~, +welche die Absetzung des schwachen Königs bezweckt. Volksaufstand, +Tag der Barrikaden 12. Mai 1588. Heinrich III. entflieht nach +Blois+, +wohin er die Reichsstände (États-généraux) zusammenruft. Da er bei +diesen keinen Beistand gegen die Ligue findet, läßt er den Herzog ++Heinrich von Guise+ und dessen Bruder, den +Kardinal Ludwig+, +ermorden. Aufstand der Katholiken, an dessen Spitze sich der Bruder der +Ermordeten, Herzog +Karl von Mayenne+, stellt. Heinrich III. flieht zu +Heinrich von Navarra in das Lager der Hugenotten, wird vor Paris, in +St. Cloud, von dem Mönch +Jakob Clément+ ermordet (1589). + +[~1589–1792.~] + +~Haus Bourbon~ (stammt ab von einem jüngeren Sohne Ludwigs IX., des +Heiligen). + +[~1589–1610.~] + +~Heinrich IV.~ Die katholische Partei verweigert ihm die Anerkennung. +Heinrich IV. siegt über Karl von Mayenne bei ~Ivry~ 1590, belagert +aber vergeblich Paris, welches von Mayenne und dem Herzog von Parma +(s. S. 243) entsetzt wird. Erst nachdem Heinrich in St.-Denis abermals +seinen Übertritt zur katholischen Kirche erklärt hat, öffnet ihm Paris +die Tore (1594). Darauf Aufhebung des päpstlichen Bannes, Friede mit +Philipp II. von Spanien. Die Religionskriege werden beendet durch das + +[~1598.~] + +~Edikt von Nantes~, welches den Reformierten gleiche +bürgerliche+ +Rechte mit den Katholiken gibt, aber keineswegs vollständig freie +Religionsübung. Es gestattet den reformierten Kultus den +Edelleuten+ +mit selbständiger Gerichtsbarkeit (+seigneurs hauts justiciers+) und +den +Bürgern+ in einer +bestimmten+ Anzahl von Städten und Flecken, +untersagt ihn aber in allen bischöflichen und erzbischöflichen Städten, +am Hofe des Königs, in Paris, sowie im Umkreise von 5 Meilen um die +Hauptstadt. Die Reformierten werden zu öffentlichen Ämtern zugelassen +und behalten ihre Sicherheitsplätze. Das Edikt wird erst nach +langer Weigerung von den Parlamenten (d. h. höchsten Gerichtshöfen) +registriert. + +Heinrichs IV. Minister, der Herzog von ~Sully~, trifft Maßregeln +zur Wiederherstellung des zerrütteten Wohlstandes und der Finanzen. +Förderung des Ackerbaues und Gewerbes, des Seehandels; Kolonien in ++Kanada+ (Quebec 1608). Der König beabsichtigt, als Verbündeter der +protestantischen +Union+ in den Jülich-Cleveschen Erbstreit (S. 252) +einzugreifen, wird aber von dem Fanatiker Franz +Ravaillac+ in Paris +ermordet. Sein Sohn + +[~1610–1643.~] + +~Ludwig XIII.~, 9 Jahre alt. Regentschaft seiner Mutter +Maria von +Medici+. Sully vom Amte entfernt; an die Spitze der Geschäfte tritt +der Italiener +Concini+ (Maréchal +d’Ancre+), nach dessen Ermordung +1617 der Herzog von +Luynes+, endlich der große Staatsmann ~Kardinal +Richelieu~ (Armand-Jean du Plessis, geb. 1585 in Poitou, 1607 Bischof +von Luçon, 1616 Staatssekretär, 1622 Kardinal, † 1642). Von 1624–1642 +verwaltet ~Richelieu~ eigentlich allein das Reich; nur einmal (11. Nov, +1630, +journée des dupes+) glaubt Maria von Medici ihn gestürzt zu +haben, doch beherrscht er von da an den König sicherer als je. + +Richelieus Ziel ist die Erhebung Frankreichs zur ersten Macht Europas +und die Begründung der Allgewalt des Königs. Er bricht die Macht des +Adels, macht die Krone unabhängig von den +Reichsständen+, die nicht +mehr berufen werden, besiegt die Hugenotten (Belagerung und Einnahme +von +La Rochelle+ 1628), welche fortan nicht mehr eine bewaffnete +politische Partei, sondern eine +geduldete Sekte+ sind. Unruhen, +erregt von +Gaston von Orléans+, Bruder des Königs, enden mit dem +vollständigen Siege Richelieus; die Königin-Mutter wird verbannt, +Gaston entflieht nach +Lothringen+, versucht vergebens gewaltsame +Rückkehr mit Hilfe des Herzogs von +Montmorency+, des Statthalters von +Languedoc; dieser wird 1632 in Toulouse hingerichtet. + +[1633.] + +Das Herzogtum +Lothringen+ (vgl. S. 206, 233) von französischen Truppen +besetzt (bis 1659). Der Dreißigjährige Krieg bietet Gelegenheit, +Frankreichs Macht auf Kosten Deutschlands zu erhöhen. + ++Richelieu+ legt den Grund zur Machtstellung Ludwigs XIV. Frankreich +verdankt ihm die Segnungen einer geordneten +Verwaltung+ und das +Aufblühen seiner klassischen +Literatur+. Stiftung der französischen +Akademie 1635, der maßgebenden Behörde in Sachen der Sprache und des +Stils; +Corneilles+ Cid 1636. + + +§ 4. Italien. + +Das Herzogtum ~Mailand~ ist seit 1556 (s. S. 234) ein Nebenland von ++Spanien+, dem Namen nach deutsches Reichslehen. In ~Mantua~ herrscht +seit 1328 das Haus +Gonzaga+; nach dessen Aussterben der Mantuanische +Erbfolgekrieg 1628–1631. +Richelieu+ zieht persönlich gegen die +Kaiserlichen zu Felde und setzt die Ansprüche der französischen +Nebenlinie +Nevers+ auf das Herzogtum durch. + +Glänzender Hof der Herzöge von ~Ferrara~ (S. 210). Nach dem Tode +Alfons’ II. 1597 wird Ferrara als päpstliches Lehen mit dem +Kirchenstaate vereinigt; ~Modena~ und Reggio verbleiben einer +Nebenlinie des Hauses +Este+. + +~Parma~ und Piacenza früher zu Mailand gehörig, 1512 vom Papst Julius +II. für den Kirchenstaat in Besitz genommen, bilden seit 1545 ein +selbständiges Herzogtum im Besitz des Hauses +Farnese+ bis 1731. + +~Venedig~ ist 1508 gefährdet durch die Liga von +Cambrai+ (Papst Julius +II., Kaiser Maximilian I., Ludwig XII., Ferdinand der Katholische); +doch wendet sich der Krieg bald gegen Frankreich (S. 235). Während der +folgenden Kriege ist Venedig meist mit Karl V. verbündet. Gegenüber dem +Vordringen der +Türken+ schließt es sich an Spanien an, muß aber trotz +des mit den Spaniern gemeinsam erfochtenen Sieges bei Lepanto (S. 242) +1573 den Türken +Cypern+ abtreten; es behält von seinem Inselbesitz nur ++Kandia+ und die +Ionischen Inseln.+ + +~Genua~ macht sich 1529 unter dem Dogen +Andrea Doria+, welcher +der Republik eine neue Verfassung gibt, frei von der französischen +Schutzherrschaft (S. 235). Verschwörung des+Fiesco+ 1547. +Giannettino +Doria+, der Neffe des Dogen, wird ermordet, Andrea Doria muß flüchten. +Schon sind die Verschworenen im Besitz fast der ganzen Stadt, als +Fiesco durch Zufall ertrinkt. Rückkehr des Dogen, Wiederherstellung der +Verfassung. + +Die Herzöge von ~Savoyen~, welche auch +Piemont+ besitzen (S. 210), +sind unter den einheimischen Fürsten von Nord-Italien die mächtigsten. +Doch verlieren sie 1536 das +Waadtland+ an Bern und geraten während der +Kriege Frankreichs mit Karl V. und Philipp II. in Bedrängnis. Nach dem +Frieden von Cateau-Cambrésis (1559, S. 236) wird +Emanuel Philibert+ in +sein Herzogtum zurückgeführt. + +In ~Florenz~ wird 1494 Pietro von Medici, Lorenzos Sohn, weil er mit +dem erobernd vordringenden Karl VIII. von Frankreich (S. 209 f.) einen +Vertrag geschlossen hatte, vertrieben. Haupt der demokratischen Partei +der Dominikaner +Savonarōla+. Er bewirkt auf kurze Zeit eine Wendung +zur Sittenstrenge, verfällt aber dem päpstlichen Bann und wird 1498 +hingerichtet. Infolge des Sieges der Heiligen Liga (S. 235) werden 1512 +die +Medici+ wiedereingesetzt. Zweite Vertreibung 1527, die Republik +auf kurze Zeit wiederhergestellt. Karl V. setzt 1531 +Alessandro+ von +Medici als erblichen Herzog ein. Dessen Nachfolger +Cosimo+ vereinigt +die Republik +Siena+ mit seinem Gebiete und wird 1569 vom Papst Pius +V. zum ~Großherzog von Toskana~ erhoben (bestätigt von Kaiser Rudolf +II. 1576). Unter Cosimos II. Regierung lehrt in Florenz +Galileo +Galilei+, der 1633 von der Inquisition in Rom gezwungen wird, das ++Kopernikanische Sonnensystem+ abzuschwören († 1642 in Arcetri bei +Florenz). + +Die ~Päpste~ dieser Zeit sind mit Erfolg bestrebt, den Kirchenstaat zu +vergrößern und ihr geistliches Ansehen zu erhöhen. + +[1492–1502.] + ++Alexander VI.+ aus dem Hause +Borgia+, durch Ausschweifungen +berüchtigt; sein Sohn +Cesar Borgia+ herrscht grausam in der Romagna. + +[1503–1513.] + ++Julius II.+, kriegerisch und kunstliebend, beginnt den Neubau der +Peterskirche, beruft dazu den Baumeister Bramante, den Bildhauer +Michelangelo (an Julius’ II. Grab Statue des Moses) und den Maler +Raffael nach Rom. + +[1513–1521.] + ++Leo X.,+ Sohn Lorenzos von Medici (S. 211), kunstliebend und gelehrt. + +[1521–1523.] + ++Hadrian VI.,+ aus Utrecht, früher Lehrer Karls V., auf Abstellung +kirchlicher Mißbräuche bedacht. + +[1523–1534.] + ++Clemens VII.,+ Neffe Lorenzos von Medici, klug, aber nicht tatkräftig. + +[1555–1559.] + ++Paul IV.,+ streng kirchlich, hat 1542 als Kardinal unter Paul III. die +Herstellung der +Inquisition+ (S. 186) und die Einrichtung des Index +librorum prohibitorum bewirkt. + +[1572–1585.] + ++Gregor XIII.+ ordnet 1582 den +verbesserten Kalender+ an (Ausfall +des Schaltjahres am Ende des Jahrhunderts, mit Ausnahme jedes vierten +Jahrhunderts). + +[1575–1590.] + ++Sixtus V.+ unterdrückt das Räubertum im Kirchenstaat; Vollendung der +Peterskirche. + +~Neapel~ ist von 1504–1713 ein Nebenland Spaniens (s. S. 235). Der +Aufstand des Fischers +Tommaso Aniello,+ genannt +Masaniello+ (1647), +wird schnell unterdrückt. + +~Blütezeit der italienischen Kunst und Literatur.~ + +Maler: +Leonardo da Vinci+ († 1519), +Raffael Santi+ († 1520), +Antonio +Allegri,+ genannt +Correggio+ († 1534), +Michelangelo Buonarotti+ († +1564), zugleich Bildhauer und Architekt, +Tizian+ († 1576), +Paul +Veronese+ († 1588). Musiker: +Palestrina+ († 1594). Dichter: +Ariosto+ +(† 1533), +Torquato Tasso+ († 1595). Unter den Prosaschriftstellern +ragt hervor der Politiker +Macchiavelli+ († 1527 in Florenz: Il +Principe, Buch vom Fürsten). + + +§ 5. Pyrenäische Halbinsel und Niederlande, + +[~1479–1516.~] + +~Ferdinand der Katholische,~ König von +Aragon,+ übernimmt 1504 +nach dem Tode seiner Gemahlin +Isabella+ (S. 215) die Regierung in ++Kastilien+ für seine abwesende Tochter +Johanna+, Gemahlin des +Erzherzogs Philipp von Österreich (S. 225). Philipp und Johanna +kommen 1506 nach Kastilien; Ferdinand tritt in einem Vertrage die +Regentschaft an Philipp ab, aber bald darauf stirbt dieser plötzlich +1506. Johanna, schon früher schwermütig, verfällt in Wahnsinn, lebt +im Schlosse +Tordesillas+ in Haft bis zu ihrem Tode (1555). Ferdinand +übernimmt wieder die Regentschaft, erweitert 1512 das Reich Aragon +durch Eroberung des kleinen Königreichs +Navarra+; nur der nördlich von +den Pyrenäen gelegene Teil desselben bleibt dem französischen Grafen ++Jean d’Albret+ (S. 236). Befestigung der Monarchie in dem nunmehr +vereinigten ~Königreich Spanien~ mit Hilfe des staatsklugen Kardinals ++Ximenez+. + +[~1516–1556.~] + +~Karl I.~ (als deutscher Kaiser +Karl V.,+ s. S. 228) begründet nach +Niederwerfung eines Aufstandes in Kastilien (1521) die unbeschränkte +Königsgewalt in +Spanien+; die Cortes fortan ohne Bedeutung. Durch +Erwerbung großer Gebiete in +Amerika+ (S. 223) gelangt Spanien zu hoher +Machtstellung. + +[~1556–1598.~] + +~Philipp II.~, viermal vermählt, mit: 1. +Maria+ von Portugal (Mutter +des Don Carlos), 2. +Maria der Katholischen+ von England (S. 246), +3. +Elisabeth+ von Valois (S. 236), 4. +Anna+, Tochter Maximilians +II. Unter seinem starren Despotismus erschöpfen sich die Kräfte des +spanischen Reiches. + +Krieg mit Frankreich (S. 236). Blutige Verfolgung der Moriskos und der +Protestanten in Spanien; die Schrecken der Inquisition (S. 215) dauern +fort. Zwist zwischen dem König und seinem Erben +Don Carlos+; dieser +wird verhaftet und stirbt im Gefängnis 1568. Über die +Türken+, welche +1565 vergeblich die dem Johanniterorden (S. 178) gehörige Insel +Malta+ +angreifen (tapfere Verteidigung durch den Großmeister +La Valette+), +erficht +Don Juan d’ Austria+, Karls I. (V.) natürlicher Sohn, den +großen + +[~1571.~] + +~Seesieg bei Lepanto~ (Naupaktos, S. 44). In demselben Jahre werden die ++Philippinen+-Inseln in Besitz genommen (1898 an die Union abgetreten). + +[~1568–1648.~] + +~Freiheitskrieg der Niederlande.~ + +~Veranlassung~: Die seit Karls V. Abdankung an Spanien gekommenen +niederländischen Provinzen (S. 225) waren seit alter Zeit im Besitz +bedeutender Privilegien; die +Stände+ (+Staaten+, +États+) hatten +Steuern und Truppen zu bewilligen. Aber Druck der spanischen +Besatzungen, Strafedikte gegen die Ketzer, die geplante Gründung +neuer Bistümer, Furcht vor Einführung der spanischen Inquisition +bewirken unter der Statthalterin +Margarete von Parma+ (1559–1567), +der Halbschwester des Königs Philipp II. (ihr Ratgeber Bischof ++Granvella+), heftige Erregung. Bund des Adels (Kompromiß zu +Breda+) +zur Verteidigung der Privilegien. Im Staatsrat sind Graf +Egmont+, +Statthalter von Flandern, und Wilhelm von +Nassau-Oranien[46]+, +Statthalter von Holland und Seeland, um Erhaltung des Friedens bemüht. + +[1566.] + +Überreichung einer Bittschrift an die Statthalterin in +Brüssel+ durch +300 Vertreter des niederen Adels (~Geusen~, Bettler, ihr Parteiname, +entstanden durch den verächtlichen Ausruf des Grafen von Barlaimont: ++Ce n’est qu’un tas de gueux+). Volksunruhen, veranlaßt durch +calvinische Prediger; Bildersturm und Plünderung der Kirchen. Egmont +und Wilhelm von Oranien treten diesen Unordnungen entgegen. + +Obwohl die Ruhe schließlich wiederhergestellt war, wird + +[1567.] + +Herzog ~Alba~ mit einem spanischen Heere über +Genua, Savoyen, Burgund+ +nach den Niederlanden gesandt. Wilhelm von Oranien entflieht nach +Nassau. Tausende von Niederländern verlassen ihr Vaterland. Alba +übernimmt die Regierung; der von ihm in Brüssel eingesetzte Gerichtshof +arbeitet entsetzlich, vom Volk als »Blutrat« bezeichnet. + +[1568.] + +Hinrichtung der Grafen +Egmont+ und +Hoorn+. + +~Wilhelm von Oranien~ macht mit Flüchtlingen und deutschen Söldnern, +die er in Nassau um sich gesammelt hat, einen Einfall in die +Niederlande, wird aber von Alba zurückgeschlagen. + +Die willkürlichen, von Alba auferlegten Steuern (der 10te Pfennig +von jeder verkauften Ware, der 100ste vom Vermögen) erregen einen +neuen Aufstand. Einnahme von +Briel+ (an der Maasmündung) durch die +Wassergeusen 1572. Schnelle Ausbreitung des Aufstandes, besonders in +den nördlichen Provinzen, wo Wilhelm von Oranien nach seiner Rückkehr +aus Deutschland an die Spitze tritt. Herzog Alba wird auf seinen +eigenen Antrag 1573 zurückberufen. + +Sein Nachfolger +Luis de Requesens+ siegt zwar 1574 auf der Mooker +Heide, wo zwei Brüder des Prinzen von Oranien fallen, belagert +aber +Leyden+ vergeblich (Durchstechung der Deiche, Gründung der +Universität) und kann des Aufstandes nicht Herr werden († 1576). +Plünderungen der Städte Antwerpen, Mastricht, Gent u. a. durch die +königlichen Truppen führen die + +[~1576.~] + +~Pazifikation von Gent~ herbei, einen Vertrag +aller+ Provinzen, +durch welchen sie sich, ungeachtet der religiösen und nationalen +Unterschiede, vereinigen, um die spanischen Soldaten aus dem Lande zu +treiben. + +Der neue Statthalter +Don Juan d’Austria+, Philipps II. Halbbruder, +wird von den meisten Provinzen nicht anerkannt, doch entsteht unter +ihnen bald Uneinigkeit. Ihm folgt +Alexander Farnese von Parma+, +Margaretes Sohn (1578–1592), ein staatskluger Fürst und trefflicher +Feldherr. Dieser unterwirft unter dem Versprechen der Herstellung ihrer +alten politischen Freiheiten die +südlichen+, katholischen Provinzen +(Belgien). Die sieben +nördlichen+, überwiegend calvinischen (Holland, +Seeland, Utrecht, Geldern, Overyssel, Groningen, Friesland) schließen + +[~1579.~] + +die ~Utrechter Union~, sagen sich 1581 gänzlich von Spanien los und +übertragen die Leitung +Wilhelm von Oranien+. Nach dessen Ermordung +zu +Delft+ 1584 durch den Fanatiker Balthasar Gerard tritt sein Sohn, +der 17jährige ~Moritz von Oranien~, an die Spitze. Kriegsglück +Alexanders von Parma, Einnahme von +Antwerpen+ 1585. Die den Holländern +geleistete englische Hilfe (+Leicester+ Statthalter) bestimmt Philipp +zur Ausrüstung der ~Armāda~, welche, angeführt vom Herzog Medina +Sidonia, furchtbaren Stürmen und der Tapferkeit der Engländer erliegt +(1588). Seitdem Niedergang der spanischen Seeherrschaft. Moritz erobert +Breda 1590, dann Nimwegen und Groningen, die Spanier erobern 1604 nach +dreijähriger Belagerung Ostende. Endlich wird unter König + +[~1598–1621.~] + +~Philipp III.~ + +[1609.] + +ein zwölfjähriger ~Waffenstillstand~ geschlossen. Unter dem schwachen, +von Günstlingen beherrschten Könige sinkt Spaniens Macht und Wohlstand +weiter, namentlich auch infolge der Austreibung von 500000 Moriskos. +Nach Ablauf des Waffenstillstandes mit den Niederländern wird der Kampf +wieder aufgenommen, bis unter König + +[~1621–1665.~] + +~Philipp IV.~ die ~Republik der Niederlande~ im Westfälischen Frieden +1648 (s. S. 260) die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit von seiten +Spaniens und des Deutschen Reiches erlangt. + +In dem aufblühenden neuen Staate fehlt es nicht an inneren Parteiungen; +der +oranischen+ Partei steht die +Generalstaaten+-Partei gegenüber, +den strengen Calvinisten (Gomarianern) die gemäßigten (Arminianer). +Die Synode zu +Dordrecht+ verurteilt 1619 den verdienten Staatsmann ++Olden Barneveld+, welcher Moritz von Oranien entgegengetreten war, zum +Tode; +Hugo Grotius+, zur Haft verurteilt, flieht 1621 nach Frankreich +(sein Buch +de iure belli ac pacis+ Grundlage des Völkerrechts, 1635 +schwedischer Gesandter in Paris, † 1645). Die Statthalterwürde wird +1650 aufgehoben, 1672 wiederhergestellt. + + Wilhelm I. von Nassau-Oranien, + †1584. + _______________|_____________ + | | + Moritz, Friedrich Heinrich, + †1625. †1647. + ____________|___________ + | | + Wilhelm II., Luise Henriette, †1667. + †1650. Gem. Friedrich Wilhelm + | v. Brandenburg. + | | + Wilhelm III., Friedrich I. + †1702. von Preußen. + +~Aufschwung der niederländischen Seemacht~: Ostindische Kompagnie 1602 +gegründet, +Neu-Amsterdam+ (New York, S. 270) 1612, +Batavia+ auf Java +1619, +Kapstadt+ 1651, +Ceylon+ besetzt 1656, 1634–54 auch +Brasilien+. ++Tasman+ umfährt Australien (Neu-Holland) 1642. + +Blüte der Wissenschaften auf der Universität +Leyden+ (gegr. 1575). Der +Philosoph +Baruch Spinoza+ geb. zu Amsterdam 1632, † 1677. + +Blüte der Malerei (+Rembrandt+ † 1669, +Ruysdael+ † 1682, +Hobbema+ † +1709), der Dichtkunst (+Vondel+ † 1679) und Musik (Roland de Lattre +[Orlandus Lassus] † 1594 in München). + +In den spanischen Niederlanden die Maler +Rubens+, geb. in Siegen 1577, +† in Antwerpen 1640; +van Dyk+ † 1641; +Teniers+ der Ältere † 1649, ++Teniers+ der Jüngere † 1690; +Snyders+ † 1657. + +Auch in ~Spanien~ Blüte der Literatur (+Cervantes+ † 1616, +Lope de +Vega+ † 1635, +Calderon+ † 1681) und Malerei +(Velasquez+ † 1660, ++Murillo+ † 1682), aber das Volk verarmt und unwissend; Gewerbfleiß, +Handel und Seemacht im Niedergang begriffen. + +~Portugal~ im Besitz ansehnlicher Kolonien, blühend unter +Emanuel +dem Großen+ (1495–1521). Sein Urenkel +Sebastian+ fällt 1578 in der +unglücklichen Schlacht bei +Alkassar+ in Marokko. Philipp II. von +Spanien erhebt Erbansprüche als Sohn einer Tochter Emanuels, nimmt +1580 das Land in Besitz. Als ~spanische Provinz (1580–1640)~ verliert +Portugal einen großen Teil seiner Kolonien (Molukken, Sunda-Inseln, +Ceylon) an die Niederländer. 1640 Erhebung gegen die spanische +Herrschaft; eine fast unblutige Revolution erhebt das Haus ~Braganza~ +(König Johann IV.) auf den Thron, das ihn bis 1910 behauptet. + + +§ 6. England und Schottland. + +[~1485–1603.~] + +~Haus Tudor~ (s. s. 213). + +[1485–1509.] + +~Heinrich VII.~ erhöht das Ansehen der Krone, indem er dem Adel +verbietet, bewaffnetes Gefolge zu halten (Gerichtshof der +Sternkammer+ +gegen Aufruhrversuche) und die Finanzen ordnet. Er versucht ganz Irland +zu unterwerfen (S. 192). Seine Tochter +Margarete+ vermählt mit +Jakob +IV.+, König von Schottland (aus dem Hause +Stuart+, s. S. 212). + +[~1509–1547.~] + +~Heinrich VIII.~, grausam und tyrannisch. Er ist sechsmal vermählt, +nämlich mit: 1. +Katharina von Aragon+, Schwester der »wahnsinnigen« +Johanna (S. 225), Witwe seines Bruders +Arthur+, Mutter von +Maria +der Katholischen+ (geschieden). 2. +Anna Boleyn+, Mutter der ++Elisabeth+ (hingerichtet). 3. +Johanna Seymour+ († nach der Geburt +ihres Sohnes +Eduard VI.+). 4. +Anna von Cleve+ (geschieden). 5. ++Katharina Howard+ (hingerichtet). 6. +Katharina Parr+ (überlebt den +König). Die verweigerte Scheidung von der ersten Gemahlin (Kardinal ++Wolsey+, gestürzt 1529) wird für den anfangs streng katholischen König +(+Defensor fidei+) Grund zur Trennung der +englischen Kirche+ vom +Papsttum (1531). Der König kirchliches Oberhaupt. Blutige Verfolgung +aller den +Suprematseid+ Verweigernden (der Kanzler Thomas More † +1535); Einziehung vieler Klöster, aber Beibehaltung katholischer Lehren +(die 6 Artikel). + +~Stammtafel der Familien Tudor und Stuart~ (S. 213): + + ~Heinrich VII.~ †1509. + ____________|_____________________________________ + | | | + ~Heinrich VIII.~ Margarete, Maria, + †1547. Gem. Jakob IV. Gem. Hz. + | v. Schottland. v. Suffolk + ~Maria d. Katholische~ | | + †1558. ~Jakob V.~ | + ~Elisabeth~ †1603. v. Schottland Franziska, + ~Eduard VI.~ †1553. †1542. Gem. Henry Gray. + Gem. Maria | + v. Guise. Johanna Gray + | †1554. + ~Maria (Stuart)~ †1587. + Gem. Darnley. + | + ~Jakob VI.~ v. Schottland †1625. + +[~1547–1553.~] + +~Eduard Vl.~, 10 Jahre alt. Die Regierung geleitet von dem Protektor +Herzog von +Somerset+, dann von Graf +Warwick+, Herzog von ++Northumberland+. Nun erst finden die +Lehren+ der Reformation in +England Eingang. Gründung der episkopalen Hochkirche (High Church). ++Book of common prayer+ und Glaubensbekenntnis in 42 Artikeln, verfaßt +von Thomas +Cranmer+, Erzbischof von Canterbury. + +[~1553–1558.~] + +~Maria die Katholische~, »die Blutige«. +Northumberlands+ Versuch, ++Johanna Gray+, die Gemahlin seines Sohnes, auf den Thron zu setzen, +mißlingt; alle drei werden hingerichtet. Maria vermählt sich mit +Philipp II. von Spanien, dem aber keine Regierungsrechte zugestanden +werden. Wiederherstellung der katholischen Religion. Grausame +Verfolgung der Protestanten, Erzbischof +Cranmer+ und viele andere +verbrannt. +Calais+ an Frankreich verloren (s. S. 236). + +[~1558–1603.~] + +~Elisabeth.~ Wiederherstellung der ~anglikanischen Kirche~ +(Episkopalkirche), protestantische Lehre mit Beibehaltung der +katholischen Hierarchie und teilweise des Kultus. Glaubensbekenntnis +die ~39 Artikel~. Zahlreiche +Dissenters+ (Presbyterianer, Puritaner). +Handel und Schiffahrt entwickeln sich, besonders seit der Vernichtung +der Armada. Entdeckungsreisen (+Franz Drake+, zweite Erdumsegelung 1577 +bis 1580, S. 223). Ansiedelungen in Nordamerika, +Walther Raleigh+ +gründet die Kolonie +Virginia+ 1584. Ostindische Kompagnie 1600. Die +Kaufleute der deutschen Hanse werden 1598 aus ihrem Hause in London, +dem +Stalhof+, vertrieben, erhalten es jedoch später noch einmal +zurück. -- Unter Elisabeths Regierung lebt der große dramatische +Dichter ~William Shakespeare~ (1564 bis 1616 und der Philosoph Franz +Bacon von Verulam, 1561 bis 1626). + +[1587. 8. Febr.] + +~Hinrichtung~ der Königin ~Maria Stuart~. + ++Maria Stuart+, Tochter +Jakobs V.+ von Schottland und der +Maria von +Guise+ (S. 236), Urenkelin Heinrichs VII. von England, geb. 1542, +zuerst vermählt mit +Franz II.+ von Frankreich († 1560), nimmt nach +dem Tode der Königin +Maria der Katholischen+ den Titel +Königin +von England+ an. Nach dem Tode ihres Gemahls Franz übernimmt sie +die Regierung in ~Schottland~ (1561). Streit mit den schottischen +Calvinisten. (+John Knox+, in Genf mit +Calvin+ befreundet, † 1572). +Maria heiratet ihren Vetter +Heinrich Darnley+, der ihren Günstling ++Riccio+ ermorden läßt (1566) und dann unter Mitwissenschaft der +Königin von +Bothwell+ ermordet wird (1567). Maria heiratet gleich +darauf in dritter Ehe den Mörder +Bothwell+. Aufstand der Schotten, +Maria gefangen, ihr und Darnleys einjähriger Sohn +Jakob+ als König +anerkannt. Maria entflieht nach England (1568). Hier wird sie bis +1587 gefangen gehalten und zuletzt in Fotheringhay wegen Teilnahme an +Verschwörungen gegen das Leben Elisabeths hingerichtet. + +[1588.] + +Krieg mit Spanien, Vernichtung der spanischen ~Armada~ (130 große +Schiffe) durch Seegefechte im +Kanal+ und durch Stürme an den Küsten +von Schottland und Irland (S. 244). Eine englische Flotte (unter +Graf +Essex+ und Admiral +Howard+) erobert 1596 +Cadiz+ und kehrt +mit reicher Beute zurück. Graf +Essex+, Günstling der Königin, wird +darauf nach +Irland+ gesandt, um den Aufstand dort zu dämpfen, kehrt +eigenmächtig zurück, wird wegen Empörung hingerichtet (1601). Die von +Spanien unterstützten katholischen Iren 1601 besiegt. Irland damit +endgültig unterworfen (S. 245, 192). Nach Elisabeths Tode folgt in +England als Erbe des Hauses Tudor das in Schottland (S. 212) seit 1371 +regierende + +[~1603–1649 (1714).~] + +~Haus Stuart.~ Personal-Union zwischen England und Schottland. + +[~1603–1625.~] + +~Jakob I.~ (als König von Schottland Jakob VI.), Sohn der Maria +Stuart, in Schottland +calvinisch+ erzogen, bekennt sich dann zur ++anglikanischen+ Kirche. Das Fehlschlagen der Hoffnungen, welche die +Katholiken auf ihn als Sohn der Maria Stuart gesetzt hatten, bewirkt +die sogenannte ~Pulververschwörung~ (1605). Doch wird der Plan, König +und Parlament in die Luft zu sprengen, noch rechtzeitig vereitelt. +Streitigkeiten mit dem Parlament wegen der schlechten Finanzwirtschaft +des Königs und der geplanten Vermählung des Thronfolgers mit einer +spanischen Infantin. + +[~1625–1649.~] + +~Karl I.~, Gemahl der katholischen +Henriette+ von Frankreich, strebt +nach unumschränkter Gewalt des Königtums. Geldverlegenheiten nötigen +ihn zur Erhöhung des »Tonnen- und Pfundgeldes«, einer Steuer für ein- +und ausgeführte Waren, und dann nach vergeblicher Auflösung von zwei +Parlamenten zur Bewilligung der +Bitte um Recht+ (~Petition of Right~ +1628) gegen willkürliche Besteuerung und Verhaftung englischer Bürger. +Karls Günstling, der Herzog von +Buckingham+, wird ermordet, als er in +Portsmouth den Befehl über die zum Entsatz von +La Rochelle+ (s. S. +239) bestimmte Flotte übernehmen will. + +Nach Auflösung des dritten Parlaments (1629) regiert Karl 11 Jahre +lang willkürlich ohne Parlament. Seine Ratgeber Lord ~Strafford~, +früher Mitglied der Oppositionspartei im Unterhause, und Erzbischof +~Laud~. Willkürliche Erhebung des »Schiffsgeldes«, einer Geldabfindung +der Seestädte für die Stellung von Schiffen zum Küstenschutz; +John +Hampden+ verweigert die Zahlung dieser Abgabe, wird gerichtlich dazu +verurteilt. Dieser Prozeß ruft große Aufregung hervor. Auswanderung +bedrückter +Puritaner+ (John Milton ihr Dichter † 1674) nach den +amerikanischen Kolonien, +Boston+ gegründet 1630. + +[1637.] + +Der unkluge Versuch, die Liturgie und Verfassung der englischen +Episkopalkirche in Schottland einzuführen, bewirkt offenen Aufruhr +und einen förmlichen ~Bund der Schotten~ (+Covenant+) zum Schutze der +religiösen und politischen Rechte und Freiheiten ihres Landes. Um Geld +zum Kriege gegen die Schotten zu erlangen, beruft der König (April +1640) ein Parlament. Dieses bewilligt nichts, sondern erneuert die +alten Beschwerden. Ein kleines, durch freiwillige Spenden und Darlehen +der königlich Gesinnten aufgebrachtes Heer marschiert gegen die +Schotten, wird aber zurückgeschlagen. + +[1640. Nov.] + +Karl beruft von neuem ein Parlament. Dieses, das sogenannte ~Lange +Parlament~, wird bald mächtiger als der König. Der Minister ++Strafford+, vom Unterhause vor dem Oberhause angeklagt, wird trotz +seiner glänzenden Verteidigung verurteilt und hingerichtet. Erzbischof ++Laud+ verhaftet und später ebenfalls hingerichtet. Ein Aufstand +der katholischen +Irländer+ vermehrt den Unwillen des englischen +Volkes. Der Versuch des Königs, 5 Häupter der Opposition persönlich +im Parlament zu verhaften, bringt den Aufruhr in London zum Ausbruch +(1642). Parteinamen der +Kavaliere+ (Royalisten) und der +Rundköpfe+ +(Republikaner). Karl verläßt London und geht nach York. + +[1642–1649.] + +~Bürgerkrieg in England~; den Truppen des Königs tritt ein ++Parlamentsheer+ entgegen. Der König, anfangs siegreich, beruft das +Parlament nach +Oxford+ (1644), wo sich 83 Lords und 165 Mitglieder +des Unterhauses einfinden. Dagegen Vereinigung der +Schotten+ mit dem +englischen +Parlamentsheere+. Die Königlichen werden bei +Marstonmoor+ +(der Reiterführer +Cromwell+) und 1645 bei +Naseby+ geschlagen. Karl, +in Oxford belagert, flieht zu den Schotten, die ihn an das englische +Parlament ausliefern (Januar 1647). + +Während des Bürgerkrieges wird die +Episkopalkirche+ in England ++aufgehoben+; gegen die +Presbyterianer+ aber, die zum Vergleich mit +dem Könige geneigt sind, erhebt sich die Partei der ~Independenten~, +an ihrer Spitze ~Oliver Cromwell~. Sie erlangen das Übergewicht im +Heere und bemächtigen sich auch des gefangenen Königs. Cromwell schlägt +die jetzt +zu Gunsten Karls+ in England einfallenden +Schotten+ bei ++Preston+ und verjagt seine presbyterianischen Gegner aus dem Parlament +(1648). Das nunmehrige +Rumpfparlament+ (+Rump-Parliament+) setzt den +König ab und läßt ihn durch einen Gerichtshof verurteilen. + +[~1049.~] + +30. Jan. ~Karl I.~ zu Whitehall in London ~hingerichtet~. + +Abschaffung des Oberhauses. England wird ~Republik~, geleitet von dem +Parlament und einem Staatsrat von 42 Mitgliedern. + + +§ 7. Der Norden und Osten. + +~Christian II.~ von ~Dänemark~ (1513–23) versucht Schweden zu +unterwerfen (vgl. S. 216), aber das ~Stockholmer Blutbad~ (1520) führt +die vollständige Auflösung der +skandinavischen Union+ herbei. Aufstand +der Talbewohner (+Dalkarlar+) unter ~Gustav Wasa~ (geb. 1496, als +Geisel nach Dänemark geführt 1518, flüchtet 1519 nach Lübeck, kehrt +1520 insgeheim zurück). Er wird 1521 zum Reichsverweser, 1523 zum König +erwählt, nimmt +Stockholm+ ein mit Hilfe der hansischen, von Lübeck und +Danzig gestellten Kriegsflotte. + +[~1523–1654.~] + +Haus ~Wasa in Schweden~. Unter +Gustav I.+ Wasa (1523–1560) Einführung +der Reformation. Der Thron erblich; die Handelsprivilegien der +deutschen Hanse werden bald beschränkt, schließlich aufgehoben (S. 201, +246). + +[1561.] + +Auflösung des deutschen Ordensstaates in Kurland, ~Livland~ und Estland +(S. 217). Der größte Teil seines Gebiets kommt an +Polen+, Estland an ++Schweden+; der letzte Landmeister Gotthard Kettler wird als Herzog von ++Kurland+ polnischer Vasall. + +Gustav Wasas ältester, geisteskranker Sohn +Erich XIV+. wird 1568 +entthront von seinem Bruder +Johann III.+ Dessen Sohn +Sigismund+ +katholisch und seit 1587 König von Polen, wird in Schweden 1598 +verdrängt von seinem Oheim +Karl IX.+, dem jüngsten Sohne Gustavs I. +Dieser ordnet die zerrüttete Verwaltung des Landes und behauptet gegen +Polen den Besitz Estlands. Sein Sohn + +[~1611–1632.~] + +~Gustav II. Adolf~ gewinnt im Kriege mit Rußland +Karelien+ und ++Ingermanland+ (1617), im Kriege mit Polen (S. 256), +Livland+ (1621), +schließt 1629 unter Richelieus Vermittelung mit Polen Waffenstillstand, +um den Krieg in Deutschland (S. 256) zu beginnen. Ihm folgt, zuerst +unter Vormundschaft des Reichsrats, seine Tochter + +[~1632–1654.~] + +~Christine,~ gelehrt, aber ohne Lust für die Regierungsgeschäfte. +Sie dankt 1654 ab zu Gunsten ihres Vetters +Karl Gustav+ von +Pfalz-Zweibrücken (Sohn einer Schwester Gustav Adolfs), wird dann +katholisch, stirbt in Rom 1689. + +~Dänemark~ und ~Norwegen~ bleiben bis 1815 vereinigt. Schon unter +Christian II., Schwager Kaiser Karls V., dringt die Reformation +in Dänemark ein. Christian von seinem Oheim, dem Herzog von +Schleswig-Holstein, verdrängt, der als +Friedrich I.+ (1523–1533) +mit Hülfe Lübecks den dänischen Thron besteigt und die Reformation +begünstigt. + +[1534–1536.] + +Die +Grafenfehde+: Jürgen Wullenwever, protestantischer Bürgermeister +von +Lübeck+, unterstützt den Grafen Christoph von Oldenburg +gegen Friedrichs I. Sohn +Christian III.+ Dieser aber behauptet +die Herrschaft in Dänemark (1534–1559) und führt die Reformation +vollständig durch. Wullenwever vom Erzbischof von Bremen verhaftet, +an den Herzog von Braunschweig ausgeliefert, 1537 in Wolfenbüttel +hingerichtet. + +[1559–1588.] + ++Friedrich II.+ beginnt seine Regierung mit der Unterwerfung der ++Dithmarschen+ (S. 216), führt + +[1563–1570] + +im Bunde mit Lübeck Krieg gegen +Schweden+, beschränkt die Privilegien +der Hansa. + +[1588–1648.] + ++Christian IV.,+ nimmt am 30jährigen Kriege teil (s. S. 255). Im +Frieden zu +Brömsebro+ 1645 werden von ihm an Schweden die Provinzen +Jämtland und Herjedalen, die Inseln Gotland und Ösel abgetreten, auch +wird den schwedischen Schiffen Freiheit vom +Sundzoll+ zugestanden. + +~Polen~ gewinnt unter den ~Jagellonen (1386–1572)~ seine größte +Ausdehnung (Ostsee, Karpathen, Schwarzes Meer), doch schon in dieser +Zeit entwickelt sich durch die +Privilegien des zahlreichen Adels+ der +Keim des Verfalls. Seit 1572 ist Polen ~Wahlreich~. Einführung des ++liberum veto+ auf den Reichstagen. Wahlkönige: +Heinrich von Anjou+ +(s. S. 237), +Stephan Bathŏry+ von Siebenbürgen, dann (1587–1668) 3 +Könige aus dem Hause +Wasa: Sigismund III.+ † 1632, +Wladislaw IV.+ † +1648, +Johann Kasimir+ (dankt ab 1668). + +~Rußland~ unter ~Iwan IV.,~ +dem Schrecklichen+ (1533 bis 1584) +vergrößert durch Eroberung der Reiche +Kasan+ und +Astrachan+; der +Kosakenhetman Jermak beginnt 1581 die Eroberung +Sibiriens+. Nach dem +Aussterben des Hauses ~Rurik~ mit Iwans IV. Sohn +Feodor I.+ 1598 +(Feodors jüngerer Bruder Demetrius war von Boris Godunow [Zar von +1598–1605] umgebracht worden) mehrjähriger Thronstreit; 1605–1606 +regiert der von Polen unterstützte +falsche Demetrius+, dem dann +noch zwei andere folgen. Ein Reichstag zu Moskau erhebt 1613 Michael +~Romanow~ auf den Thron, dessen Haus bis 1762 regiert. + +Das Reich der ~osmanischen Türken~ erreicht seine höchste Blüte unter +~Soliman II.~ (1520–1566), dem Zeitgenossen Kaiser Karls V. (vgl. S. +230–232). Er stirbt in Ungarn bei der Belagerung der von +Zriny+ tapfer +verteidigten Feste +Szigeth+ (1566). Unter seinen Nachfolgern beginnt +der Verfall, namentlich infolge der Unbotmäßigkeit der +Janitscharen+. + +In China kommt die Dynastie der +Mandschu+ oder +Tsing+ zur Regierung +(1644 bis jetzt noch). Im 17. Jahrh. der größte Teil der Dsungarei, +ganz Turkestan und Tibet erobert. Auch den Russen, Franzosen und +Engländern (Kanton) Handelsverkehr gestattet (S. 223f.). + +~Japan~ wird nach Abschaffung des Shogunats (1573–1603) dem Mikado nach +und nach wieder Untertan. Ende des mehr als 500jährigen Bürgerkrieges. +Begünstigung des Christentums. Unglücklicher Eroberungskrieg gegen +~Korea~ 1598. + +[1603.] + +Das Shogunat wird vom Mikado der Familie Tokugawa erblich +übertragen. Ihre Residenz Tokio. Seitdem 250jähriger Friede und hohe +Kulturentwickelung. Seiden- und Baumwollenindustrie, Aufschwung der +Porzellanfabrikation. Unter den Tokugawa (1603–1867) Abschließung +Japans gegen das Ausland. Fernhaltung der Fremden. 1614 die fremden +Priester für Landesfeinde erklärt und Ausrottung des Christentums +befohlen; grausame Verfolgungen. Erst seit dem Niedergang der +Tokugawa-Herrschaft Handelsbeziehungen mit Europa und Amerika +angeknüpft und von 1854 an einzelne Häfen geöffnet. + + +§ 8. Deutschland, Dreißigjähriger Krieg. + +[~1556–1564.~] + +~Ferdinand I.~, seit 1526 König von +Böhmen+ und +Ungarn+; doch muß er +die größere Hälfte Ungarns den Türken überlassen. Unter ihm und seinem +Nachfolger Friedenszeit in Deutschland, aber die +Ostseeprovinzen+ (S. +249) und die +Niederlande+ (S. 242ff.) gehen dem Deutschtum verloren. +Während die Protestanten sich durch theologische Streitigkeiten +entzweien (Haß der strengen Lutheraner an der 1548 eröffneten +Universität Jena gegen den »Kryptocalvinismus« Melanchthons), befestigt +sich der Katholizismus durch das eifrige Wirken der +Jesuiten+ (S. +231) und das Tridentinum (S. 232). Beginn der +Gegen+reformation in +Österreich, Bayern und den geistlichen Fürstentümern. + +[~1564–1576.~] + +~Maximilian II.,~ mild und den Protestanten zugetan, denen er in seinen +Erblanden freie Religionsübung gestattet. Doch wird Herzog +Johann +Friedrich+ von Sachsen-Gotha, der im Bunde mit dem gewalttätigen +Reichsritter +v. Grumbach+ die Länder seines Vaters (S. 232 f.) +wiederzugewinnen trachtet, 1566 geächtet und bis an seinen Tod (1595) +in Österreich gefangen gehalten (Grumbachsche Händel). + +[~1576–1612.~] + +~Rudolf II.,~ von den Jesuiten erzogen, gelehrt, aber unfähig zu +regieren. Die Astronomen +Tycho de Brahe+ (aus Schonen, † 1601) und ++Kepler+ (S. 227) an seinem Hofe in Prag. + +Im Reiche nehmen Streitigkeiten überhand. Sonderung der Lutheraner von +den Reformierten durch die +Konkordienformel, +1580 zuerst in Sachsen +verkündet, aber nicht von allen lutherischen Landeskirchen angenommen. +Auf den Reichstagen Streit über den geistlichen Vorbehalt (S. 234). +Der Kurfürst von +Köln+ Gebhard Truchseß von Waldburg 1583 vertrieben, +weil er zum Protestantismus übertritt. In +Straßburg+ 1592 zwiespältige +Bischofswahl; der von den Protestanten gewählte Administrator muß 1604 +zurücktreten. Die Reichsstadt +Donauwörth+, vom Kaiser in die Acht +erklärt, weil das Volk eine katholische Prozession gestört hatte, wird +von +Maximilian von Bayern,+ der die Acht vollstreckt (1607), besetzt +und mit Bayern vereinigt. Deshalb + +[1608.] + +Gründung der protestantischen ~Union~; Oberhaupt der reformierte +Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz; + +[1609.] + +Katholische ~Liga,~ Oberhaupt Herzog Maximilian von Bayern. Beide +Fürsten sind +Wittelsbacher+ (S. 200, Anm. 2); Sachsen bleibt der Union +fern. + +[~1609–1014.~] + +~Jülich-Clevescher Erbfolgestreit.~ Johann Sigismund von +Brandenburg+ +und Wolfgang Wilhelm von +Pfalz-Neuburg+ nehmen das Land als das Erbe +ihrer Gemahlinnen nach dem Tode des letzten Herzogs Johann Wilhelm +gemeinsam in Besitz und werden von der Union gegen den vom Kaiser +gesandten Erzherzog Leopold Wilhelm geschützt. Später entzweien sie +sich, Wolfgang Wilhelm wird +katholisch+ und ruft die Hilfe der +Liga+ +und +Spaniens+ an. Johann Sigismund tritt zur +reformierten+ Lehre über +und findet Rückhalt an +Holland+ und Heinrich IV. von Frankreich († +1610, S. 238), doch wird ein Krieg vermieden. + +Vertrag zu +Xanten+ 1614: +Cleve, Mark+ und +Ravensberg+ kommen an +Brandenburg, +Jülich+ und +Berg+ an Pfalz-Neuburg. Spanische und +holländische Besatzungen bleiben noch längere Zeit, erst 1666 wird der +Vertrag vollständig ausgeführt. + +Kaiser Rudolf, von seinem Bruder +Matthias+ gezwungen, ihm Ungarn, +Mähren und Österreich zu überlassen, gibt den Böhmen, um sie für sich +zu gewinnen, den + +[1609.] + +~Majestätsbrief~. Dieser gestattet +allen Bewohnern+ Böhmens den +Anschluß an die »utraquistische«, auf entschieden protestantischem +Standpunkt stehende +Böhmische Konfession+ von 1575 und erlaubt den 3 +Ständen der +Herren+, +Ritter+ und +königlichen Städte+ den Bau von +Kirchen. Der zugleich abgeschlossene, vom Kaiser anerkannte ständische ++Vergleich+ gibt diese Erlaubnis auch den +Untertanen+ auf den ++königlichen Gütern+. + +[1611.] + +Rudolf verliert auch die Herrschaft über Böhmen, stirbt 1612 machtlos +in Prag. + +[~1612–1619.~] + +~Matthias~ verschafft, da er kinderlos ist und seine Brüder Verzicht +leisten, seinem streng katholischen, von den Jesuiten erzogenen Vetter +~Ferdinand~, Herzog von Steiermark, Kärnten und Krain, die Nachfolge +auch in Böhmen und Ungarn, trotz des Widerwillens der protestantischen +Stände. + +[~1618–1648.~] + +~Der Dreißigjährige Krieg.~ + +Versuch des Hauses +Habsburg+, im Bunde mit der katholischen Kirche die +Machtstellung des Kaisertums zu erhöhen. In den drei ersten Abschnitten +des Krieges überwiegt die +religiöse+ Parteiung; aus dem Aufstand in +Böhmen entwickelt sich ein großer Kampf des katholischen Europa gegen +das protestantische. Zuletzt führen Schweden und Frankreich im Kampf +gegen das Haus Habsburg +Eroberungs+kriege +auf deutschem Boden+. + + +~1. Böhmisch-pfälzischer Krieg 1618–1623.~ + +~Veranlassung~: Schließung der utraquistischen Kirche in Braunau +im Gebiet des dortigen Abts und Niederreißung der Kirche in +Klostergrab im Sprengel des +Erzbischofs von Prag+, also in Gebieten ++geistlicher+ Stände, welche nach Auffassung der Protestanten kraft +der böhmischen Landesverfassung als +königliche Güter+ zu betrachten +waren. Versammlung der 1609 mit Zustimmung des Kaisers eingesetzten ++Defensoren+ und der protestantischen Stände. + +[~1618.~ 23. Mai.] + +~Aufstand in Prag~; an der Spitze steht Graf +Matthias von Thurn+. +Die Statthalter +Martinitz+ und +Slawata+ und der Geheimschreiber ++Fabricius+ werden aus den Fenstern der kaiserlichen Burg +hinausgestürzt, kommen aber mit dem Leben davon. Die Aufständischen +übertragen die Regierung Böhmens an 30 +Direktoren+. Aus Italien kommt +Graf +Ernst von Mansfeld+ zu Hilfe, gesandt vom Herzog von Savoyen; aus +Schlesien zieht Markgraf Johann Georg von +Jägerndorf+ herbei. + +[1619.] + +Kaiser Matthias stirbt; Graf Thurn zieht gegen +Wien+. Die +österreichischen, meist protestantischen Stände stellen drohende +Forderungen an +Ferdinand+, der durch die Ankunft einiger Truppen aus +der gefährlichsten Lage gerettet wird. Thurn wird durch eine ungünstige +Wendung des Krieges in Böhmen zum Abzug bewogen. Ferdinand begibt sich +nach +Frankfurt+, wird dort von den drei geistlichen Kurfürsten und den +Gesandten von Pfalz, Sachsen, Brandenburg zum Kaiser gewählt. + +[~1619–1637.~] + +~Ferdinand II.~ Unterdessen sprechen die Böhmen seine Absetzung als +König von Böhmen aus und wählen den jungen ~Friedrich V.~, Kurfürsten +von der Pfalz, Oberhaupt der Union und der deutschen +Calvinisten+, +Schwiegersohn Jakobs I., Königs von England. + +Graf Thurn zum zweitenmal vor Wien, mit +Bethlen Gabor+, Fürsten von +Siebenbürgen, vereinigt (Nov. 1619). Kälte, Mangel und der Einfall +eines kaiserlichen Parteigängers in Ungarn bewirken den Rückzug. + +Ferdinand verbündet sich mit seinem Jugendfreunde ~Maximilian~, +Herzog von ~Bayern~, dem Haupt der katholischen Liga, welcher ihm die +österreichischen Stände unterwerfen hilft, mit Spanien (Spinŏla bricht +in die Kurpfalz ein) und mit dem lutherischen Kurfürsten +Johann Georg+ +von Sachsen, welcher die Lausitz und Schlesien wieder unterwirft. +Maximilian von Bayern zieht mit dem Heere der Liga (+Tilly+) nach +Böhmen, vereinigt sich mit dem kaiserlichen Feldherrn +Buquoi+. Beide +siegen in der + +[~1620.~ 8. Nov.] + +~Schlacht~ auf dem ~Weißen Berge~ bei ~Prag~ über Friedrichs V., +vom Fürsten +Christian von Anhalt+ geführte Truppen. Friedrich, +der »Winterkönig«, entflieht nach Holland, wird vom Kaiser trotz +kurfürstlichen Protestes geächtet, ebenso Christian von Anhalt und +der Markgraf von Jägerndorf. Strenges Walten der Sieger in +Böhmen+; +die Häupter des Aufstandes hingerichtet, viele Güter eingezogen, der +Protestantismus ausgerottet. Gewaltsame +Gegenreformation+ auch in +Österreich und (weniger hart) in Schlesien. + +Die protestantische +Union+ löst sich auf, als die Kriegsgefahr näher +rückt. Das Kurfürstentum ~Pfalz~ wird in Vollstreckung der Reichsacht +von Maximilians Feldherrn ~Tilly~ mit Hilfe spanischer Truppen unter ++Spinŏla+ erobert. Heidelberg erstürmt, die Bibliothek (Palatina) nach +Rom gebracht. Tilly, 1622 bei +Wiesloch+ von Mansfeld geschlagen, siegt +bald darauf bei +Wimpfen+ über den Markgrafen von Baden-Durlach, bei ++Höchst+ über Christian von Braunschweig, Administrator des Bistums +Halberstadt. + +[1623.] + +Tilly dringt nach +Westfalen+ vor, siegt bei +Stadtlohn+ abermals +über Christian, bleibt mit seinen Truppen im niedersächsischen +Kreise zum Schutz der geistlichen Gebiete. Herzog Maximilian erhält +auf dem Fürstentag zu Regensburg die pfälzische +Kurwürde+ und die ++Oberpfalz+, Sachsen die +Lausitz+ (zunächst als Pfand). + + +~2. Dänisch-niedersächsischer Krieg 1625–1629.~ + +~Christian IV.~, König von Dänemark (S. 250) und Herzog von Holstein, +als Oberster des niedersächsischen Kreises (S. 224) an der Spitze +der Protestanten, von +Holland+ und +England+ zur Wiedereinsetzung +Friedrichs V. angetrieben, aber unzureichend unterstützt. + +Albrecht von ~Wallenstein~ (eig. +Waldstein+) geb. 1583 in Böhmen, aus +utraquistischer Familie, aber katholisch erzogen, 1619 Oberst, 1623 +Fürst, 1625 Herzog von +Friedland+, wird kaiserlicher Obergeneral über +ein von ihm selbst errichtetes, durch ein Raubsystem zu erhaltendes +Söldnerheer. + +[~1626.~] + ++Wallenstein+ schlägt +Mansfeld+ bei der ~Dessauer Brücke~, verfolgt +ihn durch Schlesien und Mähren nach Ungarn, wo sich Mansfeld mit ++Bethlen Gabor+ vereinigt, aber von diesem keine Hilfe erhält. Mansfeld +stirbt in Bosnien. (»Imperatorem decet stantem mori!«) + +[1626. Aug.] + +Tilly schlägt Christian IV. bei ~Lutter am Barenberge~ in Braunschweig. +Tilly und Wallenstein erobern +Holstein+ (1627), Wallenstein allein ++Schleswig+ und +Jütland+. Er besetzt +Mecklenburg+, wird vom Kaiser +1628 mit diesem Herzogtum belehnt und zum General des Baltischen und +Ozeanischen Meeres ernannt. Er zwingt den Herzog von +Pommern+ zur +Unterwerfung, erhält aber von den Hansestädten keine Schiffe und +belagert vergebens ~Stralsund~ (1628), dessen Bürger sich mit dänischer +und schwedischer Hilfe zehn Wochen lang tapfer verteidigen. Sein +Unterfeldherr +Arnim+ zieht darauf mit 15000 Mann nach Westpreußen, um +die Polen gegen Gustav Adolf (S. 250) zu unterstützen. + +[~1629.~] + +~Friede zu Lübeck~ zwischen dem Kaiser und Christian IV. Dieser erhält +seine Länder zurück, entsagt aber jeglicher Teilnahme an den deutschen +Streitigkeiten. Ferdinand II. erläßt das + +~Restitutionsedikt~: 1. Auf Grund des +geistlichen Vorbehaltes+ (S. +234) sollen die seit dem Passauer Vertrage 1552 von protestantischen +Fürsten in Besitz genommenen geistlichen Güter herausgegeben werden. +Dies betrifft 2 Erzbistümer: +Magdeburg+ und +Bremen+; 12 Bistümer: ++Minden+, +Verden+, +Halberstadt+, +Lübeck+, +Ratzeburg+, +Meißen+, ++Merseburg+, +Naumburg+ (diese drei werden jedoch dem +Kurfürsten von +Sachsen+ ausnahmsweise belassen), +Brandenburg+, +Havelberg+, +Lebus+ +und +Kammin+, außerdem viele Klöster und Stifter. 2. +Nur+ die Bekenner +der +Augsburgischen+ Konfession sollen freie Religionsübung haben, +alle anderen »Sekten« -- also auch die Reformierten -- sollen aufhören. +-- Anfang rücksichtsloser Ausführung des Resitutionsedikts durch die +Truppen der Liga und Wallensteins. + +[~1630.~] + +~Kurfürstentag zu Regensburg.~ + +Die katholischen Kurfürsten, gestützt auf die lauten Klagen aller +Reichsstände über die von Wallensteins Truppen verübten Grausamkeiten +und Erpressungen, erlangen vom Kaiser Ferdinand II. die +Absetzung +Wallensteins+. + + +~3. Schwedischer Krieg 1630–1635.~ + +[~1630.~ Juni] + +~Gustav II. Adolf~, König von Schweden, landet auf der Insel Usedom. + ++Zwecke und Gründe seiner Einmischung+: Schutz der unterdrückten +Protestanten; Wiedereinsetzung der Herzöge von Mecklenburg, seiner +Verwandten; Sicherung seiner Herrschaft gegen die mit dem Kaiser +verbündete polnische Linie des Hauses Wasa (s. S. 250); Besorgnis vor +der Begründung einer kaiserlichen Seemacht auf der Ostsee. + +Damalige +Machtstellung+ Schwedens: Finnland, Karelien, Ingermanland, +Estland, Livland (S. 249 f.), gehörten zu Gustav Adolfs Reiche, +Kurland stand unter schwedischem Einfluß. Es lag für einen ehrgeizigen +Monarchen nahe, an die Erwerbung von +Preußen+ und +Pommern+ zu denken, +welche das Baltische Meer völlig unter den beherrschenden Einfluß +Schwedens gebracht hätte. + +Nach der Eroberung der Inseln +Usedom+, +Wollin+ und +Rügen+ besetzt +Gustav Adolf +Stettin+, schließt ein Bündnis mit Herzog Bogislaw XIV., +vertreibt die kaiserlichen Truppen aus Pommern. Subsidienvertrag mit +Frankreich (+Richelieu+). Er rückt an der Oder vor, wo ihm Tilly +entgegentritt (1631), wendet sich nach Mecklenburg, dann zur Oder +zurück, nimmt die Stadt Frankfurt ein. Inzwischen hat Tilly +Magdeburg+ +zu belagern begonnen. Gustav Adolf unterhandelt mit seinem Schwager ++Georg Wilhelm+, Kurfürsten von +Brandenburg+, der Bedenken trägt, vom +Kaiser abzufallen; endlich wird ihm die Festung +Spandau+ eingeräumt. +Weitere Unterhandlungen mit Kurfürst Johann Georg von +Sachsen+, der +neutral zu bleiben versucht. Währenddessen + +[~1631.~] + +(10./20. Mai.) Eroberung ~Magdeburgs~ durch Tilly. Der Sturm geleitet +von +Pappenheim+. Furchtbares Blutbad und Plünderung durch die +zügellosen Soldaten Tillys. Durch eine plötzlich an verschiedenen +Stellen ausbrechende Feuersbrunst wird die Stadt Magdeburg mit Ausnahme +des Domes in Asche gelegt (+nicht+ auf Tillys Befehl). + +Tilly will den Kurfürsten von Sachsen zum Anschluß an den Kaiser +zwingen. Johann Georg ruft Schwedens Hilfe an. + +[~1631.~ 7. / 17.Sept.] + +~Schlacht bei Leipzig~ oder ~Breitenfeld~. Zuerst werden die Sachsen +von Tilly in die Flucht geschlagen, dann glänzender Sieg Gustav Adolfs. + +Die Sachsen unter +Arnim+, dem früheren Unterfeldherrn Wallensteins, +rücken in +Böhmen+ ein und nehmen +Prag+. Gustav Adolf zieht durch ++Thüringen+ und +Franken+ nach dem Rhein (über Erfurt, Würzburg, Hanau, +Frankfurt). Die Pfalz erobert. ~Mainz~ besetzt, hier Winterquartiere. + ++Wallenstein+, vom Kaiser wieder zum Kommando und unbeschränkten +Oberbefehl über alle kaiserlichen Truppen berufen, wirbt ein neues Heer +und vertreibt (Mai 1632) die Sachsen aus Böhmen. Gustav Adolf zieht +nach +Nürnberg+ und siegt über Tilly bei +Rain+ am Lech (5./15. April). +Tilly, tödlich verwundet, stirbt in Ingolstadt. + +Gustav Adolf nimmt +Augsburg+ ein, belagert vergeblich Maximilian in +Ingolstadt, zwingt ~München~ zur Übergabe. Wallenstein von Maximilian +zu Hilfe gerufen. + +[~1632.~ Juli–Sept.] + +~Festes Lager bei Nürnberg.~ Gustav Adolf und Wallenstein lagern +einander 7 Wochen gegenüber. Ein Angriff der Schweden auf Wallensteins +Verschanzungen wird blutig zurückgeschlagen. Darauf rückt Gustav +Adolf gegen die Donau, Wallenstein nach Sachsen. Auf den Hilferuf des +Kurfürsten kommt Gustav Adolf in Eilmärschen herbei, vereinigt sich +mit +Bernhard von Weimar+ und greift, als er hört, daß Wallenstein von +Leipzig aus Pappenheim nach Nordwesten abgesandt hat, die Kaiserlichen +(etwa 18000 gegen 20000 Schweden) an. + +[6./16. Nov.] + +~Schlacht bei Lützen.~ ~Gustav Adolf fällt.~ +Pappenheim+, der, +schnell zurückgerufen, von 3 Uhr ab mit seinen Reitern an der Schlacht +teilgenommen hatte, war kurz vor dem König tödlich verwundet worden. +Der Sieg der Schweden wird durch Bernhard von Weimar vollendet. + ++Bernhard+, +Gustav Horn+ und +Banér+ erhalten den Befehl über die +schwedischen Heere. Die politische Leitung übernimmt der schwedische +Reichskanzler ~Axel Oxenstierna~; er schließt den +Heilbronner Bund+: +Schweden an der Spitze der 4 oberdeutschen Reichskreise (Baden, +Württemberg, Hessen-Kassel, die süddeutschen Reichsstädte). + +[~1633.~] + +Zug +Bernhards’ von Weimar+ nach Franken. Er läßt sich von dem +schwedischen Kanzler mit den Bistümern Würzburg und Bamberg als ++Herzogtum+ ~Franken~ belehnen und besetzt die Oberpfalz. + +Wallenstein rückt aus Böhmen nach +Schlesien+ vor, nimmt bei +Steinau+ +an der Oder ein schwedisches Korps gefangen, kehrt dann aber nach +Böhmen zurück und weigert sich, dem Kurfürsten Maximilian von Bayern +abermals zu Hilfe zu kommen, obgleich +Regensburg+ (14. Nov.) von +Bernhard von Weimar besetzt ist. Spannung zwischen +Wallenstein+ +und dem kaiserlichen Hofe. Die ihm feindliche ligistisch-spanische +Partei will ihn vom Oberbefehl entfernen. Wallenstein führt geheime +Unterhandlungen mit den Sachsen, Schweden und Franzosen. Er +beabsichtigt, sich durch sein Heer (Revers der Obersten in +Pilsen+) +eine +unabhängige Stellung+ zu verschaffen, den Kaiser von der +Herrschaft der spanischen Partei zu befreien und den Reichsfrieden +herzustellen. + +Der Wiener Hof macht ihm die Hauptführer der Truppen (Gallas, +Piccolomini, Aldringen, Maradas, Colloredo) abwendig; Ilow, Terzka, +Kinsky bleiben Wallenstein treu. Ein kaiserliches Patent vom 18. +Februar 1634 erklärt Wallenstein für abgesetzt, weil »er eine +Konspiration anzuspinnen sich angemaßt, Uns und Unser hochlöbliches +Haus von unserem Erbkönigreich, Land und Leuten zu vertreiben«. +Wallenstein verläßt Pilsen und zieht nach +Eger+, wohin auch Bernhard +von Weimar und Arnim kommen sollen. + +[~1634.~ 25. Febr.] + +~Wallenstein ermordet zu Eger~ auf Veranstaltung des irischen Obersten ++Butler+, der mit Gallas und Piccolomini im Einverständnis war. Der +Kaiser hat den Mord nicht befohlen, aber die Mörder mit Ehren und +Reichtümern belohnt. + +[6./16. Sept.] + +Schlacht bei ~Nördlingen~, Sieg der mit einem spanischen Hilfskorps +vereinigten Kaiserlichen (unter +Ferdinand+, des Kaisers Sohn, und ++Gallas+) und Bayern (+Johann von Werth+) über die Schweden unter Horn +und Bernhard von Weimar. Die süddeutschen Protestanten suchen Hilfe bei +Frankreich. + +[~1635.~] + +~Friede zu Prag~, zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten von Sachsen: +1. Der Kurfürst von Sachsen erhält die +Lausitz+ erblich, das Erzbistum +Magdeburg für seinen zweiten Sohn +August+ auf Lebenszeit. 2. Die ++geistlichen Güter+ (s. S. 255) sollen den protestantischen Besitzern +auf 40 Jahre verbleiben. 3. Gemeinsame Bekämpfung der Schweden und +ihrer Bundesgenossen. -- +Brandenburg+ und andere protestantische +Reichsstände treten diesem Frieden bei; einige aber bleiben dem Bündnis +mit Schweden treu. + + +~4. Schwedisch-französischer Krieg 1635–1648.~ + +Frankreich, durch +Richelieus+ Politik mit Schweden eng verbündet (S. +256), erklärt dem Kaiser, bald auch dem König von Spanien den Krieg. +Subsidienvertrag mit +Bernhard von Weimar+, welcher sich, da er infolge +der Schlacht bei Nördlingen sein Herzogtum Franken verloren hat, im ++Elsaß+ einen neuen Staat zu erobern sucht. Einnahme von +Breisach+ +1638. Nach seinem Tode 1639 bemächtigt sich Frankreich seines Heeres +und seiner Eroberungen. + +[~1636.~] + +Sieg der Schweden (nachdem sie fast bis an die Ostsee +zurückgedrängt gewesen waren) unter Banér bei ~Wittstock~ über das +kaiserlich-sächsische Heer. + +[1637.] + +Kaiser Ferdinand II. †. Sein Sohn + +[~1037–1657.~] + +~Ferdinand III.~, zum Frieden geneigt. Das +pommersche+ Herzoghaus +erlischt (1637). + +[1640.] + +Georg Wilhelm †. ~Friedrich Wilhelm~, Kurfürst von Brandenburg (der +~Große Kurfürst~, 1640–1688. S. auch Anhang): + +[1641.] + +Friedensverhandlungen in +Hamburg+, ein Kongreß verabredet. + +[~1642.~] + +~Zweite~ Schlacht bei ~Leipzig~ (Breitenfeld), Banérs Nachfolger +~Torstenson~ siegt über die Kaiserlichen unter Erzherzog +Leopold +Wilhelm+ und +Piccolomini+, dringt darauf durch Böhmen nach Mähren +vor. Die feindliche Haltung des auf Schwedens Erfolge eifersüchtigen +Dänenkönigs Christian IV. (S. 255) veranlaßt ihn zur Umkehr. + +[1643. Sept.] + +Torstenson zieht in Eilmärschen durch Schlesien, Sachsen, Braunschweig +nach dem Norden, erobert Holstein und Schleswig, rückt in Jütland ein. + +Unterdessen dringen die Franzosen in Schwaben vor, werden aber bei ++Tuttlingen+ von einem österreichisch-bayrischen Heere (unter +Mercy+ +und +Johann von Werth+) geschlagen. + +[1644.] + +Die Gesandten der Krieg führenden Staaten versammeln sich in +Münster+ +und +Osnabrück+; langwierige Vorverhandlungen. Der Marschall ~Turenne~ +und der 23jährige Herzog von +Enghien+, später Prinz ~Condé~, erhalten +den Oberbefehl über die französischen Truppen. Sie zwingen die Bayern +zum Rückzug und erobern einen großen Teil der Rheinlande (Worms, Mainz, +Bingen u. a. Städte). + +[~1645.~ Jan.] + +Ein den Dänen zu Hilfe gesandtes kaiserliches Heer unter +Gallas+ wird +von +Torstenson+ aus Holstein zurückgetrieben und bei Magdeburg fast +vernichtet. Glänzender Sieg +Torstensons+ über die Kaiserlichen + +[März.] + +bei ~Jankau~ (in Böhmen), worauf er, mit dem siebenbürgischen Fürsten ++Rakoczy+ verbündet, Mähren erobert und bis nahe vor Wien rückt. + ++Turenne+, von +Mercy+ und +Johann von Werth+ bei +Mergentheim+ (in +Franken) geschlagen, siegt mit Condé vereinigt bei +Allerheim+ (unweit +Nördlingen). + +Friede zwischen +Schweden+ und +Dänemark+ zu +Brömsebro+ (s. S. 250). + +Nach dem Mißlingen der Belagerung von Brünn geht +Torstenson+ nach +Böhmen zurück und legt wegen Krankheit den Oberbefehl nieder, welchen ++Wrangel+ erhält. + +[1646.] + +Schweden und Franzosen rücken in +Bayern+ ein, zwingen den Kurfürsten +Maximilian (1647), einen Waffenstillstand zu schließen. + +[1648.] + +Zweiter Einfall der Schweden und Franzosen in +Bayern+, nachdem +Maximilian den Waffenstillstand gekündigt hat; furchtbare Verheerung +des Landes. Der schwedische General +Königsmark+ nimmt die ++Kleinseite+ von +Prag+ auf dem linken Moldauufer ein. + +[~1648.~] + +~Westfälischer Friede.~ Unterhandlungen von 1645 bis 1648 zu +Münster+ +mit den Franzosen, zu +Osnabrück+ mit den Schweden. Der kaiserliche +Gesandte Graf +Trautmannsdorf+. + + ++A. Entschädigungen.+ + +1. ~Schweden~ erhält als ~Reichslehen~: +Vorpommern+ mit Stettin, +Rügen, Usedom und Wollin, die bisher mecklenburgische Stadt +Wismar+ +und die Bistümer +Bremen+ (~nicht~ die Stadt) und +Verden+ (spr. ++Fērden+) als weltliche Herzogtümer, dazu 5 Millionen Taler. + +2. ~Frankreich~ erhält den Besitz der schon 1552 (s. S. 233) gewonnenen +lothringischen Bistümer +Metz, Toul+ und +Verdun+ bestätigt; der +Streit mit dem seit 1634 vertriebenen +Herzog+ +von+ ~Lothringen~ +bleibt unerledigt (bis 1659, vgl. S. 262). Im ~Elsaß~ erhält es die +österreichische +Landgrafschaft+ (S. 195), den +Sundgau+ und die ++Landvogtei+ über 10 Reichsstädte; diese Städte selbst verbleiben dem +Reiche, ebenso Stadt und Bistum +Straßburg+. Auf dem rechten Rheinufer +erhält Frankreich die Stadt +Breisach+ und das Besatzungsrecht von ++Philippsburg+. + +3. ~Bayern~ bleibt im Besitz der +Oberpfalz+, ~Sachsen~ im Besitz +der +Lausitz+; ~Brandenburg~ erhält +Hinterpommern+ mit dem +Bistum +Kammin+, die Bistümer +Halberstadt+ und +Minden+ und die +Anwartschaft auf das Erzbistum +Magdeburg+ (erworben 1680, S. 258). ++Hessen-Kassel+ erhält die Abtei Hersfeld und einen Teil der Grafschaft +Schauenburg, +Mecklenburg+ die Bistümer Schwerin und Ratzeburg, ++Braunschweig-Lüneburg+ ein Anrecht auf das Bistum Osnabrück, wo bis +1803 abwechselnd ein katholischer und ein evangelischer Bischof regiert. + + ++B. Weltliche Reichsangelegenheiten.+ + +1. Allgemeine Amnestie und Wiedereinsetzung in den Stand von 1618, +doch bleibt die +bayrische+ Linie des Hauses Wittelsbach im Besitz +der Kurwürde; für die +pfälzische+ wird eine neue, +achte+ Kurwürde +errichtet. 2. Den Reichsständen wird im Verhältnis zum Kaiser die ++Landeshoheit (Superioritas territorialis)+ zuerkannt, namentlich das +Recht, Bündnisse unter sich und mit Auswärtigen, außer gegen Kaiser und +Reich, zu schließen. 3. Die Republik der ~Niederlande~ (S. 244) und die +~Schweiz~ (S. 225) werden als ~unabhängig vom Reiche~ anerkannt. + ++C. Geistliche Angelegenheiten.+ + +1. Der +Augsburger+ Religionsfriede wird bestätigt und auf die ++Reformierten+ ausgedehnt. 2. In betreff der geistlichen Güter und der +Religionsübung wird der 1. Januar ~1624 (Annus normalis)~ als maßgebend +festgesetzt. + +Frankreich und Schweden ~garantieren~ den Frieden. Ihre Truppen +verlassen erst 1650 nach Abzahlung der Kriegsentschädigungen das +deutsche Gebiet. + + +~Folgen des Dreißigjährigen Krieges.~ + +1. Deutschland ist verwüstet und kommt nur langsam wieder empor. Das ++Deutsche Reich+ ist nach außen ohnmächtig, im Innern geschwächt durch +die Selbständigkeit der vielen kleinen Staaten. Sinken der Städte, der +Hansebund ist aufgelöst.[47] + +2. Die Religionsfreiheit ist für Deutschland und dadurch auch für das +übrige Europa gesichert. 3. +Frankreich+ und +Schweden+ gelangen zu +besonderem Ansehen im europäischen Staatensystem. + +Der ~brandenburgisch-preußische~ Staat beginnt sich zu entfalten. Er +übernimmt fortan in Deutschland den Schutz der vom Kurfürsten von +Sachsen preisgegebenen protestantischen Sache. + +Fussnoten: + +[41] Das Festland von +Nord-Amerika+ hatten schon um 1000 die Normannen +(S. 170), dann wieder 1497 John und Sebastian ~Cabot~, gebürtig aus +der Nähe von +Genua+, bez. aus +Venedig+, seit etwa 1490 in +Bristol+ +ansässig, entdeckt. + +[42] +De Papa male informato ad Papam melius informandum.+ + +[43] + + Friedrich der Sanftmütige. (S. 205, 204.) + _______________|____________________________ + Ernst. Albert. + _____|________________________________ __|__________________ + Friedrich der Weise Johann †1532. Georg Heinrich †1541 + †1525. | †1539. | + Johann Friedrich Moritz †1553. + †1554. + +[44] + + ~Jean d’Albret~, K. von Navarra † 1516. + | + ~Henri d’Albret~, K. von Navarra, + Gem. ~Margarete~, Schwester Franz’ I. von Frankreich. + | + ~Jeanne d’Albret~, Erbin von Navarra, + Gem. Anton von ~Bourbon~. + | + ~Heinrich IV.~, K. v. Frankreich † 1610. + Gem. ~Margarete von Valois~. + +[45] +Hugenotten+ (+Huguenots+) soll ein Spottname sein, abgeleitet +von +König Hugo+, einem Gespenst, das nach dem Volksglauben nächtlich +die Straßen von +Tours+ durchzog; danach die Protestanten von ihren +nächtlichen Zusammenkünften +Huguenots+ genannt. Nach andern ist der +Name verdorben aus +Eidgenossen+. + +[46] Geb. 1533 zu Dillenburg in Nassau, besaß durch Erbschaft das +souveräne Fürstentum +Orange+ an der Rhone. + + + + +~B. Vom Westfälischen Frieden bis zur französischen Revolution. +(1648–1789.)~ + + +§ 1. Frankreich. + +[~1643–1715.~] + +~Ludwig XIV.~, beim Tode seines Vaters Ludwig XIII. (S. 238) 5 Jahre +alt, zunächst unter Vormundschaft seiner Mutter +Anna+, Tochter +Philipps III. von Spanien; die Regierung leitet der Kardinal ~Mazarin~. + +[1648–1653.] + +Unruhen der ~Fronde~, veranlaßt durch den Widerstand des Pariser +Parlaments gegen Mazarins Verordnungen. Eine unzufriedene Adelspartei +schließt sich dem Widerstand an; Prinz +Condé+, anfangs für die +Regierung kämpfend, entzweit sich ebenfalls mit Mazarin; dieser geht +1651 für kurze Zeit in die Verbannung. 1652 Kampf zwischen Condé und ++Turenne+, der die königlichen Truppen befehligt, im +Faubourg St. +Antoine+; Condé dringt in die Stadt Paris ein, wird aber bald beim +Volke unbeliebt. Der Hof kehrt nach Paris zurück, Condé entweicht nach +Spanien. +Mazarin+ befestigt das Ansehen der Monarchie. + +[1648.] + +Frankreichs Erwerbungen im Westfälischen Frieden s. S. 260. + +Der 1635 ausgebrochene +Krieg mit Spanien+ (Sieg Condés bei Rocroy +1643) wird beendet durch den + +[~1659.~] + +~Pyrenäischen Frieden~:[48] 1. Frankreich erhält die Grafschaft ++Roussillon+ (im NO. der Pyrenäen) und mehrere Plätze in +Artois+ und ++Flandern+. 2. Der +Herzog von Lothringen+, Spaniens Verbündeter, wird +in sein Herzogtum wieder eingeführt, muß jedoch den Franzosen eine +Heerstraße von Metz nach dem Elsaß zugestehen. 3. Prinz +Condé+ kehrt +zurück; Ludwig XIV. heiratet +Maria Theresia+, älteste Tochter Philipps +IV. von Spanien, welche jedoch ihren Erbansprüchen entsagt. + +[~1661.~] + +~Tod Mazarins~. ~Ludwigs Selbstregierung~ (1661 bis 1715), ohne +Reichsstände (+États généraux+), ohne Beachtung der Einsprüche des +Pariser Parlaments, nach persönlicher Willkür (+L’État c’est moi+). ++Colbert+ Finanzminister, Förderung der Gewerbtätigkeit und des Handels +durch das +Merkantilsystem+ (Schutzzölle zur Abwehr ausländischer +Erzeugnisse, Verbesserung der Wege, Kanalbauten). +Kolonien+ auf den +Kleinen Antillen, in Canada, Cayenne, Louisiana, Pondichery. Große +Handels- und Kriegsflotte. +Louvois+ Kriegsminister; starkes stehendes +Heer. +Vauban+ genialer Festungsbaumeister. + +Um Frankreichs Ansehen vor dem übrigen Europa zur Geltung zu bringen, +unternimmt Ludwig XIV. eine Reihe von +Eroberungskriegen+ gegen die +Nachbarstaaten. + +[~1667–1668.~] + +~Raubkrieg gegen Spanien~ (Devolutionskrieg). Nach dem Tode Philipps +IV. (1665) erhebt Ludwig XIV., gestützt auf das in einigen belgischen +Provinzen geltende +Devolutionsrecht+, wonach die Töchter erster Ehe +ein den Söhnen zweiter Ehe vorangehendes Erbrecht haben, Ansprüche auf +die spanischen Niederlande. +Turenne+ erobert einen Teil von Flandern +und Hennegau, +Condé+ besetzt die nicht verteidigte Freigrafschaft +Burgund (Franche-Comté). Die von dem holländischen Ratspensionär ++Jan de Witt+ zustande gebrachte ~Tripelallianz~ (England, Holland, +Schweden) führt den Frieden zu +Aachen+ herbei: Frankreich erhält eine +Anzahl von Grenzstädten, darunter +Lille+, welches von Vauban zu einer +starken Festung umgeschaffen wird, gleichwie das 1662 von England (S. +270) erworbene +Dünkirchen+. + +[~1672–1678.~] + +~Raubkrieg gegen Holland.~ Ludwig XIV. schließt Bündnisse und +Subsidienverträge mit +England+ (S. 270), +Schweden+ und mehreren +deutschen Reichsfürsten (besonders den geistlichen Fürsten von +Köln+ +und +Münster+), vertreibt den Herzog Karl IV. von +Lothringen+ 1670. +Verbündeter der niederländischen Republik ist Kurfürst +Friedrich +Wilhelm+ von +Brandenburg+ (s. S. 244). + +Schnelle Eroberung eines großen Teiles der Niederlande (+Turenne+, ++Condé+, der König an der Spitze von über 100000 Mann). Die Brüder +de +Witt+, Führer der aristokratisch-republikanischen Partei, in einem +Aufstande vom Volke getötet; +Wilhelm III. von Oranien+ an die Spitze +der Republik gestellt. Die Öffnung der Schleusen rettet die Provinz +Holland und die Stadt Amsterdam. + +Kurfürst Friedrich Wilhelm schließt mit Kaiser +Leopold+ (S. 265) ein +Bündnis gegen Frankreich, wird aber von dem kaiserlichen Feldherrn ++Montecuccoli+ in seinen Truppenbewegungen gehemmt. +Turenne+, in +Westfalen vordringend, nötigt ihn 1673 zu einem Frieden, den Ludwig +XIV. in +Vossem+ (unweit Löwen) bestätigt: Der Kurfürst erhält das von +den Franzosen besetzte Land +Cleve+ (S. 252) zurück mit Ausnahme der +Festungen Wesel und Rees. + +Auch +Spanien+ nimmt an dem Kriege teil. 1674 erfolgt die +Kriegserklärung des +Deutschen Reiches+ an Frankreich. Ludwig XIV. +besetzt die Franche-Comté; Condé kämpft gegen den Prinzen von Oranien +in der unentschiedenen Schlacht bei +Seneffe+ (südlich von Brüssel), +Turenne gegen den kaiserlichen General Bournonville bei +Enzheim+ +im Elsaß. Kurfürst Friedrich Wilhelm erscheint mit 20000 Mann im +Elsaß, kann sich aber mit Bournonville nicht einigen über gemeinsames +Vordringen; beide werden von +Turenne+ zum Rückzug über den Rhein +genötigt. Friedrich Wilhelm, durch den Einfall der mit Ludwig XIV. +verbündeten Schweden in sein Land zurückgerufen, besiegt die Schweden +in der + +[~1675~ (18./28. Juni).] + +~Schlacht bei Fehrbellin~ (Derfflinger). In demselben Jahre (Juli) +fällt +Turenne+ bei +Sasbach+ in Baden. Die Franzosen gehen über den +Rhein zurück, dringen aber bald wieder vor. Friedrich Wilhelm erobert +bis 1679 Stettin und ganz Schwedisch-Pommern nebst Rügen, treibt die +Schweden auch aus Preußen bis nach Livland zurück. + +[~1678–1679.~] + +~Friede zu Nimwegen~: 1. Die +Republik der Niederlande+ erhält +ihr ganzes Gebiet zurück gegen das Versprechen der Neutralität. +2. +Spanien+ tritt an Frankreich die +Franche-Comté+ und abermals +Grenzplätze seines niederländischen Gebiets ab (u. a. +Valenciennes+ +und +Cambrai+). 3. Der Kaiser tritt Freiburg an Frankreich ab, +welches das Besatzungsrecht von +Philippsburg+ (S. 260) aufgibt. +4. +Lothringen+ wird dem Herzog Karl V. unter sehr beschränkenden +Bedingungen zurückgegeben; da er diese nicht annimmt, bleibt es von den +Franzosen besetzt. Den vom Kaiser und Reich preisgegebenen Kurfürsten +von Brandenburg zwingt Ludwig XIV. zu dem + +[~1679.~] + +~Frieden zu Saint Germain en Laye~, in welchem dieser den Schweden +fast alle seine Eroberungen in Pommern (Stettin, Stralsund, Rügen) +herausgeben muß. Bald darauf +Bündnis+ des gegen den Kaiser erbitterten +Kurfürsten[49] + +mit Frankreich, bis 1685. + +Infolge der Schwäche des Deutschen Reiches steigt der Übermut Ludwigs +XIV. so weit, daß er 1680 ~Reunionskammern~ in +Metz+, +Breisach+, ++Besançon+, +Tournay+ einsetzt. Diese französischen Gerichtshöfe +untersuchen und entscheiden, was jemals zu den in den letzten vier +Friedensschlüssen an Frankreich abgetretenen Ländern und Plätzen gehört +hat. Der König vollstreckt mit seinen Truppen die Reunionsbeschlüsse, +indem er zu der Gewalttat mitten im Frieden den Hohn einer Rechtsform +fügt. + +[~1681.~ 30. Sept.] + +~Die Franzosen besetzen Straßburg~ im Einverständnis mit dem ++Bischof Franz Egon von Fürstenberg+. Einfall in die spanischen +Niederlande 1683. Besetzung von +Luxemburg+ und +Trier+ 1684. Diesen +Rechtsverletzungen tritt das Deutsche Reich nur mit leeren Protesten +entgegen; schließlich wird 1684 zu +Regensburg+ ein +zwanzigjähriger+ +~Waffenstillstand~ mit Ludwig XIV. abgeschlossen, wonach er alle bis +zum 1. August 1681 besetzten Gebiete, dazu auch Straßburg behält. + +[1684.] + +Eine französische Flotte bombardiert +Genua+, um es für seine +Verbindung mit Spanien zu strafen. + +[~1685.~] + +~Aufhebung des Edikts von Nantes~ (s. S. 238). Die Ausübung des ++reformierten+ Bekenntnisses in Frankreich wird untersagt, die +Erziehung der Kinder in der katholischen Religion befohlen, die +Auswanderung verboten. Über 50000 Familien entkommen indes nach +Holland, England, Brandenburg. Die +Protestanten im Elsaß+ behalten die +ihnen zugesicherte Religionsfreiheit. + +[~1688–1697.~] + +~Raubkrieg gegen Deutschland~ (Pfälzischer Krieg). Nach dem Tode des +Kurfürsten Karl von der +Pfalz+ (1685), dessen Schwester Elisabeth +Charlotte (Liselotte) mit dem Herzog Philipp von Orléans, Bruder +Ludwigs XIV., vermählt war, erhebt Frankreich gegenüber der Linie +Pfalz-Neuburg Ansprüche auf einen großen Teil des Landes. Im Erzbistum ++Köln+ will Ludwig XIV. die Wahl des Straßburger Bischofs Wilhelm von +Fürstenberg gegen den Prinzen Clemens von Bayern durchsetzen. Bündnis +zu +Augsburg+ 1686 gegen Frankreich zwischen dem +Kaiser+, +Spanien+, ++Schweden+ und den bedeutendsten +Reichsfürsten+, nach der in England +1688 erfolgten Thronveränderung (S. 271) zu der +Großen Allianz+ +erweitert, der +England+, +Holland+ und +Savoyen+ beitreten. + +Die französischen Heere rücken in die Rheinlande ein (Sept. 1688). +~Furchtbare Verheerung der Pfalz~ durch ~Mélac~ auf Befehl von Louvois +(März-Juni 1689); die Städte +Heidelberg+, +Mannheim+, +Speier+, ++Worms+ und Hunderte von kleineren Orten verbrannt. Das deutsche +Reichsheer erobert +Mainz+ und +Bonn+, kann aber am Oberrhein die +Franzosen nicht vertreiben; der Markgraf +Ludwig von Baden+ erobert +Heidelberg wieder, hält sich dann aber meist allzu vorsichtig hinter +seiner festen Verteidigungsstellung bei Heilbronn. + +In den Niederlanden siegt der Marschall +von Luxembourg+ bei ++Fleurus+ 1690, +Steenkerken+ 1692, +Neerwinden+ 1693, doch behauptet ++Wilhelm III.+ durch zähe Ausdauer das Feld. Eine französische +Landung in +Irland+ zu Gunsten des vertriebenen +Jakob II.+ hat nur +vorübergehenden Erfolg (s. S. 272). + +[1692.] + +Seesieg der verbündeten +englischen+ und +holländischen+ Flotte über +die französische bei ~La Hougue~ (Ostseite der Halbinsel Cotentin). + +[~1697.~] + +~Friede zu Ryswyk~ (spr. +Reisweik+, Dorf beim Haag): 1. Frankreich +behält die +im Elsaß+ besetzten Gebiete, gibt aber +Freiburg+ zurück +(S. 263); die pfälzische Erbschaftssache wird einem Schiedsgericht +übergeben. 2. Der Herzog von +Lothringen+ wird vollständig wieder +eingesetzt (S. 263). 3. Spanien erhält +Luxemburg+ zurück, tritt aber +einige Grenzgebiete seiner Niederlande ab. 4. +Wilhelm III.+ wird als +König von England anerkannt. + +Blüte der ~französischen Literatur~ im Zeitalter Ludwigs XIV. ++Corneille+ († 1684), +Racine+ († 1699), +Molière+ († 1673), +La +Fontaine+ († 1695), +Boileau+ († 1711), +Bossuet+ († 1704), +Fléchier+ +(† 1710), +Fénelon+ († 1715). + +Ludwigs Hofleben in +Versailles+, +Marly+, +Trianon+ das Vorbild +der europäischen Höfe. Bauten, Luxus, Maitressen (+La Vallière+, ++Montespan+, +Fontange+). Nach dem Tode seiner Gemahlin +Maria +Theresia+ von Spanien († 1683) vermählt sich Ludwig insgeheim mit ++Françoise d’ Aubigné+, Witwe des Dichters +Scarron+, die er zur +Marquise von +Maintenon+ erhebt. Seitdem Frömmelei am Hofe. Die +Finanzen geraten nach Colberts Tode (1683) in Unordnung, zunehmende +Willkürherrschaft im Innern. Beginn des wirtschaftlichen Niedergangs. + + +§ 2. Deutschland. + +[~1658–1705.~] + +~Leopold I.~ (Sohn Ferdinands III.), mehr auf die Mehrung der +habsburgischen Hausmacht bedacht, als auf die Wiederaufrichtung des +geschwächten Deutschen Reiches. Unter den Reichsfürsten ragt ~Friedrich +Wilhelm~, der ~Große Kurfürst~ von ~Brandenburg~ (1640–1688) hervor +als Verteidiger der Selbständigkeit Deutschlands, während andere, +namentlich die drei geistlichen Kurfürsten zu gegenseitigem Schutze mit +Frankreich 1658 den +Rheinbund+ schließen (aufgelöst 1667). + +Seit 1663 +dauernder+ ~Reichstag zu Regensburg~, von den Gesandten der +8 Kurfürsten, der 33 geistlichen, der 61 weltlichen Fürsten (dazu 2 +Kurien der Prälaten, 4 Kurien der Reichsgrafen) und der 51 Reichsstädte +gebildet. Für Religionssachen getrennte Beratung, Corpus +Catholicorum+ +und Corpus +Evangelicorum+. Neben dem Reichskammergericht in Wetzlar +(S. 224) gilt auch der +Reichshofrat+ zu +Wien+ als oberstes Gericht. +Kriegswesen und Finanzen in schlechtem Zustande, weil alles von der +Bewilligung der so zahlreichen Reichsstände abhängt. Doch kämpfen die +Reichstruppen tapfer mit in den von Österreich mit Nachdruck geführten +~Türkenkriegen~. + +[1664.] + +Sieg des kaiserlichen Feldherrn +Montecuccoli+ über die Türken bei +St. +Gotthard+ an der +Raab+. Darauf Friedensschluß; die größere Hälfte von +Ungarn bleibt unter türkischer Hoheit (vgl. S. 232). Eine Verschwörung +ungarischer Magnaten gegen die habsburgische Herrschaft wird 1670 +entdeckt und bestraft; Aufstand unter Führung des Grafen +Tököly+ 1678; +dieser ruft die Türken zu Hilfe. + +[~1683.