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+The Project Gutenberg EBook of Auszug aus der Alten, Mittleren und Neueren
+Geschichte, by Karl Plœtz and Max Hoffmann and Friedrich Kähler
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org/license
+
+
+Title: Auszug aus der Alten, Mittleren und Neueren Geschichte
+
+Author: Karl Plœtz
+ Max Hoffmann
+ Friedrich Kähler
+
+Release Date: November 8, 2013 [EBook #44136]
+
+Language: German
+
+Character set encoding: UTF-8
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK AUSZUG AUS DER ALTEN ***
+
+
+
+
+Produced by Henry Flower, Juliet Sutherland and the Online
+Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+Anmerkungen zur Transkription
+
+Fett gedruckter Text ist gekennzeichnet mit ~Tilde~, kursiver und
+gesperrter mit +Plus+.
+
+
+
+
+ AUSZUG
+ AUS DER
+ ALTEN, MITTLEREN UND NEUEREN
+ GESCHICHTE.
+
+ VON
+ DR. KARL PLŒTZ (†),
+ EHEM. PROFESSOR AM FRANZÖSISCHEN GYMNASIUM IN BERLIN.
+
+ NEU BEARBEITET VON PROF. DR. MAX HOFFMANN (†)
+ UND
+ PROFESSOR DR. FRIEDRICH KÄHLER,
+
+ SIEBZEHNTE AUFLAGE.
+
+ LADENPREIS: GEBUNDEN 3 MARK.
+
+ LEIPZIG 1912.
+ VERLAG VON A.G. PLŒTZ.
+
+ Alle Rechte vorbehalten.
+ Copyright 1912 by A.G. Plœtz, Leipzig.
+
+
+
+
+Vorwort zur 16. Auflage.
+
+
+Das vorliegende geschichtliche Handbuch, seit der neunten Auflage
+von dem jetzigen Herausgeber bearbeitet, ist durch Umgestaltung und
+Vermehrung des Inhalts bei den wiederholten Auflagen mehr und mehr
+ein Werk des Herausgebers geworden, von ihm zu vertreten hinsichtlich
+seiner Eigenheiten und Mängel. Doch ist die übersichtliche Anlage
+und Einrichtung des Buches ein bleibendes Verdienst des Verfassers;
+auf dem von ihm gelegten Grunde ließ sich leicht weiterbauen.
+Prof. Dr. +Plœtz+, 1848–1852 Oberlehrer am Katharineum zu Lübeck,
+dann Prof. am Französischen Gymnasium in Berlin, weithin bekannt
+durch seine Lehrbücher der französischen Sprache, hatte dieses
+Buch als Leitfaden für den Geschichtsunterricht an höheren Schulen
+entworfen, ausgehend von dem Grundsatz, daß »nur das Tatsächliche in
+möglichst übersichtlicher Gruppierung vorzuführen sei«, weil »ein
+Leitfaden, der zusammenhängende Erzählung bietet, dem Vortrage des
+Lehrers notwendigerweise Eintrag tut«. Er hatte es aber auch für den
+Privatgebrauch bestimmt, »um ein rasches Orientieren über historische,
+dem Gedächtnis augenblicklich nicht gegenwärtige Verhältnisse zu
+ermöglichen«. Die späteren Auflagen haben diesen letzteren Zweck
+mehr berücksichtigt und sind über die dem Schulunterricht gesteckten
+Grenzen hinausgegangen; doch ist dem Lehrer die Auswahl dessen, was
+gelernt werden soll, leicht gemacht durch die Einrichtung des Druckes.
+Strebsamen Schülern ist es vielleicht willkommen, manches hier zu
+finden, was bei späteren Studien näher ins Auge gefaßt werden kann.
+
+Für die neueste Zeit seit 1866 ist den späteren Auflagen sehr
+schätzbare Mitarbeit von militärischer Seite zugute gekommen; diese
+Mitarbeit erstreckt sich bei der vorliegenden auch auf die deutschen
+Kolonien, deren Entwickelung von so hoher Bedeutung für Deutschlands
+Weltstellung ist. Auch sonst ist hier und da gebessert, um die
+Brauchbarkeit des Buches zu erhöhen. Möge es auch ferner Nutzen stiften
+als Führer durch ein weites, fast unermeßliches Gebiet, dessen Kenntnis
+doch unentbehrlich ist.
+
++Lübeck+, 9. Oktober 1909.
+
+~Max Hoffmann.~
+
+
+
+
+Vorwort zur 17. Auflage.
+
+
+Als ich nach dem 1910 erfolgten Tode des langjährigen Herausgebers
+dieses Buches, des Herrn Professors Dr. +Hoffmann+ in +Lübeck+, von
+dem Herrn Verleger den ehrenvollen Auftrag erhielt, die Besorgung
+der neuen Auflage zu übernehmen, habe ich mich dieser dankenswerten
+Aufgabe um so lieber und eifriger unterzogen, als ich bereits die
+letzten Ausgaben mit regem Interesse verfolgt hatte. Bei meinen
+nahen persönlichen Beziehungen zu dem verdienstvollen bisherigen
+Herausgeber glaubte ich anfangs, aus Rücksichten der Pietät für die
+17. Auflage noch von größeren Änderungen Abstand nehmen zu müssen.
+Jedoch drängte sich mir je länger, je mehr die Erkenntnis auf, daß
+die Geschichte Asiens, besonders Ostasiens, infolge der erheblich
+lebhafter gewordenen Beziehungen zu Europa und Amerika notwendig eine
+eingehendere Behandlung und Würdigung verlange und zweitens, daß der
+Wunsch nach einer übersichtlicheren Einteilung und Gliederung des
+neuesten Geschichtsstoffes nicht wohl unberücksichtigt gelassen werden
+könne. Nach beiden Seiten hin bin ich bestrebt gewesen, entsprechende
+Änderungen durchzuführen. Was ich sonst im einzelnen im »Auszug aus der
+Geschichte« wie im »Anhang« gekürzt, erweitert oder berichtigt habe,
+wird der aufmerksame Leser leicht erkennen.
+
+Möge das Buch in dieser neuen Fassung die gleiche wohlwollende Aufnahme
+finden wie die früheren Auflagen! Möge es ihm gelingen, das Interesse
+für die Geschichte und insonderheit die Liebe zur Geschichte +unseres+
+Volkes, die Erkenntnis und Wertschätzung der Grundlagen seiner Kultur
+und das Verständnis für seine Größe und seine Ziele in immer weitere
+Kreise zu tragen!
+
+Herrn Professor +Fischer+ in Blaubeuren und Herrn +R.A. Plœtz+ in
+Margate (England) sage ich auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen
+Dank für wertvolle Notizen zur deutschen und englischen Geschichte.
+
++Husum+, 18. Februar 1912.
+
+~Friedrich Kãhler.~
+
+
+
+
+ Inhalt
+
+ Seite
+ Einteilung der allgemeinen Weltgeschichte 1
+ Die Rassen in der Weltgeschichte 2
+
+
+ ~I. Alte Geschichte.~
+
+
+ A. Die ägyptisch-semitischen Völker.
+
+ § 1. Ägypter 3
+ § 2. Babylonier und Assyrer 6
+ § 3. Juden (Hebräer, Israeliten) 11
+ § 4. Phöniker und Karthager 13
+
+
+ B. Die asiatischen Arier.
+
+ § 1. Völker Kleinasiens 15
+ § 2. Inder 16
+ § 3. Iranier 17
+
+
+ C. Die Völker Ostasiens 21
+
+
+ D. Die Griechen.
+
+ § 1. Mythische Zeit 23
+ § 2. Staaten und Kolonien 27
+ § 3. Perserkriege und Blütezeit Athens 38
+ § 4. Peloponnesischer Krieg 47
+ § 5. Makedoniens Emporkommen 53
+ § 6. Alexander der Große 59
+ § 7. Hellenistische Zeit 63
+ § 8. Griechische Kunst und Wissenschaft 69
+
+
+ E. Die Römer.
+
+ § 1. Zeit der Königsherrschaft 71
+ § 2. Rom als Republik 75
+ § 3. Unterwerfung Italiens 82
+ § 4. Die Punischen Kriege 87
+ § 5. Ausbreitung der römischen Herrschaft 94
+ § 6. Bürgerliche Unruhen 100
+ § 7. Marius und Sulla 103
+ § 8. Pompejus und Cäsar 107
+ § 9. Untergang der Republik 118
+ § 10. Kunst und Literatur bei den Römern 120
+ § 11. Kaiserzeit bis zum Untergang des weströmischen Reiches 121
+
+
+ ~II. Mittlere Geschichte.~
+
+
+ A. Bis zum Vertrage von Verdun (375–843).
+
+ § 1. Völkerwanderung 139
+ § 2. Frankenreich unter den Merowingern 145
+ § 3. Das oströmische Reich 147
+ § 4. Mohammed und das Kalifat 148
+ § 5. Frankenreich unter den Karolingern 150
+
+
+ B. Bis zum Beginn der Kreuzzüge (843–1096).
+
+ § 1. Italien und Deutschland (Karolinger, sächsische,
+ fränkische Kaiser) 155
+ § 2. Frankreich 169
+ § 3. England und der Norden 169
+ § 4. Die Pyrenäische Halbinsel 171
+ § 5. Der Osten 172
+
+
+ C. Das Zeitalter der Kreuzzüge (1096–1270).
+
+ § 1. Kreuzzüge 173
+ § 2. Deutschland und Italien (Hohenstaufen) 179
+ § 3. Frankreich 191
+ § 4. England 192
+ § 5. Die Pyrenäische Halbinsel 194
+ § 6. Der Osten 194
+
+
+ D. Bis zur Entdeckung Amerikas (1270–1492).
+
+ § 1. Deutschland bis auf Maximilian I 195
+ § 2. Frankreich bis auf Karl VIII 207
+ § 3. Italien 210
+ § 4. England bis auf Heinrich VII 211
+ § 5. Die Pyrenäische Halbinsel 214
+ § 6. Der Norden und Osten 215
+
+
+ ~III. Neuere Geschichte.~
+
+
+ A. Bis zum Westfälischen Frieden (1492–1648).
+
+ § 1. Erfindungen, Entdeckungen und Kolonien 221
+ § 2. Die Reformation in Deutschland 224
+ § 3. Frankreich bis auf Ludwig XIV. 234
+ § 4. Italien 239
+ § 5. Die Pyrenäische Halbinsel und die Niederlande 241
+ § 6. England und Schottland 245
+ § 7. Der Norden und Osten 249
+ § 8. Deutschland, Dreißigjähriger Krieg 251
+
+
+ B. Bis zur französischen Revolution (1648–1789).
+
+ § 1. Frankreich unter Ludwig XIV. 261
+ § 2. Deutschland unter Leopold I. 265
+ § 3. Der Norden und Osten 267
+ § 4. England 269
+ § 5. Der spanische Erbfolgekrieg 272
+ § 6. Der Nordische Krieg 274
+ § 7. Deutschland, Friedrich der Große 278
+ § 8. Der Norden und Osten 292
+ § 9. Großbritannien und Nordamerika 298
+ § 10. Südeuropa 303
+ § 11. Frankreich unter Ludwig XV. und XVI. 305
+
+
+ C. Bis zum Wiener Kongress (1789–1815).
+
+ § 1. Die Revolution in Frankreich 306
+ § 2. Frankreichs Kriege gegen das Ausland 313
+ § 3. Machtentfaltung des ersten französischen Kaiserreiches 321
+ § 4. Sturz des ersten französischen Kaiserreiches. Deutscher
+ Befreiungskrieg 331
+ § 5. Herstellung des europäischen Staatensystems 339
+
+
+ D. Bis auf unsere Zeit.
+
+ § 1. Neue Erfindungen 343
+ § 2. Verfassungs- und Unabhängigkeitskämpfe 345
+ § 3. Die Zeit von 1830–1848 348
+ § 4. Die Revolutionszeit 1848–1852 354
+ § 5. Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhundert 363
+ § 6. Machtentfaltung des zweiten französischen Kaiserreichs.
+ Nationale Einigung Italiens 365
+ § 7. Deutschlands Einigung durch Preußen 371
+ § 8. Deutsch-französischer Krieg 1870–1871 381
+ § 9. Das Deutsche Reich seit 1871 393
+ § 10. Österreich-Ungarn 397
+ § 11. Rußland 399
+ § 12. Die dritte französische Republik 403
+ § 13. England 406
+ § 14. Holland, Luxemburg, Belgien, Dänemark, Skandinavien,
+ Schweiz 410
+ § 15. Italien 411
+ § 16. Die Pyrenäische Halbinsel 413
+ § 17. Die Balkanhalbinsel 414
+ § 18. Amerika 416
+ § 19. Asien 419
+ § 20. Entwickelung der deutschen Kolonien 423
+
+
+ Anhang. I. Brandenburgisch-preußische Geschichte 427
+ II. Die andern Staaten des Deutschen Reiches 434
+
+
+ Namen- und Sachregister 439
+
+
+
+
+~Einteilung der allgemeinen Weltgeschichte.~
+
+
+Bis ~375~ n. Chr. I. ~Alte Geschichte,~ von der Zeit der ersten
+geschichtlichen Kunde bis zum Beginn der Völkerwanderung.
+
+~375–1492.~ II. ~Mittlere Geschichte,~ vom Beginn der Völkerwanderung
+bis zur Entdeckung Amerikas.
+
+Seit ~1492.~ III. ~Neuere Geschichte,~ von der Entdeckung Amerikas bis
+auf unsere Zeit.
+
+Die ~alte~ Geschichte gliedert sich nach den hervortretenden Völkern in
++fünf Abschnitte+. Diese Völker sind:
+
+1. ~Die ägyptisch-semitischen Völker.~ 2. ~Die asiatischen Arier.~ 3.
+~Die Völker Ostasiens.~ 4. ~Die Griechen.~ 5. ~Die Römer.~
+
+Die ~mittlere~ Geschichte teilt man nach den hervorragenden Ereignissen
+in +vier Perioden+:
+
+~375–843.~ 1. Vom Beginn der ~Völkerwanderung~ bis zum ~Vertrag von
+Verdun~.
+
+~843–1096.~ 2. Vom ~Vertrag zu Verdun~ bis zum Beginn der ~Kreuzzüge~.
+
+~1096–1270.~ 3. Das Zeitalter der ~Kreuzzüge~.
+
+~1270–1492.~ 4. Vom Ende der ~Kreuzzüge~ bis zur ~Entdeckung Amerikas~.
+
+Die ~neuere~ Geschichte gliedert sich ebenfalls in +vier Perioden:+
+
+~1492–1648.~ 1. Von der ~Entdeckung Amerikas~ bis zum ~Westfälischen
+Frieden~.
+
+~1648–1789.~ 2. Vom ~Westfälischen Frieden~ bis zum Beginn der
+~französischen Revolution~.
+
+~1789–1815.~ 3. Vom Beginn der ~französischen Revolution~ bis zum
+~Wiener Kongreß~.
+
+Seit ~1815~. 4. Vom ~Wiener Kongreß~ bis auf unsere Zeit.
+
+
+
+
+~Die Rassen in der Weltgeschichte.~
+
+
+Die Naturforschung bestimmt die Rassenunterschiede des
+Menschengeschlechts nach körperlichen Merkmalen; anders müssen
+sie von der geschichtlichen Forschung aufgefaßt werden. Reine
+Rassen im Sinne der Naturforschung liegen für den Zeitraum unserer
+Weltgeschichte nirgends vor. Nur die Nachklänge der Rasseneinheiten,
+die man für vorgeschichtliche Zeiten voraussetzen darf, nämlich der
+Durchschnitt der körperlichen und geistigen Eigentümlichkeiten, und als
+Haupteinteilungsprinzip die Sprache, sind die Merkmale der Rasse im
+Sinne des Historikers. In Betracht kommen dabei hauptsächlich folgende
+Rassen:
+
+I. Die +sumerische+ Rasse, die Urbewohner von Babylonien.
+
+II. Die +ägyptisch-semitische+ (Semiten im weiteren Sinne), deren
+Ursitz Arabien gewesen zu sein scheint.
+
+III. Die +zagrische+ mit dem Hauptsitze um die Grenzgebirge zwischen
+der heutigen Türkei und Persien (die herrschende Bevölkerung in Elam).
+
+IV. Die +kleinasiatische+ (Hethiter), die mit der +indo-atlantischen+
+verwandt zu sein scheint (Urarthier, Mitanier).
+
+V. Die +arische+ (indo-europäische): Iranier, Inder, Phryger, Griechen,
+Italiker, Kelten, Germanen, Litu-Slaven. Diese Völker sind die
+Hauptträger der geschichtlichen Entwickelung.
+
+VI. Von der +altaischen+ Rasse haben die Chinesen und Japaner im Osten
+einen eigenen Kulturkreis gebildet, die Bulgaren, Magyaren und Türken
+in Europa eine gewisse Bedeutung gewonnen.
+
+Andere Rassen (Ainos, Dravidas, Malaien, Iberer, Basken, Amerikaner,
+Neger) haben eine mehr passive Rolle gespielt als zurückweichende
+Urbevölkerung.
+
+
+
+
+~I. Alte Geschichte.~
+
+
+
+
+~A. Die ägyptisch-semitischen Völker.~
+
+
+§ 1. Ägypter.
+
+~Ägypten~, das von Höhenzügen und Wüsten eingeschlossene, oberhalb
+des Delta nur wenige Stunden breite, etwa 1100 km lange Tal des
+untern ~Nil~, der alljährlich vom Juli an auf fast 4 Monate seine
+Ufer überflutet und so das Land befruchtet. Zwei Landesteile:
+~Unter-Ägypten~ mit der Hauptstadt +Memphis+ und dem Deltalande;
+~Ober-Ägypten~ mit der Hauptstadt +Theben+ (Nu-Amôn), Südgrenze die
+Stromschnellen bei +Syene+, jetzt Assuan. Beide bestanden ursprünglich
+als selbständige Staaten nebeneinander. Ackerbau, Handwerk und Kunst
+erscheinen im vierten Jahrtausend v. Chr., wo die geschichtlichen
+Nachrichten beginnen, schon hoch entwickelt.
+
+~Staatswesen~: Erbliches Königtum, die Könige gelten als Söhne des
+Sonnengottes +Râ+ selbst für göttliche Wesen. Glänzende Hofhaltung,
+viele Beamte, das Land in bestimmte Gaue geteilt. Bedeutender Einfluß
+der Priester, denen auch die Pflege der Wissenschaften (Sternkunde,
+Heilkunde, Rechtskunde) obliegt. Frühzeitige Feststellung des
++Sonnenjahres+. Strenge Regelung des gesamten Lebens durch religiöse
+Satzungen. Erbliche +Stände+, nicht völlig gegeneinander abgeschlossene
+Kasten.
+
+~Religion~: Verehrung der persönlich gedachten Naturkräfte, verbunden
+mit symbolischem Tierdienst. Die einzelnen Gaugötter schließen sich
+allmählich zu Götterkreisen zusammen. Oberster Gott der Sonnengott +Râ+
+ihm sind die Obelisken geweiht. Neben ihm andere Gottheiten der Sonne,
+des Mondes, des Nils usw. Besondere Verehrung des +Ptah+ in Memphis,
+des +Amôn+ in Theben, der +Neit+ in Saïs. Der Kampf der dem Menschen
+heilsamen und feindlichen Naturkräfte, wie er sich in dem alljährlichen
+Aufblühen, Absterben und Wiedererwachen der belebten Natur ausprägt,
+wird dargestellt in dem Mythus von +Osiris+. Osiris, der Gott des
+Lebens, wird von +Set (Typhon)+, dem Dämon der verzehrenden Gluthitze,
+getötet, von seiner trauernden Gemahlin +Isis+ gesucht; endlich
+überwindet +Hôrus+, der Sohn beider, den Set. +Osiris+, wieder
+belebt, herrscht in der Unterwelt über die Seelen der Abgeschiedenen
+(Totengericht).
+
+Sorgfältige Bestattung der Toten, die für die einmal wiederkehrenden
+Seelen durch Einbalsamierung in Felsengräbern und Pyramiden erhalten
+wurden (Mumien). Heilige Tiere: der Stier +Hapis+ in Memphis als Abbild
+des Ptah verehrt; die Kühe der Isis, die Katzen der Bast, die Sperber
+dem Hôrus geheiligt.
+
+Die ~Hieroglyphenschrift~,[1] ursprünglich Bilderschrift, hat
+Buchstaben-, Silben- und Wortzeichen; oft wird dem mit Buchstaben- und
+Silbenzeichen geschriebenen Worte ein Bild zur Verdeutlichung angefügt.
+Sie wurde hauptsächlich zu Inschriften an den Wänden der Tempel und
+Grabkammern benutzt; für den gewöhnlichen Gebrauch schrieb man auf
+Papyrusblättern mit einer abgekürzten, der +hieratischen+ Schrift,
+später mit der noch mehr verkürzten +demotischen+ Schrift.
+
+[vor Chr. Vor ~3000.~]
+
+Das ~alte~ Reich,
+
+begründet von König ~Mena~ durch Vereinigung der beiden Landesteile.
+Wechselnde Residenzen der Könige in der Gegend von +Memphis+ (oberhalb
+Kairo). Ihre Grabdenkmäler sind die ~Pyramiden~; über 70 noch
+erhalten. Die höchsten (bei dem Dorfe Gizeh) sind von den Königen
+der +4. Dynastie+[2] (um 2800) erbaut: +Snofru+, +Chufu+ (Cheops bei
+Herodot),[3] +Chafrâ+, +Menkaurâ+. Unter der 6. Dynastie zerfällt
+die Einheit des Reiches; mehrere Könige herrschen nebeneinander.
+Herstellung der Einheit durch die von +Theben+ in Ober-Ägypten
+ausgehende 11. Dynastie.
+
+[Um 2100.]
+
+Das ~mittlere~ Reich,
+
+die klassische Zeit Ägyptens. Blüte der Baukunst und der Literatur
+(religiöse, medizinische, biographische Schriften; Märchen, Fabeln
+und Lieder). Handelsverkehr mit Syrien und dem Weihrauchlande Punt
+(Südarabien). Residenzen in der Landschaft +Fajjûm+ oberhalb +Memphis+.
+
++Amenemhât I+. (12. Dynastie) baut den Amôntempel in Theben, seine
+Nachfolger unterwerfen das Land Kusch (Nubien), +Wesertôsen III.+
+ist der in der griechischen Sage hervortretende Sesostris. +Amenemhât
+III.+ legt im Fajjûm den +Moeris-See+ an, um die Überschwemmungen des
+Nils zu regeln, und erbaut dort einen großen Reichstempel, von den
+Griechen Labyrinth genannt. Auch diese Dynastie hat Pyramiden gebaut;
+Felsengräber von Priestern und hohen Beamten bei Beni-Hassan.
+
+[Um 1800.]
+
+Eroberung Ägyptens durch die ~Hyksôs~, Hirtenkönige semitischer
+Abkunft, die über die Landenge von Suez eindrangen. Sie beherrschten
+hauptsächlich das untere Land, Ober-Ägypten wurde von einheimischen
+Statthaltern verwaltet. Einer von diesen, +Ahmôse+, Statthalter in
+Theben, vertreibt endlich im 16. Jahrhundert die Hyksôs und herrscht
+dann als König.
+
+[Um 1530.]
+
+Das ~neue~ Reich (Hauptstadt +Theben+)
+
+erhebt sich bald zu bedeutender Macht und Größe. König ~Dhutmôse I.~
+(Thutmosis) aus der 18. Dynastie macht Nubien zur Provinz und dringt
+in Syrien bis zum Euphrat vor. Seine Tochter +Hatschepsowet+ sendet
+Schiffe aus nach dem Weihrauchlande Punt. ~Dhutmôse III.~ macht
++Syrien+ und +Palästina+ zu Provinzen: höchste Machtfülle Ägyptens.
+
+Seine Nachfolger erhalten diesen Umfang des Reiches aufrecht.
+~Amenhotep III.~ schmückt Theben mit glänzenden Bauten; Ruinen bei den
+jetzigen Dörfern +Karnak+, +Luksor+ und +Medinet-Abu+; bei letzterem
+noch jetzt zwei sitzende Kolosse, Statuen des Amenhotep, deren eine von
+den Griechen die +tönende Säule des Memnon+ genannt ward.
+
+[Um 1400.]
+
+~Amenhotep IV.~ führt einen Sonnen-Monotheismus ein; alle anderen
+Götter sollen dem +Râ+ weichen. Er gründet eine neue Residenz in
+Mittel-Ägypten (Ruinen von El-Amarna), steht in freundschaftlichen
+Beziehungen zu den Königen von +Babel+ und +Assur+. Nach seinem Tode
+Wiederherstellung der früheren Götterverehrung, zumal des Amôn von
+Theben.
+
+[Um 1300–1270.]
+
+~Seti I.~ und sein Sohn ~Ramsês II.~ (19. Dynastie) kämpfen mit den
++Hethitern+ (Cheta), die in Nordsyrien ein Reich gegründet haben (S.
+15). Ramsês siegt in der Schlacht bei +Kadêsch+ am Orontes, deren
+epische Beschreibung (der Schreiber Pentaur) in Tempelinschriften
+erhalten ist. Blüte des Reichs unter seiner fernerhin friedlichen
+Regierung; Residenz zu +Tanis+ im Deltalande, Tempelbauten zu Theben
+und Abu-Simbel (in Nubien), Nilkanal bis zum Timsah-See.
+
+[Um 1180.]
+
+~Ramsês III.~ (20. Dynastie) behauptet das Ansehen des Reichs durch
+Kämpfe gegen die »Seevölker«, welche in Syrien eindringen, und gegen
+die Libyer im Westen.
+
+~Zeit des Verfalles~ unter den folgenden Herrschern, Syrien wird
+unabhängig, in Nubien erhebt sich das Reich von +Napăta+. Die
+Priesterschaft des Amôn von Theben wird allmächtig, und endlich stößt
+der Oberpriester +Hĕrihôr+ den letzten Ramsês (XII.) vom Throne. Gegen
+seine Nachfolger erhebt sich eine neue Dynastie (21.) in +Tanis+.
+Kriegerisch tritt noch einmal König +Scheschonk I.+ auf (22. Dynastie),
+der um 920 für kurze Zeit +Jerusalem+ erobert. Dann Schwäche der
+Königsmacht gegenüber den Gaufürsten.
+
+[Um 775.]
+
++Pianchi+, König von +Napăta+, erobert Ägypten; doch wird es nach
+einiger Zeit wieder selbständig. Dauernde Eroberung 728 durch
++Schabăka+, König von Napăta, der die 25. Dynastie begründet. Sein
+zweiter Nachfolger +Taharka+ tritt den Assyrern in Syrien entgegen.
+
+[670.]
+
+~Assurachiddin~, König von Assur, erobert Ägypten und ernennt 22
+Statthalter, meist ägyptische Gaufürsten; doch hat er, wie auch sein
+Nachfolger Assurbanipal, gegen den von Napăta zurückkehrenden +Taharka+
+und dessen Nachfolger +Tantamôn+ um den Besitz des Landes zu kämpfen.
+Nach des letzteren Tode treten die ägyptischen Statthalter wieder in
+ihre Rechte.
+
+[645.]
+
++Herstellung des Reiches.+ ~Psamêtik~ von Sais, einer der Statthalter,
+macht sich mit Hilfe karischer und ionischer Söldner unabhängig
+von Assyrien (S. 10), residiert zu +Sais+ im Deltalande (26.
+Dynastie), öffnet das Land dem Fremdenverkehr (Syrer, Karer, Ionier).
+Unzufriedenheit im Stande der Krieger, ein Teil derselben wandert nach
+Nubien aus. Sein Sohn
+
+[610–594.]
+
+~Neko~ (Necho) setzt den Bau des Kanals vom Timsah-See bis zum Roten
+Meere fort, ohne ihn zu vollenden, läßt durch phönikische Seeleute
+Afrika umfahren, versucht Syrien wiederzuerobern, wird aber 605 von
+den Babyloniern unter Nebukadnezar II. bei +Gargămisch+ am Euphrat
+zurückgeschlagen. Sein Enkel +Wahabrê+ (bei Herodot Apries) wird
+entthront von
+
+[570–526.]
+
+~Ahmôse~ (Amāsis), dessen Regierung die letzte Glanzzeit Ägyptens
+ist. Freundschaft mit den Griechen von +Kyrēne+ und mit +Polykrătes
+von Samos+; den ionischen Griechen wird die Ansiedlung in +Naukrătis+
+gestattet. Tempelbauten in Sais und Memphis. Sein Sohn
+
+[525.]
+
+~Psamêtik III.~ wird in der Schlacht bei ~Pelusium~ von ~Kambyses~
+besiegt. ~Ägypten persische Provinz.~
+
+
+§ 2. Babylonier und Assyrer.
+
+Ebenso alt wie im Niltal ist die Kultur in der fruchtbaren Ebene am
+Unterlauf des +Euphrat+ (Purat) und +Tigris+ (Diglat), welche später
+nach ihrer Hauptstadt ~Babylonien~ hieß. Träger dieser bis ins fünfte
+Jahrtausend vor Chr. nachweisbaren Kultur sind die nichtsemitischen
+~Sumerer,~ doch sind zu der Zeit, wo die geschichtlichen Nachrichten
+beginnen, schon +semitische Stämme+ eingedrungen, zumal in Nord
+Babylonien, und haben sich die vorgefundene Kultur angeeignet.
+
+Die Entwickelung von Gewerbtätigkeit und Handel führt frühzeitig zur
+Ausbildung eines genauen Gewichts- und Maßsystems, bei welchem die
+Zahl 60 der Einteilung zugrunde liegt (Sexagesimal-System); an die
+Beobachtung der Sterne knüpft sich genaue Zeitrechnung, doch auch der
+Aberglaube der Sterndeutung (Astrologie).
+
+~Religion~: Von der Verehrung der leuchtenden Himmelskörper ausgehend
+bildet sich eine vielgestaltige Götterwelt. Oberster Gott +Ellit,+
+später +Bêl+ genannt, Sohn des Himmelsgottes +Anu+; seine Gemahlin
++Belit+. Andere Götter +Samas,+ der Sonnengott, +Sin,+ der Mondgott,
++Rammân,+ der Gott des Gewitters, +Marduk+, der Stadtgott von Babel,
++Nergal, Istar, Nabu+. Hohes Ansehen der Priester, die wie in Ägypten
+zugleich Lehrer der Wissenschaft sind.
+
+An der altbabylonischen Kultur nimmt teil das von zagrischen Völkern
+bewohnte Land ~Elam~ (Hauptstadt +Susa+ am Choaspes) und allmählich
+auch das weiter nördlich am oberen Tigris gelegene Land ~Assur~
+(Assyrien). Überall ist die ~Keilschrift~ im Gebrauch, mit Griffeln auf
+Tontafeln und Tonzylinder eingeritzt, später in vereinfachter Form von
+den Persern angenommen.[4]
+
+[Um ~3000.~]
+
+Stadtkönigtümer im Lande der +Sumerer+ (Südbabylonien), gestützt auf
+alte Kultstätten: Ur, Eridu, Larsa, Lagas (Sirpurla), Nipur mit dem auf
+Terrassen hochgebauten Tempel des Ellit.
+
+Im Norden Stadtkönigtümer der +Semiten+: Akkad, Sippara, Borsippa,
+Babel.
+
+[Um 2800.]
+
+König +Sargon+ von +Akkad+ (Nordbabylonien) gründet ein Reich, das sich
+bis nach Syrien erstreckt.
+
+[Um 2600.]
+
+Im Süden erheben sich die Könige von Ur, dann die von Larsa; die
+Herrscher dieser Dynastien bezeichnen sich auch als Könige von +Sumer
+und Akkad+.
+
+[Um 2300.]
+
+Kudur-Mabuk, König von +Elam+ (Susiana), erobert Ur und Larsa.
+
+[Um 2200.]
+
+~Hammurabi~, König von Babel, befreit den Süden von dem Joch der
+Elamiter und zwingt ihn für immer unter die Herrschaft des Nordens;
+begründet damit das ~Babylonische Reich~. Die Hauptstadt, ein großes
+ummauertes Viereck, vom Euphrat durchströmt; auf der einen Seite des
+Flusses die Königsburg, auf der andern ein in 8 Stockwerken sich
+erhebender Tempel des Bêl. Sorgfältiger Ackerbau, Anlage von Kanälen.
+Eine umfassende +Gesetzgebung+, bekannt geworden durch eine 1901 in
+Susa gefundene Inschrift dieses Königs, regelt das bürgerliche Leben:
+Landbau, Schiffahrt, Handel, Eherecht, Erbrecht.
+
+[Um 1700.]
+
+Herrschaft der vom Zagrosgebirge her eingedrungenen Kassu (Kossäer)
+über Babel;[5] seit etwa 1250 wieder einheimische Könige.
+
+[Um 1500.]
+
+~Reich Assur am oberen Tigris.~ Alte Hauptstadt gleichen Namens;
+spätere Residenzen der Könige sind +Ninua+ (Ninive)[6] und +Kalach+.
+Ausbildung des Kriegswesens und geordnete Verwaltung; die Jahre werden
+nach dem Wechsel der obersten Staatsbeamten (Limu) gezählt.
+
+[Um 1450.]
+
+König +Assurubállit+ von Assur, befreundet mit +Burnaburjasch+ von
+Babel, zerstört das Nachbarreich der +Mitani+ am oberen Euphrat. Lange
+Zeit bestehen die drei Reiche +Babel+, +Elam+, +Assur+ nebeneinander,
+verbunden durch Handelsverkehr, aber auch öfters in Feindschaft.
++Tiglatninib+ von Assur herrscht um 1280 eine Zeitlang auch über Babel,
++Nabukudrossor I.+ (Nebukadnezar I.) von Babel ist um 1130 siegreich
+gegen Elam, führt die geraubte Mardukstatue aus Susa zurück.
+
+[Um 1100.]
+
++Tiglatpilêsar I.+ von Assur schlägt einen Angriff der kleinasiatischen
++Muski+ (S. 15) zurück, dringt erobernd vor nach +Naīri+ (den Gebieten
+nördlich vom oberen Tigris) und nach +Nordsyrien+, wo das Reich der
+Hethiter (S. 5) sich in kleinere Staaten aufgelöst hat; er erreicht bei
+Arwad (Aradus) in Phönizien das Mittelmeer. Die nächstfolgenden Könige
+haben diesen Umfang der Herrschaft nicht behauptet; dann aber folgt die
+Gründung der ~Assyrischen Großmacht~.
+
+[885–860.]
+
++Assurnâssirpal+ (III.) erobert die Länder am oberen Euphrat und
+Nordsyrien und dringt wieder bis zum Mittelmeer vor. Tyrus und Sidon
+zahlen Tribut.
+
+[860–825.]
+
++Salmanâsar II.+ wiederholt diese Züge, greift zwar +Damaskus+
+mehrfach vergeblich an, hält aber Tyros, Sidon und das Reich Israel
+(König Jehu) tributpflichtig, ebenso im Osten die indogermanischen
++Madai+ (Meder) (S. 17); in +Babel+ greift er bei einem Thronstreit
+mit Heeresmacht ein. Sein zweiter Nachfolger +Râman-nirari III.+ (um
+800) erobert auch +Damaskus+ und führt reiche Beute davon. Unter ihm
+reicht die assyrische Macht von Medien über ganz Palästina bis nach
+Edom. Dann folgt eine Zeit des Niedergangs; +Salmanâsar III.+ (um 780)
+kämpft erfolglos gegen das in den nördlichen Bergländern (Armenien)
+entstandene Reich +Urarthu.+
+
+[745–727.]
+
+~Tiglatpilêsar III.~ (Pulu), ein Usurpator, stürzt den schwachen König
+Assur-nirari und erhebt die assyrische Macht aufs neue. Er bekriegt
+das westliche +Medien+, bricht die Macht der +Urarthier+, stellt die
+Herrschaft über +Syrien+ wieder her. Die Könige von Damaskus, Israel,
+Tyros zahlen ihm Tribut. In +Babel+ bestätigt er zuerst den König
++Nabunâssir+[7] als aber nach dessen Tode Ukînzêr, Fürst der Kaldi
+(Chaldäer, im südlichen Babylonien) sich des Thrones bemächtigt,
+vertreibt er diesen und macht sich selbst unter dem Namen Pulu zum
+König von Babylon, Sumer und Akkad. So wird er der Gründer des
+assyrischen Weltreichs, indem er
+
+[~729.~]
+
+~Assur und Babel vereinigt~.
+
+[722–705.]
+
+~Sarrûkîn~ (Sargon), Begründer einer neuen Dynastie, beendet die
+von seinem Vorgänger Salmanâsar IV. begonnene Belagerung von
++Samaria+, führt die Einwohner nach Medien, schlägt einen Angriff
+des ägyptischen Königs Schabăka (S. 6) bei +Raphia+ (unweit Gaza)
+zurück, vernichtet durch Eroberung von +Gargamisch+ (Karchemisch)
+den letzten Hethiterstaat in Syrien (S. 8). Dann unterwirft er das
+westliche +Medien+, siegt über den König Rusas von +Urarthu+, zwingt
+Mita, den König der +Muski+ (Midas von Phrygien, S. 8), zur Huldigung.
+Cypern tributpflichtig. Inzwischen hat sich in +Babel+ Mardukbaliddin,
+Fürst der Kaldi, von Elam her unterstützt, der Herrschaft bemächtigt;
+Sarrûkîn besiegt ihn 710 und stellt die Vereinigung beider Reiche
+wieder her. Elam bleibt selbständig. Neue Residenz Dûr-Sarrûkîn
+(Chorsâbâd) nördlich von Ninive. Sein Sohn
+
+[705–681.]
+
+~Sinachirib~ (Sanherib) behauptet Syrien gegen die Ägypter, belagert
+aber Tyros und Jerusalem vergeblich (König Hiskia), zerstört die Stadt
+Babel nach abermaligem Aufstande der Einwohner.
+
+[681–668.]
+
+~Assurachiddin~ (Assarhaddon) stellt Babel wieder her, begünstigt
+die Babylonier, unterwirft +Ägypten+ (S. 6, Memphis 670 erobert) und
+mehrere +arabische+ Stämme. Sidon erobert und zerstört, wird assyrische
+Provinzialstadt. Unter diesem König hat das Reich seine größte
+Ausdehnung. Aber schon unter seiner Regierung beginnen nomadische
+Indogermanen, die +Skutscha+ und +Gimirai+ (Skythen und Kimmerier), das
+Reich vom Norden her zu bedrohen.
+
+[668–626.]
+
+~Assurbanipal~ (Sardanapal) wird durch den Aufstand seines Bruders
++Samassumukîn+, den Assurachiddin zum König von Babel eingesetzt
+hatte, genötigt, Ägypten aufzugeben (vgl. S. 6), unterwirft jedoch
++Babel+ wieder und macht dem Reiche ~Elam~ ein Ende durch Eroberung der
+Hauptstadt +Susa+. Seine durch Bauten verschönerte Residenzstadt ist
+~Ninive~; dort ist in den umfangreichen Ruinen der größte Teil seiner
+großartigen Bibliothek aufgefunden worden (Tafeln und Zylinder aus Ton
+mit Keilschrift). Nach seinem Tode wird +Babel+ wieder selbständig
+und erhebt sich bald zu großer Macht, während das assyrische Reich
+durch die verheerenden Kriegszüge der +Skythen+, die bis nach Syrien
+vordringen, geschwächt wird.
+
+[~626–539.~]
+
+~Das Neu-Babylonische (chaldäische) Reich.~
+
+[626–605.]
+
+~Nabupalôssor~, ein Chaldäerfürst, König von Babel, erkennt die
+assyrische Oberhoheit nicht mehr an, verbündet sich mit dem König der
++Meder+ Kyaxāres (S. 17).
+
+[606.]
+
+~Ende des assyrischen Reiches,~ die vier Residenzstädte, namentlich
++Ninive+, von den Medern unter Kyaxāres zerstört. König +Neko+ von
+Ägypten, welcher Syrien zu erobern versucht (609 Schlacht bei Megiddo,
+wo König Josia von Juda fällt), wird von +Nabukudrossor+, Nabupalôssors
+Sohn, zurückgeschlagen.
+
+[605–561.]
+
+~Nabukudrossor II.~ (Nebukadnezar) läßt die vergrößerte Stadt Babel
+(Babylon) mit einer doppelten Mauer umziehen, legt die sogen.
+schwebenden Gärten der Semiramis (Terrassen) an, stellt den Tempel
+des Bêl und die das Land vor Versumpfung schützenden Kanäle wieder
+her (Wasserbecken bei +Sippāra+), sichert das Land im Norden durch
+die vom Euphrat bis zum Tigris reichende medische Mauer. Amasis von
+Ägypten, der sich mit griechischen Inselmächten verbündet hat, 605 bei
+Karchemisch besiegt. Krieg gegen Juda. 586 Jerusalem zerstört, die
+Einwohner am Euphrat angesiedelt, 573 Tyros unterworfen.
+
+Nach dem Tode des großen Königs Verfall des Reiches durch Thronstreit.
+Kurze Regierungen der drei Nachfolger aus Nebukadnezars Familie; dann
+wird die chaldäische Dynastie von den Priestern gestürzt, die einen
+Babylonier +Nabunêd+ auf den Thron erheben. Dieser bemüht sich um
+Herstellung der Tempel und Einkünfte der Priester, erliegt aber dem
+Angriffe der +Perser+.
+
+[539.]
+
+~Babylon von Kyros erobert~; Babylonien wird zunächst ein Kronland der
+Perserkönige, dann nach einem Aufstand unter Xerxes persische Provinz.
+Der Marduktempel von Xerxes zerstört, bleibt seitdem in Trümmern.
+
+
+§ 3. Juden (Hebräer, Israeliten).
+
+~Syrien~, von semitischen Völkern bewohnt, hat nach dem Verfalle der
+Macht der +Hethiter+ (S. 8) keine zusammenfassende Staatsbildung
+aufzuweisen; im 9. Jahrhundert wird es von den +Assyrern+ abhängig.
+Doch behalten die Einwohner ihre alte Religion und Sprache; in
+Nordsyrien herrscht die +aramäische+ Sprache.
+
+Geschichtlich bedeutsam durch seine +Religion+ ist das im Lande
+~Kanaan~ (Palästina) wohnende jüdische Volk, dessen ältere Geschichte
+sagenhaft ist. Stammväter: +Abraham+, +Isaak+, +Jakob+; Auswanderung
+nach Ägypten, Rückkehr unter +Mose+, Gesetzgebung am +Sinai+. Unter
++Josuas+ Führung werden die Völker Kanaans besiegt; Verteilung des
+Landes zu beiden Seiten des +Jordan+ unter die 12 Stämme; der Stamm
+Levi zur Priesterschaft bestimmt. Verehrung des einigen unsichtbaren
+Gottes +Jahveh+ (Jehovah); sein Heiligtum die tragbare Stiftshütte,
+darin die Bundeslade, in welcher die Gesetztafeln aufbewahrt werden.
+Das Gesetz Jahvehs beherrscht das ganze bürgerliche Leben. (Theokratie.)
+
+Weitere Kämpfe mit den Völkern Kanaans unter Führung der ~Richter~:
+Gideon, Jephtah, Simson, Samuel.
+
+[Um 1000.]
+
+Auf Verlangen des Volkes salbt Samuel den ~Saul~ (aus dem Stamme
+Benjamin) zum +König+. Saul, siegreich gegen die Nachbarvölker,
+entzweit sich bald mit dem Priestertume. Samuel salbt einen andern
+König, +David+, aus dem Stamme Juda. Diesen nötigt Saul zur Flucht,
+tötet sich aber selbst nach einem unglücklichen Kampfe gegen die
+Philister.
+
+[Um 980.]
+
+~David~ treibt die Feinde zurück, entreißt den Jebusitern +Jerusalem+,
+wohin die Bundeslade gebracht wird, und macht diese Stadt zur
+Hauptstadt.
+
+[Um 950.]
+
+~Salomo~ baut den Tempel zu Jerusalem; Freundschaft mit dem König
+Hirôm I. von Tyros, gemeinsame Seefahrten nach dem Lande +Ophir+
+(Ostarabien?); glänzende Regierung. Nach seinem Tode
+
+[Um 925.]
+
+~Teilung~ des Reiches der Juden. Die Stämme Juda und Benjamin halten zu
++Rehabeam,+ dem Sohne Salomos, die andern zehn Stämme unter +Jerobeam+
+bilden das Reich +Israel+ (Hauptstadt Sichem, später seit Ahab Samaria).
+
+Im Reiche ~Israel~ gelangt unter König +Ahab+ (um 870) durch den
+Einfluß seiner Gemahlin +Isebel+, Tochter +Itobaals I.+ von Tyros,
+der phönikische Baal- und Astartedienst zu großer Verbreitung. Kampf
+der ~Propheten~ (~Elîa~, +Elisa+ u. a.) gegen das götzendienerische
+Königtum. Ahab fällt im Kampf gegen Damaskus. Der Feldhauptmann
++Jehu+, von Elisa gesalbt, tötet Isebel, rottet das Geschlecht Ahabs
+aus, macht sich zum König und verbietet den Baaldienst; er wird 842
+dem +assyrischen+ Könige Salmanâsar II. tributpflichtig (S. 9).
+Dann Bedrängnis durch die Könige von +Damaskus+, glücklichere Zeit
+unter +Jerobeam II.+ König +Menachem+ wird 738 wiederum den Assyrern
+untertan; König +Hosea+ wird, als er sich der assyrischen Herrschaft zu
+entziehen sucht, 724 von Salmanâsar IV. geschlagen und gefangen. Nach 3
+jähriger Belagerung wird
+
+[~722.~]
+
++Samaria+ von +Sarrûkin+ (S. 9) erobert, das ~Reich Israel zerstört;~
+über 27000 Einwohner weggeführt und in Assyrien und Medien angesiedelt.
+
+Das Reich ~Juda~ wird noch unter +Rehabeams+ Regierung von den Ägyptern
+unter +Scheschonk+ (S. 6) mit Krieg überzogen. König +Josaphat+ (um
+870) vermählt, um ein friedliches Verhältnis mit dem Reiche Israel
+herzustellen, seinen Sohn mit +Athalja+, der Tochter Ahabs von
+Israel und der Isebel. Athalja bemächtigt sich 843 in Jerusalem der
+Herrschaft, ermordet, um Davids Stamm auszurotten, ihre eigenen Enkel
+(nur +Joas+ wird wunderbar gerettet und im Tempel Jehovahs auferzogen)
+und führt in Jerusalem den Baaldienst ein. Sie wird 837 von dem
+Hohenpriester +Jojada+ gestürzt und getötet, der junge +Joas+ auf den
+Thron gesetzt, der Baaldienst aufgehoben.
+
+König +Hiskia+ (um 700), der Leitung des Propheten ~Jesaja~ folgend,
+verbannt aufs neue die Abgötterei, verweigert den Assyrern den Tribut
+und verbindet sich mit Ägypten. Die Assyrer unter +Sinachirib+ belagern
+vergeblich Jerusalem, führen aber viele Bewohner des offenen Landes in
+die Gefangenschaft.
+
+Unter +Josia+ (640–609) verheeren die +Skythen+ (s. S. 10) das Land.
+Herstellung des Jehovahdienstes nach Auffindung des Gesetzbuches im
+Tempel (621); der Prophet ~Jeremia~. König Josia fällt im Kampfe gegen
+den ägyptischen König +Neko+ (s. S. 10) bei +Megiddo+ 609. Das Reich
+Juda wird den Ägyptern und nach der Schlacht bei +Gargamisch+ (S. 6)
+den Babyloniern Untertan. Ein Versuch des letzten Königs +Zedekia+,
+die Unabhängigkeit wieder zu gewinnen, mißlingt trotz ägyptischer Hilfe.
+
+[v. Chr. 586.]
+
+~Nabukudrossor~, König von Babylon, ~zerstört Jerusalem~. Viele Juden
+in die +babylonische Gefangenschaft+ geführt.
+
+[539.]
+
+~Kyros~ gestattet den Juden die Rückkehr nach Palästina und die
+Wiederherstellung eines Staates Juda. Jerusalem und der Tempel wieder
+aufgebaut. Herstellung des mosaischen Gesetzes durch +Esra+ 458,
+Mauerbau unter +Nehemia+ 445. An der Spitze des kleinen Staates steht
+unter persischer Oberhoheit der +Hohepriester+; Feindschaft gegen
++Samaria+, wo Vermischung mit anderen Völkern eingetreten ist.
+
+
+§ 4. Phöniker und Karthager.
+
+~Phönikien~, der schmale, hafenreiche Küstenstrich westlich vom Gebirge
+Libanon, bewohnt von einem semitischen Volke, welches frühzeitig Städte
+gründete: +Arwad+ (Arados), +Gubal+ (Byblos), +Berut+ (Berytos),
++Sidon+, +Zor+ (Tyros). ~Sidon~ seit etwa 1500 v. Chr. die bedeutendste
+Stadt.
+
+Die +Religion+ der Phönīker mit der babylonischen verwandt, durch
+Ausschweifung und Grausamkeit entstellt. Hauptgötter +Baal+, +Astarte+
+und +Moloch+, der Feuergott, welchem Menschenopfer dargebracht wurden.
+In Tyros +Melkart+ besonders verehrt, in Gubal der Frühlingsgott
++Adonis+.
+
+Die Phöniker trugen als +Handelsvolk+ die in Ägypten und Babylonien
+begründete Kultur nach den Ländern des Westens. Ihre Häfen standen
+durch Karawanenstraßen (über Damaskus und Thadmor) mit dem Euphratlande
+in Verbindung. Mannigfache +Gewerbtätigkeit+: Weberei, Purpurfärberei,
+Glasbereitung, Bergbau, Bearbeitung der Metalle. Ausbildung der
+(konsonantischen) Lautschrift, von der die europäischen und neueren
+asiatischen »Alphabete« abstammen.
+
+Gründung zahlreicher ~Kolonieen~ auf Cypern, Rhodos, Kreta, Kythera,
+auf Inseln des Ägäischen Meeres, auf Sicilien, an der Nordküste von
++Afrika+ (Utica, Leptis), an der Südküste von +Spanien+ (Gades).
+Weitere Handelsfahrten teils nach der Westküste Afrikas, teils nach
+Britannien und der deutschen Seeküste, wo sie u. a. den Bernstein
+fanden.
+
+[Um 1100.]
+
+~Tyros~ gelangt an Stelle von Sidon zum Vorrang unter den phönikischen
+Seestädten.
+
+[Um 950.]
+
+Blüte von +Tyros+ unter König ~Hirôm I.~, dem Freunde Salomos (S. 11).
++Neu-Tyros+, auf einer Insel der Altstadt gegenüber gelegen, wird
+erweitert, befestigt und durch einen Damm mit dem Festlande verbunden.
+Später entstehen innere Zwistigkeiten; ein großer Teil der alten
+Geschlechter verläßt unter Führung der Königstochter +Elissa+ die Stadt
+Tyros und gründet
+
+[v. Chr. Um 814.]
+
+~Karthāgo~, punisch +Kartchadast+ (d. h. die neue Stadt), an der
+Meeresbucht zwischen dem +Schönen+ und dem +Hermäischen+ Vorgebirge,
+nicht weit von dem heutigen +Tunis+ (Doppelhafen, Burg +Byrsa+). Die
+Gründerin +Elissa+ wird später als Göttin +Dido-Astarte+ (Beschützerin
+der Kolonisation) verehrt.
+
+Verfassung Karthagos: Aristokratische Republik, die Herrschaft in der
+Hand der reichen Großkaufleute und Gewerbetreibenden, an der Spitze
+zwei jährlich erwählte +Suffeten+, d. h. Richter, auch Könige genannt,
+ein engerer und ein weiterer Senat; die Bürgerschaft hat das Wahlrecht
+und wird bei wichtigen Entscheidungen befragt.
+
+Allmähliches Sinken der Städte des Mutterlandes; sie geraten unter die
+Botmäßigkeit der +Assyrer+, dann der +Babylonier+; nur +Tyros+ erhält
+sich bis 573 frei. Währenddessen breiten sich die +Griechen+, welche
+schon früher (um 1000 v. Chr.) die Phöniker aus dem Ägäischen Meere
+verdrängt hatten, an den Küsten und Inseln des westlichen Mittelmeeres
+aus und bedrohen die phönikischen Niederlassungen mit Vernichtung.
+
+[Um ~600~.]
+
+Gegenüber dieser Gefahr beginnt ~Karthago~ die Phöniker des Westens
+unter seiner Führung zu sammeln und gründet ein ~seemächtiges Reich~
+in +Nordafrika+, +Westsicilien+ und +Südspanien+. Grenzkriege mit
+den Griechen von +Kyrēne+; die Altäre der Philänen (östlich von
+Groß-Leptis) als Grenze festgestellt. Auch +Sardinien+ wird von den
+Karthagern besetzt; aus +Korsika+ vertreiben sie, im Bunde mit den
+Etruskern, die Griechen von Phokäa (Seeschlacht bei Alalia 540).
+
+[586–573.]
+
+~Tyros~ hält eine dreizehnjährige Einschließung (von der Landseite)
+durch +Nabukudrossor+ aus, muß aber zuletzt die Oberherrschaft des
+Königs von Babylon anerkennen (S. 10).
+
+[539.]
+
+Nach Zerstörung des Babylonischen Reiches durch +Kyros+ werden die
+Phöniker den Persern Untertan, sie stellen fortan den Hauptteil der
++persischen Seemacht+. ~Sidon~ wird nunmehr wieder die erste Stadt
+Phönikiens. +Tripolis+ als Bundesstadt gegründet von Arados, Sidon und
+Tyros.
+
+[332.]
+
+Nach der Eroberung von Tyros durch +Alexander d. Gr.+ wird Phönikien
+und ganz Syrien, bald auch Ägypten und Babylonien ein Teil der großen
+~griechisch-makedonischen~ Monarchie.
+
+Fussnoten:
+
+[1] Die Entzifferung der Hieroglyphen gelang zuerst dem französischen
+Gelehrten +Champollion+ 1822 mit Hilfe des 1799 von Napoleons I.
+Soldaten bei +Rosette+ aufgefundenen Steines, der eine Inschrift aus
+der Ptolemäerzeit in ägyptischer und griechischer Sprache enthält.
+
+[2] Einunddreißig +Dynastien+ ägyptischer Könige, mit +Menes+
+beginnend, bis auf Alexander d. Gr. verzeichnete um 280 v. Chr. der
+Priester +Manĕtho+ zu Heliopolis (On) in einem griechisch geschriebenen
+Werke über Ägyptens alte Geschichte.
+
+[3] +Herodot+, welcher um 450 v. Chr. Ägypten bereiste, nennt die
+Könige Cheops, Chephren, Mykerinos. Seine Angaben über die ältere
+Geschichte Ägyptens sind sagenhaft; wertvoll ist seine Schilderung des
+Landes und der Volkssitten.
+
+[4] Die Entzifferung der Keilschrift begann +G. F. Grotefend+ 1802,
+indem er in den Inschriften von Persepolis die persischen Königsnamen
+erkannte. Weitere Fortschritte namentlich durch +Rawlinson+, welcher
+1846 die persische Inschrift von Bagistana (Behistun) (s. S. 20)
+herausgab.
+
+[5] Die fünfte Dynastie bei +Berōssos+, der um 280 v. Chr. die Sagen
+der babylonischen Urzeit (große Flut) und die Königsreihen in einem
+griechisch geschriebenen Geschichtswerk verzeichnete.
+
+[6] Die Ruinen von +Ninive+ bei Môssul (am Tigris) zuerst 1842 von dem
+Franzosen Botta, 1845 von dem Engländer Layard erforscht, die Ruinen
+von +Babylon+ 1853 von Oppert und Rawlinson. Deutsche Ausgrabungen
+1886, dann seit 1901.
+
+[7] Mit Nabunâssirs Regierungsantritt 747 v. Chr. beginnt der in dem
+astronomischen Werke des Alexandriners +Ptolemaios+ (um 150 nach Chr.)
+erhaltene +astronomische Kanon+, ein Verzeichnis der Herrscher, die
+über Babylon regiert haben, bis Antonius Pius, mit genauer Angabe der
+Regierungszeiten.
+
+
+
+
+~B. Die asiatischen Arier.~
+
+
+Ein neues Zeitalter beginnt mit dem Auftreten der ~Arier~
+(Indoeuropäer). Zuerst treten die +asiatischen+ Zweige dieser
+Völkergruppe hervor in Iran, Kleinasien, Armenien, Indien, dann die
++südeuropäischen+ (Griechen und Italiker), weiterhin die Kelten und
+Germanen, zuletzt die Slaven und Letten.
+
+
+§ 1. Völker Kleinasiens.
+
+Um 1500 v. Chr. erscheinen zuerst die den Phrygern verwandten +Muski+
+und Stämme der iranischen +Saken+ (Skythen) in Kleinasien. Sie
+verdrängen die +Hethiter+ (S. 5, 8, 9), von deren früherer gewaltiger
+Herrschaft sich Denkmäler westlich vom Halys in Syrien, Mesopotamien,
+Kilikien, Kappadokien, auch am Sipylos finden. Das ~Phrygische Reich~,
+dessen König Mita (Midas) 710 den Assyrern huldigt (S. 9), erliegt bald
+darauf dem Ansturm der +Kimmerier+ (S. 10), die ebenso wie die +Saken+
+oder +Skythen+ iranische Stämme sind, die nicht seßhaft werden. Als
+selbständige seßhafte Stämme erscheinen die Armenier, Kappadokier,
+Lykier; an der Westküste bildet sich das ~Lydische Reich~ und gewinnt
+dann weitere Ausdehnung.
+
+[Um 670.]
+
+König ~Gyges~, Begründer der +Mermnaden+-Dynastie, huldigt dem
+assyrischen Reiche, fällt im Kampf gegen die +Kimmerier+, welche die
+Hauptstadt +Sardes+ bis auf die Burg erobern, dann aber zurückweichen.
+Seine Nachfolger unterwerfen +Mysien+ und +Phrygien+, bekämpfen die
+Griechenstädte. ~Alyattes~, der vierte Mermnade, gerät in Krieg mit
+Kyaxâres von Medien.
+
+[~585.~]
+
+Unentschiedene Schlacht am Halys zwischen +Alyattes+ und +Kyaxâres+
+(Sonnenfinsternis, vorhergesagt von Thales von Milet). Der +Halys+ wird
+als Grenze zwischen dem lydischen und dem medischen Reiche festgesetzt.
+Des +Alyattes+ Tochter wird mit +Astyages+, dem Sohne des +Kyaxâres+,
+vermählt. +Alyattes+ unterwirft +Bithynien+, +Paphlagonien+, +Karien+,
+auch die meisten Griechenstädte, zerstört +Smyrna+. Aufhäufung großer
+Schätze in der Königsburg von Sardes.
+
+[~554–541.~]
+
+~Kroisos~, Sohn des Alyattes; er unterwirft nach der Einnahme von
++Ephĕsos+ alle griechischen Küstenstädte, mit Ausnahme von +Milet+, mit
+dem er das von Alyattes erzwungene Bundesverhältnis erneuert. Reger
+Verkehr mit dem europäischen Griechenland.
+
+Nach der Entthronung seines Schwagers +Astyages+ von Medien durch den
+Perser +Kyros+ überzieht +Kroisos+ das persische Reich mit Krieg. Auf
+den (zweideutigen) Rat des delphischen Orakels überschreitet er den
++Halys+. Unentschiedene Schlacht bei +Pterĭa+. Kroisos geht unschlüssig
+nach Sardes zurück. Kyros folgt ihm, siegt in einer zweiten Schlacht,
+erobert Sardes und nimmt Kroisos gefangen.
+
+[Um ~545.~]
+
+~Untergang des lydischen Reichs,~ das mit dem persischen vereinigt wird.
+
+
+§ 2. Die Inder.
+
+Um 1500 v. Chr. Einwanderung +arischer+ Stämme in das Tiefland des
+~Indus~; sie breiten sich allmählich aus über das +Ganges+land, über
+die Halbinsel +Dekhan+ und die Insel +Ceylon+ (Singhala), überall
+eine dunkelfarbige Urbevölkerung (+Dravidas+) verdrängend. Gründung
+zahlreicher Staaten.
+
+Der alt-arische Götterglaube, den die Eroberer mitbrachten, bilderlose
+Verehrung der Naturmächte (der Himmelsgott +Diausch-Asura,+ der Gott
+des allumfassenden Weltraumes +Váruna,+ der Feuergott +Agni+, der
+Gewittergott +Indra+ u. a.), ward unter dem Einfluß der Priester
+allmählich zu der mehr monotheistischen ~Brahma~-Religion umgebildet,
+die das gesamte Denken und Leben in strenge Satzungen einfügte. Viele
+Vorschriften der Reinigung, Lehre von der Seelenwanderung. Das Volk
+wird in vier streng geschiedene Stände (Kasten) geteilt: Priester
+(+Brahmanen+), Krieger (+Kschatrija+), Ackerbauer und Gewerbetreibende
+(+Vaiçja+), die unterworfenen Ureinwohner als Dienende (+Çudra+): am
+niedrigsten stehen die als unrein verachteten +Paria+. Die Könige gehen
+aus dem Kriegerstande hervor, sie wählen ihre Ratgeber und Beamten aus
+den Brahmanen.
+
+Reiche Entwickelung der Literatur; +Sanskrit+ die Schriftsprache, von
+der Volkssprache unterschieden. +Vedas+ die heiligen Bücher (Hymnen,
+Gebete, Sprüche), Gesetzbuch des +Manu+. Die epischen Dichtungen
++Mahabhârata+ und +Ramâjana+ schildern die Heldentaten der Kriegszeit,
+doch hat ihr ursprünglicher Inhalt manche Umbildung in priesterlichem
+Sinne erfahren. In Baukunst und Skulptur ist seit dem 6. Jahrhundert
++persischer+ Einfluß erkennbar.
+
+[Um 520.]
+
+~Buddha,~ ein Königssohn (seine Heimat an den Vorhöhen des Himâlaya),
+tritt als Reformator auf, verwirft die strengen Satzungen und
+Kastenunterschiede, lehrt sittliche Vervollkommnung durch Entsagung
+und Mitleid, stellt als Ziel die Ruhe der Seele (Nirwāna) auf. Er wird
+später selbst als Gott verehrt, sein Bild in den Tempeln aufgestellt.
+
+[Um 450.]
+
+Das Reich von ~Magādha~ im Gangeslande erhebt sich nach Unterwerfung
+mehrerer Nachbarstaaten zu größerer Bedeutung: seine Könige nehmen den
+Buddhismus an. Residenz +Pataliputra+ (Patna).
+
+[317–291.]
+
++Tschandragupta+, ein Flüchtling aus Magadha, vertreibt die Makedonier
+aus dem +Indus+lande, macht sich zum König von Magadha und erweitert
+das Reich fast über die ganze vorderindische Halbinsel. Sein Enkel
+
+[263–226.]
+
++Açoka+ durch milde und sorgsame Regierung berühmt. Blütezeit des
+Buddhismus; die +Stupa+, Kuppelbauten zum Schutz der Reliquien Buddhas,
++Bhagavāti+ die pyramidenförmig aufsteigenden Tempel (Pagoden). Anlage
+von Straßen, Brunnen, Krankenhäusern (auch für Tiere). Inschriften
+bezeugen seine Beziehungen zu den Herrschern der Diadochenreiche.
+
+Im Reiche Magadha lebte im 6. Jahrhundert +nach+ Chr. der Dramendichter
+Kalidâsa (Sakuntăla). Im 3. Jahrhundert gelangt die +Brahma+lehre
+wieder zur Herrschaft; der Buddhismus breitet sich nach Hinterindien,
+Tibet, China, Japan aus. Das Eindringen fremder Eroberer beginnt erst
+in der Zeit des Islam.
+
+
+§ 3. Die Iranier.
+
+Das Hochland +Iran+ (Ariân, Land der Arier) ist ein Land der
+Gegensätze; zwischen schneebedeckten Gebirgen und glühenden Sandwüsten
+liegen oasenartig Strecken fruchtbarsten Bodens, die natürlichen
+Mittelpunkte des Landes. Am stärksten bewohnt sind die Gebirgsländer
+am Rande des Hochlandes; im Westen +Medien+ und +Persien+, im Norden
++Hyrkanien+ und +Parthien+, im Osten +Baktrien+ und +Arachosien+; dort
+hat sich in der Landschaft +Arīa+ (Herat) auch der alte Gesamtname
+erhalten.
+
+Der alte Götterglaube erfuhr auch hier eine priesterliche Umbildung
+durch die Lehre des +Zarathuschtra+ (Zoroaster), der in unbekannter
+Zeit unter einem Fürsten +Vistâspa+ lebte. Als Staatsreligion erscheint
+diese Lehre erst unter Dareios I., um 520. Über die anderen Götter
+erhebt sich +Ahura-Mazda+ (Ormuzd), Beschützer des Ackerbaues und
+Verteidiger der Wahrheit; ihm stehen zur Seite die 6 guten Geister,
++Amĕscha-Spenta+. Sein Dienst fordert die Bekämpfung der verderblichen
+Mächte, an deren Spitze +Angramanjusch+ (Ahriman) steht. Keine
+Götterbilder und Tempel; nur Feueraltäre im Freien, namentlich auf
+Bergen; das Feuer gilt als heiliges Symbol der Reinheit. Später
+(um 400 v. Chr.) finden auch Götter der alten Volksreligion wieder
+große Verehrung, namentlich +Mithra+, der Gott des Sonnenlichts, und
++Anāhĭta+, Göttin der Gewässer, denen man auch Bilder und Tempel
+errichtet. Heiliges Buch +Avesta+, nur zum Teil erhalten in einer aus
+der Sassanidenzeit (3. Jahrhundert nach Chr.) stammenden Bearbeitung.
+Die Priester (Magier) zu einer erblichen Kaste vereinigt.
+
+Die ~Meder~ im nordwestlichen Gebirgslande, seit 835 den +Assyrern+
+Untertan (S. 9), doch oft sich empörend, befreien sich zur Zeit des
+Einbruchs der +Skythen+ (S. 10). Schon um 670 wird +Kastarita+, ein
+medischer Fürst, von den Assyrern als gefürchteter Gegner genannt. Nach
+Herodot ist +Deiokes+ (700 bis 647) als der Begründer des medischen
+Reiches anzusehen. Der Befreier Mediens von den unter +Partatua+
+(Protothyas bei Herodot) infolge des babylonisch-assyrischen Krieges in
+großen Scharen (S. 10) eingedrungenen +Skutscha+ (Skythen), die unter
+Madyas, dem Sohn Partatuas, 28 Jahre über »Asien« herrschten, war
+
+[624–585.]
+
+~Kyaxâres~, vermutlich ein Nachkomme Kastaritas. Er ist wohl der
+eigentliche +Gründer des Mederstaates+, schuf ein stehendes Heer, stand
+im Bunde mit Babylonien (S. 10). Er zerstört Ninive, kämpft mit den
+Lydern (S. 15) und dehnt seine Herrschaft über andere iranische Stämme
+(Sagartier, Hyrkanier, Parther) aus. Sein Reich vom Halys im Westen
+bis an die Grenze Elams (zu Babylon) im Südosten. Residenz Hagmatâna
+(Agbatana). Sein Nachfolger ist
+
+[584–550.]
+
+~Astyages~ (babylonisch Ischtuvegu). Er macht einen Vorstoß gegen das
+neubabylonische Reich und belagert um 555 +Harrân+. Seine Erfolge
+werden vereitelt durch den Aufstand der +Perser+, eines medischen
+Vasallenstaates in Elam, unter +Kurusch II+.
+
+[Um 630.]
+
+Die ~Perser~ dringen aus ihrem Gebirgslande im Südwesten Irans nach
++Elam+ vor und gründen hier unter dem Achämeniden +Tschischpisch+
+(Teïspes bei Herodot) das Königreich +Antschan+. Hier herrschen die
+Könige +Kurusch I.+ und +Kambudschija I.+, dann des letzteren Sohn
+
+[~558–529.~]
+
+~Kyros~ (+Kurusch II.+), welcher 550 seinen Lehnsherrn +Astyages+
+stürzt und die medische Hauptstadt +Hagmatâna+ erobert. Er vereinigt
+die persischen Stämme unter seiner Herrschaft und gründet das große
+
+[~559–330.~]
+
+~Persische Reich,~
+
+welches die Völker Vorderasiens zu einer politischen Einheit
+zusammenfaßt. Ihm gehorchen die früher den Medern unterworfenen
+Völker Irans, die Armenier und Kappadoker; er stürzt das lydische
+Reich (S. 16), und während seine Feldherren Mazares und Arpagos die
+Griechenstädte an der kleinasiatischen Küste unterwerfen, erobert er
++Babylon+. Das babylonische Reich wird dem persischen angegliedert (S.
+11), jedoch in Sitte und Religion nicht angetastet. Die phönikischen
+Städte und die Kilikier behalten ihre einheimischen Könige unter
+persischer Oberhoheit, in den Griechenstädten werden persisch
+gesinnte Fürsten (Tyrannen) eingesetzt, den Juden wird die Rückkehr
+nach Palästina gestattet. Hauptstadt zunächst wohl Susa, denn Kyros’
+Stammland Antschan gehörte zu Elam.
+
+Die +Meder+ sind in diesem Reiche zunächst den Persern gleichgestellt,
+ebenso wie die Babylonier; auch aus ihnen nimmt der König seine
+Beamten. Bei den +Persern+ herrschen einfache Sitten; als kräftiges
+Gebirgsvolk sind sie den in der Kultur vorgeschrittenen Nachbarvölkern
+überlegen. Kyros fällt 529 im Kampfe gegen die Nomaden im Nordosten des
+Reiches (+Massageten+, ihre Königin Tomyris nach Herodot); sein Grabmal
+zu +Pasargădã+ ist erhalten. Sein Sohn und Nachfolger
+
+[~529–522~.]
+
+~Kambyses~ (+Kambudschĭja)+ tötet seinen jüngeren Bruder (Smerdis)
++Baraĭja+, der sich an die Spitze eines Aufstandes der östlichen
+Reichshälfte gestellt hat. (Kyros hatte sich nicht auf das Persertum
+gestützt, sondern auf die alten Kulturländer; erst unter Dareios gewann
+das Persertum die führende Stellung im Reich.) Er erobert +Ägypten+ (S.
+6), zieht den Nil aufwärts gegen +Napata+, das sich unterwirft. Die
+Griechen in +Kyrene+ erkennen ebenfalls die Oberherrschaft der Perser
+an, aber eine beabsichtigte Unternehmung gegen +Karthago+ scheitert an
+der Weigerung der Phöniker, gegen ihre Pflanzstadt Schiffe zu stellen.
+Inzwischen empört sich in Medien der Magier (Priester) +Gaumâta+, indem
+er sich für den getöteten ~Bardija~ ausgibt. Kambyses stirbt auf der
+Rückkehr aus Ägypten; der falsche Bardija wird nach kurzer Herrschaft
+gestürzt von den sieben Stammfürsten der Perser, deren +erster+ König
+wird, der Sohn des Achämeniden Vischtâspa (Hystaspes),[8]
+
+[521–485.]
+
+~Dareios I.~ (+Darijavahusch+). Aufstände im ganzen Reiche, zuerst in
+Elam und Babylon, dann empören sich die Meder, Sagarter, Hyrkanier und
+Parther unter angeblichen Nachkommen des +Kyaxâres+, die Armenier, in
+Persien selbst ein zweiter falscher +Bardija+. Die Niederwerfung aller
+dieser Aufstände (Babylon durch die List des Zopyrus erobert) berichtet
+die dreisprachige Keilinschrift (persisch, elamitisch, babylonisch)
+an der Felswand von +Bagistâna+ (Behistun, südwestlich von Agbatana am
+oberen Choaspes).
+
+Darauf Neuordnung des Reiches; es wird in 20 +Satrapien+ geteilt,
+die bestimmte Steuern zu entrichten haben in Geld und Naturalien.
+Nur die eigentlichen Perser sind steuerfrei, nicht mehr die früher
+ihnen gleichgestellten Meder. Die Perser bilden den Kern des Heeres.
+Die übrigen Reichsvölker stellen Truppen oder Schiffe. Einheitliche
+Reichswährung, deren Einheit der Dareikos (Goldmünze von etwa 23 M.
+Wert) bildet, der auch in Griechenland und Indien in Umlauf kommt.
+300 Dareiken gleich einem babylonischen Silbertalent, 7030 M. unseres
+Geldes. Große Heerstraßen angelegt, namentlich die Königsstraße von
++Sardes+ nach +Susa+ mit Stationen für die reitenden Boten des Königs.
+Palastbauten in +Susa+ und der neuen Hauptstadt +Persepŏlis+; auch
++Babylon+ und +Agbatāna+ bleiben Residenzen des Großkönigs.
+
+Dareios erweitert das Reich durch Unterwerfung des +Indus+landes,
+läßt von der Indusmündung aus Arabien umfahren und den Nilkanal nach
+dem Roten Meer (S. 6) vollenden. Karthago zahlt Tribut. Nach Westen
+vordringend überschreitet er 514 mit Heeresmacht den +Bosporus+, dann
+auch die untere Donau, dringt in das Skythenland ein, muß jedoch
+umkehren (Histiaios, Tyrann von Milet, rettet die Donaubrücke gegen den
+Rat des Atheners Miltiades) (S. 36); sein Feldherr Megabazos unterwirft
++Thrakien+ und +Makedonien+. Von den griechischen Inseln werden
++Lemnos+ und +Imbros+ Untertan, wie früher schon +Lesbos+, +Chios+,
++Samos+.
+
+[500–494.]
+
+~Aufstand der ionischen Griechen~,
+
+angestiftet durch den mit einem Fürstentum in Thrakien beschenkten,
+dann aber bei Dareios verdächtigten und nach Susa berufenen Tyrannen
++Histiaios von Milet+ und dessen Schwiegersohn +Aristagŏras+. Mit Hilfe
+von +Athen+ und +Eretria+ wird +Sardes+ eingenommen, die Stadt geht in
+Flammen auf. Aber bald werden die Ionier von dem persischen Landheere
+geschlagen, von den Bundesgenossen aus Athen und Eretria verlassen, die
+ionische Flotte wird bei der Insel +Lade+ (vor Milet, 494) besiegt.
+Nach Unterwerfung der Ionier +Milet zerstört+, die noch übrigen
+Einwohner an der Mündung des Tigris angesiedelt. Histiaios gekreuzigt.
+492 folgt die Wiederunterwerfung von Thrakien und Makedonien (S. 38).
+
+[490.]
+
+Seezug der Perser, um die Unterwerfung der griechischen Inseln zu
+vollenden; die Landung in Attika mißlingt. Weitere Unternehmungen gegen
+Griechenland gehemmt durch einen Aufstand der +Ägypter+.
+
+[485–465.]
+
+~Xerxes I~. (Khsijârscha) unterwirft Ägypten, sein Zug gegen
+Griechenland mißlingt; die Herrschaft über Thrakien, Makedonien,
+die Inseln, die kleinasiatischen Griechenstädte geht verloren.
+Schwelgerisches Leben am Königshofe; die alten einfachen Sitten der
+Perser schwinden. Xerxes und sein ältester Sohn werden von Artabān, dem
+Führer der Leibwache, in Susa ermordet. Es folgt der zweite Sohn
+
+[465–424.]
+
+~Artaxerxes I.~ (Artachschâtra) mit dem Beinamen Langhand (Longimănus).
+Zweiter Aufstand der Ägypter unter +Inărōs+, von den Athenern
+unterstützt, von +Megabyzos+, dem Satrapen von Syrien, unterdrückt (S.
+44). Friede mit den Griechen nach 449; Empörung des Megabyzos durch
+Verhandlungen beigelegt. Sein Sohn +Xerxes II.+ wird im zweiten Monat
+seiner Regierung ermordet von seinem jüngeren Bruder +Sogdianos+;
+diesen stürzt der Halbbruder
+
+[424–405.]
+
+~Dareios II.~ (Nothos), der dann mit Satrapenaufständen zu kämpfen
+hat. Dritter Aufstand der +Ägypter+, die über 60 Jahre lang ihre
+Unabhängigkeit behaupten.
+
+[405–359.]
+
+Artaxerxes II. (Mnemon) besiegt seinen jüngeren Bruder +Kyros+, der
+als Statthalter in Kleinasien sich empört hat, 401 bei +Kunaxa+ unweit
+Babylon, nimmt die Griechenstädte in Kleinasien wieder unter seine
+Herrschaft (S. 55).
+
+[359–338.]
+
+~Artaxerxes III.~ (Ochos) unterwirft die Phönīker, nach drei Kriegen
+auch die Ägypter, herrscht als tatkräftiger Despot, wird endlich
+von seinem Günstling, dem Ägypter +Bagoas+, vergiftet. Dieser setzt
++Arses+, des Königs jüngsten Sohn, auf den Thron, beseitigt ihn aber
+nach zwei Jahren und macht den Enkel eines Bruders von Artaxerxes II.,
+
+[336–330.]
+
+~Dareios III.~ (Kodomannos), zum König. Bagoas muß den Giftbecher
+trinken. Dareios regiert wohlwollend, erliegt aber dem Angriff der
+makedonischen Macht.
+
+[330.]
+
+~Vernichtung des Perserreiches~ durch ~Alexander d. Gr.~ Die
+griechische Kultur kommt in Vorderasien zum Siege.
+
+Fussnoten:
+
+[8] Stammtafel der Achämeniden:
+
+ Tschischpisch.
+ _____| |__________
+ | |
+ Kurusch I. Anjarâmna.
+ | |
+ Kambudschija I. Arschâma.
+ | |
+ Kurusch II. Vischtâspa.
+ _____| |_____ |
+ | | |
+ Kambudschija II. Bardija. Darijavahusch.
+
+
+
+
+~C. Die Völker Ostasiens.~
+
+
+Durch die weiten Hochflächen des inneren Asiens von den westlichen
+Kulturvölkern getrennt entsteht frühzeitig in ~China~ ein bedeutendes
+Reich, gegründet auf den +Ackerbau+ in den fruchtbaren Flußtälern
+des Hoangho und Jantsekiang. Die sagenhafte Überlieferung stellt an
+den Anfang fünf große Kaiser, die in der Zeit von 3300–2207 v. Chr.
+regiert haben sollen. Als Gründer des Reiches gilt ~Fohi~, der seine
+Untertanen den Gebrauch der Haustiere und die Schriftzeichen lehrte;
++Schinnung+ führte den Ackerbau ein, +Hoang-ti+ lehrte die Zeitrechnung
+und ordnete die Verwaltung der Provinzen, seine Gemahlin begründete die
+Seidenweberei.
+
+Zwei Dynastieen regieren von 2207–1122 v. Chr.; unter der zweiten wird
+die Macht des Kaisers durch die großen Lehnsträger sehr beschränkt.
++Wu-wang+, Begründer der dritten Dynastie (1122–256). Diese erwirbt zu
+dem ursprünglichen Reichsgebiet am unteren Hoangho auch die Länder am
+Jantsekiang, verliert aber alle Macht an die großen Feudalherren.
+
+[551–478.]
+
+In einer Zeit des Verfalls und innerer Wirren tritt ~Kong-fu-tse~
+(Confucius) als religiöser Reformator auf. Er sammelt Sittensprüche
+und Lieder der älteren Zeit in den fünf heiligen Büchern (King);
+seine Lehre wird zu seinen Lebzeiten nicht beachtet, später jedoch
+unter der Dynastie Han zur Staatsreligion erhoben. Die Grundzüge der
+alten Religion (Verehrung des Himmels, der mächtigen Geister und der
+Ahnen) hat er nicht verändert. Er will die Menschen glücklich machen
+als Mitglieder der Familie und des Staates. Das Einzelindividuum hat
+sich der Gewalt und Autorität der Älteren und Höheren unbedingt zu
+unterwerfen.
+
+[255–206.]
+
+Der Kaiser +Schi-huang-ti+, Begründer der vierten Dynastie, bricht die
+Feudalherrschaft der Großen, stellt die Einheit des »Reiches der Mitte«
+her, beginnt den Bau der +Großen Mauer+ (2500 km lang, mit Wachttürmen)
+zur Abwehr der Einfälle nördlicher Mongolenvölker.
+
+[206 vor Chr. bis 263 nach Chr.]
+
+Die +Han+-Dynastie gibt dem Reiche seine größte Ausdehnung und
+höchste Blüte im Innern. Im Süden werden Tongking, Anam, Cochinchina
+unterworfen, im Westen das Tarim-Gebiet, im Nordosten Korea.
+
+[Seit 65 n. Chr.]
+
+Eindringen des +Buddhismus+. Handelsverbindungen nach dem Westen; den
+Römern wird die Seide (vestis Serĭca) bekannt. Der römische Kaiser
+Marcus Aurelius soll 166 eine Gesandtschaft nach China geschickt haben.
+
+[220–617.]
+
+Zeit innerer Kriege; es bilden sich mehrere Reiche, die aber unter
++Wuti+, dem Stifter der Dynastie Tsin (263–420) und dem großen Kaiser
++Taitsung+ (627–659) aus der Dynastie +Tang+ (618–906) vorübergehend
+wieder vereinigt werden. Später China unter tatarischen und
+mandschurischen Dynastien.
+
+Die chinesische Kultur verbreitet sich namentlich nach ~Japan~, dessen
+Geschichte um 600 v. Chr. mit der Gründung eines Reiches auf der Insel
++Kiusiu+ beginnt.
+
+
+
+
+~D. Die Griechen.~
+
+
+Einen großen Fortschritt in der weltgeschichtlichen Entwickelung hat
+das hochbegabte Griechenvolk bewirkt. Gegenüber der religiösen und
+politischen Gebundenheit der asiatischen Völker zeigt es die +freie+
+Entwickelung der menschlichen Kräfte und hat in Staat, Kunst und
+Wissenschaft eine noch jetzt in vieler Beziehung vorbildliche Höhe
+erreicht. Die griechische Kultur, begünstigt durch ein wohlgelegenes,
+reich gegliedertes Land, stand noch in Blüte, als das +Christentum+ in
+die Welt eintrat, und hat ihm die Wege gebahnt.
+
+
+§ 1. Mythische Zeit.
+
+Der Name +Griechen+ ist deutsche Umformung des von den Römern
+gebrauchten Namens +Graeci+.[9] Sie selbst nannten sich +Hellenen+;
+als Ureinwohner ihres Landes bezeichneten sie die +Pelasger+. Alte
+Heiligtümer des pelasgischen Zeus waren zu +Dodōna+ in Epirus und auf
+dem Berge +Lykaios+ in Arkadien. Der Name ~Hellenen~ erscheint bei
+Homer noch nicht als Gesamtname des Volkes; die später gewöhnliche
+Ansicht unterschied vier Hauptstämme des hellenischen Volkes: +Äŏler+,
++Achäer+, +Dorier+, +Ionier+.
+
+Merkwürdige Überreste aus der hellenischen Vorzeit sind seit 1870
+durch die von +Schliemann+ und seinen Nachfolgern zuerst in +Troja+
+(Hissarlik), dann in +Amyklä+, +Mykenä+, +Orchomenos+, +Tiryns+
+veranstalteten Ausgrabungen zu Tage gekommen. Man fand in den
+Unterbauten weit ausgedehnter Königspaläste und in wohlerhaltenen
+Gräbern vielerlei Waffen, eine erstaunliche Menge Goldschmuck,
+Wandmalereien, bemalte Tongefäße und anderes. »Schatzhaus des
+Atreus«, Löwentor in Mykenä. Weitere Grabungen auf den +Inseln+,
+namentlich Cypern, Rhodos, Thera, Kreta, haben gezeigt, daß eine
+frühe altertümliche Kultur die Küsten und Inseln des Ägäischen Meeres
+umfaßte und unter orientalischem Einfluß, hauptsächlich infolge der
+regen Handelsbeziehungen mit den Phönīkern, sich höher entwickelte.
+Die Zeit dieser +Mykenischen Kultur+, deren bedeutsamster Mittelpunkt
++Kreta+ war (König +Minos+), ist 1500 bis 12 v. Chr.; eine jüngere
+Zeit schildern die +Homerischen Gedichte+. Von alters her viele kleine
+Staaten unter kriegerischen Königen, aber kein grausamer Despotismus
+wie bei den Assyrern; milde Behandlung der Sklaven.
+
+~Religion~. Die den arischen Völkern gemeinsame Verehrung der
+Naturkräfte bildet sich bei den Griechen frühzeitig um zur Verehrung
++persönlich+ gedachter Götter. Aus dem +Chaos+ sollen Himmel und
+Erde (+Urănos+ und +Gaia+) entstanden sein, von diesen stammt das
+Göttergeschlecht der +Titanen (Krŏnos, Rhea, Promētheus+ u. a.). Dieses
+verdrängen die +olympischen Götter+, an ihrer Spitze der Himmelsgott
++Zeus+, Sohn des Kronos und der Rhea, welcher die Herrschaft der
+Welt mit seinen Brüdern +Poseidon+ (Meer) und +Hades+ oder +Pluton+
+(Unterwelt) teilt. Als +olympische Götter+ werden besonders folgende
+12 zusammengefaßt: +Zeus+, +Hera+, +Poseidon+, +Demēter+, +Hestia+,
++Hephaistos+, +Ares+, +Apollon+, +Artĕmis+, +Pallas Athene+,
++Aphrodite+, +Hermes+ (die letzten 7 gelten als Kinder des Zeus).
+Andere Gottheiten: +Persephŏne+ (Tochter von Zeus und Demeter, Gemahlin
+Plutons), +Eros+, der ständige Begleiter der Aphrodite, +Dionysos+ oder
++Bakchos+ (Sohn des Zeus und der thebanischen Königstochter +Semĕle+),
+in seinem Gefolge der Hirtengott +Pan+, die Satyrn und Nymphen;
++Asklepios+ (Sohn des Apollon), die 9 +Musen+ (Klio, Euterpe, Thalīa,
+Melpomĕne, Terpsichŏre, Erăto, Polymnia, Urania, Kalliŏpe, Töchter des
+Zeus und der Mnemosy̆ne), ferner +Eos+, +Iris+; die Meergottheiten
++Nereus+ (seine Töchter die Nereĭden), +Amphitrīte+, +Triton+,
++Proteus+, +Glaukos+.
+
+Die Abhängigkeit des Menschengeschlechts von den Göttern gibt sich kund
+in +Gebeten, Opfern, Festzügen+; durch +Orakel, Vorzeichen+ (Weissagung
+aus dem Vogelflug und aus den Eingeweiden der Opfertiere) geben die
+Götter ihren Willen kund. Glaube an ein Fortleben nach dem Tode
+(Elysion, Tartăros).
+
+Reiche Entwickelung der +Götter- und Heldensage+, ein Schatz für die
+griechische Poesie der folgenden Zeiten.
+
+Die Erinnerung an die Tatsache, daß Griechenland die Anfänge höherer
+Kultur von den Völkern des Ostens erhalten hat, spiegelt sich wieder in
+den +Einwanderungssagen+:
+
+~Danăos~, Gründer der Burg von +Argos+, soll aus +Ägypten+ gekommen
+sein, seine 50 Töchter, die +Danaiden+, ermorden ihre Männer, die
+Söhne des Äigyptos; nur Hypermnestra rettet den Lynkeus. Ihr Nachkomme
++Perseus+, Sohn des Zeus und der Danae, gründet nach der Rückkehr von
+seinen Heldentaten (Medusa getötet, Andromĕda befreit) die Burg von
++Mykēnä+ als Herrschersitz. Aus seinem Geschlecht stammen +Eurystheus+
+und +Herăkles+.
+
+~Pelops~, Sohn des Königs +Tantălos+, soll aus +Lydien+ nach Elis
+gekommen sein. Seine Söhne +Atreus+ und +Thyestes+ bemächtigen sich,
+nachdem Eurystheus im Kampfe gegen die Herakliden gefallen ist (s. S.
+25), der Herrschaft in +Mykenä+. Atreus’ Sohn +Agamemnon+ herrscht nach
+ihm in Mykenä, der jüngere Sohn +Menelāos+ in +Sparta+ als Erbe des
+Königs Tyndareos, dessen Tochter Helĕna ihm vermählt ist.
+
+~Kadmos~, Sohn des phönikischen Königs Agenor von +Sidon+, gründet die
+Burg von +Theben+ (Kadmēa), wo seine Nachkommen herrschen; er soll den
+Griechen die Buchstabenschrift gebracht haben.
+
+In Attika gilt als uralter +einheimischer+ König ~Kekrops~, Gründer der
+Burg von Athen; an ihn knüpft sich die attische Königsreihe, in welcher
++Erichthonios+, +Erechtheus+, +Jon+, +Ägeus+, +Theseus+ hervortreten.
+Unter Ägeus soll Attika der Seeherrschaft des Königs ~Minos~ von
++Kreta+ untertan geworden sein. Letzterem wird, wie dem Kadmos,
++phönikische+ Abstammung zugeschrieben; er gilt als Sohn des Zeus und
+der +Europa+, Tochter des Königs Agenor.
+
+Nationalhelden der griechischen Sage sind +Herăkles+ und +Theseus+.
+
+~Herăkles~ (+Hercŭles+), Sohn des Zeus und der +Alkmēne+ aus Perseus’
+Stamm, in +Theben+ geboren, wird seinem Vetter +Eurystheus+ in +Mykenä+
+dienstbar,[10] zieht in Gemeinschaft mit +Telămon+ und +Peleus+,
+den Söhnen des Königs +Aiăkos+ von Ägina, gegen +Troja+ (König
+Laomĕdon, Vater des Priamos), besiegt den König +Neleus+ in +Pylos+.
+In +Kaly̆don+ heiratet er die Königstochter +Dejaneira+, welche ihm
+später das mit dem Blut des Kentauren +Nessos+ getränkte Gewand sendet;
+er verbrennt sich selbst auf dem +Öta+ und wird unter die Götter
+aufgenommen. Die ~Dorier~ haben ihn zu ihrem ~Stammheros~ gemacht;
+ihre Könige nannten sich seine Nachkommen, von ihm leiten sie ihr
+Recht auf den Besitz der Peloponnes ab. Seine Söhne, die +Herakliden+,
+sollen gegen die Verfolgungen des Eurystheus bei +Theseus+ in Athen
+Schutz gefunden haben; sie versuchen vergebens die Rückkehr, erst den
+Nachkommen gelingt sie (dorische Wanderung, S. 28).
+
+~Theseus~; Sohn des Kekropiden +Ägeus+, ist der Stammheros der
+~Ionier~, insbesondere der ~Athener~. Er fährt nach +Kreta+, tötet dort
+den +Minotauros+ und rettet mit Hilfe der Königstochter +Ariadne+ die
+demselben zum Opfer bestimmten athenischen Jünglinge und Jungfrauen.
+Bei der Rückfahrt bleibt Ariadne auf +Naxos+ zurück und wird Gemahlin
+des Gottes Dionysos; Theseus vergißt das schwarze Segel mit dem weißen
+zu vertauschen, Ägeus stürzt sich in das nach ihm benannte Meer.
+Theseus wird +König von Athen+, vereinigt die Bewohner Attikas zu
++einem+ Staate. Er stirbt auf der Insel +Skyros+ im Kampf gegen den
+König Lykomēdes.
+
+Als Gründer des attischen Staates soll er das Volk in drei +Stände+
+geschieden haben: +Eupatriden+ (Adel), +Geomoren+ (Bauern) und
++Demiurgen+ (Gewerbtreibende). Dagegen wird die Einrichtung der vier
+alten +Phylen+ (d. i. Stämme): +Geleonten+, +Hoplēten+, +Argadeis+,
++Aigikoreis+ (die Glänzenden, Wehrhaften, Feldarbeiter, Ziegenhirten),
+deren jede wieder in drei Phratrien zerfiel, auf +Ion+, den mythischen
+Stammvater des ionischen Stammes, zurückgeführt.
+
+Drei gemeinsame Unternehmungen in der heroischen Zeit sind durch Sagen
+verherrlicht, die den Hauptstoff für die griechische Poesie bilden.
+
+1. Der ~Argonautenzug~. +Phrixos+, Sohn des Minyerkönigs +Athămas+ von
++Orchomĕnos+, flüchtet vor der Stiefmutter Ino mit seiner Schwester
++Helle+ auf dem Widder mit goldenem +Vlies+, den beide von ihrer Mutter
++Nephĕle+ erhalten haben. +Helle+ stürzt auf der Flucht bei Abȳdos
+ins Meer, welches nun +Hellespontos+, d. h. »Meer der Helle«, heißt.
++Phrixos+ kommt nach ~Kolchis~ (am +Pontos Euxeinos+, Schwarzen Meere)
+zum Könige +Aiētes+. Der Widder wird geopfert, das goldene Vlies in
+einem Haine des Gottes Ares von einem Drachen bewacht. -- +Iason+ aus
++Iolkos+, von seinem Oheim +Pelĭas+ aufgefordert, fährt auf dem Schiffe
+~Argo~ an der Spitze einer Heldenschar nach Kolchis, um das Vlies zu
+holen; es wird mit Hilfe der Zauberin +Medeia+, Tochter des +Aiētes+,
+gewonnen. Rückkehr nach +Iolkos+; +Pelĭas+ auf Antrieb der +Medeia+
+getötet. --
+
+2. ~Krieg der Sieben gegen Theben~. +Ödipus+, Sohn des +Laïos+, Königs
+von Theben aus Kadmos’ Stamm (die Labdakiden) und der +Jokaste+, wird
+infolge eines unheilverkündenden Orakels von den Eltern ausgesetzt, in
+Korinth von +Poly̆bos+ erzogen. Er tötet bei Delphi den Vater, ohne
+ihn zu kennen, löst das Rätsel der +Sphinx+, wird König in Theben und
+heiratet seine eigene Mutter. Als ihm der Greuel entdeckt wird, beraubt
+er sich selbst des Augenlichts. Seine Töchter +Antigŏne+ und +Ismēne+
+geleiten ihn in die Verbannung. +Theseus+ gewährt ihm Aufnahme; sein
+Grab am Hügel +Kolōnos+ bei Athen. In Theben Bruderzwist seiner Söhne
+Eteŏkles und Polyneikes.
+
+Mit dem vertriebenen +Polyneikes+ ziehen gegen Theben: +Adrastos+
+(König von Argos), +Tydeus+, +Amphiarāos+, +Kapăneus+, +Hippomĕdon+,
++Parthenopaios+. Die feindlichen Brüder fallen im Zweikampf, auch die
+andern Fürsten alle bis auf +Adrastos+ kommen um. +Kreon+, der Oheim
+der Brüder, wird König von Theben, verurteilt +Antigŏne+ zum Tode, weil
+sie den Polyneikes bestatten wollte.
+
+Zehn Jahre später Zug der +Epigonen+ (Söhne der +Sieben+). Theben
+wird eingenommen; +Thersandros+, des +Polyneikes+ Sohn, als König
+eingesetzt.
+
+3. ~Trojanischer Krieg~.[11] +Priămos+, König von +Troja+ oder +Ilios+;
+seine Gemahlin +Hekăbe (Hekŭba)+. Von seinen Söhnen treten in der Sage
+hervor: +Hektor+ (Gem. +Andromăche+) und +Paris+ (+Alexandros+). Dieser
+entführt +Helĕna+, die Gemahlin des +Menelāos+ von +Sparta+. Um sie
+zurückzuholen, vereinigen sich die edelsten Fürsten aller griechischen
+Gaue: des +Menelāos+ Bruder +Agamemnon+ von +Mykēnä+, Anführer der
+Griechen: +Nestor+ von +Pylos+; +Achilleus+, König der +Myrmidonen+ aus
++Phthia+ in Thessalien, Sohn des +Peleus+ und der Nereïde +Thĕtis+;
+sein Freund +Patroklos+; +Aias+ und +Teukros+, Söhne Telamons aus
++Salămis+; der jüngere +Aias+ des Oïleus Sohn, Anführer der Lokrer;
++Diomedes+ von +Argos+, des +Tydeus+ Sohn; +Odysseus+ von +Ithăka+, des
++Laërtes+ Sohn; +Idomĕneus+ von Kreta, Enkel des Minos, u. a.
+
+Bundesgenossen der Troer: Thraker, Päoner, Paphlagonier, Myser,
+Phryger, Lyder, Karer; die Lykier unter +Sarpēdon+ und +Glaukos+;
+später die Amazonen unter ihrer Königin +Penthesileia+, die Äthiopen
+unter +Memnon+.
+
+Abfahrt der Griechen vom böotischen Hafen +Aulis+ (der Seher +Kalchas+;
+Opferung der +Iphigeneia+, welche nach +Tauris+ entrückt wird).
+Schiffslager an der troischen Küste, Beutezüge in die Umgegend. Im
+zehnten Jahre Streit zwischen +Agamemnon+ und +Achilleus+ wegen
+der Sklavin +Brisēis+, Achilleus zieht sich vom Kampfe zurück. Die
+Troer dringen unter +Hektors+ Führung siegreich in das Schiffslager
+ein, werden aber zurückgetrieben, als +Achilleus+, um den Tod des
++Patroklos+ zu rächen, wieder am Kampfe teilnimmt. Hektor von Achilleus
+getötet, dieser durch einen Pfeil des +Paris+. Das hölzerne Pferd auf
++Odysseus’+ Rat gezimmert. Bei der Einnahme Trojas tötet +Neoptolĕmos+,
+Achills Sohn, den greisen Priamos. +Aeneas+ entkommt, rettet seinen
+Vater +Anchīses+. Irrfahrten der heimkehrenden Helden (+Odysseus+).
+
++Agamemnon+ wird nach der Rückkehr von seiner Gemahlin +Klytämnestra+
+und +Aigisthos+ getötet; sein Sohn +Orestes+ rächt ihn, wird von den
++Erinnyen+, den strafenden Göttinnen der Unterwelt, verfolgt, in Athen
+auf dem Areopag freigesprochen, nachdem er seine Schwester Iphigeneia
+aus Tauris zurückgeführt hat. Er herrscht dann in +Mykenä+.
+
+
+§ 2. Staaten und Kolonien.
+
+Eine große Umwandlung trat ein durch die +Wanderungen+ hellenischer
+Stämme. Die aus Epīrus in das nach ihnen benannte Land einwandernden
++Thessăler+ verdrängen die +Böoter+ aus ihren Wohnsitzen in Arne;
+diese nehmen nach Unterwerfung der Kadmeer und Minyer die fortan nach
+ihnen benannte Landschaft +Böotien+ in Besitz. Ebenso wandern die am
+Pindos in Thessalien ansässigen +Dorier+ nach Süden; ein Teil von
+ihnen bleibt in dem Berglande +Doris+ am Öta, die anderen ziehen,
+durch +Ätōler+ verstärkt, bei +Naupaktos+ über die Meerenge nach der
+Peloponnes. Diese
+
+[~1104~ (?)]
+
+~dorische Wanderung~
+
+hat die Gründung +dorischer Staaten+ zur Folge. Nach der Sage sind die
++Herakliden+ Tēmenos, Kresphontes, Aristodēmos Anführer der Dorier;
+Temenos wird König in +Argos+, Kresphontes in +Messenien+; die Söhne
+des Aristodemos, Eurysthĕnes und Prokles, herrschen gemeinsam in
++Sparta+. Oxylos, Anführer der Ätōler, wird König in +Elis+. Ein Teil
+der älteren achäischen Bevölkerung zieht sich nach +Achaja+ zurück
+und vertreibt die dort wohnenden Ionier, die sich nach Attika wenden,
+in +Arkadien+ bleiben die alten Einwohner; dorisch dagegen werden,
++Korinth+, +Sikyon+, +Phlius+, +Epidauros+, +Megara+, +Ägina+, +Kreta+.
+
+[1066 (?)]
+
+~Kodros~, König von Athen, fällt, nach der Sage sich freiwillig
+opfernd, im Kampf gegen die aus der Peloponnes nach Norden
+vordringenden +Dorier+; Attika wird von ihnen nicht unterworfen.
+
+[~1000–900~.]
+
+~Äolische, ionische, dorische Kolonien~ an der Küste Kleinasiens und
+auf den Inseln.
+
+Äŏler und Achäer gründen +Mytilēne+ und +Methymna+ auf der Insel
++Lesbos+; +Kyme+, +Smyrna+ u. a. Städte auf dem kleinasiatischen
+Festlande; Smyrna wird später ionisch.
+
+~Ionier~, nach der Sage meist von Athen ausgewandert unter Führung der
+Söhne des Kodros, besetzen die Inseln +Chios+ und +Samos+ und gründen
+an der lydischen und karischen Küste 12 Städte, namentlich +Milet+,
++Ephĕsos+, +Kolŏphōn+, +Klazomĕnä+, +Phokäa+. Gemeinsames Heiligtum
+(+Panionion+) der Tempel des Poseidon am Vorgebirge Mykăle.
+
+~Dorier~ besetzen die Inseln +Melos+, +Thera+, +Kōs+ und +Rhodos+ und
+gründen an der karischen Küste +Halikarnassos+ und +Knidos+. Auch Kreta
+galt als dorisch.
+
+Auf +Cypern+ sind Ansiedlungen von Peloponnesiern aus +vor+-dorischer
+Zeit nachgewiesen; nach +Euböa+ und den +Kykladen+ sind die Ionier
+früher als nach Asien gekommen.
+
+In Ionien entstanden in der Zeit von 900–800 v. Chr. die ~homerischen
+Gesänge~ (Ilias, Odyssee, Hymnen). +Homēros+ nach der Sage ein blinder
+Sänger aus +Smyrna+ oder +Chios+; Sängerschule der +Homeriden+ auf
+Chios. Wandernde +Rhapsoden+ sangen dem Volk und den Edlen von
+den Taten der Götter und Helden und erweiterten allmählich die
+überlieferten Sagenkreise. Die epische Dichtung wurde die Grundlage
+hellenischer Bildung und Gesittung. Zu dem heroischen Epos trat
+ergänzend hinzu das +Lehrgedicht+; +Hesiodos+ aus Askra in Böotien um
+700: Theogonie, Werke und Tage.
+
+~Staatsverfassungen~. Das patriarchalische +Königtum+ der heroischen
+Zeit wird allmählich verdrängt durch die Herrschaft der Edlen
+(+Aristokratie+). Diese entartet oft zu einer drückenden Herrschaft
+weniger (+Oligarchie+), gegen welche sich in manchen Staaten +Tyrannen+
+als Führer der Gemeinde (Demos) erheben; in andern findet friedlicher
+Ausgleich durch einen erwählten Schiedsrichter (+Aisymnētes+) statt.
+Tyrann heißt der nicht auf gesetzliche Weise zur Herrschaft gelangte
+Herrscher, ursprünglich ohne die Nebenvorstellung willkürlicher oder
+grausamer Regierung. Auf die Tyrannis folgt meist eine gemäßigtere
+Aristokratie oder +Demokratie+. In der Demokratie entscheidet die
+Mehrzahl der +Bürger+ über die Staatsangelegenheiten; die +Fremden+ und
++Sklaven+ sind von politischen Rechten ausgeschlossen.
+
+Der +spartanische Staat+ wurde das Vorbild der +Aristokratie+,
+besonders für die +dorischen+ Staaten, der +athenische Staat+ das
+Vorbild der +Demokratie+, besonders für die +ionischen+ Staaten.
+
+~In dem dorischen Sparta~ bestand die Bevölkerung aus drei streng
+geschiedenen Klassen: 1. +Spartiaten+, die dorischen Eroberer, welche
+die fruchtbarsten Teile des lakonischen Landes, das Eurotastal
+und die Niederungen bis zum Meere, besaßen. 2. +Periöken+ (d. h.
+Herumwohnende), Nachkommen der +vertragsmäßig+ unterworfenen Achäer.
+Sie waren persönlich freie, aber zinspflichtige Eigentümer ohne
+politische Rechte, wurden jedoch zum Kriegsdienst herangezogen. 3.
++Heloten+, Leibeigene des Staats. Sie waren auf die Landlose der
+Spartiaten verteilt, bestellten deren Äcker und lieferten ihren Herren
+einen bestimmten Teil des Ertrages ab. Im Kriege dienten sie als
+Schildknappen und Leichtbewaffnete.
+
+[~820.~ (?)]
+
+~Lykurgische Verfassung und Gesetzgebung.~
+
+~Lykurgos~, nach sagenhafter Überlieferung aus königlichem Geschlecht,
+Vormund des jungen Königs +Charilāos+, schlichtet die Streitigkeiten
+und ordnet das Verhältnis der drei Klassen der Bevölkerung zu einander.
+Seine Gesetze, auf die Autorität des delphischen Orakels gegründet
+und nur mündlich in kurzen Aussprüchen überliefert, gelten als die
+Grundlage spartanischer Tüchtigkeit.
+
+An der Spitze des Staats bleiben zwei +erbliche Könige+ aus
+heraklidischem Geschlecht, der eine ein +Agiade+ (von +Agis+, nach
+der Sage Sohn des +Eurysthenes+), der andere ein +Eurypontide+ (von
++Eurypon+, Enkel des +Prokles+, s. S. 28). Sie bringen die Staatsopfer
+dar, entscheiden Streitigkeiten des Familienrechts, führen das Heer,
+ernennen die Beamten, namentlich die 5 +Ephoren+ (d. h. Aufseher,
+ursprünglich wohl für die 5 Bezirke des Periökengebietes).
+
+Der Rat der Alten (+Gerusia+), bestehend aus 28, mindestens 60 Jahre
+alten, auf Lebenszeit gewählten Geronten unter dem Vorsitz der beiden
+Könige, hat: 1. die Vorberatung über alles der Volksversammlung
+Vorzulegende, 2. die Gerichtsbarkeit über Kapitalverbrechen.
+
+Die +Volksversammlung+, bestehend aus allen über 30 Jahre alten
++Spartiaten+, beschließt endgültig über Gesetze, Verträge, Krieg und
+Frieden, doch ohne Beratung und Abstimmung, nur durch Zuruf.
+
+Die Spartiaten sollen unter sich +gleich+ sein in Besitz und
+Kriegstüchtigkeit. Jeder Spartiatenfamilie wird aus dem nach
+Kriegsrecht von den Doriern gewonnenen Landbesitz ein unveräußerliches
+Erbgut +(Klēros+, d. h. Los) zugewiesen, dessen Bestellung den Heloten
+obliegt. Man zählte 4500, später 9000 Landlose der Spartiaten, 30000
+der Periöken. Verbot der +Reisen+ und des +Fremdenverkehrs+ in Sparta;
++eisernes Geld+, nur der Staat darf Gold und Silber besitzen.
+
+Gemeinschaftliche +Erziehung+ der +Knaben+ vom 7. Jahre an, auf
+Abhärtung und kriegerische Übung gerichtet, doch wurden auch die
+homerischen Gesänge und Chorlieder lyrischer Dichter (Tyrtaios)
+gelernt. Zusammenleben der +Männer+; die Zeltgenossenschaften hatten
+auch im Frieden ihre gemeinsamen Mahlzeiten (+Syssitien+).
+
+Sehr ähnliche Gesetze galten in ~Kreta~, wo zahlreiche selbständige
+dorische Städte bestanden. Später dort auch +schriftliche+ Gesetze;
+eine 1884 gefundene Inschrift enthält das Recht der Stadt +Gortyn+,
+Bestimmungen über Familienrecht, Erbrecht, Stellung der Sklaven u. a.
+
+[~776.~]
+
+~Erste Olympiade,~
+
+Beginn einer gemeinsamen griechischen Zeitrechnung, die sich an
+die alle 4 Jahre dem höchsten Gotte +Zeus+ zu Ehren in ~Olympia~
+gefeierten Spiele knüpfte. In +Elis+, am Flusse Alpheios, lag der
+ummauerte heilige Bezirk, die +Altis+, mit Altar und Tempel des Zeus,
+Säulenhallen und Schatzhäusern, wo die Weihgeschenke aufgestellt
+wurden.[12] Die Spiele fanden außerhalb der Altis statt im +Stadion+
+(Springen, Laufen, Diskoswerfen, Speerwerfen, Ringen) und im
++Hippodrom+ (Wettfahren der Viergespanne). Den Siegern wurden Kränze
+von Ölzweigen zuteil; Dichter verherrlichten sie im Liede. Unter dem
+Schutze +Spartas+ gewannen die ~Olympischen Spiele~ große Bedeutung
+für die Erhaltung des Nationalbewußtseins unter dem politisch sehr
+zersplitterten Griechenvolke.
+
+Ähnliche Spiele, doch vermehrt durch musische Wettkämpfe der Sänger
+und Zitherspieler, wurden seit 586 bei ~Delphi~ dem +Apollon+ zu Ehren
+gefeiert, in jedem dritten Olympiadenjahr (+Pythische+ Spiele). Das
+~Orakel zu Delphi~, oft befragt bei wichtigen Unternehmungen, z.B.
+Gründungen von Kolonien, Kriegszügen, stand unter dem Schutze der
+delphischen +Amphiktyonie+ (Umwohnerschaft), zu welcher die Phokier,
+Lokrer, Böoter, Thessaler u. a. gehörten.
+
+Dem Poseidon zu Ehren wurden auf dem +Isthmos+, dem Zeus zu Ehren zu
++Nemea+ in Argolis alle zwei Jahre Spiele gefeiert. Die Wettkämpfe
+stählten die Volkskraft und weckten den Sinn für freie Entwickelung der
+Persönlichkeit.
+
+Die Hellenen, ihrer körperlichen und geistigen Überlegenheit über
+die Barbaren sich bewußt, breiten sich, +Städte gründend+, weit über
+die Grenzen des Mutterlandes aus. Die Ansiedlungen an den Küsten des
+Ägäischen Meeres genügen nicht mehr, Milet allein sendet gegen 80
+Kolonien aus.
+
+[~750–550.~]
+
+~Ionische, dorische, achäische Kolonien~
+
+an den pontischen Küsten und im westlichen Teile des Mittelmeers.
+
++Ionier+ von Milet gründen +Abȳdos+ und +Lampsăkos+ am Hellespont,
++Kyzĭkos+ an der Propontis, +Sinōpe+ und +Trapĕzūs+ an der Südküste
+des Schwarzen Meeres, +Olbia+, +Istros+, +Odessos+ an der Westecke,
++Pantikapaion+ und +Theodosia+ auf der Krim (Chersonēsus Taurica),
++Tanais+ am Asowschen Meer (Palus Mäotis), +Phasis+ und +Dioskurias+ an
+der Ostküste des Schwarzen Meeres. Zu +Naukrătis+ in Ägypten gemeinsame
+Kolonie der kleinasiatischen Griechen.
+
++Dorier+ von Megara gründen +Chalkēdon+ und +Byzantion+ (659) am
+Bosporus, +Herakleia+ an der Südküste des Schwarzen Meeres, +Megăra+
+(Tochterstadt +Selinūs+) auf Sicilien.
+
++Ionier+ von Chalkis auf Euböa besiedeln die Chalkidike mit mehr als 30
+Städten, darunter +Olynthos+ (+Poteidaia+ korinthische Niederlassung),
+gründen +Kyme+ (Cumae) in Campanien (Tochterstadt Neapolis), +Naxos+
+auf Sicilien (Tochterstädte Leontini und Katăna), +Zankle+ (später
+Messana) und gegenüber auf dem Festlande +Rhegion+.
+
++Dorier+ von Korinth gründen 734 +Syrakūs+, später Kerkyra, Dorier
+von Sparta 708 +Tarent+; Dorier von Rhodos +Gela+; und +Akrăgas+ auf
+Sicilien; Dorier von Thera +Kyrēne+ (um 630) und +Barka+ in Afrika.
+
++Achäer+ gründen +Sybăris+, +Kroton+, +Metapontion+, Lokrer das
+epizephyrische +Lokri+ in Unteritalien (Groß-Griechenland).
+
+Am weitesten nach Westen gehen die +Ionier+ von +Phokäa+; ihre
+Kolonien sind +Massalia+ (600) an der gallischen Küste, +Mainăke+ im
+südlichen Spanien, +Alalia+ auf Korsika. Als die Küste Kleinasiens
+unter persische Herrschaft kam (s. S. 18), verließen die Phokäer ihre
+Stadt und segelten zuerst nach Korsika; von dort vertrieben (S. 14),
+gründeten sie +Elĕa+ in Unteritalien.
+
+Infolge dieser Kolonisation griechische Kultur über einen großen Teil
+der Mittelmeerküsten verbreitet. Lebhafter Seeverkehr und Eintausch
+von Rohprodukten gegen die Erzeugnisse der griechischen Kunst und
+Industrie. An die Stelle der Naturalwirtschaft tritt nach und nach die
+Geldwirtschaft.
+
+
+~Spartas Hegemonie in der Peloponnes.~
+
+In älterer Zeit +Argos+ der bedeutendste Staat. König ~Pheidon~ von
+Argos leitet die Festfeier zu Olympia (748, nach anderer Ansicht erst
+668), ordnet Maß und Gewicht (dem babylonischen (S. 20) entsprechend,
+Vermittler die Phöniker), läßt zuerst in Ägina Münzen prägen. Bald
+aber erhebt sich ~Sparta~ zu höherer Macht durch die Eroberung der
+argivischen Landschaft Kynuria und Messeniens. Argos seitdem für immer
+mit Sparta verfeindet.
+
+[Um 740.]
+
+~Erster Messenischer Krieg.~ Tapfere Gegenwehr der Messenier unter
+ihrem Könige +Aristodēmos+, namentlich auf der Bergfeste +Ithōme+.
+Ein Teil ihres Landes wird von den Spartanern in Besitz genommen, das
+übrige zinspflichtig.
+
+[708.]
+
+Die aus Sparta infolge von Zwistigkeiten auswandernden +Parthenier+
+gründen ~Tarent~. Seitdem Auswanderung in Sparta verboten. Um diese
+Zeit Beschränkung des spartanischen Königtums durch die vergrößerte
+Macht der +Ephoren+, welche fortan jährlich von der Spartiatengemeinde
+erwählt werden.
+
+[Um 640.]
+
+~Zweiter Messenischer Krieg.~ +Aristomĕnes+ Held der Messenier; 11
+Jahre lang wird die Feste +Eira+ verteidigt. Der athenische (?) Sänger
++Tyrtaios+ begeistert die Spartaner durch seine Marschlieder. Nach dem
+Fall von Eira flüchten viele Messenier nach Unteritalien (+Rhegion+);
+die nicht auswandernden werden +Heloten+. Von Rhegion aus besetzen
+später (um 500) Nachkommen der Ausgewanderten die Stadt Zankle auf
+Sicilien, die dann den Namen ~Messana~ erhält.
+
+[Um 600.]
+
+Aufschwung ~Korinths~ unter dem Tyrannen ~Periander~, dem Sohne
+des +Kypsĕlos+, der um 650 die Adelsherrschaft der +Bakchiaden+
+gestürzt hat. Entfaltung der Seemacht; Korinth wird erste Handelsstadt
+Griechenlands. Zu der älteren korinthischen Kolonie auf +Kerkyra+
+kommen unter Kypselos hinzu +Leukas+ und +Ambrakia+, unter Periander
++Epidamnos+ und +Apollonia+ an der illyrischen Küste, +Poteidaia+
+auf der Halbinsel Chalkidĭke. Perianders Neffe +Psammetich+ wird 582
+gestürzt, die Aristokratie hergestellt.
+
+In ~Megăra~ um 630 Tyrannis des ~Theagĕnes~, nach dessen Sturz
+Parteikämpfe (der Dichter +Theognis+ um 540), endlich siegt die
+Aristokratie.
+
+In ~Sikyon~ um 600 Tyrannis des ~Kleisthĕnes~, welcher die Genossen
+der delphischen Amphiktyonie zum ~ersten heiligen Kriege~ gegen die
+phokischen Städte +Krisa+ und +Kirrha+ (Hafenstadt) vereinigt. Beide
+Städte zerstört, ihr Gebiet dem pythischen Apollon geweiht. Nach
+Kleisthenes’ Tode wird die Aristokratie hergestellt.
+
+Auch in Milet, Ephesos u. a. Koloniestädten herrschen um dieselbe Zeit
+vorübergehend Tyrannen, in +Mytilene+ auf Lesbos waltet um 600 der
+weise +Pittăkos+ als Äsymnet. Vergl. S. 37.
+
+[~Um 550.~]
+
+~Sparta~ vereinigt die peloponnesischen Staaten (außer +Argos+ und
++Achaja+) zum ~peloponnesischen Bunde~ unter seiner Hegemonie. Die
+Griechenstädte an der Westküste Kleinasiens stehen unter lydischer (S.
+15), seit 545 unter persischer Herrschaft (S. 18). Auch die Inseln
++Cypern+, +Chios+, +Lesbos+ werden den Persern untertan; +Samos+ erst
+522 nach dem Sturz des mächtigen Tyrannen +Polykrates+.
+
+
+~Athens Emporkommen.~
+
+Nach Kodros’ Tode (S. 28) wird das Königtum eingeschränkt, aber nicht
+beseitigt; Adelsherrschaft der +Eupatriden+ (S. 26). Den Königen treten
+erwählte Beamte zur Seite; seit 683 werden +jährlich neun Archonten+
+erwählt. Der erste, +Archon epōny̆mos+, führt den Vorsitz und wacht
+über das Familien- und Erbrecht; der zweite, +Basileus+, bringt die
+früher den Königen obliegenden Opfer dar, hütet das heilige Recht
+und leitet den Areopag; der dritte, +Polemarchos+, ist Heerführer
+und Gerichtsherr für die Metöken und Fremden, die andern sechs,
++Thesmotheten+ genannt, leiten die bürgerliche Gerichtsbarkeit. Die
+Oberaufsicht über das gesetzliche Verhalten der Bürger führt der
+~Areopag~, der auf dem Areshügel vor der +Burg (Akropŏlis)+ sich
+versammelnde Gerichtshof, aus früheren Archonten gebildet; er richtet
+auch über die schwersten Verbrechen, Mord und Brandstiftung.
+
+[Um 632.]
+
+~Aufstand Kylons~, der sich, unterstützt von seinem Schwiegervater
++Theagĕnes+ von Megara, an der Spitze des über die Bedrückung der
+Adligen (s. u.) empörten Volkes der Akropolis bemächtigt. Er wird
+von dem Archon +Megăkles+, aus dem Geschlecht der +Alkmäoniden+,
+vertrieben, seine an den Altären Schutz suchenden Anhänger werden
+ermordet. Wegen dieses Frevels Verbannung der Alkmäoniden. Der Priester
++Epimenĭdes+ aus Phaistos auf Kreta berufen, um die Stadt durch
+Sühnopfer zu reinigen,
+
+[Um 620.]
+
+~Gesetzgebung Drakons.~ Die bestehenden Übelstände nicht beseitigt. Die
+Adelsherrschaft bleibt; geschriebene Gesetze, aber sehr hart; das Recht
+von den adligen Richtern auch weiterhin nicht selten gebeugt; seit
+Einführung der Geldwirtschaft Geld nur gegen hohe Zinsen ausgeliehen;
+daher wachsende Unzufriedenheit der ärmeren Bürger, besonders über das
+strenge Schuldrecht. ~Solon~, aus Kodros’ Geschlecht stammend, 594
+zum ersten Archon erwählt, erhält Vollmacht, durch neue Anordnungen
+Frieden zu stiften. Er war dadurch zu Ansehen gelangt, daß er die
+Wiedereroberung der von den Megarern besetzten Insel +Salamis+
+bewirkte; auch hatte auf seinen Antrieb Athen am +heiligen Kriege+
+teilgenommen, und das delphische Orakel war ihm deshalb günstig gesinnt.
+
+[~594.~]
+
+~Gesetzgebung Solons.~ 1. +Entlastung+ der ärmeren Bürger
+(+Seisachtheia+): die auf dem Grundbesitz haftenden Schulden werden
+aufgehoben, alle Schuldsklaven in Freiheit gesetzt, Schuldknechtschaft
+für die Zukunft verboten Festsetzung eines Höchstmaßes von Grundbesitz,
+damit das attische Land nicht in den Besitz weniger Reicher komme,
+Abzahlung anderer Schulden erleichtert durch Herabsetzung des
+Münzfußes; 100 Drachmen neuen Geldes = 73 älteren; das +euböische+
+Talent, der persischen Goldwährung entsprechend tritt an die Stelle des
++äginetischen+ (S. 32).[13]
+
+2. Bestimmung der bürgerlichen Pflichten und Rechte nach dem +Ertrage
+des Grundbesitzes+. Die Bürger werden in vier Klassen geteilt:
+1. +Pentakosiomedimnen+, deren Güter 500 Scheffel Getreide bezw.
+Maß Öl und Wein oder mehr bringen; 2. +Ritter+, 300–500 Scheffel;
+3. +Zeugiten+, d. h. die mit einem Gespann wirtschaften, 150–300
+Scheffel; 4. +Thēten+, die ärmeren. Nach der Absicht des Gesetzgebers
+sollten alle Bürger Grundbesitz haben; bei steigender Bedeutung des
+Geldbesitzes wurde der Ertrag des Getreides in Geld umgerechnet und
+danach die Klasseneinteilung bestimmt.
+
+Die Mitglieder der +drei ersten+ Klassen dienen im Kriege als
++Hoplīten+ (schwerbewaffnete Fußsoldaten), die der +zwei ersten+
+Klassen auch als +Reiter+; für die Ausrüstung der Flotte bestand
+schon eine Einteilung der Bürger in 48 +Naukrarien+. Die +Theten+
+sollen nur zur Verteidigung des Landes als Leichtbewaffnete oder
+(seit Themistokles) zur Bemannung der Flotte aufgeboten werden. Eine
+regelmäßige +Besteuerung+ der Vollbürger gab es nicht, die Ämter wurden
+umsonst verwaltet, die Staatsausgaben durch den Ertrag der Bergwerke,
+die Strafgelder, das +Kopfgeld der Metöken+, d. h. der eingewanderten
+Kaufleute und Handwerker, durch Markt- und Hafenzölle bestritten.
++Außerordentliche Steuern+ wurden in Zeiten der Not auf Volksbeschluß
+nach den Vermögensklassen erhoben, die vierte war steuerfrei.
+
+3. An der Spitze des Staates bleiben die ~neun Archonten~, jährlich
+erwählt aus den Bürgern der +ersten+ Vermögensklasse. Neu eingerichtet
+wird der ~Rat der Vierhundert~, jährlich erwählt aus den über 30
+Jahre alten Bürgern der +drei+ ersten Klassen. Die ~Volksversammlung~
+(Ekklesia) besteht aus +allen+ über 20 Jahre alten Bürgern. Sie erwählt
+die +Beamten+ und entscheidet über die durch +Vorbeschluß des Rates+ an
+sie gebrachten Angelegenheiten. Zur Entscheidung wichtigerer Prozesse
+werden Geschworenengerichte aus der +richtenden Bürgerschaft+, der
+~Heliaia~ (Gesamtzahl 6000) gebildet. Der ~Areopag~ behält seine
+Gerichtsbarkeit und Oberaufsicht über das Privatleben der Bürger sowie
+über das gesamte Staatsleben.
+
+Diese Verfassung wird als ~Timokratie~ bezeichnet; erst später
+entstand durch Aufhebung der Klassenunterschiede volle +Demokratie+.
+Ausgeschlossen von politischen Rechten blieben auch später die
++Schutzverwandten+ (Metöken), die vor Gericht eines Bürgers als
+Vertreter bedurften, und die sehr zahlreichen +Sklaven+, die jedoch
+durch Gesetz und Sitte gegen Mißhandlung geschützt waren.
+
+Solon gab auch ~Gesetze für das bürgerliche Leben~ (Familienrecht,
+Strafrecht, Beschränkung des Luxus, Schutz des Ackerbaues und der
+Ölbaumzucht, Sorge für die körperliche Ausbildung der Jünglinge in den
+3 +Gymnasien+: Akademie, Lykeion, Kynosarges). Nach Vollendung der
+Gesetzgebung verließ er Athen auf 10 Jahre und unternahm Reisen nach
+Ägypten, Cypern, Kleinasien. Rechtfertigung seiner Maßnahmen in seinen
+Elegieen.
+
+~Neue Parteiungen~ in Athen. Den Grundbesitzern in der Ebene (Pediäer)
+treten gegenüber die handeltreibenden Küstenbewohner (Parăler)
+und die ärmeren Gebirgsbewohner (Diakrĭer), letztere geführt von
++Peisistrătos+, der trotz der Gegenbemühungen +Solons+ immer mehr
+Anhang gewinnt und sich zuletzt der +Akropolis+ bemächtigt.
+
+[~560–527~.]
+
+~Peisistrătos~, Tyrann von Athen.
+
+Auswanderung von athenischen Adligen, zum Teil nach der thrakischen
+Chersŏnēs, unter des +älteren Miltiădes+ Führung. Solon † 559,
+wahrscheinlich in Athen, nach anderen in Soloi auf +Cypern+
+(Unterredung mit Kroisos in Sardes?).
+
++Peisistrătos+ regiert in Athen innerhalb der Formen der solonischen
+Verfassung, +die er nicht aufhebt+. Er versteht es, das Volk Archonten
+wählen zu lassen, welche ihm genehm sind. Zweimal durch Bündnis der
+Gegenparteien vertrieben, gewinnt er zuletzt eine dauernde Herrschaft.
+Die durch Solon zurückgeführten +Alkmāoniden+ (S. 34) gehen abermals
+in die Verbannung, da ihr Führer +Megăkles+ (an der Spitze der
+Parăler) sich gegen Peisistrătos nicht behaupten kann. Er erhöht das
+auswärtige Ansehen Athens: +Sigeion+ am Eingang in den Hellespont
+athenische Kolonie, Schutzherrschaft über +Delos+, Befreundung mit den
+Tyrannen +Lygdămis+ von Naxos und +Polykrătes+ von Samos. Er erweitert
+und schmückt die Stadt Athen durch Bauten (der große Zeustempel
+bleibt unvollendet), baut eine Wasserleitung, ordnet die Feier der
++Panathenäen+ und der +Dionysien+ (die Dithyramben des +Thespis+
+Anfänge der Tragödie), zieht Dichter an seinen Hof, z.B. Simonides,
+Anakreon, läßt die homerischen Gesänge schriftlich aufzeichnen und
+ordnen. Er vererbt die Herrschaft auf seinen Sohn
+
+[527–510.]
+
+~Hippĭas~. Dieser herrscht gemäßigt im Sinne des Vaters, bis sein
+Bruder +Hipparchos+ von +Harmodios+ und +Aristogeiton+ aus Privatrache
+am Panathenäenfest ermordet wird (514). Hippias übt grausame
+Vergeltung, wird von dem ausgewanderten Adel +(Kleisthĕnes+ an der
+Spitze der +Alkmäoniden+) in Verbindung mit einem spartanischen Heere
+unter +Kleomĕnes+ vertrieben (510). Er begibt sich nach Sigeion und
+sucht später Hilfe beim Perserkönige Dareios.
+
+[~509~.]
+
+~Gesetzgebung des Kleisthĕnes~ (Sohn des Megăkles, Enkel des
+Kleisthĕnes von Sikyon); die solonische Verfassung wird in
+demokratischem Sinne weiter gebildet. Die 4 Vermögensklassen bleiben
+bestehen, an Stelle der 4 alten Phylen (S. 26) treten ~zehn Phylen~
+(Bezirke), deren Unterabteilungen die +Demen+ (Ortsgemeinden) sind.
+Dadurch soll der Einfluß des Adels gebrochen und das Wiederaufleben
+der früheren Parteien verhindert werden. Jede Phyle wählt jährlich 50
+Mitglieder in den ~Rat~, dessen Zahl also von 400 auf 500 erhöht wird.
+Die 10 Abteilungen des Rats wechseln in der Geschäftsleitung ab, so
+daß das Amtsjahr nach dem Wechsel der 50 Ratsvorsteher (Prytanen) in
+10 Prytanieen zerfällt. Die Besetzung der meisten ~Ämter~ wird fortan
+durch das +Los+ entschieden, nach Vorwahl durch die Phylen; durch
++Abstimmung+ erwählt wurden die Archonten und die 10 Feldherrn. Für
+alle Ämter war eine Prüfung in bezug auf das bürgerliche Verhalten
+vor dem Amtsantritt und Rechenschaft nach Ablauf des Amtsjahres
+vorgeschrieben. Die ~Volksversammlung~ hat nach wie vor die
+Entscheidung über Gesetze, Bündnisse, Krieg und Frieden.
+
+[508.]
+
+Die Eupatriden unter Führung des Archon +Isagŏras+ rufen abermals
+die Spartaner zu Hilfe, um die Durchführung dieser Staatsordnung zu
+hindern. +Kleisthĕnes+ flüchtet, die Akropolis wird den Spartanern
+überliefert. Aber ein Aufstand des athenischen Volks zwingt den König
+Kleomĕnes zum Abzug. Die adligen Parteiführer werden hingerichtet;
+Kleisthĕnes zurückberufen.
+
+[507.]
+
+Ein Feldzug der Spartaner gegen Athen unter den Königen +Kleomĕnes+ und
++Demarātos+ scheitert infolge des plötzlichen Abzugs der Korinther und
+der Uneinigkeit der spartanischen Könige. Die mit Sparta verbündeten
++Böoter+ und +Chalkidier von Euböa+ werden von den Athenern geschlagen.
+Diese erobern einen Teil von +Euböa+, wo 4000 Bauerngüter an ärmere
+attische Bürger (Kleruchen) verteilt werden. So gewinnt Athen nach
+Befestigung seiner inneren Verfassung auch Ansehen nach außen.
+
+Damit nicht eine Tyrannis wiederkehre, ordnet Kleisthĕnes den
+~Ostrakismos~ an: die Volksversammlung ist befugt, mittels +geheimer
+Abstimmung+ durch Tonscherben (Ostrăka) die Verbannung eines die
+Freiheit gefährdenden Bürgers zu beschließen; doch müssen 6000 Stimmen
+abgegeben sein.
+
+Auch in den ~westgriechischen Städten~ herrschen zeitweise ~Tyrannen~:
++Phalăris+ in +Akrăgas+ (Agrigentum) um 570, +Anaxĭlas+ in +Rhegion+
+494. Zu besonderem Ansehen gelangt +Syrakus+ unter der Herrschaft
++Gelons+ (seit 485), der mit Theron von Akragas befreundet ist. Die
+unteritalischen Städte behaupten sich gegen Angriffe der einheimischen
+Völkerschaften; die Bürger von +Kroton+ zerstören 510 die reiche
+Nachbarstadt +Sybaris+.
+
+~Entwickelung der Kultur~. +Baukunst+ und +bildende Kunst+ besonders
+zur Ausschmückung der Tempel geübt (dorische, später ionische Säulen,
+Weihgeschenke aus Erz, Marmor, Gold und Elfenbein). Erhalten sind
+namentlich der Tempel von Pästum am Tyrrhenischen Meer und die
+Skulpturen des Athenetempels zu +Ägina+ (aus der Zeit um 510, jetzt in
+München).
+
+Zu hoher Blüte entfaltete sich die +Dichtkunst+; bei den +Ioniern+
+namentlich die Elegie: +Kallīnos+ von Ephĕsos um 670, +Mimnermos+ von
+Kolŏphon um 600, +Tyrtaios+ und +Solon+ von Athen, auch +Theognis+ von
+Megara (S. 33) dichtete in ionischem Dialekt;
+
+bei den +Doriern+ der lyrische Chorgesang: +Terpander+ von Lesbos um
+676 in Sparta, +Alkmān+ von Sardes um 650 ebendaselbst, +Stesichŏros+
+von Himera um 600, +Arion+ von Lesbos, Freund des Periander, +Iby̆kos+
+von Rhegion um 550;
+
+bei den +Äŏlern+ der lyrische Einzelgesang: +Alkaios+ und +Sappho+
+von Lesbos um 600; der Ionier +Anakrĕon+ von Teos um 540. Jambische
+Spottgedichte des +Archilŏchos+ von Paros (um 650) und +Hippōnax+
+von Ephesos (um 540). Die Vollendung der lyrischen Dichtung in
+mannigfaltigen Formen zeigt sich in +Simonĭdes+ von Keos und +Pindăros+
+von Theben, beide zur Zeit der Perserkriege.
+
+Anfänge der +Philosophie+ (zunächst Naturforschung) und der Himmels-,
+Erd- und Völkerkunde bei den Ioniern: +Thales+ von Milet (s. S.
+15). Herakleitos von Ephesos um 500: »Alles ist in ewigem Wechsel«.
++Pythagŏras+ von Samos wandert um 530 nach Kroton aus (Bund der
+Pythagoreer), +Xenophănes+ von Kolophon um dieselbe Zeit nach Elĕa in
+Unteritalien (seine Schüler Parmenides, Zeno). +Hekataios+ von Milet um
+510.
+
+In späterer Überlieferung werden als die +sieben Weisen+ dieser
+Zeit genannt: +Thales+ von Milet, +Bias+ von Priēne, +Pittăkos+ von
+Mytilene, +Periander+ von Korinth, +Cheilon+ von Sparta, +Kleobūlos+
+von Lindos, +Solon+ von Athen.
+
+
+§ 3. Perserkriege und Blütezeit Athens.
+
+[~500–449~.]
+
+~Perserkriege.~
+
+[500–494.]
+
+Aufstand der ionischen Griechen gegen die Perser (s. S. 20). Der von
++Athen+ und +Eretrĭa+ ihnen geleistete Beistand ist die ~Veranlassung~
+zu dem Versuch der Perser, auch das europäische Griechenland zu
+unterwerfen.
+
+[~492~.]
+
+Erster Zug der Perser unter ~Mardonios~.
+
+Das Landheer unterwirft das Küstenland von +Thrakien+, die Flotte die
+Insel +Thasos+. König Alexander von +Makedonien+ erkennt die persische
+Hoheit an. Dann aber erleidet das Landheer große Verluste im Kampf mit
+den Thrakern, und ein großer Teil der Flotte wird am Vorgebirge ~Athōs~
+durch Sturm vernichtet; dies bestimmt den Mardonios zur Rückkehr.
+
+An der thrakischen Küste werden feste Plätze angelegt als Stützpunkt
+für spätere Feldzüge; +Byzanz+, +Sēstos+, +Abdēra+ erhalten persische
+Besatzungen.
+
+[491.]
+
+Persische Herolde, welche Erde und Wasser als Zeichen der Unterwerfung
+verlangen, werden in Sparta und Athen getötet. Die +Kykladen+ und
++Ägīna+ dagegen, auch manche Gemeinden des Festlandes versprechen dem
+Perserkönige Unterwerfung. Der spartanische König +Kleomĕnes+ zwingt
+die Ägineten, den Athenern Geiseln zu stellen.
+
+[~490~.]
+
+Zweiter Zug der Perser unter ~Datis~ und ~Artaphernes~, dem jungen
+Neffen des Dareios.
+
+Eine große Flotte (nach Herodot 600 Trieren) durchfährt das Ägäische
+Meer, landet auf +Naxos+, dann auf +Euböa+, wo die Stadt +Eretria+
+zerstört wird, dann an der Ostküste von +Attika+. Hippias (S. 36)
+im Gefolge des Artaphernes. Das athenische Heer, 9000 Hopliten und
+außerdem leichtbewaffnete Sklaven (eine tüchtige Reiterei nur bei
+den Thessalern), geführt vom Polemarchos und den 10 Feldherrn, unter
+welchen +Aristides+ und der vor den Persern aus der Chersones (S. 36,
+20) geflüchtete (jüngere) +Miltiades+, lagert mehrere Tage dem Feinde
+gegenüber in verschanzter Stellung. Durch 1000 +Platäer+ verstärkt,
+greift es, ohne die Ankunft der Spartaner abzuwarten, unter Führung des
+~Miltiădes~ an und siegt in der
+
+[~490~. (Sept.)]
+
+~Schlacht bei Marăthon~.
+
+Der Plan der Perser, Athen von der Seeseite zu überraschen, wird
+durch schleunigen Rückmarsch des Heeres nach der Stadt vereitelt. Die
+persische Flotte kehrt nach Kleinasien zurück. +Hippias+ stirbt auf
+Lemnos.
+
+[489.]
+
+Unglücklicher Zug des Miltiădes gegen +Paros+. Verwundet nach Athen
+zurückgekehrt, wird er von +Xanthippos+ angeklagt und zur Erlegung
+der Kosten des Unternehmens (50 Talente) verurteilt, welche sein Sohn
++Kimon+ nach dem Tode des Vaters zahlt.
+
+~Parteikämpfe in Athen~; 487 Wahl der Archonten durch das +Los+
+eingeführt, 485 Xanthippos durch Ostrakismos verbannt, 483 der
+bedächtige und am Althergebrachten hängende ~Aristides~. ~Themistokles~
+erhält dadurch freie Hand zur Durchführung seines Planes, Athen zur
+ersten +Seemacht+ Griechenlands zu machen. Schon 493 hatte er als
+Archon die Befestigung des Hafens +Piraieus+ durchgesetzt; jetzt
+werden, zunächst um gegen Ägina Krieg zu führen, auf seinen Antrag
+die bisher zur Austeilung an die Bürger bestimmten Einkünfte aus den
+Silberbergwerken von +Laurion+ dazu verwendet, die Flotte bis auf
+200 Trieren zu bringen. Die bisherigen Naukrarien (S. 35) werden
+aufgehoben und durch die Einrichtung der ~Trierarchie~ ersetzt. Der
+Staat liefert die Schiffe; den wohlhabenderen Bürgern liegt ihre
+Ausrüstung als +Staatsleistung+ (Liturgie) ob; dafür erhält der
+Trierarch die Anführung des von ihm ausgerüsteten Schiffes. Die Theten
+zum Flottendienst herangezogen,
+
+[480.]
+
+Dritter Zug der Perser unter König ~Xerxes~.
+
+Große Rüstungen, das Landheer sammelt sich schon 481 bei Kritalla in
+Kappadokien, von dort führt Xerxes es nach +Sardes+. Zwei Schiffbrücken
+über den +Hellespont+ geschlagen, für die Flotte Kanal bei +Akanthos+
+gegraben, um das Vorgebirge Athos zu vermeiden. Im Frühjahr 480
+Aufbruch von Sardes; Demaratos, der abgesetzte König von Sparta, und
+Peisistratos, Sohn des Hippias, begleiten den König. Musterung des
+Heeres bei Doriskos in +Thrakien+, nach Herodots übertreibender Angabe
+1700000 Mann Fußvolk, 80000 Reiter und zahlreicher Troß; eine Flotte
+von 1207 Trieren.
+
+Nachdem die Griechen den Plan, den Paß von +Tempe+ zu verteidigen,
+aufgegeben haben, durchzieht das persische Heer Thessalien, ohne
+Widerstand zu finden. Die +Thessăler+ und die böotischen Städte, mit
+Ausnahme von +Platää+ und +Thespiä+, senden dem Könige Zeichen der
+Unterwerfung. +Argos+, +Achaja+ und das +westliche Mittelgriechenland+
+nehmen am Kampfe gegen ihn nicht teil.
+
+[~480.~ (Juli.)]
+
+~Schlacht bei Thermopylä.~
+
+Der spartanische König ~Leonĭdas~ an der Spitze von etwa ~6000~
+Schwerbewaffneten (Hopliten) (darunter 300 +Spartiaten+, 1000
+lakedämonische +Periöken+ und 700 +Thespier+) verteidigt 2 Tage lang
+den Engpaß, während 1000 Phokier den Fußpfad über den Kallidrŏmos
+bewachen. Die Perser, durch den Verräter Ephialtes auf diesen Pfad
+geführt, vertreiben die Phokier und kommen dem griechischen Heere in
+den Rücken. ~Leonidas~ befiehlt den Periöken und den Bundesgenossen,
+nach Hanse zu gehen und stirbt mit den noch übrigen ~Spartiaten~ und
+~Thespiern~, welche sich weigern, ihn zu verlassen, den Heldentod.
+Bekannte Grabschrift des Simonides. (S. Schillers »Spaziergang«). Die
+gezwungen (?) mit Leonidas fechtenden +Thebaner+ strecken die Waffen,
+werden teils niedergemacht, teils auf des Königs Befehl gebrandmarkt
+nach Theben zurückgeschickt.
+
+Zu gleicher Zeit unentschiedene ~Seegefechte bei Artemision~, einem
+Vorgebirge und Tempel an der Nordspitze von Euböa. Dreitägige Kämpfe;
+Verluste der Perser namentlich durch den Untergang der um die Südspitze
+von Euböa herum entsandten Schiffe. Auf die Kunde von der Einnahme des
+Passes von Thermopy̆lä zieht die hellenische Flotte sich zurück nach
+der Bucht von Salămis. Das peloponnesische Landheer beginnt am Isthmos
+den Bau einer Schutzmauer.
+
+Xerxes durchzieht Mittelgriechenland. Die +Lokrer+ und +Dorier+
+unterwerfen sich. Das Gebiet der +Phokier+ wird verwüstet, die gegen
++Delphi+ geschickte Truppe soll durch Gewittersturm zurückgeschreckt
+worden sein. +Böotien+ wird als Freundesland behandelt, nur +Thespiä+
+und +Platää+ werden zerstört.
+
+Die Athener verlassen ihre Stadt, nur die Akropolis bleibt besetzt.
+Die waffenfähigen Bürger besteigen die Flotte, die »hölzerne Mauer«;
+Greise, Frauen und Kinder werden mit der beweglichen Habe nach
++Salămis+, +Ägina+ und +Troizen+ gebracht. Den Verbannten wird die
+Rückkehr gestattet. Die Akropolis wird von den Persern erstürmt;
+~Zerstörung der Stadt Athen.~
+
+[~480.~ (Ende Sept.)]
+
+~Seeschlacht bei Salămis.~
+
+Die vereinigte hellenische Flotte (378 Trieren, 7 Fünfzigruderer)
+steht unter dem Oberbefehl des Spartaners ~Eurybiădes~. Uneinigkeit im
+Kriegsrat; der athenische Feldherr ~Themistŏkles~ bewirkt durch eine
+geheime Botschaft an Xerxes, daß die Griechen in der Meerenge zwischen
+Salamis und Attika von der persischen Flotte eingeschlossen werden.
+Xerxes schaut von dem Berge +Ägāleos+ dem Kampfe zu. Glänzender Sieg
+der Griechen. ~Aristides~, von Ägina herbeigeeilt, nimmt während des
+Flottenkampfes die von den Persern besetzte kleine Insel Psyttaleia,
+macht viele vornehme Gefangene.
+
+Die persische Flotte sammelt sich in der Bucht von Phalēron, Xerxes
+beschließt den ~Rückzug~. In Thessalien bleibt +Mardonios+ mit einem
+großen Teil des Heeres zurück. Xerxes erreicht nach großen, durch
+Seuchen und Mangel an Lebensmitteln verursachten Verlusten den
+Hellespont, wo er die Flotte findet, die das Heer übersetzt, da die
+Brücke vom Sturm zerstört worden ist.
+
+Die griechische Flotte, statt, wie Themistokles wollte, die persische
+zu verfolgen, wendet sich gegen die Inseln, belagert +Andros+
+vergeblich und löst sich beim Eintritt des Winters auf. Rückkehr der
+Athener nach ihrer Stadt, deren Wiederaufbau sofort begonnen wird.
+
+[~480.~]
+
+~Schlacht bei Himera,~
+
+Sieg der ~sicilischen Griechen~ unter +Gelon+ von Syrakus und +Theron+
+von Akragas (S. 37) über die mit Persien verbündeten +Karthager+. Diese
+sollen den Frieden durch Zahlung von 2000 Talenten erkauft haben; sie
+bleiben im Besitz ihrer sicilischen Städte (Panormos, Soloeis, Motye).
+
+[479.]
+
+Nachdem ~Mardonios~ den Athenern durch Alexander von Makedonien (s. S.
+38) vergebens einen Sonderfrieden angeboten hat, rückt er, verstärkt
+durch +griechische Bundesgenossen+ (Thessăler, Böoter, Lokrer, Phokier)
+in Attika ein. Die Athener retten sich wieder nach +Salămis+. Was in
+der Stadt aufgebaut worden, wird von den Persern von neuem zerstört.
+Endlich rückt die ganze peloponnesische Streitmacht (30000 Hopliten und
+zahlreiche Leichtbewaffnete) über den Isthmos vor, +Mardonios+ geht
+zurück und nimmt eine vorteilhafte Stellung in Böotien am +Asōpos+
+ein. Mehr als 10000 +Athener+, +Platäer+ und +Thespier+ vereinigen
+sich mit dem peloponnesischen Heere. Anführer der gesamten Streitmacht
+(angeblich 110000 Mann, doch keine Reiterei) war ~Pausanïas~ (Regent in
+Sparta für den unmündigen Sohn des Leonidas).
+
+[~479.~ (Sept.)]
+
+~Schlacht bei Platää.~
+
+Nach längerem Zaudern entschließt sich Pausanias zum Kampfe. Glänzender
+Sieg, Mardonios fällt. Die Griechen erobern das persische Lager;
+von der reichen Beute wird den Göttern der Zehnte geweiht.[14] Das
+griechische Heer rückt vor +Theben+, die Häupter der persischen Partei
+werden ausgeliefert und auf dem Isthmos hingerichtet.
+
+Die hellenische Flotte unter dem Oberbefehl des Spartanerkönigs
++Leotychĭdas+ (die athenischen Schiffe unter +Xanthippos+) eröffnet
+den ~Angriffskrieg gegen die Perser~, der mit Unterbrechungen bis 445
+dauert. Der persische Flottenführer +Mardontes+, den kleinasiatischen
+Griechen in seinem Heere mißtrauend, wagt nicht, die ihm bei +Samos+
+angebotene Seeschlacht anzunehmen. Er läßt dieser Insel gegenüber bei
+dem Vorgebirge +Mykăle+ die Schiffe aufs Land ziehen und verschanzt
+sich. Die Griechen landen und siegen in der
+
+[~479.~ (Ende Sept.)]
+
+~Schlacht bei Mykăle,~
+
+nehmen das Lager und stecken die persischen Schiffe in Brand. Mehrere
+Inselstädte (namentlich +Samos+, +Lesbos+ und +Chios+), dann die
+Küstenstädte Kleinasiens, auch das hergestellte +Milet+ (S. 20), werden
+als Bundesgenossen aufgenommen. Die Peloponnesier fahren nach Hause
+zurück, die +Athener+ und +Ionier+ erobern +Sēstos+ (S. 38).
+
+Wiederaufbau der Stadt Athen; sie wird trotz des Einspruchs der
+Peloponnesier mit einer starken Mauer von vergrößertem Umfang (60
+Stadien) umgeben. List des +Themistokles+, der als Gesandter nach
+Sparta geht.
+
+[478.]
+
+Unter Anführung des Spartaners +Pausanĭas+ vertreibt die vereinigte
+Flotte der Peloponnesier, Athener und Ionier persische Besatzungen von
+der Insel ~Cypern~, fährt dann nach ~Byzanz~ und befreit diese Stadt.
+Hochmut des +Pausanias+ gegen die Bundesgenossen, er tritt mit dem
+persischen Hofe in geheime Verbindung. Das gewinnende Auftreten der
+Anführer der Athener, +Aristides+ und +Kimon+, hat nach Abberufung des
+Pausanias durch die Ephoren zur Folge, daß die Führung (+Hegemonie+)
+zur See von Sparta auf Athen übergeht,
+
+[477.]
+
+~Gründung des attischen Seebundes.~
+
+Die Insel- und Küstenstädte des Ägäischen Meeres schließen ein
+dauerndes Bündnis mit Athen; die größeren stellen Schiffe zum Kampf
+gegen die Perser, die kleineren zahlen Geldbeiträge. Organisation des
+Bundes durch Aristides. Bundeskasse im Apollotempel zu +Delos+.
+
++Themistokles+, bei den olympischen Spielen 476 von den versammelten
+Hellenen geehrt, gerät bei den Athenern allmählich in Mißgunst, wird
+470 durch den Ostrakismos verbannt und geht nach +Argos+. Dort wird er
+der Teilnahme an den fortgesetzten hochverräterischen Umtrieben des
++Pausanias+ verdächtig. Dieser, von den Ephoren mit Verhaftung bedroht,
+rettet sich in Sparta in den Tempel der Athene und stirbt durch Hunger
+(468). Themistokles muß aus Argos fliehen, geht nach Kerkȳra, dann nach
+Epīrus, endlich nach Susa zum Perserkönig +Artaxerxes+ (s. S. 21),
+dem er seine Dienste anbietet. Er erhält eine fürstliche Schenkung in
+Kleinasien, stirbt (460) zu Magnesia (am Maiandros).
+
+Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Perser unter Führung ~Kimons~,
+des Sohnes des Miltiades (S. 39). Er erobert mit der Bundesflotte die
+noch von den Persern besetzt gehaltenen Plätze an der thrakischen
+Küste, namentlich +Eïon+ an der Strymonmündung, besetzt die Insel
++Skyros+ (die Gebeine des Theseus von dort nach Athen gebracht),
+unterwirft die vom Bunde abgefallene Insel +Naxos+, besiegt Flotte und
+Landheer der Perser in der
+
+[466.]
+
+~Doppelschlacht am Eurymĕdon~
+
+in Pamphylien. Darauf vertreibt er die Perser von der thrakischen
++Chersŏnēs+, stellt die athenische Kolonie daselbst wieder her und
+unterwirft die abtrünnige Insel +Thasos+. -- Bauten in Athen; Stoa
+Poikile am Markt mit Wandgemälden von Polygnōtos, Befestigung der
+Akropolis, Bau der +langen Mauern+ nach dem Peiraieus und nach Phalēron.
+
+[464.]
+
+Erdbeben in Sparta, Aufstand der unterdrückten ~Messenier~ und
+~Heloten~. Die Spartaner bitten Athen um Hilfe; sie wird auf Kimons
+Antrag gewährt. Aber bald schicken die Spartaner aus Argwohn das
+athenische Hilfsheer zurück. Dadurch beleidigt, treten die Athener in
+ein Bündnis mit Argos. Mit Mühe unterdrücken die Spartaner 455 den
+Aufstand (dritter Messenischer Krieg) (S. 44).
+
+In Athen erhebt sich gegen Kimons Politik, die auf gutes Einvernehmen
+mit Sparta, Fortsetzung des Kriegs gegen Persien und Mäßigung der
+Demokratie im Sinne Solons gerichtet ist, die +demokratische+ Partei,
+geleitet von +Ephialtes+ und ~Perikles~, dem Sohne des Xanthippos (S.
+39).
+
+[461.]
+
+Beschränkung des +Areopags+; ein Gesetz des Ephialtes entzieht ihm
+die altherkömmliche Oberaufsicht über die bürgerliche Ordnung und
+die Staatsverwaltung und läßt ihm nur die +richterliche+ Tätigkeit.
+Zugleich Ausdehnung der Volksgerichtsbarkeit; auf +Perikles’+ Antrag
+wird den +Heliasten+ (S. 35) ein +Richtersold+ aus der Staatskasse
+gewährt. +Kimon+ durch Ostrakismos +verbannt+.
+
+Weitere Maßregeln der durch den Areopag nicht mehr gehemmten
+demokratischen Partei: Einführung des +Ratssoldes+ und des
++Schaugeldes+ (Theorikon) für die Theateraufführungen an Festtagen;
+das Archontat wird auch der +dritten+ Vermögensklasse zugänglich.
+Einschätzung in die Vermögensklassen nicht mehr nach dem Grundbesitz,
+sondern nach dem Gesamtvermögen.
+
+[459.]
+
+Fortsetzung des +Krieges gegen Persien+; eine athenische Flotte
+fährt nach +Cypern+ und leistet dann den aufständischen +Ägyptern+
+unter Inaros Hilfe (S. 21). Das Unternehmen endet 455 unglücklich;
+die Athener, auf einer Nilinsel eingeschlossen, müssen sich ergeben.
+Zwiespalt der Griechen untereinander kommt den Persern zustatten.
+
+[459–445.]
+
+~Kriege der Peloponnesier~ und ~Böoter~ gegen ~Athen~.
+
+Athen nimmt das benachbarte +Megara+ in seine Symmachie auf, befestigt
+den Hafen. +Korinth+ und +Ägina+ dadurch bedroht, erklären den Krieg.
+Seesieg der Athener bei der Insel Kekryphaleia. Nunmehr kommt ein
+spartanisches Heer 457 den +Doriern+ in Mittelgriechenland (S. 28)
+gegen einen Angriff der +Phokier+ zu Hilfe; die Athener verlegen ihm
+den Rückweg, werden aber bei ~Tanăgra~ in Böotien von den Spartanern
+besiegt. Die Spartaner kehren nach Hause zurück; die Athener dringen
+abermals in Böotien ein, siegen bei +Oinophy̆ta+ über die Thebaner und
+gewinnen die andern böotischen Städte, die Phokier und die opuntischen
+Lokrer zu Bundesgenossen. +Ägina+ muß sich nach langer Belagerung
+unterwerfen (456), die Kriegsschiffe ausliefern und dem attischen
+Seebunde beitreten.
+
+[455.]
+
+Die attische Flotte unter +Tolmides+ umfährt die Peloponnes, verbrennt
+die spartanische Schiffswerft bei Gytheion, landet an den Küsten
+von Ätolien und Sikyon, siedelt die Messenier (S. 43), welchen die
+Spartaner freien Abzug aus Ithome bewilligen, in +Naupaktos+ am
+Eingang in den Korinthischen Meerbusen an.
+
+[454.]
+
+Verlegung der Bundeskasse von +Delos+ nach +Athen+. Die Bundesgenossen,
+zu regelmäßigen Beiträgen verpflichtet (jährlich 460 Talente) und der
+Gerichtshoheit Athens unterworfen, werden tatsächlich zu Untertanen.
+Athen ist Hauptstadt eines ansehnlichen +Insel- und Küstenreiches+,
+welches nach den erhaltenen Tributlisten in 5 Provinzen geteilt war:
+Hellespont, Thrakien, Ionien, Karien, Inseln.
+
+[453.]
+
+Seezug des +Perikles+ von dem megarischen Hafen Pagä aus, die +Achäer+
+schließen sich dem athenischen Bunde an; ein Angriff auf Öniadä (an
+der akarnanischen Küste) mißlingt. Aussöhnung zwischen +Perikles+ und
++Kimon+, welcher aus der Verbannung zurückberufen wird. Durch Kimons
+Einfluß kommt 451 ein +Waffenstillstand+ zwischen Athen und Sparta
+zustande.
+
+Neuer ~Seezug gegen die Perser~. Kimon fährt mit 200 Schiffen nach
+Cypern, sendet 60 davon nach Ägypten, stirbt aber während der
+Belagerung von +Kition+ an einer Krankheit. Seine Truppen erringen in
+der
+
+[~449.~]
+
+~Doppelschlacht bei Salamis~ auf Cypern einen glänzenden Sieg über
+die +persische+ (d. h. phönikisch-kilikische) Flotte und die am Lande
+befindlichen feindlichen Truppen, kehren dann aber nach Hause zurück.
+Alsbald erneut sich der Krieg in Mittel-Griechenland.
+
+[447.]
+
+~Schlacht bei Koroneia~; Sieg der von Athen abgefallenen Böoter. Gleich
+darauf Einfall eines spartanischen Heeres in Attika, um einen Aufstand
+auf +Euböa+ gegen Athen zu unterstützen. Perikles bewirkt durch
+Bestechung des spartanischen Königs Pleistoanax den Abzug des Heeres,
+unterwirft darauf Euböa, ist aber zum Frieden und zum Verzicht auf die
+Landhegemonie bereit.
+
+[~445.~]
+
+~Dreißigjähriger Friede zwischen Athen und Sparta.~
+
+Gegenseitige Anerkennung der +peloponnesischen+ und der +athenischen+
+Bundesgenossenschaft.
+
+Um diese Zeit (jedenfalls +nach Kimons Tode+) finden auch
+Friedensverhandlungen zwischen Athen und ~Persien~ statt, eine
+athenische Gesandtschaft unter +Kallias+ geht nach Susa. Doch wird kein
+förmlicher Friede geschlossen, man begnügt sich mit stillschweigender
+Anerkennung des Besitzstandes. Die Athener geben Cypern auf und
+schicken den aufständischen Ägyptern keine weitere Hilfe. Später
+erzählte man von einem ~Kimonischen Frieden~, in welchem der
+Perserkönig die Unabhängigkeit der kleinasiatischen Griechen anerkannt
+und versprochen haben soll, kein Kriegsschiff mehr ins Ägäische Meer zu
+schicken.
+
+~Folgen der Perserkriege~: 1. Die +politische Freiheit+ der Griechen in
+Asien und Europa ist gesichert gegen die Machtansprüche des persischen
+Despotismus. 2. Die +griechische Kultur+ entfaltet sich zu ihrer
+höchsten Blüte in Gewerbtätigkeit und Handel, Kunst und Wissenschaft,
+besonders in +Athen+, während Sparta zurückbleibt.
+
+[~444–429~]
+
+Nachdem +Thukydĭdes+ (Sohn des Melesias, nicht der gleichnamige
+Geschichtschreiber), eine Zeitlang Führer der kimonischen Partei,
+durch den Ostrakismos verbannt ist, beginnt die ~Blütezeit Athens~
+unter der Verwaltung des ~Perikles~, welcher, obwohl niemals Archon,
+den Staat durch seinen Einfluß als Redner in der Volksversammlung und
+in amtlicher Eigenschaft als +Strateg+, als +Finanzvorsteher+ und
++Vorsteher der öffentlichen Bauten+ leitet.
+
+Unbestrittene Herrschaft Athens im Gebiet seines Seebundes; nur
++Samos+ versucht 441 einen Aufstand. Verstärkung der Kolonie auf der
+thrakischen +Chersones+ (S. 36, 43), Flottenfahrt des Perikles nach
+dem +Schwarzen Meere+ zur Unterstützung der dortigen Griechenstädte
+Sinōpe, Amīsos, Pantikapaion (letztere wichtig für den Getreidehandel
+nach Athen). Neue Kolonien +Thurii+ in Unter-Italien, an der Stelle
+des zerstörten +Sybăris+ (443), und +Amphipŏlis+ am Strymon (437).
+-- Vollendung der Befestigung Athens durch eine +dritte+ lange Mauer
+(parallel mit der nach dem Peiraieus führenden, s. S. 43). Neubau der
++Hafenstadt+ Peiraieus, Tempel zu +Eleusis+, in Athen das +Odeion+
+neben dem vergrößerten +Dionysostheater+ am Südabhang der Akropolis, in
+der Nähe das noch gut erhaltene Theseion.
+
+Prachtbauten auf der ~Akropolis~: Der +Parthĕnon+, von Iktīnos und
+Kallikrătes erbaut, von dem Bildhauer ~Pheidĭas~ mit dem Standbild
+der Göttin Athene aus Gold und Elfenbein, an den Außenseiten mit
+Marmorskulpturen geschmückt;[15] die Karyatidenhalle des +Erechtheion+;
+die +Propyläen+, als Eingangstor von Mnesĭkles erbaut; daneben die
++Pinakŏthek+ mit Wandgemälden von +Polygnōtos+. Tempel der Athena Nike.
+Auf dem freien Platz vor den beiden Tempeln das große eherne Standbild
+der +Athene Promăchos+ von ~Pheidias~, welcher auch nach +Olympia+
+berufen wurde, um dort das Standbild des Zeus aus Gold und Elfenbein
+aufzurichten.
+
+Athen jetzt der Brennpunkt des wirtschaftlichen Lebens in Hellas.
+Handel nach allen Plätzen des Mittelmeeres. Großindustrie durch Sklaven
+betrieben. Bedeutende Ausfuhr von Erzeugnissen des Gewerbefleißes,
+Einfuhr von Getreide, Schiffsbauholz und Rohstoffen aller Art.
+
+Blüte der +dramatischen Dichtung+: Die drei Tragiker ~Aischy̆los~
+(526–455, die Perser 472, die Oresteia 458, eine Trilogie), ~Sŏphŏkles~
+(496–405, Antigone 441, Ödipus auf Kolōnos), ~Euripĭdes~ (480–406,
+Medeia 431. Iphigeneia in Tauris 412). Etwas später entfaltet sich die
++Komödie+; besonders bedeutend sind die +politischen+ Komödien des
+~Aristophănes~ in der Zeit des Peloponnesischen Krieges (die Ritter
+424, die Wolken 423, der Friede 421, die Vögel 414). Dramatische
+Aufführungen fanden statt an den +Diony̆sosfesten+ (kleine Dionysien
+oder Lenäen, große Dionysien); die Ausstattung des Chores war eine den
+reicheren Bürgern obliegende +Liturgie+ (vgl. S. 39).
+
+Geschichtschreibung: ~Herodot~ von Halikarnaß (484–424?), Teilnehmer an
+der Koloniegründung in Thurii; ~Thukydĭdes~ von Athen (470–400?).
+
+Philosophie: ~Anaxagŏras~ von Klazomĕnä, Lehrer des Perikles
+(+Empedŏkles+ in Akragas. +Demokritos+ in Abdēra, um 450). ~Protagŏras~
+von Abdera, neben +Gorgias+ von Leontini und +Prodikos+ von Keos der
+berühmteste unter den +Sophisten+, welche als Lehrer der Weisheit und
+der Redekunst auftraten. ~Sokrătes~ von Athen (469–399), Gegner der
+Sophisten. Ihrer subjektiven Richtung (der Mensch ist das Maß der
+Dinge) stellt er das Streben nach objektivem, begriffsmäßigem Wissen
+entgegen.
+
+
+§ 4. Peloponnesischer Krieg. (431–404 v. Chr.)
+
+Nach kurzer Friedenszeit erneuert sich die Feindschaft der auf
+Athens politisches und wirtschaftliches Übergewicht eifersüchtigen
+aristokratischen Peloponnesier gegen die attische Demokratie; es
+beginnt ein fast dreißigjähriger, für Griechenland verderblicher Krieg.
+
+~Veranlassungen~: 1. Einmischung Athens in den Krieg, welcher
+zwischen +Kerkyra+ und +Korinth+ wegen der Kolonie +Epidamnos+ (S.
+33) entstanden war.[16] Die Athener erklären sich für Kerkyra und
+nehmen (zunächst mit 10 Schiffen) teil an der +Schlacht bei Sybŏta+
+(432) zwischen den Korinthern und Kerkyräern, in der die Korinther
+erst Sieger sind, sich aber nach dem Erscheinen weiterer 20 attischer
+Trieren zurückziehen. 2. Die Bewohner von +Poteidaia+ (S. 33) fallen
+vom athenischen Bunde ab (432), werden von Korinth unterstützt, aber
+von den Athenern geschlagen und in ihrer Stadt belagert.
+
+Die Korinther, unterstützt durch Beschwerden der +Megărer+, welche von
+allen attischen Häfen und Märkten ausgeschlossen worden waren, und der
+Ägineten, klagen gegen die Athener in Sparta. Die Volksversammlung
+der Spartiaten erklärt, daß die Athener die Verträge gebrochen haben,
+worauf die +peloponnesische Tagsatzung+ Kriegsbereitschaft beschließt.
+
+~Streitkräfte beider Parteien~: +Achaja+ und +Argos+ bleiben zunächst
+neutral; mit den ~Peloponnesiern~ verbündet: die +Megărer+, +Böoter+,
++opuntischen Lokrer+, +Phokier+. -- Selbständige Bundesgenossen der
+~Athener~: +Platää+, +Naupaktos+, +Kerkyra+, +Zakynthos+, +Chios+,
++Lesbos+, die +Thessăler+ und +Akarnanen+. Flotte von 300 Trieren,
+Bürgerheer von 29000 Hopliten, Staatsschatz von 6000 Talenten,
+Jahrestribut aus dem Bundesgebiet 600 Talente.
+
+Perikles behauptet sein Ansehen gegen alle Anfeindungen (Anklagen gegen
+Pheidias, Anaxagoras, gegen seine Gemahlin Aspasia, endlich gegen ihn
+selbst wegen der Verwaltung des Staatsschatzes). Sein Kriegsplan:
+Verteidigung in der befestigten Stadt, Angriff mit der Flotte.
+
+[431.]
+
+~Der Archidamische Krieg. 431–421.~ Der Krieg beginnt mit einem
+Überfall von +Platää+ durch die Thebaner, welche zurückgeschlagen
+werden. Darauf ~Einfall der Peloponnesier in Attika~ unter dem
+Spartanerkönig +Archidāmos+. Verwüstung des Landes. Die Landbewohner
+flüchten in die befestigte Stadt Athen oder lagern zwischen den langen
+Mauern. Die athenische Flotte verheert die Küsten der Peloponnes und
+nimmt +Ägina+ in Besitz; das Gebiet von +Megăra+ von dem Landheer
+verwüstet.
+
+[430.]
+
+~Zweiter Einfall~ der Peloponnesier, in Athen bricht die ~Pest~ aus
+(der Arzt +Hippokrătes+ aus Kōs). Perikles verheert mit der Flotte die
+Küste von +Argolis+, wird im Rechenschaftsprozeß verurteilt, aber für
+das nächste Jahr wieder zum Feldherrn erwählt.
+
+[429.]
+
+Die Athener nehmen +Poteidaia+ ein; ihre Flotte unter +Phormion+ ist
+siegreich im korinthischen Meerbusen bei Naupaktos.
+
+~Perikles stirbt an der Pest~. An die Spitze der demokratischen Partei
+tritt +Kleon+, der »Gerber«, d. i. Besitzer einer durch Sklaven
+betriebenen Lederwarenfabrik, an die Spitze der aristokratischen
++Nikĭas+.
+
+[428.]
+
++Dritter Einfall+ der Peloponnesier, dann Abfall der Stadt +Mytilēne+
+auf Lesbos vom athenischen Seebunde (Methymna bleibt den Athenern
+treu). Die Spartaner belagern +Platää+.
+
+[427.]
+
+Während des +vierten Einfalls+ der Peloponnesier in Attika wird
++Mytilēne+ auf Lesbos von der athenischen Flotte zur Übergabe
+gezwungen. Die athenische Volksversammlung beschließt auf +Kleons+
+Antrag, +alle Bürger+ von Mytilēne, am andern Tage jedoch, +nur die
+Aristokraten+ hinrichten zu lassen. Über +tausend+ werden getötet, die
+Mauern der Stadt geschleift, die Äcker der Insel, mit Ausnahme des
+Gebiets von +Methymna+, an attische Bürger verteilt.
+
+Die Spartaner nehmen +Platää+ ein, die letzten 225 tapferen Verteidiger
+der Stadt werden hingerichtet. -- Blutige Parteikämpfe in +Kerkyra+, wo
+zuletzt mit Hilfe Athens die Demokraten Sieger bleiben.
+
+[426.]
+
+Glückliche Kämpfe der Athener unter +Demosthĕnes+ in +Akarnanien+ gegen
+die von den Peloponnesiern unterstützten +Ambrakioten+.
+
+[425.]
+
++Fünfter Einfall+ der Peloponnesier. +Demosthenes+, mit einer nach
+Sicilien (S. 50) bestimmten Flotte aussegelnd, landet in Messenien
+und besetzt die verfallene Burg von ~Pylos~. Die Peloponnesier
+(+Brasĭdas+) besetzen die gegenüberliegende Insel +Sphakteria+, werden
+aber durch die athenische Flotte abgeschnitten. Der von spartanischen
+Gesandten in Athen angebotene Friede auf +Kleons+ Antrag verworfen.
+Kleon und Demosthenes erobern +Sphakteria+; 292 Hopliten, darunter
+120 Spartiaten, werden nach Athen gebracht. Die Athener drohen diese
+hinzurichten, wenn ein neuer Einfall in Attika geschehe.
+
+[424.]
+
+Die Insel +Kythēra+ von den Athenern unter Nikias besetzt. Von Kythēra
+und von +Pylos+ aus beunruhigen sie fortwährend das lakonische Gebiet.
+Ihr Landheer bei +Delion+ in Böotien von den Böotern geschlagen
+(Sokrates von Alkibiades gerettet).
+
+~Brasĭdas~, der durch Böotien und Thessalien nach +Makedonien+ und
++Thrakien+ gezogen ist, bringt die dortigen Küstenstädte zum Abfall
+von Athen, nimmt auch +Amphipŏlis+ ein. Der athenische Feldherr
++Thukydĭdes+ (der Geschichtschreiber), der mit einem Geschwader bei
+Thasos lag und diesen Verlust nicht hatte verhindern können, wird
+deshalb verbannt. Nach abermals vergeblichen Friedensverhandlungen
+senden die Athener Kleon nach Thrakien. Er wird in der
+
+[~422.~]
+
+~Schlacht bei Amphipŏlis~
+
+von Brasidas geschlagen und fällt auf der Flucht, Brasidas stirbt an
+seinen Wunden.
+
+[~421~.]
+
+~Friede des Nikĭas~,
+
+geschlossen auf 50 Jahre. Beide Teile geben die Gefangenen und die
+Eroberungen heraus, doch wird diese Bestimmung nur unvollständig
+ausgeführt. Schon nach +drei+ Jahren bricht der Krieg wieder aus,
+da ~Alkibiădes~ die Athener beredet, dem Bündnis beizutreten,
+welches +Argos+ mit anderen peloponnesischen Staaten (Elis und
+Mantineia) geschlossen hatte, um dem drückenden Übergewicht Spartas
+entgegenzutreten.
+
+Die vereinigten +Argiver+ und +Athener+ werden in der
+
+[~418~.]
+
+~Schlacht bei Mantineia~
+
+geschlagen. Die Spartaner stellen durch diesen Sieg ihre Herrschaft
+über die Peloponnes wieder her. In Athen bekämpfen sich die Parteien
+des +Nikias+ und +Alkibiădes+; durch Anwendung des Ostrakismos wird nur
+der unruhige +Hyperbŏlos+ verbannt.
+
+[416.]
+
+Die Athener nehmen +Mēlos+ und töten +alle+ Bürger der Insel.
+
+[~415–413~.]
+
+Unternehmung der Athener gegen ~Syrakus~.
+
+Syrakus, nach dem Siege bei +Himĕra+ über die Karthager (S. 41)
+aufblühend unter der milden Herrschaft +Hierons+ (Bruder des +Gelon+)
+seit 466 mit demokratischer Verfassung, steht an der Spitze der
+sicilischen Griechenstädte.
+
+[427.]
+
+Hilfsgesuch der Stadt +Leontini+ (der Redner und Sophist +Gorgias+) bei
+den Athenern gegen Syrakus; eine athenische Flotte wird nach +Rhegion+
+gesandt, doch gelingt es den Athenern nicht, sich auf Sicilien
+festzusetzen. Der Syrakusaner +Hermokrătes+ vermittelt 424 Frieden
+unter den sicilischen Städten.
+
+[416.]
+
+Hilfsgesuch der Stadt +Egesta+ und der vertriebenen Leontiner gegen
+Selinus und Syrakus, bei den Athenern von +Alkibiădes+ befürwortet, von
++Nikias+ widerraten. Eine Flotte von 134 Trieren fährt unter Anführung
+von +Alkibiădes+, +Nikias+ und +Lamăchos+ nach Sicilien. Nachdem
++Naxos+ und +Katăna+ besetzt sind, wird Alkibiades zurückgerufen,
+abwesend angeklagt wegen Teilnahme an Religionsfreveln, die kurz
+vor Abfahrt der Flotte begangen waren (Verstümmelung der Hermen.
+Verspottung der eleusinischen Mysterien). Er flieht nach Argos, wird
+abwesend zum Tode verurteilt, seine Güter werden eingezogen. Hierauf
+begibt er sich, um Rache an Athen zu nehmen, nach Sparta.
+
+[Sidenote:
+414.]
+
+Die Athener erfechten einen Sieg vor +Syrakus+ und beginnen mit
+Erfolg die Belagerung der Stadt, wobei +Lamăchos+ fällt. Die
+Spartaner schicken auf Alkibiades’ Antrieb ein kleines Geschwader
+unter +Gylippos+ den Syrakusanern zu Hilfe. Die Athener werden
+zurückgedrängt, leiden durch Krankheit und Mangel. Nikias der Lage
+nicht gewachsen.
+
+[413.]
+
+Sie erhalten Verstärkung aus Athen (73 Trieren, 5000 Hopliten) unter
++Demosthĕnes+, werden aber bei einem nächtlichen Angriff auf die
+Höhen von +Epipŏlä+ besiegt. Der Abmarsch beschlossen, verzögert
+durch abergläubische Bedenken des Nikias wegen einer Mondfinsternis
+(27. August). Unglückliche +Seeschlacht+ in dem von den Feinden
+gesperrten Hafen von Syrakus; das zu Lande abziehende Heer wird am
+Flusse +Assinăros+ teils niedergemacht, teils gefangen. +Nikĭas+
+und +Demosthĕnes+ in Syrakus hingerichtet, 7000 Gefangene in die
+Steinbrüche gesteckt, wo viele elend umkommen, oder als Sklaven
+verkauft.
+
+[413. (März.)]
+
+Auf Alkibiădes’ Rat halten die Spartaner, gereizt durch eine Landung
+attischer Schiffe in Lakonien, den Flecken +Dekeleia+ in Attika
+besetzt. Von dort aus machen sie (unter König +Agis+) oft wiederholte
+Streifzüge. Die dauernde Besetzung wirksamer als die früheren
+vorübergehenden Einfälle, Die letzten 9 Jahre des +Peloponnesischen
+Krieges+ heißen deshalb der
+
+[413–404.]
+
+~Dekeleïsche~ Krieg.
+
+Bedrängnis der Athener, Flucht vieler Sklaven, Geldnot des Staates. Die
+aristokratische Partei kommt wieder zu Ansehen. Einsetzung einer neuen
+Behörde von 10 +Vorberatern+. Ordnung der Finanzen; die Tribute der
+Bundesgenossen werden in Hafenzölle umgewandelt. Neue Rüstungen.
+
+Alkibiădes bewirkt den Abfall von +Chios+, +Erythrä+, +Klazomĕnä+
+und +Milēt+ vom athenischen Bunde. Er bringt ein Bündnis zustande
+zwischen den Spartanern, die sich bereit erklären, dem Perserkönig
+alle ihm ehemals untertänigen Griechenstädte wieder zu überlassen, und
+dem persischen Satrapen +Tissaphernes+ in Sardes, der den Spartanern
+Hilfsgelder zahlt.
+
+[412.]
+
+Eine neue athenische Flotte erscheint an der ionischen Küste; die
+Peloponnesier werden im Landkampf bei +Milēt+ geschlagen, aber die
+Einnahme der Stadt wird durch das Erscheinen syrakusischer Schiffe
+(unter Hermokrates) gehindert. Die athenische Flotte, wieder auf 104
+Schiffe gebracht, ankert vor +Samos+. Alkibiădes, von den Spartanern
+angefeindet und beargwöhnt, begibt sich zu Tissaphernes, auf den er
+bald großen Einfluß gewinnt. Zugleich knüpft er Unterhandlungen mit den
+Oligarchen (Gegnern der Demokratie) im athenischen Heere an.
+
+[411. (März.)]
+
+~Verfassungsänderung in Athen~,
+
+von der oligarchischen Partei +(Antĭphon+, +Theramĕnes+) gewaltsam
+durchgesetzt. Rat von 400 Mitgliedern eingesetzt, die Volksversammlung
+auf 5000 Bürger beschränkt, alle Staatsbesoldungen, mit Ausnahme
+des Soldes der im Heere dienenden Bürger, werden abgeschafft.
+Friedensverhandlungen mit Sparta. Aber das Heer bei Samos weigert
+sich, die Verfassungsänderung anzuerkennen, erwählt neue Feldherren
+(+Thrasybūlos+) und ~ruft Alkibiades zurück~. Dieser übernimmt den
+Oberbefehl, weigert sich aber, die Flotte gegen die Oligarchen nach
+Athen zu führen, und verlangt, daß sie vor dem Feinde bleibe. In Athen
+wird auch ohne Eingreifen des Heeres die Oligarchie nach kurzer Dauer
+gestürzt, der alte Rat der 500 wieder eingesetzt, bald auch der Zutritt
+aller Bürger zur Volksversammlung wieder hergestellt.
+
+Die Spartaner brechen jede Verbindung mit Tissaphernes ab und schließen
+ein Bündnis mit +Pharnabāzos+, dem Satrapen von Bithynien. Aber die
+peloponnesische Flotte (unter +Mindăros+) wird von den Athenern in zwei
+
+[411.]
+
+Seegefechten bei ~Abȳdos~ geschlagen und schließlich unter
++Alkibiădes’+ Oberbefehl vernichtet in der
+
+[410.]
+
+~Doppelschlacht bei Kyzĭkos~ (Mindaros † im Landkampf an der Küste).
+Alkibiădes sichert die athenische Herrschaft auf der thrakischen
++Chersones+, erobert +Chalkēdon+, schließt Vertrag mit Pharnabazos,
+erobert endlich auch die von dem Spartaner +Klearchos+ verteidigte, für
+die Getreidezufuhr aus den Pontusländern wichtige Stadt +Byzanz+ (409).
+
+[~408~.]
+
+~Alkibiădes kehrt nach Athen zurück.~
+
+Seine Verurteilung wird widerrufen, die Athener ernennen ihn zum
+unumschränkten Feldherrn zu Wasser und zu Lande. Er schützt mit seinem
+Heere den langentbehrten Festzug nach Eleusis, fährt dann an der Spitze
+der athenischen Flotte wieder nach Kleinasien. Dort hatte unterdessen
+der Spartaner +Lysander+ den Oberbefehl erhalten, und des persischen
+Königs Dareios II. jüngerer Sohn +Kyros+, Freund der Spartaner, war
+Satrap in Sardes geworden. Während Alkibiădes sich an einer Belagerung
+von +Phokäa+ beteiligt, wird die von seinem Unterfeldherrn Antiochos
+befehligte Flotte von +Lysander+ in dem
+
+[407.]
+
+~Seetreffen bei Notion~ im Golf von Ephĕsos geschlagen. Wegen dieses
+unverschuldeten Unglücks wird Alkibiădes von den Athenern des
+Oberbefehls entsetzt. Er zieht sich nach der thrakischen Chersones
+zurück.
+
+Der neue spartanische Nauarch (Admiral) +Kallikratĭdas+ schließt die
+athenische Flotte unter +Konon+ im Hafen von +Mytilene+ ein. Die
+Athener rüsten mit äußerster Anstrengung eine neue Flotte aus; diese
+schlägt die Peloponnesier in der großen
+
+[~406~. (Sept.)]
+
+~Seeschlacht bei den Arginusen~,
+
+kleinen Inseln an der Küste Kleinasiens, südöstlich von Lesbos; von
+120 peloponnesischen Schiffen entkommen nur 43. Aber die siegreichen
+Feldherren werden in Athen angeklagt, weil sie die Schiffbrüchigen
+bei dem nach der Schlacht eingetretenen Sturm nicht gerettet und die
+Leichen nicht bestattet haben; 6 von ihnen, die sich dem Gericht
+stellen, werden zum Tode verurteilt. Vergeblicher Widerspruch des
++Sokrates+, der am zweiten Verhandlungstage Vorsteher der Prytanen
+(S. 36) war, gegen das abgekürzte (summarische) Gerichtsverfahren.
+~Lysander~, wiederum Anführer der spartanischen Flotte, vernichtet die
+athenische Flotte in der
+
+[405. (August.)]
+
+~Schlacht bei Aigospotamoi~ (Ziegenflüsse), Lampsăkos am Hellespont
+gegenüber. Nur +Konon+ rettet sich mit wenigen Schiffen.
+Niedermetzelung von 3000 gefangenen Athenern. Lysander vernichtet die
+athenische Herrschaft über die Küsten und Inseln, richtet überall
+oligarchische Verfassungen ein, die durch spartanische Statthalter
+(Harmosten) überwacht werden, erscheint dann mit seiner Flotte vor
+dem Peiraieus, während die Landtruppen unter den beiden spartanischen
+Königen +Agis+ und +Pausanias+ Athen von der Landseite einschließen.
+Unterhandlungen durch +Theramĕnes+. Endlich bewirkt der Hunger die
+
+[~404~. (Frühjahr.)]
+
+~Übergabe Athens, Ende des Krieges.~
+
+Die Mauern des Peiraieus und die langen Mauern zwischen Stadt
+und Häfen werden niedergerissen. Anerkennung der spartanischen
+Hegemonie, Verzicht auf alle auswärtigen Besitzungen, Auslieferung der
+Kriegsschiffe bis auf 12. Nach Annahme dieser Friedensbedingungen wird
+unter +Lysanders+ Einfluß die Neuordnung des Staates +dreißig Männern+
+der oligarchischen Partei (Tyrannen) übertragen.
+
+~Folgen des peloponnesischen Krieges~: 1. Fortdauernde Zersplitterung
+der Griechen, Beginn ihres politischen Niedergangs, erfolgreiche
+Einmischung Persiens. 2. +Sparta+ ist mit persischer Hilfe wiederum
+im Besitze der +Hegemonie+, aber durch Auflösung der altspartanischen
+Zucht entartet. 3. +Athen+, die Siegerin über den Nationalfeind, ist
+gedemütigt, hat jedoch noch Kraft zu neuer Erhebung und bleibt die
+geistige Hauptstadt Griechenlands.
+
+
+§ 5. Makedoniens Emporkommen.
+
+Da Sparta seine Hegemonie gegen die Abneigung der anderen Staaten,
+besonders gegen das aufstrebende +Theben+ nicht behaupten kann,
+erheben sich neue Kriege unter den griechischen Staaten, bis sie der
+Herrschaft +Makedoniens+ untertan werden, welches unter den Königen
++Perdikkas II.+ (454–413) und +Archelāos+ (413–399) allmählich
+erstarkt war, dann unter Thronstreitigkeiten zu leiden hatte bis zum
+Regierungsantritt +Philipps+ 359.
+
+[~404–403.~]
+
+Herrschaft der ~Dreißig~ in Athen.
+
+Sie nehmen eine spartanische Besatzung in die Akropolis auf, verhängen
+Verbannung und Hinrichtung über mißliebige Bürger, die von Angebern
+(Sykophanten) angeklagt sind. +Theramenes+, der als Mitglied der
++Dreißig+ zur Mäßigung rät, wird auf Betreiben des leidenschaftlichen
++Kritias+ ebenfalls hingerichtet. Darauf sammelt ~Thrasybūlos~ in
++Theben+ die aus Athen entflohenen Anhänger der Demokratie, besetzt
+mit ihnen die Bergfeste +Phyle+ im Parnēsgebirge, schlägt die Truppen
+der Dreißig und bemächtigt sich der Hafenstadt Munychia (403); Kritias
+fällt. An Stelle der 30 wählen die Bürger in Athen 10 gemäßigtere
+Oligarchen. Unter Vermittelung des Spartanerkönigs +Pausanĭas+ kommt
+ein Vergleich zwischen diesen und Thrasybūlos zustande. Die vereinigten
+Bürger ziehen gegen +Eleusis+, wo die meisten der Dreißig getötet
+werden, dann wird +Amnestie+ verkündigt.
+
+[403.]
+
+Herstellung der Demokratie; neue Aufzeichnung der Gesetze unter dem
+Archon ~Eukleides.~ Bald werden auch die Besoldungen und Schaugelder
+(S. 44) wieder eingeführt, erstere sogar vermehrt durch den
++Volksversammlungssold+.
+
+[401.]
+
+Aufstand des von Sparta unterstützten ~Kyros~ (S. 21) gegen König
++Artaxerxes Mnemon+. Alkibiădes, welcher schon im Jahre 404 den König
+hatte warnen wollen, war auf der Reise zu ihm in Phrygien auf Betreiben
+Lysanders getötet worden. 13000 griechische Söldner kämpfen für Kyros
+in der Schlacht bei ~Kunaxa~ (unweit Babylon); mühsamer Rückzug unter
+Führung des Atheners ~Xenophon.~ Nicht ganz 10000 erreichen bei
+Trapezūs das Schwarze Meer, die meisten treten bei dem spartanischen
+Feldherrn +Thibron+ (s. u.) in Dienst.
+
+[399.]
+
+~Sokrates~ in Athen zum Tode verurteilt und durch Gift hingerichtet.
+Sein Schüler ~Platon~ erhebt die Philosophie zur umfassenden
+Wissenschaft.
+
+[399–394.]
+
+~Krieg der Spartaner gegen Persien,~ gehemmt durch Zwiespalt unter den
+Griechen.
+
+Der persische Satrap +Tissaphernes+ will die griechischen Städte
+Kleinasiens für ihren Anschluß an die Sache des Kyros züchtigen. Die
+Spartaner kommen den Städten zu Hilfe, erst unter +Thibron+, dann
+unter +Derkyllĭdas+, endlich unter dem König ~Agesilaos.~ Dieser
+dringt 396 siegreich in Asien vor, schlägt am +Paktōlos+ die Reiter
+des Tissaphernes, der auf Befehl des Großkönigs von seinem Nachfolger
++Tithraustes+ hingerichtet wird. Aber +Athen,+ +Theben,+ +Korinth,+
++Argos+ verbünden sich, durch persisches Geld unterstützt, gegen
+Sparta, dessen Harmosten sich überall verhaßt gemacht hatten.
+
+[395.]
+
+Lysander fällt bei +Haliartos+ (in Böotien) im Kampf gegen die Thebaner.
+
+[394.]
+
+Seeschlacht bei +Knidos+; die spartanische Flotte wird von der
+persischen, von dem Athener Konon geführten Flotte besiegt. Vertreibung
+der Harmosten aus den griechischen Städten Kleinasiens. ~Agesilāos,~
+aus Asien +zurückberufen+, zieht durch Thrakien, Makedonien und
+Thessalien, schlägt die Verbündeten in der
+
+[394.]
+
+~Schlacht bei Koroneia~ (im westl. Böotien)
+
+und gelangt in die Peloponnes zurück. Konon stellt mit persischem
+Gelde die ~2 langen Mauern~ zwischen Athen und dem Peiraieus wieder
+her. Darauf Landkrieg in der Gegend von +Korinth+, das den Zugang zur
+Peloponnes beherrscht; die athenischen Peltasten +Iphikrătes+ bringen
+den Spartanern schwere Verluste bei.
+
+Der Spartaner +Antalkĭdas+ gewinnt die Gunst des persischen Satrapen
+Tiribazos; Sparta sendet nochmals eine Flotte nach der asiatischen
+Küste aus, die aber vor der athenischen unter +Thrasybūlos+
+zurückweicht. Endlich entscheidet der Perserkönig; die griechischen
+Staaten nehmen die von ihm gestellten Bedingungen an.
+
+[~387.~]
+
+~Friede des Antalkĭdas.~ Die Griechenstädte +Kleinasiens+, sowie die
+Inselstadt +Klazomĕnä+ und +Cypern+ werden den Persern ~preisgegeben.~
+Die Athener behalten nur die Herrschaft über +Lemnos,+ +Imbros+ und
++Skyros+, alle übrigen Staaten und Inseln sollen selbständig sein.
+Messenien jedoch bleibt unter spartanischer Herrschaft. Gewalttätiges
+Auftreten der Spartaner zur Durchführung dieser Bestimmungen.
+
+[379–362.]
+
+Krieg zwischen ~Theben~ und ~Sparta,~
+
+veranlaßt durch die Besetzung der +Kadmeia+ (383). Ein spartanisches
+Heer war gegen die Stadt +Olynthos+ gesandt, welche ihre Hegemonie
+über die kleineren Städte der Halbinsel Chalkidĭke nicht aufgeben
+wollte. +Phöbĭdas+, mit einer zweiten Abteilung nachgesandt,
+besetzt die Kadmeia, die Burg von Theben, im Einverständnis mit der
+aristokratischen Partei daselbst. Olynth wird 379 von den Spartanern
+erobert.
+
+[~379.~]
+
+Thebanische Flüchtlinge, die in +Athen+ Aufnahme gefunden haben,
+befreien von dort aus unter Führung des ~Pelopĭdas~ ihre Vaterstadt
+und nötigen, unter Mitwirkung des ~Epameinondas~, die Spartaner zum
+Abzug aus der Kadmeia.
+
+[~378.~]
+
+Die spartanischen Könige +Kleombrŏtos+ und +Agesilāos+ ziehen
+gegen Theben zu Felde, kämpfen aber ohne Erfolg. Der Versuch eines
+spartanischen Unterfeldherrn, sich des Peiraieus zu bemächtigen,
+veranlaßt die Athener zum +Bündnis mit Theben+. Darauf gründen sie
+den ~zweiten athenischen Seebund~ (Chios, Lesbos, Rhodos, Byzanz,
+Euböa, Kerkyra, chalkidische Städte, Kykladen; keine Kleruchieen
+in bundesgenössischem Gebiet, geringere Geldbeiträge). Seesiege
+des +Chabrias+ (bei Naxos) und +Timotheos+ (bei Leukas) über die
+peloponnesische Flotte. +Olynth+ wird wieder selbständig. Sparta
+und Athen als Vertreter ihrer Bundesgenossen schließen 371 Frieden;
++Theben+ aber weigert sich, seine Hegemonie über Böotien aufzugeben,
+soll von den Spartanern dazu gezwungen werden.
+
+[~371.~]
+
+~Schlacht bei Leuktra.~
+
+Der spartanische König +Kleombrotos+ von ~Epameinondas~ besiegt.
+Schiefe Schlachtordnung, +Pelopĭdas+ mit der heiligen Schar auf dem
+linken Flügel bringt durch sein Vordringen den Kampf zur Entscheidung.
+
+[~370.~]
+
+~Angriff der Thebaner auf Sparta.~ Spartas Hegemonie wird durch den
+Abfall der +Arkăder+ und die von Epameinondas angeordnete ~Befreiung
+der Messenier~ schwer erschüttert. Gründung der Städte +Megalopŏlis+
+in Arkadien und +Messēne+ am Fuß der Berges Ithōme. Die offene Stadt
++Sparta+ wird von +Agesilaos+ erfolgreich verteidigt; ein athenisches
+Heer kommt den Spartanern zu Hilfe; Rückzug der Thebaner.
+
+[369–367.]
+
+Epameinondas zieht noch zweimal nach der +Peloponnes+, um den erlangten
+Einfluß zu sichern; Pelopidas bekämpft in +Thessalien+ den Tyrannen
+Alexander von Pherā und schlichtet einen Thronstreit in +Makedonien+,
+wird auf dem Rückweg unweit Pherä gefangen genommen, aber von
+Epameinondas befreit.
+
+[367.]
+
+Gesandte der griechischen Staaten gehen nach +Susa+; Thebens Versuch,
+einen Vertrag auf Grund der vom Perserkönige gutgeheißenen Vorschläge
+zustande zu bringen, mißlingt.
+
+[364.]
+
+Pelopidas fällt im Kampfe gegen den Tyrannen von Pherä bei
++Kynoskephălä+; Epameinondas unternimmt mit einer neugebildeten Flotte
+eine Fahrt bis +Byzanz+, um der athenischen Seemacht entgegenzutreten.
+Unterdessen neue Streitigkeiten in der Peloponnes; Epameinondas
+unternimmt einen +vierten+ Zug dorthin.
+
+[~862.~]
+
+~Schlacht bei Mantineia,~
+
+Epameinondas fällt als Sieger im Kampfe gegen die Spartaner und ihre
+Bundesgenossen (darunter 6000 Athener). Damit endet die kurze Zeit der
++thebanischen Hegemonie+ (371 bis 362).
+
+Friedensvertrag unter den griechischen Staaten, doch treten die
+Spartaner nicht bei, da sie die Unabhängigkeit Messeniens nicht
+anerkennen wollen. +Agesilāos+ geht nach Ägypten zur Unterstützung der
+Aufständischen gegen die Perser (s. S. 21), deren Flotte der Athener
++Chabrĭas+ befehligt. Agesilāos stirbt auf der Rückfahrt (360).
+
+[~359–336.~]
+
+~Philipp, König von Makedonien,~
+
+Sohn des Königs Amyntas, war von Pelopidas als Geisel auf 3 Jahre
+nach Theben gebracht worden und hatte dort griechische Bildung und
+Kriegskunst kennen gelernt. Er wird, 23 Jahre alt, nach dem Tode seines
+älteren Bruders Perdikkas, König von Makedonien. Tapfer und staatsklug
+befestigt er seinen Thron in dem von Parteikämpfen zerrissenen Lande,
+sichert die Grenzen gegen die unruhigen Nachbarvölker (+Päŏner+,
++Illyrier+) und richtet ein stehendes Heer ein (+Phalanx+). Hauptwaffe
+die Sarissa, ein 5 m langer Speer. Dann beginnt er die Ausbreitung
+seiner Herrschaft an der thrakischen Küste und greift in das
+Bundesgebiet der Athener ein, die er durch schlaue Unterhandlungen
+täuscht.
+
+[357–356.]
+
+Philipp erobert +Amphipŏlis+ (reiche Goldbergwerke in der Nähe),
++Pydna+, +Poteidaia+, schließt Bündnis mit +Olynth+. Athen unterdessen
+bedrängt durch Abfall der Bundesgenossen. Chios, Kos, Rhodos, Byzanz
+sagen sich vom Seebunde los. Nach kraftloser Kriegführung (+Chabrias+
+† im Hafen von Chios) erkennt Athen 355 auf Antrag des +Eubūlos+ ihre
+Selbständigkeit an. Der Seebund fortan unbedeutend. Eubūlos Vertreter
+der Friedenspolitik; die Überschüsse der Staatsverwaltung werden auf
+seinen Antrag der Festgelderkasse (S. 54) überwiesen.
+
+[~355–346.~]
+
+(Zweiter) ~Heiliger Krieg~ gegen die Phokier,
+
+die wegen Benutzung des dem delphischen Gotte geweihten Landes von
+Kirrha (s. S. 33) von den Amphiktyonen zu einer hohen Geldstrafe
+verurteilt waren. Die Thebaner übernehmen die Eintreibung dieser
+Geldstrafe, die Phokier aber bemächtigen sich der Schätze des
+delphischen Tempels, verstärken sich durch Söldner und verteidigen sich
+längere Zeit mit Erfolg.
+
+[352.]
+
++Onomarchos+, Feldherr der Phokier, fällt in Thessalien im Kampfe gegen
+~Philipp~, welcher von den mit Theben verbündeten Thessălern zu Hilfe
+gerufen war. Ein +athenisches+ Heer hindert durch Besetzung des Passes
+von +Thermopy̆lä+ Philipp am Einmarsch in Mittel-Griechenland; die
+Phokier behaupten sich noch weiter.
+
+Philipp wendet sich wieder nach Thrakien und greift +Olynth+ an.
++Demosthĕnes+, seit 351 (erste Philippika) Führer des nationalen
+Widerstandes gegen die drohende makedonische Macht, veranlaßt
+Hilfssendungen der Athener nach Olynth.
+
+[~348.~]
+
+~Philipp erobert Olynth~
+
+durch Verrat, zerstört diese Stadt sowie eine große Zahl kleinerer Orte
+auf der Halbinsel Chalkidike und verkauft die Einwohner als Sklaven.
+
+[346.]
+
+Friede zwischen Philipp und den Athenern auf Antrag des +Philokrătes+.
+Demosthenes und Äschines Gesandte an Philipp. Dieser zieht, abermals
+von den Thessalern und Thebanern zu Hilfe gerufen, nach +Phokis+ und
+gewährt dem phokischen Feldherrn Phalaikos und seinen Söldnern freien
+Abzug.
+
+[~346.~]
+
+~Philipp unterwirft die Phokier,~
+
+zerstört ihre Städte, wird an ihrer Stelle in den +Amphiktyonen+bund
+aufgenommen. In Athen Unwille über sein gewaltsames Vordringen;
+Demosthenes’ Rede vom Frieden.
+
+[344.]
+
+Philipp tritt an die Spitze des +thessalischen+ Bundes, unterstützt
++Argos, Messenien, Elis+ gegen Sparta. Demosthenes’ zweite Philippika.
+
+[343.]
+
+Philipp bringt +Epirus+ und einen Teil von +Euböa+ in Abhängigkeit.
