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+The Project Gutenberg EBook of Das Buch der Bilder, by Rainer Maria Rilke
+
+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
+re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
+with this eBook or online at www.gutenberg.org
+
+
+Title: Das Buch der Bilder
+
+Author: Rainer Maria Rilke
+
+Release Date: November 30, 2010 [EBook #34521]
+
+Language: German
+
+Character set encoding: ISO-8859-1
+
+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS BUCH DER BILDER ***
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+DAS BUCH DER BILDER
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+VON
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+RAINER MARIA RILKE
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+LEIPZIG
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+IM INSEL-VERLAG
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+MCMXX
+
+
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+DES ERSTEN BUCHES ERSTER TEIL
+
+
+
+EINGANG
+
+
+Wer du auch seist: Am Abend tritt hinaus
+aus deiner Stube, drin du alles weißt;
+als letztes vor der Ferne liegt dein Haus:
+Wer du auch seist.
+Mit deinen Augen, welche müde kaum
+von der verbrauchten Schwelle sich befrein,
+hebst du ganz langsam einen schwarzen Baum
+und stellst ihn vor den Himmel: schlank, allein.
+Und hast die Welt gemacht. Und sie ist groß
+und wie ein Wort, das noch im Schweigen reift.
+Und wie dein Wille ihren Sinn begreift,
+lassen sie deine Augen zärtlich los....
+
+
+
+
+AUS EINEM APRIL
+
+
+ Wieder duftet der Wald.
+ Es heben die schwebenden Lerchen
+mit sich den Himmel empor, der unseren Schultern schwer war;
+zwar sah man noch durch die Äste den Tag, wie er leer war,--
+ aber nach langen, regnenden Nachmittagen
+ kommen die goldübersonnten
+ neueren Stunden,
+vor denen flüchtend, an fernen Häuserfronten
+ alle die wunden
+Fenster furchtsam mit Flügeln schlagen.
+
+Dann wird es still. Sogar der Regen geht leiser
+über der Steine ruhig dunkelnden Glanz.
+Alle Geräusche ducken sich ganz
+in die glänzenden Knospen der Reiser.
+
+
+
+
+ZWEI GEDICHTE ZU HANS THOMAS SECHZIGSTEM GEBURTSTAGE
+
+
+
+MONDNACHT
+
+
+Süddeutsche Nacht, ganz breit im reifen Monde
+und mild wie aller Märchen Wiederkehr.
+Vom Turme fallen viele Stunden schwer
+in ihre Tiefen nieder wie ins Meer,--
+und dann ein Rauschen und ein Ruf der Ronde,
+und eine Weile bleibt das Schweigen leer;
+und eine Geige dann (Gott weiß woher)
+erwacht und sagt ganz langsam:
+ Eine Blonde ...
+
+
+
+RITTER
+
+
+Reitet der Ritter im schwarzen Stahl
+hinaus in die rauschende Welt.
+Und draußen ist alles: der Tag und das Tal
+und der Freund und der Feind und das Mahl im Saal
+und der Mai und die Maid und der Wald und der Gral,
+und Gott ist selber vieltausendmal
+an alle Straßen gestellt.
+
+Doch in dem Panzer des Ritters drinnen,
+hinter den finstersten Ringen,
+hockt der Tod und muß sinnen und sinnen:
+Wann wird die Klinge springen
+über die Eisenhecke,
+die fremde befreiende Klinge,
+die mich aus meinem Verstecke
+holt, drin ich so viele
+gebückte Tage verbringe,--
+daß ich mich endlich strecke
+und spiele
+und singe.
+
+
+
+
+MÄDCHENMELANCHOLIE
+
+
+Mir fällt ein junger Ritter ein
+fast wie ein alter Spruch.
+
+Der kam. So kommt manchmal im Hain
+der große Sturm und hüllt dich ein.
+Der ging. So läßt das Benedein
+der großen Glocken dich allein
+oft mitten im Gebet....
+Dann willst du in die Stille schrein
+und weinst doch nur ganz leis hinein
+tief in dein kühles Tuch.
+
+Mir fällt ein junger Ritter ein,
+der weit in Waffen geht.
+
+Sein Lächeln war so weich und fein:
+wie Glanz auf altem Elfenbein,
+wie Heimweh, wie ein Weihnachtsschnein
+im dunkeln Dorf, wie Türkisstein,
+um den sich lauter Perlen reihn,
+wie Mondenschein
+auf einem lieben Buch.
+
+
+
+
+VON DEN MÄDCHEN
+
+
+
+I
+
+
+Andere müssen auf langen Wegen
+zu den dunklen Dichtern gehn;
+fragen immer irgendwen,
+ob er nicht einen hat singen sehn
+oder Hände auf Saiten legen.
+Nur die Mädchen fragen nicht,
+welche Brücke zu Bildern führe;
+lächeln nur, lichter als Perlenschnüre,
+die man an Schalen von Silber hält.
+
+Aus ihrem Leben geht jede Türe
+in einen Dichter
+und in die Welt.
+
+
+
+II
+
+
+Mädchen, Dichter sind, die von euch lernen
+das zu sagen, was ihr einsam seid;
+und sie lernen leben an euch Fernen,
+wie die Abende an großen Sternen
+sich gewöhnen an die Ewigkeit.
+
+Keine darf sich je dem Dichter schenken,
+wenn sein Auge auch um Frauen bat:
+denn er kann euch nur als Mädchen denken:
+das Gefühl in euren Handgelenken
+würde brechen von Brokat.
+
+Laßt ihn einsam sein in seinem Garten,
+wo er euch wie Ewige empfing
+auf den Wegen, die er täglich ging,
+bei den Bänken, welche schattig warten,
+und im Zimmer, wo die Laute hing.
+
+Geht!... Es dunkelt. Seine Sinne suchen
+eure Stimme und Gestalt nicht mehr.
+Und die Wege liebt er lang und leer
+und kein Weißes unter dunklen Buchen,--
+und die stumme Stube liebt er sehr.
+... Eure Stimmen hört er ferne gehn
+(unter Menschen, die et müde meidet)
+und: sein zärtliches Gedenken leidet
+im Gefühle, daß euch viele sehn.
+
+
+
+
+DAS LIED DER BILDSÄULE
+
+
+Wer ist es, wer mich so liebt, daß er
+sein liebes Leben verstößt?
+Wenn einer für mich ertrinkt im Meer,
+so bin ich vom Steine zur Wiederkehr
+ins Leben, ins Leben erlöst.
+
+Ich sehne mich so nach dem rauschenden Blut;
+der Stein ist so still.
+Ich träume vom Leben: das Leben ist gut.
+Hat keiner den Mut,
+durch den ich erwachen will?
+
+Und werd ich einmal im Leben sein,
+das mir alles Goldenste gibt,--
+ * * * * *
+so werd ich allein ,
+weinen, weinen nach meinem Stein.
+Was hilft mir mein Blut, wenn es reift wie der Wein?
+Es kann aus dem Meer nicht den Einen schrein,
+der mich am meisten geliebt.
+
+
+
+
+DER WAHNSINN
+
+
+Sie muß immer sinnen: Ich bin... ich bin....
+Wer bist du denn, Marie?
+ Eine Königin, eine Königin!
+ In die Kniee vor mir, in die Knie!
+
+Sie muß immer weinen: Ich war ... ich war....
+Wer warst du denn, Marie?
+ Ein Niemandskind, ganz arm und bar,
+ und ich kann dir nicht sagen wie.
+
+Und wurdest aus einem solchen Kind
+eine Fürstin, vor der man kniet?
+ Weil die Dinge alle anders sind,
+ als man sie beim Betteln sieht.
+
+So haben die Dinge dich groß gemacht,
+ und kannst du noch sagen wann?
+ Eine Nacht, eine Nacht, über eine Nacht,--
+ und sie sprachen mich anders an.
+ Ich trat in die Gasse hinaus und sieh:
+ die ist wie mit Saiten bespannt;
+ da wurde Marie Melodie, Melodie ...
+ und tanzte von Rand zu Rand.
+ Die Leute schlichen so ängstlich hin,
+ wie hart an die Häuser gepflanzt,--
+ denn das darf doch nur eine Königin,
+ daß sie tanzt in den Gassen: tanzt!...
+
+
+
+
+DIE LIEBENDE
+
+
+Ja, ich sehne mich nach dir. Ich gleite
+mich verlierend selbst mir aus der Hand,
+ohne Hoffnung, daß ich Das bestreite,
+was zu mir kommt wie aus deiner Seite
+ernst und unbeirrt und unverwandt.
+
+... jene Zeiten: O wie war ich Eines,
+nichts was rief und nichts was mich verriet,
+meine Stille war wie eines Steines,
+über den der Bach sein Murmeln zieht.
+
+Aber jetzt in diesen Frühlingswochen
+hat mich etwas langsam abgebrochen
+von dem unbewußten dunkeln Jahr.
+Etwas hat mein armes warmes Leben
+irgendeinem in die Hand gegeben,
+der nicht weiß, was ich noch gestern war.
+
+
+
+
+DIE BRAUT
+
+
+Ruf mich, Geliebter, ruf mich laut!
+Laß deine Braut nicht so lange am Fenster stehn.
+In den alten Platanenalleen
+wacht der Abend nicht mehr:
+sie sind leer.
+
+Und kommst du mich nicht in das nächtliche Haus
+mit deiner Stimme verschließen,
+so muß ich mich aus meinen Händen hinaus
+in die Gärten des Dunkelblaus
+ergießen....
+
+
+
+
+DIE STILLE
+
+
+Hörst du, Geliebte, ich hebe die Hände--
+hörst du: es rauscht....
+Welche Gebärde der Einsamen fände
+sich nicht von vielen Dingen belauscht?
+Hörst du, Geliebte, ich schließe die Lider,
+und auch das ist Geräusch bis zu dir,
+hörst du, Geliebte, ich hebe sie wieder....
+... Aber warum bist du nicht hier.
+
+Der Abdruck meiner kleinsten Bewegung
+bleibt in der seidenen Stille sichtbar;
+unvernichtbar drückt die geringste Erregung
+in den gespannten Vorhang der Ferne sich ein.
+Auf meinen Atemzügen heben und senken
+die Sterne sich.
+Zu meinen Lippen kommen die Düfte zur Tränke,
+und ich erkenne die Handgelenke
+entfernter Engel.
+Nur die ich denke: Dich
+seh ich nicht.
+
+
+
+
+MUSIK
+
+
+Was spielst du, Knabe? Durch die Gärten gings
+wie viele Schritte, flüsternde Befehle.
+Was spielst du, Knabe? Siehe, deine Seele
+verfing sich in den Stäben der Syrinx.
+
+Was lockst du sie? Der Klang ist wie ein Kerker,
+darin sie sich versäumt und sich versehnt;
+stark ist dein Leben, doch dein Lied ist stärker,
+an deine Sehnsucht schluchzend angelehnt.--
+
+Gib ihr ein Schweigen, daß die Seele leise
+heimkehre in das Flutende und Viele,
+darin sie lebte, wachsend, weit und weise,
+eh du sie zwangst in deine zarten Spiele.
+
+Wie sie schon matter mit den Flügeln schlägt:
+So wirst du, Träumer, ihren Flug vergeuden,
+daß ihre Schwinge, vom Gesang zersägt,
+sie nicht mehr über meine Mauern trägt,
+wenn ich sie rufen werde zu den Freuden.
+
+
+
+
+DIE ENGEL
+
+
+Sie haben alle müde Münde
+und helle Seelen ohne Saum.
+Und eine Sehnsucht (wie nach Sünde)
+geht ihnen manchmal durch den Traum.
+
+Fast gleichen sie einander alle;
+in Gottes Gärten schweigen sie,
+wie viele, viele Intervalle
+in seiner Macht und Melodie.
+
+Nur wenn sie ihre Flügel breiten,
+sind sie die Wecker eines Winds:
+Als ginge Gott mit seinen weiten
+Bildhauerhänden durch die Seiten
+im dunklen Buch des Anbeginns.
+
+
+
+
+DER SCHUTZENGEL
+
+
+Du bist der Vogel, dessen Flügel kamen,
+wenn ich erwachte in der Nacht und rief.
+Nur mit den Armen rief ich, denn dein Namen
+ist wie ein Abgrund, tausend Nächte tief.
+Du bist der Schatten, drin ich still entschlief,
+und jeden Traum ersinnt in mir dein Samen,--
+du bist das Bild, ich aber bin der Rahmen,
+der dich ergänzt in glänzendem Relief.
+
+Wie nenn ich dich? Sieh, meine Lippen lahmen.
+Du bist der Anfang, der sich groß ergießt,
+ich bin das langsame und bange Amen,
+das deine Schönheit scheu beschließt.
+
+Du hast mich oft aus dunklem Ruhn gerissen,
+wenn mir das Schlafen wie ein Grab erschien
+und wie Verlorengehen und Entfliehn,--
+da hobst du mich aus Herzensfinsternissen
+und wolltest mich auf allen Türmen hissen
+wie Scharlachfahnen und wie Draperien.
+
+Du: der von Wundern redet wie vom Wissen
+und von den Menschen wie von Melodien
+und von den Rosen: von Ereignissen,
+die flammend sich in deinem Blick vollziehn,--
+du Seliger, wann nennst du einmal Ihn,
+aus dessen siebentem und letztem Tage
+noch immer Glanz auf deinem Flügelschlage
+verloren liegt.
+Befiehlst du, daß ich frage?
+
+
+
+
+MARTYRINNEN
+
+
+Martyrin ist sie. Und als harten Falls
+mit einem Ruck
+das Beil durch ihre kurze Jugend ging,
+da legte sich der feine rote Ring
+um ihren Hals und war der erste Schmuck,
+den sie mit einem fremden Lächeln nahm:
+aber auch den erträgt sie nur mit Scham.
+Und wenn sie schläft, muß ihre junge Schwester
+(die, kindisch noch, sich mit der Wunde schmückt
+von jenem Stein, der ihr die Stirn erdrückt,)
+die harten Arme um den Hals ihr halten,
+und oft im Traume fleht die andre: Fester, fester.
+Und da fällt es dem Kinde manchmal ein,
+die Stirne mit dem Bild von jenem Stein
+zu bergen in des sanften Nachtgewandes Falten,
+das von der Schwester Atmen hell sich hebt,
+voll wie ein Segel, das vom Winde lebt.
+
+Das ist die Stunde, da sie heilig sind,
+die stille Jungfrau und das blasse Kind.
+
+Da sind sie wieder wie vor allem Leide
+und schlafen arm und haben keinen Ruhm,
+und ihre Seelen sind wie weiße Seide,
+und von derselben Sehnsucht beben beide
+und fürchten sich vor ihrem Heldentum.
+
+Und du kannst meinen: Wenn sie aus den Betten
+aufstünden bei dem nächsten Morgenlichte
+und, mit demselben träumenden Gesichte,
+die Gassen kämen in den kleinen Städten,--
+es bliebe keiner hinter ihnen staunen,
+kein Fenster klirrte an den Häuserreihn,
+und nirgends bei den Frauen ging ein Raunen,
+und keines von den Kindern würde schrein.
+Sie schritten durch die Stille in den Hemden
+(die flachen Falten geben keinen Glanz)
+so fremd und dennoch keinem zum Befremden,
+so wie zu Festen, aber ohne Kranz.
+
+
+
+
+DIE HEILIGE
+
+
+Das Volk war durstig; also ging das eine
+durstlose Mädchen, ging die Steine
+um Wasser flehen für ein ganzes Volk.
+Doch ohne Zeichen blieb der Zweig der Weide,
+und sie ermattete am langen Gehn
+und dachte endlich nur, daß einer leide,
+(ein kranker Knabe, und sie hatten beide
+sich einmal abends ahnend angesehn).
+Da neigte sich die junge Weidenrute
+in ihren Händen dürstend wie ein Tier:
+jetzt ging sie blühend über ihrem Blute,
+und rauschend ging ihr Blut tief unter ihr.
+
+
+
+
+KINDHEIT
+
+
+Da rinnt der Schule lange Angst und Zeit
+mit Warten hin, mit lauter dumpfen Dingen.
+O Einsamkeit, o schweres Zeitverbringen....
+Und dann hinaus: die Straßen sprühn und klingen,
+und auf den Plätzen die Fontänen springen,
+und in den Gärten wird die Welt so weit.--
+Und durch das alles gehn im kleinen Kleid,
+ganz anders als die andern gehn und gingen--:
+O wunderliche Zeit, o Zeitverbringen,
+o Einsamkeit.
+
+Und in das alles fern hinauszuschauen:
+Männer und Frauen; Männer, Männer, Frauen
+und Kinder, welche anders sind und bunt;
+und da ein Haus und dann und wann ein Hund
+und Schrecken lautlos wechselnd mit Vertrauen--:
+O Trauer ohne Sinn, o Traum, o Grauen,
+o Tiefe ohne Grund.
+
+Und so zu spielen: Ball und Ring und Reifen
+in einem Garten, welcher sanft verblaßt,
+und manchmal die Erwachsenen zu streifen,
+blind und verwildert in des Haschens Hast,
+aber am Abend still, mit kleinen steifen
+Schritten nach Haus zu gehn, fest angefaßt--:
+O immer mehr entweichendes Begreifen,
+o Angst, o Last.
+
+Und stundenlang am großen grauen Teiche
+mit einem kleinen Segelschiff zu knien;
+es zu vergessen, weil noch andre gleiche
+und schönere Segel durch die Ringe ziehn,
+und denken müssen an das kleine bleiche
+Gesicht, das sinkend aus dem Teiche schien--:
+O Kindheit, o entgleitende Vergleiche.
+Wohin? Wohin?
+
+
+
+
+AUS EINER KINDHEIT
+
+
+Das Dunkeln war wie Reichtum in dem Raume,
+darin der Knabe, sehr verheimlicht, saß.
+Und als die Mutter eintrat wie im Traume,
+erzitterte im stillen Schrank ein Glas.
+Sie fühlte, wie das Zimmer sie verriet,
+und küßte ihren Knaben: Bist du hier?...
+Dann schauten beide bang nach dem Klavier,
+denn manchen Abend hatte sie ein Lied,
+darin das Kind sich seltsam tief verfing.
+
+Es saß sehr still. Sein großes Schauen hing
+an ihrer Hand, die ganz gebeugt vom Ringe,
+als ob sie schwer in Schneewehn ginge,
+über die weißen Tasten ging.
+
+
+
+
+DER KNABE
+
+
+Ich möchte einer werden so wie die,
+die durch die Nacht mit wilden Pferden fahren,
+mit Fackeln, die gleich aufgegangnen Haaren
+in ihres Jagens großem Winde wehn.
+Vorn möcht ich stehen wie in einem Kahne,
+groß und wie eine Fahne aufgerollt.
+Dunkel, aber mit einem Helm von Gold,
+der unruhig glänzt. Und hinter mir gereiht
+zehn Männer aus derselben Dunkelheit
+mit Helmen, die wie meiner unstät sind,
+bald klar wie Glas, bald dunkel, alt und blind.
+Und einer steht bei mir und bläst uns Raum
+mit der Trompete, welche blitzt und schreit,
+und bläst uns eine schwarze Einsamkeit,
+durch die wir rasen wie ein rascher Traum:
+die Häuser fallen hinter uns ins Knie,
+die Gassen biegen sich uns schief entgegen,
+die Plätze weichen aus: wir fassen sie,
+und unsre Rosse rauschen wie ein Regen.
+
+
+
+
+DIE KONFIRMANDEN
+
+(PARIS, IM MAI 1903)
+
+
+In weißen Schleiern gehn die Konfirmanden
+tief in das neue Grün der Gärten ein.
+Sie haben ihre Kindheit überstanden,
+und was jetzt kommt, wird anders sein.
+
+O kommt es denn! Beginnt jetzt nicht die Pause,
+das Warten auf den nächsten Stundenschlag?
+Das Fest ist aus, und es wird laut im Hause,
+und trauriger vergeht der Nachmittag....
+
+Das war ein Aufstehn zu dem weißen Kleide
+und dann durch Gassen ein geschmücktes Gehn
+und eine Kirche, innen kühl wie Seide,
+und lange Kerzen waren wie Alleen,
+und alle Lichter schienen wie Geschmeide,
+von feierlichen Augen angesehn.
+
+Und es war still, als der Gesang begann:
+Wie Wolken stieg er in der Wölbung an
+und wurde hell im Niederfall; und linder
+denn Regen fiel er in die weißen Kinder.
+Und wie im Wind bewegte sich ihr Weiß,
+und wurde leise bunt in seinen Falten
+und schien verborgne Blumen zu enthalten--:
+Blumen und Vögel, Sterne und Gestalten
+aus einem alten fernen Sagenkreis.
+
+Und draußen war ein Tag aus Blau und Grün
+mit einem Ruf von Rot an hellen Stellen.
+Der Teich entfernte sich in kleinen Wellen,
+und mit dem Winde kam ein fernes Blühn
+und sang von Gärten draußen vor der Stadt.
+
+Es war, als ob die Dinge sich bekränzten,
+sie standen licht, unendlich leicht besonnt;
+ein Fühlen war in jeder Häuserfront,
+und viele Fenster gingen auf und glänzten.
+
+
+
+
+DAS ABENDMAHL
+
+
+Sie sind versammelt, staunende Verstörte,
+am ihn, der wie ein Weiser sich beschließt,
+und der sich fortnimmt denen er gehörte,
+und der an ihnen fremd vörüberfließt.
+Die alte Einsamkeit kommt über ihn,
+die ihn erzog zu seinem tiefen Handeln;
+nun wird er wieder durch den Ölwald wandeln,
+und die ihn lieben, werden vor ihm fliehn.
+
+Er hat sie zu dem letzten Tisch entboten
+und (wie ein Schuß die Vögel aus den Schoten
+scheucht) scheucht er ihre Hände aus den Broten
+mit seinem Wort: sie fliegen zu ihm her;
+sie flattern bange durch die Tafelrunde
+und suchen einen Ausgang. Aber er
+ist überall wie eine Dämmerstunde.
+
+
+
+
+
+DES ERSTEN BUCHES ZWEITER TEIL
+
+
+
+
+INITIALE
+
+Aus unendlichen Sehnsüchten steigen
+endliche Taten wie schwache Fontänen,
+die sich zeitig und zitternd neigen.
+Aber, die sich uns sonst verschweigen,
+unsere fröhlichen Kräfte--zeigen
+sich in diesen tanzenden Tränen.
+
+
+
+
+ZUM EINSCHLAFEN ZU SAGEN
+
+
+Ich möchte jemanden einsingen,
+bei jemandem sitzen und sein.
+Ich möchte dich wiegen und kleinsingen
+und begleiten schlafaus und schlafein.
+Ich möchte der einzige sein im Haus,
+der wüßte: die Nacht war kalt.
+Und möchte horchen herein und hinaus
+in dich, in die Welt, in den Wald.--
+Die Uhren rufen sich schlagend an,
+und man sieht der Zeit auf den Grund.
+Und unten geht noch ein fremder Mann
+und stört einen fremden Hund.
+Dahinter wird Stille. Ich habe groß
+die Augen auf dich gelegt;
+sie halten dich sanft und lassen dich los,
+wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt.
+
+
+
+
+MENSCHEN BEI NACHT
+
+
+
+Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht.
+Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht,
+und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.
+Und machst du nachts deine Stube licht,
+um Menschen zu schauen ins Angesicht,
+so mußt du bedenken: wem.
+
+Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt,
+das von ihren Gesichtern träuft,
+und haben sie nachts sich zusammengesellt,
+so schaust du eine wankende Welt
+durcheinandergehäuft.
+Auf ihren Stirnen hat gelber Schein
+alle Gedanken verdrängt,
+in ihren Blicken flackert der Wein,
+an ihren Händen hängt
+die schwere Gebärde, mit der sie sich
+bei ihren Gesprächen verstehn;
+und dabei sagen sie: Ich und Ich
+und meinen: Irgendwen.
+
+
+
+
+DER NACHBAR
+
+
+Fremde Geige, gehst du mir nach?
+In wieviel fernen Städten schon sprach
+deine einsame Nacht zu meiner?
+Spielen dich Hunderte? Spielt dich einer?
+
+Gibt es in allen großen Städten
+solche, die sich ohne dich
+schon in den Flüssen verloren hätten?
+Und warum trifft es immer mich?
+
+Warum bin ich immer der Nachbar derer,
+die dich bange zwingen zu singen
+und zu sagen: Das Leben ist schwerer
+als die Schwere von allen Dingen?
+
+
+
+
+PONT DU CARROUSEL
+
+
+Der blinde Mann, der auf der Brücke steht,
+grau wie ein Markstein namenloser Reiche,
+er ist vielleicht das Ding, das immer gleiche,
+um das von fern die Sternenstunde geht
+und der Gestirne heller Mittelpunkt.
+Denn alles um ihn irrt und rinnt und prunkt.
+
+Er ist der unbewegliche Gerechte,
+in viele wirre Wege hingestellt;
+der dunkle Eingang in die Unterwelt
+bei einem oberflächlichen Geschlechte.
+
+
+
+
+DER EINSAME
+
+
+Wie einer, der auf fremden Meeren fuhr,
+so bin ich bei den ewig Einheimischen;
+die vollen Tage stehn auf ihren Tischen,
+mir aber ist die Ferne voll Figur.
+
+In mein Gesicht reicht eine Welt herein,
+die vielleicht unbewohnt ist wie ein Mond,
+sie aber lassen kein Gefühl allein,
+und alle ihre Worte sind bewohnt.
+
+Die Dinge, die ich weither mit mir nahm,
+sehn selten aus, gehalten an das Ihre--:
+in ihrer großen Heimat sind sie Tiere,
+hier halten sie den Atem an vor Scham.
+
+
+
+
+DIE ASCHANTI
+
+(Jardin d'Acclimatation)
+
+
+Keine Vision von fremden Ländern,
+kein Gefühl von braunen Frauen, die
+tanzen aus den fallenden Gewändern.
+
+Keine wilde, fremde Melodie.
+Keine Lieder, die vom Blute stammten,
+und kein Blut, das aus den Tiefen schrie.
+
+Keine braunen Mädchen, die sich samten
+breiteten in Tropenmüdigkeit;
+keine Augen, die wie Waffen flammten,
+
+und die Munde zum Gelächter breit.
+Und ein wunderliches Sich-verstehen
+mit der hellen Menschen Eitelkeit.
+
+Und mir war so bange hinzusehen.
+
+O wie sind die Tiere so viel treuer,
+die in Gittern auf und nieder gehn,
+ohne Eintracht mit dem Treiben neuer
+fremder Dinge, die sie nicht verstehn;
+und sie brennen wie ein stilles Feuer
+leise aus und sinken in sich ein,
+teilnahmslos dem neuen Abenteuer
+und mit ihrem großen Blut allein.
+
+
+
+
+DER LETZTE
+
+
+Ich habe kein Vaterhaus
+und habe auch keines verloren;
+meine Mutter hat mich in die Welt hinaus
+geboren.
+Da steh ich nun in der Welt und geh
+in die Welt immer tiefer hinein
+und habe mein Glück und habe mein Weh
+und habe jedes allein.
+Und bin doch manch eines Erbe.
+Mit drei Zweigen hat mein Geschlecht geblüht
+auf sieben Schlössern im Wald
+und wurde seines Wappens müd
+und war schon viel zu alt;--
+und was sie mir ließen und was ich erwerbe
+zum alten Besitze, ist heimatlos.
+In meinen Händen, in meinem Schoß
+muß ich es halten, bis ich sterbe.
+Denn was ich fortstelle,
+hinein in die Welt,
+fällt,
+ist wie auf eine Welle
+gestellt.
+
+
+
+
+BANGNIS
+
+
+Im welken Walde ist ein Vogelruf,
+der sinnlos scheint in diesem welken Walde.
+Und dennoch ruht der runde Vogelruf
+in dieser Weile, die ihn schuf,
+breit wie ein Himmel auf dem welken Walde.
+Gefügig räumt sich alles in den Schrei.
+Das ganze Land scheint lautlos drin zu liegen,
+der große Wind scheint sich hineinzuschmiegen,
+und die Minute, welche weiter will,
+ist bleich und still, als ob sie Dinge wüßte,
+an denen jeder sterben müßte,
+aus ihm herausgestiegen.
+
+
+
+
+KLAGE
+
+
+O wie ist alles fern
+und lange vergangen.
+Ich glaube, der Stern,
+von welchem ich Glanz empfange,
+ist seit Jahrtausenden tot.
+Ich glaube, im Boot,
+das vorüberfuhr,
+hörte ich etwas Banges sagen.
+Im Hause hat eine Uhr
+geschlagen....
+In welchem Haus? ...
+Ich möchte aus meinem Herzen hinaus
+unter den großen Himmel treten.
+Ich möchte beten.
+Und einer von allen Sternen
+müßte wirklich noch sein.
+Ich glaube, ich wüßte,
+welcher allein
+gedauert hat,
+welcher wie eine weiße Stadt
+am Ende des Strahls in den Himmeln steht....
+
+
+
+
+EINSAMKEIT
+
+
+Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
+Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen;
+von Ebenen, die fern sind und entlegen,
+geht sie zum Himmel, der sie immer hat.
+Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt.
+
+Regnet hernieder in den Zwitterstunden,
+wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen,
+und wenn die Leiber, welche nichts gefunden,
+enttäuscht und traurig voneinander lassen;
+und wenn die Menschen, die einander hassen,
+in einem Bett zusammen schlafen müssen:
+
+dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen....
+
+
+
+
+HERBSTTAG
+
+
+Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
+Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
+und auf den Fluren laß die Winde los.
+
+Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
+gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
+dränge sie zur Vollendung hin und jage
+die letzte Süße in den schweren Wein.
+
+Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
+Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
+wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
+und wird in den Alleen hin und her
+unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
+
+
+
+
+ERINNERUNG
+
+
+Und du wartest, erwartest das Eine,
+das dein Leben unendlich vermehrt;
+das Mächtige, Ungemeine,
+das Erwachen der Steine,
+Tiefen, dir zugekehrt.
+
+Es dämmern im Bücherständer
+die Bände in Gold und Braun;
+und du denkst an durchfahrene Länder,
+an Bilder, an die Gewänder
+wiederverlorener Fraun.
+
+Und da weißt du auf einmal: Das war es.
+Du erhebst dich, und vor dir steht
+eines vergangenen Jahres
+Angst und Gestalt und Gebet.
+
+
+
+
+ENDE DES HERBSTES
+
+
+Ich sehe seit einer Zeit,
+wie alles sich verwandelt.
+Etwas steht auf und handelt
+und tötet und tut Leid.
+
+Von Mal zu Mal sind all
+die Gärten nicht dieselben;
+von den gilbenden zu der gelben
+langsamem Verfall:
+wie war der Weg mir weit.
+
+Jetzt bin ich beiden leeren
+und schaue durch alle Alleen.
+Fast bis zu den fernen Meeren
+kann ich den ernsten schweren
+verwehrenden Himmel sehn.
+
+
+
+
+HERBST
+
+
+Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
+als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
+sie fallen mit verneinender Gebärde.
+
+Und in den Nächten fällt die schwere Erde
+aus allen Sternen in die Einsamkeit.
+
+Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
+Und sieh dir andre an: es ist in allen.
+
+Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
+unendlich sanft in seinen Händen hält.
+
+
+
+
+AM RANDE DER NACHT
+
+
+Meine Stube und diese Weite,
+wach über nachtendem Land, -
+ist Eines. Ich bin eine Saite,
+über rauschende breite
+Resonanzen gespannt.
+
+Die Dinge sind Geigenleiber,
+von murrendem Dunkel voll;
+drin träumt das Weinen der Weiber,
+drin rührt sich im Schlafe der Groll
+ganzer Geschlechter....
+Ich soll
+silbern erzittern: dann wird
+alles unter mir beben,
+und was in den Dingen irrt,
+wird nach dem Lichte streben,
+das von meinem tanzenden Tone,
+um welchen der Himmel wellt,
+durch schmale, schmachtende Spalten
+in die alten
+Abgründe ohne
+Ende fällt....
+
+
+
+
+GEBET
+
+
+Nacht, stille Nacht, in die verwoben sind
+ganz weiße Dinge, rote, bunte Dinge,
+verstreute Farben, die erhoben sind
+zu Einem Dunkel, Einer Stille,--bringe
+doch mich auch in Beziehung zu dem Vielen,
+das du erwirbst und überredest. Spielen
+denn meine Sinne noch zu sehr mit Licht?
+Würde sich denn mein Angesicht
+noch immer störend von den Gegenständen
+abheben? Urteile nach meinen Händen:
+liegen sie nicht wie Werkzeug da und Ding?
+Ist nicht der Ring selbst schlicht
+an meiner Hand, und liegt das Licht
+nicht ganz so, voll Vertrauen, über ihnen,--
+als ob sie Wege wären, die beschienen
+nicht anders sich verzweigen als im Dunkel?...
+
+
+
+
+FORTSCHRITT
+
+
+Und wieder rauscht mein tiefes Leben lauter,
+als ob es jetzt in breitern Ufern ginge.
+Immer verwandter werden mir die Dinge
+und alle Bilder immer angeschauter.
+Dem Namenlosen fühl ich mich vertrauter:
+mit meinen Sinnen, wie mit Vögeln, reiche
+ich in die windigen Himmel aus der Eiche,
+und in den abgebrochnen Tag der Teiche
+sinkt, wie auf Fischen stehend, mein Gefühl.
+
+
+
+
+VORGEFÜHL
+
+
+Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben.
+Ich ahne die Winde, die kommen, und muß sie leben,
+während die Dinge unten sich noch nicht rühren:
+die Türen schließen noch sanft, und in den Kaminen
+ ist Stille;
+die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist
+ noch schwer.
+
+Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie
+ das Meer.
+Und breite mich aus und falle in mich hinein
+und werfe mich ab und bin ganz allein
+in dem großen Sturm.
