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Langkau, Iris Schröder-Gehring, and -the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net - - - - - - - - - - - Deutsche Elternbücherei - - Herausgegeben von Dr. Johannes Prüfer - - Heft 40 - - Die Welt im Kinderköpfchen - - Von - - Josephine Siebe - - [Illustration: Emblem] - - Verlag und Druck von B. G. Teubner · Leipzig · Berlin 1919 - - - - -Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechts, vorbehalten. - - - - - Frau Dr. Henriette Goldschmidt - - in verehrender Liebe zugeeignet - - - - -Inhalt. - - - Seite - Erste Schritte 3 - - Aus dem Tagebuch einer Mutter 6 - - Peters Reise in die weite Welt 8 - - Die große Verführerin 12 - - Hansels Liebe 17 - - Die Fahrt nach Schönblick 19 - - Pusteblumen 25 - - Der Brief an den lieben Gott 28 - - Ein Schlüssel zum Himmel 32 - - - - -Einleitung. - - -Wenn das Kind im Märchen hört, »er ging bis an das Ende der Welt«, so -scheint ihm das Ziel nicht weiter erstaunlich und der Weg für einen -Märchenprinzen schon ergehbar. Denn hinter Stadt, Dorf und Wald, ja -vielleicht schon hinter dem Gartenzaun liegt für das kleine Kind in -seiner Phantasie das Ende der Welt; nahe und doch unendlich weit, weil -seinem Welterkennen immer Neues entgegentritt, mit dem es sich erst -auseinandersetzen muß. Der Forschungsreisende, der nach langer Fahrt -unbekanntes Land erblickt, erlebt im Grunde nichts Wunderbareres als das -kleine Kind, das zum ersten Male eine Straße entlang geht, einen Garten -betritt, dem sich eine bisher unbetretene Stube, eine Bodenkammer öffnet. -Tut das Kind allein seine ersten Schritte und geht etwa bis zu einem -Stuhl, so ist ihm der Stuhl im Augenblick Weltgrenze und Ziel. Doch -weitet sich für das Kind rasch der Weltbegriff. Hinter dem Stuhl liegt -die Türe, der Flur kommt, die Treppe, das Haus tut sich auf und Straße, -Hof und Garten dehnen sich vor ihm, neue Gegenstände, neue Menschen -treten in den Umkreis seines Blickes und jedes Wort, das es hört, jede -Blume, jedes Insekt, ein Kieselstein, ein Schneckenhaus, eine Regenlache -und alles was geht, kommt und fährt erweitern des Kindes Weltbild, -erweitern es heute namentlich bei dem Großstadtkind mit beängstigender -Schnelligkeit; doch auch das Kleinstadtkind, ja selbst das vom Lande, -wenn es nicht in völlig abgelegener Gegend wohnt, lernt im -Maschinenzeitalter die Welt ungleich rascher kennen als die Kinder -früherer Zeiten. - -Zum sinnlichen Welterfassen tritt frühe auch das Streben, sich mit Gott -auseinanderzusetzen; freilich, der Himmel, der sich über uns wölbt mit -Sonne, Mond und Sternen, erscheint dem Kinde greifbar nahe, und wie es -oftmals begehrt, die lieben kleinen Sterne in seine Händchen zu nehmen, -es den Mond verlangt und die Sonnenstrahlen fangen will, so nahe, -menschlich nahe scheint ihm der liebe Gott zu sein. Der ist ihm meist der -gute alte Mann, der irgendwo hinter der blauen Himmelswand sitzt, mit dem -es sich abends in seinem Bettchen aussprechen kann, ja mit dem es -gelegentlich auch etwas schilt wie jenes kleine Mädchen, das bei einem -plötzlichen Regenguß auf die frisch geputzten Fenster weisend, mit -erhobenem Fingerlein mahnte: »Na warte nur, lieber Gott, wenn das die -Mama sieht.« - -Der Erwachsene hat für diesen kindlichen Gottesbegriff leider oft nur ein -Lächeln, wie er manchmal auch nur ein Lächeln hat für die tausendfachen -Fragen der Kinder nach dem Wesen aller Dinge, für das drängende, -flehende, nie verstummende Warum und doch wollen die Kleinen vom ersten -Schritt in die unendliche Welt hinaus, auch wenn diese nur der nächste -Stuhl ist, ernst genommen werden, verstanden sein von den großen Leuten. -So ernst wie der Gelehrte, der am heiligen Born der Weisheit lauschend -grübelt, oder der Forscher, der in nimmersatter Sehnsucht die Welt -umschifft. Nur wenn wir versuchen, des Kindes Gedanken nachzudenken, wenn -wir im Verkehr mit dem Kinde gleichsam noch einmal schon zurückgelegte -Wege wiedergehen, uns des eigenen Werdens bewußt werden, dann kann es uns -gelingen, einem Kinde gerecht zu werden. Wir müssen wieder mit -Kindergedanken denken lernen, damit wir anscheinende Torheiten, Unsinn, -ja schlimme Fehler als Entwicklungsstufen richtig werten können. - -In den nachfolgenden Bildern aus dem Kleinkinderleben ist versucht -worden, das vielgestaltige Welterkennen des Kindes, sein Verhältnis zu -seiner Umwelt, zur Natur und zu Gott in leisen Umrissen festzuhalten. -Nicht als Geschichtchen aus Kindermund etwa möchten diese kleinen -Schattenbilder angesehen werden, sondern als ein Beitrag zu dem großen -Kapitel »Eltern und Kinder«, dem die vorliegende Elternbücherei in allen -ihren Erscheinungen dienen will. - - - - -Erste Schritte. - - -»Unser Traudchen lernt leider so schwer laufen.« - -Die junge Mutter sagte dies immer ein wenig bedrückt, denn von einem -Erstling verlangt doch die ganze liebe Sippe ein linschen Wunderkindtum; -wenn es da mit dem Sprechen und Laufen nicht so flink gehen will, wenn -Kleinchen nicht Spuren ganz ungewöhnlicher Fassungsgabe zeigt oder -bedeutende Talente verrät, dann ist das für junge Eltern, namentlich wenn -der Verwandtenkreis groß ist, immerhin peinlich. Und Traudchen war zwar -rund und rosig, es lachte, versuchte sich auch mit wundersamen Lauten in -der Redekunst, aber der kleine Ernst von Tante Elli konnte doch alles -schon viel besser, und Maiers Lotte erst, die nur um zwei Tage älter als -Traudchen war, erstaunlich, was die alles leistete! - -Überhaupt Maiers Kinder! Gegen die kam so leicht kein Kind auf, und Frau -Maier füllte ihre Besuchsstunden damit aus zu erzählen, was ihre Kinder -alles sagten, taten, meinten und vermutlich fühlten und dachten. - -Vielleicht achte ich doch nicht genug auf mein Kind, dachte Frau Irma -wohl, wenn sie von der fabelhaften Entwicklung der Maierschen Kinder -hörte. Und sie versuchte mit Bitten und sanfter Gewalt das schwerfällige -Kind zum Laufen zu bringen. Traudchen tat dann auch ein paar schwankende -ängstliche Schritte an der Mutter Hand, doch sobald diese losließ, gab es -ein Zetergeschrei, und meist fiel Traudchen einfach hin, heulte und -rutschte heulend zu ihrem Spielteppich zurück. Alle Künste versagten. -Selbst der Vater, der einmal tatkräftig eingriff und der schwächlichen -Muttererziehung nachhelfen wollte, erreichte nichts, ja Frau Irma und -Minna, das Mädchen für alles, riefen, so jämmerlich habe Traudchen noch -nie geschrien. - -Der Arzt erklärte Traudchen dabei für ein völlig normales gesundes Kind, -er riet zur Geduld und redete lächelnd von Erstlingssorgen. Ach Geduld, -wenn man sein Kindchen doch etwas bewundert sehen möchte und heimlich, -trotz aller Versicherungen des Arztes, doch die Angst im Herzen trägt, -vielleicht ist das Kindchen nicht ganz gesund, vielleicht bleibt es -zurück im Wachstum an Körper und Geist. - -Was man für Sorgen hat um so ein Kindchen! - -»Man muß es mit Lockmitteln versuchen«, erklärte der Vater. Und er ging -hin und kaufte als erstes Lockmittel einen bunten Hampelmann, nach dem -Traudchen kreischend griff. Zwei Minuten durfte es damit spielen, dann -wurde der Hampelmann an der Tür befestigt und der Vater rief: »Komm -Traudchen, komm, sieh Hampelmann!« - -»Dada!« Traudchen griff mit den Händchen in die Luft, stellte sich mit -Hilfe der Mutter auf ihre Beinchen, doch als die losließ, gab es das -übliche Zetergeschrei. Plumps! saß Traudchen und darüber vergaß es den -Hampelmann. - -Am nächsten Tag versuchte der Vater es mit einem schwingenden Ball, den -löste ein Holzpapagei ab, ein schnurrender Blechhahn folgte und jedesmal -gab es den gleichen Verlauf. Traudchen freute sich, griff danach, -versuchte auch das Gehen, schrie und versuchte schließlich kriechend ihr -Ziel zu erreichen. - -Und immer wieder die Frage: »Kann Traudchen noch nicht laufen?« -- »Nein, -immer noch nicht!« - -Eines Tages kam Frau Maier, die Mutter der vortrefflichen Kinder, sie kam -von einem Einkaufsgang, und da sie sich nicht allein als besondere -Mutter, sondern auch als besondere Hausfrau fühlte, kaufte sie immer -besonders billig, und nachdem sie ihr Erstaunen über Traudchens -Nichtlaufenkönnen wortreich geäußert hatte, fing sie an, ihre Einkäufe zu -zeigen. Sie hatte im Warenhaus allerlei Tand erstanden, für den sie -Bewunderung heischte. Darunter war auch ein kleiner feuerroter Milchtopf, -der bei dem Auskramen seine Umhüllung verlor, Frau Maier stellte ihn -etwas achtlos neben sich auf einen Hocker und vergaß ihn über den -vielerlei weisen Reden, die zu halten sie sich verpflichtet fühlte. - -Da stand das Töpfchen und die Sonne blinkerte auf ihm herum, vielleicht -weil sie nichts anderes zu tun hatte. Denn ein besonderes schönes -Töpfchen war das kleine feuerrote Jahrmarktdings gerade nicht, keins, das -auf Ausstellungen oder in einen Glasschrank gehört, aber dem Traudchen -gefiel es. »Dada!« jauchzte es und patschte in die Hände. - -Dada hatte vielerlei Bedeutung. Die Mutter sah auf, doch da Traudchen -ganz vergnügt an einem Stuhlbein herumkletterte und Frau Maier kein -Päuslein in ihrem Redefluß eintreten ließ, achtete sie nicht weiter auf -die Kleine. - -»Dada!