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| author | Roger Frank <rfrank@pglaf.org> | 2025-10-15 05:05:40 -0700 |
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Buchsbaum and the Online +Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + + + + + + + + + Gebete für Israeliten + zum Gebrauche beim + Gottesdienste, im Hause und auf dem Friedhofe + + von + + Prof. Dr. A. A. Wolff, + Oberrabbiner in Kopenhagen. + R. v. D. + + Fünfte vermehrte und verbesserte Auflage. + Frankfurt a. M. + Verlag von J. Kauffmann. + 1908. + + Druck von M. Lehrberger & Co., Rödelheim. + + * * * * * + + + + + Inhaltsverzeichnis. + + +Zu Hause ehe man ins Gotteshaus geht +Nach dem Eintritt ins Gotteshaus +Desgleichen + +I. Gebete nach den vorgeschriebenen täglichen +Gebeten zu lesen + +Allgemeines Morgengebet +Allgemeines Abendgebet + +II. Gebete für jeden Tag der Woche + +Am Sonntag. + +Morgengebet +Betrachtung über 1. B. M. 1, 3.-4. +Abendgebet + +Am Montag. + +Morgengebet +Betrachtung über 1. B. M. 1, 6.-8. +Abendgebet + +Am Dienstag. + +Morgengebet +Betrachtung über 1. B. M. 1, 9.-13. +Abendgebet + +Am Mittwoch. + +Morgengebet +Betrachtung über 1. B. M. 1, 14.-19. +Abendgebet + Seite +Am Donnerstag. + +Morgengebet +Betrachtung über 1. B. M. 1, 20.-23. +Abendgebet + +Am Freitag. + +Morgengebet +Betrachtung über 1. B. M. 1, 24.-31. +Abendgebet + +Am Sonnabend. + +Am Sabbat-Morgen +Beim Ausheben der Thora am Sabbat +Bei der Verkündigung des Neumondes +Ein anderes Gebet bei der Verkündigung des Neumondes +Am Sabbat-Nachmittag +Am Neumondstage +Am Sabbat-Abend + +III. Gebete an den Feiertagen + +Abendgebet an den drei Festen: Peßach, Schabuoth +(Wochen-) und Succoth (Laubhüttenfest) +Morgengebet für den ersten und zweiten Tag des +Peßachfestes +Ein anderes Gebet für den Peßachmorgen +Morgengebet an den beiden letzten Tagen des Peßachfestes +Morgengebet am Wochenfeste + +Am Neujahrsfest. + +Am Vorabend des Festes +Am Neujahrstag +Beim Schofarblasen + +Am großen Versöhnungsfeste. + +Zu Anfang des Abendgottesdienstes (Kol nidre) +Zum Morgengottesdienst (Schacharis) +Beim Mittagsgebet (Mussaph) +Beim Nachmittagsgebet (Mincha) +Zum Schlußgebet (Neïlah) + +Am Laubhüttenfest (Succoth) + +Desgleichen als Erntefest +Am Schlußfeste (Schemini Azeres) +Am Freudenfeste über die Thora (Simchas Thora) +Am Feste der Tempelweihe (Chanuka, Lichterfest) +Am Purimfest +Am Tage der Zerstörung des Tempels (Tischoh b'ab) +Schlußgebet beim Gottesdienste (Olenu) +Die Hausfrau, wenn sie Chala nimmt +Die Hausfrau, wenn sie die Sabbatlicher oder die +Festlichter anzündet + +IV. Gelegenheitsgebete + +Am Geburtstage +Am Verlobungstage +Am Hochzeitstage +In einer glücklichen Ehe, jährlich am Hochzeitstage +In einer kinderlosen Ehe +In der Schwangerschaft +Vor der Niederkunft +Nach der Niederkunft +Bei der Beschneidung +Eine Wöhnerin beim ersten Gang ins Gotteshaus +Ebenso nach der Geburt eines totgeborenen Kindes +Eine Ehegattin +Eine Tochter für die Eltern +Im Witwenstande +Eine Waise +Im Alter +Bei der Fortreise von der Heimat +Für einen Abwesenden, der auf der Reise ist +Zusatz für ein Kind, das auf der Reise ist +Gebete in jeder Art der Not und Seelenangst + +Gebete in Krankheit + +Eine Kranke +In bedenklicher Krankheit +Desgleichen in Bibelversen +Vor einer gefährlichen Operation +Fürbitte für einen Kranken +Der Kinder Gebet für einen kranken Vater oder eine +kranke Mutter +Dankgebet nach überstandener Krankheit +Gebet in einem Krankheitsfalle (Nach dem Hebräischen) +Gebet für einen andern Kranken + +Gebete während einer ansteckenden Krankheit + +Bei Ausbreitung der Krankheit +Gebet um Mut +Tröstung +Ergebenheit in Gottes Willen +Gebet um das Morgen und Abendgebet im Gotteshause +oder daheim zu beschließen +Desgleichen + +Gebete auf dem Friedhofe + +Über die Sitte, die Grabstellen zu besuchen und dort +zu beten +Am Jahrestage des Todes eines der Eltern +Desgleichen +Am Grabe des Vaters am Jahrestage + " " der Mutter " " + " " eines Kindes + " " des Mannes + " " eines gefallenen Vaterlandsverteidigers + " " " Verwandten +Am Ereb Rôsch Haschonoh + +Dankgebet bei Vollendung eines Werkes + +Anhang. + +Esehu Mekômon (Betrachtung über die Opfer) +Bame Madlikin (Freitagabendbetrachtung) +Pittum hak'tôres (Betrachtung zum Mussaphgebet) + + + + +Zu Hause, ehe man ins Gotteshaus geht. + +»Israel! bereite dich vor, vor deinen +Gott zu treten.«(Amos 4, 12.) + + +Es dürstet meine Seele nach dir, o Gott, nach dir, dem lebendigen Gott, +und ich will eilen nach deinem Heiligtume, wo dein Name angebetet wird, +wo deine Gemeinde sich versammelt, um dich anzurufen, dir zu danken, +dich zu loben und dich zu preisen. O! bereits auf dem Wege dahin läutere +du meinen Sinn, heilige du meinen Geist, und zünde du in meiner Brust +die Andachtsflamme an, die mich und meine Brüder an der heiligen, dir +geweihten Stätte durchglühen soll. Denn wohl weiß ich, daß du, den die +Himmel und aller Himmel Himmel nicht umfassen, nicht in dem Hause +wohnest, das von Menschenhänden erbaut worden, daß du, dessen +Herrlichkeit Himmel und Erde erfüllt, mir überall nahe bist, wo ich auch +sein mag; wohl weiß ich, daß das fromme Gebet, welches meine Seele in +meiner Einsamkeit stillen Kammer zu dir empor sendet, auch Gnade und +Erhörung vor dir findet, aber auch dies weiß ich, daß der Geist des +wahren Gebets, der nicht persönliches Wohl, sondern das Wohl und Heil +aller sucht, der nicht bloß das Glück und die Wohlfahrt der Erde, +sondern auch das Nahen des himmlischen Reiches erfleht, der nichts +begehrt, nichts fordert, sondern nur im Glauben und in der Erkenntnis +sein Höchstes findet und sein treues Bekenntnis dieses Glaubens vor +aller Welt ablegen möchte;--ich weiß, daß dieser Geist des wahren Gebets +mir fehlen würde, so dessen Flamme, die zuerst in der Mitte der +Gottesgemeinde angefacht wurde, nicht auch in ihr stets Nahrung fände. +Was ich glaube, und um was ich bete, und wonach mein Herz sich sehnt, +soll ja nicht in meinem Innern verborgen bleiben, es soll ja auch als +ein freudiges Zeugnis auf meinen Lippen hervortreten und vor der Welt, +so wie vor anderen Glaubensbrüdern von mir als meines Lebens Schild und +als ein köstlicher Schatz gepriesen werden. Ach, sind ja leider so +viele, welche in Leichtsinn hinleben, so daß sie die Bande lösen, die +sie mit der Gemeinde innigst verbinden sollten, und welche jedes +Kennzeichen auslöschen, das sie an ihren väterlichen Glauben erinnern +könnte; aber desto mehr will ich die Stätte aufsuchen, wo Israeliten +sich sammeln, um dich in jüdischer Weise zu verehren. Schon dies, daß +mein Gang nach dem Bethause gerichtet ist, schon dies soll ein Zeugnis +sein, das ich vor der Welt ablege, daß ich zu dieser heiligen +Gemeinschaft gehöre, und daß ich über den Spott und Hohn erhaben bin, +womit jene, die sich die Weisen der Welt nennen, auf diejenigen sehen, +die dich, o Ewiger, nach ihrer Väter Weise verehren. Und wie sehr wird +nicht meine Andacht, meine fromme Sehnsucht durch den Gedanken erhöht: +Ich stehe nicht allein mit meinem Gebet vor dir, stehe nicht allein mit +der Glaubensschar, die sich da versammelt, sondern stehe mit dieser als +ein Glied der ganzen Gemeinde Israels da; denn wunderbar hast du, o +Herr, es so gefügt, daß meine Glaubensgenossen fast überall, in heißer +wie in kalter Zone, da, wo ihnen die Sonne der Freiheit zulächelt, wie +dort, wo sie unter Druck seufzen, daß sie fast überall sich doch vor dir +zur selbigen Zeit und Stunde sammeln und dieselben bedeutungsvollen, +Vertrauen und Demut atmenden Worte ihren Lippen entströmen lassen, so +daß ein Laut in gemeinsamer Andacht und Seelenerhebung zu deinem Thron +von dem ganzen jüdischen Volke emporsteigt. Nein, nicht allein stehe ich +da; denn unzählige der hingeschwundenen Geschlechter erheben sich +gleichsam vor meinem andächtigen Blick von ihren Ruhestätten, sowohl +die, welche in unterirdischen Höhlen, als die, welche unter klarem +Himmelszelte auf ihren Wanderungen dieselben Gebete gebetet, ja mit +diesen auf den Lippen ihr Leben aushauchten, indem sie den Märtyrertod +erlitten;--mit allen diesen fühle ich mich vereint, indem ich die Worte +ausspreche, die prophetische Zungen verkündigt, die heilige, von deinem +Geist beseelte Sänger gesungen, und die so viele Zeitalter hindurch uns +unter so mannigfaltigen Versuchungen und Prüfungen die Reinheit unserer +heiligen Lehre, sowie die Einfalt und Eintracht im Glauben in unsrer +Mitte bewahrt haben.--O, so leite du denn meine Schritte, wenn ich in +dein Haus wandere, so stärke du meinen Geist, daß er dort von solchen +Vorsätzen erfüllt werde, solche Eindrücke empfange und bewahre, daß nie +das innige Verlangen, dein Haus aufzusuchen, von mir weiche, und auch +nicht die Überzeugung und Gewißheit mir verloren gehe, daß du an solch +gemeinsamer Anbetung Wohlgefallen habest. Stärke du mich, o Gott, auf +daß mein Glaube dem gleiche, der den Vater der Gläubigen beseelte, als +er sein Opfer dir brachte, und gib mir Kraft, daß ich, wie er die +Raubvögel,[1] die trüben Zweifel, die verkehrten Einwendungen +verscheuche, wenn sie meine Andacht mir rauben wollen; laß darum mein +Auge dort in deinem Hause nur auf das achten, was mich erheben und zur +Andacht stimmen kann. Laß mich erkennen, daß du uns nach unserm Herzen +und unsern Gesinnungen richtest, auf daß Frömmigkeit mich leite, Andacht +mich entflamme, und meine Schritte dir wohlgefallen, wenn ich in +zahlreicher Versammlung dich anbete;[2] ja sende mir, Vater im Himmel, +dein Licht und deine Wahrheit, daß sie mich führen und leiten nach +deinem heiligen Berge und zu deiner Wohnung.[3] + +Amen! + +[Fußnote 1: Buch Mosis 15.] + +[Fußnote 2: Ps. 26, 12.] + +[Fußnote 3: Ps. 43.] + + + + +Nach dem Eintritt ins Gotteshaus. + + +2. Wie überwältigt werde ich von Gefühlen des Dankes und der Ehrfurcht, +indem ich an dieser Stätte weile, Gefühle des Dankes, daß du, o Gott, es +dem Sohne des Staubes gestattest, sich zu dir zu erheben, daß du in +deiner Liebe ihn selbst dazu aufgefordert »dein Antlitz zu suchen«, daß +du uns eine Stätte gegeben hast, wo du deine Herrlichkeit unter uns +thronen lassen willst.--O Unendlicher, welche Ehrfurcht durchbebet mich, +daß ich, ein Kind des Staubes, Zutritt zu deinem Hause habe und mich +dir, dem Allheiligen, nähern kann, daß ich vor dich alles bringen darf, +was mein Herz beschwert, zu dir für mein Wohl und das Wohl der Meinen, +für die Gläubigen und mit ihnen, ja für die ganze Menschheit beten kann! +So hast du in deiner Güte uns gesegnet und uns erhoben. O, laß mich +dieser deiner Gnade nimmer vergessen und laß mich während meines Betens +stets eingedenk sein, vor wem ich stehe, auf daß du mich würdig findest, +ein Träger deines Geistes zu sein. Entferne du von mir jeden fremden und +unseligen Gedanken, daß weder die Lust der Welt noch ihr Schmerz den +reinen Aufschwung der Seele hindere. O, daß alle, die mit mir hier +versammelt sind, voll Demut dich in einem Geiste anbeten, und wir so +eine echt israelitische, heilige Brudergemeinde bilden möchten, über +welche du selbst »den Geist des Gebetes und der Gnade« ausgegossen! + +Amen! + + + + +Ein anderes Gebet. + + +3. So hast du, mein Gott, mich gestärkt und gewürdigt, dein Haus zu +betreten, wo alles mir verkündigt:»Hier ist die Pforte des Herrn, +Gerechte treten da ein;«[4] o, daß ich zu diesen mich zählen dürfte! +Ach, daß dein Himmel mir offen stünde, wenn ich aus ganzer Seele dich im +Gebete suche! O, gewähre mir Verzeihung, daß ich rein werde, erschaffe +in mir ein reines Herz, verjünge ein festes Gemüt in meinem Innern, auf +daß jedes Wort, das über meine Lippen geht, mich in heilige Gemeinschaft +mit dir bringe! Erhebe mich über die Lust und den Schmerz der Welt, +befreie mich von jeder Sorge und jedem Kummer, auf daß ich mich in dir +und mit dir fühle, glückselig wie die Geister des Himmels in deiner +Anbetung, und auf daß ich es mit ganzer Seele empfinde, »wie köstlich +deine Huld den Menschenkindern ist, die im Schatten deiner Fittige sich +bergen, auf daß ich an deines Hauses Segen mich labe und an dem Strome +deiner Gnade mich erquicke«.[5] Laß mich auch diesen Segen mit hinaus +aus diesem Hause nehmen, daß ich überall deine heilige Nähe fühle und +überall dir zum Wohlgefallen lebe! + +Amen! + +[Fußnote 4: Ps. 118, 20.] + +[Fußnote 5: Ps. 36, 8. 9.] + + + + +I. Gebete nach den vorgeschriebenen täglichen Gebeten zu lesen. + + + + + +Allgemeines Morgengebet. + +Dein, o Herr, ist der Tag. (Ps. 74, 16.) + + +4. Alliebender Vater im Himmel! Wie kann ich dir genug für all deine +Güte danken, die du mit jedem Morgen mir erneuerst. Deine Gnade hat über +mich wiederum diese Nacht gewacht und mir in erquickendem Schlafe neue +Kraft und Stärke geschenkt! Während viele sie in Kummer und Unruhe haben +zubringen müssen, hast du über mich und die Meinigen gewacht! Gesund und +froh grüße ich wiederum diese Morgenstunde und freue mich des Anblicks +meiner Teuren und Lieben. O, ich bin zu gering für all die Gnade und für +all die Treue, die du mir erweisest, und doch drängt es mich, dich +anzuflehen, daß du auch heute mir deine Gnade und deinen Beistand +schenkest. Laß auch diesen Tag mir Segen bringen und mich zu dir führen. +Dir seien meine Gedanken alle geheiligt, in deinem Namen werde mein +Tagewerk durchgeführt! Leite du mich mit deiner Hand, auf daß ich nicht +strauchle und von deinen göttlichen Geboten nicht weiche, daß ich mit +Gewissenhaftigkeit die Pflichten meines Berufes übe und stets eingedenk +sei, daß du einst mich zur Rechenschaft ziehen wirst für jegliche +Stunde, die versäumt worden. Läutere du darum mein Herz und breite über +meine Seele den stillen Frieden aus, auf daß ich der Kämpfe nicht achte, +die du uns in unserem Berufe auferlegst, und nicht ermatte unter den +Mühen und Beschwerden, die mit diesem verbunden sind! Erneuere stets die +Liebe zu dir in meinem Innern, auf daß ich dich suche und dir diene mit +allen meinen Kräften! Laß mich unter meinen Mitmenschen mit einem +liebenden Sinn wandeln, der niemanden beleidigt und der zum Verzeihen +bereit ist, so daß ich sanftmütig und versöhnlich gegen jedermann sei, +dem ich heute begegne! Gedenk, o Gott, daß ich Staub bin, und laß mich +frei sein von schweren Prüfungen. So du aber in deiner Weisheit es für +gut findest, solche über mich zu verhängen, dann halte du mich aufrecht +mit deiner Rechten, und leite du mich mit deinem Rate, auf daß ich nicht +wanke und nicht verzage.»Gott, mein Gott, leite meine Schritte nach +deinem Worte, sei mein Schild, meine Zuflucht den ganzen Tag; Lob und +Preis dir in aller Ewigkeit!«[6] + +Amen! + + + + +Allgemeines Abendgebet. + +Dein, o Herr, ist auch die Nacht. (Ps. 74, 16.) + + +5. Mein Gott! der Tag ist dahin; ich suche Erholung nach der Arbeit +desselben, und bevor ich mich den Armen des Schlafes übergebe, führt mir +die Stille der Nacht noch einmal alles vor die Seele, was ich heute +gesehen und erlebt, alles, was ich heute getan und vollbracht habe. Ach! +wie könnt' ich dir für die vielen Wohltaten genugsam danken, die du +heute wiederum mir und allen denen, die mir lieb und teuer sind, +erwiesen hast. Du hast nicht nur über meine Schritte gewacht, vor +Gefahren mich beschirmt, zu meinem Werke mich gestärkt, und mit allem +mich gesegnet, dessen ich bedarf, sondern du hast auch mit so mancher +Gabe mich erfreut, mit so mancher Freude mich erquickt; aber auch selbst +durch das, was mir für einen Augenblick Kummer und Schmerz verursachte, +hast du mich zu dir hingezogen und mich innerlich glückselig gemacht. O! +wie demütiget es mich, wenn ich alles dessen gedenke und dann vor meiner +Seele alles das vorüberziehen lasse, was ich heute gedacht und getan. +Wie oft habe ich nicht dein vergessen, wie oft wurde ich nicht von +sündiger Lust erfüllt, für die meine Seele keinen Raum gehabt, wenn der +Gedanke, daß du allgegenwärtig seiest, und daß du mein Inneres +erforschest, mich ganz erfüllt hätte; ach, und wie wenig geben die +Werke, die ich vollführt, wohl Zeugnis davon, daß ich von Liebe zu dir +beseelt bin, die mich eifrig und treu in meinem Berufe, unverdrossen +und liebevoll gegen meinen Nächsten hätte machen sollen. O, reuevoll +schaue ich auf den verflossenen Tag zurück, und mit aufrichtiger Buße +flehe ich um deine väterliche Vergebung. Ich will daher selbst, ehe mein +Auge sich zum Schlafe schließt, allen denen vergeben, die mir zuwider +gehandelt, und mich zu kränken und zu verletzen gesucht haben. Nimm du +mich in deinen gnädigen Schutz, schenke mir und den Meinigen nächtliche +Ruhe, daß wir durch einen ungestörten und erquickenden Schlaf für den +kommenden Tag gestärkt werden, der dir durch einen gerechten und frommen +Wandel geheiligt sein möge! Ja, laß die Nacht ihren erquickenden +Schatten über alle ausbreiten, daß der Müde und Bekümmerte Kraft und +Trost und der Gekränkte und Leidende Beruhigung und Stärkung in dem +Segen des Schlafes finde; und jedem, der auf dem Schmerzenslager +stöhnend klagt, der in Krankheit oder Bekümmernis ängstlich fragt:»Ist +wohl die Nacht bald vorbei?«[7] dem führe lindernde Hoffnung, Geduld und +inniges Vertrauen auf dich zu, auf dich, für den »die Nacht leuchtet +gleich dem Tage!« Bewahre mich vor Gefahr und Unglück und laß mich nach +der Erquickung der Nacht mit dem innigen Verlangen, dir zu dienen, +erwachen!»In deine Hand befehle ich meinen Geist, du beschirmst mich, +wahrhafter und gnädiger Gott!«[8] + +Amen! + +[Fußnote 6: Ps. 25, 5.] + +[Fußnote 7: Jes. 21, 11.] + +[Fußnote 8: Ps. 139, 12.] + + + + +II. Gebete für jeden Tag der Woche. + + + + +Am Sonntage. + + + + +Morgengebet. + + +6. Eine neue Woche hast du, o gnadenvoller Vater, für mich erscheinen +lassen, und eine neue Zeit schenkst du mir wieder, um für mein Wohl zu +leben und zu wirken. O, so beseele mich denn mit Ernst und Freudigkeit, +auf daß ich das Werk vollführe, das du mir angewiesen. Laß mich die neue +Woche damit beginnen, daß ich die heiligen Vorsätze ausführe, die ich +gestern gefaßt habe, laß es mir trotz meiner Schwäche gelingen, durch +meine Fürsorge und Arbeit das Wohl meiner Brüder zu fördern und zum +Wohle der menschlichen Gesellschaft mitzuwirken. Verleihe mir vor allem +deinen Beistand, daß ich denen ein gutes Beispiel gebe, in deren Mitte +ich wirke; stärke mich, daß ich auf reinen Wandel achte, jedes meiner +Worte wohl bedenke und auf jede meiner Handlungen wohl aufmerksam sei, +und in der Freude wie im Schmerze mich als ein gottesfürchtiges und +gottergebenes Kind zeige, das stets deinen Willen zu erfüllen sucht. +Stehe mir zur Seite bei den Mühen und Arbeiten dieser Woche, daß die +Mühsal des Tages mir zum Segen werde, und die Freuden, die du mir +bereitest, mich unaufhörlich erinnern an den Dank, den ich dir schulde. +Stärke mich, daß ich die Widerwärtigkeiten und Unannehmlichkeiten +duldend ertrage und selbst denen mich liebevoll erweise, die mich in +dieser Woche zu betrüben suchen. Lehre mich deine Weisheit anbeten und +deine Güte auch in der schmerzlichen Stunde preisen, die dein Wille mir +auferlegen sollte, und jede glückliche, freudenreiche Stunde im +Irdischen erinnere mich an die Ewigkeit, der ich entgegengehe. Herr!»laß +mit jedem Morgen mich deine Gnade erfahren; denn auf dich hoffe ich; tue +mir den Weg kund, den ich zu wandern habe, denn es sehnt sich mein Herz +nach dir!«[9] + +Amen. + +[Fußnote 9: Ps. 143, 8.] + + + + +Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 3-4. + + +7. Allmächtiger, allweiser Schöpfer! Am ersten Schöpfungstage nähert +sich meine Seele dir und danket dir, daß du die Finsternis hast +schwinden lassen und wiederum, wie einst, da du über die leblose Natur +das: »Werde Licht!« riefst, mich von deinem Licht umstrahlt sein läßt, +das allem um mich her Kraft spendet und Reiz verleiht. Ach Herr, mein +Gott! du, der du so unendlich bist, der du dich hüllest in Licht wie in +ein Gewand (Ps. 104), zerstreue du die Finsternis, die noch über so +viele ausgebreitet ist, auf daß das Licht der Liebe die Herzen aller +Lebenden erleuchte und erwärme! Hilf du mir, daß ich den Weg des Lichtes +wandre, daß kein trüber Zweifel meine Seele umschleiere, keine +Versuchung mich auf die dunkle Bahn des Lasters führe. Laß deine Gnade +und Huld mir und den Meinigen zu teil werden, auf daß wir unser +tägliches Brot finden und es in Freuden genießen. Erleuchte mich mit +deinem Lichte und deiner Wahrheit, daß sie mich leiten, dich zu suchen, +dir zu dienen mit allem, was ich in dieser Woche vornehme, daß keiner +meiner Gedanken und keine meiner Taten das Licht des Tages zu scheuen +nötig habe. Verschone mich und die Meinigen von großen Sorgen, die den +Sinn beschweren, ihn niederdrücken und irre leiten. Und so zuweilen die +Aussichten trübe sind, und Angst mein Herz beschleicht, dann laß mich +eingedenk sein, daß du gnädig und barmherzig bist, und daß den Frommen +ein Licht in der Finsternis aufstrahlt (Ps. 112); laß mich eingedenk +sein, daß wir hienieden nicht das volle Licht schauen können, daß es +aber in der Ewigkeit herrlich für diejenigen strahlen wird, die dich in +Wahrheit anbeten. So nimm mich denn in deinen Schutz, und möge all mein +Streben in dieser Woche dazu beitragen, daß ich einst würdig werde, +dieses Licht zu schauen,--»sei mir gnädig, segne mich und laß das Licht +deines Antlitzes mir leuchten!«[10] + +Amen! + + + + +Abendgebet. + + +8. Wiederum habe ich einen Tag verlebt, an welchem du mir so viele +Beweise deiner väterlichen Fürsorge und deiner rettenden Gnade gegeben, +daß ich tief fühle, was ich dir schulde, und es tief erkenne, wie wenig +ich so viel Güte verdient habe. O! mein Gott, gehe nicht ins Gericht mit +mir; denn vor dir ist kein Lebender gerecht, sondern vergib in deiner +Langmut und Barmherzigkeit meine Sünden, meine Vergehen und Irrtümer, +die ich mir im Laufe des Tages habe zu schulden kommen lassen. Erhöre +meine Seufzer, die ich in Demut emporsende, auf daß ich getrost mich zur +Ruhe legen, und nun zur Zeit, wo aller menschliche Beistand schlummert, +auf deinen Schutz vertrauen kann. O du, vor dem die Nacht hell ist wie +der Tag, sei du mein Beschützer in jeglicher Gefahr, das Licht meiner +Seele in der schaurigen Finsternis, bewahre mich vor den Schrecknissen +der Nacht, halte jegliche Krankheit von meinem Lager fern, und laß +deinen Geist mich beseelen, auch wenn ich schlummere, auf daß ich neue +Kraft gewinne, um die Kämpfe des Lebens zu bestehen, und gestärkt werde, +deinen Willen zu erfüllen. Erbarme dich der Menschenkinder und laß bald +die Nacht vor deinem himmlischen Lichte weichen, das Friede und Liebe +auf der ganzen Erde verbreitet; halte deine Hand über die, die unter dem +Dache meines Hauses schlafen, daß niemand sündige, niemand strauchle! +Dir empfehle ich alle meine Lieben, nahe und ferne, laß mich in Frieden +schlafen und wohl und gesund wieder erwachen, um dich zu loben und zu +preisen, daß du warst die Hilfe meines Antlitzes, mein Schild, mein +Gott. + +Amen! + +[Fußnote 10: Ps. 67, 2.] + + + + +Am Montag. + + + + +Morgengebet. + + +9. So bin ich denn wieder erwacht, ich rege mich und lebe in dir, du +Lebensspender, allgütiger Gott! Ach, mit welch drückenden Gedanken begab +ich mich zur Ruhe! Kaum hoffte und erwartete ich, von den mannigfachen +Sorgen befreit zu werden, die auf meinem Herzen lasteten und meine Seele +so unruhig machten; aber du bereitetest mir einen erquickenden Schlaf, +und mit den Schatten der Nacht, die vor dem Lichte des Morgens weichen, +war alles, was mich drückte, verschwunden. Nun fühle ich mich wie neu +geschaffen und schaue mit Vertrauen auf zu deiner unendlichen Güte, die +über mich wachet. Unschlüssig war ich und fürchtete den kommenden Tag; +aber siehe, es ist als ob du im Laufe der Nacht Entschlossenheit meiner +Seele eingegeben hättest, daß ich mit neuer Lust und freudigem Mute +heute wieder an mein Werk gehe. O, möchte doch mein Vertrauen auf dich +nie wanken, o, möchte es mich doch auch heute zu meinem Werke begleiten, +daß ich, was mir auch heute begegne, doch stets eingedenk bleibe und mit +ergebenem Sinne erkenne, daß du der Herr bist, und daß du tuest, was gut +in deinen Augen ist! Verleihe mir aber auch die Kraft, in meinem Streben +und Wirken würdig zu bleiben, das Auge zu dir erheben zu dürfen, daß ich +stets auf deine väterliche Hilfe und auf deinen Schutz vertraue, daß +kein falsches Vertrauen sich in mein Herz schleiche, und daß ich nicht +durch unermüdliches Jagen nach den vergänglichen Dingen, durch +Eigennutz, Genußsucht oder Eitelkeit das Glück und den Segen verscherze, +den du allen denen verheißen, die ihre Hoffnung auf dich setzen. So +stärke mich denn, daß ich arbeite, ohne zu ermüden, daß ich mit +dankbarem Sinn jede Freude genieße, die du mir schenktest, und ich zum +Segen wirke! Laß mich nie Ärgernis und Anstoß verursachen, sondern in +der Zeit als einen leben, der die Ewigkeit vor Augen hat! O, du ewiger +Gott, sei mir gnädig, segne und bewahre mich! Ja, ich will nicht +verzagen; denn meine Hilfe kommt von dir, der du geschaffen Himmel und +Erde. + +Amen + + + + +Betrachtung über 1. B. M. 1, 6-8. + + +10. Allmächtiger Schöpfer, alliebender Gott! Ich danke dir, daß du mich +wieder den zweiten Wochentag hast schauen lassen den Himmel, der sich +noch über mir wölbt, wie du ihn einst am zweiten Schöpfungstage über die +Erde ausgespannt hast. So leuchtete sofort deine Herrlichkeit über dem +Staube, daß wir dadurch erinnert würden, daß die Seligkeit des Himmels +das Ziel für den Erdenkampf sei, und in der Ruhe und in dem Frieden, der +von dem sichtbaren Himmelsbogen widerstrahlt, spiegelt sich für den +Menschen der selige Friede des unsichtbaren Himmels ab. Bei aller Not +und Sorge des Lebens soll der Mensch zum Himmel empor schauen und dort +die Tröstung und Erquickung suchen, die die Erde nicht zu gewähren +vermag, und in den Versuchungen der Welt, in ihrem Kampf und Streit soll +er von deinem Himmel Kraft und Freiheit holen. Aber darf auch ich wohl +meinen Blick zum Himmel erheben?--O, nur der kann freudig empor in die +Höhe sehen, der das tut, was dir wohlgefällig ist! Hab ich dieses getan? +War ich stets eingedenk, daß ich überall in deinem Heiligtum bin, da +überall der Himmel über mir ausgebreitet ist, der deine Herrlichkeit Tag +für Tag verkündet? Habe ich mich wohl auf Geistesschwingen zum Himmel +gehoben, während mein Fuß zur Erde gestellt war--leuchtete ein Himmel +der Liebe aus meinem Auge, wenn ich mit meinen Menschenbrüdern +verkehrte? O Gott, sei mit mir heute, daß ich jede Versuchung besiege, +jede sündige Lust bezwinge, und daß jeder meiner Gedanken, jedes meiner +Worte und jede meiner Taten von der Klarheit des Himmels widerscheine, +daß mein Wandel dir wohlgefalle, und die Liebe des Himmels mich einst +verkläre bei dir, du, mein Gott, dessen Huld so erhaben ist, wie der +Himmel über der Erde, du, der du meine Sünden vergibst und mich krönest +mit Barmherzigkeit und Gnade.[11] + +Amen! + + + + +Abendgebet. + + +11. Wie, o Gott, soll ich dir danken für alle Wohltaten, die du mir +heute erwiesen? O, nicht nur, daß du in Gnade deine Hand über mich +gehalten und mich das tägliche Brot für mich und die Meinigen hast +finden lassen--nein, sieh in reichlichem Maße hast du mir dasselbe +vergönnt, und vorzüglich danke ich dir für die besondere Tröstung und +Ermunterung, die mich heute so unerwartet erquickt hat. Ach wie +glücklich machte mich nicht der geringste Dank, den ich durch deine +Gnade erntete und die Freude, die der eine und andere meiner Mitwanderer +hier im Leben, mir, gewiß nach deiner gütigen Eingebung, bereitet hat. +Nein! ich kann mich nicht in die Arme des Schlafes werfen, ohne dich um +Vergebung zu bitten, daß ich so oft über die Bürden des Lebens und über +den Undank und die Verkennung der Welt geseufzt habe! Sah ich nicht +heute, wie hoch mein Herz sich freute und sich freuen mußte bei dem +geringsten Dank, bei dem aufmunternden Lohne, den ich zuweilen erntete, +und wie solch' selige Augenblicke gerade in Stunden der Ermüdung und +Erschlaffung eintreten! Und wenn ich noch bedenke die himmlischen +Augenblicke, in welchen es mir vergönnt war, die Hände der Schwachen, +die Knie der Wankenden zu stärken, wo ich durch deinen Beistand es +vermochte, zu trösten und zu beruhigen, durch meine Anerkennung der +Wirksamkeit anderer imstande war, sie zu erneuetem Fleiße +anzuspornen,--o, dann überströmt mein Herz von Dank und Freude; ich will +nicht mehr klagen, ich will jede Stunde recht benutzen, um so meine +Mitmenschen zu erfreuen, auf daß auch ihre Seelen Ruhe in dir finden. +Stärke mich hierzu, o mein Gott, dazu empfehle ich meinen Geist deinem +Schutze! + +Amen! + +[Fußnote 11: Ps. 103, 3.] + + + + +Am Dienstag. + + + + +Morgengebet. + + +12. Allgütiger Gott! Nimm das Morgenopfer meines Herzens als Dank +entgegen für die neuen Beweise deiner Gnade, die du mir in der +verflossenen Nacht gegeben. Ach, wie viele haben diese nicht in Unruhe +und Kummer verbracht, und von wie vieler Lager wurde nicht der Schlaf +durch Angst und Sorge verscheucht; ich aber wurde verschont, die +Meinigen hast du beschirmt! o, wie wenig habe ich doch so viele Gnade +verdient! So manchen Morgen erwachte ich nur mit neuen Wünschen und +vergaß es, wie sehr du mich bereits gesegnet, und wie vielen Dank ich +dir schulde; doch heute steht deine Güte mir vor Augen, und o, wie +glücklich macht mich dieser Gedanke! Ach, wie wenige fühlen doch das +Gute, das sie unablässig von deiner Hand empfangen, und wie innig muß +ich dir nicht danken, daß du durch deine heilige Lehre in mir die +Erkenntnis deiner Wohltaten geweckt hast! Und wenn ich ganz von deiner +göttlichen Lehre erfüllt wäre, o wie glücklich würde ich mich dann noch +fühlen, welch ein Born der Freude würde da unaufhörlich aus derselben +für mich fließen, selbst dann, wenn Kummer und Sorgen mich umgeben, +welche Seligkeit würde ich dann nicht aus jedem Gebote schöpfen, das ich +erfülle! O, du Ewiger! laß diesen Tag mich dem großen Ziele näher +bringen, dem ich nachstreben soll! Sei mit mir in all meinen +Bestrebungen, hilf mir in meiner Schwäche, erleuchte mich in meiner +Unwissenheit, umgürte mich mit der Kraft des Willens, laß meine Seele +alles in Klarheit schauen, mein Herz alles Edle und Heilige mit Wärme +umfassen! Rüste mich aus mit Standhaftigkeit und lege an diesem Tage +reichen Segen in meine Arbeit. Bewahre du, Ewiger, meinen Ausgang und +meinen Eingang, o, entziehe mir nicht deine Barmherzigkeit, sondern laß +deine Gnade und Treue mich stets beschirmen! + +Amen! + + + + +Betrachtung über 1. B. M. 1, 9-13. + + +13. Wie könnte ich wohl am dritten Tage der Woche mein Auge der +Herrlichkeit des Tages öffnen, ohne dir für deine unendliche Güte zu +danken, mit welcher du die Erde erfüllt hast und sie mit jedem Morgen +aufs neue erfüllst? An diesem Tage, so ließest du uns in der +Schöpfungsgeschichte verkünden, riefst du Gras, Kräuter und Bäume +hervor, die Frucht und Samen tragen, jegliches nach seiner Art. So hast +du, allgütiger Gott, für jedes lebende Geschöpf seinen Bedarf bereitet, +bevor es noch ins Dasein gerufen war, so hast du auch an mich gedacht, +bevor ich noch das Tageslicht schaute, hast liebevolle Wesen bestellt, +die für mich sorgten, die mich kleideten und ernährten, mich erzogen und +leiteten, und die Erde, sie ist voll deiner Gaben. O, wie könnte ich da +verzagen und bekümmert fragen: woher soll ich Brot für meinen +Lebensunterhalt nehmen? O, getrost bete ich zu dir: Gib mir und den +Meinigen unser tägliches Brot, daß wir nie der Gabe eines Menschen +bedürfen, erhalte uns in Genügsamkeit, daß wir in bescheidenem und +prunklosem Wandel uns glücklich fühlen, jeglicher in seinem Berufe und +jeglicher in seinem Stande. Wache über die Bedürftigen und Notleidenden +und gewähre mir die Seligkeit, ihnen wie ein herrlicher Baum zu sein, +der Schutz und Erquickung über sie ausbreitet, ja, laß mich wie ein Baum +sein, der an den Wasserbächen deines göttlichen Wortes gepflanzt, reiche +Früchte trägt, und dessen Blätter nie welken. Laß, o Herr, mein Streben +und Wirken dir wohlgefällig sein und auch meinen Mitmenschen. Möchte +mein Sinn von dem Licht aus der Höhe erfüllt werden, und meine Rede wie +stärkende, erquickende Nahrung jedem sein, der darauf hört.--O, du, der +du nie den Gerechten verläßt und es ihm nie an Brot mangeln läßt, erhöre +mich und laß mich heute stark im Guten sein, errette mich von jeglicher +Sünde, auf daß du auch über mein Werk heute wie bei der Schöpfung sagen +könntest: »es war gut«,[12] gut für das zeitliche und gut für das ewige +Leben. + +Amen! + +[Fußnote 12: Buch Moses 1, 12] + + + + +Abendgebet. + + +14. Der Tag ist dahin gegangen, o, so schnell, so sehr schnell bei +Arbeit und Freude und unter deinem beschirmenden Segen, allbarmherziger +Gott und Vater! Und nun, da mein Tagewerk zu Ende ist, so kommt mir so +vieles in den Sinn, was ich vornehmen wollte, aber zu tun vergessen, +vieles, mit dem ich mich beschäftigt habe, aber nicht auf die rechte +Weise, so manches Wort, das ich gesprochen, das ich entweder lieber gar +nicht ausgesprochen haben möchte, oder doch nicht so, wie ich es getan, +mancher Mensch, dem ich begegnet, aber ohne darauf zu achten, wie +nützlich er für mich und ich für ihn hätte sein können. Ach ich muß +gestehen, wenn ich auch nur an eitlen Gewinn und eitle Lust denken +wollte:--könnte ich meinen Tag aufs neue beginnen, so würde ich meine +Zeit anders einteilen, so würde ich ganz anders mich verhalten; vieles, +was geschehen, würde ich ungetan lassen, vieles, was unterlassen ist, +würde ich zur Ausführung bringen--und wie viel mehr erst, wenn ich an +das Werk meines Seelenheils denke. O, muß ich nicht fürchten, daß es +einst, wenn mein ganzer Lebenstag dahingeschwunden ist, für mich so sein +wird, wie in dieser Stunde, muß ich nicht, weil es noch Zeit ist, +bestrebt sein, daß mein Lebenstag nicht vergeudet werde? Darum nähere +ich mich dir, mein Gott, mit dem Gebete:»tue mir kund den Weg, den ich +gehen soll, lehre mich nach deinem Willen handeln, dein gütiger Geist +führe mich Tag und Nacht auf die rechte Bahn!«[13] Laß mich auch in +dieser Nacht deine Güte erfahren, bewache, erquicke und segne sowohl +mich, als alle die Meinigen, und laß die Ruhe der Nacht aufs neue mir +Kraft schenken, um gegen alles zu kämpfen, was im Streite ist mit der +hohen Bestimmung meines Daseins, mit dem Werk, das ich zu vollführen +habe.»Herr! dein will ich gedenken, wenn ich auf meinem Lager liege, +über dich sinne ich in den Nachtwachen, meine Seele hängt an dir, deine +Rechte unterstützt mich.« Amen! + +[Fußnote 13: Ps. 143, 8. 9.] + + + + +Am Mittwoch. + + + + +Morgengebet. + + +15.»Wenn ich auf meinem Lager bin, so denke ich an dich, o Gott, und +wenn ich erwache, spreche ich von dir, denn du bist mir eine Hilfe, und +im Schatten deiner Flügel fühle ich mich so sicher«,[14] früh suche ich +darum dich, und meine Seele dürstet nach dir, mein Gott. Ach, möchte +doch meine Seele dir anhängen, und möchte deine Rechte mich unterstützen +den ganzen Tag und mich leiten und aufrecht halten, wo ich auch wandre, +und mit wem ich auch verkehre. Ich möchte so gern mit Milde und Sanftmut +unter meinen Brüdern wandern, aber feindlich Gesinnte, Haßerfüllte, +Lieblose, denen ich begegne, könnten so leicht meinen Zorn aufflammen +lassen; ich möchte so gerne einen innigen, festen Glauben an den Tag +legen, aber Leichtsinnige und Gleichgültige könnten meinen Eifer kühlen, +und Scheinheilige all meinem frommen Streben in den Weg treten; es wird +so schwer, die heilige Flamme auf dem Altar des Herzens vom Morgen bis +zum Abend rein und jedes fremde Feuer fern zu halten; es wird so schwer, +einen schuldfreien und heitern Sinn zu bewahren; die Freuden, die deine +Güte uns bereitet, so zu genießen, daß keine sündhafte Neigung oder Lust +in die Seele dringe, und daß diejenigen, welche auf uns sehen, nicht in +ihrem Urteile über uns irre geleitet werden; es ist so schwer, +Freundlichkeit und Ernst, Nachsicht und Duldung mit unerschütterlicher +Festigkeit im Glauben zu vereinen. Wie leicht artet nicht ein +freundlicher, nachgiebiger Sinn zu einer eitlen Lust aus, den Menschen +zu gefallen! Wenn ich den Beifall der Welt ernte, so macht es mich so +hochmütig und stolz, und weniger vermag ich ihre Kälte, ihren Spott oder +ihre Geringschätzung zu ertragen, sie erbittert meinen Geist und lähmt +meine Kraft, und doch soll ich im Kampfe nicht schwanken und nicht +verzagen. Sieh! darum bitte ich: Herr, lehre mich deine Wege erkennen +und leite mich auf die rechten Pfade, nicht nur meiner selbst wegen, +sondern auch derentwegen, die auf mich schauen, und mit denen ich heute +verkehre, ja meiner Freunde und Verwandten und meiner Hausgenossen +wegen. Möchte ich in der Freude sowohl als im Schmerze, den du in deiner +Weisheit mir zusendest, mich als echter Israelit bewähren, der dein +göttliches Gebot in seinem Herzen trägt, daß all mein Wirken auf Erden +ein himmlisches Gepräge an sich trage und Zeugnis gebe von meinem +Streben, an deinem Reiche zu bauen. Laß einen freundlichen himmlischen +Strahl sowohl meine Lust als meine Arbeit beleuchten, laß den Tau des +Himmels auch bei der Mühe und Hitze des Tages mich erquicken, in dem +Kampfe des Lebens mich stärken und zu jeglicher Zeit mein Herz erfreuen! +O, so verlaß mich nicht, mein Gott, sondern segne mich und die Meinen +heute, laß mich nicht verzagen, wenn du mich väterlich züchtigest; +sondern lege in meine Seele das rechte kindliche Vertrauen zu dir, und +gib, daß mein Wandel der Lobgesang wird, womit ich unablässig dich +preise. + +Amen! + +[Fußnote 14: Ps. 63, 7. 8.] + + + + +Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 14-19. + + +16. Herr, allweiser, allgütiger Schöpfer! Ich danke dir, daß du mich +diesen vierten Tag der Woche hast erleben lassen, den Tag, der aus der +Schöpfungszeit Zeugnis gibt von deiner unendlichen Weisheit und Macht, +mit welcher du die Gestirne auf ihren Bahnen leitest, die Sonne, den +Mond und die zahllosen leuchtenden Welten, daß sie mit himmlischem +Glanze für uns leuchten, die Erde erwärmen und befruchten und in den +dunklen Nächten Wege auf dem öden Meere zeigen, ja daß sie uns dienen, +um unsere Wanderungstage zu zählen und unsere festlichen Zeiten zu +bestimmen. Sieh, du hast ihnen Ziel und Grenze gesetzt, daß sie nicht +von ihren Bahnen weichen, sondern jeder Himmelskörper seinem +vorgeschriebenen Gesetz folgt und nicht hinein schreitet in den Kreis +eines andern; wenn er verschwunden zu sein scheint, so leuchtet er in +einer anderen Welt oder beginnt aufs neue seinen Lauf, um deine +Herrlichkeit an dem unermeßlichen Himmelsgewölbe zu verkünden. O, mein +Gott!»wenn ich anschaue den Himmel, deiner Hände Werk, den Mond und die +Sterne, die du geschaffen,--was ist ein Sterblicher, daß du sein +gedenkst und der Menschensohn, daß du auf ihn achtest?«[15] Und doch bin +ja auch ich von dir bestimmt, ein Glied in der Kette des All zu sein, +und auch meiner Bahn hast du Gesetz angeordnet, dem ich folgen soll, und +das ich nicht überschreiten darf. Ach, wie oft habe ich gerade den Weg +verlassen, der mir vorgezeichnet ward, wie oft unternahm ich nicht +gerade das, wozu ich nicht berufen war, und durchkreuzte da die Bahn +eines andern und richtete da Verwirrung an, wo ich über Gottes Ordnung +und Gesetz wachen sollte! O! ich will darum zum Himmel empor schauen und +zu seinem strahlenden Heere, daß ich von ihnen lerne, für meine Brüder +zu leuchten, und sie mit der vollen Liebe meines Herzens zu erwärmen; +daß ich vom Monde lerne, Erquickung, Trost und Friede in trübe und +angstvolle Seelen zu bringen, von der Sonne, die für alle, auch für die +Ungerechten aufgeht, lerne auch Sündern Mitleid zu zeigen und sie auf +den rechten Weg zurückzubringen! Aber, o mein Gott! was vermag ich ohne +deinen Beistand? Darum bitte ich dich: stärke mich in meinem Vorsatz, +hilf mir, männlich gegen alle Versuchungen zu kämpfen, stehe mir bei, +daß ich unermüdlich in der Erfüllung meines Berufes sei! Dein Geist und +Wort zerstreue, der Sonne gleich, jede Wolke, die meine Umgebung +verdunkeln will! Ja, all mein Tun und Wirken sei so, daß ich hoffen +darf, einst, wenn ich meinen Lauf hienieden vollendet, einzugehen in das +wahre himmlische Licht bei dir in der Ewigkeit. + +Amen! + +[Fußnote 15: Ps. 8, 4. 5.] + + + + +Abendgebet. + + +17. Allbarmherziger Vater! Auch diesen Tag habe ich unter deinem Schutz +und Segen glücklich zu Ende gebracht und deiner Obhut meine Seele und +meinen Leib anempfohlen; ja, in meinem Nachtgebet habe ich, wie es dem +Israeliten geziemt, bevor ich mich zur Ruhe begab, mich zu dir zu +erheben gesucht. Aber ach, je mehr ich mich selbst durchforschte, desto +mehr werde ich innerlich betrübt, indem ich mich des Gedankens nicht +erwehren kann, meine Aufgabe nicht erfüllt zu haben; denn ich habe das +heilige Bekenntnis des Israeliten abgelegt:»daß du der einzige, ewige +Gott bist«; aber habe ich auch heute dies in der Tat und in der Wahrheit +bewiesen, daß es das Bedürfnis meines Herzens war, dir für alles zu +danken, was mich erquickt, und deinen Namen zu preisen, und dich als den +Einzigen, Alliebenden anzubeten, bei allem, was mir widerfahren? Und +ich habe die Grundlage für die heiligsten Verpflichtungen meines Lebens +ausgesprochen, »daß ich dich lieben soll mit ganzer Seele, mit ganzem +Herzen, mit all meinem Vermögen«, aber wie oft hat nicht die Liebe zur +Welt mich dich vergessen lassen, und wie wenig war ich bereit, aus Liebe +zu dir alles zu opfern? Ja, in unerschütterlicher Liebe zu dir soll ich +meinen Nächsten lieben; aber wie schwach glühte doch eine solche +Liebesflamme in meinem Innern! Selbst wenn ich mich liebevoll gegen +meine Mitmenschen zeigte, war es doch zuweilen eine Scheinliebe und +nicht die heilige Flamme, die unaufhörlich auf dem Altar des Herzens +brennen soll. Durch mein Wort und mein Beispiel soll ich den Meinigen +(meinen Kindern, meinem Hausgesinde, meinen Freunden und meinen +Angehörigen) dein Wort einschärfen, aber bald wurde ich durch Eitelkeit +und Hochmut irre geleitet, bald verschloß Geiz, Zorn oder Neid das Herz +und die Hand; denn das Feuer der Leidenschaft brennt in meiner Brust und +betört meinen Geist. Und wenn ich sehe, wie wenig noch die Welt dich, +den Einzigen, kennt und anbetet, und wie wenig Liebe zu dir in der +Menschen Brust lebt, wie wenig sie sich in gegenseitiger Liebe äußert, +ach, da muß ich fast verzagen; ich gedenke meiner Sünden und der Schlaf +weicht von meinem Lager. Woher, o Gott, soll ich Kraft nehmen, um im +Kampfe zu bestehen? Und doch--mein Nachtgebet hat mich ja belehrt, daß +ein zerknirschtes Herz dir wohlgefällig ist, hat mich auch belehrt, auf +wen ich meine Hoffnung setzen soll: Herr, auf dich allein!»Du stehst zu +meiner Rechten: Wer wie du![16] so barmherzig, du bist meine Stärke[17] +du bist mein Licht[18] und du bist mein Arzt[19] sowohl für Leib als +Geist; deine Herrlichkeit umschwebt mich. Zuversichtlich spreche ich +darum:»auf deine Hilfe hoffe ich, ja, ich warte in Geduld auf deine +Hilfe und beuge mich in Demut vor dir, o Herr[20], der du über mich +wachen und mich wecken wirst, + +Amen! + +[Fußnote 16: Michael] + +[Fußnote 17: Gavriel] + +[Fußnote 18: Uriel] + + + + +Am Donnerstag. + + + + +Morgengebet. + + +18. Herr, mein Gott und Vater!»Du erneuerst jeden Morgen deine Güte +gegen mich, und deine Barmherzigkeit ist unendlich.« Darum erhebe ich in +der frühen Morgenstunde dankend meine Stimme zu dir, indem ich fühle und +erkenne, daß deine wachende Vorsehung in den Stunden der Finsternis +meinen Geist bewacht und mich aus dem Schlummer der Nacht zu neuem Leben +geweckt hat. O! möchte doch auch mein besseres Wesen mit jedem Morgen +sich erneuern, und möchte ich bei meinem Tagewerk nie verzagen, sondern +es vollenden, ohne zu ermatten; möchte ich doch jeden Tag mit neuer Lust +auf dein göttliches Wort lauschen und aus deiner heiligen Lehre +Seligkeit schöpfen; möchten doch alle guten Kräfte, die du in mich +gelegt, jeden Morgen sich erneuern, so daß ich nie müde werde, meinem +Bruder zu helfen, ihn zu erquicken, zu trösten und zu unterstützen, nie +müde werde, Sanftmut und Geduld gegen meine Freunde zu zeigen, und nie +aufhöre, Gutes denen zu erweisen, die mich hassen, und diejenigen zu +segnen, die mir fluchen; möchte doch ein liebevoller Geist jeden Tag in +mir erneuert werden, daß ich demütig und liebevoll gegen die Armen, mild +und nachsichtig gegen meine Diener mich zeige; ja, laß mich auch heute +aufs neue Kraft gewinnen, um gegen die Sünde, meinen ärgsten Feind, zu +kämpfen! Möge sich stets auch mein kindliches Vertrauen erneuern, mit +dem ich meinen Weg deiner väterlichen Fürsorge empfehle! O, erhöre mich +denn, Allgütiger! wenn ich dich bitte, mir die Ausführung dieses meines +heiligen Vorsatzes zu erleichtern. Laß keine drückende Sorge mir die +Freudigkeit in meinem täglichen Berufe rauben; stärke meinen Körper, daß +meine Seele sich frei zu dir erheben kann;»entbiete mir deine Engel, +mich zu behüten auf meinen Wegen, daß mein Fuß nicht strauchle;« laß in +jeder zeitlichen Freude sich für meine Seele die ewige, selige Wonne +abspiegeln und laß mich froh sein mit den Frohen! Segne, o Gott, Volk +und Land, segne alle, die mir lieb und teuer sind! Leite mich nach +deinem Rat, und nimm mich einst auf zur ewigen Seligkeit. + +Amen! + +[Fußnote 19: Rephael] + +[Fußnote 20: lyshu'atcha (Auf deine Hilfe u. s. w.)] + + + + +Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 20-23. + + +19. Mein Gott und Vater! Nimm mit Wohlgefallen meinen kindlichen Dank +dafür entgegen, daß ich diese Nacht sicher unter deinem Schutz geruht +habe und mich wieder umgeben sehe von deinen Wohltaten, von den +unzähligen Geschöpfen, die du ins Leben gerufen, deren Anblick Ruhe in +die geängstigte Seele mir senkt und mein Herz mit Bewunderung erfüllt. +Heute ist ja der Tag, an dem in der Schöpfungszeit das Weltmeer mit +einem unzähligen Gewimmel kleiner und großer Tiere sich füllte und die +Luft mit dem zahllosen Geflügel, das unter der Wölbung des Himmels +fliegt.»Alle erwarten ihre Nahrung von dir, und du sättigst sie mit +allem Guten.«[21] O, wie kann ich da noch fürchten, daß du mich +vergebens um deine guten Gaben vom Himmel beten lassen solltest, wenn +ich nur treu arbeite, um sie zu gewinnen! Sieh', wie zahllos und wie +mannigfaltig sind nicht die lebendigen Geschöpfe des Himmels und des +Meeres, und doch bilden sie alle einen großen Einklang, um deine +Herrlichkeit zu verkünden; ist nicht das geringste bunte Würmchen eben +so wundervoll wie das starke Tier im Walde, und preisen nicht die +Millionen Geschöpfe im Wassertropfen eben so sehr deine Allmacht und +Wahrheit wie der Wallfisch im Meere? O, sollte ich da verstummen und +nicht beständig meinen Lobgesang darbringen, sollte ich nicht durch mein +Leben, durch mein Tun deine Herrlichkeit verkünden? Ach Herr! segne du +mich, daß meine Gedanken geläutert werden, und meine Taten dir gefallen. +Sieh, der Fisch schwimmt so lebensfroh im Meere, aber, wenn im nächsten +Augenblick ein Fischer ihn heraufzieht, da erlischt das Leben, so weiß +auch ich, daß der Fischer stets sein Netz und seine Angel nach den +Menschenkindern auswirft, um sie von dir, der Quelle alles Lebens, fort +und hin in den Tod zu führen; ach möchte ich doch der Lockspeise der +Welt Widerstand entgegenzusetzen stark genug sein und mich von den +lebenden Wassern nähren, die aus deiner himmlischen Lehre strömen! Laß +mich deiner Liebe eingedenk sein, die meine Väter auf »Adlerfittigen«, +getragen, und wenn die Sorge meinen Sinn umwölkt, wenn Leiden mich +treffen und Feindschaft mich verfolgt, oder wenn Verführungen mich +umringen, o, laß mich da auf die Vögel des Himmels sehen, die ihre Zeit +kennen, und laß mich von ihnen lernen, daß der Tag kommen wird, wo ich +dorthin zurückwandern werde, wo eine wärmere Sonne scheint, und Freude, +Wonne und Herrlichkeit weilt bei dir in aller Ewigkeit. + +Amen! + +[Fußnote 21: Ps. 145, 15.] + + + + +Abendgebet. + + +20. Durch deinen Beistand, allgütiger Gott, habe ich wiederum meinen Tag +zu Ende gebracht, und wie deine Güte mich heute vor jedem Unglück +bewahrt hat, so wirst du mir auch Erquickung in meiner nächtlichen Ruhe +verleihen. Im Schlaf will ich alle Mühe und Beschwerden, jeden Kummer +und jeden Schmerz vergessen. So wird deine ewige Liebe nicht müde, mir +Gutes zu erweisen, und doch erkenne ich dies so wenig. Ja, muß ich nicht +in dieser Stunde deiner Güte danken, daß, während du die Stille der +Nacht um mich her verbreitest und meinem müden Körper Ruhe schenkst, du +auch alles Toben der Leidenschaft und der Angst und Sorge in meiner +Brust verstummen läßt und meiner Seele Ruhe gibst? O »so wehet dein +schützendes Panier in Liebe über meinem Haupte«,[22] und nur im +Vertrauen auf diese Liebe wage ich es, dich zu bitten, mir Ruhe und +Erholung in dieser Nacht zu schenken. Denn sollte ich Rechenschaft über +das Werk des verschwundenen Tages ablegen, o, dann müßte ich ausrufen: +»Herr! gehe nicht ins Gericht mit mir!«--Ach, die Stille auf Erden sagt +mir:»Du wachest in deiner Wohnung!« Je weniger das Irdische meinen Geist +zerstreut und meine Gedanken verwirret, desto tiefer fühle ich meinen +Abstand von dir, doch ich weiß, du gedenkst, daß ich Staub bin und +erbarmst dich über mich wie ein liebender Vater, ich weiß, daß du gern +den Seufzer deines reuigen Kindes hörst und das erfüllst, was es +begehret. O, so verlaß mich nicht, du Israels Hüter, in dieser Nacht. +Breite aus das Banner deiner Liebe über mich (meine Gattin, meine +Kinder, meine Eltern u. s. w.); bewahre unsere Stadt vor allen +Schrecken, und erquicke mich mit einem ruhigen Schlafe, daß ich morgen +mit erfrischter Kraft erwache zu deiner Ehre. Nimm auch deinen Geist +nicht von mir, und laß mich noch lange Zeugnis ablegen, daß »deine Gnade, +o Herr, von Ewigkeit zu Ewigkeit währt denen, die dich fürchten, und +deine Huld ihren Kindeskindern«. + +Amen! + +[Fußnote 22: Hohelied 2, 4.] + + + + +Am Freitag. + + + + +Morgengebet. + + +21.»Preise meine Seele den Herrn und vergiß nicht alle seine +Wohltaten!« so will ich heute, am letzten Arbeitstage der Woche, den Dank +meines Herzens vor dir, Alliebender, aussprechen. Denn du hast mich +diese Morgenstunde schauen lassen, und die ganze Woche hindurch habe +ichs erfahren, daß»du mir am Tage deine Güte entbietest und deine Liebe +über mich des Nachts wacht«; ja! ein Tag bezeugt es dem andern, und die +Nacht verkündet es der Nacht.--Jede Tat, die mir gelungen, jedes Wort, +das mich erfreut, jede Kraft zur Arbeit, die ich in mir gefühlt, und +jeder Lohn, den ich empfangen, war ein unverdienter Segen aus deiner +Hand, und selbst dann, wenn meine Seele in Sorge, Mißmut und in +Bekümmernis eingehüllt war, wenn ich seufzte über andere und über mich +selbst klagte, über Mangel an Kraft in der Stunde der Sorge, die du über +mich verhängt, oder die ich mit meinem trauernden Bruder trug, selbst +dann warst du, o Gott! mir ja nahe mit deinem Trost, und ich fühlte +deinen Geist, wie er bei mir weilte, und die Nacht mit all ihrer +Dunkelheit schien dem hellen Tage gleich für meine Seele, die von deiner +unendlichen Liebe berührt wurde. O Ewiger! wie soll ich dir für alles +dieses danken, nun da die Woche bald zu Ende ist? Muß nicht das +Bewußtsein, daß ich nicht in deinen Augen gewesen, was ich sein sollte, +schwer auf meinem Herzen lasten? Ja, so schnell schwand die Woche +hin, »eine kurze Spanne Zeit sind meine Tage vor dir, und mein Leben ist +wie nichts«, so schnell schwand die Woche hin, daß ich meine +Vergänglichkeit fühlen und die Pilgerzeit auf Erden, die du mir +zugemessen, benutzen muß. Ja, Herr, ich setze meine Hoffnung auf dich; +befreie mich von all meinen Sünden, leite du mich, daß ich am letzten +Arbeitstage der Woche zu deinem Wohlgefallen lebe, daß ich heute demütig +ergeben und dankbar gegen dich sei, liebevoll und versöhnlich gegen +meinen Nächsten mich zeige und mich als treuer und fleißiger Arbeiter in +deinem Dienst bewähre, wie es dem ziemet, der nach deinem Namen genannt +ist. (5. B. M. 28, 10.) Ja, möchte ich mit Recht noch Jude genannt +werden, daß das Zepter nicht aus meiner Hand weiche, ich vielmehr +Herrschaft über alle bösen Mächte gewinne, die um mich her ihr Lager +aufschlagen, so daß die Gleichgültigkeit der Welt mich nicht schlaff und +lässig in deinem Dienst mache, und ihr Widerstand oder ihr Spott mich +nicht in meinem Glauben erschüttern; o, laß mich die Woche damit +schließen, daß ich den Kampf gegen den Verführer in meiner eigenen Brust +bestehe, daß der Name Israelit, Kämpfer für das Göttliche, mir mit Recht +gegeben sei, und mir seliger Lohn werde, wenn ich vom Kampfplatz der +Erde zu ewiger Sabbatruhe im Himmel abgerufen werde. + +Amen! + + + + +Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 24-31. + + +22. Dir, ewiger Quell des Lebens, dir danke ich am letzten Arbeitstage +dieser Woche, daß du mich so wunderbar erschaffen, und daß du mich bis +zu dieser Stunde so treu und sicher bewahrt hast! Dieser Tag war es ja, +an dem du in der Schöpfungszeit alle lebenden Tiere auf der Erde +geschaffen und zuletzt den Menschen, daß er herrsche über die Fische des +Meeres und die Vögel des Himmels und alles, was da lebt und sich regt +auf Erden. Ja, du hast den Menschen verherrlicht, indem du kund getan, +daß er nach deinem Bild und dir ähnlich geschaffen ist;»nur um ein +Geringes hast du ihn den Engeln nachgesetzt, und mit Ehre und Würde hast +du ihn gekrönt.«[23] Von dir erhielt ich die Kraft des Geistes, mich +über die Vergänglichkeit zu erheben und die Macht, mir die Erde +untertänig zu machen, sie zu verschönen und zu verherrlichen, aber auch +Macht, um die irdischen Begierden und die wilden Lüste des Fleisches in +mir zu bezwingen. O, mein Gott, ich kann Herrscher sein über den rauhen, +widerstrebenden Erdboden, über die wildesten Tiere, die in der Wüste +rasen, über die zügellosen, lieblosen Naturen in der Menschenwelt und +über die unbändigen Leidenschaften, die hier in meiner eigenen Brust +sich regen! Ja, ich bin in deinem Bilde geschaffen, ich kann denken, +glauben und beten und im Geiste mich zu dir emporschwingen; ich kann die +Macht der Begierden brechen, mit Liebe jeden widerstrebenden Geist +besiegen, mit Selbstverleugnung und Versöhnlichkeit jede lieblose +Gesinnung bezwingen, und mit Gedanken der Ewigkeit, die in meine +Seele--dein Ebenbild--niedergelegt sind, kann ich Ruhe und Frieden in +angstvollen Stunden und unter schweren Schicksalen gewinnen.--Aber, o +mein Gott! je höher du mich erhöhet hast, desto tiefer werde ich +gedemütigt, und sehe beschämt auf alles, was ich in der verflossenen +Woche getan und gedacht habe. Nicht war ich in meinem Denken, Sprechen +und Streben so wie es dem geziemt, der in deinem Bilde geschaffen; ich +habe es ausgelöscht, so daß es kaum noch kenntlich, daß kaum noch in mir +wahrzunehmen ist, daß ich das Meisterwerk deiner Schöpfung bin. O, möge +dieser Gedanke neue Kraft meinem Geiste verleihen, und sei du selbst mit +mir, daß ich als Ebenbild des ewigen Vaters aller Geister nicht meinen +Sinn auf eitles Streben richte, nicht an den leeren Freuden der Erde +hänge und nicht von zeitlichen Bekümmernissen geängstigt werde! Möchte +ich mit echter Liebe die heiligen Bande, die mich mit meiner Familie +(meinem Gatten, meiner Gattin, meinen Freunden usw.) vereinen, noch +fester knüpfen, daß ich sanftmütig und geduldig unter meinen Mitmenschen +wandere. Laß mich eingedenk sein, daß das Leben, wie der heutige Tag, +nur eine Vorbereitung zur Sabbatruhe, jener seligen Ruhezeit bei dir, +ist, und daß daher von mir unermüdliche, beständige Arbeit und +Wachsamkeit gefordert wird. Und wenn ich zweifeln sollte, weil ich nicht +die Frucht des Fleißes und den Segen der frommen Tat schaue, o, dann laß +mich erkennen, daß der Lohn erst nach vollendeter Arbeit genossen werden +soll, wenn der Sabbat sich einstellt. O du, der du mich geschaffen hast +zu deiner Verherrlichung, hilf du mir auch, daß ich dir aufrichtig diene +und mein Lebenswerk vollende, und daß ich vorwärts schreite von Kraft zu +Kraft, bis ich einst gewürdigt werde, zu schauen dein Antlitz in der +Ewigkeit. + +Amen! + +[Fußnote 23: Ps. 8, 6.] + + + + +Abendgebet. + + +23. Alliebender Vater! Schau wieder auf dein Kind, das seinen Dank +stammeln will, daß du es diesen heiligen Abend hast erleben und diesen +herrlichen Tag hast sehen lassen, der das Ziel der sechs Schöpfungstage +war, daß dein vollendetes Werk von uns geschaut, und deine Allmacht von +dem Wesen angebetet werden sollte, das du in deinem Ebenbild geschaffen. +Und so der Mensch im Laufe der Woche dieses dein Bild entheiligt hat, +suche er an diesem Tage es wieder zu heiligen und Seelenfrieden und Ruhe +nach der Anstrengung der Tage zu finden, und hebe seinen Blick vom +Staube empor zu dir! O, mein Gott! Wie soll ich alle deine Güte preisen +und von deiner Gnade sprechen, die über mir gewaltet hat? Wer bin ich, +und was ist mein Haus, daß du mich der Sabbatfeier teilhaftig werden +läßt, die du zur Heiligung des Menschen eingesetzt hast! O, möchte ich +doch mit dem rechten Geist erfüllt werden, den heiligen Tag nach deinem +Willen zu feiern. Schenke mir und den Meinigen volle Erquickung diese +Nacht, daß wir sicher ruhen, und daß unsre Seele gestärkt werde, die +himmlische Wonne zu genießen, die aus dem beseligenden Quell des Sabbats +strömt, daß unsre Seele Ruhe und Frieden finde in dir, o Gott und +Erlöser. + +Amen! + + + + +Am Sonnabend. + + + + +Am Sabbat-Morgen. + + +24. Jeden Morgen fühlte ich den Drang, mich dir, Allgütiger, zu nähern, +mit jedem neu erscheinenden Tage habe ich dir mein Dankopfer +dargebracht;--und je mehr ich dadurch zu einem Leben in dir und mit dir +geheiligt worden, je mehr ich dadurch gelernt, mitten unter den +täglichen Arbeiten mich festlich gestimmt zu fühlen, desto mehr wird +mein Inneres auch in dieser heiligen Morgenstunde zu dir emporgehoben. +Ja, wenn ich alle Tage der Woche den Dank meines Herzens ausgesprochen +für die zeitlichen Güter, die du mir schenktest, um wie viel mehr muß +ich diesen an diesem Tag verkünden, den du zum Heil und zur Heiligung +unseres Geistes bestimmt und zur Erinnerung deines Namens eingesetzt +hast, und den du dadurch geheiligt, daß du ihn ein Bundeszeichen +nanntest zwischen dir, dem Unendlichen, und Israel, deinem treuen +Diener. An diesem Tage kann und soll ich jegliches Erdenjoch von mir +werfen, von jeder drückenden Last dieser Welt mich befreien und über +jeglichen Kummer und Schmerz des Lebens mich erheben; an diesem Tag soll +alles in mir von höherer Freude erfüllt sein, und alles um mich her +himmlische Wonne atmen, ja in Wahrheit ein seliger Tag! Dazu hast du uns +ja deine heilige Lehre (Thora) gegeben, daß wir darin an diesem Tage +lesen und forschen, damit wir in Gotteserkenntnis wachsen und in allen +guten Gesinnungen gestärkt werden, damit wir das Leben in dir erneuern +und in deiner Wahrheit beharren. O, so verleihe mir deine Gnade und +bewahre mich vor vorsätzlicher und unvorsätzlicher Entweihung dieses +Tages, laß deinen Geist auf mir ruhen, auf daß ich all die Herrlichkeit +deiner göttlichen Lehre schaue und begreife, und stärke mich, daß ich +den Sabbat auf die rechte Weise feiere und auch im Herzen meines Bruders +rechten Sabbatsinn erwecke!--Ich will in meinem eignen Hause unter +meinen Hausgenossen zeigen, daß ich das himmlische Kleinod zu schätzen +weiß, welches ich im Sabbat besitze, auf daß sie sehen, wie glücklich +und froh es mich macht. Und diesen Sinn will ich in der andächtigen +Versammlung der Gemeinde zu stärken suchen, wo dein Name für die +Herrlichkeit dieses Tages gepriesen wird. O Ewiger, laß diesen Tag um +mich her Frieden und Freude ausbreiten; laß ihn jeglichem Kranken +Erquickung und allen Betrübten Trost bringen, laß ihn die Irrenden auf +den Pfad der Seligkeit führen, und laß ihn mich in einen immer innigeren +Verkehr mit dir bringen und mir Seelenruhe und himmlischen Frieden +schenken, der dem gleicht, welchen diejenigen jenseits genießen, die +nach einem frommen Wandel hienieden von dir in die Wohnung der Seligen +gerufen werden. + +Amen! + + + + +Beim Ausheben der Thora am Sabbat. + + +25. Dein, o Herr, ist alle Größe; was unser Auge und unser Gedanke +durchmessen kann, ist nichts vor dir. Dein, o Herr, ist alle Macht; alle +Wesen und alle Welten sind von deinem Willen abhängig, dir dienen alle +Kräfte der Natur und gehorchen deinem Winke. Dein, o Herr, ist alle +Herrlichkeit; der Himmel und die Erde und alles, was sie schmücket, ist +dein Werk. Dein, o Herr, ist alle Majestät, die sich offenbaret in den +Wolken droben, auf der Feste der Erde und in den Fluten des Meeres. Du +bist König, dein ist die Herrschaft von Ewigkeit zu Ewigkeit. Erhebet +den Ewigen, unsern Gott, und beuget euch zum Staube vor ihm; denn er ist +heilig. Erhebet den Ewigen, unsern Gott, und beuget euch vor dem Berge +seiner Herrlichkeit; denn heilig ist der Ewige, unser Gott. + +O Vater der Barmherzigkeit! Erbarme dich des Volkes deiner Treuen, +gedenke deines Bundes mit den festen Säulen der Glaubenstreue. Hüte +unsere Seele vor bösen Stunden; laß an uns nicht herannahen böse +Begierde und Versuchung, sei immerdar unser Retter aus Gefahren und +erfülle die Wünsche unseres Herzens, so sie dir angenehm sind. + +Amen! + + + + + +Bei der Verkündigung des Neumondes.[24] + + +26. Gott, Schöpfer und Herr der Welt! Gib, daß der kommende neue Monat +uns langes Leben und Segen, Ruhe und Friede, Glück und Wohlfahrt bringe. +Gewähre uns Nahrung und Unterhalt aus deiner vollen, offenen und milden +Hand und bewahre uns vor jeder Sorge und jeder Not. Erhalte uns in Liebe +und Anhänglichkeit zu dir, und lasse uns größer werden an Tugend und +Weisheit. Behüte uns in deiner Gnade vor allen bösen Zufällen, und +erfülle die frommen Wunsche unseres Herzens, wenn sie zu unserm Heile +sind. + +Amen! + +[Fußnote 24: Neumondsgebet siehe S. 36.] + + + + +Ein anderes Gebet bei der Verkündigung des Neumondes. + + +27. Mein Gott! Laß mich den Anfang und das Ende des kommenden Monats +erleben in Kraft und Gesundheit! Sende mir (meinen Eltern) deinen +Beistand, daß ich (sie) an ihm für meine (ihre) Bedürfnisse zu sorgen +vermag (vermögen) in Redlichkeit und Ehren! Halte fern von mir und den +Meinigen Gefährdung und Beschämung! Mögen die Wünsche meines Herzens in +ihm erfüllet werden, so sie dir, o Herr, wohlgefallen. Dein Reich der +Wahrheit und der Liebe werde im Laufe desselben gefördert, auf daß die +Zeit der frohen Verheißung immer näher an uns heranrücke: ein Vater im +Himmel, eine Bruderfamilie auf Erden! + +Amen! + + + + +Am Sabbat-Nachmittag. + + +28. Laß mich abermals dir danken, o du Allgütiger, für diesen schönen +Tag, den du der Ruhe geweiht hast, und an dem meine ganze Seele in dir +Ruhe finden soll. Keine Sorge und kein Schmerz beunruhigen mich; denn +dieser Tag erinnert mich ja daran, daß du die Welt aus nichts +erschaffen, und er verkündigt mir deine Allmacht und deine Weisheit: wie +sollte ich da mich nicht getrost deiner Leitung und Führung +überlassen?--Du bist ja mit mir, was sollte ich da fürchten? Und kann +nicht auch das mich über den Sklavensinn der Welt emporheben, daß ich +gedenke, daß du uns aus dem Sklavenjoche Ägyptens befreit hast, auf daß +wir deine Diener wurden? Ja, in dir soll meine Seele Ruhe finden, und +sie soll aus der Fülle deiner Liebe schöpfen, auf daß ich einen jeden +hoch schätzen lerne, der in deinem Bilde geschaffen worden, daß auch +seine Seele heute Erquickung finde. Ja, selbst die vernunftlosen Tiere +sollen heute Ruhe genießen. In dir ruhen soll meine Seele, und du hast +mich ja selbst gelehrt, wie deine Ruhe recht gefeiert werde; denn am +Sabbat ertönte ja dein Wort vom Sinai, durch welches das Reich des +Lichtes weithin über die Erde sich ausbreitete. Ja, und wenn ich auch +heute nichts an irdischen Schätzen gewinne, welch ein großer Reichtum +ist mir doch im Sabbat zuteil geworden! Ist er es ja, der meine Seele +von der Mühe des Lebens befreit, ein wahres Bild des ewigen Sabbats, an +dem der Geist eine heilige, himmlische Ruhe in dir genießen soll.--O, +mein Dank steige zu Gott empor! und du mein Gott, »durchforsche mich und +prüfe meine Gedanken, und bin ich auf schlechtem Wege, so leite du mich +auf den rechten Pfad hin«, auf daß ich dir in aller Ewigkeit danke. +Gepriesen werde dein Name, Hallelujah! + +Amen! + + + + +Am Neumondstage. + + +29. Du Gnadenreicher! Den ersten Tag eines jeden Monats hast du--wie +unsere frommen Väter uns gelehrt--zur Sündenvergebung bestimmt, und +ehemals, als noch auf Zion der heilige Tempel prangte, wurden an diesem +Tage Sühnopfer dargebracht, und der Reumütige fand Vergebung. Der Tempel +steht nicht mehr, und Opfer sind nicht mehr der Ausdruck unserer Reue +und Hingebung, aber unser Gebet ist uns geblieben, der Dienst des +Herzens, der an allen Orten dir wohlgefällig ist. So nimm denn das +Opfer meines Herzens wohlgefällig auf, erhöre das Flehen, womit ich mich +am heutigen Tage reuevoll dir nahe, und vergib mir meine Sünden, die ich +im verflossenen Monat gegen dich und meine Nebenmenschen begangen habe. +Ich erkenne, o Herr! daß ich von meiner Bestimmung abgewichen bin, wenn +ich gefehlt habe; ich sehe es ein, daß früher oder später Vorwurf und +Kummer mein ganzes Leben verbittern müßten, und fasse darum den festen +Vorsatz, mit dem neuen Monate meinen Lebenswandel ganz so einzurichten, +wie es dein heiliges Gesetz befiehlt. O Vater, der du an Reue und Buße +Wohlgefallen hast, stehe mir bei, daß ich jederzeit über mein Herz +wache, daß ich immer mehr Wahrheit und Tugend erstrebe und alle meine +Gedanken und Handlungen richte auf das eine Ziel: heilig zu werden, wie +du heilig bist.--Wache über mich und alle meine Angehörigen auch in +diesem Monate, auf daß er uns werde zur Freude und Wonne, zum Segen und +Frieden. + +Amen! + + + + +Sabbat-Abend. + + +30. Alliebender Vater! Der herrliche Tag, mit welchem die Woche +schließt, ist zu Ende, und ehe ich mich zur Ruhe niederlege, um wieder +zur Arbeit der kommenden Woche gestärkt zu werden, durchforsche ich nun +mein Inneres, ob der heutige Tag auch heilige Eindrücke auf mich +zurückgelassen und mich in Wahrheit dir näher gebracht hat. O! du hast +mich heute so mannigfaltig gesegnet, an Leib wie an Geist, und deine +Güte hat mir sowohl irdisches als himmlisches Manna bereitet! Ich +schöpfte ja aus dem Quell deiner Liebe durch alles, was ich von der +milden Hand der Natur empfangen, durch alles, was ich in dem Kreis +meines eigenen Hauses genossen, durch das festliche Mahl und noch mehr +in der Andachtsstunde durch dein göttliches Wort. Aber ach, mein Gott! +habe ich dir in Wahrheit all meinen Dank gezollt? Wie manchen Vorwand +habe ich benutzt, um mich allem zu entziehen, wozu mich der Tag rufen +sollte; wie ließ ich doch kleinliche Sorgen und Freuden mich davon +abhalten, dich und dein Haus aufzusuchen; warum hatte ich Zeit zu allem, +und nicht zu dem, was der Sabbat mir auferlegt? Und selbst im Verkehr +mit dir--wie lau war gleichwohl meine Andacht, wie zerstreut waren meine +Gedanken, während ich deinen Namen anrief; wie wenig wurde ich beim +Hören deiner Worte entflammt! Verzeihe mir, o ewiger Vater, und entziehe +mir deine Gnade nicht! Auch den frommen Vorsatz rechnest du ja dem +schwachen Menschen als Tugend an, auch der gute Wille gilt ja vor dir +als eine wohlgefällige Tat! Gib du mir Kraft, diese zu vollführen, +erneue in mir mit der neuen Woche einen festen Geist, und lege eine neue +liebreiche Gesinnung in mein Herz, ein neues inniges Verlangen, dir +anzugehören! Bewahre mich und die Meinigen in dieser Nacht und stärke +mich, daß ich morgen neu gestärkt zu dem Werk eile, das du mir +angewiesen für die Tage meiner irdischen Wallfahrt, laß deine Huld und +Gnade mir zuteil werden, daß ich mich vorbereite zu einem seligen Ende. + +Amen! + + + + +III. Gebete an den Feiertagen. + + + + +Abendgebet an den drei Festen: Peßach, Schabuoth (Wochen-) und Succoth +(Laubhüttenfest). + + +31. Allgütiger und allheiliger Gott! Ich danke dir, daß du mich diesen +Abend hast erleben lassen, daß ich wiederum ein heiliges Fest feiern +kann, welches mich erinnert, wie du in deiner Weisheit den Kreislauf der +Zeiten geordnet und wie du, o Allmächtiger! alles zu seiner Zeit +geschaffen hast,--ein Fest, das mir deine mächtigen Wunder der Tage der +Vergangenheit ins Gedächtnis ruft, deine Wohltaten gegen unsere Väter, +wie du ihnen Hilfe sandtest, sie leitetest und führtest, Wohltaten, die +sowohl das Heil Israels als auch das der Menschheit überhaupt gefördert +haben. Ich danke dir, daß du mich dieses heilige Fest hast erleben +lassen, das meine Gotteserkenntnis bewähren, meinen Glaubensbund +erneuern und mich in demselben befestigen soll, und das mich an deine +ewigen Verheißungen erinnert, die du an jede Festzeit geknüpft hast. Ja, +ich danke dir, daß du, das unvollkommene Wesen des Menschen +berücksichtigend, dieses dein Fest eingesetzt hast, damit die heilige +Glaubensflamme in uns allen lebendig erhalten werde. O, möchte doch +alles sowohl in mir als um mich her das heilige Festgewand anlegen, +möchte ich in dieser Nacht mich von deinem väterlichen Schutze +umschattet fühlen, möchte ich sowohl, als alle, die mir angehören, von +dem seligen Gefühl ergriffen werden, mit welchen das Fest jeden erfüllen +sollte. Bewahre mich und meine Lieben vor allem, was den Frieden der +Nacht und des Festes stören könnte, und laß mich morgen in der +versammelten Gemeinde festliche Freude und festliche Erbauung mit all +denen genießen, die dich suchen, deine Güte empfinden und dich anbeten, +dich, der du »in Gnade und Barmherzigkeit festliche Erinnerungstage für +deine Wunder eingesetzt hast«,[25] O sprich zu mir:»Du bist mein Diener, +von dem ich gepriesen werde.«[26] Gepriesen sei dein Name in Ewigkeit. + +Amen! + +[Fußnote 25: Ps. 111, 4.] + +[Fußnote 26: Jes. 49, 3.] + + + + +Morgengebet für den ersten und zweiten Tag des Peßachfestes. + + +32. Mit Dank erhebe ich mein Herz zu dir, o Ewiger, daß du in der +kalten, dunkeln Nacht des Winters mir Schutz gewesen bist, daß die +Winterzeit nun dahingegangen, und milde Lüfte mich wieder anwehen. +Alles, was im Schlummer gelegen, ist wiederum erwacht, die gefesselt +gewesene Natur ist wieder befreit. O, mein Gott, rührt sich wohl auch in +mir dieses neue Leben? Bin auch ich frei geworden und wandre nicht mehr +in der schmählichen Knechtschaft der Welt? Hat nicht die himmlische Saat +in meiner Brust auch im Schlafe gelegen vor der Kälte der Welt, wie die +Saat des Ackers vor dem Winterfrost? Habe ich wohl in den vielen langen +Nächten nach dem himmlischen Lichte in deinem heiligen Gesetze gesucht, +in stiller Zurückgezogenheit über dein Wort geforscht und die dunkle +Tiefe meines eigenen Herzens bei dem klaren Lichte deiner Lehre +untersucht? Oder habe ich vielmehr durch allerlei irdische Lust und +Freude nur noch mehr jedes höhere Gefühl in mir in Schlaf versenkt und +durch die Menge weltlicher Zerstreuungen den klaren Funken von deinem +Geiste, der in mir noch geglommen, völlig ausgelöscht? Habe ich nicht +manchmal Kälte und Unwetter nur als Vorwand vorgeschützt, um dein Haus +nicht zu besuchen? O! dieses Fest ist es, das mir solche mahnende +Erinnerungen gibt. An diesem Tage war es ja, daß du unsere Väter aus dem +Joche Ägyptens erlöstest, daß ihr Geist von dem Sklavensinne befreit +ward, und sie anfingen, als freies Volk zu leben und sich als solches zu +fühlen, daß sie sich dazu erhoben, deine Diener zu sein. Im Glauben an +dich traten sie ihre große Wanderung durch die Erdenwüste an, damit sie, +dem Lichte gleich, in der Finsternis der Welt leuchten sollten, um +sowohl in den Freuden als auch in den Leiden des irdischen Lebens, +deinen Namen zu verehren und anzubeten, und das Lamm zu sein, welches +seine Unschuld und Reinheit bewahrt und gerne das Opfer der Welt sein +will, aber auch selbst der Priester ist, der es darbringt, um das Werk +zu vollbringen, das du Israel aufgetragen: dein Reich auszubreiten, und +es zu befestigen. O, ich fühle, wie weit entfernt ich noch davon bin, +ein würdiges Glied in Israels Gemeinde, wie weit entfernt davon, dein +freigeborner Sohn zu sein, der das Joch der Welt abgeworfen, und dein +Diener, der sich von jedem Joche des Vorurteils frei gemacht und weder +von dem hohlen Wesen des Unglaubens, noch von den Irrtümern des +Aberglaubens gefesselt ist. Ach, der Sauerteig der Sünde füllt noch +meine Brust, und Eitelkeit, Wollust und Habsucht betören mich. O, möchte +ich doch, indem ich den Sauerteig aus meinem Hause forträume, auch +meinen Sinn läutern! Ja, ich will an diesem Feste meinen Lebenstag aufs +neue beginnen und mich selbst wieder zum Glauben erwecken. Ich will die +Erinnerungen aus den Tagen meiner Kindheit auffrischen, da fromme Eltern +an diesem Feste die gute Saat in meine Seele ausstreuten; ich will mir +Israels wunderbare Leitung wieder vor die Seele rufen, von der Zeit an, +da es durch deine kräftige Hand, o Gott! aus Ägypten geführt worden, bis +auf diesen Tag, um immer mehr zu erkennen, daß es unter deiner +väterlichen Obhut steht, daß es aber noch nicht seinen hohen Beruf +erfüllt und daß jedes Mitglied der Gemeinde Israels dir und seinem hohen +Berufe sein Leben und seine Kraft weihen soll. Aber was ich auch +will,--nichts vermag ich doch ohne deinen gnädigen Beistand. Dein Geist +sei mit mir und den Meinigen in dieser festlichen Zeit, daß wir sie +feiern zu deinem Wohlgefallen, zur Verherrlichung deines Namens. + +Amen! + + + + +Ein anderes Gebet für den Peßachmorgen. + + +33. Wie lange auch der Winter gewährt, wie viele Sehnsuchtsseufzer in +den dunkeln Nächten zu deinem Himmel emporgestiegen, so habe ich doch +unter deinem Schutze, Allbarmherziger, den Anbruch der milden Jahreszeit +erlebt. So gedenke ich auch heute, daß durch deine Güte auf gleiche +Weise vor Jahrtausenden die Morgenröte der Freiheit für das +Menschengeschlecht anbrach. Du beriefest Israel, deinen Erstgeborenen, +eine Gemeinde zu deiner Anbetung zu bilden, damit die Nacht des +Heidentums nach und nach verschwinde, und alle Unterdrückung aufhöre. +Ja, lange hatten meine Vorfahren in Druck und Elend geschmachtet und +viele hatten schon jede Hoffnung auf Rettung aufgegeben, ja, hatten +schon aufgegeben den Glauben an die Verheißungen, die ihnen von +Geschlecht zu Geschlecht überliefert waren; doch die Stunde der +Errettung kam, und sie kam früher, als selbst die Gläubigsten geahnt +hatten, sie kam in der tiefsten Finsternis der Nacht.