~] + +~Belagerung Wiens durch die Türken.~ Heldenmütige Verteidigung, +geleitet durch +Rüdiger von Starhemberg+. Glücklicher Entsatz durch +die +Schlacht am Kahlen Berge+; Sieg des vereinigten deutschen und +polnischen Heeres unter +Karl V. von Lothringen+ und dem Polenkönig ++Johann Sobieski+. 1684 Beitritt +Venedigs+ zum Kriegsbündnis gegen die +Türkei. + +[1686.] + ++Ofen+ erobert von kaiserlichen und brandenburgischen Truppen. Sieg +Karls von Lothringen bei +Mohacz+. + +[1687.] + +Der Reichstag zu Preßburg überträgt dem österreichischen Mannesstamm +die erbliche Thronfolge in Ungarn. + +[1691.] + +Sieg des Markgrafen +Ludwig von Baden+ bei +Slankamen+ unweit +Peterwardein, des Prinzen +Eugen von Savoyen+ bei +Zenta+ an der Theiß +1697. + +[~1699.~] + +~Friede zu Karlowitz~: +Ungarn+ und +Siebenbürgen+ kommen an +Österreich, türkisch bleibt nur das Gebiet von +Temesvar+. Morea kommt +an Venedig, Asow an Rußland. + +~Standeserhöhungen deutscher Fürsten~ am Ende des 17. und am Anfang des +18. Jahrhunderts: + +[1692.] + +1. Herzog +Ernst August+ von Braunschweig-Lüneburg (Haus der +Welfen+, +s. S. 184) erhält als Kurfürst von ~Hannover~ die +neunte+ Kurwürde. + +[1697.] + +2. +Friedrich August I.+, Kurfürst von +Sachsen+, wird nach dem Tode +Johann Sobieskis zum ~König von Polen~ erwählt als +August II.+ (+der +Starke+). + +3. Kurfürst +Friedrich III. von Brandenburg+ (1688 bis 1713), Sohn des +Großen Kurfürsten, nimmt + +[~1701.~ 18. Jan.] + +mit Zustimmung des Kaisers (S. 272) den Titel ~König in Preußen +(Friedrich I.)~ an und krönt sich in +Königsberg+. + +Wiederherstellung des ~Geisteslebens in Deutschland~ nach der +Zerrüttung des Dreißigjährigen Krieges: + ++Paul Gerhard+ († 1676), +Ph. J. Spener+ († 1705), +A.H. Franke+ +(gründet 1698 das Waisenhaus in Halle). Der Philosoph, Mathematiker +und Geschichtsforscher +G.W. Leibniz+ (geb. 1646 zu Leipzig, 1676 +in Hannover, 1700 in Berlin, † 1716 in Hannover). +Chr. Thomasius+ +in Halle († 1728) hält zuerst deutsche Vorlesungen, bekämpft die +Hexenprozesse und die Anwendung der Folter. + + +§ 3. Der Norden und Osten. + +~Schweden~, durch den Besitz bedeutender Nebenländer (S. 256, 260) fast +rund um die Ostsee ausgedehnt, ist seit dem Dreißigjährigen Kriege die +erste Macht des Nordens. + +[1654–1718.] + +Haus Pfalz-Zweibrücken (s. S. 250). + +[~1655–1660.~] + +~Schwedisch-Polnischer Krieg.~ + +~Karl X. Gustav~ (1654–1660) beginnt Krieg mit Polen, weil +Johann +Kasimir+ (aus der +katholischen+ Linie des Hauses +Wasa+) ihn ebenso +wenig anerkennen will, wie früher Sigismund III. Gustav Adolf (S. 250). +Er dringt von Pommern her in Polen ein, nimmt Warschau und Krakau; +Johann Kasimir flüchtet nach Schlesien. Kurfürst +Friedrich Wilhelm+ +von Brandenburg sieht sich genötigt, im Vertrage zu +Königsberg+ 1656 +sein Herzogtum Preußen von +Schweden+, wie bisher von +Polen+ (S. 229), +zu Lehen zu nehmen; dazu erhält er das Bistum +Ermeland+. In Polen +Aufstand gegen die Schweden. +Karl Gustav+ und +Friedrich Wilhelm+ +gewinnen die dreitägige + +[~1656~ (Juli).] + +~Schlacht bei Warschau~ gegen die Polen. + +Um sich die weitere Hilfe des Kurfürsten von Brandenburg zu sichern, +gesteht +Karl Gustav+ diesem in dem Vertrage zu +Labiau+ die ++Souveränität+ (lehnsfreie Herrschaft) über Ostpreußen und Ermeland +zu. Allein es erklären sich gegen Schweden: +Rußland+, +Dänemark+, +der +Kaiser Leopold I.+ und bald auch der +Kurfürst von Brandenburg+, +dem Polen im Vertrage zu +Wehlau+ 1657 ebenfalls die Souveränität +über Ostpreußen (ohne Ermeland) zusichert. Die Schweden werden bald +aus Polen zurückgedrängt, nur Polnisch-Preußen bleibt von ihnen +besetzt. Karl Gustav greift ~Dänemark~ an und erzwingt durch schnelles +Vordringen (Übergang über die gefrorenen +Belte+, Januar 1658) den + +[~1658.~] + +~Frieden zu Roeskild~: Dänemark tritt den südlichen Teil der +skandinavischen Halbinsel (+Schonen+, +Halland+, +Blekingen+), das +Stift +Dronthjem+ und die Insel +Bornholm+ an Schweden ab. + +Noch in demselben Jahre zweiter Angriff Karl Gustavs, aber die +belagerte Hauptstadt +Kopenhagen+ verteidigt sich tapfer. Eine +holländische Flotte (die Holländer Handelsrivalen der Schweden) +kommt zu Hilfe; kaiserliche, polnische und brandenburgische Truppen +vertreiben die Schweden aus Holstein und Schleswig. Die Brandenburger +besetzen unter Führung des Kurfürsten die Insel +Alsen+. Karl X. hebt +die Belagerung von Kopenhagen auf, stirbt bald darauf zu Gotenburg. Ihm +folgt sein minderjähriger Sohn Karl XI. (1660–1697). + +[~1660.~] + +~Friede zu Olīva~ (Kloster bei Danzig). + +Johann Kasimir entsagt allen Ansprüchen auf den schwedischen Thron, +sowie auf +Livland+ und +Estland+; der Herzog von +Kurland+ wird als +polnischer Vasall wieder eingesetzt. Die ~Souveränität Preußens~ wird +von +Schweden+ und +Polen+ bestätigt. + +Gleich darauf ~Friede zu Kopenhagen~ mit Dänemark; der Roeskilder +Frieden bestätigt, aber Dronthjem und Bornholm an Dänemark +zurückgegeben. + +In ~Dänemark~ wird gleich nach dem Frieden von dem der Adelsherrschaft +überdrüssigen +dritten+ Stande (Bürger) und der +Geistlichkeit+ dem +Könige Friedrich III. (1648–1670) eine ganz unumschränkte Gewalt +übertragen. Im Anschluß daran erklärt das +Königsgesetz+ 1665 Dänemark +für ein Erbreich in männlicher und weiblicher Linie; es gilt aber nicht +für die Herzogtümer Schleswig-Holstein, welche auch ihren eigenen +Landtag behalten. Das Herzogtum +Oldenburg+ 1667 nach dem Aussterben +der dort regierenden Linie (S. 216) mit Dänemark vereinigt. + +Auch in ~Schweden~ übertragen die Stände, der übermäßigen Gewalt des +Reichsrats müde, 1682 dem großjährig gewordenen Könige Karl XI. eine +fast unumschränkte Gewalt. + +In ~Polen~ dagegen ist seit der Einführung der Wahlmonarchie 1572 +(S. 250) die königliche Macht zum Schatten herabgesunken, der Staat +ist tatsächlich eine +Adelsrepublik+. Der aus dem +Senat+ (Bischöfe, +Woiwoden, Kastellane) und den gewählten +Landboten+ (Abgeordnete des +Adels) bestehende Reichstag übt alle Gewalt aus. Das +liberum veto+, +d. h. das Recht +jedes+ einzelnen Mitgliedes, einen Reichstagsbeschluß +durch seinen Einspruch ungültig zu machen, führt zu Bestechung, +Gewalttat und schließlich fast zur Anarchie; nur selten kommt ein +Beschluß zustande. + +Nach +Johann Kasimirs+, des letzten der 3 katholischen Wasas Abdankung +blutige Thronstreitigkeiten; dann regiert +Johann Sobieski+ 1674–1696, +der den kriegerischen Adel durch Feldzüge gegen die Türken (vgl. S. +266) an sich fesselt. Ihm folgt +August II.+ von Sachsen 1697–1733; +Friede mit den Türken zu +Karlowitz+. + +~Rußland~ unter dem Hause ~Romānow~ (1613–1762) wachsend an Macht und +Ansehen. +Michael Romānow+ (1613 bis 1645) kämpft zwar unglücklich +gegen Polen, ordnet aber die innere Verwaltung. Sein Sohn +Alexei+ +(1645–1676) gewinnt die Länder am Dnjepr (Smolensk und Kiew) von Polen +zurück, unterwirft Sibirien bis zum äußersten Osten und das Amurland +(S. 250) und fängt an, europäische Kultur in Rußland zu verbreiten. +Nach dem Tode seines ältesten Sohnes +Feodor+ (1682) werden von den ++Strelitzen+, der adligen Leibwache des Zaren, dessen beide Brüder ++Iwan+ und ~Peter~ unter Vormundschaft ihrer älteren Schwester ++Sophia+ zu Zaren ausgerufen. Peter in +Preobraschensk+ (bei Moskau) +mit militärischen Übungen beschäftigt; aus seinen Spielgefährten +(Poteschnie) wird später die Garde des Heeres gebildet. Sophia, die ihn +vom Thron ausschließen will, wird 1689 in ein Kloster geschickt. + +[~1689–1725.~] + +~Peter der Große~, regiert als Alleinherrscher, da der geistesschwache +Bruder Iwan bis zu seinem Tode (1696) ohne jede Macht bleibt. Er ist +der Gründer des russischen Staates. + +Peter beginnt seine Reformen mit Hilfe des Schotten +Gordon+ und des +Genfers +Lefort+. +Asow+ erobert 1696 (S. 266). Grausame Bestrafung +eines Aufruhrs der +Strelitzen+. Darauf +Reise+ des Zaren durch +Deutschland über Königsberg und Berlin nach Holland, wo er in ++Zaandam+ als Schiffszimmermann arbeitet, dann nach England. Anwerbung +ausländischer Handwerker, Künstler, Offiziere. Fortsetzung der Reise +über Dresden nach Wien; im Begriff nach Venedig abzureisen, wird der +Zar durch die Nachricht von einem abermaligen Aufruhr der Strelitzen +zurückgerufen. Blutiges Strafgericht; das ganze Korps wird aufgelöst, +das Heer nach europäischer Weise gebildet. + +Nach Leforts Tode 1699 +Menschikow+ Günstling und Minister des Zaren, +bemüht um weitere Einführung der westeuropäischen Kultur in Rußland, +doch auch habsüchtig und bestechlich. Peters Entschluß zu dem Kriege +gegen Schweden (S. 274) wird entscheidend für Rußlands weiteren +Aufschwung. + + +§ 4. England. + +[~1649–1660.~] + +~England Republik~ (+Commonwealth+). + +~Cromwell~ (s. S. 249) unterwirft nach blutigem Kampfe die über die +Hinrichtung des zum Katholizismus hinneigenden Königs Karl erbitterten +Iren, dann durch die Siege bei +Dunbar+ (1650) und bei +Worcester+ +(spr. u+͡__ustĕr, 1651) das aufständische Schottland (S. 249), von wo +er des hingerichteten Königs Sohn, +Karl II.+, vertreibt. In England +löst Cromwell das Rumpf-Parlament und das von ihm selbst berufene, aus +eifrigen Independenten bestehende +Barebone+-Parlament auf. Durch das +Heer wird + +[1653–1658.] + +~Cromwell Lord-Protektor~ der drei Reiche (England, Schottland, +Irland). Seine Regierung hält die Ordnung im Innern aufrecht und macht +England zur ersten protestantischen Macht in Europa. + +[1651.] + +~Navigationsakte~, welche den Fremden auf ihren eigenen Schiffen +nur die Einfuhr eigener Erzeugnisse erlaubt und namentlich den ++holländischen+ Zwischenhandel schwer trifft, da die Erzeugnisse der +englischen Kolonien nur auf englischen Schiffen nach England gebracht +werden dürfen. Daher Krieg mit +Holland+ (1652–1654), aus welchem die +Engländer als Sieger hervorgehen. England seitdem die erste Seemacht; +Holland tritt mehr zurück (S. 244). Im Kriege mit +Spanien+ (1655–1658) +Eroberung +Jamaikas+ und Einnahme von +Dünkirchen+. + +Nach +Oliver Cromwells+ Tode folgt ihm als Protektor sein ihm +unähnlicher Sohn +Richard Cromwell+, der schon nach 8 Monaten abdankt. +Zwistigkeiten unter den Befehlshabern des Heeres führen zur + +[~1660.~] + +~Herstellung des Königtums.~ General +Monk+ versammelt ein neues +Parlament (Oberhaus und Unterhaus, S. 249), welches auf den Thron ruft +Karls I. Sohn, den gewissenlosen, verschwenderischen und ausschweifenden + +[~1660–1685.~] + +~Karl II.~ Herstellung der Episkopalkirche; von der +Amnestie+ +werden diejenigen ausgenommen, welche Karl I. zum Tode verurteilt +hatten. Cromwells Leiche an den Galgen gehängt. 1662 +Dünkirchen+ an +Frankreich verkauft; 1664–1667 abermaliger +Seekrieg mit Holland+; 1664 +New-York (1612 von den Holländern als Neu-Amsterdam gegründet) von den +Engländern besetzt. 1666 Pest und große Feuersbrunst in London. 1667 +dringt Admiral Ruyter (1607–1676) in die Themse ein. + +Der Minister +Clarendon+ 1667 verbannt; das +Cabal+-Ministerium +(~C~lifford, ~A~rlington, ~B~uckingham, ~A~shley, ~L~auderdale) +bewegt den König, für französische Jahrgelder aufs neue +Krieg gegen +Holland+ (1672–74, s. S. 262) zu führen und zu Gunsten der Katholiken +die +Indulgenzerklärung+ zu erlassen. Allgemeine Entrüstung; das +Parlament setzt 1673 die ~Testakte~ durch, welche jeden Engländer, +der ein Amt bekleiden will, zur Anerkennung der Oberhoheit des Königs +über die englische Kirche und zu einer Erklärung gegen die katholische +Abendmahlslehre zwingt. Der katholische Bruder des Königs, +Jakob, +Herzog von York+, legt sein Amt als Großadmiral nieder. 1674 das +Cabal-Ministerium gestürzt, Friede mit Holland. + +Neue Streitigkeiten mit dem Parlament, in welchem sich das Verlangen +erhebt, den +Herzog von York+ als »Papisten« von der Thronfolge +auszuschließen. Unter dem Ministerium +Shaftesbury+ wird 1679 die +~Habeascorpusakte~ (Schutz gegen willkürliche Verhaftung) durchgesetzt. + +Entstehung der Parteinamen ~Whigs~ (Liberale) und ~Tories~ +(Konservative), ursprünglich Spottnamen, der erstere ein +schottischer+ +für Anhänger des Covenants (S. 248), der zweite ein +irischer+ für +Anhänger des +Papismus+. + +Die +Ausschließungsbill+ wird im Unterhause von den Whigs durchgesetzt, +im Oberhause verworfen. Die Entdeckung einer Verschwörung gegen den +König hat strenge Maßregeln gegen die Whigs zur Folge; Lord +Will. +Russell+ und +Algernon Sidney+ hingerichtet, der Herzog von +Monmouth+ +(natürlicher Sohn des Königs) flüchtet nach Holland. Karl II. stirbt +1685, nachdem er auf dem Totenbette Katholik geworden ist. + +[~1685–1688.~] + +~Jakob II.,~ Bruder Karls II., bei der überlieferten Politik seines +Hauses verharrend, sucht die +unumschränkte+ Königsgewalt und den +Katholizismus in England wieder herzustellen. +Monmouth+ landet in +England, wird bei +Sedgemoor+ geschlagen, gefangen und hingerichtet +(1685). Blutige Assisen (Gerichtssitzungen), geleitet von dem grausamen +und habsüchtigen Oberrichter +Jeffreys+. + +Anstellung von Katholiken unter Erlassung des durch die Testakte +verlangten Eides. Dann Aufhebung der Testakte; Religionsfreiheit +verkündet. Sieben anglikanische Bischöfe weigern sich, die +Indulgenzerklärung zu verkündigen. Prozeß und Freisprechung der +Bischöfe. Durch die Geburt eines katholischen +Prinzen von Wales+ (von +Jakobs +zweiter+ Gemahlin Maria d’Este, Prinzessin von Modena) wird die +Aussicht auf protestantische Thronfolge vereitelt; die beiden Töchter +Jakobs aus erster Ehe, +Maria+ und +Anna+, waren protestantisch. ++Whigs+ und +Tories+ wenden sich an +Wilhelm von Oranien,+ Gemahl der ++Maria,+ und durch seine Mutter Enkel Karls I. (vgl. die Stammtafel S. +299). + +[1688. 5. Nov.] + +Landung Wilhelms, der von Friedrich III. von Brandenburg und andern +norddeutschen Fürsten unterstützt wird, in +Torbay+; das Heer und die +ganze Nation fallen ihm zu, Jakob entflieht nach Frankreich. + +[~1689–1702.~] + +~Wilhelm III.~ (und ~Maria~ bis 1694), durch Parlamentsakte auf +den Thron erhoben. Personalunion zwischen England und Holland. Die +Regierung führt Wilhelm III. allein. Das ~Gesetz der Rechte~ (+Bill of +rights+ 1689) sichert die verfassungsmäßigen Freiheiten der Nation. + +Aufstand der katholischen Iren für Jakob, der daselbst landet und fast +ein Jahr herrscht. Wilhelm schlägt ihn 1690 am +Boynefluß+. Teilnahme +am Kriege gegen Ludwig XIV., s. S. 264; Englands Seemacht gesichert. +1701 Ordnung der Thronfolge: die katholischen Stuarts ausgeschlossen, +erbberechtigt ist das protestantische Haus +Hannover+ (S. 299). + +Aufschwung der Literatur und Wissenschaft: Die Dichter +Milton+ († +1674) und +Dryden+ († 1700); der Theosoph +Bunyan+ († 1688); die +Philosophen +Hobbes+ († 1679) und +Locke+ († 1704), der Naturforscher ++Newton+ († 1722). + + +[~1701–1714.~] + +§ 5. Der spanische Erbfolgekrieg. + + ~Philipp III.,~ König von Spanien, †1621. + _________|_________________________________________ + ~Anna,~ ~Philipp IV.,~ †1665. ~Maria Anna,~ + Gem. Ludwig XIII. | Gem. Ferdinand III. + | ______|_____________ | + ~Ludwig XIV.~ Maria ~Karl II.,~ Marg. ~Leopold I.,~ + | Theresia. †1700. Theresia. †1705. + |___________| |_________| + | | + | | + ~Ludwig, Dauphin~, †1711. ~Maria Antonie,~ + | Gem. Max Emanuel v. Bayern. + | | + ~Philipp von Anjou,~ ~Joseph Ferdinand,~ + als K. v. Spanien ~Philipp V.,~ †1699, + †1746. Kurprinz v. Bayern. + +Kaiser Leopold I. hatte außer seiner Tochter Maria Antonie zwei +Söhne+ +aus dritter Ehe, +Joseph I.+ (Kaiser 1705–1711) und +Karl VI.+ (Kaiser +1711–1740). Er nimmt als Vertreter der deutschen Linie des Hauses +Habsburg das spanische Erbe für den zweiten Sohn in Anspruch. Ludwig +XIV. dagegen fordert es für seinen zweiten Enkel +Philipp von Anjou.+ +Wilhelm III. an der Spitze der +Seemächte+ (England und Holland) +schließt mit Ludwig XIV. 1698 einen +Teilungsvertrag+: Haupterbe +soll der Kurprinz Joseph Ferdinand von Bayern sein, Frankreich und +Österreich die Nebenländer erhalten. Dagegen setzt Karl II. den +Kurprinzen durch Testament zum Erben der +gesamten+ Monarchie ein. +Nach dessen plötzlichem Tode 1699 neue Unterhandlungen; endlich +unterzeichnet Karl II. ein Testament, welches +Philipp von Anjou+ zum +Erben einsetzt. ~Große Allianz~ der +Seemächte+ (1701) mit Kaiser ++Leopold+, zunächst um dem Hause Österreich die spanischen Besitzungen +in den +Niederlanden+ und in +Italien+ zu verschaffen. Auf Frankreichs +Seite stehen die Herzöge von +Savoyen+ und +Mantua+, die Kurfürsten von ++Bayern+ und +Köln+ (zwei Brüder); die übrigen deutschen Reichsstände +und +Preußen+ (Friedrich III. von Brandenburg durch den »Krontraktat« +die Annahme der Königswürde gestattet) sind mit dem Kaiser verbündet. ++Portugal+ tritt der großen Allianz bei, endlich auch +Savoyen+ (1703). + +Vier Kriegsschauplätze: +Spanien+, +Italien+, +Niederlande+, ++Deutschland+. + +Philipp von Anjou wird in Spanien als König ~Philipp V.~ anerkannt. +Seine Hauptstütze ist +Kastilien+. + +[1701.] + +Prinz ~Eugen von Savoyen~ (1663–1736) als Feldherr Kaiser Leopolds +eröffnet den Krieg siegreich in Oberitalien, wird aber 1702 vom Herzog +von Vendôme in seinem Vordringen gehemmt. + +[1703.] + +Die Bayern fallen als Verbündete Frankreichs in +Tirol+ ein, werden +aber zurückgetrieben. Der englische Feldherr ~Marlborough~ dringt in +den Niederlanden vor. + +[1704.] + +Erzherzog Karl landet in Portugal, die Engländer erobern ~Gibraltar~. +Prinz +Eugen+ und +Marlborough+ vereinigen sich an der Donau und siegen +(unweit Donauwörth) über die Franzosen und Bayern in der + +[~1704.~] + +~Schlacht bei Höchstädt und Blindheim~. Bayern von den kaiserlichen +Truppen besetzt. + +[1706.] + +Erzherzog Karl gewinnt auf kurze Zeit +Madrid+; Marlborough siegt bei +~Ramillies~ (nördlich von Namur), Prinz Eugen bei ~Turin~ mit Hilfe der ++Preußen+ unter +Leopold von Dessau+. Die Franzosen werden aus Italien +verdrängt, +Mantua+ (s. S. 239) von Österreich in Besitz genommen, dann +auch +Neapel+ (S. 241). + +[~1708.~] + +Sieg Marlboroughs und Prinz Eugens bei ~Oudenarde~; +Lille+ belagert +und genommen. Strenger Winter in Frankreich. + ++Friedensverhandlungen+. Die Verbündeten fordern Herausgabe +der spanischen Monarchie an Erzherzog Karl von Österreich, der +niederländischen Grenzfestungen an die Holländer, für das Deutsche +Reich Wiederherstellung des im +Westfälischen Frieden+ festgesetzten +Besitzstandes. Dies alles wird +von Ludwig XIV. bewilligt+. Aber die +Forderung, daß er seinen Enkel Philipp mit +französischen Waffen+ aus +Spanien vertreiben soll, bewirkt den Abbruch der Verhandlungen. + +Fortgang des Krieges. Die Franzosen aufs neue gedemütigt durch den + +[~1709.~] + +Sieg Prinz Eugens und Marlboroughs bei ~Malplaquet~. Neue +Friedensanträge Ludwigs, der sogar Hilfsgelder gegen seinen Enkel +zahlen will, während die Verbündeten verlangen, daß er ihn durch seine ++Heere+ vertreiben soll. + +Der Fall des +Whigministeriums+ in England (1710) und der Tod +Kaiser ~Josephs I.~ (1711) ändern alle Verhältnisse zu Gunsten +Ludwigs XIV. Marlborough abberufen; Erzherzog Karl verläßt Spanien, +um die österreichischen Erblande zu übernehmen. England beginnt +Friedensverhandlungen (S. 299). + +[1712.] + +Kongreß zu Utrecht. Der französische Feldherr Villars siegt bei ++Denain+ (an der Schelde) über einen Teil von Prinz Eugens Heer. + +[~1713.~] + +~Friede zu Utrecht~ (ohne Beteiligung Kaiser Karls VI.): + +1. ~Philipp V.~, Enkel Ludwigs XIV., wird als König von +Spanien+ +anerkannt. Die meisten +Nebenländer+ (Niederlande, Mailand, Neapel, +Sardinien) sollen ~Karl VI.~ zufallen, Sicilien als Königreich dem +Herzog von +Savoyen+. + +2. ~England~ erhält von Frankreich +Neufundland+, +Neuschottland+ +(Akadien) und die +Hudsonsbailänder+, von Spanien +Gibraltar+ und ++Menorka+. Anerkennung der protestantischen Thronfolge versprochen (S. +284). + +3. ~Holland~ erhält das Besatzungsrecht in einigen Grenzfestungen der +bisher spanischen Niederlande, +Lille+ wird an Frankreich zurückgegeben. + +4. ~Preußen~ erlangt Anerkennung des Königstitels und des Besitzes von ++Neuchâtel+ und Valengin (aus der oranischen Erbschaft nach Wilhelms +III. Tode 1702, vgl. die Stammtafel S. 244), dazu +Obergeldern+ (an der +Maas). Es überläßt an Frankreich seine Ansprüche auf das Fürstentum ++Oranien+ oder +Orange+ (an der Rhone, S. 242 Anm.). + +Karl VI. verweigert seine Zustimmung, der Krieg wird am Rhein +weitergeführt. Villars erobert Landau und Freiburg. Darauf + +[~1714.~] + +~Friede zu Rastatt und Baden~ (im Aargau, Schweiz). Karl VI. nimmt die +ihm bestimmten Länder an. Österreich gewinnt damit nach der Erwerbung +Ungarns unter Leopold I. (S. 266) unter dessen Sohn Karl VI. auch noch +die Niederlande und die Herrschaft in Italien. Für das +Deutsche Reich+ +wird nur der Friede von Ryswyk bestätigt; +Landau+ bleibt französisch. +Die in die Reichsacht erklärten Kurfürsten von +Bayern+ und +Köln+ +werden in ihre Würden und Länder wieder eingesetzt. + + +[~1700–1721.~] + +§ 6. Der Nordische Krieg. + +~Peter der Große~ (S. 269) will Rußland zur +Seemacht+ erheben und +Schwedens Herrschaft über die Ostsee (S. 256) brechen. Er schließt +unter Vermittelung des livländischen Edelmanns +Patkul+ ein Bündnis +mit +August dem Starken+ (S. 266), welcher Livland wieder für Polen +beansprucht (S. 249, 268). Friedrich IV. von +Dänemark+ schließt +sich an, um das Haus Holstein-Gottorp (jüngere Linie des dänischen +Königshauses) aus dem Mitbesitz von Schleswig-Holstein zu verdrängen. + +~Karl XII., König von Schweden~ (geb. 1682, reg. 1697 bis 1718), Enkel +Karls X. Gustav von Pfalz-Zweibrücken (S. 250), nimmt sich des Herzogs +von Holstein-Gottorp, seines Schwagers, an, landet 1700 auf Seeland, +bedroht Kopenhagen und erzwingt den ~Frieden zu Travendal~ (in Holstein +a. d. Trave); Dänemark gibt den Angriff auf. Dann wendet er sich gegen +Peter d. Gr. und besiegt mit 8000 Schweden 40000 Russen bei ~Narwa~ (in +Ingermanland). +Sächsische+ Truppen haben inzwischen +Riga+ belagert. +Karl XII. dringt 1701 in +Polen+ ein und verlangt Absetzung Augusts +II., zieht 1702 in Warschau ein, siegt bei +Klissow+ und 1703 bei ++Pultusk+ über sächsische und polnische Truppen. + +[1704.] + ++Stanislaus Lesczinski+ vom polnischen Reichstag zum König gewählt. + +Währenddessen legt +Peter+ den Grund zu der neuen Hauptstadt ~St. +Petersburg~ 1703 und erobert +Narwa+ 1704. + +Fortgang des Krieges in Polen und Litauen, Siege Karls XII. bei ++Punitz+ 1704 und seines Generals +Rehnskjöld+ bei Fraustadt 1706. Karl +dringt durch Schlesien in Sachsen ein und erzwingt den + +[~1706.~] + +~Frieden zu Altranstädt~ (bei Leipzig): 1. August II. entsagt der +polnischen Krone und erkennt +Stanislaus Lesczinski+ als König von +Polen an. 2. Er gibt das Bündnis mit dem Zaren auf und liefert dessen +Bevollmächtigten +Patkul+ aus (welchen Karl grausam hinrichten +läßt). 3. +Sachsen+ sorgt den Winter über für Unterhalt und Sold des +schwedischen Heeres. + +Karl bricht dann gegen den russischen Zaren auf (Sept. 1707), +der die Zeit zur Festsetzung an der Ostsee und zur Bildung eines +kriegstüchtigen Heeres trefflich benutzt hatte. Der Weg nach Moskau +versperrt durch Verwüstung des Landes. Durch den von Rußland +abgefallenen Kosakenhetman +Mazeppa+ läßt sich Karl verleiten, über +den Dnjepr (1708) nach der +Ukraine+ zu gehen. Vergebliche Belagerung ++Pultawas+; Peter eilt zum Entsatz herbei und schlägt mit überlegener +Streitmacht die durch Märsche und Mangel ermatteten Schweden in der + +[1709 (8. Juli).] + +~Schlacht bei Pultāwa,~ welche Schwedens Übermacht mit einem Schlage +vernichtet. Das schwedische Heer völlig aufgelöst und größtenteils +gefangen. Karl flüchtet zu den Türken. + +[1709–1714.] + +Karl XII. +in der Türkei+ (Lager bei +Bendēr+), sucht die Pforte zum +Kriege gegen Rußland zu bewegen. Dies gelingt endlich 1711. Peter, +verbündet mit dem +Fürsten der Moldau,+ geht über den Dnjestr, wird am ++Pruth+ eingeschlossen, erkauft von den Türken durch Bestechung des +Großwesirs (auf Rat seiner Gemahlin +Katharina+) den + +[~1711.~] + +~Frieden am Pruth~: 1. +Asow+ an die Pforte zurückgegeben (S. 266) 2. +Dem Könige von Schweden freie Rückkehr in seine Staaten zugesichert. + +Karl XII., über diesen Frieden entrüstet, verweigert starrsinnig die +Abreise, wird 1713 von den Türken in seinem Lager bei +Bender+ gefangen +genommen und nach +Demotika+ (bei Adrianopel) gebracht. Währenddessen +nutzen seine Feinde die Zeit aus. August II. vertreibt den König +Stanislaus aus Polen; die Dänen suchen (allerdings vergeblich) die +südlichen Provinzen Schwedens zu erobern. +Peter der Große+ nimmt ++Livland, Estland, Ingermanland, Karelien, Finnland+ vollständig in +Besitz. + +Im +Haager Konzert+ (1710) war, um den Krieg von Deutschlands Grenzen +fern zu halten, die Neutralität aller +deutsch-schwedischen+ Provinzen, +sowie +Schleswigs+ und +Jütlands+ festgesetzt worden. Da aber Karl +XII. gegen diesen Vertrag von der Türkei aus protestiert, so nehmen +die Dänen dem Herzog von Holstein-Gottorp +Schleswig+ weg und erobern +die seit 1648 (S. 260) schwedischen Herzogtümer +Bremen+ und +Verden+ +(1712), welche dann gegen eine Geldzahlung dem Kurfürsten von Hannover +überlassen werden. + +[1712. Dez.] + +Der schwedische General +Stenbock+ besiegt die Dänen bei +Gadebusch+ +(in Mecklenburg), rückt dann nach Holstein vor, verbrennt +Altona+, +wird aber (Febr. 1713) von Dänen und Russen bei +Tönning+ a. d. Eider +gefangen. + +[1713.] + +König +Friedrich Wilhelm I.+ von ~Preußen~ (S. 279) schließt sich +den Feinden Schwedens an und besetzt +Stettin+ nach Abschluß eines +Vertrages mit dem russischen General Menschikow, wonach Stettin und +Vorpommern gegen Zahlung von 400000 Talern vorläufig von Preußen +beschlagnahmt (sequestriert) werden. + +[1714.] + +Karl XII. kehrt endlich in seine Staaten zurück. Abenteuerlicher Ritt +durch Ungarn und Deutschland über Wien, Nürnberg, Braunschweig nach ++Stralsund+. + +[1715.] + +Belagerung von +Stralsund+ durch preußische, dänische und sächsische +Truppen. Der preußische Feldmarschall Fürst Leopold von Dessau erobert +die Insel +Rügen+. + +Karl XII. gibt Stralsund auf und kehrt nach Schweden zurück. + +[~1716–1717.~] + +Peters d. Gr. +zweite Reise+ (vgl. S. 269) nach Deutschland, Dänemark, +Holland, Frankreich. + +Karl XII. unterhandelt mit Peter d. Gr. durch den Freiherrn +von +Görz+, der trotz des Hasses der schwedischen Großen auch an die Spitze +der inneren Verwaltung Schwedens gestellt wird. Vor Abschluß der +Verhandlungen, die ihm Aussicht auf russische Hilfe geben, beginnt Karl +einen neuen Krieg gegen +Dänemark+, indem er in +Norwegen+ einfällt, +wird aber bei der + +[~1718.~] + +Belagerung von +Frederikshall+ durch eine Kugel getötet. Ende des +Hauses Pfalz-Zweibrücken (seit 1654) in Schweden. + +Der schwedische Reichsrat, schon lange mit Karls Regierung unzufrieden, +beruft nicht den Sohn seiner älteren Schwester, Karl Friedrich von ++Holstein-Gottorp+ (S. 293), zur Regierung, sondern die jüngere +Schwester Ulrike Eleonore und deren Gemahl, Prinz +Friedrich+ von ++Hessen-Kassel+ (1720–1751). + ++Görz+ wird verurteilt und hingerichtet (1719). Das Königtum wird +gänzlich abhängig von dem Reichsrat, dessen nächste Sorge auf +Herstellung des Friedens gerichtet ist. + +Den Nordischen Krieg beenden die Friedensschlüsse zu ~Stockholm +1719~ mit +Hannover+, welches +Bremen+ und +Verden+ behält und an +Schweden 1 Mill. Taler zahlt; ~1720~ mit +Preußen,+ welches +Stettin+, ++Vorpommern bis an die Peene+, die Inseln +Usedom+ und +Wollin+ erhält +und 3 Mill. Taler zahlt; zu ~Friedrichsburg~ auf Seeland ~1720~ mit ++Dänemark+, welches alle Eroberungen zurückgibt. Dafür zahlt Schweden +600000 Taler, entsagt der Zollfreiheit im Sunde (s. S. 250) und gibt +den Herzog von Holstein-Gottorp preis, dem Dänemark seinen Anteil an ++Schleswig+ nimmt. Mit +Polen+ bleibt es bei dem 1719 geschlossenen +Waffenstillstand. +August der Starke+ als König anerkannt. Stanislaus +Lescynski führt den Königstitel weiter und erhält 1 Mill. Taler (S. +279). + +[~1721.~] + +Friede zu ~Nystadt~ zwischen +Schweden+ und +Rußland+: 1. Schweden +tritt an Rußland ab: +Livland,+ +Estland,+ +Ingermanland,+ +Karelien+ +und die dazu gehörigen Inseln (+Ösel,+ +Dagö+ u. a.). 2. Rußland gibt ++Finnland+ zurück und zahlt 2 Mill. Taler. + +Schweden, seiner früheren Machtstellung beraubt, behält doch noch +deutsche Gebiete: +Wismar+, welches erst 1803 durch Verpfändung (1903 +endgültig) an Mecklenburg kommt, und +Vorpommern+ nördlich der Peene +mit +Rügen+ (1815 an Preußen). Karl Friedrich von Holstein-Gottorp geht +nach Rußland, vermählt sich mit +Anna+, Tochter Peters d. Gr. Sein Sohn +ist der Zar Peter III., 1728 in Kiel geboren, Stammvater des russischen +Kaiserhauses (S. 293). + +~Rußland~ hat sich an Schwedens Stelle zur ~europäischen Großmacht~ +erhoben und nach langem Ringen die Ostsee erreicht. Peters d. Gr. +innere Regierung ist auf Förderung von Handel und Gewerbe, Bergwesen +und Forstkultur, Volksbildung, Ordnung der Verwaltung gerichtet. +Dem Erbadel setzt er einen +Amtsadel+ zur Seite; 14 Rangstufen der +Offiziere und Beamten (Tschin), die oberen adlig. Oberste Behörde +der +Senat+, 1711 an Stelle des früheren Rats der Bojaren errichtet; +zur Leitung der Kirche der +Heilige Synod+ 1721 errichtet, dessen +Mitglieder der Zar ernennt. Die Zahl der Klöster eingeschränkt. Mönche +und Nonnen zu nützlicher Tätigkeit angehalten. + +Peters d. Gr. letzte Kriegstat ist eine Heerfahrt gegen +Persien+ +und die Eroberung von +Derbent+ (am Kaspischen Meere) 1722; doch +wird dieser Küstenstrich 1732 an Persien zurückgegeben. Die +Küstenlandschaften am Schwarzen Meere sind noch ganz im Besitz der ++Türken+; den Grenzschutz leistet das Reitervolk der +Kosaken+ in der +Ukraine. + + +§ 7. Deutschland. + +Das +Deutsche Reich+ vermag in den europäischen Kriegen das Eindringen +fremder Truppen nicht abzuwehren, ist aber selbst nicht Gegenstand des +Angriffs. Die letzten habsburgischen Kaiser (S. 272) sind nur auf ihre +Hausmacht bedacht; Ausbildung der +österreichischen Monarchie+. + +[~1711–1740.~] + +Kaiser ~Karl VI.~ erwirbt 1714 die spanischen Nebenländer (S. 274). +Im Bunde mit Venedig 1715–1718 glücklicher +Türkenkrieg+. Prinz Eugen +siegt 1716 bei +Peterwardein+, 1717 bei +Belgrad+. Der Besitz dieser +Stadt und eines Teils von Serbien samt der Kleinen Walachei und dem +Banat von Temesvar im Frieden zu +Passarowitz+ 1718 bestätigt. Venedig +behält Korfu und die eroberten Plätze in Dalmatien und Albanien, +verliert Morea (S. 304). + +[1720.] + +Ein Versuch Philipps V. von +Spanien+, die verlorenen Nebenländer +(S. 274) wiederzugewinnen, wird durch die 1718 geschlossene ++Quadrupelallianz+ (England, Frankreich, Österreich, Holland) +vereitelt. Der Herzog von Savoyen muß +Sicilien+ (S. 274) an ++Österreich+ überlassen, erhält dafür +Sardinien+ und nimmt den Titel ++König von Sardinien+ an. + +Kaiser Karl VI., ohne männliche Nachkommen, setzt eine Erbfolgeordnung +fest unter dem Titel ~Pragmatische Sanktion~, welche 1. die +Unteilbarkeit der zur österreichischen Monarchie gehörigen Länder +anordnet, 2. dieselben in Ermangelung männlicher Nachkommen auf Karls +Töchter (die älteste ~Maria Theresia~) und deren Nachkommen nach dem +Erstgeburtsrecht vererbt, 3. im Fall des Aussterbens dieser Linie die +Töchter +Josephs I.+ (vermählt mit Friedrich August II. von Sachsen (in +Polen August III.) und Kurfürst Karl Albert von Bayern, S. 282) und +deren Nachkommen zu Erben einsetzt. + +[1725.] + +Bündnis zwischen +Österreich+ und +Spanien+ zum Schutz der +Pragmatischen Sanktion; Gegenbündnis (zu Herrenhausen bei Hannover) +zwischen +England+, +Frankreich+ und +Preußen+. Doch tritt Preußen +bald wieder auf die Seite Karls VI., der 1728 in dem Berliner Vertrag +verspricht, nach dem Aussterben des Pfalz-Neuburger Hauses Preußen zum +Besitz des Herzogtums Berg (S. 252) zu verhelfen. (In einem geheimen +Vertrage versprach Karl VI. 1739 die Erbnachfolge in Jülich und Berg +der Linie Pfalz-Sulzbach, aus der auch Karl Theodor 1743 das Erbe +antrat.) Auch England erkennt 1731 die Pragmatische Sanktion an. + +[~1733–1735.~] + +~Polnischer Thronfolgekrieg.~ + +Von Frankreich geleitet, wählt nach dem Tode Augusts II. von Sachsen +1733 die Mehrheit des polnischen Adels den König ~Stanislaus +Lesczinski~, welcher Schwiegervater +Ludwigs XV.+ geworden war, zum +zweiten Male (S. 277). +Rußland+ und +Österreich+ lassen von einer +Minderheit den Kurfürsten von Sachsen (Augusts II. Sohn) als ~August +III.~ wählen und halten die Wahl in Polen mit ihren Truppen aufrecht. +Dagegen treten +Frankreich+, +Spanien+ und +Sardinien+ für Stanislaus +mit den Waffen ein. + +Hauptschauplatz des Krieges +Italien+, wo +Mailand+, +Neapel+ und ++Sicilien+ erobert werden, die Österreicher also alles bis auf +Mantua+ +verlieren. Am +Oberrhein+ kämpft der alte +Prinz Eugen+ († 1736) ohne +Glück, nur Herzog +Franz Stephan+ von Lothringen, der spätere Gemahl +Maria Theresias, hält die Ehre der kaiserlichen Waffen aufrecht. ++Lothringen+ von den Franzosen besetzt. Friedenspräliminarien 1735 und +nach weiteren Unterhandlungen + +[~1738.~] + +~Friede zu Wien~: 1. +Stanislaus Lesczinski+ verzichtet zum zweiten +Mal auf den polnischen Thron, erhält als Entschädigung die Herzogtümer +~Lothringen~ und ~Bar~, welche ~nach seinem Tode Frankreich zufallen~ +(Stanislaus † 1766). 2. Der Herzog von Lothringen +Franz Stephan+, +Gemahl der Maria Theresia, wird durch das Großherzogtum ~Toskana~ +entschädigt, wo 1737 das Haus +Medici+ (S. 240) ausgestorben war. 3. +Österreich überläßt ~Neapel~ und ~Sicilien~ als eine +Sekundogenitur+ +(so daß dieses Königreich nicht mit der Krone Spanien vereinigt werden +darf) an die spanische Linie des Hauses +Bourbon+; es erhält dafür ++Parma+ und +Piacenza+ (nach dem Aussterben der +Farnese+ (S. 239) 1731 +durch Erbschaft an Spanien gekommen). 4. Frankreich garantiert die +Pragmatische Sanktion. + +[1736–1739.] + +Unglücklicher ~Türkenkrieg~ Österreichs (im Bunde mit Rußland, s. S. +295); ~Friede zu Belgrad~: +Orsowa+, +Belgrad+, +Serbien+ und die +Kleine +Walachei+ den Türken zurückgegeben (S. 278). Temesvar bleibt +bei Österreich. + +[~1713–1740.~] + +~Friedrich Wilhelm I., König von Preußen~, Sohn Friedrichs I. (S. 267) +erschließt durch gute Verwaltung und soldatische Zucht die natürlichen +Hilfsquellen des Landes und hebt dessen Ertragsfähigkeit (s. +Anhang+). +Bei nur 2½ Mill. Einwohnern hinterläßt er ein vorzügliches Heer von +83000 Mann (+Fürst Leopold von Anhalt-Dessau+) und einen Staatsschatz +von 10 Mill. Talern. +Seine Regierung bereitet die künftige Größe +Preußens vor.+ + +[~1740–1786.~] + +~Friedrich II., der Große,~[50] + +vereint die strenge Staatsordnung mit vielseitigen Kulturbestrebungen +(S. Anhang): »Der König ist der erste Diener seines Staates« (Schrift ++Anti-Macchiavell+). Kluge Fürsorge für sein Land und Heer, hohe +Feldherrnbegabung und politisches Talent wirken zusammen zu großen +Erfolgen. + +[~1740.~ Okt.] + +Mit dem Tode ~Karls VI. erlischt der Mannesstamm~ des Hauses +~Habsburg~. (Stammtafel S. 282). Die deutsche +Kaiser+würde bleibt +erledigt bis 1742. + +[~1740–1780.~] + +~Maria Theresia~, Königin von Böhmen und Ungarn, Erzherzogin von +Österreich, geb. 1717, vermählt 1736 mit +Franz Stephan+ aus dem Hause +~Lothringen~, seit 1738 Großherzog von Toskana (Mitregent). + +[~1740–1748.~] + +~Österreichischer Erbfolgekrieg.~ Auf das habsburgische Erbe erhebt +Anspruch Kurfürst +Karl Albert von Bayern+, der die Pragmatische +Sanktion nicht anerkannt hatte, als Nachkomme einer Tochter Kaiser +Ferdinands I. auf Grund eines Testaments von 1547. Er wird unterstützt +von +Frankreich+, welches auch Philipp V. von Spanien und Friedrich +August II. von Sachsen (Gemahl der ältesten Tochter Josephs I., S. 278, +282) veranlaßt, Ansprüche zu erheben. + +Friedrich II. von Preußen erbietet sich, gegen Anerkennung seiner +Ansprüche auf Teile Schlesiens +für+ Österreich zu kämpfen; durch +die Zurückweisung seines Anerbietens entsteht noch vor Eröffnung der +Feindseligkeiten durch die übrigen Prätendenten der + +[~1740–1742.~] + +~Erste Schlesische Krieg.~ + ++Preußische Ansprüche+ auf Teile Schlesiens: 1. Das Fürstentum ++Jägerndorf+ war 1523 von der Ansbacher Linie des Hauses Hohenzollern +erworben, später (1596) mit Brandenburg vereinigt, aber Fürst +Johann +Georg+ wurde 1621 als Anhänger +Friedrichs V.+ von der Pfalz von +Kaiser Ferdinand II. in die Acht erklärt und vertrieben (S. 253 f.). +2. Mit dem Herzog von +Liegnitz+, +Brieg+ und +Wohlau+ hatte Kurfürst ++Joachim II.+ ~1537~ eine Erbverbrüderung geschlossen, der jedoch +Ferdinand I. als König von Böhmen und Oberlehnsherr widersprochen +hatte. Nach dem Aussterben des herzoglichen Hauses der Piasten 1675 +setzte sich Österreich in den Besitz ihrer Länder. 1686 entsagte +Kurfürst +Friedrich Wilhelm+ den schlesischen Herzogtümern gegen +Abtretung des +Schwiebuser+ Kreises und Erteilung einer Anwartschaft +auf +Ostfriesland+. Der Schwiebuser Kreis ward aber Österreich in einem ++geheimen Vertrag mit dem Kurprinzen+ wieder zugesichert und von diesem +(als Kurfürst Friedrich III.) 1695 wieder zurückgegeben. + +[1740. (Dez.)] + +Friedrich besetzt einen großen Teil Schlesiens. + +[~1741.~] + +Einzug Friedrichs in +Breslau+ (3. Jan.), Erstürmung der Festung ++Glogau+ (9. März, Erbprinz Leopold von Dessau). Sieg bei ~Mollwitz~ +(10. April, Feldmarschall +Schwerin+) über ein österreichisches Heer +unter Neipperg, welches aber ungehindert aus Schlesien abzieht. Bündnis +mit +Frankreich+ (5. Juni). + ++Franzosen+ und +Bayern+ rücken in Österreich ein und besetzen ++Linz+ (15. Sept.); Maria Theresia ruft in +Preßburg+ die Hilfe des +ungarischen Adels an und läßt durch Neipperg zu +Klein-Schnellendorf+ +einen Waffenstillstand mit Preußen schließen (9. Okt.), indem sie +Niederschlesien aufgibt. Die Franzosen, Bayern und Sachsen erobern ++Prag+ (16. Nov.); Karl Albert läßt sich als König von Böhmen huldigen, +wird bald darauf in Frankfurt als + +[~1742–1745.~] + +~Karl VII.~ zum deutschen Kaiser gewählt. + +[~1742.~] + +Die Österreicher rücken in +Bayern+, die Preußen in +Mähren+ ein. +Friedrichs Sieg bei ~Chotusitz und Czaslau~ (17. Mai) führt zu dem + +~Frieden zu Breslau~: Österreich tritt an Preußen +Ober-+ und ++Niederschlesien+ und die +Grafschaft Glatz+ ab, es behält nur die +Fürstentümer +Teschen+, +Troppau+ und (zum Teil) +Jägerndorf+. + +Österreich führt nun den Krieg gegen Frankreich und Bayern mit mehr +Glück; die Franzosen räumen +Prag+ (Dez. 1742), Karl VII. muß aus +München entfliehen (Juni 1743). Ein neues französisches Heer wird +von König Georg II. von England (1727–1760), der als Bundesgenosse +Österreichs die sog. +Pragmatische Armee+ (Engländer, Hannoveraner, +Hessen) heranführt, besiegt in der + +[~1743.~] + +~Schlacht bei Dettingen~ (am Main unweit Aschaffenburg). Kaiser Karl +VII. lebt als Flüchtling in Frankfurt. + + Deutsche Linie des Hauses Habsburg. + + Ferdinand I. (1556–1564). + __________________|________________________________________ + Maximilian II. (1564–1576). Ferdinand v. Tirol. Karl von Steiermark. + __________________|____________________________ | + Rudolf II. Matthias Maximilian. Albrecht, Ferdinand II. + (1576–1612). (1612–1619). Statth. (1619–1637). + d. span. | + Niederlande, Ferdinand III. + 1595–1621. (1637–1657). + | + Leopold I. + (1658–1705). + ___________________________________________________|___________________ + Maria Antonie, Joseph I. (1705–1711). Karl VI. (1711–1740). + Gem. Max Em. | | + v. Bayern. | | + | _______|________ | + Joseph Ferdinand, Maria Josepha, Maria Amalia, Maria Theresia + Kurpr. v. Bayern Gem. August III. Gem. Karl Albert (1740–1780). + (†1699). v. Sachsen-Polen, v. Bayern + (Kais. Karl VII.). + + + Haus Lothringen. + + Franz I., Großhzg. v. Toskana 1738, deutscher Kaiser 1745–1765. + Gem. Maria Theresia, Tochter Karls VI, des letzten Habsburgers. + _______________________|_______________________ + Joseph II., Leopold II., Ferdinand, + 1765–1790. Großhzg. v. Toskana Gem. d. Erbin v. + seit 1765, deutscher Modena. + Kaiser 1790–1792. _______________________ + __________________|_____________________________________________ | + Franz II (I.), Ferdinand, Karl, Joseph, Johann, Rainer, Ludwig, | + deutscher Kaiser Grhzg. v. †1847. †1847. Reichs- †1853. †1864. Franz IV., + 1792–1806, Toskana, | verweser Herzog v. + Kaiser v. †1824. Albrecht, 1848–1849, Modena. + Österreich | †1895. †1859. | + 1804–1835. Leopold II., Grhzg. v. Toskana. Franz V. Ferdinand, + _______|_________________________________ | 1859 vertrieben, + Marie Luise, Ferdinand I., Franz Karl Ferdinand IV., †1875. + Gem. 1835–1848, †1875. Gem. Sophie letzter Grhz. + Napoleons I., v. Bayern. v. Toskana. + Hzgn. v. Parma, | †1908. + †1847. | + | + ____________________________________|_________________________ + Franz Joseph I., Ferdinand Karl Ludwig, †1896. Ludwig. + Gem. Elisabeth Maximilian, ___|______________________________ + v. Bayern, Ks. v. Mexiko, Franz Ferdinand, Otto, †1906. Ferdinand. + †1898. †1867. (Thronfolger). | + ____|___________________ Gem. Sophie, _____|__________ + Gisela, Rudolf, Valerie, Hzgn. v. Karl Franz Maximilian + Gem. †1889. Gem. Franz Hohenberg. Joseph, Eugen Ludwig. + Leopold Salvator, präsumpt + von Bayern. Neffe Ferdinands IV. Thronerbe. + Gem. Zita v. + Bourbon-Parma. + + Haus Hohenzollern. + + ~Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst~ (1640–1688) + Gem. Luise Henriette von Oranien †1667. + ~Friedrich III. (I.)~ 1688 (1701)–1713. + ~Friedrich Wilhelm I.,~ 1713–1740. + ___________|_____________________________ + | | | | + Friedrich II., August Wilhelm, Heinrich, Ferdinand, + d. Große, †1758. †1802. †1813. + 1740–1786. | ____|_______ + | | | + ~Friedrich Wilhelm II.~, Louis Ferdinand, August, + 1786–1797. †1806. †1843. + _________________|_____________________________________________________ + | | | | | | + ~Friedrich Wilhelm III.,~ Ludwig, Wilhelmine, Auguste, Heinrich, Wilhelm, + 1797–1840. †1796. Königin d. Kurfürstin †1846. †1851. + Gem. Luise v. Mecklenburg, Niederl. v. Hessen, | + †1810. †1837. †1841. _____________|__ + | | | | + | Adalbert, Waldemar, Maria, + | †1873. †1849. †1889. + | Gem. Max. II., + | K. v. Bayern. + _________|______________________________________________________... + | | | | + ~Friedrich~ ~Wilhelm I.,~ Charlotte, Karl. + ~Wilhelm IV.,~ 1861–1888, †1860, †1883. + 1840–1861. 1871 ~deutsch.~ Gem. Nikolaus I., Gem. Maria + Gem. Elisabeth ~Kaiser,~ Ks. v. Russland. v. S.-Weimar. + v. Bayern. Gem. Augusta | + v. Sachs.-Weimar, | + †1890. | + _______________|_____ Friedrich Karl, + | | †1885. + ~Friedrich III.,~ Luise, ___________|_______ + †1888, Gem. Grhz. | | + als Kronprinz v. Baden, Luise Margarete, Friedr. Leopold, + Friedrich Wilhelm. †1907. Gem. Artur. Gem. Luise Sophie + Gem. Viktoria, Hz. v. Connaught. v. Holst-Augustenb. + Princess Royal + v. England, + †1901. + _______________________________________________________________________ + ~Wilhelm II.,~ Charlotte, Heinrich, Viktoria, Sophie, Margarete, + seit 1888. Gem. Erbprinz Gem. Irene Gem. Prinz Gem. Gem. Prinz + Gem. Auguste Viktoria v. Meiningen. v. Hessen, Adolf v. Kronprinz Karl v. + v. Holstein- _________| Schbg. v. Hessen. + Augustenburg. ______|_______ -Lippe. Griechenland. + | | | + | ~Waldemar.~ Sigismund. + ___|___________________________________________________________________ + | | | | | | | + Wilhelm, Eitel Adalbert. August Wilhelm. Oskar. Joachim. Viktoria + Gem. Cecilie Friedrich, Gem. Alexandra Luise. + V. Mecklenburg. Gem. Sophie v. Schl.-Holstein. + | Charlotte + | v. Oldenburg. + _____|___________________________________________ + | | | | + Wilhelm. Louis Ferdinand. Hubertus Karl. Friedrich + + + ~Friedrich Wilhelm III.,~ + 1797–1840. + Gem. Luise v. Mecklenburg, + †1810. + ...__|_________________________________________ + | | | + Alexandrine, Luise, Albrecht, + †1892. †1870. †1872. + Gem. Grh. Paul Gem. Friedrich, Gem. Marianne, + Friedr.v.Meckl. Prz. d. Niederl. Przin. d. Niederl. + | + Albrecht, + Regent v. Braunschw. + †1906. + | + Friedr. Heinr. + Joachim Albrecht. + Friedrich Wilhelm. + Gem. Agathe + v. Ratibor + u. Corvey. + +Diese Erfolge Österreichs und dessen Verträge mit +Sardinien+ und ++Sachsen+ gegen Preußen machen den König Friedrich für seine neue +Erwerbung besorgt. Er schließt abermals ein Bündnis mit +Frankreich+ +und +Karl VII.+ und beginnt, nachdem er (1744) +Ostfriesland+ nach dem +Aussterben des Fürstenhauses der Cirksena mit seinem Staate vereinigt +hat (S. 281), den + +[~1744–1745.~] + +~Zweiten Schlesischen Krieg.~ + +Mit 80 000 Mann »kaiserlicher Hilfstruppen« rückt der König durch +Sachsen in Böhmen ein, erobert +Prag+, wird aber bald darauf infolge +des Rückzuges der Franzosen, die ihn ohne Beistand lassen, nach +Schlesien zurückgedrängt (1744). + +[~1745.~] + +Nach Karls VII. Tode in München entsagt sein Sohn +Max Joseph+ +(1745–1777) im ~Frieden zu Füßen~ allen Erbansprüchen auf Österreich +und verspricht dem Gemahl der Maria Theresia, +Franz Stephan+, seine +Stimme bei der Kaiserwahl. + +Die Franzosen unter dem Marschall +Moritz von Sachsen+, einem Sohne +Augusts II. und der Gräfin Aurora Königsmark, dringen nach dem Siege +bei +Fontenoy+ in die +österreichischen Niederlande+ ein und erobern +Brüssel. + +[~1745.~] + +Friedrichs Siege bei ~Hohenfriedeberg~ (in Schlesien, 4. Juni, über +Herzog Karl von Lothringen, Bruder Franz Stephans) und bei ~Soor~ (im +nordöstl. Böhmen, 30. Sept.) beweisen aufs neue die Überlegenheit +der preußischen Waffen. Nach einem dritten Siege, den der alte +Feldmarschall +Leopold von Dessau+ († 1747) bei ~Kesselsdorf~ (unweit +Dresden, 15. Dez.) über die Sachsen davonträgt, folgt der + +~Friede zu Dresden~: Bestätigung des Besitzes von +Schlesien+; +Friedrich erkennt den Gemahl Maria Theresias als Kaiser an. + +[~1745–1765.~] + +~Franz I.~ deutscher Kaiser ~(Haus Lothringen- Toskana~ 1745–1806). + ++Beendigung des Österreichischen Erbfolgekriegs+: Nachdem die besten +englischen Truppen nach England gegen den von Frankreich unterstützten +Prätendenten +Karl Eduard+ (S. 299) abberufen sind, vollendet der +Marschall Moritz von Sachsen durch den Sieg bei ~Raucoux~ 1746 die +Eroberung der österreichischen Niederlande. Maria Theresia schließt +ein Bündnis mit Elisabeth von +Rußland+ (S. 295), die 1748 Truppen +nach Deutschland sendet. Frankreichs Verluste in dem gleichzeitigen ++Seekriege+ mit England (S. 299f.) dämpfen die Kriegslust der Franzosen. + +[~1748.~] + +~Friede zu Aachen~: 1. Österreich tritt +Parma+ und +Piacenza+ an +den spanischen Infanten +Don Philipp+ ab (zweite Sekundogenitur +der +spanischen+ Bourbons in Italien, S. 279). 2. Gewährleistung ++Schlesiens+ für +Preußen+, der +Pragmatischen Sanktion+ für ++Österreich+, der +britischen Thronfolge+ für das Haus +Hannover+ (S. +272). + +Veränderung des europäischen Staatensystems durch den Eintritt Preußens +in die Reihe der Hauptmächte. ~Friedrichs d. Gr. Friedensregierung~ +(s. +Anhang+) wird ein Vorbild für andere Staaten. -- In +Sanssouci+ +(1745–1747 erbaut) lebt 1750–1763 +Voltaire+; auch die Gelehrten +Maupertuis, d’Argens, La Mettrie und Algarotti werden herangezogen. + +In ~Österreich~ durch Maria Theresia Abstellung vieler Mißstände, +Hebung der Finanzen, Bildung eines tüchtigen Heeres (Daun). Sparsame +Hofhaltung. Sorge für Handel, Industrie und Ackerbau. Erleichterung der +Leibeigenschaft. Gründung der Volksschule. Abschaffung der Folter. + +In ~Dresden~ glänzende Hofhaltung Augusts des Starken († 1733) und +Augusts III. († 1763). Italienische Oper, Gründung der Gemälde-Gallerie +1746. Minister Graf +Brühl+ († 1763). + +Aufblühen der ~deutschen Literatur~: Albrecht von +Haller+ in Bern, +dann in Göttingen (Universität gegr. 1737; † 1777 in Bern). Fr. von ++Hagedorn+ in Hamburg († 1754), +Gottsched+ († 1766) und +Gellert+ +(† 1769) in Leipzig; +Gleim+ in Halberstadt († 1803), +Ramler+ († +1798) und Ewald von +Kleist+ in Berlin († 1759 in Frankfurt a. +O.). +Klopstock+ geb. 1724 zu Quedlinburg (1748 der Messias), 1751 +in Kopenhagen († 1803 in Hamburg). +Lessing+ geb. 1729 zu Kamenz +(Oberlausitz), 1751 in Berlin († 1781 in Braunschweig). + +[~1756–1763.~] + +~Siebenjähriger (Dritter Schlesischer) Krieg.~ + +Maria Theresia, seit 1746 mit +Rußland+ verbündet, sucht auch +Frankreich zu gewinnen. Fürst +Kaunitz+ (1740–1753 österreichischer +Gesandter in Paris, dann Reichskanzler in Wien) bewirkt eine +Aussöhnung der Jahrhunderte lang feindseligen (S. 206) Kabinette +von Wien und Versailles; die +Marquise von Pompadour+ begünstigt +das Bündnis. +England+, 1750 dem österreichisch-russischen Bündnis +angeschlossen, tritt 1755 mit Rußland in besonderen Bund, aber erneute +Feindseligkeiten Frankreichs wegen der Besitzungen in Nordamerika +veranlassen Georg II., im Jan. 1756 den Vertrag von +Westminster+ mit ++Preußen+ abzuschließen. Beide Mächte garantieren sich ihren Besitz. +Für den Fall eines Krieges verspricht England Hilfsgelder. Darauf +Bündnis zwischen +Frankreich+ (Ludwig XV. 1715–1774) und +Österreich+ +(Mai 1756). + +Friedrich d. Gr., von den Plänen seiner Feinde unterrichtet, +entschließt sich ihnen zuvorkommen und eröffnet den Krieg, ehe die +Rüstungen der Gegner beendet sind. + +[~1756.~] + +(29. Aug.) Einfall +Friedrichs+ in Sachsen mit 67000 Mann. Dresden +besetzt, das sächsische Heer bei +Pirna+ eingeschlossen. Friedrich +zieht mit 24000 Mann den +Österreichern+ entgegen und gewinnt den + +[1. Okt.] + +~Sieg bei Lobositz~ (in Böhmen). + +[16. Okt.] + +17000 Sachsen ergeben sich als Kriegsgefangene und werden zum Dienst im +preußischen Heere gezwungen. Kurfürst Friedrich August II. verläßt die +Festung Königstein und entflieht nach Warschau (S. 279). + +[~1757.~] + +Erklärung des +Reichskrieges+ an Preußen; doch bleiben Hannover, +Hessen, Braunschweig, Sachsen-Gotha mit Preußen verbunden. +Österreich+ +und +Rußland+ (Elisabeth, Tochter Peters d. Gr. 1741–1762) schließen +einen. Angriffs- und Teilungsvertrag gegen Preußen (Febr.), ebenso ++Österreich+ und +Frankreich+ (Mai). König Adolf Friedrich von ++Schweden+ (1751–1771, S. 294) tritt gegen das Versprechen, Pommern +zu bekommen, dem Bunde gegen seinen Schwager Friedrich bei; seine +Teilnahme am Kriege ist jedoch unbedeutend. Bündnis zwischen +Preußen+ +und +England+; letzteres verpflichtet sich 1758 zur Zahlung von +Hilfsgeldern (4 Millionen Taler jährlich). + +[April.] + +Die Preußen rücken in vier Heeresabteilungen (über Trautenau, +Reichenberg, Nollendorf, Komotau, zusammen 117000 Mann) in Böhmen ein. + +[6. Mai.] + +~Sieg Friedrichs bei Prag~ über die Österreicher (Herzog Karl von +Lothringen und Browne). ~Schwerin †.~ + +Friedrich belagert +Prag+, greift mit einem Teil seines Heeres den zum +Einsatz anrückenden +Daun+ an, erleidet aber eine bedeutende + +[18. Juni.] + +~Niederlage bei Kolin.~ Prag und ganz Böhmen aufgegeben, Rückzug nach +der Lausitz. Die Franzosen dringen bis zur Weser vor. + +[26. Juli.] + +~Schlacht bei Hastenbeck~, Sieg der +Franzosen+ über Friedrichs +Verbündete (unter dem +Herzog von Cumberland+, zweitem Sohne König +Georgs II.). + +Die Russen (+Apraxin+) greifen in Ostpreußen den Feldmarschall Lehwaldt +mit überlegener Macht an und siegen (30. Aug.) bei ~Großjägersdorf~, +gehen aber wegen Verpflegungssorgen und Krankheit der Kaiserin +Elisabeth nach der preußisch-polnischen Grenze zurück. + +Friedrich läßt die größere Hälfte seines Heeres (unter dem Herzog von ++Braunschweig-Bevern+ und General +v. Winterfeld+) in der Lausitz +zurück und zieht mit 25000 Mann nach Thüringen. Winterfeld † im Gefecht +bei +Moys+ (unweit Görlitz, 7. Sept.). + +[8. Sept.] + +Vertrag zu ~Kloster Zeven~ (Herzog von +Cumberland+ und +Richelieu+), +wonach die Franzosen +Hannover+ besetzen. Ein +zweites+ französisches +Heer unter +Soubise+ vereinigt sich mit dem +Reichsheere+, um Sachsen +zu befreien. Friedrich zieht diesen Feinden entgegen; General +v. +Seydlitz+ mit der Vorhut vertreibt sie (19. Sept.) aus +Gotha+. + +[5. Nov.] + +~Sieg Friedrichs bei Roßbach~ (westlich von der Saale, unweit +Merseburg) mit 22000 Mann (die Reiterei unter ~Seydlitz~) über ++Soubise+ und das +Reichsheer+ (64000 Mann). + +Der Vertrag von Zeven wird von der englischen Regierung verworfen. +Herzog ~Ferdinand von Braunschweig~ erhält den Oberbefehl gegen die +Franzosen. Friedrich zieht in Eilmärschen nach Schlesien, wo die ++Österreicher+ den Herzog von +Braunschweig-Bevern+ in der + +[22. Nov.] + ++Schlacht bei Breslau+ geschlagen und gefangen hatten. + +[5. Dez.] + +~Sieg Friedrichs bei Leuthen~ mit 32000 Mann über 80000 +Österreicher+ +(Karl von Lothringen und Daun). +Breslau+ wiedergewonnen. + +[~1758.~] + +Friedrich erobert Schweidnitz, dringt in +Mähren+ ein, belagert ++Olmütz+ vergeblich, muß sich, da Daun heranrückt, nach Schlesien +zurückziehen. Im Osten Vorrücken der Russen (+Fermor+), die sich mit +den Österreichern zu vereinigen suchen. Im Westen treibt +Ferdinand von +Braunschweig+ die Franzosen über den Rhein zurück, schlägt sie in der + +[23. Juni.] + +~Schlacht bei Krefeld~ und verteidigt sich dann, durch englische +Truppen (8500 Mann) verstärkt, in +Westfalen+ gegen zwei französische +Heere. + +Die Russen dringen nach Eroberung Ostpreußens bis zur Oder vor und +belagern +Küstrin+. Friedrich läßt einen Heeresteil in Sachsen unter +seinem Bruder, dem Prinzen +Heinrich+, zurück, einen andern in +Schlesien unter dem Feldmarschall +Keith+ und zieht gegen die Russen. + +[25. Aug.] + +~Sieg Friedrichs~ (+Seydlitz+) ~bei Zorndorf~ (unweit Küstrin) über die +Russen (42000 Mann unter +Fermor+ gegen 36000 Preußen). + +Die Österreicher rücken nach der Lausitz vor; der König kommt seinem +Bruder Heinrich zu Hilfe. + +[14. Okt.] + +~Niederlage Friedrichs bei Hochkirch~ (unweit Bautzen) durch ~Daun.~ +Dennoch behauptet er Sachsen und Schlesien und entsetzt +Neiße+. + +[~1759.~] + +Herzog +Ferdinand von Braunschweig+, von den Franzosen unter dem Herzog +von Broglie bei +Bergen+ (unweit Frankfurt am Main) zurückgeschlagen +(13. April), behauptet, das Wesergebiet durch seinen + +[1. Aug.] + +~Sieg bei Minden.~ Erneutes Vorrücken der Russen (+Soltykow+), sie +schlagen den General +v. Wedell+, dem der König die Vollmacht eines +Dictators gegeben hatte, bei ~Kay~ unweit Züllichau (23. Juli). +Friedrich kann ihre Vereinigung mit den +Österreichern+ unter +Laudon+ +nicht hindern. Schwere + +[12. Aug.] + +~Niederlage Friedrichs bei Kunersdorf~ (bei Frankfurt a. d. Oder) +durch die +Österreicher+ und die im Anfange bereits geschlagenen ++Russen+. Aber +Daun+ mit dem zweiten österreichischen Heere bleibt in +der Lausitz stehen, wird von Prinz +Heinrich+ am Vorrücken gehindert. +Friedrichs Lager bei +Fürstenwalde+. Er folgt den in der Richtung auf ++Glogau+ abziehenden Russen und wendet sich dann nach Sachsen. + +[4. Sept.] + ++Dresden+ von Österreichern und Reichstruppen eingenommen. Der +General Schmettau erhält freien Abzug. Friedrich versucht die Stadt +wiederzugewinnen; aber das von ihm nach ~Maxen~ (unweit Pirna) +entsandte Korps des General +Finck+ (12000 Mann) wird von Daun +eingeschlossen + +[20. Nov.] + +und gefangen. Friedrich behauptet seine Winterquartiere in der Gegend +zwischen Freiberg und Meißen. + +[~1760.~] + ++Fouqué+ von +Laudon+ in der + +[23. Juni.] + +~Schlacht bei Landshut~ geschlagen und mit 8000 Mann gefangen. Nach +vergeblicher Belagerung +Dresdens+ zieht der König nach Schlesien, wo ++Breslau+ vom General +v. Tauenzien+ tapfer verteidigt wird. + +[15. Aug.] + +~Sieg Friedrichs bei Liegnitz~ über die +Österreicher+ unter +Laudon+. +Er hindert die Vereinigung der Russen mit den Österreichern. + +[Sept.] + ++Kolberg+ behauptet sich gegen die belagernden Russen, wird entsetzt +durch den raschen Zug des Generals von Werner. + +[Okt.] + +Besetzung +Berlins+ durch Russen (+Tottleben+) und Österreicher. Beim +Heranrücken des Königs ziehen sich die Feinde zurück. Darauf blutiger + +[3. Nov.] + +~Sieg Friedrichs bei Torgau~ über die +Österreicher+ unter +Daun+. +General +v. Zieten+ entscheidet den Sieg durch Erstürmung der Süptitzer +Höhen. + +[~1761.~] + +Friedrich im Lager bei ~Bunzelwitz~ (bei Schweidnitz) den vereinigten ++Österreichern+ (Laudon) und +Russen+ (Buturlin) gegenüber, die +nichts Entscheidendes gegen ihn wagen. Trennung der verbündeten +Heere. +Schweidnitz+ wird von den Österreichern, +Kolberg+ von den +Russen genommen. Friedrich im Lager bei +Strehlen+, um Breslau zu +decken. In Sachsen behauptet sich Prinz Heinrich, an der Weser Herzog +Ferdinand von Braunschweig. Bedrängte Lage Friedrichs, der infolge +der Thronbesteigung +Georgs III.+ (1760–1820) auch die englischen +Hilfsgelder verliert. Der + +[~1762.~ 5. Jan.] + +~Tod der Kaiserin Elisabeth~ von Rußland bringt eine günstige Wendung. +Ihr Nachfolger +Peter III.+ (S. 277, 293), ein Verehrer Friedrichs, +schließt mit Preußen Frieden, bald darauf ein +Bündnis+, doch wird +dieses durch seine Entthronung und Ermordung (Juli) wieder aufgehoben. +Seine Nachfolgerin +Katharina II.+ ruft ihre Truppen von Friedrichs +Heer ab, doch tragen die Russen unter Czernitschew noch durch ihre +untätige Gegenwart zu dem + +[21. Juli.] + +~Sieg Friedrichs bei Burkersdorf~ über die +Österreicher+ bei. +Schweidnitz wiedergewonnen. Nachdem Herzog Ferdinand die Franzosen +bei +Wilhelmsthal+ unweit Kassel (24. Juni), Prinz Heinrich die +Österreicher und Reichstruppen bei ~Freiberg~ (29. Okt.) besiegt hat +und General v. Kleist bis +Nürnberg+ vorgedrungen ist (29. Nov.), tritt +Waffenruhe ein. Da England und Frankreich miteinander Frieden schließen +und die französischen Truppen Deutschland räumen, ist auch Maria +Theresia zum Frieden geneigt. + +[~1763.~ 15. Febr.] + +~Friede zu Hubertusburg~ (Jagdschloß unweit Grimma): Friedrich d. Gr. +behält Schlesien, räumt den noch besetzten Teil Sachsens, verspricht +seine Kurstimme für die Wahl des Erzherzogs +Joseph+ zum römischen +König. + +~Preußen~ hat im Siebenjährigen Kriege den Kampf um sein Dasein +ruhmvoll bestanden und Deutschland gegen die Angriffe des Auslandes +verteidigt. Das gesunkene deutsche Nationalgefühl richtet sich wieder +an Friedrichs Heldentum auf. + +Durch die Eroberung von Schlesien, die Erwerbung Westpreußens bei der +ersten polnischen Teilung (S. 296), -- Friedrich nennt sich seitdem +König +von+ Preußen -- und die Aufrechterhaltung des deutschen +Reichssystems gegen die Bestrebungen Kaiser Josephs II. (S. 290f.) +wird Preußen eine +europäische Großmacht+. Alle Welt bewunderte das +Resultat, aber das preußische Staatswesen besaß bereits nicht mehr die +Zuneigung der Zeitgenossen. -- Friedrichs Fürsorge für sein Land, s. +Anhang. + +[~1765–1790.~] + +~Joseph II., deutscher Kaiser~, für die österreichischen Länder bis +~1780~ nur +Mitregent+ seiner Mutter +Maria Theresia+ und wie sein +Vater ohne bedeutenden Einfluß auf die innere Regierung. + +[1767.] + +Versuch einer Reform des Reichskammergerichts zu +Wetzlar+. + +[1769.] + +Zusammenkunft mit Friedrich II. in +Neiße+, der 1770 ein Gegenbesuch in ++Mährisch-Neustadt+ folgt. + +[~1778–1779.~] + +~Bayrischer Erbfolgekrieg.~ Veranlassung: Aussterben der bayrischen +Kurlinie mit +Max Joseph+ (1777). +Karl Theodor+, 1743–1799 (S. 279), +Kurfürst von der Pfalz und Herzog von Jülich und Berg, als Haupt der +älteren Linie des Hauses +Wittelsbach+ (vgl. S. 186) rechtmäßiger Erbe +der bayrischen Länder, läßt sich von Kaiser Joseph II. bewegen, alte +Ansprüche Österreichs auf +Niederbayern+ und auf Teile der +Oberpfalz+ +anzuerkennen. + +Vertrag zu Wien (1778, Januar). Besetzung von Niederbayern durch +österreichische Truppen. +Karl Theodor+ war kinderlos; mit seinem +Erben, dem Herzog Karl von +Pfalz-Zweibrücken+, tritt Friedrich +der Große in Verbindung und ermutigt ihn zum Widerstande gegen die +österreichischen Ansprüche. + +Friedrich rückt mit Truppen in +Böhmen+ ein; es kommt zu keiner +Schlacht. + +[~1779.~] + +~Friede zu Teschen~: Österreich behält von Bayern nur das +Innviertel+ +und willigt in die künftige (1791 erfolgte) Vereinigung der +Markgrafschaften +Ansbach+ und +Baireuth+ mit der +preußischen +Monarchie+. Bayern und +Pfalz+ (mit Jülich und Berg, s. S. 252, 279) +bleiben vereinigt. + +[~1780–1790.~] + +~Joseph II.~ in Österreich. Auf die durch manche Verbesserungen der +Verwaltung für Österreich segensreiche Regierung Maria Theresias +(S. 285) folgt das stürmische Vorgehen Josephs. Von dem Ideal eines +starken Einheitsstaates erfüllt, strebt er danach, die Macht der +bevorrechtigten Stände (Geistlichkeit und Adel) zu brechen, alle +provinzielle Selbständigkeit zu beseitigen und +Einheit+ der Verwaltung +(Zentralisation) herzustellen. Die deutsche Sprache auch in Ungarn als +Amtssprache eingeführt. + +[1781.] + ++Toleranzedikt+ zu Gunsten der nicht katholischen Untertanen. Über +700 +Klöster+ aufgehoben, für die noch verbleibenden (mehr als +1300) Staatsaufsicht vorgeschrieben. Beschränkung des Verkehrs +der Geistlichkeit mit Rom; der Besuch des jesuitischen Collegium +germanicum in Rom verboten (Jesuitenorden 1773 durch Papst Clemens XIV. +aufgehoben); landesherrliches +Placet+ für die päpstlichen Erlasse +eingeführt. Vergebliche Reise des Papstes Pius VI. nach Wien 1782, um +diese Neuerungen abzuwenden. + ++Aufhebung der Leibeigenschaft+, doch bleiben noch manche +Dienstverpflichtungen der Bauern bestehen. Reform des Gerichtswesens. + +[~1785.~] + +Kaiser Josephs Plan eines Ländertausches, wonach +Karl Theodor+ ganz ++Bayern+ an Österreich abtreten und dafür die +österreichischen +Niederlande+ (Belgien) außer +Luxemburg+ und +Namur+ als ~Königreich +Burgund~ erhalten soll. Frankreich verhält sich gleichgültig, Rußland +sucht durch Zureden und Drohungen den bayrischen Thronerben, den Herzog +Karl von +Pfalz-Zweibrücken+, zur Einwilligung zu bewegen. Dieser +wendet sich um Hilfe an +Friedrich den Großen+, welcher noch ein Jahr +vor seinem Tode († 1786, 17. Aug.), den + +[~1785.~] + +~deutschen Fürstenbund~ zwischen +Preußen+, +Sachsen+, +Hannover+ +zustande bringt, dem dann viele kleinere Staaten beitreten nach dem +Vorgang »des einstigen Schmalkaldischen« (S. 230ff.). + +Damit die deutsche Reichsverfassung und die Dynastien gegen die Pläne +des Kaisers sicher gestellt. Ebenso Widerstand gegen Josephs Reformen +in den österreichischen Niederlanden und in Ungarn. Die Aufhebung der +Verfassung von Brabant bewirkt einen Aufstand der belgischen Provinzen +(1789). Joseph, aus dem gemeinschaftlich mit Rußland unternommenen +Türkenkriege (S. 297) krank zurückgekehrt, stirbt kinderlos Febr. 1790, +nachdem er fast alle Neuerungen wieder aufgehoben hatte. + +[~1786–1797.~] + +~Friedrich Wilhelm II., König von Preußen~, Neffe Friedrichs d. Gr., +nicht von gleicher Tätigkeit und Entschlossenheit wie seine beiden +Vorgänger. Die Finanzen des Staates kommen in Unordnung, das Heerwesen +verfällt (s. Anhang). + +[1791.] + +Ansbach und Bayreuth durch Erbanfall gewonnen. + +[~1790–1792.~] + +~Leopold II. Kaiser~, Josephs Bruder und Nachfolger, seit 1765 +Großherzog von Toskana. Er unterdrückt den Aufstand in Belgien, indem +er zugleich die alten Verfassungen und Privilegien wiederherstellt. +Manche Reformen Josephs noch von Leopold II. beseitigt, doch bleibt +das Toleranzedikt und die Aufhebung der Leibeigenschaft. Durch die +Konferenzen in +Reichenbach+ 1790 wird ein Krieg mit +Preußen+ +abgewendet, welches mit den +Türken+ und mit +Polen+ Bündnisse +geschlossen hatte (Minister +v. Hertzberg+), um Rußland und Österreich +entgegenzuwirken (S. 297). Der Fürstenbund gesprengt. Preußen wieder im +Schlepptau der österreichischen Politik. + + +~Entfaltung d. deutschen Literatur u. Wissenschaft.~ + ++Winkelmann+ 1717–1768, Geschichte der Kunst des Altertums 1764. ++Lessings+ Laokoon 1766, Hamburgische Dramaturgie 1767, Nathan 1779; ++Goethes+ Götz v. Berlichingen 1773, Iphigenie 1787, Hermann und +Dorothea 1797; +Schillers+ Räuber 1781, Don Carlos 1787, Glocke und +Wallenstein 1799. +Kant+ 1724–1804 in Königsberg i. Pr.; Kritik der +reinen Vernunft 1781; F. A. +Wolf+ 1759–1824, Prolegomena ad Homerum +1792. + +~Klopstock~ s. S. 285. ~Lessing~ 1729 in Kamenz geb., 1760 in Breslau, +1767 in Hamburg, 1770 in Wolfenbüttel, † 1781. ~Wieland~ 1772–1813 +(geb. 1733), ~Goethe~ 1775, ~Herder~ 1776 bis 1803 (geb. 1744) in +~Weimar~ am Hofe des Herzogs +Karl August+. ~Goethe~ geb. 1749 in +Frankfurt a. M., † 1832 in Weimar. ~Schiller~ geb. 1759 in Marbach, +1782 Flucht aus Stuttgart, 1785 in Dresden, 1789 in Jena, 1799 in +Weimar, † 1805. + +Zu nationaler und allgemeiner Bedeutung gelangt auch die ~deutsche +Musik~: +Seb. Bach+ in Leipzig († 1750, Matthäuspassion 1729), +Händel+ +(geb. in Halle a. Saale, † in London 1759, Messias 1741), +Gluck+ († in +Wien 1787), +Haydn+ († in Wien 1809, die Schöpfung 1797), +Mozart+ († +in Wien 1791). + +Auch an dem Aufschwung der ~Naturwissenschaften~ nimmt Deutschland +teil. +Linné+ 1741 in Upsala, +Jussieu+ und +Buffon+ in Paris. +Euler+ +1741 in Berlin, 1766 in Petersburg, +Blumenbach+ 1780 in Göttingen; ++Herschel+, 1781 Entdeckung des Planeten Uranus in Greenwich. +Celsius+ +1730 in Upsala, +Réaumur+ in Paris. +Galvani+ 1780 in Bologna, +Volta+ +in Pavia. +Lavoisier+ 1794 in Paris hingerichtet. Französische +Gradmessung zur Bestimmung des Erdumfangs 1792–1808. + + +§ 8. Der Norden und Osten. + +~Dänemark~ (mit ~Norwegen~), seit Beendigung des Nordischen Krieges +im vollständigen Besitz +Schleswigs+ (S. 277), erfreut sich unter ++Friedrich IV.+, +Christian VI.+, +Friedrich V.+, +Christian VII.+, +(Graf +Bernstorff+ Minister 1751–1770) eines langen inneren und äußeren +Friedens. Unter dem schwachen +Christian VII.+ beginnt 1770 der +Minister ~Struensee~ (geb. in Halle, Arzt in Altona, Reisebegleiter +des Königs, Erzieher des Kronprinzen, Günstling der Königin +Karoline +Mathilde+) übereilte Reformen nach dem Vorbild Friedrichs II. und +Josephs II. Er wird 1772 durch eine Verschwörung der Adelsaristokratie +(Königin-Mutter +Juliane Marie+) gestürzt und mit seinem Freunde ++Brandt+ enthauptet. + +Der jüngere +Bernstorff+ (Neffe des vorigen), Minister 1773 bis +1780 und wiederum 1784–1797, beendigt den Streit mit dem Hause +Holstein-Gottorp 1773 durch einen Vertrag mit der in +Rußland+ +regierenden älteren Linie desselben: Abtretung des Stammlandes ++Oldenburg+ (S. 268) an die jüngere Linie, welche im Besitz des Bistums ++Lübeck+ (S. 255, Hauptort Eutin) war; dafür ganz +Holstein+ mit +Dänemark vereinigt. + +~Schweden~ im Innern zerrüttet und geschwächt durch die Zwistigkeiten +der den Reichstag beherrschenden Adelsparteien (+Hüte+ für Frankreich, ++Mützen+ für Rußland). Die königliche Gewalt unbedeutend unter ++Friedrich+ von Hessen-Kassel (1720 bis 1751, S. 277). Unglücklicher +~Krieg gegen Rußland~ 1741 bis 1743, beendigt durch den Frieden +zu ~Åbo~: 1. Abtretung des südlichen Finnland, der +Kymmene+-Fluß +wird Grenze zwischen Schweden und Rußland, dadurch gesicherte Lage +Petersburgs. 2. Prinz +Adolf Friedrich+ von Holstein-Gottorp (S. +293), Verwandter des russischen Kaiserhauses, wird zum Thronfolger in +Schweden bestimmt. + + ~Das dänische Königshaus und das Haus Holstein-Gottorp.~ + + Christian I., K. v. Dänemark, † 1481. + _________________|___________ + | | + Johann, K. v. Friedrich I., K. v. Dänemark, † 1533. + Dänemark, † 1513. | + | ______|____________ + | | | + Christian II., Christian III., Adolf, Hz. zu Gottorp. + K. v. Dänemark, K. v. Dänemark, | + abgesetzt 1523. † 1559. | + ___________|__ Sein Urenkel + | | Christian Albrecht, + Friedrich II., Johann, Stifter der Universität Kiel 1665. + K. v. Dänemark. Hg. zu _____|________________ + | Sonderburg. Friedrich IV., Christian August, + Königliche Linie | Hz. zu. Gottorp. Bischof v. Lübeck. + bis Friedrich VII., ___|_ | | + † 1863 ___________| | | _______|____________________ + | | | | | | + Augustenburger Glücksburger | Adolf Friedr., Friedr. Aug., Georg + Linie. Linie. _______| K. v. Bischof Ludwig. + | Schweden. v. Lübeck, + Karl Friedrich, Gem. Luise 1773 Hz. + Gem. Anna, d. Ulrike v. Oldenburg. + ält. Tochter v. Preußen. + Peters d. Gr. + | | + Peter III., † 1762, | | + Zar von Rußland. Schwedische Peter, + Gem. Katharina II. Linie bis 1818. Begründer der + v. Anhalt Zerbst, † 1796. Oldenburger + | Linie. + Russische Linie. + +[~1751–1818.~] + +~Haus Holstein-Gottorp~ in Schweden. + +Unter Adolf Friedrich (1751–1771) unrühmliche Teilnahme am +Siebenjährigen Kriege. Sein Sohn ~Gustav III.~ (1771–1792) stürzt durch +einen unblutigen Staatsstreich 1772 die Macht des Adels; die +Stände+ +(Adel, Geistlichkeit, Bürger, Bauern) beraten fortan nur über die vom +König gemachten Vorschläge und haben das Recht des Einspruchs gegen +einen Angriffskrieg. + +[1788–1790.] + +~Krieg gegen Rußland~, um die Ostseeprovinzen wiederzugewinnen. Nach +dem unentschiedenen Seetreffen bei der Insel +Hogland+ rückt Gustav +III. in den an Rußland 1743 abgetretenen Teil Finnlands ein; die +Offiziere verweigern ihm den Gehorsam. Er findet Unterstützung in +Stockholm und Dalarne; die Stände bewilligen ihm (+gegen+ den Adel) +das Recht des +Angriffskrieges+. Trotz glänzender Waffentaten Gustavs +(Seesieg bei Svenskasund 1790) Friede zu +Werelä+ ohne Vorteil für +Schweden. + +[1792.] + ++Gustav III.+ von +Ankarström+, einem ehemaligen Offizier, ermordet; +Regentschaft eingesetzt für seinen minderjährigen Sohn Gustav IV. + +~Rußland~ und ~Polen~. + + Alexei, †1676. + ____________|_________________________________ + | | | | + ~Feodor III.~, ~Iwan V.~, Sophia. ~Peter der Große~, + †1682. †1696. †1725. Gem. + _________|____ ~Katharina I.~, + | | †1727. + Katharina, ~Anna~, ________|________________ + Herzogin v. †1740. Alexei, Anna, ~Elisabeth~, + Meckl.-Schwerin. †1718. Gem. Karl †1762. + | | Friedr. v. + Anna, ~Peter II.~, Holstein-Gottorp. + Herzogin v. Braunschweig. †1730. | + | ~Peter III.~, + ~Iwan VI.~ bis 1741, † 1764. †1762. Gem. + ~Katharina II.~, + † 1796. + +Auf +Peter den Großen+, dessen zur altrussischen Partei neigender Sohn ++Alexei+, vom Vater zum Tode verurteilt, im Gefängnis gestorben war +(1718), folgt kraft eines von Peter 1722 erlassenen Gesetzes, welches +den jedesmaligen Herrscher zur Ernennung seines Nachfolgers ermächtigte +(später durch Paul I. wieder aufgehoben), seine Gemahlin + +[~1725–1727.~] + +~Katharina I.~, geleitet von Fürst ~Menschikow~, (S. 269), der durch +seine Herrschsucht sich den Haß der altrussischen Partei zuzieht. + +[~1727–1730.~] + +~Peter II.~, 12 Jahre alt, Enkel Peters d. Gr. Menschikow durch die +Familie +Dolgoruki+ gestürzt und nach Sibirien verbannt, wo er 1729 +stirbt. Die Residenz nach Moskau zurückverlegt. + +[~1730–1740.~] + +~Anna Iwanowna~, Nichte Peters d. Gr., von +Münnich, Ostermann+ und +ihrem Günstling +Biron+ (eigentlich +Bühren+) geleitet. Rückkehr +des Hofes nach St. Petersburg; Biron herrscht bald unumschränkt und +unterdrückt die +Dolgoruki+; 1737 wird er auf Wunsch der Kaiserin +von August III., König von Polen (1733–1763), zum +Herzog von +Kurland+ ernannt. Rußlands Einfluß in Polen wird durch den polnischen +Thronfolgekrieg (s. S. 279f.) begründet. In dem mit Österreich +gemeinschaftlich (s. S. 279) geführten +Türkenkrieg+ wird trotz der +Siege des Feldmarschalls +Münnich+ nur +Asow+ wieder gewonnen (S. 275). +Auf die Kaiserin Anna folgt ihr Großneffe, der unmündige + +[~1740–1741.~] + +~Iwan VI.~, dessen Mutter +Anna von Braunschweig+ nach dem durch ++Münnich+ bewirkten Sturz Birons kurze Zeit die Regierung führt (Biron +nach Sibirien). Durch einen Soldatenaufstand erlangt den Thron + +[~1741–1762.~] + +~Elisabeth~, die jüngste Tochter Peters des Großen. +Iwan+ wird +gefangen. +Münnich+ und +Ostermann+ werden nach Sibirien geschickt, ++Biron+ kommt zurück. Launenhafte Regierung unter dem Einfluß der +Günstlinge; der preußenfreundliche +L’Estocq+, dem die Kaiserin +hauptsächlich den Thron verdankt, wird 1748 durch +Bestuschew+, den +Freund Österreichs, gestürzt, Bestuschew fällt 1758 in Ungnade. +Rußlands Teilnahme am Siebenjährigen Kriege s. S. 285–289. +Nach Elisabeths Verfügung gelangt ihr Neffe Peter, Herzog von +Holstein-Gottorp, zum Thron. + +Seit ~1762. Haus Holstein-Gottorp~ in Rußland. + + Peter III., †1762, + Gem. Katharina II., †1796. + | + Paul I., †1801. + ______________________|__________________ + Alexander I., Konstantin, Nikolaus I. + †1825. †1831. †1855. + Gem. Charlotte v. Preußen, + †1860. + _________________________________|_________________ + Alexander II., Konstantin, Nikolaus, Michael, + †1881. †1892. †1891. †1909. + Gem. Maximiliane v. Hessen. + ______|________________________________________________ + Alexander III., Wladimir, Alexei, Sergius, Paul. + †1894. †1909. | †1908. †1905. | + Gem. Dagmar v. Dänemark, |_______________________ | + | Kyrill. Boris. Andreas. Demetrius + _____|__________________________________ + Nikolaus II., Georg, Michael. + 1894-x †1899 + Gem. Alix v. Hessen. + | + Alexei. + +[1762.] + +~Peter III.