+
+
+
+
+STURM
+
+
+Wenn die Wolken, von Stürmen geschlagen,
+jagen:
+Himmel von hundert Tagen
+über einem einzigen Tag--:
+
+Dann fühl ich dich, Hetman, von fern
+(der du deine Kosaken gern
+zu dem größesten Herrn
+führen wolltest).
+Deinen wagrechten Nacken
+fühl ich, Mazeppa.
+
+Dann bin auch ich an das rasende Rennen
+eines rauchenden Rückens gebunden;
+alle Dinge sind mir verschwunden,
+nur die Himmel kann ich erkennen:
+
+Überdunkelt und überschienen
+lieg ich flach unter ihnen,
+wie Ebenen liegen;
+meine Augen sind offen wie Teiche,
+und in ihnen flüchtet das gleiche
+Fliegen.
+
+
+
+
+ABEND IN SKÅNE
+
+
+Der Park ist hoch. Und wie aus einem Haus
+tret ich aus seiner Dämmerung heraus
+in Ebene und Abend. In den Wind,
+denselben Wind, den auch die Wolken fühlen,
+die hellen Flüsse und die Flügelmühlen,
+die langsam mahlend stehn am Himmelsrand.
+Jetzt bin auch ich ein Ding in seiner Hand,
+das kleinste unter diesen--Schau:
+
+Ist das ein Himmel?:
+Selig lichtes Blau,
+in das sich immer reinere Wolken drängen,
+und drunter alle Weiß in Übergängen,
+und drüber jenes dünne große Grau,
+warmwallend wie auf roter Untermalung,
+und über allem diese stille Strahlung
+sinkender Sonne.
+
+Wunderlicher Bau,
+in sich bewegt und von sich selbst gehalten,
+Gestalten bildend, Riesenflügel, Falten
+und Hochgebirge vor den ersten Sternen
+und plötzlich, da: ein Tor in solche Fernen,
+wie sie vielleicht nur Vögel kennen....
+
+
+
+
+ABEND
+
+
+Der Abend wechselt langsam die Gewänder,
+die ihm ein Rand von alten Bäumen hält;
+du schaust: und von dir scheiden sich die Länder,
+ein himmelfahrendes und eins, das fällt;
+
+und lassen dich, zu keinem ganz gehörend,
+nicht ganz so dunkel wie das Haus, das schweigt,
+nicht ganz so sicher Ewiges beschwörend
+wie das, was Stern wird jede Nacht und steigt;
+
+und lassen dir (unsäglich zu entwirrn)
+dein Leben, bang und riesenhaft und reifend,
+so daß es, bald begrenzt und bald begreifend,
+abwechselnd Stein in dir wird und Gestirn.
+
+
+
+
+ERNSTE STUNDE
+
+
+Wer jetzt weint irgendwo in der Welt,
+ohne Grund weint in der Welt,
+weint über mich.
+
+Wer jetzt lacht irgendwo in der Nacht,
+ohne Grund lacht in der Nacht,
+lacht mich aus.
+
+Wer jetzt geht irgendwo in der Welt,
+ohne Grund geht in der Welt,
+geht zu mir.
+
+Wer jetzt stirbt irgendwo in der Welt,
+ohne Grund stirbt in der Welt,
+sieht mich an.
+
+
+
+
+STROPHEN
+
+
+Ist einer, der nimmt alle in die Hand,
+daß sie wie Sand durch seine Finger rinnen.
+Er wählt die schönsten aus den Königinnen
+und läßt sie sich in weißen Marmor hauen,
+still liegend in des Mantels Melodie;
+und legt die Könige zu ihren Frauen,
+gebildet aus dem gleichen Stein wie sie.
+
+Ist einer, der nimmt alle in die Hand,
+daß sie wie schlechte Klingen sind und brechen.
+Er ist kein Fremder, denn er wohnt im Blut,
+das unser Leben ist und rauscht und ruht.
+Ich kann nicht glauben, daß er unrecht tut;
+doch hör ich viele Böses von ihm sprechen.
+
+
+
+
+STURMNACHT
+
+
+Der Gott erschrak in seiner Einsamkeit.
+Er sah tief unten in der grauen Zeit
+den Herbsttag gehn. Der war so greisenhaft,
+als reichte nicht zum Abendrande weit
+der matte Pfeil vom Bogen seiner Kraft.
+Oft stand er still und starrte nach den Hügeln,
+und endlich sank er matt ins arme Gras;
+und wie der giere Geier auf das Aas,
+so fiel auf ihn mit schweren, schwarzen Flügeln
+die nasse Nacht, die seine Seele fraß.
+
+Die schwarze Nacht saß auf dem toten Tag,
+und Gott erschrak:
+sein Blick ging lange in dem Dunkel irr;
+und als er trat aus Wolken und Gewirr,
+fand er die Ferne nicht, nicht Flut noch Feld:
+die schwarze Nacht fraß an der ganzen Welt.
+
+Da ahnte Gott, der schauernd niederblickte,
+wie unter diesem schweren Schwingenschlag
+die weite Welt erstarrte und erstickte
+so wie ein Tag.
+Und plötzlich wußte er: Er liebte sie.
+Doch reglos schattend blieb das Nachtgefieder,
+als von dem Rand der leeren Himmel nieder
+sein Wille schrie....
+
+Aber der Gott wird größer im Grimme;
+wenn er einmal sein einsames Leid
+in die erwachenden Weiten schreit,
+ist der Sturm seine Stimme.
+Und dann reißt sein wehendes Wort
+von den Monden die Wolken fort:
+und so sah er im Schimmer thronen
+lauter ähnliche Ewigkeiten,
+sah die Sterne der Stille wohnen
+und die Welten im Wandel schreiten.
+
+Und sein Bangen fand alles geborgen
+in dem leise liebkosenden Licht,--
+aber über dem Gestern und Morgen
+schwieg die Nacht, und sie rührte sich nicht.
+
+Und da war der Gott wie ein Kind,
+und er wurde vor Weinen blind,
+und durch den wimmernden Wind
+griff er mit hilflosen Händen:
+ob sie im Äther die Ufer fänden,
+welche die Spitzen der Türme sind.
+Sein Weinen verwaiste und rief:
+"Ist denn die Welt so tief, so tief,
+daß der Gott, der Sommer und Sonnen sann,
+der in alle Gedanken tauchte,
+den Rauch, der um ihre Gipfel rauchte--
+ihren Atem--nicht einmal erreichen kann?
+Ist dort kein Garten, der Blüten weht,
+kein lauschendes Leid, kein waches Gebet,
+keine Stille, die mich versteht?"
+
+ * * * * *
+
+Auf Erden war nur ein winziges Licht,
+das in dem samtenen Dunkel dicht
+an der Wiege des Kindes wachte
+und an sein ärmliches Dasein dachte,
+als die Stimme des Sturmes klang.
+Da wurde dem Funken so heimwehbang,
+daß er aus blinkendem Becher sachte
+wie der Quell aus dem Felsen sprang
+und, die Falten des Vorhangs entlang,
+wünschend nach allen Wänden griff,
+bis sich berstend die Balken bogen,--
+und auf hohen, lodernden Wogen
+trieb die Wiege, das schlummernde Schiff.
+
+Da regt sich die Welt. Von den Hängen hebt
+scheu sich die Nacht vor dem siegenden Scheine.
+Es lächelt der Gott; er weiß nur das eine:
+Sie lebt!
+
+
+
+
+
+DES ZWEITEN BUCHES ERSTER TEIL
+
+
+
+
+INITIALE
+
+Gib deine Schönheit immer hin
+ohne rechnen und reden.
+Du schweigst. Sie sagt für dich: Ich bin.
+Und kommt in tausendfachem Sinn,
+kommt endlich über jeden.
+
+
+
+
+VERKÜNDIGUNG
+
+
+
+DIE WORTE DES ENGELS
+
+
+Du bist nicht näher an Gott als wir;
+wir sind ihm alle weit.
+Aber wunderbar sind dir
+die Hände benedeit.
+So reifen sie bei keiner Frau,
+so schimmernd aus dem Saum:
+Ich bin der Tag, ich bin der Tau,
+du aber bist der Baum.
+
+Ich bin jetzt matt, mein Weg war weit,
+vergib mir, ich vergaß,
+was er, der groß in Goldgeschmeid
+wie in der Sonne saß,
+dir künden ließ, du Sinnende,
+(verwirrt hat mich der Raum).
+Sieh: Ich bin das Beginnende,
+du aber bist der Baum.
+
+Ich spannte meine Schwingen aus
+und wurde seltsam weit;
+jetzt überfließt dein kleines Haus
+von meinem großen Kleid.
+Und dennoch bist du so allein
+wie nie und schaust mich kaum;
+das macht: Ich bin ein Hauch im Hain,
+du aber bist der Baum.
+
+Die Engel alle bangen so,
+lassen einander los:
+noch nie war das Verlangen so,
+so ungewiß und groß.
+Vielleicht, daß etwas bald geschieht,
+das du im Traum begreifst.
+Gegrüßt sei, meine Seele sieht:
+Du bist bereit und reifst.
+Du bist ein großes, hohes Tor,
+und aufgehn wirst du bald.
+Du, meines Liedes liebstes Ohr,
+jetzt fühle ich: Mein Wort verlor
+sich in dir wie im Wald.
+
+So kam ich und vollendete
+dir tausendeinen Traum.
+Gott sah mich an: er blendete....
+
+Du aber bist der Baum.
+
+
+
+
+DIE HEILIGEN DREI KÖNIGE
+
+
+
+LEGENDE
+
+
+Einst als am Saum der Wüsten sich
+auftat die Hand des Herrn
+wie eine Frucht, die sommerlich
+verkündet ihren Kern,
+da war ein Wunder: Fern
+erkannten und begrüßten sich
+drei Könige und ein Stern.
+
+Drei Könige von Unterwegs
+und der Stern Überall,
+die zogen alle (überlegs!)
+so rechts ein Rex und links ein Rex
+zu einem stillen Stall.
+
+Was brachten die nicht alles mit
+zum Stall von Bethlehem!
+Weithin erklirrte jeder Schritt,
+und der auf einem Rappen ritt,
+saß samten und bequem;
+und der zu seiner Rechten ging,
+der war ein goldner Mann;
+und der zu seiner Linken fing
+mit Schwung und Schwing
+und Klang und Kling
+aus einem runden Silberding,
+das wiegend und in Ringen hing,
+ganz blau zu rauchen an.
+
+Da lachte der Stern Überall
+so seltsam über sie
+und lief voraus und stand am Stall
+und sagte zu Marie:
+
+Da bring ich eine Wanderschaft
+aus vieler Fremde her.
+Drei Könige mit Magenkraft,
+von Gold und Topas schwer
+und dunkel, tumb und heldenhaft,--
+erschrick mir nicht zu sehr.
+Sie haben alle drei zu Haus
+zwölf Töchter, keinen Sohn,
+so bitten sie sich deinen aus
+als Sonne ihres Himmelblaus
+und Trost für ihren Thron.
+Doch mußt du nicht gleich glauben: Bloß
+ein Funkel fürst und Heidenscheich
+sei deines Sohnes Los.
+Bedenk, der Weg ist groß.
+Sie wandern lange, Hirten gleich,
+inzwischen fällt ihr reifes Reich
+weiß Gott wem in den Schoß.
+Und während hier, wie Westwind warm,
+der Ochs ihr Ohr umschnaubt,
+sind sie vielleicht schon alle arm
+und so wie ohne Haupt.
+Drum mach mit deinem Lächeln licht
+die Wirrnis, die sie sind,
+und wende du dein Angesicht
+nach Aufgang und dein Kind;
+dort liegt in blauen Linien,
+was jeder dir verließ:
+Smaragda und Rubinien
+und die Tale von Türkis.
+
+
+
+
+IN DER CERTOSA
+
+
+Ein jeder aus der weißen Bruderschaft
+vertraut sich pflanzend seinem kleinen Garten.
+Auf jedem Beete steht, wer jeder sei.
+Und einer harrt in heimlichen Hoffarten,
+daß ihm im Mai
+die ungestümen Blüten offenbarten
+ein Bild von seiner unterdrückten Kraft.
+
+Und seine Hände halten, wie erschlafft,
+sein braunes Haupt, das schwer ist von den Säften,
+die ungeduldig durch das Dunkel rollen,
+und sein Gewand, das faltig, voll und wollen,
+zu seinen Füßen fließt, ist stramm gestrafft
+um seinen Armen, die, gleich starken Schäften,
+die Hände tragen, welche träumen sollen.
+
+Kein Miserere und kein Kyrie
+will seine junge runde Stimme ziehn,
+vor keinem Fluche will sie fliehn;
+sie ist kein Reh.
+Sie ist ein Roß und bäumt sich im Gebiß,
+und über Hürde, Hang und Hindernis
+will sie ihn tragen weit und weggewiß,
+ganz ohne Sattel will sie tragen ihn.
+
+Er aber sitzt, und unter den Gedanken
+zerbrechen fast die breiten Handgelenke,
+so schwer wird ihm der Sinn und immer schwerer.
+
+Der Abend kommt, der sanfte Wiederkehrer,
+ein Wind beginnt, die Wege werden leerer,
+und Schatten sammeln sich im Talgesenke.
+Und wie ein Kahn, der an der Kette schwankt,
+so wird der Garten ungewiß und hangt
+wie windgewiegt auf lauter Dämmerung.
+Wer löst ihn los?...
+
+Der Frate ist so jung,
+und langelang ist seine Mutter tot.
+Er weiß von ihr: sie nannten sie La Stanca;
+sie war ein Glas, ganz zart und klar. Man bot
+es einem, der es nach dem Trunk zerschlug
+wie einen Krug.
+
+So ist der Vater.
+Und er hat sein Brot
+als Meister in den roten Marmorbrüchen.
+Und jede Wöchnerin in Pietrabianca
+hat Furcht, daß er des Nachts mit seinen Flüchen
+vorbei an ihrem Fenster kommt und droht.
+
+Sein Sohn, den er der Donna Dolorosa
+geweiht in einer Stunde wilder Not,
+sinnt im Arkadenhofe der Certosa,
+sinnt, wie umrauscht von rötlichen Gerüchen:
+denn seine Blumen blühen alle rot.
+
+
+
+
+
+DAS JÜNGSTE GERICHT
+
+
+
+AUS DEN BLÄTTERN EINES MÖNCHS
+
+
+Sie werden alle wie aus einem Bade
+aus ihren mürben Grüften auferstehn;
+denn alle glauben an das Wiedersehn,
+und furchtbar ist ihr Glauben, ohne Gnade.
+
+Sprich leise, Gott! Es könnte einer meinen,
+daß die Posaune deiner Reiche rief;
+und ihrem Ton ist keine Tiefe tief:
+da steigen alle Zeiten aus den Steinen,
+und alle die Verschollenen erscheinen
+in welken Leinen, brüchigen Gebeinen
+und von der Schwere ihrer Schollen schief.
+Das wird ein wunderliches Wiederkehren
+in eine wunderliche Heimat sein;
+auch die dich niemals kannten, werden schrein
+und deine Größe wie ein Recht begehren:
+wie Brot und Wein.
+
+Allschauender, du kennst das wilde Bild,
+das ich in meinem Dunkel zitternd dichte.
+Durch dich kommt alles, denn du bist das Tor,--
+und alles war in deinem Angesichte,
+eh es in unserm sich verlor.
+Du kennst das Bild vom riesigen Gerichte:
+Ein Morgen ist es, doch aus einem Lichte,
+das deine reife Liebe nie erschuf,
+ein Rauschen ist es, nicht aus deinem Ruf,
+ein Zittern, nicht von göttlichem Verzichte,
+ein Schwanken, nicht in deinem Gleichgewichte.
+Ein Rascheln ist und ein Zusammenraffen
+in allen den geborstenen Gebäuden,
+ein Sichentgelten und ein Sich vergeuden,
+ein Sichbegatten und ein Sichbegaffen,
+und ein Betasten aller alten Freuden
+und aller Lüste welke Wiederkehr.
+Und über Kirchen, die wie Wunden klaffen,
+ziehn schwarze Vögel, die du nie erschaffen,
+in irren Zügen hin und her.
+
+So ringen sie, die lange Ausgeruhten,
+und packen sich mit ihren nackten Zähnen
+und werden bange, weil sie nicht mehr bluten,
+und suchen, wo die Augenbecher gähnen,
+mit kalten Fingern nach den toten Tränen.
+Und werden müde. Wenige Minuten
+nach ihrem Morgen bricht der Abend ein.
+Sie werden ernst und lassen sich allein
+und sind bereit, im Sturme aufzusteigen,
+wenn sich auf deiner Liebe heitrem Wein
+die dunklen Tropfen deines Zornes zeigen,
+um deinem Urteil nah zu sein.
+Und da beginnt es, nach dem großen Schrein:
+das übergroße fürchterliche Schweigen.
+Sie sitzen alle wie vor schwarzen Türen
+in einem Licht, das sie, wie mit Geschwüren,
+mit vielen grellen Flecken übersät.
+
+Und wachsend wird der Abend alt und spät.
+Und Nächte fallen dann in großen Stücken
+auf ihre Hände und auf ihren Rücken,
+der wankend sich mit schwarzer Last belädt.
+Sie warten lange. Ihre Schultern schwanken
+unter dem Drucke wie ein dunkles Meer,
+sie sitzen, wie versunken in Gedanken,
+und sind doch leer.
+Was stützen sie die Stirnen?
+Ihre Gehirne denken irgendwo
+tief in der Erde, eingefallen, faltig:
+Die ganze alte Erde denkt gewaltig,
+und ihre großen Bäume rauschen so.
+
+Allschauender, gedenkst du dieses bleichen
+und bangen Bildes, das nicht seinesgleichen
+unter den Bildern deines Willens hat?
+Hast du nicht Angst vor dieser stummen Stadt,
+die, an dir hangend wie ein welkes Blatt,
+sich heben will zu deines Zornes Zeichen?
+0, greife allen Tagen in die Speichen,
+daß sie zu bald nicht diesem Ende nahen,--
+vielleicht gelingt es dir noch auszuweichen
+dem großen Schweigen, das wir beide sahen.
+Vielleicht kannst du noch einen aus uns heben,
+der diesem fürchterlichen Wiederleben
+den Sinn, die Sehnsucht und die Seele nimmt,
+einen, der bis in seinen Grund ergrimmt
+und dennoch froh durch alle Dinge schwimmt,
+der Kräfte unbekümmerter Verbraucher,
+der sich auf allen Saiten geigt
+und unversehrt als unerkannter Taucher
+in alle Tode niedersteigt.
+... Oder, wie hoffst du diesen Tag zu tragen,
+der länger ist als aller Tage Längen,
+mit seines Schweigens schrecklichen Gesängen,
+wenn dann die Engel dich, wie lauter Fragen,
+mit ihrem schauerlichen Flügelschlagen umdrängen?
+Sieh, wie sie zitternd in den Schwingen hängen
+und dir mit hunderttausend Augen klagen,
+und ihres sanften Liedes Stimmen wagen
+sich aus den vielen wirren Übergängen
+nicht mehr zu heben zu den klaren Klängen.
+Und wenn die Greise mit den breiten Bärten,
+die dich berieten bei den besten Siegen,
+nur leise ihre weißen Häupter wiegen,
+und wenn die Frauen, die den Sohn dir nährten,
+und die von ihm Verführten, die Gefährten,
+und alle Jungfraun, die sich ihm gewährten:
+die lichten Birken deiner dunklen Gärten,--
+wer soll dir helfen, wenn sie alle schwiegen?
+
+Und nur dein Sohn erhübe sich unter denen,
+welche sitzen um deinen Thron.
+Grübe sich deine Stimme dann in sein Herz?
+Sagte dein einsamer Schmerz dann:
+Sohn!
+Suchtest du dann das Angesicht
+dessen, der das Gericht gerufen,
+dein Gericht und deinen Thron:
+Sohn!
+Hießest du, Vater, dann deinen Erben,
+leise begleitet von Magdalenen,
+niedersteigen zu jenen,
+die sich sehnen, wieder zu sterben?
+
+Das wäre dein letzter Königserlaß,
+die letzte Huld und der letzte Haß;
+aber dann käme alles zu Ruh:
+der Himmel und das Gericht und du.
+Alle Gewänder des Rätsels der Welt?
+das sich so lange verschleiert hält,
+fallen mit dieser Spange.
+... Doch mir ist bange....
+Allschauender, sieh, wie mir bange ist,
+miß meine Qual!
+Mir ist bange, daß du schon lange vergangen bist,
+als du zum erstenmal
+in deinem Alleserfassen
+das Bild dieses blassen
+Gesichtes sahst,
+dem du dich hilflos nahst, Allschauender.
+Bist du damals entflohn?
+Wohin?
+Vertrauender
+kann keiner dir kommen
+
+als ich,
+der ich dich
+nicht um Lohn
+verraten will wie alle die Frommen.
+Ich will nur, weil ich verborgen bin
+und müde wie du, noch müder vielleicht,
+und weil meine Angst vor dem großen Gericht
+deiner gleicht,
+will ich mich dicht,
+Gesicht bei Gesicht,
+an dich heften;
+mit einigen Kräften
+werden wir wehren dem großen Rade,
+über welches die mächtigen Wasser gehn,
+die rauschen und schnauben--
+denn: Wehe, sie werden auferstehn.
+So ist ihr Glauben: groß und ohne Gnade.
+
+
+
+
+KARL DER ZWÖLFTE VON SCHWEDEN
+REITET IN DER UKRAINE
+
+I
+
+Könige in Legenden
+sind wie Berge im Abend. Blenden
+jeden, zu dem sie sich wenden.
+Die Gürtel um ihre Lenden
+und die lastenden Mantelenden
+sind Länder und Leben wert.
+Mit den reichgekleideten Händen
+geht, schlank und nackt, das Schwert.
+
+
+Ein junger König aus Norden war
+in der Ukraine geschlagen.
+Der haßte Frühling und Frauenhaar
+und die Harfen und was sie sagen.
+Der ritt auf einem grauen Pferd,
+sein Auge schaute grau
+und hatte niemals Glanz begehrt
+zu Füßen einer Frau.
+Keine war seinem Blicke blond,
+keine hat küssen ihn gekonnt;
+und wenn er zornig war,
+so riß er einen Perlenmond
+aus wunderschönem Haar.
+Und wenn ihn Trauer überkam,
+so machte er ein Mädchen zahm
+und forschte, wessen Ring sie nahm
+und wem sie ihren bot--
+Und: hetzte ihr den Bräutigam
+mit hundert Hunden tot.
+
+Und er verließ sein graues Land,
+das ohne Stimme war,
+und ritt in einen Widerstand
+und kämpfte um Gefahr,
+bis ihn das Wunder überwand:
+wie träumend ging ihm seine Hand
+von Eisenband zu Eisenband
+und war kein Schwert darin;
+er war zum Schauen aufgewacht:
+
+es schmeichelte die schöne Schlacht
+um seinen Eigensinn.
+Er saß zu Pferde: ihm entging
+keine Gebärde rings.
+Auf Silber sprach jetzt Ring zu Ring,
+und Stimme war in jedem Ding,
+und wie in vielen Glocken hing
+die Seele jedes Dings.
+Und auch der Wind war anders groß,
+der in die Fahnen sprang,
+schlank wie ein Panther, atemlos
+und taumelnd vom Trompetenstoß,
+der lachend mit ihm rang.
+Und manchmal griff der Wind hinab:
+da ging ein Blutender,--ein Knab,
+welcher die Trommel schlug;
+er trug sie immer auf und ab
+und trug sie wie sein Herz ins Grab
+vor seinem toten Zug.
+Da wurde mancher Berg geballt,
+als wär die Erde noch nicht alt
+und baute sich erst auf;
+bald stand das Eisen wie Basalt,
+bald schwankte wie ein Abendwald
+mit breiter steigender Gestalt
+der großbewegte Hauf.
+Es dampfte dumpf die Dunkelheit,
+was dunkelte, war nicht die Zeit,--
+und alles wurde grau,
+aber schon fiel ein neues Scheit,
+und wieder ward die Flamme breit
+und festlich angefacht.
+Sie griffen an: in fremder Tracht
+ein Schwärm phantastischer Provinzen;
+wie alles Eisen plötzlich lacht:
+von einem silberlichten Prinzen
+erschimmerte die Abendschlacht.
+Die Fahnen flatterten wie Freuden,
+und alle hatten königlich
+in ihren Gesten ein Vergeuden,--
+an fernen flammenden Gebäuden
+entzündeten die Sterne sich....
+
+Und Nacht war. Und die Schlacht trat sachte
+zurück wie ein sehr müdes Meer,
+das viele fremde Tote brachte,
+und alle Toten waren schwer.
+Vorsichtig ging das graue Pferd
+(von großen Fäusten abgewehrt)
+durch Männer, welche fremd verstarben,
+und trat auf flaches schwarzes Gras.
+Der auf dem grauen Pferde saß,
+sah unten auf den feuchten Farben
+viel Silber wie zerschelltes Glas.
+Sah Eisen welken, Helme trinken
+und Schwerter stehn in Panzernaht,
+sterbende Hände sah er winken
+mit einem Fetzen von Brokat...
+
+Und sah es nicht.
+
+Und ritt dem Lärme
+der Feldschlacht nach, als ob er schwärme,
+mit seinen Wangen voller Wärme
+und mit den Augen von Verliebten....
+
+
+
+
+
+DER SOHN
+
+
+Mein Vater war ein verbannter
+König von überm Meer.
+Ihm kam einmal ein Gesandter:
+sein Mäntel war ein Panther,
+und sein Schwert war schwer.
+
+Mein Vater war wie immer
+ohne Helm und Hermelin;
+es dunkelte das Zimmer
+wie immer arm um ihn.
+Es zitterten seine Hände
+und waren blaß und leer,--
+in bilderlose Wände
+blicklos schaute er.
+
+Die Mutter ging im Garten
+und wandelte weiß im Grün
+und wollte den Wind erwarten
+vor dem Abendglühn.
+Ich träumte, sie würde mich rufen,
+aber sie ging allein,--
+ließ mich vom Rande der Stufen
+horchen verhallenden Hufen
+und ins Haus hinein:
+
+Vater! Der fremde Gesandte...?
+Der reitet wieder im Wind....
+Was wollte der? Er erkannte
+dein blondes Haar, mein Kind.
+
+Vater! Wie war er gekleidet!
+Wie der Mantel von ihm floß!
+Geschmiedet und geschmeidet
+war Schulter, Brust und Roß.
+Er war eine Stimme im Stahle,
+er war ein Mann aus Nacht,--
+aber er hat eine schmale
+Krone mitgebracht.
+Sie klang bei jedem Schritte
+an sein sehr schweres Schwert,
+die Perle in ihrer Mitte
+ist viele Leben wert.
+Vom zornigen Ergreifen
+verbogen ist der Reifen,
+der oft gefallen war:
+es ist eine Kinderkrone,--
+denn Könige sind ohne;
+--gib sie meinem Haar!
+Ich will sie manchmal tragen
+in Nächten, blaß vor Scham.
+Und will dir, Vater, sagen,
+woher der Gesandte kam.
+Was dort die Dinge gelten,
+ob steinern steht die Stadt,
+oder ob man in Zelten
+mich erwartet hat.
+
+Mein Vater war ein Gekränkter
+und kannte nur wenig Ruh.
+Er hörte mir mit verhängter
+Stirne nächtelang zu.
+Mir lag im Haar der Ring.
+Und ich sprach ganz nahe und sachte,
+daß die Mutter nicht erwachte,--
+die an dasselbe dachte,
+wenn sie, ganz weiß gelassen,
+vor abendlichen Massen
+durch dunkle Gärten ging.
+
+
+
+So wurden wir verträumte Geiger,
+die leise aus den Türen treten,
+um auszuschauen, eh sie beten,
+ob nicht ein Nachbar sie belauscht.
+Die erst, wenn alle sich zerstreuten,
+hinter dem letzten Abendläuten,
+die Lieder spielen, hinter denen
+(wie Wald im Wind hinter Fontänen)
+der dunkle Geigenkasten rauscht.
+Denn dann nur sind die Stimmen gut,
+wenn Schweigsamkeiten sie begleiten,
+wenn hinter dem Gespräch der Saiten
+Geräusche bleiben wie von Blut;
+und bang und sinnlos sind die Zeiten,
+wenn hinter ihren Eitelkeiten
+nicht etwas waltet, welches ruht.
+
+Geduld: es kreist der leise Zeiger,
+und was verheißen ward, wird sein:
+wir sind die Flüstrer vor dem Schweiger,
+wir sind die Wiesen vor dem Hain;
+in ihnen geht noch dunkles Summen--
+(viel Stimmen sind und doch kein Chor)
+und sie bereiten auf die stummen
+tiefen heiligen Haine vor....
+
+
+
+
+
+DIE ZAREN
+
+EIN GEDICHTKREIS (1899 und 1906)
+
+
+
+
+I
+
+
+Das war in Tagen, da die Berge kamen:
+die Bäume bäumten sich, die noch nicht zahmen,
+und rauschend in die Rüstung stieg der Strom.
+Zwei fremde Pilger riefen einen Namen,
+und aufgewacht aus seinem langen Lahmen
+war Ilija, der Riese von Murom.
+
+Die alten Eltern brachen in den Äckern
+an Steinen ab und an den wilden Wuchs;
+da kam der Sohn, ganz groß, von seinen Weckern
+und zwang die Furchen in die Furcht des Pflugs.
+Er hob die Stämme, die wie Streiter standen,
+und lachte ihres wankenden Gewichts,
+und aufgestört wie schwarze Schlangen wanden
+die Wurzeln, welche nur das Dunkel kannten,
+sich in dem breiten Griff des Lichts.
+
+Es stärkte sich im frühen Tau die Mähre,
+in deren Adern Kraft und Adel schlief;
+sie reifte unter ihres Reiters Schwere,
+ihr Wiehern war wie eine Stimme tief,--
+und beide fühlten, wie das Ungefähre
+sie mit verheißenden Gefahren rief.
+
+Und reiten, reiten ... vielleicht tausend Jahre.
+Wer zählt die Zeit, wenn einmal einer will.
+(Vielleicht saß er auch tausend Jahre still.)
+Das Wirkliche ist wie das Wunderbare:
+es mißt die Welt mit eigenmächtigen Maßen;
+Jahrtausende sind ihm zu jung.
+
+Weit schreiten werden, welche lange saßen
+in ihrer tiefen Dämmerung.
+
+
+
+
+II
+
+
+Noch drohen große Vögel allenthalben,
+und Drachen glühn und hüten überall
+der Wälder Wunder und der Schluchten Fall;
+und Knaben wachsen an, und Männer salben
+sich zu dem Kampfe mit der Nachtigall,
+
+die oben in den Kronen von neun Eichen
+sich lagert wie ein tausendfaches Tier,
+und abends geht ein Schreien ohnegleichen,
+ein schreiendes Bis-an-das-Ende-reichen,
+und geht die ganze Nacht lang aus von ihr;
+
+die Frühlingsnacht, die schrecklicher als alles
+und schwerer war und banger zu bestehn:
+ringsum kein Zeichen eines Überfalles
+und dennoch alles voller Übergehn,
+hinwerfend sich und Stück für Stück sich gebend,
+ja jenes Etwas, welches um sich griff,
+anrufend noch, am ganzen Leibe bebend
+und darin untergehend wie ein Schiff.
+
+Das waren Überstarke, die da blieben,
+von diesem Riesigen nicht aufgerieben,
+das aus den Kehlen wie aus Kratern brach;
+sie dauerten, und alternd nach und nach
+begriffen sie die Bangnis der Aprile,
+und ihre ruhigen Hände hielten viele
+
+und führten sie durch Furcht und Ungemach
+zu Tagen, da sie froher und gesünder
+die Mauern bauten um die Städtegründer,
+die über allem gut und kundig saßen.
+
+Und schließlich kamen auf den ersten Straßen
+aus Höhlen und verhaßten Hinterhalten
+die Tiere, die für unerbittlich galten.
+Sie stiegen still aus ihren Übermaßen
+(beschämte und veraltete Gewalten)
+und legten sich gehorsam vor die Alten.
+
+
+
+
+III
+
+
+Seine Diener füttern mit mehr und mehr
+ein Rudel von jenen wilden Gerüchten,
+die auch noch Er sind, alles noch Er.
+
+Seine Günstlinge flüchten vor ihm her.
+
+Und seine Frauen flüstern und stiften
+Bünde. Und er hört sie ganz innen
+in ihren Gemächern mit Dienerinnen,
+die sich scheu umsehn, sprechen von Giften.
+
+Alle Wände sind hohl von Schränken und Fächern,
+Mörder ducken unter den Dächern
+und spielen Mönche mit viel Geschick.
+
+Und er hat nichts als einen Blick
+dann und wann; als den leisen
+Schritt auf den Treppen, die kreisen;
+nichts als das Eisen an seinem Stock.
+
+Nichts als den dürftigen Büßerrock
+(durch den die Kälte aus den Fliesen
+an ihm hinaufkriecht wie mit Krallen),
+nichts, was er zu rufen Wagt,
+nichts als die Angst vor allen diesen,
+nichts als die tägliche Angst vor allen,
+die ihn jagt durch diese gejagten
+
+Gesichter an dunklen, ungefragten,
+vielleicht schuldigen Händen entlang.
+Manchmal packt er einen im Gang
+grade noch an des Mantels Falten,
+und er zerrt ihn zornig her;
+aber im Fenster weiß er nicht mehr:
+Wer ist Haltender? Wer ist gehalten?
+Wer bin ich und wer ist der?
+
+
+
+
+IV
+
+
+Es ist die Stunde, da das Reich sich eitel
+in seines Glanzes vielen Spiegeln sieht.
+
+Der blasse Zar, des Stammes letztes Glied,
+träumt auf dem Thron, davor das Fest geschieht,
+und leise zittert sein beschämter Scheitel
+und seine Hand, die vor den Purpurlehnen
+mit einem unbestimmten Sehnen
+ins wirre Ungewisse flieht.
