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| author | Roger Frank <rfrank@pglaf.org> | 2025-10-15 05:32:46 -0700 |
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If you are not located in the United States, you'll have +to check the laws of the country where you are located before using this ebook. + +Title: Fabeln und Erzaehlungen + +Author: Gotthold Ephraim Lessing + +Posting Date: October 12, 2014 [EBook #9158] +Release Date: October, 2005 +First Posted: September 9, 2003 + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK FABELN UND ERZAEHLUNGEN *** + + + + +Produced by Delphine Lettau, from files obtained from +Gutenberg Projekt-DE. + + + + + + + + + + +Fabeln und Erzählungen + +Gotthold Ephraim Lessing + + +Inhalt: + +Das Geheimnis +Das Kruzifix +Das Muster der Ehen +Der über uns +Der Adler und die Eule +Der Eremit +Der Hirsch und der Fuchs +Der Löwe und die Mücke +Der Sperling und die Feldmaus +Der Tanzbär +Der Wunsch zu sterben +Die Bäre +Die Brille +Die Nuß und die Katze +Die Sonne +Die Teilung +Die eheliche Liebe +Die kranke Pulcheria +Faustin +Morydan +Nix Bodenstrom + + + + +Das Geheimnis + +Hans war zum Pater hingetreten, +Ihm seine Sünden vorzubeten. +Hans war noch jung, doch ohne Ruhm, +So jung er war, von Herzen dumm. +Der Pater hört ihn an. Hans beichtete nicht viel. +Was sollte Hans auch beichten? +Von Sünden wußt er nichts, und destomehr vom Spiel. +Spiel ist ein Mittelding, das braucht er nicht zu beichten. +"Nun, soll das alles sein? +Fällt", sprach der Pater, "dir sonst nichts zu beichten ein?" +"Ehrwürdger Herr, sonst nichts--"Sonst weißt du gar nichts mehr?" +"Gar nichts, bei meiner Ehr!" +"Sonst weißt du nichts? das wäre schlecht! +So wenig Sünden? Hans besinn dich recht." +"Ach Herr, mit Seinem scharfen Fragen-- +Ich wüßte wohl noch was." +"Nu? Nur heraus!--"Ja das, +Herr Pater, kann ich Ihm bei meiner Treu nicht sagen." +"So? weißt du etwa schon, worüber junge Dirnen, +Wenn man es ihnen tut, und ihnen nicht tut, zürnen?" +"Herr, ich versteh Euch nicht"--"Und desto besser; gut. +Du weißt doch nichts von Dieberei, von Blut? +Dein Vater hurt doch nicht?"--"O meine Mutter sprichts; +Doch das ist alles nichts." +"Nichts? Nu, was weißt du denn? Gesteh! du mußt es sagen! +Und ich versprech es dir, +Was du gestehest bleibt bei mir." +"Auf Sein Versprechen, Herr, mag es ein andrer wagen; +Daß ich kein Narre bin! +Er darfs, Ehrwürdger Herr, nur einem Jungen sagen, +So ist mein Glücke hin." +"Verstockter Bösewicht", fuhr ihn der Pater an, +"Weißt du, vor wem du stehst?--daß ich dich zwingen kann? +Geh! dein Gewissen soll dich brennen! +Kein Heiliger dich kennen! +Dich kenn Maria nicht, auch nicht Mariens Sohn!" +Hier wär dem armen Bauerjungen +Vor Angst beinah das Herz zersprungen. +Er weint und sprach voll Reu: "Ich weiß"--"Das weiß ich schon, +Daß du was weißt; doch was?"--"Was sich nicht sagen läßt"-- +"Noch zauderst du?"--"Ich weiß"--"Was denn?" "Ein Vogelnest. +Doch wo es ist, fragt nicht; ich fürchte drum zu kommen. +Vorm Jahre hat mir Matz wohl zehne weggenommen." +"Geh Narr, ein Vogelnest war nicht der Mühe wert, +Daß du es mir gesagt, und ichs von dir begehrt." + +Ich kenn ein drolligt Volk,* mit mir kennt es die Welt, +Das schon seit manchen Jahren +Die Neugier auf der Folter hält, +Und dennoch kann sie nichts erfahren. +Hör auf, leichtgläubge Schar, sie forschend zu umschlingen! +Hör auf, mit Ernst in sie zu dringen! +Wer kein Geheimnis hat, kann leicht den Mund verschließen. +Das Gift der Plauderei ist, nichts zu plaudern wissen. +Und wissen sie auch was, so kann mein Märchen lehren, +Daß oft Geheimnisse uns nichts Geheimes lehren, +Und man zuletzt wohl spricht: War das der Mühe wert, +Daß ihr es mir gesagt, und ichs von euch begehrt? + +* Die Freimäurer. + + + + +Das Kruzifix + +"Hans", spricht der Pater, "du mußt laufen, +Uns in der nächsten Stadt ein Kruzifix zu kaufen. +Nimm Matzen mit, hier hast du Geld. +Du wirst wohl sehn, wie teuer man es hält." +Hans kömmt mit Matzen nach der Stadt. +Der erste Künstler war der beste. +"Herr, wenn Er Kruzifixe hat, +So laß Er uns doch eins zum heilgen Osterfeste." + +Der Künstler war ein schalkscher Mann, +Der gern der Einfalt lachte, +Und Dumme gern noch dümmer machte, +Und fing im Scherz zu fragen an: +"Was wollt ihr denn für eines?" + +"Je nun", spricht Matz, "ein wacker feines. +Wir werden sehn, was ihr uns gebt." + +"Das glaub ich wohl, allein das frag ich nicht. +Ein totes, oder eins das lebt?" + +Hans guckte Matzen und Matz Hansen ins Gesicht. +Sie öffneten das Maul, allein es redte nicht. +"Nun gebt mir doch Bericht. +Habt ihr den Pater nicht gefragt?" +"Mein Blut!" spricht endlich Hans, der aus dem Traum erwachte, +"Mein Blut! er hat uns nichts gesagt. +Weißt du es, Matz?"--"Ich dachte; +Wenn dus nicht weißt; wie soll ichs wissen?" +"So werdet ihr den Weg noch einmal gehen müssen. +"Das wollen wir wohl bleiben lassen. +Ja, wenn es nicht zur Frone wär." + +Sie denken lange hin und her, +Und wissen keinen Rat zu fassen. +Doch endlich fällt es Matzen ein: +"Je! Hans, sollts nicht am besten sein, +Wir kauften eins das lebt?--Denn sieh, +Ists ihm nicht recht, so machts ja wenig Müh, +Wärs auch ein Ochs, es tot zu schlagen." +"Nun ja", spricht Hans, "das wollt ich eben sagen: +So haben wir nicht viel zu wagen." + +Das war ein Argument, ihr Herren Theologen, +Das Hans und Matz ex tuto zogen. + + + + +Das Muster der Ehen + +Ein rares Beispiel will ich singen, +Wobei die Welt erstaunen wird. +Daß alle Ehen Zwietracht bringen, +Glaubt jeder, aber jeder irrt. +Ich sah das Muster aller Ehen, +Still, wie die stillste Sommernacht. +Oh! daß sie keiner möge sehen, +Der mich zum frechen Lügner macht! + +Und gleichwohl war die Frau kein Engel, +Und der Gemahl kein Heiliger; +Es hatte jedes seine Mängel. +Denn niemand ist von allen leer. + +Doch sollte mich ein Spötter fragen, +Wie diese Wunder möglich sind? +Der lasse sich zur Antwort sagen: +Der Mann war taub, die Frau war blind. + + + + +Der Adler und die Eule + +Der Adler Jupiters und Pallas Eule stritten. +"Abscheulich Nachtgespenst!"--"Bescheidner, darf ich bitten. +Der Himmel heget mich und dich; +Was bist du also mehr, als ich?" +Der Adler sprach: Wahr ists, im Himmel sind wir beide; +Doch mit dem Unterscheide: +Ich kam durch eignen Flug, +Wohin dich deine Göttin trug. + + + + +Der Eremit + +Im Walde nah bei einer Stadt, +Die man mir nicht genennet hat, +Ließ einst ein seltenes Gefieder, +Ein junger Eremit sich nieder. +"In einer Stadt", denkt Applikant, +"Die man ihm nicht genannt? +Was muß er wohl für eine meinen? +Beinahe sollte mir es scheinen, +Daß die,--nein die--gemeinet wär." +Kurz Applikant denkt hin und her, +Und schließt, noch eh er mich gelesen, +Es sei gewiß Berlin gewesen. + +"Berlin? Ja, ja, das sieht man bald; +Denn bei Berlin ist ja ein Wald.-- + +Der Schluß ist stark, bei meiner Ehre: +Ich dachte nicht, daß es so deutlich wäre. +Der Wald paßt herrlich auf Berlin, +Ohn ihn beim Haar herbeizuziehn. +Und ob das Übrige wird passen, +Will ich dem Leser überlassen. +Auf Griechisch weiß ich, wie sie hieß; +Doch wer verstehts? Kerapolis. + +Hier, nahe bei Kerapolis, +Wars, wo ein junger Eremite, +In einer kleinen leeren Hütte, +Im dicksten Wald sich niederließ. +Was je ein Eremit getan, +Fing er mit größtem Eifer an. +Er betete, er sang, er schrie, +Des Tags, des Nachts, und spät und früh. +Er aß kein Fleisch, er trank nicht Wein, +Ließ Wurzeln seine Nahrung sein, +Und seinen Trank das helle Wasser; +Bei allem Appetit kein Prasser. +Er geißelte sich bis aufs Blut, +Und wußte wie das Wachen tut. +Er fastete wohl ganze Tage, +Und blieb auf einem Fuße stehn; +Und machte sich rechtschaffne Plage, +In Himmel mühsam einzugehn. +Was Wunder also, daß gar bald +Vom jungen Heiligen im Wald +Der Ruf bis in die Stadt erschallt? + +Die erste, die aus dieser Stadt +Zu ihm die heilge Wallfahrt tat, +War ein betagtes Weib. +Auf Krücken, zitternd, kam sie an, +Und fand den wilden Gottesmann, +Der sie von weitem kommen sahe, +Dem hölzern Kreuze knieend nahe. +Je näher sie ihm kömmt, je mehr +Schlägt er die Brust, und weint, und winselt er, +Und wie es sich für einen Heilgen schicket, +Erblickt sie nicht, ob er sie gleich erblicket. +Bis er zuletzt vom Knieen matt, +Und heiliger Verstellung satt, +Vom Fasten, Kreuzgen, Klosterleben, +Marienbildern, Opfergeben, +Von Beichte, Salbung, Seelenmessen, +Ohn das Vermächtnis zu vergessen, +Von Rosenkränzen mit ihr redte, +Und das so oratorisch sagt, +Daß sie erbärmlich weint und klagt, +Als ob er sie geprügelt hätte. +Zum Schluß bricht sie von seiner Hütte, +Wozu der saure Eremite +Mit Not ihr die Erlaubnis gab, +Sich einen heilgen Splitter ab, +Den sie beküsset und belecket, +Und in den welken Busen stecket. +Mit diesem Schatz von Heiligkeit +Kehrt sie zurück begnadigt und erfreut, +Und läßt daheim die frömmsten Frauen +Ihn küssen, andre nur beschauen. +Sie ging zugleich von Haus zu Haus, +Und rief auf allen Gassen aus: +"Der ist verloren und verflucht, +Der unsern Eremiten nicht besucht!" +Und brachte hundert Gründe bei, +Warum es sonderlich den Weibern nützlich sei. + +Ein altes Weib kann Eindruck machen; +Zum Weinen bei der Frau, und bei dem Mann zum Lachen. +Zwar ist der Satz nicht allgemein; +Auch Männer können Weiber sein. +Doch diesmal waren sie es nicht. +Die Weiber schienen nur erpicht, +Den teuern Waldseraph zu sehen. +Die Männer aber?