~ beginnt unvorsichtig ins Werk gesetzte Neuerungen, wird +nach 6 Monaten entthront und gefangen gesetzt von seiner Gemahlin +(Prinzessin von Anhalt-Zerbst), der energischen und sittenlosen + +[~1762–1796.~] + +~Katharina II.~ Die Brüder Gregor und Alexei +Orlow+, Günstlinge +Katharinas, lassen den Kaiser erdrosseln; +Iwan VI.+ wird im Gefängnis +zu Schlüsselburg getötet. +Münnich+, unter Peter III. zurückgekehrt, +bleibt in Ansehen († 1767). + +Katharina, zugleich auf innere Reformen und auf Erhöhung der +Machtstellung Rußlands bedacht, wendet sich bald gegen +Polen+. Sie +fordert und erhält von König August III. +Kurland+ zurück für +Biron+, +der das Herzogtum unter russischem Einfluß verwaltet und auf seinen +Sohn vererbt. + +Nach dem Tode +Augusts III.+ 1763 setzt Katharina in Verbindung mit +Friedrich II. die Wahl ihres Schützlings + +[~1764–1795.~] + +~Stanislaus Poniatowski~ († 1798) zum König von Polen durch. Auf +Rußlands und Preußens Betreiben erhalten die +Dissidenten+ (Anhänger +der +griechischen+ Kirche und +Protestanten+) gleiche Rechte mit den +Katholiken. Der russenfreundliche Teil des Adels schließt 1767 die ++Konföderation von Radom+, der auch der König beitritt. Dagegen 1768 +Bund des national gesinnten Teils des Adels, die +Konföderation von +Bar+ »zum Schutze der Religion und Freiheit Polens«. Mißglückter +Versuch derselben, den König zu entführen. In dem Bürgerkriege wird +der König durch ein russisches Heer gegen die Konföderation von Bar +unterstützt. Die Türken erklären als Verbündete dieser Konföderation +den Russen den Krieg (1768–1774). Rußlands Erfolge in demselben +erregen +Preußens+ und +Österreichs+ Eifersucht. Um eine gleichmäßige +Machtvergrößerung der drei Mächte herbeizuführen, erfolgt die + +[~1772.~] + +~erste Teilung Polens~: 1. ~Rußland~ erhält das Land jenseits der +Düna und des Dnjepr (110000 qkm). 2. ~Österreich~: Ostgalizien und +Lodomirien (70000 qkm); (die Zips schon 1770 besetzt). 3. ~Preußen~: ++Westpreußen+ mit Ausnahme von Danzig und Thorn, das Bistum +Ermeland+ +und den +Netzedistrikt+ (35000 qkm), vgl. Anhang. Der polnische +Reichstag gibt widerstrebend 1773 seine Zustimmung. + +[~1768–1774.~] + +~Krieg gegen die Türken.~ Die türkische Flotte wird von der russischen +(unter Alexei +Orlow+) in der Bucht von +Tschesme+ (der Insel Chios +gegenüber) 1770 geschlagen und verbrannt. Während des Krieges Aufstand +des Kosaken +Pugatschew+, der sich für Peter III. ausgibt. +Romanzows+ +Erfolge, der die Walachei erobert und den türkischen Großvezier bei ++Schumla+ einschließt, bewirken den ~Frieden von Kutschuck Kainardsche:~ + +1. +Rußland+ erhält +Kinburn+ an der Dnjeprmündung, +Jenikale+ und ++Kertsch+ in der Krim, freie Handelsschiffahrt auf allen türkischen +Meeren. 2. Die +Tataren+ in der +Krim+ und am +Kuban+ werden für +»unabhängig« erklärt. 3. Rückgabe der russischen Eroberungen in +der Moldau und Walachei an ihre Fürsten, welche Rußland +fortan in +Konstantinopel der Pforte gegenüber vertritt.+ + +Reformen in der Verwaltung Rußlands: Neue Einteilung der Gouvernements, +Städteordnung, Milderung der Leibeigenschaft, Verwaltung der +Kirchengüter durch eine kaiserliche Behörde. An die Stelle des Gregor ++Orlow+ tritt +Potemkin+ als mächtiger Günstling der Kaiserin. + +[~1780.~] + +~Bewaffnete Seeneutralität~, zur Sicherung des Handelsverkehrs während +des nordamerikanischen Krieges (s. S. 300f.). Von Rußland angeregt, +treten ihr nach und nach bei: +Dänemark+, +Schweden+, +Preußen+, ++Österreich+, +Portugal+; Spanien und Frankreich erkennen sie an. Dem +Beitritt +Hollands+ kommt England durch eine Kriegserklärung zuvor. + +Forderungen der bewaffneten Neutralität: 1. Freie Schiffahrt neutraler +Schiffe von Hafen zu Hafen und an den Küsten Krieg führender Mächte; 2. +Feindliches Eigentum ist frei in neutralen Schiffen mit Ausnahme der ++Kriegszufuhr+; 3. Genaue Bestimmung, was ein +blockierter+ Hafen ist; +eine Hafensperre, die nicht durch mehrere Kriegsschiffe in der Nähe des +betreffenden Hafens aufrecht erhalten wird, ist ungültig. + +[1783.] + +Die +Krim+ wird russische Provinz (Gouvernement Taurien); die +christlichen Fürsten von +Georgien+ und +Mingrelien+ (südlich vom +Kaukasus) treten unter russischen Schutz. + +[~1787–1792.~] + +~Zweiter Türkenkrieg.~ Bündnis mit Österreich, Zusammenkunft Katharinas +und Josephs II. in der neugegründeten Stadt +Cherson+ am Dnjepr +(1787). +Potemkin+ erstürmt +Oczakow+ 1788, +Suwōrow+ erstürmt Ismail +(am Donaudelta) 1790. Die Österreicher kämpfen anfangs unglücklich, +doch erobert General +Laudon+ 1789 Belgrad. Österreich schließt 1791 +den ~Frieden von Sistowa~ mit den Türken und erhält wenig mehr als +Alt-Orsowa (an der Donau, Paß des Eisernen Tores). Rußland erhält +1792 im ~Frieden zu Jassy~ das Küstenland am Schwarzen Meere bis +zum +Dnjestr+. An dieser Küste wird 1793 die schnell aufblühende +Handelsstadt ~Odessa~ gegründet. + +[~1793.~] + +~Zweite Teilung Polens~. Die Polen hatten den Türkenkrieg Rußlands +und Österreichs und die anscheinend günstige Stimmung Preußens zu +benutzen gesucht, um ihrer Abhängigkeit von den Nachbarstaaten und den +anarchischen inneren Zuständen ein Ende zu machen. Bündnis mit Preußen +1790 (s. S. 291). + +Die neue ~Verfassung von 1791~ verwandelt 1. das +Wahlreich+ in ein ++Erbreich+, erklärt den Kurfürsten von +Sachsen+ zum Nachfolger des +Königs Stanislaus Poniatowski und den Thron für erblich im +sächsischen +Hause+, überträgt 2. dem Könige und einem Staatsrate die +ausübende+, +einem Reichsrate in zwei Kammern die +gesetzgebende+ Gewalt +unter +Aufhebung des liberum veto+, macht 3. dem Bürger- und Bauernstande ++einige+ Zugeständnisse, ermöglicht namentlich den Eintritt in den +Adelsstand, dessen Privilegien im übrigen +bestätigt werden.+ + +Gegen diese Verfassung tritt unter dem Schutze Rußlands die ++Konföderation von Targowitz+ auf. Vordringen eines russischen Heeres +in Polen 1791. Tapferer, aber vergeblicher Widerstand unter Fürst ++Poniatowski+, dem Neffen des Königs, und +Kosciuszko+; beide werden +bei +Dubienka+ 1792 geschlagen. Der König tritt der Konföderation +von Targowitz bei, die neue Verfassung wird aufgehoben. +Preußen+ +verständigt sich mit Rußland und sendet ebenfalls Truppen nach Polen. +Auf dem Reichstage zu +Grodno+ wird die Einwilligung der Nation zu den +neuen Abtretungen erzwungen: + +~Rußland~ nimmt den noch übrigen Teil +Litauens+, +Wolhynien+ und ++Podolien+ (236000 qkm), Preußen nimmt +Danzig+ und +Thorn+, +Posen+ +und +Kalisch+ (Südpreußen) (55000 qkm). Außerdem erzwingt Rußland einen ++Unionsvertrag+, durch welchen es 1. freien Einmarsch seiner Truppen in +Polen, 2. die Leitung aller künftigen Kriege, 3. das Bestätigungsrecht +aller Verträge Polens mit auswärtigen Mächten erhält. + +[1794.] + +Aufstand in Polen, ~Kosciuszko~ an der Spitze. Die Russen unter ++Igelström+ in Warschau teils niedergemetzelt, teils zur Stadt +hinausgeschlagen. Preußische und russische Truppen siegen über +Kosciuszko bei +Sczekozyn+; die Preußen unter Friedrich Wilhelm II. +nehmen +Krakau+, belagern Warschau vergeblich. +Suwōrow+ siegt bei ++Brzesc+ und bei +Macziejovice+, wo Kosciuszko gefangen wird (1797 +entlassen); erstürmt dann +Praga+, die Vorstadt von Warschau. + +[~1795.~] + +~Dritte und letzte Teilung Polens.~ ~Preußen~ nimmt +Masovien+ +mit +Warschau+, das Land zwischen +Weichsel+, +Bug+ und ++Niemen+ (+Neu-Ostpreußen+), einen Teil des Gebiets von Krakau +(+Neu-Schlesien+); ~Österreich~ +Westgalizien+ und +Krakau+; ~Rußland~ +alles übrige, auch das Herzogtum +Kurland+. Durch die drei Teilungen +erhalten die Mächte etwa folgenden Zuwachs: + + +Rußland+ 465000 qkm (8500 □ Meil.) mit 6 Mill. Einw. + +Österreich+ 115000 „ (2100 □ „ ) „ 4 „ „ + +Preußen+ 145000 „ (2700 □ „ ) „ 2½ „ „ + + +§ 9. Großbritannien und Nordamerika. + +Auf +Wilhelm III.+ (s. S. 271), welcher kinderlos stirbt folgt seine +Schwägerin + +[~1702–1714.~] + +~Anna~, zweite Tochter Jakobs II., unter welcher lange Zeit die +Partei der +Whigs+ die Regierung leitet. +John Churchill+, Herzog +von +Marlborough+, siegreich als Feldherr (S. 273), seine Gemahlin +beherrscht den Hof. + +[~1707.~] + +Vereinigung Englands und Schottlands (+Großbritannien+) durch +ein+ +Parlament an Stelle der bisherigen Personal-Union. Schottland nimmt an +dem Aufschwung Englands teil. + +[1710.] + +Das Whigministerium durch ein Toryministerium (Lord +Bolingbroke+) +ersetzt, dann Friede mit Frankreich nach dem spanischen Erbfolgekrieg. +Vergebliche Bemühungen der Tories und der Königin, ihrem Stiefbruder, +dem Prätendenten +Jakob Eduard+, genannt +Jakob III.+, die Thronfolge +zu verschaffen. Nach dem Gesetze von 1701 (S. 272) folgt das ++protestantische+ Haus ~Hannover~. + +[~1714–1901.~] + +~Haus Hannover~ (s. S. 352). + + Jakob I. (~Stuart~), †1625. + _________|______________ + | | + ~Elisabeth~, ~Karl I.~, + Gem. Friedrichs V. †1649. + von der Pfalz. __|________________________________ + | | | | + ~Sophia~, ~Karl II.~, ~Maria~, ~Jakob II.~, + Gem. Ernst Augusts †1685 Gem. Wilhelms II. vertrieben 1688, + von Hannover. von Oranien. †1701. + ___|_________________ |______ | + | | | | + ~Georg I.~, ~Sophie Charlotte~, †1705, | | + †1727. Gem. Friedrichs I. v. Preußen. | | + ___|_________________ | | + | | | | + ~Georg II.~, ~Sophie Dorothea~, †1757, | | + †1760. Gem. Friedrich Wilhelms I. | | + von Preußen. ________________________| | + | _____________________|______ + Friedrich ~Wilhelm III.~, verm. ~Maria~, ~Anna~, Jakob Eduard, + Ludwig, †1702. m. †1694. †1714. Prätendent, + Prinz von Gem. Georgs †1766. + Wales, v. Dänemark. | + 1751. _____|__ + | | + ~Georg III.~, Karl Eduard, Heinrich, + †1820. Prätendent, †1807. + †1788. + +Unter ~Georg I.~ (1714–1727) Herrschaft der Whigs, ebenso unter ~Georg +II.~ (1727–1760). Der Minister +Walpole+ (bis 1742) sorgt für Erhaltung +des Friedens und Förderung des Handels. 1739 Seekrieg gegen +Spanien+, +1744–1747 gegen +Frankreich+. + +Der von Frankreich unterstützte Versuch des Prätendenten +Karl Eduard+, +die Ansprüche des Hauses +Stuart+ nochmals zur Geltung zu bringen, +hat anfangs Erfolg in +Schottland+, wo die kriegerischen Hochländer +sich erheben, wird aber durch den Sieg des Herzogs von Cumberland bei ++Culloden+ 1746 vereitelt (S. 284). + +[1755–1763.] + +~Krieg gegen Frankreich~, durch Grenzstreitigkeiten in Nord-Amerika +entstanden, zu Lande in Amerika und Deutschland, zur See in allen +Weltteilen geführt. Ministerium des ~älteren Pitt~ 1757–1761, Bündnis +mit +Preußen+ (s. S. 286). Die Engländer sind fast überall im Vorteil +gegen die Franzosen. + +[1759.] + +Landsieg des englischen Generals +Wolfe+ bei +Quebec+, +Kanada+ +erobert. Seesiege bei +Lagos+ in Portugal und +Quibéron+. + +[~1760–1820.~] + +~Georg III.~, Enkel Georgs II., zum Frieden geneigt. Frankreich +verbündet sich mit +Spanien+ (Bourbonischer Familienpakt 1761); ++Pitt+ tritt aus dem Ministerium, weil nicht sofort Krieg an Spanien +erklärt wird. Sein Nachfolger +Bute+ sucht den Frieden herbeizuführen, +sieht sich aber doch zur Kriegserklärung gegen Spanien genötigt. Die +englische Flotte erobert 1762 Martinique, Havanna, Manila; Spaniens +Seemacht fast vernichtet. + +[1763.] + +~Friede zu Paris~: 1. ~Frankreich~ tritt +Louisiana+ östlich vom +Mississippi (seit 1682 französische Kolonie), +Kanada+ und die Insel ++Cap Breton+, sowie seine afrikanischen Besitzungen am +Senegal+ +an England ab, erhält seinen Besitz in Ostindien (Pondichery und +Chandarnagar) zurück. 2. ~Spanien~ erhält Cuba und die Philippinen +zurück, tritt +Florida+ an England ab, erhält von Frankreich Louisiana +westlich vom Mississippi. + +[1757–1784.] + +~Eroberung Ostindiens.~ Die ostindische Kompagnie (S. 246) hatte +1639 +Madras+, 1664 +Bombay+ erworben, um 1700 +Kalkutta+ angelegt. +~Robert Clive~ siegt 1757 bei +Plassey+ über den mit Frankreich +verbündeten Nabob von +Bengalen+ und erobert dieses reiche Land. Der +Großmogul in Delhi (S. 219) behält nur den Schein der Herrschaft; die +indischen Fürsten müssen hohen Tribut zahlen. Clive 1765 abermals nach +Indien gesandt, unterdrückt Aufstände und erweitert das englische +Gebiet. ~Warren Hastings~, seit 1773 General-Gouverneur, besiegt die ++Mahratten+ und den Sultan +Hyder Ali+ von +Mysore+ 1781, unterwirft +dadurch den größten Teil von Dekhan. + +[1784.] + ++East-India-Bill+ des ~jüngeren Pitt~ (Minister 1783 bis 1801); die +Kompagnie wird in militärischen und politischen Angelegenheiten einer +königlichen Aufsichtsbehörde untergeordnet, behält aber die Verwaltung +der ausgedehnten Gebiete in eigner Hand (bis 1858). + +[1799.] + +Hyder Alis Sohn +Tippu Sahib+, der sich nochmals gegen die englische +Herrschaft erhoben hat, fällt bei der Erstürmung seiner Hauptstadt ++Seringapatam+. + +Durch diese Erfolge ist England zur vorherrschenden ~See- und +Kolonialmacht~ geworden. Zugleich bedeutende Entwickelung der +Industrie, +Birmingham+ und +Manchester+ entwickeln sich als +Fabrikstädte, +London+ und +Liverpool+ als Haupthandelsplätze. Einen +Verlust erleidet England durch den Abfall seiner nordamerikanischen +Kolonien. + +[~1775–1783.~] + +~Nordamerikanischer Freiheitskrieg~ + +Das englische Parlament, in welchem die Kolonien nicht vertreten +sind, beschließt 1765 die Einführung einer Stempel-Abgabe, 1760 eine +Steuer auf Tee, Glas, Papier und Farben. Die Kolonien widersetzen +sich einer Besteuerung ohne ihre Zustimmung; im Hafen von +Boston+ +wird 1773 eine Teeladung ins Meer geworfen. Die englische Regierung +verhängt Hafensperre über Boston und verändert die Verfassung der +Kolonie +Massachusetts+; ein Kongreß von Abgeordneten der Kolonien in +~Philadelphia~ 1774 beschließt das Aufhören des Handelsverkehrs mit dem +Mutterlande. + +1775 erstes Gefecht bei +Lexington+. Die Engländer, in +Boston+ +belagert, räumen diese Stadt im Frühjahr 1776, werden durch 12000 von +ihrem Landesherrn verkaufte Hessen und andere deutsche Mietstruppen +verstärkt, besetzen +Long-Island+ und die Stadt +New-York+. ~George +Washington~ (geb. 1732 in Virginien, † 1799, am Ende des französischen +Krieges +Oberst+) erhält den Oberbefehl und bildet ein Heer. + +[~1776.~ 4. Juli.] + +~Unabhängigkeits-Erklärung der 13 Vereinigten Staaten.~ + ++Washington+, von französischen Freiwilligen (Marquis +v. Lafayette+) +begleitet, kämpft zunächst mit wechselndem Erfolge. Der früher +preußische Major +v. Steuben+ unterstützt ihn bei der kriegsmäßigen +Ausbildung der Truppen. + +[1777.] + +General +Gates+ nimmt ein englisches Korps von 6000 Mann bei +Saratoga+ +(am Hudson) gefangen. + +[~1778.~] + +~Bündnis Frankreichs~ mit den amerikanischen Freistaaten, abgeschlossen +durch ~Benjamin Franklin~ (geb. 1706 in Boston, Buchdrucker, +Schriftsteller, Erfinder des Blitzableiters, General-Postmeister der +Kolonien, seit 1776 Gesandter in Versailles). Bald tritt +Spanien+ dem +Bündnis bei; andererseits erklärt England den Krieg an +Holland+ (S. +297). + +[1779–1782.] + ++Gibraltar+ von Franzosen und Spaniern vergeblich belagert, von ++Elliot+ tapfer verteidigt; dagegen nehmen die Spanier 1782 die Insel ++Menorka+ (S. 274). + +Seesiege des englischen Admirals +Rodney+ bei +S. Vincent+ 1780 und ++Dominika+ 1782. Unentschiedene Seeschlacht zwischen Engländern und +Holländern an der +Doggerbank+ in der Nordsee 1781. + +[1781.] + +Entscheidung des Landkrieges zu Gunsten der Amerikaner; Washington und +Lafayette nehmen ein englisches Korps von 7200 Mann bei +Yorktown+ (in +Virginien) gefangen. + +[~1783.~] + +~Friede zu Versailles~: 1. Anerkennung der Unabhängigkeit der 13 +Vereinigten Staaten. Das +Western Territory+ erhalten die Amerikaner, +die Schiffahrt auf dem Mississippi bleibt gemeinschaftlich. 2. ++England+ tritt an Frankreich in Westindien ab: +Tabago+; in Afrika: +das Gebiet des +Senegal+; + +3. +Spanien+ bleibt im Besitz von +Menorka+ und +Florida+ (S. 300), +verzichtet auf Gibraltar (S. 274). + +[1789–1797.] + +~George Washington~, erster Präsident der ~Vereinigten Staaten~ +(+United States+ of America). + +Verfassung des Bundesstaates: Über Krieg und Frieden, Heer und Flotte, +Verträge mit fremden Staaten, Münze, Maß und Gewicht, Zölle und Steuern +beschließt der +Kongreß+, bestehend aus Senat und Repräsentantenhaus. +Die Einzelstaaten verwalten nur ihre inneren Angelegenheiten. Der +Präsident, auf 4 Jahre durch Wahlmänner aus allen Staaten erwählt, +ernennt die Beamten und leitet die Regierung nach den Beschlüssen des +Kongresses. Gegen dieselben steht ihm ein aufschiebendes +Veto+ zu, bis +der Kongreß mit Zweidrittelmajorität entscheidet. + +Aufblühen des neuen Staatswesens durch Einwanderung. Vordringen +der Ansiedler nach Westen, +Cincinnati+ 1791 gegründet, die +Bundeshauptstadt +Washington+ 1793. Auf dem Kapitol hält der Kongreß +seine Sitzungen, das Weiße Haus die Amtswohnung des Präsidenten. + +[1812–1815.] + +~Krieg mit England~ (S. 331). Die Amerikaner dringen in +Kanada+ ein. +Die Engländer treiben sie zurück, besetzen +Washington+ und zerstören +das Kapitol, werden aber nach einer Landung bei +New-Orleans+ besiegt +(Jan. 1815). Unterdessen bereits (Dez. 1814) Friede zu +Gent+. Die +Eroberungen gegenseitig zurückgegeben. + +Die 13 Staaten vermehren sich bis 1821 auf 26; +Louisiana+, von Spanien +1800 an Frankreich zurückgegeben, wird 1803 von den Vereinigten Staaten +durch Kauf erworben, ebenso +Florida+ 1819, +Texas+ und +Kalifornien+ +1848 durch Krieg gegen Mexiko. +Alaska+ 1867 durch Kauf von Rußland, ++Portorico+ und die +Philippinen+ 1898 durch Krieg gegen Spanien, 1900 ++Sandwichinseln+ annektiert. Jetzt 47 Staaten, 3 Territorien und 1 +Bundesdistrikt. + +Neuen Machtzuwachs für England bringt die Erschließung der seit +1600 durch Portugiesen, Spanier (Torres) und Holländer (Tasman) +entschleierten +australischen Inselwelt+ durch die Entdeckungsreisen +von ~James Cook~ 1768–1779. Er wird bei der dritten Reise auf +Hawaii+, +der größten der +Sandwich+inseln, von den Eingeborenen 1779 erschlagen. +Andere bisher unbekannte Gebiete werden erschlossen durch die Reisen +des Schotten +Bruce+ (Abessinien) und +Mungo Park+ (Nigerstrom). + +[1788.] + ++Sydney+ erste englische Kolonie in Australien. ~Weitere Entfaltung +der englischen Literatur und Wissenschaft~: Shaftesbury, Pope, Swift, +Prior, Defoe, Addison, Steele, (»Tatler«, »Spectator« erste moralische +Wochenschriften), Sterne, Fielding, Goldsmith, Richardson, Gray, Sam. +Johnson (Macphersons +Ossian+ 1760). Der Naturforscher Robert +Boyle+ +(† 1691 in London), der Philologe Rich. +Bentley+ in Oxford und +Cambridge († 1742), der Philosoph und Geschichtschreiber David +Hume+ +in Edinburg († 1776), der Geschichtschreiber +Gibbon+ († 1794); Adam ++Smith+, Prof. in Glasgow, begründet 1776 die Volkswirtschaftslehre. +Aufschwung der englischen Malerei: +Hogarth+ († 1764), +Joshua +Reynolds+ († 1792), +Gainsborough+ († 1788). + + +§ 10. Südeuropa. + +~Portugal~, unter den ersten Königen aus dem Hause +Braganza+ (S. 245) +wieder zu einiger Macht gelangt, seit dem Besitz +Brasiliens+ 1500 +(S. 222) als Kolonialmacht nicht unbedeutend, gerät durch einen 1703 +geschlossenen Handelsvertrag in Abhängigkeit von +England+. Große Macht +der Geistlichkeit unter Johann V. (1706–1750); wohltätige Reformen +unter Joseph I. (1750–1777) durch den Minister Carvalho, Marquis von +~Pombal~. + +[1755. 1. Nov.] + ++Lissabon+ durch +Erdbeben+ größtenteils zerstört, Pombal sorgt für die +Wiederherstellung. + +[1759.] + +Vertreibung der +Jesuiten+ infolge eines Mordversuchs gegen den König. + +[1762–1763.] + +Im Bunde mit England Krieg gegen Spanien. Pombal beruft den Grafen ++Wilhelm von Schaumburg-Lippe+ nach Portugal. Dieser organisiert Heer +und Flotte. Im +Frieden von Paris+ 1763 gibt Spanien die eroberten +Plätze zurück. + +Unter der Königin Maria, der Tochter Josephs I. (1777 bis 1792), +Wiederherstellung der geistlichen Macht, Pombal vor Gericht gestellt, +aber begnadigt, † 1782. + +~Spanien~, seit 1701 unter Königen aus dem Hause +Bourbon+ (S. 274), in +der auswärtigen Politik mit Frankreich verbündet, gelangt nicht wieder +zu seiner früheren Machtstellung. Unter Karl III. (1759–1788) Reformen +des Ministers +Aranda+, welcher 1767 die Jesuiten vertreibt. + +~Sardinien~, Königreich seit 1720 (S. 278), tritt unter Karl Emanuel +I. (1730–1773) im Polnischen Thronfolgekrieg kriegerisch gegen, im +Österreichischen Erbfolgekrieg für Österreich auf, erwirbt 1748 durch +den Frieden zu Aachen (S. 284), einen Teil des Herzogtums Mailand. + +Die Republik ~Genua~ hat fortdauernd ihre Unabhängigkeit gegen mächtige +Nachbarn (+Savoyen+, +Frankreich+, +Österreich+) zu verteidigen. Die +Bewohner der seit Ende des 11. Jahrh. von den Pisanern und Genuesen +umstrittenen Insel ~Korsika,~ seit 1300 unter genuesischer Herrschaft, +empören sich 1729. Nach wechselvollem Kampfe, wobei ein deutscher +Abenteurer, +Baron Neuhof+ aus Westfalen, kurze Zeit als +König Theodor +I.+ von Korsika auftritt (1736), ruft Genua Frankreichs Hilfe an; die +Insel wird 1739 unterworfen. Doch bald neue Kämpfe, seit 1755 +Pasquale +Paoli+ an der Spitze. Genua tritt 1768 die Insel an +Frankreich+ ab; +Paoli flieht 1769 nach England, versucht 1790–1796 nochmals Korsika zu +befreien, † in England 1807. + +~Venedig~ kann die frühere Blüte nicht wieder erreichen, doch werden +noch ruhmvolle Kriege gegen die ~Türken~ geführt: + +[1645–1669.] + +Krieg um ~Kandia~ (Kreta); die Türken mehrmals von der venetianischen +Flotte besiegt; trotz tapferer Verteidigung, welche +Morosini+ leitet, +endet der Krieg mit dem Verlust der Insel für Venedig. + +[1685–1699.] + +Krieg um ~Morea~ (Peloponnes). Venedig mit Kaiser Leopold I. und Polen +verbündet (S. 266). +Morosini+, verstärkt durch deutsche Mietstruppen +unter Graf +Königsmark+, vertreibt die Türken aus Morea, erobert +1687 +Athen+, bei dessen Belagerung der Mittelbau des Parthenon (S. +46) durch eine venetianische Bombe zerstört wird. Darauf zum Dogen +erwählt, kehrt er 1693 auf den Kriegsschauplatz zurück, stirbt aber +1694 in Nauplia. Im Frieden zu +Karlowitz+ (S. 266) bleibt Morea den +Venetianern, welche die Halbinsel durch griechische Kolonisten neu +bevölkern und bessere Verwaltung einführen. + +[1715.] + +Die Türken erobern Morea für immer (vgl. S. 278); nach dem Frieden +von +Passarowitz+ 1718 bleibt Venedig immer noch im Besitz eines +ansehnlichen Festlandsgebietes (Verona, Brescia, Bergamo, Udine, +Istrien, Dalmatien) und der Ionischen Inseln. + +~Toskana~, nach dem Aussterben des Hauses Medici 1737 österreichische +Sekundogenitur (S. 279), erfreut sich des Wohlstandes unter dem +Großherzog +Leopold+ (1765–1790), dem zweiten Sohne Maria Theresias und +nachmaligen Kaiser Leopold II. Diesem folgt sein zweiter Sohn Ferdinand +III. (1790 bis 1824). + +~Parma~ mit Piacenza und Guastalla seit 1748 spanische Sekundogenitur +(S. 284); ~Modĕna~ im Besitz des Hauses +Este+ (S. 210); am Hofe des +Herzogs Franz III. lebt der Geschichtsforscher +Muratori+ († 1750). + +Der ~Kirchenstaat~ behauptet sein ansehnliches Gebiet (das alte Latium, +Umbrien, die Marken, Ancona, Rimini, Ravenna, Bologna, Ferrara) in +gutem Einvernehmen mit Österreich und Spanien. + +[1773.] + ++Papst Clemens XIV.+, dem Andringen katholischer Staaten nachgebend, +hebt den +Jesuiten-Orden+ auf, nachdem der Ordensgeneral +Ricci+ jede +Reform abgelehnt hat (+sint, ut sunt, aut non sint+). + +Neapel mit ~Sicilien~ unter Königen aus dem Hause ~Bourbon~ (1735–1799, +dann wieder 1815–1860). +Karl IV.+, bis 1759 (als +Karl III.+, König +von Spanien, S. 303), verbessert die Verwaltung mit Hilfe des Ministers ++Tanucci+, der auch unter Karls Sohn +Ferdinand IV.+ (1759–1825) bis +1777 im Amte bleibt; 1767 Vertreibung der Jesuiten. Nach Tanuccis Sturz +führt die Königin +Caroline Marie+, Tochter der +Maria Theresia+, +die Regierung. Ihr Minister +Arcton+. 1799 muß der König vor den +eindringenden Franzosen nach Sicilien entweichen (S. 317). + + +§ 11. Frankreich. + +[~1715–1774.~] + +~Ludwig XV.~, Urenkel Ludwigs XIV., dessen Sohn und Enkel vor ihm +gestorben waren (S. 349). Während der Minderjährigkeit führt der Herzog ++Philipp von Orléans+, Sohn der +Elisabeth Charlotte von der Pfalz+ +(† 1721), die Regentschaft; dieser gibt durch seine Ausschweifungen +dem Volke ein übles Beispiel († 1723). Mißglückter Versuch des +Schotten +John Law+, durch Gründung einer Bank (1718) und Ausgabe von +Papiergeld die zerrütteten Finanzen in Ordnung zu bringen. Gemäßigte +Staatsverwaltung des Kardinals +Fleury+ 1726–1743, dann Herrschaft +der Buhlerinnen (Marquise von +Pompadour+ 1745–1764, Gräfin +Dubarry+ +1769–1774). + +Lothringen erworben 1738 (S. 279); erfolglose Teilnahme am +österreichischen Erbfolgekrieg und am Siebenjährigen Krieg, +unglücklicher Krieg mit England (S. 299f.). Verlust der Kolonien in +Nordamerika (S. 300). Vertreibung der Jesuiten 1761 durch den Minister ++Choiseul+. Opposition des höchsten Gerichtshofs, des Parlaments zu +Paris; Aufhebung der Parlamente 1771. Beim Tode des Königs 4000 Mill. +Livres Staatsschulden; der Staat heillos zerrüttet. + +[~1774–1792.~] + +~Ludwig XVI.~, dessen redlicher Wille bei dem Mangel an Tatkraft +den herannahenden Sturm der Revolution nicht mehr durch schwache +Reformversuche zu beschwichtigen vermag. Wiederherstellung der +Parlamente 1774. Ludwig XVI., Enkel seines Vorgängers, persönlich +ehrbar und sittenrein. Seine Gemahlin +Marie Antoinette+, Tochter ++Maria Theresias+ von Österreich, anfangs beim Volke nicht unbeliebt, +wird bald Gegenstand der gehässigsten Verleumdungen, namentlich infolge +des anstößigen Halsbandprozesses (Kardinal +Rohan+, Gräfin +Lamotte+). +Frankreichs Teilnahme am +Nordamerikanischen Freiheitskriege+ (S. 301) +verschärft den alten Gegensatz gegen England. + +Die französische ~Literatur~ im 18. (+philosophischen+) Jahrhundert +ist ein getreues Abbild der Sitten des französischen Hofes und Volkes: ++Lesage+ († 1747), +Montesquieu+ († 1755), +Voltaire+ (1694–1778), ++Rousseau+ (1712–1778), +B. de St-Pierre+ († 1814), +A. Bertin+ († +1790), +Beaumarchais+ († 1799). Als +Maler+ verdienen Erwähnung: ++Watteau+ (Hauptmeister des Rokoko, † 1721), +Boucher+ († 1770), ++Fragonard+ († 1806). + +Fussnoten: + +[47] Doch bleiben die drei Seestädte +Lübeck+, +Hamburg+, +Bremen+ +durch ein 1630 geschlossenes Bündnis als +Hansestädte+ vereinigt. + +[48] Geschlossen auf einer Insel in dem Grenzfluß +Bidassoa+, der in +den westlichen Pyrenäen entspringt. + +[49] Er ließ eine Denkmünze prägen mit der Umschrift: Exoriare aliquis +nostris ex ossibus ultor. + +[50] Geb. 24. Januar 1712. Strenge Erziehung; Vorliebe des Prinzen für +französische Literatur und Musik, Abneigung gegen militärische Übungen, +Jagden, Tabakskollegium; der Vater hält ihn daher für untüchtig. +Nachdem der Plan einer Vermählung Friedrichs mit einer Tochter +Georgs II. von England (S. 299) gescheitert ist, +Fluchtversuch+ +1730 unweit Mannheim, während einer Reise mit dem König. Verhör in ++Wesel+, Kriegsgericht; der Kronprinz kommt als Gefangener nach ++Küstrin+ (+Katte+ hingerichtet), arbeitet dort in der Kriegs- und +Domänenkammer. 1732 Aussöhnung; der Prinz erhält die Führung eines in ++Neu-Ruppin+ stehenden Regiments, heiratet 1733 Elisabeth Christine +von Braunschweig-Bevern, lebt dann mit seinen Freunden im Schloß ++Rheinsberg+ unweit Ruppin. Briefwechsel mit +Voltaire+. + + + + +C. Vom Beginn der französischen Revolution bis zum Wiener Kongress. +(1789–1815.) + + +§ 1. Die Revolution in Frankreich. + +~Ursachen~: 1. Der auf Vernichtung oder Umbildung des Bestehenden +gerichtete Geist des 18. Jahrhunderts. Angriffe französischer +Schriftsteller auf Staat und Kirche. +Montesquieu+ (Esprit des lois +1748) und +Rousseau+ (Contrat social 1762) bekämpfen das unbeschränkte +Königtum und stellen neue Staatslehren auf. +Voltaire+ (Henriade 1723, +Prozeß des Jean Calas 1762) bekämpft die religiöse Unduldsamkeit und +das Christentum überhaupt; die +Enzyklopädie+, ein philosophisches +Wörterbuch, 1751–1780 herausgegeben von +Diderot+ und +d’Alembert+, +verbreitet die Lehren der Aufklärung und Freigeisterei. + +2. Die großen Mißbräuche im französischen Staatswesen, verschuldet +durch die willkürliche und entartete Regierung, während in allen +übrigen europäischen Staaten Verbesserungen durchgeführt werden. Seit +1614 die altherkömmlichen +Reichsstände+ (États-généraux) nicht mehr +einberufen (s. S. 238). Verfügung über die Freiheit der Untertanen +durch willkürliche Verhaftsbefehle (lettres de cachet, +Bastille+), +über ihr Vermögen durch willkürliche Besteuerung. Gegen den Anspruch +des Pariser Parlaments, die Eintragung der Steueredikte verweigern +zu können, wendet der Hof +königliche Thronsitzungen+ (+lits de +justice+) und Verweisung der Parlamentsmitglieder an. +Käuflichkeit+ +der Offizierstellen im Heere, der Sitze in den Parlamenten, der höheren +Ämter, aber meist nur für den +Adel+. Die +bevorrechtigten Stände+ +(+Adel+ und +Geistlichkeit+) sind bei den direkten Abgaben sehr +begünstigt, obgleich keineswegs ganz frei von denselben; die Bauern +durch Frondienste gedrückt, die Entwickelung von Handel und Gewerbe +durch Zunftzwang gehemmt. + +~Veranlassung~: Die ungeheure +Staatsschuld+. Entstanden durch +die Kriege Ludwigs XIV., seine kostspieligen Bauten und seine +verschwenderische Hofhaltung, wächst der jährliche Fehlbetrag durch die +Verschwendung Ludwigs XV. und die Kosten des nordamerikanischen Krieges +unter Ludwig XVI. bis fast auf die Hälfte der jährlichen Einnahme. + ++Turgots+ Maßregeln zur Verbesserung der Verwaltung (Aufhebung der +Binnenzölle, Abschaffung der Wegefronden und der Zünfte) werden mit +seiner Entlassung 1776 aufgegeben. +Necker+ (bis 1781) sucht durch +Anleihen und Sparsamkeit zu helfen, +Calonne+ (1783–1787) wirtschaftet +sorgloser und beruft zuletzt eine +Notabelnversammlung+, die keine +durchgreifenden Beschlüsse zu fassen wagt. +Necker+, 1788 wieder +berufen, veranlaßt die + +[~1789.~ 5. Mai.] + +~Berufung der Reichsstände nach Versailles~, mit einer +doppelten +Vertretung+ des Bürgerstandes (+tiers état+): Geistlichkeit 300, Adel +300, Bürger 600. Streit über die Art der Beratung und Abstimmung, ob +nach +Ständen+ oder nach +Köpfen+. Bei der Prüfung der Vollmachten +verlangen Geistlichkeit und Adel eine getrennte, der Bürgerstand eine +gemeinschaftliche Prüfung. Auf ~Sieyès’~ Vorschlag erklären sich die +Abgeordneten des Bürgerstandes als ~Nationalversammlung~ (Assemblée +nationale) und laden die beiden anderen Stände zum Beitritt ein. + +[20. Juni.] + +~Eid im Ballspielhaus~ (Jeu de paume). Die Abgeordneten des dritten +Standes schwören, sich nicht zu trennen, bis sie dem Lande eine +Verfassung gegeben. + +[23. Juni.] + +Fruchtlose königliche Sitzung. Der Befehl des Königs, daß die drei +Stände +getrennt+ beraten sollen, wird nicht ausgeführt infolge des +von ~Mirabeau~[51] erhobenen Widerspruchs. Der König gibt nach; +Geistlichkeit und Adel vereinigen sich mit dem dritten Stand. Die +Versammlung beginnt eine neue +Verfassung+ für Frankreich zu beraten, +wird deshalb bezeichnet als + +[~1789–1791.~] + +~Verfassunggebende Versammlung~ (Assemblée constituante). + +Gerüchte von einer beabsichtigten Auflösung der Nationalversammlung und +die Entlassung +Neckers+ (11. Juli) veranlassen Unruhen in Paris. + +[~1789.~ 14. Juli.] + +~Einnahme und Zerstörung der Bastille.~ Necker zurückberufen, ++Lafayette+ Befehlshaber der neuerrichteten Bürgerwehr +(+Nationalgarde+). + +Unruhen in den +Provinzen+, Schlösser und Klöster verwüstet. Viele +Adlige verlassen Frankreich. Karl Philipp, Graf von +Artois+, zweiter +Bruder des Königs, an der Spitze der +Emigranten+, seit 1791 in ++Koblenz+ am Hofe des Kurfürsten von Trier. + +[~1789.~ 4. Aug.] + +Freiwillige Verzichtleistung (Vicomte de +Noailles+) der Abgeordneten +des Adels auf alle Feudalrechte, der Geistlichkeit auf den Zehnten. +Abschaffung des Feudalstaates. Gleichheit der Besteuerung und gleiche +Zulassung aller Bürger zu allen öffentlichen Ämtern wird festgesetzt. +Öffentliche Werkstätten eingerichtet. + +[27. Aug.] + +Erklärung der +Menschenrechte+ (Freiheit, Eigentum, Sicherheit, +Widerstand gegen Unterdrückung) auf +Lafayettes+ Antrag. + +[5. Okt.] + +Aufstand in ~Paris~, hervorgerufen durch Brotmangel und Gerüchte von +einer beabsichtigten Reaktion. Zug der durch Agenten des Herzogs ++Philipp+ von +Orléans+ aufgeregten Volksmenge zum König nach ++Versailles+. Die königliche Familie, von +Lafayette+ durch die +Nationalgarde gerettet, muß nach ~Paris~ übersiedeln, ebenso die +Nationalversammlung; 200 Mitglieder scheiden aus. Der Pariser Pöbel +beherrscht seitdem die Versammlung. + +Die von der Assemblée constituante ausgearbeitete ~Verfassung~ +überträgt die gesetzgebende Gewalt der Nationalversammlung und gesteht +dem König nur ein aufschiebendes Veto zu. Er darf die Versammlung, +die Inhaberin der Souveränität, nicht auflösen, ja nicht einmal +mit Gesetzesvorschlägen an sie herantreten, geschweige denn ihre +Beschlüsse rundweg ablehnen. Er ist vielmehr nur der Vollstrecker +dieser Beschlüsse. Da aber den nach Aufhebung der alten Provinzen neu +geschaffenen 83 Departements nahezu volle Selbstverwaltung und auch +das Recht der Beamtenwahlen verliehen wurde, so war Frankreich in 83 +fast souveräne Republiken aufgelöst, in denen es königliche Beamte, d. +h. Vollstrecker des königlichen Willens nicht mehr gab. Der König also +tatsächlich machtlos. + +Die Ausübung des +Aktivbürgerrechts+ an die Entrichtung einer direkten +Steuer, ein Alter von 25 Jahren und einjährigen Wohnsitz in der +Gemeinde geknüpft. Die aus den Urwahlversammlungen hervorgehenden ++Wahlmänner+ wählen die Volksvertreter für eine Legislatur von +2 Jahren, desgleichen die Behörden der Departements und ihrer +Distrikte; die Gemeindebeamten und die Richter werden ebenfalls +von den +Aktivbürgern+ gewählt. Aufhebung der Parlamente; neue +Gerichtsverfassung mit +Geschworenengerichten+. Abschaffung des ++Adels+, der Titel und Wappen, sowie der Beschränkung der Presse. + +Um der Finanznot abzuhelfen, erklärt man die geistlichen Güter für +Nationaleigentum und gibt Papiergeld aus (~Assignaten~, Anweisungen +auf den Wert der Nationalgüter). Der Staat übernimmt den Unterhalt der +Geistlichen. + +Auch die Geistlichen werden fortan von den Aktivbürgern gewählt +(+Constitution civile du clergé+), jedes Departement bildet ein Bistum. +Nur ⅓ der Geistlichkeit unterwirft sich der neuen Verfassung durch den +geforderten Eid, daher fortan kirchlicher Zwiespalt. + +Die Aufregung wird vorübergehend beschwichtigt durch das ++Verbrüderungsfest+ (Föderationsfest, 14. Juli 1790), zu welchem +Tausende aus den Provinzen nach Paris kommen. Lafayette schwört im +Namen sämtlicher Nationalgarden der Nation, dem Gesetz, dem König treu +zu sein. Der König gelobt die von der Nationalversammlung beschlossene +und von ihm angenommene Verfassung anzuwenden. + +Mit diesem Gang der Dinge sind die demokratischen ~Klubs~ nicht +zufrieden. Ihr Ziel ist die völlige Beseitigung der Monarchie und die +Gründung einer Republik. Der zahlreichste und einflußreichste ist der +nach seinem Versammlungsort, einem aufgehobenen Jakobinerkloster, +genannte Klub der ~Jakobiner~ (+Robespierre+); zu den in einem +Franziskanerkloster Sitzung haltenden ~Cordeliers~ gehören +Danton+, ++Marat+, +Camille Desmoulins+, +Hébert+; ihnen gegenüber die +gemäßigten, am Königtum festhaltenden ~Feuillants~ (+Lafayette+, ++Bailly+). + +Verbindung des Hofes mit +Mirabeau+, der, nachdem die konstitutionelle +Monarchie begründet ist, die Revolution hemmen und den Umsturz des +Thrones verhindern will. +Necker+ tritt aus dem Ministerium (Sept. +1790), da er die Finanzen nicht in Ordnung zu bringen vermag. + +[1791 (April).] + +Mirabeau †. ~Flucht des Königs~ (20. Juni). Er wird mit seiner Familie +in +Varennes+ (unweit Verdun) angehalten, nach Paris zurückgebracht, +suspendiert und eine Zeitlang in den Tuilerien streng bewacht, dann +wieder eingesetzt, nachdem er am 14. Sept. den Eid auf die revidierte +Verfassung geleistet hat. Die Nationalversammlung löst sich auf, +nachdem sie auf +Robespierres+ Antrag beschlossen hat, daß keins ihrer +Mitglieder für die folgende Versammlung wählbar sei. + +[~1791–1792.~ Okt. Sept.] + +~Gesetzgebende Versammlung~ (Assemblée législative). + +745 neue Abgeordnete. Parteien: die +rechte+ Seite (Feuillants) +wird täglich schwächer. Die +linke+, herrschende Seite zerfällt in +1. gemäßigte Republikaner (~Ebene~, la plaine), darunter die Gruppe +der ~Girondisten~, so genannt wegen hervorragender Mitglieder aus ++Bordeaux+, dem Departement der +Gironde+: +Vergniaud+, +Brissot+ +u. a., meist Anhänger der Föderativ-Republik, 2. ~Bergpartei~ (la +montagne, les montagnards), Radikale, Anhänger der +einen+, unteilbaren +Republik (une et indivisible). + +Der König wird unbeliebt, da er gegen die Beschlüsse über Bestrafung +der den Eid verweigernden +Priester+ und über Nötigung der +Emigranten+ +zur Rückkehr von seinem +Veto+ Gebrauch macht und auf Hilfe von ++Österreich+ hofft. + +[~1792.~ April.] + +Ein girondistisches Ministerium (+Roland+, +Dumouriez+) nötigt den +König, ~Österreich den Krieg zu erklären~. Vermehrte Aufregung, da +der Krieg (S. 313ff.) bei dem zerrütteten Zustande des französischen +Heerwesens anfangs ungünstig verläuft. + +[10. Aug.] + +Aufruhr in Paris, ~Erstürmung der Tuilerien~. Der König flüchtet sich +in den Sitzungssaal der Gesetzgebenden Versammlung, sendet an die treue +Schweizer-Garde den Befehl, das Feuern einzustellen. Die abziehenden +Schweizer vom Volk ermordet. Der König wird wieder suspendiert und als +Gefangener in den +Temple+ (früheres Ordenshaus der Tempelherren, S. +207) gebracht. + +Berufung eines Nationalkonvents zur Feststellung einer ~neuen +Verfassung~. + +[Sept.] + +Ermordung von etwa 3000 »Verdächtigen« in den Gefängnissen von Paris, +auf Anstiften des Gemeinderates (la Commune) und des Justizministers ++Danton+. Die dadurch eingeschüchterte Bevölkerung wählt nur Radikale +in den Convent. + +[~1792–1795.~] + +~Nationalkonvent (Convention nationale).~ + +[Sept. Okt.] + +Parteien: +Girondisten+ und +Bergpartei+. + +[~1792.~ 21. Sept.] + +~Abschaffung des Königtums, Frankreich wird für eine Republik erklärt.~ + +[Dez.] + +Ludwig XVI. vor dem Konvent +angeklagt+ wegen Verrats an der Freiheit +der Nation. Meisterhafte Verteidigungsrede von +de Sèze+; Robespierre +dringt auf Verurteilung des Königs, Vergniaud fordert vergebens +Entscheidung durch Volksabstimmung. + +[~1793.~ Jan.] + +Die Mehrheit des Konvents erklärt den König für schuldig; bei der +Abstimmung über die Strafe stimmen 361, unter ihnen der Herzog Philipp +von Orléans (Égalité) unbedingt für den Tod, 360 für Gefängnis, +Verbannung oder Aufschub der Todesstrafe. + +[21. Jan.] + +~Ludwig XVI. hingerichtet.~ Die Guillotine stand unweit der Tuilerien +auf dem Revolutionsplatze, der später +Place de la Concorde+ genannt +und mit dem Obelisken von +Luxor+ geziert wurde. + +[März.] + +Royalistischer Aufstand in der ~Vendée~ südlich von der Loiremündung. +Der im Temple gefangen gehaltene Dauphin wird als König ~Ludwig XVII.~ +ausgerufen. Heftige Kämpfe bis zu Ende des Jahres, endlich siegen die +Republikaner (12. Dez. bei Le Mans) und üben blutige Rache. + +Im Konvent bekämpfen sich +Girondisten+ und +Bergpartei+, letztere +erlangt das Übergewicht. Die Regierung führt in diktatorischer +Weise der aus 9 Mitgliedern bestehende ~Wohlfahrtsausschuß~ (Comité +du salut public); an der Spitze +Danton+, später +Robespierre+. +Das Revolutionstribunal (+Fouquier-Tinville+) eingesetzt als +außerordentlicher Gerichtshof zur Verurteilung der »Verdächtigen«. +Zwangskurs für die Assignaten, Maximum des Kornpreises beschlossen. + +[~1793.~ 2. Juni.] + +Ein von dem Pariser Gemeinderat geleiteter Pöbelaufstand erzwingt vom +Konvent die Verhaftung von 32 Girondisten. + +Die vom Konvent beschlossene +zweite+, völlig demokratische Verfassung +geht an die Urwählerversammlungen zur Bestätigung, kommt aber nie zur +Ausführung. + +[13. Juli.] + ++Marat+ von +Charlotte Corday+, einer Anhängerin der +Girondisten+, +ermordet. + +[~1793–1794.~] + +~Schreckensherrschaft~ in Frankreich. + +~Robespierre~ an der Spitze. +Revolutionsausschüsse+ im ganzen +Lande. Kommissare des Wohlfahrtsausschusses wüten in den großen +Provinzialstädten (+Tallien+ in Bordeaux, +Lebon+ in Arras, +Carrier+ +in Nantes, +Chalier+ in Lyon). In Toulon Erhebung der Bürger gegen den +Konvent, Aufnahme einer englisch-spanischen Flotte in die vom Konvent +geächtete Stadt. + +[1793. Okt.] + +Hinrichtung der Königin ~Marie Antoinette~ und der verhafteten ++Girondisten+. Schändung der Königsgräber in St. Denis. Einführung +des republikanischen +Kalenders+ (Beginn des Jahres und der neuen +Zeitrechnung mit dem 22. Sept. 1792; Monate: Vendémiaire, Brumaire, +Frimaire; Nivose, Pluviose, Ventose; Germinal, Floréal, Prairial; +Messidor, Thermidor, Fructidor). ~Lyon~ von einer Revolutionsarmee +erobert und zum Teil zerstört (Commune affranchie). + +[Nov.] + +Philipp Egalité, der Herzog von Orléans, Bailly u. a. hingerichtet. +Abschaffung des christlichen Gottesdienstes, Einrichtung des Kultus der +Vernunft. + +[Dez.] + +Eroberung der von englischen, spanischen, sardinischen, +neapolitanischen Truppen verteidigten Seefestung ~Toulon~, +hauptsächlich durch die geschickten Anordnungen des +Artillerie-Hauptmanns ~Napoléon Bonaparte~.[52] + +Greueltaten der Republikaner in der Vendée. + +[~1794.~] + ++Robespierre+ stürzt seine beiden Gegenparteien, den +»ultrarevolutionären« +Gemeinderat+ und die »gemäßigten« +Dantonisten+. +Nach einem mißlungenen Aufstandsversuch werden zuerst die +Ultrarevolutionären (+Chaumette+, +Hébert+, +Cloots+ u. a.), dann die +»Gemäßigten« und »Verderbten« (~Danton~, +Camille Desmoulins+ u. a.) +aufs Blutgerüst geschickt. Robespierre macht dem Vernunftkultus ein +Ende und läßt durch den Konvent das Dasein eines +höchsten Wesens+ +(Être suprême) anerkennen, dessen Fest im Tuileriengarten er als +Oberpriester leitet. Eine Verschwörung unter den Mitgliedern des an +Zahl bereits sehr verringerten Konvents führt + +[~1794.~] + +27. Juli (9. Thermidor) den ~Sturz Robespierres~ herbei. Im Konvent von ++Tallien+ angeklagt und verhaftet, von den Truppen der +Commune+ (S. +310) befreit, wird er im Stadthause nach kurzem Kampfe überwältigt und +am folgenden Tage mit 21 seiner Anhänger hingerichtet; am 29. Juli noch +71 hingerichtet, fast die ganze Commune. + +[~1794–1795.~] + +Der ~Nationalkonvent~ unter der Herrschaft der ~Gemäßigteren~. + +Öffnung der Gefängnisse; gegen den Pöbel und die Jakobiner tritt +die Jugend der wohlhabenden Stände (+Jeunesse dorée+) auf, der +Jakobinerklub wird geschlossen, die noch lebenden Girondisten werden in +den Konvent zurückberufen. Zwei Pöbelaufstände in Paris (1. April und +20. Mai 1795) zu Gunsten der Jakobiner werden von der Nationalgarde und +herbeigerufenen Linientruppen unterdrückt. + +[~1795.~ 8. Juni.] + +Tod des schändlich mißhandelten 10jährigen Dauphins (Ludwig XVII.) im ++Temple+. + +[Aug.] + +Verkündigung einer ~neuen (dritten) Verfassung~: Die ausübende Gewalt +wird einem +Direktorium+ von fünf Personen, die gesetzgebende dem +Rate +der Alten+ (250) und dem +Rate der Fünfhundert+ übertragen, doch sollen +für diesmal ⅔ der Mitglieder beider Räte aus den Konventsmitgliedern +gewählt werden. Gegen diese Wahlbeschränkung erheben sich die von +den Royalisten bearbeiteten Pariser +Sektionen+ (Stadtviertel) zum +Aufstande. Auf +Barras’+ Antrag wird General ~Bonaparte~ an die Spitze +der Truppen des Konvents gestellt. + +[5. Okt.] + +Blutiger +Sieg in den Straßen von Paris+. Darauf Vollziehung der +Wahlen, der Konvent löst sich auf. + +[~1795–1799.~] + +~Direktorialregierung in Frankreich.~ + +Vergebliche Versuche, die zerrüttete Staatsordnung wieder herzustellen. +Den entwerteten Assignaten immer neue hinzugefügt. Unerhörtes +Raubsystem in den besetzten oder eroberten Ländern angeordnet, um Geld +und Kunstschätze aller Art nach Paris zu bringen. Unterdrückung der +Royalisten und der kommunistischen Verschwörung des +Gracchus Babeuf+ +(1796). + + +~Wirkungen der französischen Revolution~: + +l. Frankreich ist nach dem Sturz des unbeschränkten Königtums und nach +schweren inneren Kämpfen zu einer freieren, aber noch wenig befestigten +Verfassung gelangt. 2. Frankreichs +Eroberungslust+, genährt durch +die Notstände im Innern, gefährdet den Bestand des europäischen +Staatensystems. 3. In den übrigen europäischen Staaten (mit Ausnahme +Englands) macht sich das Streben nach Einführung +freier Verfassungen+ +geltend, doch lehren die zunächst folgenden Kriegszeiten auch den Wert +einer starken Monarchie erkennen. + + +§ 2. Frankreichs Kriege gegen das Ausland. + +[~1792–1797.~] + +~Erster Koalitionskrieg.~ + +~Veranlassung~: Zusammenkunft des Kaisers +Leopold II.+ und des Königs ++Friedrich Wilhelm II.+ von Preußen zu ~Pillnitz~ bei Dresden (Aug. +1791); auch Vertreter der +Emigranten+ (S. 307) erscheinen dort. +Eine gebieterische +Erklärung+ gegen Frankreich wird beschlossen und +veröffentlicht. Leopold II. ist noch um Erhaltung des Friedens bemüht, +schließt aber (Febr. 1792) mit Preußen ein Verteidigungsbündnis. Sein +Sohn und Nachfolger + +[~1792–1806.~] + +~Franz II.~ (als Kaiser von Österreich +Franz I.+ bis 1835) empfängt +von +Frankreich+ die Kriegserklärung (S. 310). Der erste Angriff der +Franzosen auf das österreichische +Belgien+ mißlingt. +Lafayette+ führt +seine Absicht, mit Truppen der Nordarmee dem bedrängten König Ludwig +XVI. zu Hilfe zu kommen, nicht aus, wird auf der Flucht (19. Aug.) von +den Österreichern ergriffen und als Gefangener nach Olmütz gebracht +(1797 entlassen). + +[~1792.~ 25. Juli.] + +Drohendes Manifest des Herzogs +Karl Wilhelm Ferdinand von +Braunschweig+, welcher mit 80000 Mann Preußen und Österreichern von +Koblenz aus langsam in Frankreich einrückt. Die Festungen Longwy und +Verdun genommen. + +[20. Sept.] + +Treffen bei +Valmy+; der Herzog von Braunschweig bricht den Kampf ab. +Rückzug durch die Champagne. + +Im Süden +Savoyen+ und +Nizza+ von den Franzosen besetzt, da der König +von Sardinien sich dem Bündnis gegen Frankreich angeschlossen hat. + +[Okt.] + +Der französische General +Custine+ dringt +über den Rhein+ vor, erobert +Speier, Worms, Mainz und Frankfurt. Nur Frankfurt wird von preußischen +und hessischen Truppen bald wieder gewonnen. + +[Nov.] + +Der französische General +Dumouriez+ besiegt die Österreicher bei ++Jemappes+ und erobert +Belgien+. + +[~1793.~] + +Nach der Hinrichtung Ludwigs XVI. treten +England+, +Holland+, ++Spanien+, +Neapel+, das +Deutsche Reich+ dem Bündnis gegen Frankreich +bei. + +[März.] + ++Dumouriez+, von den Österreichern (unter dem Prinzen Friedrich Josias +von Koburg) bei +Neerwinden+ geschlagen, flüchtet mit dem Herzog +von Chartres (Ludwig Philipp, Sohn des Herzogs von Orléans) in das +österreichische Lager, später nach England. + +[Juli.] + +Die Österreicher erobern die Festungen Condé und Valenciennes. ++Custine+, welcher nach Dumouriez’ Flucht in Belgien befehligt, deshalb +abgesetzt und bald darauf in Paris hingerichtet. + +Die Preußen erobern nach längerer Belagerung +Mainz+. Der französische +General +Beauharnais+ bringt zu spät Hilfe, wird abgesetzt und +hingerichtet. + +[Aug.] + +Der Konvent verfügt die Aushebung aller Waffenfähigen vom 18.–25. +Lebensjahre (levée en masse). Energie des Wohlfahrtsausschusses; +~Carnot~ stellt 600000 Mann unter Waffen. + +Erfolgreiche Wendung des Krieges für die Franzosen; die Nordarmee +(General +Jourdan+) siegt bei +Hondschoote+ (unweit Dünkirchen) über +die Engländer, Hannoveraner und Hessen, bei +Wattignies+ (an der +Sambre) über die Österreicher; die Moselarmee (General +Hoche+) erobert +die von General +Wurmser+ besetzten +Weißenburger Linien+ im Elsaß +wieder. + +[~1794.~] + +Jourdan siegt bei +Fleurus+ über den Prinzen von Koburg und erobert ++Belgien+. + +Die Preußen, zweimal siegreich bei +Kaiserslautern+ in der Rheinpfalz +(Mai und Sept., +Blüchers+ Reiterangriffe), gehen dann doch über den +Rhein zurück; die Franzosen besetzen die Reichsstädte +Aachen+ und ++Köln+. + +[~1795.~ Jan.] + +Der französische General +Pichegru+ erobert Holland. Flucht des +Erbstatthalters +Wilhelm V.+ (aus dem Hause Nassau-Diez, welches +1748 dem Hause Nassau-Oranien in der Statthalterwürde gefolgt war) +nach England, Begründung der ~Batavischen Republik~ (1795–1806). Die +Engländer besetzen die holländischen Kolonien +Kapland+ und +Ceylon+. + +[April.] + +~Friede zu Basel~ zwischen +Frankreich+ und +Preußen+. +Öffentliche +Bedingungen+: 1. Frankreich bleibt bis zum endgültigen Frieden mit dem +Deutschen Reich im Besitz des +preußischen+ Gebiets am linken Rheinufer +(halb Cleve, Mörs, Obergeldern). 2. Eine Demarkationslinie (vom Main +bis nach Schlesien) setzt die Neutralität, des nördlichen Deutschlands +fest. +Geheime Bedingung+: Für den Fall, daß beim allgemeinen Frieden +das linksrheinische Deutschland an Frankreich abgetreten wird, erhält +Preußen eine Entschädigung aus rechtsrheinischem Gebiet zugesichert. + +Auch +Spanien+ schließt mit Frankreich Frieden zu +Basel+, indem es +seinen Anteil an der Insel San Domingo abtritt; der Minister +Godoy+ +erhält den Titel Friedensfürst. Die Verwaltung Spaniens unter Karl IV. +(1788–1808) zerrüttet, die Seemacht durch die Engländer fast vernichtet. + +[~1795.~] + +England (Minister William Pitt der Jüngere) verspricht den +Österreichern Subsidiengelder. Wurmser und +Clerfait+ halten die +Rheinlinie gegen Jourdan und Pichegru. + +[~1796.~] + +Erzherzog ~Karl von Österreich~, Bruder des Kaisers Franz, besiegt +den französischen General Jourdan bei +Amberg+ (in der bayrischen +Oberpfalz) und +Würzburg+, wendet sich dann gegen Moreau, der sich +durch den Schwarzwald zurückzieht. Zur selben Zeit + +~Napoleon Bonapartes glänzender Feldzug in Italien.~ Er besiegt wenige +Wochen nach seiner Vermählung mit +Josephine+, Witwe des Generals ++Beauharnais+ (S. 314), von Nizza aus vordringend, die Österreicher +bei +Millesimo+, die Sardinier bei +Mondovi+ und zwingt den König ++Viktor Amadeus+ von Sardinien zum +Frieden+; Abtretung von +Savoyen+ +und +Nizza+ an Frankreich. Nach Erstürmung der Addabrücke bei +Lodi+ +(10. Mai) zieht er in +Mailand+ ein und erobert die ganze +Lombardei+ +bis auf +Mantua+. Die Herzöge von +Parma+ und +Modĕna+, der +Papst+ +und +Neapel+ erkaufen Waffenstillstand und Frieden durch Geld und +Kunstschätze. Papst Pius VI. tritt im Frieden zu +Tolentino+ (Febr. +1797) Avignon und Venaissin, die Romagna und Ancona, Bologna und +Ferrara ab. + +[~1796–1797.~ Juli–Febr.] + +~Belagerung von Mantua.~ Die Österreicher versuchen, die Festung +(General Wurmser) zu entsetzen, werden aber in mehreren Schlachten, +namentlich bei ~Arcole~ (Nov. 1796) und ~Rivoli~ (Jan. 1797) besiegt. + +[~1797.~ März] + +Nach dem Falle Mantuas dringt +Bonaparte+ über die Ostalpen vor gegen +Wien, während +Hoche+ und +Moreau+ wieder über den Rhein gehen. + +Die Bewohner des +venetianischen+ Gebiets erheben sich gegen die +Franzosen, in +Tirol+ und +Böhmen+ wird die Bevölkerung unter die +Waffen gerufen. +Bonaparte+, in Gefahr abgeschnitten zu werden, knüpft +Unterhandlungen an; Friedenspräliminarien zu ~Leoben~ (an der Mur). + +[Mai.] + +Bonaparte kehrt nach Oberitalien zurück und erklärt der Republik +~Venedig~ den Krieg, besetzt Stadt und Gebiet ohne bedeutenden +Widerstand. + +In Oberitalien wird die ~Cisalpinische Republik~ (Mailand, Modĕna, +Ferrara, Bologna, Romagna) eingerichtet; die Republik +Genua+ wird +umgewandelt in die ~Ligurische Republik~; beide von Frankreich abhängig. + +[~1797.~ Sept.] + +Staatsstreich in Paris, die Royalisten aus dem Rat der Alten und dem +Rat der Fünfhundert ausgestoßen, zwei Mitglieder des Direktoriums +(+Carnot+ und +Barthélemy+) zur Deportation verurteilt. Die Republik +wird dadurch auf Betreiben des von Bonaparte nach Paris abgesandten +Generals +Augereau+ befestigt. + +[Okt.] + +~Friede zu Campo Formio~ (bei Udine) zwischen Frankreich und +Österreich. +öffentliche Bedingungen+: 1. Österreich tritt die ++Lombardei+ und die +Niederlande+ (Belgien und Luxemburg, S. 274) +ab, erhält +Venedig+ und dessen Gebiet, S. 304 (Venetien, Istrien, +Dalmatien, aber nicht die Ionischen Inseln). 2. Zur Herstellung des +Reichsfriedens und Festsetzung der Entschädigungen tritt ein Kongreß +zu +Rastatt+ zusammen. +Geheime Bedingung+: Österreich willigt in die +Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich; die beeinträchtigten +Fürsten sollen +in Deutschland entschädigt werden+. + +[~1797–1840.~] + +~Friedrich Wilhelm III., König von Preußen~ (s. Anhang). + +[1797–1799. Dez. April.] + +~Kongreß zu Rastatt~, keine Einigung erzielt. + +[~1798.~ Febr.] + +Die Franzosen besetzen und brandschatzen +Rom+. Errichtung der +~Römischen Republik~. Papst +Pius VI.+ wird als Gefangener nach Valence +(an der Rhone) geführt, wo er im folgenden Jahre stirbt. + +Agitationen in der Schweiz (Waadtland) gegen die Regierung in Bern. +Eindringen der Franzosen. + +[April.] + +Der Bund der Eidgenossen wird in die ~Helvetische Republik~ (19 +gleichberechtigte Kantone, S. 225) umgewandelt; der Bundesschatz (16 +Mill. Francs) ausgeliefert; +Genf+ an Frankreich abgetreten. + +[~1798–1799.~] + +~Bonapartes Zug nach Ägypten~, vorbereitet unter der Maske einer +Unternehmung gegen England, dessen Seeherrschaft zu brechen am ersten +im Mittelländischen Meere gelingen konnte. + +Auslaufen der Flotte aus +Toulon+ (Mai 1798), mit 35000 Mann +unter ~Bonaparte~, +Berthier+, +Kléber+, +Desaix+. Die bisher dem +Johanniterorden (S. 242) gehörige Insel +Malta+ wird für Frankreich in +Besitz genommen. Landung in Ägypten, Einnahme von +Alexandrīa+. Sieg +über die +Mamelucken+ in der Schlacht bei den ~Pyramiden~ (21. Juli), +darauf die Hauptstadt +Kairo+ besetzt. Desaix dringt nach Oberägypten +vor. Französische Gelehrte (+Denon+, Generaldirektor der Museen, unter +ihm die Vendômesäule errichtet) beginnen die Altertümer Ägyptens zu +erforschen (S. 4, Anm. 1). + +[~1798.~ 1. Aug.] + +~Seeschlacht bei Abukir~ (+Nelson+). Die französische Flotte von den +Engländern fast vernichtet, dem Landheere die Verbindung mit Frankreich +abgeschnitten. Kriegserklärung der Türkei an Frankreich. + +Bonaparte unterdrückt einen Aufstand in +Kairo+ und zieht darauf nach ++Syrien+, erstürmt +Jaffa+, kann aber das mit Hilfe von Engländern +verteidigte +St. Jean d’Acre+ (+Akkon+) nicht nehmen. Pest im +französischen Heere, Rückzug nach Ägypten; Landung und Niederlage der +Türken bei ~Abukir~ 1799. + +[~1799–1802.~] + +~Zweiter Koalitionskrieg.~ + +Der englische Minister +William Pitt+ (S. 300) gewinnt +Österreich+, ++Rußland+, +Neapel+, +Portugal+, +die Türkei+ zum Bündnis gegen +Frankreich. Kaiser ~Paul von Russland~ (1796 bis 1801) wird 1798 +zum Großmeister des Malteserordens erwählt; eine russisch-türkische +Flotte vertreibt die Franzosen von den Ionischen Inseln. Preußen unter +Friedrich Wilhelm III. bleibt neutral. + +Eröffnung des Krieges Ende 1798 durch einen Einfall der Neapolitaner +unter dem österreichischen General +Mack+ in die Römische Republik. +Der Einfall wird zurückgeschlagen, der König Ferdinand IV. von Neapel +(S. 305) flieht nach Palermo, sein festländisches Gebiet wird von den +Franzosen besetzt und in die + +[~1799.~ Jan.] + +~Parthenopeische Republik~ verwandelt. Auch der Großherzog Ferdinand +III. von +Toskana+ wird verjagt. Der König Karl Emanuel IV. von ++Sardinien+ entflieht aus Turin nach der Insel Sardinien, seine +festländischen Besitzungen werden in französische Verwaltung genommen +und 1802 in Frankreich einverleibt. + +[März.] + ++Jourdan+, von Erzherzog +Karl+ bei +Ostrach+ und bei +Stockach+ +(nördlich vom Bodensee) geschlagen, geht über den Rhein zurück. + +[April.] + +Auflösung des Kongresses zu Rastatt. Zwei von den abreisenden +französischen Gesandten werden von österreichischen Husaren ermordet. + +[Juni.] + ++Masséna+ bei ~Zürich~ von Erzherzog +Karl+ geschlagen, behauptet aber +seine Stellung am Vierwaldstätter See. Inzwischen ist ein russisches +Heer unter ~Suwōrow~ (geb. 1729) in Italien erschienen und hat sich mit +den Österreichern (unter +Melas+) vereinigt. Die Siege bei ~Cassano~ +und an der ~Trebbia~ bewirken die Auflösung der Cisalpinischen, +Römischen und Parthenopeischen Republik. In Neapel grausames +Blutvergießen nach der mit Unterstützung +Nelsons+ erfolgten Rückkehr +Ferdinands IV. + +Ein neues französisches Heer unter Joubert wird bei ~Novi~ (15. +Aug.) ebenfalls geschlagen; dann muß Suwōrow auf Betreiben des +österreichischen Ministers +Thugut+ Italien räumen und über die Alpen +ziehen (berühmter Marsch über den St. Gotthardpaß), um sich mit dem +zweiten russischen Heere unter +Korsakow+ in der Schweiz zu vereinigen. +Aber dieses Heer war, da Erzherzog +Karl+ sich nach dem Rhein gewandt +hatte, vor Suwōrows Ankunft von Masséna in der +zweiten+ Schlacht bei +~Zürich~ (25. 26. Sept.) geschlagen. Suwōrow gelangt nach weiteren +erstaunlich beschwerlichen Märschen und Kämpfen im Okt. in das +Rheintal, führt dann voll Erbitterung gegen Österreich sein Heer nach +Rußland zurück († 1800). + +[~1799.~ Okt.] + +Ein +englisch-russisches+ Heer unter dem Herzog von +York+ (Sohn +Georgs III.), welches in Holland gelandet war, wird von den Franzosen +zurückgedrängt und durch die Kapitulation bei +Alkmar+ zum Abzug +genötigt. + ++Bonaparte+ eilt, nachdem er den Befehl in Ägypten an +Kléber+ +(ermordet 1800) übertragen hat, mit wenigen Begleitern nach +Frankreich zurück, um das Mißgeschick der französischen Waffen wieder +gutzumachen. Er stürzt im Einverständnis mit den Direktoren +Sieyès+ +und +Roger-Ducos+ und seinem Bruder +Lucian Bonaparte+, Präsidenten des +Rates der Fünfhundert, + +[9. Nov.] + +durch den ~Staatsstreich des 18. Brumaire~ das Direktorium und treibt +am folgenden Tage den Rat der Fünfhundert auseinander. + +[~1799–1804.~] + +~Konsularregierung~, + +~Napoléon Bonaparte~ an der Spitze des Staates als ~erster Konsul~ +auf +10 Jahre+; neben ihm zwei von ihm ernannte Konsuln mit nur beratender +Stimme. + +Die ~neue (vierte) Verfassung~, von +Sieyès+ entworfen, aber von +Napoleon bedeutend verändert, durch Abstimmung von der ganzen Nation +angenommen, läßt den +Schein einer Republik+ bestehen, schafft aber in +Wirklichkeit eine +Militärmonarchie+. Ein +Senat+ (80 reich besoldete +und wenig beschäftigte Senatoren) ernennt aus den von den Departements +eingesandten Namenlisten die +Mitglieder der gesetzgebenden Gewalt+, +die obersten Beamten und Richter. Gesetzgebende Gewalt +ohne+ +Vorschlagsrecht: a) +Tribunat+ (100), verhandelt über die Vorschläge +der Regierung, ohne abzustimmen; b) +Gesetzgebender Körper+ (300), +hat diese Vorschläge +ohne Debatte+ anzunehmen oder abzulehnen. Die ++ausübende Gewalt+ hat der +erste Konsul+, dem ein Staatsrat zur Seite +steht. ~Talleyrand~ (früher Bischof von Autun, dann im Dienst der +Revolution) Minister des Auswärtigen (bis 1807). + +Die Verwaltung wird neu geordnet und wieder zentralisiert (S. 308): +strenge Abhängigkeit der +Präfekten+ in den Departements und ihrer +Unterbeamten von der Regierung in Paris. Ordnung der Finanzen +hergestellt; Verbesserung der Rechtspflege, Ausarbeitung eines neuen +Gesetzbuches (+Code Napoléon+ 1804). + +Die Friedensanträge des ersten Konsuls werden zurückgewiesen, nur +Kaiser +Paul+ von Rußland wendet sich von der Koalition ab. Er erneuert +die bewaffnete Seeneutralität (S. 297). Denselben Zweck verfolgt die ++Nordische Konvention+ zwischen Rußland, Schweden, Dänemark, Preußen +(1800), gegen England gerichtet. + +[~1800.~] + ++Napoleon+ führt sein Heer (32000 Mann) über den +Großen St. Bernhard+ +(Umgehung des Forts +Bard+), schlägt die Österreicher unter +Melas+ +bei ~Marengo~ (14. Juni, Gen. Desaix †, als er Napoleon im kritischen +Augenblick noch zu Hilfe kommt) und stellt die Cisalpinische Republik +wieder her. + +In Deutschland dringt General +Moreau+ unter siegreichen Gefechten +bis +München+ vor, schlägt (3. Dez.) die Österreicher nochmals bei +~Hohenlinden~ (östlich von München), schließt dann Waffenstillstand zu ++Steyer+. + +[~1801.~] + +~Friede zu Lunéville~: 1. +Kaiser und Reich+ willigen in die ~Abtretung +des linken Rheinufers an Frankreich~; die Fürsten, welche Gebiet +verlieren, sollen +in Deutschland entschädigt+ werden. 2. Anerkennung +der Batavischen, Cisalpinischen, Ligurischen, Helvetischen Republik. +-- Deutschland verliert durch diesen Frieden mit Einschluß des +belgischen Gebietes (vgl. S. 225, 316) 63000 qkm. (1150 □ Meil.) mit +beinahe 3½ Mill. Einwohnern. Die schmachvollen Unterhandlungen über die +Entschädigungen ziehen sich ~2 Jahre~ hin. + ++Toskana+ endlich wird zu Gunsten des in +Parma+ regierenden +spanisch-bourbonischen Herzogs Ludwig I. (S. 284) in ein von Frankreich +abhängiges +Königreich Etrurien+ verwandelt. Ferdinand III. von Toskana +erhält dafür das vergrößerte Erzbistum Salzburg und die Kurwürde. +Ebenso tauscht Herzog +Herkules III.+ von +Modena+ (S. 341) gegen sein +Land den Breisgau und die Ortenau ein. + +[~1801–1825.~] + +~Alexander I., Kaiser von Russland~, nach Ermordung seines Vaters Paul +I. durch Verschworene. Aussöhnung Rußlands mit +England+, Auflösung der +Nordischen Konvention. + +[~1801.~] + +~Die Franzosen räumen Ägypten~; das Heer wird auf englischen Schiffen +nach Frankreich zurückgebracht. + +~Konkordat~ zwischen dem neuen (S. 316) Papst +Pius VII.+ und der +französischen Republik. Der Papst erkennt die Einziehung der +Kirchengüter an, willigt ein, daß die Erzbischöfe und Bischöfe von +der französischen Regierung ernannt werden, und behält sich nur die +Bestätigung vor, begnügt sich mit dem Besitz des +verkleinerten+ +Kirchenstaats (S. 315). + +[~1802.~ März.] + +~Friede zu Amiens~ zwischen Frankreich und England (nach Rücktritt des +Ministers +Pitt+): + +1. Herausgabe aller von England gemachten Eroberungen an Frankreich +und seine Verbündeten mit Ausnahme von +Trinidad+, welches Spanien, +und +Ceylon+ (S. 314), welches die Batavische Republik abtritt. 2. ++Malta+ (von den Engländern 1800 erobert) soll dem Johanniterorden +zurückgegeben werden. Infolge dieses Friedens ebenfalls +Friede+ +zwischen +Frankreich+ und der +Pforte+. + +Stiftung des +Ordens der Ehrenlegion+; monarchisches Auftreten ++Napoleons+. Er läßt sich zum Präsidenten der +Italienischen+ (bisher +Cisalpinischen) Republik wählen und übernimmt auf Grund einer +Volksabstimmung in Frankreich (3½ Millionen Stimmen) das + +[~1802.~ Aug.] + +~Konsulat auf Lebenszeit~. +Elba+ und +Piemont+ werden mit Frankreich +vereinigt. Die +Helvetische Republik+ erhält durch die +Mediationsakte+ +eine neue Verfassung (1803). + +Für die inneren Verhältnisse ~Deutschlands~ wird der Friede zu +Lunéville nach einem von +Frankreich+ und +Rußland+ festgesetzten +Entschädigungsplan zur Ausführung gebracht durch den + +[~1803.~ Febr.] + +~Reichsdeputations-Hauptschluß~ zu Regensburg. Von +geistlichen+ +Ständen bleiben nur: 1. der bisherige Kurfürst von Mainz, von jetzt +ab +Kurerzkanzler+ und Fürst Primas (v. Dalberg), mit einem Gebiet, +gebildet aus Überresten des Erzstifts Mainz auf dem +rechten+ +Rheinufer, dem Bistum +Regensburg+ und den Städten +Regensburg+, ++Aschaffenburg+ und +Wetzlar+; 2. der +Johanniter+- und der ++Deutschordensmeister+. Von den 52 freien +Reichsstädten+ bestehen +nur ~6~ fort, die 3 Hansestädte +Lübeck+, +Hamburg+, +Bremen+, +ferner +Frankfurt+, +Augsburg+, +Nürnberg+. Alle übrigen geistlichen +Gebiete und Reichsstädte werden zu Entschädigungen verwendet. +Die Kurfürstentümer +Trier+ und +Köln+ gehen ein. +Vier neue +Kurfürstentümer+: Hessen-Kassel, Baden, Württemberg, Salzburg. + ++~Hauptsächlichste Entschädigungen~+: 1. Großherzog von ~Toskana~: ++Salzburg+ und +Berchtesgaden+. 2. Herzog von ~Modĕna~: +Breisgau+ +(wofür Österreich die Stifter +Trient+ u. +Brixen+ erhält). 3. +~Bayern~: Bistümer +Würzburg+, +Bamberg+, +Freising+, +Augsburg+, +Abteien und Reichsstädte in Franken und dem östlichen Schwaben. 4. +~Baden~ erhält den rechtsrheinischen Teil der +Pfalz+ (Heidelberg, +Mannheim) und der Bistümer Straßburg, Speier, Basel, Konstanz. +5. ~Württemberg~: mehrere Klöster und Reichsstädte, besonders ++Reutlingen+, +Eßlingen+, +Heilbronn.+ 6. ~Preußen~: die Bistümer ++Münster,+ +Paderborn,+ +Hildesheim,+ das mainzische +Thüringen+ +(Eichsfeld und Erfurt), mehrere Abteien, besonders +Quedlinburg+, und +die Reichsstädte +Mühlhausen,+ +Nordhausen,+ +Goslar.+ 7. ~Oldenburg~: +Bistum +Lübeck.+ 8. ~Hannover~: Bistum +Osnabrück+. 9. ~Wilhelm~ von +~Oranien,~ Sohn des Erbstatthalters von Holland: Stifter +Fulda+ +und +Corvey.+ Im allgemeinen +gewinnen+ die entschädigten Fürsten +bedeutend an Gebiet und Untertanen, z.B. erhält Preußen 13000 qkm (240 +□ Meilen), für 2600 qkm (48 □ Meilen); die übergroße Zahl der deutschen +Kleinstaaten wird vermindert. + + +§ 3. Machtentfaltung des ersten französischen Kaiserreiches. + +[1803.] + +Neuer Bruch zwischen +Frankreich+ und +England+. England gibt Malta +nicht heraus, fordert die Entfernung französischer Truppen aus der +Batavischen Republik und der Schweiz, auch Herausgabe von Piemont. +Aufenthalt der bourbonischen Prinzen in London. Die Franzosen ~besetzen +Hannover;~ das Lager bei +Boulogne+ bedroht England mit einer Landung. +William +Pitt+ wiederum leitender Minister in England († 1806). + +[1804.] + +Verschwörung gegen das Leben des ersten Konsuls entdeckt. +Pichegru+ +erdrosselt im Gefängnis gefunden, +George Cadoudal+ hingerichtet, ++Moreau+ verbannt, geht nach Amerika. Der +Herzog von Enghien+ +(bourbonischer Prinz von der Nebenlinie Condé) wird als an der +Verschwörung beteiligt aus Ettenheim in Baden mit Gewalt entführt und +auf Napoleons Befehl in Vincennes (bei Paris) erschossen. Tribunat +und Senat beschließen die Umwandlung der Republik Frankreich in ein +erbliches +Kaiserreich+; der Beschluß wird durch +Volksabstimmung+ (mit +über 3½ Mill. Stimmen) genehmigt. + +[1804. 2. Dez.] + ++Napoleon+ krönt sich und seine Gemahlin +Josephine Beauharnais+ in der +Kirche +Notre-Dame+ zu Paris, nachdem Papst Pius VII. die Ceremonie der +Salbung vollzogen hat. + +[~1804–1814(15).~] + +~Napoleon I., Kaiser der Franzosen.~ Einrichtung eines glänzenden +Hofstaates. Großwürdenträger, 18 Maréchaux de l’Empire. Neuer Adel. ++Senat+ und +gesetzgebender Körper+ bleiben, aber ohne selbständige +Befugnisse, das Tribunat wird 1807 aufgehoben. + +[1805.] + ++Napoleon+, ~König von Italien.~ Sein Stiefsohn +Eugen+ +Beauharnais, +Vizekönig+ von Italien. Die +Ligurische Republik+ wird in Frankreich +einverleibt. + + ~Die Familie Bonaparte.~ + + Carlo Bonaparte, †1785, Gem. Maria Lätitia Ramolino, †zu Rom 1836. + ____________________________|________________________________... + | | | | + ~Joseph,~ ~Napoléon I.~ Lucian, Elise, + K. v. Neapel 1806, 1804–1814, F. v. Canino, Fürstin von + K. v. Span. 1808, †1821. †1840. Piombino, + †als Gr. v. Gem. | †1820. + Sur-villiers 1. Josephine | + 1844. Beauharnais, Karl Lucian, + †1814. F. v. Canino. + 2. Marie Luise v. + Österreich, †1847. + (Hzgin. v. Parma.) + ______________|______________________________ + | | | + Stiefkinder: Adoptiert: Eigenes Kind: + a) Eugen, b) Hortense, c) Stephanie, Napoleon (II.), + Vizek. v. Gem. v. Ludw., Großhzgin. König v. Rom, + Italien K. v. Holland, v. Baden, †als Hz. + (Gem. Przn. †1837. †1860. v. Reichstadt + v. Bayern), 1832. + †als Hz. v. + Leuchtenberg + 1824. + |_____________________________________________________________________ + | | | | | | + Josephine Eugenie August, Amalie Theodelinde Max, + (Gem. Oskar (Gem. Fürst von Hz. v. (Gem. Pedro I., (Gem. Gr. v. Hz. v. + I., König Hohenzollern- Leuchtenberg Kaiser Württemberg) Leuchtenberg, + von Hechingen), (Gem. d. v. †1857. †1852. + Schweden) †1847. Kgin. v. Brasilien), + †1876. Portugal). †1873. + †1835. + + + Carlo Bonaparte, †1785, Gem. Maria Lätitia Ramolino, †zu Rom 1836. + ...____________________________|_________________ + | | | | + ~Ludwig,~ Pauline, Karoline, Jérôme, + K. v. Holland (Gem. Fürst (Gem. Joachim K. v. Westf. + (Gem. Hortense, v. Borghese), Murat, K. von (Gem. Przn. + Stieftochter †1825. Nepal), v. Württemb.), + Napoleons I.). †1839. †1860. + †1846. | + | | + __|____________ Jérôme Napoléon, †1891, + | | Gem. Clotilde v. Italien, †1911. + Ludwig, Karl Ludwig _____________|_____________ + Großhzg. v. (seit dem | | | + Berg u. Tode seines Napoleon Victor, Louis. Maria Lätitia, + Cleve, Bruders gen. Gem. Clementine Gem. Amadena, + †1831. ~Louis Napoléon~) v. Belgien. Hz. v. Aosta, + als Kaiser †1890 (König v. + ~Napoléon III.~, Gem. Eugenie Montijo, Spanien + 1852–1870. †1873. Gräfin v. Teba. 1870–1873). + |____________________| + | + Napoleon (Prince-Impérial), + †1879. + +Napoleons Pläne zur Vernichtung Englands (die Flotte in +Brest+ soll +die Landung des Heeres in England decken, die Geschwader in +Toulon+ +und +Rochefort+ die englische Flotte nach Westindien locken) werden +vereitelt durch +Nelsons+ energische Maßregeln und durch den + +[~1805.~] + +~Dritten Koalitionskrieg.~ + ++England, Rußland, Österreich+ und +Schweden+ (+Gustav IV+., 1792–1809) +einigen sich zur Herstellung des europäischen Gleichgewichts. +Spanien+ +mit Frankreich verbündet. + +Das Lager bei +Boulogne+ wird aufgehoben. Die französischen Heere +rücken unter +Davout, Soult, Lannes, Ney+ nach dem Rhein zu gegen +Österreich, +Napoleon+ vereingt seine Truppen (200000 Mann) an der +oberen Donau. +Bernadotte+, von Hannover kommend, marschiert durch das +neutrale ansbachische Gebiet Preußens. ~Bayern, Württemberg, Baden~ +verstärken Napoleons Heer. Nach mehreren unglücklichen Treffen wird der +österreichische General + +[~1805.~ Okt.] + +~Mack~ in ~Ulm~ mit 25000 Mann zur Ergebung genötigt und kriegsgefangen. + +Der Seekrieg (seit 1803) von England glänzend beendet durch + +[21. Okt.] + +~Nelsons Seesieg bei Trafalgar~ unweit Cadiz über die französische und +spanische Flotte, welche auf Napoleons bestimmten Befehl aus Cadiz +ausgelaufen war. +Nelson+ † (»England expects every man to do his +duty«). + +Die Franzosen marschieren auf ~Wien~, das Napoleons Schwager +Murat+ +ohne Widerstand einnimmt. Erzherzog +Karl,+ der in Italien mit ++Masséna+ gekämpft hat, zieht sich über die Ostalpen zurück; ein +russisches Heer unter +Kutūsow+, ein zweites unter +Kaiser Alexander+ +rückt heran. + +[3. Nov.] + +Bündnis Alexanders mit Friedrich Wilhelm III. zu +Potsdam+ (am Sarge +Friedrichs d. Gr.). + +[2. Dez.] + +~Drei-Kaiser-Schlacht bei Austerlitz~ (in Mähren). +Napoleon+ siegt +über die vereinigten +Russen+ und +Österreicher+, ehe Erzherzog Karl +angekommen ist. Waffenstillstand mit Österreich, Rückzug der Russen. + +[15. Dez.] + +Vertrag +Preußens+, das soeben noch bereit war, der Koalition +beizutreten, mit +Napoleon+ zu +Schönbrunn+ (Gesandter Graf Haugwitz). +Preußen tritt an Frankreich den rechtsrheinischen Rest von +Cleve+ +(+Wesel+) und +Neuchâtel,+ an Bayern, das +Berg+ an Frankreich +überläßt, +Ansbach+ ab, erhält dafür (das den Engländern erst +abzuringende) +Hannover,+ schließt mit Frankreich ein Schutz- und +Trutzbündnis. + +[26. Dez.] + +~Friede zu Preßburg~: 1. Österreich tritt +Venedig+ nebst Gebiet (S. +316) an das Königreich +Italien+ ab, als dessen König es ~Napoleon~ +anerkennt. 2. Österreich tritt an ~Bayern~ ab: +Tirol,+ +Vorarlberg,+ ++Burgau,+ +Lindau,+ ferner die Bistümer +Brixen, Trient, Eichstädt, +Passau+; außerdem erhält Bayern die freie Stadt +Augsburg+. 3. Von +Österreich erhalten ~Württemberg~ und ~Baden~ die noch übrigen +vorderösterreichischen Besitzungen in Oberschwaben, den Breisgau, die +Stadt +Konstanz+ u. a., dazu kommen die Gebiete des Deutschen Ordens +und der Johanniter (Malteser) in Süddeutschland (Mergentheim, s. S. +179). 4. Bayern und Württemberg werden als ~Königreiche~ anerkannt. 5. +Österreich erhält als Entschädigung: +Salzburg, Berchtesgaden+ und die +Güter des +Deutschen Ordens+; der Kurfürst von +Salzburg+ bekommt von +Bayern +Würzburg+ als Entschädigung. ~Rußland~ bleibt im Kriegsstande, +ebenso England und Schweden. + +[~1805.~ Dez.] + +Das Haus Bourbon in +Neapel+ (S. 305) wird durch eine Verfügung +Napoleons aus Schönbrunn (+La dynastie de Naples a cessé de régner+) +entthront. Von Paris aus verfügt er weiter über die unterworfenen +Länder. + +[~1806.~] + +~Joseph~, Napoleons älterer Bruder, wird König von Neapel. Der Hof von +Neapel zieht sich nach +Palermo+ zurück. Sicilien ist für Napoleon +unerreichbar, da die Engländer das Meer beherrschen. + +~Joachim Murat,~ Schwager Napoleons, wird Großherzog von +Berg+ (bisher +zu Bayern gehörig, S. 289, 323). Marschall ~Berthier~ wird Fürst von ++Neuchâtel+. ~Louis~ Bonaparte, Napoleons dritter Bruder, Gemahl seiner +Stieftochter +Hortense Beauharnais,+ wird König von ~Holland~ (frühere +Batavische Republik). Seine Schwestern +Elise+ und +Pauline+ erhalten +die Fürstentümer +Piombino+ (mit +Lucca+ und +Carrara+) und +Guastalla+. + +[Juli.] + +~Errichtung des Rheinbundes~ (s. S. 266). + +Napoleon ~Protektor.