--O, ich sehe wohl, +noch seufzt die Welt unter dem Joche der Knechtschaft, noch bekämpfen +Völker einander mit blutigen Waffen, noch herrschen die Schrecken des +Krieges und noch werden wir von Eigennutz getrieben. Menschenfurcht hält +noch den Geist gebunden und völlig machen wir uns zu Sklaven törichter +Eitelkeit, und Gold und Ehre und Macht sind die Götzen, die die Menge +anbetet, und Laster und Leidenschaften üben eine mächtige Herrschaft +aus, sowohl über das ganze Menschengeschlecht, als über jeden Einzelnen. +Doch du, »dessen Name von Ewigkeit zu Ewigkeit währt, und der du unser +Erlöser bist«, du wirst dennoch endlich die Erlösung kommen lassen, so +gewiß, als du sie verheißen hast. Du wirst die Zeit kommen lassen, in +der »alle in Freundschaft mit einander wohnen, die Schwerter zu +Pflugscharen schmieden werden und das Kind mit der Schlange +spielet«,[27] da das Gift der Sünde von ihr genommen sein wird. Diese +Hoffnung soll das Fest in meiner Brust erneuern, und ich weiß, daß auch +mir ein wenig Kraft verliehen worden, in deinem Dienste für das Kommen +deines Reiches zu arbeiten. O, Herr! laß mich denn das Joch brechen, das +noch auf mir lastet, laß mich von Hochmut und sündiger Lust gereinigt +werden, und laß mich erkennen, daß nichts auf Erden mir als Eigentum +angehört, sondern daß mein Besitz ein anvertrautes Gut, ein Darlehen von +dir ist. Um nun von diesem Bewußtsein durchdrungen zu werden, wird ja +auch in Israel jede erste Gabe des Lebens dir geheiligt, deshalb gehört +dir ja die erste Erntefrucht des Jahres, und brachten eben ja am +heutigen Tage unsere Väter das heilige Omer als Opfer der Erstlinge dir +dar. So will ich denn gedenken, daß alles eine unverdiente Gabe aus +deiner Hand ist, und wie sehr ich auch dafür gearbeitet habe, so ist +doch nur der Genuß, wie von dem eines nur zur Benutzung anvertrauten +Gutes mir davon gestattet, die Seele aber darf nicht daran hängen; denn +es ist ja alles eitel und nichtig, die Seele aber schufst du für das +Ewige, und der hat schon jetzt das ewige Leben, der nur an dir festhält. +Gib, o du mein himmlischer Vater, daß ich in solcher Hoffnung an diesem +Feste wachse und wecke sie bei allen meinen Brüdern, ja laß die +zuversichtliche Erwartung bald das Menschengeschlecht erfüllen, daß +einst der Tag erscheine, »da der Herr einzig sein wird und sein Name +einzig.« Amen! + +[Fußnote 27: Jes. 2, 4; Micha 4, 1--3, Jes. 11, 8.] + + + + +Morgengebet an den beiden letzten Tagen des Peßachfestes. + +(2. B. M. 24, 15.) + + +34. Wo ist wohl die Wohnung eines Frommen, in der man nicht heute mit +Freuden Siegesgesänge anstimmt:»die Rechte des Herrn ist erhaben, die +Rechte des Herrn hat das Siegeswerk vollbracht!« O, auch mein Haus soll +von Siegesgesang erschallen und von Dank für deine wunderbare Hilfe, da +Israel so kurz nach der Befreiungsstunde, am Rande des Verderbens +stehend, nur im Aufblick zu dir, im Gebete, Mut und Rettung fand. Auch +hier in meinem Hause soll ein Dankfest gefeiert werden, dafür, daß du an +diesem Tage »den Glauben an dich und an Moses, deinen Diener, in den +Herzen unserer Väter befestigt hast. Und hat es nicht auch in meinem +eignen Leben so manche Stunde der Gefahr gegeben, in der ich oder einer +der Meinigen gleichsam über einem Abgrunde schwebte, so manchen +angstvollen Augenblick, in welchem ich verzagte und nicht fest in meinem +Glauben war? Doch du halfst mir und du stärktest meinen schwachen +Glauben! O, indem ich dir nun danke, will ich auch nicht vergessen an +diesem Dankfest denen zu danken, die du als Werkzeug gewählt hast, mir +zu helfen, mich zu stärken und zu trösten oder auch zu belehren. Wenn so +viele, weit entfernt solches anzuerkennen, undankbar sind, so will ich +in der Feststunde mir aufs neue die Pflicht der Dankbarkeit und +Erkenntlichkeit ins Gedächtnis rufen, will auf meinen Vater (meine +Mutter, meine Gattin, meine Kinder usw.) mit Dank für all das Gute, das +mir von seiner (ihrer) Hand zuteil geworden, hinblicken und will mit +Tränen der Dankbarkeit aller meiner Wohltäter gedenken, wenn sie auch +schon im Grabe schlummern; ja, derer will ich gedenken, die mich als +Kind in ihre zärtlichen Arme geschlossen und meine Jugend geleitet +haben; meines Lehrers, der meinen Geist erleuchtet und mir den Weg des +Lebens gezeigt hat, und aller, die mir jemals Rat erteilt und mit ihrem +Beistande mich in meinem Berufe unterstützt haben. Gib mir, o, Ewiger, +Gelegenheit und Kraft, ihnen allen meinen Dank durch die Tat beweisen zu +können! Und wenn ich so viele teure Wesen vermisse, denen ich nichts von +der Schuld meiner Dankbarkeit habe abtragen können, wenn vielleicht +einer meiner Brüder gerade zur Festzeit den Verlust eines Freundes, +eines Gönners oder Helfers beklagt, wenn der eine oder andere sich +einsam und verlassen fühlt, o! so laß in seiner wie in meiner Seele das +trostreiche Wort laut ertönen:»Stehe still und sieh die Hilfe des +Herrn!« Denn du, o Herr, bist ewig und immer, und ewig lenkst du meinen +Weg. Dir will ich stets aus ganzem Herzen danken, und deinen Namen will +ich ehren in aller Ewigkeit. + +Amen! + + + + +Morgengebet am Wochenfeste. + + +35. Ewiger, hochgepriesener, einziger Gott!--O! wie könnte ich heute +deinen heiligen Namen aussprechen, ohne dir zugleich dafür zu danken, +daß du den Menschenkindern dich offenbart und deinen heiligen Willen +ihnen kund getan hast. Du hast ja zu ewigem Angedenken daran dieses Fest +der Gesetzgebung und der Offenbarung eingesetzt! Deine größte Liebe +gegen die Sterblichen zeigtest du an jenem Tage, da du uns deinen +väterlichen Willen kund getan, da du das Himmlische dem Geschlechte der +Erde offenbartest, daß wir es erkennen und des himmlischen Reiches +teilhaftig werden. Auch ich bin dazu berufen und kann zu den Glücklichen +und Seligen gezählt werden; auch für mich hast du deine Worte verkündet. +Ja, ihre Herrlichkeit leuchtet der ganzen Welt; obschon unbewußt lebt, +und atmet sie in derselben, und würde sie ohne dein ewigstrahlendes +Licht in Finsternis eingehüllt sein. So soll denn der Unglauben eben so +wenig wie der Aberglauben Herrschaft über mich gewinnen. Aber ach! wenn +ich mich im Lichte deines geoffenbarten Wortes prüfe, muß ich da nicht +beschämt bekennen, daß es in mir oft verdunkelt worden und nicht in +voller Kraft in all meinem Denken und Tun widerstrahlte? Nahm ich nicht +oft den Schein für die Wahrheit und Menschenklugheit und Blendwerk oder +meine eigenen törichten Meinungen für Gotteserkenntnis, und Vorurteil +für Überzeugung?--War ich wohl fest in deinem Gesetze zu allen Zeiten, +daß es mit Flammenschrift auf den Tafeln meines Herzens eingeschrieben +stand als ein ewiges Bundeszeugnis, als ein Zeugnis meiner Treue und +meines Strebens, dich und deinen Willen immer klarer zu erkennen? War +ich nicht zuweilen hartnäckig und rühmte mich da der Festigkeit, oder +hielt ich nicht zuweilen die Zweifel, die sich in meiner Brust erhoben +und das Schwanken meines Geistes für Fortschritt? Darum bitte ich dich, +du, »dessen Wort ewig ist, dessen Wahrheit fest steht von Geschlecht zu +Geschlecht«, o, leite meine Schritte auf die Bahn deines Wortes, daß ich +nie davon weiche, weder zur Rechten noch zur Linken, und laß nicht die +Sünde und das Verderben Macht über mich gewinnen! Laß mich erkennen, +daß »der Mensch nicht vom Brote allein lebt, sondern von allem dem, was +aus deinem Munde kommt«,[28] und wecke in mir ein beständiges Verlangen +nach diesem Lebensbrot, daß deine Zeugnisse mein ewiges Erbteil seien, +meines Herzens wahre Freude, meiner Seele Seligkeit. + +Amen! + +[Fußnote 28: 5. Buch Mosis 8, 3.] + +36. Heute, da ich der höchsten und heiligsten Gabe gedenke, mit welcher +du, mein Gott, vom Sinai aus deine Menschenkinder begnadigt hast,--wie +danke ich dir da, daß ich Israels Glauben bekenne! Wie hilflos und +verlassen würde ich sein, wollte ich Licht und Leitung bei den Weisen +der Welt suchen, die so oft einander widersprechen, und von denen der +eine niederreißt, was der andere als ein unerschütterliches Gebäude +aufgerichtet. Ja, ich danke dir, mein Gott, daß ich ein Israelit bin, +und ich die heiligen Stammväter und alle Propheten, die du mit deinem +heiligen Geiste erfülltest, zu Leitsternen für mich auf meiner Bahn +habe, und daß du auch für mich das Wort leuchten ließest, welches du +selbst in deiner Gnade kund getan hast, das Wort, das felsenfest allen +Stürmen der Zeit Widerstand geleistet, und das der Spott der +Leichtsinnigen, die Geringschätzung der Weltlichgesinnten nicht zu +erschüttern vermocht hat. Ja, wohl muß ich meines Glaubens wegen +zuweilen Kummer und Beschwerden erdulden, und wo ich als ernster +Israelit nach deinem Gesetze und deiner Lehre wandern will, da werde ich +oft von außen und von innen von Feinden bedrängt;»denn die, welche an +deinem Worte festhalten und in seinem reinen Geiste wandern, müssen oft +unter Kedars Hütten wohnen, unter denen, die den himmlischen Frieden +hassen.« Aber du läßt mich die Wahrheit deiner himmlischen Lehre +erkennen, und nicht weltliche Freuden und nicht irdische Bande sind es, +die mich an sie binden; denn du hast sie als Preis für mannigfältige +Kämpfe gegeben, und gerade unter diesen soll sie ihre Gotteskraft +beweisen. O, so stärke mich denn, wie du unsere Vorfahren gestärkt, daß +ich dieses Kleinod wie meinen Augapfel bewahre und es auf die kommenden +Geschlechter vererbe. Laß seine Herrlichkeit immer mehr mir strahlen, +und laß mich darin unablässig für mich und für alle die Meinigen Leben +und Licht, Trost und Frieden finden. + +Amen! + + + + +Am Neujahrsfest (Rosch Haschana). + + + + +Am Vorabend des Festes. + + +37. Herr, unveränderlicher, ewiglebender Gott! sieh gnadenvoll nieder +auf dein Kind, das kaum sich aufrecht zu erhalten vermag unter den +wechselnden Gefühlen, die es an diesem heiligen Abend überwältigen, der +das hingeschwundene Jahr von dem neuen trennt, welches sich aufzurollen +beginnt. Denn erscheine ich mir doch fast selbst ein Wunder, wenn ich +mir alles in Erinnerung zurückrufe, was mir in dem dahingeschwundenen +Jahre widerfahren und begegnet: Freuden und Sorgen, Erquickungen und +Bekümmernisse, Leiden und Momente des Glücks. Ja, jede Stunde, jeder +Augenblick gab das Zeugnis, daß du mich auf den Armen deiner Liebe +trägst, daß deine Huld mich umschwebt. Und ach! wie wenig habe ich all +dieser Güte entsprochen, wie oft verzagte ich, und wie oft strauchelte +ich! Und sehe ich hin auf die vielen Wünsche und Erwartungen, die sich +nun in meiner Brust regen, und die ich nun vor dir für die kommende Zeit +aussprechen will, o Herr und Vater, wo soll ich da beginnen und wo +enden? O du, der du den Gedanken kennst, ehe er noch ausgesprochen wird, +du weißt ja, wessen ich bedarf, und was zu meinem Wohle und dem Wohle +der Meinen dienen kann. Darum empfehle ich mich deinem gnädigen Schutze +und bitte nur um dieses: laß mich mit dem hingeschwundenen Jahre auch +aller meiner Sünden ledig werden, und laß für mich ein Jahr beginnen, +welches in Wahrheit ein neues ist, ein Jahr, in welchem ich mehr und +mehr deine Weisheit, Gerechtigkeit und Liebe erkenne, ein Jahr, das von +Anfang bis zum Ende Zeugnis gebe von meinem eifrigen Streben, dir zu +gefallen, und von meiner Hingebung an deine väterliche Leitung. Und so +will ich denn getrost das neue Jahr antreten, denn ich weiß, daß du, +Allgütiger, mir nahe bist, und daß du mein Gebet erhörest. + +Amen! + + + + +Neujahrstag. + + +38.»Lobsinge dem Herrn meine Seele und vergiß nicht, was er dir Gutes +getan hat«, das ist mein erster Gedanke, mein erstes Gefühl an diesem +Tage. Und dieses Sinnen taucht nicht in meinem Innern auf, ohne daß +meine ganze Seele sich zu der Bitte erhebt:»Mein Gott, vergib mir meine +Sünden!« Denn ich weiß es gar wohl, daß ich alle Zeit vor deinem +Angesichte stehe, und daß dein Auge mir folgt auf allen meinen Wegen. +Aber heute, da ich so vieler Wohltaten mich erinnere, die du in einer +langen Reihe von Tagen mir erwiesen hast, wie oft du meine Seele mit +Freude erfülltest, mir Stunden schenktest, in denen ich mich so +glücklich fühlte, wie oft du mir halfst bei meiner Arbeit, mich +erfreutest durch den Anblick meiner Lieben, durch die Umgebung +liebevoller Herzen und froher, freundlicher Gesichter, mich stärktest in +schweren Augenblicken, mich Trost und Linderung finden ließest unter +Schmerz und Sorge, ja mir so oft helfend zur Seite standest, mich, wenn +die Versuchung mir nahte, und ich nahe daran war zu wanken, aufrecht +hieltest in meiner Schwäche--heute muß ich die Last aller meiner Sünden +um vieles schwerer fühlen, und all meine Schuld tritt mir vor die Seele. +Jeder Tag, jede Stunde des verflossenen Jahres klagt mich ob meiner +Versäumnisse an; wie oft habe ich nicht meine Pflicht vergessen, meinen +Beruf als Mensch, als Israelit! Heute, da ich nicht nur so viele deiner +Wohltaten gegen mich vergessen habe, sondern auch so manchen sündigen +Gedanken, so manche unrechte Tat, die ich mir habe zuschulden kommen +lassen, heute fühle ich es mit Furcht und Beben, daß ich von dir +gerichtet werden soll, dir, dem Allwissenden, der all mein Tun und +Lassen kennt, dem auch die verborgensten Gedanken meines Herzens +offenbar sind und dessen Auge die Tat sieht, die keinen irdischen Zeugen +hatte; o ja, heute erkenne ich vollkommen, wie ich all deiner Güte und +Barmherzigkeit nicht wert gewesen bin. Und stehe ich nicht heute vor +einer unbekannten Zukunft? Wie zahlreich sind meine Wünsche, wie +mannigfaltig meine Hoffnungen, die ich an die kommenden Tage knüpfe, und +wie erbebe ich bei dem Gedanken, was sie vielleicht für mich oder für +diejenigen in ihrem Schoße bergen, die ich mehr noch liebe als mich +selbst! O, wie konnte ich wohl der Zukunft vertrauensvoll entgegen +sehen, wenn nicht deine Verzeihung mir würde auf meinem neuen Wege. O +Allgütiger! Nimm mich und die Meinen in deine treue Hut, laß deine Gnade +mir leuchten in dem neuen Jahre, unterstütze mich darin, daß ich das +Gute übe, hilf mir, jede sündige Lust zu überwinden. Halte fern von mir +jede Versuchung, und wenn du mir Kämpfe auferlegst, so verleihe du mir +auch die Kraft, siegreich aus ihnen hervorzugehen, und stärke mich, Haß +und Neid, Rachsucht und der Sinne Lust zu bezwingen durch eine innige +Liebe zu dir. Erneuere du selbst in mir das feste Vertrauen auf deine +Hülfe, daß ich fest stehen möge im Glauben, und lehre mich, an jedem +Tage mit neuen Liedern dir zu lobsingen, und deinen heiligen Namen zu +preisen. + +Amen! + +39.»Herr Gott, tausend Jahre sind ja vor dir, wie der Tag, der gestern +vergangen ist, aber unsere Tage fahren dahin wie Rauch und verschwinden +wie Schatten«,[29] und ehe wir es merken, stehen wir vor den Pforten der +Ewigkeit. So haben wir, ich und die Meinen, heute wiederum ein Jahr +zurückgelegt, wir stehen an der Schwelle eines neuen, und wir wissen +nicht, wie viele unter uns am heutigen Tage vielleicht zum letzten Male +die Neujahrssonne aufgehen sehen. O, mein Vater, ich habe so viele, die +meinem Herzen wert und teuer sind, und denen ich so gerne noch eine +Weile meine volle Liebe erweisen möchte, o, erhalte du sie doch am Leben +und schenke ihnen Freude und Segen! Erhalte am Leben (meine alten +Eltern, meinen teuren Vater, meine geliebte Mutter, meinen guten treuen +Gatten usw.) breite deine schirmende Hand aus über (meinen Großvater, +meine Großmutter, meinen Bruder, meine Schwester, Geschwister, +Wohltäter, Freunde usw.) O, himmlischer Vater, von ganzem Herzen bete +ich auch zu dir für die, welche ich mit mütterlicher Liebe umfasse: o, +laß meine Söhne und Töchter leben, und laß dieses Jahr ihnen Glück und +Frieden bringen, führe du sie den richtigen Weg, daß auch meine Seele +sich darüber freuen möge; verleihe du ihnen Kraft und Gesundheit; laß +sie erzogen werden und aufwachsen in deiner Furcht und Erkenntnis, dir +zum Wohlgefallen und den Menschen.--Allerbarmer! auch für mich wage ich +zu beten, wie sehr ich auch erkenne, daß ich sündenbelastet bin. O, +verleihe du mir Stärke! Solltest du in diesem Jahre meiner Seele +gebieten, zu dir einzukehren, so laß sie dahinziehen in Frieden, ist es +aber dein Wille, mir noch ein Lebensjahr zu schenken, so laß es zum +Segen für mich werden. Ja, solltest du es mir vergönnen, die Tage zu +erleben, »da des Hauses Wächter erzittern, die Stützen sich beugen und +der Blick umdunkelt wird!«[30] »so verwirf mich nicht, mein Gott, in +meinem hohen Alter und verlaß mich nicht, wenn mein Haar grau wird und +meine Kräfte abnehmen!«[31] Und wenn die Freude an dieser Welt mir +schwindet, so laß du die Freude an dir und die Sehnsucht nach deinem +Himmel um so stärker in meinem Innern werden. Ach Herr! stärke mich, daß +weder Glück noch Unglück, weder Freud noch Leid mich von dir entfernen +möge, daß alles dazu diene, mich meiner Vollendung näher zu bringen, und +daß auch ich dereinst ein freundliches Andenken hinterlassen möge, und +mein Gedächtnis in Segen bleibe. + +Amen! + +[Fußnote 29: Ps. 90.] + + + + +Beim Schofarblasen. + + +40. Dir, o allmächtiger und liebreicher Gott, will ich huldigen als dem +König der Welt! Deshalb ruft mich heute Schofars (der Posaunen) Schall +auf zum Kampfe wider den Feind, der in meiner eignen Brust hauset, +siehe, alle die verflossenen Zeiten mit ihren denkwürdigen Begebenheiten +ziehen an meiner Seele vorüber, indem mein Ohr auf diese Töne lauscht. +Im Geiste sehe ich des Widders Horn vom Gebüsch festgehalten, mich daran +erinnernd, wie jener Patriarch die schwere Prüfung bestanden. Ach Herr, +wie oft seufzte ich doch, selbst bei dem Geringsten das mich heimsuchte; +wie werde ich bestehen, wenn du beschlossen haben solltest, meine Treue +auf gleiche Art zu prüfen? Und im Geiste höre ich gleichsam das Wort des +Bundes, wie es verkündigt wird unter Posaunenschall, und ich erbebe; +denn mit zerknirschtem Herzen muß ich es bekennen: Ich habe deinen +heiligen Bund nicht gehalten. Es ist mir, als ob der Propheten gewaltige +Stimme, ihre Warnungsrufe und Ermahnungen, ihre Predigt zur Buße und +Umkehr und die Verkündigung des mahnenden Gerichts in dieser Stunde an +mein Ohr dringe, und ich erbebe. O Ewiger! laß diese Töne mich aus +meinem Schlummer wecken, laß sie mich mit Reue erfüllen über die Tage +der Vergangenheit, welche ich nicht für das ewige Leben benutzt habe, +aber auch zugleich mit dem Trost, daß du als ein huldreicher Herr mit +Erbarmen auf deinen bußfertigen Diener herabschauen, und daß du, ein +gütiger Vater, dein reuiges Kind in Liebe wieder zu Gnaden aufnehmen +wirst. Stärke mich in der Prüfungszeit, laß mich widerstehen allen +Versuchungen der Welt, laß mich siegen über die sündige Lust und +verachten den Spott der Ungläubigen. Ja, laß diese Stunde gnadenbringend +sein für mein Herz und meine Seele, daß ich von dieser Zeit an wandern +möge in dem Lichte deines Angesichtes. + +Amen! + +[Fußnote 30: Koheleth 12, 3. ff.] + +[Fußnote 31: Ps. 71. 9.] + + + + +Am großen Versöhnungsfeste (Jom hakippurim). + + + + +Zu Anfang des Abendgottesdienstes (Kol nidre). + + +41. Barmherziger Vater! Wie erbebt mein Herz, wie zittert meine Seele, +da ich mich dir an diesem heiligen Abend nahe, da des Himmels Tore sich +vor dem bußfertigen Sünder, der um Versöhnung bittet, auftun. So will +ich denn mit all meinen Gedanken dich suchen und bei dir weilen, und mit +aufrichtigen Worten der Reue deine Verzeihung mir erflehen. Ach Herr! +Treten nicht meine Gedanken und Reden vor deinem Richterstuhle wider +mich auf? Wer vermöchte alle sündigen Gedanken zählen, die in meiner +Seele aufgestiegen; und wie oft hatten nicht unlautere, habsüchtige, +rachgierige Wünsche und Begierden in meiner Brust sich geregt! Es +tauchen verlangende Gedanken in meinem Herzen auf, vor denen ich selbst +erschrecken muß, und doch habe ich ihnen damals Raum gegeben, anstatt +sie zu verscheuchen, und habe so oft meine Seele mit ihnen +befleckt!--Herr! Herr! Wie könnte ich wohl ohne Erröten meine Gedanken +jetzt zu dir erheben, und wie darf ich es wagen, meine Lippen jetzt zum +Gebet zu öffnen, da ich doch weiß, wie oft dieselben Lippen sich schon +zur Schmeichelei oder zum Spott, zu Verleumdung, Hohn und Kränkung +öffneten! O ewiger Richter! Ich habe leichtsinnige, zweideutige, +heuchlerische, falsche, verführerische und unlautere Worte geredet, +Worte die dich und dein Gesetz schmähten! Ich habe unüberlegt +Versprechungen gemacht, die ich nicht gehalten habe! Ach ich erinnere +mich in dieser Stunde nicht nur der leeren Versprechungen, die ich +meinen Nächsten gegeben, sondern ich denke auch daran, wie oft ich +gelobt habe, mein Leben dir, mein Gott, zu weihen, und in Zucht und +Rechtschaffenheit vor dir zu wandeln, wie oft ich gelobt habe, deine +Gebote zu halten, und mich und mein ganzes Wirken zu heiligen, und daß +ich, ach, nicht minder oft mein Gelübde dir gebrochen habe! Darf da +derselbe Mund nun wagen, um Gnade zu bitten, der so oft die Sprache, die +Gabe deiner Gnade mißbraucht hat? Ach, ich will an die Pforte deiner +Gnade anpochen und um Eingang flehen, und sieh! die Schlüssel, welche du +mir gabst, des Himmels Tore mir zu öffnen, und mir den Weg zu dir zu +bahnen: »Gedanken und Worte«, die treten anklagend wider mich auf. O! so +vergib mir vor allen Dingen, was ich bis auf diese Stunde in Gedanken +und Worten gesündigt! Sieh, Allgütiger, die tiefe Trauer, welche mich +ergreift, und verbirg die Menge meiner Sünden unter dem Mantel deines +Erbarmens: reinige meine Seele von unlauteren Gedanken und laß die Glut +der Andacht hier in deinem Heiligtum alles Unlautere meines Geistes +verzehren! Laß meines Herzens Angst und Reue »eine glühende Kohle von +deinem heiligen Altar« sein, die meinen Mund berührt, während mich deine +Zusage tröstet:»Siehe! diese hat deine Lippen berührt, dein Vergehen ist +getilgt, und deine Sünde soll gesühnt sein!«[32] Vergib mir jedes +übereilte Wort, das ich gesagt habe, und lehre mich von dieser Stunde +an, meine lose Zunge zügeln; vergib mir die unbedachten Versprechungen, +die ich gegeben habe, und erfülle mich mit der Gewißheit, daß du ein +huldvoller Vater bist, der seinen Kindern gerne vergibt. Ja laß mich dir +danken, daß du mich diesen Tag hast erleben lassen, und laß mich ihn vom +Abend bis zum Abend dazu benutzen, durch Gebet und Buße in innerliche +Gemeinschaft mit dir zu treten. + +Amen! + + + + +Zum Morgengottesdienst (Schacharis). + + +42.»Herr! Herr! allmächtiger, barmherziger und gnädiger Gott, +langmütiger und von großer Güte und Treue, der die Liebe bewahrt bis ins +tausendste Geschlecht, Übertretungen und Sünden vergibt und doch nichts +ungestraft läßt!«[33] Du unerschöpflicher Quell der Gnade! ich beuge +mich vor dir in den Staub und bete deinen Namen mit unendlichem Danke +an, denn du hast mir diesen Tag zur Rettung meiner Seele geschenkt. Was +wäre ich doch, und wie sollte ich die schwere Bürde aller meiner Sünden +tragen können, wenn du nicht diesen heiligen Tag dazu bestimmt hättest, +sie von mir zu nehmen, von meinen Übertretungen mich zu reinigen und +meine Schuld zu sühnen, oder wie könnte ich mich davor retten, tiefer +und tiefer zu sinken, wenn ich nicht durch Fasten, Gebet und Buße am +heutigen Tage an alle meine Sündenschuld erinnert würde, und deine +liebende Vaterstimme mich heute nicht von meinem Irrweg zurückriefe und +mir den Tag des Gerichts vor Augen stellte, der einst für jeden +Sterblichen erscheinen wird, aber mir auch zugleich wiederum deine Gnade +zeigte, die gerne verzeiht und mir zuruft, daß ich, »dich suchen und +leben soll«. Wohl weiß ich, o Gott, daß du stets alle meine Wege +schaust, und daß deine Stimme mich ohne Unterlaß zu warnen sucht, aber +das ist ja gerade mein Vergehen, daß ich darauf nicht achte. Ja gewiß, +meiner Sünden Menge würde zuletzt allen Frieden und jegliche Ruhe aus +meiner Brust verjagen, sie würde mich tiefer und tiefer ins Verderben +stürzen und niemals zur Prüfung meiner selbst kommen lassen, wenn du +nicht diesen großen Sabbat[34] eingesetzt hättest, der meiner Seele den +heiligsten Frieden und die seligste Ruhe verschaffen soll. Siehe, indem +ich diesen heiligen Tag in deinem Heiligtum zubringe, so werde ich daran +erinnert, daß ich selbst heilig sein soll, denn du, o Gott, bist heilig +und in deinem Lichte soll ich mich, meinen Sinn und meinen Wandel +läutern.--Ach, Herr, wenn ich alle meine Versündigungen bekennen wollte, +wo sollte ich da anfangen und wo aufhören? O! so oft ich an diesem Tage +mit der Gemeinde das Sündenbekenntnis (Viduj) widerhole, so laß mich +tief in das Innere meines Herzens schauen und mich selbst prüfen, ob die +Sünden mich nicht in ihr Garn gelockt haben. Laß mich untersuchen, ob +ich auch unverrückbar ein sittlich heiliges Ziel bei all meinem Tun und +Handeln vor Augen habe, das ich vor den Menschen dereinst zeigen und mir +selber auch gegenüber stellen darf, wenn ich im Gebete vor deinem +Angesicht stehe. Schaue gnädig auf die Tränen meiner Reue herab, und laß +die Zerknirschung meines Herzens dir ein angenehmes Sühnopfer sein. +Schenke mir deine Verzeihung für jedes Mal, daß ich meine Pflicht als +Mensch (als Mutter, Tochter, Schwester, Verwandte usw.), als Israelitin +versäumt habe, vergib mir, daß ich so oft die Menschen mehr als dich +gefürchtet habe, verzeihe mir, daß ich rasch zur Lust der Welt und +zögernd zu deinem Dienste, daß ich eifrig zum Schlechten und langsam zum +Guten, verschwenderisch für den Genuß und geizig für Wohltaten gewesen +bin. Gerechter Gott! Verfahre nicht mit mir nach meinen Sünden, sondern +nach deiner großen Barmherzigkeit welche gern vergibt. Ja, erbarme dich +über mich und hilf mir in deiner Liebe, daß ich an diesem Tage der +Versöhnung von neuem geheiligt werde; führe du mich selbst zurück auf +deinem Wege, daß ich zum Guten und zur Wahrheit Umkehr halten möge, denn +du bist Herr, mein Gott. + +Amen! + +[Fußnote 32: Jesaias, Kap. 6.] + +[Fußnote 33: 2. Buch Mosis, 34, 6. ff.] + +[Fußnote 34: Schabbos Schabboßaun.] + + + + +Beim Mittagsgebet (Mussaph). + + +43. Je länger ich heute in deinem Haus verweile, Allheiliger, je mehr +ich mich selbst betrachte, indem die Quelle jeder Sinneslust gehemmt +ist, und das Brausen der Leidenschaften in meiner Brust erstirbt, je +klarer ich mir bewußt werde, daß ich hier vor deinem ewigen +Richterstuhle stehe, wo nicht nur die Sünden, welche alle Welt sieht und +verurteilt, mir vorgehalten werden, sondern wo eine jede sündige +Neigung, jede gottlose Begierde, jedes unnütze Wort, ja selbst die +geringste Versäumnis in der Ausübung des Guten, die ich mir habe zu +schulden kommen lassen, als Zeugen gegen mich auftreten, mich ohne +Schonung vor dich zu Gericht bringen, dem alles offenbar ist, und mich +meiner Selbsttäuschung entreißen, die meinen Geist sonst gefangen hält, +um so mehr muß ich wieder und wieder dein Erbarmen anflehen: O, vergib, +vergib mir, Allbarmherziger, wende mir deine Gnade wieder zu, daß ich in +meinen Sünden nicht verderben muß! Aber darf ich mein Angesicht wohl zu +dir erheben und deine Verzeihung mir erflehen, so lange noch die Stimme +eines gekränkten Bruders meine Stimme übertönt, und so lange dies mein +Herz noch nicht erfüllt ist mit »der Liebe, welche alle Vergehen +zudeckt«?[35] Über wie manchen habe ich nicht in Blindheit und +Leidenschaft ein ungerechtes Urteil gefällt, wie oft habe ich meines +Nächsten Absicht verkannt, wie oft ihm feindlich entgegengestrebt! Herr! +soweit ich meiner eigenen Lieblosigkeit Sünde kenne, will ich mich +bestreben das Meinige zu tun, um meines Bruders, meiner Schwester +Verzeihung zu erlangen, aber, ach, wie viel habe ich nicht vergessen, +wie manche sind nicht von mir geschieden, ohne daß ich damals ihre +Verzeihung erhielt oder sie jetzt noch erhalten könnte. So laß mich denn +vor deinem Angesicht für mein Vergehen, das ich gegen diese begangen +habe, Abbitte tun. Dein ewiger Geist, der in ihnen wirkt, tilge meine +Schuld in ihrem Andenken. Und mich, o Herr, mich erfülle du mit dem +reinen Geiste der Versöhnung. O, ich will allen Groll und allen Haß aus +meiner Seele ausmerzen! Ich will jede Kränkung für nicht geschehen +erachten und jedes Versehen gegen mich verzeihen, und wenn jemand auch +noch so schlecht gegen mich und die Meinigen gehandelt hätte, und wer +versucht hat, mir zu schaden und meine Ehre zu beflecken, ja, Herr, +selbst meinem Todfeinde, ich will ihnen allen verzeihen, und sollte es +mir schwer fallen, so will ich mich daran erinnern, daß gegen mich sich +doch keiner so schwer vergangen hat, als ich mich gegen dich, +Allgütiger, versündigt habe, und daß ich doch auf deine Verzeihung +hoffe, weil du meine Schwäche kennst, und will mir ins Bewußtsein rufen, +daß meines Bruders Versehen gegen mich auch aus derselben Quelle der +Schwäche und des bösen Willens fließen. Ich will eingedenk sein dessen, +was unsere Weisen sagen, daß wir von dir mit demselben Maß gemessen +werden, mit dem wir andere messen und andere richten, und daß[36] des +Menschen schönster Schmuck darin besteht, alle Verschuldung zu übersehen +und zu vergessen!--O gnadenreicher Richter! so schaue denn herab auf +meine Seele, die erfüllt ist mit Gefühlen der Vergebung, in der ein +himmlischer Friede wohnt, den kein bitteres Gefühl gegen irgend einen +Menschen mehr stört! Erhöre du auch meine Bitte um Vergebung meiner +Sünden und erfülle meinen Geist mit der beseligenden Verkündigung: +»Heute sollen deine Übertretungen getilgt werden und du sollst rein sein +von allen deinen Sünden wider den Ewigen.«[37] Mit diesem Trost will ich +mich heute vor dir in den Staub niederwerfen, vor dir, der du selbst +verzeihst und gerne die Vergehen tilgst. + +Amen! + +[Fußnote 35: Spr. Sal. 10, 13.] + + + + +Beim Nachmittagsgebet (Mincha[38]). + + +44. Hilf, o Ewiger, denn der Frommen Anzahl ist geschwunden und der +Gläubigen sind wenig, erhöre mein Gebet für die Sünder, welche frech +ihr Haupt erheben, und vergib die schweren Übertretungen, die so +zahlreich und häufig sind. Ach, der Himmel umdunkelt sich vor meinen +Blicken, wenn ich daran denke, wie schamlos Wollust und Unmäßigkeit +auftreten und die jungen Seelen bestricken, wie sie die schönsten +Verhältnisse vergiften, das Wohl der Familien untergraben und so manche +den wilden, unmäßigen Lüsten zum Opfer fallen lassen, während sie +zugleich ihre Laster unter beschönigenden Namen verbergen, oder wenn ich +an den Trotz gedenke, mit dem man deine Gebote übertritt, dein mildes +himmlisches Joch verhöhnt, ja sich sogar rühmt, es abgeworfen, und dafür +das Joch auf sich genommen zu haben, welches die Welt in ihrer +Verderbnis geschmiedet hat! O du, mein Gott, dessen Barmherzigkeit kein +Ende nimmt, ich bitte dich: Vergib meinen Brüdern ihren Abfall und ihre +Schuld, gehe nicht mit ihnen ins Gericht und strafe uns nicht in deinem +Zorn um ihrer Übertretung willen! Und doch, darf ich wohl eine Fürbitte +für die Sünder zu dir emporsenden, ohne daß mich mein eigenes Gewissen +als Teilnehmer an ihren Vergehen anklagt? Wie oft bin ich es vielleicht +gewesen, der Veranlassung zum Sündigen gab, oder habe ich stets +hinreichend meine Abscheu vor dem Laster zu erkennen gegeben und all den +Kummer sehen lassen, von dem ich ergriffen wurde, wenn die Sünde ohne +Erröten auftrat? War meine Betrübnis nicht viel größer über den +geringsten Verlust an zeitlichen Gütern, als darüber, daß sich die +Frechheit und die Ruchlosigkeit meinen Blicken darstellten, oder daß ich +sah, wie eine Menschenseele verloren ging! Entflammte mein Zorn nicht +weit mehr über die geringste Beleidigung, die mir widerfuhr, als wenn +ich Zeuge war, wie dein Name und dein Haus entweiht wurden! Ach, +Herr, »flossen Tränenströme aus meinen Augen, weil deine Gesetze nicht +beobachtet wurden? Wurde ich von Kummer verzehrt, weil deine Worte +vergessen wurden?[39] Habe ich freimütig dich und deine Lehre bekannt, +wenn der Gottlosen Hohn mich mit Schmerz erfüllte?« O, es ist so schwer, +ohne Fehler zu wandeln, selbst wenn auch der Edlen und Heiligen Beispiel +mir stets voranleuchtet, wenn meine Augen jederzeit sehen, allenthalben, +was dir verhaßt ist, und mein Ohr beständig hört, was Sinne und Gedanken +irreleitet und stört. O du, »der du dich über uns erbarmest, wie ein +Vater über seine Kinder«, laß deine Gnade groß sein gegen die sündige +Welt und hilf mir, mit Sorgfalt alles zu vermeiden, was mir zu einer +Schlinge werden könnte. Errette mich bei den ernsten und heiligen +Erinnerungen dieses Tages, o Herr, errette auch (meine Kinder, meine +Angehörigen, meine Verwandten und Freunde, meine Dienstboten), daß kein +sündiger Umgang sie von dir entfernen möge.»Läutere mich, o Allgütiger, +erforsche mein Herz, prüfe meine Gedanken, sieh, ob der Weg, den ich +wandle, zum Verderben, führt, und leite mich auf den Weg zur +Ewigkeit!«[40] Möchten alle Sünder bedenken, wie nahe ihnen ihr Ende +ist, wie bald das Leben ihnen verronnen, daß sie zur Zerknirschung +geführt werden und zu dir umkehren möchten.»Verwirf mich nicht vor +deinem Angesichte, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir, sondern +laß mich deiner Gnade wieder froh werden, und schenke mir einen neuen +und willigen Geist, daß ich den Übertretern deine Wege kund tue, und die +Sünder sich zu dir bekehren möchten.«[41] + +[Fußnote 36: Spr. Sal. 19. 11.] + +[Fußnote 37: 3. B. M. 16, 30.] + +[Fußnote 38: Nach dem Thora-Lesen, 3 B. Mos. 18] + +[Fußnote 39: Ps. 119, 139.] + +[Fußnote 40: Ps. 139, 23.] + +[Fußnote 41: Ps. 51.] + + + + +Zum Schlußgebet (Neïlah). + + +45. Vater, barmherziger Vater im Himmel! Es ist die letzte Stunde des +heiligen Tages, welche jetzt naht. O, daß doch meine ganze Seele in +diesem Augenblick sich von der Erde hin zu dir erheben möchte, als ob +des Lebens letzte Stunde mir erschienen sei. Mit Gebet und Buße habe ich +nun heute die Gelüste und Begierden meines Leibes besiegt, und doch, wie +leicht ist nicht die Sehnsucht nach des Lebens Lust selbst mitten in +meiner Andacht bei mir wach geworden, und selbst während ich reuevoll +meine Sünden bekannte, konnte das Verlangen nach ihnen in meiner Brust +nicht erstickt werden; ja, ja, vielleicht hat mich sogar der Wunsch +erfüllt, daß dieser Tag schon überstanden sein möchte, gerade als ob +dieser Tag an sich durch Fasten und Buße mir Ablaß für meine Sünden +verschaffen könnte, und als ob ich alsdann frei wieder den Weg meiner +alten Verirrungen betreten könnte, wenn er geendet habe. O, laß mich +deshalb noch einmal aus allen meinen Kräften meine Gedanken und mein +Inneres läutern, und laß meine heißen Tränen die Aufrichtigkeit meiner +Reue bezeugen und dir ein angenehmes Sühnopfer sein, mit dem ich meines +Herzens Gelübde besiegele, daß ich dich stets vor Augen haben will, und +daß die Erinnerung an diesen Tag mit unverlöschbarer Schrift in die +Tafeln meines Herzens eingegraben und mir nahe sein soll in jeder Stunde +der Versuchung.--Herr! Zürne mir nicht, daß ich noch dieses letzte Mal +zu dir bete; die Schatten des Abends breiten sich schon aus, und die +dunklen Schatten meiner Sünden verfolgen mich; ich will sie verjagen und +noch einmal meine Schuld bekennen, ich will an die Türe deiner Gnade +anklopfen und deinen Namen anrufen, du einziger, ewiglebender Gott! Ich +will mich unter dieser Anrufung dir heiligen mit Leib und Seele, und +ich gelobe feierlichst, mich selbst in Liebe zu opfern. O, laß mich +deiner Gnade Stimme vernehmen:»Ich, ich selbst tilge deine Übertretungen +und will deine Sünden vergessen«[42] O laß meine Seele beim Ende dieses +Tages mit heiliger Freude erfüllt sein, daß sie jubeln könne:»Selig, +selig ist der, dem seine Übertretung vergeben und dessen Sünde getilgt +ist! Selig ist der Mensch, dem der Herr seine Schuld nicht anrechnet, +und selig der Geist, den der Herr von der Last seiner Sünden befreit +hat!«[43]--Ja, laß meine erlöste Seele deinen Namen in alle Ewigkeit +lobpreisen, du, mein Herr und mein Gott. + +Amen! + + + + +Am Laubhüttenfest (Succoth). + + +46. Herrscher der Welt, der du die Liebe bist! Heute erinnere ich mich, +wie wunderbar du unsere Väter durch die Wüste führtest, da du sie in +Hütten wohnen ließest, und vertrauensvoll rufe ich aus:»Der Herr ist +mein Hirte, mir wird nichts mangeln«[44] O, Dank sei dir gebracht, daß +du mir dieses Freudenfest verliehen hast, das mich jedes Jahr in der +Zuversicht bestärken soll, niemals vor der unbekannten Zukunft mich zu +ängstigen, und niemals mich von den mannigfachen Sorgen überwältigen zu +lassen, die ja oft in den Menschenherzen auftauchen. Denn meine Hütte +ist in deinem Namen erbaut, und wenn ich auch jetzt nichts sähe als die +öde Wildnis, so weiß ich doch, daß du dein Manna herniederfallen lassen +kannst, daß du mir alles, dessen ich bedarf, verleihen und daß du deinen +Schatten ausbreiten kannst über meine Wohnung. Und, wenn auch Stürme +tosen und sie umzustürzen drohen, so will ich doch mit frohem Mute +durch die Wölbung der Laubhütte zu deinem Himmel aufschauen, der seine +Strahlen in meine Wohnung hernieder sendet und ich will mein Vertrauen +auf dich setzen, der gerade unter den brausenden Stürmen die Saaten +reifen läßt und den Bäumen die Kraft gibt, Frucht zu tragen, und der da +will, daß auch der innere Mensch unter den Stürmen der Geschicke und der +Zeit reifen und Kraft gewinnen soll, edle Frucht zu tragen. Aber auch +daran will ich heute denken, daß gerade dieses Fest dazu eingesetzt ist, +mich an die Pflicht zu erinnern, auch eine gebührende Sorge für meinen +Körper zu hegen, und ich will froh sein, daß ich mich zu einem Glauben +bekenne, der nicht von mir fordert, daß ich mein Fleisch mit +selbstverursachten Martern peinige oder mir jede Freude versage, die du +auf meinem Wege mir erblühen läßt, noch daß ich ganz der Welt entsagen +und abgeschieden von ihr leben soll; nein, vielmehr einen Glauben, der +gerade will und mich durch diese Feier dazu auffordert, daß ich die +Freuden der Erde mit meinen Verwandten und Freunden genießen soll und +mich »freuen all des Guten, das du mir gegeben hast«, so daß jeder +sinnliche Genuß dadurch geheiligt wird, daß er in dir genossen wird und +so, daß ich mich selber bei allem, was meinen Leib erquickt und freut, +in deinem Dienste fühle, als einer, der dein heiliges Gebot erfüllt. So +gib denn du, mein Gott, daß so selbst jede irdische Lust, die du mir +bereitest, mich dir näher führen und daß ich, indem mein Vertrauen auf +dich gekräftigt wird, erfahren möge, daß»wer auf dich baut, mit Gnade +umgeben werden und sein Haus und seine Hütte in Frieden stehen +soll«.[45] + +Amen! + +[Fußnote 42: Jes. 43, 25.] + +[Fußnote 43: Ps. 32.] + +[Fußnote 44: Ps. 23, 1.] + +[Fußnote 45: Ps. 32, 10.] + + + + +Am Laubhüttenfest als Erntefest.[46] + + +47. Ewiger, der du sowohl in der Höhe als in der Tiefe die verborgenen +Quellen öffnest und aus unerschöpflicher Fülle Segen niederströmen läßt +über alle Geschöpfe, dir bringen jetzt alle ihren Dank, weil ihre +Vorratskammern wiederum gefüllt sind,--wie könnte ich da allein +schweigen? Sollte ich dir meinen Dank nicht bringen, der du deine milde +Hand aufgetan und allem, was lebt, seine Nahrung gegeben hast? Nein, und +wenn auch alle Welt schwiege, ich müßte doch in dieser Stunde die Stimme +meiner Dankbarkeit erheben, denn du hast ja selber dieses Fest in deiner +Güte dazu geweiht, daß es in der Brust des Israeliten die Stimme des +Dankes wecken soll, auf daß, wie unsere Väter in der Wüste jeden Tag der +Woche, so auch wir jetzt zu diesen festlichen Stunden erkennen, daß das +Brot vom Himmel kommt, und daß wir nicht sein sollen wie diejenigen, +welche über die Gabe den allgütigen Geber vergessen. Und kann ich auch +nicht wie der Landmann zur Erntezeit, in meine Scheuern gehen, um den +reichen Segen zu sehen, so hast du doch mir und den Meinen eine nicht +minder reiche Ernte verliehen. Die Tat, welche ich vollführe, der Beruf, +den ich erfülle, das ist ja der Acker, den ich pflüge und besäe, und wie +reich hast du mich ernten lassen! Und hätte ich auch nur wenig geerntet, +flossen auch die Quellen der Nahrung nur spärlich, so ist doch selbst +dieses Geringe eine unverdiente Gabe aus deiner Hand. Aufs neue wird mir +die Gewißheit, daß du deinen Bund hältst, »daß Saat und Ernte niemals +aufhören und der Fleißige gesegnet werden soll.« Wieder habe ich +tausende von Erquickungen empfangen, und jede einzelne von ihnen lehrte +mich, daß, »wenn auch junge Löwen schmachten und hungern, so soll doch +denen, die dich von ganzem Herzen suchen, nichts Gutes mangeln«.[47] So +will ich mich denn heute in diesem Troste freuen, und ich will meine +Freude erhöhen, indem ich Freude nah und fern verbreite, und meinen Dank +will ich dir dadurch beweisen, daß ich jedem meiner Brüder und jeder +meiner Schwestern mit freundlichem Angesicht, mit mildem, wohltätigem +Sinn entgegenkommen will, daß auch ihr Dank für alles, womit du uns +gesegnet hast, zu dir aufsteige. Nun bitte ich dich, allen schöne, +festliche Tage zu bereiten, ich bitte dich, Frieden und Freude über mich +und mein Haus auszubreiten, daß es von deinem Lob beständig widerhallen +möge. Geheiliget sei dein Name! + +Amen! + +[Fußnote 46: Einsammlungsfest 2. Mos. 23, 16, 34. 22.--5. Mos. 16, 13.] + +48. Dir danke ich, o mein Gott, daß dein Name nahe ist, und daß, der du +deine hohe Wohnung dir im Himmel erbaut hast, du auch deinen Bund auf +Erden gegründet und deine Hütte unter den Kindern der Menschen +aufgeschlagen hast, daß auch mein Leben in der Gemeinschaft der Frommen +geheiligt wird. Denn heute ist es ja das Fest, welches du dereinst +angeordnet hast, um dem gemeinsamen Leben der Gläubigen Nahrung zu +geben, und noch jetzt ist es diesem Zweck geweiht; und wie vormals alle +diejenigen an ihm vereinigt wurden, welche in zahlreichen Scharen zur +heiligen Stadt hinzogen, deinen Namen zu preisen und deiner Lehre zu +lauschen, auf daß sie neu belebt würden und mit des Glaubens heiligen +Gaben in ihre Häuser heimkehrten, also umschlingt dasselbe Fest noch +immer mit einem heiligen Band alle diejenigen, die über die weite Erde +zerstreut und zersplittert sind, aber eine geistige Gemeinschaft sich +bewahrt haben. Es verbindet uns alle als Brüder im Glauben, die wenig +Begabten mit den an Kenntnis Reichen, und die, welche durch ihre frommen +und edlen Handlungen sich einen Namen und guten Ruf erworben haben, mit +denen, die nur wenig vollführt, aber doch zur Gründung des Himmelreiches +auf Erden mitgewirkt haben, wenn sie nur treu geblieben sind und sich +dem heiligen Bund von ganzem Herzen angeschlossen haben. Es sind ja +nicht nur die Mächtigen und Großen, die hie und da nur spärlich zu +finden sind, durch welche die Aufgabe, die du deinem Volke gestellt +hast, erfüllt werden soll; auch nicht allein diejenigen, welche die +Menschen dazu bestellt haben, deinen Weinberg zu hüten und zu pflegen, +nein, es sind auch diejenigen, welche mit geringen Kräften Stein auf +Stein zu dem heiligen Bau tragen, die Geringen, welche in einfältiger +Frömmigkeit das Ihrige zu seinem Wachstum beitragen, und überall sich +finden, wo der Lebensstrom deiner Lehre fließt, gleich der +unansehnlichen Weide, die an jedem Strom wächst und die ganze Erde +ziert, während die Palme nur ein Schmuck der südlichen Länder ist. O +Gott, laß auch mich ein lebendiges Glied in diesem Bunde sein, mich, der +ich mit ganzem Herzen mich deiner Gemeinde anschließe; und kann ich auch +nichts Großes wirken, so erfülle mich doch mit der freudigen Gewißheit, +daß selbst durch das Wenige, welches ich beizutragen vermag, das Ganze +und Große auch gefördert werde. Stärke mich in dem Vorsatz, mit +Bereitwilligkeit mein Scherflein für alles zu geben, was zum Bedarf der +Gemeinde sowohl, wie deines Hauses dient, und für alles, was die +Gemeinschaft mit dir fördert. Und Herr, mit Sorgfalt will ich alles +vermeiden, was Zwistigkeit erregen könnte, und was dazu dienen möchte, +das Band zu lösen, welches uns alle in einem Gedanken und in einem Sinne +vereinen soll. Laß nun dieses Fest über mich und die Meinigen seine +erquickenden Schatten breiten, daß ich von seiner Freude gesättigt +werde, als von dem Vorgeschmack der Seligkeit. + +Amen! + +[Fußnote 47: Ps. 31, 11.] + + + + +Am Schlußfeste (Schemini Azeres). + + +49. Ewiger Gott! Das Fest und die Natur vereinen sich, um mir zu +predigen;»Alles ist eitel, alles ist ganz eitel!«[48] Wohin ich jetzt +meine Blicke wende, überall in der Natur treten mir die Zeichen der +Vergänglichkeit entgegen. Die Schönheit der Ebene ist geschwunden, der +Schmuck der Fluren ist dahingewelkt, auf dürre, welke Blätter tritt mein +Fuß, und ich fühle mich tief von dem Gedanken ergriffen:»Des Menschen +Leben ist wie Gras, er blüht wie eine Blume des Feldes, ein Wind fährt +darüber hin und sie ist nicht mehr und ihre Stätte kennt man nicht +länger;«[49] bald welkt die Schönheit des Lebens dahin, ach, gar bald +werde ich dastehen wie ein entlaubter Baum, von dem Blatt nach Blatt +herunterfällt. Und wird mir nicht dasselbe von diesem heiligen +Schlußfest gepredigt, das mich daran erinnern soll, wie bald meine Tage +zu Ende sind und mein Tagewerk abgeschlossen werden soll? Noch einmal +will ich mich in dir und vor deinem Angesichte freuen, o Ewiger, und in +meiner Seele alle die beseligenden Eindrücke sammeln, welche diese +vielen Festtage auf mich gemacht haben, und ich will mich hüten, daß ich +nichts von der mir noch vergönnten Zeit verliere. So will ich mich denn +beeilen, ehe des Lebens Winter herannaht und die Kräfte mir versagen, +das zu vollführen, wozu ich berufen worden bin, und ich will die wenigen +Tage, welche mir zugemessen sind, noch mehr dazu benutzen, ein Leben zu +führen, dir angenehm und den Menschen segenbringend. Mein himmlischer +Vater! Nimm das Opfer meines Herzens gnädig an, das fromme Gelübde, daß +ich in dem Vergänglichen das Ewige erfassen will, damit ich einst, wenn +du mich rufst, ein Schlußfest bei dir in Seligkeit und ewiger Freude +feiern möge. + +Amen! + + +[Fußnote 48: Prediger Sal. 1, 2.] + +[Fußnote 49: Ps. 103, 15-16.] + + + + +Am Freudenfeste über die Thora (Simchas Thora). + + +50.»Das Gras verdorrt und die Blumen welken dahin, aber dein Wort, o +Gott, bleibt in alle Ewigkeit.«[50] Das ist mein Freudenruf, mein Psalm, +mein Lobgesang, mit dem ich mich dir am heutigen Tage, an dem Israel die +heilige Thora beendigt und von neuem wieder beginnt, nahe. Alles +Irdische vergeht, nur dein Wort besteht in Ewigkeit, und die, welche es +uns verkündigt haben, leben ewig in unserer Erinnerung. Das flammende +Wort, welches Moses Lippen entströmte, ist die unvergängliche +Richtschnur unseres Lebens, ein ewiges, das aller Zeiten Stürme doch +nicht zu vernichten vermochten. O Vater, ich danke dir, daß dieses Wort +des Lebens noch mein Eigentum ist, und daß ich es rein und unverfälscht +besitze, wie es ursprünglich lautete. Ich danke dir, daß du mir den +Zugang zu demselben eröffnet hast, ja, du hast es ja einem jeden +Israeliten zur Pflicht gemacht, sich recht vertraut damit zu machen, in +seine Tiefen einzudringen und Leben und Geist daraus zu schöpfen, die +Wahrheit darin zu suchen, zur Liebe dadurch erwärmt zu werden, und +Trost und selige Hoffnung darin zu finden. Ich danke dir, daß du in den +24 Büchern der heiligen Schrift (Thora, Nebiim und Kethubim) auch mir +die reine Quelle des Lebens für alle Zeiten und Geschlechter hast +strömen lassen. Und indem ich dir für deine geschriebene Lehre danke, +sende ich auch meinen Dank für die mündliche zu dir empor, welche uns +den Inhalt der Schrift erst verstehen und richtig erfassen läßt. O, mein +Gott, wie oft habe ich nicht dieses dein Wort gering geachtet, wie oft +eine Gelegenheit versäumt, darin belehrt zu werden oder die Zeit +verschlafen, da ich seiner Verkündigung lauschen sollte, während ich +meine beste Zeit für Schriften vergeudete, welche den Geist beflecken +und Herz wie Sinn verderben! O lehre du selbst mich den Schatz hüten, +den du mir geschenkt hast, daß ich in Zukunft möchte sagen können:»Ich +hasse Fabel und Tand, aber ich liebe deine Lehre!«[51] Die langen +Winterabende will ich dir weihen, indem ich bei deinem heiligen Wort +verweile, ich will aufmerken auf die mündlichen Auslegungen desselben +und dahin eilen, wo ich es in lebendiger Verkündigung hören kann, daß +meine Seele errettet werde.[52] Ich will ein waches Auge über alle die +Meinigen haben, daß sie nicht die giftigen Bücher lesen, welche ihre +Gedanken beflecken und will sie den Wert deines Wortes erkennen lassen, +welches uns von dem Irdischen zum Himmlischen emporhebt. Nun breite du +deinen Frieden über mich und die Meinigen aus, den Frieden, welcher +denen versprochen ist, die dein Wort lieben, daß ich niemals straucheln +möge und meine Seele in dir lebe und dich in alle Ewigkeit preise.[53] + +Amen! + +[Fußnote 50: Jes. 40, 8.] + +[Fußnote 51: Ps. 119, 113, 163.] + +[Fußnote 52: Jes. 55, 3.] + +[Fußnote 53: Ps. 119, 175.] + + + + +Am Feste der Tempelweihe (Chanuka, Lichterfest). + + +51. Lieber Gott! Wie soll ich dir genugsam danken und dich preisen für +all die Freude und all die Hoffnung, welche mir aus den Lichtern +entgegenstrahlen, die wir in diesen Tagen zum Gedächtnis an den Kampf +der Makkabäer anzünden, die für das höchste Gut, für den Glauben, +stritten; zum Gedächtnis an den Sieg, welchen du sie gewinnen ließest, +zum Gedächtnis an die Märtyrer, die um des Glaubens willen, und um das +ewige Leben zu retten, freudig in den Tod gingen. So hast du Israel +nicht nur dazu erkoren, deinen Bund zu schließen und deine Gotteslehre +zu bewahren, sondern du hast es auch dazu gewürdigt, das erste Volk zu +sein, welches ein Beispiel zur Nachahmung gegeben, für die höchsten und +heiligsten Güter des Menschen, für die Freiheit des Glaubens und des +Geistes zu kämpfen und alles Irdische zu verachten, wenn der Glaube in +Gefahr schwebt, ja bereitwillig selbst lieber das Leben opfern, als die +heilige Überzeugung aufzugeben. Das erzählt uns ja die Geschichte +unseres Festes, wie unsere Väter in jenen Schreckenszeiten allen +Drohungen und Verlockungen trotzten; wie sowohl Frauen als Männer, +sowohl Greise als Kinder standhaft alle Marter ertrugen; wie sie den +Scheiterhaufen bestiegen und selbst im Tode noch ihren Glauben +bezeugten. Und wenn auch alles dem Glauben Israels den Untergang +verkündete, so ging er doch durch deine allmächtige Hilfe gerade aus +jenen Tagen siegreich hervor, und du hast aller Welt gezeigt, daß die +Kraft des Geistes mächtiger ist, als gewaltige Heere. O Herr! Ich danke +dir, daß die Zeit der blutigen Verfolgung um des Glaubens willen ein +Ende genommen hat; aber ach, mein Gott! wie oft sind nicht Hohn und +Spott weit schneidendere und giftigere Waffen, und selbst die +Mutigsten, die sich nicht fürchten würden, für den Glauben in den Tod zu +gehen, zittern vor der Verachtung der Welt und den Pfeilen des Spottes. +Wie viele sind nicht dem Falle ausgesetzt durch die Schlinge, welche der +Versucher ihrer Frömmigkeit legt, wenn er ihnen sowohl zuflüstert, als +auch laut entgegenruft, daß sie noch in einer veralteten Lehre befangen +sind, und wie muß es nicht mein Herz mit Sorgen und Bekümmernis +erfüllen, wenn ich die Lässigkeit im Glauben sehe, die überall +hervortritt und mich fast fürchten läßt, daß derselbe ganz auf Erden +untergehen könnte.--Doch nein, nein! Indem ich der Zeit der Makkabäer +gedenke, will ich mich zugleich daran erinnern, wie oft das Verderben +gedroht hat, wie oft es geschienen, als ob das heilige Licht des +Glaubens erlöschen sollte, und doch flammte es von neuem auf und +strahlte nur um so klarer und heller. Ich will beim Anblick dieser +Lichter meinen Eifer entflammen und meine Treue in deinem Dienste +stärken, sowohl ich, wie auch mein Haus, ja, ich will auf die Fahne +meines Lebens die Inschrift setzen:»Wer unter den Mächtigen kann sich +vergleichen mit dir«, und sicher und ruhig werde ich im Glauben +wandeln.»Ewiger, du bist mein Licht und meine Hilfe, wen sollte ich da +wohl fürchten? Du bist die Kraft meines Lebens, vor wem sollte mir da +wohl grauen? Höre mein Flehen, sei mir gnädig und erhöre mich.«[54] + +Amen! + + + + +Am Purimfest. + + +52.»Mein Mund lobsinge dem Herrn und preise ihn unter vielen, denn er +steht zur Rechten des Unschuldigen, um ihn von denen zu erretten, die +seine Seele richteten.«[55] + +»Du machst des Listigen Anschläge zu schanden, so daß sie keine Macht +haben, ihre Absicht auszuführen, du fängst die Boshaften in ihrer +eigenen Tücke und vereitelst die Pläne des Bösen.«[56] So errettetest du +ja unsere Väter von Tod und Verderben, als der Mächtige die Unschuldigen +anklagte und in gekränktem Hochmut einen Plan schmiedete, deine Treuen +aus dem Lande zu vertilgen. Du, Israels Schirmherr, der niemals +schlummert und niemals schläft, du ließest die Ruhe das Lager jenes +Königs fliehen, du öffnetest sein Auge, den Anschlag des Verräters zu +erkennen; ja du hattest schon zuvor das Mittel zur Errettung Israels +bereit, jene fromme Seele, die ihr Leben opfern wollte, für das Heil +ihres Volkes! So wurde selbst das schlimme Los uns zu Glück und Ehre, du +ließest es zu Israels Rettung und Wohl fallen, und »die Sorge ward in +Glück, der Kummer verwandelt in Freude.«--O, weshalb erschrecke ich da, +wenn schlimme Nachricht mein Ohr erreicht, weshalb erbeben die Menschen, +wenn von Ruchlosen Pläne gegen ihr Wohl geschmiedet werden? Du regierst +ja alles, du lenkst jeden Anschlag zu seinem Ausgang und löst die +Verwickelungen des Lebens, und die Schandtat des Bösen muß ebenso gut +meinem Wohle dienen, als die Segnungen der Edlen und Frommen. So werde +meine Seele denn froh in dir, und Freude umgebe mich diesen Tag. So weit +ich vermag, will ich den Unterdrückten auch selber helfen, und meine +Freude mir dadurch erhöhen, ich will mit meinen Gaben manchen Armen +unterstützen, und mein Hallelujah soll den ganzen Tag vor dir +erschallen. + +Amen! + +[Fußnote 54: Ps. 27.] + +[Fußnote 55: Ps. 109, 30.] + +53. Mein Gott! Mein Mund vermag nicht all den Dank und all die Freude +auszudrücken, die mein Herz fühlt, so oft dieser Tag der Errettung +wiederkehrt.»Wenn du nicht mit uns gewesen wärest, als die Menschen sich +wider uns erhoben, so hätten die Gottlosen uns in ihrem Zorn +verschlungen. Ihr Glück würde dann wie die Wellen in rasendem Sturm uns +überflutet haben. Dir sei Lob und Preis, o Gott, der uns nicht zu einem +Raub ihrer Zähne werden ließ. Wir entgingen unsern Verfolgern; denn +unsere Hilfe ruht in dem Namen des Allmächtigen, der Himmel und Erde +erschaffen hat.«[57]--Zu allen Zeiten und überall hast du, unser Vater, +uns beschirmt; und dieser Tag ruft uns nicht nur den Sieg Israels über +Haman ins Gedächtnis, sondern alle die Ereignisse, da deine Vorsehung +unsere Väter errettet hat, da du ihre Betrübnis in Jubel, den Ruf ihrer +Angst und ihres Schmerzes in Tränen der Freude und der Dankbarkeit +verwandelt hast. Ja sicherlich, Herr unser Gott, Israel ist ein lebendes +Zeugnis deiner ewigen Treue:»Die, welche auf dich hoffen, sollen niemals +zu schanden werden.« Israel wurde verachtet und gedemütigt, aber sein +Vertrauen auf dich war stärker als seine Leiden, und du hattest Mitleid +mit seinem Schmerze; hellere und freundlichere Tage sind ja gefolgt auf +die Zeit des Hasses und der Verfolgung. Allvaters Stimme hat den Geist +aller seiner Kinder durchdrungen, ihre Herzen erreicht, und Israel +findet überall unter den Nachkommen seiner Unterdrücker nunmehr Brüder. +Ja, die Erinnerung an das, was unsere Väter gelitten haben, erhöht in +unsern Herzen nur die Freude über unser Vaterland, das all unsere Wunden +geheilt hat, all unsere Schmach getilgt und unserm Glauben seine +Freiheit und seinen Glanz zurückgegeben hat. Gelobt seiest du, unser +Gott, unser Erretter! O, daß doch das Bewußtsein all der Freuden, die +wir in diesem unsern Geburtslande genießen, unsere Herzen zu +brüderlicher und liebevoller Gesinnung gegen alle Menschen, unsere +Brüder, erwecken möchte!--Sei gelobt, du Ewiger, unser Gott, für all die +Wunder, welche du an unsern Vätern vollführt hast und für den ewigen +Schutz, den du ihren Kindern angedeihen läßt. + +Amen! + +[Fußnote 56: Ijob. 5. 12, 13.] + +[Fußnote 57: Ps. 124.] + + + + +Am Tage der Zerstörung des Tempels (Tischoh b'ab). + + +54. O du, dessen Liebe ohne Ende ist und dessen Barmherzigkeit ohne +Grenzen, heute werde ich erinnert an die Stunde, »da du Israels Schmuck +vom Himmel zur Erde stürztest und am Tage der Heimsuchung den Schemel +deiner Füße nicht achtetest,«[58] und meine Bitte wird von Wehmut +erfüllt, und Sorgen erfassen mein Herz. Wie könnte es auch anders sein? +Ist nicht das gerade das Große und Erhabene der heiligen Gedächtnistage +meines Glaubens, daß ich nicht nur die glücklichen Zeiten, die Tage der +Errettung, des Sieges und der Freude mir vor die Seele rufen soll, +sondern auch jene, die ein trauriges Zeugnis für die Sünde und den +Abfall der Väter ablegen, wie sie es selbst verschuldeten, daß du nicht +einmal dein Heiligtum schontest, welches über alle Ebenen der Welt sein +Licht verbreiten sollte, daß »Zion, von wo die Thora ausgehen sollte, wie +ein Acker gepflügt wird, und daß Jerusalem, die Stätte, welche zur +Verkündigung deines Namens geheiligt war, zu einem Steinhaufen +wurde.«[59] Mit Sorgen stimme ich in die Klage des Propheten ein:»Unsere +Väter haben gesündigt und sind nicht mehr, und wir tragen ihre +Sünde.«[60] Sie hörten nicht auf den Ruf deiner Gnade, und vergebens +zeigtest du ihnen deine Langmut; ja, sie gruben sich mit eigner Hand ihr +Grab, indem sie gegen einander wüteten und sich durch eigenen Streit in +die Hände ihrer Feinde gaben. Da wurde der heilige Bau zerschmettert und +zermalmte in seinem Falle alle, die ihm anhingen. Ach Herr! Bitterlich +weine ich über diesen Fall, und um so bitterer, weil die Sünden der +damaligen Zeit noch immer unter uns herrschen. Aber »je mehr ich mir das +Innerliche zu Herzen nehme, um so fester ist auch meine Hoffnung,«[61] +und je tiefer meine Sorge ist, um so gewisser ist auch mein Vertrauen +auf dich und deinen Trost. Ja, so gewiß, wie jenes Gotteswort in +Erfüllung ging, welches dem sündigen Volke seinen Untergang verkündigte, +und daß die Tage des Zornes kommen sollten, so gewiß wird auch jene Zeit +erscheinen, wo es wieder zu Gnaden aufgenommen wird und sich erfüllt, +was der Prophet verkündet:»Und in den letzten Tagen soll es geschehen, +da soll der Tempelberg des Herrn über alle Höhen erhoben werden, und +alle Völker sollen dahin strömen und sagen: Kommet! laßt uns +hinaufziehen zu dem Herrn, zum Hause des Gottes Jakobs, auf daß er uns +seine Wege lehre, daß wir in seinen Fußtapfen wandern mögen, und Freude +soll über alle sich verbreiten, die in Sorgen leben ob seines +Falles.«[62] Ewiger! stärke du mich in dieser meiner Hoffnung und laß +mein Leben ein Zeugnis davon sein, daß ich Wahrheit und Frieden liebe. + +Amen! + +[Fußnote 58: Klagelieder 2, 1.] + +[Fußnote 59: Micha 3, 12.] + +[Fußnote 60: Klagelieder 5, 7.] + +[Fußnote 61: Klagelieder 3, 21.] + +[Fußnote 62: Micha 4.] + + + + +Schlußgebet beim Gottesdienste (Olenu). + + +55. Uns geziemt es dich zu loben und dich zu verehren, o Herr des +Weltalls, und deine Größe und Herrlichkeit zu bezeugen, da du uns +berufen hast, deine Worte und deine Taten in der Übung frommer Werke zu +verkünden und dich durch unseren Lebenswandel zu heiligen. Darum +verneigen wir uns ehrfurchtsvoll vor dir, und bekennen dich als den +Herrn des Himmels und der Erde. Ja wir hoffen auf dich und glauben in +fester und unerschütterlicher Treue, daß deine Größe und Allmacht, o +Gott, immer mehr erkannt werde und sich sichtbar verbreite nach allen +Richtungen der Erde, damit aller Irrtum hienieden verschwinde und alle +Wesen erkennen, daß du nur allein Gott und Herr bist über alle +erschaffenen Dinge. Alsdann werden alle Bewohner des Weltalls vor dir +sich neigen und deiner Herrschaft sich willig unterwerfen, deinen Namen +die Ehre geben und so den wahren Frieden allseitig hienieden begründen. +So lehren ja auch deine Propheten mit ihrem hellen Seherblicke in die +Zukunft.»Gottes Reich ist ein ewig dauerndes.« Und an anderer Stelle +heißt es:»Und Gott wird König sein über die ganze Erde, alsdann wird +der Ewige einzig sein und sein Name einzig.«! + +Amen! + + + + +Die Hausfrau, wenn sie Chala nimmt. + + +56. Wie du einst unsere Väter in der Wüste speistest und sie am Tage +alles zum Unterhalte ihres Lebens finden ließest, dessen sie bedurften, +so bist du, o mein Gott, mit meinem Gatten, (meines Hauses Versorger) +gewesen und hast seinen Fleiß gesegnet, daß wir den Unterhalt unseres +Lebens nicht entbehren. Bevor nun der heilige Tag beginnt, will ich nach +Vorschrift auf bildliche Weise dir meinen Dank darbringen, und als ein +echtes Weib Israels will ich unsern Glauben bekennen, daß selbst jeder +sinnliche Genuß, den du uns gewährst, durch fromme Gedanken geheiligt +werden soll. Denn du ließest es zum hohen Beruf des Weibes werden, den +Segen des Glaubens in das schöne Heim zu bringen; ihr legtest du die +Pflicht auf, das tägliche Brot zu heiligen. O, mein Gott, so laß es denn +dir gedeckt sein, was ich bereite, und segne du unsers Lebens Brot. + +Amen! + + + + +Die Hausfrau, wenn sie die Sabbatlichter oder die Festlichter anzündet. + + +57. Freude soll alle Zeit in Israels Wohnungen leuchten; das +israelitische Weib soll die Wolke der Bekümmernis zerstreuen, die sich +zeitweilig über den Gatten ausbreitet und den häuslichen Kreis +verdunkelt. Mit dem warmen und reinen Glauben in ihrer Brust soll sie +trösten, ermuntern und erquicken. O! habe Dank, o Vater, daß ich jetzt +wieder an meinen schönen und heiligen Beruf dadurch erinnert werde, daß +ich die Sabbat-(Fest-)Lichter anzünde, durch aufopfernde Tätigkeit, +Freude zu verbreiten und das Licht des Glaubens zu bewahren. + +Amen! + + + +IV. Gelegenheitsgebete. + + + + +I. Am Geburtstage. + + +Aus meines Herzens tiefstem Grunde sende ich heute mein Gebet zu dir +empor, allgütiger Gott und Vater, dessen Huld und Gnade über mich +gewacht und heute mich in mein (--) Lebensjahr treten läßt. Leben und +Liebe hast du mir zuteil werden lassen und deine Vorsehung hat meinen +Geist bewahrt. Ja, ich bin allzu schwach und zu geringe, um dir meinen +Dank auszusprechen für jeden Segen, mit dem du mich begnadigt hast seit +der Stunde, da ich zum ersten Male das Licht der Welt erblickte.--Es +kommen heute meine Lieben mit ihren Glückwünschen mir entgegen, aber ach +Herr, der du Herz und Nieren untersuchst, kann ich wohl diese Wünsche +für meine Zukunft hören, ohne daß mein Herz mir Vorwürfe macht für die +Zeiten, welche vergangen sind? Kann ich mir selbst Glück wünschen, weil +ich älter geworden, wenn die Erfahrungen und Prüfungen des Lebens mich +nicht weiser, besser und frommer gemacht? Wenn ich heute auf die +dahingeschwundenen Geburtstage schaue, die ich bereits erlebt habe, und +wenn ich an die vielen Hoffnungen denke, die sich an jene knüpften, an +die Erwartungen, mit welchen meine Eltern mich umarmten, und ich da mich +selbst frage: Habe ich diese Hoffnungen und Erwartungen erfüllt? Habe +ich den Arbeitstag, den der Herr der Zeiten mir vergönnte, mit Eifer und +im Dienste des Allheiligen angewendet, so daß ich auf seinen Beifall und +auf seinen Lohn hoffen darf, wenn die Abendstunde kommt? O mein Gott, +was darf ich dann antworten?--Sieh, du hast in diesem Jahre mir in +deiner Gnade viel Freude gesendet, und in deiner Weisheit hast du mich +mit Schmerzen heimgesucht,--alles, um mich zu erinnern, daß ich unter +deiner väterlichen Leitung stehe, und daß ich nur ein Pilger bin, der +einen mühsamen Weg zu wandern hat, bevor er die himmlische Heimat +erreicht. Dunkel ist für mich der Weg, den ich noch zurückzulegen habe, +aber du, dessen Auge mich geschaut vom Lebensanfang, und in dessen Buch +alle meine Lebenstage verzeichnet waren, ehe ich noch da war,[63] nimm +du mich ferner in deinen Schutz, beschirme und segne alle, die mir teuer +sind, und bilde du mein Herz nach deinem Wohlgefallen! O, daß ich in der +festen Überzeugung gestärkt werde, daß mir keine Bürde auferlegt wird, +zu der du mir nicht auch die Kraft verleihest, sie zu tragen, und daß +ich Tag und Nacht eingedenk sein möchte, daß alles Fleisch Gras ist, daß +hingegen jegliche Tat auf Erden, selbst die geringste, eine Saat ist, +die ihre Früchte in der Ewigkeit trägt; ja daß ich dessen stets +eingedenk sein möchte, auf daß ich meine Hoffnung nicht auf das +Vergängliche baue, und nimmer verzage und verzweifle unter +Widerwärtigkeit und Unglück, sondern selbst in Leiden und Schmerzen mich +dir dankbar zeige; daß die Überzeugung mich stets beselige, daß dein +gütiger Geist mich überall leitet, segnet und stärkt, und daß deine Huld +und Gnade mich erfüllt und bewahrt, auf daß ich dir treu bleibe im Leben +und im Tode.--Ja, du bist der Gott meines Herzens, getrost übergebe ich +mich deiner Hand und fürchte nichts, du, Herr, bist meine Stärke, dir +lobsinge ich, du bist meine Hilfe und meine Zuflucht, in dir findet +meine Seele Heil in aller Ewigkeit. + +Amen! + + + + +II. Am Verlobungstage. + + +Herr, du mein Fels, meine Zuflucht, leite du mich und führe du mich um +deines Namens willen! Entschieden ist es heute worden, wem mein Herz +angehört, an wen ich mein ferneres Geschick knüpfen, mit wem ich durchs +Leben wandern soll. Allzu schwach bin ich, o Herr, und allzu +kurzsichtig, um das Innere eines anderen Menschen zu durchschauen, oder +um zu wissen, was in den kommenden Tagen zu meinem wahren Heil und Wohl +dienen kann und soll, darum sende ich mein Gebet zu dir empor: O laß +deinen Segen auf meiner Wahl ruhen! Gib, daß der, welcher mir heute sein +Gelübde gegeben, solches nicht leichtsinnig getan haben möge, sondern +zuvor, wie ich, zu Rat gegangen sei, nicht blos mit den Angehörigen, +sondern vor allem mit dir, mein Gott. Laß die kommenden Tage von dir +gesegnet sein, daß eine reine und lautere Liebe, die auf Gottesfurcht +gegründet ist, in unsern Herzen Wurzel schlage. Ja, Allgütiger, du, der +du mit so vieler Huld meinen Weg gebahnt und mich mit so vieler Gnade +umgeben hast, laß diese Tage für mich eine Vorbereitungszeit sein, daß +ich, wenn die Zeit nahet, vor deinen Augen würdig gefunden werde, den +Bund der Ehe zu schließen. O, sei du mein Hirt und Leiter, und führe +mich auf den rechten Weg um deines Namens willen. + +Amen! + +[Fußnote 63: Ps. 139, 16.] + + + + +III. Am Hochzeitstage. + + +Gekommen ist nun der Tag, an dem der Bund meines Herzens in deinem Namen +besiegelt werden soll, du ewiger, alliebender Vater, der Tag, der das +Weh und Wohl meiner ganzen Zukunft in seinem Schoße trägt. O, wie könnte +ich mich wohl dem heiligen Augenblick nähern, wie könnte ich hintreten, +um dem Auserwählten meines Herzens meine Hand zu reichen, ohne dir zuvor +zu danken für all deine väterliche Güte gegen mich, für deinen Schutz +bis auf diesen Tag, für die geliebten Wesen, mit welchen du mich bisher +umgeben, und die mit Zärtlichkeit und Sorgfalt über mich gewacht und +mich geleitet haben, ja, ohne dir dafür zu danken, daß du mich den hast +finden lassen, mit dem ich die wechselnden Geschicke des Lebens teilen +soll, ohne dir zu danken für die himmlische, beseligende Freude, die +mich nun umströmt, da das Band der Ehe uns verbinden soll. Wie könnte +ich wohl all deine Güte empfangen und bereits heute die heiligen +Pflichten der Ehe übernehmen, die der Ehestand mir auferlegt, wenn ich +nicht zuvor mit reuigem Sinne mein Herz vor dir ausschütte, ehe ich den +wichtigsten und meine ganze Zukunft entscheidenden Schritt meines Lebens +tun und dich um deine gnadenvolle Vergebung bitte. Wenn ich aber in +dieser Stunde meinen Blick auf die hingeschwundene Zeit richte, o welche +schwere Klage erhebt sich da in meiner eigenen Brust gegen mich! +Sündenvoll waren meine Gedanken, und meine Taten, wie wenig konnten sie +dir wohlgefallen. Habe ich wohl gelebt, wie ich sollte? Habe ich als +Kind von ganzem Herzen Vater und Mutter geehrt? Habe ich die weisen +Lehren meiner Lehrer befolgt? Habe ich als Israelitin in meiner Jugend +an meinen Schöpfer gedacht und mit Wärme meinen Glauben umfaßt? O, +vergib sowohl mir, Allgütiger, als der Seele, die nun mit der meinigen +sich verbinden soll, jedes Vergehen und Versehen. Sieh auf uns in Gnade, +wenn wir nun einander vor deinem Antlitze im Geiste gegenseitig das +Gelübde der Treue geben, und laß deinen Segen mit diesem Bunde sein. +Heilige unsere Liebe in der Liebe zu dir, daß wir, indem wir dich +lieben, unsere gegenseitige Hingebung und Liebe nähren und stärken. +Höre, o Gott, mein Gelübde, das ich hier ablege. In glücklichen, wie in +trüben Tagen, will ich eine treue Gattin sein, die Geduld, Kraft und +Selbstverleugnung zeigt, die als echte Israelitin durch den Glauben an +dich stark ist, alles zu besiegen, auch sich selbst; stark ist, alles +für den zu tragen und zu dulden, den ihre Seele auserkoren hat. Gib, +daß wir, die von dieser Stunde ab mit einander wandern sollen, in +Sanftmut und Milde einander begegnen, und uns gegenseitig unsere +Schwächen in Liebe nachsehen! Ja, sei du mit uns, daß wir einander zum +Heil und Segen werden, und daß durch diesen unsern Bund dein Name +verherrlicht werde. Dazu hilfst du uns, o Gott. + +Amen! + + + + +IV. In einer glücklichen Ehe. + +(Jährlich am Hochzeitstage.) + + +Unendliche Liebe! Allgütiger Gott! Was kann wohl mit dem Glücke +verglichen werden, das du mich hast finden lassen, indem du mir die +Glückseligkeit meiner Ehe zuteil werden ließest!--Wo fände ich wohl ein +irdisches Gut, das höheren Wert hätte, als das, welches du mir in meinem +teuren Gatten verliehen hast, mit dem ich des Lebens Freuden und Leiden +teile. Mit jedem Tage lerne ich mehr und mehr schätzen, was ich an ihm +besitze, als Ratgeber und Helfer; wie versüßte er mir sogar des Lebens +bittere Stunden, wie hielt er mich unter mancherlei Prüfungen aufrecht! +O, mein Gott, jedes Jahr, das verfließt, knüpft uns noch fester an +einander; in den freudigen, wie in den kummervollen Tagen bewahrheitet +es sich immer mehr an uns, daß Liebe ein Paradies voll Segnungen ist, +die so schön, so friedlich und freudenvoll. Ja, ich fühle alle +Segnungen, die der Besitz eines treuen Gatten in sich schließt. +Alliebender, wodurch habe ich so viel Glück verdient? Und doch soll auch +dieses mich so beglückende Band einmal zerrissen werden, und dann wird +die Stunde der Rechenschaft kommen, da du mich fragen wirst, ob ich die +Zeit des Glücks auch dazu benützt habe, selbst geheiligt zu werden und +die Seele zu heiligen, welche du mit mir vereinigt hast. Deshalb, o +Ewiger, bitte ich dich, indem ich dir für all mein Glück danke, erhalte +in uns denselben liebevollen treuen Sinn, laß uns die freundliche +Fürsorge für einander verdoppeln, wie unsere innerliche Ergebenheit +gegen einander, und gib mir Kraft, meinen teuren Ehegatten nicht nur zu +beglücken, sondern auch zu veredeln und zu heiligen, daß wir, in +Frömmigkeit vereint, dereinst in den Wohnungen der Seligen mit einander +das Glück und den Frieden der Seligkeit genießen mögen. Wache über uns, +daß wir einander in Hoffnung und Treue unter den Sorgen des Lebens +stärken mögen, und daß wir in des Lebens frohen Tagen vor deinem +Angesichte wandeln. Halte deine schirmende Hand über meinen geliebten +Ehegatten, und laß mich ihm lange, lange noch Freude bereiten. Ewig +danke ich dir, du reicher Gott voll Gnaden und mein allmächtiger +Beschützer. + +Amen! + + + + +V. In einer kinderlosen Ehe. + + +Ewiger!»Kinder sind ja deine Himmelsgabe und Leibesfrucht eine Segnung, +die von deiner Hand kommt!«[64] Wie sollte ich da nicht von ganzer Seele +wünschen, mit Kindern gesegnet zu werden, die meines Herzens Freude sein +und zu deiner Ehre erzogen werden sollten? O Herr! Wie der Vorzeit +fromme Väter und Mütter bitte ich dich, mir diesen Segen zu verleihen, +und mich noch Mutterfreuden genießen zu lassen. Aber wenn es in deinem +unwandelbaren Rat beschlossen ist, mir dieses Glück zu versagen, so +erfülle mein Herz mit innerlicher Ergebung in deinen Willen und mit +vermehrter Liebe zu meinem Gatten, daß ich darin zehnfältigen Ersatz +finde. Es sei ferne von mir, meinen Trost in dem Gedanken zu suchen, +welch' eine schwere Bürde oft die Erziehung und die Versorgung der +Kinder ist, wie viel Kummer sie nicht selten verursachen,--dient doch +das gerade zu der Eltern Heil, o Herr! da diese erst aus der Mühe und +Sorge, die ihnen ihre Kinder machen, erkennen, welchen Dank sie ihren +Eltern schuldig sind.