+Äschines, von Demosthenes wegen seines Verhaltens bei der Gesandtschaft
+angeklagt, wird freigesprochen.
+
+[342–341.]
+
+Philipp dringt in Thrakien bis zum Pontos vor, gründet +Philippopolis+
+am Hebros, unterstützt die Stadt +Kardia+ in ihrem Streit mit den
+athenischen Kolonisten der thrakischen Chersones (S. 46). Die nationale
+Partei in Athen (Demosthenes’ dritte Philippika) bringt ein ~Bündnis
+hellenischer Staaten~ (Megarer, Korinther, Euböer, Achäer, Akarnanen
+u. a.) unter Athens Leitung gegen Philipp zustande.
+
+[340.]
+
+Philipp belagert vergeblich +Perinthos+ und +Byzanz+. Die Athener
+erklären ihm den Krieg, schicken zwei Flotten mit Hilfstruppen (unter
++Chares+ und +Phokion+) nach Byzanz und erzwingen die Aufhebung der
+Belagerung.
+
+[339–338.]
+
+(Dritter) ~Heiliger Krieg~ gegen Amphissa, nachdem die Amphiktyonen,
+auf Veranstaltung des von Philipp bestochenen +Äschines+, die Lŏkrer
+von Amphissa wegen Aneignung eines dem delphischen Gotte geheiligten
+Ackers in Strafe genommen hatten. Philipp, von den Amphiktyonen
+mit der Ausführung des Beschlusses beauftragt, besetzt die Stadt
++Elateia+, welche den Zugang zu Böotien beherrscht. Große Bestürzung
+in Griechenland. Die Athener rüsten Flotte und Landheer; Demosthenes
+bringt ein ~Bündnis mit Theben~ zustande. Philipp +zerstört Amphissa+
+und besiegt die verbündeten Athener, Thebaner, Phokier, Korinther,
+Achäer in der
+
+[~338.~ (Aug.)]
+
+~Schlacht bei Chaironeia.~
+
+Sein Sohn +Alexander+ entscheidet die Schlacht durch Vernichtung
+der +heiligen Schar+ der Thebaner. Philipp straft die Thebaner hart
+(Aufhebung der Hegemonie über Böotien, Rückkehr der Verbannten,
+makedonische Besatzung in der Burg Kadmeia); den Athenern bewilligt
+er einen günstigen Frieden. Er rückt in die Peloponnes ein, nimmt den
+Spartanern einen großen Teil ihres Gebietes und gibt es den Messeniern,
+Argivern und Arkadern.
+
+~Makedonische Hegemonie.~ Auf einer Nationalversammlung zu +Korinth+,
+an der nur die Spartaner nicht teilnehmen, läßt sich Philipp zum
+unumschränkten Heerführer der Griechen gegen die Perser wählen. Im
+übrigen behalten die griechischen Staaten ihre Selbständigkeit; eine
+Bundesversammlung (Synedrion) zu Korinth soll ihre Streitigkeiten
+schlichten.
+
+
+§ 6. Alexander der Große.
+
+Philipp, der bereits Truppen nach Asien gesandt hat, um den Krieg
+gegen die Perser zu beginnen, wird 336 von +Pausanias+, einem seiner
+Leibwächter, ermordet. Ihm folgt sein von ~Aristotĕles~ gebildeter
+zwanzigjähriger Sohn
+
+[~336–323.~]
+
+~Alexander der Große.~
+
+Er zieht mit Heeresmacht nach +Korinth+ (Diogenĕs) und läßt sich die
+Machtstellung seines Vaters übertragen, sichert dann die Nordgrenze
+seines Reiches durch einen Zug gegen die +Triballer+, +Geten+ und
++Illyrier+, wobei er die Donau überschreitet. Auf die Nachricht
+von einer Erhebung der Griechen erscheint er 335 zum zweitenmal in
+Griechenland, schlägt die Thebaner, zerstört +Theben+ mit Ausnahme der
+Kadmeia, der Tempel und des Hauses des Dichters ~Pindar~ (522–422), und
+läßt die Einwohner als Sklaven verkaufen. Die +Athener+ unterwerfen
+sich und erhalten Verzeihung. +Antipăter+ bleibt als Reichsverweser in
+Makedonien zurück.
+
+[~334.~]
+
+~Zug Alexanders gegen Persien.~
+
+Alexander fährt mit 30000 Fußsoldaten und 5000 Reitern (Feldherren
+Perdikkas, Kleitos, Parmenion, Hephaistion, Kratĕros, Ptolemaios,
+Antigŏnos) bei +Abȳdos+ über den Hellespont, schlägt die persischen
+Satrapen und +Memnon+, den Führer der griechischen Söldner des Dareios,
+in der
+
+[~334.~ (Mai.)]
+
+~Schlacht am Granīkos,~
+
+einem kleinen Flusse in +Troas+. Rettung Alexanders durch +Kleitos+.
+
+Alexander zieht südwärts, erklärt die griechischen Städte und Inseln
+für frei von der persischen Herrschaft (S. 55), erobert +Milet+
+und +Halikarnassos+. Weiterer Marsch durch Karien und Lykien, dann
+nordwärts in das Innere; Aufenthalt zu +Gordion+ in Phrygien, wo
+Verstärkungen seines Heeres eintreffen; er löst den gordischen Knoten
+mit dem Schwert.
+
+[333.]
+
+Zug durch Kappadokien nach Kilikien, Erkrankung in +Tarsos+ (Bad im
+Flusse Kydnos, der Arzt Philippos); durch die +syrischen Pforten+ nach
+der Küstenstadt +Myriandros+ in Syrien. Unterdes ist König ~Dareios
+III.~ (Kodomannos) mit einem großen Heere vom Euphrat herangezogen und
+den Makedoniern in den Rücken gekommen. Auf die Kunde hiervon kehrt
+Alexander um und erficht über die Perser in der
+
+[~333.~ (Nov.)]
+
+~Schlacht bei Issos~
+
+an der Küste von +Kilikien+ einen glänzenden Sieg. Dareios entkommt,
+seine Mutter, Gemahlin und Kinder fallen in die Hände des Siegers.
+
+Um die persische Seemacht aufzulösen, erobert Alexander +Syrien+ und
++Phönikien+ (7monatige Belagerung der Inselstadt +Tyros+) dringt dann
+in Ägypten ein, wird in +Memphis+ als Befreier begrüßt. Gründung der
+Stadt ~Alexandreia~ in trefflich gewählter Lage. Zug durch die libysche
+Wüste nach der Oase +Siwah+ zum Orakel des +Zeus Ammon+. Von Ägypten
+zieht Alexander 331 zurück nach Tyros, dann durch Syrien zum +Euphrat+,
+den er bei Thapsakos überschreitet, dann durch Mesopotamien. Jenseits
+des +Tigris+ schlägt er mit 47000 Mann das vielfach überlegene Heer der
+Perser in der
+
+[~331.~ (Okt.)]
+
+~Schlacht bei Gaugamēla~ oder ~Arbēla~
+
+nicht weit von den Ruinen von +Ninive+. Während Dareios nach Medien
+entflieht, wendet sich Alexander nach Süden, zieht, ohne Widerstand
+zu finden, in +Babylon+ ein, nimmt darauf +Susa+, dringt durch die
+persischen Pässe, zieht als Sieger in +Persepŏlis+ und +Pasargădä+ ein.
+Verbrennung des Königspalastes der Achämeniden in Persepolis,
+
+[~330.~]
+
+~Alexander zerstört das Perserreich.~
+
+Dareios flieht weiter nach Osten; Alexander zieht in +Agbatana+ ein,
+gelangt dann durch die kaspischen Pässe nach +Parthien+. Dareios wird
+in der Nähe von Hekatompylos von dem Satrapen ~Bessos~ ermordet, der
+nach Baktrien entweicht und den Königstitel annimmt. Die Leiche des
+Königs auf Alexanders Befehl feierlich in Pasargadä bestattet. In
++Hyrkanien+ unterwerfen sich dem Sieger die noch übrigen griechischen
+Söldner des Dareios. Alexander zieht weiter durch +Areia+ nach
++Drangiana+; hier wird in +Prophthasia+ die Verschwörung des ~Philōtas~
+entdeckt. Er wird vom Heere verurteilt und hingerichtet, sein Vater
+~Parmenion~ wird auf Alexanders Befehl in +Agbatana+ getötet. Dann Zug
+durch +Arachosien+ bis zum Fuße des +Paropamīsos+ (Hindukusch).
+
+[329.]
+
+Alexander überschreitet den Paropamisos und dringt in +Baktrien+
+ein; Bessos wird ihm ausgeliefert und hingerichtet. Dann Zug durch
++Sogdiana+ bis zum +Jaxartes+ (Sir Darja), wo er an der Grenze
+gegen die Skythen die Stadt +Alexandreia Eschăte+ gründet. Durch
+einen gefährlichen Aufstand unter ~Spitamĕnes~ wird er längere Zeit
+in diesen Gegenden festgehalten. In +Marakanda+ (jetzt Samarkand)
+ersticht er im Jähzorn den Kleitos 328. In +Baktra+ Vermählung mit
+~Roxane~, der Tochter eines baktrischen Fürsten. Alexander beginnt
+orientalische Kleidung und Lebensweise anzunehmen. Verurteilung seines
+Jugendgefährten ~Kallisthĕnes~, der dies mißbilligte.
+
+[~327–325.~]
+
+~Zug Alexanders nach Indien.~
+
+Mit seinem durch asiatische Truppen ansehnlich verstärkten Heere
+gelangt Alexander unter harten Kämpfen mit den Bergvölkern zum +Indus+,
+überschreitet den Strom und betritt das Fünfstromland (+Pendschab+).
+Vereint mit dem indischen Fürsten von +Taxila (Taxĭles)+, der sich ihm
+unterwirft, besiegt er in der
+
+[~326.~]
+
+~Schlacht am Hydaspes~
+
+den +Pōros+, der gefangen, großmütig behandelt und als Vasall wieder in
+seine Herrschaft eingesetzt wird.
+
+Gründung der Städte +Nikäa+ und +Bukephăla+. Alexander rückt nach
+Osten bis zum +Hyphăsis+ vor. Hier weigern sich die Makedonier weiter
+zu marschieren; Alexander entschließt sich zur +Umkehr+, führt aber
+seinen Vorsatz, den Ozean zu erreichen, durch. Bau einer großen Flotte,
+auf der ein Teil des Heeres den +Hydaspes+ hinab in den +Akesĭnes+
+einfährt, während der andere (mit 200 Elefanten) am Flußufer entlang
+marschiert. Kampf mit den +Mallern+; Alexanders tollkühne Tapferkeit
+und schwere Verwundung. Nach seiner Genesung setzt er Marsch und Fahrt
+fort und gelangt zum Einfluß der +vereinigten Pendschabströme+ in den
++Indus+.
+
+[325.]
+
+Fahrt und Zug den +Indus+ hinunter. +Kratĕros+ tritt mit einem Teile
+des Heeres auf dem näheren Wege nach Westen den Rückzug nach Persien
+an, Alexander marschiert und fährt mit dem andern Teile bis zum
+Indus-Delta. Hier läuft die Flotte unter +Nearchos+ in den Indischen
+Ozean ein (+Ebbe und Flut+). Nearchos fährt die Küste nach Westen
+entlang in den Persischen Meerbusen, während Alexander mit dem Landheer
+durch das wüste +Gedrosien (Belutschistan)+ zieht. Nach beschwerlichem
+Marsche kommt er in +Karmanien+ an, trifft mit +Kratĕros+ zusammen und
+später an der Küste mit +Nearchos+, der dann weiter fahren und die
+Mündung des Euphrat und Tigris erkunden muß. Damit ist der Seeweg von
+Babylon nach Indien erforscht.
+
+[324. (Jan.)]
+
+Rückkehr Alexanders nach Persien und Strafgericht über habsüchtige und
+grausame Statthalter, die den König und sein Heer für verloren gehalten
+hatten. Ankunft in +Susa+. Hier enthüllt Alexander seinen großen Plan,
+den ~Orient zu hellenisieren~, Sieger und Besiegte zu +einer+ Nation
+zu verschmelzen und ein ~großes makedonisch-persisches Weltreich~ zu
+gründen. Er vermählt sich mit Stateira, der älteren Tochter des Königs
+Dareios III., sein Feldherr +Hephästion+ mit der jüngeren; viele
+Offiziere des Heeres und über 10000 Soldaten nehmen asiatische Frauen.
+Große Pläne zur Eröffnung neuer Handelswege (Umfahrt Arabiens), zum Bau
+von Verkehrsstraßen für die mehr als 70 in allen Provinzen des Reiches
+gegründeten +griechischen Städte+. Alexander beansprucht als Nachfolger
+des »Großkönigs« göttliche Verehrung.
+
+[324. (Juli.)]
+
+Aufstand des makedonischen Heeres in +Opis+ am Tigris, durch Alexanders
+Mut und Klugheit beschwichtigt. Entlassung der reich belohnten
+Veteranen unter +Kratĕros+ nach Makedonien, während +Antipăter+
+von dort neue Truppen herbeiführen soll. -- Zug nach Agbatana,
+wo Hephästion stirbt. Im Lager unweit +Babylon+ erscheinen vor
+Alexander zahlreiche Gesandtschaften aus Griechenland, Italien und
+Afrika (Karthago). Von Babylon aus wird eine Erforschung des Euphrat
+unternommen.
+
+[~323.~ (Juni.)]
+
+~Tod Alexanders des Großen~
+
+in dem zur Hauptstadt des neuen Weltreichs bestimmten Babylon.
+
+In ~Griechenland~ erheben sich 330 die Spartaner unter ihrem Könige
+Agis III., +Antipăter+ besiegt sie in der blutigen Schlacht bei
++Megalopŏlis+. Gleich darauf in Athen Prozeß des +Äschines+ gegen
+Ktesiphon, welcher 336 einen Ehrenkranz für +Demosthenes+ beantragt
+hatte. Äschines geht nach der glänzenden Verteidigungsrede des
+Demosthenes in die Verbannung nach Rhodos. Neue Aufregung 324, als
+Alexanders Schatzmeister +Harpălos+ nach Griechenland flüchtet
+und Alexander das Gebot verkünden läßt, ihn als Gott zu verehren
+und die Verbannten wieder aufzunehmen. +Demosthenes+, fälschlich
+angeklagt wegen Veruntreuung der dem Harpalos abgenommenen Gelder,
+wird nun verbannt, kehrt aber bald zurück und bewirkt, als die Kunde
+von Alexanders Tode kommt, in Gemeinschaft mit +Leosthĕnes+ und
++Hypereides+ eine Erhebung der Griechen unter Athens Führung,
+
+[~323–322.~]
+
+~Lamischer Krieg.~
+
+Die Hellenen kämpfen anfangs glücklich unter Leosthĕnes und schließen
+Antipăter in +Lamia+ ein, doch wird er durch ein von Leonnātos
+herangeführtes Entsatzheer befreit. Auch +Kratĕros+ mit den Veteranen
+Alexanders kommt ihm zu Hilfe; beide vereinigt siegen bei +Krannon+
+in Thessalien (322). Das griechische Heer zerstreut sich, die Staaten
+unterwerfen sich einzeln. Die Athener müssen eine makedonische
+Besatzung in +Munychia+ aufnehmen und die demokratische Verfassung
+beschränken (+Phokion+ und +Demādes+ an der Spitze des Staats), das
+Bürgerrecht wird an einen Census geknüpft. +Demosthenes+ flüchtig,
+nimmt auf der Insel +Kalaurĭa+ (an der Küste von Argŏlis) Gift (322).
+
+
+§ 7. Hellenistische Zeit.
+
+[323–301.]
+
+~Kämpfe der Diadochen (Nachfolger Alexanders).~
+
+Diese langen und verwickelten Kämpfe, die unmittelbar nach Alexanders
+Tode ausbrechen, zerstören das kaum gegründete makedonisch-persische
+Weltreich, führen aber das von Alexander begonnene Werk der
+Hellenisierung des Orients, der Ausbreitung griechischer Kultur und
+Sprache, in anderer Weise erfolgreich weiter.
+
+~Perdikkas~ wird 323 zum Reichsverweser ernannt für die
+regierungsunfähigen »Könige«, Alexanders Halbbruder +Philipp
+Arrhidaios+ († 317) und seinen nachgeborenen Sohn von der Roxane,
++Alexander+ († 311). Die Verwaltung +Makedoniens+ und seiner
+Nebenländer führen ~Antipăter~ und ~Kratĕros~. Auch die übrigen
+Feldherren erhalten Statthalterschaften, namentlich ~Ptolemaios~:
++Ägypten+; ~Antigŏnos~: +Groß-Phrygien, Pamphylien+ und +Lykien+;
+~Eumĕnes~, Alexanders Geheimschreiber: +Paphlagonien+ und
++Kappadokien+, die er noch erobern soll; ~Leonnātos~ († 322): das
++hellespontische Phrygien+; ~Lysimachos~: +Thrakien+. Der Plan des
+Perdikkas, sich selbst zum Könige zu machen, bewirkt ein Bündnis der
+meisten übrigen Feldherren gegen ihn; er wird auf einem Zuge gegen
+Ptolemaios von seinen eigenen Truppen getötet.
+
+[321.]
+
+~Antipăter~ Reichsverweser, neue Verteilung der Statthalterschaften,
+wobei namentlich ~Seleukos~ die Satrapie +Babylon+ erhält. Krieg
+zwischen Antigŏnos und Eumĕnes.
+
+[319.]
+
+~Polysperchon~ Reichsverweser, gelangt zu keinem Ansehen. In den
+fortdauernden Kämpfen siegt ~Antigŏnos~ in Kleinasien über Eumĕnes;
+~Kassander~, Antipaters Sohn, gewinnt die Herrschaft in Makedonien,
+läßt Alexanders Mutter +Olympias+ töten und vermählt sich mit
+Alexanders Schwester +Thessalonīke+, gründet ihr zu Ehren eine bald
+aufblühende Handelsstadt (jetzt Saloniki).
+
+Da Antigŏnos das ganze Reich unter seine Botmäßigkeit bringen will, so
+entsteht ein.
+
+[315–301.]
+
+Krieg zwischen ~Antigŏnos~ und den übrigen Statthaltern.
+
+~Antigŏnos~ und sein Sohn ~Demetrĭos Poliorkētes~ (der Städtebelagerer)
+nehmen 306 den ~Königstitel~ an. Diesem Beispiele folgen +Ptolemaios+,
++Seleukos+, +Lysimachos+, +Kassander+.[17]
+
+Demetrios belagert 304 vergeblich die feste Stadt +Rhodos+, sucht dann
+sich in Griechenland festzusetzen.
+
+[301.]
+
+~Schlacht bei Ipsos~ (in Phrygien).
+
+Antigŏnos fällt, sein Sohn +Demetrĭos+ entflieht und führt mehrere
+Jahre lang ein abenteuerliches Freibeuterleben.
+
+In Asien für die nächste Zeit Friede; in Europa dauern die Kämpfe fort.
+Nach +Kassanders+ Tode (297) bemächtigt sich +Demetrios+ der Herrschaft
+in Makedonien, wird aber 287 vertrieben und stirbt als Gefangener in
+der Gewalt des +Seleukos+ in Syrien. Sein Sohn ~Antigŏnos Gonātas~
+behauptet sich nach wechselvollen Kämpfen im Besitz Makedoniens.
+
+Aus dem Weltreich Alexanders d. Gr. sind +drei große Monarchien+
+entstanden (Ägypten, Syrien, Makedonien), in denen ~Griechisch~ die
+Sprache des Hofes, der Regierung und der Gebildeten ist. Daneben
+mehrere kleinere Monarchien, griechische Freistädte und im Osten
++halb+griechische Staaten (S. 65ff).
+
+
+1. ~Ägypten~ unter den ~Ptolemäern~.
+
+[323–285.]
+
++Ptolemaios I. Lagi+ (d. h. Sohn des Lagos), auch +Sotēr+ genannt, weil
+er den Rhodiern Hilfe brachte, sorgt für gute Verwaltung, herrscht
+auch über +Cypern+, setzt in +Kyrene+ seinen Stiefsohn +Magas+ ein.
+
+[285–247.]
+
++Ptolemaios II. Philadelphos+ gründet in der Hauptstadt +Alexandrīa+
+das Museum und die Bibliothek, gewinnt im Kriege gegen das
+Seleukidenreich +Phönikien+, +Cölesyrien+ und die Südküste
++Kleinasiens+.
+
+[247–221.]
+
++Ptolemaios III. Euergĕtes+ (der Wohltäter) behauptet noch den Umfang
+des Reiches, fördert Wissenschaften und Künste. Mit Ptolemaios IV.
+Philopātor (221–205) beginnt der Verfall; unter Ptolemaios V. Epiphănes
+(205–181) beginnt die Abhängigkeit von den Römern, doch erst 30 v. Chr.
+wird Ägypten römische Provinz.
+
+
+2. ~Syrien~ unter den ~Seleukiden~.
+
+[321–281.]
+
++Seleukos I. Nikātor+ herrscht weithin nach Osten bis zu den durch
+Alexander festgesetzten Grenzen; nur das +Indus+land wird aufgegeben
+(S. 16). Viele griechische Städte gegründet (Seleukeia am Tigris,
+Edessa, Hekatompylos); Residenz Seleukeia neben +Antiochīa+ am Orontes.
+Durch den Sieg bei Ipsos gewinnt er einen großen Teil Kleinasiens,
+erweitert dies Gebiet 281 durch den Sieg in der Koros-Ebene (im
+hellespontischen Phrygien) über +Lysimăchos+, fällt aber bald darauf
+durch Mörderhand.
+
+[281–261.]
+
++Antiochos I. Soter+ schlägt die +Gallier+ zurück (s. S. 66), behauptet
+noch den Umfang des Reiches. Unter +Antiochos II. Theos+ (261–248)
+entstehen selbständige Königreiche in +Baktrien+ und +Parthien+.
+
+[222–187.]
+
++Antiochos III. der Große+ kämpft gegen Ägypten, gegen die Parther und
+Baktrer, wird 190 von den Römern gedemütigt, behält aber immer noch ein
+ansehnliches Reich.
+
+[167–130.]
+
+Befreiungskampf der ~Juden~ unter Führung der ~Makkabäer~ (Mattathias
+und seine Söhne) gegen +Antiochos IV. Epiphănes+ und dessen Nachfolger.
+Palästina wird ein unabhängiger Priesterstaat, seit 63 unter römischem
+Schutze.
+
+[83.]
+
++Tigrānes+, König von +Armenien+, macht dem durch das Vordringen der
+Parther geschwächten Seleukidenreiche ein Ende.
+
+[64.]
+
+Syrien wird römische Provinz.
+
+Das Reich der ~Parther~, die unter den +Arsakiden+ (250 vor Chr.
+bis 226 nach Chr.) alle Länder zwischen Euphrat und Indus erobern,
+bildet im Orient einen Damm erst gegen den Hellenismus, dann gegen die
+Römerherrschaft.
+
+
+3. ~Die kleinasiatischen Länder.~
+
+a) ~Bithynien,~ das sich 298 von dem thrakischen Reich des Lysimachos
+losriß; Residenz +Nikomedeia+, gegründet um 264 von König Nikomedes I.
+Nikomedes III. setzt 74 die Römer zu Erben ein.
+
+b) Das ~pergamenische Reich~ unter den ~Attaliden~ mit der Hauptstadt
+~Pergămon~ in Mysien,[18] nach Lysimachos’ Tode 281 selbständig,
+aufblühend unter König +Attălos I.+ († 197), der die Galater (s. u.)
+zurückschlug und die Bibliothek gründete, und seinem Sohne +Eumenes
+II.+ († 159), dem treuen Bundesgenossen der Römer. Attalos III. setzt
+133 die Römer zu Erben ein.
+
+c) Die ~griechischen Seestädte,~ namentlich +Sinōpe+, +Herakleia+ am
+Pontus, +Lampsăkos+, +Smyrna+, +Ephesos+, +Rhodos+.
+
+d) Der Bundesstaat der ~Galăter,~ gegründet von gallischen Heerhaufen,
+welche 280 in Makedonien und Griechenland einbrachen, dann den
+Hellespont überschritten und sich in +Phrygien+ niederließen; drei
+Stämme (Tolistobojer, Tektosagen, Trokmer) unter je 4 Tetrarchen;
+Hauptstädte Ankȳra (Angora) und Pessinūs.
+
+e) ~Kappadokien, Pontus, Armenien,~ drei Königreiche unter
+einheimischen Dynastien, welche ebenso wie die Galăter nur zum Teil
+griechische Kultur annahmen.
+
+
+4. ~Makedonien~ unter den ~Antigoniden.~
+
++Antigonos Gonātas+ (277–239) beruhigt das durch die Thronkämpfe
+und den Einfall der Gallier verwüstete Land, gibt die Ansprüche auf
+Herrschaft über +Griechenland+ nicht auf. Sein zweiter Nachfolger
++Antigonos Doson+ (229–220) befestigt diese Herrschaft aufs neue (s.
+S. 68); +Philipp V.+ (220–179) muß 197 darauf verzichten. +Perseus+
+(179–168) wird von den Römern entthront; 146 wird Makedonien römische
+Provinz.
+
+
+5. ~Die altgriechischen Länder.~
+
+In ~Italien~ (Großgriechenland) behaupten sich die Griechenstädte,
+besonders +Tarent+, +Thurii+, +Metapont+, +Lokri+, öfters vom
+Mutterlande her unterstützt (338 Archidamos von Sparta, Sohn des
+Agesilaos, 330 Alexander von Epirus, Bruder der Olympias), gegen
+Angriffe der Lukaner und Bruttier; ebenso in ~Gallien~ +Massalia+
+gegen die einheimischen Stämme. Später treten sie unter römische
+Schutzherrschaft, Massalia erst 125 v. Chr.
+
+~Syrakus~ behauptet nach Abwehr des athenischen Angriffs (S. 50) noch
+lange eine bedeutende Stellung.
+
+[406–367.]
+
++Dionysios I.+, +Tyrann+ nach glücklicher Abwehr der Karthager. Er
+vereinigt die sicilischen Griechenstädte unter seiner oft grausamen
+Herrschaft, unterwirft auch Rhegion und Kroton, bekämpft noch dreimal
+die Karthager. Auf Veranlassung seines Schwagers +Dion+ verweilt der
+athenische Philosoph +Platon+ eine Zeitlang an seinem Hofe. Ihm folgt
+sein Sohn
+
+[367–344.]
+
++Dionysios II.+, anfangs unter Leitung des Dion und Platon. Er wird 357
+von Dion vertrieben, wendet sich nach Lokri, kehrt 346 zurück, wird 344
+von dem korinthischen Feldherrn +Timoleon+ besiegt und nach Korinth
+gesandt, wo er noch einige Jahre als Privatmann lebt.
+
+[339.]
+
++Timoleon+, der Befreier Siciliens, schlägt die Karthager am Flusse
++Krimīsos+.
+
+[317–289.]
+
++Agathŏkles+, Tyrann von Syrakus, bekämpft die Karthager in Afrika,
+erkennt aber schließlich ihre Herrschaft über den Westen Siciliens an.
+
+[278–276.]
+
++Pyrrhos+, König von Epirus, schützt die sicilischen Städte gegen
+Angriffe der Karthager.
+
+[270–215.]
+
++Hieron II.+, König von Syrakus, schließt mit den Römern ein Bündnis.
+Unter seiner milden Regierung blüht die Stadt wieder auf.
+
+[212.]
+
+Syrakus von den Römern erobert, wird zinspflichtige Provinzialstadt.
+
+In ~Athen~ kommt während des Kampfes gegen Kassander (S. 64) die
+demokratische Partei noch einmal zur Herrschaft; +Phokion+ wird 318 zum
+Giftbecher verurteilt. Bald aber muß Athen sich der makedonischen Macht
+wieder unterwerfen. +Demetrios von Phalēron+ regiert als Statthalter
+Kassanders, wird 307 von +Demetrios Poliorkētes+ vertrieben. Nach der
+Schlacht bei Ipsos versucht Athen seine Freiheit wieder herzustellen,
+wird aber 294 dem +Demetrios Poliorkētes+ als König von Makedonien
+untertan.
+
+[266–263.]
+
+Befreiungskrieg der Athener unter +Glaukon+ und +Chremonides+, doch
+ohne Erfolg.
+
+[229.]
+
+König Antigonos Doson zieht, auf Verwendung des +Aratos+ (s. S. 68),
+die makedonische Besatzung zurück. Athen ist fortan selbständig,
+aber ohne politische Macht, es bleibt jedoch Sitz der Bildung und
+Gelehrsamkeit.
+
+~Theben,~ von Kassander wieder hergestellt (vgl. S. 59), sendet 278
+zusammen mit Athen, Phokis, Lokris und den Ätolern ein Heer zur
+Verteidigung des +Thermopylenpasses+ gegen die durch Makedonien
+vordringenden +Gallier+ (S. 66); diese erobern den Paß, kehren aber um
+nach einer Niederlage bei Delphi. Thessalien, Euböa, Korinth sind um
+diese Zeit +makedonisch+. Die vollständige Unterwerfung Griechenlands
+unter die makedonische Herrschaft verhindert der um
+
+[280.]
+
+erweiterte ~Ätolische Bund~ und der zur selben Zeit erneuerte
+~Achäische Bund~.
+
+Letzterer gelangt zu ansehnlicher Macht durch den von ~Arātos~
+bewirkten Beitritt der Städte +Sikyon+ und +Korinth+; aus Korinth wird
+243 die makedonische Besatzung vertrieben. Bald schließen sich Megara,
+Megalopolis, Argos u. a. peloponnesische Städte dem Achäischen Bunde
+an. +Verfassung+ des Bundes: An der Spitze ein jährlich gewählter
+Feldherr (Strategos), ihm zur Seite ein Kanzler (Grammateus) und ein
+Rat von 10 Demiurgen; in den Bundesversammlungen (zu Ägion) dürfen alle
+über 30 Jahre alten Bürger der verbündeten Städte erscheinen, jede
+Stadt hat +eine+ Stimme. Ähnlich ist die Verfassung des +Ätolischen
+Bundes+, zu welchem auch Lokris, Phokis, Teile von Akarnanien und
+Thessalien gehören.
+
+In ~Sparta~, das unter der Herrschaft einer reichen Oligarchie entartet
+ist, büßt der junge König +Agis IV.+ den Versuch, die lykurgischen
+Einrichtungen herzustellen, mit dem Leben (241). Besseren, aber nur
+vorübergehenden Erfolg hat der gleiche Versuch des Königs +Kleomĕnes
+III.+, welcher die Ephoren überfallen und töten läßt, 80 Oligarchen
+verbannt und eine Verfassungsreform durchsetzt (226). Aber unheilvoll
+ist die Feindschaft zwischen Sparta und dem +Achäischen Bunde+. Arātos
+ruft den makedonischen König +Antigŏnos Doson+ herbei und übergibt ihm
+die Burg von Korinth. Die Spartaner werden in der
+
+[~221.~]
+
+~Schlacht bei Sellasĭa~
+
+geschlagen; Kleomĕnes flieht, stirbt 220 in Ägypten. Antigonos
+rückt in Sparta ein und stellt dort die Herrschaft der Oligarchen
+wieder her. Die ~makedonische Oberhoheit~ wird durch Abschluß eines
+makedonisch-hellenischen Bundes befestigt. Dagegen erhebt sich ein
+neuer Krieg von Seiten des +Ätolischen+ Bundes, mit welchem die
+Spartaner sich verbinden; die Peloponnes wird furchtbar verwüstet
+(220–217).
+
+Nach kurzer Friedenszeit abermals Krieg (211–205) der mit +Rom+
+verbündeten Ätōler und Spartaner gegen +Philipp V.+ von Makedonien;
+dieser behauptet die Herrschaft über Thessalien, Euböa, Phokis, Lokris,
+Korinth. Im dritten Kriege (200–197) schließt sich auch der Achäische
+Bund den Feinden Philipps an.
+
+[~197.~]
+
+~Aufhebung der makedonischen Herrschaft über Griechenland.~ Die +Römer+
+walten fortan als Schiedsrichter über den griechischen Staaten.
+
+[192.]
+
+~Philopoimen,~ Feldherr des Achäischen Bundes, bringt +Sparta+ zum
+Anschluß an den Bund, nachdem der von ihm bekämpfte Tyrann +Nabis+
+gefallen ist. Bald schließen auch Elis und Messenien sich an; die
+Freundschaft mit Rom wird aufrecht erhalten.
+
+[189.]
+
+Die +Ätoler+ wegen feindlicher Erhebung gegen Rom bestraft.
+
+[183.]
+
++Philopoimen+ von den abtrünnigen Messeniern gefangen und getötet; der
+Achäische Bund durch Streitigkeiten zerrüttet.
+
+[167.]
+
+Tausend angesehene Achäer werden zur Verantwortung nach Rom gefordert.
+
+[146.]
+
+Krieg des Achäischen Bundes gegen +Rom+, veranlaßt durch Klagen der
+Spartaner gegen den Bund. Der Bundesfeldherr +Kritolāos+ wird von Q.
+Caecilius Metellus bei +Skarpheia+ am Malischen Meerbusen besiegt, sein
+Nachfolger +Diaios+ von L. Mummius bei +Leukopĕtra+ auf dem Isthmos.
+
+[~146.~]
+
+~Korinth von den Römern erobert und zerstört.~
+
+Die griechischen Staaten werden zum Teil tributpflichtig; sie behalten
+ihre eigene Verfassung und Verwaltung, stehen aber fortan unter der
+Aufsicht des römischen Statthalters von Makedonien.
+
+[27.]
+
+Einrichtung der römischen Provinz +Achaja+ (Peloponnes,
+Mittel-Griechenland, Thessalien und Epirus).
+
+
+§ 8. Griechische Kunst und Wissenschaft.
+
+Das in Griechenland frühzeitig entwickelte Geistesleben (S. 28 f., 37
+f.), welches in Athen zu Perikles’ Zeit zu hoher Blüte gelangte (S.
+46), hat auch nachher noch mannigfaltige und bedeutende Erscheinungen
+aufzuweisen.
+
+In der bildenden Kunst sind berühmte Zeitgenossen des Pheidias +Myron+
+von Eleutherä in Böotien (Diskobolos) und +Polykleitos+ von Argos (Hera
+in Argos); Schüler des Pheidias +Alkamĕnes+ und +Paionios+ (Skulpturen
+in Olympia). Dann folgen +Skopas+ von Paros (Mausoleum zu Halikarnaß
+350, Niobegruppe) und +Praxitĕles+ von Athen (Hermes zu Olympia);
+in Alexanders Zeit der Erzgießer +Lysippos+ von Sikyon. Nach den
+Diadochenkämpfen die +pergamenische Kunstschule+ (Zeusaltar zu Pergamon,
+der sterbende Fechter) und die +rhodische Kunstschule+ (Laokoongruppe,
+farnesischer Stier).
+
+Als Maler ragen hervor +Zeuxis+ von Herakleia, +Parrhasios+ von
++Ephesos+ (beide in Athen zu Sokrates’ Zeit), +Apelles+ von Kos in
+Alexanders Zeit.
+
+In ~Athen~ entfaltete sich Philosophie, Geschichtschreibung und
+Beredsamkeit zur höchsten Blüte; +Platon+ von Athen (427–347) und
+seine Nachfolger (Akademiker) lehrten in der +Akademie+, +Aristoteles+
+von Stageira, Lehrer Alexanders des Großen (388–322), lehrte im
++Lykeion+; seine Schüler die Peripatetiker. Um 300 gründete +Zenon+
+von Kition in der +Stoa+ (Halle) die Schule der +Stoiker+, +Epikūros+
+von Samos die Schule der +Epikureer+. Diese vier Philosophenschulen
+erhalten sich bis weit in die römische Kaiserzeit hinein.
+
+Geschichtschreiber: +Xenophon+ von Athen, +Ephŏros+ von Kyme,
++Theopompos+ von Chios († um 320), +Timaios+ von Tauromenion († um
+250). Redner: +Antĭphon+, +Lysias+, +Isokrătes+ († 338), +Demosthenes+
+(† 322), +Äschines+, +Hypereides+, +Lykurgos+.
+
+Dichter der neuern Komödie: +Philēmon+ und +Menander+ um 300 zu Athen.
+
+In ~Alexandria~ um 270 die Dichter +Kallimachos+ von Kyrene, +Theokrit+
+von Syrakus, +Apollonios+, der später in Rhodos lebte; der Mathematiker
++Eukleides+ um 300, der Geograph +Eratosthĕnes+ um 240, die Grammatiker
++Zenodotos+ um 280, +Aristarchos+ um 180 (Erklärung des Homer).
+
+Für die Aufnahme der griechischen Bildung bei den Römern waren
+besonders wirksam der Stoiker +Panaitios+ von Rhodos und der
+Geschichtschreiber +Polybios+ von Megalopolis, beide mit dem jüngeren
+Scipio befreundet (um 146). Nachblüte der griechischen Literatur und
+Kunst in der römischen Kaiserzeit.
+
+Fussnoten:
+
+[9] Diese Bezeichnung wahrscheinlich herzuleiten von dem Volk der
++Graer+ in Böotien, das bei der Gründung der Kolonie Kyme (Cumä) in
+Campanien durch Auswanderer aus Chalkis auf Euböa beteiligt gewesen zu
+sein scheint.
+
+[10] Die +12 Arbeiten+: Nemeischer +Löwe+, lernäische +Hydra+,
+erymanthischer +Eber+, kerynitische +Hirschkuh+, stymphalische +Vögel+,
+Gürtel der +Amazonenkönigin+ Hippoly̆ta, Stall des +Augīas+, kretischer
++Stier+, Rosse des +Diomēdes+, Rinder des +Geryŏnes+, Äpfel der
++Hesperiden+, +Kerbĕros+.
+
+[11] Nach der Berechnung des alexandrinischen Gelehrten +Eratosthĕnes+
+ist die Zerstörung Trojas 1184 v. Chr. zu setzen.
+
+[12] Die nähere Kenntnis dieses griechischen Nationalheiligtums
+verdanken wir den Ausgrabungen, welche auf Veranstaltung des Deutschen
+Reiches 1875–81 unter Leitung von +E. Curtius+ daselbst angestellt
+worden sind.
+
+[13] ~Attisches Münzwesen~: Kleinste Silbermünze der +Obŏlos+ (13
+Pf.); 6 Obolen = l +Drachme+; größere Silbermünze das +Tetradrachmon+.
+Gepräge: Pallaskopf, auf der Rückseite Eule und Ölzweig. Goldmünze der
++Stater+, entsprechend dem persischen +Dareikos+ = 20 Drachmen. Größere
+Summen werden nach +Minen+ zu 100 Drachmen und +Talenten+ berechnet;
+ein Talent = 6000 Drachmen = 4715 Mark unseres Geldes.
+
+[14] Von dem nach Delphi geweihten goldnen Dreifuß ist das eherne
+Untergestell erhalten (1856 in Konstantinopel ausgegraben), drei sich
+umeinander windende Schlangen, darauf die Inschrift, welche die Namen
+der gegen die Perser verbündeten griechischen Staaten enthält (Thukyd.
+I, 132).
+
+[15] Die erhaltenen Reste derselben seit 1816 (Lord Elgin) im
+Britischen Museum zu +London+.
+
+[16] Die Gemeinde von +Epidamnos+ (späterer Name +Dyrrhachium+),
+bedrängt von den aus der Stadt vertriebenen, mit den illyrischen
+Barbaren verbündeten Adligen, bittet die Mutterstadt +Kerkyra+
+vergebens um Hilfe, erhält aber Beistand von +Korinth+, der Mutterstadt
+Kerkyras. Deswegen nehmen die Kerkyräer für die aus Epidamnos
+Vertriebenen Partei, besiegen die Korinther bei +Aktion+ (Actium, 434)
+und nehmen Epidamnos ein. Korinth und Kerkyra bewerben sich beide um
+athenische Hilfe.
+
+[17] Seit dieser Zeit wurde es üblich, nach persischer Sitte das
+Bildnis des Königs auf die +Münzen+ zu prägen. Auf den Münzen
+Alexanders d. Gr. erscheinen noch nach dem älteren Brauch Götterbilder
+(Zeus, Athene, Herakles).
+
+[18] Die Bedeutung der Stadt +Pergamon+ bis in die römische Kaiserzeit
+hinein ist durch die von +K. Humann+ 1870–1886 unternommenen
+Ausgrabungen in helles Licht getreten. Der von Eumenes II. nach einem
+abermaligen Siege über die Galater errichtete +Zeusaltar+ war mit
+Skulpturen geschmückt, welche den Kampf der hellenischen Götter gegen
+die Giganten darstellen (jetzt im Museum zu Berlin).
+
+
+
+
+~E. Die Römer.~
+
+
+~Italia,~[19] ursprünglich Name des südlichsten Teils der Halbinsel,
+wird allmählich Gesamtname. Ursprünglich von sehr verschiedenen
+Völkerschaften bewohnt, gelangt Italien durch die Machtausbreitung
+der Stadt +Rom+ zu nationaler und politischer +Einheit+, ohne die
+landschaftlichen Unterschiede zu verlieren.
+
+Als älteste Einwohner erscheinen in Ober-Italien westlich die
++Ligŭrer+, östlich die +Venĕter+, beides illyrische Stämme. Ihnen
+verwandt sind in Unter-Italien die +Japyger+. Die Mitte der Halbinsel
+bewohnen westlich die +Latiner+ und +Ausoner+ (Latium und Campanien),
+östlich die +Umbrer+ und die +sabellischen Stämme,+ welche sich
+erobernd ausbreiten: nach Latium dringen die +Aequer+ und +Volsker+
+vor, in südlicher Richtung die +Samniten+ und +Lucaner+, im Stammlande
+bleiben die +Sabiner+.
+
+Höhere Kultur entwickelt sich zuerst bei den ~Etruskern~ oder
+~Tyrrhenern~ (etrusk. Rasenna), die in Etrurien und in der mittleren
+Po-Ebene wohnen, unter phönikischem Einfluß (s. S. 13). Sie gründen
++Städte+ und stehen seit etwa 750 v. Chr. in lebhaftem Handelsverkehr
+mit Karthagern und Griechen. In den Gräbern (Gewölbebauten) bei
+Tarquinii, Caere, Clusium, Bononia (jetzt Bologna) haben sich
+bedeutende Reste ihrer Kultur erhalten: Wandmalereien, Goldschmuck,
+Waffen, Tongefäße. Sie dringen um 600 v. Chr. erobernd vor nach Latium
+und Campanien, werden aber gehemmt durch die selbständige Entwickelung
++Roms+ und verlieren seit 438 Campanien an die vordringenden
++Sabeller+. In die Po-Ebene dringen um diese Zeit +keltische+ Stämme
+von Norden her ein; nach ihnen heißt dieses Land fortan +Gallia
+cisalpina+.
+
+In ~Latium~ bestand in alter Zeit ein Bund von 30 Gemeinden mit
+jährlichem Bundesfest auf dem Albanerberge zu Ehren des höchsten Gottes
+Juppiter; Vorort war +Alba longa+, auf halber Höhe des Berges gelegen.
++Rom+, als Grenzplatz gegen die Etrusker gegründet, verstärkt durch
+Aufnahme von Sabinern, erhebt sich zur herrschenden Stadt. An der
+Spitze der Latiner unterwirft es die andern Völker Italiens nach und
+nach und wird dann Mittelpunkt eines Weltreiches. Die ältere Geschichte
+Roms ist in der Überlieferung sagenhaft ausgeschmückt.
+
+
+§ 1. Zeit der Königsherrschaft. (753–510.)
+
+~Gründungssage~: König +Numĭtor+ von +Alba longa+, Nachkomme des mit
+trojanischen Flüchtlingen in +Latium+ gelandeten +Aenēas+, wird von
+seinem Bruder +Amulĭus+ des Thrones beraubt, sein Sohn getötet, seine
+Tochter +Rea Silvia+, damit das Geschlecht des Numĭtor aussterbe, unter
+die vestalischen Jungfrauen aufgenommen. Die Zwillinge ~Romŭlus~ und
+~Remus,~ Söhne der Rea Silvia und des +Kriegsgottes Mars+, befiehlt
+Amulĭus in den über die Ufer getretenen +Tiber+ zu werfen. Die Kinder
+werden gerettet, von einer Wölfin gesäugt und von dem königlichen
+Hirten +Faustŭlus+ auferzogen. Zu Jünglingen herangewachsen, machen
+Romulus und Remus an der Spitze anderer Hirten Jagd- und Beutezüge.
+Remus wird gefangen und vor Numitor geführt, dieser erkennt seine
+Enkel. Sie töten den Amulius, setzen Numitor wieder als König ein und
+gründen mit seiner Erlaubnis an der Stelle des Tiberufers, wo sie
+einst ausgesetzt wurden, eine Stadt. Bei dem Streit darüber, wer sie
+nach seinem Namen nennen und beherrschen soll, wird +Remus+ getötet;
+~Romulus,~ alleiniger König, gründet die Stadt ~Roma~ auf dem Hügel
++Palatinus+. Als Gründungstag galt seit Varro (1 Jahrh. vor Chr.) der
+21. April (Fest der Hirtengöttin +Pales+) des Jahres 753 v. Chr.
+
+~Romulus,~ kriegerischer König, nimmt Flüchtlinge aus anderen Städten
+auf (Asyl auf dem Mons Capitolinus), erwählt einen +Senat+ von 100
+Mitgliedern. Raub der Sabinerinnen beim Fest der Consualia; deshalb
+Krieg mit den Nachbarstädten Caenina, Antemnae, Crustumerium (Romulus
+gewinnt die ersten spolia opima) und mit den +Sabinern+, deren König
++Titus Tatius+ sich durch den Verrat der +Tarpeia+ des Burgfelsens
+bemächtigt. Die Schlacht zwischen Römern und Sabinern wird durch die
+geraubten Sabinerinnen unterbrochen. Vereinigung der Römer und Sabiner
+zu +einem+ Staate unter gemeinschaftlicher Regierung des Romulus und
+Tatius bis zu des letzteren Tode. Romulus führt Kriege gegen die
++Etruskerstädte Fidenae+ und +Veii+. Er wird während eines Gewitters zu
+den Göttern entrückt und fortan als Gott +Quirīnus+ verehrt.
+
+~Numa Pompilius,~ aus +Cures+, nach +einjährigem Interregnum+ von den
++Römern+ aus den +Sabinern+ erwählt. Friedlicher König, Ordner des
+römischen Gottesdienstes, nach dem Rat der Camene +Egerĭa+, seiner
+Gemahlin. +Janustempel+, ein in Kriegszeiten geöffnetes Tor zwischen
+den beiden Ansiedelungen auf dem Palatinus und Quirinalis, am Fuße der
+gemeinschaftlichen Burg auf dem +Capitol+. Einsetzung der +Pontifices+,
++Augŭres+, +Flamĭnes+, +Salii+, +Fetiales+, +virgines Vestales+.
+
+~Tullus Hostilius,~ kriegerischer König. Krieg mit +Veii+ und
++Fidenae+, Verrat des Diktators von Alba, +Mettius Fuffetius+, der
+von Pferden gevierteilt wird. +Alba longa+ zerstört (Horatier und
+Curiatier), die Bewohner siedeln nach Rom über.
+
+~Ancus Marcius,~ Enkel des Numa, zugleich friedlicher und kriegerischer
+König (»et Numae et Romuli memor«). Er stellt die von seinem Vorgänger
+vernachlässigten gottesdienstlichen Ordnungen wieder her und verpflanzt
+die Einwohner kleiner latinischer Ortschaften nach Rom, gilt deshalb
+als Begründer der +Plebs+ (S. 74). Befestigung des Ianiculum, Bau der
+Pfahlbrücke (+pons sublicius+) über den Tiber. Gründung der Hafenstadt
++Ostĭa+.
+
+~Tarquinius Priscus,~ aus der etruskischen Stadt +Tarquinii+ mit seiner
+Gemahlin +Tanaquil+ nach Rom eingewandert (ihm wird +griechische+
+Abstammung von dem +Bakchiaden+ Demaratus aus Korinth zugeschrieben),
+wird Vormund der Söhne des Ancus und zum römischen Könige gewählt. Er
+beginnt den Bau des Juppitertempels auf dem Kapitol, der +Kloaken+
+(Abzugsgräben für die Niederungen zwischen den Hügeln der Stadt) der
+Stadtmauer und des +Circus maximus+. Der Senat wird auf 300 Mitglieder
+gebracht (+patres minorum gentium+). Verdoppelung der Zahl der
+Ritter; der Augur +Attus Navius+ widersetzt sich der Bildung neuer
+Rittercenturien. Kriege gegen +Sabiner+ und +Latiner+. Nach Ermordung
+des Tarquinius durch die Söhne des +Ancus+ wird durch die List der
++Tanaquil+ König
+
+~Servius Tullius,~ Sohn der Sklavin +Ocrisia+ und eines Gottes, von
+Tanaquil infolge eines Wunderzeichens königlich erzogen, Schwiegersohn
+des Tarquinius. Krieg gegen +Veii,+ Aufnahme Roms in den +latinischen
+Bund+. Bau der +Ringmauer+ um die 7 Hügel der Stadt (Palatinus,
+Capitolinus, Aventinus, Caelius, Esquilinus, Viminalis, Quirinalis),
+Einrichtung des Census und der ~Centurieneinteilung~ (s. S. 74).
+Servius Tullius wird ermordet von seinem Schwiegersohn
+
+~Tarquinius Superbus,~ den die Sage als grausamen Despoten darstellt.
+Er befragt den Senat nicht und zwingt das Volk zu Frondiensten beim
+Bau des kapitolinischen Tempels; er unterwirft sich den latinischen
+Bund, bemächtigt sich durch die List und den Verrat seines Sohnes
++Sextus+ der Stadt +Gabii.+ Er erwirbt die +sibyllinischen Bücher+,
+sendet aber seine Söhne auch zum delphischen Orakel, wohin sie ihr
+Vetter +L. Iunius Brutus+ begleitet, der den Spruch des Orakels
+am besten versteht. Während der Belagerung von +Ardĕa+ Frevel des
++Sextus+ Tarquinius gegen +Lucretia,+ die Gemahlin des +L. Tarquinius
+Collatinus+. Diese tötet sich selbst; ~Brutus~ ruft vor ihrem Leichnam
+das Volk in Rom zu den Waffen und wiegelt das Heer gegen den König auf,
+der die Tore der Stadt verschlossen findet und in die Verbannung geht.
+
+Die letzten drei Könige gehören einer +etruskischen+ Dynastie an; durch
+ihre Vertreibung wird Rom wieder eine +latinische+ Stadt.
+
+~Religion.~ Die altitalischen Götter wurden nicht wie die griechischen
+menschenähnlich gedacht, sondern als unsichtbare Gewalten; Tempel und
+Götterbilder wurden allmählich eingeführt unter griechischem Einfluß,
+zuerst bei den Etruskern. +Janus, Saturnus, Juppiter, Mars+ (Quirinus),
++Juno, Vesta, Ceres, Minerva+ sind italische Gottheiten, die später
+mit griechischen Göttern gleichgestellt wurden; ihre Verehrung wurde
+von besonderen Priestern geleitet (drei +Flamines+: Dialis, Martialis,
+Quirinalis: zwölf +Salii,+ Diener des Mars, Träger der heiligen
+Schilde, ancilia; sechs +Vestalinnen+). Neben diesen Hauptgöttern viele
+andere, die als Beschützer des Landbaues an bestimmten Festen und
+heiligen Stätten verehrt wurden: +Pales, Consus, Ops, Faunus, Silvanus,
+Terminus, Feronia, Flora, Pomona, Vertumnus+ u. a. Als Beschützer des
+Hauses und der Vorräte wurden die +Lares+ und +Penates+ angerufen.
+Auch sittliche Begriffe wurden als Götter gedacht und verehrt: Fides,
+Pietas, Honor, Virtus, Fortuna, Concordia.
+
+Den Willen der Götter erforschten die +Augŭres+ aus Himmelszeichen
+(Donner und Blitz), Vogelflug (Auspicien) und anderen Zeichen;
+aus Etrurien kamen die +Haruspĭces+ hinzu, die namentlich aus den
+Eingeweiden der Opfertiere weissagten. Besondere Priester hatten
+die im kapitolinischen Tempel aufbewahrten +sibyllinischen Bücher+
+aufzuschlagen. Die Aufsicht über den gesamten Götterdienst, auch über
+die von einzelnen Geschlechtern und Genossenschaften (z. B. den
+fratres Arvales) dargebrachten Opfer hatten die +Pontifices+; ihnen lag
+daher auch die Ordnung des +Kalenders+ ob. Verträge mit fremden Völkern
+unter heiligen Gebräuchen zu schließen und zu lösen war die Aufgabe der
++Fetiales+.
+
+~Älteste Verfassung~: Das Bürgerrecht umfaßt +commercium, conubium,
+suffragium, honores+ (Berechtigung zu Ämtern). Die Hausväter (+patres+)
+mit ihren nächsten Angehörigen (+patricii+) bilden die Bürgergemeinde
+(+populus+) und zugleich die Kriegerschaft (+Quintes+). Sie sind
+eingeteilt in drei Stämme (+tribus+), die Ramnes, Tities und Luceres,
+jeder Stamm in 10 +curiae+, jede Curie in 10 +gentes+ (Geschlechter).
+Die vom Könige zu einer Mitteilung oder Befragung berufene
+Bürgergemeinde der ~Patrizier~ bildet die ~comitia curiata~. Der von
+ihnen erwählte ~König~ übt die Befehlsgewalt (+Imperium+) als oberster
+Priester, Richter und Heerführer aus. Beratend steht ihm zur Seite der
+~Senat~ (Rat der Ältesten); er bestellt, wenn das Königtum erledigt
+ist, aus seiner Mitte den ~interrex~, alle 5 Tage wechselnd. Die
+außerhalb der Geschlechter stehenden +Schutzverwandten+, welche einen
+Beschützer (patronus) haben müssen, heißen diesem gegenüber ~clientes~
+(Hörige, von cluēre). Ihre Nachkommen, vermehrt durch Einwohner der im
+Kriege unterworfenen latinischen Nachbargemeinden, bilden allmählich
+eine Gemeinde der Nichtbürger (~plebs~ oder plebes, verwandt mit
+pleo, plenus, die Menge). Sie sind ohne politische Rechte. Ihre erste
+Ansiedelung auf dem Aventinus.
+
+Die Änderung dieser Verfassung beginnt mit der Heranziehung der
+Plebejer zum +Kriegsdienst+ durch die dem ~Servius Tullius~
+zugeschriebene Heeres- und Steuerverfassung. Er bildet 18
+Reitercenturien und 80 Centurien schwerbewaffnete Fußsoldaten;
+Besitzmaß 20 Morgen Land, nach späterem Ansatz in Geld 100000 As.[20]
+Zu dieser ersten Klasse der Bürger treten vier weitere hinzu, 90
+Centurien mit leichterer Bewaffnung, ohne Panzer, dem geringeren
+Besitz entsprechend; 2 besondere Centurien bilden die Schmiede und
+Zimmerleute (fabri), ebenso die Hornbläser und Trompeter (cornicines
+et tubicines); die Armen ohne Grundbesitz (proletarii) bilden als
+Ersatzmannschaft +eine+ große Centurie. Gesamtzahl 193 Centurien.
+
+In der Volksversammlung (comitia centuriata) fortan Abstimmung der
+Bürger nach Centurien. Die Begüterten haben also mit 98 Stimmen stets
+das Übergewicht über die anderen 95 Centurien.
+
+Das Fußvolk bildet 2 Legionen für den Felddienst (centuriae iuniorum)
+und 2 für die Stadtverteidigung (centuriae seniorum). Behufs der
+Aushebung und Entrichtung der Kriegssteuer (+tributum+) wird Stadt und
+Gebiet in eine Anzahl von Quartieren (+tribus+) geteilt. Alle 4, später
+alle 5 Jahre findet eine neue Einschätzung (+census+) der Bürger nach
+dem Vermögen statt; sie schließt mit einem Reinigungsopfer (+lustrum+).
+Die nicht in Tribus aufgenommenen Einwohner ohne Bürgerrecht sind vom
+Kriegdienst frei und zahlen ein Schutzgeld +(aerarii).+
+
+Diese Kriegsverfassung, getragen von Sittenstrenge und bürgerlicher
+Zucht, machte die Römer ihren Nachbarn überlegen.
+
+
+§ 2. Rom als Republik.
+
+[~510.~ (?)]
+
+~Vertreibung der Tarquinier.~
+
+An die Spitze des Staates treten 2 +consŭles+, auf +ein+ Jahr gewählt;
+die ersten waren ~L. Iunius Brutus~ und ~L. Tarquinius Collatinus.~
+Der letztere, als Verwandter der vertriebenen Königsfamilie beim Volke
+unbeliebt, wird bald ersetzt durch ~P. Valerius Poplicŏla,~ den ersten
++consul suffectus,+ der sich durch die +lex Valeria de provocatione+
+die Gunst des Volkes sicherte.
+
+Die ~consŭles~ üben während ihres Amtsjahres die früher den Königen
+zustehende Gewalt aus: +imperium+ und +auspicia publica,+ d. h.
+Befragung der Götter von Staats wegen. Für gewisse Opfer, welche früher
+die Könige dargebracht hatten, wird ein Priester als +rex sacrificulus+
+bestellt und dem +pontĭfex maximus+ untergeordnet. Jeder Konsul kann
+die Maßnahmen des andern durch das ius intercedendi unwirksam machen.
+Gehilfen der Konsuln für Kriminalgerichtsbarkeit und Verwaltung des
+Staatsschatzes (+aerarium+) sind die 2 +quaestores+. Die Konsuln
+haben als äußere Zeichen ihrer Amtsgewalt den Amtssessel (+sella
+curulis+) und das Obergewand mit Purpurstreif (+toga praetexta+); ihnen
+schreiten vorauf 12 +lictores,+ welche in Rutenbündeln (+fasces+) Beile
+(+secures+) tragen, doch nicht im Stadtgebiet, weil in Friedenszeit die
+obrigkeitliche Gewalt der Konsuln durch das +Berufungsrecht+ beschränkt
+ist. Nach der +lex Valeria de provocatione+[21] steht es dem zum
+Tode oder zu körperlicher Züchtigung verurteilten Bürger frei, die
+Entscheidung der Volksversammlung, der ~comitia centuriata,~ anzurufen.
+
+Hauptrechte dieser Volksversammlung sind die +Beamtenwahl,+ die
++Gesetzgebung+ und die +Entscheidung über Krieg und Frieden.+ Bei der
+Abstimmung haben die 6 alten, +vorwiegend+ patrizischen Rittercenturien
+das Vorstimmrecht (centuriae +praerogativae+). Sind die Centurien der
++ersten+ Klasse (S. 74 f.) mit den Rittern einig, so werden die übrigen
+Klassen nicht befragt. Die +comitia curiata+ verlieren ihre frühere
+Bedeutung, doch bleibt ihnen das Recht, die gewählten Konsuln zu
+bestätigen (+lex curiata de imperio+).
+
+Der ~Senat,~ früher nur aus Patriziern bestehend, wird durch
+zugeschriebene +Plebejer+ (daher die Formel: +patres (et) conscripti+)
+ergänzt, und zwar aus den +Rittern+, d. h. den Reichen. Der
+Senatsbeschluß (+senatūs consultum+) ist für die Konsuln maßgebend, hat
+aber nicht +Gesetzes+kraft. Zur Zeit besonderer Gefahr tritt an die
+Spitze des Staates ein ~Dictator~, ohne Mitwirkung der Bürgerschaft,
+aber mit Beirat des Senats von einem der Konsuln +ernannt+ (dictatorem
++dicere+). Die Konsuln sind ihm untergeordnet; er ernennt seinen
+Gehilfen, den +magister equitum+; beide dürfen ihr Amt nicht länger als
+sechs Monate führen.
+
+[509.]
+
+Verschwörung junger Patrizier zur Herstellung des Königtums. Der Konsul
++L. Junius Brutus+ läßt seine eigenen Söhne als Teilnehmer an der
+Verschwörung hinrichten. Darauf Krieg mit den +Etruskern+ von Veii und
+Tarquinii; +Brutus+ fällt im Zweikampf mit +Aruns Tarquinius+ vor der
+Schlacht am Walde +Arsia+. An seine Stelle wird zuerst +Sp. Lucretius,+
+nach dessen Tode +M. Horatius+ gewählt, welcher den in der Königszeit
+erbauten Tempel des Juppiter Capitolinus weiht.
+
+[508.]
+
+Unglücklicher Krieg der Römer gegen den etruskischen König +Porsenna+
+von +Clusium+; sie müssen den Frieden durch Gebietsabtretung und
+Entwaffnung erkaufen. Römische Sagen von +Horatius Cocles+, dem
+tapferen Verteidiger der Tiberbrücke, von dem Heldenmute des +Mucius
+Scaevola+ und der +Cloelia+. Die weiter in Latium vorrückenden Etrusker
+werden vor +Aricia+ von den Latinern und ihren Bundesgenossen, den
+Griechen aus +Cumae+ (unter +Aristodemos+), geschlagen und können
+sich auf dem linken Tiberufer nicht behaupten. Rom erlangt bald seine
+frühere Machtstellung wieder. König Tarquinius stirbt in Cumae.
+
+Vielleicht in dieser Zeit schon Handelsvertrag zwischen Rom und
+Karthago. Die Küstenstädte bis Terracina unter Roms Oberhoheit (S. 82).
+
+[496.]
+
+Sagenhafter Sieg der Römer über die Latiner und Tarquinius am See
++Regillus+ (bei +Tusculum+); der Dictator +Aulus Postumius+ siegt mit
+Hilfe der +Dioskuren+ (Kastor und Pollux), denen alsbald ein Tempel in
+Rom errichtet wird.
+
+[~494.~]
+
+~Auswanderung der Plebejer auf den Heiligen Berg~ (+secessio plebis in
+Montem sacrum+).
+
+Die Plebejer waren durch häufigen +Kriegsdienst,+ durch das strenge
++Schuldrecht,+ welches auch die Person des Schuldners in die Gewalt des
+Gläubigers gab, und durch Verweigerung eines Anteils am +Gemeindelande+
+(ager publicus) in Not geraten. Sie wollen eine neue Stadt gründen,
+werden aber durch Vermittelung des Patriziers +Menenius Agrippa+ zur
+Rückkehr bewogen. Darauf Erlaß der drückendsten Schulden, Einsetzung
+besonderer plebejischer Beamter: Die ~Volkstribunen~ +(tribuni plebis,+
+anfangs 2, dann 5, endlich 10) sind +unverletzlich+ (sacro-sancti) und
+haben das Recht des Schutzes (+ius auxilii+) für jeden Plebejer gegen
+Unbill eines Beamten. Daraus entwickelt sich ein Verbietungsrecht
++(Veto,+ ius intercedendi) gegen Senatsbeschlüsse und Befehle der
+Beamten; nur gegen das +imperium militare,+ also gegen den Dictator und
+gegen die Konsuln außerhalb der Stadt gilt der tribunicische Einspruch
+nicht. Ferner haben sie das Recht, Widerstrebende zu verhaften +(ius
+prensionis)+ und das Recht, mit der von ihnen vertretenen Gemeinde
+zu verhandeln (+ius agendi cum plebe+). Damit hängt die Einrichtung
+der ~comitia tributa~ zusammen: Versammlungen der Plebejer nach den
+Wohnbezirken (+tribus+). Man unterschied 4 +tribus urbanae,+ 17
++rusticae+; bei wachsendem Gebiet wurde die Zahl bis auf 35 erhöht.
+Jede Tribus hat in den Komitien +eine+ Stimme, innerhalb der Tribus
+wird nach Köpfen (+virītim+) gestimmt.
+
+Als Gehilfen stehen den Tribunen 2 ~Volksädilen~ (aediles plebis)
+zur Seite; sie üben Polizeigerichtsbarkeit, namentlich über den
+Marktverkehr, und verwahren die schriftlich aufgezeichneten
+Volksbeschlüsse (+plebiscīta+) im Tempel der Ceres am Abhang des
+Aventin.
+
+[493.]
+
+Der Konsul +Spurius Cassius+ erneuert das Bündnis zwischen Rom und
+den +latinischen Städten+ auf Grund der Gleichberechtigung (+foedus
+aequum+). Erst allmählich gewinnt Rom die Hegemonie über die Latiner
+wieder. Fortwährende Fehden mit +Etruskern, Sabinern, Äquern,
+Volskern.+
+
+Im Innern dauern die Kämpfe zwischen ~Patriziern~ und ~Plebejern~ fort;
+letztere streben auch nach +politischer+ Gleichberechtigung. Einen
+Versuch zur Beseitigung des Tribunats macht der Patrizier
+
+[491.]
+
+~Cn. Marcius Coriolanus,~ der während einer Hungersnot vorschlägt, den
+Plebejern Getreide aus Staatsmitteln nur gegen Verzichtleistung auf
+das Tribunat zu bewilligen. Von den Tribunen vor die ~comitia tributa~
+gefordert, erscheint Coriolan nicht, wird abwesend verbannt, geht zu
+den Volskern, führt sie gegen Rom, gibt aber auf das ernste Wort seiner
+Mutter +Veturia+ und auf die Bitten seiner Gemahlin +Volumnia+ den
+Kampf gegen die Vaterstadt auf.
+
+[486.]
+
+~Spurius Cassius,~ zum dritten Male Konsul, beantragt das erste
+~Ackergesetz~ (+lex agraria+): Verteilung von Gemeindeland an
+bedürftige Plebejer und +latinische Bundesgenossen+. Die Patrizier und
+die reichen Plebejer vereinigen sich gegen ihn; er wird nach Ablauf
+seines Amtsjahres verurteilt und hingerichtet.
+
+[479.]
+
+Das Geschlecht der ~Fabier~ (+gens Fabia+), aus welchem mehrere Jahre
+nacheinander immer ein Konsul erwählt war, zerfällt mit den anderen
+patrizischen Geschlechtern; der Konsul +Kaeso Fabius+ befürwortet die
+Ackerverteilung an die Plebejer. Auszug der Fabier mit ihren Klienten
+(zusammen 306), um den Krieg gegen die +Etrusker+ zu führen; sie werden
+am Bache +Cremĕra+ überfallen und fast sämtlich vernichtet.
+
+[471.]
+
+Die Plebejer erhalten durch den Gesetzvorschlag des Volkstribunen
++Volĕro Publilius+ das Recht, ihre Beamten fortan in den Tributkomitien
+zu wählen (~lex Publilia~: +ut plebei magistratus tributis comitiis
+fierent+).
+
+[462.]
+
+Antrag des Volkstribunen +C. Terentilius Arsa+ auf Ernennung einer
+Kommission zur schriftlichen Aufzeichnung der Gesetze. Heftiger
+Widerstand der Patrizier. ~L. Quinctius Cincinnatus,~ 458 zum
+Dictator gewählt, befreit ein von den +Äquern+ am Berge +Algidus+
+eingeschlossenes römisches Heer und zwingt die Feinde, unter dem Joch
+durchzugehen.
+
+[~451.~]
+
+~Decemvirn zur Aufzeichnung der Gesetze.~
+
+(+Decemviri consulari potestate legibus scribundis+), mit zeitweiliger
+Aufhebung des Konsulats, des Tribunats und des Provocationsrechts. Die
+Gesetze werden vom Volke angenommen, in zehn Erztafeln eingegraben
+und auf dem Forum aufgestellt. Da noch ein Nachtrag nötig erscheint,
+so werden 450 noch einmal Decemvirn (davon drei Plebejer) ernannt,
+welche noch zwei Tafeln hinzufügen. Die in den ~Zwölftafelgesetzen~
+enthaltenen Bestimmungen über Familienrecht, Erbrecht, Schuldrecht usw.
+sind bleibende Grundlagen des +römischen Rechts+ geworden (Liv. III,
+34: +fons omnis publici privatique iuris+).
+
+[449.]
+
+~Zweite secessio plebis,~
+
+veranlaßt durch Gewalttaten der Decemvirn, die nach Vollendung
+der Gesetzgebung ihr Amt nicht sogleich niederlegten. Ungerechter
+Richterspruch des +Appius Claudius+ über +Virginia+, die infolgedessen
+von ihrem Vater auf dem Forum getötet wird. Neugewählte Konsuln, L.
+Valerius und M. Horatius, vermitteln den Ausgleich durch drei Gesetze
+(+leges Valeriae Horatiae+): 1. Gleichstellung der Beschlüsse der
+Tributkomitien (+plebiscita+) mit denen der Centuriatkomitien +(ut
+quod tributim plebs iussisset, populum teneret).+ 2. Herstellung
+des Provocationsrechts. 3. Herstellung der Unverletzlichkeit des
+Volkstribunen, welche auch auf die Ädilen und die Richter über
+Privatklagen (+decemviri litibus iudicandis+) ausgedehnt wird.
+
+[445.]
+
+Gesetz des Tribunen ~Canuleius~, welches die Ehen zwischen Patriziern
+und Plebejern für gültig erklärt +(lex Canuleia de conubio)+: die
+Kinder folgen fortan dem Stande des Vaters (nicht mehr der pars
+deterior). Dagegen wird der zweite Antrag der Tribunen, daß auch
++Plebejer+ zu +Konsuln+ gewählt werden dürfen, abgelehnt. Es findet
+ein Vergleich statt: an Stelle der Konsuln können einige der jährlich
+erwählten Legionsanführer (in der Regel 6) mit konsularischer Gewalt
+ausgestattet werden (~tribuni militum consulari potestate~): hierzu
+sind auch Plebejer berechtigt.
+
+[443.]
+
+Einsetzung der ~Censur~, eines neuen ~patrizischen~ Amtes. Die
++zwei+ Censoren werden in den +Centuriatkomitien+ erwählt, alle 4
+oder 5 Jahre; doch wird ihre Amtsdauer auf 18 Monate beschränkt, so
+daß das Amt in der Zwischenzeit ruht. Befugnisse der ~Censoren~: 1.
+Abhaltung des +Census+; die Bürger werden in die Klassen und Centurien
+eingeordnet (+discriptio classium et centuriarum+), die Ritter
+gemustert (+recognitio equitum+), die Senatsliste wird von ihnen
+aufgestellt (+lectio senatus+): 2. Verwaltung des Staatseigentums; die
+Abgaben vom Gemeindelande (+vectigalia+) und die Zölle (+portoria+)
+werden verpachtet, die Ausführung von Bauten (Tempeln, Heerstraßen
+(via Appia des Ap. Claudius Caecus), Wasserleitungen) an Unternehmer
+verdungen; 3. in Verbindung mit dem Census Aufsicht über die Sitten
++(regimen morum+: senatu movere, equum adimere, tribu movere et
+aerarium facere; +nota censoria).+ Durch diese letztere Befugnis
+gelangt das Amt der Censur zu einer hohen moralischen und politischen
+Bedeutung.
+
+[~439.~]
+
++Spurius Maelius,+ ein reicher Plebejer, der während einer Teuerung
+Getreide zu geringem Preise abgibt, wird beschuldigt, nach der
+Königsherrschaft zu streben, und von +C. Servilius Ahāla,+ dem Magister
+equitum des achtzigjährigen Dictators +L. Quinctius Cincinnātus,+ auf
+der Straße erschlagen.
+
+[421.]
+
+Die Zahl der ~Quästoren~, denen die Verwaltung der Staatskasse
+(+aerarium+) obliegt, auf 4 vermehrt; die Plebejer erhalten Zutritt zu
+diesem Amte.
+
+[~396.~]
+
+Ein erster großer Erfolg in den Nachbarfehden ist die Eroberung der
+Etruskerstadt ~Veii~ durch den Dictator ~M. Furius Camillus.~ Er wird
+aber wegen ungerechten Verfahrens bei Verteilung der Beute angeklagt
+und geht in die Verbannung. Die Macht der Etrusker, durch den Einbruch
+der Gallier (Kelten) und den Seesieg der Syrakusaner unter Hieron I.
+(S. 50) bei Cumae schon 474 geschwächt, ist seitdem gebrochen.
+
+~Einfall der Gallier~ (+Senonen+) ~in Latium,~
+
+veranlaßt durch Teilnahme römischer Gesandter an dem Kampfe der
+Etrusker von +Clusium+ gegen dieselben.
+
+[~388.~ (18. Juli.)]
+
+~Schlacht an der Allia,~
+
+einem Bache, der 15 km nördlich von Rom in den Tiber fließt. Niederlage
+und Flucht der Römer auf das rechte Tiberufer, wodurch die Stadt
+preisgegeben wird.
+
+Das von den Einwohnern verlassene Rom (nur der +Mons Capitolinus+
+bleibt besetzt) wird von den Galliern (unter +Brennus+) eingenommen,
+geplündert und niedergebrannt. Vergeblich versuchen sie, das Kapitol
+zu ersteigen, die Gänse der Juno; +M. Manlius Capitolinus.+ Nach
+7monatiger Einschließung des Burgfelsens wird der Abzug der Gallier
+durch Gold erkauft. Nach der römischen Sage verbietet der aus der
+Verbannung zurückgerufene +Camillus+ als Dictator das Abwägen des
+Goldes (Vae victis!) und vertreibt die Feinde. -- Rückkehr der
+Bewohner. Der Plan, nach +Veii+ auszuwandern, wird von Camillus
+vereitelt. Rascher, aber unregelmäßiger Aufbau der Stadt, die bald
+wieder in ihrer alten gebietenden Machtstellung dasteht, nachdem
++Camillus+ die Äquer, Volsker, Etrusker besiegt hat.
+
+~Ausgleich der Stände, Entstehung der Nobilität.~
+
+Der Ständekampf beginnt aufs neue; die reicheren Plebejer streben nach
+Gleichberechtigung und Zutritt zu den Staatsämtern, die ärmeren nach
+Erleichterung des Schuldrechts und Anteil am Gemeindeland.
+
+[384.]
+
+Der Patrizier ~M. Manlius Capitolinus,~ der mit seinem Vermögen
+plebejische Schuldner löst, wird beschuldigt, nach der Königswürde
+zu streben, als Hochverräter verurteilt und vom Tarpejischen Felsen
+herabgestürzt.
+
+[~366.~]
+
+~L. Sextius Lateranus, erster plebejischer Konsul,~ nach zehnjährigem
+Kampfe um die von ihm und +C. Licinius Stolo+ als Volkstribunen
+beantragten Gesetze (+leges Liciniae Sextiae+), welche anordnen: 1.
+Erleichterung der +Schuldner+ durch Abzug der gezahlten Zinsen vom
+Kapital, dessen Rest dann binnen drei Jahren in gleichen Raten zu
+zahlen ist; 2. Niemand soll mehr als 500 Morgen +Gemeindeland+ in
+Besitz haben; 3. Aufhebung der tribuni militum consulari potestate;
+einer der Konsuln soll unbedingt +Plebejer+ sein.
+
+Als neues +patrizisches+ Amt wird die ~Prätur~ eingerichtet zur Leitung
+der +Rechtspflege+, die bisher den Konsuln oblag. Der Prätor, von 6
+Liktoren begleitet, ist auch Stellvertreter der Konsuln, wenn sie
+von Rom abwesend sind. Später außer dem praetor urbanus ein praetor
+inter peregrinos (für die Ausländer) eingesetzt. Ferner treten den
+plebejischen Ädilen zwei ~kurulische Ädilen~ zur Seite; sie üben
+gemeinsam mit ihnen die Markt- und Straßenpolizei und veranstalten die
+öffentlichen Festspiele, namentlich die +ludi Romani+ alljährlich im
+September (+cura annonae, cura urbis, cura ludorum+); in der Führung
+dieses Amtes wechseln Patrizier und Plebejer Jahr um Jahr ab.
+
+Nach und nach werden +alle Ämter den Plebejern zugänglich,+ die Censur
+351, die Prätur 337. Auch zu den Priesterkollegien der +Pontifices+ und
++Augures+ erhalten die Plebejer Zutritt (300 +lex Ogulnia+).
+
+Nach diesem Ausgleich entwickelt sich allmählich ein neuer Gegensatz
+zwischen dem +Amtsadel+ (~Optimates, Nobiles~), der die Patrizier
+und reicheren Plebejer umfaßt, und dem +Bürgerstande+ (~Plebs~ im
+späteren Sinne). Doch kann sich der Amtsadel (+ius imaginum+) nicht
+so schroff wie der bisher geltende Geburtsadel gegen den Bürgerstand
+abschließen, sondern ergänzt sich fortwährend durch Aufnahme neuer
+Mitglieder (+homines novi+). Durch Volkswahl gelangt der Bewerber
+(+candidatus+) zu den Ämtern, durch das Vertrauen der Censoren in den
+Senat. Reihenfolge der Ämter: +Quästor, Ädil, Prätor, Konsul, Censor+.
+Über das gesetzmäßige Alter s. S. 96.
+
+Der ~Senat~ leitet namentlich die auswärtige Politik und die
+Finanzverwaltung. Die oberste Entscheidung in der +Gesetzgebung+
+und bei +Kriminalprozessen+ steht nach wie vor bei den ~Komitien~,
+und zwar sowohl bei den +Centuriat+- wie bei den +Tribut+-Komitien,
+welche +alle+ Bürger, Patrizier und Plebejer, jedoch mit verschiedener
+Abstimmungsordnung, umfassen. Hinsichtlich des +Wahlrechts+ bleibt
+der Unterschied, daß die +magistratus maiores+ (Konsuln, Prätoren,
+Censoren) in den +Centuriat+-Komitien, die +magistratus minores+
+(Ädilen und Quästoren) sowie die Volkstribunen in den +Tribut+-Komitien
+gewählt werden.
+
+Die ~Volkstribunen~ erscheinen fortan nicht mehr in so scharfem
+Gegensatz zum Senat wie während des Ständekampfes; sie nehmen an seinen
+Sitzungen teil, berufen ihn auch bisweilen.
+
+Der Not der +armen+ Plebejer, die auch nach den Licinischen Gesetzen
+wiederkehrt, wird durch +Ackerverteilungen+ und Gründung von
++Bürgerkolonien+ nach glücklich geführten Kriegen abgeholfen. Aufhebung
+der Schuldknechtschaft durch das Gesetz des Konsuls +C. Poetelius+ 326.
+
+Im Jahre 287 secessio plebis auf den Janiculus. Durch die lex Hortensia
+werden die plebiscita (S. 77) der concilia plebis den populiscita der
+Centuriat-Komitien gleichgestellt.
+
+Umgestaltung der ~Heeresverfassung~, hauptsächlich von +Camillus+
+veranlaßt. Die Legion wird in 30 +Manipel+ zu je 2 +Centurien+
+eingeteilt, ihre Aufstellung in drei Treffen (+hastati, principes,
+triarii+) gegliedert. Die so zusammengesetzte Schlachtordnung
+übertrifft die alte Phalanx bedeutend an Beweglichkeit. Die Bewaffnung
+gleichmäßiger als nach der servianischen Ordnung. Die Stoßlanze
+(+hasta+) wird bald auf das dritte Treffen (+triarii+) beschränkt;
+die beiden vorderen Treffen erhalten einen kürzeren Wurfspeer
+(+pilum+); gemeinsam für alle Schwerbewaffneten sind Schwert, Schild,
+Helm und Panzer. Die Legion zählt in der Regel 4200 Mann, darunter
+1200 Leichtbewaffnete (+velĭtes+) ohne Panzer, mit leichtem Schild,
+Lederhelm und leichten Wurfspeeren; dazu kommen 300 Reiter. Zwei
+Legionen, begleitet von Truppen der Bundesgenossen, bilden gewöhnlich
+ein konsularisches Heer.
+
+[367–349.]
+
+Wiederholte Kämpfe mit den ~Galliern,~ welche sich in Ober-Italien
+(+Gallia cisalpina+) bleibend niedergelassen haben und von dort
+häufig Einfälle in Mittel-Italien machen. Zweikämpfe des +T. Manlius
+Torquatus+ und +M. Valerius Corvus+ mit gallischen Kriegern.
+
+[348.]
+
+Erster Handelsvertrag zwischen ~Rom~ und ~Karthago~,[22]
+
+in welchem Rom als Vorort der mittelitalischen Westküste erscheint.
+
+
+§ 3. Unterwerfung Italiens.
+
+[~343–341.~]
+
+~Erster Samnitenkrieg.~
+
+~Veranlassung~: Die +Sidicīner+ in +Teānum+ und die +Campāner+ in
++Capua+, beide Nachkommen ausgewanderter samnitischer Volksstämme,
+suchen Schutz bei den Römern gegen ihre eigenen Stammgenossen, die
+~Samniten des Gebirges~, welche in dem eigentlichen Samnium eine
+Eidgenossenschaft bildeten und von dort aus in immer neuen Schwärmen
+die ~Ebene~ (Campania) brandschatzten.
+
+Nach römischer Überlieferung erfechten die Römer drei Siege, doch wird
+ein Vergleich geschlossen, welcher den Römern +Capua+, den Samniten
++Teanum+ überliefert. Die Samniten werden zu diesem Vergleiche bestimmt
+durch einen Krieg mit +Tarent+, die Römer durch den
+
+[~340–338.~]
+
+~Krieg der Latiner~,
+
+welche sich gegen Roms Hegemonie auflehnen und vollständige
+Gleichstellung mit den Römern verlangen: +ein+ Konsul und der +halbe+
+Senat sollen Latiner sein. Capua und die Volsker mit den Latinern
+verbündet, die Samniten mit den Römern.
+
+Kampf in Campanien; der Konsul +T. Manlius Torquatus+ läßt seinen
+Sohn hinrichten, weil er dem Verbot zuwider sich in einen Zweikampf
+eingelassen, und siegt, von den Samniten unterstützt, in einer Schlacht
+unweit des ~Vesuv~; Opfertod des andern Konsuls +P. Decius Mus+.
+Entscheidungsschlacht bei ~Trifanum~ unweit +Minturnae+, Sieg des
++Manlius+ über die Latiner und Campaner.
+
+~Auflösung des latinischen Bundes~. Den latinischen Städten wird
+gegenseitiges +Commercium+ und +Conubium+ untersagt, sie müssen
+einzeln mit Rom Verträge schließen und Land abtreten (so +Tibur+ und
++Praeneste+); einige erhalten römisches Bürgerrecht (so +Lanuvium+ und
++Aricia+). Die Volskerstadt +Antium+ wird +römische Kolonie+; mit den
+Schnäbeln der erbeuteten Schiffe dieser Stadt wird die Rednerbühne auf
+dem Forum Romanum geziert (daher +rostra+ genannt). +Capua+ und andere
+Städte Campaniens erhalten römisches Bürgerrecht ohne Stimmrecht.
+
+Bald jedoch wird den nunmehr abhängigen Latinern Anteil an den
+römischen Eroberungen gewährt; +Cales+ und +Fregellae+ werden als
++latinische+ Kolonien eingerichtet.
+
+[~326–304.~]
+
+~Zweiter Samnitenkrieg.~
+
+~Veranlassung~: Übergriffe der Römer am Liris, namentlich die
+Einrichtung der Kolonie +Fregellae+; ferner die Besetzung der
+Griechenstadt +Palaeapolis+ (neben +Neapolis+) durch Q. Publilius Philo
+(den ersten +Prokonsul+).
+
+Bündnis der Römer mit den +Apŭlern+ und +Lukanern+; zum erstenmal
+überschreiten römische Heere den Apennin. Die Römer sind zu Anfang des
+Krieges im Vorteil. Aber
+
+[~321.~]
+
+~Niederlage in den Caudinischen Pässen.~ Die beiden Konsuln werden,
+als sie der apulischen Stadt +Luceria+ von Campanien aus zu Hilfe
+eilen wollen, von dem samnitischen Heerführer +Gavius Pontius+ in den
++furculae Caudinae+ eingeschlossen und zur Ergebung genötigt. Sie
+beschwören einen Friedensvertrag; 600 römische Ritter bleiben als
+Geiseln zurück, das Heer darf unter dem Joch abziehen. Der römische
+Senat verweigert die Anerkennung dieses Vertrages und liefert die
+Konsuln den Samniten aus, welche sie nicht annehmen.
+
+Die Samniten erobern +Luceria+ und +Fregellae+. Durch äußerste
+Kraftanstrengung gewinnen die Römer wieder die Oberhand. Im Jahre
+319 soll der Konsul +L. Papirius Cursor+ Luceria wiedererobert, die
+römischen Geiseln befreit und die samnitische Besatzung unter das Joch
+geschickt haben; 314 wird Luceria römische Kolonie.
+
+[~312.~]
+
+Bau der ~Via Appia~, einer großen Heerstraße von Rom nach Capua durch
+die pomptinischen Sümpfe, begonnen von dem Censor +Appius Claudius
+Caecus+. Derselbe legt auch die erste Wasserleitung (aqua Appia) in Rom
+an.
+
+[310.]
+
+Sieg des Konsuls +Q. Fabius Maximus Rullianus+ über die zu spät sich
+erhebenden +Etrusker+ und +Marser+ am +Vadimonischen See+.
+
+[309.]
+
+Erstes Erscheinen einer +römischen Kriegsflotte+ bei der Belagerung der
+campanischen Stadt +Nuceria.+
+
+[305.]
+
++Bovianum+, Hauptwaffenplatz der Samniten, eingenommen.
+
+[304.]
+
+Friede; die Samniten erlangen gleich ihren sabellischen Bundesgenossen
+Freiheit innerhalb ihrer Stammesgrenzen; Erneuerung der +alten+
+Verträge zu +gleichem+ Recht (foedus aequum).
+
+Zur Befestigung ihrer Herrschaft legen die Römer wiederum mehrere
++Kolonien+ und neue +Heerstraßen+ an, so +Narnia+ in Umbrien (spätere
++via Flaminia+) und +Alba Fucentia+ am +Lacus Fucĭnus+ (spätere +via
+Valeria+).
+
+[~298–290.~]
+
+~Dritter Samnitenkrieg.~
+
+Die Samniten schließen mit den +Lukanern+ ein Bündnis, um einen
+letzten Kampf für Italiens Unabhängigkeit zu wagen. Neue Erhebung der
++Etrusker+ und +Umbrer+.
+
+Der Konsul +L. Cornelius Scipio+[23] nötigt 298 die Lukaner, dem
+Bündnis mit Samnium zu entsagen. Die Samniten stellen mit äußerster
+Kraftanstrengung drei Heere ins Feld, eins zur Verteidigung ihres
+Gebiets, das zweite für Campanien; das dritte führt ihr Feldherr
++Gellius Egnatius+ durch das +marsische+ und +umbrische+ Gebiet nach
++Etrurien+. Gallische Stämme schließen sich dem +Bündnis der Italiker
+gegen Rom+ an. Große Rüstungen in Rom. Die Konsuln +Q. Fabius Maximus
+Rullianus+ und +P. Decius Mus+ rücken mit 60000 Mann nach Umbrien vor.
+
+[~295.~]
+
+~Entscheidungsschlacht bei Sentinum~, Todesweihe des jüngeren +P.
+Decius Mus+.
+
+Die Umbrer unterwerfen sich, die Etrusker bitten um Frieden und
+werden Rom Untertan; die Samniten kämpfen weiter, werden aber 293 bei
++Aquilonia+ besiegt. Endlich erneuert der Konsul +M’. Curius Dentatus+
+das Bündnis mit ihnen; sie behalten ihr Gebiet, lassen aber fortan den
+Römern freie Hand, ihre Herrschaft im übrigen Italien zu befestigen.
+
+Abermals +Kolonien+ gegründet: +Minturnae+ und +Sinuessa+ im Gebiet
+der Aurunker (römische Bürgerkolonien), +Hatria+ in Picenum, +Venusia+
+in Apulien (latinische Kolonien). Die +Sabiner+ müssen römisches
+Bürgerrecht ohne Stimmrecht annehmen. Gegen die Gallier wird 283 die
+Bürgerkolonie +Sena Gallica+ in Umbrien eingerichtet. Der Schutz,
+welchen Rom der von Lukanern und Bruttiern angegriffenen Griechenstadt
++Thurii+ gewährt, führt herbei den
+
+[~282–272.~]
+
+~Krieg mit Tarent.~
+
+~Veranlassung~: Ältere Verträge mit Tarent, der reichsten und
+mächtigsten Griechenstadt in Unter-Italien, untersagten den Römern,
+mit Kriegsschiffen über das +Lacinische Vorgebirge+ bei Kroton
+hinauszufahren. Trotzdem erscheint eine nach der umbrischen Küste
+bestimmte römische +Kriegsflotte+ im Hafen von Tarent. Die Tarentiner
+greifen sie an, nehmen fünf Schiffe, vertreiben die römische Besatzung
+aus +Thurii+. Römische Gesandte, welche Genugtuung verlangen, werden in
+Tarent beschimpft; darauf Kriegserklärung.
+
+Die Tarentiner rufen den König ~Pyrrhos von Epirus~ zu Hilfe; dieser
+schickt zuerst seinen Feldherrn +Milon+ mit 3000 Epiroten nach Tarent
+(281), im folgenden Jahre landet er selbst mit einem aus +Epiroten,
+Makedonen, Griechen+ bestehenden Söldnerheere von 25000 Mann und 20
+Elefanten in Italien. Strenges militärisches Auftreten des Königs in
+Tarent; die Bürger werden zum Kriegsdienst gezwungen.
+
+[~280.~]
+
+~Schlacht bei Herakleia~ (am Meerbusen von Tarent); die römische
+Manipularordnung erliegt dem Angriff der makedonischen Phalanx und der
+Elefanten. Die Griechenstädte, die Bruttier, Lukaner und +Samniten+
+schließen sich Pyrrhos an. Er bietet den Römern Frieden an; sein
+Gesandter +Kineas+ wird abgewiesen (Rede des blinden Konsulars +Appius
+Claudius+ im Senat). Pyrrhos rückt durch Campanien bis +Anagnia+ vor,
+kehrt aber um, da die Bundesgenossen der Römer diesen treu bleiben. +C.
+Fabricius+ Gesandter an Pyrrhos wegen Auswechselung der Gefangenen.
+
+[~279.~]
+
+~Schlacht bei Asculum~ in Apulien;
+
+Pyrrhos siegt wiederum, doch mit großen Verlusten. Er folgt einem
+Hilferuf der von den +Karthagern+ bedrängten +Syrakusaner+ (S. 67),
+läßt nur eine Besatzung in Tarent zurück. Kriegsbündnis zwischen +Rom+
+und +Karthago+, doch lehnen die Römer die Landung einer karthagischen
+Flotte in Italien ab und bekämpfen allein die Griechenstädte. Pyrrhos
+kehrt 276 nach Tarent zurück. Als er den Samniten Hilfe bringen will,
+wird er von +M’. Curius Dentatus+ in der
+
+[~275.~]
+
+~Schlacht bei Beneventum~
+
+völlig geschlagen und kehrt nach Epirus zurück († 272 in Argos). Erst
+nach seinem Tode überliefert +Milon+ Stadt und Burg von Tarent den
+Römern unter der Bedingung freien Abzugs. Die Tarentiner müssen Waffen
+und Schiffe ausliefern und die Mauern niederreißen, behalten aber ihre
+eigene Stadtverwaltung.
+
+Nach Tarents Fall Unterwerfung der +Samniten, Lukaner+ und +Bruttier+.
+Alle müssen Teile ihres Gebiets abtreten und +Kolonien+ aufnehmen
+(Beneventum und Aesernia in Samnium). Im J. 270 Einnahme von +Rhegium+,
+welches 10 Jahre in den Händen aufständischer campanischer Soldaten
+gewesen war, die jetzt mit dem Tode bestraft werden. ~Italien~ (bis zum
+Apennin) ~geeinigt unter römischer Herrschaft~. Verlängerung der +Via
+Appia+(S. 84) von +Capua+ über +Venusia+ und +Tarent+ bis +Brundisium+.
+In bezug auf das Verhältnis der unterworfenen Gemeinden zu Rom sind zu
+unterscheiden:
+
+1. ~Municipien~ (+municipia+), d. h. Gemeinden mit beschränktem
+römischem Bürgerrecht (+civitas sine suffragio et iure honorum+). Sie
+haben also +commercium+ und +conubium+, römische Rechtsprechung und
+römischen Kriegsdienst.
+
+2. ~Kolonien~ (+coloniae+), d. h. römische Festungen. Viele
+unterworfene Orte müssen einen Teil ihrer Ländereien abtreten. Dieses
+Land wird an +römische Bürger+ verteilt, die ihr volles Bürgerrecht
+behalten und fortan in der Kolonie die herrschende Gemeinde, gleichsam
+die +Patrizier+, bilden, während die alten Einwohner zu +Insassen+
+ohne politische Rechte herabsinken. Die Rechtspflege wird in den
++Municipien+ wie in den +Kolonien+ durch Präfekten (+praefecti iure
+dicundo+) ausgeübt, welche der +praetor urbanus+ (s. S. 81) ernennt.
+
+3. ~Verbündete~ (+socii, civitates foederatae+), deren Verhältnis zu
+Rom durch +Verträge+ geordnet ist. Sie haben eigene Verwaltung und
+Gerichtsbarkeit und sind vom Dienst in der Legion befreit, müssen
+dagegen +Hilfstruppen+ oder +Schiffe+ stellen. Tribut wird nicht von
+ihnen gefordert. Am meisten begünstigt sind die +Latiner+, sie können
+unter gewissen Bedingungen römisches Bürgerrecht erwerben und werden
+zusammen mit römischen Bürgern in +latinische Kolonien+ ausgesandt.
+
+
+§ 4. Die Punischen Kriege.
+
+[~264–241.~]
+
+~Erster Punischer Krieg.~ Kampf um Sicilien.
+
+(Die frühere Geschichte der +Karthager+ oder +Punier+ siehe S. 131, 41,
+67.)
+
+Karthago mit seiner +oligarchischen+ Verfassung, welche der
+Bürgergemeinde geringen Einfluß gewährt und die Untertanen durch
+Tributforderung drückt, und mit seinen +Söldnerheeren+ ist trotz
+seines Reichtums im Nachteil gegen Rom, wo gleichmäßigere Verteilung
+der bürgerlichen Rechte und allgemeine Verpflichtung zum Kriegsdienst
+besteht.
+
+~Veranlassung~: Die +Mamertiner+, d. h. +Marsmänner+, ehemalige
+campanische Söldner des Agathŏkles (S. 67), hatten sich der Stadt
++Messana+ bemächtigt. Sie werden von König +Hiero II.+ von +Syrakus+
+bekriegt. Ein Teil von ihnen ruft die +Karthager,+ ein anderer
+die Römer zu Hilfe. Der römische Senat schwankt, die Bürgerschaft
+beschließt, den Mamertinern Hilfe zu gewähren. Eine römische
+Kriegsflotte, meist aus Schiffen der süditalischen Bundesgenossen
+bestehend, setzt Truppen von Rhegium nach +Messana+ über; die
+karthagische Besatzung wird aus der Burg vertrieben.
+
+[~264.~]
+
+Die Karthager und +Hiero+ von Syrakus belagern die Römer in Messana,
+müssen aber zurückweichen. Hiero schließt sich bald den vordringenden
+Römern an. Nach Eroberung der Stadt +Agrigentum+ (Akrăgas, s. S. 32)
+262 beschließen die Römer den Bau einer großen +Kriegsflotte+. Sie
+bauen Schiffe mit fünf Ruderreihen (Pentēren) nach dem Muster eines
+gestrandeten karthagischen Kriegsschiffs.
+
+[~260.~]
+
+~Erster Seesieg der Römer~ unter ~C. Duilius~ bei ~Mylae,~ westlich
+von Messana, mit Hilfe der Enterbrücken. Zum Andenken an den Sieg die
++columna rostrata+ auf dem Forum errichtet.
+
+[256.]
+
+Nach einem zweiten Seesiege bei ~Eknomos~ an der Südküste Siciliens
+landen die Konsuln ~M. Atilius Regulus~ und +L. Manlius Volso+ an der
+afrikanischen Küste. Die Karthager, durch Verwüstung ihres Gebiets
+erschreckt, bitten um Frieden; Regulus stellt zu hohe Forderungen,
+wird 255 bei +Tunes+ geschlagen und gefangen.
+
+Fortsetzung des Krieges in Sicilien; die Römer erobern +Panormus+ und
+behaupten es durch einen Sieg des Konsuls +L. Caecilius Metellus+
+(251), der bei seinem Triumph in Rom über 100 Elefanten aufführt.
+
+Friedensgesandtschaft der Karthager nach Rom. Nach der römischen
+Legende soll Regulus die Annahme des Friedens widerraten haben und
+in Karthago unter Martern getötet worden sein. Die Römer nehmen den
+Seekrieg wieder auf, belagern aber vergeblich die starke karthagische
+Seefestung ~Lilybaeum~. Der Konsul +P. Claudius Pulcher+ (die heiligen
+Hühner) wird in der
+
+[~249~.]
+
+~Seeschlacht bei Drepăna~
+
+von den Karthagern geschlagen. Darauf in den nächsten Jahren nur
++Landkrieg+ auf der Westseite Siciliens. Der karthagische Feldherr
+~Hamilkar~, genannt ~Barkas~ (d. h. der +Blitz+), verteidigt sich 6
+Jahre mit Erfolg gegen die Römer, erst auf dem Berge +Eirkte+ (Monte
+Pellegrino bei +Palermo+), dann auf dem +Eryx+ bei Drepana, beunruhigt
+auch durch Kaper die Küsten Italiens. Durch das Zusammentreten reicher
+Bürger in Rom wird endlich aus Privatmitteln eine neue Flotte gebaut.
+Mit dieser erringt der Konsul ~C. Lutatius Catulus~ den entscheidenden
+
+[~241~.]
+
+~Seesieg bei den Agatischen Inseln~
+
+(gegenüber Lilybaeum) über die karthagische Flotte unter Hanno.
+
+~Friede~: 1. Die Karthager verzichten auf ganz ~Sicilien~. 2. Sie
+zahlen 3200 Talente (16½ Mill. Mark) Kriegsentschädigung in zehn
+Jahren. -- Der größere, ~westliche Teil Siciliens~ wird die ~erste
+römische Provinz~ unter der Verwaltung eines Prätors; der kleinere
++südöstliche Teil+ bleibt unter der Hoheit des mit Rom verbündeten
++Königs Hiero von Syrakus+.
+
+[238.]
+
+~Karthago~ in großer Gefahr durch den +Aufstand der Söldner+ und der
++libyschen Untertanen+, welcher endlich von +Hamilkar+ unterdrückt
+wird. Die Römer benutzen dies, um von den Karthagern die Abtretung
+von ~Sardinien~ und Zahlung von 1200 Talenten zu erzwingen. Die Insel
+wird mit dem früher +etruskischen+ ~Korsika~ zu +einer+ Provinz
+vereinigt. Doch besetzen die Römer nur die Küsten dieser Inseln; die
+Gebirgsbewohner im Inneren werden gelegentlich bekriegt, um Sklaven zu
+erbeuten.
+
+[236.]
+
++Hamilkar+ beginnt Eroberungen in ~Spanien~, um neues Gebiet für
+Karthago zu gewinnen; sein Schwiegersohn +Hasdrubal+, Nachfolger im
+Oberbefehl, gründet 227 +Neu-Karthago+ (Cartagena).
+
+[229–228.]
+
+Krieg der Römer gegen die seeräuberischen ~Illyrier~ von Skodra. Eine
+römische Flotte beschützt die Griechenstädte Kerkyra, Apollonia,
+Epidamnos; die Königin Teuta muß Tribut zahlen und Gebiet abtreten.
+
+[225–222.]
+
+Die Römer unterwerfen Nord-Italien, ~Gallia cisalpina~, gereizt
+durch einen Einfall gallischer Stämme in +Etrurien+. Diese werden
+bei +Telamon+ an der etruskischen Küste vernichtet. Der Konsul Cn.
+Cornelius Scipio besiegt die Bojer und Cenomanen und erobert 222
++Mediolanum+ (Mailand), die Hauptstadt der Insŭbrer. Zur Sicherung des
+neuen Gebietes werden die latinischen Kolonien Placentia, Cremona,
+Mutĭna angelegt. Die schon früher gebaute Heerstraße nach +Spoletium+
+wird weiter geführt über den Apennin bis an das Adriatische Meer, dann
+die Küste entlang bis +Arimĭnum+ (~Via Flaminia~). Weitere Maßregeln
+zur Befestigung ihrer Herrschaft im cisalpinischen Gallien unterbricht
+der
+
+[~218–201.~]
+
+~Zweite Punische Krieg.~
+
+~Ursachen~: Eifersucht der Römer auf die durch Erwerbungen in Spanien
+neu aufblühende Macht Karthagos; Bestreben des Hauses Barkas, an Rom
+Rache zu nehmen.
+
+~Veranlassung~: Die Eroberung der mit Rom verbündeten spanischen Stadt
++Saguntum+ (Murviedro, nördlich von Valencia) durch ~Hannibal~, den
+Sohn Hamilkars, 219. Eine römische Gesandtschaft fordert in Karthago
+Hannibals Auslieferung; diese wird verweigert, obgleich ein großer Teil
+des karthagischen Senats der Machtstellung der Familie Barkas abgeneigt
+ist. Darauf Kriegserklärung der Römer.
+
+Den römischen Kriegsplan, mit dem Hauptheere von Sicilien aus
+eine Landung in +Afrika+ zu machen, während ein zweites Heer die
+karthagischen Truppen in +Spanien+ beschäftigen soll, vereitelt
+
+[218.]
+
+~Hannibals kühner Zug nach Italien~ auf dem Landwege. Er überschreitet
+nach Zurücklassung genügender Truppen in Spanien unter seinem Bruder
+Hasdrubal, die östlichen +Pyrenäen+ mit 50000 Mann Fußvolk, 9000
+Reitern, 37 Elefanten und durchzieht das südliche Gallien. Der römische
+Konsul +P. Cornelius Scipio+, welcher auf der Fahrt nach Spanien in
+Massilia angelegt hatte, kann Hannibals Übergang über den +Rhodănus+
+(Rhône) nicht hindern, kehrt nach Italien zurück, sendet aber seinen
+Bruder +Cn. Scipio+ mit dem Hauptteil des Heeres nach Spanien.
+Hannibal zieht am Rhodanus aufwärts bis zum Nebenfluß Isăra (Isère),
+dann östlich durch die Gebiete der +Allobrŏger+ und +Ceutronen+,
+überschreitet kämpfend die +Alpen+ (Paß des +Mont Genèvre+ oder des
++Kleinen St. Bernhard+) und gelangt nach unsäglichen Mühen mit nur
+26000 Mann und wenigen Elefanten nach Ober-Italien.
+
+[~218.~ (Sept.)]
+
+~Reitertreffen am Ticinus~, +linkem+ Nebenfluß des Po. Scipio
+verwundet, wird durch seinen 17jährigen Sohn, den späteren
+»+Africanus+«, gerettet. Verstärkt durch aufständische Gallier (S 89),
+schlägt Hannibal in der
+
+[~218.~ (Dez.)]
+
+~Schlacht an der Trebia~ (+rechtem+ Nebenfluß des Po) den andern Konsul
++Tib. Sempronius Longus+, der, aus Sicilien zurückberufen, die beiden
+vereinigten römischen Heere befehligte.
+
+Hannibal befördert den nationalen Aufstand der cisalpinischen Gallier,
+entläßt alle gefangenen römischen Bundesgenossen, überschreitet den
+Apennin und vernichtet ein römisches Heer von 30000 Mann unter dem
+Konsul +C. Flaminius+ in der
+
+[~217.~]
+
+~Schlacht am Trasimenischen See~. Schrecken in Rom; man rüstet sich
+aber zur Verteidigung der Stadt. ~Q. Fabius Maximus~ zum +Dictator+
+ernannt. Hannibal wendet sich nach Osten, um den Abfall der römischen
+Bundesgenossen allgemein zu machen, zieht durch +Picenum+ nach
++Apulien+. Fabius folgt ihm in gemessener Entfernung, eine Schlacht
+vermeidend (daher +Cunctator+, der Zauderer, genannt). Als Hannibal,
+wieder den Apennin überschreitend, nach Campanien vordringt, hindert
+Fabius ihn nicht an der Plünderung der reichen Landschaft, verlegt ihm
+aber den Rückweg bei +Casilīnum+ am +Volturnus+. Hannibal gewinnt durch
+eine List freie Bahn und kehrt nach +Apulien+ zurück.
+
+Die römische Bürgerschaft, mit Fabius’ Kriegführung unzufrieden, gibt
+dem magister equitum +M. Minucius+, der bei +Gerunium+ glückliche
+Gefechte gegen die Karthager besteht, als zweitem +Dictator+ einen
+unabhängigen Oberbefehl über die Hälfte des Heeres. Er greift
+Hannibal an, wird geschlagen und nur durch +Fabius+ vor vollständiger
+Vernichtung gerettet.
+
+Zu Konsuln des Jahres 216 werden der als Feldherr bewährte ~L. Aemilius
+Paullus~ von der Optimatenpartei und der unfähige ~C. Terentius Varro~
+von der Volkspartei erwählt, um mit einem Heere von 86000 Römern und
+Bundesgenossen Hannibal zu vernichten. Varro greift an dem Tage, wo er
+den Oberbefehl hat, unvorsichtig an.
+
+[~216.~]
+
+~Schlacht bei Cannae~ (in Apulien, am +Aufidus+), furchtbare Niederlage
+der Römer; gegen 50000 werden getötet, darunter mehr als 80 Männer
+senatorischen Ranges und der Konsul +L. Aemilius Paullus+, die übrigen
+werden gefangen oder zersprengt. +Varro+ rettet sich mit einer kleinen
+Schar nach Venusia und sammelt allmählich einen Rest von 10000 Mann.
+
+In demselben Jahre wird auch eine nach dem cisalpinischen Gallien
+geschickte Legion vernichtet. Der ~Abfall von Capua~, die Lossagung
+der Samniten, Lukaner, Bruttier und vieler unteritalischer Städte vom
+römischen Bündnis ist die unmittelbare Folge der Schlacht bei +Cannae+.
+
+Bewundernswürdige Haltung des römischen Senats. Die Trauer um die
+Gefallenen wird auf 30 Tage beschränkt, Hannibals Gesandten, welche die
+Lösung der Gefangenen anbieten, der Eintritt in die Stadt verboten;
+mit Heranziehung aller irgend Waffenfähigen, selbst Sklaven, wird ein
+neues Heer gebildet und zum Teil mit alten Beutestücken aus den Tempeln
+bewaffnet. Der Prätor ~M. Claudius Marcellus~, schon im gallischen
+Kriege erprobt, und der Dictator +M. Junius Pera+ verteidigen die
+römischen Stellungen bei +Neapolis+, +Cumae+ und +Nola+. Hannibal
+bezieht Winterquartiere in +Capua+. Karthago schließt Bündnis mit
++Philipp V.+ von Makedonien und +Hieronymus+, dem Enkel und Nachfolger
+des Königs Hiero in Syrakus (S. 88).
+
+[~215.~]
+
+Wendung des Krieges zugunsten der Römer. Hannibal, bei +Nola+ von
++Marcellus+ zurückgeschlagen, geht nach +Apulien+ und gibt den
+Angriffskrieg auf. Aus Karthago erhält er, mit Ausnahme einer Sendung
+von 4000 Mann, keine Unterstützung. Die Römer dagegen bringen ihre
+Kriegsmacht bald auf 21 Legionen; ihre +Flotte+ beherrscht von
+Lilybaeum aus das Meer und macht öfters Landungen an der afrikanischen
+Küste. Hannibals Hoffnung auf Zuzug aus Spanien wird vereitelt durch den
+
+[~218–206.~]
+
+~Krieg der Römer gegen die Karthager in Spanien.~
+
+Die Feldherrn +P.+ und +Cn. Cornelius Scipio+ besiegen +Hasdrubal+,
+Hannibals Bruder, 216 am +Ibērus+ (Ebro) und dringen bis in das Gebiet
+des +Baetis+ (Guadalquivir) vor, wo sie sich unter wechselvollen
+Kämpfen ~bis 211~ im ganzen siegreich behaupten. Zugleich bedrängen
+sie durch ihren Bundesgenossen +Syphax+, König von Westnumidien, die
+Karthager in Afrika. Das Bündnis mit Philipp von Makedonien bringt dem
+Unternehmen Hannibals ebenfalls keine Hilfe.
+
+[215–205.]
+
+~Erster Makedonischer Krieg,~
+
+von den Römern mit geringen Streitkräften glücklich geführt. Der
+unentschlossene König +Philipp+ wagt nicht, die versprochene Landung
+in Italien auszuführen. Die Römer bringen gegen ihn ein Bündnis
++griechischer+ Staaten zustande (die ~Ätōler~ an der Spitze), dem sich
++illyrische+ und +thrakische+ Häuptlinge, sowie König +Attălos+ von
+Pergamon anschließen.
+
+[214–210.]
+
+~Krieg in Sicilien (Belagerung von Syrakus),~
+
+durch ~Marcellus~ zugunsten der Römer entschieden. Nach Vernichtung
+des karthagischen Entsatzheeres unter +Himilko+ durch Niederlagen und
+Seuchen in den sumpfigen Niederungen des +Anāpos+ wird trotz tapferer
+Verteidigung (+Archimēdēs+)
+
+[~212.~]
+
+~Syrakus erobert und geplündert.~
+
+In Italien nimmt Hannibal die Stadt ~Tarent~ ein, mit Ausnahme der
+Burg, und kämpft glücklich in Lukanien.
+
+[211.]
+
+Unglück der Römer in ~Spanien~. Beide Scipionen werden von den
+Karthagern und ihrem Verbündeten +Massinissa+, Sohn des Königs von
+Ostnumidien (selbst König 208), geschlagen und getötet; ihre Truppen
+weichen nach Norden über den Ebro zurück.
+
+Hannibal greift das römische Belagerungsheer vor ~Capua~ an, wird
+aber zurückgeschlagen. Um die Römer zur Aufhebung der Belagerung zu
+bewegen, rückt er gerade auf Rom los und schlägt am Anio ein Lager auf
+(+Hannibal ad portas!+), geht aber nach Verwüstung der Umgegend, da die
+Römer zur Verteidigung bereit sind, nach Unter-Italien zurück, ohne
+seinen Zweck erreicht zu haben.
+
+~Capua muss sich den Römern ergeben~, welche über die Stadt ein
+furchtbares Strafgericht ergehen lassen (viele Bürger als Sklaven
+verkauft, 53 Senatoren enthauptet, die Selbstständigkeit der Gemeinde
+vernichtet). Hannibals Angriff auf +Rhegium+ und auf die +Burg von
+Tarent+ mißlingt; seine italischen Bundesgenossen beginnen ihn zu
+verlassen.
+
+[210.]
+
+Der junge ~P. Cornelius Scipio~ (Sohn und Neffe der in Spanien
+gefallenen Brüder) wird als Prokonsul nach Spanien geschickt; er geht
+209 über den Ebro und erobert +Neukarthago+, während in Italien Q.
+Fabius Maximus +Tarent+ wiedergewinnt.
+
+[208.]
+
+Marcellus fällt in einem Reitertreffen bei +Venusia+. Ausharren der
+Römer trotz der durch die Dauer des Krieges sich fühlbar machenden
+Erschöpfung der Kräfte. Zwölf latinische Kolonien erklären sich außer
+stande, fernerhin Geld und Mannschaften zu liefern, 18 andere dagegen
+halten treu zu Rom.
+
+In ~Spanien~ dringt Scipio siegreich bis zum Süden vor, kämpft aber bei
++Baecula+ ohne Entscheidung mit +Hasdrubal+ und kann ihn nicht hindern,
+über die (westlichen) Pyrenäen zu gehen, um seinem Bruder Hannibal
+Hilfe zuzuführen.
+
+[~207.~]
+
+Hasdrubal, in Ober-Italien angelangt, ruft die cisalpinischen Gallier
+aufs neue zu den Waffen. Große Rüstungen in Rom (23 Legionen auf den
+verschiedenen Kriegsschauplätzen), um die Gefahr abzuwehren. Gegen
+Hasdrubal wird der Konsul +M. Livius Salinator+, gegen Hannibal der
+Konsul +C. Claudius Nero+ gesendet. Dieser entschließt sich, während
+Hannibal ihm gegenüber in +Apulien+ lagert, zu einem Eilmarsch mit 7000
+Mann auserlesener Truppen und vereinigt sich mit seinem Amtsgenossen.
+Beide Konsuln siegen in der
+
+[~207.~]
+
+~Schlacht bei Sena Gallica~, nicht weit vom Flusse ~Metaurus~.
++Hasdrubal+ fällt. Auf die Nachricht von dieser Niederlage (die Römer
+werfen den karthagischen Vorposten den Kopf des +Hasdrubal+ zu) zieht
+Hannibal nach dem Bruttierlande zurück.
+
+[206.]
+
+Die Karthager räumen +Gades+ (Cadix), ihre letzte Besitzung in Spanien.
+
+[205.]
+
+~Scipio~, zum Konsul erwählt, bereitet in Sicilien einen Zug nach
+Afrika vor. +Mago+, Hannibals jüngster Bruder, landet mit den Trümmern
+des spanischen Heeres der Karthager bei +Genua+ und ruft die Ligurer zu
+den Waffen. Sofort werden drei römische Heere gegen ihn aufgeboten.
+
+[204.]
+
+Scipios Landung in Afrika. Den Kern seines Heeres bilden die Reste des
+einst bei Cannae besiegten Heeres (2 Legionen). Mit ihm vereinigt sich
+Massinissa, der von den Karthagern und dem jetzt mit ihnen verbündeten
++Syphax+ (Gemahl der Karthagerin +Sophonĭba+) aus seinem Reiche
+vertrieben war.
+
+[203.]
+
++Scipio+ schlägt die Karthager und Numider durch nächtlichen Überfall
+(das Lager in Brand gesteckt) und bedroht Karthago. +Syphax+ wird in
+der Nähe seiner Hauptstadt +Cirta+ (Constantine) von einer römischen
+Heeresabteilung unter +C. Laelius+ und den numidischen Reitern unter
++Massinissa+ besiegt und gefangen. Friedensunterhandlungen ohne
+Ergebnis. Die Karthager rufen +Hannibal+ und +Mago+ nach Afrika zurück;
+Mago stirbt auf der Überfahrt. Hannibal schifft sich in +Kroton+ ein,
+nachdem er die italischen Soldaten, die ihm nicht folgen wollen, hat
+niedermachen lassen, und landet bei Leptis. Nach einer fruchtlosen
+persönlichen Unterhandlung zwischen Scipio und Hannibal kommt es zur
+
+[~202.~]
+
+~Entscheidungsschlacht bei Zama~,
+
+in der das karthagische Heer geschlagen und vernichtet wird. Hannibal
+flüchtet nach +Hadrumētum+.
+
+[~201.~]
+
+Scipio gewährt den Karthagern ~Frieden~ unter folgenden Bedingungen: 1.
+Abtretung der spanischen Besitzungen und der Inseln des Mittelmeeres.
+2. Übergabe des numidischen Reiches an +Massinissa+. 3. Zahlung eines
++jährlichen+ Tributs von 200 Talenten (etwa 1 Mill. Mark) +fünfzig+
+Jahre lang. 4. Auslieferung und Verbrennung aller Kriegsschiffe bis
+auf 10. 5. Verbot, ohne Erlaubnis der Römer irgendwo Krieg zu führen.
+-- +P. Cornelius Scipio+, der den Beinamen ~Africanus~ erhält, feiert
+in Rom einen glänzenden Triumph (+Syphax+).
+
+Die italischen Bundesgenossen Hannibals werden zu bedeutenden
+Gebietsabtretungen verurteilt: in diesen Gebieten werden +Kolonien+
+gegründet (+Puteoli+, +Salernum+, +Croton+, +Vibo+); das Gebiet von
++Capua+ bleibt ager publicus. Nach einer nochmaligen Erhebung der
+cisalpinischen Gallier und der Ligurer wird
+
+[200–191.]
+
+~Ober-Italien~ nach schwerem Kampfe ~wieder unterworfen~.
+Wiederherstellung der Kolonien +Placentia+, +Cremona+, +Mutina+;
+~Via Aemilia~ von Ariminum bis Placentia; Kolonie +Aquileia+ an der
+Nordostgrenze.
+
+~Folgen des zweiten Punischen Krieges~: 1. Durch den glücklichen
+Ausgang des Kampfes, bei welchem der Bestand des römischen Staats
+gefährdet war, ist die nationale Einigung und Unabhängigkeit Italiens
+unter Roms Herrschaft sichergestellt. 2. Rom gewinnt außeritalische
++Provinzen+ und beschreitet, durch keinen ebenbürtigen Gegner mehr
+gehindert, die Bahn zur +Weltherrschaft+.
+
+
+§ 5. Ausbreitung der römischen Herrschaft.
+
+In ~Spanien~ werden 197 ~zwei Provinzen~ eingerichtet: +Hispania
+citerior+ (Tarraconensis) und +Hispania ulterior+ (Baetica). Doch
+bedarf es noch oft wiederholter Feldzüge (195 der Konsul +M. Porcius
+Cato+), um die römische Herrschaft zu befestigen.
+
+Durch Unterwerfung der griechischen Länder des Ostens entsteht ein
+mächtiges, zweisprachiges Reich, welches die +Mittelmeer+länder zu
+einer großen Einheit zusammenschließt.
+
+[~200–197.~]
+
+~Zweiter Makedonischer Krieg.~
+
+~Veranlassung~: Makedonische Söldner hatten bei Zama gegen die Römer
+gekämpft. Außerdem bitten König +Attălos+ von +Pergămon+ und die Städte
++Rhodos+ und +Athen+ die Römer um Hilfe gegen Philipp, der im Bunde mit
+Antiochos III. von Syrien Ägypten bekriegt und auch sie schwer bedrängt.
+
+Zwei römische Legionen unter +P. Sulpicius Galba+ landen in Illyrien
+bei +Apollonia+. Die römische Flotte schützt den Peiraieus und
+bedroht Euböa. Philipp, vor Athen zurückgeschlagen, wird gezwungen,
+Mittel-Griechenland zu verlassen. Erfolglose Kriegführung der Römer
+in +Illyrien+; die Flotte versucht vergebens eine Landung auf der
+Halbinsel +Chalkidike+. Aber der Konsul ~T. Quinctius Flamininus~
+(198) gewinnt, nach Umgehung der festen Stellung Philipps, Epirus,
+besetzt dann Phokis und Böotien und siegt endlich in der
+
+[~197.~]
+
+~Schlacht bei Kynoskephălae~ in Thessalien.
+
+~Friede~: Philipp muß die Hegemonie über Griechenland sowie überhaupt
+alle Besitzungen außerhalb des eigentlichen Makedoniens aufgeben und
+in 10 Jahren 1000 Talente zahlen; ferner darf er nur 5000 Soldaten und
+5 Kriegsschiffe halten und nur mit römischer Erlaubnis Krieg führen.
+-- Bei den Isthmischen Spielen läßt +Flamininus+ den Senatsbeschluß
+verkünden, welcher die bisher Philipp untertänigen ~griechischen
+Staaten für frei~ erklärt. Die meisten treten in den Achäischen Bund;
+die Römer beschränken die Herrschaft des Tyrannen +Nabis+ von Sparta,
+lassen sie aber als Gegengewicht gegen den Achäischen Bund bestehen (s.
+S. 69).
+
+[195.]
+
+Die oligarchische Partei in ~Karthago~, wo auf Hannibals Anregung eine
+demokratische Reform der Verfassung stattgefunden hat, verdächtigt
+diesen beim römischen Senat, der seine Auslieferung verlangt. Hannibal
+flüchtet nach Tyrus, von da zum König Antiochos.
+
+[~192–189.~]
+
+~Krieg mit Antiochos III. von Syrien.~
+
+Antiochos, herbeigerufen von den mit Roms Schutzherrschaft
+unzufriedenen +Ätōlern+, eröffnet den Krieg mit einer Landung in
+Thessalien. Von da geht er nach Euböa. Die meisten Griechen, namentlich
+der +Achäische+ Bund, bleiben den Römern treu, mit denen sich auch
++Philipp von Makedonien, Eumĕnes von Pergamon+ und +Rhodos+ verbinden.
+Landung des Konsuls M’. Acilius Glabrio in Epirus und Marsch nach
+Thessalien.
+
+[191.]
+
+~Schlacht bei Thermopylae.~ Der Konsular und Besieger der Spanier,
++M. Porcius Cato,+ welcher als Kriegstribun im römischen Heere dient,
+überrumpelt die Ätoler auf dem Bergpfade des Ephialtes (S. 40), der
+Konsul +Acilius+ nimmt den Hauptpaß und zersprengt das Heer des
+Antiochos, der mit wenigen Truppen nach +Chalkis+ entkommt und sich
+dort nach +Ephĕsus+ einschifft.
+
+[190.]
+
+Eine +rhodische+ Flotte besiegt die von +Hannibal+ geführte Flotte des
+Königs an der Mündung des +Eurymedon+ (s. S. 43), die römische Flotte
+siegt am Vorgebirge +Myonnesos+ unweit Ephesus. Das römische Landheer
+unter +L. Cornelius Scipio,+ welchen sein Bruder +Scipio Africanus+ als
+Legat begleitet, marschiert durch Makedonien und Thrakien, setzt über
+den Hellespont und schlägt den Antiochos bei ~Magnesia~ am Sipy̆los,
+nicht weit von Smyrna.
+
+[189.]
+
+Friedensschluß: Antiochos tritt +Kleinasien+ bis zum Taurusgebirge ab,
+zahlt in zwölf Jahren 15000 Talente (über 70 Mill. Mark) Kriegskosten,
+liefert seine Kriegsschiffe bis auf zehn aus. +Hannibal+ entflieht nach
+Bithynien zum Könige Prusias, tötet sich dort 183 durch Gift.
+
+In Rom glänzender Triumph des +L. Cornelius Scipio+, der den
+Beinamen +Asiaticus+ annimmt. Der Senat beschließt, vor der Hand
+keine unmittelbaren Besitzungen in Asien zu erwerben, verteilt die
+abgetretenen Länder an die Bundesgenossen, namentlich an +Eumĕnes+
+von Pergamon und die +Rhodier+, und nimmt die griechischen Städte
+Asiens in Schutz gegen die +Galăter+ (189 Zug des Konsuls +Cn.
+Manlius Volso+ von Ephĕsus aus). In Griechenland werden die +Ätōler+
+besiegt und unterworfen, die übrigen Staaten behalten vorläufig ihre
+Selbständigkeit. Die inneren Zwistigkeiten dauern unter den Griechen
+fort, der römische Senat wird als Schiedsrichter angerufen,
+
+[186.]
+
+Senatus consultum +de bacchanalibus+ gegen die Ausartung griechischer
+Götterdienste.
+
+[184.]
+
+~M. Porcius Cato~ (234–149) strenger Censor in Rom, bekämpft als
+Vertreter altrömischer Sittenstrenge die zugleich mit der griechischen
+Bildung sich ausbreitenden Laster der Nobilität (+ambitio, avaritia,
+luxuria+), erbaut nach griechischem Vorbilde die erste Säulenhalle am
+Forum, Basilica Porcia. +P. Cornelius Scipio Africanus+, mit seinem
+Bruder L. Scipio von zwei Volkstribunen angeklagt wegen willkürlicher
+Verwendung der von Antiochos gezahlten Gelder, schlägt durch sein
+Ansehen den Prozeß nieder, verläßt dann Rom und stirbt 183 auf seinem
+Landgute zu Liternum in Campanien.
+
+[180.]
+
+~Lex Villia annalis~, beantragt von dem Tribunen +L. Villius,+ zur
+Beschränkung der Ämtersucht (ambitio). Sie setzt ein bestimmtes Alter
+für die kurulischen Ämter fest: nach zehnjährigem Kriegsdienst Ädilität
+im 37. Lebensjahre, Prätur im 40., Konsulat im 43. Von der Bewerbung
+um die Ädilität waren Unvermögende schon dadurch ausgeschlossen, daß
+die Kosten für die +öffentlichen Spiele+ (ludi Romani, ludi plebei,
+Megalesia, Cerealia, Floralia) größtenteils von den Ädilen selbst
+getragen wurden.
+
+[~171–168.~]
+
+~Dritter Makedonischer Krieg.~
+
+Philipps V. Sohn ~Perseus~ will Makedoniens Macht über Griechenland
+herstellen; König Eumĕnes von Pergamon verklagt ihn in Rom. Die
+römische Kriegführung in Thessalien anfangs erfolglos, so daß unter den
+Griechen sich Neigung zum Abfall zeigt; dann aber dringt ~L. Aemilius
+Paullus~, Sohn des bei Cannae gefallenen Konsuls, nachdem er die
+Mannszucht im Heere hergestellt hat, in Makedonien ein und gewinnt die
+entscheidende
+
+[~168.~]
+
+~Schlacht bei Pydna.~
+
+Perseus entflieht zu Schiff, ergibt sich dann auf der Insel Samothrake
+den Römern. Glänzender Triumph des Aemilius Paullus. Die nach Rom
+gebrachte Beute ist so bedeutend, daß fortan den Bürgern das +Tributum+
+(s. S. 75) erlassen werden kann.
+
+~Makedonien~ wird noch nicht zur Provinz gemacht, sondern in 4 von
+Rom abhängige Bezirke aufgelöst, die untereinander weder +commercium+
+noch +conubium+ haben; ebenso +Illyrien+ nach Besiegung des Königs
++Genthios+, eines Bundesgenossen des Perseus, in 3 Bezirke. Über
++Epirus+ wird ein grausames Strafgericht verhängt (70 Städte zerstört,
+die Einwohner als Sklaven verkauft); die +griechischen Staaten+ werden
+in das Verhältnis der Untertänigkeit herabgedrückt. 1000 vornehme
+Achäer werden zur Untersuchung nach Rom geführt (unter ihnen der
+Geschichtschreiber +Polybios+) und dann 16 Jahre in italischen Städten
+in Gewahrsam gehalten. Die alten Bundesgenossen der Römer, Eumĕnes
+von ~Pergamon~ und die ~Rhodier~, welche im Kriege eine vermittelnde
+Stellung hatten einnehmen wollen, werden gedemütigt und den letzteren
+ihre Besitzungen auf dem Festlande abgenommen. In einem zwischen
+~Syrien~ und ~Ägypten~ ausgebrochenen Kriege schreitet der Senat zum
+Schutze der Ptolemäer ein. Der römische Gesandte +C. Popillius Laenas+
+(168) befiehlt dem König +Antiochus IV.+ von Syrien vor Alexandrīa in
+herrischer Weise den Rückzug.
+
+[~149–146.~]
+
+~Dritter Punischer Krieg.~
+
+~Veranlassung~: Streitigkeiten der Karthager mit König +Massinissa+,
+der ihr Gebiet schmälert; sie bekämpfen ihn ohne römische Erlaubnis.
+Der Senat beschließt Krieg auf Betreiben des greisen +M. Porcius Cato+:
+Ceterum censeo Carthaginem esse delendam († 149).
+
+Zwei konsularische Heere landen bei +Utĭca+; die Karthager unterwerfen
+sich, liefern Schiffe und Waffen aus. Als aber gefordert wird, daß sie
+ihre Stadt verlassen und sich 2 Meilen vom Meere neu anbauen sollen,
+entschließen sie sich zu verzweifeltem Widerstande. Mit äußerster
+Anstrengung aller Bewohner Karthagos wird eine neue Kriegsrüstung
+zustande gebracht, Tag und Nacht werden Waffen geschmiedet, im
+inneren Hafen wird eine neue Flotte gebaut. Ein Sturm der Römer wird
+zurückgeschlagen. Belagerung Karthagos.
+
+[147.]
+
+~P. Cornelius Scipio Aemilianus,~ Sohn des L. Aemilius Paullus, durch
+Adoption Enkel des Scipio Africanus[24] erhält den Oberbefehl. Er
+schließt die Stadt von der Land- und Seeseite vollständig ein.
+
+[~146.~]
+
+~Einnahme und Zerstörung Karthagos.~
+
+Sechstägiger Straßenkampf und 17tägiger Brand. Die überlebenden
+Einwohner werden als Sklaven verkauft.
+
+Das Land vom +Tusca+fluß, gegenüber der Insel +Galatha+, bis zur
+kleinen Syrte wird unter dem Namen ~Africa~ römische Provinz
+(Hauptstadt +Utĭca+). Das übrige Land kommt an das verbündete
+Königreich +Numidien+. Glänzender Triumph Scipios, der den Beinamen
++Africanus+ (minor) erhält.
+
+[146.]
+
+~Makedonien wird römische Provinz~
+
+nach Besiegung des +Andriskos+, der sich für einen Sohn des Perseus
+ausgibt, durch +Q. Caecilius Metellus.+
+
+[140.]
+
+~Einnahme und Zerstörung von Korinth~
+
+nach einem kurzen Kriege des Achäischen Bundes gegen die Römer. Der
+Konsul +L. Mummius+ siegt bei +Leukopetra+, besetzt Korinth und
+zerstört es auf Befehl des Senats. Die Kunstschätze werden nach Rom
+geschickt, sämtliche Einwohner als Sklaven verkauft. Das Gebiet der
+Stadt wird teils an +Sikyon+ gegeben, teils für römisches Gemeindeland
+erklärt.
+
+Die anderen griechischen Städte werden im allgemeinen mit Milde
+behandelt, doch sind sie dem in +Thessalonike+ residierenden
++Statthalter von Makedonien+ untergeordnet (s. S. 69).
+
+Die ersten ~vier Provinzen~ (+Sicilia+, +Sardinia+ nebst +Corsica+,
++Hispania citerior+ und +ulterior+) wurden anfänglich von ~Prätoren~
+verwaltet, so daß es mit dem +Praetor urbanus+ und dem +Praetor inter
+peregrinos+ (seit 241), welche stets in Rom blieben, ~6~ jährlich
+erwählte Prätoren gab. Später wird es üblich, daß alle Prätoren während
+des Amtsjahres in Rom bleiben als Vorsitzende der aus Senatoren
+gebildeten +Gerichtshöfe+ (+quaestiones perpetuae+). Im +nächsten+
+Jahre gehen dann die Prätoren als ~Proprätoren~, begleitet von
++Quästoren+ als Finanzbeamten, in die ihnen durch das Los zugefallenen
+Provinzen; doch werden in solche Provinzen, wo noch Krieg zu führen
+ist, in der Regel die +Prokonsuln+ gesandt. Neben der Verwaltung steht
+den Prokonsuln und Proprätoren die höchste Militär- und Justizgewalt zu.
+
+[149.]
+
+Einsetzung des Gerichtshofs über Erpressungen (+de repetundis+) zur
+Abstellung der aus den Provinzen kommenden Klagen.
+
+Im Jahre 146 bestanden ~acht Provinzen~, außer den vier oben genannten
+noch +Gallia cisalpina+, +Illyricum+, +Africa+, +Macedonia+. Die
+Einrichtung einer Provinz wird in der Regel von dem erobernden
+Feldherrn und einer Kommission von 10 Senatoren vorgenommen. Die
+Provinzen sind im Gegensatz zu Italien +steuerpflichtige+ Gebiete.
+Doch behalten einige Städte auf Grund eines Vertrages (+civitates
+foederatae+), andere auf Grund eines Senats- oder Volksbeschlusses
+(+civitates liberae et immunes+) Steuerfreiheit, eigene Gerichtsbarkeit
+und Verwaltung durch selbstgewählte Behörden (divide et impera!).[25]
+Die Abgaben der Provinz [Grundsteuer (tributum); Pacht- und Weidegelder
+von Staatsländereien (vectigal, scriptura); Hafenzölle (portoria)]
+werden an ~Abgabenpächter (publicani)~ verpachtet, meist Gesellschaften
+von römischen Bürgern aus dem Ritterstande (+ordo equester+, S. 102),
+von denen viele auch als Bankiers (+negotiatores+) und Großkaufleute
+(+mercatores+) in der Provinz Handelsgeschäfte trieben. Dem Amtsadel
+(+ordo senatorius+) waren Geld und Handelsgeschäfte untersagt; er legte
+sein Geld in Ländereien an, die durch Sklaven bearbeitet wurden.
+
+In Italien bleibt der Gegensatz zwischen +römischen Bürgern+ und
++Bundesgenossen+; die Municipien (S. 86) erhalten nach und nach
+römisches Bürgerrecht. Die Herrschaft der ~Nobilität~ mit ihrem
+regelmäßigen Ämterwechsel ist so befestigt, daß Ernennung von
++Dictatoren+ lange Zeit nicht mehr vorkommt. Seit 153 v. Chr. treten
+die Konsuln ihr Amt stets am 1. Januar an (früher am 1. März). In
+Zeiten der Gefahr überträgt der Senat ihnen diktatorische Gewalt durch
+den Beschluß: +Videant consules, ne quid detrimenti respublica capiat+.
+
+Zunehmende Verweichlichung und Genußsucht in Rom seit dem Ende des
+zweiten Punischen Krieges. Beginn des Großkapitalismus und der
+Latifundienwirtschaft. Vergebliche Bestrebungen von Männern wie M.
+Porcius Cato Censorius (234–149).
+
+
+§ 6. Bürgerliche Unruhen.
+
+[~153–133.~]
+
+~Unterwerfung Spaniens.~
+
+Wiederholte Einfälle der freien +Lusitaner+ (in Portugal) in die
+südliche Provinz. Ihr Feldherr +Viriāthus+, in mehreren Schlachten
+siegreich, wird 139 durch Verräter aus seiner Umgebung ermordet. In der
+nördlichen Provinz ist die Stadt ~Numantia~ (unweit +Soria+ am oberen
++Duero+) Mittelpunkt des Widerstandes. Endlich erhält den Oberbefehl
++P. Cornelius Scipio Aemilianus Africanus+ (minor), der die Mannszucht
+im Heere wiederherstellt und nach 15monatiger Einschließung die Stadt
+aushungert. Verzweifelte Verteidigung.
+
+[~133.~]
+
+~Übergabe und Zerstörung von Numantia.~
+
+Scipios Beiname Numantinus. Seit dem Fall von Numantia ist ganz
+Spanien, mit Ausnahme der nördlichen Bergvölker, der römischen
+Herrschaft unterworfen.
+
+[135–132.]
+
+~Erster Sklavenkrieg.~
+
+Aufstand der mißhandelten Sklaven in Sicilien unter dem Syrer +Eunūs+,
+der sich König +Antiochos+ nennt, glücklich gegen mehrere römische
+Heere kämpft, endlich aber gefangen und mit einer großen Anzahl
+Aufständischer hingerichtet wird.
+
+[~133–121.~]
+
+~Gracchische Unruhen,~
+
+hervorgerufen durch die auf gewaltsame Weise betriebenen politischen
+und sozialen +Reformen+ der Brüder +Tiberius+ und +Gaius Sempronius
+Gracchus.+
+
+Fortwährende Vermehrung der großen, durch Sklaven bewirtschafteten
+Güter (+Latifundia+). Billiges Getreide aus den Provinzen. Dadurch
+schmilzt der freie Bauernstand zusammen; viele arme Bürger ziehen
+nach Rom, gelockt durch die Aussicht auf Getreidespenden und
+Wahlbestechungen. Deshalb stellt
+
+[~133.~]
+
+~Tib. Sempronius Gracchus,~ durch seine Mutter +Cornelia+ Enkel des
+Siegers von Zama, als Volkstribun den Antrag auf Erneuerung des in
+Vergessenheit geratenen ~Licinischen Ackergesetzes~ (S. 81), doch
+sollen außer den 500 Morgen für zwei Söhne noch je 250 vom Gemeindeland
+von den Besitzern behalten und für die auf dem zurückzugebenden Lande
+ausgeführten Bauten und Anlagen Entschädigungen gezahlt werden. Aus dem
+dadurch frei gewordenen Gemeindeland sollen unveräußerliche Bauerngüter
+von je 30 Morgen gebildet und zur Bewirtschaftung gegen einen mäßigen
+Erbzins an arme Bürger verteilt werden. Nachdem Tib. Gracchus den
+Volkstribunen +M. Octavius+, der dagegen beharrlich Einspruch erhebt,
+durch Volksbeschluß widerrechtlich hat absetzen lassen, wird das
+Gesetz vom Volke angenommen; mit seiner Ausführung werden beauftragt:
++Tib. Gracchus+, sein Schwiegervater +Appius Claudius+ und sein Bruder
++C. Gracchus+ (tresviri agris dandis assignandis).
+
+[~133.~]
+
+Tod des Königs +Attălos III. von Pergămon+, der sein Reich (fortan
+~römische Provinz Asia~) und seine Schätze den Römern hinterläßt (S.
+66).
+
+Tib. Gracchus beantragt gegen das bestehende Herkommen, wonach der
++Senat+ über auswärtige Angelegenheiten entscheidet, beim +Volke+, den
+pergamenischen Schatz an die neuen Landbesitzer behufs Anschaffung des
+nötigen Inventars zu verteilen.
+
+Vorbereitung weiterer volkstümlicher Gesetze (Abkürzung der Dienstzeit,
+Ausdehnung des Provokationsrechtes u. a.).
+
+Tib. Gracchus will sich +entgegen dem bestehenden Gesetz+ für das
+folgende Jahr wieder zum Tribunen wählen lassen, wird aber mit 300
+seiner Anhänger von den Optimaten unter Führung des P. Cornelius Scipio
+Nasica auf dem Forum ~erschlagen~. Die Konsuln des folgenden Jahres
+schreiten gegen die Volkspartei (+populares+) mit Hinrichtungen und
+Verbannungen ein, die beschlossene Ackerverteilung aber kommt zur
+Ausführung.
+
+[131.]
+
+Der Volkstribun +C. Papirius Carbo+ setzt, um den Einfluß der Optimaten
+auf die Tributkomitien zu brechen, schriftliche geheime Abstimmung in
+denselben durch (lex tabellaria), welche für die Wahlen schon seit 139
+angeordnet war. Seinen weiteren Vorschlägen tritt ~P. Cornelius Scipio
+Aemilianus~ (Gemahl der Sempronia, Schwester der Gracchen, S. 98),
+entgegen; auch hemmt er die weitere Tätigkeit der tresviri agris dandis
+assignandis, indem er bewirkt, daß ihnen die richterliche Entscheidung
+über streitiges Land entzogen wird.
+
+[129.]
+
+Am Tage nach einer aufgeregten Verhandlung wird +Scipio+ in seinem
+Hause tot (ermordet?) gefunden.
+
+[125.]
+
+Der Konsul +M. Fulvius Flaccus+, welcher im Sinne der gracchischen
+Partei beantragt, den italischen Bundesgenossen römisches Bürgerrecht
+zu gewähren, wird vom Senat der von gallischen Stämmen bedrängten
+Stadt +Massilia+ (S. 66) zu Hilfe geschickt. Bald darauf werden, um
+den Landweg von Italien nach Spanien zu sichern, römische Kolonien in
++Aquae Sextiae+ und +Narbo+ gegründet, zur Sicherung des Seeverkehrs
+werden die +Balearischen Inseln+ besetzt.
+
+[121.]
+
+~Gallia Narbonensis römische Provinz~ (Massilia +civitas foederata+).
+
+[~123.~]
+
+~Gaius Sempronius Gracchus~ erneuert als Volkstribun das +Ackergesetz+
+seines Bruders und knüpft daran eine Reihe von Gesetzen, welche die
+Herrschaft der Optimaten zu stürzen bestimmt sind. Er gewinnt die
+Menge der ärmeren Bürger für sich, indem er die persönliche Freiheit
+sichert (+lex Sempronia de civibus Romanis+: ne de capite civium
+Romanorum iniussu populi iudicaretur), den Kriegsdienst erleichtert
+(+lex militaris+) und Getreideverkauf von Staats wegen an die Bürger zu
+billigem Preise anordnet (~lex frumentaria~). Für 122 wird er auf Grund
+eines Gesetzes, welches bei Mangel an Bewerbern um das Tribunat dem
+Volke freie Wahl gestattet, wieder zum Tribunen gewählt.
+
+Durch die ~lex iudiciaria~ überträgt C. Gracchus die Besetzung
+der Geschworenengerichte (quaestiones perpetuae, S. 98) vom
+~Senatorenstand~ (+ordo senatorius+) auf den ~Ritterstand~ (+ordo
+equester+). Dieser umfaßte die reicheren Bürger, welche als Besitzer
+eines Vermögens von mindestens 400 000 sestertii (70 000 Mark) zum
+Kriegsdienst zu Pferde eingeschätzt waren; die Senatoren aber waren
+seit 129 gesetzlich verpflichtet, mit ihrem Eintritt in den Senat aus
+den Rittercenturien auszuscheiden. Die einflußreichen Mitglieder der
++Geldaristokratie+ (publicani und negotiatores, S. 99) saßen also
+fortan auch über Senatoren zu Gericht.
+
+Auch die Besetzung der +Statthalterschaften+ in den Provinzen wird
+(durch die ~lex de provinciis~) der freien Verfügung des Senats
+entzogen; die Provinz +Asia+ wird durch die Anordnung, daß die
+Verpachtung der Abgaben in Rom durch die Censoren geschehen soll,
+der Habsucht der +publicani+ aus dem Ritterstande ausgeliefert. Um
+die Ackerverteilung zu fördern, wird Aussendung von +Kolonien+ durch
+Volksbeschluß angeordnet (~lex de coloniis deducendis~). Während
+Gracchus von Rom abwesend ist, um die Gründung der Kolonie +Iunonia+
+an der Stelle des zerstörten +Karthago+ zu leiten, tritt der Tribun
++M. Livius Drusus+ mit Gegenvorschlägen, besonders die Gründung von
+Kolonien in Italien betreffend, auf und wird vom Senat unterstützt
+
+Der Antrag des Gracchus, den Latinern volles Bürgerrecht, den übrigen
+Italikern latinisches Recht zu bewilligen (+lex de civitate sociis
+danda+), kommt bei dem vereinigten Widerstande der Optimaten und eines
+großen Teiles der Bürgerschaft nicht zur Annahme. Gracchus wird für das
+Jahr 121 nicht wieder zum Tribunen erwählt.
+
+[121.]
+
+Bürgerkampf in der Stadt, veranlaßt durch einen von einem Anhänger des
+Gracchus verübten Mord. Die Volkspartei besetzt den +Aventin+, der
+Senat erteilt dem Konsul +L. Opimius+ durch das +Senatus consultum
+ultimum+ (S. 99) Vollmacht zu Gewaltmaßregeln. Der Aventin wird von
+Bewaffneten erstürmt, ~C. Gracchus~ und ~M. Fulvius~ werden ~auf der
+Flucht erschlagen~. Gegen 3000 Anhänger des Gracchus werden bei der
+folgenden Untersuchung verhaftet und getötet.
+
+Herstellung der Senatsherrschaft; die Kolonien (außer +Narbo+) kommen
+nicht zur Ausführung. Das verteilte Gemeindeland wird 111 durch
+Volksbeschluß in zinsfreies Eigentum umgewandelt, kann also von
+reicheren Bürgern wieder angekauft werden.
+
+
+§ 7. Marius und Sulla.
+
+Die Behauptung des zu ansehnlicher Ausdehnung gelangten römischen
+Reiches macht immer wieder Kriege notwendig, deren Führung durch die
+inneren Parteikämpfe beeinflußt wird.
+
+[~111–105.~]
+
+~Jugurthinischer Krieg.~ Jugurtha, Enkel Massinissas, hatte seine
+Vettern und Miterben Adherbal und Hiempsal aus dem Besitz +Numidiens+
+vertrieben und getötet. Der Krieg gegen ihn wird anfangs von
+bestochenen Anführern nachlässig geführt; ein Sieg des Caecilius
+Metellus (Numidicus) am Flusse +Muthul+ ist nicht entscheidend. +C.
+Marius+, Unterfeldherr des Q. Caecilius Metellus, aus niederem Stande,
+Sohn eines Bauern aus der Gegend von Arpinum, 107 zum Konsul erwählt,
+nötigt Jugurtha, zum Könige Bocchus von +Mauretanien+ zu fliehen. Von
+diesem erlangt der optimatische Quästor +L. Cornelius Sulla+ durch
+geschickte Unterhandlungen die Auslieferung des Feindes. Jugurtha wird
+in Rom im Triumph aufgeführt, dann im Gefängnis (Tullianum) getötet.
++Numidien+ wird zwischen +Bocchus+ und Jugurthas Halbbruder +Gauda+,
+dem letzten noch lebenden Enkel Massinissas, geteilt.
+
+[~113–101.~]
+
+~Krieg gegen die Cimbern und Teutonen.~
+
+Der +germanische+ Stamm der +Cimbern+, von Norden her aus der
++Chersonesus Cimbrica+ (Schleswig und Jütland) auswandernd, dringt
+in die Alpengegenden ein, schlägt 113 bei +Noreja+ (in Kärnten) den
+Konsul +Cn. Papirius Carbo+, wendet sich darauf nach Westen dem Rhein
+zu, überschreitet diesen Strom und schlägt 109 in Gallien den Konsul
++M. Junius Silanus+. Große Niederlage zweier römischer Heere 105 bei
+~Arausio~ (Orange) an der Rhone. Schrecken in Rom; die Volkspartei
+setzt für 104 die Erwählung des ~Marius~ zum Konsul durch; er wird auch
+in den folgenden Jahren wiedergewählt und rüstet sich, während die
+Cimbern nach Spanien ziehen, in der Provinz +Gallia Narbonensis+ zur
+Abwehr.
+
+Die Cimbern, nach Gallien zurückgekehrt, vereinigen sich mit dem
+gleichfalls germanischen Volke der ~Teutonen~ und mit +helvetischen+
+(keltischen) Stämmen, namentlich den Tigurinern. Einbruch in Italien
+beschlossen; die Cimbern und Tiguriner ziehen nach Kärnten, um von
+Norden her die Alpen zu überschreiten; die Teutonen mit den Ambronen,
+der Kernschar der Cimbern, ziehen durch die römische Provinz an
+Marius’ Lager vorüber, um die Pässe der Westalpen zu erreichen.
+
+[102.]
+
+~Schlacht bei Aquae Sextiae~ (Aix in der Provence, s. S. 101); Marius
+vernichtet in gewaltigem Kampfe die Teutonen und Ambronen. Dann zieht
+er über die Alpen dem optimatischen Konsul +Q. Lutatius Catulus+ zu
+Hilfe, der vor den Cimbern in die Gegend am oberen Po zurückgewichen
+war.
+
+[~101.~]
+
+~Schlacht bei Vercellae~ (nördlich am oberen Po), Sieg der beiden
+Konsuln; das Hauptverdienst gebührt Marius.
+
+Man erwartet von ihm, daß er die Herrschaft der Optimaten stürze. Im
+Jahre 100 zum sechsten Male Konsul, tritt er in Verbindung mit den
+Führern der Volkspartei, dem Prätor +C. Servilius Glaucia+ und dem
+Volkstribunen +L. Saturninus+, entzweit sich aber bald mit ihnen und
+unterdrückt schließlich, der Aufforderung des Senats Folge leistend,
+die von ihnen erregten Unruhen mit Waffengewalt, geht dann auf einige
+Zeit nach der Provinz Asia.
+
+[91.]
+
+Zur Versöhnung der Parteien beantragt der Volkstribun ~M. Livius
+Drusus~: 1. Rückgabe der Geschworenengerichte (S. 102) an den Senat,
+der aber durch 300 Mitglieder des Ritterstandes vermehrt werden soll;
+2. Ackerverteilung und ein neues Getreidegesetz. Heftige Erörterungen
+darüber im Senat. Als er dann den Italikern die Erteilung des
+Bürgerrechts in Aussicht stellt, gilt er wie C. Gracchus als Aufrührer
+und wird durch Meuchelmord beseitigt. Die Italiker aber erheben sich
+nun zum Kriege gegen Rom.
+
+[~91–88.~]
+
+~Marsischer oder Bundesgenossenkrieg.~
+
++Corfinium+ im Gebirgslande, östlich vom Fucinus-See, wird zur
+Hauptstadt des neuen Staates bestimmt; dort soll ein Senat von 500
+Mitgliedern aus allen italischen Stämmen tagen; zwei Konsuln treten an
+die Spitze. Aber die Latiner, Etrusker und Umbrer halten zu Rom; es
+kommt nicht zu großen Entscheidungskämpfen, da der Antrag des Konsuls
++L. Julius Caesar+, den treu gebliebenen Bundesgenossen das Bürgerrecht
+zu verleihen, bald dahin erweitert wird, daß es allen Abgefallenen,
+die sich binnen 60 Tagen melden, gewährt werden soll (+lex Plautia
+Papiria+, von zwei Volkstribunen des Jahres 89 vorgeschlagen). Damit
+wird die Bevölkerung Italiens zur Teilnahme an der Weltherrschaft
+Roms zugelassen. Die nach Annahme dieser Anträge noch Widerstrebenden
+werden von +Sulla+ und anderen Feldherrn nach und nach besiegt. Ein
+auswärtiger Feind erhebt sich, und durch neuen inneren Hader kommt der
+römische Staat in die größte Gefahr.
+
+[~88–84.~]
+
+~Erster Mithradatischer Krieg.~
+
+Gleichzeitig ~Bürgerkrieg~ zwischen Optimaten und Volkspartei.
+
++Mithradates VI.+, König von +Pontus+ (S. 66), hatte seine Herrschaft
+bis nach Kolchis und dem Kimmerischen Bosporus (Krim) ausgedehnt, den
+König von Bithynien vertrieben und war dann in der römischen Provinz
++Asia+ als Befreier aufgetreten. Auf seinen in Ephesus erlassenen
+Befehl werden alle in der Provinz sich aufhaltenden Italiker ermordet.
+
+In Rom beantragt der Volkstribun +P. Sulpicius+ Verteilung der
+Neubürger in alle 35 Tribus und Übertragung des Oberbefehls gegen
+Mithradates an Marius. ~Sulla~, als Konsul des Jahres 88 entschlossen,
+sich den Oberbefehl nicht entreißen zu lassen, führt seine 6 Legionen
+von Nola aus ~gegen Rom~ und erstürmt die Stadt. Sulpicius auf der
+Flucht getötet, Marius entkommt über Minturnae nach +Afrika+. Sulla
+stellt die alte, um 241 abgeschaffte Stimmordnung der Servianischen
+Verfassung für die Centuriatkomitien wieder her und bestimmt, daß
+fortan in der Bürgerschaft über keinen Antrag ohne Vorbeschluß des
+Senats abgestimmt werden darf.
+
+[87.]
+
+Nachdem Sulla zur Kriegführung gegen Mithradates abgereist ist,
+beruft der aus der Volkspartei erwählte Konsul L. Cornelius +Cinna+
+den flüchtigen Marius zurück und beginnt mit ihm eine revolutionäre
+Schreckensherrschaft in Rom. Viele Optimaten werden getötet, ihr
+Vermögen eingezogen. Marius, zum siebenten Male Konsul 86, stirbt zu
+Anfang des Jahres; Cinna führt seine Willkürherrschaft weiter, wird 84
+in Ancona getötet, als er die Flotte gegen Sulla führen will.
+
+Mithradates’ Feldherr +Archelaos+ hat inzwischen einen großen Teil
+Griechenlands zum Abfall von der römischen Herrschaft gebracht. Sulla
+schlägt ihn in Böotien, nimmt 86 nach längerer Belagerung +Athen+ ein,
+schlägt Mithradates’ Truppen nochmals bei +Chaironeia+ und 85 bei
++Orchomenos+, geht dann nach Asien hinüber.
+
+[84.]
+
+Friede mit Mithradates zu +Dardănos+ in Troas; er muß die besetzten
+Gebiete (die Provinz +Asia+, die Königreiche +Bithynien+ und
++Paphlagonien+) räumen, alle Kriegsschiffe ausliefern und 3000 Talente
+zahlen. Darauf wendet sich Sulla gegen das Heer der Volkspartei,
+welches 86 nach Asien gekommen war, aber nichts ausgerichtet hatte;
+die Soldaten fallen ihm zu, der Anführer C. Flavius Fimbria tötet sich
+selbst.
+
+[83.]
+
+Sulla landet mit etwa 40000 Mann in +Brundisium+, sichert den
+Bundesgenossen das volle Bürgerrecht zu, schlägt in mehreren Treffen,
+unterstützt von dem jungen +Cn. Pompeius,+ der ihm ein Heer von
+Freiwilligen zuführt, die Heere der Volkspartei.
+
+[82.]
+
+Sulla nimmt ~Rom~ ohne Widerstand ein, schlägt die +Samniten+,
+welche noch immer das Bürgerrecht verschmähen, in einer Schlacht
+am ~Kollinischen Tor~, verhängt über aufständische Städte ein
+Strafgericht. In Rom verfügt er als ~Dictator~ blutige Verfolgung der
+Marianischen Partei; es werden +Proskriptionslisten+ aufgestellt; die
+Zahl der Geächteten steigt auf 4700. Ihre Güter werden eingezogen und
+die Sklaven freigelassen, ihre Kinder von allen Ämtern ausgeschlossen.
+Nach Beendigung des Bürgerkrieges folgen Landanweisungen an die
+Veteranen des Heeres; in die besiegten italischen Städte (Faesulae,
+Praeneste, Pompeii u. a.) werden ganze Kolonien geschickt. Seine
+Unterfeldherrn besiegen die Marianer in Spanien, Sicilien und Afrika.
++Pompeius+, aus Afrika 81 zurückkehrend, zieht im Triumph in Rom ein
+und wird von Sulla mit dem Beinamen +Magnus+ begrüßt.
+
+~Gesetzgebung Sullas~ (+leges Corneliae+) zur Befestigung der
++Optimatenherrschaft+: 1. Der an Zahl sehr zusammengeschmolzene +Senat+
+wird durch 300 von den Tributkomitien erwählte Mitglieder ergänzt; für
+die Zukunft wird der Eintritt in den Senat gesetzlich an die Bekleidung
+der +Quästur+ geknüpft. Die Zahl der jährlich von den Tributkomitien
+zu erwählenden +Quästoren+ wird auf 20 erhöht. Das Amt der +Censur+
+mit seiner Befugnis, alle fünf Jahre die Senatsliste neu aufzustellen,
+hört tatsächlich auf. Die von C. Gracchus dem Ritterstande übertragenen
++Geschwornengerichte+ werden dem Senat zurückgegeben.
+
+2. Die +Komitien+ behalten das Recht, Gesetze zu bestätigen und
+Beamte zu wählen; den Priesterkollegien (S. 81) wird das Recht der
+Selbstergänzung zurückgegeben. Die im J. 88 versuchte Wiederherstellung
+der Servianischen Stimmordnung wird aufgegeben.
+
+3. Das Recht der +Volkstribunen+, Gesetzvorschlage an die Komitien zu
+bringen, wird an die Genehmigung des Senats geknüpft; Mißbrauch ihres
+Einspruchsrechts wird mit schweren Geldbußen bedroht; wer das Tribunat
+bekleidet, ist +zur Übernahme anderer Ämter unfähig.+
+
+4. Die Zahl der +stehenden Gerichtshöfe+ (+quaestiones perpetuae+, S.
+98) wird +vermehrt+, daran schließt sich die Vermehrung der +Prätoren+
+auf 8 und eine umfassende Kriminalgesetzgebung.
+
+[81.]
+
+Sulla läßt Konsuln wählen, führt aber selbst als +Dictator+ die
+Regierung weiter. Für das Jahr 80 läßt er sich selbst und seinen
+Waffengenossen +Q. Metellus+ (Sohn des Numidicus, S. 103) zu Konsuln
+erwählen, und bahnt so den Übergang zur verfassungsmäßigen Ordnung an.
+
+[~79.~]
+
+~Sulla legt freiwillig die Dictatur nieder~ und tritt ins Privatleben
+zurück († 78).
+
+
+§ 8. Pompeius und Cäsar.
+
+Die Sullanische Staatsordnung gewinnt keinen festen Bestand, da
+der Senat auf die Dauer nicht imstande ist, den Ehrgeiz einzelner
+Machthaber zu zügeln.
+
++Pompeius+ bekämpft 77–72 in Spanien den Marianer +Q. Sertorius+,
+der sich dort eine unabhängige Herrschaft gegründet hat, schließlich
+aber durch Verschworene ermordet wird. Bei der Rückkehr 71 vernichtet
+er flüchtige Scharen aufständischer +Sklaven+, die unter Führung des
+Thrakers +Spartăcus+ seit 73 Italien stark beunruhigt hatten, aber von
++M. Licinius Crassus+ bereits besiegt worden waren (2. +Sklavenkrieg+,
+s. S. 100).
+
+[70.]
+
+Umsturz der Sullanischen Verfassung. Die Konsuln ~Pompeius~ und
+~Crassus~ stellen die von Sulla beschränkte +tribunicische Gewalt+
+wieder her. Auf Antrag des Prätors +L. Aurelius Cotta+ werden die
++Gerichte+ fortan zu gleichen Teilen aus Senatoren, Rittern und Männern
+des Bürgerstandes gebildet. Auch werden wieder +Censoren+ erwählt; bei
+Aufstellung der Senatsliste werden 64 von Sulla ernannte Senatoren
+ausgestoßen. Der Volksgunst verdankt +Pompeius+ zweimalige Übertragung
+des Oberbefehls in den damals entstandenen Kriegen.
+
+[~78–67.~]
+
+~Krieg gegen die Seeräuber.~ Seit Zerstörung Karthagos war die römische
+Kriegsflotte vernachlässigt. Erpressungen der Statthalter in Asien
+trugen dazu bei, daß das Unwesen des Seeraubes den Handelsverkehr auf
+dem ganzen Mittelmeer gefährdete. Die italischen Küstenstädte von ihnen
+gebrandschatzt, eine römische Flotte vor Ostia geschlagen. +Kreta+
+und +Cilicien+ Hauptsitze der Seeräuber. Nachdem im J. 103 ein Teil
+Ciliciens zur Provinz gemacht war, besetzt der Prokonsul +P. Servilius
+Vatia+ 78–75 auch die westlich angrenzenden Landschaften Pamphylien,
+Pisidien, Isaurien und zerstört viele Seeräuberstädte, +Kreta+ wird
+nach längeren Kämpfen 67 zur Provinz gemacht (bald mit +Cyrenaica+
+vereinigt). Da indes das Piratenunwesen noch fortdauert, so erhält
+
+[67.]
+
+~Pompeius~ auf Antrag des Volkstribunen +A. Gabinius+ (+lex Gabinia+)
+auf drei Jahre ~den unumschränkten Oberbefehl~ über das ganze
+Mittelmeer und über alle Küsten desselben bis 10 Meilen (75 km)
+landeinwärts; alle Staatskassen, alle Hilfsmittel der Provinzen und der
+Schutzstaaten werden ihm zur unbedingten Verfügung gestellt. Pompeius
+säubert mit 120000 Mann und 500 Schiffen in drei Monaten (durch 2
+kurze Feldzüge) erst das westliche, dann das östliche Mittelmeer,
+nimmt viele Seeräuber gefangen und siedelt sie meist landeinwärts an
+(+Pompeiopolis+, bisher +Soloi+, in Cilicien).
+
+[~74–64.~]
+
+~Dritter Mithradatischer Krieg.~
+
+Gegen den König von +Pontus+ hatte der Proprätor +L. Licinius Murena+
+83–81 einen zweiten Krieg geführt, um ihn zu völliger Ausführung
+des Friedens zu Dardanos zu zwingen. Nach Sullas Tode erhebt sich
++Mithradates+ von neuem, verbündet mit seinem Schwiegersohn +Tigranes+
+von Armenien, der dem Reiche Syrien (S. 65) ein Ende macht. Mithradates
+besetzt +Bithynien+, das König Nikomedes den Römern vermacht hatte (S.
+66), wird aber von dem Prokonsul +L. Licinius Lucullus+ 72 bei +Kabira+
+geschlagen und aus seinem Reiche vertrieben. Lucullus siegt 69 auch
+über Tigranes bei +Tigranokerta+ und besetzt die Landschaft Kommagēne
+am oberen Euphrat, wird aber 68 bei dem Zuge durch die armenischen
+Berge gegen die Hauptstadt +Artaxăta+ durch Meuterei seiner Soldaten
+zur Umkehr genötigt. Alle Erfolge gehen verloren; Mithradates kehrt in
+sein Reich zurück. Lucullus vom Senat zurückgerufen.
+
+[66.]
+
+~Pompeius~ erhält den Oberbefehl in Asien auf Antrag des Tribunen
++C. Manilius+ (Ciceros Rede +de imperio Cn. Pompei+ oder +pro lege
+Manilia+). Er schließt ein Bündnis mit den +Parthern+, besiegt
+Mithradates in einer nächtlichen Schlacht am Flusse +Lykos+, verfolgt
+ihn bis zum +Phasis+ und wendet sich dann nach Armenien. Bei +Artaxata+
+unterwirft sich Tigranes; er bleibt König von Armenien, muß aber auf
+alle Eroberungen verzichten und 6000 Talente Kriegskosten zahlen.
+
+[65.]
+
+Pompeius kämpft mit den kriegerischen Bergvölkern im +Kaukasus+, gibt
+aber die weitere Verfolgung des nach der Taurischen Chersones (Krim)
+geflüchteten Mithradates auf und zieht nach Pontus, von da nach Syrien.
+
+[~64–63.~]
+
+~Einrichtung des asiatischen Römerstaates durch Pompeius.~
+
+Neue Provinzen: 1. ~Pontus~, bestehend aus Bithynien, der Küste
+von Paphlagonien und dem westlichen Teil des früheren Reiches des
+Mithradates. 2. ~Syria~, zunächst nur das Küstenland, vom Meerbusen
+von Issus bis +Damaskus+, später bedeutend erweitert. Neugeordnet wird
+die schon bestehende Provinz ~Cilicia~ (mit Pamphylien und Isaurien,
+S. 107). Die asiatischen Provinzen sind vielfach durchbrochen und
+umgeben von unabhängigen +Stadtgebieten+, sowie von fürstlichen und
+priesterlichen (Pessinūs, Komana) +Herrschaften+ unter römischer
+Oberhoheit. Von den Vasallenkönigen sind die bedeutendsten der König
+von +Kappadokien+ und der König +Deiotărus+ von Galatien (S. 66). In
+Palästina setzt Pompeius nach Einnahme Jerusalems und des Tempels den
+von seinem Bruder Aristobulos vertriebenen Makkabäer +Hyrkanos+ als
+Hohenpriester und dem römischen Volke tributpflichtigen Herrscher ein.
+
+[63.]
+
+Auf die Nachricht, daß +Mithradates+ sich in +Pantikapaion+ infolge
+des Aufstandes seines Sohnes +Pharnăces+ den Tod gegeben, zieht
+Pompeius wieder nach Pontus; er bestätigt den Pharnăces im Besitz des
+bosporanischen Reiches.
+
+[61.]
+
+Pompeius, nach Italien zurückgekehrt, entläßt in Brundisium sein Heer
+und kommt als Privatmann nach Rom. Einige Monate später zweitägiger
+prachtvoller Triumph.
+
+[~66–63.~]
+
+~Catilinarische Verschwörung.~
+
+Bund der +Volkspartei+ mit den Anhängern des verschuldeten Patriziers
+~L. Sergius Catilina~, welche durch gewaltsamen Umsturz des Staates und
+Schuldentilgung +(tabulae novae+) Besitz und Macht zu erlangen hoffen.
+
+Die erste Verschwörung im J. 66, nach welcher die Konsuln des J. 65
+ermordet, darauf +Crassus+ (S. 107) zum Dictator, +C. Julius Cäsar+[26]
+zum magister equitum erhoben werden sollen, kommt wegen Unschlüssigkeit
+einiger Teilnehmer und sonstiger Hindernisse nicht zur Ausführung. Für
+das Jahr ~63~ soll die Erwählung des +Catilina+ und des +C. Antonius+
+zu Konsuln durchgesetzt werden, aber nur der letztere wird gewählt;
+sein Amtsgenosse wird der als Redner und Anwalt beliebte, bisher keiner
+Partei vollständig angehörige ~M. Tullius Cicero~.[27] Dieser sichert
+dem verschuldeten Antonius durch eigene Verzichtleistung im voraus die
+einträgliche Statthalterschaft +Makedonien+ zu und macht ihn dadurch
+den Verschworenen abwendig.
+
+Cicero verhindert während seines Konsulates mehrere Anträge der
+Volkspartei, namentlich ein weitgehendes Ackergesetz, überwacht die
+Anschläge der Verschwörung und vereitelt den Versuch Catilinas, bei
+der Konsulwahl für 62 die Mitbewerber und ihn selbst, den die Wahl
+leitenden Konsul, zu ermorden. Der Senat, von der Bildung eines
+aufständischen Heeres unter G. Manlius in +Etrurien+ unterrichtet,
+erteilt den Konsuln Vollmacht zur Rettung des Staates (S. 99).
+Catilinas Plan, Cicero in seinem Hause ermorden zu lassen, wird
+ebenfalls verraten und mißlingt. ~Cicero enthüllt die Verschwörung~ in
+der Senatssitzung am 8. Nov. 63 (erste Catilinarische Rede); Catilina
+verläßt darauf die Stadt und geht zu dem Heere nach Etrurien. Seine
+Mitverschworenen, der Prätor +Lentulus+, +Cethegus+, +Gabinius+ u. a.,
+lassen sich mit den Gesandten der Allobreger (in der provincia
+Narbonensis) in Verhandlungen ein; diese werden bei der Abreise von Rom
+angehalten; auf Grund der bei ihnen gefundenen schriftlichen Beweise
+wird am 5. Dez. im Senat über die Verschworenen Gericht gehalten. Der
+Senat beschließt trotz +Cäsars+ Gegenrede, durch +Cicero+ (vierte
+Catilinarische Rede) und +M. Porcius Cato+ (Urenkel des M. Porcius Cato
+Censorius) bestimmt, die fünf Verhafteten hinrichten zu lassen; das
+Urteil wird am Abend des 5. Dez. im Tullinanum vollzogen. Cicero vom
+Volke als +pater patriae+ begrüßt.
+
+Mit der Kriegführung gegen das Catilinarische Heer wird der Konsul +C.
+Antonius+ beauftragt. Dessen Legat +M. Petreius+ schlägt den Catilina
+bei ~Pistoria~ (~62~). Catilina und 3000 seiner Anhänger fallen.
+
+[61.]
+
+~Cäsar~ gewinnt seinen ersten Kriegsruhm als Proprätor in der Provinz
++Hispania ulterior+, verzichtet aber nach seiner Rückkehr (60) auf den
+Triumph, um als Bewerber um das Konsulat auftreten zu können.
+
+Die Weigerung des Senats, die von ~Pompeius~ beantragte Ackerverteilung
+an seine Veteranen zu bewilligen und seine in Asien getroffenen
+Anordnungen zu bestätigen, führt einen vollständigen Bruch zwischen
+Pompeius und den Optimaten herbei. Die drei mächtigsten Männer Roms
+verbinden sich zu gegenseitiger Unterstützung:
+
+[~60~.]
+
+~Das erste Triumvirat~, +Pompeius+, +Cäsar+ und +Crassus+.
+
+[~59~.]
+
+~Cäsar Konsul~, bringt die von Pompeius gewünschten Anträge an die
+Komitien: sie werden trotz des Widerstandes, den der andere Konsul +M.
+Calpurnius Bibulus+ leistet, vom Volke angenommen. Die Freundschaft
+zwischen ~Cäsar~ und ~Pompeius~ wird durch Vermählung des lezteren mit
+Cäsars Tochter +Julia+ befestigt.
+
+Auf Antrag des Tribunen P. Vatinius erhält Cäsar durch Volksbeschluß
+die Statthalterschaft von +Gallia cisalpina+ und +Illyricum auf 5
+Jahre+; auf Pompeius’ Antrag fügt der bestürzte Senat noch ~Gallia
+Narbonensis~ (S. 101) hinzu. Die Ausführung des Ackergesetzes wird
+einer Kommission übertragen, an deren Spitze +Pompeius+ und +Crassus+
+stehen. Ehe Cäsar in seine Provinzen abgeht, wird
+
+[58.]
+
+~Catos~ und ~Ciceros~ Entfernung aus Rom auf Cäsars Betreiben
+durchgesetzt von dem durch Adoption aus einem Patrizier zum Plebejer
+gemachten Volkstribunen ~P. Clodius~, Nachkommen des App. Claudius
+Caecus. Cato wird durch Volksbeschluß beauftragt, die den Römern
+durch Testament des Königs von Ägypten zugewiesene Insel +Cypern+ zu
+übernehmen. +Cicero+ wird +geächtet+, weil er römische Bürger ohne
+gerichtliches Urteil habe hinrichten lassen; er geht nach Thessalonike
+in Makedonien.
+
+[~58–51.~]
+
+~Eroberung Galliens durch Cäsar.~
+
+Gallien bewohnt von +keltischen+ Stämmen, die sich zu Gauverbänden
+vereinigt haben (im N. die +Belger+, im S. die +Aquitaner+, in der
+Mitte die +Äduer+, +Arverner+, +Sequaner+ mit ihren Genossen). Zur
+Ausgleichung der Streitigkeiten jährliche Landtage im Gebiet der
++Carnuten+ unter Leitung der Priester (+Druiden+). Die Arverner und
+Sequaner aber haben im Streit mit den Äduern +germanische+ Stämme,
++Sueben+ unter dem König +Ariovist+, herbeigerufen und ihnen Land
+abtreten müssen. Cäsar schützt, indem er zunächst für die Sicherheit
+der römischen Provinz sorgt, die Gallier in ihren Wohnsitzen.
+
+[58.]
+
+Cäsar siegt über die in Gallien einbrechenden ~Helvetier~ bei
++Bibracte+ (unweit Autun), dann über den Germanenfürsten ~Ariovist~
+nordöstlich von +Vesontio+ (Besançon), in der Gegend von +Mülhausen+ im
+Elsaß.
+
+[57.]
+
+Unterwerfung der meisten +belgischen+ Volksstämme nach einem schwer
+errungenen Siege über die +Nervier+ am Flusse +Sabis+ (Sambre). Im
+Süden vergeblicher Versuch, durch Besetzung von +Octodurus+ (Martigny
+in Wallis) den Alpenübergang über den Paß des +Großen St. Bernhard+ zu
+sichern.
+
+[56.]
+
+Unterwerfung der Seestaaten, namentlich der +Venĕter+, in +Arĕmorĭca+
+(Bretagne und Normandie) durch schwere Kämpfe Cäsars zu Lande und zur
+See. Im Süden unterwirft der Legat +P. Crassus+, Sohn des Triumvirs,
+die +Aquitaner+.
+
+[55.]
+
+Cäsar treibt die germanischen Stämme der +Usipĕter+ und +Tenktĕrer+
+über den Rhein zurück. Übergang über den Strom auf einer Pfahlbrücke
+(in der Gegend von Neuwied). Rückkehr nach 18tägigem Verweilen auf dem
+rechten Ufer.
+
+Erste Überfahrt nach +Britannien+ mit 2 Legionen, Landung nordöstlich
+von +Dover+, doch baldige Rückkehr. Cäsars Legaten unterwerfen die
+nördlichsten gallischen Küstenvölker, die +Morĭner+ und +Menapier+.
+
+[54.]
+
+Zweite Überfahrt nach +Britannien+ mit 5 Legionen. Der Äduer
++Dumnorix+, der die Mitfahrt verweigert, wird getötet. Cäsar landet,
+dringt in das Innere vor, überschreitet die Themse, kämpft glücklich
+gegen die britischen Kelten unter +Cassivellaunus+. Unterdessen Angriff
+auf sein Schiffslager; er kehrt zurück, nachdem Cassivellaunus sich
+unterworfen und Geiseln gestellt hat.
+
+Im Winter Aufstand mehrerer gallischer Völkerschaften, veranlaßt von
+dem Trevĕrer +Indutiomārus+. Die +Eburonen+ unter Ambiorix vernichten
+15 römische Kohorten (unter +Sabinus+ und +Cotta+) bei Aduatŭca und
+bestürmen mit den Nerviern das Winterlager des Legaten +Q. Tullius
+Cicero+ (Bruder des Redners), der tapfer standhält und von Cäsar
+befreit wird. Indutiomārus fällt bei einem Angriff auf das Winterlager
+des +T. Labienus+.
+
+[53.]
+
+Labienus unterwirft die Trevĕrer, Cäsar überschreitet zum zweiten Male
+den +Rhein+, um die Sueben abzuwehren. Nach der Rückkehr Strafgericht
+über die Eburonen.
+
+[52.]
+
+Allgemeiner Aufstand der Gallier unter dem Arverner ~Vercingetŏrix~.
+Cäsar erobert +Cenăbum+ (Orléans) und +Avarĭcum+ (Bourges), entsendet
+den Legaten T. Labienus zur Besetzung von +Lutetia Parisiorum+ (Paris),
+belagert aber vergeblich +Gergovia+ (in der Nähe von Clermont in der
+Auvergne). Aufstand der bisher ihm treu ergebenen +Äduer+. Cäsar
+vereinigt sich wieder mit Labienus, schließt Vercingetorix in +Alesia+
+(Alise Sainte-Reine nordwestlich von Dijon) ein. Harter Kampf gegen
+ein großes, aus allen Teilen Galliens zusammengebrachtes Entsatzheer,
+welches zurückgeschlagen wird. Vercingetorix muß sich ergeben (6 Jahre
+später in Rom hingerichtet). Bestrafung der Aufständischen.
+
+[51.]
+
+Vollendung der Unterwerfung des transalpinischen Galliens, welches
+Cäsar mit 10 über das ganze Land verteilten Legionen im Gehorsam erhält.
+
+~Ergebnisse und weltgeschichtliche Bedeutung der achtjährigen Kämpfe
+Cäsars:~ 1. Das römische Reich wird durch die Unterwerfung des großen
++Kelten+landes erweitert und gegen Angriffe der nordischen Völker
+gesichert. 2. Die Ausbreitung des römischen Handels (Massilia) und
+der griechisch-römischen Kultur über West- und Mitteleuropa wird
+durch Erschließung +Galliens, Britanniens+ und +Germaniens+ wesentlich
+gefördert. 3. Cäsar gewinnt ein ihm ergebenes, kriegsgeübtes Heer, um
+die notwendig gewordene Umgestaltung der römischen Republik in eine
+Monarchie durchzuführen.
+
+Während diese großartigen Erfolge Cäsars den alten Kriegsruhm des
+Pompeius in Schatten stellen, bemüht sich dieser vergebens, in Rom die
+von +P. Clodius+ erregten Unruhen der Volkspartei zu unterdrücken. Doch
+wird im J. 57 die Zurückberufung Ciceros durchgesetzt, und die beiden
+Tribunen +T. Annius Milo+ und +P. Sestius+ treten mit bewaffneten
+Anhängern den Scharen des in Cäsars Diensten stehenden Clodius entgegen.
+
+[~56.~]
+
+~Erneuerung des Triumvirats zu Lucca~ (in Etrurien). Cäsar, Pompeius
+und Crassus vereinigen sich dort mit ihren Anhängern (über 200
+Senatoren). Infolge der getroffenen Verabredungen werden für das J.
+55 mit Anwendung von Gewalt als Konsuln durchgesetzt ~Pompeius~ und
+~Crassus~. Durch Volksbeschluß erhält dann auf 5 Jahre Pompeius die
+Statthalterschaft +beider Spanien+, Crassus die von +Syrien+, während
+Cäsars Oberbefehl in +Gallien+ auf +weitere 5 Jahre verlängert+ wird.
+Die Optimaten müssen sich diesen Beschlüssen fügen.
+
+[53.]
+
+~Crassus~ unternimmt einen Kriegszug gegen die +Parther+ (S. 65), wird
+aber bei ~Carrhae~ in Mesopotamien von ihnen geschlagen und bald darauf
+bei einer Verhandlung getötet. Sein Heer nahezu aufgerieben, römische
+Feldzeichen von den Parthern erbeutet (S. 123).
+
+Pompeius bleibt in Rom, erbaut dort das erste steinerne Theater,
+veranstaltet glänzende Spiele, läßt seine spanischen Provinzen durch
+Legaten verwalten.
+
+[52.]
+
++Clodius getötet+ bei einem Zusammenstoß mit der Bande des +Milo+ auf
+der Via Appia. Aufstand in Rom bei der Leichenfeier für Clodius, die
++Curia Hostilia+ in Brand gesteckt. ~Pompeius~, zum alleinigen Konsul
+erwählt (+consul sine collega+), stellt die Ruhe wieder her. Auf Grund
+der von ihm beantragten Gesetze +de ambitu+ und +de vi+ wird Milo
+trotz Ciceros Verteidigungsrede verurteilt und geht in die Verbannung.
++Cicero+ als Prokonsul Statthalter von Cilicien (51–50) und damit
+wieder aus Rom entfernt.
+
+Pompeius, seit dem Tode der Julia (54) dem Cäsar entfremdet,
+heiratet die Tochter des Optimaten +Q. Metellus Scipio+, der für die
+letzten 5 Monate des Jahres 52 sein Mitkonsul wird. Er läßt sich die
+Statthalterschaft in Spanien auf 5 Jahre erneuern.
+
+Verhandlungen im Senat (51–50) über die durch widersprechende
+Bestimmungen unlösbar verwickelte Frage, ob Cäsar seine
+Statthalterschaft am 1. +März+ 49 oder erst +Ende+ 49 niederzulegen
+habe. Cäsars Gegner bestehen, um ihn zu stürzen, auf dem früheren
+Termin, wollen auch einen Volksbeschluß, der ihm gestattete, sich
+abwesend um das Konsulat (für das Jahr 48) zu bewerben, nicht
+anerkennen. Cäsar fügt sich dem Verlangen, daß er zwei Legionen
+(darunter eine früher von Pompeius entliehene) zum Partherkrieg
+abgebe, läßt aber durch den ihm gleich Clodius ergebenen Volkstribunen
++C. Scribonius Curio+ die Forderung stellen, daß er und Pompeius
+gleichzeitig am 1. März 49 den Oberbefehl niederlegen sollen.
+
+[vor Chr ~49–46.~]
+
+~Bürgerkrieg zwischen Cäsar und den Optimaten.~
+
+[49. (1. Jan.)]
+
+Der Senat erklärt nach Abweisung wiederholter Vermittelungsvorschläge
+Cäsar für einen Reichsfeind (+hostis+), wenn er nicht innerhalb einer
+bestimmten kurzen Frist seine Provinzen an die ernannten Nachfolger
+übergebe und sein Heer entlasse. Ein zweiter Senatsbeschluß (7.
+Jan.) gibt den Konsuln und Prokonsuln Vollmacht zu außerordentlichen
+Maßregeln (S. 99). Die Cäsar ergebenen Volkstribunen fliehen zu ihm
+nach +Ravenna+.
+
+Cäsar geht mit +einer+ Legion über den Bach ~Rubico~, die Grenzscheide
+zwischen seiner Provinz und Italien, und beginnt damit den Bürgerkrieg.
+
+Große Bestürzung in Rom. Pompeius, dessen Rüstungen erst begonnen
+haben, entweicht mit den Konsuln und einem Teile des Senats (darunter
+Cicero) nach +Capua+, dann nach +Brundisium+ (Staatskasse in Rom
+zurückgelassen). Cäsar zieht durch Umbrien und Picenum, zwingt, durch 2
+nachgekommene und 3 neugebildete Legionen verstärkt, den +L. Domitius+
+in +Corfinium+ zur Übergabe und rückt vor +Brundisium+. Pompeius
+entkommt mit der Flotte nach +Dyrrhachium+. Cäsar ordnet den Bau neuer
+Schiffe an und wendet sich zunächst nach +Rom+; dort beschwichtigt
+er die Besorgnis vor Wiederkehr der Greuel des ersten Bürgerkrieges.
+Großmütiges Verfahren gegen seine Feinde.
+
+[Sidenote:49.]
+
+Cäsar geht auf dem Landwege nach Spanien zur Bekämpfung der Legaten des
+Pompeius: ein Teil seines Heeres belagert +Massilia+. Die Legaten +L.
+Afranius+ und +M. Petreius+ werden bei +Ilerda+, nördlich vom Ebro, zur
+Übergabe gezwungen, ihr Heer wird aufgelöst.
+
++M. Terentius Varro+, der in +Hispania ulterior+ den Oberbefehl führt,
+zieht sich nach +Gades+ zurück und ergibt sich ohne Kampf, da die
+meisten Städte der Provinz sich für Cäsar erklären. Als dieser nach
+Italien zurückmarschiert, unterwirft sich ihm die ausgehungerte und
+mit Erstürmung bedrohte Stadt +Massilia+. Während dieser Zeit hat sein
+Legat +C. Scribonius Curio+ Sicilien unterworfen. Derselbe setzt
+nach Afrika über, siegt erst bei +Utĭca+, wird aber von +Iuba+, König
+von Numidien, der sich für Pompeius erklärt hatte, am +Bagradasfluß+
+geschlagen und fällt.
+
+Cäsar wird (abwesend) in Rom von dem Prätor +M. Aemilius Lepidus+
+zum +Dictator+ ernannt, legt aber die Dictatur nach 11 Tagen nieder,
+nachdem er für das Jahr
+
+[~48.~]
+
+zum Konsul erwählt ist (zusammen mit +P. Servilius Isauricus+), während
+der nach dem Osten geflüchtete Teil des Senats (in +Thessalonike+) dem
+Pompeius und allen Beamten des letzten Jahres die Amtsgewalt verlängert.
+
+Landung Cäsars an der Küste von Epirus; er rückt nach +Illyrien+ vor
+und nimmt die Städte Oricum und Apollonia ein. Sein Legat +M. Antonius+
+kann erst nach einigen Monaten mit dem anderen Teil des Heeres folgen,
+da die pompejanische Flotte das Meer beherrscht. Cäsar schließt das
+Heer des Pompeius bei ~Dyrrhachium~ ein, aber seine Verschanzungen
+werden durchbrochen. ~Cäsar, geschlagen~ und zum Rückzug gezwungen,
+geht nach +Thessalien+, wohin ihm Pompeius folgt. +Cato+ und +Cicero+
+bleiben in Dyrrhachium zurück. In der thessalischen Ebene kommt es zur
+
+[~48.~ (9. Aug.)]
+
+~Schlacht bei Pharsālus.~
+
+Cäsar schlägt mit etwa 22000 Mann das mehr als doppelt so starke Heer
+des Pompeius und zersprengt es vollständig. 20000 Pompejaner strecken
+die Waffen, Pompeius flieht nach der Küste, geht zu Schiff über
++Lesbos+ nach +Ägypten+. Dort wird er bei der Landung auf Befehl des
+Ministers des jungen Königs Ptolemäus XII. ermordet. Cäsar landet mit
+4000 Mann in Alexandria.
+
+In Rom wird dem Sieger Cäsar die ~Dictatur~ auf unbestimmte Zeit (wie
+früher Sulla, S. 106), das ~Konsulat~ auf 5 Jahre, die ~tribunicische
+Gewalt~ auf Lebenszeit übertragen. Er nimmt das Konsulat erst
+wieder für das Jahr 46 an und sendet den +M. Antonius+ als seinen
+Stellvertreter (magister equitum) nach Rom.
+
+[~48–47.~]
+
+~Alexandrinischer Krieg.~
+
+Aufstand der Einwohner von Alexandrīa, unterstützt durch das seit
+Zurückführung des Königs +Ptolemäus Aulētes+ (55) dort befindliche
+römische Besatzungsheer. Cäsar, in der Königsburg belagert, gerät in
+die größte Gefahr, aus der ihn nur seine Verwegenheit rettet. Er läßt
+die ägyptische Flotte in Brand stecken, wobei ein Teil der Stadt in
+Feuer aufgeht, auch die berühmte alexandrinische Bibliothek (s. S.
+65). Er verläßt die Stadt, nachdem er sich den Besitz der den Hafen
+beherrschenden Leuchtturminsel Pharos gesichert hat, und schlägt mit
+Hilfe eines aus Asien herbeigekommenen Entsatzheeres das ägyptische
+Heer am Nil. Der junge König +Ptolemäus+ ertrinkt auf der Flucht.
+Die Regierung wird, +unter römischer Oberhoheit+, seiner Schwester
++Kleopatra+ und ihrem jüngsten Bruder übergeben, in Alexandrīa bleibt
+eine römische Besatzung. Cäsar geht nach Kleinasien und beendet in
+einem +fünftägigen+ Feldzug (+veni, vidi, vici+) den
+
+[~47.~]
+
+~Krieg gegen Pharnăces~,
+
+Sohn des Mithradates (s. S. 109), welcher +Pontus+, +Klein-Armenien+
+und +Kappadokien+ besetzt hatte. Cäsar besiegt ihn bei +Zela+ und
+zwingt ihn zur Rückkehr in sein bosporanisches Reich, wo er bald
+umkommt. Ordnung der asiatischen Verhältnisse. +Deiotărus+ (S. 109),
+der bei Pharsalus gegen Cäsar gefochten hatte, verliert den größten
+Teil seiner Herrschaft.
+
+Rückkehr Cäsars nach Rom. +Cicero+, von ihm begnadigt und ehrenvoll
+behandelt, zieht sich auf sein Tusculanum zurück, bleibt aber sein
+Gegner. Nach Beschwichtigung eines Aufstandes der in Campanien
+stehenden Legionen unternimmt Cäsar den
+
+[~46.~]
+
+~Krieg in Afrika~
+
+gegen die Pompejaner (+Cn.+ und +Sextus Pompeius+, +Q. Metellus
+Scipio+, +Cato+, +Labienus+, +Petreius+, König +Iuba+). Er landet bei
+Hadrumētum, gerät in Gefahr, da der größte Teil der Truppen infolge
+eines Sturmes erst später eintrifft, führt dann den Krieg mit Vorsicht
+gegen die an Zahl überlegenen Feinde, siegt endlich in der blutigen
+~Schlacht bei Thapsus~. +Cato+ tötet sich in +Utĭca+, um den Untergang
+der Republik nicht zu überleben, daher »Uticensis« genannt. Labienus
+und Sextus Pompeius entkommen nach Spanien. -- Ein Teil +Numidiens+
+wird von Cäsar mit der Provinz Afrika vereinigt, der andere an König
++Bocchus+ von Ost-Mauretanien gegeben.
+
+Rückkehr Cäsars nach Rom, wo er ~vier~ Triumphe feiert (+Gallien+,
++Ägypten+, +Pharnăces+, +Afrika+). Bewirtung des Volkes an 22000
+Tischen, prächtige Festspiele, Geld- und Getreidespenden. Cäsars
++Dictatur+ wird zunächst auf 10 Jahre, später auf Lebenszeit (dictator
+perpetuus) verlängert. Er beginnt die ~Neuordnung des zerrütteten
+Staatswesens~: Census der Bürgerschaft; Beschränkung der Zahl derer,
+welche regelmäßig Getreidespenden empfangen, auf 150000; Bestimmungen
+über die Verfassung der Bürgerstädte (lex Iulia municipalis);
+Herstellung des Senats; Ackerverteilung an die Veteranen. ~Verbesserung
+des Kalenders~ mit Hilfe des alexandrinischen Astronomen +Sosigĕnes+.
+Das Jahr 46 wird durch Einschaltung um 67 Tage verlängert; an Stelle
+des bisher üblichen Mondjahres mit Schaltmonaten tritt das Sonnenjahr
+von 365¼ Tagen (alle 4 Jahre ein Schaltjahr).
+
+Nochmals erheben sich in ~Spanien~ die Söhne des Pompeius und Cäsars
+früherer Legat Labienus; Cäsar siegt nach hartnäckigem Widerstande in
+der
+
+[~45.~]
+
+~Schlacht bei Munda~ (in der südlichen Provinz, zwischen Cordŭba und
+Gades), setzt dann in Rom als ~Dictator~ und ~Imperator~ (letzterer
+Titel früher nur zeitweise von siegreichen Feldherren bis zum Tage
+des Triumphes geführt) sein großartiges Reformwerk fort. Die alten
+Formen der republikanischen Verfassung behält er bei, in der Tat aber
+waltet Cäsar als Alleinherrscher. Als +Pontifex maximus+ hat er die
+Oberaufsicht über das Religionswesen, als Inhaber der +tribunicia
+potestas+ das Vorschlagsrecht bei der Gesetzgebung und das Ansehen
+eines unverletzlichen Vertreters und Beschützers des Volkes. Den
++Komitien+ bleibt die Bestätigung der Gesetze als ein nur formelles
+Recht; ihr Wahlrecht wird durch das Vorschlagsrecht des Dictators
+sehr beschränkt. Der +Senat+, auf 900 Mitglieder vermehrt, wird
+wieder, wie zur Königszeit, zu einem nur beratenden Reichsrat. Die
+oberste +Gerichtsgewalt+ steht, ebenfalls wie in der Königszeit, dem
+Alleinherrscher zu (Prozesse des +Ligarius+ und +Deiotărus+, bei
+welchen Cicero als Anwalt auftritt).
+
+Großartige Bauten in Rom (Basilica Iulia an der Südseite des Forums;
+die Nordseite wird erweitert durch das Forum Iulium mit dem Tempel
+der Venus Genetrix). Gründung einer öffentlichen Bibliothek. Neue
+Provinzialordnung zum Schutz der Provinzen gegen die Willkür der
+Statthalter; Gründung von Kolonien in den Provinzen, +Karthago+ und
++Korinth+ hergestellt. Luxusgesetze, Kriminalgesetzgebung.
+
+Durch weitgehende Ehrenbeschlüsse (Bildsäulen von ihm in allen Tempeln,
+seine Statue neben denen der sieben Könige, Münzen mit seinem Bildnis
+(S. 74, Anm.), Feier seines Geburtstages am 12. des Monats Quinctilis,
+der nun +Iulius+ genannt wurde, alle fünf Jahre Spiele ihm zu Ehren
+u. a.) wird Cäsars Alleinherrschaft beim Volke unbeliebt. Das von +M.
+Antonius+ am Lupercalienfeste (15 Februar 44) ihm öffentlich angebotene
+Königsdiadem weist er zurück. Während der Vorbereitungen zu einem
+Rachekrieg gegen die +Parther+ (S. 113), welcher die Ostgrenze des
+Reichs sichern soll, bildet sich unter den Senatoren eine Verschwörung
+(+C. Cassius Longinus+, +M. Iunius Brutus+, +C. Trebonius+, +Decimus
+Brutus+, +L. Tillius Cimber+, +P. Servilius Casca+ u. a.).
+
+[~44.~ (15. März.)]
+
+~Ermordung Cäsars in der Senats-Sitzung~,
+
+die an jenem Tage zufällig in der an das Theater des Pompeius
+anstoßenden +Curia Pompeia+ gehalten wurde. Cäsar fällt, von 23 Stichen
+durchbohrt, an der Bildsäule des Pompeius nieder.
+
+
+§ 9. Untergang der Republik.
+
+Für kurze Zeit übernimmt der Senat wieder die Staatsleitung. Er verfügt
+zugleich die Aufrechterhaltung der Gesetze Cäsars und Straflosigkeit
+(Amnestie) für dessen Mörder. Allein das Volk der Hauptstadt, aufgeregt
+durch die +Leichenrede des Consuls M. Antonius+, verübt Gewalttaten
+gegen die Verschworenen. Die Häupter der Verschwörung verlassen Rom,
+um in die ihnen (noch von Cäsar selbst) angewiesenen Provinzen zu
+gehen: ~M. Brutus~ nach +Makedonien+, ~Cassius~ nach +Syrien+, ~Decimus
+Brutus~ nach +Gallia cisalpina+.
+
+In Rom maßt sich ~M. Antonius~ (Konsul mit +P. Cornelius Dolabella+) im
+Besitz der testamentarischen Bestimmungen Cäsars, unter dem Vorwande,
+den letzten Willen des Dictators auszuführen, eine unumschränkte
+Gewalt an, ändert die Verteilung der Provinzen, läßt sich namentlich
+die Provinz +Gallia cisalpina+ durch Volksbeschluß zuerteilen.
+Dagegen tritt der 19jähr. ~C. Octavius~ (geb. 63), der Großneffe und
+Adoptivsohn Cäsars, daher fortan ~C. Julius Cäsar Octavianus~ genannt,
+in Verbindung mit dem Senat. Bei den Soldaten beliebt, sammelt er
+zahlreiche Veteranen Cäsars um sich und bestimmt 2 Legionen des
+Antonius, sich unter seinen Befehl zu stellen. Durch die einander
+entgegengesetzten Bestrebungen der Machthaber wird das römische Reich
+in +neue Bürgerkriege+ gestürzt.
+
+[44–43.]
+
+Gegen Antonius, der den Decimus Brutus in +Mutĭna+ belagert und ihm
+seine Provinz entreißen will, werden auf Betreiben +Ciceros+ (die
++Philippischen+ Reden) die beiden Konsuln Hirtius und Pansa ausgesandt,
+mit ihnen der junge ~Octavian~ als Proprätor (+Mutinensischer Krieg+).
+Beide Konsuln fallen; Dec. Brutus verfolgt den besiegten Antonius
+nach Gallia transalpina. Octavian aber führt das ganze Heer nach Rom,
+erzwingt vom Senat seine Erwählung zum Konsul, Widerruf der Amnestie
+für die Verschworenen und ihre Verurteilung. Hierauf zieht er zum
+Schein gegen +Antonius+, mit dem er schon geheime Unterhandlungen
+angeknüpft hatte. Auf einer Zusammenkunft bei +Bononia+ wird das
+
+[~43.~ (Nov.)]
+
+~zweite Triumvirat~
+
+geschlossen zwischen ~Antonius~, ~Octavian~ und ~M. Ämilius Lepidus~
+(Statthalter in Gallia Narbonensis). Die drei Machthaber (+tresviri
+reipublicae constituendae+) lassen ihre angemaßte Gewalt von den
+Komitien auf 5 Jahre bestätigen und beginnen ihre Herrschaft mit
+grausamen ~Proskriptionen~: 130 Senatoren und 2000 Männer vom
+Ritterstande werden geächtet und größtenteils getötet (u. a. +Cicero+
+und sein Bruder +Quintus+, S. 112), ihr Vermögen eingezogen. Darauf
+
+[~43–42.~]
+
+~Krieg gegen die republikanische Partei.~
+
++Antonius+ und +Octavianus+ ziehen gegen +M. Brutus+ und +C. Cassius+,
+welche in Makedonien und Syrien eine bedeutende Kriegsmacht gesammelt
+hatten. In der (+ersten+)
+
+[~42.~]
+
+~Schlacht bei Philippi~
+
+in Thrakien besiegt +Antonius+, welcher den rechten Flügel befehligt,
+den linken Flügel des republikanischen Heeres unter ~Cassius~, während
++Octavian+ vor den Truppen des ~Brutus~ zurückweichen muß. Auf die
+falsche Nachricht von einer Niederlage des Brutus läßt sich ~Cassius~
+durch einen Sklaven töten. ~Brutus~, 20 Tage später in einer +zweiten
+Schlacht+ von +Antonius+ geschlagen, tötet sich selbst.
+
+~Antonius~ brandschatzt die Provinzen +Asien+ und +Syrien+ und
+folgt dann der Königin ~Kleopatra~ (S. 116), die er nach +Tarsus+
+vorgefordert hatte, nach +Ägypten+. Währenddessen nimmt ~Octavian~ in
+Italien die den Veteranen versprochenen Ackerverteilungen vor; +L.
+Antonius+, Bruder des Triumvir, der ihm dabei entgegentritt, wird in
++Perusia+ belagert und muß sich ergeben. +M. Antonius+ landet mit einem
+Heere bei Brundisium; es kommt in Brundisium zu einem Vergleich, nach
+welchem die Verwaltung des Reiches so geteilt wird, daß
+
+[40.]
+
+~Octavian~ den +Westen+, ~Antonius~ den +Osten+ (Grenzlinie geht
+durch Illyrien), ~Lepidus~ +Afrika+ erhält. +Sextus Pompeius+, der
+sich von Sicilien aus eine Seeherrschaft über die italischen Inseln
+gegründet hatte (sein Bruder Cn. bei Munda †), wird (36) von +M.