~ Der bisherige Kurerzkanzler des Reiches +Fürst +Primas+ des Rheinbundes, die Könige vor +Bayern+ und +Württemberg+, +Großherzöge von +Baden, Hessen Darmstadt+ und +Berg+, Herzog von ++Nassau+ u. a. treten bei. Die andern regierenden deutschen Fürsten +schließen sich nach und nach an mit Ausnahme derer von +Österreich, +Preußen, Braunschweig+ und +Kurhessen+. + +Viele bis jetzt reichsunmittelbare Fürsten (Fürstenberg, Öttingen, +Hohenlohe, Thurn und Taxis, Leiningen, Solms, Sayn-Wittgenstein +u. a.), Grafen (Castell, Erbach, Stolberg, Metternich u. a.) und +Ritter (Reichsfreiherr vom +Stein+) werden als +Mediatisierte+ den +Rheinbundfürsten untertan; die bisherige Reichsstadt +Nürnberg+ kommt +an Bayern, +Frankfurt+ an den Fürsten Primas +Dalberg+ (+Großherzog von +Frankfurt+). Der Rheinbund hat dem französischen Kaiserreich 63000 Mann +Truppen zu stellen. + +Kaiser +Franz+, der schon 1804 den Titel ~Kaiser von Österreich~ +angenommen hatte, legt (6. Aug.) die deutsche Kaiserwürde nieder. ~Ende +des alten Deutschen Reiches~. + +[~1806–1807.~] + +~Krieg Frankreichs gegen Preußen und Rußland.~ + ++Gründe der preußischen Kriegserklärung+: Errichtung des Rheinbundes, +Wegnahme von +Essen+ und +Werden+ durch den Großh. von Berg; Anerbieten +Napoleons an England, Preußen das ihm soeben aufgedrängte Land ++Hannover+ wieder abzunehmen, während er Preußen zur Bildung eines ++norddeutschen Bundes+ auffordert (den betreffenden Fürsten aber +heimlich abrät). + +Gefahrvolle Lage Preußens beim Ausbruch des Krieges. Das Heerwesen +veraltet (Kanton- und Werbesystem), die Leitung unentschlossen. Keine +Bundesgenossen außer +Kursachsen, Weimar+ (Herzog +Karl August+), ++Oldenburg, Mecklenburg+ und dem fernen +Rußland+; dazu Entzweiung mit +England wegen Hannover. + +[~1806.~ Sept.] + +Zusammenziehung des preußischen Heeres in Thüringen unter Anführung des ++Herzogs von Braunschweig+ (S. 313). + +[10. Okt.] + +Die Vorhut der Preußen bei ~Saalfeld~ geschlagen, Prinz +Louis +Ferdinand+, Neffe Friedrichs des Großen (geb. 1772), fällt. Das +Hauptheer wird in der + +[14. Okt.] + +~Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt~ vollständig besiegt. Bei +Jena+ +kämpft Napoleon selbst gegen den Heeresteil des Fürsten Hohenlohe, +bei +Auerstädt+ Marschall Davout gegen den Herzog von Braunschweig +und König Friedrich Wilhelm III. Rückzug des geschlagenen Heeres +über Magdeburg; die Festung +Erfurt+ ergibt sich am 16. Oktober. Die +Reservearmee unter Prinz Eugen von Württemberg wird am 17. Oktober +bei +Halle+ von Bernadotte geschlagen. +Spandau+ ergibt sich am 25. +Oktober, am 27. zieht Napoleon in ~Berlin~ ein. Friedrich Wilhelm III. +flüchtet mit der königlichen Familie über Küstrin und Graudenz nach +Königsberg. + +Hohenlohe kapituliert mit 10000 Mann bei +Prenzlau+ (28. Okt.). ++Blücher+[53] schlägt sich mit 18000 Mann durch bis +Lübeck+, wird +dort von französischer Übermacht besiegt (6. Nov.) und ergibt sich +mit dem Rest seiner Truppen (9400 Mann) bei +Ratekau+ (7. Nov.). Sehr +bald ergeben sich die Festungen +Stettin+, +Küstrin+, +Magdeburg+, ++Hameln+; dagegen ~Kolberg~ (+Gneisenau+, +Schill+, +Nettelbeck+) und +~Graudenz~ (+Courbière+) halten sich tapfer bis zum Frieden. + +Ganz Norddeutschland von den Franzosen besetzt. Der bei Auerstädt +schwer verwundete Herzog von Braunschweig stirbt als Flüchtling (10. +Nov.) zu Ottensen bei Hamburg. + +[21. Nov.] + +Von Berlin aus verfügt Napoleon die ~Kontinentalsperre~ gegen England. +Einmarsch der Franzosen, Bayern und Württemberger in +Schlesien+, wo +nur die Festungen +Kosel+ und +Glatz+ sich behaupten. + +[Dez.] + +Napoleon schließt in +Posen+ Frieden und Bündnis mit dem Kurfürsten ++Friedrich August III.+ von ~Sachsen~, welcher als König dem Rheinbunde +beitritt. Inzwischen sind zwei +russische Heere+ herangekommen; blutige +Gefechte bei +Pultusk+ zwischen Russen und Franzosen. Letztere beziehen +Winterquartiere an der Weichsel (Napoleon 2. Jan. in Warschau), dringen +dann nach Ostpreußen vor. + +[~1807.~ 7. u. 8. Febr.] + +~Schlacht bei Preußisch-Eylau.~ Der mörderische Kampf bleibt +unentschieden, doch schlagen die Preußen (unter +L’Estocq+ und ++Scharnhorst+) den rechten Flügel der Franzosen zurück. Abermals +Winterquartiere. König +Friedrich Wilhelm III.+ geht mit seiner +Gemahlin +Luise+, Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz (geb. 1776) und +seinen Kindern nach +Memel+ + +[26. Mai.] + +~Danzig~ nach tapferer Verteidigung (Gen. +v. Kalkreuth+) von den +Franzosen genommen. Nach mehreren unentschiedenen Treffen siegt +Napoleon in der + +[14. Juni.] + +~Schlacht bei Friedland~ über die +Russen+. +Königsberg+ und das Land +bis zum +Niemen+ von Napoleon besetzt. Waffenstillstand. Zusammenkunft ++Napoleons+, +Alexanders+ und +Friedrich Wilhelms III.+ auf dem ++Niemen+. Vergeblicher Versuch der Königin Luise, Napoleon zu milden +Friedensbedingungen zu bewegen. + +[7. u. 9. Juli.] + +~Friede zu Tilsit. A. Rußland~ erkennt 1. das Herzogtum +Warschau+ +(gebildet aus bisher preußischen Gebieten, S. 298) unter dem +Könige von Sachsen an. +Danzig+ wird freie Stadt, ein Teil von ++Neu-Ostpreußen+ (+Bialystock+) an Rußland abgetreten. 2. Rußland +erkennt +Joseph Bonaparte+ als König von Neapel, +Louis Bonaparte+ +als König von Holland, +Jérôme Bonaparte+ als König des neu zu +bildenden Königreichs +Westfalen+, ferner den Rheinbund an. 3. Es +nimmt Napoleons Vermittelung zum Frieden mit den Türken an (1806 +russische Kriegserklärung an die Türkei wegen Verletzung des Friedens +von +Jassy+, S. 297), +Napoleon+ dagegen die Vermittelung +Alexanders+ +zum Frieden mit England. In einem +geheimen+ Artikel verpflichtet +sich Alexander, falls England den Frieden nicht annimmt, zu einem +Bündnis mit Frankreich gegen England ~B. Preußen~ tritt ab: a) zur +freien Verfügung Napoleons +alle Länder zwischen Rhein und Elbe,+ +b) an +Sachsen+ den Kottbuser Kreis, c) zur Bildung des Herzogtums ++Warschau+ alle nach 1772 von Polen gewonnenen Länder, auch +Danzig+ +und Gebiet. 2. Es erkennt die drei Brüder Napoleons als Könige an. 3. +Alle preußischen Häfen sind bis zum Frieden mit England dem britischen +Handel verschlossen. -- Über die Rückgabe und Räumung der preußischen +Provinzen und Festungen bestimmt der +Vertrag zu Königsberg+ (12. +Juli), daß erst alle rückständigen Kriegsentschädigungen von Preußen +abgetragen werden müssen. + +Die Entschädigungen, nach preußischer Rechnung noch 19 Millionen +Franks, nach französischer 154, werden 1808 durch den +Vertrag zu +Paris+ auf 140 Millionen festgesetzt; auch wird bestimmt, daß Preußen +nur ein Heer von 42 000 Mann halten dürfe. Starke französische +Besatzungen bleiben in den Oderfestungen +Stettin, Küstrin, Glogau+; +das übrige Land wird Ende 1808 geräumt. Bis dahin muß der von 5570 auf +2877 □ Meilen verminderte preußische Staat 150000 Franzosen ernähren. + +[1807. Aug.] + +Gründung des ~Königreichs Westfalen~ (Hauptstadt +Kassel+) durch +eine Verfügung Napoleons, der sich die Hälfte der Domänen vorbehält. ++Hannover+ bleibt von den Franzosen besetzt, ebenso die Städte +Danzig+ +und +Erfurt+. + +~Schweden~ unter +Gustav IV.+ (1792–1809) verharrt in Feindschaft gegen +Frankreich. +Stralsund+ und +Rügen+ werden von französischen Truppen +besetzt (1807, Aug.), +Finnland+ von russischen. + +Gewalttat der Engländer gegen ~Dänemark~, das aufgefordert war, ein +Bündnis zu schließen und seine Flotte den Engländern in Gewahrsam zu +geben. Eine englische Flotte beschießt (1807, Sept.) +Kopenhagen+ und +führt die dänische Flotte weg. Die Insel +Helgoland+ wird englische +Seestation. Bündnis +Dänemarks+ mit Frankreich; +Rußland+ erklärt den +Krieg an England. + +~Portugal~, welches, mit England verbündet, dem Kontinentalsystem +nicht beitreten will, wird von einem französischen Heere unter +Junot+ +besetzt (1807, Nov.). Die königliche Familie flieht nach Brasilien. + +In ~Spanien~ rücken unter dem Vorwande, die Küsten gegen die Engländer +zu schützen, 80000 Franzosen ein. König +Karl IV.+ dankt infolge eines +gegen seinen Günstling +Godoy+ (S. 315) ausgebrochenen Aufstandes zu +Gunsten seines Sohnes +Ferdinand VII.+ ab (1808, März). Vater und Sohn +geraten in Streit, werden von Napoleon nach +Bayonne+ gelockt und +gezwungen, dem Throne zu entsagen (Mai). Napoleon ernennt seinen Bruder +~Joseph~ zum König von Spanien; an Josephs Stelle wird Murat König von +Neapel. +Etrurien+ (S. 319) mit Frankreich vereinigt. + +Allgemeiner ~Aufstand der Spanier~; der französische General Dupont +wird bei +Baylen+ (in der Sierra Morena) mit 20000 Mann gefangen +(1808, Juli). Die Engländer unter +Wellesley+ (geb. 1769, anfangs in +holländischen Diensten, dann 1796–1805 Offizier in Ostindien, † 1852) +landen in Portugal und zwingen Junot bei +Cintra+ zur Ergebung (Aug.); +er wird mit 21000 Mann auf englischen Schiffen nach Frankreich gebracht. + +[~1808–1814.~] + +~Krieg Napoleons in Spanien und Portugal.~ + +Napoleon, seit dem ~Fürstentag zu Erfurt~ (1808, Okt.), wo ihm 4 ++Könige+ und 34 +Fürsten+ und Prinzen aus Deutschland ihre Huldigungen +darbringen, enger mit +Kaiser Alexander+ verbündet, eilt selbst mit +150000 Mann nach Spanien, rückt bis +Madrid+ vor, vertreibt (mit ++Soult+) die Engländer aus Spanien, kehrt dann nach Paris zurück +(1809, Jan.). Fortdauernder Volkskrieg (Guerilla) der Spanier, von den +Engländern unterstützt. Die Festung +Saragossa+ wird nach heldenmütiger +Verteidigung (General +Palafox+) im Februar 1809 von den Franzosen +erobert. General +Wellesley+ nötigt den Marschall Soult zum Abzug aus ++Oporto+, wird nach dem Siege über +Joseph+ bei +Talavera+ (1809, Juli) +zum ~Lord Wellington~ erhoben und leitet die fernere Kriegführung in +Spanien mit Ausdauer und Umsicht (S. 331, 337 ff.). + +[~1807–1811.~] + +~Neubau des preußischen Staates.~ + +König Friedrich Wilhelm III. beruft den Freiherrn ~vom Stein~[54] als +leitenden Minister nach Königsberg. +Aufhebung der Erbuntertänigkeit+ +1807 (9. Okt.), +Städteordnung+ 1808 (19. Nov.). Vereinfachung der +Ministerien und Verwaltungbehörden. Auf Verlangen Napoleons Stein +entlassen Nov. 1808; dann durch ein Dekret Napoleons aus Madrid +geächtet flieht er nach Österreich. Sein Nachfolger ~v. Hardenberg~[55] +ordnet die Steuern, führt +Gewerbefreiheit+ ein. Gleichzeitig ++Neuordnung des Heeres+ auf Grund der ~allgemeinen Wehrpflicht~ (1814 +gesetzlich eingeführt) durch ~Scharnhorst~.[56] Seine Mitarbeiter +v. +Gneisenau+, +v. Grolmann+, +v. Boyen+, +v. Clausewitz+ u. a. + +In +Berlin+ hält +Fichte+, während noch französische Besatzung dort +liegt, seine »Reden an die deutsche Nation«. Friedrich Wilhelm III. +kehrt Ende 1809 von Königsberg nach Berlin zurück. ~1810~, am ~19. +Juli~, Tod der edlen Königin +Luise+ in Hohenzieritz. Errichtung der ++Berliner Universität+ (W. v. Humboldt, Fichte, Niebuhr, Savigny, +Schleiermacher). 1811 eröffnet +F. L. Jahn+ den ersten +Turnplatz+ in +der Hasenheide bei Berlin. + +Die Befreiung Deutschlands und Europas von dem französischen Joche +wird vorbereitet. (+E. M. Arndts+ Schrift: Geist der Zeit, die +Lieder +Th. Körners+, +Fr. Rückerts+ [Geharnischte Sonette], +M. v. +Schenkendorfs+.) Vergebens versucht Österreich (leitender Minister seit +1805 Graf +Stadion+) allein diese Befreiung, als Napoleon durch den +Kampf in Spanien gehemmt zu sein scheint. + +[~1809.~] + +~Krieg gegen Österreich.~ + +Erzherzog +Karl+, als Befehlshaber des nach +Bayern+, Erzherzog ++Johann+ an der Spitze des nach +Italien+ vorrückenden österreichischen +Heeres, fordern die deutschen Völker auf zur Teilnahme an dem Kampfe +gegen die französische Herrschaft. Nur +Tirol+ erhebt sich (+Andreas +Hofer+, +Speckbacher+, +Haspinger+). + +Napoleon greift, namentlich mit ~deutschen~ Truppen, den Erzherzog ++Karl+ in Bayern an, drängt ihn nach + +[April.] + +fünftägigen Gefechten bei +Abensberg+, +Landshut+, +Eckmühl+ und ++Regensburg+ über die Donau nach + +[13. Mai.] + +Böhmen und besetzt ~Wien~ zum zweitenmal. Sein Versuch, von der Insel ++Lobau+ aus das linke Donauufer zu besetzen, wird vereitelt durch die +blutige + +[21. u. 22. Mai] + +~Schlacht bei Aspern und Eßling~. Napoleon zum erstenmal +geschlagen+ +von Erzherzog +Karl+. Er muß über die Donau zurückweichen (+Masséna+), +behauptet aber Wien und vereinigt sich mit dem Vizekönig +Eugen+, +welcher den Erzherzog +Johann+ aus Ober-Italien nach Ungarn verfolgt +und bei +Raab+ besiegt hatte. Mit 180000 Mann geht Napoleon wieder über +die Donau, schlägt den Erzherzog +Karl+ in der mörderischen + +[5. u. 6. Juli.] + +~Schlacht bei Wagram~ und verfolgt ihn nach Mähren. Waffenstillstand +zu +Znaim+. An die Stelle des Grafen +Stadion+ tritt +Metternich+ als +leitender Minister Österreichs. + +[~14. Okt.~] + +~Friede zu Wien (Schönbrunn)~: Österreich tritt ein Gebiet von 110000 +qkm (2000 □ Meilen) ab: +Salzburg+ und das +Innviertel+ an +Bayern+, ++Westgalizien+ an das Herzogtum Warschau, einen Teil +Ostgaliziens+ an +Rußland, die +Länder jenseits der Sau+ nebst +Istrien+ und +Dalmatien+ +an Napoleon, der daraus einen neuen +Staat der illyrischen Provinzen+ +bildet. + +Die +Tiroler+, welche dreimal die Feinde aus +Innsbruck+ vertrieben +hatten (Kämpfe am Berge Isel), kämpfen tapfer weiter, unterliegen aber +der Übermacht (Nov.). ~Hofer~ wird verraten und (1810, Febr.) von +den Franzosen ~in Mantua erschossen~. Tirol bleibt unter bayrischer +Herrschaft; +Süd-Tirol+ kommt an das +Königreich Italien+. + +[~1809.~ 28. April.] + +Kühner Zug des preußischen Majors ~v. Schill~, der mit seinem +Husarenregiment von +Berlin+ auszieht und die Deutschen zum +Freiheitskampf aufruft. Oberst +Dörnberg+ will Jérômes Regierung in +Kassel stürzen. Die Nachrichten von Napoleons ersten Siegen vereiteln +diese Unternehmung. Dörnberg rettet sich nach Böhmen. Schill kämpft +bei +Dodendorf+ (unweit Magdeburg) gegen westfälische Truppen, zieht +weiter nach +Dömitz+ (an der unteren Elbe), fällt tapfer kämpfend +in +Stralsund+ (31. Mai). 11 seiner Offiziere werden in +Wesel+ +kriegsrechtlich erschossen, die gefangenen Soldaten auf Napoleons +Befehl zur Zwangsarbeit verurteilt und nach Frankreich geschleppt. + +Rachezug +des Herzogs+ ~Friedrich Wilhelm von Braunschweig~ gegen +die Räuber seines Landes. Er sammelt eine Freischar in Schlesien +und Böhmen, zieht durch Sachsen, erstürmt Halberstadt, zieht in +Braunschweig ein (31. Juli), muß aber alsbald vor der feindlichen +Übermacht weichen, kämpft tapfer bei +Oelper+, erreicht die +Weser+ bei +Elsfleth (unterhalb Bremen), führt seine »schwarze Schar« zu Schiffe +nach England. Der Herzog und die meisten seiner Getreuen treten dann in +die englisch-deutsche Legion, welche in Spanien kämpft. + +[März.] + +König +Gustav IV.+ von ~Schweden~, erbitterter Feind der Revolution +und Napoleons, seit 1808 in unglücklichem Kriege mit +Rußland+, wird +durch einen Militäraufstand zur Abdankung gezwungen. Sein Oheim +Karl +XIII.+ übernimmt die Regierung, schließt Frieden mit Rußland, indem +er +Finnland+ abtritt (S. 277, 327), adoptiert 1810 den französischen +Marschall +Bernadotte+ als Thronfolger. + +[Mai.] + +~Der Kirchenstaat mit Frankreich vereinigt~ durch Dekret Napoleons +von Schönbrunn, weil Papst Pius VII. (S. 319f.) die Forderung, seine +Häfen den Engländern zu verschließen, standhaft ablehnt. Er spricht +den Bann aus, wird verhaftet und nach Grenoble, von da nach +Savona+ +(bei Genua) geführt. Dort lebt er als Gefangener, während Napoleon +ein Konzil der Bischöfe seines Reichs nach Paris beruft (1811). In ++Fontainebleau+ unterzeichnet Pius (1813, Jan.) ein +Konkordat,+ +widerruft es aber bald und wird nach +Savona+ zurückgebracht, wo er bis +zu Napoleons Sturz 1814 verbleibt. + +[~1810.~ April] + +~Napoleon,~ von +Josephine Beauharnais+ († 1814) geschieden, heiratet ++Marie Luise,+ die Tochter des Kaisers +Franz I.+ von Österreich. + +[Juli.] + +Abdankung und Flucht des Königs +Louis Bonaparte+ von Holland, der sein +Land nicht durch die Kontinentalsperre zugrunde richten will. +Holland+ +dem französischen Kaiserreich +einverleibt+, ebenso bald darauf der +Kanton +Wallis+. + +[Dez.] + +Das nördliche +Hannover, Oldenburg,+ die +Hansestädte+ dem +französischen Kaiserreich +einverleibt+ zur strengeren Durchführung der +Kontinentalsperre. + +In ~Spanien~ dringen die Marschälle Soult, Viktor, Mortier nach ++Andalusien+ vor; vergebliche Belagerung von +Cadiz+, wo die +spanischen Cortes (Landstände) zusammentreten und eine +neue +Verfassung+ beschließen (vollendet 1812). +Wellington+ zieht sich auf +die befestigten Höhen von +Torres Vedras+ zwischen dem Tejo und der +portugiesischen Küste zurück, von wo er 1811 gegen +Masséna+ siegreich +vordringt. + +[~1811.~ März.] + +Geburt eines Sohnes Napoleons, dem der Titel ~König von Rom~ verliehen +wird († 1832). + +Napoleon I. auf dem Gipfel seiner Macht. + +Im Seekriege mit England hat Frankreich (und Holland) nur Verluste. +Die Engländer erobern 1806 das +Kapland+, 1809 +Cayenne, Martinique, +Senegal, San Domingo,+ 1810 +Guadeloupe, Isle Bourbon, Isle de France+, +1811 +Java+. + +Die Vereinigten Staaten, am Handel mit Frankreich durch die englische +Flotte gehindert, beginnen 1812 Krieg gegen England, werden aber 1814 +durch Besetzung der Hauptstadt Washington zum Frieden genötigt (S. 302). + + +§ 4. Sturz des ersten französischen Kaiserreichs. + +[~1812.~] + +~Krieg Frankreichs gegen Rußland.~ + +Die Weigerung Rußlands, das +Kontinentalsystem,+ welches Napoleon +selbst durch käufliche +Lizenzen+ umging, streng durchzuführen, +erregt den Unwillen des Gewalthabers. Die Vergrößerung des Herzogtums ++Warschau+ durch Westgalizien (S. 330) erfüllt den Kaiser Alexander +mit Besorgnis vor einer Wiederherstellung Polens; die Absetzung des +Herzogs von +Oldenburg+, seines nahen Verwandten, (S. 293) wird von +ihm als schwere Beleidigung empfunden. + +Bündnis Napoleons mit +Preußen+, welches 20000 Mann, und mit ++Österreich+, welches 30000 Mann zu dem russischen Zuge stellen muß. +Schweden (+Bernadotte+) benutzt die Gelegenheit, um sich von der +französischen Abhängigkeit zu befreien und durch ein Bündnis mit +Rußland sich +Norwegen+ als Ersatz für Finnland zu sichern. +England+ +und die +Türkei+ schließen Frieden mit Rußland; die Türkei tritt im +Frieden von +Bukarest+ das Land zwischen Dnjestr und +Pruth+ an Rußland +ab. + +[~1812.~ Mai.] + +Napoleon wird in +Dresden+ von Kaiser Franz I., König Friedrich Wilhelm +III. und den Rheinbundfürsten begrüßt, reist von da über Posen und +Thorn nach +Königsberg+ zu seiner Armee, deren Durchzug Preußen schwer +belastet. +Berlin+ hat wiederum französische Besatzung. + +Die +große Armee+ (über 600000 Mann) vereinigt Franzosen, Deutsche, +Italiener, Schweizer, Niederländer, Polen. Beim Vormarsch bilden die ++Österreicher+ unter +Schwarzenberg+, zusammen mit Franzosen und +Sachsen unter +Reynier+, den +rechten+ Flügel, welcher nach Wolhynien +vorrückt; die +Preußen+ unter +York+ gehören dem +linken+ Flügel an, +welcher unter +Macdonalds+ Oberbefehl nach Livland zieht, um Riga +zu belagern. Das +Hauptheer+ überschreitet Ende Juni den Niemen; +Napoleon verweilt 18 Tage in +Wilna+; die Hoffnung der +Polen+ auf +Wiederherstellung ihres Staates verwirklicht sich nicht. + +Die +Russen+ (260000 Mann in 3 Heeren) weichen kämpfend zurück. +Ihre Hauptmacht unter +Barclay de Tolly+ kämpft am 17. August bei +~Smolensk~; die brennende Stadt wird den Franzosen (18. Aug.) +überlassen. Unter +Kutūsows+ Oberbefehl + +[7. Sept.] + +~Schlacht bei Borodinó~ an der Moskwa: beide Teile erleiden ungeheuere +Verluste. Rückzug der Russen in guter Ordnung bis hinter +Moskau+. Das +französische Hauptheer, auf 100000 Mann zusammengeschmolzen, besetzt +die von den Einwohnern verlassene Stadt. Napoleon im +Kreml+. + +[15.–20. Sept.] + +~Brand von Moskau~ (der Gouverneur +Rostopschin+). Plünderung der Stadt +unter Schutt und Trümmern; der Kreml wird gegen das Feuer geschützt. +Kaiser +Alexander+ lehnt auf +Steins+ Rat Friedensanträge Napoleons ab. +Nach +fünfwöchigem+ Aufenthalt in Moskau + +[19. Okt.] + +~Rückzug aus Rußland~, von ~Napoleon~ erst nach Südwesten, dann in der +Richtung auf +Smolensk+ angetreten, beunruhigt durch das russische +Hauptheer unter +Kutūsow+ und zahllose Kosakenschwärme. + +[6. Nov.] + +~Eintreten der Kälte.~ Furchtbares Elend durch Hunger und Frost. +Fortwährende Gefechte, namentlich bei +Krasnoi+ (Ney) und +Borissow+ +(Oudinot). + +[~1812.~ 26.–28. Nov.] + +Schrecklicher ~Übergang über die Beresina~. + +Brückenbau bei Studienka; +Ney+ und +Oudinot+ wehren am 28. die +andringenden Russen auf dem rechten Ufer ab, +Viktor+ auf dem linken, +doch fallen Tausende von Nachzüglern den Russen in die Hände. Von da ab +völlige Auflösung des Heeres bei erneuter Kälte; Napoleon verläßt das +Heer (5. Dez.) und eilt nach +Paris+. +Murat+, dann +Eugen Beauharnais+ +leiten den Rückzug. + +[30. Dez.] + +~York~ schließt zu ~Tauroggen~ (nahe der preußischen Grenze) einen +Neutralitätsvertrag mit dem russischen General +Diebitsch+. + +Schwarzenberg führt sein Heer fast ohne Verluste nach Galizien zurück +(Febr. 1813). + +[~1813 und 1814.~] + +~Der deutsche Befreiungskrieg.~ + +[~1813.~ 3. Febr.] + +König ~Friedrich Wilhelm III.~ erläßt in +Breslau+ einen Aufruf zur +Bildung freiwilliger Jäger-Abteilungen. Begeisterte Erhebung in +Preußen. Männer und Jünglinge jedes Standes eilen zu den Waffen. + +[7. Febr.] + +Der ostpreußische Landtag zu +Königsberg+ beschließt Ausrüstung von +30000 Mann Linie und Landwehr. + +[28. Febr.] + +Bündnis zu ~Kalisch~ zwischen +Rußland+ und +Preußen+. Das +russisch-preußische Hauptheer sammelt sich in +Schlesien+. + +Die Franzosen räumen +Berlin+ und +Hamburg+. Die Herzöge von ++Mecklenburg+ sagen sich vom Rheinbund los. +Tettenborn+ mit den +Kosaken zieht als Befreier in Hamburg ein (18. März). + +[17. März.] + +~Aufrufe Friedrich Wilhelms III.~ ~»An mein Volk«~ und ~»An mein +Kriegsheer«~; Verordnung zur Errichtung der Landwehr und des +Landsturmes. ~Eisernes Kreuz~ gestiftet. + +[27. März.] + ++Dresden+ wird nach Abzug des Marschall +Davout+ durch +Russen+ und ++Preußen+ unter +Wittgenstein+ und +Blücher+ besetzt. Flucht des Königs +von Sachsen. + +[2. April.] + +Gefecht bei +Lüneburg+ (+Johanna Stegen+). Der französische General ++Morand+ mit 2000 Mann von Russen und Preußen gefangen. Die Erhebung in ++Bremen+ wird von General +Vandamme+ unterdrückt. + +[5. April.] + +Gefecht bei +Möckern+ (östlich von Magdeburg). +Eugen Beauharnais+, +(S. 329) von Preußen (unter York, Bülow und Borstell) und Russen +geschlagen, zieht sich auf das linke Elbufer zurück. Französische +Besatzungen behaupten sich in Magdeburg, Stettin, Küstrin, Glogau, +Danzig, Modlin, Zamosc. + +Napoleon führt ein neugebildetes Heer (120000 Mann) über den Rhein, +zieht die Truppen der Rheinbundfürsten an sich, überschreitet den +Thüringer Wald, wird beim Vorrücken nach Sachsen von den Russen und +Preußen (85000 Mann) angegriffen. + +[~1813.~ 2. Mai.] + +~Schlacht bei Groß-Görschen oder Lützen.~ Der Sieg bleibt trotz +größerer Verluste den Franzosen. Die Verbündeten ziehen sich über ++Dresden+ nach der +Lausitz+ zurück. +Scharnhorst+, in der Schlacht +verwundet, stirbt in +Prag+ (28. Juni). + +Napoleon zieht in +Dresden+ ein, führt den aus Prag zurückgekehrten +König von Sachsen dorthin zurück. + +[18. Mai.] + ++Schwedische+ Truppen unter Führung des +Kronprinzen+ (Bernadotte) +landen in Pommern. + +[20. u. 21. Mai.] + +~Schlacht bei Bautzen.~ Napoleon erzwingt den Übergang über die Spree +und siegt mit großen Verlusten. Die Verbündeten ziehen sich nach +~Schlesien~ zurück. Blüchers Reitergefecht bei +Haynau+ (26. Mai). + +[30. Mai.] + ++Hamburg+ nach Abzug der Russen von +Davout+ besetzt und furchtbar +gebrandschatzt. + +[4. Juni.] + +~Waffenstillstand~ zu +Poischwitz+ (bei Striegau) auf sechs Wochen, +verlängert bis zum 10. August. Beide Teile erschöpft, erwarten +Verstärkung und bewerben sich um +Österreichs+ Bundesgenossenschaft. + +[14. u. 15. Juni.] + +Subsidienverträge +Englands+ mit +Preußen+ und +Rußland+ zu ++Reichenbach+. + +[17. Juni.] + +Franzosen und Rheinbundtruppen überfallen die Reiterei der +Lützowschen +Freischar+ bei +Kitzen+ (unweit Lützen). + +Verhandlungen zu ~Prag~. Österreich übernimmt die Vermittelung; +Napoleon geht auf +Metternichs+ Bedingungen (Auflösung des Herzogtums +Warschau, Rückgabe der illyrischen Provinzen an Österreich, Räumung der +preußischen Festungen, der Hansestädte und Oldenburgs) nicht ein. + +[12. Aug.] + +~Österreich erklärt den Krieg an Frankreich.~ Die Verbündeten, durch +englische Hilfsgelder unterstützt, stellen ~drei Heere~ auf: + +1. Das ~Böhmische~ oder ~Hauptheer~ unter Fürst ~Schwarzenberg~: 123000 +Österreicher, 75000 Russen unter +Wittgenstein+, 49000 Preußen unter ++Kleist+. Beim Heere befinden sich die drei verbündeten Monarchen +~Alexander~, ~Franz~, ~Friedrich Wilhelm~. + +2. Das ~Schlesische Heer~ unter ~Blücher~: 38000 Preußen unter +York+, +61000 Russen unter +Sacken+ und +Langeron+; +Gneisenau+ Chef des +Generalstabes. + +3. Das Nordheer unter dem Kronprinzen +Karl Johann+ von Schweden +(~Bernadotte~): 75000 Preußen unter +Bülow+ und +Tauenzien+, 30000 +Russen unter +Winzingerode+, 20000 Schweden, 27000 Mann gemischte +Truppen (russisch-deutsche Legion, Kosaken, Hannoveraner, +Mecklenburger, Hanseatische Legion, Lützowsche Freischar) unter ++Wallmoden+. + +~Im ganzen~ 485000 gegen 440000 Franzosen und Rheinbundtruppen. + +~Napoleon~ beginnt die Feindseligkeiten mit einem Angriff auf ++Blücher+, der hinter die Katzbach zurückgeht. Indessen rückt ++Schwarzenberg+ aus Böhmen gegen Dresden vor. +Napoleon+ eilt dorthin +und läßt +Macdonald+ gegen +Blücher zurück+. Ehe es auf diesen beiden +Punkten zur Schlacht kommt, wird +Oudinot+, dessen Angriff auf Berlin +durch +Davout+ von Hamburg aus unterstützt werden sollte, in der + +[~1813.~ 23. Aug.] + +~Schlacht bei Großbeeren~ von +Bülow+ geschlagen, während der Kronprinz +von Schweden untätig zusieht, +Berlin+ wird durch diesen Sieg vor +Einnahme und Plünderung gerettet. + +Davout kehrt nach einigen Gefechten gegen die Truppen des Generals ++Wallmoden+ (+Th. Körner+ † 26. Aug. bei +Gadebusch+) nach Hamburg +zurück. Ein von Magdeburg gegen Berlin heranziehendes Korps von 9000 +Mann wird bei +Hagelberg+ 27. August von der kurmärkischen Landwehr +vernichtet. + +[26. Aug.] + +~Schlacht an der Katzbach~. Macdonald, der mit 80000 Mann in Schlesien +vorrückt, wird von den Preußen und Russen unter +Blücher+ (später zum +Fürsten von +Wahlstatt+ ernannt) entscheidend geschlagen. + +Indessen mißglückt der Angriff der +Böhmischen Armee+ auf +Dresden+. ++Napoleon+ erkämpft in der + +[26. u. 27. Aug.] + +~Schlacht bei Dresden~ nochmals einen großen Sieg auf deutschem Boden. +Doch wird General +Vandamme+, welcher der Böhmischen Armee den Rückzug +abschneiden will, in der + +[29. u. 30. Aug.] + +~Schlacht bei Kulm und Nollendorf~, nicht weit von Teplitz, von Russen +und Österreichern geschlagen und durch das rechtzeitige Erscheinen +der Preußen in seinem Rücken (General +v. Kleist+) mit 10000 Mann zur +Ergebung genötigt. + +[6. Sept.] + +~Schlacht bei Dennewitz~ (unweit Jüterbog). + +Marschall Ney, welcher mit 70000 Mann Berlin besetzen soll, von +Bülow+ +und +Tauenzien+ geschlagen. + +~Napoleon~ zieht nach +Bautzen+ gegen Blücher, der ihm ausweicht, +dann gegen die Böhmische Armee, die ihm bei +Nollendorf+ (17. Sept.) +erfolgreich Widerstand leistet, dann nochmals gegen Blücher (Gefecht +bei +Bischofswerda+). ~Blücher~ gibt dem Feldzug die entscheidende +Wendung durch seinen Übergang über die ~Elbe~. + +[~1813.~ 3. Okt.] + +Tapferer Kampf des Yorkschen Korps bei ~Wartenburg~ gegenüber der +Einmündung der Schwarzen Elster. Auch die unter Bernadottes Führung +zögernde Nordarmee überschreitet nun die Elbe. + +[8. Okt.] + ++Vertrag zu Ried+ zwischen +Österreich+ und +Bayern+, welches sich vom +Rheinbunde lossagt und dem Bündnis gegen Napoleon beitritt. Dafür wird +dem König +Max Joseph+ von Bayern (1799–1825) die Erhaltung seines +durch Napoleon vergrößerten Gebietes zugesichert. + +Als die 3 Hauptheere der Verbündeten eine Vereinigung im Rücken +Napoleons versuchen, verläßt dieser +Dresden+, zieht nach +Düben+ +(an der Mulde) gegen +Blücher+, der ihm ausweicht, versammelt dann +seine Truppen bei +Leipzig+ gegen die inzwischen durch die Elbpässe +gedrungene Böhmische Armee. Reitergefecht bei +Libertwolkwitz+ (14. +Okt.). + +[~16. 18. 19. Okt.~] + +~Völkerschlacht bei Leipzig.~ + +Am 16. Okt. unentschiedener Kampf Napoleons gegen die Böhmische Armee +(Schwarzenberg) bei ~Wachau~ (südl. von Leipzig); Sieg +Blüchers+ bei +~Möckern~ (nördl. von Leipzig) über Marmont. + +Am 17. Stillstand des Kampfes; Napoleon schickt Friedensanträge +an Kaiser +Franz+, die jedoch wegen ihrer Unzulänglichkeit keine +Berücksichtigung finden. Gegen Abend Vereinigung der +vier+ Heere +der Verbündeten: die Nordarmee und die russische Reservearmee (unter +Bennigsen) schließen den Kreis nördlich, östlich und südlich von +Leipzig (die Straße im Westen nach Lindenau nicht besetzt); 255000 +gegen 160000 Mann. + +Am 18. ~allgemeiner Angriff~ und nach neunstündigem Kampfe +~vollständiger Sieg~ der Verbündeten. Kampf um +Probstheida+ südlich, ++Schönfeld+ an der Parthe und +Paunsdorf+ östlich von Leipzig; bei +Paunsdorf gehen die meisten +Sachsen+ und +Württemberger+ zu den +Verbündeten über. + +Am 19. Erstürmung von +Leipzig+ und Gefangennehmung des Königs von +Sachsen. Nach Verlust von mehr als 60000 Mann tritt das geschlagene +Heer Napoleons den Rückzug an. Voreilige Zerstörung der Elsterbrücke. +Viele Fliehende, unter ihnen der tapfere Fürst +Poniatowski+, Neffe des +letzten polnischen Königs, finden ihren Tod in der Elster. + +Auf dem Rückzuge Kampf Napoleons an der +Unstrut+ gegen +Yorks+ Vorhut; +Sieg bei ~Hanau~ (30. und 31. Okt.) über ein österreichisch-bayrisches +Heer unter +Wrede+. + +Unmittelbare Folgen der Schlacht bei Leipzig: Flucht des Königs ++Jérôme+ aus Kassel, Ende des Königreichs +Westfalen+, der +Großherzogtümer +Frankfurt+ und +Berg+. Wiederherstellung der +alten Regierungen in +Hessen-Kassel+, +Braunschweig+, +Hannover+, ++Oldenburg+. Die »Zentralverwaltung für die in Deutschland eroberten +Länder«, unter dem Freiherrn +vom Stein+, sorgt in Sachsen, Frankfurt +und Berg für die weiteren Rüstungen. + +[~1813. Nov.~] + +Napoleon geht bei +Mainz+ über den +Rhein+ zurück. ~Württemberg~, +~Hessen-Darmstadt~, ~Baden~ und die noch übrigen Glieder des +Rheinbundes schließen sich den Verbündeten an. Allmählich werden +die von den Franzosen besetzten Festungen befreit: +Dresden+ (11. +Nov.), +Stettin+ (21. Nov.), +Lübeck+ (5. Dez.), +Zamosc+, +Modlin+, ++Torgau+ (26. Dez.), +Danzig+ (30. Dez.), +Wittenberg+ (12. Jan. 1814), ++Küstrin+ (7. März). + +In +Glogau+, +Magdeburg+, ~Hamburg~ (+Davout+), +Erfurt+, +Würzburg+, ++Wesel+, +Mainz+ halten sich die französischen Besatzungen bis zum +Frieden. + +Aufstand in ~Holland~ (Nov.), die französischen Behörden verjagt. Ein +Teil der +Nordarmee+ unter +Bülow+ rückt in Holland ein, während der ++Kronprinz von Schweden in Holstein+ einfällt und in einem kurzen +Winterfeldzug ~Dänemark~ zum Verzicht auf +Norwegen+ zwingt (Friede zu ++Kiel+, Jan. 1814). + +Aus ~Spanien~ werden die Franzosen, nachdem sie schon 1812 den Süden +des Landes und vorübergehend auch Madrid hatten aufgeben müssen, +während des Jahres ~1813~ fast ganz verdrängt. Entscheidender Sieg ++Wellingtons+ bei +Vittoria+ (21. Juni). + +In Deutschland erfolgt, da Napoleon auf ein von Metternich gemachtes +Anerbieten, welches ihm die +Alpen-+ und +Rheingrenze+ verspricht, +nicht ernstlich eingeht, am + +[1. Dez.] + +der Beschluß, den Krieg energisch weiterzuführen und den Rhein zu +überschreiten. Das Hauptheer unter +Schwarzenberg+ geht Ende Dez. bei ++Basel+ über den Rhein, um die Hochebene von +Langres+ zu erreichen, +das Schlesische Heer unter Blücher in der Neujahrsnacht 1814 bei ++Mannheim+, +Kaub+ und +Koblenz+. + +[~1814.~] + +~Feldzug in Frankreich.~ + +[29. Jan.] + +Um die Vereinigung der verbündeten Heere zu verhindern, greift ++Napoleon+ bei ~Brienne~ +Blücher+ an, der sich zurückziehen muß, sich +aber dann mit Teilen des Hauptheeres (Kronprinz von Württemberg, Wrede) +vereinigt und den Kaiser in der + +[1. Febr.] + +~Schlacht bei La Rothière~ schlägt und über die +Aube+ zurückdrängt. +Darauf wieder Trennung; das Hauptheer soll an der +Seine+, das +Schlesische an der +Marne+ entlang nach Paris vorrücken. Napoleon läßt +40000 Mann gegen Schwarzenberg zurück, wirft sich mit 30000 auf die +getrennten Teile des +Schlesischen+ Heeres, schlägt + +[10.–14. Febr.] + +sie in +vier+ Treffen bei +Champaubert+, ~Montmirail~, ++Château-Thierry+ und +Vauchamps+ und zwingt +Blücher+ zum Rückzug über ++Etoges+. Dann wendet + +[~1814.~ 17. u. 18. Febr.] + +er sich gegen die vorgeschobenen Teile des Hauptheeres und schlägt +sie bei +Nangis+ und ~Montereau~; Schwarzenberg ordnet den Rückzug +nach +Troyes+ an. Beide Heere der Verbündeten vereinigen sich wieder +auf kurze Zeit an der +Aube+. Mittlerweile waren Bevollmächtigte der +Verbündeten mit dem Gesandten Napoleons, +Caulaincourt+, zu einem + +[5. Febr. bis 19. März.] + +~Kongreß in Châtillon~ (an der Seine) zusammengetreten, auf dem man +Napoleon den Besitz +Frankreichs+ mit den Grenzen von 1792 zugestanden +hätte; allein die Verhandlungen werden infolge seines übermütigen und +zweideutigen Benehmens abgebrochen. + +Die beiden Heere trennen sich wieder. Das Hauptheer unter ++Schwarzenberg+ siegt in der + +[27. Febr.] + +~Schlacht bei Bar-sur-Aube~ über +Oudinot+ und +Macdonald+, rückt aber +dann nur langsam vor. + +Blücher dringt vor bis in die Nähe von +Meaux+ (an der Marne), +wendet sich dann nordwärts und vereinigt sich bei +Soissons+ mit dem ++Nordheer+ unter +Bülow+ und +Winzingerode+, welches inzwischen Holland +und Belgien befreit hat. Die vereinigten Heere besiegen Napoleon in der + +[9. u. 10. März] + +~Schlacht bei Laon~, doch ohne ihn vernichten zu können. Er zieht mit +30000 Mann gegen das +Hauptheer+, welches ihn in der + +[20. u. 21. März.] + +~Schlacht bei Arcis-sur-Aube~ besiegt. Unterdes von der +spanischen+ +Seite her gleichfalls siegreiches Vordringen +Wellingtons+ gegen ++Soult+. Besetzung von +Bordeaux+ (12. März), wo die königliche Fahne +der Bourbons zuerst aufgepflanzt wird. + ++Napoleon+ faßt den verwegenen Plan, sich den Verbündeten in den +Rücken, nach +Lothringen+, zu werfen, die Besatzungen der Festungen an +sich zu ziehen und die gesamte Bevölkerung zu den Waffen zu rufen. Die +Verbündeten senden ihm 8000 Reiter nach, die übrigen Truppen, 170000 +Mann, ziehen gegen +Paris+. Die Marschälle Marmont und Mortier werden +bei ~La Fère Champenoise~ (25. März) zurückgeschlagen und ziehen sich +nach Paris zurück. Die Regentin +Marie Luise+ entflieht nach +Blois+. + +[30. März.] + +~Schlacht bei Paris~, auf der Ostseite (Pantin, Vincennes), zuletzt +Erstürmung des Berges +Montmartre+ auf der Nordseite. + +[31. März.] + +~Einzug der Verbündeten in Paris~, wo der Senat auf Veranstaltung ++Talleyrands+ den Kaiser und seine Familie des Thrones für verlustig +erklärt. +Napoleon+ war, seiner Hauptstadt zu Hilfe eilend, wenige +Stunden zu spät gekommen. Da ihm zu einem verzweifelten Sturme +auf Paris die Marschälle den Gehorsam verweigern, entsagt er in ++Fontainebleau+ der Krone (6. und 11. April). Er erhält von den +Verbündeten die Insel +Elba+ als Fürstentum mit 2 Millionen Franks +Einkünften aus Frankreich; 800 seiner alten Soldaten dürfen ihn +begleiten. Seine Gemahlin erhält das Herzogtum +Parma+; beide behalten +den kaiserlichen Titel. + +[~1814.~ 10. April.] + +~Wellington~ besiegt +Soult+ in der ~Schlacht bei Toulouse~. + +[4. Mai.] + +Ankunft +Napoleons+ auf +Elba+. Rückkehr der ~Bourbons~ nach +Frankreich. Ludwigs XVI. Bruder, der sich als König + +[~1814–1824.~] + +~Ludwig XVIII.~ nennt, erteilt dem Lande eine der englischen +nachgebildete, gemäßigte +Verfassung+ (Charte octroyée: +Pairskammer+ +und +Deputiertenkammer+) und schließt mit den Verbündeten den + +[~1814.~ 30. Mai.] + +~Ersten Frieden zu Paris~: 1. ~Frankreich~ nimmt im allgemeinen seine +Grenzen von 1792 wieder an (gegen 1790 Vermehrung um 8200 qkm [150 □ +Meilen]: +Avignon+ und +Venaissin+, +Teile+ von Savoyen, Elsaß und +Belgien). 2. +England+ gibt die französischen Kolonien zurück mit +Ausnahme von +Tabago+, +St. Lucie+ und +Isle de France+, behält ferner ++Malta+ (S. 320f) und die früher holländischen Kolonien +Kapland+ (S. +331) und +Ceylon+. 3. Die ~Verbündeten~ +verzichten auf alle Summen+, +welche sie als Entschädigung für französische Erpressungen zu fordern +haben (!). + +Nach dem Pariser Frieden kehrt Papst +Pius VII.+ nach +Rom+, der König +von Sardinien +Viktor Emanuel+ nach +Turin+, der König von Spanien ++Ferdinand VII.+ nach +Madrid+ zurück. In +Spanien+ beginnt, nachdem +der König die sehr freisinnige Verfassung der +Cortes+ vom Jahre 1812 +verworfen hat, sofort ein grausamer Kampf der unumschränkten Gewalt +gegen die liberale Partei. -- Pius VII. stellt den +Jesuitenorden+ (s. +S. 304) wieder her. + +Besuch Kaiser +Alexanders+ und König +Friedrich Wilhelms III.+ in ++London+ (Juni 1814), begleitet von ihren siegreichen Feldherren +(+Blücher+); begeisterter Empfang von seiten der englischen Nation. + + +§ 5. Wiederherstellung des europäischen Staatensystems. + +[~1814–1815.~ Sept. Juni.] + +~Wiener Kongreß~, + +unter persönlicher Teilnahme der Kaiser von +Österreich+ und +Rußland+, +der Könige von +Preußen+, +Dänemark+, +Bayern+ und +Württemberg+ und +vieler deutscher Fürsten. Vertreten sind alle Staaten Europas, mit +Ausnahme der Türkei. Die geschäftliche Leitung der Verhandlungen hat +der österreichische Staatskanzler Fürst +Metternich+; für Frankreich +weiß +Talleyrand+ als Gesandter Ludwigs XVIII. großen Einfluß zu +gewinnen. Streit entsteht namentlich über die künftige Gestaltung ++Sachsens+ und +Polens+, doch ist der Ausgleich schon gefunden, ehe die +Nachricht von Napoleons Entweichen aus Elba anlangt. + + +~Hauptbestimmungen der Wiener Kongreßakte (8. Juni 1815):~ + +1. ~Österreich~ erhält seine alten Gebiete zurück: +Tirol, Vorarlberg, +Kärnten, Krain, Triest, Galizien, Mailand,+ dazu das 1797 erworbene ++venetianische Gebiet+ und das 1805 erworbene Erzbistum +Salzburg+, +tritt aber den +Breisgau+ und seine oberschwäbischen Besitzungen an +Baden und Württemberg, +Belgien+ an Holland ab. + +2. ~Preußen~ erhält zurück: einen Teil des Herzogtums Warschau (Provinz ++Posen+) und +Danzig+, die alten Besitzungen in Westfalen und am +Rhein, auch +Neuchâtel+. Zur Entschädigung für nicht zurückerhaltene +frühere Besitzungen (+Ansbach+ und +Baireuth+ an Bayern, +Ostfriesland, +Goslar, Hildesheim+ an Hannover, +polnische+ Gebiete an Rußland) werden +die +Rheinprovinz+ und +Westfalen+ außer anderem besonders durch die +Herzogtümer +Jülich+ und +Berg+, die Kurlande +Köln+ und +Trier+ +vergrößert, ferner +Schwedisch-Pommern+ mit Rügen und die Hälfte des +Königreichs +Sachsen+ hinzugefügt. + +3. ~Bayern~ wird durch +Ansbach+ und +Baireuth, Aschaffenburg, +Würzburg+ und die +linksrheinische Pfalz+ vergrößert; die +rechtsrheinische mit +Heidelberg+ und +Mannheim+ bleibt bei +Baden+ (S. +320). + +4. Ein ~Königreich der Niederlande~ wird gebildet aus der früheren ++Republik+ der Niederlande (+Holland+) und dem früher österreichischen ++Belgien+. König +Wilhelm I.+, Sohn des letzten Erbstatthalters von +Holland (S. 314, 321), erhält zum Ersatz für seine nassauischen +Stammlande auch das +Großherzogtum Luxemburg.+ + +5. Die deutsche +Kaiserwürde+ nicht wiederhergestellt. Der ~Deutsche +Bund~ tritt an die Stelle des früheren +Deutschen Reiches,+ gebildet +von 35 souveränen Fürsten und 4 freien Städten. Grundgesetz +die +Bundesakte+ vom 8. Juni 1815, ergänzt durch die +Wiener +Schlußakte+ 1820. Oberste Behörde der ~Bundestag zu Frankfurt a. +M.~, eine Versammlung von Gesandten der Bundesstaaten unter Vorsitz +des österreichischen Gesandten. Bundesheer aus Kontingenten der +Einzelstaaten; Bundesfestungen: Mainz, Luxemburg, Landau, Ulm, +Rastatt. +Österreich+ und +Preußen+ gehören nicht mit ihrem ganzen +Gebiet zum Bunde, ersteres nicht mit seinen polnischen, ungarischen +und italienischen Gebieten, letzteres nicht mit Preußen und Posen. ++Bayern+, +Württemberg+, +Sachsen+ (letzteres verkleinert) bleiben ++Königreiche+; dazu kommt das frühere Kurfürstentum +Hannover+ +(vergrößert) ebenfalls als Königreich, in Personal-Union mit England +(seit 1714, vgl. S. 299). Der König von England ist als König von +Hannover, der König von +Dänemark+ als Herzog von Holstein und +Lauenburg, der König der +Niederlande+ als Großherzog von Luxemburg am +Deutschen Bunde beteiligt. + +6. ~Rußland~ erhält den größten Teil des Herzogtums +Warschau+ +als ~Königreich Polen~. +Krakau+ wird Freistaat unter dem Schutze ++Rußlands+, +Österreichs+ und +Preußens+. + +7. ~England~ behält +Malta+, +Helgoland+, die ihm früher zugesicherten ++Kolonien+ (S. 339) und die Schutzherrschaft über die Republik der 7 ++Ionischen Inseln+ (S. 316). Auf Englands Antrag gemeinsame Erklärung +der Großmächte gegen den +Sklavenhandel+. + +8. ~Schweden~ wird, gemäß dem Kieler Frieden (S. 337), mit +Norwegen+ +durch Personal-Union vereinigt; ~Dänemark~ wird entschädigt durch +Schwedisch-Pommern mit Rügen, wofür es das von Hannover an Preußen +abgetretene +Lauenburg+ eintauscht (bis 1689 deutsches Herzogtum, +vgl. S. 189, 204, dann mit Hannover vereinigt, 1803 von den Franzosen +besetzt). + +9. Die 19 Kantone der Schweiz (S. 316) werden durch +Genf+, +Wallis+ +und +Neuchâtel+ (zugleich +Kanton+ und +Fürstentum+ im Besitz der Krone ++Preußen+, S. 274) auf 22 vermehrt, die Bundesverfassung neu geordnet. + +10. ~Wiederherstellung~ der alten Dynastien in +Spanien+, +Portugal+, ++Sardinien+ (das durch +Genua+ vergrößert wird) und +Toskana+. +Moděna+ +wird gleich Toskana österreichisches Nebenfürstentum, da die Erbtochter +des letzten Herzogs aus dem Hause +Este+ (Herkules III., S. 304) sich +mit dem Erzherzog Ferdinand vermählt hat (S. 282). +Parma+, +Piacenza+ +und +Guastalla+ (S. 304) kommen an Napoleons Gemahlin, die Erzherzogin ++Marie Luise+, sollen aber nach ihrem Tode († 1847 als Witwe des Grafen ++v. Neipperg+) an die in +Lucca+ herrschenden Bourbonen zurückfallen. +Auch der +Kirchenstaat+ wiederhergestellt, dagegen wird in +Neapel+ +Murat (S. 327) als König anerkannt. + +Nachrichten von der Mißstimmung in Frankreich gegen die Regierung +der Bourbons und von den beim Wiener Kongreß besonders wegen der +polnisch-sächsischen Frage ausgebrochenen Streitigkeiten ermutigen +Napoleon zur Rückkehr nach Frankreich. + +[~1815.~ 1. März.] + +~Landung Napoleons bei Cannes~ mit 7 Schiffen. Schneller Marsch auf ++Paris+. Alle gegen ihn gesandten Truppen, auch +Ney+ mit seinem Korps, +gehen zu ihm über. Ludwig XVIII. entflieht nach Gent. + +[~1815.~ 20. März.] + +Einzug Napoleons in +Paris+ (+les cent jours+). Die auf dem Wiener +Kongreß vertretenen Staaten erlassen eine gemeinschaftliche ++Achtserklärung+ gegen ihn und schließen ein neues Kriegsbündnis. + +[Mai.] + +Napoleon macht der liberalen Partei in Frankreich einige Zugeständnisse +durch die in einer großen Volks- und Heeresversammlung bei Paris +(+Maifeld+) verkündete +Zusatzakte+ zur Verfassung des Kaiserreichs, +in +Belgien+ wird ein +preußisches+ Heer unter ~Blücher~ und ein ++englisch-deutsches+ unter ~Wellington~ gegen ihn zusammengezogen. + ++Murat+, der sich wieder für Napoleon erklärt, wird von den +Österreichern bei +Tolentino+ (3. Mai) geschlagen und entflieht +nach Frankreich. Ferdinand IV. (aus dem Hause +Bourbon+) kehrt von ++Sicilien+ (S. 304, 324) nach Neapel zurück, nennt sich als »König +beider Sicilien« fortan +Ferdinand I.+ († 1825). + +[16. Juni.] + +~Schlacht bei Ligny.~ Napoleon, in Belgien vorrückend, schlägt +die Preußen trotz tapferer Gegenwehr. +Blücher+ in Lebensgefahr, +von seinem Adjutanten +Nostiz+ gerettet. +Gneisenau+ befiehlt den +Rückzug nach +Wavre+. An demselben Tage wird Marschall +Ney+ von ++Wellington+, dessen Truppen erst nach und nach auf dem Kampfplatz +erscheinen, bei ~Quatre-Bras~ zurückgeschlagen. (Herzog Friedrich +Wilhelm von Braunschweig †.) Napoleon sendet 32000 Mann unter Grouchy +zur Verfolgung des preußischen Heeres ab in der Richtung auf Namur und +wendet sich mit über 72000 Mann gegen Wellington. + +[18. Juni.] + +~Schlacht bei Belle-Alliance (Waterloo).~ Am Nachmittag ist Wellingtons +Heer (24000 Engländer, 13000 Niederländer, 30000 Hannoveraner, +Braunschweiger, Nassauer) an mehreren Punkten bereits zum Weichen +gebracht, als ~Blücher~ mit den +Preußen+ (über 40000) anlangt und den +Sieg nach mehrstündigem, erbittertem Kampfe zu Gunsten der Verbündeten +entscheidet. Vollständige Niederlage der Franzosen, ihr von +Gneisenau+ +verfolgtes Heer wird gänzlich zersprengt. Zur selben Zeit kämpft ++Grouchy+, auf dessen Hilfe Napoleon gerechnet hatte, fruchtlos gegen +ein preußisches Korps bei +Wavre+. Napoleon eilt nach +Paris+, wo er zu +Gunsten seines +Sohnes+ abdankt; dieser ist genötigt, in Österreich zu +bleiben († 1832 als Herzog von Reichstadt). + +[7. Juli.] + +~Zweite Einnahme von Paris.~ Einzug +Blüchers+ und +Wellingtons+, bald +darauf Rückkehr +Ludwigs XVIII.+, Ankunft der beiden Kaiser und des +Königs von Preußen. + +Unterdes flüchtet +Napoleon+ nach +Rochefort+, wo er sich nach +vergeblichen Versuchen, nach Amerika zu entkommen, dem britischen +Admiral +Hotham+ ausliefert, der ihn an Bord des +»Bellérophon«+ nach +England bringt. Von dort wird er, nach gemeinschaftlichem Beschluß der +verbündeten Mächte, als Kriegsgefangener nach +St. Helena+ gebracht († +5. Mai 1821. Seine Leiche seit 1840 im Invalidendom zu Paris, S. 353). + +[~1815.~ 26. Sept.] + +Auf Kaiser Alexanders Wunsch Stiftung der ~Heiligen Allianz~ zur +Erhaltung des Friedens in Europa, zunächst zwischen +Rußland+, ++Österreich+ und +Preußen+; bald schließen sich die übrigen +europäischen Staaten an, mit Ausnahme Englands, der Türkei und des +Kirchenstaates. + +[Okt.] + ++Murat+, der in Kalabrien gelandet ist, um das Königreich +Neapel+ +wiederzuerobern, wird gefangen und kriegsrechtlich erschossen. + +[~20. Nov.~] + +~Zweiter Friede zu Paris~: 1. ~Frankreich~ tritt die Festungen ++Philippeville+ und +Marienburg+ an das Königreich der Niederlande, ++Saarlouis+ und +Saarbrücken+ an Preußen, +Landau+ an Bayern, den im +ersten Pariser Frieden belassenen Teil von +Savoyen+ an das Königreich +Sardinien ab. 2. Die Nord- und Ostgrenze Frankreichs +mit+ 17 ++Festungen+ bleibt (auf höchstens 5 Jahre) von 150000 Mann verbündeter +Truppen auf Kosten Frankreichs besetzt. 3. ~Frankreich~ bezahlt 700 +Millionen Franks Kriegskosten. Außerdem werden die nach der ersten +Einnahme von +Paris+ dort +belassenen+, von den Franzosen weggeführten +Kunstschätze zurückgenommen. + +Dem Verlangen deutscher Patrioten, auch des preußischen Staatskanzlers ++v. Hardenberg+, Frankreich wenigstens einen Teil der alten Vorlande +des Deutschen Reichs, +Lothringen+ und +Elsaß+, namentlich +Straßburg+, +wieder abzunehmen und es dadurch seiner +Angriffsstellung+ gegen +Deutschland zu berauben, wird auch diesmal nicht entsprochen. + +Fussnoten: + +[51] +Riquetti+, Graf von +Mirabeau+, geb. 1749, † 1791, von seltenem +Talent, aber sittenlos, verschuldet, mit seiner Familie zerfallen, +gewählt in der Provence als Abgeordneter des dritten Standes. + +[52] ~Napoléon Bonaparte~ geb. 15. Aug. 1769 in Ajaccio auf ++Korsika+ (S. 303f.), 1779 auf der Kriegsschule zu Brienne, dann in +Paris, 1785 Leutnant in Valence, 1789–92 meist auf Korsika, wo damals +Aufstand gegen die französische Herrschaft war, 1793 Hauptmann, dann +in Paris mit den Jakobinern in Beziehung, vor Toulon zum Oberst, nach +der Einnahme zum Brigadegeneral der Artillerie befördert, 1794 in +Robespierres Sturz verwickelt und verhaftet, aber wieder freigelassen, +1795 wegen Insubordination aus den Listen der Armee gestrichen. +~»Seine militärische Begabung erhob ihn zum Beherrscher Europas«.~ + +[53] Gebhard Leberecht ~v. Blücher~, geb. 1742 zu Rostock, tritt +1758 bei den schwedischen Husaren in Vorpommern ein, 1760 bei den +preußischen Husaren, kämpft mit bei Freiberg 1762, nimmt 1773 als +Rittmeister seinen Abschied, tritt 1787 als Major wieder ein, +führt 1794 als General sein Regiment bei Kaiserslautern; 1802–1806 +kommandierender General in Münster, Okt. 1813 Feldmarschall, † 1819. + +[54] Karl Freiherr vom ~Stein~, geb. 1757 zu Nassau, seit 1780 im +preußischen Staatsdienst, 1796 Oberpräsident der westfälischen Kammer +in Minden, 1804 Finanzminister, Januar 1807 vom König in Ungnaden +entlassen, nach dem Tilsiter Frieden zurückberufen. Minister bis 1808, +1812 von Kaiser Alexander nach Petersburg berufen, 1813–14 einflußreich +im Hauptquartier der Verbündeten und auf dem Wiener Kongreß, † 1831 zu +Kappenberg in Westfalen. + +[55] Karl August ~v. Hardenberg~, geb. 1750 zu Essenroda im +Hannoverschen, seit 1792 im preußischen Staatsdienst, 1804–06 Minister +des Auswärtigen, 1810 Staatskanzler, 1814 in den Fürstenstand erhoben, +† 1822. + +[56] Gerhard David ~Scharnhorst~, geb. 1755 zu Bordenau +im Hannoverschen, seit 1802 preußischer Offizier, 1806 +Generalquartiermeister beim Herzog von Braunschweig, in Lübeck +gefangen, doch bald ausgewechselt, † 28. Juni 1813 in Prag. + + + + +~D. Vom Wiener Kongress bis auf unsere Zeit.~ + + +§ 1. Neue Erfindungen. + +Aufschwung der Gewerbetätigkeit und des Verkehrs, auch politische +Annäherung der Nationen durch praktische Anwendung der +Naturwissenschaften: + +1. Die ersten Versuche, den ~Dampf~ als bewegende Kraft zu verwenden, +reichen ins 17. Jahrhundert zurück. Die Franzosen schreiben die +Erfindung dem Physiker +Denis Papin+ aus Blois (um 1690), die Engländer +dem Marquis +von Worcester+ (1663) und dem Kapitän +Savery+ (1698) +zu. Benutzung einer Dampfmaschine beim Bergbau durch +Newcomen+ 1706 +in Devonshire. Hauptverbesserer der +Dampfmaschine+, durch dessen +Erfindungen es erst möglich wurde, dieselbe in den verschiedensten +Gewerben zu verwenden, war ~James Watt~ (1769 in +Birmingham+, † 1819). + +2. Versuche mit +Dampfschiffen+ wurden (nach Papins Vorgang 1707) 1774 +und 1775 auf der +Seine+, 1786 durch Symington in +Edinburg+ gemacht. +Den ersten regelmäßigen Dampfschiffsverkehr richtete der Amerikaner +~Fulton 1807~ auf dem Hudsonflusse ein, 1818 ging das erste Dampfschiff +von +New-York+ nach +Liverpool+. Dampfschiffahrt auf dem Rhein seit +1825. Hamburg-Amerika-Linie 1847, Norddeutscher Lloyd in +Bremen+ 1857 +gegründet. + +3. Gewaltige Entwickelung des Landverkehrs durch die ~Eisenbahnen~. +Holzbahnen mit Eisenschienen seit 1767 in englischen Bergwerken +gebräuchlich. Erfinder der +Lokomotive+ George ~Stephenson 1814~ +(in Newcastle am Tyne). Erste größere Eisenbahnlinie für den +Personenverkehr +Liverpool-Manchester+ 1830, in Deutschland ++Nürnberg-Fürth+ 1835, +Leipzig-Dresden+ 1837, +Berlin-Potsdam+ 1838, ++Berlin-Hamburg+ 1845. + +4. Den +elektrischen Telegraphen+ erfand 1809 +Sömmering+ in München; +den Elektromagnetismus benutzten 1833 +Gauß+ und +Weber+ in Göttingen +zuerst für Fernverständigung; die ersten für Verkehrszwecke brauchbaren +Apparate baute 1837 +Wheatstone+ in London. Den Schreibtelegraphen +erfand +Morse+ in New-York 1837. Erstes unterseeisches Kabel 1851 von ++Dover+ nach +Calais+; erste ozeanische Verbindung 1866 von der Insel ++Valencia+ (an der Westküste von Irland) nach +Neufundland+. + +5. ~Erweiterte Anwendung der elektrischen Kraft~: +Fernsprecher+ +(Telephon), erfunden 1861 von Philipp Reis in Friedrichsdorf bei +Homburg. +Elektrische Beleuchtung+ (1879 Edison in New-York) neben +der seit 1814 (zuerst in London, 1826 in Berlin) üblich gewordenen +Gasbeleuchtung. +Elektrische Eisenbahn+ (1879 Werner Siemens in +Berlin). +Drahtlose Telegraphie+: Elektrische Wellen im Luftraum, +hergestellt und beobachtet 1887 von +H. Hertz+ in Karlsruhe, zu +telegraphischen Zwecken seit 1897 benutzt von +Marconi+ u. a. + +6. Die ~Motorwagen~ (Automobile), seit 1895 in Frankreich beliebt, +dann auch in andern Ländern immer mehr eingeführt, fördern schnellen +Verkehr, ohne an Schienenwege gebunden zu sein. + +7. ~Motor-Luftschiffahrt~, seit 1907 erfolgreich betrieben von Graf ++Zeppelin+ (Friedrichshafen am Bodensee), Major +v. Parseval+ (Berlin), +Major +Groß+ (Berlin, Militär-Luftschiff). Auch andere Staaten benutzen +das lenkbare Luftschiff zu Kriegszwecken, ebenso wie in neuester Zeit +auch die ~Flugmaschine~ (Aeroplan). Die Gebrüder +Wright+ in Amerika +u. a.. + + +§ 2. Verfassungs- und Unabhängigkeitskämpfe. + +[1817.] + +Dreihundertjährige Jubelfeier der +Reformation+. Begründung der +~Evangelischen Union~ durch König Friedrich Wilhelm III. von Preußen. +Das von deutschen Studenten am 18. Okt. veranstaltete +Wartburgfest+ +erregt Befürchtungen wegen »demagogischer Umtriebe« gegen die deutsche ++Bundesverfassung+ und die Souveränität der Bundesfürsten. + +[1818.] + +Kongreß zu ~Aachen.~ Die Großmächte beschließen, die Besatzungstruppen +aus Frankreich zurückzuziehen. + +Verfassungen (mit Volksvertretung in zwei Kammern, vgl. S. 339) werden +1818 in +Sachsen-Weimar+, +Bayern+ und +Baden+, 1819 in +Württemberg+, +1820 in +Hessen-Darmstadt+ eingeführt; in +Preußen+ 1823 nur +Provinzialstände. + +[1819.] + +Der russische Staatsrat +Kotzebue+, der regelmäßige Berichte über die +nationalen Bestrebungen in Deutschland an seine Regierung sandte, von +dem Studenten +Sand+ aus politischen Gründen in Mannheim ermordet. ++Ministerkongreß+ in ~Karlsbad~. Auf Antrag des österreichischen +Ministers ~Metternich~ wird Zensur für Bücher und Zeitungen, Verbot +des Turnens, Beaufsichtigung der Universitäten, Verbot der 1815 +in Jena gestifteten +deutschen Burschenschaft+ beschlossen und +vom Bundestag in +Frankfurt+ genehmigt. Die Bundesversammlung in +Frankfurt wird für die oberste Gesetzgebung in Deutschland erklärt. +Zentral-Untersuchungskommission in +Mainz+ eingesetzt, um die +Bundesbeschlüsse gegen widerstrebende Bevölkerungen und Regierungen +durchzusetzen. + +[1820.] + ++Wiener Schlußakte+ (s. S. 340) gegen die landständischen Verfassungen +gerichtet, zur Sicherung der Souveränität der deutschen Bundesfürsten. + +In +Spanien+ Erhebung der Liberalen für die aufgehobene Verfassung von +1812, welche wiederhergestellt wird (S. 339). + +[1820.] + +[1821.] + +Kongreß zu ~Troppau~} + +Kongreß zu ~Laibach~} wegen der aufständischen Bewegungen in +Neapel+ +und +Piemont+, wo die Verfassung und alle französischen Einrichtungen +nach der Rückkehr der Herrscher wieder aufgehoben worden waren, ++österreichische+ Truppen rücken in Neapel und in das Königreich +Sardinien ein zur Wiederherstellung des unumschränkten Königtums. ++Viktor Emanuel+ von Sardinien dankt ab zu Gunsten seines Bruders +Karl +Felix+. + +[1822.] + +Kongreß zu ~Verona~ wegen der spanischen und griechischen Unruhen (S. +346f.). + +[1823.] + +Französische Truppen (95000 Mann) rücken in +Spanien+ ein, dringen +unter dem Neffen Ludwigs XVIII., Herzog von +Angoulême+, bis Cadiz +vor (31. Aug., der +Trocadero+ erstürmt, eine befestigte Landzunge in +der Bai von Cadiz) und befreien den dort gefangen gehaltenen König ++Ferdinand VII.+ Absolutismus wiederhergestellt. Grausame Reaktion, +zahlreiche Hinrichtungen. + +[~1810–1825.~] + +~Befreiungskrieg der spanischen Kolonien in Amerika.~ + +Der Beginn des Kampfes gehemmt durch das +Erdbeben von Caracas+ 1812; +1813 zieht ~Bolivar~ als Befreier in Caracas ein, muß dann vor den +Spaniern nach Neu-Granada entweichen, wird 1819 zum Präsidenten der +Bundesrepublik +Colombia+ erwählt, befreit 1822 +Quito+, 1823–1824 ++Peru+. +Chile+ erklärt sich 1816, +Argentina+ 1817 unabhängig, später +auch +Paraguay+ und +Uruguay+. In +Mexiko+ tritt 1821 +Iturbide+ als +Kaiser Augustin I. auf, 1823 wird das Land Bundesrepublik, ebenso die +5 Staaten von +Mittel-Amerika+. England (Lord +Canning+ leitender +Minister +Georgs IV.+) erkennt zuerst die neuen Freistaaten an und +schließt mit ihnen Handelsverträge. Die Vereinigten Staaten von Amerika +(Präsident +Monroe+) erlassen 1823 die Erklärung, keine Einmischung +Europas in die politische Gestaltung Amerikas dulden zu wollen +(+Monroe-Doktrin+). Colombia teilt sich 1830 (Bolivar †) in die drei +Republiken +Neu-Granada+ (1861 wieder Colombia genannt), +Venezuela+, ++Ecuador+. + +Brasilien, bisher portugiesische Kolonie, wird 1822 unabhängiges +Kaisertum unter +Dom Pedro I.+, dem Sohne Johanns VI., letzterer kehrt +nach Portugal zurück (vgl. S. 327). Sein jüngerer Sohn +Dom Miguel+ +erregt Unruhen in ~Portugal~, um die Cortes zu beseitigen, herrscht +nach dem Tode des Vaters (1826) gewalttätig und grausam, wird 1834 von ++Dom Pedro I.+ vertrieben. Dieser überläßt die Regierung Brasiliens +seinem Sohne Pedro II., in Portugal setzt er seine Tochter +Maria da +Gloria+ ein, deren Gemahl Ferdinand von Sachsen-Koburg wird (S. 352). +Verfassung vom Jahre 1826, abgeändert 1838. + +[~1821–1829.~] + +~Griechischer Befreiungskrieg~, vorbereitet durch die +Hetärie+ einen +1814 von griechischen Kaufleuten in Odessa gestifteten Geheimbund zur +Befreiung der Griechen von der türkischen Herrschaft. Fürst Alexander ++Ypsilanti+ (russischer General und Adjutant Kaiser Alexanders I.) +an der Spitze eines Griechenaufstandes in der Moldau und Walachei +(März-Juni 1821), wird geschlagen, rettet sich nach Österreich, wird 6 +Jahre in Munkacz und Theresienstadt gefangen gehalten, † in Wien 1828. + +[1821. April.] + +Aufstand in Morea (+Mainoten+) und auf den Inseln. Wüten der Türken +gegen die Griechen in Konstantinopel. Der Patriarch +Gregorios+ +aufgeknüpft. + +[1822.] + +Blutbad auf der Insel +Chios+, die Türken ermorden über 20000 Griechen. ++Kanaris+ verbrennt einen Teil der türkischen Flotte an der Küste von +Chios. Der tapfere Widerstand der Griechen (Miaulis aus Hydra. Marcus +Bozzaris u. a.) erregt überall Teilnahme. Freiwillige (Philhellenen) +eilen aus Deutschland, Italien, Frankreich herbei; der englische +Dichter Lord +Byron+ landet mit zwei Schiffen bei der bedrohten Festung ++Missolunghi+ (1824); der Genfer Bankier +Eynard+ organisiert die +Hilfsvereine. +Wilhelm Müllers+ Griechenlieder. + +[1825.] + +Mehemed Ali, Pascha von Ägypten, sendet dem Sultan Mahmud II. seinen +Sohn +Ibrahim+ zu Hilfe, welcher in +Morea+ grausam wütet. Aussicht auf +russische Hilfe für die Griechen erst nach dem Tode des kinderlosen +Alexander I. (1. Dez.). Ihm folgt sein Bruder als + +[~1825–1855.~] + +~Nikolaus I., Kaiser von Rußland~, nach Verzichtleistung des älteren +Bruders +Konstantin+ (S. 295). + +[1826.] + +Die Türken erobern die heldenmütig verteidigte Festung +Missolunghi+. + +[~1827.~] + ++England+, +Rußland+ und +Frankreich+ schließen auf Betreiben des +englischen Ministers +George Canning+ ein Bündnis zum Schutze der +Griechen. + +[Juni.] + +Aufstand der +Janitscharen+ in Konstantinopel; sie werden auf Befehl +des Sultans teils getötet, teils nach Asien abgeführt. + +[20. Okt.] + +~Schlacht bei Navarin.~ + +Die türkische Flotte wird von der englischen, französischen und +russischen zerstört (»untoward event«). Französische Truppen landen in +Morea, Ibrahim zum Abzug genötigt. + +Russische Truppen besetzen 1828 die Donaufürstentümer, General ++Diebitsch+ überschreitet 1829 den Balkan und besetzt Adrianopel, +während in Asien General +Paskjewitsch+ Kars und Erzerum erobert. + +Im ~Frieden zu Adrianopel~ 1829 erhält Rußland die Inseln vor der +Donaumündung, in Asien das Gebiet von Achalzik südlich vom Kaukasus. +Den Donaufürstentümern +Serbien+, +Moldau+, +Walachei+ wird das Recht, +christliche Statthalter (Hospodare) unter türkischer Oberhoheit zu +wählen, bestätigt. Die Türkei erkennt im voraus die Beschlüsse der ++Londoner Konferenz+ an, welche 1830 die ~Unabhängigkeit Griechenlands~ +aussprechen. + +Graf +Capodistrias+ (1814–22 russischer Minister) führt vorläufig als +Präsident die Verwaltung; er wird 1831 in +Nauplĭa+, dem Sitz der +Regierung, ermordet. Darauf erheben die Schutzmächte (England, Rußland, +Frankreich) zum König von Griechenland den Sohn König Ludwigs I. von +Bayern, ~Otto I.~, welcher 1832–1862 regiert, dann durch einen Aufstand +vertrieben wird († 1867). ~Athen~ erhebt sich als Residenzstadt zu +neuer Bedeutung. + +~Rußland~ beginnt, nachdem 1795 +Derbent+ (S. 278) abermals besetzt, +1801 +Georgien+ (S. 297) zur Provinz gemacht, 1813 die Südwestküste des +Kaspischen Meeres mit +Baku+, 1827 +Eriwan+ den Persern entrissen ist, +langwierige Kämpfe zur Unterwerfung der +Kaukasus+völker. + +[1829.] + +In ~England,~ wo 1820–1830 +Georg IV.+ regiert, unter dem Ministerium +des Herzogs von +Wellington+ nach Aufhebung der Testakte (S. 270) ++Emanzipation der Katholiken+, d. h. Zulassung derselben zum Parlament +und zu Staatsämtern. Nach lebhaften Verhandlungen folgt 1832 unter +König +Wilhelm IV.+ (1830–1837) die ~Parlamentsreform~; 56 kleine Orte +verlieren das Wahlrecht, eine Anzahl von Grafschaften und größeren +Städten wählt dafür fortan mehr Vertreter ins Unterhaus. + + +§ 3. Die Zeit von 1830–1848. + +Abermals geht von ~Frankreich~ eine Erschütterung der europäischen +Verhältnisse aus, die jedoch leichter überwunden wird als die frühere. +~König Karl X.~ (1824–1830, Bruder Ludwigs XVI. und XVIII., früher +Graf von Artois, s. S. 307) regiert wie sein Bruder, der Talleyrand +entlassen, den Marschall Ney zum Tode und alle Mitglieder der Familie +Bonaparte nebst den »Königsmördern« zur Verbannung verurteilt hatte, +und erregt durch sein Streben nach Herstellung des unbeschränkten +Königtums wachsende Mißstimmung, die auch durch einen Erfolg der +auswärtigen Politik, die Eroberung des Seeräuberstaates ~Algier~ (Juni +und Juli 1830) nicht vermindert wird. + +[~1830.~] + +~Pariser Julirevolution.~ Durch das ultraroyalistische Ministerium ++Polignac+ wird der König am 25. Juli 1830 zur Unterzeichnung +von 5 Ordonnanzen (Verfügungen) bewogen, welche 1. die letzten +oppositionellen Kammerwahlen für ungültig erklären, 2. das +Wahlgesetz+ +zu einem Privilegium der reichsten Grundbesitzer machen (262 +Abgeordnete statt der früheren 430) und 3. die +Preßfreiheit+ aufheben. +Diese Verletzung der Verfassung erregt einen Aufstand in Paris. Nach +dreitägigem Straßenkampf (27.–29. Juli) ziehen die Truppen sich zurück. +Karl X. dankt ab zu Gunsten seines Enkels, des 1820 geborenen Herzogs +Heinrich von Bordeaux, +Graf von Chambord+, dessen Vater, der Herzog +von Berry, 1820 (Febr.) ermordet worden war; aber durch Beschluß der +Pairs und Deputierten wird auf den Thron erhoben der Sohn Philipp +Egalités, +Herzog Ludwig Philipp von Orléans+ aus der jüngeren Linie +des Hauses Bourbon (s. S. 349) als + +[~1830–1848.~] + +~Ludwig Philipp I.,~ König der Franzosen. + +[1830.] + +~Belgischer Aufstand.~ Das vom Wiener Kongreß geschaffene Königreich +der +Niederlande+ hat keinen Bestand; die Belgier, durch Sprache, +Konfession und Beschäftigung verschieden, fühlen sich unter der +holländischen Regierung zurückgesetzt und hoffen auf Frankreichs +Hilfe. + + ~Häuser Bourbon älterer und jüngerer Linie (Orléans).~ + + ~Heinrich IV.~, erster König aus dem Hause Bourbon, †1610. + | + ~Ludwig XIII.,~ †1643. + |___________________... + | + ~Ludwig XIV.~, †1715. + | + Ludwig, Dauphin, †1711. + ________________|_________________ + | | + Ludwig, Hz. v. Bourgogne, Philipp V., K. v. Spanien, + †1712. Stammvater der Bourbons + | in Spanien, Neapel u. Parma, †1746. + | + ~Ludwig XV.~, †1774. + | + Ludwig, Dauphin, †1765. + ______|__________________________ + | | | + ~Ludwig XVI.~, ~Ludwig XVIII.~, ~Karl X.~, + †1793. †1824. †1836. + | | + Ludwig (XVII.), Karl Ferdinand, + †1795. Hz. v. Berry, + †1820. + | + Heinrich V., + Graf v. Chambord, + †1883. + + + ~Heinrich IV.~, erster König aus dem Hause Bourbon, †1610. + | + ~Ludwig XIII.,~ †1643. + ...__|______________________ + | + Philipp, Hz. v. Orléans, †1701. + Gem. Elisabeth Charlotte v. d. Pfalz, †1721. + | + Philipp, Regent, †1723. + | + Ludwig, †1752. + | + Ludwig Philipp, †1785. + | + L. Philipp (Égalité), †1793. + | + ~Ludwig Philipp~, + K. d. Franzosen, †1850. + _____________________________________________________________ + | | | | | | + Ferdinand, Ludwig, Klementine, Franz, Heinrich, Anton, + Hz. v. Orléans, Hz. v. Gem. August Hz. v. Hz. v. Hz. v. + †1842. Nemours, v. Koburg, Joinville, Aumale, Montpensier. + | †1896. †1907. †1900. †1897. †1890. + | |______________ |__ | + __|__________________ __|___________ | | + Ludw. Philipp, Robert, Gaston, Ferdinand, Peter, Anton, + Graf v. Paris, Hz. v. Graf v. Eu. Hz. v. Hz. v. Infant v. + †1894. Chartres. Alençon. Penthièvre Spanien. + | __|___________ | + | Johann, | _________|__________ + | Hz. v. Guise. 1. Pedro, Emanuel, Alfons. Louis Ferdinand. + | 2. Ludwig, Hz. v. + __|__________________________ 3. Anton. Vendôme. + Ludw. Philipp, Ferdinand, 3 Kinder. + Hz. v. Orléans. Hz. v. Montpensier. Karl Philipp. + +[25. Aug.] + +Aufstand in +Brüssel+, bald auch im ganzen Lande. Prinz +Friedrich+, +der zweite Sohn König Wilhelms I., wird gezwungen, mit den +holländischen Truppen Brüssel zu verlassen; General +Chassé+ behauptet +die Citadelle von +Antwerpen+, indem er die Stadt beschießen läßt. 18. +Nov. +Unabhängigkeitserklärung+ des belgischen Nationalkongresses. +Provisorische Regierung. + +Die +Londoner+ Konferenz der Großmächte (Lord +Palmerston+ englischer +Minister) bewirkt Einstellung der Feindseligkeiten und erkennt den +neuen Staat an (Jan. 1831), der sich eine freisinnige monarchische +Verfassung gibt. Nachdem +Ludwig Philipp+ die auf seinen zweiten Sohn +gefallene Königswahl abgelehnt hat, wird zum +König der Belgier+ gewählt + +[1831–1865.] + +~Leopold I.~ von Sachsen-Koburg (S. 352), der sich mit einer Tochter +Ludwig Philipps vermählt. Fortgang des Kampfes mit Holland bis 1833. +Einmarsch eines französischen Heeres. Belagerung und Einnahme der +Citadelle von +Antwerpen+. Friede 1839. + +In ~Deutschland~ wird 1830 Herzog Karl von +Braunschweig+ vertrieben († +1873 in Genf); sein Bruder Wilhelm übernimmt nach einem Beschluß des +Bundestages die Regierung. Unruhen in +Sachsen+ und +Kurhessen+; in +beiden Ländern wird 1831 eine neue Verfassung verkündet, in +Hannover+ +1833. + +[~1830–1831.~] + +~Polnischer Aufstand.~ Erhebung in Warschau (1830, 29. Nov.). Ein +Mordversuch gegen den Großfürsten +Konstantin+, Bruder des Kaisers +Nikolaus (S. 347), mißlingt. Provisorische Regierung mit Fürst +Adam +Czartoryski+ an der Spitze. Kaiser Nikolaus durch den Reichstag +abgesetzt (1831, Jan.). Ein russisches Heer von 118000 Mann unter +General +Diebitsch+ dringt in Polen ein; blutige ~Gefechte bei Grochow~ +(19.–25. Febr. 1831), wo die Polen der russischen Übermacht lange +Widerstand leisten, sich aber doch zuletzt auf Praga zurückziehen +müssen. Der Aufstand verbreitet sich über Litauen und Podolien. +Diebitsch siegt in der Schlacht bei ~Ostrolenka~ (26. Mai), stirbt +aber bald darauf an der Cholera. Uneinigkeit der Polen, Bluttat der +demokratischen Partei in Warschau. Dadurch wird dem neuen russischen +Oberfeldherrn +Paskjewitsch+ das Vordringen erleichtert, er erobert +Warschau (Sept. 1831). Bald wird der Aufstand im ganzen Lande +unterdrückt. Polen verliert die von Kaiser Alexander I. 1815 verliehene +Verfassung und wird fortan als russische Provinz mit Strenge regiert. + +[1831.] + +Aufstände in +Modĕna+, +Parma+ und der +Romagna+, mit österreichischer +Hilfe unterdrückt. + +[1833–1840.] + +In ~Spanien~ Bürgerkrieg nach dem Tode Ferdinands VII. Durch ++Espartero+ siegt nach blutigem Kampfe die +Verfassungs+partei +(Christinos) für die unmündige Königin +Isabella II.+ (1833–1868) und +deren Mutter +Marie Christine+ (von Neapel) über die »Karlisten«, d. h. +die Anhänger des Prinzen Don +Carlos+ (Bruder Ferdinands VII.), welcher +1839 zur Flucht nach Frankreich genötigt wird († 1855 in Triest). +Verkündigung einer Verfassung. + +[1837.] + ++Espartero+ Regent (1841–1843), dann sein persönlicher Feind +Narvaez+; +dieser ruft die von Espartero vertriebene Königin Marie Christine +zurück und verstärkt durch die abgeänderte Verfassung (1845) die +königliche Gewalt. + +[1833.] + +Aufstandsversuch in +Frankfurt a. M.+ gegen den deutschen Bundestag. +Hierdurch und durch das im Jahre vorher von der demokratischen Partei +in Rheinbayern veranstaltete +Hambacher Fest+ werden wiederum (S. 345) +die Einsetzung politischer Untersuchungskommissionen, Verhaftungen und +Verurteilungen herbeigeführt. + +[1833.] + +Gründung des ~deutschen Zollvereins,~ angeregt durch das +preußische +Zollgesetz+ von 1818, welches alle Zollgrenzen im Innern des Landes +aufhob und alle Zollstellen an die Grenzen verlegte. Besondere Vereine +der kleineren Staaten, namentlich der 1828 gegründete mitteldeutsche +Handelsverein haben keinen Bestand. Nach und nach werden Verträge mit +Preußen abgeschlossen. + ++Österreich+, wo 1835–1848 ~Kaiser Ferdinand I.~ regiert, bleibt +ausgeschlossen. Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Mecklenburg-Strelitz +und Schaumburg-Lippe bilden 1834 den +Steuerverein+ und treten dem +deutschen Zollverein erst 1851 bei. Der Zollanschluß der Hansestädte +Bremen und Hamburg erfolgt erst 1888. + +[~1837.~] + +Nach dem Tode Wilhelms IV., Königs von England (1830–1837), +folgt in +Hannover+ nach dem salischen Gesetze (s. S. 207) sein +Bruder +Ernst August+ (1837–1851), welcher die 1833 für Hannover +verkündigte Verfassung aufhebt, weil sie ohne seine, des damaligen +Thronerben, Zustimmung zustande gekommen sei. Absetzung der 7 dagegen +protestierenden Göttinger Professoren (+Jakob+ und +Wilhelm Grimm+, ++Dahlmann+, +Gervinus+, +Ewald+, +Albrecht+ und +Weber+). Abgeänderte +Verfassung 1840. + +[1837 u. 1838.] + +Streit der preußischen Regierung mit den Erzbischöfen von +Köln+ und ++Gnesen-Posen+, besonders wegen der konfessionellen Erziehung der +Kinder aus gemischten Ehen. + + ~Georg III.,~ + K. v. England u. Hannover, + †1820. + _____|______________________________________________ + | | | | + ~Georg IV.,~ ~Wilhelm IV., ~ Eduard~, ~Ernst August,~ + K. v. E. u. H., K. v. E. u. H., Hz. v. Kent, K. v. Hannover, + †1830. †1837. †1820. †1851. + | | | + | ~Viktoria,~ ~Georg V.,~ + | K. v. England, K. v. + | †1901, Hannover, + Charlotte, Gem. Albert †1878. + †1817, v. Koburg, | + Gem. Leopold I. †1861. Ernst August, + v. Koburg, Hz. v. + †1865. Cumberland. + _____|______ + Georg Wilhelm. Ernst August. + + Albert, + †1861, + Gem. + Viktoria + v. Engl., + †1901. + _______________________________________________|________ + Viktoria, ~Eduard VII.,~ ~Alfred,~ Arthur, Leopold + †1901, †1910. Hz. v. Hz. v. Hz. v. Albany, + Gem. K. v. England, Koburg, Connaught. †1884. + Friedr. III. Gem. Alexandra †1900. | + v. Preußen. v. Dänemark. ~Karl Eduard,~ + | Hz. v. Koburg. + ~Georg V.,~ | + Gem. Mary v. Teck. Johann Leopold. + _______________|___________________________________ + Eduard, Prinz v. Wales; Albert, Heinrich, Georg, Johann. + + + ~Franz,~ + Hz. v. Koburg, + †1806. + _______|___________________________________________________ + | | | + ~Ernst I.~ Ferdinand ~Leopold I., + Hz. v. Koburg, Gem. Fürstin v. Kohary, K. d. Belgier, + †1844. †1851. †1865. + __|_______________ __|_________________ __|______________ + | | | | | | | + ~Ernst II.,~ Albert, ~Ferdinand II.,~ August, ~Leopold II.,~ Philipp, + †1861, †1885, G. Gem. K. d. Belgier, G. v. + Gem. Maria da Klementine †1909. Flandern, + Viktoria Gloria, K. v. †1905. + v. Engl., v. Portugal Orléans, + †1901. †1853. †1907. + ___________________|__ | + | | _______|________ + ~Pedro V.,~ ~Ludwig I.,~ | | + K. v. K. v. Philipp, ~Ferdinand,~ + Portugal, Portugal, Prinz v. 1887 Fürst, + †1861. †1889. Koburg. 1908 K. v. + | Bulgarien. + ~Karl I.,~ | + K. v. Portugal 1. Boris, + †1908. Prinz v. + | Tirnowa. + | 2. Kyrill. + ~Manuel II.,~ + K. v. Portugal, + vertrieben 1910. ~Albert I.,~ + K. d. Belgier. + _________|________ + | | + Leopold. Karl. + +[~1840–1861.~] + +~Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen,~ bei seinem +Regierungsantritt mit großen Erwartungen begrüßt. Amnestie für +politische Vergehen, Freilassung der verhafteten Erzbischöfe von Köln +und Gnesen-Posen. 1847 Berufung des +ersten vereinigten Landtags+ nach +Berlin (s. Anhang). + +[~1837–1901.~] + +~Viktoria, Königin von England,~ Nichte +Wilhelms IV.+, 1840 vermählt +mit +Albert+ von Sachsen-Koburg (prince-consort, † 1861). Vgl. die +Stammtafel S. 352. In Irland vergebliche Bestrebungen für den Widerruf +(+repeal+) der seit 1801 bestehenden parlamentarischen Vereinigung mit +England (+O’Connell,+ † 1847). In England Bewegung für den Freihandel +(Richard +Cobden+ in Manchester); die Abschaffung der beschränkenden +Korngesetze wird 1846 erreicht. + +Krieg gegen +Afghanistan+ 1839–1842; durch zwei Kriege gegen die ++Sikhs+ (1845–1849) wird das Pendschab-Gebiet unterworfen. Krieg gegen ++China+ 1810 wegen Verbots der Opiumeinfuhr aus Indien (+Opiumkrieg+); +1842 werden fünf chinesische Häfen den Europäern geöffnet, der +Opiumhandel gestattet, die Insel +Hongkong+ an England abgetreten. +In +Hinterindien+ erwirbt England durch Kriege gegen das Reich ++Birma+ 1826 die Küste von Arakan und die Landschaft Assam, 1853 das +Mündungsgebiet des Irawadi (Pegu), 1886 ganz Birma (s. § 13). + +In ~Frankreich~ versucht während der Regierung Ludwig Philipps der +Neffe Napoleons I., ~Louis Napoleon,~[57] 1836 in +Straßburg+ und +1840 in +Boulogne+ einen Aufstand. Er wird das erstemal auf einem +französischen Kriegsschiff nach Amerika geschickt, das zweitemal zu +lebenslänglicher Haft verurteilt, entkommt aber 1846 aus der Festung +Ham. + +[~1840.