+
+Und um sein Schweigen neigen sich Bojaren
+in blanken Panzern und in Pantherfellen,
+wie viele fremde fürstliche Gefahren,
+die ihn mit stummer Ungeduld umstellen.
+Tief in den Saal schlägt ihre Ehrfurcht Wellen.
+
+Und sie gedenken eines andern Zaren,
+der oft mit Worten, die aus Wahnsinn waren,
+ihnen die Stirnen an die Steine stieß.
+Und denken also weiter: jener ließ
+nicht so viel Raum, wenn er zu Throne saß,
+auf dem verwelkten Samt des Kissens leer.
+
+Er war der Dinge dunkles Maß,
+und die Bojaren wußten lang nicht mehr,
+daß rot der Sitz des Sessels sei, so schwer
+lag sein Gewand und wurde golden breit.
+
+Und weiter denken sie: Das Kaiserkleid
+schläft auf den Schultern dieses Knaben ein.
+Obgleich im ganzen Saal die Fackeln flacken,
+sind bleich die Perlen, die in sieben Reihn
+wie weiße Kinder knien um seinen Nacken,
+und die Rubine an den Ärmelzacken,
+die einst Pokale waren, klar von Wein,
+sind schwarz wie Schlacken--
+
+Und ihr Denken schwillt.
+
+Es drängt sich heftig an den blassen Kaiser,
+auf dessen Haupt die Krone immer leiser
+und dem der Wille immer fremder wird;
+er lächelt. Lauter prüfen ihn die Preiser,
+ihr Neigen nähert sich, sie schmeicheln heiser,
+und eine Klinge hat im Traum geklirrt.
+
+
+
+
+V
+
+
+Der blasse Zar wird nicht am Schwerte sterben,
+die fremde Sehnsucht macht ihn sakrosankt;
+er wird die feierlichen Reiche erben,
+an denen seine sanfte Seele krankt.
+
+Schon jetzt, hintretend an ein Kremlfenster,
+sieht er ein Moskau, weißer, unbegrenzter,
+in seine endlich fertige Nacht gewebt;
+so wie es ist im ersten Frühlingswirken,
+wenn in den Gassen der Geruch aus Birken
+von lauter Morgenglocken bebt.
+
+Die großen Glocken, die so herrisch lauten,
+sind seine Väter, jene ersten Zaren,
+die sich noch vor den Tagen der Tataren
+aus Sagen, Abenteuern und Gefahren,
+aus Zorn und Demut zögernd auferbauten.
+
+Und er begreift auf einmal, wer sie waren,
+und daß sie oft um ihres Dunkels Sinn
+in seine eignen Tiefen niedertauchten
+und ihn, den Leisesten von den Erlauchten,
+in ihren Taten groß und fromm verbrauchten
+schon lang vor seinem Anbeginn.
+
+Und eine Dankbarkeit kommt über ihn,
+daß sie ihn so verschwenderisch vergeben
+an aller Dinge Durst und Drang.
+Er war die Kraft zu ihrem Überschwang,
+der goldne Grund, vor dem ihr breites Leben
+geheimnisvoll zu dunkeln schien.
+
+In allen ihren Werken schaut er sich
+wie eingelegtes Silber in Zieraten,
+und es gibt keine Tat in ihren Taten,
+die nicht auch war in seinen stillen Staaten,
+in denen alles Handelns Rot verblich.
+
+
+
+
+VI
+
+
+Noch immer schauen in den Silberplatten
+wie tiefe Frauenaugen die Saphire,
+Goldranken schlingen sich wie schlanke Tiere,
+die sich im Glänze ihrer Brünste gatten,
+und sanfte Perlen warten in dem Schatten
+wilder Gebilde, daß ein Schimmer ihre
+stillen Gesichter finde und verliere.
+Und das ist Mantel, Strahlenkranz und Land,
+und ein Bewegen geht von Rand zu Rand,
+wie Korn im Wind und wie ein Fluß im Tale,
+so glänzt es wechselnd durch die Rahmenwand.
+
+In ihrer Sonne dunkeln drei Ovale:
+das große gibt dem Mutterantlitz Raum,
+und rechts und links hebt eine mandelschmale
+Jungfrauenhand sich aus dem Silbersaum.
+Die beiden Hände, seltsam still und braun,
+verkünden, daß im köstlichen Ikone
+die Königliche wie im Kloster wohne,
+die überfließen wird von jenem Sohne,
+von jenem Tropfen, drinnen wolkenohne
+die niegehofften Himmel blaun.
+
+Die Hände zeugen noch dafür;
+aber das Antlitz ist wie eine Tür
+in warme Dämmerungen aufgegangen,
+in die das Lächeln von den Gnadenwangen
+mit seinem Lichte irrend sich verlor.
+
+Da neigt sich tief der Zar davor und spricht:
+Fühltest du nicht, wie sehr wir in dich drangen
+mit allem: Fühlen, Fürchten und Verlangen;
+wir warten auf dein liebes Angesicht,
+das uns vergangen ist; wohin vergangen?
+
+Den großen Heiligen vergeht es nicht.
+
+Er bebte tief in seinem steifen Kleid,
+das strahlend stand. Er wußte nicht, wie weit
+er schon von allem war und ihrem Segnen,
+wie selig nah in seiner Einsamkeit.
+
+Noch sinnt und sinnt der blasse Gossudar.
+Und sein Gesicht, das unterm kranken Haar
+schon lange tief und wie im Fortgehn war,
+verging, wie jenes in dem Goldovale,
+in seinem großen goldenen Talar.
+
+(Um ihrem Angesichte zu begegnen.)
+
+Zwei Goldgewänder schimmerten im Saale
+und wurden in dem Glanz der Ampeln klar.
+
+
+
+
+
+DER SÄNGER SINGT VOR EINEM FÜRSTENKIND
+
+DEM ANDENKEN VON PAULA BECKER-MODERSOHN
+
+
+
+
+Du blasses Kind, an jedem Abend soll
+der Sänger dunkel stehn bei deinen Dingen
+und soll dir Sagen, die im Blute klingen,
+über die Brücke seiner Stimme bringen
+und eine Harfe, seiner Hände voll.
+
+Nicht aus der Zeit ist, was er dir erzählt,
+gehoben ist es wie aus Wandgeweben;
+solche Gestalten hat es nie gegeben;--
+und Niegewesenes nennt er das Leben.
+Und heute hat er diesen Sang erwählt:
+
+Du blondes Kind von Fürsten und aus Frauen,
+die einsam warteten im weißen Saal,--
+fast alle waren bang, dich aufzubauen,
+um aus den Bildern einst auf dich zu schauen:
+auf deine Augen mit den ernsten Brauen,
+auf deine Hände, hell und schmal.
+
+Du hast von ihnen Perlen und Türkisen,
+von diesen Frauen, die in Bildern stehn,
+als stünden sie allein in Abendwiesen,--
+du hast von ihnen Perlen und Türkisen,--
+und Ringe mit verdunkelten Devisen
+und Seiden, welche welke Düfte wehn.
+
+Du trägst die Gemmen ihrer Gürtelbänder
+ans hohe Fenster in den Glanz der Stunden,
+und in die Seide sanfter Brautgewänder
+sind deine kleinen Bücher eingebunden,
+und drinnen hast du, mächtig über Länder,
+ganz groß geschrieben und mit reichen, runden
+Buchstaben deinen Namen vorgefunden.
+
+Und alles ist, als wär es schon geschehn.
+
+Sie haben so, als ob du nicht mehr kämst,
+an alle Becher ihren Mund gesetzt,
+zu allen Freuden ihr Gefühl gehetzt
+und keinem Leide leidlos zugesehn;
+so daß du jetzt
+stehst und dich schämst.
+
+... Du blasses Kind, dein Leben ist auch eines,--
+der Sänger kommt dir sagen, daß du bist.
+Und daß du mehr bist als ein Traum des Haines,
+mehr als die Seligkeit des Sonnenscheines,
+den mancher graue Tag vergißt.
+Dein Leben ist so unaussprechlich deines,
+weil es von vielen überladen ist.
+
+Empfindest du, wie die Vergangenheiten
+leicht werden, wenn du eine Weile lebst,
+wie sie dich sanft auf Wunder vorbereiten,
+jedes Gefühl mit Bildern dir begleiten,--
+und nur ein Zeichen scheinen ganze Zeiten
+für eine Geste, die du schön erhebst.--
+
+Das ist der Sinn von allem, was einst war,
+daß es nicht bleibt mit seiner ganzen Schwere,
+daß es zu unserm Wesen wiederkehre,
+in uns verwoben, tief und wunderbar:
+So waren diese Frauen elfenbeinern,
+von vielen Rosen rötlich angeschienen,
+so dunkelten die müden Königsmienen,
+so wurden fahle Fürstenmunde steinern
+und unbewegt von Waisen und von Weinern,
+so klangen Knaben an wie Violinen
+und starben für der Frauen schweres Haar;
+so gingen Jungfraun der Madonna dienen,
+denen die Welt verworren war.
+So wurden Lauten laut und Mandolinen,
+in die ein Unbekannter größer griff,--
+in warmen Samt verlief der Dolche Schliff,--
+Schicksale bauten sich aus Glück und Glauben,
+Abschiede schluchzten auf in Abendlauben,--
+und über hundert schwarzen Eisenhauben
+schwankte die Feldschlacht wie ein Schiff.
+So wurden Städte langsam groß und fielen
+in sich zurück wie Wellen eines Meeres,
+so drängte sich zu hochbelohnten Zielen
+die rasche Vogelkraft des Eisenspeeres,
+so schmückten Kinder sich zu Gartenspielen,--
+und so geschah Unwichtiges und Schweres
+nur, um für dieses tägliche Erleben
+dir tausend große Gleichnisse zu geben,
+an denen du gewaltig wachsen kannst.
+Vergangenheiten sind dir eingepflanzt,
+um sich aus dir, wie Gärten, zu erheben.
+
+Du blasses Kind, du machst den Sänger reich
+mit deinem Schicksal, das sich singen läßt:
+So spiegelt sich ein großes Gartenfest
+mit vielen Lichtern im erstaunten Teich.
+Im dunklen Dichter wiederholt sich still
+ein jedes Ding: ein Stern, ein Haus, ein Wald.
+Und viele Dinge, die er feiern will,
+umstehen deine rührende Gestalt.
+
+
+
+
+
+DIE AUS DEM HAUSE COLONNA
+
+
+Ihr fremden Männer, die ihr jetzt so still
+in Bildern steht, ihr saßet gut zu Pferde,
+und ungeduldig gingt ihr durch das Haus;
+wie ein schöner Hund, mit derselben Gebärde
+ruhn eure Hände jetzt bei euch aus.
+
+Euer Gesicht ist so voll von Schauen,
+denn die Welt war euch Bild und Bild;
+aus Waffen, Fahnen, Früchten und Frauen
+quillt euch dieses große Vertrauen,
+daß alles _ist_ und daß alles _gilt_.
+
+Aber damals, als ihr noch zu jung
+wart, die großen Schlachten zu schlagen,
+zu jung, um den päpstlichen Purpur zu tragen,
+nicht immer glücklich bei Reiten und Jagen,
+Knaben noch, die sich den Frauen versagen,
+habt ihr aus jenen Knaben tagen
+keine, nicht eine Erinnerung?
+
+Wißt ihr nicht mehr, was damals war?
+
+Damals war der Altar
+mit dem Bilde, auf dem Maria gebar,
+in dem einsamen Seitenschiff.
+Euch ergriff
+eine Blumenranke;
+der Gedanke,
+daß die Fontäne allein
+draußen im Garten in Mondenschein
+ihre Wasser warf,
+war wie eine Welt.
+
+Das Fenster ging bis zu den Füßen auf wie eine Tür;
+und es war Park mit Wiesen und Wegen:
+seltsam nah und doch so entlegen,
+seltsam hell und doch wie verborgen,
+und die Brunnen rauschten wie Regen,
+und es war, als käme kein Morgen
+dieser langen Nacht entgegen,
+die mit allen Sternen stand.
+
+Damals wuchs euch, Knaben, die Hand,
+die warm war. (Ihr aber wußtet es nicht.)
+Damals breitete euer Gesicht sich aus.
+
+
+
+
+
+DES ZWEITEN BUCHES ZWEITERTEIL
+
+
+
+
+FRAGMENTE AUS VERLORENEN TAGEN
+
+
+
+Wie Vögel, welche sich gewöhnt ans Gehn
+und immer schwerer werden, wie im Fallen:
+die Erde saugt aus ihren langen Krallen
+die mutige Erinnerung von allen
+den großen Dingen, welche hoch geschehn,
+und macht sie fast zu Blättern, die sich dicht
+am Boden halten--
+wie Gewächse, die,
+kaum aufwärts wachsend, in die Erde kriechen,
+in schwarzen Schollen unlebendig licht
+und weich und feucht versinken und versiechen,
+wie irre Kinder,--wie ein Angesicht
+in einem Sarg,--wie frohe Hände, welche
+unschlüssig werden, weil im vollen Kelche
+sich Dinge spiegeln, die nicht nahe sind,--
+wie Hilferufe, die im Abendwind
+begegnen vielen dunklen großen Glocken,--
+wie Zimmerblumen, die seit Tagen trocken,
+wie Gassen, die verrufen sind,--wie Locken,
+darinnen Edelsteine blind geworden sind,--
+wie Morgen im April
+vor allen vielen Fenstern des Spitales:
+die Kranken drängen sich am Saum des Saales
+und schaun: die Gnade eines frühen Strahles
+macht alle Gassen frühlinglich und weit;
+sie sehen nur die helle Herrlichkeit,
+welche die Häuser jung und lachend macht,
+und wissen nicht, daß schon die ganze Nacht
+ein Sturm die Kleider von den Himmeln reißt,
+ein Sturm von Wassern, wo die Welt noch eist
+ein Sturm, der jetzt noch durch die Gassen braust
+und der den Dingen alle Bürde
+von ihren Schultern nimmt,--
+daß etwas draußen groß ist und ergrimmt,
+daß draußen die Gewalt geht, eine Faust,
+die jeden von den Kranken würgen würde
+inmitten dieses Glanzes, dem sie glauben.--
+... Wie lange Nächte in verwelkten Lauben,
+die schon zerrissen sind auf allen Seiten
+und viel zu weit, um noch mit einem zweiten,
+den man sehr liebt, zusammen drin zu weinen,--
+wie nackte Mädchen, kommend über Steine,
+wie Trunkene in einem Birkenhaine,--
+wie Worte, welche nichts Bestimmtes meinen
+und dennoch gehn, ins Ohr hineingehn, weiter
+ins Hirn und heimlich auf der Nervenleiter
+durch alle Glieder Sprung um Sprung versuchen,
+wie Greise, welche ihr Geschlecht verfluchen
+und dann versterben, so daß keiner je
+abwenden könnte das verhängte Weh,
+wie volle Rosen, künstlich aufgezogen
+im blauen Treibhaus, wo die Lüfte logen,
+und dann vom Übermut in großem Bogen
+hinausgestreut in den verwehten Schnee,--
+wie eine Erde, die nicht kreisen kann,
+weil zuviel Tote ihr Gefühl beschweren,
+wie ein erschlagener verscharrter Mann,
+dem sich die Hände gegen Wurzeln wehren,--
+wie eine von den hohen, schlanken, roten
+Hochsommerblumen, welche unerlöst
+ganz plötzlich stirbt im Lieblingswind der Wiesen,
+weil ihre Wurzel unten an Türkisen
+im Ohrgehänge einer Toten
+stößt....
+
+Und mancher Tage Stunden waren so.
+Als formte wer mein Abbild irgendwo,
+um es mit Nadeln langsam zu mißhandeln.
+Ich spürte jede Spitze seiner Spiele,
+und war, als ob ein Regen auf mich fiele,
+in welchem alle Dinge sich verwandeln.
+
+
+
+
+
+DIE STIMMEN
+
+NEUN BLÄTTER MIT EINEM TITELBLATT
+
+
+
+TITELBLATT
+
+
+Die Reichen und Glücklichen haben gut schweigen,
+niemand will wissen, was sie sind.
+Aber die Dürftigen müssen sich zeigen,
+müssen sagen: ich bin blind,
+oder: ich bin im Begriff, es zu werden,
+oder: es geht mir nicht gut auf Erden,
+oder: ich habe ein krankes Kind,
+oder: da bin ich zusammengefugt....
+
+Und vielleicht, daß das gar nicht genügt.
+
+Und weil alle sonst, wie an Dingen,
+an ihnen vorbeigehn, müssen sie singen.
+
+Und da hört man noch guten Gesang.
+
+Freilich die Menschen sind seltsam; sie hören
+lieber Kastraten in Knabenchören.
+
+Aber Gott selber kommt und bleibt lang,
+wenn ihn diese Beschnittenen stören.
+
+
+
+
+DAS LIED DES BETTLERS
+
+
+Ich gehe immer von Tor zu Tor,
+verregnet und verbrannt;
+auf einmal leg ich mein rechtes Ohr
+in meine rechte Hand.
+Dann kommt mir meine Stimme vor,
+als hätt ich sie nie gekannt.
+
+Dann weiß ich nicht sicher, wer da schreit,
+ich oder irgendwer.
+Ich schreie um eine Kleinigkeit.
+Die Dichter schrein um mehr.
+
+Und endlich mach ich noch mein Gesicht
+mit beiden Augen zu;
+wie's dann in der Hand liegt mit seinem Gewicht,
+sieht es fast aus wie Ruh.
+Damit sie nicht meinen, ich hätte nicht,
+wohin ich mein Haupt tu.
+
+
+
+
+DAS LIED DES BLINDEN
+
+
+Ich bin blind, ihr draußen, das ist ein Fluch,
+ein Widerwillen, ein Widerspruch,
+etwas täglich Schweres.
+Ich leg meine Hand auf den Arm der Frau,
+meine graue Hand auf ihr graues Grau,
+und sie führt mich durch lauter Leeres.
+
+Ihr rührt euch und rückt und bildet euch ein,
+anders zu klingen als Stein auf Stein,
+aber ihr irrt euch: ich allein
+lebe und leide und lärme.
+In mir ist ein endloses Schrein,
+und ich weiß nicht, schreit mir mein
+Herz oder meine Gedärme.
+
+Erkennt ihr die Lieder? Ihr sanget sie nicht,
+nicht ganz in dieser Betonung.
+Euch kommt jeden Morgen das neue Licht
+warm in die offene Wohnung.
+Und ihr habt ein Gefühl von Gesicht zu Gesicht,
+und das verleitet zur Schonung.
+
+
+
+
+DAS LIED DES TRINKERS
+
+
+Es war nicht in mir. Es ging aus und ein.
+Da wollt ich es halten. Da hielt es der Wein.
+(Ich weiß nicht mehr, was es war.)
+Dann hielt er mir jenes und hielt mir dies,
+bis ich mich ganz auf ihn verließ.
+Ich Narr.
+
+Jetzt bin ich in seinem Spiel, und er streut
+mich verächtlich herum und verliert mich noch heut
+an dieses Vieh, an den Tod.
+Wenn der mich, schmutzige Karte, gewinnt,
+so kratzt er mit mir seinen grauen Grind
+und wirft mich fort in den Kot.
+
+
+
+
+DAS LIED DES SELBSTMÖRDERS
+
+
+Also noch einen Augenblick.
+Daß sie mir immer wieder den Strick
+zerschneiden.
+Neulich war ich so gut bereit,
+und es war schon ein wenig Ewigkeit
+in meinen Eingeweiden.
+
+Halten sie mir den Löffel her,
+diesen Löffel Leben.
+Nein, ich will und ich will nicht mehr,
+laßt mich mich übergeben.
+
+Ich weiß, das Leben ist gar und gut,
+und die Welt ist ein voller Topf,
+aber mir geht es nicht ins Blut,
+mir steigt es nur zu Kopf.
+
+Andere nährt es, mich macht es krank;
+begreift, daß man's verschmäht.
+Mindestens ein Jahrtausend lang
+brauch ich jetzt Diät.
+
+
+
+
+DAS LIED DER WITWE
+
+
+Am Anfang war mir das Leben gut.
+Es hielt mich warm, es machte mir Mut.
+Daß es das allen Jungen tut,
+wie könnt ich das damals wissen.
+Ich wußte nicht, was das Leben war--,
+auf einmal war es nur Jahr und Jahr,
+nicht mehr gut, nicht mehr neu, nicht mehr wunderbar,
+wie mitten entzweigerissen.
+
+Das war nicht seine, nicht meine Schuld;
+wir hatten beide nichts als Geduld,
+aber der Tod hat keine.
+Ich sah ihn kommen (wie schlecht er kam),
+und ich schaute ihm zu, wie er nahm und nahm:
+es war ja gar nicht das Meine.
+
+Was war denn das Meine; meines, mein?
+War mir nicht selbst mein Elendsein
+nur vom Schicksal geliehn?
+Das Schicksal will nicht nur das Glück,
+es will die Pein und das Schrein zurück,
+und es kauft für alt den Ruin.
+
+Das Schicksal war da und erwarb für ein Nichts
+jeden Ausdruck meines Gesichts,
+bis auf die Art zu gehn.
+Das war ein täglicher Ausverkauf,
+und als ich leer war, gab es mich auf
+und ließ mich offen stehn.
+
+
+
+
+DAS LIED DES IDIOTEN
+
+
+Sie hindern mich nicht. Sie lassen mich gehn.
+Sie sagen, es könne nichts geschehn.
+Wie gut.
+Es kann nichts geschehn. Alles kommt und kreist
+immerfort um den Heiligen Geist,
+um den gewissen Geist (du weißt)--,
+wie gut.
+
+Nein, man muß wirklich nicht meinen, es sei
+irgendeine Gefahr dabei.
+Da ist freilich das Blut.
+Das Blut ist das Schwerste. Das Blut ist schwer,
+manchmal glaub ich, ich kann nicht mehr--.
+(Wie gut.)
+
+Ah, was ist das für ein schöner Ball;
+rot und rund wie ein Überall.
+Gut, daß ihr ihn erschuft.
+Ob der wohl kommt, wenn man ruft?
+
+Wie sich das alles seltsam benimmt,
+ineinandertreibt, auseinanderschwimmt:
+freundlich, ein wenig unbestimmt;
+wie gut.
+
+
+
+
+DAS LIED DER WAISE
+
+
+Ich bin niemand und werde auch niemand sein.
+Jetzt bin ich ja zum Sein noch zu klein;
+aber auch später.
+
+Mütter und Väter,
+erbarmt euch mein.
+
+Zwar es lohnt nicht des Pflegens Müh:
+ich werde doch gemäht.
+Mich kann keiner brauchen: jetzt ist es zu früh,
+und morgen ist es zu spät.
+
+Ich habe nur dieses eine Kleid,
+es wird dünn, und es verbleicht,
+aber es hält eine Ewigkeit
+auch noch vor Gott vielleicht.
+
+Ich habe nur dieses bißchen Haar
+(immer dasselbe blieb),
+das einmal Eines Liebstes war.
+
+Nun hat er nichts mehr lieb.
+
+
+
+
+DAS LIED DES ZWERGES
+
+
+Meine Seele ist vielleicht grad und gut;
+aber mein Herz, mein verbogenes Blut,
+alles das, was mir wehe tut,
+kann sie nicht aufrecht tragen.
+Sie hat keinen Garten, sie hat kein Bett,
+sie hängt an meinem scharfen Skelett
+mit entsetztem Flügelschlagen?
+
+Aus meinen Händen wird auch nichts mehr.
+Wie verkümmert sie sind, sieh her:
+zähe hüpfen sie, feucht und schwer,
+wie kleine Kröten nach Regen.
+Und das andere an mir ist
+abgetragen und alt und trist;
+warum zögert Gott, auf den Mist
+alles das hinzulegen?
+
+Ob er mir zürnt für mein Gesicht
+mit dem mürrischen Munde?
+Es war ja so oft bereit, ganz licht
+und klar zu werden im Grunde;
+aber nichts kam ihm je so dicht
+wie die großen Hunde.
+Und die Hunde haben das nicht.
+
+
+
+
+DAS LIED DES AUSSÄTZIGEN
+
+
+Sieh, ich bin einer, den alles verlassen hat.
+Keiner weiß in der Stadt von mir,
+Aussatz hat mich befallen.
+Und ich schlage mein Klapperwerk,
+klopfe mein trauriges Augenmerk
+in die Ohren allen,
+die nahe Vorübergehn.
+Und die es hölzern hören, sehn
+erst gar nicht her, und was hier geschehn,
+wollen sie nicht erfahren.
+
+Soweit der Klang meiner Klapper reicht,
+bin ich zuhause; aber vielleicht
+machst du meine Klapper so laut,
+daß sich keiner in meine Ferne traut,
+der mir jetzt aus der Nähe weicht.
+So daß ich sehr lange gehen kann,
+ohne Mädchen, Frau oder Mann
+oder Kind zu entdecken.
+
+Tiere will ich nicht schrecken.
+
+
+
+
+
+VON DEN FONTÄNEN
+
+
+
+Auf einmal weiß ich viel von den Fontänen,
+den unbegreiflichen Bäumen aus Glas.
+Ich könnte reden wie von eignen Tränen,
+die ich, ergriffen von sehr großen Träumen,
+einmal vergeudete und dann vergaß.
+
+Vergaß ich denn, daß Himmel Hände reichen
+zu vielen Dingen und in das Gedränge?
+Sah ich nicht immer Großheit ohnegleichen
+im Aufstieg alter Parke vor den weichen
+erwartungsvollen Abenden,--in bleichen,
+aus fremden Mädchen steigenden Gesängen,
+die überfließen aus der Melodie
+und wirklich werden und als müßten sie
+sich spiegeln in den aufgetanen Teichen?
+
+Ich muß mich nur erinnern an das alles,
+was an Fontänen und an mir geschah,
+dann fühl ich auch die Last des Niederfalles,
+in welcher ich die Wasser wiedersah:
+und weiß von Zweigen, die sich abwärts wandten,
+von Stimmen, die mit kleiner Flamme brannten,
+von Teichen, welche nur die Uferkanten
+schwachsinnig und verschoben wiederholten,
+von Abendhimmeln, welche von verkohlten
+westlichen Wäldern ganz entfremdet traten,
+sich anders wölbten, dunkelten und taten,
+als wär das nicht die Welt, die sie gemeint....
+
+Vergaß ich denn, daß Stern bei Stern versteint
+und sich verschließt gegen die Nachbargloben?
+Daß sich die Welten nur noch wie verweint
+im Raum erkennen?--Vielleicht sind wir oben,
+in Himmel andrer Wesen eingewoben,
+die zu uns aufschaun abends. Vielleicht loben
+uns ihre Dichter. Vielleicht beten viele
+zu uns empor. Vielleicht sind wir die Ziele
+von fremden Flüchen, die uns nie erreichen,
+Nachbaren eines Gottes, den sie meinen
+in unsrer Höhe, wenn sie einsam weinen,
+an den sie glauben und den sie verlieren,
+und dessen Bildnis, wie ein Schein aus ihren
+suchenden Lampen, flüchtig und verweht,
+über unsere zerstreuten Gesichter geht....
+
+
+
+
+
+DER LESENDE
+
+
+
+Ich las schon lang. Seit dieser Nachmittag,
+mit Regen rauschend, an den Fenstern lag.
+Vom Winde draußen hörte ich nichts mehr:
+mein Buch war schwer.
+Ich sah ihm in die Blätter wie in Mienen,
+die dunkel werden von Nachdenklichkeit,
+und um mein Lesen staute sich die Zeit.--
+Auf einmal sind die Seiten überschienen,
+und statt der bangen Wortverworrenheit
+steht: Abend, Abend ... überall auf ihnen;
+ich schau noch nicht hinaus, und doch zerreißen
+die langen Zeilen, und die Worte rollen
+von ihren Fäden fort, wohin sie wollen....
+Da weiß ich es: über den übervollen
+glänzenden Gärten sind die Himmel weit;
+die Sonne hat noch einmal kommen sollen.--
+Und jetzt wird Sommernacht, soweit man sieht:
+Zu wenig Gruppen stellt sich das Verstreute,
+dunkel auf langen Wegen gehn die Leute,
+und seltsam weit, als ob es mehr bedeute,
+hört man das Wenige, das noch geschieht.
+
+Und wenn ich jetzt vom Buch die Augen hebe,
+wird nichts befremdlich sein und alles groß.
+Dort draußen ist, was ich hier drinnen lebe,
+und hier und dort ist alles grenzenlos;
+nur daß ich mich noch mehr damit verwebe,
+wenn meine Blicke an die Dinge passen
+und an die ernste Einfachheit der Massen,--
+da wächst die Erde über sich hinaus.
+Den ganzen Himmel scheint sie zu umfassen:
+der erste Stern ist wie das letzte Haus.
+
+
+
+
+
+DER SCHAUENDE
+
+
+
+Ich sehe den Bäumen die Stürme an,
+die aus laugewordenen Tagen
+an meine ängstlichen Fenster schlagen,
+und höre die Fernen Dinge sagen,
+die ich nicht ohne Freund ertragen,
+nicht ohne Schwester lieben kann.
+
+Da geht der Sturm, ein Umgestalter,
+geht durch den Wald und durch die Zeit,
+und alles ist wie ohne Alter:
+die Landschaft, wie ein Vers im Psalter,
+ist Ernst und Wucht und Ewigkeit.
+
+Wie ist das klein, womit wir ringen,
+was mit uns ringt, wie ist das groß;
+ließen wir, ähnlicher den Dingen,
+uns so vom großen Sturm bezwingen,--
+wir würden weit und namenlos.
+
+Was wir besiegen, ist das Kleine,
+und der Erfolg selbst macht uns klein.
+Das Ewige und Ungemeine
+will nicht von uns gebogen sein.
+Das ist der Engel, der den Ringern
+des Alten Testaments erschien:
+Wenn seiner Widersacher Sehnen
+im Kampfe sich metallen dehnen,
+fühlt er sie unter seinen Fingern
+wie Saiten tiefer Melodien.
+
+Wen dieser Engel überwand,
+welcher so oft auf Kampf verzichtet,
+der geht gerecht und aufgerichtet
+und groß aus jener harten Hand,
+die sich, wie formend, an ihn schmiegte.
+Die Siege laden ihn nicht ein.
+Sein Wachstum ist: Der Tiefbesiegte
+von immer Größerem zu sein.
+
+
+
+
+
+AUS EINER STURMNACHT
+
+ACHT BLÄTTER MIT EINEM TITELBLATT
+
+
+
+
+TITELBLATT
+
+
+Die Nacht, vom wachsenden Sturme bewegt,
+wie wird sie auf einmal weit,--
+als bliebe sie sonst zusammengelegt
+in die kleinlichen Falten der Zeit.
+Wo die Sterne ihr wehren, dort endet sie nicht
+und beginnt nicht mitten im Wald
+und nicht an meinem Angesicht
+und nicht mit deiner Gestalt.
+Die Lampen stammeln und wissen nicht:
+Lügen wir Licht?
+Ist die Nacht die einzige Wirklichkeit
+seit Jahrtausenden....
+
+
+
+
+In solchen Nächten kannst du in den Gassen
+Zukünftigen begegnen, schmalen blassen
+Gesichtern, die dich nicht erkennen
+und dich schweigend vorüberlassen.
+Aber wenn sie zu reden begännen,
+wärst du ein Lange vergangener,
+wie du da stehst,
+langeverwest.
+Doch sie bleiben im Schweigen wie Tote,
+obwohl sie die Kommenden sind.
+Zukunft beginnt noch nicht.
+Sie halten nur ihr Gesicht in die Zeit
+und können, wie unter Wasser, nicht schauen;
+und ertragen sie's doch eine Weile,
+sehn sie wie unter den Wellen: die Eile
+von Fischen und das Tauchen von Tauen.
+
+
+
+
+In solchen Nächten gehn die Gefängnisse auf.
+Und durch die bösen Träume der Wächter
+gehn mit leisem Gelächter
+die Verächter ihrer Gewalt.
+Wald! Sie kommen zu dir, um in dir zu schlafen,
+mit ihren langen Strafen behangen.
+ Wald!
+
+
+
+
+In solchen Nächten ist auf einmal Feuer
+in einer Oper. Wie ein Ungeheuer
+beginnt der Riesenraum mit seinen Rängen
+Tausende, die sich in ihm drängen,
+zu kauen.
+Männer und Frauen
+staun sich in den Gängen,
+und wie sich alle aneinander hängen,
+bricht das Gemäuer, und es reißt sie mit.
+Und niemand weiß mehr, wer ganz unten litt;
+während ihm einer schon das Herz zertritt,
+sind seine Ohren noch ganz voll von Klängen,
+die dazu hingehn....
+
+
+
+
+In solchen Nächten, wie vor vielen Tagen,
+fangen die Herzen in den Sarkophagen
+vergangner Fürsten wieder an zu gehn:
+und so gewaltig drängt ihr Wiederschlagen
+gegen die Kapseln, welche widerstehn,
+daß sie die goldnen Schalen weitertragen
+durch Dunkel und Damaste, die zerfallen.
+Schwarz schwankt der Dom mit allen seinen Hallen.
+Die Glocken, die sich in die Türme krallen,
+hängen wie Vögel, bebend stehn die Türen,
+und an den Trägern zittert jedes Glied:
+als trügen seinen gründenden Granit
+blinde Schildkröten, die sich rühren.
+
+
+
+
+In solchen Nächten wissen die Unheilbaren:
+Wir waren....
+Und sie denken unter den Kranken
+einen einfachen guten Gedanken
+weiter, dort, wo er abbrach.
+Doch von den Söhnen, die sie gelassen,
+geht der jüngste vielleicht in den einsamsten Gassen;
+denn gerade diese Nächte
+sind ihm, als ob er zum erstenmal dächte:
+Lange lag es über ihm bleiern,
+aber jetzt wird sich alles entschleiern,--
+und: daß er das feiern wird,
+ fühlt er....