+Vipsanius Agrippa+, dem Unterfeldherrn Octavians, bei +Mylae+ besiegt.
++Lepidus+, der nun auf Sicilien Anspruch erhebt, verliert nach einem
+kurzen Feldzuge auch Afrika an Octavian, ihm bleibt nur die Würde eines
+Pontifex maximus.
+
++Octavian+ sorgt für friedliche Verwaltung Italiens, bekämpft aber
+auch, um Norditalien zu sichern, die Dalmatier und Pannonier, erobert
+35 die Stadt Siscia an der Save.
+
++Antonius+, mit Octavians Schwester +Octavia+ vermählt, unternimmt 38
+und 37 wenig erfolgreiche Züge gegen die +Parther+, schwelgt dann in
+Ägypten am Hofe der +Kleopatra+, zieht 34 gegen +Armenien+ und führt
+den König Artavasdes als Gefangenen in Alexandria im Triumph auf,
+verschenkt endlich römische Provinzen an seine Kinder mit der Kleopatra
+und schickt der Octavia den Scheidebrief. Octavian läßt in Rom durch
+Volksbeschluß dem Antonius den Oberbefehl entziehen und an Kleopatra
+den Krieg erklären.
+
+[~31–30.~]
+
+~Krieg zwischen Octavian und Antonius.~
+
+Während Antonius und Kleopatra lange in +Ephĕsos, Samos, Athen+ und
++Patrae+ (in Achaja) verweilen, vollendet Octavian seine Rüstungen
+und setzt das Landheer nach Epirus über; seine 250 Schiffe starke, von
++Agrippa+ geführte Flotte besiegt die an Zahl der Schiffe überlegene
+Flotte des Antonius und der Kleopatra in der
+
+[~31.~ (2. Sept.)]
+
+~Seeschlacht bei Actium.~
+
+Kleopatra flieht mit ihren Schiffen, ehe die Schlacht entschieden ist;
+Antonius folgt ihr. Sein Landheer ergibt sich nach 7 Tagen dem Octavian
+ohne Kampf.
+
+[30.]
+
+Octavian geht nach Asien, wo er sein 4. Konsulat antritt, kehrt zur
+Beschwichtigung einer Meuterei der Veteranen auf kurze Zeit nach
+Italien zurück, begabt sich dann wieder zu seinem Heere und führt es
+durch +Syrien+ nach +Ägypten+. Antonius, von seinen Truppen verlassen,
+tötet sich auf die falsche Nachricht vom Tode der Kleopatra. Diese
+tötet sich bald darauf durch Gift, als sie sieht, daß Octavian sie nur
+schont, um sie in Rom im Triumph aufzuführen. Octavian macht ~Ägypten
+zur römischen Provinz,~ ordnet dann die Verhältnisse in Vorderasien und
+kehrt 29 im Monat Sextilis (nachher ihm zu Ehren +Augustus+ genannt)
+nach Rom zurück. Dreitägiger Triumph, der Janustempel geschlossen (vgl.
+S. 72).
+
+~Alleinherrschaft Octavians,~ in der von ~Cäsar~ begründeten Weise,
+jedoch so, daß die +Dictatur+ ersetzt wird durch das von ihm
+anfangs ständig bekleidete +Konsulat+, dann durch das +allgemeine
+prokonsularische Imperium+. Das römische Reich, nach Beendigung der
+Bürgerkriege im Frieden aufblühend, schützt noch mehrere Jahrhunderte
+lang unter der Herrschaft der Kaiser die Kulturvölker des Altertums
+gegen die Angriffe der Barbaren.
+
+
+§ 10. Kunst und Literatur bei den Römern.
+
+Die Anfänge nationaler Baukunst und Dichtung bei Etruskern und Latinern
+entwickeln sich erst durch die Bekanntschaft mit griechischer Kultur
+zu höherer Blüte. Griechischer Baustil erscheint in den Tempeln und
+Säulenhallen, mit welchen Rom sich schmückte, als es zur Großstadt
+heranwuchs. Griechische Statuen wurden nach Eroberung griechischer
+Städte (Tarent 272, Syrakus 212, Korinth 146) zahlreich nach Rom
+gebracht; seit 146 arbeiteten viele griechische Künstler in Rom. Drei
+griechische Philosophen (+Karneades, Diogenes, Kritolaos+) 156 als
+athenische Gesandte in Rom.
+
+Anfänge der römischen Literatur: Gottesdienstliche Lieder der
++Salii+ (S. 73) und +Fratres arvales+, religiöse und geschichtliche
+Aufzeichnungen der Priester (libri pontificum, fasti consulares
+und triumphales), Erklärungen der Zwölf-Tafelgesetze (S. 78 f).
+Volkstümliche Bühnendarstellungen werden zuerst 364 erwähnt als
+Bestandteil der Festspiele (ludi scaenici). Griechische Tragödien und
+Komödien in lateinischer Bearbeitung brachte +Livius Andronīcus+, ein
+Grieche aus Tarent, seit 240 in Rom zur Aufführung, nach ihm +Cn.
+Naevius+ aus Campanien, der auch nationale Stoffe dramatisch darstellte
+(+fabulae praetextae+) und den ersten Punischen Krieg in einem Epos (in
+saturnischen Versen) besang; ferner +Q. Ennius+ aus Rudiä in Calabrien
+(† 169), der ebenfalls in einem Epos in Hexametern (+Annales+) die
+Geschichte Roms bis auf seine Zeit darstellte, befreundet mit Scipio
+Africanus maior. Erhalten sind die Bearbeitungen griechischer Komödien
+von +T. Maccius Plautus+ († 184) und +P. Terentius+ († 159).
+
+Die ältesten römischen Geschichtschreiber (Annalisten) schrieben
+griechisch. Als erster Schriftsteller in lateinischer Prosa ist +M.
+Porcius Cato+ († 149, +Origines+, +de re rustica+, Reden) zu nennen.
+Besonders gepflegt wurde die Rechtsgelehrsamkeit (Sex. Aelius Catus,
+Konsul 198, +Q. Mucius Scaevola augur+, Konsul 117, Lehrer Ciceros)
+und die Beredsamkeit (+C. Gracchus+ † 121, +L. Licinius Crassus+ † 91,
++M. Antonius+ † 87, +Q. Hortensius+ † 50). Die nationalen Altertümer
+erforschte +M. Terentius Varro+ (116–27, de lingua Latina, antiquitates
+rerum humanarum et divinarum). Als Geschichtschreiber ragen hervor +C.
+Iulius Cäsar+ († 44) und +C. Sallustius Crispus+ († 34). Den Reichtum
+und die Schönheit der lateinischen Sprache entfaltet besonders +M.
+Tullius Cicero+ († 43) als Redner und philosophischer Schriftsteller
+(Tusculanae disputationes, de officiis u. a.). Als Dichter sind in
+Ciceros Zeit zu nennen +T. Lucretius Carus+ († 55), Verfasser eines
+philosophischen Lehrgedichts +de rerum natura+, und der Lyriker +C.
+Valerius Catullus+ († 54).
+
+
+§ 11. Kaiserzeit bis zum Untergang des weströmischen Reiches.
+
+(Von ~31 vor~ Chr. bis ~476 nach~ Chr.)
+
+[vor nach Chr. ~31–68.~]
+
+~Das Julisch-claudische Herrscherhaus.~
+
+[~31–14.~]
+
+~Cäsar Octavianus Augustus.~
+
+Der Beiname +Augustus+ (der +Erlauchte+, +Erhabene+), den ihm (27 vor
+Chr.) der Senat erteilte, ist auf seine Nachfolger übergegangen und
+ebenso wie +Princeps+, +Cäsar+, +Imperator+, zum Titel der römischen
+Herrscher geworden.[28]
+
+Augustus beschränkt den Senat auf 600 Mitglieder und knüpft die
+Senatorwürde an einen hohen Census (1 Million Sest. = etwa 180000 M.).
+Das +Konsulat+ bleibt bestehen, wird anfangs von Augustus ständig,
+später von ihm und seinen Nachfolgern noch bisweilen bekleidet, gilt
+aber nur als Ehrenamt und wird in seiner Dauer verkürzt, zuletzt
+in der Regel auf 2 Monate. Auch die andern republikanischen Ämter
+bleiben, doch mit beschränktem Geschäftskreis; die +Censur+ wird von
+den Kaisern übernommen, wie sie schon Cäsar unter dem Titel Praefectus
+morum ausgeübt hatte. Dem Senat bleibt ein gewisser Anteil an der
+Herrschergewalt.
+
+Die kaiserliche Herrschaft beruht auf dem Heerbefehl, der
+tribunicischen Gewalt und der obersten Gerichtsgewalt. Seit dem Tode
+des Lepidus (13) war Augustus auch Pontifex maximus. Einflußreiche
+kaiserliche Beamte sind der +Praefectus urbi+ (Polizeipräsident) und
+die beiden +Praefecti praetorio+ (Befehlshaber der aus 9 Kohorten
+bestehenden kaiserlichen Garde). Einteilung Roms in 14, Italiens in
+11 +regiones+. Einrichtung einer +Reichspost (cursus publicus)+ für
+die von Staats wegen reisenden Beamten. Schutz der Provinzen gegen
+die Übergriffe der Beamten. Fürsorge für die Armen. Ansiedelung
+unbemittelter Bürger in Kolonien.
+
+[27.]
+
+Neue +Einteilung der Provinzen+ in senatorische, d. h. völlig
+beruhigte, welche ohne Kriegsheer von Prokonsuln und Proprätoren
+verwaltet werden können und vom Senat verliehen werden (+Africa, Asia,
+Achaja, Illyricum, Macedonia, Sicilia, Creta+ und +Cyrenaica, Bithynia,
+Sardinia, Hispania Baetica+), und in +kaiserliche+, die Augustus durch
+Legaten an der Spitze von Legionen verwalten läßt und daher selber
+verteilt: +(Hispania Tarraconensis, Lusitania+, die vier gallischen:
++Narbonensis, Lugdunensis, Aquitania+ und +Belgica+ mit +Germania
+superior et inferior, Syria, Cilicta, Cyprus, Aegyptus+). In dieser
+Teilung ist später mehreres geändert worden. Alle nach 27 vor Chr.
+begründeten Provinzen fielen dem Kaiser zu. Zwei Staatskassen, das vom
+Senat verwaltete +aerarium+ (Einnahmen aus den senatorischen Provinzen)
+und +fiscus+ (Einnahmen aus den kaiserlichen Gütern und Provinzen).
+Das Heer auf 25 Legionen (etwa 250000 Mann) gebracht. Dazu eine starke
+Flotte in Misenum und Ravenna.
+
+~Blütezeit der römischen Literatur.~ +C. Cilnius Maecenas+ († 8 vor
+Chr.), Freund des Augustus, Gönner und Beschützer der Dichter: +P.
+Vergilius Maro+ (70–19 vor Chr.). +Q. Horatius Flaccus+ (65–8 vor
+Chr.). Die Elegiker +Albius Tibullus, S. Propertius+ und +P. Ovidius
+Naso+ (9 nach Chr. nach +Tomi+ am Pontus Euxīnus (Constanza i. d.
+Dobrudscha) verbannt, † 17). Der Geschichtschreiber +T. Livius+ (59
+vor Chr. bis 17 nach Chr.) gibt dem römischen Volke eine ausführliche
+Gesamtdarstellung seiner Geschichte. Der Architekt +Vitruvius+, die
+Juristen +M. Antistius Labeo+ und +C. Ateius Capito+.
+
+ ~Familie des Augustus.~
+
+ ~C. Julius Cäsar Octavianus Augustus,~ geb. 63 v. Chr., †14 n. Chr.
+ Gemahlinnen: 1. Claudia. 2. Scribonia. 3. Livia, Mutter des
+ | Tiberius u. Drusus,
+ | Söhne v. Tiberius
+ | Claudius Nero.
+ ~Iulia,~ †14 n. Chr.
+ Gem.: 1. Marcellus, 2. M. Vipsanius Agrippa. 3. Tiberius.
+ Sohn d. Octavia. †12 v. Chr.
+ †23 v. Chr. |
+ |
+ ______________________________________________________________________
+ Gaius Cäsar. Lucius Cäsar. Agrippina. Julia. Agrippa Postumus.
+ †4 n. Chr. †2 n. Chr. †33 n. Chr. †28 n. Chr. †14 n. Chr.
+
+In der ersten Hälfte der Regierung des Augustus ist sein Schwiegersohn
++Agrippa+ seine Hauptstütze. Census in allen Provinzen, Vermessung
+des Reiches durch Agrippa, Bauten in Rom: Forum Augusti, Thermae
+Agrippae mit dem +Pantheon+, Tempel des Apollo, des Mars und der Venus.
+Wiederherstellung der verfallenen Heiligtümer und Wiederbelebung der
+alten Religiosität. Agrippas Söhne +Gaius Cäsar+ und +Lucius Cäsar+
+werden 17 vor Chr. von Augustus adoptiert. Ihre Mutter +Iulia+ heiratet
+in dritter Ehe den Stiefsohn des Augustus, +Tiberius+, wird aber
+schließlich wegen ihrer Sittenlosigkeit verbannt. Nach dem Tode seiner
+beiden ältesten Enkel adoptiert Augustus den +Tiberius+ und bezeichnet
+ihn als Nachfolger.
+
+[27–25.]
+
+Augustus ordnet persönlich die Verhältnisse der +gallischen+ und
++spanischen+ Provinzen. Unterwerfung der Cantabrer und Asturer.
++Lugdunum+ (Lyon) Hauptstadt in Gallien, +Tarraco+ und +Corduba+
+Hauptstädte in Spanien.
+
+[22–19.]
+
+Augustus ordnet persönlich die Verhältnisse des römischen +Asiens+. Der
+Partherkönig +Phraates+ gibt auf die Nachricht von seiner Ankunft in
+Syrien die bei der Niederlage des Crassus (S. 113) erbeuteten römischen
+Feldzeichen zurück. Durch +Tiberius+ wird +Tigrānes+ in sein Reich
+Armenien wieder eingesetzt.
+
+Nach Rom zurückgekehrt erläßt Augustus Gesetze zur Bekämpfung des Luxus
+und der Ehelosigkeit (+lex Iulia sumptuaria, lex Iulia de maritandis
+ordinibus+).
+
+[15.]
+
++Tiberius+ und +Drusus+, die Stiefsöhne des Kaisers, unterwerfen
+die Alpenvölker und das Gebiet zwischen den Alpen und der Donau;
+Einrichtung der Provinzen ~Raetia~ (Hauptort +Augusta Vindelicorum+,
+jetzt Augsburg) und ~Noricum~ (Kärnten und Steiermark). Schon einige
+Jahre früher war von Makedonien aus das untere Donaugebiet ~Mösien~
+unterworfen worden.
+
+[12–9.]
+
++Tiberius+ unterwirft ~Pannonien~ (das südwestliche Ungarn). Damit ist
+die +Donaugrenze+ des Reiches festgestellt; sie wird ebenso wie die
++Rheingrenze+ durch Standlager der Legionen, aus denen später Städte
+geworden sind, beschützt. Standlager am Rhein: Moguntiacum (Mainz),
+Civitas Ubiorum (später Colonia Agrippinensis, Köln), Castra vetera
+(Xanten), Standlager an der Donau: Regina castra (Regensburg), Batava
+castra (Passau), später auch Vindobona (Wien) und Juvavum (Salzburg).
+
+[12–9.]
+
++Drusus+ unternimmt vom Rhein aus vier Feldzüge in das +innere
+Germanien,+ das erstemal zur See, vom lacus Flevo (Zuyder-See) in
+die +Ems+mündung hinein, dann zu Lande die +Lippe+ aufwärts (Castell
++Aliso+ bei Haltern), dann von Mainz aus gegen die Chatten, zuletzt von
+Mainz bis zur Elbe. Er stirbt auf dem Rückmarsch infolge eines Sturzes
+mit dem Pferde.
+
+[8–7.]
+
++Tiberius+, sein Nachfolger im Oberbefehl, bringt einen Teil der
+germanischen Völkerschaften auf dem rechten Rheinufer zur Anerkennung
+der römischen Oberhoheit. Er zieht sich dann (6) nach +Rhodus+ zurück
+und kommt erst 7 Jahre später nach Verbannung seiner Gemahlin Julia
+wieder nach Rom.
+
+~Christus geboren~ vier oder sechs Jahre vor dem Beginn unserer
+Zeitrechnung.[29]
+
+Das Christentum, langsam sich ausbreitend im römischen Reiche,
+entfaltet nach dem Untergange desselben seine weltbezwingende Macht.
+
+[nach Chr. 4–5.]
+
++Tiberius+, in den letzten Jahren der Regierung des Augustus schon
+beinahe Mitregent, durchzieht von neuem das nördliche Germanien,
+besiegt die +Langobarden+ an der unteren Elbe. Römische Statthalter
+verwalten das Gebiet zwischen Rhein und Elbe. Der unter Tiberius’
+Anführung schon begonnene Angriff auf das +suebische+ Reich des
++Marbod+ (in Böhmen) wird unterbrochen (6–9) durch einen gefährlichen
+Aufstand der illyrischen und pannonischen Völkerschaften.
+
+[~9.~]
+
+Drei römische Legionen unter ~P. Quinctilius Varus~ werden im
+~Teutoburger Walde~ von dem Cheruskerfürsten ~Arminius~ vernichtet.
+Germanien bis zum Rhein befreit, +Tiberius+ aber sichert die
+Rheingrenze.
+
+[14.]
+
+Augustus stirbt in +Nola+ im 76. Lebensjahre. Eine von ihm selbst
+verfaßte Übersicht seiner Taten (+Res gestae divi Augusti+) ist
+in einer Tempelinschrift zu Ancyra (Angora) in Galatien erhalten
+(+monumentum Ancyranum+).
+
+[14–37.]
+
+~Tiberius~ (vollständig: +Tiberius Claudius Nero+), des Augustus
+Stief- und Adoptivsohn, geb. 42, tüchtiger Herrscher, jedoch hart
+und argwöhnisch. Das Recht der Beamtenwahlen und die Bestätigung
+der Gesetze wird von den +Komitien+ auf den +Senat+ übertragen. Die
+an republikanischen Erinnerungen festhaltende Aristokratie wird in
+strenger Abhängigkeit gehalten, besonders durch Anklagen +de maiestate+
+(die auch schon zur Zeit der Republik vorkamen) bei der kleinsten
+Beleidigung des Fürsten; Belohnung der Angeber (+delatores+). Gute
+Verwaltung in den Provinzen.
+
+[14–16.]
+
+Drei Feldzüge des Neffen des +Tiberius, Drusus Cäsar Germanicus+, (von
+Köln aus) über den Rhein gegen die Germanen, der zweite und dritte mit
+einer Flottenfahrt in die Emsmündung verbunden. Beim zweiten wird die
+Stätte der Niederlage des Varus berührt; beim dritten Sieg der Römer
+auf dem +Campus Idisiaviso+ jenseits der +Weser+ über Arminius, aber
+keine Unterwerfung des Landes. Die Flotte bei der Rückkehr durch Sturm
+zerstreut.
+
+[17.]
+
+Germanicus, von Tiberius abgerufen und nach dem Orient gesandt, setzt
+in Armenien einen König ein, macht +Kappadokien+ zur römischen Provinz,
+gerät in Syrien mit dem Statthalter L. Calpurnius Piso in Streit. Sein
+Tod im 34. Lebensjahr (19 in Antiochia an Gift?) in Rom sehr beklagt.
+
+In Deutschland Krieg zwischen +Armin+ und +Marbod+, letzterer aus
+seinem Reiche vertrieben, findet bei den Römern Aufnahme († zu
+Ravenna). Armin wird von seinen eigenen Verwandten, die ihn des
+Strebens nach der Königsherrschaft beschuldigen, 37 Jahre alt, getötet
+(21).
+
+[23.]
+
++L. Aelius Seianus+, Befehlshaber der +Prätorianer+ (S. 122), erhebt
+sich zum übermächtigen Günstling des alternden Kaisers, der 27 seinen
+Aufenthalt dauernd auf der Insel +Capreae+ (Capri) nimmt. Sejan
+vergiftet +Drusus+, den einzigen Sohn des Kaisers, und bewirkt die
+Verbannung der +Agrippina+, Witwe des Germanicus.
+
+[31.]
+
+Sturz Sejans; nach ihm werden viele Senatoren als Teilnehmer an seiner
+Verschwörung hingerichtet. +Macro+, nunmehr Praefectus praetorio,
+bleibt von der Willkür des mißtrauischen Kaisers abhängig.
+
+[~37–68.~]
+
+~Das Claudische Herrscherhaus,~ durch Adoption mit dem Julischen
+verbunden:
+
+ +Tiberius+ Claudius Nero. Nero Claudius +Drusus+.
+ †37 n. Chr. †9 v. Chr.
+ | _____________|_________
+ | | |
+ Drusus †23 +Drusus Germanicus.+ Tib. +Claudius+ Nero.
+ n. Chr. †19 n. Chr. †54.
+ Gem. Agrippina. |
+ ___________|________ |
+ | | Octavia, Britanniens.
+ Agrippina d. j., +Caligula+.
+ | †41.
+ |
+ L. Domitius (+Nero+)
+ †68.
+
+[~37–41.~]
+
+~Caligula~ (+Gaius Cäsar Germanicus+),
+
+der jüngste Sohn des Germanicus, von den Soldaten als Knabe +Caligula+
+(Stiefelchen) benannt, zeigt sich bald als grausamer (+oderint,
+dum metuant!+), jeder Schranke spottender Despot. Schwelgerei,
+Selbstvergötterung, unnütze Feldzüge nach der Rheingrenze und der
+gallischen Küste. Nach seiner Ermordung durch die Prätorianer wird von
+diesen zum Imperator ausgerufen sein Oheim
+
+[~41–54.~]
+
+~Claudius~ (+Tiberius Claudius Nero Germanicus+),
+
+jüngerer Bruder des Germanicus, ein wohlmeinender, aber schwacher
+Fürst, beherrscht von Günstlingen und von seinen Gemahlinnen: 1. der
+sittenlosen +Messalina+ und, nachdem er diese (48) hat töten lassen, 2.
+der herrschsüchtigen +Agrippina+, Tochter des Germanicus.
+
+[43.]
+
+Beginn der Eroberung +Britanniens+ unter dem Oberbefehl des +A.
+Plautius+ (dessen Legat +T. Flavius Vespasianus+); der südliche Teil
+wird römische Provinz.
+
+Unter Claudius’ Regierung werden außerdem folgende Provinzen
+eingerichtet: in Afrika +Mauretania+, im Orient +Lycia+ und +Thracia+.
++Iudaea+, von 40 vor Chr. bis 6 nach Chr. und dann wieder 41–44 nach
+Chr. abhängiges Königreich, wird wieder zur Provinz +Syrien+ gezogen.
+
++Agrippina+ überredet den Claudius, den +L. Domitius+, ihren Sohn aus
+früherer Ehe, zu adoptieren (bei der Adoption erhält er den Namen
++Nero+) und zum Thronfolger zu ernennen an Stelle seines eigenen Sohnes
++Britannicus+ (von der +Messalina+), dessen Schwester +Octavia+ zur
+Gemahlin Neros bestimmt wird. Als Neros Adoption den Kaiser gereut,
+vergiftet ihn Agrippina.
+
+[~54–68.~]
+
+~Nero~ (+Nero Claudius Cäsar Drusus Germanicus+),
+
+von den Prätorianern zum Imperator ausgerufen, in den ersten Jahren
+geleitet von dem Praefectus praetorio +Afranius Burrus+ und seinem
+Lehrer +L. Annaeus Seneca+.
+
+Er vergiftet (55) seinen Stiefbruder +Britannicus+, mit dessen Erhebung
+zum Imperator ihm Agrippina gedroht hatte, läßt (59) seine Mutter
++Agrippina+ selbst töten, verstößt seine Gemahlin +Octavia+, die
+er später ebenfalls töten läßt, und heiratet +Poppaea Sabina+, die
+Gemahlin Othos. Ausschweifungen und Grausamkeiten; er tritt öffentlich
+im Wettkampf als Wagenlenker, Schauspieler und Sänger auf. Kriechende
+Unterwürfigkeit des Senats,
+
+[61.]
+
+Aufstand in Britannien, von +Suetonius Paulinus+ unterdrückt.
+
+[58–63.]
+
+Krieg gegen die Parther und Armenier. Nach Einnahme und Zerstörung von
++Artaxăta+ bringt +Domitius Corbŭlo+ in Armenien den König +Tiridates+
+zur Anerkennung der römischen Oberhoheit.
+
+[~64.~]
+
+Eine sechstägige und bald darauf eine nochmalige dreitägige
++Feuersbrunst+ (nach unbegründetem Gerücht auf Neros Befehl angelegt)
+zerstört einen großen Teil der Stadt Rom. Nero beschuldigt die +Juden+
+und die +Christengemeinde+ Roms der Brandstiftung und verhängt grausame
+Strafen über sie (+erste Christenverfolgung+). Großartige Neubauten in
+Rom, breitere Straßen. Der Kaiserpalast wird vom Palatin bis über den
+Esquilin ausgedehnt (+domus aurea+).
+
+[65.]
+
+Verschwörung des +C. Calpurnius Piso+ entdeckt, viele Hinrichtungen;
++Seneca+ genötigt, sich selbst zu töten.
+
+[68.]
+
+Aufstand in Gallien (+C. Julius Vindex+) und im diesseitigen Spanien,
+dessen Statthalter, der 73jährige +Sulpicius Galba+, zum Imperator
+ausgerufen wird. Nero, erst kürzlich von einer großen Kunstreise nach
+Griechenland zurückgekehrt, flieht und tötet sich auf dem Landgute
+eines seiner Freigelassenen in der Nähe von Rom.
+
+Das Reich wird nach dieser verderblichen Regierung abermals durch
++Bürgerkriege+ zerrüttet:
+
+[~68–69.~ Juni–Jan.]
+
+~Galba~ (+Servius Sulpicius Galba+),
+
+der sich bald durch unzeitige Strenge und Sparsamkeit verhaßt macht.
+Die Prätorianer ermorden ihn und erheben an seiner Stelle
+
+[~69.~ Jan.–Apr.]
+
+~Otho~ (+Marcus Salvius Otho+),
+
+einen ehemaligen Günstling Neros. Schon vorher war von den Legionen am
+Rhein zum Imperator ausgerufen
+
+[~69.~ Apr.–Dez.]
+
+~Vitellius~ (+Aulus Vitellius+),
+
+der, nachdem seine Legaten den Otho bei +Bedriacum+ (östlich von
++Cremona+) besiegt haben und dieser sich selbst getötet hat, in
+Rom einrückt und die Stadt zum Schauplatze seiner Prasserei und
+Verschwendung macht. Er wird bei einem Straßenkampf in Rom umgebracht.
+
+[~69–96.~]
+
+~Die drei Flavier~:
+
+[~69–79.~]
+
+~Vespasianus~ (+Titus Flavius Vespasianus+),
+
+besonders auf Betreiben des Statthalters von Syrien, +Licinius
+Mucianus+, zum Imperator ausgerufen, während er in Palästina seit
+66 gegen die aufständischen Juden Krieg führt. Er übergibt seinem
+Sohne +Titus+ den Oberbefehl und kommt nach längerem Aufenthalt in
++Alexandrīa+ nach Rom, wo inzwischen Vitellius durch das siegreiche
+Eindringen der Donauarmee (+Antonius Primus+) beseitigt ist. --
+Wiederherstellung der Mannszucht im Heere, der Ordnung in den Finanzen.
+Der Kaiser gibt das Beispiel strengerer und einfacher Sitte, sorgt für
+öffentlichen Unterricht von Staats wegen (Grammatik und Rhetorik).
+
+[~69–71.~]
+
+~Aufstand der Batāver unter Claudius Civīlis,~
+
+einem ihrer Häuptlinge aus fürstlichem Geschlecht. Die Aufständischen
+geben anfangs vor, nicht gegen das römische Reich, sondern +gegen
+Vitellius+ und +für Vespasianus+ zu kämpfen. Dadurch gelingt es
+ihnen, einen Teil der römischen Soldaten für sich zu gewinnen.
++Civilis+ schlägt die Römer wiederholt und dringt, durch beutelustige
+rechtsrheinische Germanen unterstützt, weit in Gallien vor. Ein
+großer Teil der gallischen Völkerschaften fällt ihm zu; es tritt
+der Plan hervor, ein unabhängiges +gallisches Reich+ zu gründen.
+Nachdem aber die Herrschaft Vespasians in Rom befestigt ist, macht
++Petilius Cerialis,+ begünstigt durch die unter den verbündeten Völkern
+ausgebrochenen Zwistigkeiten, dem Aufstand ein Ende und unterwirft ganz
+Gallien wieder der römischen Herrschaft.
+
+[~70.~ (Septbr.)]
+
+~Titus erobert und zerstört Jerusalem~ nach langer, hartnäckiger
+Verteidigung. Schreckliches Strafgericht über die zum Osterfest dort
+zusammengekommenen Juden. Triumphbogen in Rom errichtet im Anschluß an
+andere Bauten Vespasians (Templum Pacis; +Amphitheatrum Flavium,+ auch
++Colosseum+ genannt).
+
+[78.]
+
++Gn. Iulius Agricola,+ Schwiegervater des Geschichtschreibers
++Tacitus+, wird Statthalter in Britannien. Dem Vespasian folgt sein Sohn
+
+[~79–81.~]
+
+~Titus~ (+Titus Flavius Vespasianus+),
+
+der die ihm entgegengebrachten Befürchtungen durch milde und sorgsame
+Regierung glänzend widerlegt (+»amor et deliciae generis humani«+).
+
+[79.]
+
+Ausbruch des Vesuvs. +Herculanĕum+ durch Lava, +Pompeii+ durch Asche
+und Schlamm verschüttet (Ausgrabungen seit 1719 und 1748). Tod des
+älteren +Plinius,+ Anführers der römischen Flotte in Misenum. -- Dem
+Titus folgt sein ihm unähnlicher Bruder
+
+[~81–96.~]
+
+~Domitianus~ (+Titus Flavius Domitianus+),
+
+der mit der Zeit immer mehr zum habsüchtigen und grausamen Despoten
+wird.
+
+[84.]
+
+Feldzug gegen die Chatten. Im Anschluß daran wird der großartige
+Grenzwall (+limes+) zwischen dem mittleren Rhein und der oberen Donau
+(von Rheinbrohl bis Kehlheim) begonnen. Eins der dazu gehörenden
+Kastelle ist in der +Saalburg+ wieder erstanden. Das dahinter liegende
+Land als Zehntland (+agri decumates+) mit der Provinz +Germania
+superior+ (Hauptstadt Moguntiacum, Mainz) verbunden.
+
+[81–84.]
+
+Glückliche Feldzüge des ~Agricola~ in Britannien, die römische
+Herrschaft bis nach Schottland hinein ausgedehnt.
+
+[86–90.]
+
+Erfolgloser Krieg gegen die Dacier; Domitian soll vom Könige
++Decebălus+ den Frieden erkauft haben.
+
+[96.]
+
+Domitian durch eine Palastverschwörung ermordet.
+
+[~96–192.~]
+
+~Nerva und seine Adoptivfamilie~:
+
+[~96–98.~]
+
+~Nerva~ (+Marcus Cocceius Nerva+),
+
+ein 64 jähriger Senator, durch die Mörder Domitians und den Senat auf
+den Thron erhoben, stellt die Majestätsprozesse ab, ruft die Verbannten
+zurück, vermindert die Abgaben, legt den Grund zur Einrichtung der
++Alimentatio+, d. h. Staatsunterstützung zur Erziehung der Kinder, in
+Italien. Er adoptiert und ernennt zu seinem Mitregenten und Nachfolger
+
+[~98–117.~]
+
+~Trajan~ (+Marcus Ulpius Traianus+),
+
+Statthalter der Provinz +Germania superior+, geboren 53 in der
+römischeu Kolonie +Italica+ in Spanien, den ersten Nicht-Italiker auf
+dem Throne der Cäsaren. Trefflicher Regent und Feldherr. Großartige
+Bauten in Rom (+Forum Traiani+); Straßen und Häfen in den Provinzen,
+der Hauptteil des germanischen Grenzwalls gebaut.
+
+[101–107.]
+
+Unterwerfung des Landes ~Dacien~ (Rumänien und Siebenbürgen). Die
+römischen Legionen dringen aus Mösien und Pannonien (Kolonie +Sirmium+
+an der Save) über die Donau vor, erstürmen Sarmizegethusa, die
+Hauptstadt des +Decebălus+; eine steinerne Brücke wird (unterhalb
+Orsova) über die Donau gebaut. Decebalus unterwirft sich (102), doch
+wird 105 neuer Krieg nötig; 107 wird das Land römische +Provinz+.
+Ansiedlung zahlreicher Kolonisten, von denen die heutigen +Rumänen+
+abstammen. Darstellung des Krieges auf den Reliefs der Trajanssäule in
+Rom.
+
+[105.]
+
+Einrichtung der römischen Provinz ~Arabia~ durch den Statthalter
+von +Syrien+, A. Cornelius Palma, (das Land östlich und südlich von
+Damaskus und Judäa, bis zum Roten Meere; Hauptstadt +Petra+).
+
+[114–116.]
+
+Krieg Trajans gegen die ~Parther~.
+
+Der Neffe des Partherkönigs +Chosroës+ wird aus Armenien vertrieben.
++Armenia+, +Mesopotamia+, +Assyria+ römische Provinzen. Trajan erobert
++Seleucia+ und +Ktesiphon+ am Tigris, fährt zu Schiff den Tigris
+hinunter bis zum Persischen Meerbusen, setzt bei den Parthern einen
+Vasallenkönig ein, stirbt auf der Rückkehr in +Cilicien.+
+
+[~117–138.~]
+
+~Hadrian~ (+Publius Aelius Hadrianus+),
+
+von seinem Verwandten Trajan adoptiert. Friedliebend, auf sorgsame
+Verwaltung des Reiches bedacht, gelehrt und kunstliebend. Er gibt die
+neuen Provinzen +Armenia+, +Mesopotamia+ und +Assyria+ wieder auf,
+so daß der Euphrat die östliche Grenze des Reiches bildet, stellt in
++Mösien+ und +Dacien+ die Ruhe wieder her, regiert in Rom in gutem
+Einverständnis mit dem Senat.
+
++Rundreisen+ durch die Provinzen des Reiches (121–126, 129–134),
+um überall die Wohlfahrt zu fördern; sein Günstling und Begleiter
+Antinous; längerer Aufenthalt in +Athen+, wo er einen neuen Stadtteil
+anlegt und den Zeustempel (S. 36) vollendet. In Rom erbaut er den
+Doppeltempel der Venus und Roma; sein großes Grabmal Mausoleum
+Hadriani, jetzt die Engelsburg. Seine Villa bei +Tibur+ (Tivŏli) mit
+prächtigen Gartenanlagen. In Britannien +Grenzwall+ gegen die Picten
+und Scoten (von Newcastle bis zum Solwaybusen).
+
+Sammlung der Edikte früherer Prätoren (+Edictum perpetuum+) durch den
+Rechtsgelehrten +Salvius Iulianus+; daran knüpft sich die weitere
+Ausbildung der Rechtsgelehrsamkeit, welche für den inneren Bestand des
+großen Reiches von der höchsten Bedeutung war.
+
+[132–135.]
+
+Aufstand der ~Juden~ wegen Anlegung der Kolonie +Aelia Capitolina+
+an der Stelle des zerstörten Jerusalem. Ihr Anführer Bar-Kochba.
+Verzweifelter Kampf; Niederlage und +Zerstreuung+ der Juden. Eine
++christliche+ Gemeinde sammelt sich bald wieder an der heiligen Stätte;
+der Name +Jerusalem+ wird später wieder hergestellt.
+
+[~138–161.~]
+
+~Antoninus Pius~ (+Titus Aurelius Antoninus Pius+),
+
+von Hadrian adoptiert. Friedliche, segensreiche Regierung, jedoch die
+Grenzen des Reiches kräftig gegen die Angriffe der Barbaren geschützt.
+Zweiter Grenzwall in Britannien (vom Forth zum Clyde). Gemäß der von
+Hadrian festgesetzten Erbfolgeordnung folgt ihm sein Neffe
+
+[~161–180.~]
+
+~Marcus Aurelius Antoninus~, weiser und tätiger Regent, hochgebildet
+(Schüler des Redners +Cornelius Fronto+), stoischer Philosoph, bis 169
+gemeinschaftlich mit seinem Adoptivbruder, dem ausschweifenden ~Lucius
+Verus~.
+
+[162–165.]
+
+Krieg gegen die ~Parther~, unter Oberleitung des +L. Verus+, der sich
+aber bald in Antiochia dem Wohlleben hingibt, während seine Legaten den
+Krieg glücklich führen. Ein +Teil+ Mesopotamiens wird wieder römische
+Provinz (S. 130).
+
+[166–180.]
+
+Krieg mit den ~Markomannen~ und ~Quaden~ (in Böhmen).
+
+Marcus Aurelius kämpft mit wechselndem Glück gegen die immer von
+neuem andringenden Barbaren. Während eines kurzen Friedens mit ihnen
+Besiegung des aufständischen +Avidius Cassius+ in Syrien, 175. Triumph
+in Rom 176; der Senat errichtet dem Kaiser eine Reiterstatue, die noch
+heute das Kapitol schmückt. Ehe es dem Kaiser gelingt, die Grenze
+des Reiches an der Donau völlig zu sichern, stirbt er in +Vindobŏna+
+(Wien). Ihm folgt sein entarteter Sohn
+
+[180–192.]
+
+~Commodus~,
+
+der mit den Germanen Frieden schließt und sich in Rom, die Regierung
+meist den Praefectis praetorio (S. 122) überlassend, Ausschweifungen
+und seinem immer mehr hervortretenden Hange zu Grausamkeiten hingibt.
+Er wird endlich von seiner Umgebung ermordet.
+
+
+~Silbernes Zeitalter der römischen Literatur.~
+
+Philosophische Schriften und Briefe des Stoikers +L. Annaeus Seneca+
+(† 65); sein Neffe +M. Annaeus Lucanus+ verfaßt ein Epos Pharsalia.
+Epigramme des +Martialis+, Satiren des +Persius+ und +Iuvenalis+. M.
+Fabius +Quintilianus+ Lehrer der Rhetorik, Verfasser der Institutio
+oratoria. Ein Werk umfassender Gelehrsamkeit ist die Naturalis historia
+des +C. Plinius Secundus+ († 79). Briefsammlung seines Neffen, des
++jüngeren Plinius+, welcher mit dem Geschichtschreiber +Cornelius
+Tacitus+ († 117), dem hervorragendsten Schriftsteller dieser Zeit,
+befreundet war; Tacitus’ Germania 98, Plinius Statthalter in Bithynien
+111. -- Kaiserbiographien des +C. Suetonius+.
+
+
+~Nachblüte der griechischen Literatur.~
+
+Unter Augustus der Geograph +Strabo+ aus Amaseia in Pontus, der
+Altertumsforscher +Dionysios von Halikarnaß+, beide in Rom. Unter
+Trajan und Hadrian der Philosoph und Geschichtschreiber +Plutarchos+
+von Chaironeia, der Perieget +Pausanias+. Um 150 der Geograph
++Ptolemaios+ zu Alexandrīa, um 180 der Satiriker +Lukianos+ von
+Samosata, um 220 der Geschichtschreiber +Cassius Dio+.
+
+
+~Ausbreitung des Christentums.~
+
+Wirksamkeit der +Apostel+ im ersten Jahrhundert. +Paulus+ predigt in
+Antiochia (42), in Athen und Korinth (53), in Ephesos (55), wird 61
+nach +Rom+ geführt, erleidet dort gleichwie +Petrus+ den Märtyrertod.
+Verfolgungen im zweiten und dritten Jahrhundert können die zahlreichen
+christlichen Gemeinden nicht ausrotten; das Beispiel der +Märtyrer+
+(+Ignatius+ Bischof von Antiochia 115, +Polykarpos+ Bischof von Smyrna
+167 und viele andere) wirkt erhebend. Christliche Schriftsteller:
++Clemens+, Bischof von Rom (um 90), +Clemens+ in Alexandria (200),
++Tertullianus+ in Karthago (200), +Origenes+ in Alexandria (230),
++Cyprianus+ in Karthago (230), +Lactantius+ in Nicomedia (300),
++Eusebios+, Bischof von Cäsarea (330), +Augustinus+, Bischof von Hippo
+Regius (354–430), s. S. 141.
+
+[~193–284~.]
+
+~Zeit der Soldatenkaiser.~
+
+Der Mangel einer festen Erbfolge stürzt das römische Reich oftmals in
+Verwirrung; dennoch behauptet es sich noch lange gegen die andringenden
+Barbaren. Nach den kurzen Regierungen der von den Prätorianern
+erhobenen Kaiser +Pertinax+ und +Didius Iulianus+ folgt der von den
+illyrischen Legionen zum Kaiser ausgerufene Statthalter von Pannonien
+
+[~193–211.~]
+
+~Septimius Severus~,
+
+welcher vom Senat anerkannt wird und sich gegen die anderen
+Prätendenten (+Pescennius Niger+ im Orient, +Clodius Albinus+ in
+Britannien und Gallien) behauptet. Umwandlung der bisher aus Italikern
+bestehenden +Prätorianer+ in eine aus allen Provinzlegionen sich
+ergänzende Truppe. Verbesserung der Rechtspflege (die Juristen
++Papinianus, Ulpianus, Paulus+). Erfolgreicher Krieg gegen die
++Parther+, ihre Hauptstadt +Ktesiphon+ 197 zerstört; die Provinz
++Mesopotamien+ wiederhergestellt. (Hauptstädte Edessa und Nisibis).
+Zug nach Britannien 208; der Grenzwall Hadrians wiederhergestellt.
++Septimius+ stirbt in +Eburācum+ (York). Sein Sohn
+
+[211–217.]
+
+~Caracalla~ (+M. Aurelius Antoninus+)
+
+ermordet seinen Bruder und Mitregenten ~Geta~ mit Tausenden seiner
+Anhänger, darunter +Papinianus+. Durch die +Constitutio Antoniniana+
+212 Erteilung des römischen Bürgerrechts an alle freien Provinzialen.
+Aber auch von der Grausamkeit und Habsucht des Kaisers werden die
+Provinzen in weitem Umfange betroffen (das Blutbad in +Alexandrīa+ 215).
+
+Caracalla bekämpft 213 die +Alamannen+ jenseits des Grenzwalls, 214
+die +Goten+ an der unteren Donau, greift 216 die Parther an, wird
+in Mesopotamien auf Anstiften des Praefectus praetorio ~Macrinus~
+ermordet. Dieser, vom Heere zum Nachfolger erwählt, erkauft von
+den Parthern den Frieden. Die Soldaten rufen zum Imperator aus den
+14jährigen +Varius Avitus Bassianus+, genannt
+
+[218–222.]
+
+~Elagabălus~, Sonnenpriester zu Emĕsa in Syrien, der für einen Sohn
+Caracallas ausgegeben wird. Macrinus, bei Antiochia besiegt, wird in
+Kleinasien verhaftet und hingerichtet. Elagabalus überläßt sich in
+Rom den schändlichsten Ausschweifungen; die Regierung führt seine
+Großmutter +Julia Maesa+, Schwester der Mutter Caracallas. Er wird von
+den Prätorianern ermordet; ihm folgt sein Vetter
+
+[~222–235.~]
+
+~Alexander Severus~,
+
+von den besten Absichten beseelt, aber schwankend und nicht energisch,
+geleitet von seiner Mutter +Julia Mamaea+, Tochter der Julia Maesa,
+und von den Rechtsgelehrten +Domitius Ulpianus+ und +Julius Paulus+.
+Seine Maßregeln zur Herstellung der Mannszucht im Heere veranlassen
+Empörungen; bei einer derselben wird +Ulpianus+, der Befehlshaber der
+Prätorianer, ermordet.
+
+[~226.~]
+
+Infolge der Auflösung des +Partherreiches+ unter den Arsakiden (S. 65)
+und Stiftung des ~Neupersischen Reichs~ (Dynastie der +Sassaniden+)
+erwächst dem römischen Reiche ein neuer gefährlicher Feind im Orient,
+doch wird im Kriege (231–33) die Reichsgrenze vorerst noch behauptet,
+Nach Ermordung des Alexander Severus am Rhein erheben die Soldaten auf
+den Thron ihren Feldherrn
+
+[235–238.]
+
+~Maximinus Thrax~,
+
+einen Thraker von außerordentlicher Größe und Stärke. Siegreicher
+Zug über den Rhein, dann nach der untern Donau. Unterdessen wird in
+Afrika zum Imperator ausgerufen der 80jährige Senator +Gordianus I.+,
+der seinen Sohn +Gordianus II.+ zum Mitregenten ernennt, bald aber
+sich selbst tötet, nachdem der Sohn in Afrika kämpfend gefallen.
++Maximinus+, vom Senat für abgesetzt erklärt, wird bei der Belagerung
+von +Aquileia+ von den Soldaten getötet. -- Die Prätorianer erheben
+Gordians I. Enkel, ~Gordianus III.~, auf den Thron. Dieser wird nach
+glücklicher Beendigung eines Krieges gegen die Neuperser 244 ermordet
+auf Veranlassung des Praefectus praetorio ~Philippus Arabs~, eines
+Mannes von semitischer Abkunft, welcher 248 das +tausendjährige
+Bestehen+ des römischen Reiches feiert, 249 von den mösischen Legionen
+unter ihrem Feldherrn ~Decius~ besiegt und getötet wird. Unter diesem
+Kaiser
+
+[~250.~]
+
+Allgemeine ~Christenverfolgung~, nachdem man längere Zeit die Christen
+hatte gewähren lassen. Decius schlägt die +Goten+, welche +Thrakien+
+plündern, verliert aber Sieg und Leben, als er sie nach der Donau hin
+verfolgt (251). Die Legionen erwählen den Feldherrn ~Gallus~, unter
+dessen ebenfalls kurzer Regierung die Pest in mehreren Provinzen
+des Reiches wütet. Er wird 253 ermordet von dem gegen die +Goten+
+siegreichen ~Aemilianus~, dieser nach kaum 4 Monaten von
+
+[253–260.]
+
+~Valerianus~,
+
+der seinen Sohn ~Gallienus~ zum Mitregenten annimmt. Beide kämpfen
+gegen die fortwährend erneuten Einfälle germanischer Heerhaufen,
+namentlich der +Franken+ in Gallien und Spanien, der +Alamannen+ in
+Ober-Italien (bei Mailand besiegt), der +Goten+ in die Balkan-Halbinsel
+und Kleinasien. Unglücklicher Feldzug des +Valerianus+ gegen
+die Perser; er wird bei +Edessa+ geschlagen, gefangen und (als
+70jähriger Greis) bis zu seinem Tode von dem König Sapores als Sklave
+umhergeschleppt. Gegen ihn und seinen Sohn
+
+[260–268.]
+
+~Gallienus~
+
+tritt eine große Anzahl von Gegenkaisern auf, während die Barbaren ihre
+Einfälle in das römische Gebiet fortsetzen. Längere Zeit behaupten
+sich +Postumus+ in Gallien und +Odaenathus+ (aus Palmȳra) in Syrien.
+Letzterer wird von Gallienus als Mitregent für den Orient anerkannt;
+nach seiner Ermordung (267) herrscht seine Gemahlin +Zenobia+ in
+Palmȳra. Gallienus wird vor Mediolanum, wo er den Prätendenten
++Aureŏlus+ belagert, von Verschwörern ermordet. Diese erheben auf den
+Thron
+
+[268–270.]
+
+~Claudius II.~,
+
+einen erfahrenen Feldherrn, der nach Hinrichtung des Aureolus die
++Alamannen+ am Gardasee, +die Goten+ bei Naissus in Mösien (an der
+Morawa) besiegt. Ihm folgt
+
+[~270–275~.]
+
+~Aurelianus~, der Hersteller des Reiches (+Restitutor orbis+). Er
+schließt mit den Goten Frieden, indem er die Provinz +Dacien+ aufgibt.
+Die Donau von jetzt ab Reichsgrenze; der größte Teil der römischen
+Kolonisten wird nach +Mösien+ zurückversetzt. Aurelian vertreibt
+die abermals in Italien eingedrungenen Alamannen und Markomannen
+und beginnt zum Schutze Roms vor den Barbaren den Bau einer neuen
++Stadtmauer+, welche die erweiterte +Kaiserstadt+ umfaßt. Er unterwirft
++Syrien+, belagert und zerstört +Palmyra+ (273), nimmt Zenobia gefangen
+und erobert +Ägypten+ wieder. Nachdem er so den Orient unterworfen,
+wendet er sich gegen +Tetricus+ in Gallien, der, bei Châlons besiegt,
+sich ergibt. Nach kurzem Aufenthalt in Rom reist er wieder in die
+östlichen Provinzen, wird aber unweit Byzanz von Verschwörern ermordet.
+Auf Ansuchen des Heeres ernennt der Senat in Rom zum Augustus den
+75jährigen Senator
+
+[275–276.]
+
+~Tacitus~,
+
+der die +Alanen+ und +Goten+, welche in Kleinasien eingefallen waren,
+schlägt, aber bald von den Soldaten ermordet wird.
+
+[276–282.]
+
+~Probus~
+
+schlägt am Rhein die +Franken+ und +Alamannen+, an der Donau die
++Burgunder+, +Vandalen+ und +Goten+ zurück, stellt den Grenzwall
+(+limes+) zwischen Rhein und Donau wieder her, fördert den Weinbau
+in Gallien, am Rhein und an der Mosel, sichert auch Syrien und
+Mesopotamien gegen die Perser. Starke Ansiedelung von Barbaren in den
+Grenzgebieten des Reiches. Als er in Pannonien die Soldaten zu Kanal-
+und Wegebauten nötigt, wird er bei Sirmium von ihnen erschlagen,
+
+[282–284.]
+
+~Carus~
+
+besiegt an der unteren Donau die +Sarmaten+ und dringt, während der
+germanische Grenzwall mit den +agri decumates+ an die +Alamannen+
+verloren geht, erfolgreich gegen die +Perser+ vor, stirbt aber bald
+nach der Einnahme von +Ktesiphon+ (vom Blitze erschlagen?). Das
+heimkehrende Heer wählt in Chalkēdon zum Kaiser den Feldherrn
+
+[~284–305.~]
+
+~Diocletianus~,
+
+welcher dem römischen Reiche eine neue Verfassung gibt auf Grund
+der ~unbeschränkten Monarchie~. Der Senat verliert allen Einfluß
+auf die Regierung, +Rom+ nicht mehr Wohnsitz des Kaisers. Strenges
+Hofceremoniell nach orientalischer Art. Der Kaiser trägt das Diadem,
+läßt sich mit Dominus anreden. Neuordnung der Verwaltung, die Provinzen
+verkleinert und an Zahl vermehrt (101 Provinzen, in 12 +Diöcesen+
+geordnet; auch Italien in Provinzen geteilt). Steigender Abgabendruck.
+Zum +Mitregenten+ (mit dem Titel Augustus) ernennt Diocletian, indem
+er sich außer der allgemeinen Oberleitung die Regierung des Ostens
+vorbehält (Residenz +Nicomedia+ in Bithynien), seinen Waffengefährten
+~Maximianus~ (Residenz +Mediolanum+, Mailand).
+
+[293.]
+
+~Diocletian~ ernennt zwei Cäsaren: 1. ~Constantius Chlorus~, der seine
+Gemahlin +Helĕna+, eine Christin, verstoßen und die Stieftochter
+Maximians heiraten muß; er erhält die Verwaltung von +Gallien,
+Britannien+ und +Spanien+ (Residenzen +Augusta Treverorum+ (Trier)
+und +Eburācum+ (York)), während +Maximianus+ die Verwaltung von
++Italien+ und +Afrika+ behält; 2. ~Galerius~, welcher Diocletians
+Schwiegersohn wird und die Verwaltung von +Illyricum+ (mit Makedonien
+und Griechenland, Residenz +Sirmium+ a. d. Save) übernimmt.
+
+Die vier Regenten sorgen im Einverständnis miteinander für die
+Verwaltung und den Grenzschutz, Diocletian selbst namentlich in
+Ägypten, Galerius am Euphrat gegen die +Perser+. Der Tigris als
+Grenzfluß festgesetzt. +Edictum de pretiis+ 301 zur Abstellung des
+Wuchers. Glänzende Bauten in +Trier+.
+
+[~303.~]
+
+Allgemeine ~Christenverfolgung~, durch Constantius in seinen Provinzen
+gemildert.
+
+[305.]
+
++Diocletian+ († 313 in Salona in Dalmatien) und +Maximian+ danken
+ab, ~Constantius~ und ~Galerius~ werden Augusti; letzterer setzt
+die Christenverfolgung fort. Die beiden nach seinem Vorschlag von
+Diocletian ernannten Cäsaren kommen nicht zu Ansehen; in den westlichen
+Provinzen übernimmt 306 ~Constantinus~, Sohn des Constantius und der
+Helena, nach dem Tode des Vaters die Regierung, in Rom erheben die
+Prätorianer ~Maxentius~, den Sohn Maximians.
+
+[312.]
+
+Nach Galerius’ Tode Krieg zwischen Maxentius und +Konstantin+; dieser
+dringt in Italien ein und siegt bei +Turin+ und bei +Saxa rubra+ unweit
+Rom +(hoc signo vince!+); Maxentius ertrinkt auf der Flucht im Tiber.
+Konstantin erkennt ~Licinius~ an, welchen Galerius zum Mitregenten des
+Ostens ernannt hatte, und erläßt 313 in Mailand ein ~Edikt zum Schutze
+der Christen~. Nach einiger Zeit entsteht Krieg zwischen den beiden
+Herrschern; Licinius, 323 in zwei Schlachten, bei Adrianopel und bei
+Chalkēdon, besiegt, ergibt sich und wird 325 hingerichtet.
+
+[~328–337.~]
+
+~Konstantin der Große Alleinherrscher.~
+
+Das ~Christentum~ wird vom ~Staate anerkannt~ und dem Heidentum
+gegenüber begünstigt.
+
+[~325.~]
+
+Erste ~allgemeine Kirchenversammlung~ (ökumenisches Konzil), unter
+Vorsitz des Kaisers zu ~Nicaea~ in Bithynien. Der +Arianismus+, d. h.
+die Lehre des +Arius+, ehemaligen Presbyters in +Alexandria+, von der
+Gott dem Vater nur +ähnlichen+ Natur Christi wird verworfen; die Lehre
+des +Athanasius+ (späteren Bischofs von Alexandria) von der Gott dem
+Vater +gleichen+ Natur Christi wird durch das +Symbŏlum Nicaenum+ zum
+Dogma der Kirche erhoben.
+
+[330.]
+
+Konstantin erwählt +Byzantium+ unter dem Namen ~Constantinopolis~
+zur Hauptstadt. Die Reichsverwaltung wird auf den von +Diocletian+
+geschaffenen Grundlagen abschließend geordnet; Einteilung in 4
+Präfekturen (+Oriens, Illyricum, Italia, Galliae+), mit 14 Diöcesen und
+~117~ Provinzen. Strenge Rangordnung der Beamten, 7 Minister bekleiden
+die obersten Hofämter, Staatsrat (+consistorium principis+), Trennung
+der Zivil- und Militärgewalt. Neue Abgabenordnung. Abschaffung der
+Prätorianer. Verminderung der Truppenzahl der Legionen, dafür Erhöhung
+der Anzahl der Legionen auf 175. Den Oberbefehl führen 2 Kronfeldherren
+(magistri militum), 5 magistri der Reiterei und des Fußvolkes, unter
+ihnen stehen die Comites und Duces (Grafen und Herzoge).
+
+Konstantin empfängt kurz vor seinem Tode die Taufe und teilt die
+Verwaltung des Reiches unter seine drei Söhne als +Augusti+ und zwei
+Neffen als +Cäsaren+. Nachdem er in Nikomedia gestorben ist, werden
+die beiden Cäsaren getötet. Die drei Augusti geraten bald in Streit:
++Constantinus II.+ wird 340 bei Aquileia erschlagen, als er gegen
++Constans+, der in Italien herrscht, zu Felde zieht. ~Constantius II.~
+schützt den Osten gegen die Perser, vereinigt nach Constans’ Tode
+350 das ganze Reich. Sein Vetter +Julianus+ besiegt als Statthalter
+Galliens 357 die Alamannen bei +Argentoratum+ (Straßburg) und bekämpft
+erfolgreich die Franken; die Soldaten rufen ihn 361 zum Kaiser aus.
+Constantius stirbt auf dem Zuge gegen ihn.
+
+[361–363.]
+
+~Iulianus~, genannt +Apostăta+, weil er als Anhänger der heidnischen
+Philosophie (Schule der Cyniker) das Christentum verläßt und eine
+Wiederherstellung des heidnischen Götterdienstes in gereinigter Form
+versucht. Er muß bald einen Krieg gegen die +Perser+ beginnen, besiegt
+sie bei +Ktesiphon+, stirbt aber auf dem Rückzuge an einer Wunde. Die
+Soldaten erheben zum Kaiser den +Christen+ ~Iovianus~, der mit den
+Persern Frieden schließt, aber schon 364 stirbt.
+
+[364–375.]
+
+~Valentinianus~, in +Nicaea+ erwählt, ebenfalls Christ, teilt
+abermals das Reich, ernennt seinen Bruder ~Valens~, einen Arianer,
+zum Mitregenten für den Osten; beide um gute Verwaltung des Reiches
+bemüht. Herabsetzung der Steuern. Edikt gegen die Schenkungen an den
+Klerus und die Kirche. Religiöse Duldung auch gegen die Heiden geübt.
+Die Regierung des Westens übernimmt 375 Valentinians Sohn ~Gratianus~,
+schon vorher Mitregent.
+
+[375.]
+
+~Beginn der Völkerwanderung~ (s. S. 140). Nachdem Valens bei
++Adrianopel+ (378) gegen die Westgoten gefallen ist, erhebt Gratianus
+den Spanier
+
+[379–395.]
+
+~Theodosius~ zum Mitregenten und übergibt ihm die Verwaltung des
+Ostens. Theodosius schreitet mit wachsender Entschiedenheit gegen das
+Heidentum ein. Gratian fällt 383 im Kampfe gegen den in Britannien
+von den Soldaten erhobenen ~Maximus~; Theodosius erkennt diesen als
+Herrscher des Westens an, doch soll Italien dem Bruder Gratians,
++Valentinian II.+, verbleiben. Als Maximus dennoch in Italien
+eindringt, wird er 388 von den Truppen des Theodosius in Aquileia
+getötet. Gute Reichsverwaltung, glänzende Bauten in Konstantinopel.
+381 Konzil zu Konstantinopel. Die athanasianische Lehre als allein
+berechtigt anerkannt.
+
+[390.]
+
+Aufstand in Thessalonike, von Theodosius grausam bestraft; 7000
+Menschen im Cirkus getötet. Deshalb schließt der Bischof ~Ambrosius~
+von ~Mailand~ den Kaiser von der christlichen Kommunion aus, bis er (8
+Monate später) öffentlich Buße getan hat.
+
+[392.]
+
+Allgemeines +Verbot der heidnischen Opfer+, die sich auf dem Lande
+länger halten als in den Städten; die Heiden werden in dieser Zeit
++pagani+ genannt. Letzte Feier der Spiele zu +Olympia+ (s. S. 30).
+
+[394.]
+
+Theodosius siegt bei Aquileia über den Franken +Arbogast+, der
+Valentinian II. gestürzt und getötet und einen Schattenkaiser ernannt
+hat. Das römische Reich nochmals vereinigt.
+
+[~395.~]
+
+~Bleibende Reichsteilung~ nach Theodosius’ Tode. Sein älterer Sohn
+
+~Arcadius~ erhält das ~oströmische Reich~ (395–1453), auch
+~byzantinisches~ oder ~griechisches~ Kaisertum genannt; Hauptstadt:
++Byzanz+ oder +Konstantinopel+.
+
+~Honorius~, der jüngere Sohn, erhält das ~weströmische Reich~
+(395–476); Hauptstadt +Rom+, seit 402 +Ravenna+ kaiserliche Residenz.
+Die Grenze bildet etwa die Verlängerung der Linie Budapest-Draumündung.
+
+Beide Reiche werden durch das Eindringen germanischer Völker gefährdet;
+der größte Ansturm wendet sich gegen das weströmische.
+
+[395–423.]
+
+~Honorius~, anfangs unter Vormundschaft des Vandalen +Stilicho+,
+unfähig, das Reich zu schützen.
+
+[425–455.]
+
+~Valentinian III.~, lange unter Vormundschaft seiner Mutter +Placidia+,
+sieht sich auf den unsicheren Besitz Italiens beschränkt. Auf ihn
+folgen in schnellem Wechsel ohnmächtige Kaiser, die teils von dem
++Sueben+ ~Ricimer~ († 472), dem Anführer der germanischen Soldtruppen,
+teils vom oströmischen Kaiser ernannt werden. Zuletzt wird
+
+[476.]
+
+~Romulus Augustus~, der Sohn eines Feldherrn +Orestes+ aus Pannonien,
+von den Truppen seines Vaters auf den Thron erhoben, jedoch von
+~Odovakar~, dem Anführer der germanischen Truppen, abgesetzt. Odovakar
+beherrscht Italien, dem Namen nach unter Oberhoheit des oströmischen
+Kaisers +Zeno+, der ihm den Titel eines +Patricius+ verleiht und die
+Verwaltung der Diöcese Italien überträgt.
+
+Fussnoten:
+
+[19] Der Name herzuleiten von vitulus = Rinderland, vgl. Böotien.
+
+[20] ~Römisches Münzwesen~: Anfänglich schweres Kupfergeld, 1 As = 1
+Pfund Kupfer; seit 268 v. Chr. Silbergeld: Sestertius = 2½ As, Denarius
+= 10 As; seit 217 v. Chr. Goldmünzen zu 20–100 Sestertien. Nach öfterem
+Sinken des Münzfußes war seit 217 v. Chr. der Wert des Sestertius
+17½ Pf., des Denarius 70 Pf. unseres Geldes, also 100000 As = 7000
+Mark. Gepräge der ältesten Kupfermünzen: Vorderteil eines Schiffes
+und Januskopf; Gepräge der späteren Münzen: Kopf der Göttin Roma,
+Victoria auf dem Zweigespann. Mit Cäsar beginnt die Sitte, den Kopf des
+Herrschers auf die Münzen zu prägen, nach griechischem Vorbilde, s. S.
+64.
+
+[21] Cic. de rep. 2, 31, 54: +ne quis magistratus civem Romanum
+adversus provocationem necaret neve verberaret.+
+
+[22] +Polybios+ setzt diesen Vertrag schon in das erste Jahr der
+Republik (509), doch hat die auf +Livius+ beruhende Angabe mehr
+Wahrscheinlichkeit.
+
+[23] Die Inschrift seines noch erhaltenen Sarkophags lautet (in
+saturnischem Versmaß): +Cornéliús Lucius Scipiȯ Barbátus || Gnaivód
+patre prognátus fórtis vir sapiénsque || quoiús fórma virtutei
+parisuma+ (parissima) +fúit || consól censȯr aidilis quei fuit apúd vos
+|| Taurásiá Cisaúna Sámnió cépit || subigit omné Loucánam ópsidésque
+abdoúcit+.
+
+[24] Stammtafel:
+
+ P. Cornelius Scipio, †211.
+ |
+ ___________________________________
+ | |
+ P. Cornelius Scipio Africanus L. Cornelius Scipio
+ (maior), †183. Asiaticus.
+ |
+ ____________________________________
+ | |
+ P. Cornelius Scipio, Cornelia
+ Augur 180. Gem. Tib. Sempronius Gracchus,
+ Adoptivsohn: Consul 177 und 163.
+ P. Cornelius Scipio |
+ Aemilianus Africanus (minor) ____________________
+ Numantinus †129. | |
+ Gem. Sempronia. Tib. Sempronius C. Sempronius
+ Gracchus †133. Gracchus †121.
+
+[25] +Civitates foederatae+ waren Messana, Tauromenium, Tarrăco, Gades,
+Athen, Sparta, in Italien Neapolis, Rhegium, Heraclea u. a., +civitates
+liberae et immunes+ waren Panormus, Segesta, Dyrrhachium, Thessalonike,
+Amphipolis, Utica, Hadrumetum. Das Gebiet der zerstörten Städte, wie
+Karthago und Korinth, war +ager publicus+.
+
+[26] ~C. Julius Cäsar~, geb. 102 v. Chr., 82 als Schwiegersohn
+Cinnas von Sulla geächtet, dann begnadigt, tut Kriegsdienste bei der
+Belagerung der aufständischen Stadt +Mytilene+ und in +Cilicien+ unter
+P. Servilius, tritt nach Sullas Tode in +Rom+ als Redner vor Gericht
+auf, reist 76 nach +Rhodus+, um den Rhetor Molo zu hören (unterwegs
+von Seeräubern gefangen, die er später hinrichten läßt), 68 Quästor in
+Spanien, 65 Ädil, 63 Pontifex maximus, nachdem das Recht der Komitien,
+die Priesterkollegien zu wählen (S. 106), wiederhergestellt war.
+
+[27] ~M. Tullius Cicero~, geb. 106 auf einem Gut bei +Arpinum+, tut
+89 Kriegsdienste im marsischen Kriege, hört dann in Rom griechische
+Philosophen, tritt 80 als Anwalt des S. +Roscius+ zuerst in einer causa
+publica vor Gericht auf, reist 79–77 nach Athen und Rhodus, 75 Quästor
+in Sicilien, 70 Ankläger des +C. Verres+, 69 Ädil, 66 Praetor urbanus.
+
+[28] Als Erbe Cäsars nannte sich der erste Alleinherrscher +Imperator
+Caesar Augustus divi Iuli filius+.
+
+[29] Der Abt Dionysius in Rom (532), dessen Berechnung durch das
+Ansehen der Päpste maßgebend wurde, hat die Regierung des Königs
++Herodes+ (40–4 v. Chr.) unrichtig angesetzt. Herodes starb im Jahre
+750 Roms: Christi Geburt ist früher.
+
+
+
+
+~II. Mittlere Geschichte~
+
+
+
+
+~A. Vom Beginn der Völkerwanderung bis zum Vertrage von Verdun.
+375–843.~
+
+
+§ 1. Völkerwanderung.
+
+In den Kulturkreis des Altertums dringen die ~Germanen~ mit frischer
+Volkskraft ein, zunächst vieles zerstörend. Bald aber gründen sie neue
+Staaten, in welche die antike Kultur aufgenommen wird. Der Schauplatz
+der Geschichte erweitert sich über ganz Europa; es scheiden sich
++romanische+ und +germanische+ Staaten; im Osten treten die +Slaven+
+hinzu.
+
+~Sitze germanischer Volksstämme um 375 nach Chr.~
+
++Ostgoten+ im südlichen Rußland, +Westgoten+ in Dacien (+östl.+ Ungarn,
+Rumänien), +Vandalen+ in Pannonien (+südwestl.+ Ungarn), +Sueben+ in
+Mähren, Böhmen und Bayern, +Burgunder+ am Neckar und Main, +Alamannen+
+am Oberrhein, +ripuarische Franken+ zu beiden Seiten des Niederrheins
+(bei Köln), +salische Franken+ in Belgien und an den Rheinmündungen,
++Sachsen+ von der Elbe bis fast an den Rhein, +Thüringer+ in
+Mitteldeutschland, +Langobarden+ an der untern Elbe, +Friesen+ an der
+Nordseeküste.
+
+~Religion und Staatswesen der Germanen~:
+
+Verehrung der Götter auf Bergen oder in heiligen Hainen; keine Tempel
+und Götterbilder. +Wodan+ der Himmelsgott, +Donar+ der Donnergott,
++Ziu+ der Kriegsgott. Glaube an ein Fortleben der Helden nach dem Tode
+in +Walhalla+.
+
+Keine Städte; die Volksstämme teilen sich nach der Lage der
+vereinzelten Wohnstätten in +Gaue+. Unvollkommener Ackerbau, meist den
++Hörigen+ (Unfreien) überlassen. Jagd und Krieg die Hauptbeschäftigung
+der +Freien+.
+
+Die +Versammlung der Freien+ entscheidet über Krieg und Frieden
+und schwere Rechtsfälle; sie wählt Gauvorsteher (Richter) und für
+den Kriegsfall Herzöge, meist aus den +Edlen+, die aber keinen
+geschlossenen Stand mit besonderen Vorrechten bilden. Kampflustige
+Freie schließen sich als +Gefolge+, zur Treue verpflichtet, an
+hervorragende Edle an.
+
+Größere Kriege führen zur Ausbildung des +Königtums+, welches während
+der Völkerwanderung bei den meisten germanischen Völkern durchdringt.
+Grenzkriege mit den Römern am Rhein und an der Donau; germanische
+Heerscharen oft in römischem Solde. Die +Goten+, welche um 180 von der
+Weichsel nach der unteren Donau vordringen, sind bis 270 gefährliche
+Feinde des römischen Reiches; dann meist friedliches Verhältnis. Eine
+Schar christlicher (arianischer) +Westgoten+ unter dem Bischof ~Ulfila~
+wird 348 in +Mösien+ angesiedelt; Ulfilas +Bibelübersetzung+ das erste
+Schriftwerk in gotischer Sprache; er stirbt 381 in Konstantinopel.
+
+[~375.~]
+
+~Anfang der Völkerwanderung.~
+
+Die ~Hunnen~, ein +mongolisches, nomadisches Reitervolk+, unterwerfen,
+nachdem sie etwa 372 die Wolga überschritten und die nichtgermanischen
++Alanen+ besiegt haben, das ~Ostgotenreich~ (am Dnjepr, König
+Ermanarich aus dem Geschlechte der Amăler) und stürzen sich dann auf
+die ~Westgoten~. Der heidnische Teil der Westgoten unter +Athanarich+
+zieht sich nach Siebenbürgen und in die Karpathen zurück, der
+christliche unter +Fritigern+ und +Alaviv+ erhält von Kaiser +Valens+
+Sitze in Mösien und Thrakien zugesichert. Streitigkeiten mit den
+römischen Beamten nach dem Übergang über die Donau führen zum Kampf,
+die Goten dringen verwüstend vor.
+
+[378.]
+
+~Schlacht bei Adrianopel.~ +Valens+ besiegt und getötet.
+
+Sein Nachfolger +Theodosius+ schließt Frieden mit den Westgoten, welche
+gegen Sold und Wohnsitze in Mösien und Thrakien als +foederati+ die
+Grenze des römischen Reiches schützen sollen. Das ~Reich der Hunnen~
+breitet sich in den Ländern +nördlich der Donau+ aus.
+
+[395.]
+
+~Alarich~, König der Westgoten, verwüstet, da nach Theodosius’ Tode
++Arcadius+ den Sold nicht zahlt, Makedonien, Illyrien und Griechenland
+und dringt bis in die Peloponnes vor. ~Stilicho~, Feldherr des
+weströmischen Reiches, kommt dem oströmischen zu Hilfe, schließt die
+Westgoten am Gebirge Pholoë in +Arkadien+ ein, läßt sie aber entkommen.
+Alarich zieht nach Illyrien, wird vom Kaiser Arcadius zum +Dux+ von
+Illyricum orientale ernannt. Das Vordringen der germanischen Völker
+richtet sich nun gegen das +west+römische Reich.
+
+[401.]
+
+Alarichs erster ~Einfall in Italien~, Stilicho tritt ihm entgegen.
+Schlacht bei +Pollentia+ (402); Alarich kehrt nach Illyrien zurück.
+
+[405.]
+
+Germanische Heerhaufen, namentlich +Ostgoten+ unter +Radagais+, fallen
+in Italien ein, werden aber von Stilicho mit Hilfe der rheinischen
+Legionen bei +Fäsulä+ besiegt und durch Kampf und Hunger aufgerieben.
+Die Rheingrenze seitdem verloren.
+
+[406.]
+
+Heerhaufen von ~Vandalen~, ~Sueben~ und ~Alanen~ ziehen aus den
+Donauländern unter hartem Kampf mit den Franken über den Rhein und
+brechen dann 409 in ~Spanien~ ein. Die Vandalen besetzen den südlichen
+Teil (Andalusien = Vandalicia), die Alanen den Südwesten (Lusitanien),
+die Sueben den Nordwesten (Gallaecia).
+
+Um dieselbe Zeit breiten sich die ~salischen Franken~ im nördlichen
+Gallien aus; die ~Burgunder~ setzen sich am mittleren Rhein fest,
++Worms+ ihre Hauptstadt.
+
+[408.]
+
+Stilicho gestürzt und auf Befehl des Kaisers Honorius ermordet.
+~Alarichs~ zweiter Einfall in Italien, er belagert Rom, zieht aber
+gegen Lösegeld ab. Da der kaiserliche Hof zu Ravenna sich weigert,
+den Goten Landbesitz in Noricum zu gewähren, rückt +Alarich+ zum
+zweiten Male vor Rom (409) und erzwingt vom Senate die Ernennung des
+Stadtpräfekten +Attălus+ zum Gegenkaiser. +Alarich+ belagert +Honorius+
+vergeblich in +Ravenna+, entzweit sich mit Attalus, setzt ihn ab und
+rückt zum dritten Male vor Rom.
+
+[410.]
+
+Einnahme und Plünderung ~Roms~ durch Alarich. Er zieht darauf nach
+Unteritalien, um nach Sicilien und von da nach Afrika überzusetzen,
+stirbt aber unterwegs (im +Busento+ bei Cosenza begraben).
+
+[410–415.]
+
+~Athaulf~, Alarichs Schwager, führt die Westgoten nach Gallien,
+vermutlich infolge eines Übereinkommens mit dem Kaiser Honorius zur
+Bekämpfung der dort eingedrungenen Germanen. Er vermählt sich in Narbo
+414 mit +Placidia+, Schwester des Honorius, wird aber bald darauf
+von dem kaiserlichen Feldherrn +Constantius+ angegriffen, zieht nach
++Spanien+, erobert +Barcelona+, wird dort ermordet. Sein Bruder
+
+[415–419.]
+
+~Wallia~ schließt wiederum Vertrag mit Honorius, sendet Placidia zurück
+und kämpft für die Römer gegen Vandalen, Alanen und Sueben. Ihm wird
+das südliche +Gallien+ unter römischer Hoheit abgetreten.
+
+[~415–711.~]
+
+~Westgotenreich~ in Südgallien und Spanien, bald von Rom unabhängig.
+Hauptstadt +Tolosa+ (Toulouse), später +Toledo+.
+
+[429.]
+
+König +Genserich+ führt die +Vandalen+ aus Spanien nach Afrika hinüber,
+herbeigerufen von dem abtrünnigen römischen Statthalter +Bonifatius+,
+der nachher vergeblich die Eingedrungenen bekämpft. +Augustinus+,
+Bischof von Hippo Regius, † 430 während der Belagerung dieser Stadt
+durch die Vandalen. +Karthago+, die Hauptstadt der römischen Provinz,
+wird erst 439 von ihnen erobert.
+
+[~429–534.~]
+
+~Vandalenreich~ in Afrika.
+
+Die Vandalen (Arianer) gründen eine Seemacht und beginnen die Küsten
+und Inseln des Mittelmeeres zu plündern. Ihre früheren Wohnsitze in
++Spanien+ werden von den Westgoten in Besitz genommen.
+
+[443.]
+
+Die ~Burgunder~, unter ihrem König +Gundahar+, von dem römischen
+Feldherrn +Aëtius+ mit Hilfe hunnischer Söldner besiegt, erhalten
+Wohnsitze an der oberen Rhone und Saône. Die ~Alamannen~ breiten sich
+(an Stelle der Burgunder) über die frühere römische Provinz +Germania
+superior+ (Elsaß) und die Schweizer Ebene aus.
+
+[~449.~]
+
++Britannien+ besetzt von ~Sachsen~, ~Angeln~ und ~Jüten~, die von den
+Briten gegen die räuberischen Stämme der nördlichen Gebirge (+Picten+
+und +Scoten+) zu Hilfe gerufen werden. Sie setzen (nach der Sage unter
+den Führern +Hengist+ und +Horsa+) nach Britannien über und gründen
+dort 7 Staaten: +Kent+, +Sussex+, +Wessex+, +Essex+, +Ostangeln+,
++Mercia+, +Northumbria+. Die christlichen +Briten+ werden teils nach
+der Westseite der Insel (+Wales+, Sagen von König Artus) gedrängt,
+teils siedeln sie nach der Küstenlandschaft +Aremorica+ (Bretagne) in
+Gallien über.
+
+[~451.~]
+
+~Attila~ (+Etzel+), König der ~Hunnen~, bricht verheerend in Gallien
+ein; in seinem Gefolge auch die Heerscharen der ihm unterworfenen
++germanischen+ Völker, +Ostgoten+, (Attila gotisch = Väterchen)
++Gepiden+, +Heruler+, +Rugier+ u. a. Er belagert vergeblich +Orléans+
+(Civitas Aureliani).
+
+[451.]
+
+~Schlacht~ auf den ~Katalaunischen Feldern~ (nach +Catalaunum+, d.
+i. +Châlons-sur-Marne+, das Schlachtfeld selbst näher bei +Troyes+).
+Attila von dem römischen Heer unter ~Aëtius~ und den +Westgoten+ (mit
+Hilfstruppen der +Burgunder+, +Franken+ u. a.) in gewaltigem Kampfe
+besiegt, geht über den Rhein zurück.
+
+[452.]
+
+~Attila~ zieht nach ~Italien~, zerstört +Aquileia+, dessen Bewohner in
+die Lagunen flüchten (Entstehung der Stadt +Venedig+). Er verwüstet die
+Po-Ebene, +bedroht Rom+, kehrt aber um auf Bitten einer Gesandtschaft,
+an deren Spitze der römische Papst Leo I. steht.
+
+[453.]
+
+Attila stirbt in Pannonien; nach seinem Tode ~Zerfall des
+Hunnenreiches~. Die bisher den Hunnen unterworfenen germanischen
+Völker werden frei; die +Gepiden+ begründen ein Reich in Dacien, die
++Ostgoten+ in Pannonien.
+
+Vordringen ~slavischer Völker~ in die von den Germanen verlassenen
+Gebiete bis zur +Elbe+.
+
+[455.]
+
+Rom nach Ermordung Valentinians III. 14 Tage lang von den ~Vandalen~
+geplündert, welche Eudoxia, die Witwe Valentinians, herbeigerufen haben
+soll. Die Vandalen beherrschen die Nordküste Afrikas bis Kyrēne und
+die Inseln des westlichen Mittelmeeres.
+
+[~476.~]
+
+~Odovakar~, Anführer von Herŭlern und anderen Germanen in römischem
+Solde, wird nach Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Herrscher
+in Italien (vgl. S. 138).
+
+
+Gründung des ~Frankenreiches~ in Gallien.
+
+[486.]
+
+Der Merowinger ~Chlodwig~ (Chlodovech), König der +salischen Franken+
+(481–511), besiegt bei ~Soissons~ den römischen Statthalter +Syagrius+
+und vernichtet dadurch den letzten Rest des weströmischen Reiches.
+
+[~496.~]
+
+Chlodwig besiegt die ~Alamannen~ im Elsaß (+nicht+ bei Zülpich,
+wo früher ein Kampf zwischen Alamannen und ripuarischen Franken
+stattgefunden hatte). Chlodwig gelobt in der Schlacht, +Christ+ zu
+werden, nimmt mit seinem Volke die +katholische+ Lehre an, wird in
++Reims+ vom Bischof Remigius getauft.
+
+[500.]
+
+Chlodwig besiegt die ~Burgunder~ bei +Dijon+, doch behauptet König
+Gundobad seine Herrschaft. Durch List und Gewalt macht Chlodwig sich
+zum Alleinherrscher +aller+ Franken, s. unten und S. 145 ff.
+
+[~493–553.~]
+
+~Ostgotenreich~ in Italien.
+
+~Theoderich der Große~, christlicher König der Ostgoten, führt nach
+Übereinkunft mit dem oströmischen Kaiser +Zeno+, der ihm den Rang
+eines Patricius (S. 138) und Konsuls verlieh, sein Volk aus Pannonien
+nach Italien, siegt über Odovakar am Isonzo 489, belagert ihn in
++Ravenna+, läßt ihn 493 nach Einnahme der festen Stadt hinrichten. Er
+sorgt in Italien für Erhaltung der römischen Kultur und friedliches
+Zusammenleben von Römern und Goten. Seine Regierung für Italien eine
+Zeit des Glückes und Wohlstandes. Sein Minister +Cassiodorius+ schreibt
+die Geschichte der Goten und verkündet Gesetze in lateinischer Sprache.
+Doch bleibt der Zwiespalt zwischen beiden Nationen, da die Goten
++Arianer+ sind. Boëthius und Symmachus 525 hingerichtet wegen geheimer
+Verbindungen mit dem oströmischen Kaiser.
+
+Theoderich schließt Frieden mit den +Vandalen+, welche ihre Raubzüge
+gegen Italien aufgeben, nimmt die +Alamannen+ und +Westgoten+ gegen die
+wachsende Macht des Frankenreiches in Schutz, waltet als Friedenshort
+und Völkerhirt unter seinen germanischen (arianischen) Stammverwandten.
+
+[507.]
+
+Chlodwig besiegt die ~Westgoten~ bei +Voullon+ oder +Voullé+ (unweit
+Poitiers) und besetzt ihr Land bis zur Garonne: in +Arles+ behaupten
+sie sich mit Hilfe der Ostgoten. Theoderich vereinigt die Provence
+mit seinem Reiche und übernimmt die vormundschaftliche Regierung
+für seinen Enkel +Amalarich+, den Sohn des bei Voullon gefallenen
+Westgotenkönigs Alarich II.
+
+[526.]
+
+Theoderich † zu +Ravenna+; sein Grabmal dort erhalten. In den deutschen
+Heldenliedern erscheint er als +Dietrich von Bern+ (Verona).
+
+Das +Westgotenreich+ behauptet sich in +Spanien+ (Hauptstadt +Toledo+)
+bis 711. Gegen das +Vandalen+reich und das +Ostgoten+reich erhebt sich
+die wieder erstarkte Macht des ~oströmischen Kaisertums~.
+
+[534.]
+
+~Belisar~, Feldherr des oströmischen Kaisers Justinian (S. 147),
+zerstört das ~Vandalenreich~ in Afrika.
+
+Verfall des Vandalenreichs seit Genserichs Tode (477). Den letzten
+König +Gelimer+ nimmt Belisar gefangen.
+
+[535–553.]
+
+Vernichtungskrieg +Justinians+ gegen das ~Ostgotenreich.~
+
+~Veranlassung~: +Amalaswintha+, Tochter Theoderichs d. Gr., 526–534
+Regentin für ihren unmündigen Sohn Athalarich, wird nach dessen Tode
+ermordet von +Theodahad+, den sie zum Mitregenten angenommen hat.
+Kaiser Justinian tritt als ihr Rächer auf.
+
+[535–540.]
+
+~Belisar~ erobert zuerst Sicilien, dann Neapel, bekämpft +Vitigis+, den
+die Ostgoten an Stelle Theodahads zum König erwählt haben, erobert Rom
+und führt Vitigis als Gefangenen nach Konstantinopel. Während er dann
+im Osten des Reichs die +Perser+ bekämpft, erobern die Ostgoten unter
+König +Totila+ den größten Teil Italiens wieder.
+
+[544–549.]
+
+Belisar, aufs neue nach Italien gesandt, kämpft mit wechselndem Erfolge
+gegen Totila. Nach Belisars zweiter Abberufung wird Rom von Totila
+wieder erobert.
+
+[552.]
+
+~Narses~, Belisars Nachfolger, siegt mit germanischen Hilfstruppen
+über Totila bei +Tagīnä+ (in Umbrien, nicht weit von Sentinum); Totila
+fällt. +Teja+, der letzte Ostgotenkönig, fällt im Verzweiflungskampfe
+am +Mons lactarius+ (in der Nähe des Vesuv); die Reste seines Heeres
+erhalten freien Abzug.
+
+[553.]
+
+Scharen von +Franken+ und +Alamannen+, welche über die Alpen in Italien
+eindringen, werden von +Narses+ zurückgeschlagen, die letzten am
++Volturnus+ vernichtet. Italien wird Provinz des oströmischen Reiches
+(+Exarchat+). Narses erster Exarch, sein Sitz in Ravenna.
+
+[~568–774.~]
+
+~Langobardenreich~ in Italien.
+
+~Alboin~, König der seit etwa 500 in Pannonien ansässigen
++Langobarden+, zerstört mit Hilfe der +Avaren+, eines den Hunnen
+verwandten, asiatischen Volkes, welches bis zur Donau vorgedrungen
+ist, das Reich der +Gepiden+ (566) und führt bald darauf (568) sein
+Volk nach +Italien+, vielleicht von Narses, der am byzantinischen Hof
+in Ungnade gefallen war, herbeigerufen. +Pavīa+ (Ticīnum), erst nach
+dreijähriger Belagerung erobert, wird Hauptstadt seines Reiches. Unter
+seinen Nachfolgern werden langobardische Herzogtümer in +Friaul+,
++Spoleto+, +Benevent+ gegründet. Unter oströmischer Herrschaft bleiben
+nur +Venedig+, +Ravenna+, +Neapel+, und +Kalabrien+.
+
+Die Bischöfe von ~Rom~ wissen ihrem Gebiete, dem ~Patrimonium Petri~,
+die Unabhängigkeit zu sichern (später Berufung auf eine +Schenkung
+Konstantins+ in den um die Mitte des 9. Jahrh. entstandenen,
+gefälschten pseudo-isidorischen Dekretalen).
+
+[589.]
+
++Authari+ (Sohn +Klephs+), der 3. König des Langobardenreiches,
+vermählt mit Theodelinde, Tochter des +Bayern+herzogs Garibald,
+durch deren Einfluß der Übertritt der Langobarden vom +Arianismus+
+zur +katholischen Lehre+ bewirkt wird. Gleichzeitig vollzieht sich
+dieselbe Umwandlung im spanischen ~Westgotenreich~, welches 585 durch
+Unterwerfung des +Suebenreiches+ erweitert ist.
+
+[590–604.]
+
+~Gregor I.~ (der Große), Bischof von Rom, befestigt das Ansehen des
+~Papsttums~. (Pápa, d. h. Vater, früher der Name jedes christlichen
+Bischofs, bald dem Nachfolger +Petri+ ausschließlich beigelegt.) --
+Sendung von Glaubensboten zu den Angelsachsen nach +England+ (597), der
+Abt +Augustinus+ begründet das Erzbistum +Canterbury+. -- Ausbreitung
+der ~Klöster~; Mönchsregel des h. +Benedikt+ von Nursia, der 529
+das Mutterkloster des Benediktiner-Ordens auf dem Monte Cassino in
+Kampanien gründete. Nach dem Untergang des weströmischen Reiches ist
+die +römische Kirche+ von größter Bedeutung für die Erhaltung und
+Fortbildung der aus dem Altertum überlieferten +Kultur+.
+
+
+§ 2. Frankenreich unter den Merowingern.
+
+(Vgl. S. 143.)
+
+[511.]
+
+Nach Chlodwigs Tode +erste+ Teilung (doch nicht völlige
+Gebietstrennung) des Frankenreiches. Seine vier Söhne herrschen
+gemeinsam, aber mit gesondertem Hofhalt zu +Metz+, +Orléans+, +Paris+,
++Soissons+.
+
+[531–532.]
+
+Das Reich der ~Thüringer~ wird von Theoderich, dem ältesten der Brüder,
+durch den Sieg bei +Scheidungen+, das der ~Burgunder~ von den jüngeren
+Söhnen Chlodwigs: +Chlodomer+, +Childebert+, +Chlotar+, erobert.
+
+Der +nördliche+ Teil Thüringens (bis zur +Unstrut+) fällt an die
++Sachsen+ als Bundesgenossen der Franken in dem Kriege; in das
++Main+gebiet, welches ebenfalls zum alten Thüringerreich gehörte,
+ziehen fränkische Ansiedler ein (Ost+franken+).
+
+Nach dem Untergang des ostgotischen Reiches Erwerbung der +Provence+
+(536); auch die +Bayern+ (entstanden aus Vereinigung der Markomannen
+und Quaden (S. 131) mit anderen Volks-Stämmen) schließen sich dem
+Frankenreiche an; sie behalten aber ihr heimisches Herzogsgeschlecht,
+die Agilolfinger.
+
+[558–561.]
+
+Das Frankenreich wieder vereinigt unter ~Chlotar I.~, Chlodwigs
+jüngstem Sohn, der seine Brüder überlebt. Nach seinem Tode +zweite+
+Teilung, zuerst in vier, dann in drei Reichsteile: Austrasien,
+Neustrien, Burgund. Es folgt eine Zeit der Zerrüttung; +Brunhild+,
+eine westgotische Königstochter, veranlaßt ihren Gemahl +Sigibert+ von
+Austrasien zum Kriege gegen seinen Bruder +Chilperich+ von Neustrien,
+der ihre Schwester verstoßen und sich mit +Fredegunde+ vermählt hat.
+Chilperich ermordet 584, darauf Kampf der Adelsparteien.
+
+[613–628.]
+
+Zweite Wiedervereinigung des ganzen Frankenreiches durch ~Chlotar II.~
+von Neustrien, Sohn der Fredegunde. Brunhild gefangen, gemartert und zu
+Tode geschleift.
+
+~Verfassung des Frankenreiches~: Das Land ist in +Gaue+ (+pagi+)
+eingeteilt, deren Vorsteher die vom König ernannten +Grafen+
+(+comites+) sind; die Gaue zerfallen in +Hundertschaften+ (+centenae+).
+Jede Hundertschaft hat ihre Gerichtsstätte, +Malberg+ genannt, wo unter
+Leitung ihres Vorstehers (centenarius) oder des Grafen die Freien
+zum Gerichtstag (+Ding+) erscheinen. Das Volksrecht aufgezeichnet
+als +lex Salica+ (schon unter Chlodwig) und +lex Ripuaria+; das
+Deutsche war Volkssprache, aber nicht Schriftsprache. Altgermanisches
+Gerichtsverfahren: Eideshelfer, Zweikampf, Gottesurteile durch
+siedendes Wasser oder glühendes Eisen. Totschlag kann durch Wergeld
+gesühnt werden. Oberstes Gericht das Hofgericht des Königs.
+
+Stände des Volkes: Freie, Halbfreie oder Hörige (+liti+) und
+Unfreie (+Leibeigene+). Die Mitglieder des königlichen Gefolges
+(+antrustiones+) haben das dreifache +Wergeld+ der Freien. Freie, die
+sich in den Schutz eines Mächtigeren oder des Königs begeben, sind
+dessen +Vasallen+. Sie empfangen von ihm Grundbesitz zum Nießbrauch;
+daraus entwickelt sich in der karolingischen Zeit das +Lehnswesen+
+(+beneficium+ oder +feudum+, das Lehngut, im Gegensatz zum Eigengut,
++allodium+).
+
+Die aus römischer Zeit vorhandenen +Städte+ behalten eine gewisse
+Bedeutung als Bischofsitze; die Einwohner sind aber meistens Halbfreie
+oder Unfreie. Die zahlreichen +Kirchengüter+ erhalten allmählich
+Befreiung von der Gerichtsbarkeit der Grafen (+Immunität+); ein von dem
+Bischof oder Abt erwählter Schutzherr (+advocatus+, +Vogt+) übt dann
+die Gerichtsbarkeit.
+
+Zum Kriegsdienst sind alle Freien verpflichtet (+Heerbann+); die
+Vasallen ziehen unter Führung ihres Beschützers (+senior+) zu Felde,
+die übrigen unter Führung des Grafen. In Reichsteilen, die früher
+selbständig waren (Aquitanien, Bretagne, Bayern, Thüringen), hat
+der +Herzog+ (+dux+) den Oberbefehl über den Heerbann mehrerer
+Grafschaften. Bei der jährlichen Heeresmusterung (+Märzfeld+, später
++Maifeld+) versammelt der König die Großen zu Beratungen (+placita+)
+und verkündet mit ihrer Zustimmung +Gesetze+.
+
+Die wichtigsten Hofämter sind: Seneschall, Marschall (comes stabuli),
+Kämmerer, Mundschenk, Kanzler, Pfalzgraf (+comes palatii+ oder
++palatinus+). Der +Majordomus+, ursprünglich Vorsteher der königlichen
+Hofhaltung, gewinnt allmählich die größte Macht als Stellvertreter des
+bald hier, bald dort residierenden Königs.
+
+Unter +Chlotar II.+ hat jeder der drei großen Reichsteile einen eigenen
++Majordomus+; unter seinem Sohne +Dagobert+ kommt ~Pippin~ (der Ältere)
+zu besonderem Ansehen in Austrasien. Dessen Enkel ~Pippin~ (der
+Mittlere) macht sich durch den
+
+[687.]
+
+Sieg bei +Testri+ (unweit St. Quentin) über den Majordomus von
+Neustrien zum +Majordomus des ganzen Frankenreiches.+
+
+Sein Sohn ~Karl Martel~ gilt, obgleich er noch nicht den Königstitel
+annahm, als Begründer der Dynastie, welche das entartete Haus der
+Merowinger verdrängte.
+
+
+§ 3. Das oströmische Reich.
+
+Nach Attilas Tode (S. 142) Aufhören der Bedrängnis durch die +Hunnen+.
+Das wieder erstarkende Reich bewahrt unter despotischen, aber oft
+von ihrer Umgebung abhängigen Herrschern noch Jahrhunderte lang die
+griechische Kultur.
+
+[~527–565~]
+
+~Justinian I.~ läßt durch seinen Minister +Tribonianus+ aus den
+Gesetzen früherer Kaiser und den Schriften früherer Rechtsgelehrter ein
+umfassendes Gesetzbuch, ~Corpus iuris civilis~, zusammenstellen. Teile
+desselben: 1. +Institutiones+, 2. +Pandectae+ oder +Digesta+, 3. +Codex
+Justinianeus+, 4. +Novellae+ später hinzugefügt.
+
+[~532.~]
+
+~Nika-Aufstand~ in Konstantinopel, veranlaßt durch die Parteien der
+Rennbahn, die sich mit dem Schlachtruf +Nika+ gegen die Regierung
+erheben, aber bald unter sich uneinig werden. Die +Blauen+, von
++Belisars+ Truppen unterstützt, siegen über die +Grünen+. Ein großer
+Teil der Stadt durch Brand zerstört, dann schöner wiederhergestellt.
+Großartige Prachtbauten, z.B. 25 neue Kirchen, darunter die
++Sophienkirche+.
+
+Kriege gegen die +Germanen+ (s.S. 144); Afrika und Italien für die
+oströmische Herrschaft wiedergewonnen. Im Osten Bedrängnis durch die
+~Perser~, welche in Syrien eindringen. Blüte des Sassanidenreiches (S.
+133) unter König +Kosru I.+, die altpersische +Masda+religion (S. 17)
+herrscht dort in neuer Kraft. Die Donaugrenze wird mit Mühe geschützt
+gegen Einfälle der +Bulgaren+ und +slavischen+ Stämme; zu deren
+Bekämpfung wird das mongolische Volk der +Avaren+ gewonnen, welches
+seine Wohnsitze in den Steppen an der Donau und Theiß nimmt, wo früher
+die Hunnen hausten.
+
+Unter den folgenden Kaisern Verfall des Reiches. Italien geht
+größtenteils verloren (S. 145); +Bulgaren+ und +Serben+ siedeln sich
+südlich der Donau an, doch unter Oberhoheit des Reiches.
+
+[627.]
+
+~Heraklios II.~ besiegt die +Perser+ bei den Ruinen von +Ninive,+
+verliert aber bald darauf Syrien und Ägypten durch das erobernde
+Vordringen der Araber. Der übrige Bestand des Reiches ist gesichert.
+
+[668–675.]
+
+Unter Kaiser +Konstantin IV.+ Abwehr der wiederholten Angriffe der
+Araber auf +Konstantinopel+ (das griechische Feuer).
+
+[726.]
+
++Leo III.+ verbietet nach abermaliger Abwehr der Araber den
++Bilderdienst.+ Dadurch werden langdauernde kirchliche Streitigkeiten
+veranlaßt; die Parteien der Bilderdiener und Bilderstürmer
+bekämpfen einander, bis die Kaiserin +Irene+ 787 den Bilderdienst
+wiederherstellt. Nach ihrem Tode erneuter Streit: +Leo V.,+ siegreich
+gegen die Bulgaren, verbietet 815 den Bilderdienst, wird 820 von
+Verschwörern ermordet; endlich entscheidet 842 die Kaiserin +Theodora+
+zu Gunsten des Bilderdienstes.
+
+
+§ 4. Mohammed und das Kalifat.
+
+Die ~Arăber~, lange Zeit durch die Natur ihres Landes vom Völkerverkehr
+ferngehalten, erheben sich unter der Einwirkung einer neuen +Religion+
+aus der Stammverfassung zur Gründung einer Reichsmacht. Diese tritt in
+Kampf gegen das christliche Europa.
+
+~Mohammed,~ geb. 571 zu Mekka, aus dem Stamme Kureïsch, lernt auf
+Handelsreisen nach Syrien die jüdische und die christliche Religion
+kennen, zieht sich öfters in die Einsamkeit zurück, tritt dann
+unter seinem Stamme als Prophet auf. Hauptsatz seiner Lehre, des
+~Islâm~: Es ist nur ein Gott (Allah), und Mohammed sein Prophet. Die
+Gläubigen (+Moslemin+) sind zu Gebeten, Fasten, Almosen, Wallfahrten
+verpflichtet; Gerechtigkeit die Haupttugend. Vielweiberei gestattet.
+Glaube an Vorherbestimmung (Fatalismus), sinnliche Vorstellungen vom
+Fortleben im Paradiese.
+
+[622.]
+
+Mohammeds Flucht (~Hedschra~) von +Mekka+ nach +Medina+ Anfang einer
+neuen Zeitrechnung bei den Völkern, die den Islam annehmen.
+
+[630.]
+
+Mohammeds Rückkehr; er reinigt die +Káaba+, das alte Heiligtum in
+Mekka, von Götzenbildern. Bald ganz Arabien ihm untertan. Er stirbt
+632, sein Grab in Medīna. Seine Nachfolger die ~Kalifen~:
+
+[632–634.]
+
+~Abu Bekr~, Schwiegervater des Propheten. Entstehung des 114 Suren
+umfassenden ~Koran~, der später ergänzt wird durch Aufzeichnung
+mündlich überlieferter Aussprüche des Propheten (die +Sunna+). Spaltung
+der Gläubigen in +Sunniten+, welche diese anerkennen, und +Schiiten+,
+welche sie verwerfen und ~Ali~, den Schwiegersohn Mohammeds, als dessen
+einzig rechtmäßigen Nachfolger betrachten. (Die Perser z. B. sind
+Schiiten, die Türken Sunniten.)
+
+[634–644.]
+
+~Omar~, Begründer der arabischen Herrschaft im Orient: 1. Zerstörung
+des +Neupersischen Reiches+ der Sassaniden; der Feldherr Saad zieht 636
+als Sieger in Ktesiphon ein.
+
+2. Dem +oströmischen+ Reiche entreißt Omar +Syrien+ und +Palästina+
+(Damaskus 635, Jerusalem 637); sein Feldherr Amru erobert +Ägypten+
+(Alexandria 641). Gründung der Städte +Kairo+ und +Basra+ (am Schatt
+el Arab). Die erobernden Araber nehmen vieles von der persischen und
+griechischen Kultur an, machen aber ihre Religion und Sprache zur
+herrschenden.
+
+Innere Kriege unter den beiden folgenden Kalifen; +Othman+ wird 656 in
+einem Aufstande zu Medina ermordet, +Ali+, Mohammeds Schwiegersohn, 661
+durch Verschwörer.
+
+[~661–750.~]
+
+~Die Omaijaden.~
+
++Muawija+, Urenkel des Omaija, eines Verwandten Mohammeds, gründet
+eine +sunnitische+ Dynastie, verlegt die Residenz von Medina nach
+~Damaskus~. Seine Feldherrn belagern Konstantinopel vergeblich; in
+Kleinasien beginnen langdauernde Kämpfe, da das byzantinische Reich
+starken Widerstand leistet. +Nordafrika+ wird von den Arabern gewonnen;
+697 zerstören sie Karthago.
+
+[711.]
+
+Der Feldherr +Tarik+ setzt nach +Spanien+ über, herbeigerufen von
+Graf Julian, dem Statthalter von Ceuta, gegen den Westgotenkönig
+Roderich. Er landet bei dem nach ihm benannten Berge Dschebel al-Tarik
+(Gibraltar) und vernichtet durch die siebentägige Schlacht am Guadalete
+und Saladofluß bei ~Xeres de la Frontera~ das +Westgotenreich+. Nur ein
+kleines christliches Königreich +Asturien+ behauptet sich im Norden der
+Halbinsel.
+
+[717.]
+
+Konstantinopel wiederum vergeblich belagert; dagegen wird das
+Indusland, Baktrien, Sogdiana dem Islam unterworfen. Im Innern
+häufige Kämpfe mit den Anhängern Alis; Entfaltung der Künste und
+Wissenschaften, namentlich unter +Welid I.+ (705–715), welcher die
+prachtvolle Moschee zu Damaskus baut.
+
+[750.]
+
+Merwan II. wird in der blutigen Schlacht am +Zab+ (Nebenfluß des
+Tigris) besiegt von +Abul Abbas+, der das Geschlecht der Omaijaden
+ausrottet; nur +Abdurrahman+ entkommt nach +Spanien+ und gründet dort
+ein selbständiges Kalifat in Cordova. Hier wie in Granada (Alhambra)
+großartige Baudenkmäler aus jener Zeit erhalten.
+
+[~750–1258.~]
+
+~Die Abbassiden.~
+
+Neue Residenz ~Bagdad~; glänzende Regierung +Harun al Raschids+
+786–809, von den Dichtern gepriesen. Blüte des Handels, der Architektur
+und der Wissenschaften (Philosophie, Mathematik, Geographie,
+Naturforschung, Medizin) unter seinem Sohne +Mamun+ 813–833. Bagdad,
+Damaskus, Mekka, Kairo Mittelpunkte der arabischen Kultur. Die
+Nachfolger haben mit Aufständen zu kämpfen.
+
+
+§ 5. Frankenreich unter den Karolingern.
+
+~Karl Martel~ (der Hammer, Majordomus 714–741) unterwirft die
+unbotmäßigen Großen des Reiches, bekämpft die +Friesen+ und +Sachsen+,
+sichert das Frankenreich gegen die vordringenden +Araber+ durch die
+siebentägige
+
+[732.]
+
+Schlacht ~zwischen Tours und Poitiers.~
+
+Er regiert seit 737 ohne König, seine beiden Söhne +Karlmann+ und
++Pippin+ setzen 743 wieder einen König (Childerich III.) ein. Karlmann
+tritt 747 von der Regierung zurück.
+
+[~751–768.~]
+
+~Pippin, König der Franken,~
+
+nachdem Childerich III. unter Zustimmung des Papstes Zacharias durch
+die zu +Soissons+ versammelten fränkischen Großen abgesetzt und in ein
+Kloster geschickt ist. Pippin wird auf den Schild erhoben, dann von den
+Bischöfen gesalbt. 753 Kriegszug gegen die +Sachsen+.
+
+[754.]
+
+Papst Stephan II., der als Schutzflehender erscheint, wiederholt zu
+St. Denys (bei Paris) die Salbung an Pippin und seinen Söhnen. Pippin
+zieht darauf nach +Italien+ und drängt den Langobardenkönig +Aistulf+
+zurück, welcher +Rom+ seinem Reiche einverleiben will. Pippin bestätigt
+den Papst in dem Besitz des Ducats von Rom (Kirchenstaat, S. 145)
+und erweitert ihn durch Schenkung des +Exarchats Ravenna+ und der
++Pentapolis+ (Gebiet von +Ancona+ und +Rimini+). Er beansprucht für
+sich und erhält vom Papst den Titel +Patricius+ von Rom (S. 138, 143).
+
+[719–754.]
+
+~Bonifatius~, der Apostel der Deutschen.
+
+Im inneren Deutschland hatten in der Merowingerzeit ~irische~ und
+~fränkische~ Missionare, gestützt auf die aus römischer Zeit her
+bestehenden Bistümer in Basel, Konstanz, Straßburg, Augsburg, Mainz,
+Trier, Köln, an mehreren Orten Kirchen und Klöster gegründet: +Columba+
+und +Gallus+ um 610 bei den Alamannen am Bodensee (Kloster St. Gallen),
++Pirmin+ (Kloster Reichenau), +Emmeram+ in Regensburg, +Kilian+ in
+Würzburg, +Rupert+ in Salzburg u. a.
+
+~Bonifatius~ (sein ursprünglicher Name +Winfried+), ein ~Angelsachse~
+aus Wessex, erhält 719 in Rom von Papst Gregor II. den Auftrag, in den
+noch heidnischen Gegenden Deutschlands das Christentum zu verkündigen.
+Er predigt zuerst in Gemeinschaft mit seinem Landsmann +Wilibrord+,
+dem Bischof von Utrecht, in +Friesland+, wendet sich dann nach
+Ostfranken, Thüringen, Hessen, Bayern. Bei Geismar in Hessen fällt
+er die Wodanseiche. Seit 722 Bischof, 732 Erzbischof ohne bestimmten
+Bischofsitz, bringt er alle neu gegründeten Bistümer (Salzburg,
+Regensburg, Freising, Passau, Würzburg, Eichstätt, Erfurt, letzteres
+bald zu Mainz gezogen) und Klöster (Fritzlar, Fulda, Ohrdruf) in
+strenge Abhängigkeit vom römischen Stuhle. Auch im westlichen Teile
+des Frankenreichs ordnet er die verfallenen kirchlichen Einrichtungen
+wieder. Er wird 748 ~Erzbischof von Mainz~, 755 bei einer letzten
+Missionsreise von den heidnischen Friesen bei Dokkum erschlagen;
+begraben in +Fulda+.
+
+[~768–814.~]
+
+~Karl der Große~,
+
+anfangs gemeinschaftlich mit seinem Bruder +Karlmann+ regierend,
+nach dessen Tode 771 Alleinherrscher. Karlmanns Söhne fliehen zu
++Desiderius+, dem König der Langobarden, dessen Tochter Desiderata
+Karl geheiratet, dann verstoßen hatte. Zur Sicherung der Reichsgrenze
+beginnt Karl die langwierigen ~Sachsenkriege~; durch die Unterwerfung
+der noch heidnischen +Sachsen+ (geteilt in Westfalen, Engern,
+Ostfalen, Nordalbinger) wird die Einigung der deutschen Volksstämme im
+Frankenreiche vollendet.
+
+[772.]
+
+~Erster Sachsenkrieg.~ Maifeld zu +Worms+, von da aus Zug gegen
+die +Engern+. Eroberung der +Eresburg+ (Stadtberge an der Diemel),
+Zerstörung der +Irminsul+, eines heiligen Denkmals.
+
+[773–774.]
+
+Zug nach +Italien+; ~Zerstörung des Langobardenreiches~.
+
+Da Papst Hadrian I. sich weigert, Karlmanns Söhne zu Königen der
+Franken zu krönen, besetzt Desiderius die +Pentapolis+ und bedroht
+Rom. Karl als +Patricius+ von Rom kommt dem Papst zu Hilfe. Einnahme
+von +Pavīa+ nach langwieriger Belagerung; Desiderius in ein Kloster
+gebracht. Karl krönt sich mit der eisernen Krone der Langobarden
+und wird König von +Italien+ (Langobardenreich, also Nord- und
+Mittel-Italien; Süd-Italien bleibt teils im Besitz der Byzantiner,
+teils selbständig unter dem Herzog von Benevent). Karl bestätigt dem
+Papst die Schenkung seines Vaters.
+
+[775–777.]
+
+Fortsetzung des ~Sachsenkrieges~: 775 Zug von Düren aus nach
++Westfalen+, Eroberung der +Sigiburg+ (Hohensyburg am Einfluß der Lenne
+in die Ruhr). 776 von Worms aus Wiederherstellung der von den Sachsen
+zerstörten +Eresburg+ und Zug bis zur Lippe, 777 Maifeld in +Paderborn+.
+
+[778.]
+
+Zug nach +Spanien+, veranlaßt durch ein Hilfsgesuch des Emirs von
+Saragossa gegen den Kalifen von Cordŏva. Pamplona erobert, Saragossa
+belagert. Beim Rückzuge überfallen die Basken im Tal +Roncesvalles+ die
+Nachhut des Heeres. Tod des in der Sage gefeierten Helden +Roland+.
+Infolgedessen die spanischen Eroberungen verloren.
+
+Inzwischen neue Erhebung der ~Sachsen~ unter +Widukind+. Karl siegt
+779 bei +Bocholt+ an der Aa (nördlich von Wesel), zieht 780 von der
+Eresburg aus nach Lippspringe und von da bis zur Elbe. Die Sachsen
+unterwerfen sich, Einführung des Christentums.
+
+[781.]
+
+Zug nach +Italien+, Zusammenkunft mit dem Papste in Rom.
+
+[782.]
+
+Abermals Aufstand der ~Sachsen~ unter +Widukind+. Sie vernichten ein
+fränkisches Heer, welches mit ihnen zusammen die wendischen +Sorben+
+bekämpfen soll, am Berge +Süntel+. Deshalb Strafgericht zu +Verden+
+an der Aller, 4500 Sachsen getötet. 783 infolge dieser Bluttat neuer,
+furchtbarer Aufstand. Karl siegt erst bei +Detmold+, dann an der
++Hase+, dringt bis zur +Elbe+ verwüstend vor. 785 unterwirft sich
+Widukind und wird Christ.
+
+Einführung der fränkischen +Grafschafts+verfassung in Sachsen. Anfänge
+des städtischen Lebens knüpfen sich an die nach und nach gegründeten
++Bischofsitze+: Bremen, Münster, Paderborn, später Osnabrück, Verden,
+Minden; unter Ludwig dem Frommen Hildesheim und Halberstadt.
+
+[787.]
+
+Zug nach +Italien+; Herzog Arichis von Benevent unterwirft sich.
+
+[788.]
+
+Aufhebung des Herzogtums +Bayern+ nach zweimaliger Auflehnung des
+Herzogs +Tassilo+; dieser wird in ein Kloster geschickt.
+
+[789.]
+
+Krieg gegen die ~Slaven~ (Wenden); Karl zieht von Köln aus durch
+Sachsen, überschreitet die Elbe, besiegt den Stamm der Wilzen, dringt
+bis zur +Peene+ vor.
+
+[791.]
+
+Krieg gegen die ~Avaren~ (S. 148), welche Tassilo unterstützt hatten;
+Zug von Regensburg aus bis zur Raab.
+
+[794.]
+
+Karl und sein gleichnamiger ältester Sohn unterdrücken einen neuen
+Aufstand der ~Sachsen~, mit zwei getrennten Heeren eindringend. Fernere
+Züge 795–799, viele Sachsen hinweggeführt und in fränkischem Gebiet
+angesiedelt.
+
+[795.]
+
+Karls Sohn Ludwig bekämpft die Mauren, gründet bis 811 die +spanische+
+Mark (Barcelona 801 erobert).
+
+[796.]
+
+Karls Sohn Pippin erstürmt den Königsring (Hauptlager) der +Avaren+
+zwischen Donau und Theiß. Das Land zwischen +Enns+ und +Raab+ wird als
+Avarische Mark mit deutschen Ansiedlern besetzt, +Salzburg+ 798 zum
+Erzbistum erhoben, ebenso um dieselbe Zeit +Köln.+
+
+[~800.~ 25. Dezbr.]
+
+~Karl erneuert das weströmische Kaisertum.~
+
+Papst Leo III., von Verwandten seines Vorgängers Hadrian bei einem
+Aufstande mißhandelt und verjagt, sucht Schutz bei Karl im Lager
+zu Paderborn (799). Karl läßt ihn mit bewaffnetem Geleit nach Rom
+zurückführen, begibt sich zunächst nach +Aachen+, dann nach der
++Nordseeküste+, um eine Flotte und befestigte Küstenplätze einzurichten
+zur Abwehr der seeräuberischen +Normannen+, zieht dann nach Italien
+und wird am Weihnachtsfest 800 in der Peterskirche zu +Rom+ vom Papste
+als römischer Kaiser gekrönt. Gesandte des Kalifen +Harun al Raschid+
+begrüßen ihn 801 in Ivrea, Gesandte des oströmischen Reiches 802 in
+Aachen.
+
+[804.]
+
+Letzter Feldzug gegen die ~Sachsen~; Karl zieht von Aachen aus nach
+Lippspringe, hält dort das Maifeld ab, dringt dann bis zur unteren Elbe
+(bei Harburg) vor.
+
+[806.]
+
+Karl der Jüngere besiegt den slavischen Stamm der ~Sorben~ (zwischen
+Elbe und Saale); Grenzfesten werden bei Magdeburg und Halle angelegt.
++Sorbische Mark+ gegründet.
+
+[808.]
+
+Karl der Jüngere bekämpft jenseits der Elbe die ~Dänen~; ihr König
++Götrik+ befestigt das +Danewerk+ (westlich von Schleswig) zum Schutz
+seiner Grenze, wird 810, als der Kaiser selbst gegen ihn zieht, von
+seinen Untertanen ermordet. 811 Friede mit seinem Nachfolger Hemming an
+der +Eider+. Bei diesen Expeditionen werden +Hamburg+ und +Itzehoe+ und
+nördlich von der Eider die +Dänische Mark+ angelegt.
+
+[811.]
+
+Maifeld zu +Aachen+; dann besichtigt der Kaiser die in +Boulogne+ zur
+Abwehr der ~Normannen~ gerüstete Flotte.
+
+[813.]
+
+Nach dem Tode der beiden älteren Söhne Karl und Pippin krönt Karl
+zu +Aachen+ seinen jüngsten Sohn +Ludwig+ als Nachfolger. Er stirbt
+daselbst, 72 Jahre alt, am 28. Januar 814. Sein Grab in dem von ihm
+dort erbauten Münster.
+
+Grenzen des Frankenreiches: Ebro -- Raab, Eider -- Garigliano.
+Grenzmarken: die spanische und bretonische (S. 142) im Westen,
+die avarische und sorbische im Osten, die sächsische und dänische
+im Norden. Während seiner ganzen Regierung sorgt Karl d. Gr. für
++Gesetzgebung+ und +Verwaltung+. Aufzeichnung der noch ungeschriebenen
+Volksrechte (lex Saxonum); die in den verschiedenen Reichsteilen
+geltenden älteren Volksrechte der Franken, Westgoten, Burgunder,
+Alamannen, Bayern, Langobarden werden ergänzt durch die +Capitularia+,
+die bei den Versammlungen der geistlichen und weltlichen Großen
+(+Placita, Conventus generales+) verkündet werden. Aufsicht über die
+von den Bischöfen, Gaugrafen und Markgrafen (marchiones) geführte
+Verwaltung durch die +Königsboten+ (missi regis, missi dominici);
+die Herzogswürde ist abgeschafft. Bei wachsender Ausbildung des
++Lehnswesens+ ruht doch die Hauptkraft des Heeres noch auf dem
++Heerbann+ der +Freien+; die ärmeren Freien werden geschützt gegen die
+Versuche der Großen, sie gewaltsam zu abhängigen Lehnsträgern zu machen.
+
+Zur Förderung der Bildung im Frankenreiche werden ausländische
+Geistliche berufen, besonders der Angelsachse +Alcuin,+ Abt von
+Tours. +Hofschule+ zur Ausbildung tüchtiger Beamten; zahlreiche
++Klosterschulen+ (Fulda, St. Gallen). Paul, Warnefrieds Sohn (+Paulus
+Diacŏnus+) Geschichtschreiber der Langobarden; der Franke +Einhard+,
+Verfasser der +Vita Carŏli imperatoris+. Karl d. Gr. selbst bemüht sich
+um die Grammatik der deutschen Sprache, gibt den Monaten und den Winden
+deutsche Namen, läßt die alten Heldenlieder sammeln. Sorge für den
+Landbau (Capitulare de villis). Anlage eines Kanals von der Donau zum
+Main, 793 in Regensburg angeordnet, aber nicht vollendet. Residenzen
+des Herrschers die +Pfalzen+ (palatia) zu Aachen, Ingelheim, Worms,
+Nimwegen, Heristal, Diedenhofen, Attigny u. a.
+
+[~814–840.~]
+
+~Ludwig der Fromme.~ Die Reichsverwaltung wird zunächst in der von
+Karl d. Gr. begründeten Weise weitergeführt, doch wird der Einfluß der
+Geistlichen überwiegend. Ludwig läßt sich 816 in +Reims+ nochmals vom
++Papste+ Stephan IV. krönen; sein ältester Sohn +Lothar+, schon 817 zum
+Mitregenten ernannt, übernimmt die Verwaltung +Italiens+ und wird 823
+in Rom zum +Kaiser+ gekrönt.
+
+[826.]
+
+Taufe des Dänenkönigs Harald zu +Mainz+; der Mönch +Ansgar+ von Corvey
+predigt das Christentum in Dänemark, dann auch in Schweden.
+
+[830.]
+
+Empörung der drei älteren Söhne, Lothar, Pippin und Ludwig, als der
+Kaiser die früher beschlossene Reichsteilung abändert zu Gunsten
+des jüngsten Sohnes Karl (aus zweiter Ehe mit Judith, die aus dem
+alamannischen Geschlecht der +Welfen+ stammte). Eine Reichsversammlung
+zu +Nimwegen+ setzt den Kaiser wieder in volle Macht ein.
+
+[831.]
+
+Gründung des Erzbistums +Hamburg+; Ansgar erster Erzbischof.
+
+[833.]
+
+Zweite Empörung der Söhne. Der Kaiser, auf dem +Lügenfelde+ bei Colmar
+im Elsaß von seinem Heere verlassen, wird gefangen und von Lothar zu
+öffentlicher Kirchenbuße in +Soissons+ genötigt, bald aber von Ludwig
+und Pippin befreit und wieder auf den Thron gesetzt.
+
+[838.]
+
+Pippin †, Ludwig erhebt sich gegen den Vater, der jetzt an Lothar eine
+Stütze findet.
+
+[840.]
+
+Ludwig der Fromme † auf einer Rheininsel bei Ingelheim; der Zwist der
+Söhne dauert fort.
+
+[841.]
+
+Schlacht bei +Fontenay+ (unweit Auxerre an der Yonne); Ludwig und Karl
+siegen über Lothar.
+
+Sie befestigen ihr Bündnis 842 durch die Eide zu +Straßburg,+ in
+welchen die Scheidung der deutschen und französischen Sprache im
+Frankenreiche deutlich hervortritt.
+
+[~843.~]
+
+~Vertrag zu Verdun~, Teilung des Reiches.
+
+Kaiser ~Lothar~ erhält +Italien+ und +Mittelfranken+, begrenzt östlich
+vom Rhein, westlich von Rhone, Saône, Maas und Schelde, mit den
+Hauptstädten +Rom+ und +Aachen+;
+
+~Ludwig der Deutsche~ erhält +Ostfranken+, das rechtsrheinische Land,
+dazu auf dem linken Rheinufer die Gaue von Mainz, Worms, Speier
+(propter vini copiam).
+
+~Karl der Kahle~ erhält +Westfranken+ (Neustrien, Aquitanien, Burgund).
+
+In Ludwigs Reich überwiegt die +germanische+, in Karls Reich die
++romanische+ Bevölkerung. So entwickeln sich fortan +Deutschland+ und
++Frankreich+ als nationale Staaten. Die Ostfranken nennen ihre Sprache
+im Gegensatz zu der römischen Sprache der gelehrten Geistlichkeit
+die +deutsche+, d. h. die volkstümliche; allmählich werden die
+deutschredenden Stämme als +Deutsche+ vereinigt.
+
+
+
+
+~B. Vom Vertrage zu Verdun bis zum Beginn der Kreuzzüge. 843–1096.~
+
+
+§ 1. Italien und Deutschland.
+
+[~843–875.~]
+
+~Karolinger[30] in Italien.~
+
++Lothar+ regiert bis 855, nach ihm sein ältester Sohn +Ludwig II.+
+als Kaiser bis 875; er herrscht über Italien; von den beiden jüngeren
+Söhnen erhält Lothar II. das Gebiet von der Nordsee bis zur Rhone
+und Saône (Lothari regnum, +Lothringen+), Karl den südlichen Teil.
+Die nordafrikanischen ~Araber~ (Sarazenen), seit 827 im Besitze
++Siciliens+, beunruhigen durch Seezüge die Küsten Italiens. Rom
+gesichert durch die aurelianische Mauer (S. 134); Papst +Leo IV.+ läßt
+auch den Stadtteil auf dem rechten Tiberufer (Peterskirche und Vatikan)
+ummauern.
+
+Papst +Nikolaus I.+ (858–867), gestützt auf die +pseudo-isidorischen
+Dekretalen+ (S. 145) (Bischof Isidor von Sevilla, um 600, hatte zuerst
+päpstliche Entscheidungen gesammelt), bringt die päpstliche Macht
+gegenüber den Bischöfen und den karolingischen Herrschern zu hohem
+Ansehen, kann aber die durch dogmatische Streitigkeiten veranlaßte
+Loslösung der +griechisch-katholischen Kirche+ von der Oberhoheit Roms
+nicht verhindern. Der Patriarch +Photius+ in Konstantinopel tritt 863
+dem päpstlichen Bann entgegen; völlige Trennung der beiden Kirchen erst
+1054.
+
+Die Slavenapostel +Methodius+ und +Cyrillus+, 863 aus Thessalonich
+nach +Mähren+ berufen, erkennen Roms Oberhoheit an; von Mähren aus
+verbreitet sich das Christentum um 900 nach +Böhmen+ und +Polen+.
+
+[875.]
+
++Karl der Kahle+ von Frankreich gewinnt in Rom die Kaiserkrone, † 877
++(Karl II.).+
+
+[~843–911.~]
+
+~Karolinger in Deutschland.~
+
+[~843–876.~]
+
+~Ludwig der Deutsche~ führt Grenzkriege gegen die +Slaven+ (Abodriten
+in Mecklenburg, Sorben, Czechen), setzt in Mähren den Herzog Rastislav
+ein.
+
+[845.]
+
++Hamburg+ zerstört von den +Normannen+, die schon mehrmals die
+friesische Küste heimgesucht hatten; das Erzbistum wird nach +Bremen+
+verlegt. Die ferneren Raubzüge der Normannen richten sich gegen das
+westfränkische Reich.
+
+[870.]
+
+~Vertrag zu Mersen~ (an der Maas) mit Karl dem Kahlen; nach dem
+Tode der beiden jüngeren Söhne Lothars I. wird deren Erbe zwischen
+Deutschland und Frankreich geteilt. Der germanische Teil (Friesland,
+Lothringen, Elsaß) kommt an Deutschland, der romanische (Flandern,
+Brabant, Verdun, Burgund, Provence) an Frankreich.
+
+[874.]
+
+Swatopluk, Fürst von Mähren, zur Huldigung genötigt.
+
+[~876–887.~]
+
+~Karl der Dicke~ regiert zuerst gemeinsam mit seinen älteren Brüdern
+Karlmann und Ludwig. Letzterer weist durch den Sieg bei +Andernach+
+am Rhein 876 Karls des Kahlen Ansprüche auf Lothringen zurück. Karl
+zieht 879 und 881 nach Italien, erlangt 881 in Rom die Kaiserkrone
+(+Karl III.+) wird 884 auch in Westfranken zum König gewählt. So
+vereinigt er noch einmal ~Karls des Großen Monarchie~ mit Ausnahme von
++Niederburgund+ (Rhônegebiet), wo 879 Boso von Vienne, Schwiegersohn
+Kaiser Ludwigs II., zum König erwählt war (Hauptstadt +Arles+, daher
+der Name Arelatisches Reich). Aber er verliert bald sein Ansehen,
+weil er den +Paris+ belagernden +Normannen+ ein Lösegeld von 7000
+Pfund Silber bewilligt und Burgund verpfändet; er wird von den zu
++Tribur+ (südöstlich von Mainz auf dem rechten Rheinufer) versammelten
+Fürsten des ostfränkischen Reiches abgesetzt und stirbt bald
+darauf. +Hochburgund+ (Westschweiz und Franche-Comté) wird 888 ein
+selbständiges Reich unter dem Welfen Rudolf.
+
+[~887–899.~]
+
+~Arnulf von Kärnten,~ Sohn Karlmanns, schlägt die Normannen bei +Löwen+
+an der +Dyle+ 891 und kämpft im Bunde mit dem finnischen Reitervolke
+der ~Magyaren~ (Ungarn), das vom Ural her in die früheren Wohnsitze
+der Avaren eingedrungen ist, gegen +Swatopluk+ von +Mähren+, dessen
+slavisches Reich nach seinem Tode (894) zerfällt. Arnulf zieht zweimal
+nach Italien, wird 896 in Rom zum Kaiser gekrönt, stirbt aber, ehe er
+sein Reich befestigen kann. Ihm folgt sein sechsjähriger Sohn
+
+[~899–911.~]
+
+~Ludwig das Kind~ unter Leitung des Erzbischofs +Hatto+ von Mainz.
+Furchtbare Verheerung Deutschlands durch die Raubzüge der +Magyaren+;
+wiederholt durchziehen sie Bayern (907 Herzog Luitpold, Stammvater der
++Wittelsbacher+ samt seinem Heer vernichtet), Thüringen und Sachsen.
+Zugleich innere Fehden: Graf Adalbert von +Babenberg+ kämpft gegen die
+in Franken und Hessen begüterten +Konradiner+; er wird besiegt und vor
+seiner Burg hingerichtet.
+
+In verschiedenen Reichsteilen erhebt sich wieder das durch Karl
+den Großen beseitigte +Stammesherzogtum+; es bilden sich die
+Stammherzogtümer ~Sachsen, Franken, Bayern, Schwaben, Lothringen~.
+Nach Ludwigs Tode lehnt der greise +Otto der Erlauchte+, Herzog von
+Sachsen, die Königskrone ab und lenkt die Wahl der Großen auf den mit
+den Karolingern nahe verwandten Konradiner
+
+[~911–918.~]
+
+~Konrad I. von Franken~. Einfälle der Dänen, Slaven und Magyaren.
+Konrad kämpft vergeblich um die Anerkennung der Königsgewalt,
+namentlich gegen +Heinrich+, Ottos des Erlauchten Sohn, seit 912 Herzog
+von Sachsen. +Lothringen+ wendet sich dem westfränkischen Reiche zu,
++Elsaß+ bleibt mit Schwaben verbunden.
+
+In ~Italien~, welches von Raubzügen der Magyaren und der Araber
+heimgesucht wird, hat nach Arnulfs Tode +Berengar von Friaul+ ein
+Königtum begründet, er erlangt 915 auch die Kaiserwürde. Gegen ihn
+tritt 922 +Rudolf II.+ von Hochburgund auf, gegen diesen +Hugo+ von
+Niederburgund. Rudolf II. schließt 933 Vertrag mit Hugo, der zum König
+von Italien gekrönt, auf Niederburgund verzichtet; vereinigtes ~Reich
+Burgund~ (Hauptstadt Arles) 933–1033. Dagegen gewinnt das italische
+Königtum keinen festen Bestand; Hugo wird 945 von +Berengar von Ivrea+
+vertrieben; Hugos Sohn Lothar, mit Rudolfs II. Tochter +Adelheid+
+(deren zweiter Gemahl Otto der Große) vermählt, sucht nach dem Tode
+seines Schwiegervaters vergebens dessen Reich wiederzugewinnen, † 950.
+Das +Papsttum+ ist in dieser Zeit in tiefem Verfall, abhängig von
+streitenden römischen Adelsparteien.
+
+[~919–1024.~]
+
+~Sächsische Könige und Kaiser.~
+
+ Heinrich I. †936.
+ ________________|_________________________________________
+ Thankmar ~Otto I.~ †973 Heinrich, Brun,
+ †938. | Herzog v. Bayern †955. Erzb. v.
+ ______________|_________ ________|___________ Köln.
+ Lindolf ~Otto II.~ †983. Heinrich d. Zänker,
+ †957 | Herzog v. Bayern †995.
+ __|__ __|__
+ ~Otto III.~ ~Heinrich II.~ †1024.
+ †1002.
+
+Auf Wunsch des sterbenden Konrad und auf Betreiben +Eberhards+, seines
+Bruders, wird zu +Fritzlar+ an der +Eder+ von den +Franken+ und
++Sachsen+ erwählt
+
+[~919–936.~]
+
+~Heinrich I., der Begründer des Deutschen Reiches.~
+
+Er nötigt durch Kriegszüge die Herzöge Burkhard von +Schwaben+ und
+Arnulf von +Bayern+ zur Anerkennung seiner Oberhoheit, schließt 924
+mit den +Magyaren+ (Ungarn) einen 9jährigen Waffenstillstand, welcher
+gegen Tribut +Sachsen+ und +Thüringen+ sicher stellt, bringt 925 durch
+einen Kriegszug über den Rhein +Lothringen+ wieder zum Reiche; Herzog
++Giselbert+ wird sein Schwiegersohn.
+
+In +Sachsen+ sorgt er für Befestigung älterer Ortschaften (Merseburg,
+Goslar) und Anlage neuer Burgen (Quedlinburg); die Sachsen gewöhnen
+sich allmählich an +städtisches+ Leben und an +Reiter+dienst im Kriege.
+
+[928.]
+
+Glückliche Kämpfe gegen die +Wenden+; Brennabor, Stadt der Heveller, im
+Winter erobert; im Lande der Daleminzier die Feste +Meißen+ gegründet.
+
+[929.]
+
+Zug nach +Prag+, Herzog Wenzel von +Böhmen+ zur Huldigung genötigt.
+Währenddessen Aufstand der nördlichen Wenden; sie werden von den
+sächsischen Grafen Bernhard und Thietmar bei +Lenzen+ (unweit Dömitz an
+der Elbe) geschlagen.
+
+[932.]
+
+Unterwerfung der Wenden in der +Lausitz+.
+
+[933.]
+
+~Sieg~ Heinrichs über die ~Ungarn~ an der Unstrut (bei Riade); Sachsen
+fortan vor ihnen gesichert.
+
+[934.]
+
+Zug gegen die +Dänen+ unter König Gorm; Wiederherstellung der Grenzmark
+zwischen Eider und Schlei, später Mark +Schleswig+ genannt.
+
+[936.]
+
+Heinrich † zu +Memleben+ an der Unstrut, begraben in dem von
+ihm gegründeten Münster zu Quedlinburg. Ihm folgt sein mit der
+angelsächsischen Königstochter +Editha+ vermählter Sohn
+
+[~936–973.~]
+
+~Otto I., der Grosse.~ Krönung in +Aachen+ durch den Erzbischof
+von Mainz; die Herzöge verwalten dabei die Hofämter: Giselbert von
+Lothringen +Kämmerer+, Eberhard von Franken +Truchseß+, Hermann von
+Schwaben +Mundschenk+, Arnulf von Bayern +Marschall+. Otto, erst 24
+Jahre alt, sucht die Selbständigkeit der Herzöge zu beschränken.
+
+[937.]
+
+Einfall der Ungarn in +Franken+; von Otto zurückgeschlagen ziehen sie
+nach Westen, verheeren große Strecken von Frankreich und Burgund,
+dringen auch in Italien ein.
+
+[938.]
+
+Aufstand des zu einer Strafe verurteilten Frankenherzogs +Eberhard+
+in Gemeinschaft mit Ottos Halbbruder +Thankmar+, der in der Eresburg
+getötet wird. Eberhard unterwirft sich und erhält Verzeihung; Otto
+schlägt einen Einfall der Ungarn in +Sachsen+ zurück und zieht dann
+nach Bayern gegen die Söhne des Herzogs Arnulf († 937), die ihm
+Huldigung verweigern; er setzt Arnulfs Bruder Berthold als Herzog,
+einen der Söhne als +Pfalzgrafen+ in Bayern ein zur Ausübung der
+höchsten Gerichtsbarkeit und Aufsicht über die königlichen Besitzungen
+und Einkünfte im Lande.
+
+[939.]
+
+Abermaliger Aufstand +Eberhards+ in Gemeinschaft mit Ottos jüngerem
+Bruder +Heinrich+ und dessen Schwager Herzog +Giselbert+ von
+Lothringen. Eberhard fällt im Kampfe bei +Andernach+, Giselbert
+ertrinkt auf der Flucht im Rhein; Heinrich entkommt nach Frankreich,
+kehrt aber bald zurück und erhält Verzeihung.
+
+[940.]
+
+König Ludwig IV. von ~Frankreich~, mit Giselberts Witwe vermählt,
+versucht +Lothringen+ an sich zu reißen. Otto dringt mit Heeresmacht
+in Frankreich ein bis zur Seine, sichert Lothringen dem deutschen
+Reiche. Er gibt dieses Herzogtum 944 an +Konrad den Roten+ (Ahnherrn
+des fränkisch-salischen Königshauses), der sein Schwiegersohn wird.
+Zum Herzog von Bayern ernennt er nach Bertholds Tode 947 seinen Bruder
++Heinrich+, zum Herzog von Schwaben 950 seinen Sohn +Liudolf+; Franken
+und Sachsen behält er selbst.
+
++Hermann Billung+, Markgraf gegen die nördlichen Wenden und Dänen,
+erhält später die Herzogsgewalt in Sachsen. Die Mark an der mittleren
+Elbe verwaltet Markgraf +Gero+, unter dessen Schutze im Wendenlande die
+Bistümer +Havelberg+ und +Brandenburg+ gegründet werden.
+
+[946.]
+
+Zweiter Zug Ottos nach +Frankreich+ bis Rouen, diesmal zur
+Unterstützung König +Ludwigs IV.+, besonders gegen +Hugo+, den Herzog
+von Francien (beide seine Schwäger).
+
+Die bedeutende Machtstellung, welche Otto errungen hat, legt es dem
+tatkräftigen Herrscher nahe, nun auch in die zerrütteten Verhältnisse
+~Italiens~ einzugreifen.
+
+[951.]
+
+Erster Zug nach +Italien+ (über den Brennerpaß) gegen Berengar von
+Ivrea (S. 158). Otto befreit und heiratet (in zweiter Ehe) die
+burgundische Königstochter ~Adelheid~ (s. S. 158). Er empfängt in
++Pavia+ die Huldigung der italischen Großen, Berengar unterwirft sich
+ihm als Vasall.
+
+[953.]
+
++Liudolf+ von Schwaben und sein Schwager +Konrad+ von Lothringen
+empören sich gegen den König und verbinden
+
+[954.]
+
+sich mit den +Ungarn+, die durch Bayern und Franken bis nach Lothringen
+streifen. Sie werden nach hartem Kampfe besiegt und verlieren ihre
+Herzogtümer, sind fortan dem Könige getreu.
+
+[~955.~ 10. Aug.]
+
+~Sieg Ottos über die Ungarn auf dem Lechfelde bei Augsburg.~ Konrad,
+für den König kämpfend, fällt in der Schlacht. Die bayrische
++Ostmark+ (aus der später das Herzogtum +Österreich+ hervorgeht) wird
+wiederhergestellt. Das Herzogtum +Bayern+ geht nach dem Tode Heinrichs
+955 auf dessen Sohn über (Heinrich der Zänker), in +Schwaben+ regiert
+Heinrichs Schwiegersohn Burkhard; +Lothringen +verwaltet Ottos jüngster
+Bruder, Erzbischof Brun von Köln. Ottos Sohn Wilhelm ist Erzbischof
+von +Mainz+. So suchte Otto das Reich zu festigen, indem er die
+Herzogtümer seinen Verwandten gab. Zur Beaufsichtigung und Beschränkung
+der herzoglichen Gewalt setzte er überall Pfalzgrafen ein, die das
+Königsgut verwalteten.
+
+[Okt.]
+
+Zug Ottos gegen die +Wenden+, Sieg an der +Recknitz+ (in Mecklenburg)
+im Verein mit Markgraf Gero.
+
+[957.]
+
++Liudolf zieht+ im Auftrage des Vaters nach Italien gegen +Berengar+,
+besiegt ihn, stirbt aber vor der Rückkehr.
+
+[961–965.]
+
+Zweiter Zug Ottos nach Italien, da Papst Johann XII. um Hilfe gegen
+Berengar bittet.
+
+[~962.~ 2. Febr.]
+
+~Kaiserkrönung Ottos I. in Rom.~ Während Kaiser Otto in der Lombardei
+gegen Berengar kämpft, versucht Papst Johann XII. sich der kaiserlichen
+Schutzherrschaft zu entziehen. Otto kehrt mit Heeresmacht nach Rom
+zurück (Nov. 963); der Papst entflieht und wird abgesetzt. Otto
+zieht wieder nach Oberitalien; Berengar unterwirft sich und wird als
+Gefangener nach Bayern gesandt, stirbt 966 in Bamberg. Inzwischen wird
+der von Otto eingesetzte Papst Leo VIII. aus Rom vertrieben; Otto zieht
+zum dritten Mal dorthin und sendet den Gegenpapst Benedikt V. als
+Gefangenen nach Hamburg.
+
+[965.]
+
+Rückkehr des Kaisers nach Deutschland. Fürstentag in +Ingelheim+; dann
+in +Köln+ Zusammenkunft mit seiner Schwester Gerberga, der Königin
+von Frankreich, und ihrem Sohne, König Lothar. Er begibt sich nach
++Sachsen+ und teilt nach dem Tode Geros dessen Gebiet in sechs Marken,
+die später in drei zusammengezogen werden: +Nordmark+ (Altmark) an der
+mittleren Elbe, +Ostmark+ (Lausitz) weiter südlich die Mark +Meißen+.
+Der Tod des Erzbischofs Brun veranlaßt den Kaiser 966 zu einem
+abermaligen Zuge nach +Köln+; er ordnet die Verhältnisse in Lothringen
+und hält dann einen Reichstag zu +Worms+.
+
+[966–972.]
+
+Dritter Zug nach Italien (über Chur und den Septimerpaß). Ottos Sohn,
+Otto II. (geb. 955), schon 961 als deutscher König gekrönt, empfängt
+in Rom die Kaiserkrone. Die Huldigung der Herzöge von Capua und
+Benevent (s. S. 152) gibt Anlaß zu Feldzügen nach +Apulien+ gegen die
+oströmische Herrschaft. 968 Synode zu Ravenna; dort wird die Gründung
+des Erzbistums +Magdeburg+ und der Bistümer Merseburg, Zeitz, Meißen
+beschlossen. Der Kaiser residiert längere Zeit in +Pavia+, schickt
+nach abermaligen Kämpfen in Apulien Gesandte nach Konstantinopel; 972
+wird in +Rom+ die Vermählung seines Sohnes Otto mit der oströmischen
+Prinzessin +Theophano+ gefeiert. Apulien und Calabrien, Neapel und
+Salerno bleiben unter oströmischer, Capua und Benevent unter deutscher
+Herrschaft.
+
+[972.]
+
+Rückkehr nach Deutschland; Synode in Ingelheim, Fürstentag in
+Frankfurt. Im März 973 ist der Kaiser in Magdeburg, dann in Quedlinburg
+und Merseburg; er stirbt am 7. Mai 973 in Memleben, wird im Dom zu
+Magdeburg neben seiner ersten Gemahlin Editha bestattet.
+
+~Verfassung des deutschen Reiches~: +Wahlkönigtum+; die Königsmacht
+beruht auf bedeutenden Reichsgütern in allen Teilen des Reiches,
+besonders in Franken und Sachsen, zu deren Verwaltung der König
++Pfalzgrafen+ ernennt. Keine feste Residenz; der König ordnet überall
+die wichtigen Angelegenheiten persönlich. Oberste Beamte sind die
++Herzöge+, dem Könige ebenso zur Lehnstreue verpflichtet wie die
+ihnen untergeordneten Grafen und kleineren Vasallen. Da diese jedoch
+starke partikularistische Gelüste zeigen, so sucht der Kaiser die
+Reichseinheit später auf die Kirche zu gründen. Er stützt sich auf die
+nur von ihm ernannten +Erzbischöfe+ und +Bischöfe+, welche bedeutende
+Reichslehen empfangen und nun einen neuen geistlichen Beamtenstand
+bilden, dessen Lehen nicht erblich sind. Diese vom Könige eingesetzten
+geistlichen Fürsten erweisen sich als bessere Stützen des Reiches,
+als die nach Erblichkeit der Lehen strebenden weltlichen Fürsten. Die
+Zahl der unabhängigen +Freien+ ist vermindert; der Heerbann tritt
+allmählich zurück gegen das +Lehnsaufgebot+. Die Städte sind noch
+unbedeutend. Das +Kaisertum+ gibt den deutschen Königen als obersten
+Herrschern über das römische Reich deutscher Nation Anspruch auf
+Oberhoheit über die benachbarten Länder und Schutzherrschaft über die
+Kirche.
+
+[~973–983.~]
+
+~Otto II.~ erhält die von seinem Vater begründete Kaisermacht
+aufrecht. 974 Zug gegen +Dänemark+ bis zum Danewerk, 976 Absetzung des
+aufständischen Herzogs Heinrich des Zänkers von +Bayern+. Bayern wird
+verkleinert durch Abtrennung des Herzogtums +Kärnten+ mit der Mark
+Verona, sowie durch Errichtung einer Mark im +Nordgau+, nördlich von
+Regensburg. Die früher schon errichtete Mark +Österreich +erhält der
+Babenberger (s.S. 157) Luitpold. Herzog Boleslav von +Böhmen+ huldigt
+978 zu Magdeburg.
+
+[978.]
+
+König Lothar von Frankreich überfällt den Kaiser in +Aachen+, versucht
+Lothringen zu erobern, verzichtet aber darauf, nachdem Otto mit
+Heeresmacht bis +Paris+ vorgedrungen ist.
+
+[980–983]
+
+Krieg in Italien. Der Kaiser dringt von Rom aus nach Unter-Italien
+vor, siegt 982 über die Griechen und Sarazenen am Kap Colonne, südlich
+von Cotrone (Kroton), muß aber nach einer vernichtenden Niederlage
+bei +Squillace+ an der +Küste von Calabrien+ umkehren. Reichstag zu
++Verona+. Ottos dreijähriger Sohn zum König gewählt.
+
+[983.]
+
+Aufstand der +Dänen+ und +Wenden+; Hamburg und die Bistümer Havelberg,
+Brandenburg, Zeitz zerstört. Otto II. stirbt in Rom 28 Jahre alt, wird
+in der Peterskirche begraben.
+
+[~983–1002.~]
+
+~Otto III.,~ beim Tode des Vaters 3 Jahre alt. Heinrichs des
+Zänkers Anspruch auf die Vormundschaft, ja sogar auf die Krone,
+wird zurückgewiesen, doch erhält er Bayern zurück. Ottos Mutter,
+die Griechin +Theophano+, herrscht in Deutschland, seine Großmutter
++Adelheid+ in Italien. Wachsende Selbständigkeit der Großen des
+Reiches, doch wird der Reichsfriede erhalten. Nach Theophanos Tode
+(991) führen Adelheid und der Erzbischof +Willigis+ von Mainz die
+Regierung, bis der junge Fürst 995 sie selbst übernimmt.
+
+[996.]
+
+Otto III. wird in Rom durch den von ihm eingesetzten deutschen Papst
++Gregor V.+ gekrönt, befreundet sich mit +Adalbert von Prag+ und
+Erzbischof +Gerbert+ von Reims, der bald nach Deutschland kommt und in
+Magdeburg Ottos Lehrer wird.
+
+[997.]
+
+Adalbert von den heidnischen +Preußen+ erschlagen.
+
+[998–999.]
+
+Ottos zweiter Zug nach Rom, Gerbert als Papst eingesetzt (Silvester
+II.); Ottos Plan, als Kaiser in +Rom+ seinen Wohnsitz zu nehmen und von
+hier aus die Christenheit als einen theokratischen Universalstaat zu
+beherrschen.
+
+[1000.]
+
+Ottos III. Wallfahrt zum Grabe des heiligen Adalbert in +Gnesen+, wo er
+in Gemeinschaft mit Herzog Boleslav von Polen ein Erzbistum errichtet:
+dann nach +Aachen+ zum Grabe Karls d. Gr. Von da reist er nach Rom.
+
+[1001.]
+
+Papst Silvester II. verleiht dem +Ungarn+fürsten +Stephan dem
+Heiligen+, der sein Volk zum Christentum bekehrt, die Königskrone
+(Stephanskrone). Otto III., durch Aufstand +aus Rom vertrieben+,
+begibt sich mit dem Papste nach Ravenna, versucht vergebens Rom
+wiederzuerobern.
+
+[1002.]
+
+Otto † in Paterno (am Fuße des Sorakte), in Aachen bestattet. Silvester
+kehrt nach Rom zurück.
+
+[~1002–1024.~]
+
+~Heinrich II.~ (der Heilige), Herzog von Bayern, Sohn Heinrichs des
+Zänkers und der Schwester König Rudolfs III. von Burgund, zu Mainz zum
+König erwählt und gekrönt, im Gegensatz zu Otto III. eine nüchterne,
+praktische Herrschernatur. Er stellt das erschütterte Ansehen der
+Kaisergewalt wieder her und behauptet das +deutsch-italische+ Reich.
+
+[1004.]
+
+Erster Zug nach Italien gegen +Arduin+ von Ivrea. Heinrich unterwirft
+Ober-Italien und wird in Pavia zum König von Italien gekrönt.
+
+[1004–1018.]
+
+Kriege gegen +Boleslav Chrobry (der Kühne)+ von ~Polen~, der Böhmen
+aufgeben muß, aber die Lausitz behält. Die +Wenden+ im Havellande
+bleiben unabhängig.
+
+[1007.]
+
+Gründung des Bistums +Bamberg+. Förderung der von dem französischen
+Kloster +Cluny+ ausgehenden, auf strengste mönchische Zucht und eine
+Erneuerung und Vertiefung des religiösen Lebens gerichteten Reform
+des Mönchtums. Die Bischöfe dienen, wie unter Otto I., der geordneten
+Reichsverwaltung.
+
+[1014.]
+
+Zweiter Zug nach Italien, Heinrich in Rom zum +Kaiser+ gekrönt. Arduin
+gibt den Widerstand auf († 1015).
+
+[1016–1018.]
+
+Kämpfe und Verhandlungen Heinrichs, um sein Erbrecht auf +Burgund+ zur
+Anerkennung zu bringen.
+
+[1022.]
+
+Dritter Zug nach Italien. Heinrich unterwirft +Benevent, Capua,
+Salerno+, wird beim Kampfe gegen die Griechen in Apulien von den nach
+einem Zuge nach Jerusalem dort unlängst eingewanderten +Normannen+
+unterstützt.
+
+[1023.]
+
+Fürstentag zu +Aachen+, dann Zusammenkunft mit König Robert von
++Frankreich+ zu Ivois am Chiers (Nebenfluß der Maas, südöstlich von
+Sedan).
+
+[1024.]
+
+Tod des Kaisers in der Pfalz zu +Grona+ (bei Göttingen). Sein Grab im
+Dom zu Bamberg.
+
+ ~1024–1125 Fränkische oder salische Kaiser.~
+
+ Otto der Grosse †973
+ |
+ Konrad der Rote †955. Luitgard.
+ |______________________________|
+ |
+ ~Konrad II.~ †1039.
+ Gem. Gisela.
+ |
+ ~Heinrich III.~ †1056.
+ Gem. Agnes von Poitou.
+ |
+ ~Heinrich IV.~ †1106.
+ _______________________|___________________________
+ Konrad ~Heinrich V.~ †1125. Agnes, Gem.
+ †1101. Friedrich von Büren,
+ Herzog von Schwaben.
+
+Königswahl durch die Fürsten +aller+ Stämme auf der Rheinebene zwischen
+Mainz und Worms (bei Kamba). Die Wahl richtet sich auf die beiden
++Konrade+, Brudersöhne, Urenkel Konrads des Roten (S. 159); nach kurzem
+Schwanken wird der ältere erwählt.
+
+[~1024–1039.~]
+
+~Konrad II.~ unternimmt nach der Krönung zu Mainz einen Umritt durch
+das Reich (Aachen, Nimwegen, Dortmund, Hildesheim, Goslar, Magdeburg,
+Augsburg, Konstanz, Basel, Straßburg, Worms), hält dann einen
+Fürstentag in Tribur.
+
+[1026.]
+
+Zug nach +Italien+, Krönung zum lombardischen König, Kaiserkrönung
+zu Rom 1027 in Gegenwart +Knuds des Großen,+ Königs von England und
+Dänemark, und +Rudolfs III.+ von Burgund. In Apulien huldigen ihm die
+Fürsten von Benevent, Capua, Salerno. Rückkehr über Ravenna und Verona.
+Unterdessen Fürstenerhebung in Deutschland. In Ulm unterwirft sich
+ihm sein Stiefsohn +Ernst, Herzog von Schwaben,+ welcher Ansprüche
+auf Burgund erhoben hatte, weil seine Mutter Gisela eine Nichte des
+kinderlosen Königs Rudolf III. war. Er kommt in Haft nach der Burg
+Giebichenstein bei Halle, wird nach einiger Zeit begnadigt, dann aber
+geächtet, weil er sich weigert, seinen Freund Werner von Kiburg zu
+bekämpfen; beide fallen 1030 in einem Gefecht im Schwarzwald.
+
+[1030.]
+
+Einfall der +Polen+ unter Herzog Miesco; sie verwüsten das Land
+zwischen Elbe und Saale, werden von dem Grafen Dietrich von Wettin
+vertrieben. Der Kaiser unternimmt zunächst einen Zug nach +Ungarn+, um
+die bayrischen Marken gegen Einfalle zu sichern, zieht dann 1031 nach
++Polen.+ Miesco muß die Lausitz zurückgeben, huldigt dem Kaiser 1033 zu
+Merseburg.
+
+[1033]
+
+~Burgund mit dem deutschen Reiche vereinigt.~ Konrad gewinnt das
++arelatische+ Königreich (S. 158) nach dem Tode Rudolfs III. durch drei
+Feldzüge gegen den Grafen +Odo+ von Champagne, Neffen Rudolfs III,
+nach Abschluß eines Bündnisses mit König Heinrich I. von Frankreich. In
++Zürich+ und +Genf+ huldigen ihm die burgundischen Großen.
+
+[Sidenote:1035]
+
+Konrad verlobt zu Bamberg seinen Sohn +Heinrich+, Herzog von Bayern
+(später auch von Schwaben) mit der Tochter Knuds von +Dänemark+ und
+überläßt diesem die Mark +Schleswig+; die Eider wieder Reichsgrenze.
+
+[1037–1038.]
+
+Zweiter Zug nach Italien. Die +Erblichkeit+ der kleineren +Lehen+ wird
+für Italien durch Gesetz festgestellt. Der Normanne +Rainulf+ wird mit
+der Grafschaft +Aversa+ in Campanien belehnt.
+
+[1039.]
+
+Konrad † in Utrecht, begraben in dem von ihm gegründeten Dom zu
++Speier+. Er war einer der bedeutendsten Herrscher des Mittelalters,
+reich an Erfolgen. Gegen die großen Vasallen suchte er ein Gegengewicht
+in den Inhabern der kleinen Lehen, für deren Erblichkeit er eintrat.
+Von den neu ernannten Kirchenfürsten verlangte er eine Abgabe. Ihm
+folgt sein schon als Knabe in Aachen zum König gekrönter Sohn
+
+[~1039–1056.~]
+
+~Heinrich III.~ Hohe Machtstellung des Kaisertums. König Heinrich
+ist beim Beginn seiner Regierung Herzog von +Bayern, Schwaben+ und
++Franken+, setzt aber später in Bayern und Schwaben wieder andere
+Herzöge ein. In +Sachsen+ ist die Kaiserpfalz zu +Goslar+ oft sein
+Wohnsitz.
+
+[1041.]
+
+Unterwerfung des Herzogs Bretislav von ~Böhmen.~
+
+[1042.]
+
+Zug nach +Burgund+, Herstellung des Landfriedens daselbst im Anschluß
+an die in Frankreich verkündete +Treuga Dei+ (s. S. 169).
+
+[1042–1044.]
+
+In ~Ungarn~ wird König Peter, von Heinrich durch drei Feldzüge wieder
+eingesetzt, ein Vasall des Reiches. Vergrößerung der bayrischen
+Ostmark bis zur +Leitha+. Die Lehnshoheit über Ungarn wird nicht lange
+behauptet.
+
+[1046.]
+
+Zug nach +Italien+. Heinrich läßt durch die Synode zu +Sutri+ drei
+gleichzeitige, der Simonie (Verkauf geistlicher Ämter) schuldige Päpste
+absetzen, ernennt einen Deutschen (Clemens II.), der ihn zum Kaiser
+krönt, und weiterhin noch +drei+ deutsche Päpste, belehnt +Drogo+, Sohn
+des Normannen +Tankred von Hauteville,+ mit ~Apulien.~
+
+[1048.]
+
++Oberlothringen+ wird nach Absetzung des Herzogs Gottfried an
+den elsässischen Grafen +Gerhard,+ Stammvater des lothringischen
+Herzogshauses, gegeben.
+
+[1055.]
+
+Zweiter Zug nach Italien; die Markgräfin +Beatrix von Tuscien+, mit
+welcher sich Gottfried vermählt hat, um in Italien neue Macht zu
+gewinnen, muß dem Kaiser nach Deutschland folgen. Unterdrückung einer
+Fürstenverschwörung; Gottfried unterwirft sich dem Kaiser.
+
+[1056.]
+
+Sieg der Wenden über ein sächsisches Heer bei +Pritzlava+ an der
+Havelmündung. Heinrich, erst 39 Jahre alt, auf der Burg +Bodfeld+ im
+Harz. Ihm folgt sein 6jähriger, bereits 1054 zu Aachen gekrönter Sohn.
+
+[~1056–1106.~]
+
+~Heinrich IV.~ Seine Mutter +Agnes+ von Poitou, Reichsverweserin, gibt
+Schwaben an ihren Schwiegersohn +Rudolf von Rheinfelden+, Kärnten an
++Berthold von Zähringen+, Bayern an den sächsischen Grafen +Otto von
+Nordheim.+ Die Macht der Fürsten erhebt sich bald gegen das Kaisertum.
+
+[1062.]
+
+Entführung des jungen Königs von +Kaiserswert+ nach +Köln+ durch
+Erzbischof +Anno+ von Köln, der die Erziehung des Königs übernimmt,
+aber bald seinen Einfluß mit Erzbischof +Adalbert+ von Bremen teilen
+muß. König Heinrich, 1065 mündig erklärt, entfernt auf Verlangen der
+Fürsten Adalbert aus seiner Umgebung, richtet alsbald seinen Unwillen
+gegen die sächsischen Großen.
+
+[1070.]
+
++Otto von Nordheim,+ eines Mordanschlags auf den König angeklagt,
+verliert das Herzogtum Bayern; es kommt an seinen Schwiegersohn +Welf+,
+den Sohn des Markgrafen Azzo von Este und der letzten Welfin, der nach
+dem Aussterben des Mannsstammes eine neue Linie des +Welfenhauses+ (S.
+154) begründet. +Magnus+, Sohn des Sachsenherzogs Ordulf, wird als
+Bundesgenosse Ottos in Haft gehalten.
+
+[1073.]
+
++Aufstand der Sachsen+ gegen die von Heinrich in ihrem Lande angelegten
++Burgen+; Flucht Heinrichs von der +Harzburg+, demütigender Friede zu
+Gerstungen, Zerstörung der Harzburg. Heinrich findet Hilfe bei den
+Bürgern von +Worms+ und mehreren Fürsten, besiegt die Sachsen an der
++Unstrut+ 1075. Bald aber gerät er in Streit mit
+
+[1073–1085.]
+
+~Papst Gregor VII.~ (Hildebrand), aus einer Bauernfamilie in
+Toskana stammend, aufgewachsen in Rom unter dem Einfluß der von dem
+französischen Kloster +Cluny+ (westlich der Saône, unweit Mâcon)
+ausgehenden streng kirchlichen Richtung. Er hatte als Archidiakonus und
+Kanzler unter +fünf+ Päpsten die weltlichen Geschäfte des römischen
+Stuhles geleitet. Unter seinem Einfluß erließ 1059 Nikolaus II. das
+Dekret über die Papstwahl durch die +Kardinäle+.
+
+Gregors Ziel ist die von allen Cluniazensern angestrebte ~Erhebung
+der Kirche über die Staaten~, des ~Papsttums~ über das ~Kaisertum.~
+Er gebietet strenge Durchführung des +Cölibats+ (Ehelosigkeit) der
+Geistlichen, verbietet die von Heinrich ebenso wie von Konrad II.
+geübte +Simonie+ (Geldzahlung für den Empfang eines geistlichen Amtes.
+Apostelgesch. 8, 18) und die +Laieninvestitur+ (kein Bischof oder Abt
+soll die Belehnung mit +Ring+ und +Stab+ aus Laienhand empfangen).
+
+[1076.]
+
+Heinrich läßt den Papst durch eine Synode deutscher Bischöfe in +Worms+
+für abgesetzt erklären; darauf spricht Gregor gegen ihn den +Bann+ aus.
+Ein Fürstentag zu +Tribur+ erklärt den König für abgesetzt, wenn er
+nicht binnen Jahresfrist sich vom Banne löse.
+
+[1077. Januar.]
+
+~Heinrich büßt~ vor dem Papst ~in Canossa~, einem Schlosse bei Reggio
+nell’ Emilia, der Markgräfin ~Mathilde~ von Tuscien, Tochter der
+Beatrix, gehörig (S. 165). Der Papst löst ihn vom Banne unter der
+Bedingung, daß er in seinem Streit mit den Fürsten die Entscheidung des
+Papstes anerkenne. Heinrich bleibt in Oberitalien, verhindert die Reise
+des Papstes nach Deutschland. Die Fürsten wählen +Rudolf von Schwaben+
+zum deutschen König.
+
+[1077–1080.]
+
+Krieg in Deutschland zwischen Heinrich IV. und seinem Schwager Rudolf,
+letzterer wird in der Schlacht an der +Elster+ 1080 tödlich verwundet;
+sein Herzogtum +Schwaben+ hat +Friedrich von Hohenstaufen+, Heinrichs
+Schwiegersohn, bereits 1079 erhalten.
+
+[1081.]
+
+Heinrich, zum +zweiten Mal+ gebannt, zieht nach Italien, erobert Rom
+1084, wird durch den von ihm erhobenen Gegenpapst Clemens III. zum
+Kaiser gekrönt. Gregor in der Engelsburg belagert, durch die ihm treu
+ergebenen Normannen unter +Robert Guiscard+ befreit, stirbt 1085 in
+Salerno. Seine letzten Worte »+Dilexi iustitiam et odi iniquitatem,
+propterea morior in exilio+«.
+
+Deutschland durch Bürgerkrieg zerrüttet. Kaiser Heinrich erobert 1084
+Augsburg, zieht dann nach Metz, läßt 1085 durch eine Synode zu +Mainz+
+den Gottesfrieden für das ganze Reich verkünden. In +Sachsen+ bekämpft
+er den Gegenkönig +Hermann von Salm+, welcher 1088 abdankt; die Sachsen
+unterwerfen sich nach Anerkennung ihrer alten Rechte.
+
+[1090–1097.]
+
+Heinrich kämpft in Italien gegen die Markgräfin +Mathilde+ und Papst
+Urban II. Abfall seines Sohnes Konrad († 1101). In Deutschland ist
+Herzog +Welf+ von Bayern Führer der päpstlichen Partei. Der Kaiser
+verweilt fast machtlos in Italien, während Urban II. als Gebieter der
+ganzen Christenheit auftritt und das große Unternehmen des ersten
+Kreuzzuges (S. 173) ins Werk setzt. Nach Aussöhnung mit Herzog +Welf+
+kehrt der Kaiser nach Deutschland zurück, stellt den Landfrieden zum
+Schutze der Bürger und Bauern wieder her und besetzt die Bistümer nach
+seinem Ermessen. Aber die Bischöfe fast immer auf der Seite seiner
+Gegner.
+
+[1104.]
+
+Empörung seines zweiten Sohnes Heinrich, der ihn in der Burg
++Böckelheim+ (an der Nahe) gefangen setzt und zur Verlesung eines
+Sündenbekenntnisses und Abdankung zwingt (Fürstentag zu +Ingelheim+).
+Der Kaiser entflieht nach +Lüttich+, wo er 1106 stirbt, während das
+deutsche Bürgertum für ihn zum Kriege rüstet; die Leiche erst 1111 vom
+Bann gelöst und im Dom zu +Speier+ beigesetzt.
+
+[~1106–1125.~]
+
+~Heinrich V.~, durch die päpstliche Partei zum Thron gelangt, aber
+entschlossen, sein Herrscherrecht zu behaupten. Nachdem er die
+Grenzländer des Reiches im Westen und Osten (Lothringen und Böhmen)
+durch Feldzüge gesichert hat, zieht er nach Rom, nimmt den Papst
+Paschālis II. gefangen, erzwingt die Kaiserkrönung und das Recht der
++Investitur+ (1111). Sobald aber der Kaiser Italien verlassen hat,
+erklärt ein zu Rom im Lateran versammeltes Konzil den Vertrag für
+erzwungen und nichtig; ein zweites Konzil zu +Vienne+ spricht den Bann
+über Heinrich aus.
+
+Neuer Aufstand der +Sachsen+ unter ihrem Herzog +Lothar+ von
+Supplinburg, der die Billunger (S. 159) beerbt hatte; die Erzbischöfe
+von Mainz und Köln u. a. Fürsten schließen sich an. Sieg der Sachsen
+am +Welfesholze+ bei Mansfeld 1115. +Friedrich+ und +Konrad+ von
++Staufen+ verteidigen die Sache des Kaisers, während dieser zum zweiten
+Mal nach Italien zieht, dort die der Kirche vererbten Mathildischen
+Güter in Besitz nimmt und einen Gegenpapst aufstellt (1118). Der
+~Investiturstreit~ wird nach langen Verhandlungen mit dem Papste
++Calixtus II.+ beendigt durch das
+
+[~1122.~]
+
+~Wormser Konkordat~: Kirchliche Wahl der Bischöfe und Äbte für
+Deutschland in Gegenwart des Kaisers oder seiner Abgesandten,
++kaiserliche+ Belehnung +vor+ der Weihe, aber +nicht+ mit Ring und
+Stab, sondern mit dem +Scepter+; für Italien und Burgund die gleiche
+Belehnung erst +nach+ erfolgter Wahl und Weihe. Die geistlichen Fürsten
+bleiben Lehnsträger des Reiches; sie erscheinen auch fernerhin vielfach
+als treue Stützen der kaiserlichen Macht.
+
+Die +Verbindung Deutschlands mit Italien+, trotz der vielfachen Kämpfe
+segensreich für beide Länder, aber in Italien mehr und mehr als
+Fremdherrschaft empfunden, dauert fort. Handel und Gewerbe entfalten
+sich in den aufblühenden Städten, z. B. Worms, Köln, Augsburg u. a. m.
+(S. 190). Kunst und Wissenschaft, von der Kirche gefördert, tragen in
+Deutschland noch römisches Gepräge, entwickeln sich aber selbständig.
++Romanischer Baustil+: Dome zu Mainz und Speier, Kaiserpfalz zu Goslar.
+Der kunstsinnige Bischof Bernward von Hildesheim († 1022). Dichtung und
+Geschichtschreibung in lateinischer Sprache: das Waltharilied, Roswitha
+von Gandersheim, Widukind von Corvey, Lambert von Hersfeld u. a. Die
+Volkssprache wird erst allmählich zur Schriftsprache.
+
+
+§ 2. Frankreich.
+
+[~843–987.~]
+
+~Karolinger~ in Frankreich.
+
++Karl der Kahle+ behauptet sich mit Mühe gegen die aufständischen
+Großen, erlangt 875 in Italien den Kaisertitel, † 877. Sein Enkel
++Ludwig III.+ besiegt 881 die +Normannen+ bei Saulcourt (Ludwigslied
+in deutscher Sprache). +Karl der Dicke+ machtlos gegen sie; nach
+seiner Absetzung (S. 157) wird Graf +Odo+ von Paris, der sich bei
+der Verteidigung von Paris gegen die Normannen tapfer gezeigt hat,
+zum König erwählt, † 898. Eine Gegenpartei erwählt 893 +Karl den
+Einfältigen+, Bruder Ludwigs III., der nach Odos Tode allgemein
+anerkannt wird. Durch ihn erhalten normannische Scharen, die bereit
+sind, das Christentum anzunehmen, 912 feste Wohnsitze in dem oft von
+ihnen heimgesuchten Küstenlande. +Rolf+, getauft +Robert+, erster
+Herzog der +Normandie+, herrscht als Vasall des französischen Königs
+auch über die +Bretagne+.
+
+Häufige Empörungen gegen das schwache Königtum; Karls Sohn +Ludwig IV.+
+(d’Outre-mer genannt, weil er nach England geflüchtet war) wird von
+Herzog +Hugo von Francien+, dem Neffen Odos, bedrängt, von Otto I. von
+Deutschland unterstützt (S. 159). Letzte Karolinger: +Lothar+ († 986).
++Ludwig V.+ (Fainéant) † 987.
+
+[~987–1328.~]
+
+~Capetinger.~
+
+~Hugo Capet~, Sohn Hugos von Francien, von den Großen erwählt, dann
+in +Reims+ gekrönt, bringt das Königtum wieder zu Ansehen. Er hat
+den Vasallen gegenüber noch keine bedeutende Macht, hält aber die
+Lehnshoheit fest. Seine Nachfolger +Robert+, +Heinrich I.+, +Philipp
+I.+, († 1108) wissen die Erblichkeit des Königtums zu wahren. Heinrich
+I. gibt das +Herzogtum Burgund+ (Hauptstadt Dijon, zu unterscheiden
+von dem mit Deutschland vereinigten Königreich Burgund, S. 164) seinem
+jüngeren Bruder Robert als Lehen. Zur Sicherung des Landfriedens
+verkündet der Klerus (zuerst 1040 in Aquitanien) die ~Treuga Dei~, den
+Gottesfrieden, einen von der Kirche gebotenen Stillstand aller Fehden
+während der kirchlichen Festzeiten und der zweiten Hälfte jeder Woche
+(von Mittwoch Abend bis Montag früh).
+
+
+§ 3. England und der Norden.
+
+[~827–1066.~]
+
+England unter ~sächsischen Königen.~
+
+[827.]
+
++Egbert+ von +Wessex+ vereinigt die sieben Reiche (S. 142) als erster
+König von ~England~. Einfälle und Ansiedlungen der heidnischen
++Normannen+ (+Dänen+). Sein Enkel
+
+[871–901.]
+
+~Alfred der Große~ bekämpft glücklich die Dänen und stellt die alte
++Grafschafts+verfassung wieder her; das Grafschaftsgericht unter
+Leitung des vom König ernannten +Ealdorman+, dessen Stellvertreter der
++shirgerefa+ (sherif). Blüte des Reiches noch unter seinem Sohne und
+seinem Enkel, dann Verfall und neue Bedrängnis durch die Dänen.
+
+[1002.]
+
+~Ermordung der Dänen~ auf englischem Boden an +einem+ Tage (dänische
+Vesper), auf Befehl König +Ethelreds II.+ Infolge davon neue Rachezüge
+der Dänen nach England und endlich
+
+[1016–1042.]
+
+~dänische Herrschaft~ über England unter ~Knud dem Grossen~ (S. 164),
+der als Sieger Milde übt und in Dänemark das Christentum zum Siege
+bringt († 1035), und unter seinen Söhnen +Harald I.+ und +Hardiknud+.
+
+[1042–1066.]
+
+Das Regiment der angelsächsischen Könige wiederhergestellt. ~Eduard
+der Bekenner~, Sohn +Ethelreds+, aus der Normandie zurückgekehrt,
+begünstigt die Normannen an seinem Hofe, die aber von seinem
+Schwiegervater +Godwin+ vertrieben werden. Sein Feldherr Siward besiegt
++Macbeth+, der sich in +Schottland+ nach der Ermordung des Königs
++Duncan+ des Thrones bemächtigt hat (1054). Duncans Sohn Malcolm nimmt
+Schottland von Eduard zu Lehen. Nach Eduards Tode wird +Harald II.+,
+Godwins Sohn, zum König ausgerufen, verliert aber Thron und Leben in der
+
+[1066.]
+
+~Schlacht bei Hastings~ (spr. Hēstings) gegen ~Wilhelm den Eroberer~,
+Herzog von der ~Normandie~, der sich in Westminster zum König von
+England krönen läßt. König Malcolm von Schottland schließt mit ihm
+Vertrag.
+
++Dänemark+, +Norwegen+, +Schweden+ bestehen seit Anfang des 11.
+Jahrhunderts als christliche Königreiche (Olaf der Heilige in Norwegen
+† 1030) nebeneinander, noch oft von wildem Streit erfüllt. Am meisten
+kommt +Dänemark+ empor unter dem Neffen Knuds d. Gr. +Svend Estridson+
+(† 1076) und dessen Söhnen.
+
+~Fernere Staatengründungen der Normannen~:
+
+1. Schwedische +Waräger+ fahren über die Ostsee; ihr Fürst +Rurik+
+gründet 862 durch Vereinigung slavischer Stämme das ~russische Reich~
+(Hauptstadt +Nowgorod+, dann +Kiew+). Rußland entwickelt sich unter
+den +Ruriks+ (862–1598) als +slavischer+ Staat im Anschluß an das
+oströmische Reich. Großfürst +Wladimir+ der Große, vermählt mit der
+Tochter eines oströmischen Kaisers, führt 988 das Christentum nach
+griechischer Lehre ein.
+
+2. Norwegische +Wikinger+ kommen um 860 nach Island, 983 nach Grönland
+(Erich der Rote), um 1000 nach der Küste Nordamerikas (Vinland).
+Diese Niederlassungen von den Eskimos zerstört. Bestand hat dagegen
+der Freistaat auf der Insel ~Island~. Hier werden um 1100, als das
+Christentum bereits eingeführt ist, die nordischen Götter- und
+Heldensagen in der poetischen oder Lieder-+Edda+ aufgezeichnet (ergänzt
+durch die jüngere prosaische Edda von dem Isländer Snorri Sturluson um
+1230). Island wird 1262 mit Norwegen vereinigt.
+
+3. Der Normannenstaat in ~Unteritalien~, um 1020 von christlichen
+Normannen aus der Normandie gegründet (vgl. S. 163), nimmt italienische
+und arabische Kultur an. Bald treten sie in enge Beziehungen zum Papst.
+Von Robert Guiskard (S. 167) wird das ganze unteritalische Festland,
+von seinem Bruder Roger Sicilien den Sarazenen entrissen. Herzog
++Roger+ wird 1130 vom Papste in Palermo als +König von Neapel+ und
++Sicilien+ gekrönt.
+
+
+§ 4. Die Pyrenäische Halbinsel.
+
+[~955–1031.~]
+
+~Kalifat von Cordŏva~, gegründet von dem Omaijaden +Abdurrahman+ (s. S.
+150). Glänzendste Zeit im 10. Jahrh. (Abdurrahman III, Hakem II., der
+Feldherr +Almansur+). Das volkreiche +Cordŏva+ Sitz der Wissenschaften
+und Künste.
+
+[1031.]
+
+Auflösung des Kalifats von Cordŏva in eine Menge kleiner Herrschaften.
+Die +Morabethen+ aus Mauretanien zu Hilfe gerufen, stellen sich mit
+Erfolg dem Andrängen der Christen entgegen (1086 Schlacht bei +Salaka+
+unweit Badajoz) und reißen dann die Herrschaft des mohammedanischen
+Spaniens an sich.
+
+~Christliche Reiche~: +Asturien+, seit Alfons III. († 910) bis zum
+Duero reichend, nach der neuen Residenz auch Königreich Leon genannt,
+mit dem Grenzgebiet +Kastilien+, das seinen Namen von den gegen die
+Araber errichteten Kastellen hat. ~Navarra~, ursprünglich fränkische
+Grafschaft, seit 905 Königreich, erweitert durch Eroberung der
+Landschaft +Aragon+ am oberen Ebro. ~Barcelona~, ebenfalls fränkische
+Grafschaft (S. 152), seit etwa 900 unabhängig unter einer erblichen
+Dynastie.
+
+[1035.]
+
++Sancho III.+, der Große, König von +Navarra+, auch über +Kastilien+
+herrschend, teilt sein Reich unter seine Söhne. Der zweite, welcher
+Kastilien erhält, gewinnt bald auch Leon hinzu; der dritte erhält
+Aragon als Königreich. Daher fortan die drei Königreiche ~Navarra~,
+~Kastilien~, ~Aragon~, daneben die Markgrafschaft ~Barcelona~
+(Katalonien).
+
+König +Alfons VI.+ von +Kastilien+, Enkel Sanchos d. Gr., erobert 1085
++Toledo+; der kastilische Ritter +Rodrigo Diaz+, von den Arabern ~Cid~,
+d. h. Herr, genannt, erobert 1094 +Valencia+, doch fällt es nach seinem
+Tode wieder in die Hände der Araber.
+
+
+§ 5. Der Osten.
+
+[~867–1057.~]
+
+Das ~oströmische Reich~ unter der ~makedonischen Dynastie.~
+
++Basilius I.+ (867–886), durch Ermordung seines Vorgängers Michael
+III. auf den Thron gelangt, regiert kraftvoll, wehrt die Araber in
+Kleinasien und zur See ab, mildert den Steuerdruck, verbessert die
+Rechtspflege. Seine beiden Nachfolger +Leo VI.+ und +Konstantin VII.
+Porphyrogennetos+ Beschützer der Wissenschaften. +Nikëphoros II.+
+(963–969) kämpft glücklich gegen Araber und +Bulgaren+; +Basilius II.+
+(976–1025) unterwirft die Bulgaren in blutigen Kämpfen.
+
+[1043.]
+
+Die ~Serben~, ein im 7. Jahrhundert eingewandertes slavisches Volk,
+machen sich unabhängig von Ostrom; Königreich +Serbien+ bis 1458.
+
+[~1057–1204.~]
+
+Haus der ~Komnenen~.
+
++Alexius I.+ (1081–1118) tritt dem von der Donau her vordringenden
+türkischen Stamme der +Petschenegen+ erfolgreich entgegen. Den
++Seldschuken+ (s. u.) kann Kleinasien nicht wieder entrissen werden.
+
+Das ~Kalifat von Bagdad~ gerät seit 861 durch Emporkommen von
+Teilfürsten in Verfall. Die +Abbassiden+ werden von den Anführern ihrer
+türkischen Leibwache abhängig.
+
+[935.]
+
+Die aus Persien stammenden +Bujiden+ reißen die Würde des +Emir
+al Omra+ (Fürst der Fürsten) an sich; der Kalif bleibt nur noch
+geistliches Oberhaupt
+
+[969.]
+
++Ägypten+ sondert sich ab als eigenes Kalifat unter den +Fatimiden+
+(Schiiten, vergl. S. 149). Kairo glänzende Hauptstadt, Syrien bald
+hinzuerobert.
+
+[998–1030.]
+
+Sultan +Mahmud+, Herrscher des +Gasnaviden+reichs, gewinnt die früher
+von den +Samaniden+ (unter Oberhoheit der Kalifen) beherrschten Gebiete
+um Buchara und Samarkand, dringt erobernd nach +Indien+ vor. An seinem
+Hofe zu Gasna (in Afghanistan) der persische Dichter +Firdusi+ und der
+arabische Philosoph +Ibn Sina+ (Avicenna), Erklärer des Aristoteles.
+
+[1058.]
+
++Togrulbeg+, Sultan der +seldschukischen+, aus der Bucharei stammenden
++Türken+, befreit den Kalifen von der Übermacht der Bujiden. Er
+vererbt die Würde des Emir al Omra auf seinen Neffen +Alp Arslan+ und
+dessen Sohn +Malekschah+; dieser stellt die Einheit des Kalifenreiches
+wieder her, entreißt den Fatimiden Syrien, den Gasnaviden Buchara und
+Samarkand, residiert zu Ispahan.
+
+[1092.]
+
+Nach Malekschahs Tode +Teilung der Seldschukenherrschaft+; besondere
+Sultanate in Iran, Karman (östliches Persien), Aleppo, Damaskus,
+Iconium. Trotzdem wird der Bestand des Kalifats durch die nun folgenden
+Angriffe der Christen nicht wesentlich erschüttert.
+
++Bagdad+ bleibt glänzender Herrschersitz bis zum Eindringen der
+Mongolen (S. 195).
+
+
+
+
+~C. Das Zeitalter der Kreuzzüge. (1096–1270).~
+
+
+§ 1. Die Kreuzzüge.
+
+~Veranlassung~: Die Wallfahrten der Christen nach dem +heiligen Grabe+
+(die Kirche über demselben erbaut von +Helĕna+, der Mutter Konstantins
+d. Gr.) werden gestört, seitdem die +Fatimiden+, und mehr noch seitdem
+die +Seldschuken+ über Palästina herrschen. Mißhandlungen der Pilger,
+Hilferufe des bedrängten byzantinischen Reiches; das neu erstarkte
+Papsttum schenkt ihnen Gehör und ruft mit Benutzung der asketisch
+angeregten und zugleich kriegerischen Stimmung im Abendlande eine
+großartige Völkerbewegung hervor.
+
+[1095.]
+
+Papst +Urban II.+ ruft auf den Kirchenversammlungen zu +Piacenza+
+und zu +Clermont+ in der Auvergne die Gläubigen zum Kreuzzug auf;
+allgemeine Begeisterung. (+Gott will es!+). Der Eremit +Peter von
+Amiens+ predigt in Frankreich mit großem Erfolge das Kreuz. Die von
+ihm und dem Ritter +Walter Senzaveir+ (Habenichts) geführten Scharen
+gelangen unter großen Verlusten nach Kleinasien und werden dort im
+Kampfe aufgerieben, andere gehen schon in Ungarn und Bulgarien zugrunde.
+
+[~1096–1099.~]
+
+~Erster Kreuzzug.~ Königreich Jerusalem. Anführende Fürsten: +Gottfried
+von Bouillon+, Herzog von Nieder-Lothringen; seine Brüder +Balduin+
+und +Eustachius+; +Robert+, Herzog der Normandie, Sohn Wilhelms des
+Eroberers; +Robert+ von Flandern; +Stephan+ von Blois; +Raimund+,
+Graf von Toulouse; +Hugo von Vermandois+, Bruder Philipps I., Königs
+von Frankreich; +Boëmund+ von Tarent, Sohn Robert Guiscards; sein
+Neffe +Tankred+. Sie führen über 200000 Krieger, meist Franzosen und
+Normannen, nach dem Orient. Der Bischof +Adhemar von Puy+, der in
+Clermont zuerst sich das Kreuz anheftete, nimmt als päpstlicher Legat
+am Zuge Teil († 1098).
+
+Die Fürsten ziehen auf verschiedenen Wegen (Gottfried von Bouillon die
+Donau abwärts, Raimund von Toulouse durch Oberitalien und Dalmatien,
+die Nordfranzosen und Normannen von Apulien aus zur See) nach
+Konstantinopel; sie leisten mit Ausnahme Raimunds dem Kaiser +Alexius
+Komnenus+ den Lehnseid für die zu erobernden Länder und werden auf
+griechischen Schiffen übergesetzt.
+
+[1097.]
+
++Nicäa,+ von den Kreuzfahrern belagert, ergibt sich dem griechischen
+Kaiser. Sieg der Kreuzfahrer bei +Doryläum+ über den Sultan von
++Iconium. Balduin+ trennt sich vom Hauptheere, zieht über den Euphrat
+und erwirbt sich die Herrschaft in +Edessa.+
+
+[1097–1098. Okt. Juni.]
+
+Das Hauptheer belagert lange vergeblich Antiochīa am Orontes, endlich
+verrät ein armenischer Renegat die Stadt an +Boemund+ von Tarent.
+
+[1098.]
+
++Kerboga,+ Emir von Mosul, rückt mit einem ungeheuren Heere heran
+und belagert in Antiochīa die durch Krankheit und Mangel erschöpften
+Kreuzfahrer. Siegreicher Ausfall der Christen (die heilige Lanze!), das
+Heer der Seldschuken wird in die Flucht geschlagen und zerstreut. Lange
+Rast und Streitigkeiten der Kreuzfahrer in Antiochīa.
+
+[~1099.~]
+
+Zug an der Küste entlang nach Jerusalem. Am 7. Juni erblicken die
+Kreuzfahrer (nur noch 21500 kampffähige Krieger) die heilige Stadt,
+welche im J. 1098 den Seldschuken durch die +Fatimiden+ wieder
+entrissen worden war. Nach fünfwöchiger Belagerung.
+
+[15. Juli.]
+
+~Erstürmung Jerusalems.~ Furchtbares Blutbad, Wallfahrt nach der Kirche
+des heiligen Grabes.
+
+Das +christliche Königreich Jerusalem+ wird als Lehnsstaat nach
+französischem Vorbild eingerichtet; kleinere Lehnsstaaten: das
+Fürstentum +Antiochīa,+ die Grafschaften +Edessa+ und +Tripolis.+
+Sammlung der Gesetze in den +Assises du royaume de Jérusalem.+ Zwei
+Patriarchen, in +Jerusalem+ und in +Antiochīa.+
+
+Gottfried von Bouillon, +Beschützer des heiligen Grabes.+ Er besiegt
+den Sultan von Ägypten bei +Askalon+ 1099; † 1100. Sein Bruder +Balduin
+I.+ nimmt den +Königs+titel an. Akkon, Tripolis, Beirut, Sidon mit
+Hilfe der Pisaner und Genuesen erobert, etwas später +Tyrus+ mit Hilfe
+der Venetianer.
+
+Auf Balduin I. († 1118) folgen +Balduin II.+ († 1131), +Fulco+
+von Anjou († 1143), unter dem das Königreich Jerusalem die größte
+Ausdehnung gewinnt, +Balduin III.+ († 1162), +Amalrich+ († 1173),
++Balduin IV.+ († 1184), +Balduin V.+ (unmündig, † 1186), +Guido+ von
+Lusignan († 1195) s. S. 175.
+
+[~1147–1149.~]
+
+~Zweiter Kreuzzug.~ Ohne Erfolg. ~Veranlassung~: Eroberung +Edessas+
+durch +Imadeddin Zenki,+ Emir von Mosul (1144), und nochmals durch
+dessen Sohn +Nureddin+ (1146). Abt +Bernhard+ von Clairvaux predigt das
+Kreuz.
+
++Konrad III.+ von Deutschland und +Ludwig VII.+ von Frankreich brechen,
+jener von +Regensburg,+ dieser etwas später von Metz aus, nach
+Palästina auf. Sie ziehen nacheinander durch Ungarn nach Kleinasien.
+Das +deutsche+ Heer dringt bis Doryläum vor, erleidet aber durch Mangel
+und Kämpfe mit dem Sultan von Iconium schwere Verluste. Die nach Nicäa
+Entkommenen kehren zum Teil heim; mit den übrigen schließt sich Konrad
+dem Zuge des +französischen+ Heeres +an der Küste entlang+ an, kehrt
+aber zur Herstellung seiner Gesundheit nochmals nach Konstantinopel
+zurück. +Ludwig+ fährt mit dem französischen Adel zu Schiffe nach
+Antiochīa. Das übrige Heer setzt den Weg zu Lande fort, wobei es durch
+Hunger und feindliche Angriffe vollends aufgerieben wird. +Konrad+
+kommt 1148 zur See nach dem Heiligen Lande und macht zusammen mit den
+Franzosen einen vergeblichen Angriff auf +Damaskus+.
+
+[~1189–1192.~]
+
+~Dritter Kreuzzug.~ Eroberung von Akkon.
+
+~Veranlassung: Saladin~, Sohn des Kurden Ejub, Gründer der Dynastie der
++Ejubiden+ in Ägypten, erobert Nureddins Reich, schlägt die Christen
+in der blutigen Schlacht bei +Hittin+ (Tiberias) am See Genezareth,
+~erobert Jerusalem~ 1187. Die christlichen Einwohner großmütig
+behandelt, König Guido von Lusignan und viele Ritter geraten in
+Gefangenschaft.
+
+~Kaiser Friedrich I.~, der als Jüngling am zweiten Kreuzzug
+teilgenommen hatte, tritt als Greis im Frühjahr 1189 den Zug von
+Regensburg aus an, zieht durch Ungarn, erzwingt den Durchzug durch das
+griechische Kaiserreich, bleibt den Winter in Adrianopel, setzt 1190
+nach Kleinasien über, erobert Iconium und zieht nach Cilicien; dort
+ertrinkt er (10. Juni) im +Kalykadnus+ (Saleph). Sein Sohn, Herzog
++Friedrich+ von Schwaben, führt einen Teil der Pilger (viele kehren um)
+über Tarsus, Antiochīa und Tyrus nach +Akkon+. Er stirbt 1191 während
+der Belagerung dieser Stadt, welche der frei gewordene König +Guido+
+leitet.
+
+~Richard Löwenherz~, König von England, und ~Philipp II.~ +Augustus+,
+König von Frankreich, fahren zur See, Richard von Marseille, Philipp
+von Genua aus nach dem Heiligen Lande (1190); Beteiligung von +Genua+,
++Pisa+ und +Venedig+. Nach längerem Aufenthalt in Sicilien kommen die
+beiden Könige vor +Akkon+ an, welches Lusignan schon fast zwei Jahre
+belagerte. Die Stadt wird nun schnell zur Übergabe gezwungen (Juli
+1191).
+
+Philipp, mit Richard entzweit, kehrt nach Frankreich zurück.
+Heldentaten und Grausamkeiten Richards, der zweimal vor Jerusalem
+umkehren muß. Waffenstillstand mit Saladin (1192): der Küstenstrich
+von +Joppe bis Akkon+ wird an die Christen abgetreten, der Besuch der
+heiligen Orte gestattet. +Cypern+ wird von Richard, der es 1191 erobert
+hatte, an Guido von Lusignan zu Lehen gegeben, der seine Würde als
+»König von Jerusalem« an +Heinrich von Champagne+ überläßt.
+
+Richard leidet auf der Rückkehr Schiffbruch bei Aquileja, wird trotz
+seiner Verkleidung bei Wien erkannt, von Herzog +Leopold VI. von
+Österreich+, den er vor Akkon tödlich beleidigt hatte, festgenommen und
+an Kaiser +Heinrich VI.+ ausgeliefert. Dieser hält ihn in der Feste
++Trifels+ (westlich von Landau in der Pfalz) gefangen und gibt ihn
+erst nach 13 Monaten gegen ein Lösegeld von 100000 Mark Silbers und
+Lehnshuldigung frei.
+
+[~1202–1204~.]
+
+~Vierter Kreuzzug~.
+
+Lateinisches Kaisertum 1204–1261.
+
+Auf Anregung des Papstes +Innocenz III.+ (1198–1216) (Kreuzpredigt des
++Fulco+ von Neuilly) unternehmen mächtige französische Barone zusammen
+mit dem Grafen +Balduin+ von Flandern und dem Markgrafen +Bonifacius+
+von Montferrat einen Kreuzzug, der ursprünglich gegen Ägypten gerichtet
+war. Die Kreuzfahrer übernehmen für die Venetianer (Doge +Heinrich
+Dandolo+), zum Teil als Preis der Überfahrt, die Eroberung von +Zara+
+in Dalmatien.
+
+Auf Bitten des byzantinischen Prinzen +Alexius+ für seinen Vater, den
+entthronten Kaiser +Isaak Angelus+, fahren die Kreuzfahrer auf der
+venetianischen Flotte nach ~Konstantinopel~, nehmen die Stadt ein
+und setzen Alexius und seinen Vater auf den Thron (1203). Aber die
+Erfüllung der eingegangenen Bedingungen (Vereinigung der griechischen
+Kirche mit der römischen, Zahlung bedeutender Geldsummen) scheitert an
+dem Widerstande der Bevölkerung. Streitigkeiten, bei denen die Stadt in
+Brand gerät. Zweite Einnahme der Stadt; Plünderung, wobei viele Werke
+der alten Kunst zugrunde gehen (1204).
+
+Errichtung des ~Lateinischen Kaisertums~ (+Balduin+ Kaiser). Viele
+Küstenstriche und Inseln kommen an die +Venetianer+; Korfu, Zante,
+Kandia, ein großer Teil von Morea (Peloponnes). Gewaltiges Aufblühen
+des venetianischen Handels. Der Markgraf von Montferrat wird König von
++Thessalonich+, französische Herzöge in +Athen+, +Theben+, +Achaja+;
+Villehardouin, der Geschichtschreiber des Kreuzzuges, Marschall des
+Reiches.
+
+Ein +griechisches+ Kaisertum behauptet sich in +Nicäa+, ein zweites
+in +Trapezunt+ am Schwarzen Meere. Von Nicäa aus macht +Michael
+Paläolŏgus+ 1261, von +Genua+ unterstützt, dem Lateinischen Kaisertum
+ein Ende. Er erkennt 1274 die Suprematie des Papstes an. Aber der
+griechische Klerus und das Volk gegen die Ansprüche der Päpste. Schon
+1280 wurde diese Union wieder gelöst (S. 218).
+
+[1212.]
+
++Kinderkreuzzug+. Tausende von Knaben und Mädchen aus Frankreich und
+Deutschland ziehen nach Marseille und Genua; viele kommen unterwegs um,
+manche werden zur Rückkehr genötigt, andere in Alexandria als Sklaven
+verkauft.
+
+[1217.]
+
+Kreuzzug des Königs +Andreas II.+ von Ungarn; er versucht von Akkon aus
+vorzudringen, doch ohne Erfolg.
+
+Neue Pilgerscharen, die sich in +Akkon+ sammeln, unternehmen einen
+Angriff auf Ägypten, erobern +Damiette+ 1219, müssen es aber 1221
+wieder räumen.
+
+[~1228–1229.~]
+
+~Fünfter Kreuzzug.~ Jerusalem auf kurze Zeit wiedergewonnen.
+
+~Friedrich II.~, römischer Kaiser, wegen verzögerter Erfüllung seines
+Versprechens, einen Kreuzzug zu unternehmen, im päpstlichen Banne,
+fährt zur See nach Akkon, erhält von dem ägyptischen Sultan +Elkâmil+
+durch Vertrag +Jerusalem+ (wo er sich krönt[31]) und +Nazareth+, sowie
+die Landstriche von da bis zur Küste, nebst +Sidon+.
+
+[1244.]
+
++Jerusalem+ durch die Chowaresmier (S. 195) im Dienste des Sultans von
+Ägypten erobert und den Christen auf immer verloren.
+
+[~1248–1254.~]
+
+~Sechster Kreuzzug.~ Ohne Erfolg.
+
+Ludwig IX., der Heilige, König von Frankreich, fährt zur See nach
++Cypern+ und verweilt dort den Winter. Um die Sarazenenherrschaft
+in ihrem Hauptsitze ~Ägypten~ zu vernichten, fährt er im Frühjahr
+1249 nach +Damiette+ und nimmt die Stadt ein. Auf dem Zuge nach
++Kairo+ wird Ludwig geschlagen, von Damiette abgeschnitten und mit
+dem ganzen französischen Heere gefangen (April 1250). Die Ausführung
+des Friedensvertrages, wonach der König gegen Räumung von Damiette
+und bedeutendes Lösegeld frei kommen soll, gefährdet vorübergehend
+der Sturz der Ejubiden (S. 175) durch die +Mamelucken+. Ludwig fährt
+nach Palästina, befestigt während eines fast vierjährigen Aufenthalts
++Akkon+ und andere Küstenstädte, kehrt 1254 nach Frankreich zurück.
+
+[1268.]
+
++Antiochīa+ von dem Sultan Bibars von Ägypten erobert.
+
+[~1270.~]
+
+~Siebenter Kreuzzug.~ Ohne Erfolg.
+
+Ludwig IX. fährt zur See nach +Tunis+, wo ihn und einen großen Teil des
+Heeres Krankheit hinwegrafft.
+
+[1291.]
+
++Akkon+ wird von den Mamelucken erstürmt, die letzten Besitzungen in
+Palästina (+Tyrus+, +Beirut+, +Sidon+) werden von den Christen geräumt.
+
+~Folgen der Kreuzzüge~: 1. Erhöhtes Ansehen der Kirche und des
++Papsttums+. 2. Ausbildung des +Rittertums+, welches sowohl für den
+Staat wie für das gesellschaftliche Leben hohe Bedeutung erlangt. 3.
+Aufschwung des Seehandels und Entwickelung der +Städte+, zunächst in
+Italien (Venedig und Genua). 4. Fortschreiten der geistigen Bildung
+durch die im Orient gewonnenen neuen Anschauungen und Kenntnisse
+(besonders der Philosophie des Aristoteles, Geographie und Naturkunde).
+
+Stützen der kirchlichen Macht, zugleich Förderer des Ackerbaues,
+der Künste und Wissenschaften sind die neugebildeten ~Mönchsorden~:
++Cistercienser+ 1098 (Citeaux unweit Dijon), +Prämonstratenser+
+1120 (Prémontré bei Laon), die Bettelorden der +Dominikaner+ 1216,
++Franziskaner+ 1223 (Franz von Assisi in Umbrien) und +Augustiner+
+1244. Ausbildung der ~Scholastik~ (Philosophie im Dienste der Kirche)
+durch die beiden Dominikaner +Albertus Magnus+ (Albert von Bollstädt
+in Schwaben, lehrte in Paris und Köln, † 1280) und +Thomas von Aquino+
+(lehrte in Paris, Köln, Rom, Neapel, † 1274).
+
+Die kräftigsten Vorkämpfer der christlichen Staaten im Orient waren
+
+
+~Die geistlichen Ritterorden.~
+
+1. ~Tempelherren~ oder ~Templer~ (so genannt nach ihrem nahe der Stelle
+des salomonischen +Tempels+ gelegenen Ordenshause in Jerusalem),
+hervorgegangen aus einem 1118 geschlossenen Bunde 8 französischer
+Ritter (+Hugo de Payens+). Zu den drei Mönchsgelübden (Armut,
+Keuschheit, Gehorsam) wird die Verpflichtung zum Kampfe gegen die
+Ungläubigen hinzugefügt. +Weißer+ Mantel, +rotes+ Kreuz. Der Orden wird
+1291 nach Cypern verlegt, 1312 auf dem Konzil zu +Vienne+ durch Papst
+Clemens V. aufgehoben.
+
+2. ~Johanniter~, entstanden aus der Brüderschaft des Hospitals des
+heiligen Johannes in Jerusalem, welches Kaufleute aus +Amalfi+ um
+1048 gestiftet hatten. Die Brüderschaft wird erweitert nach dem
+ersten Kreuzzuge, dann nach dem Vorbild der Templer zum Ritterorden
+umgestaltet (+Raimund Dupuis+). +Schwarzer+ Mantel, +weißes+ Kreuz. Der
+Orden wird verlegt nach Cypern 1291, nach Rhodus 1310, nach Malta 1526,
+wo er bis 1798 seinen Sitz hat (daher Malteser genannt).
+
+3. ~Deutscher Orden~, aus einer bei der Belagerung von ~Akkon~ 1190
+gestifteten Brüderschaft für Krankenpflege[32] zum ritterlichen Orden
+umgewandelt 1198. +Weißer+ Mantel, +schwarzes+ Kreuz. Ordenssitz in
++Akkon+. Unter dem Hochmeister +Hermann von Salza+ wird 1226 der
+Orden von dem polnischen Herzog +Konrad von Masovien+ zur Bekämpfung
+der heidnischen ~Preussen~ eingeladen, von Kaiser +Friedrich II.+
+dazu bevollmächtigt und im Besitz des Landes Kulm sowie der künftigen
+Eroberungen bestätigt. +Hermann Balk+, erster +Landmeister+ in
+Preußen, welches durch blutige Kämpfe 1230–1283 unterworfen wird. Im
+Jahre 1291 wird der Sitz des Hochmeisters nach +Venedig+, 1309 nach
++Marienburg+, 1457 nach +Königsberg+ verlegt. 1525 wird das Ordensland
+weltliches Herzogtum. Die katholisch bleibenden Ritter behaupten sich
+im Besitz der deutschen Güter; Sitz ihres Hochmeisters zu +Mergentheim+
+in Franken. Der Orden wird 1809 aufgehoben.