~] + +Beginn der +Befestigung von Paris+ unter dem Ministerium +Thiers+ aus +Anlaß einer Kriegsgefahr, welche dadurch entstanden war, daß Frankreich +sich des aufständischen +Mehemed Ali+ von Ägypten (s. S. 347) gegen den +Sultan annahm. Frankreichs Kriegsdrohung gegen Deutschland erregt das +Nationalgefühl gewaltig. Nik. +Beckers+ Rheinlied, +Schneckenburgers+ +»Wacht am Rhein«. Bündnis der 4 anderen Großmächte; Frankreich gibt +nach, an Stelle von Thiers tritt +Guizot+ (Okt. 1840). Mehemed Ali, +dessen Sohn Ibrahim die Türken 1839 bei +Nisib+ in Syrien besiegt +hatte, muß auf Verlangen Englands (Lord +Palmerston+) Syrien räumen und +behält nur die +erbliche+ Herrschaft über +Ägypten+ unter Oberhoheit +der Pforte. + +[~1840.~ 15. Dez.] + +Die Überreste Napoleons I., durch den Prinzen von Joinville, dritten +Sohn Ludwig Philipps, von St. Helena nach Paris gebracht, werden dort +im Dom der Invaliden feierlich beigesetzt. + +Langwierige Kriege in ~Algier~ (S. 348) zur Eroberung des inneren +Landes (Marschall +Bugeaud+, General aus Napoleons Schule). ++Abd-el-Kader+, Anführer der Araber und Kabylen, wird 1847 gefangen, +1852 nach Kleinasien entlassen. + +[1846.] + +Der Freistaat ~Krakau~ wird wegen erneuter polnischer Aufstandsversuche +durch Beschluß der Schutzmächte (S. 341) dem Kaiserreich +Österreich+ +einverleibt. + +[~1847.~] + +~Sonderbundskrieg in der Schweiz.~ Sieben katholische Kantone sagen +sich von der Eidgenossenschaft los, werden aber von den Bundestruppen +unter General Dufour besiegt. Darauf (1848) Umgestaltung des ++Staatenbundes+ (S. 341) souveräner Kantone zu einem +Bundesstaat+ +(Föderativrepublik von 25 Staaten, vgl. S. 302). An die Stelle +der bisherigen Tagsatzung, in der abwechselnd Zürich, Bern und +Luzern Vorort gewesen war, tritt die ~Bundesversammlung~ in ~Bern~, +bestehend aus 1. +Ständerat+ (44 Vertreter der einzelnen Kantone), +2. +Nationalrat+ (Vertreter der ganzen Schweizer Bevölkerung, nach +Maßgabe der Volkszahl gewählt). Die vollziehende Gewalt übt der von +der Bundesversammlung gewählte ~Bundesrat~ (7 Mitglieder, auf 3 Jahre +gewählt). Bundesgericht, einheitliches +Militär-, Post-+und +Münzwesen+ +(s. § 14). + + +§ 4. Die Revolutionszeit 1848–1852. + +In Frankreich führt die Unzufriedenheit mit der Politik des +Ministeriums +Guizot+ und den noch bestehenden Beschränkungen des ++Wahlrechts+ zur + +[~1848.~ 22.–24. Febr.] + +~Pariser Februarrevolution.~ Straßenkampf gegen die Truppen; Barrikaden +erbaut. Die Nationalgarde bleibt untätig, die Truppen geben den +Kampf bald auf. +Ludwig Philipp+ flieht nach England († 1850). Seine +Thronentsagung zu Gunsten seines Enkels, des +Grafen von Paris+ (S. +349), wird nicht beachtet, sondern die Republik proklamiert. Die +Deputiertenkammer wählt eine provisorische Regierung. +Lamartine+ +als Mitglied derselben hindert Verwüstung und Plünderung. Eine ++Nationalversammlung+ wird nach Paris berufen, um die Verfassung der +Republik festzustellen. Die Forderungen der Sozialisten (+Louis Blanc+) +führen zur Einrichtung von +Nationalwerkstätten+ in Paris, in denen +jedem französischen Bürger vom Staate Arbeit und Lohn geboten werden +soll. Diese erweisen sich jedoch bald als kostspielig und zwecklos. + +[~1848.~ 23.–26. Juni.] + +Blutiger Straßenkampf in Paris nach Schließung der Nationalwerkstätten. +General +Cavaignac+ erhält durch Beschluß der Nationalversammlung +diktatorische Gewalt und wirft den Aufstand der Arbeiter nieder (gegen +10000 getötet, viele deportiert). + +[10. Dez.] + +Prinz ~Louis Napoleon~ (S. 353) wird infolge der Furcht aller +Besitzenden vor dem Sozialismus und unter dem Einfluß der Geistlichkeit +durch +Volksabstimmung+ (Plebiscit) mit fast 6 Millionen Stimmen zum ++Präsidenten+ der französischen Republik erwählt. Seine Regierung +findet Beifall, doch weigert sich die Nationalversammlung, die +Verfassung abzuändern, welche die Wiederwahl desselben Präsidenten erst +nach 4 Jahren gestattet. + +[~1851.~ 2. Dez.] + +~Staatsstreich Louis Napoleons.~ Er läßt die angesehensten Mitglieder +der Nationalversammlung verhaften, erklärt diese für aufgelöst, +fordert wiederum +Volksabstimmung+, läßt Aufstandsversuche in Paris +am 3. und 4. Dez. blutig niederwerfen. Er wird mit mehr als 7 +Mill. Stimmen zum +Präsidenten auf 10 Jahre+ erwählt. Am 14. Jan. +1852 verkündet er eine neue, der des ersten Kaiserreiches ähnliche +Verfassung (Senat, gesetzgebender Körper, s. S. 318). Feierliche +Friedensversicherungen gegenüber den europäischen Staaten, besonders +durch eine Rede in Bordeaux (»+L’Empire c’est la paix+«). Auf Grund +eines Senatsbeschlusses und einer +dritten Volksabstimmung+ besteigt er +als + +[~1852.~ 2. Dez.] + +~Napoleon III., Kaiser der Franzosen~ (1852–1870) den Thron und wird +bald von allen Mächten anerkannt. + +[~1848.~ Frühjahr.] + +~Revolutionäre Bewegungen in Deutschland und Österreich.~ Eine badische +Volksversammlung bei +Mannheim+ (27. Febr.) fordert Preßfreiheit, +Schwurgerichte, Vereinsrecht, Volksbewaffnung, deutsches Parlament. +Ähnliche Versammlungen finden in Württemberg, Hessen-Darmstadt, Nassau +u. a. Staaten statt. Die Regierungen zeigen sich nachgiebig; der ++Bundestag in Frankfurt+ hebt die Zensur für Druckschriften auf. + +[13.–15. März.] + +Aufstand in Wien. Metternich, seit 1809 leitender Minister Österreichs, +wird vertrieben. +Bürgerwehr+ und +Studenten+ herrschen in der Stadt. + +[18. März.] + +Straßenkampf in Berlin, obwohl der König +Friedrich Wilhelm IV.+ schon +aus freien Stücken eine Verfassung und Preßfreiheit versprochen hatte. +Die +unbesiegten,+ aber ermatteten Truppen verlassen auf Befehl des +Königs am 19. ihre Stellungen und marschieren aus der Stadt. Bildung +einer Bürgerwehr. Berufung einer +preußischen Nationalversammlung+ nach +Berlin. Prinz +Wilhelm+ geht auf Befehl seines Bruders nach England. + +[~1848.~ 20. März.] + +Infolge wiederholter Unruhen in ~München~ dankt König +Ludwig I.+ († +1868) zu Gunsten seines Sohnes +Maximilian II.+ (1848–1864) ab. + +[15. Mai.] + ++Zweiter+ Aufstand in ~Wien~, welcher die Einberufung eines ++österreichischen Reichstags+ erzwingt. Kaiser Ferdinand I. verläßt +Wien und geht nach +Innsbruck+. + +[Juni.] + +~Slavenkongreß~ in Prag, von den ~Tschechen~ (+Palacki+) +ausgeschrieben, um die Bestrebungen der slavischen Völker Österreichs ++gegen das Deutschtum+ zu vereinigen. Im Anschluß daran tschechische +Erhebung in ~Prag~, besiegt durch Fürst +Windischgrätz+. + +[31. Okt.] + +Einnahme des aufständischen ~Wien~ durch kaiserliche Truppen +(+Windischgrätz,+ +Jellachich+ Ban von Kroatien). +Robert Blum+, +Mitglied des Frankfurter Parlaments, und viele andere werden +erschossen. Der Reichstag wird nach +Kremsier+ verlegt. Fürst Felix ++Schwarzenberg+ übernimmt das Ministerium. + +[9. Nov.] + +Die preußische Nationalversammlung in ~Berlin~ wird auf Befehl des +Königs (Ministerium +Brandenburg-Manteuffel+) vertagt und zum 27. Nov. +nach +Brandenburg+ berufen. + +[10. Nov.] + +General +Wrangel+ rückt, ohne Widerstand zu finden, in +Berlin+ ein. +Erklärung des Belagerungszustandes, Entwaffnung der Bürgerwehr. -- Da +die Nationalversammlung in Brandenburg nicht in beschlußfähiger Zahl +zusammenkommt, befiehlt der König + +[5. Dez.] + ++Auflösung+ der Nationalversammlung und Verkündigung einer preußischen ++Verfassung+, welche nach Beratung durch die neu zu wählenden Kammern +in Gültigkeit treten soll. + +[~1848–1849.~] + +~Aufstand in Oberitalien gegen Österreich~. + +Beginn der Erhebung in +Mailand+ (18. März 1848) die österreichischen +Truppen ziehen sich nach der Festung +Verona+ zurück. König +Karl +Albert+ von +Sardinien+ (1831–1849), welcher Italien befreien will, +wird bei ~Custozza~ (25. Juli) von dem Feldmarschall ~Radetzki~ +vollständig geschlagen. +Mailand+ von den Österreichern wieder +eingenommen. + +Waffenstillstand bis 20. März 1849, darauf erzwingt +Radetzki+ durch +die Siege bei +Mortara+ (21. März) und ~Novara~ (23. März) den +Frieden. +Karl Albert+ dankt zu Gunsten seines Sohnes +Viktor Emanuel+ +(1849–1878) ab. Einnahme von +Brescia+ nach furchtbarem Straßenkampf; +Grausamkeit des Generals +Haynau+ gegen die Gefangenen. + +In ~Venedig~ nach Abzug der österreichischen Besatzung (1848, März) +erst +provisorische+ Regierung im Namen des +Königs von Sardinien+, +dann nach der Niederlage des italienischen Heeres +Republik+ +(Präsident +Manin+). Belagerung und Einnahme Venedigs durch die +Österreicher (August 1849). Das ganze lombardo-venetianische Königreich +ist der Herrschaft Österreichs wieder unterworfen. + +[~1848–1849.~] + +~Aufstand der Ungarn gegen Österreich.~ Die Ungarn (Magyaren) verlangen +und erhalten ein eigenes Ministerium (1848, April). Graf +Batthyany+ +Ministerpräsident, ~Kossuth~ (spr. +Kóschūt+) Finanzminister. Reichstag +in Pest unter Vorsitz des Erzherzogs +Stephan+ als +Palatin+. Der ++Widerstand+ der +slavischen+ Bevölkerung und der +Nebenländer+ +der Krone Ungarn (+Kroatien, Siebenbürgen+) gegen die magyarischen +Ansprüche, ihre Forderung politischer Gleichberechtigung werden vom +Wiener Hofe unterstützt. +Jellachich+, zum +Ban von Kroatien+ ernannt, +fällt mit Heeresmacht in Ungarn ein; Erzherzog +Stephan+ legt sein Amt +nieder. Graf +Lamberg, kaiserlicher Statthalter+ von Ungarn, wird in +Pest ermordet (Sept.); der Kaiser verfügt die Auflösung des Reichstages. + +Nach Abdankung +Ferdinands I.+ (2. Dez. 1848) besteigt den Thron sein +Neffe (S. 282) + +[~Seit 1848.~] + +~Franz Joseph I.~, Kaiser von Österreich. Der ungarische Reichstag +erkennt den Thronwechsel nicht an. Fürst +Windischgrätz+ rückt mit +einem österreichischen Heere in Ungarn ein. +Kossuth+ zieht sich mit +den magyarischen Behörden nach +Debreczin+ zurück, Windischgrätz +besetzt Pest (1849, Jan.), besiegt ein ungarisches, von dem polnischen +General +Dembinski+ geführtes Heer bei +Kapolna+ (Febr.). In +Siebenbürgen ist der polnische General +Bern+, welchem Kossuth ein +Kommando übergeben hatte, siegreich gegen österreichische Truppen und +die von diesen zu Hilfe gerufenen +Russen+. Der ungarische General ++Görgey+ überschreitet mit 50000 Mann die Theiß, entsetzt die belagerte +Festung +Komorn+. Windischgrätz von der Regierung in Wien abberufen, +Pest geräumt; in +Ofen+ bleibt eine österreichische Besatzung. Infolge +der Verkündigung einer + +[~1849.~ 4. März.] + +~Gesamtverfassung für Österreich~, welche die alte ungarische +Verfassung aufhebt, spricht auf Kossuths Antrag der Reichstag die +Absetzung des Hauses +Habsburg-Lothringen+ aus. +Kossuth+ wird als +»Gouverneur« zum Haupt der magyarischen Regierung ernannt. +Görgey+ +erstürmt +Ofen+ (21. Mai); Kossuth und der Reichstag halten einen +pomphaften Einzug in Pest. Unterdes wird bei einer Zusammenkunft der ++Kaiser+ von +Österreich+ und +Rußland+ in +Warschau+ die ~russische +Intervention~ verabredet und ein gemeinsamer Kriegsplan für die +Unterwerfung Ungarns festgestellt. + +Ein russisches Heer von 80000 Mann unter +Paskjewitsch+ überschreitet +die Karpathen (Juni), ein zweites rückt von der Walachei aus vor, von +Westen her die Österreicher unter +Haynau+. Die magyarische Regierung +zieht sich nach +Szegedin+ zurück. +Kossuth+ legt bald darauf die +Regierungsgewalt nieder, die Diktatur wird +Görgey+ übertragen. Dieser +entschließt + +[~1849.~ 13. Aug.] + +sich zur ~Kapitulation von Vilagos~ und streckt mit 25000 Mann vor dem +russischen General +Rüdiger+ die Waffen. Die meisten andern ungarischen +Führer ergeben sich auf Gnade und Ungnade; nur +Klapka+, der Komorn +verteidigt, erhält eine ehrenvolle Kapitulation. +Kossuth, Bem, +Dembinski+ retten sich auf türkisches Gebiet. Haynau verhängt über die +gefangenen Häupter des Aufstandes ein furchtbares Strafgericht. Graf +Batthyany nebst vielen anderen hingerichtet, ihre Güter eingezogen. +Aufhebung der ungarischen Verfassung, Siebenbürgen und Kroatien werden +von Ungarn getrennt. + +Die +Gesamtverfassung für Österreich,+ welche nie wirklich ins Leben +getreten war, wird am 31. Dez. 1851 für aufgehoben erklärt. + +[~1848–1850.~] + +~Versuche, Deutschland zu einigen.~ + +[~1848.~ 31. März.] + +Mit Zustimmung des Bundestages tritt in +Frankfurt am Main+ +ein aus Mitgliedern deutscher Ständeversammlungen gebildetes +~Vorparlament~ zusammen und beschließt die Berufung einer +deutschen +Nationalversammlung+ zur Feststellung der deutschen Reichsverfassung. + +[April.] + +Eine republikanische Erhebung in +Baden+ (Hecker, Struve, Herwegh) wird +durch deutsche Bundestruppen schnell unterdrückt. + +[18. Mai.] + +~Deutsche Nationalversammlung (Parlament)~ in Frankfurt am Main +(Paulskirche). Auf des Präsidenten +Heinrich von Gagern+ Vorschlag +wird ~Erzherzog Johann~ von Österreich zum ~Reichsverweser~ +erwählt; der Bundestag löst sich auf. Erzherzog Johann ernennt ein +Reichsministerium; doch zeigt sich bald, daß die neu geschaffene ++Zentralgewalt+ weder den +Einzelstaaten+ noch dem +Auslande+ gegenüber +wirkliche Macht hat. + +[18. Sept.] + +Volksaufstand in Frankfurt, veranlaßt durch die Annahme des +Waffenstillstandes mit Dänemark (s. S. 362). Zwei Mitglieder der +Nationalversammlung, Fürst +Lichnowski+ und General +v. Auerswald,+ von +Volkshaufen ermordet. + +[~1849.~ März.] + +Vollendung der ~deutschen Reichsverfassung~ nach lebhaften +Parteikämpfen in der Nationalversammlung (»+Großdeutsche+«, +welche Österreich an der Spitze Deutschlands erhalten wollen, und +»+Kleindeutsche+«, welche Ausschluß Österreichs und engeren Bund +unter Preußens Führung anstreben). An der Spitze des Reichs soll ein +erblicher +Kaiser+ stehen, neben ihm ein Reichstag, bestehend aus ++Staatenhaus+ (zur Hälfte von den Regierungen, zur Hälfte von den +Volksvertretungen der Einzelstaaten zu ernennen) und +Volkshaus+ (aus +allgemeinen und direkten Wahlen hervorgehend). Kaiserwahl am 28. März. + +[~1849.~ 3. April.] + +König +Friedrich Wilhelm IV.+ von Preußen erklärt die ihm angetragene +Würde eines ~Kaisers der Deutschen~ nur mit Zustimmung +aller+ +deutschen Regierungen annehmen zu können. Endgültige Ablehnung am 28. +April, nachdem inzwischen 28 kleinere Staaten zugestimmt haben. + +[Mai.] + +Aufstand in ~Dresden,~ um die Einführung der Reichsverfassung zu +erzwingen, mit preußischer Hilfe niedergeworfen. + +In ~Baden~ und der bayrischen ~Pfalz~ republikanischer Aufstand +unter Beteiligung des Heeres. Preußische und deutsche Bundestruppen +rücken ein unter dem Oberbefehl des Prinzen +Wilhelm+ von Preußen. +Die Aufständischen in mehreren Treffen besiegt, die Festung +Rastatt+ +(22. Juli) zur Übergabe gezwungen. Abberufung und Austritt einer +großen Zahl Abgeordneter aus der Frankfurter Nationalversammlung. Das +»+Rumpfparlament+«, welches seinen Sitz in +Stuttgart+ nimmt, wird (18. +Juni) von der württembergischen Regierung aufgelöst. + +[Dez.] + +Erzherzog +Johann+ legt die Würde des Reichsverwesers nieder. + +Die Fürsten von +Hohenzollern+ (Hechingen und Sigmaringen) legen die +Regierung nieder; ihre Gebiete werden mit +Preußen+ vereinigt. + +[~1850.~ 6. Febr.] + +In Preußen wird die revidierte Verfassung von dem Könige und den +Kammern feierlich beschworen. Die gesetzgebende Gewalt wird fortan +»gemeinschaftlich durch den König und die beiden Häuser des +Landtags+ +ausgeübt«. Der König ist unverantwortlich und wird von verantwortlichen +Ministern beraten. Jeder Regierungsakt des Königs muß von einem +Minister gegengezeichnet sein. An Stelle der »ersten Kammer« tritt +1854 das +Herrenhaus+, bestehend aus Mitgliedern, welche der König +erblich oder auf Lebenszeit ernennt. Das +Abgeordnetenhaus+ geht aus +öffentlichen, indirekten Dreiklassenwahlen (Wahlmänner) hervor. Jetzt +433 Mitglieder. Die Legislaturperioden früher dreijährig, seit 1888 +fünfjährig. Die Abgeordneten erhalten Tagegelder und Reisekosten. + +Preußens Versuch, eine ~deutsche Union~ mit Ausschluß Österreichs zu +schaffen (General +v. Radowitz+), gestützt auf den am 26. Mai 1849 +mit Sachsen und Hannover geschlossenen +Dreikönigsbund,+ gefördert +durch eine Versammlung von Mitgliedern der früheren erbkaiserlichen +Partei des Frankfurter Parlaments zu +Gotha+ (Juni 1849) und durch den +Beitritt der meisten kleineren Staaten, führt zu dem + +[~1850.~ 20. März.] + +~Erfurter Parlament~, welches die Beratung über die Verfassung der +deutschen Union schnell zu Ende führt. Darauf + +[Mai.] + +~Fürstenkongreß zu Berlin~, aber keine Einigung, zumal da Sachsen und +Hannover sich schon vorher von dem Dreikönigsbund losgesagt und auf +Österreichs Betreiben mit Bayern und Württemberg den »Vierkönigsbund« +geschlossen haben. + +Den preußischen Unionsbestrebungen tritt Österreich nach der +Niederwerfung des ungarischen Aufstandes (S. 357f.) entschlossener +entgegen durch Berufung einer Konferenz der ihm anhängenden Staaten +nach Frankfurt (10. Mai) und Einladung zur + +[1. Sept.] + +~Wiedereröffnung des Frankfurter Bundestages.~ + +Verfassungskampf im +Kurfürstentum Hessen+; Kurfürst +Friedrich +Wilhelm+ sucht durch seinen Minister +Hassenpflug+ die Verfassung +von 1831 zu beseitigen. Wiederholte Auflösung der Ständeversammlung; +Kriegszustand über das Land verhängt (7. Sept.). Widerstand der +Behörden und Gerichte. Der Kurfürst verläßt das Land und erhält die +Hilfe des von Österreich wiederhergestellten, von Preußen und seinen +Bundesgenossen nicht beschickten Bundestages zugesagt. + +Bruch zwischen +Österreich und Preußen+, das die Intervention des +Bundestages in Hessen nicht dulden will. Kaiser Franz Joseph hat +in +Bregenz+ eine Zusammenkunft mit den Königen von Bayern und +Württemberg, darauf in +Warschau+ (28. Okt.) mit Kaiser Nikolaus +von Rußland, der den preußischen Gesandten Graf Brandenburg zum +Nachgeben ermahnt. Bundesexekution gegen +Hessen+ durch bayrische und +österreichische Truppen wird in Frankfurt beschlossen. Auch preußische +Truppen rücken in Hessen ein, ziehen sich aber nach einem Zusammenstoß +der Vorposten bei +Bronnzell+ (8. Nov.) zurück. Friedrich Wilhelm IV. +entläßt den Minister v. Radowitz und gibt die Unionsbestrebungen auf. + +[29. Nov.] + +~Vertrag zu Olmütz~ (+Manteuffel+ und +Schwarzenberg+). Preußen fügt +sich allen Forderungen Österreichs. +Schleswig-Holstein+ wird den Dänen +überlassen, in +Hessen+ die unumschränkte Herrschaft des Kurfürsten +wiederhergestellt. Preußen verzichtet auf seine Pläne hinsichtlich +der Neugestaltung Deutschlands; für die deutsche Verfassung werden +Konferenzen in +Dresden+ anberaumt, welche die + +[~1851.~] + +~Wiederherstellung des deutschen Bundes~ beschließen. Österreich +hat in den deutschen Verhältnissen ebenso wie in seinen inneren +Kämpfen gegen die nationalen Aufstände gesiegt. Doch hält Preußen den ++Zollverein+ (S. 351) aufrecht, welchem nun auch Hannover und Oldenburg +beitreten, und begründet allmählich eine +preußische Kriegsflotte+, +indem es mehrere von den 1852 im Auftrage des Bundestages versteigerten +Schiffen übernimmt, welche die deutsche Nationalversammlung 1849 als ++deutsche Flotte+ gegen Dänemark zusammengebracht hatte (S. 361). Ein +Gebiet an der +Jahdemündung+ wird 1853 durch Vertrag mit Oldenburg +erworben zur Anlage des Kriegshafens +Wilhelmshaven+, an der Nordsee. + +[~1848–1850.~] + +~Schleswig-Holsteins Erhebung gegen Dänemark.~ + +~Veranlassung~: »Offener Brief« des Königs Christian VIII. +(1839–1848) vom 8. Juli 1846, welcher den Fortbestand der Union +der +Herzogtümer+ mit +Dänemark+ trotz des in den beiden Staaten +verschiedenen Erbfolgerechts (s. S. 268) verfügt. Ein Aufstand in +Kopenhagen (30. März 1848) zwingt seinen Nachfolger Friedrich VII., +die ~Einverleibung Schleswigs~ in Dänemark auszusprechen. Nach der +bis dahin nie bezweifelten Thronfolge mußten die Herzogtümer nach dem +Aussterben des Königlichen Mannesstammes an den Herzog +Christian+ von +Sonderburg-Augustenburg fallen. Daher Aufstand in den Herzogtümern und +Bildung einer +provisorischen Landesregierung+. + +[~1848.~ April.] + +Preußische und andere deutsche Bundestruppen kommen den +Schleswig-Holsteinern, welche sich eine Armee neu bilden müssen, zu +Hilfe. General +v. Wrangel+ vertreibt die Dänen aus dem +Danewerk+ +bei +Schleswig+ (23. April) und dringt bis nach Jütland vor. +Aber die Verluste des Ostseehandels durch die dänische Blockade +und englisch-russischer Einfluß bewirken den Abschluß eines +Waffenstillstandes zu ~Malmö~. Eine +»gemeinschaftliche Regierung«+ +wird für die Herzogtümer eingesetzt. Unzufriedenheit mit diesem +Waffenstillstand in ganz Deutschland; die Nationalversammlung zu +Frankfurt genehmigt ihn nach heftigen Verhandlungen. + +[~1849.~ März.] + +Einsetzung einer +Statthalterschaft+ für Schleswig-Holstein durch die +deutsche Zentralgewalt. + +Bei +Eckernförde+ wird das Linienschiff +Christian VIII.+ in Brand +geschossen und die Fregatte +Gefion+ genommen (5. April). Erstürmung +der Düppeler Höhen durch bayrische und sächsische Truppen (13. April). +Das schleswig-holsteinische Heer, geführt von dem preußischen General ++v. Bonin+, besiegt die Dänen bei +Kolding+ (23. April). Doch wiederum +wird die Weiterführung des Krieges durch die Drohungen Englands und +Rußlands gelähmt. Die neu gegründete +deutsche Flotte+ liefert den +Dänen ein Seetreffen bei +Helgoland+ (5. Juni), ist aber dann genötigt, +untätig in der Wesermündung zu bleiben. Das schleswig-holsteinische +Heer belagert die Festung +Fridericia+, erleidet aber durch einen +glücklichen Ausfall der Dänen bedeutende Verluste. + +[~1849.~ Juli.] + +Waffenstillstand zwischen +Preußen+ und +Dänemark+; Schleswig soll +im Norden von schwedischen, im Süden von preußischen Truppen besetzt +und von einer dänisch-preußischen Kommission verwaltet werden. Die +schleswig-holsteinische Armee geht über die Eider zurück; Holstein +bleibt noch unter der Statthalterschaft. Nach Abschluß des Friedens +zwischen Preußen und Dänemark (Juli 1850) werden alle preußischen +Offiziere aus der schleswig-holsteinischen Armee abberufen. + +[~1850.~] + +Die von Deutschland verlassenen Schleswig-Holsteiner kämpfen allein +weiter. Der ehemalige preußische General +v. Willisen+ übernimmt +den Oberbefehl über ihr Heer. Er wird bei ~Idstedt~ (24. und 25. +Juli) geschlagen, Schleswig von den Dänen besetzt. In dem Gefecht +bei +Missunde+ (12. Sept.) werden die Schleswig-Holsteiner ebenfalls +besiegt, auch beim Sturm auf +Friedrichstadt+ (4. Okt.) mit Verlust +zurückgeschlagen. + +Der inzwischen wiederhergestellte ~deutsche Bund~ erzwingt unter dem +Einfluß Österreichs die Einstellung der Feindseligkeiten. Holstein wird +mit preußischer Zustimmung von österreichischen Truppen besetzt (Jan. +1851) und den Dänen gegen das Versprechen »die Rechte der Herzogtümer +zu wahren« überlassen (Febr. 1852). + +[~1852.~ 8. Mai.] + +~Londoner Vertrag~ (Protokoll), unterzeichnet von den fünf ++Großmächten+, +Schweden+ und +Dänemark+. Um den Bestand des dänischen +Gesamtstaates zu wahren, wird eine neue Thronfolgeordnung für das +Königreich +Dänemark+ und die +Herzogtümer+ festgestellt. Prinz ++Christian von Sonderburg-Glücksburg+, Gemahl der Prinzessin +Luise+ +von +Hessen-Kassel+, einer Schwestertochter Christians VIII. von +Dänemark, wird zum Erben des kinderlosen Königs Friedrich VII. für +die gesamte Monarchie bestimmt. Der Herzog Christian von Augustenburg +verspricht, der neuen Erbfolgeordnung in Dänemark nicht entgegentreten +zu wollen, überträgt 1863 seine Erbansprüche auf seinen Sohn ++Friedrich+ (Vater der Kaiserin +Auguste Viktoria+). + +Die deutsche Nationalität in den Herzogtümern wird von den Dänen fortan +schwer bedrückt. + + +~Einwirkung der Revolution von 1848 auf die übrigen europäischen +Staaten.~ + +König Karl Albert von +Sardinien+ verleiht seinem Staat im Februar 1848 +eine Verfassung, ebenso der Großherzog Leopold II. von +Toskana+ und +Papst Pius IX. (1846–1878) dem +Kirchenstaat+. Sicilien erklärt seinen +Abfall vom Königreich +Neapel+, obgleich König Ferdinand II. daselbst +schon im Januar 1848 eine Verfassung verkündigt hat. Nach dem Siege +der Schweizertruppen im Straßenkampf zu Neapel (Mai) wird Sicilien mit +großer Härte unterworfen (5tägige Beschießung der Stadt +Messina+ im +Sept.), darauf die Verfassung des Königreichs wieder aufgehoben. -- +Papst Pius IX., in dem manche vorübergehend den Schöpfer der Einheit +Italiens gesehen hatten, flieht im Nov. 1848, als in Rom sein Minister +Rossi ermordet worden war, nach Gaëta. +Römische Republik+ errichtet +(Mazzini), welcher sich auch Toskana nach Vertreibung des Großherzogs +anschließt. Aber +österreichische+ Truppen besetzen Toskana und die +zum Kirchenstaat gehörige Romagna, +französische+ Truppen stellen in +Rom die weltliche Herrschaft des Papstes wieder her. ~Französische +Besatzung in Rom.~ + ++Spanien+ und +Portugal+ werden von den Erschütterungen des Jahres +1848 wenig berührt. In Spanien neue Parteikämpfe nach dem Sturz +des Ministers Narvaez (S. 351) 1851, der 1856 zurückkehrt und noch +öfters die Leitung des Ministeriums übernimmt († 1868, sein Gegner ++O’Donnell+). In Portugal Revision der Verfassung 1852; auf die Königin +Maria (S. 346) folgt 1853 ihr Sohn +Pedro V.+, für welchen bis 1855 +sein Vater +Ferdinand+ die Regierung führt (S. 352). + +Das Königreich der +Niederlande+ erhält im November 1848, +Dänemark+ +1849 eine repräsentative Verfassung. In +Schweden+ bleibt die ++ständische+ Verfassung (Adel, Geistlichkeit, Bürger, Bauern) vom Jahre +1809, in +Norwegen+ die repräsentative von 1814. Zweikammersystem in +Schweden 1866 eingeführt durch König Karl XV. (1859–1872), Enkel von +Karl XIV. Johann (Bernadotte). + +In +England+ wird der Versuch der Chartisten, durch eine Massenpetition +das allgemeine Wahlrecht einzuführen, durch die entschlossene Haltung +der Londoner Bevölkerung (10. April 1848) vereitelt. + + +§ 5. Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhundert. + +Neues Aufblühen der +bildenden Künste+ durch Vereinigung der Künstler +aus verschiedenen Nationen in +Rom+, besonders Carstens aus Schleswig +(1792–1798 †), Thorwaldsen aus Kopenhagen (1797, † 1844), der Italiener +Canova († 1822), die deutschen Maler Overbeck († 1869), Cornelius († +1867) und Schnorr von Carolsfeld († 1841). + +Nachblüte der Malerei in +Frankreich+ während des ersten Kaiserreichs: +David († 1825), Horace Vernet, Delaroche, Prudhon, Gérard, Isabey, Mme. +Lebrun; in Belgien Wappers, L. Gallait, Alma Tadema (lebt in England). + +Französische Maler nach dem ersten Kaisertum: Delacroix, Scheffer, +Jugres; der Bildhauer Carpeaux. Maler der neuesten Zeit: Millet, +Cabanel († 1889), Meissonier († 1891), Baudry († 1886). In der ++Schweiz+: Calame († 1864). + +Kunsttätigkeit in +München+ unter König Ludwig I. (reg. 1825–1848): +Cornelius, Kaulbach, v. Schwind, Schwanthaler, v. Klenze. Neuere +Münchener Malerschule: Piloty, Makart († in Wien 1884), Piglhein, +Defregger, Lenbach († 1904). + +In +Berlin+ unter Friedrich Wilhelm III: Schinkel, Gottfr. Schadow, +Rauch; unter Friedrich Wilhelm IV.: Cornelius, Kaulbach, Stüler; unter +Wilhelm I. und Wilhelm II. Ad. Menzel, Reinhold Begas, Anton v. Werner. + +In +Dresden+: Gottfried Semper († 1879), Rietschel († 1861). + +Malerakademie in +Düsseldorf+: W. Schadow, Bendemann, K. F. Lessing, +Achenbach, Camphausen. + +Die deutschen +Stilisten+: Böcklin († 1901), Thoma, Klinger. + ++Musik+: Vollendung der klassischen +deutschen Musik+ (S. 292) durch +Beethoven († in Wien 1827). Ausbildung der +Oper+ durch K. M. v. Weber +(† 1826), Spohr, Cherubini, Spontini, Rossini, Meyerbeer, Auber, +Berlioz, Gounod, Bizet, Richard Wagner († 1883), Verdi († 1901). F. +Mendelssohns +Oratorium+ Paulus 1836, Elias 1846; Franz Schubert († +1828), Robert Schumann († 1856), Joh. Brahms († 1897). + ++Dichter+ des Befreiungskrieges: E. M. Arndt († 1860), Th. Körner († +1813), v. Schenkendorf. -- +Romantische Schule+: A. W. Schlegel, L. +Tieck, Heinr. v. Kleist, Ad. v. Chamisso. -- Platen, Heine, Rückert, +Uhland, Geibel, Scheffel, G. Freytag († 1895), Grillparzer, Hebbel, E. +v. Wildenbruch († 1909). + ++Französische+ Literatur: Mme. de Staël († 1817), Chateaubriand, +Courier, Lamartine, Béranger, Scribe, Victor Hugo, Delavigne, Musset, +George Sand, A. Dumas, Augier. +Englische+ Literatur: Byron (s. S. +347), Keats, Shelley, Wordsworth, Walter Scott († 1832), Thomas Moore, +Tennyson, Swinburne, Bulwer, Dickens, Thackeray, Meredith, Stevenson, +Kipling. + ++Norwegische+ Dichter: Ibsen († 1906), Björnson († 1910). + ++Russische+ Dichter: Alex. Puschkin († 1837), Turgenjew († 1883), Graf +Leo Tolstoi († 1910). (Der Maler Wereschtschagin.) + ++Geschichtschreibung+: In Deutschland Quellensammlung der +Monumenta +Germaniae+, 1819 vom Freiherrn v. Stein begründet; Niebuhr († 1831), +Schlosser, Dahlmann, Ranke († 1886), v. Sybel, v. Treitschke († 1896), +Mommsen († 1903). In Frankreich: Barante, Guizot, Mignet, Aug. Thierry, +Thiers, Tocqueville, Taine. In England: Grote, Buckle, Carlyle, +Macaulay. + ++Altertumsforschung+ und +Sprachwissenschaft+: Franz Bopp, Wilh. v. +Humboldt († 1835), Gottfr. Hermann, Aug. Böckh, E. Curtius, Th. Mommsen +(† 1903); H. Schliemann. -- +Deutsches Altertum+: Jakob und Wilhelm +Grimm, K. Müllenhoff. + +Preußisches Archäologisches Institut in +Rom+ 1829 begründet, 1871 vom +Deutschen Reiche übernommen. Deutsches Archäologisches Institut in ++Athen+ seit 1874 (vgl. S. 30). + ++Philosophie+: Fichte († 1814 in Berlin), Schelling, Hegel († 1831 in +Berlin), Herbart, Schopenhauer, J. S. Mill, Lotze, Wundt. + +Protestantische +Theologie+: Schleiermacher († 1834 in Berlin), +Neander, David Strauß (1835 Leben Jesu), Tholuck († 1877 in Halle), +Beyschlag († 1901 in Halle), Harnack. + ++Naturforschung+: Laplace († 1827), Ampère, Arago, Cuvier († 1832); +Berzelius, Nobel († 1896); Wöhler, J. v. Liebig, Bunsen, Pasteur, +Curie (Radium); Alex. v. Humboldt († 1859 in Berlin). Darwin († +1882), Wallace, Virchow, Robert Koch († 1910); Volta, Faraday, Mayer, +Helmholtz, Röntgen, Edison. + ++Astronomie+: Gauß, Bessel, Herschel, Leverrier, Schiaparelli. + ++Erdkunde+: Karl Ritter († 1859 in Berlin); die Entdeckungsreisenden +Livingstone († 1863), Burton, Baker, Stanley († 1904), Barth, Rohlfs, +Schweinfurth, Nachtigal († 1885), Emin Pascha (Schnitzer), Wißmann († +1905). Die Nordpolfahrer Roß († 1856), Parry, Franklin: Nordenskjöld +(Umsegelung Asiens), Nansen, Peary; die Südpolfahrer Borchgrevink und +Shackleton; der Erforscher Zentralasiens Sven Hedin. + + +§ 6. Machtentfaltung des zweiten französischen Kaiserreiches. + +~Napoleon III.~, 1853 vermählt mit der spanischen Gräfin +Eugenie +von Montijo+ und Teba (1856 Geburt des Thronfolgers Louis, † 1879), +beschließt, den Plänen +Rußlands+ in der Türkei entgegenzutreten (s. +S. 296). Kaiser +Nikolaus I.+, stolz auf seine Erfolge in Ungarn (S. +357f.) und gegenüber Preußen (S. 360), sendet den Fürsten +Menschikow+ +nach Konstantinopel und fordert die Schutzherrschaft über alle +griechischen Christen im türkischen Reiche; dagegen einigen sich ++Frankreich+ und +England+ zur Unterstützung des Sultans. + +[~1853.~ Juni] + +Eine französisch-englische Beobachtungsflotte wird am Eingang der +Dardanellen, später im Bosporus aufgestellt. + +[Juli.] + +80000 Russen gehen über den Pruth und besetzen die Donaufürstentümer. + +[Sept.] + +Zusammenkunft des Kaisers Nikolaus mit dem Kaiser von +Österreich+ in +Olmütz, dann mit dem König von +Preußen+ in Berlin, doch erreicht er +nicht das gewünschte Bündnis, sondern nur Versicherung der Neutralität +unter bestimmten Voraussetzungen. + +[Okt.] + +Die Pforte erklärt den Krieg an Rußland. +Omer Pascha+ geht bei Widdin +über die Donau und behauptet sich gegen die Russen bei +Oltenitza+ (4. +Nov.). Die russische Flotte überfällt und vernichtet ein türkisches +Geschwader bei +Sinōpe+ (30. Nov.). Auf die Weigerung des Kaisers, +die Donaufürstentümer zu räumen, folgt, nachdem in England ein +Whigministerium (~Palmerston~) ans Ruder gekommen ist, ein Bündnis der +Westmächte (Frankreich und England) mit der Türkei (1854, März). + +[~1854–1856.~] + +~Krieg der Westmächte gegen Rußland (Krimkrieg).~ + +Der russische Feldherr +Paskjewitsch+ überschreitet die Donau, +belagert aber vergeblich +Silistria+. Frankreich und England schicken +Truppen nach der Türkei, welche bei +Gallipoli+ und +Varna+ landen. ++Österreich+, mit Preußen verbündet, verlangt, daß die Russen die +Donaufürstentümer räumen; Kaiser Nikolaus befiehlt die Räumung aus +»strategischen Gründen« (1854, Juli). Eine zweite französisch-englische +Flotte erscheint in der Ostsee, vermag jedoch nichts gegen die Festung ++Kronstadt+ auszurichten und nimmt nur die kleine Festung +Bomarsund+, +auf einer der Alands-Inseln. + +[~1854.~ 14. Sept.] + +Landung der Franzosen und Engländer (zusammen 55000 Mann unter +Marschall St. Arnaud und Lord Raglan) an der Küste der ~Halbinsel +Krim~; auch 6000 Türken nehmen an dem Feldzuge teil. + +[20. Sept.] + +~Schlacht an der Alma~, Sieg über die Russen. + +[~1854–1855.~ Okt. Sept.] + +~Belagerung von Sebastopol~, welches die Russen unter +Menschikow+ +mit neuen Befestigungen (unter +Totlebens+ Leitung) umgeben, während +der Hafen durch Versenkung von Kriegsschiffen gesperrt wird. Nachdem ++Menschikow+ Verstärkung erhalten hat, greift er die Verbündeten von +neuem an, wird aber nach blutigem Kampfe in der + +[~1854.~ 5. Nov.] + +~Schlacht bei Inkerman~ zurückgeschlagen. Langsamer Fortgang der +Belagerungsarbeiten während des Winters. +Österreich+ tritt trotz der +früheren Dienste Rußlands in Ungarn und gegen Preußen (Dez. 1854) dem +Bunde der Westmächte bei und stellt ansehnliche Streitkräfte an der +russischen Grenze auf, ohne jedoch wirklich den Krieg zu beginnen. +Seitdem +Spannung zwischen Rußland+ und +Österreich+. Preußen verharrt +(trotz Olmütz) in seiner neutralen Stellung, gewinnt damit ein +Anrecht auf Rußlands Dank. König +Viktor Emanuel II. von Sardinien+ +schließt ein Bündnis mit den Westmächten und schickt 15000 Mann unter ++Lamarmora+ nach der Krim. Die Belagerungsarmee wird bis zu 174000 Mann +verstärkt (28000 Türken). + +[1855, 2. März.] + +Tod +Nikolaus’ I.+, Kaisers von Rußland. Sein Sohn + +[~1855–1881.~] + +~Alexander II.~ läßt die Verteidigung Sebastopols durch Fürst ++Gortschakow+ weiterführen. Große Verluste der Belagerer durch +Krankheit, Entbehrungen und tägliche Kämpfe. Endlich nach dreitägiger +starker Beschießung + +[~1855.~ 8. Sept.] + +~Erstürmung des Malakowturms~ durch die Franzosen (unter +Pélissier+), +des ~Redan~ durch die Engländer, die aber von den Russen wieder +hinausgeschlagen werden. + +[11. Sept.] + +Die Russen ziehen sich mittels einer Schiffbrücke in den nördlichen +Teil der Festung zurück. Besetzung der Stadt +Sebastopol+ durch die +Verbündeten. + +In Asien Einnahme der Festung +Kars+ durch die + +[28. Nov.] + +Russen. + +[~1856.~ 30. März.] + +~Friede zu Paris~: 1. +Rußland+ tritt die +Donaumündungen+ mit +einem kleinen, am linken Ufer der untern Donau gelegenen Teil von ++Bessarabien+ ab. 2. Es entsagt der besonderen Schutzherrschaft +über die Christen in der Türkei (deren Gleichstellung mit der +mohammedanischen Bevölkerung von der Pforte zugesichert wird) +und über die Donaufürstentümer (deren Verhältnis später geregelt +werden soll). 3. Es gibt +Kars+ zurück und verspricht, am Schwarzen +Meere keine Waffenplätze anzulegen und dort nicht mehr Schiffe als +die Pforte zu halten. 4. Die Westmächte geben +Sebastopol+ nach +Zerstörung der Hafenbauten und Befestigungen an Rußland zurück. -- Die +Moldau und Walachei werden 1859 vereinigt als Fürstentum +Rumänien+ +unter Oberhoheit des türkischen Sultans. Seit 1866 Fürst +Karl von +Hohenzollern+ (1881 König). + +Das ~zweite französische Kaiserreich~ gelangt durch diesen Krieg zu +hohem Ansehen in Europa. Zugleich Sorge Napoleons für die innere +Verwaltung. Glänzende Bauten in +Paris+, 1855 Weltausstellung daselbst +(nach dem Vorbilde der Weltausstellung in London 1851). + +[1856–1857.] + +Zerwürfnis zwischen dem Könige von +Preußen+ und der +Schweiz+ +infolge einer Erhebung der königlich gesinnten Partei in +Neuchâtel+ +(Neuenburg) gegen die daselbst 1848 eingerichtete republikanische +Verfassung (S. 274, 354). Unter französischer Vermittelung wird durch ++Freilassung der Gefangenen+ seitens der Schweiz und +Verzichtleistung +auf Neuchâtel+ durch den König von Preußen der Streit beigelegt. + +[~1857.~ Okt.] + +Wegen schwerer Erkrankung König +Friedrich Wilhelms IV.+ übernimmt sein +Bruder ~Wilhelm~, Prinz von Preußen, die Stellvertretung, ein Jahr +darauf die +Regentschaft+. + +~Dänemark~ verzichtet auf Verlangen der am Ostseehandel beteiligten +Staaten auf die fernere Erhebung des +Sundzolls+ (S. 250) gegen eine +Entschädigung von 30 Mill. dän. Talern. + +[~1857–1858.~] + +~Aufstand in Ostindien~, erst nach furchtbarem Blutvergießen von +den Engländern unterdrückt. Die einheimischen Truppen (+Sepoys+), +geführt von dem Großmogul +Mohammed Bahadur Schah+, verteidigen sich +hartnäckig in der alten Residenzstadt +Delhi+, belagern die Engländer +in +Lucknow+. Delhi wird erstürmt, Lucknow entsetzt. Nach Herstellung +der Ruhe wird die Ostindische Kompagnie (S. 300) aufgelöst und die +Verwaltung der englischen Krone übertragen; seitdem steht ein Vizekönig +an der Spitze des Landes. 1876 nimmt die Königin +Viktoria+ den Titel +»+Kaiserin von Indien+« an. + +[~1857–1860.~] + +~Englisch-französischer Krieg gegen China.~ + ++Veranlassung+: Verletzungen des englisch-chinesischen Handelsvertrages +von 1842 seitens der Chinesen führen im Oktober 1856 zu +Feindseligkeiten zwischen den Engländern und den chinesischen Behörden +von +Kanton+. Die französische Regierung, welche ebenfalls eine +Änderung ihrer Handelsverträge mit China wünscht, schließt sich den +englischen Forderungen an. + +[1857.] + +Dez. +Kanton+ durch die Verbündeten besetzt. + +[1858. Juni.] + +Vertrag von +Tientsin+, welcher dem europäischen Handel und den +Missionen Zutritt in das Innere von China gewährt und stehende +Gesandtschaften in der Hauptstadt +Peking+ gestattet. + +Da die Ratifikation dieses Vertrages von den Chinesen unter nichtigen +Vorwänden hinausgeschoben wird, während die Forts von +Taku+ am Peiho +befestigt werden, landen französische und bald auch englische Truppen +und dringen (Sept. 1860) gegen +Peking+ vor. Schlacht bei +Palikao+; +der kaiserliche Sommerpalast vor Peking geplündert und verbrannt. +Darauf Friede von +Peking+ geschlossen; der Vertrag von Tientsin wird +erneuert, China zahlt an England 60 Mill. Franks, an Frankreich 30 +Mill. als Entschädigung für die Kriegskosten. Für die auswärtigen +Angelegenheiten wird eine besondere Behörde (Tsunglijamen) eingesetzt +und dieser auch das von den Europäern geleitete Seezollamt unterstellt. + +~Japan~ öffnet sich dem Verkehr mit anderen Staaten williger als China. +Handelsverträge mit den Vereinigten Staaten und mit England 1854, +mit Rußland 1855, mit +Preußen+ 1861 (ostasiatische Expedition unter +Führung des Grafen +Eulenburg+ 1859–62, der auch mit China und Siam +Handelsverträge schließt). Seit Anfang 1867 Mikado +Mutsuhito+ (geb. +1852). Widerstand der Großen (Daimios) gegen die Zulassung der Fremden +(S. 220, 251), 1868 unterdrückt. Schon 1867 Abdankung des Shoguns (S. +251) und Wiederherstellung der Macht des Kaisers (S. 220); Berufung +einer Volksvertretung 1869. Der Mikado verlegt seine Residenz von Kioto +nach Tokio. Beginn der neuen Ära für Japan. Regelmäßige Parlamente +seit 1890. Viele Einrichtungen europäischer Kultur eingeführt; erste +Eisenbahn 1872. Das Heerwesen zuerst nach französischem, dann nach +preußischem Muster eingerichtet. + +~Frankreich~ nimmt 1862 das Mündungsgebiet des +Mekong+ in ++Hinterindien+ in Besitz (+Cochinchina+). Napoleon III., bemüht, die +Kolonialmacht seines Reiches zu entwickeln, ordnet 1865 persönlich die +Verhältnisse der Kolonie +Algier+ (S. 348, 354); General Mac-Mahon +1864–1870 Gouverneur daselbst. + +~Rußland~ erwirbt 1860 von China das +Amur+gebiet, unterwirft 1859 +die +Kaukasus+völker, nimmt 1865–68 +Turkestan+ (Städte Taschkent +und Samarkand) in Besitz, verkauft +Alaska+ 1867 für 7 Mill. Dollar +an die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Innern ~Aufhebung der +Leibeigenschaft~ 1861 durch weise Maßregeln Kaiser Alexanders II. +begonnen. + +~Polen~ verliert nach Niederwerfung des Aufstandes von 1863 (S. 372) +seine letzten Freiheiten. Seitdem russische Sprache und Gesetze +eingeführt (S. 350). + + +~Die nationale Einigung Italiens.~ + ++Napoleon III.+ unterstützt das Königreich +Sardinien+ zu erneutem +Angriff auf die Herrschaft +Österreichs+ in Oberitalien (s. S. 356). +(+Orsinis+ Attentat und »Testament«.) Graf +Cavour+, Minister des +Königs Viktor Emanuel II., verfolgt zugleich den Plan, den trostlosen +Zuständen in den andern italienischen Staaten ein Ende zu machen und +Italien politisch zu einigen. + +[~1859.~] + +~Krieg Frankreichs und Sardiniens gegen Österreich.~ Napoleon III. +übernimmt selbst den Oberbefehl über die französischen Truppen, zieht +nach dem Siege bei ~Magenta~ (4. Juni, Gen. +Mac-Mahon+) zusammen mit +Viktor Emanuel in Mailand ein. + +[24. Juni.] + +~Schlacht bei Solferino~ (südlich vom Gardasee), 111000 Franzosen und +50000 Sardinier gegen 140000 Österreicher unter Kaiser Franz Joseph. +Die feste Stellung der Österreicher wird erstürmt; sie ziehen sich in +das +Festungsviereck+ (Mantua, Peschiera, Verona, Legnago) zurück. Der +Prinzregent von Preußen zur Hilfeleistung bereit, verlangt aber für +sich den Oberbefehl über die +gesamte deutsche Streitmacht+ und völlige +Selbständigkeit. Österreich dagegen fordert von ihm Unterordnung +unter die Befehle des Bundestages. Zusammenkunft der beiden Kaiser in +Villafranca, dann Waffenstillstand von +Villafranca+ (Juli) und (10. +Nov.) ~Friede zu Zürich~: 1. Österreich tritt die +Lombardei+ (mit +Ausnahme von +Mantua+ und +Peschiera+) an +Napoleon II.+ ab, der sie +an +Sardinien+ gibt. 2. Italien soll einen +Staatenbund+ bilden unter +dem Ehrenvorsitz des Papstes. 3. Die während des Krieges vertriebenen +Herrscher von +Toskana+ und +Modĕna+ sollen wieder eingesetzt, die +aufständischen +Legationen+ (Bologna usw.) dem Papst zurückgegeben +werden, aber »ohne fremde Intervention«. + +Trotz dieser Bestimmungen des Züricher Friedens werden durch +Volksabstimmung + +[~1860.~] + ++Toskana+, +Parma+ (wo der Herzog gleichfalls hatte fliehen müssen), ++Modĕna+ und die päpstlichen +Legationen+ mit der Monarchie Viktor +Emanuels vereinigt, wogegen dieser +Savoyen+ und +Nizza+ an Frankreich +abtreten muß. + +Landung ~Garibaldis~ in +Sicilien+ (11. Mai) mit 1000 Freiwilligen, +deren Zahl sich schnell vermehrt. Palermo und Messina ohne großen +Widerstand eingenommen. Er setzt nach dem Festlande über (20. Aug.); +König Franz II. verläßt seine Hauptstadt +Neapel+ und zieht sich mit +40000 Mann hinter den +Volturno+ zurück. Unterdes waren +sardinische+ +Truppen in Umbrien und die Marken eingerückt. Der in päpstliche Dienste +getretene französische General +Lamoricière+ wird in dem + +[18. Sept.] + +~Treffen bei Castelfidardo~ von +Cialdini+ geschlagen. + +Der Kirchenstaat mit Ausnahme des Gebietes um Rom (+Patrimonium Petri+) +wird von Viktor Emanuel besetzt, der alsdann in das neapolitanische +Gebiet einrückt und sich mit Garibaldi vereinigt. König +Franz II.+ +zieht sich mit seinen Truppen nach ~Gaëta~ zurück. Belagerung dieser +Festung; sie ergibt sich Febr. 1861. + +[~1861.~ 17. März.] + +~Viktor Emanuel II. König von Italien.~ Mit Ausnahme von +Venetien+ und +dem Gebiet um +Rom+ (Patrimonium Petri) ist die ganze Halbinsel unter ++einem+ Scepter vereinigt. Die meisten der vertriebenen Fürsten wenden +sich nach Österreich. Tod +Cavours+ 6. Juni 1861. + +[1862.] + +Neuer Freischarenzug +Garibaldis+, um gegen den Willen der Regierung +Rom zu befreien. Er wird am +Aspromonte+, der Südspitze Italiens, +verwundet und gefangen, zieht sich dann nach der Insel +Caprera+ (bei +Sardinien) zurück. + +[~1864.~ 15. Sept.] + +Vertrag zwischen +Frankreich+ und +Italien+: die Dauer der +französischen Besetzung Roms (s. S. 363) auf noch 2 Jahre festgesetzt, +zur Hauptstadt Italiens wird ~Florenz~ bestimmt; die italienische +Regierung übernimmt den Schutz des Patrimonium Petri gegen jeden +fremden Einfall. + +[~1861–1867.~] + +~Krieg in Mexiko.~ Der 1861 in den Vereinigten Staaten von Amerika +ausgebrochene Bürgerkrieg (s. u. § 18) veranlaßt +Napoleon III.+ zu +einem weitausschauenden Unternehmen. Frankreich verbündet sich mit ++England+ und +Spanien+, um die Republik +Mexiko+ (Präsident +Juarez+) +zur Erfüllung vertragsmäßiger Verpflichtungen gegen Kaufleute dieser +Länder zu zwingen. Nach Besetzung der Hafenstadt +Veracruz+ kommt ein +Vertrag zustande; die französischen Truppen aber dringen weiter vor. +England und Spanien nehmen an dem nun beginnenden Kriege nicht teil. + +[1863.] + +Die Franzosen erobern +Puebla+, dann auch die Hauptstadt +Mexiko+; eine +dorthin berufene Nationalversammlung wählt den Erzherzog ~Maximilian~, +Bruder des Kaisers von Österreich (S. 282), zum ~Kaiser von Mexiko~. +Dieser erscheint 1864, kämpft gegen die republikanischen Truppen, +unterstützt von den Franzosen unter +Bazaine+, kann aber des Landes +nicht Herr werden. Die +Vereinigten Staaten+, wo mittlerweile der Krieg +zu Ungunsten der Südstaaten entschieden ist, schreiten zu Gunsten der +Republik ein, nach dem von +Monroe+ (S. 346) ausgesprochenen Grundsatz. + +[1867.] + +Abzug der Franzosen aus Mexiko. Kaiser Maximilian setzt allein den +Kampf fort, wird nach tapferer Gegenwehr in +Queretaro+ eingeschlossen, +durch Verrat gefangen, auf Juarez’ Befehl vor ein Kriegsgericht +gestellt und erschossen. +Juarez+, 1871 als Präsident wiedergewählt, +hat mit Parteikämpfen zu ringen, † 1872. Geordnete Zustände stellt der +Präsident Porfirio +Diaz+ (1877–1911) her (s. u. § 18). + +Napoleons III. Ansehen in Frankreich durch das Fehlschlagen der +Expedition nach Mexiko schwer erschüttert; er versucht es durch ++Einmischung in die deutschen Verhältnisse+ wiederherzustellen. + + +§ 7. Deutschlands Einigung durch Preußen. + +[~1861.~ 26. Febr.] + +In ~Österreich~ wird eine neue ~Gesamtstaatsverfassung~ verkündigt +(engerer Reichsrat für die deutsch-slavischen Länder, weiterer +Reichsrat durch Hinzutritt der ungarischen Abgeordneten für die +gemeinsamen Angelegenheiten). Widerstand gegen diese Verfassung +besonders von seiten der +Ungarn+, welche die Wiederherstellung ihrer +besonderen Verfassung mit eigenem Ministerium und die politische +Wiedervereinigung der seit 1849 abgetrennten Länder Siebenbürgen, +Kroatien, Slawonien und der Militärgrenze mit dem Königreich Ungarn +verlangen (S. 357 f.) + +[2. Jan.] + +In ~Preußen~ nach dem Tode Friedrich Wilhelms IV. König ~Wilhelm +I.~;[58] Krönung in +Königsberg+ 18. Okt. Bald darauf bricht +infolge der von der Regierung auf Veranlassung des Königs +durchgeführten +Verstärkung des Heeres+ (Kriegsminister +v. Roon+) ein +~Verfassungsstreit~ aus. + +[~1862.~] + +Auflösung des Abgeordnetenhauses. Die oppositionelle Mehrheit kehrt +infolge der Neuwahlen verstärkt zurück. + +[23. Sept.] + +Ministerpräsident ~v. Bismarck.~[59] Die Verstärkung des Heeres wird +aufrecht erhalten; das +Staatshaushaltsgesetz+ kommt in diesem und den +nächsten Jahren nicht zustande. + +Der Kurfürst von +Hessen+ (S. 360) wird genötigt, die vom deutschen +Bundestage nunmehr gebilligte Verfassung von 1831 anzuerkennen. + +[~1863.~] + ++Aufstand in Polen.+ Intervention der drei Mächte England, Frankreich, +Österreich zu Gunsten der Polen ohne Erfolg. Preußen schließt einen +Vertrag mit Rußland und sperrt seine Grenzen für die Aufständischen +aufs strengste ab. Damit erwirbt es sich ein weiteres Anrecht auf +Rußlands Dank (S. 366). + +[Aug.] + +~Fürstentag zu Frankfurt am Main~ unter Vorsitz des Kaisers +Franz +Joseph,+ zur Beratung einer +Reform des Deutschen Bundes+ (Direktorium +von 5 Fürsten und Bundesrat unter Österreichs Vorsitz, Parlament aus +Abgesandten der Landtage der Einzelstaaten). Die Beratungen bleiben +erfolglos, da +Preußen+ die Beteiligung ablehnt. + +Durch die wiederholte Verletzung des Londoner Protokolls, besonders +aber durch das dänische Patent vom 30. März 1863 und die in Kopenhagen +von den »+Eiderdänen+« durchgesetzte gemeinsame +Verfassung+ für +Dänemark und Schleswig, welche +Schleswig+ mit ~Dänemark~ vereinigt, +also von Holstein trennt und die Rechte der holsteinischen Stände (S. +362) auf ein geringes Maß herabdrückt, wird die seit 1852 +gegenüber den Übergriffen der Dänen oft bewährte Geduld des deutschen ++Bundestages+ erschöpft; er beschließt (1. Okt. 1863) ~Bundesexekution~ +gegen Dänemark. + +[~1863.~ 15. Nov.] + +Tod Friedrichs VII.; nach dem Londoner Protokoll (S. 362) folgt ++Christian IX.+ († 1906). Dieser bestätigt die Gesamtstaatsverfassung. +Große Aufregung in Deutschland; man fordert vollständige +Trennung+ +Schleswig-Holsteins von Dänemark und sofortige Besetzung des ganzen +Landes durch deutsche Bundestruppen. Aber auf Antrag +Österreichs+ und ++Preußens+, welche sich durch das Londoner Protokoll gebunden erklären, +bringt der Bundestag nur seinen früheren Beschluß zur Ausführung und +läßt 12000 +Hannoveraner+ und +Sachsen+ in die zum Bunde gehörigen +Herzogtümer +Holstein+ und +Lauenburg+ einrücken. In Holstein wird ++Friedrich VIII.+ von Augustenburg (S. 362) als Herzog ausgerufen. + +[~1864.~] + +~Krieg gegen Dänemark.~ + ++Österreich+ und +Preußen+ verlangen (Jan. 1864) die Aufhebung +der neuen dänischen Verfassung, weil sie den 1852 übernommenen +Verpflichtungen widerspreche. Da Dänemark sich weigert, rücken 37000 +Preußen und 23000 Österreicher unter dem Oberbefehl des preuß. +Feldmarschalls +v. Wrangel+ in Schleswig ein. Holstein bleibt von den +Bundestruppen besetzt. Die Österreicher rücken auf das +Danewerk+ +los; die Preußen gehen nach einem vergeblichen Versuch bei +Missunde+ +bei +Arnis+ über die +Schlei+. Darauf Rückzug der dänischen Truppen +(35000 Mann) aus dem Danewerk; der größte Teil zieht nach +Düppel+. +General +v. Moltke+[60] trifft beim Oberkommando der Verbündeten ein. +Die Österreicher unter +Gablenz+ dringen nach siegreichem Kampfe bei ++Översee+ (6. Febr.) vereint mit einem Teil der Preußen in +Jütland+ +ein; die preußischen Hauptkräfte übernehmen die Belagerung der Düppeler +Schanzen. + +[~18. Apr.~] + +~Die Preußen erstürmen die Düppeler Schanzen~ (118 Geschütze erobert). +Die Dänen ziehen sich nach Alsen, Fünen und Nordjütland zurück, räumen +auch die Festung Fridericia. + +[12. Mai bis 25. Juni.] + +~Waffenruhe~, Verhandlungen zu ~London~. Da man sich weder über eine ++Personal-Union+ der Herzogtümer mit der Krone Dänemark, noch über eine ++Teilung Schleswigs+ nach den Nationalitäten einigen kann (Dänemark +hofft vergeblich auf Hilfe von England und Rußland), so sagt Preußen +sich von dem durch Dänemark so oft gebrochenen Londoner Protokoll +los, und der Krieg beginnt von neuem. -- Die +Preußen+ unter General ++Herwarth von Bittenfeld+ bewerkstelligen bei Nacht auf Kähnen den + +[~1864. 29. Juni.~] + +~Übergang nach der Insel Alsen~, schlagen die Dänen auf allen Punkten +und treiben sie nach Fünen hinüber. Auch Nordjütland wird von den +Verbündeten besetzt. + +Zur See hatten am 17. März drei preußische Schiffe bei +Jasmund+ (an +der Ostseite von Rügen), am 9. Mai zwei österreichische und drei +preußische Schiffe bei +Helgoland+ gegen die Dänen gekämpft; vom 13. +bis 17. Juli gelang mit Hilfe der Kanonenboote die Besetzung der Inseln ++Sylt+ und +Föhr+. + +[20. Juli.] + +Waffenstillstand, Verhandlungen in Wien. + +[22. Aug.] + +~Genfer Konvention~ zum Schutz der Verwundeten und Kranken im Kriege, +von den meisten europäischen Staaten unterzeichnet (das Rote Kreuz). + +[30. Okt.] + +~Friede zu Wien~: König Christian IX. von Dänemark tritt die +Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an +Österreich+ und ++Preußen ab+. + +Die Bundestruppen verlassen Holstein; Österreich und Preußen setzen für +die Herzogtümer eine +gemeinschaftliche Regierung+ ein. Mißstimmung +darüber in den Herzogtümern und vielfach in Deutschland; man wünscht +ein +selbständiges Schleswig-Holstein+. Österreich begünstigt die +Einsetzung des Prinzen Friedrich von Augustenburg; der preußische +Minister +v. Bismarck+ verlangt (Febr. 1865) für den Fall, daß zu den +in Deutschland vorhandenen Kleinstaaten ein neuer hinzutreten soll: +1. Daß dessen gesamte Streitkräfte ein Teil der preußischen Armee und +Flotte werden, 2. Seine Eisenbahnen, sein Post- und Telegraphenwesen +unter preußische Leitung kommen, 3. Eintritt der Herzogtümer in den +Zollverein und Abtretung einiger militärisch wichtiger Orte, namentlich +Friedrichsort an der Kieler Förde und Sonderburg. + +Um Streitigkeiten zwischen den Regierungskommissaren der beiden +Großmächte fernerhin zu vermeiden, schließen Österreich und Preußen den + +[~1865.~ 14. Aug.] + +~Vertrag zu Gastein~: 1. Beide Mächte behalten die gemeinschaftliche +Oberhoheit über +beide+ Herzogtümer; +Österreich+ übernimmt +vorläufig+ +die Verwaltung in Holstein, +Preußen+ in Schleswig. +Rendsburg+ soll +Bundesfestung, +Kiel+ Bundeshafen werden; die Benutzung dieses Hafens +bleibt gemeinschaftlich, doch erhält +Preußen+ dort den Oberbefehl; +auch werden ihm zwei Militärstraßen, Telegraphen- und Postlinien durch +Holstein zugesichert. 3. Österreich tritt das Herzogtum +Lauenburg+ +(S. 341) an Preußen ab gegen Zahlung von 2½ Millionen dänischer +Taler. Bald zeigt sich, daß diese Einigung keinen Bestand haben kann. +Österreich, entschlossen, eine wesentliche Machtvergrößerung Preußens +nicht zuzugeben, verständigt sich mit den +deutschen Mittelstaaten+; +Preußen, welches eine kriegerische Entscheidung der deutschen Frage +als unvermeidlich ansieht, tritt mit +Italien+ in Unterhandlung. Es +beginnt ein +Krieg,+ der durch das energische Vorgehen der preußischen +Heeresmacht schnell zu Ende geführt wird. + + +~1866. Der deutsche Krieg.~ + +Verbündete ~Preußens~: Die +kleineren norddeutschen+ Staaten und ++Italien+ (s. S. 379). + +Verbündete ~Österreichs~: +Bayern, Württemberg, Sachsen, Hannover, +Baden, beide Hessen.+ + +~Ursache~: Das Verlangen der deutschen Nation nach größerer Einheit. +Eine Neugestaltung Deutschlands mit starker Bundesgewalt gegenüber den +Einzelstaaten war unmöglich, solange sich im Deutschen Bunde +zwei+ +Großmächte gegenüberstanden, von welchen die eine größtenteils +nicht +deutsche+ Bevölkerung und +nicht deutsche+ Interessen hatte. + +~Veranlassung~: Der Streit über die Zukunft der Herzogtümer Schleswig +und Holstein. + +[~1866.~ 9. April.] + +Preußen stellt bei dem +Bundestage+ in Frankfurt den +Antrag auf +Reform der Verfassung des Deutschen Bundes+ unter Mitwirkung +eines aus allgemeinem Wahlrecht hervorgehenden +Parlaments.+ + +Die von +Frankreich, England+ und +Rußland+ (24. Mai) angebotene +Vermittelung wird vereitelt durch die Forderung Österreichs, daß auf +der etwaigen +Friedenskonferenz+ von keiner +Gebietsveränderung+ die +Rede sein solle. + +Österreich stellt (1. Juni) die Entscheidung der +schleswig-holsteinischen Erbfolgefrage dem +Deutschen Bunde+ anheim +und läßt durch den Gouverneur +v. Gablenz+ die holsteinische +Ständeversammlung einberufen. Preußen erklärt dies für einen Bruch des +Gasteiner Vertrages; Gen. +v. Manteuffel,+ Gouverneur von Schleswig, +rückt mit Truppen in Holstein ein. Gablenz mit den österreichischen +Truppen zieht sich unter Protest zurück. + +[10. Juni.] + +Preußen legt den deutschen Regierungen den Entwurf einer +neuen +bundesstaatlichen+ Verfassung unter preußischer Leitung mit +Ausschluß Österreichs vor. Der Bundestag zu Frankfurt beschließt auf +Österreichs Antrag + +[14. Juni.] + +~Mobilmachung~ der gesamten ~Bundesarmee~ mit Ausnahme der +drei preußischen Bundesarmeekorps. Austritt Preußens und ~Auflösung~ +des ~Deutschen Bundes~. + +[~1866.~ 15. Juni.] + +Aufforderung +Preußens+ an +Sachsen, Hannover+ und +Kurhessen+, von dem +Bundesbeschluß zurückzutreten, ihre Truppen auf Friedensfuß zu setzen +und sich dem vorgeschlagenen neuen Bunde unter preußischer Leitung +anzuschließen. Diese Aufforderung wird abgelehnt. + + +~A. Östlicher (Haupt-) Kriegsschauplatz.~ + + +~Preußen gegen Österreicher und Sachsen.~ + +~Preußen~: +Erste Armee+ (~Prinz Friedrich Karl~) i. d. +Lausitz,+ +93000 M. +Elbarmee+ (General +Herwarth v. Bittenfeld+) i. d. Provinz ++Sachsen+, 46000 M. +Erstes Reserve-Korps+ (General +v. d. Mülbe+) bei ++Berlin+, 24000 M. +Zweite Armee+ (~Kronprinz Friedrich Wilhelm~) in ++Schlesien+, 115000 M. + +~Österreich~: +Nordarmee+ (~Feldzeugmeister v. Benedek~) in +Böhmen+ +und +Mähren+, 240000 M. + ++Sächsische Armee (Kronprinz Albert)+ 24000 M. + +[16. Juni.] + +Einmarsch der preußischen Elbarmee in Sachsen. König Johann begleitet +seine Truppen nach +Böhmen+; nur die Festung +Königstein+ bleibt von +sächsischen Truppen besetzt. + +[19. Juni.] + +Die Elbarmee besetzt +Dresden+; bei ihrem weiteren Vormarsch bleibt die +1. Division des +Korps v. d. Mülbe+ als Besatzung in Sachsen. + +[23. Juni.] + +Die preußische Elb- und die erste Armee überschreiten die ++österreichische Grenze ohne Gefecht,+ die zweite Armee folgt am 26. +Juni; gemeinsames Ziel +Gitschin+. + +Erstes Zusammentreffen an der +Iser+: Siegreiche Gefechte der +Preußen am 26. Juni bei +Podol+ (Teile der +ersten Armee+) und bei ++Hühnerwasser+ (Teile der +Elbarmee+); dann gewinnen beide Armeen +Anschluß und sind bei +Münchengrätz+ (28. Juni) und +Gitschin+ (29. +Juni) siegreich. + +Das zur preußischen +zweiten Armee+ gehörige Korps v. Bonin wird am +27. Juni von den Österreichern bei +Trautenau+ geschlagen, aber die +preußische Garde dringt siegreich vor bei +Soor+ (28. Juni) und besetzt ++Königinhof+ (29. Juni). Vereinigung mit dem Korps des Generals von +Steinmetz, welcher drei österreichische Korps bei +Nachod+ (27. Juni), ++Skalitz+ (28. Juni), +Schweinschädel+ (29. Juni) zurückgeschlagen hat. + +~König Wilhelm I.~ trifft am 1. Juli in Gitschin ein und übernimmt den +~Oberbefehl~ über ~alle preußischen Heere~; Chef des Generalstabes +~General v. Moltke.~ Es wird beschlossen, mit vereinten Kräften die +Österreicher anzugreifen, welche hinter dem Flüßchen +Bistritz+ auf den +Höhen von +Chlum+, im Rücken gedeckt durch die Festung +Königgrätz,+ +ihre Aufstellung genommen hatten (206000 Mann mit über 500 Geschützen). + +[~1866.~ 3. Juli.] + +~Schlacht bei Königgrätz.~ Harter Kampf der ersten preußischen +Armee bei +Sadowa+ und +Benatek+ gegen die Österreicher; große +Verluste erleidet die Division des Generals v. Fransecky im Walde +von +Masloved+. Auf dem rechten Flügel kämpft die ~Elbarmee~ bei ++Nechanitz+ gegen Sachsen und Österreicher. Am Nachmittag kommt die +zweite (schlesische) Armee unter dem +Kronprinzen+ nach anstrengendem +Marsche von links her den Österreichern in die Flanke; das Gardekorps +erstürmt die Höhe von +Chlum+. Rückzug der Österreicher nach ++Königgrätz+, die Preußen erbeuten 5 Fahnen, 161 Geschütze, machen +20000 Gefangene. Weiterer Rückzug nach +Olmütz+. + +Kaiser +Franz Joseph+ ruft Frankreichs Vermittelung an und tritt ++Venetien+ an Napoleon III. ab; der von Frankreich begehrte +Waffenstillstand wird jedoch von +Preußen+ und von +Italien+ +zurückgewiesen. Ein großer Teil der österreichischen Südarmee wird aus +Italien zum Schutze der bedrohten Hauptstadt +Wien+ herangezogen. Die +Preußen besetzen ~Prag~ (8. Juli) und ~Brünn~ (12. Juli); die erste +Armee rückt von Brünn aus rasch gegen +Wien+ vor, während die zweite +nach dem Treffen bei +Tobitschau+ (15. Juli, General v. Bonin) durch +Besetzung von +Prerau+ die Eisenbahnverbindung zwischen Olmütz und Wien +abschneidet. + +Benedek führt seine Truppen über die +Kleinen Karpathen+, um Wien auf +dem Umwege durch das Waagtal zu erreichen. Das preußische Hauptquartier +wird am 18. Juli nach +Nikolsburg+ (südlich der Taya) verlegt. Das +Treffen bei ~Blumenau~ (unweit +Preßburg+) am 22. Juli (General +v. +Fransecky+) entscheidet sich bereits zu Gunsten der Preußen, als es um +12 Uhr abgebrochen werden muß infolge der mittlerweile abgeschlossenen ++fünftägigen Waffenruhe+. Darauf + +[~26. Juli.~] + +~Waffenstillstand zu Nikolsburg~, nachdem ohne Frankreichs Mitwirkung, +aber mit Rücksicht auf seine Forderungen, die +Friedenspräliminarien+ +unterzeichnet worden sind. + + +~B. Westlicher Kriegsschauplatz.~ + + +~a) Preußen gegen Hannover und Kurhessen.~ + +~Preußische Westarmee~: General ~Vogel v. Falckenstein~; sie ist +zunächst noch getrennt: Division Goeben bei +Minden+, Division +Manteuffel in +Holstein+, Division Beyer bei +Wetzlar+, zusammen 48000 +M. + ++Hannoveraner+ 21000 M., +Kurhessen+ 8000 M. + +[~1866.~ 16.–18. Juni.] + +Die preußische Westarmee besetzt +Hannover+ und +Kurhessen+. + +Abmarsch der +hannoverschen+ Truppen über +Göttingen+ nach ++Heiligenstadt+ zur Vereinigung mit den süddeutschen Bundeskorps, +die aber nicht erreicht wird. König +Georg V.+ begleitet sein Heer. +Die +Kurhessen+ gewinnen durch schleunigen Abmarsch Anschluß an +die Süddeutschen, finden im Laufe des Feldzuges als Besatzung von ++Mainz+ Verwendung. +Kurfürst Friedrich Wilhelm+ von Hessen kommt als +Gefangener nach +Stettin+. + +[~1866. 27. Juni.~] + +Gefecht bei ~Langensalza~ zwischen 20500 +Hannoveranern+ und 8500 ++Preußen+ und +Koburg-Gothaern+ (Gen. +v. Flies+). Die Preußen müssen +sich nach 7stündigem, hartem Kampfe zurückziehen; aber durch schnelles +Herbeiziehen von Verstärkungen (Generale +v. Manteuffel+ und +v. +Beyer+) wird der Zweck erreicht, der hannoverschen Armee den Weg zu +ihren süddeutschen Verbündeten zu verlegen. + +[29. Juni.] + +~Kapitulation von Laugensalza~. Das Heer wird aufgelöst und entwaffnet +(mit Ausnahme der Offiziere); König +Georg V.+ begibt sich nach +Österreich. + + +~b) Preußen gegen die Süddeutschen.~ + +~Die preußische Mainarmee,~ bisher Westarmee (S. 377) 45000 M. Bei +dem später eintreffenden Korps des Großherzogs +Friedrich Franz+ von +Mecklenburg-Schwerin die Truppen von Mecklenburg, Sachsen-Altenburg und +Braunschweig. + +Nach Langensalza erhält die +Mainarmee+ den Auftrag, über Fulda auf +Schweinfurt zu marschieren, um die Vereinigung der beiden süddeutschen +Korps zu verhindern und zunächst die Bayern zu schlagen. + +~Für Österreich~: Das VII. Bundes-Armeekorps (+Bayern+-Versammlung +bei Schweinfurt) 40000 M. und das VIII. Bundes-Armeekorps +(Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau und eine österreichische +Brigade-Versammlung bei +Frankfurt a. M.+) 46000 M. Oberbefehl: Prinz ++Karl von Bayern.+ + +Die +Mainarmee+ besiegt die +Bayern+ bei ~Dermbach~ (4. Juli) und an +der Fränkischen Saale (Kissingen 10. Juli), die +Hessen+ bei ~Laufach~ +(13. Juli) und das +VIII+. Korps bei ~Aschaffenburg~ (14. Juli). +Dadurch werden die Verbündeten (dauernd getrennt) auf das +linke +Mainufer+ gedrängt; am 16. Juli besetzt General +v. Falckenstein+ +Frankfurt, von wo sich der Bundestag nach +Augsburg+ geflüchtet hat. + +Fortsetzung des Feldzuges unter dem Oberbefehl des Gen. ~v. +Manteuffel~. Gefechte bei +Tauberbischofsheim+ gegen die Württemberger +und bei +Werbach+ gegen die Badener (24. Juli), bei +Roßbrunn+ gegen +die Bayern (26. Juli). Die Bayern behaupten noch die Citadelle von ++Würzburg+, aber das von Leipzig her vorrückende Reservekorps des +Großherzogs von Mecklenburg (25000 M.) besetzt ~Nürnberg~ (31. Juli). +Waffenstillstand am 2. August. + + +~C. Krieg zwischen Österreich und Italien.~ + +Italien zum Bündnis mit Preußen veranlaßt durch die günstige +Gelegenheit, +Venetien+ zu gewinnen. + +Die österreichische Südarmee (138000 Mann) unter Erzherzog +Albrecht+ +sammelt sich bei Verona. Von den Italienern (210000 Mann) rückt ein +Korps von Bologna her gegen den Po vor, der größte Teil überschreitet +unter Führung des Königs +Viktor Emanuel+ den Mincio, wird aber am +24. Juni bei ~Custozza~ geschlagen. Neues Vorgehen der Italiener, +nachdem ein großer Teil der österreichischen Truppen zum Schutze Wiens +abberufen ist. Die italienische Flotte wird am 20. Juli bei der Insel +~Lissa~ von der österreichischen (Admiral +Tegethof+) geschlagen. +Waffenstillstand am 25. Juli. + +[~1866.~ 23. Aug.] + +~Friede zu Prag~ zwischen +Preußen+ und +Österreich+: 1. Der Kaiser +von Österreich erkennt die +Auflösung des Deutschen Bundes+ an, gibt +seine Zustimmung zu einer ~Neugestaltung Deutschlands ohne Österreich~, +erkennt im voraus die in Norddeutschland von +Preußen+ vorzunehmenden +Gebietsveränderungen an, bedingt aber dem Königreich Sachsen +unveränderten Bestand (als Glied des neuen Norddeutschen Bundes) aus. +2. +Österreich+ überträgt seine Rechte auf +Schleswig-Holstein+ an ++Preußen+, nur soll der nördliche Teil Schleswigs mit Dänemark wieder +vereinigt werden, wenn die Bevölkerung den Wunsch dazu durch freie +Abstimmung zu erkennen gibt (aufgehoben 1878). 3. +Österreich+ zahlt +20 Millionen Taler Kriegskosten. 4. +Preußen+ bedingt die Übergabe ++Venetiens+ an Italien aus. + +~Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau~ und die freie Stadt +~Frankfurt~ werden mit der preußischen Monarchie vereinigt. Die +süddeutschen Staaten und Sachsen müssen einzeln Frieden schließen und +Kriegskosten zahlen. -- Von den beabsichtigten Gebietsabtretungen der +Südstaaten wird in der Hauptsache Abstand genommen (nur Bayern und +Hessen müssen Grenzstriche abtreten, jenes +Orb+ und +Gersfeld+, dieses +die eben geerbte Landgrafschaft +Hessen-Homburg+), weil Napoleon III. +Deutschland gegenüber das Verlangen nach einer +»Grenzberichtigung«+ +zeigt (s. S. 377). + +Zwischen ~Preußen~ und den ~Südstaaten~ werden Schutz- und +Trutzbündnisse geschlossen: Gegenseitige Garantie des Gebiets, die +süddeutschen Staaten stellen für den Fall eines Krieges ihre gesamten +Streitkräfte unter den Oberbefehl des Königs von Preußen. Das +Verlangen Napoleons III. (Abtretung der bayrischen Rheinpfalz und des +linksrheinischen Hessen mit +Mainz+) wird zurückgewiesen. + +[3. Okt.] + +~Friede zu Wien~ zwischen +Österreich+ und +Italien.+ Venetien wird mit +dem Königreich Italien vereinigt. + +[~1866.~ 3. Sept.] + +Beilegung des +Verfassungsstreits+ in Preußen (S. 372) durch ein vom +Landtage angenommenes +Indemnitätsgesetz+ wegen der seit 1862 ohne +Staatshaushaltsgesetz geführten Verwaltung. + +Der ~Norddeutsche Bund~, gebildet von +Preußen+, den im Kriege mit +ihm verbündet gewesenen Staaten, dem Königreich +Sachsen+ und der +nördlichen Hälfte des Großherzogtums +Hessen.+ Erster ~Reichstag~ +des Norddeutschen Bundes 1867 in ~Berlin~; die Verfassung wird +vereinbart. Bundesleitung bei der Krone ~Preußen~, welche den Bund +völkerrechtlich vertritt, in seinem Namen Krieg erklärt, Frieden +und Bündnisse schließt, Gesandte beglaubigt. Die Vertretung der +Regierungen bildet der ~Bundesrat~, in dem Preußen 17, die übrigen 21 +Bundesglieder zusammen 26 Stimmen haben. Reichstag aus +allgemeinen+ +und +direkten+ Wahlen. Einheitliches Heer unter dem Oberbefehl des +Königs von Preußen (allgemeine Wehrpflicht), einheitliche Zoll-, Post- +und Telegraphenverwaltung. Graf +Bismarck+ ~Bundeskanzler~. + +[~1868.~] + +Deutsches +Zollparlament+. Abgeordnete aus den süddeutschen Staaten +erscheinen im norddeutschen Reichstag, um die durch Vertrag zwischen +den Regierungen 1867 angebahnte Wiederherstellung des +Zollvereins+ (S. +361) durchzuführen. + +Die preußische Flotte (S. 361) wird zur +norddeutschen Kriegsflotte+; +Kriegshäfen werden in +Kiel+ und +Wilhelmshaven+ angelegt. Bestand +der Flotte 1870: 3 Panzerfregatten, 2 Panzerfahrzeuge, 9 Korvetten, 2 +Avisos, 22 Kanonenboote. + +[~1867.~] + +Streit über Luxemburg. Napoleon III. unterhandelt, um für Frankreich +doch eine Vergrößerung zu gewinnen (S. 379), mit dem König der +Niederlande über +Abtretung des Großherzogtums Luxemburg an Frankreich+ +gegen eine Geldentschädigung und verlangt, daß die früher zum Deutschen +Bunde (S. 341), nicht aber zu dem neuen Norddeutschen Bunde gehörende +Festung Luxemburg von der +preußischen Besatzung+ geräumt werde. + +Ausgleich durch Beschluß einer Konferenz der Großmächte zu London +(+Italien+ als sechste Großmacht anerkannt): 1. Die Neutralität des +Großherzogtums wird von den Großmächten +gemeinsam+ gewährleistet; +2. Die preußische Besatzung räumt die Stadt +Luxemburg+, deren +Festungswerke geschleift werden. + +~Ende des Kirchenstaates~. +Italienische+ Freischaren machen mit +stillschweigender Gutheißung ihrer Regierung 1867 (Sept.) einen Angriff +auf das päpstliche Gebiet. Napoleon III. erklärt den früheren Vertrag +(S. 370) für gebrochen und schickt dem Papste Hilfe. Die Freischaren +werden bei +Mentana+ geschlagen; ihr Führer +Garibaldi+ wird nach +kurzer Haft wiederum nach +Caprera+ entlassen. ~Rom~ erhält von neuem +eine ~französische Besatzung~ (S. 363, 370). + +[~1869.~ 8. Dez.] + +Eröffnung des ~Vatikanischen Konzils~ in Rom, durch welches das +Ansehen des Papsttums nach der Einschränkung seiner weltlichen +Herrschaft gesichert und erhöht werden soll. Verkündung des ++Unfehlbarkeits-Dogmas+ am 18. Juli 1870. Am 20. Sept. 1870 wird Rom +von den italienischen Truppen besetzt, da die französische Besatzung +zurückgezogen ist (s. S. 385). ~Aufhebung des Kirchenstaates.~ +Rom +wird Hauptstadt des geeinigten Italiens.+ + + +§ 8. Deutsch-französischer Krieg 1870–1871. + +~Ursache~: Die Meinung der Franzosen, daß ihrer Nation auf dem +europäischen Festlande eine herrschende Machtstellung zukomme. Letztere +hatte die Schwäche der Nachbarstaaten, vor allem Deutschlands zur +Voraussetzung. Die Begründung des italienischen Einheitsstaates und +die Entstehung eines mächtigen deutschen Bundesreiches erschien den +Franzosen wie eine Schmälerung ihres Ruhmes. + +~Veranlassungen~: 1. Die inneren Verlegenheiten der Regierung Napoleons +III., welcher, für seinen Thron fürchtend, dem gesetzgebenden Körper +(S. 355) erweiterte Rechte zögernd zugesteht; 2. Die Ablehnung der seit +1866 wiederholt verlangten Ausgleichungen für die Vergrößerung Preußens +an Land und Macht (S. 379, 380). Der von Napoleon durch Benedetti +1867 schriftlich in Berlin eingereichte Vertragsentwurf, nach welchem +Napoleon Luxemburg und Belgien besetzen und dafür Preußen die Aufnahme +der süddeutschen Staaten in den Norddeutschen Bund gestatten wollte, +war von Bismarck »dilatorisch« behandelt worden. + +~Vorwand~: Die Übertragung der spanischen Krone an den Prinzen +von +Hohenzollern+ (s. u. § 16), die in Paris als eine +preußische+, +Frankreich gefährdende Intrige dargestellt wird. + +Das durch den französischen Botschafter +Benedetti+ in Ems (9. Juli) +an König Wilhelm I. gestellte Verlangen, »dem Prinzen von Hohenzollern +die Annahme der spanischen Krone zu verbieten«, wird zurückgewiesen. +Nach dem freiwilligen Rücktritt des Prinzen verlangt die französische +Regierung eine Erklärung des Königs, »daß er die Bewerbung des Prinzen +um die spanische Krone in Zukunft niemals wieder zulassen werde«. +König Wilhelm weist den französischen Botschafter ab (13. Juli); +Graf Bismarck läßt die Nachricht davon gebende »Emser Depesche« +in verkürzter Form alsbald durch die Zeitungen verbreiten. Darauf +Kriegserklärung Frankreichs (19. Juli). Die +süddeutschen Staaten+ +schließen sich unverzüglich auf Grund der bestehenden Bündnisse (S. +379) der Kriegsrüstung des Norddeutschen Bundes an. + + +A. Krieg gegen die kaiserliche Armee. + + +~Deutsche Streitkräfte, Oberbefehl König Wilhelm I.~ + ++Chef des Generalstabes+: General ~v. Moltke.~ + +Am 31. Juli stehen bereit: + +I. Armee (General ~v. Steinmetz~) +südlich+ von +Trier+, 60000 M. + +II. Armee (Prinz ~Friedrich Karl~) +südlich+ von +Mainz+, 194000 M. +einschl. Reserve. + +III. Armee (hierbei zwei Bayr. Korps, sowie Württemb. und Badische +Div.; ~Kronprinz von Preußen~) +zwischen Landau+ und +Speier+, 130000 M. + +Drei Armeekorps (100000 M.) werden Anfang August zur Verstärkung +herangezogen. + +Zur +Küstenverteidigung+: General-Gouverneur +Vogel v. Falckenstein+, +17. Division und Landwehr. + +Zusammen (einschl. aller Besatzungs- und Ersatztruppen) nahezu eine +Million Mann. + +~Feldzugsplan~: Eroberung von Paris, auf dem Wege dahin Abdrängen des +Feindes von dem reichen Süden in das engere Hinterland des nördlichen +Frankreichs. +Angreifen+ unter Zusammenhalten der Kräfte, wo sich der +Feind stellt. + +~Französische Streitkräfte~: 300000 M., vorläufig als Rheinarmee unter +Oberbefehl des Marschalls +Bazaine+. Davon stehen: + +Marschall ~Mac-Mahon~ bei +Straßburg+ mit 100000 M., + +Marschall ~Bazaine~ bei +Metz+ mit 150000 M., + +Reserven bei +Nancy+ und +im Lager von Châlons-sur-Marne+, + +zusammen 50000 M. Außerdem können noch 115 Bataillone ins Feld rücken, +sobald die +Nationalgarde+ sie im Innern des Landes ersetzt. + +Auch der französische Feldzugsplan geht auf +überraschenden Angriff+ +aus, wird aber zu langsam ausgeführt. + +Eine +französische Flotte+ erscheint in der +Ostsee+, bald darauf +eine zweite in der +Nordsee+; es kommt aber zu keiner Landung. Die ++norddeutsche Flotte+ bewacht die Flußmündungen; 17. Aug. Gefecht +der +Grille+, von 3 Kanonenbooten unterstützt, bei +Rügen+ gegen 8 +französische Schiffe. Im Sept. ziehen beide französische Flotten sich +zurück. 9. Nov. Kampf des Kanonenboots +Meteor+ bei +Havanna+ gegen ein +größeres französisches Schiff, das zum Rückzug in den Hafen genötigt +wird. Im Januar 1871 nimmt die Korvette +Augusta+ in der +Gironde+ +französische Transportschiffe weg, muß dann aber in einem spanischen +Hafen Schutz suchen. + ++Bismarck+ erreicht (29. Juli) durch eine aktenmäßige Enthüllung +der Anerbietungen Napoleons auf Kosten Süddeutschlands, Luxemburgs +und Belgiens, daß England, Dänemark, Österreich und Italien neutral +bleiben. Rußland tritt diplomatisch für Preußen in Wien ein. + +[~1870.