« Traudchens Hände griffen in die Luft und ihre Blicke hingen wie -gebannt an dem roten Töpfchen. Wenn's nur nicht so weit gewesen wäre! - -Traudchen stand auf einmal auf seinen zwei Beinchen und niemand sah es. -Und die Kleine vergaß das haltgebende Stuhlbein, ihr Eifer, zu dem roten -seltsamen Dings zu gelangen, war zu groß. Ein Schrittchen tat es in die -grenzenlose Weite der Stube hinein, noch einen. »Mein Gott, sehen Sie!« -Frau Irma ließ Frau Maier nicht Zeit, das notwendige Gewürz unter den -Kuchen zu mischen, dessen geheimnisvolle Zubereitung sie gerade verraten -wollte, »sehen Sie doch, unser Traudchen läuft. Fritz, Fritz, Minna kommt -schnell herein, Traudchen läuft!« - -Doch ehe die Gerufenen anlangten, hatte Traudchen schon ihr Ziel erreicht -und -- es klirrte, platsch lag das rote Töpfchen auf dem Boden. - -»Dada!« Traudchen sah sich nicht ohne einen gewissen Stolz über das -vollbrachte Werk um. »Dada«, sie griff nach einem geheimnisvollen -Päckchen, was Frau Maier auch auf den Hocker gelegt hatte, doch die kam -ihr zuvor und mit dem entrüsteten Ruf: »mein schönes Milchkännchen«, -entriß sie Traudchen den neuen Raub. - -»Traudchen läuft, da vom Stuhl bis hierher ist sie gelaufen!« Der Vater -und Minna bekamen beide das Wunder verkündet und Traudchen platschte mit -ihren Händchen auf den Hocker und kreischte vor Lust. - -Frau Maier lächelte sauersüß. Nein, so hatte sie sich mit ihren Kindern -wirklich nicht angestellt, und nicht einmal ein Wort der Entschuldigung -sagten die Eltern. Sie stand auf und erklärte, sie müßte gehen. - -»Ist es nicht entzückend, wie sicher das Kind gegangen ist?« Frau Irma -strahlte. Sie schob mit dem Fuß ein wenig die Scherben beiseite und sagte -gleichmütig: »Morgen bringe ich Ihnen einen andern Topf, liebe Frau -Maier. Im Warenhaus gibt es ja noch so viele.« - -Frau Maier kam gar nicht dazu, eine höfliche Abwehr zu sagen, denn der -junge Vater rief eifrig, man müßte etliche von diesen Töpfen holen, denn -es sei immerhin erstaunlich, warum das Kind es gerade darauf abgesehen -hätte und man müßte untersuchen, ob Farbe oder Form den Anreiz gegeben -hätten. - -Frau Irma war das gleichgültig. Sie dachte nur: mein Kindchen läuft, Gott -sei Dank, es hat keinen verborgenen Fehler. - -Und nach zwei Jahren klagte die junge Mutter: »Unser Traudchen ist ein -Quirl. Nicht zehn Minuten sitzt das Kind still, heute ist es wieder -heimlich auf die Straße gelaufen, wenn es nur nicht so eine Range wird -wie Maiers Kinder.« - -Die Sorgen nehmen halt kein Ende! - - - - -Aus dem Tagebuch einer Mutter. - - -Wirklich, ich bin keine eingebildete Mutter. Ich finde zwar meinen -Erstgeborenen über die Maßen lieblich, doch das finden andere auch, die -beiden Großmütter zum Beispiel, aber ich erkenne doch an, daß es noch -andere nette Kinder gibt. Wenn freilich mein kleiner Schelm so seinen -blonden Kopf an meine Brust lehnt und mich mit seinen dunklen Augen -anstrahlt, dann -- ja dann erscheint er mir eben wie ein kleiner Engel. - -Doch ganz engelhaft ist er nicht immer. Leider. Er hat einen Dickkopf. -Sein Vater sagt, den hat er von mir, ich sage, darin gleicht er ihm. - -Neulich kam Tante Berta gerade dazu, als Mutter und Sohn über das -Spazierengehen anderer Meinung waren. Etwas laut ging es zu. Das kann ich -nicht leugnen. Das Söhnlein trampelte und schrie, die Mutter schalt und -weinte. Nein, engelhaft war es wohl nicht. Doch abscheulichen Trotzkopf -brauchte Tante Berta den Buben auch nicht zu nennen. Das war zu viel. - -Wenn Bubi nur weniger geschrien hätte! Zum Davonlaufen war es wirklich -und Tante Berta lief auch davon. Ich begleitete sie hinaus, ein bißchen -heiß und aufgeregt und just da kam unsere Hausgenossin, die Hofrätin, die -Treppe hinauf. Sie sah meine Tränen, hörte Tante Bertas Ermahnungen, -strenger zu sein, und da klagte ich ihr meine Not. - -Da strich mir die liebe alte Frau sacht über das heiße Gesicht und sagte -sanft: »Ruhe und Geduld braucht es zum Muttersein. Kind, mit Heftigkeit -in Strenge und Liebe richtet man wenig aus.« - -»Ich würde den Bengel tüchtig verwichsen«, rief Tante Berta, die mit -festem Schritt die Stiege abwärts ging. - -Wer hatte nun recht? - -Still kehrte ich zu meinem kleinen Unband zurück. Mit verheultem -Gesichtchen saß er in seiner Ecke und knurrte: »Will nicht spazieren -gehen, will nicht gehen!« - -Ich schwieg. »Ruhe und Geduld« klang's in mir nach. Zwang ich ihn jetzt, -begann wohl das Geschrei von neuem. Ich setzte mich also an meinen -Schreibtisch und begann meine Wirtschaftsrechnung. - -Auf einmal kam aus Bubis Ecke ein Seufzerlein. - -Ich rechnete weiter -- wieder ein Seufzer! - -Nun war er still, dann klang es zaghaft: »Mutti!« - -Mein Kopf machte eine halbe Wendung. Nein noch war es nicht Zeit. Ich -rechnete krampfhaft 15 und 37 sind 74 -- oh welche närrischen Summen -kamen heraus! - -Wieder ein Seufzerlein. Es raschelte. Trapp trapp kam's daher, und dann -huschelte es sich weich und warm an mich an und flehend und ach so -kläglich klang es: »Mutti -- Mutti!« - -Rasch wollte ich den lieben unnützen Schelm an mich ziehen und ihn -tüchtig abküssen, als mir der alten Frau Mahnung einfiel: »Mit Heftigkeit -in Strenge und Liebe richtet man wenig aus.« Ich streichelte also nur -linde meinen Trotzkopf und fragte gelassen: »Warum hast du denn keine -Lust zum Spazierengehen?« - -»Weil -- weil ich doch in der Eisenbahn saßte und weil ich doch Schaffner -war und weil -- weil ich doch nach Berlin fahrte!« - -Also im Spiel hatte ich ihn gestört, das war's. Herausgerissen aus seinem -heiteren bunten Phantasieland hatte ich ihn. - -Ich sagte ganz ernsthaft: »Schau, Bubi, nun bist du doch einmal -ausgestiegen, da kannst du ja auch spazieren gehen. Wenn du heimkommst, -fährst du dann weiter!« -- »Hm!« - -»Marie, bringen Sie Bubis Mantel, wir gehen jetzt spazieren.« - -Und er ging mit. Erst etwas mürrisch, dann so froh wie immer. - -Mein -- ich muß es leider gestehen -- erster Sieg. - -Doch ich hoffe mehr zu erringen. Ruhe und Geduld, ich will immer daran -denken und auch daran, meinen Buben nicht zu rasch aus seinem Spiel zu -reißen. Ich werde ja selbst ärgerlich, wenn man mich gedankenlos in -meiner Arbeit stört, und dem Kinde ist das Spiel Arbeit, Betätigung, für -die es ganz unbewußt von den Erwachsenen Verständnis fordert. - -Was ist das, Bubi schreit nebenan! Ganz aufgeregt klingt seine Stimme. -»Marie, Marie, Sie gehen ins Wasser.« -- »Ih nee!« brummt Marie und -schlurft aus dem Zimmer. - -Ich gehe hinüber. Da sitzt Bubi auf einem Kissen auf dem Fußboden und -ruft mir glückselig zu: »Ich bin Schiff, Mutti, fall nicht ins Wasser!« - -Nein, ich will nicht in das rinnende klare Traumwässerlein treten, auf -dem er so selig dahinfährt, wie der Schiffer auf dem blauen Meer der -Insel des Glücks zuschifft. - - - - -Peters Reise in die weite Welt. - - -Wenn ein kleiner Peter Höslein trägt mit Taschen darin und vier Jahre alt -ist, dann kann er schon in die weite Welt reisen. Nur die Unvernunft der -großen Leute sieht das nicht ein. - -Ach, die großen Leute! Man hat es manchmal schwer mit ihnen, wenn man -selbst noch nicht zu ihnen gehört. Da sagt zum Beispiel der Vater an -einem schönen lichten Sommertag ganz ungewöhnlich streng: »Peterle, wenn -du wieder wie gestern die Kaninchen aus dem Stall läßt, dann gibt es -Haue, merke es dir!« - -Peter hat heute gar nicht an die Kaninchen gedacht, aber nun läuft er -schnell zum Stall, natürlich nur, um den Kaninchen ihr Schicksal zu -verkünden. Er redet mit den geliebten Schnupperchens und denkt nicht -daran, die kleine Stalltüre zu öffnen. Bewahre. Wenn nur das weiße -Kaninchen, sein besonderer Liebling, nicht so eindringlich bitten möchte. -Peter nimmt dies beharrliche Am-Gitter-Sitzen für eine sehr flehende -Bitte, und er redet dem Weißling betrübt zu: »Mußt drin bleiben!« - -Aber da hopst ein gelbes heran, auch ein schwarzes nähert sich, alle -sehen Peter so bittend an, und auf einmal, Peter weiß selbst nicht, wie -es geschehen konnte, ist das Türlein auf, und husch, husch! laufen die -Kaninchen in den Garten, in den schönen gepflegten Garten. - -Wer soll sie nun wieder einfangen? - -Peter weiß gleich, das kann er nicht. Vorgestern hat er die Ausreißer -heulend gejagt, aber keines ergriffen, und dazu fällt ihm noch des Vaters -Drohung ein. Und Vater spaßt nicht. - -Peter rennt durch den Garten, dahin, dorthin. Dabei kommt er an das -Ausgangstor, ein Spältchen steht es auf, man kann gut hinausschlüpfen. -Ausreißen, wie die Kaninchen ausgerissen sind, in die weite Welt -hinauslaufen! - -Peter denkt es nicht, er fühlt es nur halb unbewußt, und plötzlich steht -er draußen auf der Straße. Zum erstenmal allein. Peterle ist ein -wohlbehütetes Kind, immer geht er sonst nur mit den Eltern oder mit -Fräulein spazieren und immer nur in den Gängen des nahen Parkes, er kennt -nur die Straße, in der seines Vaters Villa liegt, und die nachbarliche, -in der die Großeltern wohnen, nicht jene Straßen, in denen die Häuser -dicht gedrängt stehen, himmelhoch aufgebaut. Und doch braucht man nur ein -paar Schritte zu gehen, und schon läuft so eine lange Häuserzeile dahin, -eine Straße voll Leben. Wagen fahren, Menschen hasten sie entlang und -Kinder spielen auf ihr, immer zu jeder Tageszeit, viele, viele Kinder. - -So viele Kinder hat Peter noch gar nicht gesehen. Wenn nun einer in die -weite Welt reisen will und nicht fahren kann, dann muß er laufen, und -Peterle läuft, ein bißchen Angst, erwischt zu werden, ist auch dabei, -also rennt er trapp trapp die Straße entlang, und so eilig hat er es, daß -er eine dumme Bordschwelle nicht sieht, er stolpert und pardauz! gibt es -den ersten Aufenthalt auf der Reise in die weite Welt hinaus. - -Wenn Peter daheim fällt, dann heult er, bis man ihn aufhebt, ihn tröstet, -ihm einen Leckerbissen verspricht, und darum heult er jetzt auch, heult -jämmerlich, aber -- es hebt ihn niemand auf. Nur eine dünne schrille -Stimme schreit ihn an: »Biste gefall'n?