--wehrtens nicht, +Und ließen ihre Weiber gehen. +Die Häßlichen und Schönen, +Die ältesten und jüngsten Frauen, +Das arme wie das reiche Weib,-- +Kurz jede ging, sich zu erbauen, +Und jede fand erwünschten Zeitvertreib. + +"Was? Zeitvertreib, wo man erbauen will? +Was soll der Widerspruch bedeuten?" +Ein Widerspruch? Das wäre viel! +"Er sprach ja sonst von lauter Seligkeiten!"-- +Oh! davon sprach er noch, nur mit dem Unterscheide: +Mit Alten sprach er stets von Tod und Eitelkeit, +Mit Armen von des Himmels Freude, +Mit Häßlichen von Ehrbarkeit, +Nur mit den Schönen allezeit +Vom ersten jeder Christentriebe. +Was ist das? Wer mich fragt, kann der ein Christ wohl sein? +Denn jeder Christ kömmt damit überein, +Es sei die liebe Liebe. + +Der Eremit war jung; das hab ich schon gesagt. +Doch schön? Wer nach der Schönheit fragt, +Der mag ihn hier besehn. +Genug, den Weibern war er schön. +Ein starker, frischer, junger Kerl, +Nicht dicke wie ein Faß, nicht hager wie ein Querl-- +"Nun, nun, aus seiner Kost ist jenes leicht zu schließen." +Doch sollte man auch wissen, +Daß Gott dem, den er liebt, +Zu Steinen wohl Gedeihen gibt; +Und das ist doch kein fett Gerichte! +Ein bräunlich männliches Gesichte, +Nicht allzu klein, nicht allzu groß, +Das sich im dichten Barte schloß; +Die Blicke wild, doch sonder Anmut nicht; +Die Nase lang, wie man die Kaisernasen dichtt. +Das ungebundne Haar floß straubicht um das Haupt; +Und wesentlichre Schönheitsstücke +Hat der zerrißne Rock dem Blicke +Nicht ganz entdeckt, nicht ganz geraubt. +Der Waden nur noch zu gedenken: +Sie waren groß, und hart wie Stein. +Das sollen, wie man sagt, nicht schlimme Zeichen sein; +Allein den Grund wird man mir schenken. + +Nun wahrlich, so ein Kerl kann Weiber lüstern machen. +Ich sag es nicht für mich; es sind geschehne Sachen. +"Geschehne Sachen? was? +So ist man gar zur Tat gekommen?" +Mein lieber Simplex, fragt sich das? +Weswegen hätt er denn die Predigt unternommen? +Die süße Lehre süßer Triebe? +Die Liebe heischet Gegenliebe, +Und wer ihr Priester ist, verdienet keinen Haß. + +O Andacht, mußt du doch so manche Sünde decken! +Zwar die Moral ist hier zu scharf, +Weil mancher Mensch sich nicht bespiegeln darf, +Aus Furcht, er möchte vor sich selbst erschrecken. +Drum will ich nur mit meinen Lehren +Ganz still nach Hause wieder kehren. +Kömmt mir einmal der Einfall ein, +Und ein Verleger will für mich so gnädig sein, +Mich in groß Quart in Druck zu nehmen; +So könnt ich mich vielleicht bequemen, +Mit hundert englischen Moralen, +Die ich im Laden sah, zu prahlen, +Exempelschätze, Sittenrichter, +Die alten und die neuen Dichter +Mit witzgen Fingern nachzuschlagen, +Und was die sagen, und nicht sagen, +In einer Note abzuschreiben. +Bringt, sag ich noch einmal, man mich gedruckt an Tag; +Denn in der Handschrift laß ichs bleiben, +Weil ich mich nicht belügen mag. + +Ich fahr in der Erzählung fort-- +Doch möcht ich in der Tat gestehn, +Ich hätte manchmal mögen sehn, +Was die und die, die an den Wallfahrtsort +Mit heiligen Gedanken kam, +Für fremde Mienen an sich nahm, +Wenn der verwegne Eremit, +Fein listig, Schritt vor Schritt, +Vom Geist aufs Fleisch zu reden kam. +Ich zweifle nicht, daß die verletzte Scham +Den Zorn nicht ins Gesicht getrieben, +Daß Mund und Hand nicht in Bewegung kam, +Weil beide die Bewegung lieben; +Allein, daß die Versöhnung ausgeblieben, +Glaub ich, und wer die Weiber kennt, +Nicht eher, als kein Stroh mehr brennt. +Denn wird doch wohl ein Löwe zahm. +Und eine Frau ist ohnedem ein Lamm. +"Ein Lamm? du magst die Weiber kennen." +Je nun, man kann sie doch insoweit Lämmer nennen, +Als sie von selbst ins Feuer rennen. + +"Fährst du in der Erzählung fort? +Und bleibst mit deinem Kritisieren +Doch ewig an demselben Ort?" +So kann das Nützliche den Dichter auch verführen. +Nun gut, ich fahre fort, +Und sag, um wirklich fortzufahren, +Daß nach fünf Vierteljahren +Die Schelmereien ruchbar waren. +"Erst nach fünf Vierteljahren? Nu; +Der Eremit hat wacker ausgehalten. +So viel trau ich mir doch nicht zu; +Ich möchte nicht sein Amt ein Vierteljahr verwalten. +Allein, wie ward es ewig kund? +Hat es ein schlauer Mann erfahren? +Verriet es einer Frau waschhafter Mund? +Wie? oder daß den Hochverrat +Ein alt neugierig Weib, aus Neid, begangen hat?" +O nein; hier muß man besser raten, +Zwei muntre Mädchen hatten schuld, +Die voller frommen Ungeduld +Das taten, was die Mütter taten; +Und dennoch wollten sich die Mütter nicht bequemen, +Die guten Kinder mitzunehmen. +"Sie merkten also wohl den Braten?"-- +Und haben ihn gar dem Papa verraten. +"Die Töchter sagtens dem Papa? +Wo blieb die Liebe zur Mama?" +Oh! die kann nichts darunter leiden; +Denn wenn ein Mädchen auch die Mutter liebt, +Daß es der Mutter in der Not +Den letzten Bissen Brot +Aus seinem Munde gibt; +So kann das Mädchen doch die Mutter hier beneiden, +Hier, wo so Lieb als Klugheit spricht: +Ihr Schönen, trotz der Kinderpflicht, +Vergeßt euch selber nicht! +Kurz, durch die Mädchen kams ans Licht, +Daß er, der Eremit, beinah die ganze Stadt +Zu Schwägern oder Kindern hat. + +Oh! der verfluchte Schelm! Wer hätte das gedacht! +Die ganze Stadt ward aufgebracht, +Und jeder Ehmann schwur, daß in der ersten Nacht, +Er und sein Mitgenoß der Hain, +Des Feuers Beute müsse sein. +Schon rotteten sich ganze Scharen, +Die zu der Rache fertig waren. +Doch ein hochweiser Magistrat +Besetzt das Tor, und sperrt die Stadt, +Der Eigenrache vorzukommen, +Und schicket alsobald +Die Schergen in den Wald, +Die ihn vom Kreuze weg, und in Verhaft genommen. +Man redte schon von Galgen und von Rad, +So sehr schien sein Verbrechen häßlich; +Und keine Strafe war so gräßlich, +Die, wie man sagt, er nicht verdienet hat. +Und nur ein Hagestolz, ein schlauer Advokat, +Sprach: "Oh! dem kömmt man nicht ans Leben, +Der es Unzähligen zu geben, +So rühmlich sich beflissen hat." + +Der Eremite, der die Nacht +Im Kerker ungewiß und sorgend durchgemacht, +Ward morgen ins Verhör gebracht. +Der Richter war ein schalkscher Mann, +Der jeden mit Vergnügen schraubte, +Und doch--(wie man sich irren kann!) +Von seiner Frau das beste glaubte. +"Sie ist ein Ausbund aller Frommen, +Und nur einmal in Wald gekommen, +Den Pater Eremit zu sehn. +Einmal! Was kann da viel geschehn?" +So denkt der gütige Herr Richter. +Denk immer so, zu deiner Ruh, +Lacht gleich die Wahrheit und der Dichter, +Und deine fromme Frau dazu. + +Nun tritt der Eremit vor ihn. +"Mein Freund, wollt Ihr von selbst die nennen, +Die--die Ihr kennt, und die Euch kennen: +So könnt Ihr der Tortur entfliehn. +Doch"--"Darum laß ich mich nicht plagen. +Ich will sie alle sagen. +Herr Richter, schreib Er nur!" Und wie? +Der Eremit entdecket sie? +Ein Eremite kann nicht schweigen? +Sonst ist das Plaudern nur den Stutzern eigen. +Der Richter schrieb. "Die erste war +Kamilla"--"Wer? Kamilla?" "Ja fürwahr! +Die andern sind: Sophia, Laura, Doris, +Angelika, Korinna, Chloris"-- +"Der Henker mag sie alle fassen, +Gemach! und eine nach der andern fein! +Denn eine nur vorbei zu lassen"-- +"Wird wohl kein großer Schade sein", +Fiel jeder Ratsherr ihm ins Wort. +"Hört", schrieen sie, "erzählt nur fort!" +Weil jeder Ratsherr in Gefahr, +Sein eigen Weib zu hören war. +"Ihr Herren", schrie der Richter, "nein! +Die Wahrheit muß am Tage sein; +Was können wir sonst für ein Urteil fassen?" +"Ihn", schrieen alle, "gehn zu lassen." +"Nein, die Gerechtigkeit"--und kurz der