+
+
+
+
+In solchen Nächten sind alle die Städte gleich,
+alle beflaggt.
+Und an den Fahnen vom Sturm gepackt
+und wie an Haaren hinausgerissen
+in irgendein Land mit ungewissen
+Umrissen und Flüssen.
+In allen Gärten ist dann ein Teich,
+an jedem Teiche dasselbe Haus,
+in jedem Hause dasselbe Licht;
+und alle Menschen sehn ähnlich aus
+und halten die Hände vorm Gesicht.
+
+
+
+
+In solchen Nächten werden die Sterbenden klar,
+greifen sich leise ins wachsende Haar,
+dessen Halme aus ihres Schädels Schwäche
+in diesen langen Tagen treiben,
+als wollten sie über der Oberfläche
+des Todes bleiben.
+Ihre Gebärde geht durch das Haus,
+als wenn überall Spiegel hingen;
+und sie geben--mit diesem Graben
+in ihren Haaren--Kräfte aus,
+die sie in Jahren gesammelt haben,
+ welche vergingen.
+
+
+
+
+In solchen Nächten wächst mein Schwesterlein,
+das vor mir war und vor mir starb, ganz klein.
+Viel solche Nächte waren schon seither:
+Sie muß schon schön sein. Bald wird irgendwer
+ sie frein.
+
+
+
+
+
+DIE BLINDE
+
+
+
+_Der Fremde_:
+ Du bist nicht bang, davon zu sprechen?
+_Die Blinde_:
+ Nein.
+ Es ist so ferne. Das war eine andre.
+ Die damals sah, die laut und schauend lebte,
+ die starb.
+_Der Fremde_:
+ Und hatte einen schweren Tod?
+_Die Blinde_:
+ Sterben ist Grausamkeit an Ahnungslosen.
+ Stark muß man sein, sogar wenn Fremdes stirbt.
+_Der Fremde_:
+Sie war dir fremd?
+_Die Blinde_:
+ --Oder: sie ists geworden.
+ Der Tod entfremdet selbst dem Kind die Mutter.--
+ Doch es war schrecklich in den ersten Tagen.
+ Am ganzen Leibe war ich wund. Die Welt,
+ die in den Dingen blüht und reift,
+ war mit den Wurzeln aus mir ausgerissen,
+ mit meinem Herzen (schien mir), und ich lag
+ wie aufgewühlte Erde offen da und trank
+ den kalten Regen meiner Tränen,
+ der aus den toten Augen unaufhörlich
+ und leise strömte, wie aus leeren Himmeln,
+ wenn Gott gestorben ist, die Wolken fallen.
+ Und mein Gehör war groß und allem offen.
+ Ich hörte Dinge, die nicht hörbar sind:
+ die Zeit, die über meine Haare floß,
+ die Stille, die in zarten Gläsern klang,
+ und fühlte: nah bei meinen Händen ging
+ der Atem einer großen weißen Rose.
+ Und immer wieder dacht ich: Nacht und: Nacht
+ und glaubte einen hellen Streif zu sehn,
+ der wachsen würde wie ein Tag;
+ und glaubte auf den Morgen zuzugehn,
+ der längst in meinen Händen lag.
+ Die Mutter weckt ich, wenn der Schlaf mir schwer
+ hinunterfiel vom dunklen Gesicht,
+ der Mutter rief ich: "Du, komm her!
+ Mach Licht!"
+ Und horchte. Lange, lange blieb es still,
+ und meine Kissen fühlte ich verneinen,--
+ dann wars, als säh ich etwas scheinen:
+ das war der Mutter wehes Weinen,
+ an das ich nicht mehr denken will.
+ Mach Licht! Mach Licht! Ich schrie es oft im Traum:
+ Der Raum ist eingefallen. Nimm den Raum
+ mir vom Gesicht und von der Brust.
+ Du mußt ihn heben, hochheben,
+ mußt ihn wieder den Sternen geben;
+ ich kann nicht leben so, mit dem Himmel auf mir.
+ Aber Sprech ich zu dir, Mutter?
+ Oder zu wem denn? Wer ist denn dahinter?
+ Wer ist denn hinter dem Vorhang?--Winter?
+ Mutter: Sturm? Mutter: Nacht? Sag!
+ Oder: Tag?... Tag!
+ Ohne mich! Wie kann es denn ohne mich Tag sein?
+ Fehl ich denn nirgends?
+ Fragt denn niemand nach mir?
+ Sind wir denn ganz vergessen?
+ Wir?... Aber du bist ja dort;
+ du hast ja noch alles, nicht?
+ Um dein Gesicht sind noch alle Dinge bemüht,
+ ihm wohlzutun.
+ Wenn deine Augen ruhn
+ und wenn sie noch so müd waren,
+ sie können wieder steigen.
+ ... Meine schweigen.
+ Meine Blumen werden die Farbe verlieren.
+ Meine Spiegel werden zufrieren.
+ In meinen Büchern werden die Zeilen verwachsen.
+ Meine Vögel werden in den Gassen
+ herumflattern und sich an fremden Fenstern verwunden.
+ Nichts ist mehr mit mir verbunden.
+ Ich bin von allem verlassen.--
+ Ich bin eine Insel.
+_Der Fremde_:
+ Und ich bin über das Meer gekommen.
+_Die Blinde_:
+ Wie? Auf die Insel?... Hergekommen?
+_Der Fremde_:
+ Ich bin noch im Kahne.
+ Ich habe ihn leise angelegt--
+ an dich. Er ist bewegt:
+ seine Fahne weht landein.
+_Die Blinde_:
+ Ich bin eine Insel und allein.
+ Ich bin reich.--
+ Zuerst, als die alten Wege noch waren
+ in meinen Nerven, ausgefahren
+ von vielem Gebrauch:
+ da litt ich auch.
+ Alles ging mir aus dem Herzen fort,
+ ich wußte erst nicht wohin;
+ aber dann fand ich sie alle dort,
+ alle Gefühle, das, was ich bin,
+ stand versammelt und drängte und schrie
+ an den vermauerten Augen, die sich nicht rührten.
+ Alle meine verführten Gefühle....
+ Ich weiß nicht, ob sie Jahre so standen,
+ aber ich weiß von den Wochen,
+ da sie alle zurückkamen gebrochen
+ und niemanden erkannten.
+
+ Dann wuchs der Weg zu den Augen zu.
+ Ich weiß ihn nicht mehr.
+ Jetzt geht alles in mir umher,
+ sicher und sorglos; wie Genesende
+ gehn die Gefühle, genießend das Gehn,
+ durch meines Leibes dunkles Haus.
+ Einige sind Lesende
+ über Erinnerungen;
+ aber die jungen
+ sehn alle hinaus.
+ Denn wo sie hintreten an meinen Rand,
+ ist mein Gewand von Glas.
+ Meine Stirne sieht, meine Hand las
+ Gedichte in anderen Händen.
+ Mein Fuß spricht mit den Steinen, die er betritt,
+ meine Stimme nimmt jeder Vogel mit
+ aus den täglichen Wänden.
+ Ich muß nichts mehr entbehren jetzt,
+ alle Farben sind übersetzt
+ in Geräusch und Geruch.
+ Und sie klingen unendlich schön
+ als Töne.
+ Was soll mir ein Buch?
+ In den Bäumen blättert der Wind;
+ und ich weiß, was dorten für Worte sind,
+ und wiederhole sie manchmal leis.
+ Und der Tod, der Augen wie Blumen bricht,
+ findet meine Augen nicht....
+_Der Fremde_ (leise):
+ Ich weiß.
+
+
+
+
+
+REQUIEM
+
+CLARA WESTHOFF GEWIDMET
+
+
+
+Seit einer Stunde ist um ein Ding mehr
+auf Erden. Mehr um einen Kranz.
+Vor einer Weile war das leichtes Laub ... Ich wand's:
+und jetzt ist dieser Efeu seltsam schwer
+und so von Dunkel voll, als tränke er
+aus meinen Dingen zukünftige Nächte.
+Jetzt graut mir fast vor dieser nächsten Nacht,
+allein mit diesem Kranz, den ich gemacht,
+nicht ahnend, daß da etwas wird,
+wenn sich die Ranken ründen um den Reifen;
+ganz nur bedürftig, dieses zu begreifen:
+daß etwas nicht mehr sein kann. Wie verirrt
+in nie betretene Gedanken, darinnen wunderliche Dinge stehn,
+die ich schon einmal gesehen haben muß....
+
+... Flußabwärts treiben die Blumen, welche die
+Kinder gerissen haben im Spiel; aus den offenen
+Fingern fiel eine und eine, bis daß der Strauß nicht
+mehr zu erkennen war. Bis der Rest, den sie nach
+Haus gebracht, gerade gut zum Verbrennen war.
+Dann konnte man ja die ganze Nacht, wenn einen
+alle schlafen meinen, um die gebrochenen Blumen
+weinen.
+
+Gretel, von allem Anbeginn
+war dir bestimmt, sehr zeitig zu sterben,
+blond zu sterben.
+Lange schon, eh dir zu leben bestimmt war.
+
+Darum stellte der Herr eine Schwester vor dich
+und dann einen Bruder,
+damit vor dir wären zwei Nahe, zwei Reine,
+welche das Sterben dir zeigten,
+das deine:
+dein Sterben.
+Deine Geschwister wurden erfunden,
+nur, damit du dich dran, gewöhntest
+und dich an zweien Sterbestunden
+mit der dritten versöhntest,
+die dir seit Jahrtausenden droht.
+Für deinen Tod
+sind Leben erstanden;
+Hände, welche Blüten banden,
+Blicke, welche die Rosen rot
+und die Menschen mächtig empfanden,
+hat man gebildet und wieder vernichtet
+und hat zweimal das Sterben gedichtet,
+eh es, gegen dich selbst gerichtet,
+aus der verloschenen Bühne trat.
+
+... Nahte es dir schrecklich, geliebte Gespielin?
+war es dein Feind?
+Hast du dich ihm ans Herz geweint?
+Hat es dich aus den heißen Kissen
+in die flackernde Nacht gerissen,
+in der niemand schlief im ganzen Haus...?
+Wie sah es aus?
+Du mußt es wissen....
+Du bist dazu in die Heimat gereist.
+ * * * * *
+Du weißt,
+wie die Mandeln blühn,
+und daß Seen blau sind.
+Viele Dinge, die nur im Gefühle der Frau sind,
+welche die erste Liebe erfuhr,
+weißt du. Dir flüsterte die Natur
+in des Südens spätdämmernden Tagen
+so unendliche Schönheit ein,
+wie sonst nur selige Lippen sie sagen
+seliger Menschen, die zu zwein
+eine Welt haben und eine Stimme--
+leiser hast du das alles gespürt,--
+(o wie hat das unendlich Grimme
+deine unendliche Demut berührt).
+Deine Briefe kamen von Süden,
+warm noch von Sonne, aber verwaist,--
+endlich bist du selbst deinen müden
+bittenden Briefen nachgereist;
+denn du warst nicht gerne im Glänze,
+jede Farbe lag auf dir wie Schuld,
+und du lebtest in Ungeduld,
+denn du wußtest: Das ist nicht das Ganze.
+Leben ist nur ein Teil ... Wovon?
+Leben ist nur ein Ton ... Worin?
+Leben hat Sinn nur verbunden mit vielen
+Kreisen des weithin wachsenden Raumes,--
+Leben ist so nur der Traum eines Traumes,
+aber Wachsein ist anderswo.
+So ließest du's los.
+Groß ließest du's los.
+Und wir kannten dich klein.
+Dein war so wenig: ein Lächeln, ein kleines,
+ein bißchen melancholisch schon immer,
+sehr sanftes Haar und ein kleines Zimmer,
+das dir seit dem Tode der Schwester weit war.
+Als ob alles andere nur dein Kleid war,
+so scheint es mir jetzt, du stilles Gespiel.
+Aber sehr viel
+warst du. Und wir wußten's manchmal,
+wenn du am Abend kamst in den Saal;
+wußten manchmal: jetzt müßte man beten;
+eine Menge ist eingetreten,
+eine Menge, welche dir nachgeht,
+weil du den Weg weißt.
+Und du hast ihn wissen gemußt
+und hast ihn gewußt
+gestern....
+Jüngste der Schwestern.
+
+Sieh her,
+dieser Kranz ist so schwer.
+Und sie werden ihn auf dich legen,
+diesen schweren Kranz.
+Kann's dein Sarg aushalten?
+Wenn er bricht
+unter dem schwarzen Gewicht,
+kriecht in die Falten
+von deinem Kleid
+Efeu.
+Weit rankt er hinauf,
+rings rankt er dich um,
+und der Saft, der sich in seinen Ranken bewegt,
+regt dich auf mit seinem Geräusch;
+so keusch bist du.
+Aber du bist nicht mehr zu.
+Langgedehnt bist du und laß.
+Deines Leibes Türen sind angelehnt,
+und naß
+tritt der Efeu ein....
+ * * * * *
+Wie Reihn
+von Nonnen,
+die sich fuhren
+an schwarzem Seil,
+weil es dunkel ist in dir, du Bronnen.
+In den leeren Gängen
+deines Blutes drängen sie zu deinem Herzen;
+wo sonst deine sanften Schmerzen
+sich begegneten mit bleichen
+Freuden und Erinnerungen,
+wandeln sie wie im Gebet
+in das Herz, das, ganz verklungen,
+dunkel, allen offen steht.
+Aber dieser Kranz ist schwer
+nur im Licht,
+nur unter Lebenden, hier bei mir;
+und sein Gewicht
+ist nicht mehr,
+wenn ich ihn zu dir legen werde.
+Die Erde ist voller Gleichgewicht,
+deine Erde.
+Er ist schwer von meinen Augen, die daran hängen,
+schwer von den Gängen,
+die ich um ihn getan;
+Ängste aller, welche ihn sahn,
+haften daran.
+Nimm ihn zu dir, denn er ist dein,
+seit er ganz fertig ist.
+Nimm ihn von mir.
+Laß mich allein! Er ist wie ein Gast....
+Fast schäm ich mich seiner.
+Hast du auch Furcht, Gretel?
+
+Du kannst nicht mehr gehn?
+Kannst nicht mehr bei mir in der Stube stehn?
+Tun dir die Füße weh?
+So bleib, wo jetzt alle beisammen sind,
+man wird ihn dir morgen bringen, mein Kind,
+durch die entlaubte Allee.
+Man wird ihn dir bringen, warte getrost,--
+man bringt dir morgen noch mehr.
+
+Wenn es auch morgen tobt und tost,
+das schadet den Blumen nicht sehr.
+Man wird sie dir bringen. Du hast das Recht,
+sie sicher zu haben, mein Kind,
+und wenn sie auch morgen schwarz und schlecht
+und lange vergangen sind.
+Sei deshalb nicht bange. Du wirst nicht mehr
+unterscheiden, was steigt oder sinkt;
+die Farben sind zu, und die Töne sind leer,
+und du wirst auch gar nicht mehr wissen, wer
+dir alle die Blumen bringt.
+
+Jetzt weißt du das andre, das uns verstößt,
+sooft wir's im Dunkel erfaßt;
+von dem, was du sehntest, bist du erlöst
+zu etwas, was du hast.
+Unter uns warst du von kleiner Gestalt,
+vielleicht bist du jetzt ein erwachsener Wald
+mit Winden und Stimmen im Laub.--
+Glaub mir, Gespiel, dir geschah nicht Gewalt:
+dein Tod war schon alt,
+als dein Leben begann;
+drum griff er es an,
+damit es ihn nicht überlebte.
+
+Schwebte etwas um mich?
+Trat Nachtwind herein?
+Ich bebte nicht.
+Ich bin stark und allein.--
+Was hab ich heute geschafft?
+
+... Efeulaub holt' ich am Abend und wand's
+und bog es zusammen, bis es ganz gehorchte.
+Noch glänzt es mit schwarzem Glanz.
+Und meine Kraft
+kreist in dem Kranz.
+
+
+
+SCHLUSSSTÜCK
+
+
+Der Tod ist groß.
+Wir sind die Seinen
+lachenden Munds.
+Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
+wagt er zu weinen
+mitten in uns.
+
+
+
+ INHALT
+
+ DES ERSTEN BUCHES ERSTER TEIL
+
+ Eingang
+ Aus einem April
+ Mondnacht
+ Ritter
+ Mädchenmelancholie
+ Von den Mädchen I
+ II
+ Das Lied der Bildsäule
+ Der Wahnsinn
+ Die Liebende
+ Die Braut
+ Die Stille
+ Musik
+ Die Engel
+ Der Schutzengel
+ Martyrinnen
+ Die Heilige
+ Kindheit
+ Aus einer Kindheit
+ Der Knabe
+ Die Konfirmanden
+ Das Abendmahl
+
+ DES ERSTEN BUCHES ZWEITER TEIL
+
+ Initiale
+ Zum Einschlafen zu sagen
+ Menschen bei Nacht
+ Der Nachbar
+ Pont du Carrousel
+ Der Einsame
+ Die Aschanti
+ Der Letzte
+ Bangnis
+ Klage
+ Einsamkeit
+ Herbsttag
+ Erinnerung
+ Ende des Herbstes
+ Herbst
+ Am Rande der Nacht
+ Gebet
+ Fortschritt
+ Vorgefühl
+ Sturm
+ Abend in Skåne
+ Abend
+ Ernste Stunde
+ Strophen
+ Sturmnacht
+
+ DES ZWEITEN BUCHES ERSTER TEIL
+
+ Initiale
+ Verkündigung
+ Die heiligen drei Könige
+ In der Certosa
+ Das Jüngste Gericht
+ Karl der Zwölfte von Schweden reitet in der Ukraine
+ Der Sohn (und: So wurden wir verträumte Geiger)
+ Die Zaren
+ Der Sänger singt vor einem Fürstenkind
+ Die aus dem Hause Colonna
+
+ DES ZWEITEN BUCHES ZWEITER TEIL
+
+ Fragmente aus verlorenen Tagen
+ Die Stimmen
+ Von den Fontänen
+ Der Lesende
+ Der Schauende
+ Aus einer Sturmnacht
+ Die Blinde
+ Requiem
+ Schlußstück
+
+
+
+
+
+End of Project Gutenberg's Das Buch der Bilder, by Rainer Maria Rilke
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS BUCH DER BILDER ***
+
+***** This file should be named 34521-8.txt or 34521-8.zip *****
+This and all associated files of various formats will be found in:
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+Creating the works from public domain print editions means that no
+one owns a United States copyright in these works, so the Foundation
+(and you!) can copy and distribute it in the United States without
+permission and without paying copyright royalties. Special rules,
+set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to
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+Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you
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+such as creation of derivative works, reports, performances and
+research. They may be modified and printed and given away--you may do
+practically ANYTHING with public domain eBooks. Redistribution is
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+redistribution.
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+Gutenberg-tm electronic works if you follow the terms of this agreement
+and help preserve free future access to Project Gutenberg-tm electronic
+works. See paragraph 1.E below.
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+electronic work, or any part of this electronic work, without
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+License as specified in paragraph 1.E.1.
+
+1.E.7. Do not charge a fee for access to, viewing, displaying,
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+unless you comply with paragraph 1.E.8 or 1.E.9.
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+- You pay a royalty fee of 20% of the gross profits you derive from
+ the use of Project Gutenberg-tm works calculated using the method
+ you already use to calculate your applicable taxes. The fee is
+ owed to the owner of the Project Gutenberg-tm trademark, but he
+ has agreed to donate royalties under this paragraph to the
+ Project Gutenberg Literary Archive Foundation. Royalty payments
+ must be paid within 60 days following each date on which you
+ prepare (or are legally required to prepare) your periodic tax
+ returns. Royalty payments should be clearly marked as such and
+ sent to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation at the
+ address specified in Section 4, "Information about donations to
+ the Project Gutenberg Literary Archive Foundation."
+
+- You provide a full refund of any money paid by a user who notifies
+ you in writing (or by e-mail) within 30 days of receipt that s/he
+ does not agree to the terms of the full Project Gutenberg-tm
+ License. You must require such a user to return or
+ destroy all copies of the works possessed in a physical medium
+ and discontinue all use of and all access to other copies of
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+
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+ money paid for a work or a replacement copy, if a defect in the
+ electronic work is discovered and reported to you within 90 days
+ of receipt of the work.
+
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+ distribution of Project Gutenberg-tm works.
+
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+electronic work or group of works on different terms than are set
+forth in this agreement, you must obtain permission in writing from
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+Foundation as set forth in Section 3 below.
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+in paragraph 1.F.3, this work is provided to you 'AS-IS' WITH NO OTHER
+WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO
+WARRANTIES OF MERCHANTIBILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE.
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+If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the
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+interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by
+the applicable state law. The invalidity or unenforceability of any
+provision of this agreement shall not void the remaining provisions.
+
+1.F.6. INDEMNITY - You agree to indemnify and hold the Foundation, the
+trademark owner, any agent or employee of the Foundation, anyone
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+with this agreement, and any volunteers associated with the production,
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+or cause to occur: (a) distribution of this or any Project Gutenberg-tm
+work, (b) alteration, modification, or additions or deletions to any
+Project Gutenberg-tm work, and (c) any Defect you cause.
+
+
+Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
+
+Project Gutenberg-tm is synonymous with the free distribution of
+electronic works in formats readable by the widest variety of computers
+including obsolete, old, middle-aged and new computers. It exists
+because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from
+people in all walks of life.
+
+Volunteers and financial support to provide volunteers with the
+assistance they need, are critical to reaching Project Gutenberg-tm's
+goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will
+remain freely available for generations to come. In 2001, the Project
+Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure
+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation web page at http://www.pglaf.org.
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at
+http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
+throughout numerous locations. Its business office is located at
+809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
+business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact
+information can be found at the Foundation's web site and official
+page at http://pglaf.org
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+For additional contact information:
+ Dr. Gregory B. Newby
+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
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+
+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
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+increasing the number of public domain and licensed works that can be
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+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit http://pglaf.org
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+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including checks, online payments and credit card donations.
+To donate, please visit: http://pglaf.org/donate
+
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
+
+ http://www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
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+The Project Gutenberg EBook of Das Buch der Bilder, by Rainer Maria Rilke
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+This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with
+almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or
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+Title: Das Buch der Bilder
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+Author: Rainer Maria Rilke
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+*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS BUCH DER BILDER ***
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+<h1>DAS BUCH DER BILDER</h1>
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+<h3>VON</h3>
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+<h2>RAINER MARIA RILKE</h2>
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+<h4>LEIPZIG</h4>
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+<h4>IM INSEL-VERLAG</h4>
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+<h4><a href="#INHALT">Inhalt</a></h4>
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+
+<p>
+<span class="caption">DES ERSTEN BUCHES ERSTER TEIL</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="EINGANG" id="EINGANG"></a>EINGANG<br />
+<br />
+<br />
+Wer du auch seist: Am Abend tritt hinaus<br />
+aus deiner Stube, drin du alles weißt;<br />
+als letztes vor der Ferne liegt dein Haus:<br />
+Wer du auch seist.<br />
+Mit deinen Augen, welche müde kaum<br />
+von der verbrauchten Schwelle sich befrein,<br />
+hebst du ganz langsam einen schwarzen Baum<br />
+und stellst ihn vor den Himmel: schlank, allein.<br />
+Und hast die Welt gemacht. Und sie ist groß<br />
+und wie ein Wort, das noch im Schweigen reift.<br />
+Und wie dein Wille ihren Sinn begreift,<br />
+lassen sie deine Augen zärtlich los....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="AUS_EINEM_APRIL" id="AUS_EINEM_APRIL"></a>AUS EINEM APRIL<br />
+<br />
+<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Wieder duftet der Wald.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Es heben die schwebenden Lerchen</span><br />
+mit sich den Himmel empor, der unseren Schultern schwer war;<br />
+zwar sah man noch durch die Äste den Tag, wie er leer war,&mdash;<br />
+<span style="margin-left: 1em;">aber nach langen, regnenden Nachmittagen</span><br />
+<span style="margin-left: 2em;">kommen die goldübersonnten</span><br />
+<span style="margin-left: 3em;">neueren Stunden,</span><br />
+vor denen flüchtend, an fernen Häuserfronten<br />
+<span style="margin-left: 3em;">alle die wunden</span><br />
+Fenster furchtsam mit Flügeln schlagen.<br />
+<br />
+Dann wird es still. Sogar der Regen geht leiser<br />
+über der Steine ruhig dunkelnden Glanz.<br />
+Alle Geräusche ducken sich ganz<br />
+in die glänzenden Knospen der Reiser.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+ZWEI GEDICHTE ZU HANS THOMAS SECHZIGSTEM GEBURTSTAGE<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="MONDNACHT" id="MONDNACHT"></a>MONDNACHT<br />
+<br />
+<br />
+Süddeutsche Nacht, ganz breit im reifen Monde<br />
+und mild wie aller Märchen Wiederkehr.<br />
+Vom Turme fallen viele Stunden schwer<br />
+in ihre Tiefen nieder wie ins Meer,&mdash;<br />
+und dann ein Rauschen und ein Ruf der Ronde,<br />
+und eine Weile bleibt das Schweigen leer;<br />
+und eine Geige dann (Gott weiß woher)<br />
+erwacht und sagt ganz langsam:<br />
+<span style="margin-left: 12.5em;">Eine Blonde ...</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="RITTER" id="RITTER"></a>RITTER<br />
+<br />
+<br />
+Reitet der Ritter im schwarzen Stahl<br />
+hinaus in die rauschende Welt.<br />
+Und draußen ist alles: der Tag und das Tal<br />
+und der Freund und der Feind und das Mahl im Saal<br />
+und der Mai und die Maid und der Wald und der Gral,<br />
+und Gott ist selber vieltausendmal<br />
+an alle Straßen gestellt.<br />
+<br />
+Doch in dem Panzer des Ritters drinnen,<br />
+hinter den finstersten Ringen,<br />
+hockt der Tod und muß sinnen und sinnen:<br />
+Wann wird die Klinge springen<br />
+über die Eisenhecke,<br />
+die fremde befreiende Klinge,<br />
+die mich aus meinem Verstecke<br />
+holt, drin ich so viele<br />
+gebückte Tage verbringe,&mdash;<br />
+daß ich mich endlich strecke<br />
+und spiele<br />
+und singe.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="MADCHENMELANCHOLIE" id="MADCHENMELANCHOLIE"></a>MÄDCHENMELANCHOLIE<br />
+<br />
+<br />
+Mir fällt ein junger Ritter ein<br />
+fast wie ein alter Spruch.<br />
+<br />
+Der kam. So kommt manchmal im Hain<br />
+der große Sturm und hüllt dich ein.<br />
+Der ging. So läßt das Benedein<br />
+der großen Glocken dich allein<br />
+oft mitten im Gebet....<br />
+Dann willst du in die Stille schrein<br />
+und weinst doch nur ganz leis hinein<br />
+tief in dein kühles Tuch.<br />
+<br />
+Mir fällt ein junger Ritter ein,<br />
+der weit in Waffen geht.<br />
+<br />
+Sein Lächeln war so weich und fein:<br />
+wie Glanz auf altem Elfenbein,<br />
+wie Heimweh, wie ein Weihnachtsschnein<br />
+im dunkeln Dorf, wie Türkisstein,<br />
+um den sich lauter Perlen reihn,<br />
+wie Mondenschein<br />
+auf einem lieben Buch.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="VON_DEN_MADCHEN" id="VON_DEN_MADCHEN"></a>VON DEN MÄDCHEN<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+I<br />
+<br />
+<br />
+Andere müssen auf langen Wegen<br />
+zu den dunklen Dichtern gehn;<br />
+fragen immer irgendwen,<br />
+ob er nicht einen hat singen sehn<br />
+oder Hände auf Saiten legen.<br />
+Nur die Mädchen fragen nicht,<br />
+welche Brücke zu Bildern führe;<br />
+lächeln nur, lichter als Perlenschnüre,<br />
+die man an Schalen von Silber hält.<br />
+<br />
+Aus ihrem Leben geht jede Türe<br />
+in einen Dichter<br />
+und in die Welt.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+II<br />
+<br />
+<br />
+Mädchen, Dichter sind, die von euch lernen<br />
+das zu sagen, was ihr einsam seid;<br />
+und sie lernen leben an euch Fernen,<br />
+wie die Abende an großen Sternen<br />
+sich gewöhnen an die Ewigkeit.<br />
+<br />
+Keine darf sich je dem Dichter schenken,<br />
+wenn sein Auge auch um Frauen bat:<br />
+denn er kann euch nur als Mädchen denken:<br />
+das Gefühl in euren Handgelenken<br />
+würde brechen von Brokat.<br />
+<br />
+Laßt ihn einsam sein in seinem Garten,<br />
+wo er euch wie Ewige empfing<br />
+auf den Wegen, die er täglich ging,<br />
+bei den Bänken, welche schattig warten,<br />
+und im Zimmer, wo die Laute hing.<br />
+<br />
+Geht!... Es dunkelt. Seine Sinne suchen<br />
+eure Stimme und Gestalt nicht mehr.<br />
+Und die Wege liebt er lang und leer<br />
+und kein Weißes unter dunklen Buchen,&mdash;<br />
+und die stumme Stube liebt er sehr.<br />
+... Eure Stimmen hört er ferne gehn<br />
+(unter Menschen, die et müde meidet)<br />
+und: sein zärtliches Gedenken leidet<br />
+im Gefühle, daß euch viele sehn.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DAS_LIED_DER_BILDSAULE" id="DAS_LIED_DER_BILDSAULE"></a>DAS LIED DER BILDSÄULE<br />
+<br />
+<br />
+Wer ist es, wer mich so liebt, daß er<br />
+sein liebes Leben verstößt?<br />
+Wenn einer für mich ertrinkt im Meer,<br />
+so bin ich vom Steine zur Wiederkehr<br />
+ins Leben, ins Leben erlöst.<br />
+<br />
+Ich sehne mich so nach dem rauschenden Blut;<br />
+der Stein ist so still.<br />
+Ich träume vom Leben: das Leben ist gut.<br />
+Hat keiner den Mut,<br />
+durch den ich erwachen will?<br />
+<br />
+Und werd ich einmal im Leben sein,<br />
+das mir alles Goldenste gibt,&mdash;<br />
+_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _<br /><br />
+so werd ich allein ,<br />
+weinen, weinen nach meinem Stein.<br />
+Was hilft mir mein Blut, wenn es reift wie der Wein?<br />
+Es kann aus dem Meer nicht den Einen schrein,<br />
+der mich am meisten geliebt.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DER_WAHNSINN" id="DER_WAHNSINN"></a>DER WAHNSINN<br />
+<br />
+<br />
+Sie muß immer sinnen: Ich bin... ich bin....<br />
+Wer bist du denn, Marie?<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Eine Königin, eine Königin!</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">In die Kniee vor mir, in die Knie!</span><br />
+<br />
+Sie muß immer weinen: Ich war ... ich war....<br />
+Wer warst du denn, Marie?<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ein Niemandskind, ganz arm und bar,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und ich kann dir nicht sagen wie.</span><br />
+<br />
+Und wurdest aus einem solchen Kind<br />
+eine Fürstin, vor der man kniet?<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Weil die Dinge alle anders sind,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">als man sie beim Betteln sieht.</span><br />
+<br />
+So haben die Dinge dich groß gemacht,<br />
+<span style="margin-left: 1em;">und kannst du noch sagen wann?</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Eine Nacht, eine Nacht, über eine Nacht,&mdash;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und sie sprachen mich anders an.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich trat in die Gasse hinaus und sieh:</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">die ist wie mit Saiten bespannt;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">da wurde Marie Melodie, Melodie ...</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und tanzte von Rand zu Rand.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Die Leute schlichen so ängstlich hin,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">wie hart an die Häuser gepflanzt,&mdash;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">denn das darf doch nur eine Königin,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">daß sie tanzt in den Gassen: tanzt!...</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_LIEBENDE" id="DIE_LIEBENDE"></a>DIE LIEBENDE<br />
+<br />
+<br />
+Ja, ich sehne mich nach dir. Ich gleite<br />
+mich verlierend selbst mir aus der Hand,<br />
+ohne Hoffnung, daß ich Das bestreite,<br />
+was zu mir kommt wie aus deiner Seite<br />
+ernst und unbeirrt und unverwandt.<br />
+<br />
+... jene Zeiten: O wie war ich Eines,<br />
+nichts was rief und nichts was mich verriet,<br />
+meine Stille war wie eines Steines,<br />
+über den der Bach sein Murmeln zieht.<br />
+<br />
+Aber jetzt in diesen Frühlingswochen<br />
+hat mich etwas langsam abgebrochen<br />
+von dem unbewußten dunkeln Jahr.<br />
+Etwas hat mein armes warmes Leben<br />
+irgendeinem in die Hand gegeben,<br />
+der nicht weiß, was ich noch gestern war.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_BRAUT" id="DIE_BRAUT"></a>DIE BRAUT<br />