« - -Es ist, als ob diese Stimme den Kleinen in die Höhe zieht, er steht auf -und sieht sich höchst verwundert um, da steht ein Mädel, etwas größer als -er, die sieht ihn spöttisch an und fragt höhnisch: »Haste dich dreckig -gemacht?« - -Daß die weißen Höslein schmutzig sind, bekümmert Peter nicht weiter, denn -daheim liegen noch viele saubere weiße Höslein, er sieht nur die -Fragerin, wie ein Weltwunder starrt er sie an. Sie trägt ein -verschlissenes Kleid, im schwarzen Wuschelkopf brennt ein rotes Bändchen -und in den festen braunen Händchen hält sie eine unglaublich dicke -Schnitte, deren Musbelag seine Spuren dem ganzen Gesichtchen aufgedrückt -hat. - -»Willste mal beißen?« - -Peter ißt zu Hause nicht alles, was man ihm reicht, aber in die dicke -Schnitte beißt er herzhaft hinein, und während er kaut und schluckt und -auch ein Musbärtlein bekommt, sagt die Spenderin: »Ich heiße Mine, wie -heiste denn?« - -Peter gurgelt seinen Namen heraus, und die Freundschaft ist geschlossen. -Mine pflegt schnell Freundschaften zu schließen, und weil weder Guste -noch Marie, Liese, Otto, Fritze und Paul just auf der Straße sind, um mit -ihr zu spielen, kommt ihr der kleine Weltreisende gerade recht. Sie -fragt: »Wo kommste denn her?« - -Peter weiß nicht, wo seines Vaters Haus liegt, er ahnt aber dumpf, Mine -würde Verständnis haben für seine Reise in die weite Welt. Er erzählt. -Nicht ganz so zungenschnell, wie Mine redet, aber die versteht ihn gut, -sie nickt und antwortet beifällig: »Wenn ich Haue kriegen soll, reiß ich -immer aus. Vater haut so sehr. Woll'n mer Himmel und Hölle spielen?« - -Peter kennt das Spiel nicht, und Mine nennt ihn ohne viel Umstände dumm, -sie sieht ihn etwas verächtlich an, aber sein weißer Anzug, seine -wohlgepflegte Niedlichkeit versöhnen sie doch wieder, und sie nimmt den -kleinen Ausreißer gnädig als Lehrling an. Und dann kommen Guste und -Marie, Fritz und Paul gesellen sich dazu, und alle blicken halb -mißtrauisch, halb verlegen den »feinen Neuen« an. Doch Mine erklärt, und -das Zauberwort: »Er ist ausgerissen« befördert das Vertrauen; Peter darf -mittun. - -Sie spielen auf der Straße. Peter hat es noch nicht geahnt, welche -wunderbaren Spiele es gibt. Himmel und Hölle ist bald abgetan, Feuerwehr -wird gespielt und Schutzmann. Paul mimt zur johlenden Freude der anderen -einen Betrunkenen, so wie gestern einer auf der Straße herumgetorkelt -ist. Er schimpft wie der Betrunkene, stößt Worte aus, die Peter noch nie -gehört hat, aber die er sich flinker merkt als die Verslein in seinen -Bilderbüchern, die Fräulein ihm manchmal vorsagt. Fritz ist ein sehr -schneidiger Schutzmann, die Mädels kreischen, und Peter kreischt mit. Er -findet das Spiel so köstlich wie noch keins zuvor, und er vergißt darüber -den Garten, die entlaufenen Kaninchen, alles; er ist draußen in der -weiten, unbekannten Welt, und er genießt sein erstes Abenteuer mit vollen -Zügen. -- - -In Peters Elternhaus ist die Sorge wach geworden. - -Fräulein hat des Kleinen Verschwinden zuerst entdeckt. Sie meint, er habe -sich versteckt, und sie sucht ihn, erst lässig mal seinen Namen rufend, -dann besorgter, aufgeregter; sie läuft mit ihrer Angst zu den anderen -Hausbewohnern und zuletzt sind alle auf der Suche nach dem Ausreißer. Sie -rennen auf die Straße, fragen da und dort, niemand hat Peter gesehen, und -die Mutter weint verzweifelt; sie sieht ihr Kind bereits überfahren, -verschleppt, sie ruft nach ihrem Mann, nach der Polizei. Der Fernsprecher -klingelt, und als die Aufregung auf das höchste gestiegen ist, erscheint -Fräulein mit dem heulenden widerborstigen Peter. Er sieht schmutzig und -erhitzt aus, daß er seine Weltreise so schnell aufgeben mußte, bereitet -ihm offenbar wenig Vergnügen. - -Mit Straßenkindern hat er gespielt. Unglaublich! - -Die Mutter ist entsetzt, Fräulein ist entsetzt, und die Mädchen stellen -sich an, als wäre ein goldenes Krönlein in einen tiefen Brunnen gefallen. - -Der Vater lacht. Doch er ist ein Mann der Tat und vergißt nicht, sein -väterliches Wort einzulösen. Diesmal hilft kein Bitten der Mutter, nicht -Fräuleins Tränenströme. Vater und Sohn reden eindringlich und recht -unangenehm miteinander, und zuletzt sagt der Vater stolz auf seine -Erziehungskunst: »So, das Ausreißen habe ich ihm gründlich ausgetrieben.« - -Nach drei Tagen ist Peter wieder verschwunden. - -Diesmal ist es kein unbewußtes Hineintappen in die weite Welt mehr, -heimlich und bedacht ist er entschlüpft; denn die Straße mit Mine und -ihren Spielgenossen erscheint ihm lockender als der große, stille Garten; -in ihm brennt die Sehnsucht, einer unter anderen zu sein. Fräulein hat -die Flucht entdeckt, und sie holt ihn diesmal zurück, ohne erst das Haus -zusammenzuschreien, nur der Mutter wird der neue Streich verraten, und -die beiden Frauen reden eindringlich auf Peter ein; seine Sünde wird ihm -wortreich vorgehalten, und als die Mutter meint, es sei genug, redet -Fräulein noch weiter. - -Peter schielt sie bockig an, und auf einmal sagt der wohlerzogene kleine -Junge, der nach seiner Eltern Willen aufwachsen soll, behütet von allem -Häßlichen, Unreinen der Welt, trotzig zu Fräulein: »Du Luder!« - -So sagt Mine, und Mine ist für ihn Lust, Spiel, Lachen; sie ist ihm das -bunte, wechselreiche Leben, und was Mine sagt, ist fein, hat Geltung für -ihn. - -Am nächsten Tag versucht Peter es wieder, auszureißen. Die Sehnsucht nach -dem Draußen, nach den andern verläßt ihn nicht mehr. - - - - -Die große Verführerin. - - -»Mutti, dürfen wir auf die Straße?« - -Das Trüpplein steht vor der Mutter, die Augen glänzen -unternehmungslustig, sie hoffen auf ein Ja, und die Mutter sagt es auch, -sie sagt es freilich ungern und zögernd, es ist ihr gar nicht recht, wenn -die Kinder allein spielen. Doch, um sie spazieren zu führen, dazu fehlt -es ihr an der Zeit, und die drei lebhaften Dinglein immer in der engen -Wohnung zu lassen und ihnen kein Draußensein zu erlauben, geht doch auch -nicht an. Luft und Sonne, sie brauchen beide so nötig. - -Doch der Mutter ist die Straße unheimlich, ihre Flurnachbarin hat gesagt: -»Das sind Kleinstadtgewohnheiten, die muß man überwinden. Wer nicht mit -'nem goldenen Löffel in der Hand geboren ist, der darf sich heute nicht -absperren. Meine Kinder sind immerzu auf der Straße, da werden sie dreist -und umgänglich und kommen nachher gut fort im Leben.« - -Gut fortkommen im Leben, es leichter haben als ich sollen meine Kinder -auch, denkt Frau Anna. Um ihretwillen ist sie ja weggezogen aus der -lieben kleinen Heimatstadt, auf deren Plätzen noch die Brunnen rauschen -wie in einem Eichendorffschen Liede. Kluge Ratgeber haben gemeint, sie -würde in der Großstadt bessere Arbeitsgelegenheiten haben, und sie ist -dem Rat gefolgt und hat wirklich die erhoffte Arbeit gefunden, nun sitzt -sie von früh bis abends an der Maschine und stickt mit farbiger Seide -feine schöne Blumen und Muster auf köstliche Stoffe. Dem Prunk und -heiterem Glanze dient die Arbeit ihres einsamen Lebens. Ihr Mann ist tot -und die Sorge für ihre drei Kinder ruht auf ihr. Eine schwere Sorge, ja, -und doch eine liebe Sorge. - -Frau Anna hört die Flurtüre klappen, jetzt trappeln ihre drei die Treppen -hinab, und der große Bruder, der nun bald ein Schulrekrut ist, beschützt -sorgsam die kleinen Schwestern, so wie er es daheim schon tat. - -Wenn nur die Straße, der sie zustreben, auch jener der verlassenen Heimat -gleichen möchte: Da hatten sich Gärten zwischen die Häuser geschoben und -die Bäume hatten im Frühling ihre Blüten, im Sommer und Herbst wohl auch -einen Teil ihrer Früchte auf die Straße niederfallen lassen, zum Ärger -ihrer Besitzer, zur Freude der Kinder. - -Die Maschine klappert, Stich um Stich. Frau Anna stickt verschlungene -Linien auf blauen Grund; wer der Linien Anfang und Ende nicht kennt, hält -das Ganze wohl für ein regelloses Gewirr, und doch ist es ein Muster, -schön und geheimnisvoll, schwer zu enträtseln freilich, wie manchmal des -Lebens Gang. - -Die Zeit vergeht. Frau Anna sieht nach der Uhr und erschrickt, die Kinder -bleiben doch so lange aus. - -Sie wird unruhig und wartet, und die Arbeit schreitet langsamer voran. Da -endlich krabbelt es draußen an der Flurtüre, ein zaghaftes Klingeln -ertönt. Das ist doch nicht der Seppel, der klingelt immer herzhafter, vom -Stuhl kann man fallen vor Schreck, wenn der Einlaß begehrt. Frau Anna -geht und öffnet und sie findet draußen Ruth und Trinchen stehen, und -allen beiden laufen die Tränen über die Bäckchen. »Seppel ist -fortgelaufen«, klagt Ruth, und das Trinchen jammert: »Fottelaufen!