+
+In allen drei Orden: +Ritter+, +Priester+, +dienende Brüder+.
+
+
+§ 2. Deutschland und Italien.
+
+[~1125–1137.~]
+
+~Lothar von Sachsen~, gewählt auf Betreiben der Erzbischöfe von Mainz
+und Köln, (er läßt seine Wahl vom Papst bestätigen) im Gegensatz zu den
+Neffen Heinrichs V., +Friedrich+ und +Konrad+ von Staufen. Er bekämpft
+sie mit Hilfe seines Schwiegersohnes +Heinrichs des Stolzen+, Herzogs
+von Bayern, aus dem +Welfen+hause (S. 166). Konrad läßt sich in Italien
+zum König krönen, wird aber bald von seinen Anhängern verlassen;
+Friedrich verteidigt sein Herzogtum +Schwaben+; beide unterwerfen sich
+erst 1135.
+
+[Sidenote 1130.]
+
+Lothar entscheidet bei einer zwiespältigen Papstwahl für +Innocenz
+II.+, zieht dann 1131 nach +Dänemark+ und benutzt einen Thronstreit
+daselbst, um den König Magnus zum Vasallen des Reiches zu machen; dann
+1132 Zug nach +Italien+.
+
+[1133.]
+
+Lothar, in Rom von Innocenz II. zum Kaiser gekrönt, nimmt die Allodien
+der Markgräfin +Mathilde von Tuscien+ († 1115) vom Papste zu Lehen,
+kehrt nach Deutschland zurück, ohne den Gegenpapst +Anaklet+, der sich
+auf die +Normannen+ stützt (S. 171), aus Rom vertrieben zu haben.
+
+[1136–1137.]
+
+Zweiter Zug nach +Italien+. Lothar vertreibt den Normannenfürsten
++Roger II.+ auf kurze Zeit vom italischen Festlande, stirbt auf dem
+Rückwege in Bayern, nachdem er +Heinrich dem Stolzen+ die Mathildischen
+Güter und das Herzogtum Sachsen übertragen hat.
+
+Unter Lothars Regierung erfolgreicher Wiederbeginn der ~deutschen
+Kolonisation~ im Norden und Osten des Reiches. Drei Fürstenhäuser,
+welche dafür viel geleistet haben, verdanken ihm ihre Einsetzung:
+die +Schauenburger+ in ~Holstein~, die +Wettiner+ in ~Meissen~, die
++Askanier+ in ~Brandenburg~ (Albrecht der Bär 1134, Markgraf der
+Nordmark, (Altmark)). Bei den wendischen Pommern predigt Bischof +Otto
+von Bamberg+ 1124 und 1127 das Christentum.
+
+[~1138–1254.~]
+
+~Haus der Hohenstaufen~ (Staufer), nach der Burg +Staufen+ in Schwaben
+benannt.
+
+[~1188–1152.~]
+
+~Konrad III.~, von der dem sächsischen Hause feindlichen Partei ohne
+Beteiligung der +Sachsen+ und +Bayern+ gewählt.
+
+Kampf der ~Welfen~ gegen die ~Staufer~ (letztere auch +Waiblinger+
+genannt nach der Burg Waiblingen in Schwaben). In Italien heißen die
+Parteinamen +Guelfen+ und +Ghibellinen+.
+
+König Konrad spricht über +Heinrich den Stolzen+ die Acht aus und
+verleiht das Herzogtum Sachsen an +Albrecht den Bären+, Bayern an
++Leopold IV.+, Markgrafen von Österreich. Während des Kampfes stirbt
+Heinrich der Stolze 1139. Die sächsischen Großen halten zu seinem
+10jährigen Sohne Heinrich; in Bayern und Schwaben kämpft sein Bruder
+Welf VI. für seinen Neffen.
+
+[1140.]
+
++Schlacht bei Weinsberg+ (unweit Heilbronn), Sieg Konrads über Welf
+VI., die Stadt muß sich ergeben. (Die treuen Weiber von Weinsberg).
+
+Nach dem Tode Leopolds von Österreich kommt Bayern an seinen Bruder
++Heinrich Jasomirgott+,[33] welcher +Gertrud+, Heinrichs des Stolzen
+Witwe, heiratet (1142). Des letzteren Sohn +Heinrich der Löwe+ erhält
+Sachsen zurück. Albrecht der Bär entsagt seinen Ansprüchen auf das
+Herzogtum Sachsen, erhält seine anhaltischen Besitzungen zurück,
+regiert in der Nordmark und (seit Pribislavs Tode 1150) im Havellande
+als +Markgraf von Brandenburg+ (S. »Anhang«).
+
+[1147.]
+
+Während Konrad III. den zweiten Kreuzzug nach Palästina unternimmt,
+herrscht in Italien große Verwirrung. Der Mönch +Arnold von Brescia+
+im Kampf mit dem Papst. In Rom eine Republik gegründet, der Papst
+vertrieben. In Norddeutschland ~Wendenkreuzzug~: Heinrich der
+Löwe gegen den Obotritenfürsten +Niklot+, dessen Söhne später das
+Christentum annehmen; Albrecht der Bär und Konrad von Wettin gegen
+den Pommernfürsten +Ratibor+, der 1149 sich zum Christentum bekennt.
+Seitdem deutsche Einwanderung in +Mecklenburg+ und +Pommern+, welche
+deutsche Reichsländer werden.
+
+Konrad III. empfiehlt zum Nachfolger seinen Neffen +Friedrich von
+Schwaben+, der von den Fürsten einstimmig in +Frankfurt+ gewählt, dann
+in +Aachen+ gekrönt wird. Im Gegensatz zu Lothar und Konrad III. zeigt
+er dem Papst seine Wahl nur an.
+
+[~1152–1190.~]
+
+~Friedrich I., Barbarossa~, durch Tapferkeit und Gerechtigkeit
+hervorragend. Reichstag zu Merseburg 1152, Entscheidung des dänischen
+Thronstreits: +Svend+ wird König von Dänemark als Vasall des Reiches.
+
+ ~Welfen.~
+
+ Welf IV.,
+ Hz. v. Bayern, †1101.
+ |
+ Heinrich d. Schwarze,
+ Hz. v. Bayern, †1126.
+ Gem. Wulfhild, T. des Magnus Billung.
+ _____________|_______________________
+ | | |
+ Heinrich der Stolze, Welf VI. Judith, Gem. v. Friedrich Hz.
+ Hz. v. Bayern u. †1191. v. Schwaben,
+ Sachsen, †1139. †1147.
+ Gem. Gertrud, T.
+ Lothars v. Sachsen.
+ |
+ ~Heinrich~ der Löwe
+ Herzog v. Sachsen u. Bayern, †1195.
+ ____|__________________
+ | |
+ ~Otto IV.,~ Wilhelm
+ †1218. |
+ 1. Gem. Beatrix |
+ 2. Maria Otto das Kind,
+ v. Brabant erster Hz. v.
+ Braunschweig-Lüneburg.
+
+
+ ~Hohenstaufen (Staufer).~
+
+ Friedrich, Herzog von Schwaben, †1105.
+ Gem. Agnes, Tochter Kaiser Heinrichs IV.
+ _____________|_________________
+ | |
+ Friedrich Hz. ~Konrad III.,~
+ v. Schwaben, †1147. †1152.
+ |
+ ~Friedrich I.,~ Barbarossa
+ †1190.
+ ___|___________________________________
+ | | |
+ ~Heinrich VI.,~ Friedrich ~Philipp~
+ †1197. Hz. v. Schwaben von Schwaben
+ Gem. Konstanze. †1191. †1208.
+ | ___________|________
+ ~Friedrich II.,~ Beatrix, Beatrix,
+ †1250. Gem. Otto IV. Gem. Ferdinand III.
+ | von Kastilien.
+ __|______________________________________________ |____
+ | | | | | |
+ Heinrich, ~Konrad IV.,~ Margarete, †1270, Enzio, Manfred, Alfons X.
+ †1242. †1254. Gem. Albrecht †1272. †1266. von
+ | von Thüringen. | Kastilien.
+ | __|__________ |
+ Konradin Friedrich. Diezmann. Constantia,
+ †1268. Gem. Peter III. von
+ Aragon.
+
+Friedrichs Hauptbestreben ist, das Ansehen des ~Kaisertums~
+wiederherzustellen. Daher Streit mit den zu mächtigen Republiken
+gewordenen ~lombardischen Städten~. Sechs Züge nach ~Italien~, bei
+welchen das deutsche +Rittertum+ seine Kraft entfaltet.
+
+[1154–1155.]
+
++Erster Zug.+ Friedrich zerstört einige kleine Orte, die sich ihm
+widersetzen, und wird in Rom von Hadrian IV. zum Kaiser gekrönt.
+Tapferer Kampf +Heinrichs des Löwen+ gegen die aufständischen Römer.
++Arnold von Brescia+ (Schüler des Scholastikers +Abälard+), der gegen
+die weltliche Herrschaft der Geistlichen und den Güterbesitz der Kirche
+aufgetreten war, wird verurteilt und verbrannt.
+
+Auf dem Rückwege von Rom erstürmt +Otto von Wittelsbach+ den Engpaß im
+Etschtale bei +Verona+.
+
+[1156.]
+
+Heinrich der Löwe erhält auch Bayern zurück. +Österreich+ bleibt im
+Besitze der +Babenberger+ (S. 162) als ein auch in weiblicher Linie
+erbliches +Herzogtum+.
+
+Gegenüber der welfischen Machtstellung in Sachsen und Bayern stützt
+die kaiserliche Macht sich auf die Stammgüter in +Schwaben+ und
+auf die von den Saliern ererbten Güter in +Franken+, außerdem auf
+bedeutende +Reichsgüter+ in anderen Landschaften, besonders in der
+Rheingegend. Das »goldene Mainz« Mittelpunkt des Handels und Verkehrs.
+Die Verwaltung dieser Güter werden +Ministerialen+ übertragen, d. h.
+den Gehülfen (ministri) der Ritter und freien Herren, die ursprünglich
+unfrei gewesen waren, dann aber infolge ihrer gehobenen Stellung sich
+mehr und mehr von ihren hörigen Standesgenossen abhoben und schließlich
+den freien Rittern gleich geachtet wurden. ~Kaiserliche Pfalzen~ zu
+Hagenau (im Elsaß), Trifels und Kaiserslautern (in der Rheinpfalz),
+Ingelheim, Gelnhausen, Aachen, Dortmund, Goslar, Tilleda (am
+Kyffhäuser), Nürnberg u. a. Die +Pfalzgrafschaft am Rhein+ überträgt
+Friedrich 1156 seinem Halbbruder Konrad, der die Burg +Heidelberg+
+gründet.
+
+[1156]
+
+vermählt Friedrich sich mit +Beatrix+, der Erbin von Hochburgund.
+
+[1157.]
+
+Zug Friedrichs über die Oder nach +Polen+. Herzog Boleslav IV.
+unterwirft sich, räumt um 1163 seinen Neffen besondere Fürstentümer in
+~Schlesien~ ein; seitdem deutsche Einwanderung in dieses Land.
+
+[Sept.]
+
+Reichstag zu +Würzburg+; es erscheinen Gesandtschaften aus dem
+byzantinischen Reich, aus England, Dänemark, Ungarn, Italien,
+~Burgund~. Auf dem Reichstage zu +Besançon+ (Okt.) huldigen die
+burgundischen Großen. Der Kanzler des Kaisers, Graf +Rainald von
+Dassel+, tritt gegen den Kardinal +Roland von Siena+ auf, welcher auf
+Grund eines päpstlichen Schreibens die Kaiserkrone für ein päpstliches
+Lehen (+beneficium+) erklärt.
+
+[1158.]
+
+Fürstentag zu +Regensburg+; Herzog Wladislav von ~Böhmen~ erhält von
+Friedrich die +Königskrone+.
+
+[1158–1162.]
+
++Zweiter Zug+ nach ~Italien~. Die lombardischen Städte, auch
+Mailand, unterwerfen sich. Reichstag auf den +Ronkalischen Feldern+
+(bei Piacenza), die kaiserlichen Hoheitsrechte über die Städte in
+Oberitalien auf Grund des +römischen Rechts+ festgestellt. Die
+Mailänder empören sich von neuem. Streit des Kaisers mit dem Papste
+über die kaiserlichen Rechte in Rom. Krieg gegen Mailand, das sich nach
+längerer Belagerung ergeben muß. Auf Befehl des Kaisers wird
+
+[1162.]
+
+~Mailand zerstört~ durch die Einwohner der Nachbarstädte.
+
+[1159–1177.]
+
+Kirchenspaltung. Papst ~Alexander III.~ (Roland von Siena) von der
+Mehrzahl der Kardinale gewählt, Viktor IV. von der kaiserlich gesinnten
+Minderheit. Friedrich entscheidet auf dem Konzil zu Pavia (+Rainald+,
+Erzbischof von Köln) für Viktor. Alexander III., im Bunde mit den
+lombardischen Städten, spricht über den Kaiser den +Bann+ aus, sieht
+sich aber genötigt, nach Frankreich zu entweichen.
+
+[1163.]
+
++Dritter Zug+. Der Kaiser ohne Heer. Er bestätigt die Anordnungen
+seines Kanzlers +Rainald+. Bald neue Unruhen in Italien, Alexander III.
+kehrt nach Rom zurück.
+
+[1166–1168.]
+
++Vierter Zug+. Paschalis III., Viktors Nachfolger, wird von Friedrich
+nach Rom geführt; Alexander entflieht nach Benevent, findet Schutz im
+Normannenreich (S. 171). Unterdessen stellen die Lombarden +Mailand+
+wieder her, erbauen +Alessandria+ (dem Papste zu Ehren benannt) und
+besetzen die Alpenpässe. Der Kaiser, dessen Heer durch eine in Rom
+ausgebrochene +Seuche+ fast aufgerieben war, entkommt nur mit Mühe nach
+Deutschland.
+
+Fehde zwischen +Heinrich dem Löwen+, der seine Herzogsgewalt über
+Mecklenburg und Pommern ausgedehnt hat, und den ihm feindlichen Fürsten
+(den Erzbischöfen von Magdeburg und Bremen, Albrecht dem Bären, Otto
+von Meißen, Ludwig dem Eisernen von Thüringen u. a.). Der Kaiser
+schlichtet den Streit zu Gunsten Heinrichs des Löwen, bringt aber
+durch Vertrag mit dem kinderlosen Welf VI. die +welfischen Stammgüter+
+in Schwaben (Altorf und Ravensburg) an sich, um seine Hausmacht zu
+vermehren. Heinrich der Löwe unternimmt eine Wallfahrt nach Jerusalem
+(1172).
+
+[1174–1178.]
+
++Fünfter Zug+ Friedrichs nach Italien. Er belagert vergeblich das
+feste +Alessandria+. Heinrich der Löwe verweigert auf den Anruf
+des Kaisers die Heeresfolge (Zusammenkunft in +Partenkirchen+ oder
++Chiavenna+). Der Kaiser greift die Lombarden an, wird aber in der
+
+[1176.]
+
+~Schlacht bei Legnano~ besiegt. Unterhandlungen und Waffenstillstand
+mit Alexander III. und den lombardischen Städten.
+
+[1177.]
+
+Aussöhnung zwischen Kaiser und Papst in +Venedig+. Alexander III. wird
+durch Erzbischof Christian von Mainz im Auftrage des Kaisers nach Rom
+zurückgeführt. Friedrich ordnet die Verhältnisse Italiens, empfängt
+1178 in +Arles+ die burgundische Krone, kehrt dann nach Deutschland
+zurück, um seinen Vetter +Heinrich den Löwen+ zu demütigen.
+
+[~1180.~]
+
+~Heinrich der Löwe geächtet~ und seiner Lehen verlustig erklärt,
+nachdem er auf viermalige Vorladung nicht erschienen ist. Friedrich
+zieht mit Heeresmacht gegen ihn, dringt 1181 durch Sachsen bis +Lübeck+
+vor und nimmt diese Stadt ein, darauf unterwirft sich Heinrich der Löwe
+zu +Erfurt+. Er behält seinen Allodialbesitz von mütterlicher Seite,
+Braunschweig und Lüneburg, muß aber auf drei Jahre in die Verbannung
+gehen, begibt sich nach +England+ zu seinem Schwiegervater König
+Heinrich II.
+
+~Teilung des Herzogtums Sachsen~. +Westfalen+ kommt größtenteils an
+das Erzbistum Köln; die Grafen von +Holstein, Schwerin, Oldenburg,
+Teklenburg+ u. a. werden reichsunmittelbar; ebenso die Stadt +Lübeck+,
+während +Hamburg+ den Grafen von Holstein, +Bremen+ seinem Erzbischof
+noch Untertan bleibt.[34]
+
+Das +östliche Sachsen+ (Wittenberg und Lauenburg) mit der Herzogswürde
+erhält +Bernhard von Askanien,+ Sohn Albrechts des Bären; ~Bayern~
+(ohne +Steiermark+, welches selbständiges Herzogtum wird, bald aber an
+Österreich kommt) erhält +Otto von Wittelsbach+ († 1183).
+
+[1183.]
+
+Friede mit den lombardischen Städten zu +Konstanz+. Die meisten
+beanspruchten Rechte (namentlich freie Wahl der Stadtobrigkeit,
+Consules) werden ihnen gegen Anerkennung der Oberhoheit des deutschen
+Reiches zugestanden.
+
+[1184.]
+
+Glänzendes Reichsfest in der Rheinebene bei +Mainz+; der Kaiser erteilt
+seinen beiden ältesten Söhnen den Ritterschlag. ~Einheit und Macht des
+deutschen Reiches überall anerkannt.~
+
+[1184–1186.]
+
++Sechster+ (friedlicher) Zug nach Italien. Der Kaiser vermählt in
++Mailand+ seinen schon längst zum deutschen König gewählten 21jährigen
+Sohn ~Heinrich~ mit ~Konstanze,~ der Erbin des +Normannenreiches+ in
+Unteritalien.
+
+[1189–1190.]
+
++Friedrichs Kreuzzug+ und +Tod+ (s. S. 175). Sein Sohn Heinrich
+Reichsverweser. +Heinrich der Löwe,+ der bei des Kaisers Aufbruch
+abermals auf 3 Jahre das Reich hatte verlassen müssen, kehrt
+eigenmächtig aus England zurück. Da im Nov. 1189 König Wilhelm II. von
+Sicilien gestorben ist, so beeilt sich König Heinrich, mit Heinrich dem
+Löwen einen Vertrag zu schließen. Mittlerweile kommt die Nachricht von
+Kaiser Friedrichs Tode nach Deutschland.
+
+[~1190–1197.~]
+
+~Heinrich VI.,~ ein staatskluger, hochgebildeter Fürst, aber streng und
+rücksichtslos.
+
+[1191.]
+
++Erster Zug+ nach +Italien.+ Heinrich empfängt die Kaiserkrone in
+Rom und zieht nach Neapel, um das Erbe seiner Gemahlin Konstanze dem
+Normannen +Tankred+ +von Lecce+ zu entreißen. Vergebliche Belagerung
+von Neapel. Krankheiten in seinem Heere zwingen den Kaiser zur Rückkehr
+nach Deutschland. Dort
+
+[1192–1194.]
+
+neuer Krieg mit Heinrich dem Löwen, der den Vertrag nicht gehalten hat.
+Den Krieg beendet ein Vergleich, welcher erleichtert wird durch die
+Freigebung von Heinrichs des Löwen Schwager, +Richard Löwenherz+ von
+England (s. S. 176). Heinrich der Löwe stirbt 1195 zu Braunschweig.
+
+[1194.]
+
++Zweiter Zug+ nach +Italien+; das Königreich beider Sicilien
+unterworfen, Krönung zu +Palermo+. ~Kaiserliche Herrschaft über ganz
+Italien,~ deutsche Statthalter in Tuscien, Ancona, Spoleto.
+
+[1196.]
+
+Reichstag zu +Würzburg+. Der Plan Heinrichs, Deutschland (vereinigt
+mit dem Königreich beider Sicilien) zum +Erbreich+ zu machen, wogegen
+ebenso alle Lehen, auch in weiblicher Linie, erblich werden sollen,
+scheitert an dem Widerstande der geistlichen und weltlichen Fürsten.
+
+[1197.]
+
++Dritter Zug+ Heinrichs nach +Italien+. Er unterdrückt eine
+Verschwörung mit grausamer Härte. Inmitten großartiger Pläne (Eroberung
+des oströmischen Reiches, Gründung einer Weltherrschaft, Kreuzzug)
+stirbt er, erst 32 Jahre alt, plötzlich in Messina. Sein Sohn
+Friedrich, noch nicht 3 Jahre alt, schon vor seiner Taufe von den
+deutschen Fürsten zum Nachfolger seines Vaters ernannt.
+
+In Deutschland Doppelwahl;
+
+[~1198–1208.~]
+
+~Philipp von Schwaben~ (jüngster Sohn Friedrich Barbarossas).
+
+[~1198–1215.~]
+
+~Otto IV. von Braunschweig~ (Sohn Heinrichs des Löwen).
+
+[1198–1215.]
+
+Thronkrieg zwischen +Staufern+ und +Welfen+.[35]
+
+Otto IV. von Papst ~Innocenz III.~ anerkannt, von seinem durch den
+Papst gebannten Gegenkönig Philipp besiegt und fast auf Braunschweig
+beschränkt.
+
+[1208.]
+
+Philipp wird +zu Bamberg+ ermordet von dem bayrischen Pfalzgrafen
++Otto von Wittelsbach+ (Privatrache). Darauf wird ~Otto IV.~, der
+sich mit Philipps junger Tochter verlobt, allgemein anerkannt und von
+Papst Innocenz III. in Rom 1209 zum Kaiser gekrönt, nachdem er dem
+päpstlichen Stuhle die Mathildischen Güter (S. 179) überlassen und
+andere Zugeständnisse gemacht hat. Bald aber gerät er in Streit mit dem
+Papste, welcher im Verein mit der staufischen Partei in Deutschland
+gegen ihn 1212 als König aufstellt seinen Mündel ~Friedrich~, Sohn
+Heinrichs VI. Friedrich verspricht, Sicilien, das die Kurie als ein
+päpstliches Lehen ansah, nie mit dem Reich zu vereinigen.
+
+[1214.]
+
+Otto IV., als Bundesgenosse Englands von Philipp II. Augustus von
+Frankreich bei +Bouvines+ (unweit +Lille+) besiegt (S. 193), zieht sich
+in seine Erblande zurück († 1218 auf der Harzburg).
+
+Hohes Ansehen des ~Papsttums~ unter ~Innocenz III.~ (1198 bis 1216),
+der als Statthalter Christi auf Erden auch zwischen Frankreich
+und England (S. 193), in Aragon und Portugal, Ungarn und den
+skandinavischen Reichen als Schiedsrichter auftritt. Herstellung des
++Kirchenstaats+, Krieg gegen die Ketzer in Südfrankreich (S. 191),
+Einsetzung der +Inquisition+ auf dem Laterankonzil zu Rom 1215.
+
+Blüte der ritterlichen ~Dichtkunst~ in Deutschland: Heinrich von
+Veldeke, Hartmann von Aue; +Wolfram von Eschenbach+ und +Walther von
+der Vogelweide+ am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen († 1217)
+auf der Wartburg. Schriftliche Aufzeichnung des +Nibelungenliedes+.
+
+[~1212(15)–1250.~]
+
+~Friedrich II., zugleich König beider Sicilien~, der geistig
+bedeutendste Fürst des Mittelalters, leidenschaftlich, mehr Italiener
+als Deutscher (in Sicilien geboren, von seiner italienischen Mutter
+erzogen), entschiedener Gegner der geistlichen Herrschaft.
+
+Er wird von einem Teile der Fürsten 1212 in Frankfurt zum König
+gewählt, verleiht 1214 die +Pfalzgrafschaft am Rhein+ (S. 182) dem
+Herzog Ludwig I. von Bayern, dem Sohne Ottos von Wittelsbach, und
+bestätigt dem König Waldemar II. von +Dänemark+ den Besitz der Länder
+jenseits der +Elbe+ und +Elde+ (Holstein und Mecklenburg), welche
+dieser während des deutschen Thronstreits an sich gerissen hatte.
+
+[~1215~.]
+
+Friedrich II. allgemein anerkannt und zu +Aachen+ gekrönt. Er gelobt
+einen Kreuzzug und verläßt Deutschland 1220, nachdem er die Wahl seines
+jungen Sohnes +Heinrich+ zum römischen König erreicht hat.
+
+[1220.]
+
+Kaiserkrönung Friedrichs II. in +Rom+ nach erneutem Versprechen eines
+Kreuzzugs; darauf ordnet er die Verhältnisse des sicilischen Reiches.
+In Deutschland Erzbischof +Engelbert von Köln+ Reichsverweser († 1225),
+dann König Heinrich.
+
+[1223.]
+
++Waldemar II. von Dänemark+ wird von dem Grafen Heinrich von Schwerin
+gefangen genommen und nach Deutschland geführt. +Hermann von Salza+,
+Hochmeister des Deutschen Ordens, vermittelt im Auftrage des Kaisers
+seine Freilassung, die erst 1225 gegen hohes Lösegeld und Verzicht auf
+die deutschen Gebiete erfolgt.
+
+[1226.]
+
+Der Kaiser bevollmächtigt den Deutschen Orden zur Eroberung +Preußens+
+(S. 178). Reichstag zu +Cremona+, Streitigkeiten mit den lombardischen
+Städten.
+
+[1227.]
+
+Das in Apulien versammelte Kreuzheer löst sich auf wegen Ausbruchs der
+Pest. Ludwig, Landgraf von Thüringen, Gemahl der heiligen Elisabeth,
+stirbt. Papst Gregor IX. (1227–41) spricht den Bann über den Kaiser aus.
+
+[1227.]
+
+~Schlacht bei Bornhöved~ in Holstein. Waldemar II., der Sieger, besiegt
+von den Grafen von Holstein und Schwerin, Herzog Albert von Sachsen,
+dem Erzbischof von Bremen und den Bürgern von Lübeck und Hamburg. Das
+Land bis zur Eider für Deutschland gerettet.
+
+[1228–1229.]
+
+~Kreuzzug~ Friedrichs II. (S. 177). Nach der Rückkehr vertreibt er
+die in sein italisches Reich eingedrungenen päpstlichen Truppen
+(Schlüsselsoldaten genannt).
+
+[1230.]
+
+Friede mit dem Papste zu ~San Germano~, Aufhebung des Bannes.
+Gesetzgebung Friedrichs II. für das unteritalische Reich (Constitutio
+Monarchiae Siculae); geordnete Verwaltung und Rechtspflege; auf den
+Landtagen erscheinen neben dem Adel Vertreter der Städte; direkte
+und indirekte Steuern eingeführt; Beamtentum, Söldnerheer und Flotte
+geschaffen; staatliche Universität in Neapel gegründet.
+
+[1231.]
+
+In Deutschland wird die ~Landeshoheit~ der geistlichen und weltlichen
+~Fürsten~ über ihre Gebiete befestigt durch die von Friedrich II.
+genehmigten Beschlüsse des Reichstags zu +Worms+.
+
+[1233.]
+
+Der Dominikaner +Konrad von Marburg+, Beichtvater der Landgräfin
+Elisabeth von Thüringen (1207–1231), welcher in Deutschland als
+Ketzerrichter auftrat, wird erschlagen; aber ein Kreuzheer besiegt und
+vernichtet 1234 die der Ketzerei beschuldigten +Stedinger+ Bauern in
+Oldenburg.
+
+[1235.]
+
+Friedrich II. kommt wegen Empörung seines Sohnes Heinrich nach
+Deutschland, schickt ihn als Gefangenen nach Italien († 1242), erläßt
+auf dem +Reichstag zu Mainz+ ein ~Landfriedensgesetz~ (+erste+
+Veröffentlichung eines Reichsgesetzes auch in +deutscher+ Sprache)
+und verleiht dem Welfen +Otto+, Neffen Ottos IV., das Herzogtum
++Braunschweig-Lüneburg+.
+
+[Sidenote 1236.]
+
+Siegreicher Kampf Friedrichs gegen die +lombardischen Städte+, in
+welchen die Partei der ~Guelfen~ herrscht. Sein Verbündeter der
+grausame +Ezzelino da Romano+, Markgraf von Verona, an der Spitze
+der ~Ghibellinen~. Der Kaiser zieht noch einmal nach Deutschland, um
+Herzog Friedrich den Streitbaren von +Österreich+ wegen Empörung zu
+strafen und die Wahl seines zweiten Sohnes Konrad zum römischen König
+durchzusetzen.
+
+[1237.]
+
+Glänzender Sieg Friedrichs über die Lombarden bei ~Cortenuova~. Seine
+zu weit gehenden Forderungen vereiteln jedoch die völlige Unterwerfung
+der Lombardei. Sein Sohn Enzio mit der Erbin von Sardinien vermählt,
+über das die Kurie die Lehnshoheit beanspruchte. Papst Gregor IX.
+beschuldigt ihn der Ketzerei und bannt ihn 1239 abermals. Er dringt
+1240 vor bis in die Nähe Roms, wendet sich dann nach Ancona und
+belagert Faenza.
+
+[1241.]
+
+Seesieg seines Sohnes +Enzio+ bei +Elba+ über die genuesische Flotte,
+viele zum Konzil nach Rom fahrende Geistliche gefangen. Gregor IX. †.
+Sein Nachfolger Innocenz IV. verhandelt mit dem Kaiser, entflieht aber
+1244 nach Genua und weiter nach Lyon. (Bedrohung Deutschlands durch die
+Mongolen, s. S. 195).
+
+[~1245.~]
+
+~Absetzung des Kaisers~ durch Beschluß des +Konzils zu Lyon+. Innocenz
+IV. erneuert den Bann gegen ihn und fordert die deutschen Fürsten zu
+einer Neuwahl auf. Die Bettelmönche (Franziskaner und Dominikaner)
+predigen das Kreuz gegen ihn.
+
+[1246–1247.]
+
+~Heinrich Raspe~, Landgraf von Thüringen, Schwager der heiligen
+Elisabeth, der sie mit ihren Kindern von der Wartburg vertrieb, als
+Gegenkönig anfangs siegreich gegen Konrad, Friedrichs Sohn, dann
+aber bei Ulm zurückgeschlagen, stirbt 1247 auf der Wartburg. Mit ihm
+erlischt das landgräfliche Haus von Thüringen, dessen +östlicher+ Teil
+mit der Markgrafschaft +Meißen+ vereinigt wird; aus dem +westlichen+
+geht die Landgrafschaft +Hessen+ hervor.
+
+[1247–1256.]
+
+~Wilhelm von Holland~, zweiter Gegenkönig, der jedoch kein Ansehen in
+Deutschland erlangt.
+
+~Friedrich~ kämpft 1248 in Italien anfangs glücklich, wird aber vor
+Parma zurückgeschlagen. Sein Sohn +Enzio+ gerät 1249 beim Kampfe gegen
+Bologna in Gefangenschaft († nach 23jähriger Haft im Kerker). Der
+Kanzler +Petrus von Vinea+ wird wegen geheimer Verhandlungen mit dem
+Papste als Verräter geblendet, † 1249.
+
+[1250.]
+
+Friedrich stirbt zu Fiorentino (in Apulien) in den Armen seines Sohnes
+Manfred. Ihm folgt in Deutschland sein Sohn
+
+[~1250–1254.~]
+
+~Konrad IV.~ (Gegenkönig Wilhelm von Holland), der aber schon 1251 nach
+Italien zieht, um gemeinsam mit Manfred um das unteritalische Erbreich
+zu kämpfen. Er erobert 1253 Neapel, stirbt aber im folgenden Jahre am
+Fieber.
+
+[1256.]
+
+Wilhelm von Holland fällt im Kampfe gegen die Friesen.
+
+[~1256–1273.~]
+
+~Interregnum in Deutschland.~
+
+Graf +Richard von Cornwallis+, Bruder Heinrichs III. von England,
+Schwager Kaiser Friedrichs II., von einem Teil der Fürsten erwählt, in
+Aachen gekrönt, kommt nur am Rhein zur Anerkennung († 1272). +Alfons X.
+von Kastilien+, Enkel des Hohenstaufen Philipp von Schwaben, von andern
+Fürsten gewählt, kommt nie nach Deutschland.
+
+~Verfall des deutschen Reiches.~ Die Reichsgüter (S. 182) werden teils
+von den Fürsten in Besitz genommen, teils reichsfreier Besitz von
+Rittern, Städten und Klöstern. Fehden und Raubrittertum namentlich
+am Rhein und in Schwaben. 1254 Stiftung des +rheinischen Bundes+
+(ausgehend von den Städten Mainz und Worms; die Erzbischöfe von Mainz,
+Trier, Köln, mehrere Bischöfe, Grafen und Städte schließen sich an) zur
+Wahrung des Landfriedens und Beseitigung ungerechter Zölle.
+
+~Befestigung der Landeshoheit~ in den größeren fürstlichen Gebieten:
+die +Wittelsbacher+ in Bayern und der Rheinpfalz (Residenz Heidelberg,
+S. 186), die +Welfen+ in Braunschweig-Lüneburg (S. 188), die +Askanier+
+in Sachsen-Wittenberg und Sachsen-Lauenburg, Anhalt und Brandenburg
+(S. 180, 184), die +Wettiner+ in Meißen und Thüringen (S. 188). In den
+östlichen Landschaften Fortschreiten der deutschen +Kolonisation+ (S.
+179).
+
+Bei dem Mangel geordneter Rechtsprechung von Reichs wegen gewinnt das
+von dem sächsischen Schöffen +Eike von Repgow+ um 1230 aufgezeichnete
+Rechtsbuch, der +Sachsenspiegel+, bald große Verbreitung; in ähnlicher
+Weise wird das in Oberdeutschland geltende Land- und Lehnsrecht um 1276
+im +Schwabenspiegel+ aufgezeichnet. In Westfalen entwickeln sich aus
+den alten Grafschaftsgerichten die +Femgerichte+; der Erzbischof von
+Köln Oberstuhlherr, Freischöffen im ganzen Reiche.
+
+Allmähliches ~Aufblühen der Städte~: sie streben, zum Teil auf frühere
+kaiserliche Privilegien gestützt, nach +Selbstregierung+ durch den von
+den Bürgern erwählten +Rat+. Worms und Köln treten schon unter Heinrich
+IV. und V. hervor. Die Bürger von +Köln+ behaupten ihre Rechte im
+Streit gegen den Erzbischof 1258–1271 und in der Schlacht bei Worringen
+1288, die Bürger von +Straßburg+ siegen über den Bischof 1262 bei
+Hausbergen. Diese und andere +bischöfliche+ Städte (Worms, Speier,
+Augsburg, Regensburg) werden gleich den früher von +königlichen+
+Beamten (Burggrafen oder Vögten) regierten Städten (Frankfurt, Aachen,
+Dortmund, Lübeck, Goslar, Nürnberg, Ulm u. a.) allmählich zu ~freien
+Reichsstädten~. Andere bleiben unter bischöflicher oder +fürstlicher+
+Hoheit (Mainz, Magdeburg, Würzburg, München, Braunschweig, Stralsund
+u. a.), erlangen aber doch bedeutende Rechte zur Sicherung ihres
+Handels und Gewerbefleißes.
+
+~Aufblühen der Baukunst.~ Den romanischen Rundbogenstil (Dome zu Mainz,
+Worms, Speier und Bamberg; Wartburg) verdrängt allmählich der zuerst
+von den Arabern angewandte sog. gotische Spitzbogenstil: Dom zu +Köln+
+1248 vom Erzbischof Konrad von Hochstaden an Stelle eines älteren Doms
+gegründet; Erwin von Steinbach beginnt 1277 die Westfront des Münsters
+zu +Straßburg.+
+
+[~1266–1268.~]
+
+~Untergang des staufischen Herrscherhauses in Italien.~
+
+~Manfred~ verteidigt das Königreich beider Sicilien zuerst als
+Reichsverweser für Konradin, den in Deutschland zurückgebliebenen Sohn
+Konrads IV., seit 1258 als König. Er fällt 1266 in der +Schlacht bei
+Benevent+ im Kampfe gegen +Karl von Anjou+, Bruder Ludwigs IX. von
+Frankreich, welchem der Papst das Königreich zu Lehen gegeben hat.
+
+~Konradin~ geht 1267 mit +Friedrich von Baden+ (als Sohn der
+babenbergischen Erbtochter von Österreich auch Friedrich +von
+Österreich+ genannt) nach Italien. Er wird 1268 bei ~Tagliacozzo~ (nahe
+dem +Logo di Celano+, Fuciner-See) geschlagen und auf Befehl Karls von
+Anjou in Neapel hingerichtet.
+
+Die Grausamkeit des Königs erregt Unruhen in Sicilien.
+
+[~1282.~ 30. März.]
+
+~Sicilianische Vesper,~ so genannt, weil der Aufstand am Ostermontag
+gegen Abend ausbrach. Ermordung aller Franzosen in +Palermo+, dann in
+ganz Sicilien, angestiftet von dem Ghibellinen Johann von +Procida+.
+König Pedro III. von +Aragon+, Schwiegersohn Manfreds, vereinigt
+Sicilien mit seinem Reiche; Karl von Anjou behält das Königreich
+Neapel.
+
+
+§ 3. Frankreich.
+
+Allmähliches Erstarken des Königtums. Die Macht der ~Capetinger~ ist
+noch auf ihr Herzogtum +Francien+ (Isle de France und Orléanais)
+beschränkt, doch halten sie die Lehnshoheit über die großen Vasallen
+fest.
+
++Philipp I.+ (1060–1108) mit Gregor VII. in Streit wegen der
+Hoheitsrechte über die Bischöfe, während des ersten Kreuzzuges im Bann
+wegen Verstoßung seiner Gemahlin, vererbt doch die königlichen Rechte
+auf seinen Sohn +Ludwig VI.+ (1108–1137). Dieser bringt mit Hilfe des
+staatsklugen Abtes +Suger+ von St.-Denis die königliche Gerichtsbarkeit
+über die Vasallen zu Ansehen und fördert die Städte. Veredlung des
++Rittertums+ durch die Kreuzzüge; Aufblühen der ritterlichen Dichtkunst
+(+Troubadours+ in der Provence, Trouvères in Nordfrankreich). +Ludwig
+VII.+ (1137–1180) unternimmt den zweiten Kreuzzug (S. 174f.), läßt sich
+von seiner Gemahlin +Eleonore+ von Aquitanien scheiden; diese heiratet
+Heinrich II. Plantagenet, König von England, der dadurch +Poitou+,
++Guyenne+ und +Gascogne+ u. a.m. erhält.
+
+[~1180–1223.~]
+
+~Philipp II.~ Augustus. Dritter Kreuzzug mit Richard Löwenherz (S.
+175f.). Siegreiche Kriege gegen England nach der Rückkehr (S. 193);
+Mehrung der Königsmacht.
+
+[1209–1229.]
+
+~Albigenserkriege~ in Südfrankreich, veranlaßt durch die Predigten der
+Cistercienser und Dominikaner (S. 178) gegen die kirchlichen Sekten
+der +Katharer+ (in Deutschland +Ketzer+ genannt) und +Waldenser+
+(Petrus Waldus zu Lyon 1173). Graf Raimund VI. von +Toulouse+ nimmt
+sich der Bedrängten an, welche grausam verfolgt werden (Einwohnerschaft
+des erstürmten Béziers, 20000 Seelen, umgebracht), muß vor Simon von
+Montfort zurückweichen, gewinnt aber schließlich seine Besitzungen
+wieder. Philipp II., Augustus, vermeidet die Einmischung in den Krieg;
+sein Sohn +Ludwig VIII.+ (1223–1226) folgt dem Hilferuf Amalrichs
+von Montfort gegen Raimund VII., stirbt aber vor Beendigung des
+Kriegszuges. Die päpstliche Inquisition vollendet die gewaltsame
+Bekehrung der Albigenser.
+
+[~1226–1270.~]
+
+~Ludwig IX., der Heilige,~ anfangs unter Vormundschaft seiner Mutter
+Blanka von Kastilien. Raimund VII. unterwirft sich 1229; die Grafschaft
++Toulouse+ mit der Krone vereinigt, ebenso andere Provinzen durch
+Vertrag oder Erbanfall. Friedliche Regierung, Verbot der Fehden,
+Fürsorge für die Rechtspflege; Gottesurteile abgeschafft; die
+Gerichtsbarkeit der großen Vasallen beschränkt durch die Oberaufsicht
+der königlichen Gerichte (Parlamente). Aufblühen der Universität
++Paris+. Ludwigs Kaplan Robert von Sorbon gründet die +Sorbonne+,
+berühmt als Hauptsitz der theologischen Studien. Sechster und siebenter
+Kreuzzug (S. 177).
+
+
+§ 4. England.
+
+[~1066–1154.~]
+
+~Normannische Könige.~
+
+[~1066–1087.~]
+
+~Wilhelm I.~, der Eroberer, Sohn Roberts II, des Teufels, vollendet
+in blutigen Kämpfen die Unterwerfung der Angelsachsen und richtet
+den normannischen Lehnsstaat ein, aber mit Beibehaltung der
+angelsächsischen Grafschaftseinteilung und Gerichtsverfassung.
+Aufzeichnung der Rechtsverhältnisse und Abgaben der Grundbesitzer im
++Domesdaybook+ (von domus dei): Ritterlehen, Kirchengüter, städtischer
+Besitz, freie Bauerngüter, Höfe der Unfreien. Zwei Volksstämme und
+zwei Sprachen, die +sächsische+ und die +französische,+ bestehen noch
+lange Zeit in England nebeneinander; König und Adel sind französische
+Normannen.
+
+Wilhelms I. ältester Sohn Robert erbt die +Normandie+; in England
+folgen die jüngeren Söhne, zuerst +Wilhelm II.+, dann +Heinrich I.+,
+welcher 1106 auch die Normandie in Besitz nimmt. Ihm folgt sein
+Schwestersohn +Stephan von Blois+, gegen welchen Heinrichs Tochter
+Mathilde, vermählt mit dem Grafen Gottfried von Anjou, Erbansprüche
+erhebt. Langwierige Kämpfe; endlich wird Mathildens Sohn Heinrich von
+Anjou als Thronfolger anerkannt.
+
+[~1154–1399.~]
+
+~Haus Anjou-Plantagenet.~[36]
+
+[~1154–1189.~]
+
+~Heinrich II.~ besitzt große französische Lehen: 1. +Normandie+ und
++Bretagne+ als Erbe der normannischen Könige, 2. +Anjou+, +Maine+,
++Touraine+ von seinem Vater, 3. durch Heirat mit +Eleonore+ (1152, s.
+S. 191) +Poitou+, +Guyenne+ und +Gascogne+, also im ganzen mehr als
+halb Frankreich.
+
+[1164.]
+
+Reform der Rechtspflege durch die Beschlüsse von +Clarendon+,
+namentlich werden die Vorrechte der Geistlichen beschränkt. Deswegen
+Streit mit dem Erzbischof +Thomas Becket+ von Canterbury, welcher von
+Anhängern des Königs 1170 ermordet wird.
+
+[1171.]
+
+Kriegszug nach +Irland+, die Fürsten der Insel unterwerfen sich der
+englischen Lehnshoheit. Durch einen Aufstand wird ein Teil wieder
+selbständig.
+
+[1174.]
+
+Heinrichs Buße am Grabe des auf sein Anstiften ermordeten
+Erzbischofs; seine aufständischen Söhne müssen sich unterwerfen. Die
+Gerichtsbarkeit über die Geistlichen wird durch Verträge mit Papst
+Alexander III. geregelt.
+
+[~1189–1199.~]
+
+~Richard Löwenherz~, in ritterlichen Kämpfen hervorragend, aber ohne
+Mäßigung. Kreuzzug, Gefangenschaft in Deutschland (S. 176), dann Kriege
+mit Philipp II. Augustus von Frankreich. Richards Bruder
+
+[~1199–1216.~]
+
+~Johann~ (ohne Land) läßt seinen Neffen +Arthur von der Bretagne+, der
+ihm den Thron streitig macht, ermorden, wird deshalb als französischer
+Vasall (S. 192) von Philipp II. vor den französischen Lehnsgerichtshof
+geladen, verliert 1204 die Normandie, bald auch die übrigen
+französischen Lehen bis auf Guyenne an die Krone Frankreich. -- Streit
+mit Papst Innocenz III. über die Wahl eines Erzbischofs von Canterbury
+(1205). England mit dem Interdikt, Johann mit dem Bann belegt. Der
+König unterwirft sich dem Papst und leistet ihm den Lehnseid (1213).
+Während er dann von La Rochelle aus die verlorenen Gebiete in
+Frankreich zurückzuerobern versucht, werden seine Verbündeten, der Graf
+von Flandern und Otto IV. von Deutschland, bei +Bouvines+ geschlagen
+(1214 s. S. 186). Aufstand der großen Vasallen; sie erzwingen auf der
+Wiese Runnymede bei +Windsor+ die Bewilligung der
+
+[1215.]
+
+~Magna charta libertatum~, +Grundlage der englischen Verfassung+: Freie
+Wahl der Bischöfe und Äbte durch die Geistlichen; Erblichkeit der
+Lehen; Steuern anstatt der Lehnsdienste (Schildgeld) und Hilfsgelder
+sollen nur mit Zustimmung der Prälaten und Barone erhoben werden; jeder
+Freie soll nur von seinesgleichen nach Landesrecht gerichtet werden;
+die Städte sollen ihre Privilegien behalten und die Kaufleute freien
+Verkehr haben.
+
+[~1216–1272.~]
+
+~Heinrich III.~, anfangs unter Vormundschaft des Grafen Wilhelm von
++Pembroke+. Ein französisches Heer, das in England gelandet war, wird
+zum Abzug genötigt. Vertrag mit Frankreich 1259; Guyenne als englischer
+Besitz anerkannt.
+
+Öftere Streitigkeiten mit den zum +Parlament+ versammelten Baronen;
+das Land bedrückt durch die Geldforderungen päpstlicher Legaten, um
+Heinrichs jüngstem Sohn Edmund die Herrschaft über Neapel und Sicilien
+zu verschaffen. +Simon von Montfort,+ Graf von +Leicester+ (spr.
+Lester), nimmt 1264 den König gefangen, beruft 1265 auch Vertreter der
+Grafschaften (zwei Ritter aus jeder Grafschaft) und der Städte zum
+Parlament, wird aber bei +Evesham+ von dem Kronprinzen Eduard besiegt.
+Der König befreit; darauf erneute Bestätigung der +Magna charta.+ In
+dieser Zeit allmähliche Vermischung und Ausgleichung der Angelsachsen
+und Normannen.
+
+
+§ 5. Die Pyrenäische Halbinsel.
+
+Fortdauernde Kämpfe zwischen Christen und Mohammedanern. König Alfons
+VI. von ~Kastilien~ überträgt dem Grafen +Heinrich von Burgund+ 1095
+die Grafschaft ~Portugal~ (zwischen Minho und Duero) als Lehen.
+Heinrichs Sohn Alfons macht sich von der Lehnspflicht frei und
+nennt sich 1140 ~König von Portugal~. Deutsche Kreuzfahrer aus den
+Rheinlanden, welche zur See nach Palästina ziehen, helfen 1147 zur
+Eroberung +von Lissabon.+
+
+[1118.]
+
+König Alfons I. von ~Aragon~ vertreibt die Araber aus +Saragossa+.
+Durch die Vermählung seiner Nichte mit dem Markgrafen von Barcelona
+werden 1137 die Länder Aragon und Katalonien vereinigt.
+
+[1157.]
+
+~Kastilien~ geschwächt durch Abtrennung von Leon. Dem erneuten
+Anstürmen der Araber treten die drei bald darauf gegründeten
+~Ritterorden~ von +Alcántara+ (am Tajo), +Calatrāva+ (am Guadiana),
++San Jago di Compostella+ (in Galicien) erfolgreich entgegen.
+
+[1212.]
+
+Großer Sieg der vereinigten Könige und Ritter bei ~Tolosa~ (in der
+Sierra Morena).
+
+[1230.]
+
++Ferdinand III.+ vereinigt Leon wieder mit Kastilien, erobert 1236
++Cordova+, 1248 +Sevilla+. Sein Sohn +Alfons X.+, der Weise (S. 189)
+erweitert sein Reich auf Kosten der Mauren. Selbst Philosoph und
+Astronom (seine Verbesserung der Ptolemäischen Planetentafeln), ist er
+ein eifriger Förderer der Wissenschaften; Universität Salamanca. Alfons
+1282 abgesetzt, † 1284 als Flüchtling bei den Mauren in Sevilla.
+
+[1238.]
+
+Jakob I. von Aragon erobert +Valencia+, bald darauf vertreibt Alfons
+III. von Portugal die Araber aus +Algarbe+. Nur in Andalusien behauptet
+sich das arabische Königreich ~Granāda~ bis 1492.
+
+
+§ 6. Der Osten.
+
+Das ~oströmische Reich~ ist unter den letzten Komnenen (S. 172) durch
+Thronstreitigkeiten geschwächt; die +Bulgaren+ machen sich 1186
+unabhängig. Das 1204 von den Kreuzfahrern errichtete +Lateinische
+Kaisertum+ (S. 176) gewinnt keinen festen Bestand; griechische Sprache
+und Sitte behauptet sich. Unter dem Hause der ~Paläologen~ seit 1261
+bleibt das Reich von dem Ansturm der Mongolen verschont, wird aber bald
+danach von den Türken bedrängt.
+
+[1206.]
+
+Die ~Mongolen~ erheben am Amur den Stammfürsten +Temudschin+ zu ihrem
+Oberhaupt, ~Tschingis Chan~ † 1226. Er beginnt große Eroberungszüge,
+unterwirft Nord-China und vernichtet nach Westen zu das Reich der
++Chowaresmier,+ welche seit 1150 die meisten seldschuckischen Sultanate
+und das frühere Gasnavidenreich (S. 172) erobert hatten. Sein Sohn
++Oktai+ macht +Karakorum+ zum Herrschersitz. Sein Enkel +Kublai
+Chan+ (1260–1294) begründet in China die mongolische Dynastie +Jüan+
+(1280–1367), sucht auch Japan zu erobern (S. 220). An Kublais Hofe in
+Peking der venezianische Reisende +Marco Polo+ (S. 221).
+
+[1237.]
+
+Temudschins Enkel +Batu+ dringt vom +Chanat Kiptschak+ (Reich der
+Goldenen Horde) aus erobernd in Rußland ein. Moskau und Kiew verbrannt,
+dann Zug durch Polen und Angriff auf +Schlesien+. Ein deutsches
+Ritterheer unter +Heinrich dem Frommen,+ Herzog von Liegnitz, tritt den
+Mongolen entgegen.
+
+[1241.]
+
+~Schlacht bei Wahlstatt~ (Liegnitz). Die Mongolen, obwohl Sieger,
+ziehen nach Südosten ab durch Ungarn, nehmen ihre Wohnsitze im +Chanat
+Kiptschak+; Hauptstadt Sarai (Gouv. Astrachan). +Rußland+ bleibt ihnen
+Untertan bis 1480.
+
+[~1258.~]
+
+~Vernichtung des Kalifats~ durch die asiatischen Mongolen, welche
++Bagdad+ zerstören. Ihrem Vordringen nach Syrien treten die
++Mamelucken+ (S. 177) entgegen. Das große Reich der Mongolen, welche
+größtenteils den Islam annehmen, löst sich in einzelne Chanate auf;
+China wird 1368 durch +Taitsu+, einen buddhistischen Priester, von der
+Mongolenherrschaft befreit. Mit ihm beginnt die Dynastie der +Ming+
+(1368–1644).
+
+Fussnoten:
+
+[30] Stammtafel:
+
+ ~Karl der Grosse †814~
+ Karl †811 Pippin †810 ~Ludwig der Fromme †840~
+ ________________________________|____________________________
+ ~Lothar I.~ †855 Ludwig der Deutsche †876 ~Karl d.~ |
+ | | ~Kahle~ †877 |
+ _____|_________________________ ______|______________ ___|_____
+ ~Ludwig II.~ Lothar II. Karl Karlmann Ludwig ~Karl~ Französische
+ †875. v. Lothr. v.d. †880. †882 ~d. Dicke~ Karolinger,
+ †869. Provence | †888. erloschen
+ Arnulf 987.
+ †899.
+ |
+ Ludwig das Kind †911.
+
+[31] Friedrichs Nachfolger in der Kaiserwürde führen seitdem den Titel:
+König von Jerusalem (seit 1806 die Kaiser von Österreich).
+
+[32] Ein deutsches Hospital hatte in Jerusalem seit etwa 1110
+bestanden, war aber 1187 mit zu Grunde gegangen.
+
+[33] So genannt von der Beteuerung, die er stets im Mund führte.
+
+[34] +Lübeck+, zunächst +kaiserliche+ Stadt, erhielt das Privilegium
+als +freie Reichsstadt+ 1226; +Hamburg+ und +Bremen+, seit 1473
+bisweilen zu Reichstagen berufen, erhielten die ausdrückliche
+Anerkennung als freie Reichsstädte erst 1510 bezw. 1646.
+
+[35] Vgl. die Lieder Walthers v. d. Vogelweide.
+
+[36] So genannt von dem +Ginsterzweig+ (planta genista), welchen
++Gottfried+ von Anjou, Vater Heinrichs II., als Helmzier zu tragen
+pflegte.
+
+
+
+
+D. Vom Ende der Kreuzzüge bis zur Entdeckung Amerikas. (1270–1492.)
+
+
+§ 1. Deutschland.
+
+[~1273–1347.~]
+
+~Könige und Kaiser aus verschiedenen Häusern.~
+
+[~1273–1291.~]
+
+~Rudolf I., Graf von Habsburg~, reich begütert im Aargau und am
+Vierwaldstättersee, Landgraf im Elsaß, wird in +Frankfurt+ von den
+sieben angesehensten Reichsfürsten zum römischen König gewählt,
+besonders auf Betreiben seines Verwandten, des Burggrafen Friedrich
+III. von Nürnberg (aus dem Hause +Hohenzollern+). Krönung zu +Aachen,+
+erster Reichstag 1274 zu +Nürnberg+; Beschluß, das Reichsgut
+zurückzufordern. Doch kommt dieser Beschluß nur in geringem Maße zur
+Ausführung; der König sieht sich auf Vergrößerung seiner +Hausmacht+
+angewiesen.
+
+[1276.]
+
+Krieg gegen ~Ottokar~, König von Böhmen, welcher nach dem Aussterben
+der Babenberger (1246) +Österreich+ in Besitz genommen, von den Ungarn
++Steiermark+ wieder erobert, +Kärnten+ und +Krain+ durch Erbschaft
+erworben hatte. Ottokar wird geächtet, unterwirft sich, erneuert aber
+bald den Krieg.
+
+[~1278.~]
+
+~Sieg Rudolfs auf dem Marchfelde~ (bei Dürnkrut), Ottokar fällt.
+Vergleich mit dem Vormunde seines Sohnes +Wenzel+. Dieser behält
++Böhmen+, später bekommt er auch +Mähren+ zurück. Bildung der
+~habsburgischen Hausmacht~: +Österreich+, +Steiermark+ und +Krain+
+kommen als Reichslehen an die Söhne Rudolfs, +Kärnten+ an Graf
++Meinhard+ von Tirol, seinen Schwager.
+
+[1281.]
+
+Rudolf verkündet +Landfriedens+ordnungen in Bayern, Franken und am
+Rhein. In Schwaben leisten Graf Eberhard von +Württemberg+ und Markgraf
+Rudolf von +Baden+ (Stammburg +Zähringen+ bei Freiburg im Breisgau)
+der Absicht des Königs, das Herzogtum Schwaben wiederherzustellen,
+erfolgreich Widerstand.
+
+[1289.]
+
+Feldzug nach +Burgund+; die Freigrafschaft (+Franche-Comté+, Hauptstadt
+Besançon) für das deutsche Reich wiedergewonnen. Die Provence und
+Avignon bleiben im Besitz Karls von Anjou (S. 190).
+
+[1290.]
+
+Rudolf residiert zu +Erfurt+, schlichtet Streitigkeiten in Thüringen,
+läßt 29 Raubritter enthaupten und 66 Burgen brechen.
+
+[1291.]
+
+Rudolf † zu +Speier+. Zum Nachfolger wird nicht sein Sohn Albrecht
+gewählt, sondern auf Betreiben des Erzbischofs von Mainz, Gerhard v.
+Eppstein, ein mit diesem verwandter, minder mächtiger Graf,
+
+[~1292–1298.~]
+
+~Adolf von Nassau~. Dieser will den Streit zwischen Landgraf +Albrecht+
+dem Entarteten von Thüringen und seinen Söhnen +Friedrich+ und
++Diezmann+ (S. 181) benutzen, um die Mark +Meißen+ als erledigtes
+Reichslehen einzuziehen, wird aber, ehe er dies durchführen kann, durch
+eine von Erzbischof Gerhard v. Eppstein berufene Fürstenversammlung
++abgesetzt+ und fällt in der Schlacht bei +Göllheim+ (am Donnersberge)
+im Kampfe gegen den nun zum Throne berufenen
+
+[~1298–1308.~]
+
+~Albrecht I. von Österreich,~ Sohn Rudolfs I. Papst Bonifacius VIII.
+verweigert ihm die Anerkennung; Albrecht schließt ein Bündnis mit
+König Philipp IV. von Frankreich und demütigt die vier +rheinischen
+Kurfürsten+ (Mainz, Trier, Köln, Pfalz), indem er 1301 zu Gunsten der
+Städte die willkürlichen Rheinzölle aufhebt.
+
+[1303.]
+
+Aussöhnung mit dem Papste, dessen Recht auf Bestätigung der deutschen
+Königswahl Albrecht anerkennt. Gleich darauf ~Sturz der päpstlichen
+Macht~ (S. 207), doch unternimmt Albrecht keinen Zug nach Italien,
+sondern versucht +Böhmen+ für seine +Hausmacht+ zu gewinnen. Das von
+ihm nach Meißen entsandte Heer wird 1307 von Friedrich und Diezmann bei
++Lucka+ unweit Altenburg geschlagen.
+
+[1308.]
+
+Albrecht wird von seinem Neffen +Johann+ (Parricīda), dem er sein Erbe
+vorenthielt, zwischen Aar und Reuß, nahe bei der +Habsburg+ ermordet.
+Die Königswahl lenkt der Erzbischof von Trier auf seinen Bruder:
+
+[~1308–1313.~]
+
+Heinrich VII., Graf von ~Luxemburg~. Dieser stellt die Rheinzölle zu
+Gunsten der Fürsten wieder her. Den Söhnen Albrechts bestätigt er den
+Besitz ihrer Lehen, erkennt aber 1309 die ~Schweizer Waldstätte~ als
+~reichsunmittelbar~ an.
+
+
+~Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft.~
+
+Schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts treten die Waldorte dem
+Bestreben der Grafen von Habsburg, die mit der Grafschaft verbundene
+Vogtei zu einer vollständigen Landeshoheit über sie auszubilden,
+entgegen. König Heinrich (S. 187) erteilt 1231 einen Freibrief für
++Uri+, Kaiser Friedrich II. 1240 für +Schwyz+. König Rudolf erkennt
+den Freibrief für Uri an, ernennt in Schwyz nur einheimische Amtleute.
+Gleich nach seinem Tode, am 1. August 1291, schließen die drei Waldorte
++Uri+, +Schwyz+, +Unterwalden+ zur Erhaltung ihrer Freiheit einen
++ewigen Bund,+ fügen sich aber zunächst noch der Herrschaft König
+Albrechts.
+
+Die von der Volksdichtung ausgeschmückte Erzählung, welche die Tatsache
+des +allmählichen+ Erringens der +Reichsunmittelbarkeit+ der Waldstätte
+auf ein kurzes Zeitmaß zusammendrängt, erscheint erst nach und nach
+sich ausbildend in Chroniken des 15. Jahrhunderts und steht vielfach
+in Widerspruch mit den Urkunden. Weder der +Schwur auf dem Rütli+
+(1307, Werner Stauffacher, Walter Fürst, Arnold vom Melchtal), noch die
+Vertreibung der Vögte am 1. Januar 1308 ist historisch verbürgt. Ein
+Landvogt +Geßler+ hat weder in Uri noch in Küßnacht regiert. Die Sage
+vom Apfelschuß findet sich auch in Norwegen, Island, Dänemark, am Rhein
+und in England; sie ist eine allgemein germanische Sage. Das älteste
+Lied von +Tell+ stammt aus der Zeit der burgundischen Kriege (1477);
+die uns geläufige Tradition gibt erst der Chronist +Tschudi+ (um 1550).
+
+[~1310.~]
+
+Heinrichs VII. Sohn +Johann+ wird König von ~Böhmen~, gewählt durch
+die böhmischen Stände entgegen den Ansprüchen der Habsburger (der
+Mannesstamm der +Prschemysliden+ in Böhmen war 1306 ausgestorben,
+Johann heiratet den letzten weiblichen Sproß); dadurch erhalten
+die Luxemburger eine +Hausmacht+. Seitdem Gegensatz zwischen den
+Habsburgern und Luxemburgern.
+
+[1310–1313.]
+
+Heinrichs VII. Römerzug. Er wird von den +Ghibellinen+ (+Dante+, 1302
+aus Florenz verbannt) herbeigerufen, schlichtet die Parteikämpfe in
+Mailand (die +Visconti+ hier seit 1277), unterwirft Brescia, wird
+in Genua und Pisa freudig aufgenommen, in +Rom+ zum Kaiser gekrönt,
+belagert aber vergeblich die guelfisch gesinnte Stadt +Florenz+ und
+stirbt auf dem Zuge gegen Neapel.
+
+In dieser Zeit bringt König Philipp IV. von Frankreich die
++Freigrafschaft Burgund+ (S. 196) durch Heirat an sich und zwingt den
+Erzbischof von +Lyon+ zur Huldigung.
+
+[~1314–1347.~}]
+
+~Ludwig der Bayer~ (Haus Wittelsbach).
+
+[~1314–1330.~}]
+
+~Friedrich von Österreich~, Sohn Albrechts. Doppelwahl durch Parteiung
+der Fürsten; beide Könige sind Enkel Rudolfs von Habsburg. Friedrichs
+Macht wird geschwächt durch den
+
+[1315.]
+
+Sieg der Schweizer Eidgenossen am Berge ~Morgarten~ über +Leopold
+von Österreich+, Friedrichs Bruder. Darauf bestätigt der von der
+luxemburgischen Partei gewählte Herzog Ludwig von Oberbayern, der kurz
+vorher (1313) die Österreicher bei Gammelsdorf a. d. Isar besiegt
+hatte, den Waldstätten ihre Reichsunmittelbarkeit.
+
+[1322.]
+
+Schlacht bei ~Ampfing~ oder ~Mühldorf~. Friedrich von Österreich
+geschlagen (Sage von Schweppermann) und als Gefangener nach der Burg
++Trausnitz+ geführt.
+
+[1324.]
+
+Papst +Johann XXII.+, in Avignon (s. S. 207) unter französischem
+Einfluß, mischt sich in den Thronstreit und spricht den Bann über
++Ludwig+ aus, doch bleibt derselbe unwirksam, da durch die sittliche
+Entartung des päpstlichen Hofes in Avignon das Ansehen des Papsttums
+überhaupt gesunken ist.
+
+Ludwig gibt die durch Aussterben der Askanier 1320 erledigte Mark
++Brandenburg+ (S. 179) seinem Sohne +Ludwig+, mit dem er später
++Margarete Maultasch+, Erbin von Tirol und Kärnten, vermählt, nachdem
+diese ihre Ehe mit einem Sohne Johanns von Böhmen getrennt hat. Kärnten
+kommt, ehe die Vermählung stattfindet, an die Herzöge von +Österreich+
+(1335). Tirol wird von Margarete Maultasch nach dem Tode ihres zweiten
+Gemahls Ludwig doch dem Hause Habsburg vermacht (S. 200).
+
+[1325.]
+
+Friedrich wird gegen Verzichtleistung auf den Thron in Freiheit
+gesetzt, stellt sich wieder als Gefangener, wird von Ludwig als
+Mitkönig anerkannt, stirbt 1330.
+
+[1327–1330.]
+
+Ludwigs Römerzug. Er wird in Rom zum Kaiser gekrönt, stellt einen
+Gegenpapst auf, kann aber die kaiserlichen Herrschaftsrechte nur wenig
+zur Geltungbringen, In Deutschland Streitigkeiten mit den Fürsten.
+Frankreich und dem Papste gegenüber einigen sich endlich die Kurfürsten
+zur Unterstützung Ludwigs:
+
+[~1338.~]
+
+Der ~Kurverein zu Rense~ (am Rhein, oberhalb Koblenz) erklärt jeden
+rechtmäßig gewählten deutschen König auch ohne päpstliche Krönung für
+den rechtmäßigen ~römischen Kaiser.~
+
+Ludwigs eigenmächtiges Verfahren zur Vergrößerung seiner Hausmacht
+(Brandenburg, Tirol, Holland) führt im Verein mit päpstlichen und
+französischen Umtrieben 1346 zur Wahl eines Gegenkönigs: +Karl+ a.
+d. Hause Luxemburg, Sohn des bei +Crecy+ im Kampfe für Frankreich
+gefallenen Königs Johann von Böhmen (S. 208). Kaiser Ludwig † 1347 (auf
+der Bärenjagd bei München), +Karl+ wird allgemein anerkannt.
+
+[~1347–1437.~]
+
+~Luxemburgische Kaiser.~
+
+[~1347–1378.~]
+
+~Karl IV.,~ ein staatskluger Fürst, gelehrt und kunstsinnig. Die
+bayrische Partei stellt 1349 den Grafen +Günther von Schwarzburg+ als
+Gegenkönig auf; doch stirbt dieser schon nach wenigen Monaten. In
++Brandenburg+ tritt, von Karl begünstigt, der +falsche Waldemar+ gegen
+die bayrischen Markgrafen auf. (S. Anhang.) 1350 Aussöhnung mit den
+Wittelsbachern.
+
+[1349–50.]
+
+~Pest~ (schwarzer Tod) in Deutschland und in fast ganz Europa.
+Erbitterte Verfolgungen der durch Verleihen von Geld gegen Zinsen reich
+gewordenen Juden. Sie sollten die Brunnen vergiftet haben. Umzüge der
+Geißler (Flagellanten).
+
+Karls Hauptsorge ist auf sein Erbland ~Böhmen~ gerichtet. Er zieht
+deutsche Ansiedler heran, baut in +Prag+ den Dom und die Burg
+Hradschin, stiftet daselbst 1348 nach dem Muster von Paris (S. 192)
+eine ~Universität~ mit vier Fakultäten, die erste in Deutschland. Durch
+Verträge mit den schlesischen Fürsten (S. 182) vollendet er die schon
+von seinem Vater angebahnte Vereinigung +Schlesiens+ mit Böhmen; auch
+die +Lausitz+ kommt zu Böhmen.
+
+[1353.]
+
+Zutritt +Berns+ zur Eidgenossenschaft, welche nun, immer noch zum
+deutschen Reich gehörig, Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern, Zürich,
+Glarus, Zug und Bern (die sogenannten 8 +alten+ Orte) umfaßt.
+
+[1354–1355.]
+
+Erster Zug Karls IV. nach Italien. Während der Abwesenheit der Päpste
+in Avignon hatte +Cola di Rienzi+ sich zum »Volkstribunen« gemacht und
+die altrömische Republik wieder aufgerichtet (S. 211). Karl empfängt
+die Huldigung der lombardischen Städte, verweilt aber in Rom nur einen
+Tag, um die Kaiserkrone zu empfangen.
+
+[~1356.~]
+
+~Goldene Bulle~,[37] +Reichsgrundgesetz+, beschlossen auf zwei
+Reichstagen zu +Nürnberg+ und +Metz+. Die Kaiserwahl wird endgültig
+den 7 Kurfürsten übertragen, welche sie schon seit längerer Zeit
+tatsächlich ausübten;[38] +drei geistliche+: 1. Erzbischof von ~Mainz~
+(Erzkanzler für Deutschland), 2. Erzbischof von ~Trier~ (Erzkanzler
+für Burgund), 3. Erzbischof von ~Köln~ (Erzkanzler für Italien); +vier
+weltliche+: 4. König von ~Böhmen~ (Erzschenk), 5. ~Pfalz~graf bei Rhein
+(Erztruchseß), 6. Herzog von ~Sachsen~-Wittenberg (Erzmarschall), 7.
+Markgraf von ~Brandenburg~ (Erzkämmerer).
+
+Die Kurfürstentümer, welche im Mannesstamme auf den Erstgeborenen
+forterben und gewisse Regalien erhalten (Privilegium +de non
+appellando,+ Münzrecht, Bergwerks- und Salzhoheit, Judenzoll u. a.
+m.), sollen unteilbar sein. Bestimmungen über den +Landfrieden+; den
+Städten wird die Bildung besonderer Städtebündnisse und die Aufnahme
+von Pfahlbürgern (die in der Stadt nicht ansässig sind) untersagt.
+
+[1363.]
+
+Österreich erwirbt +Tirol+ durch Vertrag mit Margarete Maultasch.
+
+[1365.]
+
+Karl IV. reist nach +Avignon+, um den Papst zur Rückkehr nach Rom zu
+bewegen, und läßt sich in +Arles+ krönen, um die Oberhoheit über die
+tatsächlich an Frankreich gekommenen burgundischen Gebiete festzuhalten
+(S. 196, 198).
+
+[1368.]
+
+Zweiter Römerzug. Karl IV. führt Papst Urban V. nach Rom, aber bald
+nach seinem Abzuge kehrt der Papst nach Avignon zurück.
+
+[1373.]
+
+Durch den Vertrag zu +Fürstenwalde+ überläßt +Otto der Finne+ (Faule),
+der letzte bayrische Markgraf von Brandenburg, die Mark gegen ein
+Jahrgehalt an Karl IV.
+
+
+~Städtebünde.~
+
+Die ~Hanse.~ Verbindungen deutscher Kaufleute im Auslande, namentlich
+zu +Wisby+ auf der Insel Gotland und in +London+ schon im 12.
+Jahrhundert, haben Handelsbündnisse ihrer Heimatstädte zur Folge. 1241
+Bündnis zwischen +Lübeck+ und +Hamburg+. Um 1294 tritt ~Lübeck~ an die
+Spitze eines Bundes von Seestädten an der Nord- und Ostseeküste (von
++Bremen+ bis +Reval+), denen sich zahlreiche norddeutsche Binnenstädte
+(Köln, Osnabrück, Braunschweig, Magdeburg, Berlin, Thorn, Breslau u. a.)
+anschließen, später auch die niederländischen Seestädte (Kampen,
+Deventer u. a.) Zweck des Bundes: Sicherung der Straßen zu Wasser und
+zu Lande, Erwerbung und Erhaltung von Handelsprivilegien im Auslande.
++Hansetage+ meist zu +Lübeck+ gehalten. Auswärtige Niederlassungen
+(Kontore) zu +Brügge+, +London+, +Bergen+, +Nowgorod.+ In Wisby,
+Stockholm, Kopenhagen, Malmö, Riga zahlreiche deutsche Kaufleute
+ansässig. Jährlicher Markt zur Zeit des Heringsfangs an der Küste von
++Schonen+. Einteilung des Bundes in 3 Drittel, im 16. Jahrhundert in 4
+Quartiere mit den Vororten Lübeck, Köln, Braunschweig, Danzig.
+
+[1361–1362.]
+
+Krieg gegen Waldemar IV., König von Dänemark, welcher +Wisby+
+eingenommen und geplündert hatte. Die Kriegsflotte der Hanse hat
+anfangs Erfolge, wird aber vor +Helsingborg+ geschlagen. Ihr Führer,
+der Lübecker Bürgermeister Johann +Wittenborg+, wird deshalb angeklagt
+und in Lübeck hingerichtet.
+
+[1367–1370.]
+
+Zweiter Krieg; Waldemar IV. flüchtet aus seinem Reiche. Kopenhagen,
+Helsingör u. a. Städte erobert. Im Frieden zu +Stralsund+ 1370 wird die
+Küste von Schonen auf 15 Jahre an die Hanse abgetreten; auch verspricht
+der dänische Reichsrat, den Nachfolger Waldemars nur mit Zustimmung der
+Städte zu erwählen. Bis ins 16. Jahrhundert behauptet der Hansebund
+die Handelsherrschaft über Skandinavien, Rußland, England. Da er
+sich aber nicht an einen starken Staat anlehnte, so zerfiel er, als
+die nordischen Staaten mehr und mehr erstarkten. Die im Binnenlande
+gelegenen deutschen Städte wurden durch ihre Landesfürsten teilweise
+zum Austritt aus der Hanse gezwungen, wie z. B. Berlin durch Kurfürst
+Friedrich II.
+
+Im Innern zeigt sich in den ~Hansestädten,~ in welchen der Großhandel
+die Gewerbtätigkeit übertrifft, das Festhalten an der aristokratischen
+Regierung des sich selbst ergänzenden +Rats+, während in den
+~süddeutschen Städten~ die nach +Zünften+ geordneten Handwerker
+bedeutenden Anteil an der meist jährlichen Neuwahl des Rats erhalten.
++Zunftkämpfe+ in Ulm 1292, Speier 1327, Straßburg 1332, Regensburg
+1334, Augsburg 1368; in Nürnberg behaupten die Patrizier 1349 das
+Übergewicht, ebenso in Köln 1370, doch siegen dort die Zünfte 1396.
+
+Nicht von gleicher Dauer wie der Hansebund waren die ~süddeutschen
+Städtebündnisse~, welche die Selbständigkeit der Städte gegen die
++Fürsten+ und die +Reichsritter+ sichern sollten: der 1254 geschlossene
+~rheinische Bund~ (S. 189) öfters von seiten der Städte erneuert; der
+~schwäbische Städtebund~, zuerst 1331, dann wiederum 1376 geschlossen,
+namentlich gegen den Grafen von Württemberg +Eberhard den Greiner+ (d.
+h. Zänker), auch der Rauschebart genannt.
+
+~Adelsbündnisse~ in Schwaben, Franken und am Rhein gegen Fürsten
+und Städte gerichtet (der +Löwenbund+, der +St. Georgsbund+, die
++Schlegler+).
+
+[~1377–1389.~]
+
+~Süddeutscher Städtekrieg.~
+
+[1377.]
+
+Sieg der schwäbischen Städte (Vorort +Ulm+) bei +Reutlingen+ über
+Eberhards Sohn Ulrich. Der schwäbische Städtebund vom Kaiser anerkannt.
+
+[1378.]
+
+Tod Karls IV., nachdem er seine Länder unter seine drei Söhne so
+geteilt hat, daß +Wenzel+ Böhmen und Schlesien (später fällt ihm auch
+Luxemburg zu), +Sigismund+ die Mark Brandenburg, +Johann+ die Lausitz
+erhält. In +Mähren+ herrschen 2 Neffen Karls, +Jobst+ und +Prokop+ als
+Markgrafen. Zum deutschen König war schon gewählt worden
+
+[~1378–1400.~]
+
+~Wenzel~, Karls IV. ältester Sohn.
+
+[1381.]
+
+Der +schwäbische+ Städtebund vereinigt sich mit den +rheinischen+
+und schließt bald auch ein Bündnis mit einem Teil der Schweizer
+Eidgenossenschaft.
+
+[1384.]
+
+Wenzel bringt einen Landfrieden auf vier Jahre zustande (Fürstentag
+zu +Heidelberg+), doch beginnen die Fehden, sobald er nach Böhmen
+zurückgekehrt ist, aufs neue. Herzog +Leopold III.+ von +Österreich+
+bekriegt im Bunde mit dem süddeutschen Adel die Eidgenossen. Das
+Ritterheer wird in der
+
+[~1386.~]
+
+~Schlacht bei Sempach~ (+Arnold Winkelried?+) gänzlich geschlagen,
+ebenso 1388 in der Schlacht bei +Näfels+. Die Herzöge von Österreich
+verzichten auf die Unterwerfung der Schweiz.
+
+[1388.]
+
+Erneuerung des Städtekrieges. Eberhard der Greiner siegt über die
+schwäbischen Städte bei +Döffingen+ (wo sein einziger Sohn +Ulrich+
+fällt), Pfalzgraf +Ruprecht+ über die rheinischen bei +Worms+.
+
+[1389.]
+
+Landfriede zu +Eger+, von König Wenzel verkündet. Die Städte behalten
+ihre Reichsfreiheit, müssen aber auf Sonderbündnisse verzichten.
+
+[1400.]
+
+Wenzel, in Böhmen durch Härte (der Generalvikar des Erzbischofs von
+Prag, Johann von Nepomuk, Beichtvater der Gemahlin Wenzels, in die
+Moldau gestürzt) und Trägheit verhaßt, aus Anlaß innerer Zerwürfnisse
+wiederholt gefangen gesetzt, wird von den am Königsstuhl bei Rense
+versammelten rheinischen Kurfürsten der deutschen Königswürde entsetzt.
+Er stirbt 1419 als König von Böhmen.
+
+[~1400–1410.~]
+
+~Ruprecht von der Pfalz~ vermag selbst bei seiner Partei kaum das
+königliche Ansehen zur Geltung zu bringen.
+
+[1401.]
+
+Unglücklicher Zug Ruprechts nach Italien. Das deutsche Heer wird bei
++Brescia+ geschlagen von +Johann Galeazzo Visconti,+ den König Wenzel
+zum erblichen Herzog von Mailand ernannt hatte (1395) (S. 198).
+
+[1409.]
+
+Infolge der hussitischen Streitigkeiten (s. S. 204) in Prag und einer
+Veränderung der Universitätsstatuten zu Gunsten der czechischen Nation
+verlassen die deutschen Professoren und Studenten die Universität Prag
+und gehen meist nach +Leipzig+, wo +Friedrich der Streitbare+ von
+Meißen (S. 204) eine Universität stiftet.
+
+[1409.]
+
+~Konzil zu Pisa,~ berufen zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit
+(seit 1378 +zwei+ Päpste, einer in +Rom+, einer in +Avignon+). Der vom
+Konzil erwählte Papst Alexander V. vermag die beiden anderen nicht zur
+Abdankung zu nötigen.
+
+[~1410–1437.~]
+
+~Sigismund,~ Wenzels Bruder, Markgraf von +Brandenburg+ und König von
++Ungarn+ (als Gemahl der Tochter König Ludwigs des Großen, S. 217),
+gewählt besonders auf Betreiben des Burggrafen +Friedrich VI. von
+Nürnberg,+ doch nur durch drei Kurstimmen, während die anderen für
++Jobst von Mähren+ abgegeben werden und +Wenzel+ als dritter noch
+Ansprüche auf die Krone erhebt. Jobst † 1411; darauf zweite Wahl
+einstimmig für Sigismund. Dieser zieht nach Italien und einigt sich
+mit Papst +Johann XXIII.+, Alexanders V. Nachfolger, über die Berufung
+eines allgemeinen Konzils nach einer +deutschen+ Stadt.
+
+[~1414–1418.~]
+
+~Kirchenversammlung zu Konstanz,~ zahlreich besucht von Fürsten und
+Prälaten, hat eine dreifache Aufgabe zu lösen: 1. Beseitigung der
+Kirchenspaltung (+causa unionis+), 2. Verbesserung der kirchlichen
+Zustände +(causa reformationis),+ 3. Abstellung der Ketzerei +(causa
+fidei).+
+
+Von der Reformpartei wird die Abstimmung nach +Nationen+ (deutsche,
+franz., engl., italien., je eine +Kuriatstimme+) durchgesetzt. Papst
+Johann XXIII., der persönlich erschienen war, wird zu öffentlicher
+Abdankung bewogen, entflieht dann aber mit Hilfe des Herzogs Friedrich
+von Österreich. Dieser, in die Acht erklärt, muß sich unterwerfen.
+Das Konzil spricht auf Antrag +Gersons+, des Kanzlers der Pariser
+Universität, den Grundsatz aus, +daß das Konzil über dem Papste stehe+;
+Johann XXIII. wird abgesetzt, Gregor XII. in Rom verzichtet freiwillig.
+
+Inzwischen ist der Tscheche +Johann Hus,+ Professor in Prag, Anhänger
+der Lehren des Engländers +Wycliffe+ (S. 312, Verwerfung des Ablasses,
+der Ohrenbeichte, der Transsubstantiation), seit 1412 im Bann, im
+Vertrauen auf das von Sigismund ihm gewährte sichere Geleit in Konstanz
+erschienen; er wird als Ketzer verurteilt.
+
+[~1415.~ 6. Juli.]
+
+~Hus verbrannt,~ 1416 sein Freund +Hieronymus+ von Prag. Sigismund
+reist nach Spanien, um Benedikt XIII., der sich von Avignon nach der
+Burg Peniscola (unweit Valencia) zurückgezogen hat, zur Abdankung
+zu bewegen. Dies mißlingt, aber die spanische Geistlichkeit sagt
+sich von Benedikt los. Sigismund reist über Paris nach England, um
+zwischen Frankreich und England Frieden zu vermitteln (S. 209),
+doch ohne Erfolg. Nach seiner Rückkehr 1417 Beratung über die
++Kirchenverbesserung+ (Beschränkung der päpstlichen Willkür in der
+Verleihung kirchlicher Ämter, Aufhebung drückender Abgaben, Besserung
+des Lebens der Geistlichen).
+
+Dem Verlangen der Reformpartei, daß diese Verbesserung +vor+ der
+Wahl eines neuen Papstes zum Abschluß komme, treten die Anhänger des
+Papsttums in den romanischen Nationen, verstärkt durch die Spanier
+als +fünfte+ Nation, entgegen. Der neugewählte Papst +Martin V.+
+(Kardinal Colonna, S. 211) bringt +drei Konkordate+, mit den Deutschen,
+Engländern und Romanen, zum Abschluß, die aber nicht zur Abstellung der
+Mißbräuche führen.
+
+[~1415.~]
+
+Sigismund überträgt in +Konstanz+ dem Burggrafen +Friedrich VI. von
+Nürnberg+, als Belohnung für wichtige, ihm und dem Reiche geleistete
+Dienste die ~Mark Brandenburg~ mit der Kur- und Erzkämmererwürde
+(Belehnung 1417).
+
+[1423.]
+
+Sigismund belehnt +Friedrich den Streitbaren+, Markgrafen von +Meißen+,
+aus dem Hause +Wettin+ (s. S. 179, 203) mit dem Kurfürstentum
+~Sachsen-Wittenberg~, nach dem Aussterben der dort regierenden Askanier
+(S. 189). In Sachsen-Lauenburg regieren Askanier noch bis 1689, dann
+kommt das Land an Hannover.
+
+[~1419–1436.~]
+
+~Hussitenkrieg.~ Entrüstung der Böhmen über Hus’ Hinrichtung. Seine
+Anhänger, +Hussiten+, auch +Utraquisten+ genannt (weil sie das
+Abendmahl +sub utraque specie+, Brot und Wein, auch für die Laien
+verlangen), wollen die Ausübung ihrer vom Konzil verworfenen Lehre
+mit Gewalt durchsetzen. König Wenzel sucht zu vermitteln; nach seinem
+Tode 1419 Aufstand in Prag. +Ziska+, Anführer der Hussiten. Sigismund,
+Erbe der böhmischen Krone, wird zwar in Prag gekrönt, muß aber das
+Land bald verlassen. Die 1421 in Böhmen eindringenden Reichstruppen
+werden zurückgeschlagen, Sigismunds Heer wird 1422 bei +Deutsch-Brod+
+vernichtet. Verheerende Züge der Hussiten in die umliegenden
+Länder (Österreich, Bayern, Franken, Sachsen, Schlesien, Lausitz,
+Brandenburg); öftere Niederlagen der gegen sie aufgebotenen Reichsheere.
+
+[~1431–1449.~]
+
+~Konzil zu Basel~, zur Wiederherstellung des Friedens und zur
+Durchführung der kirchlichen Reformen berufen. Durch Gesandte des
+Konzils wird ein Vergleich mit den gemäßigten Hussiten (Kalixtinern,
+Utraquisten) geschlossen: +Prager Kompaktaten+ 1433; die +Taboriten+,
+(Tabor, Stadt in Böhmen), welche den Vergleich nicht annehmen, werden
+bei +Böhmisch-Brod+ 1434 besiegt, Sigismund zieht 1436 in Prag ein.
+
+Während dieser Bedrängnis des deutschen Reiches im Osten erhebt sich
+im Westen die Macht der französischen Herzöge von ~Burgund,~ welche
+ansehnliche deutsche Reichslehen an sich bringen. Philipp der Kühne (S.
+208) verschafft seinem zweiten Sohne die Nachfolge in +Brabant+ und
++Limburg+; sein Enkel Philipp der Gute erbt diese Länder und außerdem
+1428 die Grafschaften +Holland+, +Seeland+, +Hennegau+, bald auch
++Luxemburg+. Auch das Herzogtum ~Lothringen~ kommt nach dem Aussterben
+des Mannesstammes (S. 165) 1431 an eine +französische+ Dynastie, da die
+Erbin sich mit +René von Anjou+, Graf von Provence, Titularkönig von
+Neapel (S. 211) vermählt.
+
+Im Innern des deutschen Reiches Verwirrung, Fehden und Selbsthilfe. Bei
+der herrschenden Rechtsunsicherheit erlangen die +Femgerichte+ (S. 190)
+für einige Zeit große Bedeutung.
+
+[~1438–1740.~]
+
+~Kaiser aus dem Hause Habsburg.~
+
+[~1438–1439.~]
+
+~Albrecht II.~, der tatkräftige Schwiegersohn Sigismunds, dem er auch
+in +Böhmen+ und +Ungarn+ folgt, stirbt nach der Rückkehr von einem
+Türkenzuge.
+
+[~1440–1493.~]
+
+~Friedrich III.~ von Steiermark, (Vetter Albrechts), der letzte in Rom
+(1452) gekrönte deutsche Kaiser. Ein durchaus unfähiger Herrscher, läßt
+er sich durch seinen Ratgeber +Aeneas Silvius Piccolomini+ (später
+Papst +Pius II.+) bewegen, in dem Streit zwischen dem ~Baseler Konzil~
+und Papst Eugen IV. auf die Seite des Papstes zu treten. Die von dem
+Konzil beschlossenen kirchlichen Reformen werden durch das +Wiener
+Konkordat+ 1448 vereitelt; das Konzil löst sich auf 1449.
+
+Bürgerkrieg in der +Schweiz+ 1440–1450; Zürich mit Österreich
+verbündet. Auf Kaiser Friedrichs Bitte schickt Karl VII. von Frankreich
+den Dauphin (als König Ludwig XI.) mit den zügellosen Scharen der
++Armagnacs+ gegen +Basel+. Heldentod von 1600 Eidgenossen bei ~St.
+Jakob~ 1444. Die Armagnacs plündern darauf im Elsaß, bis der Kurfürst
+von der Pfalz sie vertreibt. Friede der Schweizer mit Frankreich. Das
+Haus Habsburg verliert seine letzten Besitzungen in der Schweiz; es
+behält seine Besitzungen im Elsaß und in Schwaben (Vorder-Österreich).
+
+~Fehden im deutschen Reiche~, denen der Kaiser untätig zusieht. In
++Sachsen+ Bruderkrieg zwischen Kurfürst Friedrich dem Sanftmütigen und
+seinem Bruder Wilhelm (1446–50); im Anschluß daran der +Prinzenraub+:
+Ritter Kunz von Kaufungen entführt 1455 die beiden Söhne Friedrichs
+aus dem Schloß zu Altenburg, wird aber von Köhlern im Walde gefangen.
+Der Erzbischof von Köln führt Krieg gegen die Stadt +Soest+ (Soester
+Fehde 1444–1449), Kurfürst +Albrecht Achilles+ von Brandenburg gegen
++Nürnberg+ (1449–1453), Pfalzgraf +Friedrich der Siegreiche+ gegen den
+Erzbischof von +Mainz+, den Grafen von Württemberg und den Markgrafen
+von Baden (Pfälzer Fehde 1462). Zur Herstellung des Friedens in
+Deutschland ist der +schwäbische Bund+ förderlich, 1488 auf Betreiben
+des Kaisers von Fürsten, Rittern und Städten geschlossen.
+
+[Um ~1450.~]
+
+~Johann Gutenberg~ (in Mainz) erfindet die Buchdruckerkunst. (+Johann
+Fust, Peter Schöffer.+)
+
+In ~Böhmen~ Parteikämpfe während der Unmündigkeit des jungen Königs
++Ladislaus Postumus+ (Sohn Albrechts II.), für den Friedrich III. die
+Vormundschaft führt. +Georg Podiebrad+ wird 1452 zum Reichsverweser,
+1458 nach Ladislaus’ Tode zum König gewählt, aber als Utraquist
+angefeindet († 1471). +Matthias Corvinus+ wird König von Ungarn (S.
+218), besetzt die Nebenländer Mähren, Schlesien, Lausitz; schließt 1478
+Frieden mit Georgs Nachfolger +Wladislav+ (Sohn Kasimirs IV. von Polen).
+
+[1474–1475.]
+
++Karl der Kühne+ von ~Burgund~, durch Verpfändung im Besitz der
+habsburgischen Teile des +Elsaß+, dringt in das Erzbistum +Köln+ ein,
+um den abgesetzten Erzbischof zurückzuführen, belagert +Neuß+, wird
+aber durch das Anrücken eines Reichsheeres unter Friedrich III. und
+durch den Angriff der Schweizer auf Héricourt zum Abzug bewogen.
+
+[1476.]
+
+Karl der Kühne stürzt sich, nachdem er sich +Lothringens+ bemächtigt
+und den Herzog Renatus vertrieben hat, auf die Schweizer, wird bei
++Granson+ und bei +Murten+ geschlagen.
+
+[1477.]
+
+Karl der Kühne fällt im Kampfe gegen den zurückgekehrten Herzog
+von Lothringen vor +Nancy+; seine Tochter Maria vermählt sich mit
+Friedrichs III. Sohn, Erzherzog +Maximilian+. Dieser gewinnt dadurch
+die ~Niederlande~ und die ~Freigrafschaft Burgund~ (S. 198) für die
++habsburgische Hausmacht,+ verteidigt diese Erwerbung im Kriege gegen
+Ludwig XI. von Frankreich, der die burgundischen Städte in der Picardie
+und das +Herzogtum Burgund+ als erledigte Mannslehen einzieht.
+
+[1490.]
+
+Friedrich III., von +Matthias Corvinus+ aus Wien vertrieben (1485),
+wird nach dessen Tode († 1490) von seinem Sohn +Maximilian+
+zurückgeführt.
+
+[1491.]
+
++Wladislav IV.+ von Böhmen, nach Corvinus’ Tode auch König von
++Ungarn+, sichert im Frieden zu +Preßburg+ dem Hause Habsburg die
+Nachfolge zu.
+
+ Albrecht II. †1439.
+ Gem. Elisabeth, Tochter Sigismunds.
+ _______________|__________________
+ | |
+ Elisabeth, Ladislaus Postumus,
+ Gem. Kasimir IV. von Polen. †1457.
+ |
+ Wladislav,
+ 1471 König v. Böhmen, 1490 König v. Ungarn.
+ __________|__________________
+ | |
+ Ludwig II. †1526. Anna,
+ Gem. Maria v. Österreich. Gem. Ferdinand I.
+
+
+§ 2. Frankreich.
+
+[~1270–1285.~]
+
+~Philipp III.~, +der Kühne+ (+le Hardi+), vermählt seinen
+
+[~1285–1314.~]
+
+Sohn ~Philipp IV.~, +den Schönen+ (+le Bel+), mit +Johanna+, Erbin
+von Navarra. Kampf mit Papst +Bonifacius VIII.+, der dem König die
+Besteuerung der französischen Geistlichkeit untersagt. Der Papst wird
+1313 in Anagni von Verschwörern gefangen genommen, doch von seinen
+Anhängern befreit, stirbt bald darauf.
+
+[1309.]
+
+Papst +Clemens V.+, vorher Bischof von Bordeaux, verlegt die päpstliche
+Residenz nach ~Avignon~ (an der Rhone); das Papsttum von Frankreich
+abhängig (Babylonische Gefangenschaft (1309–1377)).
+
+[1312.]
+
+Aufhebung des +Tempelherrn+ordens durch Clemens V., auf Antrieb des
+nach den Schätzen und Gütern des Ordens lüsternen Königs. In Paris
+werden 54 Ritter verurteilt und verbrannt, zuletzt auch der Großmeister
++Jakob+ von +Molay+ (1314). Erwerbung burgundischer Gebiete (s. S.
+198). Auf +Philipp IV.+ folgen hintereinander seine drei Söhne Ludwig
+X., Philipp V., Karl IV., dann nach dem +salischen Gesetz+, welches die
+Frauen von der Thronfolge ausschließt[39] (Beschluß der Reichsstände
+von 1317), das
+
+[~1328–1498.~]
+
+~Haus Valois~ (Nebenlinie der Capetinger).
+
+[~1328–1350.~]
+
+~Philipp VI.,~ Sohn Karls von Valois, eines Bruders Philipps IV. Gegen
+ihn erhebt Ansprüche auf den französischen Thron ~Eduard III.~ von
+England, als Sohn einer Tochter Philipps IV., daher
+
+[~1339–1453.~]
+
+mehr als ~hundertjähriger Krieg~ zwischen Frankreich und England.
+
+[1340.]
+
+Seesieg der Engländer bei ~Sluys~, dem Hafenort von Brügge. Die
+flandrischen Städte, geleitet von +Jakob von Artevelde+, mit ihnen
+verbündet.
+
+[1346.]
+
+Sieg der Engländer bei ~Crécy~ in der Picardie, Anwendung von
++Geschützen+; Tod des blinden Königs +Johann von Böhmen+ (S. 199).
++Calais+ erobert 1347
+
+[~1350–1364.~]
+
+~Johann II., der Gute.~
+
+[1356.]
+
+Sieg des +Schwarzen Prinzen+ (Sohn Eduards III.) bei +Maupertuis+
+unweit +Poitiers+. Johann 4 Jahre lang in England Gefangener.
+Währenddessen in Frankreich Verwirrung und furchtbare innere Kämpfe, da
+der junge Dauphin[40]
+
+als Statthalter nicht durchzugreifen vermag.
+
+[1357–1358.]
+
+Aufstand in Paris, geleitet von +Etienne Marcel+, dem Vorsteher der
+Innungen (+prévôt des marchands+), der mit +Karl dem Bösen+, König von
+Navarra, in Verbindung tritt.
+
+[1358.]
+
+Bauernkrieg mit furchtbaren Greueltaten, +Jacquerie+ genannt nach dem
+Anführer +Guillaume Caillet+, mit dem Beinamen +Jacques Bonhomme+,
+welcher dann zum Spottnamen des französischen niederen Volks wurde. Der
+Adel schart sich um den Dauphin; nach Unterwerfung der Bauern wird auch
+der Aufstand in Paris blutig unterdrückt.
+
+[1360.]
+
++Friede+ mit England zu +Bretigny+ (bei +Chartres+): Eduard III.
+verzichtet auf die französische Krone und erhält +Poitou+, +Guyenne+
+und +Gascogne+ als unabhängigen Besitz ohne Lehnspflicht (S. 192).
+
+[1363.]
+
+Johann gibt das Herzogtum +Burgund+ seinem jüngeren Sohn +Philipp dem
+Kühnen+ (burgundische Nebenlinie der Valois). Dieser legt durch seine
+Heirat mit der Erbtochter des Grafen von +Flandern+ den Grund zur
+Herrschaft des burgundischen Hauses in den Niederlanden (S. 205).
+
+[~1364–1380.~]
+
+~Karl V., der Weise~. Beruhigung der inneren Verhältnisse, dann
+Erneuerung des Krieges; die meisten früheren (S. 192) englischen
+Besitzungen in Frankreich werden wiedergewonnen.
+
+Ritter +Bertrand du Guesclin+, seit 1370 Connétable von Frankreich,
+siegreich gegen die Engländer.
+
+[~1380–1422.~]
+
+~Karl VI.~, verfällt in Wahnsinn, seine Oheime, die Herzoge von Orléans
+und Burgund, Reichsverweser, 2 Parteien: +Burgund+ und +Orléans+
+(Armagnacs) (S. 205).
+
+[1407.]
+
+Der Herzog von Orléans wird auf Befehl des Herzogs +Johann+ von
+Burgund ermordet. Die dadurch veranlaßten Parteikämpfe erleichtern das
+abermalige Vordringen der Engländer.
+
+[1415.]
+
+Sieg +Heinrichs V.+, Königs von England, bei ~Azincourt~ (unweit
+Crécy), darauf Eroberung der Normandie.
+
+[1419.]
+
+Johann von Burgund auf der Brücke von Montereau durch die Begleiter des
+Dauphin Karl (+Duchâtel+) ermordet. Johanns Sohn +Philipp+ schließt
+deshalb mit Beistimmung der Königin +Isabeau+ mit den Engländern den
+Vertrag von +Troyes+; Heinrich V. heiratet +Katharina+, Tochter Karls
+VI., und wird als Regent und Nachfolger auf dem Thron Frankreichs
+anerkannt, † 1422.
+
+Unter +Johann+ und seinem Sohne +Philipp dem Guten+ erreicht das
+burgundische Herzogshaus den Gipfel seiner Macht. Blüte des Handels,
+der Gewerbe und der Künste in den flandrischen Städten, besonders in
++Brügge+ und +Gent+ (die Maler Hubert und Johann van Eyck um 1420).
+Philipp bemächtigt sich der Erbschaft der Gräfin Jakobäa von +Holland+
+(S. 205).
+
+[~1422–1461.~]
+
+~Karl VII.~, zunächst nur südlich von der Loire anerkannt, im Norden
+der minderjährige +Heinrich VI.+, König von England, geb. 1421.
+
+[1429.]
+
+~Johanna d’Arc~ (geb. 1412 in Domremy an der Maas), genannt die
+~Jungfrau von Orléans~, weil sie dieser Stadt Entsatz bringt.
+Die Engländer und Burgunder zurückgetrieben, Karl VII. in Reims
+gekrönt. +Johanna+ 1430 bei Compiègne von den Burgundern gefangen,
+den Engländern ausgeliefert, 1431 in Rouen von einem geistlichen
+Gerichtshof als Zauberin und Ketzerin verurteilt und verbrannt. Das
+ungerechte Urteil wird später (1456) auf Befehl des Papstes widerrufen.
+Ihre Seligsprechung durch Papst Leo XIII. 1894.
+
+[1435.]
+
+Friede zu +Arras+ zwischen Karl VII. und Philipp von Burgund. Die
+Engländer verlieren schließlich +alle+ französischen Besitzungen außer
++Calais+ (S. 236), ihr Feldherr +Talbot+ † 1453 in dem Treffen bei
++Castillon+. Errichtung der Ordonnanz-Kompanien, Anfang der stehenden
+Heere.
+
+[~1461–1483.~]
+
+~Ludwig XI.~ bricht durch Klugheit und Treulosigkeit die Macht der
+großen Vasallen, welche gegen ihn die +Ligue du bien public+ schließen
+(Herzöge von Burgund, Bretagne, Orléans, Anjou, Nemours, Bourbon,
+Grafen von Charollais u. a.) und legt den Grund zur +unumschränkten+
+Monarchie. Nach dem Tode Karls des Kühnen (1477, s. S. 206) zieht er
+das Herzogtum +Burgund+ als erledigtes Lehen ein, während die andern
+Besitzungen des Herzogs an Deutschland kommen; nach dem Tode Renés
+von Anjou (1480) werden +Anjou+, +Maine+ und die +Provence+ mit den
+Kronländern vereinigt.
+
+[~1483–1498.~]
+
+~Karl VIII.~ gewinnt die +Bretagne+ durch Vermählung mit der Tochter
+des letzten Herzogs (S. 235), zieht 1494 nach Italien, um die Ansprüche
+des Hauses Anjou auf das Königreich +Neapel+ geltend zu machen (S.
+190). Er erobert das Königreich, wird aber durch ein Bündnis zwischen
+dem Papste, dem Kaiser, dem Herzog von Mailand, Venedig und Spanien zum
+Rückzuge genötigt.
+
+
+§ 3. Italien.
+
+Entwickelung selbständiger Staaten seit dem Sinken der deutschen
+Kaisermacht (1250).
+
+~Mailand~, seit Kaiser Heinrich VII. (1310) unter den +Visconti+ als
+kaiserlichen Statthaltern, seit 1395 als +Herzögen+ (S. 203). Nach
+dem Aussterben der Visconti bemächtigt sich der von den Mailändern in
+Sold genommene Condottiere +Franz Sforza+ der Herrschaft und wird 1450
+Herzog von Mailand.
+
+Die Grafen von ~Savoyen~, deren Ahnherr Graf Humbert Weißhand 1032
+mit Burgund unter die Herrschaft der deutschen Könige kam, seit etwa
+1050 durch Heirat auch im Besitz von Piemont, erhalten 1416 von Kaiser
+Sigismund die +Herzogs+würde. Die Markgrafen von +Este+ (S. 166) werden
+1452 von Friedrich III. zu Herzögen von ~Modena~ und +Reggio+ erhoben;
+Papst Paul II. belehnt sie 1471 mit dem Herzogtum +Ferrara+.
+
+~Venedig~, seit 697 durch Vereinigung der Inselgemeinden +ein+
+Staat unter einem +Dogen+ (dux), seit etwa 1000 Beherrscherin des
+Adriatischen Meeres, wächst während der Kreuzzüge an Macht und Ansehen
+(s. S. 176, 178). Nach Beendigung der Seekriege mit +Genua+ (1381)
+ist Venedig Herrin des Mittelmeeres und des Levantehandels. Sein
+Festlandsgebiet erstreckt sich über Padua und Verona bis Brescia; seine
+Seemacht stützt sich auf den Besitz von Dalmatien, Kandia und Korfu.
+~Verfassung~ streng aristokratisch. 1172 Einsetzung des +großen+ Rates
+(450 bis 500 Mitglieder), dann des +kleinen+ Rates (Signoria), der die
+Macht des Dogen noch mehr beschränkt. 1298 +Schließung+ des +großen
+Rates+, die Namen der ratsfähigen Familien (Nobili) werden in dem
++Goldenen Buch+ verzeichnet. Zur Unterdrückung von Verschwörungen 1310
+der +Rat der Zehn+ eingerichtet; Hinrichtung des Dogen +Marino Falieri+
+1355. Seit 1539 ernennt der Rat der Zehn die drei +Staatsinquisitoren+,
+deren strenge Herrschaft aber erst 1583 beginnt.
+
+~Genua~, seit Herstellung des griechischen Kaisertums (1261) im Orient
+mächtig, nach dem Siege über Pisa (1284) auch im Besitz der Inseln
+Sardinien, Korsika, Elba, dann aber durch die Kriege mit Venedig und
+innere Unruhen geschwächt, seit 1396 bald von Frankreich, bald von
+Mailand abhängig.
+
+~Florenz~, seit 1282 mit demokratischer Verfassung (die +Priori delle
+arti+ bilden die +Signoria+), öfters durch Parteikämpfe erschüttert,
+gewinnt allmählich die Herrschaft über die Landschaft +Toskana+; Pisa
+erst 1429 unterworfen. Seit 1400 gelangt das Geschlecht der ~Medici~
+zu hohem Ansehen und fürstlicher Stellung. +Johann von Medici+, reicher
+Bankier, Begründer der Macht des Hauses. Sein Sohn +Cosĭmo+, der +Vater
+des Vaterlandes+, († 1464), Beschützer der Künste (Brunelleschi,
+Ghiberti, Donatello u. a.), Begründer der platonischen Akademie und der
+mediceischen Bibliothek. Unter dessen Enkel +Lorenzo+ (il Magnifico, †
+1492) die glänzendste Zeit für Florenz.
+
+Entfaltung der ~italienischen Literatur~ durch die drei florentinischen
+Dichter +Dante+ Alighieri († 1321), +Petrarca+ († 1374), +Boccaccio+
+(† 1375). Von Petrarca besonders angeregt entwickelt sich das erneute
+Studium der Wissenschaft und Poesie des Altertums (+Humanismus+),
+gefördert durch griechische Gelehrte, die nach der Eroberung
+Konstantinopels (S. 218) aus dem byzantinischen Reiche vor den Türken
+geflohen waren. Hand in Hand damit geht der Aufschwung der ~bildenden
+Kunst~ (+Renaissance+) zuerst in Florenz, dann in Rom (Peterskirche).
+
+Der ~Kirchenstaat~, in der Langobardenzeit begründet, durch die von
+Karl d. Gr. bestätigte Schenkung Pippins (s. S. 150) und andere
+Erwerbungen erweitert, seit Innocenz III. vom deutschen Reiche völlig
+unabhängig. Zerrüttung durch Adelskämpfe (die Orsini und Colonna),
+während die Päpste in +Avignon+ residieren (1309–1376). +Cola di
+Rienzi+ tritt 1347 als Volkstribun auf, wird vertrieben, kehrt 1354 als
+päpstlicher Senator zurück, wird aber durch Volksaufstand getötet (S.
+199). Herstellung der Einheit der Kirche durch das Konzil zu Konstanz
+(S. 203f.), des Kirchenstaats erst durch Papst +Nikolaus V.+ (1447 bis
+1455), der als Freund der Wissenschaften die vatikanische Bibliothek
+begründet.
+
+In ~Neapel~ Haus +Anjou+ bis 1435. ~Sicilien~ 1282–1295 mit +Aragon+
+verbunden (S. 190), dann unter einer Nebenlinie des aragonischen
+Hauses, seit 1409 wieder bei Aragon, dessen König +Alfons V.+ 1435–1442
+auch Neapel erobert. Glänzende Hofhaltung, Pflege des Humanismus
+(+Laurentius Valla+). Nach Alfons’ Tode (1458) kommt +Neapel+ ohne
+Sicilien an seinen natürlichen Sohn Ferdinand I. und dessen Nachkommen;
+in Sicilien aragonische Dynastie bis 1504. Von 1504–1713 Neapel und
+Sicilien bei Spanien (S. 235).
+
+
+§ 4. England.
+
+[~1272–1307.~]
+
+~Eduard I.~, Sohn Heinrichs III. (S. 193), unterwirft +Wales+
+vollständig (Prinz von Wales, Titel seines ältesten Sohnes und fortan
+jedes Thronerben), mischt sich als Lehnsherr in die schottischen
+Thronstreitigkeiten, beruft Vertreter der Grafschaften und Städte zum
+Parlament; Anfang des Unterhauses.
+
+[~1307–1327.~]
+
+~Eduard II.~, von den Schotten geschlagen, muß Robert Bruce als
+schottischen König anerkennen. Er wird auf Anstiften der Königin und
+ihres Günstlings +Mortimer+ vom Parlament abgesetzt und später auf
+grausame Weise ermordet. Ihm folgt der tatkräftige
+
+[~1327–1377.~]
+
+~Eduard III.~ König +David Bruce+ von Schottland als Gefangener in
+London, gegen Lösegeld freigelassen. Seit 1371 Haus +Stuart+ in
+Schottland; Robert II., 1371–1390, Tochtersohn von Robert Bruce,
+nicht mehr lehnsabhängig von England. -- Trennung des englischen
+Parlaments in +Oberhaus+ und +Unterhaus+. Steuerbewilligungsrecht und
+Petitionsrecht des Unterhauses. Ausbildung des +Selfgovernment+ in den
+Grafschaften (das Friedensrichteramt). Krieg mit Frankreich s. S. 207.
+Geoffrey +Chaucer+, Begründer der englischen Literatur, † 1400.
+
+[~1377–1399.~]
+
+~Richard II.~, Enkel Eduards III. Die Bestrebungen des Reformators
++Wycliffe+ (Prof. in Oxford, 1382 abgesetzt, vgl. S. 203) werden
+vereitelt durch den gefährlichen Aufstand der Bauern unter +Wat Tyler+
+1381. Richard zur Abdankung genötigt von seinem Vetter +Heinrich von
+Lancaster+, † im Gefängnis.
+
+[1399–1461.]
+
+~Haus Lancaster~ (Nebenlinie des Hauses Plantagenet).
+
+[~1399–1413.~]
+
+~Heinrich IV.~, Enkel Eduards III. Kämpfe gegen Empörungen des hohen
+Adels (Heinrich Percy); der König behauptet sich im Bunde mit der
+Kirche. Grausame Verfolgung der Anhänger Wycliffes.
+
+[~1413–1422.~]
+
+~Heinrich V.~, als Prinz der Genosse wüster Gesellen, als König
+energisch und tapfer. Aufstand der +Lollharden+ (Anhänger Wycliffes)
+unterdrückt. Krieg in Frankreich s. S. 209.
+
+[~1422–1461.~]
+
+~Heinrich VI.~, beim Regierungsantritt unmündig, später von
+Günstlingen geleitet, kann den Übermut des Adels nicht im Zaum halten.
+Unglücklicher Ausgang des Krieges in Frankreich. Sein Vetter +Richard
+von York+, zweimal wegen Krankheit des Königs zum Protektor des Reiches
+erwählt, erhebt zuerst 1452 offen Anspruch auf die Krone. Gegen ihn
+die Königin +Margarete+ (aus dem Hause +Anjou+) und der Herzog von
++Somerset+ († 1454).
+
+[1459–1485.]
+
+~Bürgerkrieg in England~; Parteien der +Roten Rose+ (Lancaster) und
+der +Weißen Rose+ (York). Richard von York bei Wakefield besiegt und
+getötet 1460. Dennoch behauptet sich seine Partei im Felde und ruft
+1461 in London seinen Sohn +Eduard+ zum König aus.
+
+ Die Familien ~Lancaster~, ~York~ und ~Tudor~.
+
+ Eduard III. †1377.
+ _____________________|__________________________________...
+ | | | |
+ Eduard, Lionel Johann von Gent, Edmund,
+ (der Schwarze Prinz) Hz. v. Clarence Hz. ~v. Lancaster~, Hz. ~v. York~,
+ †1376. †1368. †1399. †1402.
+ | | ____|__________
+ ~Richard II.~, | | |
+ abgesetzt 1399, | ~Heinrich IV.~ John Bedford.
+ †1400. | †1413 |
+ | | |
+ | | |
+ | ~Heinrich V.~ John Bedford.
+ | †1422 Gem. Kath. |
+ | v. Frankreich |
+ | | |
+ Seine ~Heinrich VI.~ ~Margarete.~
+ Urenkelin -- 1461, Gem. Edm. ~Tudor~
+ Anna ermordet (Sohn v. Owen Tudor
+ Mortimer, 1471. u. Kath. v.
+ Gem. v. | Frankreich,
+ Richard v. Eduard, Witwe
+ Cambridge Prinz v. Wales, Heinrichs V.).
+ ermordet 1471. |
+ |
+ ~Heinrich VII.~ †1509.
+ Tudor.
+ ___________|________
+ | |
+ ~Heinrich VIII.~ Margarete,
+ †1547. Gem. Jakob IV. Stuart
+ | v. Schottland.
+ ___|______________________
+ | | |
+ ~Maria~ die ~Elisabeth~ ~Eduard VI.~
+ Katholische †1558. †1603. †1553.
+
+
+ ... Edmund,
+ Hz. ~v. York~,
+ 1402.
+ ________|_______
+ | |
+ Eduard, Richard,
+ Hz. v. York Gr. v. Cambridge.
+ Gem. Anna Mortimer.
+ |
+ _________________________
+ Richard, Hz. v. York, 1460
+ ________|________
+ | |
+ ~Eduard IV.~ ~Richard III.~
+ 1483 (Hz. v. Gloucester)
+ | 1485
+ |_______________________________________
+ | | |
+ Elisabeth, ~Eduard V.~ Richard.
+ Gem. Heinr. Tudor. ermord. ermord.
+ 1483 1483
+
+[1461–1485.]
+
+~Haus York~ (Nebenlinie des Hauses Plantagenet).
+
+[~1461–1483.~]
+
+~Eduard IV.~ sichert seine Herrschaft durch die Siege bei +Towton+ 1461
+und +Hexham+ 1464, nimmt Heinrich VI. gefangen, doch wird er 1470 von
++Margarete+ und Graf +Warwick+ (dem »Königsmacher«), der früher das
+meiste zu seiner Erhebung beigetragen hatte, vertrieben und Heinrich
+VI. wieder auf den Thron gesetzt. Eduard IV. kehrt bald zurück, besiegt
+das Haus Lancaster bei +Barnet+ (Warwick †) und +Tewkesbury+ 1471 und
+rottet es fast aus; nur +Heinrich Tudor+ entkommt. König Heinrich VI.
+im Tower ermordet 1471.
+
+[~1483.~]
+
+~Eduard V.~, Sohn Eduards IV., mit seinem jungen Bruder +Richard+ im
+Tower erstickt auf Befehl seines Oheims, des grausamen +Richard von
+Gloucester+ (spr. Gloster), welcher den Thron besteigt als
+
+[~1483–1485.~]
+
+~Richard III.~ Er wird bei +Bosworth+ 1485 besiegt von einem Sprößling
+des Hauses Lancaster, ~Heinrich Tudor~, Grafen von Richmond, welcher
+durch seine Heirat mit +Elisabeth von York+, Tochter Eduards IV.,
+die Ansprüche beider Häuser vereinigt. Nach Beendigung der blutigen
+Adelskriege erstarkt das +Königtum+ unter dem Hause +Tudor+ (1485–1603).
+
+
+§ 5. Die Pyrenäische Halbinsel.
+
+Den vier christlichen Königreichen steht noch immer das durch Ackerbau
+und Kunstfleiß blühende arabische (maurische) Königreich +Granāda+
+gegenüber (S. 194).
+
+~Navarra~, 1285–1329 mit Frankreich vereinigt (s. S. 207), 1425–1431
+mit Aragon, bleibt ein unbedeutendes Grenzland.
+
+König Pedro III. von ~Aragon~ (S. 190) unterstützt die Sicilianische
+Vesper, gewährt 1283, um die Kriegskosten zu bestreiten, den
+Reichsständen (Cortes) große Rechte durch das Privilegium von
+Saragossa. Pedro IV. erhöht 1348 die Macht des Königtums und erobert
+die Balearen, bewilligt aber die Einsetzung eines Oberrichters
+(Justicia), der Streitigkeiten zwischen König und Reichsständen zu
+entscheiden hat.
+
+Alfons XI. von ~Kastilien~ besiegt 1340 die Araber, bringt aber
+den Krieg nicht zu Ende. Zwiespalt unter seinen Söhnen +Pedro dem
+Grausamen+ und +Heinrich von Trastamara+; letzterer findet bei
+Aragon Hilfe und vertreibt mit französischen Söldnern den Gegner.
+Pedro wird 1367 durch einen Kriegszug des Schwarzen Prinzen (S.
+208) zurückgeführt, aber nach Erneuerung des Kampfes 1369 besiegt
+und getötet. Heinrich herrscht darauf bis 1379 in Freundschaft mit
+Frankreich. Sein Sohn +Johann I.+ versucht vergebens 1385 ~Portugal~
+zu erobern. Unter +Johann II.+ tritt der Connétable +Alvaro de Luna+
+der großen Macht des Adels entgegen, wird aber 1453 gestürzt. Johanns
+Tochter +Isabella+ vermählt sich 1469 mit +Ferdinand+, dem Thronfolger
+von +Aragon+, wird 1474 Königin von Kastilien.
+
+[1479–1516.]
+
+Ferdinand II., der Katholische, von Aragon. Vereinigung der beiden
+Reiche +Kastilien+ und +Aragon+, doch regiert Isabella in Kastilien
+selbständig. Die Großmeisterwürde der drei Ritterorden (S. 194) wird
+mit der Krone vereinigt, die Willkür des Adels durch Erneuerung des
+Friedensbundes der Städte (+Hermandad+) eingeschränkt. Mit päpstlicher
+Genehmigung Erneuerung der ~Inquisition~ (S. 186) zur Verfolgung der
+Ketzer, besonders gegen die Moriscos (Nachkommen der Mauren, span.
+Moros) und Juden gerichtet. Der Dominikaner +Torquemada+ 1483 zum
+Großinquisitor ernannt; Tausende zum Feuertode verurteilt (Autos da fé).
+
+[1492.]
+
+Eroberung von ~Granada~; der letzte König Abdallah (Boabdil) zieht sich
+nach Afrika zurück.
+
+~Portugal~ im Aufblühen unter der unecht burgundischen Dynastie
+seit 1385. Unter König Johann I. wird +Ceuta+ erobert 1415; sein
+Sohn +Heinrich der Seefahrer+ fördert die Entdeckungsfahrten längs
+der afrikanischen Küste. 1455 wird +Cap Verde+ erreicht, 1482 die
+Kongomündung: an dieser Fahrt nahm der um die Nautik und Geographie
+(sein Globus in Nürnberg) sehr verdiente Nürnberger Kaufmann Martin
+Behaim teil, Freund des Columbus und Magelhães, († 1506 in Lissabon).
+1487 umfährt ~Bartolomeo Diaz~ das +Cabo tormentoso+, von König Johann
+II. +Cabo de boã esperanza+ (Kap der guten Hoffnung) genannt.
+
+
+§ 6. Der Norden und Osten.
+
+~Dänemark~, seit +Knud+ dem Großen (S. 170) ein christliches Reich,
+entfaltet seine Seemacht unter +Waldemar I.+, der 1168 Rügen erobert,
+und Waldemar II., dem Sieger, der 1219 Estland gewinnt, auch bis 1227
+über Holstein und den angrenzenden Teil von Mecklenburg herrscht (S.
+187). Dann folgen schwächere Könige; erst +Waldemar IV.+ beseitigt
+die innere Zerrüttung. Er überläßt 1346 Estland dem Deutschen Orden,
+gewinnt 1360 von Schweden die Landschaft Schonen zurück, muß dann vor
+der Seemacht der deutschen Hanse weichen (S. 201).
+
++Margareta+, Tochter Waldemars IV., Gemahlin Hakons VI. von Norwegen,
+regiert seit 1375 in Dänemark für ihren unmündigen Sohn Olaf († 1387),
+nach Hakons Tode 1380 auch in ~Norwegen~, wird 1388 von einem Teil des
+schwedischen Adels zur Regentin ~Schwedens~ erwählt. Sie besiegt ihren
+Gegner Albrecht von Mecklenburg (seit 1364 König von Schweden), dessen
+Anhänger sich mit Hilfe der seeräuberischen +Vitalienbrüder+ noch
+einige Jahre in Stockholm behaupten, bis die deutsche +Hanse+ dagegen
+einschreitet.
+
+[1397.]
+
+~Kalmarische Union~. Die Stände der drei Reiche beschließen zu +Kalmar+
+die Vereinigung unter einem gemeinsamen Wahlkönigtum. +Margareta+
+regiert mit hohem Ansehen, † 1412.
+
+[1409–1435.]
+
+Krieg um ~Schleswig~. Dieses Herzogtum, schon seit 1326 nach der sogen.
+Waldemarschen Konstitution, nach der es nie wieder mit Reich und Krone
+von Dänemark vereinigt werden sollte, größtenteils im erblichen Besitz
+der deutschen Grafen von +Holstein+ (aus dem Hause Schauenburg, S.
+179), 1386 von Margareta dem Grafen Gerhard VI. zu Lehen gegeben,
+wird von seinen Söhnen mit Hilfe der Hanse behauptet gegen Margaretas
+Nachfolger +Erich VII+.
+
+[1460.]
+
+König +Christian I.+ von Dänemark (aus dem Hause der Grafen von
+Oldenburg, Schwestersohn Adolfs VIII. von Holstein) wird von
+den Ständen von +Schleswig-Holstein+ nach dem Aussterben des
+Schauenburgischen Hauses zum Herzog erwählt, nachdem er die
+Waldemarsche Konstitution beschworen hat. Personal-Union mit Dänemark
+bis 1863.
+
+Als Unionskönig kann Christian I. die Herrschaft über +Schweden+ gegen
+den dort erwählten Reichsvorsteher +Sten Sture+ nicht behaupten, doch
+wird unter seinem Nachfolger +Johann+ die Union der drei Reiche wieder
+hergestellt.
+
+[1500.]
+
+Schlacht bei +Hemmingstedt+; die +Dithmarschen+, wie die Stedinger (S.
+188), eine Art Bauernrepublik unter dem Schutze des Stiftes Bremen,
+behaupten ihre Freiheit gegen das dänisch-holsteinische Adelsheer.
+
+~Rußland,~ nach dem Tode Wladimirs des Großen (S. 170) in mehrere
+Fürstentümer geteilt unter Oberhoheit des Großfürsten von +Kiew+,
+kommt 1237 unter die Herrschaft der +Mongolen+ (S. 195). Der Chan der
+»Goldenen Horde« ernennt den Großfürsten und die Teilfürsten, empfängt
+von ihnen Tribut. Um 1330 wird Moskau Residenz des Großfürsten, als
+Kiew von den +Litauern+ erobert worden ist.
+
+[~1480.~]
+
+~Iwan III., der Große~, Zar von Großrußland, Begründer der
+einheitlichen Monarchie, macht der Mongolenherrschaft ein Ende, nachdem
+er 1478 die mit der deutschen Hanse verbündete Republik +Nowgorod+
+unterworfen hat.
+
+~Polen,~ seit etwa 840 unter Fürsten aus dem Hause der Piasten,
+christlich seit 965, oft in Kampf mit dem deutschen Reiche, mit den
+heidnischen Preußen (später dem Deutschen Orden) und mit Rußland. An
+Stelle der Teilfürstentümer begründet +Wladislaw Lokietek+ 1320 ein
+einheitliches +Königtum+, Residenz +Krakau+.
+
+[1333–1370.]
+
+~Kasimir der Große~, trefflicher Regent, sorgt für den Bauernstand,
+gründet Städte, zieht deutsche Ansiedler herbei. Ihm folgt sein
+Schwestersohn +Ludwig der Große+ (s. unten) von Ungarn († 1382); dessen
+Tochter Hedwig vermählt sich 1386 mit dem bisher noch heidnischen
+Großfürsten +Jagello von Litauen+. Seitdem Polen und Litauen vereinigt
+unter den Jagellonen 1386–1572. Ludwigs zweite Tochter Maria, Erbin von
+Ungarn, mit dem deutschen König Sigismund vermählt (S. 203).
+
+~Preußen~ wird 1230–1283 in langem Kampfe von dem ~Deutschen Orden~
+(s. S. 178f.) erobert; durch den Anschluß des in Livland vom Bischof
+von Riga gegründeten +Schwertbrüder+ordens (1237) erweitert sich das
+Ordensgebiet über Kurland, Livland, Estland hin. +Königsberg+ 1255
+gegründet; seit 1309 die ~Marienburg~ Sitz des Hochmeisters. Blüte des
+Ordens unter +Winrich von Kniprode+ (1351–1382), dann allmählicher
+Verfall. Verhängnisvoll für den Orden wurde die Vereinigung Litauens
+mit Polen 1386.
+
+[~1410.~]
+
+~Schlacht bei Tannenberg,~ Sieg der ~Polen~ über den Orden. +Heinrich
+von Plauen+ verteidigt die Marienburg, schließt als Hochmeister den
+noch günstigen +ersten+ Frieden zu Thorn, wird aber 1413 von den
+Ordensrittern abgesetzt. Unzufriedenheit des Landadels und der Städte
+mit der Ordensherrschaft, sie treten in Verbindung mit +Polen+. Neuer
+Krieg 1454, König Kasimir II. erobert 1457 die Marienburg und behauptet
+sie in heftigem Kampfe 1460; der Hochmeister zieht sich nach Königsberg
+zurück.
+
+[~1466.~]
+
+~Zweiter Friede zu Thorn~: Westpreußen mit Ermeland an Polen
+abgetreten, +Ostpreußen+ bleibt dem Orden als +polnisches Lehen+.
+
+In ~Livland~ behauptet ein Teil des Ordens unter dem Landmeister Wolter
+von +Plettenberg+ (1494–1535) seine Unabhängigkeit gegen Rußland.
+
+~Ungarn~ gegen Ende des 9. Jahrhunderts von den ~Magyaren~ (S.
+158, 160) in Besitz genommen, bis 1301 unter dem Regentenhause der
++Arpaden+. Einführung des Christentums durch Herzog +Geisa+ und seinen
+Sohn +Stephan den Heiligen+, ersten +König+ von Ungarn (S. 163).
+Einwanderung zahlreicher Deutscher, namentlich in +Siebenbürgen+
+unter König Geisa II. um 1150. Bildung einer mächtigen Aristokratie
+(+Magnaten+). Die +Goldene Bulle+, dem Könige +Andreas II.+ 1222 nach
+seiner Rückkehr von einem Kreuzzuge (S. 177) abgenötigt, bildet die
+Grundlage der Privilegien des ungarischen Adels.
+
+Nach dem Erlöschen der Arpaden regiert in Ungarn das Haus ~Anjou~
+(1308–1382), Blütezeit unter ~Ludwig dem Großen~ (1342–1382, s. oben),
+der 1370 auch den polnischen Thron besteigt.
+
+Unter König +Sigismund+, Ludwigs d. Gr. Schwiegersohn aus dem Hause
+Luxemburg (1387–1437), beginnender Verfall des Reiches. Albrecht von
+Österreich 1438–1439, dann 1440 +Wladislaw III.+ von Polen gewählt, der
+bei +Varna+ 1444 gegen die Türken fällt, darauf Albrechts unmündiger
+Sohn +Ladislaus Postumus+ (vgl. S. 206). Der Reichsverweser +Johann
+Hunyadi+ besiegt die Türken bei Belgrad 1456; sein Sohn ~Matthias
+Corvinus~ wird zum König erwählt. Nach dessen glänzender Regierung
+(1458–1490) wird Ungarn unter +Wladislaw+, dem Sohn Kasimirs IV. von
+Polen, mit Böhmen vereinigt und dem Erzherzog Maximilian (S. 206) die
+Nachfolge zugesichert.
+
+Reich der ~Osmanischen Türken~, um 1300 durch +Osman I.+ in Kleinasien
+begründet. Sein Sohn +Urchan+ erobert 1330 +Nicäa+, bildet aus
+dem Knabenzins unterworfener christlicher Völker das Fußvolk der
++Janitscharen+, unternimmt Landungen an der europäischen Küste. +Murad
+I.+ macht Adrianopel 1365 zu seiner Residenz, unterwirft Bulgarien (S.
+194).
+
+[1389.]
+
+Sieg Murads über die +Serben+ auf dem Amselfelde bei +Kossova+; Serbien
+wird tributpflichtig (S. 172).
+
+[1396.]
+
+Sieg Bajazets I. bei +Nikopoli+ an der Donau über ein großes Kreuzheer
+ungarischer, deutscher und französischer Ritter unter Führung König
+Sigismunds. Seitdem Schrecken des türkischen Namens im christlichen
+Abendlande.
+
+Die weitere Entfaltung der osmanischen Macht wird vorübergehend gehemmt
+durch eine neue Erhebung der ~Mongolen~ in Asien unter +Timur Lenk+,
+welcher in gewaltigem Siegeszuge Persien (bei Ispahan 70000 Köpfe
+erschlagener Feinde zusammengeschichtet), das Indusland, Syrien,
+Kleinasien unterwirft. Bagdad zerstört. Hauptstadt seines Reiches
++Samarkand+.
+
+[1402.]
+
+Schlacht bei +Angora+ in Kleinasien; Bajazet besiegt und gefangen.
+
+Nach Timurs Tode (1405) zerfällt sein Reich; die Osmanen stellen ihre
+Herrschaft in Kleinasien und der griechischen Halbinsel wieder her.
+Erste Belagerung von Konstantinopel 1422.
+
+Die Donaugrenze wird von den ~Ungarn~ heldenmütig verteidigt. Öftere
+Verhandlungen der oströmischen Kaiser mit den Päpsten über Herstellung
+der kirchlichen Einheit (S. 176); die Beschlüsse des (in Ferrara 1438
+eröffneten) +Unionskonzils+ zu +Florenz+ 1439 werden in Konstantinopel
+von der Geistlichkeit und dem Volke nicht angenommen. Papst Eugen
+IV. läßt das Kreuz predigen gegen die Türken, aber die Schlacht bei
+Varna (s. oben) lähmt den Kriegseifer. Sultan Mohammed II. macht dem
+oströmischen Reiche ein Ende durch die
+
+[~1453.~]
+
+~Eroberung Konstantinopels.~
+
+[~29. Mai.~]
+
+Tapfere Verteidigung durch den letzten Kaiser +Konstantin XII.+ und den
+Genuesen +Giustiniani+. Griechische Gelehrte flüchten nach Italien (s.
+S. 211).
+
++Athen+ wird 1456 von den Türken besetzt, die Halbinsel +Morea+ 1460
+verwüstet. In +Albanien+ leistet Georg Castriota (Skanderbeg) tapferen
+Widerstand, † 1467. +Bosnien+ und die +Walachei+ werden 1462–1464
+unterworfen, bald auch Albanien. Belgrad (S. 218) bleibt noch bis 1521
+(s. unten) ungarische Grenzfeste.
+
+[1463–1479.]
+
+Seekrieg der +Venetianer+ gegen die Türken; sie behalten Kandia, Korfu
+und mehrere Plätze in Morea, verpflichten sich aber zur Tributzahlung,
+um ihren Handel zu behalten.
+
+[1480.]
+
+Rhodus von den +Johannitern+ rühmlich verteidigt. Sultan Bajazet II.
+überläßt 1489 den Venetianern die Insel +Cypern+ (Katharina Cornaro,
+Gemahlin des letzten Fürsten aus dem Hause Lusignan, s. S. 175),
+vertreibt sie aber 1500 aus Morea. Kriegszug nach der +Moldau+ 1497.
+
+Sultan Selim I. unterwirft 1515–1517 Mesopotamien, Syrien und Ägypten.
+Die Ausbreitung der Türkenherrschaft versperrt die alten Handelswege
+nach Indien.
+
+Die von den +Türken+ dem christlichen Europa drohende Gefahr steigert
+sich unter Sultan Soliman II., der 1521 +Belgrad+ erobert (vgl. S. 230).
+
+In ~Persien~ erst 1505 die Mongolenherrschaft beseitigt und eine
+einheimische Dynastie wieder eingesetzt. Begründung des neupersischen
+Reiches. 1582–1627 regiert der Schah Abbas der Große. Residenz Ispahan.
+
+In ~Indien~ begründet Baber, ein Nachkomme Timurs, 1525 das Reich des
+Großmogul; Hauptstadt Delhi. Blüte dieses Reiches unter Dschelaleddin
+Mohammed (Akbar) 1556–1605.
+
+In ~China~ unter der Ming-Dynastie (1368–1644) wird die bis 1911
+noch geltende Regierungsform ausgebildet. Der Kaiser, »der Sohn des
+Himmels«, besitzt unumschränkte Gewalt über alle Untertanen, ist
+geistliches Oberhaupt, höchster Richter und Anführer im Kriege.
+Er genießt abgöttische Verehrung (Kotau). Strenges Zeremoniell.
+Gelbe Kleidung äußeres Zeichen seiner Würde. Der Nachfolger von ihm
+aus seinen Söhnen gewählt, falls diese fehlen, aus den nächsten
+Verwandten. Dem Kaiser stehen Minister zur Seite, auf deren Anregung
+und Verantwortung er die Gesetze erläßt. In Wirklichkeit jedoch ist
+die Regierung des Reiches der Mitte in eine Willkürherrschaft der
+Provinzvorstände (Vizekönige) ausgeartet.
+
+~Japan~, wohin um die Mitte des 6. Jahrhunderts nach Chr. von China
+aus (über Korea) der Buddhismus und zugleich chinesische Civilisation
+gekommen, wird aus einem Geschlechterstaat in einen Beamtenstaat nach
+chinesischem Muster umgewandelt. Der +Mikado+ wird unumschränkter
+Herrscher des Reiches. Hauptstadt Kioto. Der Großkanzler (Daijo
+Daijin) und die Minister führen die Regierung des Landes, die Provinzen
+von Statthaltern verwaltet. Alle Beamten mit erblichem Landbesitz
+ausgestattet. Einzelne Familien sichern sich den erblichen Besitz der
+wichtigsten Ämter. So bildet sich ein Hausmeiertum aus. Der Mikado von
+den Ministern, die Provinzialstatthalter von den Großgrundbesitzern in
+den Provinzen, d. h. von den Ministern allmählich bei Seite geschoben.
+Militär- und Zivilgewalt getrennt. Der Oberfeldherr des aus den Hörigen
+der mächtigsten Geschlechter hervorgegangenen Soldatenstandes, der
++Shogun+, bringt schließlich auch das Amt des Großkanzlers in seinen
+Besitz. Nach langen erbitterten Kämpfen fällt das Shogunat, d. h. der
+Inbegriff aller Regierungsgewalt, der Familie der Minamoto zu. Der
+Kaiser in Kioto in strenger Abhängigkeit gehalten, bleibt nur im Besitz
+gewisser Ehrenrechte. Residenz der Shogune in Kamakura.
+
+[1275.]
+
+Vergebliche Expedition des Mongolenfürsten Kublai-Chans zur
+Unterwerfung Japans. Eine zweite Flotte gleichfalls zurückgeschlagen,
+durch einen Taifun völlig vernichtet (S. 195). Gegen Ende des 15.
+Jahrhunderts werden die Militärgouverneure in den Provinzen (Shugo)
+nach Beseitigung der Statthalter unabhängige Territorialherren
+(Daimyo).
+
+Fussnoten:
+
+[37] so genannt nach den goldenen Siegelkapseln.
+
+[38] Streitig war das Kurrecht zwischen den beiden sächsischen und
+den beiden nach dem Tode Ludwigs des Strengen 1294 entstandenen
+wittelsbachischen Linien. Dasselbe ward nun Sachsen-+Wittenberg+ und
++Pfalz+ zuerkannt, Sachsen-+Lauenburg+ und +Bayern+ aber abgesprochen
+(S. 189).
+
+[39] +De terra vero salica in mulierem nulla portio transit, sed hoc
+virilis sexus acquirit+ (bezieht sich eigentlich auf +Allodial+besitz
+und weder auf Lehen noch auf die Thronfolge).
+
+[40] Titel des Thronfolgers seit 1349, da der letzte Graf von +Vienne+
+sein Gebiet (le Dauphiné) dem französischen Königshause übertrug.
+
+
+
+
+~III. Neuere Geschichte.~
+
+
+
+
+~A. Von der Entdeckung Amerikas bis zum Westfälischen Frieden.
+(1492–1648.)~
+
+
+§ 1. Erfindungen, Entdeckungen u. Kolonien.
+
+Drei noch dem +Mittelalter+ angehörige ~Erfindungen~, die mit dem
+Beginn der neueren Zeit zu allgemeinerer Anwendung kommen, sind
+auf die Umgestaltung der Welt von großem Einfluß gewesen. 1. Der
+~Kompaß~ (um 1310 durch +Flavio Gioja+ von Amalfi erfunden?), fördert
+Sicherheit der Schiffahrt und ermöglicht die Entdeckungsfahrten.
+2. Das ~Schießpulver~, wahrscheinlich aus Asien (China, Indien,
+Arabien) nach Europa gekommen, nach einer unhaltbaren Überlieferung
+erfunden durch den Mönch +Berthold Schwarz+ zu Freiburg im Breisgau
+(1354?), jedenfalls um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Europa zuerst
+angewendet. Durch diese Erfindung eine allmähliche Umgestaltung des
++Kriegswesens+ und der Untergang des +Rittertums+ herbeigeführt (S.
+226). 3. Die ~Buchdruckerkunst~ (S. 206), allgemeiner verbreitet,
+seitdem sich nach der Eroberung von Mainz (1462 in der Pfälzer Fehde,
+s. S 206) die Gehilfen +Fusts+ in verschiedene Länder zerstreut hatten,
+das wichtigste Mittel zur Verbreitung geistiger Bildung, Förderung des
+Humanismus und der +Reformation+.
+
+[~1492.~]
+
+~Entdeckung Amerikas~ durch ~Columbus~.
+
+~Cristoforo Columbo~ (er selbst nannte und schrieb sich, seit er
+Spanier geworden, stets ~Cristobal Colon~), aus +Genua+, seit seiner
+frühesten Jugend Seefahrer, will einen westlichen Seeweg nach +Indien+
+und namentlich nach der Wunderinsel +Zipangu+ (Japan) suchen, welche
+der Venetianer +Marco Polo+ (Reisen von 1271–1295, S. 206) in dem
+Buche +Mirabilia mundi+ beschrieben hatte. Vom Könige von Portugal
+abgewiesen, tritt Colon 1486 in den Dienst der Königin Isabella
+von +Kastilien+ (S. 214). Erst nach der Einnahme Granādas werden
+notdürftige Mittel für das große Unternehmen beschafft. Vertrag mit
++Colon+, dem der Adel, die erbliche Würde eines Admirals und Vizekönigs
+und ⅒ der Einkünfte der neuen Länder zugestanden werden. Er
+unternimmt 4 Reisen.
+
+~Erste Reise~ 1492. Abfahrt von Palos mit 3 kleinen Schiffen am 3.
+Aug. 1492, von den Kanarischen Inseln am 6. September. Am 12. Oktober
+Landung auf +Guanahani+ (San Salvador), einer von den Bahama-Inseln.
+Entdeckung von +Cuba+ und +Haïti+; erste Kolonie Española auf Haïti
+gegründet.
+
+~Zweite Reise~ 1493–1496 von Cadiz aus. Entdeckung der Kleinen
++Antillen+ und der Insel +Jamaika+; Niederwerfung des Aufstandes in
+Española.
+
+~Dritte Reise~ 1498–1500. +Trinidad+ und das Festland von
+Südamerika[41] (die Mündung des +Orinoko+) entdeckt; dann Fahrt
+nach Española. Colon, als Ausländer, auch durch Härte und nicht
+abzuleugnende Habsucht verhaßt, wird bei Hofe angeklagt. +Bobadilla+,
+mit Vollmacht als Oberrichter nach der Kolonie gesendet, schickt ihn in
+Ketten nach Spanien. Dort wird Colon sofort in Freiheit gesetzt und mit
+Auszeichnung behandelt, behält auch die +Admirals+würde, wird aber als
++Statthalter+ durch +Ovando+ ersetzt.
+
+~Vierte Reise~ 1502–1504. Küste von Honduras entdeckt, Schiffbruch,
+trauriger Aufenthalt bei den Wilden auf Jamaika, endlich Rückkehr von
+Haïti aus.
+
+Columbus stirbt in Valladolid 1506, ohne zu wissen, daß er einen +neuen
+Erdteil+ entdeckt hat; er hielt jene Länder für Teile Asiens (Indien).
+Sein Sohn +Diego Colon+, 1509 Admiral und Vizekönig von Española (†
+1526). Die Admiralswürde vererbt sich auf seinen Enkel und Urenkel.
+
+Der gelehrte Florentiner ~Amerigo Vespucci~ gibt nach mehreren Fahrten
+mit den Portugiesen nach Südamerika (die Küste von Venezuela durch den
+Spanier +Hojeda+ entdeckt) Karten und Beschreibungen der neu entdeckten
+Länder heraus. +Nach+ ihm, nicht durch ihn erhält der neue Erdteil den
+Namen ~Amerika~.
+
+[~1498.~]
+
+~Seeweg nach Ostindien~ von ~Vasco da Gama~ entdeckt. Die Portugiesen
+behalten die schon seit längerer Zeit von ihnen verfolgte Richtung der
+Entdeckungsfahrten (S. 215) bei; +Vasco da Gama+ landet um Weihnachten
+1497 an der +Costa Natal+, dann in +Melinde+; von da gelangt er unter
+Führung eines arabischen Lotsen nach +Calicut+ an der Küste +Malabar+.
+
+[~1500.~]
+
+~Brasilien~ entdeckt von ~Cabral~, dessen Schiffe bei der zweiten Fahrt
+nach Indien in die westliche Meeresströmung geraten; er landet dann in
+Calicut und Cotschin.
+
+[1505–1515.]
+
+Begründung portugiesischer Kolonien in Asien durch die Vizekönige
++Almeida+ und +Albuquerque+. Hauptort +Goa+, andere Ansiedlungen in
+Diu, Malakka, Ceylon, Macao (der Dichter +Camoëns+ 1555).
+
+[1513.]
+
+Der Spanier +Balboa+ dringt vom Meerbusen von +Darien+ aus zum +Stillen
+Ozean+ vor.
+
+[1515.]
+
+Der Spanier +Diaz de Solis+ erreicht die +La Plata+-Mündung.
+
+[~1519–1522.~]
+
+~Erste Erdumsegelung~ unter ~Ferdinand Magalhães~ (spr. Magaliängs),
+einem in spanische Dienste getretenen Portugiesen. Durchfahrt nach dem
+Stillen Ozean durch die +Magalhães+straße. Er selbst wird 1521 auf
+einer der Philippineninseln erschlagen (S. 215).
+
+[1519–1521.]
+
+Eroberung von ~Mexiko~ durch ~Hernan Cortez~. Dieser segelt mit 600
+spanischen Soldaten von Cuba nach dem Hafenort Veracruz, wo er seine
+Schiffe versenkt. Dann marschiert er mit den Tlaskalanern verbündet auf
++Mexiko+, die Residenz des Königs der Azteken, +Montezuma+, der ihn
+in die Stadt einläßt. Er nimmt den König in seinem Palast gefangen.
+Infolgedessen Aufstand der Mexikaner, Tod Montezumas. Die Spanier
+verlassen die Stadt, nächtlicher Kampf auf einem der Dämme des Sees,
+furchtbare Verluste (+Noche triste+). Sieg der Spanier. Von Tlaskala,
+wohin er sich zurückgezogen, kehrt Cortez bald mit Verstärkungen
+vor die Hauptstadt zurück. Einnahme von Mexiko nach hartnäckigem
+Belagerungskampf 1521. Der König +Guatmotzin+ hingerichtet. Cortez
+anfangs unumschränkter Statthalter von +»Neuspanien«+, dann auf die
+militärische Oberleitung beschränkt, entdeckt +Kalifornien+ 1535,
+stirbt in Spanien 1547.
+
+[1532.]
+
+Eroberung von ~Peru~ durch ~Pizarro~.
+
+Die »Conquistadoren« (Eroberer) finden in dem silberreichen Peru,
+wie in Mexiko, eine schon lange bestehende einheimische Kultur vor.
+Adelsherrschaft bei den +Inkas+, die sich »Söhne der Sonne« nannten.
+Sonnentempel in der Hauptstadt +Cuzko+, reich mit Gold geschmückt.
+Pizarro nimmt den König +Atahualpa+ vor seinem Heere gefangen und
+läßt ihn, nachdem er ein ungeheueres Lösegeld von ihm erpreßt hat,
+hinrichten. Gründung von +Lima+ 1535, Fehden zwischen den spanischen
+Anführern. Pizarros Nebenbuhler +Almagro+, aus +Chile+ zurückgekehrt,
+wird 1538 von ihm besiegt und hingerichtet, er selbst von dessen
+Freunden 1541 in einem Aufstande erschlagen. Die Krone übernimmt die
+Verwaltung des Landes 1548.
+
+Drei spanische Vizekönigreiche: +Mexiko+, +Peru+, +Neu-Granada+, später
+ein viertes für das +La Plata+-Gebiet; für die westindischen Inseln das
+Generalkapitanat +Cuba+.
+
+~China~ und ~Japan~ werden den Portugiesen im 16. Jahrh. gleichfalls
+geöffnet (+Ningpo+, +Macao+), später auch den Spaniern und
+Niederländern (+Formosa+). Der Handelsverkehr mit Europa von den
++Daimyo+ in Japan (S. 220) sehr begünstigt. Das +Christentum+ (schon
+Papst Clemens V. hatte 1307 ein Erzbistum in Peking und 1313 ein Bistum
+in Zeitun eingerichtet) (S. 195), findet in China (Jesuiten Franz
+Xaver, Ruggieri) und ebenso in Japan schnell Verbreitung.
+
+
+~Folgen der Entdeckungen.~
+
+1. Die Ausbreitung des Christentums und der europäischen Kultur
+über die ganze Erde ist ermöglicht. 2. Aufschwung von Handel und
+Gewerbe durch die Verwertung der überseeischen Erzeugnisse, Sinken
+des Geldwertes durch die Ausbeutung der Gold- und Silberbergwerke
+in Südamerika. 3. Bereicherung der Wissenschaften, besonders der
+Geographie und Naturkunde. 4. Im europäischen Staatensystem kommen die
++Seemächte+ durch den Besitz von +Kolonien+ zu besonderer Geltung.
+Spanien und Portugal treten jedoch am Ende des 16. Jahrh. zurück gegen
+die Niederlande und England. 5. Auswanderung aus den übervölkerten
+Teilen Europas nach Amerika.
+
+
+§ 2. Die Reformation in Deutschland.
+
+[~1493–1519.~]
+
+~Maximilian I.~ zieht nicht mehr zur Krönung nach Rom, nennt sich
++»erwählter römischer Kaiser«+.
+
+[1495.]
+
+Reform der Reichsverfassung durch die Beschlüsse des Reichstags zu
++Worms+: ~Ewiger Landfriede~, Reichssteuer (gelangt nicht zu bleibender
+Einführung), ~Reichskammergericht~ (erst in +Frankfurt+, dann in
++Speier+, seit 1693 in +Wetzlar+). Besserung der Rechtsprechung durch
+Annahme des +römischen Rechts+ (S. 147), welches seit Friedrich I. (S.
+183) noch immer als kaiserliches Recht galt.
+
+Auf den +Reichstagen+ werden, nachdem die Berufung der Reichsstädte
+(seit 1487) üblich geworden ist, die kaiserlichen Vorschläge in 3
++Kollegien+ beraten: Kurfürsten, Fürsten (geistliche und weltliche),
+Reichsstädte. Der Kaiser verkündet die Beschlüsse im +Reichsabschied+.
+
+[1512.]
+
+Reichstag zu +Köln+, Einteilung des deutschen Reiches in 10
+~Landfriedenskreise~:
+
+1. der +österreichische+, 2. +bayrische+, 3. +schwäbische+, 4.
++fränkische+ (Maingebiet, Burggrafschaft Nürnberg), 5. +oberrheinische+
+(Lothringen, Hessen u. a.), 6. +kurrheinische+ (Mainz, Trier, Köln,
+Pfalz), 7. +burgundische+ (Niederlande), 8. +westfälische+, 9.
++niedersächsische+ (Braunschweig, Lüneburg, Lauenburg, Holstein,
+Mecklenburg u. a.), 10. +obersächsische+ (Sachsen, Brandenburg, Pommern
+u. a.).
+
++Böhmen+ (mit seinen Nebenländern Mähren, Schlesien, Lausitz) und
+die +Schweiz+ bleiben außerhalb der Kreisverfassung; das Ordensland
++Preußen+ steht unter +polnischer+ Oberhoheit (S. 217).
+
+Wenig erfolgreiche Teilnahme Maximilians an den +italienischen+ Kriegen
+(S. 285, 239); +Mailand+ kommt an Frankreich, die +Schweiz+ wird
+tatsächlich unabhängig vom deutschen Reiche, da den Eidgenossen (seit
+1501 dreizehn Orte, außerdem die »zugewandten Orte«) Freiheit von
+Reichssteuern und vom Reichskammergericht zugestanden wird (S. 260).
+
+~Bildung der habsburgischen Hausmacht.~ Durch Verträge und Heiraten
+gewinnt Maximilian seinem Hause die Herrschaft über +Spanien+ mit
+seinen Nebenländern, sowie über +Böhmen+ und +Ungarn+.
+
+ ~Maximilian I.~, ~Maria~ ~Ferdinand~, ~Isabella~,
+ Kaiser, v. Burgund, K. v. Aragon, K. v. Kastilien,
+ †1519. †1482. †1516. †1504
+ |__________________| |__________________|
+ | |
+ ~Philipp der Schöne~, ~Johanna die Wahnsinnige~,
+ Erzhz. v. Österr., †1506. K. v. Aragon u. Kast., †1555.
+ |_____________________________________________|
+ |
+ ~Karl V.~ (I.), †1558, ~Ferdinand I.~, †1564,
+ Gem. Isabella v. Portugal Gem. Anna von Ungarn.
+ | |
+ ~Philipp II.~, K. v. Spanien. ~Maximilian II.~, Kaiser,
+ †1598. †1576.
+
+Maximilians Sohn, Erzherzog +Philipp+, heiratet +Johanna+, die Erbin
+der spanischen Monarchie (Aragon, Kastilien, Neapel [s. S. 235] und die
+amerikanischen Kolonien), nimmt 1504 den Titel König von Kastilien an,
+stirbt aber, ehe sein Anspruch mit dem Recht König Ferdinands auf die
+Regentschaft über Kastilien ausgeglichen ist (S. 241).
+
+Philipps ältester Sohn +Karl+, 1516 König des vereinigten ~Spaniens~,
+erbt 1519 von Maximilian die ~habsburgischen Erblande~ (Österreich,
+Steiermark, Kärnten, Krain, Vorderösterreich am Oberrhein, Tirol) und
+die ~Niederlande~, überträgt die ersteren 1521 bezw. 1522 an seinen
+Bruder +Ferdinand+. Dieser heiratet +Anna+, Schwester Ludwigs II., des
+letzten Königs von +Böhmen+ und +Ungarn+ (dessen Gemahlin +Maria+ ist
+Ferdinands Schwester) und erwirbt 1526 die Herrschaft über ~Böhmen~ und
+~Ungarn~ (S. 207, 230).
+
+Die ~Umbildung des Rechts~ unter dem beherrschenden Einfluß des
+römischen (S. 224) bewirkt in Deutschland allmählich eine Stärkung
+der fürstlichen Gewalt. Das römische Recht, das der jetzt allgemein
+durchgeführten Geld Wirtschaft mehr entspricht als das der früheren
+Naturalwirtschaft angepaßte deutsche Recht, mißt den Landesherren
+unumschränkte Gewalt zu (S. 183), schließt das Volk und den Adel von
+der Teilnahme an der Rechtsprechung und Verwaltung aus und überträgt
+diese den römisch gebildeten Juristen. So bildet sich im Laufe der Zeit
+überall ~der fürstliche Absolutismus~ aus, wie ihn in Italien Friedrich
+II. begründete (S. 187). In Deutschland werden die Fürsten nach und
+nach absolute Territorialherren, deren Selbständigkeit die Kaiser nicht
+zu bezwingen vermögen. Unter dem Einfluß des römischen Rechts wird
+auch die Erstgeburtserbfolge und die Aufhebung der Landesteilungen
+allmählich durchgeführt, z. B. für Brandenburg in der Constitutio
+Achillea von 1473, für Bayern 1506 usw.
+
+An die Stelle des alten ritterlichen Lehnsaufgebots tritt das
+~Söldnerheer~ (+Landsknechte+), das weniger durch den Fahneneid als
+durch die Soldzahlung an die Fürsten gekettet (vgl. S. 229), die
+sicherste Stütze des Absolutismus wird. Der Unterhalt dieser stehenden
+Heere durch Steuern aufgebracht, deren Bewilligung den Landständen
+(Vertretung der Geistlichkeit, der Vasallen und Städte) vorbehalten
+bleibt.
+
+Das ~Rittertum~ verliert den militärischen Vorrang seit der Einführung
+der Feuerwaffen an die Landsknechte und die bürgerliche Artillerie.
+Die Burgen gewähren keinen sicheren Schutz mehr. Infolge der
+veralteten Art der Bewirtschaftung (Dreifelderwirtschaft) ist der
+Ackerbau unrentabel geworden, zumal im Verhältnis zu den städtischen
+Erwerbszweigen. Hierdurch und durch die fortgesetzten Erbteilungen der
+Adelsgüter verschlechtert sich auch die materielle Lage der Ritter.
+Daher Erhöhung der Leistungen und Abgaben der ~Bauern~, die infolge
+der Bevölkerungszunahme auch vielfach die Hufen teilen müssen, da sie
+von jedem gewerblichen Betrieb der Bürger ausgeschlossen sind. In den
+~Städten~ blühen Handel und Gewerbe. Ansammlung großer Kapitalien
+in den Händen der patrizischen Geschlechter, z. B. der +Welser+
+und +Fugger+ in Augsburg (S. 234). Blüte der Kunst und Literatur.
+Pflege des Meistergesanges (+Hans Sachs+ in Nürnberg). In den Städten
+geordnete Verwaltung, Sorge für Unterricht, Arme und Kranke, während
+der fürstliche Staat für die Volkswohlfahrt wenig leistet, weil es ihm
+an Beamten fehlt.
+
+~Aufblühen der Wissenschaften und Künste in Deutschland~, angeregt
+durch den von Italien aus sich verbreitenden +Humanismus+ (S. 211).
+Deutsche Humanisten: +Johann v. Dalberg+, 1483 Kanzler der Universität
+Heidelberg und Bischof von Worms, +Konrad Celtis+, 1497 Prof. in Wien,
++Wilibald Pirkheimer+, Ratsherr in Nürnberg, +Konrad Peutinger+ in
+Augsburg, +Johann Reuchlin+, Prof. in Tübingen, 1482 mit Graf Eberhard
+in Italien, 1502 Richter des schwäbischen Bundes (S. 206), gerät 1510
+mit den Dominikanern von Köln in Streit über die Religionsbücher der
+Juden: viele Humanisten nehmen an dem Streit teil, namentlich der
+Ritter +Ulrich von Hutten+, als Mitverfasser der +Epistolae obscurorum
+virorum+ 1516. +Erasmus von Rotterdam+, bekannt durch seine satirische
+Schrift +Laus stultitiae+, gibt 1516 das griechische Neue Testament
+heraus.
+
+Nikolaus +Kopernikus+ (geb. zu Thorn 1473, Domherr zu Frauenburg am
+Frischen Haff, † 1543), angeregt durch die Schriften des Astronomen
++Johannes Müller+ von Königsberg in Franken (+Regiomontanus+, 1471 in
+Nürnberg, † 1476), begründet die richtige Lehre vom Sonnensystem, Seine
+Nachfolger Joh. +Kepler+ aus Württemberg († 1630) und +Galilei+ aus
+Pisa († 1642).
+
+Blüte der bildenden Künste namentlich in +Nürnberg+: der Holzschnitzer
++Veit Stoß+ († 1533), der Bildhauer +Adam Kraft+ († 1507), der
+Erzgießer +Peter Vischer+ († 1529), der Maler +Albrecht Dürer+ (geb.
+1471, † 1528); in Augsburg die Maler +Hans Holbein,+ Vater und Sohn, †
+1524 im Elsaß, bezw. 1543 in London.
+
+Auch die ~Baukunst~ strebte die Wiedergeburt der griechisch-römischen
+Bauweise im Anschluß an die erhaltenen Baudenkmäler an
+(~Renaissancestil~) (S. 211). In Deutschland vermischte sich der antike
+Stil vielfach mit nationalen, der Gotik entlehnten Elementen, z.B.
+Türmchen und Erkern. (+Heidelberger Schloß+.)
+
+[~1517.~]
+
+Beginn der ~Reformation~ durch ~Luther.~
+
+~Martin Luther,~ geb. 10. Nov. 1483 in Eisleben, Sohn eines Bergmanns,
+studiert seit 1501 in +Erfurt+, geht 1505 ins Augustinerkloster
+daselbst, wird 1508 Professor an der Universität +Wittenberg+, 1511 in
+Angelegenheiten seines Ordens nach Rom geschickt. Da der Dominikaner
++Johann Tetzel+ im Auftrage des Erzbischofs Albrecht von Mainz Ablaß
+verkaufend umherzieht, schlägt Luther am 31. Oktober 1517 seine
+95 Sätze (Thesen) gegen den Mißbrauch des Ablasses an die Tür der
+Schloßkirche zu Wittenberg.
+
+[1518.]
+
+In der +Schweiz+ Beginn der Reformation durch Ulrich ~Zwingli~ in
+Zürich, veranlaßt durch den Ablaßkrämer Bernardin +Samson+.
+
++Luther+, vor den Kardinal Thomas de Vio aus Gaëta (+Cajetanus+) nach
+Augsburg gefordert, weigert sich zu widerrufen, appelliert an den
+Papst.[42] Vermittelung durch den päpstlichen Kämmerer +v. Miltitz+
+(Gespräch zu +Altenburg+). Luther geschützt von Kurfürst +Friedrich dem
+Weisen+ von Sachsen (+Ernestinische+ Linie des Hauses Wettin), während
+Herzog Georg (+Albertinische+ Linie) ihm abgeneigt bleibt.[43] Philipp
++Melanchthon+ (Schwarzerd), ein Verwandter Reuchlins, geb. 1497 zu
+Bretten in Baden, seit 1518 als Professor in Wittenberg, Luthers
+Mitarbeiter († 1560).
+
+[1519.]
+
++Disputation zu Leipzig+; Joh. +Eck+, Prof. zu Ingolstadt, gegen
++Karlstadt+ (Andreas Bodenstein aus Karlstadt) und +Luther+. Letzterer
+bekennt, daß Papst und Konzilien nicht unfehlbar seien, und daß sich in
+Hussens Lehre viel Wahres finde. Das war der Bruch mit Rom. Eck reist
+darauf nach Rom und erwirkt eine päpstliche Verdammungsbulle gegen 41
+Artikel aus Luthers Schriften.
+
+[1520.]
+
+Luther veröffentlicht 3 reformatorische Schriften: 1. An den
+christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes
+Besserung, 2. Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche, 3.
+Von der Freiheit eines Christenmenschen, verbrennt die päpstlichen
+Dekretalen und die Bannbulle vor dem Elstertore zu Wittenberg.
+
+[~1519–1556.~]
+
+~Karl V.~, Enkel Maximilians, abwesend gewählt von den in Frankfurt
+versammelten Kurfürsten, 1520 in Aachen gekrönt. +Friedrich der Weise+
+hatte die Kaiserkrone wegen hohen Alters abgelehnt.
+
+[~1521.~ 18. April]
+
+~Reichstag zu Worms.~ Luther verteidigt seine Lehre vor dem Kaiser,
+der ihm das freie Geleit hält. Doch wird er in die Reichsacht
+erklärt und auf Befehl +Friedrichs des Weisen+ aus Vorsicht auf die
++Wartburg+ gebracht. Das +Wormser Edikt+ verbietet alle Neuerungen.
+-- Luther beginnt die ~Bibelübersetzung~ (vollendet 1534). Er kehrt
+auf die Nachricht von +Karlstadts+ Unordnungen nach Wittenberg zurück
+(Frühjahr 1522) und predigt gegen die +Bilderstürmer+, richtet dann
+den Gottesdienst mit deutscher Predigt und Abendmahl unter beiderlei
+Gestalt in Kursachsen ein. Die Ausbreitung der Reformation in
+Deutschland wird dadurch gefördert, daß Karl V. bald nach Spanien
+zurückkehrt und dann durch Kriege mit Franz I. von Frankreich in
+Anspruch genommen ist.
+
+[1522–1523.]
+
+Reichstag zu Nürnberg. Die Durchführung des Wormser Edikts für
+unmöglich erklärt. Die Berufung eines Konzils verlangt.
+
+[~1522–1523.~]
+
+~Ritterkrieg~ im Rheinlande. +Franz von Sickingen+ an der Spitze eines
+Ritterbundes gegen die geistlichen Fürstentümer, belagert vergeblich
++Trier+, wird in seiner Burg +Landstuhl+ (bei Kaiserslautern)
+eingeschlossen und fällt. Sein Freund +Ulrich von Hutten+ stirbt als
+Flüchtling auf der Insel Ufnau im Zürchersee.
+
+[~1524–1525.~]
+
+~Bauernkrieg~ in Schwaben und Franken, begleitet von furchtbaren
+Greueln. Die 12 +Artikel+ der Bauern fordern Wahl der Pfarrer durch
+die Gemeinde, Beschränkung der Abgabe des Zehnten auf den Kornzehnt,
+Aufhebung der Leibeigenschaft, Freiheit der Jagd und des Fischfanges
+u. a. Luther ermahnt anfangs zum Frieden, schreibt dann heftig »wider
+die mördischen und raubischen Bauern«. Die Aufständischen werden
+geschlagen (namentlich bei Königshofen a. d. Tauber) und blutig
+bestraft. -- Die +Wiedertäufer+ in Thüringen mit den Bauern verbündet;
+sie werden bei Frankenhausen geschlagen, ihr Führer +Thomas Münzer+ mit
+25 anderen Anführern in Mühlhausen in Thüringen hingerichtet.
+
+[1525.]
+
+Kurfürst Friedrich der Weise †. Ihm folgt sein Bruder Johann der
+Beständige (1525–1532). Reformation in +Preußen+. Hochmeister +Albrecht
+von Brandenburg+ wird +Herzog+ in Preußen unter polnischer Lehnshoheit.
+
+Luthers Vermählung mit Katharina von Bora. Kirchenvisitation in
+Sachsen, Sorge für die Schulen, Katechismus 1529.
+
+[~1521–1526.~]
+
+~Erster Krieg~ Karls V. gegen Franz I. von Frankreich. Karl erhebt
+Ansprüche auf +Mailand+ und das +Herzogtum+ Burgund (S. 206), Franz
+auf das spanische Navarra und auf Neapel (S. 235). Die Franzosen
+werden aus Mailand vertrieben, welches +Franz Sforza+ (S. 210) 1522
+erhält. Der französische +Connétable Karl von Bourbon+ geht zu Karl
+V. über. Mißglückter Einfall der Franzosen in Italien (1523–1524, auf
+dem Rückzuge fällt +Bayard+, S. 235), darauf Einfall der Kaiserlichen
+in das südliche Frankreich. Franz I. geht über den Mont Cenis, nimmt
+Mailand wieder.
+
+[1525.]
+
+~Schlacht bei Pavīa~, Sieg der Spanier unter +Pescara+ und der
+deutschen Landsknechte unter +Georg von Frundsberg+; Franz I. gefangen.
+
+[1526.]
+
+Friede zu ~Madrid~. Franz entsagt allen Ansprüchen auf Mailand und
+Neapel, sowie der Lehnshoheit über Flandern und Artois, willigt in die
+Herausgabe des Herzogtums Burgund, stellt seine Söhne als Geiseln.
+Gleichzeitig zeichnet er einen feierlichen Protest gegen den Frieden
+auf, läßt sich dann vom Papst von seinem Eide lösen und erklärt die
+in Madrid beschworenen Bedingungen als erzwungen für nichtig. Papst
+Clemens schließt (Mai 1526) mit Frankreich, Venedig, Florenz und
+Mailand die +Heilige Liga+ von +Cognac+ gegen Karl V.
+
+[~1526.~]
+
+~Erster Reichstag zu Speier.~ Die Evangelischen, an der Spitze Kurfürst
+Johann der Beständige von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen,
+erwirken einen der Ausbreitung der neuen Lehre günstigen Reichsabschied.
+
+[~1527–1529.~]
+
+~Zweiter Krieg~ zwischen Karl V. und Franz I. Das kaiserliche (nicht
+bezahlte und aufrührerische) Heer unter dem Connétable von Bourbon
+nimmt Rom mit Sturm, Bourbon fällt, der Papst wird in der Engelsburg
+belagert (1527), doch erfolgt bald die Aussöhnung mit dem Hofe zu
+Madrid. Vergeblicher Einfall der Franzosen in Neapel.
+
+[1529.]
+
+Damenfriede zu ~Cambrai~. +Margarete von+ Österreich, Tante Karls,
+und +Luise von Savoyen+, Mutter des Königs von Frankreich. Letzterer
+zahlt 2 Millionen Kronen und entsagt den Ansprüchen auf Italien. Karl
+verspricht seine Ansprüche auf Burgund +für jetzt+ nicht geltend zu
+machen und entläßt die französischen Prinzen.
+
+[1529.]
+
+~Zweiter Reichstag zu Speier~, wo Ferdinand (S. 225) und die
+katholische Partei infolge der siegreichen Machtstellung des Kaisers
+energischer auftreten. Der Reichstagsbeschluß von 1526 wird aufgehoben.
+Strenge Durchführung des +Wormser Edikts+ in den evangelischen
+Territorien beschlossen. Hiergegen protestieren die evangelischen
+Stände (daher Protestanten genannt). Darauf +Religionsgespräch zu
+Marburg+ zwischen Luther und Zwingli. Einigung über 14 Artikel, doch
+nicht über die Lehre vom Abendmahl.
+
+[~1526–1532.~]
+
+~Krieg mit den Türken.~ Sultan +Soliman II.+, welcher 1522 die
+Johanniter (S. 219) aus Rhodus vertrieben hat, fällt in Ungarn ein;
+König Ludwig II. von Ungarn und Böhmen † in der +Schlacht bei Mohacz+
+(1526). Eine Partei des ungarischen Adels wählt +Ferdinand+, Karls
+Bruder, die andere +Johann Zapolya+ von Siebenbürgen, zu dessen Schutze
+Soliman abermals erscheint, jedoch +Wien+ vergeblich belagert (1529).
+
+[1530.]
+
+Karl V. in +Bologna+ gekrönt; letzte Krönung eines deutschen Kaisers
+durch den Papst.
+
+Glänzender ~Reichstag zu Augsburg~ unter persönlichem Vorsitz des
+Kaisers. Überreichung der von +Melanchthon+ verfaßten ~Augsburgischen
+Konfession~ (Confessio Augustana). Der Reichsabschied gebietet die
+Aufhebung aller Neuerungen. Deshalb
+
+[Dez.]
+
+~Schmalkaldischer Bund~ der meisten protestantischen Fürsten und
+Reichsstädte.
+
+[1531.]
+
+Treffen bei +Kappel+; die Züricher von den katholischen Waldkantonen
+geschlagen, Zwingli †, doch behauptet sich seine Lehre.
+
+Karl V. läßt seinen Bruder +Ferdinand+ in Köln zum römischen König
+wählen und in Aachen krönen. Der Kurfürst von Sachsen protestiert
+im Namen der Evangelischen dagegen. Infolge der von neuem drohenden
+Türkengefahr kommt zustande der
+
+[~1532.~]
+
+~Religionsfriede zu Nürnberg.~ Den Protestanten wird bis zu einem
+allgemeinen Konzil freie Religionsübung zugestanden.
+
+Soliman II. fällt verheerend in Ungarn ein. Heldenmütige Verteidigung
+von +Güns+. Ein großes Reichsheer sammelt sich bei Wien, Soliman geht
+zurück. Karl V. reist wieder nach Spanien.
+
+[1534–1535.]
+
+Unruhen der ~Wiedertäufer~ in ~Münster~ (Jan Matthys aus Harlem, dann
++Johann Bockelson+ aus Leyden, »König von Zion«).
+
+[1534.]
+
+Landgraf Philipp von Hessen führt den 1519 vom schwäbischen Bunde
+vertriebenen (lutherischen) Herzog Ulrich von ~Württemberg~ in sein
+Herzogtum zurück, mit welchem der Kaiser seinen Bruder +Ferdinand+
+belehnt hatte. Dieser verzichtet im Frieden zu Kadan auf den ferneren
+Besitz Württembergs, wird dafür von den Evangelischen als römischer
+König anerkannt. Landgraf Philipp leistet darauf dem Bischof von
++Münster+ Hilfe zur Unterwerfung der Stadt; Johann von Leyden nebst
+anderen Anführern grausam hingerichtet.
+
+Württemberg, Pommern, Anhalt und mehrere Reichsstädte treten dem
+Schmalkaldischen Bunde bei (1536).
+
+[1535.]
+
+Karls V. Zug gegen +Tunis+ (Seeräuber +Chaireddin Barbarossa+). Tunis
+erobert und alle Christensklaven befreit.
+
+[~1536–1538.~]
+
+~Dritter Krieg~ zwischen Karl V. und Franz I., letzterer erneuert seine
+Ansprüche auf +Mailand+ nach dem Tode des Herzogs Franz Sforza. Er
+verbündet sich mit +Soliman II.+, der Ungarn bedrängt und durch seine
+Flotte die Küste Italiens plündern läßt.
+
+[1538.]
+
++Waffenstillstand zu Nizza+ auf Grund des Besitzstandes. Darauf reist
+Karl V., um einen Aufruhr in seiner Geburtsstadt +Gent+ zu bekämpfen,
+durch Frankreich, wo er von Franz I. ausgezeichnet empfangen wird.
+
+Einführung der Reformation im +Herzogtum+ Sachsen (Herzog Georg †
+1539), im Kurfürstentum Brandenburg (1539), im Herzogtum Mecklenburg
+(1540).
+
+[1540.]
+
+Der ~Jesuiten-~Orden, von dem Spanier +Ignatius von Loyōla+ 1534
+gestiftet zur Ausbreitung der katholischen Lehre, wird von Papst Paul
+III. bestätigt.
+
+[~1541.~]
+
+~Reformation in Genf~ durch ~Johann Calvin.~ Jean +Cauvin+ aus Noyon
+in der Picardie, geb. 1509, tritt 1532 in Paris als Reformator auf,
+findet Schutz bei Margarete von Navarra, Schwester Franz’ I. (S.
+236). Aus Frankreich 1534 vertrieben, lebt Calvin abwechselnd in
+Basel, Genf, Straßburg, von 1541 bis zu seinem Tode 1564 in +Genf+.
+Die Anhänger Zwinglis schließen sich ihm allmählich an. Calvinische
++Kirchenverfassung+: Die Gemeinde von den erwählten Geistlichen
+und +Ältesten+ (Presbyterium) regiert, mehrere Gemeinden durch die
++Synode+; strenge Kirchenzucht. Der Arzt Servet 1553 als Irrlehrer (De
+trinitatis erroribus) verbrannt.
+
+[1541.]
+
+Verlängerung des Religionsfriedens auf dem Reichstag zu +Regensburg+ in
+Gegenwart Karls V.
+
+Soliman II. setzt in +Ofen+ einen türkischen Pascha ein. Karls V.
+unglücklicher Zug nach +Algier+.
+
+[1542.]
+
+Vertreibung des Herzogs +Heinrich+ von Braunschweig-Wolfenbüttel durch
+den Schmalkaldischen Bund.
+
+[~1542–1544.~]
+
+~Vierter Krieg~ Karls V. gegen Franz I., der wiederum mit Soliman II.
+verbündet ist. Der Kaiser unterwirft den Herzog von +Cleve+, der sich
+an Frankreich angeschlossen hat, und dringt bis +Soissons+ vor.
+
+[1544.]
+
+Friede zu ~Crespy~ (spr. +Crépi+): Der Herzog von Orléans, zweiter Sohn
+des französischen Königs, soll eine kaiserliche Prinzessin heiraten und
+Mailand erhalten. Da er aber schon 1545 stirbt, so bleibt +Mailand+ dem
+Kaiser, der es seinem Sohne +Philipp+ zu Lehen gibt.
+
+[1545.]
+
++Hermann von Wied+, Erzbischof von +Köln+, welcher +Melanchthon+ zu
+sich berufen hatte, um in seinem Erzstift die Reformation einzuführen,
+wird vom Kaiser verwarnt und sucht Hilfe beim Schmalkaldischen Bunde.
+
+[~1545–1563.~]
+
+~Kirchenversammlung zu Trient~ (Tridentum) in Tirol, von den
+Protestanten nicht beschickt, vom Papste zweimal vertagt. Kirchliche
+Reformen, zugleich genauere Feststellung der katholischen Lehre.
+
+[1546.]
+
+18. Febr. Tod Luthers in Eisleben.
+
+[~1546–1547.~]
+
+~Schmalkaldischer Krieg.~ Karl V. will die reichsständische
+Selbständigkeit in Deutschland brechen und zugleich im Bunde mit
+dem Papste, der ihm Geld und Truppen sendet, die kirchliche Einheit
+wiederherstellen. Die Häupter des Schmalkaldischen Bundes, +Johann
+Friedrich+, Kurfürst von Sachsen, und Landgraf +Philipp+ von Hessen
+werden in die Acht erklärt. Herzog +Moritz+ von Sachsen, Philipps
+Schwiegersohn, schließt sich der Sache des Kaisers an.
+
+[1546.]
+
+Unentschlossene Kriegführung der Verbündeten an der +Donau+. Johann
+Friedrich wird durch einen Einfall des Herzogs Moritz in sein Land
+zur Rückkehr veranlaßt. Die süddeutschen Protestanten (Ulm, Augsburg,
+Straßburg, Herzog Ulrich von Württemberg u. a.) unterwerfen sich,
+Hermann von Wied wird aus Köln vertrieben. Karl V. zieht mit seinem aus
+Spaniern (Herzog +Alba+) und Italienern gebildeten Heere nach Sachsen,
+geht über die Elbe, schlägt in der
+
+[~1547.~ 24. April.]
+
+~Schlacht bei Mühlberg~ (auf der Lochauer Heide, bei Torgau) den
+Kurfürsten von Sachsen, nimmt ihn gefangen und zieht als Sieger
+in +Wittenberg+ ein. Vergleich unter Vermittelung Joachims II.
+von Brandenburg. Die Kurwürde und die Kurländer kommen an die
++Albertinische+ Linie des Hauses Wettin (Herzog Moritz); die
+Ernestinische Linie behält nur die thüringischen Gebiete (+Weimar+,
++Jena+, +Eisenach+, +Gotha+ u. a., S. 227). +Philipp von Hessen+
+unterwirft sich in +Halle+ und wird, obgleich sich Moritz und Joachim
+II. für seine Freiheit verbürgt hatten, gefangen gehalten.
+
+[1548.]
+
+Auf dem +Reichstag+ zu +Augsburg+ dekretiert der Kaiser, da das
+Tridentiner Konzil vom Papste nach Bologna verlegt ist, das ~Interim,~
+welches den Protestanten aufgezwungen werden soll. Einstweilen wird
+ihnen die Priesterehe und das Abendmahl unter beiderlei Gestalt
+zugestanden. Sonst soll Lehre und Kirchenverfassung im wesentlichen
+katholisch bleiben. Die Stadt +Magdeburg+, als Mittelpunkt des
+Widerstandes in die Reichsacht erklärt, wird vom Kurfürsten ~Moritz von
+Sachsen~ 1550–51 belagert, unterwirft sich ihm, ohne Glaubenszwang zu
+erleiden. Moritz, erbittert über die Behandlung seines Schwiegervaters
+und besorgt für seine Stellung und die »Libertät« aller deutschen
+Fürsten, rüstet heimlich gegen den Kaiser und nötigt ihn, nach Abschluß
+eines Bündnisses mit +Heinrich II.+ von Frankreich, zur
+
+[~1552.~]
+
+Flucht aus +Innsbruck+. Das in +Trient+ wieder versammelte Konzil
+vertagt sich und tritt erst 1562 wieder zusammen. In Passau tritt ein
+Fürstentag zusammen. König +Ferdinand+ vermittelt den
+
+~Passauer Vertrag~: Das Interim abgeschafft. Freilassung Philipps
+von Hessen, der Religionsfriede soll auf dem nächsten +Reichstage+
+festgestellt werden. Auch Kurfürst Johann Friedrich wird freigelassen.
+
+[1552.]
+
+~Karl V.~ zieht mit Heeresmacht gegen ~Heinrich II.~ von Frankreich,
+welcher als Moritz’ Verbündeter die ~lothringischen Bistümer~ +Metz+,
++Toul+ und +Verdun+ besetzt hat. Vergebliche Belagerung von +Metz+,
+welches Franz von Guise mit Erfolg verteidigt. Frankreich bleibt im
+Besitz der drei Bistümer, während das +Herzogtum+ Lothringen nach wie
+vor beim deutschen Reiche bleibt.
+
+[1553.]
+
+Moritz siegt bei +Sievershausen+ (unweit Hannover) über seinen
+bisherigen Verbündeten +Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach+
+(der den Passauer Vertrag nicht anerkennen will), wird aber tödlich
+verwundet.
+
+Karl V. zieht sich verstimmt nach den Niederlanden zurück, überläßt die
+Herstellung des Friedens in Deutschland seinem Bruder Ferdinand.
+
+[~1555.~]
+
+~Augsburger Religionsfriede~. Die +Landesherren+ und +freien Städte+,
+welche sich zur +Augsburgischen Konfession+ bekennen, erhalten
+Religionsfreiheit und das Recht, in ihren Gebieten die Konfession ihrer
+Untertanen zu bestimmen: cuius regio, eius religio. Den andersgläubigen
+Untertanen soll das Recht auszuwandern gewahrt bleiben. Zu Gunsten
+der katholischen Kirche ~geistlicher Vorbehalt~ (+Reservatum
+ecclesiasticum+), daß geistliche Reichsstände, welche protestantisch
+werden, Amt, Gebiet und Einkünfte verlieren sollen (S. 232). Die
+Evangelischen fügen sich dieser Bestimmung gegen eine +Deklaration+,
+daß evangelische Untertanen geistlicher Reichsstände bei ihrer
+Religion gelassen werden sollen. Die Reformierten sind von dem Frieden
+ausgeschlossen.
+
+
+~Wirkungen der Reformation.~
+
+Die von Deutschland ausgehende religiöse Bewegung führt in den meisten
+europäischen Ländern 1. zur +Abschaffung kirchlicher Mißbräuche+
+und Vertiefung des religiösen Lebens, 2. zu erhöhter Pflege der von
+den Fesseln der Kirche befreiten +Wissenschaften+, Verbesserung des
+Schulwesens, Verbreitung geistiger Bildung, 3. zur Stärkung der Gewalt
+der Territorialfürsten und durch den Gegensatz der Konfessionen zu
++politischen Kämpfen+, in denen das europäische +Staatensystem+ sich
+ausbildet.
+
+~Luthers Lehre~ verbreitet sich nach Dänemark, Schweden, Norwegen und
+den Ostseeprovinzen, +Calvins+ Lehre (die ~reformierte Kirche~) nach
+Frankreich, den Niederlanden, Schottland; in Deutschland findet sie
+namentlich im Kurfürstentum Pfalz (Heidelberger Katechismus 1563), in
+Hessen und Bremen Eingang.
+
+Hebung des Wohlstandes in Deutschland, namentlich in den oberdeutschen
++Reichsstädten+; die Kaufmannshäuser Fugger und Welser in +Augsburg+.
+Aufblühen der +deutschen Literatur+: Hans Sachs († 1576) in +Nürnberg+,
+Joh. Fischart in +Straßburg+ († 1591); das protestantische Kirchenlied.
+Die Maler Lukas Kranach, Vater und Sohn, in +Wittenberg+, später in
+Weimar († 1553 bezw. 1586).
+
+[~1550.~]
+
+~Abdankung Karls V.~ in Brüssel. Die Krone ~Spanien~ (mit den
+Kolonien), dazu +Neapel+, +Mailand+, Freigrafschaft +Burgund+ und die
+Niederlande kommen an seinen Sohn +Philipp+, die Kaiserwürde an seinen
+Bruder +Ferdinand I.+ (s. S. 225). Karl lebt in der Nähe des Klosters
+S. Just (in Estremadura, nördlich vom Tajo) als Privatmann (nicht
+Mönch), stirbt 1558.
+
+
+§ 3. Frankreich.
+
+[~1498–1589.~]
+
+Häuser ~Orléans~ und ~Angoulême~.
+
+Nebenlinien des Hauses Valois (s. S. 208), deren Zusammenhang mit der
+Hauptlinie die folgende Stammtafel darstellt.
+
+ ~Karl V.~ (dritter K. aus dem Hause +Valois+) †1380.
+ ___________________|_______________________
+ ~Karl VI.~ †1422. Ludwig, Hz. v. Orléans.
+ | Gem. Valentine Visconti.
+ | ______|__________________
+ ~Karl VII.~ †1461. Karl, Hz. Johann, Graf
+ | v. Orléans. v. Angoulême.
+ | | |
+ ~Ludwig XI.~ †1483. ~Ludwig XII.~ Karl, Graf v. Angoulême.
+ | †1515. Gem. Anna v. Gem. Louise v. Savoyen.
+ | d. Bretagne, Witwe |
+ | Karls VIII. |
+ | | |
+ ~Karl VIII.~ †1498. Claudia. ~Franz I.~ †1547.
+ Gem. Anna v. d. Bretagne. |________________|
+ |
+ ~Heinrich II.~ †1559.
+ Gem. Katharina v. Medici.
+ _______________________________|_______________________________
+ | | | | | |
+ ~Franz II.~ Elisabeth, ~Karl IX.~ ~Heinrich III.~ Franz, Margarete,
+ †1560. Gem. Gem. †1574. (Hz. v. Anjou) Hz. v. Gem.
+ Maria Stuart. Philipp II. K. v. Polen. Alençon. Heinrich IV.
+ K. v. Spanien. †1589.
+
+Die französische Monarchie, nach Zeiten schwerer Erschütterung wieder
+erstarkt, beginnt schon unter +Karl VIII.+ (S. 209) eine gegen
++Italien+ gerichtete Eroberungspolitik, doch ohne dauernden Erfolg.
+
+[1498–1515.]
+
+~Ludwig XII.~ heiratet Anna von der +Bretagne+, Karls VIII. Witwe,
+um dieses Herzogtum bei der Krone zu erhalten, macht Ansprüche auf
+~Mailand~ als Enkel von +Valentine Visconti+, verjagt den Herzog
++Ludovico Moro+ (aus dem Hause +Sforza+, s. S. 211), der, als er nach
+Mailand zurückkehrt, gefangen wird (1500).
+
+[1501.]
+
++Ludwig XII.+ erobert im Bunde mit +Ferdinand dem Katholischen+,
+König von Aragon, das Königreich ~Neapel~. Spanier und Franzosen bald
+uneinig, die letzteren von dem spanischen Feldherrn +Gonsalvo de
+Cordŏva+ am +Garigliano+ geschlagen (1504). Ludwig XII. verzichtet auf
+Neapel, behauptet aber die Schutzherrschaft über +Genua+. Neapel und
+Sicilien bis 1713 in spanischem Besitz. Gonsalvo erster Vizekönig.
+
+[1508.]
+
+Teilnahme Ludwigs an der +Liga zu Cambrai+ gegen Venedig, aber Papst
+Julius II., Ferdinand der Katholische und Venedig verbinden sich 1511
+zur +Heiligen Liga+, um die Franzosen aus Italien zu vertreiben. Diese
+führen den Krieg unter +Gaston de Foix+, Neffen Ludwigs XII., anfangs
+glücklich, nehmen 1512 +Brescia+ mit Sturm (~Bayard~, der Ritter ohne
+Furcht und Tadel, S. 229), schlagen mit Hilfe von 5000 deutschen
+Landsknechten das spanisch-päpstliche Heer bei +Ravenna+, werden aber
+1513 von den Schweizern bei +Novāra+ geschlagen und räumen Italien.
+
+[~1515–1547.~]
+
+~Franz I.~
+
+[1515.]
+
+Er erobert +Mailand+ wieder durch den glänzenden Sieg über die
+Schweizer bei ~Marignano~.
+
+[1520.]
+
+Zusammenkunft mit Heinrich VIII. von England (+Camp du drap d’or+) in
+der Nähe von Calais.
+
+Kriege mit +Karl V.+ (s. S. 229–232): +Mailand+ verloren. Künste
+und Wissenschaften werden gefördert durch den Verkehr mit Italien.
+Schloßbauten: der +Louvre+ in Paris.
+
+Erhöhung der königlichen Macht durch ein Konkordat mit dem Papste
+(1516), welches die Wahl der Bischöfe und Äbte im wesentlichen dem
+König überläßt; dagegen Wiedereinführung der +Annaten+ (Gebühren für
+die Bestätigung durch den Papst in der Höhe eines Jahreseinkommens) und
+Verzichtleistung auf den Grundsatz des Konstanzer und Baseler Konzils,
+daß ein allgemeines Konzil +über+ dem Papste stehe (s. S. 203).
+Verfolgung der Protestanten und grausame Hinrichtungen.
+
+[~1547–1559.~]
+
+~Heinrich II.~ Wachsende Macht der ~Guisen~, eines Nebenzweiges
+des Hauses Lothringen, (+Franz+, Herzog von Guise, und +Karl+, der
+»Kardinal von Lothringen«). Verfolgung der Protestanten in Frankreich,
+aber Unterstützung der +deutschen+ Protestanten. 1552 +Metz+, +Toul+,
++Verdun+ gewonnen, Krieg mit Karl V. (s. S 233).
+
+[1556–1559.]
+
+Krieg mit +Philipp II.+ von Spanien. Die Franzosen von den Spaniern
+(mit Hilfe der Engländer) bei +St. Quentin+ 1557 und durch den Grafen
++Egmont+ bei +Gravelingen+ 1558 geschlagen. +Franz von Guise+ nimmt
++Calais+, die letzte Besitzung der Engländer in Frankreich (S. 209).
+
+[1559.]
+
+Im Frieden zu +Cateau Cambrésis+ geben die Franzosen alle Eroberungen,
+außer +Calais+, heraus. Philipp II. heiratet Elisabeth, älteste Tochter
+Heinrichs II. Auf Heinrich II., der an einer Turnierwunde stirbt,
+folgen hintereinander seine drei schwachen Söhne.
+
+[~1559–1560.~]
+
+~Franz II.~, erster Gemahl der +Maria Stuart+ von Schottland, einer
+Nichte der Guisen. Verfolgung der Protestanten, grausame Hinrichtungen
+(+Chambres ardentes+). Des Königs Mutter ~Katharina von Medici~ mit den
+Guisen verbündet, während die Prinzen aus dem Hause +Bourbon+, Anton,
+König von Navarra,[44] und Ludwig von Condé, sich der Protestanten
+annehmen.
+
+[~1560–1574.~]
+
+~Karl IX.~, 10 Jahre alt, ebenfalls unter der Leitung seiner Mutter
++Katharina von Medici+,
+
+[1562–1598.]
+
+~Hugenottenkriege.[45]~
+
+Die Verletzung eines den Reformierten gewährten Toleranzedikts durch
++Franz von Guise+ (Blutbad zu +Vassy+ in der Champagne 1562) und
+grausame Verfolgungen in mehreren Städten veranlassen eine bewaffnete
+Erhebung der Reformierten unter Führung des Prinzen von +Condé+ und
+des Admirals +Coligny+. Sie erkämpfen in +drei Kriegen+ (bis 1570) das
+Zugeständnis bedingter Religionsfreiheit, welches durch Einräumung
+von 4 Sicherheitsplätzen (namentlich der Hafenstadt +La Rochelle+)
+gewährleistet wird.
+
+[~1572.~ 23.–24. Aug.]
+
+~Die Bartholomäusnacht~ oder ~Pariser Bluthochzeit.~ Bei Gelegenheit
+der Vermählung +Heinrichs von Bourbon+ und +Navarra+, der nach Condés
+Tode an die Spitze der Hugenotten getreten war, mit der Schwester des
+Königs Karl IX., Margarete von Valois, zuerst ein Mordanschlag auf
++Coligny+ gemacht, dann Ermordung aller in Paris anwesenden Hugenotten,
+geleitet von +Heinrich von Guise+ und der Königin-Mutter +Katharina
+von Medici+. Heinrich von Navarra rettet sein Leben durch Übertritt
+zur katholischen Kirche. In der Hauptstadt werden über 2000, in ganz
+Frankreich gegen 20000 Hugenotten ermordet. Diese Bluttat entzündet
+den +vierten+ Krieg (1572–1573). La Rochelle, von Herzog +Heinrich von
+Anjou+, Bruder des Königs Karl IX., belagert, verteidigt sich tapfer
+(Graf Montgomery). Die Wahl des Herzogs von Anjou zum König von Polen
+bewirkt einen Vergleich.
+
+Karl IX. stirbt 1574. Sein Bruder, der aus Polen entweicht, wird König
+von Frankreich als
+
+[~1574–1589.~]
+
+~Heinrich III.~ Der +fünfte+ Krieg, während dessen Heinrich von Navarra
+wieder zum reformierten Glauben übertritt, wird 1576 unter Bedingungen
+beendigt, die für die Hugenotten günstiger sind als die früheren
+Friedensschlüsse. Daher Unzufriedenheit der strengen Katholiken; die
+~Heilige Ligue~ beabsichtigt im Bunde mit +Philipp II.+ Vernichtung der
+reformierten Partei und Erhebung der Guisen auf den Thron. Der König
+erklärt sich aus Furcht vor der Ligue zum Haupt derselben und verbietet
+den reformierten Gottesdienst in ganz Frankreich.
+
+Daher nochmals +drei Kriege+, der letzte (1585–1589) genannt ~Krieg der
+drei Heinriche~ (+Heinrich III.+ von Valois, +Heinrich+ von Navarra,
++Heinrich+ von Guise). In Paris bildet sich die ~Ligue der Sechzehn~,
+welche die Absetzung des schwachen Königs bezweckt. Volksaufstand,
+Tag der Barrikaden 12. Mai 1588. Heinrich III. entflieht nach +Blois+,
+wohin er die Reichsstände (États-généraux) zusammenruft. Da er bei
+diesen keinen Beistand gegen die Ligue findet, läßt er den Herzog
++Heinrich von Guise+ und dessen Bruder, den +Kardinal Ludwig+,
+ermorden. Aufstand der Katholiken, an dessen Spitze sich der Bruder der
+Ermordeten, Herzog +Karl von Mayenne+, stellt. Heinrich III. flieht zu
+Heinrich von Navarra in das Lager der Hugenotten, wird vor Paris, in
+St. Cloud, von dem Mönch +Jakob Clément+ ermordet (1589).
+
+[~1589–1792.~]
+
+~Haus Bourbon~ (stammt ab von einem jüngeren Sohne Ludwigs IX., des
+Heiligen).
+
+[~1589–1610.~]
+
+~Heinrich IV.~ Die katholische Partei verweigert ihm die Anerkennung.
+Heinrich IV. siegt über Karl von Mayenne bei ~Ivry~ 1590, belagert
+aber vergeblich Paris, welches von Mayenne und dem Herzog von Parma
+(s. S. 243) entsetzt wird. Erst nachdem Heinrich in St.-Denis abermals
+seinen Übertritt zur katholischen Kirche erklärt hat, öffnet ihm Paris
+die Tore (1594). Darauf Aufhebung des päpstlichen Bannes, Friede mit
+Philipp II. von Spanien. Die Religionskriege werden beendet durch das
+
+[~1598.~]
+
+~Edikt von Nantes~, welches den Reformierten gleiche +bürgerliche+
+Rechte mit den Katholiken gibt, aber keineswegs vollständig freie
+Religionsübung. Es gestattet den reformierten Kultus den +Edelleuten+
+mit selbständiger Gerichtsbarkeit (+seigneurs hauts justiciers+) und
+den +Bürgern+ in einer +bestimmten+ Anzahl von Städten und Flecken,
+untersagt ihn aber in allen bischöflichen und erzbischöflichen Städten,
+am Hofe des Königs, in Paris, sowie im Umkreise von 5 Meilen um die
+Hauptstadt. Die Reformierten werden zu öffentlichen Ämtern zugelassen
+und behalten ihre Sicherheitsplätze. Das Edikt wird erst nach
+langer Weigerung von den Parlamenten (d. h. höchsten Gerichtshöfen)
+registriert.
+
+Heinrichs IV. Minister, der Herzog von ~Sully~, trifft Maßregeln
+zur Wiederherstellung des zerrütteten Wohlstandes und der Finanzen.
+Förderung des Ackerbaues und Gewerbes, des Seehandels; Kolonien in
++Kanada+ (Quebec 1608). Der König beabsichtigt, als Verbündeter der
+protestantischen +Union+ in den Jülich-Cleveschen Erbstreit (S. 252)
+einzugreifen, wird aber von dem Fanatiker Franz +Ravaillac+ in Paris
+ermordet. Sein Sohn
+
+[~1610–1643.~]
+
+~Ludwig XIII.~, 9 Jahre alt. Regentschaft seiner Mutter +Maria von
+Medici+. Sully vom Amte entfernt; an die Spitze der Geschäfte tritt
+der Italiener +Concini+ (Maréchal +d’Ancre+), nach dessen Ermordung
+1617 der Herzog von +Luynes+, endlich der große Staatsmann ~Kardinal
+Richelieu~ (Armand-Jean du Plessis, geb. 1585 in Poitou, 1607 Bischof
+von Luçon, 1616 Staatssekretär, 1622 Kardinal, † 1642). Von 1624–1642
+verwaltet ~Richelieu~ eigentlich allein das Reich; nur einmal (11. Nov,
+1630, +journée des dupes+) glaubt Maria von Medici ihn gestürzt zu
+haben, doch beherrscht er von da an den König sicherer als je.
+
+Richelieus Ziel ist die Erhebung Frankreichs zur ersten Macht Europas
+und die Begründung der Allgewalt des Königs. Er bricht die Macht des
+Adels, macht die Krone unabhängig von den +Reichsständen+, die nicht
+mehr berufen werden, besiegt die Hugenotten (Belagerung und Einnahme
+von +La Rochelle+ 1628), welche fortan nicht mehr eine bewaffnete
+politische Partei, sondern eine +geduldete Sekte+ sind. Unruhen,
+erregt von +Gaston von Orléans+, Bruder des Königs, enden mit dem
+vollständigen Siege Richelieus; die Königin-Mutter wird verbannt,
+Gaston entflieht nach +Lothringen+, versucht vergebens gewaltsame
+Rückkehr mit Hilfe des Herzogs von +Montmorency+, des Statthalters von
+Languedoc; dieser wird 1632 in Toulouse hingerichtet.
+
+[1633.]
+
+Das Herzogtum +Lothringen+ (vgl. S. 206, 233) von französischen Truppen
+besetzt (bis 1659). Der Dreißigjährige Krieg bietet Gelegenheit,
+Frankreichs Macht auf Kosten Deutschlands zu erhöhen.
+
++Richelieu+ legt den Grund zur Machtstellung Ludwigs XIV. Frankreich
+verdankt ihm die Segnungen einer geordneten +Verwaltung+ und das
+Aufblühen seiner klassischen +Literatur+. Stiftung der französischen
+Akademie 1635, der maßgebenden Behörde in Sachen der Sprache und des
+Stils; +Corneilles+ Cid 1636.
+
+
+§ 4. Italien.
+
+Das Herzogtum ~Mailand~ ist seit 1556 (s. S. 234) ein Nebenland von
++Spanien+, dem Namen nach deutsches Reichslehen. In ~Mantua~ herrscht
+seit 1328 das Haus +Gonzaga+; nach dessen Aussterben der Mantuanische
+Erbfolgekrieg 1628–1631. +Richelieu+ zieht persönlich gegen die
+Kaiserlichen zu Felde und setzt die Ansprüche der französischen
+Nebenlinie +Nevers+ auf das Herzogtum durch.
+
+Glänzender Hof der Herzöge von ~Ferrara~ (S. 210). Nach dem Tode
+Alfons’ II. 1597 wird Ferrara als päpstliches Lehen mit dem
+Kirchenstaate vereinigt; ~Modena~ und Reggio verbleiben einer
+Nebenlinie des Hauses +Este+.
+
+~Parma~ und Piacenza früher zu Mailand gehörig, 1512 vom Papst Julius
+II. für den Kirchenstaat in Besitz genommen, bilden seit 1545 ein
+selbständiges Herzogtum im Besitz des Hauses +Farnese+ bis 1731.