Delinquent +Hat jede noch einmal genennt, +Und jeder hing der Richter dann +Ein loses Wort für ihren Hahnrei an. +Das Hundert war schon mehr als voll; +Der Eremit, der mehr gestehen soll, +Stockt, weigert sich, scheut sich zu sprechen-- +"Nu, nu, nur fort! was zwingt Euch wohl, +So unvermutet abzubrechen?" +"Das sind sie alle!" "Seid Ihr toll? +Ein Held wie Ihr! Gestehet nur, gesteht! +Die letzten waren, wie Ihr seht: +Klara, Pulcheria, Susanne, +Charlotte, Mariane, Hanne. +Denkt nach! ich laß Euch Zeit dazu!" +"Das sind sie wirklich alle!" "Nu-- +Macht, eh wir schärfer in Euch dringen!" +"Nein keine mehr; ich weiß genau_-- +"Ha! ha! ich seh, man soll Euch zwingen"-- +"Nun gut, Herr Richter,--Seine Frau"-- + +* +Daß man von der Erzählung nicht +Als einem Weibermärchen spricht, +So mach ich sie zum Lehrgedicht, +Durch beigefügten Unterricht: +Wer seines Nächsten Schande sucht, +Wird selber seine Schande finden! +Nicht wahr, so liest man mich mit Frucht? +Und ich erzähle sonder Sünden? + + + + +Der Hirsch und der Fuchs + +"Hirsch, wahrlich, das begreif ich nicht", +Hört ich den Fuchs zum Hirsche sagen, +"Wie dir der Mut so sehr gebricht? +Der kleinste Windhund kann dich jagen. +Besieh dich doch, wie groß du bist! +Und sollt es dir an Stärke fehlen? +Den größten Hund, so stark er ist, +Kann dein Geweih mit einem Stoß entseelen. +Uns Füchsen muß man wohl die Schwachheit übersehn; +Wir sind zu schwach zum widerstehn. +Doch daß ein Hirsch nicht weichen muß, +Ist sonnenklar. Hör meinen Schluß. +Ist jemand stärker, als sein Feind, +Der braucht sich nicht vor ihm zurückzuziehen; +Du bist den Hunden nun weit überlegen, Freund: +Und folglich darfst du niemals fliehen." +"Gewiß, ich hab es nie so reiflich überlegt. +Von nun an", sprach der Hirsch, "sieht man mich unbewegt, +Wenn Hund' und Jäger auf mich fallen; +Nun widersteh ich allen." + +Zum Unglück, daß Dianens Schar +So nah mit ihren Hunden war. +Sie bellen, und sobald der Wald +Von ihrem Bellen widerschallt, +Fliehn schnell der schwache Fuchs und starke Hirsch davon. + +* +Natur tut allzeit mehr, als Demonstration. + + + + +Der Löwe und die Mücke + +Ein junger Held vom muntern Heere, +Das nur der Sonnenschein belebt, +Und das mit saugendem Gewehre +Nach Ruhm gestochner Beulen strebt, +Doch die man noch zum großen Glücke +Durch zwei Paar Strümpfe hindern kann, +Der junge Held war eine Mücke. +Hört meines Helden Taten an! +Auf ihren Kreuz- und Ritterzügen +Fand sie, entfernt von ihrer Schar, +Im Schlummer einen Löwen liegen, +Der von der Jagd entkräftet war. +Seht, Schwestern, dort den Löwen schlafen, +Schrie sie die Schwestern gaukelnd an. +Jetzt will ich hin, und will ihn strafen. +Er soll mir bluten, der Tyrann! + +Sie eilt, und mit verwegnem Sprunge +Setzt sie sich auf des Königs Schwanz. +Sie sticht, und flieht mit schnellem Schwunge, +Stolz auf den sauern Lorbeerkranz. +Der Löwe will sich nicht bewegen? +Wie? ist er tot? Das heiß ich Wut! +Zu mördrisch war der Mücke Degen: +Doch sagt, ob er nicht Wunder tut? + +"Ich bin es, die den Wald befreiet, +Wo seine Mordsucht sonst getobt. +Seht, Schwestern, den der Tiger scheuet, +Der stirbt! Mein Stachel sei gelobt!" +Die Schwestern jauchzen, voll Vergnügen, +Um ihre laute Siegerin. +Wie? Löwen, Löwen zu besiegen! +Wie, Schwester, kam dir das in Sinn? + +"Ja, Schwestern, wagen muß man! wagen! +Ich hätt es selber nicht gedacht. +Auf! lasset uns mehr Feinde schlagen. +Der Anfang ist zu schön gemacht." +Doch unter diesen Siegesliedern, +Da jede von Triumphen sprach, +Erwacht der matte Löwe wieder, +Und eilt erquickt dem Raube nach. + + + + +Der Sperling und die Feldmaus + +Zur Feldmaus sprach ein Spatz: Sieh dort den Adler sitzen! +Sieh, weil du ihn noch siehst! er wiegt den Körper schon; +Bereit zum kühnen Flug, bekannt mit Sonn und Blitzen, +Zielt er nach Jovis Thron. +Doch wette,--seh ich schon nicht adlermäßig aus-- +Ich flieg ihm gleich.--Fleug, Prahler, rief die Maus. +Indes flog jener auf, kühn auf geprüfte Schwingen; +Und dieser wagts, ihm nachzudringen. +Doch kaum, daß ihr ungleicher Flug +Sie beide bis zur Höh gemeiner Bäume trug, +Als beide sich dem Blick der blöden Maus entzogen, +Und beide, wie sie schloß, gleich unermeßlich flogen. + +* +Ein unbiegsamer F* will kühn wie Milton singen. +Nach dem er Richter wählt, nach dem wirds ihm gelingen. + + + + +Der Tanzbär + +Ein Tanzbär war der Kett entrissen, +Kam wieder in den Wald zurück, +Und tanzte seiner Schar ein Meisterstück +Auf den gewohnten Hinterfüßen. +"Seht", schrie er, "das ist Kunst; das lernt man in der Welt. +Tut mir es nach, wenns euch gefällt, +Und wenn ihr könnt!" "Geh", brummt ein alter Bär, +"Dergleichen Kunst, sie sei so schwer, +Sie sei so rar sie sei! +Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei." + +* +Ein großer Hofmann sein, +Ein Mann, dem Schmeichelei und List +Statt Witz und Tugend ist; +Der durch Kabalen steigt, des Fürsten Gunst erstiehlt, +Mit Wort und Schwur als Komplimenten spielt, +Ein solcher Mann, ein großer Hofmann sein, +Schließt das Lob oder Tadel ein? + + + + +Der über uns + +Hans Steffen stieg bei Dämmerung (und kaum +Konnt er vor Näschigkeit die Dämmerung erwarten) +In seines Edelmannes Garten +Und plünderte den besten Äpfelbaum. +Johann und Hanne konnten kaum +Vor Liebesglut die Dämmerung erwarten, +Und schlichen sich in eben diesen Garten, +Von ungefähr an eben diesen Äpfelbaum. + +Hans Steffen, der im Winkel oben saß +Und fleißig brach und aß, +Ward mäuschenstill, vor Wartung böser Dinge, +Daß seine Näscherei ihm diesmal schlecht gelinge. +Doch bald vernahm er unten Dinge, +Worüber er der Furcht vergaß +Und immer sachte weiter aß. + +Johann warf Hannen in das Gras. +"O pfui," rief Hanne; "welcher Spaß! +Nicht doch, Johann!--Ei was? +Oh, schäme dich!--Ein andermal--o laß-- +Oh, schäme dich!--Hier ist es naß."-- +"Naß, oder nicht; was schadet das? +Es ist ja reines Gras."-- + +Wie dies Gespräche weiter lief, +Das weiß ich nicht. Wer brauchts zu wissen? +Sie stunden wieder auf und Hanne seufzte tief: +"So, schöner Herr! heißt das bloß küssen? +Das Männerherz! Kein einzger hat Gewissen! +Sie könnten es uns so versüßen! +Wie grausam aber müssen +Wir armen Mädchen öfters dafür büßen! +Wenn nun auch mir ein Unglück widerfährt-- +Ein Kind--ich zittre--wer ernährt +Mir dann das Kind? Kannst du es mir ernähren?" +"Ich?" sprach Johann; "die Zeit mags lehren. +Doch wirds auch nicht von mir ernährt, +Der über uns wirds schon ernähren, +Dem über uns vertrau!" + +Dem über uns! Dies hörte Steffen. +Was, dacht er, will das Pack mich äffen? +Der über ihnen? Ei, wie schlau! +"Nein!" schrie er: "laßt euch andre Hoffnung laben! +Der über euch ist nicht so toll! +Wenn ich ein Bankbein nähren soll: +So will ich es auch selbst gedrechselt haben!" + +Wer hier erschrak und aus dem Garten rann, +Das waren Hanne und Johann. +Doch gaben bei dem Edelmann +Sie auch den Äpfeldieb wohl an? +Ich glaube nicht, daß sies getan. + + + + +Der Wunsch zu sterben +Eine Erzählung. + + +Ein durch die Jagd ergrimmter Bär +Latscht hinter einen Wandrer her. +Aus Rache will er ihn zerreißen. +(Das mag dem Wandrer wohl ein unverdientes Unglück heißen.) +Aus Rache, dummes Tier? wird mancher Leser sprechen, +Kannst du dich nicht an deinen Jägern rächen? +O schimpft mir nicht das gute Vieh: +Es folgt den Trieben nur; Vernunft regiert es nie. +Es hat ja unter uns--was sagt ich? nein--bei Hunden +Gewiß nicht wenige von gleicher Art gefunden. +Geschwinde! Wanderer, geschwind und rette dich. +Er läuft, der Bär läuft nach. Er schreit, will sich verstecken, +Der Bär nicht faul, sucht ihn, bricht brummend durch die Hecken, +Und jagt ihn wieder vor. Der ändert oft den Lauf; +Bald rechts, bald vor, bald links. Doch alle diese Ränke +Sind hier umsonst. Warum? Der Bär hat auch Gelenke. +Gewiß so eine Jagd wär mir nicht lächerlich! +Jedoch zu was wird sich der Wandrer nun entschließen? +Er springt den nächsten Baum hinauf. +Oh! das wird niemand wohl das beste Mittel nennen. +Er mußte doch in aller Angst nicht wissen, +Daß Bäre gleichfalls klettern können. +Das tolle Tier erblickt es kaum, +So stutzt es, brummt und kratzt den Baum, +Es bäumt den schweren Leib, es setzt die Vordertatzen +An Rind und Ästen ein, so schnell, als scheue Katzen. +So langsam Gegenteils hebt es des Körpers Wucht; +Doch kömmt es schon so hoch, daß der den Gipfel sucht. +Was gibt uns oft die Angst nicht ein? +Der Wandrer sucht des Feindes