« -Seppel hat die Schwestern allein gelassen! Zum erstenmal tat er das. - -Frau Anna denkt nur an ein Unglück, das geschehen sein muß, und sie -bringt es kaum noch fertig, die etwas redselige, aber immer hilfsbereite -Nachbarin um Schutz für ihre beiden Kleinen zu bitten, dann rennt sie -eilig die Treppe hinab, ihren Jungen zu suchen, ihren Liebling. Wo ist -er, was ist ihm begegnet? - -Sie braucht nicht weit zu gehen, da findet sie ihn schon. Er steht mitten -unter einer Schar von Buben, der Kleinste ist er unter ihnen, aber sein -Stimmlein kräht doch laut im Chore mit. - -»Seppel!« Als die Mutter ihn ruft, schrickt er zusammen, er blinkert -verlegen mit den Augen, denn leise dämmert der Gedanke an die verlassenen -Schwestern in ihm auf. Unsicher murmelt er: »Sie sind weggelaufen.« - -»Nein, du bist weggelaufen!« Frau Anna sagt es ganz ruhig, und ein -heimliches Lachen kommt ihr, als sie in Seppels bedrücktes Gesichtlein -sieht, sie straft ihn aber doch mit Worten, wenn sie auch milde sind, und -schon auf der zweiten Stiege stammelt der Kleine reumütig die Bitte um -Verzeihung, sagt, er will's nicht wiedertun. Das Versprechen kommt aus -ehrlichem Herzen, und die Mutter atmet auf, als sie ihre drei wieder -beisammen hat. - -Am nächsten Tag gelobt Seppel feierlich, die Schwestern treu zu hüten, -und sie kommen auch alle drei vereint wieder zurück, ein bißchen verheult -sieht das Trinchen aus, es ist hingefallen, weil die beiden Großen zu -schnell gelaufen sind. Der Feuerwehr nach. - -Was kommt alles auf so einer Straße daher, was zum Nachrennen verlockt! - -Besonders so einen kleinen, kecken Draufgänger, wie der Seppel ist, -einen, der einem dummen Streich nicht immer ausweicht und dem sich leicht -ein Geschehen im Bewußtsein vergrößert und verschiebt, weil seine -bewegliche Phantasie alles zu einem besonderen Erleben gestaltet. - -Wenn die Kinder zurückkommen, haben sie immer viel zu berichten, sie -nennen auch Namen von anderen Kindern, und manchmal fallen Worte, bei -denen die Mutter erschreckt aufhorcht und mahnt, das sagt man nicht und -dies nicht. Nur das Trinchen hat immer weinerlich das gleiche Erlebnis zu -beklagen. »Bin defall'n.« - -Frau Anna merkt es, das Trinchen kommt bei dem Auf-der-Straße-Spielen zu -kurz, und an einem Tage, der warm und sonnenreich ist, als wäre es schon -Frühling, verläßt sie die Arbeit und geht ihren Kindern nach, um zu -sehen, mit wem sie unten spielen. - -Als Frau Anna die Straße betritt, erschrickt sie vor ihr. Der warme Tag -hat mehr Menschen als sonst herausgelockt, und die Straße ist ganz -erfüllt von brausendem Leben, ihr, der Kleinstädterin, erscheint es -ungeheuer, und doch rechnet der Einheimische diese Straße zu den -stilleren der Stadt. Die Mutter schaut ängstlich nach ihren Dreien aus, -und übersieht dabei beinahe das Trinchen, das auf der Bordschwelle -zwischen Bürgersteig und Fahrdamm sitzt, ganz allein hockt es da und haut -mit einem alten Blechlöffel immer auf das Pflaster und summt vor sich -hin: »Bumsa, bumsa!« Die Puppe liegt daneben, und inmitten alles Lebens -erscheint der Mutter ihr Kleinchen so unsäglich verlassen, daß ihr die -Tränen kommen. Sie hebt es auf, und Trinchen jauchzt laut beim Anblick -der Mutter, aber gleich klagt es wieder, wie so oft: »Bin defall'n.« - -Nach Ruth braucht Frau Anna nicht weit zu suchen, die kommt bald -angerannt, will nach dem Schwesterchen sehen und erzählt strahlend, sie -hätten Haschens gespielt, aber das Trinchen könne noch nicht so geschwind -laufen. Und Seppel? - -Der spielte mit den großen Jungen Krieg, er hatte die Schwestern wieder -vergessen, und als die Mutter suchend die Straße entlang geht und eine -ganze Schar Buben daherstürmen sieht, begreift sie es, Seppel ist eben -ein Junge, er will sich austoben. Diesmal ist Seppel auch gar nicht -reumütig, ja er brummt, als die Mutter ihn ruft, und er setzt das Brummen -oben fort; denn er kommt sich ein wenig wie gefangen im Käfig vor. - -Am nächsten Tag hat sich der vorzeitige Frühlingsglanz in Regen -verwandelt, und auf Frau Annas Herz ist eine neue Sorge gesunken, -Trinchen fiebert und liegt im Bett. Die Nachbarin holt bereitwillig den -Arzt herbei, der kommt auch und beruhigt die Mutter, es wäre nicht -schlimm. Dennoch wagt sich Frau Anna von der Kleinen nicht fort, und da -die Nachbarin keine Zeit hat, schickt sie Seppel nachmittags auf die -Straße, er soll allerlei einholen. Sein Wiederkommen dauert sehr lange, -und als er endlich kommt, tanzt die Klingel nicht so lebhaft wie sonst, -nur zaghaft tönt sie, und Seppel kommt sehr bedrückt in das Zimmer, und -sein Blick weicht scheu dem der Mutter aus. Was bedrückt ihn denn? - -Frau Anna prüft das Eingeholte, es ist alles da, nur das Geld, das Seppel -zurückbringen soll, fehlt. Er hat es verloren. Noch während er das Wort -ausspricht, kommen ihm die Tränen; er heult laut und erklärt schluchzend, -man hätte es ihm fortgenommen. - -»Wer denn?« - -Seppel schweigt. Im Mundwinkel und am Kinn sieht die Mutter zwei -verdächtige braune Fleckchen, und sie frägt und forscht, und da kommt es -denn heraus, zwei Freunde von der Straße, zwei größere Jungen, haben -Seppel das Geld fortgenommen und es in Näschereien angelegt, ihm haben -sie ein Beuteteilchen davon abgegeben und den guten Rat dazu, das Märlein -vom verlorenen Gelde zu sagen. -- - -In dieser Nacht findet Frau Anna keine Ruhe. Sie sitzt an Trinchens Bett -und hört den Atem des Kindes ein wenig unruhig gehen. Nebenan in der -Kammer schlafen Ruth und Seppel tief und fest. Der Bube ist unter Tränen -eingeschlafen, und als die Mutter einmal zu ihm geht, sieht sie ein -Lächeln auf seinem Gesichtchen kommen und gehen, seine Schulderkenntnis -ist noch nicht so tief, um ihm den Schlaf zu stören, noch spürt er nicht, -wo sich die Wege senken, die in die Tiefe führen. - -Frau Anna geht ruhelos zwischen Kammer und Stube einher. Trinchen schläft -jetzt ganz ruhig, und sie tritt an das Fenster und sieht auf die Straße -hinab. - -Es hat geregnet und die Lichter spiegeln sich auf dem feuchten Pflaster. -Die Fenster gleichen alle geschlossenen toten Augen, nur zwei glänzen -noch hell in die Nacht hinaus. Und Frau Anna denkt, wer ist es, der dort -noch wacht, vielleicht auch eine Mutter in Sorge wie ich? - -Da hallen Schritte unten. Ein paar Männer reden laut, Frauenstimmen -mischen sich hinein und ein häßliches kreischendes Lachen schallt auf. -Dann verlieren sich Schritte und Stimmen in der Ferne, nur der häßliche -Nachklang bleibt Frau Anna noch im Ohr. Und ein Grauen packt sie vor der -langen dunklen Straße da unten, der großen Verführerin. Was verhüllt und -verbirgt sie alles, was erblickt der Wissende und hört der Hörende, wenn -er sie entlang geht? Wieviel Jugend, wieviel lachender Leichtsinn fiel -ihr schon zum Opfer! - -Da tönt nebenan ein leises Rufen auf und rasch tritt sie zurück und geht -wieder zu ihren Kindern. Seppel sitzt aufrecht im Bett und als die Mutter -in den Lichtschein der Lampe tritt, blinzelt er schlaftrunken. »Durst, -Mutti«, murmelt er. - -Frau Anna läßt ihn trinken. Er schluckt ein paarmal, zuletzt schon mit -geschlossenen Augen, dann sinkt er zurück, greift noch tastend nach der -Mutter Hand und ein ganz holdes Lächeln geht über sein Gesichtchen. -Mutti! Da ist er wieder eingeschlafen und vielleicht tummelt er sich nun -schon auf der allerbuntesten Traumwiese herum. Der Mutter Hand aber hält -er fest, und aus dieser kleinen Hand scheint der Frau ein Kraftstrom -zuzufließen. Ihr Herz schlägt ruhiger, still sitzt sie im warmen Schein -der Lampe, draußen liegt die Straße im Dunkel, aber innen ist Licht und -Leben. Liebes junges Leben, das ihr gehört. Wird sie es schützen können -gegen die Welt draußen? - -Sie lächelt tapfer. Meine Kinder, denkt sie, meine Kinder, und es ist ihr -als fühle sie ihre Stärke wachsen. Riesenkraft kann eine Mutter haben. - - - - -Hansels Liebe. - - -Elf Tanten und vier Onkels, alle sollte Hansel lieben, und er stopfte sie -auch wirklich alle in sein Herzelein hinein, so gut es ging, er spendete -Patschhände und freundliche Blicke, er ließ sich auch mal küssen, doch -glücklicherweise nicht allzugern. Und wenn die Tanten gar zu lange bei -seiner Mutter blieben, war er höflich und öffnete die Flurtüre und rief -in das Zimmer hinein: »Ich habe schon die Türe aufgemacht.« - -Machte er Pläne für künftige Lebenszeiten, er schwankte, ob er Kutscher, -General oder Schutzmann werden sollte, dann brachte er auch da und dort -einen Onkel oder einige Tanten unter, von letzteren versprach er etlichen -die Ehe und einen Onkel ernannte er schon zu seinem Trompeter, im Fall er -das Generalsein erwählte. - -Die Tanten waren mitunter ein bißchen eifersüchtig gegenseitig auf -Hansels Liebe, obgleich der Kleine seine Gunst ziemlich gerecht verteilte -und die Schokolade von Tante Anna genau so gern aß wie die von Tante Ida, -sie hätten aber alle gern in seinem kleinen Herzen auf dem Sofa neben -Vater und Mutter gesessen, aber der Platz gehörte für einige Zeit jemand, -der gar nichts davon ahnte. - -Am eifersüchtigsten warb Tante Ida um Hansels Liebe; mit süßen Gaben, mit -Spaß und Neckerei suchte sie das kleine Herz an sich zu fesseln, es -gehörte ihr auch, bis die seltsame Nebenbuhlerin kam. - -Ein Vorfrühlingstag war es. Ein rauhes Lüftlein wehte, und Tante Ida -strebte mit Hansel heimwärts, sie fand, es sei Zeit, und sie war der -Ansicht, ihr Tantenamt gut erfüllt zu haben. Eine Trillerpfeife -- seine -höchste Sehnsucht zur Zeit -- steckte in seiner Tasche, ein Küchlein -ruhte auf dem Grunde seines Magens, und immer hatte Tante Ida vorsichtig -die Sonnenseite aufgesucht. - -Und auf einmal walzte sie daher: »Hansels Liebe«. - -Die Straße zitterte und dröhnte, schwarz, ungeheuer, fauchend kam sie -angekeucht, die Dampfwalze. - -Hansel stand wie angewurzelt. - -»Komm«, mahnte die Tante, »komm!