+
+~Venedig~ ist 1508 gefährdet durch die Liga von +Cambrai+ (Papst Julius
+II., Kaiser Maximilian I., Ludwig XII., Ferdinand der Katholische);
+doch wendet sich der Krieg bald gegen Frankreich (S. 235). Während der
+folgenden Kriege ist Venedig meist mit Karl V. verbündet. Gegenüber dem
+Vordringen der +Türken+ schließt es sich an Spanien an, muß aber trotz
+des mit den Spaniern gemeinsam erfochtenen Sieges bei Lepanto (S. 242)
+1573 den Türken +Cypern+ abtreten; es behält von seinem Inselbesitz nur
++Kandia+ und die +Ionischen Inseln.+
+
+~Genua~ macht sich 1529 unter dem Dogen +Andrea Doria+, welcher
+der Republik eine neue Verfassung gibt, frei von der französischen
+Schutzherrschaft (S. 235). Verschwörung des+Fiesco+ 1547. +Giannettino
+Doria+, der Neffe des Dogen, wird ermordet, Andrea Doria muß flüchten.
+Schon sind die Verschworenen im Besitz fast der ganzen Stadt, als
+Fiesco durch Zufall ertrinkt. Rückkehr des Dogen, Wiederherstellung der
+Verfassung.
+
+Die Herzöge von ~Savoyen~, welche auch +Piemont+ besitzen (S. 210),
+sind unter den einheimischen Fürsten von Nord-Italien die mächtigsten.
+Doch verlieren sie 1536 das +Waadtland+ an Bern und geraten während der
+Kriege Frankreichs mit Karl V. und Philipp II. in Bedrängnis. Nach dem
+Frieden von Cateau-Cambrésis (1559, S. 236) wird +Emanuel Philibert+ in
+sein Herzogtum zurückgeführt.
+
+In ~Florenz~ wird 1494 Pietro von Medici, Lorenzos Sohn, weil er mit
+dem erobernd vordringenden Karl VIII. von Frankreich (S. 209 f.) einen
+Vertrag geschlossen hatte, vertrieben. Haupt der demokratischen Partei
+der Dominikaner +Savonarōla+. Er bewirkt auf kurze Zeit eine Wendung
+zur Sittenstrenge, verfällt aber dem päpstlichen Bann und wird 1498
+hingerichtet. Infolge des Sieges der Heiligen Liga (S. 235) werden 1512
+die +Medici+ wiedereingesetzt. Zweite Vertreibung 1527, die Republik
+auf kurze Zeit wiederhergestellt. Karl V. setzt 1531 +Alessandro+ von
+Medici als erblichen Herzog ein. Dessen Nachfolger +Cosimo+ vereinigt
+die Republik +Siena+ mit seinem Gebiete und wird 1569 vom Papst Pius
+V. zum ~Großherzog von Toskana~ erhoben (bestätigt von Kaiser Rudolf
+II. 1576). Unter Cosimos II. Regierung lehrt in Florenz +Galileo
+Galilei+, der 1633 von der Inquisition in Rom gezwungen wird, das
++Kopernikanische Sonnensystem+ abzuschwören († 1642 in Arcetri bei
+Florenz).
+
+Die ~Päpste~ dieser Zeit sind mit Erfolg bestrebt, den Kirchenstaat zu
+vergrößern und ihr geistliches Ansehen zu erhöhen.
+
+[1492–1502.]
+
++Alexander VI.+ aus dem Hause +Borgia+, durch Ausschweifungen
+berüchtigt; sein Sohn +Cesar Borgia+ herrscht grausam in der Romagna.
+
+[1503–1513.]
+
++Julius II.+, kriegerisch und kunstliebend, beginnt den Neubau der
+Peterskirche, beruft dazu den Baumeister Bramante, den Bildhauer
+Michelangelo (an Julius’ II. Grab Statue des Moses) und den Maler
+Raffael nach Rom.
+
+[1513–1521.]
+
++Leo X.,+ Sohn Lorenzos von Medici (S. 211), kunstliebend und gelehrt.
+
+[1521–1523.]
+
++Hadrian VI.,+ aus Utrecht, früher Lehrer Karls V., auf Abstellung
+kirchlicher Mißbräuche bedacht.
+
+[1523–1534.]
+
++Clemens VII.,+ Neffe Lorenzos von Medici, klug, aber nicht tatkräftig.
+
+[1555–1559.]
+
++Paul IV.,+ streng kirchlich, hat 1542 als Kardinal unter Paul III. die
+Herstellung der +Inquisition+ (S. 186) und die Einrichtung des Index
+librorum prohibitorum bewirkt.
+
+[1572–1585.]
+
++Gregor XIII.+ ordnet 1582 den +verbesserten Kalender+ an (Ausfall
+des Schaltjahres am Ende des Jahrhunderts, mit Ausnahme jedes vierten
+Jahrhunderts).
+
+[1575–1590.]
+
++Sixtus V.+ unterdrückt das Räubertum im Kirchenstaat; Vollendung der
+Peterskirche.
+
+~Neapel~ ist von 1504–1713 ein Nebenland Spaniens (s. S. 235). Der
+Aufstand des Fischers +Tommaso Aniello,+ genannt +Masaniello+ (1647),
+wird schnell unterdrückt.
+
+~Blütezeit der italienischen Kunst und Literatur.~
+
+Maler: +Leonardo da Vinci+ († 1519), +Raffael Santi+ († 1520), +Antonio
+Allegri,+ genannt +Correggio+ († 1534), +Michelangelo Buonarotti+ (†
+1564), zugleich Bildhauer und Architekt, +Tizian+ († 1576), +Paul
+Veronese+ († 1588). Musiker: +Palestrina+ († 1594). Dichter: +Ariosto+
+(† 1533), +Torquato Tasso+ († 1595). Unter den Prosaschriftstellern
+ragt hervor der Politiker +Macchiavelli+ († 1527 in Florenz: Il
+Principe, Buch vom Fürsten).
+
+
+§ 5. Pyrenäische Halbinsel und Niederlande,
+
+[~1479–1516.~]
+
+~Ferdinand der Katholische,~ König von +Aragon,+ übernimmt 1504
+nach dem Tode seiner Gemahlin +Isabella+ (S. 215) die Regierung in
++Kastilien+ für seine abwesende Tochter +Johanna+, Gemahlin des
+Erzherzogs Philipp von Österreich (S. 225). Philipp und Johanna
+kommen 1506 nach Kastilien; Ferdinand tritt in einem Vertrage die
+Regentschaft an Philipp ab, aber bald darauf stirbt dieser plötzlich
+1506. Johanna, schon früher schwermütig, verfällt in Wahnsinn, lebt
+im Schlosse +Tordesillas+ in Haft bis zu ihrem Tode (1555). Ferdinand
+übernimmt wieder die Regentschaft, erweitert 1512 das Reich Aragon
+durch Eroberung des kleinen Königreichs +Navarra+; nur der nördlich von
+den Pyrenäen gelegene Teil desselben bleibt dem französischen Grafen
++Jean d’Albret+ (S. 236). Befestigung der Monarchie in dem nunmehr
+vereinigten ~Königreich Spanien~ mit Hilfe des staatsklugen Kardinals
++Ximenez+.
+
+[~1516–1556.~]
+
+~Karl I.~ (als deutscher Kaiser +Karl V.,+ s. S. 228) begründet nach
+Niederwerfung eines Aufstandes in Kastilien (1521) die unbeschränkte
+Königsgewalt in +Spanien+; die Cortes fortan ohne Bedeutung. Durch
+Erwerbung großer Gebiete in +Amerika+ (S. 223) gelangt Spanien zu hoher
+Machtstellung.
+
+[~1556–1598.~]
+
+~Philipp II.~, viermal vermählt, mit: 1. +Maria+ von Portugal (Mutter
+des Don Carlos), 2. +Maria der Katholischen+ von England (S. 246),
+3. +Elisabeth+ von Valois (S. 236), 4. +Anna+, Tochter Maximilians
+II. Unter seinem starren Despotismus erschöpfen sich die Kräfte des
+spanischen Reiches.
+
+Krieg mit Frankreich (S. 236). Blutige Verfolgung der Moriskos und der
+Protestanten in Spanien; die Schrecken der Inquisition (S. 215) dauern
+fort. Zwist zwischen dem König und seinem Erben +Don Carlos+; dieser
+wird verhaftet und stirbt im Gefängnis 1568. Über die +Türken+, welche
+1565 vergeblich die dem Johanniterorden (S. 178) gehörige Insel +Malta+
+angreifen (tapfere Verteidigung durch den Großmeister +La Valette+),
+erficht +Don Juan d’ Austria+, Karls I. (V.) natürlicher Sohn, den
+großen
+
+[~1571.~]
+
+~Seesieg bei Lepanto~ (Naupaktos, S. 44). In demselben Jahre werden die
++Philippinen+-Inseln in Besitz genommen (1898 an die Union abgetreten).
+
+[~1568–1648.~]
+
+~Freiheitskrieg der Niederlande.~
+
+~Veranlassung~: Die seit Karls V. Abdankung an Spanien gekommenen
+niederländischen Provinzen (S. 225) waren seit alter Zeit im Besitz
+bedeutender Privilegien; die +Stände+ (+Staaten+, +États+) hatten
+Steuern und Truppen zu bewilligen. Aber Druck der spanischen
+Besatzungen, Strafedikte gegen die Ketzer, die geplante Gründung
+neuer Bistümer, Furcht vor Einführung der spanischen Inquisition
+bewirken unter der Statthalterin +Margarete von Parma+ (1559–1567),
+der Halbschwester des Königs Philipp II. (ihr Ratgeber Bischof
++Granvella+), heftige Erregung. Bund des Adels (Kompromiß zu +Breda+)
+zur Verteidigung der Privilegien. Im Staatsrat sind Graf +Egmont+,
+Statthalter von Flandern, und Wilhelm von +Nassau-Oranien[46]+,
+Statthalter von Holland und Seeland, um Erhaltung des Friedens bemüht.
+
+[1566.]
+
+Überreichung einer Bittschrift an die Statthalterin in +Brüssel+ durch
+300 Vertreter des niederen Adels (~Geusen~, Bettler, ihr Parteiname,
+entstanden durch den verächtlichen Ausruf des Grafen von Barlaimont:
++Ce n’est qu’un tas de gueux+). Volksunruhen, veranlaßt durch
+calvinische Prediger; Bildersturm und Plünderung der Kirchen. Egmont
+und Wilhelm von Oranien treten diesen Unordnungen entgegen.
+
+Obwohl die Ruhe schließlich wiederhergestellt war, wird
+
+[1567.]
+
+Herzog ~Alba~ mit einem spanischen Heere über +Genua, Savoyen, Burgund+
+nach den Niederlanden gesandt. Wilhelm von Oranien entflieht nach
+Nassau. Tausende von Niederländern verlassen ihr Vaterland. Alba
+übernimmt die Regierung; der von ihm in Brüssel eingesetzte Gerichtshof
+arbeitet entsetzlich, vom Volk als »Blutrat« bezeichnet.
+
+[1568.]
+
+Hinrichtung der Grafen +Egmont+ und +Hoorn+.
+
+~Wilhelm von Oranien~ macht mit Flüchtlingen und deutschen Söldnern,
+die er in Nassau um sich gesammelt hat, einen Einfall in die
+Niederlande, wird aber von Alba zurückgeschlagen.
+
+Die willkürlichen, von Alba auferlegten Steuern (der 10te Pfennig
+von jeder verkauften Ware, der 100ste vom Vermögen) erregen einen
+neuen Aufstand. Einnahme von +Briel+ (an der Maasmündung) durch die
+Wassergeusen 1572. Schnelle Ausbreitung des Aufstandes, besonders in
+den nördlichen Provinzen, wo Wilhelm von Oranien nach seiner Rückkehr
+aus Deutschland an die Spitze tritt. Herzog Alba wird auf seinen
+eigenen Antrag 1573 zurückberufen.
+
+Sein Nachfolger +Luis de Requesens+ siegt zwar 1574 auf der Mooker
+Heide, wo zwei Brüder des Prinzen von Oranien fallen, belagert
+aber +Leyden+ vergeblich (Durchstechung der Deiche, Gründung der
+Universität) und kann des Aufstandes nicht Herr werden († 1576).
+Plünderungen der Städte Antwerpen, Mastricht, Gent u. a. durch die
+königlichen Truppen führen die
+
+[~1576.~]
+
+~Pazifikation von Gent~ herbei, einen Vertrag +aller+ Provinzen,
+durch welchen sie sich, ungeachtet der religiösen und nationalen
+Unterschiede, vereinigen, um die spanischen Soldaten aus dem Lande zu
+treiben.
+
+Der neue Statthalter +Don Juan d’Austria+, Philipps II. Halbbruder,
+wird von den meisten Provinzen nicht anerkannt, doch entsteht unter
+ihnen bald Uneinigkeit. Ihm folgt +Alexander Farnese von Parma+,
+Margaretes Sohn (1578–1592), ein staatskluger Fürst und trefflicher
+Feldherr. Dieser unterwirft unter dem Versprechen der Herstellung ihrer
+alten politischen Freiheiten die +südlichen+, katholischen Provinzen
+(Belgien). Die sieben +nördlichen+, überwiegend calvinischen (Holland,
+Seeland, Utrecht, Geldern, Overyssel, Groningen, Friesland) schließen
+
+[~1579.~]
+
+die ~Utrechter Union~, sagen sich 1581 gänzlich von Spanien los und
+übertragen die Leitung +Wilhelm von Oranien+. Nach dessen Ermordung
+zu +Delft+ 1584 durch den Fanatiker Balthasar Gerard tritt sein Sohn,
+der 17jährige ~Moritz von Oranien~, an die Spitze. Kriegsglück
+Alexanders von Parma, Einnahme von +Antwerpen+ 1585. Die den Holländern
+geleistete englische Hilfe (+Leicester+ Statthalter) bestimmt Philipp
+zur Ausrüstung der ~Armāda~, welche, angeführt vom Herzog Medina
+Sidonia, furchtbaren Stürmen und der Tapferkeit der Engländer erliegt
+(1588). Seitdem Niedergang der spanischen Seeherrschaft. Moritz erobert
+Breda 1590, dann Nimwegen und Groningen, die Spanier erobern 1604 nach
+dreijähriger Belagerung Ostende. Endlich wird unter König
+
+[~1598–1621.~]
+
+~Philipp III.~
+
+[1609.]
+
+ein zwölfjähriger ~Waffenstillstand~ geschlossen. Unter dem schwachen,
+von Günstlingen beherrschten Könige sinkt Spaniens Macht und Wohlstand
+weiter, namentlich auch infolge der Austreibung von 500000 Moriskos.
+Nach Ablauf des Waffenstillstandes mit den Niederländern wird der Kampf
+wieder aufgenommen, bis unter König
+
+[~1621–1665.~]
+
+~Philipp IV.~ die ~Republik der Niederlande~ im Westfälischen Frieden
+1648 (s. S. 260) die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit von seiten
+Spaniens und des Deutschen Reiches erlangt.
+
+In dem aufblühenden neuen Staate fehlt es nicht an inneren Parteiungen;
+der +oranischen+ Partei steht die +Generalstaaten+-Partei gegenüber,
+den strengen Calvinisten (Gomarianern) die gemäßigten (Arminianer).
+Die Synode zu +Dordrecht+ verurteilt 1619 den verdienten Staatsmann
++Olden Barneveld+, welcher Moritz von Oranien entgegengetreten war, zum
+Tode; +Hugo Grotius+, zur Haft verurteilt, flieht 1621 nach Frankreich
+(sein Buch +de iure belli ac pacis+ Grundlage des Völkerrechts, 1635
+schwedischer Gesandter in Paris, † 1645). Die Statthalterwürde wird
+1650 aufgehoben, 1672 wiederhergestellt.
+
+ Wilhelm I. von Nassau-Oranien,
+ †1584.
+ _______________|_____________
+ | |
+ Moritz, Friedrich Heinrich,
+ †1625. †1647.
+ ____________|___________
+ | |
+ Wilhelm II., Luise Henriette, †1667.
+ †1650. Gem. Friedrich Wilhelm
+ | v. Brandenburg.
+ | |
+ Wilhelm III., Friedrich I.
+ †1702. von Preußen.
+
+~Aufschwung der niederländischen Seemacht~: Ostindische Kompagnie 1602
+gegründet, +Neu-Amsterdam+ (New York, S. 270) 1612, +Batavia+ auf Java
+1619, +Kapstadt+ 1651, +Ceylon+ besetzt 1656, 1634–54 auch +Brasilien+.
++Tasman+ umfährt Australien (Neu-Holland) 1642.
+
+Blüte der Wissenschaften auf der Universität +Leyden+ (gegr. 1575). Der
+Philosoph +Baruch Spinoza+ geb. zu Amsterdam 1632, † 1677.
+
+Blüte der Malerei (+Rembrandt+ † 1669, +Ruysdael+ † 1682, +Hobbema+ †
+1709), der Dichtkunst (+Vondel+ † 1679) und Musik (Roland de Lattre
+[Orlandus Lassus] † 1594 in München).
+
+In den spanischen Niederlanden die Maler +Rubens+, geb. in Siegen 1577,
+† in Antwerpen 1640; +van Dyk+ † 1641; +Teniers+ der Ältere † 1649,
++Teniers+ der Jüngere † 1690; +Snyders+ † 1657.
+
+Auch in ~Spanien~ Blüte der Literatur (+Cervantes+ † 1616, +Lope de
+Vega+ † 1635, +Calderon+ † 1681) und Malerei +(Velasquez+ † 1660,
++Murillo+ † 1682), aber das Volk verarmt und unwissend; Gewerbfleiß,
+Handel und Seemacht im Niedergang begriffen.
+
+~Portugal~ im Besitz ansehnlicher Kolonien, blühend unter +Emanuel
+dem Großen+ (1495–1521). Sein Urenkel +Sebastian+ fällt 1578 in der
+unglücklichen Schlacht bei +Alkassar+ in Marokko. Philipp II. von
+Spanien erhebt Erbansprüche als Sohn einer Tochter Emanuels, nimmt
+1580 das Land in Besitz. Als ~spanische Provinz (1580–1640)~ verliert
+Portugal einen großen Teil seiner Kolonien (Molukken, Sunda-Inseln,
+Ceylon) an die Niederländer. 1640 Erhebung gegen die spanische
+Herrschaft; eine fast unblutige Revolution erhebt das Haus ~Braganza~
+(König Johann IV.) auf den Thron, das ihn bis 1910 behauptet.
+
+
+§ 6. England und Schottland.
+
+[~1485–1603.~]
+
+~Haus Tudor~ (s. s. 213).
+
+[1485–1509.]
+
+~Heinrich VII.~ erhöht das Ansehen der Krone, indem er dem Adel
+verbietet, bewaffnetes Gefolge zu halten (Gerichtshof der +Sternkammer+
+gegen Aufruhrversuche) und die Finanzen ordnet. Er versucht ganz Irland
+zu unterwerfen (S. 192). Seine Tochter +Margarete+ vermählt mit +Jakob
+IV.+, König von Schottland (aus dem Hause +Stuart+, s. S. 212).
+
+[~1509–1547.~]
+
+~Heinrich VIII.~, grausam und tyrannisch. Er ist sechsmal vermählt,
+nämlich mit: 1. +Katharina von Aragon+, Schwester der »wahnsinnigen«
+Johanna (S. 225), Witwe seines Bruders +Arthur+, Mutter von +Maria
+der Katholischen+ (geschieden). 2. +Anna Boleyn+, Mutter der
++Elisabeth+ (hingerichtet). 3. +Johanna Seymour+ († nach der Geburt
+ihres Sohnes +Eduard VI.+). 4. +Anna von Cleve+ (geschieden). 5.
++Katharina Howard+ (hingerichtet). 6. +Katharina Parr+ (überlebt den
+König). Die verweigerte Scheidung von der ersten Gemahlin (Kardinal
++Wolsey+, gestürzt 1529) wird für den anfangs streng katholischen König
+(+Defensor fidei+) Grund zur Trennung der +englischen Kirche+ vom
+Papsttum (1531). Der König kirchliches Oberhaupt. Blutige Verfolgung
+aller den +Suprematseid+ Verweigernden (der Kanzler Thomas More †
+1535); Einziehung vieler Klöster, aber Beibehaltung katholischer Lehren
+(die 6 Artikel).
+
+~Stammtafel der Familien Tudor und Stuart~ (S. 213):
+
+ ~Heinrich VII.~ †1509.
+ ____________|_____________________________________
+ | | |
+ ~Heinrich VIII.~ Margarete, Maria,
+ †1547. Gem. Jakob IV. Gem. Hz.
+ | v. Schottland. v. Suffolk
+ ~Maria d. Katholische~ | |
+ †1558. ~Jakob V.~ |
+ ~Elisabeth~ †1603. v. Schottland Franziska,
+ ~Eduard VI.~ †1553. †1542. Gem. Henry Gray.
+ Gem. Maria |
+ v. Guise. Johanna Gray
+ | †1554.
+ ~Maria (Stuart)~ †1587.
+ Gem. Darnley.
+ |
+ ~Jakob VI.~ v. Schottland †1625.
+
+[~1547–1553.~]
+
+~Eduard Vl.~, 10 Jahre alt. Die Regierung geleitet von dem Protektor
+Herzog von +Somerset+, dann von Graf +Warwick+, Herzog von
++Northumberland+. Nun erst finden die +Lehren+ der Reformation in
+England Eingang. Gründung der episkopalen Hochkirche (High Church).
++Book of common prayer+ und Glaubensbekenntnis in 42 Artikeln, verfaßt
+von Thomas +Cranmer+, Erzbischof von Canterbury.
+
+[~1553–1558.~]
+
+~Maria die Katholische~, »die Blutige«. +Northumberlands+ Versuch,
++Johanna Gray+, die Gemahlin seines Sohnes, auf den Thron zu setzen,
+mißlingt; alle drei werden hingerichtet. Maria vermählt sich mit
+Philipp II. von Spanien, dem aber keine Regierungsrechte zugestanden
+werden. Wiederherstellung der katholischen Religion. Grausame
+Verfolgung der Protestanten, Erzbischof +Cranmer+ und viele andere
+verbrannt. +Calais+ an Frankreich verloren (s. S. 236).
+
+[~1558–1603.~]
+
+~Elisabeth.~ Wiederherstellung der ~anglikanischen Kirche~
+(Episkopalkirche), protestantische Lehre mit Beibehaltung der
+katholischen Hierarchie und teilweise des Kultus. Glaubensbekenntnis
+die ~39 Artikel~. Zahlreiche +Dissenters+ (Presbyterianer, Puritaner).
+Handel und Schiffahrt entwickeln sich, besonders seit der Vernichtung
+der Armada. Entdeckungsreisen (+Franz Drake+, zweite Erdumsegelung 1577
+bis 1580, S. 223). Ansiedelungen in Nordamerika, +Walther Raleigh+
+gründet die Kolonie +Virginia+ 1584. Ostindische Kompagnie 1600. Die
+Kaufleute der deutschen Hanse werden 1598 aus ihrem Hause in London,
+dem +Stalhof+, vertrieben, erhalten es jedoch später noch einmal
+zurück. -- Unter Elisabeths Regierung lebt der große dramatische
+Dichter ~William Shakespeare~ (1564 bis 1616 und der Philosoph Franz
+Bacon von Verulam, 1561 bis 1626).
+
+[1587. 8. Febr.]
+
+~Hinrichtung~ der Königin ~Maria Stuart~.
+
++Maria Stuart+, Tochter +Jakobs V.+ von Schottland und der +Maria von
+Guise+ (S. 236), Urenkelin Heinrichs VII. von England, geb. 1542,
+zuerst vermählt mit +Franz II.+ von Frankreich († 1560), nimmt nach
+dem Tode der Königin +Maria der Katholischen+ den Titel +Königin
+von England+ an. Nach dem Tode ihres Gemahls Franz übernimmt sie
+die Regierung in ~Schottland~ (1561). Streit mit den schottischen
+Calvinisten. (+John Knox+, in Genf mit +Calvin+ befreundet, † 1572).
+Maria heiratet ihren Vetter +Heinrich Darnley+, der ihren Günstling
++Riccio+ ermorden läßt (1566) und dann unter Mitwissenschaft der
+Königin von +Bothwell+ ermordet wird (1567). Maria heiratet gleich
+darauf in dritter Ehe den Mörder +Bothwell+. Aufstand der Schotten,
+Maria gefangen, ihr und Darnleys einjähriger Sohn +Jakob+ als König
+anerkannt. Maria entflieht nach England (1568). Hier wird sie bis
+1587 gefangen gehalten und zuletzt in Fotheringhay wegen Teilnahme an
+Verschwörungen gegen das Leben Elisabeths hingerichtet.
+
+[1588.]
+
+Krieg mit Spanien, Vernichtung der spanischen ~Armada~ (130 große
+Schiffe) durch Seegefechte im +Kanal+ und durch Stürme an den Küsten
+von Schottland und Irland (S. 244). Eine englische Flotte (unter
+Graf +Essex+ und Admiral +Howard+) erobert 1596 +Cadiz+ und kehrt
+mit reicher Beute zurück. Graf +Essex+, Günstling der Königin, wird
+darauf nach +Irland+ gesandt, um den Aufstand dort zu dämpfen, kehrt
+eigenmächtig zurück, wird wegen Empörung hingerichtet (1601). Die von
+Spanien unterstützten katholischen Iren 1601 besiegt. Irland damit
+endgültig unterworfen (S. 245, 192). Nach Elisabeths Tode folgt in
+England als Erbe des Hauses Tudor das in Schottland (S. 212) seit 1371
+regierende
+
+[~1603–1649 (1714).~]
+
+~Haus Stuart.~ Personal-Union zwischen England und Schottland.
+
+[~1603–1625.~]
+
+~Jakob I.~ (als König von Schottland Jakob VI.), Sohn der Maria
+Stuart, in Schottland +calvinisch+ erzogen, bekennt sich dann zur
++anglikanischen+ Kirche. Das Fehlschlagen der Hoffnungen, welche die
+Katholiken auf ihn als Sohn der Maria Stuart gesetzt hatten, bewirkt
+die sogenannte ~Pulververschwörung~ (1605). Doch wird der Plan, König
+und Parlament in die Luft zu sprengen, noch rechtzeitig vereitelt.
+Streitigkeiten mit dem Parlament wegen der schlechten Finanzwirtschaft
+des Königs und der geplanten Vermählung des Thronfolgers mit einer
+spanischen Infantin.
+
+[~1625–1649.~]
+
+~Karl I.~, Gemahl der katholischen +Henriette+ von Frankreich, strebt
+nach unumschränkter Gewalt des Königtums. Geldverlegenheiten nötigen
+ihn zur Erhöhung des »Tonnen- und Pfundgeldes«, einer Steuer für ein-
+und ausgeführte Waren, und dann nach vergeblicher Auflösung von zwei
+Parlamenten zur Bewilligung der +Bitte um Recht+ (~Petition of Right~
+1628) gegen willkürliche Besteuerung und Verhaftung englischer Bürger.
+Karls Günstling, der Herzog von +Buckingham+, wird ermordet, als er in
+Portsmouth den Befehl über die zum Entsatz von +La Rochelle+ (s. S.
+239) bestimmte Flotte übernehmen will.
+
+Nach Auflösung des dritten Parlaments (1629) regiert Karl 11 Jahre
+lang willkürlich ohne Parlament. Seine Ratgeber Lord ~Strafford~,
+früher Mitglied der Oppositionspartei im Unterhause, und Erzbischof
+~Laud~. Willkürliche Erhebung des »Schiffsgeldes«, einer Geldabfindung
+der Seestädte für die Stellung von Schiffen zum Küstenschutz; +John
+Hampden+ verweigert die Zahlung dieser Abgabe, wird gerichtlich dazu
+verurteilt. Dieser Prozeß ruft große Aufregung hervor. Auswanderung
+bedrückter +Puritaner+ (John Milton ihr Dichter † 1674) nach den
+amerikanischen Kolonien, +Boston+ gegründet 1630.
+
+[1637.]
+
+Der unkluge Versuch, die Liturgie und Verfassung der englischen
+Episkopalkirche in Schottland einzuführen, bewirkt offenen Aufruhr
+und einen förmlichen ~Bund der Schotten~ (+Covenant+) zum Schutze der
+religiösen und politischen Rechte und Freiheiten ihres Landes. Um Geld
+zum Kriege gegen die Schotten zu erlangen, beruft der König (April
+1640) ein Parlament. Dieses bewilligt nichts, sondern erneuert die
+alten Beschwerden. Ein kleines, durch freiwillige Spenden und Darlehen
+der königlich Gesinnten aufgebrachtes Heer marschiert gegen die
+Schotten, wird aber zurückgeschlagen.
+
+[1640. Nov.]
+
+Karl beruft von neuem ein Parlament. Dieses, das sogenannte ~Lange
+Parlament~, wird bald mächtiger als der König. Der Minister
++Strafford+, vom Unterhause vor dem Oberhause angeklagt, wird trotz
+seiner glänzenden Verteidigung verurteilt und hingerichtet. Erzbischof
++Laud+ verhaftet und später ebenfalls hingerichtet. Ein Aufstand
+der katholischen +Irländer+ vermehrt den Unwillen des englischen
+Volkes. Der Versuch des Königs, 5 Häupter der Opposition persönlich
+im Parlament zu verhaften, bringt den Aufruhr in London zum Ausbruch
+(1642). Parteinamen der +Kavaliere+ (Royalisten) und der +Rundköpfe+
+(Republikaner). Karl verläßt London und geht nach York.
+
+[1642–1649.]
+
+~Bürgerkrieg in England~; den Truppen des Königs tritt ein
++Parlamentsheer+ entgegen. Der König, anfangs siegreich, beruft das
+Parlament nach +Oxford+ (1644), wo sich 83 Lords und 165 Mitglieder
+des Unterhauses einfinden. Dagegen Vereinigung der +Schotten+ mit dem
+englischen +Parlamentsheere+. Die Königlichen werden bei +Marstonmoor+
+(der Reiterführer +Cromwell+) und 1645 bei +Naseby+ geschlagen. Karl,
+in Oxford belagert, flieht zu den Schotten, die ihn an das englische
+Parlament ausliefern (Januar 1647).
+
+Während des Bürgerkrieges wird die +Episkopalkirche+ in England
++aufgehoben+; gegen die +Presbyterianer+ aber, die zum Vergleich mit
+dem Könige geneigt sind, erhebt sich die Partei der ~Independenten~,
+an ihrer Spitze ~Oliver Cromwell~. Sie erlangen das Übergewicht im
+Heere und bemächtigen sich auch des gefangenen Königs. Cromwell schlägt
+die jetzt +zu Gunsten Karls+ in England einfallenden +Schotten+ bei
++Preston+ und verjagt seine presbyterianischen Gegner aus dem Parlament
+(1648). Das nunmehrige +Rumpfparlament+ (+Rump-Parliament+) setzt den
+König ab und läßt ihn durch einen Gerichtshof verurteilen.
+
+[~1049.~]
+
+30. Jan. ~Karl I.~ zu Whitehall in London ~hingerichtet~.
+
+Abschaffung des Oberhauses. England wird ~Republik~, geleitet von dem
+Parlament und einem Staatsrat von 42 Mitgliedern.
+
+
+§ 7. Der Norden und Osten.
+
+~Christian II.~ von ~Dänemark~ (1513–23) versucht Schweden zu
+unterwerfen (vgl. S. 216), aber das ~Stockholmer Blutbad~ (1520) führt
+die vollständige Auflösung der +skandinavischen Union+ herbei. Aufstand
+der Talbewohner (+Dalkarlar+) unter ~Gustav Wasa~ (geb. 1496, als
+Geisel nach Dänemark geführt 1518, flüchtet 1519 nach Lübeck, kehrt
+1520 insgeheim zurück). Er wird 1521 zum Reichsverweser, 1523 zum König
+erwählt, nimmt +Stockholm+ ein mit Hilfe der hansischen, von Lübeck und
+Danzig gestellten Kriegsflotte.
+
+[~1523–1654.~]
+
+Haus ~Wasa in Schweden~. Unter +Gustav I.+ Wasa (1523–1560) Einführung
+der Reformation. Der Thron erblich; die Handelsprivilegien der
+deutschen Hanse werden bald beschränkt, schließlich aufgehoben (S. 201,
+246).
+
+[1561.]
+
+Auflösung des deutschen Ordensstaates in Kurland, ~Livland~ und Estland
+(S. 217). Der größte Teil seines Gebiets kommt an +Polen+, Estland an
++Schweden+; der letzte Landmeister Gotthard Kettler wird als Herzog von
++Kurland+ polnischer Vasall.
+
+Gustav Wasas ältester, geisteskranker Sohn +Erich XIV+. wird 1568
+entthront von seinem Bruder +Johann III.+ Dessen Sohn +Sigismund+
+katholisch und seit 1587 König von Polen, wird in Schweden 1598
+verdrängt von seinem Oheim +Karl IX.+, dem jüngsten Sohne Gustavs I.
+Dieser ordnet die zerrüttete Verwaltung des Landes und behauptet gegen
+Polen den Besitz Estlands. Sein Sohn
+
+[~1611–1632.~]
+
+~Gustav II. Adolf~ gewinnt im Kriege mit Rußland +Karelien+ und
++Ingermanland+ (1617), im Kriege mit Polen (S. 256), +Livland+ (1621),
+schließt 1629 unter Richelieus Vermittelung mit Polen Waffenstillstand,
+um den Krieg in Deutschland (S. 256) zu beginnen. Ihm folgt, zuerst
+unter Vormundschaft des Reichsrats, seine Tochter
+
+[~1632–1654.~]
+
+~Christine,~ gelehrt, aber ohne Lust für die Regierungsgeschäfte.
+Sie dankt 1654 ab zu Gunsten ihres Vetters +Karl Gustav+ von
+Pfalz-Zweibrücken (Sohn einer Schwester Gustav Adolfs), wird dann
+katholisch, stirbt in Rom 1689.
+
+~Dänemark~ und ~Norwegen~ bleiben bis 1815 vereinigt. Schon unter
+Christian II., Schwager Kaiser Karls V., dringt die Reformation
+in Dänemark ein. Christian von seinem Oheim, dem Herzog von
+Schleswig-Holstein, verdrängt, der als +Friedrich I.+ (1523–1533)
+mit Hülfe Lübecks den dänischen Thron besteigt und die Reformation
+begünstigt.
+
+[1534–1536.]
+
+Die +Grafenfehde+: Jürgen Wullenwever, protestantischer Bürgermeister
+von +Lübeck+, unterstützt den Grafen Christoph von Oldenburg
+gegen Friedrichs I. Sohn +Christian III.+ Dieser aber behauptet
+die Herrschaft in Dänemark (1534–1559) und führt die Reformation
+vollständig durch. Wullenwever vom Erzbischof von Bremen verhaftet,
+an den Herzog von Braunschweig ausgeliefert, 1537 in Wolfenbüttel
+hingerichtet.
+
+[1559–1588.]
+
++Friedrich II.+ beginnt seine Regierung mit der Unterwerfung der
++Dithmarschen+ (S. 216), führt
+
+[1563–1570]
+
+im Bunde mit Lübeck Krieg gegen +Schweden+, beschränkt die Privilegien
+der Hansa.
+
+[1588–1648.]
+
++Christian IV.,+ nimmt am 30jährigen Kriege teil (s. S. 255). Im
+Frieden zu +Brömsebro+ 1645 werden von ihm an Schweden die Provinzen
+Jämtland und Herjedalen, die Inseln Gotland und Ösel abgetreten, auch
+wird den schwedischen Schiffen Freiheit vom +Sundzoll+ zugestanden.
+
+~Polen~ gewinnt unter den ~Jagellonen (1386–1572)~ seine größte
+Ausdehnung (Ostsee, Karpathen, Schwarzes Meer), doch schon in dieser
+Zeit entwickelt sich durch die +Privilegien des zahlreichen Adels+ der
+Keim des Verfalls. Seit 1572 ist Polen ~Wahlreich~. Einführung des
++liberum veto+ auf den Reichstagen. Wahlkönige: +Heinrich von Anjou+
+(s. S. 237), +Stephan Bathŏry+ von Siebenbürgen, dann (1587–1668) 3
+Könige aus dem Hause +Wasa: Sigismund III.+ † 1632, +Wladislaw IV.+ †
+1648, +Johann Kasimir+ (dankt ab 1668).
+
+~Rußland~ unter ~Iwan IV.,~ +dem Schrecklichen+ (1533 bis 1584)
+vergrößert durch Eroberung der Reiche +Kasan+ und +Astrachan+; der
+Kosakenhetman Jermak beginnt 1581 die Eroberung +Sibiriens+. Nach dem
+Aussterben des Hauses ~Rurik~ mit Iwans IV. Sohn +Feodor I.+ 1598
+(Feodors jüngerer Bruder Demetrius war von Boris Godunow [Zar von
+1598–1605] umgebracht worden) mehrjähriger Thronstreit; 1605–1606
+regiert der von Polen unterstützte +falsche Demetrius+, dem dann
+noch zwei andere folgen. Ein Reichstag zu Moskau erhebt 1613 Michael
+~Romanow~ auf den Thron, dessen Haus bis 1762 regiert.
+
+Das Reich der ~osmanischen Türken~ erreicht seine höchste Blüte unter
+~Soliman II.~ (1520–1566), dem Zeitgenossen Kaiser Karls V. (vgl. S.
+230–232). Er stirbt in Ungarn bei der Belagerung der von +Zriny+ tapfer
+verteidigten Feste +Szigeth+ (1566). Unter seinen Nachfolgern beginnt
+der Verfall, namentlich infolge der Unbotmäßigkeit der +Janitscharen+.
+
+In China kommt die Dynastie der +Mandschu+ oder +Tsing+ zur Regierung
+(1644 bis jetzt noch). Im 17. Jahrh. der größte Teil der Dsungarei,
+ganz Turkestan und Tibet erobert. Auch den Russen, Franzosen und
+Engländern (Kanton) Handelsverkehr gestattet (S. 223f.).
+
+~Japan~ wird nach Abschaffung des Shogunats (1573–1603) dem Mikado nach
+und nach wieder Untertan. Ende des mehr als 500jährigen Bürgerkrieges.
+Begünstigung des Christentums. Unglücklicher Eroberungskrieg gegen
+~Korea~ 1598.
+
+[1603.]
+
+Das Shogunat wird vom Mikado der Familie Tokugawa erblich
+übertragen. Ihre Residenz Tokio. Seitdem 250jähriger Friede und hohe
+Kulturentwickelung. Seiden- und Baumwollenindustrie, Aufschwung der
+Porzellanfabrikation. Unter den Tokugawa (1603–1867) Abschließung
+Japans gegen das Ausland. Fernhaltung der Fremden. 1614 die fremden
+Priester für Landesfeinde erklärt und Ausrottung des Christentums
+befohlen; grausame Verfolgungen. Erst seit dem Niedergang der
+Tokugawa-Herrschaft Handelsbeziehungen mit Europa und Amerika
+angeknüpft und von 1854 an einzelne Häfen geöffnet.
+
+
+§ 8. Deutschland, Dreißigjähriger Krieg.
+
+[~1556–1564.~]
+
+~Ferdinand I.~, seit 1526 König von +Böhmen+ und +Ungarn+; doch muß er
+die größere Hälfte Ungarns den Türken überlassen. Unter ihm und seinem
+Nachfolger Friedenszeit in Deutschland, aber die +Ostseeprovinzen+ (S.
+249) und die +Niederlande+ (S. 242ff.) gehen dem Deutschtum verloren.
+Während die Protestanten sich durch theologische Streitigkeiten
+entzweien (Haß der strengen Lutheraner an der 1548 eröffneten
+Universität Jena gegen den »Kryptocalvinismus« Melanchthons), befestigt
+sich der Katholizismus durch das eifrige Wirken der +Jesuiten+ (S.
+231) und das Tridentinum (S. 232). Beginn der +Gegen+reformation in
+Österreich, Bayern und den geistlichen Fürstentümern.
+
+[~1564–1576.~]
+
+~Maximilian II.,~ mild und den Protestanten zugetan, denen er in seinen
+Erblanden freie Religionsübung gestattet. Doch wird Herzog +Johann
+Friedrich+ von Sachsen-Gotha, der im Bunde mit dem gewalttätigen
+Reichsritter +v. Grumbach+ die Länder seines Vaters (S. 232 f.)
+wiederzugewinnen trachtet, 1566 geächtet und bis an seinen Tod (1595)
+in Österreich gefangen gehalten (Grumbachsche Händel).
+
+[~1576–1612.~]
+
+~Rudolf II.,~ von den Jesuiten erzogen, gelehrt, aber unfähig zu
+regieren. Die Astronomen +Tycho de Brahe+ (aus Schonen, † 1601) und
++Kepler+ (S. 227) an seinem Hofe in Prag.
+
+Im Reiche nehmen Streitigkeiten überhand. Sonderung der Lutheraner von
+den Reformierten durch die +Konkordienformel, +1580 zuerst in Sachsen
+verkündet, aber nicht von allen lutherischen Landeskirchen angenommen.
+Auf den Reichstagen Streit über den geistlichen Vorbehalt (S. 234).
+Der Kurfürst von +Köln+ Gebhard Truchseß von Waldburg 1583 vertrieben,
+weil er zum Protestantismus übertritt. In +Straßburg+ 1592 zwiespältige
+Bischofswahl; der von den Protestanten gewählte Administrator muß 1604
+zurücktreten. Die Reichsstadt +Donauwörth+, vom Kaiser in die Acht
+erklärt, weil das Volk eine katholische Prozession gestört hatte, wird
+von +Maximilian von Bayern,+ der die Acht vollstreckt (1607), besetzt
+und mit Bayern vereinigt. Deshalb
+
+[1608.]
+
+Gründung der protestantischen ~Union~; Oberhaupt der reformierte
+Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz;
+
+[1609.]
+
+Katholische ~Liga,~ Oberhaupt Herzog Maximilian von Bayern. Beide
+Fürsten sind +Wittelsbacher+ (S. 200, Anm. 2); Sachsen bleibt der Union
+fern.
+
+[~1609–1014.~]
+
+~Jülich-Clevescher Erbfolgestreit.~ Johann Sigismund von +Brandenburg+
+und Wolfgang Wilhelm von +Pfalz-Neuburg+ nehmen das Land als das Erbe
+ihrer Gemahlinnen nach dem Tode des letzten Herzogs Johann Wilhelm
+gemeinsam in Besitz und werden von der Union gegen den vom Kaiser
+gesandten Erzherzog Leopold Wilhelm geschützt. Später entzweien sie
+sich, Wolfgang Wilhelm wird +katholisch+ und ruft die Hilfe der +Liga+
+und +Spaniens+ an. Johann Sigismund tritt zur +reformierten+ Lehre über
+und findet Rückhalt an +Holland+ und Heinrich IV. von Frankreich (†
+1610, S. 238), doch wird ein Krieg vermieden.
+
+Vertrag zu +Xanten+ 1614: +Cleve, Mark+ und +Ravensberg+ kommen an
+Brandenburg, +Jülich+ und +Berg+ an Pfalz-Neuburg. Spanische und
+holländische Besatzungen bleiben noch längere Zeit, erst 1666 wird der
+Vertrag vollständig ausgeführt.
+
+Kaiser Rudolf, von seinem Bruder +Matthias+ gezwungen, ihm Ungarn,
+Mähren und Österreich zu überlassen, gibt den Böhmen, um sie für sich
+zu gewinnen, den
+
+[1609.]
+
+~Majestätsbrief~. Dieser gestattet +allen Bewohnern+ Böhmens den
+Anschluß an die »utraquistische«, auf entschieden protestantischem
+Standpunkt stehende +Böhmische Konfession+ von 1575 und erlaubt den 3
+Ständen der +Herren+, +Ritter+ und +königlichen Städte+ den Bau von
+Kirchen. Der zugleich abgeschlossene, vom Kaiser anerkannte ständische
++Vergleich+ gibt diese Erlaubnis auch den +Untertanen+ auf den
++königlichen Gütern+.
+
+[1611.]
+
+Rudolf verliert auch die Herrschaft über Böhmen, stirbt 1612 machtlos
+in Prag.
+
+[~1612–1619.~]
+
+~Matthias~ verschafft, da er kinderlos ist und seine Brüder Verzicht
+leisten, seinem streng katholischen, von den Jesuiten erzogenen Vetter
+~Ferdinand~, Herzog von Steiermark, Kärnten und Krain, die Nachfolge
+auch in Böhmen und Ungarn, trotz des Widerwillens der protestantischen
+Stände.
+
+[~1618–1648.~]
+
+~Der Dreißigjährige Krieg.~
+
+Versuch des Hauses +Habsburg+, im Bunde mit der katholischen Kirche die
+Machtstellung des Kaisertums zu erhöhen. In den drei ersten Abschnitten
+des Krieges überwiegt die +religiöse+ Parteiung; aus dem Aufstand in
+Böhmen entwickelt sich ein großer Kampf des katholischen Europa gegen
+das protestantische. Zuletzt führen Schweden und Frankreich im Kampf
+gegen das Haus Habsburg +Eroberungs+kriege +auf deutschem Boden+.
+
+
+~1. Böhmisch-pfälzischer Krieg 1618–1623.~
+
+~Veranlassung~: Schließung der utraquistischen Kirche in Braunau
+im Gebiet des dortigen Abts und Niederreißung der Kirche in
+Klostergrab im Sprengel des +Erzbischofs von Prag+, also in Gebieten
++geistlicher+ Stände, welche nach Auffassung der Protestanten kraft
+der böhmischen Landesverfassung als +königliche Güter+ zu betrachten
+waren. Versammlung der 1609 mit Zustimmung des Kaisers eingesetzten
++Defensoren+ und der protestantischen Stände.
+
+[~1618.~ 23. Mai.]
+
+~Aufstand in Prag~; an der Spitze steht Graf +Matthias von Thurn+.
+Die Statthalter +Martinitz+ und +Slawata+ und der Geheimschreiber
++Fabricius+ werden aus den Fenstern der kaiserlichen Burg
+hinausgestürzt, kommen aber mit dem Leben davon. Die Aufständischen
+übertragen die Regierung Böhmens an 30 +Direktoren+. Aus Italien kommt
+Graf +Ernst von Mansfeld+ zu Hilfe, gesandt vom Herzog von Savoyen; aus
+Schlesien zieht Markgraf Johann Georg von +Jägerndorf+ herbei.
+
+[1619.]
+
+Kaiser Matthias stirbt; Graf Thurn zieht gegen +Wien+. Die
+österreichischen, meist protestantischen Stände stellen drohende
+Forderungen an +Ferdinand+, der durch die Ankunft einiger Truppen aus
+der gefährlichsten Lage gerettet wird. Thurn wird durch eine ungünstige
+Wendung des Krieges in Böhmen zum Abzug bewogen. Ferdinand begibt sich
+nach +Frankfurt+, wird dort von den drei geistlichen Kurfürsten und den
+Gesandten von Pfalz, Sachsen, Brandenburg zum Kaiser gewählt.
+
+[~1619–1637.~]
+
+~Ferdinand II.~ Unterdessen sprechen die Böhmen seine Absetzung als
+König von Böhmen aus und wählen den jungen ~Friedrich V.~, Kurfürsten
+von der Pfalz, Oberhaupt der Union und der deutschen +Calvinisten+,
+Schwiegersohn Jakobs I., Königs von England.
+
+Graf Thurn zum zweitenmal vor Wien, mit +Bethlen Gabor+, Fürsten von
+Siebenbürgen, vereinigt (Nov. 1619). Kälte, Mangel und der Einfall
+eines kaiserlichen Parteigängers in Ungarn bewirken den Rückzug.
+
+Ferdinand verbündet sich mit seinem Jugendfreunde ~Maximilian~,
+Herzog von ~Bayern~, dem Haupt der katholischen Liga, welcher ihm die
+österreichischen Stände unterwerfen hilft, mit Spanien (Spinŏla bricht
+in die Kurpfalz ein) und mit dem lutherischen Kurfürsten +Johann Georg+
+von Sachsen, welcher die Lausitz und Schlesien wieder unterwirft.
+Maximilian von Bayern zieht mit dem Heere der Liga (+Tilly+) nach
+Böhmen, vereinigt sich mit dem kaiserlichen Feldherrn +Buquoi+. Beide
+siegen in der
+
+[~1620.~ 8. Nov.]
+
+~Schlacht~ auf dem ~Weißen Berge~ bei ~Prag~ über Friedrichs V.,
+vom Fürsten +Christian von Anhalt+ geführte Truppen. Friedrich,
+der »Winterkönig«, entflieht nach Holland, wird vom Kaiser trotz
+kurfürstlichen Protestes geächtet, ebenso Christian von Anhalt und
+der Markgraf von Jägerndorf. Strenges Walten der Sieger in +Böhmen+;
+die Häupter des Aufstandes hingerichtet, viele Güter eingezogen, der
+Protestantismus ausgerottet. Gewaltsame +Gegenreformation+ auch in
+Österreich und (weniger hart) in Schlesien.
+
+Die protestantische +Union+ löst sich auf, als die Kriegsgefahr näher
+rückt. Das Kurfürstentum ~Pfalz~ wird in Vollstreckung der Reichsacht
+von Maximilians Feldherrn ~Tilly~ mit Hilfe spanischer Truppen unter
++Spinŏla+ erobert. Heidelberg erstürmt, die Bibliothek (Palatina) nach
+Rom gebracht. Tilly, 1622 bei +Wiesloch+ von Mansfeld geschlagen, siegt
+bald darauf bei +Wimpfen+ über den Markgrafen von Baden-Durlach, bei
++Höchst+ über Christian von Braunschweig, Administrator des Bistums
+Halberstadt.
+
+[1623.]
+
+Tilly dringt nach +Westfalen+ vor, siegt bei +Stadtlohn+ abermals
+über Christian, bleibt mit seinen Truppen im niedersächsischen
+Kreise zum Schutz der geistlichen Gebiete. Herzog Maximilian erhält
+auf dem Fürstentag zu Regensburg die pfälzische +Kurwürde+ und die
++Oberpfalz+, Sachsen die +Lausitz+ (zunächst als Pfand).
+
+
+~2. Dänisch-niedersächsischer Krieg 1625–1629.~
+
+~Christian IV.~, König von Dänemark (S. 250) und Herzog von Holstein,
+als Oberster des niedersächsischen Kreises (S. 224) an der Spitze
+der Protestanten, von +Holland+ und +England+ zur Wiedereinsetzung
+Friedrichs V. angetrieben, aber unzureichend unterstützt.
+
+Albrecht von ~Wallenstein~ (eig. +Waldstein+) geb. 1583 in Böhmen, aus
+utraquistischer Familie, aber katholisch erzogen, 1619 Oberst, 1623
+Fürst, 1625 Herzog von +Friedland+, wird kaiserlicher Obergeneral über
+ein von ihm selbst errichtetes, durch ein Raubsystem zu erhaltendes
+Söldnerheer.
+
+[~1626.~]
+
++Wallenstein+ schlägt +Mansfeld+ bei der ~Dessauer Brücke~, verfolgt
+ihn durch Schlesien und Mähren nach Ungarn, wo sich Mansfeld mit
++Bethlen Gabor+ vereinigt, aber von diesem keine Hilfe erhält. Mansfeld
+stirbt in Bosnien. (»Imperatorem decet stantem mori!«)
+
+[1626. Aug.]
+
+Tilly schlägt Christian IV. bei ~Lutter am Barenberge~ in Braunschweig.
+Tilly und Wallenstein erobern +Holstein+ (1627), Wallenstein allein
++Schleswig+ und +Jütland+. Er besetzt +Mecklenburg+, wird vom Kaiser
+1628 mit diesem Herzogtum belehnt und zum General des Baltischen und
+Ozeanischen Meeres ernannt. Er zwingt den Herzog von +Pommern+ zur
+Unterwerfung, erhält aber von den Hansestädten keine Schiffe und
+belagert vergebens ~Stralsund~ (1628), dessen Bürger sich mit dänischer
+und schwedischer Hilfe zehn Wochen lang tapfer verteidigen. Sein
+Unterfeldherr +Arnim+ zieht darauf mit 15000 Mann nach Westpreußen, um
+die Polen gegen Gustav Adolf (S. 250) zu unterstützen.
+
+[~1629.~]
+
+~Friede zu Lübeck~ zwischen dem Kaiser und Christian IV. Dieser erhält
+seine Länder zurück, entsagt aber jeglicher Teilnahme an den deutschen
+Streitigkeiten. Ferdinand II. erläßt das
+
+~Restitutionsedikt~: 1. Auf Grund des +geistlichen Vorbehaltes+ (S.
+234) sollen die seit dem Passauer Vertrage 1552 von protestantischen
+Fürsten in Besitz genommenen geistlichen Güter herausgegeben werden.
+Dies betrifft 2 Erzbistümer: +Magdeburg+ und +Bremen+; 12 Bistümer:
++Minden+, +Verden+, +Halberstadt+, +Lübeck+, +Ratzeburg+, +Meißen+,
++Merseburg+, +Naumburg+ (diese drei werden jedoch dem +Kurfürsten von
+Sachsen+ ausnahmsweise belassen), +Brandenburg+, +Havelberg+, +Lebus+
+und +Kammin+, außerdem viele Klöster und Stifter. 2. +Nur+ die Bekenner
+der +Augsburgischen+ Konfession sollen freie Religionsübung haben,
+alle anderen »Sekten« -- also auch die Reformierten -- sollen aufhören.
+-- Anfang rücksichtsloser Ausführung des Resitutionsedikts durch die
+Truppen der Liga und Wallensteins.
+
+[~1630.~]
+
+~Kurfürstentag zu Regensburg.~
+
+Die katholischen Kurfürsten, gestützt auf die lauten Klagen aller
+Reichsstände über die von Wallensteins Truppen verübten Grausamkeiten
+und Erpressungen, erlangen vom Kaiser Ferdinand II. die +Absetzung
+Wallensteins+.
+
+
+~3. Schwedischer Krieg 1630–1635.~
+
+[~1630.~ Juni]
+
+~Gustav II. Adolf~, König von Schweden, landet auf der Insel Usedom.
+
++Zwecke und Gründe seiner Einmischung+: Schutz der unterdrückten
+Protestanten; Wiedereinsetzung der Herzöge von Mecklenburg, seiner
+Verwandten; Sicherung seiner Herrschaft gegen die mit dem Kaiser
+verbündete polnische Linie des Hauses Wasa (s. S. 250); Besorgnis vor
+der Begründung einer kaiserlichen Seemacht auf der Ostsee.
+
+Damalige +Machtstellung+ Schwedens: Finnland, Karelien, Ingermanland,
+Estland, Livland (S. 249 f.), gehörten zu Gustav Adolfs Reiche,
+Kurland stand unter schwedischem Einfluß. Es lag für einen ehrgeizigen
+Monarchen nahe, an die Erwerbung von +Preußen+ und +Pommern+ zu denken,
+welche das Baltische Meer völlig unter den beherrschenden Einfluß
+Schwedens gebracht hätte.
+
+Nach der Eroberung der Inseln +Usedom+, +Wollin+ und +Rügen+ besetzt
+Gustav Adolf +Stettin+, schließt ein Bündnis mit Herzog Bogislaw XIV.,
+vertreibt die kaiserlichen Truppen aus Pommern. Subsidienvertrag mit
+Frankreich (+Richelieu+). Er rückt an der Oder vor, wo ihm Tilly
+entgegentritt (1631), wendet sich nach Mecklenburg, dann zur Oder
+zurück, nimmt die Stadt Frankfurt ein. Inzwischen hat Tilly +Magdeburg+
+zu belagern begonnen. Gustav Adolf unterhandelt mit seinem Schwager
++Georg Wilhelm+, Kurfürsten von +Brandenburg+, der Bedenken trägt, vom
+Kaiser abzufallen; endlich wird ihm die Festung +Spandau+ eingeräumt.
+Weitere Unterhandlungen mit Kurfürst Johann Georg von +Sachsen+, der
+neutral zu bleiben versucht. Währenddessen
+
+[~1631.~]
+
+(10./20. Mai.) Eroberung ~Magdeburgs~ durch Tilly. Der Sturm geleitet
+von +Pappenheim+. Furchtbares Blutbad und Plünderung durch die
+zügellosen Soldaten Tillys. Durch eine plötzlich an verschiedenen
+Stellen ausbrechende Feuersbrunst wird die Stadt Magdeburg mit Ausnahme
+des Domes in Asche gelegt (+nicht+ auf Tillys Befehl).
+
+Tilly will den Kurfürsten von Sachsen zum Anschluß an den Kaiser
+zwingen. Johann Georg ruft Schwedens Hilfe an.
+
+[~1631.~ 7. / 17.Sept.]
+
+~Schlacht bei Leipzig~ oder ~Breitenfeld~. Zuerst werden die Sachsen
+von Tilly in die Flucht geschlagen, dann glänzender Sieg Gustav Adolfs.
+
+Die Sachsen unter +Arnim+, dem früheren Unterfeldherrn Wallensteins,
+rücken in +Böhmen+ ein und nehmen +Prag+. Gustav Adolf zieht durch
++Thüringen+ und +Franken+ nach dem Rhein (über Erfurt, Würzburg, Hanau,
+Frankfurt). Die Pfalz erobert. ~Mainz~ besetzt, hier Winterquartiere.
+
++Wallenstein+, vom Kaiser wieder zum Kommando und unbeschränkten
+Oberbefehl über alle kaiserlichen Truppen berufen, wirbt ein neues Heer
+und vertreibt (Mai 1632) die Sachsen aus Böhmen. Gustav Adolf zieht
+nach +Nürnberg+ und siegt über Tilly bei +Rain+ am Lech (5./15. April).
+Tilly, tödlich verwundet, stirbt in Ingolstadt.
+
+Gustav Adolf nimmt +Augsburg+ ein, belagert vergeblich Maximilian in
+Ingolstadt, zwingt ~München~ zur Übergabe. Wallenstein von Maximilian
+zu Hilfe gerufen.
+
+[~1632.~ Juli–Sept.]
+
+~Festes Lager bei Nürnberg.~ Gustav Adolf und Wallenstein lagern
+einander 7 Wochen gegenüber. Ein Angriff der Schweden auf Wallensteins
+Verschanzungen wird blutig zurückgeschlagen. Darauf rückt Gustav
+Adolf gegen die Donau, Wallenstein nach Sachsen. Auf den Hilferuf des
+Kurfürsten kommt Gustav Adolf in Eilmärschen herbei, vereinigt sich
+mit +Bernhard von Weimar+ und greift, als er hört, daß Wallenstein von
+Leipzig aus Pappenheim nach Nordwesten abgesandt hat, die Kaiserlichen
+(etwa 18000 gegen 20000 Schweden) an.
+
+[6./16. Nov.]
+
+~Schlacht bei Lützen.~ ~Gustav Adolf fällt.~ +Pappenheim+, der,
+schnell zurückgerufen, von 3 Uhr ab mit seinen Reitern an der Schlacht
+teilgenommen hatte, war kurz vor dem König tödlich verwundet worden.
+Der Sieg der Schweden wird durch Bernhard von Weimar vollendet.
+
++Bernhard+, +Gustav Horn+ und +Banér+ erhalten den Befehl über die
+schwedischen Heere. Die politische Leitung übernimmt der schwedische
+Reichskanzler ~Axel Oxenstierna~; er schließt den +Heilbronner Bund+:
+Schweden an der Spitze der 4 oberdeutschen Reichskreise (Baden,
+Württemberg, Hessen-Kassel, die süddeutschen Reichsstädte).
+
+[~1633.~]
+
+Zug +Bernhards’ von Weimar+ nach Franken. Er läßt sich von dem
+schwedischen Kanzler mit den Bistümern Würzburg und Bamberg als
++Herzogtum+ ~Franken~ belehnen und besetzt die Oberpfalz.
+
+Wallenstein rückt aus Böhmen nach +Schlesien+ vor, nimmt bei +Steinau+
+an der Oder ein schwedisches Korps gefangen, kehrt dann aber nach
+Böhmen zurück und weigert sich, dem Kurfürsten Maximilian von Bayern
+abermals zu Hilfe zu kommen, obgleich +Regensburg+ (14. Nov.) von
+Bernhard von Weimar besetzt ist. Spannung zwischen +Wallenstein+
+und dem kaiserlichen Hofe. Die ihm feindliche ligistisch-spanische
+Partei will ihn vom Oberbefehl entfernen. Wallenstein führt geheime
+Unterhandlungen mit den Sachsen, Schweden und Franzosen. Er
+beabsichtigt, sich durch sein Heer (Revers der Obersten in +Pilsen+)
+eine +unabhängige Stellung+ zu verschaffen, den Kaiser von der
+Herrschaft der spanischen Partei zu befreien und den Reichsfrieden
+herzustellen.
+
+Der Wiener Hof macht ihm die Hauptführer der Truppen (Gallas,
+Piccolomini, Aldringen, Maradas, Colloredo) abwendig; Ilow, Terzka,
+Kinsky bleiben Wallenstein treu. Ein kaiserliches Patent vom 18.
+Februar 1634 erklärt Wallenstein für abgesetzt, weil »er eine
+Konspiration anzuspinnen sich angemaßt, Uns und Unser hochlöbliches
+Haus von unserem Erbkönigreich, Land und Leuten zu vertreiben«.
+Wallenstein verläßt Pilsen und zieht nach +Eger+, wohin auch Bernhard
+von Weimar und Arnim kommen sollen.
+
+[~1634.~ 25. Febr.]
+
+~Wallenstein ermordet zu Eger~ auf Veranstaltung des irischen Obersten
++Butler+, der mit Gallas und Piccolomini im Einverständnis war. Der
+Kaiser hat den Mord nicht befohlen, aber die Mörder mit Ehren und
+Reichtümern belohnt.
+
+[6./16. Sept.]
+
+Schlacht bei ~Nördlingen~, Sieg der mit einem spanischen Hilfskorps
+vereinigten Kaiserlichen (unter +Ferdinand+, des Kaisers Sohn, und
++Gallas+) und Bayern (+Johann von Werth+) über die Schweden unter Horn
+und Bernhard von Weimar. Die süddeutschen Protestanten suchen Hilfe bei
+Frankreich.
+
+[~1635.~]
+
+~Friede zu Prag~, zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten von Sachsen:
+1. Der Kurfürst von Sachsen erhält die +Lausitz+ erblich, das Erzbistum
+Magdeburg für seinen zweiten Sohn +August+ auf Lebenszeit. 2. Die
++geistlichen Güter+ (s. S. 255) sollen den protestantischen Besitzern
+auf 40 Jahre verbleiben. 3. Gemeinsame Bekämpfung der Schweden und
+ihrer Bundesgenossen. -- +Brandenburg+ und andere protestantische
+Reichsstände treten diesem Frieden bei; einige aber bleiben dem Bündnis
+mit Schweden treu.
+
+
+~4. Schwedisch-französischer Krieg 1635–1648.~
+
+Frankreich, durch +Richelieus+ Politik mit Schweden eng verbündet (S.
+256), erklärt dem Kaiser, bald auch dem König von Spanien den Krieg.
+Subsidienvertrag mit +Bernhard von Weimar+, welcher sich, da er infolge
+der Schlacht bei Nördlingen sein Herzogtum Franken verloren hat, im
++Elsaß+ einen neuen Staat zu erobern sucht. Einnahme von +Breisach+
+1638. Nach seinem Tode 1639 bemächtigt sich Frankreich seines Heeres
+und seiner Eroberungen.
+
+[~1636.~]
+
+Sieg der Schweden (nachdem sie fast bis an die Ostsee
+zurückgedrängt gewesen waren) unter Banér bei ~Wittstock~ über das
+kaiserlich-sächsische Heer.
+
+[1637.]
+
+Kaiser Ferdinand II. †. Sein Sohn
+
+[~1037–1657.~]
+
+~Ferdinand III.~, zum Frieden geneigt. Das +pommersche+ Herzoghaus
+erlischt (1637).
+
+[1640.]
+
+Georg Wilhelm †. ~Friedrich Wilhelm~, Kurfürst von Brandenburg (der
+~Große Kurfürst~, 1640–1688. S. auch Anhang):
+
+[1641.]
+
+Friedensverhandlungen in +Hamburg+, ein Kongreß verabredet.
+
+[~1642.~]
+
+~Zweite~ Schlacht bei ~Leipzig~ (Breitenfeld), Banérs Nachfolger
+~Torstenson~ siegt über die Kaiserlichen unter Erzherzog +Leopold
+Wilhelm+ und +Piccolomini+, dringt darauf durch Böhmen nach Mähren
+vor. Die feindliche Haltung des auf Schwedens Erfolge eifersüchtigen
+Dänenkönigs Christian IV. (S. 255) veranlaßt ihn zur Umkehr.
+
+[1643. Sept.]
+
+Torstenson zieht in Eilmärschen durch Schlesien, Sachsen, Braunschweig
+nach dem Norden, erobert Holstein und Schleswig, rückt in Jütland ein.
+
+Unterdessen dringen die Franzosen in Schwaben vor, werden aber bei
++Tuttlingen+ von einem österreichisch-bayrischen Heere (unter +Mercy+
+und +Johann von Werth+) geschlagen.
+
+[1644.]
+
+Die Gesandten der Krieg führenden Staaten versammeln sich in +Münster+
+und +Osnabrück+; langwierige Vorverhandlungen. Der Marschall ~Turenne~
+und der 23jährige Herzog von +Enghien+, später Prinz ~Condé~, erhalten
+den Oberbefehl über die französischen Truppen. Sie zwingen die Bayern
+zum Rückzug und erobern einen großen Teil der Rheinlande (Worms, Mainz,
+Bingen u. a. Städte).
+
+[~1645.~ Jan.]
+
+Ein den Dänen zu Hilfe gesandtes kaiserliches Heer unter +Gallas+ wird
+von +Torstenson+ aus Holstein zurückgetrieben und bei Magdeburg fast
+vernichtet. Glänzender Sieg +Torstensons+ über die Kaiserlichen
+
+[März.]
+
+bei ~Jankau~ (in Böhmen), worauf er, mit dem siebenbürgischen Fürsten
++Rakoczy+ verbündet, Mähren erobert und bis nahe vor Wien rückt.
+
++Turenne+, von +Mercy+ und +Johann von Werth+ bei +Mergentheim+ (in
+Franken) geschlagen, siegt mit Condé vereinigt bei +Allerheim+ (unweit
+Nördlingen).
+
+Friede zwischen +Schweden+ und +Dänemark+ zu +Brömsebro+ (s. S. 250).
+
+Nach dem Mißlingen der Belagerung von Brünn geht +Torstenson+ nach
+Böhmen zurück und legt wegen Krankheit den Oberbefehl nieder, welchen
++Wrangel+ erhält.
+
+[1646.]
+
+Schweden und Franzosen rücken in +Bayern+ ein, zwingen den Kurfürsten
+Maximilian (1647), einen Waffenstillstand zu schließen.
+
+[1648.]
+
+Zweiter Einfall der Schweden und Franzosen in +Bayern+, nachdem
+Maximilian den Waffenstillstand gekündigt hat; furchtbare Verheerung
+des Landes. Der schwedische General +Königsmark+ nimmt die
++Kleinseite+ von +Prag+ auf dem linken Moldauufer ein.
+
+[~1648.~]
+
+~Westfälischer Friede.~ Unterhandlungen von 1645 bis 1648 zu +Münster+
+mit den Franzosen, zu +Osnabrück+ mit den Schweden. Der kaiserliche
+Gesandte Graf +Trautmannsdorf+.
+
+
++A. Entschädigungen.+
+
+1. ~Schweden~ erhält als ~Reichslehen~: +Vorpommern+ mit Stettin,
+Rügen, Usedom und Wollin, die bisher mecklenburgische Stadt +Wismar+
+und die Bistümer +Bremen+ (~nicht~ die Stadt) und +Verden+ (spr.
++Fērden+) als weltliche Herzogtümer, dazu 5 Millionen Taler.
+
+2. ~Frankreich~ erhält den Besitz der schon 1552 (s. S. 233) gewonnenen
+lothringischen Bistümer +Metz, Toul+ und +Verdun+ bestätigt; der
+Streit mit dem seit 1634 vertriebenen +Herzog+ +von+ ~Lothringen~
+bleibt unerledigt (bis 1659, vgl. S. 262). Im ~Elsaß~ erhält es die
+österreichische +Landgrafschaft+ (S. 195), den +Sundgau+ und die
++Landvogtei+ über 10 Reichsstädte; diese Städte selbst verbleiben dem
+Reiche, ebenso Stadt und Bistum +Straßburg+. Auf dem rechten Rheinufer
+erhält Frankreich die Stadt +Breisach+ und das Besatzungsrecht von
++Philippsburg+.
+
+3. ~Bayern~ bleibt im Besitz der +Oberpfalz+, ~Sachsen~ im Besitz
+der +Lausitz+; ~Brandenburg~ erhält +Hinterpommern+ mit dem
+Bistum +Kammin+, die Bistümer +Halberstadt+ und +Minden+ und die
+Anwartschaft auf das Erzbistum +Magdeburg+ (erworben 1680, S. 258).
++Hessen-Kassel+ erhält die Abtei Hersfeld und einen Teil der Grafschaft
+Schauenburg, +Mecklenburg+ die Bistümer Schwerin und Ratzeburg,
++Braunschweig-Lüneburg+ ein Anrecht auf das Bistum Osnabrück, wo bis
+1803 abwechselnd ein katholischer und ein evangelischer Bischof regiert.
+
+
++B. Weltliche Reichsangelegenheiten.+
+
+1. Allgemeine Amnestie und Wiedereinsetzung in den Stand von 1618,
+doch bleibt die +bayrische+ Linie des Hauses Wittelsbach im Besitz
+der Kurwürde; für die +pfälzische+ wird eine neue, +achte+ Kurwürde
+errichtet. 2. Den Reichsständen wird im Verhältnis zum Kaiser die
++Landeshoheit (Superioritas territorialis)+ zuerkannt, namentlich das
+Recht, Bündnisse unter sich und mit Auswärtigen, außer gegen Kaiser und
+Reich, zu schließen. 3. Die Republik der ~Niederlande~ (S. 244) und die
+~Schweiz~ (S. 225) werden als ~unabhängig vom Reiche~ anerkannt.
+
++C. Geistliche Angelegenheiten.+
+
+1. Der +Augsburger+ Religionsfriede wird bestätigt und auf die
++Reformierten+ ausgedehnt. 2. In betreff der geistlichen Güter und der
+Religionsübung wird der 1. Januar ~1624 (Annus normalis)~ als maßgebend
+festgesetzt.
+
+Frankreich und Schweden ~garantieren~ den Frieden. Ihre Truppen
+verlassen erst 1650 nach Abzahlung der Kriegsentschädigungen das
+deutsche Gebiet.
+
+
+~Folgen des Dreißigjährigen Krieges.~
+
+1. Deutschland ist verwüstet und kommt nur langsam wieder empor. Das
++Deutsche Reich+ ist nach außen ohnmächtig, im Innern geschwächt durch
+die Selbständigkeit der vielen kleinen Staaten. Sinken der Städte, der
+Hansebund ist aufgelöst.[47]
+
+2. Die Religionsfreiheit ist für Deutschland und dadurch auch für das
+übrige Europa gesichert. 3. +Frankreich+ und +Schweden+ gelangen zu
+besonderem Ansehen im europäischen Staatensystem.
+
+Der ~brandenburgisch-preußische~ Staat beginnt sich zu entfalten. Er
+übernimmt fortan in Deutschland den Schutz der vom Kurfürsten von
+Sachsen preisgegebenen protestantischen Sache.
+
+Fussnoten:
+
+[41] Das Festland von +Nord-Amerika+ hatten schon um 1000 die Normannen
+(S. 170), dann wieder 1497 John und Sebastian ~Cabot~, gebürtig aus
+der Nähe von +Genua+, bez. aus +Venedig+, seit etwa 1490 in +Bristol+
+ansässig, entdeckt.
+
+[42] +De Papa male informato ad Papam melius informandum.+
+
+[43]
+
+ Friedrich der Sanftmütige. (S. 205, 204.)
+ _______________|____________________________
+ Ernst. Albert.
+ _____|________________________________ __|__________________
+ Friedrich der Weise Johann †1532. Georg Heinrich †1541
+ †1525. | †1539. |
+ Johann Friedrich Moritz †1553.
+ †1554.
+
+[44]
+
+ ~Jean d’Albret~, K. von Navarra † 1516.
+ |
+ ~Henri d’Albret~, K. von Navarra,
+ Gem. ~Margarete~, Schwester Franz’ I. von Frankreich.
+ |
+ ~Jeanne d’Albret~, Erbin von Navarra,
+ Gem. Anton von ~Bourbon~.
+ |
+ ~Heinrich IV.~, K. v. Frankreich † 1610.
+ Gem. ~Margarete von Valois~.
+
+[45] +Hugenotten+ (+Huguenots+) soll ein Spottname sein, abgeleitet
+von +König Hugo+, einem Gespenst, das nach dem Volksglauben nächtlich
+die Straßen von +Tours+ durchzog; danach die Protestanten von ihren
+nächtlichen Zusammenkünften +Huguenots+ genannt. Nach andern ist der
+Name verdorben aus +Eidgenossen+.
+
+[46] Geb. 1533 zu Dillenburg in Nassau, besaß durch Erbschaft das
+souveräne Fürstentum +Orange+ an der Rhone.
+
+
+
+
+~B. Vom Westfälischen Frieden bis zur französischen Revolution.
+(1648–1789.)~
+
+
+§ 1. Frankreich.
+
+[~1643–1715.~]
+
+~Ludwig XIV.~, beim Tode seines Vaters Ludwig XIII. (S. 238) 5 Jahre
+alt, zunächst unter Vormundschaft seiner Mutter +Anna+, Tochter
+Philipps III. von Spanien; die Regierung leitet der Kardinal ~Mazarin~.
+
+[1648–1653.]
+
+Unruhen der ~Fronde~, veranlaßt durch den Widerstand des Pariser
+Parlaments gegen Mazarins Verordnungen. Eine unzufriedene Adelspartei
+schließt sich dem Widerstand an; Prinz +Condé+, anfangs für die
+Regierung kämpfend, entzweit sich ebenfalls mit Mazarin; dieser geht
+1651 für kurze Zeit in die Verbannung. 1652 Kampf zwischen Condé und
++Turenne+, der die königlichen Truppen befehligt, im +Faubourg St.
+Antoine+; Condé dringt in die Stadt Paris ein, wird aber bald beim
+Volke unbeliebt. Der Hof kehrt nach Paris zurück, Condé entweicht nach
+Spanien. +Mazarin+ befestigt das Ansehen der Monarchie.
+
+[1648.]
+
+Frankreichs Erwerbungen im Westfälischen Frieden s. S. 260.
+
+Der 1635 ausgebrochene +Krieg mit Spanien+ (Sieg Condés bei Rocroy
+1643) wird beendet durch den
+
+[~1659.~]
+
+~Pyrenäischen Frieden~:[48] 1. Frankreich erhält die Grafschaft
++Roussillon+ (im NO. der Pyrenäen) und mehrere Plätze in +Artois+ und
++Flandern+. 2. Der +Herzog von Lothringen+, Spaniens Verbündeter, wird
+in sein Herzogtum wieder eingeführt, muß jedoch den Franzosen eine
+Heerstraße von Metz nach dem Elsaß zugestehen. 3. Prinz +Condé+ kehrt
+zurück; Ludwig XIV. heiratet +Maria Theresia+, älteste Tochter Philipps
+IV. von Spanien, welche jedoch ihren Erbansprüchen entsagt.
+
+[~1661.~]
+
+~Tod Mazarins~. ~Ludwigs Selbstregierung~ (1661 bis 1715), ohne
+Reichsstände (+États généraux+), ohne Beachtung der Einsprüche des
+Pariser Parlaments, nach persönlicher Willkür (+L’État c’est moi+).
++Colbert+ Finanzminister, Förderung der Gewerbtätigkeit und des Handels
+durch das +Merkantilsystem+ (Schutzzölle zur Abwehr ausländischer
+Erzeugnisse, Verbesserung der Wege, Kanalbauten). +Kolonien+ auf den
+Kleinen Antillen, in Canada, Cayenne, Louisiana, Pondichery. Große
+Handels- und Kriegsflotte. +Louvois+ Kriegsminister; starkes stehendes
+Heer. +Vauban+ genialer Festungsbaumeister.
+
+Um Frankreichs Ansehen vor dem übrigen Europa zur Geltung zu bringen,
+unternimmt Ludwig XIV. eine Reihe von +Eroberungskriegen+ gegen die
+Nachbarstaaten.
+
+[~1667–1668.~]
+
+~Raubkrieg gegen Spanien~ (Devolutionskrieg). Nach dem Tode Philipps
+IV. (1665) erhebt Ludwig XIV., gestützt auf das in einigen belgischen
+Provinzen geltende +Devolutionsrecht+, wonach die Töchter erster Ehe
+ein den Söhnen zweiter Ehe vorangehendes Erbrecht haben, Ansprüche auf
+die spanischen Niederlande. +Turenne+ erobert einen Teil von Flandern
+und Hennegau, +Condé+ besetzt die nicht verteidigte Freigrafschaft
+Burgund (Franche-Comté). Die von dem holländischen Ratspensionär
++Jan de Witt+ zustande gebrachte ~Tripelallianz~ (England, Holland,
+Schweden) führt den Frieden zu +Aachen+ herbei: Frankreich erhält eine
+Anzahl von Grenzstädten, darunter +Lille+, welches von Vauban zu einer
+starken Festung umgeschaffen wird, gleichwie das 1662 von England (S.
+270) erworbene +Dünkirchen+.
+
+[~1672–1678.~]
+
+~Raubkrieg gegen Holland.~ Ludwig XIV. schließt Bündnisse und
+Subsidienverträge mit +England+ (S. 270), +Schweden+ und mehreren
+deutschen Reichsfürsten (besonders den geistlichen Fürsten von +Köln+
+und +Münster+), vertreibt den Herzog Karl IV. von +Lothringen+ 1670.
+Verbündeter der niederländischen Republik ist Kurfürst +Friedrich
+Wilhelm+ von +Brandenburg+ (s. S. 244).
+
+Schnelle Eroberung eines großen Teiles der Niederlande (+Turenne+,
++Condé+, der König an der Spitze von über 100000 Mann). Die Brüder +de
+Witt+, Führer der aristokratisch-republikanischen Partei, in einem
+Aufstande vom Volke getötet; +Wilhelm III. von Oranien+ an die Spitze
+der Republik gestellt. Die Öffnung der Schleusen rettet die Provinz
+Holland und die Stadt Amsterdam.
+
+Kurfürst Friedrich Wilhelm schließt mit Kaiser +Leopold+ (S. 265) ein
+Bündnis gegen Frankreich, wird aber von dem kaiserlichen Feldherrn
++Montecuccoli+ in seinen Truppenbewegungen gehemmt. +Turenne+, in
+Westfalen vordringend, nötigt ihn 1673 zu einem Frieden, den Ludwig
+XIV. in +Vossem+ (unweit Löwen) bestätigt: Der Kurfürst erhält das von
+den Franzosen besetzte Land +Cleve+ (S. 252) zurück mit Ausnahme der
+Festungen Wesel und Rees.
+
+Auch +Spanien+ nimmt an dem Kriege teil. 1674 erfolgt die
+Kriegserklärung des +Deutschen Reiches+ an Frankreich. Ludwig XIV.
+besetzt die Franche-Comté; Condé kämpft gegen den Prinzen von Oranien
+in der unentschiedenen Schlacht bei +Seneffe+ (südlich von Brüssel),
+Turenne gegen den kaiserlichen General Bournonville bei +Enzheim+
+im Elsaß. Kurfürst Friedrich Wilhelm erscheint mit 20000 Mann im
+Elsaß, kann sich aber mit Bournonville nicht einigen über gemeinsames
+Vordringen; beide werden von +Turenne+ zum Rückzug über den Rhein
+genötigt. Friedrich Wilhelm, durch den Einfall der mit Ludwig XIV.
+verbündeten Schweden in sein Land zurückgerufen, besiegt die Schweden
+in der
+
+[~1675~ (18./28. Juni).]
+
+~Schlacht bei Fehrbellin~ (Derfflinger). In demselben Jahre (Juli)
+fällt +Turenne+ bei +Sasbach+ in Baden. Die Franzosen gehen über den
+Rhein zurück, dringen aber bald wieder vor. Friedrich Wilhelm erobert
+bis 1679 Stettin und ganz Schwedisch-Pommern nebst Rügen, treibt die
+Schweden auch aus Preußen bis nach Livland zurück.
+
+[~1678–1679.~]
+
+~Friede zu Nimwegen~: 1. Die +Republik der Niederlande+ erhält
+ihr ganzes Gebiet zurück gegen das Versprechen der Neutralität.
+2. +Spanien+ tritt an Frankreich die +Franche-Comté+ und abermals
+Grenzplätze seines niederländischen Gebiets ab (u. a. +Valenciennes+
+und +Cambrai+). 3. Der Kaiser tritt Freiburg an Frankreich ab,
+welches das Besatzungsrecht von +Philippsburg+ (S. 260) aufgibt.
+4. +Lothringen+ wird dem Herzog Karl V. unter sehr beschränkenden
+Bedingungen zurückgegeben; da er diese nicht annimmt, bleibt es von den
+Franzosen besetzt. Den vom Kaiser und Reich preisgegebenen Kurfürsten
+von Brandenburg zwingt Ludwig XIV. zu dem
+
+[~1679.~]
+
+~Frieden zu Saint Germain en Laye~, in welchem dieser den Schweden
+fast alle seine Eroberungen in Pommern (Stettin, Stralsund, Rügen)
+herausgeben muß. Bald darauf +Bündnis+ des gegen den Kaiser erbitterten
+Kurfürsten[49]
+
+mit Frankreich, bis 1685.
+
+Infolge der Schwäche des Deutschen Reiches steigt der Übermut Ludwigs
+XIV. so weit, daß er 1680 ~Reunionskammern~ in +Metz+, +Breisach+,
++Besançon+, +Tournay+ einsetzt. Diese französischen Gerichtshöfe
+untersuchen und entscheiden, was jemals zu den in den letzten vier
+Friedensschlüssen an Frankreich abgetretenen Ländern und Plätzen gehört
+hat. Der König vollstreckt mit seinen Truppen die Reunionsbeschlüsse,
+indem er zu der Gewalttat mitten im Frieden den Hohn einer Rechtsform
+fügt.
+
+[~1681.~ 30. Sept.]
+
+~Die Franzosen besetzen Straßburg~ im Einverständnis mit dem
++Bischof Franz Egon von Fürstenberg+. Einfall in die spanischen
+Niederlande 1683. Besetzung von +Luxemburg+ und +Trier+ 1684. Diesen
+Rechtsverletzungen tritt das Deutsche Reich nur mit leeren Protesten
+entgegen; schließlich wird 1684 zu +Regensburg+ ein +zwanzigjähriger+
+~Waffenstillstand~ mit Ludwig XIV. abgeschlossen, wonach er alle bis
+zum 1. August 1681 besetzten Gebiete, dazu auch Straßburg behält.
+
+[1684.]
+
+Eine französische Flotte bombardiert +Genua+, um es für seine
+Verbindung mit Spanien zu strafen.
+
+[~1685.~]
+
+~Aufhebung des Edikts von Nantes~ (s. S. 238). Die Ausübung des
++reformierten+ Bekenntnisses in Frankreich wird untersagt, die
+Erziehung der Kinder in der katholischen Religion befohlen, die
+Auswanderung verboten. Über 50000 Familien entkommen indes nach
+Holland, England, Brandenburg. Die +Protestanten im Elsaß+ behalten die
+ihnen zugesicherte Religionsfreiheit.
+
+[~1688–1697.~]
+
+~Raubkrieg gegen Deutschland~ (Pfälzischer Krieg). Nach dem Tode des
+Kurfürsten Karl von der +Pfalz+ (1685), dessen Schwester Elisabeth
+Charlotte (Liselotte) mit dem Herzog Philipp von Orléans, Bruder
+Ludwigs XIV., vermählt war, erhebt Frankreich gegenüber der Linie
+Pfalz-Neuburg Ansprüche auf einen großen Teil des Landes. Im Erzbistum
++Köln+ will Ludwig XIV. die Wahl des Straßburger Bischofs Wilhelm von
+Fürstenberg gegen den Prinzen Clemens von Bayern durchsetzen. Bündnis
+zu +Augsburg+ 1686 gegen Frankreich zwischen dem +Kaiser+, +Spanien+,
++Schweden+ und den bedeutendsten +Reichsfürsten+, nach der in England
+1688 erfolgten Thronveränderung (S. 271) zu der +Großen Allianz+
+erweitert, der +England+, +Holland+ und +Savoyen+ beitreten.
+
+Die französischen Heere rücken in die Rheinlande ein (Sept. 1688).
+~Furchtbare Verheerung der Pfalz~ durch ~Mélac~ auf Befehl von Louvois
+(März-Juni 1689); die Städte +Heidelberg+, +Mannheim+, +Speier+,
++Worms+ und Hunderte von kleineren Orten verbrannt. Das deutsche
+Reichsheer erobert +Mainz+ und +Bonn+, kann aber am Oberrhein die
+Franzosen nicht vertreiben; der Markgraf +Ludwig von Baden+ erobert
+Heidelberg wieder, hält sich dann aber meist allzu vorsichtig hinter
+seiner festen Verteidigungsstellung bei Heilbronn.
+
+In den Niederlanden siegt der Marschall +von Luxembourg+ bei
++Fleurus+ 1690, +Steenkerken+ 1692, +Neerwinden+ 1693, doch behauptet
++Wilhelm III.+ durch zähe Ausdauer das Feld. Eine französische
+Landung in +Irland+ zu Gunsten des vertriebenen +Jakob II.+ hat nur
+vorübergehenden Erfolg (s. S. 272).
+
+[1692.]
+
+Seesieg der verbündeten +englischen+ und +holländischen+ Flotte über
+die französische bei ~La Hougue~ (Ostseite der Halbinsel Cotentin).
+
+[~1697.~]
+
+~Friede zu Ryswyk~ (spr. +Reisweik+, Dorf beim Haag): 1. Frankreich
+behält die +im Elsaß+ besetzten Gebiete, gibt aber +Freiburg+ zurück
+(S. 263); die pfälzische Erbschaftssache wird einem Schiedsgericht
+übergeben. 2. Der Herzog von +Lothringen+ wird vollständig wieder
+eingesetzt (S. 263). 3. Spanien erhält +Luxemburg+ zurück, tritt aber
+einige Grenzgebiete seiner Niederlande ab. 4. +Wilhelm III.+ wird als
+König von England anerkannt.
+
+Blüte der ~französischen Literatur~ im Zeitalter Ludwigs XIV.
++Corneille+ († 1684), +Racine+ († 1699), +Molière+ († 1673), +La
+Fontaine+ († 1695), +Boileau+ († 1711), +Bossuet+ († 1704), +Fléchier+
+(† 1710), +Fénelon+ († 1715).
+
+Ludwigs Hofleben in +Versailles+, +Marly+, +Trianon+ das Vorbild
+der europäischen Höfe. Bauten, Luxus, Maitressen (+La Vallière+,
++Montespan+, +Fontange+). Nach dem Tode seiner Gemahlin +Maria
+Theresia+ von Spanien († 1683) vermählt sich Ludwig insgeheim mit
++Françoise d’ Aubigné+, Witwe des Dichters +Scarron+, die er zur
+Marquise von +Maintenon+ erhebt. Seitdem Frömmelei am Hofe. Die
+Finanzen geraten nach Colberts Tode (1683) in Unordnung, zunehmende
+Willkürherrschaft im Innern. Beginn des wirtschaftlichen Niedergangs.
+
+
+§ 2. Deutschland.
+
+[~1658–1705.~]
+
+~Leopold I.~ (Sohn Ferdinands III.), mehr auf die Mehrung der
+habsburgischen Hausmacht bedacht, als auf die Wiederaufrichtung des
+geschwächten Deutschen Reiches. Unter den Reichsfürsten ragt ~Friedrich
+Wilhelm~, der ~Große Kurfürst~ von ~Brandenburg~ (1640–1688) hervor
+als Verteidiger der Selbständigkeit Deutschlands, während andere,
+namentlich die drei geistlichen Kurfürsten zu gegenseitigem Schutze mit
+Frankreich 1658 den +Rheinbund+ schließen (aufgelöst 1667).
+
+Seit 1663 +dauernder+ ~Reichstag zu Regensburg~, von den Gesandten der
+8 Kurfürsten, der 33 geistlichen, der 61 weltlichen Fürsten (dazu 2
+Kurien der Prälaten, 4 Kurien der Reichsgrafen) und der 51 Reichsstädte
+gebildet. Für Religionssachen getrennte Beratung, Corpus +Catholicorum+
+und Corpus +Evangelicorum+. Neben dem Reichskammergericht in Wetzlar
+(S. 224) gilt auch der +Reichshofrat+ zu +Wien+ als oberstes Gericht.
+Kriegswesen und Finanzen in schlechtem Zustande, weil alles von der
+Bewilligung der so zahlreichen Reichsstände abhängt. Doch kämpfen die
+Reichstruppen tapfer mit in den von Österreich mit Nachdruck geführten
+~Türkenkriegen~.
+
+[1664.]
+
+Sieg des kaiserlichen Feldherrn +Montecuccoli+ über die Türken bei +St.
+Gotthard+ an der +Raab+. Darauf Friedensschluß; die größere Hälfte von
+Ungarn bleibt unter türkischer Hoheit (vgl. S. 232). Eine Verschwörung
+ungarischer Magnaten gegen die habsburgische Herrschaft wird 1670
+entdeckt und bestraft; Aufstand unter Führung des Grafen +Tököly+ 1678;
+dieser ruft die Türken zu Hilfe.
+
+[~1683.~]
+
+~Belagerung Wiens durch die Türken.~ Heldenmütige Verteidigung,
+geleitet durch +Rüdiger von Starhemberg+. Glücklicher Entsatz durch
+die +Schlacht am Kahlen Berge+; Sieg des vereinigten deutschen und
+polnischen Heeres unter +Karl V. von Lothringen+ und dem Polenkönig
++Johann Sobieski+. 1684 Beitritt +Venedigs+ zum Kriegsbündnis gegen die
+Türkei.
+
+[1686.]
+
++Ofen+ erobert von kaiserlichen und brandenburgischen Truppen. Sieg
+Karls von Lothringen bei +Mohacz+.
+
+[1687.]
+
+Der Reichstag zu Preßburg überträgt dem österreichischen Mannesstamm
+die erbliche Thronfolge in Ungarn.
+
+[1691.]
+
+Sieg des Markgrafen +Ludwig von Baden+ bei +Slankamen+ unweit
+Peterwardein, des Prinzen +Eugen von Savoyen+ bei +Zenta+ an der Theiß
+1697.
+
+[~1699.~]
+
+~Friede zu Karlowitz~: +Ungarn+ und +Siebenbürgen+ kommen an
+Österreich, türkisch bleibt nur das Gebiet von +Temesvar+. Morea kommt
+an Venedig, Asow an Rußland.
+
+~Standeserhöhungen deutscher Fürsten~ am Ende des 17. und am Anfang des
+18. Jahrhunderts:
+
+[1692.]
+
+1. Herzog +Ernst August+ von Braunschweig-Lüneburg (Haus der +Welfen+,
+s. S. 184) erhält als Kurfürst von ~Hannover~ die +neunte+ Kurwürde.
+
+[1697.]
+
+2. +Friedrich August I.+, Kurfürst von +Sachsen+, wird nach dem Tode
+Johann Sobieskis zum ~König von Polen~ erwählt als +August II.+ (+der
+Starke+).
+
+3. Kurfürst +Friedrich III. von Brandenburg+ (1688 bis 1713), Sohn des
+Großen Kurfürsten, nimmt
+
+[~1701.~ 18. Jan.]
+
+mit Zustimmung des Kaisers (S. 272) den Titel ~König in Preußen
+(Friedrich I.)~ an und krönt sich in +Königsberg+.
+
+Wiederherstellung des ~Geisteslebens in Deutschland~ nach der
+Zerrüttung des Dreißigjährigen Krieges:
+
++Paul Gerhard+ († 1676), +Ph. J. Spener+ († 1705), +A.H. Franke+
+(gründet 1698 das Waisenhaus in Halle). Der Philosoph, Mathematiker
+und Geschichtsforscher +G.W. Leibniz+ (geb. 1646 zu Leipzig, 1676
+in Hannover, 1700 in Berlin, † 1716 in Hannover). +Chr. Thomasius+
+in Halle († 1728) hält zuerst deutsche Vorlesungen, bekämpft die
+Hexenprozesse und die Anwendung der Folter.
+
+
+§ 3. Der Norden und Osten.
+
+~Schweden~, durch den Besitz bedeutender Nebenländer (S. 256, 260) fast
+rund um die Ostsee ausgedehnt, ist seit dem Dreißigjährigen Kriege die
+erste Macht des Nordens.
+
+[1654–1718.]
+
+Haus Pfalz-Zweibrücken (s. S. 250).
+
+[~1655–1660.~]
+
+~Schwedisch-Polnischer Krieg.~
+
+~Karl X. Gustav~ (1654–1660) beginnt Krieg mit Polen, weil +Johann
+Kasimir+ (aus der +katholischen+ Linie des Hauses +Wasa+) ihn ebenso
+wenig anerkennen will, wie früher Sigismund III. Gustav Adolf (S. 250).
+Er dringt von Pommern her in Polen ein, nimmt Warschau und Krakau;
+Johann Kasimir flüchtet nach Schlesien. Kurfürst +Friedrich Wilhelm+
+von Brandenburg sieht sich genötigt, im Vertrage zu +Königsberg+ 1656
+sein Herzogtum Preußen von +Schweden+, wie bisher von +Polen+ (S. 229),
+zu Lehen zu nehmen; dazu erhält er das Bistum +Ermeland+. In Polen
+Aufstand gegen die Schweden. +Karl Gustav+ und +Friedrich Wilhelm+
+gewinnen die dreitägige
+
+[~1656~ (Juli).]
+
+~Schlacht bei Warschau~ gegen die Polen.
+
+Um sich die weitere Hilfe des Kurfürsten von Brandenburg zu sichern,
+gesteht +Karl Gustav+ diesem in dem Vertrage zu +Labiau+ die
++Souveränität+ (lehnsfreie Herrschaft) über Ostpreußen und Ermeland
+zu. Allein es erklären sich gegen Schweden: +Rußland+, +Dänemark+,
+der +Kaiser Leopold I.+ und bald auch der +Kurfürst von Brandenburg+,
+dem Polen im Vertrage zu +Wehlau+ 1657 ebenfalls die Souveränität
+über Ostpreußen (ohne Ermeland) zusichert. Die Schweden werden bald
+aus Polen zurückgedrängt, nur Polnisch-Preußen bleibt von ihnen
+besetzt. Karl Gustav greift ~Dänemark~ an und erzwingt durch schnelles
+Vordringen (Übergang über die gefrorenen +Belte+, Januar 1658) den
+
+[~1658.~]
+
+~Frieden zu Roeskild~: Dänemark tritt den südlichen Teil der
+skandinavischen Halbinsel (+Schonen+, +Halland+, +Blekingen+), das
+Stift +Dronthjem+ und die Insel +Bornholm+ an Schweden ab.
+
+Noch in demselben Jahre zweiter Angriff Karl Gustavs, aber die
+belagerte Hauptstadt +Kopenhagen+ verteidigt sich tapfer. Eine
+holländische Flotte (die Holländer Handelsrivalen der Schweden)
+kommt zu Hilfe; kaiserliche, polnische und brandenburgische Truppen
+vertreiben die Schweden aus Holstein und Schleswig. Die Brandenburger
+besetzen unter Führung des Kurfürsten die Insel +Alsen+. Karl X. hebt
+die Belagerung von Kopenhagen auf, stirbt bald darauf zu Gotenburg. Ihm
+folgt sein minderjähriger Sohn Karl XI. (1660–1697).
+
+[~1660.~]
+
+~Friede zu Olīva~ (Kloster bei Danzig).
+
+Johann Kasimir entsagt allen Ansprüchen auf den schwedischen Thron,
+sowie auf +Livland+ und +Estland+; der Herzog von +Kurland+ wird als
+polnischer Vasall wieder eingesetzt. Die ~Souveränität Preußens~ wird
+von +Schweden+ und +Polen+ bestätigt.
+
+Gleich darauf ~Friede zu Kopenhagen~ mit Dänemark; der Roeskilder
+Frieden bestätigt, aber Dronthjem und Bornholm an Dänemark
+zurückgegeben.
+
+In ~Dänemark~ wird gleich nach dem Frieden von dem der Adelsherrschaft
+überdrüssigen +dritten+ Stande (Bürger) und der +Geistlichkeit+ dem
+Könige Friedrich III. (1648–1670) eine ganz unumschränkte Gewalt
+übertragen. Im Anschluß daran erklärt das +Königsgesetz+ 1665 Dänemark
+für ein Erbreich in männlicher und weiblicher Linie; es gilt aber nicht
+für die Herzogtümer Schleswig-Holstein, welche auch ihren eigenen
+Landtag behalten. Das Herzogtum +Oldenburg+ 1667 nach dem Aussterben
+der dort regierenden Linie (S. 216) mit Dänemark vereinigt.
+
+Auch in ~Schweden~ übertragen die Stände, der übermäßigen Gewalt des
+Reichsrats müde, 1682 dem großjährig gewordenen Könige Karl XI. eine
+fast unumschränkte Gewalt.
+
+In ~Polen~ dagegen ist seit der Einführung der Wahlmonarchie 1572
+(S. 250) die königliche Macht zum Schatten herabgesunken, der Staat
+ist tatsächlich eine +Adelsrepublik+. Der aus dem +Senat+ (Bischöfe,
+Woiwoden, Kastellane) und den gewählten +Landboten+ (Abgeordnete des
+Adels) bestehende Reichstag übt alle Gewalt aus. Das +liberum veto+,
+d. h. das Recht +jedes+ einzelnen Mitgliedes, einen Reichstagsbeschluß
+durch seinen Einspruch ungültig zu machen, führt zu Bestechung,
+Gewalttat und schließlich fast zur Anarchie; nur selten kommt ein
+Beschluß zustande.
+
+Nach +Johann Kasimirs+, des letzten der 3 katholischen Wasas Abdankung
+blutige Thronstreitigkeiten; dann regiert +Johann Sobieski+ 1674–1696,
+der den kriegerischen Adel durch Feldzüge gegen die Türken (vgl. S.
+266) an sich fesselt. Ihm folgt +August II.+ von Sachsen 1697–1733;
+Friede mit den Türken zu +Karlowitz+.
+
+~Rußland~ unter dem Hause ~Romānow~ (1613–1762) wachsend an Macht und
+Ansehen. +Michael Romānow+ (1613 bis 1645) kämpft zwar unglücklich
+gegen Polen, ordnet aber die innere Verwaltung. Sein Sohn +Alexei+
+(1645–1676) gewinnt die Länder am Dnjepr (Smolensk und Kiew) von Polen
+zurück, unterwirft Sibirien bis zum äußersten Osten und das Amurland
+(S. 250) und fängt an, europäische Kultur in Rußland zu verbreiten.
+Nach dem Tode seines ältesten Sohnes +Feodor+ (1682) werden von den
++Strelitzen+, der adligen Leibwache des Zaren, dessen beide Brüder
++Iwan+ und ~Peter~ unter Vormundschaft ihrer älteren Schwester
++Sophia+ zu Zaren ausgerufen. Peter in +Preobraschensk+ (bei Moskau)
+mit militärischen Übungen beschäftigt; aus seinen Spielgefährten
+(Poteschnie) wird später die Garde des Heeres gebildet. Sophia, die ihn
+vom Thron ausschließen will, wird 1689 in ein Kloster geschickt.
+
+[~1689–1725.~]
+
+~Peter der Große~, regiert als Alleinherrscher, da der geistesschwache
+Bruder Iwan bis zu seinem Tode (1696) ohne jede Macht bleibt. Er ist
+der Gründer des russischen Staates.
+
+Peter beginnt seine Reformen mit Hilfe des Schotten +Gordon+ und des
+Genfers +Lefort+. +Asow+ erobert 1696 (S. 266). Grausame Bestrafung
+eines Aufruhrs der +Strelitzen+. Darauf +Reise+ des Zaren durch
+Deutschland über Königsberg und Berlin nach Holland, wo er in
++Zaandam+ als Schiffszimmermann arbeitet, dann nach England. Anwerbung
+ausländischer Handwerker, Künstler, Offiziere. Fortsetzung der Reise
+über Dresden nach Wien; im Begriff nach Venedig abzureisen, wird der
+Zar durch die Nachricht von einem abermaligen Aufruhr der Strelitzen
+zurückgerufen. Blutiges Strafgericht; das ganze Korps wird aufgelöst,
+das Heer nach europäischer Weise gebildet.
+
+Nach Leforts Tode 1699 +Menschikow+ Günstling und Minister des Zaren,
+bemüht um weitere Einführung der westeuropäischen Kultur in Rußland,
+doch auch habsüchtig und bestechlich. Peters Entschluß zu dem Kriege
+gegen Schweden (S. 274) wird entscheidend für Rußlands weiteren
+Aufschwung.
+
+
+§ 4. England.
+
+[~1649–1660.~]
+
+~England Republik~ (+Commonwealth+).
+
+~Cromwell~ (s. S. 249) unterwirft nach blutigem Kampfe die über die
+Hinrichtung des zum Katholizismus hinneigenden Königs Karl erbitterten
+Iren, dann durch die Siege bei +Dunbar+ (1650) und bei +Worcester+
+(spr. u+͡__ustĕr, 1651) das aufständische Schottland (S. 249), von wo
+er des hingerichteten Königs Sohn, +Karl II.+, vertreibt. In England
+löst Cromwell das Rumpf-Parlament und das von ihm selbst berufene, aus
+eifrigen Independenten bestehende +Barebone+-Parlament auf. Durch das
+Heer wird
+
+[1653–1658.]
+
+~Cromwell Lord-Protektor~ der drei Reiche (England, Schottland,
+Irland). Seine Regierung hält die Ordnung im Innern aufrecht und macht
+England zur ersten protestantischen Macht in Europa.
+
+[1651.]
+
+~Navigationsakte~, welche den Fremden auf ihren eigenen Schiffen
+nur die Einfuhr eigener Erzeugnisse erlaubt und namentlich den
++holländischen+ Zwischenhandel schwer trifft, da die Erzeugnisse der
+englischen Kolonien nur auf englischen Schiffen nach England gebracht
+werden dürfen. Daher Krieg mit +Holland+ (1652–1654), aus welchem die
+Engländer als Sieger hervorgehen. England seitdem die erste Seemacht;
+Holland tritt mehr zurück (S. 244). Im Kriege mit +Spanien+ (1655–1658)
+Eroberung +Jamaikas+ und Einnahme von +Dünkirchen+.
+
+Nach +Oliver Cromwells+ Tode folgt ihm als Protektor sein ihm
+unähnlicher Sohn +Richard Cromwell+, der schon nach 8 Monaten abdankt.
+Zwistigkeiten unter den Befehlshabern des Heeres führen zur
+
+[~1660.~]
+
+~Herstellung des Königtums.~ General +Monk+ versammelt ein neues
+Parlament (Oberhaus und Unterhaus, S. 249), welches auf den Thron ruft
+Karls I. Sohn, den gewissenlosen, verschwenderischen und ausschweifenden
+
+[~1660–1685.~]
+
+~Karl II.~ Herstellung der Episkopalkirche; von der +Amnestie+
+werden diejenigen ausgenommen, welche Karl I. zum Tode verurteilt
+hatten. Cromwells Leiche an den Galgen gehängt. 1662 +Dünkirchen+ an
+Frankreich verkauft; 1664–1667 abermaliger +Seekrieg mit Holland+; 1664
+New-York (1612 von den Holländern als Neu-Amsterdam gegründet) von den
+Engländern besetzt. 1666 Pest und große Feuersbrunst in London. 1667
+dringt Admiral Ruyter (1607–1676) in die Themse ein.
+
+Der Minister +Clarendon+ 1667 verbannt; das +Cabal+-Ministerium
+(~C~lifford, ~A~rlington, ~B~uckingham, ~A~shley, ~L~auderdale)
+bewegt den König, für französische Jahrgelder aufs neue +Krieg gegen
+Holland+ (1672–74, s. S. 262) zu führen und zu Gunsten der Katholiken
+die +Indulgenzerklärung+ zu erlassen. Allgemeine Entrüstung; das
+Parlament setzt 1673 die ~Testakte~ durch, welche jeden Engländer,
+der ein Amt bekleiden will, zur Anerkennung der Oberhoheit des Königs
+über die englische Kirche und zu einer Erklärung gegen die katholische
+Abendmahlslehre zwingt. Der katholische Bruder des Königs, +Jakob,
+Herzog von York+, legt sein Amt als Großadmiral nieder. 1674 das
+Cabal-Ministerium gestürzt, Friede mit Holland.
+
+Neue Streitigkeiten mit dem Parlament, in welchem sich das Verlangen
+erhebt, den +Herzog von York+ als »Papisten« von der Thronfolge
+auszuschließen. Unter dem Ministerium +Shaftesbury+ wird 1679 die
+~Habeascorpusakte~ (Schutz gegen willkürliche Verhaftung) durchgesetzt.
+
+Entstehung der Parteinamen ~Whigs~ (Liberale) und ~Tories~
+(Konservative), ursprünglich Spottnamen, der erstere ein +schottischer+
+für Anhänger des Covenants (S. 248), der zweite ein +irischer+ für
+Anhänger des +Papismus+.
+
+Die +Ausschließungsbill+ wird im Unterhause von den Whigs durchgesetzt,
+im Oberhause verworfen. Die Entdeckung einer Verschwörung gegen den
+König hat strenge Maßregeln gegen die Whigs zur Folge; Lord +Will.
+Russell+ und +Algernon Sidney+ hingerichtet, der Herzog von +Monmouth+
+(natürlicher Sohn des Königs) flüchtet nach Holland. Karl II. stirbt
+1685, nachdem er auf dem Totenbette Katholik geworden ist.
+
+[~1685–1688.~]
+
+~Jakob II.,~ Bruder Karls II., bei der überlieferten Politik seines
+Hauses verharrend, sucht die +unumschränkte+ Königsgewalt und den
+Katholizismus in England wieder herzustellen. +Monmouth+ landet in
+England, wird bei +Sedgemoor+ geschlagen, gefangen und hingerichtet
+(1685). Blutige Assisen (Gerichtssitzungen), geleitet von dem grausamen
+und habsüchtigen Oberrichter +Jeffreys+.
+
+Anstellung von Katholiken unter Erlassung des durch die Testakte
+verlangten Eides. Dann Aufhebung der Testakte; Religionsfreiheit
+verkündet. Sieben anglikanische Bischöfe weigern sich, die
+Indulgenzerklärung zu verkündigen. Prozeß und Freisprechung der
+Bischöfe. Durch die Geburt eines katholischen +Prinzen von Wales+ (von
+Jakobs +zweiter+ Gemahlin Maria d’Este, Prinzessin von Modena) wird die
+Aussicht auf protestantische Thronfolge vereitelt; die beiden Töchter
+Jakobs aus erster Ehe, +Maria+ und +Anna+, waren protestantisch.
++Whigs+ und +Tories+ wenden sich an +Wilhelm von Oranien,+ Gemahl der
++Maria,+ und durch seine Mutter Enkel Karls I. (vgl. die Stammtafel S.
+299).
+
+[1688. 5. Nov.]
+
+Landung Wilhelms, der von Friedrich III. von Brandenburg und andern
+norddeutschen Fürsten unterstützt wird, in +Torbay+; das Heer und die
+ganze Nation fallen ihm zu, Jakob entflieht nach Frankreich.
+
+[~1689–1702.~]
+
+~Wilhelm III.~ (und ~Maria~ bis 1694), durch Parlamentsakte auf
+den Thron erhoben. Personalunion zwischen England und Holland. Die
+Regierung führt Wilhelm III. allein. Das ~Gesetz der Rechte~ (+Bill of
+rights+ 1689) sichert die verfassungsmäßigen Freiheiten der Nation.
+
+Aufstand der katholischen Iren für Jakob, der daselbst landet und fast
+ein Jahr herrscht. Wilhelm schlägt ihn 1690 am +Boynefluß+. Teilnahme
+am Kriege gegen Ludwig XIV., s. S. 264; Englands Seemacht gesichert.
+1701 Ordnung der Thronfolge: die katholischen Stuarts ausgeschlossen,
+erbberechtigt ist das protestantische Haus +Hannover+ (S. 299).
+
+Aufschwung der Literatur und Wissenschaft: Die Dichter +Milton+ (†
+1674) und +Dryden+ († 1700); der Theosoph +Bunyan+ († 1688); die
+Philosophen +Hobbes+ († 1679) und +Locke+ († 1704), der Naturforscher
++Newton+ († 1722).
+
+
+[~1701–1714.~]
+
+§ 5. Der spanische Erbfolgekrieg.
+
+ ~Philipp III.,~ König von Spanien, †1621.
+ _________|_________________________________________
+ ~Anna,~ ~Philipp IV.,~ †1665. ~Maria Anna,~
+ Gem. Ludwig XIII. | Gem. Ferdinand III.
+ | ______|_____________ |
+ ~Ludwig XIV.~ Maria ~Karl II.,~ Marg. ~Leopold I.,~
+ | Theresia. †1700. Theresia. †1705.
+ |___________| |_________|
+ | |
+ | |
+ ~Ludwig, Dauphin~, †1711. ~Maria Antonie,~
+ | Gem. Max Emanuel v. Bayern.
+ | |
+ ~Philipp von Anjou,~ ~Joseph Ferdinand,~
+ als K. v. Spanien ~Philipp V.,~ †1699,
+ †1746. Kurprinz v. Bayern.
+
+Kaiser Leopold I. hatte außer seiner Tochter Maria Antonie zwei +Söhne+
+aus dritter Ehe, +Joseph I.+ (Kaiser 1705–1711) und +Karl VI.+ (Kaiser
+1711–1740). Er nimmt als Vertreter der deutschen Linie des Hauses
+Habsburg das spanische Erbe für den zweiten Sohn in Anspruch. Ludwig
+XIV. dagegen fordert es für seinen zweiten Enkel +Philipp von Anjou.+
+Wilhelm III. an der Spitze der +Seemächte+ (England und Holland)
+schließt mit Ludwig XIV. 1698 einen +Teilungsvertrag+: Haupterbe
+soll der Kurprinz Joseph Ferdinand von Bayern sein, Frankreich und
+Österreich die Nebenländer erhalten. Dagegen setzt Karl II. den
+Kurprinzen durch Testament zum Erben der +gesamten+ Monarchie ein.
+Nach dessen plötzlichem Tode 1699 neue Unterhandlungen; endlich
+unterzeichnet Karl II. ein Testament, welches +Philipp von Anjou+ zum
+Erben einsetzt. ~Große Allianz~ der +Seemächte+ (1701) mit Kaiser
++Leopold+, zunächst um dem Hause Österreich die spanischen Besitzungen
+in den +Niederlanden+ und in +Italien+ zu verschaffen. Auf Frankreichs
+Seite stehen die Herzöge von +Savoyen+ und +Mantua+, die Kurfürsten von
++Bayern+ und +Köln+ (zwei Brüder); die übrigen deutschen Reichsstände
+und +Preußen+ (Friedrich III. von Brandenburg durch den »Krontraktat«
+die Annahme der Königswürde gestattet) sind mit dem Kaiser verbündet.
++Portugal+ tritt der großen Allianz bei, endlich auch +Savoyen+ (1703).
+
+Vier Kriegsschauplätze: +Spanien+, +Italien+, +Niederlande+,
++Deutschland+.
+
+Philipp von Anjou wird in Spanien als König ~Philipp V.~ anerkannt.
+Seine Hauptstütze ist +Kastilien+.
+
+[1701.]
+
+Prinz ~Eugen von Savoyen~ (1663–1736) als Feldherr Kaiser Leopolds
+eröffnet den Krieg siegreich in Oberitalien, wird aber 1702 vom Herzog
+von Vendôme in seinem Vordringen gehemmt.
+
+[1703.]
+
+Die Bayern fallen als Verbündete Frankreichs in +Tirol+ ein, werden
+aber zurückgetrieben. Der englische Feldherr ~Marlborough~ dringt in
+den Niederlanden vor.
+
+[1704.]
+
+Erzherzog Karl landet in Portugal, die Engländer erobern ~Gibraltar~.
+Prinz +Eugen+ und +Marlborough+ vereinigen sich an der Donau und siegen
+(unweit Donauwörth) über die Franzosen und Bayern in der
+
+[~1704.~]
+
+~Schlacht bei Höchstädt und Blindheim~. Bayern von den kaiserlichen
+Truppen besetzt.
+
+[1706.]
+
+Erzherzog Karl gewinnt auf kurze Zeit +Madrid+; Marlborough siegt bei
+~Ramillies~ (nördlich von Namur), Prinz Eugen bei ~Turin~ mit Hilfe der
++Preußen+ unter +Leopold von Dessau+. Die Franzosen werden aus Italien
+verdrängt, +Mantua+ (s. S. 239) von Österreich in Besitz genommen, dann
+auch +Neapel+ (S. 241).
+
+[~1708.~]
+
+Sieg Marlboroughs und Prinz Eugens bei ~Oudenarde~; +Lille+ belagert
+und genommen. Strenger Winter in Frankreich.
+
++Friedensverhandlungen+. Die Verbündeten fordern Herausgabe
+der spanischen Monarchie an Erzherzog Karl von Österreich, der
+niederländischen Grenzfestungen an die Holländer, für das Deutsche
+Reich Wiederherstellung des im +Westfälischen Frieden+ festgesetzten
+Besitzstandes. Dies alles wird +von Ludwig XIV. bewilligt+. Aber die
+Forderung, daß er seinen Enkel Philipp mit +französischen Waffen+ aus
+Spanien vertreiben soll, bewirkt den Abbruch der Verhandlungen.
+
+Fortgang des Krieges. Die Franzosen aufs neue gedemütigt durch den
+
+[~1709.~]
+
+Sieg Prinz Eugens und Marlboroughs bei ~Malplaquet~. Neue
+Friedensanträge Ludwigs, der sogar Hilfsgelder gegen seinen Enkel
+zahlen will, während die Verbündeten verlangen, daß er ihn durch seine
++Heere+ vertreiben soll.
+
+Der Fall des +Whigministeriums+ in England (1710) und der Tod
+Kaiser ~Josephs I.~ (1711) ändern alle Verhältnisse zu Gunsten
+Ludwigs XIV. Marlborough abberufen; Erzherzog Karl verläßt Spanien,
+um die österreichischen Erblande zu übernehmen. England beginnt
+Friedensverhandlungen (S. 299).
+
+[1712.]
+
+Kongreß zu Utrecht. Der französische Feldherr Villars siegt bei
++Denain+ (an der Schelde) über einen Teil von Prinz Eugens Heer.
+
+[~1713.~]
+
+~Friede zu Utrecht~ (ohne Beteiligung Kaiser Karls VI.):
+
+1. ~Philipp V.~, Enkel Ludwigs XIV., wird als König von +Spanien+
+anerkannt. Die meisten +Nebenländer+ (Niederlande, Mailand, Neapel,
+Sardinien) sollen ~Karl VI.~ zufallen, Sicilien als Königreich dem
+Herzog von +Savoyen+.
+
+2. ~England~ erhält von Frankreich +Neufundland+, +Neuschottland+
+(Akadien) und die +Hudsonsbailänder+, von Spanien +Gibraltar+ und
++Menorka+. Anerkennung der protestantischen Thronfolge versprochen (S.
+284).
+
+3. ~Holland~ erhält das Besatzungsrecht in einigen Grenzfestungen der
+bisher spanischen Niederlande, +Lille+ wird an Frankreich zurückgegeben.
+
+4. ~Preußen~ erlangt Anerkennung des Königstitels und des Besitzes von
++Neuchâtel+ und Valengin (aus der oranischen Erbschaft nach Wilhelms
+III. Tode 1702, vgl. die Stammtafel S. 244), dazu +Obergeldern+ (an der
+Maas). Es überläßt an Frankreich seine Ansprüche auf das Fürstentum
++Oranien+ oder +Orange+ (an der Rhone, S. 242 Anm.).
+
+Karl VI. verweigert seine Zustimmung, der Krieg wird am Rhein
+weitergeführt. Villars erobert Landau und Freiburg. Darauf
+
+[~1714.~]
+
+~Friede zu Rastatt und Baden~ (im Aargau, Schweiz). Karl VI. nimmt die
+ihm bestimmten Länder an. Österreich gewinnt damit nach der Erwerbung
+Ungarns unter Leopold I. (S. 266) unter dessen Sohn Karl VI. auch noch
+die Niederlande und die Herrschaft in Italien. Für das +Deutsche Reich+
+wird nur der Friede von Ryswyk bestätigt; +Landau+ bleibt französisch.
+Die in die Reichsacht erklärten Kurfürsten von +Bayern+ und +Köln+
+werden in ihre Würden und Länder wieder eingesetzt.
+
+
+[~1700–1721.~]
+
+§ 6. Der Nordische Krieg.
+
+~Peter der Große~ (S. 269) will Rußland zur +Seemacht+ erheben und
+Schwedens Herrschaft über die Ostsee (S. 256) brechen. Er schließt
+unter Vermittelung des livländischen Edelmanns +Patkul+ ein Bündnis
+mit +August dem Starken+ (S. 266), welcher Livland wieder für Polen
+beansprucht (S. 249, 268). Friedrich IV. von +Dänemark+ schließt
+sich an, um das Haus Holstein-Gottorp (jüngere Linie des dänischen
+Königshauses) aus dem Mitbesitz von Schleswig-Holstein zu verdrängen.
+
+~Karl XII., König von Schweden~ (geb. 1682, reg. 1697 bis 1718), Enkel
+Karls X. Gustav von Pfalz-Zweibrücken (S. 250), nimmt sich des Herzogs
+von Holstein-Gottorp, seines Schwagers, an, landet 1700 auf Seeland,
+bedroht Kopenhagen und erzwingt den ~Frieden zu Travendal~ (in Holstein
+a. d. Trave); Dänemark gibt den Angriff auf. Dann wendet er sich gegen
+Peter d. Gr. und besiegt mit 8000 Schweden 40000 Russen bei ~Narwa~ (in
+Ingermanland). +Sächsische+ Truppen haben inzwischen +Riga+ belagert.
+Karl XII. dringt 1701 in +Polen+ ein und verlangt Absetzung Augusts
+II., zieht 1702 in Warschau ein, siegt bei +Klissow+ und 1703 bei
++Pultusk+ über sächsische und polnische Truppen.
+
+[1704.]
+
++Stanislaus Lesczinski+ vom polnischen Reichstag zum König gewählt.
+
+Währenddessen legt +Peter+ den Grund zu der neuen Hauptstadt ~St.
+Petersburg~ 1703 und erobert +Narwa+ 1704.
+
+Fortgang des Krieges in Polen und Litauen, Siege Karls XII. bei
++Punitz+ 1704 und seines Generals +Rehnskjöld+ bei Fraustadt 1706. Karl
+dringt durch Schlesien in Sachsen ein und erzwingt den
+
+[~1706.~]
+
+~Frieden zu Altranstädt~ (bei Leipzig): 1. August II. entsagt der
+polnischen Krone und erkennt +Stanislaus Lesczinski+ als König von
+Polen an. 2. Er gibt das Bündnis mit dem Zaren auf und liefert dessen
+Bevollmächtigten +Patkul+ aus (welchen Karl grausam hinrichten
+läßt). 3. +Sachsen+ sorgt den Winter über für Unterhalt und Sold des
+schwedischen Heeres.
+
+Karl bricht dann gegen den russischen Zaren auf (Sept. 1707),
+der die Zeit zur Festsetzung an der Ostsee und zur Bildung eines
+kriegstüchtigen Heeres trefflich benutzt hatte. Der Weg nach Moskau
+versperrt durch Verwüstung des Landes. Durch den von Rußland
+abgefallenen Kosakenhetman +Mazeppa+ läßt sich Karl verleiten, über
+den Dnjepr (1708) nach der +Ukraine+ zu gehen. Vergebliche Belagerung
++Pultawas+; Peter eilt zum Entsatz herbei und schlägt mit überlegener
+Streitmacht die durch Märsche und Mangel ermatteten Schweden in der
+
+[1709 (8. Juli).]
+
+~Schlacht bei Pultāwa,~ welche Schwedens Übermacht mit einem Schlage
+vernichtet. Das schwedische Heer völlig aufgelöst und größtenteils
+gefangen. Karl flüchtet zu den Türken.
+
+[1709–1714.]
+
+Karl XII. +in der Türkei+ (Lager bei +Bendēr+), sucht die Pforte zum
+Kriege gegen Rußland zu bewegen. Dies gelingt endlich 1711. Peter,
+verbündet mit dem +Fürsten der Moldau,+ geht über den Dnjestr, wird am
++Pruth+ eingeschlossen, erkauft von den Türken durch Bestechung des
+Großwesirs (auf Rat seiner Gemahlin +Katharina+) den
+
+[~1711.~]
+
+~Frieden am Pruth~: 1. +Asow+ an die Pforte zurückgegeben (S. 266) 2.
+Dem Könige von Schweden freie Rückkehr in seine Staaten zugesichert.
+
+Karl XII., über diesen Frieden entrüstet, verweigert starrsinnig die
+Abreise, wird 1713 von den Türken in seinem Lager bei +Bender+ gefangen
+genommen und nach +Demotika+ (bei Adrianopel) gebracht. Währenddessen
+nutzen seine Feinde die Zeit aus. August II. vertreibt den König
+Stanislaus aus Polen; die Dänen suchen (allerdings vergeblich) die
+südlichen Provinzen Schwedens zu erobern. +Peter der Große+ nimmt
++Livland, Estland, Ingermanland, Karelien, Finnland+ vollständig in
+Besitz.
+
+Im +Haager Konzert+ (1710) war, um den Krieg von Deutschlands Grenzen
+fern zu halten, die Neutralität aller +deutsch-schwedischen+ Provinzen,
+sowie +Schleswigs+ und +Jütlands+ festgesetzt worden. Da aber Karl
+XII. gegen diesen Vertrag von der Türkei aus protestiert, so nehmen
+die Dänen dem Herzog von Holstein-Gottorp +Schleswig+ weg und erobern
+die seit 1648 (S. 260) schwedischen Herzogtümer +Bremen+ und +Verden+
+(1712), welche dann gegen eine Geldzahlung dem Kurfürsten von Hannover
+überlassen werden.
+
+[1712. Dez.]
+
+Der schwedische General +Stenbock+ besiegt die Dänen bei +Gadebusch+
+(in Mecklenburg), rückt dann nach Holstein vor, verbrennt +Altona+,
+wird aber (Febr. 1713) von Dänen und Russen bei +Tönning+ a. d. Eider
+gefangen.
+
+[1713.]
+
+König +Friedrich Wilhelm I.+ von ~Preußen~ (S. 279) schließt sich
+den Feinden Schwedens an und besetzt +Stettin+ nach Abschluß eines
+Vertrages mit dem russischen General Menschikow, wonach Stettin und
+Vorpommern gegen Zahlung von 400000 Talern vorläufig von Preußen
+beschlagnahmt (sequestriert) werden.
+
+[1714.]
+
+Karl XII. kehrt endlich in seine Staaten zurück. Abenteuerlicher Ritt
+durch Ungarn und Deutschland über Wien, Nürnberg, Braunschweig nach
++Stralsund+.
+
+[1715.]
+
+Belagerung von +Stralsund+ durch preußische, dänische und sächsische
+Truppen. Der preußische Feldmarschall Fürst Leopold von Dessau erobert
+die Insel +Rügen+.
+
+Karl XII. gibt Stralsund auf und kehrt nach Schweden zurück.
+
+[~1716–1717.~]
+
+Peters d. Gr. +zweite Reise+ (vgl. S. 269) nach Deutschland, Dänemark,
+Holland, Frankreich.
+
+Karl XII. unterhandelt mit Peter d. Gr. durch den Freiherrn +von
+Görz+, der trotz des Hasses der schwedischen Großen auch an die Spitze
+der inneren Verwaltung Schwedens gestellt wird. Vor Abschluß der
+Verhandlungen, die ihm Aussicht auf russische Hilfe geben, beginnt Karl
+einen neuen Krieg gegen +Dänemark+, indem er in +Norwegen+ einfällt,
+wird aber bei der
+
+[~1718.~]
+
+Belagerung von +Frederikshall+ durch eine Kugel getötet. Ende des
+Hauses Pfalz-Zweibrücken (seit 1654) in Schweden.
+
+Der schwedische Reichsrat, schon lange mit Karls Regierung unzufrieden,
+beruft nicht den Sohn seiner älteren Schwester, Karl Friedrich von
++Holstein-Gottorp+ (S. 293), zur Regierung, sondern die jüngere
+Schwester Ulrike Eleonore und deren Gemahl, Prinz +Friedrich+ von
++Hessen-Kassel+ (1720–1751).
+
++Görz+ wird verurteilt und hingerichtet (1719). Das Königtum wird
+gänzlich abhängig von dem Reichsrat, dessen nächste Sorge auf
+Herstellung des Friedens gerichtet ist.
+
+Den Nordischen Krieg beenden die Friedensschlüsse zu ~Stockholm
+1719~ mit +Hannover+, welches +Bremen+ und +Verden+ behält und an
+Schweden 1 Mill. Taler zahlt; ~1720~ mit +Preußen,+ welches +Stettin+,
++Vorpommern bis an die Peene+, die Inseln +Usedom+ und +Wollin+ erhält
+und 3 Mill. Taler zahlt; zu ~Friedrichsburg~ auf Seeland ~1720~ mit
++Dänemark+, welches alle Eroberungen zurückgibt. Dafür zahlt Schweden
+600000 Taler, entsagt der Zollfreiheit im Sunde (s. S. 250) und gibt
+den Herzog von Holstein-Gottorp preis, dem Dänemark seinen Anteil an
++Schleswig+ nimmt. Mit +Polen+ bleibt es bei dem 1719 geschlossenen
+Waffenstillstand. +August der Starke+ als König anerkannt. Stanislaus
+Lescynski führt den Königstitel weiter und erhält 1 Mill. Taler (S.
+279).
+
+[~1721.~]
+
+Friede zu ~Nystadt~ zwischen +Schweden+ und +Rußland+: 1. Schweden
+tritt an Rußland ab: +Livland,+ +Estland,+ +Ingermanland,+ +Karelien+
+und die dazu gehörigen Inseln (+Ösel,+ +Dagö+ u. a.). 2. Rußland gibt
++Finnland+ zurück und zahlt 2 Mill. Taler.
+
+Schweden, seiner früheren Machtstellung beraubt, behält doch noch
+deutsche Gebiete: +Wismar+, welches erst 1803 durch Verpfändung (1903
+endgültig) an Mecklenburg kommt, und +Vorpommern+ nördlich der Peene
+mit +Rügen+ (1815 an Preußen). Karl Friedrich von Holstein-Gottorp geht
+nach Rußland, vermählt sich mit +Anna+, Tochter Peters d. Gr. Sein Sohn
+ist der Zar Peter III., 1728 in Kiel geboren, Stammvater des russischen
+Kaiserhauses (S. 293).
+
+~Rußland~ hat sich an Schwedens Stelle zur ~europäischen Großmacht~
+erhoben und nach langem Ringen die Ostsee erreicht. Peters d. Gr.
+innere Regierung ist auf Förderung von Handel und Gewerbe, Bergwesen
+und Forstkultur, Volksbildung, Ordnung der Verwaltung gerichtet.
+Dem Erbadel setzt er einen +Amtsadel+ zur Seite; 14 Rangstufen der
+Offiziere und Beamten (Tschin), die oberen adlig. Oberste Behörde
+der +Senat+, 1711 an Stelle des früheren Rats der Bojaren errichtet;
+zur Leitung der Kirche der +Heilige Synod+ 1721 errichtet, dessen
+Mitglieder der Zar ernennt. Die Zahl der Klöster eingeschränkt. Mönche
+und Nonnen zu nützlicher Tätigkeit angehalten.
+
+Peters d. Gr. letzte Kriegstat ist eine Heerfahrt gegen +Persien+
+und die Eroberung von +Derbent+ (am Kaspischen Meere) 1722; doch
+wird dieser Küstenstrich 1732 an Persien zurückgegeben. Die
+Küstenlandschaften am Schwarzen Meere sind noch ganz im Besitz der
++Türken+; den Grenzschutz leistet das Reitervolk der +Kosaken+ in der
+Ukraine.
+
+
+§ 7. Deutschland.
+
+Das +Deutsche Reich+ vermag in den europäischen Kriegen das Eindringen
+fremder Truppen nicht abzuwehren, ist aber selbst nicht Gegenstand des
+Angriffs. Die letzten habsburgischen Kaiser (S. 272) sind nur auf ihre
+Hausmacht bedacht; Ausbildung der +österreichischen Monarchie+.
+
+[~1711–1740.~]
+
+Kaiser ~Karl VI.~ erwirbt 1714 die spanischen Nebenländer (S. 274).
+Im Bunde mit Venedig 1715–1718 glücklicher +Türkenkrieg+. Prinz Eugen
+siegt 1716 bei +Peterwardein+, 1717 bei +Belgrad+. Der Besitz dieser
+Stadt und eines Teils von Serbien samt der Kleinen Walachei und dem
+Banat von Temesvar im Frieden zu +Passarowitz+ 1718 bestätigt. Venedig
+behält Korfu und die eroberten Plätze in Dalmatien und Albanien,
+verliert Morea (S. 304).
+
+[1720.]
+
+Ein Versuch Philipps V. von +Spanien+, die verlorenen Nebenländer
+(S. 274) wiederzugewinnen, wird durch die 1718 geschlossene
++Quadrupelallianz+ (England, Frankreich, Österreich, Holland)
+vereitelt. Der Herzog von Savoyen muß +Sicilien+ (S. 274) an
++Österreich+ überlassen, erhält dafür +Sardinien+ und nimmt den Titel
++König von Sardinien+ an.
+
+Kaiser Karl VI., ohne männliche Nachkommen, setzt eine Erbfolgeordnung
+fest unter dem Titel ~Pragmatische Sanktion~, welche 1. die
+Unteilbarkeit der zur österreichischen Monarchie gehörigen Länder
+anordnet, 2. dieselben in Ermangelung männlicher Nachkommen auf Karls
+Töchter (die älteste ~Maria Theresia~) und deren Nachkommen nach dem
+Erstgeburtsrecht vererbt, 3. im Fall des Aussterbens dieser Linie die
+Töchter +Josephs I.+ (vermählt mit Friedrich August II. von Sachsen (in
+Polen August III.) und Kurfürst Karl Albert von Bayern, S. 282) und
+deren Nachkommen zu Erben einsetzt.
+
+[1725.]
+
+Bündnis zwischen +Österreich+ und +Spanien+ zum Schutz der
+Pragmatischen Sanktion; Gegenbündnis (zu Herrenhausen bei Hannover)
+zwischen +England+, +Frankreich+ und +Preußen+. Doch tritt Preußen
+bald wieder auf die Seite Karls VI., der 1728 in dem Berliner Vertrag
+verspricht, nach dem Aussterben des Pfalz-Neuburger Hauses Preußen zum
+Besitz des Herzogtums Berg (S. 252) zu verhelfen. (In einem geheimen
+Vertrage versprach Karl VI. 1739 die Erbnachfolge in Jülich und Berg
+der Linie Pfalz-Sulzbach, aus der auch Karl Theodor 1743 das Erbe
+antrat.) Auch England erkennt 1731 die Pragmatische Sanktion an.
+
+[~1733–1735.~]
+
+~Polnischer Thronfolgekrieg.~
+
+Von Frankreich geleitet, wählt nach dem Tode Augusts II. von Sachsen
+1733 die Mehrheit des polnischen Adels den König ~Stanislaus
+Lesczinski~, welcher Schwiegervater +Ludwigs XV.+ geworden war, zum
+zweiten Male (S. 277). +Rußland+ und +Österreich+ lassen von einer
+Minderheit den Kurfürsten von Sachsen (Augusts II. Sohn) als ~August
+III.~ wählen und halten die Wahl in Polen mit ihren Truppen aufrecht.
+Dagegen treten +Frankreich+, +Spanien+ und +Sardinien+ für Stanislaus
+mit den Waffen ein.
+
+Hauptschauplatz des Krieges +Italien+, wo +Mailand+, +Neapel+ und
++Sicilien+ erobert werden, die Österreicher also alles bis auf +Mantua+
+verlieren. Am +Oberrhein+ kämpft der alte +Prinz Eugen+ († 1736) ohne
+Glück, nur Herzog +Franz Stephan+ von Lothringen, der spätere Gemahl
+Maria Theresias, hält die Ehre der kaiserlichen Waffen aufrecht.
++Lothringen+ von den Franzosen besetzt. Friedenspräliminarien 1735 und
+nach weiteren Unterhandlungen
+
+[~1738.~]
+
+~Friede zu Wien~: 1. +Stanislaus Lesczinski+ verzichtet zum zweiten
+Mal auf den polnischen Thron, erhält als Entschädigung die Herzogtümer
+~Lothringen~ und ~Bar~, welche ~nach seinem Tode Frankreich zufallen~
+(Stanislaus † 1766). 2. Der Herzog von Lothringen +Franz Stephan+,
+Gemahl der Maria Theresia, wird durch das Großherzogtum ~Toskana~
+entschädigt, wo 1737 das Haus +Medici+ (S. 240) ausgestorben war. 3.
+Österreich überläßt ~Neapel~ und ~Sicilien~ als eine +Sekundogenitur+
+(so daß dieses Königreich nicht mit der Krone Spanien vereinigt werden
+darf) an die spanische Linie des Hauses +Bourbon+; es erhält dafür
++Parma+ und +Piacenza+ (nach dem Aussterben der +Farnese+ (S. 239) 1731
+durch Erbschaft an Spanien gekommen). 4. Frankreich garantiert die
+Pragmatische Sanktion.
+
+[1736–1739.]
+
+Unglücklicher ~Türkenkrieg~ Österreichs (im Bunde mit Rußland, s. S.
+295); ~Friede zu Belgrad~: +Orsowa+, +Belgrad+, +Serbien+ und die
+Kleine +Walachei+ den Türken zurückgegeben (S. 278). Temesvar bleibt
+bei Österreich.
+
+[~1713–1740.~]
+
+~Friedrich Wilhelm I., König von Preußen~, Sohn Friedrichs I. (S. 267)
+erschließt durch gute Verwaltung und soldatische Zucht die natürlichen
+Hilfsquellen des Landes und hebt dessen Ertragsfähigkeit (s. +Anhang+).
+Bei nur 2½ Mill. Einwohnern hinterläßt er ein vorzügliches Heer von
+83000 Mann (+Fürst Leopold von Anhalt-Dessau+) und einen Staatsschatz
+von 10 Mill. Talern. +Seine Regierung bereitet die künftige Größe
+Preußens vor.+
+
+[~1740–1786.~]
+
+~Friedrich II., der Große,~[50]
+
+vereint die strenge Staatsordnung mit vielseitigen Kulturbestrebungen
+(S. Anhang): »Der König ist der erste Diener seines Staates« (Schrift
++Anti-Macchiavell+). Kluge Fürsorge für sein Land und Heer, hohe
+Feldherrnbegabung und politisches Talent wirken zusammen zu großen
+Erfolgen.
+
+[~1740.~ Okt.]
+
+Mit dem Tode ~Karls VI. erlischt der Mannesstamm~ des Hauses
+~Habsburg~. (Stammtafel S. 282). Die deutsche +Kaiser+würde bleibt
+erledigt bis 1742.
+
+[~1740–1780.~]
+
+~Maria Theresia~, Königin von Böhmen und Ungarn, Erzherzogin von
+Österreich, geb. 1717, vermählt 1736 mit +Franz Stephan+ aus dem Hause
+~Lothringen~, seit 1738 Großherzog von Toskana (Mitregent).
+
+[~1740–1748.~]
+
+~Österreichischer Erbfolgekrieg.~ Auf das habsburgische Erbe erhebt
+Anspruch Kurfürst +Karl Albert von Bayern+, der die Pragmatische
+Sanktion nicht anerkannt hatte, als Nachkomme einer Tochter Kaiser
+Ferdinands I. auf Grund eines Testaments von 1547. Er wird unterstützt
+von +Frankreich+, welches auch Philipp V. von Spanien und Friedrich
+August II. von Sachsen (Gemahl der ältesten Tochter Josephs I., S. 278,
+282) veranlaßt, Ansprüche zu erheben.
+
+Friedrich II. von Preußen erbietet sich, gegen Anerkennung seiner
+Ansprüche auf Teile Schlesiens +für+ Österreich zu kämpfen; durch
+die Zurückweisung seines Anerbietens entsteht noch vor Eröffnung der
+Feindseligkeiten durch die übrigen Prätendenten der
+
+[~1740–1742.~]
+
+~Erste Schlesische Krieg.~
+
++Preußische Ansprüche+ auf Teile Schlesiens: 1. Das Fürstentum
++Jägerndorf+ war 1523 von der Ansbacher Linie des Hauses Hohenzollern
+erworben, später (1596) mit Brandenburg vereinigt, aber Fürst +Johann
+Georg+ wurde 1621 als Anhänger +Friedrichs V.+ von der Pfalz von
+Kaiser Ferdinand II. in die Acht erklärt und vertrieben (S. 253 f.).
+2. Mit dem Herzog von +Liegnitz+, +Brieg+ und +Wohlau+ hatte Kurfürst
++Joachim II.+ ~1537~ eine Erbverbrüderung geschlossen, der jedoch
+Ferdinand I. als König von Böhmen und Oberlehnsherr widersprochen
+hatte. Nach dem Aussterben des herzoglichen Hauses der Piasten 1675
+setzte sich Österreich in den Besitz ihrer Länder. 1686 entsagte
+Kurfürst +Friedrich Wilhelm+ den schlesischen Herzogtümern gegen
+Abtretung des +Schwiebuser+ Kreises und Erteilung einer Anwartschaft
+auf +Ostfriesland+. Der Schwiebuser Kreis ward aber Österreich in einem
++geheimen Vertrag mit dem Kurprinzen+ wieder zugesichert und von diesem
+(als Kurfürst Friedrich III.) 1695 wieder zurückgegeben.
+
+[1740. (Dez.)]
+
+Friedrich besetzt einen großen Teil Schlesiens.
+
+[~1741.~]
+
+Einzug Friedrichs in +Breslau+ (3. Jan.), Erstürmung der Festung
++Glogau+ (9. März, Erbprinz Leopold von Dessau). Sieg bei ~Mollwitz~
+(10. April, Feldmarschall +Schwerin+) über ein österreichisches Heer
+unter Neipperg, welches aber ungehindert aus Schlesien abzieht. Bündnis
+mit +Frankreich+ (5. Juni).
+
++Franzosen+ und +Bayern+ rücken in Österreich ein und besetzen
++Linz+ (15. Sept.); Maria Theresia ruft in +Preßburg+ die Hilfe des
+ungarischen Adels an und läßt durch Neipperg zu +Klein-Schnellendorf+
+einen Waffenstillstand mit Preußen schließen (9. Okt.), indem sie
+Niederschlesien aufgibt. Die Franzosen, Bayern und Sachsen erobern
++Prag+ (16. Nov.); Karl Albert läßt sich als König von Böhmen huldigen,
+wird bald darauf in Frankfurt als
+
+[~1742–1745.~]
+
+~Karl VII.~ zum deutschen Kaiser gewählt.
+
+[~1742.~]
+
+Die Österreicher rücken in +Bayern+, die Preußen in +Mähren+ ein.
+Friedrichs Sieg bei ~Chotusitz und Czaslau~ (17. Mai) führt zu dem
+
+~Frieden zu Breslau~: Österreich tritt an Preußen +Ober-+ und
++Niederschlesien+ und die +Grafschaft Glatz+ ab, es behält nur die
+Fürstentümer +Teschen+, +Troppau+ und (zum Teil) +Jägerndorf+.
+
+Österreich führt nun den Krieg gegen Frankreich und Bayern mit mehr
+Glück; die Franzosen räumen +Prag+ (Dez. 1742), Karl VII. muß aus
+München entfliehen (Juni 1743). Ein neues französisches Heer wird
+von König Georg II. von England (1727–1760), der als Bundesgenosse
+Österreichs die sog. +Pragmatische Armee+ (Engländer, Hannoveraner,
+Hessen) heranführt, besiegt in der
+
+[~1743.~]
+
+~Schlacht bei Dettingen~ (am Main unweit Aschaffenburg). Kaiser Karl
+VII. lebt als Flüchtling in Frankfurt.
+
+ Deutsche Linie des Hauses Habsburg.
+
+ Ferdinand I. (1556–1564).
+ __________________|________________________________________
+ Maximilian II. (1564–1576). Ferdinand v. Tirol. Karl von Steiermark.
+ __________________|____________________________ |
+ Rudolf II. Matthias Maximilian. Albrecht, Ferdinand II.
+ (1576–1612). (1612–1619). Statth. (1619–1637).
+ d. span. |
+ Niederlande, Ferdinand III.
+ 1595–1621. (1637–1657).
+ |
+ Leopold I.
+ (1658–1705).
+ ___________________________________________________|___________________
+ Maria Antonie, Joseph I. (1705–1711). Karl VI. (1711–1740).
+ Gem. Max Em. | |
+ v. Bayern. | |
+ | _______|________ |
+ Joseph Ferdinand, Maria Josepha, Maria Amalia, Maria Theresia
+ Kurpr. v. Bayern Gem. August III. Gem. Karl Albert (1740–1780).
+ (†1699). v. Sachsen-Polen, v. Bayern
+ (Kais. Karl VII.).
+
+
+ Haus Lothringen.
+
+ Franz I., Großhzg. v. Toskana 1738, deutscher Kaiser 1745–1765.
+ Gem. Maria Theresia, Tochter Karls VI, des letzten Habsburgers.
+ _______________________|_______________________
+ Joseph II., Leopold II., Ferdinand,
+ 1765–1790. Großhzg. v. Toskana Gem. d. Erbin v.
+ seit 1765, deutscher Modena.
+ Kaiser 1790–1792. _______________________
+ __________________|_____________________________________________ |
+ Franz II (I.), Ferdinand, Karl, Joseph, Johann, Rainer, Ludwig, |
+ deutscher Kaiser Grhzg. v. †1847. †1847. Reichs- †1853. †1864. Franz IV.,
+ 1792–1806, Toskana, | verweser Herzog v.
+ Kaiser v. †1824. Albrecht, 1848–1849, Modena.
+ Österreich | †1895. †1859. |
+ 1804–1835. Leopold II., Grhzg. v. Toskana. Franz V. Ferdinand,
+ _______|_________________________________ | 1859 vertrieben,
+ Marie Luise, Ferdinand I., Franz Karl Ferdinand IV., †1875.
+ Gem. 1835–1848, †1875. Gem. Sophie letzter Grhz.
+ Napoleons I., v. Bayern. v. Toskana.
+ Hzgn. v. Parma, | †1908.
+ †1847. |
+ |
+ ____________________________________|_________________________
+ Franz Joseph I., Ferdinand Karl Ludwig, †1896. Ludwig.
+ Gem. Elisabeth Maximilian, ___|______________________________
+ v. Bayern, Ks. v. Mexiko, Franz Ferdinand, Otto, †1906. Ferdinand.
+ †1898. †1867. (Thronfolger). |
+ ____|___________________ Gem. Sophie, _____|__________
+ Gisela, Rudolf, Valerie, Hzgn. v. Karl Franz Maximilian
+ Gem. †1889. Gem. Franz Hohenberg. Joseph, Eugen Ludwig.
+ Leopold Salvator, präsumpt
+ von Bayern. Neffe Ferdinands IV. Thronerbe.
+ Gem. Zita v.
+ Bourbon-Parma.
+
+ Haus Hohenzollern.
+
+ ~Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst~ (1640–1688)
+ Gem. Luise Henriette von Oranien †1667.
+ ~Friedrich III. (I.)~ 1688 (1701)–1713.
+ ~Friedrich Wilhelm I.,~ 1713–1740.
+ ___________|_____________________________
+ | | | |
+ Friedrich II., August Wilhelm, Heinrich, Ferdinand,
+ d. Große, †1758. †1802. †1813.
+ 1740–1786. | ____|_______
+ | | |
+ ~Friedrich Wilhelm II.~, Louis Ferdinand, August,
+ 1786–1797. †1806. †1843.
+ _________________|_____________________________________________________
+ | | | | | |
+ ~Friedrich Wilhelm III.,~ Ludwig, Wilhelmine, Auguste, Heinrich, Wilhelm,
+ 1797–1840. †1796. Königin d. Kurfürstin †1846. †1851.
+ Gem. Luise v. Mecklenburg, Niederl. v. Hessen, |
+ †1810. †1837. †1841. _____________|__
+ | | | |
+ | Adalbert, Waldemar, Maria,
+ | †1873. †1849. †1889.
+ | Gem. Max. II.,
+ | K. v. Bayern.
+ _________|______________________________________________________...
+ | | | |
+ ~Friedrich~ ~Wilhelm I.,~ Charlotte, Karl.
+ ~Wilhelm IV.,~ 1861–1888, †1860, †1883.
+ 1840–1861. 1871 ~deutsch.~ Gem. Nikolaus I., Gem. Maria
+ Gem. Elisabeth ~Kaiser,~ Ks. v. Russland. v. S.-Weimar.
+ v. Bayern. Gem. Augusta |
+ v. Sachs.-Weimar, |
+ †1890. |
+ _______________|_____ Friedrich Karl,
+ | | †1885.
+ ~Friedrich III.,~ Luise, ___________|_______
+ †1888, Gem. Grhz. | |
+ als Kronprinz v. Baden, Luise Margarete, Friedr. Leopold,
+ Friedrich Wilhelm. †1907. Gem. Artur. Gem. Luise Sophie
+ Gem. Viktoria, Hz. v. Connaught. v. Holst-Augustenb.
+ Princess Royal
+ v. England,
+ †1901.
+ _______________________________________________________________________
+ ~Wilhelm II.,~ Charlotte, Heinrich, Viktoria, Sophie, Margarete,
+ seit 1888. Gem. Erbprinz Gem. Irene Gem. Prinz Gem. Gem. Prinz
+ Gem. Auguste Viktoria v. Meiningen. v. Hessen, Adolf v. Kronprinz Karl v.
+ v. Holstein- _________| Schbg. v. Hessen.
+ Augustenburg. ______|_______ -Lippe. Griechenland.
+ | | |
+ | ~Waldemar.~ Sigismund.
+ ___|___________________________________________________________________
+ | | | | | | |
+ Wilhelm, Eitel Adalbert. August Wilhelm. Oskar. Joachim. Viktoria
+ Gem. Cecilie Friedrich, Gem. Alexandra Luise.
+ V. Mecklenburg. Gem. Sophie v. Schl.-Holstein.
+ | Charlotte
+ | v. Oldenburg.
+ _____|___________________________________________
+ | | | |
+ Wilhelm. Louis Ferdinand. Hubertus Karl. Friedrich
+
+
+ ~Friedrich Wilhelm III.,~
+ 1797–1840.
+ Gem. Luise v. Mecklenburg,
+ †1810.
+ ...__|_________________________________________
+ | | |
+ Alexandrine, Luise, Albrecht,
+ †1892. †1870. †1872.
+ Gem. Grh. Paul Gem. Friedrich, Gem. Marianne,
+ Friedr.v.Meckl. Prz. d. Niederl. Przin. d. Niederl.
+ |
+ Albrecht,
+ Regent v. Braunschw.
+ †1906.
+ |
+ Friedr. Heinr.
+ Joachim Albrecht.
+ Friedrich Wilhelm.
+ Gem. Agathe
+ v. Ratibor
+ u. Corvey.
+
+Diese Erfolge Österreichs und dessen Verträge mit +Sardinien+ und
++Sachsen+ gegen Preußen machen den König Friedrich für seine neue
+Erwerbung besorgt. Er schließt abermals ein Bündnis mit +Frankreich+
+und +Karl VII.+ und beginnt, nachdem er (1744) +Ostfriesland+ nach dem
+Aussterben des Fürstenhauses der Cirksena mit seinem Staate vereinigt
+hat (S. 281), den
+
+[~1744–1745.~]
+
+~Zweiten Schlesischen Krieg.~
+
+Mit 80 000 Mann »kaiserlicher Hilfstruppen« rückt der König durch
+Sachsen in Böhmen ein, erobert +Prag+, wird aber bald darauf infolge
+des Rückzuges der Franzosen, die ihn ohne Beistand lassen, nach
+Schlesien zurückgedrängt (1744).
+
+[~1745.~]
+
+Nach Karls VII. Tode in München entsagt sein Sohn +Max Joseph+
+(1745–1777) im ~Frieden zu Füßen~ allen Erbansprüchen auf Österreich
+und verspricht dem Gemahl der Maria Theresia, +Franz Stephan+, seine
+Stimme bei der Kaiserwahl.
+
+Die Franzosen unter dem Marschall +Moritz von Sachsen+, einem Sohne
+Augusts II. und der Gräfin Aurora Königsmark, dringen nach dem Siege
+bei +Fontenoy+ in die +österreichischen Niederlande+ ein und erobern
+Brüssel.
+
+[~1745.~]
+
+Friedrichs Siege bei ~Hohenfriedeberg~ (in Schlesien, 4. Juni, über
+Herzog Karl von Lothringen, Bruder Franz Stephans) und bei ~Soor~ (im
+nordöstl. Böhmen, 30. Sept.) beweisen aufs neue die Überlegenheit
+der preußischen Waffen. Nach einem dritten Siege, den der alte
+Feldmarschall +Leopold von Dessau+ († 1747) bei ~Kesselsdorf~ (unweit
+Dresden, 15. Dez.) über die Sachsen davonträgt, folgt der
+
+~Friede zu Dresden~: Bestätigung des Besitzes von +Schlesien+;
+Friedrich erkennt den Gemahl Maria Theresias als Kaiser an.
+
+[~1745–1765.~]
+
+~Franz I.~ deutscher Kaiser ~(Haus Lothringen- Toskana~ 1745–1806).
+
++Beendigung des Österreichischen Erbfolgekriegs+: Nachdem die besten
+englischen Truppen nach England gegen den von Frankreich unterstützten
+Prätendenten +Karl Eduard+ (S. 299) abberufen sind, vollendet der
+Marschall Moritz von Sachsen durch den Sieg bei ~Raucoux~ 1746 die
+Eroberung der österreichischen Niederlande. Maria Theresia schließt
+ein Bündnis mit Elisabeth von +Rußland+ (S. 295), die 1748 Truppen
+nach Deutschland sendet. Frankreichs Verluste in dem gleichzeitigen
++Seekriege+ mit England (S. 299f.) dämpfen die Kriegslust der Franzosen.
+
+[~1748.~]
+
+~Friede zu Aachen~: 1. Österreich tritt +Parma+ und +Piacenza+ an
+den spanischen Infanten +Don Philipp+ ab (zweite Sekundogenitur
+der +spanischen+ Bourbons in Italien, S. 279). 2. Gewährleistung
++Schlesiens+ für +Preußen+, der +Pragmatischen Sanktion+ für
++Österreich+, der +britischen Thronfolge+ für das Haus +Hannover+ (S.
+272).
+
+Veränderung des europäischen Staatensystems durch den Eintritt Preußens
+in die Reihe der Hauptmächte. ~Friedrichs d. Gr. Friedensregierung~
+(s. +Anhang+) wird ein Vorbild für andere Staaten. -- In +Sanssouci+
+(1745–1747 erbaut) lebt 1750–1763 +Voltaire+; auch die Gelehrten
+Maupertuis, d’Argens, La Mettrie und Algarotti werden herangezogen.
+
+In ~Österreich~ durch Maria Theresia Abstellung vieler Mißstände,
+Hebung der Finanzen, Bildung eines tüchtigen Heeres (Daun). Sparsame
+Hofhaltung. Sorge für Handel, Industrie und Ackerbau. Erleichterung der
+Leibeigenschaft. Gründung der Volksschule. Abschaffung der Folter.
+
+In ~Dresden~ glänzende Hofhaltung Augusts des Starken († 1733) und
+Augusts III. († 1763). Italienische Oper, Gründung der Gemälde-Gallerie
+1746. Minister Graf +Brühl+ († 1763).
+
+Aufblühen der ~deutschen Literatur~: Albrecht von +Haller+ in Bern,
+dann in Göttingen (Universität gegr. 1737; † 1777 in Bern). Fr. von
++Hagedorn+ in Hamburg († 1754), +Gottsched+ († 1766) und +Gellert+
+(† 1769) in Leipzig; +Gleim+ in Halberstadt († 1803), +Ramler+ (†
+1798) und Ewald von +Kleist+ in Berlin († 1759 in Frankfurt a.
+O.). +Klopstock+ geb. 1724 zu Quedlinburg (1748 der Messias), 1751
+in Kopenhagen († 1803 in Hamburg). +Lessing+ geb. 1729 zu Kamenz
+(Oberlausitz), 1751 in Berlin († 1781 in Braunschweig).
+
+[~1756–1763.~]
+
+~Siebenjähriger (Dritter Schlesischer) Krieg.~
+
+Maria Theresia, seit 1746 mit +Rußland+ verbündet, sucht auch
+Frankreich zu gewinnen. Fürst +Kaunitz+ (1740–1753 österreichischer
+Gesandter in Paris, dann Reichskanzler in Wien) bewirkt eine
+Aussöhnung der Jahrhunderte lang feindseligen (S. 206) Kabinette
+von Wien und Versailles; die +Marquise von Pompadour+ begünstigt
+das Bündnis. +England+, 1750 dem österreichisch-russischen Bündnis
+angeschlossen, tritt 1755 mit Rußland in besonderen Bund, aber erneute
+Feindseligkeiten Frankreichs wegen der Besitzungen in Nordamerika
+veranlassen Georg II., im Jan. 1756 den Vertrag von +Westminster+ mit
++Preußen+ abzuschließen. Beide Mächte garantieren sich ihren Besitz.
+Für den Fall eines Krieges verspricht England Hilfsgelder. Darauf
+Bündnis zwischen +Frankreich+ (Ludwig XV. 1715–1774) und +Österreich+
+(Mai 1756).
+
+Friedrich d. Gr., von den Plänen seiner Feinde unterrichtet,
+entschließt sich ihnen zuvorkommen und eröffnet den Krieg, ehe die
+Rüstungen der Gegner beendet sind.
+
+[~1756.~]
+
+(29. Aug.) Einfall +Friedrichs+ in Sachsen mit 67000 Mann. Dresden
+besetzt, das sächsische Heer bei +Pirna+ eingeschlossen. Friedrich
+zieht mit 24000 Mann den +Österreichern+ entgegen und gewinnt den
+
+[1. Okt.]
+
+~Sieg bei Lobositz~ (in Böhmen).
+
+[16. Okt.]
+
+17000 Sachsen ergeben sich als Kriegsgefangene und werden zum Dienst im
+preußischen Heere gezwungen. Kurfürst Friedrich August II. verläßt die
+Festung Königstein und entflieht nach Warschau (S. 279).
+
+[~1757.~]
+
+Erklärung des +Reichskrieges+ an Preußen; doch bleiben Hannover,
+Hessen, Braunschweig, Sachsen-Gotha mit Preußen verbunden. +Österreich+
+und +Rußland+ (Elisabeth, Tochter Peters d. Gr. 1741–1762) schließen
+einen. Angriffs- und Teilungsvertrag gegen Preußen (Febr.), ebenso
++Österreich+ und +Frankreich+ (Mai). König Adolf Friedrich von
++Schweden+ (1751–1771, S. 294) tritt gegen das Versprechen, Pommern
+zu bekommen, dem Bunde gegen seinen Schwager Friedrich bei; seine
+Teilnahme am Kriege ist jedoch unbedeutend. Bündnis zwischen +Preußen+
+und +England+; letzteres verpflichtet sich 1758 zur Zahlung von
+Hilfsgeldern (4 Millionen Taler jährlich).
+
+[April.]
+
+Die Preußen rücken in vier Heeresabteilungen (über Trautenau,
+Reichenberg, Nollendorf, Komotau, zusammen 117000 Mann) in Böhmen ein.
+
+[6. Mai.]
+
+~Sieg Friedrichs bei Prag~ über die Österreicher (Herzog Karl von
+Lothringen und Browne). ~Schwerin †.~
+
+Friedrich belagert +Prag+, greift mit einem Teil seines Heeres den zum
+Einsatz anrückenden +Daun+ an, erleidet aber eine bedeutende
+
+[18. Juni.]
+
+~Niederlage bei Kolin.~ Prag und ganz Böhmen aufgegeben, Rückzug nach
+der Lausitz. Die Franzosen dringen bis zur Weser vor.
+
+[26. Juli.]
+
+~Schlacht bei Hastenbeck~, Sieg der +Franzosen+ über Friedrichs
+Verbündete (unter dem +Herzog von Cumberland+, zweitem Sohne König
+Georgs II.).
+
+Die Russen (+Apraxin+) greifen in Ostpreußen den Feldmarschall Lehwaldt
+mit überlegener Macht an und siegen (30. Aug.) bei ~Großjägersdorf~,
+gehen aber wegen Verpflegungssorgen und Krankheit der Kaiserin
+Elisabeth nach der preußisch-polnischen Grenze zurück.
+
+Friedrich läßt die größere Hälfte seines Heeres (unter dem Herzog von
++Braunschweig-Bevern+ und General +v. Winterfeld+) in der Lausitz
+zurück und zieht mit 25000 Mann nach Thüringen. Winterfeld † im Gefecht
+bei +Moys+ (unweit Görlitz, 7. Sept.).
+
+[8. Sept.]
+
+Vertrag zu ~Kloster Zeven~ (Herzog von +Cumberland+ und +Richelieu+),
+wonach die Franzosen +Hannover+ besetzen. Ein +zweites+ französisches
+Heer unter +Soubise+ vereinigt sich mit dem +Reichsheere+, um Sachsen
+zu befreien. Friedrich zieht diesen Feinden entgegen; General +v.
+Seydlitz+ mit der Vorhut vertreibt sie (19. Sept.) aus +Gotha+.
+
+[5. Nov.]
+
+~Sieg Friedrichs bei Roßbach~ (westlich von der Saale, unweit
+Merseburg) mit 22000 Mann (die Reiterei unter ~Seydlitz~) über
++Soubise+ und das +Reichsheer+ (64000 Mann).
+
+Der Vertrag von Zeven wird von der englischen Regierung verworfen.
+Herzog ~Ferdinand von Braunschweig~ erhält den Oberbefehl gegen die
+Franzosen. Friedrich zieht in Eilmärschen nach Schlesien, wo die
++Österreicher+ den Herzog von +Braunschweig-Bevern+ in der
+
+[22. Nov.]
+
++Schlacht bei Breslau+ geschlagen und gefangen hatten.
+
+[5. Dez.]
+
+~Sieg Friedrichs bei Leuthen~ mit 32000 Mann über 80000 +Österreicher+
+(Karl von Lothringen und Daun). +Breslau+ wiedergewonnen.
+
+[~1758.~]
+
+Friedrich erobert Schweidnitz, dringt in +Mähren+ ein, belagert
++Olmütz+ vergeblich, muß sich, da Daun heranrückt, nach Schlesien
+zurückziehen. Im Osten Vorrücken der Russen (+Fermor+), die sich mit
+den Österreichern zu vereinigen suchen. Im Westen treibt +Ferdinand von
+Braunschweig+ die Franzosen über den Rhein zurück, schlägt sie in der
+
+[23. Juni.]
+
+~Schlacht bei Krefeld~ und verteidigt sich dann, durch englische
+Truppen (8500 Mann) verstärkt, in +Westfalen+ gegen zwei französische
+Heere.
+
+Die Russen dringen nach Eroberung Ostpreußens bis zur Oder vor und
+belagern +Küstrin+. Friedrich läßt einen Heeresteil in Sachsen unter
+seinem Bruder, dem Prinzen +Heinrich+, zurück, einen andern in
+Schlesien unter dem Feldmarschall +Keith+ und zieht gegen die Russen.
+
+[25. Aug.]
+
+~Sieg Friedrichs~ (+Seydlitz+) ~bei Zorndorf~ (unweit Küstrin) über die
+Russen (42000 Mann unter +Fermor+ gegen 36000 Preußen).
+
+Die Österreicher rücken nach der Lausitz vor; der König kommt seinem
+Bruder Heinrich zu Hilfe.
+
+[14. Okt.]
+
+~Niederlage Friedrichs bei Hochkirch~ (unweit Bautzen) durch ~Daun.~
+Dennoch behauptet er Sachsen und Schlesien und entsetzt +Neiße+.
+
+[~1759.~]
+
+Herzog +Ferdinand von Braunschweig+, von den Franzosen unter dem Herzog
+von Broglie bei +Bergen+ (unweit Frankfurt am Main) zurückgeschlagen
+(13. April), behauptet, das Wesergebiet durch seinen
+
+[1. Aug.]
+
+~Sieg bei Minden.~ Erneutes Vorrücken der Russen (+Soltykow+), sie
+schlagen den General +v. Wedell+, dem der König die Vollmacht eines
+Dictators gegeben hatte, bei ~Kay~ unweit Züllichau (23. Juli).
+Friedrich kann ihre Vereinigung mit den +Österreichern+ unter +Laudon+
+nicht hindern. Schwere
+
+[12. Aug.]
+
+~Niederlage Friedrichs bei Kunersdorf~ (bei Frankfurt a. d. Oder)
+durch die +Österreicher+ und die im Anfange bereits geschlagenen
++Russen+. Aber +Daun+ mit dem zweiten österreichischen Heere bleibt in
+der Lausitz stehen, wird von Prinz +Heinrich+ am Vorrücken gehindert.
+Friedrichs Lager bei +Fürstenwalde+. Er folgt den in der Richtung auf
++Glogau+ abziehenden Russen und wendet sich dann nach Sachsen.
+
+[4. Sept.]
+
++Dresden+ von Österreichern und Reichstruppen eingenommen. Der
+General Schmettau erhält freien Abzug. Friedrich versucht die Stadt
+wiederzugewinnen; aber das von ihm nach ~Maxen~ (unweit Pirna)
+entsandte Korps des General +Finck+ (12000 Mann) wird von Daun
+eingeschlossen
+
+[20. Nov.]
+
+und gefangen. Friedrich behauptet seine Winterquartiere in der Gegend
+zwischen Freiberg und Meißen.
+
+[~1760.~]
+
++Fouqué+ von +Laudon+ in der
+
+[23. Juni.]
+
+~Schlacht bei Landshut~ geschlagen und mit 8000 Mann gefangen. Nach
+vergeblicher Belagerung +Dresdens+ zieht der König nach Schlesien, wo
++Breslau+ vom General +v. Tauenzien+ tapfer verteidigt wird.
+
+[15. Aug.]
+
+~Sieg Friedrichs bei Liegnitz~ über die +Österreicher+ unter +Laudon+.
+Er hindert die Vereinigung der Russen mit den Österreichern.
+
+[Sept.]
+
++Kolberg+ behauptet sich gegen die belagernden Russen, wird entsetzt
+durch den raschen Zug des Generals von Werner.
+
+[Okt.]
+
+Besetzung +Berlins+ durch Russen (+Tottleben+) und Österreicher. Beim
+Heranrücken des Königs ziehen sich die Feinde zurück. Darauf blutiger
+
+[3. Nov.]
+
+~Sieg Friedrichs bei Torgau~ über die +Österreicher+ unter +Daun+.
+General +v. Zieten+ entscheidet den Sieg durch Erstürmung der Süptitzer
+Höhen.
+
+[~1761.~]
+
+Friedrich im Lager bei ~Bunzelwitz~ (bei Schweidnitz) den vereinigten
++Österreichern+ (Laudon) und +Russen+ (Buturlin) gegenüber, die
+nichts Entscheidendes gegen ihn wagen. Trennung der verbündeten
+Heere. +Schweidnitz+ wird von den Österreichern, +Kolberg+ von den
+Russen genommen. Friedrich im Lager bei +Strehlen+, um Breslau zu
+decken. In Sachsen behauptet sich Prinz Heinrich, an der Weser Herzog
+Ferdinand von Braunschweig. Bedrängte Lage Friedrichs, der infolge
+der Thronbesteigung +Georgs III.+ (1760–1820) auch die englischen
+Hilfsgelder verliert. Der
+
+[~1762.~ 5. Jan.]
+
+~Tod der Kaiserin Elisabeth~ von Rußland bringt eine günstige Wendung.
+Ihr Nachfolger +Peter III.+ (S. 277, 293), ein Verehrer Friedrichs,
+schließt mit Preußen Frieden, bald darauf ein +Bündnis+, doch wird
+dieses durch seine Entthronung und Ermordung (Juli) wieder aufgehoben.
+Seine Nachfolgerin +Katharina II.+ ruft ihre Truppen von Friedrichs
+Heer ab, doch tragen die Russen unter Czernitschew noch durch ihre
+untätige Gegenwart zu dem
+
+[21. Juli.]
+
+~Sieg Friedrichs bei Burkersdorf~ über die +Österreicher+ bei.
+Schweidnitz wiedergewonnen. Nachdem Herzog Ferdinand die Franzosen
+bei +Wilhelmsthal+ unweit Kassel (24. Juni), Prinz Heinrich die
+Österreicher und Reichstruppen bei ~Freiberg~ (29. Okt.) besiegt hat
+und General v. Kleist bis +Nürnberg+ vorgedrungen ist (29. Nov.), tritt
+Waffenruhe ein. Da England und Frankreich miteinander Frieden schließen
+und die französischen Truppen Deutschland räumen, ist auch Maria
+Theresia zum Frieden geneigt.
+
+[~1763.~ 15. Febr.]
+
+~Friede zu Hubertusburg~ (Jagdschloß unweit Grimma): Friedrich d. Gr.
+behält Schlesien, räumt den noch besetzten Teil Sachsens, verspricht
+seine Kurstimme für die Wahl des Erzherzogs +Joseph+ zum römischen
+König.
+
+~Preußen~ hat im Siebenjährigen Kriege den Kampf um sein Dasein
+ruhmvoll bestanden und Deutschland gegen die Angriffe des Auslandes
+verteidigt. Das gesunkene deutsche Nationalgefühl richtet sich wieder
+an Friedrichs Heldentum auf.
+
+Durch die Eroberung von Schlesien, die Erwerbung Westpreußens bei der
+ersten polnischen Teilung (S. 296), -- Friedrich nennt sich seitdem
+König +von+ Preußen -- und die Aufrechterhaltung des deutschen
+Reichssystems gegen die Bestrebungen Kaiser Josephs II. (S. 290f.)
+wird Preußen eine +europäische Großmacht+. Alle Welt bewunderte das
+Resultat, aber das preußische Staatswesen besaß bereits nicht mehr die
+Zuneigung der Zeitgenossen. -- Friedrichs Fürsorge für sein Land, s.
+Anhang.
+
+[~1765–1790.~]
+
+~Joseph II., deutscher Kaiser~, für die österreichischen Länder bis
+~1780~ nur +Mitregent+ seiner Mutter +Maria Theresia+ und wie sein
+Vater ohne bedeutenden Einfluß auf die innere Regierung.
+
+[1767.]
+
+Versuch einer Reform des Reichskammergerichts zu +Wetzlar+.
+
+[1769.]
+
+Zusammenkunft mit Friedrich II. in +Neiße+, der 1770 ein Gegenbesuch in
++Mährisch-Neustadt+ folgt.
+
+[~1778–1779.~]
+
+~Bayrischer Erbfolgekrieg.~ Veranlassung: Aussterben der bayrischen
+Kurlinie mit +Max Joseph+ (1777). +Karl Theodor+, 1743–1799 (S. 279),
+Kurfürst von der Pfalz und Herzog von Jülich und Berg, als Haupt der
+älteren Linie des Hauses +Wittelsbach+ (vgl. S. 186) rechtmäßiger Erbe
+der bayrischen Länder, läßt sich von Kaiser Joseph II. bewegen, alte
+Ansprüche Österreichs auf +Niederbayern+ und auf Teile der +Oberpfalz+
+anzuerkennen.
+
+Vertrag zu Wien (1778, Januar). Besetzung von Niederbayern durch
+österreichische Truppen. +Karl Theodor+ war kinderlos; mit seinem
+Erben, dem Herzog Karl von +Pfalz-Zweibrücken+, tritt Friedrich
+der Große in Verbindung und ermutigt ihn zum Widerstande gegen die
+österreichischen Ansprüche.
+
+Friedrich rückt mit Truppen in +Böhmen+ ein; es kommt zu keiner
+Schlacht.
+
+[~1779.~]
+
+~Friede zu Teschen~: Österreich behält von Bayern nur das +Innviertel+
+und willigt in die künftige (1791 erfolgte) Vereinigung der
+Markgrafschaften +Ansbach+ und +Baireuth+ mit der +preußischen
+Monarchie+. Bayern und +Pfalz+ (mit Jülich und Berg, s. S. 252, 279)
+bleiben vereinigt.
+
+[~1780–1790.~]
+
+~Joseph II.~ in Österreich. Auf die durch manche Verbesserungen der
+Verwaltung für Österreich segensreiche Regierung Maria Theresias
+(S. 285) folgt das stürmische Vorgehen Josephs. Von dem Ideal eines
+starken Einheitsstaates erfüllt, strebt er danach, die Macht der
+bevorrechtigten Stände (Geistlichkeit und Adel) zu brechen, alle
+provinzielle Selbständigkeit zu beseitigen und +Einheit+ der Verwaltung
+(Zentralisation) herzustellen. Die deutsche Sprache auch in Ungarn als
+Amtssprache eingeführt.
+
+[1781.]
+
++Toleranzedikt+ zu Gunsten der nicht katholischen Untertanen. Über
+700 +Klöster+ aufgehoben, für die noch verbleibenden (mehr als
+1300) Staatsaufsicht vorgeschrieben. Beschränkung des Verkehrs
+der Geistlichkeit mit Rom; der Besuch des jesuitischen Collegium
+germanicum in Rom verboten (Jesuitenorden 1773 durch Papst Clemens XIV.
+aufgehoben); landesherrliches +Placet+ für die päpstlichen Erlasse
+eingeführt. Vergebliche Reise des Papstes Pius VI. nach Wien 1782, um
+diese Neuerungen abzuwenden.
+
++Aufhebung der Leibeigenschaft+, doch bleiben noch manche
+Dienstverpflichtungen der Bauern bestehen. Reform des Gerichtswesens.
+
+[~1785.~]
+
+Kaiser Josephs Plan eines Ländertausches, wonach +Karl Theodor+ ganz
++Bayern+ an Österreich abtreten und dafür die +österreichischen
+Niederlande+ (Belgien) außer +Luxemburg+ und +Namur+ als ~Königreich
+Burgund~ erhalten soll. Frankreich verhält sich gleichgültig, Rußland
+sucht durch Zureden und Drohungen den bayrischen Thronerben, den Herzog
+Karl von +Pfalz-Zweibrücken+, zur Einwilligung zu bewegen. Dieser
+wendet sich um Hilfe an +Friedrich den Großen+, welcher noch ein Jahr
+vor seinem Tode († 1786, 17. Aug.), den
+
+[~1785.~]
+
+~deutschen Fürstenbund~ zwischen +Preußen+, +Sachsen+, +Hannover+
+zustande bringt, dem dann viele kleinere Staaten beitreten nach dem
+Vorgang »des einstigen Schmalkaldischen« (S. 230ff.).
+
+Damit die deutsche Reichsverfassung und die Dynastien gegen die Pläne
+des Kaisers sicher gestellt. Ebenso Widerstand gegen Josephs Reformen
+in den österreichischen Niederlanden und in Ungarn. Die Aufhebung der
+Verfassung von Brabant bewirkt einen Aufstand der belgischen Provinzen
+(1789). Joseph, aus dem gemeinschaftlich mit Rußland unternommenen
+Türkenkriege (S. 297) krank zurückgekehrt, stirbt kinderlos Febr. 1790,
+nachdem er fast alle Neuerungen wieder aufgehoben hatte.
+
+[~1786–1797.~]
+
+~Friedrich Wilhelm II., König von Preußen~, Neffe Friedrichs d. Gr.,
+nicht von gleicher Tätigkeit und Entschlossenheit wie seine beiden
+Vorgänger. Die Finanzen des Staates kommen in Unordnung, das Heerwesen
+verfällt (s. Anhang).
+
+[1791.]
+
+Ansbach und Bayreuth durch Erbanfall gewonnen.
+
+[~1790–1792.~]
+
+~Leopold II. Kaiser~, Josephs Bruder und Nachfolger, seit 1765
+Großherzog von Toskana. Er unterdrückt den Aufstand in Belgien, indem
+er zugleich die alten Verfassungen und Privilegien wiederherstellt.
+Manche Reformen Josephs noch von Leopold II. beseitigt, doch bleibt
+das Toleranzedikt und die Aufhebung der Leibeigenschaft. Durch die
+Konferenzen in +Reichenbach+ 1790 wird ein Krieg mit +Preußen+
+abgewendet, welches mit den +Türken+ und mit +Polen+ Bündnisse
+geschlossen hatte (Minister +v. Hertzberg+), um Rußland und Österreich
+entgegenzuwirken (S. 297). Der Fürstenbund gesprengt. Preußen wieder im
+Schlepptau der österreichischen Politik.
+
+
+~Entfaltung d. deutschen Literatur u. Wissenschaft.~
+
++Winkelmann+ 1717–1768, Geschichte der Kunst des Altertums 1764.
++Lessings+ Laokoon 1766, Hamburgische Dramaturgie 1767, Nathan 1779;
++Goethes+ Götz v. Berlichingen 1773, Iphigenie 1787, Hermann und
+Dorothea 1797; +Schillers+ Räuber 1781, Don Carlos 1787, Glocke und
+Wallenstein 1799. +Kant+ 1724–1804 in Königsberg i. Pr.; Kritik der
+reinen Vernunft 1781; F. A. +Wolf+ 1759–1824, Prolegomena ad Homerum
+1792.
+
+~Klopstock~ s. S. 285. ~Lessing~ 1729 in Kamenz geb., 1760 in Breslau,
+1767 in Hamburg, 1770 in Wolfenbüttel, † 1781. ~Wieland~ 1772–1813
+(geb. 1733), ~Goethe~ 1775, ~Herder~ 1776 bis 1803 (geb. 1744) in
+~Weimar~ am Hofe des Herzogs +Karl August+. ~Goethe~ geb. 1749 in
+Frankfurt a. M., † 1832 in Weimar. ~Schiller~ geb. 1759 in Marbach,
+1782 Flucht aus Stuttgart, 1785 in Dresden, 1789 in Jena, 1799 in
+Weimar, † 1805.
+
+Zu nationaler und allgemeiner Bedeutung gelangt auch die ~deutsche
+Musik~: +Seb. Bach+ in Leipzig († 1750, Matthäuspassion 1729), +Händel+
+(geb. in Halle a. Saale, † in London 1759, Messias 1741), +Gluck+ († in
+Wien 1787), +Haydn+ († in Wien 1809, die Schöpfung 1797), +Mozart+ (†
+in Wien 1791).
+
+Auch an dem Aufschwung der ~Naturwissenschaften~ nimmt Deutschland
+teil. +Linné+ 1741 in Upsala, +Jussieu+ und +Buffon+ in Paris. +Euler+
+1741 in Berlin, 1766 in Petersburg, +Blumenbach+ 1780 in Göttingen;
++Herschel+, 1781 Entdeckung des Planeten Uranus in Greenwich. +Celsius+
+1730 in Upsala, +Réaumur+ in Paris. +Galvani+ 1780 in Bologna, +Volta+
+in Pavia. +Lavoisier+ 1794 in Paris hingerichtet. Französische
+Gradmessung zur Bestimmung des Erdumfangs 1792–1808.
+
+
+§ 8. Der Norden und Osten.
+
+~Dänemark~ (mit ~Norwegen~), seit Beendigung des Nordischen Krieges
+im vollständigen Besitz +Schleswigs+ (S. 277), erfreut sich unter
++Friedrich IV.+, +Christian VI.+, +Friedrich V.+, +Christian VII.+,
+(Graf +Bernstorff+ Minister 1751–1770) eines langen inneren und äußeren
+Friedens. Unter dem schwachen +Christian VII.+ beginnt 1770 der
+Minister ~Struensee~ (geb. in Halle, Arzt in Altona, Reisebegleiter
+des Königs, Erzieher des Kronprinzen, Günstling der Königin +Karoline
+Mathilde+) übereilte Reformen nach dem Vorbild Friedrichs II. und
+Josephs II. Er wird 1772 durch eine Verschwörung der Adelsaristokratie
+(Königin-Mutter +Juliane Marie+) gestürzt und mit seinem Freunde
++Brandt+ enthauptet.
+
+Der jüngere +Bernstorff+ (Neffe des vorigen), Minister 1773 bis
+1780 und wiederum 1784–1797, beendigt den Streit mit dem Hause
+Holstein-Gottorp 1773 durch einen Vertrag mit der in +Rußland+
+regierenden älteren Linie desselben: Abtretung des Stammlandes
++Oldenburg+ (S. 268) an die jüngere Linie, welche im Besitz des Bistums
++Lübeck+ (S. 255, Hauptort Eutin) war; dafür ganz +Holstein+ mit
+Dänemark vereinigt.
+
+~Schweden~ im Innern zerrüttet und geschwächt durch die Zwistigkeiten
+der den Reichstag beherrschenden Adelsparteien (+Hüte+ für Frankreich,
++Mützen+ für Rußland). Die königliche Gewalt unbedeutend unter
++Friedrich+ von Hessen-Kassel (1720 bis 1751, S. 277). Unglücklicher
+~Krieg gegen Rußland~ 1741 bis 1743, beendigt durch den Frieden
+zu ~Åbo~: 1. Abtretung des südlichen Finnland, der +Kymmene+-Fluß
+wird Grenze zwischen Schweden und Rußland, dadurch gesicherte Lage
+Petersburgs. 2. Prinz +Adolf Friedrich+ von Holstein-Gottorp (S.
+293), Verwandter des russischen Kaiserhauses, wird zum Thronfolger in
+Schweden bestimmt.
+
+ ~Das dänische Königshaus und das Haus Holstein-Gottorp.~
+
+ Christian I., K. v. Dänemark, † 1481.
+ _________________|___________
+ | |
+ Johann, K. v. Friedrich I., K. v. Dänemark, † 1533.
+ Dänemark, † 1513. |
+ | ______|____________
+ | | |
+ Christian II., Christian III., Adolf, Hz. zu Gottorp.
+ K. v. Dänemark, K. v. Dänemark, |
+ abgesetzt 1523. † 1559. |
+ ___________|__ Sein Urenkel
+ | | Christian Albrecht,
+ Friedrich II., Johann, Stifter der Universität Kiel 1665.
+ K. v. Dänemark. Hg. zu _____|________________
+ | Sonderburg. Friedrich IV., Christian August,
+ Königliche Linie | Hz. zu. Gottorp. Bischof v. Lübeck.
+ bis Friedrich VII., ___|_ | |
+ † 1863 ___________| | | _______|____________________
+ | | | | | |
+ Augustenburger Glücksburger | Adolf Friedr., Friedr. Aug., Georg
+ Linie. Linie. _______| K. v. Bischof Ludwig.
+ | Schweden. v. Lübeck,
+ Karl Friedrich, Gem. Luise 1773 Hz.
+ Gem. Anna, d. Ulrike v. Oldenburg.
+ ält. Tochter v. Preußen.
+ Peters d. Gr.
+ | |
+ Peter III., † 1762, | |
+ Zar von Rußland. Schwedische Peter,
+ Gem. Katharina II. Linie bis 1818. Begründer der
+ v. Anhalt Zerbst, † 1796. Oldenburger
+ | Linie.
+ Russische Linie.
+
+[~1751–1818.~]
+
+~Haus Holstein-Gottorp~ in Schweden.
+
+Unter Adolf Friedrich (1751–1771) unrühmliche Teilnahme am
+Siebenjährigen Kriege. Sein Sohn ~Gustav III.~ (1771–1792) stürzt durch
+einen unblutigen Staatsstreich 1772 die Macht des Adels; die +Stände+
+(Adel, Geistlichkeit, Bürger, Bauern) beraten fortan nur über die vom
+König gemachten Vorschläge und haben das Recht des Einspruchs gegen
+einen Angriffskrieg.
+
+[1788–1790.]
+
+~Krieg gegen Rußland~, um die Ostseeprovinzen wiederzugewinnen. Nach
+dem unentschiedenen Seetreffen bei der Insel +Hogland+ rückt Gustav
+III. in den an Rußland 1743 abgetretenen Teil Finnlands ein; die
+Offiziere verweigern ihm den Gehorsam. Er findet Unterstützung in
+Stockholm und Dalarne; die Stände bewilligen ihm (+gegen+ den Adel)
+das Recht des +Angriffskrieges+. Trotz glänzender Waffentaten Gustavs
+(Seesieg bei Svenskasund 1790) Friede zu +Werelä+ ohne Vorteil für
+Schweden.
+
+[1792.]
+
++Gustav III.+ von +Ankarström+, einem ehemaligen Offizier, ermordet;
+Regentschaft eingesetzt für seinen minderjährigen Sohn Gustav IV.
+
+~Rußland~ und ~Polen~.
+
+ Alexei, †1676.
+ ____________|_________________________________
+ | | | |
+ ~Feodor III.~, ~Iwan V.~, Sophia. ~Peter der Große~,
+ †1682. †1696. †1725. Gem.
+ _________|____ ~Katharina I.~,
+ | | †1727.
+ Katharina, ~Anna~, ________|________________
+ Herzogin v. †1740. Alexei, Anna, ~Elisabeth~,
+ Meckl.-Schwerin. †1718. Gem. Karl †1762.
+ | | Friedr. v.
+ Anna, ~Peter II.~, Holstein-Gottorp.
+ Herzogin v. Braunschweig. †1730. |
+ | ~Peter III.~,
+ ~Iwan VI.~ bis 1741, † 1764. †1762. Gem.
+ ~Katharina II.~,
+ † 1796.
+
+Auf +Peter den Großen+, dessen zur altrussischen Partei neigender Sohn
++Alexei+, vom Vater zum Tode verurteilt, im Gefängnis gestorben war
+(1718), folgt kraft eines von Peter 1722 erlassenen Gesetzes, welches
+den jedesmaligen Herrscher zur Ernennung seines Nachfolgers ermächtigte
+(später durch Paul I. wieder aufgehoben), seine Gemahlin
+
+[~1725–1727.~]
+
+~Katharina I.~, geleitet von Fürst ~Menschikow~, (S. 269), der durch
+seine Herrschsucht sich den Haß der altrussischen Partei zuzieht.
+
+[~1727–1730.~]
+
+~Peter II.~, 12 Jahre alt, Enkel Peters d. Gr. Menschikow durch die
+Familie +Dolgoruki+ gestürzt und nach Sibirien verbannt, wo er 1729
+stirbt. Die Residenz nach Moskau zurückverlegt.
+
+[~1730–1740.~]
+
+~Anna Iwanowna~, Nichte Peters d. Gr., von +Münnich, Ostermann+ und
+ihrem Günstling +Biron+ (eigentlich +Bühren+) geleitet. Rückkehr
+des Hofes nach St. Petersburg; Biron herrscht bald unumschränkt und
+unterdrückt die +Dolgoruki+; 1737 wird er auf Wunsch der Kaiserin
+von August III., König von Polen (1733–1763), zum +Herzog von
+Kurland+ ernannt. Rußlands Einfluß in Polen wird durch den polnischen
+Thronfolgekrieg (s. S. 279f.) begründet. In dem mit Österreich
+gemeinschaftlich (s. S. 279) geführten +Türkenkrieg+ wird trotz der
+Siege des Feldmarschalls +Münnich+ nur +Asow+ wieder gewonnen (S. 275).
+Auf die Kaiserin Anna folgt ihr Großneffe, der unmündige
+
+[~1740–1741.~]
+
+~Iwan VI.~, dessen Mutter +Anna von Braunschweig+ nach dem durch
++Münnich+ bewirkten Sturz Birons kurze Zeit die Regierung führt (Biron
+nach Sibirien). Durch einen Soldatenaufstand erlangt den Thron
+
+[~1741–1762.~]
+
+~Elisabeth~, die jüngste Tochter Peters des Großen. +Iwan+ wird
+gefangen. +Münnich+ und +Ostermann+ werden nach Sibirien geschickt,
++Biron+ kommt zurück. Launenhafte Regierung unter dem Einfluß der
+Günstlinge; der preußenfreundliche +L’Estocq+, dem die Kaiserin
+hauptsächlich den Thron verdankt, wird 1748 durch +Bestuschew+, den
+Freund Österreichs, gestürzt, Bestuschew fällt 1758 in Ungnade.
+Rußlands Teilnahme am Siebenjährigen Kriege s. S. 285–289.
+Nach Elisabeths Verfügung gelangt ihr Neffe Peter, Herzog von
+Holstein-Gottorp, zum Thron.
+
+Seit ~1762. Haus Holstein-Gottorp~ in Rußland.
+
+ Peter III., †1762,
+ Gem. Katharina II., †1796.
+ |
+ Paul I., †1801.
+ ______________________|__________________
+ Alexander I., Konstantin, Nikolaus I.
+ †1825. †1831. †1855.
+ Gem. Charlotte v. Preußen,
+ †1860.
+ _________________________________|_________________
+ Alexander II., Konstantin, Nikolaus, Michael,
+ †1881. †1892. †1891. †1909.
+ Gem. Maximiliane v. Hessen.
+ ______|________________________________________________
+ Alexander III., Wladimir, Alexei, Sergius, Paul.
+ †1894. †1909. | †1908. †1905. |
+ Gem. Dagmar v. Dänemark, |_______________________ |
+ | Kyrill. Boris. Andreas. Demetrius
+ _____|__________________________________
+ Nikolaus II., Georg, Michael.
+ 1894-x †1899
+ Gem. Alix v. Hessen.
+ |
+ Alexei.
+
+[1762.]
+
+~Peter III.~ beginnt unvorsichtig ins Werk gesetzte Neuerungen, wird
+nach 6 Monaten entthront und gefangen gesetzt von seiner Gemahlin
+(Prinzessin von Anhalt-Zerbst), der energischen und sittenlosen
+
+[~1762–1796.~]
+
+~Katharina II.~ Die Brüder Gregor und Alexei +Orlow+, Günstlinge
+Katharinas, lassen den Kaiser erdrosseln; +Iwan VI.+ wird im Gefängnis
+zu Schlüsselburg getötet. +Münnich+, unter Peter III. zurückgekehrt,
+bleibt in Ansehen († 1767).
+
+Katharina, zugleich auf innere Reformen und auf Erhöhung der
+Machtstellung Rußlands bedacht, wendet sich bald gegen +Polen+. Sie
+fordert und erhält von König August III. +Kurland+ zurück für +Biron+,
+der das Herzogtum unter russischem Einfluß verwaltet und auf seinen
+Sohn vererbt.
+
+Nach dem Tode +Augusts III.+ 1763 setzt Katharina in Verbindung mit
+Friedrich II. die Wahl ihres Schützlings
+
+[~1764–1795.~]
+
+~Stanislaus Poniatowski~ († 1798) zum König von Polen durch. Auf
+Rußlands und Preußens Betreiben erhalten die +Dissidenten+ (Anhänger
+der +griechischen+ Kirche und +Protestanten+) gleiche Rechte mit den
+Katholiken. Der russenfreundliche Teil des Adels schließt 1767 die
++Konföderation von Radom+, der auch der König beitritt. Dagegen 1768
+Bund des national gesinnten Teils des Adels, die +Konföderation von
+Bar+ »zum Schutze der Religion und Freiheit Polens«. Mißglückter
+Versuch derselben, den König zu entführen. In dem Bürgerkriege wird
+der König durch ein russisches Heer gegen die Konföderation von Bar
+unterstützt. Die Türken erklären als Verbündete dieser Konföderation
+den Russen den Krieg (1768–1774). Rußlands Erfolge in demselben
+erregen +Preußens+ und +Österreichs+ Eifersucht. Um eine gleichmäßige
+Machtvergrößerung der drei Mächte herbeizuführen, erfolgt die
+
+[~1772.~]
+
+~erste Teilung Polens~: 1. ~Rußland~ erhält das Land jenseits der
+Düna und des Dnjepr (110000 qkm). 2. ~Österreich~: Ostgalizien und
+Lodomirien (70000 qkm); (die Zips schon 1770 besetzt). 3. ~Preußen~:
++Westpreußen+ mit Ausnahme von Danzig und Thorn, das Bistum +Ermeland+
+und den +Netzedistrikt+ (35000 qkm), vgl. Anhang. Der polnische
+Reichstag gibt widerstrebend 1773 seine Zustimmung.
+
+[~1768–1774.~]
+
+~Krieg gegen die Türken.~ Die türkische Flotte wird von der russischen
+(unter Alexei +Orlow+) in der Bucht von +Tschesme+ (der Insel Chios
+gegenüber) 1770 geschlagen und verbrannt. Während des Krieges Aufstand
+des Kosaken +Pugatschew+, der sich für Peter III. ausgibt. +Romanzows+
+Erfolge, der die Walachei erobert und den türkischen Großvezier bei
++Schumla+ einschließt, bewirken den ~Frieden von Kutschuck Kainardsche:~
+
+1. +Rußland+ erhält +Kinburn+ an der Dnjeprmündung, +Jenikale+ und
++Kertsch+ in der Krim, freie Handelsschiffahrt auf allen türkischen
+Meeren. 2. Die +Tataren+ in der +Krim+ und am +Kuban+ werden für
+»unabhängig« erklärt. 3. Rückgabe der russischen Eroberungen in
+der Moldau und Walachei an ihre Fürsten, welche Rußland +fortan in
+Konstantinopel der Pforte gegenüber vertritt.+
+
+Reformen in der Verwaltung Rußlands: Neue Einteilung der Gouvernements,
+Städteordnung, Milderung der Leibeigenschaft, Verwaltung der
+Kirchengüter durch eine kaiserliche Behörde. An die Stelle des Gregor
++Orlow+ tritt +Potemkin+ als mächtiger Günstling der Kaiserin.
+
+[~1780.~]
+
+~Bewaffnete Seeneutralität~, zur Sicherung des Handelsverkehrs während
+des nordamerikanischen Krieges (s. S. 300f.). Von Rußland angeregt,
+treten ihr nach und nach bei: +Dänemark+, +Schweden+, +Preußen+,
++Österreich+, +Portugal+; Spanien und Frankreich erkennen sie an. Dem
+Beitritt +Hollands+ kommt England durch eine Kriegserklärung zuvor.
+
+Forderungen der bewaffneten Neutralität: 1. Freie Schiffahrt neutraler
+Schiffe von Hafen zu Hafen und an den Küsten Krieg führender Mächte; 2.
+Feindliches Eigentum ist frei in neutralen Schiffen mit Ausnahme der
++Kriegszufuhr+; 3. Genaue Bestimmung, was ein +blockierter+ Hafen ist;
+eine Hafensperre, die nicht durch mehrere Kriegsschiffe in der Nähe des
+betreffenden Hafens aufrecht erhalten wird, ist ungültig.
+
+[1783.]
+
+Die +Krim+ wird russische Provinz (Gouvernement Taurien); die
+christlichen Fürsten von +Georgien+ und +Mingrelien+ (südlich vom
+Kaukasus) treten unter russischen Schutz.
+
+[~1787–1792.~]
+
+~Zweiter Türkenkrieg.~ Bündnis mit Österreich, Zusammenkunft Katharinas
+und Josephs II. in der neugegründeten Stadt +Cherson+ am Dnjepr
+(1787). +Potemkin+ erstürmt +Oczakow+ 1788, +Suwōrow+ erstürmt Ismail
+(am Donaudelta) 1790. Die Österreicher kämpfen anfangs unglücklich,
+doch erobert General +Laudon+ 1789 Belgrad. Österreich schließt 1791
+den ~Frieden von Sistowa~ mit den Türken und erhält wenig mehr als
+Alt-Orsowa (an der Donau, Paß des Eisernen Tores). Rußland erhält
+1792 im ~Frieden zu Jassy~ das Küstenland am Schwarzen Meere bis
+zum +Dnjestr+. An dieser Küste wird 1793 die schnell aufblühende
+Handelsstadt ~Odessa~ gegründet.
+
+[~1793.~]
+
+~Zweite Teilung Polens~. Die Polen hatten den Türkenkrieg Rußlands
+und Österreichs und die anscheinend günstige Stimmung Preußens zu
+benutzen gesucht, um ihrer Abhängigkeit von den Nachbarstaaten und den
+anarchischen inneren Zuständen ein Ende zu machen. Bündnis mit Preußen
+1790 (s. S. 291).
+
+Die neue ~Verfassung von 1791~ verwandelt 1. das +Wahlreich+ in ein
++Erbreich+, erklärt den Kurfürsten von +Sachsen+ zum Nachfolger des
+Königs Stanislaus Poniatowski und den Thron für erblich im +sächsischen
+Hause+, überträgt 2. dem Könige und einem Staatsrate die +ausübende+,
+einem Reichsrate in zwei Kammern die +gesetzgebende+ Gewalt +unter
+Aufhebung des liberum veto+, macht 3. dem Bürger- und Bauernstande
++einige+ Zugeständnisse, ermöglicht namentlich den Eintritt in den
+Adelsstand, dessen Privilegien im übrigen +bestätigt werden.+
+
+Gegen diese Verfassung tritt unter dem Schutze Rußlands die
++Konföderation von Targowitz+ auf. Vordringen eines russischen Heeres
+in Polen 1791. Tapferer, aber vergeblicher Widerstand unter Fürst
++Poniatowski+, dem Neffen des Königs, und +Kosciuszko+; beide werden
+bei +Dubienka+ 1792 geschlagen. Der König tritt der Konföderation
+von Targowitz bei, die neue Verfassung wird aufgehoben. +Preußen+
+verständigt sich mit Rußland und sendet ebenfalls Truppen nach Polen.
+Auf dem Reichstage zu +Grodno+ wird die Einwilligung der Nation zu den
+neuen Abtretungen erzwungen:
+
+~Rußland~ nimmt den noch übrigen Teil +Litauens+, +Wolhynien+ und
++Podolien+ (236000 qkm), Preußen nimmt +Danzig+ und +Thorn+, +Posen+
+und +Kalisch+ (Südpreußen) (55000 qkm). Außerdem erzwingt Rußland einen
++Unionsvertrag+, durch welchen es 1. freien Einmarsch seiner Truppen in
+Polen, 2. die Leitung aller künftigen Kriege, 3. das Bestätigungsrecht
+aller Verträge Polens mit auswärtigen Mächten erhält.
+
+[1794.]
+
+Aufstand in Polen, ~Kosciuszko~ an der Spitze. Die Russen unter
++Igelström+ in Warschau teils niedergemetzelt, teils zur Stadt
+hinausgeschlagen. Preußische und russische Truppen siegen über
+Kosciuszko bei +Sczekozyn+; die Preußen unter Friedrich Wilhelm II.
+nehmen +Krakau+, belagern Warschau vergeblich. +Suwōrow+ siegt bei
++Brzesc+ und bei +Macziejovice+, wo Kosciuszko gefangen wird (1797
+entlassen); erstürmt dann +Praga+, die Vorstadt von Warschau.
+
+[~1795.~]
+
+~Dritte und letzte Teilung Polens.~ ~Preußen~ nimmt +Masovien+
+mit +Warschau+, das Land zwischen +Weichsel+, +Bug+ und
++Niemen+ (+Neu-Ostpreußen+), einen Teil des Gebiets von Krakau
+(+Neu-Schlesien+); ~Österreich~ +Westgalizien+ und +Krakau+; ~Rußland~
+alles übrige, auch das Herzogtum +Kurland+. Durch die drei Teilungen
+erhalten die Mächte etwa folgenden Zuwachs:
+
+ +Rußland+ 465000 qkm (8500 □ Meil.) mit 6 Mill. Einw.
+ +Österreich+ 115000 „ (2100 □ „ ) „ 4 „ „
+ +Preußen+ 145000 „ (2700 □ „ ) „ 2½ „ „
+
+
+§ 9. Großbritannien und Nordamerika.