--In dieser meiner Sehnsucht nach Kindern will ich +einen väterlichen Wink erkennen, den du mir gibst, die mir verliehenen +irdischen Kräfte und Besitztümer zum Wohle derer anzuwenden, die in +Bedrängnis sind. Ich will meinen Beistand der Kinderschar des Armen +zuwenden, ich will ihnen zur Erkenntnis der heiligen Lehre förderlich +sein, daß sie zur Rechtschaffenheit und Gottesfurcht aufwachsen, ich +will den Verwaisten eine Mutter sein und reichen Beitrag spenden zum +Besten jeder Wohltätigkeit, wie zu deinem heiligen Hause. Ich will in +Frömmigkeit und Liebe wandeln, daß ich dadurch vielleicht eine Seele zur +Tugend, zur Wahrheit und zum Glauben führen kann, daß sie geistig zu +meinem Kinde werden möge. Ach Herr! Stärke mich in diesem Vorsatz und +gib mir Kraft, ihn auszuführen, daß jene Worte, die du den Propheten +verkündigen ließest, einst wie himmlischer Gesang vor meinen Ohren +erschallen mögen:»So spricht der Herr zu den Unfruchtbaren, welche meine +Sabbattage halten und wählen, was mir angenehm, und an meinem Bunde +festhalten,--diesen will ich in meinem Hause und in meinen Mauern Hand +und Namen geben, was da besser ist, als Söhne und Töchter; einen ewigen +Namen gebe ich ihm, der nicht ausgetilgt werden soll.«[65] Ja, o Gott, +gib mir einen ewigen Namen im Buche des Lebens, und ich fühle mich +getröstet. + +Amen! + +[Fußnote 64: Psalm 127, 3.] + +[Fußnote 65: Es. 56, 5-10.] + + + + +VI. In der Schwangerschaft. + + +Heiliger, allmächtiger Schöpfer, allbarmherziger Vater im Himmel! Ich +danke dir für die beseligende Hoffnung, mit der du mich begnadigt hast. +Wie glücklich hast du mich gemacht, indem du mir des Weibes höchste +Freude verliehest, die Gewißheit, daß ich Mutter werden soll! Siehe, +schon hast du mir des Weibes höchste und heiligste Pflicht auferlegt, +mütterliche Fürsorge für den noch Ungeborenen zu hegen. O, was vermag +ich ohne dich! Erhöre deshalb mein Gebet: Laß auch für mich das Wort +gesprochen sein, welches du einst Israel verkünden ließest: »Gesegnet +sei die Frucht deines Leibes!«[66] Hüte du meine Schritte, daß das Kind, +welches ich unter meinem Herzen trage, jeder Gefahr entgehen möge; +beschirme mich um des Kindes willen, daß nicht Schrecken noch Angst, +nicht Furcht noch Aufregung mir nahe. Stärke mich darin, über mich +selbst zu wachen, daß nicht der Mutter Unvorsichtigkeit, törichter Genuß +oder sündiger Wandel schon dem Ungeborenen schaden möge. Ja, je mehr ich +mir bewußt bin, daß selbst meine Gedanken und Gefühle auf den Sprößling +hier unter meinem Herzen ihre Wirkung ausüben, um so mehr bitte ich +dich, mir dazu helfen zu wollen, daß ich mich selbst beherrschen +möge.--O Herr! Durch Frömmigkeit will ich diese Tage heiligen, bis ich +sie überstanden habe, durch Gebet und fromme Werke will ich meine Seele +erheben und reinigen, und treulich will ich deine Wege wandeln.--Schenke +du mir nun einen ruhigen Sinn, unerschütterlich im Vertrauen auf deine +unendliche Vatergüte, daß ich fröhlichen, getrosten Mutes und guter +Hoffnung der Stunde der Entscheidung entgegen gehe, in dem +zuversichtlichen Glauben, daß»den, der sich auf dich verläßt, deine +Gnade umgeben soll.«[67] + +Amen! + +[Fußnote 66: 5. Mos. 28, 3.] + + + + +VII. Vor der Niederkunft. + + +Lieber Gott, du Gott der Gnade! Siehe, die Zeit nähert sich, daß ich +gebären soll, und ich weiß, daß du in deiner Weisheit meinem Geschlecht +bestimmt hast, daß wir in Schmerzen gebären sollen; o, willig unterwerfe +ich mich deinem Vaterwillen; doch bitte ich: Vergilt' mir nicht nach +meinen Sünden, sondern laß dein Erbarmen über mich wachen; stärke mich, +daß ich in Kraft gebären möge, sei mir nahe mit deiner Hilfe, daß mein +Herz bald froh werde, wenn ich den Neugeborenen gesund und frisch +erblicke. Laß mich deine freundliche Stimme hören, die mir zuruft: +»fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir; bebe nicht, denn ich bin dein +Gott; ich stärke dich, ich helfe dir und stütze dich mit meiner Rechten, +ich selbst erlöse dich!«[68] Ja, Ewiger, du bist meine Stütze, meine +feste Burg, meine Zuflucht in der Not, zu dir will ich mit Andacht +aufschauen, daß du mir Kraft gebest, die Schmerzen der Geburt zu +ertragen, du, meine ganze Hoffnung. + +Amen! + +[Fußnote 67: Ps. 32, 10.] + +[Fußnote 68: Jes. 41, 10. 43, 1.] + + + + +VIII. Nach der Niederkunft. + + +Laß den schwachen Dank der Beglückten zu deinem Thron aufsteigen, du +Beschützer meines Lebens, mein geliebter Vater im Himmel! daß du mich +erhört und dein starker Arm mich unterstützt hat.»Von meinem ganzen +Herzen will ich dir danken und alle deine Wunder verkünden, ja ich will +froh sein und mich freuen in dir, und deinen Namen will ich lobsingen, +dem Namen des Allerhöchsten.« Amen! + + + + +IX. Bei der Beschneidung. + + +Sieben Schöpfungstage sind nun glücklich über dem Leben meines +neugeborenen Knaben verronnen, und heute am achten soll es nach deinem +unverbrüchlichen Gesetz, o du Allheiliger, »der du deinen Bund und dein +Erbarmen denen bewahrst, die dich lieben und deine Gebote halten«, vor +dich gebracht werden und das Siegel der Gnade durch die Beschneidung +erhalten; heute soll er in den ewigen Gnadenbund aufgenommen werden, den +du mit Abraham und seinen Nachkommen geschlossen hast, daß sie zum Segen +werden sollen für alle Geschlechter der Erde und das himmlische Reich +erwerben.--O, nimm dieses mein Kind gnädig an, daß es treu dem Bunde +leben möge, laß den geringen und rasch verschwundenen Schmerz, den es +erleiden soll, eine Erinnerung und ein Zeichen sein, daß das Hohe und +Ewige nur durch Mühe und Schmerzen erreicht werden kann, daß der Mensch +sich das Himmelreich nur erringen kann, indem er gegen die Lust des +Fleisches streitet, und daß ein treuer Israelit bereit sein soll, mit +Leben und Blut für seinen Glauben zu kämpfen, daß er deinen Namen +heilige. Beschütze mein Kind von dieser Stunde an, daß es wohl gedeihen +und kräftig wachsen möge, für das Zeitliche, wie für das Ewige gesegnet, +dir zur Ehre und mir und meinem Gatten zur Freude. + +Amen! + + + + +X. Eine Wöchnerin beim ersten Gang ins Gotteshaus. + + +»Gehet ein zu Gottes Tor mit Danksagungen und in seinen Vorhof mit +Lobsingen! Dankt ihm und preiset seinen Namen!« So ermahnt mich eine +heilige Stimme, und es ist ja nur durch deine väterliche Güte, o Gott, +daß ich heute wieder deinem Hause nahen kann. Hast du selbst ja geboten, +daß jede glückliche Wöchnerin, nachdem sie ihre Gesundheit +wiedergewonnen hat, deinem Altar mit Dank und Sühnopfer,[69] mit Gebet +und frommen Gelübden sich nahen soll. Und wie sehr muß ich dir nicht +danken, nicht nur für deine Gabe, für das Kind, das du mir geschenkt +hast, sondern auch für deine Hilfe und deinen Beistand, für die Kraft, +die du mir verliehen hast, alle Schmerzen zu ertragen, für deinen Schutz +in der Stunde der Gefahr und für meine Genesung, daß ich wieder vor dein +Angesicht treten kann und mit meinem Gatten dir meinen Dank zu bringen +im Stande bin. O, womit habe ich doch so viel Gnade verdient! ach, hab' +ich mich denn nicht oft und schwer gegen dich versündigt, bin ich nicht +manches Mal verzagt und schwach in meinem Vertrauen auf dich gewesen; +wie oft versäumte ich nicht meine Pflicht, die du mir auferlegt hast? O +Herr, vergib mir und halte mich auch fernerhin in deiner väterlichen +Gnade. Laß mich mein Kind deinem Schutze anbefehlen (bei einem Mädchen +füge man hier hinzu: und wie es heute vor dir in deinem Hause genannt +wird, so zeichne du es in das Buch des Lebens ein, daß seines Namens +Unvergänglichkeit zu wahrem Schmuck und wahrer Ehre ihm gereiche); wache +du über das Neugeborene, stärke du mich, an ihm die Mutterpflicht +vollkommen zu erfüllen. Ja, mit mütterlicher Sorge will ich mein Kind +pflegen und ihm meine ganze Obhut widmen, und gerne selbst Entbehrung +auf mich nehmen zu seinem Wohlergehen. Segne, o Herr, auch das Streben +meines Gatten, den Lebensunterhalt uns zu erwerben, und sobald die +Schwingen des Geistes sich bei dem Säugling zu entfalten beginnen, so +soll es unsere größte Sorge sein, ihn zum Guten zu lenken und ihn mit +Abscheu gegen alles zu erfüllen, was böse ist, daß es bei Zeiten deinen +Namen kennen lerne und in Gottesfurcht und Tugend aufwachse. Ewiger, dir +will ich angehören; o, laß deinen Segen von deinem Hause zu meinem Herd +mir folgen, und laß meinen häuslichen Kreis früh und spät von herzlichem +Dank widerhallen für all das Glück, welches du mir zuerteilt hast. + +Amen! + +[Fußnote 69: 3. Mos. 12.] + + + + +XI. Beim ersten Gang ins Gotteshaus nach der Geburt eines totgeborenen +Kindes. + + +Blicke gnädig herab, o, du allweiser und gerechter Schöpfer, auf deine +Dienerin, die sich dir in Demut und Anbetung naht, um dir zu danken, +weil du ihr das Leben erhalten, und ihr Stärke verliehen hast, daß sie +wieder in die Versammlung der Gläubigen hat kommen können, um deinen +Namen zu preisen. Ist mein Herz auch noch betrübt darüber, daß das Kind, +welches ich zur Welt brachte, nicht des Lebens Tag gesehen hat, und +meine so lange gehegte Hoffnung sich nicht erfüllte, so weiß ich doch, +daß eine Israelitin deinen Namen lobt, magst du nur geben oder +nehmen.[70] O, höre mich, Allerbarmer! Wenn ich durch eigene +Unvorsichtigkeit es bewirkt habe, daß mein Kind hienieden nicht das +Licht der Welt sehen sollte, o, so bedenke meine Schwäche und vergib +mir; rechne mir es nicht als Sünde an, sondern schone meiner um deiner +großen Barmherzigkeit willen. Aber war es in deiner unwandelbaren +Weisheit so beschlossen, daß ich die Mutterfreuden ahnen, aber nicht +genießen sollte, o, so lehre mich, mein Los in Geduld tragen, und flöße +mir den Trost ein, daß dieses Kind in der Stunde, wo es zur Welt kommen +sollte, bereits bestimmt war zu einem seligeren Zustand einzugehen, ohne +den Kampf der Welt bestehen zu müssen, ohne ihre Sorge und Qual kennen +zu lernen, und daß es dereinst in der Ewigkeit mir die Schmerzen +erstatten soll, mit denen ich es getragen und geboren habe, ohne durch +sein Leben beglückt zu werden. O Allgütiger, laß mit meines Herzens Dank +meine Bitte um reichen Segen vereinen, laß die Freude wieder in meiner +Seele erwachen, und laß mich Freude und Glück über meinen teuren Gatten +ausbreiten. + +Amen! + +[Fußnote 70: Ijob. 1, 21.] + + + + +XII. Eine Ehegattin. + + +Allgütiger! du, dessen Antlitz in Gnade über alle leuchtet, die dich +fürchten, o, blicke in Gnaden herab auf mich, daß ich in dem Lichte +deines Angesichtes wandeln und von dir beschirmt werden möge. + +O! breite die Schwingen deiner Barmherzigkeit über meinen Gatten und +meine Kinder aus. Sei mit ihm, den mein Herz liebt auf allen seinen +Wegen, behüte ihn vor Krankheit, Schmerz und Kummer, erhalte ihm die +Lust und Liebe zu seinem Geschäfte, und laß keine Sorgen ihm sein Leben +verbittern. Lehre mich, ständig an dem Vorsatz festzuhalten, ihm ein +freundliches Heim zu bereiten, so daß er am liebsten bei mir an unserm +gemeinschaftlichen Herd verweile, und häuslicher Friede und Freude ihm +von demselben entgegenstrahlen möge, und daß unser schönster Genuß der +sei, mit unsern Kindern in freundlicher und milder Vertraulichkeit bei +einander zu sitzen. + +Laß uns niemals die hohen und heiligen Pflichten vergessen, welche wir +gegen die Kinder zu erfüllen haben, mit denen du uns gesegnet hast. O, +laß uns nicht nur für ihre leibliche Wohlfahrt Sorge tragen, sondern in +und durch unsere Gebete ihren Seelenfrieden deiner Obhut anbefehlen. +Ach, lieber Vater im Himmel! das ist doch der Eltern heiligstes, aber +auch zugleich schwerstes Wirken in der Brust ihrer Kinder die +Gottesfurcht zu wecken und des Glaubens reine Flamme anzufachen, zu +hüten und zu nähren. So hilf uns denn, daß wir uns fern von törichter +Weichlichkeit halten, und daß wir mit Freundlichkeit und liebevollem +Ernst ihnen die nötigen Ermahnungen und Erinnerungen geben, daß wir +einträchtig einander bei dieser Arbeit in deinem Dienste uns zur Seite +stehen mögen! Mit Tränen befehle ich dir meine Kinder, daß keines von +ihnen mißraten möge, und mein Herz durch Sünde wider dich verwunde! +Bewahre sie vor schlechten Freunden, und laß Vater und Mutter ihnen eine +Leuchte sein, die ihnen auf ihren Wegen leuchte, daß sie nicht fallen; +aber wenn sie im Gewirr des Lebens verführt werden, ach, so laß du die +Erinnerung an uns sie wieder zurück auf deinen Weg führen! Herr, setze +du eine Schutzwehr um unser Haus, daß es von keiner Schlechtigkeit +befleckt werde. Laß deinen Namen über unsere Wohnung genannt sein zum +Leben und zur Seligkeit. + +Amen! + + + + +XIII. Eine Tochter für die Eltern. + + +Unsichtbarer, alliebender Gott! Wie soll ich dir danken für die +unendliche Liebe, die du mir bewiesen hast und mir noch jeden Augenblick +erweist, und deren Strahlen sich in der Freundlichkeit und Liebe +abspiegeln, womit mich die umfangen, welche mir das Leben gegeben haben. +Ach ja, mein geliebter Vater, meine teure Mutter sind mir wie zwei +Engel, denen du befohlen hast, daß sie mich hüten sollen auf dem Wege, +daß sie mich auf ihren Armen tragen und alle meine Schritte bewahren +sollen, die sowohl für mein zeitliches, wie für mein geistiges Wohl +Sorge tragen. Welche Segnung hast du nicht durch sie über mich +ausgebreitet, wo gibt es wohl Eltern, die mit größerer Obhut für ihre +Kinder sorgen könnten? Versagen sie sich nicht alles, um mir nur Freude +und Glück zu bereiten? O mein Gott! indem ich dafür meines Herzens +wärmsten Dank emporsende, bitte ich dich zugleich: Belohne du sie für +alles mit deinem reichsten Segen. Verleihe ihnen viele und lange +Lebenstage, daß sie noch lange meines Lebens Schmuck und Ehre seien; +bewahre ihnen die Gesundheit und bereite ihnen eine Fülle der Freude. +Laß sie in der Liebe und in der Hingebung ihrer Söhne und Töchter Ersatz +für alle Bekümmernisse eines Vaters und einer Mutter finden, Ersatz für +jeden mühevollen Tag und jede schlaflose Nacht, die wir ihnen bereitet +haben. O, möchte es auch in mein Los fallen, ihnen Freude zu bereiten! +Stärke mich, auf einen jeden Wink ihrer Hand acht zu geben, in Liebe und +Gehorsam auf ihre Warnungen und Ermahnungen zu hören, und nach meinem +ganzen Vermögen ihnen Freude zu bereiten. Erleichtere ihnen jede Bürde, +und gib, daß sie selbst in ihrem hohen Alter, glücklich im Schutz der +Liebe ihrer Kinder und Kindeskinder lebend, dir für deine gnadenreiche +Führung bei vollen Geisteskräften danken mögen. + +Amen! + + + + +XIV. Im Witwenstande. + + +Allerbarmer, du, »der du gerecht bist in allen deinen Wegen und +barmherzig in allen deinen Handlungen,« blicke in Gnaden auf eine tief +betrübte Seele herab, die ihre Zuflucht zu dir nimmt. Jetzt stehe ich, +verlassen von dem, der meine Stütze, mein Trost und mein Ratgeber war; +jetzt muß ich alle Bürden des Lebens allein tragen und den vermissen, +der mich durch sein ermunterndes Wort stärken konnte, mich in der Hitze +des Tages erquickte und, wenn das Dunkel der Nacht meinen Geist +erschreckte, mir Licht verbreitete;--ach, meines Herzens Angst ist groß, +und es wird mir schwer, kindliche Ergebung in deinen Willen zu zeigen. +O, so errette du mich selbst aus meiner Not, lege den beseligenden Trost +deines Wortes in meine Seele und zeige dich mir als den rechten Helfer. +Sieh, hier bin ich mit den Kindern, die du mir gegeben hast, o, laß mich +in Gnaden erfahren, daß du in Wahrheit »der Witwen Verteidiger und +Beschützer und der Verwaisten Vater« bist! Stärke mich, daß ich unter den +doppelten Verpflichtungen nicht erliege, die auf mir ruhen, sondern daß +ich vielmehr mit Geduld »in fester Hoffnung und lebendigem Glauben für +dein Haus sorge«, im Vertrauen darauf, daß die, »so mit Tränen säen, +dereinst mit Freuden ernten« sollen. Erbarme dich meiner Kinder; hilf und +rette, beschütze und segne uns. Ja, o Ewiger, »sei du meine Stärke, +meine Burg und mein Fels, auf dich hoffe ich und mir ist geholfen.« Amen! + + + + +XV. Eine Waise. + + +Ewiger, gerechter Gott! hart ist die Prüfung, die du mir auferlegt hast, +ich bin elend und verlassen; denn meinen Vater, den du mir zum treuen +Führer und Versorger gabst und meine Mutter, deren Obhut und Liebe mich +zu dir leiten sollte, ich sehe sie nicht mehr!--Ach, wo soll ich denn +jetzt hingehen, wo Trost und Rat suchen? O, wie sehr habe ich mich nicht +versündigt, daß ich das Glück, einen lieben Vater, eine liebe Mutter zu +besitzen, nicht hinreichend zu würdigen wußte, und daß ich nicht dankbar +genug war für alles, was du mir in ihnen gegeben hast. Ach, wie einsam +und niedergeschlagen fühle ich mich jetzt! O, du selbst, Allgütiger! +öffne du mir den Schatz deines Trostes! Noch hast du ja niemals eine +Seele verlassen, welche dich nicht verließ, sondern du halfst dem +Elenden, der dich um deinen Beistand bat, und auch mir wirst du helfen. +Du verkündigst mir in deinem Worte, daß, »wenn auch Vater und Mutter +mich verlassen haben, so willst du dich, mein ewiger Gott und Vater, +doch meiner annehmen.« Leite mich denn und führe mich; laß im Geiste mich +stets umschwebt fühlen von jenen geliebten und verklärten Seelen, und +laß mich durch einen gottesfürchtigen Wandel ihr Andenken ehren und +ihnen so den schuldigen Dank darbringen. Sei du nun selbst mein Vater, +der mich auf den Armen seiner Liebe trägt und mir den Bedarf des Lebens +spendet. O gib, daß die Menschen, die sich freundlich an Stelle meiner +Eltern meiner annehmen, auch Sorge tragen für das Wohl meiner Seele, +und vergilt du ihnen all das Gute, welches sie in deinem Namen mir +erweisen. Wohne du in meinem Herzen, und lenke meinen Weg so, daß ich +mit Recht mich dein Kind nennen kann, mein himmlischer Vater, das +Wohlgefallen vor dir und in den Augen der Menschen findet. Erhöre mein +und aller Waisen Gebet; o gnadenreicher Gott, du ewiger Helfer. + +Amen! + + + + +XVI. Im Alter. + + +Treuer, ewig lebendiger Gott, »der den Müden Kraft verleiht und dem +Ohnmächtigen große Stärke,« du, der versprochen hat, bis zum Alter mit +uns zu sein, o, du hast gnädig diese Zusage für mich gehalten, und ich +bringe dir meinen Dank, »daß du mich von meiner Jugend an geleitet und +mich mit Barmherzigkeit und Gnade umgeben hast, bis ich alt geworden +bin.--O, verlaß mich denn nun auch jetzt nicht, da ich fühle, daß meine +Kräfte schwinden und meine Sinne stumpf werden.»Erinnere dich der Sünden +und Übertretungen meiner Jugend nicht, aber gedenke meiner nach deinem +Erbarmen um deiner Liebe willen.«[71] Verleihe mir Kraft, die Bürden des +Alters mit Geduld zu tragen, und laß mich durch fromme Ergebung für +alle, die um mich her wohnen, eine lebendige Ermahnung sein. Und je +schwächer meines Leibes Augen werden, um so mehr laß mich den Blick nach +Innen wenden, daß ich mein Inneres läutere und in den Gedanken an dich +Ruhe gewinne. Ja, laß es mir in den paar Tagen, die mir noch zugemessen +sind, glücken, dem jüngeren Geschlecht ein gutes Beispiel zu geben, daß +die Worte, welche ich rede, zur Verherrlichung deines Namens dienen +mögen, und die Handlungen, welche ich vollbringe, ein Zeugnis seien der +Reinheit und Treue meines Glaubens und der Liebe in meinem Herzen. Und +stärke so mich in des Lebens letztem Streit, daß ich dann deutlich den +Ruf deiner Liebe vernehme:»Fürchte nichts, denn ich erlöse dich; ich +rufe dich bei deinem Namen, denn du bist mein,« und daß ich noch mit +meinem letzten Atemzug deinen Namen bekennen und preisen möge. + +Amen! + +[Fußnote 71: Ps. 25, 7.] + + + + +XVII. Bei der Fortreise von der Heimat. + + +Allgütiger Gott, der du unsere Schritte lenkst und einem jeden Menschen +seinen Weg bahnst, laß mich in deinem Namen diese Reise antreten und +beendigen. Sei du in deiner Gnade mein Begleiter, daß ich sicher wandern +und Ziel und Zweck erreichen möge. Beschütze mich auf meinem Wege, daß +mich kein Unheil treffe, entferne jede Gefahr von mir, jedes Hindernis, +daß ich meine Reise gesund und rasch zurücklege, daß ich ungestört +ausziehen und in Frieden wieder heimkehren könne. Aber während ich in +der Ferne bin, nimm du meine Lieben (meinen Vater, Mutter, meinen Mann, +meine Kinder usw.) in deinen Schutz, daß ich sie in Freuden wieder +umarmen kann, wenn ich zurückgekehrt bin. Deine Rechte leite mich, wo +ich auch gehe, und dein Gotteswort sei mir ein leuchtender Stern auf +meinem Pfade. Es preise dich mein Mund und stimme froh an als +Wanderlied:»Gottes Name ist eine feste Burg, in ihm pilgert der Fromme +und ist geschützt.«[72] + +Amen! + +[Fußnote 72: Spr. Sal. 18, 10.] + + + + +XVIII. Für einen Abwesenden, der auf der Reise ist. + + +Lieber Gott! Mit Vertrauen wende ich mich an dich, um dich um deinen +Schutz für den zu bitten, mit dem meine Seele so fest verbunden ist, für +meinen teuren Gatten (meinen Vater usw.), der so fern von seiner Heimat +ist. Wie meine Gedanken bei ihm verweilen, so wache du über ihn auf +allen seinen Wegen; wenn er reist und wenn er sich ausruht, so sei du +sein Beschützer und sein Schirmer, schütze ihn vor des Tages Hitze und +den Gefahren der Nacht, halte jedes Übel fern von ihm und laß all sein +Vorhaben gelingen. Führe du, von dem allein alle Hilfe und aller Segen +kommt, ihn glücklich zurück, und wir wollen dich einmütig preisen und +dir danken, du Gott der Barmherzigkeit, mein Schild, auf den ich mich +verlasse. + +Amen! + + + + +XIX. Wenn ein Kind auf Reisen ist, füge man hinzu: + + +Ewiger, du, vor dessen Angesicht meine Väter gewandelt sind, du, der du +bis auf diesen Tag mein Hüter gewesen bist, segne du mein Kind auf +seinem Wege und laß deinen Engel ihn (sie) leiten, daß er (sie) +Wohlgefallen vor deinen und der Menschen Augen finden möge. Führe ihn +(sie) sicher und ruhig, wo er (sie) vielleicht einen gefährlichen Weg +wandelt, laß ihn (sie) an Kenntnis, Einsicht und nützlicher Erfahrung +wachsen, daß sein (ihr) Werk gesegnet werde. Lenke seinen (ihren) Fuß +auf den Pfad der Frommen, wo Leben und Wahrheit ist, daß er (sie) nicht +auf den Weg des Unrechts gerate, und daß er (sie) den Versuchungen und +Verführungen entgehe, die seine (ihre) Tugend und seinen (ihren) +Glauben bedrohen. Laß seinen (ihren) Gedanken oft die Erinnerungen und +Ermahnungen vorschweben, die ich ihm (ihr) gegeben habe, lenke oft seine +(ihre) Schritte in dein Haus, daß er (sie) in der Versammlung der +Gemeinde dich anbete und das Bekenntnis seines (ihres) Glaubens +erneuere, daß meine Seele dereinst, sei es hier auf Erden oder dort in +der Ewigkeit, Freude an ihm (ihr) habe.»Auf dich, o Gott, setze ich alle +meine Hoffnung, du wirst mich erhören.« Amen! + + + + +XX. Gebete in jeder Art der Not und Seelenangst. + +(Heimlicher Kummer, Verfolgung, Verleumdung, Untreue der Freunde und +Anfechtungen.) + + +1. O, Gott der Liebe, der du so oft meine Gebete erhört hast, verstoße +mich nicht von deinem Angesichte, wenn ich in heimlicher Bekümmernis und +Betrübnis mich zu dir wende. Du allein kennst meine Sorge; du kennst die +Angst, die mich erdrücken will, und du weißt, was es ist, das mich +quält. Du weißt, unter welcher Bürde mein Herz seufzt, und du bist Zeuge +meiner Tränen, die ich heimlich weine; denn du bist es ja, der selber +mir diese Prüfung geschickt hat. O du, mein Gott, »auf den ich von Jugend +an meine Sorge geworfen habe,« sei du dann auch mein Trost und hilf mir. +Sei mir nicht ferne, sondern komm und stehe mir bei, o Herr, mein +Helfer, daß ich dir danken möge, wenn die Betrübnis von meiner leidenden +Seele wieder gewichen ist. + +Amen! + +2.»Wie lange, Herr, willst du mich so ganz vergessen? Wie lange willst +du dein Angesicht vor mir verbergen? Wie lange soll ich in meiner Seele +sorgen und tägliche Trauer in meinem Herzen fühlen?«[73] Vergebens +wende ich mich zur Rechten und vergebens zur Linken; ach Herr, mein +Gott, die Menschen sind nur schlechte Tröster, die fassen meinen Schmerz +nicht und wollen meine Klagen nicht hören, ja, selbst die, auf deren +Freundschaft ich rechnete, sind mir untreu geworden, und ihre Gunst und +Hingebung war nur auf flüchtigem Sand gebaut. O du, der du ewig derselbe +bist, »mein Herz bringt vor dich dein eigen Wort.«»Suche mein +Angesicht!« Nun suche ich dein Angesicht, Herr, und du hast ja gelobt, +daß du den nicht verlassen willst, der dir vertraut, und daß du deine +Hand nicht von ihm ziehen willst; o, so laß mich deine väterliche Liebe +zu mir auch in der Züchtigung erkennen, und »ich will schweigen und +meinen Mund nicht auftun, denn du bist es ja, der es getan hat.«[74] +Ja »ich will stille sein und auf dich hoffen und dadurch wahre Stärke +gewinnen.«[75] O, so zeige mir deine Gnade wieder; sprich zu mir:»Ich +bin bei dir in der Not; fürchte dich nicht, zage nicht, denn ich bin +dein Gott, ich stärke und erhalte dich.« Amen! + +[Fußnote 73: Ps. 13, 1-2.] + +[Fußnote 74: Ps. 27, 8.] + +[Fußnote 75: Ps. 39, 9.] + +3. Ewiger,[76] du bist mein Licht und meine Seligkeit, vor wem sollte +ich mich da fürchten? Du bist meines Lebens Kraft, o Herr, vor wem +sollte mir wohl grauen? Laß nur meine Feinde sich wider mich erheben und +wider meine Seele stürmen; denn sie werden stürzen. Wenn auch rings um +mich her Heere lagern, so soll mein Herz doch nicht verzagen; denn du +birgst mich in deiner Hütte in der schlimmen Zeit, und du öffnest deine +feste Burg mir als Zufluchtsstätte, daß ich ruhig und sicher leben kann +trotz aller Gefahr. Böse Zungen erheben sich wider mich und suchen mit +ihren giftigen Pfeilen mich zu treffen; aber du, o Gott, bist mein +Schild, so daß ich frei mein Haupt erheben kann, und du willst mich zu +Ehren bringen. O, so laß mich denn deine Gnade im Land der Lebenden +erfahren; laß mich ruhig meinen Weg wandeln und erfülle meine Seele mit +Geduld, daß ich auf dich vertraue, daß ich nicht verzage, und daß auch +dieses Ungemach meinem Geist zum Frommen und zur Rettung diene.»Laß +jedes unfreundliche Urteil, das über mich gefällt wird, jede Verkennung, +die mich trifft, eine ernstliche Erinnerung daran sein, daß ich einst +zur Rechenschaft gefordert werden soll, so daß ich Selbstprüfung über +meinen Sinn und meinen Wandel anstelle; laß mich einen Beweis darin +sehen, »daß ich Wohlgefallen vor deinen Augen gefunden habe,« und stärke +mich so in der sicheren Hoffnung, »daß du mich hier auf Erden erhältst +und mich einst zu ewiger Seligkeit bei dir erheben wirst.«[77] + +Amen! + +[Fußnote 76: Nach Ps. 27.] + +[Fußnote 77: Ps. 41, 12-13.] + +4. Trübe Gedanken umdunkeln meine Seele, und Angst und Verwirrung +überkommen mich. Ach Herr, was hab' ich doch getan, daß ich keinen +Frieden finden kann? Es ist, als wenn am Tage böse Geister mich bei +allen meinen Handlungen verfolgten und als ob sie bei Nacht mein stilles +Lager umschwebten und sich eindrängten, wenn ich meine Seele zu dir +erheben will. Vergebens kämpfe ich, alle die bösen und schrecklichen +Vorstellungen zu verjagen, aber es gibt nichts, das mich erretten +kann.»O, so erhöre du mein Flehen, und laß mein banges Seufzen nicht +unerhört von dir zurückkehren,« du, Allmächtiger, denn du allein nur +kannst alle meine Plagen enden. O, sei mir nicht ferne, sondern gib mir +durch deinen Geist Kraft, diesen finstern und bösen Gedanken zu +widerstehen. Auf dich setze ich meine ganze Hoffnung, ach, laß sie nicht +zu schanden werden, sondern laß das Licht deines Angesichtes mir +leuchten, wenn die bösen Stunden kommen, daß ich mich von deiner +Vaterliebe umgeben fühle und errettet werde. + +Amen! + + + + +XXI. Gebete in Krankheit. + + + +Eine Kranke. + + +1. Ewiger, der du lauter Erbarmen und Wahrheit bist, gar vielfach sind +die Wege, auf denen du den Menschen zu dir ziehst, wenn wir nur wüßten, +uns ihrer mit Nutzen zu bedienen. Lange hast du in deiner Güte mir +gesunde Tage geschenkt; ach, vielleicht habe ich dir nicht genugsam +dafür gedankt; vielleicht habe ich die Kräfte meines Körpers nicht +gebraucht, wie ich sollte, und habe nicht geachtet der Seufzer und +Klagen der Leidenden, daß ich ihnen zur Hilfe eilte und ihre Not +linderte; vielleicht achtete ich die eitlen Güter zu hoch;--siehe, da +führst du mich jetzt andere Wege. Krankheit hat meinen Leib ergriffen +und in Schmerzen liege ich danieder auf meinem Lager und wälze mich hin +und her in der schlaflosen Nacht und finde am Tage keine Ruhe. Du, der +du nur das Gute willst, hast mich vielleicht von Krankheit heimsuchen +lassen, damit ich, der in den Zerstreuungen der Welt sich verlor, mein +eigenes Herz läutere und prüfe und auf des Schmerzes hartem Lager lernen +sollte, dich zu suchen. Siehe des Fiebers Glut, die mich verzehrt, soll +mich vielleicht an meine Lauheit und Kälte in deinem Dienste erinnern, +in dem Beruf, den ich erfüllen sollte, in der Anbetung deines Namens, +und der brennende Durst meiner Zunge an die Versäumnis, die ich mir zu +schulden kommen ließ, daß ich nicht täglich den Labetrunk aus der +reichen Quelle deines Wortes schöpfte. Der eiskalte Schauer, der mich +schüttelt, soll vielleicht die glühende Leidenschaft strafen, mit der +ich die Befriedigung meiner Fleischeslust suchte, und diese Schwäche und +Ohnmacht soll meine Härte gegen die Schwachen und Bedrängten strafen, +denen ich keine hilfreiche Hand reichte; mein Bedürfnis nach der Pflege +und den Beistand anderer soll meine Seele mit Scham über all mein +törichtes Selbstvertrauen und meinen eitlen Stolz erfüllen, mit denen +ich geringschätzend auf andere herabsah. O Herr, ich unterwerfe mich mit +Ergebung deinem Willen und bitte nur: Gehe nicht hart mit mir ins +Gericht, sondern laß mich deine Gnade erfahren. Habe ich mich +versündigt, und ich verdiene deine Züchtigung, o, so erbarme dich über +mich, wie ein Vater, der sein Kind züchtigt; flöße mir den Trost +ein, »daß der Herr mich wohl züchtigt, aber mich nicht dem Tode +überliefert.«[78] Mache du selbst, o mein Vater, mein Krankenlager zu +einer Schule der Weisheit für mich und laß durch die Leiden meines +Leibes meine Seele genesen. Herr, ich werfe mich in deine Arme, stärke +mich, lehre mich mein Inneres läutern und mich mit meinem ganzen Herzen +zu dir zu wenden; schenke sowohl mir Geduld in den Stunden der +Schmerzen, als auch denen, die mich freundlich pflegen;»vergib mir alle +meine Sünden, und laß mich deine Gnade wieder schauen, die so groß ist +über den Staubgeborenen,« und ein Wandel, der dir gefällt, soll Zeugnis +davon sein, daß die Krankheit mich auf den rechten Weg zurückgeführt +hat, wie er in den Tagen der Gesundheit von denen betreten werden soll, +die »dich suchen und lieben.« Amen! + +[Fußnote 78: Ps. 118, 18.] + + + + +Besonders in bedenklicher Krankheit. + + +2. Alliebender, ewiger Vater, du, »der alle Sünden vergibt und alle +Krankheiten heilt,«[79] auf mein Krankenlager niedergestreckt, sende ich +meine Gebete hinauf zu dir, o, sende mir Linderung und stehe mir bei in +der Stunde der Gefahr! Du, »der kein Wohlgefallen an dem Tod des Sünders +findet, sondern darin, daß er auf seinem Wege umkehre und lebe«, o, laß +es dein Wille sein, mir die Gaben der Gesundheit wieder zu geben, daß +ich noch in dem Lande der Lebenden wirken möge. Ach, ich bitte dich +nicht wegen meiner, nein, vielmehr um derer willen, die so innig an mir +hängen, und deren Herzen bluten würden, wenn du mich abriefest. (Ich +bitte dich um meines geliebten Gatten willen, um meiner unmündigen +Kinder willen, ich bitte dich um meiner alten Eltern willen, um der +heiligen Pflichten willen, die ich zu vollführen habe, errette mich!) +Ich weiß, daß die Menschen nichts vermögen, und daß alle irdische Kunst +und Wissenschaft nichts nützt, wenn du nicht, o himmlischer Arzt, die +Genesung von oben sendest. Ach, so laß es dir denn gefallen, mich zu +retten; o, sei mir gnädig und heile meine Seele; denn ich habe wider +dich gesündigt![80] Sollen meine Leiden noch lange währen, so sei du mir +nahe mit deinem Geiste, laß ihn am Tage über mich schweben und mir +Stärkung und Kühlung zufächeln und laß ihn in der Nacht um mich sein, +daß fromme Gedanken mir die Stunden der Dunkelheit verkürzen, und die +Schmerzen durch die Gewißheit, daß sie die Mittel meiner Seelenrettung +seien, gelindert werden. Aber sollte es der Wille deiner +unerforschlichen Weisheit sein, mich abzurufen, o, so erfülle meine +Seele mit Gedanken der Ewigkeit und stärke mich in meinem letzten Kampf +durch die Gewißheit des Trostes, daß du mein Leben an dem Grabe erlösen +und mich mit Gnade und Barmherzigkeit[81] krönen willst, daß du, der du +alles versorgst, was da lebt, in deiner Fürsorge dich der Meinen +annehmen und sie in den Schutz deiner Fittige nehmen mögest. Herr tue +mit mir nach deinem Willen!»Heile mich und ich bin geheilt, hilf mir und +mir ist geholfen, denn du bist mein Hort.«[82] Du wirst mich erlösen, +Herr, du treuer Gott. + +Amen! + +[Fußnote 79: Ps. 103, 3.] + +[Fußnote 80: Ps. 41, 5.] + +[Fußnote 81: Ps. 103, 4.] + +[Fußnote 82: Jer. 17, 14.] + + + + +Bei derselben Veranlassung in Bibelversen. + + +3. Aus der Tiefe ruf ich zu dir, o Herr, neige dein Ohr meinem Rufe, du +Ewiger, höre meine Klage und mein Flehen. Schwer ruht deine Hand auf +mir, und meine Schmerzen suchen mich heim alle Zeit; von Angst und +Seufzer wird mein Fleisch verzehrt. Am Tage verschmachte ich, und viele +leidenvolle Nächte fallen in mein Los; o Allerbarmer, sieh meinen Jammer +und mein Elend. Wie Mutterlose, niedergeschlagen und verlassen, stehen +meine Kinder um mein Lager, und ich sehe Tränen die Wangen meines Gatten +netzen, wie sehr er es auch vor mir verbirgt. Ach Herr, warum so lange? +Am Tage rufe ich zu dir, aber ich bekomme keine Antwort und in der Nacht +höre ich nicht auf zu flehen. Wie ein Sklave, der nach Schatten seufzt +und wie ein Taglöhner, der sich nach der Ruhe des Abends sehnt, habe ich +Monate (Wochen) in Kampf und Schmerzen zugebracht. O Herr, lindre meine +Not und mein Leiden! Sollte keine Heilkraft in Gilead sein, du ewiger +Arzt, daß ich errettet würde? Ja, gewiß, wer auf dich hofft, ist nicht +verlassen! Du wirst in deiner Güte mich stützen und alle meine Krankheit +heben. Du hast mich ja so oft große Bedrängnis, Angst und Not schauen +lassen und mich doch aufs neue belebt und mich aus dem Abgrund der Erde +emporgezogen. Ja, ich sagte in meiner Qual: Ich bin vor deinen Augen +verstoßen; aber du hörtest meine verborgene Stimme, da ich zu dir rief, +und du tröstetest mich wieder. Und wenn auch noch mehr Weinen uns +bevorsteht, so werden ich und die Meinen am Ende doch deine Hilfe +erfahren, und »die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.« Ja, du +wirst mich von aller Sorge befreien, unter den Frommen hienieden oder +bei den Verklärten dort; ja, ich soll deine Taten verkünden! + +Amen! + + + + +Vor einer gefährlichen Operation. + + +4. Mein Gott, meine Stärke und meine Hoffnung!»Du, in dessen Hand die +Seelen aller Lebenden und der Geist ist, der das Fleisch eines jeden +Menschen belebt, « du hast mir heute eine Stunde gesandt, voller +Schmerzen und Gefahr, in der versucht werden soll, mir meine Gesundheit +zurück zu gewinnen, (in der ich ein Glied meines Körpers verlieren soll, +um wo möglich mir dadurch das Leben zu erhalten), o, sei mir denn mit +deiner Liebe in diesen Augenblicken nahe. Stärke meinen Mut und lehre +mich den schwersten Schmerz in dem Gedanken ertragen, daß du es bist, +der »sowohl Wunden schlägt als auch sie verbindet,« daß deine Weisheit es +also beschlossen hat und es deshalb zu meinem Heile dienen soll. Ach, +daß du mich deines Beistandes und Trostes in diesem Kampfe würdig +hieltest! Vergib mir, o, vergib mir alle meine Sünden, (hier lese man +das Sündenbekenntsis, Oschamnu), laß meine Seele zu dieser Stunde sich +mit aller Welt versöhnen und laß mich alle Bitterkeit aus meinem Herzen +tilgen! Laß mich erfahren, daß»nur eine kleine Stunde über deinen Zorn +verrinnt, aber das Leben deine Lust ist. Du verläßt den Menschen nur +eine kurze Weile, aber du nimmst dich seiner mit großem Erbarmen wieder +an.« Rufe mir ins Gedächtnis, wie viele sich den schwersten Martern +unterworfen, um deinen Namen zu heiligen, und durch ihren festen Glauben +sich die Herrschaft über den Schmerz errungen haben, wie viele Mut und +Standhaftigkeit in den herbsten Leiden zeigten und unter deinem Segen +für ihre fromme Standhaftigkeit durch eine freundliche Zukunft belohnt +worden sind. Laß die Liebe und das Vertrauen zu dir, Allgütiger und +Allbarmherziger, mich keinen Augenblick verlassen; laß deine Rechte mich +halten. Nun wohlan denn! in deinem Namen!»In deine Hände befehle ich +meinen Geist« mit meinem irdischen Leibe. Gott ist mit mir, ich fürchte +mich nicht! Schéma Jisroel Adônai Elôhenu Adônai Echod!--Höre Israel, +der Herr unser Gott ist ein einziger Gott! Gelobt sei er in alle +Ewigkeit! + +Amen! + + + + +Fürbitte für einen Kranken. + + +5. Herr! du selber hast gesagt:»Rufe mich an in der Not, so will ich +dich erretten, und du sollst mich preisen.« O, laß denn das Gebet meines +bekümmerten Herzens zu dir aufsteigen. Bei dir sollte ich wohl Stärke +finden unter der schweren Krankheit, die meinen lieben... (hier wird +der Name des Kranken genannt) an das Lager fesselt. Wohl weiß ich, daß +deine Wege nicht unsere Wege und daß die Ratschlüsse deiner Weisheit +unerforschlich sind und verborgen unserer Kurzsichtigkeit, und daß auch +diese Schmerzen, unter denen der Teure leidet, von dir gesandt sind; +aber ich weiß auch, daß du gnädig auf die herniederblickst, die in ihrer +Angst zu dir rufen, und daß die Tränen, die meinen Augen entströmen, dir +nicht mißfallen.--Du, der du selbst uns hast verkünden lassen, daß du +unser Arzt sein willst, wenn wir auf deinen Wegen wandeln, o, vergib dem +Kranken alle seine Übertretungen, tilge das Andenken seiner Sünden und +laß es dein Willen sein, daß mein....... wieder rasch geheilt werden und +noch lange leben möge zur Verherrlichung deines Namens. Lindre sein +(ihr) Leiden und laß ihn (sie) Erquickung und Ruhe finden. Erhöre die +Gebete, die er (sie) zu dir sendet und schenke mir ihn (sie) wieder, daß +ich dir danken möge, mein Helfer und Gott. + +Amen! + + + + +Der Kinder Gebet für einen kranken Vater oder eine kranke Mutter.[83] + + +6.»Erhöre, o Gott, mein heißes Gebet, und schweige nicht zu meinen +Tränen,«[84] siehe den Kummer meiner Seele und mein angsterfülltes Herz! +Denn ach, die Güter meines Lebens sind in steter Gefahr, mein Vater +(meine Mutter) liegt auf dem Krankenbette!--O Herr, welche Wehmut erfaßt +mich, da ich ihn (sie) leiden sehe, wie graut mir vor dem Gedanken ihn +(sie) zu verlieren.»Strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich +nicht in deinem Groll,«[85] sondern vergib mir alle meine Sünden und +sende mir Hilfe von deinem Himmel. O Herr nimm meinen Vater (meine +Mutter) nicht von mir. Vergib mir alles, worin ich mich gegen ihn (sie) +vergangen habe, und laß ihn (sie) noch den Tag erleben, wo ich ihm (ihr) +meine ganze kindliche Liebe und Hingebung beweisen kann. O Herr, errette +ihn (sie) um deines heiligen Namens willen, »du, mein Gott, der ein Gott +der Errettung ist, der Herr, der Ewige, der vom Tode errettet,«[86] und +erfülle so für mich (und meine Geschwister) deine Zusage, daß dein Name +nicht von uns weichen und der Bund deines Friedens dem Geschlechte der +Frommen erhalten werden soll. + +Amen! + +[Fußnote 83: Dieses Gebet kann auch von einer Gattin für den Gatten bei +dessen Krankheit gebetet werden, wenn die Worte darnach verändert +werden.] + +[Fußnote 84: Ps. 39, 13.] + +[Fußnote 85: Ps. 6, 3.] + +[Fußnote 86: Ps. 68, 21.] + + + + +Dankgebet nach einer überstandenen Krankheit. + + +7.»Wie soll ich dir danken, o Herr, für alle deine Wohltaten,«[87] daß +du nicht nach meinen Sünden mit mir verfahren und mir nicht nach meinen +Missetaten vergolten, sondern dich über mich erbarmt hast, wie ein Vater +sich über seine Kinder erbarmt? Wie soll ich dir danken, daß du meine +Stütze in all meiner Schwäche warst!»Siehe, ich kam der Pforte des Todes +nahe; da rief ich zu dir, und du sandtest mir dein Wort und heiltest +mich.«[88] O, laß den geringen Dank meines Herzens für jede Linderung, +für jede Tröstung und Erquickung als ein Rauchopfer zu dir +emporsteigen.»Ja, Du gabst mich dem Leben zurück, und alle Tage meines +Lebens will ich dir dafür danken, indem ich demütig deine Wege wandle +und stetig mir vergegenwärtigen will, daß du es gewesen, der mich aus +dieser Gefahr und Seelenangst errettet hast.« Verleihe mir deinen +Beistand zur Erfüllung meiner Gelübde, daß ich mein Leben deinem Dienste +weihe (und der Erziehung meiner Kinder in deiner Furcht) und deinen +Namen und deine Güte vor meinem Geschlechte preise. Laß mich stets mit +einem dankbaren Sinn mich aller Hilfe, Teilnahme und Tröstungen +erinnern, welche treue Verwandte und Freunde mir auf meinem Krankenlager +zuteil werden ließen, und alle Freundlichkeit und Sorgfalt und Geduld, +die selbst bezahlte Diener mir bewiesen. Jetzt habe ich vollkommen das +Weh der Krankheit kennen gelernt; jetzt verstehe ich den Schmerz der +Armen, welche auf dem Siechbette seufzen; ach wollest du, o Gott, mir +deinen Geist und deine Kraft mir dazu verleihen, sie zu pflegen, ihren +sinkenden Mut aufrecht zu halten und ihre Hoffnung durch dein Wort zu +beleben! O, Allbarmherziger, laß meine Krankheit meinen Geist geläutert +und mich von den Sünden gereinigt haben, daß ich auch ferner deines +väterlichen Schutzes würdig sein möge! Behüte du meine Wege, und niemals +wird meine Seele aufhören, dir Lob und Dank und Preis zu bringen. + +Amen! + +[Fußnote 87: Ps. 103, 31.] + +[Fußnote 88: Ps. 107, 17-22.] + + + + +Gebet für Kranke. (Nach dem Hebräischen) + +In einem Krankheitsfalle bete man folgende Schriftstellen: + +Ein Leidender, +wenn er verschmachtet und seine Klage ausschüttet vor dem Herrn. + +(Ps. 102, 1.) + + +8. Herr! o höre mein Gebet und laß meine Klage vor dich kommen; verbirg +dein Angesicht nicht vor mir, sondern neige dein Ohr mir zu in der +Stunde der Not, und erhöre mich rasch an dem Tage, da ich zu dir rufe. +Ja, zu dir, o Herr, bete ich; demütig flehe ich zu dir; o, sei du auch +mein Schild, erhebe mein Haupt und erhöre mich von deinem heiligen +Berge. O, höre mich, wenn ich bete, du mein gerechter Gott, der mich in +der Not errettet, sei mir gnädig und erhöre mein Gebet. Lausche meiner +wehmütigen Klage, o mein König und Gott, denn zu dir bete ich. In meiner +Not rufe ich zum Herrn, bete zu meinem Gott, und er hört meine Stimme +von seinem hohen Himmel; meine demütige Bitte erreicht sein Ohr. Ja, +höre meine Stimme, o Herr, nun ich dich anrufe, sei mir gnädig, und +erhöre mich. Ich rufe zu Gott und der Herr errettet mich. Höre, o Herr, +meinen Ruf und lausche meinem Gebet. Sei mir gnädig, o Herr, den ganzen +Tag rufe ich zu dir; erfülle die Seele deines Dieners mit Freude, denn +zu dir, o Herr, erhebt sich mein Geist, und du, o Herr, bist gut und +gnädig und erbarmst dich über den, der dich anruft. Mit lauter Stimme +bete ich zum Herrn, und ich schütte vor ihm meine Klage aus und erzähle +ihm meine Drangsale. Herr, du kennst mein Sehnen und mein Seufzer ist +dir nicht verborgen, o erinnere dich nicht meiner Jugendsünden, sondern +sei gnadenreich gegen mich um deiner Güte willen, o Herr! Reinige mich +von meinen Sünden, läutere mich von meiner Schuld. Ja, gedenke nicht der +Sünden meiner Vorzeit, sondern laß dein Erbarmen mir rasch zuteil +werden, denn ich bin sehr elend. Um deines Namens willen, o Herr, vergib +mir meine Sünden, denn sie sind sehr schwer, und wolltest du nach der +Sünde bestrafen, o Herr, wer könnte da vor dir bestehen? Behandle uns +nicht nach unserer Schuld und strafe uns nicht nach unserer Sünde. Und +zeugen unsere Sünden wider uns, o Herr, so achte nicht darauf, um deines +Namens willen, denn ich kenne meine Sünden und bin bekümmert ob der +Schuld meiner Vergehen. Errette mich von den Folgen aller meiner +Übertretungen, daß ich nicht zum Spott der Toren werde. Ich bitte, o +Herr, sei mir gnädig, heile meine Seele, denn ich habe wider dich +gesündigt; sei mir gnädig in deiner Barmherzigkeit und tilge meine +Schuld in deinem unendlichen Erbarmen, denn ich bekenne meine Schuld und +habe stets meine Sünden vor Augen. Ja, so wende dein Angesicht von +meiner Schuld ab und tilge meine Sünde. Ich muß erliegen unter meiner +Sündenschuld, aber vergib du sie mir, denn du Allbarmherziger vergibst +die Schuld und vernichtest nicht; so manches Mal hast du deinen Zorn +besänftigt, o, so laß deinen Groll denn auch über mich nicht entflammen! +Hilf mir, errettender Gott, um der Ehre deines Namens willen. Hätte ich +auch Unrechtes in meinem Herzen gedacht, in dem Wahn, daß du es nicht +wissest, du, der Allwissende, o Gott, so höre doch nur auf meine betende +Stimme: Strafe mich nicht in deinem Zorn, o Herr, denn ich welke dahin; +heile mich Herr, denn meine Glieder werden matt und meine Seele ist gar +müde! Ach Herr! Wie lange soll es währen? Wende dich wieder zu mir, o +Herr! Rette meine Seele, hilf mir um deiner Gnade willen, meine Augen +schauen mit Sehnsucht aus nach deiner Hilfe, nach der Vergebung deiner +Gnade; o laß dein Erbarmen sich mir nahen, o Herr, sende mir die Hilfe, +die du versprochen hast. Ich will wieder umkehren zu dem Herrn, denn er +verwundet wohl, aber er heilt auch wieder, und wie er verletzt, so +verbindet er auch. Ja, du, o Herr, bist barmherzig und gnädig, schenke +deinem Diener Kraft und hilf dem Kinde deiner Dienerin. Schütze mich vor +Not, umgib mich mit dem Jubel der Errettung. Vertraue dem Herrn auf +ewig, denn der Herr ist der ewige Fels. Der Herr gibt seinem Volk den +Sieg und segnet es mit Frieden. Gott der Heerscharen! Glücklich ist der +Mensch, der sein Vertrauen auf dich setzt; Herr, errette mich, mein +König! erhöre mich, wenn ich zu dir rufe. Herr der Welt! Ich weiß, daß +dein Urteil gerecht ist: Du hast mich vor deinen Richterstuhl gerufen, +aber ich bin nicht rein vor dir, und keiner kann mich vor dir +rechtfertigen. Aber du willst meine schlafende Seele retten, daß sie +sich wende zu dir; o siehe ich trete vor dich im Vertrauen auf deine +heilige Zusage, daß ich durch Gebet mir Linderung und Errettung bereiten +soll, um gerechtfertigt vor deinen Richterstuhl treten zu können. O, +wende du in deiner großen Gnade das strenge Urteil von mir ab und +befiehl dem Engel des Verderbens, daß seine Hand von mir ablasse! Vergib +mir alle meine Schuld in deiner großen Barmherzigkeit, denn ich halte +Umkehr und tue Buße und sehe vollkommen meine Schuld ein und bereue sie +von ganzer Seele. Siehe, mein Herz wird von Scham erfüllt und mein +Angesicht wird rot vor Beschämung, denn ich habe gar sehr gesündigt, und +deshalb eile ich, zu dir zurückzukehren. Schaue denn, o Herr, meine Not +an und rechne sie mir zur Versöhnung; o, wache über mich und alle Meinen +und sprich: Es sei genug! Im Namen des Ewigen! Laß doch meine Leiden ihr +Ende nehmen und wende mein Los zum Guten und sende mir und allen Kranken +in Israel baldige Heilung. Zeige mir ein Zeichen der Errettung und +erbarme dich über mich um deiner Gnade willen, denn deine Barmherzigkeit +ist so hoch wie der Himmel, und deine Treue reicht weiter, denn die +Wolken gehen. O Herr! Ewig will ich dir dann danken und deine Wunder +verkünden. Ich beuge mich in Demut vor dir, und ehre deinen Namen. +Gelobt seist du, o Herr, in aller Ewigkeit. + +Amen! + + + + +Betet man für einen andern, so füge man hinzu: + + +Erbarme dich über meinen kranken (Gatten, Sohn usw.), denn du bist +barmherzig und gnädig, und sende ihm (ihr) und allen Kranken in Israel +vollkommene Genesung. Herr, zeige mir ein Zeichen der Errettung zum +Guten, erbarme dich über mich um deines Namens willen, denn deine Güte +und Treue reichen hinauf zum Himmel und so weit die Wolken gehen. Ewig +will ich dir dann danken und alle deine Wunder verkünden. Gelobt seist +du, o Herr, in aller Ewigkeit[89]. + +Amen! + + + + +XXII. Gebete während einer ansteckenden Krankheit. + + Gebt dem Herrn, Eurem Gott, die Ehre, bevor er es finster werden + läßt, und bevor eure Füße anstoßen gegen die dunkle Höhe. (Jer. 13, + 16.) + + +1. Allmächtiger Gott! Du erinnerst uns Menschenkinder daran, daß wir +Staub und Asche sind; denn über unsere Stadt ist die schlimme Zeit +hereingebrochen, von der es heißt: « Das Volk soll geängstigt werden und +umhergehen wie Blinde, weil es gegen mich gesündigt hat«(Zeph. 1, 17). +Ach, schon hören wir das Seufzen der Angst und bemerken die Zeichen des +Schreckens auf dem Antlitz vieler Leute, während unser Inneres bebt und +fragt: wer kann oder wird uns doch retten? Wir tappen umher in der +Finsternis, die sich über uns gelagert hat.--O du, dessen Barmherzigkeit +ohne Ende ist, dessen Güte sich mit jedem Morgen erneuert, sieh unsere +Bekümmernis, öffne unsere Augen und lehre uns begreifen, daß du es bist, +der Allbarmherzige, der diese Zeit über uns geschickt hat, auf daß wir +unsere Ohnmacht erkennen und uns überzeugen, daß du dich gegen dein +sündiges Kind als ein lieber Vater zeigst, der es wieder in Gnaden +annehmen will. Sende uns deinen Geist, daß diese Zeit der Heimsuchung zu +unserer Heiligung diene; denn ach, wir müssen bekennen, daß wir dich +lange nicht über alles in der Welt geliebt haben, wie wir es dir +schulden. Nicht auf dich haben wir unser Vertrauen gesetzt, sondern auf +vergängliche Dinge, auf schwache Menschen. Eitelkeit und Habsucht, +Hochmut und Haß, Neid und Wollust beherrschen uns. O lieber Gott, laß +uns deine Güte in dieser schlimmen Schickung erkennen, daß sie uns +läutere und reinige, und laß sie auch mich also rühren, daß ich zu dir +wieder mit getrostem Mute aufschauen kann, wie ein Kind zu seinem Vater, +in der Gewißheit, »daß du mich nur strafst, aber nicht auch dem Tode +hingibst.« O du, der du gut bist und gerne vergibst, der du Erbarmen +gegen den zeigst, der dich anruft, o vergib mir meine Sünden und laß +mich deine Vaterstimme hören, die mir zuruft:»Du bist nicht verlassen, +ich bin bei dir in der Not, ich will mich über dich erbarmen und will +dich aus derselben erlösen!« Erschaffe in mir ein reines Herz und einen +neuen, beständigen Geist erneuere in meinem Innern. Du, der du mein +Vater bist, mein ewiger Erlöser, gelobt sei dein Name. + +Amen! + +[Fußnote 89: Ps. 57, 11. 108, 2.] + + + + +Gebet um Mut. + + Wenn ich mitten in Angst wandere, so erquickst du mich. (Ps. 138, + 1.) + + +2.»Zu dir, o Gott, rufe ich, und bete, o, laß mein Seufzen nicht +unerhört zurückkehren.« Dich suche ich auf in dieser Zeit der Not und +nach dir strecke ich meine Hand aus in der Nacht, wenn nichts meine +bange Seele erquicken will, denn rings um mich her verbreitet der Tod +seine Schrecken, und der Mut verläßt mich. O, mein Vater, du bist bisher +mit mir gewesen, verlaß mich auch jetzt nicht, sondern erneuere in mir +deine gnadenreiche Verheißung:»Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir +in der Not; verzage nicht, ich bin dein Helfer; ich stärke dich und +behüte dich, ich unterstütze dich mit der Hand meiner +Gerechtigkeit.« Flöße mir Mut ein, daß ich, umringt von den Schrecknissen +des Todes, sicher ausrufen möge:»Der Herr ist mit mir, deshalb fürchte +ich nichts!« O, nicht nur um meinetwillen sondern auch für die, welche +verzagt und in des Todes Ängsten wandeln, bitte ich dich: gib mir Mut, +daß ich sie in ihrer Furcht beruhigen, daß ich zur Hilfe eilen könne, wo +jemand niedersinken will, und daß ich ihre angsterfüllten Herzen stärken +könne.--Ich bitte um Mut und Kraft für die, deren Beruf es ist, die +Kranken zu besuchen, daß sie auf dich vertrauen und es erfahren, wie »du +ihren Mut und ihre Kraft vermehrst, daß sie gehen und nicht ermatten, +daß sie laufen und nicht müde werden!« Wir sind ja in deiner Hand, wie +sehr wir auch bedroht sind, und nichts kann uns widerfahren, ohne daß es +von dir geschickt ist, und niemand stirbt, bevor seine Zeit verflossen, +die du ihm zugemessen hast! Soll ich da Furcht hegen in den bösen Tagen, +in denen meine Treue ja recht geprüft werden soll, wenn ich glaube, daß +es ein weiser und liebevoller Lenker ist, dessen Augen offen sind über +den Wegen aller Menschenkinder, und der über Leben und Gesundheit eines +jeden wacht; wenn ich glaube, daß « wir einen Gott haben, der da hilft, und +den Herrn, der vom Tode errettet!« O, Herr, vergib mir meine sündige +Schwäche, laß mich schöpfen aus der Quelle des Lebens, aus der +Gottesfurcht und den Schlingen des Todes entgehen. So sei denn ruhig, +meine Seele; weshalb bist du so niedergebeugt und stürmst in mir? Warte +auf den Herrn, denn ich soll ihm noch danken, daß er mein Helfer war! O +Herr, stärke mich, durch Unerschrockenheit deinen Namen zu verherrlichen +und ihn vor den kommenden Geschlechtern zu preisen. Zeige dich gütig +gegen mich, daß ich leben möge und deine Gebote halte. + +Amen! + + + + + +Tröstung. + + Gott, wir hören deine Stimme durch die Welt erschallen--und + beben:--o Ewiger, erhalte deine Geschöpfe, denke im Zorn daran, + dich zu erbarmen, bevor die Jahre verrinnen, daß der Himmel mit + deiner Herrlichkeit erfüllt und die Erde deines Ruhmes werde. (Hab. + 3.) + + +3. Der Herr ist meine Stärke, mein Schild! Auf ihn hofft mein Herz, und +mir ist geholfen; deshalb freut sich mein Geist, und auch meine Glieder +wohnen in Sicherheit. Wenn auch ein Unwetter rast, und giftige Dünste +sich ausbreiten, mein Herz fürchtet sich doch nicht, denn der Herr +stillt das brausende Meer und das Getöse der verheerenden Wogen. Ja, du, +Herr! hältst deine Hand über mich, daß kein Übel mich vernichte, wie +groß und gewaltig es auch sei. In deiner Hand, o Ewiger, ruhen ja meine +Lebenstage; welche Gefahr kann mir wohl drohen, wenn du mein Felsen +bist, an dem ich mich festhalte? Du bist ja mein Hirt, dessen Stab mich +leitet; du birgst mich in deiner Hütte zu der schlimmen Zeit und +bewahrst mich und alle die Meinigen vor Krankheit und Plage; denn wenn +du auch im Himmel thronst, so schaust du doch mit holdem Vaterblick auf +deine Menschenkinder herab. Du scheinst sie wohl für eine kleine Stunde +zu verlassen, aber wendest dich ihnen bald in deiner großen +Barmherzigkeit wieder zu. Deshalb will ich auf dich bauen, daß du mich +wie mit einer Mauer von Feuerflammen umgibst und mich errettest, daß ich +alle deine Wundertaten verkünden kann. + +Amen! + + + + +Ergebenheit in Gottes Willen. + + Und sie riefen zum Herrn in ihrer Not, und er half ihnen aus ihrer + Angst. (Ps. 107, 13.) + + +4. Umgeben von den Schrecknissen des Todes, umringt von den Ängsten der +Drangsale und der Betrübnis, sucht mein bekümmertes Herz dich, du Herr +des Lebens und des Todes, der die Stunde bestimmt hat, in der wir von +hier scheiden sollen, und ich bete zu dir, daß du meine Seele mit +Ergebung in deinen Willen erfüllen mögest, so daß ich vertrauensvoll +mich dir hingebe und spreche:»Siehe, hier bin ich, Allgütiger, tue mit +mir, wie dir am besten scheint!«(1. Sam. 15, 26.) Ach rings um mich her +rast ja die verheerende Krankheit, und der kalte Flügelschlag des Todes +trifft so viele, die noch so frisch und froh ins Leben dreinschauen; er +schont weder das Alter, noch die kraftvolle Jugend. Was kann da mein +Herz stärken, wenn es verzagen und verzweifeln will, als nur allein der +Gedanke, daß meine Zukunft, mein Schicksal in deiner lieben Hand ruht? +Du hast mir das Leben verliehen, und in deiner Macht steht es, dasselbe +wieder zurückzunehmen, aber gewiß wirst du es nicht tun, ohne daß auch +darin deine Liebe, deine Gnade sich mir offenbart.»Herr, in deine Hand +befehle ich meinen Geist; du wirst mich erlösen, wenn du es für gut +findest, du wahrhaftiger, getreuer Gott!«--Mit Sorgfalt will ich mich +vor allem hüten, wodurch ich leichtsinnig mein Leben in Gefahr bringen +könnte, und will suchen, dasselbe durch Mäßigkeit, durch Ordnung in +meinem Lebenswandel, durch einen wohlzufriedenen und ruhigen Sinn und +durch die Kunst und Klugheit des Arztes zu beschützen. Aber ich will +auch bereit sein, von hier zu scheiden und mich deshalb im Geiste mit +allen versöhnen, die irgendwie mich gekränkt oder beleidigt haben, und +ich will alle äußeren und inneren Angelegenheiten meines Lebens ordnen +und eine innige Gemeinschaft mit dir suchen, daß ich nicht unvorbereitet +vor dein Angesicht treten möge, wenn du mich zur Ewigkeit rufen +solltest.--Allgütiger! deinem Schutze und deiner Leitung befehle ich +mich und diejenigen, welche mir lieb und teuer sind. Dir überantworte +ich mein und ihr zeitweiliges und ewiges Wohl, und mein Herz ist ruhig +und gefaßt. Weshalb sollte mir vor dem Tode und seiner vernichtenden +Hand grauen? Mein Leben und meine Seligkeit ist ja in deiner Hand und +wird von deiner Liebe behütet, die stärker ist als der Tod. Deshalb +verzage nicht, meine Seele, sondern befiehl dem Herrn deine Wege und +hoffe auf ihn, denn er wird's wohl machen. + +Amen! + + + + +Gebet um das Morgen-und Abendgebet im Gotteshause oder daheim zu +beschließen. + + +5. Herrscher der Welt! Ewiger, barmherziger Gott, der voll Güte und +Erbarmen ist, und in dessen Hand die Seelen aller Lebendigen ruhen, o, +gehe nicht ins Gericht mit uns, denn kein Menschenkind kann sich vor dir +rechtfertigen. Wie sollen wir, o Allmächtiger, unsere Schuld abbitten, +und womit uns vor dir verantworten? Wenn du uns unsere Sünde anrechnen +willst, wer könnte da vor deinem Zorn bestehen, aber erhöre uns um +deines heiligen Namens willen und blicke gnädig vom Himmel auf uns +nieder und laß mein und aller Gebete, die in dieser Zeit zu dir +aufsteigen, dir angenehm sein wie das reinste Rauchopfer, welches uns in +früheren Tagen deine Versöhnung und Errettung gewann. Vergib und +verzeihe diesem Volke seine Sünden in deinem großen Erbarmen, o du, der +du allen denen nahe bist, die dich in Wahrheit anrufen! Neige dein Ohr +unserer heißen Bitte und wende jede Krankheit und Seuche von uns ab; +errette alle, die in dieser Stadt und diesem Lande wohnen von Pest und +Plage! Laß deine Barmherzigkeit über uns alle, nah und fern, wachen, und +sende deinen Engel vor uns her, daß wir unerschrocken im Vertrauen auf +dich wandeln, und keine Plage sich unserer Wohnung nähere; heile uns, so +sind wir geheilt, hilf uns, so ist uns geholfen, denn du allein bist +unser Ruhm und unsere Zuflucht. Allerbarmer, treuer Arzt, alliebender +Vater! verbirg dein Angesicht nicht vor uns, sondern lausche in unserer +Not auf unsern Angstruf; schweige nicht zu unsern Tränen und züchtige +uns nicht in deinem Zorne; suche uns nicht heim in deinem Grimme, verlaß +uns nicht in unserem Kummer, verwirf uns nicht, wenn unsere Kräfte +schwinden, sondern erinnere dich deiner unendlichen Güte und behalte +zurück das schlimme Verhängnis; stärke die Schwachen, daß unsere Herzen +mit Mut erfüllt werden, und sei uns gnädig um deines heiligen Namens +willen. O, eile uns zu Hilfe, daß wir nicht unter dem Drucke der Leiden +erliegen, befreie uns von allem Bösen, und laß uns nicht unerhört von +deinem Angesichte gehen, sondern laß dein Antlitz uns in Gnade leuchten, +auf daß ich und wir alle uns deiner Hilfe freuen und durch deine Rettung +froh werden mögen. + +Amen! + + Danach lese man abwechselnd 2 von folgenden Psalmen Davids. 6. 20. + 23. 25. 27. 30. 32. 33. 34. 38. 41. 88. 86. 90. 91. 102. 103. 116. + 118. 121. 130. 143. + + + + +Ein anderes Gebet, um die Morgen-und Abendandacht zu beschließen. + + +6. Alliebender Vater! getreuer Gott, der du in deiner Langmut uns unsere +Sünden vergibst und alle unsere Krankheiten heilst, der du unser Leben +vom Grabe errettest und uns mit Güte und Barmherzigkeit krönst, o, neige +dein Ohr meinem und aller Gebet in dieser Zeit der Heimsuchung und sende +Heilung für mein zerknirschtes Herz! In Demut bekenne ich vor dir, daß +meine Sünden groß und zahlreich sind, ach, und daß keiner von uns vor +dir würde bestehen können, wenn du uns unsere Schuld anrechnen wolltest; +aber du vergiltst uns nicht nach unseren Missetaten! Denn so hoch der +Himmel über der Erde ist, so hoch erhebt sich deine Gnade über uns; du +erbarmst dich ja über uns, wie sich ein Vater über seine Kinder erbarmt, +o laß denn deine Güte mit uns sein und zeige uns das Zeichen der +Errettung! Hilf uns unter allen schlimmen Heimsuchungen, unter all den +schweren Schickungen und Strafgerichten, welche du über die Welt +verhängst; sei uns nahe, während wir beten, zerteile die dunkle Wolke, +die sich über uns gelagert hat, und entferne von uns jede Krankheit und +Plage, ja errette uns von der bösen Seuche, die sich über so viele Lande +verbreitet hat! O, nimm dieses Unheil fort von deiner Erde und laß das +Verderben unsere Wohnung nicht erreichen; befreie uns von aller Angst, +vor der Pest, die im Dunkel einherschleicht, und vor der Plage, die in +der hellen Mittagsstunde Verderben bringt. Erfülle an uns deine +Zusage, »daß du denjenigen Speise und Trank segnen und von denen jede +Krankheit abwenden willst, die dir dienen! Und sind wir auch nicht +würdig, erhört zu werden, o, so tue es um der Unmündigen und Säuglinge +willen, die dein Reich auf Erden befestigen sollen, und die nicht +gesündigt haben! O, siehe unsere Reue, höre auf unser Seufzen, und laß +es uns erfahren, daß du keine schlimme Krankheit über uns kommen lassen +willst, wenn wir deiner Stimme gehorchen und tun, was recht vor deinen +Augen ist und deine Gebote halten, denn du, Allwissender, Ewiger, bist +unser Arzt! O, so heile denn mein zerknirschtes Herz, heile die Wunden +aller! Erbarme dich über alle diejenigen, welche von Bekümmernis, Leiden +oder Schmerzen ergriffen sind, sei allen denen nahe, die da krank sind, +unterstütze sie auf ihrem Lager, laß sie gesunden, verlängere die Zahl +ihrer Tage und schenke ihnen wieder ein freudenreiches Jahr! Laß die +Stimmen des Frohsinnes in unserem Lande wieder laut werden, laß die +Stunde der Freude aufs neue für diese Stadt erscheinen, daß wir in dein +Haus eilen und dir Dankopfer für die Errettung, die du uns gesandt hast, +darbringen können. Schenke mir und schenke uns allen Leben und Kraft, +deinen Namen zu preisen und zu bekennen, daß auch dieser bittere Kelch +zu unserm Seelenfrieden gedient, uns vom Verderben gerettet hat; denn »du +warfst alle unsere Sünden hinter uns.« O, laß die Worte meines Mundes, +die Gedanken meines Herzens dir gefallen, Herr, mein Erretter. + +Amen! + + + + +XXIII. Gebete auf dem Friedhof. + +Über die Sitte, die Grabstellen zu besuchen und dort zu beten. + +»Siehe, ich lege dir Leben und Tod vor, wähle das Leben!«(5. B. + Mos. 30, 15. 19) + + So lauten die Worte der Schrift: Wähle das Leben, denn alle Lehren + und Gebote in der heiligen Thora gehen nur auf das Leben (Ezech. + 20, 11.), und des Glaubens Kraft soll sich für das Leben und in + demselben wirksam zeigen. + + +Diese Worte geben uns den Grund dafür an, warum der Israelit seine +Heiligtümer nicht auf Grabeswölbungen baut, nicht das Tote zum Grund für +die Saat des Glaubens wählt und keinen Reliquien-Dienst kennt; und wie +hoch er auch den entseelten Leichnam achtet, als die Hülle, die einst +gewürdigt gewesen ist, den göttlichen Geist zu tragen, so daß die +Geringschätzung einer Leiche als Gotteslästerung bezeichnet wird +(Berachoth 19), so verbietet seine Religion doch, eine Leiche zur Schau +zu stellen oder Prunk mit derselben zu entfalten, um der Eitelkeit +Nahrung zu geben, wenn die Verwesung schon davon zeugt, daß sie eine +Beute des Grabes ist. + +Bei jedem Todesfall soll das Gefühl von dem Ernst des Lebens und seinem +raschen Entschwinden bei uns geweckt werden, so daß wir aufs neue unser +Dasein zur nützlichen Wirksamkeit unter den Menschen heiligen, zu einem +heiligen Wandel vor dem Unsichtbaren, und wenn man auch die Stätten +bezeichnen soll, wo teure Entschlafene ruhen (Ezech. 39, 15.), so soll +es doch nicht durch kostbare Denkmäler geschehen; denn gute Werke sind +die schönsten Monumente, welche die Hinterbliebenen für die Verklärten +errichten und edle Handlungen die schönsten Blumen, die auf ihren +Grabeshügeln gepflanzt werden.[90] + +[Fußnote 90: Wenn man in der späteren Zeit auch auf jüdischen +Friedhöfen prachtvolle Grabmäler, sogar mit heidnischen Sinnbildern +geschmückt, hervorragen sieht, so kann man nur beklagen, daß der +erhabene Geist der jüdischen Religion so wenig erkannt wird; denn dieser +gebietet einen bescheidenen Wandel im Leben, um wie viel mehr verbietet +er also das Entgegengesetzte im Grabe. Man muß beklagen, daß die +Kurzsichtigen nicht einsehen wollen, daß alle diese Denkmäler zuletzt +verwittern werden, so daß niemand die Stätte mehr kennt, wo sie +gestanden haben. Wie viel besser, wenn die Summen, welche darauf +verwendet worden sind, zu Wohltaten gespendet worden wären. Und ist es +auch nur eine geringe Summe, so könnte doch die Rente davon einer armen +Familie jährlich eine frohe Woche verschaffen, und da würden +Freudentränen als dankbare Beweise dem Gedächtnisse eines längst +Entschlafenen fließen.] + +Wenn es demnach eine uralte Sitte ist, an gewissen Tagen im Jahre die +Gräber zu besuchen, besonders, wenn der Tag wiederkehrt, an dem man +einen seiner Verwandten verloren hat, oder wenn Sorgen und Bekümmernis +unsern Sinn darniederdrücken,[91] so ist es eine Selbstfolge, daß eine +jede abergläubische Vorstellung davon fern gehalten werden muß, jene +schwärmerischen Gedanken, als ob man mit den Toten verkehren oder sie +sogar anbeten könne, was ganz und gar wider die Grundsätze unserer +erhabenen Religion streitet (5. Mos. 18, 9. 11.); denn die, denen Gott +sich offenbart hat, heißt es bei den Propheten (Jes. 8, 19.), die sollen +sich zu ihm wenden, der einen jeden erhört, der ihn in Wahrheit anruft, +und nicht die Toten für die Lebenden fragen. + +[Fußnote 91: Cir. Taanith. Fol. 16 u. 23, wonach in älteren Zeiten die +ganze Gemeinde in Zeiten der Bedrängnis, z. B. bei Mißernte, in +Kriegszeiten, u. s. w. sich auf dem Friedhofe zum Gebet versammelte.] + +Nein! Ganz andere Gesichtspunkte sind es, von denen aus der Besuch der +Gräber bei den Juden verstanden und begriffen werden soll. Zuerst und +vor allen Dingen soll er den Namen Gottes heiligen und es laut +verkünden, daß der Allgütige gerecht ist, wie unerforschlich auch seine +Wege sind. Dort legt er, wenn einer seiner Lieben zur Erde getragen +wird, das Bekenntnis ab, daß des Allmächtigen Schöpfers Werk vollkommen +und alle seine Wege gerecht sind (5. Mos. 32, 4). Je mehr es uns in dem +schweren Augenblick, wo der Leichnam eines unserer Lieben versenkt wird, +vorkommen könnte, als ob manches Menschen Dasein unvollendet geblieben +sei, und wir in der Bitterkeit des Schmerzes versucht werden könnten, +Gottes Gerechtigkeit zu bezweifeln, destomehr sollen wir unsere wahre +Ergebenheit in Gottes Willen, unsern unverrückbaren Glauben beweisen, +und indem wir der künftigen Welt gedenken, es bekennen, daß der Herr +gerecht ist. Und diesen Glauben sollen wir jedesmal stärken, da wir die +Gräber besuchen. + +Sowohl das Leben als der Tod scheinen uns in Wahrheit rätselhaft. Wir +sehen hier nicht nur Menschen jeden Alters und Standes bestattet, und +scheinen oft Grund zu der Frage zu haben, weshalb es diesen oder jenen +treffen mußte, sondern wir sehen auch solche, deren Wirksamkeit uns von +der größten Wichtigkeit zu sein schien, in der Blüte der Jugend +fortgerissen, während die, welche nach unserer Meinung für die Welt ganz +entbehrlich waren, erst hochbetagt zu den Ihrigen versammelt wurden. +Mütter wurden von den Kindern fortgerissen, während diese noch der +mütterlichen Pflege bedürftig waren, und die Hoffnung der Zukunft, die +lebendige Jugend, ging den Weg alles Fleisches, während schwächliche +Greise erst spät ihr Haupt zur Ruhe legten. Aber je rätselhafter hier +uns alles erscheint, desto innerlicher sollen wir das Wort des Glaubens +erfassen, daß der Herr wohl wunderbar in seinem Rate ist, aber doch +herrlich in seiner Tat, und daß das, was er geschaffen hat, vollkommen +ist, und das, was uns als gestorben erscheint, begonnen hat, seiner +Vollendung entgegenzugehen. Denn beide Welten stehen in Verbindung mit +einander; das ewige Leben nimmt seinen Anfang schon mit diesem, und was +der Unerforschliche bestimmt, muß gerecht sein. + +Bereits hier auf Erden nimmt das ewige Leben seinen Anfang, und gerade +dieser Gedanke ist es, der dadurch lebendig in uns werden soll, daß wir +die Grabstellen der Entschlafenen besuchen,[92] wo aller Stolz und alle +Eitelkeit uns verlassen sollen und die Macht der Sinnlichkeit gebrochen +wird. Nur allzu leicht vergessen wir unsere wahre Bestimmung im Taumel +des Lebens, allzu leicht betrachten wir Reichtum, Ehre und Vergnügungen +als die Güter, welche wir zumeist erstreben sollen, als ob sie uns +niemals entfliehen würden, aber hier auf dem Friedhof: + +»Hier zeiget deutlich uns das Grab, +Wie Glanz und Reichtum nichts als Staub, +Der Jugend Blüten fallen ab, +Und Weltenruhm welkt hin wie Laub!« + +Hier sehen wir wie schnell alle Herrlichkeit verschwindet, +wie der Ehrgeizige mitten in seinem hochstrebenden Vorhaben +gehemmt wird, und die stolzesten Pläne im Nu +vernichtet sind. Und hier, wo Groß und Klein gleich sind, +(Ijob 3, 19.), wo wir erfahren, daß deren Namen im +Dunkeln verborgen bleiben (Pred. 6, 14.), die mit Eitelkeit +kommen und im Finstern gehen, hier beschließen +wir, im Licht zu wandeln und nach einem guten Namen +zu streben (Pred. 7, 1.), denn der Mensch in all seiner +Herrlichkeit ist nichts, wenn er nicht durch seine Taten +und Handlungen darnach strebt, das ewige Leben zu erreichen. + +[Fußnote 92: Der Friedhof wird deshalb nicht nur das Haus der +Gräber (Beit Hakvarot]) sondern auch das Haus der Lebenden (Beit Hachayim) +(Beit Olam)] genannt oder das Haus der Ewigkeit.] + +Und zu einem solchen Streben soll der Gang nach +den Gräbern uns entflammen. Wir sind die Arbeiter, die +der Herr in seinen Weinberg gestellt, daß sie ihr Tagewerk +verrichten sollen; ob wir früh oder spät davon abberufen +werden, das ist nicht unsere Sache, nur das ist unsere +Sache, daß wir vollführen, so viel wir vermögen. Aber +der Tag ist kurz, und die Arbeit ist groß (Ijob 7, 1-6), +und nur allzu oft glauben wir, daß noch Zeit genug ist, +zur Tätigkeit und zur Umkehr. O, hier werden wir erinnert, +wie viele Menschen in ihrer Blütezeit starben, +wie wenige auch nur einen Teil ihres Berufes haben +erfüllen können, wie wenige, deren Arbeit für die Zeit +genügte, die ihnen zugemessen war; hier werden wir daran +erinnert, daß das irdische Leben dahinfährt wie ein Schatten, +und wir werden zu eifriger Tätigkeit ermuntert, die Zeit +zu benutzen, ehe sie verronnen ist. + +Wie viel tragen hierzu nicht die Gedanken an den +frommen und wohltätigen Wandel der Verklärten bei! +Wohl sollen wir uns im Leben nach Vorbildern umschauen +und ihnen nachzuahmen suchen; aber so lange die Hülle +des Staubes die Seele umgibt, bemerken wir nur zu leicht +die Mängel, die an jener kleben. Erst wenn wir die +irdische Gestalt nicht mehr sehen, dann steht die lautere +Tugend der Heimgegangenen, ihrer Seele reiner Adel klar +vor unseren Blicken; rein ist jetzt unsere Liebe zu ihnen, +und mit größerer Liebe umfassen wir am Grabe die Teuren, +über deren Gegenwart wir uns noch freuen können, und +wir erfahren in Wahrheit, »daß das Gedächtnis der Frommen +zum Segen ist.