« - -Hansel rührte sich nicht. Seine Augen ruhten unverwandt auf ihr, der -Herrlichen. Was war selbst die Elektrische gegen sie! - -Die Tante bat und mahnte, es half alles nichts. Hansel rührte sich nicht -von der Stelle. Endlich rief die Tante, der es kühl um die Ohren wehte, -ärgerlich: »Ich glaube wirklich, Hansel, du hast die Dampfwalze lieber -als mich.« - -Und Hansel drehte sich um, sah die Tante liebenswürdig mit seinen -strahlenden Braunaugen an und sagte tröstend: »Nur ein bißchen, Tante.« -Vergessen waren alle Liebesbeweise, die Dampfwalze hatte gesiegt. - -Wer kennt sich aus in einem Kinderherzen! - -Hansel, der inzwischen ein Hans geworden ist, will Ingenieur werden. Wenn -er das Dröhnen und Rasseln der Maschinen hört, wenn die Bahnen sausen, -die Kraftwagen surren, wenn er den gewaltigen Rhythmus der Arbeit spürt, -dann zuckt sein Herz in tiefer Freude, weil er ein Mitschaffender sein -kann, und er lauscht dem Zusammenklingen der vielen Stimmen so hingegeben -wie damals, als er die Dampfwalze erblickte. - - - - -Die Fahrt nach Schönblick. - - -Einmal, so um die Sommerferienzeit, sagte der neunjährige Hellmut beim -Mittagessen: »Kirchners verreisen; Max sagt, er kann dann auf 'nem -richtigen Schiff fahren, immer, alle Tage.« - -Die zehnjährige Else bekommt unruhige, erwartungsvolle Augen, und -Sehnsucht schwingt in ihrer Stimme, als sie erzählt: »Bei uns in der -Klasse reisen fast alle.« - -In dem blassen Gesicht der Mutter zuckt es, sie sieht an ihrem Mann -vorbei; denn sie weiß genau, der denkt jetzt: Könnte ich doch mit euch -auch eine Ferienreise machen, einmal ein paar Wochen lang im Walde leben. -Im Wald, den er so liebt, er, der Förstersohn. - -Wenn nur nicht alles so teuer wäre, wenn man nur einmal etwas sorgloser -dem Tage leben könnte! - -Weil die Eltern schweigen, verebbt das Gespräch. - -Den beiden Kleinen, die mit ihren fünf und drei Jahren ohnehin noch keine -Reisesehnsucht kennen, ist es gleich, ob eine oder zehn Klassen reisen, -und Ferdel schwatzt lustig dazwischen, und die sinnige Marie freut sich -an den bunten Flecken, die hinter einem geschliffenen Glas auf dem weißen -Tischtuch glitzern. - -Die Tage eilen, die Ferien sind nahe. - -Bei Hahns werden keine Reisepläne geschmiedet. Bis eines Tages doch die -Reisefreude in das Zimmer tritt und Gastrecht erhält. Else und Hellmut -erhalten eine Einladung von Vaters Schwester, sie zu besuchen. Die Tante -lebt in einem Nest am Thüringer Wald, einem Städtchen, das beinahe in -einer Spielzeugschachtel Platz hat, so klein ist es. Und klein ist auch -der Tante Häuschen, winzig ihr Geldbeutel, doch groß ihre warme Güte. Sie -hat die Sehnsucht in der Schwägerin Brief verstanden und gedacht: zwei -bring' ich zur Not unter und durch; wenn es doch alle sein könnten! Die -zwei, die kommen dürfen, sind selig. Sie fahren am ersten Ferientag zur -Stadt hinaus. Strahlender als mancher, der eine Weltreise macht und -denkt, wenn sie nur recht viel Geld kosten möchte, damit ich etwas los -werde, sitzen sie in der vierten Klasse. Sechs Stunden Fahrt, vier Wochen -Ferien, was sind alle Freuden der Welt dagegen! - -»Und wir reisen auch«, sagt der Vater, als er mit seiner Frau vom Bahnhof -aus heimkehrt. »Nächsten Mittwoch früh bis nach -- Schönblick.« - -Ach du lieber Himmel, diese weite Reise! - -Drei Haltestellen weit liegt Schönblick am Rand eines Kiefernwaldes. -Sandweg bis hin, karg die Natur, äußerste Bescheidenheit gab ihm den -Namen. Doch als Frau Marie, trotz des heiteren Tons, den Kummer in ihres -Mannes Augen sieht, ihr nur so eine dürftige Freude bieten zu können, -lächelt sie tapfer und sagt ganz heiter: »Ich freu' mich darauf.« - -Den Zwang zur Freude haben die kleine Marie und Ferdel nicht nötig. Sie -jauchzen laut, denn die Geschwister haben so viel von ihrer Reise -erzählt, daß nun auch in ihnen die Lust erwacht ist, zu reisen, und -Ferdel schreit wieder: »Will mit der Puffpuffbahn fahren.« Und flink -rutscht er Stühle zusammen, Marie muß einsteigen, ihre Puppenkinder dazu, -ein Sofakissen wird freundlich zur Mitfahrt eingeladen, und fort geht die -Reise. - -»Wohin?« -- »Schönblick.« - -»Und weiter?« -- »Balin!« - -»Noch weiter!« -- »Auf'n Mond. Puff, puff, puff!« - -Abends im Bettchen wird die Reise fortgesetzt. Ferdel fährt ins Traumland -hinein und murmelt schon halb im Schlafe: »Puffpuff, mußt einsteigen, -Mie!« - -Sie brauchen gar keine Reise; ihre Phantasie trägt sie ja noch in goldene -Wunderländer, denkt Frau Marie wehmütig. Ihr fehlt jede Lust zur Fahrt, -aber sie muß daran denken, denn der Kinder Fragen umschwirren sie gleich -am nächsten Morgen. - -»Mutti, wann reisen wir?« -- »Mittwoch!« - -»Wann ist Mittwoch?« -- »Noch dreimal müßt ihr schlafen gehen!« - -»Und dann?« -- »Dann ist Mittwoch und wir reisen.« - -»Sechs Stunden, Mutti?« -- »Nein, dreiviertel Stunden!« - -»Ach, so lange.« - -»Mutti, was zieh ich an?« »Mutti, darf ich meine Trommel mitnehmen?« -»Mutti, darf Lotte mit?« Lotte ist das liebste Puppenkind. »Mutti, kommt -der Hansi mit?« Hansi zwitschert im Bauer, als hätte er wirklich -Reisesehnsucht. »Mutti, darf ich Blumen suchen?« »Mutti, kann ich auf der -Lomotive sitzen? Ganz vorn, ja, Mutti?« - -Es nahm kein Ende mit den Fragen, hunderterlei Dinge fielen den Kindern -ein, nur an das schöne Reisewetter dachten sie nicht, das erschien ihnen -selbstverständlich. - -Und ihr froher Glaube, daß nichts die Reise nach Schönblick stören -könnte, wurde nicht getäuscht. Ein Tag voll Sonne brach an, und als die -vier Reisenden am Mittwochmorgen zeitig nach der Bahn wanderten, kam es -Frau Marie wirklich vor, als wären sie im Begriff, eine große Reise zu -tun. - -»Laß alle Sorgen hinter dir,« bat der Mann herzlich, »wir wollen froh -sein.« - -In Schönblick im Kiefernforst! - -Frau Marie schwieg. Sie überließ es dem Vater, die vielen Fragen zu -beantworten, ließ ihn Ferdel trösten, der durchaus auf der Lokomotive -sitzen und pfeifen wollte, ihr Blick ging zum Fenster hin. -Großstadtbilder, lange Straßen, hohe Häuser, große, aufdringliche -Geschäftsanzeigen daran, ein paar Bauplätze, ein Gartenwinkel und wieder -Straßen, Häuser und Fabriken; nun mehr Gärten, Eigenhäuser, ein Stück -Wald, wieder Häuser, und zuletzt die weite, stille Ebene. Flachland, -durch das ein Flüßlein rann. Da waren sie am Ziel. Der Kiefernwald stand -dunkel gegen den Himmel, der wie blaue Seide glänzte, mit goldenen Fäden -darin. Es stiegen nur wenige Menschen auf der Haltestelle aus, keine -Überfüllung wie an Sonntagen, und den Weg zum Walde hin wanderte niemand. - -Des Kornes goldene Breiten wogten, und das erste, was die Kinder -erblickten, waren ein paar Kornblumen. Mit einem Jubelschrei lief Marie -zu ihnen hin. Ferdel aber blieb wie festgenagelt mitten auf dem Wege -stehen, starrte mit großen Augen erschrocken auf etwas, das sich langsam -bewegte -- ein Regenwurm. - -Er hatte noch nie einen gesehen. - -Wäre ein Löwe dahergekommen, groß und stattlich, er hätte ihm vielleicht -zutraulich entgegengeblickt, der Regenwurm flößte ihm unsägliche Angst -ein, und erst, als er an der Mutter Hand ein Stücklein dem Tier entronnen -war, atmete er auf, befreite sich und sah sich nach neuen Abenteuern um. - -Marie hatte auch etwas entdeckt, sie hatte eine Schnecke gefunden, die -saß in ihrem gelben Häuschen und kümmerte sich wenig darum, daß zwei -Menschlein sie sehen wollten, sie kam erst wieder aus ihrem Haus, als der -Vater sie auf ein Wegebreitblatt setzte und alle still von ferne standen, -da streckte sie sacht ihre feinen, kleinen Fühlhörner aus. - -Ein Wunder schien den Kindern dies einsame kleine Leben, sie konnten sich -nicht davon trennen, bis ein paar Schmetterlinge an ihnen vorbei über den -Weg flatterten. Die langsame Schnecke hatte sie zum stillen Zuschauen -gezwungen, der Schmetterlinge leicht beschwingtes Gaukeln erweckte ihre -Unruhe. Sie rannten den bunten Faltern nach, sahen andere, wollten sie -greifen, bis Marie auf dem Wege ein neues Wunder erblickte. - -Ein Käferlein kroch da, schwerfällig, stahlschimmernd. Mistkäfer wird er -genannt, Marie fand ihn süß. - -Der Vater lachte über ihr Entzücken und er streifte von einem Halm einen -anderen Käfer, grüngolden schimmerte der und Marie ließ den Mistkäfer -seines Weges ziehen, ihr kleines Herz wandte sich flink dem zu, der -glänzte. - -Der Weg zum Walde war nicht weit, und doch brauchten die Wanderer lange -dazu, denn die Kinder erlebten auf der kurzen Strecke so viel, daß der -Vater meinte, am Ende des Tages würde es sein, als hätten sie eine -Weltumseglung hinter sich. Und dann tat sich ihnen der Wald auf. Es war -der karge Wald der sandigen Ebene. Kiefern, dazwischen mal ein heller -Birkenstreif, die Blumen blühten spärlich, und ein kleiner dunkler See im -Walde war seine größte Schönheit. Aber Marie und Ferdel waren nicht -verwöhnt, die waren noch nie in einem richtigen Wald gewesen, und sie -betraten den bescheidenen Forst, als läge in ihm das goldene -Wunderschloß der Märchenkönigin. - -Ferdels Mund stand nicht still. Das ewige »Warum« nach dem Ursprung aller -Dinge, das dem Erwachsenen oft noch an der Grenze des Lebens auf den -Lippen brennt, wandelte sich bei ihm zu einem »Weilrum«. - -»Weilrum Mutti sind die Bäume so groß? Vati, weilrum heißt es Wald?