+<br />
+<br />
+Ruf mich, Geliebter, ruf mich laut!<br />
+Laß deine Braut nicht so lange am Fenster stehn.<br />
+In den alten Platanenalleen<br />
+wacht der Abend nicht mehr:<br />
+sie sind leer.<br />
+<br />
+Und kommst du mich nicht in das nächtliche Haus<br />
+mit deiner Stimme verschließen,<br />
+so muß ich mich aus meinen Händen hinaus<br />
+in die Gärten des Dunkelblaus<br />
+ergießen....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_STILLE" id="DIE_STILLE"></a>DIE STILLE<br />
+<br />
+<br />
+Hörst du, Geliebte, ich hebe die Hände&mdash;<br />
+hörst du: es rauscht....<br />
+Welche Gebärde der Einsamen fände<br />
+sich nicht von vielen Dingen belauscht?<br />
+Hörst du, Geliebte, ich schließe die Lider,<br />
+und auch das ist Geräusch bis zu dir,<br />
+hörst du, Geliebte, ich hebe sie wieder....<br />
+... Aber warum bist du nicht hier.<br />
+<br />
+Der Abdruck meiner kleinsten Bewegung<br />
+bleibt in der seidenen Stille sichtbar;<br />
+unvernichtbar drückt die geringste Erregung<br />
+in den gespannten Vorhang der Ferne sich ein.<br />
+Auf meinen Atemzügen heben und senken<br />
+die Sterne sich.<br />
+Zu meinen Lippen kommen die Düfte zur Tränke,<br />
+und ich erkenne die Handgelenke<br />
+entfernter Engel.<br />
+Nur die ich denke: Dich<br />
+seh ich nicht.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="MUSIK" id="MUSIK"></a>MUSIK<br />
+<br />
+<br />
+Was spielst du, Knabe? Durch die Gärten gings<br />
+wie viele Schritte, flüsternde Befehle.<br />
+Was spielst du, Knabe? Siehe, deine Seele<br />
+verfing sich in den Stäben der Syrinx.<br />
+<br />
+Was lockst du sie? Der Klang ist wie ein Kerker,<br />
+darin sie sich versäumt und sich versehnt;<br />
+stark ist dein Leben, doch dein Lied ist stärker,<br />
+an deine Sehnsucht schluchzend angelehnt.&mdash;<br />
+<br />
+Gib ihr ein Schweigen, daß die Seele leise<br />
+heimkehre in das Flutende und Viele,<br />
+darin sie lebte, wachsend, weit und weise,<br />
+eh du sie zwangst in deine zarten Spiele.<br />
+<br />
+Wie sie schon matter mit den Flügeln schlägt:<br />
+So wirst du, Träumer, ihren Flug vergeuden,<br />
+daß ihre Schwinge, vom Gesang zersägt,<br />
+sie nicht mehr über meine Mauern trägt,<br />
+wenn ich sie rufen werde zu den Freuden.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_ENGEL" id="DIE_ENGEL"></a>DIE ENGEL<br />
+<br />
+<br />
+Sie haben alle müde Münde<br />
+und helle Seelen ohne Saum.<br />
+Und eine Sehnsucht (wie nach Sünde)<br />
+geht ihnen manchmal durch den Traum.<br />
+<br />
+Fast gleichen sie einander alle;<br />
+in Gottes Gärten schweigen sie,<br />
+wie viele, viele Intervalle<br />
+in seiner Macht und Melodie.<br />
+<br />
+Nur wenn sie ihre Flügel breiten,<br />
+sind sie die Wecker eines Winds:<br />
+Als ginge Gott mit seinen weiten<br />
+Bildhauerhänden durch die Seiten<br />
+im dunklen Buch des Anbeginns.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DER_SCHUTZENGEL" id="DER_SCHUTZENGEL"></a>DER SCHUTZENGEL<br />
+<br />
+<br />
+Du bist der Vogel, dessen Flügel kamen,<br />
+wenn ich erwachte in der Nacht und rief.<br />
+Nur mit den Armen rief ich, denn dein Namen<br />
+ist wie ein Abgrund, tausend Nächte tief.<br />
+Du bist der Schatten, drin ich still entschlief,<br />
+und jeden Traum ersinnt in mir dein Samen,&mdash;<br />
+du bist das Bild, ich aber bin der Rahmen,<br />
+der dich ergänzt in glänzendem Relief.<br />
+<br />
+Wie nenn ich dich? Sieh, meine Lippen lahmen.<br />
+Du bist der Anfang, der sich groß ergießt,<br />
+ich bin das langsame und bange Amen,<br />
+das deine Schönheit scheu beschließt.<br />
+<br />
+Du hast mich oft aus dunklem Ruhn gerissen,<br />
+wenn mir das Schlafen wie ein Grab erschien<br />
+und wie Verlorengehen und Entfliehn,&mdash;<br />
+da hobst du mich aus Herzensfinsternissen<br />
+und wolltest mich auf allen Türmen hissen<br />
+wie Scharlachfahnen und wie Draperien.<br />
+<br />
+Du: der von Wundern redet wie vom Wissen<br />
+und von den Menschen wie von Melodien<br />
+und von den Rosen: von Ereignissen,<br />
+die flammend sich in deinem Blick vollziehn,&mdash;<br />
+du Seliger, wann nennst du einmal Ihn,<br />
+aus dessen siebentem und letztem Tage<br />
+noch immer Glanz auf deinem Flügelschlage<br />
+verloren liegt.<br />
+Befiehlst du, daß ich frage?<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="MARTYRINNEN" id="MARTYRINNEN"></a>MARTYRINNEN<br />
+<br />
+<br />
+Martyrin ist sie. Und als harten Falls<br />
+mit einem Ruck<br />
+das Beil durch ihre kurze Jugend ging,<br />
+da legte sich der feine rote Ring<br />
+um ihren Hals und war der erste Schmuck,<br />
+den sie mit einem fremden Lächeln nahm:<br />
+aber auch den erträgt sie nur mit Scham.<br />
+Und wenn sie schläft, muß ihre junge Schwester<br />
+(die, kindisch noch, sich mit der Wunde schmückt<br />
+von jenem Stein, der ihr die Stirn erdrückt,)<br />
+die harten Arme um den Hals ihr halten,<br />
+und oft im Traume fleht die andre: Fester, fester.<br />
+Und da fällt es dem Kinde manchmal ein,<br />
+die Stirne mit dem Bild von jenem Stein<br />
+zu bergen in des sanften Nachtgewandes Falten,<br />
+das von der Schwester Atmen hell sich hebt,<br />
+voll wie ein Segel, das vom Winde lebt.<br />
+<br />
+Das ist die Stunde, da sie heilig sind,<br />
+die stille Jungfrau und das blasse Kind.<br />
+<br />
+Da sind sie wieder wie vor allem Leide<br />
+und schlafen arm und haben keinen Ruhm,<br />
+und ihre Seelen sind wie weiße Seide,<br />
+und von derselben Sehnsucht beben beide<br />
+und fürchten sich vor ihrem Heldentum.<br />
+<br />
+Und du kannst meinen: Wenn sie aus den Betten<br />
+aufstünden bei dem nächsten Morgenlichte<br />
+und, mit demselben träumenden Gesichte,<br />
+die Gassen kämen in den kleinen Städten,&mdash;<br />
+es bliebe keiner hinter ihnen staunen,<br />
+kein Fenster klirrte an den Häuserreihn,<br />
+und nirgends bei den Frauen ging ein Raunen,<br />
+und keines von den Kindern würde schrein.<br />
+Sie schritten durch die Stille in den Hemden<br />
+(die flachen Falten geben keinen Glanz)<br />
+so fremd und dennoch keinem zum Befremden,<br />
+so wie zu Festen, aber ohne Kranz.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_HEILIGE" id="DIE_HEILIGE"></a>DIE HEILIGE<br />
+<br />
+<br />
+Das Volk war durstig; also ging das eine<br />
+durstlose Mädchen, ging die Steine<br />
+um Wasser flehen für ein ganzes Volk.<br />
+Doch ohne Zeichen blieb der Zweig der Weide,<br />
+und sie ermattete am langen Gehn<br />
+und dachte endlich nur, daß einer leide,<br />
+(ein kranker Knabe, und sie hatten beide<br />
+sich einmal abends ahnend angesehn).<br />
+Da neigte sich die junge Weidenrute<br />
+in ihren Händen dürstend wie ein Tier:<br />
+jetzt ging sie blühend über ihrem Blute,<br />
+und rauschend ging ihr Blut tief unter ihr.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="KINDHEIT" id="KINDHEIT"></a>KINDHEIT<br />
+<br />
+<br />
+Da rinnt der Schule lange Angst und Zeit<br />
+mit Warten hin, mit lauter dumpfen Dingen.<br />
+O Einsamkeit, o schweres Zeitverbringen....<br />
+Und dann hinaus: die Straßen sprühn und klingen,<br />
+und auf den Plätzen die Fontänen springen,<br />
+und in den Gärten wird die Welt so weit.&mdash;<br />
+Und durch das alles gehn im kleinen Kleid,<br />
+ganz anders als die andern gehn und gingen&mdash;:<br />
+O wunderliche Zeit, o Zeitverbringen,<br />
+o Einsamkeit.<br />
+<br />
+Und in das alles fern hinauszuschauen:<br />
+Männer und Frauen; Männer, Männer, Frauen<br />
+und Kinder, welche anders sind und bunt;<br />
+und da ein Haus und dann und wann ein Hund<br />
+und Schrecken lautlos wechselnd mit Vertrauen&mdash;:<br />
+O Trauer ohne Sinn, o Traum, o Grauen,<br />
+o Tiefe ohne Grund.<br />
+<br />
+Und so zu spielen: Ball und Ring und Reifen<br />
+in einem Garten, welcher sanft verblaßt,<br />
+und manchmal die Erwachsenen zu streifen,<br />
+blind und verwildert in des Haschens Hast,<br />
+aber am Abend still, mit kleinen steifen<br />
+Schritten nach Haus zu gehn, fest angefaßt&mdash;:<br />
+O immer mehr entweichendes Begreifen,<br />
+o Angst, o Last.<br />
+<br />
+Und stundenlang am großen grauen Teiche<br />
+mit einem kleinen Segelschiff zu knien;<br />
+es zu vergessen, weil noch andre gleiche<br />
+und schönere Segel durch die Ringe ziehn,<br />
+und denken müssen an das kleine bleiche<br />
+Gesicht, das sinkend aus dem Teiche schien&mdash;:<br />
+O Kindheit, o entgleitende Vergleiche.<br />
+Wohin? Wohin?<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="AUS_EINER_KINDHEIT" id="AUS_EINER_KINDHEIT"></a>AUS EINER KINDHEIT<br />
+<br />
+<br />
+Das Dunkeln war wie Reichtum in dem Raume,<br />
+darin der Knabe, sehr verheimlicht, saß.<br />
+Und als die Mutter eintrat wie im Traume,<br />
+erzitterte im stillen Schrank ein Glas.<br />
+Sie fühlte, wie das Zimmer sie verriet,<br />
+und küßte ihren Knaben: Bist du hier?...<br />
+Dann schauten beide bang nach dem Klavier,<br />
+denn manchen Abend hatte sie ein Lied,<br />
+darin das Kind sich seltsam tief verfing.<br />
+<br />
+Es saß sehr still. Sein großes Schauen hing<br />
+an ihrer Hand, die ganz gebeugt vom Ringe,<br />
+als ob sie schwer in Schneewehn ginge,<br />
+über die weißen Tasten ging.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DER_KNABE" id="DER_KNABE"></a>DER KNABE<br />
+<br />
+<br />
+Ich möchte einer werden so wie die,<br />
+die durch die Nacht mit wilden Pferden fahren,<br />
+mit Fackeln, die gleich aufgegangnen Haaren<br />
+in ihres Jagens großem Winde wehn.<br />
+Vorn möcht ich stehen wie in einem Kahne,<br />
+groß und wie eine Fahne aufgerollt.<br />
+Dunkel, aber mit einem Helm von Gold,<br />
+der unruhig glänzt. Und hinter mir gereiht<br />
+zehn Männer aus derselben Dunkelheit<br />
+mit Helmen, die wie meiner unstät sind,<br />
+bald klar wie Glas, bald dunkel, alt und blind.<br />
+Und einer steht bei mir und bläst uns Raum<br />
+mit der Trompete, welche blitzt und schreit,<br />
+und bläst uns eine schwarze Einsamkeit,<br />
+durch die wir rasen wie ein rascher Traum:<br />
+die Häuser fallen hinter uns ins Knie,<br />
+die Gassen biegen sich uns schief entgegen,<br />
+die Plätze weichen aus: wir fassen sie,<br />
+und unsre Rosse rauschen wie ein Regen.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_KONFIRMANDEN" id="DIE_KONFIRMANDEN"></a>DIE KONFIRMANDEN<br />
+<br />
+(PARIS, IM MAI 1903)<br />
+<br />
+<br />
+In weißen Schleiern gehn die Konfirmanden<br />
+tief in das neue Grün der Gärten ein.<br />
+Sie haben ihre Kindheit überstanden,<br />
+und was jetzt kommt, wird anders sein.<br />
+<br />
+O kommt es denn! Beginnt jetzt nicht die Pause,<br />
+das Warten auf den nächsten Stundenschlag?<br />
+Das Fest ist aus, und es wird laut im Hause,<br />
+und trauriger vergeht der Nachmittag....<br />
+<br />
+Das war ein Aufstehn zu dem weißen Kleide<br />
+und dann durch Gassen ein geschmücktes Gehn<br />
+und eine Kirche, innen kühl wie Seide,<br />
+und lange Kerzen waren wie Alleen,<br />
+und alle Lichter schienen wie Geschmeide,<br />
+von feierlichen Augen angesehn.<br />
+<br />
+Und es war still, als der Gesang begann:<br />
+Wie Wolken stieg er in der Wölbung an<br />
+und wurde hell im Niederfall; und linder<br />
+denn Regen fiel er in die weißen Kinder.<br />
+Und wie im Wind bewegte sich ihr Weiß,<br />
+und wurde leise bunt in seinen Falten<br />
+und schien verborgne Blumen zu enthalten&mdash;:<br />
+Blumen und Vögel, Sterne und Gestalten<br />
+aus einem alten fernen Sagenkreis.<br />
+<br />
+Und draußen war ein Tag aus Blau und Grün<br />
+mit einem Ruf von Rot an hellen Stellen.<br />
+Der Teich entfernte sich in kleinen Wellen,<br />
+und mit dem Winde kam ein fernes Blühn<br />
+und sang von Gärten draußen vor der Stadt.<br />
+<br />
+Es war, als ob die Dinge sich bekränzten,<br />
+sie standen licht, unendlich leicht besonnt;<br />
+ein Fühlen war in jeder Häuserfront,<br />
+und viele Fenster gingen auf und glänzten.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DAS_ABENDMAHL" id="DAS_ABENDMAHL"></a>DAS ABENDMAHL<br />
+<br />
+<br />
+Sie sind versammelt, staunende Verstörte,<br />
+am ihn, der wie ein Weiser sich beschließt,<br />
+und der sich fortnimmt denen er gehörte,<br />
+und der an ihnen fremd vörüberfließt.<br />
+Die alte Einsamkeit kommt über ihn,<br />
+die ihn erzog zu seinem tiefen Handeln;<br />
+nun wird er wieder durch den Ölwald wandeln,<br />
+und die ihn lieben, werden vor ihm fliehn.<br />
+<br />
+Er hat sie zu dem letzten Tisch entboten<br />
+und (wie ein Schuß die Vögel aus den Schoten<br />
+scheucht) scheucht er ihre Hände aus den Broten<br />
+mit seinem Wort: sie fliegen zu ihm her;<br />
+sie flattern bange durch die Tafelrunde<br />
+und suchen einen Ausgang. Aber er<br />
+ist überall wie eine Dämmerstunde.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<span class="caption">DES ERSTEN BUCHES ZWEITER TEIL</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="INITIALE" id="INITIALE"></a>INITIALE<br />
+<br />
+Aus unendlichen Sehnsüchten steigen<br />
+endliche Taten wie schwache Fontänen,<br />
+die sich zeitig und zitternd neigen.<br />
+Aber, die sich uns sonst verschweigen,<br />
+unsere fröhlichen Kräfte&mdash;zeigen<br />
+sich in diesen tanzenden Tränen.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="ZUM_EINSCHLAFEN_ZU_SAGEN" id="ZUM_EINSCHLAFEN_ZU_SAGEN"></a>ZUM EINSCHLAFEN ZU SAGEN<br />
+<br />
+<br />
+Ich möchte jemanden einsingen,<br />
+bei jemandem sitzen und sein.<br />
+Ich möchte dich wiegen und kleinsingen<br />
+und begleiten schlafaus und schlafein.<br />
+Ich möchte der einzige sein im Haus,<br />
+der wüßte: die Nacht war kalt.<br />
+Und möchte horchen herein und hinaus<br />
+in dich, in die Welt, in den Wald.&mdash;<br />
+Die Uhren rufen sich schlagend an,<br />
+und man sieht der Zeit auf den Grund.<br />
+Und unten geht noch ein fremder Mann<br />
+und stört einen fremden Hund.<br />
+Dahinter wird Stille. Ich habe groß<br />
+die Augen auf dich gelegt;<br />
+sie halten dich sanft und lassen dich los,<br />
+wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="MENSCHEN_BEI_NACHT" id="MENSCHEN_BEI_NACHT"></a>MENSCHEN BEI NACHT<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht.<br />
+Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht,<br />
+und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.<br />
+Und machst du nachts deine Stube licht,<br />
+um Menschen zu schauen ins Angesicht,<br />
+so mußt du bedenken: wem.<br />
+<br />
+Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt,<br />
+das von ihren Gesichtern träuft,<br />
+und haben sie nachts sich zusammengesellt,<br />
+so schaust du eine wankende Welt<br />
+durcheinandergehäuft.<br />
+Auf ihren Stirnen hat gelber Schein<br />
+alle Gedanken verdrängt,<br />
+in ihren Blicken flackert der Wein,<br />
+an ihren Händen hängt<br />
+die schwere Gebärde, mit der sie sich<br />
+bei ihren Gesprächen verstehn;<br />
+und dabei sagen sie: Ich und Ich<br />
+und meinen: Irgendwen.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DER_NACHBAR" id="DER_NACHBAR"></a>DER NACHBAR<br />
+<br />
+<br />
+Fremde Geige, gehst du mir nach?<br />
+In wieviel fernen Städten schon sprach<br />
+deine einsame Nacht zu meiner?<br />
+Spielen dich Hunderte? Spielt dich einer?<br />
+<br />
+Gibt es in allen großen Städten<br />
+solche, die sich ohne dich<br />
+schon in den Flüssen verloren hätten?<br />
+Und warum trifft es immer mich?<br />
+<br />
+Warum bin ich immer der Nachbar derer,<br />
+die dich bange zwingen zu singen<br />
+und zu sagen: Das Leben ist schwerer<br />
+als die Schwere von allen Dingen?<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="PONT_DU_CARROUSEL" id="PONT_DU_CARROUSEL"></a>PONT DU CARROUSEL<br />
+<br />
+<br />
+Der blinde Mann, der auf der Brücke steht,<br />
+grau wie ein Markstein namenloser Reiche,<br />
+er ist vielleicht das Ding, das immer gleiche,<br />
+um das von fern die Sternenstunde geht<br />
+und der Gestirne heller Mittelpunkt.<br />
+Denn alles um ihn irrt und rinnt und prunkt.<br />
+<br />
+Er ist der unbewegliche Gerechte,<br />
+in viele wirre Wege hingestellt;<br />
+der dunkle Eingang in die Unterwelt<br />
+bei einem oberflächlichen Geschlechte.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DER_EINSAME" id="DER_EINSAME"></a>DER EINSAME<br />
+<br />
+<br />
+Wie einer, der auf fremden Meeren fuhr,<br />
+so bin ich bei den ewig Einheimischen;<br />
+die vollen Tage stehn auf ihren Tischen,<br />
+mir aber ist die Ferne voll Figur.<br />
+<br />
+In mein Gesicht reicht eine Welt herein,<br />
+die vielleicht unbewohnt ist wie ein Mond,<br />
+sie aber lassen kein Gefühl allein,<br />
+und alle ihre Worte sind bewohnt.<br />
+<br />
+Die Dinge, die ich weither mit mir nahm,<br />
+sehn selten aus, gehalten an das Ihre&mdash;:<br />
+in ihrer großen Heimat sind sie Tiere,<br />
+hier halten sie den Atem an vor Scham.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_ASCHANTI" id="DIE_ASCHANTI"></a>DIE ASCHANTI<br />
+<br />
+(Jardin d'Acclimatation)<br />
+<br />
+<br />
+Keine Vision von fremden Ländern,<br />
+kein Gefühl von braunen Frauen, die<br />
+tanzen aus den fallenden Gewändern.<br />
+<br />
+Keine wilde, fremde Melodie.<br />
+Keine Lieder, die vom Blute stammten,<br />
+und kein Blut, das aus den Tiefen schrie.<br />
+<br />
+Keine braunen Mädchen, die sich samten<br />
+breiteten in Tropenmüdigkeit;<br />
+keine Augen, die wie Waffen flammten,<br />
+<br />
+und die Munde zum Gelächter breit.<br />
+Und ein wunderliches Sich-verstehen<br />
+mit der hellen Menschen Eitelkeit.<br />
+<br />
+Und mir war so bange hinzusehen.<br />
+<br />
+O wie sind die Tiere so viel treuer,<br />
+die in Gittern auf und nieder gehn,<br />
+ohne Eintracht mit dem Treiben neuer<br />
+fremder Dinge, die sie nicht verstehn;<br />
+und sie brennen wie ein stilles Feuer<br />
+leise aus und sinken in sich ein,<br />
+teilnahmslos dem neuen Abenteuer<br />
+und mit ihrem großen Blut allein.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DER_LETZTE" id="DER_LETZTE"></a>DER LETZTE<br />
+<br />
+<br />
+Ich habe kein Vaterhaus<br />
+und habe auch keines verloren;<br />
+meine Mutter hat mich in die Welt hinaus<br />
+geboren.<br />
+Da steh ich nun in der Welt und geh<br />
+in die Welt immer tiefer hinein<br />
+und habe mein Glück und habe mein Weh<br />
+und habe jedes allein.<br />
+Und bin doch manch eines Erbe.<br />
+Mit drei Zweigen hat mein Geschlecht geblüht<br />
+auf sieben Schlössern im Wald<br />
+und wurde seines Wappens müd<br />
+und war schon viel zu alt;&mdash;<br />
+und was sie mir ließen und was ich erwerbe<br />
+zum alten Besitze, ist heimatlos.<br />
+In meinen Händen, in meinem Schoß<br />
+muß ich es halten, bis ich sterbe.<br />
+Denn was ich fortstelle,<br />
+hinein in die Welt,<br />
+fällt,<br />
+ist wie auf eine Welle<br />
+gestellt.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="BANGNIS" id="BANGNIS"></a>BANGNIS<br />
+<br />
+<br />
+Im welken Walde ist ein Vogelruf,<br />
+der sinnlos scheint in diesem welken Walde.<br />
+Und dennoch ruht der runde Vogelruf<br />
+in dieser Weile, die ihn schuf,<br />
+breit wie ein Himmel auf dem welken Walde.<br />
+Gefügig räumt sich alles in den Schrei.<br />
+Das ganze Land scheint lautlos drin zu liegen,<br />
+der große Wind scheint sich hineinzuschmiegen,<br />
+und die Minute, welche weiter will,<br />
+ist bleich und still, als ob sie Dinge wüßte,<br />
+an denen jeder sterben müßte,<br />
+aus ihm herausgestiegen.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="KLAGE" id="KLAGE"></a>KLAGE<br />
+<br />
+<br />
+O wie ist alles fern<br />
+und lange vergangen.<br />
+Ich glaube, der Stern,<br />
+von welchem ich Glanz empfange,<br />
+ist seit Jahrtausenden tot.<br />
+Ich glaube, im Boot,<br />
+das vorüberfuhr,<br />
+hörte ich etwas Banges sagen.<br />
+Im Hause hat eine Uhr<br />
+geschlagen....<br />
+In welchem Haus? ...<br />
+Ich möchte aus meinem Herzen hinaus<br />
+unter den großen Himmel treten.<br />
+Ich möchte beten.<br />
+Und einer von allen Sternen<br />
+müßte wirklich noch sein.<br />
+Ich glaube, ich wüßte,<br />
+welcher allein<br />
+gedauert hat,<br />
+welcher wie eine weiße Stadt<br />
+am Ende des Strahls in den Himmeln steht....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="EINSAMKEIT" id="EINSAMKEIT"></a>EINSAMKEIT<br />
+<br />
+<br />
+Die Einsamkeit ist wie ein Regen.<br />
+Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen;<br />
+von Ebenen, die fern sind und entlegen,<br />
+geht sie zum Himmel, der sie immer hat.<br />
+Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt.<br />
+<br />
+Regnet hernieder in den Zwitterstunden,<br />
+wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen,<br />
+und wenn die Leiber, welche nichts gefunden,<br />
+enttäuscht und traurig voneinander lassen;<br />
+und wenn die Menschen, die einander hassen,<br />
+in einem Bett zusammen schlafen müssen:<br />
+<br />
+dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="HERBSTTAG" id="HERBSTTAG"></a>HERBSTTAG<br />
+<br />
+<br />
+Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.<br />
+Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,<br />
+und auf den Fluren laß die Winde los.<br />
+<br />
+Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;<br />
+gib ihnen noch zwei südlichere Tage,<br />
+dränge sie zur Vollendung hin und jage<br />
+die letzte Süße in den schweren Wein.<br />
+<br />
+Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.<br />
+Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,<br />
+wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben<br />
+und wird in den Alleen hin und her<br />
+unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="ERINNERUNG" id="ERINNERUNG"></a>ERINNERUNG<br />
+<br />
+<br />
+Und du wartest, erwartest das Eine,<br />
+das dein Leben unendlich vermehrt;<br />
+das Mächtige, Ungemeine,<br />
+das Erwachen der Steine,<br />
+Tiefen, dir zugekehrt.<br />
+<br />
+Es dämmern im Bücherständer<br />
+die Bände in Gold und Braun;<br />
+und du denkst an durchfahrene Länder,<br />
+an Bilder, an die Gewänder<br />
+wiederverlorener Fraun.<br />
+<br />
+Und da weißt du auf einmal: Das war es.<br />
+Du erhebst dich, und vor dir steht<br />
+eines vergangenen Jahres<br />
+Angst und Gestalt und Gebet.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="ENDE_DES_HERBSTES" id="ENDE_DES_HERBSTES"></a>ENDE DES HERBSTES<br />
+<br />
+<br />
+Ich sehe seit einer Zeit,<br />
+wie alles sich verwandelt.<br />
+Etwas steht auf und handelt<br />
+und tötet und tut Leid.<br />
+<br />
+Von Mal zu Mal sind all<br />
+die Gärten nicht dieselben;<br />
+von den gilbenden zu der gelben<br />
+langsamem Verfall:<br />
+wie war der Weg mir weit.<br />
+<br />
+Jetzt bin ich beiden leeren<br />
+und schaue durch alle Alleen.<br />
+Fast bis zu den fernen Meeren<br />
+kann ich den ernsten schweren<br />
+verwehrenden Himmel sehn.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="HERBST" id="HERBST"></a>HERBST<br />
+<br />
+<br />
+Die Blätter fallen, fallen wie von weit,<br />
+als welkten in den Himmeln ferne Gärten;<br />
+sie fallen mit verneinender Gebärde.<br />
+<br />
+Und in den Nächten fällt die schwere Erde<br />
+aus allen Sternen in die Einsamkeit.<br />
+<br />
+Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.<br />
+Und sieh dir andre an: es ist in allen.<br />
+<br />
+Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen<br />
+unendlich sanft in seinen Händen hält.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="AM_RANDE_DER_NACHT" id="AM_RANDE_DER_NACHT"></a>AM RANDE DER NACHT<br />
+<br />
+<br />
+Meine Stube und diese Weite,<br />
+wach über nachtendem Land, -<br />
+ist Eines. Ich bin eine Saite,<br />
+über rauschende breite<br />
+Resonanzen gespannt.<br />
+<br />
+Die Dinge sind Geigenleiber,<br />
+von murrendem Dunkel voll;<br />
+drin träumt das Weinen der Weiber,<br />
+drin rührt sich im Schlafe der Groll<br />
+ganzer Geschlechter....<br />
+Ich soll<br />
+silbern erzittern: dann wird<br />
+alles unter mir beben,<br />
+und was in den Dingen irrt,<br />
+wird nach dem Lichte streben,<br />
+das von meinem tanzenden Tone,<br />
+um welchen der Himmel wellt,<br />
+durch schmale, schmachtende Spalten<br />
+in die alten<br />
+Abgründe ohne<br />
+Ende fällt....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="GEBET" id="GEBET"></a>GEBET<br />
+<br />
+<br />
+Nacht, stille Nacht, in die verwoben sind<br />
+ganz weiße Dinge, rote, bunte Dinge,<br />
+verstreute Farben, die erhoben sind<br />
+zu Einem Dunkel, Einer Stille,&mdash;bringe<br />
+doch mich auch in Beziehung zu dem Vielen,<br />
+das du erwirbst und überredest. Spielen<br />
+denn meine Sinne noch zu sehr mit Licht?<br />
+Würde sich denn mein Angesicht<br />
+noch immer störend von den Gegenständen<br />
+abheben? Urteile nach meinen Händen:<br />
+liegen sie nicht wie Werkzeug da und Ding?<br />
+Ist nicht der Ring selbst schlicht<br />
+an meiner Hand, und liegt das Licht<br />
+nicht ganz so, voll Vertrauen, über ihnen,&mdash;<br />
+als ob sie Wege wären, die beschienen<br />
+nicht anders sich verzweigen als im Dunkel?...<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="FORTSCHRITT" id="FORTSCHRITT"></a>FORTSCHRITT<br />
+<br />
+<br />
+Und wieder rauscht mein tiefes Leben lauter,<br />
+als ob es jetzt in breitern Ufern ginge.<br />
+Immer verwandter werden mir die Dinge<br />
+und alle Bilder immer angeschauter.<br />
+Dem Namenlosen fühl ich mich vertrauter:<br />
+mit meinen Sinnen, wie mit Vögeln, reiche<br />
+ich in die windigen Himmel aus der Eiche,<br />
+und in den abgebrochnen Tag der Teiche<br />
+sinkt, wie auf Fischen stehend, mein Gefühl.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="VORGEFUHL" id="VORGEFUHL"></a>VORGEFÜHL<br />
+<br />
+<br />
+Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben.<br />
+Ich ahne die Winde, die kommen, und muß sie leben,<br />
+während die Dinge unten sich noch nicht rühren:<br />
+die Türen schließen noch sanft, und in den Kaminen<br />
+<span style="margin-left: 17.5em;">ist Stille;</span><br />
+die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist<br />
+<span style="margin-left: 17.5em;">noch schwer.</span><br />
+<br />
+Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie<br />
+<span style="margin-left: 17.5em;">das Meer.</span><br />
+Und breite mich aus und falle in mich hinein<br />
+und werfe mich ab und bin ganz allein<br />
+in dem großen Sturm.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="STURM" id="STURM"></a>STURM<br />
+<br />
+<br />
+Wenn die Wolken, von Stürmen geschlagen,<br />
+jagen:<br />
+Himmel von hundert Tagen<br />
+über einem einzigen Tag&mdash;:<br />
+<br />
+Dann fühl ich dich, Hetman, von fern<br />
+(der du deine Kosaken gern<br />
+zu dem größesten Herrn<br />
+führen wolltest).<br />
+Deinen wagrechten Nacken<br />
+fühl ich, Mazeppa.<br />
+<br />
+Dann bin auch ich an das rasende Rennen<br />
+eines rauchenden Rückens gebunden;<br />
+alle Dinge sind mir verschwunden,<br />
+nur die Himmel kann ich erkennen:<br />
+<br />
+Überdunkelt und überschienen<br />
+lieg ich flach unter ihnen,<br />
+wie Ebenen liegen;<br />
+meine Augen sind offen wie Teiche,<br />
+und in ihnen flüchtet das gleiche<br />
+Fliegen.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="ABEND_IN_SKANE" id="ABEND_IN_SKANE"></a>ABEND IN SKÅNE<br />
+<br />
+<br />
+Der Park ist hoch. Und wie aus einem Haus<br />
+tret ich aus seiner Dämmerung heraus<br />
+in Ebene und Abend. In den Wind,<br />
+denselben Wind, den auch die Wolken fühlen,<br />
+die hellen Flüsse und die Flügelmühlen,<br />
+die langsam mahlend stehn am Himmelsrand.<br />
+Jetzt bin auch ich ein Ding in seiner Hand,<br />
+das kleinste unter diesen&mdash;Schau:<br />
+<br />
+Ist das ein Himmel?:<br />
+Selig lichtes Blau,<br />
+in das sich immer reinere Wolken drängen,<br />
+und drunter alle Weiß in Übergängen,<br />
+und drüber jenes dünne große Grau,<br />
+warmwallend wie auf roter Untermalung,<br />
+und über allem diese stille Strahlung<br />
+sinkender Sonne.<br />
+<br />
+Wunderlicher Bau,<br />
+in sich bewegt und von sich selbst gehalten,<br />
+Gestalten bildend, Riesenflügel, Falten<br />
+und Hochgebirge vor den ersten Sternen<br />
+und plötzlich, da: ein Tor in solche Fernen,<br />
+wie sie vielleicht nur Vögel kennen....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="ABEND" id="ABEND"></a>ABEND<br />
+<br />
+<br />
+Der Abend wechselt langsam die Gewänder,<br />
+die ihm ein Rand von alten Bäumen hält;<br />
+du schaust: und von dir scheiden sich die Länder,<br />
+ein himmelfahrendes und eins, das fällt;<br />
+<br />
+und lassen dich, zu keinem ganz gehörend,<br />
+nicht ganz so dunkel wie das Haus, das schweigt,<br />
+nicht ganz so sicher Ewiges beschwörend<br />
+wie das, was Stern wird jede Nacht und steigt;<br />
+<br />
+und lassen dir (unsäglich zu entwirrn)<br />
+dein Leben, bang und riesenhaft und reifend,<br />
+so daß es, bald begrenzt und bald begreifend,<br />
+abwechselnd Stein in dir wird und Gestirn.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="ERNSTE_STUNDE" id="ERNSTE_STUNDE"></a>ERNSTE STUNDE<br />
+<br />
+<br />
+Wer jetzt weint irgendwo in der Welt,<br />
+ohne Grund weint in der Welt,<br />
+weint über mich.<br />
+<br />
+Wer jetzt lacht irgendwo in der Nacht,<br />
+ohne Grund lacht in der Nacht,<br />
+lacht mich aus.<br />
+<br />
+Wer jetzt geht irgendwo in der Welt,<br />
+ohne Grund geht in der Welt,<br />
+geht zu mir.<br />
+<br />
+Wer jetzt stirbt irgendwo in der Welt,<br />
+ohne Grund stirbt in der Welt,<br />
+sieht mich an.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="STROPHEN" id="STROPHEN"></a>STROPHEN<br />
+<br />
+<br />
+Ist einer, der nimmt alle in die Hand,<br />
+daß sie wie Sand durch seine Finger rinnen.<br />
+Er wählt die schönsten aus den Königinnen<br />
+und läßt sie sich in weißen Marmor hauen,<br />
+still liegend in des Mantels Melodie;<br />
+und legt die Könige zu ihren Frauen,<br />
+gebildet aus dem gleichen Stein wie sie.<br />
+<br />
+Ist einer, der nimmt alle in die Hand,<br />
+daß sie wie schlechte Klingen sind und brechen.<br />
+Er ist kein Fremder, denn er wohnt im Blut,<br />
+das unser Leben ist und rauscht und ruht.<br />
+Ich kann nicht glauben, daß er unrecht tut;<br />
+doch hör ich viele Böses von ihm sprechen.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="STURMNACHT" id="STURMNACHT"></a>STURMNACHT<br />
+<br />
+<br />
+Der Gott erschrak in seiner Einsamkeit.<br />
+Er sah tief unten in der grauen Zeit<br />
+den Herbsttag gehn. Der war so greisenhaft,<br />
+als reichte nicht zum Abendrande weit<br />
+der matte Pfeil vom Bogen seiner Kraft.<br />