« Denn unser Sinn weilt nicht nur +bei den auf dem Friedhof schlummernden Abgeschiedenen, +sondern auch bei den schon längst Heimgegangenen, bei allen +Vätern und Müttern, den Propheten und Märtyrern, den +Lehrern und Führern, die einstmals gelebt haben und deren +Andenken uns heilig ist. Nicht als ob wir an sie dächten, +wie an Heilige, die angebetet werden sollten, denn des +größten Propheten Moses Grab wurde gerade verborgen, +damit es nicht ein Gegenstand abergläubischer Anbetung +und Wallfahrt werde, sondern wir gedenken ihrer hier, +um uns ins Gedächtnis zu rufen, wie sie für die Wahrheit +gelitten und gestritten haben, um uns zu erinnern an die +Verfolgungen, die sie um des Glaubens willen geduldet +haben, wir gedenken ihrer, weil ihr Leben ein Zeugnis +für die Unsterblichkeit ablegt. Hier erinnern wir uns auch +der Liebe, welche die Heimgegangenen zu uns hegten, während +sie noch in der Hülle des Staubes wandelten, einer Liebe, +die gewiß im Reich der Ewigkeit erhöht werden muß, die +bei uns die Überzeugung eines Wiedersehens jenseits des +Grabes weckt, und Balsam in das wunde Herz träufelt. +Ja, der Gang zum Grabe soll uns besonders Tröstung +und Frieden verschaffen, wenn der Weg des Lebens rauh +wird, wenn irdisches Weh uns ergreift und unsre Seele +Ruhe sucht. + + + + +Am Jahrestage des Todes eines der Eltern. + + +1. Herr des Lebens und des Todes, der du dem +Menschen das Leben gibst und ihn zur bestimmten Zeit und +Stunde wieder abrufst, hier stehe ich vor dir an dieser +Stätte, die eines der teuersten Güter meines Lebens in +sich birgt; hier liegen meines teuren Vaters (meiner +geliebten Mutter) Gebeine; hier schläfst du den ewigen +Schlaf, du, dem (der) ich meines Lebens ganzes Glück +schulde, du meines Herzens schönster Schmuck, meiner Seele +kostbarster Schatz. O! erst jetzt, da ich dich für immer +vermisse, fühle ich, was du mir gewesen bist, was ich für +dich hätte sein sollen, o, wie oft habe ich schon als Kind +deine treue Liebe verkannt, mit Undank dir deine freundliche +Fürsorge vergolten. Siehe, deshalb will ich hier an deinem +Grabe meine Reue vor Gott aussprechen, daß er mir +vergeben möge, so ich gegen dich gefehlt habe, will ihn +bitten, daß er über deine Asche Frieden walten lassen möge, +und ihm geloben, daß ich, da ich dich verloren habe, noch +nach deinem Tode die Pflichten kindlicher Liebe gegen dich +dadurch erfüllen will, daß ich deinen Namen stets in Ehren +halte. O Gott! stärke du mich, daß ich fest am Glauben +halte, daß ich als frommer und gottesfürchtiger Israelit +(meinen..........) im Himmel Freude bereiten +möge, verleihe mir Kraft, daß ich mir ein reines Herz +bewahre, um das Andenken (meines....) durch gute +Werke und durch gottgefällige Handlungen zu verewigen. +Und wenn du mich einst aus diesem Leben abrufst, laß +mich dann ohne Scham vor die Seele treten können, die +jetzt bei dir weilt. Dazu sei dieser Todestag mir eine Triebfeder, +o himmlischer Vater, gewähre mir, was ich von dir +erbitte, o Gott. Ich bete für die Errettung der Seele meines +gestorbenen (.........), laß ihn (sie) in den +Bund des Lebens aufgenommen sein, laß den frommen +Entschluß, den ich heute fasse, dir wohlgefallen und nimm +mich einst in Gnaden auf. + +Amen! + + + + +Ein anderes Gebet bei derselben Veranlassung. + + +2. Herr, o allgütiger Vater im Himmel, hier bei +diesem stillen, bescheidenen Grabeshügel, der die Asche +eines so teuern Verwandten bedeckt, hier erhebe ich, dein +schwaches, sterbliches Kind, mein zerknirschtes Herz zu +deinem Himmel, wo die unsterblichen Seelen, deren Staub +hier ruht, wie die Sterne leuchten. O Gott der Liebe! +gedenke mit väterlichem Erbarmen der Seele, an deren +Scheiden dieser Tag mich mit so tief innerlicher Wehmut +erinnert. Noch schwebt mir die wehevolle Stunde vor, da +du diese teure Seele (meinen Vater, meine Mutter) von +mir riefst. Ach, wie ganz anders war doch mein Leben, +da sie noch als mein leuchtendes Vorbild hier auf Erden +wandelten; wie manche Freude haben sie mir bereitet! +Wie oft stärkten sie mich durch ihren weisen Rat! O! +ich erinnere mich ferner, welche Hoffnung (der liebe Vater, +die gute Mutter) auf mich setzte, wie ich voll Hoffnung +zu ihm, (ihr) aufschaute, wie ich darnach strebte, seines +(ihres) Alters Stütze zu sein, und wie er (sie) so rasch von +meiner Seite hinweggerissen wurde, ehe diese Hoffnungen noch +in Erfüllung gehen konnten. Doch mein Glaube lehrt mich, daß, +was du Allmächtiger tust, gerecht, weise und heilbringend ist, +er belebt mich mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen jenseits +des Grabes, wo mir offenbar werden soll, daß des Menschen +höheres Hoffen erfüllt wird. O, vergönne mir denn heute, +daß ich mich deinem Throne nähere und dich um Kraft dazu +anflehe, daß es mir glücke, auf meiner Pilgerreise etwas zu +wirken, das von dem frommen Geist zeugen möge, den der +Heimgegangene in meiner Seele gepflegt hat. Stehe mir +bei, daß ich die Gaben, welche du mir verliehen hast, dazu +anwende, durch meine Handlungen dem Verklärten ein ewiges +Angedenken in der Gemeinde zu gründen. O, Herr leite +mich, daß meine Wege dir gefallen mögen, und nimm +mich zuletzt mit Ehren auf. + +Amen! + + + + +Am Grabe des Vaters, am Jahrestage seines Todes. + + +3. An diesem Tage, der mich so lebhaft an die Sorge +erinnert, die mein Herz erfüllte, als du zur Ewigkeit abgerufen +wurdest und nur der Gedanke an die Unsterblichkeit, +den du, mein heimgegangener Vater, mir eingeprägt hast, +mir Trost verleihen konnte,--an diesem Tage nahe ich +mich deinem Staube, um meinem niemals genügend ausgesprochenen +Dank zu äußern, den ich dir für all deine +väterliche Fürsorge, die du mir mit so vieler Aufopferung +bewiesen hast, schuldig bin. Der alliebende Vergelter wird +dort gewiß deine Seele dafür belohnen, und sie wird +himmlische Freude und Glückseligkeit in dem Bewußtsein +finden, daß dein Kind darnach strebt, den Weg der Frommen +zu gehen, auf dem es die Vollkommenheit erreichen kann. +Dein Andenken soll mir deshalb stets heilig und unvergeßlich +sein; oft will ich der guten Lehre, der liebevollen +Ermahnungen und nützlichen Warnungen mich erinnern, +die ich aus deinem Munde empfangen habe. Wenn die +Versuchung kommen sollte, will ich mich damit wider sie +kräftigen und sie besiegen, daß ich mich frage: entspricht +deine Handlung wohl der frommen Weisung, die du von +deinem Vater erhalten, stimmt sie mit seinem rühmlichen +und wohltätigen Wandel überein? Würde er sie billigen +können und ihr seine Zustimmung verleihen? Würdest du +ihn nicht damit betrübt und das Herz verwundet haben, +welches stets für dein Wohl schlug? Ja, geliebter Entschlafener! +Dein Leben soll mir ein leuchtendes Vorbild +auf meiner irdischen Laufbahn sein. Ich will der unerschütterlichen +Standhaftigkeit gedenken, mit der du an +deinem Glauben hieltest, der innigen Teilnahme, mit der +du dich in der Schar der Betenden einfandest, der Sparsamkeit, +die du bewiesest, wenn es die Genüsse des Lebens +galt, und der Freigebigkeit, womit du den Bedrängten +halfest. O, du Allmächtiger im Himmel! der du gewiß +der Seele meines verstorbenen Vaters das Reich der Ewigkeit +aufgetan hast, laß auch meinen Wandel mehr und mehr +dazu beitragen, daß sie froh werde, dein Angesicht in voller +Klarheit zu schauen; erhöre die verklärte Seele, wenn sie +vor deinem Thron ihre Fürbitte für mich niederlegt. +Zeige du mir den Weg des Lebens, denn bei dir ist die +Quelle des Lebens, in deinem Lichte sollen wir Licht +und Seligkeit schauen in Ewigkeit. + +Amen! + + + + +Am Grabe der Mutter, am Jahrestage ihres Todes. + + +4. Mutter! Liebe Mutter! Das Kind, welches du +einst unter deinem Herzen getragen und das du so treulich +mit innigster Liebe gepflegt hast, als du noch unter den +Sterblichen wandeltest, dieses dein Kind kommt an diesem +heiligen Gedächtnistage zu deinem Grabe, indem Tränen +der Wehmut und der Liebe seine Augen füllen. O, daß +dein Geist dorten wahrnehme die dankbaren Gefühle, die +mich in diesem Augenblick durchströmen. Ach, wie wenig +war ich doch imstande, meine kindliche Erkenntlichkeit dir +zu beweisen; kaum verstand ich die mütterliche Liebe zu +schätzen. Aber seit ich dich nicht mehr habe, habe ich erst +recht die Größe meines Verlustes kennen gelernt, seit der +Zeit, da du nicht mehr auf Erden wandelst, werde ich +täglich daran erinnert, wie viel Dank ich deiner mütterlichen +Fürsorge schulde, wie du Selbstverleugnung übtest, +um das Glück und Wohl deines Kindes zu fördern. Ich +weiß nicht, wie ich meine Schuld bezahlen soll, außer daß +ich mich bestrebe so zu leben, daß ein Jeder, der meinen +Wandel auf Erden sieht, ausrufen muß:»Heil dem Weibe, +das ihn geboren hat,« und daß ich so deinen Namen mit +Ruhm verewige. Deine Seele sei ein unsichtbarer Engel, +der mich stets umschwebe, mich von Sünden und Lastern +fern halte, und mich stets an die heilige Andacht erinnere, +mit welcher du in deinem Heim, wie im Gotteshause zu +dem Herrn betetest, sodaß mein Herz dadurch fromm +und mein Sinn milde werde.--Und du, himmlischer +Vater, der so gerne die Gebete seiner Kinder erhört, o! +erhöre mich, wenn ich bete: schenke meiner heimgegangenen +Mutter dort, wo nur Liebe und Friede herrscht, jene +beseligende Wonne, die du deinen Heiligen bereitet hast, +zu denen auch sie ja sicher zählt, daß sie es wissen, wenn +ihre Nachkommen in Reinheit und Frömmigkeit vor dir +wandeln. Stärke mich dazu, daß ich einst, wenn die Bande +des Staubes fallen, und der Geist zu dir emporsteigt, +mit heiliger Freude einer seligen Wiedervereinigung mit +meiner verklärten Mutter und allen Edlen, die bei dir +sind, gewiß sein kann. Dein Name sei gepriesen in aller +Ewigkeit. + +Amen! + + + + +Am Grabe eines Kindes. + + +5. Allweiser! du, dessen Gedanken weit hinausreichen +über die unseren, vergib, wenn mein betrübtes Herz hier +am Grabe eines geliebten Kindes seufzt, an das meine +Seele so fest geknüpft, das meines Lebens Stolz, Freude +und Hoffnung war. Ach, so oft ich mich seiner Asche +nähere, werden die traurigen Betrachtungen erneuert, die +sein Verlust verursachte; ach, welch freudige Aussichten +wurden durch seinen Tod vernichtet, welche Hoffnungen +mit ihm bestattet! Doch es ist deine Weisheit, erhabenes +Wesen, das ich anbete; du weißt ja besser, als die schwachen +Sterblichen, was zu ihrem Heile dient. Die fernste Zukunft +liegt ja vor deinem Blicke offen da, und du kennst die +Tage deiner Frommen, wenn sie zum ewigen Erbe und +Lohn erfüllt sind. (Ps. 36, 18.) Du wolltest vielleicht +meinen so früh heimgegangenen Liebling vor großen Gefahren +und Versuchungen, vor unzähligen Beschwerden +bewahren. Wohl rinnen meine Tränen bei dem Gedanken, +daß ich niemals mehr hier auf der Erde dem begegnen soll, +was meine Augenweide war, aber ich will in dem Gedanken +Trost suchen, daß die Unschuldigen, welche früh sterben, +doch lange gelebt haben; denn ihre Prüfungszeit war bald +vorüber, ihre Seele gefiel dem Ewigen, deshalb beeilte +er sich, dieselbe von dem sündigen Leib zu befreien und sie +dorthin zu versetzen, wo sie besser der Vollkommenheit +entgegenreisen kann. Ich will Trost in der Überzeugung +finden, daß ich durch Ergebenheit in deinen Willen deinen +Namen heiligen soll, du Heiliger!--O, mein geliebtes +Kind, sehe ich dich auch nicht mehr um mich, ewig will +ich dich doch mein nennen und in der Hoffnung leben, daß +ich dich einst verklärt unter den Engeln in der Ewigkeit +wiedersehen werde. O, wenn ich nur nichts versäumt +habe in der Ausbildung deines unvergänglichen Geistes! +(Dein frühzeitiger Tod soll mich noch mehr bestimmen, +deine Geschwister nicht nur für die Welt, sondern auch +für den Himmel zu erziehen, indem ich in ihrem Herzen +den Glauben befestige und so dieselben zur Seligkeit vorbereite.) +O Herr! vergib mir, wenn ich je meine mütterlichen +Pflichten vergessen habe, und laß die teure Seele, die jetzt +bei dir ist, schon mehr und mehr deinem Reiche entgegenreisen! +Erhöre mich, o himmlischer Vater, und laß Trost, +Ruhe und Seligkeit mein Inneres erfüllen, so daß ich freudig +deinen Namen in aller Ewigkeit preisen kann. + +Amen! + + + + +Eine Witwe am Grabe ihres Mannes. + + +6. Friede sei mit deinem Staube, du meines Lebens +leitender Stern, du meiner Kinder Versorger und +Führer![93] Ach, wenn auch viele Tage verflossen sind, seit der Allweise +in seinem unerforschlichen Ratschluß dich von mir rief, +so fühle ich doch jedesmal, wenn ich mich deiner Ruhestätte +nähere, meinen tiefen Schmerz und erinnere mich mit süßer +Wehmut unseres glücklichen Zusammenlebens, von dem +Augenblick an, da du mir freundlich entgegen lächeltest und +den Frühling meines Lebens mir verherrlichtest, da deine +Gedanken nur darauf zielten, mir Glück und Frieden zu +bereiten, für das Wohl unserer Kinder zu sorgen, bis zu +der Stunde, da dein Auge brach, und das Licht, das mein +Haus erhellte, verdunkelt wurde, und Sorge und Bekümmernis +für meine Kleinen mein Herz überwältigten. +O, ich kann nicht ohne Tränen fragen: weshalb, o Herr, +sollte er mir genommen werden? Aber gerade dieser Schmerz +über deinen Verlust löst sich in dem seligen Bewußtsein +auf, daß du mir nahe bist! Ja, ich habe, ich besitze dich +noch. In meines Herzens Tiefe schließe ich dich ein, denn +das, was uns vereinigt hat, ist unsterblich. Das leibliche +Auge sieht dich nicht mehr, aber mein geistiges Auge erblickt +dich noch, und es ist mir, als ob deine ermunternde +Stimme mich stärke. Zeige du mich hin zu ihm, der den +Witwen ein Führer und den Vaterlosen ein Vater ist, +der die heimsucht, welche er liebt, und dessen Wege all zu +erhaben sind, als daß wir Sterbliche sie verstehen könnten, +die aber sicherlich zum Guten führen. Ja, Allheiliger! +Stärke mich zur Ergebung in deinen heiligen Willen, +gieße Balsam in mein wundes Herz, vergib mir meine +Sünden und erbarme dich über meine Kinder. Gib mir +Kraft sie zu allem Guten zu erziehen, und wecke du in +ihrem Innern eine fromme Denkungsart, daß sie dir um +Wohlgefallen, mir zur Freude und meinem heimgegangenen +Gatten zum rühmlichen Gedächtnis werden möchten. +Beschirme die Tage meiner Zukunft und gedenke stets der +teuren Seele, deren Verlust ich beweine, zum Guten und +zur ewigen Glückseligkeit. + +Amen! + +[Fußnote 93: Wenn sie keine Kinder hat, muß natürlich alles, was darauf +hindeutet, aus diesem Gebet weggelassen werden.] + + + + +Am Grabe eines gefallenen Vaterlandsverteidigers. + + +7. Mit Ehrfurcht und Dankbarkeit nahe ich mich diesem +Grabe, o Ewiger! wo der Staub dessen ruht, der heldenmütig +sein Leben geopfert hat, um des Vaterlands Recht +und Wohlfahrt zu schützen. O, Allgerechter, wie sein Andenken +ewig teuer ist und sein muß für einen jeden, der +es aufrichtig mit seinem Volke und Vaterlande meint, und +wie seine Ruhestätte allezeit von den Tränen heiligster +Erinnerung benetzt werden wird, so belohne du ihn dort +für seine fromme Tat, wo allein wahre Treue und Aufopferung +für die Mitmenschen vollkommen belohnt werden +kann. Ja, du, der du hier schlummerst, du hast es gezeigt, +daß, so kostbar auch das Gut des Lebens ist, doch noch ein +höheres Gut vorhanden ist, für das man jenes hingeben +muß. Du täuschtest das Vertrauen nicht, das man in der +Stunde der Gefahr auf dich setzte; unerschrocken tratest du +dem Tode entgegen, und welch süße Bande dich auch fesselten, +du rissest dich von ihnen los und kämpftest mit Mut und +Kraft, wie die Helden des Altertums, sicher, daß nur +der vergängliche Teil des Menschen überwunden werden +und fallen kann, der unvergängliche aber siegen muß. An +deinem Grabe soll sich die Jugend für Vaterlandsliebe +begeistern, soll der Mut in den Söhnen des Landes entflammt +werden, ja, hier will ich mich begeistern, jedes Opfer, das +in meinen Kräften steht, für das Vaterland, für die Brüder, +für die Gemeinde zu bringen. Hier will ich lernen, für +meinen Glauben zu dulden und zu streiten, hier will ich +als ein treuer Bürger lernen, alles zu bekämpfen, was dem +Wohle des Vaterlandes schaden kann, und als ein wahrhafter +Diener Gottes in jedem Kampfe für mein himmlisches +Vaterland bis zum Letzten ausharren. Hilf du mir, Allheiliger, +daß meine Seele den Tod der Gerechten sterben +und mein Ende dem der Frommen gleichen möge. Sei +mit mir, Allgegenwärtiger, und laß meinen Wandel dir +stets wohlgefallen. + +Amen! + + + + +Beim Grabe eines Verwandten. + +(Nach einem älteren hebräischen Gebet.) + + +8. Hier an dieser Stätte, wo der Gedanke an ihn, +der zum Tode wie zum Leben führt, in unserm Innern +lebendig wird, hier erhebe ich meinen Geist zu dem Unendlichen +und sage: mein Gott, du mein teuerstes Gut, das +mir über alles geht, nächst dir strebt meine Sehnsucht nach +jenen wahrhaft Frommen, welche jetzt die Erde deckt, und +hier weilt die Asche eines mir teuren Körpers; + +Mutter oder Großmutter +am Grabe +eines Kindes: + +Siehe, ich deine Mutter, welche +dich (geboren), gepflegt und geliebt +hat, mit treuer mütterlicher Sorge +mit inniger Zuneigung, + + * * * * * + +Kinder oder Enkel +am Grabe der Eltern +oder der Großeltern: + +Siehe, ich deine Tochter (Enkelin), +die durch die heiligen Banden +des Blutes mit dir verbunden ist; + + * * * * * + +Am Grabe eines +Ehegatten: + +Siehe, ich, deine treue Gattin, +welche dich innigst liebt! + + * * * * * + +Am Grabe eines +Bruders oder eines +sonstigen Angehörigen: + +Siehe, ich deine Schwester, +(Schwiegertochter, Freundin, Schülerin +usw.) + + * * * * * + +besuche deinen Grabeshügel! Ehre sei Gott in der Höhe! +Friede mit deinem Staub! Die Freude der Seligkeit mit +deiner Seele! Innige Liebe zu dir, die eben so warm ist, +als damals, wo du noch am Leben warst, durchdringt mich, +führte mich hierher zu deiner Ruhestätte, wo ich vor dem +Gott der Geister meine Seele ausschütten und ihn bitten +will, dir gnädig zu sein und deine Seele im Eden im Verein +mit deiner Stammväter verklärten Seelen zu erfreuen, +daß du in Seligkeit das ewige Gut genießen mögest, das +Er seinen Frommen vorbehalten hat. Mögest du von dem +Tau der Seligkeit im ewigen Leben erquickt werden, wie +der Tau des Himmels die Pflanze erquickt.--Und sollte +in jenem Leben die Liebe, welche einst dein Herz bewegt +hat, denn aufhören können? Nein, so innig, wie ich deiner +gedenke, und wie meine Gebete für deine Seligkeit aufsteigen, +eben so innig gedenkt deine Seele der meinigen, +wünscht mir alles Gute und betet für meine Wohlfahrt zu +dem Allerbarmer. O, daß unsere gemeinsamen Gebete ihm +wohlgefallen möchten, und er in seiner Güte alles Böse von +mir und allen deinen Angehörigen abwenden wollte. Gott +der Liebe! du, in dessen Hand die Seelen aller Toten und +Lebendigen stehen, erhöre unsere Gebete, die zum Throne +deiner Herrlichkeit aufsteigen, segne mich, daß ich ein dir +wohlgefälliges Leben führen möge, zur Ehre und zum Ruhm +für den, dessen ich heute gedenke, und daß ich also glücklich +hier auf Erden sei und einst selig werde dort in der +Ewigkeit, wenn ich in das göttliche Reich bei dir aufgenommen +werde, mein Vater und mein Richter. + +Amen! + + + + +Am legten Tage im Jahre. (Ereb Rôsch Haschonoh.) + +Herr! tue mir mein Ende kund, und was das Maß meiner Tage +sei, daß ich erkenne, wie vergänglich ich bin. + + +10. Nach uralter heiliger Sitte besuche ich am letzten +Tage des Jahres die Stätte, wo viele Grabhügel an +längst vergangene Geschlechter und die frisch aufgeworfenen +an die Teuren erinnern, die in diesem Jahre entschlafen +sind. Wie könnte ich wohl an diesem Tag, der so lebhaft +den Gedanken an des Lebens Vergänglichkeit erweckt, und +der mich dazu auffordert, Rechenschaft darüber abzulegen, +wie weit ich mich der erhabenen Bestimmung meines +Lebens genähert habe und in Glauben und Tugend vor +dem Herrn gewandelt bin,--wo könnte ich besser eine +erhebende, versöhnende Stunde zubringen, als hier, wo +ich meinen Blick auf diejenigen richte, welche in diesen +Gräbern ruhen, ach, zum Teil solche, die nach dem Eitlen +jagten und ihre Befriedigung in dem Zeitlichen suchten, +und die nun Moder bedeckt, oder wenn ich am Grabe +derjenigen weile, welche in ihrem vergänglichen Leben das +Ewige suchten und nun die Fülle der Freude bei dem +Unendlichen genießen. Ach Herr, da fragt mein Geist: +unter welchen von diesen werde ich einst gefunden werden, +wenn des Lebens letzter Tag gekommen ist? Hier trete +ich deshalb hervor und ergreife das Ewige; denn hier, +wo ich von Tod und Moder umgeben bin, verliert alles +Gold seinen Schein, alle Ehre ihre Strahlen, alles Ansehen +bei den Menschen seine Macht, alle Schönheit ihren +Zauber, alle Sinneslust ihren Reiz; hier fühle ich tief, +daß meinen Tagen ein Ziel gesetzt ist, daß ich von hier +fort muß, und meine Tage wie ein Schatten sind. Ach +sollten sie wirklich dahin schwinden, ohne etwas Licht über +meinen irdischen Wandel zu verbreiten, ohne daß sie ein +Andenken zum Segen hinterließen?--Ach, der Strom +der Zeit eilt so rasch dahin und reißt auf seinem schnellen +Wege alles mit sich fort, was mir teuer und wert ist! +Wie manche Freunde habe ich schon verloren, wie mancher +ging fort im Jugendalter, wie mancher, der sein Ende +noch nicht erwartete, und heute ruft mir die Erinnerung +daran zu: auch deine Stunde kann unerwartet kommen; +willst du unvorbereitet vor den Allerheiligsten treten? +Ja, ich will heute mit Tränen eurer in der Ewigkeit +gedenken, die meines Lebens Ehre und Schmuck waren, +eurer, meine Eltern usw. (ob euer Staub nun hier ruht, +oder weit entfernt in fremder Erde); Jahre sind darüber +hingegangen, seit ich euch verloren habe, und die Hoffnung +auf Wiedersehen war mein einziger Trost; aber habe +ich auch so gelebt, daß der Gedanke an eine Wiedervereinigung +mit euch mich mit himmlischer Freude erfüllen +kann? Könnte ich euch mit einem sündhaften Sinn gegenübertreten, +mit einem unreinen Herzen mich der ewigen +Klarheit nähern, welche die Frommen umgibt? O! indem +ich euch heute meine Tränen der Erinnerung weihe, will +ich über meine Sünden weinen, will ich im Vorausgefühl +meines endlichen Heimganges alles abwerfen, was mich +als Menschen entwürdigt, was mir nicht ziemt als Israelit; +ich will die Ketten brechen, welche mich an das Zeitliche +fesseln und den Wahn bannen, als sei das, was die Welt +mir bietet, etwas Beständiges, und ich will mich bestreben, +dir anzuhangen, du Ewiger und Unwandelbarer!--Allerbarmer! +vergib mir meine Sünden und meine Übertretungen +und stärke mich in meinem frommen Vorsatz, +behüte mich vor einem jeden Fehltritt, der Beschämung +über meine Tage bringen könnte; schirme mich wider jede +Versuchung, daß weder Eitelkeit noch Habsucht, noch Ehrgeiz +Macht über mich gewinne, sondern daß ich, geleitet +von deiner heiligen Lehre, so rein werden möge, als ich +an dem Tage war, da ich geboren wurde. Laß die frommen +Handlungen meiner teuren Seligen meine Fürsprecher +sein vor deinem heiligen Throne, auf daß meine Gebete +für das neue Jahr erhört werden. Laß, o Quell der +Liebe, meine (meines Gatten, meiner Kinder usw.) Buße +dir wohlgefallen und verleihe uns ein Jahr voll Segen +und Glück, ein Jahr, in dem deine Versprechungen an +Israel zu seinem und der ganzen Menschheit Heil sich +erfüllen mögen. Bewahre mich und die Meinen vor +Drangsal und Not, vor Armut und Schande, auf daß wir +mit freiem Geiste dir dienen können. Laß mich und meine +Lieben erfahren, »daß ich noch deine Segnungen im Lande +der Lebenden sehen soll«(Ps. 27, 15.), »daß ich noch in +dem Lichte der Lebendigen vor deinem Angesichte wandeln +soll«(Ps. 56, 14.). Deine Gnade sei mit mir und allen, welche +dich mit einem treuen Herzen anbeten, daß wir auf unserer +Pilgerreise noch viel Gutes wirken können und ein Wohlgefallen +bei dir finden in alle Ewigkeit. + +Amen! + + + + +XXIV. Schluß + + + + +Dankgebet bei Vollendung eines Werkes. + + +Ewiger, allgütiger Gott! Wie ich in deinem Namen +diese Arbeit begonnen habe, so laß mich sie auch damit +schließen, daß ich zu dir aufschaue und dir meinen Dank +für deinen Beistand darbringe. Du warst es ja, der die +Gedanken in meine Seele legte, und dein allmächtiger +Schutz hielt meine Kraft aufrecht, es war dein Geist, der +mich trieb, so daß ich stets mit Freudigkeit und Lust zur +Arbeit schritt. O, wie oft verzagte ich, wie oft erfüllte +sich meine Seele mit Furcht, daß ich mein Vorhaben nicht +zu vollenden vermögen würde, und siehe, da hörte ich +gleichsam eine erweckende Stimme von oben; mein Geist +belebte sich aufs neue, und du erfreutest mein Herz dadurch, +daß meine Arbeit gedieh und vorwärts schritt.--O, nimm +mein Dankopfer an;»denn es stammt ja alles von dir, +und was ich selbst von dir empfangen habe, das gebe ich +dir wieder zurück.«[94] Nun erhöre du denn mein Gebet, +daß du diesem Werke dein Siegel aufdrücken wollest, auf +daß es für viele zu einem Segen werde. Gelobt seist du, +o Herr, in Ewigkeit. + +Amen! + +[Fußnote 94: 1. Chron. 29, 14] + + + + +XXV. Anhang. + + + + +Esehu Mekômon. + +(Betrachtung über die Opfer, anstatt einer Übersetzung). + + +Meine Gedanken, o Herr, weilen bei den Opfergesetzen, +welche du unsern Vätern gabst, und mein +Herz wird voll des Dankes, indem ich deine Gnade erkenne, +daß du durch diese deine Gebote hast Israel fest an +dich knüpfen wollen; mögen sie deshalb mir auch zur +Richtschnur dienen bei der Anbetung deines heiligen +Namens. Wenn nun gleichwohl auch bei mir der tiefere +Sinn verborgen ist, und ich die göttlichen Geheimnisse +nicht zu erforschen vermag, die mit den Opfern, welche +du befahlst, verbunden sind, und nicht ergründen kann, +weshalb du sie mit so vielen Vorschriften anordnetest, +und wie sie dazu dienen sollen, den Sohn des Staubes +mit dir, dem Unendlichen, zu vereinen, ihn deiner Gnade +gewiß zu machen, denn »dir gehört das Verborgene, o +Ewiger, aber was du offenbart hast, ist für uns«,[95] und +wie herrlich ist nicht das, was uns offenbart worden ist! +Wenn ich all der Scheußlichkeit gedenke, die mit der Opfermahlzeit +der Heiden verbunden war, durch welche sie ihre +Schuld sühnen wollten, wie sie von dem Blute des Opfers +tranken und sich zu Wollust und Blutdurst reizten, wie +sie Menschenleben opferten, während sie das Tier als +heilig betrachteten, o, wie könnte ich da wohl anders, als +erkennen, daß bei Israels Opfer alles nur dazu dienen +sollte, die Reinheit des Glaubes zu beschützen, Sittlichkeit +und Gerechtigkeit zu wahren und alles fern zu halten, +was Sinnenlust und törichten Aberglauben fördern könnte. +Deshalb verbotest du in deiner Weisheit jeden Gebrauch +des Blutes, verbotest jedem, der unrein war, zu opfern, +deshalb konnte eine absichtlich begangene Sünde nicht +durch ein Opfer gesühnt werden, deshalb mußten die Vergehen +wider den Nächsten erst gut gemacht werden, bevor +das Opfer gebracht werden konnte. Ja, du lehrtest uns, +daß ein Opfer für sich allein nichts nützt, wenn es +nicht in Wahrheit von einem innern frommen Sinne zeugt, +und du und deine Propheten straften die, welche da +meinten, daß sie durch Darbringung eines Opfers allein +geheiligt werden könnten. Du ließest deine Propheten +verkündigen, »daß Gehorsam besser als Opfer ist«,[96] daß +»Opfer bei einem sündigen Wandel dir zuwider sind«,[97] +daß du Wohlgefallen an der Liebe findest, und nicht am +Opfer, und »daß die Erkenntnis deiner mehr ist, als +Brandopfer.«[98] + +[Fußnote 95: 5. Mos. 29, 28.] + +[Fußnote 96: 1. Sam. 15, 22. Ps. 40, 7. Spr. Sal. 21, 3.] + +[Fußnote 97: Spr. Sal. 15, 8. Es. 11-17 Jer 6, 21. Amos 5, 22.] + +[Fußnote 98: Hos. 6, 6] + +Aber besonders sind es die täglichen Opfer, +welche den Männern der großen Synode[99] zum Muster +dienten bei der Anordnung des »Morgen-und Abendgottesdienstes«, +deren ich gedenken soll, und während ich +mich an ihr Wesen und an ihre Bedeutung erinnere, erwecke +ich in meinem Innern eine wahrhafte Erbauung +und die Sehnsucht darnach, dich beständig und richtig +durch meine Gebete zu verehren. Da tritt mir denn zuerst +der Gedanke entgegen, daß es--ein Opfer war, und +daß mein Gebet deshalb auch ein Opfer sein soll. Ja, +ich will im Gebet mich selbst zum Opfer darbringen, +will mich mit all meinen Wünschen, meinen Gelüsten und +Sehnen, mit all meiner Furcht und all meinem Hoffen +ganz und ohne Rückhalt dir hingeben, und wie das tägliche +Opfer ganz dargebracht wurde, so will ich jeden +Morgen und jeden Abend, wenn ich zu dir bete, mich +dir auch ganz hingeben und mich völlig deinem Willen +unterordnen.[100] + +[Fußnote 99: Ansche keneseth hagdolo (ecclesia magna) setzten im Hinblick +auf die ständigen Opfer das Schacharith--, Mincha--, und +Maarib Gebet für jeden Tag, das Mussaph--Gebet für Sabbat-und +Festtage und das Neïlah--Gebet für den Versöhnungstag ein.] + +[Fußnote 100: Taanith 27. Sanhedrin 43.] + +Jenes Opfer konnte von keinem dargebracht werden, +der nicht vollständig rein war, der nicht durch seinen +Willen alle störenden Gedanken zu beherrschen und unangefochten +von der äußeren Welt, ganz mit seiner vollen +Seele sich der heiligen Handlung hinzugeben vermochte; +denn das Opfer wurde verworfen, wenn nicht sein eigentlicher +Zweck, die rechte Andacht, den Opfernden erfüllte. +So will denn auch ich mich zuvor prüfen, ob ich rein bin, +ob ich würdig bin, vor dich, den Allheiligen hinzutreten, +will deshalb zuvor Buße tun, will mich von allen weltlichen +Gedanken losreißen, will die tierischen Triebe in +mir töten und den irdischen Sinn abwerfen, jedesmal +da ich vor dich hintrete, da ich vor deinem Angesicht in +meinem, wie in der ganzen Gemeinde Namen erscheine. + +Denn das tägliche Opfer wurde ja im Namen der +ganzen israelitischen Gemeinde gebracht und sollte dazu +dienen, was man so oft vergißt, für all das Gute zu +danken, das beständig in so reicher Fülle dem Menschen +zuteil wird; dir dafür zu danken, daß du über ihn in +der Nacht wachtest und ihm neues Leben schenktest, wenn +des Morgens Licht ihn auf seinem Lager weckte, und daß +du ihn den ganzen Tag alles finden läßt, dessen er bedarf. +Dieses Opfer sollte in Israels Heiligtum ein Lamm sein, +das dir als Dankopfer dargebracht wurde, der du +durch den Schlummer der Nacht alle gestärkt, +und wiederum am Abend, wenn es dunkelt als Dankopfer +für den glücklich verlebten Tag. + +Und es war begleitet von einem Speiseopfer, +wohl um für das Brot zu danken, welches der Mensch +wiederum gefunden hatte, für Kraft und Schönheit +des Körpers, was durch das Öl bezeichnet wurde, für +die Gabe und den Vorzug des Geistes, was +bildlich der Wein andeutete. So will auch ich, o Herr, +jeden Morgen und jeden Abend deiner Wundertaten +eingedenk sein und dir danken, weil du meinen Geist und +meinen Körper erhältst, so will auch ich dir für alle zeitlichen +Güter, die du mir verleihst, für die Sonne, +welche ihre Strahlen auf meinen Weg sendet, für den +erquickenden Schatten der Nacht, wie für das +himmlische Licht, das Wort des Lebens, welches du +mir gegeben hast, das Dankopfer meines Gebets darbringen. + +Aber das tägliche Opfer war ja auch ein Sühnopfer, +welches täglich für die Gesamtheit Israels, +wie für den Einzelnen, dargebracht werden sollte, nicht +offenbare Vergehungen, sondern für diejenigen, deren der +Mensch sich schuldig macht, ohne daß er sie sich zur Sünde +anrechnet, und so sollte täglich das Bewußtsein der +Sünde in der Brust des Israeliten geweckt werden. +Dein, o Herr! ist der Tag und dein, o Herr! ist die +Nacht, und beständig sollen wir dich vor Augen haben; +unsere Arbeit wie unsere Ruhe soll von dem Gedanken +an dich begleitet sein. Aber, wenn der Schlummer der +Nacht uns in seine Arme schließen will, bevor der Schlaf +unsere Sinne und Gedanken gebunden hält, da denken +wir nicht an dich, da benutzen wir die ruhigen Augenblicke +nicht dazu, dich zu erkennen und zu suchen; und in +des Tages geschäftigem Treiben richten sich nicht die Gedanken +auf dich, und wir vergessen es, deiner zu gedenken. +Deshalb soll am Morgen ein Opfer gebracht werden +für die Sünde der Nacht und am Abend für des +Tages Sünde. Aber außerdem kann die ganze Gemeinde +auch dem nicht entgehen, daß sie beständig sündigt, +und jede einzelne Seele ist mitschuldig der Sündenschuld +der großen Gesamtheit, und wer sich für unschuldig hält +wie ein Lamm, ist sündig. Aber was ehemals das +tägliche Opfer für mich wirkte, das soll jetzt durch mein +tägliches Gebet erreicht werden, daß ich nicht in Leichtsinn +wandeln möge, sondern das Bewußtsein der Sünde in +mir wecke, die Erkenntnis dessen, wie weit meine Gedanken +und Handlungen, meine Arbeit und meine Ruhe, +im Großen wie im Kleinen von der Pflicht Israels abweichen, +sodaß ich jeden Morgen und jeden Abend aufs +neue geheiligt werde und den Vorsatz fasse, deinem Dienste +zu leben, o Herr! ob ich nun meinen Erwerb mir +suche, oder danach trachte, meines Hauses oder +meines Namens Ansehen zu erweitern, oder ob ich +in Freude und Frohsinn weile, wo der Wein des +Menschen Herz erfreut. + +Und endlich sollte das tägliche Opfer von Beständigkeit +im Glauben und in Gottergebenheit ein +Zeugnis sein, und jeden Morgen und jeden Abend sollten +Israels Kinder die Lebendigkeit dieses Glaubens zu erkennen +geben, ob nun das Glück ihnen zulächelte oder ob +Unglück sie in das Dunkel der Nacht hüllte. Ebenso +will auch ich es früh und spät an den Tag +legen, daß, welches Schicksal du mir auch sendest, ich +stets mit Vertrauen mich dir nähern will und es soll +stets nach Vorschrift am Morgen und am Abend geschehen; +und indem ich mich an die heilige Ordnung binde, will +ich den Geist des Gebetes in mir wecken und bewahren. +Denn wenn auch die Pflicht zu beten, das Opfer des +Herzens darzubringen, nicht an Ort oder Zeit gebunden +ist, sondern wir stets und überall beten sollen, so oft wir +uns dazu gedrungen fühlen, so sollen wir doch zu den +festgesetzten Zeiten beten, wenn auch unser Herz uns nicht +dazu drängt, weil wir sonst in dem Gewirre der Welt +vielleicht niemals dazu veranlaßt würden. Aber gerade +durch das tägliche Gebet, dadurch, daß wir mit aller +Kraft unseres Willens darnach streben, von dem Geiste +des Gebetes durchdrungen zu werden, sollen wir die +Unlust zum Gebete überwinden, die Hindernisse besiegen, +welche sich zwischen dich und uns stellen, o Gott, und +den Geist der Welt ertöten, der uns den höchsten Schatz +unserer Seele rauben will,--die Anbetung deines +Wesens. + +So will ich denn dir mein tägliches Opfer darbringen, +mein Gott, will meinen Willen dir ergeben, will jeden +Morgen meinen Dank zu dir aufsteigen lassen und mich +deiner Leitung anvertrauen und mich jeden Abend sorglos +deiner Führung hingeben. Ich will Kränkungen ertragen, +will das Schlechte nicht vergelten, das mir zugefügt wird, +will um deinen Schutz bitten für alle, die auf Erden +wandeln, will darnach streben von jeder sündigen Lust +mich zu reinigen, will fest in meinem Glauben verharren, +und will, wenn auch die Menge der Versuchungen mich +umringt, wie manchen Kampf ich auch zu bestehen habe, +meine Standhaftigkeit als Israelit zeigen, der nicht +nach dem Lohne und der Ehre der Welt trachtet, sondern +allein darnach strebt, dir wohlzugefallen und der gewiß +ist, daß du den errettest, der dir beständig dient.[101] + +[Fußnote 101: Dan. 6, 27.] + + + + +XXVI. Freitagabendbetrachtung. + + + + +Bame madlikin. + +(Eine Betrachtung anstatt der Übersetzung.) + + +Der letzte Tag in dieser Woche nähert sich seinem Ende und wieder +schließt mit ihm ein Abschnitt meines Lebens ab, in dem ich deine Güte +erfahren habe, du, mein Schöpfer, während ich meiner häuslichen +Tätigkeit oblag. Die heilige Stunde ist nahe, mit welcher der Sabbat +beginnt, der dazu da ist und da sein soll, eine heilige Ruhe in dir zu +suchen und zu finden, indem ich auf das hinblicke, was du für mich +vollführst hast, und indem ich prüfe, was ich vollbracht, und mit +welcher Gesinnung ich gehandelt habe. + +O, schaue ich hin auf deine Liebe und Güte gegen mich in den sechs +verflogenen Tagen, wie kann ich da Worte finden dir zu danken, der du +wiederum das Werk der Schöpfung vor meinen Augen erneuert hast, der du +am Tage deine Gnade über mich ausströmen und mich bei Nacht in deinem +Schatten weilen ließest und der du mich mit so unendlich vielen +Gnadenbeweisen, Wohltaten und Segnungen überschüttest hast, daß ich sie +nicht zu zählen vermag! Du hast dich über mich erbarmt, mich jeden Tag +zu meiner Tätigkeit gestärkt und hast mich durch so vieles erfreut; Du +warst in trüben Stunden meine Kraft und mein Schild und du hieltest mich +aufrecht im Unglück. O Herr! Ich bin nicht wert so großer Güte; denn +gedenke ich meiner Aufgabe, die mir in diesen Tagen der Arbeit zu +vollführen auferlegt war,--ach, wie oft war ich da nicht schlaff und +nachlässig; wie oft vergaß ich nicht in meiner Tätigkeit zu dir +aufzuschauen, zu wirken und zu schaffen, wie einer, der sich in deinem +Dienste fühlt, der bei all seinem Tun dich stets vor Augen hat, daß er +den rechten Weg nicht verliere und dir wohlgefalle. Ich weiß, daß ich +leben soll, um das Wohl meiner Mitmenschen zu fördern und mit +liebevollem Sinne ihnen Wohltaten zu erweisen; ach, und ich erkenne wie +viel eigennützige und eitle Zwecke mich noch gebunden halten. Als +Israelitin soll ich, was auch mein Beruf sei, beweisen, daß ich von +einem Glauben beseelt bin, der voll Ergebung und Geduld ist, und deshalb +ein Leben führen, das allen denen, die mir nahe stehen, +heilbringend sei,--aber wie wenig schwebte solch ein Ziel mir bei all +meinem Wirken vor! + +Wohl habe ich in der vergangenen Woche Zeit gefunden zu allem, was mein +Herz begehrte, aber habe nicht, so wie ich sollte, mich bestrebt, mich +als ein Glied der Genossenschaft zu beweisen, welche dein offenbartes +Wort bewahren und das Licht, das göttliche Licht, der Welt leuchtend +erhalten soll, und wenn ich auch einige flüchtige Augenblicke dazu +anwandte, so konnte das doch nur wenig bedeuten für den, welchem die +Sorge für die Bedürfnisse des Lebens keine Zeit lassen, frei zu atmen +und an deine heiligen Wahrheiten zu denken. O Herr, deshalb bete ich zu +dir: laß den heiligen Sabbat mir anbrechen, daß er meiner Seele Frieden +bringe, auf daß ich deine unendliche Güte erkennen möge und aufs neue zu +allem Guten erglühen und dazu beseelt werden möge, im Verein mit deinen +wahren Anbetern dir zu dienen, den Glauben zu pflegen, zu fördern, was +der Gesamtheit zum besten dient, mich allem fern zu halten, was den +Israeliten entheiligt und mit neuer Lust aus der Quelle des Lebens zu +schöpfen, in deinem Wort zu forschen, daß es mich in deiner Wahrheit +stärke und wie eine reine Flamme voller Klarheit über die Erde +leuchte und mich auf meinem Pilgerwege begleite, bis ich es in +Herrlichkeit aufleuchten sehe, wenn die ewige Sabbatruhe kommt, wo +seliger Friede und himmlische Ruhe mich bei dir erwarten! + +Amen! + + + + +XXVII. Betrachtung zum Mussaphgebet. + + (Das Nachfolgende ist ein Abschnitt aus dem Talmud (Tractat + Kritôth), welches die Art und Weise behandelt, in der das + Rauchopfer zubereitet wird. Anstatt einer wortgetreuen Übersetzung + wird folgendes Gebet gegeben). + +Pittum hak'tôres. + + +So nähert sich denn die Zeit des Verweilens in deinem Hause ihrem Ende, +und die angeordneten Gebete haben wir verrichtet; aber ach, wie mancher +Augenblick weckte nicht einen Gedanken in uns, der wider den Geist des +wahren Gebetes stritt! Wie oft regten sich nicht sündige Gefühle in +unserer Brust; wie oft störten wir durch unser Benehmen nicht die +Andacht anderer, wie oft wankten wir nicht beim Gebet im Glauben an +Erhörung; wie oft ärgerten wir uns nicht über die Herrlichkeit und den +Glanz der Gottlosen und ließen den Nächsten, ließen den Abgefallenen aus +unserm Gebete ausgeschlossen sein, so daß unsere Anbetung dir nicht zum +Wohlgefallen sein konnte! Deshalb, o Allerbarmer, wollen wir des +Rauchopfers gedenken, das vormals im Heiligtum dir zu einem +wohlgefälligen Dufte dargebracht wurde, auf daß es alles Widerliche vom +Opfer entferne. Wir wollen uns an die vier Hauptbestandteile des +Räucherwerks erinnern, daß jede Andachtsträne, die heute floß, wie ein +Balsamtropfen sein, jeden bekümmerten Sinn heilen und von wahrer +und innerlicher Buße hervorgerufen sein möge; daß des Herzens harte +Schale zermalmt werde, und wir keinen Zweifel nähren mögen, daß du +das Gebet eines zerknirschten Herzens[102] nicht verachtest. Und wir +wollen uns erinnern, daß man dem Weihrauch auch Galban, eine +Substanz von unangenehmen Geruch, zusetzte, eine Erinnerung für uns +daran, daß du selbst die Tiefgefallenen erhörst, welche bereuend ihre +Gebete in das Gebet der Gemeinde mischen, ja eine Erinnerung daran, daß +unsere eigene, fromme Erbauung[103] dadurch vermehrt wird, wenn wir +diese in unser Gebet einschließen, wenn wir uns selbst zu ihnen rechnen +und in Demut deinen Namen anflehen; eine Versicherung, daß wenn wir auch +eine Stunde vergaßen, daß wir vor dir stehen und andachtslos hier +weilten, du uns doch vergeben willst, wenn wir mit heiligem Sinne kommen +und unsere Gebete wie Weihrauch zu dir aufsteigen lassen, und wenn +wir noch zum Schluß recht innig unsern Geist zu dir erheben. O, +Allheiliger, erhöre uns und laß unser Gebet vor dir wie ein Rauchopfer +ein.[104] + +Amen! + +[Fußnote 102: Ps. 51, 19.] + +[Fußnote 103: Kritôth Fol. 6, 66.] + +[Fußnote 104: Ps. 141, 2.] + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Gebete für Israeliten, by A. A. Wolff + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GEBETE FÜR ISRAELITEN *** + +***** This file should be named 19823-8.txt or 19823-8.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/1/9/8/2/19823/ + +Produced by Chuck Greif, Mrs. L. Buchsbaum and the Online +Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. 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It exists +because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from +people in all walks of life. + +Volunteers and financial support to provide volunteers with the +assistance they need, is critical to reaching Project Gutenberg-tm's +goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will +remain freely available for generations to come. In 2001, the Project +Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure +and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. +To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation +and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 +and the Foundation web page at http://www.pglaf.org. + + +Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive +Foundation + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit +501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the +state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal +Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification +number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at +http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent +permitted by U.S. federal laws and your state's laws. + +The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. +Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered +throughout numerous locations. Its business office is located at +809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email +business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact +information can be found at the Foundation's web site and official +page at http://pglaf.org + +For additional contact information: + Dr. Gregory B. Newby + Chief Executive and Director + gbnewby@pglaf.org + + +Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation + +Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide +spread public support and donations to carry out its mission of +increasing the number of public domain and licensed works that can be +freely distributed in machine readable form accessible by the widest +array of equipment including outdated equipment. Many small donations +($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt +status with the IRS. + +The Foundation is committed to complying with the laws regulating +charities and charitable donations in all 50 states of the United +States. 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Donations are accepted in a number of other +ways including checks, online payments and credit card donations. +To donate, please visit: http://pglaf.org/donate + + +Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic +works. + +Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm +concept of a library of electronic works that could be freely shared +with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project +Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. + + +Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. +unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + + +Most people start at our Web site which has the main PG search facility: + + http://www.gutenberg.org + +This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, +including how to make donations to the Project Gutenberg Literary +Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to +subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. diff --git a/19823-8.zip b/19823-8.zip Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..7e5ed2f --- /dev/null +++ b/19823-8.zip diff --git a/19823-h.zip b/19823-h.zip Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..5bfd134 --- /dev/null +++ b/19823-h.zip diff --git a/19823-h/19823-h.htm b/19823-h/19823-h.htm new file mode 100644 index 0000000..1a96e40 --- /dev/null +++ b/19823-h/19823-h.htm @@ -0,0 +1,5605 @@ +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Strict//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-strict.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> + <head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html;charset=iso-8859-1" /> + <title> + The Project Gutenberg eBook of Gebete für Israeliten, von Prof. Dr. A. 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A. Wolff + +This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with +almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or +re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included +with this eBook or online at www.gutenberg.org + + +Title: Gebete für Israeliten + +Author: A. A. Wolff + +Release Date: November 16, 2006 [EBook #19823] + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GEBETE FÜR ISRAELITEN *** + + + + +Produced by Chuck Greif, Mrs. L. Buchsbaum and the Online +Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + + + + + +</pre> + +<div class="center"><img src="images/cover.jpg" alt="Cover" /></div> +<h1> +Gebete für Israeliten</h1> +<h4>zum Gebrauche beim</h4> +<h2>Gottesdienste, im Hause und auf dem Friedhofe</h2> + +<h4>von</h4> + +<h3>Prof. Dr. A. A. Wolff</h3> +<p class="center">Oberrabbiner in Kopenhagen. +R. v. D.</p> + +<p class="center">Fünfte vermehrte und verbesserte Auflage.<br /> +<br /><br /> +<b>Frankfurt a. M.</b><br /><br /> +Verlag von J. Kauffmann.<br /> +1908.</p> + +<p class="center">Druck von M. Lehrberger & Co., Rödelheim.</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> + +<h2>Gebete für Israeliten.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> + + + +<h2>Inhaltsverzeichnis.</h2> +<table summary="toc" cellspacing="2" cellpadding="2"> +<tr><td align="left"><a href="#Zu_Hause_ehe_man_ins_Gotteshaus_geht"><b>Zu Hause, ehe man ins Gotteshaus geht.</b></a></td></tr> +<tr><td align="left"><a href="#Nach_dem_Eintritt_ins_Gotteshaus"><b>Nach dem Eintritt ins Gotteshaus.</b></a></td></tr> +<tr><td align="left"><a href="#Ein_anderes_Gebet"><b>Ein anderes Gebet.</b></a></td></tr> +<tr><td align="left"><a href="#I_Gebete_nach_den_vorgeschriebenen_taglichen_Gebeten_zu_lesen"><br /><b>I. Gebete nach den vorgeschriebenen täglichen Gebeten zu lesen.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Allgemeines_Morgengebet"><br /><b> Allgemeines Morgengebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Allgemeines_Abendgebet"><b> Allgemeines Abendgebet.</b></a></td></tr> +<tr><td align="left"><a href="#II_Gebete_fur_jeden_Tag_der_Woche"><br /><b>II. Gebete für jeden Tag der Woche.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Sonntage"><br /><b>Am Sonntag.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Morgengebet1"><b> Morgengebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_3-4"><b> Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 3-4.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Abendgebet1"><b> Abendgebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Montag"><b>Am Montag.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Morgengebet2"><b> Morgengebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Betrachtung_uber_1_B_M_1_6-8"><b> Betrachtung über 1. B. M. 1, 6-8.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Abendgebet2"><b> Abendgebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Dienstag"><b>Am Dienstag.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Morgengebet3"><b> Morgengebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Betrachtung_uber_1_B_M_1_9-13"><b> Betrachtung über 1. B. M. 1, 9-13.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Abendgebet3"><b> Abendgebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Mittwoch"><b>Am Mittwoch.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Morgengebet4"><b> Morgengebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_14-19"><b> Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 14-19.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Abendgebet4"><b> Abendgebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Donnerstag"><b>Am Donnerstag.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Morgengebet5"><b> Morgengebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_20-23"><b> Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 20-23.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Abendgebet5"><b> Abendgebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Freitag"><b>Am Freitag.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Morgengebet6"><b> Morgengebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_24-31"><b> Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 24-31.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Abendgebet6"><b> Abendgebet.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Sonnabend"><b>Am Sonnabend.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Sabbat-Morgen"><b> Am Sabbat-Morgen.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Beim_Ausheben_der_Thora_am_Sabbat"><b> Beim Ausheben der Thora am Sabbat.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Bei_der_Verkundigung_des_Neumondes24"><b> Bei der Verkündigung des Neumondes.[24]</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Ein_anderes_Gebet_bei_der_Verkundigung_des_Neumondes"><b> Ein anderes Gebet bei der Verkündigung des Neumondes.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Sabbat-Nachmittag"><b> Am Sabbat-Nachmittag.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Neumondstage"><b> Am Neumondstage.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Sabbat-Abend"><b> Sabbat-Abend.</b></a></td></tr> +<tr><td align="left"><a href="#III_Gebete_an_den_Feiertagen"><br /><b>III. Gebete an den Feiertagen.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Abendgebet_an_den_drei_Festen_Pessach_Schabuoth_Wochen-_und_Succoth"><br /><b> Abendgebet an den drei Festen: Peßach, Schabuoth (Wochen-) und Succoth</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Morgengebet_fur_den_ersten_und_zweiten_Tag_des_Pessachfestes"><b> Morgengebet für den ersten und zweiten Tag des Peßachfestes.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Ein_anderes_Gebet_fur_den_Pessachmorgen"><b> Ein anderes Gebet für den Peßachmorgen.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Morgengebet_an_den_beiden_letzten_Tagen_des_Pessachfestes"><b> Morgengebet an den beiden letzten Tagen des Peßachfestes.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Morgengebet_am_Wochenfeste"><b> Morgengebet am Wochenfeste.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Neujahrsfest_Rosch_Haschana"><b>Am Neujahrsfest (Rosch Haschana).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Vorabend_des_Festes"><b> Am Vorabend des Festes.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Neujahrstag"><b> Neujahrstag.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Beim_Schofarblasen"><b> Beim Schofarblasen.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_grossen_Versohnungsfeste_Jom_hakippurim"><b>Am großen Versöhnungsfeste (Jom hakippurim).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Zu_Anfang_des_Abendgottesdienstes_Kol_nidre"><b> Zu Anfang des Abendgottesdienstes (Kol nidre).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Zum_Morgengottesdienst_Schacharis"><b> Zum Morgengottesdienst (Schacharis).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Beim_Mittagsgebet_Mussaph"><b> Beim Mittagsgebet (Mussaph).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Beim_Nachmittagsgebet_Mincha38"><b> Beim Nachmittagsgebet (Mincha[38]).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Zum_Schlussgebet_Neilah"><b> Zum Schlußgebet (Neïlah).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Laubhuttenfest_Succoth"><b>Am Laubhüttenfest (Succoth).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Laubhuttenfest_als_Erntefest46"><b> Am Laubhüttenfest als Erntefest.[46]</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Schlussfeste_Schemini_Azeres"><b> Am Schlußfeste (Schemini Azeres).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Freudenfeste_uber_die_Thora_Simchas_Thora"><b> Am Freudenfeste über die Thora (Simchas Thora).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Feste_der_Tempelweihe_Chanuka_Lichterfest"><b> Am Feste der Tempelweihe (Chanuka, Lichterfest).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Purimfest"><b> Am Purimfest.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Tage_der_Zerstorung_des_Tempels_Tischoh_bab"><b> Am Tage der Zerstörung des Tempels (Tischoh b'ab).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Schlussgebet_beim_Gottesdienste_Olenu"><b> Schlußgebet beim Gottesdienste (Olenu).</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Die_Hausfrau_wenn_sie_Chala_nimmt"><b> Die Hausfrau, wenn sie Chala nimmt.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Die_Hausfrau_wenn_sie_die_Sabbatlichter_oder_die_Festlichter_anzundet"><b> Die Hausfrau, wenn sie die Sabbatlichter oder die Festlichter anzündet.</b></a></td></tr> +<tr><td align="left"><a href="#I_Am_Geburtstage"><br /><b>IV. Gelegenheitsgebete.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#I_Am_Geburtstage"><br /><b> Am Geburtstage.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#II_Am_Verlobungstage"><b> Am Verlobungstage.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#III_Am_Hochzeitstage"><b> Am Hochzeitstage.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#IV_In_einer_glucklichen_Ehe"><b> In einer glücklichen Ehe.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#V_In_einer_kinderlosen_Ehe"><b> In einer kinderlosen Ehe.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#VI_In_der_Schwangerschaft"><b> In der Schwangerschaft.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#VII_Vor_der_Niederkunft"><b> Vor der Niederkunft.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#VIII_Nach_der_Niederkunft"><b> Nach der Niederkunft.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#IX_Bei_der_Beschneidung"><b> Bei der Beschneidung.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#X_Eine_Wochnerin_beim_ersten_Gang_ins_Gotteshaus"><b> Eine Wöchnerin beim ersten Gang ins Gotteshaus.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XI_Beim_ersten_Gang_ins_Gotteshaus_nach_der_Geburt_eines_totgeborenen"><b> Beim ersten Gang ins Gotteshaus nach der Geburt eines totgeborenen</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XII_Eine_Ehegattin"><b> Eine Ehegattin.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XIII_Eine_Tochter_fur_die_Eltern"><b> Eine Tochter für die Eltern.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XIV_Im_Witwenstande"><b> Im Witwenstande.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XV_Eine_Waise"><b> Eine Waise.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XVI_Im_Alter"><b> Im Alter.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XVII_Bei_der_Fortreise_von_der_Heimat"><b> Bei der Fortreise von der Heimat.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XVIII_Fur_einen_Abwesenden_der_auf_der_Reise_ist"><b> Für einen Abwesenden, der auf der Reise ist.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XIX_Wenn_ein_Kind_auf_Reisen_ist_fuge_man_hinzu"><b> Wenn ein Kind auf Reisen ist, füge man hinzu:</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XX_Gebete_in_jeder_Art_der_Not_und_Seelenangst"><b> Gebete in jeder Art der Not und Seelenangst.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XXI_Gebete_in_Krankheit"><b>Gebete in Krankheit.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Besonders_in_bedenklicher_Krankheit"><b> Besonders in bedenklicher Krankheit.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Bei_derselben_Veranlassung_in_Bibelversen"><b> Bei derselben Veranlassung in Bibelversen.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Vor_einer_gefahrlichen_Operation"><b> Vor einer gefährlichen Operation.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Furbitte_fur_einen_Kranken"><b> Fürbitte für einen Kranken.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Der_Kinder_Gebet_fur_einen_kranken_Vater_oder_eine_kranke_Mutter83"><b> Der Kinder Gebet für einen kranken Vater oder eine kranke Mutter.[83]</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Dankgebet_nach_einer_uberstandenen_Krankheit"><b> Dankgebet nach einer überstandenen Krankheit.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Gebet_fur_Kranke_Nach_dem_Hebraischen"><b> Gebet für Kranke. (Nach dem Hebräischen)</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Betet_man_fur_einen_andern_so_fuge_man_hinzu"><b> Betet man für einen andern, so füge man hinzu:</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XXII_Gebete_wahrend_einer_ansteckenden_Krankheit"><b>Gebete während einer ansteckenden Krankheit.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Gebet_um_Mut"><b> Gebet um Mut.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Trostung"><b> Tröstung.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Ergebenheit_in_Gottes_Willen"><b> Ergebenheit in Gottes Willen.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Gebet_um_das_Morgen-und_Abendgebet_im_Gotteshause_oder_daheim_zu"><b> Gebet um das Morgen-und Abendgebet im Gotteshause oder daheim zu</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Ein_anderes_Gebet_um_die_Morgen-und_Abendandacht_zu_beschliessen"><b> Ein anderes Gebet, um die Morgen-und Abendandacht zu beschließen.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XXIII_Gebete_auf_dem_Friedhof"><b>Gebete auf dem Friedhof.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Jahrestage_des_Todes_eines_der_Eltern"><b> Am Jahrestage des Todes eines der Eltern.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Ein_anderes_Gebet_bei_derselben_Veranlassung"><b> Ein anderes Gebet bei derselben Veranlassung.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Grabe_des_Vaters_am_Jahrestage_seines_Todes"><b> Am Grabe des Vaters, am Jahrestage seines Todes.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Grabe_der_Mutter_am_Jahrestage_ihres_Todes"><b> Am Grabe der Mutter, am Jahrestage ihres Todes.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Grabe_eines_Kindes"><b> Am Grabe eines Kindes.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Eine_Witwe_am_Grabe_ihres_Mannes"><b> Eine Witwe am Grabe ihres Mannes.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_Grabe_eines_gefallenen_Vaterlandsverteidigers"><b> Am Grabe eines gefallenen Vaterlandsverteidigers.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Beim_Grabe_eines_Verwandten"><b> Beim Grabe eines Verwandten.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Am_legten_Tage_im_Jahre_Ereb_Rosch_Haschonoh"><b> Am legten Tage im Jahre. (Ereb Rôsch Haschonoh.)</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XXIV_Schluss"><b> Schluß</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Dankgebet_bei_Vollendung_eines_Werkes"><b>Dankgebet bei Vollendung eines Werkes.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XXV_Anhang"><b>Anhang.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Esehu_Mekomon"><b> Esehu Mekômon.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XXVI_Freitagabendbetrachtung"><b> Freitagabendbetrachtung.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#Bame_madlikin"><b> Bame madlikin.</b></a></td></tr> +<tr><td><a href="#XXVII_Betrachtung_zum_Mussaphgebet"><b> Betrachtung zum Mussaphgebet.</b></a></td></tr> +</table> +<hr style="width: 65%;" /> + +<p><span class='pagenum'><a name="Page_1" id="Page_1">[Pg 1]</a></span></p> +<h2><a name="Zu_Hause_ehe_man_ins_Gotteshaus_geht" id="Zu_Hause_ehe_man_ins_Gotteshaus_geht"></a><b>Zu Hause, ehe man ins Gotteshaus geht.</b></h2> + +<p class="r"> +»Israel! bereite dich vor, vor deinen<br /> +Gott zu treten.« (Amos 4, 12.)<br /> +</p> + + +<p>Es dürstet meine Seele nach dir, o Gott, nach dir, dem lebendigen Gott, +und ich will eilen nach deinem Heiligtume, wo dein Name angebetet wird, +wo deine Gemeinde sich versammelt, um dich anzurufen, dir zu danken, +dich zu loben und dich zu preisen. O! bereits auf dem Wege dahin läutere +du meinen Sinn, heilige du meinen Geist, und zünde du in meiner Brust +die Andachtsflamme an, die mich und meine Brüder an der heiligen, dir +geweihten Stätte durchglühen soll. Denn wohl weiß ich, daß du, den die +Himmel und aller Himmel Himmel nicht umfassen, nicht in dem Hause +wohnest, das von Menschenhänden erbaut worden, daß du, dessen +Herrlichkeit Himmel und Erde erfüllt, mir überall nahe bist, wo ich auch +sein mag; wohl weiß ich, daß das fromme Gebet, welches meine Seele in +meiner Einsamkeit stillen Kammer zu dir empor sendet, auch Gnade und +Erhörung vor dir findet, aber auch dies weiß ich, daß der Geist des +wahren Gebets, der nicht persönliches Wohl, sondern das Wohl und Heil +aller sucht, der nicht bloß das Glück und die Wohlfahrt der Erde, +sondern auch das Nahen des himmlischen Reiches erfleht, der nichts +begehrt, nichts fordert, sondern nur im Glauben und in der Erkenntnis +sein Höchstes findet und sein treues Bekenntnis dieses Glaubens vor +aller Welt ablegen möchte;—ich weiß, daß dieser Geist des wahren Gebets +mir fehlen würde, so dessen Flamme, die zuerst in der Mitte der +Gottesgemeinde angefacht wurde, nicht auch in ihr stets Nahrung fände. +Was ich glaube, und um was ich bete, und wonach mein Herz sich sehnt, +soll ja nicht in meinem Innern verborgen bleiben, es soll ja auch als +ein freudiges Zeugnis auf meinen<span class='pagenum'><a name="Page_2" id="Page_2">[Pg 2]</a></span> Lippen hervortreten und vor der Welt, +so wie vor anderen Glaubensbrüdern von mir als meines Lebens Schild und +als ein köstlicher Schatz gepriesen werden. Ach, sind ja leider so +viele, welche in Leichtsinn hinleben, so daß sie die Bande lösen, die +sie mit der Gemeinde innigst verbinden sollten, und welche jedes +Kennzeichen auslöschen, das sie an ihren väterlichen Glauben erinnern +könnte; aber desto mehr will ich die Stätte aufsuchen, wo Israeliten +sich sammeln, um dich in jüdischer Weise zu verehren. Schon dies, daß +mein Gang nach dem Bethause gerichtet ist, schon dies soll ein Zeugnis +sein, das ich vor der Welt ablege, daß ich zu dieser heiligen +Gemeinschaft gehöre, und daß ich über den Spott und Hohn erhaben bin, +womit jene, die sich die Weisen der Welt nennen, auf diejenigen sehen, +die dich, o Ewiger, nach ihrer Väter Weise verehren. Und wie sehr wird +nicht meine Andacht, meine fromme Sehnsucht durch den Gedanken erhöht: +Ich stehe nicht allein mit meinem Gebet vor dir, stehe nicht allein mit +der Glaubensschar, die sich da versammelt, sondern stehe mit dieser als +ein Glied der ganzen Gemeinde Israels da; denn wunderbar hast du, o +Herr, es so gefügt, daß meine Glaubensgenossen fast überall, in heißer +wie in kalter Zone, da, wo ihnen die Sonne der Freiheit zulächelt, wie +dort, wo sie unter Druck seufzen, daß sie fast überall sich doch vor dir +zur selbigen Zeit und Stunde sammeln und dieselben bedeutungsvollen, +Vertrauen und Demut atmenden Worte ihren Lippen entströmen lassen, so +daß ein Laut in gemeinsamer Andacht und Seelenerhebung zu deinem Thron +von dem ganzen jüdischen Volke emporsteigt. Nein, nicht allein stehe ich +da; denn unzählige der hingeschwundenen Geschlechter erheben sich +gleichsam vor meinem andächtigen Blick von ihren Ruhestätten, sowohl +die, welche in unterirdischen Höhlen, als die, welche unter klarem +Himmelszelte<span class='pagenum'><a name="Page_3" id="Page_3">[Pg 3]</a></span> auf ihren Wanderungen dieselben Gebete gebetet, ja mit +diesen auf den Lippen ihr Leben aushauchten, indem sie den Märtyrertod +erlitten;—mit allen diesen fühle ich mich vereint, indem ich die Worte +ausspreche, die prophetische Zungen verkündigt, die heilige, von deinem +Geist beseelte Sänger gesungen, und die so viele Zeitalter hindurch uns +unter so mannigfaltigen Versuchungen und Prüfungen die Reinheit unserer +heiligen Lehre, sowie die Einfalt und Eintracht im Glauben in unsrer +Mitte bewahrt haben.—O, so leite du denn meine Schritte, wenn ich in +dein Haus wandere, so stärke du meinen Geist, daß er dort von solchen +Vorsätzen erfüllt werde, solche Eindrücke empfange und bewahre, daß nie +das innige Verlangen, dein Haus aufzusuchen, von mir weiche, und auch +nicht die Überzeugung und Gewißheit mir verloren gehe, daß du an solch +gemeinsamer Anbetung Wohlgefallen habest. Stärke du mich, o Gott, auf +daß mein Glaube dem gleiche, der den Vater der Gläubigen beseelte, als +er sein Opfer dir brachte, und gib mir Kraft, daß ich, wie er die +Raubvögel,<a name="FNanchor_1_1" id="FNanchor_1_1"></a><a href="#Footnote_1_1" class="fnanchor">[1]</a> die trüben Zweifel, die verkehrten Einwendungen +verscheuche, wenn sie meine Andacht mir rauben wollen; laß darum mein +Auge dort in deinem Hause nur auf das achten, was mich erheben und zur +Andacht stimmen kann. Laß mich erkennen, daß du uns nach unserm Herzen +und unsern Gesinnungen richtest, auf daß Frömmigkeit mich leite, Andacht +mich entflamme, und meine Schritte dir wohlgefallen, wenn ich in +zahlreicher Versammlung dich anbete;<a name="FNanchor_2_2" id="FNanchor_2_2"></a><a href="#Footnote_2_2" class="fnanchor">[2]</a> ja sende mir, Vater im Himmel, +dein Licht und deine Wahrheit, daß sie mich führen und leiten nach +deinem heiligen Berge und zu deiner Wohnung.<a name="FNanchor_3_3" id="FNanchor_3_3"></a><a href="#Footnote_3_3" class="fnanchor">[3]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<p><span class='pagenum'><a name="Page_4" id="Page_4">[Pg 4]</a></span></p> + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Nach_dem_Eintritt_ins_Gotteshaus" id="Nach_dem_Eintritt_ins_Gotteshaus"></a><b>Nach dem Eintritt ins Gotteshaus.</b></h2> + + +<p>2. Wie überwältigt werde ich von Gefühlen des Dankes und der Ehrfurcht, +indem ich an dieser Stätte weile, Gefühle des Dankes, daß du, o Gott, es +dem Sohne des Staubes gestattest, sich zu dir zu erheben, daß du in +deiner Liebe ihn selbst dazu aufgefordert »dein Antlitz zu suchen«, daß +du uns eine Stätte gegeben hast, wo du deine Herrlichkeit unter uns +thronen lassen willst.—O Unendlicher, welche Ehrfurcht durchbebet mich, +daß ich, ein Kind des Staubes, Zutritt zu deinem Hause habe und mich +dir, dem Allheiligen, nähern kann, daß ich vor dich alles bringen darf, +was mein Herz beschwert, zu dir für mein Wohl und das Wohl der Meinen, +für die Gläubigen und mit ihnen, ja für die ganze Menschheit beten kann! +So hast du in deiner Güte uns gesegnet und uns erhoben. O, laß mich +dieser deiner Gnade nimmer vergessen und laß mich während meines Betens +stets eingedenk sein, vor wem ich stehe, auf daß du mich würdig findest, +ein Träger deines Geistes zu sein. Entferne du von mir jeden fremden und +unseligen Gedanken, daß weder die Lust der Welt noch ihr Schmerz den +reinen Aufschwung der Seele hindere. O, daß alle, die mit mir hier +versammelt sind, voll Demut dich in einem Geiste anbeten, und wir so +eine echt israelitische, heilige Brudergemeinde bilden möchten, über +welche du selbst »den Geist des Gebetes und der Gnade« ausgegossen!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Ein_anderes_Gebet" id="Ein_anderes_Gebet"></a><b>Ein anderes Gebet.</b></h2> + + +<p>3. So hast du, mein Gott, mich gestärkt und gewürdigt, <span class='pagenum'><a name="Page_5" id="Page_5">[Pg 5]</a></span>dein Haus zu +betreten, wo alles mir verkündigt:»Hier ist die Pforte des Herrn, +Gerechte treten da ein;«<a name="FNanchor_4_4" id="FNanchor_4_4"></a><a href="#Footnote_4_4" class="fnanchor">[4]</a> o, daß ich zu diesen mich zählen dürfte! +Ach, daß dein Himmel mir offen stünde, wenn ich aus ganzer Seele dich im +Gebete suche! O, gewähre mir Verzeihung, daß ich rein werde, erschaffe +in mir ein reines Herz, verjünge ein festes Gemüt in meinem Innern, auf +daß jedes Wort, das über meine Lippen geht, mich in heilige Gemeinschaft +mit dir bringe! Erhebe mich über die Lust und den Schmerz der Welt, +befreie mich von jeder Sorge und jedem Kummer, auf daß ich mich in dir +und mit dir fühle, glückselig wie die Geister des Himmels in deiner +Anbetung, und auf daß ich es mit ganzer Seele empfinde,»wie köstlich +deine Huld den Menschenkindern ist, die im Schatten deiner Fittige sich +bergen, auf daß ich an deines Hauses Segen mich labe und an dem Strome +deiner Gnade mich erquicke«.<a name="FNanchor_5_5" id="FNanchor_5_5"></a><a href="#Footnote_5_5" class="fnanchor">[5]</a> Laß mich auch diesen Segen mit hinaus +aus diesem Hause nehmen, daß ich überall deine heilige Nähe fühle und +überall dir zum Wohlgefallen lebe!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="I_Gebete_nach_den_vorgeschriebenen_taglichen_Gebeten_zu_lesen" id="I_Gebete_nach_den_vorgeschriebenen_taglichen_Gebeten_zu_lesen"></a>I. Gebete nach den vorgeschriebenen täglichen Gebeten zu lesen.</h2> + + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Allgemeines_Morgengebet" id="Allgemeines_Morgengebet"></a>Allgemeines Morgengebet.</h2> + +<p> +Dein, o Herr, ist der Tag. (Ps. 74, 16.)<br /> +</p> + + +<p>4. Alliebender Vater im Himmel! Wie kann ich dir genug für all deine +Güte danken, die du mit jedem Morgen mir erneuerst. Deine Gnade hat über +mich wiederum diese Nacht gewacht und mir in erquickendem Schlafe neue<span class='pagenum'><a name="Page_6" id="Page_6">[Pg 6]</a></span> +Kraft und Stärke geschenkt! Während viele sie in Kummer und Unruhe haben +zubringen müssen, hast du über mich und die Meinigen gewacht! Gesund und +froh grüße ich wiederum diese Morgenstunde und freue mich des Anblicks +meiner Teuren und Lieben. O, ich bin zu gering für all die Gnade und für +all die Treue, die du mir erweisest, und doch drängt es mich, dich +anzuflehen, daß du auch heute mir deine Gnade und deinen Beistand +schenkest. Laß auch diesen Tag mir Segen bringen und mich zu dir führen. +Dir seien meine Gedanken alle geheiligt, in deinem Namen werde mein +Tagewerk durchgeführt! Leite du mich mit deiner Hand, auf daß ich nicht +strauchle und von deinen göttlichen Geboten nicht weiche, daß ich mit +Gewissenhaftigkeit die Pflichten meines Berufes übe und stets eingedenk +sei, daß du einst mich zur Rechenschaft ziehen wirst für jegliche +Stunde, die versäumt worden. Läutere du darum mein Herz und breite über +meine Seele den stillen Frieden aus, auf daß ich der Kämpfe nicht achte, +die du uns in unserem Berufe auferlegst, und nicht ermatte unter den +Mühen und Beschwerden, die mit diesem verbunden sind! Erneuere stets die +Liebe zu dir in meinem Innern, auf daß ich dich suche und dir diene mit +allen meinen Kräften! Laß mich unter meinen Mitmenschen mit einem +liebenden Sinn wandeln, der niemanden beleidigt und der zum Verzeihen +bereit ist, so daß ich sanftmütig und versöhnlich gegen jedermann sei, +dem ich heute begegne! Gedenk, o Gott, daß ich Staub bin, und laß mich +frei sein von schweren Prüfungen. So du aber in deiner Weisheit es für +gut findest, solche über mich zu verhängen, dann halte du mich aufrecht +mit deiner Rechten, und leite du mich mit deinem Rate, auf daß ich nicht +wanke und nicht verzage.»Gott, mein Gott, leite meine Schritte nach +deinem Worte, sei<span class='pagenum'><a name="Page_7" id="Page_7">[Pg 7]</a></span> mein Schild, meine Zuflucht den ganzen Tag; Lob und +Preis dir in aller Ewigkeit!«<a name="FNanchor_6_6" id="FNanchor_6_6"></a><a href="#Footnote_6_6" class="fnanchor">[6]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Allgemeines_Abendgebet" id="Allgemeines_Abendgebet"></a>Allgemeines Abendgebet.</h2> + +<p> +Dein, o Herr, ist auch die Nacht. (Ps. 74, 16.)<br /> +</p> + + +<p>5. Mein Gott! der Tag ist dahin; ich suche Erholung nach der Arbeit +desselben, und bevor ich mich den Armen des Schlafes übergebe, führt mir +die Stille der Nacht noch einmal alles vor die Seele, was ich heute +gesehen und erlebt, alles, was ich heute getan und vollbracht habe. Ach! +wie könnt' ich dir für die vielen Wohltaten genugsam danken, die du +heute wiederum mir und allen denen, die mir lieb und teuer sind, +erwiesen hast. Du hast nicht nur über meine Schritte gewacht, vor +Gefahren mich beschirmt, zu meinem Werke mich gestärkt, und mit allem +mich gesegnet, dessen ich bedarf, sondern du hast auch mit so mancher +Gabe mich erfreut, mit so mancher Freude mich erquickt; aber auch selbst +durch das, was mir für einen Augenblick Kummer und Schmerz verursachte, +hast du mich zu dir hingezogen und mich innerlich glückselig gemacht. O! +wie demütiget es mich, wenn ich alles dessen gedenke und dann vor meiner +Seele alles das vorüberziehen lasse, was ich heute gedacht und getan. +Wie oft habe ich nicht dein vergessen, wie oft wurde ich nicht von +sündiger Lust erfüllt, für die meine Seele keinen Raum gehabt, wenn der +Gedanke, daß du allgegenwärtig seiest, und daß du mein Inneres +erforschest, mich ganz erfüllt hätte; ach, und wie wenig geben die +Werke, die ich vollführt, wohl Zeugnis davon, daß ich von Liebe zu dir +beseelt bin, die mich eifrig und treu in meinem Berufe,<span class='pagenum'><a name="Page_8" id="Page_8">[Pg 8]</a></span> unverdrossen +und liebevoll gegen meinen Nächsten hätte machen sollen. O, reuevoll +schaue ich auf den verflossenen Tag zurück, und mit aufrichtiger Buße +flehe ich um deine väterliche Vergebung. Ich will daher selbst, ehe mein +Auge sich zum Schlafe schließt, allen denen vergeben, die mir zuwider +gehandelt, und mich zu kränken und zu verletzen gesucht haben. Nimm du +mich in deinen gnädigen Schutz, schenke mir und den Meinigen nächtliche +Ruhe, daß wir durch einen ungestörten und erquickenden Schlaf für den +kommenden Tag gestärkt werden, der dir durch einen gerechten und frommen +Wandel geheiligt sein möge! Ja, laß die Nacht ihren erquickenden +Schatten über alle ausbreiten, daß der Müde und Bekümmerte Kraft und +Trost und der Gekränkte und Leidende Beruhigung und Stärkung in dem +Segen des Schlafes finde; und jedem, der auf dem Schmerzenslager +stöhnend klagt, der in Krankheit oder Bekümmernis ängstlich fragt:»Ist +wohl die Nacht bald vorbei?«<a name="FNanchor_7_7" id="FNanchor_7_7"></a><a href="#Footnote_7_7" class="fnanchor">[7]</a> dem führe lindernde Hoffnung, Geduld und +inniges Vertrauen auf dich zu, auf dich, für den »die Nacht leuchtet +gleich dem Tage!« Bewahre mich vor Gefahr und Unglück und laß mich nach +der Erquickung der Nacht mit dem innigen Verlangen, dir zu dienen, +erwachen!»In deine Hand befehle ich meinen Geist, du beschirmst mich, +wahrhafter und gnädiger Gott!«<a name="FNanchor_8_8" id="FNanchor_8_8"></a><a href="#Footnote_8_8" class="fnanchor">[8]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="II_Gebete_fur_jeden_Tag_der_Woche" id="II_Gebete_fur_jeden_Tag_der_Woche"></a>II. Gebete für jeden Tag der Woche.