« Und -weilrum, weilrum immerzu. - -Marie ging still versonnen einher, sah zu den Bäumen empor und ungeheuer -erschienen ihr die dünnstämmigen Kiefern, deren Kronen im goldenen Licht -des Sommertages standen. Scheu, beklommen fragte sie endlich leise: -»Mutti, wer hat die Bäume gemacht?« - -»Der liebe Gott!« - -Da schlossen sich sacht die kleinen Hände zusammen und tief aus -dankerfülltem Herzlein heraus klang es. »Lieber Gott, dankeschön, daß du -die feinen Bäume gemacht hast.« Und ehe noch die Mutter nach dem Sinn des -Dankes, der dem Schatten galt nach dem sonnenheißen Zuweg, fragen konnte, -kam schon wieder eine Frage: »Mutti, geht der liebe Gott oft im Walde -spazieren?« - -Der Antwort auf diese schwere Frage wurde Frau Marie enthoben, ihr Mann -sagte mahnend: »Seid still, ganz still, dort kommen Rehe.« - -Drei waren es, die schlank und zierlich daherkamen, ein paar dürre Zweige -knackten, die Rehe schritten ganz langsam, doch plötzlich stutzten sie, -sie hatten der Menschen Nähe gespürt, eine Sekunde nur, dann rasten sie -davon und verschwanden im Walde. - -Den Kindern war's wie ein Märchen. Marie hielt den Atem an, sie zitterte -vor Erregung, Ferdel jedoch tat sein Mäulchen weit auf und schrie: -»Dabeiben, Rehe dabeiben!« Doch sein Stimmlein verhallte, die Rehe hatten -kein Ohr dafür, und so sehr auch Ferdel eilte, er kam ihnen nicht nach. - -Es wurde nun heller im Walde, ein paar Minuten noch und die Wanderer -standen auf einer kleinen Lichtung, ein abgeholztes Stück, auf dem sich -Buschwerk und Blumen angesiedelt hatten, hier summten wieder die Insekten -und flatterten die Schmetterlinge. - -»Hier wollen wir rasten,« sagte der Vater, »wir sitzen im Schatten und -haben vor uns das Licht. Das ist gut!« - -Sie fanden es alle gut, die Kinder, die Entdeckungsreisen auf die kleine -Lichtung antraten, und die Mutter, die heiter die ruhsame Stille genoß. -Fern aller Stadtlärm, in die Weite gerückt alle Alltagsmühe, alle kleinen -und großen Sorgen, stille die Stunden und doch so voll Erleben. Immer -wieder kamen die Kinder an, sie hatten eine unbekannte Blume gefunden, -hatten einen höchst seltsamen schwarzen Vogel gesehen und wollten es -nicht glauben, daß es eine Krähe war, sogar eine Blattwanze brachte -Ferdel mit lautem Freuderufen an. Und dann fanden sie einen -Ameisenhaufen, und der Vater erzählte ihnen von dem emsigen kleinen Volk, -und Ferdel verlangte stürmisch Ameisen mitzunehmen, er träumte schon von -einem Ameisenhaufen mitten in der Wohnstube. Er war überhaupt sehr dafür -mitzunehmen, während Marie selbst die Blumen mit behutsamer Scheu -pflückte. - -Frau Marie hatte Mundvorrat eingepackt, sie brauchten darum kein Gasthaus -aufzusuchen und so blieben sie auf dem gewählten Platz, blieben viele -Stunden, die erschienen ihnen kurz und doch lang; als der Vater zum -Aufbruch mahnte, riefen alle: »schon?«, und nachher sagte die Mutter -doch: »Es war, als hätte ich eine weite Reise gemacht.« - -»Jedenfalls müßte man ein Buch schreiben von alledem, was unsere Kinder -heute gesehen haben«, sagte der Vater, als sie dem Bahnhof zuschritten -und in die rote Glut des Abendhimmels sahen. Die vielerlei kleinen -Stimmen, die am Tage so laut gesummt und getönt hatten, schwiegen nun, -doch dafür zirpten die Grillen laut, und in einem Tümpel am Wege quakten -die Frösche. Das waren die letzten Laute von draußen, die die Kinder -hörten, und darum redete Ferdel zuletzt nur von den Fröschen, und Marie -verlangte das Märlein vom Froschkönig zu hören. Doch sie schlief darüber -ein. Kaum saßen sie im Abteil des Heimzuges, da fielen den Kindern die -Augen zu. Sie waren müde von Luft und Sonne, von den vielerlei -Ereignissen des Tages und ihre Gesichtlein sanken tief herab auf die -welken Blumen in ihren Händen. Auch Frau Marie war müde, aber sie schlief -nicht, sie träumte vom Walde draußen, und als die Großstadt wieder -begann, die Bahn wieder an den hohen Häusern mit den aufdringlichen -Geschäftsanpreisungen daran vorbeifuhr, da sagte sie noch einmal: »Es ist -mir, als hätte ich eine weite Reise gemacht, eine schöne Reise.« - -Ihre Hand suchte die ihres Mannes, und der sagte nachdenklich: »Ich -dachte an den Wald meiner Jugend, er war reicher, war schöner deutscher -Hochwald, und doch habe ich ihn heute wiedergefunden im seligen Erleben -unserer Kinder.« - - - - -Pusteblumen. - - -Der Vater hatte am Fenster gestanden, hinausgesehen in den Garten, der -wieder einmal seinen hellen Frühlingssang angestimmt hatte, und dabei -gesagt: »Das ist heute wirklich ein Tag, an dem man es wachsen sieht.« - -Dem vierjährigen Rudi klingt das Wort in den Ohren. Es wachsen sehen -draußen, die Blumen alle aus der Erde emporschießen sehen, wie hübsch muß -das sein: Man darf so etwas nicht versäumen. Er läuft eilig zu seiner nur -ein Jahr älteren Schwester Gretel und ruft der zu: »Komm mit auf die -Wiese!« - -Gretel schüttelt den Kopf. Sie hat just keine Wiesenlust, sie bleibt -lieber auf dem Hausbänkchen sitzen und sieht den Hühnern zu, die mit viel -Gegackere sich mit ein paar Sperlingen um das Futter streiten. Unlustig -frägt sie: »Was willst denn?« - -»Draußen wachst es, man kann's heut' sehen!« - -»I wo!« Gretel lacht, sie fühlt sich sehr als ältere erfahrene Schwester -dem kleinen Bruder gegenüber, und sie belehrt ihn herablassend: »Das kann -man nicht sehen!« - -»Doch, Vater hat es gesagt!« - -Die Kleine horcht auf. Was Vater sagt, muß doch wahr sein, denn Vater ist -Pfarrer und ungeheuer klug, zu dem kommen viele Leute sich Rat holen. -Darum sieht sie auch auf, als der Bruder noch einmal lockt: »Komm mit!« - -Sie laufen beide durch den Garten, bleiben ein paar Herzschläge lang am -Erbsenbeet stehen; sollen sie hier das Wachsen ansehen? Doch Rudi ist -mehr für die Wiese, er meint, auf der müsse das heute am schnellsten -wachsen, und darum schlüpfen beide durch ein Heckenloch, dahinter dehnt -sich Wiesenland bis zum Walde hin. Dort, wo der dunkle Tannenwald als -blaue Wand aufsteigt, ist noch Schatten, aber vorn liegt die Wiese im -vollen Sonnenglanz. - -Hier ist gut sein. Die Kinder kauern sich im Grase nieder, jedes sucht -sich ein Fleckchen aus, auf das es ernst und andächtig niederschaut, -meinend, nun müsse Blume auf Blume aus der Erde hervorschießen und die -Gräslein müßten sich recken und dehnen; wenn eins dem Rudi gleich bis an -die Nasenspitze geschossen wäre, es hätte ihn nimmer gewundert. - -Eine Minute vergeht, noch eine. - -»Gretel, siehst du was?« - -»So schnell geht's nicht!« Gretel hält ihren rechten Zeigefinger an einen -Grashalm, schießt der nicht bald über das lebendige kleine Maß hinaus? - -Insekten schwirren und summen, ein Schmetterling kommt flatternd -angetanzt. Die Wiese läßt sich behaglich von der Sonne liebkosen, und -jeder kleine Halm fühlt den warmen Kuß der gütigen Lichtmutter. - -»Da, da wachst es!« Rudi beugt sich aufgeregt vor. Doch was da zitternd -zu wachsen scheint, ist eine Raupe, die langsam und satt an einem -Grashalm entlang klettert und die nun eine Minute der Kinder -Aufmerksamkeit fesselt. - -Gretels Finger ist dabei tiefer in den weichen Wiesenboden eingedrungen -und sie schreit plötzlich stolz: »Mein Gras ist gewachsen, da so viel!« - -Rudi will das Maß nicht gelten lassen; aber er versucht es auch und sein -Finger rutscht gleich ganz tief hinein. »Dummchen du!« Gretel nimmt des -Bruders Hand, gibt sorgsam dem Zeigefinger die Richtung und sagt: »Nun -mußt du stillhalten.« - -Ein Marienkäferlein denkt: hoho, was ist das für eine sonderbare Leiter, -die muß ich erklettern, und flink kriecht es am Finger in die Höhe, es -findet den Weg zur Handfläche, steigt weiter und weiter und Rudi sieht -ihm zu, vergißt das Gras, warum dauert es auch so lange, bis es wächst? -»Ich mach's so«, ruft er plötzlich von einem Gedanken erfaßt, er wirft -sich lang hin, so macht es der Vater manchmal, wenn er auf dem Waldboden -allerlei beobachten will. »Da seh' ich's besser!« - -Auch Gretel streckt sich aus, und so liegen sie beide bäuchlings im -Sonnenschein, und um sie herum singt, summt und schwirrt es, ein -unablässiges Tönen ist in der Luft, das winzigste Insekt stimmt ein in -den frohen Lobgesang. Den Kindern fallen die Augen zu, sie schlafen -nicht, bewahre, sie wären arg entrüstet, wollte jemand eine so -leichtfertige Behauptung aufstellen. - -Ein heller, etwas schriller Ton durchzittert die Luft -- die -Mittagsglocke! - -Rudi dreht sich um, er blinzelt ein wenig, öffnet die Augen mehr und -sieht gerade neben seiner kleinen Nase eine sehr große, dicke, gelbe -Pusteblume. - -Die war eben noch nicht da, er weiß es ganz genau. Einen Herzschlag lang -sieht er sich noch das goldene Blumenwunder an, dann schreit er: »Gretel, -Gretel ich hab 'ne Blume wachsen sehen.« - -Und Gretel dehnt sich und blinzelt, Grashalme kitzeln sie an den Wangen, -war denn das vorher auch so? Und dann sieht sie auch neben sich eine -goldgelbe Pusteblume, noch eine, viele, viele und vorher hat sie die doch -gar nicht gesehen. Die Pusteblumen sind gewachsen! »Rudi,« ruft sie -selig, »da, so viele Blumen sind gewachsen.