+Oft stand er still und starrte nach den Hügeln,<br />
+und endlich sank er matt ins arme Gras;<br />
+und wie der giere Geier auf das Aas,<br />
+so fiel auf ihn mit schweren, schwarzen Flügeln<br />
+die nasse Nacht, die seine Seele fraß.<br />
+<br />
+Die schwarze Nacht saß auf dem toten Tag,<br />
+und Gott erschrak:<br />
+sein Blick ging lange in dem Dunkel irr;<br />
+und als er trat aus Wolken und Gewirr,<br />
+fand er die Ferne nicht, nicht Flut noch Feld:<br />
+die schwarze Nacht fraß an der ganzen Welt.<br />
+<br />
+Da ahnte Gott, der schauernd niederblickte,<br />
+wie unter diesem schweren Schwingenschlag<br />
+die weite Welt erstarrte und erstickte<br />
+so wie ein Tag.<br />
+Und plötzlich wußte er: Er liebte sie.<br />
+Doch reglos schattend blieb das Nachtgefieder,<br />
+als von dem Rand der leeren Himmel nieder<br />
+sein Wille schrie....<br />
+<br />
+Aber der Gott wird größer im Grimme;<br />
+wenn er einmal sein einsames Leid<br />
+in die erwachenden Weiten schreit,<br />
+ist der Sturm seine Stimme.<br />
+Und dann reißt sein wehendes Wort<br />
+von den Monden die Wolken fort:<br />
+und so sah er im Schimmer thronen<br />
+lauter ähnliche Ewigkeiten,<br />
+sah die Sterne der Stille wohnen<br />
+und die Welten im Wandel schreiten.<br />
+<br />
+Und sein Bangen fand alles geborgen<br />
+in dem leise liebkosenden Licht,&mdash;<br />
+aber über dem Gestern und Morgen<br />
+schwieg die Nacht, und sie rührte sich nicht.<br />
+<br />
+Und da war der Gott wie ein Kind,<br />
+und er wurde vor Weinen blind,<br />
+und durch den wimmernden Wind<br />
+griff er mit hilflosen Händen:<br />
+ob sie im Äther die Ufer fänden,<br />
+welche die Spitzen der Türme sind.<br />
+Sein Weinen verwaiste und rief:<br />
+"Ist denn die Welt so tief, so tief,<br />
+daß der Gott, der Sommer und Sonnen sann,<br />
+der in alle Gedanken tauchte,<br />
+den Rauch, der um ihre Gipfel rauchte&mdash;<br />
+ihren Atem&mdash;nicht einmal erreichen kann?<br />
+Ist dort kein Garten, der Blüten weht,<br />
+kein lauschendes Leid, kein waches Gebet,<br />
+keine Stille, die mich versteht?"<br />
+_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
+<br /><br />
+Auf Erden war nur ein winziges Licht,<br />
+das in dem samtenen Dunkel dicht<br />
+an der Wiege des Kindes wachte<br />
+und an sein ärmliches Dasein dachte,<br />
+als die Stimme des Sturmes klang.<br />
+Da wurde dem Funken so heimwehbang,<br />
+daß er aus blinkendem Becher sachte<br />
+wie der Quell aus dem Felsen sprang<br />
+und, die Falten des Vorhangs entlang,<br />
+wünschend nach allen Wänden griff,<br />
+bis sich berstend die Balken bogen,&mdash;<br />
+und auf hohen, lodernden Wogen<br />
+trieb die Wiege, das schlummernde Schiff.<br />
+<br />
+Da regt sich die Welt. Von den Hängen hebt<br />
+scheu sich die Nacht vor dem siegenden Scheine.<br />
+Es lächelt der Gott; er weiß nur das eine:<br />
+Sie lebt!<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<span class="caption">DES ZWEITEN BUCHES ERSTER TEIL</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="INITIALE_1" id="INITIALE_1"></a>INITIALE<br />
+<br />
+Gib deine Schönheit immer hin<br />
+ohne rechnen und reden.<br />
+Du schweigst. Sie sagt für dich: Ich bin.<br />
+Und kommt in tausendfachem Sinn,<br />
+kommt endlich über jeden.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="VERKUNDIGUNG" id="VERKUNDIGUNG"></a>VERKÜNDIGUNG<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+DIE WORTE DES ENGELS<br />
+<br />
+<br />
+Du bist nicht näher an Gott als wir;<br />
+wir sind ihm alle weit.<br />
+Aber wunderbar sind dir<br />
+die Hände benedeit.<br />
+So reifen sie bei keiner Frau,<br />
+so schimmernd aus dem Saum:<br />
+Ich bin der Tag, ich bin der Tau,<br />
+du aber bist der Baum.<br />
+<br />
+Ich bin jetzt matt, mein Weg war weit,<br />
+vergib mir, ich vergaß,<br />
+was er, der groß in Goldgeschmeid<br />
+wie in der Sonne saß,<br />
+dir künden ließ, du Sinnende,<br />
+(verwirrt hat mich der Raum).<br />
+Sieh: Ich bin das Beginnende,<br />
+du aber bist der Baum.<br />
+<br />
+Ich spannte meine Schwingen aus<br />
+und wurde seltsam weit;<br />
+jetzt überfließt dein kleines Haus<br />
+von meinem großen Kleid.<br />
+Und dennoch bist du so allein<br />
+wie nie und schaust mich kaum;<br />
+das macht: Ich bin ein Hauch im Hain,<br />
+du aber bist der Baum.<br />
+<br />
+Die Engel alle bangen so,<br />
+lassen einander los:<br />
+noch nie war das Verlangen so,<br />
+so ungewiß und groß.<br />
+Vielleicht, daß etwas bald geschieht,<br />
+das du im Traum begreifst.<br />
+Gegrüßt sei, meine Seele sieht:<br />
+Du bist bereit und reifst.<br />
+Du bist ein großes, hohes Tor,<br />
+und aufgehn wirst du bald.<br />
+Du, meines Liedes liebstes Ohr,<br />
+jetzt fühle ich: Mein Wort verlor<br />
+sich in dir wie im Wald.<br />
+<br />
+So kam ich und vollendete<br />
+dir tausendeinen Traum.<br />
+Gott sah mich an: er blendete....<br />
+<br />
+Du aber bist der Baum.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_HEILIGEN_DREI_KONIGE" id="DIE_HEILIGEN_DREI_KONIGE"></a>DIE HEILIGEN DREI KÖNIGE<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+LEGENDE<br />
+<br />
+<br />
+Einst als am Saum der Wüsten sich<br />
+auftat die Hand des Herrn<br />
+wie eine Frucht, die sommerlich<br />
+verkündet ihren Kern,<br />
+da war ein Wunder: Fern<br />
+erkannten und begrüßten sich<br />
+drei Könige und ein Stern.<br />
+<br />
+Drei Könige von Unterwegs<br />
+und der Stern Überall,<br />
+die zogen alle (überlegs!)<br />
+so rechts ein Rex und links ein Rex<br />
+zu einem stillen Stall.<br />
+<br />
+Was brachten die nicht alles mit<br />
+zum Stall von Bethlehem!<br />
+Weithin erklirrte jeder Schritt,<br />
+und der auf einem Rappen ritt,<br />
+saß samten und bequem;<br />
+und der zu seiner Rechten ging,<br />
+der war ein goldner Mann;<br />
+und der zu seiner Linken fing<br />
+mit Schwung und Schwing<br />
+und Klang und Kling<br />
+aus einem runden Silberding,<br />
+das wiegend und in Ringen hing,<br />
+ganz blau zu rauchen an.<br />
+<br />
+Da lachte der Stern Überall<br />
+so seltsam über sie<br />
+und lief voraus und stand am Stall<br />
+und sagte zu Marie:<br />
+<br />
+Da bring ich eine Wanderschaft<br />
+aus vieler Fremde her.<br />
+Drei Könige mit Magenkraft,<br />
+von Gold und Topas schwer<br />
+und dunkel, tumb und heldenhaft,&mdash;<br />
+erschrick mir nicht zu sehr.<br />
+Sie haben alle drei zu Haus<br />
+zwölf Töchter, keinen Sohn,<br />
+so bitten sie sich deinen aus<br />
+als Sonne ihres Himmelblaus<br />
+und Trost für ihren Thron.<br />
+Doch mußt du nicht gleich glauben: Bloß<br />
+ein Funkel fürst und Heidenscheich<br />
+sei deines Sohnes Los.<br />
+Bedenk, der Weg ist groß.<br />
+Sie wandern lange, Hirten gleich,<br />
+inzwischen fällt ihr reifes Reich<br />
+weiß Gott wem in den Schoß.<br />
+Und während hier, wie Westwind warm,<br />
+der Ochs ihr Ohr umschnaubt,<br />
+sind sie vielleicht schon alle arm<br />
+und so wie ohne Haupt.<br />
+Drum mach mit deinem Lächeln licht<br />
+die Wirrnis, die sie sind,<br />
+und wende du dein Angesicht<br />
+nach Aufgang und dein Kind;<br />
+dort liegt in blauen Linien,<br />
+was jeder dir verließ:<br />
+Smaragda und Rubinien<br />
+und die Tale von Türkis.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="IN_DER_CERTOSA" id="IN_DER_CERTOSA"></a>IN DER CERTOSA<br />
+<br />
+<br />
+Ein jeder aus der weißen Bruderschaft<br />
+vertraut sich pflanzend seinem kleinen Garten.<br />
+Auf jedem Beete steht, wer jeder sei.<br />
+Und einer harrt in heimlichen Hoffarten,<br />
+daß ihm im Mai<br />
+die ungestümen Blüten offenbarten<br />
+ein Bild von seiner unterdrückten Kraft.<br />
+<br />
+Und seine Hände halten, wie erschlafft,<br />
+sein braunes Haupt, das schwer ist von den Säften,<br />
+die ungeduldig durch das Dunkel rollen,<br />
+und sein Gewand, das faltig, voll und wollen,<br />
+zu seinen Füßen fließt, ist stramm gestrafft<br />
+um seinen Armen, die, gleich starken Schäften,<br />
+die Hände tragen, welche träumen sollen.<br />
+<br />
+Kein Miserere und kein Kyrie<br />
+will seine junge runde Stimme ziehn,<br />
+vor keinem Fluche will sie fliehn;<br />
+sie ist kein Reh.<br />
+Sie ist ein Roß und bäumt sich im Gebiß,<br />
+und über Hürde, Hang und Hindernis<br />
+will sie ihn tragen weit und weggewiß,<br />
+ganz ohne Sattel will sie tragen ihn.<br />
+<br />
+Er aber sitzt, und unter den Gedanken<br />
+zerbrechen fast die breiten Handgelenke,<br />
+so schwer wird ihm der Sinn und immer schwerer.<br />
+<br />
+Der Abend kommt, der sanfte Wiederkehrer,<br />
+ein Wind beginnt, die Wege werden leerer,<br />
+und Schatten sammeln sich im Talgesenke.<br />
+Und wie ein Kahn, der an der Kette schwankt,<br />
+so wird der Garten ungewiß und hangt<br />
+wie windgewiegt auf lauter Dämmerung.<br />
+Wer löst ihn los?...<br />
+<br />
+Der Frate ist so jung,<br />
+und langelang ist seine Mutter tot.<br />
+Er weiß von ihr: sie nannten sie La Stanca;<br />
+sie war ein Glas, ganz zart und klar. Man bot<br />
+es einem, der es nach dem Trunk zerschlug<br />
+wie einen Krug.<br />
+<br />
+So ist der Vater.<br />
+Und er hat sein Brot<br />
+als Meister in den roten Marmorbrüchen.<br />
+Und jede Wöchnerin in Pietrabianca<br />
+hat Furcht, daß er des Nachts mit seinen Flüchen<br />
+vorbei an ihrem Fenster kommt und droht.<br />
+<br />
+Sein Sohn, den er der Donna Dolorosa<br />
+geweiht in einer Stunde wilder Not,<br />
+sinnt im Arkadenhofe der Certosa,<br />
+sinnt, wie umrauscht von rötlichen Gerüchen:<br />
+denn seine Blumen blühen alle rot.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DAS_JUNGSTE_GERICHT" id="DAS_JUNGSTE_GERICHT"></a>DAS JÜNGSTE GERICHT<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+AUS DEN BLÄTTERN EINES MÖNCHS<br />
+<br />
+<br />
+Sie werden alle wie aus einem Bade<br />
+aus ihren mürben Grüften auferstehn;<br />
+denn alle glauben an das Wiedersehn,<br />
+und furchtbar ist ihr Glauben, ohne Gnade.<br />
+<br />
+Sprich leise, Gott! Es könnte einer meinen,<br />
+daß die Posaune deiner Reiche rief;<br />
+und ihrem Ton ist keine Tiefe tief:<br />
+da steigen alle Zeiten aus den Steinen,<br />
+und alle die Verschollenen erscheinen<br />
+in welken Leinen, brüchigen Gebeinen<br />
+und von der Schwere ihrer Schollen schief.<br />
+Das wird ein wunderliches Wiederkehren<br />
+in eine wunderliche Heimat sein;<br />
+auch die dich niemals kannten, werden schrein<br />
+und deine Größe wie ein Recht begehren:<br />
+wie Brot und Wein.<br />
+<br />
+Allschauender, du kennst das wilde Bild,<br />
+das ich in meinem Dunkel zitternd dichte.<br />
+Durch dich kommt alles, denn du bist das Tor,&mdash;<br />
+und alles war in deinem Angesichte,<br />
+eh es in unserm sich verlor.<br />
+Du kennst das Bild vom riesigen Gerichte:<br />
+Ein Morgen ist es, doch aus einem Lichte,<br />
+das deine reife Liebe nie erschuf,<br />
+ein Rauschen ist es, nicht aus deinem Ruf,<br />
+ein Zittern, nicht von göttlichem Verzichte,<br />
+ein Schwanken, nicht in deinem Gleichgewichte.<br />
+Ein Rascheln ist und ein Zusammenraffen<br />
+in allen den geborstenen Gebäuden,<br />
+ein Sichentgelten und ein Sich vergeuden,<br />
+ein Sichbegatten und ein Sichbegaffen,<br />
+und ein Betasten aller alten Freuden<br />
+und aller Lüste welke Wiederkehr.<br />
+Und über Kirchen, die wie Wunden klaffen,<br />
+ziehn schwarze Vögel, die du nie erschaffen,<br />
+in irren Zügen hin und her.<br />
+<br />
+So ringen sie, die lange Ausgeruhten,<br />
+und packen sich mit ihren nackten Zähnen<br />
+und werden bange, weil sie nicht mehr bluten,<br />
+und suchen, wo die Augenbecher gähnen,<br />
+mit kalten Fingern nach den toten Tränen.<br />
+Und werden müde. Wenige Minuten<br />
+nach ihrem Morgen bricht der Abend ein.<br />
+Sie werden ernst und lassen sich allein<br />
+und sind bereit, im Sturme aufzusteigen,<br />
+wenn sich auf deiner Liebe heitrem Wein<br />
+die dunklen Tropfen deines Zornes zeigen,<br />
+um deinem Urteil nah zu sein.<br />
+Und da beginnt es, nach dem großen Schrein:<br />
+das übergroße fürchterliche Schweigen.<br />
+Sie sitzen alle wie vor schwarzen Türen<br />
+in einem Licht, das sie, wie mit Geschwüren,<br />
+mit vielen grellen Flecken übersät.<br />
+<br />
+Und wachsend wird der Abend alt und spät.<br />
+Und Nächte fallen dann in großen Stücken<br />
+auf ihre Hände und auf ihren Rücken,<br />
+der wankend sich mit schwarzer Last belädt.<br />
+Sie warten lange. Ihre Schultern schwanken<br />
+unter dem Drucke wie ein dunkles Meer,<br />
+sie sitzen, wie versunken in Gedanken,<br />
+und sind doch leer.<br />
+Was stützen sie die Stirnen?<br />
+Ihre Gehirne denken irgendwo<br />
+tief in der Erde, eingefallen, faltig:<br />
+Die ganze alte Erde denkt gewaltig,<br />
+und ihre großen Bäume rauschen so.<br />
+<br />
+Allschauender, gedenkst du dieses bleichen<br />
+und bangen Bildes, das nicht seinesgleichen<br />
+unter den Bildern deines Willens hat?<br />
+Hast du nicht Angst vor dieser stummen Stadt,<br />
+die, an dir hangend wie ein welkes Blatt,<br />
+sich heben will zu deines Zornes Zeichen?<br />
+0, greife allen Tagen in die Speichen,<br />
+daß sie zu bald nicht diesem Ende nahen,&mdash;<br />
+vielleicht gelingt es dir noch auszuweichen<br />
+dem großen Schweigen, das wir beide sahen.<br />
+Vielleicht kannst du noch einen aus uns heben,<br />
+der diesem fürchterlichen Wiederleben<br />
+den Sinn, die Sehnsucht und die Seele nimmt,<br />
+einen, der bis in seinen Grund ergrimmt<br />
+und dennoch froh durch alle Dinge schwimmt,<br />
+der Kräfte unbekümmerter Verbraucher,<br />
+der sich auf allen Saiten geigt<br />
+und unversehrt als unerkannter Taucher<br />
+in alle Tode niedersteigt.<br />
+... Oder, wie hoffst du diesen Tag zu tragen,<br />
+der länger ist als aller Tage Längen,<br />
+mit seines Schweigens schrecklichen Gesängen,<br />
+wenn dann die Engel dich, wie lauter Fragen,<br />
+mit ihrem schauerlichen Flügelschlagen umdrängen?<br />
+Sieh, wie sie zitternd in den Schwingen hängen<br />
+und dir mit hunderttausend Augen klagen,<br />
+und ihres sanften Liedes Stimmen wagen<br />
+sich aus den vielen wirren Übergängen<br />
+nicht mehr zu heben zu den klaren Klängen.<br />
+Und wenn die Greise mit den breiten Bärten,<br />
+die dich berieten bei den besten Siegen,<br />
+nur leise ihre weißen Häupter wiegen,<br />
+und wenn die Frauen, die den Sohn dir nährten,<br />
+und die von ihm Verführten, die Gefährten,<br />
+und alle Jungfraun, die sich ihm gewährten:<br />
+die lichten Birken deiner dunklen Gärten,&mdash;<br />
+wer soll dir helfen, wenn sie alle schwiegen?<br />
+<br />
+Und nur dein Sohn erhübe sich unter denen,<br />
+welche sitzen um deinen Thron.<br />
+Grübe sich deine Stimme dann in sein Herz?<br />
+Sagte dein einsamer Schmerz dann:<br />
+Sohn!<br />
+Suchtest du dann das Angesicht<br />
+dessen, der das Gericht gerufen,<br />
+dein Gericht und deinen Thron:<br />
+Sohn!<br />
+Hießest du, Vater, dann deinen Erben,<br />
+leise begleitet von Magdalenen,<br />
+niedersteigen zu jenen,<br />
+die sich sehnen, wieder zu sterben?<br />
+<br />
+Das wäre dein letzter Königserlaß,<br />
+die letzte Huld und der letzte Haß;<br />
+aber dann käme alles zu Ruh:<br />
+der Himmel und das Gericht und du.<br />
+Alle Gewänder des Rätsels der Welt?<br />
+das sich so lange verschleiert hält,<br />
+fallen mit dieser Spange.<br />
+... Doch mir ist bange....<br />
+Allschauender, sieh, wie mir bange ist,<br />
+miß meine Qual!<br />
+Mir ist bange, daß du schon lange vergangen bist,<br />
+als du zum erstenmal<br />
+in deinem Alleserfassen<br />
+das Bild dieses blassen<br />
+Gesichtes sahst,<br />
+dem du dich hilflos nahst, Allschauender.<br />
+Bist du damals entflohn?<br />
+Wohin?<br />
+Vertrauender<br />
+kann keiner dir kommen<br />
+<br />
+als ich,<br />
+der ich dich<br />
+nicht um Lohn<br />
+verraten will wie alle die Frommen.<br />
+Ich will nur, weil ich verborgen bin<br />
+und müde wie du, noch müder vielleicht,<br />
+und weil meine Angst vor dem großen Gericht<br />
+deiner gleicht,<br />
+will ich mich dicht,<br />
+Gesicht bei Gesicht,<br />
+an dich heften;<br />
+mit einigen Kräften<br />
+werden wir wehren dem großen Rade,<br />
+über welches die mächtigen Wasser gehn,<br />
+die rauschen und schnauben&mdash;<br />
+denn: Wehe, sie werden auferstehn.<br />
+So ist ihr Glauben: groß und ohne Gnade.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="KARL_DER_ZWOLFTE" id="KARL_DER_ZWOLFTE"></a>KARL DER ZWÖLFTE VON SCHWEDEN REITET IN DER UKRAINE<br />
+<br />
+I<br />
+<br />
+Könige in Legenden<br />
+sind wie Berge im Abend. Blenden<br />
+jeden, zu dem sie sich wenden.<br />
+Die Gürtel um ihre Lenden<br />
+und die lastenden Mantelenden<br />
+sind Länder und Leben wert.<br />
+Mit den reichgekleideten Händen<br />
+geht, schlank und nackt, das Schwert.<br />
+<br />
+<br />
+Ein junger König aus Norden war<br />
+in der Ukraine geschlagen.<br />
+Der haßte Frühling und Frauenhaar<br />
+und die Harfen und was sie sagen.<br />
+Der ritt auf einem grauen Pferd,<br />
+sein Auge schaute grau<br />
+und hatte niemals Glanz begehrt<br />
+zu Füßen einer Frau.<br />
+Keine war seinem Blicke blond,<br />
+keine hat küssen ihn gekonnt;<br />
+und wenn er zornig war,<br />
+so riß er einen Perlenmond<br />
+aus wunderschönem Haar.<br />
+Und wenn ihn Trauer überkam,<br />
+so machte er ein Mädchen zahm<br />
+und forschte, wessen Ring sie nahm<br />
+und wem sie ihren bot&mdash;<br />
+Und: hetzte ihr den Bräutigam<br />
+mit hundert Hunden tot.<br />
+<br />
+Und er verließ sein graues Land,<br />
+das ohne Stimme war,<br />
+und ritt in einen Widerstand<br />
+und kämpfte um Gefahr,<br />
+bis ihn das Wunder überwand:<br />
+wie träumend ging ihm seine Hand<br />
+von Eisenband zu Eisenband<br />
+und war kein Schwert darin;<br />
+er war zum Schauen aufgewacht:<br />
+<br />
+es schmeichelte die schöne Schlacht<br />
+um seinen Eigensinn.<br />
+Er saß zu Pferde: ihm entging<br />
+keine Gebärde rings.<br />
+Auf Silber sprach jetzt Ring zu Ring,<br />
+und Stimme war in jedem Ding,<br />
+und wie in vielen Glocken hing<br />
+die Seele jedes Dings.<br />
+Und auch der Wind war anders groß,<br />
+der in die Fahnen sprang,<br />
+schlank wie ein Panther, atemlos<br />
+und taumelnd vom Trompetenstoß,<br />
+der lachend mit ihm rang.<br />
+Und manchmal griff der Wind hinab:<br />
+da ging ein Blutender,&mdash;ein Knab,<br />
+welcher die Trommel schlug;<br />
+er trug sie immer auf und ab<br />
+und trug sie wie sein Herz ins Grab<br />
+vor seinem toten Zug.<br />
+Da wurde mancher Berg geballt,<br />
+als wär die Erde noch nicht alt<br />
+und baute sich erst auf;<br />
+bald stand das Eisen wie Basalt,<br />
+bald schwankte wie ein Abendwald<br />
+mit breiter steigender Gestalt<br />
+der großbewegte Hauf.<br />
+Es dampfte dumpf die Dunkelheit,<br />
+was dunkelte, war nicht die Zeit,&mdash;<br />
+und alles wurde grau,<br />
+aber schon fiel ein neues Scheit,<br />
+und wieder ward die Flamme breit<br />
+und festlich angefacht.<br />
+Sie griffen an: in fremder Tracht<br />
+ein Schwärm phantastischer Provinzen;<br />
+wie alles Eisen plötzlich lacht:<br />
+von einem silberlichten Prinzen<br />
+erschimmerte die Abendschlacht.<br />
+Die Fahnen flatterten wie Freuden,<br />
+und alle hatten königlich<br />
+in ihren Gesten ein Vergeuden,&mdash;<br />
+an fernen flammenden Gebäuden<br />
+entzündeten die Sterne sich....<br />
+<br />
+Und Nacht war. Und die Schlacht trat sachte<br />
+zurück wie ein sehr müdes Meer,<br />
+das viele fremde Tote brachte,<br />
+und alle Toten waren schwer.<br />
+Vorsichtig ging das graue Pferd<br />
+(von großen Fäusten abgewehrt)<br />
+durch Männer, welche fremd verstarben,<br />
+und trat auf flaches schwarzes Gras.<br />
+Der auf dem grauen Pferde saß,<br />
+sah unten auf den feuchten Farben<br />
+viel Silber wie zerschelltes Glas.<br />
+Sah Eisen welken, Helme trinken<br />
+und Schwerter stehn in Panzernaht,<br />
+sterbende Hände sah er winken<br />
+mit einem Fetzen von Brokat...<br />
+<br />
+Und sah es nicht.<br />
+<br />
+Und ritt dem Lärme<br />
+der Feldschlacht nach, als ob er schwärme,<br />
+mit seinen Wangen voller Wärme<br />
+und mit den Augen von Verliebten....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DER_SOHN" id="DER_SOHN"></a>DER SOHN<br />
+<br />
+<br />
+Mein Vater war ein verbannter<br />
+König von überm Meer.<br />
+Ihm kam einmal ein Gesandter:<br />
+sein Mäntel war ein Panther,<br />
+und sein Schwert war schwer.<br />
+<br />
+Mein Vater war wie immer<br />
+ohne Helm und Hermelin;<br />
+es dunkelte das Zimmer<br />
+wie immer arm um ihn.<br />
+Es zitterten seine Hände<br />
+und waren blaß und leer,&mdash;<br />
+in bilderlose Wände<br />
+blicklos schaute er.<br />
+<br />
+Die Mutter ging im Garten<br />
+und wandelte weiß im Grün<br />
+und wollte den Wind erwarten<br />
+vor dem Abendglühn.<br />
+Ich träumte, sie würde mich rufen,<br />
+aber sie ging allein,&mdash;<br />
+ließ mich vom Rande der Stufen<br />
+horchen verhallenden Hufen<br />
+und ins Haus hinein:<br />
+<br />
+Vater! Der fremde Gesandte...?<br />
+Der reitet wieder im Wind....<br />
+Was wollte der? Er erkannte<br />
+dein blondes Haar, mein Kind.<br />
+<br />
+Vater! Wie war er gekleidet!<br />
+Wie der Mantel von ihm floß!<br />
+Geschmiedet und geschmeidet<br />
+war Schulter, Brust und Roß.<br />
+Er war eine Stimme im Stahle,<br />
+er war ein Mann aus Nacht,&mdash;<br />
+aber er hat eine schmale<br />
+Krone mitgebracht.<br />
+Sie klang bei jedem Schritte<br />
+an sein sehr schweres Schwert,<br />
+die Perle in ihrer Mitte<br />
+ist viele Leben wert.<br />
+Vom zornigen Ergreifen<br />
+verbogen ist der Reifen,<br />
+der oft gefallen war:<br />
+es ist eine Kinderkrone,&mdash;<br />
+denn Könige sind ohne;<br />
+&mdash;gib sie meinem Haar!<br />
+Ich will sie manchmal tragen<br />
+in Nächten, blaß vor Scham.<br />
+Und will dir, Vater, sagen,<br />
+woher der Gesandte kam.<br />
+Was dort die Dinge gelten,<br />
+ob steinern steht die Stadt,<br />
+oder ob man in Zelten<br />
+mich erwartet hat.<br />
+<br />
+Mein Vater war ein Gekränkter<br />
+und kannte nur wenig Ruh.<br />
+Er hörte mir mit verhängter<br />
+Stirne nächtelang zu.<br />
+Mir lag im Haar der Ring.<br />
+Und ich sprach ganz nahe und sachte,<br />
+daß die Mutter nicht erwachte,&mdash;<br />
+die an dasselbe dachte,<br />
+wenn sie, ganz weiß gelassen,<br />
+vor abendlichen Massen<br />
+durch dunkle Gärten ging.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+So wurden wir verträumte Geiger,<br />
+die leise aus den Türen treten,<br />
+um auszuschauen, eh sie beten,<br />
+ob nicht ein Nachbar sie belauscht.<br />
+Die erst, wenn alle sich zerstreuten,<br />
+hinter dem letzten Abendläuten,<br />
+die Lieder spielen, hinter denen<br />
+(wie Wald im Wind hinter Fontänen)<br />
+der dunkle Geigenkasten rauscht.<br />
+Denn dann nur sind die Stimmen gut,<br />
+wenn Schweigsamkeiten sie begleiten,<br />
+wenn hinter dem Gespräch der Saiten<br />
+Geräusche bleiben wie von Blut;<br />
+und bang und sinnlos sind die Zeiten,<br />
+wenn hinter ihren Eitelkeiten<br />
+nicht etwas waltet, welches ruht.<br />
+<br />
+Geduld: es kreist der leise Zeiger,<br />
+und was verheißen ward, wird sein:<br />
+wir sind die Flüstrer vor dem Schweiger,<br />
+wir sind die Wiesen vor dem Hain;<br />
+in ihnen geht noch dunkles Summen&mdash;<br />
+(viel Stimmen sind und doch kein Chor)<br />
+und sie bereiten auf die stummen<br />
+tiefen heiligen Haine vor....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_ZAREN" id="DIE_ZAREN"></a>DIE ZAREN<br />
+<br />
+EIN GEDICHTKREIS (1899 und 1906)<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+I<br />
+<br />
+<br />
+Das war in Tagen, da die Berge kamen:<br />
+die Bäume bäumten sich, die noch nicht zahmen,<br />
+und rauschend in die Rüstung stieg der Strom.<br />
+Zwei fremde Pilger riefen einen Namen,<br />
+und aufgewacht aus seinem langen Lahmen<br />
+war Ilija, der Riese von Murom.<br />
+<br />
+Die alten Eltern brachen in den Äckern<br />
+an Steinen ab und an den wilden Wuchs;<br />
+da kam der Sohn, ganz groß, von seinen Weckern<br />
+und zwang die Furchen in die Furcht des Pflugs.<br />
+Er hob die Stämme, die wie Streiter standen,<br />
+und lachte ihres wankenden Gewichts,<br />
+und aufgestört wie schwarze Schlangen wanden<br />
+die Wurzeln, welche nur das Dunkel kannten,<br />
+sich in dem breiten Griff des Lichts.<br />
+<br />
+Es stärkte sich im frühen Tau die Mähre,<br />
+in deren Adern Kraft und Adel schlief;<br />
+sie reifte unter ihres Reiters Schwere,<br />
+ihr Wiehern war wie eine Stimme tief,&mdash;<br />
+und beide fühlten, wie das Ungefähre<br />
+sie mit verheißenden Gefahren rief.<br />
+<br />
+Und reiten, reiten ... vielleicht tausend Jahre.<br />
+Wer zählt die Zeit, wenn einmal einer will.<br />
+(Vielleicht saß er auch tausend Jahre still.)<br />
+Das Wirkliche ist wie das Wunderbare:<br />
+es mißt die Welt mit eigenmächtigen Maßen;<br />
+Jahrtausende sind ihm zu jung.<br />
+<br />
+Weit schreiten werden, welche lange saßen<br />
+in ihrer tiefen Dämmerung.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+II<br />
+<br />
+<br />
+Noch drohen große Vögel allenthalben,<br />
+und Drachen glühn und hüten überall<br />
+der Wälder Wunder und der Schluchten Fall;<br />
+und Knaben wachsen an, und Männer salben<br />
+sich zu dem Kampfe mit der Nachtigall,<br />
+<br />
+die oben in den Kronen von neun Eichen<br />
+sich lagert wie ein tausendfaches Tier,<br />
+und abends geht ein Schreien ohnegleichen,<br />
+ein schreiendes Bis-an-das-Ende-reichen,<br />
+und geht die ganze Nacht lang aus von ihr;<br />
+<br />
+die Frühlingsnacht, die schrecklicher als alles<br />
+und schwerer war und banger zu bestehn:<br />
+ringsum kein Zeichen eines Überfalles<br />
+und dennoch alles voller Übergehn,<br />
+hinwerfend sich und Stück für Stück sich gebend,<br />
+ja jenes Etwas, welches um sich griff,<br />
+anrufend noch, am ganzen Leibe bebend<br />
+und darin untergehend wie ein Schiff.<br />
+<br />
+Das waren Überstarke, die da blieben,<br />
+von diesem Riesigen nicht aufgerieben,<br />
+das aus den Kehlen wie aus Kratern brach;<br />
+sie dauerten, und alternd nach und nach<br />
+begriffen sie die Bangnis der Aprile,<br />
+und ihre ruhigen Hände hielten viele<br />
+<br />
+und führten sie durch Furcht und Ungemach<br />
+zu Tagen, da sie froher und gesünder<br />
+die Mauern bauten um die Städtegründer,<br />
+die über allem gut und kundig saßen.<br />
+<br />
+Und schließlich kamen auf den ersten Straßen<br />
+aus Höhlen und verhaßten Hinterhalten<br />
+die Tiere, die für unerbittlich galten.<br />
+Sie stiegen still aus ihren Übermaßen<br />
+(beschämte und veraltete Gewalten)<br />
+und legten sich gehorsam vor die Alten.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+III<br />
+<br />
+<br />
+Seine Diener füttern mit mehr und mehr<br />
+ein Rudel von jenen wilden Gerüchten,<br />
+die auch noch Er sind, alles noch Er.<br />
+<br />
+Seine Günstlinge flüchten vor ihm her.<br />
+<br />
+Und seine Frauen flüstern und stiften<br />
+Bünde. Und er hört sie ganz innen<br />
+in ihren Gemächern mit Dienerinnen,<br />
+die sich scheu umsehn, sprechen von Giften.<br />
+<br />
+Alle Wände sind hohl von Schränken und Fächern,<br />
+Mörder ducken unter den Dächern<br />
+und spielen Mönche mit viel Geschick.<br />
+<br />
+Und er hat nichts als einen Blick<br />
+dann und wann; als den leisen<br />
+Schritt auf den Treppen, die kreisen;<br />
+nichts als das Eisen an seinem Stock.<br />
+<br />
+Nichts als den dürftigen Büßerrock<br />
+(durch den die Kälte aus den Fliesen<br />
+an ihm hinaufkriecht wie mit Krallen),<br />
+nichts, was er zu rufen Wagt,<br />
+nichts als die Angst vor allen diesen,<br />
+nichts als die tägliche Angst vor allen,<br />
+die ihn jagt durch diese gejagten<br />
+<br />
+Gesichter an dunklen, ungefragten,<br />
+vielleicht schuldigen Händen entlang.<br />
+Manchmal packt er einen im Gang<br />
+grade noch an des Mantels Falten,<br />
+und er zerrt ihn zornig her;<br />
+aber im Fenster weiß er nicht mehr:<br />
+Wer ist Haltender? Wer ist gehalten?<br />
+Wer bin ich und wer ist der?<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+IV<br />
+<br />
+<br />
+Es ist die Stunde, da das Reich sich eitel<br />
+in seines Glanzes vielen Spiegeln sieht.<br />
+<br />
+Der blasse Zar, des Stammes letztes Glied,<br />
+träumt auf dem Thron, davor das Fest geschieht,<br />
+und leise zittert sein beschämter Scheitel<br />
+und seine Hand, die vor den Purpurlehnen<br />
+mit einem unbestimmten Sehnen<br />
+ins wirre Ungewisse flieht.<br />
+<br />
+Und um sein Schweigen neigen sich Bojaren<br />
+in blanken Panzern und in Pantherfellen,<br />
+wie viele fremde fürstliche Gefahren,<br />
+die ihn mit stummer Ungeduld umstellen.<br />
+Tief in den Saal schlägt ihre Ehrfurcht Wellen.<br />
+<br />
+Und sie gedenken eines andern Zaren,<br />
+der oft mit Worten, die aus Wahnsinn waren,<br />
+ihnen die Stirnen an die Steine stieß.<br />
+Und denken also weiter: jener ließ<br />
+nicht so viel Raum, wenn er zu Throne saß,<br />
+auf dem verwelkten Samt des Kissens leer.<br />
+<br />
+Er war der Dinge dunkles Maß,<br />
+und die Bojaren wußten lang nicht mehr,<br />
+daß rot der Sitz des Sessels sei, so schwer<br />
+lag sein Gewand und wurde golden breit.<br />
+<br />
+Und weiter denken sie: Das Kaiserkleid<br />
+schläft auf den Schultern dieses Knaben ein.<br />
+Obgleich im ganzen Saal die Fackeln flacken,<br />
+sind bleich die Perlen, die in sieben Reihn<br />
+wie weiße Kinder knien um seinen Nacken,<br />
+und die Rubine an den Ärmelzacken,<br />
+die einst Pokale waren, klar von Wein,<br />
+sind schwarz wie Schlacken&mdash;<br />
+<br />
+Und ihr Denken schwillt.<br />
+<br />
+Es drängt sich heftig an den blassen Kaiser,<br />
+auf dessen Haupt die Krone immer leiser<br />
+und dem der Wille immer fremder wird;<br />
+er lächelt. Lauter prüfen ihn die Preiser,<br />
+ihr Neigen nähert sich, sie schmeicheln heiser,<br />
+und eine Klinge hat im Traum geklirrt.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+V<br />
+<br />
+<br />
+Der blasse Zar wird nicht am Schwerte sterben,<br />
+die fremde Sehnsucht macht ihn sakrosankt;<br />
+er wird die feierlichen Reiche erben,<br />
+an denen seine sanfte Seele krankt.<br />
+<br />
+Schon jetzt, hintretend an ein Kremlfenster,<br />
+sieht er ein Moskau, weißer, unbegrenzter,<br />
+in seine endlich fertige Nacht gewebt;<br />
+so wie es ist im ersten Frühlingswirken,<br />
+wenn in den Gassen der Geruch aus Birken<br />
+von lauter Morgenglocken bebt.<br />
+<br />
+Die großen Glocken, die so herrisch lauten,<br />
+sind seine Väter, jene ersten Zaren,<br />