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Sonntage" id="Am_Sonntage"></a>Am Sonntage.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Morgengebet1" id="Morgengebet1"></a>Morgengebet.</h2> + + +<p>6. Eine neue Woche hast du, o gnadenvoller Vater, für mich erscheinen +lassen, und eine neue Zeit schenkst du<span class='pagenum'><a name="Page_9" id="Page_9">[Pg 9]</a></span> mir wieder, um für mein Wohl zu +leben und zu wirken. O, so beseele mich denn mit Ernst und Freudigkeit, +auf daß ich das Werk vollführe, das du mir angewiesen. Laß mich die neue +Woche damit beginnen, daß ich die heiligen Vorsätze ausführe, die ich +gestern gefaßt habe, laß es mir trotz meiner Schwäche gelingen, durch +meine Fürsorge und Arbeit das Wohl meiner Brüder zu fördern und zum +Wohle der menschlichen Gesellschaft mitzuwirken. Verleihe mir vor allem +deinen Beistand, daß ich denen ein gutes Beispiel gebe, in deren Mitte +ich wirke; stärke mich, daß ich auf reinen Wandel achte, jedes meiner +Worte wohl bedenke und auf jede meiner Handlungen wohl aufmerksam sei, +und in der Freude wie im Schmerze mich als ein gottesfürchtiges und +gottergebenes Kind zeige, das stets deinen Willen zu erfüllen sucht. +Stehe mir zur Seite bei den Mühen und Arbeiten dieser Woche, daß die +Mühsal des Tages mir zum Segen werde, und die Freuden, die du mir +bereitest, mich unaufhörlich erinnern an den Dank, den ich dir schulde. +Stärke mich, daß ich die Widerwärtigkeiten und Unannehmlichkeiten +duldend ertrage und selbst denen mich liebevoll erweise, die mich in +dieser Woche zu betrüben suchen. Lehre mich deine Weisheit anbeten und +deine Güte auch in der schmerzlichen Stunde preisen, die dein Wille mir +auferlegen sollte, und jede glückliche, freudenreiche Stunde im +Irdischen erinnere mich an die Ewigkeit, der ich entgegengehe. Herr!»laß +mit jedem Morgen mich deine Gnade erfahren; denn auf dich hoffe ich; tue +mir den Weg kund, den ich zu wandern habe, denn es sehnt sich mein Herz +nach dir!«<a name="FNanchor_9_9" id="FNanchor_9_9"></a><a href="#Footnote_9_9" class="fnanchor">[9]</a></p> + +<p class="amen">Amen.</p> +<p><span class='pagenum'><a name="Page_10" id="Page_10">[Pg 10]</a></span></p> + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_3-4" id="Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_3-4"></a>Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 3-4.</h2> + + +<p>7. Allmächtiger, allweiser Schöpfer! Am ersten Schöpfungstage nähert +sich meine Seele dir und danket dir, daß du die Finsternis hast +schwinden lassen und wiederum, wie einst, da du über die leblose Natur +das:»Werde Licht!« riefst, mich von deinem Licht umstrahlt sein läßt, +das allem um mich her Kraft spendet und Reiz verleiht. Ach Herr, mein +Gott! du, der du so unendlich bist, der du dich hüllest in Licht wie in +ein Gewand (Ps. 104), zerstreue du die Finsternis, die noch über so +viele ausgebreitet ist, auf daß das Licht der Liebe die Herzen aller +Lebenden erleuchte und erwärme! Hilf du mir, daß ich den Weg des Lichtes +wandre, daß kein trüber Zweifel meine Seele umschleiere, keine +Versuchung mich auf die dunkle Bahn des Lasters führe. Laß deine Gnade +und Huld mir und den Meinigen zu teil werden, auf daß wir unser +tägliches Brot finden und es in Freuden genießen. Erleuchte mich mit +deinem Lichte und deiner Wahrheit, daß sie mich leiten, dich zu suchen, +dir zu dienen mit allem, was ich in dieser Woche vornehme, daß keiner +meiner Gedanken und keine meiner Taten das Licht des Tages zu scheuen +nötig habe. Verschone mich und die Meinigen von großen Sorgen, die den +Sinn beschweren, ihn niederdrücken und irre leiten. Und so zuweilen die +Aussichten trübe sind, und Angst mein Herz beschleicht, dann laß mich +eingedenk sein, daß du gnädig und barmherzig bist, und daß den Frommen +ein Licht in der Finsternis aufstrahlt (Ps. 112); laß mich eingedenk +sein, daß wir hienieden nicht das volle Licht schauen können, daß es +aber in der Ewigkeit herrlich für diejenigen strahlen wird, die dich in +Wahrheit anbeten. So nimm mich denn in deinen Schutz, und möge all mein +Streben in dieser Woche dazu beitragen, daß<span class='pagenum'><a name="Page_11" id="Page_11">[Pg 11]</a></span> ich einst würdig werde, +dieses Licht zu schauen,—»sei mir gnädig, segne mich und laß das Licht +deines Antlitzes mir leuchten!«<a name="FNanchor_10_10" id="FNanchor_10_10"></a><a href="#Footnote_10_10" class="fnanchor">[10]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Abendgebet1" id="Abendgebet1"></a>Abendgebet.</h2> + + +<p>8. Wiederum habe ich einen Tag verlebt, an welchem du mir so viele +Beweise deiner väterlichen Fürsorge und deiner rettenden Gnade gegeben, +daß ich tief fühle, was ich dir schulde, und es tief erkenne, wie wenig +ich so viel Güte verdient habe. O! mein Gott, gehe nicht ins Gericht mit +mir; denn vor dir ist kein Lebender gerecht, sondern vergib in deiner +Langmut und Barmherzigkeit meine Sünden, meine Vergehen und Irrtümer, +die ich mir im Laufe des Tages habe zu schulden kommen lassen. Erhöre +meine Seufzer, die ich in Demut emporsende, auf daß ich getrost mich zur +Ruhe legen, und nun zur Zeit, wo aller menschliche Beistand schlummert, +auf deinen Schutz vertrauen kann. O du, vor dem die Nacht hell ist wie +der Tag, sei du mein Beschützer in jeglicher Gefahr, das Licht meiner +Seele in der schaurigen Finsternis, bewahre mich vor den Schrecknissen +der Nacht, halte jegliche Krankheit von meinem Lager fern, und laß +deinen Geist mich beseelen, auch wenn ich schlummere, auf daß ich neue +Kraft gewinne, um die Kämpfe des Lebens zu bestehen, und gestärkt werde, +deinen Willen zu erfüllen. Erbarme dich der Menschenkinder und laß bald +die Nacht vor deinem himmlischen Lichte weichen, das Friede und Liebe +auf der ganzen Erde verbreitet; halte deine Hand über die, die unter dem +Dache meines Hauses schlafen, daß niemand sündige, niemand strauchle! +Dir empfehle ich alle meine Lieben, nahe und<span class='pagenum'><a name="Page_12" id="Page_12">[Pg 12]</a></span> ferne, laß mich in Frieden +schlafen und wohl und gesund wieder erwachen, um dich zu loben und zu +preisen, daß du warst die Hilfe meines Antlitzes, mein Schild, mein +Gott.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Montag" id="Am_Montag"></a>Am Montag.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Morgengebet2" id="Morgengebet2"></a>Morgengebet.</h2> + + +<p>9. So bin ich denn wieder erwacht, ich rege mich und lebe in dir, du +Lebensspender, allgütiger Gott! Ach, mit welch drückenden Gedanken begab +ich mich zur Ruhe! Kaum hoffte und erwartete ich, von den mannigfachen +Sorgen befreit zu werden, die auf meinem Herzen lasteten und meine Seele +so unruhig machten; aber du bereitetest mir einen erquickenden Schlaf, +und mit den Schatten der Nacht, die vor dem Lichte des Morgens weichen, +war alles, was mich drückte, verschwunden. Nun fühle ich mich wie neu +geschaffen und schaue mit Vertrauen auf zu deiner unendlichen Güte, die +über mich wachet. Unschlüssig war ich und fürchtete den kommenden Tag; +aber siehe, es ist als ob du im Laufe der Nacht Entschlossenheit meiner +Seele eingegeben hättest, daß ich mit neuer Lust und freudigem Mute +heute wieder an mein Werk gehe. O, möchte doch mein Vertrauen auf dich +nie wanken, o, möchte es mich doch auch heute zu meinem Werke begleiten, +daß ich, was mir auch heute begegne, doch stets eingedenk bleibe und mit +ergebenem Sinne erkenne, daß du der Herr bist, und daß du tuest, was gut +in deinen Augen ist! Verleihe mir aber auch die Kraft, in meinem Streben +und Wirken würdig zu bleiben, das Auge zu dir erheben zu dürfen, daß ich +stets auf deine väterliche Hilfe und auf deinen Schutz vertraue, daß +kein falsches Vertrauen sich in mein Herz schleiche, und daß ich nicht +durch unermüdliches<span class='pagenum'><a name="Page_13" id="Page_13">[Pg 13]</a></span> Jagen nach den vergänglichen Dingen, durch +Eigennutz, Genußsucht oder Eitelkeit das Glück und den Segen verscherze, +den du allen denen verheißen, die ihre Hoffnung auf dich setzen. So +stärke mich denn, daß ich arbeite, ohne zu ermüden, daß ich mit +dankbarem Sinn jede Freude genieße, die du mir schenktest, und ich zum +Segen wirke! Laß mich nie Ärgernis und Anstoß verursachen, sondern in +der Zeit als einen leben, der die Ewigkeit vor Augen hat! O, du ewiger +Gott, sei mir gnädig, segne und bewahre mich! Ja, ich will nicht +verzagen; denn meine Hilfe kommt von dir, der du geschaffen Himmel und +Erde.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Betrachtung_uber_1_B_M_1_6-8" id="Betrachtung_uber_1_B_M_1_6-8"></a>Betrachtung über 1. B. M. 1, 6-8.</h2> + + +<p>10. Allmächtiger Schöpfer, alliebender Gott! Ich danke dir, daß du mich +wieder den zweiten Wochentag hast schauen lassen den Himmel, der sich +noch über mir wölbt, wie du ihn einst am zweiten Schöpfungstage über die +Erde ausgespannt hast. So leuchtete sofort deine Herrlichkeit über dem +Staube, daß wir dadurch erinnert würden, daß die Seligkeit des Himmels +das Ziel für den Erdenkampf sei, und in der Ruhe und in dem Frieden, der +von dem sichtbaren Himmelsbogen widerstrahlt, spiegelt sich für den +Menschen der selige Friede des unsichtbaren Himmels ab. Bei aller Not +und Sorge des Lebens soll der Mensch zum Himmel empor schauen und dort +die Tröstung und Erquickung suchen, die die Erde nicht zu gewähren +vermag, und in den Versuchungen der Welt, in ihrem Kampf und Streit soll +er von deinem Himmel Kraft und Freiheit holen. Aber darf auch ich wohl +meinen Blick zum Himmel erheben?—O, nur der kann freudig empor in die +Höhe sehen, der das tut, was dir wohlgefällig ist! Hab ich dieses getan? +War ich stets eingedenk, daß ich überall in deinem Heiligtum<span class='pagenum'><a name="Page_14" id="Page_14">[Pg 14]</a></span> bin, da +überall der Himmel über mir ausgebreitet ist, der deine Herrlichkeit Tag +für Tag verkündet? Habe ich mich wohl auf Geistesschwingen zum Himmel +gehoben, während mein Fuß zur Erde gestellt war—leuchtete ein Himmel +der Liebe aus meinem Auge, wenn ich mit meinen Menschenbrüdern +verkehrte? O Gott, sei mit mir heute, daß ich jede Versuchung besiege, +jede sündige Lust bezwinge, und daß jeder meiner Gedanken, jedes meiner +Worte und jede meiner Taten von der Klarheit des Himmels widerscheine, +daß mein Wandel dir wohlgefalle, und die Liebe des Himmels mich einst +verkläre bei dir, du, mein Gott, dessen Huld so erhaben ist, wie der +Himmel über der Erde, du, der du meine Sünden vergibst und mich krönest +mit Barmherzigkeit und Gnade.<a name="FNanchor_11_11" id="FNanchor_11_11"></a><a href="#Footnote_11_11" class="fnanchor">[11]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Abendgebet2" id="Abendgebet2"></a>Abendgebet.</h2> + + +<p>11. Wie, o Gott, soll ich dir danken für alle Wohltaten, die du mir +heute erwiesen? O, nicht nur, daß du in Gnade deine Hand über mich +gehalten und mich das tägliche Brot für mich und die Meinigen hast +finden lassen—nein, sieh in reichlichem Maße hast du mir dasselbe +vergönnt, und vorzüglich danke ich dir für die besondere Tröstung und +Ermunterung, die mich heute so unerwartet erquickt hat. Ach wie +glücklich machte mich nicht der geringste Dank, den ich durch deine +Gnade erntete und die Freude, die der eine und andere meiner Mitwanderer +hier im Leben, mir, gewiß nach deiner gütigen Eingebung, bereitet hat. +Nein! ich kann mich nicht in die Arme des Schlafes werfen, ohne dich um +Vergebung zu bitten, daß ich so oft über die Bürden des Lebens und über +den Undank<span class='pagenum'><a name="Page_15" id="Page_15">[Pg 15]</a></span> und die Verkennung der Welt geseufzt habe! Sah ich nicht +heute, wie hoch mein Herz sich freute und sich freuen mußte bei dem +geringsten Dank, bei dem aufmunternden Lohne, den ich zuweilen erntete, +und wie solch' selige Augenblicke gerade in Stunden der Ermüdung und +Erschlaffung eintreten! Und wenn ich noch bedenke die himmlischen +Augenblicke, in welchen es mir vergönnt war, die Hände der Schwachen, +die Knie der Wankenden zu stärken, wo ich durch deinen Beistand es +vermochte, zu trösten und zu beruhigen, durch meine Anerkennung der +Wirksamkeit anderer imstande war, sie zu erneuetem Fleiße +anzuspornen,—o, dann überströmt mein Herz von Dank und Freude; ich will +nicht mehr klagen, ich will jede Stunde recht benutzen, um so meine +Mitmenschen zu erfreuen, auf daß auch ihre Seelen Ruhe in dir finden. +Stärke mich hierzu, o mein Gott, dazu empfehle ich meinen Geist deinem +Schutze!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Dienstag" id="Am_Dienstag"></a>Am Dienstag.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Morgengebet3" id="Morgengebet3"></a>Morgengebet.</h2> + + +<p>12. Allgütiger Gott! Nimm das Morgenopfer meines Herzens als Dank +entgegen für die neuen Beweise deiner Gnade, die du mir in der +verflossenen Nacht gegeben. Ach, wie viele haben diese nicht in Unruhe +und Kummer verbracht, und von wie vieler Lager wurde nicht der Schlaf +durch Angst und Sorge verscheucht; ich aber wurde verschont, die +Meinigen hast du beschirmt! o, wie wenig habe ich doch so viele Gnade +verdient! So manchen Morgen erwachte ich nur mit neuen Wünschen und +vergaß es, wie sehr du mich bereits gesegnet, und wie vielen Dank ich +dir schulde; doch heute steht deine Güte mir vor Augen, und o, wie +glücklich macht mich dieser Gedanke! Ach, wie<span class='pagenum'><a name="Page_16" id="Page_16">[Pg 16]</a></span> wenige fühlen doch das +Gute, das sie unablässig von deiner Hand empfangen, und wie innig muß +ich dir nicht danken, daß du durch deine heilige Lehre in mir die +Erkenntnis deiner Wohltaten geweckt hast! Und wenn ich ganz von deiner +göttlichen Lehre erfüllt wäre, o wie glücklich würde ich mich dann noch +fühlen, welch ein Born der Freude würde da unaufhörlich aus derselben +für mich fließen, selbst dann, wenn Kummer und Sorgen mich umgeben, +welche Seligkeit würde ich dann nicht aus jedem Gebote schöpfen, das ich +erfülle! O, du Ewiger! laß diesen Tag mich dem großen Ziele näher +bringen, dem ich nachstreben soll! Sei mit mir in all meinen +Bestrebungen, hilf mir in meiner Schwäche, erleuchte mich in meiner +Unwissenheit, umgürte mich mit der Kraft des Willens, laß meine Seele +alles in Klarheit schauen, mein Herz alles Edle und Heilige mit Wärme +umfassen! Rüste mich aus mit Standhaftigkeit und lege an diesem Tage +reichen Segen in meine Arbeit. Bewahre du, Ewiger, meinen Ausgang und +meinen Eingang, o, entziehe mir nicht deine Barmherzigkeit, sondern laß +deine Gnade und Treue mich stets beschirmen!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Betrachtung_uber_1_B_M_1_9-13" id="Betrachtung_uber_1_B_M_1_9-13"></a>Betrachtung über 1. B. M. 1, 9-13.</h2> + + +<p>13. Wie könnte ich wohl am dritten Tage der Woche mein Auge der +Herrlichkeit des Tages öffnen, ohne dir für deine unendliche Güte zu +danken, mit welcher du die Erde erfüllt hast und sie mit jedem Morgen +aufs neue erfüllst? An diesem Tage, so ließest du uns in der +Schöpfungsgeschichte verkünden, riefst du Gras, Kräuter und Bäume +hervor, die Frucht und Samen tragen, jegliches nach seiner Art. So hast +du, allgütiger Gott, für jedes lebende Geschöpf seinen Bedarf bereitet, +bevor es noch ins Dasein gerufen war, so hast du auch an mich gedacht,<span class='pagenum'><a name="Page_17" id="Page_17">[Pg 17]</a></span> +bevor ich noch das Tageslicht schaute, hast liebevolle Wesen bestellt, +die für mich sorgten, die mich kleideten und ernährten, mich erzogen und +leiteten, und die Erde, sie ist voll deiner Gaben. O, wie könnte ich da +verzagen und bekümmert fragen: woher soll ich Brot für meinen +Lebensunterhalt nehmen? O, getrost bete ich zu dir: Gib mir und den +Meinigen unser tägliches Brot, daß wir nie der Gabe eines Menschen +bedürfen, erhalte uns in Genügsamkeit, daß wir in bescheidenem und +prunklosem Wandel uns glücklich fühlen, jeglicher in seinem Berufe und +jeglicher in seinem Stande. Wache über die Bedürftigen und Notleidenden +und gewähre mir die Seligkeit, ihnen wie ein herrlicher Baum zu sein, +der Schutz und Erquickung über sie ausbreitet, ja, laß mich wie ein Baum +sein, der an den Wasserbächen deines göttlichen Wortes gepflanzt, reiche +Früchte trägt, und dessen Blätter nie welken. Laß, o Herr, mein Streben +und Wirken dir wohlgefällig sein und auch meinen Mitmenschen. Möchte +mein Sinn von dem Licht aus der Höhe erfüllt werden, und meine Rede wie +stärkende, erquickende Nahrung jedem sein, der darauf hört.—O, du, der +du nie den Gerechten verläßt und es ihm nie an Brot mangeln läßt, erhöre +mich und laß mich heute stark im Guten sein, errette mich von jeglicher +Sünde, auf daß du auch über mein Werk heute wie bei der Schöpfung sagen +könntest: »es war gut«,<a name="FNanchor_12_12" id="FNanchor_12_12"></a><a href="#Footnote_12_12" class="fnanchor">[12]</a> gut für das zeitliche und gut für das ewige +Leben.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Abendgebet3" id="Abendgebet3"></a>Abendgebet.</h2> + + +<p>14. Der Tag ist dahin gegangen, o, so schnell, so sehr schnell bei +Arbeit und Freude und unter deinem<span class='pagenum'><a name="Page_18" id="Page_18">[Pg 18]</a></span> beschirmenden Segen, allbarmherziger +Gott und Vater! Und nun, da mein Tagewerk zu Ende ist, so kommt mir so +vieles in den Sinn, was ich vornehmen wollte, aber zu tun vergessen, +vieles, mit dem ich mich beschäftigt habe, aber nicht auf die rechte +Weise, so manches Wort, das ich gesprochen, das ich entweder lieber gar +nicht ausgesprochen haben möchte, oder doch nicht so, wie ich es getan, +mancher Mensch, dem ich begegnet, aber ohne darauf zu achten, wie +nützlich er für mich und ich für ihn hätte sein können. Ach ich muß +gestehen, wenn ich auch nur an eitlen Gewinn und eitle Lust denken +wollte:—könnte ich meinen Tag aufs neue beginnen, so würde ich meine +Zeit anders einteilen, so würde ich ganz anders mich verhalten; vieles, +was geschehen, würde ich ungetan lassen, vieles, was unterlassen ist, +würde ich zur Ausführung bringen—und wie viel mehr erst, wenn ich an +das Werk meines Seelenheils denke. O, muß ich nicht fürchten, daß es +einst, wenn mein ganzer Lebenstag dahingeschwunden ist, für mich so sein +wird, wie in dieser Stunde, muß ich nicht, weil es noch Zeit ist, +bestrebt sein, daß mein Lebenstag nicht vergeudet werde? Darum nähere +ich mich dir, mein Gott, mit dem Gebete:»tue mir kund den Weg, den ich +gehen soll, lehre mich nach deinem Willen handeln, dein gütiger Geist +führe mich Tag und Nacht auf die rechte Bahn!«<a name="FNanchor_13_13" id="FNanchor_13_13"></a><a href="#Footnote_13_13" class="fnanchor">[13]</a> Laß mich auch in +dieser Nacht deine Güte erfahren, bewache, erquicke und segne sowohl +mich, als alle die Meinigen, und laß die Ruhe der Nacht aufs neue mir +Kraft schenken, um gegen alles zu kämpfen, was im Streite ist mit der +hohen Bestimmung meines Daseins, mit dem <span class='pagenum'><a name="Page_19" id="Page_19">[Pg 19]</a></span>Werk, das ich zu vollführen +habe.»Herr! dein will ich gedenken, wenn ich auf meinem Lager liege, +über dich sinne ich in den Nachtwachen, meine Seele hängt an dir, deine +Rechte unterstützt mich.« Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Mittwoch" id="Am_Mittwoch"></a>Am Mittwoch.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Morgengebet4" id="Morgengebet4"></a>Morgengebet.</h2> + + +<p>15.»Wenn ich auf meinem Lager bin, so denke ich an dich, o Gott, und +wenn ich erwache, spreche ich von dir, denn du bist mir eine Hilfe, und +im Schatten deiner Flügel fühle ich mich so sicher«,<a name="FNanchor_14_14" id="FNanchor_14_14"></a><a href="#Footnote_14_14" class="fnanchor">[14]</a> früh suche ich +darum dich, und meine Seele dürstet nach dir, mein Gott. Ach, möchte +doch meine Seele dir anhängen, und möchte deine Rechte mich unterstützen +den ganzen Tag und mich leiten und aufrecht halten, wo ich auch wandre, +und mit wem ich auch verkehre. Ich möchte so gern mit Milde und Sanftmut +unter meinen Brüdern wandern, aber feindlich Gesinnte, Haßerfüllte, +Lieblose, denen ich begegne, könnten so leicht meinen Zorn aufflammen +lassen; ich möchte so gerne einen innigen, festen Glauben an den Tag +legen, aber Leichtsinnige und Gleichgültige könnten meinen Eifer kühlen, +und Scheinheilige all meinem frommen Streben in den Weg treten; es wird +so schwer, die heilige Flamme auf dem Altar des Herzens vom Morgen bis +zum Abend rein und jedes fremde Feuer fern zu halten; es wird so schwer, +einen schuldfreien und heitern Sinn zu bewahren; die Freuden, die deine +Güte uns bereitet, so zu genießen, daß keine sündhafte Neigung oder Lust +in die Seele dringe, und daß diejenigen, welche auf uns sehen, nicht in +ihrem Urteile über uns irre geleitet werden; es ist so schwer, +Freundlichkeit und Ernst, Nachsicht und Duldung mit<span class='pagenum'><a name="Page_20" id="Page_20">[Pg 20]</a></span> unerschütterlicher +Festigkeit im Glauben zu vereinen. Wie leicht artet nicht ein +freundlicher, nachgiebiger Sinn zu einer eitlen Lust aus, den Menschen +zu gefallen! Wenn ich den Beifall der Welt ernte, so macht es mich so +hochmütig und stolz, und weniger vermag ich ihre Kälte, ihren Spott oder +ihre Geringschätzung zu ertragen, sie erbittert meinen Geist und lähmt +meine Kraft, und doch soll ich im Kampfe nicht schwanken und nicht +verzagen. Sieh! darum bitte ich: Herr, lehre mich deine Wege erkennen +und leite mich auf die rechten Pfade, nicht nur meiner selbst wegen, +sondern auch derentwegen, die auf mich schauen, und mit denen ich heute +verkehre, ja meiner Freunde und Verwandten und meiner Hausgenossen +wegen. Möchte ich in der Freude sowohl als im Schmerze, den du in deiner +Weisheit mir zusendest, mich als echter Israelit bewähren, der dein +göttliches Gebot in seinem Herzen trägt, daß all mein Wirken auf Erden +ein himmlisches Gepräge an sich trage und Zeugnis gebe von meinem +Streben, an deinem Reiche zu bauen. Laß einen freundlichen himmlischen +Strahl sowohl meine Lust als meine Arbeit beleuchten, laß den Tau des +Himmels auch bei der Mühe und Hitze des Tages mich erquicken, in dem +Kampfe des Lebens mich stärken und zu jeglicher Zeit mein Herz erfreuen! +O, so verlaß mich nicht, mein Gott, sondern segne mich und die Meinen +heute, laß mich nicht verzagen, wenn du mich väterlich züchtigest; +sondern lege in meine Seele das rechte kindliche Vertrauen zu dir, und +gib, daß mein Wandel der Lobgesang wird, womit ich unablässig dich +preise.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_14-19" id="Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_14-19"></a>Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 14-19.</h2> + + +<p>16. Herr, allweiser, allgütiger Schöpfer! Ich danke dir, daß du mich +diesen vierten Tag der Woche hast<span class='pagenum'><a name="Page_21" id="Page_21">[Pg 21]</a></span> erleben lassen, den Tag, der aus der +Schöpfungszeit Zeugnis gibt von deiner unendlichen Weisheit und Macht, +mit welcher du die Gestirne auf ihren Bahnen leitest, die Sonne, den +Mond und die zahllosen leuchtenden Welten, daß sie mit himmlischem +Glanze für uns leuchten, die Erde erwärmen und befruchten und in den +dunklen Nächten Wege auf dem öden Meere zeigen, ja daß sie uns dienen, +um unsere Wanderungstage zu zählen und unsere festlichen Zeiten zu +bestimmen. Sieh, du hast ihnen Ziel und Grenze gesetzt, daß sie nicht +von ihren Bahnen weichen, sondern jeder Himmelskörper seinem +vorgeschriebenen Gesetz folgt und nicht hinein schreitet in den Kreis +eines andern; wenn er verschwunden zu sein scheint, so leuchtet er in +einer anderen Welt oder beginnt aufs neue seinen Lauf, um deine +Herrlichkeit an dem unermeßlichen Himmelsgewölbe zu verkünden. O, mein +Gott!»wenn ich anschaue den Himmel, deiner Hände Werk, den Mond und die +Sterne, die du geschaffen,—was ist ein Sterblicher, daß du sein +gedenkst und der Menschensohn, daß du auf ihn achtest?«<a name="FNanchor_15_15" id="FNanchor_15_15"></a><a href="#Footnote_15_15" class="fnanchor">[15]</a> Und doch bin +ja auch ich von dir bestimmt, ein Glied in der Kette des All zu sein, +und auch meiner Bahn hast du Gesetz angeordnet, dem ich folgen soll, und +das ich nicht überschreiten darf. Ach, wie oft habe ich gerade den Weg +verlassen, der mir vorgezeichnet ward, wie oft unternahm ich nicht +gerade das, wozu ich nicht berufen war, und durchkreuzte da die Bahn +eines andern und richtete da Verwirrung an, wo ich über Gottes Ordnung +und Gesetz wachen sollte! O! ich will darum zum Himmel empor schauen und +zu seinem strahlenden Heere, daß ich von ihnen lerne, für meine Brüder +zu leuchten,<span class='pagenum'><a name="Page_22" id="Page_22">[Pg 22]</a></span> und sie mit der vollen Liebe meines Herzens zu erwärmen; +daß ich vom Monde lerne, Erquickung, Trost und Friede in trübe und +angstvolle Seelen zu bringen, von der Sonne, die für alle, auch für die +Ungerechten aufgeht, lerne auch Sündern Mitleid zu zeigen und sie auf +den rechten Weg zurückzubringen! Aber, o mein Gott! was vermag ich ohne +deinen Beistand? Darum bitte ich dich: stärke mich in meinem Vorsatz, +hilf mir, männlich gegen alle Versuchungen zu kämpfen, stehe mir bei, +daß ich unermüdlich in der Erfüllung meines Berufes sei! Dein Geist und +Wort zerstreue, der Sonne gleich, jede Wolke, die meine Umgebung +verdunkeln will! Ja, all mein Tun und Wirken sei so, daß ich hoffen +darf, einst, wenn ich meinen Lauf hienieden vollendet, einzugehen in das +wahre himmlische Licht bei dir in der Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Abendgebet4" id="Abendgebet4"></a>Abendgebet.</h2> + + +<p>17. Allbarmherziger Vater! Auch diesen Tag habe ich unter deinem Schutz +und Segen glücklich zu Ende gebracht und deiner Obhut meine Seele und +meinen Leib anempfohlen; ja, in meinem Nachtgebet habe ich, wie es dem +Israeliten geziemt, bevor ich mich zur Ruhe begab, mich zu dir zu +erheben gesucht. Aber ach, je mehr ich mich selbst durchforschte, desto +mehr werde ich innerlich betrübt, indem ich mich des Gedankens nicht +erwehren kann, meine Aufgabe nicht erfüllt zu haben; denn ich habe das +heilige Bekenntnis des Israeliten abgelegt:»daß du der einzige, ewige +Gott bist«; aber habe ich auch heute dies in der Tat und in der Wahrheit +bewiesen, daß es das Bedürfnis meines Herzens war, dir für alles zu +danken, was mich erquickt, und deinen Namen zu preisen, und dich als den +Einzigen, Alliebenden anzubeten, bei allem,<span class='pagenum'><a name="Page_23" id="Page_23">[Pg 23]</a></span> was mir widerfahren? Und +ich habe die Grundlage für die heiligsten Verpflichtungen meines Lebens +ausgesprochen,»daß ich dich lieben soll mit ganzer Seele, mit ganzem +Herzen, mit all meinem Vermögen«, aber wie oft hat nicht die Liebe zur +Welt mich dich vergessen lassen, und wie wenig war ich bereit, aus Liebe +zu dir alles zu opfern? Ja, in unerschütterlicher Liebe zu dir soll ich +meinen Nächsten lieben; aber wie schwach glühte doch eine solche +Liebesflamme in meinem Innern! Selbst wenn ich mich liebevoll gegen +meine Mitmenschen zeigte, war es doch zuweilen eine Scheinliebe und +nicht die heilige Flamme, die unaufhörlich auf dem Altar des Herzens +brennen soll. Durch mein Wort und mein Beispiel soll ich den Meinigen +(meinen Kindern, meinem Hausgesinde, meinen Freunden und meinen +Angehörigen) dein Wort einschärfen, aber bald wurde ich durch Eitelkeit +und Hochmut irre geleitet, bald verschloß Geiz, Zorn oder Neid das Herz +und die Hand; denn das Feuer der Leidenschaft brennt in meiner Brust und +betört meinen Geist. Und wenn ich sehe, wie wenig noch die Welt dich, +den Einzigen, kennt und anbetet, und wie wenig Liebe zu dir in der +Menschen Brust lebt, wie wenig sie sich in gegenseitiger Liebe äußert, +ach, da muß ich fast verzagen; ich gedenke meiner Sünden und der Schlaf +weicht von meinem Lager. Woher, o Gott, soll ich Kraft nehmen, um im +Kampfe zu bestehen? Und doch—mein Nachtgebet hat mich ja belehrt, daß +ein zerknirschtes Herz dir wohlgefällig ist, hat mich auch belehrt, auf +wen ich meine Hoffnung setzen soll: Herr, auf dich allein!»Du stehst zu +meiner Rechten: Wer wie du!<a name="FNanchor_16_16" id="FNanchor_16_16"></a><a href="#Footnote_16_16" class="fnanchor">[16]</a> so barmherzig, du bist meine Stärke<a name="FNanchor_17_17" id="FNanchor_17_17"></a><a href="#Footnote_17_17" class="fnanchor">[17]</a> +du bist mein Licht<a name="FNanchor_18_18" id="FNanchor_18_18"></a><a href="#Footnote_18_18" class="fnanchor">[18]</a> und<span class='pagenum'><a name="Page_24" id="Page_24">[Pg 24]</a></span> du bist mein Arzt<a name="FNanchor_19_19" id="FNanchor_19_19"></a><a href="#Footnote_19_19" class="fnanchor">[19]</a> sowohl für Leib als +Geist; deine Herrlichkeit umschwebt mich. Zuversichtlich spreche ich +darum:»auf deine Hilfe hoffe ich, ja, ich warte in Geduld auf deine +Hilfe und beuge mich in Demut vor dir, o Herr<a name="FNanchor_20_20" id="FNanchor_20_20"></a><a href="#Footnote_20_20" class="fnanchor">[20]</a>, der du über mich +wachen und mich wecken wirst,</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Donnerstag" id="Am_Donnerstag"></a>Am Donnerstag.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Morgengebet5" id="Morgengebet5"></a>Morgengebet.</h2> + + +<p>18. Herr, mein Gott und Vater!»Du erneuerst jeden Morgen deine Güte +gegen mich, und deine Barmherzigkeit ist unendlich.« Darum erhebe ich in +der frühen Morgenstunde dankend meine Stimme zu dir, indem ich fühle und +erkenne, daß deine wachende Vorsehung in den Stunden der Finsternis +meinen Geist bewacht und mich aus dem Schlummer der Nacht zu neuem Leben +geweckt hat. O! möchte doch auch mein besseres Wesen mit jedem Morgen +sich erneuern, und möchte ich bei meinem Tagewerk nie verzagen, sondern +es vollenden, ohne zu ermatten; möchte ich doch jeden Tag mit neuer Lust +auf dein göttliches Wort lauschen und aus deiner heiligen Lehre +Seligkeit schöpfen; möchten doch alle guten Kräfte, die du in mich +gelegt, jeden Morgen sich erneuern, so daß ich nie müde werde, meinem +Bruder zu helfen, ihn zu erquicken, zu trösten und zu unterstützen, nie +müde werde, Sanftmut und Geduld gegen meine Freunde zu zeigen, und nie +aufhöre, Gutes denen zu erweisen, die mich hassen, und diejenigen zu +segnen, die mir fluchen; möchte doch ein liebevoller Geist jeden Tag in +mir erneuert werden, daß ich demütig und liebevoll gegen die Armen, mild +und nachsichtig gegen<span class='pagenum'><a name="Page_25" id="Page_25">[Pg 25]</a></span> meine Diener mich zeige; ja, laß mich auch heute +aufs neue Kraft gewinnen, um gegen die Sünde, meinen ärgsten Feind, zu +kämpfen! Möge sich stets auch mein kindliches Vertrauen erneuern, mit +dem ich meinen Weg deiner väterlichen Fürsorge empfehle! O, erhöre mich +denn, Allgütiger! wenn ich dich bitte, mir die Ausführung dieses meines +heiligen Vorsatzes zu erleichtern. Laß keine drückende Sorge mir die +Freudigkeit in meinem täglichen Berufe rauben; stärke meinen Körper, daß +meine Seele sich frei zu dir erheben kann;»entbiete mir deine Engel, +mich zu behüten auf meinen Wegen, daß mein Fuß nicht strauchle;« laß in +jeder zeitlichen Freude sich für meine Seele die ewige, selige Wonne +abspiegeln und laß mich froh sein mit den Frohen! Segne, o Gott, Volk +und Land, segne alle, die mir lieb und teuer sind! Leite mich nach +deinem Rat, und nimm mich einst auf zur ewigen Seligkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_20-23" id="Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_20-23"></a>Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 20-23.</h2> + + +<p>19. Mein Gott und Vater! Nimm mit Wohlgefallen meinen kindlichen Dank +dafür entgegen, daß ich diese Nacht sicher unter deinem Schutz geruht +habe und mich wieder umgeben sehe von deinen Wohltaten, von den +unzähligen Geschöpfen, die du ins Leben gerufen, deren Anblick Ruhe in +die geängstigte Seele mir senkt und mein Herz mit Bewunderung erfüllt. +Heute ist ja der Tag, an dem in der Schöpfungszeit das Weltmeer mit +einem unzähligen Gewimmel kleiner und großer Tiere sich füllte und die +Luft mit dem zahllosen Geflügel, das unter der Wölbung des Himmels +fliegt.»Alle erwarten ihre Nahrung von dir, und du sättigst sie mit +allem Guten.«<a name="FNanchor_21_21" id="FNanchor_21_21"></a><a href="#Footnote_21_21" class="fnanchor">[21]</a> O, wie kann ich<span class='pagenum'><a name="Page_26" id="Page_26">[Pg 26]</a></span> da noch fürchten, daß du mich +vergebens um deine guten Gaben vom Himmel beten lassen solltest, wenn +ich nur treu arbeite, um sie zu gewinnen! Sieh', wie zahllos und wie +mannigfaltig sind nicht die lebendigen Geschöpfe des Himmels und des +Meeres, und doch bilden sie alle einen großen Einklang, um deine +Herrlichkeit zu verkünden; ist nicht das geringste bunte Würmchen eben +so wundervoll wie das starke Tier im Walde, und preisen nicht die +Millionen Geschöpfe im Wassertropfen eben so sehr deine Allmacht und +Wahrheit wie der Wallfisch im Meere? O, sollte ich da verstummen und +nicht beständig meinen Lobgesang darbringen, sollte ich nicht durch mein +Leben, durch mein Tun deine Herrlichkeit verkünden? Ach Herr! segne du +mich, daß meine Gedanken geläutert werden, und meine Taten dir gefallen. +Sieh, der Fisch schwimmt so lebensfroh im Meere, aber, wenn im nächsten +Augenblick ein Fischer ihn heraufzieht, da erlischt das Leben, so weiß +auch ich, daß der Fischer stets sein Netz und seine Angel nach den +Menschenkindern auswirft, um sie von dir, der Quelle alles Lebens, fort +und hin in den Tod zu führen; ach möchte ich doch der Lockspeise der +Welt Widerstand entgegenzusetzen stark genug sein und mich von den +lebenden Wassern nähren, die aus deiner himmlischen Lehre strömen! Laß +mich deiner Liebe eingedenk sein, die meine Väter auf »Adlerfittigen«, +getragen, und wenn die Sorge meinen Sinn umwölkt, wenn Leiden mich +treffen und Feindschaft mich verfolgt, oder wenn Verführungen mich +umringen, o, laß mich da auf die Vögel des Himmels sehen, die ihre Zeit +kennen, und laß mich von ihnen lernen, daß der Tag kommen wird, wo ich +dorthin zurückwandern werde, wo eine wärmere Sonne scheint, und Freude, +Wonne und Herrlichkeit weilt bei dir in aller Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> +<p><span class='pagenum'><a name="Page_27" id="Page_27">[Pg 27]</a></span></p> + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Abendgebet5" id="Abendgebet5"></a>Abendgebet.</h2> + + +<p>20. Durch deinen Beistand, allgütiger Gott, habe ich wiederum meinen Tag +zu Ende gebracht, und wie deine Güte mich heute vor jedem Unglück +bewahrt hat, so wirst du mir auch Erquickung in meiner nächtlichen Ruhe +verleihen. Im Schlaf will ich alle Mühe und Beschwerden, jeden Kummer +und jeden Schmerz vergessen. So wird deine ewige Liebe nicht müde, mir +Gutes zu erweisen, und doch erkenne ich dies so wenig. Ja, muß ich nicht +in dieser Stunde deiner Güte danken, daß, während du die Stille der +Nacht um mich her verbreitest und meinem müden Körper Ruhe schenkst, du +auch alles Toben der Leidenschaft und der Angst und Sorge in meiner +Brust verstummen läßt und meiner Seele Ruhe gibst? O »so wehet dein +schützendes Panier in Liebe über meinem Haupte«,<a name="FNanchor_22_22" id="FNanchor_22_22"></a><a href="#Footnote_22_22" class="fnanchor">[22]</a> und nur im +Vertrauen auf diese Liebe wage ich es, dich zu bitten, mir Ruhe und +Erholung in dieser Nacht zu schenken. Denn sollte ich Rechenschaft über +das Werk des verschwundenen Tages ablegen, o, dann müßte ich ausrufen: +»Herr! gehe nicht ins Gericht mit mir!«—Ach, die Stille auf Erden sagt +mir:»Du wachest in deiner Wohnung!« Je weniger das Irdische meinen Geist +zerstreut und meine Gedanken verwirret, desto tiefer fühle ich meinen +Abstand von dir, doch ich weiß, du gedenkst, daß ich Staub bin und +erbarmst dich über mich wie ein liebender Vater, ich weiß, daß du gern +den Seufzer deines reuigen Kindes hörst und das erfüllst, was es +begehret. O, so verlaß mich nicht, du Israels Hüter, in dieser Nacht. +Breite aus das Banner deiner Liebe über mich (meine Gattin, meine +Kinder, meine Eltern u. s. w.); bewahre unsere Stadt vor<span class='pagenum'><a name="Page_28" id="Page_28">[Pg 28]</a></span> allen +Schrecken, und erquicke mich mit einem ruhigen Schlafe, daß ich morgen +mit erfrischter Kraft erwache zu deiner Ehre. Nimm auch deinen Geist +nicht von mir, und laß mich noch lange Zeugnis ablegen, da߻deine Gnade, +o Herr, von Ewigkeit zu Ewigkeit währt denen, die dich fürchten, und +deine Huld ihren Kindeskindern«.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Freitag" id="Am_Freitag"></a>Am Freitag.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Morgengebet6" id="Morgengebet6"></a>Morgengebet.</h2> + + +<p>21.»Preise meine Seele den Herrn und vergiß nicht alle seine +Wohltaten!« so will ich heute, am letzten Arbeitstage der Woche, den Dank +meines Herzens vor dir, Alliebender, aussprechen. Denn du hast mich +diese Morgenstunde schauen lassen, und die ganze Woche hindurch habe +ichs erfahren, daß»du mir am Tage deine Güte entbietest und deine Liebe +über mich des Nachts wacht«; ja! ein Tag bezeugt es dem andern, und die +Nacht verkündet es der Nacht.—Jede Tat, die mir gelungen, jedes Wort, +das mich erfreut, jede Kraft zur Arbeit, die ich in mir gefühlt, und +jeder Lohn, den ich empfangen, war ein unverdienter Segen aus deiner +Hand, und selbst dann, wenn meine Seele in Sorge, Mißmut und in +Bekümmernis eingehüllt war, wenn ich seufzte über andere und über mich +selbst klagte, über Mangel an Kraft in der Stunde der Sorge, die du über +mich verhängt, oder die ich mit meinem trauernden Bruder trug, selbst +dann warst du, o Gott! mir ja nahe mit deinem Trost, und ich fühlte +deinen Geist, wie er bei mir weilte, und die Nacht mit all ihrer +Dunkelheit schien dem hellen Tage gleich für meine Seele, die von deiner +unendlichen Liebe berührt wurde. O Ewiger! wie soll ich dir für alles +dieses danken, nun da die Woche bald zu Ende ist? Muß nicht das +Bewußtsein, daß ich nicht in<span class='pagenum'><a name="Page_29" id="Page_29">[Pg 29]</a></span> deinen Augen gewesen, was ich sein sollte, +schwer auf meinem Herzen lasten? Ja, so schnell schwand die Woche +hin,»eine kurze Spanne Zeit sind meine Tage vor dir, und mein Leben ist +wie nichts«, so schnell schwand die Woche hin, daß ich meine +Vergänglichkeit fühlen und die Pilgerzeit auf Erden, die du mir +zugemessen, benutzen muß. Ja, Herr, ich setze meine Hoffnung auf dich; +befreie mich von all meinen Sünden, leite du mich, daß ich am letzten +Arbeitstage der Woche zu deinem Wohlgefallen lebe, daß ich heute demütig +ergeben und dankbar gegen dich sei, liebevoll und versöhnlich gegen +meinen Nächsten mich zeige und mich als treuer und fleißiger Arbeiter in +deinem Dienst bewähre, wie es dem ziemet, der nach deinem Namen genannt +ist. (5. B. M. 28, 10.) Ja, möchte ich mit Recht noch Jude genannt +werden, daß das Zepter nicht aus meiner Hand weiche, ich vielmehr +Herrschaft über alle bösen Mächte gewinne, die um mich her ihr Lager +aufschlagen, so daß die Gleichgültigkeit der Welt mich nicht schlaff und +lässig in deinem Dienst mache, und ihr Widerstand oder ihr Spott mich +nicht in meinem Glauben erschüttern; o, laß mich die Woche damit +schließen, daß ich den Kampf gegen den Verführer in meiner eigenen Brust +bestehe, daß der Name Israelit, Kämpfer für das Göttliche, mir mit Recht +gegeben sei, und mir seliger Lohn werde, wenn ich vom Kampfplatz der +Erde zu ewiger Sabbatruhe im Himmel abgerufen werde.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_24-31" id="Betrachtung_uber_1_Buch_Mosis_1_24-31"></a>Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 24-31.</h2> + + +<p>22. Dir, ewiger Quell des Lebens, dir danke ich am letzten Arbeitstage +dieser Woche, daß du mich so wunderbar erschaffen, und daß du mich bis +zu dieser Stunde so treu und sicher bewahrt hast! Dieser Tag war es ja, +an dem<span class='pagenum'><a name="Page_30" id="Page_30">[Pg 30]</a></span> du in der Schöpfungszeit alle lebenden Tiere auf der Erde +geschaffen und zuletzt den Menschen, daß er herrsche über die Fische des +Meeres und die Vögel des Himmels und alles, was da lebt und sich regt +auf Erden. Ja, du hast den Menschen verherrlicht, indem du kund getan, +daß er nach deinem Bild und dir ähnlich geschaffen ist;»nur um ein +Geringes hast du ihn den Engeln nachgesetzt, und mit Ehre und Würde hast +du ihn gekrönt.«<a name="FNanchor_23_23" id="FNanchor_23_23"></a><a href="#Footnote_23_23" class="fnanchor">[23]</a> Von dir erhielt ich die Kraft des Geistes, mich +über die Vergänglichkeit zu erheben und die Macht, mir die Erde +untertänig zu machen, sie zu verschönen und zu verherrlichen, aber auch +Macht, um die irdischen Begierden und die wilden Lüste des Fleisches in +mir zu bezwingen. O, mein Gott, ich kann Herrscher sein über den rauhen, +widerstrebenden Erdboden, über die wildesten Tiere, die in der Wüste +rasen, über die zügellosen, lieblosen Naturen in der Menschenwelt und +über die unbändigen Leidenschaften, die hier in meiner eigenen Brust +sich regen! Ja, ich bin in deinem Bilde geschaffen, ich kann denken, +glauben und beten und im Geiste mich zu dir emporschwingen; ich kann die +Macht der Begierden brechen, mit Liebe jeden widerstrebenden Geist +besiegen, mit Selbstverleugnung und Versöhnlichkeit jede lieblose +Gesinnung bezwingen, und mit Gedanken der Ewigkeit, die in meine +Seele—dein Ebenbild—niedergelegt sind, kann ich Ruhe und Frieden in +angstvollen Stunden und unter schweren Schicksalen gewinnen.—Aber, o +mein Gott! je höher du mich erhöhet hast, desto tiefer werde ich +gedemütigt, und sehe beschämt auf alles, was ich in der verflossenen +Woche getan und gedacht habe. Nicht war ich in meinem Denken, Sprechen +und Streben so wie es dem<span class='pagenum'><a name="Page_31" id="Page_31">[Pg 31]</a></span> geziemt, der in deinem Bilde geschaffen; ich +habe es ausgelöscht, so daß es kaum noch kenntlich, daß kaum noch in mir +wahrzunehmen ist, daß ich das Meisterwerk deiner Schöpfung bin. O, möge +dieser Gedanke neue Kraft meinem Geiste verleihen, und sei du selbst mit +mir, daß ich als Ebenbild des ewigen Vaters aller Geister nicht meinen +Sinn auf eitles Streben richte, nicht an den leeren Freuden der Erde +hänge und nicht von zeitlichen Bekümmernissen geängstigt werde! Möchte +ich mit echter Liebe die heiligen Bande, die mich mit meiner Familie +(meinem Gatten, meiner Gattin, meinen Freunden usw.) vereinen, noch +fester knüpfen, daß ich sanftmütig und geduldig unter meinen Mitmenschen +wandere. Laß mich eingedenk sein, daß das Leben, wie der heutige Tag, +nur eine Vorbereitung zur Sabbatruhe, jener seligen Ruhezeit bei dir, +ist, und daß daher von mir unermüdliche, beständige Arbeit und +Wachsamkeit gefordert wird. Und wenn ich zweifeln sollte, weil ich nicht +die Frucht des Fleißes und den Segen der frommen Tat schaue, o, dann laß +mich erkennen, daß der Lohn erst nach vollendeter Arbeit genossen werden +soll, wenn der Sabbat sich einstellt. O du, der du mich geschaffen hast +zu deiner Verherrlichung, hilf du mir auch, daß ich dir aufrichtig diene +und mein Lebenswerk vollende, und daß ich vorwärts schreite von Kraft zu +Kraft, bis ich einst gewürdigt werde, zu schauen dein Antlitz in der +Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Abendgebet6" id="Abendgebet6"></a>Abendgebet.</h2> + + +<p>23. Alliebender Vater! Schau wieder auf dein Kind, das seinen Dank +stammeln will, daß du es diesen heiligen Abend hast erleben und diesen +herrlichen Tag hast sehen lassen, der das Ziel der sechs Schöpfungstage +war, daß dein vollendetes Werk von uns geschaut, und deine Allmacht<span class='pagenum'><a name="Page_32" id="Page_32">[Pg 32]</a></span> von +dem Wesen angebetet werden sollte, das du in deinem Ebenbild geschaffen. +Und so der Mensch im Laufe der Woche dieses dein Bild entheiligt hat, +suche er an diesem Tage es wieder zu heiligen und Seelenfrieden und Ruhe +nach der Anstrengung der Tage zu finden, und hebe seinen Blick vom +Staube empor zu dir! O, mein Gott! Wie soll ich alle deine Güte preisen +und von deiner Gnade sprechen, die über mir gewaltet hat? Wer bin ich, +und was ist mein Haus, daß du mich der Sabbatfeier teilhaftig werden +läßt, die du zur Heiligung des Menschen eingesetzt hast! O, möchte ich +doch mit dem rechten Geist erfüllt werden, den heiligen Tag nach deinem +Willen zu feiern. Schenke mir und den Meinigen volle Erquickung diese +Nacht, daß wir sicher ruhen, und daß unsre Seele gestärkt werde, die +himmlische Wonne zu genießen, die aus dem beseligenden Quell des Sabbats +strömt, daß unsre Seele Ruhe und Frieden finde in dir, o Gott und +Erlöser.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Sonnabend" id="Am_Sonnabend"></a>Am Sonnabend.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Sabbat-Morgen" id="Am_Sabbat-Morgen"></a>Am Sabbat-Morgen.</h2> + + +<p>24. Jeden Morgen fühlte ich den Drang, mich dir, Allgütiger, zu nähern, +mit jedem neu erscheinenden Tage habe ich dir mein Dankopfer +dargebracht;—und je mehr ich dadurch zu einem Leben in dir und mit dir +geheiligt worden, je mehr ich dadurch gelernt, mitten unter den +täglichen Arbeiten mich festlich gestimmt zu fühlen, desto mehr wird +mein Inneres auch in dieser heiligen Morgenstunde zu dir emporgehoben. +Ja, wenn ich alle Tage der Woche den Dank meines Herzens ausgesprochen +für die zeitlichen Güter, die du mir schenktest, um wie viel mehr muß +ich diesen an diesem Tag verkünden, den du zum Heil und zur Heiligung +unseres Geistes bestimmt und zur Erinnerung<span class='pagenum'><a name="Page_33" id="Page_33">[Pg 33]</a></span> deines Namens eingesetzt +hast, und den du dadurch geheiligt, daß du ihn ein Bundeszeichen +nanntest zwischen dir, dem Unendlichen, und Israel, deinem treuen +Diener. An diesem Tage kann und soll ich jegliches Erdenjoch von mir +werfen, von jeder drückenden Last dieser Welt mich befreien und über +jeglichen Kummer und Schmerz des Lebens mich erheben; an diesem Tag soll +alles in mir von höherer Freude erfüllt sein, und alles um mich her +himmlische Wonne atmen, ja in Wahrheit ein seliger Tag! Dazu hast du uns +ja deine heilige Lehre (Thora) gegeben, daß wir darin an diesem Tage +lesen und forschen, damit wir in Gotteserkenntnis wachsen und in allen +guten Gesinnungen gestärkt werden, damit wir das Leben in dir erneuern +und in deiner Wahrheit beharren. O, so verleihe mir deine Gnade und +bewahre mich vor vorsätzlicher und unvorsätzlicher Entweihung dieses +Tages, laß deinen Geist auf mir ruhen, auf daß ich all die Herrlichkeit +deiner göttlichen Lehre schaue und begreife, und stärke mich, daß ich +den Sabbat auf die rechte Weise feiere und auch im Herzen meines Bruders +rechten Sabbatsinn erwecke!—Ich will in meinem eignen Hause unter +meinen Hausgenossen zeigen, daß ich das himmlische Kleinod zu schätzen +weiß, welches ich im Sabbat besitze, auf daß sie sehen, wie glücklich +und froh es mich macht. Und diesen Sinn will ich in der andächtigen +Versammlung der Gemeinde zu stärken suchen, wo dein Name für die +Herrlichkeit dieses Tages gepriesen wird. O Ewiger, laß diesen Tag um +mich her Frieden und Freude ausbreiten; laß ihn jeglichem Kranken +Erquickung und allen Betrübten Trost bringen, laß ihn die Irrenden auf +den Pfad der Seligkeit führen, und laß ihn mich in einen immer innigeren +Verkehr mit dir bringen und mir Seelenruhe und himmlischen Frieden<span class='pagenum'><a name="Page_34" id="Page_34">[Pg 34]</a></span> +schenken, der dem gleicht, welchen diejenigen jenseits genießen, die +nach einem frommen Wandel hienieden von dir in die Wohnung der Seligen +gerufen werden.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Beim_Ausheben_der_Thora_am_Sabbat" id="Beim_Ausheben_der_Thora_am_Sabbat"></a>Beim Ausheben der Thora am Sabbat.</h2> + + +<p>25. Dein, o Herr, ist alle Größe; was unser Auge und unser Gedanke +durchmessen kann, ist nichts vor dir. Dein, o Herr, ist alle Macht; alle +Wesen und alle Welten sind von deinem Willen abhängig, dir dienen alle +Kräfte der Natur und gehorchen deinem Winke. Dein, o Herr, ist alle +Herrlichkeit; der Himmel und die Erde und alles, was sie schmücket, ist +dein Werk. Dein, o Herr, ist alle Majestät, die sich offenbaret in den +Wolken droben, auf der Feste der Erde und in den Fluten des Meeres. Du +bist König, dein ist die Herrschaft von Ewigkeit zu Ewigkeit. Erhebet +den Ewigen, unsern Gott, und beuget euch zum Staube vor ihm; denn er ist +heilig. Erhebet den Ewigen, unsern Gott, und beuget euch vor dem Berge +seiner Herrlichkeit; denn heilig ist der Ewige, unser Gott.</p> + +<p>O Vater der Barmherzigkeit! Erbarme dich des Volkes deiner Treuen, +gedenke deines Bundes mit den festen Säulen der Glaubenstreue. Hüte +unsere Seele vor bösen Stunden; laß an uns nicht herannahen böse +Begierde und Versuchung, sei immerdar unser Retter aus Gefahren und +erfülle die Wünsche unseres Herzens, so sie dir angenehm sind.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Bei_der_Verkundigung_des_Neumondes24" id="Bei_der_Verkundigung_des_Neumondes24"></a>Bei der Verkündigung des Neumondes.<a name="FNanchor_24_24" id="FNanchor_24_24"></a><a href="#Footnote_24_24" class="fnanchor">[24]</a></h2> + + +<p>26. Gott, Schöpfer und Herr der Welt! Gib, daß der kommende neue Monat +uns langes Leben und Segen, Ruhe und Friede, Glück und Wohlfahrt bringe. +Gewähre uns<span class='pagenum'><a name="Page_35" id="Page_35">[Pg 35]</a></span> Nahrung und Unterhalt aus deiner vollen, offenen und milden +Hand und bewahre uns vor jeder Sorge und jeder Not. Erhalte uns in Liebe +und Anhänglichkeit zu dir, und lasse uns größer werden an Tugend und +Weisheit. Behüte uns in deiner Gnade vor allen bösen Zufällen, und +erfülle die frommen Wunsche unseres Herzens, wenn sie zu unserm Heile +sind.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Ein_anderes_Gebet_bei_der_Verkundigung_des_Neumondes" id="Ein_anderes_Gebet_bei_der_Verkundigung_des_Neumondes"></a>Ein anderes Gebet bei der Verkündigung des Neumondes.</h2> + + +<p>27. Mein Gott! Laß mich den Anfang und das Ende des kommenden Monats +erleben in Kraft und Gesundheit! Sende mir (meinen Eltern) deinen +Beistand, daß ich (sie) an ihm für meine (ihre) Bedürfnisse zu sorgen +vermag (vermögen) in Redlichkeit und Ehren! Halte fern von mir und den +Meinigen Gefährdung und Beschämung! Mögen die Wünsche meines Herzens in +ihm erfüllet werden, so sie dir, o Herr, wohlgefallen. Dein Reich der +Wahrheit und der Liebe werde im Laufe desselben gefördert, auf daß die +Zeit der frohen Verheißung immer näher an uns heranrücke: ein Vater im +Himmel, eine Bruderfamilie auf Erden!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Sabbat-Nachmittag" id="Am_Sabbat-Nachmittag"></a>Am Sabbat-Nachmittag.</h2> + + +<p>28. Laß mich abermals dir danken, o du Allgütiger, für diesen schönen +Tag, den du der Ruhe geweiht hast, und an dem meine ganze Seele in dir +Ruhe finden soll. Keine Sorge und kein Schmerz beunruhigen mich; denn +dieser Tag erinnert mich ja daran, daß du die Welt aus nichts +erschaffen, und er verkündigt mir deine Allmacht und deine Weisheit: wie +sollte ich da mich nicht getrost deiner Leitung und Führung +überlassen?—Du bist ja mit mir, was sollte ich da fürchten? Und kann +nicht auch das mich über den Sklavensinn der Welt emporheben,<span class='pagenum'><a name="Page_36" id="Page_36">[Pg 36]</a></span> daß ich +gedenke, daß du uns aus dem Sklavenjoche Ägyptens befreit hast, auf daß +wir deine Diener wurden? Ja, in dir soll meine Seele Ruhe finden, und +sie soll aus der Fülle deiner Liebe schöpfen, auf daß ich einen jeden +hoch schätzen lerne, der in deinem Bilde geschaffen worden, daß auch +seine Seele heute Erquickung finde. Ja, selbst die vernunftlosen Tiere +sollen heute Ruhe genießen. In dir ruhen soll meine Seele, und du hast +mich ja selbst gelehrt, wie deine Ruhe recht gefeiert werde; denn am +Sabbat ertönte ja dein Wort vom Sinai, durch welches das Reich des +Lichtes weithin über die Erde sich ausbreitete. Ja, und wenn ich auch +heute nichts an irdischen Schätzen gewinne, welch ein großer Reichtum +ist mir doch im Sabbat zuteil geworden! Ist er es ja, der meine Seele +von der Mühe des Lebens befreit, ein wahres Bild des ewigen Sabbats, an +dem der Geist eine heilige, himmlische Ruhe in dir genießen soll.—O, +mein Dank steige zu Gott empor! und du mein Gott,»durchforsche mich und +prüfe meine Gedanken, und bin ich auf schlechtem Wege, so leite du mich +auf den rechten Pfad hin«, auf daß ich dir in aller Ewigkeit danke. +Gepriesen werde dein Name, Hallelujah!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Neumondstage" id="Am_Neumondstage"></a>Am Neumondstage.</h2> + + +<p>29. Du Gnadenreicher! Den ersten Tag eines jeden Monats hast du—wie +unsere frommen Väter uns gelehrt—zur Sündenvergebung bestimmt, und +ehemals, als noch auf Zion der heilige Tempel prangte, wurden an diesem +Tage Sühnopfer dargebracht, und der Reumütige fand Vergebung. Der Tempel +steht nicht mehr, und Opfer sind nicht mehr der Ausdruck unserer Reue +und Hingebung, aber unser Gebet ist uns geblieben, der Dienst des +Herzens,<span class='pagenum'><a name="Page_37" id="Page_37">[Pg 37]</a></span> der an allen Orten dir wohlgefällig ist. So nimm denn das +Opfer meines Herzens wohlgefällig auf, erhöre das Flehen, womit ich mich +am heutigen Tage reuevoll dir nahe, und vergib mir meine Sünden, die ich +im verflossenen Monat gegen dich und meine Nebenmenschen begangen habe. +Ich erkenne, o Herr! daß ich von meiner Bestimmung abgewichen bin, wenn +ich gefehlt habe; ich sehe es ein, daß früher oder später Vorwurf und +Kummer mein ganzes Leben verbittern müßten, und fasse darum den festen +Vorsatz, mit dem neuen Monate meinen Lebenswandel ganz so einzurichten, +wie es dein heiliges Gesetz befiehlt. O Vater, der du an Reue und Buße +Wohlgefallen hast, stehe mir bei, daß ich jederzeit über mein Herz +wache, daß ich immer mehr Wahrheit und Tugend erstrebe und alle meine +Gedanken und Handlungen richte auf das eine Ziel: heilig zu werden, wie +du heilig bist.—Wache über mich und alle meine Angehörigen auch in +diesem Monate, auf daß er uns werde zur Freude und Wonne, zum Segen und +Frieden.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Sabbat-Abend" id="Sabbat-Abend"></a>Sabbat-Abend.</h2> + + +<p>30. Alliebender Vater! Der herrliche Tag, mit welchem die Woche +schließt, ist zu Ende, und ehe ich mich zur Ruhe niederlege, um wieder +zur Arbeit der kommenden Woche gestärkt zu werden, durchforsche ich nun +mein Inneres, ob der heutige Tag auch heilige Eindrücke auf mich +zurückgelassen und mich in Wahrheit dir näher gebracht hat. O! du hast +mich heute so mannigfaltig gesegnet, an Leib wie an Geist, und deine +Güte hat mir sowohl irdisches als himmlisches Manna bereitet! Ich +schöpfte ja aus dem Quell deiner Liebe durch alles, was ich von der +milden Hand der Natur empfangen, durch alles, was ich in dem Kreis +meines<span class='pagenum'><a name="Page_38" id="Page_38">[Pg 38]</a></span> eigenen Hauses genossen, durch das festliche Mahl und noch mehr +in der Andachtsstunde durch dein göttliches Wort. Aber ach, mein Gott! +habe ich dir in Wahrheit all meinen Dank gezollt? Wie manchen Vorwand +habe ich benutzt, um mich allem zu entziehen, wozu mich der Tag rufen +sollte; wie ließ ich doch kleinliche Sorgen und Freuden mich davon +abhalten, dich und dein Haus aufzusuchen; warum hatte ich Zeit zu allem, +und nicht zu dem, was der Sabbat mir auferlegt? Und selbst im Verkehr +mit dir—wie lau war gleichwohl meine Andacht, wie zerstreut waren meine +Gedanken, während ich deinen Namen anrief; wie wenig wurde ich beim +Hören deiner Worte entflammt! Verzeihe mir, o ewiger Vater, und entziehe +mir deine Gnade nicht! Auch den frommen Vorsatz rechnest du ja dem +schwachen Menschen als Tugend an, auch der gute Wille gilt ja vor dir +als eine wohlgefällige Tat! Gib du mir Kraft, diese zu vollführen, +erneue in mir mit der neuen Woche einen festen Geist, und lege eine neue +liebreiche Gesinnung in mein Herz, ein neues inniges Verlangen, dir +anzugehören! Bewahre mich und die Meinigen in dieser Nacht und stärke +mich, daß ich morgen neu gestärkt zu dem Werk eile, das du mir +angewiesen für die Tage meiner irdischen Wallfahrt, laß deine Huld und +Gnade mir zuteil werden, daß ich mich vorbereite zu einem seligen Ende.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="III_Gebete_an_den_Feiertagen" id="III_Gebete_an_den_Feiertagen"></a>III. Gebete an den Feiertagen.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Abendgebet_an_den_drei_Festen_Pessach_Schabuoth_Wochen-_und_Succoth" id="Abendgebet_an_den_drei_Festen_Pessach_Schabuoth_Wochen-_und_Succoth"></a>Abendgebet an den drei Festen: Peßach, Schabuoth (Wochen-) und Succoth<br /> +(Laubhüttenfest).</h2> + + +<p>31. Allgütiger und allheiliger Gott! Ich danke dir, daß du mich diesen +Abend hast erleben lassen, daß ich<span class='pagenum'><a name="Page_39" id="Page_39">[Pg 39]</a></span> wiederum ein heiliges Fest feiern +kann, welches mich erinnert, wie du in deiner Weisheit den Kreislauf der +Zeiten geordnet und wie du, o Allmächtiger! alles zu seiner Zeit +geschaffen hast,—ein Fest, das mir deine mächtigen Wunder der Tage der +Vergangenheit ins Gedächtnis ruft, deine Wohltaten gegen unsere Väter, +wie du ihnen Hilfe sandtest, sie leitetest und führtest, Wohltaten, die +sowohl das Heil Israels als auch das der Menschheit überhaupt gefördert +haben. Ich danke dir, daß du mich dieses heilige Fest hast erleben +lassen, das meine Gotteserkenntnis bewähren, meinen Glaubensbund +erneuern und mich in demselben befestigen soll, und das mich an deine +ewigen Verheißungen erinnert, die du an jede Festzeit geknüpft hast. Ja, +ich danke dir, daß du, das unvollkommene Wesen des Menschen +berücksichtigend, dieses dein Fest eingesetzt hast, damit die heilige +Glaubensflamme in uns allen lebendig erhalten werde. O, möchte doch +alles sowohl in mir als um mich her das heilige Festgewand anlegen, +möchte ich in dieser Nacht mich von deinem väterlichen Schutze +umschattet fühlen, möchte ich sowohl, als alle, die mir angehören, von +dem seligen Gefühl ergriffen werden, mit welchen das Fest jeden erfüllen +sollte. Bewahre mich und meine Lieben vor allem, was den Frieden der +Nacht und des Festes stören könnte, und laß mich morgen in der +versammelten Gemeinde festliche Freude und festliche Erbauung mit all +denen genießen, die dich suchen, deine Güte empfinden und dich anbeten, +dich, der du »in Gnade und Barmherzigkeit festliche Erinnerungstage für +deine Wunder eingesetzt hast«,<a name="FNanchor_25_25" id="FNanchor_25_25"></a><a href="#Footnote_25_25" class="fnanchor">[25]</a> O sprich zu mir:»Du bist mein Diener, +von dem ich gepriesen werde.«<a name="FNanchor_26_26" id="FNanchor_26_26"></a><a href="#Footnote_26_26" class="fnanchor">[26]</a> Gepriesen sei dein Name in Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<p><span class='pagenum'><a name="Page_40" id="Page_40">[Pg 40]</a></span></p> + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Morgengebet_fur_den_ersten_und_zweiten_Tag_des_Pessachfestes" id="Morgengebet_fur_den_ersten_und_zweiten_Tag_des_Pessachfestes"></a>Morgengebet für den ersten und zweiten Tag des Peßachfestes.</h2> + + +<p>32. Mit Dank erhebe ich mein Herz zu dir, o Ewiger, daß du in der +kalten, dunkeln Nacht des Winters mir Schutz gewesen bist, daß die +Winterzeit nun dahingegangen, und milde Lüfte mich wieder anwehen. +Alles, was im Schlummer gelegen, ist wiederum erwacht, die gefesselt +gewesene Natur ist wieder befreit. O, mein Gott, rührt sich wohl auch in +mir dieses neue Leben? Bin auch ich frei geworden und wandre nicht mehr +in der schmählichen Knechtschaft der Welt? Hat nicht die himmlische Saat +in meiner Brust auch im Schlafe gelegen vor der Kälte der Welt, wie die +Saat des Ackers vor dem Winterfrost? Habe ich wohl in den vielen langen +Nächten nach dem himmlischen Lichte in deinem heiligen Gesetze gesucht, +in stiller Zurückgezogenheit über dein Wort geforscht und die dunkle +Tiefe meines eigenen Herzens bei dem klaren Lichte deiner Lehre +untersucht? Oder habe ich vielmehr durch allerlei irdische Lust und +Freude nur noch mehr jedes höhere Gefühl in mir in Schlaf versenkt und +durch die Menge weltlicher Zerstreuungen den klaren Funken von deinem +Geiste, der in mir noch geglommen, völlig ausgelöscht? Habe ich nicht +manchmal Kälte und Unwetter nur als Vorwand vorgeschützt, um dein Haus +nicht zu besuchen? O! dieses Fest ist es, das mir solche mahnende +Erinnerungen gibt. An diesem Tage war es ja, daß du unsere Väter aus dem +Joche Ägyptens erlöstest, daß ihr Geist von dem Sklavensinne befreit +ward, und sie anfingen, als freies Volk zu leben und sich als solches zu +fühlen, daß sie sich dazu erhoben, deine Diener zu sein. Im Glauben an +dich traten sie ihre große Wanderung durch die Erdenwüste an, damit sie, +dem Lichte gleich, in der Finsternis der Welt leuchten<span class='pagenum'><a name="Page_41" id="Page_41">[Pg 41]</a></span> sollten, um +sowohl in den Freuden als auch in den Leiden des irdischen Lebens, +deinen Namen zu verehren und anzubeten, und das Lamm zu sein, welches +seine Unschuld und Reinheit bewahrt und gerne das Opfer der Welt sein +will, aber auch selbst der Priester ist, der es darbringt, um das Werk +zu vollbringen, das du Israel aufgetragen: dein Reich auszubreiten, und +es zu befestigen. O, ich fühle, wie weit entfernt ich noch davon bin, +ein würdiges Glied in Israels Gemeinde, wie weit entfernt davon, dein +freigeborner Sohn zu sein, der das Joch der Welt abgeworfen, und dein +Diener, der sich von jedem Joche des Vorurteils frei gemacht und weder +von dem hohlen Wesen des Unglaubens, noch von den Irrtümern des +Aberglaubens gefesselt ist. Ach, der Sauerteig der Sünde füllt noch +meine Brust, und Eitelkeit, Wollust und Habsucht betören mich. O, möchte +ich doch, indem ich den Sauerteig aus meinem Hause forträume, auch +meinen Sinn läutern! Ja, ich will an diesem Feste meinen Lebenstag aufs +neue beginnen und mich selbst wieder zum Glauben erwecken. Ich will die +Erinnerungen aus den Tagen meiner Kindheit auffrischen, da fromme Eltern +an diesem Feste die gute Saat in meine Seele ausstreuten; ich will mir +Israels wunderbare Leitung wieder vor die Seele rufen, von der Zeit an, +da es durch deine kräftige Hand, o Gott! aus Ägypten geführt worden, bis +auf diesen Tag, um immer mehr zu erkennen, daß es unter deiner +väterlichen Obhut steht, daß es aber noch nicht seinen hohen Beruf +erfüllt und daß jedes Mitglied der Gemeinde Israels dir und seinem hohen +Berufe sein Leben und seine Kraft weihen soll. Aber was ich auch +will,—nichts vermag ich doch ohne deinen gnädigen Beistand. Dein Geist +sei mit mir und den Meinigen in dieser festlichen Zeit, daß wir sie<span class='pagenum'><a name="Page_42" id="Page_42">[Pg 42]</a></span> +feiern zu deinem Wohlgefallen, zur Verherrlichung deines Namens.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Ein_anderes_Gebet_fur_den_Pessachmorgen" id="Ein_anderes_Gebet_fur_den_Pessachmorgen"></a>Ein anderes Gebet für den Peßachmorgen.</h2> + + +<p>33. Wie lange auch der Winter gewährt, wie viele Sehnsuchtsseufzer in +den dunkeln Nächten zu deinem Himmel emporgestiegen, so habe ich doch +unter deinem Schutze, Allbarmherziger, den Anbruch der milden Jahreszeit +erlebt. So gedenke ich auch heute, daß durch deine Güte auf gleiche +Weise vor Jahrtausenden die Morgenröte der Freiheit für das +Menschengeschlecht anbrach. Du beriefest Israel, deinen Erstgeborenen, +eine Gemeinde zu deiner Anbetung zu bilden, damit die Nacht des +Heidentums nach und nach verschwinde, und alle Unterdrückung aufhöre. +Ja, lange hatten meine Vorfahren in Druck und Elend geschmachtet und +viele hatten schon jede Hoffnung auf Rettung aufgegeben, ja, hatten +schon aufgegeben den Glauben an die Verheißungen, die ihnen von +Geschlecht zu Geschlecht überliefert waren; doch die Stunde der +Errettung kam, und sie kam früher, als selbst die Gläubigsten geahnt +hatten, sie kam in der tiefsten Finsternis der Nacht.—O, ich sehe wohl, +noch seufzt die Welt unter dem Joche der Knechtschaft, noch bekämpfen +Völker einander mit blutigen Waffen, noch herrschen die Schrecken des +Krieges und noch werden wir von Eigennutz getrieben. Menschenfurcht hält +noch den Geist gebunden und völlig machen wir uns zu Sklaven törichter +Eitelkeit, und Gold und Ehre und Macht sind die Götzen, die die Menge +anbetet, und Laster und Leidenschaften üben eine mächtige Herrschaft +aus, sowohl über das ganze Menschengeschlecht, als über jeden Einzelnen. +Doch du,»dessen Name von Ewigkeit zu Ewigkeit währt, und der du unser +Erlöser bist«, du wirst dennoch endlich die Erlösung<span class='pagenum'><a name="Page_43" id="Page_43">[Pg 43]</a></span> kommen lassen, so +gewiß, als du sie verheißen hast. Du wirst die Zeit kommen lassen, in +der »alle in Freundschaft mit einander wohnen, die Schwerter zu +Pflugscharen schmieden werden und das Kind mit der Schlange +spielet«,<a name="FNanchor_27_27" id="FNanchor_27_27"></a><a href="#Footnote_27_27" class="fnanchor">[27]</a> da das Gift der Sünde von ihr genommen sein wird. Diese +Hoffnung soll das Fest in meiner Brust erneuern, und ich weiß, daß auch +mir ein wenig Kraft verliehen worden, in deinem Dienste für das Kommen +deines Reiches zu arbeiten. O, Herr! laß mich denn das Joch brechen, das +noch auf mir lastet, laß mich von Hochmut und sündiger Lust gereinigt +werden, und laß mich erkennen, daß nichts auf Erden mir als Eigentum +angehört, sondern daß mein Besitz ein anvertrautes Gut, ein Darlehen von +dir ist. Um nun von diesem Bewußtsein durchdrungen zu werden, wird ja +auch in Israel jede erste Gabe des Lebens dir geheiligt, deshalb gehört +dir ja die erste Erntefrucht des Jahres, und brachten eben ja am +heutigen Tage unsere Väter das heilige Omer als Opfer der Erstlinge dir +dar. So will ich denn gedenken, daß alles eine unverdiente Gabe aus +deiner Hand ist, und wie sehr ich auch dafür gearbeitet habe, so ist +doch nur der Genuß, wie von dem eines nur zur Benutzung anvertrauten +Gutes mir davon gestattet, die Seele aber darf nicht daran hängen; denn +es ist ja alles eitel und nichtig, die Seele aber schufst du für das +Ewige, und der hat schon jetzt das ewige Leben, der nur an dir festhält. +Gib, o du mein himmlischer Vater, daß ich in solcher Hoffnung an diesem +Feste wachse und wecke sie bei allen meinen Brüdern, ja laß die +zuversichtliche Erwartung bald das Menschengeschlecht erfüllen, daß +einst der Tag erscheine,»da der Herr einzig sein wird und sein Name +einzig.« Amen!</p> +<p><span class='pagenum'><a name="Page_44" id="Page_44">[Pg 44]</a></span></p> + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Morgengebet_an_den_beiden_letzten_Tagen_des_Pessachfestes" id="Morgengebet_an_den_beiden_letzten_Tagen_des_Pessachfestes"></a>Morgengebet an den beiden letzten Tagen des Peßachfestes.</h2> + +<p>(2. B. M. 24, 15.)</p> + + +<p>34. Wo ist wohl die Wohnung eines Frommen, in der man nicht heute mit +Freuden Siegesgesänge anstimmt:»die Rechte des Herrn ist erhaben, die +Rechte des Herrn hat das Siegeswerk vollbracht!« O, auch mein Haus soll +von Siegesgesang erschallen und von Dank für deine wunderbare Hilfe, da +Israel so kurz nach der Befreiungsstunde, am Rande des Verderbens +stehend, nur im Aufblick zu dir, im Gebete, Mut und Rettung fand. Auch +hier in meinem Hause soll ein Dankfest gefeiert werden, dafür, daß du an +diesem Tage »den Glauben an dich und an Moses, deinen Diener, in den +Herzen unserer Väter befestigt hast. Und hat es nicht auch in meinem +eignen Leben so manche Stunde der Gefahr gegeben, in der ich oder einer +der Meinigen gleichsam über einem Abgrunde schwebte, so manchen +angstvollen Augenblick, in welchem ich verzagte und nicht fest in meinem +Glauben war? Doch du halfst mir und du stärktest meinen schwachen +Glauben! O, indem ich dir nun danke, will ich auch nicht vergessen an +diesem Dankfest denen zu danken, die du als Werkzeug gewählt hast, mir +zu helfen, mich zu stärken und zu trösten oder auch zu belehren. Wenn so +viele, weit entfernt solches anzuerkennen, undankbar sind, so will ich +in der Feststunde mir aufs neue die Pflicht der Dankbarkeit und +Erkenntlichkeit ins Gedächtnis rufen, will auf meinen Vater (meine +Mutter, meine Gattin, meine Kinder usw.) mit Dank für all das Gute, das +mir von seiner (ihrer) Hand zuteil geworden, hinblicken und will mit +Tränen der Dankbarkeit aller meiner Wohltäter gedenken, wenn sie auch +schon im Grabe schlummern; ja, derer will ich gedenken, die mich<span class='pagenum'><a name="Page_45" id="Page_45">[Pg 45]</a></span> als +Kind in ihre zärtlichen Arme geschlossen und meine Jugend geleitet +haben; meines Lehrers, der meinen Geist erleuchtet und mir den Weg des +Lebens gezeigt hat, und aller, die mir jemals Rat erteilt und mit ihrem +Beistande mich in meinem Berufe unterstützt haben. Gib mir, o, Ewiger, +Gelegenheit und Kraft, ihnen allen meinen Dank durch die Tat beweisen zu +können! Und wenn ich so viele teure Wesen vermisse, denen ich nichts von +der Schuld meiner Dankbarkeit habe abtragen können, wenn vielleicht +einer meiner Brüder gerade zur Festzeit den Verlust eines Freundes, +eines Gönners oder Helfers beklagt, wenn der eine oder andere sich +einsam und verlassen fühlt, o! so laß in seiner wie in meiner Seele das +trostreiche Wort laut ertönen:»Stehe still und sieh die Hilfe des +Herrn!« Denn du, o Herr, bist ewig und immer, und ewig lenkst du meinen +Weg. Dir will ich stets aus ganzem Herzen danken, und deinen Namen will +ich ehren in aller Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Morgengebet_am_Wochenfeste" id="Morgengebet_am_Wochenfeste"></a>Morgengebet am Wochenfeste.</h2> + + +<p>35. Ewiger, hochgepriesener, einziger Gott!—O! wie könnte ich heute +deinen heiligen Namen aussprechen, ohne dir zugleich dafür zu danken, +daß du den Menschenkindern dich offenbart und deinen heiligen Willen +ihnen kund getan hast. Du hast ja zu ewigem Angedenken daran dieses Fest +der Gesetzgebung und der Offenbarung eingesetzt! Deine größte Liebe +gegen die Sterblichen zeigtest du an jenem Tage, da du uns deinen +väterlichen Willen kund getan, da du das Himmlische dem Geschlechte der +Erde offenbartest, daß wir es erkennen und des himmlischen Reiches +teilhaftig werden. Auch ich bin dazu berufen und kann zu den Glücklichen +und Seligen gezählt werden; auch für mich hast du deine Worte verkündet. +Ja, ihre Herrlichkeit leuchtet<span class='pagenum'><a name="Page_46" id="Page_46">[Pg 46]</a></span> der ganzen Welt; obschon unbewußt lebt, +und atmet sie in derselben, und würde sie ohne dein ewigstrahlendes +Licht in Finsternis eingehüllt sein. So soll denn der Unglauben eben so +wenig wie der Aberglauben Herrschaft über mich gewinnen. Aber ach! wenn +ich mich im Lichte deines geoffenbarten Wortes prüfe, muß ich da nicht +beschämt bekennen, daß es in mir oft verdunkelt worden und nicht in +voller Kraft in all meinem Denken und Tun widerstrahlte? Nahm ich nicht +oft den Schein für die Wahrheit und Menschenklugheit und Blendwerk oder +meine eigenen törichten Meinungen für Gotteserkenntnis, und Vorurteil +für Überzeugung?—War ich wohl fest in deinem Gesetze zu allen Zeiten, +daß es mit Flammenschrift auf den Tafeln meines Herzens eingeschrieben +stand als ein ewiges Bundeszeugnis, als ein Zeugnis meiner Treue und +meines Strebens, dich und deinen Willen immer klarer zu erkennen? War +ich nicht zuweilen hartnäckig und rühmte mich da der Festigkeit, oder +hielt ich nicht zuweilen die Zweifel, die sich in meiner Brust erhoben +und das Schwanken meines Geistes für Fortschritt? Darum bitte ich dich, +du,»dessen Wort ewig ist, dessen Wahrheit fest steht von Geschlecht zu +Geschlecht«, o, leite meine Schritte auf die Bahn deines Wortes, daß ich +nie davon weiche, weder zur Rechten noch zur Linken, und laß nicht die +Sünde und das Verderben Macht über mich gewinnen! Laß mich erkennen, +da߻der Mensch nicht vom Brote allein lebt, sondern von allem dem, was +aus deinem Munde kommt«,<a name="FNanchor_28_28" id="FNanchor_28_28"></a><a href="#Footnote_28_28" class="fnanchor">[28]</a> und wecke in mir ein beständiges Verlangen +nach diesem Lebensbrot, daß deine Zeugnisse mein ewiges Erbteil seien, +meines Herzens wahre Freude, meiner Seele Seligkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> +<p><span class='pagenum'><a name="Page_47" id="Page_47">[Pg 47]</a></span></p> +<p>36. Heute, da ich der höchsten und heiligsten Gabe gedenke, mit welcher +du, mein Gott, vom Sinai aus deine Menschenkinder begnadigt hast,—wie +danke ich dir da, daß ich Israels Glauben bekenne! Wie hilflos und +verlassen würde ich sein, wollte ich Licht und Leitung bei den Weisen +der Welt suchen, die so oft einander widersprechen, und von denen der +eine niederreißt, was der andere als ein unerschütterliches Gebäude +aufgerichtet. Ja, ich danke dir, mein Gott, daß ich ein Israelit bin, +und ich die heiligen Stammväter und alle Propheten, die du mit deinem +heiligen Geiste erfülltest, zu Leitsternen für mich auf meiner Bahn +habe, und daß du auch für mich das Wort leuchten ließest, welches du +selbst in deiner Gnade kund getan hast, das Wort, das felsenfest allen +Stürmen der Zeit Widerstand geleistet, und das der Spott der +Leichtsinnigen, die Geringschätzung der Weltlichgesinnten nicht zu +erschüttern vermocht hat. Ja, wohl muß ich meines Glaubens wegen +zuweilen Kummer und Beschwerden erdulden, und wo ich als ernster +Israelit nach deinem Gesetze und deiner Lehre wandern will, da werde ich +oft von außen und von innen von Feinden bedrängt;»denn die, welche an +deinem Worte festhalten und in seinem reinen Geiste wandern, müssen oft +unter Kedars Hütten wohnen, unter denen, die den himmlischen Frieden +hassen.