los zu sein. +Er stößt, und stößt den Fuß mit voller Leibesstärke +Dem Bäre vor den Kopf. Doch große Wunderwerke +Tat dieses Stößchen nicht. Wie kann es anders sein? +Wer Bäre töten will, braucht der den Fuß allein? +Er taumelt nur, anstatt zu fallen, +Und fasset schnell mit seinen Krallen +Des Wandrers Fuß, der nach ihm stieß. +Er hält ihn, wie ein Bär. Durch Zerren und durch Beißen +Sucht er den Raub herabzureißen. +Jedoch je mehr er riß, je mehr hält jener sich +An Ästen fest und ritterlich. +Wenn Witz und Tapferkeit uns nicht erretten kann, +Beut oft das blinde Glück uns seine Rettung an. +Der wütend plumpe Bär +Ist für den dünnen Ast zu schwer; +Der bricht, und er fällt schütternd schnell zu Boden. +Der Fall bringt ihn fast um den Oden, +Und keuchend schleicht er zornig fort. +Von Schrecken, Furcht und Schmerzen eingenommen, +Sieht kaum der Wanderer, daß er der Not entkommen. +Nun lobt er wohl, durch jedes Wort, +Mit zärtlich dankbarem Gemüte +Des Himmels unverhoffte Güte? +O weit gefehlet! nein! mit zitternd schwacher Sprache +Flucht, lästert, schreiet er selbst wider GOtt um Rache. +Er kriecht vom Baum herab und läßt sich murrend nieder. +Sein nasses Auge sieht das Blut der wunden Glieder. +Der Schmerz verführet ihn, daß er den Tod begehrt, +Den Tod, vor dem er sich mit Fliehn und Schrein gewehrt. +Bald flucht er auf den Bär, der ihn nicht ganz zerrissen; +Bald flucht er auf sich selbst, daß er sich retten müssen. +"O näh're dich, erwünschter Tod! +Benimm mir Leben Schmerz und Not! +Entführ mir dieser Wunsch doch mit dem letzten Hauche!" +St! St! was raschelt dort, dort hinter jenem Strauche? +Beglückter Wanderer! dein Wunsch ist schon erhört. +Es kömmt ein neuer Bär, der dich im Klagen stört. +Ein Bär? Erschrick nur nicht! Ein Bär. +Ohn Zweifel schickt der Tod ihn her. +Der Tod? Ja! ja, der Tod den du gewünschet hast, +Gewünschet und erfleht. "Das ist ein schlimmer Gast. +Der Henker! weiß er denn gar nichts von Komplimenten? +Wenn meine Beine doch mich nur erretten könnten!" +Mit Mühe sucht er aufzustehn; +Doch kann er nicht vom Flecke gehn. +Hier kam ihm schnell ein ander Mittel ein, +Das ihm vorher nicht eingekommen. +Er hatt es einst (zehn Jahre mocht es sein) +Von einem Reisenden vernommen; +Und hatt es nie, nur in der Not, vergessen, +Daß Bäre selten Tote fressen. +Sein Einfall wirft ihn hurtig nieder; +Die schon vor Schrecken kalten Glieder +Streckt er starr von sich weg, so sehr er immer kann, +Und hält den Oden mühsam an. +Der Bär beschnopert ihn, findt keines Lebens Spur, +Mag sich an Toten nicht begnügen, +Kehrt sittsam um, und brummet nur, +Und läßt den Schalk in Ruhe liegen. +Was ist bei dir ein Wunsch? Mein Freund, laß michs verstehen. +Du wünschst den Tod: er kömmt; du suchst ihm zu entgehen. +Steh auf! der Bär ist fort. Was fluchst du ihm noch nach? +Zum Danke, daß er dir nicht Hals und Beine brach? +Was soll die Lästerung? Verringert sie die Schmerzen? +Noch wünschest du den Tod? Das geht dir wohl von Herzen? +Nur schade, daß er dich vorhin so spotten sah: +Sonst wär er wahrlich längst auf dein Ersuchen da. +Der schwüle Tag vergeht; der Abend bricht herein. +O könnt er, in geborstnen Feldern, +Wie durch die Hitze matten Wäldern, +Mein Wandrer, ebenfalls dir zur Erquickung sein! +Man sieht die Luft, sich abzukühlen, +Mit stummen Blitzen häufig spielen. +"Oh!" schreit der Wanderer, "zög sich ein Wetter auf! +O hemmten Blitz und Schlag mir Pein und Lebenslauf!" +Schnell zeigt der Donnergott dem Wunsche sich gewogen. +Des ganzen Himmels weite Ferne +Verdeckt viel Dunst; die hellsten Sterne +Sind schwarz mit Wolken überzogen, +Schnell fährt der Blitz heraus, kracht hier und dort ein Schlag. +Auf, Wandrer, freue dich! das ist dein Sterbetag! +Nun wird der Tod auf Donnerkeilen +Zu dir verlaßnem Armen eilen. +Was scherzst du noch voll Furcht?--Ihr Freunde, gebt doch acht; +Doch bitt ich, zwänget euch, daß ihr nicht drüber lacht... +"Ja! das ist Pein--o stürb ich doch!-- +Komm Tod! komm doch--du zauderst noch? +Jedoch hier mag ich wohl nicht allzusicher liegen? +Ich habe ja einmal gehört, +Wie die Erfahrung oft gelehrt, +Daß Donner gern in Eichen schlügen. +O machte mir ein Lorbeerbaum +Doch unter seinen Ästen Raum. +O weh! wie schmerzt das Bein! Erbarm dich doch o Tod! +Jedoch dort schlug es ein--Nun ists die höchste Not, +Soll mich das Wetter nicht verletzen, +Mich schnell in Sicherheit zu setzen!" +Geh! dummer Wandrer, geh! such einen sichern Ort; +Und wünsche bald den Tod; bald wünsch ihn wieder fort. +Mich soll dein Wankelmut der Menschen Zagheit lehren, +Muß ich sie so, wie dich, verwegen wünschen hören. +Glaubt, Freunde, glaubet mir! der ist ein weiser Mann, +Der zwar das Leben liebt, doch mutig sterben kann! + +L. a. C. + + + + +Die Bäre + +Den Bären glückt' es, nun schon seit geraumer Zeit, +Mit Brummen, plumpem Ernst und stolzer Frömmigkeit, +Das Sittenrichteramt, bei allen schwächern Tieren, +Aus angemaßter Macht, gleich Wütrichen, zu führen. +Ein jedes furchte sich, und keines war so kühn, +Sich um die saure Pflicht nebst ihnen zu bemühn; +Bis endlich noch im Fuchs der Patriot erwachte, +Und hier und da ein Fuchs auf Sittensprüche dachte. +Nun sah man beide stets auf gleiche Zwecke sehn; +Und beide sah man doch verschiedne Wege gehn. +Die Bäre wollen nur durch Strenge heilig machen; +Die Füchse strafen auch, doch strafen sie mit Lachen. +Dort brauchet man nur Fluch; hier brauchet man nur Scherz; +Dort bessert man den Schein; hier bessert man das Herz. +Dort sieht man Düsternheit; hier sieht man Licht und Leben; +Dort nach der Heuchelei; hier nach der Tugend streben. +Du, der du weiter denkst, fragst du mich nicht geschwind: +Ob beide Teile wohl auch gute Freunde sind? +O wären sies! Welch Glück für Tugend, Witz und Sitten! +Doch nein, der arme Fuchs wird von dem Bär bestritten, +Und, trotz des guten Zwecks, von ihm in Bann getan. +Warum? der Fuchs greift selbst die Bäre tadelnd an. + +* +Ich kann mich diesmal nicht bei der Moral verweilen; +Die fünfte Stunde schlägt; ich muß zum Schauplatz eilen. +Freund, leg die Predigt weg! Willst du nicht mit mir gehn? +Was spielt man? Den Tartüff. Dies Schandstück sollt ich sehn? + + + + +Die Brille + +Dem alten Freiherrn von Chrysant, +Wagts Amor, einen Streich zu spielen. +Für einen Hagestolz bekannt, +Fing, um die Sechzig, er sich wieder an zu fühlen. +Es flatterte, von Alt und Jung begafft, +Mit Reizen ganz besondrer Kraft, +Ein Bürgermädchen in der Nachbarschaft. +Dies Bürgermädchen hieß Finette. +Finette ward des Freiherrn Siegerin. +Ihr Bild stand mit ihm auf, und ging mit ihm zu Bette. +Da dacht in seinem Sinn +Der Freiherr: "Und warum denn nur ihr Bild? +Ihr Bild, das zwar den Kopf, doch nicht die Arme füllt? +Sie selbst steh mit mir auf, und geh mit mir zu Bette. +Sie werde meine Frau! Es schelte, wer da schilt; +Genädge Tant und Nicht und Schwägerin! +Finett ist meine Frau, und--ihre Dienerin." + +Schon so gewiß? Man wird es hören. +Der Freiherr kömmt, sich zu erklären, +Er greift das Mädchen bei der Hand, +Tut, wie ein Freiherr, ganz bekannt, +Und spricht: "Ich, Freiherr von Chrysant, +Ich habe Sie, mein Kind, zu meiner Frau ersehen. +Sie wird sich hoffentlich nicht selbst im Lichte stehen. +Ich habe Guts die Hüll und Fülle." +Und hierauf las er ihr, durch eine große Brille, +Von einem großen Zettel ab, +Wie viel ihm Gott an Gütern gab; +Wie reich er sie beschenken wolle; +Welch großen Witwenschatz sie einmal haben solle. +Dies alles las der reiche Mann +Ihr von dem Zettel ab, und guckte durch die Brille +Bei jedem Punkte sie begierig an. + +"Nun, Kind, was ist Ihr Wille?" +Mit diesen Worten schwieg der Freiherr stille, +Und nahm mit diesen Worten seine Brille +(Denn, dacht er, wird das Mädchen nun +So wie ein kluges Mädchen tun; +Wird mich und sie ihr schnelles Ja beglücken; +Werd ich den ersten Kuß auf ihre Lippen drücken: +So könnt ich, im Entzücken, +Die teure Brille leicht zerknicken!) +Die teure Brille wohlbedächtig ab. + +Finette, der dies Zeit sich zu bedenken gab, +Bedachte sich, und sprach nach reiflichem Bedenken: +"Sie sprechen, gnädger Herr, vom Freien und vom Schenken: +Ach! gnädger Herr, das alles wär sehr schön! +Ich würd in Samt und Seide gehn-- +Was gehn? Ich würde nicht mehr gehn; +Ich würde stolz mit Sechsen fahren. +Mir würden ganze Scharen +Von Dienern zu Gebote stehn. +Ach! wie gesagt, das alles wär sehr schön, +Wenn ich--wenn ich--" + +"Ein Wenn? Ich will doch sehn", +(Hier sahe man den alten Herrn sich blähn,) +"Was für ein Wenn mir kann im Wege stehn!" + +"Wenn ich nur nicht verschworen hätte--" +"Verschworen? was? Finette, +Verschworen nicht zu frein?