~ 2. Aug.] + +Die Franzosen, von +Metz+ her vorrückend, besetzen durch ein Armeekorps +in Gegenwart des Kaisers Napoleon die nur von 1500 Mann preußischer +Truppen verteidigte Stadt ~Saarbrücken~ + +[4. Aug.] + +Treffen bei ~Weißenburg~. Die Vorhut der ~III. Armee~ (Preußen und +Bayern) erstürmt Weißenburg und den stark befestigten +Geisberg+. + +~Mac-Mahon~ vereinigt seine Truppen und erwartet den Feind in starker +Stellung, erleidet aber in der + +[6. Aug.] + +~Schlacht bei Wörth~ durch das Heer des Kronprinzen ~Friedrich Wilhelm~ +eine vollständige Niederlage. +Mac-Mahon+ zieht sich auf das befestigte +Lager bei +Châlons+ zurück. + +Daselbst trifft bald auch Kaiser +Napoleon III.+ ein und überträgt +~Mac-Mahon~ den Oberbefehl über die neugebildete Armee. + +[6. Aug.] + +~Schlacht bei Spichern~ (+Saarbrücken+). Teile der I. und II. Armee +(Gen. v. Kameke, v. Alvensleben, v. Goeben) erstürmen die stark +verschanzten Spicherer Höhen. + +Der Kronprinz mit der ~III. Armee~ rückt, nach Absendung eines Korps +unter General v. Werder zur Belagerung von +Straßburg+, durch die +unverteidigten Pässe des +Wasgen-Waldes+ nach +Nancy+. Die ~I. Armee~ +marschiert auf +Metz+, die ~II. Armee~ auf +Pont à Mousson+ mit der +Absicht, das französische Heer in und bei Metz von Paris abzuschneiden. + +Um dem zuvorzukommen, beschließt ~Bazaine~ den Rückzug über +Verdun+ +nach +Châlons-sur-Marne+, zur Vereinigung mit +Mac-Mahon+ und neu +herangezogenen Truppen. +Napoleon III.+ eilt voraus nach Châlons. ++Bazaine+ nimmt, als ihn unweit Metz die Vorhut der I. Armee angreift, +den Kampf auf dem +rechten+ Moselufer an. Durch die + +[14. Aug.] + ++Schlacht bei Colombey-Nouilly+ wird deutscherseits der Zweck erreicht, +den Abzug des Gegners auf Verdun zu verzögern. Der Abmarsch wird +gänzlich vereitelt durch die + +[~16. Aug.~] + +~Schlacht bei Vionville -- Mars la Tour~, in welcher Prinz +Friedrich +Karl+ mit Teilen der II. Armee (die Brandenburger unter Gen. v. +Alvensleben) die weit überlegenen feindlichen Streitkräfte bei Metz +festhält. Verlust 16000 Mann, ebensoviel auf französischer Seite. + +Nachdem die übrigen Truppen der I. und II. Armee herangekommen sind, +werden die Franzosen in ihren +befestigten Stellungen+ westlich von +Metz von neuem angegriffen. + +[~1870 18. Aug.~] + +~Schlacht bei Gravelotte-Saint Privat.~ 180000 Deutsche unter dem +Oberbefehl +König Wilhelms+ gegen mindestens ebensoviel Franzosen. +Mörderischer Kampf auf dem linken Flügel; die preußische Garde, von +den Sachsen unterstützt, erstürmt die Höhen von +St. Privat+. Verlust +der Deutschen 20000, der Franzosen 13000. Bazaines Armee wird in die +Festung +Metz+ gedrängt und daselbst eingeschlossen. + +Prinz +Friedrich Karl+ leitet die ~Belagerung von Metz,~ während die +III. Armee (Kronprinz) von Nancy her gegen +Châlons+ vorrückt. Mit ihr +wirkt zusammen eine von der II. Armee (die vor Metz bleibt) abgetrennte +IV. +(Maas-) Armee+ unter ~Kronprinz Albert von Sachsen.~ + ++Mac-Mahon+ verläßt, von Napoleon III. begleitet, Châlons und versucht +auf dem Umwege über Reims +Metz+ zu erreichen, um sich mit Bazaine zu +vereinigen. Dies Unternehmen wird deutscherseits rechtzeitig entdeckt; +die III. und IV. Armee schwenken deshalb vom Vormarsch gegen Paris +rechts ab; die +IV. Armee+ erreicht die Franzosen an der +Maas+, greift +an und verhindert durch die siegreiche + +[30. Aug.] + +~Schlacht bei Beaumont~ den geplanten Entsatzversuch von Metz, drängt +auch die Mac-Mahonsche Armee in eine äußerst ungünstige Lage. + ++Bazaine+ versucht die Einschließung von Metz zu durchbrechen, wird +aber durch die + +[31. Aug. u. 1. Sept.] + +~Schlacht bei Noisseville~ zurückgetrieben. + +Gleichzeitig wird Mac-Mahon von der III. und IV. deutschen Armee bei ++Sedan+ an der Maas eingeschlossen (über 200000 Deutsche gegen 124000 +Franzosen). + +[~1. Sept.~] + +~Schlacht bei Sedan.~ Heftiger Kampf der Bayern bei +Bazeilles+, der +Sachsen bei +Daigny+, der Preußen bei +Givonne+, +Illy+ und +Floing+. +Die Franzosen werden in die Stadt hineingedrängt. Nach Beginn der +Beschießung wird in der Stadt die weiße Fahne aufgezogen. ~Napoleon +III.~ gibt sich gefangen, verläßt die Stadt am 2. Sept. früh. +Zusammentreffen mit Graf Bismarck bei +Donchery+, wo während der Nacht +über die Bedingungen der Übergabe verhandelt war (+Moltke,+ +Bismarck,+ ++Wimpffen,+ Mac-Mahon war verwundet). + +[~2. Sept.~] + +~Übergabe von Sedan,~ 39 Generale, über 2300 Offiziere, 83000 Mann +(außerdem schon während der Schlacht über 20000 M.) kriegsgefangen, 419 +Feld- und 139 Festungsgeschütze erbeutet. + +3090 Mann erreichen die belgische Grenze und werden dort entwaffnet; +das Korps Vinoy entkommt von Mézières nach Paris. + +Zusammenkunft zwischen Kaiser ~Napoleon III.~ und ~König Wilhelm I.~ in +dem Schlosse +Bellevue+ bei +Donchery+; Napoleon als Kriegsgefangener +nach +Wilhelmshöhe+ (bei Kassel) gebracht. + +[~1870. 4. Sept.~] + +~Frankreich Republik~ (+Dritte Republik+). Provisorische »Regierung +der nationalen Verteidigung«: +Trochu+ Präsident und Gouverneur von +Paris, +Favre+ Auswärtiges, +Gambetta+ Inneres. Für den Krieg »bis aufs +Äußerste« wird die ganze Nation zu den Waffen gerufen, die Flotten +werden aus der Nordsee und Ostsee zurückgezogen. Die Kaiserin Eugenie +flieht mit ihrem Sohn nach England. + +Alle deutschen Truppen, welche bei Sedan gekämpft haben, marschieren +gegen Paris und erreichen bis 19. Sept. die Einschließung (S. 387ff.). + + +~B. Krieg gegen die republikanischen Heere.~ + +In zahlreichen Festungen Frankreichs stehen noch kaiserliche Truppen, +die sich aber den Geboten der Republik fügen. Nach dem Sturz des +Kaisertums zunächst Friedensverhandlungen in +Ferières+ zwischen +Bismarck und Favre. Sie bleiben erfolglos, da Frankreich jede +Gebietsabtretung verweigert. +Thiers+ bereist die europäischen Höfe, +findet aber keine Unterstützung (S. 382f.). Besonders aus England +erhält Frankreich starke Zufuhr an Waffen und Munition. + +Das Korps des +Großherzogs von Mecklenburg+ (s. S. 378), bisher zum +Schutz der deutschen Küste tätig, sichert die +Eisenbahnverbindung+ +nach Deutschland durch Einnahme der Festungen +Toul+ und +Soissons+. +Demselben Zwecke dient die nach und nach folgende Einnahme der +Festungen Schlettstadt, Verdun (8. Nov.), Diedenhofen, Montmédy, +Mézières u. a. Schwieriger Schutz der Etappenstraßen gegen Überfälle +französischer +Franctireurs+. Das besetzte französische Gebiet wird in +4 General-Gouvernements eingeteilt. + +[27. Sept.] + +~Übergabe von Straßburg~ nach längerer Belagerung (bei der +die wertvolle Bibliothek zerstört wurde) durch preußische und +badische Truppen unter Gen. +v. Werder.+ Besatzung von 17000 Mann +kriegsgefangen. Die preußische Garde-Landwehr zieht gegen Paris; mit +der badischen Division und einigen preußischen Regimentern marschiert +Gen. +v. Werder+ durch den Wasgau nach Südwesten (Epinal -- Vesoul -- +Dijon, S. 387ff.). + +~Gambetta~, welcher Paris im Luftballon verlassen hat, übernimmt (9. +Okt.) die Diktatur in ~Tours.~ Seinem Organisationstalent gelingt es, +im Laufe der nächsten vier Monate etwa 800000 M. ins Feld zu stellen: +aus Resten der alten Armee, Zuzügen aus Algier, Marinetruppen und +durch Massenaufgebot. Es entstehen vier neue Heere; die +Loire-Armee+ +bei Orléans, die +Westarmee+ bei Rouen, die +Nordarmee+ bei Lille, +die +Ostarmee+ bei Besançon. ~Eroberung oder Rettung von Paris bleibt +Hauptziel des Krieges.~ + +[~1870. 27. Okt.~] + +~Übergabe von Metz~ (belagert seit 19. August). Nach mehreren +vergeblichen Ausfällen ergibt sich +Bazaine+, durch Hunger gezwungen, +mit seiner großen Armee; 6000 Offiziere, 187000 Mann kriegsgefangen, +622 Feld-, 876 Festungsgeschütze erbeutet. + +~Prinz Friedrich Karl~ mit der II. Armee marschiert gegen die +französische +Loire-Armee+, General ~v. Manteuffel~ mit einer neu +eingeteilten I. Armee gegen die +französische Nordarmee+ (S. 387). + ++a) Der Feldzug an der Loire und gegen Le Mans.+ + +[Okt.] + +Die ~Loire-Armee~ (etwa 30000 M. stark und noch nicht kriegsbereit) +ergreift in den ersten Oktobertagen von ~Orléans~ aus die Offensive auf +~Paris.~ Gegen sie marschiert südlich von Paris General ~v. d. Tann~ +mit dem I. bayrischen Korps und der 22. Division, drängt die Franzosen +nach empfindlicher Niederlage bei +Artenay+ (10. Okt.) zurück +und +besetzt Orléans+ (11. Okt.). + +[Nov.] + +Zweite Offensive der auf 200000 Mann verstärkten +Loire-Armee+, welche +den General v. d. Tann bei +Coulmiers+ (9. Nov.) zum Rückzug auf +Artenay und zur +Räumung von Orléans+ nötigt, v. d. Tann gewinnt (nicht +verfolgt) Anschluß an den +Großherzog von Mecklenburg+, tritt in den +Verband der diesem unterstellten ~Armee-Abteilung~ (50000 M.), welche +die Einschließung von Paris gegen Westen und Süden sichern soll. Sie +drängt zunächst ein von Westen her anrückendes französisches Korps in +beschwerlichem Kleinkriege gegen Freischaren nach +Le Mans+ zurück. + +Inzwischen hat die +Loire-Armee+ sich befestigte Stellungen nördlich +von Orléans geschaffen; von deutscher Seite aber rückt Prinz ~Friedrich +Karl~ heran, und der ~Großherzog von Mecklenburg~ kommt von Westen her +zu gemeinsamem Angriff. Das erneute Vorrücken der Loire-Armee wird +durch die + +[28. Nov.] + ++Schlacht bei Beaune la Rolande+ (II. Armee) und die + +[2. Dez.] + ++Schlacht bei Loigny-Poupry+ (Großherzog von Mecklenburg) rechtzeitig +vereitelt. + +Nach weiteren harten Kämpfen der beiden deutschen Heere wird ~Orléans~ ++von ihnen besetzt+. + +Von der Loire-Armee entweicht ein Teil nach Süden, wo +General +Bourbaki+ neue Streitkräfte organisiert (vgl. S. 388), der andere wird +durch General +Chanzy+ nach +Westen+ zurückgeführt und auch durch +Verstärkungen neu gefestigt. Chanzy versucht, über +Vendôme+ auf Paris +zu ziehen; dies vereitelt die deutsche Armee-Abteilung durch schwere +Kämpfe + +[7.–10. Dez.] + +bei +Beaugency-Cravant+. Chanzy geht hinter die Loir auf +Le Mans+ +zurück. Deutsche Erkundungsgefechte: Das Detachement +Boltenstern+ bei ++Montoire+ (27. Dez.). Die Regierung von Tours wird nach +Bordeaux+ +verlegt. (Gambetta in Bourges.) + +[~1871.~ Jan.] + +Die Armee-Abteilung wird aufgelöst und findet teils bei der II. Armee, +teils bei Orléans und Paris Verwendung. ~Prinz Friedrich Karl~, +unaufhaltsam vorrückend trotz der Winterkälte, vernichtet die Armee des +General +Chanzy+ (150000 M.) in der + +[~10.–12. Jan.~] + +~Schlacht vor Le Mans~ (20000 Gefangene). Die deutsche II. Armee +bleibt bei Le Mans und an der Loire, das Korps des Großherzogs von +Mecklenburg-Schwerin marschiert nach Rouen. + + ++b) Der Feldzug im Norden und Nordwesten Frankreichs.+ + +Um die Einschließung von +Paris+ gegen Truppenansammlungen im Norden +Frankreichs zu sichern, rückt die I. Armee, drei preußische Korps unter +General ~v. Manteuffel~, von Metz aus in nordwestlicher Richtung vor +(S. 386). Sie schlägt die aus Marinetruppen und Mobilgarden gebildete +französische +Nord+armee in der + +[~1870.~ 27. Nov.] + +~Schlacht bei Amiens~, nimmt diese Stadt ein und besetzt dann ~Rouen~ +(5. Dez.); die dort auftretende französische +West+armee (S. 385) +weicht ernsten Kämpfen aus. Die +Nordarmee+, von General +Faidherbe+ +wieder gesammelt und verstärkt, rückt wieder gegen +Amiens+ vor. + +[23. u. 24. Dez.] + +~Schlacht an der Hallue~ (Nebenfluß der Somme). Die Franzosen ziehen +sich unter Mangel und Kälte auf +Arras+ zurück. Die Deutschen belagern +darauf die Festung +Péronne+; Faidherbes Versuch, diese zu entsetzen, +wird vereitelt durch die Schlacht bei ~Bapaume~ (3. Jan. 1871); +Péronne ergibt sich 9. Jan. Die bei Rouen verbliebenen Ostpreußen (I. +A.-K.) zerstreuen eine Ansammlung der Westarmee durch das Gefecht bei ++Robert-le-Diable+ (4. Jan.). + +Am 8. Jan. hat für den zum südöstlichen Kriegsschauplatz abberufenen +Gen. v. Manteuffel Gen. ~v. Goeben~ den Oberbefehl übernommen. +Der Plan der Franzosen, über +St. Quentin und Reims auf Paris+ zu +marschieren, wird rechtzeitig erkannt; sie werden durch das Gefecht bei ++Tertry-Poeuilly+ (18. Jan.) aufgehalten. + +[~1871. 19. Jan.~] + +~Schlacht von St. Quentin~, in welcher General v. Goeben die Nordarmee +entscheidend schlägt. Die +Nordfestungen+ verhindern ausgiebige +Verfolgung. + + ++c) Der Feldzug im Osten Frankreichs.+ + +[~1870~ (Okt.).] + +General ~v. Werder~ wendet sich nach der Einnahme von Straßburg (S. +385) gegen die Franctireurs in den +Vogesen+ und die französische +~Ostarmee~ in +Ober-Elsaß und Burgund+, insbesondere um den Heeren vor +Paris und Metz die Verbindung nach Deutschland zu sichern. Die Ostarmee +will den Abstieg aus den Vogesen bei +St. Dié+ verwehren, wird aber auf +Besançon zurückgedrängt. Die badischen Truppen besetzen ~Dijon~ (31. +Okt.); die aus dem Elsaß nachrückende Landwehr-Division v. Tresckow +schließt die Festung ~Belfort~ ein (8. Nov.). + +Die Franzosen verstärken sich durch Heranziehung der vor Orléans (S. +386) geschlagenen und bei Bourges wieder gesammelten Loire-Truppen; +den Oberbefehl übernimmt Gen. ~Bourbaki~. Gen. v. Werder tritt den von +Süden her anrückenden Feinden bei +Nuits+ entgegen (18. Dez.), räumt +dann aber freiwillig +Dijon+, um die Belagerung von Belfort zu decken, +und vereinigt sein Korps in starker Stellung bei +Vesoul+ (30. Dez.). +Bourbaki, von Gambetta getrieben, aber durch mangelnde Ausrüstung der +Truppen gehemmt, beginnt seinen Vormarsch. Dijon wird von den unter ++Garibaldis+ (S. 370, 381) Befehl stehenden Freischaren besetzt. + +[~1871.~ 9. Jan.] + +Treffen bei +Villersexel+, anfangs glücklich für die Franzosen, aber +bei Abbruch des Nachtgefechts ist die Stadt in deutscher Hand. + +General v. Werder durchkreuzt die Absicht Bourbakis, ihn von Belfort +abzudrängen, durch Abmarsch hinter die +Lisaine+ (Nebenfluß des Doubs) +und schiebt sich in einer Stellung Héricourt-Montbéliard zwischen die +französische Ostarmee und Belfort. + +[~15.–17. Jan.~] + +~Schlacht an der Lisaine.~ In dreitägigem Kampfe bei strenger Kälte +gelingt es den Franzosen (140000 M.) nicht, die deutschen Linien +(43000 M., Badener und preußische Landwehr) zu durchbrechen; in voller +Auflösung strömt die Ostarmee auf Besançon zurück. + +Zu derselben Zeit erreichen die zur Unterstützung gesandten deutschen +Truppen (II. und VII. A.-K.) unter General ~v. Manteuffel~ die Gegend +westlich +Vesoul+. Auf die Nachricht von Werders Sieg wendet sich +Manteuffel sofort südlich nach Besançon; Werder schließt sich diesem +Vormarsch an. Weitestes Vordringen einer deutschen ~Südarmee~. + +Hierdurch ist für Bourbaki der Rückzug nach Westen oder Süden +abgeschnitten; nach seiner Absetzung führt General +Clinchant+ +die Ostarmee auf Pontarlier, in der Hoffnung, längs der Grenze zu +entkommen. Durch den +Jura+ drängen aber die Deutschen kräftig nach, +und unter letzten Gefechten bei +La Cluse+ und +Pontarlier+ tritt die +Ostarmee (80000 Mann) auf ~Schweizer Gebiet~ (1.–3. Febr.) über und +gerät damit in Kriegsgefangenschaft. Nur Teile der Division Cremer +entkommen nach Südfrankreich. + +Beim Vormarsch auf Belfort (Vesoul) hatte General v. Manteuffel die +Brigade +v. Kettler+ gegen ~Dijon~ geschickt. Das dort stehende Korps ++Garibaldi+ (20000 M.) beschränkt sich darauf, die Angriffe dieser 5 +Bataillone am 21. und 23. Januar abzuwehren (Verlust der +einzigen+ +deutschen Fahne -- aufgefunden unter Leichen). Als Verstärkung für +General v. Kettler anrückt, ziehen sich Garibaldis Scharen mit +Benutzung der Eisenbahn nach +Lyon+ zurück. + +[~1871.~ 16. Febr.] + +~Übergabe von Belfort.~ Selbst während der Schlacht an der Lisaine +waren die Angriffsarbeiten nicht unterbrochen worden. Den tapferen +Verteidigern (Oberst +Denfert+) wird freier Abzug gewährt. + + ++d) Belagerung von Paris.+ + +Starke Befestigungen: Ringmauer von 34 km Umfang mit Umwallung, +davor ein Gürtel von Forts, namentlich auf der Ost- und Südseite; im +Westen der stark befestigte +Mont Valérien+, im Norden der befestigte +Vorort +St. Denis+, im Osten der steile +Mont Avron+, »der Schlüssel +von Paris«. Besatzung 72000 M. Linien- und Marinetruppen, 115000 M. +Mobilgarden aus der Provinz, über 130000 M. Nationalgarde. + +Einschließung durch die III. und IV. deutsche Armee (S. 385) in +einem Gürtel von 82 km Umfang, anfangs nur 130000 M., bald auf +240000 M. verstärkt. Hauptquartier König Wilhelms in +Versailles+. +Alle Entsatzversuche der französischen Loire- und Nordarmee werden +vereitelt, ebenso die zahlreichen Ausfälle der Belagerten. + +[~1870.~ 21. Okt.] + +Ausfallgefecht bei +La Malmaison+ (im Westen), General Ducrot wird +zurückgeschlagen. + +[30. Okt.] + +Erstürmung von +Le Bourget+ (im Nordosten) durch die preußische Garde. +Dies Dorf lag unter den Geschützen von 5 Forts und war am 28. Okt. +(deutscherseits schwach besetzt) von den Franzosen genommen. Fernere +Gefechte bei Le Bourget am 21. Dez. und 13. Jan. + +Der ernstlichste Versuch zur Befreiung beginnt am 30. Nov. General +Ducrot geht mit 40000 M. auf das linke Marne-Ufer und erobert, +unterstützt durch Scheinangriffe anderer Abteilungen im Norden (Epinay) +und Südosten (Mont Mesly), die östlich gelegenen Dörfer +Brie+ und ++Champigny+. + +[2. u. 3. Dez.] + +~Schlacht b. Champigny-Yilliers.~ Ducrots Truppen, die auf den Anmarsch +der Loire-Armee gehofft hatten (S. 386), werden in heftigem Kampfe +zurückgeworfen (Württemberger und Sachsen unter dem preußischen General ++v. Fransecky+). + +Nachdem sich die Erwartung, Paris durch Hunger zu bezwingen, als falsch +erwiesen hat, beginnt am + +[~1870.~ 27. Dez.] + +~die Beschießung von Paris,~ zunächst gegen die +Ostfront+ aus +verschanzter Stellung, dem +Mont Avron+ gegenüber, der von den +Franzosen bald geräumt wird, sodann seit Anfang Januar auch gegen ++die Südfront, die Nordforts und St. Denis+. Infolge des Eingreifens +der schweren Artillerie gestaltet sich die Lage der Deutschen +erheblich günstiger, weil die Verteidiger die Stellungen im Vor- und +Zwischengelände räumen müssen. + +[~1871.~ 18. Jan.] + +Erneuerung der ~deutschen Kaiserwürde~ im Spiegelsaal des Schlosses +zu ~Versailles~, nachdem die süddeutschen Staaten sich zu dauernder +Vereinigung mit dem Norddeutschen Bunde bereit erklärt haben und König +Ludwig II. von Bayern, der Aufforderung +Bismarcks+ entsprechend, im +Namen der Fürsten und freien Städte Deutschlands dem König +Wilhelm I. +von Preußen+ die Kaiserwürde angetragen hat. + + +~Wilhelm I. Deutscher Kaiser 1871–1888.~ + +[19. Jan.] + +~Schlacht am Mont Valérien~ (im Westen). Letzter großer Ausfall, bei +dem auch die bisher geschonten Nationalgarden Verwendung finden. Die +Franzosen nehmen +St. Cloud+, aber ihr Angriff (90000 M. unter General ++Trochu+) scheitert, bevor er die Hauptstellung der Deutschen erreicht. +Die tapferen Verteidiger von St. Cloud, beim Rückzug vergessen, ergeben +sich am nächsten Tage. + +Da jede Hoffnung auf Entsatz geschwunden ist und die Not der +Bevölkerung von Paris bedenklich steigt, wird durch Unterhandlungen +zwischen +Favre+ und +Bismarck+ die + +[~28. Jan.~] + +~Übergabe von Paris~ zum Abschluß gebracht. Bedingungen: 1. Übergabe +sämtlicher Forts mit dem Kriegsmaterial an die deutschen Truppen, +Entwaffnung der Ringmauer. 2. Alle französischen +Soldaten+ in Paris +gelten als Kriegsgefangene und werden entwaffnet, mit Ausnahme +von 12000 Mann, welche mit der Nationalgarde die Ordnung aufrecht +erhalten; für die Verproviantierung sorgen die französischen Behörden. +3. Die Stadt Paris zahlt 200 Millionen Francs Kriegssteuer. 4. +Waffenstillstand auf allen Kriegsschauplätzen, mit Ausnahme der +Departements +Doubs, Jura+ und +Côte d’or+, auf +drei+ Wochen, um die +Wahlen zu einer französischen +Nationalversammlung+ zu ermöglichen, +welche in +Bordeaux+ zusammentreten und über Krieg und Frieden +entscheiden soll. + +~Gambettas~ Widerstand gegen diese Übereinkunft wird bald gebrochen; +er legt sein Amt als Mitglied der Regierung nieder (6. Febr.). +~Thiers,~ von der Nationalversammlung in +Bordeaux+ an die Spitze der +französischen Regierung gestellt, führt die Unterhandlungen mit Graf +~Bismarck.~ + +[~1871.~ 26. Febr.] + +~Friedenspräliminarien zu Versailles~: 1. Frankreich tritt +an Deutschland ab: das ~Elsaß~ außer +Belfort+, ferner +~Deutsch-Lothringen~ mit +Metz+ und +Diedenhofen+ (+Thionville+), +zusammen 14500 qkm mit 1½ Mill. Einwohnern; 2. Frankreich zahlt in drei +Jahren +5 Milliarden+ Francs Kriegsentschädigung; zur Sicherstellung +der Zahlung bleiben die östlichen Départements besetzt. + +[~1. März.~] + +~Einzug~ von 30000 Mann deutscher Truppen ~in Paris~ und Besetzung +eines Teils der großen Stadt. Nachdem die Friedensbedingungen noch an +demselben Tage von der französischen Nationalversammlung angenommen +worden sind, wird am 2. März Paris von den Deutschen geräumt. Kaiser +~Wilhelm~ verläßt das Hauptquartier +Versailles+ am 7. März und kehrt +nach +Berlin+ zurück. + +Die Friedensbedingungen werden bestätigt und im einzelnen näher +bestimmt (Austausch eines französischen Bezirks bei +Belfort+ gegen +einen deutschen in +Lothringen+) in dem + +[~10. Mai.~] + +~Frieden zu Frankfurt a. M.~ Die drei großen Ergebnisse des blutigen +Krieges sind: 1. Das Aufhören der +vorherrschenden+ Machtstellung +Frankreichs. 2. Deutschland gewinnt eine sichere Westgrenze. 3. Die +seit langen Jahren erstrebte ~Einigung Deutschlands~ ist verwirklicht. + +[14. April.] + +Der nach ~Berlin~ berufene Reichstag genehmigt fast einstimmig +folgende ~Reichsverfassung~: 1. An der Spitze des Reiches steht als +~Deutscher Kaiser~ der +König von Preußen+; die Kaiserwürde ist mit +der Krone Preußens fortan +erblich+ verbunden. Der Kaiser vertritt das +Reich völkerrechtlich, erklärt Krieg und Frieden (mit Zustimmung des +Bundesrats), schließt Bündnisse und Verträge, führt den Oberbefehl +über die gesamte deutsche Land- und Seemacht. 2. Die Vertretung +der 25 Staaten bildet der ~Bundesrat~ (im ganzen 58, seit 1911 61 +Stimmen: +Preußen+ 17, +Bayern+ 6, +Sachsen+ und +Württemberg+ je 4, ++Baden+, +Hessen+ und +Elsaß-Lothringen+ je 3, +Mecklenburg-Schwerin+ +und +Braunschweig+ je 2, die übrigen je 1); den Vorsitz führt der +~Reichskanzler~ (der erste: ~Fürst Bismarck~). 3. Die Vertretung der +Bevölkerung bildet der zum 21. März 1871 zum erstenmal nach Berlin +berufene deutsche ~Reichstag~, bestehend aus 382 (seit Hinzutreten +der Elsaß-Lothringischen 397) Abgeordneten, die aus allgemeinen und +direkten geheimen Wahlen hervorgehen. Einheitliches Heerwesen mit ++allgemeiner Wehrpflicht+: Im stehenden Heere 7 Jahre; hiervon aktiv +bei Kavallerie und reitender Feldartillerie 3 Jahre, sonst seit +1893 2 Jahre; die übrige Zeit in der Reserve. Landwehrpflicht (I. +und II. Aufgebot) bis zum vollendeten 39. und Landsturmpflicht bis +zum vollendeten 45. Lebensjahre. Das Reich bildet +ein+ Zollgebiet +(S. 351). Gemeinsames Post- und Telegraphenwesen, gleichmäßige +Verwaltung der Eisenbahnen. Einheitliches Dezimal-, Münz-, Maß- und +Gewichtssystem; Einheit des Rechts. Bayern und Württemberg haben sich +Sonderrechte, namentlich in der Heeres- und Postverwaltung, vorbehalten. + +Das Gebiet des neuen ~Deutschen Reiches~ umfaßt 544000 qkm; 1871: +41 Millionen, 1910: rund 65 Millionen (Preußen 40 Mill.) Einwohner. +Das ~Reichsland Elsaß-Lothringen~ wird seit 1879 von einem ++Statthalter+ des Kaisers regiert (Gen. +v. Manteuffel+ bis 1885, Fürst ++Hohenlohe-Schillingsfürst+ bis 1894, Fürst +Hohenlohe-Langenburg+ bis +1907, seitdem Graf +v. Wedel+). Anfangs im Bundesrat nicht vertreten, +erhält es 1911 als 26. selbständiger Bundesstaat 3 Stimmen eingeräumt +(S. 397). + +Ihre ~Einkünfte~ erhalten die Einzelstaaten hauptsächlich aus direkten +Steuern und aus der Verwaltung der Eisenbahnen, das +Reich+ aus den +Zöllen und indirekten Steuern, sowie aus Beiträgen der Einzelstaaten, +soweit erforderlich (Matrikularbeiträge). Das Reich bestreitet die +Ausgaben für Heer und Kriegsflotte. Grundlagen der Reichseinheit sind +das deutsche +Handelsgesetzbuch+, schon 1861–65 in den meisten Staaten +des Deutschen Bundes eingeführt, das deutsche +Strafgesetzbuch+ von +1870, die Gesetze des Norddeutschen Bundes über Freizügigkeit 1867, die +Gewerbeordnung 1869, das Bürgerliche Gesetzbuch (B.G.B.) 1900 u. a. (s. +S. 394 ff.). + +[~1871.~ März-Mai.] + +~Herrschaft der sozialistischen Kommune in Paris.~ Nach der +Kapitulation hatten sich die als Nationalgarde bewaffneten Arbeiter +vieler Kanonen bemächtigt und die nordöstlichen Teile der Stadt +(namentlich +Montmartre+ und +Belleville+) fast in Festungen +verwandelt. Der Versuch der Linientruppen, ihnen die Kanonen wieder +abzunehmen, führt zu einem Aufstand; die Linientruppen räumen die +Stadt und die Forts der Südseite. Der von den Aufständischen erwählte ++Gemeinderat+ (la +Commune+) verfügt Erpressungen und Gewaltmaßregeln. +Schreckensherrschaft der Sozialisten unter Mitwirkung eines Ausschusses +der +»Internationale«+ (s. S. 394). Plünderung der Kirchen, Verhaftung +des Erzbischofs +Darboy+ und anderer »Geiseln«; fast alle werden +schließlich ermordet. Ein Angriff auf die zum Schutze der jetzt in ++Versailles+ tagenden französischen Nationalversammlung vereinigten +Truppen mißlingt, hauptsächlich infolge des Geschützfeuers vom Mont +Valérien. + +[6. April.] + +~Zweite Belagerung von Paris~, unter Leitung +Mac-Mahons+, von Süden +und Westen her, während die +deutschen+ Truppen unter Beobachtung +strenger Neutralität die nördlichen und östlichen Forts besetzt +halten. Fort +Issy+ genommen (9. Mai). Endlich dringen die Versailler +Truppen in die Stadt ein; verzweifelter Barrikadenkampf (21.–28. +Mai). Die Hauptgebäude der Stadt (+Tuilerien+, +Finanzministerium+, ++Polizeipräfektur+, +Stadthaus+ u. a.) werden von den Aufständischen +in Brand gesteckt, die Vendômesäule (S. 317) zerstört. Blutige +Niederwerfung des Aufstandes; gegen 17 000 getötet, 50 000 gefangen; +viele später zur Verbannung nach Neu-Kaledonien verurteilt. + +[~1873.~ Sept.] + +Die deutschen Truppen verlassen nach beschleunigter Abzahlung der +Kriegsentschädigung das französische Gebiet. + + +§ 9. Das Deutsche Reich seit 1871. + +Das Deutsche Reich, als Bundesstaat geeinigt, bewährt sich als +Hort des Friedens in Europa. Durch die mächtige Entwickelung der +~Gewerbetätigkeit~ und des ~überseeischen Handels~, sowie die Erwerbung +von ~Kolonien~ (seit 1884, s. § 20) nimmt es den ihm gebührenden Platz +unter den +Weltmächten+ ein. Der Aufschwung des wirtschaftlichen Lebens +vermehrt die Klassengegensätze und gibt Anlaß zu einer ~sozialen +Gesetzgebung~ (S. 395), die in anderen Ländern Nachahmung findet. + +Bedeutsame Einwirkungen ergeben sich aus Streitigkeiten mit der +katholischen Kirche und durch das Anwachsen der +Sozialdemokratie+, +welche mit Hilfe des allgemeinen Wahlrechts den Staat und die +Eigentumsverhältnisse umgestalten will (Lassalles Allgemeiner deutscher +Arbeiterverein 1863, Internationale Arbeitervereinigung 1864 in London +von K. Marx begründet, Gothaer Programm 1875). + +[1872.] + +Das Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit (S. 381) veranlaßt in +Deutschland, der Schweiz und Österreich die Bildung +alt+katholischer +Gemeinden, die sich von der römisch-katholischen Kirche lossagen. +Ausweisung des +Jesuiten+-Ordens aus dem Deutschen Reiche; in Preußen +Schulaufsichtsgesetz. + +[1873–1875.] + +Kirchengesetze in Preußen (Kultusminister Falk), welchen die +katholische Geistlichkeit Widerstand leistet. Die Bischöfe werden +nach und nach abgesetzt; erledigte Pfarrämter können nicht wieder +besetzt werden. Papst Pius IX. geht auf Verhandlungen nicht ein; sein +Nachfolger Leo XIII. (1878–1903) zeigt sich nachgiebiger, gesteht die +Anzeigepflicht bei Besetzung der Bistümer und Pfarrämter zu. Fürst ++Bismarck+ bewirkt 1880 Milderung der Kirchengesetze, 1886 und 1887 +weitere Zugeständnisse, doch bleibt das Aufsichtsrecht des Staates über +kirchliche Angelegenheiten. + +[1872.] + ++Dreikaiserbund+, von den drei Kaisern Wilhelm I., Franz Joseph und +Alexander II. bei einer Zusammenkunft in Berlin geschlossen zur +Aufrechterhaltung des Friedens. Dies Bündnis löste sich infolge des +russisch-türkischen Krieges und des Berliner Kongresses (s. S. 401). + +[1872–1875.] + +Verwaltungsreform in Preußen; +Kreisordnung+ und +Provinzialordnung+. +Die Kreise und Provinzen erhalten in mancher Hinsicht Selbstverwaltung; +den Regierungsbehörden treten Kreistag und Kreisausschuß, +Provinziallandtag und Provinzialausschuß zur Seite. Landgemeindeordnung +s. S. 396. + +[1873.] + +Synodal-Ordnung für die evangelische Kirche in Preußen; 1874 Einführung +der bürgerlichen Eheschließung und der Standesregister in Preußen, 1875 +im ganzen Deutschen Reiche, 1876 General-Synodalordnung. + +[1874.] + ++Reichs-Militärgesetz+; die Friedenspräsenzstärke festgesetzt auf +401659 Mann, eingeteilt in 18 Armeekorps (14 preußische, 2 bayrische, +l sächsisches, l württembergisches). In der Folgezeit wird die Zahl +mehrmals erhöht, entsprechend der Zunahme der Bevölkerung; sie beträgt +1911 über 600000 Mann, eingeteilt in 23 Armeekorps (17, 3, 2, 1). + +[~1874.~ Okt.] + +~Begründung des Weltpostvereins.~ Auf Anregung der +deutschen+ +Reichspostverwaltung (Staatssekretär +v. Stephan+) einigen sich die +europäischen und die meisten außereuropäischen Staaten auf einem ++Kongreß zu Bern+ über gemeinsame, dem Verkehr günstige Grundsätze der +Postverwaltung. + +[~1878.~] + +Gesetz gegen die Ausschreitungen der +Sozialdemokratie+, veranlaßt +durch zwei Mordversuche auf Kaiser Wilhelm I. der bei dem zweiten +schwer verwundet wird. Verbot sozialdemokratischer Vereine und +Zeitungen; Ausweisung der Parteiführer und ihrer Agenten aus den +größeren Städten. Das Gesetz, zunächst für 2½ Jahre erlassen, dann +verlängert, wird 1890 aufgehoben. + +[~1879.~] + +Neuer +Zolltarif+ des Deutschen Reiches, vom Fürsten +Bismarck+ +veranlaßt, um durch Erschwerung der Einfuhr ausländischer Erzeugnisse +die einheimische Produktion zu schützen und die Einkünfte des Reiches +zu erhöhen (Schutzzollpolitik). +Hamburg+ und +Bremen+, bisher +Freihäfen, werden 1881 und 1885 zum Eintritt in die Zollgemeinschaft +des Reiches (zum Okt. 1888), mit Vorbehalt eines beschränkten +Freihafengebietes, veranlaßt. Seit dem Ende der 70er Jahre ++Verstaatlichung der Eisenbahnen+ in Preußen nach und nach durchgeführt +(Minister Maybach). Später Betriebsgemeinschaft der preußischen und +hessischen Bahnen eingerichtet. + +[1. Okt.] + +Die neuen +Justizgesetze+ für das ganze Deutsche Reich +(Gerichts-Verfassung, Zivil-Prozeß, Strafprozeß) treten in Kraft. +Oberstes +Reichsgericht+ in Leipzig. Bürgerliches Gesetzbuch (S. 396). + +[~1879.~ 7. Okt.] + +Infolge der Spannung zwischen Deutschland und Rußland nach dem Berliner +Kongreß (S. 401 f.) ~Schutzbündnis zwischen dem Deutschen Reich und +Österreich~ nach einem Besuch des Fürsten +Bismarck+ in Wien (Graf ++Andrassy+). ~Italien~, durch Eröffnung der Gotthardbahn 1882 mit den +nördlichen Ländern besser verbunden, schließt sich 1883 an; ~Dreibund~ +zur Erhaltung des europäischen Friedens. + +1884 Zusammenkunft der 3 Kaiser: +Wilhelms I.+, +Franz Josephs+ und ++Alexanders III.+ in +Skierniewice+ in Polen; Neutralitätsvertrag mit ++Rußland+ (nach Bismarcks Rücktritt 1890 nicht wieder erneuert). + +[~1881.~ 19. Nov.] + +Kaiserliche Botschaft an den Reichstag, betreffend die Gesetzgebung +zur ~Förderung des Wohles der Arbeiter~. Darauf 1883 Gesetz über +Krankenversicherung, 1884–87 Gesetze über Unfallversicherung. (1908 +waren 13 Mill. Reichsangehörige gegen Krankheit, 24 Mill. gegen Unfall +versichert, S. 396). + +[~1884.~] + +~Gründung deutscher Kolonien~ in Südwestafrika, Togo, Kamerun, 1885 in +Ostafrika und auf den australischen Inseln (s. S. 423 ff.). + +[1884–85.] + +~Kongo-Konferenz~ in Berlin unter dem Vorsitz des Fürsten +Bismarck+ +(s. S. 410). + +Nach dem Tode des unvermählten Herzogs +Wilhelm+ († 1884) ist 1885–1896 +Prinz +Albrecht+ von Preußen Regent des Herzogtums +Braunschweig+, da +der erbberechtigte Herzog Ernst August von Cumberland, Sohn Georgs +V. (S. 378), seine Ansprüche auf Hannover nicht aufgeben will. Sein +Nachfolger 1907 Herzog +Johann Albrecht+ von Mecklenburg. + +[1886.] + ++Ansiedlungsgesetz+ für die Provinzen Posen und Westpreußen zur +Stärkung des Deutschtums, erneuert und ergänzt 1898, 1902, zuletzt 1908 +mit Einführung eines beschränkten staatlichen Enteignungsrechts. Bis +Ende 1907 wurden für über 300 Mill. Mark 335383 ha angekauft und darauf +15751 Ansiedlerstellen angelegt. + +[1888.] + ++Landwehr- und Landsturmgesetz+ veranlaßt durch die in Frankreich +(Kriegsminister Boulanger) und Rußland stattfindenden Kriegsrüstungen. +Fürst +Bismarcks+ Rede im Reichstag 6. Februar: »Wir Deutschen fürchten +Gott, sonst nichts auf der Welt«. Der Friede bleibt erhalten. + +[~1888.~ 9. März.] + +~Tod Kaiser Wilhelms des Großen.~ Sein Sohn, krank in San Remo, kommt +nach Charlottenburg und übernimmt die Regierung. + +[15. Juni.] + +~Friedrich III., Deutscher Kaiser, König von Preußen †.~ + + +~Kaiser Wilhelm II. 1888-x.~ + ++Fortsetzung+ der Reichsgesetzgebung zum Wohle der Arbeiter: +1889 Gesetz über Invaliditäts- und Altersversicherung, 1891 +Arbeiterschutzgesetz (Sonntagsruhe, Arbeitszeit der Frauen und Kinder +beschränkt). + +[1890. März.] + +Europäische Arbeiterschutz-Konferenz zu +Berlin+: Beratung über +allgemeine Maßregeln zur Verbesserung der Lage des Arbeiterstandes. + +[20. März.] + ++Fürst Bismarck+ scheidet aus seinen Ämtern als Reichskanzler und +preußischer Ministerpräsident. Sein Nachfolger General +v. Caprivi+ +bis Okt. 1894, dann Fürst +Hohenlohe+ (vorher Statthalter des +Reichslandes); Okt. 1900 Graf +Bülow+ (seit 1905 Fürst). + +[1890.] + +Grenzregulierung in +Ostafrika+ zwischen Deutschland und +England+. ++Helgoland+ kommt an Preußen (Kreis Süder-Dithmarschen, s. S. 407). +1894 Abgrenzung des Hinterlandes von Kamerun durch Verträge mit ++Frankreich+ und +England+. Das deutsche Gebiet erreicht von Süden her +den +Schari+ und den +Tsadsee+. + +[1891.] + ++Handelsverträge+ mit Österreich, Italien, Belgien, bald auch mit +anderen Staaten; Herabsetzung der Zölle, wodurch eine schwierige Lage +für die deutsche Landwirtschaft entsteht. In Preußen Fortsetzung der +Verwaltungsreform: Landgemeinde-Ordnung (Minister Herrfurth); Reform +der Steuern (Finanzminister Miquel). + +[~1895.~] + +Vollendung des +Nord-Ostseekanals+ (von Brunsbüttel an der Elbe nach +Holtenau bei Kiel 97 km) nach achtjähriger Bauzeit (Baukosten 156 +Mill. Mark). Es folgt 1899 der Dortmund-Ems-Kanal und der Ausbau +des Hafens von Emden, 1900 der Elb-Trave-Kanal. Der preußische +Landtag genehmigt außer anderem 1905 den Bau eines Kanals vom Rhein +(bei Duisburg) zur Weser bis nach Hannover (Mittellandkanal) und +eines Großschiffahrtsweges von Berlin nach Stettin. Von Bayern und +Elsaß-Lothringen Kanalisierung des Main und der Mosel angeregt. +Verbesserungen der Wasserstraßen im Oberlauf des Rheins, der Elbe +und Oder von den anliegenden Staaten erwogen. -- Für die seit 1907 +ausgeführte +Erweiterung+ und +Vertiefung+ des +Kaiser-Wilhelms-Kanals+ +sind 223 Mill. Mark bewilligt. + +[~1898.~] + +Pachtvertrag mit +China+ über +Kiautschou+ auf 99 Jahre (s. S. 420, +426). + +[30. Juli.] + ++Fürst Bismarck+ † in Friedrichsruh. + +Das Deutsche Reich erwirbt von +Spanien+ die +Karolinen+, +Marianen+ +und +Palau-Inseln+, (S. 413). + +[1900. 1. Jan.] + +Das +Bürgerliche Gesetzbuch+ tritt für das Deutsche Reich in Kraft. + +[~1900.~ März.] + +Erwerbung von +Deutsch-Samoa+ (s. S. 407, 426). +Deutschland+, ++England+, +Frankreich+, +Rußland+, +Italien+, +Amerika+, +Japan+ +treffen Abmachungen über die +»Politik der offenen Tür«+ in +China+. + ++Flottengesetz+ zum Schutze des deutschen Welthandels (die +Transportfähigkeit der deutschen Handelsflotte hat sich von 1876–1909 +versiebenfacht). Bis 1917 soll die Kriegsflotte auf 38 Linienschiffe, +14 große, 38 kleine Kreuzer gebracht werden; dazu die Wacht- und +Schulschiffe und die seit 1880 ansehnlich vermehrten Kanonen- und +Torpedoboote. + +[1902.] + +Neuer +Zolltarif+ als Grundlage für fernere Handelsverträge. + +[1906.] + +Erhöhung der Reichssteuern und beschleunigte Vermehrung der +Kriegsflotte beschlossen. + +[1908–1909.] + ++Reichsfinanzreform+. An die Stelle des Fürsten Bülow tritt 1909 (Juli) +Reichskanzler +v. Bethmann Hollweg+. + +[1910.] + +Besuch des Kaisers Nikolaus II. in Potsdam. + +Verständigung mit +Rußland+. Keine der beiden Mächte will sich einer +Staatenvereinigung anschließen, die ihre Spitze gegen die andere +richtet. + +[1911. März.] + +Verfassungs- und Wahlgesetz für +Elsaß-Lothringen+. Die Staatsgewalt +übt der Kaiser durch einen von ihm ernannten Statthalter aus (s. S. +392). Zwei-Kammersystem eingeführt. Die 41 Mitglieder der ersten Kammer +werden von dem Kaiser auf Vorschlag des Bundesrats ernannt; die zweite +Kammer (60) geht aus allgemeinen direkten Wahlen (an einem Sonntag) mit +geheimer Abstimmung hervor. + +[Aug.] + ++Vertrag mit Rußland+ über die Abgrenzung der Interessen der beiden +Mächte in +Persien+. Deutschland verfolgt nur Handelsziele: Eisenbahn-, +Wegebau-, Schiffahrts-, Telegraphenkonzessionen (s. S. 416, 419). + +[Nov.] + +Abkommen mit +Frankreich+ über +Marokko+ und +Äquatorialafrika+ (s. S. +405). + +[Dez.] + +Schiffahrtsabgabengesetz. Privatbeamten-Versicherungsgesetz. + +[1912. 1. Jan.] + +Die Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911 tritt in Kraft. + + +§ 10. Österreich-Ungarn. + +[1867.] + +Nach dem unglücklichen Kriege mit Preußen und Italien von 1866 +(S. 375 ff.) gelingt es dem Reichskanzler Graf +Beust+ (1853–1866 +Ministerpräsident in Sachsen), den Verfassungsstreit in +Österreich+ +(S. 357 f., 371) durch den ~Ausgleich mit Ungarn~ auf der Grundlage +des +Dualismus+ beizulegen. +Ungarn+, mit +Siebenbürgen+ und +Kroatien+ +wieder vereinigt (S. 371), erhält einen besonderen +Reichstag+ (in ++Pest+) und ein eigenes Ministerium. Die ungarische Verfassung wird +wiederhergestellt. Kaiser +Franz Joseph+ am 8. Juni in Pest als +König +von Ungarn+ gekrönt. Die +cisleithanischen+ Länder (nebst +Galizien+) +im +Reichsrat+ (in +Wien+) vertreten. Zur Beschlußfassung über die +gemeinsamen Angelegenheiten (Heerwesen, Finanzen, auswärtige Politik) +treten jährliche Abgesandte (Delegationen) aus beiden Reichstagen +zusammen. Von den gemeinsamen Ausgaben, soweit sie nicht aus dem Ertrag +der Zölle bestritten werden, trägt Österreich zunächst 70%, Ungarn 30%. +Ministerpräsident in Österreich Graf Beust (bis 1871), in Ungarn Graf ++Andrassy+ (bis 1879). + +Der Doppelstaat wird in seiner inneren Entwickelung vielfach gehemmt +durch die widerstrebenden Interessen und durch Nationalhaß der +Tschechen, Polen und Magyaren gegen die Deutschen. Bemühungen der +Tschechen um die Selbständigkeit der böhmischen (Wenzels-) Krone +und die Wiederherstellung des sog. Böhmischen Staatsrechts. 1874 +Kirchengesetze an Stelle des Konkordats von 1855. + +[1878.] + +Besetzung der bis dahin türkischen Provinzen +Bosnien+ und ++Herzegowina+ (S. 401) zum Teil nach blutigem Widerstande. + +[1879.] + +Das Sandschak +Novipazar+ auf Grund eines Abkommens mit der Türkei +besetzt. + +[1879.] + +Bündnis mit dem Deutschen Reich, 1883 auch mit Italien (S. 395). + +[1880.] + ++Taaffes+ Sprachenverordnung für Böhmen zu Ungunsten des deutschen +Elements. Die Universität +Prag+ 1882 in eine deutsche und tschechische +Hochschule geteilt. + +[1890.] + +Böhmischer Ausgleich. -- 1883 magyarisches Schulgesetz in Ungarn. 1887 +Kranken- und Unfallversicherung in Österreich. 1891 Krankenversicherung +in Ungarn. + +[1888.] + +Das Wehrgesetz von 1879 durch ein neues ersetzt. Steigerung der +Rekrutenzahl. 1892 Erhöhung der Friedenspräsenz. 1893 Ergänzung zum +Landwehrgesetz von 1883. Neue Rekrutenvorlage 1909 bewilligt. + +[1889 (30. Jan.).] + +Tod des Kronprinzen +Rudolf+ (geb. 1858). + +[1897.] + ++Badenis+ Sprachenverordnungen für Böhmen und Mähren. Obstruktion der +Deutschen im Reichsrat bei der Herstellung des Ausgleichs mit Ungarn. + +[1898 (10. Sept.).] + +Die Kaiserin +Elisabeth+ in Genf ermordet. + +[1899.] + +Aufhebung der Sprachenverordnungen für Böhmen und Mähren. + +[1901.] + +Wasserstraßenvorlage zur Verbindung der Donau mit der Elbe und Oder +genehmigt. + +[1906.] + +Bewilligung eines eigenen Zolltarifs für Ungarn. Damit sind nach +heftigen parlamentarischen Kämpfen in beiden Reichshälften die Magyaren +der angestrebten Auflösung der Gemeinschaft mit Österreich einen +Schritt näher gekommen. + +[1907.] + +Reform des Wahlgesetzes für die cisleithanischen Länder. + +[~1908.~ Okt.] + +Aufnahme +Bosniens+ und der +Herzegowina+ in den Staatsverband der +österreichischen Monarchie. Zunächst bilden die beiden Provinzen +(51110 qkm) ein Verwaltungsgebiet für sich. 1910 besondere Verfassung +für Bosnien und Herzegowina erlassen. Das Sandschak +Novipazar+ den +Türken als Entschädigung zurückgegeben. Kriegsdrohungen in +Serbien+ +und +Montenegro+ wegen Vernichtung der groß-serbischen Hoffnungen. Im +Febr. 1909 Anerkennung der Annexion durch die Pforte gegen Zahlung von +2½ Mill. türkischen Pfund (60 Mill. Frs.) für die ehemals türkischen +Staatsgüter. Infolge der energischen Unterstützung der österreichischen +Politik durch das Deutsche Reich lassen die Mächte in Belgrad erklären, +daß Serbien auf die Hilfe von Rußland, Frankreich und England nicht zu +rechnen habe. Daraufhin stellt Serbien die Rüstungen ein (März 1909); +Kronprinz Georg verzichtet zu Gunsten seines Bruders Alexander. + +[1911.] + +Stapellauf des ersten österreichisch-ungarischen Dreadnought: Viribus +unitis. + + +§ 11. Rußland. + +In Rußland unter Kaiser Alexander II. manche Reformen der Verwaltung +(vgl. S. 369); die auswärtige Politik bleibt auf die Balkanhalbinsel, +wo das türkische Reich immer schwächer wird, und auf Asien gerichtet. + +[~1877–1878.~] + +~Russisch-türkischer Krieg.~ + +~Veranlassung~: Die Fürsten +Nikita+ von +Montenegro+ und +Milan+ von ++Serbien+ beginnen 1876 Krieg gegen die Türkei zur Unterstützung eines +in der +Herzegowina+ gegen die türkischen Grausamkeiten ausgebrochenen +Aufstandes. Eine Erhebung der +Bulgaren+ wird von den Türken blutig +unterdrückt, die +Serben+ werden an der Morawa zurückgeschlagen. Die +Großmächte, namentlich +Rußland+ und +England+, verhandeln mit der +Türkei über Reformen der Regierung und Sicherung der christlichen +Untertanen. Da die Verhandlungen erfolglos bleiben, erklärt +Rußland+ +den Krieg. + +Nach Abschluß eines Vertrages mit +Rumänien+ (Fürst +Karl+ von +Hohenzollern-Sigmaringen, s. S. 367) geht ein russisches Korps bei ++Galacz+ über die Donau und besetzt die Dobrudscha; das Hauptheer, bei +welchem Kaiser +Alexander II.+ sich befindet, erzwingt den + +[1877. 27. Juni.] + +~Übergang über die Donau bei Sistowa~. Während ein fliegendes Korps +unter General +Gurko+ schnell auf einem unbesetzten Nebenpaß den Balkan +überschreitet und durch einen Angriff von Süden her (17.–19. Juli) +die türkische Besatzung von dem wichtigen ~Schipka-Paß~ vertreibt, +macht der eine Hauptteil des Heeres unter dem +Großfürsten-Thronfolger +Alexander+ Front nach Osten und verhindert in monatelangen, schweren +Kämpfen an den Flüssen +Jantra+ und +Lom+ den von dorther zu +befürchtenden Durchbruch eines türkischen Heeres. + +Der andere Teil des russischen Heeres nimmt +Nikopoli+ (15. Juli), +wird aber vor ~Plewna~ (südwestlich von Nikopoli), wo +Osman Pascha+ +türkische Streitkräfte gesammelt hat und starke Befestigungen anlegt, +blutig zurückgewiesen (20. und 30. Juli) und muß Verstärkungen abwarten. + +Währenddessen bestürmt +Suleiman Pascha+ von Süden her mit überlegener +Macht, aber vergeblich (Hauptkämpfe am 23. Aug. und 17. Sept.) den +~Schipka-Paß~. Er erhält dann den Oberbefehl über die türkische +Ost-Armee am +Lom+, kann aber Plewna nicht entsetzen. + +Eintreffen der Truppen +Rumäniens+ und russischer Verstärkungen vor ++Plewna+. Nach dem Mißlingen eines neuen Gewaltangriffs (7.–12. Sept.) +wird zur regelmäßigen Belagerung (Gen. +Totleben+) geschritten und + +[~10. Dez.~] + +~Plewna genommen~ durch General +Skobeleff+. +Osman Pascha+ muß sich +nach einem vergeblichen Durchbruchsversuch mit 44000 Mann ergeben. +Rückkehr der +Rumänen+ in ihr Land, des Kaisers +Alexander II.+ nach +Petersburg. ~Serbien~ erklärt von neuem den Krieg an die Pforte. + +Die russischen Heere rücken vom Balkan aus vor bis nahe an +Konstantinopel. + +Auf dem asiatischen Kriegsschauplatz werden die Russen zuerst von ++Muchtar Pascha+ mehrfach geschlagen, dringen dann aber nach Erstürmung +von +Kars+ (18. Nov.) siegreich bis +Erzerum+ vor. + +Die Türkei ruft die Vermittelung Englands an, sieht sich aber durch die +Bedrohung von Konstantinopel genötigt, sich mit Rußland zu verständigen. + +[~1878~. 3. März.] + +~Friede zu San Stefano~ (unweit Konstantinopel): 1. +Montenegro+ und ++Serbien+, beide durch türkisches Gebiet erheblich vergrößert, werden +als unabhängig anerkannt, ebenso +Rumänien+. 2. +Bulgarien+, bis zum +Ägäischen Meere vergrößert, bleibt der Pforte tributpflichtig, erhält +aber einen christlichen Fürsten und eigene Verwaltung; ein russischer +Kommissar mit 50000 Mann bleibt auf 2 Jahre im Lande. 3. Die Pforte +führt in dem ihr verbleibenden geringen Rest ihrer europäischen +Besitzungen (159000 qkm) gewisse Reformen ein. 4. Sie zahlt an Rußland +300 Millionen Rubel und tritt in +Asien+ bedeutende Teile +Armeniens+, +in +Europa+ die +Dobrudscha+ ab; letztere wird von Rußland als Ersatz +für den von ihm 1856 abgetretenen und jetzt zurückzunehmenden Teil von ++Bessarabien+ (s. S. 367) an +Rumänien+ gegeben. + +Widerspruch ~Englands~ gegen diese Bedingungen; auch +Österreich+ will +Rußlands Übermacht auf der Balkanhalbinsel nicht zugeben. Die Türkei +ruft den Schutz Englands an und gibt die Insel +Cypern+ in englische +Verwaltung. + +Nachdem unter Deutschlands Vermittelung, um einen neuen Krieg zu +verhüten, Rußland und England sich über die wichtigsten Streitpunkte +vorläufig verständigt haben, tritt unter dem Vorsitz des ~Fürsten +Bismarck~ zusammen der + +[~1878.~ 13. Juni bis 13. Juli.] + + +~Berliner Kongreß.~ + ++Hauptsächlichste Bestimmungen+: 1. ~Montenegro, Serbien~ und +~Rumänien~ werden unabhängig, doch werden die an beide erstere Staaten +zu machenden Abtretungen beschränkt, das von Rumänien für Bessarabien +einzutauschende Gebiet etwas vergrößert. 2. Das ~Fürstentum Bulgarien~ +wird auf das Land +zwischen Donau und Balkan,+ jedoch einschließlich ++Sofia+ und Gebiet, beschränkt. 3. Der südliche Teil Bulgariens, +jedoch nach Westen und Süden erheblich enger begrenzt, bleibt als +Provinz ~Ostrumelien~ unter der Botmäßigkeit des Sultans, erhält +aber eigene Verwaltung unter einem +christlichen Generalgouverneur.+ +4. Die russischen Truppen sollen Ostrumelien und Bulgarien +innerhalb 9 +Monaten+, Rumänien innerhalb eines Jahres räumen. 5. +~Österreich~ übernimmt die Besetzung und Verwaltung +Bosniens+ und +der +Herzegowina+. 6. Der Türkei wird die Abtretung eines Teils von ++Epirus+ und +Thessalien+ an ~Griechenland~ empfohlen. 7. ~Rußland~ +begnügt sich in Asien mit +Batum+ (als Freihafen), +Kars, Adaghan+ +und einigen angrenzenden Gebieten. 8. In der Türkei und allen von +ihr losgelösten Staaten soll +politische Gleichberechtigung aller +Konfessionen+ herrschen. 9. Der 1841 zwischen den 5 Großmächten und der +Pforte abgeschlossene Vertrag (vgl. S. 353), wonach kein Kriegsschiff +in die Dardanellen einlaufen darf (bestätigt im Pariser Frieden von +1856, S. 367), wird erneuert. Die Schließung der Dardanellen für fremde +Kriegsschiffe wird der Pforte zur Pflicht gemacht. + +[1872 - 1876] + +hatte Rußland bereits seine asiatische Provinz ~Turkestan~ (Taschkent +und Samarkand, S. 369) durch Unterwerfung des Chans von +Khiwa+, des +Emirs von +Bochara+ und des Chans von +Kokand+ (Ferghana) erweitert, +1875 durch Vertrag mit Japan sich den Besitz der Insel +Sachalin+ +gesichert. + +Nach dem Berliner Kongreß zeigt Rußland (Minister Fürst Gortschakow) +feindselige Haltung gegen Deutschland, welches deshalb das bisherige +engere Verhältnis zu Rußland (S. 393f.) löst und sich mit Österreich +verbündet (S. 395). Kaiser Alexander II., im Begriff, eine +Volksvertretung zu berufen, wird 1881 durch Verschwörer (Nihilisten) +ermordet. + +[1881–1894.] + +~Alexander III.~ (Gem. Dagmar -- Maria Feodorowna -- von Dänemark) +ordnet strenge Maßregeln an gegen das Deutschtum in den Ostseeprovinzen +(Russifizierung der Universität +Dorpat+), schließt trotz des +Neutralitätsvertrages mit Deutschland Freundschaft mit Frankreich +(S. 395, 404). 1893 Zollkrieg gegen Deutschland, der aber 1894 durch +Handelsvertrag beigelegt wird. + +[1885.] + +Vertrag mit England über die Nordgrenze von +Afghanistan+, nachdem +Rußland 1884 das Gebiet von +Merw+ besetzt hat. 1887 nimmt Rußland +noch +Pendschdeh+. Bau der Transkaspischen Eisenbahn, 1888 bis +Samarkand vollendet. Rußland nimmt dann 1892–1895 den größten Teil des ++Pamir+hochlandes in Besitz, baut die Sibirische Eisenbahn, 1901 bis +Wladiwostock vollendet. + +~Nikolaus II.~ (Gem. Alix -- Alexandra Feodorowna -- von Hessen), seit +Nov. 1894, stellt bessere Beziehungen zu Deutschland her. + +[1899.] + ++Kongreß im Haag+; auf Rußlands Wunsch wird ein Schiedsgericht für +internationale Streitigkeiten eingesetzt. + +[1904–1905.] + +Nach dem unglücklichen Verlauf des Krieges gegen +Japan+ (s. S. +422f.) bedrohliche Unruhen im russischen Reiche: Attentate auf +Mitglieder der Zarenfamilie (Großfürst +Sergius+, Oheim des Zaren, † +1905) und andere einflußreiche Persönlichkeiten, Judenverfolgungen, +Plünderungen. Der Zar verkündet (19. Aug. 1905) die Berufung einer ++Duma+ (Reichsversammlung). In +Livland+ Aufstand der Letten gegen die +deutschen Gutsbesitzer. + +[1906.] + +~Verfassung~ eingeführt (Reichsrat und Duma). Die erste Duma wird +nach stürmischen Verhandlungen aufgelöst, ebenso 1907 die zweite. +Reformdekrete der Regierung (Minister +Stolypin+, 1911 ermordet), +namentlich zur Besserung der Lage des Bauernstandes; strenge Maßregeln +gegen Polen und Livland. Die dritte Duma 1908 bewilligt eine bedeutende +Anleihe. + +[1910–1911.] + +Abkommen mit Deutschland über +Persien+ (S. 397). + +[1911.] + +Neues Abkommen mit +Japan+ über die +Mandschurei+ (vgl. S. 422f.). + +Verständigung (Entente) mit +Japan+ und endgültiger Ausgleich aller +durch den Krieg von 1904–1905 bedingten Ansprüche ohne Hilfe +eines Schiedsgerichts. -- Rußland, das mit England noch 1907 die +Unantastbarkeit und Unabhängigkeit +Persiens+ verkündet, aber bereits +1909 ein gemeinsames Einschreiten gegen die Regierung des Schah und +eine Teilung des Landes in eine russische (Norden) und englische +(Süden) Interessenzone vereinbart hat, greift 1911 in die persischen +Wirren ein (s. S. 419). + +Abschluß einer Militärkonvention mit +Bulgarien+. + +[1912.] + +Rußland erkennt die Unabhängigkeit der +Mongolei+ (s. S. 422) an und +gesteht der Regierung in China nur die Aufsicht zu über die auswärtigen +Beziehungen des Landes. + + +§ 12. Die dritte französische Republik. + +~Frankreich~ Republik seit 1871; ein Versuch, den Grafen Chambord +(S. 349) als König einzusetzen, scheitert an dessen Weigerung, +bestimmte Versprechungen zu geben und die Tricolore anzunehmen (1873, +Okt.) Gesetz über allgemeine Wehrpflicht 1872. Organisationsgesetz +1873. Frankreich in 18 Regionen eingeteilt, denen je ein Armeekorps +entspricht; das 19. in Algier. (1897 Einteilung in 19 Regionen; daher +20. Armeekorps eingerichtet.) + +[1873–1879.] + +Präsident +Mac-Mahon+, Nachfolger von Thiers. Marschall +Bazaine+, +vom Kriegsgericht wegen der Übergabe von Metz zum Tode verurteilt, +vom Präsidenten zu zwanzigjähriger Haft begnadigt, entkommt 1874 +nach Spanien, stirbt dort 1888. Feststellung der +Verfassung+ 1875: +Präsident auf 7 Jahre, Senat, Deputiertenkammer. -- +Napoleon III.+ +stirbt im Januar 1873 zu Chislehurst in England; sein Sohn fällt +1879 im Kriege der Engländer gegen die Zulukaffern, als Freiwilliger +kämpfend. + +[1879–1887.] + +Präsident +Grévy+, 1885 wiedergewählt. Unterrichtsgesetz 1880 zur +Beschränkung des Einflusses der Geistlichkeit; Ausweisung der Jesuiten, +doch nicht streng durchgeführt. +Gambetta+ Nov. 1881 Ministerpräsident, +tritt aber nach zwei Monaten zurück, da die von ihm vorgeschlagene +Änderung des Wahlgesetzes (Listenwahl statt Einzelwahl) abgelehnt +wird. Starke Heeresrüstung, doch wird der Rachekrieg gegen Deutschland +vertagt; der Kriegsminister +Boulanger+ tritt zurück (Mai 1887), +Frankreich wendet sich einer ~weitgreifenden Kolonialpolitik~ zu. Grévy +dankt 1. Dez. 1887 ab. + +[1883.] + ++Brazza+ legt die Station +Brazzaville+ am +Stanley Pool+ an und stellt +eine Verbindung der Küste mit dem +Kongo+ her. Auf der Kongo-Konferenz +1885 setzt Frankreich die Ausdehnung der bisherigen Kolonie +Gabun+ bis +zum rechten Ufer des +Kongo+ durch. Von hier -- +»Französisch-Kongo«+ +-- aus dringen die Franzosen bis zum +Tsadsee+ vor und gewinnen durch +Vertrag mit dem Deutschen Reich 1894 das Hinterland von Kamerun bis +über den +Schari+ hinaus (Äquatorial-Afrika, S. 396). 1908 die Grenze +zwischen Französisch-Kongo, Kamerun und dem Kongostaat endgültig +festgelegt. + +[1881.] + +~Frankreich~ nimmt ~Tunis~ in Besitz, ohne die Proteste der Türkei und +die Verstimmung Italiens zu beachten. + +[1883.] + +Das Reich ~Anam~ in Hinterindien (vgl. S. 369) tritt die Provinz ++Tonking+ an Frankreich ab und wird bald darauf französischer +Schutzstaat. Frankreich behauptet diese Erwerbung im Kriege gegen China +(1884–1885). + +[1885.] + +Die Insel ~Madagaskar~ kommt unter französische Schutzherrschaft; die +Regierung der Königin der malaiischen +Hova+, +Ranavalo Manjaka III.+, +in +Tananarivo+ 1896 aufgehoben. + +[1887–1894.] + +Präsident +Carnot+; Wehrgesetz, Freundschaft mit Rußland. Carnot +wird von einem Italiener ermordet, sein Nachfolger +Périer+ dankt +Jan. 1895 ab, dann folgt +Faure+, 1899–1906 +Loubet+, beide bemüht, +die Freundschaft mit Rußland zu erhalten. 1897 Unfallversicherung, +1901 Vereinsgesetz zur Beschränkung der geistlichen Orden und +Kongregationen. 1903 Unterrichtsgesetz, Einrichtung weltlicher +Volksschulen an Stelle der von Geistlichen geleiteten. 1905 Gesetz über +Trennung von Kirche und Staat; deshalb Streit mit der katholischen +Kirche. Der Kirchenbesitz wird den Gemeinden überwiesen. Gesetz über +Altersunterstützung und Sonntagsruhe. Seit 1906 Präsident +Fallières+. +1907 und 1911 Winzerunruhen. Die Beziehungen Frankreichs zu England +gestalten sich immer enger; das Bündnis mit Rußland bleibt erhalten. + +[1890.] + +Frankreichs Herrschaft im Gebiet des mittleren +Niger+ (Sudan), der +westlichen und mittleren +Sahara+ von England anerkannt (S. 407) und +1904 erweitert (s. S. 405). + +[1891.] + +~Tahiti~, schon früher französischer Schutzstaat, wird nach dem Tode +des englisch-protestantischen Königs Pomare V. französisches Gebiet. + +[1892.] + ++Behanzin+, König von +Dahomey+, (Ober-Guinea) besiegt. Sein Reich wird +französische Kolonie. + +[1893.] + +In Hinterindien weiter vordringend nimmt Frankreich einen großen +Teil des Reiches ~Siam~ in Besitz. 1904 der +Menam+ als Grenze der +französischen und englischen Einflußsphäre festgesetzt. 1907 wieder 3 +Provinzen an der Grenze von Kambodscha an Frankreich abgetreten. + +[1898.] + +Frankreich versucht vom Kongo aus vordringend +Faschoda+ am oberen +Nil zu besetzen (General +Marchand+), wird aber durch Kriegsdrohung +Englands und Einmarsch des Gen. +Kitchener+ genötigt, dies aufzugeben. + +[1905.] + +Nach +Abschluß eines Vertrages mit England+ (8. April 1904), der alle +kolonialen Differenzen aus dem Wege räumt (Frankreich erkennt Englands +Herrschaft in Ägypten an, England räumt den Franzosen die Vorherrschaft +in +Marokko+ ein u. a. m.), sucht Frankreich die Schutzherrschaft über +das Reich ~Marokko~ zu erwerben. Widerspruch ~Deutschlands~; Reise +Kaiser Wilhelms II. nach +Tanger+. Eine Konferenz der am Handel mit +Marokko beteiligten Staaten in +Algeciras+ (bei Gibraltar) beschließt +(Febr. 1906) Reformen für Marokko unter gemeinsamer Aufsicht der in +Tanger wohnenden Gesandten. Frankreich erhält eine bevorzugte Stellung +in Marokko. + +Ein östlicher, an Tunis angrenzender Teil des Reiches Marokko bleibt +von den Franzosen besetzt; 1907 besetzen sie auch die Hafenstadt ++Casablanca+ und das benachbarte Schauja-Gebiet. Sultan Muley Hafid, +seit 1908 von den europäischen Staaten anerkannt, sucht sich ihren +Forderungen zu entziehen. 1909 Krieg +Spaniens+ gegen die +Rifkabylen+. +Schwere Kämpfe um +Melilla+ (s. S. 413). Die Häuptlinge unterwerfen +sich. Gleichzeitig der Thronprätendent +Bu Hamara+ im Kampfe gegen +Muley Hafid. Ersterer besiegt und gefangen. Die Konsuln der Mächte +schreiten ein gegen Muley Hafids Grausamkeiten. + +[1911.] + +Neue Unruhen in Marokko. Der Sultan, von feindlichen Stämmen in +Fez+ +eingeschlossen, ruft +Frankreichs+ Hilfe an. Darauf französische +Expedition nach Fez, angeblich zum Schutz der bedrohten Europäer. +Der Sultan gerät ganz in die Gewalt der Franzosen. Diese treten +ziemlich unbeschränkt im Lande auf. (Juli) Entsendung eines deutschen +Kriegsschiffes nach +Agadir+ zur Verteidigung bedrohter deutscher +Interessen. Nach schwierigen Unterhandlungen, wobei Frankreich von +dem verbündeten England geleitet und unterstützt wird, 4. Nov. +~Marokkoabkommen zwischen Deutschland und Frankreich~: +Deutschland +verzichtet auf jeden Landerwerb im Scherifenreich+ (+Sus+-Provinz), +nachdem seine handelspolitischen und wirtschaftlichen Interessen nach +Möglichkeit sicher gestellt sind. +Frankreich übernimmt das Protektorat +in Marokko+, tritt von ~Äquatorial-Afrika~ ein Gebiet von etwa +300000qkm im Süden und Osten von +Kamerun+ mit Zugang zum +Kongo+ und ++Ubangi+ an das Deutsche Reich ab. Das Dreieck zwischen +Logone+ und ++Schari+ (12000 qkm) von Deutschland an Frankreich überlassen. + +Frankreich erwirbt einen erheblichen Teil der Negerrepublik +Liberia+. +Östlich von Tunis besetzt es die Oase +Djanet+ (zu Tripolis gehörig). + + +§ 13. England. + +~England~ 1837–1901 unter der ~Königin Viktoria~ (S. 353) ist +hauptsächlich bestrebt, sein ungeheures ~Kolonialreich~ zu erhalten und +zu erweitern. + +[1867.] + +Krieg gegen Negus +Theodor von Abessinien+. Magdala von Sir Robert ++Napiers+ mit indischen Truppen erstürmt; Theodor †. Abessinien wird +von den Engländern geräumt. + +[~1869.~] + +~Der Suez-Kanal~ eröffnet, 160 km lang; nach zehnjähriger Bauzeit +vollendet unter Leitung des Franzosen Ferdinand +de Lesseps+ (früher +franz. Konsul in Kairo). Abkürzung des Seewegs nach Indien, Ostasien, +Australien. Jährlich benutzen den Kanal jetzt gegen 4000 Schiffe. + +[1876.] + +Die Königin Viktoria nimmt auch den Titel ~Kaiserin von Indien~ an. +Seitdem nach jedem Thronwechsel besondere Krönungsfeierlichkeiten in ++Delhi+ (S. 219). + +[1877–1881.] + +Krieg in ~Afghanistan,~ um die dem Emir 1869 auferlegte +Schutzherrschaft zu erhalten General +Roberts+ besetzt 1879 die +Hauptstadt Kabul und dringt bis Kandahar vor (s. S. 419f.). + +[~1877.~] + +Erweiterung des Besitzes in ~Südafrika.~ Die +Transvaalrepublik+, +begründet 1848 von holländischen Buren, die aus der +Kapkolonie+[61] +auswanderten, wird dem englischen Kolonialgebiet einverleibt; bald +wird auch ein großer Teil des Kaffernlandes englischer Schutzstaat. +Unabhängig bleibt der 1854 von England anerkannte +Oranje-Freistaat+. + +[1878.] + +England nimmt +Cypern+ in Verwaltung (S. 401). + +[1879.] + +Krieg gegen die +Zulukaffern+ (Cetewayo). Prinz Louis Napoleon † (S. +403). + +[~1881.~] + +Erhebung der ~Buren~ gegen die englische Herrschaft und Sieg bei ++Majubahill+. Die Transvaalrepublik (Südafrikanische Republik) wieder +hergestellt, doch behält England in dem 1884 geschlossenen Vertrage +sich die Genehmigung der Verträge dieses Staates mit anderen Staaten +vor. + +[1882.] + +Besetzung von ~Ägypten~, veranlaßt durch einen Militäraufstand in +Alexandrien unter +Arabi Pascha+ gegen den Khedive +Tewfik+ und durch +die Ermordung vieler Europäer; Arabi bei +Tel-el-Kebir+ von +Wolseley+ +besiegt und gefangen. Dem Namen nach bleibt die Regierung des dem +türkischen Sultan tributpflichtigen Vizekönigs (Khedive); tatsächlich +wird ~Ägypten ein englischer Schutzstaat.~ Neuordnung der Verwaltung +und des Heeres (+Baring+ und +Kitchener+); Nilstauwerk bei +Assuan+. + +[1883–1885.] + +Aufstand des ägyptischen Sudan gegen die Engländer unter Führung +des ~Mahdi~, eines mohammedanischen Propheten. Vernichtung eines +ägyptischen Heeres von 11000 Mann (+Hicks Pascha+) bei +El Obeïd+. Der +englische General +Gordon+ versucht +Khartum+ zu behaupten, wird bei +der Eroberung der lange belagerten Stadt von den Truppen des Mahdi +getötet (Jan. 1885). Fruchtlose Nilexpedition der Engländer; sie +behalten im Sudan nur den Hafen +Suakin+, verteidigen aber Ägypten mit +Erfolg gegen wiederholte Angriffe der Mahdisten (1885–1898). In der ++Äquatorprovinz (Wadelai)+ hält sich der deutsche Afrikaforscher +Emin +Pascha+ (Dr. Schnitzer) als Statthalter des Khedive, bis er 1889 von ++Stanley+ nach der Küste (Bagamoyo) geführt wird. 1893 wird Emin bei +einem Versuch, bis zum Kongo vorzudringen, ermordet. + +[1884.] + +Britisch ~Neu-Guinea~ wird unter englischen Schutz gestellt. + +[1886.] + +England erweitert sein indisches Reich durch völlige Unterwerfung von +~Birma~ in Hinterindien (S. 353). + +[~1889.~] + +Vertrag mit Deutschland und den Vereinigten Staaten über die +~Samoa~-Inseln. + +[~1890.~] + +Vertrag mit Deutschland über ~Ostafrika.~ Das Wituland, Uganda und +Sansibar englisch; das deutsche Gebiet zwischen Kilimandscharo und +Rovumafluß reicht im Innern bis zu den großen Seen. + +Vertrag mit Frankreich über ~Westafrika~: England herrscht im Gebiet +des unteren Niger (+Nigeria+) bis zum Tsadsee. Abgrenzung der +englischen und französischen Gebiete gegen das Deutsche Hinterland von +~Kamerun~ durch Verträge mit dem Deutschen Reiche 1893 und 1894. + +[1890–1893.] + +England erweitert sein Gebiet in ~Südafrika~ durch Unterwerfung des ++Betschuana+- und +Matabele-+Landes. +Cecil Rhodes+, Leiter der +Britischen Südafrika-Gesellschaft, seit 1890 Minister der Kapkolonie, +verfolgt noch weitergreifende Pläne, findet aber Widerstand bei den ++Buren+-Republiken (S. 408). Transvaal wehrt einen Einfall englischer +Streifscharen (800 Mann) unter +Jameson+ bei +Krügersdorp+ ab (1. Jan. +1896). Jameson gefangen, an England ausgeliefert, zu längerer Haft +verurteilt, aber bald begnadigt. + +[1897.] + +Die Engländer besetzen +Tirah+, ein afghanisches Grenzgebiet. + +[1898.] + +England gewinnt die Herrschaft über den ~ägyptischen Sudan~ zurück; +General Kitchener siegt bei +Omdurman+ und erobert +Khartum+. + +[1899.] + +Abermaliger Vertrag über die ~Samoa~-Inseln; sie werden geteilt +zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten. England verzichtet +auf einen Anteil, erhält dafür bedeutenden Gebietszuwachs im +Hinterlande von Togo, außerdem die +Tonga+inseln und die Inseln ++Choiseul+ und +lsabel+ (Salomoninseln). + +[1899–1902.] + +~Krieg Englands gegen die Buren in Südafrika.~ + +Äußerer Anlaß: Zurücksetzung der Ausländer in Transvaal. Die Buren +in Transvaal (Präsident +Krüger+) schließen ein Bündnis mit dem +Oranje-Freistaat (Präsident +Steijn+) und erklären den Engländern den +Krieg. Sie dringen in das englische Gebiet +Natal+ ein und führen den +Krieg anfangs erfolgreich. Einschließung einer englischen Division +in +Ladysmith+; die Entsatzversuche des Gen. +Buller+ werden (Dez.) +bei +Colenso+ und (Jan. 1900) am +Spion-Kop+ abgeschlagen. Ebenso +werden englische Truppen, die in den westlichen Teil von Transvaal +eingedrungen sind, in +Kimberley+ und +Mafeking+ eingeschlossen. + +[1900.] + +Umschwung zu Gunsten der Engländer, nachdem Lord +Roberts+ den +Oberbefehl übernommen hat; ihr Heer wird bald auf 100000 Mann +gebracht, gegen etwa 45000 Buren. Doch erschwert die weite Ausdehnung +des Kriegsschauplatzes die Erfolge. Im Febr. wird +Kimberley+ +entsetzt, Gen. +Cronje+ mit 4000 Buren am Modderfluß gefangen. Auch ++Ladysmith+ wird von Gen. Buller entsetzt. Roberts mit der Hauptmacht +besetzt +Blomfontein+, Hauptstadt des Oranje Freistaats, dann weiter ++Johannesburg, Pretoria+, Hauptstadt von Transvaal, Middelburg, +Lydenburg. Im Rücken des englischen Heeres beginnen die Burenführer +de +Wet+ und +Olivier+ einen erfolgreichen Kleinkrieg; in der Kapkolonie +erheben sich die +Afrikander+ zu Gunsten der Buren. Präsident +Krüger+ +reist nach Europa, um Hilfe zu suchen, wird in Frankreich und den +Niederlanden begeistert aufgenommen, erlangt aber keine Einmischung in +den Krieg. († 1904 in der Schweiz.) + +[1901–1902.] + +Fortdauer des Kleinkrieges. Die Engländer unter +Kitchener+ (über +200000 Mann) versuchen vergeblich die von +Botha, de Wet+ u. a. +geführten Streifscharen der Buren einzuschließen, führen aber +viele Gefangene, namentlich Frauen und Kinder, hinweg in die durch +Stacheldraht eingehegten Konzentrationslager. Andere werden nach +Ceylon, Indien, St. Helena gebracht. Unterstützung mit Geldmitteln und +Kriegsbedarf aus den Niederlanden, Frankreich und Deutschland reicht +nicht aus, um den Buren zum Siege zu verhelfen. Friedensschluß 31. +Mai 1902: die Burenstaaten sind aufgehoben: die Buren müssen in die +Einverleibung ihrer beiden Staaten in das britische Südafrika willigen; +jedoch wird ihnen baldige Selbstverwaltung versprochen (S. 409). Sie +erhalten als englische Untertanen zur Herstellung zerstörter Wohnorte +eine Beihilfe von 3 Mill. Pfund Sterling (60 Mill. Mark). + +[1900.] + +Die englischen Kolonien in ~Australien~ (S. 302) werden durch eine +Bundesverfassung zu +einem+ Staat (Commonwealth) vereinigt. + +Unter der langen Regierung der Königin Viktoria wechseln konservative +und liberale Ministerien miteinander. 1843 irische Waffenbill +(verbietet Einführung von Waffen nach Irland). 1845 Steuer- und +Zollreform. 1869 Aufhebung der irischen Staatskirche. 1881 irische +Landbill, vom Minister +Gladstone+ beantragt, um die Mißstände und +Unruhen in Irland zu bessern. 1885 Parlamentsreform (vgl. S. 348), +nachdem schon 1867 das Wahlrecht erweitert war; Bildung gleichmäßiger +Wahlkreise, das Wahlrecht bleibt an den Nachweis einer eigenen, wenn +auch gemieteten Wohnung geknüpft (Minimalmietzins 10 Pfund Sterling). +Der 1886 mit großer Mehrheit verworfene Antrag Gladstones, für Irland +ein eigenes Parlament einzurichten (+Home-rule-bill+) wird 1893 vom +Unterhaus angenommen, vom Oberhaus und dann von den Wählern verworfen. +1897 Haftpflichtgesetz zum Schutze der Arbeiter. + +[~1901–1910.~ Jan. Mai.] + +~König Eduard VII.~ (S. 352). Der Minister +Chamberlain+ betreibt +einen engeren Anschluß der Kolonien an das Mutterland (Zollbund und +Beiträge zur Unterhaltung der Kriegsflotte), tritt aber 1903 zurück. +Neue irische Landbill 1903; die Pächter können mit Beihilfe des Staates +Landeigentümer werden. Die Einsetzung eines Verwaltungsrats für Irland, +1907 vom Unterhause beschlossen, wird nicht vollzogen, da die Iren +Widerspruch erheben und ein eigenes Parlament fordern. 1908 Gesetz über +Altersunterstützung. 1909–1910 sozialpolitische Gesetzgebung. +Lord +Roberts’+ Antrag auf Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1909 vom +Oberhaus abgelehnt. + +[1904.] + +Englisch-französischer Vertrag über Ägypten und Marokko (s. S. 405). +Die Neutralität des Suezkanals durch England garantiert. + +[1904.] + +Englische Expedition von Indien aus nach ~Tibet.~ +Lhassa+, Residenz +des +Dalai-Lama+, des Oberhauptes der Buddhisten, erreicht. Ergebnis: +Tibet darf ohne Englands Zustimmung kein Gebiet an eine fremde +Macht abtreten und keine Erlaubnis zur Anlage von Eisenbahnen, +Telegraphenlinien und Bergwerken geben. + +[1909.] + +Englisch-russisches Abkommen über +Persien+ (s. S. 403). Das englische +Parlament genehmigt eine Bundesverfassung für die ~Südafrikanische +Union~ mit Einschluß der früheren Burenstaaten, welche die 1902 +versprochene Selbstregierung 1906 erhielten. +Botha+ Premier-Minister. + ++Siam+ tritt die Staaten +Kelantan, Trengganu+ und +Kedah+ (auf +Malakka) an England ab. + +[1910-x.] + +~König Georg V.~ + +[1911.] + +Englisch-amerikanischer Schiedsvertrag. Infolgedessen Revision des +englisch-japanischen Bündnisses (s. S. 423). + +Japan nähert sich Rußland wieder (s. S. 402). + +Durch die radikale Parlamentsbill (+Vetobill+) des Ministers +Asquith+ +wird das Oberhaus fast aller seiner Rechte beraubt; es behält nur ein +aufschiebendes Veto. + +Während des Krönungsdurbar in Indien (Delhi) wird der alte +Herrschersitz ~Delhi~ (S. 219, 300, 368) von König Georg V. an Stelle +von +Kalkutta+ zur ~Hauptstadt Indiens~ erhoben. + +Englisch-ägyptische Truppen besetzen den Hafen und das Gebiet von ++Solum+ im Osten der +Cyrenaica+ (Tripolis). + + +§ 14. Holland, Luxemburg, Belgien, Dänemark, Skandinavien, Schweiz. + +Das Königreich der ~Niederlande~ unter +Wilhelm III.+ 1849 bis 1890 +(vgl. S. 340 u. 363). 1873–1879 Krieg gegen den Sultan von +Atschin+ +auf Sumatra. Der Widerstand der Atschinesen erst 1895 gebrochen. +1887 Verfassungsrevision. Nach dieser folgt dem König seine Tochter ++Wilhelmina+, bis 1898 unter Vormundschaft der Mutter +Emma+ von +Waldeck, seit 1901 mit dem Prinzen Heinrich von Mecklenburg-Schwerin +vermählt. 1911 Gesetz über Alters- und Invalidenversicherung. + +Das Großherzogtum ~Luxemburg~ (S. 380), seit 1842 im deutschen +Zollverein, kommt 1890 durch männliche Erbfolge an +Adolf+, den +früheren Herzog von +Nassau+ (S. 379). Ihm folgt 1905 sein Sohn ++Wilhelm+, der letzte männliche erbberechtigte Oranier. Regentin die +Großherzogin +Maria Anna+ von Braganza. Thronerbin: Prinzessin +Marie+ +(kath.). + +~Belgien~ unter +Leopold II.+ (1865–1909, s. S. 350) in friedlicher +Entwickelung als Industriestaat, doch nicht ohne Parteikämpfe (Liberale +und Klerikale) und Arbeiterunruhen. + +[Sidenote: + + 1884–1885. + Nov. Febr.] + +~Konferenz zu Berlin~ unter Vorsitz des Fürsten +Bismarck+ über das +durch +Stanleys+ Reise 1876 bis 1877 erschlossene ~Kongo~-Gebiet. Ein +neutraler +Kongostaat+ wird gegründet unter der Oberhoheit Leopolds +II., Königs der Belgier. + +[1908.] + +Der ~Kongostaat~ wird Kolonialgebiet des Königreichs ~Belgien.~ + +[1909-x.] + +König +Albert I.+ Neffe Leopolds II. (S. 352). Gemahlin +Elisabeth+, +Herzogin in Bayern. + +[1910.] + +Weltausstellung in +Brüssel+, zum Teil durch Feuer zerstört. + +In ~Dänemark~ unter +Christian IX.+ (1863–1906) lange Zeit Zwiespalt +zwischen Regierung und Volksvertretung, besonders wegen der Befestigung +von Kopenhagen, 1901 beigelegt durch Nachgeben des Königs. Kopenhagen +befestigt. Herstellung freundlicher Beziehungen zu Deutschland seit dem +Tode der Königin +Luise+ 1898 (S. 362). König +Friedrich VIII.+ seit +1906, vermählt mit +Luise+ von Schweden. Befestigung der Verbindung +mit den auswärtigen Besitzungen. 1904 neue Verfassung für +Island+. +Reise des Königs +Friedrich VIII.+ nach +Island+. Eifrige Pflege der +Handels- und Verkehrsbeziehungen. 1903 Dampffähre für Eisenbahnzüge +zwischen +Warnemünde+ und +Gjedser+ eröffnet. (Direkte Dampferlinie ++Kopenhagen-Bangkok+.) Entsendung des Prinzen Waldemar zur Krönung des +Königs von +Siam+ 1911. + +~Schweden,~ 1872–1907 unter +Oskar II.+, Bruder Karls XV. (S. 363), +kann die seit 1814 bestehende Personalunion mit Norwegen nicht +behaupten. Norwegen sagt sich 1905 los. Prinz Karl von Dänemark, Sohn +Friedrichs VIII., Großneffe Oskars II., nennt sich als König von +Norwegen +Hakon VII.+ (s. S. 215). Seine Gemahlin +Maud+, Tochter +Eduards VII. von England. In +Schweden+ seit 1907 +Gustav V.+, Gemahlin ++Viktoria+ von Baden. 1909 Dampffähre zwischen +Trelleborg+ und ++Saßnitz+ (Rügen) eröffnet. + +In der ~Schweiz~ 1874 Änderung der Bundesverfassung; für neue Gesetze +wird der Bundesversammlung (S. 354) die Entscheidung entzogen und ++Volksabstimmung+ (Referendum) vorgeschrieben, wenn 8 Kantone +oder 30000 Bürger sie verlangen. Ein Gesetz über Kranken- und +Unfallversicherung wird 1900 durch Volksabstimmung verworfen, 1912 +angenommen. + +1905 Internationale Arbeiterschutz-Konferenz in Bern. Durchstich des ++Simplon+ 1906 vollendet, neue Eisenbahnverbindung mit Italien, für +Frankreich erwünscht seit der Eröffnung der St. Gotthardbahn 1882. +Bundespräsident ist seit 1903 Dr. +Deucher+. + + +§ 15. Italien. + +~Italien,~ seit 1861 einheitliches Königreich unter ~Viktor Emanuel +II.~ (S. 370, 379, 381). + +Dem ~Papste~ ist durch das Garantiegesetz von 1870 der Besitz +der Peterskirche, des Vatikan- und des Lateranpalastes, dazu ein +Jahreseinkommen von über 3 Mill. Francs gesichert; aber der Anspruch +auf Herstellung des Kirchenstaats wird von päpstlicher Seite nicht +aufgegeben. Aufhebung vieler Klöster, doch bleiben die Ordensgenerale +und die geistlichen Seminare in Rom unter dem Schutz des Papstes. + +Unter König ~Humbert~ (1878–1900) schließt der Minister +Robilant+ +1887 den +Dreibund+ (S. 395), den der Ministerpräsident +Crispi+, mit +Bismarck persönlich befreundet, aufrecht erhält. Sorge für Besserung +der Finanzen, Ausbau der Eisenbahnen, Anbau der römischen Campagna, +Ausgrabungen und Neubauten in Rom. Der König wird 1900 (Juli) von einem +Anarchisten in Monza ermordet. + +[1885.] + +~Italien~ nimmt den Hafen +Massaua+ am Roten Meer in Besitz. +Erweiterung des Gebiets im Kriege gegen den +Negus+ Negesti +Johannes+ +von Abessinien 1887–1889 zur +Colonia Eritrea+. Neue Kämpfe mit dem +Negus +Menelik+ (reg. 1889–1910 in Addis Abeba, seitdem sein Enkel ++Lidj Jeassu+ [geb. 1896], zunächst unter Vormundschaft). 