« Aber du läßt mich die Wahrheit deiner himmlischen Lehre +erkennen, und nicht weltliche Freuden und nicht irdische Bande sind es, +die mich an sie binden; denn du hast sie als Preis für mannigfältige +Kämpfe gegeben, und gerade unter diesen soll sie ihre Gotteskraft +beweisen. O, so stärke mich denn, wie du unsere Vorfahren gestärkt, daß +ich dieses Kleinod wie meinen Augapfel bewahre und es auf die kommenden +Geschlechter vererbe. Laß seine Herrlichkeit<span class='pagenum'><a name="Page_48" id="Page_48">[Pg 48]</a></span> immer mehr mir strahlen, +und laß mich darin unablässig für mich und für alle die Meinigen Leben +und Licht, Trost und Frieden finden.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Neujahrsfest_Rosch_Haschana" id="Am_Neujahrsfest_Rosch_Haschana"></a>Am Neujahrsfest (Rosch Haschana).</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Vorabend_des_Festes" id="Am_Vorabend_des_Festes"></a>Am Vorabend des Festes.</h2> + + +<p>37. Herr, unveränderlicher, ewiglebender Gott! sieh gnadenvoll nieder +auf dein Kind, das kaum sich aufrecht zu erhalten vermag unter den +wechselnden Gefühlen, die es an diesem heiligen Abend überwältigen, der +das hingeschwundene Jahr von dem neuen trennt, welches sich aufzurollen +beginnt. Denn erscheine ich mir doch fast selbst ein Wunder, wenn ich +mir alles in Erinnerung zurückrufe, was mir in dem dahingeschwundenen +Jahre widerfahren und begegnet: Freuden und Sorgen, Erquickungen und +Bekümmernisse, Leiden und Momente des Glücks. Ja, jede Stunde, jeder +Augenblick gab das Zeugnis, daß du mich auf den Armen deiner Liebe +trägst, daß deine Huld mich umschwebt. Und ach! wie wenig habe ich all +dieser Güte entsprochen, wie oft verzagte ich, und wie oft strauchelte +ich! Und sehe ich hin auf die vielen Wünsche und Erwartungen, die sich +nun in meiner Brust regen, und die ich nun vor dir für die kommende Zeit +aussprechen will, o Herr und Vater, wo soll ich da beginnen und wo +enden? O du, der du den Gedanken kennst, ehe er noch ausgesprochen wird, +du weißt ja, wessen ich bedarf, und was zu meinem Wohle und dem Wohle +der Meinen dienen kann. Darum empfehle ich mich deinem gnädigen Schutze +und bitte nur um dieses: laß mich mit dem hingeschwundenen Jahre auch +aller meiner Sünden ledig werden, und laß für mich ein Jahr beginnen, +welches in Wahrheit ein neues ist, ein Jahr, in welchem ich mehr und +mehr deine Weisheit,<span class='pagenum'><a name="Page_49" id="Page_49">[Pg 49]</a></span> Gerechtigkeit und Liebe erkenne, ein Jahr, das von +Anfang bis zum Ende Zeugnis gebe von meinem eifrigen Streben, dir zu +gefallen, und von meiner Hingebung an deine väterliche Leitung. Und so +will ich denn getrost das neue Jahr antreten, denn ich weiß, daß du, +Allgütiger, mir nahe bist, und daß du mein Gebet erhörest.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Neujahrstag" id="Neujahrstag"></a>Neujahrstag.</h2> + + +<p>38.»Lobsinge dem Herrn meine Seele und vergiß nicht, was er dir Gutes +getan hat«, das ist mein erster Gedanke, mein erstes Gefühl an diesem +Tage. Und dieses Sinnen taucht nicht in meinem Innern auf, ohne daß +meine ganze Seele sich zu der Bitte erhebt:»Mein Gott, vergib mir meine +Sünden!« Denn ich weiß es gar wohl, daß ich alle Zeit vor deinem +Angesichte stehe, und daß dein Auge mir folgt auf allen meinen Wegen. +Aber heute, da ich so vieler Wohltaten mich erinnere, die du in einer +langen Reihe von Tagen mir erwiesen hast, wie oft du meine Seele mit +Freude erfülltest, mir Stunden schenktest, in denen ich mich so +glücklich fühlte, wie oft du mir halfst bei meiner Arbeit, mich +erfreutest durch den Anblick meiner Lieben, durch die Umgebung +liebevoller Herzen und froher, freundlicher Gesichter, mich stärktest in +schweren Augenblicken, mich Trost und Linderung finden ließest unter +Schmerz und Sorge, ja mir so oft helfend zur Seite standest, mich, wenn +die Versuchung mir nahte, und ich nahe daran war zu wanken, aufrecht +hieltest in meiner Schwäche—heute muß ich die Last aller meiner Sünden +um vieles schwerer fühlen, und all meine Schuld tritt mir vor die Seele. +Jeder Tag, jede Stunde des verflossenen Jahres klagt mich ob meiner +Versäumnisse an; wie oft habe ich nicht meine<span class='pagenum'><a name="Page_50" id="Page_50">[Pg 50]</a></span> Pflicht vergessen, meinen +Beruf als Mensch, als Israelit! Heute, da ich nicht nur so viele deiner +Wohltaten gegen mich vergessen habe, sondern auch so manchen sündigen +Gedanken, so manche unrechte Tat, die ich mir habe zuschulden kommen +lassen, heute fühle ich es mit Furcht und Beben, daß ich von dir +gerichtet werden soll, dir, dem Allwissenden, der all mein Tun und +Lassen kennt, dem auch die verborgensten Gedanken meines Herzens +offenbar sind und dessen Auge die Tat sieht, die keinen irdischen Zeugen +hatte; o ja, heute erkenne ich vollkommen, wie ich all deiner Güte und +Barmherzigkeit nicht wert gewesen bin. Und stehe ich nicht heute vor +einer unbekannten Zukunft? Wie zahlreich sind meine Wünsche, wie +mannigfaltig meine Hoffnungen, die ich an die kommenden Tage knüpfe, und +wie erbebe ich bei dem Gedanken, was sie vielleicht für mich oder für +diejenigen in ihrem Schoße bergen, die ich mehr noch liebe als mich +selbst! O, wie konnte ich wohl der Zukunft vertrauensvoll entgegen +sehen, wenn nicht deine Verzeihung mir würde auf meinem neuen Wege. O +Allgütiger! Nimm mich und die Meinen in deine treue Hut, laß deine Gnade +mir leuchten in dem neuen Jahre, unterstütze mich darin, daß ich das +Gute übe, hilf mir, jede sündige Lust zu überwinden. Halte fern von mir +jede Versuchung, und wenn du mir Kämpfe auferlegst, so verleihe du mir +auch die Kraft, siegreich aus ihnen hervorzugehen, und stärke mich, Haß +und Neid, Rachsucht und der Sinne Lust zu bezwingen durch eine innige +Liebe zu dir. Erneuere du selbst in mir das feste Vertrauen auf deine +Hülfe, daß ich fest stehen möge im Glauben, und lehre mich, an jedem +Tage mit neuen Liedern dir zu lobsingen, und deinen heiligen Namen zu +preisen.</p> + +<p class="amen">Amen!<span class='pagenum'><a name="Page_51" id="Page_51">[Pg 51]</a></span></p> + +<p>39.»Herr Gott, tausend Jahre sind ja vor dir, wie der Tag, der gestern +vergangen ist, aber unsere Tage fahren dahin wie Rauch und verschwinden +wie Schatten«,<a name="FNanchor_29_29" id="FNanchor_29_29"></a><a href="#Footnote_29_29" class="fnanchor">[29]</a> und ehe wir es merken, stehen wir vor den Pforten der +Ewigkeit. So haben wir, ich und die Meinen, heute wiederum ein Jahr +zurückgelegt, wir stehen an der Schwelle eines neuen, und wir wissen +nicht, wie viele unter uns am heutigen Tage vielleicht zum letzten Male +die Neujahrssonne aufgehen sehen. O, mein Vater, ich habe so viele, die +meinem Herzen wert und teuer sind, und denen ich so gerne noch eine +Weile meine volle Liebe erweisen möchte, o, erhalte du sie doch am Leben +und schenke ihnen Freude und Segen! Erhalte am Leben (meine alten +Eltern, meinen teuren Vater, meine geliebte Mutter, meinen guten treuen +Gatten usw.) breite deine schirmende Hand aus über (meinen Großvater, +meine Großmutter, meinen Bruder, meine Schwester, Geschwister, +Wohltäter, Freunde usw.) O, himmlischer Vater, von ganzem Herzen bete +ich auch zu dir für die, welche ich mit mütterlicher Liebe umfasse: o, +laß meine Söhne und Töchter leben, und laß dieses Jahr ihnen Glück und +Frieden bringen, führe du sie den richtigen Weg, daß auch meine Seele +sich darüber freuen möge; verleihe du ihnen Kraft und Gesundheit; laß +sie erzogen werden und aufwachsen in deiner Furcht und Erkenntnis, dir +zum Wohlgefallen und den Menschen.—Allerbarmer! auch für mich wage ich +zu beten, wie sehr ich auch erkenne, daß ich sündenbelastet bin. O, +verleihe du mir Stärke! Solltest du in diesem Jahre meiner Seele +gebieten, zu dir einzukehren, so laß sie dahinziehen in Frieden, ist es +aber dein Wille, mir noch ein Lebensjahr zu schenken, so laß es zum +<span class='pagenum'><a name="Page_52" id="Page_52">[Pg 52]</a></span>Segen für mich werden. Ja, solltest du es mir vergönnen, die Tage zu +erleben,»da des Hauses Wächter erzittern, die Stützen sich beugen und +der Blick umdunkelt wird!«<a name="FNanchor_30_30" id="FNanchor_30_30"></a><a href="#Footnote_30_30" class="fnanchor">[30]</a>»so verwirf mich nicht, mein Gott, in +meinem hohen Alter und verlaß mich nicht, wenn mein Haar grau wird und +meine Kräfte abnehmen!«<a name="FNanchor_31_31" id="FNanchor_31_31"></a><a href="#Footnote_31_31" class="fnanchor">[31]</a> Und wenn die Freude an dieser Welt mir +schwindet, so laß du die Freude an dir und die Sehnsucht nach deinem +Himmel um so stärker in meinem Innern werden. Ach Herr! stärke mich, daß +weder Glück noch Unglück, weder Freud noch Leid mich von dir entfernen +möge, daß alles dazu diene, mich meiner Vollendung näher zu bringen, und +daß auch ich dereinst ein freundliches Andenken hinterlassen möge, und +mein Gedächtnis in Segen bleibe.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Beim_Schofarblasen" id="Beim_Schofarblasen"></a>Beim Schofarblasen.</h2> + + +<p>40. Dir, o allmächtiger und liebreicher Gott, will ich huldigen als dem +König der Welt! Deshalb ruft mich heute Schofars (der Posaunen) Schall +auf zum Kampfe wider den Feind, der in meiner eignen Brust hauset, +siehe, alle die verflossenen Zeiten mit ihren denkwürdigen Begebenheiten +ziehen an meiner Seele vorüber, indem mein Ohr auf diese Töne lauscht. +Im Geiste sehe ich des Widders Horn vom Gebüsch festgehalten, mich daran +erinnernd, wie jener Patriarch die schwere Prüfung bestanden. Ach Herr, +wie oft seufzte ich doch, selbst bei dem Geringsten das mich heimsuchte; +wie werde ich bestehen, wenn du beschlossen haben solltest, meine Treue +auf gleiche Art zu prüfen? Und im Geiste höre ich gleichsam das Wort des +Bundes, wie es verkündigt wird unter Posaunen<span class='pagenum'><a name="Page_53" id="Page_53">[Pg 53]</a></span>schall, und ich erbebe; +denn mit zerknirschtem Herzen muß ich es bekennen: Ich habe deinen +heiligen Bund nicht gehalten. Es ist mir, als ob der Propheten gewaltige +Stimme, ihre Warnungsrufe und Ermahnungen, ihre Predigt zur Buße und +Umkehr und die Verkündigung des mahnenden Gerichts in dieser Stunde an +mein Ohr dringe, und ich erbebe. O Ewiger! laß diese Töne mich aus +meinem Schlummer wecken, laß sie mich mit Reue erfüllen über die Tage +der Vergangenheit, welche ich nicht für das ewige Leben benutzt habe, +aber auch zugleich mit dem Trost, daß du als ein huldreicher Herr mit +Erbarmen auf deinen bußfertigen Diener herabschauen, und daß du, ein +gütiger Vater, dein reuiges Kind in Liebe wieder zu Gnaden aufnehmen +wirst. Stärke mich in der Prüfungszeit, laß mich widerstehen allen +Versuchungen der Welt, laß mich siegen über die sündige Lust und +verachten den Spott der Ungläubigen. Ja, laß diese Stunde gnadenbringend +sein für mein Herz und meine Seele, daß ich von dieser Zeit an wandern +möge in dem Lichte deines Angesichtes.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_grossen_Versohnungsfeste_Jom_hakippurim" id="Am_grossen_Versohnungsfeste_Jom_hakippurim"></a>Am großen Versöhnungsfeste (Jom hakippurim).</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Zu_Anfang_des_Abendgottesdienstes_Kol_nidre" id="Zu_Anfang_des_Abendgottesdienstes_Kol_nidre"></a>Zu Anfang des Abendgottesdienstes (Kol nidre).</h2> + + +<p>41. Barmherziger Vater! Wie erbebt mein Herz, wie zittert meine Seele, +da ich mich dir an diesem heiligen Abend nahe, da des Himmels Tore sich +vor dem bußfertigen Sünder, der um Versöhnung bittet, auftun. So will +ich denn mit all meinen Gedanken dich suchen und bei dir weilen, und mit +aufrichtigen Worten der Reue deine Verzeihung mir erflehen. Ach Herr! +Treten nicht meine Gedanken und Reden vor deinem Richterstuhle wider +mich auf? Wer vermöchte alle sündigen Gedanken zählen,<span class='pagenum'><a name="Page_54" id="Page_54">[Pg 54]</a></span> die in meiner +Seele aufgestiegen; und wie oft hatten nicht unlautere, habsüchtige, +rachgierige Wünsche und Begierden in meiner Brust sich geregt! Es +tauchen verlangende Gedanken in meinem Herzen auf, vor denen ich selbst +erschrecken muß, und doch habe ich ihnen damals Raum gegeben, anstatt +sie zu verscheuchen, und habe so oft meine Seele mit ihnen +befleckt!—Herr! Herr! Wie könnte ich wohl ohne Erröten meine Gedanken +jetzt zu dir erheben, und wie darf ich es wagen, meine Lippen jetzt zum +Gebet zu öffnen, da ich doch weiß, wie oft dieselben Lippen sich schon +zur Schmeichelei oder zum Spott, zu Verleumdung, Hohn und Kränkung +öffneten! O ewiger Richter! Ich habe leichtsinnige, zweideutige, +heuchlerische, falsche, verführerische und unlautere Worte geredet, +Worte die dich und dein Gesetz schmähten! Ich habe unüberlegt +Versprechungen gemacht, die ich nicht gehalten habe! Ach ich erinnere +mich in dieser Stunde nicht nur der leeren Versprechungen, die ich +meinen Nächsten gegeben, sondern ich denke auch daran, wie oft ich +gelobt habe, mein Leben dir, mein Gott, zu weihen, und in Zucht und +Rechtschaffenheit vor dir zu wandeln, wie oft ich gelobt habe, deine +Gebote zu halten, und mich und mein ganzes Wirken zu heiligen, und daß +ich, ach, nicht minder oft mein Gelübde dir gebrochen habe! Darf da +derselbe Mund nun wagen, um Gnade zu bitten, der so oft die Sprache, die +Gabe deiner Gnade mißbraucht hat? Ach, ich will an die Pforte deiner +Gnade anpochen und um Eingang flehen, und sieh! die Schlüssel, welche du +mir gabst, des Himmels Tore mir zu öffnen, und mir den Weg zu dir zu +bahnen:»Gedanken und Worte«, die treten anklagend wider mich auf. O! so +vergib mir vor allen Dingen, was ich bis auf diese Stunde in Gedanken +und Worten gesündigt! Sieh, Allgütiger, die tiefe Trauer,<span class='pagenum'><a name="Page_55" id="Page_55">[Pg 55]</a></span> welche mich +ergreift, und verbirg die Menge meiner Sünden unter dem Mantel deines +Erbarmens: reinige meine Seele von unlauteren Gedanken und laß die Glut +der Andacht hier in deinem Heiligtum alles Unlautere meines Geistes +verzehren! Laß meines Herzens Angst und Reue »eine glühende Kohle von +deinem heiligen Altar« sein, die meinen Mund berührt, während mich deine +Zusage tröstet:»Siehe! diese hat deine Lippen berührt, dein Vergehen ist +getilgt, und deine Sünde soll gesühnt sein!«<a name="FNanchor_32_32" id="FNanchor_32_32"></a><a href="#Footnote_32_32" class="fnanchor">[32]</a> Vergib mir jedes +übereilte Wort, das ich gesagt habe, und lehre mich von dieser Stunde +an, meine lose Zunge zügeln; vergib mir die unbedachten Versprechungen, +die ich gegeben habe, und erfülle mich mit der Gewißheit, daß du ein +huldvoller Vater bist, der seinen Kindern gerne vergibt. Ja laß mich dir +danken, daß du mich diesen Tag hast erleben lassen, und laß mich ihn vom +Abend bis zum Abend dazu benutzen, durch Gebet und Buße in innerliche +Gemeinschaft mit dir zu treten.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Zum_Morgengottesdienst_Schacharis" id="Zum_Morgengottesdienst_Schacharis"></a>Zum Morgengottesdienst (Schacharis).</h2> + + +<p>42.»Herr! Herr! allmächtiger, barmherziger und gnädiger Gott, +langmütiger und von großer Güte und Treue, der die Liebe bewahrt bis ins +tausendste Geschlecht, Übertretungen und Sünden vergibt und doch nichts +ungestraft läßt!«<a name="FNanchor_33_33" id="FNanchor_33_33"></a><a href="#Footnote_33_33" class="fnanchor">[33]</a> Du unerschöpflicher Quell der Gnade! ich beuge +mich vor dir in den Staub und bete deinen Namen mit unendlichem Danke +an, denn du hast mir diesen Tag zur Rettung meiner Seele geschenkt. Was +wäre ich doch, und wie sollte ich die schwere Bürde aller meiner Sünden +tragen können, wenn du nicht diesen heiligen Tag dazu be<span class='pagenum'><a name="Page_56" id="Page_56">[Pg 56]</a></span>stimmt hättest, +sie von mir zu nehmen, von meinen Übertretungen mich zu reinigen und +meine Schuld zu sühnen, oder wie könnte ich mich davor retten, tiefer +und tiefer zu sinken, wenn ich nicht durch Fasten, Gebet und Buße am +heutigen Tage an alle meine Sündenschuld erinnert würde, und deine +liebende Vaterstimme mich heute nicht von meinem Irrweg zurückriefe und +mir den Tag des Gerichts vor Augen stellte, der einst für jeden +Sterblichen erscheinen wird, aber mir auch zugleich wiederum deine Gnade +zeigte, die gerne verzeiht und mir zuruft, daß ich,»dich suchen und +leben soll«. Wohl weiß ich, o Gott, daß du stets alle meine Wege +schaust, und daß deine Stimme mich ohne Unterlaß zu warnen sucht, aber +das ist ja gerade mein Vergehen, daß ich darauf nicht achte. Ja gewiß, +meiner Sünden Menge würde zuletzt allen Frieden und jegliche Ruhe aus +meiner Brust verjagen, sie würde mich tiefer und tiefer ins Verderben +stürzen und niemals zur Prüfung meiner selbst kommen lassen, wenn du +nicht diesen großen Sabbat<a name="FNanchor_34_34" id="FNanchor_34_34"></a><a href="#Footnote_34_34" class="fnanchor">[34]</a> eingesetzt hättest, der meiner Seele den +heiligsten Frieden und die seligste Ruhe verschaffen soll. Siehe, indem +ich diesen heiligen Tag in deinem Heiligtum zubringe, so werde ich daran +erinnert, daß ich selbst heilig sein soll, denn du, o Gott, bist heilig +und in deinem Lichte soll ich mich, meinen Sinn und meinen Wandel +läutern.—Ach, Herr, wenn ich alle meine Versündigungen bekennen wollte, +wo sollte ich da anfangen und wo aufhören? O! so oft ich an diesem Tage +mit der Gemeinde das Sündenbekenntnis (Viduj) widerhole, so laß mich +tief in das Innere meines Herzens schauen und mich selbst prüfen, ob die +Sünden mich nicht in ihr Garn gelockt haben. Laß mich untersuchen,<span class='pagenum'><a name="Page_57" id="Page_57">[Pg 57]</a></span> ob +ich auch unverrückbar ein sittlich heiliges Ziel bei all meinem Tun und +Handeln vor Augen habe, das ich vor den Menschen dereinst zeigen und mir +selber auch gegenüber stellen darf, wenn ich im Gebete vor deinem +Angesicht stehe. Schaue gnädig auf die Tränen meiner Reue herab, und laß +die Zerknirschung meines Herzens dir ein angenehmes Sühnopfer sein. +Schenke mir deine Verzeihung für jedes Mal, daß ich meine Pflicht als +Mensch (als Mutter, Tochter, Schwester, Verwandte usw.), als Israelitin +versäumt habe, vergib mir, daß ich so oft die Menschen mehr als dich +gefürchtet habe, verzeihe mir, daß ich rasch zur Lust der Welt und +zögernd zu deinem Dienste, daß ich eifrig zum Schlechten und langsam zum +Guten, verschwenderisch für den Genuß und geizig für Wohltaten gewesen +bin. Gerechter Gott! Verfahre nicht mit mir nach meinen Sünden, sondern +nach deiner großen Barmherzigkeit welche gern vergibt. Ja, erbarme dich +über mich und hilf mir in deiner Liebe, daß ich an diesem Tage der +Versöhnung von neuem geheiligt werde; führe du mich selbst zurück auf +deinem Wege, daß ich zum Guten und zur Wahrheit Umkehr halten möge, denn +du bist Herr, mein Gott.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Beim_Mittagsgebet_Mussaph" id="Beim_Mittagsgebet_Mussaph"></a>Beim Mittagsgebet (Mussaph).</h2> + + +<p>43. Je länger ich heute in deinem Haus verweile, Allheiliger, je mehr +ich mich selbst betrachte, indem die Quelle jeder Sinneslust gehemmt +ist, und das Brausen der Leidenschaften in meiner Brust erstirbt, je +klarer ich mir bewußt werde, daß ich hier vor deinem ewigen +Richterstuhle stehe, wo nicht nur die Sünden, welche alle Welt sieht und +verurteilt, mir vorgehalten werden, sondern wo eine jede sündige +Neigung, jede gottlose Begierde, jedes unnütze Wort, ja selbst die +geringste Versäumnis in der<span class='pagenum'><a name="Page_58" id="Page_58">[Pg 58]</a></span> Ausübung des Guten, die ich mir habe zu +schulden kommen lassen, als Zeugen gegen mich auftreten, mich ohne +Schonung vor dich zu Gericht bringen, dem alles offenbar ist, und mich +meiner Selbsttäuschung entreißen, die meinen Geist sonst gefangen hält, +um so mehr muß ich wieder und wieder dein Erbarmen anflehen: O, vergib, +vergib mir, Allbarmherziger, wende mir deine Gnade wieder zu, daß ich in +meinen Sünden nicht verderben muß! Aber darf ich mein Angesicht wohl zu +dir erheben und deine Verzeihung mir erflehen, so lange noch die Stimme +eines gekränkten Bruders meine Stimme übertönt, und so lange dies mein +Herz noch nicht erfüllt ist mit »der Liebe, welche alle Vergehen +zudeckt«?<a name="FNanchor_35_35" id="FNanchor_35_35"></a><a href="#Footnote_35_35" class="fnanchor">[35]</a> Über wie manchen habe ich nicht in Blindheit und +Leidenschaft ein ungerechtes Urteil gefällt, wie oft habe ich meines +Nächsten Absicht verkannt, wie oft ihm feindlich entgegengestrebt! Herr! +soweit ich meiner eigenen Lieblosigkeit Sünde kenne, will ich mich +bestreben das Meinige zu tun, um meines Bruders, meiner Schwester +Verzeihung zu erlangen, aber, ach, wie viel habe ich nicht vergessen, +wie manche sind nicht von mir geschieden, ohne daß ich damals ihre +Verzeihung erhielt oder sie jetzt noch erhalten könnte. So laß mich denn +vor deinem Angesicht für mein Vergehen, das ich gegen diese begangen +habe, Abbitte tun. Dein ewiger Geist, der in ihnen wirkt, tilge meine +Schuld in ihrem Andenken. Und mich, o Herr, mich erfülle du mit dem +reinen Geiste der Versöhnung. O, ich will allen Groll und allen Haß aus +meiner Seele ausmerzen! Ich will jede Kränkung für nicht geschehen +erachten und jedes Versehen gegen mich verzeihen, und wenn jemand auch +noch so schlecht gegen mich und die Meinigen ge<span class='pagenum'><a name="Page_59" id="Page_59">[Pg 59]</a></span>handelt hätte, und wer +versucht hat, mir zu schaden und meine Ehre zu beflecken, ja, Herr, +selbst meinem Todfeinde, ich will ihnen allen verzeihen, und sollte es +mir schwer fallen, so will ich mich daran erinnern, daß gegen mich sich +doch keiner so schwer vergangen hat, als ich mich gegen dich, +Allgütiger, versündigt habe, und daß ich doch auf deine Verzeihung +hoffe, weil du meine Schwäche kennst, und will mir ins Bewußtsein rufen, +daß meines Bruders Versehen gegen mich auch aus derselben Quelle der +Schwäche und des bösen Willens fließen. Ich will eingedenk sein dessen, +was unsere Weisen sagen, daß wir von dir mit demselben Maß gemessen +werden, mit dem wir andere messen und andere richten, und daß<a name="FNanchor_36_36" id="FNanchor_36_36"></a><a href="#Footnote_36_36" class="fnanchor">[36]</a> des +Menschen schönster Schmuck darin besteht, alle Verschuldung zu übersehen +und zu vergessen!—O gnadenreicher Richter! so schaue denn herab auf +meine Seele, die erfüllt ist mit Gefühlen der Vergebung, in der ein +himmlischer Friede wohnt, den kein bitteres Gefühl gegen irgend einen +Menschen mehr stört! Erhöre du auch meine Bitte um Vergebung meiner +Sünden und erfülle meinen Geist mit der beseligenden Verkündigung: +»Heute sollen deine Übertretungen getilgt werden und du sollst rein sein +von allen deinen Sünden wider den Ewigen.«<a name="FNanchor_37_37" id="FNanchor_37_37"></a><a href="#Footnote_37_37" class="fnanchor">[37]</a> Mit diesem Trost will ich +mich heute vor dir in den Staub niederwerfen, vor dir, der du selbst +verzeihst und gerne die Vergehen tilgst.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Beim_Nachmittagsgebet_Mincha38" id="Beim_Nachmittagsgebet_Mincha38"></a>Beim Nachmittagsgebet (Mincha<a name="FNanchor_38_38" id="FNanchor_38_38"></a><a href="#Footnote_38_38" class="fnanchor">[38]</a>).</h2> + + +<p>44. Hilf, o Ewiger, denn der Frommen Anzahl ist geschwunden und der +Gläubigen sind wenig, erhöre mein<span class='pagenum'><a name="Page_60" id="Page_60">[Pg 60]</a></span> Gebet für die Sünder, welche frech +ihr Haupt erheben, und vergib die schweren Übertretungen, die so +zahlreich und häufig sind. Ach, der Himmel umdunkelt sich vor meinen +Blicken, wenn ich daran denke, wie schamlos Wollust und Unmäßigkeit +auftreten und die jungen Seelen bestricken, wie sie die schönsten +Verhältnisse vergiften, das Wohl der Familien untergraben und so manche +den wilden, unmäßigen Lüsten zum Opfer fallen lassen, während sie +zugleich ihre Laster unter beschönigenden Namen verbergen, oder wenn ich +an den Trotz gedenke, mit dem man deine Gebote übertritt, dein mildes +himmlisches Joch verhöhnt, ja sich sogar rühmt, es abgeworfen, und dafür +das Joch auf sich genommen zu haben, welches die Welt in ihrer +Verderbnis geschmiedet hat! O du, mein Gott, dessen Barmherzigkeit kein +Ende nimmt, ich bitte dich: Vergib meinen Brüdern ihren Abfall und ihre +Schuld, gehe nicht mit ihnen ins Gericht und strafe uns nicht in deinem +Zorn um ihrer Übertretung willen! Und doch, darf ich wohl eine Fürbitte +für die Sünder zu dir emporsenden, ohne daß mich mein eigenes Gewissen +als Teilnehmer an ihren Vergehen anklagt? Wie oft bin ich es vielleicht +gewesen, der Veranlassung zum Sündigen gab, oder habe ich stets +hinreichend meine Abscheu vor dem Laster zu erkennen gegeben und all den +Kummer sehen lassen, von dem ich ergriffen wurde, wenn die Sünde ohne +Erröten auftrat? War meine Betrübnis nicht viel größer über den +geringsten Verlust an zeitlichen Gütern, als darüber, daß sich die +Frechheit und die Ruchlosigkeit meinen Blicken darstellten, oder daß ich +sah, wie eine Menschenseele verloren ging! Entflammte mein Zorn nicht +weit mehr über die geringste Beleidigung, die mir widerfuhr, als wenn +ich Zeuge war, wie dein Name und dein Haus entweiht<span class='pagenum'><a name="Page_61" id="Page_61">[Pg 61]</a></span> wurden! Ach, +Herr,»flossen Tränenströme aus meinen Augen, weil deine Gesetze nicht +beobachtet wurden? Wurde ich von Kummer verzehrt, weil deine Worte +vergessen wurden?<a name="FNanchor_39_39" id="FNanchor_39_39"></a><a href="#Footnote_39_39" class="fnanchor">[39]</a> Habe ich freimütig dich und deine Lehre bekannt, +wenn der Gottlosen Hohn mich mit Schmerz erfüllte?« O, es ist so schwer, +ohne Fehler zu wandeln, selbst wenn auch der Edlen und Heiligen Beispiel +mir stets voranleuchtet, wenn meine Augen jederzeit sehen, allenthalben, +was dir verhaßt ist, und mein Ohr beständig hört, was Sinne und Gedanken +irreleitet und stört. O du,»der du dich über uns erbarmest, wie ein +Vater über seine Kinder«, laß deine Gnade groß sein gegen die sündige +Welt und hilf mir, mit Sorgfalt alles zu vermeiden, was mir zu einer +Schlinge werden könnte. Errette mich bei den ernsten und heiligen +Erinnerungen dieses Tages, o Herr, errette auch (meine Kinder, meine +Angehörigen, meine Verwandten und Freunde, meine Dienstboten), daß kein +sündiger Umgang sie von dir entfernen möge.»Läutere mich, o Allgütiger, +erforsche mein Herz, prüfe meine Gedanken, sieh, ob der Weg, den ich +wandle, zum Verderben, führt, und leite mich auf den Weg zur +Ewigkeit!«<a name="FNanchor_40_40" id="FNanchor_40_40"></a><a href="#Footnote_40_40" class="fnanchor">[40]</a> Möchten alle Sünder bedenken, wie nahe ihnen ihr Ende +ist, wie bald das Leben ihnen verronnen, daß sie zur Zerknirschung +geführt werden und zu dir umkehren möchten.»Verwirf mich nicht vor +deinem Angesichte, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir, sondern +laß mich deiner Gnade wieder froh werden, und schenke mir einen neuen +und willigen Geist, daß ich den Übertretern deine Wege kund tue, und die +Sünder sich zu dir bekehren möchten.«<a name="FNanchor_41_41" id="FNanchor_41_41"></a><a href="#Footnote_41_41" class="fnanchor">[41]</a></p> + +<p><span class='pagenum'><a name="Page_62" id="Page_62">[Pg 62]</a></span></p> + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Zum_Schlussgebet_Neilah" id="Zum_Schlussgebet_Neilah"></a>Zum Schlußgebet (Neïlah).</h2> + + +<p>45. Vater, barmherziger Vater im Himmel! Es ist die letzte Stunde des +heiligen Tages, welche jetzt naht. O, daß doch meine ganze Seele in +diesem Augenblick sich von der Erde hin zu dir erheben möchte, als ob +des Lebens letzte Stunde mir erschienen sei. Mit Gebet und Buße habe ich +nun heute die Gelüste und Begierden meines Leibes besiegt, und doch, wie +leicht ist nicht die Sehnsucht nach des Lebens Lust selbst mitten in +meiner Andacht bei mir wach geworden, und selbst während ich reuevoll +meine Sünden bekannte, konnte das Verlangen nach ihnen in meiner Brust +nicht erstickt werden; ja, ja, vielleicht hat mich sogar der Wunsch +erfüllt, daß dieser Tag schon überstanden sein möchte, gerade als ob +dieser Tag an sich durch Fasten und Buße mir Ablaß für meine Sünden +verschaffen könnte, und als ob ich alsdann frei wieder den Weg meiner +alten Verirrungen betreten könnte, wenn er geendet habe. O, laß mich +deshalb noch einmal aus allen meinen Kräften meine Gedanken und mein +Inneres läutern, und laß meine heißen Tränen die Aufrichtigkeit meiner +Reue bezeugen und dir ein angenehmes Sühnopfer sein, mit dem ich meines +Herzens Gelübde besiegele, daß ich dich stets vor Augen haben will, und +daß die Erinnerung an diesen Tag mit unverlöschbarer Schrift in die +Tafeln meines Herzens eingegraben und mir nahe sein soll in jeder Stunde +der Versuchung.—Herr! Zürne mir nicht, daß ich noch dieses letzte Mal +zu dir bete; die Schatten des Abends breiten sich schon aus, und die +dunklen Schatten meiner Sünden verfolgen mich; ich will sie verjagen und +noch einmal meine Schuld bekennen, ich will an die Türe deiner Gnade +anklopfen und deinen Namen anrufen, du einziger, ewiglebender Gott! Ich +will mich unter<span class='pagenum'><a name="Page_63" id="Page_63">[Pg 63]</a></span> dieser Anrufung dir heiligen mit Leib und Seele, und +ich gelobe feierlichst, mich selbst in Liebe zu opfern. O, laß mich +deiner Gnade Stimme vernehmen:»Ich, ich selbst tilge deine Übertretungen +und will deine Sünden vergessen«<a name="FNanchor_42_42" id="FNanchor_42_42"></a><a href="#Footnote_42_42" class="fnanchor">[42]</a> O laß meine Seele beim Ende dieses +Tages mit heiliger Freude erfüllt sein, daß sie jubeln könne:»Selig, +selig ist der, dem seine Übertretung vergeben und dessen Sünde getilgt +ist! Selig ist der Mensch, dem der Herr seine Schuld nicht anrechnet, +und selig der Geist, den der Herr von der Last seiner Sünden befreit +hat!«<a name="FNanchor_43_43" id="FNanchor_43_43"></a><a href="#Footnote_43_43" class="fnanchor">[43]</a>—Ja, laß meine erlöste Seele deinen Namen in alle Ewigkeit +lobpreisen, du, mein Herr und mein Gott.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Laubhuttenfest_Succoth" id="Am_Laubhuttenfest_Succoth"></a>Am Laubhüttenfest (Succoth).</h2> + + +<p>46. Herrscher der Welt, der du die Liebe bist! Heute erinnere ich mich, +wie wunderbar du unsere Väter durch die Wüste führtest, da du sie in +Hütten wohnen ließest, und vertrauensvoll rufe ich aus:»Der Herr ist +mein Hirte, mir wird nichts mangeln«<a name="FNanchor_44_44" id="FNanchor_44_44"></a><a href="#Footnote_44_44" class="fnanchor">[44]</a> O, Dank sei dir gebracht, daß +du mir dieses Freudenfest verliehen hast, das mich jedes Jahr in der +Zuversicht bestärken soll, niemals vor der unbekannten Zukunft mich zu +ängstigen, und niemals mich von den mannigfachen Sorgen überwältigen zu +lassen, die ja oft in den Menschenherzen auftauchen. Denn meine Hütte +ist in deinem Namen erbaut, und wenn ich auch jetzt nichts sähe als die +öde Wildnis, so weiß ich doch, daß du dein Manna herniederfallen lassen +kannst, daß du mir alles, dessen ich bedarf, verleihen und daß du deinen +Schatten ausbreiten kannst über meine Wohnung. Und, wenn auch Stürme +tosen und sie umzustürzen drohen, so<span class='pagenum'><a name="Page_64" id="Page_64">[Pg 64]</a></span> will ich doch mit frohem Mute +durch die Wölbung der Laubhütte zu deinem Himmel aufschauen, der seine +Strahlen in meine Wohnung hernieder sendet und ich will mein Vertrauen +auf dich setzen, der gerade unter den brausenden Stürmen die Saaten +reifen läßt und den Bäumen die Kraft gibt, Frucht zu tragen, und der da +will, daß auch der innere Mensch unter den Stürmen der Geschicke und der +Zeit reifen und Kraft gewinnen soll, edle Frucht zu tragen. Aber auch +daran will ich heute denken, daß gerade dieses Fest dazu eingesetzt ist, +mich an die Pflicht zu erinnern, auch eine gebührende Sorge für meinen +Körper zu hegen, und ich will froh sein, daß ich mich zu einem Glauben +bekenne, der nicht von mir fordert, daß ich mein Fleisch mit +selbstverursachten Martern peinige oder mir jede Freude versage, die du +auf meinem Wege mir erblühen läßt, noch daß ich ganz der Welt entsagen +und abgeschieden von ihr leben soll; nein, vielmehr einen Glauben, der +gerade will und mich durch diese Feier dazu auffordert, daß ich die +Freuden der Erde mit meinen Verwandten und Freunden genießen soll und +mich »freuen all des Guten, das du mir gegeben hast«, so daß jeder +sinnliche Genuß dadurch geheiligt wird, daß er in dir genossen wird und +so, daß ich mich selber bei allem, was meinen Leib erquickt und freut, +in deinem Dienste fühle, als einer, der dein heiliges Gebot erfüllt. So +gib denn du, mein Gott, daß so selbst jede irdische Lust, die du mir +bereitest, mich dir näher führen und daß ich, indem mein Vertrauen auf +dich gekräftigt wird, erfahren möge, daß»wer auf dich baut, mit Gnade +umgeben werden und sein Haus und seine Hütte in Frieden stehen +soll«.<a name="FNanchor_45_45" id="FNanchor_45_45"></a><a href="#Footnote_45_45" class="fnanchor">[45]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<p><span class='pagenum'><a name="Page_65" id="Page_65">[Pg 65]</a></span></p> + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Laubhuttenfest_als_Erntefest46" id="Am_Laubhuttenfest_als_Erntefest46"></a>Am Laubhüttenfest als Erntefest.<a name="FNanchor_46_46" id="FNanchor_46_46"></a><a href="#Footnote_46_46" class="fnanchor">[46]</a></h2> + + +<p>47. Ewiger, der du sowohl in der Höhe als in der Tiefe die verborgenen +Quellen öffnest und aus unerschöpflicher Fülle Segen niederströmen läßt +über alle Geschöpfe, dir bringen jetzt alle ihren Dank, weil ihre +Vorratskammern wiederum gefüllt sind,—wie könnte ich da allein +schweigen? Sollte ich dir meinen Dank nicht bringen, der du deine milde +Hand aufgetan und allem, was lebt, seine Nahrung gegeben hast? Nein, und +wenn auch alle Welt schwiege, ich müßte doch in dieser Stunde die Stimme +meiner Dankbarkeit erheben, denn du hast ja selber dieses Fest in deiner +Güte dazu geweiht, daß es in der Brust des Israeliten die Stimme des +Dankes wecken soll, auf daß, wie unsere Väter in der Wüste jeden Tag der +Woche, so auch wir jetzt zu diesen festlichen Stunden erkennen, daß das +Brot vom Himmel kommt, und daß wir nicht sein sollen wie diejenigen, +welche über die Gabe den allgütigen Geber vergessen. Und kann ich auch +nicht wie der Landmann zur Erntezeit, in meine Scheuern gehen, um den +reichen Segen zu sehen, so hast du doch mir und den Meinen eine nicht +minder reiche Ernte verliehen. Die Tat, welche ich vollführe, der Beruf, +den ich erfülle, das ist ja der Acker, den ich pflüge und besäe, und wie +reich hast du mich ernten lassen! Und hätte ich auch nur wenig geerntet, +flossen auch die Quellen der Nahrung nur spärlich, so ist doch selbst +dieses Geringe eine unverdiente Gabe aus deiner Hand. Aufs neue wird mir +die Gewißheit, daß du deinen Bund hältst,»daß Saat und Ernte niemals +aufhören und der Fleißige gesegnet <span class='pagenum'><a name="Page_66" id="Page_66">[Pg 66]</a></span>werden soll.« Wieder habe ich +tausende von Erquickungen empfangen, und jede einzelne von ihnen lehrte +mich, daß,»wenn auch junge Löwen schmachten und hungern, so soll doch +denen, die dich von ganzem Herzen suchen, nichts Gutes mangeln«.<a name="FNanchor_47_47" id="FNanchor_47_47"></a><a href="#Footnote_47_47" class="fnanchor">[47]</a> So +will ich mich denn heute in diesem Troste freuen, und ich will meine +Freude erhöhen, indem ich Freude nah und fern verbreite, und meinen Dank +will ich dir dadurch beweisen, daß ich jedem meiner Brüder und jeder +meiner Schwestern mit freundlichem Angesicht, mit mildem, wohltätigem +Sinn entgegenkommen will, daß auch ihr Dank für alles, womit du uns +gesegnet hast, zu dir aufsteige. Nun bitte ich dich, allen schöne, +festliche Tage zu bereiten, ich bitte dich, Frieden und Freude über mich +und mein Haus auszubreiten, daß es von deinem Lob beständig widerhallen +möge. Geheiliget sei dein Name!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<p>48. Dir danke ich, o mein Gott, daß dein Name nahe ist, und daß, der du +deine hohe Wohnung dir im Himmel erbaut hast, du auch deinen Bund auf +Erden gegründet und deine Hütte unter den Kindern der Menschen +aufgeschlagen hast, daß auch mein Leben in der Gemeinschaft der Frommen +geheiligt wird. Denn heute ist es ja das Fest, welches du dereinst +angeordnet hast, um dem gemeinsamen Leben der Gläubigen Nahrung zu +geben, und noch jetzt ist es diesem Zweck geweiht; und wie vormals alle +diejenigen an ihm vereinigt wurden, welche in zahlreichen Scharen zur +heiligen Stadt hinzogen, deinen Namen zu preisen und deiner Lehre zu +lauschen, auf daß sie neu belebt würden und mit des Glaubens heiligen +Gaben in ihre Häuser heimkehrten, also umschlingt dasselbe Fest noch<span class='pagenum'><a name="Page_67" id="Page_67">[Pg 67]</a></span> +immer mit einem heiligen Band alle diejenigen, die über die weite Erde +zerstreut und zersplittert sind, aber eine geistige Gemeinschaft sich +bewahrt haben. Es verbindet uns alle als Brüder im Glauben, die wenig +Begabten mit den an Kenntnis Reichen, und die, welche durch ihre frommen +und edlen Handlungen sich einen Namen und guten Ruf erworben haben, mit +denen, die nur wenig vollführt, aber doch zur Gründung des Himmelreiches +auf Erden mitgewirkt haben, wenn sie nur treu geblieben sind und sich +dem heiligen Bund von ganzem Herzen angeschlossen haben. Es sind ja +nicht nur die Mächtigen und Großen, die hie und da nur spärlich zu +finden sind, durch welche die Aufgabe, die du deinem Volke gestellt +hast, erfüllt werden soll; auch nicht allein diejenigen, welche die +Menschen dazu bestellt haben, deinen Weinberg zu hüten und zu pflegen, +nein, es sind auch diejenigen, welche mit geringen Kräften Stein auf +Stein zu dem heiligen Bau tragen, die Geringen, welche in einfältiger +Frömmigkeit das Ihrige zu seinem Wachstum beitragen, und überall sich +finden, wo der Lebensstrom deiner Lehre fließt, gleich der +unansehnlichen Weide, die an jedem Strom wächst und die ganze Erde +ziert, während die Palme nur ein Schmuck der südlichen Länder ist. O +Gott, laß auch mich ein lebendiges Glied in diesem Bunde sein, mich, der +ich mit ganzem Herzen mich deiner Gemeinde anschließe; und kann ich auch +nichts Großes wirken, so erfülle mich doch mit der freudigen Gewißheit, +daß selbst durch das Wenige, welches ich beizutragen vermag, das Ganze +und Große auch gefördert werde. Stärke mich in dem Vorsatz, mit +Bereitwilligkeit mein Scherflein für alles zu geben, was zum Bedarf der +Gemeinde sowohl, wie deines Hauses dient, und für alles, was die +Gemeinschaft mit dir fördert. Und Herr, mit<span class='pagenum'><a name="Page_68" id="Page_68">[Pg 68]</a></span> Sorgfalt will ich alles +vermeiden, was Zwistigkeit erregen könnte, und was dazu dienen möchte, +das Band zu lösen, welches uns alle in einem Gedanken und in einem Sinne +vereinen soll. Laß nun dieses Fest über mich und die Meinigen seine +erquickenden Schatten breiten, daß ich von seiner Freude gesättigt +werde, als von dem Vorgeschmack der Seligkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Schlussfeste_Schemini_Azeres" id="Am_Schlussfeste_Schemini_Azeres"></a>Am Schlußfeste (Schemini Azeres).</h2> + + +<p>49. Ewiger Gott! Das Fest und die Natur vereinen sich, um mir zu +predigen;»Alles ist eitel, alles ist ganz eitel!«<a name="FNanchor_48_48" id="FNanchor_48_48"></a><a href="#Footnote_48_48" class="fnanchor">[48]</a> Wohin ich jetzt +meine Blicke wende, überall in der Natur treten mir die Zeichen der +Vergänglichkeit entgegen. Die Schönheit der Ebene ist geschwunden, der +Schmuck der Fluren ist dahingewelkt, auf dürre, welke Blätter tritt mein +Fuß, und ich fühle mich tief von dem Gedanken ergriffen:»Des Menschen +Leben ist wie Gras, er blüht wie eine Blume des Feldes, ein Wind fährt +darüber hin und sie ist nicht mehr und ihre Stätte kennt man nicht +länger;«<a name="FNanchor_49_49" id="FNanchor_49_49"></a><a href="#Footnote_49_49" class="fnanchor">[49]</a> bald welkt die Schönheit des Lebens dahin, ach, gar bald +werde ich dastehen wie ein entlaubter Baum, von dem Blatt nach Blatt +herunterfällt. Und wird mir nicht dasselbe von diesem heiligen +Schlußfest gepredigt, das mich daran erinnern soll, wie bald meine Tage +zu Ende sind und mein Tagewerk abgeschlossen werden soll? Noch einmal +will ich mich in dir und vor deinem Angesichte freuen, o Ewiger, und in +meiner Seele alle die beseligenden Eindrücke sammeln, welche diese +vielen Festtage auf mich gemacht haben, und ich will mich hüten, daß ich +nichts von der mir noch vergönnten Zeit ver<span class='pagenum'><a name="Page_69" id="Page_69">[Pg 69]</a></span>liere. So will ich mich denn +beeilen, ehe des Lebens Winter herannaht und die Kräfte mir versagen, +das zu vollführen, wozu ich berufen worden bin, und ich will die wenigen +Tage, welche mir zugemessen sind, noch mehr dazu benutzen, ein Leben zu +führen, dir angenehm und den Menschen segenbringend. Mein himmlischer +Vater! Nimm das Opfer meines Herzens gnädig an, das fromme Gelübde, daß +ich in dem Vergänglichen das Ewige erfassen will, damit ich einst, wenn +du mich rufst, ein Schlußfest bei dir in Seligkeit und ewiger Freude +feiern möge.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Freudenfeste_uber_die_Thora_Simchas_Thora" id="Am_Freudenfeste_uber_die_Thora_Simchas_Thora"></a>Am Freudenfeste über die Thora (Simchas Thora).</h2> + + +<p>50.»Das Gras verdorrt und die Blumen welken dahin, aber dein Wort, o +Gott, bleibt in alle Ewigkeit.«<a name="FNanchor_50_50" id="FNanchor_50_50"></a><a href="#Footnote_50_50" class="fnanchor">[50]</a> Das ist mein Freudenruf, mein Psalm, +mein Lobgesang, mit dem ich mich dir am heutigen Tage, an dem Israel die +heilige Thora beendigt und von neuem wieder beginnt, nahe. Alles +Irdische vergeht, nur dein Wort besteht in Ewigkeit, und die, welche es +uns verkündigt haben, leben ewig in unserer Erinnerung. Das flammende +Wort, welches Moses Lippen entströmte, ist die unvergängliche +Richtschnur unseres Lebens, ein ewiges, das aller Zeiten Stürme doch +nicht zu vernichten vermochten. O Vater, ich danke dir, daß dieses Wort +des Lebens noch mein Eigentum ist, und daß ich es rein und unverfälscht +besitze, wie es ursprünglich lautete. Ich danke dir, daß du mir den +Zugang zu demselben eröffnet hast, ja, du hast es ja einem jeden +Israeliten zur Pflicht gemacht, sich recht vertraut damit zu machen, in +seine Tiefen einzudringen und Leben und Geist daraus zu schöpfen, die +Wahrheit darin zu suchen,<span class='pagenum'><a name="Page_70" id="Page_70">[Pg 70]</a></span> zur Liebe dadurch erwärmt zu werden, und +Trost und selige Hoffnung darin zu finden. Ich danke dir, daß du in den +24 Büchern der heiligen Schrift (Thora, Nebiim und Kethubim) auch mir +die reine Quelle des Lebens für alle Zeiten und Geschlechter hast +strömen lassen. Und indem ich dir für deine geschriebene Lehre danke, +sende ich auch meinen Dank für die mündliche zu dir empor, welche uns +den Inhalt der Schrift erst verstehen und richtig erfassen läßt. O, mein +Gott, wie oft habe ich nicht dieses dein Wort gering geachtet, wie oft +eine Gelegenheit versäumt, darin belehrt zu werden oder die Zeit +verschlafen, da ich seiner Verkündigung lauschen sollte, während ich +meine beste Zeit für Schriften vergeudete, welche den Geist beflecken +und Herz wie Sinn verderben! O lehre du selbst mich den Schatz hüten, +den du mir geschenkt hast, daß ich in Zukunft möchte sagen können:»Ich +hasse Fabel und Tand, aber ich liebe deine Lehre!«<a name="FNanchor_51_51" id="FNanchor_51_51"></a><a href="#Footnote_51_51" class="fnanchor">[51]</a> Die langen +Winterabende will ich dir weihen, indem ich bei deinem heiligen Wort +verweile, ich will aufmerken auf die mündlichen Auslegungen desselben +und dahin eilen, wo ich es in lebendiger Verkündigung hören kann, daß +meine Seele errettet werde.<a name="FNanchor_52_52" id="FNanchor_52_52"></a><a href="#Footnote_52_52" class="fnanchor">[52]</a> Ich will ein waches Auge über alle die +Meinigen haben, daß sie nicht die giftigen Bücher lesen, welche ihre +Gedanken beflecken und will sie den Wert deines Wortes erkennen lassen, +welches uns von dem Irdischen zum Himmlischen emporhebt. Nun breite du +deinen Frieden über mich und die Meinigen aus, den Frieden, welcher +denen versprochen ist, die dein Wort lieben, daß ich niemals straucheln +möge und meine Seele in dir lebe und dich in alle Ewigkeit preise.<a name="FNanchor_53_53" id="FNanchor_53_53"></a><a href="#Footnote_53_53" class="fnanchor">[53]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<p><span class='pagenum'><a name="Page_71" id="Page_71">[Pg 71]</a></span></p> + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Feste_der_Tempelweihe_Chanuka_Lichterfest" id="Am_Feste_der_Tempelweihe_Chanuka_Lichterfest"></a>Am Feste der Tempelweihe (Chanuka, Lichterfest).</h2> + + +<p>51. Lieber Gott! Wie soll ich dir genugsam danken und dich preisen für +all die Freude und all die Hoffnung, welche mir aus den Lichtern +entgegenstrahlen, die wir in diesen Tagen zum Gedächtnis an den Kampf +der Makkabäer anzünden, die für das höchste Gut, für den Glauben, +stritten; zum Gedächtnis an den Sieg, welchen du sie gewinnen ließest, +zum Gedächtnis an die Märtyrer, die um des Glaubens willen, und um das +ewige Leben zu retten, freudig in den Tod gingen. So hast du Israel +nicht nur dazu erkoren, deinen Bund zu schließen und deine Gotteslehre +zu bewahren, sondern du hast es auch dazu gewürdigt, das erste Volk zu +sein, welches ein Beispiel zur Nachahmung gegeben, für die höchsten und +heiligsten Güter des Menschen, für die Freiheit des Glaubens und des +Geistes zu kämpfen und alles Irdische zu verachten, wenn der Glaube in +Gefahr schwebt, ja bereitwillig selbst lieber das Leben opfern, als die +heilige Überzeugung aufzugeben. Das erzählt uns ja die Geschichte +unseres Festes, wie unsere Väter in jenen Schreckenszeiten allen +Drohungen und Verlockungen trotzten; wie sowohl Frauen als Männer, +sowohl Greise als Kinder standhaft alle Marter ertrugen; wie sie den +Scheiterhaufen bestiegen und selbst im Tode noch ihren Glauben +bezeugten. Und wenn auch alles dem Glauben Israels den Untergang +verkündete, so ging er doch durch deine allmächtige Hilfe gerade aus +jenen Tagen siegreich hervor, und du hast aller Welt gezeigt, daß die +Kraft des Geistes mächtiger ist, als gewaltige Heere. O Herr! Ich danke +dir, daß die Zeit der blutigen Verfolgung um des Glaubens willen ein +Ende genommen hat; aber ach, mein Gott! wie oft sind nicht Hohn und +Spott weit schneidendere und giftigere Waffen, und selbst<span class='pagenum'><a name="Page_72" id="Page_72">[Pg 72]</a></span> die +Mutigsten, die sich nicht fürchten würden, für den Glauben in den Tod zu +gehen, zittern vor der Verachtung der Welt und den Pfeilen des Spottes. +Wie viele sind nicht dem Falle ausgesetzt durch die Schlinge, welche der +Versucher ihrer Frömmigkeit legt, wenn er ihnen sowohl zuflüstert, als +auch laut entgegenruft, daß sie noch in einer veralteten Lehre befangen +sind, und wie muß es nicht mein Herz mit Sorgen und Bekümmernis +erfüllen, wenn ich die Lässigkeit im Glauben sehe, die überall +hervortritt und mich fast fürchten läßt, daß derselbe ganz auf Erden +untergehen könnte.—Doch nein, nein! Indem ich der Zeit der Makkabäer +gedenke, will ich mich zugleich daran erinnern, wie oft das Verderben +gedroht hat, wie oft es geschienen, als ob das heilige Licht des +Glaubens erlöschen sollte, und doch flammte es von neuem auf und +strahlte nur um so klarer und heller. Ich will beim Anblick dieser +Lichter meinen Eifer entflammen und meine Treue in deinem Dienste +stärken, sowohl ich, wie auch mein Haus, ja, ich will auf die Fahne +meines Lebens die Inschrift setzen:»Wer unter den Mächtigen kann sich +vergleichen mit dir«, und sicher und ruhig werde ich im Glauben +wandeln.»Ewiger, du bist mein Licht und meine Hilfe, wen sollte ich da +wohl fürchten? Du bist die Kraft meines Lebens, vor wem sollte mir da +wohl grauen? Höre mein Flehen, sei mir gnädig und erhöre mich.«<a name="FNanchor_54_54" id="FNanchor_54_54"></a><a href="#Footnote_54_54" class="fnanchor">[54]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Purimfest" id="Am_Purimfest"></a>Am Purimfest.</h2> + + +<p>52.»Mein Mund lobsinge dem Herrn und preise ihn unter vielen, denn er +steht zur Rechten des Unschuldigen, um ihn von denen zu erretten, die +seine Seele richteten.«<span class='pagenum'><a name="Page_73" id="Page_73">[Pg 73]</a></span><a name="FNanchor_55_55" id="FNanchor_55_55"></a><a href="#Footnote_55_55" class="fnanchor">[55]</a></p> + +<p>»Du machst des Listigen Anschläge zu schanden, so daß sie keine Macht +haben, ihre Absicht auszuführen, du fängst die Boshaften in ihrer +eigenen Tücke und vereitelst die Pläne des Bösen.«<a name="FNanchor_56_56" id="FNanchor_56_56"></a><a href="#Footnote_56_56" class="fnanchor">[56]</a> So errettetest du +ja unsere Väter von Tod und Verderben, als der Mächtige die Unschuldigen +anklagte und in gekränktem Hochmut einen Plan schmiedete, deine Treuen +aus dem Lande zu vertilgen. Du, Israels Schirmherr, der niemals +schlummert und niemals schläft, du ließest die Ruhe das Lager jenes +Königs fliehen, du öffnetest sein Auge, den Anschlag des Verräters zu +erkennen; ja du hattest schon zuvor das Mittel zur Errettung Israels +bereit, jene fromme Seele, die ihr Leben opfern wollte, für das Heil +ihres Volkes! So wurde selbst das schlimme Los uns zu Glück und Ehre, du +ließest es zu Israels Rettung und Wohl fallen, und »die Sorge ward in +Glück, der Kummer verwandelt in Freude.«—O, weshalb erschrecke ich da, +wenn schlimme Nachricht mein Ohr erreicht, weshalb erbeben die Menschen, +wenn von Ruchlosen Pläne gegen ihr Wohl geschmiedet werden? Du regierst +ja alles, du lenkst jeden Anschlag zu seinem Ausgang und löst die +Verwickelungen des Lebens, und die Schandtat des Bösen muß ebenso gut +meinem Wohle dienen, als die Segnungen der Edlen und Frommen. So werde +meine Seele denn froh in dir, und Freude umgebe mich diesen Tag. So weit +ich vermag, will ich den Unterdrückten auch selber helfen, und meine +Freude mir dadurch erhöhen, ich will mit meinen Gaben manchen Armen +unterstützen, und mein Hallelujah soll den ganzen Tag vor dir +erschallen.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<p>53. Mein Gott! Mein Mund vermag nicht all den Dank und all die Freude +auszudrücken, die mein Herz<span class='pagenum'><a name="Page_74" id="Page_74">[Pg 74]</a></span> fühlt, so oft dieser Tag der Errettung +wiederkehrt.»Wenn du nicht mit uns gewesen wärest, als die Menschen sich +wider uns erhoben, so hätten die Gottlosen uns in ihrem Zorn +verschlungen. Ihr Glück würde dann wie die Wellen in rasendem Sturm uns +überflutet haben. Dir sei Lob und Preis, o Gott, der uns nicht zu einem +Raub ihrer Zähne werden ließ. Wir entgingen unsern Verfolgern; denn +unsere Hilfe ruht in dem Namen des Allmächtigen, der Himmel und Erde +erschaffen hat.«<a name="FNanchor_57_57" id="FNanchor_57_57"></a><a href="#Footnote_57_57" class="fnanchor">[57]</a>—Zu allen Zeiten und überall hast du, unser Vater, +uns beschirmt; und dieser Tag ruft uns nicht nur den Sieg Israels über +Haman ins Gedächtnis, sondern alle die Ereignisse, da deine Vorsehung +unsere Väter errettet hat, da du ihre Betrübnis in Jubel, den Ruf ihrer +Angst und ihres Schmerzes in Tränen der Freude und der Dankbarkeit +verwandelt hast. Ja sicherlich, Herr unser Gott, Israel ist ein lebendes +Zeugnis deiner ewigen Treue:»Die, welche auf dich hoffen, sollen niemals +zu schanden werden.« Israel wurde verachtet und gedemütigt, aber sein +Vertrauen auf dich war stärker als seine Leiden, und du hattest Mitleid +mit seinem Schmerze; hellere und freundlichere Tage sind ja gefolgt auf +die Zeit des Hasses und der Verfolgung. Allvaters Stimme hat den Geist +aller seiner Kinder durchdrungen, ihre Herzen erreicht, und Israel +findet überall unter den Nachkommen seiner Unterdrücker nunmehr Brüder. +Ja, die Erinnerung an das, was unsere Väter gelitten haben, erhöht in +unsern Herzen nur die Freude über unser Vaterland, das all unsere Wunden +geheilt hat, all unsere Schmach getilgt und unserm Glauben seine +Freiheit und seinen Glanz zurückgegeben hat. Gelobt seiest du, unser<span class='pagenum'><a name="Page_75" id="Page_75">[Pg 75]</a></span> +Gott, unser Erretter! O, daß doch das Bewußtsein all der Freuden, die +wir in diesem unsern Geburtslande genießen, unsere Herzen zu +brüderlicher und liebevoller Gesinnung gegen alle Menschen, unsere +Brüder, erwecken möchte!—Sei gelobt, du Ewiger, unser Gott, für all die +Wunder, welche du an unsern Vätern vollführt hast und für den ewigen +Schutz, den du ihren Kindern angedeihen läßt.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Tage_der_Zerstorung_des_Tempels_Tischoh_bab" id="Am_Tage_der_Zerstorung_des_Tempels_Tischoh_bab"></a>Am Tage der Zerstörung des Tempels (Tischoh b'ab).</h2> + + +<p>54. O du, dessen Liebe ohne Ende ist und dessen Barmherzigkeit ohne +Grenzen, heute werde ich erinnert an die Stunde,»da du Israels Schmuck +vom Himmel zur Erde stürztest und am Tage der Heimsuchung den Schemel +deiner Füße nicht achtetest,«<a name="FNanchor_58_58" id="FNanchor_58_58"></a><a href="#Footnote_58_58" class="fnanchor">[58]</a> und meine Bitte wird von Wehmut +erfüllt, und Sorgen erfassen mein Herz. Wie könnte es auch anders sein? +Ist nicht das gerade das Große und Erhabene der heiligen Gedächtnistage +meines Glaubens, daß ich nicht nur die glücklichen Zeiten, die Tage der +Errettung, des Sieges und der Freude mir vor die Seele rufen soll, +sondern auch jene, die ein trauriges Zeugnis für die Sünde und den +Abfall der Väter ablegen, wie sie es selbst verschuldeten, daß du nicht +einmal dein Heiligtum schontest, welches über alle Ebenen der Welt sein +Licht verbreiten sollte, da߻Zion, von wo die Thora ausgehen sollte, wie +ein Acker gepflügt wird, und daß Jerusalem, die Stätte, welche zur +Verkündigung deines Namens geheiligt war, zu einem Steinhaufen +wurde.«<a name="FNanchor_59_59" id="FNanchor_59_59"></a><a href="#Footnote_59_59" class="fnanchor">[59]</a> Mit Sorgen stimme ich in die Klage des Propheten ein:»Unsere +Väter haben gesündigt und sind nicht mehr, und wir tragen ihre<span class='pagenum'><a name="Page_76" id="Page_76">[Pg 76]</a></span> +Sünde.«<a name="FNanchor_60_60" id="FNanchor_60_60"></a><a href="#Footnote_60_60" class="fnanchor">[60]</a> Sie hörten nicht auf den Ruf deiner Gnade, und vergebens +zeigtest du ihnen deine Langmut; ja, sie gruben sich mit eigner Hand ihr +Grab, indem sie gegen einander wüteten und sich durch eigenen Streit in +die Hände ihrer Feinde gaben. Da wurde der heilige Bau zerschmettert und +zermalmte in seinem Falle alle, die ihm anhingen. Ach Herr! Bitterlich +weine ich über diesen Fall, und um so bitterer, weil die Sünden der +damaligen Zeit noch immer unter uns herrschen. Aber »je mehr ich mir das +Innerliche zu Herzen nehme, um so fester ist auch meine Hoffnung,«<a name="FNanchor_61_61" id="FNanchor_61_61"></a><a href="#Footnote_61_61" class="fnanchor">[61]</a> +und je tiefer meine Sorge ist, um so gewisser ist auch mein Vertrauen +auf dich und deinen Trost. Ja, so gewiß, wie jenes Gotteswort in +Erfüllung ging, welches dem sündigen Volke seinen Untergang verkündigte, +und daß die Tage des Zornes kommen sollten, so gewiß wird auch jene Zeit +erscheinen, wo es wieder zu Gnaden aufgenommen wird und sich erfüllt, +was der Prophet verkündet:»Und in den letzten Tagen soll es geschehen, +da soll der Tempelberg des Herrn über alle Höhen erhoben werden, und +alle Völker sollen dahin strömen und sagen: Kommet! laßt uns +hinaufziehen zu dem Herrn, zum Hause des Gottes Jakobs, auf daß er uns +seine Wege lehre, daß wir in seinen Fußtapfen wandern mögen, und Freude +soll über alle sich verbreiten, die in Sorgen leben ob seines +Falles.«<a name="FNanchor_62_62" id="FNanchor_62_62"></a><a href="#Footnote_62_62" class="fnanchor">[62]</a> Ewiger! stärke du mich in dieser meiner Hoffnung und laß +mein Leben ein Zeugnis davon sein, daß ich Wahrheit und Frieden liebe.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Schlussgebet_beim_Gottesdienste_Olenu" id="Schlussgebet_beim_Gottesdienste_Olenu"></a>Schlußgebet beim Gottesdienste (Olenu).</h2> + + +<p>55. Uns geziemt es dich zu loben und dich zu verehren, o Herr des +Weltalls, und deine Größe und Herrlichkeit zu<span class='pagenum'><a name="Page_77" id="Page_77">[Pg 77]</a></span> bezeugen, da du uns +berufen hast, deine Worte und deine Taten in der Übung frommer Werke zu +verkünden und dich durch unseren Lebenswandel zu heiligen. Darum +verneigen wir uns ehrfurchtsvoll vor dir, und bekennen dich als den +Herrn des Himmels und der Erde. Ja wir hoffen auf dich und glauben in +fester und unerschütterlicher Treue, daß deine Größe und Allmacht, o +Gott, immer mehr erkannt werde und sich sichtbar verbreite nach allen +Richtungen der Erde, damit aller Irrtum hienieden verschwinde und alle +Wesen erkennen, daß du nur allein Gott und Herr bist über alle +erschaffenen Dinge. Alsdann werden alle Bewohner des Weltalls vor dir +sich neigen und deiner Herrschaft sich willig unterwerfen, deinen Namen +die Ehre geben und so den wahren Frieden allseitig hienieden begründen. +So lehren ja auch deine Propheten mit ihrem hellen Seherblicke in die +Zukunft.»Gottes Reich ist ein ewig dauerndes.« Und an anderer Stelle +heißt es:»Und Gott wird König sein über die ganze Erde, alsdann wird +der Ewige einzig sein und sein Name einzig.«!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Die_Hausfrau_wenn_sie_Chala_nimmt" id="Die_Hausfrau_wenn_sie_Chala_nimmt"></a>Die Hausfrau, wenn sie Chala nimmt.</h2> + + +<p>56. Wie du einst unsere Väter in der Wüste speistest und sie am Tage +alles zum Unterhalte ihres Lebens finden ließest, dessen sie bedurften, +so bist du, o mein Gott, mit meinem Gatten, (meines Hauses Versorger) +gewesen und hast seinen Fleiß gesegnet, daß wir den Unterhalt unseres +Lebens nicht entbehren. Bevor nun der heilige Tag beginnt, will ich nach +Vorschrift auf bildliche Weise dir meinen Dank darbringen, und als ein +echtes Weib Israels will ich unsern Glauben bekennen, daß selbst jeder +sinnliche Genuß, den du uns gewährst, durch fromme Gedanken<span class='pagenum'><a name="Page_78" id="Page_78">[Pg 78]</a></span> geheiligt +werden soll. Denn du ließest es zum hohen Beruf des Weibes werden, den +Segen des Glaubens in das schöne Heim zu bringen; ihr legtest du die +Pflicht auf, das tägliche Brot zu heiligen. O, mein Gott, so laß es denn +dir gedeckt sein, was ich bereite, und segne du unsers Lebens Brot.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Die_Hausfrau_wenn_sie_die_Sabbatlichter_oder_die_Festlichter_anzundet" id="Die_Hausfrau_wenn_sie_die_Sabbatlichter_oder_die_Festlichter_anzundet"></a>Die Hausfrau, wenn sie die Sabbatlichter oder die Festlichter anzündet.</h2> + + +<p>57. Freude soll alle Zeit in Israels Wohnungen leuchten; das +israelitische Weib soll die Wolke der Bekümmernis zerstreuen, die sich +zeitweilig über den Gatten ausbreitet und den häuslichen Kreis +verdunkelt. Mit dem warmen und reinen Glauben in ihrer Brust soll sie +trösten, ermuntern und erquicken. O! habe Dank, o Vater, daß ich jetzt +wieder an meinen schönen und heiligen Beruf dadurch erinnert werde, daß +ich die Sabbat-(Fest-)Lichter anzünde, durch aufopfernde Tätigkeit, +Freude zu verbreiten und das Licht des Glaubens zu bewahren.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<p>IV. Gelegenheitsgebete.</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="I_Am_Geburtstage" id="I_Am_Geburtstage"></a>I. Am Geburtstage.</h2> + + +<p>Aus meines Herzens tiefstem Grunde sende ich heute mein Gebet zu dir +empor, allgütiger Gott und Vater, dessen Huld und Gnade über mich +gewacht und heute mich in mein (—) Lebensjahr treten läßt. Leben und +Liebe hast<span class='pagenum'><a name="Page_79" id="Page_79">[Pg 79]</a></span> du mir zuteil werden lassen und deine Vorsehung hat meinen +Geist bewahrt. Ja, ich bin allzu schwach und zu geringe, um dir meinen +Dank auszusprechen für jeden Segen, mit dem du mich begnadigt hast seit +der Stunde, da ich zum ersten Male das Licht der Welt erblickte.—Es +kommen heute meine Lieben mit ihren Glückwünschen mir entgegen, aber ach +Herr, der du Herz und Nieren untersuchst, kann ich wohl diese Wünsche +für meine Zukunft hören, ohne daß mein Herz mir Vorwürfe macht für die +Zeiten, welche vergangen sind? Kann ich mir selbst Glück wünschen, weil +ich älter geworden, wenn die Erfahrungen und Prüfungen des Lebens mich +nicht weiser, besser und frommer gemacht? Wenn ich heute auf die +dahingeschwundenen Geburtstage schaue, die ich bereits erlebt habe, und +wenn ich an die vielen Hoffnungen denke, die sich an jene knüpften, an +die Erwartungen, mit welchen meine Eltern mich umarmten, und ich da mich +selbst frage: Habe ich diese Hoffnungen und Erwartungen erfüllt? Habe +ich den Arbeitstag, den der Herr der Zeiten mir vergönnte, mit Eifer und +im Dienste des Allheiligen angewendet, so daß ich auf seinen Beifall und +auf seinen Lohn hoffen darf, wenn die Abendstunde kommt? O mein Gott, +was darf ich dann antworten?—Sieh, du hast in diesem Jahre mir in +deiner Gnade viel Freude gesendet, und in deiner Weisheit hast du mich +mit Schmerzen heimgesucht,—alles, um mich zu erinnern, daß ich unter +deiner väterlichen Leitung stehe, und daß ich nur ein Pilger bin, der +einen mühsamen Weg zu wandern hat, bevor er die himmlische Heimat +erreicht. Dunkel ist für mich der Weg, den ich noch zurückzulegen habe, +aber du, dessen Auge mich geschaut vom Lebensanfang, und in dessen Buch +alle meine Lebenstage verzeichnet waren, ehe ich noch<span class='pagenum'><a name="Page_80" id="Page_80">[Pg 80]</a></span> da war,<a name="FNanchor_63_63" id="FNanchor_63_63"></a><a href="#Footnote_63_63" class="fnanchor">[63]</a> nimm +du mich ferner in deinen Schutz, beschirme und segne alle, die mir teuer +sind, und bilde du mein Herz nach deinem Wohlgefallen! O, daß ich in der +festen Überzeugung gestärkt werde, daß mir keine Bürde auferlegt wird, +zu der du mir nicht auch die Kraft verleihest, sie zu tragen, und daß +ich Tag und Nacht eingedenk sein möchte, daß alles Fleisch Gras ist, daß +hingegen jegliche Tat auf Erden, selbst die geringste, eine Saat ist, +die ihre Früchte in der Ewigkeit trägt; ja daß ich dessen stets +eingedenk sein möchte, auf daß ich meine Hoffnung nicht auf das +Vergängliche baue, und nimmer verzage und verzweifle unter +Widerwärtigkeit und Unglück, sondern selbst in Leiden und Schmerzen mich +dir dankbar zeige; daß die Überzeugung mich stets beselige, daß dein +gütiger Geist mich überall leitet, segnet und stärkt, und daß deine Huld +und Gnade mich erfüllt und bewahrt, auf daß ich dir treu bleibe im Leben +und im Tode.—Ja, du bist der Gott meines Herzens, getrost übergebe ich +mich deiner Hand und fürchte nichts, du, Herr, bist meine Stärke, dir +lobsinge ich, du bist meine Hilfe und meine Zuflucht, in dir findet +meine Seele Heil in aller Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="II_Am_Verlobungstage" id="II_Am_Verlobungstage"></a>II. Am Verlobungstage.</h2> + + +<p>Herr, du mein Fels, meine Zuflucht, leite du mich und führe du mich um +deines Namens willen! Entschieden ist es heute worden, wem mein Herz +angehört, an wen ich mein ferneres Geschick knüpfen, mit wem ich durchs +Leben wandern soll. Allzu schwach bin ich, o Herr, und allzu +kurzsichtig, um das Innere eines anderen Menschen<span class='pagenum'><a name="Page_81" id="Page_81">[Pg 81]</a></span> zu durchschauen, oder +um zu wissen, was in den kommenden Tagen zu meinem wahren Heil und Wohl +dienen kann und soll, darum sende ich mein Gebet zu dir empor: O laß +deinen Segen auf meiner Wahl ruhen! Gib, daß der, welcher mir heute sein +Gelübde gegeben, solches nicht leichtsinnig getan haben möge, sondern +zuvor, wie ich, zu Rat gegangen sei, nicht blos mit den Angehörigen, +sondern vor allem mit dir, mein Gott. Laß die kommenden Tage von dir +gesegnet sein, daß eine reine und lautere Liebe, die auf Gottesfurcht +gegründet ist, in unsern Herzen Wurzel schlage. Ja, Allgütiger, du, der +du mit so vieler Huld meinen Weg gebahnt und mich mit so vieler Gnade +umgeben hast, laß diese Tage für mich eine Vorbereitungszeit sein, daß +ich, wenn die Zeit nahet, vor deinen Augen würdig gefunden werde, den +Bund der Ehe zu schließen. O, sei du mein Hirt und Leiter, und führe +mich auf den rechten Weg um deines Namens willen.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="III_Am_Hochzeitstage" id="III_Am_Hochzeitstage"></a>III. Am Hochzeitstage.</h2> + + +<p>Gekommen ist nun der Tag, an dem der Bund meines Herzens in deinem Namen +besiegelt werden soll, du ewiger, alliebender Vater, der Tag, der das +Weh und Wohl meiner ganzen Zukunft in seinem Schoße trägt. O, wie könnte +ich mich wohl dem heiligen Augenblick nähern, wie könnte ich hintreten, +um dem Auserwählten meines Herzens meine Hand zu reichen, ohne dir zuvor +zu danken für all deine väterliche Güte gegen mich, für deinen Schutz +bis auf diesen Tag, für die geliebten Wesen, mit welchen du mich bisher +umgeben, und die mit Zärtlichkeit und Sorgfalt über mich gewacht und +mich geleitet haben, ja, ohne dir dafür zu danken, daß du mich den hast +finden lassen, mit<span class='pagenum'><a name="Page_82" id="Page_82">[Pg 82]</a></span> dem ich die wechselnden Geschicke des Lebens teilen +soll, ohne dir zu danken für die himmlische, beseligende Freude, die +mich nun umströmt, da das Band der Ehe uns verbinden soll. Wie könnte +ich wohl all deine Güte empfangen und bereits heute die heiligen +Pflichten der Ehe übernehmen, die der Ehestand mir auferlegt, wenn ich +nicht zuvor mit reuigem Sinne mein Herz vor dir ausschütte, ehe ich den +wichtigsten und meine ganze Zukunft entscheidenden Schritt meines Lebens +tun und dich um deine gnadenvolle Vergebung bitte. Wenn ich aber in +dieser Stunde meinen Blick auf die hingeschwundene Zeit richte, o welche +schwere Klage erhebt sich da in meiner eigenen Brust gegen mich! +Sündenvoll waren meine Gedanken, und meine Taten, wie wenig konnten sie +dir wohlgefallen. Habe ich wohl gelebt, wie ich sollte? Habe ich als +Kind von ganzem Herzen Vater und Mutter geehrt? Habe ich die weisen +Lehren meiner Lehrer befolgt? Habe ich als Israelitin in meiner Jugend +an meinen Schöpfer gedacht und mit Wärme meinen Glauben umfaßt? O, +vergib sowohl mir, Allgütiger, als der Seele, die nun mit der meinigen +sich verbinden soll, jedes Vergehen und Versehen. Sieh auf uns in Gnade, +wenn wir nun einander vor deinem Antlitze im Geiste gegenseitig das +Gelübde der Treue geben, und laß deinen Segen mit diesem Bunde sein. +Heilige unsere Liebe in der Liebe zu dir, daß wir, indem wir dich +lieben, unsere gegenseitige Hingebung und Liebe nähren und stärken. +Höre, o Gott, mein Gelübde, das ich hier ablege. In glücklichen, wie in +trüben Tagen, will ich eine treue Gattin sein, die Geduld, Kraft und +Selbstverleugnung zeigt, die als echte Israelitin durch den Glauben an +dich stark ist, alles zu besiegen, auch sich selbst; stark ist, alles +für den zu tragen und zu dulden, den ihre Seele auserkoren hat.<span class='pagenum'><a name="Page_83" id="Page_83">[Pg 83]</a></span> Gib, +daß wir, die von dieser Stunde ab mit einander wandern sollen, in +Sanftmut und Milde einander begegnen, und uns gegenseitig unsere +Schwächen in Liebe nachsehen! Ja, sei du mit uns, daß wir einander zum +Heil und Segen werden, und daß durch diesen unsern Bund dein Name +verherrlicht werde. Dazu hilfst du uns, o Gott.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="IV_In_einer_glucklichen_Ehe" id="IV_In_einer_glucklichen_Ehe"></a>IV. In einer glücklichen Ehe.</h2> + +<h3>(Jährlich am Hochzeitstage.)</h3> + + +<p>Unendliche Liebe! Allgütiger Gott! Was kann wohl mit dem Glücke +verglichen werden, das du mich hast finden lassen, indem du mir die +Glückseligkeit meiner Ehe zuteil werden ließest!—Wo fände ich wohl ein +irdisches Gut, das höheren Wert hätte, als das, welches du mir in meinem +teuren Gatten verliehen hast, mit dem ich des Lebens Freuden und Leiden +teile. Mit jedem Tage lerne ich mehr und mehr schätzen, was ich an ihm +besitze, als Ratgeber und Helfer; wie versüßte er mir sogar des Lebens +bittere Stunden, wie hielt er mich unter mancherlei Prüfungen aufrecht! +O, mein Gott, jedes Jahr, das verfließt, knüpft uns noch fester an +einander; in den freudigen, wie in den kummervollen Tagen bewahrheitet +es sich immer mehr an uns, daß Liebe ein Paradies voll Segnungen ist, +die so schön, so friedlich und freudenvoll. Ja, ich fühle alle +Segnungen, die der Besitz eines treuen Gatten in sich schließt. +Alliebender, wodurch habe ich so viel Glück verdient? Und doch soll auch +dieses mich so beglückende Band einmal zerrissen werden, und dann wird +die Stunde der Rechenschaft kommen, da du mich fragen wirst, ob ich die +Zeit des Glücks auch dazu benützt habe, selbst geheiligt zu werden und +die Seele zu heiligen, welche du mit mir<span class='pagenum'><a name="Page_84" id="Page_84">[Pg 84]</a></span> vereinigt hast. Deshalb, o +Ewiger, bitte ich dich, indem ich dir für all mein Glück danke, erhalte +in uns denselben liebevollen treuen Sinn, laß uns die freundliche +Fürsorge für einander verdoppeln, wie unsere innerliche Ergebenheit +gegen einander, und gib mir Kraft, meinen teuren Ehegatten nicht nur zu +beglücken, sondern auch zu veredeln und zu heiligen, daß wir, in +Frömmigkeit vereint, dereinst in den Wohnungen der Seligen mit einander +das Glück und den Frieden der Seligkeit genießen mögen. Wache über uns, +daß wir einander in Hoffnung und Treue unter den Sorgen des Lebens +stärken mögen, und daß wir in des Lebens frohen Tagen vor deinem +Angesichte wandeln. Halte deine schirmende Hand über meinen geliebten +Ehegatten, und laß mich ihm lange, lange noch Freude bereiten. Ewig +danke ich dir, du reicher Gott voll Gnaden und mein allmächtiger +Beschützer.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="V_In_einer_kinderlosen_Ehe" id="V_In_einer_kinderlosen_Ehe"></a>V. In einer kinderlosen Ehe.</h2> + + +<p>Ewiger!»Kinder sind ja deine Himmelsgabe und Leibesfrucht eine Segnung, +die von deiner Hand kommt!«<a name="FNanchor_64_64" id="FNanchor_64_64"></a><a href="#Footnote_64_64" class="fnanchor">[64]</a> Wie sollte ich da nicht von ganzer Seele +wünschen, mit Kindern gesegnet zu werden, die meines Herzens Freude sein +und zu deiner Ehre erzogen werden sollten? O Herr! Wie der Vorzeit +fromme Väter und Mütter bitte ich dich, mir diesen Segen zu verleihen, +und mich noch Mutterfreuden genießen zu lassen. Aber wenn es in deinem +unwandelbaren Rat beschlossen ist, mir dieses Glück zu versagen, so +erfülle mein Herz mit innerlicher Ergebung in deinen Willen und mit +vermehrter Liebe zu meinem<span class='pagenum'><a name="Page_85" id="Page_85">[Pg 85]</a></span> Gatten, daß ich darin zehnfältigen Ersatz +finde. Es sei ferne von mir, meinen Trost in dem Gedanken zu suchen, +welch' eine schwere Bürde oft die Erziehung und die Versorgung der +Kinder ist, wie viel Kummer sie nicht selten verursachen,—dient doch +das gerade zu der Eltern Heil, o Herr! da diese erst aus der Mühe und +Sorge, die ihnen ihre Kinder machen, erkennen, welchen Dank sie ihren +Eltern schuldig sind.—In dieser meiner Sehnsucht nach Kindern will ich +einen väterlichen Wink erkennen, den du mir gibst, die mir verliehenen +irdischen Kräfte und Besitztümer zum Wohle derer anzuwenden, die in +Bedrängnis sind. Ich will meinen Beistand der Kinderschar des Armen +zuwenden, ich will ihnen zur Erkenntnis der heiligen Lehre förderlich +sein, daß sie zur Rechtschaffenheit und Gottesfurcht aufwachsen, ich +will den Verwaisten eine Mutter sein und reichen Beitrag spenden zum +Besten jeder Wohltätigkeit, wie zu deinem heiligen Hause. Ich will in +Frömmigkeit und Liebe wandeln, daß ich dadurch vielleicht eine Seele zur +Tugend, zur Wahrheit und zum Glauben führen kann, daß sie geistig zu +meinem Kinde werden möge. Ach Herr! Stärke mich in diesem Vorsatz und +gib mir Kraft, ihn auszuführen, daß jene Worte, die du den Propheten +verkündigen ließest, einst wie himmlischer Gesang vor meinen Ohren +erschallen mögen:»So spricht der Herr zu den Unfruchtbaren, welche meine +Sabbattage halten und wählen, was mir angenehm, und an meinem Bunde +festhalten,—diesen will ich in meinem Hause und in meinen Mauern Hand +und Namen geben, was da besser ist, als Söhne und Töchter; einen ewigen +Namen gebe ich ihm, der nicht ausgetilgt werden soll.«<a name="FNanchor_65_65" id="FNanchor_65_65"></a><a href="#Footnote_65_65" class="fnanchor">[65]</a> Ja, o Gott, +gib mir einen ewigen Namen im Buche des Lebens, und ich fühle mich +getröstet.