-- +O Grille", rief der Freiherr, "Grille!" +Und griff nach seiner Brille, +Und nahm das Mädchen durch die Brille +Nochmals in Augenschein, +Und rief beständig: "Grille! Grille! +Verschworen nicht zu frein!" + +"Behüte!" sprach Finette, +"Verschworen nur mir keinen Mann zu frein, +Der so, wie Ihre Gnaden pflegt, +Die Augen in der Tasche trägt!" + + + + +Die eheliche Liebe + +Klorinde starb; sechs Wochen drauf +Gab auch ihr Mann das Leben auf, +Und seine Seele nahm aus diesem Weltgetümmel +Den pfeilgeraden Weg zum Himmel. +"Herr Petrus", rief er, "aufgemacht!" +"Wer da?"--"Ein wackrer Christ."-- +"Was für ein wackrer Christ?"-- +"Der manche Nacht, +Seitdem die Schwindsucht ihn aufs Krankenbette brachte, +In Furcht, Gebet und Zittern wachte. +Macht bald!"--Das Tor wird aufgetan. +"Ha! ha! Klorindens Mann! +Mein Freund", spricht Petrus, "nur herein; +Noch wird bei Eurer Frau ein Plätzchen ledig sein." +"Was? meine Frau im Himmel? wie? +Klorinden habt Ihr eingenommen? +Lebt wohl! habt Dank für Eure Müh! +Ich will schon sonst wo unterkommen." + + + + +Die kranke Pulcheria +Freie Übersetzung einer Erzählung aus dem Fontaine + + +Pulcheria ward krank... "Vielleicht die Lust zu büßen, +Die..." Pfui, wer wird nun gleich so voller Argwohn sein? +Schweigt, Neider! hört mir zu! ich lenke wieder ein. +Pulcheria ward krank. Unruhig im Gewissen, +Ließ ihr der Schmerz manchmal, die Schwermut niemals Ruh. +"Wie? Was? Pulcheria wär melancholisch worden? +Sprich, Lügner, lieber gar, sie trat in Nonnenorden." +Schon wieder stört ihr mich? Schweigt doch, und hört mir zu! +Als sie einst ihre Not zu lauten Seufzern trieb, +Sprach Lady, ihre Magd: "Laßt doch den Priester holen; +Legt dem die Beichte ab, so seid Ihr GOtt empfohlen; +Und beichten müsset Ihr, ist Euch der Himmel lieb." +"Ja dieser Rat ist gut", spricht unsre kranke Schöne. +"Lauf, oder schicke gleich zum Pater Andres hin; +Andres--merks wohl--weil ich auch sonst sein Beichtkind bin, +So oft ich mich mit dir, o lieber GOtt! versöhne." +Gleich läuft ein Diener hin, klopft an das Kloster an, +Und so, als wenn das Tor davon zerspringen solle. +"Nu, Nu! Gemach! Gemach!" Man fragt, zu wem er wolle? +"Je, macht nur erstlich auf." Das Tor wird aufgetan. +"Der Pater Andres wird zu meiner Frau begehret, +Die gerne beichten will, weil sie bald sterben kann." +"Wer?" fragt ein Bruder ihn; "Andres? der gute Mann! +Zehn Jahr ists schon, daß der im Himmel Beichte höret." + +L. + + + + +Die Nuß und die Katze +Eine Fabel. + + +"Gewiß, Herr Wirt, dies Obst ist nicht für meinen Magen. +Denn wenn ich mir, es frei zu sagen, +Ja eine Baumfrucht loben muß, +So lob ich mir die welsche Nuß. +Die schmeckt doch noch!--Bei meiner Treu! +Der zartste Apfel kömmt der Nuß, der Nuß nicht bei." +Ein Kätzchen, das der Wirtin Liebe +Nie mit Gewalt zum Mausen triebe, +Und itzt in ihrem Schoße saß, +War schlau, vernahm und merkte das. +"Was?" dacht es, "eine Nuß soll so vortrefflich schmecken? +Halt! diese Wahrheit soll mein Maul gleich selbst entdecken." +Es sprang vom Schoße weg, und lief dem Garten zu. +Nu, Katze, nu, wie dumm bist du! +Der schönen Chloris Schoß um eine Nuß zu lassen? +Wärst du ein junger Herr, wie würde sie dich hassen! +Nein, Schönen, räumet mir nur diesen Ort erst ein; +So wahr er mich ergetzt, ich will kein Kätzchen sein. +Doch dieses sag ich nur so im Vorübergehen. +Horcht! ich erzähle fort. Beim Garten blieb ich stehen? +Nicht? Ja. Wohl gut. Hier fand der Katze Lüsternheit +Beim nächsten Nußbaum nun, worauf sie sich gefreut. +Wollt ihr etwan ein Bild zu meiner Fabel malen: +So malt die Nüsse ja noch in den grünen Schalen, +Die unsre Katze fand. Darauf kömmt alles an. +Denn als sie kaum darein den ersten Biß getan, +So schnaubt und sprudelt sie, als wenn sie Glas gefressen. +"Dich", spricht sie, "lobt der Mensch: so mag er dich auch essen. +Oh! pfui, was muß er nicht für eine Zunge haben! +An solcher Säure sich zu laben!" + +* +O schweig nur dummes Tier! +Du schmähst zur Ungebühr, +Du hättest auf den Kern nur erstlich kommen sollen, +Denn den, die Schale nicht, hat Lydas loben wollen! + +L. + + + + +Die Sonne + +Der Stern, durch den es bei uns tagt-- +"Ach! Dichter, lern, wie unsereiner sprechen! +Muß man, wenn du erzählst, +Und uns mit albern Fabeln quälst, +Sich denkend noch den Kopf zerbrechen?" +Nun gut! die Sonne ward gefragt: +Ob sie es nicht verdrösse, +Daß ihre unermeßne Größe +Die durch den Schein betrogne Welt +Im Durchschnitt größer kaum, als eine Spanne, hält? +"Mich", spricht sie, "sollte dieses kränken? +Wer ist die Welt? wer sind sie, die so denken? +Ein blind Gewürm! Genug, wenn jene Geister nur, +Die auf der Wahrheit dunkeln Spur, +Das Wesen von dem Scheine trennen, +Wenn diese mich nur besser kennen!" + +* +Ihr Dichter, welche Feur und Geist +Des Pöbels blödem Blick entreißt, +Lernt, will euch mißgeschätzt des Lesers Kaltsinn kränken, +Zufrieden mit euch selbst, stolz wie die Sonne denken! + + + + +Die Teilung + +An seiner Braut, Fräulein Christinchens, Seite +Saß Junker Bogislav Dietrich Karl Ferdinand +Von--sein Geschlecht bleibt ungenannt-- +Und tat, wie alle seine Landesleute, +Die Pommern, ganz abscheulich witzig und galant. +Was schwatzte nicht für zuckersüße Schmeicheleien +Der Junker seinem Fräulein vor! +Was raunte nicht für kühne Schelmereien +Er ihr vertraut ins Ohr? +Mund, Aug und Nas und Brust und Hände, +Ein jedes Glied macht ihn entzückt, +Bis er, entzückt auch über Hüft und Lende, +Den plumpen Arm um Hüft und Lende drückt, +Das Fräulein war geschnürt (vielleicht zum ersten Male) +"Ha!" schrie der Junker; "wie geschlank! +Ha, welch ein Leib! verdammt, daß ich nicht male! +Als käm er von der Drechselbank! +So dünn!--Was braucht es viel zu sprechen? +Ich wette gleich--was wetten wir? wie viel? +Ich will ihn voneinander brechen! +Mit den zwei Fingern will ich ihn zerbrechen, +Wie einen Pfeifenstiel!" + +"Wie?" rief das Fräulein; "wie? zerbrechen? +Zerbrechen" (rief sie nochmals) "mich? +Sie könnten sich an meinem Latze stechen. +Ich bitte, Sie verschonen sich." + +"Beim Element! so will ichs wagen," +Schrie Junker Bogislav, "wohlan!" +Und hatte schon die Hände kreuzweis angeschlagen, +Und packte schon heroisch an; +Als schnell ein: "Bruder! Bruder, halt!" +Vom Ofen her aus einem Winkel schallt. + +In diesem Winkel saß, vergessen, nicht verloren, +Des Bräutgams jüngster Bruder, Fritz. +Fritz saß mit offnen Aug und Ohren, +Ein Kind voll Mutterwitz. + +"Halt!" schrie er, "Bruder! Auf ein Wort!" +Und zog den Bruder mit sich fort. +"Zerbrichst du sie, die schöne Docke, +So nimm die Oberhälfte dir! +Die Hälfte mit dem Unterrocke, +Die, lieber Bruder, schenke mir!" + + + + +Faustin + + +Faustin, der ganze funfzehn Jahr +Entfernt von Haus und Hof und Weib und Kindern war, +Ward, von dem Wucher reich gemacht, +Auf seinem Schiffe heimgebracht. +"Gott", seufzt der redliche Faustin, +Als ihm die Vaterstadt in dunkler Fern erschien, +"Gott, strafe mich nicht meiner Sünden, +Und gib mir nicht verdienten Lohn! +Laß, weil du gnädig bist, mich Tochter, Weib und Sohn +Gesund und fröhlich wieder finden." +So seufzt Faustin, und Gott erhört den Sünder. +Er kam, und fand sein Haus in Überfluß und Ruh. +Er fand sein Weib und seine beiden Kinder, +Und--Segen Gottes!