1896 +Niederlage der Italiener bei +Adua+, nur Massaua mit dem Küstengebiet +(118000 qkm.) wird behauptet. + +[1887.] + +Italien erwirbt das +Somali+gebiet. + +[1900-x.] + +~Viktor Emanuel III.~ (Gem. +Elena+ von Montenegro). Der Dreibund wird +trotz aller Vorliebe der Italiener für die Franzosen aufrechterhalten. +(1909 Begegnung des Königs mit Zar Nikolaus II. in +Racconigi+.) + +[1906] + +Verderblicher Ausbruch des Vesuv. + +[1907, 28. u. 29. Dez.] + +Messina und Reggio durch Erdbeben zerstört. + +[1903.] + +Papst Leo XIII. † (S. 393). Ihm folgt ~Pius X.,~ der sich 1907 in einer +Allocution und einer Encyclica gegen den +Reformkatholizismus+ und die +sog. +Modernisten+ wendet. + +[1911–1912.] + +~Krieg Italiens gegen die Türkei~: Italien, schon lange auf Ausbreitung +seiner Macht in +Nordafrika+ bedacht (S. 404), erhält 1901 von +Frankreich (und bald darauf auch von England) die Anerkennung seiner +Anwartschaft auf +Tripolis+. Zunächst nur wirtschaftliche Durchdringung +des Landes geplant. Infolge des deutsch-französischen Abkommens über +Marokko 1911 will Italien seine Entschädigung in Tripolis suchen. +Die Stadt Tripolis nach kurzem Bombardement besetzt (Okt.), ebenso ++Benghasi, Derna+ und andere Hafenplätze. Im Nov. die unwiderrufliche +Besitzergreifung von Tripolis und Cyrenaica verfügt und den Mächten +angezeigt. Das Deutsche Reich übernimmt den Schutz der Italiener in der +Türkei und der türkischen Untertanen in Italien. Einspruch von Rußland, +Frankreich und England gegen eine Blockade der Dardanellen (S. 401). +Unterstützung der Türken durch die Araber und die islamitische Welt. +Die Eroberung des tapfer verteidigten Hinterlandes (Oasen Ain Zara, +Tadjura, Birtobras, Gargaresch) geht nur langsam vorwärts. Im +Roten +Meer+ werden Jan. 1912 sieben türkische Kanonenboote durch italienische +Torpedobootzerstörer vernichtet. Der Krieg dauert noch fort. + + +§ 16. Die Pyrenäische Halbinsel. + +~Spanien~: 1868 (Sept.) ~Aufstand~; +Königin Isabella II.+ (S. 351, +363) vertrieben, flüchtet nach Frankreich. Die nach Madrid einberufenen ++Cortes+ beschließen, trotz des Widerstandes der republikanischen +Partei, eine neue konstitutionell-+monarchische+ Verfassung; Marschall ++Serrano+ einstweilen Regent. Nach mehrfachen Verhandlungen mit +auswärtigen Fürsten nimmt Prinz +Leopold+ von Hohenzollern-Sigmaringen +1870 die spanische Krone an. Nach seinem Rücktritt wird während des +deutsch-französischen Krieges der +Herzog von Aosta+, +zweiter+ Sohn +des Königs +Viktor Emanuel II.+ von Italien, von den Cortes zum König +gewählt und besteigt als ~Amadeo I.~ 1870 (s. a. S. 381) den spanischen +Thron. Jedoch fortdauernde Parteikämpfe veranlassen Amadeo schon 1873 +zur Abdankung. Dann Bürgerkrieg; gegen die in Madrid eingesetzte +republikanische Regierung kämpfen die Anhänger des +Don Carlos+ (Enkel +des S. 351 erwähnten). Herstellung der Monarchie 1875; König ~Alfons +XII.~, Sohn der 1868 vertriebenen Königin Isabella bringt dem Lande +Frieden, unterstützt von dem Minister +Canovas+. Don Carlos entflieht +nach Frankreich. Alfons XII. stirbt 1885; für seinen Sohn ~Alfons +XIII.~ regiert bis 1902 die Mutter Marie Christine von Österreich, +unterstützt von dem Minister +Sagasta+. + +[1898.] + ++Krieg mit den Vereinigten Staaten von Amerika+ (S. 418). + +[1899.] + +An Deutschland werden gegen eine Geldentschädigung überlassen: die ++Marianen+, +Karolinen+ (schon 1885 von Deutschland besetzt, aber +durch Schiedsspruch des Papstes Leo XIII. den Spaniern zuerkannt) und ++Palau-Inseln+ (S. 396). Spanien behält von seinem alten Kolonialbesitz +nur noch die Kanarischen Inseln, Span. Guinea (Rio Muni, Fernando +Po, Corisco), die Küste von Rio de Oro und die 5 +Presidios+ (Ceuta, +Velez de la Gomera, Alhucemas, Melilla, Chafarinas) an der +Küste von +Marokko+. + +[1903 u. 1904.] + +Sozialistische Aufstände, namentlich in +Barcelona+; doch bleibt die +Monarchie erhalten. + +[1906.] + +Vermählung des Königs mit Viktoria +Eugenie+ (Ena) von Battenberg +(Nichte Eduards VII. von England). Bombenattentat am Hochzeitstage des +Königpaares. + +[1909.] + +Tod des Prätendenten Don Carlos. + +[1909–1910.] + +~Krieg gegen die Rifkabylen in Marokko~, die ein 300 km langes, 100 +km breites Gebiet vom Kap Tres Forcas, unweit Melilla, bis an die +Straße von Gibraltar beherrschen. Blutige Kämpfe um +Melilla+. Infolge +der Truppensendungen nach Afrika schwere Ruhestörungen in Barcelona +und ganz Katalonien. Der »Freiheitsapostel« +Ferrer+ trotz vieler +Protestkundgebungen hingerichtet. + +[1910.] + +Erneuerte Kämpfe um ~Melilla~. 1911 (Jan.) Reise des Königs Alfons +XIII. nach Marokko. Endlich (Nov.) Friedensvertrag mit den Kabylen. + +Unterdessen und besonders infolge des deutsch-französischen +Marokkoabkommens (S. 405) auch manche Reibereien zwischen Spaniern +und Franzosen in Marokko. Die Verhandlungen mit Frankreich über die +Abgrenzung der spanischen Besitzungen und Rechte in Marokko sind zur +Stunde noch nicht abgeschlossen. + +~Portugal~ (S. 363) gelangt nach früheren Bürgerkriegen zu ruhigeren +Zuständen unter den Königen aus dem Hause +Koburg+, seit 1853 +(S. 352). Doch erhebt sich 1907 eine starke Bewegung gegen den +Ministerpräsidenten Franco; am 1. Febr. 1908 wird König +Karl I.+, mit +ihm der Kronprinz Ludwig Philipp von Verschwörern erschossen. Sein +zweiter Sohn und Nachfolger +Manuel II.+ wird 1910 (Okt.) durch eine +Revolution vertrieben, lebt in England. Portugal als ~Republik~ von +den Mächten anerkannt. Trennung von Kirche und Staat durchgeführt. +Bewegungen zu Gunsten der Monarchie mehrfach unterdrückt. Präsident: ++Manuel d’Arriaga+ (seit 1911). + + +§ 17. Die Balkanhalbinsel. + +~Rumänien~ (S. 367, 399ff.) nimmt auf fast allen Gebieten einen +erfreulichen Aufschwung. Eifrige Sorge des Fürsten Karl für Heer und +Landesbefestigungen, Finanzen und Unabhängigkeit des Landes, Handel und +Ackerbau, Volksbildung und Gesetzlichkeit. 1881 erklären die Kammern +Rumänien als +Königreich+. ~König Karl I.~ erhält gute Beziehungen zum +Dreibund, schließt eine Militärkonvention mit Österreich. + +In ~Serbien~ nimmt Fürst +Milan+ (Obrenowitsch) 1882 den +Königstitel+ +an, dankt aber 1889 ab zu Gunsten seines 12jährigen Sohnes +Alexander+. +Dieser erklärt sich bereits 1893 für mündig, wird 1903 samt seiner +Gemahlin +Draga+ durch eine Verschwörung ermordet. Milan, von seiner +Gemahlin +Natalie+ geschieden, † 1901 in Wien. Seit 1903 ~Peter I.~ +(Karageorgiewitsch) ~König~ von ~Serbien~ (s. S. 399). + +In ~Montenegro~ seit 1860 Fürst ~Nikita~ (Nikolaus). Bei der Feier +seines Regierungsjubiläums 1910 nimmt er ebenfalls den +Königstitel+ an. + +In ~Bulgarien~ wird 1879 Prinz +Alexander+ von Battenberg (Hessen), +ein Neffe des russischen Kaisers Alexander II. von der Sobranje +(Deputiertenkammer) zum Fürsten erwählt. + +[1885.] + +Erhebung der +Bulgaren+ gegen die Türken; +Ostrumelien+ (S. 401) +vereinigt sich mit dem Fürstentum +Bulgarien+, gegen Rußlands Willen. ++Serbien+ (König Milan) beginnt Krieg gegen Bulgarien. Fürst Alexander +besiegt die Serben bei +Slivnitza und Pirot+ (Nov. 1885), schließt +aber auf Verlangen Österreichs Frieden. Er wird 1886 von der russischen +Partei vertrieben, doch bleibt Ostrumelien mit Bulgarien vereinigt. +Sein Nachfolger ~Ferdinand I.~ von Koburg-Kohary (S. 352) stützt sich +zunächst auf Österreich, wird 1896 auch von Rußland anerkannt. Seine +Diplomatie und das Ansehen seines Heeres setzen ihn in den Stand, 1908 +die +Erhebung+ ~Bulgariens~ (mit Ostrumelien) zu einem von der Türkei +völlig unabhängigen ~Königreich~ ohne Schwertstreich durchzusetzen. +Seitdem entschiedene Anlehnung an Rußland. + +~Griechenland~, seit 1863 unter ~König Georg I.~ (v. Dänemark), 1864 +durch Abtretung der +Ionischen Inseln+ von seiten Englands (s. S. 341) +vergrößert, erhält 1881, da die Großmächte ihr Verlangen an die Türkei +(S. 401) erneuern, Thessalien und einen kleinen Teil von Epirus. + +[1897.] + ++Krieg Griechenlands gegen die Türkei+, veranlaßt durch einen Aufstand +auf der Insel +Kreta+ gegen die türkische Herrschaft. Die Griechen +werden in Thessalien und Epirus geschlagen, müssen Frieden schließen +und Kriegskosten zahlen. Kreta erhält auf Verlangen der europäischen +Großmächte selbständige Verwaltung unter türkischer Oberhoheit; +Prinz Georg von Griechenland Gouverneur bis 1906. Die Nichtbenutzung +der Gelegenheit, die Insel Kreta in dem Augenblick anzugliedern, wo +Österreich und Bulgarien 1908 Bosnien und Ostrumelien einverleibten, +ruft in Griechenland lebhafte Erregung hervor, besonders im Heere. +Mehrere Prinzen scheiden 1909 aus Armee und Flotte aus und erhalten +mehrjährigen Auslandsurlaub. Auf Kreta (August 1909) überall die +griechische Flagge gehißt. Die türkische Oberhoheit bleibt jedoch +erhalten. + +Das ~türkische Reich~, seit 1878 (russisch-türkischer Krieg, s. S. +399ff.) in seinem europäischen Bestande sehr eingeschränkt (S. 401), +hat immer wieder mit Empörungen seiner christlichen Untertanen zu +kämpfen. + +[1895.] + +Blutige Verfolgung der +Armenier+ und der +syrischen Christen+; +England, Frankreich und Rußland gebieten Einhalt. + +[1903.] + +Aufstand in ~Macedonien~, von den +Bulgaren+ unterstützt; Österreich +und Rußland nötigen die türkische Regierung zu Reformen, die aber nur +halb zur Ausführung kommen. Der Kriegszustand dauert fort. + +[1908.] + +Für die ~Türkei~ erzwingt ein Militäraufstand (Jungtürken) vom Sultan ++Abdul Hamid+ (1876–1909) die Gewährung einer +Verfassung+ (Senat und +Deputiertenkammer), die schon 1876 verkündet, aber nach kurzer Zeit +wieder aufgehoben worden war. Bosnien (S. 398 f.), Ostrumelien (s. +oben) verloren; Novipazar wieder gewonnen (S. 398, 399). + +[1909.] + +Sultan Abdul Hamid ebenso wie 1876 sein älterer Bruder Sultan +Murad +V.+ abgesetzt. Seitdem Sultan ~Mohammed V.~ + +[1911.] + +Die türkische Regierung beschränkt die Weiterführung der von +Konstaninopel ausgehenden +Anatolischen Eisenbahn+ (~Bagdadbahn~; +ihre Erbauung 1893 durch +Georg von Siemens+ für die deutsche Arbeit +[Deutsche Bank] gesichert, zunächst bis Kaisarie gestattet, 1902 einem +deutsch-französischen Syndikat übertragen) auf die Strecke +El Halif+ +(zwischen Harran und Mosul) bis +Bagdad+. Später soll +Kuweit+ am +Persischen Meerbusen Endpunkt sein. Zweigbahn nach +Alexandrette+, +Anschluß an die +Hedschas+bahn von +Damaskus+ nach +Medina-Mekka+ und +die russisch-persischen Bahnen über Teheran nach Bagdad gesichert (S. +397). + +[1911–1912.] + ++Italienisch-türkischer Krieg+ (s. S. 412). + + +§ 18. Amerika. + +Die ~Vereinigten Staaten~ von Amerika, deren Gebiet seit 1848 bis +zum Stillen Ozean reicht (S. 301 f.), an Volkszahl schnell wachsend +durch Einwanderung aus Europa (1860: 31½ Mill. Einwohner), aufblühend +durch Handel und großstädtische Industrie, geraten in schwere Gefahr +durch Zwiespalt zwischen den Nordstaaten und den Sklaven haltenden +Südstaaten. Die Wahl +Abraham Lincolns+ zum Präsidenten der Union von +seiten der Nichtsklavenstaaten führt zum + +[~1861–1865.~] + +~Bürgerkrieg~. Die 11 Südstaaten erklären ihren Austritt (secession) +aus der Union und schließen einen +Sonderbund+. +Jefferson Davis+ +Präsident. Sie erklären die Fortdauer der Negersklaverei wegen des +Plantagenbaues (Zucker, Reis, Tabak, Baumwolle) für notwendig. +Hauptschauplatz des Krieges der zu den Südstaaten gehörige Staat ++Virginia+ und das angrenzende +Maryland+. Die Sonderbundstruppen +bedrohen 1861 nach dem Siege bei +Bull-Run+ und 1862 nach der +siebentägigen Schlacht bei +Richmond+ die Bundeshauptstadt Washington, +werden jedoch wieder zurückgedrängt. Die Unionstruppen erobern 1862 ++New-Orleans+, 1863 +Vicksburg+ am Mississippi. + +[1863. 1. Jan.] + +Eine Proklamation Lincolns erklärt alle Sklaven der Südstaaten +für frei. Der Südstaatengeneral +Lee+ siegt bei +Fredericksburg+ +(Virginia), überschreitet den Grenzfluß Potomac, wird aber bei ++Gettysburg+ in Pennsylvanien zurückgeschlagen. + +[1864.] + +Der Nordstaatengeneral +Grant+ kämpft gegen Lee in der +Wilderness+ +und bei +Spotsylvania+, belagert ihn dann in der starken Stellung +zwischen den Festungen +Richmond+ und +Petersburg+. Ein zweites Heer +der Nordstaaten unter +Sherman+ siegt bei +Atlanta+ im Staate Georgia, +dringt bis zur Küste vor nach Savannah, zieht im Frühjahr 1865 gegen +Petersburg heran. + +[1865. April.] + +General Lee räumt Richmond und Petersburg, kapituliert mit 26000 Mann, +bald darauf ergeben sich auch die übrigen Truppen der Südstaaten. +Die Union bleibt erhalten, doch fügen die Südstaaten sich nicht +bedingungslos. + +Präsident +Lincoln+, der umsichtige Leiter der Union, wird von einem +Anhänger der Südstaaten ermordet (14. April); sein Nachfolger +Johnson+ +zeigt sich nachgiebiger in der Sklavenfrage und gerät deshalb in +Konflikt mit dem Kongreß, welcher die Aufhebung der Sklaverei im +ganzen Unionsgebiet als Gesetz verkündet und den Negern Bürgerrecht +und Stimmrecht verleiht. Daraus ergeben sich Übelstände, die zur Folge +haben, daß unter dem Präsidenten +Grant+ (1869–1877) die Südstaaten in +mancher Hinsicht noch unter der Diktatur des Kongresses bleiben. + +Aussöhnung erst unter Präsident +Hayes+ (1877–1881), der auch die bei +großer Steigerung des Handelsreichtums eingerissene Bestechlichkeit und +Ämterjagd bekämpft, unterstützt von dem Deutschen +Karl Schurz+ als +Minister des Innern. Sein Nachfolger +Garfield+, der diese Bestrebungen +weiterführt, wird nach wenigen Monaten ermordet (1881). + +[1867.] + +Erwerbung des russischen Amerika (Alaska) für 7200000 Dollar. + +[1869.] + +Eröffnung der ersten +Pacificbahn+ (Omaha bis San Francisco). +Schnellere Verbindung zwischen den Küsten des Atlantischen und des +Großen Ozeans. + +Auf die Streitigkeiten der +mittel-+ und +südamerikanischen Republiken+ +wirkt die Union oft vermittelnd ein, so 1869 bei dem Frieden zwischen +Spanien und dem erfreulich aufstrebenden ~Chile~, das 1879–1884 Bolivia +und Peru niederwirft, aber 1891 in einen gefährlichen Bürgerkrieg +hineingerissen wird. In ~Brasilien~ wird 1889 eine Föderativrepublik +von 20 Staaten (Vereinigte Staaten von Brasilien) eingerichtet (1888 +die Sklaverei plötzlich abgeschafft); Kaiser Pedro II. (S. 346) zieht +sich nach Portugal zurück. Seit 1910 Präsident +Hermes da Fonseca+. +Gegenüber den europäischen Staaten nimmt die Union öfters eine +feindliche Haltung an; s. Frankreich S. 371. Streit mit +England+ über +Schadenersatz, weil während des Bürgerkrieges Kaperschiffe für die +Südstaaten in England ausgerüstet waren; ein Schiedsgericht zu Genf +entscheidet 1872, daß England über 3 Mill. Pfund Sterling zu zahlen +habe. + +In der Union stark anwachsende Bevölkerung; 1890: 63 Mill., 1910: +88 Mill. Einwohner. Viele Eisenbahnen gebaut, um das weite Gebiet +aufzuschließen (vgl. S. 421). Die Mac Kinley-Bill 1890 erhöht den +Zolltarif der Vereinigten Staaten, um die europäische Einfuhr zu +beschränken; 1891 Gesetz gegen die Einwanderung unbemittelter Personen. + +[1896–1901.] + +Präsident +Mac Kinley+; die Union beginnt auswärtige Besitzungen zu +erwerben, zuerst 1897 die +Sandwich-Inseln+ annektiert (seit 1900 +Territorium). + +[1898.] + +~Krieg gegen Spanien~ zur Unterstützung der schon 1895 auf +Cuba+ und +den seit 1569 spanischen +Philippinen+ (S. 223, 242) ausgebrochenen +Aufstände. Die spanische Flotte wird in zwei Seetreffen, bei +Cavite+ +(Insel Luzon) und +Santiago+ (Insel Cuba) vernichtet. Im Frieden zu ++Paris+ tritt Spanien Puerto Rico und die Philippinen gegen eine +Geldentschädigung an die Union ab. +Cuba wird eine Republik+, muß +aber der Union gewisse Aufsichtsrechte und mehrere Flottenstationen +einräumen (Insel Guam s. S. 426). + +[1899.] + +Bei der Teilung der +Samoa+-Inseln (S. 407) nimmt die Union +Tutuila+ +mit dem Hafen Pago-Pago und die Manuagruppe (203 qkm). + +[1901–1909.] + +Präsident +Roosevelt+, Nachfolger des ermordeten Mac Kinley. Das +Deutsche Reich tritt in engere Beziehungen zur Union. Als Deutschland, +England und Italien wegen Handelsstörungen mit der Republik +Venezuela+ +(Präsident +Castro+) in Streit geraten und ihre Küste durch +Kriegsschiffe blockieren, Vermittlung durch den Vertrag zu +Washington+ +(Juli 1903); Venezuela muß bedeutende Entschädigung zahlen. + +[1903.] + +Vertrag der Union mit +Colombia+ (S. 346) über Gebietsabtretung zum +Ausbau des 1881 von französischen Kapitalisten (Panamagesellschaft, +1889 aufgelöst) begonnenen +Panama+-Kanals. Da in Colombia sich +Widerspruch erhebt, bildet sich eine besondere Republik +Panama+ unter +dem Schutze der Vereinigten Staaten. Der Kanal (Schleusenkanal) soll +am 1. Jan. 1915 eröffnet werden, wie der Suezkanal neutral und allen +Völkern unter den gleichen Bedingungen geöffnet sein. + +[1906.] + ++San Franzisko+ durch Erdbeben größtenteils zerstört, doch bald +wiederhergestellt. + +[1907.] + +Verschärftes Gesetz über die Einwanderung. + +[Seit 1909.] + +Präsident +Taft+, vorher Kriegsminister und Gouverneur der Philippinen, +hält das gute Einvernehmen mit dem Deutschen Reiche aufrecht. + +[1910–1911.] + +Aufstand in ~Mexiko~. Verschwörung gegen den Präsidenten +Porfirio +Diaz+ (S. 371). Die Vereinigten Staaten ziehen Truppen an der Grenze +zusammen. Porfirio Diaz dankt 1911 ab. +Madero+, der Hauptführer der +Aufständischen, wird zu seinem Nachfolger gewählt, Ende des Aufstandes. +1912 neue Unruhen. + +[1911.] + +Englisch-amerikanischer Schiedsvertrag. ~Japan~ (Spannung seit der +Besetzung der Sandwich-Inseln und der Philippinen, durch den Bau +des Panamakanals noch gesteigert) knüpft wieder freundschaftliche +Beziehungen mit den Vereinigten Staaten an. + + +§ 19. Asien. + +In ~Persien~ (S. 219), das auf eine fast 2500 Jahre alte Kultur +zurückblickt, hat das autokratische Regiment die Entwickelung und die +Wohlfahrt des Volkes sehr beeinträchtigt. Von persischen Gebieten sind +jedoch bisher nur +Georgien+, +Transkaukasien+ und ein Teil +Armeniens+ +an Rußland verloren gegangen (S. 297, 348). + +[~1906.~] + +Verfassung eingeführt. Doch gerät der Schah +Mohammed Ali+ bald in +Streit mit dem Parlament (+Medschlis+) und löst es auf. Daher Aufstand +im Lande. + +[~1909.~] + ++England+ und +Rußland+ als die Nachbarn fordern vom Schah +Wiederberufung des Medschlis, Gewährung einer Verfassung und Reform +der Verwaltung als Bedingung für die Zulassung einer Anleihe. Diese +Einmischung abgelehnt. Einmarsch russischer Truppen in +Täbris+; +englische besetzen +Abuscher+ am Persischen Golf. Straßenkämpfe in ++Teheran+. Mohammed Ali abgesetzt, begibt sich nach Rußland. Der +Titel Schah abgeschafft. Seitdem +Sultan Ahmed Mirsa+ (geb. 1897). +Regent Ali Reza Chan. Verfassung wiederhergestellt. Schwierigkeit +für das Parlament, das Reichsbudget im Gleichgewicht zu halten. +Anleihe in Rußland und England genehmigt gegen Verpfändung persischer +Zolleinkünfte. England und Rußland grenzen ihre Interessensphären +ab (S. 403, vgl. Deutsch-russisches Abkommen über Persien, S. +397). Berufung belgischer Beamten für Zoll- und Postverwaltung, +amerikanischer Beiräte für die Ordnung der Finanzen. Der Amerikaner ++Morgan Shuster+ Generalschatzmeister. Protest der Jungperser gegen die +russisch-englischen Pläne. + +[~1910.~] + +Tod des Regenten. Sein Nachfolger +Nasr el Mulk+. Landung englischer +Truppen am Persischen Golf. + +[~1911.~] + +Rückkehr des Exschahs Mohammed Ali. Im Norden Persiens wechselvolle +Kämpfe zwischen seinen Anhängern und den Regierungstruppen. Russisches +Ultimatum; u. a. Morgan Shusters Entlassung gefordert. Landung und +Vormarsch russischer Truppen von +Rescht+ aus. Alle russischen +Forderungen erfüllt. Nordpersien gerät immer mehr in Abhängigkeit von +Rußland. Die Wirren dauern fort. + +Der Emir von ~Afghanistan~ (S. 353) beherrscht trotz des Verlustes +weiter Gebiete an Rußland (S. 402) und England (S. 406 f.) noch ein +Land von 624000 qkm. -- 1893 Vertrag zwischen dem Emir +Abdurrhaman+ +und der englischen Regierung, die ihm eine jährliche Rente von etwa 3½ +Mill. Mark bewilligt. + +[1907.] + +Englisch-russischer Vertrag mit dem Emir +Habib Ullah+ (seit 1901) über +die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Besitz- und Rechtsstandes in +Afghanistan. + +Das Königreich ~Siam~ in Hinterindien ist trotz der Begehrlichkeit +seiner Nachbarn, England (S. 409) und Frankreich (S. 404), immer noch +größer als das Deutsche Reich (600000 qkm, 6½ Mill. Einwohner). König +~Maha Chulalongkorn~ (1868 bis 1910) war ein großer Freund Europas +und seiner Sitten (sein Besuch bei Bismarck in Friedrichsruh 1897), +schuf eine moderne Armee und Flotte, Eisenbahnen und Dampferlinien, +richtete Steuer-, Post- und Münzwesen nach europäischem Muster ein und +suchte seine Unabhängigkeit durch Verträge mit England und Frankreich +sicher zu stellen. Handelsverträge zwischen Siam und Europa seit Mitte +des vorigen Jahrhunderts (S. 368, 411). Seit 1910 ~Maha Wajirawudh~ +Herrscher im Reiche des weißen Elefanten. + +~China~, seit 1842 dem europäischen Handel geöffnet (S. 353), bald +auch mit den Vereinigten Staaten in Handelsbeziehungen, nimmt nicht +wie +Japan+ (S. 369) an den Fortschritten europäischer Kultur teil; im +Volke Haß gegen die Fremden verbreitet. Verlust des Amurgebietes (S. +369). + +[1894–1895.] + +~Krieg Japans gegen China~ wegen der Schutzherrschaft über +Korea+ +(S. 251). Korea wird unabhängig, Japan gewinnt die Insel +Formosa+ +(Taiwan). Die im Frieden zu +Schimonoseki+ durch +Li-hung-tschang+ +zugestandene Abtretung der Halbinsel +Liau-tung+ mit dem Hafen +Port +Arthur+ wird durch Rußland, Deutschland und Frankreich rückgängig +gemacht. + +[1897. Nov.] + +Deutschland besetzt das Hafengebiet +Kiau-tschou+; ein Pachtvertrag mit +China auf 99 Jahre wird 1898 geschlossen. + +[1898.] + +Rußland besetzt den Hafen +Port Arthur+ an der Einfahrt zum Meerbusen +von Petschili, England den gegenüberliegenden Hafen +Wei-hai-wei+. + +[1900.] + +~Aufstand in China gegen die Christen und Ausländer~ (vergl. S. 251), +geleitet von weitverzweigten Geheimbünden (Boxer). Zweideutige Haltung +der chinesischen Regierung; da sie weder Ordnung noch Genugtuung +schafft, vereinigen sich hierzu Deutschland, England, Rußland, +Frankreich, Österreich, Italien, Japan und die Vereinigten Staaten. +Kriegsschiffe der Verbündeten erscheinen vor der Mündung des Peiho und +entsenden eine Schutzwache für die Gesandten nach +Peking+. + +Da die Unruhen fortdauern, zieht der englische Admiral +Seymour+ mit +2000 Mann gegen Peking, muß aber, da die Eisenbahn zerstört ist und +starke Scharen ihm entgegentreten, umkehren. Beim Marsch auf Tientsin +stete Gefechte, in schwierigster Lage »the Germans to the front«. +Inzwischen in Peking der +deutsche Gesandte+ v. Ketteler ermordet (20. +Juni). + +[17. Juni.] + +Erstürmung der +Taku-Forts+ (S. 368), um eine Landung zu ermöglichen +(das deutsche Kanonenboot +Iltis+). +Tientsin+ nach schweren Kämpfen +erobert; +Peking+ erreicht (14. Aug.), die Gesandten befreit. Der +Kaiser und die Kaiserinwitwe fliehen nach Sianfu. + +[20. Sept.] + +Erstürmung der +Peitang-Forts+ nahe der Küste, Besetzung des Hafens +Schan-hai-kwan, für die Russen »Tor zur Mandschurei«. + +[27. Sept.] + +Der deutsche Feldmarschall ~Graf Waldersee~ übernimmt den Oberbefehl +über die verbündeten Truppen (zuletzt 64000 Mann, darunter 19000 +Deutsche). Die Amerikaner zurückgerufen; die Russen wenden sich +hauptsächlich nach der +Mandschurei+, um dort den Bau der Eisenbahn zu +schützen. + +Während des Winters Kriegszüge von Peking und Tientsin aus. ++Paoting-fu+, Hauptstation der Boxer, 19. Okt. besetzt; Erstürmung der +Bergfeste +Tse-kin-kwa+ 29. Okt. Russen und Engländer geraten in Streit +über den Besitz der Eisenbahn Tientsin-Peking; Waldersee erreicht die +Fertigstellung der Bahn bis Mitte Dezember. + +[1901. März.] + +Vorrücken der Deutschen bis zur +Großen Mauer+. 23. April Sieg bei ++Huolu+. + +[Mai.] + +Nach Besetzung eines großen Teils der Provinz Petschili und Flucht +ihrer Truppen hinter die Große Mauer bewilligt die chinesische +Regierung alle Forderungen: Bestrafung der Urheber des Aufruhrs, +Befestigung der Gesandtschaftsgebäude in Peking, Schutzwachen der +verbündeten Mächte daselbst, Schutz der Eisenbahn von Peking bis +zur Küste durch befestigte Plätze mit Garnisonen, Schleifung der +Küstenforts, Zahlung von 450 Mill. Taels (1350 Mill. Mark) in 39 +Jahren aus den Erträgen der Seezölle, deren Verwaltung von Beamten der +verbündeten Mächte geleitet wird (S. 368). + +Nach dem Abzug der verbündeten Truppen bleiben größere Besatzungen, +namentlich in Tientsin und Schanghai. Prinz +Tschun+, Bruder des +Kaisers von China, überreicht (Sept.) dem Deutschen Kaiser in Potsdam +ein Entschuldigungsschreiben wegen Ermordung des Gesandten; diesem in +Peking ein Denkmal errichtet. + +Die Erschließung Chinas in den folgenden Jahren durch, eine Reihe von +Eisenbahnbauten (auch amerikanisches Kapital beteiligt) gefördert. 1906 +schon 6300 engl. Meilen in Betrieb. Lebhafter Dampfschiffsverkehr auf +den großen Strömen. + +[1905.] + +Die +Mandschurei+ an China zurückgegeben (S. 423). »Offene Tür« +daselbst allen Mächten garantiert. + +[1909.] + +Streitigkeiten mit +Rußland+ und +Japan+ über die Abgrenzung der Rechte +in der Mandschurei geregelt. Der +Tumen+fluß als Grenze zwischen +der Mandschurei und Korea festgesetzt. 1911 Pest in der Mandschurei +(Charbin). + +Das Eindringen der europäischen Kultur und der Vergleich mit Japan +erwecken in weiten Kreisen den Wunsch nach zeitgemäßen Reformen. Manche +Vizekönige Anhänger dieser Reformpartei, z. B. +Juanschikai+. Er +wird 1909 abgesetzt, weil er die Gleichstellung der Mandschu mit den +Chinesen und die Beseitigung ihrer Renten gefordert hatte. 1910 die +Abschaffung der Sklaverei von der Regierung verfügt. Vorbereitungen für +die Berufung eines Parlaments getroffen. Kaiserlicher Erlaß über die +Bildung eines verantwortlichen Ministeriums. + +[1911.] + +In den südlichen Provinzen (+Kanton+) bricht eine Revolution aus. +Beseitigung der Mandschudynastie gefordert. +Hankau+ erobert +(Eingreifen deutscher Marinetruppen zu Gunsten der Regierung), ebenso ++Nanking+. Dr. +Sunyatsen+ Leiter der Revolutionäre. Juanschikai erhält +Vollmacht zu allen ihm geeignet erscheinenden Maßregeln. Kaiserlicher +Erlaß verheißt Einführung einer Verfassung und Amnestie. Juanschikai +Ministerpräsident. Der Prinzregent Tsaifeng (Kaiser +Pu Yi+ geb. 1906) +leistet den Eid auf die Verfassung. Waffenstillstand. In +Schanghai+ +Versammlung der Abgeordneten der 14 südlichen Provinzen. Sunyatsen +vorläufig zum Präsidenten der »+Vereinigten Staaten von China+« +gewählt. +Abfall der Mongolei+ (S. 403). Juanschikai sucht eine +konstitutionelle Monarchie unter den Mandschu zu erhalten. Als die +Aufständischen Truppen gegen die nördlichen Provinzen senden, erfolgt +die + +[1912. Febr.] + +~Abdankung der Mandschudynastie~ (S. 251). ~China Republik~. ++Juanschikai Präsident+. + +~Japan~ seit seinem Siege über China (S. 420) die herrschende Macht in +Ostasien. Korea gerät immer mehr unter japanischen Einfluß. + +[~1904–1905.~] + +~Krieg zwischen Rußland und Japan~ wegen der beiderseitigen Ansprüche +auf +Korea+ und die +Mandschurei+. +Japan seit 1902 mit England +verbündet+, doch greift England in den Krieg nicht ein. Die japanische +Flotte blockiert +Port Arthur+ und +Wladiwostok+; japanische +Landtruppen besetzen einen Teil von Korea, dringen nach der Mandschurei +vor, siegen 1. Mai 1904 am +Jalu+fluß. Eine zweite Armee landet auf der +Halbinsel Liau-tung und schließt Port Arthur von der Landseite ein. Die +russische Flotte versucht die Blockade zu brechen, wird 10. August mit +großem Verlust zur Rückkehr genötigt. Verstärkungen des Landheeres +kommen auf der Sibirischen Eisenbahn nur langsam heran. + +[1904. 24.–31. Aug.] + +Schlacht bei +Liau-jang+ in der Mandschurei. Die Japaner (160000 Mann +unter Marschall +Ojama+) drängen die Russen (Gen. +Kuropatkin+) in +hartnäckigen Kämpfen zurück. + +[15.–18. Okt.] + +Schlacht am Flusse +Schaho+; Kuropatkins Angriffe mißlingen. + +[1905. 2. Jan.] + ++Port Arthur+, von Gen. +Stössel+ verteidigt, kapituliert (Gen. ++Nogi+); über 40000 Mann kriegsgefangen. + +[24. Febr. bis 10. März.] + +Schlacht bei +Mukden+; die Russen müssen nach starken Verlusten (90000 +Mann) weichen, behaupten sich aber noch in der Mandschurei. + +[1905. 27.–28. Mai.] + +Seeschlacht bei +Tschuschima+ (Insel in der Straße von Korea). Die +russische Ostsee-Flotte (16 große Schiffe, 4 kleine Kreuzer) von +Admiral +Togo+ annähernd vernichtet. + +[Juli.] + +Die Japaner besetzen den südlichen Teil der Insel +Sachalin+. + +[~1905.~ 5. Sept.] + +~Friede zu Portsmouth~ (amerikanische Küstenstadt unweit Boston) +unter Vermittlung des Präsidenten +Roosevelt+. Japan erhält +die Schutzherrschaft über Korea, Port Arthur mit umliegendem +Gebiet, Sachalin bis zum 50. Breitengrad. Rußland zahlt keine +Kriegsentschädigung, behält Wladiwostok und sein Amur-Gebiet. Die +Mandschurei soll an +China+ zurückgegeben werden, doch behalten Japan +und Rußland ihre dort angelegten Eisenbahnen (s. S. 422). + +In den folgenden Jahren macht Japan, dessen Heer überall Bewunderung +erweckt hat, weitere Fortschritte auf dem Wege finanzieller Erstarkung +und politischer Vorherrschaft auf +Korea+. 1909 Koreanische +Gerichtshoheit, 1910 Polizeigewalt auf Japan übertragen. Fürst +Ito+, +früher Generalresident in Korea, 1909 von einem Koreaner ermordet. 1910 +die Annexion Koreas durchgeführt; Kaiser +Ytschak+ dankt ab. + +[1911.] + +Bündnis zwischen Rußland und Japan (S. 402 f.). Infolgedessen Revision +des englisch-japanischen Bündnisses von 1902 (S. 422). Anknüpfung +freundschaftlicher Beziehungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika +(S. 419). + + +§ 20. Entwickelung der deutschen Kolonien. + ++Gründung+ s. S. 395. +Zweck+: Gewinnung von Rohprodukten; +Absatzgebiete für den heimischen Handel und Besiedelung. Das Reich +stellte auf Nachsuchen die kaufmännischen Niederlassungen unter +seinen Schutz, zur Sicherung gegen fremde Herrschaft (+Deutsche +Schutzgebiete+). Die Kolonisation begann an den Küsten und dehnte +sich allmählich in das Innere aus; hierfür von größtem Einfluß +die Erschließung durch +Eisenbahnen+ und die +Wasserversorgung+. +Sicherung durch Schutzverträge mit den einheimischen Häuptlingen mit +Handelsvorteilen, namentlich für europäische Waren. Verwaltung durch ++Gouverneure+ mit Bezirksämtern und Stationen; militärische Sicherung +durch die +Schutztruppen+. + ++Erweiterung der Kolonien+ (S. 396, 397, 405). Der deutsche +Kolonialbesitz ist jetzt über fünfmal größer als das Heimatsgebiet, +hat aber kaum ein Viertel der Einwohnerzahl. Am +Handelsergebnis+ der +Kolonien (Einfuhr und Ausfuhr) +war Deutschland 1910 mit 66,3 v. H. +beteiligt+. Regelmäßige +Seeverbindung+ durch Hamburg-Amerika- und +Woermann-Linie nach der afrikanischen Westküste, Norddeutschen Lloyd +(Bremen) und Reichspostdampfer nach Ostafrika, Australien und Ostasien. ++Telegraphische Verbindung+ fehlt noch nach den Besitzungen in der +Südsee; deutsche +Seekabelverbindung+ schreitet kräftig fort, ist aber +nur nach Ostasien von fremden Leitungen unabhängig; besonders nach +Ostafrika sind englische Kabel beteiligt. +Funkenstationen+ in allen +afrikanischen Kolonien und in Kiautschou. + ++Deutsche Kolonialgesellschaft+ in Berlin (Herzog Johann Albrecht von +Mecklenburg), Kolonialinstitut in Hamburg und mehrere Kolonialschulen. + +1. ~Südwestafrika~ (835100 qkm). Missionsstationen bestanden seit 1860 +im Damara- und Namaqualande; das Küstengebiet Angra Pequena wurde 1883 +von dem Bremer Kaufmann Lüderitz erworben; 1884 Erweiterung durch +Verträge mit den einheimischen Häuptlingen; 1893 der Hafen Swakopmund +angelegt. + +[1894.] + +Gouverneur +Leutwein+ geht mit der verstärkten Schutztruppe gegen +unzuverlässige Häuptlinge vor. Nach den Gefechten bei +Naukluft+ +verbündet sich Hendrik +Witboi+ mit den Deutschen und leistet Hilfe bei +ferneren Kämpfen, so noch 1903 gegen die Bondelzwarts-Hottentotten. + +[~1904–1906.~] + +Allgemeiner +Aufstand+ gegen die auf weites Gebiet verteilte +Schutztruppe. Die Hereros zerstören die Eisenbahn Swakopmund–Windhuk +und ermorden viele Ansiedler. Mühsame Kriegführung in dem wasserarmen, +vielfach gebirgigen Lande. Die Schutztruppe verteidigt Omaruru und +andere Stationen, wird unterstützt durch ein Landungskorps vom Kreuzer +Habicht, dann durch das Seebataillon; bald erscheint eine kriegsstarke +Division, gebildet aus Freiwilligen des ganzen deutschen Heeres. + +[1904. 11. u. 12. Aug.] + +Sieg des Generals v. Trotha am +Waterberge+; er drängt die Hereros +nach Osten in die Kalahariwüste, wo viele umkommen. Darauf allmähliche +Unterwerfung des nördlichen Landesteils, aber im Süden erhebt sich nun ++Witboi+ gegen die Deutschen. + +[1905.] + +Hartnäckige Kämpfe um die Wasserstelle bei Groß-Nabas, dann in den +Karasbergen und am Großen Fischfluß; Witboi †. Der deutsche Reichstag +bewilligt den Bau der Eisenbahn Lüderitzbucht–Kubub (100km). + +[1906.] + +Kämpfe am Oranjefluß; Oberstlt. v. Estorff drängt die Hottentotten nach +Osten. Ihr Führer +Morenga+ flüchtet auf englisches Gebiet, versucht +1907 nochmals in das inzwischen unterworfene Land einzudringen, wird in +einem Gefecht mit englischen Truppen getötet. Der Reichstag bewilligt 5 +Mill. Mark für die Verluste der Ansiedler. + ++Gesamtbevölkerung+ 1911: rund 14000 Weiße und 72000 Farbige, also +nur 0,1 Einwohner auf l qkm. Jede Selbständigkeit der Häuptlinge +hat aufgehört. +Regierungssitz+: Windhuk. +Wassererschließung+ +schreitet fort. +Eisenbahnen+: 1909 km im Betrieb, 217 km im Bau. ++Ausfuhr+ vornehmlich: +Diamanten+ und Kupfererze, ferner Blei, Häute, +Straußenfedern und Vieh. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für über 34½ +Mill. Mark. Einfuhr für rund 44½ Mill. Mark. + +2. ~Ostafrika~ (995000 qkm). Verkehr nach Sansibar seit etwa 1860; ++Landerwerbungen+ 1884 im Auftrage der Gesellschaft für deutsche +Kolonisation durch K. Peters, Jühlke, Graf Pfeil, 1885 vom Sultan von +Sansibar anerkannt nach dem Erscheinen deutscher Kriegsschiffe. + +[1888–1890.] + +Aufstand der Eingeborenen, veranlaßt durch arabische Sklavenhändler +(Buschiri), niedergeworfen durch Kriegszüge des Reichskommissars Major ++Wißmann+ unter Mitwirkung von Kriegsschiffen. + +[1889.] + ++K. Peters+ dringt nach +Uganda+ vor (Nordufer des Victoria-Nyanza) und +schließt dort Verträge; die Ostafrikanische Handelsgesellschaft erwirbt +das +Witu+land (nördlich von Sansibar); beide Gebiete werden 1890 an +England überlassen (S. 407). + +[1905–1906.] + +Aufstände im Süden durch die Schutztruppe niedergeschlagen. + ++Gesamtbevölkerung+ 1911: 4230 Weiße und etwa 10 Mill. Farbige. Gute +Häfen, hierunter der Regierungssitz +Daressalam+ und +Tanga+, welche +Ausgangspunkte der beiden Bahnlinien sind (1199 km im Betrieb, die +Zentralbahn wird von +Tabora+ nach dem +Tanganjika-See+ weitergeführt). +Die Siedelungen am +Viktoria-See+ sind noch auf Karawanenstraßen und +die englische Ugandabahn angewiesen. Die Sultane westlich des Sees +stehen unter Kaiserlichen Residenten. + ++Wirtschaftlich+ maßgebend sind Ackerbau und Viehzucht. Der Hauptertrag +wird im Lande verzehrt. Zur +Ausfuhr+ kommen vornehmlich: +Kautschuk+, +Hanf, Häute, Kopra. +Handelsergebnis+ 1910: Einfuhr für fast 38½ Mill. +Mark, Ausfuhr für 20¾ Mill. Mark. + +3. ~Kamerun~, bisher 495600 qkm mit rund 1450 Weißen und über 2½ Mill. +Farbigen, also 5,4 Einw. auf 1 qkm. Regierungssitz +Buea+, Hafen ++Duala+. Eisenbahnen 160 km im Betrieb, 360 km im Bau. Zur +Ausfuhr+ +kommen vornehmlich: +Kautschuk+, Palmkerne, Kakao, Palmöl, Elfenbein. ++Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für rund 20 Mill. Mark, Einfuhr für +rund 25½ Mill. Mark. + +[~1911.~] + ++Nordmakas+ Aufstand (Major Dominik †). Erweiterung usw. durch das ++Marokkoabkommen+ (s. S. 405). + +4. ~Togo~, 87200 qkm mit rund 360 Weißen und 1 Mill. Farbigen. +Regierungssitz und Haupthafen +Lome+, von wo drei Bahnen ausgehen (im +Ganzen 323 km im Betrieb). Vornehmliche +Ausfuhr+: Palmkerne, Palmöl, +Kautschuk, Baumwolle. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für rund 7¼ Mill. +Mark, Einfuhr für rund 11½ Mill. Mark. + +5. ~Neu-Guinea~, Regierungssitz Rabaul (Neupommern). a) +Altes +Schutzgebiet+, erworben 1884/85: +Kaiser Wilhelmsland und +Bismarck-Archipel+: zusammen 240000 qkm mit rund 750 Weißen und 530000 +Farbigen. +Friedrich Wilhelmshafen+, keine Eisenbahnen. Vornehmliche ++Ausfuhr+: Kopra, Paradiesvögel, Perlmutter, Kakao. +Handelsergebnis+ +1910: Ausfuhr für fast 3¾ Mill. Mark, Einfuhr für fast 4 Mill. Mark; b) ++Inselgebiet+ seit 1898 erworben: +Ost- und Westkarolinen+, +Palau+, ++Marianen+, +Marschall-Inseln+, zusammen 2476 qkm mit rund 1000 Weißen +und 65000 Farbigen (Insel Guam gehört zur Union). + +[~1910–1911.~ Dez. Febr.] + +Aufstand auf Ponape und +Dschokadsch+ (Ostkarolinen) niedergeworfen +durch Landungstruppen von 4 deutschen Kriegsschiffen. Vornehmliche ++Ausfuhr+: Phosphat, Kopra, Trepang. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr +für rund 10 Mill. Mark, Einfuhr für rund 2 Mill. Mark. + +6. ~Samoa-Inseln~ (2572 qkm) mit 491 Weißen und 40000 Farbigen (1911). +Schon 1879 erwarb das Deutsche Reich hier eine Marinestation, um den +von Hamburger Kaufleuten begründeten Handel zu schützen. 1889 Vertrag +mit England und Nordamerika, um den Parteikämpfen der einheimischen +Könige ein Ende zu machen; 1899 Aufhebung des Königtums. Deutschland +erwirbt die vier westlichen Inseln (S. 407). Hafenstadt +Apia+ auf +der Insel Upolu. Fruchtbares Land; +Ausfuhr+ von Kopra und Kakao. ++Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr und Einfuhr für +je+ rund 3½ Mill. +Mark. Das Christentum schon seit 1830 eingeführt durch englische +Missionare. + +7. ~Kiautschou~ (550 qkm), 1898 +auf 99 Jahre gepachtet+, jetzt +1680 Weiße (ohne Truppen) und 162000 Eingeborene. Hafenstadt ++Tsingtau+, gute Handels- und Flottenstation, Ausgangspunkt +der nordost-chinesischen Eisenbahnen. Im Hinterlande reiche +Steinkohlenlager. + +Fussnoten: + +[57] Geb. 1808 zu Paris, Sohn des Königs von Holland Louis Napoleon und +der Hortense Beauharnais, folgte 1815 seiner Mutter in die Verbannung +und besuchte 8 Jahre das Gymnasium zu Augsburg (S. 365). + +[58] ~Wilhelm,~ Prinz von Preußen, geb. 22 März 1797 in Berlin, +1806–9 mit den Eltern in Königsberg und Memel, dann wieder in Berlin, +1813 in Breslau, erwirbt 1814 das Eiserne Kreuz in der Schlacht bei +Bar-sur-Aube; nach dem Friedensschluß unablässig um die Ausbildung +der preußischen Truppen bemüht, 1825 kommandierender General des 3. +Armeekorps, 1829 vermählt mit +Augusta+ von Sachsen-Weimar, übernimmt +1838 das Gardekorps, reist im März 1848 nach England, leitet 1849 den +Feldzug in Baden, lebt dann in Koblenz als Gouverneur von Rheinland und +Westfalen, 1858 Prinz-Regent. + +[59] ~Otto v. Bismarck,~ geb. 1. April 1815 in Schönhausen bei Stendal, +1847 und 1848 Mitglied des Vereinigten Landtags, 1849 und 1850 der +zweiten Kammer, 1851 Gesandter beim deutschen Bundestag in Frankfurt, +1859 Gesandter in St. Petersburg, Mai 1862 in Paris. + +[60] ~Helmut v. Moltke~, geb. 1800 zu Parchim, anfangs in dänischen +Diensten, dann Hauptmann im preußischen Generalstab, 1835–39 in der +Türkei mit geographischen Forschungen und Besserung des türkischen +Heerwesens beschäftigt, 1845–46 in Rom als Adjutant des Prinzen +Heinrich von Preußen, 1857 an die Spitze des Generalstabs gestellt. + +[61] Die +Kapkolonie+ wurde 1601 angelegt und 1795 von den Engländern +besetzt (S. 314), dann nach dem Frieden von Amiens zurückgegeben (S. +320) und 1806 von neuem erobert (S. 331). + + + + +~Anhang.~ + + +I. Brandenburgisch-preußische Geschichte. + +[Um 780.] + +Grenzmarken des deutschen Reiches an der +Elbe+ und +Saale+ zum +Schutz gegen die Wenden gegründet von ~Karl d. Gr.~ Befestigung und +Erweiterung derselben durch die Feldzüge +Heinrichs I.+ (928). + +[937–965.] + +Markgraf ~Gero~, von König ~Otto I.~ eingesetzt, unterwirft das +Wendenland bis zur Oder. Bistümer +Havelberg+ und +Brandenburg+. Nach +Geros Tode Teilung des Gebiets der Mark: Nordmark, Ostmark, Meißen. + +[~983.~] + +Aufstand der Wenden, die +Nordmark+ auf das +linke Elbufer+ beschränkt, +Residenz der Markgrafen zu +Salzwedel+. + +[~1134–1320.~] + +~Askanische (anhaltische) Markgrafen.~ + +[1134–1170.] + +~Albrecht der Bär~, von Kaiser +Lothar+ mit der +Nordmark+ (+Altmark+) +belehnt, erobert die +Priegnitz+ auf dem rechten Elbufer, erwirbt das ++Havelland+ durch Vertrag mit dem christlichen Wendenfürsten Pribislav, +der ihn zum Erben einsetzt, und nennt sich Markgraf von ~Brandenburg~ +(S. 179). Wiederherstellung der beiden Bistümer, deutsche Ansiedler +namentlich aus den Niederlanden herbeigezogen. + +[1220–1267.] + +~Johann I.~ und ~Otto III.~, als Brüder gemeinsam regierend, erweitern +die +Mittelmark+ durch das Gebiet zu beiden Seiten der unteren Spree +(Barnim und Teltow) und gewinnen die +Uckermark+ und +Neumark+ hinzu; +Otto III. erwirbt die +Oberlausitz+ durch Vermählung mit der Schwester +Ottokars von Böhmen. Viele Städte gegründet: Spandau, +Berlin+ um 1240, +Frankfurt a. O., Landsberg u. a. + +[1166–1309.] + +~Otto IV.~ (mit dem Pfeil) führt Krieg mit dem Erzbistum +Magdeburg+, +bis er die Erwählung seines jüngeren Bruders Erich zum Erzbischof +durchsetzt, erwirbt die +Niederlausitz+. + +[1309–1319.] + +Markgraf ~Waldemar der Große~ kämpft rühmlich gegen die Nachbarfürsten +(Pommern, Mecklenburg, Meißen), nimmt die Hansestadt +Stralsund+ in +Schutz gegen Dänemark und den Fürsten von Rügen. + +[1320–1324.] + +Interregnum in der Mark nach dem Erlöschen des +askanischen+ Hauses. +Als Verwandte erheben die Herzöge von Sachsen-Wittenberg (S. 184) und +die Fürsten von Anhalt Ansprüche, aber Kaiser +Ludwig der Bayer+ zieht +das Land als erledigtes Lehen ein (S. 198). Die Lausitz kommt wieder an +Böhmen. + +[~1314–1373.~] + +~Bayrische Markgrafen.~ + ++Ludwig I.+, Sohn des Kaisers Ludwig des Bayern; gegen ihn 1348–50 der ++falsche Waldemar+ (S. 199). + ++Ludwig II.+ (der Römer) wird 1356 Kurfürst. +Otto+ (der Faule) tritt +1373 das Land an Kaiser Karl IV. ab. + +[~1373–1415.~] + +~Luxemburgische Markgrafen.~ + ++Karl IV.+ vereinigt die Mark mit seinem Königreich +Böhmen+, +ordnet die Verwaltung durch Anlegung des +Landbuchs+. Residenz +Tangermünde. Sein Sohn +Sigismund+ (1378) wird König von Ungarn +(1387) und verpfändet die Mark an +Jobst von Mähren+, die Neumark +an den +Deutschen Ritterorden+. Zerrüttung des Landes durch die +Willkürherrschaft des Adels. + +[1411–1414.] + ++Friedrich VI.+, Burggraf von Nürnberg, aus dem Hause +Hohenzollern+, +als Statthalter von Sigismund eingesetzt, bricht die Macht des +märkischen Raubadels (Dietrich +v. Quitzow+ auf Burg +Friesack+). + +[~1415–1701.~] + +~Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern.~ + +Die schwäbischen Grafen von Zollern (Ahnherr: Burchard von Zolorin, † +1061) seit 1192 Burggrafen von +Nürnberg+. 1227 Teilung in zwei Linien: +die +schwäbische+ behält die Stammgüter Hechingen und Sigmaringen, die ++fränkische+ erweitert ihren Besitz zu den Fürstentümern +Ansbach+ und ++Baireuth+. + +[~1415–1440.~] + +~Friedrich I.~, von Kaiser Sigismund als Kurfürst eingesetzt, belehnt +zu Konstanz 1417 (S. 204), erkämpft von Pommern die +Uckermark+, von +Mecklenburg die +Priegnitz+ zurück, wendet sich dann wieder seinen +fränkischen Fürstentümern zu und bekämpft als Reichsfeldherr die +Hussiten. Sein Sohn +Johann+ Statthalter in der Mark, kann sie gegen +die Hussiten nicht schützen. Ihm folgt in Brandenburg der zweite Sohn + +[~1440–1470.~] + +~Friedrich II.~ (der Eiserne). Er unterwirft die Städte, namentlich ++Berlin-Kölln+, gründet das Schloß zu Kölln an der Spree, kauft 1455 +die +Neumark+ vom Deutschen Orden zurück, erwirbt 1462 von Böhmen einen +Teil der Niederlausitz (+Kottbus+ und +Peitz+). + +[~1470–1486.~] + +~Albrecht~ (Achilles). 1473 ~Hausordnung~ (+Disposito Achillea+). Die ++Mark+ soll ungeteilt an den ältesten Sohn fallen, in den +fränkischen+ +Fürstentümern +nur+ 2 Regenten. Die schlesischen Herzöge (vgl. S. 182) +treten 1482 +Krossen+ und +Züllichau+ an Brandenburg ab. Streit mit +Herzog Bogislav X. von +Pommern+ wegen der Lehnshoheit über Pommern. + +[~1486–1499.~] + +~Johann~ (Cicero). Die fränkischen Fürstentümer kommen an seine +jüngeren Brüder. +Zossen+ 1490 durch Vertrag mit dem König von Böhmen +erworben. Sorge für die Landesverwaltung im Einverständnis mit den ++Landständen+ (Vertreter des Adels und der Städte). + +[~1499–1535.~] + +~Joachim I.~ Räubereien des Adels streng bestraft; +Universität+ in ++Frankfurt a. O.+ gestiftet 1506. Judenverfolgung 1510. +Kammergericht +in Berlin+. Vertrag zu +Grimnitz+ 1529: Die Herzöge von +Pommern+ +erkennen das Erbfolgerecht Brandenburgs an; dieses verzichtet auf die +Lehnshoheit. +Joachim I.+ eifriger Gegner der Reformation. Sein Bruder ++Albrecht+, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, sendet +Tetzel+ aus (s. +S. 227). + +[~1535–1571.~] + +~Joachim II.~ In der +Neumark+ sein Bruder Markgraf +Johann+ von +Küstrin. + +[1537.] + +Erbverbrüderung mit dem Herzog von +Liegnitz+, +Brieg+ und +Wohlau+; +diesem werden Krossen, Kottbus, Peitz und Zossen zugesagt für den Fall, +daß das kurfürstliche Haus aussterbe (vgl. S. 281). + +[1539.] + +~Einführung der Reformation.~ Vom König von Polen erlangt Joachim die +Mitbelehnung über +Preußen+. Seine beiden jüngeren Söhne nacheinander +evangelische Erzbischöfe in +Magdeburg+. (S. auch S. 233.) + +[~1190.~] + +Der ~Deutsche Ritterorden~ gestiftet bei der Belagerung von Akkon (s. +S. 178f.). + +[1230–1283.] + +Unterwerfung des Landes ~Preußen~ (s. S. 217). + +[1525.] + +Umwandlung des Ordensstaates in ein ~weltliches Herzogtum~ unter +polnischer Oberlehnshoheit; Einführung der Reformation. Erster +Herzog der bisherige Hochmeister ~Albrecht von Brandenburg~ (aus der +Ansbachischen Linie). + +[~1571–1598.~] + +~Johann Georg~ vereint als Kurfürst von Brandenburg wieder die ganze +Mark. 1578 die Mitbelehnung über +Preußen+ erneuert (s. o.). Sein Enkel ++Johann Sigismund+ vermählt sich mit +Anna+, der ältesten Tochter des +Herzogs Albrecht Friedrich von +Preußen+, durch ihre Mutter Nichte und +Erbin des Herzogs Johann Wilhelm von +Jülich+ (S. 252). + +[~1598–1608.~] + +~Joachim Friedrich~, seit 1566 Administrator des Erzbistums ++Magdeburg+; diese Würde geht 1598 auf seinen Sohn +Christian Wilhelm+ +über. ~Geraischer Vergleich~ (1599) mit dem kinderlosen Markgrafen ++Georg Friedrich+ aus der fränkischen Linie: Die +Mark+ verbleibt +ungeteilt der kurfürstlichen Linie, die Stiefbrüder des Kurfürsten +erhalten +Ansbach+ und +Baireuth+, sein zweiter Sohn das schlesische +Fürstentum +Jägerndorf+ (1523 von der fränkischen Linie erworben). + +[1604.] + +Der +Geheime Rat+ als oberste Regierungsbehörde eingesetzt. Seit 1605 +regiert der Kurfürst mit Zustimmung des Königs von Polen in +Preußen+ +als +Administrator+ für den geisteskranken Herzog +Albrecht Friedrich+. + +[~1608–1619.~] + +~Johann Sigismund.~ Nach dem Tode des Herzogs +Johann Wilhelm +von Jülich+ ~Erbfolgestreit~ (1609) zwischen +Pfalz-Neuburg+ und ++Brandenburg+. +Johann Sigismund+ tritt 1613 zur +reformierten+ Kirche +über. + +[1614.] + +Vertrag zu ~Xanten~ wegen der +jülichschen Erbschaft+: +Cleve+, +Mark+ +und +Ravensberg+ an Brandenburg, die ersten Erwerbungen im +Westen+ +Deutschlands (s. S. 252). + +[1618.] + ++Johann Sigismund+ nach +Albrecht Friedrichs+ Tode ~Herzog von Preußen~. + +[~1619–1640.~] + +~Georg Wilhelm~, geleitet von dem kaiserlich gesinnten Grafen +Adam v. +Schwarzenberg+. Furchtbare Zerrüttung des Landes im Dreißigjährigen +Kriege. +Jägerndorf+ von Kaiser Ferdinand II. eingezogen (S. 280 f.). ++Gustav Adolf+ mit der Schwester des Kurfürsten vermählt, zwingt ihn +zum Bündnis 1631 (S. 256). Brandenburg tritt dem +Prager Frieden+ bei +1635 (S. 258). + +[1637.] + +Erlöschen des +pommerschen+ Herzogshauses. Brandenburg kann trotz +kaiserlicher Hilfe sein Erbrecht auf Pommern gegen die Schweden nicht +durchsetzen. + +[~1640–1688.~] + +~Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst~ erhebt den ++brandenburgisch-preußischen Staat+ zu einer europäischen Macht, +begründet durch Einschränkung der Rechte der Landstände die ++unbeschränkte Monarchie+ (s. auch S. 265). + +Als Kurprinz hatte er in den Niederlanden (1634–1638) +Staatsverwaltung und Kriegskunst gelernt. Er schützt sein Land durch +Waffenstillstandsverträge mit den Schweden, sorgt für den Ackerbau, +begründet ein +stehendes Heer+ (miles perpetuus). Seine Gemahlin +Luise +Henriette+ von Oranien (s. S. 244). + +[~1648.~] + +Erwerbungen im ~Westfälischen Frieden~: +Hinterpommern+, +Halberstadt+, ++Minden+, +Magdeburg+ (s. S. 260). Magdeburg zunächst noch im +Besitz des Administrators August von Sachsen, wird 1666 besetzt +(der Bürgermeister +Otto von Guericke+). +Postverbindung+ zwischen +den getrennten Landesteilen eingerichtet, ohne Rücksicht auf das +Reichspostprivilegium der Fürsten von Thurn und Taxis. Ordnung der ++Steuern+, Accise für die Städte eingeführt. Universität +Duisburg+ +1655 gegründet (1818 aufgehoben), Bibliothek im Schlosse zu +Berlin+. ++Friedrich-Wilhelms-Kanal+ zwischen Oder und Spree 1662–1668 erbaut. + +[~1656.~] + +Sieg bei ~Warschau~ über die +Polen+, im Bunde mit Schweden (s. S. +267). + +[1657.] + +Erwerbung von +Lauenburg+ und +Bütow+ in Hinterpommern durch den +Vertrag zu +Wehlau+. + +[~1660.~] + +Friede zu ~Oliva~; das ~Herzogtum Preußen souverän,~ d. h. frei von +polnischer Lehnshoheit (S. 268). Der Widerstand der preußischen Stände +(Hieronymus Roth, v. Kalkstein) wird durch strenge Maßregeln gebrochen. + +[1672.] + +Teilnahme am Reichskrieg gegen +Frankreich+, 1674 Feldzug im +Elsaß+ +(s. S. 263). + +[~1675.~] + +Sieg bei ~Fehrbellin~ über die +Schweden+ (Prinz Friedrich von Homburg, +Feldmarschall Derfflinger, der Stallmeister Froben). Der Kurfürst +vertreibt die Schweden aus +Pommern+, erobert 1677 Stettin, 1678 Rügen +und Stralsund, vergilt einen Einfall der Schweden von Livland her durch +einen Kriegszug über das +Frische+ und +Kurische Haff+ (Jan. 1679), muß +aber fast alle Eroberungen im + +[1679.] + +Frieden zu +St. Germain en Laye+ (S. 263 f.) an Schweden zurückgeben +und schließt noch 1679 ein +Bündnis+ mit +Frankreich+. + +[1683.] + +Gründung einer +Kolonie+ an der Goldküste von +Guinea+ (Fort +Großfriedrichsburg), nachdem eine Kriegsflotte mit Hilfe des +Holländers Raule eingerichtet war. Kriegshafen +Pillau+; Afrikanische +Handelsgesellschaft in +Emden+. + +[1685.] + +Bruch mit Frankreich. Aufnahme französischer Protestanten, namentlich +in Berlin. + +[1686.] + +Vertrag mit +Kaiser Leopold I.+ über Schlesien (S. 281). + +[~1688–1713.~] + +~Friedrich III.,~ als König ~Friedrich I.~ Das Testament des Großen +Kurfürsten, das den Söhnen aus zweiter Ehe Länderbesitz erteilt, wird +aufgehoben, da es der von Albrecht Achilles gegebenen Hausordnung und +dem Geraischen Vergleich widerspricht. + +[1688.] + +Brandenburgische Truppen unterstützen +Wilhelms III.+ von Oranien Zug +nach England (S. 271). + +Universität +Halle+ gestiftet 1694; ebenda gründet +Aug. Herm. +Francke+ das Waisenhaus. Der +Schwiebuser+ Kreis 1695 an den Kaiser +zurückgegeben (S. 281). Der Minister +Danckelmann,+ gestürzt 1697. ++Charlottenburg+ für des Kurfürsten Gemahlin, die geistvolle +Sophie +Charlotte+ von Hannover, angelegt. Ausbau des Schlosses zu Berlin +(+Schlüter+). Akademie der Künste 1696 gegründet, Akademie der +Wissenschaften 1700 auf Veranlassung des Philosophen +Leibnitz+. + +[Sidenote:~1701. 18. Januar~] + +~Preußen wird Königreich~ (s. S. 267). Krönung zu +Königsberg+, +Stiftung des +Schwarzen Adlerordens+. Anteil am Spanischen +Erbfolgekriege (s. S. 272 f.). Streit um die +oranische Erbschaft+ +nach dem Tode Wilhelms III. (1702). Preußen erlangt 1702 +Mörs+ +und +Lingen+, +Neuchâtel+ und +Valengin+. Durch Kauf erworben das +Schutzrecht über die Abtei +Quedlinburg+, Grafschaft +Tecklenburg+ in +Westfalen. + +[~1713–1740.~] + +~Friedrich Wilhelm I.~ Strenge Sparsamkeit; der glänzende Hofhalt +des Vaters sogleich aufgelöst. Neuordnung der Steuern; auch den +Rittergütern wird 1717 eine Abgabe (statt des Lehnsdienstes zum +Kriege) auferlegt. Oberste Finanzbehörde das +General-Direktorium+ +1723; unter ihm die Kriegs- und Domänenkammern. Sorge für den ++Landbau+, besonders in +Ostpreußen+; hier 1732 die aus dem Erzbistum ++Salzburg+ vertriebenen Protestanten angesiedelt. Schutz der Bauern +gegen Willkür der Gutsherrn und der königlichen Beamten. Sorge für +die +Volksschulen+, 1717 der Grundsatz der allgemeinen +Schulpflicht+ +verkündet. Beträchtliche Vermehrung des +stehenden Heeres+; +Kanton-Einteilung des Landes 1733 zum Zwecke der Aushebung; daneben die +Anwerbung beibehalten. Die Riesengarde in Potsdam. Fürst Leopold von +Anhalt-Dessau (s. auch S. 280). + +Teilnahme am Nordischen Kriege (S. 276 f.). Stettin und Vorpommern bis +zur Peene erworben 1720; die afrikanische Kolonie 1717 (überlassen +1721) an die Holländer verkauft. + +[~1740–1786.~] + +~Friedrich II., der Große~ (S. 280–291), erwirbt +Schlesien+ 1742, ++Ostfriesland+ 1744, +Westpreußen+ 1772 und erhebt seinen Staat zu +einer europäischen Großmacht. Friedrichs eifrige +Fürsorge für sein +Land,+ um die Wunden der Kriege zu heilen: Verteilung der Vorräte +aus den Magazinen, Steuererlaß für einzelne Provinzen; Gründung der +Landschaftsbanken, der Bank und der Seehandlung in Berlin. 1766 ++strenges Steuersystem+ (Regie meist mit französischen Beamten); viele +Verbrauchsgegenstände besteuert, besonders Kaffee und Tabak. + +Sorge für die +Rechtspflege+: die Folter 1740 abgeschafft, neue +Gerichtsordnung 1747 (codex Fridericianus, der Justizminister v. +Cocceji). Allgemeines preußisches Landrecht (v. Carmer, Suarez) +erst 1794 vollendet. Sorge für den +Landbau+: das Oderbruch urbar +gemacht 1746–53, das Netzebruch 1773–80. Sorge für +Fabriken+ in +den Städten (1751 Berliner Porzellanmanufaktur), Förderung des +Verkehrs durch +Kanäle+: Plauescher, Finow- und Bromberger Kanal. +General-+Landschul+-Reglement 1763. Erlaß über das Unterrichtswesen +1779. Bauwerke in Berlin (Opernhaus, Dom, Bibliothek) und Potsdam +(Sanssouci, Neues Palais). Unermüdliche Tätigkeit des Königs für ++Verwaltung+ und +Heer+ (150000 Mann stark); jährliche Reisen in die +Provinzen. + +[~1786–1797.~] + +~Friedrich Wilhelm II.~ (S. 291, 297f., 313f.) erwirbt +Ansbach+ und ++Baireuth+ 1791, +Posen+ 1793, Südpreußen mit +Warschau+ 1795. + +Hertzberg 1791 entlassen. Die drückende Regie aufgehoben. Üppigkeit am +Hofe, sorglosere Verwaltung, doch wird der Verkehr durch Anlage von ++Kunststraßen+ (Chausseen) gefördert, das Schulwesen durch Einsetzung +eines Ober-Schulkollegiums. +Religionsedikt+ des Ministers Wollner +1788. Brandenburger Tor 1789–1793 erbaut. + +[~1797–1840.~] + +~Friedrich Wilhelm III.~ (S. 316 ff.) erwirbt +Münster+, +Paderborn+, ++Hildesheim+ u. a. 1803 (S. 321), tritt Ansbach ab 1805 (S. 323), alles +Land links der Elbe und die polnischen Gebiete 1807 (S. 327), erwirbt +halb +Sachsen+, Schwedisch-+Pommern+, einen großen Teil +Westfalens+ +und der +Rheinprovinz+ 1815 (S. 340). + +Aufhebung des Religionsedikts 1797. ~Große Reformen von 1807–1811~ s. +S. 328, 329: Die Aufhebung der Erbuntertänigkeit und Feststellung des +bäuerlichen Grundbesitzes befreien den +Bauernstand+; die Aufhebung +des Zunftzwanges, Gewöhnung an Selbstverwaltung (Städteordnung) +und Einführung der Gewerbefreiheit fördern den +Bürgerstand+; die +Einführung der allgemeinen Wehrpflicht kommt der sittlichen Erziehung +des ganzen Volkes zugute. Einziehung der geistlichen Güter. Einteilung +des Staates in 8 Provinzen und 25 Regierungsbezirke 1815. Vereinigung +der lutherischen und reformierten Kirche zu einer +evangelischen+ +Landeskirche (+Union+) 1817. Zollgesetz 1818. Neuordnung der Steuern +und des Staatsschuldenwesens 1820. Einrichtung der Provinzial-Landtage +1823. +Deutscher Zollverein+ 1833. Gesetz über die Anlage von ++Eisenbahnen+ 1838. -- Universitäten zu Berlin 1810, Breslau 1811, Bonn +1818; Entwickelung der Gymnasien unter dem Minister v. Altenstein seit +1817; Museum zu Berlin 1830. + +[~1840–1861.~] + +~Friedrich Wilhelm IV.~ (S. 353ff.) erwirbt +Hohenzollern+ 1849 (S. +359), das +Jahdegebiet+ 1853 (S. 361), verzichtet auf Neuchâtel 1857 +(S. 367). + +Gesetz über die Armenpflege 1842, Gewerbe-Ordnung 1845, Vereinigter +Landtag 1847 (S. 353). Neue Gerichtsordnung (Geschworenengerichte) +1849. ~Verfassung~ des preußischen Staats 1850 (S. 359). Evangelischer +Ober-Kirchenrat 1850. Gründung einer +preußischen Kriegsflotte+ 1853. +Sorge für Kunst und Wissenschaft; das Neue Museum in Berlin 1855. + +[~1861–1888.~] + +~Wilhelm I., der Große~, 1857–1861 Prinz-Regent (S. 367), erwirbt 1866 ++Schleswig-Holstein+, +Hannover+, +Kurhessen+, +Nassau+, +Frankfurt+ +(S. 371–380), wird 1871 ~Deutscher Kaiser~ (S. 381–393). + +Neugestaltung des Heerwesens 1860–1862 (S. 372). Umbildung der +preußischen Flotte zu einer +deutschen+ Kriegsflotte seit 1867 (S. +380). Kirchengesetze 1873–1875 (S 393). Verwaltungsreform in den (seit +1. Jan. 1878) 12 Provinzen 1872 bis 1875 (S. 394). Ansiedlungsgesetz +für Posen und Westpreußen (S. 395). Vollendung des Kölner Doms 1880; +Denkmal auf dem Niederwald 1883. Begründung deutscher Kolonien (S. 395). + +[~1888.~] + +~Friedrich III.~ (März bis Juni) als Kronprinz siegreicher Feldherr (S. +375ff., 382ff.). + +[Seit ~1888.~] + +~Wilhelm II.~ (S. 396–397). Vermehrung der deutschen Kolonien. Ausbau +der Wasserstraßen in Preußen (S. 396). Fortführung der Gesetzgebung +zum Wohle der Arbeiter, Fortsetzung der Verwaltungsreform (S. 396) +und der Ansiedlungstätigkeit (S. 395). Förderung des Schulwesens, +besonders der technischen Hochschulen. Universität in +Münster+ +1902, Akademie in +Posen+ 1903. Technische Hochschulen in +Danzig+ +1904, +Breslau+ 1909. Denkmäler in der Siegesallee zu +Berlin+; +Neubau des Doms daselbst 1905 vollendet. Bau einer Pfalz in +Posen+ +(1910 vollendet). Erweiterungsbauten der Königlichen Museen, +Neubau der Königlichen Bibliothek in +Berlin+. 1910 Gründung der ++Kaiser-Wilhelms-Gesellschaft+ in +Berlin+ zur +Förderung der +Wissenschaften+. + + +II. Die andern Staaten des Deutschen Reiches. + +~Bayern,~ altes Stammherzogtum, seit 1180 unter Herzögen aus dem Hause ++Wittelsbach+ (S. 184). Herzog Ludwig I. wird 1214 durch Erwerbung der ++Rheinpfalz+ auch +»Pfalzgraf bei Rhein«+ (S. 186, 189). Kaiser +Ludwig +der Bayer+. Bayerische Markgrafen in Brandenburg (S. 198–200). Seit dem +Hausvertrag von Pavia 1329 +Bayern+ und +Pfalz+ getrennt. Bayern 1392 +unter drei Linien geteilt, 1503 wieder vereinigt: weitere Teilungen +durch das Primogeniturgesetz 1506 verboten (S. 226). + +Herzog +Maximilian I.+, Oberhaupt der katholischen Liga im +Dreißigjährigen Kriege (S. 252 ff.), wird 1623 +Kurfürst+ und erwirbt +die Oberpfalz (S. 254f.). +Maximilian II. Emanuel+ tapfer in den +Türkenkriegen 1683–1688, Statthalter der spanischen Niederlande 1691, +aus Bayern vertrieben 1704, wiedereingesetzt 1714, † 1726. Sein Sohn ++Karl Albert+ 1742–1745 deutscher Kaiser (S. 280ff.). +Maximilian +III. Joseph+ (1745–1777) sorgt für gute Verwaltung, stiftet 1758 die +Akademie der Wissenschaften in München; mit ihm stirbt die bisher in +Bayern regierende Linie aus. +Karl Theodor+ (1777–1799) vereinigt Pfalz +und Bayern (S. 289 ff.), verliert 1797 das linksrheinische Gebiet (S. +316 u. 319). + +Maximilian IV. Joseph (1799–1825), seit 1806 +König Maximilian I.+, +erwirbt 1803 und 1805 große Gebiete hinzu (S. 320, 324, vgl. S. 340) +und tritt 1806 dem Rheinbunde bei (S. 324), erwirbt 1806 Ansbach, +1809 Baireuth, schließt sich vor der Schlacht bei Leipzig dem Bunde +gegen Frankreich an (S. 336), erhält 1815 die linksrheinische Pfalz +zurück (S. 340). Verfassung des Königreichs 1818. +Ludwig I.+ (1825 +bis 1848) fördert Kunst und Wissenschaft: Pinakothek und Glyptothek +in München, Walhalla bei Regensburg. Universität Ingolstadt 1826 nach +München verlegt. +Maximilian II.+ (1848 bis 1864): Nationalmuseum in +München, Historische Kommission bei der Akademie der Wissenschaften. ++Ludwig II.+ (1864 bis 1886): Schloßbauten in den bayrischen Alpen, +Bühnenfestspielhaus in Baireuth. Für den geisteskranken König +Otto+ +(seit 1886) regiert sein Oheim Prinz +Luitpold+, Bruder Maximilians II. + +~Sachsen~, hervorgegangen aus der Markgrafschaft +Meißen+ (S. 161), +einem Vorlande des alten Stammherzogtums Sachsen. Seit 1089 regiert +in Meißen das Haus +Wettin+ (S. 179 u. 189). Heinrich der Erlauchte +erwirbt 1247 die Landgrafschaft +Thüringen+, Friedrich der Streitbare +(1381–1428) 1423 das +Kurfürstentum Sachsen Wittenberg+ (S. 204), +einen Teil des alten Stammherzogtums (S. 184). Er gründet 1409 die +Universität +Leipzig+ (S. 203). Kurfürst +Friedrich der Sanftmütige+ +(1428 bis 1464, S. 205, 227). Unter seinem Sohn Kurfürst +Ernst+ +(1464–1486) Teilung 1485: die +Ernestinische Linie+ (S. 227) erhält +Sachsen-Wittenberg mit der daran haftenden Kurwürde und Thüringen, die ++Albertinische Linie+ Meißen. Die Kurfürsten +Friedrich der Weise+ +(1486–1525), +Johann der Beständige+ (1525–1532) und +Johann Friedrich +der Großmütige+ (1532 bis 1547), Luthers Beschützer (S. 227 ff.). +Umwandlung 1547, Sachsen-Wittenberg mit der Kurwürde kommt an die ++Albertinische+ Linie, S. 232f. (Kurfürst +Moritz+, Gründer der drei +Fürstenschulen zu Meißen, Grimma und Pforta). + +Kurfürst +Friedrich August I.+ wird 1697 König von +Polen+ (August +II., S. 266), ebenso 1733 sein Sohn +Friedrich August II.+ (August +III., S. 279). Kunstpflege in Dresden (S. 285). Friedrich August +III. (1763–1827) sorgt für bessere Verwaltung, tritt im Dez. 1806 +als +König Friedrich August I.+ dem Rheinbunde bei (S. 326), erhält +1807 das Herzogtum Warschau, wird 1813 nach der Schlacht bei Leipzig +als Gefangener nach Preußen geführt, 1815 in die Regierung seines +verkleinerten Landes wieder eingesetzt. Verfassung 1831 unter König ++Anton+ (1827 bis 1836); ihm folgen +Friedrich August II.+ (1836–1854), ++Johann+ (1854–1873), +Albert+, 1870–71 als Kronprinz ruhmreicher +Feldherr (1873–1902), +Georg+ (1902–1904), +Friedrich August III.+ seit +1904. + +~Württemberg,~ ursprünglich Grafschaft im alten Stammherzogtum ++Schwaben+, das sich während des Interregnums auflöst. +Eberhard der +Erlauchte+ (1265–1325) und sein Nachfolger vergrößern das Gebiet, ++Eberhard der Greiner+ (1344 bis 1392) kämpft gegen Ritter und +Reichsstädte, +Eberhard im Barte+ stiftet 1477 die Universität +Tübingen und wird 1495 +Herzog.+ +Ulrich+ 1519 vom schwäbischen Bunde +vertrieben, 1534 durch Philipp von Hessen wieder eingesetzt, führt +die Reformation ein; sein Sohn +Christoph+ (1550–1568) sorgt für +Kirche und Schule. Verwüstung im Dreißigjährigen Kriege; Mißregierung +unter +Eberhard Ludwig+ (1677–1733) und +Karl Alexander+ (1733–1737); +Wendung zum Besseren unter dem allerdings despotischen +Karl Eugen+ +(1737–1793), der 1770 die Karlsschule gründet. Prinz +Eugen+ von +Württemberg (1788 bis 1857) trat früh in russische Kriegsdienste, +erprobter Heerführer in den Befreiungskriegen. Herzog +Friedrich+ +(1797–1816) wird 1803 Kurfürst (S. 320), 1806 +König+ (S. 324); seine +Nachfolger +Wilhelm I.+ (1816–1864), +Karl I.+ (1864–1891), +Wilhelm +II.+ seit 1891. + +~Baden~, Markgrafschaft im alten Herzogtum Schwaben. Die Grafen von ++Zähringen+ nannten sich seit 1112 Markgrafen von Baden. Teilung 1535 +in die beiden Linien Baden-Baden und Baden-Durlach. +Ludwig Wilhelm+ +von Baden-Baden (reg. 1677–1707) zeichnet sich als Feldherr in den +Türkenkriegen aus, leistet 1693 und 1702–1704 den Franzosen rühmlich +Widerstand (S. 265 f.). +Karl Friedrich+ von Baden-Durlach (1738 bis +1811) erbt nach dem Aussterben der andern Linie 1771 deren Besitz, +sorgt für gute Verwaltung, erhält 1803 den rechtsrheinischen Teil +des früheren Kurfürstentums +Pfalz+ (Heidelberg und Mannheim, S. +320, vgl. S. 340), wird 1806 +Großherzog+ (S. 324). Seine Nachfolger ++Karl+ (1811–1818), +Ludwig+ (1818 bis 1830), +Leopold+ (1830–1852), ++Friedrich I.+ (1852–1907), ein hervorragender Herrscher und +Mitbegründer des Deutschen Reiches. Seit 1907 +Friedrich II.+ + +~Hessen~, ein Teil des alten Herzogtums Franken, kam 1130 an die +Landgrafen von Thüringen und bildete nach deren Aussterben 1247 eine +eigene +Landgrafschaft+; erster Landgraf +Heinrich v. Brabant+, +Residenz Kassel. Seine Nachkommen vergrößern das Gebiet. +Philipp der +Großmütige+ (1509–1567) Beschützer der Reformation; von seinen Söhnen +stammen die beiden Linien Hessen-+Kassel+ und Hessen-+Darmstadt+; +ein Zweig der letzteren regierte 1622–1866 in Hessen-+Homburg+. Die +Landgrafschaft Hessen-Kassel, 1803 zum Kurfürstentum erhoben, wird +1866 mit Preußen vereinigt, ebenso Hessen-Homburg. Landgraf Ludwig X. +von Hessen-Darmstadt wird 1806 Großherzog (Ludwig I.), erhält 1815 ein +ansehnliches linksrheinisches Gebiet. Großherzog +Ludwig III.+ tritt +1866 einen Grenzstrich an Preußen ab, schließt sich dem Norddeutschen +Bunde an. Seine Nachfolger +Ludwig IV.+ (1877–1892), +Ernst Ludwig+ +seit 1892. + +~Mecklenburg~. Die Nachkommen des Wendenfürsten +Niklot+ (S. 180) +teilen sich 1229 in mehrere Linien; durch Aussterben der jüngeren +Linien wird im 15. Jahrhundert das Land wieder vereinigt. +Albrecht +II.+ wird 1348 +Herzog+, erwirbt 1359 die Grafschaft +Schwerin+. Sein +Sohn Albrecht III. 1364–1389 König von +Schweden+ (S. 215). Stiftung +der Universität +Rostock+ 1419, Einführung der Reformation 1523–1540. +Teilung in die Linien Schwerin und Güstrow 1621. +Wallenstein+ Herzog +1628–1630. Teilung in die Linien +Schwerin+ und +Strelitz+ 1701. Beide +Landesteile werden 1815 vom Wiener Kongreß als +Großherzogtümer+ +anerkannt. Großherzog +Friedrich Franz II.+ von Mecklenburg-Schwerin +Feldherr im Kriege 1870/71. Seit 1897 +Friedrich Franz IV.+ in +Schwerin; in Strelitz seit 1904 +Adolf Friedrich.+ + +~Oldenburg~, Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen, vergrößert durch +Kämpfe mit den +Friesen+, 1667–1773 mit +Dänemark+ vereinigt, 1773 +Herzogtum (s. S. 292), 1810–1813 französisch, 1815 Großherzogtum. Seit +1900 +Friedrich August.+ + +~Die sächsischen Herzogtümer~, entstanden aus dem Erbe, das 1547 der ++Ernestinischen+ Linie des Hauses +Wettin+ verblieb. Herzog +Bernhard+ +von +Sachsen-Weimar+ (1604–1639) einer der berühmtesten Helden des +Dreißigjährigen Krieges (S. 257f.) +Weimar+ seit 1815 Großherzogtum; +Großherzog +Karl August+ 1775–1828, +Karl Alexander+ 1853–1901. Seitdem ++Wilhelm Ernst+. In Sachsen-Altenburg seit 1908 +Ernst II.+; in +Sachsen-Koburg-Gotha seit 1900 +Karl Eduard+ in Sachsen-Meiningen seit +1866 +Georg II.+ + +~Herzogtum Braunschweig~, ein Teil des Gebietes, das 1235 dem ++Welfenhause+ verblieb (S. 184, 188). Teilungen der Linien Braunschweig +und Lüneburg 1267, 1409, 1635. Das Lüneburger Gebiet 1692 zum +Kurfürstentum +Hannover+ erhoben, 1866 mit Preußen vereinigt. Aus +der Braunschweiger Linie sind eine Reihe von berühmten Heerführern +hervorgegangen: Herzog +Christian+ (1599–1626) kühner Heerführer im +Dreißigjährigen Kriege (S. 254f.), Herzog +Ferdinand+ (1721–1792) +preußischer Generalfeldmarschall unter +Friedrich dem Großen+ (S. +287ff.), Herzog +Karl Wilhelm Ferdinand+ (1735–1806), Neffe des +vorigen, Oberbefehlshaber des preußischen Heeres 1792–1794 (S. 313f.) +und 1806 (S. 325f.), Herzog +Friedrich Wilhelm+ (1771–1815), Sohn +des letzteren, bekannter Held der Freiheitskriege (S. 330, 342). Mit +dessen Sohn. Herzog +Wilhelm+ (1806 bis 1884), starb die Linie aus. +Regentschaft s. S. 395. + +~Herzogtum Anhalt~, entstanden aus Grenzmarken des alten Herzogtums +Sachsen. +Otto der Reiche+, Graf von Aschersleben und Ballenstedt, +† 1123, sein Sohn +Albrecht der Bär+ (S. 179f.). Von dessen älterem +Sohne Otto stammen die Brandenburgischen Askanier (bis 1320), von +dem jüngeren Sohne Bernhard die Herzöge von Sachsen-Wittenberg und +Sachsen-Lauenburg (ausgestorben 1422 und 1689) und das fürstliche Haus ++Anhalt+, welches sich in mehrere Linien teilt. Hauptteilung 1603: +Dessau, Bernburg, Zerbst, Cöthen. Die Linie Zerbst stirbt 1793 aus, +Cöthen 1847, Bernburg 1863. Herzogtümer seit 1806 und 1807; zu +einem+ +Herzogtum vereinigt 1863. Fürst +Christian+ (1568–1630) s. S. 254. +Fürst +Leopold+ (1693–1747) preußischer Feldherr (S. 273, 284), Leopold ++Friedrich Franz+ (1751–1817), Begründer des Philanthropins in Dessau +1774, des Parks zu Wörlitz 1796. Seit 1904 Friedrich II. + +~Fürstentümer Schwarzburg,~ hervorgegangen aus der alten Landgrafschaft +Thüringen. Teilung der Grafschaft Schwarzburg 1599 in die Gebiete ++Sondershausen+ und +Rudolstadt,+ Erhebung der Grafen in den +Fürstenstand 1697 und 1709. Seit 1909 beide Länder durch Personalunion +vereinigt. Fürst +Günther+ von Schw.-Rudolstadt seit 1890. + +~Fürstentümer Reuß,~ entstanden aus dem einst zu Thüringen gehörigen +Besitz der Reichsvögte von Plauen, Weida und Gera. Teilung 1564, +Hauptlinien +Greiz+ und +Gera+. Erhebung in den Fürstenstand 1778 u. +1790. In Greiz (ä. L.) Fürst +Heinrich XXIV.+ seit 1902, in Gera (j. +L.) Fürst +Heinrich XIV.+ seit 1867; Regent für beide Staaten Erbprinz ++Heinrich XXVII.+ (j. L.) + +~Fürstentümer Lippe,~ Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen. Teilung +1603, Linien +Detmold+ und +Bückeburg+; die letztere erbt 1640 die +Grafschaft +Schaumburg+. Graf +Wilhelm+ von Schaumburg-Lippe († 1777) +Erbauer der Festung +Wilhelmstein+ im Steinhuder Meer und Gründer einer +berühmten Kriegsschule (s. S. 303). Erhebung in den Fürstenstand 1720 +und 1807. In Lippe Fürst +Leopold IV.+ aus der +Biesterfelder+ Linie +seit 1904; in Schaumburg-Lippe Fürst +Adolf+ seit 1911. + +~Fürstentum Waldeck,~ Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen. 1712 +Fürstentum. Graf +Georg Friedrich v. Waldeck+ († 1692), Staatsmann +und Feldherr im Dienste des Großen Kurfürsten von Brandenburg. Durch +Vertrag von 1868 ist die Verwaltung des Landes an Preußen übertragen. +Seit 1893 Fürst +Friedrich+. + +~Die drei Hansestädte~ (S. 200 f.), seit 1630 nach dem Aufhören des +Hansebundes besonders verbündet, 1815 als Freie Städte Mitglieder des +Deutschen Bundes (vgl. S. 320). + +~Elsaß-Lothringen.~ +Elsaß+ ein Teil des alten Herzogtums Schwaben; ++Straßburg+ 1205 freie Reichsstadt. Die österreichischen Besitzungen +im Elsaß kommen 1648 an Frankreich, Straßburg 1681, die letzten noch +deutschen Teile des Elsaß 1792. Das ganze Elsaß ~1870~ wieder gewonnen. ++Lothringen+ altes Herzogtum des deutschen Reiches, seit 1431 unter +einer französischen Dynastie (S. 205); +Metz+ seit dem 13. Jahrhundert +freie Reichsstadt, 1552 von den Franzosen besetzt. Ganz Lothringen +1766 französisch (S. 279), der östliche Teil ~1870~ wieder gewonnen. +Betreffs der Regierung des Landes s. S. 392, 397. + + + + +Namen- und Sachregister + + + B. = Bündnis. + Bl. = Belagerung. + Br. = Brandenburg. + D. = Deutschland. + Dn. = Dänemark, + E. = England. + Erzb.= Erzbischof, Erzbistum. + f. = folgende Seite. + F. = Friede. + Fr. = Frankreich. + Gr. = Große. + Grh. = Großherzog, Großherzogtum. + H. = Haus. + Hz. = Herzog, Herzogtum. + K. = König, Königin. + Kapit. = Kapitulation. + Kf.= Kurfürst, Kurfürstentum. + Kgr. = Königreich. + Ko. = Kongreß, Konferenz. + Konz. = Konzil. + Kr. = Krieg. + Ks. = Kaiser, Kaiserin. + Ö. = Österreich. + P. = Papst. + Pr. = Preußen. + R. = Rußland. + Rchst. = Reichstag. + S. = Schlacht. + Schw. = Schweden. + Sp. = Spanien. + St. = Stammtafel. + V. = Vertrag. + W. = Waffenstillstand. + + ~A.~ + + Aachen 153–155. 159. 162 f. 180. 187. 189 f. 195. 228. 230; + F. 262; + F. 284. 314. 345, Ko. + Abbassiden 150. 172. + Abd-el-Kader 354. + Abdurrahman 150. 171. 420. + Abessinien 302. 406. 412. + Åbo F. 292. + Abu-Bekr 149. + Abukir S. 317. + Abuscher 419. + Abydos 31. 52, S. 59. + Achäer 23. 28. 31 f. 45. 58 f. 97. + Achäischer Bund 68. 95–97. 98. + Achaja 28. 33. 40. 48; + röm. Prov. 98. 122, 176, Hz. + Achämeniden 19. + Ackergesetze 78. 81 f. 100 f. 110 f. + Actium S. 47. 120. + Adalbert v. Bremen 166. + -- v. Prag 162. + Adelheid Ks. 158. 160. 162. + Adolf v. Nassau 196. + -- Fr. K. v. Schw. 292 + -- v. Lippe 438. + Adrianopel 175. 218; + F. 347, S. 136 f. 140. + Aedilen 77. 81. 96. + Aegat. Inseln S. 88. + Aegina 25. 28. 37–41. 44. 48. + Aigospotamoi S. 53. + Aegypten 3–6. 9 f. 11. 19–21. 24. 31. 44 f. 57. 60. 63. 94. 97. + 115 f. 119; + röm. Prov. 120. 122. 134; + im Mittelalter 149. 172. 175. 178; + in der Neuzeit 219. 316. 319. 353, 405–409. + Aemilius Paulus 90. 96. + Aeneas 27. 71. + -- Silvius 205. + Aeoler 23. 28. 38. + Aequer 70. 77 f. 80. + Aeschines 58. 62. 70. + Aeschylos 47. + Aëtius 142. + Aetoler 28. 68. 91, 95 f. + Afghanistan 172. 353. 406. 407. 419 f. + Africa, röm. Prov. 98. 105. 116. 119. 122. 133. 135. 142. + Agadir 405. + Agamemnon 27. + Agathokles 67. 87. + Agbatana 18 f. 61. 62. + Agesilaos 56 f. + Agis 29. 51. 53. 62. 68. + Agricola 128 f. + Agrigent, Akragas 32. 37. 47. 87. + Agrippa 77. 119. 123. + Agrippina 123. 125 f. + Akkon 175. 