+
+Auf +Wilhelm III.+ (s. S. 271), welcher kinderlos stirbt folgt seine
+Schwägerin
+
+[~1702–1714.~]
+
+~Anna~, zweite Tochter Jakobs II., unter welcher lange Zeit die
+Partei der +Whigs+ die Regierung leitet. +John Churchill+, Herzog
+von +Marlborough+, siegreich als Feldherr (S. 273), seine Gemahlin
+beherrscht den Hof.
+
+[~1707.~]
+
+Vereinigung Englands und Schottlands (+Großbritannien+) durch +ein+
+Parlament an Stelle der bisherigen Personal-Union. Schottland nimmt an
+dem Aufschwung Englands teil.
+
+[1710.]
+
+Das Whigministerium durch ein Toryministerium (Lord +Bolingbroke+)
+ersetzt, dann Friede mit Frankreich nach dem spanischen Erbfolgekrieg.
+Vergebliche Bemühungen der Tories und der Königin, ihrem Stiefbruder,
+dem Prätendenten +Jakob Eduard+, genannt +Jakob III.+, die Thronfolge
+zu verschaffen. Nach dem Gesetze von 1701 (S. 272) folgt das
++protestantische+ Haus ~Hannover~.
+
+[~1714–1901.~]
+
+~Haus Hannover~ (s. S. 352).
+
+ Jakob I. (~Stuart~), †1625.
+ _________|______________
+ | |
+ ~Elisabeth~, ~Karl I.~,
+ Gem. Friedrichs V. †1649.
+ von der Pfalz. __|________________________________
+ | | | |
+ ~Sophia~, ~Karl II.~, ~Maria~, ~Jakob II.~,
+ Gem. Ernst Augusts †1685 Gem. Wilhelms II. vertrieben 1688,
+ von Hannover. von Oranien. †1701.
+ ___|_________________ |______ |
+ | | | |
+ ~Georg I.~, ~Sophie Charlotte~, †1705, | |
+ †1727. Gem. Friedrichs I. v. Preußen. | |
+ ___|_________________ | |
+ | | | |
+ ~Georg II.~, ~Sophie Dorothea~, †1757, | |
+ †1760. Gem. Friedrich Wilhelms I. | |
+ von Preußen. ________________________| |
+ | _____________________|______
+ Friedrich ~Wilhelm III.~, verm. ~Maria~, ~Anna~, Jakob Eduard,
+ Ludwig, †1702. m. †1694. †1714. Prätendent,
+ Prinz von Gem. Georgs †1766.
+ Wales, v. Dänemark. |
+ 1751. _____|__
+ | |
+ ~Georg III.~, Karl Eduard, Heinrich,
+ †1820. Prätendent, †1807.
+ †1788.
+
+Unter ~Georg I.~ (1714–1727) Herrschaft der Whigs, ebenso unter ~Georg
+II.~ (1727–1760). Der Minister +Walpole+ (bis 1742) sorgt für Erhaltung
+des Friedens und Förderung des Handels. 1739 Seekrieg gegen +Spanien+,
+1744–1747 gegen +Frankreich+.
+
+Der von Frankreich unterstützte Versuch des Prätendenten +Karl Eduard+,
+die Ansprüche des Hauses +Stuart+ nochmals zur Geltung zu bringen,
+hat anfangs Erfolg in +Schottland+, wo die kriegerischen Hochländer
+sich erheben, wird aber durch den Sieg des Herzogs von Cumberland bei
++Culloden+ 1746 vereitelt (S. 284).
+
+[1755–1763.]
+
+~Krieg gegen Frankreich~, durch Grenzstreitigkeiten in Nord-Amerika
+entstanden, zu Lande in Amerika und Deutschland, zur See in allen
+Weltteilen geführt. Ministerium des ~älteren Pitt~ 1757–1761, Bündnis
+mit +Preußen+ (s. S. 286). Die Engländer sind fast überall im Vorteil
+gegen die Franzosen.
+
+[1759.]
+
+Landsieg des englischen Generals +Wolfe+ bei +Quebec+, +Kanada+
+erobert. Seesiege bei +Lagos+ in Portugal und +Quibéron+.
+
+[~1760–1820.~]
+
+~Georg III.~, Enkel Georgs II., zum Frieden geneigt. Frankreich
+verbündet sich mit +Spanien+ (Bourbonischer Familienpakt 1761);
++Pitt+ tritt aus dem Ministerium, weil nicht sofort Krieg an Spanien
+erklärt wird. Sein Nachfolger +Bute+ sucht den Frieden herbeizuführen,
+sieht sich aber doch zur Kriegserklärung gegen Spanien genötigt. Die
+englische Flotte erobert 1762 Martinique, Havanna, Manila; Spaniens
+Seemacht fast vernichtet.
+
+[1763.]
+
+~Friede zu Paris~: 1. ~Frankreich~ tritt +Louisiana+ östlich vom
+Mississippi (seit 1682 französische Kolonie), +Kanada+ und die Insel
++Cap Breton+, sowie seine afrikanischen Besitzungen am +Senegal+
+an England ab, erhält seinen Besitz in Ostindien (Pondichery und
+Chandarnagar) zurück. 2. ~Spanien~ erhält Cuba und die Philippinen
+zurück, tritt +Florida+ an England ab, erhält von Frankreich Louisiana
+westlich vom Mississippi.
+
+[1757–1784.]
+
+~Eroberung Ostindiens.~ Die ostindische Kompagnie (S. 246) hatte
+1639 +Madras+, 1664 +Bombay+ erworben, um 1700 +Kalkutta+ angelegt.
+~Robert Clive~ siegt 1757 bei +Plassey+ über den mit Frankreich
+verbündeten Nabob von +Bengalen+ und erobert dieses reiche Land. Der
+Großmogul in Delhi (S. 219) behält nur den Schein der Herrschaft; die
+indischen Fürsten müssen hohen Tribut zahlen. Clive 1765 abermals nach
+Indien gesandt, unterdrückt Aufstände und erweitert das englische
+Gebiet. ~Warren Hastings~, seit 1773 General-Gouverneur, besiegt die
++Mahratten+ und den Sultan +Hyder Ali+ von +Mysore+ 1781, unterwirft
+dadurch den größten Teil von Dekhan.
+
+[1784.]
+
++East-India-Bill+ des ~jüngeren Pitt~ (Minister 1783 bis 1801); die
+Kompagnie wird in militärischen und politischen Angelegenheiten einer
+königlichen Aufsichtsbehörde untergeordnet, behält aber die Verwaltung
+der ausgedehnten Gebiete in eigner Hand (bis 1858).
+
+[1799.]
+
+Hyder Alis Sohn +Tippu Sahib+, der sich nochmals gegen die englische
+Herrschaft erhoben hat, fällt bei der Erstürmung seiner Hauptstadt
++Seringapatam+.
+
+Durch diese Erfolge ist England zur vorherrschenden ~See- und
+Kolonialmacht~ geworden. Zugleich bedeutende Entwickelung der
+Industrie, +Birmingham+ und +Manchester+ entwickeln sich als
+Fabrikstädte, +London+ und +Liverpool+ als Haupthandelsplätze. Einen
+Verlust erleidet England durch den Abfall seiner nordamerikanischen
+Kolonien.
+
+[~1775–1783.~]
+
+~Nordamerikanischer Freiheitskrieg~
+
+Das englische Parlament, in welchem die Kolonien nicht vertreten
+sind, beschließt 1765 die Einführung einer Stempel-Abgabe, 1760 eine
+Steuer auf Tee, Glas, Papier und Farben. Die Kolonien widersetzen
+sich einer Besteuerung ohne ihre Zustimmung; im Hafen von +Boston+
+wird 1773 eine Teeladung ins Meer geworfen. Die englische Regierung
+verhängt Hafensperre über Boston und verändert die Verfassung der
+Kolonie +Massachusetts+; ein Kongreß von Abgeordneten der Kolonien in
+~Philadelphia~ 1774 beschließt das Aufhören des Handelsverkehrs mit dem
+Mutterlande.
+
+1775 erstes Gefecht bei +Lexington+. Die Engländer, in +Boston+
+belagert, räumen diese Stadt im Frühjahr 1776, werden durch 12000 von
+ihrem Landesherrn verkaufte Hessen und andere deutsche Mietstruppen
+verstärkt, besetzen +Long-Island+ und die Stadt +New-York+. ~George
+Washington~ (geb. 1732 in Virginien, † 1799, am Ende des französischen
+Krieges +Oberst+) erhält den Oberbefehl und bildet ein Heer.
+
+[~1776.~ 4. Juli.]
+
+~Unabhängigkeits-Erklärung der 13 Vereinigten Staaten.~
+
++Washington+, von französischen Freiwilligen (Marquis +v. Lafayette+)
+begleitet, kämpft zunächst mit wechselndem Erfolge. Der früher
+preußische Major +v. Steuben+ unterstützt ihn bei der kriegsmäßigen
+Ausbildung der Truppen.
+
+[1777.]
+
+General +Gates+ nimmt ein englisches Korps von 6000 Mann bei +Saratoga+
+(am Hudson) gefangen.
+
+[~1778.~]
+
+~Bündnis Frankreichs~ mit den amerikanischen Freistaaten, abgeschlossen
+durch ~Benjamin Franklin~ (geb. 1706 in Boston, Buchdrucker,
+Schriftsteller, Erfinder des Blitzableiters, General-Postmeister der
+Kolonien, seit 1776 Gesandter in Versailles). Bald tritt +Spanien+ dem
+Bündnis bei; andererseits erklärt England den Krieg an +Holland+ (S.
+297).
+
+[1779–1782.]
+
++Gibraltar+ von Franzosen und Spaniern vergeblich belagert, von
++Elliot+ tapfer verteidigt; dagegen nehmen die Spanier 1782 die Insel
++Menorka+ (S. 274).
+
+Seesiege des englischen Admirals +Rodney+ bei +S. Vincent+ 1780 und
++Dominika+ 1782. Unentschiedene Seeschlacht zwischen Engländern und
+Holländern an der +Doggerbank+ in der Nordsee 1781.
+
+[1781.]
+
+Entscheidung des Landkrieges zu Gunsten der Amerikaner; Washington und
+Lafayette nehmen ein englisches Korps von 7200 Mann bei +Yorktown+ (in
+Virginien) gefangen.
+
+[~1783.~]
+
+~Friede zu Versailles~: 1. Anerkennung der Unabhängigkeit der 13
+Vereinigten Staaten. Das +Western Territory+ erhalten die Amerikaner,
+die Schiffahrt auf dem Mississippi bleibt gemeinschaftlich. 2.
++England+ tritt an Frankreich in Westindien ab: +Tabago+; in Afrika:
+das Gebiet des +Senegal+;
+
+3. +Spanien+ bleibt im Besitz von +Menorka+ und +Florida+ (S. 300),
+verzichtet auf Gibraltar (S. 274).
+
+[1789–1797.]
+
+~George Washington~, erster Präsident der ~Vereinigten Staaten~
+(+United States+ of America).
+
+Verfassung des Bundesstaates: Über Krieg und Frieden, Heer und Flotte,
+Verträge mit fremden Staaten, Münze, Maß und Gewicht, Zölle und Steuern
+beschließt der +Kongreß+, bestehend aus Senat und Repräsentantenhaus.
+Die Einzelstaaten verwalten nur ihre inneren Angelegenheiten. Der
+Präsident, auf 4 Jahre durch Wahlmänner aus allen Staaten erwählt,
+ernennt die Beamten und leitet die Regierung nach den Beschlüssen des
+Kongresses. Gegen dieselben steht ihm ein aufschiebendes +Veto+ zu, bis
+der Kongreß mit Zweidrittelmajorität entscheidet.
+
+Aufblühen des neuen Staatswesens durch Einwanderung. Vordringen
+der Ansiedler nach Westen, +Cincinnati+ 1791 gegründet, die
+Bundeshauptstadt +Washington+ 1793. Auf dem Kapitol hält der Kongreß
+seine Sitzungen, das Weiße Haus die Amtswohnung des Präsidenten.
+
+[1812–1815.]
+
+~Krieg mit England~ (S. 331). Die Amerikaner dringen in +Kanada+ ein.
+Die Engländer treiben sie zurück, besetzen +Washington+ und zerstören
+das Kapitol, werden aber nach einer Landung bei +New-Orleans+ besiegt
+(Jan. 1815). Unterdessen bereits (Dez. 1814) Friede zu +Gent+. Die
+Eroberungen gegenseitig zurückgegeben.
+
+Die 13 Staaten vermehren sich bis 1821 auf 26; +Louisiana+, von Spanien
+1800 an Frankreich zurückgegeben, wird 1803 von den Vereinigten Staaten
+durch Kauf erworben, ebenso +Florida+ 1819, +Texas+ und +Kalifornien+
+1848 durch Krieg gegen Mexiko. +Alaska+ 1867 durch Kauf von Rußland,
++Portorico+ und die +Philippinen+ 1898 durch Krieg gegen Spanien, 1900
++Sandwichinseln+ annektiert. Jetzt 47 Staaten, 3 Territorien und 1
+Bundesdistrikt.
+
+Neuen Machtzuwachs für England bringt die Erschließung der seit
+1600 durch Portugiesen, Spanier (Torres) und Holländer (Tasman)
+entschleierten +australischen Inselwelt+ durch die Entdeckungsreisen
+von ~James Cook~ 1768–1779. Er wird bei der dritten Reise auf +Hawaii+,
+der größten der +Sandwich+inseln, von den Eingeborenen 1779 erschlagen.
+Andere bisher unbekannte Gebiete werden erschlossen durch die Reisen
+des Schotten +Bruce+ (Abessinien) und +Mungo Park+ (Nigerstrom).
+
+[1788.]
+
++Sydney+ erste englische Kolonie in Australien. ~Weitere Entfaltung
+der englischen Literatur und Wissenschaft~: Shaftesbury, Pope, Swift,
+Prior, Defoe, Addison, Steele, (»Tatler«, »Spectator« erste moralische
+Wochenschriften), Sterne, Fielding, Goldsmith, Richardson, Gray, Sam.
+Johnson (Macphersons +Ossian+ 1760). Der Naturforscher Robert +Boyle+
+(† 1691 in London), der Philologe Rich. +Bentley+ in Oxford und
+Cambridge († 1742), der Philosoph und Geschichtschreiber David +Hume+
+in Edinburg († 1776), der Geschichtschreiber +Gibbon+ († 1794); Adam
++Smith+, Prof. in Glasgow, begründet 1776 die Volkswirtschaftslehre.
+Aufschwung der englischen Malerei: +Hogarth+ († 1764), +Joshua
+Reynolds+ († 1792), +Gainsborough+ († 1788).
+
+
+§ 10. Südeuropa.
+
+~Portugal~, unter den ersten Königen aus dem Hause +Braganza+ (S. 245)
+wieder zu einiger Macht gelangt, seit dem Besitz +Brasiliens+ 1500
+(S. 222) als Kolonialmacht nicht unbedeutend, gerät durch einen 1703
+geschlossenen Handelsvertrag in Abhängigkeit von +England+. Große Macht
+der Geistlichkeit unter Johann V. (1706–1750); wohltätige Reformen
+unter Joseph I. (1750–1777) durch den Minister Carvalho, Marquis von
+~Pombal~.
+
+[1755. 1. Nov.]
+
++Lissabon+ durch +Erdbeben+ größtenteils zerstört, Pombal sorgt für die
+Wiederherstellung.
+
+[1759.]
+
+Vertreibung der +Jesuiten+ infolge eines Mordversuchs gegen den König.
+
+[1762–1763.]
+
+Im Bunde mit England Krieg gegen Spanien. Pombal beruft den Grafen
++Wilhelm von Schaumburg-Lippe+ nach Portugal. Dieser organisiert Heer
+und Flotte. Im +Frieden von Paris+ 1763 gibt Spanien die eroberten
+Plätze zurück.
+
+Unter der Königin Maria, der Tochter Josephs I. (1777 bis 1792),
+Wiederherstellung der geistlichen Macht, Pombal vor Gericht gestellt,
+aber begnadigt, † 1782.
+
+~Spanien~, seit 1701 unter Königen aus dem Hause +Bourbon+ (S. 274), in
+der auswärtigen Politik mit Frankreich verbündet, gelangt nicht wieder
+zu seiner früheren Machtstellung. Unter Karl III. (1759–1788) Reformen
+des Ministers +Aranda+, welcher 1767 die Jesuiten vertreibt.
+
+~Sardinien~, Königreich seit 1720 (S. 278), tritt unter Karl Emanuel
+I. (1730–1773) im Polnischen Thronfolgekrieg kriegerisch gegen, im
+Österreichischen Erbfolgekrieg für Österreich auf, erwirbt 1748 durch
+den Frieden zu Aachen (S. 284), einen Teil des Herzogtums Mailand.
+
+Die Republik ~Genua~ hat fortdauernd ihre Unabhängigkeit gegen mächtige
+Nachbarn (+Savoyen+, +Frankreich+, +Österreich+) zu verteidigen. Die
+Bewohner der seit Ende des 11. Jahrh. von den Pisanern und Genuesen
+umstrittenen Insel ~Korsika,~ seit 1300 unter genuesischer Herrschaft,
+empören sich 1729. Nach wechselvollem Kampfe, wobei ein deutscher
+Abenteurer, +Baron Neuhof+ aus Westfalen, kurze Zeit als +König Theodor
+I.+ von Korsika auftritt (1736), ruft Genua Frankreichs Hilfe an; die
+Insel wird 1739 unterworfen. Doch bald neue Kämpfe, seit 1755 +Pasquale
+Paoli+ an der Spitze. Genua tritt 1768 die Insel an +Frankreich+ ab;
+Paoli flieht 1769 nach England, versucht 1790–1796 nochmals Korsika zu
+befreien, † in England 1807.
+
+~Venedig~ kann die frühere Blüte nicht wieder erreichen, doch werden
+noch ruhmvolle Kriege gegen die ~Türken~ geführt:
+
+[1645–1669.]
+
+Krieg um ~Kandia~ (Kreta); die Türken mehrmals von der venetianischen
+Flotte besiegt; trotz tapferer Verteidigung, welche +Morosini+ leitet,
+endet der Krieg mit dem Verlust der Insel für Venedig.
+
+[1685–1699.]
+
+Krieg um ~Morea~ (Peloponnes). Venedig mit Kaiser Leopold I. und Polen
+verbündet (S. 266). +Morosini+, verstärkt durch deutsche Mietstruppen
+unter Graf +Königsmark+, vertreibt die Türken aus Morea, erobert
+1687 +Athen+, bei dessen Belagerung der Mittelbau des Parthenon (S.
+46) durch eine venetianische Bombe zerstört wird. Darauf zum Dogen
+erwählt, kehrt er 1693 auf den Kriegsschauplatz zurück, stirbt aber
+1694 in Nauplia. Im Frieden zu +Karlowitz+ (S. 266) bleibt Morea den
+Venetianern, welche die Halbinsel durch griechische Kolonisten neu
+bevölkern und bessere Verwaltung einführen.
+
+[1715.]
+
+Die Türken erobern Morea für immer (vgl. S. 278); nach dem Frieden
+von +Passarowitz+ 1718 bleibt Venedig immer noch im Besitz eines
+ansehnlichen Festlandsgebietes (Verona, Brescia, Bergamo, Udine,
+Istrien, Dalmatien) und der Ionischen Inseln.
+
+~Toskana~, nach dem Aussterben des Hauses Medici 1737 österreichische
+Sekundogenitur (S. 279), erfreut sich des Wohlstandes unter dem
+Großherzog +Leopold+ (1765–1790), dem zweiten Sohne Maria Theresias und
+nachmaligen Kaiser Leopold II. Diesem folgt sein zweiter Sohn Ferdinand
+III. (1790 bis 1824).
+
+~Parma~ mit Piacenza und Guastalla seit 1748 spanische Sekundogenitur
+(S. 284); ~Modĕna~ im Besitz des Hauses +Este+ (S. 210); am Hofe des
+Herzogs Franz III. lebt der Geschichtsforscher +Muratori+ († 1750).
+
+Der ~Kirchenstaat~ behauptet sein ansehnliches Gebiet (das alte Latium,
+Umbrien, die Marken, Ancona, Rimini, Ravenna, Bologna, Ferrara) in
+gutem Einvernehmen mit Österreich und Spanien.
+
+[1773.]
+
++Papst Clemens XIV.+, dem Andringen katholischer Staaten nachgebend,
+hebt den +Jesuiten-Orden+ auf, nachdem der Ordensgeneral +Ricci+ jede
+Reform abgelehnt hat (+sint, ut sunt, aut non sint+).
+
+Neapel mit ~Sicilien~ unter Königen aus dem Hause ~Bourbon~ (1735–1799,
+dann wieder 1815–1860). +Karl IV.+, bis 1759 (als +Karl III.+, König
+von Spanien, S. 303), verbessert die Verwaltung mit Hilfe des Ministers
++Tanucci+, der auch unter Karls Sohn +Ferdinand IV.+ (1759–1825) bis
+1777 im Amte bleibt; 1767 Vertreibung der Jesuiten. Nach Tanuccis Sturz
+führt die Königin +Caroline Marie+, Tochter der +Maria Theresia+,
+die Regierung. Ihr Minister +Arcton+. 1799 muß der König vor den
+eindringenden Franzosen nach Sicilien entweichen (S. 317).
+
+
+§ 11. Frankreich.
+
+[~1715–1774.~]
+
+~Ludwig XV.~, Urenkel Ludwigs XIV., dessen Sohn und Enkel vor ihm
+gestorben waren (S. 349). Während der Minderjährigkeit führt der Herzog
++Philipp von Orléans+, Sohn der +Elisabeth Charlotte von der Pfalz+
+(† 1721), die Regentschaft; dieser gibt durch seine Ausschweifungen
+dem Volke ein übles Beispiel († 1723). Mißglückter Versuch des
+Schotten +John Law+, durch Gründung einer Bank (1718) und Ausgabe von
+Papiergeld die zerrütteten Finanzen in Ordnung zu bringen. Gemäßigte
+Staatsverwaltung des Kardinals +Fleury+ 1726–1743, dann Herrschaft
+der Buhlerinnen (Marquise von +Pompadour+ 1745–1764, Gräfin +Dubarry+
+1769–1774).
+
+Lothringen erworben 1738 (S. 279); erfolglose Teilnahme am
+österreichischen Erbfolgekrieg und am Siebenjährigen Krieg,
+unglücklicher Krieg mit England (S. 299f.). Verlust der Kolonien in
+Nordamerika (S. 300). Vertreibung der Jesuiten 1761 durch den Minister
++Choiseul+. Opposition des höchsten Gerichtshofs, des Parlaments zu
+Paris; Aufhebung der Parlamente 1771. Beim Tode des Königs 4000 Mill.
+Livres Staatsschulden; der Staat heillos zerrüttet.
+
+[~1774–1792.~]
+
+~Ludwig XVI.~, dessen redlicher Wille bei dem Mangel an Tatkraft
+den herannahenden Sturm der Revolution nicht mehr durch schwache
+Reformversuche zu beschwichtigen vermag. Wiederherstellung der
+Parlamente 1774. Ludwig XVI., Enkel seines Vorgängers, persönlich
+ehrbar und sittenrein. Seine Gemahlin +Marie Antoinette+, Tochter
++Maria Theresias+ von Österreich, anfangs beim Volke nicht unbeliebt,
+wird bald Gegenstand der gehässigsten Verleumdungen, namentlich infolge
+des anstößigen Halsbandprozesses (Kardinal +Rohan+, Gräfin +Lamotte+).
+Frankreichs Teilnahme am +Nordamerikanischen Freiheitskriege+ (S. 301)
+verschärft den alten Gegensatz gegen England.
+
+Die französische ~Literatur~ im 18. (+philosophischen+) Jahrhundert
+ist ein getreues Abbild der Sitten des französischen Hofes und Volkes:
++Lesage+ († 1747), +Montesquieu+ († 1755), +Voltaire+ (1694–1778),
++Rousseau+ (1712–1778), +B. de St-Pierre+ († 1814), +A. Bertin+ (†
+1790), +Beaumarchais+ († 1799). Als +Maler+ verdienen Erwähnung:
++Watteau+ (Hauptmeister des Rokoko, † 1721), +Boucher+ († 1770),
++Fragonard+ († 1806).
+
+Fussnoten:
+
+[47] Doch bleiben die drei Seestädte +Lübeck+, +Hamburg+, +Bremen+
+durch ein 1630 geschlossenes Bündnis als +Hansestädte+ vereinigt.
+
+[48] Geschlossen auf einer Insel in dem Grenzfluß +Bidassoa+, der in
+den westlichen Pyrenäen entspringt.
+
+[49] Er ließ eine Denkmünze prägen mit der Umschrift: Exoriare aliquis
+nostris ex ossibus ultor.
+
+[50] Geb. 24. Januar 1712. Strenge Erziehung; Vorliebe des Prinzen für
+französische Literatur und Musik, Abneigung gegen militärische Übungen,
+Jagden, Tabakskollegium; der Vater hält ihn daher für untüchtig.
+Nachdem der Plan einer Vermählung Friedrichs mit einer Tochter
+Georgs II. von England (S. 299) gescheitert ist, +Fluchtversuch+
+1730 unweit Mannheim, während einer Reise mit dem König. Verhör in
++Wesel+, Kriegsgericht; der Kronprinz kommt als Gefangener nach
++Küstrin+ (+Katte+ hingerichtet), arbeitet dort in der Kriegs- und
+Domänenkammer. 1732 Aussöhnung; der Prinz erhält die Führung eines in
++Neu-Ruppin+ stehenden Regiments, heiratet 1733 Elisabeth Christine
+von Braunschweig-Bevern, lebt dann mit seinen Freunden im Schloß
++Rheinsberg+ unweit Ruppin. Briefwechsel mit +Voltaire+.
+
+
+
+
+C. Vom Beginn der französischen Revolution bis zum Wiener Kongress.
+(1789–1815.)
+
+
+§ 1. Die Revolution in Frankreich.
+
+~Ursachen~: 1. Der auf Vernichtung oder Umbildung des Bestehenden
+gerichtete Geist des 18. Jahrhunderts. Angriffe französischer
+Schriftsteller auf Staat und Kirche. +Montesquieu+ (Esprit des lois
+1748) und +Rousseau+ (Contrat social 1762) bekämpfen das unbeschränkte
+Königtum und stellen neue Staatslehren auf. +Voltaire+ (Henriade 1723,
+Prozeß des Jean Calas 1762) bekämpft die religiöse Unduldsamkeit und
+das Christentum überhaupt; die +Enzyklopädie+, ein philosophisches
+Wörterbuch, 1751–1780 herausgegeben von +Diderot+ und +d’Alembert+,
+verbreitet die Lehren der Aufklärung und Freigeisterei.
+
+2. Die großen Mißbräuche im französischen Staatswesen, verschuldet
+durch die willkürliche und entartete Regierung, während in allen
+übrigen europäischen Staaten Verbesserungen durchgeführt werden. Seit
+1614 die altherkömmlichen +Reichsstände+ (États-généraux) nicht mehr
+einberufen (s. S. 238). Verfügung über die Freiheit der Untertanen
+durch willkürliche Verhaftsbefehle (lettres de cachet, +Bastille+),
+über ihr Vermögen durch willkürliche Besteuerung. Gegen den Anspruch
+des Pariser Parlaments, die Eintragung der Steueredikte verweigern
+zu können, wendet der Hof +königliche Thronsitzungen+ (+lits de
+justice+) und Verweisung der Parlamentsmitglieder an. +Käuflichkeit+
+der Offizierstellen im Heere, der Sitze in den Parlamenten, der höheren
+Ämter, aber meist nur für den +Adel+. Die +bevorrechtigten Stände+
+(+Adel+ und +Geistlichkeit+) sind bei den direkten Abgaben sehr
+begünstigt, obgleich keineswegs ganz frei von denselben; die Bauern
+durch Frondienste gedrückt, die Entwickelung von Handel und Gewerbe
+durch Zunftzwang gehemmt.
+
+~Veranlassung~: Die ungeheure +Staatsschuld+. Entstanden durch
+die Kriege Ludwigs XIV., seine kostspieligen Bauten und seine
+verschwenderische Hofhaltung, wächst der jährliche Fehlbetrag durch die
+Verschwendung Ludwigs XV. und die Kosten des nordamerikanischen Krieges
+unter Ludwig XVI. bis fast auf die Hälfte der jährlichen Einnahme.
+
++Turgots+ Maßregeln zur Verbesserung der Verwaltung (Aufhebung der
+Binnenzölle, Abschaffung der Wegefronden und der Zünfte) werden mit
+seiner Entlassung 1776 aufgegeben. +Necker+ (bis 1781) sucht durch
+Anleihen und Sparsamkeit zu helfen, +Calonne+ (1783–1787) wirtschaftet
+sorgloser und beruft zuletzt eine +Notabelnversammlung+, die keine
+durchgreifenden Beschlüsse zu fassen wagt. +Necker+, 1788 wieder
+berufen, veranlaßt die
+
+[~1789.~ 5. Mai.]
+
+~Berufung der Reichsstände nach Versailles~, mit einer +doppelten
+Vertretung+ des Bürgerstandes (+tiers état+): Geistlichkeit 300, Adel
+300, Bürger 600. Streit über die Art der Beratung und Abstimmung, ob
+nach +Ständen+ oder nach +Köpfen+. Bei der Prüfung der Vollmachten
+verlangen Geistlichkeit und Adel eine getrennte, der Bürgerstand eine
+gemeinschaftliche Prüfung. Auf ~Sieyès’~ Vorschlag erklären sich die
+Abgeordneten des Bürgerstandes als ~Nationalversammlung~ (Assemblée
+nationale) und laden die beiden anderen Stände zum Beitritt ein.
+
+[20. Juni.]
+
+~Eid im Ballspielhaus~ (Jeu de paume). Die Abgeordneten des dritten
+Standes schwören, sich nicht zu trennen, bis sie dem Lande eine
+Verfassung gegeben.
+
+[23. Juni.]
+
+Fruchtlose königliche Sitzung. Der Befehl des Königs, daß die drei
+Stände +getrennt+ beraten sollen, wird nicht ausgeführt infolge des
+von ~Mirabeau~[51] erhobenen Widerspruchs. Der König gibt nach;
+Geistlichkeit und Adel vereinigen sich mit dem dritten Stand. Die
+Versammlung beginnt eine neue +Verfassung+ für Frankreich zu beraten,
+wird deshalb bezeichnet als
+
+[~1789–1791.~]
+
+~Verfassunggebende Versammlung~ (Assemblée constituante).
+
+Gerüchte von einer beabsichtigten Auflösung der Nationalversammlung und
+die Entlassung +Neckers+ (11. Juli) veranlassen Unruhen in Paris.
+
+[~1789.~ 14. Juli.]
+
+~Einnahme und Zerstörung der Bastille.~ Necker zurückberufen,
++Lafayette+ Befehlshaber der neuerrichteten Bürgerwehr
+(+Nationalgarde+).
+
+Unruhen in den +Provinzen+, Schlösser und Klöster verwüstet. Viele
+Adlige verlassen Frankreich. Karl Philipp, Graf von +Artois+, zweiter
+Bruder des Königs, an der Spitze der +Emigranten+, seit 1791 in
++Koblenz+ am Hofe des Kurfürsten von Trier.
+
+[~1789.~ 4. Aug.]
+
+Freiwillige Verzichtleistung (Vicomte de +Noailles+) der Abgeordneten
+des Adels auf alle Feudalrechte, der Geistlichkeit auf den Zehnten.
+Abschaffung des Feudalstaates. Gleichheit der Besteuerung und gleiche
+Zulassung aller Bürger zu allen öffentlichen Ämtern wird festgesetzt.
+Öffentliche Werkstätten eingerichtet.
+
+[27. Aug.]
+
+Erklärung der +Menschenrechte+ (Freiheit, Eigentum, Sicherheit,
+Widerstand gegen Unterdrückung) auf +Lafayettes+ Antrag.
+
+[5. Okt.]
+
+Aufstand in ~Paris~, hervorgerufen durch Brotmangel und Gerüchte von
+einer beabsichtigten Reaktion. Zug der durch Agenten des Herzogs
++Philipp+ von +Orléans+ aufgeregten Volksmenge zum König nach
++Versailles+. Die königliche Familie, von +Lafayette+ durch die
+Nationalgarde gerettet, muß nach ~Paris~ übersiedeln, ebenso die
+Nationalversammlung; 200 Mitglieder scheiden aus. Der Pariser Pöbel
+beherrscht seitdem die Versammlung.
+
+Die von der Assemblée constituante ausgearbeitete ~Verfassung~
+überträgt die gesetzgebende Gewalt der Nationalversammlung und gesteht
+dem König nur ein aufschiebendes Veto zu. Er darf die Versammlung,
+die Inhaberin der Souveränität, nicht auflösen, ja nicht einmal
+mit Gesetzesvorschlägen an sie herantreten, geschweige denn ihre
+Beschlüsse rundweg ablehnen. Er ist vielmehr nur der Vollstrecker
+dieser Beschlüsse. Da aber den nach Aufhebung der alten Provinzen neu
+geschaffenen 83 Departements nahezu volle Selbstverwaltung und auch
+das Recht der Beamtenwahlen verliehen wurde, so war Frankreich in 83
+fast souveräne Republiken aufgelöst, in denen es königliche Beamte, d.
+h. Vollstrecker des königlichen Willens nicht mehr gab. Der König also
+tatsächlich machtlos.
+
+Die Ausübung des +Aktivbürgerrechts+ an die Entrichtung einer direkten
+Steuer, ein Alter von 25 Jahren und einjährigen Wohnsitz in der
+Gemeinde geknüpft. Die aus den Urwahlversammlungen hervorgehenden
++Wahlmänner+ wählen die Volksvertreter für eine Legislatur von
+2 Jahren, desgleichen die Behörden der Departements und ihrer
+Distrikte; die Gemeindebeamten und die Richter werden ebenfalls
+von den +Aktivbürgern+ gewählt. Aufhebung der Parlamente; neue
+Gerichtsverfassung mit +Geschworenengerichten+. Abschaffung des
++Adels+, der Titel und Wappen, sowie der Beschränkung der Presse.
+
+Um der Finanznot abzuhelfen, erklärt man die geistlichen Güter für
+Nationaleigentum und gibt Papiergeld aus (~Assignaten~, Anweisungen
+auf den Wert der Nationalgüter). Der Staat übernimmt den Unterhalt der
+Geistlichen.
+
+Auch die Geistlichen werden fortan von den Aktivbürgern gewählt
+(+Constitution civile du clergé+), jedes Departement bildet ein Bistum.
+Nur ⅓ der Geistlichkeit unterwirft sich der neuen Verfassung durch den
+geforderten Eid, daher fortan kirchlicher Zwiespalt.
+
+Die Aufregung wird vorübergehend beschwichtigt durch das
++Verbrüderungsfest+ (Föderationsfest, 14. Juli 1790), zu welchem
+Tausende aus den Provinzen nach Paris kommen. Lafayette schwört im
+Namen sämtlicher Nationalgarden der Nation, dem Gesetz, dem König treu
+zu sein. Der König gelobt die von der Nationalversammlung beschlossene
+und von ihm angenommene Verfassung anzuwenden.
+
+Mit diesem Gang der Dinge sind die demokratischen ~Klubs~ nicht
+zufrieden. Ihr Ziel ist die völlige Beseitigung der Monarchie und die
+Gründung einer Republik. Der zahlreichste und einflußreichste ist der
+nach seinem Versammlungsort, einem aufgehobenen Jakobinerkloster,
+genannte Klub der ~Jakobiner~ (+Robespierre+); zu den in einem
+Franziskanerkloster Sitzung haltenden ~Cordeliers~ gehören +Danton+,
++Marat+, +Camille Desmoulins+, +Hébert+; ihnen gegenüber die
+gemäßigten, am Königtum festhaltenden ~Feuillants~ (+Lafayette+,
++Bailly+).
+
+Verbindung des Hofes mit +Mirabeau+, der, nachdem die konstitutionelle
+Monarchie begründet ist, die Revolution hemmen und den Umsturz des
+Thrones verhindern will. +Necker+ tritt aus dem Ministerium (Sept.
+1790), da er die Finanzen nicht in Ordnung zu bringen vermag.
+
+[1791 (April).]
+
+Mirabeau †. ~Flucht des Königs~ (20. Juni). Er wird mit seiner Familie
+in +Varennes+ (unweit Verdun) angehalten, nach Paris zurückgebracht,
+suspendiert und eine Zeitlang in den Tuilerien streng bewacht, dann
+wieder eingesetzt, nachdem er am 14. Sept. den Eid auf die revidierte
+Verfassung geleistet hat. Die Nationalversammlung löst sich auf,
+nachdem sie auf +Robespierres+ Antrag beschlossen hat, daß keins ihrer
+Mitglieder für die folgende Versammlung wählbar sei.
+
+[~1791–1792.~ Okt. Sept.]
+
+~Gesetzgebende Versammlung~ (Assemblée législative).
+
+745 neue Abgeordnete. Parteien: die +rechte+ Seite (Feuillants)
+wird täglich schwächer. Die +linke+, herrschende Seite zerfällt in
+1. gemäßigte Republikaner (~Ebene~, la plaine), darunter die Gruppe
+der ~Girondisten~, so genannt wegen hervorragender Mitglieder aus
++Bordeaux+, dem Departement der +Gironde+: +Vergniaud+, +Brissot+
+u. a., meist Anhänger der Föderativ-Republik, 2. ~Bergpartei~ (la
+montagne, les montagnards), Radikale, Anhänger der +einen+, unteilbaren
+Republik (une et indivisible).
+
+Der König wird unbeliebt, da er gegen die Beschlüsse über Bestrafung
+der den Eid verweigernden +Priester+ und über Nötigung der +Emigranten+
+zur Rückkehr von seinem +Veto+ Gebrauch macht und auf Hilfe von
++Österreich+ hofft.
+
+[~1792.~ April.]
+
+Ein girondistisches Ministerium (+Roland+, +Dumouriez+) nötigt den
+König, ~Österreich den Krieg zu erklären~. Vermehrte Aufregung, da
+der Krieg (S. 313ff.) bei dem zerrütteten Zustande des französischen
+Heerwesens anfangs ungünstig verläuft.
+
+[10. Aug.]
+
+Aufruhr in Paris, ~Erstürmung der Tuilerien~. Der König flüchtet sich
+in den Sitzungssaal der Gesetzgebenden Versammlung, sendet an die treue
+Schweizer-Garde den Befehl, das Feuern einzustellen. Die abziehenden
+Schweizer vom Volk ermordet. Der König wird wieder suspendiert und als
+Gefangener in den +Temple+ (früheres Ordenshaus der Tempelherren, S.
+207) gebracht.
+
+Berufung eines Nationalkonvents zur Feststellung einer ~neuen
+Verfassung~.
+
+[Sept.]
+
+Ermordung von etwa 3000 »Verdächtigen« in den Gefängnissen von Paris,
+auf Anstiften des Gemeinderates (la Commune) und des Justizministers
++Danton+. Die dadurch eingeschüchterte Bevölkerung wählt nur Radikale
+in den Convent.
+
+[~1792–1795.~]
+
+~Nationalkonvent (Convention nationale).~
+
+[Sept. Okt.]
+
+Parteien: +Girondisten+ und +Bergpartei+.
+
+[~1792.~ 21. Sept.]
+
+~Abschaffung des Königtums, Frankreich wird für eine Republik erklärt.~
+
+[Dez.]
+
+Ludwig XVI. vor dem Konvent +angeklagt+ wegen Verrats an der Freiheit
+der Nation. Meisterhafte Verteidigungsrede von +de Sèze+; Robespierre
+dringt auf Verurteilung des Königs, Vergniaud fordert vergebens
+Entscheidung durch Volksabstimmung.
+
+[~1793.~ Jan.]
+
+Die Mehrheit des Konvents erklärt den König für schuldig; bei der
+Abstimmung über die Strafe stimmen 361, unter ihnen der Herzog Philipp
+von Orléans (Égalité) unbedingt für den Tod, 360 für Gefängnis,
+Verbannung oder Aufschub der Todesstrafe.
+
+[21. Jan.]
+
+~Ludwig XVI. hingerichtet.~ Die Guillotine stand unweit der Tuilerien
+auf dem Revolutionsplatze, der später +Place de la Concorde+ genannt
+und mit dem Obelisken von +Luxor+ geziert wurde.
+
+[März.]
+
+Royalistischer Aufstand in der ~Vendée~ südlich von der Loiremündung.
+Der im Temple gefangen gehaltene Dauphin wird als König ~Ludwig XVII.~
+ausgerufen. Heftige Kämpfe bis zu Ende des Jahres, endlich siegen die
+Republikaner (12. Dez. bei Le Mans) und üben blutige Rache.
+
+Im Konvent bekämpfen sich +Girondisten+ und +Bergpartei+, letztere
+erlangt das Übergewicht. Die Regierung führt in diktatorischer
+Weise der aus 9 Mitgliedern bestehende ~Wohlfahrtsausschuß~ (Comité
+du salut public); an der Spitze +Danton+, später +Robespierre+.
+Das Revolutionstribunal (+Fouquier-Tinville+) eingesetzt als
+außerordentlicher Gerichtshof zur Verurteilung der »Verdächtigen«.
+Zwangskurs für die Assignaten, Maximum des Kornpreises beschlossen.
+
+[~1793.~ 2. Juni.]
+
+Ein von dem Pariser Gemeinderat geleiteter Pöbelaufstand erzwingt vom
+Konvent die Verhaftung von 32 Girondisten.
+
+Die vom Konvent beschlossene +zweite+, völlig demokratische Verfassung
+geht an die Urwählerversammlungen zur Bestätigung, kommt aber nie zur
+Ausführung.
+
+[13. Juli.]
+
++Marat+ von +Charlotte Corday+, einer Anhängerin der +Girondisten+,
+ermordet.
+
+[~1793–1794.~]
+
+~Schreckensherrschaft~ in Frankreich.
+
+~Robespierre~ an der Spitze. +Revolutionsausschüsse+ im ganzen
+Lande. Kommissare des Wohlfahrtsausschusses wüten in den großen
+Provinzialstädten (+Tallien+ in Bordeaux, +Lebon+ in Arras, +Carrier+
+in Nantes, +Chalier+ in Lyon). In Toulon Erhebung der Bürger gegen den
+Konvent, Aufnahme einer englisch-spanischen Flotte in die vom Konvent
+geächtete Stadt.
+
+[1793. Okt.]
+
+Hinrichtung der Königin ~Marie Antoinette~ und der verhafteten
++Girondisten+. Schändung der Königsgräber in St. Denis. Einführung
+des republikanischen +Kalenders+ (Beginn des Jahres und der neuen
+Zeitrechnung mit dem 22. Sept. 1792; Monate: Vendémiaire, Brumaire,
+Frimaire; Nivose, Pluviose, Ventose; Germinal, Floréal, Prairial;
+Messidor, Thermidor, Fructidor). ~Lyon~ von einer Revolutionsarmee
+erobert und zum Teil zerstört (Commune affranchie).
+
+[Nov.]
+
+Philipp Egalité, der Herzog von Orléans, Bailly u. a. hingerichtet.
+Abschaffung des christlichen Gottesdienstes, Einrichtung des Kultus der
+Vernunft.
+
+[Dez.]
+
+Eroberung der von englischen, spanischen, sardinischen,
+neapolitanischen Truppen verteidigten Seefestung ~Toulon~,
+hauptsächlich durch die geschickten Anordnungen des
+Artillerie-Hauptmanns ~Napoléon Bonaparte~.[52]
+
+Greueltaten der Republikaner in der Vendée.
+
+[~1794.~]
+
++Robespierre+ stürzt seine beiden Gegenparteien, den
+»ultrarevolutionären« +Gemeinderat+ und die »gemäßigten« +Dantonisten+.
+Nach einem mißlungenen Aufstandsversuch werden zuerst die
+Ultrarevolutionären (+Chaumette+, +Hébert+, +Cloots+ u. a.), dann die
+»Gemäßigten« und »Verderbten« (~Danton~, +Camille Desmoulins+ u. a.)
+aufs Blutgerüst geschickt. Robespierre macht dem Vernunftkultus ein
+Ende und läßt durch den Konvent das Dasein eines +höchsten Wesens+
+(Être suprême) anerkennen, dessen Fest im Tuileriengarten er als
+Oberpriester leitet. Eine Verschwörung unter den Mitgliedern des an
+Zahl bereits sehr verringerten Konvents führt
+
+[~1794.~]
+
+27. Juli (9. Thermidor) den ~Sturz Robespierres~ herbei. Im Konvent von
++Tallien+ angeklagt und verhaftet, von den Truppen der +Commune+ (S.
+310) befreit, wird er im Stadthause nach kurzem Kampfe überwältigt und
+am folgenden Tage mit 21 seiner Anhänger hingerichtet; am 29. Juli noch
+71 hingerichtet, fast die ganze Commune.
+
+[~1794–1795.~]
+
+Der ~Nationalkonvent~ unter der Herrschaft der ~Gemäßigteren~.
+
+Öffnung der Gefängnisse; gegen den Pöbel und die Jakobiner tritt
+die Jugend der wohlhabenden Stände (+Jeunesse dorée+) auf, der
+Jakobinerklub wird geschlossen, die noch lebenden Girondisten werden in
+den Konvent zurückberufen. Zwei Pöbelaufstände in Paris (1. April und
+20. Mai 1795) zu Gunsten der Jakobiner werden von der Nationalgarde und
+herbeigerufenen Linientruppen unterdrückt.
+
+[~1795.~ 8. Juni.]
+
+Tod des schändlich mißhandelten 10jährigen Dauphins (Ludwig XVII.) im
++Temple+.
+
+[Aug.]
+
+Verkündigung einer ~neuen (dritten) Verfassung~: Die ausübende Gewalt
+wird einem +Direktorium+ von fünf Personen, die gesetzgebende dem +Rate
+der Alten+ (250) und dem +Rate der Fünfhundert+ übertragen, doch sollen
+für diesmal ⅔ der Mitglieder beider Räte aus den Konventsmitgliedern
+gewählt werden. Gegen diese Wahlbeschränkung erheben sich die von
+den Royalisten bearbeiteten Pariser +Sektionen+ (Stadtviertel) zum
+Aufstande. Auf +Barras’+ Antrag wird General ~Bonaparte~ an die Spitze
+der Truppen des Konvents gestellt.
+
+[5. Okt.]
+
+Blutiger +Sieg in den Straßen von Paris+. Darauf Vollziehung der
+Wahlen, der Konvent löst sich auf.
+
+[~1795–1799.~]
+
+~Direktorialregierung in Frankreich.~
+
+Vergebliche Versuche, die zerrüttete Staatsordnung wieder herzustellen.
+Den entwerteten Assignaten immer neue hinzugefügt. Unerhörtes
+Raubsystem in den besetzten oder eroberten Ländern angeordnet, um Geld
+und Kunstschätze aller Art nach Paris zu bringen. Unterdrückung der
+Royalisten und der kommunistischen Verschwörung des +Gracchus Babeuf+
+(1796).
+
+
+~Wirkungen der französischen Revolution~:
+
+l. Frankreich ist nach dem Sturz des unbeschränkten Königtums und nach
+schweren inneren Kämpfen zu einer freieren, aber noch wenig befestigten
+Verfassung gelangt. 2. Frankreichs +Eroberungslust+, genährt durch
+die Notstände im Innern, gefährdet den Bestand des europäischen
+Staatensystems. 3. In den übrigen europäischen Staaten (mit Ausnahme
+Englands) macht sich das Streben nach Einführung +freier Verfassungen+
+geltend, doch lehren die zunächst folgenden Kriegszeiten auch den Wert
+einer starken Monarchie erkennen.
+
+
+§ 2. Frankreichs Kriege gegen das Ausland.
+
+[~1792–1797.~]
+
+~Erster Koalitionskrieg.~
+
+~Veranlassung~: Zusammenkunft des Kaisers +Leopold II.+ und des Königs
++Friedrich Wilhelm II.+ von Preußen zu ~Pillnitz~ bei Dresden (Aug.
+1791); auch Vertreter der +Emigranten+ (S. 307) erscheinen dort.
+Eine gebieterische +Erklärung+ gegen Frankreich wird beschlossen und
+veröffentlicht. Leopold II. ist noch um Erhaltung des Friedens bemüht,
+schließt aber (Febr. 1792) mit Preußen ein Verteidigungsbündnis. Sein
+Sohn und Nachfolger
+
+[~1792–1806.~]
+
+~Franz II.~ (als Kaiser von Österreich +Franz I.+ bis 1835) empfängt
+von +Frankreich+ die Kriegserklärung (S. 310). Der erste Angriff der
+Franzosen auf das österreichische +Belgien+ mißlingt. +Lafayette+ führt
+seine Absicht, mit Truppen der Nordarmee dem bedrängten König Ludwig
+XVI. zu Hilfe zu kommen, nicht aus, wird auf der Flucht (19. Aug.) von
+den Österreichern ergriffen und als Gefangener nach Olmütz gebracht
+(1797 entlassen).
+
+[~1792.~ 25. Juli.]
+
+Drohendes Manifest des Herzogs +Karl Wilhelm Ferdinand von
+Braunschweig+, welcher mit 80000 Mann Preußen und Österreichern von
+Koblenz aus langsam in Frankreich einrückt. Die Festungen Longwy und
+Verdun genommen.
+
+[20. Sept.]
+
+Treffen bei +Valmy+; der Herzog von Braunschweig bricht den Kampf ab.
+Rückzug durch die Champagne.
+
+Im Süden +Savoyen+ und +Nizza+ von den Franzosen besetzt, da der König
+von Sardinien sich dem Bündnis gegen Frankreich angeschlossen hat.
+
+[Okt.]
+
+Der französische General +Custine+ dringt +über den Rhein+ vor, erobert
+Speier, Worms, Mainz und Frankfurt. Nur Frankfurt wird von preußischen
+und hessischen Truppen bald wieder gewonnen.
+
+[Nov.]
+
+Der französische General +Dumouriez+ besiegt die Österreicher bei
++Jemappes+ und erobert +Belgien+.
+
+[~1793.~]
+
+Nach der Hinrichtung Ludwigs XVI. treten +England+, +Holland+,
++Spanien+, +Neapel+, das +Deutsche Reich+ dem Bündnis gegen Frankreich
+bei.
+
+[März.]
+
++Dumouriez+, von den Österreichern (unter dem Prinzen Friedrich Josias
+von Koburg) bei +Neerwinden+ geschlagen, flüchtet mit dem Herzog
+von Chartres (Ludwig Philipp, Sohn des Herzogs von Orléans) in das
+österreichische Lager, später nach England.
+
+[Juli.]
+
+Die Österreicher erobern die Festungen Condé und Valenciennes.
++Custine+, welcher nach Dumouriez’ Flucht in Belgien befehligt, deshalb
+abgesetzt und bald darauf in Paris hingerichtet.
+
+Die Preußen erobern nach längerer Belagerung +Mainz+. Der französische
+General +Beauharnais+ bringt zu spät Hilfe, wird abgesetzt und
+hingerichtet.
+
+[Aug.]
+
+Der Konvent verfügt die Aushebung aller Waffenfähigen vom 18.–25.
+Lebensjahre (levée en masse). Energie des Wohlfahrtsausschusses;
+~Carnot~ stellt 600000 Mann unter Waffen.
+
+Erfolgreiche Wendung des Krieges für die Franzosen; die Nordarmee
+(General +Jourdan+) siegt bei +Hondschoote+ (unweit Dünkirchen) über
+die Engländer, Hannoveraner und Hessen, bei +Wattignies+ (an der
+Sambre) über die Österreicher; die Moselarmee (General +Hoche+) erobert
+die von General +Wurmser+ besetzten +Weißenburger Linien+ im Elsaß
+wieder.
+
+[~1794.~]
+
+Jourdan siegt bei +Fleurus+ über den Prinzen von Koburg und erobert
++Belgien+.
+
+Die Preußen, zweimal siegreich bei +Kaiserslautern+ in der Rheinpfalz
+(Mai und Sept., +Blüchers+ Reiterangriffe), gehen dann doch über den
+Rhein zurück; die Franzosen besetzen die Reichsstädte +Aachen+ und
++Köln+.
+
+[~1795.~ Jan.]
+
+Der französische General +Pichegru+ erobert Holland. Flucht des
+Erbstatthalters +Wilhelm V.+ (aus dem Hause Nassau-Diez, welches
+1748 dem Hause Nassau-Oranien in der Statthalterwürde gefolgt war)
+nach England, Begründung der ~Batavischen Republik~ (1795–1806). Die
+Engländer besetzen die holländischen Kolonien +Kapland+ und +Ceylon+.
+
+[April.]
+
+~Friede zu Basel~ zwischen +Frankreich+ und +Preußen+. +Öffentliche
+Bedingungen+: 1. Frankreich bleibt bis zum endgültigen Frieden mit dem
+Deutschen Reich im Besitz des +preußischen+ Gebiets am linken Rheinufer
+(halb Cleve, Mörs, Obergeldern). 2. Eine Demarkationslinie (vom Main
+bis nach Schlesien) setzt die Neutralität, des nördlichen Deutschlands
+fest. +Geheime Bedingung+: Für den Fall, daß beim allgemeinen Frieden
+das linksrheinische Deutschland an Frankreich abgetreten wird, erhält
+Preußen eine Entschädigung aus rechtsrheinischem Gebiet zugesichert.
+
+Auch +Spanien+ schließt mit Frankreich Frieden zu +Basel+, indem es
+seinen Anteil an der Insel San Domingo abtritt; der Minister +Godoy+
+erhält den Titel Friedensfürst. Die Verwaltung Spaniens unter Karl IV.
+(1788–1808) zerrüttet, die Seemacht durch die Engländer fast vernichtet.
+
+[~1795.~]
+
+England (Minister William Pitt der Jüngere) verspricht den
+Österreichern Subsidiengelder. Wurmser und +Clerfait+ halten die
+Rheinlinie gegen Jourdan und Pichegru.
+
+[~1796.~]
+
+Erzherzog ~Karl von Österreich~, Bruder des Kaisers Franz, besiegt
+den französischen General Jourdan bei +Amberg+ (in der bayrischen
+Oberpfalz) und +Würzburg+, wendet sich dann gegen Moreau, der sich
+durch den Schwarzwald zurückzieht. Zur selben Zeit
+
+~Napoleon Bonapartes glänzender Feldzug in Italien.~ Er besiegt wenige
+Wochen nach seiner Vermählung mit +Josephine+, Witwe des Generals
++Beauharnais+ (S. 314), von Nizza aus vordringend, die Österreicher
+bei +Millesimo+, die Sardinier bei +Mondovi+ und zwingt den König
++Viktor Amadeus+ von Sardinien zum +Frieden+; Abtretung von +Savoyen+
+und +Nizza+ an Frankreich. Nach Erstürmung der Addabrücke bei +Lodi+
+(10. Mai) zieht er in +Mailand+ ein und erobert die ganze +Lombardei+
+bis auf +Mantua+. Die Herzöge von +Parma+ und +Modĕna+, der +Papst+
+und +Neapel+ erkaufen Waffenstillstand und Frieden durch Geld und
+Kunstschätze. Papst Pius VI. tritt im Frieden zu +Tolentino+ (Febr.
+1797) Avignon und Venaissin, die Romagna und Ancona, Bologna und
+Ferrara ab.
+
+[~1796–1797.~ Juli–Febr.]
+
+~Belagerung von Mantua.~ Die Österreicher versuchen, die Festung
+(General Wurmser) zu entsetzen, werden aber in mehreren Schlachten,
+namentlich bei ~Arcole~ (Nov. 1796) und ~Rivoli~ (Jan. 1797) besiegt.
+
+[~1797.~ März]
+
+Nach dem Falle Mantuas dringt +Bonaparte+ über die Ostalpen vor gegen
+Wien, während +Hoche+ und +Moreau+ wieder über den Rhein gehen.
+
+Die Bewohner des +venetianischen+ Gebiets erheben sich gegen die
+Franzosen, in +Tirol+ und +Böhmen+ wird die Bevölkerung unter die
+Waffen gerufen. +Bonaparte+, in Gefahr abgeschnitten zu werden, knüpft
+Unterhandlungen an; Friedenspräliminarien zu ~Leoben~ (an der Mur).
+
+[Mai.]
+
+Bonaparte kehrt nach Oberitalien zurück und erklärt der Republik
+~Venedig~ den Krieg, besetzt Stadt und Gebiet ohne bedeutenden
+Widerstand.
+
+In Oberitalien wird die ~Cisalpinische Republik~ (Mailand, Modĕna,
+Ferrara, Bologna, Romagna) eingerichtet; die Republik +Genua+ wird
+umgewandelt in die ~Ligurische Republik~; beide von Frankreich abhängig.
+
+[~1797.~ Sept.]
+
+Staatsstreich in Paris, die Royalisten aus dem Rat der Alten und dem
+Rat der Fünfhundert ausgestoßen, zwei Mitglieder des Direktoriums
+(+Carnot+ und +Barthélemy+) zur Deportation verurteilt. Die Republik
+wird dadurch auf Betreiben des von Bonaparte nach Paris abgesandten
+Generals +Augereau+ befestigt.
+
+[Okt.]
+
+~Friede zu Campo Formio~ (bei Udine) zwischen Frankreich und
+Österreich. +öffentliche Bedingungen+: 1. Österreich tritt die
++Lombardei+ und die +Niederlande+ (Belgien und Luxemburg, S. 274)
+ab, erhält +Venedig+ und dessen Gebiet, S. 304 (Venetien, Istrien,
+Dalmatien, aber nicht die Ionischen Inseln). 2. Zur Herstellung des
+Reichsfriedens und Festsetzung der Entschädigungen tritt ein Kongreß
+zu +Rastatt+ zusammen. +Geheime Bedingung+: Österreich willigt in die
+Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich; die beeinträchtigten
+Fürsten sollen +in Deutschland entschädigt werden+.
+
+[~1797–1840.~]
+
+~Friedrich Wilhelm III., König von Preußen~ (s. Anhang).
+
+[1797–1799. Dez. April.]
+
+~Kongreß zu Rastatt~, keine Einigung erzielt.
+
+[~1798.~ Febr.]
+
+Die Franzosen besetzen und brandschatzen +Rom+. Errichtung der
+~Römischen Republik~. Papst +Pius VI.+ wird als Gefangener nach Valence
+(an der Rhone) geführt, wo er im folgenden Jahre stirbt.
+
+Agitationen in der Schweiz (Waadtland) gegen die Regierung in Bern.
+Eindringen der Franzosen.
+
+[April.]
+
+Der Bund der Eidgenossen wird in die ~Helvetische Republik~ (19
+gleichberechtigte Kantone, S. 225) umgewandelt; der Bundesschatz (16
+Mill. Francs) ausgeliefert; +Genf+ an Frankreich abgetreten.
+
+[~1798–1799.~]
+
+~Bonapartes Zug nach Ägypten~, vorbereitet unter der Maske einer
+Unternehmung gegen England, dessen Seeherrschaft zu brechen am ersten
+im Mittelländischen Meere gelingen konnte.
+
+Auslaufen der Flotte aus +Toulon+ (Mai 1798), mit 35000 Mann
+unter ~Bonaparte~, +Berthier+, +Kléber+, +Desaix+. Die bisher dem
+Johanniterorden (S. 242) gehörige Insel +Malta+ wird für Frankreich in
+Besitz genommen. Landung in Ägypten, Einnahme von +Alexandrīa+. Sieg
+über die +Mamelucken+ in der Schlacht bei den ~Pyramiden~ (21. Juli),
+darauf die Hauptstadt +Kairo+ besetzt. Desaix dringt nach Oberägypten
+vor. Französische Gelehrte (+Denon+, Generaldirektor der Museen, unter
+ihm die Vendômesäule errichtet) beginnen die Altertümer Ägyptens zu
+erforschen (S. 4, Anm. 1).
+
+[~1798.~ 1. Aug.]
+
+~Seeschlacht bei Abukir~ (+Nelson+). Die französische Flotte von den
+Engländern fast vernichtet, dem Landheere die Verbindung mit Frankreich
+abgeschnitten. Kriegserklärung der Türkei an Frankreich.
+
+Bonaparte unterdrückt einen Aufstand in +Kairo+ und zieht darauf nach
++Syrien+, erstürmt +Jaffa+, kann aber das mit Hilfe von Engländern
+verteidigte +St. Jean d’Acre+ (+Akkon+) nicht nehmen. Pest im
+französischen Heere, Rückzug nach Ägypten; Landung und Niederlage der
+Türken bei ~Abukir~ 1799.
+
+[~1799–1802.~]
+
+~Zweiter Koalitionskrieg.~
+
+Der englische Minister +William Pitt+ (S. 300) gewinnt +Österreich+,
++Rußland+, +Neapel+, +Portugal+, +die Türkei+ zum Bündnis gegen
+Frankreich. Kaiser ~Paul von Russland~ (1796 bis 1801) wird 1798
+zum Großmeister des Malteserordens erwählt; eine russisch-türkische
+Flotte vertreibt die Franzosen von den Ionischen Inseln. Preußen unter
+Friedrich Wilhelm III. bleibt neutral.
+
+Eröffnung des Krieges Ende 1798 durch einen Einfall der Neapolitaner
+unter dem österreichischen General +Mack+ in die Römische Republik.
+Der Einfall wird zurückgeschlagen, der König Ferdinand IV. von Neapel
+(S. 305) flieht nach Palermo, sein festländisches Gebiet wird von den
+Franzosen besetzt und in die
+
+[~1799.~ Jan.]
+
+~Parthenopeische Republik~ verwandelt. Auch der Großherzog Ferdinand
+III. von +Toskana+ wird verjagt. Der König Karl Emanuel IV. von
++Sardinien+ entflieht aus Turin nach der Insel Sardinien, seine
+festländischen Besitzungen werden in französische Verwaltung genommen
+und 1802 in Frankreich einverleibt.
+
+[März.]
+
++Jourdan+, von Erzherzog +Karl+ bei +Ostrach+ und bei +Stockach+
+(nördlich vom Bodensee) geschlagen, geht über den Rhein zurück.
+
+[April.]
+
+Auflösung des Kongresses zu Rastatt. Zwei von den abreisenden
+französischen Gesandten werden von österreichischen Husaren ermordet.
+
+[Juni.]
+
++Masséna+ bei ~Zürich~ von Erzherzog +Karl+ geschlagen, behauptet aber
+seine Stellung am Vierwaldstätter See. Inzwischen ist ein russisches
+Heer unter ~Suwōrow~ (geb. 1729) in Italien erschienen und hat sich mit
+den Österreichern (unter +Melas+) vereinigt. Die Siege bei ~Cassano~
+und an der ~Trebbia~ bewirken die Auflösung der Cisalpinischen,
+Römischen und Parthenopeischen Republik. In Neapel grausames
+Blutvergießen nach der mit Unterstützung +Nelsons+ erfolgten Rückkehr
+Ferdinands IV.
+
+Ein neues französisches Heer unter Joubert wird bei ~Novi~ (15.
+Aug.) ebenfalls geschlagen; dann muß Suwōrow auf Betreiben des
+österreichischen Ministers +Thugut+ Italien räumen und über die Alpen
+ziehen (berühmter Marsch über den St. Gotthardpaß), um sich mit dem
+zweiten russischen Heere unter +Korsakow+ in der Schweiz zu vereinigen.
+Aber dieses Heer war, da Erzherzog +Karl+ sich nach dem Rhein gewandt
+hatte, vor Suwōrows Ankunft von Masséna in der +zweiten+ Schlacht bei
+~Zürich~ (25. 26. Sept.) geschlagen. Suwōrow gelangt nach weiteren
+erstaunlich beschwerlichen Märschen und Kämpfen im Okt. in das
+Rheintal, führt dann voll Erbitterung gegen Österreich sein Heer nach
+Rußland zurück († 1800).
+
+[~1799.~ Okt.]
+
+Ein +englisch-russisches+ Heer unter dem Herzog von +York+ (Sohn
+Georgs III.), welches in Holland gelandet war, wird von den Franzosen
+zurückgedrängt und durch die Kapitulation bei +Alkmar+ zum Abzug
+genötigt.
+
++Bonaparte+ eilt, nachdem er den Befehl in Ägypten an +Kléber+
+(ermordet 1800) übertragen hat, mit wenigen Begleitern nach
+Frankreich zurück, um das Mißgeschick der französischen Waffen wieder
+gutzumachen. Er stürzt im Einverständnis mit den Direktoren +Sieyès+
+und +Roger-Ducos+ und seinem Bruder +Lucian Bonaparte+, Präsidenten des
+Rates der Fünfhundert,
+
+[9. Nov.]
+
+durch den ~Staatsstreich des 18. Brumaire~ das Direktorium und treibt
+am folgenden Tage den Rat der Fünfhundert auseinander.
+
+[~1799–1804.~]
+
+~Konsularregierung~,
+
+~Napoléon Bonaparte~ an der Spitze des Staates als ~erster Konsul~ +auf
+10 Jahre+; neben ihm zwei von ihm ernannte Konsuln mit nur beratender
+Stimme.
+
+Die ~neue (vierte) Verfassung~, von +Sieyès+ entworfen, aber von
+Napoleon bedeutend verändert, durch Abstimmung von der ganzen Nation
+angenommen, läßt den +Schein einer Republik+ bestehen, schafft aber in
+Wirklichkeit eine +Militärmonarchie+. Ein +Senat+ (80 reich besoldete
+und wenig beschäftigte Senatoren) ernennt aus den von den Departements
+eingesandten Namenlisten die +Mitglieder der gesetzgebenden Gewalt+,
+die obersten Beamten und Richter. Gesetzgebende Gewalt +ohne+
+Vorschlagsrecht: a) +Tribunat+ (100), verhandelt über die Vorschläge
+der Regierung, ohne abzustimmen; b) +Gesetzgebender Körper+ (300),
+hat diese Vorschläge +ohne Debatte+ anzunehmen oder abzulehnen. Die
++ausübende Gewalt+ hat der +erste Konsul+, dem ein Staatsrat zur Seite
+steht. ~Talleyrand~ (früher Bischof von Autun, dann im Dienst der
+Revolution) Minister des Auswärtigen (bis 1807).
+
+Die Verwaltung wird neu geordnet und wieder zentralisiert (S. 308):
+strenge Abhängigkeit der +Präfekten+ in den Departements und ihrer
+Unterbeamten von der Regierung in Paris. Ordnung der Finanzen
+hergestellt; Verbesserung der Rechtspflege, Ausarbeitung eines neuen
+Gesetzbuches (+Code Napoléon+ 1804).
+
+Die Friedensanträge des ersten Konsuls werden zurückgewiesen, nur
+Kaiser +Paul+ von Rußland wendet sich von der Koalition ab. Er erneuert
+die bewaffnete Seeneutralität (S. 297). Denselben Zweck verfolgt die
++Nordische Konvention+ zwischen Rußland, Schweden, Dänemark, Preußen
+(1800), gegen England gerichtet.
+
+[~1800.~]
+
++Napoleon+ führt sein Heer (32000 Mann) über den +Großen St. Bernhard+
+(Umgehung des Forts +Bard+), schlägt die Österreicher unter +Melas+
+bei ~Marengo~ (14. Juni, Gen. Desaix †, als er Napoleon im kritischen
+Augenblick noch zu Hilfe kommt) und stellt die Cisalpinische Republik
+wieder her.
+
+In Deutschland dringt General +Moreau+ unter siegreichen Gefechten
+bis +München+ vor, schlägt (3. Dez.) die Österreicher nochmals bei
+~Hohenlinden~ (östlich von München), schließt dann Waffenstillstand zu
++Steyer+.
+
+[~1801.~]
+
+~Friede zu Lunéville~: 1. +Kaiser und Reich+ willigen in die ~Abtretung
+des linken Rheinufers an Frankreich~; die Fürsten, welche Gebiet
+verlieren, sollen +in Deutschland entschädigt+ werden. 2. Anerkennung
+der Batavischen, Cisalpinischen, Ligurischen, Helvetischen Republik.
+-- Deutschland verliert durch diesen Frieden mit Einschluß des
+belgischen Gebietes (vgl. S. 225, 316) 63000 qkm. (1150 □ Meil.) mit
+beinahe 3½ Mill. Einwohnern. Die schmachvollen Unterhandlungen über die
+Entschädigungen ziehen sich ~2 Jahre~ hin.
+
++Toskana+ endlich wird zu Gunsten des in +Parma+ regierenden
+spanisch-bourbonischen Herzogs Ludwig I. (S. 284) in ein von Frankreich
+abhängiges +Königreich Etrurien+ verwandelt. Ferdinand III. von Toskana
+erhält dafür das vergrößerte Erzbistum Salzburg und die Kurwürde.
+Ebenso tauscht Herzog +Herkules III.+ von +Modena+ (S. 341) gegen sein
+Land den Breisgau und die Ortenau ein.
+
+[~1801–1825.~]
+
+~Alexander I., Kaiser von Russland~, nach Ermordung seines Vaters Paul
+I. durch Verschworene. Aussöhnung Rußlands mit +England+, Auflösung der
+Nordischen Konvention.
+
+[~1801.~]
+
+~Die Franzosen räumen Ägypten~; das Heer wird auf englischen Schiffen
+nach Frankreich zurückgebracht.
+
+~Konkordat~ zwischen dem neuen (S. 316) Papst +Pius VII.+ und der
+französischen Republik. Der Papst erkennt die Einziehung der
+Kirchengüter an, willigt ein, daß die Erzbischöfe und Bischöfe von
+der französischen Regierung ernannt werden, und behält sich nur die
+Bestätigung vor, begnügt sich mit dem Besitz des +verkleinerten+
+Kirchenstaats (S. 315).
+
+[~1802.~ März.]
+
+~Friede zu Amiens~ zwischen Frankreich und England (nach Rücktritt des
+Ministers +Pitt+):
+
+1. Herausgabe aller von England gemachten Eroberungen an Frankreich
+und seine Verbündeten mit Ausnahme von +Trinidad+, welches Spanien,
+und +Ceylon+ (S. 314), welches die Batavische Republik abtritt. 2.
++Malta+ (von den Engländern 1800 erobert) soll dem Johanniterorden
+zurückgegeben werden. Infolge dieses Friedens ebenfalls +Friede+
+zwischen +Frankreich+ und der +Pforte+.
+
+Stiftung des +Ordens der Ehrenlegion+; monarchisches Auftreten
++Napoleons+. Er läßt sich zum Präsidenten der +Italienischen+ (bisher
+Cisalpinischen) Republik wählen und übernimmt auf Grund einer
+Volksabstimmung in Frankreich (3½ Millionen Stimmen) das
+
+[~1802.~ Aug.]
+
+~Konsulat auf Lebenszeit~. +Elba+ und +Piemont+ werden mit Frankreich
+vereinigt. Die +Helvetische Republik+ erhält durch die +Mediationsakte+
+eine neue Verfassung (1803).
+
+Für die inneren Verhältnisse ~Deutschlands~ wird der Friede zu
+Lunéville nach einem von +Frankreich+ und +Rußland+ festgesetzten
+Entschädigungsplan zur Ausführung gebracht durch den
+
+[~1803.~ Febr.]
+
+~Reichsdeputations-Hauptschluß~ zu Regensburg. Von +geistlichen+
+Ständen bleiben nur: 1. der bisherige Kurfürst von Mainz, von jetzt
+ab +Kurerzkanzler+ und Fürst Primas (v. Dalberg), mit einem Gebiet,
+gebildet aus Überresten des Erzstifts Mainz auf dem +rechten+
+Rheinufer, dem Bistum +Regensburg+ und den Städten +Regensburg+,
++Aschaffenburg+ und +Wetzlar+; 2. der +Johanniter+- und der
++Deutschordensmeister+. Von den 52 freien +Reichsstädten+ bestehen
+nur ~6~ fort, die 3 Hansestädte +Lübeck+, +Hamburg+, +Bremen+,
+ferner +Frankfurt+, +Augsburg+, +Nürnberg+. Alle übrigen geistlichen
+Gebiete und Reichsstädte werden zu Entschädigungen verwendet.
+Die Kurfürstentümer +Trier+ und +Köln+ gehen ein. +Vier neue
+Kurfürstentümer+: Hessen-Kassel, Baden, Württemberg, Salzburg.
+
++~Hauptsächlichste Entschädigungen~+: 1. Großherzog von ~Toskana~:
++Salzburg+ und +Berchtesgaden+. 2. Herzog von ~Modĕna~: +Breisgau+
+(wofür Österreich die Stifter +Trient+ u. +Brixen+ erhält). 3.
+~Bayern~: Bistümer +Würzburg+, +Bamberg+, +Freising+, +Augsburg+,
+Abteien und Reichsstädte in Franken und dem östlichen Schwaben. 4.
+~Baden~ erhält den rechtsrheinischen Teil der +Pfalz+ (Heidelberg,
+Mannheim) und der Bistümer Straßburg, Speier, Basel, Konstanz.
+5. ~Württemberg~: mehrere Klöster und Reichsstädte, besonders
++Reutlingen+, +Eßlingen+, +Heilbronn.+ 6. ~Preußen~: die Bistümer
++Münster,+ +Paderborn,+ +Hildesheim,+ das mainzische +Thüringen+
+(Eichsfeld und Erfurt), mehrere Abteien, besonders +Quedlinburg+, und
+die Reichsstädte +Mühlhausen,+ +Nordhausen,+ +Goslar.+ 7. ~Oldenburg~:
+Bistum +Lübeck.+ 8. ~Hannover~: Bistum +Osnabrück+. 9. ~Wilhelm~ von
+~Oranien,~ Sohn des Erbstatthalters von Holland: Stifter +Fulda+
+und +Corvey.+ Im allgemeinen +gewinnen+ die entschädigten Fürsten
+bedeutend an Gebiet und Untertanen, z.B. erhält Preußen 13000 qkm (240
+□ Meilen), für 2600 qkm (48 □ Meilen); die übergroße Zahl der deutschen
+Kleinstaaten wird vermindert.
+
+
+§ 3. Machtentfaltung des ersten französischen Kaiserreiches.
+
+[1803.]
+
+Neuer Bruch zwischen +Frankreich+ und +England+. England gibt Malta
+nicht heraus, fordert die Entfernung französischer Truppen aus der
+Batavischen Republik und der Schweiz, auch Herausgabe von Piemont.
+Aufenthalt der bourbonischen Prinzen in London. Die Franzosen ~besetzen
+Hannover;~ das Lager bei +Boulogne+ bedroht England mit einer Landung.
+William +Pitt+ wiederum leitender Minister in England († 1806).
+
+[1804.]
+
+Verschwörung gegen das Leben des ersten Konsuls entdeckt. +Pichegru+
+erdrosselt im Gefängnis gefunden, +George Cadoudal+ hingerichtet,
++Moreau+ verbannt, geht nach Amerika. Der +Herzog von Enghien+
+(bourbonischer Prinz von der Nebenlinie Condé) wird als an der
+Verschwörung beteiligt aus Ettenheim in Baden mit Gewalt entführt und
+auf Napoleons Befehl in Vincennes (bei Paris) erschossen. Tribunat
+und Senat beschließen die Umwandlung der Republik Frankreich in ein
+erbliches +Kaiserreich+; der Beschluß wird durch +Volksabstimmung+ (mit
+über 3½ Mill. Stimmen) genehmigt.
+
+[1804. 2. Dez.]
+
++Napoleon+ krönt sich und seine Gemahlin +Josephine Beauharnais+ in der
+Kirche +Notre-Dame+ zu Paris, nachdem Papst Pius VII. die Ceremonie der
+Salbung vollzogen hat.
+
+[~1804–1814(15).~]
+
+~Napoleon I., Kaiser der Franzosen.~ Einrichtung eines glänzenden
+Hofstaates. Großwürdenträger, 18 Maréchaux de l’Empire. Neuer Adel.
++Senat+ und +gesetzgebender Körper+ bleiben, aber ohne selbständige
+Befugnisse, das Tribunat wird 1807 aufgehoben.
+
+[1805.]
+
++Napoleon+, ~König von Italien.~ Sein Stiefsohn +Eugen+ +Beauharnais,
+Vizekönig+ von Italien. Die +Ligurische Republik+ wird in Frankreich
+einverleibt.
+
+ ~Die Familie Bonaparte.~
+
+ Carlo Bonaparte, †1785, Gem. Maria Lätitia Ramolino, †zu Rom 1836.
+ ____________________________|________________________________...
+ | | | |
+ ~Joseph,~ ~Napoléon I.~ Lucian, Elise,
+ K. v. Neapel 1806, 1804–1814, F. v. Canino, Fürstin von
+ K. v. Span. 1808, †1821. †1840. Piombino,
+ †als Gr. v. Gem. | †1820.
+ Sur-villiers 1. Josephine |
+ 1844. Beauharnais, Karl Lucian,
+ †1814. F. v. Canino.
+ 2. Marie Luise v.
+ Österreich, †1847.
+ (Hzgin. v. Parma.)
+ ______________|______________________________
+ | | |
+ Stiefkinder: Adoptiert: Eigenes Kind:
+ a) Eugen, b) Hortense, c) Stephanie, Napoleon (II.),
+ Vizek. v. Gem. v. Ludw., Großhzgin. König v. Rom,
+ Italien K. v. Holland, v. Baden, †als Hz.
+ (Gem. Przn. †1837. †1860. v. Reichstadt
+ v. Bayern), 1832.
+ †als Hz. v.
+ Leuchtenberg
+ 1824.
+ |_____________________________________________________________________
+ | | | | | |
+ Josephine Eugenie August, Amalie Theodelinde Max,
+ (Gem. Oskar (Gem. Fürst von Hz. v. (Gem. Pedro I., (Gem. Gr. v. Hz. v.
+ I., König Hohenzollern- Leuchtenberg Kaiser Württemberg) Leuchtenberg,
+ von Hechingen), (Gem. d. v. †1857. †1852.
+ Schweden) †1847. Kgin. v. Brasilien),
+ †1876. Portugal). †1873.
+ †1835.
+
+
+ Carlo Bonaparte, †1785, Gem. Maria Lätitia Ramolino, †zu Rom 1836.
+ ...____________________________|_________________
+ | | | |
+ ~Ludwig,~ Pauline, Karoline, Jérôme,
+ K. v. Holland (Gem. Fürst (Gem. Joachim K. v. Westf.
+ (Gem. Hortense, v. Borghese), Murat, K. von (Gem. Przn.
+ Stieftochter †1825. Nepal), v. Württemb.),
+ Napoleons I.). †1839. †1860.
+ †1846. |
+ | |
+ __|____________ Jérôme Napoléon, †1891,
+ | | Gem. Clotilde v. Italien, †1911.
+ Ludwig, Karl Ludwig _____________|_____________
+ Großhzg. v. (seit dem | | |
+ Berg u. Tode seines Napoleon Victor, Louis. Maria Lätitia,
+ Cleve, Bruders gen. Gem. Clementine Gem. Amadena,
+ †1831. ~Louis Napoléon~) v. Belgien. Hz. v. Aosta,
+ als Kaiser †1890 (König v.
+ ~Napoléon III.~, Gem. Eugenie Montijo, Spanien
+ 1852–1870. †1873. Gräfin v. Teba. 1870–1873).
+ |____________________|
+ |
+ Napoleon (Prince-Impérial),
+ †1879.
+
+Napoleons Pläne zur Vernichtung Englands (die Flotte in +Brest+ soll
+die Landung des Heeres in England decken, die Geschwader in +Toulon+
+und +Rochefort+ die englische Flotte nach Westindien locken) werden
+vereitelt durch +Nelsons+ energische Maßregeln und durch den
+
+[~1805.~]
+
+~Dritten Koalitionskrieg.~
+
++England, Rußland, Österreich+ und +Schweden+ (+Gustav IV+., 1792–1809)
+einigen sich zur Herstellung des europäischen Gleichgewichts. +Spanien+
+mit Frankreich verbündet.
+
+Das Lager bei +Boulogne+ wird aufgehoben. Die französischen Heere
+rücken unter +Davout, Soult, Lannes, Ney+ nach dem Rhein zu gegen
+Österreich, +Napoleon+ vereingt seine Truppen (200000 Mann) an der
+oberen Donau. +Bernadotte+, von Hannover kommend, marschiert durch das
+neutrale ansbachische Gebiet Preußens. ~Bayern, Württemberg, Baden~
+verstärken Napoleons Heer. Nach mehreren unglücklichen Treffen wird der
+österreichische General
+
+[~1805.~ Okt.]
+
+~Mack~ in ~Ulm~ mit 25000 Mann zur Ergebung genötigt und kriegsgefangen.
+
+Der Seekrieg (seit 1803) von England glänzend beendet durch
+
+[21. Okt.]
+
+~Nelsons Seesieg bei Trafalgar~ unweit Cadiz über die französische und
+spanische Flotte, welche auf Napoleons bestimmten Befehl aus Cadiz
+ausgelaufen war. +Nelson+ † (»England expects every man to do his
+duty«).
+
+Die Franzosen marschieren auf ~Wien~, das Napoleons Schwager +Murat+
+ohne Widerstand einnimmt. Erzherzog +Karl,+ der in Italien mit
++Masséna+ gekämpft hat, zieht sich über die Ostalpen zurück; ein
+russisches Heer unter +Kutūsow+, ein zweites unter +Kaiser Alexander+
+rückt heran.
+
+[3. Nov.]
+
+Bündnis Alexanders mit Friedrich Wilhelm III. zu +Potsdam+ (am Sarge
+Friedrichs d. Gr.).
+
+[2. Dez.]
+
+~Drei-Kaiser-Schlacht bei Austerlitz~ (in Mähren). +Napoleon+ siegt
+über die vereinigten +Russen+ und +Österreicher+, ehe Erzherzog Karl
+angekommen ist. Waffenstillstand mit Österreich, Rückzug der Russen.
+
+[15. Dez.]
+
+Vertrag +Preußens+, das soeben noch bereit war, der Koalition
+beizutreten, mit +Napoleon+ zu +Schönbrunn+ (Gesandter Graf Haugwitz).
+Preußen tritt an Frankreich den rechtsrheinischen Rest von +Cleve+
+(+Wesel+) und +Neuchâtel,+ an Bayern, das +Berg+ an Frankreich
+überläßt, +Ansbach+ ab, erhält dafür (das den Engländern erst
+abzuringende) +Hannover,+ schließt mit Frankreich ein Schutz- und
+Trutzbündnis.
+
+[26. Dez.]
+
+~Friede zu Preßburg~: 1. Österreich tritt +Venedig+ nebst Gebiet (S.
+316) an das Königreich +Italien+ ab, als dessen König es ~Napoleon~
+anerkennt. 2. Österreich tritt an ~Bayern~ ab: +Tirol,+ +Vorarlberg,+
++Burgau,+ +Lindau,+ ferner die Bistümer +Brixen, Trient, Eichstädt,
+Passau+; außerdem erhält Bayern die freie Stadt +Augsburg+. 3. Von
+Österreich erhalten ~Württemberg~ und ~Baden~ die noch übrigen
+vorderösterreichischen Besitzungen in Oberschwaben, den Breisgau, die
+Stadt +Konstanz+ u. a., dazu kommen die Gebiete des Deutschen Ordens
+und der Johanniter (Malteser) in Süddeutschland (Mergentheim, s. S.
+179). 4. Bayern und Württemberg werden als ~Königreiche~ anerkannt. 5.
+Österreich erhält als Entschädigung: +Salzburg, Berchtesgaden+ und die
+Güter des +Deutschen Ordens+; der Kurfürst von +Salzburg+ bekommt von
+Bayern +Würzburg+ als Entschädigung. ~Rußland~ bleibt im Kriegsstande,
+ebenso England und Schweden.
+
+[~1805.~ Dez.]
+
+Das Haus Bourbon in +Neapel+ (S. 305) wird durch eine Verfügung
+Napoleons aus Schönbrunn (+La dynastie de Naples a cessé de régner+)
+entthront. Von Paris aus verfügt er weiter über die unterworfenen
+Länder.
+
+[~1806.~]
+
+~Joseph~, Napoleons älterer Bruder, wird König von Neapel. Der Hof von
+Neapel zieht sich nach +Palermo+ zurück. Sicilien ist für Napoleon
+unerreichbar, da die Engländer das Meer beherrschen.
+
+~Joachim Murat,~ Schwager Napoleons, wird Großherzog von +Berg+ (bisher
+zu Bayern gehörig, S. 289, 323). Marschall ~Berthier~ wird Fürst von
++Neuchâtel+. ~Louis~ Bonaparte, Napoleons dritter Bruder, Gemahl seiner
+Stieftochter +Hortense Beauharnais,+ wird König von ~Holland~ (frühere
+Batavische Republik). Seine Schwestern +Elise+ und +Pauline+ erhalten
+die Fürstentümer +Piombino+ (mit +Lucca+ und +Carrara+) und +Guastalla+.
+
+[Juli.]
+
+~Errichtung des Rheinbundes~ (s. S. 266).
+
+Napoleon ~Protektor.~ Der bisherige Kurerzkanzler des Reiches +Fürst
+Primas+ des Rheinbundes, die Könige vor +Bayern+ und +Württemberg+,
+Großherzöge von +Baden, Hessen Darmstadt+ und +Berg+, Herzog von
++Nassau+ u. a. treten bei. Die andern regierenden deutschen Fürsten
+schließen sich nach und nach an mit Ausnahme derer von +Österreich,
+Preußen, Braunschweig+ und +Kurhessen+.
+
+Viele bis jetzt reichsunmittelbare Fürsten (Fürstenberg, Öttingen,
+Hohenlohe, Thurn und Taxis, Leiningen, Solms, Sayn-Wittgenstein
+u. a.), Grafen (Castell, Erbach, Stolberg, Metternich u. a.) und
+Ritter (Reichsfreiherr vom +Stein+) werden als +Mediatisierte+ den
+Rheinbundfürsten untertan; die bisherige Reichsstadt +Nürnberg+ kommt
+an Bayern, +Frankfurt+ an den Fürsten Primas +Dalberg+ (+Großherzog von
+Frankfurt+). Der Rheinbund hat dem französischen Kaiserreich 63000 Mann
+Truppen zu stellen.
+
+Kaiser +Franz+, der schon 1804 den Titel ~Kaiser von Österreich~
+angenommen hatte, legt (6. Aug.) die deutsche Kaiserwürde nieder. ~Ende
+des alten Deutschen Reiches~.
+
+[~1806–1807.~]
+
+~Krieg Frankreichs gegen Preußen und Rußland.~
+
++Gründe der preußischen Kriegserklärung+: Errichtung des Rheinbundes,
+Wegnahme von +Essen+ und +Werden+ durch den Großh. von Berg; Anerbieten
+Napoleons an England, Preußen das ihm soeben aufgedrängte Land
++Hannover+ wieder abzunehmen, während er Preußen zur Bildung eines
++norddeutschen Bundes+ auffordert (den betreffenden Fürsten aber
+heimlich abrät).
+
+Gefahrvolle Lage Preußens beim Ausbruch des Krieges. Das Heerwesen
+veraltet (Kanton- und Werbesystem), die Leitung unentschlossen. Keine
+Bundesgenossen außer +Kursachsen, Weimar+ (Herzog +Karl August+),
++Oldenburg, Mecklenburg+ und dem fernen +Rußland+; dazu Entzweiung mit
+England wegen Hannover.
+
+[~1806.~ Sept.]
+
+Zusammenziehung des preußischen Heeres in Thüringen unter Anführung des
++Herzogs von Braunschweig+ (S. 313).
+
+[10. Okt.]
+
+Die Vorhut der Preußen bei ~Saalfeld~ geschlagen, Prinz +Louis
+Ferdinand+, Neffe Friedrichs des Großen (geb. 1772), fällt. Das
+Hauptheer wird in der
+
+[14. Okt.]
+
+~Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt~ vollständig besiegt. Bei +Jena+
+kämpft Napoleon selbst gegen den Heeresteil des Fürsten Hohenlohe,
+bei +Auerstädt+ Marschall Davout gegen den Herzog von Braunschweig
+und König Friedrich Wilhelm III. Rückzug des geschlagenen Heeres
+über Magdeburg; die Festung +Erfurt+ ergibt sich am 16. Oktober. Die
+Reservearmee unter Prinz Eugen von Württemberg wird am 17. Oktober
+bei +Halle+ von Bernadotte geschlagen. +Spandau+ ergibt sich am 25.
+Oktober, am 27. zieht Napoleon in ~Berlin~ ein. Friedrich Wilhelm III.
+flüchtet mit der königlichen Familie über Küstrin und Graudenz nach
+Königsberg.
+
+Hohenlohe kapituliert mit 10000 Mann bei +Prenzlau+ (28. Okt.).
++Blücher+[53] schlägt sich mit 18000 Mann durch bis +Lübeck+, wird
+dort von französischer Übermacht besiegt (6. Nov.) und ergibt sich
+mit dem Rest seiner Truppen (9400 Mann) bei +Ratekau+ (7. Nov.). Sehr
+bald ergeben sich die Festungen +Stettin+, +Küstrin+, +Magdeburg+,
++Hameln+; dagegen ~Kolberg~ (+Gneisenau+, +Schill+, +Nettelbeck+) und
+~Graudenz~ (+Courbière+) halten sich tapfer bis zum Frieden.
+
+Ganz Norddeutschland von den Franzosen besetzt. Der bei Auerstädt
+schwer verwundete Herzog von Braunschweig stirbt als Flüchtling (10.
+Nov.) zu Ottensen bei Hamburg.
+
+[21. Nov.]
+
+Von Berlin aus verfügt Napoleon die ~Kontinentalsperre~ gegen England.
+Einmarsch der Franzosen, Bayern und Württemberger in +Schlesien+, wo
+nur die Festungen +Kosel+ und +Glatz+ sich behaupten.
+
+[Dez.]
+
+Napoleon schließt in +Posen+ Frieden und Bündnis mit dem Kurfürsten
++Friedrich August III.+ von ~Sachsen~, welcher als König dem Rheinbunde
+beitritt. Inzwischen sind zwei +russische Heere+ herangekommen; blutige
+Gefechte bei +Pultusk+ zwischen Russen und Franzosen. Letztere beziehen
+Winterquartiere an der Weichsel (Napoleon 2. Jan. in Warschau), dringen
+dann nach Ostpreußen vor.
+
+[~1807.~ 7. u. 8. Febr.]
+
+~Schlacht bei Preußisch-Eylau.~ Der mörderische Kampf bleibt
+unentschieden, doch schlagen die Preußen (unter +L’Estocq+ und
++Scharnhorst+) den rechten Flügel der Franzosen zurück. Abermals
+Winterquartiere. König +Friedrich Wilhelm III.+ geht mit seiner
+Gemahlin +Luise+, Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz (geb. 1776) und
+seinen Kindern nach +Memel+
+
+[26. Mai.]
+
+~Danzig~ nach tapferer Verteidigung (Gen. +v. Kalkreuth+) von den
+Franzosen genommen. Nach mehreren unentschiedenen Treffen siegt
+Napoleon in der
+
+[14. Juni.]
+
+~Schlacht bei Friedland~ über die +Russen+. +Königsberg+ und das Land
+bis zum +Niemen+ von Napoleon besetzt. Waffenstillstand. Zusammenkunft
++Napoleons+, +Alexanders+ und +Friedrich Wilhelms III.+ auf dem
++Niemen+. Vergeblicher Versuch der Königin Luise, Napoleon zu milden
+Friedensbedingungen zu bewegen.
+
+[7. u. 9. Juli.]
+
+~Friede zu Tilsit. A. Rußland~ erkennt 1. das Herzogtum +Warschau+
+(gebildet aus bisher preußischen Gebieten, S. 298) unter dem
+Könige von Sachsen an. +Danzig+ wird freie Stadt, ein Teil von
++Neu-Ostpreußen+ (+Bialystock+) an Rußland abgetreten. 2. Rußland
+erkennt +Joseph Bonaparte+ als König von Neapel, +Louis Bonaparte+
+als König von Holland, +Jérôme Bonaparte+ als König des neu zu
+bildenden Königreichs +Westfalen+, ferner den Rheinbund an. 3. Es
+nimmt Napoleons Vermittelung zum Frieden mit den Türken an (1806
+russische Kriegserklärung an die Türkei wegen Verletzung des Friedens
+von +Jassy+, S. 297), +Napoleon+ dagegen die Vermittelung +Alexanders+
+zum Frieden mit England. In einem +geheimen+ Artikel verpflichtet
+sich Alexander, falls England den Frieden nicht annimmt, zu einem
+Bündnis mit Frankreich gegen England ~B. Preußen~ tritt ab: a) zur
+freien Verfügung Napoleons +alle Länder zwischen Rhein und Elbe,+
+b) an +Sachsen+ den Kottbuser Kreis, c) zur Bildung des Herzogtums
++Warschau+ alle nach 1772 von Polen gewonnenen Länder, auch +Danzig+
+und Gebiet. 2. Es erkennt die drei Brüder Napoleons als Könige an. 3.
+Alle preußischen Häfen sind bis zum Frieden mit England dem britischen
+Handel verschlossen. -- Über die Rückgabe und Räumung der preußischen
+Provinzen und Festungen bestimmt der +Vertrag zu Königsberg+ (12.
+Juli), daß erst alle rückständigen Kriegsentschädigungen von Preußen
+abgetragen werden müssen.
+
+Die Entschädigungen, nach preußischer Rechnung noch 19 Millionen
+Franks, nach französischer 154, werden 1808 durch den +Vertrag zu
+Paris+ auf 140 Millionen festgesetzt; auch wird bestimmt, daß Preußen
+nur ein Heer von 42 000 Mann halten dürfe. Starke französische
+Besatzungen bleiben in den Oderfestungen +Stettin, Küstrin, Glogau+;
+das übrige Land wird Ende 1808 geräumt. Bis dahin muß der von 5570 auf
+2877 □ Meilen verminderte preußische Staat 150000 Franzosen ernähren.
+
+[1807. Aug.]
+
+Gründung des ~Königreichs Westfalen~ (Hauptstadt +Kassel+) durch
+eine Verfügung Napoleons, der sich die Hälfte der Domänen vorbehält.
++Hannover+ bleibt von den Franzosen besetzt, ebenso die Städte +Danzig+
+und +Erfurt+.
+
+~Schweden~ unter +Gustav IV.+ (1792–1809) verharrt in Feindschaft gegen
+Frankreich. +Stralsund+ und +Rügen+ werden von französischen Truppen
+besetzt (1807, Aug.), +Finnland+ von russischen.
+
+Gewalttat der Engländer gegen ~Dänemark~, das aufgefordert war, ein
+Bündnis zu schließen und seine Flotte den Engländern in Gewahrsam zu
+geben. Eine englische Flotte beschießt (1807, Sept.) +Kopenhagen+ und
+führt die dänische Flotte weg. Die Insel +Helgoland+ wird englische
+Seestation. Bündnis +Dänemarks+ mit Frankreich; +Rußland+ erklärt den
+Krieg an England.
+
+~Portugal~, welches, mit England verbündet, dem Kontinentalsystem
+nicht beitreten will, wird von einem französischen Heere unter +Junot+
+besetzt (1807, Nov.). Die königliche Familie flieht nach Brasilien.
+
+In ~Spanien~ rücken unter dem Vorwande, die Küsten gegen die Engländer
+zu schützen, 80000 Franzosen ein. König +Karl IV.+ dankt infolge eines
+gegen seinen Günstling +Godoy+ (S. 315) ausgebrochenen Aufstandes zu
+Gunsten seines Sohnes +Ferdinand VII.+ ab (1808, März). Vater und Sohn
+geraten in Streit, werden von Napoleon nach +Bayonne+ gelockt und
+gezwungen, dem Throne zu entsagen (Mai). Napoleon ernennt seinen Bruder
+~Joseph~ zum König von Spanien; an Josephs Stelle wird Murat König von
+Neapel. +Etrurien+ (S. 319) mit Frankreich vereinigt.
+
+Allgemeiner ~Aufstand der Spanier~; der französische General Dupont
+wird bei +Baylen+ (in der Sierra Morena) mit 20000 Mann gefangen
+(1808, Juli). Die Engländer unter +Wellesley+ (geb. 1769, anfangs in
+holländischen Diensten, dann 1796–1805 Offizier in Ostindien, † 1852)
+landen in Portugal und zwingen Junot bei +Cintra+ zur Ergebung (Aug.);
+er wird mit 21000 Mann auf englischen Schiffen nach Frankreich gebracht.
+
+[~1808–1814.~]
+
+~Krieg Napoleons in Spanien und Portugal.~
+
+Napoleon, seit dem ~Fürstentag zu Erfurt~ (1808, Okt.), wo ihm 4
++Könige+ und 34 +Fürsten+ und Prinzen aus Deutschland ihre Huldigungen
+darbringen, enger mit +Kaiser Alexander+ verbündet, eilt selbst mit
+150000 Mann nach Spanien, rückt bis +Madrid+ vor, vertreibt (mit
++Soult+) die Engländer aus Spanien, kehrt dann nach Paris zurück
+(1809, Jan.). Fortdauernder Volkskrieg (Guerilla) der Spanier, von den
+Engländern unterstützt. Die Festung +Saragossa+ wird nach heldenmütiger
+Verteidigung (General +Palafox+) im Februar 1809 von den Franzosen
+erobert. General +Wellesley+ nötigt den Marschall Soult zum Abzug aus
++Oporto+, wird nach dem Siege über +Joseph+ bei +Talavera+ (1809, Juli)
+zum ~Lord Wellington~ erhoben und leitet die fernere Kriegführung in
+Spanien mit Ausdauer und Umsicht (S. 331, 337 ff.).
+
+[~1807–1811.~]
+
+~Neubau des preußischen Staates.~
+
+König Friedrich Wilhelm III. beruft den Freiherrn ~vom Stein~[54] als
+leitenden Minister nach Königsberg. +Aufhebung der Erbuntertänigkeit+
+1807 (9. Okt.), +Städteordnung+ 1808 (19. Nov.). Vereinfachung der
+Ministerien und Verwaltungbehörden. Auf Verlangen Napoleons Stein
+entlassen Nov. 1808; dann durch ein Dekret Napoleons aus Madrid
+geächtet flieht er nach Österreich. Sein Nachfolger ~v. Hardenberg~[55]
+ordnet die Steuern, führt +Gewerbefreiheit+ ein. Gleichzeitig
++Neuordnung des Heeres+ auf Grund der ~allgemeinen Wehrpflicht~ (1814
+gesetzlich eingeführt) durch ~Scharnhorst~.[56] Seine Mitarbeiter +v.
+Gneisenau+, +v. Grolmann+, +v. Boyen+, +v. Clausewitz+ u. a.
+
+In +Berlin+ hält +Fichte+, während noch französische Besatzung dort
+liegt, seine »Reden an die deutsche Nation«. Friedrich Wilhelm III.
+kehrt Ende 1809 von Königsberg nach Berlin zurück. ~1810~, am ~19.
+Juli~, Tod der edlen Königin +Luise+ in Hohenzieritz. Errichtung der
++Berliner Universität+ (W. v. Humboldt, Fichte, Niebuhr, Savigny,
+Schleiermacher). 1811 eröffnet +F. L. Jahn+ den ersten +Turnplatz+ in
+der Hasenheide bei Berlin.
+
+Die Befreiung Deutschlands und Europas von dem französischen Joche
+wird vorbereitet. (+E. M. Arndts+ Schrift: Geist der Zeit, die
+Lieder +Th. Körners+, +Fr. Rückerts+ [Geharnischte Sonette], +M. v.
+Schenkendorfs+.) Vergebens versucht Österreich (leitender Minister seit
+1805 Graf +Stadion+) allein diese Befreiung, als Napoleon durch den
+Kampf in Spanien gehemmt zu sein scheint.
+
+[~1809.~]
+
+~Krieg gegen Österreich.~
+
+Erzherzog +Karl+, als Befehlshaber des nach +Bayern+, Erzherzog
++Johann+ an der Spitze des nach +Italien+ vorrückenden österreichischen
+Heeres, fordern die deutschen Völker auf zur Teilnahme an dem Kampfe
+gegen die französische Herrschaft. Nur +Tirol+ erhebt sich (+Andreas
+Hofer+, +Speckbacher+, +Haspinger+).
+
+Napoleon greift, namentlich mit ~deutschen~ Truppen, den Erzherzog
++Karl+ in Bayern an, drängt ihn nach
+
+[April.]
+
+fünftägigen Gefechten bei +Abensberg+, +Landshut+, +Eckmühl+ und
++Regensburg+ über die Donau nach
+
+[13. Mai.]
+
+Böhmen und besetzt ~Wien~ zum zweitenmal. Sein Versuch, von der Insel
++Lobau+ aus das linke Donauufer zu besetzen, wird vereitelt durch die
+blutige
+
+[21. u. 22. Mai]
+
+~Schlacht bei Aspern und Eßling~. Napoleon zum erstenmal +geschlagen+
+von Erzherzog +Karl+. Er muß über die Donau zurückweichen (+Masséna+),
+behauptet aber Wien und vereinigt sich mit dem Vizekönig +Eugen+,
+welcher den Erzherzog +Johann+ aus Ober-Italien nach Ungarn verfolgt
+und bei +Raab+ besiegt hatte. Mit 180000 Mann geht Napoleon wieder über
+die Donau, schlägt den Erzherzog +Karl+ in der mörderischen
+
+[5. u. 6. Juli.]
+
+~Schlacht bei Wagram~ und verfolgt ihn nach Mähren. Waffenstillstand
+zu +Znaim+. An die Stelle des Grafen +Stadion+ tritt +Metternich+ als
+leitender Minister Österreichs.
+
+[~14. Okt.~]
+
+~Friede zu Wien (Schönbrunn)~: Österreich tritt ein Gebiet von 110000
+qkm (2000 □ Meilen) ab: +Salzburg+ und das +Innviertel+ an +Bayern+,
++Westgalizien+ an das Herzogtum Warschau, einen Teil +Ostgaliziens+ an
+Rußland, die +Länder jenseits der Sau+ nebst +Istrien+ und +Dalmatien+
+an Napoleon, der daraus einen neuen +Staat der illyrischen Provinzen+
+bildet.
+
+Die +Tiroler+, welche dreimal die Feinde aus +Innsbruck+ vertrieben
+hatten (Kämpfe am Berge Isel), kämpfen tapfer weiter, unterliegen aber
+der Übermacht (Nov.). ~Hofer~ wird verraten und (1810, Febr.) von
+den Franzosen ~in Mantua erschossen~. Tirol bleibt unter bayrischer
+Herrschaft; +Süd-Tirol+ kommt an das +Königreich Italien+.
+
+[~1809.~ 28. April.]
+
+Kühner Zug des preußischen Majors ~v. Schill~, der mit seinem
+Husarenregiment von +Berlin+ auszieht und die Deutschen zum
+Freiheitskampf aufruft. Oberst +Dörnberg+ will Jérômes Regierung in
+Kassel stürzen. Die Nachrichten von Napoleons ersten Siegen vereiteln
+diese Unternehmung. Dörnberg rettet sich nach Böhmen. Schill kämpft
+bei +Dodendorf+ (unweit Magdeburg) gegen westfälische Truppen, zieht
+weiter nach +Dömitz+ (an der unteren Elbe), fällt tapfer kämpfend
+in +Stralsund+ (31. Mai). 11 seiner Offiziere werden in +Wesel+
+kriegsrechtlich erschossen, die gefangenen Soldaten auf Napoleons
+Befehl zur Zwangsarbeit verurteilt und nach Frankreich geschleppt.
+
+Rachezug +des Herzogs+ ~Friedrich Wilhelm von Braunschweig~ gegen
+die Räuber seines Landes. Er sammelt eine Freischar in Schlesien
+und Böhmen, zieht durch Sachsen, erstürmt Halberstadt, zieht in
+Braunschweig ein (31. Juli), muß aber alsbald vor der feindlichen
+Übermacht weichen, kämpft tapfer bei +Oelper+, erreicht die +Weser+ bei
+Elsfleth (unterhalb Bremen), führt seine »schwarze Schar« zu Schiffe
+nach England. Der Herzog und die meisten seiner Getreuen treten dann in
+die englisch-deutsche Legion, welche in Spanien kämpft.
+
+[März.]
+
+König +Gustav IV.+ von ~Schweden~, erbitterter Feind der Revolution
+und Napoleons, seit 1808 in unglücklichem Kriege mit +Rußland+, wird
+durch einen Militäraufstand zur Abdankung gezwungen. Sein Oheim +Karl
+XIII.+ übernimmt die Regierung, schließt Frieden mit Rußland, indem
+er +Finnland+ abtritt (S. 277, 327), adoptiert 1810 den französischen
+Marschall +Bernadotte+ als Thronfolger.
+
+[Mai.]
+
+~Der Kirchenstaat mit Frankreich vereinigt~ durch Dekret Napoleons
+von Schönbrunn, weil Papst Pius VII. (S. 319f.) die Forderung, seine
+Häfen den Engländern zu verschließen, standhaft ablehnt. Er spricht
+den Bann aus, wird verhaftet und nach Grenoble, von da nach +Savona+
+(bei Genua) geführt. Dort lebt er als Gefangener, während Napoleon
+ein Konzil der Bischöfe seines Reichs nach Paris beruft (1811). In
++Fontainebleau+ unterzeichnet Pius (1813, Jan.) ein +Konkordat,+
+widerruft es aber bald und wird nach +Savona+ zurückgebracht, wo er bis
+zu Napoleons Sturz 1814 verbleibt.
+
+[~1810.~ April]
+
+~Napoleon,~ von +Josephine Beauharnais+ († 1814) geschieden, heiratet
++Marie Luise,+ die Tochter des Kaisers +Franz I.+ von Österreich.
+
+[Juli.]
+
+Abdankung und Flucht des Königs +Louis Bonaparte+ von Holland, der sein
+Land nicht durch die Kontinentalsperre zugrunde richten will. +Holland+
+dem französischen Kaiserreich +einverleibt+, ebenso bald darauf der
+Kanton +Wallis+.
+
+[Dez.]
+
+Das nördliche +Hannover, Oldenburg,+ die +Hansestädte+ dem
+französischen Kaiserreich +einverleibt+ zur strengeren Durchführung der
+Kontinentalsperre.
+
+In ~Spanien~ dringen die Marschälle Soult, Viktor, Mortier nach
++Andalusien+ vor; vergebliche Belagerung von +Cadiz+, wo die
+spanischen Cortes (Landstände) zusammentreten und eine +neue
+Verfassung+ beschließen (vollendet 1812). +Wellington+ zieht sich auf
+die befestigten Höhen von +Torres Vedras+ zwischen dem Tejo und der
+portugiesischen Küste zurück, von wo er 1811 gegen +Masséna+ siegreich
+vordringt.
+
+[~1811.~ März.]
+
+Geburt eines Sohnes Napoleons, dem der Titel ~König von Rom~ verliehen
+wird († 1832).
+
+Napoleon I. auf dem Gipfel seiner Macht.
+
+Im Seekriege mit England hat Frankreich (und Holland) nur Verluste.
+Die Engländer erobern 1806 das +Kapland+, 1809 +Cayenne, Martinique,
+Senegal, San Domingo,+ 1810 +Guadeloupe, Isle Bourbon, Isle de France+,
+1811 +Java+.
+
+Die Vereinigten Staaten, am Handel mit Frankreich durch die englische
+Flotte gehindert, beginnen 1812 Krieg gegen England, werden aber 1814
+durch Besetzung der Hauptstadt Washington zum Frieden genötigt (S. 302).
+
+
+§ 4. Sturz des ersten französischen Kaiserreichs.
+
+[~1812.~]
+
+~Krieg Frankreichs gegen Rußland.~
+
+Die Weigerung Rußlands, das +Kontinentalsystem,+ welches Napoleon
+selbst durch käufliche +Lizenzen+ umging, streng durchzuführen,
+erregt den Unwillen des Gewalthabers. Die Vergrößerung des Herzogtums
++Warschau+ durch Westgalizien (S. 330) erfüllt den Kaiser Alexander
+mit Besorgnis vor einer Wiederherstellung Polens; die Absetzung des
+Herzogs von +Oldenburg+, seines nahen Verwandten, (S. 293) wird von
+ihm als schwere Beleidigung empfunden.
+
+Bündnis Napoleons mit +Preußen+, welches 20000 Mann, und mit
++Österreich+, welches 30000 Mann zu dem russischen Zuge stellen muß.
+Schweden (+Bernadotte+) benutzt die Gelegenheit, um sich von der
+französischen Abhängigkeit zu befreien und durch ein Bündnis mit
+Rußland sich +Norwegen+ als Ersatz für Finnland zu sichern. +England+
+und die +Türkei+ schließen Frieden mit Rußland; die Türkei tritt im
+Frieden von +Bukarest+ das Land zwischen Dnjestr und +Pruth+ an Rußland
+ab.
+
+[~1812.~ Mai.]
+
+Napoleon wird in +Dresden+ von Kaiser Franz I., König Friedrich Wilhelm
+III. und den Rheinbundfürsten begrüßt, reist von da über Posen und
+Thorn nach +Königsberg+ zu seiner Armee, deren Durchzug Preußen schwer
+belastet. +Berlin+ hat wiederum französische Besatzung.
+
+Die +große Armee+ (über 600000 Mann) vereinigt Franzosen, Deutsche,
+Italiener, Schweizer, Niederländer, Polen. Beim Vormarsch bilden die
++Österreicher+ unter +Schwarzenberg+, zusammen mit Franzosen und
+Sachsen unter +Reynier+, den +rechten+ Flügel, welcher nach Wolhynien
+vorrückt; die +Preußen+ unter +York+ gehören dem +linken+ Flügel an,
+welcher unter +Macdonalds+ Oberbefehl nach Livland zieht, um Riga
+zu belagern. Das +Hauptheer+ überschreitet Ende Juni den Niemen;
+Napoleon verweilt 18 Tage in +Wilna+; die Hoffnung der +Polen+ auf
+Wiederherstellung ihres Staates verwirklicht sich nicht.
+
+Die +Russen+ (260000 Mann in 3 Heeren) weichen kämpfend zurück.
+Ihre Hauptmacht unter +Barclay de Tolly+ kämpft am 17. August bei
+~Smolensk~; die brennende Stadt wird den Franzosen (18. Aug.)
+überlassen. Unter +Kutūsows+ Oberbefehl
+
+[7. Sept.]
+
+~Schlacht bei Borodinó~ an der Moskwa: beide Teile erleiden ungeheuere
+Verluste. Rückzug der Russen in guter Ordnung bis hinter +Moskau+. Das
+französische Hauptheer, auf 100000 Mann zusammengeschmolzen, besetzt
+die von den Einwohnern verlassene Stadt. Napoleon im +Kreml+.
+
+[15.–20. Sept.]
+
+~Brand von Moskau~ (der Gouverneur +Rostopschin+). Plünderung der Stadt
+unter Schutt und Trümmern; der Kreml wird gegen das Feuer geschützt.
+Kaiser +Alexander+ lehnt auf +Steins+ Rat Friedensanträge Napoleons ab.
+Nach +fünfwöchigem+ Aufenthalt in Moskau
+
+[19. Okt.]
+
+~Rückzug aus Rußland~, von ~Napoleon~ erst nach Südwesten, dann in der
+Richtung auf +Smolensk+ angetreten, beunruhigt durch das russische
+Hauptheer unter +Kutūsow+ und zahllose Kosakenschwärme.
+
+[6. Nov.]
+
+~Eintreten der Kälte.~ Furchtbares Elend durch Hunger und Frost.
+Fortwährende Gefechte, namentlich bei +Krasnoi+ (Ney) und +Borissow+
+(Oudinot).
+
+[~1812.~ 26.–28. Nov.]
+
+Schrecklicher ~Übergang über die Beresina~.
+
+Brückenbau bei Studienka; +Ney+ und +Oudinot+ wehren am 28. die
+andringenden Russen auf dem rechten Ufer ab, +Viktor+ auf dem linken,
+doch fallen Tausende von Nachzüglern den Russen in die Hände. Von da ab
+völlige Auflösung des Heeres bei erneuter Kälte; Napoleon verläßt das
+Heer (5. Dez.) und eilt nach +Paris+. +Murat+, dann +Eugen Beauharnais+
+leiten den Rückzug.
+
+[30. Dez.]
+
+~York~ schließt zu ~Tauroggen~ (nahe der preußischen Grenze) einen
+Neutralitätsvertrag mit dem russischen General +Diebitsch+.
+
+Schwarzenberg führt sein Heer fast ohne Verluste nach Galizien zurück
+(Febr. 1813).
+
+[~1813 und 1814.~]
+
+~Der deutsche Befreiungskrieg.~
+
+[~1813.~ 3. Febr.]
+
+König ~Friedrich Wilhelm III.~ erläßt in +Breslau+ einen Aufruf zur
+Bildung freiwilliger Jäger-Abteilungen. Begeisterte Erhebung in
+Preußen. Männer und Jünglinge jedes Standes eilen zu den Waffen.
+
+[7. Febr.]
+
+Der ostpreußische Landtag zu +Königsberg+ beschließt Ausrüstung von
+30000 Mann Linie und Landwehr.
+
+[28. Febr.]
+
+Bündnis zu ~Kalisch~ zwischen +Rußland+ und +Preußen+. Das
+russisch-preußische Hauptheer sammelt sich in +Schlesien+.
+
+Die Franzosen räumen +Berlin+ und +Hamburg+. Die Herzöge von
++Mecklenburg+ sagen sich vom Rheinbund los. +Tettenborn+ mit den
+Kosaken zieht als Befreier in Hamburg ein (18. März).
+
+[17. März.]
+
+~Aufrufe Friedrich Wilhelms III.~ ~»An mein Volk«~ und ~»An mein
+Kriegsheer«~; Verordnung zur Errichtung der Landwehr und des
+Landsturmes. ~Eisernes Kreuz~ gestiftet.
+
+[27. März.]
+
++Dresden+ wird nach Abzug des Marschall +Davout+ durch +Russen+ und
++Preußen+ unter +Wittgenstein+ und +Blücher+ besetzt. Flucht des Königs
+von Sachsen.
+
+[2. April.]
+
+Gefecht bei +Lüneburg+ (+Johanna Stegen+). Der französische General
++Morand+ mit 2000 Mann von Russen und Preußen gefangen. Die Erhebung in
++Bremen+ wird von General +Vandamme+ unterdrückt.
+
+[5. April.]
+
+Gefecht bei +Möckern+ (östlich von Magdeburg). +Eugen Beauharnais+,
+(S. 329) von Preußen (unter York, Bülow und Borstell) und Russen
+geschlagen, zieht sich auf das linke Elbufer zurück. Französische
+Besatzungen behaupten sich in Magdeburg, Stettin, Küstrin, Glogau,
+Danzig, Modlin, Zamosc.
+
+Napoleon führt ein neugebildetes Heer (120000 Mann) über den Rhein,
+zieht die Truppen der Rheinbundfürsten an sich, überschreitet den
+Thüringer Wald, wird beim Vorrücken nach Sachsen von den Russen und
+Preußen (85000 Mann) angegriffen.
+
+[~1813.~ 2. Mai.]
+
+~Schlacht bei Groß-Görschen oder Lützen.~ Der Sieg bleibt trotz
+größerer Verluste den Franzosen. Die Verbündeten ziehen sich über
++Dresden+ nach der +Lausitz+ zurück. +Scharnhorst+, in der Schlacht
+verwundet, stirbt in +Prag+ (28. Juni).
+
+Napoleon zieht in +Dresden+ ein, führt den aus Prag zurückgekehrten
+König von Sachsen dorthin zurück.
+
+[18. Mai.]
+
++Schwedische+ Truppen unter Führung des +Kronprinzen+ (Bernadotte)
+landen in Pommern.
+
+[20. u. 21. Mai.]
+
+~Schlacht bei Bautzen.~ Napoleon erzwingt den Übergang über die Spree
+und siegt mit großen Verlusten. Die Verbündeten ziehen sich nach
+~Schlesien~ zurück. Blüchers Reitergefecht bei +Haynau+ (26. Mai).
+
+[30. Mai.]
+
++Hamburg+ nach Abzug der Russen von +Davout+ besetzt und furchtbar
+gebrandschatzt.
+
+[4. Juni.]
+
+~Waffenstillstand~ zu +Poischwitz+ (bei Striegau) auf sechs Wochen,
+verlängert bis zum 10. August. Beide Teile erschöpft, erwarten
+Verstärkung und bewerben sich um +Österreichs+ Bundesgenossenschaft.
+
+[14. u. 15. Juni.]
+
+Subsidienverträge +Englands+ mit +Preußen+ und +Rußland+ zu
++Reichenbach+.
+
+[17. Juni.]
+
+Franzosen und Rheinbundtruppen überfallen die Reiterei der +Lützowschen
+Freischar+ bei +Kitzen+ (unweit Lützen).
+
+Verhandlungen zu ~Prag~. Österreich übernimmt die Vermittelung;
+Napoleon geht auf +Metternichs+ Bedingungen (Auflösung des Herzogtums
+Warschau, Rückgabe der illyrischen Provinzen an Österreich, Räumung der
+preußischen Festungen, der Hansestädte und Oldenburgs) nicht ein.
+
+[12. Aug.]
+
+~Österreich erklärt den Krieg an Frankreich.~ Die Verbündeten, durch
+englische Hilfsgelder unterstützt, stellen ~drei Heere~ auf:
+
+1. Das ~Böhmische~ oder ~Hauptheer~ unter Fürst ~Schwarzenberg~: 123000
+Österreicher, 75000 Russen unter +Wittgenstein+, 49000 Preußen unter
++Kleist+. Beim Heere befinden sich die drei verbündeten Monarchen
+~Alexander~, ~Franz~, ~Friedrich Wilhelm~.
+
+2. Das ~Schlesische Heer~ unter ~Blücher~: 38000 Preußen unter +York+,
+61000 Russen unter +Sacken+ und +Langeron+; +Gneisenau+ Chef des
+Generalstabes.
+
+3. Das Nordheer unter dem Kronprinzen +Karl Johann+ von Schweden
+(~Bernadotte~): 75000 Preußen unter +Bülow+ und +Tauenzien+, 30000
+Russen unter +Winzingerode+, 20000 Schweden, 27000 Mann gemischte
+Truppen (russisch-deutsche Legion, Kosaken, Hannoveraner,
+Mecklenburger, Hanseatische Legion, Lützowsche Freischar) unter
++Wallmoden+.
+
+~Im ganzen~ 485000 gegen 440000 Franzosen und Rheinbundtruppen.
+
+~Napoleon~ beginnt die Feindseligkeiten mit einem Angriff auf
++Blücher+, der hinter die Katzbach zurückgeht. Indessen rückt
++Schwarzenberg+ aus Böhmen gegen Dresden vor. +Napoleon+ eilt dorthin
+und läßt +Macdonald+ gegen +Blücher zurück+. Ehe es auf diesen beiden
+Punkten zur Schlacht kommt, wird +Oudinot+, dessen Angriff auf Berlin
+durch +Davout+ von Hamburg aus unterstützt werden sollte, in der
+
+[~1813.~ 23. Aug.]
+
+~Schlacht bei Großbeeren~ von +Bülow+ geschlagen, während der Kronprinz
+von Schweden untätig zusieht, +Berlin+ wird durch diesen Sieg vor
+Einnahme und Plünderung gerettet.
+
+Davout kehrt nach einigen Gefechten gegen die Truppen des Generals
++Wallmoden+ (+Th. Körner+ † 26. Aug. bei +Gadebusch+) nach Hamburg
+zurück. Ein von Magdeburg gegen Berlin heranziehendes Korps von 9000
+Mann wird bei +Hagelberg+ 27. August von der kurmärkischen Landwehr
+vernichtet.
+
+[26. Aug.]
+
+~Schlacht an der Katzbach~. Macdonald, der mit 80000 Mann in Schlesien
+vorrückt, wird von den Preußen und Russen unter +Blücher+ (später zum
+Fürsten von +Wahlstatt+ ernannt) entscheidend geschlagen.
+
+Indessen mißglückt der Angriff der +Böhmischen Armee+ auf +Dresden+.
++Napoleon+ erkämpft in der
+
+[26. u. 27. Aug.]
+
+~Schlacht bei Dresden~ nochmals einen großen Sieg auf deutschem Boden.
+Doch wird General +Vandamme+, welcher der Böhmischen Armee den Rückzug
+abschneiden will, in der
+
+[29. u. 30. Aug.]
+
+~Schlacht bei Kulm und Nollendorf~, nicht weit von Teplitz, von Russen
+und Österreichern geschlagen und durch das rechtzeitige Erscheinen
+der Preußen in seinem Rücken (General +v. Kleist+) mit 10000 Mann zur
+Ergebung genötigt.
+
+[6. Sept.]
+
+~Schlacht bei Dennewitz~ (unweit Jüterbog).
+
+Marschall Ney, welcher mit 70000 Mann Berlin besetzen soll, von +Bülow+
+und +Tauenzien+ geschlagen.
+
+~Napoleon~ zieht nach +Bautzen+ gegen Blücher, der ihm ausweicht,
+dann gegen die Böhmische Armee, die ihm bei +Nollendorf+ (17. Sept.)
+erfolgreich Widerstand leistet, dann nochmals gegen Blücher (Gefecht
+bei +Bischofswerda+). ~Blücher~ gibt dem Feldzug die entscheidende
+Wendung durch seinen Übergang über die ~Elbe~.
+
+[~1813.~ 3. Okt.]
+
+Tapferer Kampf des Yorkschen Korps bei ~Wartenburg~ gegenüber der
+Einmündung der Schwarzen Elster. Auch die unter Bernadottes Führung
+zögernde Nordarmee überschreitet nun die Elbe.
+
+[8. Okt.]
+
++Vertrag zu Ried+ zwischen +Österreich+ und +Bayern+, welches sich vom
+Rheinbunde lossagt und dem Bündnis gegen Napoleon beitritt. Dafür wird
+dem König +Max Joseph+ von Bayern (1799–1825) die Erhaltung seines
+durch Napoleon vergrößerten Gebietes zugesichert.
+
+Als die 3 Hauptheere der Verbündeten eine Vereinigung im Rücken
+Napoleons versuchen, verläßt dieser +Dresden+, zieht nach +Düben+
+(an der Mulde) gegen +Blücher+, der ihm ausweicht, versammelt dann
+seine Truppen bei +Leipzig+ gegen die inzwischen durch die Elbpässe
+gedrungene Böhmische Armee. Reitergefecht bei +Libertwolkwitz+ (14.
+Okt.).
+
+[~16. 18. 19. Okt.~]
+
+~Völkerschlacht bei Leipzig.~
+
+Am 16. Okt. unentschiedener Kampf Napoleons gegen die Böhmische Armee
+(Schwarzenberg) bei ~Wachau~ (südl. von Leipzig); Sieg +Blüchers+ bei
+~Möckern~ (nördl. von Leipzig) über Marmont.
+
+Am 17. Stillstand des Kampfes; Napoleon schickt Friedensanträge
+an Kaiser +Franz+, die jedoch wegen ihrer Unzulänglichkeit keine
+Berücksichtigung finden. Gegen Abend Vereinigung der +vier+ Heere
+der Verbündeten: die Nordarmee und die russische Reservearmee (unter
+Bennigsen) schließen den Kreis nördlich, östlich und südlich von
+Leipzig (die Straße im Westen nach Lindenau nicht besetzt); 255000
+gegen 160000 Mann.
+
+Am 18. ~allgemeiner Angriff~ und nach neunstündigem Kampfe
+~vollständiger Sieg~ der Verbündeten. Kampf um +Probstheida+ südlich,
++Schönfeld+ an der Parthe und +Paunsdorf+ östlich von Leipzig; bei
+Paunsdorf gehen die meisten +Sachsen+ und +Württemberger+ zu den
+Verbündeten über.
+
+Am 19. Erstürmung von +Leipzig+ und Gefangennehmung des Königs von
+Sachsen. Nach Verlust von mehr als 60000 Mann tritt das geschlagene
+Heer Napoleons den Rückzug an. Voreilige Zerstörung der Elsterbrücke.
+Viele Fliehende, unter ihnen der tapfere Fürst +Poniatowski+, Neffe des
+letzten polnischen Königs, finden ihren Tod in der Elster.
+
+Auf dem Rückzuge Kampf Napoleons an der +Unstrut+ gegen +Yorks+ Vorhut;
+Sieg bei ~Hanau~ (30. und 31. Okt.) über ein österreichisch-bayrisches
+Heer unter +Wrede+.
+
+Unmittelbare Folgen der Schlacht bei Leipzig: Flucht des Königs
++Jérôme+ aus Kassel, Ende des Königreichs +Westfalen+, der
+Großherzogtümer +Frankfurt+ und +Berg+. Wiederherstellung der
+alten Regierungen in +Hessen-Kassel+, +Braunschweig+, +Hannover+,
++Oldenburg+. Die »Zentralverwaltung für die in Deutschland eroberten
+Länder«, unter dem Freiherrn +vom Stein+, sorgt in Sachsen, Frankfurt
+und Berg für die weiteren Rüstungen.
+
+[~1813. Nov.~]
+
+Napoleon geht bei +Mainz+ über den +Rhein+ zurück. ~Württemberg~,
+~Hessen-Darmstadt~, ~Baden~ und die noch übrigen Glieder des
+Rheinbundes schließen sich den Verbündeten an. Allmählich werden
+die von den Franzosen besetzten Festungen befreit: +Dresden+ (11.
+Nov.), +Stettin+ (21. Nov.), +Lübeck+ (5. Dez.), +Zamosc+, +Modlin+,
++Torgau+ (26. Dez.), +Danzig+ (30. Dez.), +Wittenberg+ (12. Jan. 1814),
++Küstrin+ (7. März).
+
+In +Glogau+, +Magdeburg+, ~Hamburg~ (+Davout+), +Erfurt+, +Würzburg+,
++Wesel+, +Mainz+ halten sich die französischen Besatzungen bis zum
+Frieden.
+
+Aufstand in ~Holland~ (Nov.), die französischen Behörden verjagt. Ein
+Teil der +Nordarmee+ unter +Bülow+ rückt in Holland ein, während der
++Kronprinz von Schweden in Holstein+ einfällt und in einem kurzen
+Winterfeldzug ~Dänemark~ zum Verzicht auf +Norwegen+ zwingt (Friede zu
++Kiel+, Jan. 1814).
+
+Aus ~Spanien~ werden die Franzosen, nachdem sie schon 1812 den Süden
+des Landes und vorübergehend auch Madrid hatten aufgeben müssen,
+während des Jahres ~1813~ fast ganz verdrängt. Entscheidender Sieg
++Wellingtons+ bei +Vittoria+ (21. Juni).
+
+In Deutschland erfolgt, da Napoleon auf ein von Metternich gemachtes
+Anerbieten, welches ihm die +Alpen-+ und +Rheingrenze+ verspricht,
+nicht ernstlich eingeht, am
+
+[1. Dez.]
+
+der Beschluß, den Krieg energisch weiterzuführen und den Rhein zu
+überschreiten. Das Hauptheer unter +Schwarzenberg+ geht Ende Dez. bei
++Basel+ über den Rhein, um die Hochebene von +Langres+ zu erreichen,
+das Schlesische Heer unter Blücher in der Neujahrsnacht 1814 bei
++Mannheim+, +Kaub+ und +Koblenz+.
+
+[~1814.~]
+
+~Feldzug in Frankreich.~
+
+[29. Jan.]
+
+Um die Vereinigung der verbündeten Heere zu verhindern, greift
++Napoleon+ bei ~Brienne~ +Blücher+ an, der sich zurückziehen muß, sich
+aber dann mit Teilen des Hauptheeres (Kronprinz von Württemberg, Wrede)
+vereinigt und den Kaiser in der
+
+[1. Febr.]
+
+~Schlacht bei La Rothière~ schlägt und über die +Aube+ zurückdrängt.
+Darauf wieder Trennung; das Hauptheer soll an der +Seine+, das
+Schlesische an der +Marne+ entlang nach Paris vorrücken. Napoleon läßt
+40000 Mann gegen Schwarzenberg zurück, wirft sich mit 30000 auf die
+getrennten Teile des +Schlesischen+ Heeres, schlägt
+
+[10.–14. Febr.]
+
+sie in +vier+ Treffen bei +Champaubert+, ~Montmirail~,
++Château-Thierry+ und +Vauchamps+ und zwingt +Blücher+ zum Rückzug über
++Etoges+. Dann wendet
+
+[~1814.~ 17. u. 18. Febr.]
+
+er sich gegen die vorgeschobenen Teile des Hauptheeres und schlägt
+sie bei +Nangis+ und ~Montereau~; Schwarzenberg ordnet den Rückzug
+nach +Troyes+ an. Beide Heere der Verbündeten vereinigen sich wieder
+auf kurze Zeit an der +Aube+. Mittlerweile waren Bevollmächtigte der
+Verbündeten mit dem Gesandten Napoleons, +Caulaincourt+, zu einem
+
+[5. Febr. bis 19. März.]
+
+~Kongreß in Châtillon~ (an der Seine) zusammengetreten, auf dem man
+Napoleon den Besitz +Frankreichs+ mit den Grenzen von 1792 zugestanden
+hätte; allein die Verhandlungen werden infolge seines übermütigen und
+zweideutigen Benehmens abgebrochen.
+
+Die beiden Heere trennen sich wieder. Das Hauptheer unter
++Schwarzenberg+ siegt in der
+
+[27. Febr.]
+
+~Schlacht bei Bar-sur-Aube~ über +Oudinot+ und +Macdonald+, rückt aber
+dann nur langsam vor.
+
+Blücher dringt vor bis in die Nähe von +Meaux+ (an der Marne),
+wendet sich dann nordwärts und vereinigt sich bei +Soissons+ mit dem
++Nordheer+ unter +Bülow+ und +Winzingerode+, welches inzwischen Holland
+und Belgien befreit hat. Die vereinigten Heere besiegen Napoleon in der
+
+[9. u. 10. März]
+
+~Schlacht bei Laon~, doch ohne ihn vernichten zu können. Er zieht mit
+30000 Mann gegen das +Hauptheer+, welches ihn in der
+
+[20. u. 21. März.]
+
+~Schlacht bei Arcis-sur-Aube~ besiegt. Unterdes von der +spanischen+
+Seite her gleichfalls siegreiches Vordringen +Wellingtons+ gegen
++Soult+. Besetzung von +Bordeaux+ (12. März), wo die königliche Fahne
+der Bourbons zuerst aufgepflanzt wird.
+
++Napoleon+ faßt den verwegenen Plan, sich den Verbündeten in den
+Rücken, nach +Lothringen+, zu werfen, die Besatzungen der Festungen an
+sich zu ziehen und die gesamte Bevölkerung zu den Waffen zu rufen. Die
+Verbündeten senden ihm 8000 Reiter nach, die übrigen Truppen, 170000
+Mann, ziehen gegen +Paris+. Die Marschälle Marmont und Mortier werden
+bei ~La Fère Champenoise~ (25. März) zurückgeschlagen und ziehen sich
+nach Paris zurück. Die Regentin +Marie Luise+ entflieht nach +Blois+.
+
+[30. März.]
+
+~Schlacht bei Paris~, auf der Ostseite (Pantin, Vincennes), zuletzt
+Erstürmung des Berges +Montmartre+ auf der Nordseite.
+
+[31. März.]
+
+~Einzug der Verbündeten in Paris~, wo der Senat auf Veranstaltung
++Talleyrands+ den Kaiser und seine Familie des Thrones für verlustig
+erklärt. +Napoleon+ war, seiner Hauptstadt zu Hilfe eilend, wenige
+Stunden zu spät gekommen. Da ihm zu einem verzweifelten Sturme
+auf Paris die Marschälle den Gehorsam verweigern, entsagt er in
++Fontainebleau+ der Krone (6. und 11. April). Er erhält von den
+Verbündeten die Insel +Elba+ als Fürstentum mit 2 Millionen Franks
+Einkünften aus Frankreich; 800 seiner alten Soldaten dürfen ihn
+begleiten. Seine Gemahlin erhält das Herzogtum +Parma+; beide behalten
+den kaiserlichen Titel.
+
+[~1814.~ 10. April.]
+
+~Wellington~ besiegt +Soult+ in der ~Schlacht bei Toulouse~.
+
+[4. Mai.]
+
+Ankunft +Napoleons+ auf +Elba+. Rückkehr der ~Bourbons~ nach
+Frankreich. Ludwigs XVI. Bruder, der sich als König
+
+[~1814–1824.~]
+
+~Ludwig XVIII.~ nennt, erteilt dem Lande eine der englischen
+nachgebildete, gemäßigte +Verfassung+ (Charte octroyée: +Pairskammer+
+und +Deputiertenkammer+) und schließt mit den Verbündeten den
+
+[~1814.~ 30. Mai.]
+
+~Ersten Frieden zu Paris~: 1. ~Frankreich~ nimmt im allgemeinen seine
+Grenzen von 1792 wieder an (gegen 1790 Vermehrung um 8200 qkm [150 □
+Meilen]: +Avignon+ und +Venaissin+, +Teile+ von Savoyen, Elsaß und
+Belgien). 2. +England+ gibt die französischen Kolonien zurück mit
+Ausnahme von +Tabago+, +St. Lucie+ und +Isle de France+, behält ferner
++Malta+ (S. 320f) und die früher holländischen Kolonien +Kapland+ (S.
+331) und +Ceylon+. 3. Die ~Verbündeten~ +verzichten auf alle Summen+,
+welche sie als Entschädigung für französische Erpressungen zu fordern
+haben (!).
+
+Nach dem Pariser Frieden kehrt Papst +Pius VII.+ nach +Rom+, der König
+von Sardinien +Viktor Emanuel+ nach +Turin+, der König von Spanien
++Ferdinand VII.+ nach +Madrid+ zurück. In +Spanien+ beginnt, nachdem
+der König die sehr freisinnige Verfassung der +Cortes+ vom Jahre 1812
+verworfen hat, sofort ein grausamer Kampf der unumschränkten Gewalt
+gegen die liberale Partei. -- Pius VII. stellt den +Jesuitenorden+ (s.
+S. 304) wieder her.
+
+Besuch Kaiser +Alexanders+ und König +Friedrich Wilhelms III.+ in
++London+ (Juni 1814), begleitet von ihren siegreichen Feldherren
+(+Blücher+); begeisterter Empfang von seiten der englischen Nation.
+
+
+§ 5. Wiederherstellung des europäischen Staatensystems.
+
+[~1814–1815.~ Sept. Juni.]
+
+~Wiener Kongreß~,
+
+unter persönlicher Teilnahme der Kaiser von +Österreich+ und +Rußland+,
+der Könige von +Preußen+, +Dänemark+, +Bayern+ und +Württemberg+ und
+vieler deutscher Fürsten. Vertreten sind alle Staaten Europas, mit
+Ausnahme der Türkei. Die geschäftliche Leitung der Verhandlungen hat
+der österreichische Staatskanzler Fürst +Metternich+; für Frankreich
+weiß +Talleyrand+ als Gesandter Ludwigs XVIII. großen Einfluß zu
+gewinnen. Streit entsteht namentlich über die künftige Gestaltung
++Sachsens+ und +Polens+, doch ist der Ausgleich schon gefunden, ehe die
+Nachricht von Napoleons Entweichen aus Elba anlangt.
+
+
+~Hauptbestimmungen der Wiener Kongreßakte (8. Juni 1815):~
+
+1. ~Österreich~ erhält seine alten Gebiete zurück: +Tirol, Vorarlberg,
+Kärnten, Krain, Triest, Galizien, Mailand,+ dazu das 1797 erworbene
++venetianische Gebiet+ und das 1805 erworbene Erzbistum +Salzburg+,
+tritt aber den +Breisgau+ und seine oberschwäbischen Besitzungen an
+Baden und Württemberg, +Belgien+ an Holland ab.
+
+2. ~Preußen~ erhält zurück: einen Teil des Herzogtums Warschau (Provinz
++Posen+) und +Danzig+, die alten Besitzungen in Westfalen und am
+Rhein, auch +Neuchâtel+. Zur Entschädigung für nicht zurückerhaltene
+frühere Besitzungen (+Ansbach+ und +Baireuth+ an Bayern, +Ostfriesland,
+Goslar, Hildesheim+ an Hannover, +polnische+ Gebiete an Rußland) werden
+die +Rheinprovinz+ und +Westfalen+ außer anderem besonders durch die
+Herzogtümer +Jülich+ und +Berg+, die Kurlande +Köln+ und +Trier+
+vergrößert, ferner +Schwedisch-Pommern+ mit Rügen und die Hälfte des
+Königreichs +Sachsen+ hinzugefügt.
+
+3. ~Bayern~ wird durch +Ansbach+ und +Baireuth, Aschaffenburg,
+Würzburg+ und die +linksrheinische Pfalz+ vergrößert; die
+rechtsrheinische mit +Heidelberg+ und +Mannheim+ bleibt bei +Baden+ (S.
+320).
+
+4. Ein ~Königreich der Niederlande~ wird gebildet aus der früheren
++Republik+ der Niederlande (+Holland+) und dem früher österreichischen
++Belgien+. König +Wilhelm I.+, Sohn des letzten Erbstatthalters von
+Holland (S. 314, 321), erhält zum Ersatz für seine nassauischen
+Stammlande auch das +Großherzogtum Luxemburg.+
+
+5. Die deutsche +Kaiserwürde+ nicht wiederhergestellt. Der ~Deutsche
+Bund~ tritt an die Stelle des früheren +Deutschen Reiches,+ gebildet
+von 35 souveränen Fürsten und 4 freien Städten. Grundgesetz
+die +Bundesakte+ vom 8. Juni 1815, ergänzt durch die +Wiener
+Schlußakte+ 1820. Oberste Behörde der ~Bundestag zu Frankfurt a.
+M.~, eine Versammlung von Gesandten der Bundesstaaten unter Vorsitz
+des österreichischen Gesandten. Bundesheer aus Kontingenten der
+Einzelstaaten; Bundesfestungen: Mainz, Luxemburg, Landau, Ulm,
+Rastatt. +Österreich+ und +Preußen+ gehören nicht mit ihrem ganzen
+Gebiet zum Bunde, ersteres nicht mit seinen polnischen, ungarischen
+und italienischen Gebieten, letzteres nicht mit Preußen und Posen.
++Bayern+, +Württemberg+, +Sachsen+ (letzteres verkleinert) bleiben
++Königreiche+; dazu kommt das frühere Kurfürstentum +Hannover+
+(vergrößert) ebenfalls als Königreich, in Personal-Union mit England
+(seit 1714, vgl. S. 299). Der König von England ist als König von
+Hannover, der König von +Dänemark+ als Herzog von Holstein und
+Lauenburg, der König der +Niederlande+ als Großherzog von Luxemburg am
+Deutschen Bunde beteiligt.
+
+6. ~Rußland~ erhält den größten Teil des Herzogtums +Warschau+
+als ~Königreich Polen~. +Krakau+ wird Freistaat unter dem Schutze
++Rußlands+, +Österreichs+ und +Preußens+.
+
+7. ~England~ behält +Malta+, +Helgoland+, die ihm früher zugesicherten
++Kolonien+ (S. 339) und die Schutzherrschaft über die Republik der 7
++Ionischen Inseln+ (S. 316). Auf Englands Antrag gemeinsame Erklärung
+der Großmächte gegen den +Sklavenhandel+.
+
+8. ~Schweden~ wird, gemäß dem Kieler Frieden (S. 337), mit +Norwegen+
+durch Personal-Union vereinigt; ~Dänemark~ wird entschädigt durch
+Schwedisch-Pommern mit Rügen, wofür es das von Hannover an Preußen
+abgetretene +Lauenburg+ eintauscht (bis 1689 deutsches Herzogtum,
+vgl. S. 189, 204, dann mit Hannover vereinigt, 1803 von den Franzosen
+besetzt).
+
+9. Die 19 Kantone der Schweiz (S. 316) werden durch +Genf+, +Wallis+
+und +Neuchâtel+ (zugleich +Kanton+ und +Fürstentum+ im Besitz der Krone
++Preußen+, S. 274) auf 22 vermehrt, die Bundesverfassung neu geordnet.
+
+10. ~Wiederherstellung~ der alten Dynastien in +Spanien+, +Portugal+,
++Sardinien+ (das durch +Genua+ vergrößert wird) und +Toskana+. +Moděna+
+wird gleich Toskana österreichisches Nebenfürstentum, da die Erbtochter
+des letzten Herzogs aus dem Hause +Este+ (Herkules III., S. 304) sich
+mit dem Erzherzog Ferdinand vermählt hat (S. 282). +Parma+, +Piacenza+
+und +Guastalla+ (S. 304) kommen an Napoleons Gemahlin, die Erzherzogin
++Marie Luise+, sollen aber nach ihrem Tode († 1847 als Witwe des Grafen
++v. Neipperg+) an die in +Lucca+ herrschenden Bourbonen zurückfallen.
+Auch der +Kirchenstaat+ wiederhergestellt, dagegen wird in +Neapel+
+Murat (S. 327) als König anerkannt.
+
+Nachrichten von der Mißstimmung in Frankreich gegen die Regierung
+der Bourbons und von den beim Wiener Kongreß besonders wegen der
+polnisch-sächsischen Frage ausgebrochenen Streitigkeiten ermutigen
+Napoleon zur Rückkehr nach Frankreich.
+
+[~1815.~ 1. März.]
+
+~Landung Napoleons bei Cannes~ mit 7 Schiffen. Schneller Marsch auf
++Paris+. Alle gegen ihn gesandten Truppen, auch +Ney+ mit seinem Korps,
+gehen zu ihm über. Ludwig XVIII. entflieht nach Gent.
+
+[~1815.~ 20. März.]
+
+Einzug Napoleons in +Paris+ (+les cent jours+). Die auf dem Wiener
+Kongreß vertretenen Staaten erlassen eine gemeinschaftliche
++Achtserklärung+ gegen ihn und schließen ein neues Kriegsbündnis.
+
+[Mai.]
+
+Napoleon macht der liberalen Partei in Frankreich einige Zugeständnisse
+durch die in einer großen Volks- und Heeresversammlung bei Paris
+(+Maifeld+) verkündete +Zusatzakte+ zur Verfassung des Kaiserreichs,
+in +Belgien+ wird ein +preußisches+ Heer unter ~Blücher~ und ein
++englisch-deutsches+ unter ~Wellington~ gegen ihn zusammengezogen.
+
++Murat+, der sich wieder für Napoleon erklärt, wird von den
+Österreichern bei +Tolentino+ (3. Mai) geschlagen und entflieht
+nach Frankreich. Ferdinand IV. (aus dem Hause +Bourbon+) kehrt von
++Sicilien+ (S. 304, 324) nach Neapel zurück, nennt sich als »König
+beider Sicilien« fortan +Ferdinand I.+ († 1825).
+
+[16. Juni.]
+
+~Schlacht bei Ligny.~ Napoleon, in Belgien vorrückend, schlägt
+die Preußen trotz tapferer Gegenwehr. +Blücher+ in Lebensgefahr,
+von seinem Adjutanten +Nostiz+ gerettet. +Gneisenau+ befiehlt den
+Rückzug nach +Wavre+. An demselben Tage wird Marschall +Ney+ von
++Wellington+, dessen Truppen erst nach und nach auf dem Kampfplatz
+erscheinen, bei ~Quatre-Bras~ zurückgeschlagen. (Herzog Friedrich
+Wilhelm von Braunschweig †.) Napoleon sendet 32000 Mann unter Grouchy
+zur Verfolgung des preußischen Heeres ab in der Richtung auf Namur und
+wendet sich mit über 72000 Mann gegen Wellington.
+
+[18. Juni.]
+
+~Schlacht bei Belle-Alliance (Waterloo).~ Am Nachmittag ist Wellingtons
+Heer (24000 Engländer, 13000 Niederländer, 30000 Hannoveraner,
+Braunschweiger, Nassauer) an mehreren Punkten bereits zum Weichen
+gebracht, als ~Blücher~ mit den +Preußen+ (über 40000) anlangt und den
+Sieg nach mehrstündigem, erbittertem Kampfe zu Gunsten der Verbündeten
+entscheidet. Vollständige Niederlage der Franzosen, ihr von +Gneisenau+
+verfolgtes Heer wird gänzlich zersprengt. Zur selben Zeit kämpft
++Grouchy+, auf dessen Hilfe Napoleon gerechnet hatte, fruchtlos gegen
+ein preußisches Korps bei +Wavre+. Napoleon eilt nach +Paris+, wo er zu
+Gunsten seines +Sohnes+ abdankt; dieser ist genötigt, in Österreich zu
+bleiben († 1832 als Herzog von Reichstadt).
+
+[7. Juli.]
+
+~Zweite Einnahme von Paris.~ Einzug +Blüchers+ und +Wellingtons+, bald
+darauf Rückkehr +Ludwigs XVIII.+, Ankunft der beiden Kaiser und des
+Königs von Preußen.
+
+Unterdes flüchtet +Napoleon+ nach +Rochefort+, wo er sich nach
+vergeblichen Versuchen, nach Amerika zu entkommen, dem britischen
+Admiral +Hotham+ ausliefert, der ihn an Bord des +»Bellérophon«+ nach
+England bringt. Von dort wird er, nach gemeinschaftlichem Beschluß der
+verbündeten Mächte, als Kriegsgefangener nach +St. Helena+ gebracht (†
+5. Mai 1821. Seine Leiche seit 1840 im Invalidendom zu Paris, S. 353).
+
+[~1815.~ 26. Sept.]
+
+Auf Kaiser Alexanders Wunsch Stiftung der ~Heiligen Allianz~ zur
+Erhaltung des Friedens in Europa, zunächst zwischen +Rußland+,
++Österreich+ und +Preußen+; bald schließen sich die übrigen
+europäischen Staaten an, mit Ausnahme Englands, der Türkei und des
+Kirchenstaates.
+
+[Okt.]
+
++Murat+, der in Kalabrien gelandet ist, um das Königreich +Neapel+
+wiederzuerobern, wird gefangen und kriegsrechtlich erschossen.
+
+[~20. Nov.~]
+
+~Zweiter Friede zu Paris~: 1. ~Frankreich~ tritt die Festungen
++Philippeville+ und +Marienburg+ an das Königreich der Niederlande,
++Saarlouis+ und +Saarbrücken+ an Preußen, +Landau+ an Bayern, den im
+ersten Pariser Frieden belassenen Teil von +Savoyen+ an das Königreich
+Sardinien ab. 2. Die Nord- und Ostgrenze Frankreichs +mit+ 17
++Festungen+ bleibt (auf höchstens 5 Jahre) von 150000 Mann verbündeter
+Truppen auf Kosten Frankreichs besetzt. 3. ~Frankreich~ bezahlt 700
+Millionen Franks Kriegskosten. Außerdem werden die nach der ersten
+Einnahme von +Paris+ dort +belassenen+, von den Franzosen weggeführten
+Kunstschätze zurückgenommen.
+
+Dem Verlangen deutscher Patrioten, auch des preußischen Staatskanzlers
++v. Hardenberg+, Frankreich wenigstens einen Teil der alten Vorlande
+des Deutschen Reichs, +Lothringen+ und +Elsaß+, namentlich +Straßburg+,
+wieder abzunehmen und es dadurch seiner +Angriffsstellung+ gegen
+Deutschland zu berauben, wird auch diesmal nicht entsprochen.
+
+Fussnoten:
+
+[51] +Riquetti+, Graf von +Mirabeau+, geb. 1749, † 1791, von seltenem
+Talent, aber sittenlos, verschuldet, mit seiner Familie zerfallen,
+gewählt in der Provence als Abgeordneter des dritten Standes.
+
+[52] ~Napoléon Bonaparte~ geb. 15. Aug. 1769 in Ajaccio auf
++Korsika+ (S. 303f.), 1779 auf der Kriegsschule zu Brienne, dann in
+Paris, 1785 Leutnant in Valence, 1789–92 meist auf Korsika, wo damals
+Aufstand gegen die französische Herrschaft war, 1793 Hauptmann, dann
+in Paris mit den Jakobinern in Beziehung, vor Toulon zum Oberst, nach
+der Einnahme zum Brigadegeneral der Artillerie befördert, 1794 in
+Robespierres Sturz verwickelt und verhaftet, aber wieder freigelassen,
+1795 wegen Insubordination aus den Listen der Armee gestrichen.
+~»Seine militärische Begabung erhob ihn zum Beherrscher Europas«.~
+
+[53] Gebhard Leberecht ~v. Blücher~, geb. 1742 zu Rostock, tritt
+1758 bei den schwedischen Husaren in Vorpommern ein, 1760 bei den
+preußischen Husaren, kämpft mit bei Freiberg 1762, nimmt 1773 als
+Rittmeister seinen Abschied, tritt 1787 als Major wieder ein,
+führt 1794 als General sein Regiment bei Kaiserslautern; 1802–1806
+kommandierender General in Münster, Okt. 1813 Feldmarschall, † 1819.
+
+[54] Karl Freiherr vom ~Stein~, geb. 1757 zu Nassau, seit 1780 im
+preußischen Staatsdienst, 1796 Oberpräsident der westfälischen Kammer
+in Minden, 1804 Finanzminister, Januar 1807 vom König in Ungnaden
+entlassen, nach dem Tilsiter Frieden zurückberufen. Minister bis 1808,
+1812 von Kaiser Alexander nach Petersburg berufen, 1813–14 einflußreich
+im Hauptquartier der Verbündeten und auf dem Wiener Kongreß, † 1831 zu
+Kappenberg in Westfalen.
+
+[55] Karl August ~v. Hardenberg~, geb. 1750 zu Essenroda im
+Hannoverschen, seit 1792 im preußischen Staatsdienst, 1804–06 Minister
+des Auswärtigen, 1810 Staatskanzler, 1814 in den Fürstenstand erhoben,
+† 1822.
+
+[56] Gerhard David ~Scharnhorst~, geb. 1755 zu Bordenau
+im Hannoverschen, seit 1802 preußischer Offizier, 1806
+Generalquartiermeister beim Herzog von Braunschweig, in Lübeck
+gefangen, doch bald ausgewechselt, † 28. Juni 1813 in Prag.
+
+
+
+
+~D. Vom Wiener Kongress bis auf unsere Zeit.~
+
+
+§ 1. Neue Erfindungen.
+
+Aufschwung der Gewerbetätigkeit und des Verkehrs, auch politische
+Annäherung der Nationen durch praktische Anwendung der
+Naturwissenschaften:
+
+1. Die ersten Versuche, den ~Dampf~ als bewegende Kraft zu verwenden,
+reichen ins 17. Jahrhundert zurück. Die Franzosen schreiben die
+Erfindung dem Physiker +Denis Papin+ aus Blois (um 1690), die Engländer
+dem Marquis +von Worcester+ (1663) und dem Kapitän +Savery+ (1698)
+zu. Benutzung einer Dampfmaschine beim Bergbau durch +Newcomen+ 1706
+in Devonshire. Hauptverbesserer der +Dampfmaschine+, durch dessen
+Erfindungen es erst möglich wurde, dieselbe in den verschiedensten
+Gewerben zu verwenden, war ~James Watt~ (1769 in +Birmingham+, † 1819).
+
+2. Versuche mit +Dampfschiffen+ wurden (nach Papins Vorgang 1707) 1774
+und 1775 auf der +Seine+, 1786 durch Symington in +Edinburg+ gemacht.
+Den ersten regelmäßigen Dampfschiffsverkehr richtete der Amerikaner
+~Fulton 1807~ auf dem Hudsonflusse ein, 1818 ging das erste Dampfschiff
+von +New-York+ nach +Liverpool+. Dampfschiffahrt auf dem Rhein seit
+1825. Hamburg-Amerika-Linie 1847, Norddeutscher Lloyd in +Bremen+ 1857
+gegründet.
+
+3. Gewaltige Entwickelung des Landverkehrs durch die ~Eisenbahnen~.
+Holzbahnen mit Eisenschienen seit 1767 in englischen Bergwerken
+gebräuchlich. Erfinder der +Lokomotive+ George ~Stephenson 1814~
+(in Newcastle am Tyne). Erste größere Eisenbahnlinie für den
+Personenverkehr +Liverpool-Manchester+ 1830, in Deutschland
++Nürnberg-Fürth+ 1835, +Leipzig-Dresden+ 1837, +Berlin-Potsdam+ 1838,
++Berlin-Hamburg+ 1845.
+
+4. Den +elektrischen Telegraphen+ erfand 1809 +Sömmering+ in München;
+den Elektromagnetismus benutzten 1833 +Gauß+ und +Weber+ in Göttingen
+zuerst für Fernverständigung; die ersten für Verkehrszwecke brauchbaren
+Apparate baute 1837 +Wheatstone+ in London. Den Schreibtelegraphen
+erfand +Morse+ in New-York 1837. Erstes unterseeisches Kabel 1851 von
++Dover+ nach +Calais+; erste ozeanische Verbindung 1866 von der Insel
++Valencia+ (an der Westküste von Irland) nach +Neufundland+.
+
+5. ~Erweiterte Anwendung der elektrischen Kraft~: +Fernsprecher+
+(Telephon), erfunden 1861 von Philipp Reis in Friedrichsdorf bei
+Homburg. +Elektrische Beleuchtung+ (1879 Edison in New-York) neben
+der seit 1814 (zuerst in London, 1826 in Berlin) üblich gewordenen
+Gasbeleuchtung. +Elektrische Eisenbahn+ (1879 Werner Siemens in
+Berlin). +Drahtlose Telegraphie+: Elektrische Wellen im Luftraum,
+hergestellt und beobachtet 1887 von +H. Hertz+ in Karlsruhe, zu
+telegraphischen Zwecken seit 1897 benutzt von +Marconi+ u. a.
+
+6. Die ~Motorwagen~ (Automobile), seit 1895 in Frankreich beliebt,
+dann auch in andern Ländern immer mehr eingeführt, fördern schnellen
+Verkehr, ohne an Schienenwege gebunden zu sein.
+
+7. ~Motor-Luftschiffahrt~, seit 1907 erfolgreich betrieben von Graf
++Zeppelin+ (Friedrichshafen am Bodensee), Major +v. Parseval+ (Berlin),
+Major +Groß+ (Berlin, Militär-Luftschiff). Auch andere Staaten benutzen
+das lenkbare Luftschiff zu Kriegszwecken, ebenso wie in neuester Zeit
+auch die ~Flugmaschine~ (Aeroplan). Die Gebrüder +Wright+ in Amerika
+u. a..
+
+
+§ 2. Verfassungs- und Unabhängigkeitskämpfe.
+
+[1817.]
+
+Dreihundertjährige Jubelfeier der +Reformation+. Begründung der
+~Evangelischen Union~ durch König Friedrich Wilhelm III. von Preußen.
+Das von deutschen Studenten am 18. Okt. veranstaltete +Wartburgfest+
+erregt Befürchtungen wegen »demagogischer Umtriebe« gegen die deutsche
++Bundesverfassung+ und die Souveränität der Bundesfürsten.
+
+[1818.]
+
+Kongreß zu ~Aachen.~ Die Großmächte beschließen, die Besatzungstruppen
+aus Frankreich zurückzuziehen.
+
+Verfassungen (mit Volksvertretung in zwei Kammern, vgl. S. 339) werden
+1818 in +Sachsen-Weimar+, +Bayern+ und +Baden+, 1819 in +Württemberg+,
+1820 in +Hessen-Darmstadt+ eingeführt; in +Preußen+ 1823 nur
+Provinzialstände.
+
+[1819.]
+
+Der russische Staatsrat +Kotzebue+, der regelmäßige Berichte über die
+nationalen Bestrebungen in Deutschland an seine Regierung sandte, von
+dem Studenten +Sand+ aus politischen Gründen in Mannheim ermordet.
++Ministerkongreß+ in ~Karlsbad~. Auf Antrag des österreichischen
+Ministers ~Metternich~ wird Zensur für Bücher und Zeitungen, Verbot
+des Turnens, Beaufsichtigung der Universitäten, Verbot der 1815
+in Jena gestifteten +deutschen Burschenschaft+ beschlossen und
+vom Bundestag in +Frankfurt+ genehmigt. Die Bundesversammlung in
+Frankfurt wird für die oberste Gesetzgebung in Deutschland erklärt.
+Zentral-Untersuchungskommission in +Mainz+ eingesetzt, um die
+Bundesbeschlüsse gegen widerstrebende Bevölkerungen und Regierungen
+durchzusetzen.
+
+[1820.]
+
++Wiener Schlußakte+ (s. S. 340) gegen die landständischen Verfassungen
+gerichtet, zur Sicherung der Souveränität der deutschen Bundesfürsten.
+
+In +Spanien+ Erhebung der Liberalen für die aufgehobene Verfassung von
+1812, welche wiederhergestellt wird (S. 339).
+
+[1820.]
+
+[1821.]
+
+Kongreß zu ~Troppau~}
+
+Kongreß zu ~Laibach~} wegen der aufständischen Bewegungen in +Neapel+
+und +Piemont+, wo die Verfassung und alle französischen Einrichtungen
+nach der Rückkehr der Herrscher wieder aufgehoben worden waren,
++österreichische+ Truppen rücken in Neapel und in das Königreich
+Sardinien ein zur Wiederherstellung des unumschränkten Königtums.
++Viktor Emanuel+ von Sardinien dankt ab zu Gunsten seines Bruders +Karl
+Felix+.
+
+[1822.]
+
+Kongreß zu ~Verona~ wegen der spanischen und griechischen Unruhen (S.
+346f.).
+
+[1823.]
+
+Französische Truppen (95000 Mann) rücken in +Spanien+ ein, dringen
+unter dem Neffen Ludwigs XVIII., Herzog von +Angoulême+, bis Cadiz
+vor (31. Aug., der +Trocadero+ erstürmt, eine befestigte Landzunge in
+der Bai von Cadiz) und befreien den dort gefangen gehaltenen König
++Ferdinand VII.+ Absolutismus wiederhergestellt. Grausame Reaktion,
+zahlreiche Hinrichtungen.
+
+[~1810–1825.~]
+
+~Befreiungskrieg der spanischen Kolonien in Amerika.~
+
+Der Beginn des Kampfes gehemmt durch das +Erdbeben von Caracas+ 1812;
+1813 zieht ~Bolivar~ als Befreier in Caracas ein, muß dann vor den
+Spaniern nach Neu-Granada entweichen, wird 1819 zum Präsidenten der
+Bundesrepublik +Colombia+ erwählt, befreit 1822 +Quito+, 1823–1824
++Peru+. +Chile+ erklärt sich 1816, +Argentina+ 1817 unabhängig, später
+auch +Paraguay+ und +Uruguay+. In +Mexiko+ tritt 1821 +Iturbide+ als
+Kaiser Augustin I. auf, 1823 wird das Land Bundesrepublik, ebenso die
+5 Staaten von +Mittel-Amerika+. England (Lord +Canning+ leitender
+Minister +Georgs IV.+) erkennt zuerst die neuen Freistaaten an und
+schließt mit ihnen Handelsverträge. Die Vereinigten Staaten von Amerika
+(Präsident +Monroe+) erlassen 1823 die Erklärung, keine Einmischung
+Europas in die politische Gestaltung Amerikas dulden zu wollen
+(+Monroe-Doktrin+). Colombia teilt sich 1830 (Bolivar †) in die drei
+Republiken +Neu-Granada+ (1861 wieder Colombia genannt), +Venezuela+,
++Ecuador+.
+
+Brasilien, bisher portugiesische Kolonie, wird 1822 unabhängiges
+Kaisertum unter +Dom Pedro I.+, dem Sohne Johanns VI., letzterer kehrt
+nach Portugal zurück (vgl. S. 327). Sein jüngerer Sohn +Dom Miguel+
+erregt Unruhen in ~Portugal~, um die Cortes zu beseitigen, herrscht
+nach dem Tode des Vaters (1826) gewalttätig und grausam, wird 1834 von
++Dom Pedro I.+ vertrieben. Dieser überläßt die Regierung Brasiliens
+seinem Sohne Pedro II., in Portugal setzt er seine Tochter +Maria da
+Gloria+ ein, deren Gemahl Ferdinand von Sachsen-Koburg wird (S. 352).
+Verfassung vom Jahre 1826, abgeändert 1838.
+
+[~1821–1829.~]
+
+~Griechischer Befreiungskrieg~, vorbereitet durch die +Hetärie+ einen
+1814 von griechischen Kaufleuten in Odessa gestifteten Geheimbund zur
+Befreiung der Griechen von der türkischen Herrschaft. Fürst Alexander
++Ypsilanti+ (russischer General und Adjutant Kaiser Alexanders I.)
+an der Spitze eines Griechenaufstandes in der Moldau und Walachei
+(März-Juni 1821), wird geschlagen, rettet sich nach Österreich, wird 6
+Jahre in Munkacz und Theresienstadt gefangen gehalten, † in Wien 1828.
+
+[1821. April.]
+
+Aufstand in Morea (+Mainoten+) und auf den Inseln. Wüten der Türken
+gegen die Griechen in Konstantinopel. Der Patriarch +Gregorios+
+aufgeknüpft.
+
+[1822.]
+
+Blutbad auf der Insel +Chios+, die Türken ermorden über 20000 Griechen.
++Kanaris+ verbrennt einen Teil der türkischen Flotte an der Küste von
+Chios. Der tapfere Widerstand der Griechen (Miaulis aus Hydra. Marcus
+Bozzaris u. a.) erregt überall Teilnahme. Freiwillige (Philhellenen)
+eilen aus Deutschland, Italien, Frankreich herbei; der englische
+Dichter Lord +Byron+ landet mit zwei Schiffen bei der bedrohten Festung
++Missolunghi+ (1824); der Genfer Bankier +Eynard+ organisiert die
+Hilfsvereine. +Wilhelm Müllers+ Griechenlieder.
+
+[1825.]
+
+Mehemed Ali, Pascha von Ägypten, sendet dem Sultan Mahmud II. seinen
+Sohn +Ibrahim+ zu Hilfe, welcher in +Morea+ grausam wütet. Aussicht auf
+russische Hilfe für die Griechen erst nach dem Tode des kinderlosen
+Alexander I. (1. Dez.). Ihm folgt sein Bruder als
+
+[~1825–1855.~]
+
+~Nikolaus I., Kaiser von Rußland~, nach Verzichtleistung des älteren
+Bruders +Konstantin+ (S. 295).
+
+[1826.]
+
+Die Türken erobern die heldenmütig verteidigte Festung +Missolunghi+.
+
+[~1827.~]
+
++England+, +Rußland+ und +Frankreich+ schließen auf Betreiben des
+englischen Ministers +George Canning+ ein Bündnis zum Schutze der
+Griechen.
+
+[Juni.]
+
+Aufstand der +Janitscharen+ in Konstantinopel; sie werden auf Befehl
+des Sultans teils getötet, teils nach Asien abgeführt.
+
+[20. Okt.]
+
+~Schlacht bei Navarin.~
+
+Die türkische Flotte wird von der englischen, französischen und
+russischen zerstört (»untoward event«). Französische Truppen landen in
+Morea, Ibrahim zum Abzug genötigt.
+
+Russische Truppen besetzen 1828 die Donaufürstentümer, General
++Diebitsch+ überschreitet 1829 den Balkan und besetzt Adrianopel,
+während in Asien General +Paskjewitsch+ Kars und Erzerum erobert.
+
+Im ~Frieden zu Adrianopel~ 1829 erhält Rußland die Inseln vor der
+Donaumündung, in Asien das Gebiet von Achalzik südlich vom Kaukasus.
+Den Donaufürstentümern +Serbien+, +Moldau+, +Walachei+ wird das Recht,
+christliche Statthalter (Hospodare) unter türkischer Oberhoheit zu
+wählen, bestätigt. Die Türkei erkennt im voraus die Beschlüsse der
++Londoner Konferenz+ an, welche 1830 die ~Unabhängigkeit Griechenlands~
+aussprechen.
+
+Graf +Capodistrias+ (1814–22 russischer Minister) führt vorläufig als
+Präsident die Verwaltung; er wird 1831 in +Nauplĭa+, dem Sitz der
+Regierung, ermordet. Darauf erheben die Schutzmächte (England, Rußland,
+Frankreich) zum König von Griechenland den Sohn König Ludwigs I. von
+Bayern, ~Otto I.~, welcher 1832–1862 regiert, dann durch einen Aufstand
+vertrieben wird († 1867). ~Athen~ erhebt sich als Residenzstadt zu
+neuer Bedeutung.
+
+~Rußland~ beginnt, nachdem 1795 +Derbent+ (S. 278) abermals besetzt,
+1801 +Georgien+ (S. 297) zur Provinz gemacht, 1813 die Südwestküste des
+Kaspischen Meeres mit +Baku+, 1827 +Eriwan+ den Persern entrissen ist,
+langwierige Kämpfe zur Unterwerfung der +Kaukasus+völker.
+
+[1829.]
+
+In ~England,~ wo 1820–1830 +Georg IV.+ regiert, unter dem Ministerium
+des Herzogs von +Wellington+ nach Aufhebung der Testakte (S. 270)
++Emanzipation der Katholiken+, d. h. Zulassung derselben zum Parlament
+und zu Staatsämtern. Nach lebhaften Verhandlungen folgt 1832 unter
+König +Wilhelm IV.+ (1830–1837) die ~Parlamentsreform~; 56 kleine Orte
+verlieren das Wahlrecht, eine Anzahl von Grafschaften und größeren
+Städten wählt dafür fortan mehr Vertreter ins Unterhaus.
+
+
+§ 3. Die Zeit von 1830–1848.
+
+Abermals geht von ~Frankreich~ eine Erschütterung der europäischen
+Verhältnisse aus, die jedoch leichter überwunden wird als die frühere.
+~König Karl X.~ (1824–1830, Bruder Ludwigs XVI. und XVIII., früher
+Graf von Artois, s. S. 307) regiert wie sein Bruder, der Talleyrand
+entlassen, den Marschall Ney zum Tode und alle Mitglieder der Familie
+Bonaparte nebst den »Königsmördern« zur Verbannung verurteilt hatte,
+und erregt durch sein Streben nach Herstellung des unbeschränkten
+Königtums wachsende Mißstimmung, die auch durch einen Erfolg der
+auswärtigen Politik, die Eroberung des Seeräuberstaates ~Algier~ (Juni
+und Juli 1830) nicht vermindert wird.
+
+[~1830.~]
+
+~Pariser Julirevolution.~ Durch das ultraroyalistische Ministerium
++Polignac+ wird der König am 25. Juli 1830 zur Unterzeichnung
+von 5 Ordonnanzen (Verfügungen) bewogen, welche 1. die letzten
+oppositionellen Kammerwahlen für ungültig erklären, 2. das +Wahlgesetz+
+zu einem Privilegium der reichsten Grundbesitzer machen (262
+Abgeordnete statt der früheren 430) und 3. die +Preßfreiheit+ aufheben.
+Diese Verletzung der Verfassung erregt einen Aufstand in Paris. Nach
+dreitägigem Straßenkampf (27.–29. Juli) ziehen die Truppen sich zurück.
+Karl X. dankt ab zu Gunsten seines Enkels, des 1820 geborenen Herzogs
+Heinrich von Bordeaux, +Graf von Chambord+, dessen Vater, der Herzog
+von Berry, 1820 (Febr.) ermordet worden war; aber durch Beschluß der
+Pairs und Deputierten wird auf den Thron erhoben der Sohn Philipp
+Egalités, +Herzog Ludwig Philipp von Orléans+ aus der jüngeren Linie
+des Hauses Bourbon (s. S. 349) als
+
+[~1830–1848.~]
+
+~Ludwig Philipp I.,~ König der Franzosen.
+
+[1830.]
+
+~Belgischer Aufstand.~ Das vom Wiener Kongreß geschaffene Königreich
+der +Niederlande+ hat keinen Bestand; die Belgier, durch Sprache,
+Konfession und Beschäftigung verschieden, fühlen sich unter der
+holländischen Regierung zurückgesetzt und hoffen auf Frankreichs
+Hilfe.
+
+ ~Häuser Bourbon älterer und jüngerer Linie (Orléans).~
+
+ ~Heinrich IV.~, erster König aus dem Hause Bourbon, †1610.
+ |
+ ~Ludwig XIII.,~ †1643.
+ |___________________...
+ |
+ ~Ludwig XIV.~, †1715.
+ |
+ Ludwig, Dauphin, †1711.
+ ________________|_________________
+ | |
+ Ludwig, Hz. v. Bourgogne, Philipp V., K. v. Spanien,
+ †1712. Stammvater der Bourbons
+ | in Spanien, Neapel u. Parma, †1746.
+ |
+ ~Ludwig XV.~, †1774.
+ |
+ Ludwig, Dauphin, †1765.
+ ______|__________________________
+ | | |
+ ~Ludwig XVI.~, ~Ludwig XVIII.~, ~Karl X.~,
+ †1793. †1824. †1836.
+ | |
+ Ludwig (XVII.), Karl Ferdinand,
+ †1795. Hz. v. Berry,
+ †1820.
+ |
+ Heinrich V.,
+ Graf v. Chambord,
+ †1883.
+
+
+ ~Heinrich IV.~, erster König aus dem Hause Bourbon, †1610.
+ |
+ ~Ludwig XIII.,~ †1643.
+ ...__|______________________
+ |
+ Philipp, Hz. v. Orléans, †1701.
+ Gem. Elisabeth Charlotte v. d. Pfalz, †1721.
+ |
+ Philipp, Regent, †1723.
+ |
+ Ludwig, †1752.
+ |
+ Ludwig Philipp, †1785.
+ |
+ L. Philipp (Égalité), †1793.
+ |
+ ~Ludwig Philipp~,
+ K. d. Franzosen, †1850.
+ _____________________________________________________________
+ | | | | | |
+ Ferdinand, Ludwig, Klementine, Franz, Heinrich, Anton,
+ Hz. v. Orléans, Hz. v. Gem. August Hz. v. Hz. v. Hz. v.
+ †1842. Nemours, v. Koburg, Joinville, Aumale, Montpensier.
+ | †1896. †1907. †1900. †1897. †1890.
+ | |______________ |__ |
+ __|__________________ __|___________ | |
+ Ludw. Philipp, Robert, Gaston, Ferdinand, Peter, Anton,
+ Graf v. Paris, Hz. v. Graf v. Eu. Hz. v. Hz. v. Infant v.
+ †1894. Chartres. Alençon. Penthièvre Spanien.
+ | __|___________ |
+ | Johann, | _________|__________
+ | Hz. v. Guise. 1. Pedro, Emanuel, Alfons. Louis Ferdinand.
+ | 2. Ludwig, Hz. v.
+ __|__________________________ 3. Anton. Vendôme.
+ Ludw. Philipp, Ferdinand, 3 Kinder.
+ Hz. v. Orléans. Hz. v. Montpensier. Karl Philipp.
+
+[25. Aug.]
+
+Aufstand in +Brüssel+, bald auch im ganzen Lande. Prinz +Friedrich+,
+der zweite Sohn König Wilhelms I., wird gezwungen, mit den
+holländischen Truppen Brüssel zu verlassen; General +Chassé+ behauptet
+die Citadelle von +Antwerpen+, indem er die Stadt beschießen läßt. 18.
+Nov. +Unabhängigkeitserklärung+ des belgischen Nationalkongresses.
+Provisorische Regierung.
+
+Die +Londoner+ Konferenz der Großmächte (Lord +Palmerston+ englischer
+Minister) bewirkt Einstellung der Feindseligkeiten und erkennt den
+neuen Staat an (Jan. 1831), der sich eine freisinnige monarchische
+Verfassung gibt. Nachdem +Ludwig Philipp+ die auf seinen zweiten Sohn
+gefallene Königswahl abgelehnt hat, wird zum +König der Belgier+ gewählt
+
+[1831–1865.]
+
+~Leopold I.~ von Sachsen-Koburg (S. 352), der sich mit einer Tochter
+Ludwig Philipps vermählt. Fortgang des Kampfes mit Holland bis 1833.
+Einmarsch eines französischen Heeres. Belagerung und Einnahme der
+Citadelle von +Antwerpen+. Friede 1839.
+
+In ~Deutschland~ wird 1830 Herzog Karl von +Braunschweig+ vertrieben (†
+1873 in Genf); sein Bruder Wilhelm übernimmt nach einem Beschluß des
+Bundestages die Regierung. Unruhen in +Sachsen+ und +Kurhessen+; in
+beiden Ländern wird 1831 eine neue Verfassung verkündet, in +Hannover+
+1833.
+
+[~1830–1831.~]
+
+~Polnischer Aufstand.~ Erhebung in Warschau (1830, 29. Nov.). Ein
+Mordversuch gegen den Großfürsten +Konstantin+, Bruder des Kaisers
+Nikolaus (S. 347), mißlingt. Provisorische Regierung mit Fürst +Adam
+Czartoryski+ an der Spitze. Kaiser Nikolaus durch den Reichstag
+abgesetzt (1831, Jan.). Ein russisches Heer von 118000 Mann unter
+General +Diebitsch+ dringt in Polen ein; blutige ~Gefechte bei Grochow~
+(19.–25. Febr. 1831), wo die Polen der russischen Übermacht lange
+Widerstand leisten, sich aber doch zuletzt auf Praga zurückziehen
+müssen. Der Aufstand verbreitet sich über Litauen und Podolien.
+Diebitsch siegt in der Schlacht bei ~Ostrolenka~ (26. Mai), stirbt
+aber bald darauf an der Cholera. Uneinigkeit der Polen, Bluttat der
+demokratischen Partei in Warschau. Dadurch wird dem neuen russischen
+Oberfeldherrn +Paskjewitsch+ das Vordringen erleichtert, er erobert
+Warschau (Sept. 1831). Bald wird der Aufstand im ganzen Lande
+unterdrückt. Polen verliert die von Kaiser Alexander I. 1815 verliehene
+Verfassung und wird fortan als russische Provinz mit Strenge regiert.
+
+[1831.]
+
+Aufstände in +Modĕna+, +Parma+ und der +Romagna+, mit österreichischer
+Hilfe unterdrückt.
+
+[1833–1840.]
+
+In ~Spanien~ Bürgerkrieg nach dem Tode Ferdinands VII. Durch
++Espartero+ siegt nach blutigem Kampfe die +Verfassungs+partei
+(Christinos) für die unmündige Königin +Isabella II.+ (1833–1868) und
+deren Mutter +Marie Christine+ (von Neapel) über die »Karlisten«, d. h.
+die Anhänger des Prinzen Don +Carlos+ (Bruder Ferdinands VII.), welcher
+1839 zur Flucht nach Frankreich genötigt wird († 1855 in Triest).
+Verkündigung einer Verfassung.
+
+[1837.]
+
++Espartero+ Regent (1841–1843), dann sein persönlicher Feind +Narvaez+;
+dieser ruft die von Espartero vertriebene Königin Marie Christine
+zurück und verstärkt durch die abgeänderte Verfassung (1845) die
+königliche Gewalt.
+
+[1833.]
+
+Aufstandsversuch in +Frankfurt a. M.+ gegen den deutschen Bundestag.
+Hierdurch und durch das im Jahre vorher von der demokratischen Partei
+in Rheinbayern veranstaltete +Hambacher Fest+ werden wiederum (S. 345)
+die Einsetzung politischer Untersuchungskommissionen, Verhaftungen und
+Verurteilungen herbeigeführt.
+
+[1833.]
+
+Gründung des ~deutschen Zollvereins,~ angeregt durch das +preußische
+Zollgesetz+ von 1818, welches alle Zollgrenzen im Innern des Landes
+aufhob und alle Zollstellen an die Grenzen verlegte. Besondere Vereine
+der kleineren Staaten, namentlich der 1828 gegründete mitteldeutsche
+Handelsverein haben keinen Bestand. Nach und nach werden Verträge mit
+Preußen abgeschlossen.
+
++Österreich+, wo 1835–1848 ~Kaiser Ferdinand I.~ regiert, bleibt
+ausgeschlossen. Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Mecklenburg-Strelitz
+und Schaumburg-Lippe bilden 1834 den +Steuerverein+ und treten dem
+deutschen Zollverein erst 1851 bei. Der Zollanschluß der Hansestädte
+Bremen und Hamburg erfolgt erst 1888.
+
+[~1837.~]
+
+Nach dem Tode Wilhelms IV., Königs von England (1830–1837),
+folgt in +Hannover+ nach dem salischen Gesetze (s. S. 207) sein
+Bruder +Ernst August+ (1837–1851), welcher die 1833 für Hannover
+verkündigte Verfassung aufhebt, weil sie ohne seine, des damaligen
+Thronerben, Zustimmung zustande gekommen sei. Absetzung der 7 dagegen
+protestierenden Göttinger Professoren (+Jakob+ und +Wilhelm Grimm+,
++Dahlmann+, +Gervinus+, +Ewald+, +Albrecht+ und +Weber+). Abgeänderte
+Verfassung 1840.
+
+[1837 u. 1838.]
+
+Streit der preußischen Regierung mit den Erzbischöfen von +Köln+ und
++Gnesen-Posen+, besonders wegen der konfessionellen Erziehung der
+Kinder aus gemischten Ehen.
+
+ ~Georg III.,~
+ K. v. England u. Hannover,
+ †1820.
+ _____|______________________________________________
+ | | | |
+ ~Georg IV.,~ ~Wilhelm IV., ~ Eduard~, ~Ernst August,~
+ K. v. E. u. H., K. v. E. u. H., Hz. v. Kent, K. v. Hannover,
+ †1830. †1837. †1820. †1851.
+ | | |
+ | ~Viktoria,~ ~Georg V.,~
+ | K. v. England, K. v.
+ | †1901, Hannover,
+ Charlotte, Gem. Albert †1878.
+ †1817, v. Koburg, |
+ Gem. Leopold I. †1861. Ernst August,
+ v. Koburg, Hz. v.
+ †1865. Cumberland.
+ _____|______
+ Georg Wilhelm. Ernst August.
+
+ Albert,
+ †1861,
+ Gem.
+ Viktoria
+ v. Engl.,
+ †1901.
+ _______________________________________________|________
+ Viktoria, ~Eduard VII.,~ ~Alfred,~ Arthur, Leopold
+ †1901, †1910. Hz. v. Hz. v. Hz. v. Albany,
+ Gem. K. v. England, Koburg, Connaught. †1884.
+ Friedr. III. Gem. Alexandra †1900. |
+ v. Preußen. v. Dänemark. ~Karl Eduard,~
+ | Hz. v. Koburg.
+ ~Georg V.,~ |
+ Gem. Mary v. Teck. Johann Leopold.
+ _______________|___________________________________
+ Eduard, Prinz v. Wales; Albert, Heinrich, Georg, Johann.
+
+
+ ~Franz,~
+ Hz. v. Koburg,
+ †1806.
+ _______|___________________________________________________
+ | | |
+ ~Ernst I.~ Ferdinand ~Leopold I.,
+ Hz. v. Koburg, Gem. Fürstin v. Kohary, K. d. Belgier,
+ †1844. †1851. †1865.
+ __|_______________ __|_________________ __|______________
+ | | | | | | |
+ ~Ernst II.,~ Albert, ~Ferdinand II.,~ August, ~Leopold II.,~ Philipp,
+ †1861, †1885, G. Gem. K. d. Belgier, G. v.
+ Gem. Maria da Klementine †1909. Flandern,
+ Viktoria Gloria, K. v. †1905.
+ v. Engl., v. Portugal Orléans,
+ †1901. †1853. †1907.
+ ___________________|__ |
+ | | _______|________
+ ~Pedro V.,~ ~Ludwig I.,~ | |
+ K. v. K. v. Philipp, ~Ferdinand,~
+ Portugal, Portugal, Prinz v. 1887 Fürst,
+ †1861. †1889. Koburg. 1908 K. v.
+ | Bulgarien.
+ ~Karl I.,~ |
+ K. v. Portugal 1. Boris,
+ †1908. Prinz v.
+ | Tirnowa.
+ | 2. Kyrill.
+ ~Manuel II.,~
+ K. v. Portugal,
+ vertrieben 1910. ~Albert I.,~
+ K. d. Belgier.
+ _________|________
+ | |
+ Leopold. Karl.
+
+[~1840–1861.~]
+
+~Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen,~ bei seinem
+Regierungsantritt mit großen Erwartungen begrüßt. Amnestie für
+politische Vergehen, Freilassung der verhafteten Erzbischöfe von Köln
+und Gnesen-Posen. 1847 Berufung des +ersten vereinigten Landtags+ nach
+Berlin (s. Anhang).
+
+[~1837–1901.~]
+
+~Viktoria, Königin von England,~ Nichte +Wilhelms IV.+, 1840 vermählt
+mit +Albert+ von Sachsen-Koburg (prince-consort, † 1861). Vgl. die
+Stammtafel S. 352. In Irland vergebliche Bestrebungen für den Widerruf
+(+repeal+) der seit 1801 bestehenden parlamentarischen Vereinigung mit
+England (+O’Connell,+ † 1847). In England Bewegung für den Freihandel
+(Richard +Cobden+ in Manchester); die Abschaffung der beschränkenden
+Korngesetze wird 1846 erreicht.
+
+Krieg gegen +Afghanistan+ 1839–1842; durch zwei Kriege gegen die
++Sikhs+ (1845–1849) wird das Pendschab-Gebiet unterworfen. Krieg gegen
++China+ 1810 wegen Verbots der Opiumeinfuhr aus Indien (+Opiumkrieg+);
+1842 werden fünf chinesische Häfen den Europäern geöffnet, der
+Opiumhandel gestattet, die Insel +Hongkong+ an England abgetreten.
+In +Hinterindien+ erwirbt England durch Kriege gegen das Reich
++Birma+ 1826 die Küste von Arakan und die Landschaft Assam, 1853 das
+Mündungsgebiet des Irawadi (Pegu), 1886 ganz Birma (s. § 13).
+
+In ~Frankreich~ versucht während der Regierung Ludwig Philipps der
+Neffe Napoleons I., ~Louis Napoleon,~[57] 1836 in +Straßburg+ und
+1840 in +Boulogne+ einen Aufstand. Er wird das erstemal auf einem
+französischen Kriegsschiff nach Amerika geschickt, das zweitemal zu
+lebenslänglicher Haft verurteilt, entkommt aber 1846 aus der Festung
+Ham.
+
+[~1840.~]
+
+Beginn der +Befestigung von Paris+ unter dem Ministerium +Thiers+ aus
+Anlaß einer Kriegsgefahr, welche dadurch entstanden war, daß Frankreich
+sich des aufständischen +Mehemed Ali+ von Ägypten (s. S. 347) gegen den
+Sultan annahm. Frankreichs Kriegsdrohung gegen Deutschland erregt das
+Nationalgefühl gewaltig. Nik. +Beckers+ Rheinlied, +Schneckenburgers+
+»Wacht am Rhein«. Bündnis der 4 anderen Großmächte; Frankreich gibt
+nach, an Stelle von Thiers tritt +Guizot+ (Okt. 1840). Mehemed Ali,
+dessen Sohn Ibrahim die Türken 1839 bei +Nisib+ in Syrien besiegt
+hatte, muß auf Verlangen Englands (Lord +Palmerston+) Syrien räumen und
+behält nur die +erbliche+ Herrschaft über +Ägypten+ unter Oberhoheit
+der Pforte.
+
+[~1840.~ 15. Dez.]
+
+Die Überreste Napoleons I., durch den Prinzen von Joinville, dritten
+Sohn Ludwig Philipps, von St. Helena nach Paris gebracht, werden dort
+im Dom der Invaliden feierlich beigesetzt.
+
+Langwierige Kriege in ~Algier~ (S. 348) zur Eroberung des inneren
+Landes (Marschall +Bugeaud+, General aus Napoleons Schule).
++Abd-el-Kader+, Anführer der Araber und Kabylen, wird 1847 gefangen,
+1852 nach Kleinasien entlassen.
+
+[1846.]
+
+Der Freistaat ~Krakau~ wird wegen erneuter polnischer Aufstandsversuche
+durch Beschluß der Schutzmächte (S. 341) dem Kaiserreich +Österreich+
+einverleibt.
+
+[~1847.~]
+
+~Sonderbundskrieg in der Schweiz.~ Sieben katholische Kantone sagen
+sich von der Eidgenossenschaft los, werden aber von den Bundestruppen
+unter General Dufour besiegt. Darauf (1848) Umgestaltung des
++Staatenbundes+ (S. 341) souveräner Kantone zu einem +Bundesstaat+
+(Föderativrepublik von 25 Staaten, vgl. S. 302). An die Stelle
+der bisherigen Tagsatzung, in der abwechselnd Zürich, Bern und
+Luzern Vorort gewesen war, tritt die ~Bundesversammlung~ in ~Bern~,
+bestehend aus 1. +Ständerat+ (44 Vertreter der einzelnen Kantone),
+2. +Nationalrat+ (Vertreter der ganzen Schweizer Bevölkerung, nach
+Maßgabe der Volkszahl gewählt). Die vollziehende Gewalt übt der von
+der Bundesversammlung gewählte ~Bundesrat~ (7 Mitglieder, auf 3 Jahre
+gewählt). Bundesgericht, einheitliches +Militär-, Post-+und +Münzwesen+
+(s. § 14).
+
+
+§ 4. Die Revolutionszeit 1848–1852.
+
+In Frankreich führt die Unzufriedenheit mit der Politik des
+Ministeriums +Guizot+ und den noch bestehenden Beschränkungen des
++Wahlrechts+ zur
+
+[~1848.~ 22.–24. Febr.]
+
+~Pariser Februarrevolution.~ Straßenkampf gegen die Truppen; Barrikaden
+erbaut. Die Nationalgarde bleibt untätig, die Truppen geben den
+Kampf bald auf. +Ludwig Philipp+ flieht nach England († 1850). Seine
+Thronentsagung zu Gunsten seines Enkels, des +Grafen von Paris+ (S.
+349), wird nicht beachtet, sondern die Republik proklamiert. Die
+Deputiertenkammer wählt eine provisorische Regierung. +Lamartine+
+als Mitglied derselben hindert Verwüstung und Plünderung. Eine
++Nationalversammlung+ wird nach Paris berufen, um die Verfassung der
+Republik festzustellen. Die Forderungen der Sozialisten (+Louis Blanc+)
+führen zur Einrichtung von +Nationalwerkstätten+ in Paris, in denen
+jedem französischen Bürger vom Staate Arbeit und Lohn geboten werden
+soll. Diese erweisen sich jedoch bald als kostspielig und zwecklos.
+
+[~1848.~ 23.–26. Juni.]
+
+Blutiger Straßenkampf in Paris nach Schließung der Nationalwerkstätten.
+General +Cavaignac+ erhält durch Beschluß der Nationalversammlung
+diktatorische Gewalt und wirft den Aufstand der Arbeiter nieder (gegen
+10000 getötet, viele deportiert).
+
+[10. Dez.]
+
+Prinz ~Louis Napoleon~ (S. 353) wird infolge der Furcht aller
+Besitzenden vor dem Sozialismus und unter dem Einfluß der Geistlichkeit
+durch +Volksabstimmung+ (Plebiscit) mit fast 6 Millionen Stimmen zum
++Präsidenten+ der französischen Republik erwählt. Seine Regierung
+findet Beifall, doch weigert sich die Nationalversammlung, die
+Verfassung abzuändern, welche die Wiederwahl desselben Präsidenten erst
+nach 4 Jahren gestattet.
+
+[~1851.~ 2. Dez.]
+
+~Staatsstreich Louis Napoleons.~ Er läßt die angesehensten Mitglieder
+der Nationalversammlung verhaften, erklärt diese für aufgelöst,
+fordert wiederum +Volksabstimmung+, läßt Aufstandsversuche in Paris
+am 3. und 4. Dez. blutig niederwerfen. Er wird mit mehr als 7
+Mill. Stimmen zum +Präsidenten auf 10 Jahre+ erwählt. Am 14. Jan.
+1852 verkündet er eine neue, der des ersten Kaiserreiches ähnliche
+Verfassung (Senat, gesetzgebender Körper, s. S. 318). Feierliche
+Friedensversicherungen gegenüber den europäischen Staaten, besonders
+durch eine Rede in Bordeaux (»+L’Empire c’est la paix+«). Auf Grund
+eines Senatsbeschlusses und einer +dritten Volksabstimmung+ besteigt er
+als
+
+[~1852.~ 2. Dez.]
+
+~Napoleon III., Kaiser der Franzosen~ (1852–1870) den Thron und wird
+bald von allen Mächten anerkannt.
+
+[~1848.~ Frühjahr.]
+
+~Revolutionäre Bewegungen in Deutschland und Österreich.~ Eine badische
+Volksversammlung bei +Mannheim+ (27. Febr.) fordert Preßfreiheit,
+Schwurgerichte, Vereinsrecht, Volksbewaffnung, deutsches Parlament.
+Ähnliche Versammlungen finden in Württemberg, Hessen-Darmstadt, Nassau
+u. a. Staaten statt. Die Regierungen zeigen sich nachgiebig; der
++Bundestag in Frankfurt+ hebt die Zensur für Druckschriften auf.
+
+[13.–15. März.]
+
+Aufstand in Wien. Metternich, seit 1809 leitender Minister Österreichs,
+wird vertrieben. +Bürgerwehr+ und +Studenten+ herrschen in der Stadt.
+
+[18. März.]
+
+Straßenkampf in Berlin, obwohl der König +Friedrich Wilhelm IV.+ schon
+aus freien Stücken eine Verfassung und Preßfreiheit versprochen hatte.
+Die +unbesiegten,+ aber ermatteten Truppen verlassen auf Befehl des
+Königs am 19. ihre Stellungen und marschieren aus der Stadt. Bildung
+einer Bürgerwehr. Berufung einer +preußischen Nationalversammlung+ nach
+Berlin. Prinz +Wilhelm+ geht auf Befehl seines Bruders nach England.
+
+[~1848.~ 20. März.]
+
+Infolge wiederholter Unruhen in ~München~ dankt König +Ludwig I.+ (†
+1868) zu Gunsten seines Sohnes +Maximilian II.+ (1848–1864) ab.
+
+[15. Mai.]
+
++Zweiter+ Aufstand in ~Wien~, welcher die Einberufung eines
++österreichischen Reichstags+ erzwingt. Kaiser Ferdinand I. verläßt
+Wien und geht nach +Innsbruck+.
+
+[Juni.]
+
+~Slavenkongreß~ in Prag, von den ~Tschechen~ (+Palacki+)
+ausgeschrieben, um die Bestrebungen der slavischen Völker Österreichs
++gegen das Deutschtum+ zu vereinigen. Im Anschluß daran tschechische
+Erhebung in ~Prag~, besiegt durch Fürst +Windischgrätz+.
+
+[31. Okt.]
+
+Einnahme des aufständischen ~Wien~ durch kaiserliche Truppen
+(+Windischgrätz,+ +Jellachich+ Ban von Kroatien). +Robert Blum+,
+Mitglied des Frankfurter Parlaments, und viele andere werden
+erschossen. Der Reichstag wird nach +Kremsier+ verlegt. Fürst Felix
++Schwarzenberg+ übernimmt das Ministerium.
+
+[9. Nov.]
+
+Die preußische Nationalversammlung in ~Berlin~ wird auf Befehl des
+Königs (Ministerium +Brandenburg-Manteuffel+) vertagt und zum 27. Nov.
+nach +Brandenburg+ berufen.
+
+[10. Nov.]
+
+General +Wrangel+ rückt, ohne Widerstand zu finden, in +Berlin+ ein.
+Erklärung des Belagerungszustandes, Entwaffnung der Bürgerwehr. -- Da
+die Nationalversammlung in Brandenburg nicht in beschlußfähiger Zahl
+zusammenkommt, befiehlt der König
+
+[5. Dez.]
+
++Auflösung+ der Nationalversammlung und Verkündigung einer preußischen
++Verfassung+, welche nach Beratung durch die neu zu wählenden Kammern
+in Gültigkeit treten soll.
+
+[~1848–1849.~]
+
+~Aufstand in Oberitalien gegen Österreich~.
+
+Beginn der Erhebung in +Mailand+ (18. März 1848) die österreichischen
+Truppen ziehen sich nach der Festung +Verona+ zurück. König +Karl
+Albert+ von +Sardinien+ (1831–1849), welcher Italien befreien will,
+wird bei ~Custozza~ (25. Juli) von dem Feldmarschall ~Radetzki~
+vollständig geschlagen. +Mailand+ von den Österreichern wieder
+eingenommen.
+
+Waffenstillstand bis 20. März 1849, darauf erzwingt +Radetzki+ durch
+die Siege bei +Mortara+ (21. März) und ~Novara~ (23. März) den
+Frieden. +Karl Albert+ dankt zu Gunsten seines Sohnes +Viktor Emanuel+
+(1849–1878) ab. Einnahme von +Brescia+ nach furchtbarem Straßenkampf;
+Grausamkeit des Generals +Haynau+ gegen die Gefangenen.
+
+In ~Venedig~ nach Abzug der österreichischen Besatzung (1848, März)
+erst +provisorische+ Regierung im Namen des +Königs von Sardinien+,
+dann nach der Niederlage des italienischen Heeres +Republik+
+(Präsident +Manin+). Belagerung und Einnahme Venedigs durch die
+Österreicher (August 1849). Das ganze lombardo-venetianische Königreich
+ist der Herrschaft Österreichs wieder unterworfen.
+
+[~1848–1849.~]
+
+~Aufstand der Ungarn gegen Österreich.~ Die Ungarn (Magyaren) verlangen
+und erhalten ein eigenes Ministerium (1848, April). Graf +Batthyany+
+Ministerpräsident, ~Kossuth~ (spr. +Kóschūt+) Finanzminister. Reichstag
+in Pest unter Vorsitz des Erzherzogs +Stephan+ als +Palatin+. Der
++Widerstand+ der +slavischen+ Bevölkerung und der +Nebenländer+
+der Krone Ungarn (+Kroatien, Siebenbürgen+) gegen die magyarischen
+Ansprüche, ihre Forderung politischer Gleichberechtigung werden vom
+Wiener Hofe unterstützt. +Jellachich+, zum +Ban von Kroatien+ ernannt,
+fällt mit Heeresmacht in Ungarn ein; Erzherzog +Stephan+ legt sein Amt
+nieder. Graf +Lamberg, kaiserlicher Statthalter+ von Ungarn, wird in
+Pest ermordet (Sept.); der Kaiser verfügt die Auflösung des Reichstages.
+
+Nach Abdankung +Ferdinands I.+ (2. Dez. 1848) besteigt den Thron sein
+Neffe (S. 282)
+
+[~Seit 1848.~]
+
+~Franz Joseph I.~, Kaiser von Österreich. Der ungarische Reichstag
+erkennt den Thronwechsel nicht an. Fürst +Windischgrätz+ rückt mit
+einem österreichischen Heere in Ungarn ein. +Kossuth+ zieht sich mit
+den magyarischen Behörden nach +Debreczin+ zurück, Windischgrätz
+besetzt Pest (1849, Jan.), besiegt ein ungarisches, von dem polnischen
+General +Dembinski+ geführtes Heer bei +Kapolna+ (Febr.). In
+Siebenbürgen ist der polnische General +Bern+, welchem Kossuth ein
+Kommando übergeben hatte, siegreich gegen österreichische Truppen und
+die von diesen zu Hilfe gerufenen +Russen+. Der ungarische General
++Görgey+ überschreitet mit 50000 Mann die Theiß, entsetzt die belagerte
+Festung +Komorn+. Windischgrätz von der Regierung in Wien abberufen,
+Pest geräumt; in +Ofen+ bleibt eine österreichische Besatzung. Infolge
+der Verkündigung einer
+
+[~1849.~ 4. März.]