--zwei dazu. + + + + +Morydan + + +Das Schiff, wo Morydan mit Weib und Kindern war +Kam plötzlich in Gefahr. +"Ach Götter, lasset euch bewegen! +Befehlt", schrie Morydan, "daß See und Sturm sich legen. +Nur diesmal lasset mich der nassen Gruft entfliehn; +Nie, nie, gelob ich euch, mehr übers Meer zu ziehn! +Neptun, erhöre mich! +Sechs schwarze Rinder schenk ich dir +Zum Opfer dankbar froh dafür!" +"Sechs schwarze Rinder?" rief Mondar, +Sein Nachbar der zugegen war. +"Sechs schwarze Rinder? Bist du toll? +Mir ist es ja, mir ist es schon bekannt, +Daß solchen Reichtum dir das Glück nicht zugewandt, +Und glaubst doch, daß es Gott Neptun nicht wissen soll?" + +* +Wie oft, o Sterblicher, wie ofte trauest du +Der Gottheit weniger als deinem Nachbar zu! + + + + +Nix Bodenstrom + + +Nix Bodenstrom, ein Schiffer, nahm-- +War es in Hamburg oder Amsterdam, +Daran ist wenig oder nichts gelegen-- +Ein junges Weib. +"Das ist auch sehr verwegen, +Freund!" sprach ein Kaufherr, den zum Hochzeitschmause +Der Schiffer bat. "Du bist so lang und oft von Hause; +Dein Weibchen bleibt indes allein: +Und dennoch--willst du mit Gewalt denn Hahnrei sein? +Indes, daß du zur See dein Leben wagst, +Indes, daß du in Surinam, am Amazonenflusse, +Dich bei den Hottentotten, Kannibalen plagst: +Indes wird sie--" + +"Mit Eurem schönen Schlusse!" +Versetzte Nix. "Indes, indes! Ei nun! +Das nämliche kann Euer Weibchen tun-- +Denn, Herr, was brauchts dazu für Zeit? +Indes Ihr auf der Börse seid." + + +Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Fabeln und Erzählungen, von +Gotthold Ephraim Lessing. + + + + + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Fabeln und Erzaehlungen, by +Gotthold Ephraim Lessing + +*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK FABELN UND ERZAEHLUNGEN *** + +***** This file should be named 9158-8.txt or 9158-8.zip ***** +This and all associated files of various formats will be found in: + http://www.gutenberg.org/9/1/5/9158/ + +Produced by Delphine Lettau, from files obtained from +Gutenberg Projekt-DE. + +Updated editions will replace the previous one--the old editions will +be renamed. + +Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright +law means that no one owns a United States copyright in these works, +so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United +States without permission and without paying copyright +royalties. 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Das Projekt ist unter der Internet-Adresse +http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar. + + + + +Fabeln und Erzaehlungen + +Gotthold Ephraim Lessing + + +Inhalt: + +Das Geheimnis +Das Kruzifix +Das Muster der Ehen +Der ueber uns +Der Adler und die Eule +Der Eremit +Der Hirsch und der Fuchs +Der Loewe und die Muecke +Der Sperling und die Feldmaus +Der Tanzbaer +Der Wunsch zu sterben +Die Baere +Die Brille +Die Nuss und die Katze +Die Sonne +Die Teilung +Die eheliche Liebe +Die kranke Pulcheria +Faustin +Morydan +Nix Bodenstrom + + + + +Das Geheimnis + +Hans war zum Pater hingetreten, +Ihm seine Suenden vorzubeten. +Hans war noch jung, doch ohne Ruhm, +So jung er war, von Herzen dumm. +Der Pater hoert ihn an. Hans beichtete nicht viel. +Was sollte Hans auch beichten? +Von Suenden wusst er nichts, und destomehr vom Spiel. +Spiel ist ein Mittelding, das braucht er nicht zu beichten. +"Nun, soll das alles sein? +Faellt", sprach der Pater, "dir sonst nichts zu beichten ein?" +"Ehrwuerdger Herr, sonst nichts--"Sonst weisst du gar nichts mehr?" +"Gar nichts, bei meiner Ehr!" +"Sonst weisst du nichts? das waere schlecht! +So wenig Suenden? Hans besinn dich recht." +"Ach Herr, mit Seinem scharfen Fragen-- +Ich wuesste wohl noch was." +"Nu? Nur heraus!--"Ja das, +Herr Pater, kann ich Ihm bei meiner Treu nicht sagen." +"So? weisst du etwa schon, worueber junge Dirnen, +Wenn man es ihnen tut, und ihnen nicht tut, zuernen?" +"Herr, ich versteh Euch nicht"--"Und desto besser; gut. +Du weisst doch nichts von Dieberei, von Blut? +Dein Vater hurt doch nicht?"--"O meine Mutter sprichts; +Doch das ist alles nichts." +"Nichts? Nu, was weisst du denn? Gesteh! du musst es sagen! +Und ich versprech es dir, +Was du gestehest bleibt bei mir." +"Auf Sein Versprechen, Herr, mag es ein andrer wagen; +Dass ich kein Narre bin! +Er darfs, Ehrwuerdger Herr, nur einem Jungen sagen, +So ist mein Gluecke hin." +"Verstockter Boesewicht", fuhr ihn der Pater an, +"Weisst du, vor wem du stehst?--dass ich dich zwingen kann? +Geh! dein Gewissen soll dich brennen! +Kein Heiliger dich kennen! +Dich kenn Maria nicht, auch nicht Mariens Sohn!" +Hier waer dem armen Bauerjungen +Vor Angst beinah das Herz zersprungen. +Er weint und sprach voll Reu: "Ich weiss"--"Das weiss ich schon, +Dass du was weisst; doch was?"--"Was sich nicht sagen laesst"-- +"Noch zauderst du?"--"Ich weiss"--"Was denn?" "Ein Vogelnest. +Doch wo es ist, fragt nicht; ich fuerchte drum zu kommen. +Vorm Jahre hat mir Matz wohl zehne weggenommen." +"Geh Narr, ein Vogelnest war nicht der Muehe wert, +Dass du es mir gesagt, und ichs von dir begehrt." + +Ich kenn ein drolligt Volk,* mit mir kennt es die Welt, +Das schon seit manchen Jahren +Die Neugier auf der Folter haelt, +Und dennoch kann sie nichts erfahren. +Hoer auf, leichtglaeubge Schar, sie forschend zu umschlingen! +Hoer auf, mit Ernst in sie zu dringen! +Wer kein Geheimnis hat, kann leicht den Mund verschliessen. +Das Gift der Plauderei ist, nichts zu plaudern wissen. +Und wissen sie auch was, so kann mein Maerchen lehren, +Dass oft Geheimnisse uns nichts Geheimes lehren, +Und man zuletzt wohl spricht: War das der Muehe wert, +Dass ihr es mir gesagt, und ichs von euch begehrt? + +* Die Freimaeurer. + + + + +Das Kruzifix + +"Hans", spricht der Pater, "du musst laufen, +Uns in der naechsten Stadt ein Kruzifix zu kaufen. +Nimm Matzen mit, hier hast du Geld. +Du wirst wohl sehn, wie teuer man es haelt." +Hans koemmt mit Matzen nach der Stadt. +Der erste Kuenstler war der beste. +"Herr, wenn Er Kruzifixe hat, +So lass Er uns doch eins zum heilgen Osterfeste." + +Der Kuenstler war ein schalkscher Mann, +Der gern der Einfalt lachte, +Und Dumme gern noch duemmer machte, +Und fing im Scherz zu fragen an: +"Was wollt ihr denn fuer eines?" + +"Je nun", spricht Matz, "ein wacker feines. +Wir werden sehn, was ihr uns gebt." + +"Das glaub ich wohl, allein das frag ich nicht. +Ein totes, oder eins das lebt?" + +Hans guckte Matzen und Matz Hansen ins Gesicht. +Sie oeffneten das Maul, allein es redte nicht. +"Nun gebt mir doch Bericht. +Habt ihr den Pater nicht gefragt?" +"Mein Blut!" spricht endlich Hans, der aus dem Traum erwachte, +"Mein Blut! er hat uns nichts gesagt. +Weisst du es, Matz?"--"Ich dachte; +Wenn dus nicht weisst; wie soll ichs wissen?" +"So werdet ihr den Weg noch einmal gehen muessen. +"Das wollen wir wohl bleiben lassen. +Ja, wenn es nicht zur Frone waer." + +Sie denken lange hin und her, +Und wissen keinen Rat zu fassen. +Doch endlich faellt es Matzen ein: +"Je! Hans, sollts nicht am besten sein, +Wir kauften eins das lebt?--Denn sieh, +Ists ihm nicht recht, so machts ja wenig Mueh, +Waers auch ein Ochs, es tot zu schlagen." +"Nun ja", spricht Hans, "das wollt ich eben sagen: +So haben wir nicht viel zu wagen." + +Das war ein Argument, ihr Herren Theologen, +Das Hans und Matz ex tuto zogen. + + + + +Das Muster der Ehen + +Ein rares Beispiel will ich singen, +Wobei die Welt erstaunen wird. +Dass alle Ehen Zwietracht bringen, +Glaubt jeder, aber jeder irrt. +Ich sah das Muster aller Ehen, +Still, wie die stillste Sommernacht. +Oh! dass sie keiner moege sehen, +Der mich zum frechen Luegner macht! + +Und gleichwohl war die Frau kein Engel, +Und der Gemahl kein Heiliger; +Es hatte jedes seine Maengel. +Denn niemand ist von allen leer. + +Doch sollte mich ein Spoetter fragen, +Wie diese Wunder moeglich sind? +Der lasse sich zur Antwort sagen: +Der Mann war taub, die Frau war blind. + + + + +Der Adler und die Eule + +Der Adler Jupiters und Pallas Eule stritten. +"Abscheulich Nachtgespenst!"--"Bescheidner, darf ich bitten. +Der Himmel heget mich und dich; +Was bist du also mehr, als ich?" +Der Adler sprach: Wahr ists, im Himmel sind wir beide; +Doch mit dem Unterscheide: +Ich kam durch eignen Flug, +Wohin dich deine Goettin trug. + + + + +Der Eremit + +Im Walde nah bei einer Stadt, +Die man mir nicht genennet hat, +Liess einst ein seltenes Gefieder, +Ein junger Eremit sich nieder. +"In einer Stadt", denkt Applikant, +"Die man ihm nicht genannt? +Was muss er wohl fuer eine meinen? +Beinahe sollte mir es scheinen, +Dass die,--nein die--gemeinet waer." +Kurz Applikant denkt hin und her, +Und schliesst, noch eh er mich gelesen, +Es sei gewiss Berlin gewesen. + +"Berlin? Ja, ja, das sieht man bald; +Denn bei Berlin ist ja ein Wald.