+die sich noch vor den Tagen der Tataren<br />
+aus Sagen, Abenteuern und Gefahren,<br />
+aus Zorn und Demut zögernd auferbauten.<br />
+<br />
+Und er begreift auf einmal, wer sie waren,<br />
+und daß sie oft um ihres Dunkels Sinn<br />
+in seine eignen Tiefen niedertauchten<br />
+und ihn, den Leisesten von den Erlauchten,<br />
+in ihren Taten groß und fromm verbrauchten<br />
+schon lang vor seinem Anbeginn.<br />
+<br />
+Und eine Dankbarkeit kommt über ihn,<br />
+daß sie ihn so verschwenderisch vergeben<br />
+an aller Dinge Durst und Drang.<br />
+Er war die Kraft zu ihrem Überschwang,<br />
+der goldne Grund, vor dem ihr breites Leben<br />
+geheimnisvoll zu dunkeln schien.<br />
+<br />
+In allen ihren Werken schaut er sich<br />
+wie eingelegtes Silber in Zieraten,<br />
+und es gibt keine Tat in ihren Taten,<br />
+die nicht auch war in seinen stillen Staaten,<br />
+in denen alles Handelns Rot verblich.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+VI<br />
+<br />
+<br />
+Noch immer schauen in den Silberplatten<br />
+wie tiefe Frauenaugen die Saphire,<br />
+Goldranken schlingen sich wie schlanke Tiere,<br />
+die sich im Glänze ihrer Brünste gatten,<br />
+und sanfte Perlen warten in dem Schatten<br />
+wilder Gebilde, daß ein Schimmer ihre<br />
+stillen Gesichter finde und verliere.<br />
+Und das ist Mantel, Strahlenkranz und Land,<br />
+und ein Bewegen geht von Rand zu Rand,<br />
+wie Korn im Wind und wie ein Fluß im Tale,<br />
+so glänzt es wechselnd durch die Rahmenwand.<br />
+<br />
+In ihrer Sonne dunkeln drei Ovale:<br />
+das große gibt dem Mutterantlitz Raum,<br />
+und rechts und links hebt eine mandelschmale<br />
+Jungfrauenhand sich aus dem Silbersaum.<br />
+Die beiden Hände, seltsam still und braun,<br />
+verkünden, daß im köstlichen Ikone<br />
+die Königliche wie im Kloster wohne,<br />
+die überfließen wird von jenem Sohne,<br />
+von jenem Tropfen, drinnen wolkenohne<br />
+die niegehofften Himmel blaun.<br />
+<br />
+Die Hände zeugen noch dafür;<br />
+aber das Antlitz ist wie eine Tür<br />
+in warme Dämmerungen aufgegangen,<br />
+in die das Lächeln von den Gnadenwangen<br />
+mit seinem Lichte irrend sich verlor.<br />
+<br />
+Da neigt sich tief der Zar davor und spricht:<br />
+Fühltest du nicht, wie sehr wir in dich drangen<br />
+mit allem: Fühlen, Fürchten und Verlangen;<br />
+wir warten auf dein liebes Angesicht,<br />
+das uns vergangen ist; wohin vergangen?<br />
+<br />
+Den großen Heiligen vergeht es nicht.<br />
+<br />
+Er bebte tief in seinem steifen Kleid,<br />
+das strahlend stand. Er wußte nicht, wie weit<br />
+er schon von allem war und ihrem Segnen,<br />
+wie selig nah in seiner Einsamkeit.<br />
+<br />
+Noch sinnt und sinnt der blasse Gossudar.<br />
+Und sein Gesicht, das unterm kranken Haar<br />
+schon lange tief und wie im Fortgehn war,<br />
+verging, wie jenes in dem Goldovale,<br />
+in seinem großen goldenen Talar.<br />
+<br />
+(Um ihrem Angesichte zu begegnen.)<br />
+<br />
+Zwei Goldgewänder schimmerten im Saale<br />
+und wurden in dem Glanz der Ampeln klar.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DER_SANGER_SINGT" id="DER_SANGER_SINGT"></a>DER SÄNGER SINGT VOR EINEM FÜRSTENKIND<br />
+<br />
+DEM ANDENKEN VON PAULA BECKER-MODERSOHN<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+Du blasses Kind, an jedem Abend soll<br />
+der Sänger dunkel stehn bei deinen Dingen<br />
+und soll dir Sagen, die im Blute klingen,<br />
+über die Brücke seiner Stimme bringen<br />
+und eine Harfe, seiner Hände voll.<br />
+<br />
+Nicht aus der Zeit ist, was er dir erzählt,<br />
+gehoben ist es wie aus Wandgeweben;<br />
+solche Gestalten hat es nie gegeben;&mdash;<br />
+und Niegewesenes nennt er das Leben.<br />
+Und heute hat er diesen Sang erwählt:<br />
+<br />
+Du blondes Kind von Fürsten und aus Frauen,<br />
+die einsam warteten im weißen Saal,&mdash;<br />
+fast alle waren bang, dich aufzubauen,<br />
+um aus den Bildern einst auf dich zu schauen:<br />
+auf deine Augen mit den ernsten Brauen,<br />
+auf deine Hände, hell und schmal.<br />
+<br />
+Du hast von ihnen Perlen und Türkisen,<br />
+von diesen Frauen, die in Bildern stehn,<br />
+als stünden sie allein in Abendwiesen,&mdash;<br />
+du hast von ihnen Perlen und Türkisen,&mdash;<br />
+und Ringe mit verdunkelten Devisen<br />
+und Seiden, welche welke Düfte wehn.<br />
+<br />
+Du trägst die Gemmen ihrer Gürtelbänder<br />
+ans hohe Fenster in den Glanz der Stunden,<br />
+und in die Seide sanfter Brautgewänder<br />
+sind deine kleinen Bücher eingebunden,<br />
+und drinnen hast du, mächtig über Länder,<br />
+ganz groß geschrieben und mit reichen, runden<br />
+Buchstaben deinen Namen vorgefunden.<br />
+<br />
+Und alles ist, als wär es schon geschehn.<br />
+<br />
+Sie haben so, als ob du nicht mehr kämst,<br />
+an alle Becher ihren Mund gesetzt,<br />
+zu allen Freuden ihr Gefühl gehetzt<br />
+und keinem Leide leidlos zugesehn;<br />
+so daß du jetzt<br />
+stehst und dich schämst.<br />
+<br />
+... Du blasses Kind, dein Leben ist auch eines,&mdash;<br />
+der Sänger kommt dir sagen, daß du bist.<br />
+Und daß du mehr bist als ein Traum des Haines,<br />
+mehr als die Seligkeit des Sonnenscheines,<br />
+den mancher graue Tag vergißt.<br />
+Dein Leben ist so unaussprechlich deines,<br />
+weil es von vielen überladen ist.<br />
+<br />
+Empfindest du, wie die Vergangenheiten<br />
+leicht werden, wenn du eine Weile lebst,<br />
+wie sie dich sanft auf Wunder vorbereiten,<br />
+jedes Gefühl mit Bildern dir begleiten,&mdash;<br />
+und nur ein Zeichen scheinen ganze Zeiten<br />
+für eine Geste, die du schön erhebst.&mdash;<br />
+<br />
+Das ist der Sinn von allem, was einst war,<br />
+daß es nicht bleibt mit seiner ganzen Schwere,<br />
+daß es zu unserm Wesen wiederkehre,<br />
+in uns verwoben, tief und wunderbar:<br />
+So waren diese Frauen elfenbeinern,<br />
+von vielen Rosen rötlich angeschienen,<br />
+so dunkelten die müden Königsmienen,<br />
+so wurden fahle Fürstenmunde steinern<br />
+und unbewegt von Waisen und von Weinern,<br />
+so klangen Knaben an wie Violinen<br />
+und starben für der Frauen schweres Haar;<br />
+so gingen Jungfraun der Madonna dienen,<br />
+denen die Welt verworren war.<br />
+So wurden Lauten laut und Mandolinen,<br />
+in die ein Unbekannter größer griff,&mdash;<br />
+in warmen Samt verlief der Dolche Schliff,&mdash;<br />
+Schicksale bauten sich aus Glück und Glauben,<br />
+Abschiede schluchzten auf in Abendlauben,&mdash;<br />
+und über hundert schwarzen Eisenhauben<br />
+schwankte die Feldschlacht wie ein Schiff.<br />
+So wurden Städte langsam groß und fielen<br />
+in sich zurück wie Wellen eines Meeres,<br />
+so drängte sich zu hochbelohnten Zielen<br />
+die rasche Vogelkraft des Eisenspeeres,<br />
+so schmückten Kinder sich zu Gartenspielen,&mdash;<br />
+und so geschah Unwichtiges und Schweres<br />
+nur, um für dieses tägliche Erleben<br />
+dir tausend große Gleichnisse zu geben,<br />
+an denen du gewaltig wachsen kannst.<br />
+Vergangenheiten sind dir eingepflanzt,<br />
+um sich aus dir, wie Gärten, zu erheben.<br />
+<br />
+Du blasses Kind, du machst den Sänger reich<br />
+mit deinem Schicksal, das sich singen läßt:<br />
+So spiegelt sich ein großes Gartenfest<br />
+mit vielen Lichtern im erstaunten Teich.<br />
+Im dunklen Dichter wiederholt sich still<br />
+ein jedes Ding: ein Stern, ein Haus, ein Wald.<br />
+Und viele Dinge, die er feiern will,<br />
+umstehen deine rührende Gestalt.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_AUS_DEM_HAUSE_COLONNA" id="DIE_AUS_DEM_HAUSE_COLONNA"></a>DIE AUS DEM HAUSE COLONNA<br />
+<br />
+<br />
+Ihr fremden Männer, die ihr jetzt so still<br />
+in Bildern steht, ihr saßet gut zu Pferde,<br />
+und ungeduldig gingt ihr durch das Haus;<br />
+wie ein schöner Hund, mit derselben Gebärde<br />
+ruhn eure Hände jetzt bei euch aus.<br />
+<br />
+Euer Gesicht ist so voll von Schauen,<br />
+denn die Welt war euch Bild und Bild;<br />
+aus Waffen, Fahnen, Früchten und Frauen<br />
+quillt euch dieses große Vertrauen,<br />
+daß alles <i>ist</i> und daß alles <i>gilt</i>.<br />
+<br />
+Aber damals, als ihr noch zu jung<br />
+wart, die großen Schlachten zu schlagen,<br />
+zu jung, um den päpstlichen Purpur zu tragen,<br />
+nicht immer glücklich bei Reiten und Jagen,<br />
+Knaben noch, die sich den Frauen versagen,<br />
+habt ihr aus jenen Knaben tagen<br />
+keine, nicht eine Erinnerung?<br />
+<br />
+Wißt ihr nicht mehr, was damals war?<br />
+<br />
+Damals war der Altar<br />
+mit dem Bilde, auf dem Maria gebar,<br />
+in dem einsamen Seitenschiff.<br />
+Euch ergriff<br />
+eine Blumenranke;<br />
+der Gedanke,<br />
+daß die Fontäne allein<br />
+draußen im Garten in Mondenschein<br />
+ihre Wasser warf,<br />
+war wie eine Welt.<br />
+<br />
+Das Fenster ging bis zu den Füßen auf wie eine Tür;<br />
+und es war Park mit Wiesen und Wegen:<br />
+seltsam nah und doch so entlegen,<br />
+seltsam hell und doch wie verborgen,<br />
+und die Brunnen rauschten wie Regen,<br />
+und es war, als käme kein Morgen<br />
+dieser langen Nacht entgegen,<br />
+die mit allen Sternen stand.<br />
+<br />
+Damals wuchs euch, Knaben, die Hand,<br />
+die warm war. (Ihr aber wußtet es nicht.)<br />
+Damals breitete euer Gesicht sich aus.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<span class="caption">DES ZWEITEN BUCHES ZWEITERTEIL</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="FRAGMENTE_AUS_VERLORENEN_TAGEN" id="FRAGMENTE_AUS_VERLORENEN_TAGEN"></a>FRAGMENTE AUS VERLORENEN TAGEN<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+Wie Vögel, welche sich gewöhnt ans Gehn<br />
+und immer schwerer werden, wie im Fallen:<br />
+die Erde saugt aus ihren langen Krallen<br />
+die mutige Erinnerung von allen<br />
+den großen Dingen, welche hoch geschehn,<br />
+und macht sie fast zu Blättern, die sich dicht<br />
+am Boden halten&mdash;<br />
+wie Gewächse, die,<br />
+kaum aufwärts wachsend, in die Erde kriechen,<br />
+in schwarzen Schollen unlebendig licht<br />
+und weich und feucht versinken und versiechen,<br />
+wie irre Kinder,&mdash;wie ein Angesicht<br />
+in einem Sarg,&mdash;wie frohe Hände, welche<br />
+unschlüssig werden, weil im vollen Kelche<br />
+sich Dinge spiegeln, die nicht nahe sind,&mdash;<br />
+wie Hilferufe, die im Abendwind<br />
+begegnen vielen dunklen großen Glocken,&mdash;<br />
+wie Zimmerblumen, die seit Tagen trocken,<br />
+wie Gassen, die verrufen sind,&mdash;wie Locken,<br />
+darinnen Edelsteine blind geworden sind,&mdash;<br />
+wie Morgen im April<br />
+vor allen vielen Fenstern des Spitales:<br />
+die Kranken drängen sich am Saum des Saales<br />
+und schaun: die Gnade eines frühen Strahles<br />
+macht alle Gassen frühlinglich und weit;<br />
+sie sehen nur die helle Herrlichkeit,<br />
+welche die Häuser jung und lachend macht,<br />
+und wissen nicht, daß schon die ganze Nacht<br />
+ein Sturm die Kleider von den Himmeln reißt,<br />
+ein Sturm von Wassern, wo die Welt noch eist<br />
+ein Sturm, der jetzt noch durch die Gassen braust<br />
+und der den Dingen alle Bürde<br />
+von ihren Schultern nimmt,&mdash;<br />
+daß etwas draußen groß ist und ergrimmt,<br />
+daß draußen die Gewalt geht, eine Faust,<br />
+die jeden von den Kranken würgen würde<br />
+inmitten dieses Glanzes, dem sie glauben.&mdash;<br />
+... Wie lange Nächte in verwelkten Lauben,<br />
+die schon zerrissen sind auf allen Seiten<br />
+und viel zu weit, um noch mit einem zweiten,<br />
+den man sehr liebt, zusammen drin zu weinen,&mdash;<br />
+wie nackte Mädchen, kommend über Steine,<br />
+wie Trunkene in einem Birkenhaine,&mdash;<br />
+wie Worte, welche nichts Bestimmtes meinen<br />
+und dennoch gehn, ins Ohr hineingehn, weiter<br />
+ins Hirn und heimlich auf der Nervenleiter<br />
+durch alle Glieder Sprung um Sprung versuchen,<br />
+wie Greise, welche ihr Geschlecht verfluchen<br />
+und dann versterben, so daß keiner je<br />
+abwenden könnte das verhängte Weh,<br />
+wie volle Rosen, künstlich aufgezogen<br />
+im blauen Treibhaus, wo die Lüfte logen,<br />
+und dann vom Übermut in großem Bogen<br />
+hinausgestreut in den verwehten Schnee,&mdash;<br />
+wie eine Erde, die nicht kreisen kann,<br />
+weil zuviel Tote ihr Gefühl beschweren,<br />
+wie ein erschlagener verscharrter Mann,<br />
+dem sich die Hände gegen Wurzeln wehren,&mdash;<br />
+wie eine von den hohen, schlanken, roten<br />
+Hochsommerblumen, welche unerlöst<br />
+ganz plötzlich stirbt im Lieblingswind der Wiesen,<br />
+weil ihre Wurzel unten an Türkisen<br />
+im Ohrgehänge einer Toten<br />
+stößt....<br />
+<br />
+Und mancher Tage Stunden waren so.<br />
+Als formte wer mein Abbild irgendwo,<br />
+um es mit Nadeln langsam zu mißhandeln.<br />
+Ich spürte jede Spitze seiner Spiele,<br />
+und war, als ob ein Regen auf mich fiele,<br />
+in welchem alle Dinge sich verwandeln.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_STIMMEN" id="DIE_STIMMEN"></a>DIE STIMMEN<br />
+<br />
+NEUN BLÄTTER MIT EINEM TITELBLATT<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+TITELBLATT<br />
+<br />
+<br />
+Die Reichen und Glücklichen haben gut schweigen,<br />
+niemand will wissen, was sie sind.<br />
+Aber die Dürftigen müssen sich zeigen,<br />
+müssen sagen: ich bin blind,<br />
+oder: ich bin im Begriff, es zu werden,<br />
+oder: es geht mir nicht gut auf Erden,<br />
+oder: ich habe ein krankes Kind,<br />
+oder: da bin ich zusammengefugt....<br />
+<br />
+Und vielleicht, daß das gar nicht genügt.<br />
+<br />
+Und weil alle sonst, wie an Dingen,<br />
+an ihnen vorbeigehn, müssen sie singen.<br />
+<br />
+Und da hört man noch guten Gesang.<br />
+<br />
+Freilich die Menschen sind seltsam; sie hören<br />
+lieber Kastraten in Knabenchören.<br />
+<br />
+Aber Gott selber kommt und bleibt lang,<br />
+wenn ihn diese Beschnittenen stören.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+DAS LIED DES BETTLERS<br />
+<br />
+<br />
+Ich gehe immer von Tor zu Tor,<br />
+verregnet und verbrannt;<br />
+auf einmal leg ich mein rechtes Ohr<br />
+in meine rechte Hand.<br />
+Dann kommt mir meine Stimme vor,<br />
+als hätt ich sie nie gekannt.<br />
+<br />
+Dann weiß ich nicht sicher, wer da schreit,<br />
+ich oder irgendwer.<br />
+Ich schreie um eine Kleinigkeit.<br />
+Die Dichter schrein um mehr.<br />
+<br />
+Und endlich mach ich noch mein Gesicht<br />
+mit beiden Augen zu;<br />
+wie's dann in der Hand liegt mit seinem Gewicht,<br />
+sieht es fast aus wie Ruh.<br />
+Damit sie nicht meinen, ich hätte nicht,<br />
+wohin ich mein Haupt tu.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+DAS LIED DES BLINDEN<br />
+<br />
+<br />
+Ich bin blind, ihr draußen, das ist ein Fluch,<br />
+ein Widerwillen, ein Widerspruch,<br />
+etwas täglich Schweres.<br />
+Ich leg meine Hand auf den Arm der Frau,<br />
+meine graue Hand auf ihr graues Grau,<br />
+und sie führt mich durch lauter Leeres.<br />
+<br />
+Ihr rührt euch und rückt und bildet euch ein,<br />
+anders zu klingen als Stein auf Stein,<br />
+aber ihr irrt euch: ich allein<br />
+lebe und leide und lärme.<br />
+In mir ist ein endloses Schrein,<br />
+und ich weiß nicht, schreit mir mein<br />
+Herz oder meine Gedärme.<br />
+<br />
+Erkennt ihr die Lieder? Ihr sanget sie nicht,<br />
+nicht ganz in dieser Betonung.<br />
+Euch kommt jeden Morgen das neue Licht<br />
+warm in die offene Wohnung.<br />
+Und ihr habt ein Gefühl von Gesicht zu Gesicht,<br />
+und das verleitet zur Schonung.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+DAS LIED DES TRINKERS<br />
+<br />
+<br />
+Es war nicht in mir. Es ging aus und ein.<br />
+Da wollt ich es halten. Da hielt es der Wein.<br />
+(Ich weiß nicht mehr, was es war.)<br />
+Dann hielt er mir jenes und hielt mir dies,<br />
+bis ich mich ganz auf ihn verließ.<br />
+Ich Narr.<br />
+<br />
+Jetzt bin ich in seinem Spiel, und er streut<br />
+mich verächtlich herum und verliert mich noch heut<br />
+an dieses Vieh, an den Tod.<br />
+Wenn der mich, schmutzige Karte, gewinnt,<br />
+so kratzt er mit mir seinen grauen Grind<br />
+und wirft mich fort in den Kot.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+DAS LIED DES SELBSTMÖRDERS<br />
+<br />
+<br />
+Also noch einen Augenblick.<br />
+Daß sie mir immer wieder den Strick<br />
+zerschneiden.<br />
+Neulich war ich so gut bereit,<br />
+und es war schon ein wenig Ewigkeit<br />
+in meinen Eingeweiden.<br />
+<br />
+Halten sie mir den Löffel her,<br />
+diesen Löffel Leben.<br />
+Nein, ich will und ich will nicht mehr,<br />
+laßt mich mich übergeben.<br />
+<br />
+Ich weiß, das Leben ist gar und gut,<br />
+und die Welt ist ein voller Topf,<br />
+aber mir geht es nicht ins Blut,<br />
+mir steigt es nur zu Kopf.<br />
+<br />
+Andere nährt es, mich macht es krank;<br />
+begreift, daß man's verschmäht.<br />
+Mindestens ein Jahrtausend lang<br />
+brauch ich jetzt Diät.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+DAS LIED DER WITWE<br />
+<br />
+<br />
+Am Anfang war mir das Leben gut.<br />
+Es hielt mich warm, es machte mir Mut.<br />
+Daß es das allen Jungen tut,<br />
+wie könnt ich das damals wissen.<br />
+Ich wußte nicht, was das Leben war&mdash;,<br />
+auf einmal war es nur Jahr und Jahr,<br />
+nicht mehr gut, nicht mehr neu, nicht mehr wunderbar,<br />
+wie mitten entzweigerissen.<br />
+<br />
+Das war nicht seine, nicht meine Schuld;<br />
+wir hatten beide nichts als Geduld,<br />
+aber der Tod hat keine.<br />
+Ich sah ihn kommen (wie schlecht er kam),<br />
+und ich schaute ihm zu, wie er nahm und nahm:<br />
+es war ja gar nicht das Meine.<br />
+<br />
+Was war denn das Meine; meines, mein?<br />
+War mir nicht selbst mein Elendsein<br />
+nur vom Schicksal geliehn?<br />
+Das Schicksal will nicht nur das Glück,<br />
+es will die Pein und das Schrein zurück,<br />
+und es kauft für alt den Ruin.<br />
+<br />
+Das Schicksal war da und erwarb für ein Nichts<br />
+jeden Ausdruck meines Gesichts,<br />
+bis auf die Art zu gehn.<br />
+Das war ein täglicher Ausverkauf,<br />
+und als ich leer war, gab es mich auf<br />
+und ließ mich offen stehn.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+DAS LIED DES IDIOTEN<br />
+<br />
+<br />
+Sie hindern mich nicht. Sie lassen mich gehn.<br />
+Sie sagen, es könne nichts geschehn.<br />
+Wie gut.<br />
+Es kann nichts geschehn. Alles kommt und kreist<br />
+immerfort um den Heiligen Geist,<br />
+um den gewissen Geist (du weißt)&mdash;,<br />
+wie gut.<br />
+<br />
+Nein, man muß wirklich nicht meinen, es sei<br />
+irgendeine Gefahr dabei.<br />
+Da ist freilich das Blut.<br />
+Das Blut ist das Schwerste. Das Blut ist schwer,<br />
+manchmal glaub ich, ich kann nicht mehr&mdash;.<br />
+(Wie gut.)<br />
+<br />
+Ah, was ist das für ein schöner Ball;<br />
+rot und rund wie ein Überall.<br />
+Gut, daß ihr ihn erschuft.<br />
+Ob der wohl kommt, wenn man ruft?<br />
+<br />
+Wie sich das alles seltsam benimmt,<br />
+ineinandertreibt, auseinanderschwimmt:<br />
+freundlich, ein wenig unbestimmt;<br />
+wie gut.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+DAS LIED DER WAISE<br />
+<br />
+<br />
+Ich bin niemand und werde auch niemand sein.<br />
+Jetzt bin ich ja zum Sein noch zu klein;<br />
+aber auch später.<br />
+<br />
+Mütter und Väter,<br />
+erbarmt euch mein.<br />
+<br />
+Zwar es lohnt nicht des Pflegens Müh:<br />
+ich werde doch gemäht.<br />
+Mich kann keiner brauchen: jetzt ist es zu früh,<br />
+und morgen ist es zu spät.<br />
+<br />
+Ich habe nur dieses eine Kleid,<br />
+es wird dünn, und es verbleicht,<br />
+aber es hält eine Ewigkeit<br />
+auch noch vor Gott vielleicht.<br />
+<br />
+Ich habe nur dieses bißchen Haar<br />
+(immer dasselbe blieb),<br />
+das einmal Eines Liebstes war.<br />
+<br />
+Nun hat er nichts mehr lieb.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+DAS LIED DES ZWERGES<br />
+<br />
+<br />
+Meine Seele ist vielleicht grad und gut;<br />
+aber mein Herz, mein verbogenes Blut,<br />
+alles das, was mir wehe tut,<br />
+kann sie nicht aufrecht tragen.<br />
+Sie hat keinen Garten, sie hat kein Bett,<br />
+sie hängt an meinem scharfen Skelett<br />
+mit entsetztem Flügelschlagen?<br />
+<br />
+Aus meinen Händen wird auch nichts mehr.<br />
+Wie verkümmert sie sind, sieh her:<br />
+zähe hüpfen sie, feucht und schwer,<br />
+wie kleine Kröten nach Regen.<br />
+Und das andere an mir ist<br />
+abgetragen und alt und trist;<br />
+warum zögert Gott, auf den Mist<br />
+alles das hinzulegen?<br />
+<br />
+Ob er mir zürnt für mein Gesicht<br />
+mit dem mürrischen Munde?<br />
+Es war ja so oft bereit, ganz licht<br />
+und klar zu werden im Grunde;<br />
+aber nichts kam ihm je so dicht<br />
+wie die großen Hunde.<br />
+Und die Hunde haben das nicht.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+DAS LIED DES AUSSÄTZIGEN<br />
+<br />
+<br />
+Sieh, ich bin einer, den alles verlassen hat.<br />
+Keiner weiß in der Stadt von mir,<br />
+Aussatz hat mich befallen.<br />
+Und ich schlage mein Klapperwerk,<br />
+klopfe mein trauriges Augenmerk<br />
+in die Ohren allen,<br />
+die nahe Vorübergehn.<br />
+Und die es hölzern hören, sehn<br />
+erst gar nicht her, und was hier geschehn,<br />
+wollen sie nicht erfahren.<br />
+<br />
+Soweit der Klang meiner Klapper reicht,<br />
+bin ich zuhause; aber vielleicht<br />
+machst du meine Klapper so laut,<br />
+daß sich keiner in meine Ferne traut,<br />
+der mir jetzt aus der Nähe weicht.<br />
+So daß ich sehr lange gehen kann,<br />
+ohne Mädchen, Frau oder Mann<br />
+oder Kind zu entdecken.<br />
+<br />
+Tiere will ich nicht schrecken.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="VON_DEN_FONTANEN" id="VON_DEN_FONTANEN"></a>VON DEN FONTÄNEN<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+Auf einmal weiß ich viel von den Fontänen,<br />
+den unbegreiflichen Bäumen aus Glas.<br />
+Ich könnte reden wie von eignen Tränen,<br />
+die ich, ergriffen von sehr großen Träumen,<br />
+einmal vergeudete und dann vergaß.<br />
+<br />
+Vergaß ich denn, daß Himmel Hände reichen<br />
+zu vielen Dingen und in das Gedränge?<br />
+Sah ich nicht immer Großheit ohnegleichen<br />
+im Aufstieg alter Parke vor den weichen<br />
+erwartungsvollen Abenden,&mdash;in bleichen,<br />
+aus fremden Mädchen steigenden Gesängen,<br />
+die überfließen aus der Melodie<br />
+und wirklich werden und als müßten sie<br />
+sich spiegeln in den aufgetanen Teichen?<br />
+<br />
+Ich muß mich nur erinnern an das alles,<br />
+was an Fontänen und an mir geschah,<br />
+dann fühl ich auch die Last des Niederfalles,<br />
+in welcher ich die Wasser wiedersah:<br />
+und weiß von Zweigen, die sich abwärts wandten,<br />
+von Stimmen, die mit kleiner Flamme brannten,<br />
+von Teichen, welche nur die Uferkanten<br />
+schwachsinnig und verschoben wiederholten,<br />
+von Abendhimmeln, welche von verkohlten<br />
+westlichen Wäldern ganz entfremdet traten,<br />
+sich anders wölbten, dunkelten und taten,<br />
+als wär das nicht die Welt, die sie gemeint....<br />
+<br />
+Vergaß ich denn, daß Stern bei Stern versteint<br />
+und sich verschließt gegen die Nachbargloben?<br />
+Daß sich die Welten nur noch wie verweint<br />
+im Raum erkennen?&mdash;Vielleicht sind wir oben,<br />
+in Himmel andrer Wesen eingewoben,<br />
+die zu uns aufschaun abends. Vielleicht loben<br />
+uns ihre Dichter. Vielleicht beten viele<br />
+zu uns empor. Vielleicht sind wir die Ziele<br />
+von fremden Flüchen, die uns nie erreichen,<br />
+Nachbaren eines Gottes, den sie meinen<br />
+in unsrer Höhe, wenn sie einsam weinen,<br />
+an den sie glauben und den sie verlieren,<br />
+und dessen Bildnis, wie ein Schein aus ihren<br />
+suchenden Lampen, flüchtig und verweht,<br />
+über unsere zerstreuten Gesichter geht....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DER_LESENDE" id="DER_LESENDE"></a>DER LESENDE<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+Ich las schon lang. Seit dieser Nachmittag,<br />
+mit Regen rauschend, an den Fenstern lag.<br />
+Vom Winde draußen hörte ich nichts mehr:<br />
+mein Buch war schwer.<br />
+Ich sah ihm in die Blätter wie in Mienen,<br />
+die dunkel werden von Nachdenklichkeit,<br />
+und um mein Lesen staute sich die Zeit.&mdash;<br />
+Auf einmal sind die Seiten überschienen,<br />
+und statt der bangen Wortverworrenheit<br />
+steht: Abend, Abend ... überall auf ihnen;<br />
+ich schau noch nicht hinaus, und doch zerreißen<br />
+die langen Zeilen, und die Worte rollen<br />
+von ihren Fäden fort, wohin sie wollen....<br />
+Da weiß ich es: über den übervollen<br />
+glänzenden Gärten sind die Himmel weit;<br />
+die Sonne hat noch einmal kommen sollen.&mdash;<br />
+Und jetzt wird Sommernacht, soweit man sieht:<br />
+Zu wenig Gruppen stellt sich das Verstreute,<br />
+dunkel auf langen Wegen gehn die Leute,<br />
+und seltsam weit, als ob es mehr bedeute,<br />
+hört man das Wenige, das noch geschieht.<br />
+<br />
+Und wenn ich jetzt vom Buch die Augen hebe,<br />
+wird nichts befremdlich sein und alles groß.<br />
+Dort draußen ist, was ich hier drinnen lebe,<br />
+und hier und dort ist alles grenzenlos;<br />
+nur daß ich mich noch mehr damit verwebe,<br />
+wenn meine Blicke an die Dinge passen<br />
+und an die ernste Einfachheit der Massen,&mdash;<br />
+da wächst die Erde über sich hinaus.<br />
+Den ganzen Himmel scheint sie zu umfassen:<br />
+der erste Stern ist wie das letzte Haus.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DER_SCHAUENDE" id="DER_SCHAUENDE"></a>DER SCHAUENDE<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+Ich sehe den Bäumen die Stürme an,<br />
+die aus laugewordenen Tagen<br />
+an meine ängstlichen Fenster schlagen,<br />
+und höre die Fernen Dinge sagen,<br />
+die ich nicht ohne Freund ertragen,<br />
+nicht ohne Schwester lieben kann.<br />
+<br />
+Da geht der Sturm, ein Umgestalter,<br />
+geht durch den Wald und durch die Zeit,<br />
+und alles ist wie ohne Alter:<br />
+die Landschaft, wie ein Vers im Psalter,<br />
+ist Ernst und Wucht und Ewigkeit.<br />
+<br />
+Wie ist das klein, womit wir ringen,<br />
+was mit uns ringt, wie ist das groß;<br />
+ließen wir, ähnlicher den Dingen,<br />
+uns so vom großen Sturm bezwingen,&mdash;<br />
+wir würden weit und namenlos.<br />
+<br />
+Was wir besiegen, ist das Kleine,<br />
+und der Erfolg selbst macht uns klein.<br />
+Das Ewige und Ungemeine<br />
+will nicht von uns gebogen sein.<br />
+Das ist der Engel, der den Ringern<br />
+des Alten Testaments erschien:<br />
+Wenn seiner Widersacher Sehnen<br />
+im Kampfe sich metallen dehnen,<br />
+fühlt er sie unter seinen Fingern<br />
+wie Saiten tiefer Melodien.<br />
+<br />
+Wen dieser Engel überwand,<br />
+welcher so oft auf Kampf verzichtet,<br />
+der geht gerecht und aufgerichtet<br />
+und groß aus jener harten Hand,<br />
+die sich, wie formend, an ihn schmiegte.<br />
+Die Siege laden ihn nicht ein.<br />
+Sein Wachstum ist: Der Tiefbesiegte<br />
+von immer Größerem zu sein.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+AUS EINER STURMNACHT<br />
+<br />
+ACHT BLÄTTER MIT EINEM TITELBLATT<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+TITELBLATT<br />
+<br />
+<br />
+Die Nacht, vom wachsenden Sturme bewegt,<br />
+wie wird sie auf einmal weit,&mdash;<br />
+als bliebe sie sonst zusammengelegt<br />
+in die kleinlichen Falten der Zeit.<br />
+Wo die Sterne ihr wehren, dort endet sie nicht<br />
+und beginnt nicht mitten im Wald<br />
+und nicht an meinem Angesicht<br />
+und nicht mit deiner Gestalt.<br />
+Die Lampen stammeln und wissen nicht:<br />
+Lügen wir Licht?<br />
+Ist die Nacht die einzige Wirklichkeit<br />
+seit Jahrtausenden....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+In solchen Nächten kannst du in den Gassen<br />
+Zukünftigen begegnen, schmalen blassen<br />
+Gesichtern, die dich nicht erkennen<br />
+und dich schweigend vorüberlassen.<br />
+Aber wenn sie zu reden begännen,<br />
+wärst du ein Lange vergangener,<br />
+wie du da stehst,<br />
+langeverwest.<br />
+Doch sie bleiben im Schweigen wie Tote,<br />
+obwohl sie die Kommenden sind.<br />
+Zukunft beginnt noch nicht.<br />
+Sie halten nur ihr Gesicht in die Zeit<br />
+und können, wie unter Wasser, nicht schauen;<br />
+und ertragen sie's doch eine Weile,<br />
+sehn sie wie unter den Wellen: die Eile<br />
+von Fischen und das Tauchen von Tauen.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+In solchen Nächten gehn die Gefängnisse auf.<br />
+Und durch die bösen Träume der Wächter<br />
+gehn mit leisem Gelächter<br />
+die Verächter ihrer Gewalt.<br />
+Wald! Sie kommen zu dir, um in dir zu schlafen,<br />
+mit ihren langen Strafen behangen.<br />
+<span style="margin-left: 3.5em;">Wald!</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+In solchen Nächten ist auf einmal Feuer<br />
+in einer Oper. Wie ein Ungeheuer<br />
+beginnt der Riesenraum mit seinen Rängen<br />
+Tausende, die sich in ihm drängen,<br />
+zu kauen.<br />
+Männer und Frauen<br />
+staun sich in den Gängen,<br />
+und wie sich alle aneinander hängen,<br />
+bricht das Gemäuer, und es reißt sie mit.<br />
+Und niemand weiß mehr, wer ganz unten litt;<br />
+während ihm einer schon das Herz zertritt,<br />
+sind seine Ohren noch ganz voll von Klängen,<br />
+die dazu hingehn....<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+In solchen Nächten, wie vor vielen Tagen,<br />
+fangen die Herzen in den Sarkophagen<br />
+vergangner Fürsten wieder an zu gehn:<br />
+und so gewaltig drängt ihr Wiederschlagen<br />
+gegen die Kapseln, welche widerstehn,<br />
+daß sie die goldnen Schalen weitertragen<br />
+durch Dunkel und Damaste, die zerfallen.<br />
+Schwarz schwankt der Dom mit allen seinen Hallen.<br />
+Die Glocken, die sich in die Türme krallen,<br />
+hängen wie Vögel, bebend stehn die Türen,<br />
+und an den Trägern zittert jedes Glied:<br />
+als trügen seinen gründenden Granit<br />
+blinde Schildkröten, die sich rühren.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+In solchen Nächten wissen die Unheilbaren:<br />
+Wir waren....<br />
+Und sie denken unter den Kranken<br />
+einen einfachen guten Gedanken<br />
+weiter, dort, wo er abbrach.<br />
+Doch von den Söhnen, die sie gelassen,<br />
+geht der jüngste vielleicht in den einsamsten Gassen;<br />
+denn gerade diese Nächte<br />
+sind ihm, als ob er zum erstenmal dächte:<br />
+Lange lag es über ihm bleiern,<br />
+aber jetzt wird sich alles entschleiern,&mdash;<br />
+und: daß er das feiern wird,<br />
+<span style="margin-left: 3.5em;">fühlt er....</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+In solchen Nächten sind alle die Städte gleich,<br />
+alle beflaggt.<br />
+Und an den Fahnen vom Sturm gepackt<br />
+und wie an Haaren hinausgerissen<br />
+in irgendein Land mit ungewissen<br />