+
+~Gesamtverfassung für Österreich~, welche die alte ungarische
+Verfassung aufhebt, spricht auf Kossuths Antrag der Reichstag die
+Absetzung des Hauses +Habsburg-Lothringen+ aus. +Kossuth+ wird als
+»Gouverneur« zum Haupt der magyarischen Regierung ernannt. +Görgey+
+erstürmt +Ofen+ (21. Mai); Kossuth und der Reichstag halten einen
+pomphaften Einzug in Pest. Unterdes wird bei einer Zusammenkunft der
++Kaiser+ von +Österreich+ und +Rußland+ in +Warschau+ die ~russische
+Intervention~ verabredet und ein gemeinsamer Kriegsplan für die
+Unterwerfung Ungarns festgestellt.
+
+Ein russisches Heer von 80000 Mann unter +Paskjewitsch+ überschreitet
+die Karpathen (Juni), ein zweites rückt von der Walachei aus vor, von
+Westen her die Österreicher unter +Haynau+. Die magyarische Regierung
+zieht sich nach +Szegedin+ zurück. +Kossuth+ legt bald darauf die
+Regierungsgewalt nieder, die Diktatur wird +Görgey+ übertragen. Dieser
+entschließt
+
+[~1849.~ 13. Aug.]
+
+sich zur ~Kapitulation von Vilagos~ und streckt mit 25000 Mann vor dem
+russischen General +Rüdiger+ die Waffen. Die meisten andern ungarischen
+Führer ergeben sich auf Gnade und Ungnade; nur +Klapka+, der Komorn
+verteidigt, erhält eine ehrenvolle Kapitulation. +Kossuth, Bem,
+Dembinski+ retten sich auf türkisches Gebiet. Haynau verhängt über die
+gefangenen Häupter des Aufstandes ein furchtbares Strafgericht. Graf
+Batthyany nebst vielen anderen hingerichtet, ihre Güter eingezogen.
+Aufhebung der ungarischen Verfassung, Siebenbürgen und Kroatien werden
+von Ungarn getrennt.
+
+Die +Gesamtverfassung für Österreich,+ welche nie wirklich ins Leben
+getreten war, wird am 31. Dez. 1851 für aufgehoben erklärt.
+
+[~1848–1850.~]
+
+~Versuche, Deutschland zu einigen.~
+
+[~1848.~ 31. März.]
+
+Mit Zustimmung des Bundestages tritt in +Frankfurt am Main+
+ein aus Mitgliedern deutscher Ständeversammlungen gebildetes
+~Vorparlament~ zusammen und beschließt die Berufung einer +deutschen
+Nationalversammlung+ zur Feststellung der deutschen Reichsverfassung.
+
+[April.]
+
+Eine republikanische Erhebung in +Baden+ (Hecker, Struve, Herwegh) wird
+durch deutsche Bundestruppen schnell unterdrückt.
+
+[18. Mai.]
+
+~Deutsche Nationalversammlung (Parlament)~ in Frankfurt am Main
+(Paulskirche). Auf des Präsidenten +Heinrich von Gagern+ Vorschlag
+wird ~Erzherzog Johann~ von Österreich zum ~Reichsverweser~
+erwählt; der Bundestag löst sich auf. Erzherzog Johann ernennt ein
+Reichsministerium; doch zeigt sich bald, daß die neu geschaffene
++Zentralgewalt+ weder den +Einzelstaaten+ noch dem +Auslande+ gegenüber
+wirkliche Macht hat.
+
+[18. Sept.]
+
+Volksaufstand in Frankfurt, veranlaßt durch die Annahme des
+Waffenstillstandes mit Dänemark (s. S. 362). Zwei Mitglieder der
+Nationalversammlung, Fürst +Lichnowski+ und General +v. Auerswald,+ von
+Volkshaufen ermordet.
+
+[~1849.~ März.]
+
+Vollendung der ~deutschen Reichsverfassung~ nach lebhaften
+Parteikämpfen in der Nationalversammlung (»+Großdeutsche+«,
+welche Österreich an der Spitze Deutschlands erhalten wollen, und
+»+Kleindeutsche+«, welche Ausschluß Österreichs und engeren Bund
+unter Preußens Führung anstreben). An der Spitze des Reichs soll ein
+erblicher +Kaiser+ stehen, neben ihm ein Reichstag, bestehend aus
++Staatenhaus+ (zur Hälfte von den Regierungen, zur Hälfte von den
+Volksvertretungen der Einzelstaaten zu ernennen) und +Volkshaus+ (aus
+allgemeinen und direkten Wahlen hervorgehend). Kaiserwahl am 28. März.
+
+[~1849.~ 3. April.]
+
+König +Friedrich Wilhelm IV.+ von Preußen erklärt die ihm angetragene
+Würde eines ~Kaisers der Deutschen~ nur mit Zustimmung +aller+
+deutschen Regierungen annehmen zu können. Endgültige Ablehnung am 28.
+April, nachdem inzwischen 28 kleinere Staaten zugestimmt haben.
+
+[Mai.]
+
+Aufstand in ~Dresden,~ um die Einführung der Reichsverfassung zu
+erzwingen, mit preußischer Hilfe niedergeworfen.
+
+In ~Baden~ und der bayrischen ~Pfalz~ republikanischer Aufstand
+unter Beteiligung des Heeres. Preußische und deutsche Bundestruppen
+rücken ein unter dem Oberbefehl des Prinzen +Wilhelm+ von Preußen.
+Die Aufständischen in mehreren Treffen besiegt, die Festung +Rastatt+
+(22. Juli) zur Übergabe gezwungen. Abberufung und Austritt einer
+großen Zahl Abgeordneter aus der Frankfurter Nationalversammlung. Das
+»+Rumpfparlament+«, welches seinen Sitz in +Stuttgart+ nimmt, wird (18.
+Juni) von der württembergischen Regierung aufgelöst.
+
+[Dez.]
+
+Erzherzog +Johann+ legt die Würde des Reichsverwesers nieder.
+
+Die Fürsten von +Hohenzollern+ (Hechingen und Sigmaringen) legen die
+Regierung nieder; ihre Gebiete werden mit +Preußen+ vereinigt.
+
+[~1850.~ 6. Febr.]
+
+In Preußen wird die revidierte Verfassung von dem Könige und den
+Kammern feierlich beschworen. Die gesetzgebende Gewalt wird fortan
+»gemeinschaftlich durch den König und die beiden Häuser des +Landtags+
+ausgeübt«. Der König ist unverantwortlich und wird von verantwortlichen
+Ministern beraten. Jeder Regierungsakt des Königs muß von einem
+Minister gegengezeichnet sein. An Stelle der »ersten Kammer« tritt
+1854 das +Herrenhaus+, bestehend aus Mitgliedern, welche der König
+erblich oder auf Lebenszeit ernennt. Das +Abgeordnetenhaus+ geht aus
+öffentlichen, indirekten Dreiklassenwahlen (Wahlmänner) hervor. Jetzt
+433 Mitglieder. Die Legislaturperioden früher dreijährig, seit 1888
+fünfjährig. Die Abgeordneten erhalten Tagegelder und Reisekosten.
+
+Preußens Versuch, eine ~deutsche Union~ mit Ausschluß Österreichs zu
+schaffen (General +v. Radowitz+), gestützt auf den am 26. Mai 1849
+mit Sachsen und Hannover geschlossenen +Dreikönigsbund,+ gefördert
+durch eine Versammlung von Mitgliedern der früheren erbkaiserlichen
+Partei des Frankfurter Parlaments zu +Gotha+ (Juni 1849) und durch den
+Beitritt der meisten kleineren Staaten, führt zu dem
+
+[~1850.~ 20. März.]
+
+~Erfurter Parlament~, welches die Beratung über die Verfassung der
+deutschen Union schnell zu Ende führt. Darauf
+
+[Mai.]
+
+~Fürstenkongreß zu Berlin~, aber keine Einigung, zumal da Sachsen und
+Hannover sich schon vorher von dem Dreikönigsbund losgesagt und auf
+Österreichs Betreiben mit Bayern und Württemberg den »Vierkönigsbund«
+geschlossen haben.
+
+Den preußischen Unionsbestrebungen tritt Österreich nach der
+Niederwerfung des ungarischen Aufstandes (S. 357f.) entschlossener
+entgegen durch Berufung einer Konferenz der ihm anhängenden Staaten
+nach Frankfurt (10. Mai) und Einladung zur
+
+[1. Sept.]
+
+~Wiedereröffnung des Frankfurter Bundestages.~
+
+Verfassungskampf im +Kurfürstentum Hessen+; Kurfürst +Friedrich
+Wilhelm+ sucht durch seinen Minister +Hassenpflug+ die Verfassung
+von 1831 zu beseitigen. Wiederholte Auflösung der Ständeversammlung;
+Kriegszustand über das Land verhängt (7. Sept.). Widerstand der
+Behörden und Gerichte. Der Kurfürst verläßt das Land und erhält die
+Hilfe des von Österreich wiederhergestellten, von Preußen und seinen
+Bundesgenossen nicht beschickten Bundestages zugesagt.
+
+Bruch zwischen +Österreich und Preußen+, das die Intervention des
+Bundestages in Hessen nicht dulden will. Kaiser Franz Joseph hat
+in +Bregenz+ eine Zusammenkunft mit den Königen von Bayern und
+Württemberg, darauf in +Warschau+ (28. Okt.) mit Kaiser Nikolaus
+von Rußland, der den preußischen Gesandten Graf Brandenburg zum
+Nachgeben ermahnt. Bundesexekution gegen +Hessen+ durch bayrische und
+österreichische Truppen wird in Frankfurt beschlossen. Auch preußische
+Truppen rücken in Hessen ein, ziehen sich aber nach einem Zusammenstoß
+der Vorposten bei +Bronnzell+ (8. Nov.) zurück. Friedrich Wilhelm IV.
+entläßt den Minister v. Radowitz und gibt die Unionsbestrebungen auf.
+
+[29. Nov.]
+
+~Vertrag zu Olmütz~ (+Manteuffel+ und +Schwarzenberg+). Preußen fügt
+sich allen Forderungen Österreichs. +Schleswig-Holstein+ wird den Dänen
+überlassen, in +Hessen+ die unumschränkte Herrschaft des Kurfürsten
+wiederhergestellt. Preußen verzichtet auf seine Pläne hinsichtlich
+der Neugestaltung Deutschlands; für die deutsche Verfassung werden
+Konferenzen in +Dresden+ anberaumt, welche die
+
+[~1851.~]
+
+~Wiederherstellung des deutschen Bundes~ beschließen. Österreich
+hat in den deutschen Verhältnissen ebenso wie in seinen inneren
+Kämpfen gegen die nationalen Aufstände gesiegt. Doch hält Preußen den
++Zollverein+ (S. 351) aufrecht, welchem nun auch Hannover und Oldenburg
+beitreten, und begründet allmählich eine +preußische Kriegsflotte+,
+indem es mehrere von den 1852 im Auftrage des Bundestages versteigerten
+Schiffen übernimmt, welche die deutsche Nationalversammlung 1849 als
++deutsche Flotte+ gegen Dänemark zusammengebracht hatte (S. 361). Ein
+Gebiet an der +Jahdemündung+ wird 1853 durch Vertrag mit Oldenburg
+erworben zur Anlage des Kriegshafens +Wilhelmshaven+, an der Nordsee.
+
+[~1848–1850.~]
+
+~Schleswig-Holsteins Erhebung gegen Dänemark.~
+
+~Veranlassung~: »Offener Brief« des Königs Christian VIII.
+(1839–1848) vom 8. Juli 1846, welcher den Fortbestand der Union
+der +Herzogtümer+ mit +Dänemark+ trotz des in den beiden Staaten
+verschiedenen Erbfolgerechts (s. S. 268) verfügt. Ein Aufstand in
+Kopenhagen (30. März 1848) zwingt seinen Nachfolger Friedrich VII.,
+die ~Einverleibung Schleswigs~ in Dänemark auszusprechen. Nach der
+bis dahin nie bezweifelten Thronfolge mußten die Herzogtümer nach dem
+Aussterben des Königlichen Mannesstammes an den Herzog +Christian+ von
+Sonderburg-Augustenburg fallen. Daher Aufstand in den Herzogtümern und
+Bildung einer +provisorischen Landesregierung+.
+
+[~1848.~ April.]
+
+Preußische und andere deutsche Bundestruppen kommen den
+Schleswig-Holsteinern, welche sich eine Armee neu bilden müssen, zu
+Hilfe. General +v. Wrangel+ vertreibt die Dänen aus dem +Danewerk+
+bei +Schleswig+ (23. April) und dringt bis nach Jütland vor.
+Aber die Verluste des Ostseehandels durch die dänische Blockade
+und englisch-russischer Einfluß bewirken den Abschluß eines
+Waffenstillstandes zu ~Malmö~. Eine +»gemeinschaftliche Regierung«+
+wird für die Herzogtümer eingesetzt. Unzufriedenheit mit diesem
+Waffenstillstand in ganz Deutschland; die Nationalversammlung zu
+Frankfurt genehmigt ihn nach heftigen Verhandlungen.
+
+[~1849.~ März.]
+
+Einsetzung einer +Statthalterschaft+ für Schleswig-Holstein durch die
+deutsche Zentralgewalt.
+
+Bei +Eckernförde+ wird das Linienschiff +Christian VIII.+ in Brand
+geschossen und die Fregatte +Gefion+ genommen (5. April). Erstürmung
+der Düppeler Höhen durch bayrische und sächsische Truppen (13. April).
+Das schleswig-holsteinische Heer, geführt von dem preußischen General
++v. Bonin+, besiegt die Dänen bei +Kolding+ (23. April). Doch wiederum
+wird die Weiterführung des Krieges durch die Drohungen Englands und
+Rußlands gelähmt. Die neu gegründete +deutsche Flotte+ liefert den
+Dänen ein Seetreffen bei +Helgoland+ (5. Juni), ist aber dann genötigt,
+untätig in der Wesermündung zu bleiben. Das schleswig-holsteinische
+Heer belagert die Festung +Fridericia+, erleidet aber durch einen
+glücklichen Ausfall der Dänen bedeutende Verluste.
+
+[~1849.~ Juli.]
+
+Waffenstillstand zwischen +Preußen+ und +Dänemark+; Schleswig soll
+im Norden von schwedischen, im Süden von preußischen Truppen besetzt
+und von einer dänisch-preußischen Kommission verwaltet werden. Die
+schleswig-holsteinische Armee geht über die Eider zurück; Holstein
+bleibt noch unter der Statthalterschaft. Nach Abschluß des Friedens
+zwischen Preußen und Dänemark (Juli 1850) werden alle preußischen
+Offiziere aus der schleswig-holsteinischen Armee abberufen.
+
+[~1850.~]
+
+Die von Deutschland verlassenen Schleswig-Holsteiner kämpfen allein
+weiter. Der ehemalige preußische General +v. Willisen+ übernimmt
+den Oberbefehl über ihr Heer. Er wird bei ~Idstedt~ (24. und 25.
+Juli) geschlagen, Schleswig von den Dänen besetzt. In dem Gefecht
+bei +Missunde+ (12. Sept.) werden die Schleswig-Holsteiner ebenfalls
+besiegt, auch beim Sturm auf +Friedrichstadt+ (4. Okt.) mit Verlust
+zurückgeschlagen.
+
+Der inzwischen wiederhergestellte ~deutsche Bund~ erzwingt unter dem
+Einfluß Österreichs die Einstellung der Feindseligkeiten. Holstein wird
+mit preußischer Zustimmung von österreichischen Truppen besetzt (Jan.
+1851) und den Dänen gegen das Versprechen »die Rechte der Herzogtümer
+zu wahren« überlassen (Febr. 1852).
+
+[~1852.~ 8. Mai.]
+
+~Londoner Vertrag~ (Protokoll), unterzeichnet von den fünf
++Großmächten+, +Schweden+ und +Dänemark+. Um den Bestand des dänischen
+Gesamtstaates zu wahren, wird eine neue Thronfolgeordnung für das
+Königreich +Dänemark+ und die +Herzogtümer+ festgestellt. Prinz
++Christian von Sonderburg-Glücksburg+, Gemahl der Prinzessin +Luise+
+von +Hessen-Kassel+, einer Schwestertochter Christians VIII. von
+Dänemark, wird zum Erben des kinderlosen Königs Friedrich VII. für
+die gesamte Monarchie bestimmt. Der Herzog Christian von Augustenburg
+verspricht, der neuen Erbfolgeordnung in Dänemark nicht entgegentreten
+zu wollen, überträgt 1863 seine Erbansprüche auf seinen Sohn
++Friedrich+ (Vater der Kaiserin +Auguste Viktoria+).
+
+Die deutsche Nationalität in den Herzogtümern wird von den Dänen fortan
+schwer bedrückt.
+
+
+~Einwirkung der Revolution von 1848 auf die übrigen europäischen
+Staaten.~
+
+König Karl Albert von +Sardinien+ verleiht seinem Staat im Februar 1848
+eine Verfassung, ebenso der Großherzog Leopold II. von +Toskana+ und
+Papst Pius IX. (1846–1878) dem +Kirchenstaat+. Sicilien erklärt seinen
+Abfall vom Königreich +Neapel+, obgleich König Ferdinand II. daselbst
+schon im Januar 1848 eine Verfassung verkündigt hat. Nach dem Siege
+der Schweizertruppen im Straßenkampf zu Neapel (Mai) wird Sicilien mit
+großer Härte unterworfen (5tägige Beschießung der Stadt +Messina+ im
+Sept.), darauf die Verfassung des Königreichs wieder aufgehoben. --
+Papst Pius IX., in dem manche vorübergehend den Schöpfer der Einheit
+Italiens gesehen hatten, flieht im Nov. 1848, als in Rom sein Minister
+Rossi ermordet worden war, nach Gaëta. +Römische Republik+ errichtet
+(Mazzini), welcher sich auch Toskana nach Vertreibung des Großherzogs
+anschließt. Aber +österreichische+ Truppen besetzen Toskana und die
+zum Kirchenstaat gehörige Romagna, +französische+ Truppen stellen in
+Rom die weltliche Herrschaft des Papstes wieder her. ~Französische
+Besatzung in Rom.~
+
++Spanien+ und +Portugal+ werden von den Erschütterungen des Jahres
+1848 wenig berührt. In Spanien neue Parteikämpfe nach dem Sturz
+des Ministers Narvaez (S. 351) 1851, der 1856 zurückkehrt und noch
+öfters die Leitung des Ministeriums übernimmt († 1868, sein Gegner
++O’Donnell+). In Portugal Revision der Verfassung 1852; auf die Königin
+Maria (S. 346) folgt 1853 ihr Sohn +Pedro V.+, für welchen bis 1855
+sein Vater +Ferdinand+ die Regierung führt (S. 352).
+
+Das Königreich der +Niederlande+ erhält im November 1848, +Dänemark+
+1849 eine repräsentative Verfassung. In +Schweden+ bleibt die
++ständische+ Verfassung (Adel, Geistlichkeit, Bürger, Bauern) vom Jahre
+1809, in +Norwegen+ die repräsentative von 1814. Zweikammersystem in
+Schweden 1866 eingeführt durch König Karl XV. (1859–1872), Enkel von
+Karl XIV. Johann (Bernadotte).
+
+In +England+ wird der Versuch der Chartisten, durch eine Massenpetition
+das allgemeine Wahlrecht einzuführen, durch die entschlossene Haltung
+der Londoner Bevölkerung (10. April 1848) vereitelt.
+
+
+§ 5. Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhundert.
+
+Neues Aufblühen der +bildenden Künste+ durch Vereinigung der Künstler
+aus verschiedenen Nationen in +Rom+, besonders Carstens aus Schleswig
+(1792–1798 †), Thorwaldsen aus Kopenhagen (1797, † 1844), der Italiener
+Canova († 1822), die deutschen Maler Overbeck († 1869), Cornelius (†
+1867) und Schnorr von Carolsfeld († 1841).
+
+Nachblüte der Malerei in +Frankreich+ während des ersten Kaiserreichs:
+David († 1825), Horace Vernet, Delaroche, Prudhon, Gérard, Isabey, Mme.
+Lebrun; in Belgien Wappers, L. Gallait, Alma Tadema (lebt in England).
+
+Französische Maler nach dem ersten Kaisertum: Delacroix, Scheffer,
+Jugres; der Bildhauer Carpeaux. Maler der neuesten Zeit: Millet,
+Cabanel († 1889), Meissonier († 1891), Baudry († 1886). In der
++Schweiz+: Calame († 1864).
+
+Kunsttätigkeit in +München+ unter König Ludwig I. (reg. 1825–1848):
+Cornelius, Kaulbach, v. Schwind, Schwanthaler, v. Klenze. Neuere
+Münchener Malerschule: Piloty, Makart († in Wien 1884), Piglhein,
+Defregger, Lenbach († 1904).
+
+In +Berlin+ unter Friedrich Wilhelm III: Schinkel, Gottfr. Schadow,
+Rauch; unter Friedrich Wilhelm IV.: Cornelius, Kaulbach, Stüler; unter
+Wilhelm I. und Wilhelm II. Ad. Menzel, Reinhold Begas, Anton v. Werner.
+
+In +Dresden+: Gottfried Semper († 1879), Rietschel († 1861).
+
+Malerakademie in +Düsseldorf+: W. Schadow, Bendemann, K. F. Lessing,
+Achenbach, Camphausen.
+
+Die deutschen +Stilisten+: Böcklin († 1901), Thoma, Klinger.
+
++Musik+: Vollendung der klassischen +deutschen Musik+ (S. 292) durch
+Beethoven († in Wien 1827). Ausbildung der +Oper+ durch K. M. v. Weber
+(† 1826), Spohr, Cherubini, Spontini, Rossini, Meyerbeer, Auber,
+Berlioz, Gounod, Bizet, Richard Wagner († 1883), Verdi († 1901). F.
+Mendelssohns +Oratorium+ Paulus 1836, Elias 1846; Franz Schubert (†
+1828), Robert Schumann († 1856), Joh. Brahms († 1897).
+
++Dichter+ des Befreiungskrieges: E. M. Arndt († 1860), Th. Körner (†
+1813), v. Schenkendorf. -- +Romantische Schule+: A. W. Schlegel, L.
+Tieck, Heinr. v. Kleist, Ad. v. Chamisso. -- Platen, Heine, Rückert,
+Uhland, Geibel, Scheffel, G. Freytag († 1895), Grillparzer, Hebbel, E.
+v. Wildenbruch († 1909).
+
++Französische+ Literatur: Mme. de Staël († 1817), Chateaubriand,
+Courier, Lamartine, Béranger, Scribe, Victor Hugo, Delavigne, Musset,
+George Sand, A. Dumas, Augier. +Englische+ Literatur: Byron (s. S.
+347), Keats, Shelley, Wordsworth, Walter Scott († 1832), Thomas Moore,
+Tennyson, Swinburne, Bulwer, Dickens, Thackeray, Meredith, Stevenson,
+Kipling.
+
++Norwegische+ Dichter: Ibsen († 1906), Björnson († 1910).
+
++Russische+ Dichter: Alex. Puschkin († 1837), Turgenjew († 1883), Graf
+Leo Tolstoi († 1910). (Der Maler Wereschtschagin.)
+
++Geschichtschreibung+: In Deutschland Quellensammlung der +Monumenta
+Germaniae+, 1819 vom Freiherrn v. Stein begründet; Niebuhr († 1831),
+Schlosser, Dahlmann, Ranke († 1886), v. Sybel, v. Treitschke († 1896),
+Mommsen († 1903). In Frankreich: Barante, Guizot, Mignet, Aug. Thierry,
+Thiers, Tocqueville, Taine. In England: Grote, Buckle, Carlyle,
+Macaulay.
+
++Altertumsforschung+ und +Sprachwissenschaft+: Franz Bopp, Wilh. v.
+Humboldt († 1835), Gottfr. Hermann, Aug. Böckh, E. Curtius, Th. Mommsen
+(† 1903); H. Schliemann. -- +Deutsches Altertum+: Jakob und Wilhelm
+Grimm, K. Müllenhoff.
+
+Preußisches Archäologisches Institut in +Rom+ 1829 begründet, 1871 vom
+Deutschen Reiche übernommen. Deutsches Archäologisches Institut in
++Athen+ seit 1874 (vgl. S. 30).
+
++Philosophie+: Fichte († 1814 in Berlin), Schelling, Hegel († 1831 in
+Berlin), Herbart, Schopenhauer, J. S. Mill, Lotze, Wundt.
+
+Protestantische +Theologie+: Schleiermacher († 1834 in Berlin),
+Neander, David Strauß (1835 Leben Jesu), Tholuck († 1877 in Halle),
+Beyschlag († 1901 in Halle), Harnack.
+
++Naturforschung+: Laplace († 1827), Ampère, Arago, Cuvier († 1832);
+Berzelius, Nobel († 1896); Wöhler, J. v. Liebig, Bunsen, Pasteur,
+Curie (Radium); Alex. v. Humboldt († 1859 in Berlin). Darwin (†
+1882), Wallace, Virchow, Robert Koch († 1910); Volta, Faraday, Mayer,
+Helmholtz, Röntgen, Edison.
+
++Astronomie+: Gauß, Bessel, Herschel, Leverrier, Schiaparelli.
+
++Erdkunde+: Karl Ritter († 1859 in Berlin); die Entdeckungsreisenden
+Livingstone († 1863), Burton, Baker, Stanley († 1904), Barth, Rohlfs,
+Schweinfurth, Nachtigal († 1885), Emin Pascha (Schnitzer), Wißmann (†
+1905). Die Nordpolfahrer Roß († 1856), Parry, Franklin: Nordenskjöld
+(Umsegelung Asiens), Nansen, Peary; die Südpolfahrer Borchgrevink und
+Shackleton; der Erforscher Zentralasiens Sven Hedin.
+
+
+§ 6. Machtentfaltung des zweiten französischen Kaiserreiches.
+
+~Napoleon III.~, 1853 vermählt mit der spanischen Gräfin +Eugenie
+von Montijo+ und Teba (1856 Geburt des Thronfolgers Louis, † 1879),
+beschließt, den Plänen +Rußlands+ in der Türkei entgegenzutreten (s.
+S. 296). Kaiser +Nikolaus I.+, stolz auf seine Erfolge in Ungarn (S.
+357f.) und gegenüber Preußen (S. 360), sendet den Fürsten +Menschikow+
+nach Konstantinopel und fordert die Schutzherrschaft über alle
+griechischen Christen im türkischen Reiche; dagegen einigen sich
++Frankreich+ und +England+ zur Unterstützung des Sultans.
+
+[~1853.~ Juni]
+
+Eine französisch-englische Beobachtungsflotte wird am Eingang der
+Dardanellen, später im Bosporus aufgestellt.
+
+[Juli.]
+
+80000 Russen gehen über den Pruth und besetzen die Donaufürstentümer.
+
+[Sept.]
+
+Zusammenkunft des Kaisers Nikolaus mit dem Kaiser von +Österreich+ in
+Olmütz, dann mit dem König von +Preußen+ in Berlin, doch erreicht er
+nicht das gewünschte Bündnis, sondern nur Versicherung der Neutralität
+unter bestimmten Voraussetzungen.
+
+[Okt.]
+
+Die Pforte erklärt den Krieg an Rußland. +Omer Pascha+ geht bei Widdin
+über die Donau und behauptet sich gegen die Russen bei +Oltenitza+ (4.
+Nov.). Die russische Flotte überfällt und vernichtet ein türkisches
+Geschwader bei +Sinōpe+ (30. Nov.). Auf die Weigerung des Kaisers,
+die Donaufürstentümer zu räumen, folgt, nachdem in England ein
+Whigministerium (~Palmerston~) ans Ruder gekommen ist, ein Bündnis der
+Westmächte (Frankreich und England) mit der Türkei (1854, März).
+
+[~1854–1856.~]
+
+~Krieg der Westmächte gegen Rußland (Krimkrieg).~
+
+Der russische Feldherr +Paskjewitsch+ überschreitet die Donau,
+belagert aber vergeblich +Silistria+. Frankreich und England schicken
+Truppen nach der Türkei, welche bei +Gallipoli+ und +Varna+ landen.
++Österreich+, mit Preußen verbündet, verlangt, daß die Russen die
+Donaufürstentümer räumen; Kaiser Nikolaus befiehlt die Räumung aus
+»strategischen Gründen« (1854, Juli). Eine zweite französisch-englische
+Flotte erscheint in der Ostsee, vermag jedoch nichts gegen die Festung
++Kronstadt+ auszurichten und nimmt nur die kleine Festung +Bomarsund+,
+auf einer der Alands-Inseln.
+
+[~1854.~ 14. Sept.]
+
+Landung der Franzosen und Engländer (zusammen 55000 Mann unter
+Marschall St. Arnaud und Lord Raglan) an der Küste der ~Halbinsel
+Krim~; auch 6000 Türken nehmen an dem Feldzuge teil.
+
+[20. Sept.]
+
+~Schlacht an der Alma~, Sieg über die Russen.
+
+[~1854–1855.~ Okt. Sept.]
+
+~Belagerung von Sebastopol~, welches die Russen unter +Menschikow+
+mit neuen Befestigungen (unter +Totlebens+ Leitung) umgeben, während
+der Hafen durch Versenkung von Kriegsschiffen gesperrt wird. Nachdem
++Menschikow+ Verstärkung erhalten hat, greift er die Verbündeten von
+neuem an, wird aber nach blutigem Kampfe in der
+
+[~1854.~ 5. Nov.]
+
+~Schlacht bei Inkerman~ zurückgeschlagen. Langsamer Fortgang der
+Belagerungsarbeiten während des Winters. +Österreich+ tritt trotz der
+früheren Dienste Rußlands in Ungarn und gegen Preußen (Dez. 1854) dem
+Bunde der Westmächte bei und stellt ansehnliche Streitkräfte an der
+russischen Grenze auf, ohne jedoch wirklich den Krieg zu beginnen.
+Seitdem +Spannung zwischen Rußland+ und +Österreich+. Preußen verharrt
+(trotz Olmütz) in seiner neutralen Stellung, gewinnt damit ein
+Anrecht auf Rußlands Dank. König +Viktor Emanuel II. von Sardinien+
+schließt ein Bündnis mit den Westmächten und schickt 15000 Mann unter
++Lamarmora+ nach der Krim. Die Belagerungsarmee wird bis zu 174000 Mann
+verstärkt (28000 Türken).
+
+[1855, 2. März.]
+
+Tod +Nikolaus’ I.+, Kaisers von Rußland. Sein Sohn
+
+[~1855–1881.~]
+
+~Alexander II.~ läßt die Verteidigung Sebastopols durch Fürst
++Gortschakow+ weiterführen. Große Verluste der Belagerer durch
+Krankheit, Entbehrungen und tägliche Kämpfe. Endlich nach dreitägiger
+starker Beschießung
+
+[~1855.~ 8. Sept.]
+
+~Erstürmung des Malakowturms~ durch die Franzosen (unter +Pélissier+),
+des ~Redan~ durch die Engländer, die aber von den Russen wieder
+hinausgeschlagen werden.
+
+[11. Sept.]
+
+Die Russen ziehen sich mittels einer Schiffbrücke in den nördlichen
+Teil der Festung zurück. Besetzung der Stadt +Sebastopol+ durch die
+Verbündeten.
+
+In Asien Einnahme der Festung +Kars+ durch die
+
+[28. Nov.]
+
+Russen.
+
+[~1856.~ 30. März.]
+
+~Friede zu Paris~: 1. +Rußland+ tritt die +Donaumündungen+ mit
+einem kleinen, am linken Ufer der untern Donau gelegenen Teil von
++Bessarabien+ ab. 2. Es entsagt der besonderen Schutzherrschaft
+über die Christen in der Türkei (deren Gleichstellung mit der
+mohammedanischen Bevölkerung von der Pforte zugesichert wird)
+und über die Donaufürstentümer (deren Verhältnis später geregelt
+werden soll). 3. Es gibt +Kars+ zurück und verspricht, am Schwarzen
+Meere keine Waffenplätze anzulegen und dort nicht mehr Schiffe als
+die Pforte zu halten. 4. Die Westmächte geben +Sebastopol+ nach
+Zerstörung der Hafenbauten und Befestigungen an Rußland zurück. -- Die
+Moldau und Walachei werden 1859 vereinigt als Fürstentum +Rumänien+
+unter Oberhoheit des türkischen Sultans. Seit 1866 Fürst +Karl von
+Hohenzollern+ (1881 König).
+
+Das ~zweite französische Kaiserreich~ gelangt durch diesen Krieg zu
+hohem Ansehen in Europa. Zugleich Sorge Napoleons für die innere
+Verwaltung. Glänzende Bauten in +Paris+, 1855 Weltausstellung daselbst
+(nach dem Vorbilde der Weltausstellung in London 1851).
+
+[1856–1857.]
+
+Zerwürfnis zwischen dem Könige von +Preußen+ und der +Schweiz+
+infolge einer Erhebung der königlich gesinnten Partei in +Neuchâtel+
+(Neuenburg) gegen die daselbst 1848 eingerichtete republikanische
+Verfassung (S. 274, 354). Unter französischer Vermittelung wird durch
++Freilassung der Gefangenen+ seitens der Schweiz und +Verzichtleistung
+auf Neuchâtel+ durch den König von Preußen der Streit beigelegt.
+
+[~1857.~ Okt.]
+
+Wegen schwerer Erkrankung König +Friedrich Wilhelms IV.+ übernimmt sein
+Bruder ~Wilhelm~, Prinz von Preußen, die Stellvertretung, ein Jahr
+darauf die +Regentschaft+.
+
+~Dänemark~ verzichtet auf Verlangen der am Ostseehandel beteiligten
+Staaten auf die fernere Erhebung des +Sundzolls+ (S. 250) gegen eine
+Entschädigung von 30 Mill. dän. Talern.
+
+[~1857–1858.~]
+
+~Aufstand in Ostindien~, erst nach furchtbarem Blutvergießen von
+den Engländern unterdrückt. Die einheimischen Truppen (+Sepoys+),
+geführt von dem Großmogul +Mohammed Bahadur Schah+, verteidigen sich
+hartnäckig in der alten Residenzstadt +Delhi+, belagern die Engländer
+in +Lucknow+. Delhi wird erstürmt, Lucknow entsetzt. Nach Herstellung
+der Ruhe wird die Ostindische Kompagnie (S. 300) aufgelöst und die
+Verwaltung der englischen Krone übertragen; seitdem steht ein Vizekönig
+an der Spitze des Landes. 1876 nimmt die Königin +Viktoria+ den Titel
+»+Kaiserin von Indien+« an.
+
+[~1857–1860.~]
+
+~Englisch-französischer Krieg gegen China.~
+
++Veranlassung+: Verletzungen des englisch-chinesischen Handelsvertrages
+von 1842 seitens der Chinesen führen im Oktober 1856 zu
+Feindseligkeiten zwischen den Engländern und den chinesischen Behörden
+von +Kanton+. Die französische Regierung, welche ebenfalls eine
+Änderung ihrer Handelsverträge mit China wünscht, schließt sich den
+englischen Forderungen an.
+
+[1857.]
+
+Dez. +Kanton+ durch die Verbündeten besetzt.
+
+[1858. Juni.]
+
+Vertrag von +Tientsin+, welcher dem europäischen Handel und den
+Missionen Zutritt in das Innere von China gewährt und stehende
+Gesandtschaften in der Hauptstadt +Peking+ gestattet.
+
+Da die Ratifikation dieses Vertrages von den Chinesen unter nichtigen
+Vorwänden hinausgeschoben wird, während die Forts von +Taku+ am Peiho
+befestigt werden, landen französische und bald auch englische Truppen
+und dringen (Sept. 1860) gegen +Peking+ vor. Schlacht bei +Palikao+;
+der kaiserliche Sommerpalast vor Peking geplündert und verbrannt.
+Darauf Friede von +Peking+ geschlossen; der Vertrag von Tientsin wird
+erneuert, China zahlt an England 60 Mill. Franks, an Frankreich 30
+Mill. als Entschädigung für die Kriegskosten. Für die auswärtigen
+Angelegenheiten wird eine besondere Behörde (Tsunglijamen) eingesetzt
+und dieser auch das von den Europäern geleitete Seezollamt unterstellt.
+
+~Japan~ öffnet sich dem Verkehr mit anderen Staaten williger als China.
+Handelsverträge mit den Vereinigten Staaten und mit England 1854,
+mit Rußland 1855, mit +Preußen+ 1861 (ostasiatische Expedition unter
+Führung des Grafen +Eulenburg+ 1859–62, der auch mit China und Siam
+Handelsverträge schließt). Seit Anfang 1867 Mikado +Mutsuhito+ (geb.
+1852). Widerstand der Großen (Daimios) gegen die Zulassung der Fremden
+(S. 220, 251), 1868 unterdrückt. Schon 1867 Abdankung des Shoguns (S.
+251) und Wiederherstellung der Macht des Kaisers (S. 220); Berufung
+einer Volksvertretung 1869. Der Mikado verlegt seine Residenz von Kioto
+nach Tokio. Beginn der neuen Ära für Japan. Regelmäßige Parlamente
+seit 1890. Viele Einrichtungen europäischer Kultur eingeführt; erste
+Eisenbahn 1872. Das Heerwesen zuerst nach französischem, dann nach
+preußischem Muster eingerichtet.
+
+~Frankreich~ nimmt 1862 das Mündungsgebiet des +Mekong+ in
++Hinterindien+ in Besitz (+Cochinchina+). Napoleon III., bemüht, die
+Kolonialmacht seines Reiches zu entwickeln, ordnet 1865 persönlich die
+Verhältnisse der Kolonie +Algier+ (S. 348, 354); General Mac-Mahon
+1864–1870 Gouverneur daselbst.
+
+~Rußland~ erwirbt 1860 von China das +Amur+gebiet, unterwirft 1859
+die +Kaukasus+völker, nimmt 1865–68 +Turkestan+ (Städte Taschkent
+und Samarkand) in Besitz, verkauft +Alaska+ 1867 für 7 Mill. Dollar
+an die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Innern ~Aufhebung der
+Leibeigenschaft~ 1861 durch weise Maßregeln Kaiser Alexanders II.
+begonnen.
+
+~Polen~ verliert nach Niederwerfung des Aufstandes von 1863 (S. 372)
+seine letzten Freiheiten. Seitdem russische Sprache und Gesetze
+eingeführt (S. 350).
+
+
+~Die nationale Einigung Italiens.~
+
++Napoleon III.+ unterstützt das Königreich +Sardinien+ zu erneutem
+Angriff auf die Herrschaft +Österreichs+ in Oberitalien (s. S. 356).
+(+Orsinis+ Attentat und »Testament«.) Graf +Cavour+, Minister des
+Königs Viktor Emanuel II., verfolgt zugleich den Plan, den trostlosen
+Zuständen in den andern italienischen Staaten ein Ende zu machen und
+Italien politisch zu einigen.
+
+[~1859.~]
+
+~Krieg Frankreichs und Sardiniens gegen Österreich.~ Napoleon III.
+übernimmt selbst den Oberbefehl über die französischen Truppen, zieht
+nach dem Siege bei ~Magenta~ (4. Juni, Gen. +Mac-Mahon+) zusammen mit
+Viktor Emanuel in Mailand ein.
+
+[24. Juni.]
+
+~Schlacht bei Solferino~ (südlich vom Gardasee), 111000 Franzosen und
+50000 Sardinier gegen 140000 Österreicher unter Kaiser Franz Joseph.
+Die feste Stellung der Österreicher wird erstürmt; sie ziehen sich in
+das +Festungsviereck+ (Mantua, Peschiera, Verona, Legnago) zurück. Der
+Prinzregent von Preußen zur Hilfeleistung bereit, verlangt aber für
+sich den Oberbefehl über die +gesamte deutsche Streitmacht+ und völlige
+Selbständigkeit. Österreich dagegen fordert von ihm Unterordnung
+unter die Befehle des Bundestages. Zusammenkunft der beiden Kaiser in
+Villafranca, dann Waffenstillstand von +Villafranca+ (Juli) und (10.
+Nov.) ~Friede zu Zürich~: 1. Österreich tritt die +Lombardei+ (mit
+Ausnahme von +Mantua+ und +Peschiera+) an +Napoleon II.+ ab, der sie
+an +Sardinien+ gibt. 2. Italien soll einen +Staatenbund+ bilden unter
+dem Ehrenvorsitz des Papstes. 3. Die während des Krieges vertriebenen
+Herrscher von +Toskana+ und +Modĕna+ sollen wieder eingesetzt, die
+aufständischen +Legationen+ (Bologna usw.) dem Papst zurückgegeben
+werden, aber »ohne fremde Intervention«.
+
+Trotz dieser Bestimmungen des Züricher Friedens werden durch
+Volksabstimmung
+
+[~1860.~]
+
++Toskana+, +Parma+ (wo der Herzog gleichfalls hatte fliehen müssen),
++Modĕna+ und die päpstlichen +Legationen+ mit der Monarchie Viktor
+Emanuels vereinigt, wogegen dieser +Savoyen+ und +Nizza+ an Frankreich
+abtreten muß.
+
+Landung ~Garibaldis~ in +Sicilien+ (11. Mai) mit 1000 Freiwilligen,
+deren Zahl sich schnell vermehrt. Palermo und Messina ohne großen
+Widerstand eingenommen. Er setzt nach dem Festlande über (20. Aug.);
+König Franz II. verläßt seine Hauptstadt +Neapel+ und zieht sich mit
+40000 Mann hinter den +Volturno+ zurück. Unterdes waren +sardinische+
+Truppen in Umbrien und die Marken eingerückt. Der in päpstliche Dienste
+getretene französische General +Lamoricière+ wird in dem
+
+[18. Sept.]
+
+~Treffen bei Castelfidardo~ von +Cialdini+ geschlagen.
+
+Der Kirchenstaat mit Ausnahme des Gebietes um Rom (+Patrimonium Petri+)
+wird von Viktor Emanuel besetzt, der alsdann in das neapolitanische
+Gebiet einrückt und sich mit Garibaldi vereinigt. König +Franz II.+
+zieht sich mit seinen Truppen nach ~Gaëta~ zurück. Belagerung dieser
+Festung; sie ergibt sich Febr. 1861.
+
+[~1861.~ 17. März.]
+
+~Viktor Emanuel II. König von Italien.~ Mit Ausnahme von +Venetien+ und
+dem Gebiet um +Rom+ (Patrimonium Petri) ist die ganze Halbinsel unter
++einem+ Scepter vereinigt. Die meisten der vertriebenen Fürsten wenden
+sich nach Österreich. Tod +Cavours+ 6. Juni 1861.
+
+[1862.]
+
+Neuer Freischarenzug +Garibaldis+, um gegen den Willen der Regierung
+Rom zu befreien. Er wird am +Aspromonte+, der Südspitze Italiens,
+verwundet und gefangen, zieht sich dann nach der Insel +Caprera+ (bei
+Sardinien) zurück.
+
+[~1864.~ 15. Sept.]
+
+Vertrag zwischen +Frankreich+ und +Italien+: die Dauer der
+französischen Besetzung Roms (s. S. 363) auf noch 2 Jahre festgesetzt,
+zur Hauptstadt Italiens wird ~Florenz~ bestimmt; die italienische
+Regierung übernimmt den Schutz des Patrimonium Petri gegen jeden
+fremden Einfall.
+
+[~1861–1867.~]
+
+~Krieg in Mexiko.~ Der 1861 in den Vereinigten Staaten von Amerika
+ausgebrochene Bürgerkrieg (s. u. § 18) veranlaßt +Napoleon III.+ zu
+einem weitausschauenden Unternehmen. Frankreich verbündet sich mit
++England+ und +Spanien+, um die Republik +Mexiko+ (Präsident +Juarez+)
+zur Erfüllung vertragsmäßiger Verpflichtungen gegen Kaufleute dieser
+Länder zu zwingen. Nach Besetzung der Hafenstadt +Veracruz+ kommt ein
+Vertrag zustande; die französischen Truppen aber dringen weiter vor.
+England und Spanien nehmen an dem nun beginnenden Kriege nicht teil.
+
+[1863.]
+
+Die Franzosen erobern +Puebla+, dann auch die Hauptstadt +Mexiko+; eine
+dorthin berufene Nationalversammlung wählt den Erzherzog ~Maximilian~,
+Bruder des Kaisers von Österreich (S. 282), zum ~Kaiser von Mexiko~.
+Dieser erscheint 1864, kämpft gegen die republikanischen Truppen,
+unterstützt von den Franzosen unter +Bazaine+, kann aber des Landes
+nicht Herr werden. Die +Vereinigten Staaten+, wo mittlerweile der Krieg
+zu Ungunsten der Südstaaten entschieden ist, schreiten zu Gunsten der
+Republik ein, nach dem von +Monroe+ (S. 346) ausgesprochenen Grundsatz.
+
+[1867.]
+
+Abzug der Franzosen aus Mexiko. Kaiser Maximilian setzt allein den
+Kampf fort, wird nach tapferer Gegenwehr in +Queretaro+ eingeschlossen,
+durch Verrat gefangen, auf Juarez’ Befehl vor ein Kriegsgericht
+gestellt und erschossen. +Juarez+, 1871 als Präsident wiedergewählt,
+hat mit Parteikämpfen zu ringen, † 1872. Geordnete Zustände stellt der
+Präsident Porfirio +Diaz+ (1877–1911) her (s. u. § 18).
+
+Napoleons III. Ansehen in Frankreich durch das Fehlschlagen der
+Expedition nach Mexiko schwer erschüttert; er versucht es durch
++Einmischung in die deutschen Verhältnisse+ wiederherzustellen.
+
+
+§ 7. Deutschlands Einigung durch Preußen.
+
+[~1861.~ 26. Febr.]
+
+In ~Österreich~ wird eine neue ~Gesamtstaatsverfassung~ verkündigt
+(engerer Reichsrat für die deutsch-slavischen Länder, weiterer
+Reichsrat durch Hinzutritt der ungarischen Abgeordneten für die
+gemeinsamen Angelegenheiten). Widerstand gegen diese Verfassung
+besonders von seiten der +Ungarn+, welche die Wiederherstellung ihrer
+besonderen Verfassung mit eigenem Ministerium und die politische
+Wiedervereinigung der seit 1849 abgetrennten Länder Siebenbürgen,
+Kroatien, Slawonien und der Militärgrenze mit dem Königreich Ungarn
+verlangen (S. 357 f.)
+
+[2. Jan.]
+
+In ~Preußen~ nach dem Tode Friedrich Wilhelms IV. König ~Wilhelm
+I.~;[58] Krönung in +Königsberg+ 18. Okt. Bald darauf bricht
+infolge der von der Regierung auf Veranlassung des Königs
+durchgeführten +Verstärkung des Heeres+ (Kriegsminister +v. Roon+) ein
+~Verfassungsstreit~ aus.
+
+[~1862.~]
+
+Auflösung des Abgeordnetenhauses. Die oppositionelle Mehrheit kehrt
+infolge der Neuwahlen verstärkt zurück.
+
+[23. Sept.]
+
+Ministerpräsident ~v. Bismarck.~[59] Die Verstärkung des Heeres wird
+aufrecht erhalten; das +Staatshaushaltsgesetz+ kommt in diesem und den
+nächsten Jahren nicht zustande.
+
+Der Kurfürst von +Hessen+ (S. 360) wird genötigt, die vom deutschen
+Bundestage nunmehr gebilligte Verfassung von 1831 anzuerkennen.
+
+[~1863.~]
+
++Aufstand in Polen.+ Intervention der drei Mächte England, Frankreich,
+Österreich zu Gunsten der Polen ohne Erfolg. Preußen schließt einen
+Vertrag mit Rußland und sperrt seine Grenzen für die Aufständischen
+aufs strengste ab. Damit erwirbt es sich ein weiteres Anrecht auf
+Rußlands Dank (S. 366).
+
+[Aug.]
+
+~Fürstentag zu Frankfurt am Main~ unter Vorsitz des Kaisers +Franz
+Joseph,+ zur Beratung einer +Reform des Deutschen Bundes+ (Direktorium
+von 5 Fürsten und Bundesrat unter Österreichs Vorsitz, Parlament aus
+Abgesandten der Landtage der Einzelstaaten). Die Beratungen bleiben
+erfolglos, da +Preußen+ die Beteiligung ablehnt.
+
+Durch die wiederholte Verletzung des Londoner Protokolls, besonders
+aber durch das dänische Patent vom 30. März 1863 und die in Kopenhagen
+von den »+Eiderdänen+« durchgesetzte gemeinsame +Verfassung+ für
+Dänemark und Schleswig, welche +Schleswig+ mit ~Dänemark~ vereinigt,
+also von Holstein trennt und die Rechte der holsteinischen Stände (S.
+362) auf ein geringes Maß herabdrückt, wird die seit 1852
+gegenüber den Übergriffen der Dänen oft bewährte Geduld des deutschen
++Bundestages+ erschöpft; er beschließt (1. Okt. 1863) ~Bundesexekution~
+gegen Dänemark.
+
+[~1863.~ 15. Nov.]
+
+Tod Friedrichs VII.; nach dem Londoner Protokoll (S. 362) folgt
++Christian IX.+ († 1906). Dieser bestätigt die Gesamtstaatsverfassung.
+Große Aufregung in Deutschland; man fordert vollständige +Trennung+
+Schleswig-Holsteins von Dänemark und sofortige Besetzung des ganzen
+Landes durch deutsche Bundestruppen. Aber auf Antrag +Österreichs+ und
++Preußens+, welche sich durch das Londoner Protokoll gebunden erklären,
+bringt der Bundestag nur seinen früheren Beschluß zur Ausführung und
+läßt 12000 +Hannoveraner+ und +Sachsen+ in die zum Bunde gehörigen
+Herzogtümer +Holstein+ und +Lauenburg+ einrücken. In Holstein wird
++Friedrich VIII.+ von Augustenburg (S. 362) als Herzog ausgerufen.
+
+[~1864.~]
+
+~Krieg gegen Dänemark.~
+
++Österreich+ und +Preußen+ verlangen (Jan. 1864) die Aufhebung
+der neuen dänischen Verfassung, weil sie den 1852 übernommenen
+Verpflichtungen widerspreche. Da Dänemark sich weigert, rücken 37000
+Preußen und 23000 Österreicher unter dem Oberbefehl des preuß.
+Feldmarschalls +v. Wrangel+ in Schleswig ein. Holstein bleibt von den
+Bundestruppen besetzt. Die Österreicher rücken auf das +Danewerk+
+los; die Preußen gehen nach einem vergeblichen Versuch bei +Missunde+
+bei +Arnis+ über die +Schlei+. Darauf Rückzug der dänischen Truppen
+(35000 Mann) aus dem Danewerk; der größte Teil zieht nach +Düppel+.
+General +v. Moltke+[60] trifft beim Oberkommando der Verbündeten ein.
+Die Österreicher unter +Gablenz+ dringen nach siegreichem Kampfe bei
++Översee+ (6. Febr.) vereint mit einem Teil der Preußen in +Jütland+
+ein; die preußischen Hauptkräfte übernehmen die Belagerung der Düppeler
+Schanzen.
+
+[~18. Apr.~]
+
+~Die Preußen erstürmen die Düppeler Schanzen~ (118 Geschütze erobert).
+Die Dänen ziehen sich nach Alsen, Fünen und Nordjütland zurück, räumen
+auch die Festung Fridericia.
+
+[12. Mai bis 25. Juni.]
+
+~Waffenruhe~, Verhandlungen zu ~London~. Da man sich weder über eine
++Personal-Union+ der Herzogtümer mit der Krone Dänemark, noch über eine
++Teilung Schleswigs+ nach den Nationalitäten einigen kann (Dänemark
+hofft vergeblich auf Hilfe von England und Rußland), so sagt Preußen
+sich von dem durch Dänemark so oft gebrochenen Londoner Protokoll
+los, und der Krieg beginnt von neuem. -- Die +Preußen+ unter General
++Herwarth von Bittenfeld+ bewerkstelligen bei Nacht auf Kähnen den
+
+[~1864. 29. Juni.~]
+
+~Übergang nach der Insel Alsen~, schlagen die Dänen auf allen Punkten
+und treiben sie nach Fünen hinüber. Auch Nordjütland wird von den
+Verbündeten besetzt.
+
+Zur See hatten am 17. März drei preußische Schiffe bei +Jasmund+ (an
+der Ostseite von Rügen), am 9. Mai zwei österreichische und drei
+preußische Schiffe bei +Helgoland+ gegen die Dänen gekämpft; vom 13.
+bis 17. Juli gelang mit Hilfe der Kanonenboote die Besetzung der Inseln
++Sylt+ und +Föhr+.
+
+[20. Juli.]
+
+Waffenstillstand, Verhandlungen in Wien.
+
+[22. Aug.]
+
+~Genfer Konvention~ zum Schutz der Verwundeten und Kranken im Kriege,
+von den meisten europäischen Staaten unterzeichnet (das Rote Kreuz).
+
+[30. Okt.]
+
+~Friede zu Wien~: König Christian IX. von Dänemark tritt die
+Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an +Österreich+ und
++Preußen ab+.
+
+Die Bundestruppen verlassen Holstein; Österreich und Preußen setzen für
+die Herzogtümer eine +gemeinschaftliche Regierung+ ein. Mißstimmung
+darüber in den Herzogtümern und vielfach in Deutschland; man wünscht
+ein +selbständiges Schleswig-Holstein+. Österreich begünstigt die
+Einsetzung des Prinzen Friedrich von Augustenburg; der preußische
+Minister +v. Bismarck+ verlangt (Febr. 1865) für den Fall, daß zu den
+in Deutschland vorhandenen Kleinstaaten ein neuer hinzutreten soll:
+1. Daß dessen gesamte Streitkräfte ein Teil der preußischen Armee und
+Flotte werden, 2. Seine Eisenbahnen, sein Post- und Telegraphenwesen
+unter preußische Leitung kommen, 3. Eintritt der Herzogtümer in den
+Zollverein und Abtretung einiger militärisch wichtiger Orte, namentlich
+Friedrichsort an der Kieler Förde und Sonderburg.
+
+Um Streitigkeiten zwischen den Regierungskommissaren der beiden
+Großmächte fernerhin zu vermeiden, schließen Österreich und Preußen den
+
+[~1865.~ 14. Aug.]
+
+~Vertrag zu Gastein~: 1. Beide Mächte behalten die gemeinschaftliche
+Oberhoheit über +beide+ Herzogtümer; +Österreich+ übernimmt +vorläufig+
+die Verwaltung in Holstein, +Preußen+ in Schleswig. +Rendsburg+ soll
+Bundesfestung, +Kiel+ Bundeshafen werden; die Benutzung dieses Hafens
+bleibt gemeinschaftlich, doch erhält +Preußen+ dort den Oberbefehl;
+auch werden ihm zwei Militärstraßen, Telegraphen- und Postlinien durch
+Holstein zugesichert. 3. Österreich tritt das Herzogtum +Lauenburg+
+(S. 341) an Preußen ab gegen Zahlung von 2½ Millionen dänischer
+Taler. Bald zeigt sich, daß diese Einigung keinen Bestand haben kann.
+Österreich, entschlossen, eine wesentliche Machtvergrößerung Preußens
+nicht zuzugeben, verständigt sich mit den +deutschen Mittelstaaten+;
+Preußen, welches eine kriegerische Entscheidung der deutschen Frage
+als unvermeidlich ansieht, tritt mit +Italien+ in Unterhandlung. Es
+beginnt ein +Krieg,+ der durch das energische Vorgehen der preußischen
+Heeresmacht schnell zu Ende geführt wird.
+
+
+~1866. Der deutsche Krieg.~
+
+Verbündete ~Preußens~: Die +kleineren norddeutschen+ Staaten und
++Italien+ (s. S. 379).
+
+Verbündete ~Österreichs~: +Bayern, Württemberg, Sachsen, Hannover,
+Baden, beide Hessen.+
+
+~Ursache~: Das Verlangen der deutschen Nation nach größerer Einheit.
+Eine Neugestaltung Deutschlands mit starker Bundesgewalt gegenüber den
+Einzelstaaten war unmöglich, solange sich im Deutschen Bunde +zwei+
+Großmächte gegenüberstanden, von welchen die eine größtenteils +nicht
+deutsche+ Bevölkerung und +nicht deutsche+ Interessen hatte.
+
+~Veranlassung~: Der Streit über die Zukunft der Herzogtümer Schleswig
+und Holstein.
+
+[~1866.~ 9. April.]
+
+Preußen stellt bei dem +Bundestage+ in Frankfurt den
+Antrag auf +Reform der Verfassung des Deutschen Bundes+ unter Mitwirkung
+eines aus allgemeinem Wahlrecht hervorgehenden +Parlaments.+
+
+Die von +Frankreich, England+ und +Rußland+ (24. Mai) angebotene
+Vermittelung wird vereitelt durch die Forderung Österreichs, daß auf
+der etwaigen +Friedenskonferenz+ von keiner +Gebietsveränderung+ die
+Rede sein solle.
+
+Österreich stellt (1. Juni) die Entscheidung der
+schleswig-holsteinischen Erbfolgefrage dem +Deutschen Bunde+ anheim
+und läßt durch den Gouverneur +v. Gablenz+ die holsteinische
+Ständeversammlung einberufen. Preußen erklärt dies für einen Bruch des
+Gasteiner Vertrages; Gen. +v. Manteuffel,+ Gouverneur von Schleswig,
+rückt mit Truppen in Holstein ein. Gablenz mit den österreichischen
+Truppen zieht sich unter Protest zurück.
+
+[10. Juni.]
+
+Preußen legt den deutschen Regierungen den Entwurf einer
+neuen +bundesstaatlichen+ Verfassung unter preußischer Leitung mit
+Ausschluß Österreichs vor. Der Bundestag zu Frankfurt beschließt auf
+Österreichs Antrag
+
+[14. Juni.]
+
+~Mobilmachung~ der gesamten ~Bundesarmee~ mit Ausnahme der
+drei preußischen Bundesarmeekorps. Austritt Preußens und ~Auflösung~
+des ~Deutschen Bundes~.
+
+[~1866.~ 15. Juni.]
+
+Aufforderung +Preußens+ an +Sachsen, Hannover+ und +Kurhessen+, von dem
+Bundesbeschluß zurückzutreten, ihre Truppen auf Friedensfuß zu setzen
+und sich dem vorgeschlagenen neuen Bunde unter preußischer Leitung
+anzuschließen. Diese Aufforderung wird abgelehnt.
+
+
+~A. Östlicher (Haupt-) Kriegsschauplatz.~
+
+
+~Preußen gegen Österreicher und Sachsen.~
+
+~Preußen~: +Erste Armee+ (~Prinz Friedrich Karl~) i. d. +Lausitz,+
+93000 M. +Elbarmee+ (General +Herwarth v. Bittenfeld+) i. d. Provinz
++Sachsen+, 46000 M. +Erstes Reserve-Korps+ (General +v. d. Mülbe+) bei
++Berlin+, 24000 M. +Zweite Armee+ (~Kronprinz Friedrich Wilhelm~) in
++Schlesien+, 115000 M.
+
+~Österreich~: +Nordarmee+ (~Feldzeugmeister v. Benedek~) in +Böhmen+
+und +Mähren+, 240000 M.
+
++Sächsische Armee (Kronprinz Albert)+ 24000 M.
+
+[16. Juni.]
+
+Einmarsch der preußischen Elbarmee in Sachsen. König Johann begleitet
+seine Truppen nach +Böhmen+; nur die Festung +Königstein+ bleibt von
+sächsischen Truppen besetzt.
+
+[19. Juni.]
+
+Die Elbarmee besetzt +Dresden+; bei ihrem weiteren Vormarsch bleibt die
+1. Division des +Korps v. d. Mülbe+ als Besatzung in Sachsen.
+
+[23. Juni.]
+
+Die preußische Elb- und die erste Armee überschreiten die
++österreichische Grenze ohne Gefecht,+ die zweite Armee folgt am 26.
+Juni; gemeinsames Ziel +Gitschin+.
+
+Erstes Zusammentreffen an der +Iser+: Siegreiche Gefechte der
+Preußen am 26. Juni bei +Podol+ (Teile der +ersten Armee+) und bei
++Hühnerwasser+ (Teile der +Elbarmee+); dann gewinnen beide Armeen
+Anschluß und sind bei +Münchengrätz+ (28. Juni) und +Gitschin+ (29.
+Juni) siegreich.
+
+Das zur preußischen +zweiten Armee+ gehörige Korps v. Bonin wird am
+27. Juni von den Österreichern bei +Trautenau+ geschlagen, aber die
+preußische Garde dringt siegreich vor bei +Soor+ (28. Juni) und besetzt
++Königinhof+ (29. Juni). Vereinigung mit dem Korps des Generals von
+Steinmetz, welcher drei österreichische Korps bei +Nachod+ (27. Juni),
++Skalitz+ (28. Juni), +Schweinschädel+ (29. Juni) zurückgeschlagen hat.
+
+~König Wilhelm I.~ trifft am 1. Juli in Gitschin ein und übernimmt den
+~Oberbefehl~ über ~alle preußischen Heere~; Chef des Generalstabes
+~General v. Moltke.~ Es wird beschlossen, mit vereinten Kräften die
+Österreicher anzugreifen, welche hinter dem Flüßchen +Bistritz+ auf den
+Höhen von +Chlum+, im Rücken gedeckt durch die Festung +Königgrätz,+
+ihre Aufstellung genommen hatten (206000 Mann mit über 500 Geschützen).
+
+[~1866.~ 3. Juli.]
+
+~Schlacht bei Königgrätz.~ Harter Kampf der ersten preußischen
+Armee bei +Sadowa+ und +Benatek+ gegen die Österreicher; große
+Verluste erleidet die Division des Generals v. Fransecky im Walde
+von +Masloved+. Auf dem rechten Flügel kämpft die ~Elbarmee~ bei
++Nechanitz+ gegen Sachsen und Österreicher. Am Nachmittag kommt die
+zweite (schlesische) Armee unter dem +Kronprinzen+ nach anstrengendem
+Marsche von links her den Österreichern in die Flanke; das Gardekorps
+erstürmt die Höhe von +Chlum+. Rückzug der Österreicher nach
++Königgrätz+, die Preußen erbeuten 5 Fahnen, 161 Geschütze, machen
+20000 Gefangene. Weiterer Rückzug nach +Olmütz+.
+
+Kaiser +Franz Joseph+ ruft Frankreichs Vermittelung an und tritt
++Venetien+ an Napoleon III. ab; der von Frankreich begehrte
+Waffenstillstand wird jedoch von +Preußen+ und von +Italien+
+zurückgewiesen. Ein großer Teil der österreichischen Südarmee wird aus
+Italien zum Schutze der bedrohten Hauptstadt +Wien+ herangezogen. Die
+Preußen besetzen ~Prag~ (8. Juli) und ~Brünn~ (12. Juli); die erste
+Armee rückt von Brünn aus rasch gegen +Wien+ vor, während die zweite
+nach dem Treffen bei +Tobitschau+ (15. Juli, General v. Bonin) durch
+Besetzung von +Prerau+ die Eisenbahnverbindung zwischen Olmütz und Wien
+abschneidet.
+
+Benedek führt seine Truppen über die +Kleinen Karpathen+, um Wien auf
+dem Umwege durch das Waagtal zu erreichen. Das preußische Hauptquartier
+wird am 18. Juli nach +Nikolsburg+ (südlich der Taya) verlegt. Das
+Treffen bei ~Blumenau~ (unweit +Preßburg+) am 22. Juli (General +v.
+Fransecky+) entscheidet sich bereits zu Gunsten der Preußen, als es um
+12 Uhr abgebrochen werden muß infolge der mittlerweile abgeschlossenen
++fünftägigen Waffenruhe+. Darauf
+
+[~26. Juli.~]
+
+~Waffenstillstand zu Nikolsburg~, nachdem ohne Frankreichs Mitwirkung,
+aber mit Rücksicht auf seine Forderungen, die +Friedenspräliminarien+
+unterzeichnet worden sind.
+
+
+~B. Westlicher Kriegsschauplatz.~
+
+
+~a) Preußen gegen Hannover und Kurhessen.~
+
+~Preußische Westarmee~: General ~Vogel v. Falckenstein~; sie ist
+zunächst noch getrennt: Division Goeben bei +Minden+, Division
+Manteuffel in +Holstein+, Division Beyer bei +Wetzlar+, zusammen 48000
+M.
+
++Hannoveraner+ 21000 M., +Kurhessen+ 8000 M.
+
+[~1866.~ 16.–18. Juni.]
+
+Die preußische Westarmee besetzt +Hannover+ und +Kurhessen+.
+
+Abmarsch der +hannoverschen+ Truppen über +Göttingen+ nach
++Heiligenstadt+ zur Vereinigung mit den süddeutschen Bundeskorps,
+die aber nicht erreicht wird. König +Georg V.+ begleitet sein Heer.
+Die +Kurhessen+ gewinnen durch schleunigen Abmarsch Anschluß an
+die Süddeutschen, finden im Laufe des Feldzuges als Besatzung von
++Mainz+ Verwendung. +Kurfürst Friedrich Wilhelm+ von Hessen kommt als
+Gefangener nach +Stettin+.
+
+[~1866. 27. Juni.~]
+
+Gefecht bei ~Langensalza~ zwischen 20500 +Hannoveranern+ und 8500
++Preußen+ und +Koburg-Gothaern+ (Gen. +v. Flies+). Die Preußen müssen
+sich nach 7stündigem, hartem Kampfe zurückziehen; aber durch schnelles
+Herbeiziehen von Verstärkungen (Generale +v. Manteuffel+ und +v.
+Beyer+) wird der Zweck erreicht, der hannoverschen Armee den Weg zu
+ihren süddeutschen Verbündeten zu verlegen.
+
+[29. Juni.]
+
+~Kapitulation von Laugensalza~. Das Heer wird aufgelöst und entwaffnet
+(mit Ausnahme der Offiziere); König +Georg V.+ begibt sich nach
+Österreich.
+
+
+~b) Preußen gegen die Süddeutschen.~
+
+~Die preußische Mainarmee,~ bisher Westarmee (S. 377) 45000 M. Bei
+dem später eintreffenden Korps des Großherzogs +Friedrich Franz+ von
+Mecklenburg-Schwerin die Truppen von Mecklenburg, Sachsen-Altenburg und
+Braunschweig.
+
+Nach Langensalza erhält die +Mainarmee+ den Auftrag, über Fulda auf
+Schweinfurt zu marschieren, um die Vereinigung der beiden süddeutschen
+Korps zu verhindern und zunächst die Bayern zu schlagen.
+
+~Für Österreich~: Das VII. Bundes-Armeekorps (+Bayern+-Versammlung
+bei Schweinfurt) 40000 M. und das VIII. Bundes-Armeekorps
+(Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau und eine österreichische
+Brigade-Versammlung bei +Frankfurt a. M.+) 46000 M. Oberbefehl: Prinz
++Karl von Bayern.+
+
+Die +Mainarmee+ besiegt die +Bayern+ bei ~Dermbach~ (4. Juli) und an
+der Fränkischen Saale (Kissingen 10. Juli), die +Hessen+ bei ~Laufach~
+(13. Juli) und das +VIII+. Korps bei ~Aschaffenburg~ (14. Juli).
+Dadurch werden die Verbündeten (dauernd getrennt) auf das +linke
+Mainufer+ gedrängt; am 16. Juli besetzt General +v. Falckenstein+
+Frankfurt, von wo sich der Bundestag nach +Augsburg+ geflüchtet hat.
+
+Fortsetzung des Feldzuges unter dem Oberbefehl des Gen. ~v.
+Manteuffel~. Gefechte bei +Tauberbischofsheim+ gegen die Württemberger
+und bei +Werbach+ gegen die Badener (24. Juli), bei +Roßbrunn+ gegen
+die Bayern (26. Juli). Die Bayern behaupten noch die Citadelle von
++Würzburg+, aber das von Leipzig her vorrückende Reservekorps des
+Großherzogs von Mecklenburg (25000 M.) besetzt ~Nürnberg~ (31. Juli).
+Waffenstillstand am 2. August.
+
+
+~C. Krieg zwischen Österreich und Italien.~
+
+Italien zum Bündnis mit Preußen veranlaßt durch die günstige
+Gelegenheit, +Venetien+ zu gewinnen.
+
+Die österreichische Südarmee (138000 Mann) unter Erzherzog +Albrecht+
+sammelt sich bei Verona. Von den Italienern (210000 Mann) rückt ein
+Korps von Bologna her gegen den Po vor, der größte Teil überschreitet
+unter Führung des Königs +Viktor Emanuel+ den Mincio, wird aber am
+24. Juni bei ~Custozza~ geschlagen. Neues Vorgehen der Italiener,
+nachdem ein großer Teil der österreichischen Truppen zum Schutze Wiens
+abberufen ist. Die italienische Flotte wird am 20. Juli bei der Insel
+~Lissa~ von der österreichischen (Admiral +Tegethof+) geschlagen.
+Waffenstillstand am 25. Juli.
+
+[~1866.~ 23. Aug.]
+
+~Friede zu Prag~ zwischen +Preußen+ und +Österreich+: 1. Der Kaiser
+von Österreich erkennt die +Auflösung des Deutschen Bundes+ an, gibt
+seine Zustimmung zu einer ~Neugestaltung Deutschlands ohne Österreich~,
+erkennt im voraus die in Norddeutschland von +Preußen+ vorzunehmenden
+Gebietsveränderungen an, bedingt aber dem Königreich Sachsen
+unveränderten Bestand (als Glied des neuen Norddeutschen Bundes) aus.
+2. +Österreich+ überträgt seine Rechte auf +Schleswig-Holstein+ an
++Preußen+, nur soll der nördliche Teil Schleswigs mit Dänemark wieder
+vereinigt werden, wenn die Bevölkerung den Wunsch dazu durch freie
+Abstimmung zu erkennen gibt (aufgehoben 1878). 3. +Österreich+ zahlt
+20 Millionen Taler Kriegskosten. 4. +Preußen+ bedingt die Übergabe
++Venetiens+ an Italien aus.
+
+~Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau~ und die freie Stadt
+~Frankfurt~ werden mit der preußischen Monarchie vereinigt. Die
+süddeutschen Staaten und Sachsen müssen einzeln Frieden schließen und
+Kriegskosten zahlen. -- Von den beabsichtigten Gebietsabtretungen der
+Südstaaten wird in der Hauptsache Abstand genommen (nur Bayern und
+Hessen müssen Grenzstriche abtreten, jenes +Orb+ und +Gersfeld+, dieses
+die eben geerbte Landgrafschaft +Hessen-Homburg+), weil Napoleon III.
+Deutschland gegenüber das Verlangen nach einer +»Grenzberichtigung«+
+zeigt (s. S. 377).
+
+Zwischen ~Preußen~ und den ~Südstaaten~ werden Schutz- und
+Trutzbündnisse geschlossen: Gegenseitige Garantie des Gebiets, die
+süddeutschen Staaten stellen für den Fall eines Krieges ihre gesamten
+Streitkräfte unter den Oberbefehl des Königs von Preußen. Das
+Verlangen Napoleons III. (Abtretung der bayrischen Rheinpfalz und des
+linksrheinischen Hessen mit +Mainz+) wird zurückgewiesen.
+
+[3. Okt.]
+
+~Friede zu Wien~ zwischen +Österreich+ und +Italien.+ Venetien wird mit
+dem Königreich Italien vereinigt.
+
+[~1866.~ 3. Sept.]
+
+Beilegung des +Verfassungsstreits+ in Preußen (S. 372) durch ein vom
+Landtage angenommenes +Indemnitätsgesetz+ wegen der seit 1862 ohne
+Staatshaushaltsgesetz geführten Verwaltung.
+
+Der ~Norddeutsche Bund~, gebildet von +Preußen+, den im Kriege mit
+ihm verbündet gewesenen Staaten, dem Königreich +Sachsen+ und der
+nördlichen Hälfte des Großherzogtums +Hessen.+ Erster ~Reichstag~
+des Norddeutschen Bundes 1867 in ~Berlin~; die Verfassung wird
+vereinbart. Bundesleitung bei der Krone ~Preußen~, welche den Bund
+völkerrechtlich vertritt, in seinem Namen Krieg erklärt, Frieden
+und Bündnisse schließt, Gesandte beglaubigt. Die Vertretung der
+Regierungen bildet der ~Bundesrat~, in dem Preußen 17, die übrigen 21
+Bundesglieder zusammen 26 Stimmen haben. Reichstag aus +allgemeinen+
+und +direkten+ Wahlen. Einheitliches Heer unter dem Oberbefehl des
+Königs von Preußen (allgemeine Wehrpflicht), einheitliche Zoll-, Post-
+und Telegraphenverwaltung. Graf +Bismarck+ ~Bundeskanzler~.
+
+[~1868.~]
+
+Deutsches +Zollparlament+. Abgeordnete aus den süddeutschen Staaten
+erscheinen im norddeutschen Reichstag, um die durch Vertrag zwischen
+den Regierungen 1867 angebahnte Wiederherstellung des +Zollvereins+ (S.
+361) durchzuführen.
+
+Die preußische Flotte (S. 361) wird zur +norddeutschen Kriegsflotte+;
+Kriegshäfen werden in +Kiel+ und +Wilhelmshaven+ angelegt. Bestand
+der Flotte 1870: 3 Panzerfregatten, 2 Panzerfahrzeuge, 9 Korvetten, 2
+Avisos, 22 Kanonenboote.
+
+[~1867.~]
+
+Streit über Luxemburg. Napoleon III. unterhandelt, um für Frankreich
+doch eine Vergrößerung zu gewinnen (S. 379), mit dem König der
+Niederlande über +Abtretung des Großherzogtums Luxemburg an Frankreich+
+gegen eine Geldentschädigung und verlangt, daß die früher zum Deutschen
+Bunde (S. 341), nicht aber zu dem neuen Norddeutschen Bunde gehörende
+Festung Luxemburg von der +preußischen Besatzung+ geräumt werde.
+
+Ausgleich durch Beschluß einer Konferenz der Großmächte zu London
+(+Italien+ als sechste Großmacht anerkannt): 1. Die Neutralität des
+Großherzogtums wird von den Großmächten +gemeinsam+ gewährleistet;
+2. Die preußische Besatzung räumt die Stadt +Luxemburg+, deren
+Festungswerke geschleift werden.
+
+~Ende des Kirchenstaates~. +Italienische+ Freischaren machen mit
+stillschweigender Gutheißung ihrer Regierung 1867 (Sept.) einen Angriff
+auf das päpstliche Gebiet. Napoleon III. erklärt den früheren Vertrag
+(S. 370) für gebrochen und schickt dem Papste Hilfe. Die Freischaren
+werden bei +Mentana+ geschlagen; ihr Führer +Garibaldi+ wird nach
+kurzer Haft wiederum nach +Caprera+ entlassen. ~Rom~ erhält von neuem
+eine ~französische Besatzung~ (S. 363, 370).
+
+[~1869.~ 8. Dez.]
+
+Eröffnung des ~Vatikanischen Konzils~ in Rom, durch welches das
+Ansehen des Papsttums nach der Einschränkung seiner weltlichen
+Herrschaft gesichert und erhöht werden soll. Verkündung des
++Unfehlbarkeits-Dogmas+ am 18. Juli 1870. Am 20. Sept. 1870 wird Rom
+von den italienischen Truppen besetzt, da die französische Besatzung
+zurückgezogen ist (s. S. 385). ~Aufhebung des Kirchenstaates.~ +Rom
+wird Hauptstadt des geeinigten Italiens.+
+
+
+§ 8. Deutsch-französischer Krieg 1870–1871.
+
+~Ursache~: Die Meinung der Franzosen, daß ihrer Nation auf dem
+europäischen Festlande eine herrschende Machtstellung zukomme. Letztere
+hatte die Schwäche der Nachbarstaaten, vor allem Deutschlands zur
+Voraussetzung. Die Begründung des italienischen Einheitsstaates und
+die Entstehung eines mächtigen deutschen Bundesreiches erschien den
+Franzosen wie eine Schmälerung ihres Ruhmes.
+
+~Veranlassungen~: 1. Die inneren Verlegenheiten der Regierung Napoleons
+III., welcher, für seinen Thron fürchtend, dem gesetzgebenden Körper
+(S. 355) erweiterte Rechte zögernd zugesteht; 2. Die Ablehnung der seit
+1866 wiederholt verlangten Ausgleichungen für die Vergrößerung Preußens
+an Land und Macht (S. 379, 380). Der von Napoleon durch Benedetti
+1867 schriftlich in Berlin eingereichte Vertragsentwurf, nach welchem
+Napoleon Luxemburg und Belgien besetzen und dafür Preußen die Aufnahme
+der süddeutschen Staaten in den Norddeutschen Bund gestatten wollte,
+war von Bismarck »dilatorisch« behandelt worden.
+
+~Vorwand~: Die Übertragung der spanischen Krone an den Prinzen +von
+Hohenzollern+ (s. u. § 16), die in Paris als eine +preußische+,
+Frankreich gefährdende Intrige dargestellt wird.
+
+Das durch den französischen Botschafter +Benedetti+ in Ems (9. Juli)
+an König Wilhelm I. gestellte Verlangen, »dem Prinzen von Hohenzollern
+die Annahme der spanischen Krone zu verbieten«, wird zurückgewiesen.
+Nach dem freiwilligen Rücktritt des Prinzen verlangt die französische
+Regierung eine Erklärung des Königs, »daß er die Bewerbung des Prinzen
+um die spanische Krone in Zukunft niemals wieder zulassen werde«.
+König Wilhelm weist den französischen Botschafter ab (13. Juli);
+Graf Bismarck läßt die Nachricht davon gebende »Emser Depesche«
+in verkürzter Form alsbald durch die Zeitungen verbreiten. Darauf
+Kriegserklärung Frankreichs (19. Juli). Die +süddeutschen Staaten+
+schließen sich unverzüglich auf Grund der bestehenden Bündnisse (S.
+379) der Kriegsrüstung des Norddeutschen Bundes an.
+
+
+A. Krieg gegen die kaiserliche Armee.
+
+
+~Deutsche Streitkräfte, Oberbefehl König Wilhelm I.~
+
++Chef des Generalstabes+: General ~v. Moltke.~
+
+Am 31. Juli stehen bereit:
+
+I. Armee (General ~v. Steinmetz~) +südlich+ von +Trier+, 60000 M.
+
+II. Armee (Prinz ~Friedrich Karl~) +südlich+ von +Mainz+, 194000 M.
+einschl. Reserve.
+
+III. Armee (hierbei zwei Bayr. Korps, sowie Württemb. und Badische
+Div.; ~Kronprinz von Preußen~) +zwischen Landau+ und +Speier+, 130000 M.
+
+Drei Armeekorps (100000 M.) werden Anfang August zur Verstärkung
+herangezogen.
+
+Zur +Küstenverteidigung+: General-Gouverneur +Vogel v. Falckenstein+,
+17. Division und Landwehr.
+
+Zusammen (einschl. aller Besatzungs- und Ersatztruppen) nahezu eine
+Million Mann.
+
+~Feldzugsplan~: Eroberung von Paris, auf dem Wege dahin Abdrängen des
+Feindes von dem reichen Süden in das engere Hinterland des nördlichen
+Frankreichs. +Angreifen+ unter Zusammenhalten der Kräfte, wo sich der
+Feind stellt.
+
+~Französische Streitkräfte~: 300000 M., vorläufig als Rheinarmee unter
+Oberbefehl des Marschalls +Bazaine+. Davon stehen:
+
+Marschall ~Mac-Mahon~ bei +Straßburg+ mit 100000 M.,
+
+Marschall ~Bazaine~ bei +Metz+ mit 150000 M.,
+
+Reserven bei +Nancy+ und +im Lager von Châlons-sur-Marne+,
+
+zusammen 50000 M. Außerdem können noch 115 Bataillone ins Feld rücken,
+sobald die +Nationalgarde+ sie im Innern des Landes ersetzt.
+
+Auch der französische Feldzugsplan geht auf +überraschenden Angriff+
+aus, wird aber zu langsam ausgeführt.
+
+Eine +französische Flotte+ erscheint in der +Ostsee+, bald darauf
+eine zweite in der +Nordsee+; es kommt aber zu keiner Landung. Die
++norddeutsche Flotte+ bewacht die Flußmündungen; 17. Aug. Gefecht
+der +Grille+, von 3 Kanonenbooten unterstützt, bei +Rügen+ gegen 8
+französische Schiffe. Im Sept. ziehen beide französische Flotten sich
+zurück. 9. Nov. Kampf des Kanonenboots +Meteor+ bei +Havanna+ gegen ein
+größeres französisches Schiff, das zum Rückzug in den Hafen genötigt
+wird. Im Januar 1871 nimmt die Korvette +Augusta+ in der +Gironde+
+französische Transportschiffe weg, muß dann aber in einem spanischen
+Hafen Schutz suchen.
+
++Bismarck+ erreicht (29. Juli) durch eine aktenmäßige Enthüllung
+der Anerbietungen Napoleons auf Kosten Süddeutschlands, Luxemburgs
+und Belgiens, daß England, Dänemark, Österreich und Italien neutral
+bleiben. Rußland tritt diplomatisch für Preußen in Wien ein.
+
+[~1870.~ 2. Aug.]
+
+Die Franzosen, von +Metz+ her vorrückend, besetzen durch ein Armeekorps
+in Gegenwart des Kaisers Napoleon die nur von 1500 Mann preußischer
+Truppen verteidigte Stadt ~Saarbrücken~
+
+[4. Aug.]
+
+Treffen bei ~Weißenburg~. Die Vorhut der ~III. Armee~ (Preußen und
+Bayern) erstürmt Weißenburg und den stark befestigten +Geisberg+.
+
+~Mac-Mahon~ vereinigt seine Truppen und erwartet den Feind in starker
+Stellung, erleidet aber in der
+
+[6. Aug.]
+
+~Schlacht bei Wörth~ durch das Heer des Kronprinzen ~Friedrich Wilhelm~
+eine vollständige Niederlage. +Mac-Mahon+ zieht sich auf das befestigte
+Lager bei +Châlons+ zurück.
+
+Daselbst trifft bald auch Kaiser +Napoleon III.+ ein und überträgt
+~Mac-Mahon~ den Oberbefehl über die neugebildete Armee.
+
+[6. Aug.]
+
+~Schlacht bei Spichern~ (+Saarbrücken+). Teile der I. und II. Armee
+(Gen. v. Kameke, v. Alvensleben, v. Goeben) erstürmen die stark
+verschanzten Spicherer Höhen.
+
+Der Kronprinz mit der ~III. Armee~ rückt, nach Absendung eines Korps
+unter General v. Werder zur Belagerung von +Straßburg+, durch die
+unverteidigten Pässe des +Wasgen-Waldes+ nach +Nancy+. Die ~I. Armee~
+marschiert auf +Metz+, die ~II. Armee~ auf +Pont à Mousson+ mit der
+Absicht, das französische Heer in und bei Metz von Paris abzuschneiden.
+
+Um dem zuvorzukommen, beschließt ~Bazaine~ den Rückzug über +Verdun+
+nach +Châlons-sur-Marne+, zur Vereinigung mit +Mac-Mahon+ und neu
+herangezogenen Truppen. +Napoleon III.+ eilt voraus nach Châlons.
++Bazaine+ nimmt, als ihn unweit Metz die Vorhut der I. Armee angreift,
+den Kampf auf dem +rechten+ Moselufer an. Durch die
+
+[14. Aug.]
+
++Schlacht bei Colombey-Nouilly+ wird deutscherseits der Zweck erreicht,
+den Abzug des Gegners auf Verdun zu verzögern. Der Abmarsch wird
+gänzlich vereitelt durch die
+
+[~16. Aug.~]
+
+~Schlacht bei Vionville -- Mars la Tour~, in welcher Prinz +Friedrich
+Karl+ mit Teilen der II. Armee (die Brandenburger unter Gen. v.
+Alvensleben) die weit überlegenen feindlichen Streitkräfte bei Metz
+festhält. Verlust 16000 Mann, ebensoviel auf französischer Seite.
+
+Nachdem die übrigen Truppen der I. und II. Armee herangekommen sind,
+werden die Franzosen in ihren +befestigten Stellungen+ westlich von
+Metz von neuem angegriffen.
+
+[~1870 18. Aug.~]
+
+~Schlacht bei Gravelotte-Saint Privat.~ 180000 Deutsche unter dem
+Oberbefehl +König Wilhelms+ gegen mindestens ebensoviel Franzosen.
+Mörderischer Kampf auf dem linken Flügel; die preußische Garde, von
+den Sachsen unterstützt, erstürmt die Höhen von +St. Privat+. Verlust
+der Deutschen 20000, der Franzosen 13000. Bazaines Armee wird in die
+Festung +Metz+ gedrängt und daselbst eingeschlossen.
+
+Prinz +Friedrich Karl+ leitet die ~Belagerung von Metz,~ während die
+III. Armee (Kronprinz) von Nancy her gegen +Châlons+ vorrückt. Mit ihr
+wirkt zusammen eine von der II. Armee (die vor Metz bleibt) abgetrennte
+IV. +(Maas-) Armee+ unter ~Kronprinz Albert von Sachsen.~
+
++Mac-Mahon+ verläßt, von Napoleon III. begleitet, Châlons und versucht
+auf dem Umwege über Reims +Metz+ zu erreichen, um sich mit Bazaine zu
+vereinigen. Dies Unternehmen wird deutscherseits rechtzeitig entdeckt;
+die III. und IV. Armee schwenken deshalb vom Vormarsch gegen Paris
+rechts ab; die +IV. Armee+ erreicht die Franzosen an der +Maas+, greift
+an und verhindert durch die siegreiche
+
+[30. Aug.]
+
+~Schlacht bei Beaumont~ den geplanten Entsatzversuch von Metz, drängt
+auch die Mac-Mahonsche Armee in eine äußerst ungünstige Lage.
+
++Bazaine+ versucht die Einschließung von Metz zu durchbrechen, wird
+aber durch die
+
+[31. Aug. u. 1. Sept.]
+
+~Schlacht bei Noisseville~ zurückgetrieben.
+
+Gleichzeitig wird Mac-Mahon von der III. und IV. deutschen Armee bei
++Sedan+ an der Maas eingeschlossen (über 200000 Deutsche gegen 124000
+Franzosen).
+
+[~1. Sept.~]
+
+~Schlacht bei Sedan.~ Heftiger Kampf der Bayern bei +Bazeilles+, der
+Sachsen bei +Daigny+, der Preußen bei +Givonne+, +Illy+ und +Floing+.
+Die Franzosen werden in die Stadt hineingedrängt. Nach Beginn der
+Beschießung wird in der Stadt die weiße Fahne aufgezogen. ~Napoleon
+III.~ gibt sich gefangen, verläßt die Stadt am 2. Sept. früh.
+Zusammentreffen mit Graf Bismarck bei +Donchery+, wo während der Nacht
+über die Bedingungen der Übergabe verhandelt war (+Moltke,+ +Bismarck,+
++Wimpffen,+ Mac-Mahon war verwundet).
+
+[~2. Sept.~]
+
+~Übergabe von Sedan,~ 39 Generale, über 2300 Offiziere, 83000 Mann
+(außerdem schon während der Schlacht über 20000 M.) kriegsgefangen, 419
+Feld- und 139 Festungsgeschütze erbeutet.
+
+3090 Mann erreichen die belgische Grenze und werden dort entwaffnet;
+das Korps Vinoy entkommt von Mézières nach Paris.
+
+Zusammenkunft zwischen Kaiser ~Napoleon III.~ und ~König Wilhelm I.~ in
+dem Schlosse +Bellevue+ bei +Donchery+; Napoleon als Kriegsgefangener
+nach +Wilhelmshöhe+ (bei Kassel) gebracht.
+
+[~1870. 4. Sept.~]
+
+~Frankreich Republik~ (+Dritte Republik+). Provisorische »Regierung
+der nationalen Verteidigung«: +Trochu+ Präsident und Gouverneur von
+Paris, +Favre+ Auswärtiges, +Gambetta+ Inneres. Für den Krieg »bis aufs
+Äußerste« wird die ganze Nation zu den Waffen gerufen, die Flotten
+werden aus der Nordsee und Ostsee zurückgezogen. Die Kaiserin Eugenie
+flieht mit ihrem Sohn nach England.
+
+Alle deutschen Truppen, welche bei Sedan gekämpft haben, marschieren
+gegen Paris und erreichen bis 19. Sept. die Einschließung (S. 387ff.).
+
+
+~B. Krieg gegen die republikanischen Heere.~
+
+In zahlreichen Festungen Frankreichs stehen noch kaiserliche Truppen,
+die sich aber den Geboten der Republik fügen. Nach dem Sturz des
+Kaisertums zunächst Friedensverhandlungen in +Ferières+ zwischen
+Bismarck und Favre. Sie bleiben erfolglos, da Frankreich jede
+Gebietsabtretung verweigert. +Thiers+ bereist die europäischen Höfe,
+findet aber keine Unterstützung (S. 382f.). Besonders aus England
+erhält Frankreich starke Zufuhr an Waffen und Munition.
+
+Das Korps des +Großherzogs von Mecklenburg+ (s. S. 378), bisher zum
+Schutz der deutschen Küste tätig, sichert die +Eisenbahnverbindung+
+nach Deutschland durch Einnahme der Festungen +Toul+ und +Soissons+.
+Demselben Zwecke dient die nach und nach folgende Einnahme der
+Festungen Schlettstadt, Verdun (8. Nov.), Diedenhofen, Montmédy,
+Mézières u. a. Schwieriger Schutz der Etappenstraßen gegen Überfälle
+französischer +Franctireurs+. Das besetzte französische Gebiet wird in
+4 General-Gouvernements eingeteilt.
+
+[27. Sept.]
+
+~Übergabe von Straßburg~ nach längerer Belagerung (bei der
+die wertvolle Bibliothek zerstört wurde) durch preußische und
+badische Truppen unter Gen. +v. Werder.+ Besatzung von 17000 Mann
+kriegsgefangen. Die preußische Garde-Landwehr zieht gegen Paris; mit
+der badischen Division und einigen preußischen Regimentern marschiert
+Gen. +v. Werder+ durch den Wasgau nach Südwesten (Epinal -- Vesoul --
+Dijon, S. 387ff.).
+
+~Gambetta~, welcher Paris im Luftballon verlassen hat, übernimmt (9.
+Okt.) die Diktatur in ~Tours.~ Seinem Organisationstalent gelingt es,
+im Laufe der nächsten vier Monate etwa 800000 M. ins Feld zu stellen:
+aus Resten der alten Armee, Zuzügen aus Algier, Marinetruppen und
+durch Massenaufgebot. Es entstehen vier neue Heere; die +Loire-Armee+
+bei Orléans, die +Westarmee+ bei Rouen, die +Nordarmee+ bei Lille,
+die +Ostarmee+ bei Besançon. ~Eroberung oder Rettung von Paris bleibt
+Hauptziel des Krieges.~
+
+[~1870. 27. Okt.~]
+
+~Übergabe von Metz~ (belagert seit 19. August). Nach mehreren
+vergeblichen Ausfällen ergibt sich +Bazaine+, durch Hunger gezwungen,
+mit seiner großen Armee; 6000 Offiziere, 187000 Mann kriegsgefangen,
+622 Feld-, 876 Festungsgeschütze erbeutet.
+
+~Prinz Friedrich Karl~ mit der II. Armee marschiert gegen die
+französische +Loire-Armee+, General ~v. Manteuffel~ mit einer neu
+eingeteilten I. Armee gegen die +französische Nordarmee+ (S. 387).
+
++a) Der Feldzug an der Loire und gegen Le Mans.+
+
+[Okt.]
+
+Die ~Loire-Armee~ (etwa 30000 M. stark und noch nicht kriegsbereit)
+ergreift in den ersten Oktobertagen von ~Orléans~ aus die Offensive auf
+~Paris.~ Gegen sie marschiert südlich von Paris General ~v. d. Tann~
+mit dem I. bayrischen Korps und der 22. Division, drängt die Franzosen
+nach empfindlicher Niederlage bei +Artenay+ (10. Okt.) zurück +und
+besetzt Orléans+ (11. Okt.).
+
+[Nov.]
+
+Zweite Offensive der auf 200000 Mann verstärkten +Loire-Armee+, welche
+den General v. d. Tann bei +Coulmiers+ (9. Nov.) zum Rückzug auf
+Artenay und zur +Räumung von Orléans+ nötigt, v. d. Tann gewinnt (nicht
+verfolgt) Anschluß an den +Großherzog von Mecklenburg+, tritt in den
+Verband der diesem unterstellten ~Armee-Abteilung~ (50000 M.), welche
+die Einschließung von Paris gegen Westen und Süden sichern soll. Sie
+drängt zunächst ein von Westen her anrückendes französisches Korps in
+beschwerlichem Kleinkriege gegen Freischaren nach +Le Mans+ zurück.
+
+Inzwischen hat die +Loire-Armee+ sich befestigte Stellungen nördlich
+von Orléans geschaffen; von deutscher Seite aber rückt Prinz ~Friedrich
+Karl~ heran, und der ~Großherzog von Mecklenburg~ kommt von Westen her
+zu gemeinsamem Angriff. Das erneute Vorrücken der Loire-Armee wird
+durch die
+
+[28. Nov.]
+
++Schlacht bei Beaune la Rolande+ (II. Armee) und die
+
+[2. Dez.]
+
++Schlacht bei Loigny-Poupry+ (Großherzog von Mecklenburg) rechtzeitig
+vereitelt.
+
+Nach weiteren harten Kämpfen der beiden deutschen Heere wird ~Orléans~
++von ihnen besetzt+.
+
+Von der Loire-Armee entweicht ein Teil nach Süden, wo +General
+Bourbaki+ neue Streitkräfte organisiert (vgl. S. 388), der andere wird
+durch General +Chanzy+ nach +Westen+ zurückgeführt und auch durch
+Verstärkungen neu gefestigt. Chanzy versucht, über +Vendôme+ auf Paris
+zu ziehen; dies vereitelt die deutsche Armee-Abteilung durch schwere
+Kämpfe
+
+[7.–10. Dez.]
+
+bei +Beaugency-Cravant+. Chanzy geht hinter die Loir auf +Le Mans+
+zurück. Deutsche Erkundungsgefechte: Das Detachement +Boltenstern+ bei
++Montoire+ (27. Dez.). Die Regierung von Tours wird nach +Bordeaux+
+verlegt. (Gambetta in Bourges.)
+
+[~1871.~ Jan.]
+
+Die Armee-Abteilung wird aufgelöst und findet teils bei der II. Armee,
+teils bei Orléans und Paris Verwendung. ~Prinz Friedrich Karl~,
+unaufhaltsam vorrückend trotz der Winterkälte, vernichtet die Armee des
+General +Chanzy+ (150000 M.) in der
+
+[~10.–12. Jan.~]
+
+~Schlacht vor Le Mans~ (20000 Gefangene). Die deutsche II. Armee
+bleibt bei Le Mans und an der Loire, das Korps des Großherzogs von
+Mecklenburg-Schwerin marschiert nach Rouen.
+
+
++b) Der Feldzug im Norden und Nordwesten Frankreichs.+
+
+Um die Einschließung von +Paris+ gegen Truppenansammlungen im Norden
+Frankreichs zu sichern, rückt die I. Armee, drei preußische Korps unter
+General ~v. Manteuffel~, von Metz aus in nordwestlicher Richtung vor
+(S. 386). Sie schlägt die aus Marinetruppen und Mobilgarden gebildete
+französische +Nord+armee in der
+
+[~1870.~ 27. Nov.]
+
+~Schlacht bei Amiens~, nimmt diese Stadt ein und besetzt dann ~Rouen~
+(5. Dez.); die dort auftretende französische +West+armee (S. 385)
+weicht ernsten Kämpfen aus. Die +Nordarmee+, von General +Faidherbe+
+wieder gesammelt und verstärkt, rückt wieder gegen +Amiens+ vor.
+
+[23. u. 24. Dez.]
+
+~Schlacht an der Hallue~ (Nebenfluß der Somme). Die Franzosen ziehen
+sich unter Mangel und Kälte auf +Arras+ zurück. Die Deutschen belagern
+darauf die Festung +Péronne+; Faidherbes Versuch, diese zu entsetzen,
+wird vereitelt durch die Schlacht bei ~Bapaume~ (3. Jan. 1871);
+Péronne ergibt sich 9. Jan. Die bei Rouen verbliebenen Ostpreußen (I.
+A.-K.) zerstreuen eine Ansammlung der Westarmee durch das Gefecht bei
++Robert-le-Diable+ (4. Jan.).
+
+Am 8. Jan. hat für den zum südöstlichen Kriegsschauplatz abberufenen
+Gen. v. Manteuffel Gen. ~v. Goeben~ den Oberbefehl übernommen.
+Der Plan der Franzosen, über +St. Quentin und Reims auf Paris+ zu
+marschieren, wird rechtzeitig erkannt; sie werden durch das Gefecht bei
++Tertry-Poeuilly+ (18. Jan.) aufgehalten.
+
+[~1871. 19. Jan.~]
+
+~Schlacht von St. Quentin~, in welcher General v. Goeben die Nordarmee
+entscheidend schlägt. Die +Nordfestungen+ verhindern ausgiebige
+Verfolgung.
+
+
++c) Der Feldzug im Osten Frankreichs.+
+
+[~1870~ (Okt.).]
+
+General ~v. Werder~ wendet sich nach der Einnahme von Straßburg (S.
+385) gegen die Franctireurs in den +Vogesen+ und die französische
+~Ostarmee~ in +Ober-Elsaß und Burgund+, insbesondere um den Heeren vor
+Paris und Metz die Verbindung nach Deutschland zu sichern. Die Ostarmee
+will den Abstieg aus den Vogesen bei +St. Dié+ verwehren, wird aber auf
+Besançon zurückgedrängt. Die badischen Truppen besetzen ~Dijon~ (31.
+Okt.); die aus dem Elsaß nachrückende Landwehr-Division v. Tresckow
+schließt die Festung ~Belfort~ ein (8. Nov.).
+
+Die Franzosen verstärken sich durch Heranziehung der vor Orléans (S.
+386) geschlagenen und bei Bourges wieder gesammelten Loire-Truppen;
+den Oberbefehl übernimmt Gen. ~Bourbaki~. Gen. v. Werder tritt den von
+Süden her anrückenden Feinden bei +Nuits+ entgegen (18. Dez.), räumt
+dann aber freiwillig +Dijon+, um die Belagerung von Belfort zu decken,
+und vereinigt sein Korps in starker Stellung bei +Vesoul+ (30. Dez.).
+Bourbaki, von Gambetta getrieben, aber durch mangelnde Ausrüstung der
+Truppen gehemmt, beginnt seinen Vormarsch. Dijon wird von den unter
++Garibaldis+ (S. 370, 381) Befehl stehenden Freischaren besetzt.
+
+[~1871.~ 9. Jan.]
+
+Treffen bei +Villersexel+, anfangs glücklich für die Franzosen, aber
+bei Abbruch des Nachtgefechts ist die Stadt in deutscher Hand.
+
+General v. Werder durchkreuzt die Absicht Bourbakis, ihn von Belfort
+abzudrängen, durch Abmarsch hinter die +Lisaine+ (Nebenfluß des Doubs)
+und schiebt sich in einer Stellung Héricourt-Montbéliard zwischen die
+französische Ostarmee und Belfort.
+
+[~15.–17. Jan.~]
+
+~Schlacht an der Lisaine.~ In dreitägigem Kampfe bei strenger Kälte
+gelingt es den Franzosen (140000 M.) nicht, die deutschen Linien
+(43000 M., Badener und preußische Landwehr) zu durchbrechen; in voller
+Auflösung strömt die Ostarmee auf Besançon zurück.
+
+Zu derselben Zeit erreichen die zur Unterstützung gesandten deutschen
+Truppen (II. und VII. A.-K.) unter General ~v. Manteuffel~ die Gegend
+westlich +Vesoul+. Auf die Nachricht von Werders Sieg wendet sich
+Manteuffel sofort südlich nach Besançon; Werder schließt sich diesem
+Vormarsch an. Weitestes Vordringen einer deutschen ~Südarmee~.
+
+Hierdurch ist für Bourbaki der Rückzug nach Westen oder Süden
+abgeschnitten; nach seiner Absetzung führt General +Clinchant+
+die Ostarmee auf Pontarlier, in der Hoffnung, längs der Grenze zu
+entkommen. Durch den +Jura+ drängen aber die Deutschen kräftig nach,
+und unter letzten Gefechten bei +La Cluse+ und +Pontarlier+ tritt die
+Ostarmee (80000 Mann) auf ~Schweizer Gebiet~ (1.–3. Febr.) über und
+gerät damit in Kriegsgefangenschaft. Nur Teile der Division Cremer
+entkommen nach Südfrankreich.
+
+Beim Vormarsch auf Belfort (Vesoul) hatte General v. Manteuffel die
+Brigade +v. Kettler+ gegen ~Dijon~ geschickt. Das dort stehende Korps
++Garibaldi+ (20000 M.) beschränkt sich darauf, die Angriffe dieser 5
+Bataillone am 21. und 23. Januar abzuwehren (Verlust der +einzigen+
+deutschen Fahne -- aufgefunden unter Leichen). Als Verstärkung für
+General v. Kettler anrückt, ziehen sich Garibaldis Scharen mit
+Benutzung der Eisenbahn nach +Lyon+ zurück.
+
+[~1871.~ 16. Febr.]
+
+~Übergabe von Belfort.~ Selbst während der Schlacht an der Lisaine
+waren die Angriffsarbeiten nicht unterbrochen worden. Den tapferen
+Verteidigern (Oberst +Denfert+) wird freier Abzug gewährt.
+
+
++d) Belagerung von Paris.+
+
+Starke Befestigungen: Ringmauer von 34 km Umfang mit Umwallung,
+davor ein Gürtel von Forts, namentlich auf der Ost- und Südseite; im
+Westen der stark befestigte +Mont Valérien+, im Norden der befestigte
+Vorort +St. Denis+, im Osten der steile +Mont Avron+, »der Schlüssel
+von Paris«. Besatzung 72000 M. Linien- und Marinetruppen, 115000 M.
+Mobilgarden aus der Provinz, über 130000 M. Nationalgarde.
+
+Einschließung durch die III. und IV. deutsche Armee (S. 385) in
+einem Gürtel von 82 km Umfang, anfangs nur 130000 M., bald auf
+240000 M. verstärkt. Hauptquartier König Wilhelms in +Versailles+.
+Alle Entsatzversuche der französischen Loire- und Nordarmee werden
+vereitelt, ebenso die zahlreichen Ausfälle der Belagerten.
+
+[~1870.~ 21. Okt.]
+
+Ausfallgefecht bei +La Malmaison+ (im Westen), General Ducrot wird
+zurückgeschlagen.
+
+[30. Okt.]
+
+Erstürmung von +Le Bourget+ (im Nordosten) durch die preußische Garde.
+Dies Dorf lag unter den Geschützen von 5 Forts und war am 28. Okt.
+(deutscherseits schwach besetzt) von den Franzosen genommen. Fernere
+Gefechte bei Le Bourget am 21. Dez. und 13. Jan.
+
+Der ernstlichste Versuch zur Befreiung beginnt am 30. Nov. General
+Ducrot geht mit 40000 M. auf das linke Marne-Ufer und erobert,
+unterstützt durch Scheinangriffe anderer Abteilungen im Norden (Epinay)
+und Südosten (Mont Mesly), die östlich gelegenen Dörfer +Brie+ und
++Champigny+.
+
+[2. u. 3. Dez.]
+
+~Schlacht b. Champigny-Yilliers.~ Ducrots Truppen, die auf den Anmarsch
+der Loire-Armee gehofft hatten (S. 386), werden in heftigem Kampfe
+zurückgeworfen (Württemberger und Sachsen unter dem preußischen General
++v. Fransecky+).
+
+Nachdem sich die Erwartung, Paris durch Hunger zu bezwingen, als falsch
+erwiesen hat, beginnt am
+
+[~1870.~ 27. Dez.]
+
+~die Beschießung von Paris,~ zunächst gegen die +Ostfront+ aus
+verschanzter Stellung, dem +Mont Avron+ gegenüber, der von den
+Franzosen bald geräumt wird, sodann seit Anfang Januar auch gegen
++die Südfront, die Nordforts und St. Denis+. Infolge des Eingreifens
+der schweren Artillerie gestaltet sich die Lage der Deutschen
+erheblich günstiger, weil die Verteidiger die Stellungen im Vor- und
+Zwischengelände räumen müssen.
+
+[~1871.~ 18. Jan.]
+
+Erneuerung der ~deutschen Kaiserwürde~ im Spiegelsaal des Schlosses
+zu ~Versailles~, nachdem die süddeutschen Staaten sich zu dauernder
+Vereinigung mit dem Norddeutschen Bunde bereit erklärt haben und König
+Ludwig II. von Bayern, der Aufforderung +Bismarcks+ entsprechend, im
+Namen der Fürsten und freien Städte Deutschlands dem König +Wilhelm I.
+von Preußen+ die Kaiserwürde angetragen hat.
+
+
+~Wilhelm I. Deutscher Kaiser 1871–1888.~
+
+[19. Jan.]
+
+~Schlacht am Mont Valérien~ (im Westen). Letzter großer Ausfall, bei
+dem auch die bisher geschonten Nationalgarden Verwendung finden. Die
+Franzosen nehmen +St. Cloud+, aber ihr Angriff (90000 M. unter General
++Trochu+) scheitert, bevor er die Hauptstellung der Deutschen erreicht.
+Die tapferen Verteidiger von St. Cloud, beim Rückzug vergessen, ergeben
+sich am nächsten Tage.
+
+Da jede Hoffnung auf Entsatz geschwunden ist und die Not der
+Bevölkerung von Paris bedenklich steigt, wird durch Unterhandlungen
+zwischen +Favre+ und +Bismarck+ die
+
+[~28. Jan.~]
+
+~Übergabe von Paris~ zum Abschluß gebracht. Bedingungen: 1. Übergabe
+sämtlicher Forts mit dem Kriegsmaterial an die deutschen Truppen,
+Entwaffnung der Ringmauer. 2. Alle französischen +Soldaten+ in Paris
+gelten als Kriegsgefangene und werden entwaffnet, mit Ausnahme
+von 12000 Mann, welche mit der Nationalgarde die Ordnung aufrecht
+erhalten; für die Verproviantierung sorgen die französischen Behörden.
+3. Die Stadt Paris zahlt 200 Millionen Francs Kriegssteuer. 4.
+Waffenstillstand auf allen Kriegsschauplätzen, mit Ausnahme der
+Departements +Doubs, Jura+ und +Côte d’or+, auf +drei+ Wochen, um die
+Wahlen zu einer französischen +Nationalversammlung+ zu ermöglichen,
+welche in +Bordeaux+ zusammentreten und über Krieg und Frieden
+entscheiden soll.
+
+~Gambettas~ Widerstand gegen diese Übereinkunft wird bald gebrochen;
+er legt sein Amt als Mitglied der Regierung nieder (6. Febr.).
+~Thiers,~ von der Nationalversammlung in +Bordeaux+ an die Spitze der
+französischen Regierung gestellt, führt die Unterhandlungen mit Graf
+~Bismarck.~
+
+[~1871.~ 26. Febr.]
+
+~Friedenspräliminarien zu Versailles~: 1. Frankreich tritt
+an Deutschland ab: das ~Elsaß~ außer +Belfort+, ferner
+~Deutsch-Lothringen~ mit +Metz+ und +Diedenhofen+ (+Thionville+),
+zusammen 14500 qkm mit 1½ Mill. Einwohnern; 2. Frankreich zahlt in drei
+Jahren +5 Milliarden+ Francs Kriegsentschädigung; zur Sicherstellung
+der Zahlung bleiben die östlichen Départements besetzt.
+
+[~1. März.~]
+
+~Einzug~ von 30000 Mann deutscher Truppen ~in Paris~ und Besetzung
+eines Teils der großen Stadt. Nachdem die Friedensbedingungen noch an
+demselben Tage von der französischen Nationalversammlung angenommen
+worden sind, wird am 2. März Paris von den Deutschen geräumt. Kaiser
+~Wilhelm~ verläßt das Hauptquartier +Versailles+ am 7. März und kehrt
+nach +Berlin+ zurück.
+
+Die Friedensbedingungen werden bestätigt und im einzelnen näher
+bestimmt (Austausch eines französischen Bezirks bei +Belfort+ gegen
+einen deutschen in +Lothringen+) in dem
+
+[~10. Mai.~]
+
+~Frieden zu Frankfurt a. M.~ Die drei großen Ergebnisse des blutigen
+Krieges sind: 1. Das Aufhören der +vorherrschenden+ Machtstellung
+Frankreichs. 2. Deutschland gewinnt eine sichere Westgrenze. 3. Die
+seit langen Jahren erstrebte ~Einigung Deutschlands~ ist verwirklicht.
+
+[14. April.]
+
+Der nach ~Berlin~ berufene Reichstag genehmigt fast einstimmig
+folgende ~Reichsverfassung~: 1. An der Spitze des Reiches steht als
+~Deutscher Kaiser~ der +König von Preußen+; die Kaiserwürde ist mit
+der Krone Preußens fortan +erblich+ verbunden. Der Kaiser vertritt das
+Reich völkerrechtlich, erklärt Krieg und Frieden (mit Zustimmung des
+Bundesrats), schließt Bündnisse und Verträge, führt den Oberbefehl
+über die gesamte deutsche Land- und Seemacht. 2. Die Vertretung
+der 25 Staaten bildet der ~Bundesrat~ (im ganzen 58, seit 1911 61
+Stimmen: +Preußen+ 17, +Bayern+ 6, +Sachsen+ und +Württemberg+ je 4,
++Baden+, +Hessen+ und +Elsaß-Lothringen+ je 3, +Mecklenburg-Schwerin+
+und +Braunschweig+ je 2, die übrigen je 1); den Vorsitz führt der
+~Reichskanzler~ (der erste: ~Fürst Bismarck~). 3. Die Vertretung der
+Bevölkerung bildet der zum 21. März 1871 zum erstenmal nach Berlin
+berufene deutsche ~Reichstag~, bestehend aus 382 (seit Hinzutreten
+der Elsaß-Lothringischen 397) Abgeordneten, die aus allgemeinen und
+direkten geheimen Wahlen hervorgehen. Einheitliches Heerwesen mit
++allgemeiner Wehrpflicht+: Im stehenden Heere 7 Jahre; hiervon aktiv
+bei Kavallerie und reitender Feldartillerie 3 Jahre, sonst seit
+1893 2 Jahre; die übrige Zeit in der Reserve. Landwehrpflicht (I.
+und II. Aufgebot) bis zum vollendeten 39. und Landsturmpflicht bis
+zum vollendeten 45. Lebensjahre. Das Reich bildet +ein+ Zollgebiet
+(S. 351). Gemeinsames Post- und Telegraphenwesen, gleichmäßige
+Verwaltung der Eisenbahnen. Einheitliches Dezimal-, Münz-, Maß- und
+Gewichtssystem; Einheit des Rechts. Bayern und Württemberg haben sich
+Sonderrechte, namentlich in der Heeres- und Postverwaltung, vorbehalten.
+
+Das Gebiet des neuen ~Deutschen Reiches~ umfaßt 544000 qkm; 1871:
+41 Millionen, 1910: rund 65 Millionen (Preußen 40 Mill.) Einwohner.
+Das ~Reichsland Elsaß-Lothringen~ wird seit 1879 von einem
++Statthalter+ des Kaisers regiert (Gen. +v. Manteuffel+ bis 1885, Fürst
++Hohenlohe-Schillingsfürst+ bis 1894, Fürst +Hohenlohe-Langenburg+ bis
+1907, seitdem Graf +v. Wedel+). Anfangs im Bundesrat nicht vertreten,
+erhält es 1911 als 26. selbständiger Bundesstaat 3 Stimmen eingeräumt
+(S. 397).
+
+Ihre ~Einkünfte~ erhalten die Einzelstaaten hauptsächlich aus direkten
+Steuern und aus der Verwaltung der Eisenbahnen, das +Reich+ aus den
+Zöllen und indirekten Steuern, sowie aus Beiträgen der Einzelstaaten,
+soweit erforderlich (Matrikularbeiträge). Das Reich bestreitet die
+Ausgaben für Heer und Kriegsflotte. Grundlagen der Reichseinheit sind
+das deutsche +Handelsgesetzbuch+, schon 1861–65 in den meisten Staaten
+des Deutschen Bundes eingeführt, das deutsche +Strafgesetzbuch+ von
+1870, die Gesetze des Norddeutschen Bundes über Freizügigkeit 1867, die
+Gewerbeordnung 1869, das Bürgerliche Gesetzbuch (B.G.B.) 1900 u. a. (s.
+S. 394 ff.).
+
+[~1871.~ März-Mai.]
+
+~Herrschaft der sozialistischen Kommune in Paris.~ Nach der
+Kapitulation hatten sich die als Nationalgarde bewaffneten Arbeiter
+vieler Kanonen bemächtigt und die nordöstlichen Teile der Stadt
+(namentlich +Montmartre+ und +Belleville+) fast in Festungen
+verwandelt. Der Versuch der Linientruppen, ihnen die Kanonen wieder
+abzunehmen, führt zu einem Aufstand; die Linientruppen räumen die
+Stadt und die Forts der Südseite. Der von den Aufständischen erwählte
++Gemeinderat+ (la +Commune+) verfügt Erpressungen und Gewaltmaßregeln.
+Schreckensherrschaft der Sozialisten unter Mitwirkung eines Ausschusses
+der +»Internationale«+ (s. S. 394). Plünderung der Kirchen, Verhaftung
+des Erzbischofs +Darboy+ und anderer »Geiseln«; fast alle werden
+schließlich ermordet. Ein Angriff auf die zum Schutze der jetzt in
++Versailles+ tagenden französischen Nationalversammlung vereinigten
+Truppen mißlingt, hauptsächlich infolge des Geschützfeuers vom Mont
+Valérien.
+
+[6. April.]
+
+~Zweite Belagerung von Paris~, unter Leitung +Mac-Mahons+, von Süden
+und Westen her, während die +deutschen+ Truppen unter Beobachtung
+strenger Neutralität die nördlichen und östlichen Forts besetzt
+halten. Fort +Issy+ genommen (9. Mai). Endlich dringen die Versailler
+Truppen in die Stadt ein; verzweifelter Barrikadenkampf (21.–28.
+Mai). Die Hauptgebäude der Stadt (+Tuilerien+, +Finanzministerium+,
++Polizeipräfektur+, +Stadthaus+ u. a.) werden von den Aufständischen
+in Brand gesteckt, die Vendômesäule (S. 317) zerstört. Blutige
+Niederwerfung des Aufstandes; gegen 17 000 getötet, 50 000 gefangen;
+viele später zur Verbannung nach Neu-Kaledonien verurteilt.
+
+[~1873.~ Sept.]
+
+Die deutschen Truppen verlassen nach beschleunigter Abzahlung der
+Kriegsentschädigung das französische Gebiet.
+
+
+§ 9. Das Deutsche Reich seit 1871.
+
+Das Deutsche Reich, als Bundesstaat geeinigt, bewährt sich als
+Hort des Friedens in Europa. Durch die mächtige Entwickelung der
+~Gewerbetätigkeit~ und des ~überseeischen Handels~, sowie die Erwerbung
+von ~Kolonien~ (seit 1884, s. § 20) nimmt es den ihm gebührenden Platz
+unter den +Weltmächten+ ein. Der Aufschwung des wirtschaftlichen Lebens
+vermehrt die Klassengegensätze und gibt Anlaß zu einer ~sozialen
+Gesetzgebung~ (S. 395), die in anderen Ländern Nachahmung findet.
+
+Bedeutsame Einwirkungen ergeben sich aus Streitigkeiten mit der
+katholischen Kirche und durch das Anwachsen der +Sozialdemokratie+,
+welche mit Hilfe des allgemeinen Wahlrechts den Staat und die
+Eigentumsverhältnisse umgestalten will (Lassalles Allgemeiner deutscher
+Arbeiterverein 1863, Internationale Arbeitervereinigung 1864 in London
+von K. Marx begründet, Gothaer Programm 1875).
+
+[1872.]
+
+Das Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit (S. 381) veranlaßt in
+Deutschland, der Schweiz und Österreich die Bildung +alt+katholischer
+Gemeinden, die sich von der römisch-katholischen Kirche lossagen.
+Ausweisung des +Jesuiten+-Ordens aus dem Deutschen Reiche; in Preußen
+Schulaufsichtsgesetz.
+
+[1873–1875.]
+
+Kirchengesetze in Preußen (Kultusminister Falk), welchen die
+katholische Geistlichkeit Widerstand leistet. Die Bischöfe werden
+nach und nach abgesetzt; erledigte Pfarrämter können nicht wieder
+besetzt werden. Papst Pius IX. geht auf Verhandlungen nicht ein; sein
+Nachfolger Leo XIII. (1878–1903) zeigt sich nachgiebiger, gesteht die
+Anzeigepflicht bei Besetzung der Bistümer und Pfarrämter zu. Fürst
++Bismarck+ bewirkt 1880 Milderung der Kirchengesetze, 1886 und 1887
+weitere Zugeständnisse, doch bleibt das Aufsichtsrecht des Staates über
+kirchliche Angelegenheiten.
+
+[1872.]
+
++Dreikaiserbund+, von den drei Kaisern Wilhelm I., Franz Joseph und
+Alexander II. bei einer Zusammenkunft in Berlin geschlossen zur
+Aufrechterhaltung des Friedens. Dies Bündnis löste sich infolge des
+russisch-türkischen Krieges und des Berliner Kongresses (s. S. 401).
+
+[1872–1875.]
+
+Verwaltungsreform in Preußen; +Kreisordnung+ und +Provinzialordnung+.
+Die Kreise und Provinzen erhalten in mancher Hinsicht Selbstverwaltung;
+den Regierungsbehörden treten Kreistag und Kreisausschuß,
+Provinziallandtag und Provinzialausschuß zur Seite. Landgemeindeordnung
+s. S. 396.
+
+[1873.]
+
+Synodal-Ordnung für die evangelische Kirche in Preußen; 1874 Einführung
+der bürgerlichen Eheschließung und der Standesregister in Preußen, 1875
+im ganzen Deutschen Reiche, 1876 General-Synodalordnung.
+
+[1874.]
+
++Reichs-Militärgesetz+; die Friedenspräsenzstärke festgesetzt auf
+401659 Mann, eingeteilt in 18 Armeekorps (14 preußische, 2 bayrische,
+l sächsisches, l württembergisches). In der Folgezeit wird die Zahl
+mehrmals erhöht, entsprechend der Zunahme der Bevölkerung; sie beträgt
+1911 über 600000 Mann, eingeteilt in 23 Armeekorps (17, 3, 2, 1).
+
+[~1874.~ Okt.]
+
+~Begründung des Weltpostvereins.~ Auf Anregung der +deutschen+
+Reichspostverwaltung (Staatssekretär +v. Stephan+) einigen sich die
+europäischen und die meisten außereuropäischen Staaten auf einem
++Kongreß zu Bern+ über gemeinsame, dem Verkehr günstige Grundsätze der
+Postverwaltung.
+
+[~1878.~]
+
+Gesetz gegen die Ausschreitungen der +Sozialdemokratie+, veranlaßt
+durch zwei Mordversuche auf Kaiser Wilhelm I. der bei dem zweiten
+schwer verwundet wird. Verbot sozialdemokratischer Vereine und
+Zeitungen; Ausweisung der Parteiführer und ihrer Agenten aus den
+größeren Städten. Das Gesetz, zunächst für 2½ Jahre erlassen, dann
+verlängert, wird 1890 aufgehoben.
+
+[~1879.~]
+
+Neuer +Zolltarif+ des Deutschen Reiches, vom Fürsten +Bismarck+
+veranlaßt, um durch Erschwerung der Einfuhr ausländischer Erzeugnisse
+die einheimische Produktion zu schützen und die Einkünfte des Reiches
+zu erhöhen (Schutzzollpolitik). +Hamburg+ und +Bremen+, bisher
+Freihäfen, werden 1881 und 1885 zum Eintritt in die Zollgemeinschaft
+des Reiches (zum Okt. 1888), mit Vorbehalt eines beschränkten
+Freihafengebietes, veranlaßt. Seit dem Ende der 70er Jahre
++Verstaatlichung der Eisenbahnen+ in Preußen nach und nach durchgeführt
+(Minister Maybach). Später Betriebsgemeinschaft der preußischen und
+hessischen Bahnen eingerichtet.
+
+[1. Okt.]
+
+Die neuen +Justizgesetze+ für das ganze Deutsche Reich
+(Gerichts-Verfassung, Zivil-Prozeß, Strafprozeß) treten in Kraft.
+Oberstes +Reichsgericht+ in Leipzig. Bürgerliches Gesetzbuch (S. 396).
+
+[~1879.~ 7. Okt.]
+
+Infolge der Spannung zwischen Deutschland und Rußland nach dem Berliner
+Kongreß (S. 401 f.) ~Schutzbündnis zwischen dem Deutschen Reich und
+Österreich~ nach einem Besuch des Fürsten +Bismarck+ in Wien (Graf
++Andrassy+). ~Italien~, durch Eröffnung der Gotthardbahn 1882 mit den
+nördlichen Ländern besser verbunden, schließt sich 1883 an; ~Dreibund~
+zur Erhaltung des europäischen Friedens.
+
+1884 Zusammenkunft der 3 Kaiser: +Wilhelms I.+, +Franz Josephs+ und
++Alexanders III.+ in +Skierniewice+ in Polen; Neutralitätsvertrag mit
++Rußland+ (nach Bismarcks Rücktritt 1890 nicht wieder erneuert).
+
+[~1881.~ 19. Nov.]
+
+Kaiserliche Botschaft an den Reichstag, betreffend die Gesetzgebung
+zur ~Förderung des Wohles der Arbeiter~. Darauf 1883 Gesetz über
+Krankenversicherung, 1884–87 Gesetze über Unfallversicherung. (1908
+waren 13 Mill. Reichsangehörige gegen Krankheit, 24 Mill. gegen Unfall
+versichert, S. 396).
+
+[~1884.~]
+
+~Gründung deutscher Kolonien~ in Südwestafrika, Togo, Kamerun, 1885 in
+Ostafrika und auf den australischen Inseln (s. S. 423 ff.).
+
+[1884–85.]
+
+~Kongo-Konferenz~ in Berlin unter dem Vorsitz des Fürsten +Bismarck+
+(s. S. 410).
+
+Nach dem Tode des unvermählten Herzogs +Wilhelm+ († 1884) ist 1885–1896
+Prinz +Albrecht+ von Preußen Regent des Herzogtums +Braunschweig+, da
+der erbberechtigte Herzog Ernst August von Cumberland, Sohn Georgs
+V. (S. 378), seine Ansprüche auf Hannover nicht aufgeben will. Sein
+Nachfolger 1907 Herzog +Johann Albrecht+ von Mecklenburg.
+
+[1886.]
+
++Ansiedlungsgesetz+ für die Provinzen Posen und Westpreußen zur
+Stärkung des Deutschtums, erneuert und ergänzt 1898, 1902, zuletzt 1908
+mit Einführung eines beschränkten staatlichen Enteignungsrechts. Bis
+Ende 1907 wurden für über 300 Mill. Mark 335383 ha angekauft und darauf
+15751 Ansiedlerstellen angelegt.
+
+[1888.]
+
++Landwehr- und Landsturmgesetz+ veranlaßt durch die in Frankreich
+(Kriegsminister Boulanger) und Rußland stattfindenden Kriegsrüstungen.
+Fürst +Bismarcks+ Rede im Reichstag 6. Februar: »Wir Deutschen fürchten
+Gott, sonst nichts auf der Welt«. Der Friede bleibt erhalten.
+
+[~1888.~ 9. März.]
+
+~Tod Kaiser Wilhelms des Großen.~ Sein Sohn, krank in San Remo, kommt
+nach Charlottenburg und übernimmt die Regierung.
+
+[15. Juni.]
+
+~Friedrich III., Deutscher Kaiser, König von Preußen †.~
+
+
+~Kaiser Wilhelm II. 1888-x.~
+
++Fortsetzung+ der Reichsgesetzgebung zum Wohle der Arbeiter:
+1889 Gesetz über Invaliditäts- und Altersversicherung, 1891
+Arbeiterschutzgesetz (Sonntagsruhe, Arbeitszeit der Frauen und Kinder
+beschränkt).
+
+[1890. März.]
+
+Europäische Arbeiterschutz-Konferenz zu +Berlin+: Beratung über
+allgemeine Maßregeln zur Verbesserung der Lage des Arbeiterstandes.
+
+[20. März.]
+
++Fürst Bismarck+ scheidet aus seinen Ämtern als Reichskanzler und
+preußischer Ministerpräsident. Sein Nachfolger General +v. Caprivi+
+bis Okt. 1894, dann Fürst +Hohenlohe+ (vorher Statthalter des
+Reichslandes); Okt. 1900 Graf +Bülow+ (seit 1905 Fürst).
+
+[1890.]
+
+Grenzregulierung in +Ostafrika+ zwischen Deutschland und +England+.
++Helgoland+ kommt an Preußen (Kreis Süder-Dithmarschen, s. S. 407).
+1894 Abgrenzung des Hinterlandes von Kamerun durch Verträge mit
++Frankreich+ und +England+. Das deutsche Gebiet erreicht von Süden her
+den +Schari+ und den +Tsadsee+.
+
+[1891.]
+
++Handelsverträge+ mit Österreich, Italien, Belgien, bald auch mit
+anderen Staaten; Herabsetzung der Zölle, wodurch eine schwierige Lage
+für die deutsche Landwirtschaft entsteht. In Preußen Fortsetzung der
+Verwaltungsreform: Landgemeinde-Ordnung (Minister Herrfurth); Reform
+der Steuern (Finanzminister Miquel).
+
+[~1895.~]
+
+Vollendung des +Nord-Ostseekanals+ (von Brunsbüttel an der Elbe nach
+Holtenau bei Kiel 97 km) nach achtjähriger Bauzeit (Baukosten 156
+Mill. Mark). Es folgt 1899 der Dortmund-Ems-Kanal und der Ausbau
+des Hafens von Emden, 1900 der Elb-Trave-Kanal. Der preußische
+Landtag genehmigt außer anderem 1905 den Bau eines Kanals vom Rhein
+(bei Duisburg) zur Weser bis nach Hannover (Mittellandkanal) und
+eines Großschiffahrtsweges von Berlin nach Stettin. Von Bayern und
+Elsaß-Lothringen Kanalisierung des Main und der Mosel angeregt.
+Verbesserungen der Wasserstraßen im Oberlauf des Rheins, der Elbe
+und Oder von den anliegenden Staaten erwogen. -- Für die seit 1907
+ausgeführte +Erweiterung+ und +Vertiefung+ des +Kaiser-Wilhelms-Kanals+
+sind 223 Mill. Mark bewilligt.
+
+[~1898.~]
+
+Pachtvertrag mit +China+ über +Kiautschou+ auf 99 Jahre (s. S. 420,
+426).
+
+[30. Juli.]
+
++Fürst Bismarck+ † in Friedrichsruh.
+
+Das Deutsche Reich erwirbt von +Spanien+ die +Karolinen+, +Marianen+
+und +Palau-Inseln+, (S. 413).
+
+[1900. 1. Jan.]
+
+Das +Bürgerliche Gesetzbuch+ tritt für das Deutsche Reich in Kraft.
+
+[~1900.~ März.]
+
+Erwerbung von +Deutsch-Samoa+ (s. S. 407, 426). +Deutschland+,
++England+, +Frankreich+, +Rußland+, +Italien+, +Amerika+, +Japan+
+treffen Abmachungen über die +»Politik der offenen Tür«+ in +China+.
+
++Flottengesetz+ zum Schutze des deutschen Welthandels (die
+Transportfähigkeit der deutschen Handelsflotte hat sich von 1876–1909
+versiebenfacht). Bis 1917 soll die Kriegsflotte auf 38 Linienschiffe,
+14 große, 38 kleine Kreuzer gebracht werden; dazu die Wacht- und
+Schulschiffe und die seit 1880 ansehnlich vermehrten Kanonen- und
+Torpedoboote.
+
+[1902.]
+
+Neuer +Zolltarif+ als Grundlage für fernere Handelsverträge.
+
+[1906.]
+
+Erhöhung der Reichssteuern und beschleunigte Vermehrung der
+Kriegsflotte beschlossen.
+
+[1908–1909.]
+
++Reichsfinanzreform+. An die Stelle des Fürsten Bülow tritt 1909 (Juli)
+Reichskanzler +v. Bethmann Hollweg+.
+
+[1910.]
+
+Besuch des Kaisers Nikolaus II. in Potsdam.
+
+Verständigung mit +Rußland+. Keine der beiden Mächte will sich einer
+Staatenvereinigung anschließen, die ihre Spitze gegen die andere
+richtet.
+
+[1911. März.]
+
+Verfassungs- und Wahlgesetz für +Elsaß-Lothringen+. Die Staatsgewalt
+übt der Kaiser durch einen von ihm ernannten Statthalter aus (s. S.
+392). Zwei-Kammersystem eingeführt. Die 41 Mitglieder der ersten Kammer
+werden von dem Kaiser auf Vorschlag des Bundesrats ernannt; die zweite
+Kammer (60) geht aus allgemeinen direkten Wahlen (an einem Sonntag) mit
+geheimer Abstimmung hervor.
+
+[Aug.]
+
++Vertrag mit Rußland+ über die Abgrenzung der Interessen der beiden
+Mächte in +Persien+. Deutschland verfolgt nur Handelsziele: Eisenbahn-,
+Wegebau-, Schiffahrts-, Telegraphenkonzessionen (s. S. 416, 419).
+
+[Nov.]
+
+Abkommen mit +Frankreich+ über +Marokko+ und +Äquatorialafrika+ (s. S.
+405).
+
+[Dez.]
+
+Schiffahrtsabgabengesetz. Privatbeamten-Versicherungsgesetz.
+
+[1912. 1. Jan.]
+
+Die Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911 tritt in Kraft.
+
+
+§ 10. Österreich-Ungarn.
+
+[1867.]
+
+Nach dem unglücklichen Kriege mit Preußen und Italien von 1866
+(S. 375 ff.) gelingt es dem Reichskanzler Graf +Beust+ (1853–1866
+Ministerpräsident in Sachsen), den Verfassungsstreit in +Österreich+
+(S. 357 f., 371) durch den ~Ausgleich mit Ungarn~ auf der Grundlage
+des +Dualismus+ beizulegen. +Ungarn+, mit +Siebenbürgen+ und +Kroatien+
+wieder vereinigt (S. 371), erhält einen besonderen +Reichstag+ (in
++Pest+) und ein eigenes Ministerium. Die ungarische Verfassung wird
+wiederhergestellt. Kaiser +Franz Joseph+ am 8. Juni in Pest als +König
+von Ungarn+ gekrönt. Die +cisleithanischen+ Länder (nebst +Galizien+)
+im +Reichsrat+ (in +Wien+) vertreten. Zur Beschlußfassung über die
+gemeinsamen Angelegenheiten (Heerwesen, Finanzen, auswärtige Politik)
+treten jährliche Abgesandte (Delegationen) aus beiden Reichstagen
+zusammen. Von den gemeinsamen Ausgaben, soweit sie nicht aus dem Ertrag
+der Zölle bestritten werden, trägt Österreich zunächst 70%, Ungarn 30%.
+Ministerpräsident in Österreich Graf Beust (bis 1871), in Ungarn Graf
++Andrassy+ (bis 1879).
+
+Der Doppelstaat wird in seiner inneren Entwickelung vielfach gehemmt
+durch die widerstrebenden Interessen und durch Nationalhaß der
+Tschechen, Polen und Magyaren gegen die Deutschen. Bemühungen der
+Tschechen um die Selbständigkeit der böhmischen (Wenzels-) Krone
+und die Wiederherstellung des sog. Böhmischen Staatsrechts. 1874
+Kirchengesetze an Stelle des Konkordats von 1855.
+
+[1878.]
+
+Besetzung der bis dahin türkischen Provinzen +Bosnien+ und
++Herzegowina+ (S. 401) zum Teil nach blutigem Widerstande.
+
+[1879.]
+
+Das Sandschak +Novipazar+ auf Grund eines Abkommens mit der Türkei
+besetzt.
+
+[1879.]
+
+Bündnis mit dem Deutschen Reich, 1883 auch mit Italien (S. 395).
+
+[1880.]
+
++Taaffes+ Sprachenverordnung für Böhmen zu Ungunsten des deutschen
+Elements. Die Universität +Prag+ 1882 in eine deutsche und tschechische
+Hochschule geteilt.
+
+[1890.]
+
+Böhmischer Ausgleich. -- 1883 magyarisches Schulgesetz in Ungarn. 1887
+Kranken- und Unfallversicherung in Österreich. 1891 Krankenversicherung
+in Ungarn.
+
+[1888.]
+
+Das Wehrgesetz von 1879 durch ein neues ersetzt. Steigerung der
+Rekrutenzahl. 1892 Erhöhung der Friedenspräsenz. 1893 Ergänzung zum
+Landwehrgesetz von 1883. Neue Rekrutenvorlage 1909 bewilligt.
+
+[1889 (30. Jan.).]
+
+Tod des Kronprinzen +Rudolf+ (geb. 1858).
+
+[1897.]
+
++Badenis+ Sprachenverordnungen für Böhmen und Mähren. Obstruktion der
+Deutschen im Reichsrat bei der Herstellung des Ausgleichs mit Ungarn.
+
+[1898 (10. Sept.).]
+
+Die Kaiserin +Elisabeth+ in Genf ermordet.
+
+[1899.]
+
+Aufhebung der Sprachenverordnungen für Böhmen und Mähren.
+
+[1901.]
+
+Wasserstraßenvorlage zur Verbindung der Donau mit der Elbe und Oder
+genehmigt.
+
+[1906.]
+
+Bewilligung eines eigenen Zolltarifs für Ungarn. Damit sind nach
+heftigen parlamentarischen Kämpfen in beiden Reichshälften die Magyaren
+der angestrebten Auflösung der Gemeinschaft mit Österreich einen
+Schritt näher gekommen.
+
+[1907.]
+
+Reform des Wahlgesetzes für die cisleithanischen Länder.
+
+[~1908.~ Okt.]
+
+Aufnahme +Bosniens+ und der +Herzegowina+ in den Staatsverband der
+österreichischen Monarchie. Zunächst bilden die beiden Provinzen
+(51110 qkm) ein Verwaltungsgebiet für sich. 1910 besondere Verfassung
+für Bosnien und Herzegowina erlassen. Das Sandschak +Novipazar+ den
+Türken als Entschädigung zurückgegeben. Kriegsdrohungen in +Serbien+
+und +Montenegro+ wegen Vernichtung der groß-serbischen Hoffnungen. Im
+Febr. 1909 Anerkennung der Annexion durch die Pforte gegen Zahlung von
+2½ Mill. türkischen Pfund (60 Mill. Frs.) für die ehemals türkischen
+Staatsgüter. Infolge der energischen Unterstützung der österreichischen
+Politik durch das Deutsche Reich lassen die Mächte in Belgrad erklären,
+daß Serbien auf die Hilfe von Rußland, Frankreich und England nicht zu
+rechnen habe. Daraufhin stellt Serbien die Rüstungen ein (März 1909);
+Kronprinz Georg verzichtet zu Gunsten seines Bruders Alexander.
+
+[1911.]
+
+Stapellauf des ersten österreichisch-ungarischen Dreadnought: Viribus
+unitis.
+
+
+§ 11. Rußland.
+
+In Rußland unter Kaiser Alexander II. manche Reformen der Verwaltung
+(vgl. S. 369); die auswärtige Politik bleibt auf die Balkanhalbinsel,
+wo das türkische Reich immer schwächer wird, und auf Asien gerichtet.
+
+[~1877–1878.~]
+
+~Russisch-türkischer Krieg.~
+
+~Veranlassung~: Die Fürsten +Nikita+ von +Montenegro+ und +Milan+ von
++Serbien+ beginnen 1876 Krieg gegen die Türkei zur Unterstützung eines
+in der +Herzegowina+ gegen die türkischen Grausamkeiten ausgebrochenen
+Aufstandes. Eine Erhebung der +Bulgaren+ wird von den Türken blutig
+unterdrückt, die +Serben+ werden an der Morawa zurückgeschlagen. Die
+Großmächte, namentlich +Rußland+ und +England+, verhandeln mit der
+Türkei über Reformen der Regierung und Sicherung der christlichen
+Untertanen. Da die Verhandlungen erfolglos bleiben, erklärt +Rußland+
+den Krieg.
+
+Nach Abschluß eines Vertrages mit +Rumänien+ (Fürst +Karl+ von
+Hohenzollern-Sigmaringen, s. S. 367) geht ein russisches Korps bei
++Galacz+ über die Donau und besetzt die Dobrudscha; das Hauptheer, bei
+welchem Kaiser +Alexander II.+ sich befindet, erzwingt den
+
+[1877. 27. Juni.]
+
+~Übergang über die Donau bei Sistowa~. Während ein fliegendes Korps
+unter General +Gurko+ schnell auf einem unbesetzten Nebenpaß den Balkan
+überschreitet und durch einen Angriff von Süden her (17.–19. Juli)
+die türkische Besatzung von dem wichtigen ~Schipka-Paß~ vertreibt,
+macht der eine Hauptteil des Heeres unter dem +Großfürsten-Thronfolger
+Alexander+ Front nach Osten und verhindert in monatelangen, schweren
+Kämpfen an den Flüssen +Jantra+ und +Lom+ den von dorther zu
+befürchtenden Durchbruch eines türkischen Heeres.
+
+Der andere Teil des russischen Heeres nimmt +Nikopoli+ (15. Juli),
+wird aber vor ~Plewna~ (südwestlich von Nikopoli), wo +Osman Pascha+
+türkische Streitkräfte gesammelt hat und starke Befestigungen anlegt,
+blutig zurückgewiesen (20. und 30. Juli) und muß Verstärkungen abwarten.
+
+Währenddessen bestürmt +Suleiman Pascha+ von Süden her mit überlegener
+Macht, aber vergeblich (Hauptkämpfe am 23. Aug. und 17. Sept.) den
+~Schipka-Paß~. Er erhält dann den Oberbefehl über die türkische
+Ost-Armee am +Lom+, kann aber Plewna nicht entsetzen.
+
+Eintreffen der Truppen +Rumäniens+ und russischer Verstärkungen vor
++Plewna+. Nach dem Mißlingen eines neuen Gewaltangriffs (7.–12. Sept.)
+wird zur regelmäßigen Belagerung (Gen. +Totleben+) geschritten und
+
+[~10. Dez.~]
+
+~Plewna genommen~ durch General +Skobeleff+. +Osman Pascha+ muß sich
+nach einem vergeblichen Durchbruchsversuch mit 44000 Mann ergeben.
+Rückkehr der +Rumänen+ in ihr Land, des Kaisers +Alexander II.+ nach
+Petersburg. ~Serbien~ erklärt von neuem den Krieg an die Pforte.
+
+Die russischen Heere rücken vom Balkan aus vor bis nahe an
+Konstantinopel.
+
+Auf dem asiatischen Kriegsschauplatz werden die Russen zuerst von
++Muchtar Pascha+ mehrfach geschlagen, dringen dann aber nach Erstürmung
+von +Kars+ (18. Nov.) siegreich bis +Erzerum+ vor.
+
+Die Türkei ruft die Vermittelung Englands an, sieht sich aber durch die
+Bedrohung von Konstantinopel genötigt, sich mit Rußland zu verständigen.
+
+[~1878~. 3. März.]
+
+~Friede zu San Stefano~ (unweit Konstantinopel): 1. +Montenegro+ und
++Serbien+, beide durch türkisches Gebiet erheblich vergrößert, werden
+als unabhängig anerkannt, ebenso +Rumänien+. 2. +Bulgarien+, bis zum
+Ägäischen Meere vergrößert, bleibt der Pforte tributpflichtig, erhält
+aber einen christlichen Fürsten und eigene Verwaltung; ein russischer
+Kommissar mit 50000 Mann bleibt auf 2 Jahre im Lande. 3. Die Pforte
+führt in dem ihr verbleibenden geringen Rest ihrer europäischen
+Besitzungen (159000 qkm) gewisse Reformen ein. 4. Sie zahlt an Rußland
+300 Millionen Rubel und tritt in +Asien+ bedeutende Teile +Armeniens+,
+in +Europa+ die +Dobrudscha+ ab; letztere wird von Rußland als Ersatz
+für den von ihm 1856 abgetretenen und jetzt zurückzunehmenden Teil von
++Bessarabien+ (s. S. 367) an +Rumänien+ gegeben.
+
+Widerspruch ~Englands~ gegen diese Bedingungen; auch +Österreich+ will
+Rußlands Übermacht auf der Balkanhalbinsel nicht zugeben. Die Türkei
+ruft den Schutz Englands an und gibt die Insel +Cypern+ in englische
+Verwaltung.
+
+Nachdem unter Deutschlands Vermittelung, um einen neuen Krieg zu
+verhüten, Rußland und England sich über die wichtigsten Streitpunkte
+vorläufig verständigt haben, tritt unter dem Vorsitz des ~Fürsten
+Bismarck~ zusammen der
+
+[~1878.~ 13. Juni bis 13. Juli.]
+
+
+~Berliner Kongreß.~
+
++Hauptsächlichste Bestimmungen+: 1. ~Montenegro, Serbien~ und
+~Rumänien~ werden unabhängig, doch werden die an beide erstere Staaten
+zu machenden Abtretungen beschränkt, das von Rumänien für Bessarabien
+einzutauschende Gebiet etwas vergrößert. 2. Das ~Fürstentum Bulgarien~
+wird auf das Land +zwischen Donau und Balkan,+ jedoch einschließlich
++Sofia+ und Gebiet, beschränkt. 3. Der südliche Teil Bulgariens,
+jedoch nach Westen und Süden erheblich enger begrenzt, bleibt als
+Provinz ~Ostrumelien~ unter der Botmäßigkeit des Sultans, erhält
+aber eigene Verwaltung unter einem +christlichen Generalgouverneur.+
+4. Die russischen Truppen sollen Ostrumelien und Bulgarien
+innerhalb 9 +Monaten+, Rumänien innerhalb eines Jahres räumen. 5.
+~Österreich~ übernimmt die Besetzung und Verwaltung +Bosniens+ und
+der +Herzegowina+. 6. Der Türkei wird die Abtretung eines Teils von
++Epirus+ und +Thessalien+ an ~Griechenland~ empfohlen. 7. ~Rußland~
+begnügt sich in Asien mit +Batum+ (als Freihafen), +Kars, Adaghan+
+und einigen angrenzenden Gebieten. 8. In der Türkei und allen von
+ihr losgelösten Staaten soll +politische Gleichberechtigung aller
+Konfessionen+ herrschen. 9. Der 1841 zwischen den 5 Großmächten und der
+Pforte abgeschlossene Vertrag (vgl. S. 353), wonach kein Kriegsschiff
+in die Dardanellen einlaufen darf (bestätigt im Pariser Frieden von
+1856, S. 367), wird erneuert. Die Schließung der Dardanellen für fremde
+Kriegsschiffe wird der Pforte zur Pflicht gemacht.
+
+[1872 - 1876]
+
+hatte Rußland bereits seine asiatische Provinz ~Turkestan~ (Taschkent
+und Samarkand, S. 369) durch Unterwerfung des Chans von +Khiwa+, des
+Emirs von +Bochara+ und des Chans von +Kokand+ (Ferghana) erweitert,
+1875 durch Vertrag mit Japan sich den Besitz der Insel +Sachalin+
+gesichert.
+
+Nach dem Berliner Kongreß zeigt Rußland (Minister Fürst Gortschakow)
+feindselige Haltung gegen Deutschland, welches deshalb das bisherige
+engere Verhältnis zu Rußland (S. 393f.) löst und sich mit Österreich
+verbündet (S. 395). Kaiser Alexander II., im Begriff, eine
+Volksvertretung zu berufen, wird 1881 durch Verschwörer (Nihilisten)
+ermordet.
+
+[1881–1894.]
+
+~Alexander III.~ (Gem. Dagmar -- Maria Feodorowna -- von Dänemark)
+ordnet strenge Maßregeln an gegen das Deutschtum in den Ostseeprovinzen
+(Russifizierung der Universität +Dorpat+), schließt trotz des
+Neutralitätsvertrages mit Deutschland Freundschaft mit Frankreich
+(S. 395, 404). 1893 Zollkrieg gegen Deutschland, der aber 1894 durch
+Handelsvertrag beigelegt wird.
+
+[1885.]
+
+Vertrag mit England über die Nordgrenze von +Afghanistan+, nachdem
+Rußland 1884 das Gebiet von +Merw+ besetzt hat. 1887 nimmt Rußland
+noch +Pendschdeh+. Bau der Transkaspischen Eisenbahn, 1888 bis
+Samarkand vollendet. Rußland nimmt dann 1892–1895 den größten Teil des
++Pamir+hochlandes in Besitz, baut die Sibirische Eisenbahn, 1901 bis
+Wladiwostock vollendet.
+
+~Nikolaus II.~ (Gem. Alix -- Alexandra Feodorowna -- von Hessen), seit
+Nov. 1894, stellt bessere Beziehungen zu Deutschland her.
+
+[1899.]
+
++Kongreß im Haag+; auf Rußlands Wunsch wird ein Schiedsgericht für
+internationale Streitigkeiten eingesetzt.
+
+[1904–1905.]
+
+Nach dem unglücklichen Verlauf des Krieges gegen +Japan+ (s. S.
+422f.) bedrohliche Unruhen im russischen Reiche: Attentate auf
+Mitglieder der Zarenfamilie (Großfürst +Sergius+, Oheim des Zaren, †
+1905) und andere einflußreiche Persönlichkeiten, Judenverfolgungen,
+Plünderungen. Der Zar verkündet (19. Aug. 1905) die Berufung einer
++Duma+ (Reichsversammlung). In +Livland+ Aufstand der Letten gegen die
+deutschen Gutsbesitzer.
+
+[1906.]
+
+~Verfassung~ eingeführt (Reichsrat und Duma). Die erste Duma wird
+nach stürmischen Verhandlungen aufgelöst, ebenso 1907 die zweite.
+Reformdekrete der Regierung (Minister +Stolypin+, 1911 ermordet),
+namentlich zur Besserung der Lage des Bauernstandes; strenge Maßregeln
+gegen Polen und Livland. Die dritte Duma 1908 bewilligt eine bedeutende
+Anleihe.
+
+[1910–1911.]
+
+Abkommen mit Deutschland über +Persien+ (S. 397).
+
+[1911.]
+
+Neues Abkommen mit +Japan+ über die +Mandschurei+ (vgl. S. 422f.).
+
+Verständigung (Entente) mit +Japan+ und endgültiger Ausgleich aller
+durch den Krieg von 1904–1905 bedingten Ansprüche ohne Hilfe
+eines Schiedsgerichts. -- Rußland, das mit England noch 1907 die
+Unantastbarkeit und Unabhängigkeit +Persiens+ verkündet, aber bereits
+1909 ein gemeinsames Einschreiten gegen die Regierung des Schah und
+eine Teilung des Landes in eine russische (Norden) und englische
+(Süden) Interessenzone vereinbart hat, greift 1911 in die persischen
+Wirren ein (s. S. 419).
+
+Abschluß einer Militärkonvention mit +Bulgarien+.
+
+[1912.]
+
+Rußland erkennt die Unabhängigkeit der +Mongolei+ (s. S. 422) an und
+gesteht der Regierung in China nur die Aufsicht zu über die auswärtigen
+Beziehungen des Landes.
+
+
+§ 12. Die dritte französische Republik.
+
+~Frankreich~ Republik seit 1871; ein Versuch, den Grafen Chambord
+(S. 349) als König einzusetzen, scheitert an dessen Weigerung,
+bestimmte Versprechungen zu geben und die Tricolore anzunehmen (1873,
+Okt.) Gesetz über allgemeine Wehrpflicht 1872. Organisationsgesetz
+1873. Frankreich in 18 Regionen eingeteilt, denen je ein Armeekorps
+entspricht; das 19. in Algier. (1897 Einteilung in 19 Regionen; daher
+20. Armeekorps eingerichtet.)
+
+[1873–1879.]
+
+Präsident +Mac-Mahon+, Nachfolger von Thiers. Marschall +Bazaine+,
+vom Kriegsgericht wegen der Übergabe von Metz zum Tode verurteilt,
+vom Präsidenten zu zwanzigjähriger Haft begnadigt, entkommt 1874
+nach Spanien, stirbt dort 1888. Feststellung der +Verfassung+ 1875:
+Präsident auf 7 Jahre, Senat, Deputiertenkammer. -- +Napoleon III.+
+stirbt im Januar 1873 zu Chislehurst in England; sein Sohn fällt
+1879 im Kriege der Engländer gegen die Zulukaffern, als Freiwilliger
+kämpfend.
+
+[1879–1887.]
+
+Präsident +Grévy+, 1885 wiedergewählt. Unterrichtsgesetz 1880 zur
+Beschränkung des Einflusses der Geistlichkeit; Ausweisung der Jesuiten,
+doch nicht streng durchgeführt. +Gambetta+ Nov. 1881 Ministerpräsident,
+tritt aber nach zwei Monaten zurück, da die von ihm vorgeschlagene
+Änderung des Wahlgesetzes (Listenwahl statt Einzelwahl) abgelehnt
+wird. Starke Heeresrüstung, doch wird der Rachekrieg gegen Deutschland
+vertagt; der Kriegsminister +Boulanger+ tritt zurück (Mai 1887),
+Frankreich wendet sich einer ~weitgreifenden Kolonialpolitik~ zu. Grévy
+dankt 1. Dez. 1887 ab.
+
+[1883.]
+
++Brazza+ legt die Station +Brazzaville+ am +Stanley Pool+ an und stellt
+eine Verbindung der Küste mit dem +Kongo+ her. Auf der Kongo-Konferenz
+1885 setzt Frankreich die Ausdehnung der bisherigen Kolonie +Gabun+ bis
+zum rechten Ufer des +Kongo+ durch. Von hier -- +»Französisch-Kongo«+
+-- aus dringen die Franzosen bis zum +Tsadsee+ vor und gewinnen durch
+Vertrag mit dem Deutschen Reich 1894 das Hinterland von Kamerun bis
+über den +Schari+ hinaus (Äquatorial-Afrika, S. 396). 1908 die Grenze
+zwischen Französisch-Kongo, Kamerun und dem Kongostaat endgültig
+festgelegt.
+
+[1881.]
+
+~Frankreich~ nimmt ~Tunis~ in Besitz, ohne die Proteste der Türkei und
+die Verstimmung Italiens zu beachten.
+
+[1883.]
+
+Das Reich ~Anam~ in Hinterindien (vgl. S. 369) tritt die Provinz
++Tonking+ an Frankreich ab und wird bald darauf französischer
+Schutzstaat. Frankreich behauptet diese Erwerbung im Kriege gegen China
+(1884–1885).
+
+[1885.]
+
+Die Insel ~Madagaskar~ kommt unter französische Schutzherrschaft; die
+Regierung der Königin der malaiischen +Hova+, +Ranavalo Manjaka III.+,
+in +Tananarivo+ 1896 aufgehoben.
+
+[1887–1894.]
+
+Präsident +Carnot+; Wehrgesetz, Freundschaft mit Rußland. Carnot
+wird von einem Italiener ermordet, sein Nachfolger +Périer+ dankt
+Jan. 1895 ab, dann folgt +Faure+, 1899–1906 +Loubet+, beide bemüht,
+die Freundschaft mit Rußland zu erhalten. 1897 Unfallversicherung,
+1901 Vereinsgesetz zur Beschränkung der geistlichen Orden und
+Kongregationen. 1903 Unterrichtsgesetz, Einrichtung weltlicher
+Volksschulen an Stelle der von Geistlichen geleiteten. 1905 Gesetz über
+Trennung von Kirche und Staat; deshalb Streit mit der katholischen
+Kirche. Der Kirchenbesitz wird den Gemeinden überwiesen. Gesetz über
+Altersunterstützung und Sonntagsruhe. Seit 1906 Präsident +Fallières+.
+1907 und 1911 Winzerunruhen. Die Beziehungen Frankreichs zu England
+gestalten sich immer enger; das Bündnis mit Rußland bleibt erhalten.
+
+[1890.]
+
+Frankreichs Herrschaft im Gebiet des mittleren +Niger+ (Sudan), der
+westlichen und mittleren +Sahara+ von England anerkannt (S. 407) und
+1904 erweitert (s. S. 405).
+
+[1891.]
+
+~Tahiti~, schon früher französischer Schutzstaat, wird nach dem Tode
+des englisch-protestantischen Königs Pomare V. französisches Gebiet.
+
+[1892.]
+
++Behanzin+, König von +Dahomey+, (Ober-Guinea) besiegt. Sein Reich wird
+französische Kolonie.
+
+[1893.]
+
+In Hinterindien weiter vordringend nimmt Frankreich einen großen
+Teil des Reiches ~Siam~ in Besitz. 1904 der +Menam+ als Grenze der
+französischen und englischen Einflußsphäre festgesetzt. 1907 wieder 3
+Provinzen an der Grenze von Kambodscha an Frankreich abgetreten.
+
+[1898.]
+
+Frankreich versucht vom Kongo aus vordringend +Faschoda+ am oberen
+Nil zu besetzen (General +Marchand+), wird aber durch Kriegsdrohung
+Englands und Einmarsch des Gen. +Kitchener+ genötigt, dies aufzugeben.
+
+[1905.]
+
+Nach +Abschluß eines Vertrages mit England+ (8. April 1904), der alle
+kolonialen Differenzen aus dem Wege räumt (Frankreich erkennt Englands
+Herrschaft in Ägypten an, England räumt den Franzosen die Vorherrschaft
+in +Marokko+ ein u. a. m.), sucht Frankreich die Schutzherrschaft über
+das Reich ~Marokko~ zu erwerben. Widerspruch ~Deutschlands~; Reise
+Kaiser Wilhelms II. nach +Tanger+. Eine Konferenz der am Handel mit
+Marokko beteiligten Staaten in +Algeciras+ (bei Gibraltar) beschließt
+(Febr. 1906) Reformen für Marokko unter gemeinsamer Aufsicht der in
+Tanger wohnenden Gesandten. Frankreich erhält eine bevorzugte Stellung
+in Marokko.
+
+Ein östlicher, an Tunis angrenzender Teil des Reiches Marokko bleibt
+von den Franzosen besetzt; 1907 besetzen sie auch die Hafenstadt
++Casablanca+ und das benachbarte Schauja-Gebiet. Sultan Muley Hafid,
+seit 1908 von den europäischen Staaten anerkannt, sucht sich ihren
+Forderungen zu entziehen. 1909 Krieg +Spaniens+ gegen die +Rifkabylen+.
+Schwere Kämpfe um +Melilla+ (s. S. 413). Die Häuptlinge unterwerfen
+sich. Gleichzeitig der Thronprätendent +Bu Hamara+ im Kampfe gegen
+Muley Hafid. Ersterer besiegt und gefangen. Die Konsuln der Mächte
+schreiten ein gegen Muley Hafids Grausamkeiten.
+
+[1911.]
+
+Neue Unruhen in Marokko. Der Sultan, von feindlichen Stämmen in +Fez+
+eingeschlossen, ruft +Frankreichs+ Hilfe an. Darauf französische
+Expedition nach Fez, angeblich zum Schutz der bedrohten Europäer.
+Der Sultan gerät ganz in die Gewalt der Franzosen. Diese treten
+ziemlich unbeschränkt im Lande auf. (Juli) Entsendung eines deutschen
+Kriegsschiffes nach +Agadir+ zur Verteidigung bedrohter deutscher
+Interessen. Nach schwierigen Unterhandlungen, wobei Frankreich von
+dem verbündeten England geleitet und unterstützt wird, 4. Nov.
+~Marokkoabkommen zwischen Deutschland und Frankreich~: +Deutschland
+verzichtet auf jeden Landerwerb im Scherifenreich+ (+Sus+-Provinz),
+nachdem seine handelspolitischen und wirtschaftlichen Interessen nach
+Möglichkeit sicher gestellt sind. +Frankreich übernimmt das Protektorat
+in Marokko+, tritt von ~Äquatorial-Afrika~ ein Gebiet von etwa
+300000qkm im Süden und Osten von +Kamerun+ mit Zugang zum +Kongo+ und
++Ubangi+ an das Deutsche Reich ab. Das Dreieck zwischen +Logone+ und
++Schari+ (12000 qkm) von Deutschland an Frankreich überlassen.
+
+Frankreich erwirbt einen erheblichen Teil der Negerrepublik +Liberia+.
+Östlich von Tunis besetzt es die Oase +Djanet+ (zu Tripolis gehörig).
+
+
+§ 13. England.
+
+~England~ 1837–1901 unter der ~Königin Viktoria~ (S. 353) ist
+hauptsächlich bestrebt, sein ungeheures ~Kolonialreich~ zu erhalten und
+zu erweitern.
+
+[1867.]
+
+Krieg gegen Negus +Theodor von Abessinien+. Magdala von Sir Robert
++Napiers+ mit indischen Truppen erstürmt; Theodor †. Abessinien wird
+von den Engländern geräumt.
+
+[~1869.~]
+
+~Der Suez-Kanal~ eröffnet, 160 km lang; nach zehnjähriger Bauzeit
+vollendet unter Leitung des Franzosen Ferdinand +de Lesseps+ (früher
+franz. Konsul in Kairo). Abkürzung des Seewegs nach Indien, Ostasien,
+Australien. Jährlich benutzen den Kanal jetzt gegen 4000 Schiffe.
+
+[1876.]
+
+Die Königin Viktoria nimmt auch den Titel ~Kaiserin von Indien~ an.
+Seitdem nach jedem Thronwechsel besondere Krönungsfeierlichkeiten in
++Delhi+ (S. 219).
+
+[1877–1881.]
+
+Krieg in ~Afghanistan,~ um die dem Emir 1869 auferlegte
+Schutzherrschaft zu erhalten General +Roberts+ besetzt 1879 die
+Hauptstadt Kabul und dringt bis Kandahar vor (s. S. 419f.).
+
+[~1877.~]
+
+Erweiterung des Besitzes in ~Südafrika.~ Die +Transvaalrepublik+,
+begründet 1848 von holländischen Buren, die aus der +Kapkolonie+[61]
+auswanderten, wird dem englischen Kolonialgebiet einverleibt; bald
+wird auch ein großer Teil des Kaffernlandes englischer Schutzstaat.
+Unabhängig bleibt der 1854 von England anerkannte +Oranje-Freistaat+.
+
+[1878.]
+
+England nimmt +Cypern+ in Verwaltung (S. 401).
+
+[1879.]
+
+Krieg gegen die +Zulukaffern+ (Cetewayo). Prinz Louis Napoleon † (S.
+403).
+
+[~1881.~]
+
+Erhebung der ~Buren~ gegen die englische Herrschaft und Sieg bei
++Majubahill+. Die Transvaalrepublik (Südafrikanische Republik) wieder
+hergestellt, doch behält England in dem 1884 geschlossenen Vertrage
+sich die Genehmigung der Verträge dieses Staates mit anderen Staaten
+vor.
+
+[1882.]
+
+Besetzung von ~Ägypten~, veranlaßt durch einen Militäraufstand in
+Alexandrien unter +Arabi Pascha+ gegen den Khedive +Tewfik+ und durch
+die Ermordung vieler Europäer; Arabi bei +Tel-el-Kebir+ von +Wolseley+
+besiegt und gefangen. Dem Namen nach bleibt die Regierung des dem
+türkischen Sultan tributpflichtigen Vizekönigs (Khedive); tatsächlich
+wird ~Ägypten ein englischer Schutzstaat.~ Neuordnung der Verwaltung
+und des Heeres (+Baring+ und +Kitchener+); Nilstauwerk bei +Assuan+.
+
+[1883–1885.]
+
+Aufstand des ägyptischen Sudan gegen die Engländer unter Führung
+des ~Mahdi~, eines mohammedanischen Propheten. Vernichtung eines
+ägyptischen Heeres von 11000 Mann (+Hicks Pascha+) bei +El Obeïd+. Der
+englische General +Gordon+ versucht +Khartum+ zu behaupten, wird bei
+der Eroberung der lange belagerten Stadt von den Truppen des Mahdi
+getötet (Jan. 1885). Fruchtlose Nilexpedition der Engländer; sie
+behalten im Sudan nur den Hafen +Suakin+, verteidigen aber Ägypten mit
+Erfolg gegen wiederholte Angriffe der Mahdisten (1885–1898). In der
++Äquatorprovinz (Wadelai)+ hält sich der deutsche Afrikaforscher +Emin
+Pascha+ (Dr. Schnitzer) als Statthalter des Khedive, bis er 1889 von
++Stanley+ nach der Küste (Bagamoyo) geführt wird. 1893 wird Emin bei
+einem Versuch, bis zum Kongo vorzudringen, ermordet.
+
+[1884.]
+
+Britisch ~Neu-Guinea~ wird unter englischen Schutz gestellt.
+
+[1886.]
+
+England erweitert sein indisches Reich durch völlige Unterwerfung von
+~Birma~ in Hinterindien (S. 353).
+
+[~1889.~]
+
+Vertrag mit Deutschland und den Vereinigten Staaten über die
+~Samoa~-Inseln.
+
+[~1890.~]
+
+Vertrag mit Deutschland über ~Ostafrika.~ Das Wituland, Uganda und
+Sansibar englisch; das deutsche Gebiet zwischen Kilimandscharo und
+Rovumafluß reicht im Innern bis zu den großen Seen.
+
+Vertrag mit Frankreich über ~Westafrika~: England herrscht im Gebiet
+des unteren Niger (+Nigeria+) bis zum Tsadsee. Abgrenzung der
+englischen und französischen Gebiete gegen das Deutsche Hinterland von
+~Kamerun~ durch Verträge mit dem Deutschen Reiche 1893 und 1894.
+
+[1890–1893.]
+
+England erweitert sein Gebiet in ~Südafrika~ durch Unterwerfung des
++Betschuana+- und +Matabele-+Landes. +Cecil Rhodes+, Leiter der
+Britischen Südafrika-Gesellschaft, seit 1890 Minister der Kapkolonie,
+verfolgt noch weitergreifende Pläne, findet aber Widerstand bei den
++Buren+-Republiken (S. 408). Transvaal wehrt einen Einfall englischer
+Streifscharen (800 Mann) unter +Jameson+ bei +Krügersdorp+ ab (1. Jan.
+1896). Jameson gefangen, an England ausgeliefert, zu längerer Haft
+verurteilt, aber bald begnadigt.
+
+[1897.]
+
+Die Engländer besetzen +Tirah+, ein afghanisches Grenzgebiet.
+
+[1898.]
+
+England gewinnt die Herrschaft über den ~ägyptischen Sudan~ zurück;
+General Kitchener siegt bei +Omdurman+ und erobert +Khartum+.
+
+[1899.]
+
+Abermaliger Vertrag über die ~Samoa~-Inseln; sie werden geteilt
+zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten. England verzichtet
+auf einen Anteil, erhält dafür bedeutenden Gebietszuwachs im
+Hinterlande von Togo, außerdem die +Tonga+inseln und die Inseln
++Choiseul+ und +lsabel+ (Salomoninseln).
+
+[1899–1902.]
+
+~Krieg Englands gegen die Buren in Südafrika.~
+
+Äußerer Anlaß: Zurücksetzung der Ausländer in Transvaal. Die Buren
+in Transvaal (Präsident +Krüger+) schließen ein Bündnis mit dem
+Oranje-Freistaat (Präsident +Steijn+) und erklären den Engländern den
+Krieg. Sie dringen in das englische Gebiet +Natal+ ein und führen den
+Krieg anfangs erfolgreich. Einschließung einer englischen Division
+in +Ladysmith+; die Entsatzversuche des Gen. +Buller+ werden (Dez.)
+bei +Colenso+ und (Jan. 1900) am +Spion-Kop+ abgeschlagen. Ebenso
+werden englische Truppen, die in den westlichen Teil von Transvaal
+eingedrungen sind, in +Kimberley+ und +Mafeking+ eingeschlossen.
+
+[1900.]
+
+Umschwung zu Gunsten der Engländer, nachdem Lord +Roberts+ den
+Oberbefehl übernommen hat; ihr Heer wird bald auf 100000 Mann
+gebracht, gegen etwa 45000 Buren. Doch erschwert die weite Ausdehnung
+des Kriegsschauplatzes die Erfolge. Im Febr. wird +Kimberley+
+entsetzt, Gen. +Cronje+ mit 4000 Buren am Modderfluß gefangen. Auch
++Ladysmith+ wird von Gen. Buller entsetzt. Roberts mit der Hauptmacht
+besetzt +Blomfontein+, Hauptstadt des Oranje Freistaats, dann weiter
++Johannesburg, Pretoria+, Hauptstadt von Transvaal, Middelburg,
+Lydenburg. Im Rücken des englischen Heeres beginnen die Burenführer +de
+Wet+ und +Olivier+ einen erfolgreichen Kleinkrieg; in der Kapkolonie
+erheben sich die +Afrikander+ zu Gunsten der Buren. Präsident +Krüger+
+reist nach Europa, um Hilfe zu suchen, wird in Frankreich und den
+Niederlanden begeistert aufgenommen, erlangt aber keine Einmischung in
+den Krieg. († 1904 in der Schweiz.)
+
+[1901–1902.]
+
+Fortdauer des Kleinkrieges. Die Engländer unter +Kitchener+ (über
+200000 Mann) versuchen vergeblich die von +Botha, de Wet+ u. a.
+geführten Streifscharen der Buren einzuschließen, führen aber
+viele Gefangene, namentlich Frauen und Kinder, hinweg in die durch
+Stacheldraht eingehegten Konzentrationslager. Andere werden nach
+Ceylon, Indien, St. Helena gebracht. Unterstützung mit Geldmitteln und
+Kriegsbedarf aus den Niederlanden, Frankreich und Deutschland reicht
+nicht aus, um den Buren zum Siege zu verhelfen. Friedensschluß 31.
+Mai 1902: die Burenstaaten sind aufgehoben: die Buren müssen in die
+Einverleibung ihrer beiden Staaten in das britische Südafrika willigen;
+jedoch wird ihnen baldige Selbstverwaltung versprochen (S. 409). Sie
+erhalten als englische Untertanen zur Herstellung zerstörter Wohnorte
+eine Beihilfe von 3 Mill. Pfund Sterling (60 Mill. Mark).
+
+[1900.]
+
+Die englischen Kolonien in ~Australien~ (S. 302) werden durch eine
+Bundesverfassung zu +einem+ Staat (Commonwealth) vereinigt.
+
+Unter der langen Regierung der Königin Viktoria wechseln konservative
+und liberale Ministerien miteinander. 1843 irische Waffenbill
+(verbietet Einführung von Waffen nach Irland). 1845 Steuer- und
+Zollreform. 1869 Aufhebung der irischen Staatskirche. 1881 irische
+Landbill, vom Minister +Gladstone+ beantragt, um die Mißstände und
+Unruhen in Irland zu bessern. 1885 Parlamentsreform (vgl. S. 348),
+nachdem schon 1867 das Wahlrecht erweitert war; Bildung gleichmäßiger
+Wahlkreise, das Wahlrecht bleibt an den Nachweis einer eigenen, wenn
+auch gemieteten Wohnung geknüpft (Minimalmietzins 10 Pfund Sterling).
+Der 1886 mit großer Mehrheit verworfene Antrag Gladstones, für Irland
+ein eigenes Parlament einzurichten (+Home-rule-bill+) wird 1893 vom
+Unterhaus angenommen, vom Oberhaus und dann von den Wählern verworfen.
+1897 Haftpflichtgesetz zum Schutze der Arbeiter.
+
+[~1901–1910.~ Jan. Mai.]
+
+~König Eduard VII.~ (S. 352). Der Minister +Chamberlain+ betreibt
+einen engeren Anschluß der Kolonien an das Mutterland (Zollbund und
+Beiträge zur Unterhaltung der Kriegsflotte), tritt aber 1903 zurück.
+Neue irische Landbill 1903; die Pächter können mit Beihilfe des Staates
+Landeigentümer werden. Die Einsetzung eines Verwaltungsrats für Irland,
+1907 vom Unterhause beschlossen, wird nicht vollzogen, da die Iren
+Widerspruch erheben und ein eigenes Parlament fordern. 1908 Gesetz über
+Altersunterstützung. 1909–1910 sozialpolitische Gesetzgebung. +Lord
+Roberts’+ Antrag auf Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1909 vom
+Oberhaus abgelehnt.
+
+[1904.]
+
+Englisch-französischer Vertrag über Ägypten und Marokko (s. S. 405).
+Die Neutralität des Suezkanals durch England garantiert.
+
+[1904.]
+
+Englische Expedition von Indien aus nach ~Tibet.~ +Lhassa+, Residenz
+des +Dalai-Lama+, des Oberhauptes der Buddhisten, erreicht. Ergebnis:
+Tibet darf ohne Englands Zustimmung kein Gebiet an eine fremde
+Macht abtreten und keine Erlaubnis zur Anlage von Eisenbahnen,
+Telegraphenlinien und Bergwerken geben.
+
+[1909.]
+
+Englisch-russisches Abkommen über +Persien+ (s. S. 403). Das englische
+Parlament genehmigt eine Bundesverfassung für die ~Südafrikanische
+Union~ mit Einschluß der früheren Burenstaaten, welche die 1902
+versprochene Selbstregierung 1906 erhielten. +Botha+ Premier-Minister.
+
++Siam+ tritt die Staaten +Kelantan, Trengganu+ und +Kedah+ (auf
+Malakka) an England ab.
+
+[1910-x.]
+
+~König Georg V.~
+
+[1911.]
+
+Englisch-amerikanischer Schiedsvertrag. Infolgedessen Revision des
+englisch-japanischen Bündnisses (s. S. 423).
+
+Japan nähert sich Rußland wieder (s. S. 402).
+
+Durch die radikale Parlamentsbill (+Vetobill+) des Ministers +Asquith+
+wird das Oberhaus fast aller seiner Rechte beraubt; es behält nur ein
+aufschiebendes Veto.
+
+Während des Krönungsdurbar in Indien (Delhi) wird der alte
+Herrschersitz ~Delhi~ (S. 219, 300, 368) von König Georg V. an Stelle
+von +Kalkutta+ zur ~Hauptstadt Indiens~ erhoben.
+
+Englisch-ägyptische Truppen besetzen den Hafen und das Gebiet von
++Solum+ im Osten der +Cyrenaica+ (Tripolis).
+
+
+§ 14. Holland, Luxemburg, Belgien, Dänemark, Skandinavien, Schweiz.
+
+Das Königreich der ~Niederlande~ unter +Wilhelm III.+ 1849 bis 1890
+(vgl. S. 340 u. 363). 1873–1879 Krieg gegen den Sultan von +Atschin+
+auf Sumatra. Der Widerstand der Atschinesen erst 1895 gebrochen.
+1887 Verfassungsrevision. Nach dieser folgt dem König seine Tochter
++Wilhelmina+, bis 1898 unter Vormundschaft der Mutter +Emma+ von
+Waldeck, seit 1901 mit dem Prinzen Heinrich von Mecklenburg-Schwerin
+vermählt. 1911 Gesetz über Alters- und Invalidenversicherung.
+
+Das Großherzogtum ~Luxemburg~ (S. 380), seit 1842 im deutschen
+Zollverein, kommt 1890 durch männliche Erbfolge an +Adolf+, den
+früheren Herzog von +Nassau+ (S. 379). Ihm folgt 1905 sein Sohn
++Wilhelm+, der letzte männliche erbberechtigte Oranier. Regentin die
+Großherzogin +Maria Anna+ von Braganza. Thronerbin: Prinzessin +Marie+
+(kath.).
+
+~Belgien~ unter +Leopold II.+ (1865–1909, s. S. 350) in friedlicher
+Entwickelung als Industriestaat, doch nicht ohne Parteikämpfe (Liberale
+und Klerikale) und Arbeiterunruhen.
+
+[Sidenote:
+
+ 1884–1885.
+ Nov. Febr.]
+
+~Konferenz zu Berlin~ unter Vorsitz des Fürsten +Bismarck+ über das
+durch +Stanleys+ Reise 1876 bis 1877 erschlossene ~Kongo~-Gebiet. Ein
+neutraler +Kongostaat+ wird gegründet unter der Oberhoheit Leopolds
+II., Königs der Belgier.
+
+[1908.]
+
+Der ~Kongostaat~ wird Kolonialgebiet des Königreichs ~Belgien.~
+
+[1909-x.]
+
+König +Albert I.+ Neffe Leopolds II. (S. 352). Gemahlin +Elisabeth+,
+Herzogin in Bayern.
+
+[1910.]
+
+Weltausstellung in +Brüssel+, zum Teil durch Feuer zerstört.
+
+In ~Dänemark~ unter +Christian IX.+ (1863–1906) lange Zeit Zwiespalt
+zwischen Regierung und Volksvertretung, besonders wegen der Befestigung
+von Kopenhagen, 1901 beigelegt durch Nachgeben des Königs. Kopenhagen
+befestigt. Herstellung freundlicher Beziehungen zu Deutschland seit dem
+Tode der Königin +Luise+ 1898 (S. 362). König +Friedrich VIII.+ seit
+1906, vermählt mit +Luise+ von Schweden. Befestigung der Verbindung
+mit den auswärtigen Besitzungen. 1904 neue Verfassung für +Island+.
+Reise des Königs +Friedrich VIII.+ nach +Island+. Eifrige Pflege der
+Handels- und Verkehrsbeziehungen. 1903 Dampffähre für Eisenbahnzüge
+zwischen +Warnemünde+ und +Gjedser+ eröffnet. (Direkte Dampferlinie
++Kopenhagen-Bangkok+.) Entsendung des Prinzen Waldemar zur Krönung des
+Königs von +Siam+ 1911.
+
+~Schweden,~ 1872–1907 unter +Oskar II.+, Bruder Karls XV. (S. 363),
+kann die seit 1814 bestehende Personalunion mit Norwegen nicht
+behaupten. Norwegen sagt sich 1905 los. Prinz Karl von Dänemark, Sohn
+Friedrichs VIII., Großneffe Oskars II., nennt sich als König von
+Norwegen +Hakon VII.+ (s. S. 215). Seine Gemahlin +Maud+, Tochter
+Eduards VII. von England. In +Schweden+ seit 1907 +Gustav V.+, Gemahlin
++Viktoria+ von Baden. 1909 Dampffähre zwischen +Trelleborg+ und
++Saßnitz+ (Rügen) eröffnet.
+
+In der ~Schweiz~ 1874 Änderung der Bundesverfassung; für neue Gesetze
+wird der Bundesversammlung (S. 354) die Entscheidung entzogen und
++Volksabstimmung+ (Referendum) vorgeschrieben, wenn 8 Kantone
+oder 30000 Bürger sie verlangen. Ein Gesetz über Kranken- und
+Unfallversicherung wird 1900 durch Volksabstimmung verworfen, 1912
+angenommen.
+
+1905 Internationale Arbeiterschutz-Konferenz in Bern. Durchstich des
++Simplon+ 1906 vollendet, neue Eisenbahnverbindung mit Italien, für
+Frankreich erwünscht seit der Eröffnung der St. Gotthardbahn 1882.
+Bundespräsident ist seit 1903 Dr. +Deucher+.
+
+
+§ 15. Italien.
+
+~Italien,~ seit 1861 einheitliches Königreich unter ~Viktor Emanuel
+II.~ (S. 370, 379, 381).
+
+Dem ~Papste~ ist durch das Garantiegesetz von 1870 der Besitz
+der Peterskirche, des Vatikan- und des Lateranpalastes, dazu ein
+Jahreseinkommen von über 3 Mill. Francs gesichert; aber der Anspruch
+auf Herstellung des Kirchenstaats wird von päpstlicher Seite nicht
+aufgegeben. Aufhebung vieler Klöster, doch bleiben die Ordensgenerale
+und die geistlichen Seminare in Rom unter dem Schutz des Papstes.
+
+Unter König ~Humbert~ (1878–1900) schließt der Minister +Robilant+
+1887 den +Dreibund+ (S. 395), den der Ministerpräsident +Crispi+, mit
+Bismarck persönlich befreundet, aufrecht erhält. Sorge für Besserung
+der Finanzen, Ausbau der Eisenbahnen, Anbau der römischen Campagna,
+Ausgrabungen und Neubauten in Rom. Der König wird 1900 (Juli) von einem
+Anarchisten in Monza ermordet.
+
+[1885.]
+
+~Italien~ nimmt den Hafen +Massaua+ am Roten Meer in Besitz.
+Erweiterung des Gebiets im Kriege gegen den +Negus+ Negesti +Johannes+
+von Abessinien 1887–1889 zur +Colonia Eritrea+. Neue Kämpfe mit dem
+Negus +Menelik+ (reg. 1889–1910 in Addis Abeba, seitdem sein Enkel
++Lidj Jeassu+ [geb. 1896], zunächst unter Vormundschaft). 1896
+Niederlage der Italiener bei +Adua+, nur Massaua mit dem Küstengebiet
+(118000 qkm.) wird behauptet.
+
+[1887.]
+
+Italien erwirbt das +Somali+gebiet.
+
+[1900-x.]
+
+~Viktor Emanuel III.~ (Gem. +Elena+ von Montenegro). Der Dreibund wird
+trotz aller Vorliebe der Italiener für die Franzosen aufrechterhalten.
+(1909 Begegnung des Königs mit Zar Nikolaus II. in +Racconigi+.)
+
+[1906]
+
+Verderblicher Ausbruch des Vesuv.
+
+[1907, 28. u. 29. Dez.]
+
+Messina und Reggio durch Erdbeben zerstört.
+
+[1903.]
+
+Papst Leo XIII. † (S. 393). Ihm folgt ~Pius X.,~ der sich 1907 in einer
+Allocution und einer Encyclica gegen den +Reformkatholizismus+ und die
+sog. +Modernisten+ wendet.
+
+[1911–1912.]
+
+~Krieg Italiens gegen die Türkei~: Italien, schon lange auf Ausbreitung
+seiner Macht in +Nordafrika+ bedacht (S. 404), erhält 1901 von
+Frankreich (und bald darauf auch von England) die Anerkennung seiner
+Anwartschaft auf +Tripolis+. Zunächst nur wirtschaftliche Durchdringung
+des Landes geplant. Infolge des deutsch-französischen Abkommens über
+Marokko 1911 will Italien seine Entschädigung in Tripolis suchen.
+Die Stadt Tripolis nach kurzem Bombardement besetzt (Okt.), ebenso
++Benghasi, Derna+ und andere Hafenplätze. Im Nov. die unwiderrufliche
+Besitzergreifung von Tripolis und Cyrenaica verfügt und den Mächten
+angezeigt. Das Deutsche Reich übernimmt den Schutz der Italiener in der
+Türkei und der türkischen Untertanen in Italien. Einspruch von Rußland,
+Frankreich und England gegen eine Blockade der Dardanellen (S. 401).
+Unterstützung der Türken durch die Araber und die islamitische Welt.
+Die Eroberung des tapfer verteidigten Hinterlandes (Oasen Ain Zara,
+Tadjura, Birtobras, Gargaresch) geht nur langsam vorwärts. Im +Roten
+Meer+ werden Jan. 1912 sieben türkische Kanonenboote durch italienische
+Torpedobootzerstörer vernichtet. Der Krieg dauert noch fort.
+
+
+§ 16. Die Pyrenäische Halbinsel.
+
+~Spanien~: 1868 (Sept.) ~Aufstand~; +Königin Isabella II.+ (S. 351,
+363) vertrieben, flüchtet nach Frankreich. Die nach Madrid einberufenen
++Cortes+ beschließen, trotz des Widerstandes der republikanischen
+Partei, eine neue konstitutionell-+monarchische+ Verfassung; Marschall
++Serrano+ einstweilen Regent. Nach mehrfachen Verhandlungen mit
+auswärtigen Fürsten nimmt Prinz +Leopold+ von Hohenzollern-Sigmaringen
+1870 die spanische Krone an. Nach seinem Rücktritt wird während des
+deutsch-französischen Krieges der +Herzog von Aosta+, +zweiter+ Sohn
+des Königs +Viktor Emanuel II.+ von Italien, von den Cortes zum König
+gewählt und besteigt als ~Amadeo I.~ 1870 (s. a. S. 381) den spanischen
+Thron. Jedoch fortdauernde Parteikämpfe veranlassen Amadeo schon 1873
+zur Abdankung. Dann Bürgerkrieg; gegen die in Madrid eingesetzte
+republikanische Regierung kämpfen die Anhänger des +Don Carlos+ (Enkel
+des S. 351 erwähnten). Herstellung der Monarchie 1875; König ~Alfons
+XII.~, Sohn der 1868 vertriebenen Königin Isabella bringt dem Lande
+Frieden, unterstützt von dem Minister +Canovas+. Don Carlos entflieht
+nach Frankreich. Alfons XII. stirbt 1885; für seinen Sohn ~Alfons
+XIII.~ regiert bis 1902 die Mutter Marie Christine von Österreich,
+unterstützt von dem Minister +Sagasta+.
+
+[1898.]
+
++Krieg mit den Vereinigten Staaten von Amerika+ (S. 418).
+
+[1899.]
+
+An Deutschland werden gegen eine Geldentschädigung überlassen: die
++Marianen+, +Karolinen+ (schon 1885 von Deutschland besetzt, aber
+durch Schiedsspruch des Papstes Leo XIII. den Spaniern zuerkannt) und
++Palau-Inseln+ (S. 396). Spanien behält von seinem alten Kolonialbesitz
+nur noch die Kanarischen Inseln, Span. Guinea (Rio Muni, Fernando
+Po, Corisco), die Küste von Rio de Oro und die 5 +Presidios+ (Ceuta,
+Velez de la Gomera, Alhucemas, Melilla, Chafarinas) an der +Küste von
+Marokko+.
+
+[1903 u. 1904.]
+
+Sozialistische Aufstände, namentlich in +Barcelona+; doch bleibt die
+Monarchie erhalten.
+
+[1906.]
+
+Vermählung des Königs mit Viktoria +Eugenie+ (Ena) von Battenberg
+(Nichte Eduards VII. von England). Bombenattentat am Hochzeitstage des
+Königpaares.
+
+[1909.]
+
+Tod des Prätendenten Don Carlos.
+
+[1909–1910.]
+
+~Krieg gegen die Rifkabylen in Marokko~, die ein 300 km langes, 100
+km breites Gebiet vom Kap Tres Forcas, unweit Melilla, bis an die
+Straße von Gibraltar beherrschen. Blutige Kämpfe um +Melilla+. Infolge
+der Truppensendungen nach Afrika schwere Ruhestörungen in Barcelona
+und ganz Katalonien. Der »Freiheitsapostel« +Ferrer+ trotz vieler
+Protestkundgebungen hingerichtet.
+
+[1910.]
+
+Erneuerte Kämpfe um ~Melilla~. 1911 (Jan.) Reise des Königs Alfons
+XIII. nach Marokko. Endlich (Nov.) Friedensvertrag mit den Kabylen.
+
+Unterdessen und besonders infolge des deutsch-französischen
+Marokkoabkommens (S. 405) auch manche Reibereien zwischen Spaniern
+und Franzosen in Marokko. Die Verhandlungen mit Frankreich über die
+Abgrenzung der spanischen Besitzungen und Rechte in Marokko sind zur
+Stunde noch nicht abgeschlossen.
+
+~Portugal~ (S. 363) gelangt nach früheren Bürgerkriegen zu ruhigeren
+Zuständen unter den Königen aus dem Hause +Koburg+, seit 1853
+(S. 352). Doch erhebt sich 1907 eine starke Bewegung gegen den
+Ministerpräsidenten Franco; am 1. Febr. 1908 wird König +Karl I.+, mit
+ihm der Kronprinz Ludwig Philipp von Verschwörern erschossen. Sein
+zweiter Sohn und Nachfolger +Manuel II.+ wird 1910 (Okt.) durch eine
+Revolution vertrieben, lebt in England. Portugal als ~Republik~ von
+den Mächten anerkannt. Trennung von Kirche und Staat durchgeführt.
+Bewegungen zu Gunsten der Monarchie mehrfach unterdrückt. Präsident:
++Manuel d’Arriaga+ (seit 1911).
+
+
+§ 17. Die Balkanhalbinsel.
+
+~Rumänien~ (S. 367, 399ff.) nimmt auf fast allen Gebieten einen
+erfreulichen Aufschwung. Eifrige Sorge des Fürsten Karl für Heer und
+Landesbefestigungen, Finanzen und Unabhängigkeit des Landes, Handel und
+Ackerbau, Volksbildung und Gesetzlichkeit. 1881 erklären die Kammern
+Rumänien als +Königreich+. ~König Karl I.~ erhält gute Beziehungen zum
+Dreibund, schließt eine Militärkonvention mit Österreich.
+
+In ~Serbien~ nimmt Fürst +Milan+ (Obrenowitsch) 1882 den +Königstitel+
+an, dankt aber 1889 ab zu Gunsten seines 12jährigen Sohnes +Alexander+.
+Dieser erklärt sich bereits 1893 für mündig, wird 1903 samt seiner
+Gemahlin +Draga+ durch eine Verschwörung ermordet. Milan, von seiner
+Gemahlin +Natalie+ geschieden, † 1901 in Wien. Seit 1903 ~Peter I.~
+(Karageorgiewitsch) ~König~ von ~Serbien~ (s. S. 399).
+
+In ~Montenegro~ seit 1860 Fürst ~Nikita~ (Nikolaus). Bei der Feier
+seines Regierungsjubiläums 1910 nimmt er ebenfalls den +Königstitel+ an.
+
+In ~Bulgarien~ wird 1879 Prinz +Alexander+ von Battenberg (Hessen),
+ein Neffe des russischen Kaisers Alexander II. von der Sobranje
+(Deputiertenkammer) zum Fürsten erwählt.
+
+[1885.]
+
+Erhebung der +Bulgaren+ gegen die Türken; +Ostrumelien+ (S. 401)
+vereinigt sich mit dem Fürstentum +Bulgarien+, gegen Rußlands Willen.
++Serbien+ (König Milan) beginnt Krieg gegen Bulgarien. Fürst Alexander
+besiegt die Serben bei +Slivnitza und Pirot+ (Nov. 1885), schließt
+aber auf Verlangen Österreichs Frieden. Er wird 1886 von der russischen
+Partei vertrieben, doch bleibt Ostrumelien mit Bulgarien vereinigt.
+Sein Nachfolger ~Ferdinand I.~ von Koburg-Kohary (S. 352) stützt sich
+zunächst auf Österreich, wird 1896 auch von Rußland anerkannt. Seine
+Diplomatie und das Ansehen seines Heeres setzen ihn in den Stand, 1908
+die +Erhebung+ ~Bulgariens~ (mit Ostrumelien) zu einem von der Türkei
+völlig unabhängigen ~Königreich~ ohne Schwertstreich durchzusetzen.
+Seitdem entschiedene Anlehnung an Rußland.
+
+~Griechenland~, seit 1863 unter ~König Georg I.~ (v. Dänemark), 1864
+durch Abtretung der +Ionischen Inseln+ von seiten Englands (s. S. 341)
+vergrößert, erhält 1881, da die Großmächte ihr Verlangen an die Türkei
+(S. 401) erneuern, Thessalien und einen kleinen Teil von Epirus.
+
+[1897.]
+
++Krieg Griechenlands gegen die Türkei+, veranlaßt durch einen Aufstand
+auf der Insel +Kreta+ gegen die türkische Herrschaft. Die Griechen
+werden in Thessalien und Epirus geschlagen, müssen Frieden schließen
+und Kriegskosten zahlen. Kreta erhält auf Verlangen der europäischen
+Großmächte selbständige Verwaltung unter türkischer Oberhoheit;
+Prinz Georg von Griechenland Gouverneur bis 1906. Die Nichtbenutzung
+der Gelegenheit, die Insel Kreta in dem Augenblick anzugliedern, wo
+Österreich und Bulgarien 1908 Bosnien und Ostrumelien einverleibten,
+ruft in Griechenland lebhafte Erregung hervor, besonders im Heere.
+Mehrere Prinzen scheiden 1909 aus Armee und Flotte aus und erhalten
+mehrjährigen Auslandsurlaub. Auf Kreta (August 1909) überall die
+griechische Flagge gehißt. Die türkische Oberhoheit bleibt jedoch
+erhalten.
+
+Das ~türkische Reich~, seit 1878 (russisch-türkischer Krieg, s. S.
+399ff.) in seinem europäischen Bestande sehr eingeschränkt (S. 401),
+hat immer wieder mit Empörungen seiner christlichen Untertanen zu
+kämpfen.
+
+[1895.]
+
+Blutige Verfolgung der +Armenier+ und der +syrischen Christen+;
+England, Frankreich und Rußland gebieten Einhalt.
+
+[1903.]
+
+Aufstand in ~Macedonien~, von den +Bulgaren+ unterstützt; Österreich
+und Rußland nötigen die türkische Regierung zu Reformen, die aber nur
+halb zur Ausführung kommen. Der Kriegszustand dauert fort.
+
+[1908.]
+
+Für die ~Türkei~ erzwingt ein Militäraufstand (Jungtürken) vom Sultan
++Abdul Hamid+ (1876–1909) die Gewährung einer +Verfassung+ (Senat und
+Deputiertenkammer), die schon 1876 verkündet, aber nach kurzer Zeit
+wieder aufgehoben worden war. Bosnien (S. 398 f.), Ostrumelien (s.
+oben) verloren; Novipazar wieder gewonnen (S. 398, 399).
+
+[1909.]
+
+Sultan Abdul Hamid ebenso wie 1876 sein älterer Bruder Sultan +Murad
+V.+ abgesetzt. Seitdem Sultan ~Mohammed V.~
+
+[1911.]
+
+Die türkische Regierung beschränkt die Weiterführung der von
+Konstaninopel ausgehenden +Anatolischen Eisenbahn+ (~Bagdadbahn~;
+ihre Erbauung 1893 durch +Georg von Siemens+ für die deutsche Arbeit
+[Deutsche Bank] gesichert, zunächst bis Kaisarie gestattet, 1902 einem
+deutsch-französischen Syndikat übertragen) auf die Strecke +El Halif+
+(zwischen Harran und Mosul) bis +Bagdad+. Später soll +Kuweit+ am
+Persischen Meerbusen Endpunkt sein. Zweigbahn nach +Alexandrette+,
+Anschluß an die +Hedschas+bahn von +Damaskus+ nach +Medina-Mekka+ und
+die russisch-persischen Bahnen über Teheran nach Bagdad gesichert (S.
+397).
+
+[1911–1912.]
+
++Italienisch-türkischer Krieg+ (s. S. 412).
+
+
+§ 18. Amerika.
+
+Die ~Vereinigten Staaten~ von Amerika, deren Gebiet seit 1848 bis
+zum Stillen Ozean reicht (S. 301 f.), an Volkszahl schnell wachsend
+durch Einwanderung aus Europa (1860: 31½ Mill. Einwohner), aufblühend
+durch Handel und großstädtische Industrie, geraten in schwere Gefahr
+durch Zwiespalt zwischen den Nordstaaten und den Sklaven haltenden
+Südstaaten. Die Wahl +Abraham Lincolns+ zum Präsidenten der Union von
+seiten der Nichtsklavenstaaten führt zum
+
+[~1861–1865.~]
+
+~Bürgerkrieg~. Die 11 Südstaaten erklären ihren Austritt (secession)
+aus der Union und schließen einen +Sonderbund+. +Jefferson Davis+
+Präsident. Sie erklären die Fortdauer der Negersklaverei wegen des
+Plantagenbaues (Zucker, Reis, Tabak, Baumwolle) für notwendig.
+Hauptschauplatz des Krieges der zu den Südstaaten gehörige Staat
++Virginia+ und das angrenzende +Maryland+. Die Sonderbundstruppen
+bedrohen 1861 nach dem Siege bei +Bull-Run+ und 1862 nach der
+siebentägigen Schlacht bei +Richmond+ die Bundeshauptstadt Washington,
+werden jedoch wieder zurückgedrängt. Die Unionstruppen erobern 1862
++New-Orleans+, 1863 +Vicksburg+ am Mississippi.
+
+[1863. 1. Jan.]
+
+Eine Proklamation Lincolns erklärt alle Sklaven der Südstaaten
+für frei. Der Südstaatengeneral +Lee+ siegt bei +Fredericksburg+
+(Virginia), überschreitet den Grenzfluß Potomac, wird aber bei
++Gettysburg+ in Pennsylvanien zurückgeschlagen.
+
+[1864.]
+
+Der Nordstaatengeneral +Grant+ kämpft gegen Lee in der +Wilderness+
+und bei +Spotsylvania+, belagert ihn dann in der starken Stellung
+zwischen den Festungen +Richmond+ und +Petersburg+. Ein zweites Heer
+der Nordstaaten unter +Sherman+ siegt bei +Atlanta+ im Staate Georgia,
+dringt bis zur Küste vor nach Savannah, zieht im Frühjahr 1865 gegen
+Petersburg heran.
+
+[1865. April.]
+
+General Lee räumt Richmond und Petersburg, kapituliert mit 26000 Mann,
+bald darauf ergeben sich auch die übrigen Truppen der Südstaaten.
+Die Union bleibt erhalten, doch fügen die Südstaaten sich nicht
+bedingungslos.
+
+Präsident +Lincoln+, der umsichtige Leiter der Union, wird von einem
+Anhänger der Südstaaten ermordet (14. April); sein Nachfolger +Johnson+
+zeigt sich nachgiebiger in der Sklavenfrage und gerät deshalb in
+Konflikt mit dem Kongreß, welcher die Aufhebung der Sklaverei im
+ganzen Unionsgebiet als Gesetz verkündet und den Negern Bürgerrecht
+und Stimmrecht verleiht. Daraus ergeben sich Übelstände, die zur Folge
+haben, daß unter dem Präsidenten +Grant+ (1869–1877) die Südstaaten in
+mancher Hinsicht noch unter der Diktatur des Kongresses bleiben.
+
+Aussöhnung erst unter Präsident +Hayes+ (1877–1881), der auch die bei
+großer Steigerung des Handelsreichtums eingerissene Bestechlichkeit und
+Ämterjagd bekämpft, unterstützt von dem Deutschen +Karl Schurz+ als
+Minister des Innern. Sein Nachfolger +Garfield+, der diese Bestrebungen
+weiterführt, wird nach wenigen Monaten ermordet (1881).
+
+[1867.]
+
+Erwerbung des russischen Amerika (Alaska) für 7200000 Dollar.
+
+[1869.]
+
+Eröffnung der ersten +Pacificbahn+ (Omaha bis San Francisco).
+Schnellere Verbindung zwischen den Küsten des Atlantischen und des
+Großen Ozeans.
+
+Auf die Streitigkeiten der +mittel-+ und +südamerikanischen Republiken+
+wirkt die Union oft vermittelnd ein, so 1869 bei dem Frieden zwischen
+Spanien und dem erfreulich aufstrebenden ~Chile~, das 1879–1884 Bolivia
+und Peru niederwirft, aber 1891 in einen gefährlichen Bürgerkrieg
+hineingerissen wird. In ~Brasilien~ wird 1889 eine Föderativrepublik
+von 20 Staaten (Vereinigte Staaten von Brasilien) eingerichtet (1888
+die Sklaverei plötzlich abgeschafft); Kaiser Pedro II. (S. 346) zieht
+sich nach Portugal zurück. Seit 1910 Präsident +Hermes da Fonseca+.
+Gegenüber den europäischen Staaten nimmt die Union öfters eine
+feindliche Haltung an; s. Frankreich S. 371. Streit mit +England+ über
+Schadenersatz, weil während des Bürgerkrieges Kaperschiffe für die
+Südstaaten in England ausgerüstet waren; ein Schiedsgericht zu Genf
+entscheidet 1872, daß England über 3 Mill. Pfund Sterling zu zahlen
+habe.