177 f. 314. + Akropolis 33. 36. 41. 43. 46. 54. + Alalia S. 14. 32. + Alamannen 132–135. 137. 139. 143. 150. + Alanen 134. 140 f. + Alarich 140 f. 144. + Alaska 302. 417. + Alba Hz. 232. 243. + -- Longa 71 f. + Albert K. v. Sachsen 384. 435. + Albert v. Koburg 353. + -- K. v. Belgien 410. + Albertus Magnus 178. + Albigenser 191. + Alboin 144. + Albrecht I. K. v. D. 196 f. + -- II. 205. 218. + -- Achilles 206. 428. + -- d. Bär 179 f. 415. 427. + -- Erzh. 379. + -- Hz. v. Meckl. 215. 437. + -- Hz. V. Pr. 228. 429. + -- Prinz v. Pr. 395. 437. + Albuquerque 222. + Alcuin 154. + Alesia Bl. 112. + Alessandria 183. + Alexander K. v. Mak. 38. 41. + -- d. Gr. 14. 21. 58–62. + -- III. P. 183. 193. + -- VI. 240. + -- I. Ks. v. R. 319. 323. 326. 328. 331 f. 334. 339. 343. 347. + -- II. 366. 369. 399 ff. + -- III. 400. 402. + -- v. Bulgarien 414 f. + -- v. Parma 238. 243. + -- v. Pherä 56. + -- v. Serbien 399. 414. + -- Severus Ks. 133. + Alexandria 60. 65. 97. 115 f. 128. 131. 136. 149. 177. 316. 406. + Alexei 269. 294. + Alexius Ks. 172. + Alfons K. v. Kastilien 171. 189. 194. 214. + -- K. v. Neapel 211. + -- K. v. Sp. 413 ff. + Alfred d. Gr. 170. + Algeciras 405. + Algier 232. 348. 354. 369. + Ali 149. + Aliso 124. + Alkassar S. 245. + Alkibiades 50–52. 54. + Alkmäoniden 34. 36. + Alkmar Kapit. 318. + Allia 8. 80. + Alsen 268. 373 f. + Altenburg 197. 206. 227; + Hz. 378. 437. + Altmark 161. 427. + Altranstädt F. 275. + Amberg S. 315; + Ambrosius 137. + Amerigo Vespucci 222. + Amiens F. 320, S, 387. + Ampfing S. 198. + Amphiktyonien 31. 33. 57–59. + Amphipolis 46. 57. 99; + S. 49. + Amphissa 59. + Amsterdam 244. 263. + Anakreon 38. + Anaxagoras 47. + Ancus Marcius 72. + Andernach S. 156. 159. + Andreas K. v. Ung. 177. 217. + Angelsachsen 142. 145. 151. 154. 159. 169. 192. + Anglikan. Kirche 246. 249. 270. + Angora S. 218. + Anhalt Hz. 180. 231. 437. + Anjou 190. 209. + -- H. in E. 192; + in Neapel 190. 205. 211; + in Ungarn 217. + Anna Boleyn 245. + -- v. Bretagne 235. + -- K. v. E. 298. + -- Ks. v. R. 294. + Ansbach 290. 323. 340. 428. 429. 432. 434. + Ansgar 154. + Antalkidas F. 55. + Antigonos 60. 63 f. 66 + bis 68. + Antiochia 65. 125. 130 + bis 132. 174. 177. + Antiochos 65. 95. 97. 100. + Antipater 59. 62–64. + Anton v. Navarra 236. + -- K. v. Sachsen 435. + Antoninus Pius Ks. 9. 130. + Antonius C. 110. + -- M. 115–120. + Antwerpen 243. 350. + Apelles 69. + Apia 426 + Appius Claudius 79. 84. 86. 101. + Apulien 85. 90 f. 93. 161. 163. 165. 173. 189. + Aquae Sextiae 101; + S. 104. + Aquileja 94. 133. 137. 142. 176; + S. 138. + Aquitanien 111 f. 122. 146. 155. 170. + Araber 148–150. 156. 171. 215. + Arabia röm. Prov. 129. + Arabi Pascha 406. + Aragon 171. 190. 194. 214 f. + Aranda 303. + Aratos 68. + Arausio S. 103. + Arbela S. 60. + Arbogast 138. + Arcadius Ks. 138. 149. + Archelaos 54. 105. + Archidamos 48. 66. + Archilochos 38. + Archimedes 92. + Archonten 33–36. 39. 44. + Arcis-sur-Aube S. 338. + Arcole S. 315. + Arelat. Kgr. 158. 164. + Areopag 33. 35. 44. + Arginusen S. 53. + Argonauten 26. + Argos 24. 26. 28. 32 f. 43. 50. 55. 58. 69. 86. + Arianismus 136. 142 f. + Arier 15–17. 24. + Arion 38. + Ariovist 111. + Aristagoras 20. + Aristarchos 70. + Aristides 39. 41 f. 43. + Aristodemos 28. 32. 76 + Aristogeiton 36. + Aristomenes 32. + Aristophanes 47. + Aristoteles 59. 70. 172. + Arkadien 23. 28. 56. 59. 140. + Arles 143. 184. 200. + Armada 244. 247. + Armagnacs 205. 208. + Armenien 9. 15. 65. 108. 116. 119. 123. 125. 127; + röm. Prov. 129; + in der Neuzeit 401. 415. + Armin 124 f. + Arminianer 244. + Arnold v. Brescia 182. + Arnulf Ks. 157. + -- Hz. v. Bayern 159. + Arpaden 217. + Arras 387, F. 209. + Arsakiden 65. + Artaphernes 39. + Artaxata 108. 127. + Artaxerxes I. 21. 43. + -- II. 21. 54. + -- III. 21. + Artemision S. 40. + Artevelde 207. + Artois 229. 262. 307. + Aschaffenburg S. 378. + Asculum S. 86. + Asia röm. Prov. 101. 104 f. 119. 122 f. + Askalon S. 174. + Askanier 179. 184. 189. 198. 204. 427 f. 437 f. + Asow 269. 275. 295. + Aspern S. 329. + Assignaten 308. 311. 312. + Assyrien 7–10. 12. 18. 129. + Asturien 123. 149. 171. + Athaulf 141. + Athen 25 f. 28. 33–59. 62 f. 67. 69 f. 85. 99. 105. 110. 119. 130. + 176. 219. 304. 347. + Athos 38. + Atschin 410. + Attila 142. + Augsburg 123. 150. 164. 167. 190. 227. 233. 257. 320. 324. 378; + B. 264; + F. 233. 260; + Rchst. 230; + S. 160. + August II. K. v. Polen 266. 274–276. 285. 424. + -- III. 279. 285. 295 f. 435. + Augustinus 132. 141. 145. + Augustus Ks. 121–125. + Aurelianus Ks. 134. + Austerlitz S. 323. + Australien 244. 302. 406. 409. + Austrasien 146 f. + Avaren 144. 148. 153. 158. + Aversa 165. + Avesta 17. + Avignon 196. 199 f. 203. 207. 211. 315. 339. + Azincourt S. 209. + + + ~B.~ + + Babenberger 157. 162. 180. 196. + Babylon 7–11. 18–20. 60. 62. 64. + Baden F. 274. + -- Markgr. 190. 196. 254; + Kf. 320. 323. + -- Grh. 324. 345. 359. 375. 378. 436. + Badeni 398. + Bagdad 150. 172. 196. + Bagdadbahn 416. + Bajazet 218. + Bakchiaden 33. 72. + Baktrien 17. 61. 65. 149. + Balboa 223. + Balduin 174. 176. + Bamberg 160. 163. 179. 257. 320. + Banér 257. + Bar, Konföd. 296. + Barcelona 141. 152. 171. 194. 413. + Barnet S. 214. + Barneveld 244. + Bar-sur-Aube S. 338. 371. + Bartholomäusnacht 237. + Basel 151. 164. 231. 234. 339; + F. 314; + Konz. 204. 236. + Bastille 307. + Bataver 128. + Batav. Rep. 314. 320. 324. + Bauernkrieg deutscher 228; + engl. 212; + frz. 208. + Bautzen S. 334. + Bayard 229. 235. + Bayern Hz. 146. 152. 158. 160. 162 f. 165. 167. 179 bis 182. 184. + 186. 189. 252. 254. 434. + -- Kf. 255. 257–259. 272 bis 274. 280 f. 289 f. 320. 434. + Bayern Kgr. 323 f. 336. 340 f. 345. 356. 364. 375. 378 f. 382. 390. + 392. 428. 434 f. + Baylen Kapit. 328. + Bayrische Markgr. in Br. 178–200. 428. + Bazaine 371. 382–384. 403. + Beaugency S. 386. + Beauharnais 314. 321. 331. + Beaumont S. 384. + Beaune la Rolande S. 386. + Behanzin 404. + Belfort 388 f. 391. + Belgien 243. 290. 313. 319. 340–342; + Kgr. 350. 396. 410. + Belgrad 218. 219. 278. 297; + F. 279. + Belisar 144. + Belle-Alliance S. 342. + Benedek 376 f. + Benedikt 145. + -- P. 160. 203. + Benevent S. 86. 190. + -- Hz. 145. 151 f. 161. 163. + Berengar 157. 160. + Beresina 333. + Berg Hz. 252. 289. 324. 336. + Bergen 201, S. 287. + Berlin 200. 267. 285. 288. 325. 329. 332 f. 335. 343. 355 f. 364. + 376. 380. 391. 424. 427. 429. 430 ff. + Ko. 360. 394. 396. 410. + Bern 144. 199. 341. 354; + Ko. 394. 411. + Bernadotte 323. 330. 332. 334. 337. 363. + Bernhard v. Askan. 184. + -- v. Clairvaux 174. + -- v. Weimar 257 f. + Bernstorff 292. + Bernward 168. + Besançon 111. 182. 196. 264. 388. + Bethlen Gabor 254 f. + Bilderstreit 148. + Bill of rights 271. + Biron 294 f. + Bismarck 372. 374. 381. 390. 391. 393–396. 401. 410. 412. + Bithynien 15. 52. 66. 96. 105. 108. 131. 135. + Blücher 314. 325. 333 bis 338. 339. 342. + Bocchus 103. 116. + Bocholt S. 152. + Boëmund 173 f. + Böhmen 139. 156. 158. 162 f. 165; + Kgr. 183. 196. 197–200. 202–206. 225; + östr. 225. 251–254. 257 f. 284. 286. 334 f. 376. 398. + Boleslav 163. 182. + Bolivar 346. + Bologna 71. 118. 189. 230. 304. 315. 370. + Bonaparte 311. 315–317; + St. 322. + Bonifacius 176. + -- VIII. P. 196. 207. + Bonifatius 141. 151. + Bordeaux 207. 309. 311. 338. 355. 387. 390. + Borgia 240. + Bornhöved S. 187. + Borodino S. 332. + Bosnien 219. 255. 398 f. 401. + Bosporus 20. 31. 105. 109. + Boston 248. 301. + Bosworth S. 214. + Bothwell 247. + Bourbaki 388 f. + Bourbon Conn. 229 f. + -- H. in Fr. 236. 278 f. 305. 309 f. 339; + St. 349. + -- in Neapel 279. 305. 324. 342. + -- in Sp. 274. 303. 339. 351. 413. + -- Familienpakt 300. + Bouvines S. 186. 193. + Bovianum S. 84. + Boyne S. 272. + Braganza H. 245. 303. + Brandenburg 159. 162. 179. 255. 356. + -- Mark 180. 199. 206. 427 ff. + -- Kf. 200. 224. 231. 252. 256. 258. 260. 262 f. 265 bis 267. + 427–436. + Brasidas 49. + Brasilien 223. 244. 303. 327. 346. 417. + Braunschweig 186. 190. 200. + -- Hz. 184. 188. 224. 232. 260. 286. 324. 336. 350. 391. 395. 437. + Brazza, Brazzaville 403. + Breisach 258. 260. 264. + Breitenfeld S. 256. 259. + Bremen 152. 200. 233. 261. 320. 333. 344. 394. + -- Erzb. 156. 166. 183. 187. 255; + Hz. 260. 276 f. + Brennus 80. + Brescia 182. 198. 210. 304. 356; + S. 202. 235. + Breslau 200. 333. 433. 434; + F. 281; + S. 287. + Bretigny F. 208. + Brienne 311, S. 337. + Britannicus 126. + Britannien 13. 112. 126. 128 f. 132. 135. 142. + Brömsebro F. 250. 259. + Brügge 201. 209. + Brun Erzb. 160 f. + Brundisium 86. 105. 109. 114. + V. 119. + Brunhild 146. + Brüssel 233. 242. 350. + Brutus Dec. 118. + -- L. 73. 75 f. + -- M. 118 f. + Buchdr.-Kunst 206. 221. + Buckingham 248. + Buddhismus 16 f. 22. 219. + Bu Hamara 405. + Bulgarien 148. 172. 194. 400–403. 414 f. + Bülow Gen. 333. 334–338. + -- Kanzler 396 f. + Bundesg.-Kr. 57. 104. + Buren 406 ff. + Bürgerkrieg, amerik. 416 f. + -- engl. 212. 248 f. + -- frz. 208 f. 237. 306 bis 312. 354 f. 392 f. + -- röm. 103. 105 f. 114 bis 117. 118–120. 127. + Bürgerkrieg in der Schweiz 205. 354. + Burgund 145. 155, Hz. 169. 206. 208. 229. + -- Kgr. 158. 164 f. 168. 182. 184. 196. 200. 290. + -- Freigrafschaft 196. 198. 206. 234. 262 f. + Burgunder 139. 141–143. + Burkersdorf S. 289. + Byron 347. 364. + Byzanz 31. 38. 42. 52. 56. 136. + + + ~C.~ + + Cabal Min. 270. + Cabral 222. + Cadiz 13. 93. 222. 247. 331. 346. + Caecilius Met. 69. 88. 98. 103. 106. + Caesar C. Jul. 109–117. 121. + -- C. u. L. 123. + -- L. 105. + Calais 208. 236. 246. 344. + Calderon 245. + Caligula Ks. 126. + Calixtus II. P. 168. + Calvin 230. 234. 247. + Cambrai 263, B. 235. 239; + F. 230. + Camillus 80. 82. + Camoëns 223. + Campanien 70 f. 83. 90. 165. + Campo Formio F. 316. + Cannae S. 90. + Canning 346 f. + Canossa 167. + Canovas 413. + Canterbury 145. 192. 246. + Canuleius 79. + Capetinger 169. 191. + Capodistrias 347. + Capua 83. 86. 90 ff. 94. 114. 161. 163. + Caracalla Ks. 132. + Caracas 346. + Carnot 314, 410. + Carrhae S. 113. + Carus Ks. 135. + Cassano S. 317. + Cassius C. 118 f. + -- Sp. 77 f. + -- Dio 131. + Cateau-Cambr. F. 236. + Catilina 109 f. + Cato 95 f. 97. 121. + -- d. jung. 110 f. 116. + Catullus 121. + Catulus 88. 104. + Cavaignac 355. + Cavour 369 f. + Censoren 79. 81. 96. 106 f. 122. + Census 63. 75. 116. 123. + Centurien 74 f. + Cervantes 245. + Cetewayo 406. + Ceuta 413. + Ceylon 16. 223. 245. 314. 320. 341. 408. + Chabrias 56 f. + Chaironeia S. 59. 105. + Chalkedon 31. 52. 135 f. + Chalkidike 31. 55. 57. 94. + Châlons 382 f., S. 134. 142. + Chatillon Ko. 338. + Chersones, taur. 31. 108. + -- thrak. 36. 46. 52. 58. + Childerich 150. + China 21 f. 194 f. 219. 223. 251. 353. 368. 420–422. + Chios 20. 28. 33. 51. 56 f. 70. 296. 347. + Chlodwig 143 f. + Chowaresmier 177. 195. + Chremonides 67. + Christentum 23. 124. 131 f. 136. 145. 151. 156. 163. 171. 173. + 224. 306. 312. 415. 426. + Christenverfolgung 127. 131. 133. 135. + Christian v. Anhalt 254. + -- v. Braunschw. 254. + -- T. K. v. Dn. 216. + -- II. u. III. 249 f. + -- IV. 250. 255. + -- VI u. VII. 292. + -- VIII. 361. + -- IX. 373 f. 411. + Christine K. v. Schw. 250. + Chulalongkorn 420. + Cicero 109 f. 113–118. 121. + Cid 171. + Cimbern 103. + Cincinnatus 78. 80. + Cinna 105. + Cintra Kapit. 328. + Cirta 93. + Cisalpin. Rep. 316 f. 319 f. + Civilis 128. + Claudius Ks. 126. 134. + -- Nero 93. 123. 125. + -- Pulcher 88. + Clemens V. P. 207. + -- VII. 229 f. 241. + -- XIV. 304. + Clermont 112. 173. + Cleve 232. 252. 263. 323. 430. + Clive 300. + Clodius 111. 113. + Cluny 163. 166. + Cobden 353. + Colbert 262. 265. + Cölibat 166. + Coligny 237. + Collatinus 73. 75. + Colombey S. 383. + Colombia 346. 418. + Colonne S. 162. + Colosseum 128. + Columbus 221 f. + Comitia cent. 76. 79. 81 f. 105. 117. 125. + -- cur. 74. 76. + -- trib. 77. 79. 81 f. 101. 106. + Commodus Ks. 131. + Commune v. Paris 310. 392. + Concini 238. + Condé 237. 259. 261–263. + Constantius Ks. 136. + Constituante 307. + Cook 302. + Corday, Charl. 311. + Cordova 152. 171. 194. + Corfinium 104. 114. + Coriolan 78. + Corneille 239. 265. + Cornelia 98. 100. + Corpus iuris 147. + Cortenuova S. 188. + Cortez 223 f. + Coulmiers S. 386. + Covenant 248. + Cranmer 246. + Crassus 107. 109. 111 bis 113. 121. 123. + Crécy S. 208. + Cremera S. 78. + Cremona 89. 94. 127. 187. + Crespy F. 232. + Crispi 412. + Cromwell 248 f. 269 f. + Cuba 222 f. 300. 418. + Culloden S. 299. + Curius Dentatus 85 f. + Custine 313 f. + Custozza S. 356. 379. + Cypern 13. 23. 28. 33. 35. 42. 44 f. 55. 65. 111. 122. 177 f. + 219. 401. 406. + Czaslau S. 281. + + + ~D.~ + + Dacien 129. 134. 139. 142. + Dagobert 147. + Dahomey 404. + Dalai Lama 409. + Damaskus 9. 12. 108. 129. 149 f. 173. 175. + Damenfriede 230. + Damiette 177. + Dampfschiffahrt 344. 424. + Dandolo 176. + Dänemark 162. 165. 170. 179 f. 182. 187. 201. 215 f. 234. 249 f. 255. + 268. 274. 276 f. 292. 327. 337. 361 f. 373 f. 411. + Dänen 153. 158. 162. 169 f. + Danewerk 153. 162. 373. + Dante 198. 211. + Danton 309–312. + Danzig 201. 249. 296. 326 f. 333. 337. 340. + Dardanellen 401. + Dardanos F. 105. + Dareios I. 19. 38. + -- II. 21. + -- III. 21. 60 f. + Dauphiné 208. + Davout 323. 325. 333 bis 335. 337. + Decebalus 129. + Decemvirn 78 f. + Decius Ks. 133. + -- Mus 83. 85. + Deiotarus 109. 116. 117. + Dekeleia 51. + Dekretalen 156. 228. + Delhi 219. 300. 368. 410. + Delion S. 49. + Delos 36. 43. 45. + Delphi 15. 31. 34. 41. 57. 67. 73. + Demaratos 37. 40. + Demetrios v. Phal. 67. + -- Poliork. 64. 67. + -- in Rußl. 251. + Demosthenes 49. 51. + -- Redner 58. 62 f. 70. + Denain S. 274. + Dennewitz S. 335. + Desiderius 151. + Dessauer Brücke S. 255. + Detmold S. 152. + Dettingen S. 281. + Deutsch-Brod S. 204. + Deutsche Flotte 361. 380. 397. 433. + -- Literatur 140. 144. 154. 168. 186. 234. 285. 291. 329. 364. + Deutscher Bund 340. 345. 351. 355. 359 f. 372 f. 375. + -- Krieg 375–379. + -- Orden 178 f. 217. 320. 429. + Deutsches Reich 155 bis 168. 179–190. 195–206. 224. 234. 251–261. + 263 bis 267. 274. 278–285. 289–292. 313. 319–321. 324 f. + 358. 390–397. 423 ff.; + Verfassung 161. 189. 200. 224 f. 260. 266. 320. 391 f. 397. + Deutsch-frz. Kr. 381 bis 393. + Devolutionskr. 262. + Diadochen 63 f. + Diaz 215. 371. + Dictatur 76. 90. 99. 106 f. 115. + Diebitsch 333. 347. 350. + Dijon 169; + S. 143. 388 f. + Diocletian Ks. 135. + Dionysios I. u. II. 67. + Direktorium in Fr. 312. 316. 318. + Dithmarschen 216. 250. + Döffingen S. 202. + Doge 176. 210. 240. 304. + Doggerbank S. 301. + Domesdaybook 192. + Dominika S. 301. + Dominikaner 178. 188. 191. 227. + Domitian Ks. 128 f. + Donaufürstentümer 219. 296. 346 f. 365–367. 399 ff. + Donauwörth 252. + Don Carlos 242. 351. 413. + Doria 240. + Dorische Wanderung 28. + Doryläum S. 174. + Drake 246. + Drakon 34. + Dreibund 395. 411. + Dreißigj. F. 45. + -- Kr. 251–261. + Dreißig in Athen 53 f. + Drepana S. 88. + Dresden 284 f. 288. 333 bis 335. 359. 376; + F. 284; + S. 335. + Drusus 102. 104. 123–126. + Duchatel 209. + Duilius 87. + Dumouriez 314. + Dünkirchen 262. 270. + Düppel S. 361. 373. + Dürer 227. + Dyle S. 157. + Dyrrhachium 47. 99. 114; + S. 115. + + + ~E.~ + + Eberhard v. Franken 158 f. + -- v. Württ. 196. 201 f. 226. 435. + Eckmühl S. 329. + Edda 171. + Edessa 65. 132. 134. 174. + Eduard d. Bek. 170. + Eduard I.-III. K. v. E. 207. 211 f. + -- IV. u. V. 212–214. + -- VI. 246. + -- VII. 409. + -- d. schw. Pr. 208. 214. + Egbert v. Wessex 169. + Eger 258; + F. 202. + Egmont 236. 242 f. + Eidgenossen 197–199. 224. 237. + Einhard 154. + Eisenbahnen 344. 369. 391 f. 394. 397. 411 f. 416 f. 421. 425 f. + Eknomos S. 87. + Elagabalus Ks. 132. + Elam 7–10. 18. + Elba 188. 210. 320. 339. + Eleonore v. Poitou 192. + Eleusis 46. 52. + Elisabeth K. v. E. 246 f. + -- Ks. v. R. 284. 288. 295. + -- Charl. 264. 305. + Elsaß 142 f. 156. 182. 205 f. 258; + an Fr. 260. 262. 264. 343; + wieder deutsch 392. 397. 438. + Elster S. 167. + Emanuel K. v. Port. 245. + Emigranten 307. 313. + Emin Pascha 407. + Emir al Omra 172. + Engelsburg 130. 167. 230. + Enghien 259. 321. + England 169 f. 175. 184. 192 f. 201. 204. 207–209. 211–214. 245. + 249. 254. 256. 262. 264. 269–274. 281. 284–288. 298–303. + 314–321. 323. 327 f. 330 f. 334. 339. 341 f. 346–348. 353. + 361–371. 375. 396 f. 399 ff. 405. 406–411. 412. 414. 415. + 417. 419 ff. 422 f. + Engl. Lit. 212. 272. 302 f. 364. + Ennius 121. + Entdeckungen 221–224 302. 365. + Enzio 188 f. + Epameinondas 56 f. + Ephesos 15. 28. 37. 66. 95. 105. 131. + Ephialtes 40. 44. + Ephoren 29. 43. 68. + Epigonen 26. + Epikur 70. + Epimenides 34. + Epirus 27. 43. 66 f. 85 f. 95. 97. 115. 120. 401. + Erasmus 226. + Eratosthenes 27. 70. + Erbfolgekrieg, bayr. 289 f. + -- österr. 280 f. 284. + -- span. 272–274. + Eresburg 152. 159. + Eretria 20. 39. + Erfindungen 221. 343 f. + Erfurt 151. 184. 196. 227. 321. 325. 327. 337; + Ko. 328; + Parl. 360. + Ernestiner 227. 233. 435. + Ernst August 266. 351. 395. + -- v. Schwaben 164. + Erwin v. Steinbach 190. + Erzämter 147. 159. 200. + Espartero 351. + Essex 142. 247. + Este H. 166. 210. 239. 304. + Estland 215. 217. 249. 276 f. + Etrurien 71. 88. 110. + Kgr. 319. 327. + Etrusker 71. 73. 76–78. 80. 84. 104. 120. + Eugen v. Savoyen 266. 273. 278 f. + -- v. Württemberg 436. + Eukleides 54. 70. + Eumenes 63. 66. 97. + Eupatriden 26. 33. 37. + Euripides 47. + Eurymedon S. 43. 95. + Exarchat 144. 145. + Eylau S. 326. + Ezzelino 188. + + + ~F.~ + + Fabier 78. + Fabius Cunct. 90. 92. + -- Rullianus 84 f. + Fabricius 86. + Faschoda 404. + Fatimiden 172 f. + Fehrbellin S. 263. 431. + Femgerichte 190. 205. + Ferdinand I. Ks. 225. 230 f. 252. + -- II. 253–258. + -- III. 259. + -- I. Ks. v. Ö. 351. 356. 357. + -- d. Kathol. 214 f. 239 f. 241. + -- IV. K. v. Neapel 305. 317. + -- VII. K. v. Sp. 327. 339. + -- v. Braunschw. 287 bis 289. + -- v. Bulgarien 415. + Ferrara 210. 239. 304. + + Fiesco 240. + Fimbria 105. + Finnland 256. 276 f. 294. 330. + Firdusi 172. + Flamininus 95. + Flaminius 90. + Flandern 156. 173. 193. 207–209. 229. 242. 262. + Fleurus S. 265. 314. + Fleury 305. + Florenz 198. 210 f. 240. 370; + Konz. 218. + Florida 300. 302. + Fontenoy S. 155. 284. + Franken 134. 139. 142. 144. + -- Hz. 157. 159 f. 165. 183. 257 f. + Frankenhausen S. 229. + Frankenreich 143. 145 bis 147. 150–156. + Frankfurt a. M. 180. 186. 190. 195. 224. 254. 257. 281. 313. 324; + Bundestag 340. 345. 351. 355. 360. 372. 375. 378; + Parl. 358; + Ko. 372; + F. 391. + Fränkische Ks. 157. 164 bis 168. + Franklin 300. + Frankreich 155. 159. 162 f. 169. 173. 177. 191. 205. 207–209. + 229 f. 232 f. 234–239. 255 f. 258 bis 265. 272–274. 278–280. + 284–289. 297. 301. 305 bis 343. 347–349. 353 bis 355. 365–371. + 379 bis 393. 397. 402–405. 420; + Kaiserreich 321. 355; + Rep. 310. 385–405. + Franz I. Ks. 284. + -- II. 313. 325. 334. 336. + -- I. K. v. Fr. 229. 232. 235 f. + -- II. 236. + -- II. K. v. Neapel 370. + -- Joseph Ks. v. Ö. 357. 369. 372. 377. 398 f. + -- v. Guise 233. 236 f. + -- Sforza 210. + Franz. Lit. 239. 265. 305 f. 363 f. + Freiberg S. 289. + Freiburg 196. 221. 263 f. + Freiheitskrieg, deutscher 333–339. + -- griech. 346 f. + -- niederl. 242 f. + -- amerik. 300–302. + Friedland 255; + S. 326. + Friedrich I. Ks. 175. 180–185. + II. 177. 186–189. + Friedrich III. 205 f. + -- v. Baden 190. + -- Grh. v. Baden 436. + -- v. Meißen 196 f. 204. + -- v. Nürnb. 195. 203 f. 428. + -- v. Öst. 188. 190. 198. 203. + -- v. d. Pfalz 206. 254. + -- v. Staufen 167. 179. + -- d. Weise 227 f. + -- I. Kf. v. Br. 204. 428. + -- II. 428. + -- I. K. v. Pr. 267. 272 bis 276. 431 f. + -- II. d. Gr. 280–290. 432. + -- III. 395. 434. + -- I u. II. K. v. Dn. 250. + -- III. 268. + -- IV. 274. 292. + -- VII. 361 f. + -- VIII. 411. + -- K. v. Schw. 277. 292. + -- Aug. K. v. Sachsen 326. 333. 336. 435. + -- Franz Grh. v. Meckl. 378. 385 ff. 437. + -- Karl 376. 382–387. + Friedr. Wilh. d. Gr. Kf. 244. 259. 262 f. 265 bis 267 f. 430 f. + -- -- I. K. v. Pr. 276. 279. 431 f. + -- -- II. 291. 313. 421. 432 f. + -- -- III. 316. 323–328. 332–339. 342. 343. 364. 433. + -- -- IV. 353. 355 f. 359 f. 364. 367. 371. 433. + -- -- Kronprinz 376 ff. 382 ff. 434. + -- -- v. Braunschweig 330. 342. 437. + Friesland 139. 151. 156. + Fronde 261. + Frundsberg 229. + Fulda 151. 154. + Fürstenbund 291. + Fürstenwalde 288; + V. 200. + Füßen F. 284. + + + ~G.~ + + Gadebusch S. 276. 335. + Gades 13. 93. 114. + Gaëta 227. 370. + Galater 66. 96. 109. + Galba Ks. 127. + Galerius Ks. 135. + Galilei 227. 240. + Galizien 296. 298. 330. 340. + Gallas 258. + Gallia cisalpina 71. 82. 89. 94, 99. 118. + Gallier 80. 82. 89 f. 111 bis 113. 123. 128. + Gambetta 385 f. 388. 390. 403. + Garibaldi 370. 381. 388 f. + Garigliano 153; + S. 235. + Gasnaviden 172. 195. + Gastein V. 374. + Gelon 37. 41. 50. + Genf 165. 231. 247. 316. 341. 417; + V. 374. + Genserich 141. + Gent 209. 231. 341; + V. 243. + Genua 93. 175 f. 198. 210. 221. 240. 264. 303 316. 321. 341. + Georg I. K. v. E. 299. + -- II. 281. 299. + -- III. 300. + -- IV. 346. + -- V. 410. + -- V. K. v. Hann. 378. + -- Podiebrad 206. + -- Wilh. v. Br. 256. 430. + -- I. v. Gr. 415. + Gepiden 142. 145. + Geraischer Vergl. 429. + Gerbert 162. + Gergovia Bl. 112. + Germanen 13. 103 f. 111 f. 124 f. 134 f. 139–147. + Germanicus 125. + Gero 159 f. 427. + Gerson 204. + Geusen 242. + Ghibellinen 180. 188. 198. + Gibraltar 149. 273 f.; + Bl. 301. + Girondisten 309–312. + Giselbert 158 f. + Gitschin S 376. + Gjedser 411. + Gladstone 409. + Gneisenau 326. 334. 342. + Godoy 315. 327. + Goethe 291. + Goldene Bulle 200. 217. + Göllheim S. 196. + Gonsalvo 235. + Gordianus Ks. 133. + Gordon 269. 407. + Gorgias 50. + Görz 276 f. + Goslar 158. 164. 165. 168. 182. 190. 321. 340. + Goten 132 f. 139–144. + Gotha 233. 252. 285 f. 360. + Gottesfriede 165. 167. 169. + Gottfried v. Anjou 192. + -- v. Bouillon 173 f. + -- v. Lothringen 165. + Göttingen 163. 285. 344. 351. + Gracchen 100. 103. + Granada 194. 214 f. 221. + Granikos S. 60. + Granson S. 206. + Granvella 242. + Gratianus Ks. 137. + Gravelingen S. 236. + Gravelotte S. 384. + Gregor I. P. 145. + -- V. 162. + -- VII. 166 f. + -- IX. 187 f. + -- XIII. 241. + Griechenland 15. 20. 23. 28. 31. 47. 59. 66. 95. 97. 99. 105 f. + 127. 136. 148. 218; + Kgr. 346. 415. + Griech. Kirche 156. 170. 176. 218. + -- Kunst u. Lit. 28. 37. 46. 69 f. 131. 147. 218. + Grochow S. 350. + Großbeeren S. 335. + Groß-Görschen S. 334. + Großjägersdorf S. 286. + Großmogul 219. 300. + Grotius 244. + Grumbach 252. + Guam 418. 426. + Guelfen 181. 189. 198. + Guesclin 208. + Guisen 236–238. + Guizot 353. 364. + Günther v. Schwarzb. 199 + Gustav Wasa 249. + -- II. Adolf 249. 256 bis 258. 430. + -- III. 294. + -- IV. 327. + -- V. 411. + Gutenberg 206. + Gyges 15. + Gylippos 50. + + + ~H.~ + + Haag V. 276; + Ko. 402. + Habeasc.-Akte 271. + Habsburg H. 195 f. 205 bis 207. 253. 272; + St. 225. 282. 357. + Hadrian Ks. 130. + -- IV. P. 182. + -- VI. 241. + Hakon VI. K. v. Norw. 215. + -- VII. 411. + Haliartos S. 55. + Halle 153. 164. 233. 267. 325. 365. + Hallue S. 387. + Hamburg 154. 156. 160. 184. 187. 200. 259. 320. 333 f. 344. 394. + 424. 426. + Hamilkar 88 f. + Hampden 248. + Hamurrabi 8. + Hanau S. 336. + Hannibal 89–94. 96. + Hannover Kf. 266. 276. 286. 291. 321–325. 331. 336; + Kgr. 341. 351. 359 f. 379. 375. 377–379. + Hanse 200. 215 f. 246. 249. 261. + Hansestädte 200. 255. 320. 331. 351. 394. 438. + Harald K. v. E. 170. + Hardenberg 328. 343. + Harun al R. 150. 153. + Harzburg 166. 186. + Hasdrubal 88. 91. 93. + Hase S. 152. + Hastenbeck S. 286. + Hastings S. 170. + Hatto v. Mainz 157. + Hausmeier, s. Major domus. + Haynau 356. 358. + Hedschra 148. + Heidelberg 182. 189. 202. 226. 234. 265. 320. 436. + Heilbronn 180. 265. 321; + B. 257. + Heilige Allianz 343. + H. Berg 77. + -- Krieg 33. 57. + H. Liga 235 f. 237. + Heinrich I. K. v. D. 158. + -- II. Ks. 163. + -- III.-V. 165–168. + -- VI. 185. + -- VII. 197. + -- I.-III. K. v. E. 192 f. + -- IV.-VI. 212. + -- VII. 245. + -- VIII. 236. 245. + -- I. K. v. Fr. 169. + -- II. 233. 236. + -- III. u. IV. 237 f. + -- Hz. v. Bayern 159. 162. + -- v. Braunschw. 232. + -- d. Fromme 195. + -- v. Guise 237. + -- Jasomirgott 180. + -- d. Löwe 182–185. + -- v. Plauen 217. + -- Prinz v. Pr. 288 f. + -- Raspe 188. + -- d. Seefahrer 215. + -- d. Stolze 179. + -- v. Trastamara 214. + -- d. Zänker 160. 162. + Helena 24. 27. 135 f. 173. + Helgoland 327. 361. 374. 396. + Heliaia 35. 44. + Heloten 29. 32. + Helvetier 103. 111. + Helvet. Rep. 316. 319 f. + Hemmingstedt S. 216. + Herakleia 31. 66; + S. 85. + Herakliden 25. 28. + Heraklios Ks. 148. + Hermandad 215. + Hermann Balk 179. + -- Billung 159. + -- v. Salm 167. + -- v. Salza 178. 187. + -- v. Thüringen 186. + -- v. Wied 232 f. + Herodes 124. + Herodot 4. 6. 18. 39. 47. + Herrenhausen V. 278. + Hessen 151. 157. 188. 224. 229. 231. 257. 260. 281. 286. + 301. 313. 436. + -- Grh. 324. 337. 355. 375. 379. 391. 436. + -- Kf. 320. 324. 327. 336. 350. 360. 375. 377. 379. 436. + Hiero 50. 67. 87. 91. + Hildesheim 152.168. 321. 340. + Himera S. 41. + Hippias 36. 39. + Hippokrates 48. + Histiaios 20. + Hochkirch S. 287. + Höchst S. 254. + Höchstädt S. 273. + Hofer 329 f. + Hohenfriedeberg S. 284. + Hohenlinden S. 319. + Hohenlohe 325 f. 392. 396. + Hohenstaufen 167 f. 179 bis 190; + St. 181. + Hohenzollern 195. 359. 428–434; + St. 283. + Holbein 227. + Holland 189. 199. 205. 209. 242 f. 262. 268. 270. 272. 274. + 301. 314; + Kgr. 324. 331. 410. + Holstein 179. 184. 187. 216. 224. 255. 276. 341. 361. 373–375. + -- Gottorp H. 274. 277. 294. 295; + St. 293. + Homer 28. + Honorius Ks. 138. 141. + Horatius 76. 79. 122. + Hubertusb. F. 289. + Hugenotten 237–239. + Hugo Capet 169. + -- v. Francien 160. 169. + Humanisten 211. 226. + Humboldt 329. 365. + Hunnen 140. 142 f. + Hunyadi 218. + Hus, Hussiten 204 f. 428. + Hutten 226. 228. + Hydaspes S. 61. + Hyder Ali 300. + Hypereides 63. 70. + + + ~I.~ + + Iconium 173. 174. + Idisiaviso S. 125. + Idstedt S. 362. + Ilerda Kapit. 114. + Illyrien 33. 57. 89. 94. 97. 330; + röm. Prov. 99. 111. 115. 122. 132. 135. 140. + Inaros 21. 44. + Independenten 249. 270. + Index 241. + Indien 15–17. 61. 65. 172. 219. 222. 300. 353. 368. 406. 410. + Ingelheim 155. 161. 168. 182. + Innocenz II. P. 79. + -- III. 176. 186. + -- IV. 188. + Inquisition 186. 215. 241. + Interim 233. + Interregnum 72. 74. 189. 426. + Invest.-Streit 166–168. + Ionier 6. 20. 23. 25. 31 f. 37. 42. + Ionische Inseln 240. 304. 316 f. 341. + Iphikrates 55. + Ipsos S. 64. 67. + Iran 15. 17. 172. + Irene Ks. 148. + Irland 192. 247 f. 270. 272. 353. 409. + Isaak Ang. Ks. 176. + Isabeau K. 209. + Isabella v. Kast. K. 214 f. 221. 241. + -- K. v. Sp. 351. 413. + Isagoras 37. + Islam 148. 195. + Island 171. + Issos S. 60. + Italien 32. 62. 66. 70. 84. 86. 89. 94. 98. 103. 119. 122. 134–138; + im M.-Alter 140. 142–145. 152 f. 155 f. 160–168. 171. 179. + 182–190. 198 f. 210 f.; + in der Neuzeit 235. 239 f. 273 f. 279. 284. 303 f. 315. 317. + 341. 345. 356. 362. 369. + -- Kgr. 157. 321. 370. 379. 411. + Italien, Kunst u. Lit. 211. 241 + Iuba 115–117. + Ivry S. 233 + Iwan III. Ks. 216 + -- IV. 250 + -- VI. 295 f. + + + ~J.~ + + Jacquerie 208. + Jagellonen 217. 250. + Jägerndorf 253 f. 280 f. 429. + Jakob I. K. v. E. 247. + -- II. 271. + -- d. Prät. 299 f. + Jakobäa 209. + Jakobiner 309. 312. + Jan de Witt 262 f. + Janitscharen 218. 251. 347. + Jankau S. 259. + Japan 22. 219. 223. 251. 368. 410. 420–423. + Jassy F. 297. + Jemappes S. 314. + Jena 233. 345; + S. 325. + Jérome Bonap. 326. 336. + Jerusalem 6. 11 f. 109. 130. 149. + -- Kgr. 174 f. 177. + Jesaja 12. + Jesuiten 231. 251 f. 303. 304. 339. 393. 403. + Joachim I. Kf. 429. + -- II. 232. 281. 429. + -- Friedrich 429. + Jobst v. Mähren 203. 428. + Johann K. v. Böhmen 197 f. 208. + -- II. K. v. Fr. 208. + -- Hz. v. Burgund 208 f. + -- ohne Land 193. + -- Kasimir K. v. Polen 250. 267. + -- Sobieski K. 266. 268. + -- XII. P. 160. + -- XXII. 198. + -- XXIII. 203. + -- Erzh. 329. 358 f. + -- Kf. v. Br. 429. + -- v. Leyden 231. + -- Parricida 197. + -- Albrecht Hz. v. Meckl. 395. 424. 437. + -- Friedrich Kf. 232. 252. + -- Georg Kf. 254. 256. + -- -- v. Jägerndorf 253 f. + -- -- Kf. v. Br. 429. + -- Sigismund Kf. 252, 430. + -- v. Werth 258 f. + -- Zapolya 230. + Johanna Grey 246. + -- K. v. Sp. 225. 241. + Johanniter 178. 219. 230. 242. 316. 320. + Joseph I. Ks. 272. + -- II. 289 f. + -- K. v. Sp. 324. 327. + Jourdan 314 f. 317. + Juan d’Austria 212. 243. + Juanschikai 422. + Juarez 371. + Juden 11 f. 19. 65. 130. 215. + Jugurtha 103. + Julia 110. 123 f. + Julianus Ks. 137. + Jülich 252. 290. 430. + Juli-Rev. 348. + Julius II. P. 240. + Jungfrau v. Orl. 209. + Justinian Ks. 144. 147. + + + ~K.~ + + Kabira S. 108. + Kairo 149. 172. 177. 316. + Kaiserslautern 182; + S. 314. + Kalabrien 121. 145. 162. 343. + Kalender 74. 116. 241. 311. + Kalifat 148 f. 171 f. 195. + Kalifornien 223. 302. + Kalisch 298; + B. 333. + Kalixtiner 205. + Kalmar. Union 216. + Kanada 238. 300. + Kandia 176. 210. 219. 240. 304. + Kant 291. + Kapitol 72. 80. 131. + Kapland 215. 244. 314. 331. 339. 406. 407. + Karl d. Dicke Ks. 156. 169. + -- d. Einf. K. 169. + -- d. Große Ks. 151–154. + -- d. Kahle Ks. 156 f. 169. + -- Martel 147. 150. + -- IV. Ks., 199–203. 428. + -- V. 228–234. + -- VI. 272–274. 278. 280. + -- VII. 281. 434. + -- I. K. v. E. 247 f. + -- II. 270. + -- V. u. VI. K. v. Fr. 208. + -- VII. 209. + -- VIII. 209. 235. + -- IX. 236. + -- X, 348. + -- IX. K. v. Schw. 249. + -- X. u. XI. 267 f. + -- XII. 274 f. + -- XIII. 330. + -- XIV. u. XV. 363. + -- I. K. v. Sp. 241. + -- II. 272. + -- III. 303. + -- IV. 315. 327. + -- Albert K. v. Sard. 356. 362. + -- v. Anjou 190. 196. + -- Aug. v. Weimar 291. 325. 437. + -- d. Böse 208. + -- v. Bourbon 229 f. + -- Eduard 299 f. + -- Erzh. 315. 317. 323. 329. + -- d. Kühne 206. 209. + -- v. Lothr. 266. 284. 286. + -- v. Rumänien 399. 414. + -- Theodor v. d. Pfalz 289 f. + -- Wilh. Ferd. v. Br. 313. 325. 437. + Karlowitz F. 266. 304. + Karlsbad Ko. 345. + Kärnten 103. 123. 157. + Hz. 162. 166. 196; + östr. 198. 225. 253. + Karolinger 150–158. 169; + St. 155. + Karthago 14 f. 19. 41. 67. 82. 87–89. 91. 93 f. 98. 102. + 117. 141. 149. + Kasimir K. v. Polen 216. + Kassander 64 f. 67. + Kastilien 171. 194. 215 f. 221. 273. + Katalaun. F., S. 142. + Katharina v. Aragon 245. + -- v. Medici 236 f. + Katharina I. Ks. v. R. 274. 294. + -- II., 295 f. + Katzbach S. 335. + Kaukasus 108. 297. 348. 369. + Kaunitz 285. + Keilschrift 7. 19. + Kelantan 409. + Kelten 15. 71. 111. 113. + Kepler 227. 252. + Kerkyra 31. 43. 47 f. 56. + Kesselsdorf S. 284. + Kiel 292. 371. 377. 394; + F. 337. 341. + Kiew 170. 195. 216. + Kimon 39. 43–45. + Kinderkreuzzug 176. + Kirchenstaat 145. 150. 151. 186. 211. 240. 304. 315. 320. 330. + 341. 362 f. 370. 381. 411. + Kleisthenes 33. 36 f. + Kleomenes 37–39. 68. + Kleon 48 f. + Kleopatra 116. 119 f. + Klissow S. 275. + Klopstock 285. + Klöster 145. 150. 151. 154. 163. 245. 290. 309. 321. 400. + Knidos 28; + S. 55. + Knox 247. + Knud d. Gr. 165. 170. + Koalitionskr. 313. 317. 323. + Koblenz 199. 307. 313. 337. 372. + Koburg H. 350. 401. 414. 415; + St. 352. 437. + -- Prinz 314. + Kodros 28. 33. + Kolberg Bl. 288. 326. + Kolin S. 286. + Köln, 124 f. 150. 152. 161. 179. 190. 200. 201. 230. 314; + Rchst. 224. + Erzb. 153. 160 f. 166. 183. 184. 189 f. 351; + Kf. 200. 206. 232. 252. 272. 274. 320. + Kolonien, griech. 13. 27 f. 31. 46. 62. + -- röm. 82–87. 89. 92 ff. 102. 117. + -- span. 222–224. 300. 301 f. 346. 413. + -- holl. 244. 314. 320. 331. 339. + -- engl. 246. 270. 274. 300 ff. 339. 353. 368. 406–410. + -- frz. 238. 262. 300. 331. 348. 354. 369. 403–405. + -- portug. 222 f. 346. + -- deutsche 395 ff. 423 ff. + -- belg. 410. + -- ital. 412. + Komnenen H. 172. 194. + Kong-fu-tse (Confucius) 22. + Kongostaat 395. 410. + Königgrätz S. 377. + Königsberg 179. 217. 267. 325 f. 332 f. 431; + V. 267. 327. + Königsgesetz 268. + Königsmark 260. 304. + Konkordat, frz. 236. 319. 331. + -- östr. 398. + -- Wiener 205. + -- Wormser 168. + Konkordienformel 252. + Konon 52 f. 55. + Konrad I. K. v. D. 157 f. + -- II. Ks. 164 f. + -- III. 174 f. 180. + Konrad IV. 189. + -- v. Hochstaden 190. + -- v. Marburg 188. + -- v. Masovien 178. + -- d. Rote 159 f. + -- v. Staufen 168. 179. + -- v. Wettin 180. + Konradin 190. + Konstantin d. Gr. 136 f. 145. + Konstantinopel 42. 136. 144. 147–149. 156. 173. 176. 218. 296. + 347. 365. 400. + Konstanz 150. 164, F. 184; + Konz. 203 f. + Konstanze 185. + Konsulat 75. 78 f. 81. 99. 122; + in Fr. 318. + Kontinentalsperre 326. 331. + Konvent 310–312. + Kopenhagen 201. 268. 275. 285. 327. 361. 411. + Kopernikus 227. + Koran 149. + Korea 251. 420. 422 ff. + Korfu 176. 210. 220, s. Ion. Inseln. + Korinth 26. 28. 31 f. 44. 47 f. 55. 59. 68 f. 72. 98. 117. + Körner 335. 364. + Koroneia S. 45. 55. + Korsika 14. 32. 88. 210. 303. 311. + Kosciuszko 298. + Kossuth 357 f. + Krakau 216. 267. 298. 341. 354. + Krannon S. 63. + Krateros 60. 62 f. + Krefeld S. 287. + Kreta 13. 23. 25. 28. 30. 107. 122. 415, vgl. Kandia. + Kreuzzüge 173–179. + Krim 31. 105. 108. 296. + Krimkrieg 366 f. + Krimisos S. 67. + Kritias 54. + Kroisos 15 f. + Kroton 32. 37. 94. 162. + Kulm S. 335. + Kunaxa S. 21. 54. + Kunersdorf S. 288. + Kurfürsten 196. 200. 224. 254. 256. 260. 266. 320. + Kurland 217. 249. 256. 268. 295 f. 298. + Kutschuck Kain. F. 296. + Kutusow 323–332. + Kylon 33 f. + Kyme 31. 76. + Kynoskephalä S. 56. 95. + Kypselos 32. + Kyrene 6. 14. 19. 31. 65. 107. 122. 143. + Kyros 11. 13. 15 f. 18 f. + -- d. jüng. 21. 52. 54. + Kythera 13. 49. + Kyzikos 31, S. 52. + + + ~L.~ + + Labiau V. 267. + Labienus 112. 116. + Lade S. 20. + Ladislaus 206. 218. + Laelius 93. + Lafayette 301. 307. 313. + Lagos S. 300. + La Hougue S. 265. + Laibach Ko. 345. + Lamartine 354. 364. + Lamischer Kr. 63. + Lancaster H. 212–214. + Landau 274. 340. 343. + Landfriede 165. 167. 188. 196. 200. 206. 224. + Landshut S. 288. + Langensalza S. 378. + Langobarden 124. 139. 144 f. 151. + Laon S. 338. + La Rochelle 193. 237. 239. 248. + La Rothière S. 337. + Lat. Kaisert. 176. 194. + Latiner 70 f. 77. 83. 87. 92. 102. 104. + Land 248. + Laudon 288. 297. + Lauenburg 184. 189. 200. 204. 224. 341. 373 f. 431. + Lausitz 158. 161. 163 f. 199. 202. 224. 254. 258. 286 f. 334. + 376. 427. + La Valette 242. + Law 305. + Lechfeld S. 160. + Leicester 193. 244. + Leipzig 203. 228. 285. 394; + S. 256. 259. 336. + Le Mans S. 310. 387. + Lenzen S. 158. + Leo I. P. 142. + -- III. 153. + -- IV. 156. + -- VIII. 160. + -- X. 241. + -- XIII. 393. + Leoben F. 315. + Leon Kgr. 171. 194. + Leonidas 40. + Leopold I. Ks. 263. 265. + -- II. 291. 313. + -- L K. d. Belgier 350. + -- II. 410. + Leopold v. Dessau 273. 280. 284. 432. 438. + -- v. Öst. 176. 198. 202. + Lepanto S. 240. 242. + Lepidus 115. 118 f. + Lesbos 20. 28. 33. 38. 42. 48. 115. + Lessing 285. 291. + Leuktra S. 56. + Leuthen S. 287. + Lexington S. 301. + Leyden 231. 244. + Licinische Ges. 81. 100. + Licinius Ks. 136. + Lidj Jeassu 412. + Liegnitz Hz. 195. 281. 429; + S. 288. + Liga 235. 252. 254. + Ligue 209. 237. + Ligurer 70. 93 f. + Ligurische Rep. 316. 321. + Limes 129. 134 f. + Lisaine S. 388. + Lissa S. 379. + Lissabon 194. 215. 303. + Litauen 217. 275. 298. + Livius 82. 122 f. + -- Drusus 102. 104. + Livland 217. 249. 268. 274. 276 f. 402. + Lobositz S. 286. + Lokrer 27. 32. 40. 44. 48. 59. 66 f. + Lollharden 212. + Lombardei 151. 188. 315 f. 356 f. 369. + Lombard. Städte 182 f. 188. 199. + London 200. 212. 246. 248. 270. 300. 321. 339. 363; + Ko. 347. 350. 373. 380; + V. 362. + Lothar Ks. 155 f. + -- v. Sachsen 168. 179. + Lothringen Hz. 157 bis 162. 165. 168. 173. 205 f. 224. 233; + an Frankreich 239; + wieder deutsch 260. 262–265; + an Frankreich 279. 343; + wieder deutsch 391. 438. + -- H. 284, St. 282. + Louis Bonap. 324. 331. + -- Nap. 322. 353–355. + Louisiana 262. 300. 302. + Löwen S. 157. + Lübeck 184. 187. 190. 200 f. 249 f. 320. 325. 337, F. 255. + -- Bistum 255. 292. 321. + Lucaner 70. 83 f. 92. + Lucian 131. + Lucian Bonap. 318. 322. + Lucka S. 197. + Lucretia 73. + Lucullus 108. + Ludov. Moro 235. + Ludwig d. Bayer 198 f. 428. + -- d. Deutsche 156. + -- d. Fromme 154 f. + -- d. Kind 157. + -- I. K. v. Bayern 347. 356. 364. 435. + -- II. 390. 435. + -- III. K. v. Fr. 169. + -- IV. u. V. 169. + -- VI. 191. + -- VII. 174 f. 191. + -- VIII. 191. + -- IX. 177. 191. + -- X. 207. + -- XI. 209. + -- XII. 235. + -- XIII. 238 f. + -- XIV. 261–265. 272 bis 274. + -- XV. 279. 305. + -- XVI 305–310. + -- (XVII.) 310. 312. + -- XVIII. 339. + -- d. Gr. K. v. Ung. 217. + -- v. Baden 265. + -- Philipp K. v. Fr. 314. 348. 353 f. + Lügenfeld S. 154. + Luise K. v. Pr. 326. 329. + -- v. Savoyen 230. + Lunéville F. 319. + Lusignan 174 f. 219. + Luther 227–230. 232; + Lutter a. B., S. 255. + Lützen S. 257. 334. + Lützower 334 f. + Luxemburg 197. 202. 205. 264 f. 290; + Grh. 340. 380. 410. + -- Marschall 265. + Luynes 238. + Lydien 15 f. 24. 33. + Lykurgos 29. + Lyon 123. 198. 311. 389; + Konz. 188. + Lysander 52. 54. + Lysimachos 63–66. + + + ~M.~ + + Macbeth 170. + Macchiavelli 241. + Macdonald 332. 335. + Mack 317. 323. + Mac-Mahon 369. 382 bis 384. 392. 403. + Madagaskar 404. + Madrid 273. 328. 337. 413; + F. 229. + Maecenas 122. + Magalhães 223. + Magdeburg 153. 161 f. 183. 190. 255 f. 258 f. 325. 337. 427. 429 f. + Magenta S. 369. + Mag. equitum 76. 80. 90. 115. + Magna Charta 193. + Magnesia 43; + S. 95. + Magyaren 157 f. 357. 398. + Mahdi 407. + Mähren 139. 156 f. 196. 202. 224. 259. 281. 287. 323. 376. 398. + Maifeld 147. 151. 342. + Mailand 89. 134 f. 137. 183–185. 198. 315. 356. 369. + -- Hz. 203. 210. 225. 229. 231 f. 234 f. 239. 274. 303. 340. + Mainz 124. 129. 163 f. 167 f. 184. 190. 257. 265. 337. 340. 378; + Bl. 314; + Rchst. 188. + -- Erzb. 151. 160. 190. 196. 206. 227; + Kf. 200. 206. 224. 320. + Majestätsbrief 253. + Majordomus 147. 150. + Makedonien 20. 38. 49. 53. 56–59. 63 f. 66–68. 91; + röm. Prov. 98. 110. 118. 122. 123. 135; + in der Neuzeit 415. + Makedon. Kr. 91. 94 f. 96 f. + -- Ks. 172. + Makkabäer 65. 109. + Malakka 223. 409. + Malmö 201; + W. 361. + Malplaquet S. 273. + Malta 178. 242. + Mamelucken 177. 195. + Mamertiner 87. + Mandschudynastie 251. 422. + Manfred 189 f. + Manlius Cap. 80. + -- Torquatus 82 f. + Mansfeld 253–255. + Manteuffel Min. 360. + -- Gen. 375. 378. 386–389. 392 + Mantineia S. 50. 57. + Mantua 239. 272 f. 279. 330. 369; + Bl. 315. + Manuel K. v. Port. 414. + Marathon S. 39. + Marbod 124 f. + Marburg 188. 230. + M. Aurelius Ks. 130 f. + Marcellus 91 f. + Marchfeld S. 196. + Marco Polo 195. 221. + Mardonios 38. 41 f. + Marengo S. 319. + Margarete v. Anjou 212. 214. + -- v. Dn. 215 f. + -- Maultasch 198. + -- v. Navarra 231. + -- v. Parma 242. + -- v. Valois 237. + Maria v. Burgund 206. 225. + -- d. Kathol. 245 f. + -- v. Medici 238. + -- Stuart 235. 246 f. + -- v. Ungarn 225. + -- Theresia v. Öst. 278 bis 282. 284 f. 289 f. + -- -- v. Sp. 262. 265. + Marie Ant. 305. 311. + -- Louise v. Ö. 331. 338. + Marienburg 179. 217. + Marignano S. 235. + Marius 103–105. + Markomannen 131. 146. + Marlborough 273. 298. + Marokko 245. 405. 409. 413 f. + Marschall v. Sachsen 284. + Marsischer Kr. 104. + Mars-la-Tour S. 383. + Martin V. P. 204. + Masaniello 241. + Masséna 317. 329. + Massilia 32. 66. 89. 101. 114. + Massinissa 92 f. 97. + Mathilde v. Tuse. 167. 179. + Mathild. Güter 168. 179. 186. + Matthias Ks. 253. + -- Corvinus 206. 218. + Maupertuis S. 208. + Mauretanien 103. 116. 126. 171. + Mausoleum 69. + Maxen Kapit. 288. + Maxentius Ks. 136. + Maximilian I. Ks. 206. 224 f. 228. 239. + -- II. 252. + -- Hz. v. Bayern 252. 254. 257. + -- K. v. Bayern 324. 435. + -- Ks. v. Mexiko 371. + Max Joseph Kf. v. Bayern 284. 289. + Mayenne 238. + Mazarin 261 f. + Mazeppa 275. + + Mecklenburg 180. 183. 187. 224. 231. 255. 260. 276. 333; + Grh. 351. 378. 391. 436 f. + Meder 9 f. 15. 17–20. + Medici 211. 240 f. 279. + Megakles 34. 36. + Megalopolis 56. 68. + Megara 28. 31. 33. 44. 48. 68. + Mehemed Ali 347. 353. + Meißen 158. 161. 179. 188 f. 196 f. 255. 435. + Mélac 265. + Melanchthon 227. 230. 232. + Melilla 405. 413 f. + Menelik 412. + Menorka 274. 301. + Menschikow 269. 276. 294. 365 f. + Merowinger 143. 145 bis 147. + Merseburg 158. 161. 180. 255. + Mersen V. 156. + Missolunghi 347. + Mesopotamien 6. 60. 113; + röm. Prov. 129–132. 135. + Messalina 126. + Messana 31. 87. 99. + Messenien 28. 56. 58. 69. + Messen. Kr. 32. 43. + Messina 363. 412. + Metaurus S. 93. + Metternich 329. 334. 340. 345. 355. + Metz 145. 167. 175. 200; + an Frankreich 233. 236. 260. 264. 380 f. 384; + wieder deutsch 386. 391. 438. + Mexiko 223. 302. 346. 370 f. 418. + Michelangelo 241. + Milan 399. 414. + Milet 15. 20. 28. 31. 38. 42. 51. 60. + Milo 85. 113. + Miltiades 36. 39. + Ming-Dynastie 219. + Minden 152. 255. 260. 430; + S. 287. + Mirabeau 307. 309. + Mithradates 105. 108 f. + Möckern S. 333. 336. + Modena 118. 210. 239. 271. 315. 341. 370. + Mohacz S. 230. 266. + Mohammed 148 f. 416. + Moldau 219. 275. 296. 346. 367. + Mollwitz S. 281. + Moltke 373. 376. 382. 384. + Mönchsorden 145. 178. 411. + Mongolen 22. 140. 148. 194 f. 216. + Monk 270. + Monmouth 271. + Monroe 346. 371. + Montecuccoli 263. 266. + Montenegro 399 f. 414. + Montereau 209; + S. 338. + Montesquieu 305. + Montmartre S. 338. + Montmirail S. 337. + Montmorency 239. + Morea 176. 219. 304. 347. + Moreau 315. 319. 321. + Morenga 425. + Morgarten S. 198. + Moritz v. Or. 244. + -- v. Sachsen 232 f. 435. + Morosini 304. + Mösien 123. 134. 140. + Moskau 195. 216. 251. 269. 275. 294. 332. + Mucius Scaevola 76. + Mühlberg S. 232. + Mühldorf S. 198. + Muley Hafid 405. + Mummius 98. + München 190. 257. 284. 319. 356. 364. 434 f. + Münchengrätz S. 376. + Munda S. 117. + Municipien 86. 116. + Münnich 294 f. + Münster 152. 231. 262. 321. 434; + F. 260. + Münzwes., griech. 32. 34. 64. + -- röm. 74. + Murat 323 f. 327. 341. 343. + Murten S. 206. + Mutina 89. 94; + S. 118. + Mutsuhito 368. + Mykale S. 42. + Mykenä 23–25. 27. + Mylae S. 87. + Mytilene 28. 33. 48 f. 52. 109. + + + ~N.~ + + Nabis 69. 95. + Nabukudrossor 8. 10. 13. + Nachod S. 376. + Naevius 121. + Näfels S. 202. + Nantes, Edikt 238. 264. + Napoleon I. 311 f. 315 f. 318–343. + -- III. 353. 355. 365–371. 377. 380–384. 403. + Narses 144 f. + Narvaez 351. 363. + Narwa S. 275. + Nassau 196. 242. 324. 378 f. 410. + Naukrarien 35. 39. + Naukratis 6. 31. + Naupaktos 28. 44. 48. + Navarin S. 347. + Navarra 171. 207. 211. 229. 231. 236–238. + Navig.-Akte 270. + Neapel 31. 83. 145. 185. 189. + -- Kgr. 185. 187. 211. 225. 235. 241. 273 f. 279. 305. 315. 317. + 324. 327. 341. 343. 345. 363. 370. + Necker 307. 309. + Neerwinden S. 265. 314. + Nelson 317. 323. + Nero Ks. 126 f. + Nerva Ks. 129. + Neuchâtel 274. 323 f. 340 f. 367. 432 f. + Neupers. Reich 133. 135. 137. 144. 149. + Neustrien 146 f. 155. + Newton 272. + New-York 270. 301. 344. + Nicäa 137. 174. 176. 218; + Konz. 136. + Niederlande 206. 225. 251. + -- span. 242–244. 262. 265. + -- österr. 225. 274. 284. 290. + -- Rep. 242–244. 260. 263. 314. + -- Kgr. 340. 349. 363. 410. + Niger 302. 404. 407. + Nika in Konst. 147. + Nikias 48. 50. + Nikita 399. 414. + Nikolaus I. P. 156. + -- II. 166. + -- V. 211. + -- I. Ks. v. R. 347. 357. 360. 365 f. + -- II. 402. + Nikolsburg W. 377. + Nikomedes 66. + Nikomedia 66. 135 f. + Nikopoli S. 218. + Nimwegen 154. 164; + F. 263. + Ninive 8–10; + S. 60. + Nisib S. 353. + Nizza 313. 315. 370; + W. 231. + Nobilität 81. 96. 99. + Nogi 423. + Noisseville S. 384. + Nola 105. 125; + S. 91. + + Nordamer. Kr. 300 bis 302. 331. 416 f. + Norddeutscher Bund 325. 380. 382. 390. + Nordische Konv. 319 f. + Nord. Krieg 274–277. + Nördlingen S. 258. + Nordmark 161. 180. 427. + Normannen 153. 156 f. 170 f. 173. 192. + Norm. K. in E. 192. + Norwegen 170. 215 f. 234. 250. 276. 332. 337. 341. 364. 411. + Notion S. 52. + Novara S. 235. 356. + Novi S. 318. + Nowgorod 170. 201. 216. + Numantia 100. + Numidien 91–93. 98. 103. 116. + Nürnberg 182. 190. 201. 206. 226. 234. 257. 289. 320. 324. 378; + F. 230; + Rchst. 196. + -- Burggrafen 196. 203. 224. 428. + Nystadt F. 277. + + + ~O.~ + + Octavian 118–125. + Odessa 297. 346. + Odo v. Paris 169. + Odovakar 138. 143. + Ofen 232. 266. 357. + Oinophyta S. 44. + Oldenburg 216, Hz. 268. 292. 321. 331. 336, Grh. 351. 361. 437. + Oliva F. 268. 431. + Olmütz 287. 313. 377; + V. 360. + Olympia 30. 43. 46. 69. 138. + Olympias 64. 66. + Olynth 31. 55. 57 f. + Omar 149. + Omaijaden 149 f. + Onomarchos 57. + Optimaten 81. 90. 101 f. 105 f. 110. 114. + Orchomenos 23. 26, S. 105. + Orléans 112. 142. 145; + S. 386. + -- Hz. 208 f. 239. 264. 305. 310. 314. 348, St. 349. + Orlow 295–297. + Osmanen 218, s. Türken. + Osnabrück 152. 200. 321; + F. 260. + Ostende Bl. 244. + Österreich Hz. 162. 180. 182. 196. 198. 202. 225. + -- Kaisert. 272. 278–281. 284–291. 295–298. 313 + bis 320. 323–325. 329 + bis 332. 334–343. 345. 351. 354–358. 360. 362 f. 365 f. 369–379. + 395 bis 399. 401 f. 413–415. 420. + Ostfriesland 281. 284. 340. 432. + Ostgoten 140–144. + Ostindien 222. 300. 368. + Ostind. Komp. 244. 246. 300. 368. + Ostmark 161. 165. 427. + Ostrach S. 317. + Ostrakismos 37. 39. 43 f. 50. + Ostrolenka S. 350. + Oström. Reich 138. 140. 144. 147 f. 153. 172 f. 176. 194. 218. + Ostseeprov. 217. 234. 251. 256. 276 f. 294. 401. + Otho Ks. 127. + Otto I. Ks. 159–161. + -- II. 162. + -- III. 162 f. + -- IV. 186. + -- K. v. Griechenland 347. + -- v. Bamberg 179. + -- v. Nordheim 166. + -- v. Wittelsbach 182. 184. + -- -- Pfalzgr. 186. + Ottokar 196. + Oudenarde S. 273. + Ovidius 122. + Oxenstierna 257. + Oxford 212. 248. 303. + + + ~P.~ + + Paläologen 176. 194. + Palästina 5. 11. 13. 19. 65. 109. 128. 173–175. 177. + Palermo 185. 190. 317. 324. 370. + Palmerston 350. 353. 366. + Palmyra 134. + Panamakanal 418. + Pannonien 124. 135. 139. 142–144. + Panormus 41, S. 88. + Pantheon 123. + Paoli 304. + Papirius Garbo 101. 103. + -- Cursor 84. + Papsttum 145. 156. 158. 160. 166. 173. 177. 186. 196. 207. 211. + 227 f. 231. 236. 245. 315. 330 f. 339. 362 f. 370 f. 411 f. + Paris 112. 145. 150. 157. 162. 169. 192. 199. 203. 208. 236–238. + 261. 306 + bis 312. 319. 321. 324. 348. 353 f. 385; + F. 300. 339. 343. 367. 418; + S. 338; + Bl. 157. 389 f. 392 f. + Parlament in E. 193. 211 f. 247 f. 348. 353. 409 f. + -- deutsches 358 f. + -- in Fr. 238. 261 f. 305. 308. + Parma 189. 239. 279. 284. 304. 319. 339. 341. 370. + Parmenion 60 f. + Parthenier 32. + Parthenon 46. 304. + Parth. Rep. 317. + Parther 17. 65. 113 f. 117. 119. 123. 130. 132 f. + Paschalis II. P. 168. + Paskjewitsch 347. 350. 366. + Passarowitz F. 278. + Passau 124, V. 233. + Patkul 274 f. + Patrizier 74. 76–79. 81. 109. + Paul IV. P. 241. + -- Ks. v. R. 317. 319. + Paulus 131. + Pausanias 42 f. 53. 59. 131. + Pavia 145. 151. 160. 183. + S. 229. + Pedro K. v. Aragon 190. 214. + -- Ks. v. Bras. 346. 417. + Peisistratos 35 f. + Peking 195. 368. 420 f. + Pelopidas 56. + Peloponnes 25. 28. 32 f. 40. 59. 69. 140. 304. + Pelop. Kr. 44. 47–53. + Pelusium S. 6. + Perdikkas 54. 60. 63. + Pergamon 66. 69. 94 bis 97. 101. + Periander 32. 38. + Perikles 44–48. + Periöken 29. 40. + Perserkr. 38–46. + Perseus 24. 66. 96 f. + Persien 17–21. 33. 51 + bis 55. 60–62. 133 bis 135. 137. 144. 172. 218 f. 278. 348. + 402 f. 409. 419. + Peru 223. 346. 417. + Pest 357. 398. + Peter v. Amiens 173. + -- d. Gr. 269. 271–278. 294. + -- II. 294. + -- III. 288. 295. + -- K. v. Ung. 165. + -- v. Vinea 189. + Petersburg 275. 292. 295. 400. + Pet. of rights 247. + Petrarca 211. + Petreius 110. 111. + Pfalzen in D. 154. 161. 165. 182. + Pfalz Kf. 182. 186. 189. 200. 206. 224. 234. 252. 254 f. 260. + 264 f. 289. 320. 434 ff. + Pfalz-Zweibrücken H. 250. 267. 290. + Pfälzischer Kr. 253. 264. + Pharnabazos 52. + Pharnaces 109. 116. + Pharsalus S. 115. + Pheidon 32. + Phidias 46. + Philipp II. v. Mak. 57 + bis 59. + -- V. 66. 68. 91. 94–96. + -- v. Schwaben 186. + -- I. K. v. Fr. 169. 191. + -- II. 175. 191. + -- III.–VI. 207. + -- II. K. v. Sp. 235. 242 + bis 244. + -- III. u. IV. 244. + -- v. 272–274. + -- Hz. v. Burg. 205. 208 f. + -- v. Hessen 229. 231 + bis 233. 436. + -- v. Orl. 305. 308. 310. + -- v. Öst. 225. 241. + Philippi S. 119. + Philippinen 223. 242. 300, 418. + Phil. Arabs Ks. 133. + Philokrates F. 58. + Philopoimen 69. + Philotas 61. + Phöbidas 55. + Phokäa 14. 28. 32. + Phokier 31. 44. 48. + Phokion 63. 67. + Phöniker 13 f. 19. 21. 45. 60. + Phrygien 15. 54. 60. 63. 65 f. + Phylen 26. 36. + Piasten 216. + Piccolomini 205. 258. + Pillnitz B. 313. + Pindar 38. 59. + Pippin 147. 150. 153 bis 155. 211. + Pirna Kapit. 285. + Pisa 171 f. 198. 210. + Konz. 203. + Pitt 299 f. + -- d. j. 300. 320 f. + Pittakos 38. + Pius II. P. 205. + -- VI. 290. 316. + -- VII. 319. 321. 330 f. 339. + -- IX. 362. 393. + -- X. 412. + Pizarro 223. + Placidia 138. 141. + Plantagenet H. 192 f. 211 f. + Platää 39 f. 48, S. 42. + Platon 54. 67. 69; + Plautus 121. + Plebejer 74. 76–82. 111. + Plewna Bl. 400. + Plinius 128. 131. + Plutarch 131. + Poitiers S. 150. + Polen 156. 163 f. 182. 195. 350. 369. 397, Kgr. 216 f. 249 f. + 267–269. 274 bis 277. 294–298. 332. 311. 402. 429 ff. + Pollentia S. 140. + Polybios 70. 82. 97. + Polykrates 6. 36. + Pombal 303. + Pommern 179 f. 224. 231. 255. 259 f. 264. 276 f. 286. 327. + 340. 428–433. + Pompadour 285. 305. + Pompeji 106. 128. + Pompejus Cn. 106–108. 110. 113–115. + -- S. 116. 119. + Poniatowski 296. 298. 336. + Pontifices 72. 81. 120. + Pontus Kgr. 66. 105, + röm. Prov. 108. 116. + Porsenna 76. + Portugal 194. 215. 222. 245. 273. 303. 327. 331. 346. 363. 414. + Posen 298. 226. 340. 395. 432. 434. + Poteidaia 33. 48. 57. + Potemkin 297. + Prag 158. 162. 199. 203 bis 205. 252 f. 284. 334. 377. 398; + F. 258. 379. 430; + Ko. 334. 356, S. 254. 286. + Pragm. Sanktion 278. 281. 284. + Prätoren 81. 98. 107. + Prätorianer 122. 126. 132. 137. + Praxiteles 69. + Presbyterianer 246. 249. + Preßburg 266. 281. 377; + F. 206. 323. + Preußen 162. 178. 217. 225. + Hz. 229. 267. 429 f. + -- Kgr. 267. 276 f. 279 bis 281. 284–291. 296–299. 313 f. 317. + 321. 323–343. 351. 353. 355 f. 359–367. 371–397. 429–434. + Probus Ks. 134. + Proskriptionen 106. 118. + Protestanten 230. 233. 236. 246. 251. 264. + Provence 143. 156. 191. 196. 209. 307. + Pruth F. 275. + Prytanen 36. 52. + Psametik 6. 33. + Ptolemäer 64. 115 f. + Ptolemaios 9. 131. + Pultawa S. 275. + Pultusk S. 275. 326. + Pulververschw. 247. + Panische Kr. 87–94. 97 f. + Puritaner 246 f. + Pydna 57, S. 97. + Pylos 25. 27. 49. + Pyramiden 4, S. 316. + Pyrenäen 89. 92, F. 262. + Pyrrhos 85 f. + Pythagoras 38. + + + ~Q.~ + + Quästoren 75. 80 f. 106. + Quatre-Bras S. 342. + Quebec 238, S. 300. + Quedlinburg 158. 285. 321. 432. + Quibéron S. 300. + Quintilian 131. + + + ~R.~ + + Raab 152 f., S. 329. + Radagais 140. + Radetzki 356. + Raffael 240. + Raimund v. T. 173. 191. + Rainald v. Dassel 182 f. + Ramillies S. 273. + Rastatt 340. 359, F. 274; + Ko. 316 f. + Raucoux S. 284. + Ravenna 114. 125. 141. 143–145. 151. 163, S. 235. + Recknitz S. 160. + Reformation 227–234. 246. 249 f. 429. 436. + Ref. Kirche 234. 237 f. 260. 430. 433. + Regensburg 124. 151 f. 154. 174 f. 190. 201. 257. 320. 329. 435; + W. 204; + Rchst. 232. 266. 320. + Regillus S. 77. + Regulus 87. + Reichenbach V. 291, 334. + Reichsdep. H. 320. + Reichsgericht 394. + Reichskammergericht 224. 266. 289. + Reichsstädte 190. 201 f. 224. 266. 320. + Reims 143. 154. 169. 209, 384. 387. + Rembrandt 245. + Renaissance 211. + René v. Anjou 205. 209. + Rense 202, V. 199. + Requesens 243. + Restitutionsedikt 255. + Reuchlin 226. + Reunionen 264. + Reutlingen S. 202. + Revol., engl. 248 f. 269 f. + -- frz. 306–313. 348. 354; + Rheinischer B. 189. 201 f; + Rheinbund 266. 324. 333. 337 + Rhodus 13. 23. 28. 56 f. 64. 66. 96 f. 109. 124. 178. 219. 230. + Richard v. Cornw. 189. + -- Löwenherz 175 f. 193. + -- II. 212. + -- III. 214. + Richelieu 238 f. 256. 258. + Richmond S. 416 f. + Ricimer 138. + Ried V. 336. + Rienzi 211. + Rifkabylen 405. 413. + Riga 217. 275. 332. + Ritter, athen. 34, röm. 74. 84. 102. 104. + Ritterorden 178. 194. 215. 217. 320. 429. + Rittertum 177. 182. 186. 191. 221. 228. + Robert Guisc. 168. + -- v. d. Norm. 169. 173. + Robespierre 309–312. + Rocroy S. 261. + Roeskild F. 268. + Roger 171. 179. + Roland 152. + Rom 70–86. 90 f. 94. 96. 100–103. 105 f. 110. 115. 117 f. 120–124. + 127 bis 130. 132. 134–136, im + Mittelalter 141. 144 f. 150. 153. 155. 160–164. 167. 179. 182 f. + 185. 188. 198 f. 205. 211, in der + Neuzeit 227. 229. 240 f. 316. 331. 339. 363. 370. 381. 411. + Romanow H. 251. 269. + Römische K. 71–74. + -- Ks. 121–138. + Röm. Gerichtswesen 74 f. 107. 117. + -- Heerwesen 74. 82. 122. 124. 132. + -- Lit. 121. 122. 131. + -- Prov. 88. 94. 99. 102. 108. 122. 126. 135. 136. + -- Recht 78 f. 130. 147. 225. + -- Rep. 75. 81. 100. 106. 118. 125. 316 f. 363. + Rosen, Kr. der 212. + Roßbach S. 287. + Rousseau 306. + Rubens 245. + Rudolf v. Burg. 157. 164 f. + -- v. Hahsb. 195 f. + -- II. Ks. 252 f. + -- v. Schwaben 166. 167. + Rügen 215. 263. 276 f. 327. 340. 374. 382. + Rumänien 129. 139. 367. 399–401. 414. + Ruprecht v. d. Pfalz 202. + Rurik H. 170. 216. 250. + Rußland 170. 195. 216. 250 f. 269. 274–278. 292. 294–298. + 317–320. 323 + bis 325. 331–343. 347 f. 350 f. 357. 361. 365 bis 367. + 375. 399–403. 414 + bis 416. 419–423. + Ryswijk F. 265. 274. + + + ~S.~ + + Saarbrücken 383. + Sabiner 71 f. 77. 85. + Sachsen 139. 142. 150 bis 153. + -- Hz. 158–161. 165 bis 168. 180 f. 182–184. 187. 189. + 227. 231. 435. 437. + -- Kf. 200. 204. 224. 227 f. 232. 250 f. 254–258. 266. 275. + 284–289. 291. 325. 435. + -- Kgr. 326. 333 f. 336. 340. 350. 360. 376. 379. 391. 435. + Sachsenspiegel 189. + Sächsische Ks. 158–163. + -- K. in E. 169 f. + Sagunt Bl. 89. + Saladin 175. + Salamis 34, S. 41. 45. + Salische Franken 139. 143. + -- Ks. 164–168. + Salisches Gesetz 146. 207. + Salzburg 151. 153. 320. 324. 340. 432. + Samarkand 172. 218. 369. 401. + Samniten 70. 82–86. 91. 106. + Samoa-Inseln 397. 407. 418. 426. + Samos 20. 28. 33. 36 f. 51. + Sancho d. Gr. 171. + S. Germano F. 187. + St. Gotthard S. 266. + St. Jakob S. 205. + S. Stefano F. 400. + S. Vincent S. 301. + St. Germain F. 263. + St. Privat S. 384. + St. Quentin S. 236. 387. + Sansibar 407. 425. + Saragossa 194. 214, Bl. 152. 328. + Saratoga Kapit. 301. + Sardes 15. 20. 38. 40. 52. + Sardinien 14. 88. 122. 210. 274. + -- Kgr. 277. 313. 315. 317. 339. 345. 356. 362. 366. 369. + Sasbach S. 263. + Sassaniden 17. 133. 147. + Saturninus 104. + Savonarola 240. + Savoyen 210. 240. 253. 272. 274. 278. 313. 339. 343. 370. + Scharnhorst 326.329.334. + Schießpulver 221. + Schill 326. 330. + Schiller 291. + Schipka-Paß 400. + Schlesien 182. 199. 202. 224. 255. 257. 280. 284 + bis 289. 325. 334. 376. 432. + Schlesische Kr. 280. 284. 285. + Schleswig 158. 165. 255. 276 f. 292, 373. + -- -Holstein 217. 250. 268. 360 f. 372–374. 379. 433 + Schmalkald. B. 230. + -- Kr. 232. + Scholastik 178. + Schönbrunn 324, V. 323. + Schonen 201. 215. 268. + Schottland 142.170. 212 f. 245. 247–249. 270. 299 f. + Schwaben Hz. 158–160. 164 f. 167. 180. 183. 186. 189. 196. 435. + Schwab. Bund 206. 226. 231. + Schwarzenberg, brdb. + Min. 430. + Schwarzenberg, östr. + Gen. 332. 334. 337–338. + -- östr. Min. 360. + Schwarzer Tod 199. + Schweden 154. 170. 215. 234. 249 f. 256–261. 263. 267 f. 274–277. + 286. 323. 327. 332. 334. 337. 341. 363. 411. 431. + Schweiz 142. 195. 197. 199. 202. 205. 225. 227. 260. 316 f. 320. + 341. 354. 367. 388. 411. + Schwerin, Gen. 281. 286. + Schwiebus 281. 431. + Scipio 84. 89–91, St. 97. + -- Afr. 90. 92–94. 96 f. 121. + -- Aemil. 98. 100 f. + Sebastian K. v. Port. 245. + Secessio pl. 77. 79. + Sedan S. 384. + Seeneutralität 297. 319. + Seeräuber Kr. 107 f. + Seisachtheia 34. + Seldschuken 173. 174. + Seleukiden 65. + Sellasia S. 68. + Sempach S. 202. + Sena Gallica 85. S. 93. + Senat 72. 76. 81. 86 f. 91. 96 f. 101–107. 110 f. 113 f. 117 f. + 122. 125. 130. 135. + -- frz. 318. 321. 338. 355. 403. + Seneca 127. 131. + Seneffe S. 263. + Sentinum S. 85. + Septim. Sev. Ks. 132. + Serbien 148. 172. 218. 347. 399–401. 414. + Sertorius 107. + Serv. Tullius 72 f. + Sebastopol Bl. 366 f. + Seydlitz 287 f. + Sforza H. 210. 229. 235. + Shakespeare 246. + Siam 368. 404. 409. 420. + Sibirien 250. 295 f. 402. + Sicilien 13 f. 31. 41. 50. 67 f. 87; + röm. Prov. 88. 92. 98. 115. 119. 122; + im Mittelalter 144. 156. 175; + in der Neuzeit 305. 324. 363. 370. + -- Kgr. 171. 186. 190. 211. 274. 279. 342. + Sickingen 228. + Siebenbürgen 129. 217. 230. 250. 254. 266. 357. + Siebenj. Kr. 285–289. + Sieben Weise 38. + Sievershausen S. 233. + Sigismund Ks. 203 f. 217 f. 428. + -- K. v. Polen 250 f. + Silvester II. P. 163. + Simon v. Montfort 191. 193. + Simonie 166. + Sirmium 129. 135 f. + Sixtus V. P. 241. + Sklavenkr. 100. 107. + Skopas 69. + Skythen 10. 15. 18. 20. 61. + Slaven 15. 139. 142. 152. 156. 170. + Sluys S. 207. + Soissons 145. 150. 154. 232. 385, S. 143. + Sokrates 47. 53. 54. + Solferino S. 369. + Soliman 219. 230–232. 251. + Solon 34 f. + Soor S. 284. 370. + Sophisten 47. 50. + Sophokles 47. + Sophoniba 93. + Sorbonne 192. + Sozialdemokr. 393. + Spanien 13. 32. 88. 91 bis 93; + röm. Prov. 94. 98 f. 106. 110. 113. 114. 117. 122 f. 127. + 129. 134. 135; + im Mittelalter 141 f. 144. 150. 152. 171. 194. + -- Kgr. 214. 221. 225. 234. 241–245. 254. 261 f. 270. 278. + 299. 303. 314. 315. 327 f. 331. 337. 341. 346. 351. + 363. 413 f. + Span. Erbf.-Kr. 272–274. + Sparta 24. 27–33. 37 bis 45. 47–50. 68. 95. + Spartacus 107. + Speier 165. 168. 190. 196. 201. 224. 382, Rchst. 229 f. + Spichern S. 383. + Spinoza 244. + Städtebünde, griech. 28. 33. 43. 45. + -- deutsche 200–202. + Stadtlohn S. 254. + Stanislaus Lesc. 275 f. 279 f. + -- Poniat. 296. 297. + Stanley 407. + Stedinger 188. + Steiermark 123. 184. 196. 225. 253. + Stein 328. 337. 364. + Sten Sture 216. + Stephan II. P. 150. + -- Bathory 250. + Stephan v. Blois 192. + -- d. Heilige 163. 217. + Stettin 256. 260. 264. 276 f. 325. 327. 337. 396. 431 f. + Stilicho 138. 140 f. + Stockholm 202. 215. 249. 294, F. 277. + Stössel 423. + Stoiker 70. 131. + Strafford 248. + Stralsund 190. 264. 327. 330. 431, Bl. 255. 276; + F. 201. + Straßburg 150. 155. 190, 201. 231 f. 252. 260; + an Frankr. 264. 343. 353; + wied. deutsch 385. 438. + Strelitzen 269. + Struensee 292. + Stuart H. 212. 245. 246 f. 270. 299. + Südamer. Rep. 346. 417. + Sueben 111. 124. 138 f. 141. 145. + Suez-Kanal 406. 409. + Suger 191. + Sulla 103–107. + Sully 238. + Sulpicius 105. + Sundzoll 250. 277. 368. + Susa 7 f. 10. 19 f. 45. 56. 60. + Sutri 165. + Suworow 297. 317 f. + Syagrius 143. + Sybaris 32. 37. 46. + Sybota S. 47. + Sykophanten 54. + Syphax 91. 93. + Syrakus 31. 37. 50. 67 f. 86 f. 92. 120. + Syrien 5. 8–10. 65. 95. 97; + röm. Prov. 108. 113. 118 f. 122 f. 125. 129. 132 f.; + im Mittelalter 149. 172. 219; + in der Neuzeit 317. 353. + Syrischer Kr. 95. + Szigeth 250. + + + ~T.~ + + Taboriten 205. + Tacitus 128. 131 f., Ks. 134. + Tagliacozzo S. 190. + Talavera S. 328. + Talbot 209. + Talleyrand 318. 338. 340. + Tanagra S. 44. + Tankred 165. 173. + -- v. Lecce 185. + Tannenberg S. 217. + Tarent 31. 66. 85 f. 92. + Targowitz 298. + Tarquinius 72 f. 75 f. + Tassilo 152. + Tasso 241. + Tauroggen V. 333. + Telegraph 344. + Teil 197. + Tempelherren 178. 207. + Terentius 121. + -- Varro 90. 114. 121. + Teschen 281, F. 290. + Testakte 270 f. 348. + Testri S. 147. + Teutob. Wald S. 124. + Teutonen 103 f. + Thales 15. 38. + Thapsus S. 116. + Theagenes 33. + Theben 3–5. 25. 26. 38. 40. 42. 48. 53–59. 67. + Themistokles 39–43. + Theoderich d. Gr. 143. + Theodosius Ks. 137. 140. + Theophano 162 f. + Theramenes 51. 53. + Thermopylä 58, S. 40. 67. 95. + Theron 37. 41. + Theseus 25 f. + Thessalien 27. 31. 40. 48. 55. 56. 68 f. 95. 115. 401. + Thessalonike 64. 98. 115. 137. + Thiers 353. 364. 385 f. 390. + Thomas v. Aquino 178. + -- Becket 192. + Thomasius 267. + Thorn 200. 227, F. 217. + Thrakien 20. 38. 45. 49. 52. 55. 57. 63. 95; + röm. Prov. 126. 140. + Thrasybulos 52. 54. + Thukydides 46 f. 49. + Thurii 46. 66. 85. + Thüringen 139. 145. 151. 158. 188. 233. 257. 286. 321. + 325. 435. 436. 438. + Thurn 253. + Tiberius Ks. 123–126. + Tibet 409. + Ticinus S. 90. + Tigranes 65. 108. 123. + Tilly 254–257. + Tilsit F. 326. + Timoleon 67. + Timur 218 f. + Tirol 196. 198. 200. 225. 273. 315. 329. 340. + Tissaphernes 51. 54. + Titus Ks. 128 f. + Tizian 241. + Togo 408. 423. 426. + Tököly 266. + Tolentino F. 315. + Tolosa 141. S. 194. + Tonking 404. + Torgau 337, S. 232. 288. + Tories 271. 299. + Torstenson 259. + Toskana (Tuscien) 166. 179. 210. 240. 279. 304. 317. + 319. 341. 362. 370. + Totila 144 f. + Toulouse 141. 173. 191; + S. 339. + Tours 154. 385, S. 150. + Trafalgar S. 323. + Trajan Ks. 129 f. + Transvaal 406. 407 f. + Trapezunt 31. 176. + Trasim. See S. 90. + Trautenau S. 376. + Travendal F. 275. + Trebia S. 90. 317. + Trelleborg 411. + Treuga Dei 169; + Tribunat 77–79. 101 f. 104–106. 117. + -- in Fr. 318. 321. + Tribur 157. 164. + Tribus 75. 77. + Trident. Konz. 232 f. + Trier 135. 150. 382, Erzb. 189. 196, Kf. 200. 224. 228. 264. 320. + Trierarchie 39. + Trifanum S. 83. + Trifels 176. 182. + Triumvirat 111. 118. + Troja 23. 27. + Troppau 281, Ko. 345. + Troubadours 191. + Tschesme S. 296. + Tschingis Khan 194. + Tudor H. 214. 245, St. 246. + Tunis 88. 177. 231. 404. + Turenne 259. 261–263. + Turgot 307. + Turin 317. 339, S. 136. 273. + Türken, Türkei 172. 219 f. 230. 232. 240. 251. 275. 317. + 320. 347. 365–367. 400. 415 f. + Türkenkr., österr. 230. 251. 266. 278. 297. + -- russ. 275. 295. 296. 332. 347. 365. 399 f. + -- venetian. 219. 240. 304. + Tyrannis 29. 32 f. 36–37. 67. + Tyrtaios 32. 37. + Tyrus 9–11. 13 f. 60. 95. 174. 177. + + + ~U.~ + + Uganda 407. 425. + Ulfila 140. + Ulm 164. 188. 190. 201 f. 232. 340, Kapit. 323. + Ulpianus 133. + Ulrich v. Würt. 202. 231. + Ungarn 157–160, Kgr. 163–165. 173. 175. 195. 203. 205. 217. + 225. 230 f. 253. 255. 266. 291. 329. 357 f. 397 f. + Union, deutsche 359. + -- ev. 345. 433. + -- prot. 252. 254. + Unstrut S. 158. 166. + Urban II. P. 167. 173. + Utica 13. 98. 116. + Utraquisten 204 f. + Utrecht 165. 243, F. 274. + + + ~V.~ + + Vadimon. See S. 84. + Valens Ks. 137. 140. + Valentinian Ks. 137 f. + Valerius Corvus 82. + -- Poplicola 75. + Valmy S. 313. + Valois H. 207. + Vandalen 139. 141–144. + Varna 366, S. 218 f. + Varus 124. + Vasallen 146. 161. 169. 191. + Vasco de Gama 222. + Vatikan. Konz. 381. + Veii 72. 80. + Vendée 310. + Venedig 142. 175–176. 179 f. 184. 210. 219. 235. 239. 266. + 304. 315 f. 323. 340. 356. 379. + Vercellae S. 104. + Vercingetorix 112 f. + Verden 152 f. 255. 260. 277 f. + Verdun 156. 233. 236. 260. 313. 383. 385, V. 155. + Verein. Staaten 301 f. 331. 346. 370. 407 f. 416 bis 419. + 420 f. 426. + Vergilius 122. + Virginia 79. + Verona 144. 162. 182. 304. 369, Ko. 345. + Versailles 265. 285. 307. 389–392, F. 301. + Vesontio S. 111. + Vespasian Ks. 128. + Vesuv 128. 412, S. 83. 144. + Via Aemilia 94. + -- Appia 84. 86. 113. + Vienne 208, Konz. 168. 178. + Viktor Eman. 339. 356. 366. 369 f. 379. 411 f. + Viktoria K. v. E. 353. 406 + bis 409. + Vilagos Kapit. 358. + Villars 274. + Vionville S. 383. + Viriathus 100. + Visconti H. 203. 210. + Vitalienbrüder 215. + Vitellius Ks. 127. + Vittoria S. 337. + Völkerw. 137. 140–145. + Volsker 70. 77 f. 80. + Voltaire 285. 306. + Vorbehalt, geistl. 234, 252. 255. + Vossem F. 263. + Voullon S. 143. + + + ~W.~ + + Wachau S. 336. + Wagram S. 329. + Wahlstatt S. 195. 335. + Wajirawudh 420. + Walachei 219. 278 f. 296. 346. 366 f. + Waldemar II. K. v. Dn. 187. 215. + -- IV. 201. 215. + -- v. Br. 199. 427. + Waldenser 191. + Waldersee 421. + Waldstätte 197. + Wales 142. + Wallia 141. + Wallenstein 255–258. 437. + Walpole 299. + Walther v. d. V. 186. + Warschau 275. 298. 350. 360, S. 267. 430. + -- Hz. 327. 330 f. 341. + Wartburg 186. 188. 190. 228. 345. + Wartenburg S. 336. + Warwick 214, 246. + Wasa H. 249 f. 267. + Washington 301 f. 321. 416, V. 418. + Waterloo S. 342. + Wat Tyler 212. + Watt 344. + Wehlau V. 267. 431. + Weimar 233. 257. 291. 325. 437. + Weinsberg S. 180. + Weißenburg S. 314. 383. + Weißer Berg S. 254; + Welfen 154. 157. 166. 179–180. 182 f. 189. 266. 437, St. 181. + Welfesholz S. 168. + Wellington 328. 331. 337. 339. 342. 348. + Wenden 152. 158. 160. 162. 180. + Wenzel Ks. 202. + Werder 383. 385. 387 f. + Westfalen 151. 184. 189. 224. 254. 287. 340. 433; + Kgr. 326 f. 336. + Westfäl. F. 260. 273. + Westgoten 139–142. 143 f. 149. + Weström. Reich 138. 141. 143. + Wettin H. 164. 179 f. 189. 204. 227. 233. 435. 437; + St. 227. + Wetzlar 224. 289. 320. + Whigs 271. 273. 298. + Widukind 152. 168. + Wiedertäufer 229. 231. + Wien 124. 131. 196. 205. 253. 259. 266. 292. 323. 329. 355 f.; + Bl. 230. 266; + F. 279. 330. 374. 379 f.; + Ko. 340, V. 290. + Wikinger 156. 170 f. + Wilhelm I. K. v. E. 170. 192. + -- II. 192. + -- III. 263. 265. 271 f. + -- IV. 348. 351. + -- v. Holland 189. + -- v. Oranien 243 f. + -- K. d. Niederl. 340. 410. + -- I. K. v. Pr. 355. 359. 367. 371. 376. 381. 384. + Deutscher Ks. 390 bis 395. 433 f. + -- II. 396. 434. + -- v. Schaumburg 303. 438. + Willigis 168. + Wimpfen S. 254. + Winfried 151. + Winkelried 202. + Winrich v. Kniprode 217. + Wisby 200 f. + Wismar 260. 277. + Wißmann 425. + Witboi 424 f. + Wittelsbach H. 184. 186. 189. 252. 260. 289 f. 434 f. + Wittenberg 227 f. 232 f. 337 + Wittstock S. 258. + Witu 407. 425. + Wladimir 170. 216. + Wladislav 183. 206. 216. 218. 250. + Worringen S. 190. + Worms 151. 154 f. 164. 166. 190. 259. 265; + Konk. 168; + Rchst. 161. 187. 224. 228; + S. 202. + Wörth S. 383. + Wrangel 259. 356. 361. + Wrede 336 f. + Wullenwever 250. + Württemberg 196. 201 f. 206. 231 f. 321; + Kgr. 323 f. 337. 341. 360. 375. 378. 382. 391. 435 f. + Würzburg 151. 190. 257. 324. 378; + Rchst. 182. 185. + Wycliffe 203. 212. + + + ~X.~ + + Xanten 124, V. 252. 430. + Xanthippos 39. 42 f. + Xenophon 54. 70. + Xeres de la Fr. S. 149. + Xerxes 20. 40 f. + Ximenez 241. + + + ~Y.~ + + York Gen. 332 f. 334 bis 336. + -- H. 212–214. + Hz. 212. 271. 318. + Yorktown Kapit. 301. + Ypsilanti 346. + + + ~Z.~ + + Zähringen H. 166. 196. 436. + Zama S. 93. + Zapolya 230. + Zela S. 116. + Zeno Ks. 138. 143. + Zenobia 134. + Zenta S. 266. + Zeven V. 286. + Ziska 205. + Zollverein 351. 361. 380. + Zorndorf S. 287. + Zriny 251. + Zülpich S. 143. + Zünfte 201. 208. 210. 306. + Zürich 165. 199. 205. 227. 230, + F. 369, + S. 317. + Zwingli 227. 230. + Zwölf Tafeln 78. 120. + + + + +Anmerkungen zur Transkription + + +Die folgenden gedruckten Berichtigungen sind in den Text eingeflossen: + +~Berichtigungen:~ + + Seite 16, Zeile 16 von oben lies: +Agni+. + + „ 17, „ 4 „ „ „ Makedonier. + + „ 17, „ 18 „ „ „ Hinterindien. + + „ 33, „ 18 „ „ „ +Mytilene+. + + „ 36, „ 7 „ „ „ Soloi. + + „ 53, „ 13 „ „ „ ~Aigospotamoi.~ + + „ 173, „ 10 „ unten „ +Boëmund+. + + „ 283. Der jüngste Sohn des Kronprinzenpaares heißt Friedrich. + +Die folgenden angenommenen Fehler wurden ebenfalls korrigiert: + +S. 19 "su stellen" geändert zu "zu stellen" + +S. 44 "Boöter" geändert zu "Böoter" + +S. 59 "Im folgt" geändert zu "Ihm folgt" + +S. 81 "s. S. 96)." geändert zu "s. S. 96." + +S. 100 "Mutter-+Cornelia+" geändert zu "Mutter +Cornelia+" + +S. 118 "Pausa" geändert zu "Pansa" + +S. 121 "+Origenes+" geändert zu "+Origines+" + +S. 123 "Serviltus" geändert zu "Servilius" + +S. 123 "ermordert" geändert zu "ermordet" + +S. 135 "(York)" geändert zu "(York))" + +S. 141 "Haupstadt" geändert zu "Hauptstadt" + +S. 147 "Sohn Sohn ~Karl Martel~" geändert zu "Sein Sohn ~Karl Martel~" + +S. 179 "(Altmark)." geändert zu "(Altmark))." + +S. 196, 315 "Osterreich" geändert zu "Österreich" + +S. 199 "auf der Bärenjagd" geändert zu "(auf der Bärenjagd" + +S. 207 "(1309-1377)" geändert zu "(1309-1377))" + +S. 219 "Skanderbeg)" geändert zu "(Skanderbeg)" + +S. 220 "Hausmeiertum" geändert zu "Hausmeistertum" + +S. 224 "eingerichtet" geändert zu "eingerichtet)" + +S. 235 "Heinrich IV" geändert zu "Heinrich IV." + +S. 244 "wiederhergellt" geändert zu "wiederhergestellt" + +S. 247 "rigths" geändert zu "Right" + +S. 270 "Reiche England," geändert zu "Reiche (England," + +S. 299 "s. S. 286)" geändert zu "(s. S. 286)" + +S. 302 "Johnsen" geändert zu "Johnson" + +S. 311 "in Lyon" geändert zu "in Lyon)" + +S. 319 "Agypten" geändert zu "Ägypten" + +S. 323 "Erzherog" geändert zu "Erzherzog" + +S. 324 "vom +Stein+" geändert zu "vom +Stein+)" + +S. 331 "die Absetung" geändert zu "die Absetzung" + +S. 392 "+v. Wedel+" geändert zu "+v. Wedel+)" + +S. 406 "+Kapkolonie+[60]) auswanderten" geändert zu "+Kapkolonie+[60] +auswanderten" + +S. 430 "perpetuns" geändert zu "perpetuus" + +S. 437 "+Ernst II+" geändert zu "+Ernst II.+" + +S. 439 "Abbasiden" geändert zu "Abbassiden" + +S. 439 "Fr.. K. v. Schw." geändert zu "Fr. K. v. Schw." + +S. 440 "Alkuin" geändert zu "Alcuin" und in alphabetischer Reihenfolge +geordnet + +S. 440 "Amphiktionen" geändert zu "Amphiktyonien" + +S. 440 "Aristarch" geändert zu "Aristarchos" + +S. 442 "Cisalpin Rep." geändert zu "Cisalpin. Rep." + +S. 442 "Corpus juris" geändert zu "Corpus iuris" + +S. 443 "Dejotarus 66. 109." geändert zu "Deiotarus 109. 116. 117." + +S. 443 "Deutschbrod" geändert zu "Deutsch-Brod" + +S. 443 "Dionys" geändert zu "Dionysios" + +S. 443 "Doggersbank" geändert zu "Doggerbank" + +S. 445 "Großgörschen" geändert zu "Groß-Görschen" + +S. 446 "Hermann Balke" geändert zu "Hermann Balk" + +S. 446 "Histiäos" geändert zu "Histiaios" + +S. 446 "Höchstedt" geändert zu "Höchstädt" + +S. 447 "Juba" geändert zu "Iuba" und in alphabetischer Reihenfolge +geordnet + +S. 447 "Kongfutse" geändert zu "Kong-fu-tse" + +S. 448 "Kosciusko" geändert zu "Kosciusko" + +S. 449 "Lüneville" geändert zu "Lunéville" + +S. 449 "Lykurg" geändert zu "Lykurgos" + +S. 449 "Malaka" geändert zu "Malakka" + +S. 450 "Mesolongi" geändert zu "Missolunghi" + +S. 450 "Mingdynastie" geändert zu "Ming-Dynastie" + +S. 450 "Minorka" geändert zu "Menorka" und in alphabetischer +Reihenfolge geordnet + +S. 450 "Mohacs" geändert zu "Mohacz" + +S. 450 "Mylä" geändert zu "Mylae" + +S. 451 "Oenophyta" geändert zu "Oinophyta" und in alphabetischer +Reihenfolge geordnet + +S. 451 "Paskiewitsch" geändert zu "Paskjewitsch" + +S. 452 "Petrejus" geändert zu "Petreius" + +S. 452 "Philopömen" geändert zu "Philopoimen" + +S. 452 "Psammetik" geändert zu "Psametik" + +S. 455 "Veji" geändert zu "Veii" + +S. 455 "Vercellä" geändert zu "Vercellae" + +S. 455 "Verginia" geändert zu "Virginia" + +S. 455 "Via Aemilla" geändert zu "Via Aemilia" + + +Seitenfüllende Familienstammbäume wurden neben den von ihnen +illustrierten Text bewegt und stimmen eventuell nicht mit den +originalen Seitenzahlen überein. + +Die Scans von S. 171, 173, 265, 282, 283 und 355 waren zum Teil +unleserlich, und wurden unter Bezugnahme auf die Ausgabe von 1910 +korrigiert. Die Worte "fast 6" auf p. 355 sind Vermutungen. + +Das erste Datum auf jeder Seite des Abschnitts "Alten Geschichte" +enthält "vor Chr." oder "nach Chr."; alle außer die erste Anmerkung +wurden entfernt. + +Diakritische Zeichen werden häufig nur benutzt wenn das Wort in fett +oder kursiv hervorgehoben wird und werden regelmäßig im Register +weggelassen. Registereinträge wurden ansonsten geändert, um dem +Text zu entsprechen. Interpunktion im Register wurde ohne Kommentar +regularisiert. Andere Unregelmässigkeiten in der Rechtschreibung und +Silbentrennung wurden beibehalten. + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Auszug aus der Alten, Mittleren und +Neueren Geschichte, by Karl Plœtz and Max Hoffmann and Friedrich Kähler + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK AUSZUG AUS DER ALTEN *** + +***** This file should be named 44136-0.txt or 44136-0.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/4/4/1/3/44136/ + +Produced by Henry Flower, Juliet Sutherland and the Online +Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. 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It exists +because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from +people in all walks of life. + +Volunteers and financial support to provide volunteers with the +assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's +goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will +remain freely available for generations to come. In 2001, the Project +Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure +and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. +To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation +and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 +and the Foundation web page at http://www.pglaf.org. + + +Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive +Foundation + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit +501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the +state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal +Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification +number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at +http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent +permitted by U.S. federal laws and your state's laws. + +The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. +Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered +throughout numerous locations. Its business office is located at +809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email +business@pglaf.org. 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