-- + +Der Schluss ist stark, bei meiner Ehre: +Ich dachte nicht, dass es so deutlich waere. +Der Wald passt herrlich auf Berlin, +Ohn ihn beim Haar herbeizuziehn. +Und ob das Uebrige wird passen, +Will ich dem Leser ueberlassen. +Auf Griechisch weiss ich, wie sie hiess; +Doch wer verstehts? Kerapolis. + +Hier, nahe bei Kerapolis, +Wars, wo ein junger Eremite, +In einer kleinen leeren Huette, +Im dicksten Wald sich niederliess. +Was je ein Eremit getan, +Fing er mit groesstem Eifer an. +Er betete, er sang, er schrie, +Des Tags, des Nachts, und spaet und frueh. +Er ass kein Fleisch, er trank nicht Wein, +Liess Wurzeln seine Nahrung sein, +Und seinen Trank das helle Wasser; +Bei allem Appetit kein Prasser. +Er geisselte sich bis aufs Blut, +Und wusste wie das Wachen tut. +Er fastete wohl ganze Tage, +Und blieb auf einem Fusse stehn; +Und machte sich rechtschaffne Plage, +In Himmel muehsam einzugehn. +Was Wunder also, dass gar bald +Vom jungen Heiligen im Wald +Der Ruf bis in die Stadt erschallt? + +Die erste, die aus dieser Stadt +Zu ihm die heilge Wallfahrt tat, +War ein betagtes Weib. +Auf Kruecken, zitternd, kam sie an, +Und fand den wilden Gottesmann, +Der sie von weitem kommen sahe, +Dem hoelzern Kreuze knieend nahe. +Je naeher sie ihm koemmt, je mehr +Schlaegt er die Brust, und weint, und winselt er, +Und wie es sich fuer einen Heilgen schicket, +Erblickt sie nicht, ob er sie gleich erblicket. +Bis er zuletzt vom Knieen matt, +Und heiliger Verstellung satt, +Vom Fasten, Kreuzgen, Klosterleben, +Marienbildern, Opfergeben, +Von Beichte, Salbung, Seelenmessen, +Ohn das Vermaechtnis zu vergessen, +Von Rosenkraenzen mit ihr redte, +Und das so oratorisch sagt, +Dass sie erbaermlich weint und klagt, +Als ob er sie gepruegelt haette. +Zum Schluss bricht sie von seiner Huette, +Wozu der saure Eremite +Mit Not ihr die Erlaubnis gab, +Sich einen heilgen Splitter ab, +Den sie bekuesset und belecket, +Und in den welken Busen stecket. +Mit diesem Schatz von Heiligkeit +Kehrt sie zurueck begnadigt und erfreut, +Und laesst daheim die froemmsten Frauen +Ihn kuessen, andre nur beschauen. +Sie ging zugleich von Haus zu Haus, +Und rief auf allen Gassen aus: +"Der ist verloren und verflucht, +Der unsern Eremiten nicht besucht!" +Und brachte hundert Gruende bei, +Warum es sonderlich den Weibern nuetzlich sei. + +Ein altes Weib kann Eindruck machen; +Zum Weinen bei der Frau, und bei dem Mann zum Lachen. +Zwar ist der Satz nicht allgemein; +Auch Maenner koennen Weiber sein. +Doch diesmal waren sie es nicht. +Die Weiber schienen nur erpicht, +Den teuern Waldseraph zu sehen. +Die Maenner aber?--wehrtens nicht, +Und liessen ihre Weiber gehen. +Die Haesslichen und Schoenen, +Die aeltesten und juengsten Frauen, +Das arme wie das reiche Weib,-- +Kurz jede ging, sich zu erbauen, +Und jede fand erwuenschten Zeitvertreib. + +"Was? Zeitvertreib, wo man erbauen will? +Was soll der Widerspruch bedeuten?" +Ein Widerspruch? Das waere viel! +"Er sprach ja sonst von lauter Seligkeiten!"-- +Oh! davon sprach er noch, nur mit dem Unterscheide: +Mit Alten sprach er stets von Tod und Eitelkeit, +Mit Armen von des Himmels Freude, +Mit Haesslichen von Ehrbarkeit, +Nur mit den Schoenen allezeit +Vom ersten jeder Christentriebe. +Was ist das? Wer mich fragt, kann der ein Christ wohl sein? +Denn jeder Christ koemmt damit ueberein, +Es sei die liebe Liebe. + +Der Eremit war jung; das hab ich schon gesagt. +Doch schoen? Wer nach der Schoenheit fragt, +Der mag ihn hier besehn. +Genug, den Weibern war er schoen. +Ein starker, frischer, junger Kerl, +Nicht dicke wie ein Fass, nicht hager wie ein Querl-- +"Nun, nun, aus seiner Kost ist jenes leicht zu schliessen." +Doch sollte man auch wissen, +Dass Gott dem, den er liebt, +Zu Steinen wohl Gedeihen gibt; +Und das ist doch kein fett Gerichte! +Ein braeunlich maennliches Gesichte, +Nicht allzu klein, nicht allzu gross, +Das sich im dichten Barte schloss; +Die Blicke wild, doch sonder Anmut nicht; +Die Nase lang, wie man die Kaisernasen dichtt. +Das ungebundne Haar floss straubicht um das Haupt; +Und wesentlichre Schoenheitsstuecke +Hat der zerrissne Rock dem Blicke +Nicht ganz entdeckt, nicht ganz geraubt. +Der Waden nur noch zu gedenken: +Sie waren gross, und hart wie Stein. +Das sollen, wie man sagt, nicht schlimme Zeichen sein; +Allein den Grund wird man mir schenken. + +Nun wahrlich, so ein Kerl kann Weiber luestern machen. +Ich sag es nicht fuer mich; es sind geschehne Sachen. +"Geschehne Sachen? was? +So ist man gar zur Tat gekommen?" +Mein lieber Simplex, fragt sich das? +Weswegen haett er denn die Predigt unternommen? +Die suesse Lehre suesser Triebe? +Die Liebe heischet Gegenliebe, +Und wer ihr Priester ist, verdienet keinen Hass. + +O Andacht, musst du doch so manche Suende decken! +Zwar die Moral ist hier zu scharf, +Weil mancher Mensch sich nicht bespiegeln darf, +Aus Furcht, er moechte vor sich selbst erschrecken. +Drum will ich nur mit meinen Lehren +Ganz still nach Hause wieder kehren. +Koemmt mir einmal der Einfall ein, +Und ein Verleger will fuer mich so gnaedig sein, +Mich in gross Quart in Druck zu nehmen; +So koennt ich mich vielleicht bequemen, +Mit hundert englischen Moralen, +Die ich im Laden sah, zu prahlen, +Exempelschaetze, Sittenrichter, +Die alten und die neuen Dichter +Mit witzgen Fingern nachzuschlagen, +Und was die sagen, und nicht sagen, +In einer Note abzuschreiben. +Bringt, sag ich noch einmal, man mich gedruckt an Tag; +Denn in der Handschrift lass ichs bleiben, +Weil ich mich nicht beluegen mag. + +Ich fahr in der Erzaehlung fort-- +Doch moecht ich in der Tat gestehn, +Ich haette manchmal moegen sehn, +Was die und die, die an den Wallfahrtsort +Mit heiligen Gedanken kam, +Fuer fremde Mienen an sich nahm, +Wenn der verwegne Eremit, +Fein listig, Schritt vor Schritt, +Vom Geist aufs Fleisch zu reden kam. +Ich zweifle nicht, dass die verletzte Scham +Den Zorn nicht ins Gesicht getrieben, +Dass Mund und Hand nicht in Bewegung kam, +Weil beide die Bewegung lieben; +Allein, dass die Versoehnung ausgeblieben, +Glaub ich, und wer die Weiber kennt, +Nicht eher, als kein Stroh mehr brennt. +Denn wird doch wohl ein Loewe zahm. +Und eine Frau ist ohnedem ein Lamm. +"Ein Lamm? du magst die Weiber kennen." +Je nun, man kann sie doch insoweit Laemmer nennen, +Als sie von selbst ins Feuer rennen. + +"Faehrst du in der Erzaehlung fort? +Und bleibst mit deinem Kritisieren +Doch ewig an demselben Ort?" +So kann das Nuetzliche den Dichter auch verfuehren. +Nun gut, ich fahre fort, +Und sag, um wirklich fortzufahren, +Dass nach fuenf Vierteljahren +Die Schelmereien ruchbar waren. +"Erst nach fuenf Vierteljahren? Nu; +Der Eremit hat wacker ausgehalten. +So viel trau ich mir doch nicht zu; +Ich moechte nicht sein Amt ein Vierteljahr verwalten. +Allein, wie ward es ewig kund? +Hat es ein schlauer Mann erfahren? +Verriet es einer Frau waschhafter Mund? +Wie? oder dass den Hochverrat +Ein alt neugierig Weib, aus Neid, begangen hat?" +O nein; hier muss man besser raten, +Zwei muntre Maedchen hatten schuld, +Die voller frommen Ungeduld +Das taten, was die Muetter taten; +Und dennoch wollten sich die Muetter nicht bequemen, +Die guten Kinder mitzunehmen. +"Sie merkten also wohl den Braten?"-- +Und haben ihn gar dem Papa verraten. +"Die Toechter sagtens dem Papa? +Wo blieb die Liebe zur Mama?" +Oh! die kann nichts darunter leiden; +Denn wenn ein Maedchen auch die Mutter liebt, +Dass es der Mutter in der Not +Den letzten Bissen Brot +Aus seinem Munde gibt; +So kann das Maedchen doch die Mutter hier beneiden, +Hier, wo so Lieb als Klugheit spricht: +Ihr Schoenen, trotz der Kinderpflicht, +Vergesst euch selber nicht! +Kurz, durch die Maedchen kams ans Licht, +Dass er, der Eremit, beinah die ganze Stadt +Zu Schwaegern oder Kindern hat. + +Oh! der verfluchte Schelm! Wer haette das gedacht! +Die ganze Stadt ward aufgebracht, +Und jeder Ehmann schwur, dass in der ersten Nacht, +Er und sein Mitgenoss der Hain, +Des Feuers Beute muesse sein. +Schon rotteten sich ganze Scharen, +Die zu der Rache fertig waren. +Doch ein hochweiser Magistrat +Besetzt das Tor, und sperrt die Stadt, +Der Eigenrache vorzukommen, +Und schicket alsobald +Die Schergen in den Wald, +Die ihn vom Kreuze weg, und in Verhaft genommen. +Man redte schon von Galgen und von Rad, +So sehr schien sein Verbrechen haesslich; +Und keine Strafe war so graesslich, +Die, wie man sagt, er nicht verdienet hat. +Und nur ein Hagestolz, ein schlauer Advokat, +Sprach: "Oh! dem koemmt man nicht ans Leben, +Der es Unzaehligen zu geben, +So ruehmlich sich beflissen hat." + +Der Eremite, der die Nacht +Im Kerker ungewiss und sorgend durchgemacht, +Ward morgen ins Verhoer gebracht. +Der Richter war ein schalkscher Mann, +Der jeden mit Vergnuegen schraubte, +Und doch--(wie man sich irren kann!) +Von seiner Frau das beste glaubte. +"Sie ist ein Ausbund aller Frommen, +Und nur einmal in Wald gekommen, +Den Pater Eremit zu sehn. +Einmal! Was kann da viel geschehn?" +So