« - -Sie greift mit den Händchen nach den Blumen, bricht sie ab, sie springt -auf, pflückt mehr ab und will auch die nehmen, die der Bruder noch immer -verträumt anschaut. »Nein,« schreit der entrüstet, »ich hab' sie doch -wachsen seh'n!« - -»Na ja, gerade darum!« - -»Nein, Nein!« Rudi hält beide Hände schützend über das kleine goldene -Wunder, das darf ihm niemand anrühren, denn was sind alle Pusteblumen der -Welt gegen die eine, an der sein Glaube hängt, sie wäre vor seinem -Näslein gewachsen. - -Gretel findet diese eine Blume nicht schöner als die anderen, und -Pusteblumen sind ihrer Meinung nach dazu da, um Kränzlein daraus zu -winden, mit denen man sich schmückt. Und als sie sich den goldgelben -Kranz auf den Kopf setzt, sich auch eine Ringelkette dazu umhängt, sagt -der Bruder glückselig: »Sie ist ganz groß geworden, viel, viel größer -als deine.« - -Es wird ihm ordentlich schwer, sich von der schönen Blüte zu trennen, -doch Gretel, die immer aus allerlei Zeichen weiß, wenn es Zeit zu -irgendeiner Mahlzeit ist, sagt eilig: »Wir müssen heim.« - -So wandern sie wieder durch das Heckenloch und den Garten dem Hause zu, -Gretel stolz im goldenen Blumenschmuck, Rudi verträumt. Sie kommen -wirklich gerade noch zum Mittagessen zurecht und auf die Frage nach ihrem -Verbleib, erzählen sie, Gretel sehr eifrig, Rudi langsamer und -nachdenklich. - -Der Mutter drängt sich ein Lachen auf die Lippen, der Vater will sagen: -»Unsinn!« Doch da sehen sich beide an, und der Mutter Lachen wandelt sich -zu einem stillen Lächeln, und der Vater nickt den Kindern zu. Er denkt -zurück an die eigene Jugend. Damals. Er hat auch auf der Wiese gelegen, -um das Gras wachsen zu sehen, und er hat daran geglaubt, bis sacht in ihm -die Erkenntnis gewachsen ist und er vom Märchenglauben der Kindheit dazu -gekommen ist, nachdenklich im schönen Buch der Natur zu lesen. Und die -Freude daran ist in ihm gewachsen. - -Der goldene Kranz auf Gretels Haar glänzt, Rudis Händchen beschreiben -einen weiten Kreis: »So groß war meine Pusteblume.« - -Was sind alle Schätze der Welt gegen eine Pusteblume, die golden auf der -Wiese gewachsen ist! Und Rudi hat sie wachsen sehen, wer zweifelt daran? - - - - -Der Brief an den lieben Gott. - - -Leni wollte einen Brief an den lieben Gott schreiben. - -Sie dachte ganz ernsthaft daran, obgleich das Schreiben eine -beschwerliche Sache war. Man mußte sich da das Händchen führen lassen, -sah krause schwarze Zeichen entstehen, die man nicht deuten konnte und -meist verstanden die Erwachsenen gar nicht, wie wichtig solch ein Brief -war; ja, sie sagten wohl ein bissel unwirsch: »Warte doch, bis du selbst -schreiben kannst.« - -So lange konnte Leni aber wirklich nicht warten. Ostern tat sich -ihr erst die Schule auf, und dazwischen lag noch Weihnachten und Mutters -Geburtstag; also dauerte es noch ewig lange, ehe die Schule begann. Und -Lenis Bitte eilte. Der Vater sollte doch endlich aus dem bösen Krieg -heimkommen, bald zu Mutters Geburtstag. Am einfachsten wäre es ja -gewesen, den Wunsch im Abendgebet vorzubringen, aber da hörte Mutter zu -und manchmal auch die Tanten, die im gleichen Hause wohnten. Sehr liebte -Leni dies Zuhören eigentlich nicht. Sie schämte sich immer etwas, denn -sie hatte es wohl gemerkt, die Tanten lachten manchmal heimlich, wenn sie -dem lieben Gott recht viel zu sagen hatte, und wenn sie dem Schutze des -gütigen Vaters selbst den Kohlenmann empfahl, auch die Gemüsefrau Müller -und alle Leute, die nur den Fuß über die Schwelle der Wohnung setzten. -Freilich, wenn sich dann die Tanten zunickten und Tante Nora sagte: -»Süß!« und Tante Traute antwortete: »Goldig!«, das gefiel ihr dann. - -Sie hörte es überhaupt gern, wenn die Erwachsenen von ihr sprachen. -Manchmal taten die das in ihrer Gegenwart und meinten, sie höre es nicht. -Aber Leni hatte Mäusleinohren. Sie paßte gut auf, sie hörte dabei -freilich auch andere Dinge und sie fand es manchmal etwas sonderbar, wie -die Erwachsenen miteinander redeten; gar nicht zu verstehen war da -allerlei. Auf den Gedanken, einen Brief an den lieben Gott zu schreiben, -hatte sie auch ein Gespräch der Tanten gebracht, die hatten sich so einen -Brief aus der Zeitung vorgelesen und herzhaft darüber gelacht, hatten den -Brief entzückend gefunden und gesagt: so etwas brächte unsere Leni auch -fertig. - -Warum der liebe Gott seine Briefe in die Zeitung tat, verstand Leni -freilich nicht, aber der Gedanke, an den lieben Gott zu schreiben, -beschäftigte sie seitdem sehr. Der Gedanke lief freilich wieder fort, -denn andere kamen und huschten durch das kleine Hirnchen, aber auf einmal -mußte Leni doch wieder an den Brief denken und da ging sie und trug ihre -Sorgen zu Martha in die Küche. Und Martha sagte: »Das tu nur!« Sie -versprach auch ihre Schreibhilfe und allertiefstes Stillschweigen, sie -spendete sogar einen himmelblauen Bogen, »ein Brief an den lieben Gott -muß schon ein Ansehen haben«, sagte sie. - -Mit Marthas Unterstützung schrieb dann Leni am Nachmittag, an dem die -Mutter ausgegangen war, ihren Brief. Er wurde »fein«, darüber waren sich -die Schreiberinnen einig, obgleich Leni ihn nicht lesen konnte und Martha -der guten Frau Orthographie manches Schnippchen geschlagen hatte. Über -den rechten Weg der Beförderung gingen die Ansichten freilich -auseinander. Martha schlug das Fensterbrett vor, Leni hatte mehr Zutrauen -zum Briefkasten, der Briefträger fand doch alle Leute, warum sollte er da -nicht des ewigen Vaters lichte Wohnung finden! »An den lieben Gott im -Himmel«, wie leicht war das! -- Der Briefkasten siegte. - -Martha sagte: »Heute abend werfe ich den Brief ein, da merkt es niemand.« - -»Niemand, auch die Mutter nicht!« - -Der Gedanke an das große Geheimnis bedrückte Leni ein wenig. Abends, als -sie betete, hätte es die Mutter beinahe erfahren, doch Leni hielt es -gerade noch fest, nur eine Frage hüpfte ihr eilig über die Lippen: -»Antwortet der liebe Gott, wenn er einen Brief kriegt?« - -»Nein, Kind!« Die Mutter lachte. »Da hätte er viel zu tun, aber er sieht -alles und hört alles.« - -Die Kleine atmete tief. »Vielleicht ist Sonntag schon der Krieg aus«, -sagte sie froh, und die Mutter sah ein holdes Scheinen unendlichen -Vertrauens auf dem Gesichtchen erblühen, und sie lächelte wissend, denn -ein blaues Brieflein knisterte in ihrer Tasche. - -Der nächste Morgen brachte so warmen Sonnenschein, daß der Spätherbsttag -sommerlichen Glanz erhielt. Leni konnte im Garten spielen und darüber -vergaß sie den Brief. Am Nachmittag, als sie über ihren Bilderbüchern -hockte und darin dem Christkind begegnete, dachte sie wieder daran. Im -Nebenzimmer saßen der Mutter Freundinnen, und auf einmal dämpften die -Frauen ihre Stimmen, geheimnisvoll klang es, und Leni vergaß ihren Brief -und rutschte mit ihrem Schemelchen der Tür näher und näher, denn sie -meinte ihren Namen zu hören. - -»Lies ihn noch einmal,« bat drinnen Tante Nora, »er ist zu niedlich.« - -»Sie hört es vielleicht.« - -»Ach nein, sie hat ihre Bilderbücher vor.« - -Die Mutter las. Leni erschrak tief. - -Wie seltsam das war! Mutter las alles vor, was sie gestern an den lieben -Gott geschrieben hatte, und als sie fertig war, riefen die Tanten -»Reizend!« und »Süß« und Tante Traude fragte: »Hat sie dir den Brief -gegeben?« - -»Bewahre, er soll ein Geheimnis sein. Martha brachte ihn mir, sie sollte -ihn in den Briefkasten stecken.« - -»O das kleine dumme Dummchen!« - -»Entzückend, dies Vertrauen!« - -»Gut, daß nicht alle Leute den lieben Gott so viel bitten wie unsere -Leni, der Arme, er hätte sonst zu viel zu tun.« - -Die Frauen lachten. An das Ohr der kleinen Lauscherin drangen seltsame -Worte, sie verstand sie nicht und meinte doch, der liebe Gott müßte -bitterböse werden, weil man so von ihm sprach. Konnte denn der liebe Gott -nicht alles, wußte er nicht alles? - -Wieder umtönte das Lachen der Frauen Leni. Die schrie plötzlich laut auf, -und nebenan verstummte jäh das Lachen. Die Mutter und die Tanten kamen -erschreckt in das Zimmer, und Leni sah -- ihren himmelblauen Brief in der -Mutter Hand. - -»Sie hat gehorcht!« - -Die Mutter sah verwirrt auf ihr Kind, sie wollte es in die Arme nehmen, -doch Leni wehrte sich störrisch, sie rutschte von ihrem Schemelchen herab -und rannte hinaus, lief in die Küche und stand plötzlich vor Wut -schreiend vor Martha. - -Die begriff nicht den Zorn ihres Lieblings, wußte nicht, daß sie des -Kindes Vertrauen getäuscht hatte, und sie wollte trösten mit täppischen -Liebkosungen wie sonst, doch Leni wehrte sich ungestüm, sie biß und -kratzte, sie ließ sich auch nicht von der Mutter in die Arme nehmen, und -als auch die Tanten in die Küche kamen, streckte sie ihnen ihr rotes -Zünglein entgegen. - -An diesem Nachmittag war Leni kein süßes, reizendes Kind. Sie blieb -ungebärdig, und als sie in ihrem Bettchen lag und die Mutter ein wenig -zögernd mahnte: »Willst du nicht beten!«, da huschelte sich Leni flink in -die Kissen und knurrte: »Ich mag nicht!« - -»Du bist ungezogen,« sagte die Mutter streng, »der liebe Gott wird ganz -böse auf dich sein!