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<p><span class='pagenum'><a name="Page_86" id="Page_86">[Pg 86]</a></span></p> + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="VI_In_der_Schwangerschaft" id="VI_In_der_Schwangerschaft"></a>VI. In der Schwangerschaft.</h2> + + +<p>Heiliger, allmächtiger Schöpfer, allbarmherziger Vater im Himmel! Ich +danke dir für die beseligende Hoffnung, mit der du mich begnadigt hast. +Wie glücklich hast du mich gemacht, indem du mir des Weibes höchste +Freude verliehest, die Gewißheit, daß ich Mutter werden soll! Siehe, +schon hast du mir des Weibes höchste und heiligste Pflicht auferlegt, +mütterliche Fürsorge für den noch Ungeborenen zu hegen. O, was vermag +ich ohne dich! Erhöre deshalb mein Gebet: Laß auch für mich das Wort +gesprochen sein, welches du einst Israel verkünden ließest: »Gesegnet +sei die Frucht deines Leibes!«<a name="FNanchor_66_66" id="FNanchor_66_66"></a><a href="#Footnote_66_66" class="fnanchor">[66]</a> Hüte du meine Schritte, daß das Kind, +welches ich unter meinem Herzen trage, jeder Gefahr entgehen möge; +beschirme mich um des Kindes willen, daß nicht Schrecken noch Angst, +nicht Furcht noch Aufregung mir nahe. Stärke mich darin, über mich +selbst zu wachen, daß nicht der Mutter Unvorsichtigkeit, törichter Genuß +oder sündiger Wandel schon dem Ungeborenen schaden möge. Ja, je mehr ich +mir bewußt bin, daß selbst meine Gedanken und Gefühle auf den Sprößling +hier unter meinem Herzen ihre Wirkung ausüben, um so mehr bitte ich +dich, mir dazu helfen zu wollen, daß ich mich selbst beherrschen +möge.—O Herr! Durch Frömmigkeit will ich diese Tage heiligen, bis ich +sie überstanden habe, durch Gebet und fromme Werke will ich meine Seele +erheben und reinigen, und treulich will ich deine Wege wandeln.—Schenke +du mir nun einen ruhigen Sinn, unerschütterlich im Vertrauen<span class='pagenum'><a name="Page_87" id="Page_87">[Pg 87]</a></span> auf deine +unendliche Vatergüte, daß ich fröhlichen, getrosten Mutes und guter +Hoffnung der Stunde der Entscheidung entgegen gehe, in dem +zuversichtlichen Glauben, daß»den, der sich auf dich verläßt, deine +Gnade umgeben soll.«<a name="FNanchor_67_67" id="FNanchor_67_67"></a><a href="#Footnote_67_67" class="fnanchor">[67]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="VII_Vor_der_Niederkunft" id="VII_Vor_der_Niederkunft"></a>VII. Vor der Niederkunft.</h2> + + +<p>Lieber Gott, du Gott der Gnade! Siehe, die Zeit nähert sich, daß ich +gebären soll, und ich weiß, daß du in deiner Weisheit meinem Geschlecht +bestimmt hast, daß wir in Schmerzen gebären sollen; o, willig unterwerfe +ich mich deinem Vaterwillen; doch bitte ich: Vergilt' mir nicht nach +meinen Sünden, sondern laß dein Erbarmen über mich wachen; stärke mich, +daß ich in Kraft gebären möge, sei mir nahe mit deiner Hilfe, daß mein +Herz bald froh werde, wenn ich den Neugeborenen gesund und frisch +erblicke. Laß mich deine freundliche Stimme hören, die mir zuruft: +»fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir; bebe nicht, denn ich bin dein +Gott; ich stärke dich, ich helfe dir und stütze dich mit meiner Rechten, +ich selbst erlöse dich!«<a name="FNanchor_68_68" id="FNanchor_68_68"></a><a href="#Footnote_68_68" class="fnanchor">[68]</a> Ja, Ewiger, du bist meine Stütze, meine +feste Burg, meine Zuflucht in der Not, zu dir will ich mit Andacht +aufschauen, daß du mir Kraft gebest, die Schmerzen der Geburt zu +ertragen, du, meine ganze Hoffnung.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="VIII_Nach_der_Niederkunft" id="VIII_Nach_der_Niederkunft"></a>VIII. Nach der Niederkunft.</h2> + + +<p>Laß den schwachen Dank der Beglückten zu deinem Thron aufsteigen, du +Beschützer meines Lebens, mein geliebter<span class='pagenum'><a name="Page_88" id="Page_88">[Pg 88]</a></span> Vater im Himmel! daß du mich +erhört und dein starker Arm mich unterstützt hat.»Von meinem ganzen +Herzen will ich dir danken und alle deine Wunder verkünden, ja ich will +froh sein und mich freuen in dir, und deinen Namen will ich lobsingen, +dem Namen des Allerhöchsten.« Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="IX_Bei_der_Beschneidung" id="IX_Bei_der_Beschneidung"></a>IX. Bei der Beschneidung.</h2> + + +<p>Sieben Schöpfungstage sind nun glücklich über dem Leben meines +neugeborenen Knaben verronnen, und heute am achten soll es nach deinem +unverbrüchlichen Gesetz, o du Allheiliger,»der du deinen Bund und dein +Erbarmen denen bewahrst, die dich lieben und deine Gebote halten«, vor +dich gebracht werden und das Siegel der Gnade durch die Beschneidung +erhalten; heute soll er in den ewigen Gnadenbund aufgenommen werden, den +du mit Abraham und seinen Nachkommen geschlossen hast, daß sie zum Segen +werden sollen für alle Geschlechter der Erde und das himmlische Reich +erwerben.—O, nimm dieses mein Kind gnädig an, daß es treu dem Bunde +leben möge, laß den geringen und rasch verschwundenen Schmerz, den es +erleiden soll, eine Erinnerung und ein Zeichen sein, daß das Hohe und +Ewige nur durch Mühe und Schmerzen erreicht werden kann, daß der Mensch +sich das Himmelreich nur erringen kann, indem er gegen die Lust des +Fleisches streitet, und daß ein treuer Israelit bereit sein soll, mit +Leben und Blut für seinen Glauben zu kämpfen, daß er deinen Namen +heilige. Beschütze mein Kind von dieser Stunde an, daß es wohl gedeihen +und kräftig wachsen möge, für das Zeitliche, wie für das Ewige gesegnet, +dir zur Ehre und mir und meinem Gatten zur Freude.</p> + + +<p class="amen">Amen!<span class='pagenum'><a name="Page_89" id="Page_89">[Pg 89]</a></span></p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="X_Eine_Wochnerin_beim_ersten_Gang_ins_Gotteshaus" id="X_Eine_Wochnerin_beim_ersten_Gang_ins_Gotteshaus"></a>X. Eine Wöchnerin beim ersten Gang ins Gotteshaus.</h2> + + +<p>»Gehet ein zu Gottes Tor mit Danksagungen und in seinen Vorhof mit +Lobsingen! Dankt ihm und preiset seinen Namen!« So ermahnt mich eine +heilige Stimme, und es ist ja nur durch deine väterliche Güte, o Gott, +daß ich heute wieder deinem Hause nahen kann. Hast du selbst ja geboten, +daß jede glückliche Wöchnerin, nachdem sie ihre Gesundheit +wiedergewonnen hat, deinem Altar mit Dank und Sühnopfer,<a name="FNanchor_69_69" id="FNanchor_69_69"></a><a href="#Footnote_69_69" class="fnanchor">[69]</a> mit Gebet +und frommen Gelübden sich nahen soll. Und wie sehr muß ich dir nicht +danken, nicht nur für deine Gabe, für das Kind, das du mir geschenkt +hast, sondern auch für deine Hilfe und deinen Beistand, für die Kraft, +die du mir verliehen hast, alle Schmerzen zu ertragen, für deinen Schutz +in der Stunde der Gefahr und für meine Genesung, daß ich wieder vor dein +Angesicht treten kann und mit meinem Gatten dir meinen Dank zu bringen +im Stande bin. O, womit habe ich doch so viel Gnade verdient! ach, hab' +ich mich denn nicht oft und schwer gegen dich versündigt, bin ich nicht +manches Mal verzagt und schwach in meinem Vertrauen auf dich gewesen; +wie oft versäumte ich nicht meine Pflicht, die du mir auferlegt hast? O +Herr, vergib mir und halte mich auch fernerhin in deiner väterlichen +Gnade. Laß mich mein Kind deinem Schutze anbefehlen (bei einem Mädchen +füge man hier hinzu: und wie es heute vor dir in deinem Hause genannt +wird, so zeichne du es in das Buch des Lebens ein, daß seines Namens +Unvergänglichkeit zu wahrem Schmuck und wahrer Ehre ihm gereiche); wache +du über das Neugeborene, stärke du mich, an ihm die Mutterpflicht +vollkommen zu erfüllen.<span class='pagenum'><a name="Page_90" id="Page_90">[Pg 90]</a></span> Ja, mit mütterlicher Sorge will ich mein Kind +pflegen und ihm meine ganze Obhut widmen, und gerne selbst Entbehrung +auf mich nehmen zu seinem Wohlergehen. Segne, o Herr, auch das Streben +meines Gatten, den Lebensunterhalt uns zu erwerben, und sobald die +Schwingen des Geistes sich bei dem Säugling zu entfalten beginnen, so +soll es unsere größte Sorge sein, ihn zum Guten zu lenken und ihn mit +Abscheu gegen alles zu erfüllen, was böse ist, daß es bei Zeiten deinen +Namen kennen lerne und in Gottesfurcht und Tugend aufwachse. Ewiger, dir +will ich angehören; o, laß deinen Segen von deinem Hause zu meinem Herd +mir folgen, und laß meinen häuslichen Kreis früh und spät von herzlichem +Dank widerhallen für all das Glück, welches du mir zuerteilt hast.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XI_Beim_ersten_Gang_ins_Gotteshaus_nach_der_Geburt_eines_totgeborenen" id="XI_Beim_ersten_Gang_ins_Gotteshaus_nach_der_Geburt_eines_totgeborenen"></a>XI. Beim ersten Gang ins Gotteshaus nach der Geburt eines totgeborenen<br /> +Kindes.</h2> + + +<p>Blicke gnädig herab, o, du allweiser und gerechter Schöpfer, auf deine +Dienerin, die sich dir in Demut und Anbetung naht, um dir zu danken, +weil du ihr das Leben erhalten, und ihr Stärke verliehen hast, daß sie +wieder in die Versammlung der Gläubigen hat kommen können, um deinen +Namen zu preisen. Ist mein Herz auch noch betrübt darüber, daß das Kind, +welches ich zur Welt brachte, nicht des Lebens Tag gesehen hat, und +meine so lange gehegte Hoffnung sich nicht erfüllte, so weiß ich doch, +daß eine Israelitin deinen Namen lobt, magst du nur geben oder +nehmen.<a name="FNanchor_70_70" id="FNanchor_70_70"></a><a href="#Footnote_70_70" class="fnanchor">[70]</a> O, höre mich, Allerbarmer! Wenn ich durch<span class='pagenum'><a name="Page_91" id="Page_91">[Pg 91]</a></span> eigene +Unvorsichtigkeit es bewirkt habe, daß mein Kind hienieden nicht das +Licht der Welt sehen sollte, o, so bedenke meine Schwäche und vergib +mir; rechne mir es nicht als Sünde an, sondern schone meiner um deiner +großen Barmherzigkeit willen. Aber war es in deiner unwandelbaren +Weisheit so beschlossen, daß ich die Mutterfreuden ahnen, aber nicht +genießen sollte, o, so lehre mich, mein Los in Geduld tragen, und flöße +mir den Trost ein, daß dieses Kind in der Stunde, wo es zur Welt kommen +sollte, bereits bestimmt war zu einem seligeren Zustand einzugehen, ohne +den Kampf der Welt bestehen zu müssen, ohne ihre Sorge und Qual kennen +zu lernen, und daß es dereinst in der Ewigkeit mir die Schmerzen +erstatten soll, mit denen ich es getragen und geboren habe, ohne durch +sein Leben beglückt zu werden. O Allgütiger, laß mit meines Herzens Dank +meine Bitte um reichen Segen vereinen, laß die Freude wieder in meiner +Seele erwachen, und laß mich Freude und Glück über meinen teuren Gatten +ausbreiten.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XII_Eine_Ehegattin" id="XII_Eine_Ehegattin"></a>XII. Eine Ehegattin.</h2> + + +<p>Allgütiger! du, dessen Antlitz in Gnade über alle leuchtet, die dich +fürchten, o, blicke in Gnaden herab auf mich, daß ich in dem Lichte +deines Angesichtes wandeln und von dir beschirmt werden möge.</p> + +<p>O! breite die Schwingen deiner Barmherzigkeit über meinen Gatten und +meine Kinder aus. Sei mit ihm, den mein Herz liebt auf allen seinen +Wegen, behüte ihn vor Krankheit, Schmerz und Kummer, erhalte ihm die +Lust und Liebe zu seinem Geschäfte, und laß keine Sorgen ihm<span class='pagenum'><a name="Page_92" id="Page_92">[Pg 92]</a></span> sein Leben +verbittern. Lehre mich, ständig an dem Vorsatz festzuhalten, ihm ein +freundliches Heim zu bereiten, so daß er am liebsten bei mir an unserm +gemeinschaftlichen Herd verweile, und häuslicher Friede und Freude ihm +von demselben entgegenstrahlen möge, und daß unser schönster Genuß der +sei, mit unsern Kindern in freundlicher und milder Vertraulichkeit bei +einander zu sitzen.</p> + +<p>Laß uns niemals die hohen und heiligen Pflichten vergessen, welche wir +gegen die Kinder zu erfüllen haben, mit denen du uns gesegnet hast. O, +laß uns nicht nur für ihre leibliche Wohlfahrt Sorge tragen, sondern in +und durch unsere Gebete ihren Seelenfrieden deiner Obhut anbefehlen. +Ach, lieber Vater im Himmel! das ist doch der Eltern heiligstes, aber +auch zugleich schwerstes Wirken in der Brust ihrer Kinder die +Gottesfurcht zu wecken und des Glaubens reine Flamme anzufachen, zu +hüten und zu nähren. So hilf uns denn, daß wir uns fern von törichter +Weichlichkeit halten, und daß wir mit Freundlichkeit und liebevollem +Ernst ihnen die nötigen Ermahnungen und Erinnerungen geben, daß wir +einträchtig einander bei dieser Arbeit in deinem Dienste uns zur Seite +stehen mögen! Mit Tränen befehle ich dir meine Kinder, daß keines von +ihnen mißraten möge, und mein Herz durch Sünde wider dich verwunde! +Bewahre sie vor schlechten Freunden, und laß Vater und Mutter ihnen eine +Leuchte sein, die ihnen auf ihren Wegen leuchte, daß sie nicht fallen; +aber wenn sie im Gewirr des Lebens verführt werden, ach, so laß du die +Erinnerung an uns sie wieder zurück auf deinen Weg führen! Herr, setze +du eine Schutzwehr um unser Haus, daß es von keiner Schlechtigkeit +befleckt werde. Laß deinen Namen über unsere Wohnung genannt sein zum +Leben und zur Seligkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!<span class='pagenum'><a name="Page_93" id="Page_93">[Pg 93]</a></span></p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XIII_Eine_Tochter_fur_die_Eltern" id="XIII_Eine_Tochter_fur_die_Eltern"></a>XIII. Eine Tochter für die Eltern.</h2> + + +<p>Unsichtbarer, alliebender Gott! Wie soll ich dir danken für die +unendliche Liebe, die du mir bewiesen hast und mir noch jeden Augenblick +erweist, und deren Strahlen sich in der Freundlichkeit und Liebe +abspiegeln, womit mich die umfangen, welche mir das Leben gegeben haben. +Ach ja, mein geliebter Vater, meine teure Mutter sind mir wie zwei +Engel, denen du befohlen hast, daß sie mich hüten sollen auf dem Wege, +daß sie mich auf ihren Armen tragen und alle meine Schritte bewahren +sollen, die sowohl für mein zeitliches, wie für mein geistiges Wohl +Sorge tragen. Welche Segnung hast du nicht durch sie über mich +ausgebreitet, wo gibt es wohl Eltern, die mit größerer Obhut für ihre +Kinder sorgen könnten? Versagen sie sich nicht alles, um mir nur Freude +und Glück zu bereiten? O mein Gott! indem ich dafür meines Herzens +wärmsten Dank emporsende, bitte ich dich zugleich: Belohne du sie für +alles mit deinem reichsten Segen. Verleihe ihnen viele und lange +Lebenstage, daß sie noch lange meines Lebens Schmuck und Ehre seien; +bewahre ihnen die Gesundheit und bereite ihnen eine Fülle der Freude. +Laß sie in der Liebe und in der Hingebung ihrer Söhne und Töchter Ersatz +für alle Bekümmernisse eines Vaters und einer Mutter finden, Ersatz für +jeden mühevollen Tag und jede schlaflose Nacht, die wir ihnen bereitet +haben. O, möchte es auch in mein Los fallen, ihnen Freude zu bereiten! +Stärke mich, auf einen jeden Wink ihrer Hand acht zu geben, in Liebe und +Gehorsam auf ihre Warnungen und Ermahnungen zu hören, und nach meinem +ganzen Vermögen ihnen Freude zu bereiten. Erleichtere ihnen<span class='pagenum'><a name="Page_94" id="Page_94">[Pg 94]</a></span> jede Bürde, +und gib, daß sie selbst in ihrem hohen Alter, glücklich im Schutz der +Liebe ihrer Kinder und Kindeskinder lebend, dir für deine gnadenreiche +Führung bei vollen Geisteskräften danken mögen.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XIV_Im_Witwenstande" id="XIV_Im_Witwenstande"></a>XIV. Im Witwenstande.</h2> + + +<p>Allerbarmer, du,»der du gerecht bist in allen deinen Wegen und +barmherzig in allen deinen Handlungen,« blicke in Gnaden auf eine tief +betrübte Seele herab, die ihre Zuflucht zu dir nimmt. Jetzt stehe ich, +verlassen von dem, der meine Stütze, mein Trost und mein Ratgeber war; +jetzt muß ich alle Bürden des Lebens allein tragen und den vermissen, +der mich durch sein ermunterndes Wort stärken konnte, mich in der Hitze +des Tages erquickte und, wenn das Dunkel der Nacht meinen Geist +erschreckte, mir Licht verbreitete;—ach, meines Herzens Angst ist groß, +und es wird mir schwer, kindliche Ergebung in deinen Willen zu zeigen. +O, so errette du mich selbst aus meiner Not, lege den beseligenden Trost +deines Wortes in meine Seele und zeige dich mir als den rechten Helfer. +Sieh, hier bin ich mit den Kindern, die du mir gegeben hast, o, laß mich +in Gnaden erfahren, daß du in Wahrheit »der Witwen Verteidiger und +Beschützer und der Verwaisten Vater« bist! Stärke mich, daß ich unter den +doppelten Verpflichtungen nicht erliege, die auf mir ruhen, sondern daß +ich vielmehr mit Geduld »in fester Hoffnung und lebendigem Glauben für +dein Haus sorge«, im Vertrauen darauf, daß die,»so mit Tränen säen, +dereinst mit Freuden ernten« sollen. Erbarme dich meiner Kinder; hilf und +rette, beschütze und segne uns.<span class='pagenum'><a name="Page_95" id="Page_95">[Pg 95]</a></span> Ja, o Ewiger,»sei du meine Stärke, +meine Burg und mein Fels, auf dich hoffe ich und mir ist geholfen.« Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XV_Eine_Waise" id="XV_Eine_Waise"></a>XV. Eine Waise.</h2> + + +<p>Ewiger, gerechter Gott! hart ist die Prüfung, die du mir auferlegt hast, +ich bin elend und verlassen; denn meinen Vater, den du mir zum treuen +Führer und Versorger gabst und meine Mutter, deren Obhut und Liebe mich +zu dir leiten sollte, ich sehe sie nicht mehr!—Ach, wo soll ich denn +jetzt hingehen, wo Trost und Rat suchen? O, wie sehr habe ich mich nicht +versündigt, daß ich das Glück, einen lieben Vater, eine liebe Mutter zu +besitzen, nicht hinreichend zu würdigen wußte, und daß ich nicht dankbar +genug war für alles, was du mir in ihnen gegeben hast. Ach, wie einsam +und niedergeschlagen fühle ich mich jetzt! O, du selbst, Allgütiger! +öffne du mir den Schatz deines Trostes! Noch hast du ja niemals eine +Seele verlassen, welche dich nicht verließ, sondern du halfst dem +Elenden, der dich um deinen Beistand bat, und auch mir wirst du helfen. +Du verkündigst mir in deinem Worte, daß,»wenn auch Vater und Mutter +mich verlassen haben, so willst du dich, mein ewiger Gott und Vater, +doch meiner annehmen.« Leite mich denn und führe mich; laß im Geiste mich +stets umschwebt fühlen von jenen geliebten und verklärten Seelen, und +laß mich durch einen gottesfürchtigen Wandel ihr Andenken ehren und +ihnen so den schuldigen Dank darbringen. Sei du nun selbst mein Vater, +der mich auf den Armen seiner Liebe trägt und mir den Bedarf des Lebens +spendet. O gib, daß die Menschen, die sich freundlich an Stelle meiner +Eltern<span class='pagenum'><a name="Page_96" id="Page_96">[Pg 96]</a></span> meiner annehmen, auch Sorge tragen für das Wohl meiner Seele, +und vergilt du ihnen all das Gute, welches sie in deinem Namen mir +erweisen. Wohne du in meinem Herzen, und lenke meinen Weg so, daß ich +mit Recht mich dein Kind nennen kann, mein himmlischer Vater, das +Wohlgefallen vor dir und in den Augen der Menschen findet. Erhöre mein +und aller Waisen Gebet; o gnadenreicher Gott, du ewiger Helfer.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XVI_Im_Alter" id="XVI_Im_Alter"></a>XVI. Im Alter.</h2> + + +<p>Treuer, ewig lebendiger Gott,»der den Müden Kraft verleiht und dem +Ohnmächtigen große Stärke,« du, der versprochen hat, bis zum Alter mit +uns zu sein, o, du hast gnädig diese Zusage für mich gehalten, und ich +bringe dir meinen Dank,»daß du mich von meiner Jugend an geleitet und +mich mit Barmherzigkeit und Gnade umgeben hast, bis ich alt geworden +bin.—O, verlaß mich denn nun auch jetzt nicht, da ich fühle, daß meine +Kräfte schwinden und meine Sinne stumpf werden.»Erinnere dich der Sünden +und Übertretungen meiner Jugend nicht, aber gedenke meiner nach deinem +Erbarmen um deiner Liebe willen.«<a name="FNanchor_71_71" id="FNanchor_71_71"></a><a href="#Footnote_71_71" class="fnanchor">[71]</a> Verleihe mir Kraft, die Bürden des +Alters mit Geduld zu tragen, und laß mich durch fromme Ergebung für +alle, die um mich her wohnen, eine lebendige Ermahnung sein. Und je +schwächer meines Leibes Augen werden, um so mehr laß mich den Blick nach +Innen wenden, daß ich mein Inneres läutere und in den Gedanken an dich +Ruhe gewinne. Ja, laß es mir in den paar Tagen, die mir noch zugemessen +sind, glücken, dem<span class='pagenum'><a name="Page_97" id="Page_97">[Pg 97]</a></span> jüngeren Geschlecht ein gutes Beispiel zu geben, daß +die Worte, welche ich rede, zur Verherrlichung deines Namens dienen +mögen, und die Handlungen, welche ich vollbringe, ein Zeugnis seien der +Reinheit und Treue meines Glaubens und der Liebe in meinem Herzen. Und +stärke so mich in des Lebens letztem Streit, daß ich dann deutlich den +Ruf deiner Liebe vernehme:»Fürchte nichts, denn ich erlöse dich; ich +rufe dich bei deinem Namen, denn du bist mein,« und daß ich noch mit +meinem letzten Atemzug deinen Namen bekennen und preisen möge.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XVII_Bei_der_Fortreise_von_der_Heimat" id="XVII_Bei_der_Fortreise_von_der_Heimat"></a>XVII. Bei der Fortreise von der Heimat.</h2> + + +<p>Allgütiger Gott, der du unsere Schritte lenkst und einem jeden Menschen +seinen Weg bahnst, laß mich in deinem Namen diese Reise antreten und +beendigen. Sei du in deiner Gnade mein Begleiter, daß ich sicher wandern +und Ziel und Zweck erreichen möge. Beschütze mich auf meinem Wege, daß +mich kein Unheil treffe, entferne jede Gefahr von mir, jedes Hindernis, +daß ich meine Reise gesund und rasch zurücklege, daß ich ungestört +ausziehen und in Frieden wieder heimkehren könne. Aber während ich in +der Ferne bin, nimm du meine Lieben (meinen Vater, Mutter, meinen Mann, +meine Kinder usw.) in deinen Schutz, daß ich sie in Freuden wieder +umarmen kann, wenn ich zurückgekehrt bin. Deine Rechte leite mich, wo +ich auch gehe, und dein Gotteswort sei mir ein leuchtender Stern auf +meinem Pfade. Es preise dich mein Mund und stimme froh an als +Wanderlied:»Gottes Name ist eine feste Burg, in ihm pilgert der Fromme +und ist geschützt.«<a name="FNanchor_72_72" id="FNanchor_72_72"></a><a href="#Footnote_72_72" class="fnanchor">[72]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> +<p><span class='pagenum'><a name="Page_98" id="Page_98">[Pg 98]</a></span></p> + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XVIII_Fur_einen_Abwesenden_der_auf_der_Reise_ist" id="XVIII_Fur_einen_Abwesenden_der_auf_der_Reise_ist"></a>XVIII. Für einen Abwesenden, der auf der Reise ist.</h2> + + +<p>Lieber Gott! Mit Vertrauen wende ich mich an dich, um dich um deinen +Schutz für den zu bitten, mit dem meine Seele so fest verbunden ist, für +meinen teuren Gatten (meinen Vater usw.), der so fern von seiner Heimat +ist. Wie meine Gedanken bei ihm verweilen, so wache du über ihn auf +allen seinen Wegen; wenn er reist und wenn er sich ausruht, so sei du +sein Beschützer und sein Schirmer, schütze ihn vor des Tages Hitze und +den Gefahren der Nacht, halte jedes Übel fern von ihm und laß all sein +Vorhaben gelingen. Führe du, von dem allein alle Hilfe und aller Segen +kommt, ihn glücklich zurück, und wir wollen dich einmütig preisen und +dir danken, du Gott der Barmherzigkeit, mein Schild, auf den ich mich +verlasse.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XIX_Wenn_ein_Kind_auf_Reisen_ist_fuge_man_hinzu" id="XIX_Wenn_ein_Kind_auf_Reisen_ist_fuge_man_hinzu"></a>XIX. Wenn ein Kind auf Reisen ist, füge man hinzu:</h2> + + +<p>Ewiger, du, vor dessen Angesicht meine Väter gewandelt sind, du, der du +bis auf diesen Tag mein Hüter gewesen bist, segne du mein Kind auf +seinem Wege und laß deinen Engel ihn (sie) leiten, daß er (sie) +Wohlgefallen vor deinen und der Menschen Augen finden möge. Führe ihn +(sie) sicher und ruhig, wo er (sie) vielleicht einen gefährlichen Weg +wandelt, laß ihn (sie) an Kenntnis, Einsicht und nützlicher Erfahrung +wachsen, daß sein (ihr) Werk gesegnet werde. Lenke seinen (ihren) Fuß +auf den Pfad der Frommen, wo Leben und Wahrheit ist, daß er (sie) nicht +auf den Weg des Unrechts gerate, und daß er (sie) den Versuchungen und +Verführungen entgehe, die<span class='pagenum'><a name="Page_99" id="Page_99">[Pg 99]</a></span> seine (ihre) Tugend und seinen (ihren) +Glauben bedrohen. Laß seinen (ihren) Gedanken oft die Erinnerungen und +Ermahnungen vorschweben, die ich ihm (ihr) gegeben habe, lenke oft seine +(ihre) Schritte in dein Haus, daß er (sie) in der Versammlung der +Gemeinde dich anbete und das Bekenntnis seines (ihres) Glaubens +erneuere, daß meine Seele dereinst, sei es hier auf Erden oder dort in +der Ewigkeit, Freude an ihm (ihr) habe.»Auf dich, o Gott, setze ich alle +meine Hoffnung, du wirst mich erhören.« Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XX_Gebete_in_jeder_Art_der_Not_und_Seelenangst" id="XX_Gebete_in_jeder_Art_der_Not_und_Seelenangst"></a>XX. Gebete in jeder Art der Not und Seelenangst.</h2> + +<h3>(Heimlicher Kummer, Verfolgung, Verleumdung, Untreue der Freunde und +Anfechtungen.)</h3> + + +<p>1. O, Gott der Liebe, der du so oft meine Gebete erhört hast, verstoße +mich nicht von deinem Angesichte, wenn ich in heimlicher Bekümmernis und +Betrübnis mich zu dir wende. Du allein kennst meine Sorge; du kennst die +Angst, die mich erdrücken will, und du weißt, was es ist, das mich +quält. Du weißt, unter welcher Bürde mein Herz seufzt, und du bist Zeuge +meiner Tränen, die ich heimlich weine; denn du bist es ja, der selber +mir diese Prüfung geschickt hat. O du, mein Gott,»auf den ich von Jugend +an meine Sorge geworfen habe,« sei du dann auch mein Trost und hilf mir. +Sei mir nicht ferne, sondern komm und stehe mir bei, o Herr, mein +Helfer, daß ich dir danken möge, wenn die Betrübnis von meiner leidenden +Seele wieder gewichen ist.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<p>2.»Wie lange, Herr, willst du mich so ganz vergessen? Wie lange willst +du dein Angesicht vor mir verbergen? Wie lange soll ich in meiner Seele +sorgen<span class='pagenum'><a name="Page_100" id="Page_100">[Pg 100]</a></span> und tägliche Trauer in meinem Herzen fühlen?«<a name="FNanchor_73_73" id="FNanchor_73_73"></a><a href="#Footnote_73_73" class="fnanchor">[73]</a> Vergebens +wende ich mich zur Rechten und vergebens zur Linken; ach Herr, mein +Gott, die Menschen sind nur schlechte Tröster, die fassen meinen Schmerz +nicht und wollen meine Klagen nicht hören, ja, selbst die, auf deren +Freundschaft ich rechnete, sind mir untreu geworden, und ihre Gunst und +Hingebung war nur auf flüchtigem Sand gebaut. O du, der du ewig derselbe +bist,»mein Herz bringt vor dich dein eigen Wort.«»Suche mein +Angesicht!« Nun suche ich dein Angesicht, Herr, und du hast ja gelobt, +daß du den nicht verlassen willst, der dir vertraut, und daß du deine +Hand nicht von ihm ziehen willst; o, so laß mich deine väterliche Liebe +zu mir auch in der Züchtigung erkennen, und »ich will schweigen und +meinen Mund nicht auftun, denn du bist es ja, der es getan hat.«<a name="FNanchor_74_74" id="FNanchor_74_74"></a><a href="#Footnote_74_74" class="fnanchor">[74]</a> +Ja »ich will stille sein und auf dich hoffen und dadurch wahre Stärke +gewinnen.«<a name="FNanchor_75_75" id="FNanchor_75_75"></a><a href="#Footnote_75_75" class="fnanchor">[75]</a> O, so zeige mir deine Gnade wieder; sprich zu mir:»Ich +bin bei dir in der Not; fürchte dich nicht, zage nicht, denn ich bin +dein Gott, ich stärke und erhalte dich.« Amen!</p> + +<p>3. Ewiger,<a name="FNanchor_76_76" id="FNanchor_76_76"></a><a href="#Footnote_76_76" class="fnanchor">[76]</a> du bist mein Licht und meine Seligkeit, vor wem sollte +ich mich da fürchten? Du bist meines Lebens Kraft, o Herr, vor wem +sollte mir wohl grauen? Laß nur meine Feinde sich wider mich erheben und +wider meine Seele stürmen; denn sie werden stürzen. Wenn auch rings um +mich her Heere lagern, so soll mein Herz doch nicht verzagen; denn du +birgst mich in deiner Hütte in der schlimmen Zeit, und du öffnest deine +feste Burg mir als Zufluchtsstätte, daß ich ruhig und sicher leben<span class='pagenum'><a name="Page_101" id="Page_101">[Pg 101]</a></span> kann +trotz aller Gefahr. Böse Zungen erheben sich wider mich und suchen mit +ihren giftigen Pfeilen mich zu treffen; aber du, o Gott, bist mein +Schild, so daß ich frei mein Haupt erheben kann, und du willst mich zu +Ehren bringen. O, so laß mich denn deine Gnade im Land der Lebenden +erfahren; laß mich ruhig meinen Weg wandeln und erfülle meine Seele mit +Geduld, daß ich auf dich vertraue, daß ich nicht verzage, und daß auch +dieses Ungemach meinem Geist zum Frommen und zur Rettung diene.»Laß +jedes unfreundliche Urteil, das über mich gefällt wird, jede Verkennung, +die mich trifft, eine ernstliche Erinnerung daran sein, daß ich einst +zur Rechenschaft gefordert werden soll, so daß ich Selbstprüfung über +meinen Sinn und meinen Wandel anstelle; laß mich einen Beweis darin +sehen,»daß ich Wohlgefallen vor deinen Augen gefunden habe,« und stärke +mich so in der sicheren Hoffnung,»daß du mich hier auf Erden erhältst +und mich einst zu ewiger Seligkeit bei dir erheben wirst.«<a name="FNanchor_77_77" id="FNanchor_77_77"></a><a href="#Footnote_77_77" class="fnanchor">[77]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<p>4. Trübe Gedanken umdunkeln meine Seele, und Angst und Verwirrung +überkommen mich. Ach Herr, was hab' ich doch getan, daß ich keinen +Frieden finden kann? Es ist, als wenn am Tage böse Geister mich bei +allen meinen Handlungen verfolgten und als ob sie bei Nacht mein stilles +Lager umschwebten und sich eindrängten, wenn ich meine Seele zu dir +erheben will. Vergebens kämpfe ich, alle die bösen und schrecklichen +Vorstellungen zu verjagen, aber es gibt nichts, das mich erretten +kann.»O, so erhöre du mein Flehen, und laß mein banges Seufzen <span class='pagenum'><a name="Page_102" id="Page_102">[Pg 102]</a></span>nicht +unerhört von dir zurückkehren,« du, Allmächtiger, denn du allein nur +kannst alle meine Plagen enden. O, sei mir nicht ferne, sondern gib mir +durch deinen Geist Kraft, diesen finstern und bösen Gedanken zu +widerstehen. Auf dich setze ich meine ganze Hoffnung, ach, laß sie nicht +zu schanden werden, sondern laß das Licht deines Angesichtes mir +leuchten, wenn die bösen Stunden kommen, daß ich mich von deiner +Vaterliebe umgeben fühle und errettet werde.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XXI_Gebete_in_Krankheit" id="XXI_Gebete_in_Krankheit"></a>XXI. Gebete in Krankheit.</h2> + + + +<p class="center">Eine Kranke.</p> + + +<p>1. Ewiger, der du lauter Erbarmen und Wahrheit bist, gar vielfach sind +die Wege, auf denen du den Menschen zu dir ziehst, wenn wir nur wüßten, +uns ihrer mit Nutzen zu bedienen. Lange hast du in deiner Güte mir +gesunde Tage geschenkt; ach, vielleicht habe ich dir nicht genugsam +dafür gedankt; vielleicht habe ich die Kräfte meines Körpers nicht +gebraucht, wie ich sollte, und habe nicht geachtet der Seufzer und +Klagen der Leidenden, daß ich ihnen zur Hilfe eilte und ihre Not +linderte; vielleicht achtete ich die eitlen Güter zu hoch;—siehe, da +führst du mich jetzt andere Wege. Krankheit hat meinen Leib ergriffen +und in Schmerzen liege ich danieder auf meinem Lager und wälze mich hin +und her in der schlaflosen Nacht und finde am Tage keine Ruhe. Du, der +du nur das Gute willst, hast mich vielleicht von Krankheit heimsuchen +lassen, damit ich, der in den Zerstreuungen der Welt sich verlor, mein +eigenes Herz läutere und prüfe und auf des Schmerzes hartem Lager lernen +sollte, dich zu suchen. Siehe des Fiebers Glut, die mich verzehrt, soll +mich vielleicht an<span class='pagenum'><a name="Page_103" id="Page_103">[Pg 103]</a></span> meine Lauheit und Kälte in deinem Dienste erinnern, +in dem Beruf, den ich erfüllen sollte, in der Anbetung deines Namens, +und der brennende Durst meiner Zunge an die Versäumnis, die ich mir zu +schulden kommen ließ, daß ich nicht täglich den Labetrunk aus der +reichen Quelle deines Wortes schöpfte. Der eiskalte Schauer, der mich +schüttelt, soll vielleicht die glühende Leidenschaft strafen, mit der +ich die Befriedigung meiner Fleischeslust suchte, und diese Schwäche und +Ohnmacht soll meine Härte gegen die Schwachen und Bedrängten strafen, +denen ich keine hilfreiche Hand reichte; mein Bedürfnis nach der Pflege +und den Beistand anderer soll meine Seele mit Scham über all mein +törichtes Selbstvertrauen und meinen eitlen Stolz erfüllen, mit denen +ich geringschätzend auf andere herabsah. O Herr, ich unterwerfe mich mit +Ergebung deinem Willen und bitte nur: Gehe nicht hart mit mir ins +Gericht, sondern laß mich deine Gnade erfahren. Habe ich mich +versündigt, und ich verdiene deine Züchtigung, o, so erbarme dich über +mich, wie ein Vater, der sein Kind züchtigt; flöße mir den Trost +ein,»daß der Herr mich wohl züchtigt, aber mich nicht dem Tode +überliefert.«<a name="FNanchor_78_78" id="FNanchor_78_78"></a><a href="#Footnote_78_78" class="fnanchor">[78]</a> Mache du selbst, o mein Vater, mein Krankenlager zu +einer Schule der Weisheit für mich und laß durch die Leiden meines +Leibes meine Seele genesen. Herr, ich werfe mich in deine Arme, stärke +mich, lehre mich mein Inneres läutern und mich mit meinem ganzen Herzen +zu dir zu wenden; schenke sowohl mir Geduld in den Stunden der +Schmerzen, als auch denen, die mich freundlich pflegen;»vergib mir alle +meine Sünden, und laß mich deine Gnade <span class='pagenum'><a name="Page_104" id="Page_104">[Pg 104]</a></span>wieder schauen, die so groß ist +über den Staubgeborenen,« und ein Wandel, der dir gefällt, soll Zeugnis +davon sein, daß die Krankheit mich auf den rechten Weg zurückgeführt +hat, wie er in den Tagen der Gesundheit von denen betreten werden soll, +die »dich suchen und lieben.« Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Besonders_in_bedenklicher_Krankheit" id="Besonders_in_bedenklicher_Krankheit"></a>Besonders in bedenklicher Krankheit.</h2> + + +<p>2. Alliebender, ewiger Vater, du,»der alle Sünden vergibt und alle +Krankheiten heilt,«<a name="FNanchor_79_79" id="FNanchor_79_79"></a><a href="#Footnote_79_79" class="fnanchor">[79]</a> auf mein Krankenlager niedergestreckt, sende ich +meine Gebete hinauf zu dir, o, sende mir Linderung und stehe mir bei in +der Stunde der Gefahr! Du,»der kein Wohlgefallen an dem Tod des Sünders +findet, sondern darin, daß er auf seinem Wege umkehre und lebe«, o, laß +es dein Wille sein, mir die Gaben der Gesundheit wieder zu geben, daß +ich noch in dem Lande der Lebenden wirken möge. Ach, ich bitte dich +nicht wegen meiner, nein, vielmehr um derer willen, die so innig an mir +hängen, und deren Herzen bluten würden, wenn du mich abriefest. (Ich +bitte dich um meines geliebten Gatten willen, um meiner unmündigen +Kinder willen, ich bitte dich um meiner alten Eltern willen, um der +heiligen Pflichten willen, die ich zu vollführen habe, errette mich!) +Ich weiß, daß die Menschen nichts vermögen, und daß alle irdische Kunst +und Wissenschaft nichts nützt, wenn du nicht, o himmlischer Arzt, die +Genesung von oben sendest. Ach, so laß es dir denn gefallen, mich zu +retten; o, sei mir gnädig und heile meine Seele; denn ich habe wider +dich gesündigt!<a name="FNanchor_80_80" id="FNanchor_80_80"></a><a href="#Footnote_80_80" class="fnanchor">[80]</a> Sollen meine Leiden noch lange währen, so sei du mir +nahe mit deinem Geiste, laß ihn am Tage über mich schweben und mir +Stärkung und Kühlung zufächeln und laß ihn in der Nacht um mich<span class='pagenum'><a name="Page_105" id="Page_105">[Pg 105]</a></span> sein, +daß fromme Gedanken mir die Stunden der Dunkelheit verkürzen, und die +Schmerzen durch die Gewißheit, daß sie die Mittel meiner Seelenrettung +seien, gelindert werden. Aber sollte es der Wille deiner +unerforschlichen Weisheit sein, mich abzurufen, o, so erfülle meine +Seele mit Gedanken der Ewigkeit und stärke mich in meinem letzten Kampf +durch die Gewißheit des Trostes, daß du mein Leben an dem Grabe erlösen +und mich mit Gnade und Barmherzigkeit<a name="FNanchor_81_81" id="FNanchor_81_81"></a><a href="#Footnote_81_81" class="fnanchor">[81]</a> krönen willst, daß du, der du +alles versorgst, was da lebt, in deiner Fürsorge dich der Meinen +annehmen und sie in den Schutz deiner Fittige nehmen mögest. Herr tue +mit mir nach deinem Willen!»Heile mich und ich bin geheilt, hilf mir und +mir ist geholfen, denn du bist mein Hort.«<a name="FNanchor_82_82" id="FNanchor_82_82"></a><a href="#Footnote_82_82" class="fnanchor">[82]</a> Du wirst mich erlösen, +Herr, du treuer Gott.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Bei_derselben_Veranlassung_in_Bibelversen" id="Bei_derselben_Veranlassung_in_Bibelversen"></a>Bei derselben Veranlassung in Bibelversen.</h2> + + +<p>3. Aus der Tiefe ruf ich zu dir, o Herr, neige dein Ohr meinem Rufe, du +Ewiger, höre meine Klage und mein Flehen. Schwer ruht deine Hand auf +mir, und meine Schmerzen suchen mich heim alle Zeit; von Angst und +Seufzer wird mein Fleisch verzehrt. Am Tage verschmachte ich, und viele +leidenvolle Nächte fallen in mein Los; o Allerbarmer, sieh meinen Jammer +und mein Elend. Wie Mutterlose, niedergeschlagen und verlassen, stehen +meine Kinder um mein Lager, und ich sehe Tränen die Wangen meines Gatten +netzen, wie sehr er es auch vor mir verbirgt. Ach Herr, warum so lange? +Am Tage rufe ich zu dir, aber ich bekomme keine Antwort und in der Nacht +höre ich nicht auf zu flehen. Wie ein Sklave,<span class='pagenum'><a name="Page_106" id="Page_106">[Pg 106]</a></span> der nach Schatten seufzt +und wie ein Taglöhner, der sich nach der Ruhe des Abends sehnt, habe ich +Monate (Wochen) in Kampf und Schmerzen zugebracht. O Herr, lindre meine +Not und mein Leiden! Sollte keine Heilkraft in Gilead sein, du ewiger +Arzt, daß ich errettet würde? Ja, gewiß, wer auf dich hofft, ist nicht +verlassen! Du wirst in deiner Güte mich stützen und alle meine Krankheit +heben. Du hast mich ja so oft große Bedrängnis, Angst und Not schauen +lassen und mich doch aufs neue belebt und mich aus dem Abgrund der Erde +emporgezogen. Ja, ich sagte in meiner Qual: Ich bin vor deinen Augen +verstoßen; aber du hörtest meine verborgene Stimme, da ich zu dir rief, +und du tröstetest mich wieder. Und wenn auch noch mehr Weinen uns +bevorsteht, so werden ich und die Meinen am Ende doch deine Hilfe +erfahren, und »die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.« Ja, du +wirst mich von aller Sorge befreien, unter den Frommen hienieden oder +bei den Verklärten dort; ja, ich soll deine Taten verkünden!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Vor_einer_gefahrlichen_Operation" id="Vor_einer_gefahrlichen_Operation"></a>Vor einer gefährlichen Operation.</h2> + + +<p>4. Mein Gott, meine Stärke und meine Hoffnung!»Du, in dessen Hand die +Seelen aller Lebenden und der Geist ist, der das Fleisch eines jeden +Menschen belebt, « du hast mir heute eine Stunde gesandt, voller +Schmerzen und Gefahr, in der versucht werden soll, mir meine Gesundheit +zurück zu gewinnen, (in der ich ein Glied meines Körpers verlieren soll, +um wo möglich mir dadurch das Leben zu erhalten), o, sei mir denn mit +deiner Liebe in diesen Augenblicken nahe. Stärke meinen Mut und lehre +mich den schwersten Schmerz in dem Gedanken ertragen, daß du es bist, +der »sowohl Wunden schlägt als auch sie <span class='pagenum'><a name="Page_107" id="Page_107">[Pg 107]</a></span>verbindet,« daß deine Weisheit es +also beschlossen hat und es deshalb zu meinem Heile dienen soll. Ach, +daß du mich deines Beistandes und Trostes in diesem Kampfe würdig +hieltest! Vergib mir, o, vergib mir alle meine Sünden, (hier lese man +das Sündenbekenntsis, Oschamnu), laß meine Seele zu dieser Stunde sich +mit aller Welt versöhnen und laß mich alle Bitterkeit aus meinem Herzen +tilgen! Laß mich erfahren, daß»nur eine kleine Stunde über deinen Zorn +verrinnt, aber das Leben deine Lust ist. Du verläßt den Menschen nur +eine kurze Weile, aber du nimmst dich seiner mit großem Erbarmen wieder +an.« Rufe mir ins Gedächtnis, wie viele sich den schwersten Martern +unterworfen, um deinen Namen zu heiligen, und durch ihren festen Glauben +sich die Herrschaft über den Schmerz errungen haben, wie viele Mut und +Standhaftigkeit in den herbsten Leiden zeigten und unter deinem Segen +für ihre fromme Standhaftigkeit durch eine freundliche Zukunft belohnt +worden sind. Laß die Liebe und das Vertrauen zu dir, Allgütiger und +Allbarmherziger, mich keinen Augenblick verlassen; laß deine Rechte mich +halten. Nun wohlan denn! in deinem Namen!»In deine Hände befehle ich +meinen Geist« mit meinem irdischen Leibe. Gott ist mit mir, ich fürchte +mich nicht! Schéma Jisroel Adônai Elôhenu Adônai Echod!—Höre Israel, +der Herr unser Gott ist ein einziger Gott! Gelobt sei er in alle +Ewigkeit!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Furbitte_fur_einen_Kranken" id="Furbitte_fur_einen_Kranken"></a>Fürbitte für einen Kranken.</h2> + + +<p>5. Herr! du selber hast gesagt:»Rufe mich an in der Not, so will ich +dich erretten, und du sollst mich preisen.« O, laß denn das Gebet meines +bekümmerten Herzens zu dir aufsteigen. Bei dir sollte ich wohl Stärke +finden unter <span class='pagenum'><a name="Page_108" id="Page_108">[Pg 108]</a></span>der schweren Krankheit, die meinen lieben... (hier wird +der Name des Kranken genannt) an das Lager fesselt. Wohl weiß ich, daß +deine Wege nicht unsere Wege und daß die Ratschlüsse deiner Weisheit +unerforschlich sind und verborgen unserer Kurzsichtigkeit, und daß auch +diese Schmerzen, unter denen der Teure leidet, von dir gesandt sind; +aber ich weiß auch, daß du gnädig auf die herniederblickst, die in ihrer +Angst zu dir rufen, und daß die Tränen, die meinen Augen entströmen, dir +nicht mißfallen.—Du, der du selbst uns hast verkünden lassen, daß du +unser Arzt sein willst, wenn wir auf deinen Wegen wandeln, o, vergib dem +Kranken alle seine Übertretungen, tilge das Andenken seiner Sünden und +laß es dein Willen sein, daß mein....... wieder rasch geheilt werden und +noch lange leben möge zur Verherrlichung deines Namens. Lindre sein +(ihr) Leiden und laß ihn (sie) Erquickung und Ruhe finden. Erhöre die +Gebete, die er (sie) zu dir sendet und schenke mir ihn (sie) wieder, daß +ich dir danken möge, mein Helfer und Gott.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Der_Kinder_Gebet_fur_einen_kranken_Vater_oder_eine_kranke_Mutter83" id="Der_Kinder_Gebet_fur_einen_kranken_Vater_oder_eine_kranke_Mutter83"></a>Der Kinder Gebet für einen kranken Vater oder eine kranke Mutter.<a name="FNanchor_83_83" id="FNanchor_83_83"></a><a href="#Footnote_83_83" class="fnanchor">[83]</a></h2> + + +<p>6.»Erhöre, o Gott, mein heißes Gebet, und schweige nicht zu meinen +Tränen,«<a name="FNanchor_84_84" id="FNanchor_84_84"></a><a href="#Footnote_84_84" class="fnanchor">[84]</a> siehe den Kummer meiner Seele und mein angsterfülltes Herz! +Denn ach, die Güter meines Lebens sind in steter Gefahr, mein Vater +(meine Mutter) liegt auf dem Krankenbette!—O Herr, welche Wehmut erfaßt +mich, da ich ihn (sie) leiden sehe, wie graut mir vor dem Gedanken ihn +(sie) zu verlieren.»Strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich +nicht in<span class='pagenum'><a name="Page_109" id="Page_109">[Pg 109]</a></span> deinem Groll,«<a name="FNanchor_85_85" id="FNanchor_85_85"></a><a href="#Footnote_85_85" class="fnanchor">[85]</a> sondern vergib mir alle meine Sünden und +sende mir Hilfe von deinem Himmel. O Herr nimm meinen Vater (meine +Mutter) nicht von mir. Vergib mir alles, worin ich mich gegen ihn (sie) +vergangen habe, und laß ihn (sie) noch den Tag erleben, wo ich ihm (ihr) +meine ganze kindliche Liebe und Hingebung beweisen kann. O Herr, errette +ihn (sie) um deines heiligen Namens willen,»du, mein Gott, der ein Gott +der Errettung ist, der Herr, der Ewige, der vom Tode errettet,«<a name="FNanchor_86_86" id="FNanchor_86_86"></a><a href="#Footnote_86_86" class="fnanchor">[86]</a> und +erfülle so für mich (und meine Geschwister) deine Zusage, daß dein Name +nicht von uns weichen und der Bund deines Friedens dem Geschlechte der +Frommen erhalten werden soll.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Dankgebet_nach_einer_uberstandenen_Krankheit" id="Dankgebet_nach_einer_uberstandenen_Krankheit"></a>Dankgebet nach einer überstandenen Krankheit.</h2> + + +<p>7.»Wie soll ich dir danken, o Herr, für alle deine Wohltaten,«<a name="FNanchor_87_87" id="FNanchor_87_87"></a><a href="#Footnote_87_87" class="fnanchor">[87]</a> daß +du nicht nach meinen Sünden mit mir verfahren und mir nicht nach meinen +Missetaten vergolten, sondern dich über mich erbarmt hast, wie ein Vater +sich über seine Kinder erbarmt? Wie soll ich dir danken, daß du meine +Stütze in all meiner Schwäche warst!»Siehe, ich kam der Pforte des Todes +nahe; da rief ich zu dir, und du sandtest mir dein Wort und heiltest +mich.«<a name="FNanchor_88_88" id="FNanchor_88_88"></a><a href="#Footnote_88_88" class="fnanchor">[88]</a> O, laß den geringen Dank meines Herzens für jede Linderung, +für jede Tröstung und Erquickung als ein Rauchopfer zu dir +emporsteigen.»Ja, Du gabst mich dem Leben zurück, und alle Tage meines +Lebens will ich dir dafür danken, indem ich demütig deine Wege wandle +und stetig mir vergegenwärtigen will, daß du es gewesen, der mich aus +<span class='pagenum'><a name="Page_110" id="Page_110">[Pg 110]</a></span>dieser Gefahr und Seelenangst errettet hast.« Verleihe mir deinen +Beistand zur Erfüllung meiner Gelübde, daß ich mein Leben deinem Dienste +weihe (und der Erziehung meiner Kinder in deiner Furcht) und deinen +Namen und deine Güte vor meinem Geschlechte preise. Laß mich stets mit +einem dankbaren Sinn mich aller Hilfe, Teilnahme und Tröstungen +erinnern, welche treue Verwandte und Freunde mir auf meinem Krankenlager +zuteil werden ließen, und alle Freundlichkeit und Sorgfalt und Geduld, +die selbst bezahlte Diener mir bewiesen. Jetzt habe ich vollkommen das +Weh der Krankheit kennen gelernt; jetzt verstehe ich den Schmerz der +Armen, welche auf dem Siechbette seufzen; ach wollest du, o Gott, mir +deinen Geist und deine Kraft mir dazu verleihen, sie zu pflegen, ihren +sinkenden Mut aufrecht zu halten und ihre Hoffnung durch dein Wort zu +beleben! O, Allbarmherziger, laß meine Krankheit meinen Geist geläutert +und mich von den Sünden gereinigt haben, daß ich auch ferner deines +väterlichen Schutzes würdig sein möge! Behüte du meine Wege, und niemals +wird meine Seele aufhören, dir Lob und Dank und Preis zu bringen.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Gebet_fur_Kranke_Nach_dem_Hebraischen" id="Gebet_fur_Kranke_Nach_dem_Hebraischen"></a>Gebet für Kranke. (Nach dem Hebräischen)</h2> + +<p class="center"><b>In einem Krankheitsfalle bete man folgende Schriftstellen</b>:</p> + +<p class="center"><b>Ein Leidender</b>,<br /> +wenn er verschmachtet und seine Klage ausschüttet vor dem Herrn.</p> +<p class="center">(Ps. 102, 1.)</p> + + +<p>8. Herr! o höre mein Gebet und laß meine Klage vor dich kommen; verbirg +dein Angesicht nicht vor mir, sondern neige dein Ohr mir zu in der +Stunde der Not, und erhöre mich rasch an dem Tage, da ich zu dir rufe. +Ja, zu dir, o Herr, bete ich; demütig flehe ich zu dir;<span class='pagenum'><a name="Page_111" id="Page_111">[Pg 111]</a></span> o, sei du auch +mein Schild, erhebe mein Haupt und erhöre mich von deinem heiligen +Berge. O, höre mich, wenn ich bete, du mein gerechter Gott, der mich in +der Not errettet, sei mir gnädig und erhöre mein Gebet. Lausche meiner +wehmütigen Klage, o mein König und Gott, denn zu dir bete ich. In meiner +Not rufe ich zum Herrn, bete zu meinem Gott, und er hört meine Stimme +von seinem hohen Himmel; meine demütige Bitte erreicht sein Ohr. Ja, +höre meine Stimme, o Herr, nun ich dich anrufe, sei mir gnädig, und +erhöre mich. Ich rufe zu Gott und der Herr errettet mich. Höre, o Herr, +meinen Ruf und lausche meinem Gebet. Sei mir gnädig, o Herr, den ganzen +Tag rufe ich zu dir; erfülle die Seele deines Dieners mit Freude, denn +zu dir, o Herr, erhebt sich mein Geist, und du, o Herr, bist gut und +gnädig und erbarmst dich über den, der dich anruft. Mit lauter Stimme +bete ich zum Herrn, und ich schütte vor ihm meine Klage aus und erzähle +ihm meine Drangsale. Herr, du kennst mein Sehnen und mein Seufzer ist +dir nicht verborgen, o erinnere dich nicht meiner Jugendsünden, sondern +sei gnadenreich gegen mich um deiner Güte willen, o Herr! Reinige mich +von meinen Sünden, läutere mich von meiner Schuld. Ja, gedenke nicht der +Sünden meiner Vorzeit, sondern laß dein Erbarmen mir rasch zuteil +werden, denn ich bin sehr elend. Um deines Namens willen, o Herr, vergib +mir meine Sünden, denn sie sind sehr schwer, und wolltest du nach der +Sünde bestrafen, o Herr, wer könnte da vor dir bestehen? Behandle uns +nicht nach unserer Schuld und strafe uns nicht nach unserer Sünde. Und +zeugen unsere Sünden wider uns, o Herr, so achte nicht darauf, um deines +Namens willen, denn ich kenne meine Sünden und bin bekümmert ob der +Schuld meiner Vergehen. Errette<span class='pagenum'><a name="Page_112" id="Page_112">[Pg 112]</a></span> mich von den Folgen aller meiner +Übertretungen, daß ich nicht zum Spott der Toren werde. Ich bitte, o +Herr, sei mir gnädig, heile meine Seele, denn ich habe wider dich +gesündigt; sei mir gnädig in deiner Barmherzigkeit und tilge meine +Schuld in deinem unendlichen Erbarmen, denn ich bekenne meine Schuld und +habe stets meine Sünden vor Augen. Ja, so wende dein Angesicht von +meiner Schuld ab und tilge meine Sünde. Ich muß erliegen unter meiner +Sündenschuld, aber vergib du sie mir, denn du Allbarmherziger vergibst +die Schuld und vernichtest nicht; so manches Mal hast du deinen Zorn +besänftigt, o, so laß deinen Groll denn auch über mich nicht entflammen! +Hilf mir, errettender Gott, um der Ehre deines Namens willen. Hätte ich +auch Unrechtes in meinem Herzen gedacht, in dem Wahn, daß du es nicht +wissest, du, der Allwissende, o Gott, so höre doch nur auf meine betende +Stimme: Strafe mich nicht in deinem Zorn, o Herr, denn ich welke dahin; +heile mich Herr, denn meine Glieder werden matt und meine Seele ist gar +müde! Ach Herr! Wie lange soll es währen? Wende dich wieder zu mir, o +Herr! Rette meine Seele, hilf mir um deiner Gnade willen, meine Augen +schauen mit Sehnsucht aus nach deiner Hilfe, nach der Vergebung deiner +Gnade; o laß dein Erbarmen sich mir nahen, o Herr, sende mir die Hilfe, +die du versprochen hast. Ich will wieder umkehren zu dem Herrn, denn er +verwundet wohl, aber er heilt auch wieder, und wie er verletzt, so +verbindet er auch. Ja, du, o Herr, bist barmherzig und gnädig, schenke +deinem Diener Kraft und hilf dem Kinde deiner Dienerin. Schütze mich vor +Not, umgib mich mit dem Jubel der Errettung. Vertraue dem Herrn auf +ewig, denn der Herr ist der ewige Fels. Der Herr gibt seinem Volk den +Sieg und segnet<span class='pagenum'><a name="Page_113" id="Page_113">[Pg 113]</a></span> es mit Frieden. Gott der Heerscharen! Glücklich ist der +Mensch, der sein Vertrauen auf dich setzt; Herr, errette mich, mein +König! erhöre mich, wenn ich zu dir rufe. Herr der Welt! Ich weiß, daß +dein Urteil gerecht ist: Du hast mich vor deinen Richterstuhl gerufen, +aber ich bin nicht rein vor dir, und keiner kann mich vor dir +rechtfertigen. Aber du willst meine schlafende Seele retten, daß sie +sich wende zu dir; o siehe ich trete vor dich im Vertrauen auf deine +heilige Zusage, daß ich durch Gebet mir Linderung und Errettung bereiten +soll, um gerechtfertigt vor deinen Richterstuhl treten zu können. O, +wende du in deiner großen Gnade das strenge Urteil von mir ab und +befiehl dem Engel des Verderbens, daß seine Hand von mir ablasse! Vergib +mir alle meine Schuld in deiner großen Barmherzigkeit, denn ich halte +Umkehr und tue Buße und sehe vollkommen meine Schuld ein und bereue sie +von ganzer Seele. Siehe, mein Herz wird von Scham erfüllt und mein +Angesicht wird rot vor Beschämung, denn ich habe gar sehr gesündigt, und +deshalb eile ich, zu dir zurückzukehren. Schaue denn, o Herr, meine Not +an und rechne sie mir zur Versöhnung; o, wache über mich und alle Meinen +und sprich: Es sei genug! Im Namen des Ewigen! Laß doch meine Leiden ihr +Ende nehmen und wende mein Los zum Guten und sende mir und allen Kranken +in Israel baldige Heilung. Zeige mir ein Zeichen der Errettung und +erbarme dich über mich um deiner Gnade willen, denn deine Barmherzigkeit +ist so hoch wie der Himmel, und deine Treue reicht weiter, denn die +Wolken gehen. O Herr! Ewig will ich dir dann danken und deine Wunder +verkünden. Ich beuge mich in Demut vor dir, und ehre deinen Namen. +Gelobt seist du, o Herr, in aller Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!<span class='pagenum'><a name="Page_114" id="Page_114">[Pg 114]</a></span></p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Betet_man_fur_einen_andern_so_fuge_man_hinzu" id="Betet_man_fur_einen_andern_so_fuge_man_hinzu"></a>Betet man für einen andern, so füge man hinzu:</h2> + + +<p>Erbarme dich über meinen kranken (Gatten, Sohn usw.), denn du bist +barmherzig und gnädig, und sende ihm (ihr) und allen Kranken in Israel +vollkommene Genesung. Herr, zeige mir ein Zeichen der Errettung zum +Guten, erbarme dich über mich um deines Namens willen, denn deine Güte +und Treue reichen hinauf zum Himmel und so weit die Wolken gehen. Ewig +will ich dir dann danken und alle deine Wunder verkünden. Gelobt seist +du, o Herr, in aller Ewigkeit<a name="FNanchor_89_89" id="FNanchor_89_89"></a><a href="#Footnote_89_89" class="fnanchor">[89]</a>.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XXII_Gebete_wahrend_einer_ansteckenden_Krankheit" id="XXII_Gebete_wahrend_einer_ansteckenden_Krankheit"></a>XXII. Gebete während einer ansteckenden Krankheit.</h2> + +<div class="blockquot"><p>Gebt dem Herrn, Eurem Gott, die Ehre, bevor er es finster werden +läßt, und bevor eure Füße anstoßen gegen die dunkle Höhe. (Jer. 13, +16.)</p></div> + + +<p>1. Allmächtiger Gott! Du erinnerst uns Menschenkinder daran, daß wir +Staub und Asche sind; denn über unsere Stadt ist die schlimme Zeit +hereingebrochen, von der es heißt: « Das Volk soll geängstigt werden und +umhergehen wie Blinde, weil es gegen mich gesündigt hat«(Zeph. 1, 17). +Ach, schon hören wir das Seufzen der Angst und bemerken die Zeichen des +Schreckens auf dem Antlitz vieler Leute, während unser Inneres bebt und +fragt: wer kann oder wird uns doch retten? Wir tappen umher in der +Finsternis, die sich über uns gelagert hat.—O du, dessen Barmherzigkeit +ohne Ende ist, dessen Güte sich mit jedem Morgen erneuert, sieh unsere +Bekümmernis, öffne unsere Augen und lehre uns begreifen, daß du es bist, +der Allbarm<span class='pagenum'><a name="Page_115" id="Page_115">[Pg 115]</a></span>herzige, der diese Zeit über uns geschickt hat, auf daß wir +unsere Ohnmacht erkennen und uns überzeugen, daß du dich gegen dein +sündiges Kind als ein lieber Vater zeigst, der es wieder in Gnaden +annehmen will. Sende uns deinen Geist, daß diese Zeit der Heimsuchung zu +unserer Heiligung diene; denn ach, wir müssen bekennen, daß wir dich +lange nicht über alles in der Welt geliebt haben, wie wir es dir +schulden. Nicht auf dich haben wir unser Vertrauen gesetzt, sondern auf +vergängliche Dinge, auf schwache Menschen. Eitelkeit und Habsucht, +Hochmut und Haß, Neid und Wollust beherrschen uns. O lieber Gott, laß +uns deine Güte in dieser schlimmen Schickung erkennen, daß sie uns +läutere und reinige, und laß sie auch mich also rühren, daß ich zu dir +wieder mit getrostem Mute aufschauen kann, wie ein Kind zu seinem Vater, +in der Gewißheit,»daß du mich nur strafst, aber nicht auch dem Tode +hingibst.« O du, der du gut bist und gerne vergibst, der du Erbarmen +gegen den zeigst, der dich anruft, o vergib mir meine Sünden und laß +mich deine Vaterstimme hören, die mir zuruft:»Du bist nicht verlassen, +ich bin bei dir in der Not, ich will mich über dich erbarmen und will +dich aus derselben erlösen!« Erschaffe in mir ein reines Herz und einen +neuen, beständigen Geist erneuere in meinem Innern. Du, der du mein +Vater bist, mein ewiger Erlöser, gelobt sei dein Name.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Gebet_um_Mut" id="Gebet_um_Mut"></a>Gebet um Mut.</h2> + +<div class="blockquot"><p>Wenn ich mitten in Angst wandere, so erquickst du mich. (Ps. 138, +1.)</p></div> + + +<p>2.»Zu dir, o Gott, rufe ich, und bete, o, laß mein Seufzen nicht +unerhört zurückkehren.« Dich suche ich auf in dieser Zeit der Not und +nach dir strecke ich meine Hand aus in der Nacht, wenn nichts meine +bange Seele er<span class='pagenum'><a name="Page_116" id="Page_116">[Pg 116]</a></span>quicken will, denn rings um mich her verbreitet der Tod +seine Schrecken, und der Mut verläßt mich. O, mein Vater, du bist bisher +mit mir gewesen, verlaß mich auch jetzt nicht, sondern erneuere in mir +deine gnadenreiche Verheißung:»Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir +in der Not; verzage nicht, ich bin dein Helfer; ich stärke dich und +behüte dich, ich unterstütze dich mit der Hand meiner +Gerechtigkeit.« Flöße mir Mut ein, daß ich, umringt von den Schrecknissen +des Todes, sicher ausrufen möge:»Der Herr ist mit mir, deshalb fürchte +ich nichts!« O, nicht nur um meinetwillen sondern auch für die, welche +verzagt und in des Todes Ängsten wandeln, bitte ich dich: gib mir Mut, +daß ich sie in ihrer Furcht beruhigen, daß ich zur Hilfe eilen könne, wo +jemand niedersinken will, und daß ich ihre angsterfüllten Herzen stärken +könne.—Ich bitte um Mut und Kraft für die, deren Beruf es ist, die +Kranken zu besuchen, daß sie auf dich vertrauen und es erfahren, wie »du +ihren Mut und ihre Kraft vermehrst, daß sie gehen und nicht ermatten, +daß sie laufen und nicht müde werden!« Wir sind ja in deiner Hand, wie +sehr wir auch bedroht sind, und nichts kann uns widerfahren, ohne daß es +von dir geschickt ist, und niemand stirbt, bevor seine Zeit verflossen, +die du ihm zugemessen hast! Soll ich da Furcht hegen in den bösen Tagen, +in denen meine Treue ja recht geprüft werden soll, wenn ich glaube, daß +es ein weiser und liebevoller Lenker ist, dessen Augen offen sind über +den Wegen aller Menschenkinder, und der über Leben und Gesundheit eines +jeden wacht; wenn ich glaube, da߻wir einen Gott haben, der da hilft, und +den Herrn, der vom <span class='pagenum'><a name="Page_117" id="Page_117">[Pg 117]</a></span>Tode errettet!« O, Herr, vergib mir meine sündige +Schwäche, laß mich schöpfen aus der Quelle des Lebens, aus der +Gottesfurcht und den Schlingen des Todes entgehen. So sei denn ruhig, +meine Seele; weshalb bist du so niedergebeugt und stürmst in mir? Warte +auf den Herrn, denn ich soll ihm noch danken, daß er mein Helfer war! O +Herr, stärke mich, durch Unerschrockenheit deinen Namen zu verherrlichen +und ihn vor den kommenden Geschlechtern zu preisen. Zeige dich gütig +gegen mich, daß ich leben möge und deine Gebote halte.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Trostung" id="Trostung"></a>Tröstung.</h2> + +<div class="blockquot"><p>Gott, wir hören deine Stimme durch die Welt erschallen—und +beben:—o Ewiger, erhalte deine Geschöpfe, denke im Zorn daran, +dich zu erbarmen, bevor die Jahre verrinnen, daß der Himmel mit +deiner Herrlichkeit erfüllt und die Erde deines Ruhmes werde. (Hab. +3.)</p></div> + + +<p>3. Der Herr ist meine Stärke, mein Schild! Auf ihn hofft mein Herz, und +mir ist geholfen; deshalb freut sich mein Geist, und auch meine Glieder +wohnen in Sicherheit. Wenn auch ein Unwetter rast, und giftige Dünste +sich ausbreiten, mein Herz fürchtet sich doch nicht, denn der Herr +stillt das brausende Meer und das Getöse der verheerenden Wogen. Ja, du, +Herr! hältst deine Hand über mich, daß kein Übel mich vernichte, wie +groß und gewaltig es auch sei. In deiner Hand, o Ewiger, ruhen ja meine +Lebenstage; welche Gefahr kann mir wohl drohen, wenn du mein Felsen +bist, an dem ich mich festhalte? Du bist ja mein Hirt, dessen Stab mich +leitet; du birgst mich in deiner Hütte zu der schlimmen Zeit und +bewahrst mich und alle die Meinigen vor Krankheit und Plage; denn wenn +du auch im Himmel thronst, so schaust du doch mit holdem Vaterblick auf +deine Menschenkinder herab. Du scheinst sie wohl für eine kleine Stunde +zu verlassen, aber<span class='pagenum'><a name="Page_118" id="Page_118">[Pg 118]</a></span> wendest dich ihnen bald in deiner großen +Barmherzigkeit wieder zu. Deshalb will ich auf dich bauen, daß du mich +wie mit einer Mauer von Feuerflammen umgibst und mich errettest, daß ich +alle deine Wundertaten verkünden kann.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Ergebenheit_in_Gottes_Willen" id="Ergebenheit_in_Gottes_Willen"></a>Ergebenheit in Gottes Willen.</h2> + +<div class="blockquot"><p>Und sie riefen zum Herrn in ihrer Not, und er half ihnen aus ihrer +Angst. (Ps. 107, 13.)</p></div> + + +<p>4. Umgeben von den Schrecknissen des Todes, umringt von den Ängsten der +Drangsale und der Betrübnis, sucht mein bekümmertes Herz dich, du Herr +des Lebens und des Todes, der die Stunde bestimmt hat, in der wir von +hier scheiden sollen, und ich bete zu dir, daß du meine Seele mit +Ergebung in deinen Willen erfüllen mögest, so daß ich vertrauensvoll +mich dir hingebe und spreche:»Siehe, hier bin ich, Allgütiger, tue mit +mir, wie dir am besten scheint!«(1. Sam. 15, 26.) Ach rings um mich her +rast ja die verheerende Krankheit, und der kalte Flügelschlag des Todes +trifft so viele, die noch so frisch und froh ins Leben dreinschauen; er +schont weder das Alter, noch die kraftvolle Jugend. Was kann da mein +Herz stärken, wenn es verzagen und verzweifeln will, als nur allein der +Gedanke, daß meine Zukunft, mein Schicksal in deiner lieben Hand ruht? +Du hast mir das Leben verliehen, und in deiner Macht steht es, dasselbe +wieder zurückzunehmen, aber gewiß wirst du es nicht tun, ohne daß auch +darin deine Liebe, deine Gnade sich mir offenbart.»Herr, in deine Hand +befehle ich meinen Geist; du wirst mich erlösen, wenn du es für gut +findest, du wahrhaftiger, getreuer Gott!«—Mit Sorgfalt will ich mich +vor allem hüten, wodurch ich leichtsinnig mein Leben in Gefahr bringen +könnte, und will suchen, dasselbe durch Mäßigkeit, durch<span class='pagenum'><a name="Page_119" id="Page_119">[Pg 119]</a></span> Ordnung in +meinem Lebenswandel, durch einen wohlzufriedenen und ruhigen Sinn und +durch die Kunst und Klugheit des Arztes zu beschützen. Aber ich will +auch bereit sein, von hier zu scheiden und mich deshalb im Geiste mit +allen versöhnen, die irgendwie mich gekränkt oder beleidigt haben, und +ich will alle äußeren und inneren Angelegenheiten meines Lebens ordnen +und eine innige Gemeinschaft mit dir suchen, daß ich nicht unvorbereitet +vor dein Angesicht treten möge, wenn du mich zur Ewigkeit rufen +solltest.—Allgütiger! deinem Schutze und deiner Leitung befehle ich +mich und diejenigen, welche mir lieb und teuer sind. Dir überantworte +ich mein und ihr zeitweiliges und ewiges Wohl, und mein Herz ist ruhig +und gefaßt. Weshalb sollte mir vor dem Tode und seiner vernichtenden +Hand grauen? Mein Leben und meine Seligkeit ist ja in deiner Hand und +wird von deiner Liebe behütet, die stärker ist als der Tod. Deshalb +verzage nicht, meine Seele, sondern befiehl dem Herrn deine Wege und +hoffe auf ihn, denn er wird's wohl machen.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Gebet_um_das_Morgen-und_Abendgebet_im_Gotteshause_oder_daheim_zu" id="Gebet_um_das_Morgen-und_Abendgebet_im_Gotteshause_oder_daheim_zu"></a>Gebet um das Morgen-und Abendgebet im Gotteshause oder daheim zu<br /> +beschließen.</h2> + + +<p>5. Herrscher der Welt! Ewiger, barmherziger Gott, der voll Güte und +Erbarmen ist, und in dessen Hand die Seelen aller Lebendigen ruhen, o, +gehe nicht ins Gericht mit uns, denn kein Menschenkind kann sich vor dir +rechtfertigen. Wie sollen wir, o Allmächtiger, unsere Schuld abbitten, +und womit uns vor dir verantworten? Wenn du uns unsere Sünde anrechnen +willst, wer könnte da vor deinem Zorn bestehen, aber erhöre uns um +deines heiligen Namens willen und blicke gnädig vom Himmel auf uns +nieder und laß mein und aller Gebete, die in dieser<span class='pagenum'><a name="Page_120" id="Page_120">[Pg 120]</a></span> Zeit zu dir +aufsteigen, dir angenehm sein wie das reinste Rauchopfer, welches uns in +früheren Tagen deine Versöhnung und Errettung gewann. Vergib und +verzeihe diesem Volke seine Sünden in deinem großen Erbarmen, o du, der +du allen denen nahe bist, die dich in Wahrheit anrufen! Neige dein Ohr +unserer heißen Bitte und wende jede Krankheit und Seuche von uns ab; +errette alle, die in dieser Stadt und diesem Lande wohnen von Pest und +Plage! Laß deine Barmherzigkeit über uns alle, nah und fern, wachen, und +sende deinen Engel vor uns her, daß wir unerschrocken im Vertrauen auf +dich wandeln, und keine Plage sich unserer Wohnung nähere; heile uns, so +sind wir geheilt, hilf uns, so ist uns geholfen, denn du allein bist +unser Ruhm und unsere Zuflucht. Allerbarmer, treuer Arzt, alliebender +Vater! verbirg dein Angesicht nicht vor uns, sondern lausche in unserer +Not auf unsern Angstruf; schweige nicht zu unsern Tränen und züchtige +uns nicht in deinem Zorne; suche uns nicht heim in deinem Grimme, verlaß +uns nicht in unserem Kummer, verwirf uns nicht, wenn unsere Kräfte +schwinden, sondern erinnere dich deiner unendlichen Güte und behalte +zurück das schlimme Verhängnis; stärke die Schwachen, daß unsere Herzen +mit Mut erfüllt werden, und sei uns gnädig um deines heiligen Namens +willen. O, eile uns zu Hilfe, daß wir nicht unter dem Drucke der Leiden +erliegen, befreie uns von allem Bösen, und laß uns nicht unerhört von +deinem Angesichte gehen, sondern laß dein Antlitz uns in Gnade leuchten, +auf daß ich und wir alle uns deiner Hilfe freuen und durch deine Rettung +froh werden mögen.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<div class="blockquot"><p>Danach lese man abwechselnd 2 von folgenden Psalmen Davids. 6. 20. +23. 25. 27. 30. 32. 33. 34. 38. 41. 88. 86. 90. 91. 102. 103. 116. +118. 121. 130. 143.</p></div><p><span class='pagenum'><a name="Page_121" id="Page_121">[Pg 121]</a></span></p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Ein_anderes_Gebet_um_die_Morgen-und_Abendandacht_zu_beschliessen" id="Ein_anderes_Gebet_um_die_Morgen-und_Abendandacht_zu_beschliessen"></a>Ein anderes Gebet, um die Morgen-und Abendandacht zu beschließen.</h2> + + +<p>6. Alliebender Vater! getreuer Gott, der du in deiner Langmut uns unsere +Sünden vergibst und alle unsere Krankheiten heilst, der du unser Leben +vom Grabe errettest und uns mit Güte und Barmherzigkeit krönst, o, neige +dein Ohr meinem und aller Gebet in dieser Zeit der Heimsuchung und sende +Heilung für mein zerknirschtes Herz! In Demut bekenne ich vor dir, daß +meine Sünden groß und zahlreich sind, ach, und daß keiner von uns vor +dir würde bestehen können, wenn du uns unsere Schuld anrechnen wolltest; +aber du vergiltst uns nicht nach unseren Missetaten! Denn so hoch der +Himmel über der Erde ist, so hoch erhebt sich deine Gnade über uns; du +erbarmst dich ja über uns, wie sich ein Vater über seine Kinder erbarmt, +o laß denn deine Güte mit uns sein und zeige uns das Zeichen der +Errettung! Hilf uns unter allen schlimmen Heimsuchungen, unter all den +schweren Schickungen und Strafgerichten, welche du über die Welt +verhängst; sei uns nahe, während wir beten, zerteile die dunkle Wolke, +die sich über uns gelagert hat, und entferne von uns jede Krankheit und +Plage, ja errette uns von der bösen Seuche, die sich über so viele Lande +verbreitet hat! O, nimm dieses Unheil fort von deiner Erde und laß das +Verderben unsere Wohnung nicht erreichen; befreie uns von aller Angst, +vor der Pest, die im Dunkel einherschleicht, und vor der Plage, die in +der hellen Mittagsstunde Verderben bringt. Erfülle an uns deine +Zusage,»daß du denjenigen Speise und Trank segnen und von denen jede +Krankheit abwenden willst, die dir dienen! Und sind wir auch nicht +würdig, erhört zu werden, o, so tue es um der<span class='pagenum'><a name="Page_122" id="Page_122">[Pg 122]</a></span> Unmündigen und Säuglinge +willen, die dein Reich auf Erden befestigen sollen, und die nicht +gesündigt haben! O, siehe unsere Reue, höre auf unser Seufzen, und laß +es uns erfahren, daß du keine schlimme Krankheit über uns kommen lassen +willst, wenn wir deiner Stimme gehorchen und tun, was recht vor deinen +Augen ist und deine Gebote halten, denn du, Allwissender, Ewiger, bist +unser Arzt! O, so heile denn mein zerknirschtes Herz, heile die Wunden +aller! Erbarme dich über alle diejenigen, welche von Bekümmernis, Leiden +oder Schmerzen ergriffen sind, sei allen denen nahe, die da krank sind, +unterstütze sie auf ihrem Lager, laß sie gesunden, verlängere die Zahl +ihrer Tage und schenke ihnen wieder ein freudenreiches Jahr! Laß die +Stimmen des Frohsinnes in unserem Lande wieder laut werden, laß die +Stunde der Freude aufs neue für diese Stadt erscheinen, daß wir in dein +Haus eilen und dir Dankopfer für die Errettung, die du uns gesandt hast, +darbringen können. Schenke mir und schenke uns allen Leben und Kraft, +deinen Namen zu preisen und zu bekennen, daß auch dieser bittere Kelch +zu unserm Seelenfrieden gedient, uns vom Verderben gerettet hat; denn »du +warfst alle unsere Sünden hinter uns.« O, laß die Worte meines Mundes, +die Gedanken meines Herzens dir gefallen, Herr, mein Erretter.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XXIII_Gebete_auf_dem_Friedhof" id="XXIII_Gebete_auf_dem_Friedhof"></a>XXIII. Gebete auf dem Friedhof.</h2> + +<p class="center">Über die Sitte, die Grabstellen zu besuchen und dort zu beten.</p> + +<div class="blockquot"><p>»Siehe, ich lege dir Leben und Tod vor, wähle das Leben!«(5. B. +Mos. 30, 15. 19)<span class='pagenum'><a name="Page_123" id="Page_123">[Pg 123]</a></span></p> + +<p>So lauten die Worte der Schrift: Wähle das Leben, denn alle Lehren +und Gebote in der heiligen Thora gehen nur auf das Leben (Ezech. +20, 11.), und des Glaubens Kraft soll sich für das Leben und in +demselben wirksam zeigen.</p></div> + + +<p>Diese Worte geben uns den Grund dafür an, warum der Israelit seine +Heiligtümer nicht auf Grabeswölbungen baut, nicht das Tote zum Grund für +die Saat des Glaubens wählt und keinen Reliquien-Dienst kennt; und wie +hoch er auch den entseelten Leichnam achtet, als die Hülle, die einst +gewürdigt gewesen ist, den göttlichen Geist zu tragen, so daß die +Geringschätzung einer Leiche als Gotteslästerung bezeichnet wird +(Berachoth 19), so verbietet seine Religion doch, eine Leiche zur Schau +zu stellen oder Prunk mit derselben zu entfalten, um der Eitelkeit +Nahrung zu geben, wenn die Verwesung schon davon zeugt, daß sie eine +Beute des Grabes ist.</p> + +<p>Bei jedem Todesfall soll das Gefühl von dem Ernst des Lebens und seinem +raschen Entschwinden bei uns geweckt werden, so daß wir aufs neue unser +Dasein zur nützlichen Wirksamkeit unter den Menschen heiligen, zu einem +heiligen Wandel vor dem Unsichtbaren, und wenn man auch die Stätten +bezeichnen soll, wo teure Entschlafene ruhen (Ezech. 39, 15.), so soll +es doch nicht durch kostbare Denkmäler geschehen; denn gute Werke sind +die schönsten Monumente, welche die Hinterbliebenen für die Verklärten +errichten und edle Handlungen die schönsten Blumen, die auf ihren +Grabeshügeln gepflanzt werden.<a name="FNanchor_90_90" id="FNanchor_90_90"></a><a href="#Footnote_90_90" class="fnanchor">[90]</a></p> +<p><span class='pagenum'><a name="Page_124" id="Page_124">[Pg 124]</a></span></p> +<p>Wenn es demnach eine uralte Sitte ist, an gewissen Tagen im Jahre die +Gräber zu besuchen, besonders, wenn der Tag wiederkehrt, an dem man +einen seiner Verwandten verloren hat, oder wenn Sorgen und Bekümmernis +unsern Sinn darniederdrücken,<a name="FNanchor_91_91" id="FNanchor_91_91"></a><a href="#Footnote_91_91" class="fnanchor">[91]</a> so ist es eine Selbstfolge, daß eine +jede abergläubische Vorstellung davon fern gehalten werden muß, jene +schwärmerischen Gedanken, als ob man mit den Toten verkehren oder sie +sogar anbeten könne, was ganz und gar wider die Grundsätze unserer +erhabenen Religion streitet (5. Mos. 18, 9. 11.); denn die, denen Gott +sich offenbart hat, heißt es bei den Propheten (Jes. 8, 19.), die sollen +sich zu ihm wenden, der einen jeden erhört, der ihn in Wahrheit anruft, +und nicht die Toten für die Lebenden fragen.</p> + +<p>Nein! Ganz andere Gesichtspunkte sind es, von denen aus der Besuch der +Gräber bei den Juden verstanden und begriffen werden soll. Zuerst und +vor allen Dingen soll er den Namen Gottes heiligen und es laut +verkünden, daß der Allgütige gerecht ist, wie unerforschlich auch seine +Wege sind. Dort legt er, wenn einer seiner Lieben zur Erde getragen +wird, das Bekenntnis ab, daß des All<span class='pagenum'><a name="Page_125" id="Page_125">[Pg 125]</a></span>mächtigen Schöpfers Werk vollkommen +und alle seine Wege gerecht sind (5. Mos. 32, 4). Je mehr es uns in dem +schweren Augenblick, wo der Leichnam eines unserer Lieben versenkt wird, +vorkommen könnte, als ob manches Menschen Dasein unvollendet geblieben +sei, und wir in der Bitterkeit des Schmerzes versucht werden könnten, +Gottes Gerechtigkeit zu bezweifeln, destomehr sollen wir unsere wahre +Ergebenheit in Gottes Willen, unsern unverrückbaren Glauben beweisen, +und indem wir der künftigen Welt gedenken, es bekennen, daß der Herr +gerecht ist. Und diesen Glauben sollen wir jedesmal stärken, da wir die +Gräber besuchen.