+
+In der Union stark anwachsende Bevölkerung; 1890: 63 Mill., 1910:
+88 Mill. Einwohner. Viele Eisenbahnen gebaut, um das weite Gebiet
+aufzuschließen (vgl. S. 421). Die Mac Kinley-Bill 1890 erhöht den
+Zolltarif der Vereinigten Staaten, um die europäische Einfuhr zu
+beschränken; 1891 Gesetz gegen die Einwanderung unbemittelter Personen.
+
+[1896–1901.]
+
+Präsident +Mac Kinley+; die Union beginnt auswärtige Besitzungen zu
+erwerben, zuerst 1897 die +Sandwich-Inseln+ annektiert (seit 1900
+Territorium).
+
+[1898.]
+
+~Krieg gegen Spanien~ zur Unterstützung der schon 1895 auf +Cuba+ und
+den seit 1569 spanischen +Philippinen+ (S. 223, 242) ausgebrochenen
+Aufstände. Die spanische Flotte wird in zwei Seetreffen, bei +Cavite+
+(Insel Luzon) und +Santiago+ (Insel Cuba) vernichtet. Im Frieden zu
++Paris+ tritt Spanien Puerto Rico und die Philippinen gegen eine
+Geldentschädigung an die Union ab. +Cuba wird eine Republik+, muß
+aber der Union gewisse Aufsichtsrechte und mehrere Flottenstationen
+einräumen (Insel Guam s. S. 426).
+
+[1899.]
+
+Bei der Teilung der +Samoa+-Inseln (S. 407) nimmt die Union +Tutuila+
+mit dem Hafen Pago-Pago und die Manuagruppe (203 qkm).
+
+[1901–1909.]
+
+Präsident +Roosevelt+, Nachfolger des ermordeten Mac Kinley. Das
+Deutsche Reich tritt in engere Beziehungen zur Union. Als Deutschland,
+England und Italien wegen Handelsstörungen mit der Republik +Venezuela+
+(Präsident +Castro+) in Streit geraten und ihre Küste durch
+Kriegsschiffe blockieren, Vermittlung durch den Vertrag zu +Washington+
+(Juli 1903); Venezuela muß bedeutende Entschädigung zahlen.
+
+[1903.]
+
+Vertrag der Union mit +Colombia+ (S. 346) über Gebietsabtretung zum
+Ausbau des 1881 von französischen Kapitalisten (Panamagesellschaft,
+1889 aufgelöst) begonnenen +Panama+-Kanals. Da in Colombia sich
+Widerspruch erhebt, bildet sich eine besondere Republik +Panama+ unter
+dem Schutze der Vereinigten Staaten. Der Kanal (Schleusenkanal) soll
+am 1. Jan. 1915 eröffnet werden, wie der Suezkanal neutral und allen
+Völkern unter den gleichen Bedingungen geöffnet sein.
+
+[1906.]
+
++San Franzisko+ durch Erdbeben größtenteils zerstört, doch bald
+wiederhergestellt.
+
+[1907.]
+
+Verschärftes Gesetz über die Einwanderung.
+
+[Seit 1909.]
+
+Präsident +Taft+, vorher Kriegsminister und Gouverneur der Philippinen,
+hält das gute Einvernehmen mit dem Deutschen Reiche aufrecht.
+
+[1910–1911.]
+
+Aufstand in ~Mexiko~. Verschwörung gegen den Präsidenten +Porfirio
+Diaz+ (S. 371). Die Vereinigten Staaten ziehen Truppen an der Grenze
+zusammen. Porfirio Diaz dankt 1911 ab. +Madero+, der Hauptführer der
+Aufständischen, wird zu seinem Nachfolger gewählt, Ende des Aufstandes.
+1912 neue Unruhen.
+
+[1911.]
+
+Englisch-amerikanischer Schiedsvertrag. ~Japan~ (Spannung seit der
+Besetzung der Sandwich-Inseln und der Philippinen, durch den Bau
+des Panamakanals noch gesteigert) knüpft wieder freundschaftliche
+Beziehungen mit den Vereinigten Staaten an.
+
+
+§ 19. Asien.
+
+In ~Persien~ (S. 219), das auf eine fast 2500 Jahre alte Kultur
+zurückblickt, hat das autokratische Regiment die Entwickelung und die
+Wohlfahrt des Volkes sehr beeinträchtigt. Von persischen Gebieten sind
+jedoch bisher nur +Georgien+, +Transkaukasien+ und ein Teil +Armeniens+
+an Rußland verloren gegangen (S. 297, 348).
+
+[~1906.~]
+
+Verfassung eingeführt. Doch gerät der Schah +Mohammed Ali+ bald in
+Streit mit dem Parlament (+Medschlis+) und löst es auf. Daher Aufstand
+im Lande.
+
+[~1909.~]
+
++England+ und +Rußland+ als die Nachbarn fordern vom Schah
+Wiederberufung des Medschlis, Gewährung einer Verfassung und Reform
+der Verwaltung als Bedingung für die Zulassung einer Anleihe. Diese
+Einmischung abgelehnt. Einmarsch russischer Truppen in +Täbris+;
+englische besetzen +Abuscher+ am Persischen Golf. Straßenkämpfe in
++Teheran+. Mohammed Ali abgesetzt, begibt sich nach Rußland. Der
+Titel Schah abgeschafft. Seitdem +Sultan Ahmed Mirsa+ (geb. 1897).
+Regent Ali Reza Chan. Verfassung wiederhergestellt. Schwierigkeit
+für das Parlament, das Reichsbudget im Gleichgewicht zu halten.
+Anleihe in Rußland und England genehmigt gegen Verpfändung persischer
+Zolleinkünfte. England und Rußland grenzen ihre Interessensphären
+ab (S. 403, vgl. Deutsch-russisches Abkommen über Persien, S.
+397). Berufung belgischer Beamten für Zoll- und Postverwaltung,
+amerikanischer Beiräte für die Ordnung der Finanzen. Der Amerikaner
++Morgan Shuster+ Generalschatzmeister. Protest der Jungperser gegen die
+russisch-englischen Pläne.
+
+[~1910.~]
+
+Tod des Regenten. Sein Nachfolger +Nasr el Mulk+. Landung englischer
+Truppen am Persischen Golf.
+
+[~1911.~]
+
+Rückkehr des Exschahs Mohammed Ali. Im Norden Persiens wechselvolle
+Kämpfe zwischen seinen Anhängern und den Regierungstruppen. Russisches
+Ultimatum; u. a. Morgan Shusters Entlassung gefordert. Landung und
+Vormarsch russischer Truppen von +Rescht+ aus. Alle russischen
+Forderungen erfüllt. Nordpersien gerät immer mehr in Abhängigkeit von
+Rußland. Die Wirren dauern fort.
+
+Der Emir von ~Afghanistan~ (S. 353) beherrscht trotz des Verlustes
+weiter Gebiete an Rußland (S. 402) und England (S. 406 f.) noch ein
+Land von 624000 qkm. -- 1893 Vertrag zwischen dem Emir +Abdurrhaman+
+und der englischen Regierung, die ihm eine jährliche Rente von etwa 3½
+Mill. Mark bewilligt.
+
+[1907.]
+
+Englisch-russischer Vertrag mit dem Emir +Habib Ullah+ (seit 1901) über
+die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Besitz- und Rechtsstandes in
+Afghanistan.
+
+Das Königreich ~Siam~ in Hinterindien ist trotz der Begehrlichkeit
+seiner Nachbarn, England (S. 409) und Frankreich (S. 404), immer noch
+größer als das Deutsche Reich (600000 qkm, 6½ Mill. Einwohner). König
+~Maha Chulalongkorn~ (1868 bis 1910) war ein großer Freund Europas
+und seiner Sitten (sein Besuch bei Bismarck in Friedrichsruh 1897),
+schuf eine moderne Armee und Flotte, Eisenbahnen und Dampferlinien,
+richtete Steuer-, Post- und Münzwesen nach europäischem Muster ein und
+suchte seine Unabhängigkeit durch Verträge mit England und Frankreich
+sicher zu stellen. Handelsverträge zwischen Siam und Europa seit Mitte
+des vorigen Jahrhunderts (S. 368, 411). Seit 1910 ~Maha Wajirawudh~
+Herrscher im Reiche des weißen Elefanten.
+
+~China~, seit 1842 dem europäischen Handel geöffnet (S. 353), bald
+auch mit den Vereinigten Staaten in Handelsbeziehungen, nimmt nicht
+wie +Japan+ (S. 369) an den Fortschritten europäischer Kultur teil; im
+Volke Haß gegen die Fremden verbreitet. Verlust des Amurgebietes (S.
+369).
+
+[1894–1895.]
+
+~Krieg Japans gegen China~ wegen der Schutzherrschaft über +Korea+
+(S. 251). Korea wird unabhängig, Japan gewinnt die Insel +Formosa+
+(Taiwan). Die im Frieden zu +Schimonoseki+ durch +Li-hung-tschang+
+zugestandene Abtretung der Halbinsel +Liau-tung+ mit dem Hafen +Port
+Arthur+ wird durch Rußland, Deutschland und Frankreich rückgängig
+gemacht.
+
+[1897. Nov.]
+
+Deutschland besetzt das Hafengebiet +Kiau-tschou+; ein Pachtvertrag mit
+China auf 99 Jahre wird 1898 geschlossen.
+
+[1898.]
+
+Rußland besetzt den Hafen +Port Arthur+ an der Einfahrt zum Meerbusen
+von Petschili, England den gegenüberliegenden Hafen +Wei-hai-wei+.
+
+[1900.]
+
+~Aufstand in China gegen die Christen und Ausländer~ (vergl. S. 251),
+geleitet von weitverzweigten Geheimbünden (Boxer). Zweideutige Haltung
+der chinesischen Regierung; da sie weder Ordnung noch Genugtuung
+schafft, vereinigen sich hierzu Deutschland, England, Rußland,
+Frankreich, Österreich, Italien, Japan und die Vereinigten Staaten.
+Kriegsschiffe der Verbündeten erscheinen vor der Mündung des Peiho und
+entsenden eine Schutzwache für die Gesandten nach +Peking+.
+
+Da die Unruhen fortdauern, zieht der englische Admiral +Seymour+ mit
+2000 Mann gegen Peking, muß aber, da die Eisenbahn zerstört ist und
+starke Scharen ihm entgegentreten, umkehren. Beim Marsch auf Tientsin
+stete Gefechte, in schwierigster Lage »the Germans to the front«.
+Inzwischen in Peking der +deutsche Gesandte+ v. Ketteler ermordet (20.
+Juni).
+
+[17. Juni.]
+
+Erstürmung der +Taku-Forts+ (S. 368), um eine Landung zu ermöglichen
+(das deutsche Kanonenboot +Iltis+). +Tientsin+ nach schweren Kämpfen
+erobert; +Peking+ erreicht (14. Aug.), die Gesandten befreit. Der
+Kaiser und die Kaiserinwitwe fliehen nach Sianfu.
+
+[20. Sept.]
+
+Erstürmung der +Peitang-Forts+ nahe der Küste, Besetzung des Hafens
+Schan-hai-kwan, für die Russen »Tor zur Mandschurei«.
+
+[27. Sept.]
+
+Der deutsche Feldmarschall ~Graf Waldersee~ übernimmt den Oberbefehl
+über die verbündeten Truppen (zuletzt 64000 Mann, darunter 19000
+Deutsche). Die Amerikaner zurückgerufen; die Russen wenden sich
+hauptsächlich nach der +Mandschurei+, um dort den Bau der Eisenbahn zu
+schützen.
+
+Während des Winters Kriegszüge von Peking und Tientsin aus.
++Paoting-fu+, Hauptstation der Boxer, 19. Okt. besetzt; Erstürmung der
+Bergfeste +Tse-kin-kwa+ 29. Okt. Russen und Engländer geraten in Streit
+über den Besitz der Eisenbahn Tientsin-Peking; Waldersee erreicht die
+Fertigstellung der Bahn bis Mitte Dezember.
+
+[1901. März.]
+
+Vorrücken der Deutschen bis zur +Großen Mauer+. 23. April Sieg bei
++Huolu+.
+
+[Mai.]
+
+Nach Besetzung eines großen Teils der Provinz Petschili und Flucht
+ihrer Truppen hinter die Große Mauer bewilligt die chinesische
+Regierung alle Forderungen: Bestrafung der Urheber des Aufruhrs,
+Befestigung der Gesandtschaftsgebäude in Peking, Schutzwachen der
+verbündeten Mächte daselbst, Schutz der Eisenbahn von Peking bis
+zur Küste durch befestigte Plätze mit Garnisonen, Schleifung der
+Küstenforts, Zahlung von 450 Mill. Taels (1350 Mill. Mark) in 39
+Jahren aus den Erträgen der Seezölle, deren Verwaltung von Beamten der
+verbündeten Mächte geleitet wird (S. 368).
+
+Nach dem Abzug der verbündeten Truppen bleiben größere Besatzungen,
+namentlich in Tientsin und Schanghai. Prinz +Tschun+, Bruder des
+Kaisers von China, überreicht (Sept.) dem Deutschen Kaiser in Potsdam
+ein Entschuldigungsschreiben wegen Ermordung des Gesandten; diesem in
+Peking ein Denkmal errichtet.
+
+Die Erschließung Chinas in den folgenden Jahren durch, eine Reihe von
+Eisenbahnbauten (auch amerikanisches Kapital beteiligt) gefördert. 1906
+schon 6300 engl. Meilen in Betrieb. Lebhafter Dampfschiffsverkehr auf
+den großen Strömen.
+
+[1905.]
+
+Die +Mandschurei+ an China zurückgegeben (S. 423). »Offene Tür«
+daselbst allen Mächten garantiert.
+
+[1909.]
+
+Streitigkeiten mit +Rußland+ und +Japan+ über die Abgrenzung der Rechte
+in der Mandschurei geregelt. Der +Tumen+fluß als Grenze zwischen
+der Mandschurei und Korea festgesetzt. 1911 Pest in der Mandschurei
+(Charbin).
+
+Das Eindringen der europäischen Kultur und der Vergleich mit Japan
+erwecken in weiten Kreisen den Wunsch nach zeitgemäßen Reformen. Manche
+Vizekönige Anhänger dieser Reformpartei, z. B. +Juanschikai+. Er
+wird 1909 abgesetzt, weil er die Gleichstellung der Mandschu mit den
+Chinesen und die Beseitigung ihrer Renten gefordert hatte. 1910 die
+Abschaffung der Sklaverei von der Regierung verfügt. Vorbereitungen für
+die Berufung eines Parlaments getroffen. Kaiserlicher Erlaß über die
+Bildung eines verantwortlichen Ministeriums.
+
+[1911.]
+
+In den südlichen Provinzen (+Kanton+) bricht eine Revolution aus.
+Beseitigung der Mandschudynastie gefordert. +Hankau+ erobert
+(Eingreifen deutscher Marinetruppen zu Gunsten der Regierung), ebenso
++Nanking+. Dr. +Sunyatsen+ Leiter der Revolutionäre. Juanschikai erhält
+Vollmacht zu allen ihm geeignet erscheinenden Maßregeln. Kaiserlicher
+Erlaß verheißt Einführung einer Verfassung und Amnestie. Juanschikai
+Ministerpräsident. Der Prinzregent Tsaifeng (Kaiser +Pu Yi+ geb. 1906)
+leistet den Eid auf die Verfassung. Waffenstillstand. In +Schanghai+
+Versammlung der Abgeordneten der 14 südlichen Provinzen. Sunyatsen
+vorläufig zum Präsidenten der »+Vereinigten Staaten von China+«
+gewählt. +Abfall der Mongolei+ (S. 403). Juanschikai sucht eine
+konstitutionelle Monarchie unter den Mandschu zu erhalten. Als die
+Aufständischen Truppen gegen die nördlichen Provinzen senden, erfolgt
+die
+
+[1912. Febr.]
+
+~Abdankung der Mandschudynastie~ (S. 251). ~China Republik~.
++Juanschikai Präsident+.
+
+~Japan~ seit seinem Siege über China (S. 420) die herrschende Macht in
+Ostasien. Korea gerät immer mehr unter japanischen Einfluß.
+
+[~1904–1905.~]
+
+~Krieg zwischen Rußland und Japan~ wegen der beiderseitigen Ansprüche
+auf +Korea+ und die +Mandschurei+. +Japan seit 1902 mit England
+verbündet+, doch greift England in den Krieg nicht ein. Die japanische
+Flotte blockiert +Port Arthur+ und +Wladiwostok+; japanische
+Landtruppen besetzen einen Teil von Korea, dringen nach der Mandschurei
+vor, siegen 1. Mai 1904 am +Jalu+fluß. Eine zweite Armee landet auf der
+Halbinsel Liau-tung und schließt Port Arthur von der Landseite ein. Die
+russische Flotte versucht die Blockade zu brechen, wird 10. August mit
+großem Verlust zur Rückkehr genötigt. Verstärkungen des Landheeres
+kommen auf der Sibirischen Eisenbahn nur langsam heran.
+
+[1904. 24.–31. Aug.]
+
+Schlacht bei +Liau-jang+ in der Mandschurei. Die Japaner (160000 Mann
+unter Marschall +Ojama+) drängen die Russen (Gen. +Kuropatkin+) in
+hartnäckigen Kämpfen zurück.
+
+[15.–18. Okt.]
+
+Schlacht am Flusse +Schaho+; Kuropatkins Angriffe mißlingen.
+
+[1905. 2. Jan.]
+
++Port Arthur+, von Gen. +Stössel+ verteidigt, kapituliert (Gen.
++Nogi+); über 40000 Mann kriegsgefangen.
+
+[24. Febr. bis 10. März.]
+
+Schlacht bei +Mukden+; die Russen müssen nach starken Verlusten (90000
+Mann) weichen, behaupten sich aber noch in der Mandschurei.
+
+[1905. 27.–28. Mai.]
+
+Seeschlacht bei +Tschuschima+ (Insel in der Straße von Korea). Die
+russische Ostsee-Flotte (16 große Schiffe, 4 kleine Kreuzer) von
+Admiral +Togo+ annähernd vernichtet.
+
+[Juli.]
+
+Die Japaner besetzen den südlichen Teil der Insel +Sachalin+.
+
+[~1905.~ 5. Sept.]
+
+~Friede zu Portsmouth~ (amerikanische Küstenstadt unweit Boston)
+unter Vermittlung des Präsidenten +Roosevelt+. Japan erhält
+die Schutzherrschaft über Korea, Port Arthur mit umliegendem
+Gebiet, Sachalin bis zum 50. Breitengrad. Rußland zahlt keine
+Kriegsentschädigung, behält Wladiwostok und sein Amur-Gebiet. Die
+Mandschurei soll an +China+ zurückgegeben werden, doch behalten Japan
+und Rußland ihre dort angelegten Eisenbahnen (s. S. 422).
+
+In den folgenden Jahren macht Japan, dessen Heer überall Bewunderung
+erweckt hat, weitere Fortschritte auf dem Wege finanzieller Erstarkung
+und politischer Vorherrschaft auf +Korea+. 1909 Koreanische
+Gerichtshoheit, 1910 Polizeigewalt auf Japan übertragen. Fürst +Ito+,
+früher Generalresident in Korea, 1909 von einem Koreaner ermordet. 1910
+die Annexion Koreas durchgeführt; Kaiser +Ytschak+ dankt ab.
+
+[1911.]
+
+Bündnis zwischen Rußland und Japan (S. 402 f.). Infolgedessen Revision
+des englisch-japanischen Bündnisses von 1902 (S. 422). Anknüpfung
+freundschaftlicher Beziehungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika
+(S. 419).
+
+
+§ 20. Entwickelung der deutschen Kolonien.
+
++Gründung+ s. S. 395. +Zweck+: Gewinnung von Rohprodukten;
+Absatzgebiete für den heimischen Handel und Besiedelung. Das Reich
+stellte auf Nachsuchen die kaufmännischen Niederlassungen unter
+seinen Schutz, zur Sicherung gegen fremde Herrschaft (+Deutsche
+Schutzgebiete+). Die Kolonisation begann an den Küsten und dehnte
+sich allmählich in das Innere aus; hierfür von größtem Einfluß
+die Erschließung durch +Eisenbahnen+ und die +Wasserversorgung+.
+Sicherung durch Schutzverträge mit den einheimischen Häuptlingen mit
+Handelsvorteilen, namentlich für europäische Waren. Verwaltung durch
++Gouverneure+ mit Bezirksämtern und Stationen; militärische Sicherung
+durch die +Schutztruppen+.
+
++Erweiterung der Kolonien+ (S. 396, 397, 405). Der deutsche
+Kolonialbesitz ist jetzt über fünfmal größer als das Heimatsgebiet,
+hat aber kaum ein Viertel der Einwohnerzahl. Am +Handelsergebnis+ der
+Kolonien (Einfuhr und Ausfuhr) +war Deutschland 1910 mit 66,3 v. H.
+beteiligt+. Regelmäßige +Seeverbindung+ durch Hamburg-Amerika- und
+Woermann-Linie nach der afrikanischen Westküste, Norddeutschen Lloyd
+(Bremen) und Reichspostdampfer nach Ostafrika, Australien und Ostasien.
++Telegraphische Verbindung+ fehlt noch nach den Besitzungen in der
+Südsee; deutsche +Seekabelverbindung+ schreitet kräftig fort, ist aber
+nur nach Ostasien von fremden Leitungen unabhängig; besonders nach
+Ostafrika sind englische Kabel beteiligt. +Funkenstationen+ in allen
+afrikanischen Kolonien und in Kiautschou.
+
++Deutsche Kolonialgesellschaft+ in Berlin (Herzog Johann Albrecht von
+Mecklenburg), Kolonialinstitut in Hamburg und mehrere Kolonialschulen.
+
+1. ~Südwestafrika~ (835100 qkm). Missionsstationen bestanden seit 1860
+im Damara- und Namaqualande; das Küstengebiet Angra Pequena wurde 1883
+von dem Bremer Kaufmann Lüderitz erworben; 1884 Erweiterung durch
+Verträge mit den einheimischen Häuptlingen; 1893 der Hafen Swakopmund
+angelegt.
+
+[1894.]
+
+Gouverneur +Leutwein+ geht mit der verstärkten Schutztruppe gegen
+unzuverlässige Häuptlinge vor. Nach den Gefechten bei +Naukluft+
+verbündet sich Hendrik +Witboi+ mit den Deutschen und leistet Hilfe bei
+ferneren Kämpfen, so noch 1903 gegen die Bondelzwarts-Hottentotten.
+
+[~1904–1906.~]
+
+Allgemeiner +Aufstand+ gegen die auf weites Gebiet verteilte
+Schutztruppe. Die Hereros zerstören die Eisenbahn Swakopmund–Windhuk
+und ermorden viele Ansiedler. Mühsame Kriegführung in dem wasserarmen,
+vielfach gebirgigen Lande. Die Schutztruppe verteidigt Omaruru und
+andere Stationen, wird unterstützt durch ein Landungskorps vom Kreuzer
+Habicht, dann durch das Seebataillon; bald erscheint eine kriegsstarke
+Division, gebildet aus Freiwilligen des ganzen deutschen Heeres.
+
+[1904. 11. u. 12. Aug.]
+
+Sieg des Generals v. Trotha am +Waterberge+; er drängt die Hereros
+nach Osten in die Kalahariwüste, wo viele umkommen. Darauf allmähliche
+Unterwerfung des nördlichen Landesteils, aber im Süden erhebt sich nun
++Witboi+ gegen die Deutschen.
+
+[1905.]
+
+Hartnäckige Kämpfe um die Wasserstelle bei Groß-Nabas, dann in den
+Karasbergen und am Großen Fischfluß; Witboi †. Der deutsche Reichstag
+bewilligt den Bau der Eisenbahn Lüderitzbucht–Kubub (100km).
+
+[1906.]
+
+Kämpfe am Oranjefluß; Oberstlt. v. Estorff drängt die Hottentotten nach
+Osten. Ihr Führer +Morenga+ flüchtet auf englisches Gebiet, versucht
+1907 nochmals in das inzwischen unterworfene Land einzudringen, wird in
+einem Gefecht mit englischen Truppen getötet. Der Reichstag bewilligt 5
+Mill. Mark für die Verluste der Ansiedler.
+
++Gesamtbevölkerung+ 1911: rund 14000 Weiße und 72000 Farbige, also
+nur 0,1 Einwohner auf l qkm. Jede Selbständigkeit der Häuptlinge
+hat aufgehört. +Regierungssitz+: Windhuk. +Wassererschließung+
+schreitet fort. +Eisenbahnen+: 1909 km im Betrieb, 217 km im Bau.
++Ausfuhr+ vornehmlich: +Diamanten+ und Kupfererze, ferner Blei, Häute,
+Straußenfedern und Vieh. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für über 34½
+Mill. Mark. Einfuhr für rund 44½ Mill. Mark.
+
+2. ~Ostafrika~ (995000 qkm). Verkehr nach Sansibar seit etwa 1860;
++Landerwerbungen+ 1884 im Auftrage der Gesellschaft für deutsche
+Kolonisation durch K. Peters, Jühlke, Graf Pfeil, 1885 vom Sultan von
+Sansibar anerkannt nach dem Erscheinen deutscher Kriegsschiffe.
+
+[1888–1890.]
+
+Aufstand der Eingeborenen, veranlaßt durch arabische Sklavenhändler
+(Buschiri), niedergeworfen durch Kriegszüge des Reichskommissars Major
++Wißmann+ unter Mitwirkung von Kriegsschiffen.
+
+[1889.]
+
++K. Peters+ dringt nach +Uganda+ vor (Nordufer des Victoria-Nyanza) und
+schließt dort Verträge; die Ostafrikanische Handelsgesellschaft erwirbt
+das +Witu+land (nördlich von Sansibar); beide Gebiete werden 1890 an
+England überlassen (S. 407).
+
+[1905–1906.]
+
+Aufstände im Süden durch die Schutztruppe niedergeschlagen.
+
++Gesamtbevölkerung+ 1911: 4230 Weiße und etwa 10 Mill. Farbige. Gute
+Häfen, hierunter der Regierungssitz +Daressalam+ und +Tanga+, welche
+Ausgangspunkte der beiden Bahnlinien sind (1199 km im Betrieb, die
+Zentralbahn wird von +Tabora+ nach dem +Tanganjika-See+ weitergeführt).
+Die Siedelungen am +Viktoria-See+ sind noch auf Karawanenstraßen und
+die englische Ugandabahn angewiesen. Die Sultane westlich des Sees
+stehen unter Kaiserlichen Residenten.
+
++Wirtschaftlich+ maßgebend sind Ackerbau und Viehzucht. Der Hauptertrag
+wird im Lande verzehrt. Zur +Ausfuhr+ kommen vornehmlich: +Kautschuk+,
+Hanf, Häute, Kopra. +Handelsergebnis+ 1910: Einfuhr für fast 38½ Mill.
+Mark, Ausfuhr für 20¾ Mill. Mark.
+
+3. ~Kamerun~, bisher 495600 qkm mit rund 1450 Weißen und über 2½ Mill.
+Farbigen, also 5,4 Einw. auf 1 qkm. Regierungssitz +Buea+, Hafen
++Duala+. Eisenbahnen 160 km im Betrieb, 360 km im Bau. Zur +Ausfuhr+
+kommen vornehmlich: +Kautschuk+, Palmkerne, Kakao, Palmöl, Elfenbein.
++Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für rund 20 Mill. Mark, Einfuhr für
+rund 25½ Mill. Mark.
+
+[~1911.~]
+
++Nordmakas+ Aufstand (Major Dominik †). Erweiterung usw. durch das
++Marokkoabkommen+ (s. S. 405).
+
+4. ~Togo~, 87200 qkm mit rund 360 Weißen und 1 Mill. Farbigen.
+Regierungssitz und Haupthafen +Lome+, von wo drei Bahnen ausgehen (im
+Ganzen 323 km im Betrieb). Vornehmliche +Ausfuhr+: Palmkerne, Palmöl,
+Kautschuk, Baumwolle. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr für rund 7¼ Mill.
+Mark, Einfuhr für rund 11½ Mill. Mark.
+
+5. ~Neu-Guinea~, Regierungssitz Rabaul (Neupommern). a) +Altes
+Schutzgebiet+, erworben 1884/85: +Kaiser Wilhelmsland und
+Bismarck-Archipel+: zusammen 240000 qkm mit rund 750 Weißen und 530000
+Farbigen. +Friedrich Wilhelmshafen+, keine Eisenbahnen. Vornehmliche
++Ausfuhr+: Kopra, Paradiesvögel, Perlmutter, Kakao. +Handelsergebnis+
+1910: Ausfuhr für fast 3¾ Mill. Mark, Einfuhr für fast 4 Mill. Mark; b)
++Inselgebiet+ seit 1898 erworben: +Ost- und Westkarolinen+, +Palau+,
++Marianen+, +Marschall-Inseln+, zusammen 2476 qkm mit rund 1000 Weißen
+und 65000 Farbigen (Insel Guam gehört zur Union).
+
+[~1910–1911.~ Dez. Febr.]
+
+Aufstand auf Ponape und +Dschokadsch+ (Ostkarolinen) niedergeworfen
+durch Landungstruppen von 4 deutschen Kriegsschiffen. Vornehmliche
++Ausfuhr+: Phosphat, Kopra, Trepang. +Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr
+für rund 10 Mill. Mark, Einfuhr für rund 2 Mill. Mark.
+
+6. ~Samoa-Inseln~ (2572 qkm) mit 491 Weißen und 40000 Farbigen (1911).
+Schon 1879 erwarb das Deutsche Reich hier eine Marinestation, um den
+von Hamburger Kaufleuten begründeten Handel zu schützen. 1889 Vertrag
+mit England und Nordamerika, um den Parteikämpfen der einheimischen
+Könige ein Ende zu machen; 1899 Aufhebung des Königtums. Deutschland
+erwirbt die vier westlichen Inseln (S. 407). Hafenstadt +Apia+ auf
+der Insel Upolu. Fruchtbares Land; +Ausfuhr+ von Kopra und Kakao.
++Handelsergebnis+ 1910: Ausfuhr und Einfuhr für +je+ rund 3½ Mill.
+Mark. Das Christentum schon seit 1830 eingeführt durch englische
+Missionare.
+
+7. ~Kiautschou~ (550 qkm), 1898 +auf 99 Jahre gepachtet+, jetzt
+1680 Weiße (ohne Truppen) und 162000 Eingeborene. Hafenstadt
++Tsingtau+, gute Handels- und Flottenstation, Ausgangspunkt
+der nordost-chinesischen Eisenbahnen. Im Hinterlande reiche
+Steinkohlenlager.
+
+Fussnoten:
+
+[57] Geb. 1808 zu Paris, Sohn des Königs von Holland Louis Napoleon und
+der Hortense Beauharnais, folgte 1815 seiner Mutter in die Verbannung
+und besuchte 8 Jahre das Gymnasium zu Augsburg (S. 365).
+
+[58] ~Wilhelm,~ Prinz von Preußen, geb. 22 März 1797 in Berlin,
+1806–9 mit den Eltern in Königsberg und Memel, dann wieder in Berlin,
+1813 in Breslau, erwirbt 1814 das Eiserne Kreuz in der Schlacht bei
+Bar-sur-Aube; nach dem Friedensschluß unablässig um die Ausbildung
+der preußischen Truppen bemüht, 1825 kommandierender General des 3.
+Armeekorps, 1829 vermählt mit +Augusta+ von Sachsen-Weimar, übernimmt
+1838 das Gardekorps, reist im März 1848 nach England, leitet 1849 den
+Feldzug in Baden, lebt dann in Koblenz als Gouverneur von Rheinland und
+Westfalen, 1858 Prinz-Regent.
+
+[59] ~Otto v. Bismarck,~ geb. 1. April 1815 in Schönhausen bei Stendal,
+1847 und 1848 Mitglied des Vereinigten Landtags, 1849 und 1850 der
+zweiten Kammer, 1851 Gesandter beim deutschen Bundestag in Frankfurt,
+1859 Gesandter in St. Petersburg, Mai 1862 in Paris.
+
+[60] ~Helmut v. Moltke~, geb. 1800 zu Parchim, anfangs in dänischen
+Diensten, dann Hauptmann im preußischen Generalstab, 1835–39 in der
+Türkei mit geographischen Forschungen und Besserung des türkischen
+Heerwesens beschäftigt, 1845–46 in Rom als Adjutant des Prinzen
+Heinrich von Preußen, 1857 an die Spitze des Generalstabs gestellt.
+
+[61] Die +Kapkolonie+ wurde 1601 angelegt und 1795 von den Engländern
+besetzt (S. 314), dann nach dem Frieden von Amiens zurückgegeben (S.
+320) und 1806 von neuem erobert (S. 331).
+
+
+
+
+~Anhang.~
+
+
+I. Brandenburgisch-preußische Geschichte.
+
+[Um 780.]
+
+Grenzmarken des deutschen Reiches an der +Elbe+ und +Saale+ zum
+Schutz gegen die Wenden gegründet von ~Karl d. Gr.~ Befestigung und
+Erweiterung derselben durch die Feldzüge +Heinrichs I.+ (928).
+
+[937–965.]
+
+Markgraf ~Gero~, von König ~Otto I.~ eingesetzt, unterwirft das
+Wendenland bis zur Oder. Bistümer +Havelberg+ und +Brandenburg+. Nach
+Geros Tode Teilung des Gebiets der Mark: Nordmark, Ostmark, Meißen.
+
+[~983.~]
+
+Aufstand der Wenden, die +Nordmark+ auf das +linke Elbufer+ beschränkt,
+Residenz der Markgrafen zu +Salzwedel+.
+
+[~1134–1320.~]
+
+~Askanische (anhaltische) Markgrafen.~
+
+[1134–1170.]
+
+~Albrecht der Bär~, von Kaiser +Lothar+ mit der +Nordmark+ (+Altmark+)
+belehnt, erobert die +Priegnitz+ auf dem rechten Elbufer, erwirbt das
++Havelland+ durch Vertrag mit dem christlichen Wendenfürsten Pribislav,
+der ihn zum Erben einsetzt, und nennt sich Markgraf von ~Brandenburg~
+(S. 179). Wiederherstellung der beiden Bistümer, deutsche Ansiedler
+namentlich aus den Niederlanden herbeigezogen.
+
+[1220–1267.]
+
+~Johann I.~ und ~Otto III.~, als Brüder gemeinsam regierend, erweitern
+die +Mittelmark+ durch das Gebiet zu beiden Seiten der unteren Spree
+(Barnim und Teltow) und gewinnen die +Uckermark+ und +Neumark+ hinzu;
+Otto III. erwirbt die +Oberlausitz+ durch Vermählung mit der Schwester
+Ottokars von Böhmen. Viele Städte gegründet: Spandau, +Berlin+ um 1240,
+Frankfurt a. O., Landsberg u. a.
+
+[1166–1309.]
+
+~Otto IV.~ (mit dem Pfeil) führt Krieg mit dem Erzbistum +Magdeburg+,
+bis er die Erwählung seines jüngeren Bruders Erich zum Erzbischof
+durchsetzt, erwirbt die +Niederlausitz+.
+
+[1309–1319.]
+
+Markgraf ~Waldemar der Große~ kämpft rühmlich gegen die Nachbarfürsten
+(Pommern, Mecklenburg, Meißen), nimmt die Hansestadt +Stralsund+ in
+Schutz gegen Dänemark und den Fürsten von Rügen.
+
+[1320–1324.]
+
+Interregnum in der Mark nach dem Erlöschen des +askanischen+ Hauses.
+Als Verwandte erheben die Herzöge von Sachsen-Wittenberg (S. 184) und
+die Fürsten von Anhalt Ansprüche, aber Kaiser +Ludwig der Bayer+ zieht
+das Land als erledigtes Lehen ein (S. 198). Die Lausitz kommt wieder an
+Böhmen.
+
+[~1314–1373.~]
+
+~Bayrische Markgrafen.~
+
++Ludwig I.+, Sohn des Kaisers Ludwig des Bayern; gegen ihn 1348–50 der
++falsche Waldemar+ (S. 199).
+
++Ludwig II.+ (der Römer) wird 1356 Kurfürst. +Otto+ (der Faule) tritt
+1373 das Land an Kaiser Karl IV. ab.
+
+[~1373–1415.~]
+
+~Luxemburgische Markgrafen.~
+
++Karl IV.+ vereinigt die Mark mit seinem Königreich +Böhmen+,
+ordnet die Verwaltung durch Anlegung des +Landbuchs+. Residenz
+Tangermünde. Sein Sohn +Sigismund+ (1378) wird König von Ungarn
+(1387) und verpfändet die Mark an +Jobst von Mähren+, die Neumark
+an den +Deutschen Ritterorden+. Zerrüttung des Landes durch die
+Willkürherrschaft des Adels.
+
+[1411–1414.]
+
++Friedrich VI.+, Burggraf von Nürnberg, aus dem Hause +Hohenzollern+,
+als Statthalter von Sigismund eingesetzt, bricht die Macht des
+märkischen Raubadels (Dietrich +v. Quitzow+ auf Burg +Friesack+).
+
+[~1415–1701.~]
+
+~Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern.~
+
+Die schwäbischen Grafen von Zollern (Ahnherr: Burchard von Zolorin, †
+1061) seit 1192 Burggrafen von +Nürnberg+. 1227 Teilung in zwei Linien:
+die +schwäbische+ behält die Stammgüter Hechingen und Sigmaringen, die
++fränkische+ erweitert ihren Besitz zu den Fürstentümern +Ansbach+ und
++Baireuth+.
+
+[~1415–1440.~]
+
+~Friedrich I.~, von Kaiser Sigismund als Kurfürst eingesetzt, belehnt
+zu Konstanz 1417 (S. 204), erkämpft von Pommern die +Uckermark+, von
+Mecklenburg die +Priegnitz+ zurück, wendet sich dann wieder seinen
+fränkischen Fürstentümern zu und bekämpft als Reichsfeldherr die
+Hussiten. Sein Sohn +Johann+ Statthalter in der Mark, kann sie gegen
+die Hussiten nicht schützen. Ihm folgt in Brandenburg der zweite Sohn
+
+[~1440–1470.~]
+
+~Friedrich II.~ (der Eiserne). Er unterwirft die Städte, namentlich
++Berlin-Kölln+, gründet das Schloß zu Kölln an der Spree, kauft 1455
+die +Neumark+ vom Deutschen Orden zurück, erwirbt 1462 von Böhmen einen
+Teil der Niederlausitz (+Kottbus+ und +Peitz+).
+
+[~1470–1486.~]
+
+~Albrecht~ (Achilles). 1473 ~Hausordnung~ (+Disposito Achillea+). Die
++Mark+ soll ungeteilt an den ältesten Sohn fallen, in den +fränkischen+
+Fürstentümern +nur+ 2 Regenten. Die schlesischen Herzöge (vgl. S. 182)
+treten 1482 +Krossen+ und +Züllichau+ an Brandenburg ab. Streit mit
+Herzog Bogislav X. von +Pommern+ wegen der Lehnshoheit über Pommern.
+
+[~1486–1499.~]
+
+~Johann~ (Cicero). Die fränkischen Fürstentümer kommen an seine
+jüngeren Brüder. +Zossen+ 1490 durch Vertrag mit dem König von Böhmen
+erworben. Sorge für die Landesverwaltung im Einverständnis mit den
++Landständen+ (Vertreter des Adels und der Städte).
+
+[~1499–1535.~]
+
+~Joachim I.~ Räubereien des Adels streng bestraft; +Universität+ in
++Frankfurt a. O.+ gestiftet 1506. Judenverfolgung 1510. +Kammergericht
+in Berlin+. Vertrag zu +Grimnitz+ 1529: Die Herzöge von +Pommern+
+erkennen das Erbfolgerecht Brandenburgs an; dieses verzichtet auf die
+Lehnshoheit. +Joachim I.+ eifriger Gegner der Reformation. Sein Bruder
++Albrecht+, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, sendet +Tetzel+ aus (s.
+S. 227).
+
+[~1535–1571.~]
+
+~Joachim II.~ In der +Neumark+ sein Bruder Markgraf +Johann+ von
+Küstrin.
+
+[1537.]
+
+Erbverbrüderung mit dem Herzog von +Liegnitz+, +Brieg+ und +Wohlau+;
+diesem werden Krossen, Kottbus, Peitz und Zossen zugesagt für den Fall,
+daß das kurfürstliche Haus aussterbe (vgl. S. 281).
+
+[1539.]
+
+~Einführung der Reformation.~ Vom König von Polen erlangt Joachim die
+Mitbelehnung über +Preußen+. Seine beiden jüngeren Söhne nacheinander
+evangelische Erzbischöfe in +Magdeburg+. (S. auch S. 233.)
+
+[~1190.~]
+
+Der ~Deutsche Ritterorden~ gestiftet bei der Belagerung von Akkon (s.
+S. 178f.).
+
+[1230–1283.]
+
+Unterwerfung des Landes ~Preußen~ (s. S. 217).
+
+[1525.]
+
+Umwandlung des Ordensstaates in ein ~weltliches Herzogtum~ unter
+polnischer Oberlehnshoheit; Einführung der Reformation. Erster
+Herzog der bisherige Hochmeister ~Albrecht von Brandenburg~ (aus der
+Ansbachischen Linie).
+
+[~1571–1598.~]
+
+~Johann Georg~ vereint als Kurfürst von Brandenburg wieder die ganze
+Mark. 1578 die Mitbelehnung über +Preußen+ erneuert (s. o.). Sein Enkel
++Johann Sigismund+ vermählt sich mit +Anna+, der ältesten Tochter des
+Herzogs Albrecht Friedrich von +Preußen+, durch ihre Mutter Nichte und
+Erbin des Herzogs Johann Wilhelm von +Jülich+ (S. 252).
+
+[~1598–1608.~]
+
+~Joachim Friedrich~, seit 1566 Administrator des Erzbistums
++Magdeburg+; diese Würde geht 1598 auf seinen Sohn +Christian Wilhelm+
+über. ~Geraischer Vergleich~ (1599) mit dem kinderlosen Markgrafen
++Georg Friedrich+ aus der fränkischen Linie: Die +Mark+ verbleibt
+ungeteilt der kurfürstlichen Linie, die Stiefbrüder des Kurfürsten
+erhalten +Ansbach+ und +Baireuth+, sein zweiter Sohn das schlesische
+Fürstentum +Jägerndorf+ (1523 von der fränkischen Linie erworben).
+
+[1604.]
+
+Der +Geheime Rat+ als oberste Regierungsbehörde eingesetzt. Seit 1605
+regiert der Kurfürst mit Zustimmung des Königs von Polen in +Preußen+
+als +Administrator+ für den geisteskranken Herzog +Albrecht Friedrich+.
+
+[~1608–1619.~]
+
+~Johann Sigismund.~ Nach dem Tode des Herzogs +Johann Wilhelm
+von Jülich+ ~Erbfolgestreit~ (1609) zwischen +Pfalz-Neuburg+ und
++Brandenburg+. +Johann Sigismund+ tritt 1613 zur +reformierten+ Kirche
+über.
+
+[1614.]
+
+Vertrag zu ~Xanten~ wegen der +jülichschen Erbschaft+: +Cleve+, +Mark+
+und +Ravensberg+ an Brandenburg, die ersten Erwerbungen im +Westen+
+Deutschlands (s. S. 252).
+
+[1618.]
+
++Johann Sigismund+ nach +Albrecht Friedrichs+ Tode ~Herzog von Preußen~.
+
+[~1619–1640.~]
+
+~Georg Wilhelm~, geleitet von dem kaiserlich gesinnten Grafen +Adam v.
+Schwarzenberg+. Furchtbare Zerrüttung des Landes im Dreißigjährigen
+Kriege. +Jägerndorf+ von Kaiser Ferdinand II. eingezogen (S. 280 f.).
++Gustav Adolf+ mit der Schwester des Kurfürsten vermählt, zwingt ihn
+zum Bündnis 1631 (S. 256). Brandenburg tritt dem +Prager Frieden+ bei
+1635 (S. 258).
+
+[1637.]
+
+Erlöschen des +pommerschen+ Herzogshauses. Brandenburg kann trotz
+kaiserlicher Hilfe sein Erbrecht auf Pommern gegen die Schweden nicht
+durchsetzen.
+
+[~1640–1688.~]
+
+~Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst~ erhebt den
++brandenburgisch-preußischen Staat+ zu einer europäischen Macht,
+begründet durch Einschränkung der Rechte der Landstände die
++unbeschränkte Monarchie+ (s. auch S. 265).
+
+Als Kurprinz hatte er in den Niederlanden (1634–1638)
+Staatsverwaltung und Kriegskunst gelernt. Er schützt sein Land durch
+Waffenstillstandsverträge mit den Schweden, sorgt für den Ackerbau,
+begründet ein +stehendes Heer+ (miles perpetuus). Seine Gemahlin +Luise
+Henriette+ von Oranien (s. S. 244).
+
+[~1648.~]
+
+Erwerbungen im ~Westfälischen Frieden~: +Hinterpommern+, +Halberstadt+,
++Minden+, +Magdeburg+ (s. S. 260). Magdeburg zunächst noch im
+Besitz des Administrators August von Sachsen, wird 1666 besetzt
+(der Bürgermeister +Otto von Guericke+). +Postverbindung+ zwischen
+den getrennten Landesteilen eingerichtet, ohne Rücksicht auf das
+Reichspostprivilegium der Fürsten von Thurn und Taxis. Ordnung der
++Steuern+, Accise für die Städte eingeführt. Universität +Duisburg+
+1655 gegründet (1818 aufgehoben), Bibliothek im Schlosse zu +Berlin+.
++Friedrich-Wilhelms-Kanal+ zwischen Oder und Spree 1662–1668 erbaut.
+
+[~1656.~]
+
+Sieg bei ~Warschau~ über die +Polen+, im Bunde mit Schweden (s. S.
+267).
+
+[1657.]
+
+Erwerbung von +Lauenburg+ und +Bütow+ in Hinterpommern durch den
+Vertrag zu +Wehlau+.
+
+[~1660.~]
+
+Friede zu ~Oliva~; das ~Herzogtum Preußen souverän,~ d. h. frei von
+polnischer Lehnshoheit (S. 268). Der Widerstand der preußischen Stände
+(Hieronymus Roth, v. Kalkstein) wird durch strenge Maßregeln gebrochen.
+
+[1672.]
+
+Teilnahme am Reichskrieg gegen +Frankreich+, 1674 Feldzug im +Elsaß+
+(s. S. 263).
+
+[~1675.~]
+
+Sieg bei ~Fehrbellin~ über die +Schweden+ (Prinz Friedrich von Homburg,
+Feldmarschall Derfflinger, der Stallmeister Froben). Der Kurfürst
+vertreibt die Schweden aus +Pommern+, erobert 1677 Stettin, 1678 Rügen
+und Stralsund, vergilt einen Einfall der Schweden von Livland her durch
+einen Kriegszug über das +Frische+ und +Kurische Haff+ (Jan. 1679), muß
+aber fast alle Eroberungen im
+
+[1679.]
+
+Frieden zu +St. Germain en Laye+ (S. 263 f.) an Schweden zurückgeben
+und schließt noch 1679 ein +Bündnis+ mit +Frankreich+.
+
+[1683.]
+
+Gründung einer +Kolonie+ an der Goldküste von +Guinea+ (Fort
+Großfriedrichsburg), nachdem eine Kriegsflotte mit Hilfe des
+Holländers Raule eingerichtet war. Kriegshafen +Pillau+; Afrikanische
+Handelsgesellschaft in +Emden+.
+
+[1685.]
+
+Bruch mit Frankreich. Aufnahme französischer Protestanten, namentlich
+in Berlin.
+
+[1686.]
+
+Vertrag mit +Kaiser Leopold I.+ über Schlesien (S. 281).
+
+[~1688–1713.~]
+
+~Friedrich III.,~ als König ~Friedrich I.~ Das Testament des Großen
+Kurfürsten, das den Söhnen aus zweiter Ehe Länderbesitz erteilt, wird
+aufgehoben, da es der von Albrecht Achilles gegebenen Hausordnung und
+dem Geraischen Vergleich widerspricht.
+
+[1688.]
+
+Brandenburgische Truppen unterstützen +Wilhelms III.+ von Oranien Zug
+nach England (S. 271).
+
+Universität +Halle+ gestiftet 1694; ebenda gründet +Aug. Herm.
+Francke+ das Waisenhaus. Der +Schwiebuser+ Kreis 1695 an den Kaiser
+zurückgegeben (S. 281). Der Minister +Danckelmann,+ gestürzt 1697.
++Charlottenburg+ für des Kurfürsten Gemahlin, die geistvolle +Sophie
+Charlotte+ von Hannover, angelegt. Ausbau des Schlosses zu Berlin
+(+Schlüter+). Akademie der Künste 1696 gegründet, Akademie der
+Wissenschaften 1700 auf Veranlassung des Philosophen +Leibnitz+.
+
+[Sidenote:~1701. 18. Januar~]
+
+~Preußen wird Königreich~ (s. S. 267). Krönung zu +Königsberg+,
+Stiftung des +Schwarzen Adlerordens+. Anteil am Spanischen
+Erbfolgekriege (s. S. 272 f.). Streit um die +oranische Erbschaft+
+nach dem Tode Wilhelms III. (1702). Preußen erlangt 1702 +Mörs+
+und +Lingen+, +Neuchâtel+ und +Valengin+. Durch Kauf erworben das
+Schutzrecht über die Abtei +Quedlinburg+, Grafschaft +Tecklenburg+ in
+Westfalen.
+
+[~1713–1740.~]
+
+~Friedrich Wilhelm I.~ Strenge Sparsamkeit; der glänzende Hofhalt
+des Vaters sogleich aufgelöst. Neuordnung der Steuern; auch den
+Rittergütern wird 1717 eine Abgabe (statt des Lehnsdienstes zum
+Kriege) auferlegt. Oberste Finanzbehörde das +General-Direktorium+
+1723; unter ihm die Kriegs- und Domänenkammern. Sorge für den
++Landbau+, besonders in +Ostpreußen+; hier 1732 die aus dem Erzbistum
++Salzburg+ vertriebenen Protestanten angesiedelt. Schutz der Bauern
+gegen Willkür der Gutsherrn und der königlichen Beamten. Sorge für
+die +Volksschulen+, 1717 der Grundsatz der allgemeinen +Schulpflicht+
+verkündet. Beträchtliche Vermehrung des +stehenden Heeres+;
+Kanton-Einteilung des Landes 1733 zum Zwecke der Aushebung; daneben die
+Anwerbung beibehalten. Die Riesengarde in Potsdam. Fürst Leopold von
+Anhalt-Dessau (s. auch S. 280).
+
+Teilnahme am Nordischen Kriege (S. 276 f.). Stettin und Vorpommern bis
+zur Peene erworben 1720; die afrikanische Kolonie 1717 (überlassen
+1721) an die Holländer verkauft.
+
+[~1740–1786.~]
+
+~Friedrich II., der Große~ (S. 280–291), erwirbt +Schlesien+ 1742,
++Ostfriesland+ 1744, +Westpreußen+ 1772 und erhebt seinen Staat zu
+einer europäischen Großmacht. Friedrichs eifrige +Fürsorge für sein
+Land,+ um die Wunden der Kriege zu heilen: Verteilung der Vorräte
+aus den Magazinen, Steuererlaß für einzelne Provinzen; Gründung der
+Landschaftsbanken, der Bank und der Seehandlung in Berlin. 1766
++strenges Steuersystem+ (Regie meist mit französischen Beamten); viele
+Verbrauchsgegenstände besteuert, besonders Kaffee und Tabak.
+
+Sorge für die +Rechtspflege+: die Folter 1740 abgeschafft, neue
+Gerichtsordnung 1747 (codex Fridericianus, der Justizminister v.
+Cocceji). Allgemeines preußisches Landrecht (v. Carmer, Suarez)
+erst 1794 vollendet. Sorge für den +Landbau+: das Oderbruch urbar
+gemacht 1746–53, das Netzebruch 1773–80. Sorge für +Fabriken+ in
+den Städten (1751 Berliner Porzellanmanufaktur), Förderung des
+Verkehrs durch +Kanäle+: Plauescher, Finow- und Bromberger Kanal.
+General-+Landschul+-Reglement 1763. Erlaß über das Unterrichtswesen
+1779. Bauwerke in Berlin (Opernhaus, Dom, Bibliothek) und Potsdam
+(Sanssouci, Neues Palais). Unermüdliche Tätigkeit des Königs für
++Verwaltung+ und +Heer+ (150000 Mann stark); jährliche Reisen in die
+Provinzen.
+
+[~1786–1797.~]
+
+~Friedrich Wilhelm II.~ (S. 291, 297f., 313f.) erwirbt +Ansbach+ und
++Baireuth+ 1791, +Posen+ 1793, Südpreußen mit +Warschau+ 1795.
+
+Hertzberg 1791 entlassen. Die drückende Regie aufgehoben. Üppigkeit am
+Hofe, sorglosere Verwaltung, doch wird der Verkehr durch Anlage von
++Kunststraßen+ (Chausseen) gefördert, das Schulwesen durch Einsetzung
+eines Ober-Schulkollegiums. +Religionsedikt+ des Ministers Wollner
+1788. Brandenburger Tor 1789–1793 erbaut.
+
+[~1797–1840.~]
+
+~Friedrich Wilhelm III.~ (S. 316 ff.) erwirbt +Münster+, +Paderborn+,
++Hildesheim+ u. a. 1803 (S. 321), tritt Ansbach ab 1805 (S. 323), alles
+Land links der Elbe und die polnischen Gebiete 1807 (S. 327), erwirbt
+halb +Sachsen+, Schwedisch-+Pommern+, einen großen Teil +Westfalens+
+und der +Rheinprovinz+ 1815 (S. 340).
+
+Aufhebung des Religionsedikts 1797. ~Große Reformen von 1807–1811~ s.
+S. 328, 329: Die Aufhebung der Erbuntertänigkeit und Feststellung des
+bäuerlichen Grundbesitzes befreien den +Bauernstand+; die Aufhebung
+des Zunftzwanges, Gewöhnung an Selbstverwaltung (Städteordnung)
+und Einführung der Gewerbefreiheit fördern den +Bürgerstand+; die
+Einführung der allgemeinen Wehrpflicht kommt der sittlichen Erziehung
+des ganzen Volkes zugute. Einziehung der geistlichen Güter. Einteilung
+des Staates in 8 Provinzen und 25 Regierungsbezirke 1815. Vereinigung
+der lutherischen und reformierten Kirche zu einer +evangelischen+
+Landeskirche (+Union+) 1817. Zollgesetz 1818. Neuordnung der Steuern
+und des Staatsschuldenwesens 1820. Einrichtung der Provinzial-Landtage
+1823. +Deutscher Zollverein+ 1833. Gesetz über die Anlage von
++Eisenbahnen+ 1838. -- Universitäten zu Berlin 1810, Breslau 1811, Bonn
+1818; Entwickelung der Gymnasien unter dem Minister v. Altenstein seit
+1817; Museum zu Berlin 1830.
+
+[~1840–1861.~]
+
+~Friedrich Wilhelm IV.~ (S. 353ff.) erwirbt +Hohenzollern+ 1849 (S.
+359), das +Jahdegebiet+ 1853 (S. 361), verzichtet auf Neuchâtel 1857
+(S. 367).
+
+Gesetz über die Armenpflege 1842, Gewerbe-Ordnung 1845, Vereinigter
+Landtag 1847 (S. 353). Neue Gerichtsordnung (Geschworenengerichte)
+1849. ~Verfassung~ des preußischen Staats 1850 (S. 359). Evangelischer
+Ober-Kirchenrat 1850. Gründung einer +preußischen Kriegsflotte+ 1853.
+Sorge für Kunst und Wissenschaft; das Neue Museum in Berlin 1855.
+
+[~1861–1888.~]
+
+~Wilhelm I., der Große~, 1857–1861 Prinz-Regent (S. 367), erwirbt 1866
++Schleswig-Holstein+, +Hannover+, +Kurhessen+, +Nassau+, +Frankfurt+
+(S. 371–380), wird 1871 ~Deutscher Kaiser~ (S. 381–393).
+
+Neugestaltung des Heerwesens 1860–1862 (S. 372). Umbildung der
+preußischen Flotte zu einer +deutschen+ Kriegsflotte seit 1867 (S.
+380). Kirchengesetze 1873–1875 (S 393). Verwaltungsreform in den (seit
+1. Jan. 1878) 12 Provinzen 1872 bis 1875 (S. 394). Ansiedlungsgesetz
+für Posen und Westpreußen (S. 395). Vollendung des Kölner Doms 1880;
+Denkmal auf dem Niederwald 1883. Begründung deutscher Kolonien (S. 395).
+
+[~1888.~]
+
+~Friedrich III.~ (März bis Juni) als Kronprinz siegreicher Feldherr (S.
+375ff., 382ff.).
+
+[Seit ~1888.~]
+
+~Wilhelm II.~ (S. 396–397). Vermehrung der deutschen Kolonien. Ausbau
+der Wasserstraßen in Preußen (S. 396). Fortführung der Gesetzgebung
+zum Wohle der Arbeiter, Fortsetzung der Verwaltungsreform (S. 396)
+und der Ansiedlungstätigkeit (S. 395). Förderung des Schulwesens,
+besonders der technischen Hochschulen. Universität in +Münster+
+1902, Akademie in +Posen+ 1903. Technische Hochschulen in +Danzig+
+1904, +Breslau+ 1909. Denkmäler in der Siegesallee zu +Berlin+;
+Neubau des Doms daselbst 1905 vollendet. Bau einer Pfalz in +Posen+
+(1910 vollendet). Erweiterungsbauten der Königlichen Museen,
+Neubau der Königlichen Bibliothek in +Berlin+. 1910 Gründung der
++Kaiser-Wilhelms-Gesellschaft+ in +Berlin+ zur +Förderung der
+Wissenschaften+.
+
+
+II. Die andern Staaten des Deutschen Reiches.
+
+~Bayern,~ altes Stammherzogtum, seit 1180 unter Herzögen aus dem Hause
++Wittelsbach+ (S. 184). Herzog Ludwig I. wird 1214 durch Erwerbung der
++Rheinpfalz+ auch +»Pfalzgraf bei Rhein«+ (S. 186, 189). Kaiser +Ludwig
+der Bayer+. Bayerische Markgrafen in Brandenburg (S. 198–200). Seit dem
+Hausvertrag von Pavia 1329 +Bayern+ und +Pfalz+ getrennt. Bayern 1392
+unter drei Linien geteilt, 1503 wieder vereinigt: weitere Teilungen
+durch das Primogeniturgesetz 1506 verboten (S. 226).
+
+Herzog +Maximilian I.+, Oberhaupt der katholischen Liga im
+Dreißigjährigen Kriege (S. 252 ff.), wird 1623 +Kurfürst+ und erwirbt
+die Oberpfalz (S. 254f.). +Maximilian II. Emanuel+ tapfer in den
+Türkenkriegen 1683–1688, Statthalter der spanischen Niederlande 1691,
+aus Bayern vertrieben 1704, wiedereingesetzt 1714, † 1726. Sein Sohn
++Karl Albert+ 1742–1745 deutscher Kaiser (S. 280ff.). +Maximilian
+III. Joseph+ (1745–1777) sorgt für gute Verwaltung, stiftet 1758 die
+Akademie der Wissenschaften in München; mit ihm stirbt die bisher in
+Bayern regierende Linie aus. +Karl Theodor+ (1777–1799) vereinigt Pfalz
+und Bayern (S. 289 ff.), verliert 1797 das linksrheinische Gebiet (S.
+316 u. 319).
+
+Maximilian IV. Joseph (1799–1825), seit 1806 +König Maximilian I.+,
+erwirbt 1803 und 1805 große Gebiete hinzu (S. 320, 324, vgl. S. 340)
+und tritt 1806 dem Rheinbunde bei (S. 324), erwirbt 1806 Ansbach,
+1809 Baireuth, schließt sich vor der Schlacht bei Leipzig dem Bunde
+gegen Frankreich an (S. 336), erhält 1815 die linksrheinische Pfalz
+zurück (S. 340). Verfassung des Königreichs 1818. +Ludwig I.+ (1825
+bis 1848) fördert Kunst und Wissenschaft: Pinakothek und Glyptothek
+in München, Walhalla bei Regensburg. Universität Ingolstadt 1826 nach
+München verlegt. +Maximilian II.+ (1848 bis 1864): Nationalmuseum in
+München, Historische Kommission bei der Akademie der Wissenschaften.
++Ludwig II.+ (1864 bis 1886): Schloßbauten in den bayrischen Alpen,
+Bühnenfestspielhaus in Baireuth. Für den geisteskranken König +Otto+
+(seit 1886) regiert sein Oheim Prinz +Luitpold+, Bruder Maximilians II.
+
+~Sachsen~, hervorgegangen aus der Markgrafschaft +Meißen+ (S. 161),
+einem Vorlande des alten Stammherzogtums Sachsen. Seit 1089 regiert
+in Meißen das Haus +Wettin+ (S. 179 u. 189). Heinrich der Erlauchte
+erwirbt 1247 die Landgrafschaft +Thüringen+, Friedrich der Streitbare
+(1381–1428) 1423 das +Kurfürstentum Sachsen Wittenberg+ (S. 204),
+einen Teil des alten Stammherzogtums (S. 184). Er gründet 1409 die
+Universität +Leipzig+ (S. 203). Kurfürst +Friedrich der Sanftmütige+
+(1428 bis 1464, S. 205, 227). Unter seinem Sohn Kurfürst +Ernst+
+(1464–1486) Teilung 1485: die +Ernestinische Linie+ (S. 227) erhält
+Sachsen-Wittenberg mit der daran haftenden Kurwürde und Thüringen, die
++Albertinische Linie+ Meißen. Die Kurfürsten +Friedrich der Weise+
+(1486–1525), +Johann der Beständige+ (1525–1532) und +Johann Friedrich
+der Großmütige+ (1532 bis 1547), Luthers Beschützer (S. 227 ff.).
+Umwandlung 1547, Sachsen-Wittenberg mit der Kurwürde kommt an die
++Albertinische+ Linie, S. 232f. (Kurfürst +Moritz+, Gründer der drei
+Fürstenschulen zu Meißen, Grimma und Pforta).
+
+Kurfürst +Friedrich August I.+ wird 1697 König von +Polen+ (August
+II., S. 266), ebenso 1733 sein Sohn +Friedrich August II.+ (August
+III., S. 279). Kunstpflege in Dresden (S. 285). Friedrich August
+III. (1763–1827) sorgt für bessere Verwaltung, tritt im Dez. 1806
+als +König Friedrich August I.+ dem Rheinbunde bei (S. 326), erhält
+1807 das Herzogtum Warschau, wird 1813 nach der Schlacht bei Leipzig
+als Gefangener nach Preußen geführt, 1815 in die Regierung seines
+verkleinerten Landes wieder eingesetzt. Verfassung 1831 unter König
++Anton+ (1827 bis 1836); ihm folgen +Friedrich August II.+ (1836–1854),
++Johann+ (1854–1873), +Albert+, 1870–71 als Kronprinz ruhmreicher
+Feldherr (1873–1902), +Georg+ (1902–1904), +Friedrich August III.+ seit
+1904.
+
+~Württemberg,~ ursprünglich Grafschaft im alten Stammherzogtum
++Schwaben+, das sich während des Interregnums auflöst. +Eberhard der
+Erlauchte+ (1265–1325) und sein Nachfolger vergrößern das Gebiet,
++Eberhard der Greiner+ (1344 bis 1392) kämpft gegen Ritter und
+Reichsstädte, +Eberhard im Barte+ stiftet 1477 die Universität
+Tübingen und wird 1495 +Herzog.+ +Ulrich+ 1519 vom schwäbischen Bunde
+vertrieben, 1534 durch Philipp von Hessen wieder eingesetzt, führt
+die Reformation ein; sein Sohn +Christoph+ (1550–1568) sorgt für
+Kirche und Schule. Verwüstung im Dreißigjährigen Kriege; Mißregierung
+unter +Eberhard Ludwig+ (1677–1733) und +Karl Alexander+ (1733–1737);
+Wendung zum Besseren unter dem allerdings despotischen +Karl Eugen+
+(1737–1793), der 1770 die Karlsschule gründet. Prinz +Eugen+ von
+Württemberg (1788 bis 1857) trat früh in russische Kriegsdienste,
+erprobter Heerführer in den Befreiungskriegen. Herzog +Friedrich+
+(1797–1816) wird 1803 Kurfürst (S. 320), 1806 +König+ (S. 324); seine
+Nachfolger +Wilhelm I.+ (1816–1864), +Karl I.+ (1864–1891), +Wilhelm
+II.+ seit 1891.
+
+~Baden~, Markgrafschaft im alten Herzogtum Schwaben. Die Grafen von
++Zähringen+ nannten sich seit 1112 Markgrafen von Baden. Teilung 1535
+in die beiden Linien Baden-Baden und Baden-Durlach. +Ludwig Wilhelm+
+von Baden-Baden (reg. 1677–1707) zeichnet sich als Feldherr in den
+Türkenkriegen aus, leistet 1693 und 1702–1704 den Franzosen rühmlich
+Widerstand (S. 265 f.). +Karl Friedrich+ von Baden-Durlach (1738 bis
+1811) erbt nach dem Aussterben der andern Linie 1771 deren Besitz,
+sorgt für gute Verwaltung, erhält 1803 den rechtsrheinischen Teil
+des früheren Kurfürstentums +Pfalz+ (Heidelberg und Mannheim, S.
+320, vgl. S. 340), wird 1806 +Großherzog+ (S. 324). Seine Nachfolger
++Karl+ (1811–1818), +Ludwig+ (1818 bis 1830), +Leopold+ (1830–1852),
++Friedrich I.+ (1852–1907), ein hervorragender Herrscher und
+Mitbegründer des Deutschen Reiches. Seit 1907 +Friedrich II.+
+
+~Hessen~, ein Teil des alten Herzogtums Franken, kam 1130 an die
+Landgrafen von Thüringen und bildete nach deren Aussterben 1247 eine
+eigene +Landgrafschaft+; erster Landgraf +Heinrich v. Brabant+,
+Residenz Kassel. Seine Nachkommen vergrößern das Gebiet. +Philipp der
+Großmütige+ (1509–1567) Beschützer der Reformation; von seinen Söhnen
+stammen die beiden Linien Hessen-+Kassel+ und Hessen-+Darmstadt+;
+ein Zweig der letzteren regierte 1622–1866 in Hessen-+Homburg+. Die
+Landgrafschaft Hessen-Kassel, 1803 zum Kurfürstentum erhoben, wird
+1866 mit Preußen vereinigt, ebenso Hessen-Homburg. Landgraf Ludwig X.
+von Hessen-Darmstadt wird 1806 Großherzog (Ludwig I.), erhält 1815 ein
+ansehnliches linksrheinisches Gebiet. Großherzog +Ludwig III.+ tritt
+1866 einen Grenzstrich an Preußen ab, schließt sich dem Norddeutschen
+Bunde an. Seine Nachfolger +Ludwig IV.+ (1877–1892), +Ernst Ludwig+
+seit 1892.
+
+~Mecklenburg~. Die Nachkommen des Wendenfürsten +Niklot+ (S. 180)
+teilen sich 1229 in mehrere Linien; durch Aussterben der jüngeren
+Linien wird im 15. Jahrhundert das Land wieder vereinigt. +Albrecht
+II.+ wird 1348 +Herzog+, erwirbt 1359 die Grafschaft +Schwerin+. Sein
+Sohn Albrecht III. 1364–1389 König von +Schweden+ (S. 215). Stiftung
+der Universität +Rostock+ 1419, Einführung der Reformation 1523–1540.
+Teilung in die Linien Schwerin und Güstrow 1621. +Wallenstein+ Herzog
+1628–1630. Teilung in die Linien +Schwerin+ und +Strelitz+ 1701. Beide
+Landesteile werden 1815 vom Wiener Kongreß als +Großherzogtümer+
+anerkannt. Großherzog +Friedrich Franz II.+ von Mecklenburg-Schwerin
+Feldherr im Kriege 1870/71. Seit 1897 +Friedrich Franz IV.+ in
+Schwerin; in Strelitz seit 1904 +Adolf Friedrich.+
+
+~Oldenburg~, Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen, vergrößert durch
+Kämpfe mit den +Friesen+, 1667–1773 mit +Dänemark+ vereinigt, 1773
+Herzogtum (s. S. 292), 1810–1813 französisch, 1815 Großherzogtum. Seit
+1900 +Friedrich August.+
+
+~Die sächsischen Herzogtümer~, entstanden aus dem Erbe, das 1547 der
++Ernestinischen+ Linie des Hauses +Wettin+ verblieb. Herzog +Bernhard+
+von +Sachsen-Weimar+ (1604–1639) einer der berühmtesten Helden des
+Dreißigjährigen Krieges (S. 257f.) +Weimar+ seit 1815 Großherzogtum;
+Großherzog +Karl August+ 1775–1828, +Karl Alexander+ 1853–1901. Seitdem
++Wilhelm Ernst+. In Sachsen-Altenburg seit 1908 +Ernst II.+; in
+Sachsen-Koburg-Gotha seit 1900 +Karl Eduard+ in Sachsen-Meiningen seit
+1866 +Georg II.+
+
+~Herzogtum Braunschweig~, ein Teil des Gebietes, das 1235 dem
++Welfenhause+ verblieb (S. 184, 188). Teilungen der Linien Braunschweig
+und Lüneburg 1267, 1409, 1635. Das Lüneburger Gebiet 1692 zum
+Kurfürstentum +Hannover+ erhoben, 1866 mit Preußen vereinigt. Aus
+der Braunschweiger Linie sind eine Reihe von berühmten Heerführern
+hervorgegangen: Herzog +Christian+ (1599–1626) kühner Heerführer im
+Dreißigjährigen Kriege (S. 254f.), Herzog +Ferdinand+ (1721–1792)
+preußischer Generalfeldmarschall unter +Friedrich dem Großen+ (S.
+287ff.), Herzog +Karl Wilhelm Ferdinand+ (1735–1806), Neffe des
+vorigen, Oberbefehlshaber des preußischen Heeres 1792–1794 (S. 313f.)
+und 1806 (S. 325f.), Herzog +Friedrich Wilhelm+ (1771–1815), Sohn
+des letzteren, bekannter Held der Freiheitskriege (S. 330, 342). Mit
+dessen Sohn. Herzog +Wilhelm+ (1806 bis 1884), starb die Linie aus.
+Regentschaft s. S. 395.
+
+~Herzogtum Anhalt~, entstanden aus Grenzmarken des alten Herzogtums
+Sachsen. +Otto der Reiche+, Graf von Aschersleben und Ballenstedt,
+† 1123, sein Sohn +Albrecht der Bär+ (S. 179f.). Von dessen älterem
+Sohne Otto stammen die Brandenburgischen Askanier (bis 1320), von
+dem jüngeren Sohne Bernhard die Herzöge von Sachsen-Wittenberg und
+Sachsen-Lauenburg (ausgestorben 1422 und 1689) und das fürstliche Haus
++Anhalt+, welches sich in mehrere Linien teilt. Hauptteilung 1603:
+Dessau, Bernburg, Zerbst, Cöthen. Die Linie Zerbst stirbt 1793 aus,
+Cöthen 1847, Bernburg 1863. Herzogtümer seit 1806 und 1807; zu +einem+
+Herzogtum vereinigt 1863. Fürst +Christian+ (1568–1630) s. S. 254.
+Fürst +Leopold+ (1693–1747) preußischer Feldherr (S. 273, 284), Leopold
++Friedrich Franz+ (1751–1817), Begründer des Philanthropins in Dessau
+1774, des Parks zu Wörlitz 1796. Seit 1904 Friedrich II.
+
+~Fürstentümer Schwarzburg,~ hervorgegangen aus der alten Landgrafschaft
+Thüringen. Teilung der Grafschaft Schwarzburg 1599 in die Gebiete
++Sondershausen+ und +Rudolstadt,+ Erhebung der Grafen in den
+Fürstenstand 1697 und 1709. Seit 1909 beide Länder durch Personalunion
+vereinigt. Fürst +Günther+ von Schw.-Rudolstadt seit 1890.
+
+~Fürstentümer Reuß,~ entstanden aus dem einst zu Thüringen gehörigen
+Besitz der Reichsvögte von Plauen, Weida und Gera. Teilung 1564,
+Hauptlinien +Greiz+ und +Gera+. Erhebung in den Fürstenstand 1778 u.
+1790. In Greiz (ä. L.) Fürst +Heinrich XXIV.+ seit 1902, in Gera (j.
+L.) Fürst +Heinrich XIV.+ seit 1867; Regent für beide Staaten Erbprinz
++Heinrich XXVII.+ (j. L.)
+
+~Fürstentümer Lippe,~ Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen. Teilung
+1603, Linien +Detmold+ und +Bückeburg+; die letztere erbt 1640 die
+Grafschaft +Schaumburg+. Graf +Wilhelm+ von Schaumburg-Lippe († 1777)
+Erbauer der Festung +Wilhelmstein+ im Steinhuder Meer und Gründer einer
+berühmten Kriegsschule (s. S. 303). Erhebung in den Fürstenstand 1720
+und 1807. In Lippe Fürst +Leopold IV.+ aus der +Biesterfelder+ Linie
+seit 1904; in Schaumburg-Lippe Fürst +Adolf+ seit 1911.
+
+~Fürstentum Waldeck,~ Grafschaft im alten Herzogtum Sachsen. 1712
+Fürstentum. Graf +Georg Friedrich v. Waldeck+ († 1692), Staatsmann
+und Feldherr im Dienste des Großen Kurfürsten von Brandenburg. Durch
+Vertrag von 1868 ist die Verwaltung des Landes an Preußen übertragen.
+Seit 1893 Fürst +Friedrich+.
+
+~Die drei Hansestädte~ (S. 200 f.), seit 1630 nach dem Aufhören des
+Hansebundes besonders verbündet, 1815 als Freie Städte Mitglieder des
+Deutschen Bundes (vgl. S. 320).
+
+~Elsaß-Lothringen.~ +Elsaß+ ein Teil des alten Herzogtums Schwaben;
++Straßburg+ 1205 freie Reichsstadt. Die österreichischen Besitzungen
+im Elsaß kommen 1648 an Frankreich, Straßburg 1681, die letzten noch
+deutschen Teile des Elsaß 1792. Das ganze Elsaß ~1870~ wieder gewonnen.
++Lothringen+ altes Herzogtum des deutschen Reiches, seit 1431 unter
+einer französischen Dynastie (S. 205); +Metz+ seit dem 13. Jahrhundert
+freie Reichsstadt, 1552 von den Franzosen besetzt. Ganz Lothringen
+1766 französisch (S. 279), der östliche Teil ~1870~ wieder gewonnen.
+Betreffs der Regierung des Landes s. S. 392, 397.
+
+
+
+
+Namen- und Sachregister
+
+
+ B. = Bündnis.
+ Bl. = Belagerung.
+ Br. = Brandenburg.
+ D. = Deutschland.
+ Dn. = Dänemark,
+ E. = England.
+ Erzb.= Erzbischof, Erzbistum.
+ f. = folgende Seite.
+ F. = Friede.
+ Fr. = Frankreich.
+ Gr. = Große.
+ Grh. = Großherzog, Großherzogtum.
+ H. = Haus.
+ Hz. = Herzog, Herzogtum.
+ K. = König, Königin.
+ Kapit. = Kapitulation.
+ Kf.= Kurfürst, Kurfürstentum.
+ Kgr. = Königreich.
+ Ko. = Kongreß, Konferenz.
+ Konz. = Konzil.
+ Kr. = Krieg.
+ Ks. = Kaiser, Kaiserin.
+ Ö. = Österreich.
+ P. = Papst.
+ Pr. = Preußen.
+ R. = Rußland.
+ Rchst. = Reichstag.
+ S. = Schlacht.
+ Schw. = Schweden.
+ Sp. = Spanien.
+ St. = Stammtafel.
+ V. = Vertrag.
+ W. = Waffenstillstand.
+
+ ~A.~
+
+ Aachen 153–155. 159. 162 f. 180. 187. 189 f. 195. 228. 230;
+ F. 262;
+ F. 284. 314. 345, Ko.
+ Abbassiden 150. 172.
+ Abd-el-Kader 354.
+ Abdurrahman 150. 171. 420.
+ Abessinien 302. 406. 412.
+ Åbo F. 292.
+ Abu-Bekr 149.
+ Abukir S. 317.
+ Abuscher 419.
+ Abydos 31. 52, S. 59.
+ Achäer 23. 28. 31 f. 45. 58 f. 97.
+ Achäischer Bund 68. 95–97. 98.
+ Achaja 28. 33. 40. 48;
+ röm. Prov. 98. 122, 176, Hz.
+ Achämeniden 19.
+ Ackergesetze 78. 81 f. 100 f. 110 f.
+ Actium S. 47. 120.
+ Adalbert v. Bremen 166.
+ -- v. Prag 162.
+ Adelheid Ks. 158. 160. 162.
+ Adolf v. Nassau 196.
+ -- Fr. K. v. Schw. 292
+ -- v. Lippe 438.
+ Adrianopel 175. 218;
+ F. 347, S. 136 f. 140.
+ Aedilen 77. 81. 96.
+ Aegat. Inseln S. 88.
+ Aegina 25. 28. 37–41. 44. 48.
+ Aigospotamoi S. 53.
+ Aegypten 3–6. 9 f. 11. 19–21. 24. 31. 44 f. 57. 60. 63. 94. 97.
+ 115 f. 119;
+ röm. Prov. 120. 122. 134;
+ im Mittelalter 149. 172. 175. 178;
+ in der Neuzeit 219. 316. 319. 353, 405–409.
+ Aemilius Paulus 90. 96.
+ Aeneas 27. 71.
+ -- Silvius 205.
+ Aeoler 23. 28. 38.
+ Aequer 70. 77 f. 80.
+ Aeschines 58. 62. 70.
+ Aeschylos 47.
+ Aëtius 142.
+ Aetoler 28. 68. 91, 95 f.
+ Afghanistan 172. 353. 406. 407. 419 f.
+ Africa, röm. Prov. 98. 105. 116. 119. 122. 133. 135. 142.
+ Agadir 405.
+ Agamemnon 27.
+ Agathokles 67. 87.
+ Agbatana 18 f. 61. 62.
+ Agesilaos 56 f.
+ Agis 29. 51. 53. 62. 68.
+ Agricola 128 f.
+ Agrigent, Akragas 32. 37. 47. 87.
+ Agrippa 77. 119. 123.
+ Agrippina 123. 125 f.
+ Akkon 175. 177 f. 314.
+ Akropolis 33. 36. 41. 43. 46. 54.
+ Alalia S. 14. 32.
+ Alamannen 132–135. 137. 139. 143. 150.
+ Alanen 134. 140 f.
+ Alarich 140 f. 144.
+ Alaska 302. 417.
+ Alba Hz. 232. 243.
+ -- Longa 71 f.
+ Albert K. v. Sachsen 384. 435.
+ Albert v. Koburg 353.
+ -- K. v. Belgien 410.
+ Albertus Magnus 178.
+ Albigenser 191.
+ Alboin 144.
+ Albrecht I. K. v. D. 196 f.
+ -- II. 205. 218.
+ -- Achilles 206. 428.
+ -- d. Bär 179 f. 415. 427.
+ -- Erzh. 379.
+ -- Hz. v. Meckl. 215. 437.
+ -- Hz. V. Pr. 228. 429.
+ -- Prinz v. Pr. 395. 437.
+ Albuquerque 222.
+ Alcuin 154.
+ Alesia Bl. 112.
+ Alessandria 183.
+ Alexander K. v. Mak. 38. 41.
+ -- d. Gr. 14. 21. 58–62.
+ -- III. P. 183. 193.
+ -- VI. 240.
+ -- I. Ks. v. R. 319. 323. 326. 328. 331 f. 334. 339. 343. 347.
+ -- II. 366. 369. 399 ff.
+ -- III. 400. 402.
+ -- v. Bulgarien 414 f.
+ -- v. Parma 238. 243.
+ -- v. Pherä 56.
+ -- v. Serbien 399. 414.
+ -- Severus Ks. 133.
+ Alexandria 60. 65. 97. 115 f. 128. 131. 136. 149. 177. 316. 406.
+ Alexei 269. 294.
+ Alexius Ks. 172.
+ Alfons K. v. Kastilien 171. 189. 194. 214.
+ -- K. v. Neapel 211.
+ -- K. v. Sp. 413 ff.
+ Alfred d. Gr. 170.
+ Algeciras 405.
+ Algier 232. 348. 354. 369.
+ Ali 149.
+ Aliso 124.
+ Alkassar S. 245.
+ Alkibiades 50–52. 54.
+ Alkmäoniden 34. 36.
+ Alkmar Kapit. 318.
+ Allia 8. 80.
+ Alsen 268. 373 f.
+ Altenburg 197. 206. 227;
+ Hz. 378. 437.
+ Altmark 161. 427.
+ Altranstädt F. 275.
+ Amberg S. 315;
+ Ambrosius 137.
+ Amerigo Vespucci 222.
+ Amiens F. 320, S, 387.
+ Ampfing S. 198.
+ Amphiktyonien 31. 33. 57–59.
+ Amphipolis 46. 57. 99;
+ S. 49.
+ Amphissa 59.
+ Amsterdam 244. 263.
+ Anakreon 38.
+ Anaxagoras 47.
+ Ancus Marcius 72.
+ Andernach S. 156. 159.
+ Andreas K. v. Ung. 177. 217.
+ Angelsachsen 142. 145. 151. 154. 159. 169. 192.
+ Anglikan. Kirche 246. 249. 270.
+ Angora S. 218.
+ Anhalt Hz. 180. 231. 437.
+ Anjou 190. 209.
+ -- H. in E. 192;
+ in Neapel 190. 205. 211;
+ in Ungarn 217.
+ Anna Boleyn 245.
+ -- v. Bretagne 235.
+ -- K. v. E. 298.
+ -- Ks. v. R. 294.
+ Ansbach 290. 323. 340. 428. 429. 432. 434.
+ Ansgar 154.
+ Antalkidas F. 55.
+ Antigonos 60. 63 f. 66
+ bis 68.
+ Antiochia 65. 125. 130
+ bis 132. 174. 177.
+ Antiochos 65. 95. 97. 100.
+ Antipater 59. 62–64.
+ Anton v. Navarra 236.
+ -- K. v. Sachsen 435.
+ Antoninus Pius Ks. 9. 130.
+ Antonius C. 110.
+ -- M. 115–120.
+ Antwerpen 243. 350.
+ Apelles 69.
+ Apia 426
+ Appius Claudius 79. 84. 86. 101.
+ Apulien 85. 90 f. 93. 161. 163. 165. 173. 189.
+ Aquae Sextiae 101;
+ S. 104.
+ Aquileja 94. 133. 137. 142. 176;
+ S. 138.
+ Aquitanien 111 f. 122. 146. 155. 170.
+ Araber 148–150. 156. 171. 215.
+ Arabia röm. Prov. 129.
+ Arabi Pascha 406.
+ Aragon 171. 190. 194. 214 f.
+ Aranda 303.
+ Aratos 68.
+ Arausio S. 103.
+ Arbela S. 60.
+ Arbogast 138.
+ Arcadius Ks. 138. 149.
+ Archelaos 54. 105.
+ Archidamos 48. 66.
+ Archilochos 38.
+ Archimedes 92.
+ Archonten 33–36. 39. 44.
+ Arcis-sur-Aube S. 338.
+ Arcole S. 315.
+ Arelat. Kgr. 158. 164.
+ Areopag 33. 35. 44.
+ Arginusen S. 53.
+ Argonauten 26.
+ Argos 24. 26. 28. 32 f. 43. 50. 55. 58. 69. 86.
+ Arianismus 136. 142 f.
+ Arier 15–17. 24.
+ Arion 38.
+ Ariovist 111.
+ Aristagoras 20.
+ Aristarchos 70.
+ Aristides 39. 41 f. 43.
+ Aristodemos 28. 32. 76
+ Aristogeiton 36.
+ Aristomenes 32.
+ Aristophanes 47.
+ Aristoteles 59. 70. 172.
+ Arkadien 23. 28. 56. 59. 140.
+ Arles 143. 184. 200.
+ Armada 244. 247.
+ Armagnacs 205. 208.
+ Armenien 9. 15. 65. 108. 116. 119. 123. 125. 127;
+ röm. Prov. 129;
+ in der Neuzeit 401. 415.
+ Armin 124 f.
+ Arminianer 244.
+ Arnold v. Brescia 182.
+ Arnulf Ks. 157.
+ -- Hz. v. Bayern 159.
+ Arpaden 217.
+ Arras 387, F. 209.
+ Arsakiden 65.
+ Artaphernes 39.
+ Artaxata 108. 127.
+ Artaxerxes I. 21. 43.
+ -- II. 21. 54.
+ -- III. 21.
+ Artemision S. 40.
+ Artevelde 207.
+ Artois 229. 262. 307.
+ Aschaffenburg S. 378.
+ Asculum S. 86.
+ Asia röm. Prov. 101. 104 f. 119. 122 f.
+ Askalon S. 174.
+ Askanier 179. 184. 189. 198. 204. 427 f. 437 f.
+ Asow 269. 275. 295.
+ Aspern S. 329.
+ Assignaten 308. 311. 312.
+ Assyrien 7–10. 12. 18. 129.
+ Asturien 123. 149. 171.
+ Athaulf 141.
+ Athen 25 f. 28. 33–59. 62 f. 67. 69 f. 85. 99. 105. 110. 119. 130.
+ 176. 219. 304. 347.
+ Athos 38.
+ Atschin 410.
+ Attila 142.
+ Augsburg 123. 150. 164. 167. 190. 227. 233. 257. 320. 324. 378;
+ B. 264;
+ F. 233. 260;
+ Rchst. 230;
+ S. 160.
+ August II. K. v. Polen 266. 274–276. 285. 424.
+ -- III. 279. 285. 295 f. 435.
+ Augustinus 132. 141. 145.
+ Augustus Ks. 121–125.
+ Aurelianus Ks. 134.
+ Austerlitz S. 323.
+ Australien 244. 302. 406. 409.
+ Austrasien 146 f.
+ Avaren 144. 148. 153. 158.
+ Aversa 165.
+ Avesta 17.
+ Avignon 196. 199 f. 203. 207. 211. 315. 339.
+ Azincourt S. 209.
+
+
+ ~B.~
+
+ Babenberger 157. 162. 180. 196.
+ Babylon 7–11. 18–20. 60. 62. 64.
+ Baden F. 274.
+ -- Markgr. 190. 196. 254;
+ Kf. 320. 323.
+ -- Grh. 324. 345. 359. 375. 378. 436.
+ Badeni 398.
+ Bagdad 150. 172. 196.
+ Bagdadbahn 416.
+ Bajazet 218.
+ Bakchiaden 33. 72.
+ Baktrien 17. 61. 65. 149.
+ Balboa 223.
+ Balduin 174. 176.
+ Bamberg 160. 163. 179. 257. 320.
+ Banér 257.
+ Bar, Konföd. 296.
+ Barcelona 141. 152. 171. 194. 413.
+ Barnet S. 214.
+ Barneveld 244.
+ Bar-sur-Aube S. 338. 371.
+ Bartholomäusnacht 237.
+ Basel 151. 164. 231. 234. 339;
+ F. 314;
+ Konz. 204. 236.
+ Bastille 307.
+ Bataver 128.
+ Batav. Rep. 314. 320. 324.
+ Bauernkrieg deutscher 228;
+ engl. 212;
+ frz. 208.
+ Bautzen S. 334.
+ Bayard 229. 235.
+ Bayern Hz. 146. 152. 158. 160. 162 f. 165. 167. 179 bis 182. 184.
+ 186. 189. 252. 254. 434.
+ -- Kf. 255. 257–259. 272 bis 274. 280 f. 289 f. 320. 434.
+ Bayern Kgr. 323 f. 336. 340 f. 345. 356. 364. 375. 378 f. 382. 390.
+ 392. 428. 434 f.
+ Baylen Kapit. 328.
+ Bayrische Markgr. in Br. 178–200. 428.
+ Bazaine 371. 382–384. 403.
+ Beaugency S. 386.
+ Beauharnais 314. 321. 331.
+ Beaumont S. 384.
+ Beaune la Rolande S. 386.
+ Behanzin 404.
+ Belfort 388 f. 391.
+ Belgien 243. 290. 313. 319. 340–342;
+ Kgr. 350. 396. 410.
+ Belgrad 218. 219. 278. 297;
+ F. 279.
+ Belisar 144.
+ Belle-Alliance S. 342.
+ Benedek 376 f.
+ Benedikt 145.
+ -- P. 160. 203.
+ Benevent S. 86. 190.
+ -- Hz. 145. 151 f. 161. 163.
+ Berengar 157. 160.
+ Beresina 333.
+ Berg Hz. 252. 289. 324. 336.
+ Bergen 201, S. 287.
+ Berlin 200. 267. 285. 288. 325. 329. 332 f. 335. 343. 355 f. 364.
+ 376. 380. 391. 424. 427. 429. 430 ff.
+ Ko. 360. 394. 396. 410.
+ Bern 144. 199. 341. 354;
+ Ko. 394. 411.
+ Bernadotte 323. 330. 332. 334. 337. 363.
+ Bernhard v. Askan. 184.
+ -- v. Clairvaux 174.
+ -- v. Weimar 257 f.
+ Bernstorff 292.
+ Bernward 168.
+ Besançon 111. 182. 196. 264. 388.
+ Bethlen Gabor 254 f.
+ Bilderstreit 148.
+ Bill of rights 271.
+ Biron 294 f.
+ Bismarck 372. 374. 381. 390. 391. 393–396. 401. 410. 412.
+ Bithynien 15. 52. 66. 96. 105. 108. 131. 135.
+ Blücher 314. 325. 333 bis 338. 339. 342.
+ Bocchus 103. 116.
+ Bocholt S. 152.
+ Boëmund 173 f.
+ Böhmen 139. 156. 158. 162 f. 165;
+ Kgr. 183. 196. 197–200. 202–206. 225;
+ östr. 225. 251–254. 257 f. 284. 286. 334 f. 376. 398.
+ Boleslav 163. 182.
+ Bolivar 346.
+ Bologna 71. 118. 189. 230. 304. 315. 370.
+ Bonaparte 311. 315–317;
+ St. 322.
+ Bonifacius 176.
+ -- VIII. P. 196. 207.
+ Bonifatius 141. 151.
+ Bordeaux 207. 309. 311. 338. 355. 387. 390.
+ Borgia 240.
+ Bornhöved S. 187.
+ Borodino S. 332.
+ Bosnien 219. 255. 398 f. 401.
+ Bosporus 20. 31. 105. 109.
+ Boston 248. 301.
+ Bosworth S. 214.
+ Bothwell 247.
+ Bourbaki 388 f.
+ Bourbon Conn. 229 f.
+ -- H. in Fr. 236. 278 f. 305. 309 f. 339;
+ St. 349.
+ -- in Neapel 279. 305. 324. 342.
+ -- in Sp. 274. 303. 339. 351. 413.
+ -- Familienpakt 300.
+ Bouvines S. 186. 193.
+ Bovianum S. 84.
+ Boyne S. 272.
+ Braganza H. 245. 303.
+ Brandenburg 159. 162. 179. 255. 356.
+ -- Mark 180. 199. 206. 427 ff.
+ -- Kf. 200. 224. 231. 252. 256. 258. 260. 262 f. 265 bis 267.
+ 427–436.
+ Brasidas 49.
+ Brasilien 223. 244. 303. 327. 346. 417.
+ Braunschweig 186. 190. 200.
+ -- Hz. 184. 188. 224. 232. 260. 286. 324. 336. 350. 391. 395. 437.
+ Brazza, Brazzaville 403.
+ Breisach 258. 260. 264.
+ Breitenfeld S. 256. 259.
+ Bremen 152. 200. 233. 261. 320. 333. 344. 394.
+ -- Erzb. 156. 166. 183. 187. 255;
+ Hz. 260. 276 f.
+ Brennus 80.
+ Brescia 182. 198. 210. 304. 356;
+ S. 202. 235.
+ Breslau 200. 333. 433. 434;
+ F. 281;
+ S. 287.
+ Bretigny F. 208.
+ Brienne 311, S. 337.
+ Britannicus 126.
+ Britannien 13. 112. 126. 128 f. 132. 135. 142.
+ Brömsebro F. 250. 259.
+ Brügge 201. 209.
+ Brun Erzb. 160 f.
+ Brundisium 86. 105. 109. 114.
+ V. 119.
+ Brunhild 146.
+ Brüssel 233. 242. 350.
+ Brutus Dec. 118.
+ -- L. 73. 75 f.
+ -- M. 118 f.
+ Buchdr.-Kunst 206. 221.
+ Buckingham 248.
+ Buddhismus 16 f. 22. 219.
+ Bu Hamara 405.
+ Bulgarien 148. 172. 194. 400–403. 414 f.
+ Bülow Gen. 333. 334–338.
+ -- Kanzler 396 f.
+ Bundesg.-Kr. 57. 104.
+ Buren 406 ff.
+ Bürgerkrieg, amerik. 416 f.
+ -- engl. 212. 248 f.
+ -- frz. 208 f. 237. 306 bis 312. 354 f. 392 f.
+ -- röm. 103. 105 f. 114 bis 117. 118–120. 127.
+ Bürgerkrieg in der Schweiz 205. 354.
+ Burgund 145. 155, Hz. 169. 206. 208. 229.
+ -- Kgr. 158. 164 f. 168. 182. 184. 196. 200. 290.
+ -- Freigrafschaft 196. 198. 206. 234. 262 f.
+ Burgunder 139. 141–143.
+ Burkersdorf S. 289.
+ Byron 347. 364.
+ Byzanz 31. 38. 42. 52. 56. 136.
+
+
+ ~C.~
+
+ Cabal Min. 270.
+ Cabral 222.
+ Cadiz 13. 93. 222. 247. 331. 346.
+ Caecilius Met. 69. 88. 98. 103. 106.
+ Caesar C. Jul. 109–117. 121.
+ -- C. u. L. 123.
+ -- L. 105.
+ Calais 208. 236. 246. 344.
+ Calderon 245.
+ Caligula Ks. 126.
+ Calixtus II. P. 168.
+ Calvin 230. 234. 247.
+ Cambrai 263, B. 235. 239;
+ F. 230.
+ Camillus 80. 82.
+ Camoëns 223.
+ Campanien 70 f. 83. 90. 165.
+ Campo Formio F. 316.
+ Cannae S. 90.
+ Canning 346 f.
+ Canossa 167.
+ Canovas 413.
+ Canterbury 145. 192. 246.
+ Canuleius 79.
+ Capetinger 169. 191.
+ Capodistrias 347.
+ Capua 83. 86. 90 ff. 94. 114. 161. 163.
+ Caracalla Ks. 132.
+ Caracas 346.
+ Carnot 314, 410.
+ Carrhae S. 113.
+ Carus Ks. 135.
+ Cassano S. 317.
+ Cassius C. 118 f.
+ -- Sp. 77 f.
+ -- Dio 131.
+ Cateau-Cambr. F. 236.
+ Catilina 109 f.
+ Cato 95 f. 97. 121.
+ -- d. jung. 110 f. 116.
+ Catullus 121.
+ Catulus 88. 104.
+ Cavaignac 355.
+ Cavour 369 f.
+ Censoren 79. 81. 96. 106 f. 122.
+ Census 63. 75. 116. 123.
+ Centurien 74 f.
+ Cervantes 245.
+ Cetewayo 406.
+ Ceuta 413.
+ Ceylon 16. 223. 245. 314. 320. 341. 408.
+ Chabrias 56 f.
+ Chaironeia S. 59. 105.
+ Chalkedon 31. 52. 135 f.
+ Chalkidike 31. 55. 57. 94.
+ Châlons 382 f., S. 134. 142.
+ Chatillon Ko. 338.
+ Chersones, taur. 31. 108.
+ -- thrak. 36. 46. 52. 58.
+ Childerich 150.
+ China 21 f. 194 f. 219. 223. 251. 353. 368. 420–422.
+ Chios 20. 28. 33. 51. 56 f. 70. 296. 347.
+ Chlodwig 143 f.
+ Chowaresmier 177. 195.
+ Chremonides 67.
+ Christentum 23. 124. 131 f. 136. 145. 151. 156. 163. 171. 173.
+ 224. 306. 312. 415. 426.
+ Christenverfolgung 127. 131. 133. 135.
+ Christian v. Anhalt 254.
+ -- v. Braunschw. 254.
+ -- T. K. v. Dn. 216.
+ -- II. u. III. 249 f.
+ -- IV. 250. 255.
+ -- VI u. VII. 292.
+ -- VIII. 361.
+ -- IX. 373 f. 411.
+ Christine K. v. Schw. 250.
+ Chulalongkorn 420.
+ Cicero 109 f. 113–118. 121.
+ Cid 171.
+ Cimbern 103.
+ Cincinnatus 78. 80.
+ Cinna 105.
+ Cintra Kapit. 328.
+ Cirta 93.
+ Cisalpin. Rep. 316 f. 319 f.
+ Civilis 128.
+ Claudius Ks. 126. 134.
+ -- Nero 93. 123. 125.
+ -- Pulcher 88.
+ Clemens V. P. 207.
+ -- VII. 229 f. 241.
+ -- XIV. 304.
+ Clermont 112. 173.
+ Cleve 232. 252. 263. 323. 430.
+ Clive 300.
+ Clodius 111. 113.
+ Cluny 163. 166.
+ Cobden 353.
+ Colbert 262. 265.
+ Cölibat 166.
+ Coligny 237.
+ Collatinus 73. 75.
+ Colombey S. 383.
+ Colombia 346. 418.
+ Colonne S. 162.
+ Colosseum 128.
+ Columbus 221 f.
+ Comitia cent. 76. 79. 81 f. 105. 117. 125.
+ -- cur. 74. 76.
+ -- trib. 77. 79. 81 f. 101. 106.
+ Commodus Ks. 131.
+ Commune v. Paris 310. 392.
+ Concini 238.
+ Condé 237. 259. 261–263.
+ Constantius Ks. 136.
+ Constituante 307.
+ Cook 302.
+ Corday, Charl. 311.
+ Cordova 152. 171. 194.
+ Corfinium 104. 114.
+ Coriolan 78.
+ Corneille 239. 265.
+ Cornelia 98. 100.
+ Corpus iuris 147.
+ Cortenuova S. 188.
+ Cortez 223 f.
+ Coulmiers S. 386.
+ Covenant 248.
+ Cranmer 246.
+ Crassus 107. 109. 111 bis 113. 121. 123.
+ Crécy S. 208.
+ Cremera S. 78.
+ Cremona 89. 94. 127. 187.
+ Crespy F. 232.
+ Crispi 412.
+ Cromwell 248 f. 269 f.
+ Cuba 222 f. 300. 418.
+ Culloden S. 299.
+ Curius Dentatus 85 f.
+ Custine 313 f.
+ Custozza S. 356. 379.
+ Cypern 13. 23. 28. 33. 35. 42. 44 f. 55. 65. 111. 122. 177 f.
+ 219. 401. 406.
+ Czaslau S. 281.
+
+
+ ~D.~
+
+ Dacien 129. 134. 139. 142.
+ Dagobert 147.
+ Dahomey 404.
+ Dalai Lama 409.
+ Damaskus 9. 12. 108. 129. 149 f. 173. 175.
+ Damenfriede 230.
+ Damiette 177.
+ Dampfschiffahrt 344. 424.
+ Dandolo 176.
+ Dänemark 162. 165. 170. 179 f. 182. 187. 201. 215 f. 234. 249 f. 255.
+ 268. 274. 276 f. 292. 327. 337. 361 f. 373 f. 411.
+ Dänen 153. 158. 162. 169 f.
+ Danewerk 153. 162. 373.
+ Dante 198. 211.
+ Danton 309–312.
+ Danzig 201. 249. 296. 326 f. 333. 337. 340.
+ Dardanellen 401.
+ Dardanos F. 105.
+ Dareios I. 19. 38.
+ -- II. 21.
+ -- III. 21. 60 f.
+ Dauphiné 208.
+ Davout 323. 325. 333 bis 335. 337.
+ Decebalus 129.
+ Decemvirn 78 f.
+ Decius Ks. 133.
+ -- Mus 83. 85.
+ Deiotarus 109. 116. 117.
+ Dekeleia 51.
+ Dekretalen 156. 228.
+ Delhi 219. 300. 368. 410.
+ Delion S. 49.
+ Delos 36. 43. 45.
+ Delphi 15. 31. 34. 41. 57. 67. 73.
+ Demaratos 37. 40.
+ Demetrios v. Phal. 67.
+ -- Poliork. 64. 67.
+ -- in Rußl. 251.
+ Demosthenes 49. 51.
+ -- Redner 58. 62 f. 70.
+ Denain S. 274.
+ Dennewitz S. 335.
+ Desiderius 151.
+ Dessauer Brücke S. 255.
+ Detmold S. 152.
+ Dettingen S. 281.
+ Deutsch-Brod S. 204.
+ Deutsche Flotte 361. 380. 397. 433.
+ -- Literatur 140. 144. 154. 168. 186. 234. 285. 291. 329. 364.
+ Deutscher Bund 340. 345. 351. 355. 359 f. 372 f. 375.
+ -- Krieg 375–379.
+ -- Orden 178 f. 217. 320. 429.
+ Deutsches Reich 155 bis 168. 179–190. 195–206. 224. 234. 251–261.
+ 263 bis 267. 274. 278–285. 289–292. 313. 319–321. 324 f.
+ 358. 390–397. 423 ff.;
+ Verfassung 161. 189. 200. 224 f. 260. 266. 320. 391 f. 397.
+ Deutsch-frz. Kr. 381 bis 393.
+ Devolutionskr. 262.
+ Diadochen 63 f.
+ Diaz 215. 371.
+ Dictatur 76. 90. 99. 106 f. 115.
+ Diebitsch 333. 347. 350.
+ Dijon 169;
+ S. 143. 388 f.
+ Diocletian Ks. 135.
+ Dionysios I. u. II. 67.
+ Direktorium in Fr. 312. 316. 318.
+ Dithmarschen 216. 250.
+ Döffingen S. 202.
+ Doge 176. 210. 240. 304.
+ Doggerbank S. 301.
+ Domesdaybook 192.
+ Dominika S. 301.
+ Dominikaner 178. 188. 191. 227.
+ Domitian Ks. 128 f.
+ Donaufürstentümer 219. 296. 346 f. 365–367. 399 ff.
+ Donauwörth 252.
+ Don Carlos 242. 351. 413.
+ Doria 240.
+ Dorische Wanderung 28.
+ Doryläum S. 174.
+ Drake 246.
+ Drakon 34.
+ Dreibund 395. 411.
+ Dreißigj. F. 45.
+ -- Kr. 251–261.
+ Dreißig in Athen 53 f.
+ Drepana S. 88.
+ Dresden 284 f. 288. 333 bis 335. 359. 376;
+ F. 284;
+ S. 335.
+ Drusus 102. 104. 123–126.
+ Duchatel 209.
+ Duilius 87.
+ Dumouriez 314.
+ Dünkirchen 262. 270.
+ Düppel S. 361. 373.
+ Dürer 227.
+ Dyle S. 157.
+ Dyrrhachium 47. 99. 114;
+ S. 115.
+
+
+ ~E.~
+
+ Eberhard v. Franken 158 f.
+ -- v. Württ. 196. 201 f. 226. 435.
+ Eckmühl S. 329.
+ Edda 171.
+ Edessa 65. 132. 134. 174.
+ Eduard d. Bek. 170.
+ Eduard I.-III. K. v. E. 207. 211 f.
+ -- IV. u. V. 212–214.
+ -- VI. 246.
+ -- VII. 409.
+ -- d. schw. Pr. 208. 214.
+ Egbert v. Wessex 169.
+ Eger 258;
+ F. 202.
+ Egmont 236. 242 f.
+ Eidgenossen 197–199. 224. 237.
+ Einhard 154.
+ Eisenbahnen 344. 369. 391 f. 394. 397. 411 f. 416 f. 421. 425 f.
+ Eknomos S. 87.
+ Elagabalus Ks. 132.
+ Elam 7–10. 18.
+ Elba 188. 210. 320. 339.
+ Eleonore v. Poitou 192.
+ Eleusis 46. 52.
+ Elisabeth K. v. E. 246 f.
+ -- Ks. v. R. 284. 288. 295.
+ -- Charl. 264. 305.
+ Elsaß 142 f. 156. 182. 205 f. 258;
+ an Fr. 260. 262. 264. 343;
+ wieder deutsch 392. 397. 438.
+ Elster S. 167.
+ Emanuel K. v. Port. 245.
+ Emigranten 307. 313.
+ Emin Pascha 407.
+ Emir al Omra 172.
+ Engelsburg 130. 167. 230.
+ Enghien 259. 321.
+ England 169 f. 175. 184. 192 f. 201. 204. 207–209. 211–214. 245.
+ 249. 254. 256. 262. 264. 269–274. 281. 284–288. 298–303.
+ 314–321. 323. 327 f. 330 f. 334. 339. 341 f. 346–348. 353.
+ 361–371. 375. 396 f. 399 ff. 405. 406–411. 412. 414. 415.
+ 417. 419 ff. 422 f.
+ Engl. Lit. 212. 272. 302 f. 364.
+ Ennius 121.
+ Entdeckungen 221–224 302. 365.
+ Enzio 188 f.
+ Epameinondas 56 f.
+ Ephesos 15. 28. 37. 66. 95. 105. 131.
+ Ephialtes 40. 44.
+ Ephoren 29. 43. 68.
+ Epigonen 26.
+ Epikur 70.
+ Epimenides 34.
+ Epirus 27. 43. 66 f. 85 f. 95. 97. 115. 120. 401.
+ Erasmus 226.
+ Eratosthenes 27. 70.
+ Erbfolgekrieg, bayr. 289 f.
+ -- österr. 280 f. 284.
+ -- span. 272–274.
+ Eresburg 152. 159.
+ Eretria 20. 39.
+ Erfindungen 221. 343 f.
+ Erfurt 151. 184. 196. 227. 321. 325. 327. 337;
+ Ko. 328;
+ Parl. 360.
+ Ernestiner 227. 233. 435.
+ Ernst August 266. 351. 395.
+ -- v. Schwaben 164.
+ Erwin v. Steinbach 190.
+ Erzämter 147. 159. 200.
+ Espartero 351.
+ Essex 142. 247.
+ Este H. 166. 210. 239. 304.
+ Estland 215. 217. 249. 276 f.
+ Etrurien 71. 88. 110.
+ Kgr. 319. 327.
+ Etrusker 71. 73. 76–78. 80. 84. 104. 120.
+ Eugen v. Savoyen 266. 273. 278 f.
+ -- v. Württemberg 436.
+ Eukleides 54. 70.
+ Eumenes 63. 66. 97.
+ Eupatriden 26. 33. 37.
+ Euripides 47.
+ Eurymedon S. 43. 95.
+ Exarchat 144. 145.
+ Eylau S. 326.
+ Ezzelino 188.
+
+
+ ~F.~
+
+ Fabier 78.
+ Fabius Cunct. 90. 92.
+ -- Rullianus 84 f.
+ Fabricius 86.
+ Faschoda 404.
+ Fatimiden 172 f.
+ Fehrbellin S. 263. 431.
+ Femgerichte 190. 205.
+ Ferdinand I. Ks. 225. 230 f. 252.
+ -- II. 253–258.
+ -- III. 259.
+ -- I. Ks. v. Ö. 351. 356. 357.
+ -- d. Kathol. 214 f. 239 f. 241.
+ -- IV. K. v. Neapel 305. 317.
+ -- VII. K. v. Sp. 327. 339.
+ -- v. Braunschw. 287 bis 289.
+ -- v. Bulgarien 415.
+ Ferrara 210. 239. 304.
+
+ Fiesco 240.
+ Fimbria 105.
+ Finnland 256. 276 f. 294. 330.
+ Firdusi 172.
+ Flamininus 95.
+ Flaminius 90.
+ Flandern 156. 173. 193. 207–209. 229. 242. 262.
+ Fleurus S. 265. 314.
+ Fleury 305.
+ Florenz 198. 210 f. 240. 370;
+ Konz. 218.
+ Florida 300. 302.
+ Fontenoy S. 155. 284.
+ Franken 134. 139. 142. 144.
+ -- Hz. 157. 159 f. 165. 183. 257 f.
+ Frankenhausen S. 229.
+ Frankenreich 143. 145 bis 147. 150–156.
+ Frankfurt a. M. 180. 186. 190. 195. 224. 254. 257. 281. 313. 324;
+ Bundestag 340. 345. 351. 355. 360. 372. 375. 378;
+ Parl. 358;
+ Ko. 372;
+ F. 391.
+ Fränkische Ks. 157. 164 bis 168.
+ Franklin 300.
+ Frankreich 155. 159. 162 f. 169. 173. 177. 191. 205. 207–209.
+ 229 f. 232 f. 234–239. 255 f. 258 bis 265. 272–274. 278–280.
+ 284–289. 297. 301. 305 bis 343. 347–349. 353 bis 355. 365–371.
+ 379 bis 393. 397. 402–405. 420;
+ Kaiserreich 321. 355;
+ Rep. 310. 385–405.
+ Franz I. Ks. 284.
+ -- II. 313. 325. 334. 336.
+ -- I. K. v. Fr. 229. 232. 235 f.
+ -- II. 236.
+ -- II. K. v. Neapel 370.
+ -- Joseph Ks. v. Ö. 357. 369. 372. 377. 398 f.
+ -- v. Guise 233. 236 f.
+ -- Sforza 210.
+ Franz. Lit. 239. 265. 305 f. 363 f.
+ Freiberg S. 289.
+ Freiburg 196. 221. 263 f.
+ Freiheitskrieg, deutscher 333–339.
+ -- griech. 346 f.
+ -- niederl. 242 f.
+ -- amerik. 300–302.
+ Friedland 255;
+ S. 326.
+ Friedrich I. Ks. 175. 180–185.
+ II. 177. 186–189.
+ Friedrich III. 205 f.
+ -- v. Baden 190.
+ -- Grh. v. Baden 436.
+ -- v. Meißen 196 f. 204.
+ -- v. Nürnb. 195. 203 f. 428.
+ -- v. Öst. 188. 190. 198. 203.
+ -- v. d. Pfalz 206. 254.
+ -- v. Staufen 167. 179.
+ -- d. Weise 227 f.
+ -- I. Kf. v. Br. 204. 428.
+ -- II. 428.
+ -- I. K. v. Pr. 267. 272 bis 276. 431 f.
+ -- II. d. Gr. 280–290. 432.
+ -- III. 395. 434.
+ -- I u. II. K. v. Dn. 250.
+ -- III. 268.
+ -- IV. 274. 292.
+ -- VII. 361 f.
+ -- VIII. 411.
+ -- K. v. Schw. 277. 292.
+ -- Aug. K. v. Sachsen 326. 333. 336. 435.
+ -- Franz Grh. v. Meckl. 378. 385 ff. 437.
+ -- Karl 376. 382–387.
+ Friedr. Wilh. d. Gr. Kf. 244. 259. 262 f. 265 bis 267 f. 430 f.
+ -- -- I. K. v. Pr. 276. 279. 431 f.
+ -- -- II. 291. 313. 421. 432 f.
+ -- -- III. 316. 323–328. 332–339. 342. 343. 364. 433.
+ -- -- IV. 353. 355 f. 359 f. 364. 367. 371. 433.
+ -- -- Kronprinz 376 ff. 382 ff. 434.
+ -- -- v. Braunschweig 330. 342. 437.
+ Friesland 139. 151. 156.
+ Fronde 261.
+ Frundsberg 229.
+ Fulda 151. 154.
+ Fürstenbund 291.
+ Fürstenwalde 288;
+ V. 200.
+ Füßen F. 284.
+
+
+ ~G.~
+
+ Gadebusch S. 276. 335.
+ Gades 13. 93. 114.
+ Gaëta 227. 370.
+ Galater 66. 96. 109.
+ Galba Ks. 127.
+ Galerius Ks. 135.
+ Galilei 227. 240.
+ Galizien 296. 298. 330. 340.
+ Gallas 258.
+ Gallia cisalpina 71. 82. 89. 94, 99. 118.
+ Gallier 80. 82. 89 f. 111 bis 113. 123. 128.
+ Gambetta 385 f. 388. 390. 403.
+ Garibaldi 370. 381. 388 f.
+ Garigliano 153;
+ S. 235.
+ Gasnaviden 172. 195.
+ Gastein V. 374.
+ Gelon 37. 41. 50.
+ Genf 165. 231. 247. 316. 341. 417;
+ V. 374.
+ Genserich 141.
+ Gent 209. 231. 341;
+ V. 243.
+ Genua 93. 175 f. 198. 210. 221. 240. 264. 303 316. 321. 341.
+ Georg I. K. v. E. 299.
+ -- II. 281. 299.
+ -- III. 300.
+ -- IV. 346.
+ -- V. 410.
+ -- V. K. v. Hann. 378.
+ -- Podiebrad 206.
+ -- Wilh. v. Br. 256. 430.
+ -- I. v. Gr. 415.
+ Gepiden 142. 145.
+ Geraischer Vergl. 429.
+ Gerbert 162.
+ Gergovia Bl. 112.
+ Germanen 13. 103 f. 111 f. 124 f. 134 f. 139–147.
+ Germanicus 125.
+ Gero 159 f. 427.
+ Gerson 204.
+ Geusen 242.
+ Ghibellinen 180. 188. 198.
+ Gibraltar 149. 273 f.;
+ Bl. 301.
+ Girondisten 309–312.
+ Giselbert 158 f.
+ Gitschin S 376.
+ Gjedser 411.
+ Gladstone 409.
+ Gneisenau 326. 334. 342.
+ Godoy 315. 327.
+ Goethe 291.
+ Goldene Bulle 200. 217.
+ Göllheim S. 196.
+ Gonsalvo 235.
+ Gordianus Ks. 133.
+ Gordon 269. 407.
+ Gorgias 50.
+ Görz 276 f.
+ Goslar 158. 164. 165. 168. 182. 190. 321. 340.
+ Goten 132 f. 139–144.
+ Gotha 233. 252. 285 f. 360.
+ Gottesfriede 165. 167. 169.
+ Gottfried v. Anjou 192.
+ -- v. Bouillon 173 f.
+ -- v. Lothringen 165.
+ Göttingen 163. 285. 344. 351.
+ Gracchen 100. 103.
+ Granada 194. 214 f. 221.
+ Granikos S. 60.
+ Granson S. 206.
+ Granvella 242.
+ Gratianus Ks. 137.
+ Gravelingen S. 236.
+ Gravelotte S. 384.
+ Gregor I. P. 145.
+ -- V. 162.
+ -- VII. 166 f.
+ -- IX. 187 f.
+ -- XIII. 241.
+ Griechenland 15. 20. 23. 28. 31. 47. 59. 66. 95. 97. 99. 105 f.
+ 127. 136. 148. 218;
+ Kgr. 346. 415.
+ Griech. Kirche 156. 170. 176. 218.
+ -- Kunst u. Lit. 28. 37. 46. 69 f. 131. 147. 218.
+ Grochow S. 350.
+ Großbeeren S. 335.
+ Groß-Görschen S. 334.
+ Großjägersdorf S. 286.
+ Großmogul 219. 300.
+ Grotius 244.
+ Grumbach 252.
+ Guam 418. 426.
+ Guelfen 181. 189. 198.
+ Guesclin 208.
+ Guisen 236–238.
+ Guizot 353. 364.
+ Günther v. Schwarzb. 199
+ Gustav Wasa 249.
+ -- II. Adolf 249. 256 bis 258. 430.
+ -- III. 294.
+ -- IV. 327.
+ -- V. 411.
+ Gutenberg 206.
+ Gyges 15.
+ Gylippos 50.
+
+
+ ~H.~
+
+ Haag V. 276;
+ Ko. 402.
+ Habeasc.-Akte 271.
+ Habsburg H. 195 f. 205 bis 207. 253. 272;
+ St. 225. 282. 357.
+ Hadrian Ks. 130.
+ -- IV. P. 182.
+ -- VI. 241.
+ Hakon VI. K. v. Norw. 215.
+ -- VII. 411.
+ Haliartos S. 55.
+ Halle 153. 164. 233. 267. 325. 365.
+ Hallue S. 387.
+ Hamburg 154. 156. 160. 184. 187. 200. 259. 320. 333 f. 344. 394.
+ 424. 426.
+ Hamilkar 88 f.
+ Hampden 248.
+ Hamurrabi 8.
+ Hanau S. 336.
+ Hannibal 89–94. 96.
+ Hannover Kf. 266. 276. 286. 291. 321–325. 331. 336;
+ Kgr. 341. 351. 359 f. 379. 375. 377–379.
+ Hanse 200. 215 f. 246. 249. 261.
+ Hansestädte 200. 255. 320. 331. 351. 394. 438.
+ Harald K. v. E. 170.
+ Hardenberg 328. 343.
+ Harun al R. 150. 153.
+ Harzburg 166. 186.
+ Hasdrubal 88. 91. 93.
+ Hase S. 152.
+ Hastenbeck S. 286.
+ Hastings S. 170.
+ Hatto v. Mainz 157.
+ Hausmeier, s. Major domus.
+ Haynau 356. 358.
+ Hedschra 148.
+ Heidelberg 182. 189. 202. 226. 234. 265. 320. 436.
+ Heilbronn 180. 265. 321;
+ B. 257.
+ Heilige Allianz 343.
+ H. Berg 77.
+ -- Krieg 33. 57.
+ H. Liga 235 f. 237.
+ Heinrich I. K. v. D. 158.
+ -- II. Ks. 163.
+ -- III.-V. 165–168.
+ -- VI. 185.
+ -- VII. 197.
+ -- I.-III. K. v. E. 192 f.
+ -- IV.-VI. 212.
+ -- VII. 245.
+ -- VIII. 236. 245.
+ -- I. K. v. Fr. 169.
+ -- II. 233. 236.
+ -- III. u. IV. 237 f.
+ -- Hz. v. Bayern 159. 162.
+ -- v. Braunschw. 232.
+ -- d. Fromme 195.
+ -- v. Guise 237.
+ -- Jasomirgott 180.
+ -- d. Löwe 182–185.
+ -- v. Plauen 217.
+ -- Prinz v. Pr. 288 f.
+ -- Raspe 188.
+ -- d. Seefahrer 215.
+ -- d. Stolze 179.
+ -- v. Trastamara 214.
+ -- d. Zänker 160. 162.
+ Helena 24. 27. 135 f. 173.
+ Helgoland 327. 361. 374. 396.
+ Heliaia 35. 44.
+ Heloten 29. 32.
+ Helvetier 103. 111.
+ Helvet. Rep. 316. 319 f.
+ Hemmingstedt S. 216.
+ Herakleia 31. 66;
+ S. 85.
+ Herakliden 25. 28.
+ Heraklios Ks. 148.
+ Hermandad 215.
+ Hermann Balk 179.
+ -- Billung 159.
+ -- v. Salm 167.
+ -- v. Salza 178. 187.
+ -- v. Thüringen 186.
+ -- v. Wied 232 f.
+ Herodes 124.
+ Herodot 4. 6. 18. 39. 47.
+ Herrenhausen V. 278.
+ Hessen 151. 157. 188. 224. 229. 231. 257. 260. 281. 286.
+ 301. 313. 436.
+ -- Grh. 324. 337. 355. 375. 379. 391. 436.
+ -- Kf. 320. 324. 327. 336. 350. 360. 375. 377. 379. 436.
+ Hiero 50. 67. 87. 91.
+ Hildesheim 152.168. 321. 340.
+ Himera S. 41.
+ Hippias 36. 39.
+ Hippokrates 48.
+ Histiaios 20.
+ Hochkirch S. 287.
+ Höchst S. 254.
+ Höchstädt S. 273.
+ Hofer 329 f.
+ Hohenfriedeberg S. 284.
+ Hohenlinden S. 319.
+ Hohenlohe 325 f. 392. 396.
+ Hohenstaufen 167 f. 179 bis 190;
+ St. 181.
+ Hohenzollern 195. 359. 428–434;
+ St. 283.
+ Holbein 227.
+ Holland 189. 199. 205. 209. 242 f. 262. 268. 270. 272. 274.
+ 301. 314;
+ Kgr. 324. 331. 410.
+ Holstein 179. 184. 187. 216. 224. 255. 276. 341. 361. 373–375.
+ -- Gottorp H. 274. 277. 294. 295;
+ St. 293.
+ Homer 28.
+ Honorius Ks. 138. 141.
+ Horatius 76. 79. 122.
+ Hubertusb. F. 289.
+ Hugenotten 237–239.
+ Hugo Capet 169.
+ -- v. Francien 160. 169.
+ Humanisten 211. 226.
+ Humboldt 329. 365.
+ Hunnen 140. 142 f.
+ Hunyadi 218.
+ Hus, Hussiten 204 f. 428.
+ Hutten 226. 228.
+ Hydaspes S. 61.
+ Hyder Ali 300.
+ Hypereides 63. 70.
+
+
+ ~I.~
+
+ Iconium 173. 174.
+ Idisiaviso S. 125.
+ Idstedt S. 362.
+ Ilerda Kapit. 114.
+ Illyrien 33. 57. 89. 94. 97. 330;
+ röm. Prov. 99. 111. 115. 122. 132. 135. 140.
+ Inaros 21. 44.
+ Independenten 249. 270.
+ Index 241.
+ Indien 15–17. 61. 65. 172. 219. 222. 300. 353. 368. 406. 410.
+ Ingelheim 155. 161. 168. 182.
+ Innocenz II. P. 79.
+ -- III. 176. 186.
+ -- IV. 188.
+ Inquisition 186. 215. 241.
+ Interim 233.
+ Interregnum 72. 74. 189. 426.
+ Invest.-Streit 166–168.
+ Ionier 6. 20. 23. 25. 31 f. 37. 42.
+ Ionische Inseln 240. 304. 316 f. 341.
+ Iphikrates 55.
+ Ipsos S. 64. 67.
+ Iran 15. 17. 172.
+ Irene Ks. 148.
+ Irland 192. 247 f. 270. 272. 353. 409.
+ Isaak Ang. Ks. 176.
+ Isabeau K. 209.
+ Isabella v. Kast. K. 214 f. 221. 241.
+ -- K. v. Sp. 351. 413.
+ Isagoras 37.
+ Islam 148. 195.
+ Island 171.
+ Issos S. 60.
+ Italien 32. 62. 66. 70. 84. 86. 89. 94. 98. 103. 119. 122. 134–138;
+ im M.-Alter 140. 142–145. 152 f. 155 f. 160–168. 171. 179.
+ 182–190. 198 f. 210 f.;
+ in der Neuzeit 235. 239 f. 273 f. 279. 284. 303 f. 315. 317.
+ 341. 345. 356. 362. 369.
+ -- Kgr. 157. 321. 370. 379. 411.
+ Italien, Kunst u. Lit. 211. 241
+ Iuba 115–117.
+ Ivry S. 233
+ Iwan III. Ks. 216
+ -- IV. 250
+ -- VI. 295 f.
+
+
+ ~J.~
+
+ Jacquerie 208.
+ Jagellonen 217. 250.
+ Jägerndorf 253 f. 280 f. 429.
+ Jakob I. K. v. E. 247.
+ -- II. 271.
+ -- d. Prät. 299 f.
+ Jakobäa 209.
+ Jakobiner 309. 312.
+ Jan de Witt 262 f.
+ Janitscharen 218. 251. 347.
+ Jankau S. 259.
+ Japan 22. 219. 223. 251. 368. 410. 420–423.
+ Jassy F. 297.
+ Jemappes S. 314.
+ Jena 233. 345;
+ S. 325.
+ Jérome Bonap. 326. 336.
+ Jerusalem 6. 11 f. 109. 130. 149.
+ -- Kgr. 174 f. 177.
+ Jesaja 12.
+ Jesuiten 231. 251 f. 303. 304. 339. 393. 403.
+ Joachim I. Kf. 429.
+ -- II. 232. 281. 429.
+ -- Friedrich 429.
+ Jobst v. Mähren 203. 428.
+ Johann K. v. Böhmen 197 f. 208.
+ -- II. K. v. Fr. 208.
+ -- Hz. v. Burgund 208 f.
+ -- ohne Land 193.
+ -- Kasimir K. v. Polen 250. 267.
+ -- Sobieski K. 266. 268.
+ -- XII. P. 160.
+ -- XXII. 198.
+ -- XXIII. 203.
+ -- Erzh. 329. 358 f.
+ -- Kf. v. Br. 429.
+ -- v. Leyden 231.
+ -- Parricida 197.
+ -- Albrecht Hz. v. Meckl. 395. 424. 437.
+ -- Friedrich Kf. 232. 252.
+ -- Georg Kf. 254. 256.
+ -- -- v. Jägerndorf 253 f.
+ -- -- Kf. v. Br. 429.
+ -- Sigismund Kf. 252, 430.
+ -- v. Werth 258 f.
+ -- Zapolya 230.
+ Johanna Grey 246.
+ -- K. v. Sp. 225. 241.
+ Johanniter 178. 219. 230. 242. 316. 320.
+ Joseph I. Ks. 272.
+ -- II. 289 f.
+ -- K. v. Sp. 324. 327.
+ Jourdan 314 f. 317.
+ Juan d’Austria 212. 243.
+ Juanschikai 422.
+ Juarez 371.
+ Juden 11 f. 19. 65. 130. 215.
+ Jugurtha 103.
+ Julia 110. 123 f.
+ Julianus Ks. 137.
+ Jülich 252. 290. 430.
+ Juli-Rev. 348.
+ Julius II. P. 240.
+ Jungfrau v. Orl. 209.
+ Justinian Ks. 144. 147.
+
+
+ ~K.~
+
+ Kabira S. 108.
+ Kairo 149. 172. 177. 316.
+ Kaiserslautern 182;
+ S. 314.
+ Kalabrien 121. 145. 162. 343.
+ Kalender 74. 116. 241. 311.
+ Kalifat 148 f. 171 f. 195.
+ Kalifornien 223. 302.
+ Kalisch 298;
+ B. 333.
+ Kalixtiner 205.
+ Kalmar. Union 216.
+ Kanada 238. 300.
+ Kandia 176. 210. 219. 240. 304.
+ Kant 291.
+ Kapitol 72. 80. 131.
+ Kapland 215. 244. 314. 331. 339. 406. 407.
+ Karl d. Dicke Ks. 156. 169.
+ -- d. Einf. K. 169.
+ -- d. Große Ks. 151–154.
+ -- d. Kahle Ks. 156 f. 169.
+ -- Martel 147. 150.
+ -- IV. Ks., 199–203. 428.
+ -- V. 228–234.
+ -- VI. 272–274. 278. 280.
+ -- VII. 281. 434.
+ -- I. K. v. E. 247 f.
+ -- II. 270.
+ -- V. u. VI. K. v. Fr. 208.
+ -- VII. 209.
+ -- VIII. 209. 235.
+ -- IX. 236.
+ -- X, 348.
+ -- IX. K. v. Schw. 249.
+ -- X. u. XI. 267 f.
+ -- XII. 274 f.
+ -- XIII. 330.
+ -- XIV. u. XV. 363.
+ -- I. K. v. Sp. 241.
+ -- II. 272.
+ -- III. 303.
+ -- IV. 315. 327.
+ -- Albert K. v. Sard. 356. 362.
+ -- v. Anjou 190. 196.
+ -- Aug. v. Weimar 291. 325. 437.
+ -- d. Böse 208.
+ -- v. Bourbon 229 f.
+ -- Eduard 299 f.
+ -- Erzh. 315. 317. 323. 329.
+ -- d. Kühne 206. 209.
+ -- v. Lothr. 266. 284. 286.
+ -- v. Rumänien 399. 414.
+ -- Theodor v. d. Pfalz 289 f.
+ -- Wilh. Ferd. v. Br. 313. 325. 437.
+ Karlowitz F. 266. 304.
+ Karlsbad Ko. 345.
+ Kärnten 103. 123. 157.
+ Hz. 162. 166. 196;
+ östr. 198. 225. 253.
+ Karolinger 150–158. 169;
+ St. 155.
+ Karthago 14 f. 19. 41. 67. 82. 87–89. 91. 93 f. 98. 102.
+ 117. 141. 149.
+ Kasimir K. v. Polen 216.
+ Kassander 64 f. 67.
+ Kastilien 171. 194. 215 f. 221. 273.
+ Katalaun. F., S. 142.
+ Katharina v. Aragon 245.
+ -- v. Medici 236 f.
+ Katharina I. Ks. v. R. 274. 294.
+ -- II., 295 f.
+ Katzbach S. 335.
+ Kaukasus 108. 297. 348. 369.
+ Kaunitz 285.
+ Keilschrift 7. 19.
+ Kelantan 409.
+ Kelten 15. 71. 111. 113.
+ Kepler 227. 252.
+ Kerkyra 31. 43. 47 f. 56.
+ Kesselsdorf S. 284.
+ Kiel 292. 371. 377. 394;
+ F. 337. 341.
+ Kiew 170. 195. 216.
+ Kimon 39. 43–45.
+ Kinderkreuzzug 176.
+ Kirchenstaat 145. 150. 151. 186. 211. 240. 304. 315. 320. 330.
+ 341. 362 f. 370. 381. 411.
+ Kleisthenes 33. 36 f.
+ Kleomenes 37–39. 68.
+ Kleon 48 f.
+ Kleopatra 116. 119 f.
+ Klissow S. 275.
+ Klopstock 285.
+ Klöster 145. 150. 151. 154. 163. 245. 290. 309. 321. 400.
+ Knidos 28;
+ S. 55.
+ Knox 247.
+ Knud d. Gr. 165. 170.
+ Koalitionskr. 313. 317. 323.
+ Koblenz 199. 307. 313. 337. 372.
+ Koburg H. 350. 401. 414. 415;
+ St. 352. 437.
+ -- Prinz 314.
+ Kodros 28. 33.
+ Kolberg Bl. 288. 326.
+ Kolin S. 286.
+ Köln, 124 f. 150. 152. 161. 179. 190. 200. 201. 230. 314;
+ Rchst. 224.
+ Erzb. 153. 160 f. 166. 183. 184. 189 f. 351;
+ Kf. 200. 206. 232. 252. 272. 274. 320.
+ Kolonien, griech. 13. 27 f. 31. 46. 62.
+ -- röm. 82–87. 89. 92 ff. 102. 117.
+ -- span. 222–224. 300. 301 f. 346. 413.
+ -- holl. 244. 314. 320. 331. 339.
+ -- engl. 246. 270. 274. 300 ff. 339. 353. 368. 406–410.
+ -- frz. 238. 262. 300. 331. 348. 354. 369. 403–405.
+ -- portug. 222 f. 346.
+ -- deutsche 395 ff. 423 ff.
+ -- belg. 410.
+ -- ital. 412.
+ Komnenen H. 172. 194.
+ Kong-fu-tse (Confucius) 22.
+ Kongostaat 395. 410.
+ Königgrätz S. 377.
+ Königsberg 179. 217. 267. 325 f. 332 f. 431;
+ V. 267. 327.
+ Königsgesetz 268.
+ Königsmark 260. 304.
+ Konkordat, frz. 236. 319. 331.
+ -- östr. 398.
+ -- Wiener 205.
+ -- Wormser 168.
+ Konkordienformel 252.
+ Konon 52 f. 55.
+ Konrad I. K. v. D. 157 f.
+ -- II. Ks. 164 f.
+ -- III. 174 f. 180.
+ Konrad IV. 189.
+ -- v. Hochstaden 190.
+ -- v. Marburg 188.
+ -- v. Masovien 178.
+ -- d. Rote 159 f.
+ -- v. Staufen 168. 179.
+ -- v. Wettin 180.
+ Konradin 190.
+ Konstantin d. Gr. 136 f. 145.
+ Konstantinopel 42. 136. 144. 147–149. 156. 173. 176. 218. 296.
+ 347. 365. 400.
+ Konstanz 150. 164, F. 184;
+ Konz. 203 f.
+ Konstanze 185.
+ Konsulat 75. 78 f. 81. 99. 122;
+ in Fr. 318.
+ Kontinentalsperre 326. 331.
+ Konvent 310–312.
+ Kopenhagen 201. 268. 275. 285. 327. 361. 411.
+ Kopernikus 227.
+ Koran 149.
+ Korea 251. 420. 422 ff.
+ Korfu 176. 210. 220, s. Ion. Inseln.
+ Korinth 26. 28. 31 f. 44. 47 f. 55. 59. 68 f. 72. 98. 117.
+ Körner 335. 364.
+ Koroneia S. 45. 55.
+ Korsika 14. 32. 88. 210. 303. 311.
+ Kosciuszko 298.
+ Kossuth 357 f.
+ Krakau 216. 267. 298. 341. 354.
+ Krannon S. 63.
+ Krateros 60. 62 f.
+ Krefeld S. 287.
+ Kreta 13. 23. 25. 28. 30. 107. 122. 415, vgl. Kandia.
+ Kreuzzüge 173–179.
+ Krim 31. 105. 108. 296.
+ Krimkrieg 366 f.
+ Krimisos S. 67.
+ Kritias 54.
+ Kroisos 15 f.
+ Kroton 32. 37. 94. 162.
+ Kulm S. 335.
+ Kunaxa S. 21. 54.
+ Kunersdorf S. 288.
+ Kurfürsten 196. 200. 224. 254. 256. 260. 266. 320.
+ Kurland 217. 249. 256. 268. 295 f. 298.
+ Kutschuck Kain. F. 296.
+ Kutusow 323–332.
+ Kylon 33 f.
+ Kyme 31. 76.
+ Kynoskephalä S. 56. 95.
+ Kypselos 32.
+ Kyrene 6. 14. 19. 31. 65. 107. 122. 143.
+ Kyros 11. 13. 15 f. 18 f.
+ -- d. jüng. 21. 52. 54.
+ Kythera 13. 49.
+ Kyzikos 31, S. 52.
+
+
+ ~L.~
+
+ Labiau V. 267.
+ Labienus 112. 116.
+ Lade S. 20.
+ Ladislaus 206. 218.
+ Laelius 93.
+ Lafayette 301. 307. 313.
+ Lagos S. 300.
+ La Hougue S. 265.
+ Laibach Ko. 345.
+ Lamartine 354. 364.
+ Lamischer Kr. 63.
+ Lancaster H. 212–214.
+ Landau 274. 340. 343.
+ Landfriede 165. 167. 188. 196. 200. 206. 224.
+ Landshut S. 288.
+ Langensalza S. 378.
+ Langobarden 124. 139. 144 f. 151.
+ Laon S. 338.
+ La Rochelle 193. 237. 239. 248.
+ La Rothière S. 337.
+ Lat. Kaisert. 176. 194.
+ Latiner 70 f. 77. 83. 87. 92. 102. 104.
+ Land 248.
+ Laudon 288. 297.
+ Lauenburg 184. 189. 200. 204. 224. 341. 373 f. 431.
+ Lausitz 158. 161. 163 f. 199. 202. 224. 254. 258. 286 f. 334.
+ 376. 427.
+ La Valette 242.
+ Law 305.
+ Lechfeld S. 160.
+ Leicester 193. 244.
+ Leipzig 203. 228. 285. 394;
+ S. 256. 259. 336.
+ Le Mans S. 310. 387.
+ Lenzen S. 158.
+ Leo I. P. 142.
+ -- III. 153.
+ -- IV. 156.
+ -- VIII. 160.
+ -- X. 241.
+ -- XIII. 393.
+ Leoben F. 315.
+ Leon Kgr. 171. 194.
+ Leonidas 40.
+ Leopold I. Ks. 263. 265.
+ -- II. 291. 313.
+ -- L K. d. Belgier 350.
+ -- II. 410.
+ Leopold v. Dessau 273. 280. 284. 432. 438.
+ -- v. Öst. 176. 198. 202.
+ Lepanto S. 240. 242.
+ Lepidus 115. 118 f.
+ Lesbos 20. 28. 33. 38. 42. 48. 115.
+ Lessing 285. 291.
+ Leuktra S. 56.
+ Leuthen S. 287.
+ Lexington S. 301.
+ Leyden 231. 244.
+ Licinische Ges. 81. 100.
+ Licinius Ks. 136.
+ Lidj Jeassu 412.
+ Liegnitz Hz. 195. 281. 429;
+ S. 288.
+ Liga 235. 252. 254.
+ Ligue 209. 237.
+ Ligurer 70. 93 f.
+ Ligurische Rep. 316. 321.
+ Limes 129. 134 f.
+ Lisaine S. 388.
+ Lissa S. 379.
+ Lissabon 194. 215. 303.
+ Litauen 217. 275. 298.
+ Livius 82. 122 f.
+ -- Drusus 102. 104.
+ Livland 217. 249. 268. 274. 276 f. 402.
+ Lobositz S. 286.
+ Lokrer 27. 32. 40. 44. 48. 59. 66 f.
+ Lollharden 212.
+ Lombardei 151. 188. 315 f. 356 f. 369.
+ Lombard. Städte 182 f. 188. 199.
+ London 200. 212. 246. 248. 270. 300. 321. 339. 363;
+ Ko. 347. 350. 373. 380;
+ V. 362.
+ Lothar Ks. 155 f.
+ -- v. Sachsen 168. 179.
+ Lothringen Hz. 157 bis 162. 165. 168. 173. 205 f. 224. 233;
+ an Frankreich 239;
+ wieder deutsch 260. 262–265;
+ an Frankreich 279. 343;
+ wieder deutsch 391. 438.
+ -- H. 284, St. 282.
+ Louis Bonap. 324. 331.
+ -- Nap. 322. 353–355.
+ Louisiana 262. 300. 302.
+ Löwen S. 157.
+ Lübeck 184. 187. 190. 200 f. 249 f. 320. 325. 337, F. 255.
+ -- Bistum 255. 292. 321.
+ Lucaner 70. 83 f. 92.
+ Lucian 131.
+ Lucian Bonap. 318. 322.
+ Lucka S. 197.
+ Lucretia 73.
+ Lucullus 108.
+ Ludov. Moro 235.
+ Ludwig d. Bayer 198 f. 428.
+ -- d. Deutsche 156.
+ -- d. Fromme 154 f.
+ -- d. Kind 157.
+ -- I. K. v. Bayern 347. 356. 364. 435.
+ -- II. 390. 435.
+ -- III. K. v. Fr. 169.
+ -- IV. u. V. 169.
+ -- VI. 191.
+ -- VII. 174 f. 191.
+ -- VIII. 191.
+ -- IX. 177. 191.
+ -- X. 207.
+ -- XI. 209.
+ -- XII. 235.
+ -- XIII. 238 f.
+ -- XIV. 261–265. 272 bis 274.
+ -- XV. 279. 305.
+ -- XVI 305–310.
+ -- (XVII.) 310. 312.
+ -- XVIII. 339.
+ -- d. Gr. K. v. Ung. 217.
+ -- v. Baden 265.
+ -- Philipp K. v. Fr. 314. 348. 353 f.
+ Lügenfeld S. 154.
+ Luise K. v. Pr. 326. 329.
+ -- v. Savoyen 230.
+ Lunéville F. 319.
+ Lusignan 174 f. 219.
+ Luther 227–230. 232;
+ Lutter a. B., S. 255.
+ Lützen S. 257. 334.
+ Lützower 334 f.
+ Luxemburg 197. 202. 205. 264 f. 290;
+ Grh. 340. 380. 410.
+ -- Marschall 265.
+ Luynes 238.
+ Lydien 15 f. 24. 33.
+ Lykurgos 29.
+ Lyon 123. 198. 311. 389;
+ Konz. 188.
+ Lysander 52. 54.
+ Lysimachos 63–66.
+
+
+ ~M.~
+
+ Macbeth 170.
+ Macchiavelli 241.
+ Macdonald 332. 335.
+ Mack 317. 323.
+ Mac-Mahon 369. 382 bis 384. 392. 403.
+ Madagaskar 404.
+ Madrid 273. 328. 337. 413;
+ F. 229.
+ Maecenas 122.
+ Magalhães 223.
+ Magdeburg 153. 161 f. 183. 190. 255 f. 258 f. 325. 337. 427. 429 f.
+ Magenta S. 369.
+ Mag. equitum 76. 80. 90. 115.
+ Magna Charta 193.
+ Magnesia 43;
+ S. 95.
+ Magyaren 157 f. 357. 398.
+ Mahdi 407.
+ Mähren 139. 156 f. 196. 202. 224. 259. 281. 287. 323. 376. 398.
+ Maifeld 147. 151. 342.
+ Mailand 89. 134 f. 137. 183–185. 198. 315. 356. 369.
+ -- Hz. 203. 210. 225. 229. 231 f. 234 f. 239. 274. 303. 340.
+ Mainz 124. 129. 163 f. 167 f. 184. 190. 257. 265. 337. 340. 378;
+ Bl. 314;
+ Rchst. 188.
+ -- Erzb. 151. 160. 190. 196. 206. 227;
+ Kf. 200. 206. 224. 320.
+ Majestätsbrief 253.
+ Majordomus 147. 150.
+ Makedonien 20. 38. 49. 53. 56–59. 63 f. 66–68. 91;
+ röm. Prov. 98. 110. 118. 122. 123. 135;
+ in der Neuzeit 415.
+ Makedon. Kr. 91. 94 f. 96 f.
+ -- Ks. 172.
+ Makkabäer 65. 109.
+ Malakka 223. 409.
+ Malmö 201;
+ W. 361.
+ Malplaquet S. 273.
+ Malta 178. 242.
+ Mamelucken 177. 195.
+ Mamertiner 87.
+ Mandschudynastie 251. 422.
+ Manfred 189 f.
+ Manlius Cap. 80.
+ -- Torquatus 82 f.
+ Mansfeld 253–255.
+ Manteuffel Min. 360.
+ -- Gen. 375. 378. 386–389. 392
+ Mantineia S. 50. 57.
+ Mantua 239. 272 f. 279. 330. 369;
+ Bl. 315.
+ Manuel K. v. Port. 414.
+ Marathon S. 39.
+ Marbod 124 f.
+ Marburg 188. 230.
+ M. Aurelius Ks. 130 f.
+ Marcellus 91 f.
+ Marchfeld S. 196.
+ Marco Polo 195. 221.
+ Mardonios 38. 41 f.
+ Marengo S. 319.
+ Margarete v. Anjou 212. 214.
+ -- v. Dn. 215 f.
+ -- Maultasch 198.
+ -- v. Navarra 231.
+ -- v. Parma 242.
+ -- v. Valois 237.
+ Maria v. Burgund 206. 225.
+ -- d. Kathol. 245 f.
+ -- v. Medici 238.
+ -- Stuart 235. 246 f.
+ -- v. Ungarn 225.
+ -- Theresia v. Öst. 278 bis 282. 284 f. 289 f.
+ -- -- v. Sp. 262. 265.
+ Marie Ant. 305. 311.
+ -- Louise v. Ö. 331. 338.
+ Marienburg 179. 217.
+ Marignano S. 235.
+ Marius 103–105.
+ Markomannen 131. 146.
+ Marlborough 273. 298.
+ Marokko 245. 405. 409. 413 f.
+ Marschall v. Sachsen 284.
+ Marsischer Kr. 104.
+ Mars-la-Tour S. 383.
+ Martin V. P. 204.
+ Masaniello 241.
+ Masséna 317. 329.
+ Massilia 32. 66. 89. 101. 114.
+ Massinissa 92 f. 97.
+ Mathilde v. Tuse. 167. 179.
+ Mathild. Güter 168. 179. 186.
+ Matthias Ks. 253.
+ -- Corvinus 206. 218.
+ Maupertuis S. 208.
+ Mauretanien 103. 116. 126. 171.
+ Mausoleum 69.
+ Maxen Kapit. 288.
+ Maxentius Ks. 136.
+ Maximilian I. Ks. 206. 224 f. 228. 239.
+ -- II. 252.
+ -- Hz. v. Bayern 252. 254. 257.
+ -- K. v. Bayern 324. 435.
+ -- Ks. v. Mexiko 371.
+ Max Joseph Kf. v. Bayern 284. 289.
+ Mayenne 238.
+ Mazarin 261 f.
+ Mazeppa 275.
+
+ Mecklenburg 180. 183. 187. 224. 231. 255. 260. 276. 333;
+ Grh. 351. 378. 391. 436 f.
+ Meder 9 f. 15. 17–20.
+ Medici 211. 240 f. 279.
+ Megakles 34. 36.
+ Megalopolis 56. 68.
+ Megara 28. 31. 33. 44. 48. 68.
+ Mehemed Ali 347. 353.
+ Meißen 158. 161. 179. 188 f. 196 f. 255. 435.
+ Mélac 265.
+ Melanchthon 227. 230. 232.
+ Melilla 405. 413 f.
+ Menelik 412.
+ Menorka 274. 301.
+ Menschikow 269. 276. 294. 365 f.
+ Merowinger 143. 145 bis 147.
+ Merseburg 158. 161. 180. 255.
+ Mersen V. 156.
+ Missolunghi 347.
+ Mesopotamien 6. 60. 113;
+ röm. Prov. 129–132. 135.
+ Messalina 126.
+ Messana 31. 87. 99.
+ Messenien 28. 56. 58. 69.
+ Messen. Kr. 32. 43.
+ Messina 363. 412.
+ Metaurus S. 93.
+ Metternich 329. 334. 340. 345. 355.
+ Metz 145. 167. 175. 200;
+ an Frankreich 233. 236. 260. 264. 380 f. 384;
+ wieder deutsch 386. 391. 438.
+ Mexiko 223. 302. 346. 370 f. 418.
+ Michelangelo 241.
+ Milan 399. 414.
+ Milet 15. 20. 28. 31. 38. 42. 51. 60.
+ Milo 85. 113.
+ Miltiades 36. 39.
+ Ming-Dynastie 219.
+ Minden 152. 255. 260. 430;
+ S. 287.
+ Mirabeau 307. 309.
+ Mithradates 105. 108 f.
+ Möckern S. 333. 336.
+ Modena 118. 210. 239. 271. 315. 341. 370.
+ Mohacz S. 230. 266.
+ Mohammed 148 f. 416.
+ Moldau 219. 275. 296. 346. 367.
+ Mollwitz S. 281.
+ Moltke 373. 376. 382. 384.
+ Mönchsorden 145. 178. 411.
+ Mongolen 22. 140. 148. 194 f. 216.
+ Monk 270.
+ Monmouth 271.
+ Monroe 346. 371.
+ Montecuccoli 263. 266.
+ Montenegro 399 f. 414.
+ Montereau 209;
+ S. 338.
+ Montesquieu 305.
+ Montmartre S. 338.
+ Montmirail S. 337.
+ Montmorency 239.
+ Morea 176. 219. 304. 347.
+ Moreau 315. 319. 321.
+ Morenga 425.
+ Morgarten S. 198.
+ Moritz v. Or. 244.
+ -- v. Sachsen 232 f. 435.
+ Morosini 304.
+ Mösien 123. 134. 140.
+ Moskau 195. 216. 251. 269. 275. 294. 332.
+ Mucius Scaevola 76.
+ Mühlberg S. 232.
+ Mühldorf S. 198.
+ Muley Hafid 405.
+ Mummius 98.
+ München 190. 257. 284. 319. 356. 364. 434 f.
+ Münchengrätz S. 376.
+ Munda S. 117.
+ Municipien 86. 116.
+ Münnich 294 f.
+ Münster 152. 231. 262. 321. 434;
+ F. 260.
+ Münzwes., griech. 32. 34. 64.
+ -- röm. 74.
+ Murat 323 f. 327. 341. 343.
+ Murten S. 206.
+ Mutina 89. 94;
+ S. 118.
+ Mutsuhito 368.
+ Mykale S. 42.
+ Mykenä 23–25. 27.
+ Mylae S. 87.
+ Mytilene 28. 33. 48 f. 52. 109.
+
+
+ ~N.~
+
+ Nabis 69. 95.
+ Nabukudrossor 8. 10. 13.
+ Nachod S. 376.
+ Naevius 121.
+ Näfels S. 202.
+ Nantes, Edikt 238. 264.
+ Napoleon I. 311 f. 315 f. 318–343.
+ -- III. 353. 355. 365–371. 377. 380–384. 403.
+ Narses 144 f.
+ Narvaez 351. 363.
+ Narwa S. 275.
+ Nassau 196. 242. 324. 378 f. 410.
+ Naukrarien 35. 39.
+ Naukratis 6. 31.
+ Naupaktos 28. 44. 48.
+ Navarin S. 347.
+ Navarra 171. 207. 211. 229. 231. 236–238.
+ Navig.-Akte 270.
+ Neapel 31. 83. 145. 185. 189.
+ -- Kgr. 185. 187. 211. 225. 235. 241. 273 f. 279. 305. 315. 317.
+ 324. 327. 341. 343. 345. 363. 370.
+ Necker 307. 309.
+ Neerwinden S. 265. 314.
+ Nelson 317. 323.
+ Nero Ks. 126 f.
+ Nerva Ks. 129.
+ Neuchâtel 274. 323 f. 340 f. 367. 432 f.
+ Neupers. Reich 133. 135. 137. 144. 149.
+ Neustrien 146 f. 155.
+ Newton 272.
+ New-York 270. 301. 344.
+ Nicäa 137. 174. 176. 218;
+ Konz. 136.
+ Niederlande 206. 225. 251.
+ -- span. 242–244. 262. 265.
+ -- österr. 225. 274. 284. 290.
+ -- Rep. 242–244. 260. 263. 314.
+ -- Kgr. 340. 349. 363. 410.
+ Niger 302. 404. 407.
+ Nika in Konst. 147.
+ Nikias 48. 50.
+ Nikita 399. 414.
+ Nikolaus I. P. 156.
+ -- II. 166.
+ -- V. 211.
+ -- I. Ks. v. R. 347. 357. 360. 365 f.
+ -- II. 402.
+ Nikolsburg W. 377.
+ Nikomedes 66.
+ Nikomedia 66. 135 f.
+ Nikopoli S. 218.
+ Nimwegen 154. 164;
+ F. 263.
+ Ninive 8–10;
+ S. 60.
+ Nisib S. 353.
+ Nizza 313. 315. 370;
+ W. 231.
+ Nobilität 81. 96. 99.
+ Nogi 423.
+ Noisseville S. 384.
+ Nola 105. 125;
+ S. 91.
+
+ Nordamer. Kr. 300 bis 302. 331. 416 f.
+ Norddeutscher Bund 325. 380. 382. 390.
+ Nordische Konv. 319 f.
+ Nord. Krieg 274–277.
+ Nördlingen S. 258.
+ Nordmark 161. 180. 427.
+ Normannen 153. 156 f. 170 f. 173. 192.
+ Norm. K. in E. 192.
+ Norwegen 170. 215 f. 234. 250. 276. 332. 337. 341. 364. 411.
+ Notion S. 52.
+ Novara S. 235. 356.
+ Novi S. 318.
+ Nowgorod 170. 201. 216.
+ Numantia 100.
+ Numidien 91–93. 98. 103. 116.
+ Nürnberg 182. 190. 201. 206. 226. 234. 257. 289. 320. 324. 378;
+ F. 230;
+ Rchst. 196.
+ -- Burggrafen 196. 203. 224. 428.
+ Nystadt F. 277.
+
+
+ ~O.~
+
+ Octavian 118–125.
+ Odessa 297. 346.
+ Odo v. Paris 169.
+ Odovakar 138. 143.
+ Ofen 232. 266. 357.
+ Oinophyta S. 44.
+ Oldenburg 216, Hz. 268. 292. 321. 331. 336, Grh. 351. 361. 437.
+ Oliva F. 268. 431.
+ Olmütz 287. 313. 377;
+ V. 360.
+ Olympia 30. 43. 46. 69. 138.
+ Olympias 64. 66.
+ Olynth 31. 55. 57 f.
+ Omar 149.
+ Omaijaden 149 f.
+ Onomarchos 57.
+ Optimaten 81. 90. 101 f. 105 f. 110. 114.
+ Orchomenos 23. 26, S. 105.
+ Orléans 112. 142. 145;
+ S. 386.
+ -- Hz. 208 f. 239. 264. 305. 310. 314. 348, St. 349.
+ Orlow 295–297.
+ Osmanen 218, s. Türken.
+ Osnabrück 152. 200. 321;
+ F. 260.
+ Ostende Bl. 244.
+ Österreich Hz. 162. 180. 182. 196. 198. 202. 225.
+ -- Kaisert. 272. 278–281. 284–291. 295–298. 313
+ bis 320. 323–325. 329
+ bis 332. 334–343. 345. 351. 354–358. 360. 362 f. 365 f. 369–379.
+ 395 bis 399. 401 f. 413–415. 420.
+ Ostfriesland 281. 284. 340. 432.
+ Ostgoten 140–144.
+ Ostindien 222. 300. 368.
+ Ostind. Komp. 244. 246. 300. 368.
+ Ostmark 161. 165. 427.
+ Ostrach S. 317.
+ Ostrakismos 37. 39. 43 f. 50.
+ Ostrolenka S. 350.
+ Oström. Reich 138. 140. 144. 147 f. 153. 172 f. 176. 194. 218.
+ Ostseeprov. 217. 234. 251. 256. 276 f. 294. 401.
+ Otho Ks. 127.
+ Otto I. Ks. 159–161.
+ -- II. 162.
+ -- III. 162 f.
+ -- IV. 186.
+ -- K. v. Griechenland 347.
+ -- v. Bamberg 179.
+ -- v. Nordheim 166.
+ -- v. Wittelsbach 182. 184.
+ -- -- Pfalzgr. 186.
+ Ottokar 196.
+ Oudenarde S. 273.
+ Ovidius 122.
+ Oxenstierna 257.
+ Oxford 212. 248. 303.
+
+
+ ~P.~
+
+ Paläologen 176. 194.
+ Palästina 5. 11. 13. 19. 65. 109. 128. 173–175. 177.
+ Palermo 185. 190. 317. 324. 370.
+ Palmerston 350. 353. 366.
+ Palmyra 134.
+ Panamakanal 418.
+ Pannonien 124. 135. 139. 142–144.
+ Panormus 41, S. 88.
+ Pantheon 123.
+ Paoli 304.
+ Papirius Garbo 101. 103.
+ -- Cursor 84.
+ Papsttum 145. 156. 158. 160. 166. 173. 177. 186. 196. 207. 211.
+ 227 f. 231. 236. 245. 315. 330 f. 339. 362 f. 370 f. 411 f.
+ Paris 112. 145. 150. 157. 162. 169. 192. 199. 203. 208. 236–238.
+ 261. 306
+ bis 312. 319. 321. 324. 348. 353 f. 385;
+ F. 300. 339. 343. 367. 418;
+ S. 338;
+ Bl. 157. 389 f. 392 f.
+ Parlament in E. 193. 211 f. 247 f. 348. 353. 409 f.
+ -- deutsches 358 f.
+ -- in Fr. 238. 261 f. 305. 308.
+ Parma 189. 239. 279. 284. 304. 319. 339. 341. 370.
+ Parmenion 60 f.
+ Parthenier 32.
+ Parthenon 46. 304.
+ Parth. Rep. 317.
+ Parther 17. 65. 113 f. 117. 119. 123. 130. 132 f.
+ Paschalis II. P. 168.
+ Paskjewitsch 347. 350. 366.
+ Passarowitz F. 278.
+ Passau 124, V. 233.
+ Patkul 274 f.
+ Patrizier 74. 76–79. 81. 109.
+ Paul IV. P. 241.
+ -- Ks. v. R. 317. 319.
+ Paulus 131.
+ Pausanias 42 f. 53. 59. 131.
+ Pavia 145. 151. 160. 183.
+ S. 229.
+ Pedro K. v. Aragon 190. 214.
+ -- Ks. v. Bras. 346. 417.
+ Peisistratos 35 f.
+ Peking 195. 368. 420 f.
+ Pelopidas 56.
+ Peloponnes 25. 28. 32 f. 40. 59. 69. 140. 304.
+ Pelop. Kr. 44. 47–53.
+ Pelusium S. 6.
+ Perdikkas 54. 60. 63.
+ Pergamon 66. 69. 94 bis 97. 101.
+ Periander 32. 38.
+ Perikles 44–48.
+ Periöken 29. 40.
+ Perserkr. 38–46.
+ Perseus 24. 66. 96 f.
+ Persien 17–21. 33. 51
+ bis 55. 60–62. 133 bis 135. 137. 144. 172. 218 f. 278. 348.
+ 402 f. 409. 419.
+ Peru 223. 346. 417.
+ Pest 357. 398.
+ Peter v. Amiens 173.
+ -- d. Gr. 269. 271–278. 294.
+ -- II. 294.
+ -- III. 288. 295.
+ -- K. v. Ung. 165.
+ -- v. Vinea 189.
+ Petersburg 275. 292. 295. 400.
+ Pet. of rights 247.
+ Petrarca 211.
+ Petreius 110. 111.
+ Pfalzen in D. 154. 161. 165. 182.
+ Pfalz Kf. 182. 186. 189. 200. 206. 224. 234. 252. 254 f. 260.
+ 264 f. 289. 320. 434 ff.
+ Pfalz-Zweibrücken H. 250. 267. 290.
+ Pfälzischer Kr. 253. 264.
+ Pharnabazos 52.
+ Pharnaces 109. 116.
+ Pharsalus S. 115.
+ Pheidon 32.
+ Phidias 46.
+ Philipp II. v. Mak. 57
+ bis 59.
+ -- V. 66. 68. 91. 94–96.
+ -- v. Schwaben 186.
+ -- I. K. v. Fr. 169. 191.
+ -- II. 175. 191.
+ -- III.–VI. 207.
+ -- II. K. v. Sp. 235. 242
+ bis 244.
+ -- III. u. IV. 244.
+ -- v. 272–274.
+ -- Hz. v. Burg. 205. 208 f.
+ -- v. Hessen 229. 231
+ bis 233. 436.
+ -- v. Orl. 305. 308. 310.
+ -- v. Öst. 225. 241.
+ Philippi S. 119.
+ Philippinen 223. 242. 300, 418.
+ Phil. Arabs Ks. 133.
+ Philokrates F. 58.
+ Philopoimen 69.
+ Philotas 61.
+ Phöbidas 55.
+ Phokäa 14. 28. 32.
+ Phokier 31. 44. 48.
+ Phokion 63. 67.
+ Phöniker 13 f. 19. 21. 45. 60.
+ Phrygien 15. 54. 60. 63. 65 f.
+ Phylen 26. 36.
+ Piasten 216.
+ Piccolomini 205. 258.
+ Pillnitz B. 313.
+ Pindar 38. 59.
+ Pippin 147. 150. 153 bis 155. 211.
+ Pirna Kapit. 285.
+ Pisa 171 f. 198. 210.
+ Konz. 203.
+ Pitt 299 f.
+ -- d. j. 300. 320 f.
+ Pittakos 38.
+ Pius II. P. 205.
+ -- VI. 290. 316.
+ -- VII. 319. 321. 330 f. 339.
+ -- IX. 362. 393.
+ -- X. 412.
+ Pizarro 223.
+ Placidia 138. 141.
+ Plantagenet H. 192 f. 211 f.
+ Platää 39 f. 48, S. 42.
+ Platon 54. 67. 69;
+ Plautus 121.
+ Plebejer 74. 76–82. 111.
+ Plewna Bl. 400.
+ Plinius 128. 131.
+ Plutarch 131.
+ Poitiers S. 150.
+ Polen 156. 163 f. 182. 195. 350. 369. 397, Kgr. 216 f. 249 f.
+ 267–269. 274 bis 277. 294–298. 332. 311. 402. 429 ff.
+ Pollentia S. 140.
+ Polybios 70. 82. 97.
+ Polykrates 6. 36.
+ Pombal 303.
+ Pommern 179 f. 224. 231. 255. 259 f. 264. 276 f. 286. 327.
+ 340. 428–433.
+ Pompadour 285. 305.
+ Pompeji 106. 128.
+ Pompejus Cn. 106–108. 110. 113–115.
+ -- S. 116. 119.
+ Poniatowski 296. 298. 336.
+ Pontifices 72. 81. 120.
+ Pontus Kgr. 66. 105,
+ röm. Prov. 108. 116.
+ Porsenna 76.
+ Portugal 194. 215. 222. 245. 273. 303. 327. 331. 346. 363. 414.
+ Posen 298. 226. 340. 395. 432. 434.
+ Poteidaia 33. 48. 57.
+ Potemkin 297.
+ Prag 158. 162. 199. 203 bis 205. 252 f. 284. 334. 377. 398;
+ F. 258. 379. 430;
+ Ko. 334. 356, S. 254. 286.
+ Pragm. Sanktion 278. 281. 284.
+ Prätoren 81. 98. 107.
+ Prätorianer 122. 126. 132. 137.
+ Praxiteles 69.
+ Presbyterianer 246. 249.
+ Preßburg 266. 281. 377;
+ F. 206. 323.
+ Preußen 162. 178. 217. 225.
+ Hz. 229. 267. 429 f.
+ -- Kgr. 267. 276 f. 279 bis 281. 284–291. 296–299. 313 f. 317.
+ 321. 323–343. 351. 353. 355 f. 359–367. 371–397. 429–434.
+ Probus Ks. 134.
+ Proskriptionen 106. 118.
+ Protestanten 230. 233. 236. 246. 251. 264.
+ Provence 143. 156. 191. 196. 209. 307.
+ Pruth F. 275.
+ Prytanen 36. 52.
+ Psametik 6. 33.
+ Ptolemäer 64. 115 f.
+ Ptolemaios 9. 131.
+ Pultawa S. 275.
+ Pultusk S. 275. 326.
+ Pulververschw. 247.
+ Panische Kr. 87–94. 97 f.
+ Puritaner 246 f.
+ Pydna 57, S. 97.
+ Pylos 25. 27. 49.
+ Pyramiden 4, S. 316.
+ Pyrenäen 89. 92, F. 262.
+ Pyrrhos 85 f.
+ Pythagoras 38.
+
+
+ ~Q.~
+
+ Quästoren 75. 80 f. 106.
+ Quatre-Bras S. 342.
+ Quebec 238, S. 300.
+ Quedlinburg 158. 285. 321. 432.
+ Quibéron S. 300.
+ Quintilian 131.
+
+
+ ~R.~
+
+ Raab 152 f., S. 329.
+ Radagais 140.
+ Radetzki 356.
+ Raffael 240.
+ Raimund v. T. 173. 191.
+ Rainald v. Dassel 182 f.
+ Ramillies S. 273.
+ Rastatt 340. 359, F. 274;
+ Ko. 316 f.
+ Raucoux S. 284.
+ Ravenna 114. 125. 141. 143–145. 151. 163, S. 235.
+ Recknitz S. 160.
+ Reformation 227–234. 246. 249 f. 429. 436.
+ Ref. Kirche 234. 237 f. 260. 430. 433.
+ Regensburg 124. 151 f. 154. 174 f. 190. 201. 257. 320. 329. 435;
+ W. 204;
+ Rchst. 232. 266. 320.
+ Regillus S. 77.
+ Regulus 87.
+ Reichenbach V. 291, 334.
+ Reichsdep. H. 320.
+ Reichsgericht 394.
+ Reichskammergericht 224. 266. 289.
+ Reichsstädte 190. 201 f. 224. 266. 320.
+ Reims 143. 154. 169. 209, 384. 387.
+ Rembrandt 245.
+ Renaissance 211.
+ René v. Anjou 205. 209.
+ Rense 202, V. 199.
+ Requesens 243.
+ Restitutionsedikt 255.
+ Reuchlin 226.
+ Reunionen 264.
+ Reutlingen S. 202.
+ Revol., engl. 248 f. 269 f.
+ -- frz. 306–313. 348. 354;
+ Rheinischer B. 189. 201 f;
+ Rheinbund 266. 324. 333. 337
+ Rhodus 13. 23. 28. 56 f. 64. 66. 96 f. 109. 124. 178. 219. 230.
+ Richard v. Cornw. 189.
+ -- Löwenherz 175 f. 193.
+ -- II. 212.
+ -- III. 214.
+ Richelieu 238 f. 256. 258.
+ Richmond S. 416 f.
+ Ricimer 138.
+ Ried V. 336.
+ Rienzi 211.
+ Rifkabylen 405. 413.
+ Riga 217. 275. 332.
+ Ritter, athen. 34, röm. 74. 84. 102. 104.
+ Ritterorden 178. 194. 215. 217. 320. 429.
+ Rittertum 177. 182. 186. 191. 221. 228.
+ Robert Guisc. 168.
+ -- v. d. Norm. 169. 173.
+ Robespierre 309–312.
+ Rocroy S. 261.
+ Roeskild F. 268.
+ Roger 171. 179.
+ Roland 152.
+ Rom 70–86. 90 f. 94. 96. 100–103. 105 f. 110. 115. 117 f. 120–124.
+ 127 bis 130. 132. 134–136, im
+ Mittelalter 141. 144 f. 150. 153. 155. 160–164. 167. 179. 182 f.
+ 185. 188. 198 f. 205. 211, in der
+ Neuzeit 227. 229. 240 f. 316. 331. 339. 363. 370. 381. 411.
+ Romanow H. 251. 269.
+ Römische K. 71–74.
+ -- Ks. 121–138.
+ Röm. Gerichtswesen 74 f. 107. 117.
+ -- Heerwesen 74. 82. 122. 124. 132.
+ -- Lit. 121. 122. 131.
+ -- Prov. 88. 94. 99. 102. 108. 122. 126. 135. 136.
+ -- Recht 78 f. 130. 147. 225.
+ -- Rep. 75. 81. 100. 106. 118. 125. 316 f. 363.
+ Rosen, Kr. der 212.
+ Roßbach S. 287.
+ Rousseau 306.
+ Rubens 245.
+ Rudolf v. Burg. 157. 164 f.
+ -- v. Hahsb. 195 f.
+ -- II. Ks. 252 f.
+ -- v. Schwaben 166. 167.
+ Rügen 215. 263. 276 f. 327. 340. 374. 382.
+ Rumänien 129. 139. 367. 399–401. 414.
+ Ruprecht v. d. Pfalz 202.
+ Rurik H. 170. 216. 250.
+ Rußland 170. 195. 216. 250 f. 269. 274–278. 292. 294–298.
+ 317–320. 323
+ bis 325. 331–343. 347 f. 350 f. 357. 361. 365 bis 367.
+ 375. 399–403. 414
+ bis 416. 419–423.
+ Ryswijk F. 265. 274.
+
+
+ ~S.~
+
+ Saarbrücken 383.
+ Sabiner 71 f. 77. 85.
+ Sachsen 139. 142. 150 bis 153.
+ -- Hz. 158–161. 165 bis 168. 180 f. 182–184. 187. 189.
+ 227. 231. 435. 437.
+ -- Kf. 200. 204. 224. 227 f. 232. 250 f. 254–258. 266. 275.
+ 284–289. 291. 325. 435.
+ -- Kgr. 326. 333 f. 336. 340. 350. 360. 376. 379. 391. 435.
+ Sachsenspiegel 189.
+ Sächsische Ks. 158–163.
+ -- K. in E. 169 f.
+ Sagunt Bl. 89.
+ Saladin 175.
+ Salamis 34, S. 41. 45.
+ Salische Franken 139. 143.
+ -- Ks. 164–168.
+ Salisches Gesetz 146. 207.
+ Salzburg 151. 153. 320. 324. 340. 432.
+ Samarkand 172. 218. 369. 401.
+ Samniten 70. 82–86. 91. 106.
+ Samoa-Inseln 397. 407. 418. 426.
+ Samos 20. 28. 33. 36 f. 51.
+ Sancho d. Gr. 171.
+ S. Germano F. 187.
+ St. Gotthard S. 266.
+ St. Jakob S. 205.
+ S. Stefano F. 400.
+ S. Vincent S. 301.
+ St. Germain F. 263.
+ St. Privat S. 384.
+ St. Quentin S. 236. 387.
+ Sansibar 407. 425.
+ Saragossa 194. 214, Bl. 152. 328.
+ Saratoga Kapit. 301.
+ Sardes 15. 20. 38. 40. 52.
+ Sardinien 14. 88. 122. 210. 274.
+ -- Kgr. 277. 313. 315. 317. 339. 345. 356. 362. 366. 369.
+ Sasbach S. 263.
+ Sassaniden 17. 133. 147.
+ Saturninus 104.
+ Savonarola 240.
+ Savoyen 210. 240. 253. 272. 274. 278. 313. 339. 343. 370.
+ Scharnhorst 326.329.334.
+ Schießpulver 221.
+ Schill 326. 330.
+ Schiller 291.
+ Schipka-Paß 400.
+ Schlesien 182. 199. 202. 224. 255. 257. 280. 284
+ bis 289. 325. 334. 376. 432.
+ Schlesische Kr. 280. 284. 285.
+ Schleswig 158. 165. 255. 276 f. 292, 373.
+ -- -Holstein 217. 250. 268. 360 f. 372–374. 379. 433
+ Schmalkald. B. 230.
+ -- Kr. 232.
+ Scholastik 178.
+ Schönbrunn 324, V. 323.
+ Schonen 201. 215. 268.
+ Schottland 142.170. 212 f. 245. 247–249. 270. 299 f.
+ Schwaben Hz. 158–160. 164 f. 167. 180. 183. 186. 189. 196. 435.
+ Schwab. Bund 206. 226. 231.
+ Schwarzenberg, brdb.
+ Min. 430.
+ Schwarzenberg, östr.
+ Gen. 332. 334. 337–338.
+ -- östr. Min. 360.
+ Schwarzer Tod 199.
+ Schweden 154. 170. 215. 234. 249 f. 256–261. 263. 267 f. 274–277.
+ 286. 323. 327. 332. 334. 337. 341. 363. 411. 431.
+ Schweiz 142. 195. 197. 199. 202. 205. 225. 227. 260. 316 f. 320.
+ 341. 354. 367. 388. 411.
+ Schwerin, Gen. 281. 286.
+ Schwiebus 281. 431.
+ Scipio 84. 89–91, St. 97.
+ -- Afr. 90. 92–94. 96 f. 121.
+ -- Aemil. 98. 100 f.
+ Sebastian K. v. Port. 245.
+ Secessio pl. 77. 79.
+ Sedan S. 384.
+ Seeneutralität 297. 319.
+ Seeräuber Kr. 107 f.
+ Seisachtheia 34.
+ Seldschuken 173. 174.
+ Seleukiden 65.
+ Sellasia S. 68.
+ Sempach S. 202.
+ Sena Gallica 85. S. 93.
+ Senat 72. 76. 81. 86 f. 91. 96 f. 101–107. 110 f. 113 f. 117 f.
+ 122. 125. 130. 135.
+ -- frz. 318. 321. 338. 355. 403.
+ Seneca 127. 131.
+ Seneffe S. 263.
+ Sentinum S. 85.
+ Septim. Sev. Ks. 132.
+ Serbien 148. 172. 218. 347. 399–401. 414.
+ Sertorius 107.
+ Serv. Tullius 72 f.
+ Sebastopol Bl. 366 f.
+ Seydlitz 287 f.
+ Sforza H. 210. 229. 235.
+ Shakespeare 246.
+ Siam 368. 404. 409. 420.
+ Sibirien 250. 295 f. 402.
+ Sicilien 13 f. 31. 41. 50. 67 f. 87;
+ röm. Prov. 88. 92. 98. 115. 119. 122;
+ im Mittelalter 144. 156. 175;
+ in der Neuzeit 305. 324. 363. 370.
+ -- Kgr. 171. 186. 190. 211. 274. 279. 342.
+ Sickingen 228.
+ Siebenbürgen 129. 217. 230. 250. 254. 266. 357.
+ Siebenj. Kr. 285–289.
+ Sieben Weise 38.
+ Sievershausen S. 233.
+ Sigismund Ks. 203 f. 217 f. 428.
+ -- K. v. Polen 250 f.
+ Silvester II. P. 163.
+ Simon v. Montfort 191. 193.
+ Simonie 166.
+ Sirmium 129. 135 f.
+ Sixtus V. P. 241.
+ Sklavenkr. 100. 107.
+ Skopas 69.
+ Skythen 10. 15. 18. 20. 61.
+ Slaven 15. 139. 142. 152. 156. 170.
+ Sluys S. 207.
+ Soissons 145. 150. 154. 232. 385, S. 143.
+ Sokrates 47. 53. 54.
+ Solferino S. 369.
+ Soliman 219. 230–232. 251.
+ Solon 34 f.
+ Soor S. 284. 370.
+ Sophisten 47. 50.
+ Sophokles 47.
+ Sophoniba 93.
+ Sorbonne 192.
+ Sozialdemokr. 393.
+ Spanien 13. 32. 88. 91 bis 93;
+ röm. Prov. 94. 98 f. 106. 110. 113. 114. 117. 122 f. 127.
+ 129. 134. 135;
+ im Mittelalter 141 f. 144. 150. 152. 171. 194.
+ -- Kgr. 214. 221. 225. 234. 241–245. 254. 261 f. 270. 278.
+ 299. 303. 314. 315. 327 f. 331. 337. 341. 346. 351.
+ 363. 413 f.
+ Span. Erbf.-Kr. 272–274.
+ Sparta 24. 27–33. 37 bis 45. 47–50. 68. 95.
+ Spartacus 107.
+ Speier 165. 168. 190. 196. 201. 224. 382, Rchst. 229 f.
+ Spichern S. 383.
+ Spinoza 244.
+ Städtebünde, griech. 28. 33. 43. 45.
+ -- deutsche 200–202.
+ Stadtlohn S. 254.
+ Stanislaus Lesc. 275 f. 279 f.
+ -- Poniat. 296. 297.
+ Stanley 407.
+ Stedinger 188.
+ Steiermark 123. 184. 196. 225. 253.
+ Stein 328. 337. 364.
+ Sten Sture 216.
+ Stephan II. P. 150.
+ -- Bathory 250.
+ Stephan v. Blois 192.
+ -- d. Heilige 163. 217.
+ Stettin 256. 260. 264. 276 f. 325. 327. 337. 396. 431 f.
+ Stilicho 138. 140 f.
+ Stockholm 202. 215. 249. 294, F. 277.
+ Stössel 423.
+ Stoiker 70. 131.
+ Strafford 248.
+ Stralsund 190. 264. 327. 330. 431, Bl. 255. 276;
+ F. 201.
+ Straßburg 150. 155. 190, 201. 231 f. 252. 260;
+ an Frankr. 264. 343. 353;
+ wied. deutsch 385. 438.
+ Strelitzen 269.
+ Struensee 292.
+ Stuart H. 212. 245. 246 f. 270. 299.
+ Südamer. Rep. 346. 417.
+ Sueben 111. 124. 138 f. 141. 145.
+ Suez-Kanal 406. 409.
+ Suger 191.
+ Sulla 103–107.
+ Sully 238.
+ Sulpicius 105.
+ Sundzoll 250. 277. 368.
+ Susa 7 f. 10. 19 f. 45. 56. 60.
+ Sutri 165.
+ Suworow 297. 317 f.
+ Syagrius 143.
+ Sybaris 32. 37. 46.
+ Sybota S. 47.
+ Sykophanten 54.
+ Syphax 91. 93.
+ Syrakus 31. 37. 50. 67 f. 86 f. 92. 120.
+ Syrien 5. 8–10. 65. 95. 97;
+ röm. Prov. 108. 113. 118 f. 122 f. 125. 129. 132 f.;
+ im Mittelalter 149. 172. 219;
+ in der Neuzeit 317. 353.
+ Syrischer Kr. 95.
+ Szigeth 250.
+
+
+ ~T.~
+
+ Taboriten 205.
+ Tacitus 128. 131 f., Ks. 134.
+ Tagliacozzo S. 190.
+ Talavera S. 328.
+ Talbot 209.
+ Talleyrand 318. 338. 340.
+ Tanagra S. 44.
+ Tankred 165. 173.
+ -- v. Lecce 185.
+ Tannenberg S. 217.
+ Tarent 31. 66. 85 f. 92.
+ Targowitz 298.
+ Tarquinius 72 f. 75 f.
+ Tassilo 152.
+ Tasso 241.
+ Tauroggen V. 333.
+ Telegraph 344.
+ Teil 197.
+ Tempelherren 178. 207.
+ Terentius 121.
+ -- Varro 90. 114. 121.
+ Teschen 281, F. 290.
+ Testakte 270 f. 348.
+ Testri S. 147.
+ Teutob. Wald S. 124.
+ Teutonen 103 f.
+ Thales 15. 38.
+ Thapsus S. 116.
+ Theagenes 33.
+ Theben 3–5. 25. 26. 38. 40. 42. 48. 53–59. 67.
+ Themistokles 39–43.
+ Theoderich d. Gr. 143.
+ Theodosius Ks. 137. 140.
+ Theophano 162 f.
+ Theramenes 51. 53.
+ Thermopylä 58, S. 40. 67. 95.
+ Theron 37. 41.
+ Theseus 25 f.
+ Thessalien 27. 31. 40. 48. 55. 56. 68 f. 95. 115. 401.
+ Thessalonike 64. 98. 115. 137.
+ Thiers 353. 364. 385 f. 390.
+ Thomas v. Aquino 178.
+ -- Becket 192.
+ Thomasius 267.
+ Thorn 200. 227, F. 217.
+ Thrakien 20. 38. 45. 49. 52. 55. 57. 63. 95;
+ röm. Prov. 126. 140.
+ Thrasybulos 52. 54.
+ Thukydides 46 f. 49.
+ Thurii 46. 66. 85.
+ Thüringen 139. 145. 151. 158. 188. 233. 257. 286. 321.
+ 325. 435. 436. 438.
+ Thurn 253.
+ Tiberius Ks. 123–126.
+ Tibet 409.
+ Ticinus S. 90.
+ Tigranes 65. 108. 123.
+ Tilly 254–257.
+ Tilsit F. 326.
+ Timoleon 67.
+ Timur 218 f.
+ Tirol 196. 198. 200. 225. 273. 315. 329. 340.
+ Tissaphernes 51. 54.
+ Titus Ks. 128 f.
+ Tizian 241.
+ Togo 408. 423. 426.
+ Tököly 266.
+ Tolentino F. 315.
+ Tolosa 141. S. 194.
+ Tonking 404.
+ Torgau 337, S. 232. 288.
+ Tories 271. 299.
+ Torstenson 259.
+ Toskana (Tuscien) 166. 179. 210. 240. 279. 304. 317.
+ 319. 341. 362. 370.
+ Totila 144 f.
+ Toulouse 141. 173. 191;
+ S. 339.
+ Tours 154. 385, S. 150.
+ Trafalgar S. 323.
+ Trajan Ks. 129 f.
+ Transvaal 406. 407 f.
+ Trapezunt 31. 176.
+ Trasim. See S. 90.
+ Trautenau S. 376.
+ Travendal F. 275.
+ Trebia S. 90. 317.
+ Trelleborg 411.
+ Treuga Dei 169;
+ Tribunat 77–79. 101 f. 104–106. 117.
+ -- in Fr. 318. 321.
+ Tribur 157. 164.
+ Tribus 75. 77.
+ Trident. Konz. 232 f.
+ Trier 135. 150. 382, Erzb. 189. 196, Kf. 200. 224. 228. 264. 320.
+ Trierarchie 39.
+ Trifanum S. 83.
+ Trifels 176. 182.
+ Triumvirat 111. 118.
+ Troja 23. 27.
+ Troppau 281, Ko. 345.
+ Troubadours 191.
+ Tschesme S. 296.
+ Tschingis Khan 194.
+ Tudor H. 214. 245, St. 246.
+ Tunis 88. 177. 231. 404.
+ Turenne 259. 261–263.
+ Turgot 307.
+ Turin 317. 339, S. 136. 273.
+ Türken, Türkei 172. 219 f. 230. 232. 240. 251. 275. 317.
+ 320. 347. 365–367. 400. 415 f.
+ Türkenkr., österr. 230. 251. 266. 278. 297.
+ -- russ. 275. 295. 296. 332. 347. 365. 399 f.
+ -- venetian. 219. 240. 304.
+ Tyrannis 29. 32 f. 36–37. 67.
+ Tyrtaios 32. 37.
+ Tyrus 9–11. 13 f. 60. 95. 174. 177.
+
+
+ ~U.~
+
+ Uganda 407. 425.
+ Ulfila 140.
+ Ulm 164. 188. 190. 201 f. 232. 340, Kapit. 323.
+ Ulpianus 133.
+ Ulrich v. Würt. 202. 231.
+ Ungarn 157–160, Kgr. 163–165. 173. 175. 195. 203. 205. 217.
+ 225. 230 f. 253. 255. 266. 291. 329. 357 f. 397 f.
+ Union, deutsche 359.
+ -- ev. 345. 433.
+ -- prot. 252. 254.
+ Unstrut S. 158. 166.
+ Urban II. P. 167. 173.
+ Utica 13. 98. 116.
+ Utraquisten 204 f.
+ Utrecht 165. 243, F. 274.
+
+
+ ~V.~
+
+ Vadimon. See S. 84.
+ Valens Ks. 137. 140.
+ Valentinian Ks. 137 f.
+ Valerius Corvus 82.
+ -- Poplicola 75.
+ Valmy S. 313.
+ Valois H. 207.
+ Vandalen 139. 141–144.
+ Varna 366, S. 218 f.
+ Varus 124.
+ Vasallen 146. 161. 169. 191.
+ Vasco de Gama 222.
+ Vatikan. Konz. 381.
+ Veii 72. 80.
+ Vendée 310.
+ Venedig 142. 175–176. 179 f. 184. 210. 219. 235. 239. 266.
+ 304. 315 f. 323. 340. 356. 379.
+ Vercellae S. 104.
+ Vercingetorix 112 f.
+ Verden 152 f. 255. 260. 277 f.
+ Verdun 156. 233. 236. 260. 313. 383. 385, V. 155.
+ Verein. Staaten 301 f. 331. 346. 370. 407 f. 416 bis 419.
+ 420 f. 426.
+ Vergilius 122.
+ Virginia 79.
+ Verona 144. 162. 182. 304. 369, Ko. 345.
+ Versailles 265. 285. 307. 389–392, F. 301.
+ Vesontio S. 111.
+ Vespasian Ks. 128.
+ Vesuv 128. 412, S. 83. 144.
+ Via Aemilia 94.
+ -- Appia 84. 86. 113.
+ Vienne 208, Konz. 168. 178.
+ Viktor Eman. 339. 356. 366. 369 f. 379. 411 f.
+ Viktoria K. v. E. 353. 406
+ bis 409.
+ Vilagos Kapit. 358.
+ Villars 274.
+ Vionville S. 383.
+ Viriathus 100.
+ Visconti H. 203. 210.
+ Vitalienbrüder 215.
+ Vitellius Ks. 127.
+ Vittoria S. 337.
+ Völkerw. 137. 140–145.
+ Volsker 70. 77 f. 80.
+ Voltaire 285. 306.
+ Vorbehalt, geistl. 234, 252. 255.
+ Vossem F. 263.
+ Voullon S. 143.
+
+
+ ~W.~
+
+ Wachau S. 336.
+ Wagram S. 329.
+ Wahlstatt S. 195. 335.
+ Wajirawudh 420.
+ Walachei 219. 278 f. 296. 346. 366 f.
+ Waldemar II. K. v. Dn. 187. 215.
+ -- IV. 201. 215.
+ -- v. Br. 199. 427.
+ Waldenser 191.
+ Waldersee 421.
+ Waldstätte 197.
+ Wales 142.
+ Wallia 141.
+ Wallenstein 255–258. 437.
+ Walpole 299.
+ Walther v. d. V. 186.
+ Warschau 275. 298. 350. 360, S. 267. 430.
+ -- Hz. 327. 330 f. 341.
+ Wartburg 186. 188. 190. 228. 345.
+ Wartenburg S. 336.
+ Warwick 214, 246.
+ Wasa H. 249 f. 267.
+ Washington 301 f. 321. 416, V. 418.
+ Waterloo S. 342.
+ Wat Tyler 212.
+ Watt 344.
+ Wehlau V. 267. 431.
+ Weimar 233. 257. 291. 325. 437.
+ Weinsberg S. 180.
+ Weißenburg S. 314. 383.
+ Weißer Berg S. 254;
+ Welfen 154. 157. 166. 179–180. 182 f. 189. 266. 437, St. 181.
+ Welfesholz S. 168.
+ Wellington 328. 331. 337. 339. 342. 348.
+ Wenden 152. 158. 160. 162. 180.
+ Wenzel Ks. 202.
+ Werder 383. 385. 387 f.
+ Westfalen 151. 184. 189. 224. 254. 287. 340. 433;
+ Kgr. 326 f. 336.
+ Westfäl. F. 260. 273.
+ Westgoten 139–142. 143 f. 149.
+ Weström. Reich 138. 141. 143.
+ Wettin H. 164. 179 f. 189. 204. 227. 233. 435. 437;
+ St. 227.
+ Wetzlar 224. 289. 320.
+ Whigs 271. 273. 298.
+ Widukind 152. 168.
+ Wiedertäufer 229. 231.
+ Wien 124. 131. 196. 205. 253. 259. 266. 292. 323. 329. 355 f.;
+ Bl. 230. 266;
+ F. 279. 330. 374. 379 f.;
+ Ko. 340, V. 290.
+ Wikinger 156. 170 f.
+ Wilhelm I. K. v. E. 170. 192.
+ -- II. 192.
+ -- III. 263. 265. 271 f.
+ -- IV. 348. 351.
+ -- v. Holland 189.
+ -- v. Oranien 243 f.
+ -- K. d. Niederl. 340. 410.
+ -- I. K. v. Pr. 355. 359. 367. 371. 376. 381. 384.
+ Deutscher Ks. 390 bis 395. 433 f.
+ -- II. 396. 434.
+ -- v. Schaumburg 303. 438.
+ Willigis 168.
+ Wimpfen S. 254.
+ Winfried 151.
+ Winkelried 202.
+ Winrich v. Kniprode 217.
+ Wisby 200 f.
+ Wismar 260. 277.
+ Wißmann 425.
+ Witboi 424 f.
+ Wittelsbach H. 184. 186. 189. 252. 260. 289 f. 434 f.
+ Wittenberg 227 f. 232 f. 337
+ Wittstock S. 258.
+ Witu 407. 425.
+ Wladimir 170. 216.
+ Wladislav 183. 206. 216. 218. 250.
+ Worringen S. 190.
+ Worms 151. 154 f. 164. 166. 190. 259. 265;
+ Konk. 168;
+ Rchst. 161. 187. 224. 228;
+ S. 202.
+ Wörth S. 383.
+ Wrangel 259. 356. 361.
+ Wrede 336 f.
+ Wullenwever 250.
+ Württemberg 196. 201 f. 206. 231 f. 321;
+ Kgr. 323 f. 337. 341. 360. 375. 378. 382. 391. 435 f.
+ Würzburg 151. 190. 257. 324. 378;
+ Rchst. 182. 185.
+ Wycliffe 203. 212.
+
+
+ ~X.~
+
+ Xanten 124, V. 252. 430.
+ Xanthippos 39. 42 f.
+ Xenophon 54. 70.
+ Xeres de la Fr. S. 149.
+ Xerxes 20. 40 f.
+ Ximenez 241.
+
+
+ ~Y.~
+
+ York Gen. 332 f. 334 bis 336.
+ -- H. 212–214.
+ Hz. 212. 271. 318.
+ Yorktown Kapit. 301.
+ Ypsilanti 346.
+
+
+ ~Z.~
+
+ Zähringen H. 166. 196. 436.
+ Zama S. 93.
+ Zapolya 230.
+ Zela S. 116.
+ Zeno Ks. 138. 143.
+ Zenobia 134.
+ Zenta S. 266.
+ Zeven V. 286.
+ Ziska 205.
+ Zollverein 351. 361. 380.
+ Zorndorf S. 287.
+ Zriny 251.
+ Zülpich S. 143.
+ Zünfte 201. 208. 210. 306.
+ Zürich 165. 199. 205. 227. 230,
+ F. 369,
+ S. 317.
+ Zwingli 227. 230.
+ Zwölf Tafeln 78. 120.
+
+
+
+
+Anmerkungen zur Transkription
+
+
+Die folgenden gedruckten Berichtigungen sind in den Text eingeflossen:
+
+~Berichtigungen:~
+
+ Seite 16, Zeile 16 von oben lies: +Agni+.
+
+ „ 17, „ 4 „ „ „ Makedonier.
+
+ „ 17, „ 18 „ „ „ Hinterindien.
+
+ „ 33, „ 18 „ „ „ +Mytilene+.
+
+ „ 36, „ 7 „ „ „ Soloi.
+
+ „ 53, „ 13 „ „ „ ~Aigospotamoi.~
+
+ „ 173, „ 10 „ unten „ +Boëmund+.
+
+ „ 283. Der jüngste Sohn des Kronprinzenpaares heißt Friedrich.
+
+Die folgenden angenommenen Fehler wurden ebenfalls korrigiert:
+
+S. 19 "su stellen" geändert zu "zu stellen"
+
+S. 44 "Boöter" geändert zu "Böoter"
+
+S. 59 "Im folgt" geändert zu "Ihm folgt"
+
+S. 81 "s. S. 96)." geändert zu "s. S. 96."
+
+S. 100 "Mutter-+Cornelia+" geändert zu "Mutter +Cornelia+"
+
+S. 118 "Pausa" geändert zu "Pansa"
+
+S. 121 "+Origenes+" geändert zu "+Origines+"
+
+S. 123 "Serviltus" geändert zu "Servilius"
+
+S. 123 "ermordert" geändert zu "ermordet"
+
+S. 135 "(York)" geändert zu "(York))"
+
+S. 141 "Haupstadt" geändert zu "Hauptstadt"
+
+S. 147 "Sohn Sohn ~Karl Martel~" geändert zu "Sein Sohn ~Karl Martel~"
+
+S. 179 "(Altmark)." geändert zu "(Altmark))."
+
+S. 196, 315 "Osterreich" geändert zu "Österreich"
+
+S. 199 "auf der Bärenjagd" geändert zu "(auf der Bärenjagd"
+
+S. 207 "(1309-1377)" geändert zu "(1309-1377))"
+
+S. 219 "Skanderbeg)" geändert zu "(Skanderbeg)"
+
+S. 220 "Hausmeiertum" geändert zu "Hausmeistertum"
+
+S. 224 "eingerichtet" geändert zu "eingerichtet)"
+
+S. 235 "Heinrich IV" geändert zu "Heinrich IV."
+
+S. 244 "wiederhergellt" geändert zu "wiederhergestellt"
+
+S. 247 "rigths" geändert zu "Right"
+
+S. 270 "Reiche England," geändert zu "Reiche (England,"
+
+S. 299 "s. S. 286)" geändert zu "(s. S. 286)"
+
+S. 302 "Johnsen" geändert zu "Johnson"
+
+S. 311 "in Lyon" geändert zu "in Lyon)"
+
+S. 319 "Agypten" geändert zu "Ägypten"
+
+S. 323 "Erzherog" geändert zu "Erzherzog"
+
+S. 324 "vom +Stein+" geändert zu "vom +Stein+)"
+
+S. 331 "die Absetung" geändert zu "die Absetzung"
+
+S. 392 "+v. Wedel+" geändert zu "+v. Wedel+)"
+
+S. 406 "+Kapkolonie+[60]) auswanderten" geändert zu "+Kapkolonie+[60]
+auswanderten"
+
+S. 430 "perpetuns" geändert zu "perpetuus"
+
+S. 437 "+Ernst II+" geändert zu "+Ernst II.+"
+
+S. 439 "Abbasiden" geändert zu "Abbassiden"
+
+S. 439 "Fr.. K. v. Schw." geändert zu "Fr. K. v. Schw."
+
+S. 440 "Alkuin" geändert zu "Alcuin" und in alphabetischer Reihenfolge
+geordnet
+
+S. 440 "Amphiktionen" geändert zu "Amphiktyonien"
+
+S. 440 "Aristarch" geändert zu "Aristarchos"
+
+S. 442 "Cisalpin Rep." geändert zu "Cisalpin. Rep."
+
+S. 442 "Corpus juris" geändert zu "Corpus iuris"
+
+S. 443 "Dejotarus 66. 109." geändert zu "Deiotarus 109. 116. 117."
+
+S. 443 "Deutschbrod" geändert zu "Deutsch-Brod"
+
+S. 443 "Dionys" geändert zu "Dionysios"
+
+S. 443 "Doggersbank" geändert zu "Doggerbank"
+
+S. 445 "Großgörschen" geändert zu "Groß-Görschen"
+
+S. 446 "Hermann Balke" geändert zu "Hermann Balk"
+
+S. 446 "Histiäos" geändert zu "Histiaios"
+
+S. 446 "Höchstedt" geändert zu "Höchstädt"
+
+S. 447 "Juba" geändert zu "Iuba" und in alphabetischer Reihenfolge
+geordnet
+
+S. 447 "Kongfutse" geändert zu "Kong-fu-tse"
+
+S. 448 "Kosciusko" geändert zu "Kosciusko"
+
+S. 449 "Lüneville" geändert zu "Lunéville"
+
+S. 449 "Lykurg" geändert zu "Lykurgos"
+
+S. 449 "Malaka" geändert zu "Malakka"
+
+S. 450 "Mesolongi" geändert zu "Missolunghi"
+
+S. 450 "Mingdynastie" geändert zu "Ming-Dynastie"
+
+S. 450 "Minorka" geändert zu "Menorka" und in alphabetischer
+Reihenfolge geordnet
+
+S. 450 "Mohacs" geändert zu "Mohacz"
+
+S. 450 "Mylä" geändert zu "Mylae"
+
+S. 451 "Oenophyta" geändert zu "Oinophyta" und in alphabetischer
+Reihenfolge geordnet
+
+S. 451 "Paskiewitsch" geändert zu "Paskjewitsch"
+
+S. 452 "Petrejus" geändert zu "Petreius"
+
+S. 452 "Philopömen" geändert zu "Philopoimen"
+
+S. 452 "Psammetik" geändert zu "Psametik"
+
+S. 455 "Veji" geändert zu "Veii"
+
+S. 455 "Vercellä" geändert zu "Vercellae"
+
+S. 455 "Verginia" geändert zu "Virginia"
+
+S. 455 "Via Aemilla" geändert zu "Via Aemilia"
+
+
+Seitenfüllende Familienstammbäume wurden neben den von ihnen
+illustrierten Text bewegt und stimmen eventuell nicht mit den
+originalen Seitenzahlen überein.
+
+Die Scans von S. 171, 173, 265, 282, 283 und 355 waren zum Teil
+unleserlich, und wurden unter Bezugnahme auf die Ausgabe von 1910
+korrigiert. Die Worte "fast 6" auf p. 355 sind Vermutungen.
+
+Das erste Datum auf jeder Seite des Abschnitts "Alten Geschichte"
+enthält "vor Chr." oder "nach Chr."; alle außer die erste Anmerkung
+wurden entfernt.
+
+Diakritische Zeichen werden häufig nur benutzt wenn das Wort in fett
+oder kursiv hervorgehoben wird und werden regelmäßig im Register
+weggelassen. Registereinträge wurden ansonsten geändert, um dem
+Text zu entsprechen. Interpunktion im Register wurde ohne Kommentar
+regularisiert. Andere Unregelmässigkeiten in der Rechtschreibung und
+Silbentrennung wurden beibehalten.
+
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Auszug aus der Alten, Mittleren und
+Neueren Geschichte, by Karl Plœtz and Max Hoffmann and Friedrich Kähler
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK AUSZUG AUS DER ALTEN ***
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+Gutenberg-tm electronic works. Nearly all the individual works in the
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+ money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
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+
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+or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
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+Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
+
+
+Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
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+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
+people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation web page at http://www.pglaf.org.
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at
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+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit http://pglaf.org
+
+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including checks, online payments and credit card donations.
+To donate, please visit: http://pglaf.org/donate
+
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
+
+ http://www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.