« Sie ging hinaus und wußte nicht, wie tief ihres -Kindes Sehnsucht nach ihr klagte. Sie wußte nichts von allem, was heute -in dem kleinen Herzen zerbrochen war, welch köstliches feines Blümlein -zerknickt am Boden lag. Leni war ungezogen gewesen, das kam vor, morgen -würde sie wieder brav sein, denn ein süßes Ding war sie doch. - -Und Leni weinte sich in den Schlaf, tat dann eine Reise ins bunte -Traumland und wachte am Morgen hungrig und spiellustig auf. - -Es war wie sonst. Doch am Abend wollte Leni wieder nicht beten, und als -die Mutter ärgerlich wurde und das Gebet forderte, schlabberte sie ganz -schnell ihr Verslein her vom kleinen reinen Herzen, besondere Wünsche, -besondere Sorgen vertraute sie dem lieben Gott nicht mehr an. - -Tat es nie mehr. Scheue Scham verschloß ihr den Mund. - - - - -Ein Schlüssel zum Himmel. - - -Die Mutter hatte ein Märlein erzählt, eine feine liebe Geschichte von -einem Englein, das eine Erdenreise machen wollte. Heimlich hat es dem -alten Petrus, wie der gerade etwas auf der blühenden Himmelswiese -spazieren ging, von seinem Schlüsselbund das kleinste, goldene -Schlüsselein für die allerkleinste Himmelstüre genommen, hat die -aufgeschlossen und ist abwärts geflogen, der Erde zu, nach der es -Sehnsucht hatte -- vielleicht, weil es ihm im lichten, hohen Himmel zu -friedestill war. Wer weiß es denn. - -»Tun Engel denn so etwas?« hat Heinerle, der Jüngste, gefragt. - -»Ja, manchmal doch. Manchmal, aber nur sehr sehr selten, sind auch kleine -Engel ein linschen unnütz. Freilich, der ausgerissene kleine Engel hat -seine Strafe auch gleich bekommen, sein Schlüssel ist zu Boden gefallen, -ist in Millionen Splitterchen zerschellt, von denen war jedes ein -Samenkorn, daraus ist dann eine feine, zarte, goldgelbe Blume erblüht. -Himmelsschlüssel heißen sie die Menschen.« - -»Kann man damit den Himmel aufschließen?« - -»Schon. Wenn ein Mensch hier unten stirbt und ein Engel wird, der kann -sich dann oben selbst die Himmelstüre aufschließen, und Sankt Petrus -lacht dann wohl und sagt: »Eia, du bist aber vorsichtig, lieber neuer -Engel du, hast gleich den Schlüssel mitgebracht.«« - -»Hat der kleine Engel auch so wieder den Himmel aufgeschlossen?« - -»Nein, nein, die Blumen erblühten erst im Frühling, und als der Engel auf -die Erde kam, war es Winter. Kalter, eisiger Winter. Es ist ihm übel -ergangen, dem kleinen Vorwitz. In sternenlosen Nächten, an bitterkalten -Tagen ist er lange, lange auf der Erde umhergeirrt, bis er endlich dem -Engel des Todes begegnete, der sich seiner erbarmte und ihn hinauf in den -lichten, warmen Himmel trug. Denn zurückfliegen konnte der kleine Engel -nicht mehr, seine Flügel waren zerbrochen, und traurig war er, wie es nie -ein Engel im Himmel ist.« - -»Hat der liebe Gott sehr gezankt?« - -»Nein, nein, so sehr nicht! Er hat ein bißchen mit dem Finger gedroht und -dann hat er dem kleinen Ausreißer über die Flügel gestrichen, da wurden -die wieder heil. In seiner großen Güte hat der liebe Gott wohl gedacht, -du kleiner Vorwitz du, du hast Strafe genug gehabt.« - -Dem Heinerle war die Geschichte tief ins Herz gesunken, so wie ein -Regentropfen in eine Blüte fällt. Er läuft auf die Wiese, wo die -Himmelsschlüssel blühen, goldgelb und heiter, so recht frühlingsfroh. - -Blau ist der Himmel, klar die Luft, eine Lerche wirbelt singend zur -hellen Höhe empor, doch Heinerle hört nichts und sieht nichts, er pflückt -Blumen, viele, viele und denkt an das Märlein, das ihm Wahrheit dünkt. -Die gelben Blumen schließen den Himmel auf! - -Wem denn? - -Wer ein Engel werden will, muß sterben. Heinerle steht und denkt an das -Sterben und leise Schauer durchzittern sein Herzlein. - -Wer stirbt denn aber? Der alte Tischler Seifert vielleicht, gestern noch -hatte es Heinerle sagen hören, er würde bald sterben. - -Soll er dem die Blumen bringen? Damit er es leicht hat, in den Himmel -zukommen und Sankt Petrus auch sagt: »Eia, du bist aber vorsichtig, -lieber neuer Engel du!« - -Ich bring' ihm die Blumen! Husch, ist der Gedanke da, und schon rennt -Heinerle ins Dorf zurück. Er hat es sehr eilig, will nicht zu spät kommen -mit seinen goldenen Wunderschlüsseln. - -Seiferts Johann ist alt und arm, und alle Not des Lebens ist über ihm -gewesen, und er ist durch viele dunkle Täler geschritten. Davon weiß -Heinerle nichts, er weiß noch nicht, was es heißt, alt, arm und einsam -sein. Für ihn hat der alte Mann in Lust und Freude gelebt, denn dem muß -es doch gut gehen, der eine Katze und vier Vögel hat, die sich mitsammen -vertragen. So etwas Wunderbares. - -Ob er wohl die Katze und die Vögel mit in den Himmel nimmt? -- Wer weiß -das alles! - -Er will den Alten fragen, aber als er eintritt in die niedrige, dumpfe -Stube, erhält er keine Antwort mehr. Der Tischler Johann Seifert steht -schon auf der Schwelle des großen, unbekannten Landes, ein paar Atemzüge -noch und er ist drüben. Alles Klingen und Lärmen der Erdenwelt ist schon -für ihn verstummt, und Fragen sind ihm nicht mehr Fragen. - -Heinerle erschrickt vor dem Alten. Wie sonderbar der aussieht! Er wirft -hastig die Blumen auf das schmutzige, zerwühlte Lager und rennt wieder -hinaus, von der Furcht gejagt. Doch an der Türe bleibt er stehen, dreht -sich noch einmal um und ruft mit angstgedämpfter Stimme: »Vergiß die -Himmelsschlüssel nicht, da -- damit du gleich rein kannst.« - -Die Türe klappt. Heinerle steht draußen im Sonnenschein. - -Niemand erfährt etwas von seinem Gang. Der Tag wird müde und läßt sich -von der Nacht in die Arme nehmen. Ein neuer steigt herauf, und an ihm -hört Heinerle sagen: Der alte Seifert wäre tot. - -Ein Nachbar redet es im Flur des Hauses, er lacht dazu, und Frau Mädler, -die Wirtschafterin, sagt: »Na, schade ist's nicht um den alten Lump. -Einer weniger von der Sorte, das ist gut.« - -»Er ist jetzt im Himmel«, sagt Heinerle auf einmal ernsthaft. - -»Der und im Himmel!« Der Nachbar lacht grob. »Der hat da drin nichts zu -suchen, den lassen sie gar nicht ein.« - -»Doch -- er hat ja einen Schlüssel!« Heinerle hätte gern erzählt, wie der -alte Seifert in den Himmel gekommen ist, aber vor dem lauten ungläubigen -Lachen der andern läuft er davon. Er flüchtet zur Mutter und vertraut der -sein großes Geheimnis an. Und die Mutter glaubt auch, daß sich Seiferts -Johann nun den Himmel aufgeschlossen hat, sie zweifelt nicht, sie lächelt -nicht, sie hält ihren kleinen Jungen fest im Arm, und ihr Blick taucht -tief in den seinen. - -»Ist er jetzt -- schon oben?« Heinerle hält den Atem an, so sehr erregt -ihn selbst die Frage. - -»Gewiß, jetzt ist er schon beim lieben Gott.« - -Heinerle lächelt glückselig. Er träumt dem Engel nach, der zum Himmel -emporgeflogen ist und der hier auf Erden der alte Tischler Johann Seifert -war, von dem die Leute reden, er sei ein Lump gewesen. - -Die Mutter sinnt ernst der Zukunft entgegen. Wird ihrem Kind auch einmal -das goldene Schlüsselein zum Himmel des Glaubens in tausend Splitter -zerschellen, wird er sich auch die lichten Flügel seiner reinen kleinen -Seele zerbrechen? Nein, nein, ruft es in ihr, ich will wachsam sein -immerzu und ihm selbst eine Türe der Erkenntnis nach der anderen öffnen, -sacht und vorsichtig, damit seine Seele nicht Schaden leide. - -Ein schweres Werk. Wird es gelingen? Wer weiß es denn? - - - - -Anmerkungen zur Transkription: - - -Das Original ist in Fraktur gesetzt. - -Doppelte Anführungsstriche wurden durch » (unten) und « (oben) ersetzt. - -Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen; -lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. - -Einige Ausdrücke wurden in beiden Schreibweisen übernommen: - - Herzelein und herzlein - - Tante Traute und Tante Traude - -Folgende offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert: - - geändert wurde "Frau Marie schwieg, Sie überließ" - in "Frau Marie schwieg. Sie überließ" - (Seite 21) - - geändert wurde "heißen sie die Menschen." - in "heißen sie die Menschen.«" - (Seite 32) - - geändert wurde "gleich den Schlüssel mitgebracht.«" - in "gleich den Schlüssel mitgebracht.««" - (Seite 33) - - - - - -End of Project Gutenberg's Die Welt im Kinderköpfchen, by Josephine Siebe - -*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE WELT IM KINDERKÖPFCHEN *** - -***** This file should be named 43613-8.txt or 43613-8.zip ***** -This and all associated files of various formats will be found in: - http://www.gutenberg.org/4/3/6/1/43613/ - -Produced by Norbert H. Langkau, Iris Schröder-Gehring, and -the Online Distributed Proofreading Team at -http://www.pgdp.net - - -Updated editions will replace the previous one--the old editions -will be renamed. - -Creating the works from public domain print editions means that no -one owns a United States copyright in these works, so the Foundation -(and you!) can copy and distribute it in the United States without -permission and without paying copyright royalties. Special rules, -set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to -copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to -protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. Project -Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you -charge for the eBooks, unless you receive specific permission. If you -do not charge anything for copies of this eBook, complying with the -rules is very easy. 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