</p> + +<p>Sowohl das Leben als der Tod scheinen uns in Wahrheit rätselhaft. Wir +sehen hier nicht nur Menschen jeden Alters und Standes bestattet, und +scheinen oft Grund zu der Frage zu haben, weshalb es diesen oder jenen +treffen mußte, sondern wir sehen auch solche, deren Wirksamkeit uns von +der größten Wichtigkeit zu sein schien, in der Blüte der Jugend +fortgerissen, während die, welche nach unserer Meinung für die Welt ganz +entbehrlich waren, erst hochbetagt zu den Ihrigen versammelt wurden. +Mütter wurden von den Kindern fortgerissen, während diese noch der +mütterlichen Pflege bedürftig waren, und die Hoffnung der Zukunft, die +lebendige Jugend, ging den Weg alles Fleisches, während schwächliche +Greise erst spät ihr Haupt zur Ruhe legten. Aber je rätselhafter hier +uns alles erscheint, desto innerlicher sollen wir das Wort des Glaubens +erfassen, daß der Herr wohl wunderbar in seinem Rate ist, aber doch +herrlich in seiner Tat, und daß das, was er geschaffen hat, vollkommen +ist, und das, was uns als gestorben erscheint, begonnen hat, seiner +Vollendung entgegenzugehen. Denn beide Welten stehen<span class='pagenum'><a name="Page_126" id="Page_126">[Pg 126]</a></span> in Verbindung mit +einander; das ewige Leben nimmt seinen Anfang schon mit diesem, und was +der Unerforschliche bestimmt, muß gerecht sein.</p> + +<p>Bereits hier auf Erden nimmt das ewige Leben seinen Anfang, und gerade +dieser Gedanke ist es, der dadurch lebendig in uns werden soll, daß wir +die Grabstellen der Entschlafenen besuchen,<a name="FNanchor_92_92" id="FNanchor_92_92"></a><a href="#Footnote_92_92" class="fnanchor">[92]</a> wo aller Stolz und alle +Eitelkeit uns verlassen sollen und die Macht der Sinnlichkeit gebrochen +wird. Nur allzu leicht vergessen wir unsere wahre Bestimmung im Taumel +des Lebens, allzu leicht betrachten wir Reichtum, Ehre und Vergnügungen +als die Güter, welche wir zumeist erstreben sollen, als ob sie uns +niemals entfliehen würden, aber hier auf dem Friedhof:</p> + +<div class="poem"><div class="stanza"> +<span class="i0">»Hier zeiget deutlich uns das Grab,<br /></span> +<span class="i0">Wie Glanz und Reichtum nichts als Staub,<br /></span> +<span class="i0">Der Jugend Blüten fallen ab,<br /></span> +<span class="i0">Und Weltenruhm welkt hin wie Laub!« P/<br /></span> +</div></div> + +<p>Hier sehen wir wie schnell alle Herrlichkeit verschwindet, +wie der Ehrgeizige mitten in seinem hochstrebenden Vorhaben +gehemmt wird, und die stolzesten Pläne im Nu +vernichtet sind. Und hier, wo Groß und Klein gleich sind, +(Ijob 3, 19.), wo wir erfahren, daß deren Namen im +Dunkeln verborgen bleiben (Pred. 6, 14.), die mit Eitelkeit +kommen und im Finstern gehen, hier beschließen +wir, im Licht zu wandeln und nach einem guten Namen +zu streben (Pred. 7, 1.), denn der Mensch in all seiner +Herrlichkeit ist nichts, wenn er nicht durch seine Taten +und Handlungen darnach strebt, das ewige Leben zu erreichen. +) sondern auch das Haus der Lebenden (בית החיים-Beit Hachayim) +<span class='pagenum'><a name="Page_127" id="Page_127">[Pg 127]</a></span>(בית עולם-Beit Olam) genannt oder das Haus der Ewigkeit.</p> + +<p>Und zu einem solchen Streben soll der Gang nach +den Gräbern uns entflammen. Wir sind die Arbeiter, die +der Herr in seinen Weinberg gestellt, daß sie ihr Tagewerk +verrichten sollen; ob wir früh oder spät davon abberufen +werden, das ist nicht unsere Sache, nur das ist unsere +Sache, daß wir vollführen, so viel wir vermögen. Aber +der Tag ist kurz, und die Arbeit ist groß (Ijob 7, 1-6), +und nur allzu oft glauben wir, daß noch Zeit genug ist, +zur Tätigkeit und zur Umkehr. O, hier werden wir erinnert, +wie viele Menschen in ihrer Blütezeit starben, +wie wenige auch nur einen Teil ihres Berufes haben +erfüllen können, wie wenige, deren Arbeit für die Zeit +genügte, die ihnen zugemessen war; hier werden wir daran +erinnert, daß das irdische Leben dahinfährt wie ein Schatten, +und wir werden zu eifriger Tätigkeit ermuntert, die Zeit +zu benutzen, ehe sie verronnen ist.</p> + +<p>Wie viel tragen hierzu nicht die Gedanken an den +frommen und wohltätigen Wandel der Verklärten bei! +Wohl sollen wir uns im Leben nach Vorbildern umschauen +und ihnen nachzuahmen suchen; aber so lange die Hülle +des Staubes die Seele umgibt, bemerken wir nur zu leicht +die Mängel, die an jener kleben. Erst wenn wir die +irdische Gestalt nicht mehr sehen, dann steht die lautere +Tugend der Heimgegangenen, ihrer Seele reiner Adel klar +vor unseren Blicken; rein ist jetzt unsere Liebe zu ihnen, +und mit größerer Liebe umfassen wir am Grabe die Teuren, +über deren Gegenwart wir uns noch freuen können, und +wir erfahren in Wahrheit,»daß das Gedächtnis der Frommen +zum Segen ist.« Denn unser Sinn weilt nicht nur +bei den auf dem Friedhof schlummernden Abgeschiedenen, +sondern auch bei den schon längst Heimgegangenen, bei allen +Vätern und Müttern, den Propheten und Märtyrern, den<span class='pagenum'><a name="Page_128" id="Page_128">[Pg 128]</a></span> +Lehrern und Führern, die einstmals gelebt haben und deren +Andenken uns heilig ist. Nicht als ob wir an sie dächten, +wie an Heilige, die angebetet werden sollten, denn des +größten Propheten Moses Grab wurde gerade verborgen, +damit es nicht ein Gegenstand abergläubischer Anbetung +und Wallfahrt werde, sondern wir gedenken ihrer hier, +um uns ins Gedächtnis zu rufen, wie sie für die Wahrheit +gelitten und gestritten haben, um uns zu erinnern an die +Verfolgungen, die sie um des Glaubens willen geduldet +haben, wir gedenken ihrer, weil ihr Leben ein Zeugnis +für die Unsterblichkeit ablegt. Hier erinnern wir uns auch +der Liebe, welche die Heimgegangenen zu uns hegten, während +sie noch in der Hülle des Staubes wandelten, einer Liebe, +die gewiß im Reich der Ewigkeit erhöht werden muß, die +bei uns die Überzeugung eines Wiedersehens jenseits des +Grabes weckt, und Balsam in das wunde Herz träufelt. +Ja, der Gang zum Grabe soll uns besonders Tröstung +und Frieden verschaffen, wenn der Weg des Lebens rauh +wird, wenn irdisches Weh uns ergreift und unsre Seele +Ruhe sucht.</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Jahrestage_des_Todes_eines_der_Eltern" id="Am_Jahrestage_des_Todes_eines_der_Eltern"></a>Am Jahrestage des Todes eines der Eltern.</h2> + + +<p>1. Herr des Lebens und des Todes, der du dem +Menschen das Leben gibst und ihn zur bestimmten Zeit und +Stunde wieder abrufst, hier stehe ich vor dir an dieser +Stätte, die eines der teuersten Güter meines Lebens in +sich birgt; hier liegen meines teuren Vaters (meiner +geliebten Mutter) Gebeine; hier schläfst du den ewigen +Schlaf, du, dem (der) ich meines Lebens ganzes Glück +schulde, du meines Herzens schönster Schmuck, meiner Seele +kostbarster Schatz. O! erst jetzt, da ich dich für immer +vermisse, fühle ich, was du mir gewesen bist, was ich für<span class='pagenum'><a name="Page_129" id="Page_129">[Pg 129]</a></span> +dich hätte sein sollen, o, wie oft habe ich schon als Kind +deine treue Liebe verkannt, mit Undank dir deine freundliche +Fürsorge vergolten. Siehe, deshalb will ich hier an deinem +Grabe meine Reue vor Gott aussprechen, daß er mir +vergeben möge, so ich gegen dich gefehlt habe, will ihn +bitten, daß er über deine Asche Frieden walten lassen möge, +und ihm geloben, daß ich, da ich dich verloren habe, noch +nach deinem Tode die Pflichten kindlicher Liebe gegen dich +dadurch erfüllen will, daß ich deinen Namen stets in Ehren +halte. O Gott! stärke du mich, daß ich fest am Glauben +halte, daß ich als frommer und gottesfürchtiger Israelit +(meinen..........) im Himmel Freude bereiten +möge, verleihe mir Kraft, daß ich mir ein reines Herz +bewahre, um das Andenken (meines....) durch gute +Werke und durch gottgefällige Handlungen zu verewigen. +Und wenn du mich einst aus diesem Leben abrufst, laß +mich dann ohne Scham vor die Seele treten können, die +jetzt bei dir weilt. Dazu sei dieser Todestag mir eine Triebfeder, +o himmlischer Vater, gewähre mir, was ich von dir +erbitte, o Gott. Ich bete für die Errettung der Seele meines +gestorbenen (.........), laß ihn (sie) in den +Bund des Lebens aufgenommen sein, laß den frommen +Entschluß, den ich heute fasse, dir wohlgefallen und nimm +mich einst in Gnaden auf.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Ein_anderes_Gebet_bei_derselben_Veranlassung" id="Ein_anderes_Gebet_bei_derselben_Veranlassung"></a>Ein anderes Gebet bei derselben Veranlassung.</h2> + + +<p>2. Herr, o allgütiger Vater im Himmel, hier bei +diesem stillen, bescheidenen Grabeshügel, der die Asche +eines so teuern Verwandten bedeckt, hier erhebe ich, dein +schwaches, sterbliches Kind, mein zerknirschtes Herz zu +deinem Himmel, wo die unsterblichen Seelen, deren Staub +hier ruht, wie die Sterne leuchten. O Gott der Liebe!<span class='pagenum'><a name="Page_130" id="Page_130">[Pg 130]</a></span> +gedenke mit väterlichem Erbarmen der Seele, an deren +Scheiden dieser Tag mich mit so tief innerlicher Wehmut +erinnert. Noch schwebt mir die wehevolle Stunde vor, da +du diese teure Seele (meinen Vater, meine Mutter) von +mir riefst. Ach, wie ganz anders war doch mein Leben, +da sie noch als mein leuchtendes Vorbild hier auf Erden +wandelten; wie manche Freude haben sie mir bereitet! +Wie oft stärkten sie mich durch ihren weisen Rat! O! +ich erinnere mich ferner, welche Hoffnung (der liebe Vater, +die gute Mutter) auf mich setzte, wie ich voll Hoffnung +zu ihm, (ihr) aufschaute, wie ich darnach strebte, seines +(ihres) Alters Stütze zu sein, und wie er (sie) so rasch von +meiner Seite hinweggerissen wurde, ehe diese Hoffnungen noch +in Erfüllung gehen konnten. Doch mein Glaube lehrt mich, daß, +was du Allmächtiger tust, gerecht, weise und heilbringend ist, +er belebt mich mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen jenseits +des Grabes, wo mir offenbar werden soll, daß des Menschen +höheres Hoffen erfüllt wird. O, vergönne mir denn heute, +daß ich mich deinem Throne nähere und dich um Kraft dazu +anflehe, daß es mir glücke, auf meiner Pilgerreise etwas zu +wirken, das von dem frommen Geist zeugen möge, den der +Heimgegangene in meiner Seele gepflegt hat. Stehe mir +bei, daß ich die Gaben, welche du mir verliehen hast, dazu +anwende, durch meine Handlungen dem Verklärten ein ewiges +Angedenken in der Gemeinde zu gründen. O, Herr leite +mich, daß meine Wege dir gefallen mögen, und nimm +mich zuletzt mit Ehren auf.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Grabe_des_Vaters_am_Jahrestage_seines_Todes" id="Am_Grabe_des_Vaters_am_Jahrestage_seines_Todes"></a>Am Grabe des Vaters, am Jahrestage seines Todes.</h2> + + +<p>3. An diesem Tage, der mich so lebhaft an die Sorge +erinnert, die mein Herz erfüllte, als du zur Ewigkeit ab<span class='pagenum'><a name="Page_131" id="Page_131">[Pg 131]</a></span>gerufen +wurdest und nur der Gedanke an die Unsterblichkeit, +den du, mein heimgegangener Vater, mir eingeprägt hast, +mir Trost verleihen konnte,—an diesem Tage nahe ich +mich deinem Staube, um meinem niemals genügend ausgesprochenen +Dank zu äußern, den ich dir für all deine +väterliche Fürsorge, die du mir mit so vieler Aufopferung +bewiesen hast, schuldig bin. Der alliebende Vergelter wird +dort gewiß deine Seele dafür belohnen, und sie wird +himmlische Freude und Glückseligkeit in dem Bewußtsein +finden, daß dein Kind darnach strebt, den Weg der Frommen +zu gehen, auf dem es die Vollkommenheit erreichen kann. +Dein Andenken soll mir deshalb stets heilig und unvergeßlich +sein; oft will ich der guten Lehre, der liebevollen +Ermahnungen und nützlichen Warnungen mich erinnern, +die ich aus deinem Munde empfangen habe. Wenn die +Versuchung kommen sollte, will ich mich damit wider sie +kräftigen und sie besiegen, daß ich mich frage: entspricht +deine Handlung wohl der frommen Weisung, die du von +deinem Vater erhalten, stimmt sie mit seinem rühmlichen +und wohltätigen Wandel überein? Würde er sie billigen +können und ihr seine Zustimmung verleihen? Würdest du +ihn nicht damit betrübt und das Herz verwundet haben, +welches stets für dein Wohl schlug? Ja, geliebter Entschlafener! +Dein Leben soll mir ein leuchtendes Vorbild +auf meiner irdischen Laufbahn sein. Ich will der unerschütterlichen +Standhaftigkeit gedenken, mit der du an +deinem Glauben hieltest, der innigen Teilnahme, mit der +du dich in der Schar der Betenden einfandest, der Sparsamkeit, +die du bewiesest, wenn es die Genüsse des Lebens +galt, und der Freigebigkeit, womit du den Bedrängten +halfest. O, du Allmächtiger im Himmel! der du gewiß +der Seele meines verstorbenen Vaters das Reich der Ewigkeit<span class='pagenum'><a name="Page_132" id="Page_132">[Pg 132]</a></span> +aufgetan hast, laß auch meinen Wandel mehr und mehr +dazu beitragen, daß sie froh werde, dein Angesicht in voller +Klarheit zu schauen; erhöre die verklärte Seele, wenn sie +vor deinem Thron ihre Fürbitte für mich niederlegt. +Zeige du mir den Weg des Lebens, denn bei dir ist die +Quelle des Lebens, in deinem Lichte sollen wir Licht +und Seligkeit schauen in Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Grabe_der_Mutter_am_Jahrestage_ihres_Todes" id="Am_Grabe_der_Mutter_am_Jahrestage_ihres_Todes"></a>Am Grabe der Mutter, am Jahrestage ihres Todes.</h2> + + +<p>4. Mutter! Liebe Mutter! Das Kind, welches du +einst unter deinem Herzen getragen und das du so treulich +mit innigster Liebe gepflegt hast, als du noch unter den +Sterblichen wandeltest, dieses dein Kind kommt an diesem +heiligen Gedächtnistage zu deinem Grabe, indem Tränen +der Wehmut und der Liebe seine Augen füllen. O, daß +dein Geist dorten wahrnehme die dankbaren Gefühle, die +mich in diesem Augenblick durchströmen. Ach, wie wenig +war ich doch imstande, meine kindliche Erkenntlichkeit dir +zu beweisen; kaum verstand ich die mütterliche Liebe zu +schätzen. Aber seit ich dich nicht mehr habe, habe ich erst +recht die Größe meines Verlustes kennen gelernt, seit der +Zeit, da du nicht mehr auf Erden wandelst, werde ich +täglich daran erinnert, wie viel Dank ich deiner mütterlichen +Fürsorge schulde, wie du Selbstverleugnung übtest, +um das Glück und Wohl deines Kindes zu fördern. Ich +weiß nicht, wie ich meine Schuld bezahlen soll, außer daß +ich mich bestrebe so zu leben, daß ein Jeder, der meinen +Wandel auf Erden sieht, ausrufen muß:»Heil dem Weibe, +das ihn geboren hat,« und daß ich so deinen Namen mit +Ruhm verewige. Deine Seele sei ein unsichtbarer Engel, +der mich stets umschwebe, mich von Sünden und Lastern<span class='pagenum'><a name="Page_133" id="Page_133">[Pg 133]</a></span> +fern halte, und mich stets an die heilige Andacht erinnere, +mit welcher du in deinem Heim, wie im Gotteshause zu +dem Herrn betetest, sodaß mein Herz dadurch fromm +und mein Sinn milde werde.—Und du, himmlischer +Vater, der so gerne die Gebete seiner Kinder erhört, o! +erhöre mich, wenn ich bete: schenke meiner heimgegangenen +Mutter dort, wo nur Liebe und Friede herrscht, jene +beseligende Wonne, die du deinen Heiligen bereitet hast, +zu denen auch sie ja sicher zählt, daß sie es wissen, wenn +ihre Nachkommen in Reinheit und Frömmigkeit vor dir +wandeln. Stärke mich dazu, daß ich einst, wenn die Bande +des Staubes fallen, und der Geist zu dir emporsteigt, +mit heiliger Freude einer seligen Wiedervereinigung mit +meiner verklärten Mutter und allen Edlen, die bei dir +sind, gewiß sein kann. Dein Name sei gepriesen in aller +Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Grabe_eines_Kindes" id="Am_Grabe_eines_Kindes"></a>Am Grabe eines Kindes.</h2> + + +<p>5. Allweiser! du, dessen Gedanken weit hinausreichen +über die unseren, vergib, wenn mein betrübtes Herz hier +am Grabe eines geliebten Kindes seufzt, an das meine +Seele so fest geknüpft, das meines Lebens Stolz, Freude +und Hoffnung war. Ach, so oft ich mich seiner Asche +nähere, werden die traurigen Betrachtungen erneuert, die +sein Verlust verursachte; ach, welch freudige Aussichten +wurden durch seinen Tod vernichtet, welche Hoffnungen +mit ihm bestattet! Doch es ist deine Weisheit, erhabenes +Wesen, das ich anbete; du weißt ja besser, als die schwachen +Sterblichen, was zu ihrem Heile dient. Die fernste Zukunft +liegt ja vor deinem Blicke offen da, und du kennst die +Tage deiner Frommen, wenn sie zum ewigen Erbe und +Lohn erfüllt sind. (Ps. 36, 18.) Du wolltest vielleicht<span class='pagenum'><a name="Page_134" id="Page_134">[Pg 134]</a></span> +meinen so früh heimgegangenen Liebling vor großen Gefahren +und Versuchungen, vor unzähligen Beschwerden +bewahren. Wohl rinnen meine Tränen bei dem Gedanken, +daß ich niemals mehr hier auf der Erde dem begegnen soll, +was meine Augenweide war, aber ich will in dem Gedanken +Trost suchen, daß die Unschuldigen, welche früh sterben, +doch lange gelebt haben; denn ihre Prüfungszeit war bald +vorüber, ihre Seele gefiel dem Ewigen, deshalb beeilte +er sich, dieselbe von dem sündigen Leib zu befreien und sie +dorthin zu versetzen, wo sie besser der Vollkommenheit +entgegenreisen kann. Ich will Trost in der Überzeugung +finden, daß ich durch Ergebenheit in deinen Willen deinen +Namen heiligen soll, du Heiliger!—O, mein geliebtes +Kind, sehe ich dich auch nicht mehr um mich, ewig will +ich dich doch mein nennen und in der Hoffnung leben, daß +ich dich einst verklärt unter den Engeln in der Ewigkeit +wiedersehen werde. O, wenn ich nur nichts versäumt +habe in der Ausbildung deines unvergänglichen Geistes! +(Dein frühzeitiger Tod soll mich noch mehr bestimmen, +deine Geschwister nicht nur für die Welt, sondern auch +für den Himmel zu erziehen, indem ich in ihrem Herzen +den Glauben befestige und so dieselben zur Seligkeit vorbereite.) +O Herr! vergib mir, wenn ich je meine mütterlichen +Pflichten vergessen habe, und laß die teure Seele, die jetzt +bei dir ist, schon mehr und mehr deinem Reiche entgegenreisen! +Erhöre mich, o himmlischer Vater, und laß Trost, +Ruhe und Seligkeit mein Inneres erfüllen, so daß ich freudig +deinen Namen in aller Ewigkeit preisen kann.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Eine_Witwe_am_Grabe_ihres_Mannes" id="Eine_Witwe_am_Grabe_ihres_Mannes"></a>Eine Witwe am Grabe ihres Mannes.</h2> + + +<p>6. Friede sei mit deinem Staube, du meines Lebens +leitender Stern, du meiner Kinder Versorger und<span class='pagenum'><a name="Page_135" id="Page_135">[Pg 135]</a></span> +Führer!<a name="FNanchor_93_93" id="FNanchor_93_93"></a><a href="#Footnote_93_93" class="fnanchor">[93]</a> Ach, wenn auch viele Tage verflossen sind, seit der Allweise +in seinem unerforschlichen Ratschluß dich von mir rief, +so fühle ich doch jedesmal, wenn ich mich deiner Ruhestätte +nähere, meinen tiefen Schmerz und erinnere mich mit süßer +Wehmut unseres glücklichen Zusammenlebens, von dem +Augenblick an, da du mir freundlich entgegen lächeltest und +den Frühling meines Lebens mir verherrlichtest, da deine +Gedanken nur darauf zielten, mir Glück und Frieden zu +bereiten, für das Wohl unserer Kinder zu sorgen, bis zu +der Stunde, da dein Auge brach, und das Licht, das mein +Haus erhellte, verdunkelt wurde, und Sorge und Bekümmernis +für meine Kleinen mein Herz überwältigten. +O, ich kann nicht ohne Tränen fragen: weshalb, o Herr, +sollte er mir genommen werden? Aber gerade dieser Schmerz +über deinen Verlust löst sich in dem seligen Bewußtsein +auf, daß du mir nahe bist! Ja, ich habe, ich besitze dich +noch. In meines Herzens Tiefe schließe ich dich ein, denn +das, was uns vereinigt hat, ist unsterblich. Das leibliche +Auge sieht dich nicht mehr, aber mein geistiges Auge erblickt +dich noch, und es ist mir, als ob deine ermunternde +Stimme mich stärke. Zeige du mich hin zu ihm, der den +Witwen ein Führer und den Vaterlosen ein Vater ist, +der die heimsucht, welche er liebt, und dessen Wege all zu +erhaben sind, als daß wir Sterbliche sie verstehen könnten, +die aber sicherlich zum Guten führen. Ja, Allheiliger! +Stärke mich zur Ergebung in deinen heiligen Willen, +gieße Balsam in mein wundes Herz, vergib mir meine +Sünden und erbarme dich über meine Kinder. Gib mir +Kraft sie zu allem Guten zu erziehen, und wecke du in<span class='pagenum'><a name="Page_136" id="Page_136">[Pg 136]</a></span> +ihrem Innern eine fromme Denkungsart, daß sie dir um +Wohlgefallen, mir zur Freude und meinem heimgegangenen +Gatten zum rühmlichen Gedächtnis werden möchten. +Beschirme die Tage meiner Zukunft und gedenke stets der +teuren Seele, deren Verlust ich beweine, zum Guten und +zur ewigen Glückseligkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_Grabe_eines_gefallenen_Vaterlandsverteidigers" id="Am_Grabe_eines_gefallenen_Vaterlandsverteidigers"></a>Am Grabe eines gefallenen Vaterlandsverteidigers.</h2> + + +<p>7. Mit Ehrfurcht und Dankbarkeit nahe ich mich diesem +Grabe, o Ewiger! wo der Staub dessen ruht, der heldenmütig +sein Leben geopfert hat, um des Vaterlands Recht +und Wohlfahrt zu schützen. O, Allgerechter, wie sein Andenken +ewig teuer ist und sein muß für einen jeden, der +es aufrichtig mit seinem Volke und Vaterlande meint, und +wie seine Ruhestätte allezeit von den Tränen heiligster +Erinnerung benetzt werden wird, so belohne du ihn dort +für seine fromme Tat, wo allein wahre Treue und Aufopferung +für die Mitmenschen vollkommen belohnt werden +kann. Ja, du, der du hier schlummerst, du hast es gezeigt, +daß, so kostbar auch das Gut des Lebens ist, doch noch ein +höheres Gut vorhanden ist, für das man jenes hingeben +muß. Du täuschtest das Vertrauen nicht, das man in der +Stunde der Gefahr auf dich setzte; unerschrocken tratest du +dem Tode entgegen, und welch süße Bande dich auch fesselten, +du rissest dich von ihnen los und kämpftest mit Mut und +Kraft, wie die Helden des Altertums, sicher, daß nur +der vergängliche Teil des Menschen überwunden werden +und fallen kann, der unvergängliche aber siegen muß. An +deinem Grabe soll sich die Jugend für Vaterlandsliebe +begeistern, soll der Mut in den Söhnen des Landes entflammt +werden, ja, hier will ich mich begeistern, jedes Opfer, das<span class='pagenum'><a name="Page_137" id="Page_137">[Pg 137]</a></span> +in meinen Kräften steht, für das Vaterland, für die Brüder, +für die Gemeinde zu bringen. Hier will ich lernen, für +meinen Glauben zu dulden und zu streiten, hier will ich +als ein treuer Bürger lernen, alles zu bekämpfen, was dem +Wohle des Vaterlandes schaden kann, und als ein wahrhafter +Diener Gottes in jedem Kampfe für mein himmlisches +Vaterland bis zum Letzten ausharren. Hilf du mir, Allheiliger, +daß meine Seele den Tod der Gerechten sterben +und mein Ende dem der Frommen gleichen möge. Sei +mit mir, Allgegenwärtiger, und laß meinen Wandel dir +stets wohlgefallen.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Beim_Grabe_eines_Verwandten" id="Beim_Grabe_eines_Verwandten"></a>Beim Grabe eines Verwandten.</h2> + +<p class="center">(Nach einem älteren hebräischen Gebet.)</p> + + +<p>8. Hier an dieser Stätte, wo der Gedanke an ihn, +der zum Tode wie zum Leben führt, in unserm Innern +lebendig wird, hier erhebe ich meinen Geist zu dem Unendlichen +und sage: mein Gott, du mein teuerstes Gut, das +mir über alles geht, nächst dir strebt meine Sehnsucht nach +jenen wahrhaft Frommen, welche jetzt die Erde deckt, und +hier weilt die Asche eines mir teuren Körpers;</p> +<table summary="" cellspacing="4" cellpadding="8"> +<tr><td valign="top" style="border-right: solid 1px black;"><b>Mutter oder Großmutter +am Grabe +eines Kindes:</b></td> +<td valign="top" style="text-indent: 6%;"> +Siehe, ich deine Mutter, welche +dich (geboren), gepflegt und geliebt +hat, mit treuer mütterlicher Sorge +mit inniger Zuneigung,</td></tr> +<tr><td valign="top" style="border-right: solid 1px black;"><b>Kinder oder Enkel +am Grabe der Eltern +oder der Großeltern:</b></td> +<td valign="top" style="text-indent: 6%;">Siehe, ich deine Tochter (Enkelin), +die durch die heiligen Banden +des Blutes mit dir verbunden ist;</td></tr> +<tr><td valign="top" style="border-right: solid 1px black;"><b>Am Grabe eines +Ehegatten:</b></td> +<td valign="top" style="text-indent: 6%;">Siehe, ich, deine treue Gattin, +welche dich innigst liebt!</td></tr> +<tr><td valign="top" style="border-right: solid 1px black;"> +<b>Am Grabe eines +Bruders oder eines +sonstigen Angehörigen:</b></td> +<td valign="top" style="text-indent: 6%;">Siehe, ich deine Schwester, +(Schwiegertochter, Freundin, Schülerin +usw.)</td></tr> +</table> +<p><span class='pagenum'><a name="Page_138" id="Page_138">[Pg 138]</a></span></p> +<p class="noind">besuche deinen Grabeshügel! Ehre sei Gott in der Höhe! +Friede mit deinem Staub! Die Freude der Seligkeit mit +deiner Seele! Innige Liebe zu dir, die eben so warm ist, +als damals, wo du noch am Leben warst, durchdringt mich, +führte mich hierher zu deiner Ruhestätte, wo ich vor dem +Gott der Geister meine Seele ausschütten und ihn bitten +will, dir gnädig zu sein und deine Seele im Eden im Verein +mit deiner Stammväter verklärten Seelen zu erfreuen, +daß du in Seligkeit das ewige Gut genießen mögest, das +Er seinen Frommen vorbehalten hat. Mögest du von dem +Tau der Seligkeit im ewigen Leben erquickt werden, wie +der Tau des Himmels die Pflanze erquickt.—Und sollte +in jenem Leben die Liebe, welche einst dein Herz bewegt +hat, denn aufhören können? Nein, so innig, wie ich deiner +gedenke, und wie meine Gebete für deine Seligkeit aufsteigen, +eben so innig gedenkt deine Seele der meinigen, +wünscht mir alles Gute und betet für meine Wohlfahrt zu +dem Allerbarmer. O, daß unsere gemeinsamen Gebete ihm +wohlgefallen möchten, und er in seiner Güte alles Böse von +mir und allen deinen Angehörigen abwenden wollte. Gott +der Liebe! du, in dessen Hand die Seelen aller Toten und +Lebendigen stehen, erhöre unsere Gebete, die zum Throne +deiner Herrlichkeit aufsteigen, segne mich, daß ich ein dir +wohlgefälliges Leben führen möge, zur Ehre und zum Ruhm +für den, dessen ich heute gedenke, und daß ich also glücklich +hier auf Erden sei und einst selig werde dort in der +Ewigkeit, wenn ich in das göttliche Reich bei dir aufgenommen +werde, mein Vater und mein Richter.</p> + +<p class="amen">Amen!<span class='pagenum'><a name="Page_139" id="Page_139">[Pg 139]</a></span></p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Am_legten_Tage_im_Jahre_Ereb_Rosch_Haschonoh" id="Am_legten_Tage_im_Jahre_Ereb_Rosch_Haschonoh"></a>Am legten Tage im Jahre. (Ereb Rôsch Haschonoh.)</h2> + +<div class="blockquot"><p>Herr! tue mir mein Ende kund, und was das Maß meiner Tage +sei, daß ich erkenne, wie vergänglich ich bin.</p></div> + + +<p>10. Nach uralter heiliger Sitte besuche ich am letzten +Tage des Jahres die Stätte, wo viele Grabhügel an +längst vergangene Geschlechter und die frisch aufgeworfenen +an die Teuren erinnern, die in diesem Jahre entschlafen +sind. Wie könnte ich wohl an diesem Tag, der so lebhaft +den Gedanken an des Lebens Vergänglichkeit erweckt, und +der mich dazu auffordert, Rechenschaft darüber abzulegen, +wie weit ich mich der erhabenen Bestimmung meines +Lebens genähert habe und in Glauben und Tugend vor +dem Herrn gewandelt bin,—wo könnte ich besser eine +erhebende, versöhnende Stunde zubringen, als hier, wo +ich meinen Blick auf diejenigen richte, welche in diesen +Gräbern ruhen, ach, zum Teil solche, die nach dem Eitlen +jagten und ihre Befriedigung in dem Zeitlichen suchten, +und die nun Moder bedeckt, oder wenn ich am Grabe +derjenigen weile, welche in ihrem vergänglichen Leben das +Ewige suchten und nun die Fülle der Freude bei dem +Unendlichen genießen. Ach Herr, da fragt mein Geist: +unter welchen von diesen werde ich einst gefunden werden, +wenn des Lebens letzter Tag gekommen ist? Hier trete +ich deshalb hervor und ergreife das Ewige; denn hier, +wo ich von Tod und Moder umgeben bin, verliert alles +Gold seinen Schein, alle Ehre ihre Strahlen, alles Ansehen +bei den Menschen seine Macht, alle Schönheit ihren +Zauber, alle Sinneslust ihren Reiz; hier fühle ich tief, +daß meinen Tagen ein Ziel gesetzt ist, daß ich von hier +fort muß, und meine Tage wie ein Schatten sind. Ach<span class='pagenum'><a name="Page_140" id="Page_140">[Pg 140]</a></span> +sollten sie wirklich dahin schwinden, ohne etwas Licht über +meinen irdischen Wandel zu verbreiten, ohne daß sie ein +Andenken zum Segen hinterließen?—Ach, der Strom +der Zeit eilt so rasch dahin und reißt auf seinem schnellen +Wege alles mit sich fort, was mir teuer und wert ist! +Wie manche Freunde habe ich schon verloren, wie mancher +ging fort im Jugendalter, wie mancher, der sein Ende +noch nicht erwartete, und heute ruft mir die Erinnerung +daran zu: auch deine Stunde kann unerwartet kommen; +willst du unvorbereitet vor den Allerheiligsten treten? +Ja, ich will heute mit Tränen eurer in der Ewigkeit +gedenken, die meines Lebens Ehre und Schmuck waren, +eurer, meine Eltern usw. (ob euer Staub nun hier ruht, +oder weit entfernt in fremder Erde); Jahre sind darüber +hingegangen, seit ich euch verloren habe, und die Hoffnung +auf Wiedersehen war mein einziger Trost; aber habe +ich auch so gelebt, daß der Gedanke an eine Wiedervereinigung +mit euch mich mit himmlischer Freude erfüllen +kann? Könnte ich euch mit einem sündhaften Sinn gegenübertreten, +mit einem unreinen Herzen mich der ewigen +Klarheit nähern, welche die Frommen umgibt? O! indem +ich euch heute meine Tränen der Erinnerung weihe, will +ich über meine Sünden weinen, will ich im Vorausgefühl +meines endlichen Heimganges alles abwerfen, was mich +als Menschen entwürdigt, was mir nicht ziemt als Israelit; +ich will die Ketten brechen, welche mich an das Zeitliche +fesseln und den Wahn bannen, als sei das, was die Welt +mir bietet, etwas Beständiges, und ich will mich bestreben, +dir anzuhangen, du Ewiger und Unwandelbarer!—Allerbarmer! +vergib mir meine Sünden und meine Übertretungen +und stärke mich in meinem frommen Vorsatz, +behüte mich vor einem jeden Fehltritt, der Beschämung<span class='pagenum'><a name="Page_141" id="Page_141">[Pg 141]</a></span> +über meine Tage bringen könnte; schirme mich wider jede +Versuchung, daß weder Eitelkeit noch Habsucht, noch Ehrgeiz +Macht über mich gewinne, sondern daß ich, geleitet +von deiner heiligen Lehre, so rein werden möge, als ich +an dem Tage war, da ich geboren wurde. Laß die frommen +Handlungen meiner teuren Seligen meine Fürsprecher +sein vor deinem heiligen Throne, auf daß meine Gebete +für das neue Jahr erhört werden. Laß, o Quell der +Liebe, meine (meines Gatten, meiner Kinder usw.) Buße +dir wohlgefallen und verleihe uns ein Jahr voll Segen +und Glück, ein Jahr, in dem deine Versprechungen an +Israel zu seinem und der ganzen Menschheit Heil sich +erfüllen mögen. Bewahre mich und die Meinen vor +Drangsal und Not, vor Armut und Schande, auf daß wir +mit freiem Geiste dir dienen können. Laß mich und meine +Lieben erfahren,»daß ich noch deine Segnungen im Lande +der Lebenden sehen soll«(Ps. 27, 15.),»daß ich noch in +dem Lichte der Lebendigen vor deinem Angesichte wandeln +soll«(Ps. 56, 14.). Deine Gnade sei mit mir und allen, welche +dich mit einem treuen Herzen anbeten, daß wir auf unserer +Pilgerreise noch viel Gutes wirken können und ein Wohlgefallen +bei dir finden in alle Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XXIV_Schluss" id="XXIV_Schluss"></a>XXIV. Schluß</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Dankgebet_bei_Vollendung_eines_Werkes" id="Dankgebet_bei_Vollendung_eines_Werkes"></a>Dankgebet bei Vollendung eines Werkes.</h2> + + +<p>Ewiger, allgütiger Gott! Wie ich in deinem Namen +diese Arbeit begonnen habe, so laß mich sie auch damit +schließen, daß ich zu dir aufschaue und dir meinen Dank +für deinen Beistand darbringe. Du warst es ja, der die +Gedanken in meine Seele legte, und dein allmächtiger +Schutz hielt meine Kraft aufrecht, es war dein Geist, der<span class='pagenum'><a name="Page_142" id="Page_142">[Pg 142]</a></span> +mich trieb, so daß ich stets mit Freudigkeit und Lust zur +Arbeit schritt. O, wie oft verzagte ich, wie oft erfüllte +sich meine Seele mit Furcht, daß ich mein Vorhaben nicht +zu vollenden vermögen würde, und siehe, da hörte ich +gleichsam eine erweckende Stimme von oben; mein Geist +belebte sich aufs neue, und du erfreutest mein Herz dadurch, +daß meine Arbeit gedieh und vorwärts schritt.—O, nimm +mein Dankopfer an;»denn es stammt ja alles von dir, +und was ich selbst von dir empfangen habe, das gebe ich +dir wieder zurück.«<a name="FNanchor_94_94" id="FNanchor_94_94"></a><a href="#Footnote_94_94" class="fnanchor">[94]</a> Nun erhöre du denn mein Gebet, +daß du diesem Werke dein Siegel aufdrücken wollest, auf +daß es für viele zu einem Segen werde. Gelobt seist du, +o Herr, in Ewigkeit.</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XXV_Anhang" id="XXV_Anhang"></a>XXV. Anhang.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Esehu_Mekomon" id="Esehu_Mekomon"></a>Esehu Mekômon.</h2> + +<div class="blockquot"><p>(Betrachtung über die Opfer, anstatt einer Übersetzung).</p></div> + + +<p>Meine Gedanken, o Herr, weilen bei den Opfergesetzen, +welche du unsern Vätern gabst, und mein +Herz wird voll des Dankes, indem ich deine Gnade erkenne, +daß du durch diese deine Gebote hast Israel fest an +dich knüpfen wollen; mögen sie deshalb mir auch zur +Richtschnur dienen bei der Anbetung deines heiligen +Namens. Wenn nun gleichwohl auch bei mir der tiefere +Sinn verborgen ist, und ich die göttlichen Geheimnisse +nicht zu erforschen vermag, die mit den Opfern, welche +du befahlst, verbunden sind, und nicht ergründen kann, +weshalb du sie mit so vielen Vorschriften anordnetest, +und wie sie dazu dienen sollen, den Sohn des Staubes +mit dir, dem Unendlichen, zu vereinen, ihn deiner Gnade<span class='pagenum'><a name="Page_143" id="Page_143">[Pg 143]</a></span> +gewiß zu machen, denn »dir gehört das Verborgene, o +Ewiger, aber was du offenbart hast, ist für uns«,<a name="FNanchor_95_95" id="FNanchor_95_95"></a><a href="#Footnote_95_95" class="fnanchor">[95]</a> und +wie herrlich ist nicht das, was uns offenbart worden ist! +Wenn ich all der Scheußlichkeit gedenke, die mit der Opfermahlzeit +der Heiden verbunden war, durch welche sie ihre +Schuld sühnen wollten, wie sie von dem Blute des Opfers +tranken und sich zu Wollust und Blutdurst reizten, wie +sie Menschenleben opferten, während sie das Tier als +heilig betrachteten, o, wie könnte ich da wohl anders, als +erkennen, daß bei Israels Opfer alles nur dazu dienen +sollte, die Reinheit des Glaubes zu beschützen, Sittlichkeit +und Gerechtigkeit zu wahren und alles fern zu halten, +was Sinnenlust und törichten Aberglauben fördern könnte. +Deshalb verbotest du in deiner Weisheit jeden Gebrauch +des Blutes, verbotest jedem, der unrein war, zu opfern, +deshalb konnte eine absichtlich begangene Sünde nicht +durch ein Opfer gesühnt werden, deshalb mußten die Vergehen +wider den Nächsten erst gut gemacht werden, bevor +das Opfer gebracht werden konnte. Ja, du lehrtest uns, +daß ein Opfer für sich allein nichts nützt, wenn es +nicht in Wahrheit von einem innern frommen Sinne zeugt, +und du und deine Propheten straften die, welche da +meinten, daß sie durch Darbringung eines Opfers allein +geheiligt werden könnten. Du ließest deine Propheten +verkündigen,»daß Gehorsam besser als Opfer ist«,<a name="FNanchor_96_96" id="FNanchor_96_96"></a><a href="#Footnote_96_96" class="fnanchor">[96]</a> daß +»Opfer bei einem sündigen Wandel dir zuwider sind«,<a name="FNanchor_97_97" id="FNanchor_97_97"></a><a href="#Footnote_97_97" class="fnanchor">[97]</a> +daß du Wohlgefallen an der Liebe findest, und nicht am +Opfer, und »daß die Erkenntnis deiner mehr ist, als +Brandopfer.«<a name="FNanchor_98_98" id="FNanchor_98_98"></a><a href="#Footnote_98_98" class="fnanchor">[98]</a></p> + +<p><span class='pagenum'><a name="Page_144" id="Page_144">[Pg 144]</a></span></p><p>Aber besonders sind es die täglichen Opfer, +welche den Männern der großen Synode<a name="FNanchor_99_99" id="FNanchor_99_99"></a><a href="#Footnote_99_99" class="fnanchor">[99]</a> zum Muster +dienten bei der Anordnung des »Morgen-und Abendgottesdienstes«, +deren ich gedenken soll, und während ich +mich an ihr Wesen und an ihre Bedeutung erinnere, erwecke +ich in meinem Innern eine wahrhafte Erbauung +und die Sehnsucht darnach, dich beständig und richtig +durch meine Gebete zu verehren. Da tritt mir denn zuerst +der Gedanke entgegen, daß es—ein Opfer war, und +daß mein Gebet deshalb auch ein Opfer sein soll. Ja, +ich will im Gebet mich selbst zum Opfer darbringen, +will mich mit all meinen Wünschen, meinen Gelüsten und +Sehnen, mit all meiner Furcht und all meinem Hoffen +ganz und ohne Rückhalt dir hingeben, und wie das tägliche +Opfer ganz dargebracht wurde, so will ich jeden +Morgen und jeden Abend, wenn ich zu dir bete, mich +dir auch ganz hingeben und mich völlig deinem Willen +unterordnen.<a name="FNanchor_100_100" id="FNanchor_100_100"></a><a href="#Footnote_100_100" class="fnanchor">[100]</a></p> + +<p>Jenes Opfer konnte von keinem dargebracht werden, +der nicht vollständig rein war, der nicht durch seinen +Willen alle störenden Gedanken zu beherrschen und unangefochten +von der äußeren Welt, ganz mit seiner vollen +Seele sich der heiligen Handlung hinzugeben vermochte; +denn das Opfer wurde verworfen, wenn nicht sein eigentlicher +Zweck, die rechte Andacht, den Opfernden erfüllte. +So will denn auch ich mich zuvor prüfen, ob ich rein bin, +ob ich würdig bin, vor dich, den Allheiligen hinzutreten,<span class='pagenum'><a name="Page_145" id="Page_145">[Pg 145]</a></span> +will deshalb zuvor Buße tun, will mich von allen weltlichen +Gedanken losreißen, will die tierischen Triebe in +mir töten und den irdischen Sinn abwerfen, jedesmal +da ich vor dich hintrete, da ich vor deinem Angesicht in +meinem, wie in der ganzen Gemeinde Namen erscheine.</p> + +<p>Denn das tägliche Opfer wurde ja im Namen der +ganzen israelitischen Gemeinde gebracht und sollte dazu +dienen, was man so oft vergißt, für all das Gute zu +danken, das beständig in so reicher Fülle dem Menschen +zuteil wird; dir dafür zu danken, daß du über ihn in +der Nacht wachtest und ihm neues Leben schenktest, wenn +des Morgens Licht ihn auf seinem Lager weckte, und daß +du ihn den ganzen Tag alles finden läßt, dessen er bedarf. +Dieses Opfer sollte in Israels Heiligtum ein Lamm sein, +das dir als Dankopfer dargebracht wurde, der du +durch den Schlummer der Nacht alle gestärkt, +und wiederum am Abend, wenn es dunkelt als Dankopfer +für den glücklich verlebten Tag.</p> + +<p>Und es war begleitet von einem Speiseopfer, +wohl um für das Brot zu danken, welches der Mensch +wiederum gefunden hatte, für Kraft und Schönheit +des Körpers, was durch das Öl bezeichnet wurde, für +die Gabe und den Vorzug des Geistes, was +bildlich der Wein andeutete. So will auch ich, o Herr, +jeden Morgen und jeden Abend deiner Wundertaten +eingedenk sein und dir danken, weil du meinen Geist und +meinen Körper erhältst, so will auch ich dir für alle zeitlichen +Güter, die du mir verleihst, für die Sonne, +welche ihre Strahlen auf meinen Weg sendet, für den +erquickenden Schatten der Nacht, wie für das +himmlische Licht, das Wort des Lebens, welches du +mir gegeben hast, das Dankopfer meines Gebets darbringen.<span class='pagenum'><a name="Page_146" id="Page_146">[Pg 146]</a></span></p> + +<p>Aber das tägliche Opfer war ja auch ein Sühnopfer, +welches täglich für die Gesamtheit Israels, +wie für den Einzelnen, dargebracht werden sollte, nicht +offenbare Vergehungen, sondern für diejenigen, deren der +Mensch sich schuldig macht, ohne daß er sie sich zur Sünde +anrechnet, und so sollte täglich das Bewußtsein der +Sünde in der Brust des Israeliten geweckt werden. +Dein, o Herr! ist der Tag und dein, o Herr! ist die +Nacht, und beständig sollen wir dich vor Augen haben; +unsere Arbeit wie unsere Ruhe soll von dem Gedanken +an dich begleitet sein. Aber, wenn der Schlummer der +Nacht uns in seine Arme schließen will, bevor der Schlaf +unsere Sinne und Gedanken gebunden hält, da denken +wir nicht an dich, da benutzen wir die ruhigen Augenblicke +nicht dazu, dich zu erkennen und zu suchen; und in +des Tages geschäftigem Treiben richten sich nicht die Gedanken +auf dich, und wir vergessen es, deiner zu gedenken. +Deshalb soll am Morgen ein Opfer gebracht werden +für die Sünde der Nacht und am Abend für des +Tages Sünde. Aber außerdem kann die ganze Gemeinde +auch dem nicht entgehen, daß sie beständig sündigt, +und jede einzelne Seele ist mitschuldig der Sündenschuld +der großen Gesamtheit, und wer sich für unschuldig hält +wie ein Lamm, ist sündig. Aber was ehemals das +tägliche Opfer für mich wirkte, das soll jetzt durch mein +tägliches Gebet erreicht werden, daß ich nicht in Leichtsinn +wandeln möge, sondern das Bewußtsein der Sünde in +mir wecke, die Erkenntnis dessen, wie weit meine Gedanken +und Handlungen, meine Arbeit und meine Ruhe, +im Großen wie im Kleinen von der Pflicht Israels abweichen, +sodaß ich jeden Morgen und jeden Abend aufs +neue geheiligt werde und den Vorsatz fasse, deinem Dienste<span class='pagenum'><a name="Page_147" id="Page_147">[Pg 147]</a></span> +zu leben, o Herr! ob ich nun meinen Erwerb mir +suche, oder danach trachte, meines Hauses oder +meines Namens Ansehen zu erweitern, oder ob ich +in Freude und Frohsinn weile, wo der Wein des +Menschen Herz erfreut.</p> + +<p>Und endlich sollte das tägliche Opfer von Beständigkeit +im Glauben und in Gottergebenheit ein +Zeugnis sein, und jeden Morgen und jeden Abend sollten +Israels Kinder die Lebendigkeit dieses Glaubens zu erkennen +geben, ob nun das Glück ihnen zulächelte oder ob +Unglück sie in das Dunkel der Nacht hüllte. Ebenso +will auch ich es früh und spät an den Tag +legen, daß, welches Schicksal du mir auch sendest, ich +stets mit Vertrauen mich dir nähern will und es soll +stets nach Vorschrift am Morgen und am Abend geschehen; +und indem ich mich an die heilige Ordnung binde, will +ich den Geist des Gebetes in mir wecken und bewahren. +Denn wenn auch die Pflicht zu beten, das Opfer des +Herzens darzubringen, nicht an Ort oder Zeit gebunden +ist, sondern wir stets und überall beten sollen, so oft wir +uns dazu gedrungen fühlen, so sollen wir doch zu den +festgesetzten Zeiten beten, wenn auch unser Herz uns nicht +dazu drängt, weil wir sonst in dem Gewirre der Welt +vielleicht niemals dazu veranlaßt würden. Aber gerade +durch das tägliche Gebet, dadurch, daß wir mit aller +Kraft unseres Willens darnach streben, von dem Geiste +des Gebetes durchdrungen zu werden, sollen wir die +Unlust zum Gebete überwinden, die Hindernisse besiegen, +welche sich zwischen dich und uns stellen, o Gott, und +den Geist der Welt ertöten, der uns den höchsten Schatz +unserer Seele rauben will,—die Anbetung deines +Wesens.<span class='pagenum'><a name="Page_148" id="Page_148">[Pg 148]</a></span></p> + +<p>So will ich denn dir mein tägliches Opfer darbringen, +mein Gott, will meinen Willen dir ergeben, will jeden +Morgen meinen Dank zu dir aufsteigen lassen und mich +deiner Leitung anvertrauen und mich jeden Abend sorglos +deiner Führung hingeben. Ich will Kränkungen ertragen, +will das Schlechte nicht vergelten, das mir zugefügt wird, +will um deinen Schutz bitten für alle, die auf Erden +wandeln, will darnach streben von jeder sündigen Lust +mich zu reinigen, will fest in meinem Glauben verharren, +und will, wenn auch die Menge der Versuchungen mich +umringt, wie manchen Kampf ich auch zu bestehen habe, +meine Standhaftigkeit als Israelit zeigen, der nicht +nach dem Lohne und der Ehre der Welt trachtet, sondern +allein darnach strebt, dir wohlzugefallen und der gewiß +ist, daß du den errettest, der dir beständig dient.<a name="FNanchor_101_101" id="FNanchor_101_101"></a><a href="#Footnote_101_101" class="fnanchor">[101]</a></p> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XXVI_Freitagabendbetrachtung" id="XXVI_Freitagabendbetrachtung"></a>XXVI. Freitagabendbetrachtung.</h2> + + + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="Bame_madlikin" id="Bame_madlikin"></a>Bame madlikin.</h2> + +<p class="center"> +(Eine Betrachtung anstatt der Übersetzung.)<br /> +</p> + + +<p>Der letzte Tag in dieser Woche nähert sich seinem Ende und wieder +schließt mit ihm ein Abschnitt meines Lebens ab, in dem ich deine Güte +erfahren habe, du, mein Schöpfer, während ich meiner häuslichen +Tätigkeit oblag. Die heilige Stunde ist nahe, mit welcher der Sabbat +beginnt, der dazu da ist und da sein soll, eine heilige Ruhe in dir zu +suchen und zu finden, indem ich auf das hinblicke, was du für mich +vollführst hast, und indem ich prüfe, was ich vollbracht, und mit +welcher Gesinnung ich gehandelt habe.<span class='pagenum'><a name="Page_149" id="Page_149">[Pg 149]</a></span></p> + +<p>O, schaue ich hin auf deine Liebe und Güte gegen mich in den sechs +verflogenen Tagen, wie kann ich da Worte finden dir zu danken, der du +wiederum das Werk der Schöpfung vor meinen Augen erneuert hast, der du +am Tage deine Gnade über mich ausströmen und mich bei Nacht in deinem +Schatten weilen ließest und der du mich mit so unendlich vielen +Gnadenbeweisen, Wohltaten und Segnungen überschüttest hast, daß ich sie +nicht zu zählen vermag! Du hast dich über mich erbarmt, mich jeden Tag +zu meiner Tätigkeit gestärkt und hast mich durch so vieles erfreut; Du +warst in trüben Stunden meine Kraft und mein Schild und du hieltest mich +aufrecht im Unglück. O Herr! Ich bin nicht wert so großer Güte; denn +gedenke ich meiner Aufgabe, die mir in diesen Tagen der Arbeit zu +vollführen auferlegt war,—ach, wie oft war ich da nicht schlaff und +nachlässig; wie oft vergaß ich nicht in meiner Tätigkeit zu dir +aufzuschauen, zu wirken und zu schaffen, wie einer, der sich in deinem +Dienste fühlt, der bei all seinem Tun dich stets vor Augen hat, daß er +den rechten Weg nicht verliere und dir wohlgefalle. Ich weiß, daß ich +leben soll, um das Wohl meiner Mitmenschen zu fördern und mit +liebevollem Sinne ihnen Wohltaten zu erweisen; ach, und ich erkenne wie +viel eigennützige und eitle Zwecke mich noch gebunden halten. Als +Israelitin soll ich, was auch mein Beruf sei, beweisen, daß ich von +einem Glauben beseelt bin, der voll Ergebung und Geduld ist, und deshalb +ein Leben führen, das allen denen, die mir nahe stehen, +heilbringend sei,—aber wie wenig schwebte solch ein Ziel mir bei all +meinem Wirken vor!</p> + +<p>Wohl habe ich in der vergangenen Woche Zeit gefunden zu allem, was mein +Herz begehrte, aber habe nicht, so<span class='pagenum'><a name="Page_150" id="Page_150">[Pg 150]</a></span> wie ich sollte, mich bestrebt, mich +als ein Glied der Genossenschaft zu beweisen, welche dein offenbartes +Wort bewahren und das Licht, das göttliche Licht, der Welt leuchtend +erhalten soll, und wenn ich auch einige flüchtige Augenblicke dazu +anwandte, so konnte das doch nur wenig bedeuten für den, welchem die +Sorge für die Bedürfnisse des Lebens keine Zeit lassen, frei zu atmen +und an deine heiligen Wahrheiten zu denken. O Herr, deshalb bete ich zu +dir: laß den heiligen Sabbat mir anbrechen, daß er meiner Seele Frieden +bringe, auf daß ich deine unendliche Güte erkennen möge und aufs neue zu +allem Guten erglühen und dazu beseelt werden möge, im Verein mit deinen +wahren Anbetern dir zu dienen, den Glauben zu pflegen, zu fördern, was +der Gesamtheit zum besten dient, mich allem fern zu halten, was den +Israeliten entheiligt und mit neuer Lust aus der Quelle des Lebens zu +schöpfen, in deinem Wort zu forschen, daß es mich in deiner Wahrheit +stärke und wie eine reine Flamme voller Klarheit über die Erde +leuchte und mich auf meinem Pilgerwege begleite, bis ich es in +Herrlichkeit aufleuchten sehe, wenn die ewige Sabbatruhe kommt, wo +seliger Friede und himmlische Ruhe mich bei dir erwarten!</p> + +<p class="amen">Amen!</p> + +<p><span class='pagenum'><a name="Page_151" id="Page_151">[Pg 151]</a></span></p> + +<hr style="width: 65%;" /> +<h2><a name="XXVII_Betrachtung_zum_Mussaphgebet" id="XXVII_Betrachtung_zum_Mussaphgebet"></a>XXVII. Betrachtung zum Mussaphgebet.</h2> + +<div class="blockquot"><p>(Das Nachfolgende ist ein Abschnitt aus dem Talmud (Tractat +Kritôth), welches die Art und Weise behandelt, in der das +Rauchopfer zubereitet wird. Anstatt einer wortgetreuen Übersetzung +wird folgendes Gebet gegeben).</p></div> + +<h4>Pittum hak'tôres.</h4> + + +<p>So nähert sich denn die Zeit des Verweilens in deinem Hause ihrem Ende, +und die angeordneten Gebete haben wir verrichtet; aber ach, wie mancher +Augenblick weckte nicht einen Gedanken in uns, der wider den Geist des +wahren Gebetes stritt! Wie oft regten sich nicht sündige Gefühle in +unserer Brust; wie oft störten wir durch unser Benehmen nicht die +Andacht anderer, wie oft wankten wir nicht beim Gebet im Glauben an +Erhörung; wie oft ärgerten wir uns nicht über die Herrlichkeit und den +Glanz der Gottlosen und ließen den Nächsten, ließen den Abgefallenen aus +unserm Gebete ausgeschlossen sein, so daß unsere Anbetung dir nicht zum +Wohlgefallen sein konnte! Deshalb, o Allerbarmer, wollen wir des +Rauchopfers gedenken, das vormals im Heiligtum dir zu einem +wohlgefälligen Dufte dargebracht wurde, auf daß es alles Widerliche vom +Opfer entferne. Wir wollen uns an die vier Hauptbestandteile des +Räucherwerks erinnern, daß jede Andachtsträne, die heute floß, wie ein +Balsamtropfen sein, jeden bekümmerten Sinn heilen und von wahrer +und innerlicher Buße hervorgerufen sein möge; daß des Herzens harte +Schale zermalmt werde, und wir keinen Zweifel nähren mögen, daß du +das Gebet eines zerknirschten Herzens<a name="FNanchor_102_102" id="FNanchor_102_102"></a><a href="#Footnote_102_102" class="fnanchor">[102]</a> nicht verachtest. Und wir +wollen uns erinnern, daß man<span class='pagenum'><a name="Page_152" id="Page_152">[Pg 152]</a></span> dem Weihrauch auch Galban, eine +Substanz von unangenehmen Geruch, zusetzte, eine Erinnerung für uns +daran, daß du selbst die Tiefgefallenen erhörst, welche bereuend ihre +Gebete in das Gebet der Gemeinde mischen, ja eine Erinnerung daran, daß +unsere eigene, fromme Erbauung<a name="FNanchor_103_103" id="FNanchor_103_103"></a><a href="#Footnote_103_103" class="fnanchor">[103]</a> dadurch vermehrt wird, wenn wir +diese in unser Gebet einschließen, wenn wir uns selbst zu ihnen rechnen +und in Demut deinen Namen anflehen; eine Versicherung, daß wenn wir auch +eine Stunde vergaßen, daß wir vor dir stehen und andachtslos hier +weilten, du uns doch vergeben willst, wenn wir mit heiligem Sinne kommen +und unsere Gebete wie Weihrauch zu dir aufsteigen lassen, und wenn +wir noch zum Schluß recht innig unsern Geist zu dir erheben. O, +Allheiliger, erhöre uns und laß unser Gebet vor dir wie ein Rauchopfer +ein.<a name="FNanchor_104_104" id="FNanchor_104_104"></a><a href="#Footnote_104_104" class="fnanchor">[104]</a></p> + +<p class="amen">Amen!</p> + + +<div class="footnotes"><h3>Fußnoten:</h3> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_1_1" id="Footnote_1_1"></a><a href="#FNanchor_1_1"><span class="label">[1]</span></a> Buch Mosis 15.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_2_2" id="Footnote_2_2"></a><a href="#FNanchor_2_2"><span class="label">[2]</span></a> Ps. 26, 12.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_3_3" id="Footnote_3_3"></a><a href="#FNanchor_3_3"><span class="label">[3]</span></a> Ps. 43.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_4_4" id="Footnote_4_4"></a><a href="#FNanchor_4_4"><span class="label">[4]</span></a> Ps. 118, 20.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_5_5" id="Footnote_5_5"></a><a href="#FNanchor_5_5"><span class="label">[5]</span></a> Ps. 36, 8. 9.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_6_6" id="Footnote_6_6"></a><a href="#FNanchor_6_6"><span class="label">[6]</span></a> Ps. 25, 5.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_7_7" id="Footnote_7_7"></a><a href="#FNanchor_7_7"><span class="label">[7]</span></a> Jes. 21, 11.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_8_8" id="Footnote_8_8"></a><a href="#FNanchor_8_8"><span class="label">[8]</span></a> Ps. 139, 12.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_9_9" id="Footnote_9_9"></a><a href="#FNanchor_9_9"><span class="label">[9]</span></a> Ps. 143, 8.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_10_10" id="Footnote_10_10"></a><a href="#FNanchor_10_10"><span class="label">[10]</span></a> Ps. 67, 2.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_11_11" id="Footnote_11_11"></a><a href="#FNanchor_11_11"><span class="label">[11]</span></a> Ps. 103, 3.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_12_12" id="Footnote_12_12"></a><a href="#FNanchor_12_12"><span class="label">[12]</span></a> Buch Moses 1, 12</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_13_13" id="Footnote_13_13"></a><a href="#FNanchor_13_13"><span class="label">[13]</span></a> Ps. 143, 8. 9.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_14_14" id="Footnote_14_14"></a><a href="#FNanchor_14_14"><span class="label">[14]</span></a> Ps. 63, 7. 8.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_15_15" id="Footnote_15_15"></a><a href="#FNanchor_15_15"><span class="label">[15]</span></a> Ps. 8, 4. 5.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_16_16" id="Footnote_16_16"></a><a href="#FNanchor_16_16"><span class="label">[16]</span></a>מיכאל-Michael</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_17_17" id="Footnote_17_17"></a><a href="#FNanchor_17_17"><span class="label">[17]</span></a>גבריאל-Gavriel</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_18_18" id="Footnote_18_18"></a><a href="#FNanchor_18_18"><span class="label">[18]</span></a>אוריאל-Uriel</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_19_19" id="Footnote_19_19"></a><a href="#FNanchor_19_19"><span class="label">[19]</span></a>רפאל-Rephael</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_20_20" id="Footnote_20_20"></a><a href="#FNanchor_20_20"><span class="label">[20]</span></a>לישועתך-lyshu'atcha (Auf deine Hilfe u. s. w.)</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_21_21" id="Footnote_21_21"></a><a href="#FNanchor_21_21"><span class="label">[21]</span></a> Ps. 145, 15.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_22_22" id="Footnote_22_22"></a><a href="#FNanchor_22_22"><span class="label">[22]</span></a> Hohelied 2, 4.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_23_23" id="Footnote_23_23"></a><a href="#FNanchor_23_23"><span class="label">[23]</span></a> Ps. 8, 6.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_24_24" id="Footnote_24_24"></a><a href="#FNanchor_24_24"><span class="label">[24]</span></a> Neumondsgebet siehe S. 36.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_25_25" id="Footnote_25_25"></a><a href="#FNanchor_25_25"><span class="label">[25]</span></a> Ps. 111, 4.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_26_26" id="Footnote_26_26"></a><a href="#FNanchor_26_26"><span class="label">[26]</span></a> Jes. 49, 3.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_27_27" id="Footnote_27_27"></a><a href="#FNanchor_27_27"><span class="label">[27]</span></a> Jes. 2, 4; Micha 4, 1—3, Jes. 11, 8.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_28_28" id="Footnote_28_28"></a><a href="#FNanchor_28_28"><span class="label">[28]</span></a> 5. Buch Mosis 8, 3.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_29_29" id="Footnote_29_29"></a><a href="#FNanchor_29_29"><span class="label">[29]</span></a> Ps. 90.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_30_30" id="Footnote_30_30"></a><a href="#FNanchor_30_30"><span class="label">[30]</span></a> Koheleth 12, 3. ff.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_31_31" id="Footnote_31_31"></a><a href="#FNanchor_31_31"><span class="label">[31]</span></a> Ps. 71. 9.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_32_32" id="Footnote_32_32"></a><a href="#FNanchor_32_32"><span class="label">[32]</span></a> Jesaias, Kap. 6.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_33_33" id="Footnote_33_33"></a><a href="#FNanchor_33_33"><span class="label">[33]</span></a> 2. Buch Mosis, 34, 6. ff.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_34_34" id="Footnote_34_34"></a><a href="#FNanchor_34_34"><span class="label">[34]</span></a> Schabbos Schabboßaun.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_35_35" id="Footnote_35_35"></a><a href="#FNanchor_35_35"><span class="label">[35]</span></a> Spr. Sal. 10, 13.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_36_36" id="Footnote_36_36"></a><a href="#FNanchor_36_36"><span class="label">[36]</span></a> Spr. Sal. 19. 11.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_37_37" id="Footnote_37_37"></a><a href="#FNanchor_37_37"><span class="label">[37]</span></a> 3. B. M. 16, 30.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_38_38" id="Footnote_38_38"></a><a href="#FNanchor_38_38"><span class="label">[38]</span></a> Nach dem Thora-Lesen, 3 B. Mos. 18</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_39_39" id="Footnote_39_39"></a><a href="#FNanchor_39_39"><span class="label">[39]</span></a> Ps. 119, 139.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_40_40" id="Footnote_40_40"></a><a href="#FNanchor_40_40"><span class="label">[40]</span></a> Ps. 139, 23.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_41_41" id="Footnote_41_41"></a><a href="#FNanchor_41_41"><span class="label">[41]</span></a> Ps. 51.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_42_42" id="Footnote_42_42"></a><a href="#FNanchor_42_42"><span class="label">[42]</span></a> Jes. 43, 25.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_43_43" id="Footnote_43_43"></a><a href="#FNanchor_43_43"><span class="label">[43]</span></a> Ps. 32.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_44_44" id="Footnote_44_44"></a><a href="#FNanchor_44_44"><span class="label">[44]</span></a> Ps. 23, 1.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_45_45" id="Footnote_45_45"></a><a href="#FNanchor_45_45"><span class="label">[45]</span></a> Ps. 32, 10.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_46_46" id="Footnote_46_46"></a><a href="#FNanchor_46_46"><span class="label">[46]</span></a> Einsammlungsfest 2. Mos. 23, 16, 34. 22.—5. Mos. 16, 13.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_47_47" id="Footnote_47_47"></a><a href="#FNanchor_47_47"><span class="label">[47]</span></a> Ps. 31, 11.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_48_48" id="Footnote_48_48"></a><a href="#FNanchor_48_48"><span class="label">[48]</span></a> Prediger Sal. 1, 2.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_49_49" id="Footnote_49_49"></a><a href="#FNanchor_49_49"><span class="label">[49]</span></a> Ps. 103, 15-16.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_50_50" id="Footnote_50_50"></a><a href="#FNanchor_50_50"><span class="label">[50]</span></a> Jes. 40, 8.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_51_51" id="Footnote_51_51"></a><a href="#FNanchor_51_51"><span class="label">[51]</span></a> Ps. 119, 113, 163.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_52_52" id="Footnote_52_52"></a><a href="#FNanchor_52_52"><span class="label">[52]</span></a> Jes. 55, 3.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_53_53" id="Footnote_53_53"></a><a href="#FNanchor_53_53"><span class="label">[53]</span></a> Ps. 119, 175.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_54_54" id="Footnote_54_54"></a><a href="#FNanchor_54_54"><span class="label">[54]</span></a> Ps. 27.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_55_55" id="Footnote_55_55"></a><a href="#FNanchor_55_55"><span class="label">[55]</span></a> Ps. 109, 30.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_56_56" id="Footnote_56_56"></a><a href="#FNanchor_56_56"><span class="label">[56]</span></a> Ijob. 5. 12, 13.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_57_57" id="Footnote_57_57"></a><a href="#FNanchor_57_57"><span class="label">[57]</span></a> Ps. 124.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_58_58" id="Footnote_58_58"></a><a href="#FNanchor_58_58"><span class="label">[58]</span></a> Klagelieder 2, 1.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_59_59" id="Footnote_59_59"></a><a href="#FNanchor_59_59"><span class="label">[59]</span></a> Micha 3, 12.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_60_60" id="Footnote_60_60"></a><a href="#FNanchor_60_60"><span class="label">[60]</span></a> Klagelieder 5, 7.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_61_61" id="Footnote_61_61"></a><a href="#FNanchor_61_61"><span class="label">[61]</span></a> Klagelieder 3, 21.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_62_62" id="Footnote_62_62"></a><a href="#FNanchor_62_62"><span class="label">[62]</span></a> Micha 4.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_63_63" id="Footnote_63_63"></a><a href="#FNanchor_63_63"><span class="label">[63]</span></a> Ps. 139, 16.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_64_64" id="Footnote_64_64"></a><a href="#FNanchor_64_64"><span class="label">[64]</span></a> Psalm 127, 3.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_65_65" id="Footnote_65_65"></a><a href="#FNanchor_65_65"><span class="label">[65]</span></a> Es. 56, 5-10.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_66_66" id="Footnote_66_66"></a><a href="#FNanchor_66_66"><span class="label">[66]</span></a> 5. Mos. 28, 3.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_67_67" id="Footnote_67_67"></a><a href="#FNanchor_67_67"><span class="label">[67]</span></a> Ps. 32, 10.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_68_68" id="Footnote_68_68"></a><a href="#FNanchor_68_68"><span class="label">[68]</span></a> Jes. 41, 10. 43, 1.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_69_69" id="Footnote_69_69"></a><a href="#FNanchor_69_69"><span class="label">[69]</span></a> 3. Mos. 12.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_70_70" id="Footnote_70_70"></a><a href="#FNanchor_70_70"><span class="label">[70]</span></a> Ijob. 1, 21.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_71_71" id="Footnote_71_71"></a><a href="#FNanchor_71_71"><span class="label">[71]</span></a> Ps. 25, 7.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_72_72" id="Footnote_72_72"></a><a href="#FNanchor_72_72"><span class="label">[72]</span></a> Spr. Sal. 18, 10.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_73_73" id="Footnote_73_73"></a><a href="#FNanchor_73_73"><span class="label">[73]</span></a> Ps. 13, 1-2.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_74_74" id="Footnote_74_74"></a><a href="#FNanchor_74_74"><span class="label">[74]</span></a> Ps. 27, 8.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_75_75" id="Footnote_75_75"></a><a href="#FNanchor_75_75"><span class="label">[75]</span></a> Ps. 39, 9.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_76_76" id="Footnote_76_76"></a><a href="#FNanchor_76_76"><span class="label">[76]</span></a> Nach Ps. 27.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_77_77" id="Footnote_77_77"></a><a href="#FNanchor_77_77"><span class="label">[77]</span></a> Ps. 41, 12-13.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_78_78" id="Footnote_78_78"></a><a href="#FNanchor_78_78"><span class="label">[78]</span></a> Ps. 118, 18.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_79_79" id="Footnote_79_79"></a><a href="#FNanchor_79_79"><span class="label">[79]</span></a> Ps. 103, 3.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_80_80" id="Footnote_80_80"></a><a href="#FNanchor_80_80"><span class="label">[80]</span></a> Ps. 41, 5.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_81_81" id="Footnote_81_81"></a><a href="#FNanchor_81_81"><span class="label">[81]</span></a> Ps. 103, 4.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_82_82" id="Footnote_82_82"></a><a href="#FNanchor_82_82"><span class="label">[82]</span></a> Jer. 17, 14.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_83_83" id="Footnote_83_83"></a><a href="#FNanchor_83_83"><span class="label">[83]</span></a> Dieses Gebet kann auch von einer Gattin für den Gatten bei +dessen Krankheit gebetet werden, wenn die Worte darnach verändert +werden.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_84_84" id="Footnote_84_84"></a><a href="#FNanchor_84_84"><span class="label">[84]</span></a> Ps. 39, 13.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_85_85" id="Footnote_85_85"></a><a href="#FNanchor_85_85"><span class="label">[85]</span></a> Ps. 6, 3.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_86_86" id="Footnote_86_86"></a><a href="#FNanchor_86_86"><span class="label">[86]</span></a> Ps. 68, 21.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_87_87" id="Footnote_87_87"></a><a href="#FNanchor_87_87"><span class="label">[87]</span></a> Ps. 103, 31.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_88_88" id="Footnote_88_88"></a><a href="#FNanchor_88_88"><span class="label">[88]</span></a> Ps. 107, 17-22.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_89_89" id="Footnote_89_89"></a><a href="#FNanchor_89_89"><span class="label">[89]</span></a> Ps. 57, 11. 108, 2.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_90_90" id="Footnote_90_90"></a><a href="#FNanchor_90_90"><span class="label">[90]</span></a> Wenn man in der späteren Zeit auch auf jüdischen +Friedhöfen prachtvolle Grabmäler, sogar mit heidnischen Sinnbildern +geschmückt, hervorragen sieht, so kann man nur beklagen, daß der +erhabene Geist der jüdischen Religion so wenig erkannt wird; denn dieser +gebietet einen bescheidenen Wandel im Leben, um wie viel mehr verbietet +er also das Entgegengesetzte im Grabe. Man muß beklagen, daß die +Kurzsichtigen nicht einsehen wollen, daß alle diese Denkmäler zuletzt +verwittern werden, so daß niemand die Stätte mehr kennt, wo sie +gestanden haben. Wie viel besser, wenn die Summen, welche darauf +verwendet worden sind, zu Wohltaten gespendet worden wären. Und ist es +auch nur eine geringe Summe, so könnte doch die Rente davon einer armen +Familie jährlich eine frohe Woche verschaffen, und da würden +Freudentränen als dankbare Beweise dem Gedächtnisse eines längst +Entschlafenen fließen.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_91_91" id="Footnote_91_91"></a><a href="#FNanchor_91_91"><span class="label">[91]</span></a> Cir. Taanith. Fol. 16 u. 23, wonach in älteren Zeiten die +ganze Gemeinde in Zeiten der Bedrängnis, z. B. bei Mißernte, in +Kriegszeiten, u. s. w. sich auf dem Friedhofe zum Gebet versammelte.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_92_92" id="Footnote_92_92"></a><a href="#FNanchor_92_92"><span class="label">[92]</span></a> Der Friedhof wird deshalb nicht nur das Haus der +Gräber (בית הקברות-Beit Hakvarot</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_93_93" id="Footnote_93_93"></a><a href="#FNanchor_93_93"><span class="label">[93]</span></a> Wenn sie keine Kinder hat, muß natürlich alles, was darauf +hindeutet, aus diesem Gebet weggelassen werden.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_94_94" id="Footnote_94_94"></a><a href="#FNanchor_94_94"><span class="label">[94]</span></a> 1. Chron. 29, 14</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_95_95" id="Footnote_95_95"></a><a href="#FNanchor_95_95"><span class="label">[95]</span></a> 5. Mos. 29, 28.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_96_96" id="Footnote_96_96"></a><a href="#FNanchor_96_96"><span class="label">[96]</span></a> 1. Sam. 15, 22. Ps. 40, 7. Spr. Sal. 21, 3.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_97_97" id="Footnote_97_97"></a><a href="#FNanchor_97_97"><span class="label">[97]</span></a> Spr. Sal. 15, 8. Es. 11-17 Jer 6, 21. Amos 5, 22.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_98_98" id="Footnote_98_98"></a><a href="#FNanchor_98_98"><span class="label">[98]</span></a> Hos. 6, 6</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_99_99" id="Footnote_99_99"></a><a href="#FNanchor_99_99"><span class="label">[99]</span></a> Ansche keneseth hagdolo (ecclesia magna) setzten im Hinblick +auf die ständigen Opfer das Schacharith—, Mincha—, und +Maarib Gebet für jeden Tag, das Mussaph—Gebet für Sabbat-und +Festtage und das Neïlah—Gebet für den Versöhnungstag ein.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_100_100" id="Footnote_100_100"></a><a href="#FNanchor_100_100"><span class="label">[100]</span></a> Taanith 27. Sanhedrin 43.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_101_101" id="Footnote_101_101"></a><a href="#FNanchor_101_101"><span class="label">[101]</span></a> Dan. 6, 27.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_102_102" id="Footnote_102_102"></a><a href="#FNanchor_102_102"><span class="label">[102]</span></a> Ps. 51, 19.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_103_103" id="Footnote_103_103"></a><a href="#FNanchor_103_103"><span class="label">[103]</span></a> Kritôth Fol. 6, 66.</p></div> + +<div class="footnote"><p><a name="Footnote_104_104" id="Footnote_104_104"></a><a href="#FNanchor_104_104"><span class="label">[104]</span></a> Ps. 141, 2.</p></div> + +</div> + + + + + + + +<pre> + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Gebete für Israeliten, by A. A. Wolff + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GEBETE FÜR ISRAELITEN *** + +***** This file should be named 19823-h.htm or 19823-h.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/1/9/8/2/19823/ + +Produced by Chuck Greif, Mrs. L. Buchsbaum and the Online +Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net + + +Updated editions will replace the previous one--the old editions +will be renamed. + +Creating the works from public domain print editions means that no +one owns a United States copyright in these works, so the Foundation +(and you!) can copy and distribute it in the United States without +permission and without paying copyright royalties. Special rules, +set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to +copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to +protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. 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Information about the Project Gutenberg Literary Archive +Foundation + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit +501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the +state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal +Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification +number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at +http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent +permitted by U.S. federal laws and your state's laws. + +The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. +Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered +throughout numerous locations. Its business office is located at +809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email +business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact +information can be found at the Foundation's web site and official +page at http://pglaf.org + +For additional contact information: + Dr. Gregory B. Newby + Chief Executive and Director + gbnewby@pglaf.org + + +Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg +Literary Archive Foundation + +Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide +spread public support and donations to carry out its mission of +increasing the number of public domain and licensed works that can be +freely distributed in machine readable form accessible by the widest +array of equipment including outdated equipment. Many small donations +($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt +status with the IRS. + +The Foundation is committed to complying with the laws regulating +charities and charitable donations in all 50 states of the United +States. 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Donations are accepted in a number of other +ways including checks, online payments and credit card donations. +To donate, please visit: http://pglaf.org/donate + + +Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic +works. + +Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm +concept of a library of electronic works that could be freely shared +with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project +Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. + + +Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. +unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + + +Most people start at our Web site which has the main PG search facility: + + http://www.gutenberg.org + +This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, +including how to make donations to the Project Gutenberg Literary +Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to +subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks. + + +</pre> + +</body> +</html> diff --git a/19823-h/images/cover.jpg b/19823-h/images/cover.jpg Binary files differnew file mode 100644 index 0000000..d51cb71 --- /dev/null +++ b/19823-h/images/cover.jpg diff --git a/LICENSE.txt b/LICENSE.txt new file mode 100644 index 0000000..6312041 --- /dev/null +++ b/LICENSE.txt @@ -0,0 +1,11 @@ +This eBook, including all associated images, markup, improvements, +metadata, and any other content or labor, has been confirmed to be +in the PUBLIC DOMAIN IN THE UNITED STATES. + +Procedures for determining public domain status are described in +the "Copyright How-To" at https://www.gutenberg.org. + +No investigation has been made concerning possible copyrights in +jurisdictions other than the United States. 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