+Umrissen und Flüssen.<br />
+In allen Gärten ist dann ein Teich,<br />
+an jedem Teiche dasselbe Haus,<br />
+in jedem Hause dasselbe Licht;<br />
+und alle Menschen sehn ähnlich aus<br />
+und halten die Hände vorm Gesicht.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+In solchen Nächten werden die Sterbenden klar,<br />
+greifen sich leise ins wachsende Haar,<br />
+dessen Halme aus ihres Schädels Schwäche<br />
+in diesen langen Tagen treiben,<br />
+als wollten sie über der Oberfläche<br />
+des Todes bleiben.<br />
+Ihre Gebärde geht durch das Haus,<br />
+als wenn überall Spiegel hingen;<br />
+und sie geben&mdash;mit diesem Graben<br />
+in ihren Haaren&mdash;Kräfte aus,<br />
+die sie in Jahren gesammelt haben,<br />
+<span style="margin-left: 3.5em;">welche vergingen.</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+In solchen Nächten wächst mein Schwesterlein,<br />
+das vor mir war und vor mir starb, ganz klein.<br />
+Viel solche Nächte waren schon seither:<br />
+Sie muß schon schön sein. Bald wird irgendwer<br />
+<span style="margin-left: 3.5em;">sie frein.</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="DIE_BLINDE" id="DIE_BLINDE"></a>DIE BLINDE<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<i>Der Fremde</i>:<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Du bist nicht bang, davon zu sprechen?</span><br />
+<i>Die Blinde</i>:<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Nein.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Es ist so ferne. Das war eine andre.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Die damals sah, die laut und schauend lebte,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">die starb.</span><br />
+<i>Der Fremde</i>:<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Und hatte einen schweren Tod?</span><br />
+<i>Die Blinde</i>:<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Sterben ist Grausamkeit an Ahnungslosen.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Stark muß man sein, sogar wenn Fremdes stirbt.</span><br />
+<i>Der Fremde</i>:<br />
+Sie war dir fremd?<br />
+<i>Die Blinde</i>:<br />
+<span style="margin-left: 1em;">&mdash;Oder: sie ists geworden.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Der Tod entfremdet selbst dem Kind die Mutter.&mdash;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Doch es war schrecklich in den ersten Tagen.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Am ganzen Leibe war ich wund. Die Welt,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">die in den Dingen blüht und reift,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">war mit den Wurzeln aus mir ausgerissen,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">mit meinem Herzen (schien mir), und ich lag</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">wie aufgewühlte Erde offen da und trank</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">den kalten Regen meiner Tränen,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">der aus den toten Augen unaufhörlich</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und leise strömte, wie aus leeren Himmeln,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">wenn Gott gestorben ist, die Wolken fallen.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Und mein Gehör war groß und allem offen.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich hörte Dinge, die nicht hörbar sind:</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">die Zeit, die über meine Haare floß,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">die Stille, die in zarten Gläsern klang,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und fühlte: nah bei meinen Händen ging</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">der Atem einer großen weißen Rose.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Und immer wieder dacht ich: Nacht und: Nacht</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und glaubte einen hellen Streif zu sehn,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">der wachsen würde wie ein Tag;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und glaubte auf den Morgen zuzugehn,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">der längst in meinen Händen lag.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Die Mutter weckt ich, wenn der Schlaf mir schwer</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">hinunterfiel vom dunklen Gesicht,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">der Mutter rief ich: "Du, komm her!</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Mach Licht!"</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Und horchte. Lange, lange blieb es still,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und meine Kissen fühlte ich verneinen,&mdash;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">dann wars, als säh ich etwas scheinen:</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">das war der Mutter wehes Weinen,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">an das ich nicht mehr denken will.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Mach Licht! Mach Licht! Ich schrie es oft im Traum:</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Der Raum ist eingefallen. Nimm den Raum</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">mir vom Gesicht und von der Brust.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Du mußt ihn heben, hochheben,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">mußt ihn wieder den Sternen geben;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">ich kann nicht leben so, mit dem Himmel auf mir.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Aber Sprech ich zu dir, Mutter?</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Oder zu wem denn? Wer ist denn dahinter?</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Wer ist denn hinter dem Vorhang?&mdash;Winter?</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Mutter: Sturm? Mutter: Nacht? Sag!</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Oder: Tag?... Tag!</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ohne mich! Wie kann es denn ohne mich Tag sein?</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Fehl ich denn nirgends?</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Fragt denn niemand nach mir?</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Sind wir denn ganz vergessen?</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Wir?... Aber du bist ja dort;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">du hast ja noch alles, nicht?</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Um dein Gesicht sind noch alle Dinge bemüht,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">ihm wohlzutun.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Wenn deine Augen ruhn</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und wenn sie noch so müd waren,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">sie können wieder steigen.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">... Meine schweigen.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Meine Blumen werden die Farbe verlieren.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Meine Spiegel werden zufrieren.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">In meinen Büchern werden die Zeilen verwachsen.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Meine Vögel werden in den Gassen</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">herumflattern und sich an fremden Fenstern verwunden.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Nichts ist mehr mit mir verbunden.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich bin von allem verlassen.&mdash;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich bin eine Insel.</span><br />
+<i>Der Fremde</i>:<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Und ich bin über das Meer gekommen.</span><br />
+<i>Die Blinde</i>:<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Wie? Auf die Insel?... Hergekommen?</span><br />
+<i>Der Fremde</i>:<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich bin noch im Kahne.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich habe ihn leise angelegt&mdash;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">an dich. Er ist bewegt:</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">seine Fahne weht landein.</span><br />
+<i>Die Blinde</i>:<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich bin eine Insel und allein.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich bin reich.&mdash;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Zuerst, als die alten Wege noch waren</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">in meinen Nerven, ausgefahren</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">von vielem Gebrauch:</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">da litt ich auch.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Alles ging mir aus dem Herzen fort,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">ich wußte erst nicht wohin;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">aber dann fand ich sie alle dort,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">alle Gefühle, das, was ich bin,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">stand versammelt und drängte und schrie</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">an den vermauerten Augen, die sich nicht rührten.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Alle meine verführten Gefühle....</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich weiß nicht, ob sie Jahre so standen,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">aber ich weiß von den Wochen,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">da sie alle zurückkamen gebrochen</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und niemanden erkannten.</span><br />
+<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Dann wuchs der Weg zu den Augen zu.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich weiß ihn nicht mehr.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Jetzt geht alles in mir umher,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">sicher und sorglos; wie Genesende</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">gehn die Gefühle, genießend das Gehn,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">durch meines Leibes dunkles Haus.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Einige sind Lesende</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">über Erinnerungen;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">aber die jungen</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">sehn alle hinaus.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Denn wo sie hintreten an meinen Rand,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">ist mein Gewand von Glas.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Meine Stirne sieht, meine Hand las</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Gedichte in anderen Händen.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Mein Fuß spricht mit den Steinen, die er betritt,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">meine Stimme nimmt jeder Vogel mit</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">aus den täglichen Wänden.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich muß nichts mehr entbehren jetzt,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">alle Farben sind übersetzt</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">in Geräusch und Geruch.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Und sie klingen unendlich schön</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">als Töne.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Was soll mir ein Buch?</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">In den Bäumen blättert der Wind;</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und ich weiß, was dorten für Worte sind,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">und wiederhole sie manchmal leis.</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">Und der Tod, der Augen wie Blumen bricht,</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;">findet meine Augen nicht....</span><br />
+<i>Der Fremde</i> (leise):<br />
+<span style="margin-left: 1em;">Ich weiß.</span><br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="REQUIEM" id="REQUIEM"></a>REQUIEM<br />
+<br />
+CLARA WESTHOFF GEWIDMET<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+Seit einer Stunde ist um ein Ding mehr<br />
+auf Erden. Mehr um einen Kranz.<br />
+Vor einer Weile war das leichtes Laub ... Ich wand's:<br />
+und jetzt ist dieser Efeu seltsam schwer<br />
+und so von Dunkel voll, als tränke er<br />
+aus meinen Dingen zukünftige Nächte.<br />
+Jetzt graut mir fast vor dieser nächsten Nacht,<br />
+allein mit diesem Kranz, den ich gemacht,<br />
+nicht ahnend, daß da etwas wird,<br />
+wenn sich die Ranken ründen um den Reifen;<br />
+ganz nur bedürftig, dieses zu begreifen:<br />
+daß etwas nicht mehr sein kann. Wie verirrt<br />
+in nie betretene Gedanken, darinnen wunderliche Dinge stehn,<br />
+die ich schon einmal gesehen haben muß....<br />
+<br />
+... Flußabwärts treiben die Blumen, welche die<br />
+Kinder gerissen haben im Spiel; aus den offenen<br />
+Fingern fiel eine und eine, bis daß der Strauß nicht<br />
+mehr zu erkennen war. Bis der Rest, den sie nach<br />
+Haus gebracht, gerade gut zum Verbrennen war.<br />
+Dann konnte man ja die ganze Nacht, wenn einen<br />
+alle schlafen meinen, um die gebrochenen Blumen<br />
+weinen.<br />
+<br />
+Gretel, von allem Anbeginn<br />
+war dir bestimmt, sehr zeitig zu sterben,<br />
+blond zu sterben.<br />
+Lange schon, eh dir zu leben bestimmt war.<br />
+<br />
+Darum stellte der Herr eine Schwester vor dich<br />
+und dann einen Bruder,<br />
+damit vor dir wären zwei Nahe, zwei Reine,<br />
+welche das Sterben dir zeigten,<br />
+das deine:<br />
+dein Sterben.<br />
+Deine Geschwister wurden erfunden,<br />
+nur, damit du dich dran, gewöhntest<br />
+und dich an zweien Sterbestunden<br />
+mit der dritten versöhntest,<br />
+die dir seit Jahrtausenden droht.<br />
+Für deinen Tod<br />
+sind Leben erstanden;<br />
+Hände, welche Blüten banden,<br />
+Blicke, welche die Rosen rot<br />
+und die Menschen mächtig empfanden,<br />
+hat man gebildet und wieder vernichtet<br />
+und hat zweimal das Sterben gedichtet,<br />
+eh es, gegen dich selbst gerichtet,<br />
+aus der verloschenen Bühne trat.<br />
+<br />
+... Nahte es dir schrecklich, geliebte Gespielin?<br />
+war es dein Feind?<br />
+Hast du dich ihm ans Herz geweint?<br />
+Hat es dich aus den heißen Kissen<br />
+in die flackernde Nacht gerissen,<br />
+in der niemand schlief im ganzen Haus...?<br />
+Wie sah es aus?<br />
+Du mußt es wissen....<br />
+Du bist dazu in die Heimat gereist.<br />
+_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _<br />
+<br />
+Du weißt,<br />
+wie die Mandeln blühn,<br />
+und daß Seen blau sind.<br />
+Viele Dinge, die nur im Gefühle der Frau sind,<br />
+welche die erste Liebe erfuhr,<br />
+weißt du. Dir flüsterte die Natur<br />
+in des Südens spätdämmernden Tagen<br />
+so unendliche Schönheit ein,<br />
+wie sonst nur selige Lippen sie sagen<br />
+seliger Menschen, die zu zwein<br />
+eine Welt haben und eine Stimme&mdash;<br />
+leiser hast du das alles gespürt,&mdash;<br />
+(o wie hat das unendlich Grimme<br />
+deine unendliche Demut berührt).<br />
+Deine Briefe kamen von Süden,<br />
+warm noch von Sonne, aber verwaist,&mdash;<br />
+endlich bist du selbst deinen müden<br />
+bittenden Briefen nachgereist;<br />
+denn du warst nicht gerne im Glänze,<br />
+jede Farbe lag auf dir wie Schuld,<br />
+und du lebtest in Ungeduld,<br />
+denn du wußtest: Das ist nicht das Ganze.<br />
+Leben ist nur ein Teil ... Wovon?<br />
+Leben ist nur ein Ton ... Worin?<br />
+Leben hat Sinn nur verbunden mit vielen<br />
+Kreisen des weithin wachsenden Raumes,&mdash;<br />
+Leben ist so nur der Traum eines Traumes,<br />
+aber Wachsein ist anderswo.<br />
+So ließest du's los.<br />
+Groß ließest du's los.<br />
+Und wir kannten dich klein.<br />
+Dein war so wenig: ein Lächeln, ein kleines,<br />
+ein bißchen melancholisch schon immer,<br />
+sehr sanftes Haar und ein kleines Zimmer,<br />
+das dir seit dem Tode der Schwester weit war.<br />
+Als ob alles andere nur dein Kleid war,<br />
+so scheint es mir jetzt, du stilles Gespiel.<br />
+Aber sehr viel<br />
+warst du. Und wir wußten's manchmal,<br />
+wenn du am Abend kamst in den Saal;<br />
+wußten manchmal: jetzt müßte man beten;<br />
+eine Menge ist eingetreten,<br />
+eine Menge, welche dir nachgeht,<br />
+weil du den Weg weißt.<br />
+Und du hast ihn wissen gemußt<br />
+und hast ihn gewußt<br />
+gestern....<br />
+Jüngste der Schwestern.<br />
+<br />
+Sieh her,<br />
+dieser Kranz ist so schwer.<br />
+Und sie werden ihn auf dich legen,<br />
+diesen schweren Kranz.<br />
+Kann's dein Sarg aushalten?<br />
+Wenn er bricht<br />
+unter dem schwarzen Gewicht,<br />
+kriecht in die Falten<br />
+von deinem Kleid<br />
+Efeu.<br />
+Weit rankt er hinauf,<br />
+rings rankt er dich um,<br />
+und der Saft, der sich in seinen Ranken bewegt,<br />
+regt dich auf mit seinem Geräusch;<br />
+so keusch bist du.<br />
+Aber du bist nicht mehr zu.<br />
+Langgedehnt bist du und laß.<br />
+Deines Leibes Türen sind angelehnt,<br />
+und naß<br />
+tritt der Efeu ein....<br />
+_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ <br />
+<br />
+Wie Reihn<br />
+von Nonnen,<br />
+die sich fuhren<br />
+an schwarzem Seil,<br />
+weil es dunkel ist in dir, du Bronnen.<br />
+In den leeren Gängen<br />
+deines Blutes drängen sie zu deinem Herzen;<br />
+wo sonst deine sanften Schmerzen<br />
+sich begegneten mit bleichen<br />
+Freuden und Erinnerungen,<br />
+wandeln sie wie im Gebet<br />
+in das Herz, das, ganz verklungen,<br />
+dunkel, allen offen steht.<br />
+Aber dieser Kranz ist schwer<br />
+nur im Licht,<br />
+nur unter Lebenden, hier bei mir;<br />
+und sein Gewicht<br />
+ist nicht mehr,<br />
+wenn ich ihn zu dir legen werde.<br />
+Die Erde ist voller Gleichgewicht,<br />
+deine Erde.<br />
+Er ist schwer von meinen Augen, die daran hängen,<br />
+schwer von den Gängen,<br />
+die ich um ihn getan;<br />
+Ängste aller, welche ihn sahn,<br />
+haften daran.<br />
+Nimm ihn zu dir, denn er ist dein,<br />
+seit er ganz fertig ist.<br />
+Nimm ihn von mir.<br />
+Laß mich allein! Er ist wie ein Gast....<br />
+Fast schäm ich mich seiner.<br />
+Hast du auch Furcht, Gretel?<br />
+<br />
+Du kannst nicht mehr gehn?<br />
+Kannst nicht mehr bei mir in der Stube stehn?<br />
+Tun dir die Füße weh?<br />
+So bleib, wo jetzt alle beisammen sind,<br />
+man wird ihn dir morgen bringen, mein Kind,<br />
+durch die entlaubte Allee.<br />
+Man wird ihn dir bringen, warte getrost,&mdash;<br />
+man bringt dir morgen noch mehr.<br />
+<br />
+Wenn es auch morgen tobt und tost,<br />
+das schadet den Blumen nicht sehr.<br />
+Man wird sie dir bringen. Du hast das Recht,<br />
+sie sicher zu haben, mein Kind,<br />
+und wenn sie auch morgen schwarz und schlecht<br />
+und lange vergangen sind.<br />
+Sei deshalb nicht bange. Du wirst nicht mehr<br />
+unterscheiden, was steigt oder sinkt;<br />
+die Farben sind zu, und die Töne sind leer,<br />
+und du wirst auch gar nicht mehr wissen, wer<br />
+dir alle die Blumen bringt.<br />
+<br />
+Jetzt weißt du das andre, das uns verstößt,<br />
+sooft wir's im Dunkel erfaßt;<br />
+von dem, was du sehntest, bist du erlöst<br />
+zu etwas, was du hast.<br />
+Unter uns warst du von kleiner Gestalt,<br />
+vielleicht bist du jetzt ein erwachsener Wald<br />
+mit Winden und Stimmen im Laub.&mdash;<br />
+Glaub mir, Gespiel, dir geschah nicht Gewalt:<br />
+dein Tod war schon alt,<br />
+als dein Leben begann;<br />
+drum griff er es an,<br />
+damit es ihn nicht überlebte.<br />
+<br />
+Schwebte etwas um mich?<br />
+Trat Nachtwind herein?<br />
+Ich bebte nicht.<br />
+Ich bin stark und allein.&mdash;<br />
+Was hab ich heute geschafft?<br />
+<br />
+... Efeulaub holt' ich am Abend und wand's<br />
+und bog es zusammen, bis es ganz gehorchte.<br />
+Noch glänzt es mit schwarzem Glanz.<br />
+Und meine Kraft<br />
+kreist in dem Kranz.<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<a name="SCHLUSSSTUCK" id="SCHLUSSSTUCK"></a>SCHLUSSSTÜCK<br />
+<br />
+<br />
+Der Tod ist groß.<br />
+Wir sind die Seinen<br />
+lachenden Munds.<br />
+Wenn wir uns mitten im Leben meinen,<br />
+wagt er zu weinen<br />
+mitten in uns.<br />
+</p>
+
+<hr style="width: 95%;" />
+<p>
+<span style="margin-left: 1em;"><a name="INHALT" id="INHALT"></a><b>INHALT</b></span><br />
+<br />
+<span style="margin-left: 1em;">DES ERSTEN BUCHES ERSTER TEIL</span><br />
+<br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#EINGANG">Eingang</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#AUS_EINEM_APRIL">Aus einem April</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#MONDNACHT">Mondnacht</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#RITTER">Ritter</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#MADCHENMELANCHOLIE">Mädchenmelancholie</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#VON_DEN_MADCHEN">Von den Mädchen</a> I</span><br />
+<span style="margin-left: 8em;">II</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DAS_LIED_DER_BILDSAULE">Das Lied der Bildsäule</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DER_WAHNSINN">Der Wahnsinn</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_LIEBENDE">Die Liebende</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_BRAUT">Die Braut</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_STILLE">Die Stille</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#MUSIK">Musik</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_ENGEL">Die Engel</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DER_SCHUTZENGEL">Der Schutzengel</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#MARTYRINNEN">Martyrinnen</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_HEILIGE">Die Heilige</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#KINDHEIT">Kindheit</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#AUS_EINER_KINDHEIT">Aus einer Kindheit</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DER_KNABE">Der Knabe</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_KONFIRMANDEN">Die Konfirmanden</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DAS_ABENDMAHL">Das Abendmahl</a></span><br />
+<br />
+<span style="margin-left: 1em;">DES ERSTEN BUCHES ZWEITER TEIL</span><br />
+<br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#INITIALE">Initiale</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#ZUM_EINSCHLAFEN_ZU_SAGEN">Zum Einschlafen zu sagen</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#MENSCHEN_BEI_NACHT">Menschen bei Nacht</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DER_NACHBAR">Der Nachbar</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#PONT_DU_CARROUSEL">Pont du Carrousel</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DER_EINSAME">Der Einsame</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_ASCHANTI">Die Aschanti</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DER_LETZTE">Der Letzte</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#BANGNIS">Bangnis</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#KLAGE">Klage</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#EINSAMKEIT">Einsamkeit</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#HERBSTTAG">Herbsttag</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#ERINNERUNG">Erinnerung</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#ENDE_DES_HERBSTES">Ende des Herbstes</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#HERBST">Herbst</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#AM_RANDE_DER_NACHT">Am Rande der Nacht</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#GEBET">Gebet</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#FORTSCHRITT">Fortschritt</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#VORGEFUHL">Vorgefühl</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#STURM">Sturm</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#ABEND_IN_SKANE">Abend in Skåne</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#ABEND">Abend</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#ERNSTE_STUNDE">Ernste Stunde</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#STROPHEN">Strophen</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#STURMNACHT">Sturmnacht</a></span><br />
+<br />
+<span style="margin-left: 1em;">DES ZWEITEN BUCHES ERSTER TEIL</span><br />
+<br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#INITIALE_1">Initiale</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#VERKUNDIGUNG">Verkündigung</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_HEILIGEN_DREI_KONIGE">Die heiligen drei Könige</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#IN_DER_CERTOSA">In der Certosa</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DAS_JUNGSTE_GERICHT">Das Jüngste Gericht</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#KARL_DER_ZWOLFTE">Karl der Zwölfte von Schweden reitet in der Ukraine</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DER_SOHN">Der Sohn</a> (und: So wurden wir verträumte Geiger)</span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_ZAREN">Die Zaren</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DER_SANGER_SINGT">Der Sänger singt vor einem Fürstenkind</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_AUS_DEM_HAUSE_COLONNA">Die aus dem Hause Colonna</a></span><br />
+<br />
+<span style="margin-left: 1em;">DES ZWEITEN BUCHES ZWEITER TEIL</span><br />
+<br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#FRAGMENTE_AUS_VERLORENEN_TAGEN">Fragmente aus verlorenen Tagen</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_STIMMEN">Die Stimmen</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#VON_DEN_FONTANEN">Von den Fontänen</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DER_LESENDE">Der Lesende</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DER_SCHAUENDE">Der Schauende</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#STURMNACHT">Aus einer Sturmnacht</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#DIE_BLINDE">Die Blinde</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#REQUIEM">Requiem</a></span><br />
+<span style="margin-left: 1em;"><a href="#SCHLUSSSTUCK">Schlußstück</a></span><br />
+</p>
+
+
+
+
+
+
+
+<pre>
+
+
+
+
+
+End of Project Gutenberg's Das Buch der Bilder, by Rainer Maria Rilke
+
+*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS BUCH DER BILDER ***
+
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+and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations.
+To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation
+and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4
+and the Foundation web page at http://www.pglaf.org.
+
+
+Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive
+Foundation
+
+The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
+501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the
+state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal
+Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
+number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at
+http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent
+permitted by U.S. federal laws and your state's laws.
+
+The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S.
+Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered
+throughout numerous locations. Its business office is located at
+809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email
+business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact
+information can be found at the Foundation's web site and official
+page at http://pglaf.org
+
+For additional contact information:
+ Dr. Gregory B. Newby
+ Chief Executive and Director
+ gbnewby@pglaf.org
+
+
+Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
+Literary Archive Foundation
+
+Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide
+spread public support and donations to carry out its mission of
+increasing the number of public domain and licensed works that can be
+freely distributed in machine readable form accessible by the widest
+array of equipment including outdated equipment. Many small donations
+($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
+status with the IRS.
+
+The Foundation is committed to complying with the laws regulating
+charities and charitable donations in all 50 states of the United
+States. Compliance requirements are not uniform and it takes a
+considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up
+with these requirements. We do not solicit donations in locations
+where we have not received written confirmation of compliance. To
+SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any
+particular state visit http://pglaf.org
+
+While we cannot and do not solicit contributions from states where we
+have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition
+against accepting unsolicited donations from donors in such states who
+approach us with offers to donate.
+
+International donations are gratefully accepted, but we cannot make
+any statements concerning tax treatment of donations received from
+outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff.
+
+Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation
+methods and addresses. Donations are accepted in a number of other
+ways including checks, online payments and credit card donations.
+To donate, please visit: http://pglaf.org/donate
+
+
+Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic
+works.
+
+Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm
+concept of a library of electronic works that could be freely shared
+with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project
+Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support.
+
+
+Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed
+editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S.
+unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily
+keep eBooks in compliance with any particular paper edition.
+
+
+Most people start at our Web site which has the main PG search facility:
+
+ http://www.gutenberg.org
+
+This Web site includes information about Project Gutenberg-tm,
+including how to make donations to the Project Gutenberg Literary
+Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to
+subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.
+
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+This eBook, including all associated images, markup, improvements,
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+the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org.
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