denkt der guetige Herr Richter. +Denk immer so, zu deiner Ruh, +Lacht gleich die Wahrheit und der Dichter, +Und deine fromme Frau dazu. + +Nun tritt der Eremit vor ihn. +"Mein Freund, wollt Ihr von selbst die nennen, +Die--die Ihr kennt, und die Euch kennen: +So koennt Ihr der Tortur entfliehn. +Doch"--"Darum lass ich mich nicht plagen. +Ich will sie alle sagen. +Herr Richter, schreib Er nur!" Und wie? +Der Eremit entdecket sie? +Ein Eremite kann nicht schweigen? +Sonst ist das Plaudern nur den Stutzern eigen. +Der Richter schrieb. "Die erste war +Kamilla"--"Wer? Kamilla?" "Ja fuerwahr! +Die andern sind: Sophia, Laura, Doris, +Angelika, Korinna, Chloris"-- +"Der Henker mag sie alle fassen, +Gemach! und eine nach der andern fein! +Denn eine nur vorbei zu lassen"-- +"Wird wohl kein grosser Schade sein", +Fiel jeder Ratsherr ihm ins Wort. +"Hoert", schrieen sie, "erzaehlt nur fort!" +Weil jeder Ratsherr in Gefahr, +Sein eigen Weib zu hoeren war. +"Ihr Herren", schrie der Richter, "nein! +Die Wahrheit muss am Tage sein; +Was koennen wir sonst fuer ein Urteil fassen?" +"Ihn", schrieen alle, "gehn zu lassen." +"Nein, die Gerechtigkeit"--und kurz der Delinquent +Hat jede noch einmal genennt, +Und jeder hing der Richter dann +Ein loses Wort fuer ihren Hahnrei an. +Das Hundert war schon mehr als voll; +Der Eremit, der mehr gestehen soll, +Stockt, weigert sich, scheut sich zu sprechen-- +"Nu, nu, nur fort! was zwingt Euch wohl, +So unvermutet abzubrechen?" +"Das sind sie alle!" "Seid Ihr toll? +Ein Held wie Ihr! Gestehet nur, gesteht! +Die letzten waren, wie Ihr seht: +Klara, Pulcheria, Susanne, +Charlotte, Mariane, Hanne. +Denkt nach! ich lass Euch Zeit dazu!" +"Das sind sie wirklich alle!" "Nu-- +Macht, eh wir schaerfer in Euch dringen!" +"Nein keine mehr; ich weiss genau_-- +"Ha! ha! ich seh, man soll Euch zwingen"-- +"Nun gut, Herr Richter,--Seine Frau"-- + +* +Dass man von der Erzaehlung nicht +Als einem Weibermaerchen spricht, +So mach ich sie zum Lehrgedicht, +Durch beigefuegten Unterricht: +Wer seines Naechsten Schande sucht, +Wird selber seine Schande finden! +Nicht wahr, so liest man mich mit Frucht? +Und ich erzaehle sonder Suenden? + + + + +Der Hirsch und der Fuchs + +"Hirsch, wahrlich, das begreif ich nicht", +Hoert ich den Fuchs zum Hirsche sagen, +"Wie dir der Mut so sehr gebricht? +Der kleinste Windhund kann dich jagen. +Besieh dich doch, wie gross du bist! +Und sollt es dir an Staerke fehlen? +Den groessten Hund, so stark er ist, +Kann dein Geweih mit einem Stoss entseelen. +Uns Fuechsen muss man wohl die Schwachheit uebersehn; +Wir sind zu schwach zum widerstehn. +Doch dass ein Hirsch nicht weichen muss, +Ist sonnenklar. Hoer meinen Schluss. +Ist jemand staerker, als sein Feind, +Der braucht sich nicht vor ihm zurueckzuziehen; +Du bist den Hunden nun weit ueberlegen, Freund: +Und folglich darfst du niemals fliehen." +"Gewiss, ich hab es nie so reiflich ueberlegt. +Von nun an", sprach der Hirsch, "sieht man mich unbewegt, +Wenn Hund' und Jaeger auf mich fallen; +Nun widersteh ich allen." + +Zum Unglueck, dass Dianens Schar +So nah mit ihren Hunden war. +Sie bellen, und sobald der Wald +Von ihrem Bellen widerschallt, +Fliehn schnell der schwache Fuchs und starke Hirsch davon. + +* +Natur tut allzeit mehr, als Demonstration. + + + + +Der Loewe und die Muecke + +Ein junger Held vom muntern Heere, +Das nur der Sonnenschein belebt, +Und das mit saugendem Gewehre +Nach Ruhm gestochner Beulen strebt, +Doch die man noch zum grossen Gluecke +Durch zwei Paar Struempfe hindern kann, +Der junge Held war eine Muecke. +Hoert meines Helden Taten an! +Auf ihren Kreuz- und Ritterzuegen +Fand sie, entfernt von ihrer Schar, +Im Schlummer einen Loewen liegen, +Der von der Jagd entkraeftet war. +Seht, Schwestern, dort den Loewen schlafen, +Schrie sie die Schwestern gaukelnd an. +Jetzt will ich hin, und will ihn strafen. +Er soll mir bluten, der Tyrann! + +Sie eilt, und mit verwegnem Sprunge +Setzt sie sich auf des Koenigs Schwanz. +Sie sticht, und flieht mit schnellem Schwunge, +Stolz auf den sauern Lorbeerkranz. +Der Loewe will sich nicht bewegen? +Wie? ist er tot? Das heiss ich Wut! +Zu moerdrisch war der Muecke Degen: +Doch sagt, ob er nicht Wunder tut? + +"Ich bin es, die den Wald befreiet, +Wo seine Mordsucht sonst getobt. +Seht, Schwestern, den der Tiger scheuet, +Der stirbt! Mein Stachel sei gelobt!" +Die Schwestern jauchzen, voll Vergnuegen, +Um ihre laute Siegerin. +Wie? Loewen, Loewen zu besiegen! +Wie, Schwester, kam dir das in Sinn? + +"Ja, Schwestern, wagen muss man! wagen! +Ich haett es selber nicht gedacht. +Auf! lasset uns mehr Feinde schlagen. +Der Anfang ist zu schoen gemacht." +Doch unter diesen Siegesliedern, +Da jede von Triumphen sprach, +Erwacht der matte Loewe wieder, +Und eilt erquickt dem Raube nach. + + + + +Der Sperling und die Feldmaus + +Zur Feldmaus sprach ein Spatz: Sieh dort den Adler sitzen! +Sieh, weil du ihn noch siehst! er wiegt den Koerper schon; +Bereit zum kuehnen Flug, bekannt mit Sonn und Blitzen, +Zielt er nach Jovis Thron. +Doch wette,--seh ich schon nicht adlermaessig aus-- +Ich flieg ihm gleich.--Fleug, Prahler, rief die Maus. +Indes flog jener auf, kuehn auf gepruefte Schwingen; +Und dieser wagts, ihm nachzudringen. +Doch kaum, dass ihr ungleicher Flug +Sie beide bis zur Hoeh gemeiner Baeume trug, +Als beide sich dem Blick der bloeden Maus entzogen, +Und beide, wie sie schloss, gleich unermesslich flogen. + +* +Ein unbiegsamer F* will kuehn wie Milton singen. +Nach dem er Richter waehlt, nach dem wirds ihm gelingen. + + + + +Der Tanzbaer + +Ein Tanzbaer war der Kett entrissen, +Kam wieder in den Wald zurueck, +Und tanzte seiner Schar ein Meisterstueck +Auf den gewohnten Hinterfuessen. +"Seht", schrie er, "das ist Kunst; das lernt man in der Welt. +Tut mir es nach, wenns euch gefaellt, +Und wenn ihr koennt!" "Geh", brummt ein alter Baer, +"Dergleichen Kunst, sie sei so schwer, +Sie sei so rar sie sei! +Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei." + +* +Ein grosser Hofmann sein, +Ein Mann, dem Schmeichelei und List +Statt Witz und Tugend ist; +Der durch Kabalen steigt, des Fuersten Gunst erstiehlt, +Mit Wort und Schwur als Komplimenten spielt, +Ein solcher Mann, ein grosser Hofmann sein, +Schliesst das Lob oder Tadel ein? + + + + +Der ueber uns + +Hans Steffen stieg bei Daemmerung (und kaum +Konnt er vor Naeschigkeit die Daemmerung erwarten) +In seines Edelmannes Garten +Und pluenderte den besten Aepfelbaum. +Johann und Hanne konnten kaum +Vor Liebesglut die Daemmerung erwarten, +Und schlichen sich in eben diesen Garten, +Von ungefaehr an eben diesen Aepfelbaum. + +Hans Steffen, der im Winkel oben sass +Und fleissig brach und ass, +Ward maeuschenstill, vor Wartung boeser Dinge, +Dass seine Naescherei ihm diesmal schlecht gelinge. +Doch bald vernahm er unten Dinge, +Worueber er der Furcht vergass +Und immer sachte weiter ass. + +Johann warf Hannen in das Gras. +"O pfui," rief Hanne; "welcher Spass! +Nicht doch, Johann!--Ei was? +Oh, schaeme dich!--Ein andermal--o lass-- +Oh, schaeme dich!--Hier ist es nass."-- +"Nass, oder nicht; was schadet das? +Es ist ja reines Gras."-- + +Wie dies Gespraeche weiter lief, +Das weiss ich nicht. Wer brauchts zu wissen? +Sie stunden wieder auf und Hanne seufzte tief: +"So, schoener Herr! heisst das bloss kuessen? +Das Maennerherz! Kein einzger hat Gewissen! +Sie koennten es uns so versuessen! +Wie grausam aber muessen +Wir armen Maedchen oefters dafuer buessen! +Wenn nun auch mir ein Unglueck widerfaehrt-- +Ein Kind--ich zittre--wer ernaehrt +Mir dann das Kind? Kannst du es mir ernaehren?" +"Ich?" sprach Johann; "die Zeit mags lehren. +Doch wirds auch nicht von mir ernaehrt, +Der ueber uns wirds schon ernaehren, +Dem ueber uns vertrau!" + +Dem ueber uns! Dies hoerte Steffen. +Was, dacht er, will das Pack mich aeffen? +Der ueber ihnen? Ei, wie schlau! +"Nein!" schrie er: "lasst euch andre Hoffnung laben! +Der ueber euch ist nicht so toll! +Wenn ich ein Bankbein naehren soll: +So will ich es auch selbst gedrechselt haben!" + +Wer hier erschrak und aus dem Garten rann, +Das waren Hanne und Johann. +Doch gaben bei dem Edelmann +Sie auch den Aepfeldieb wohl an? +Ich glaube nicht, dass sies getan. + + + + +Der Wunsch zu sterben +Eine Erzaehlung. + + +Ein durch die Jagd ergrimmter Baer +Latscht hinter einen Wandrer her. +Aus Rache will er ihn zerreissen. +(Das mag dem Wandrer wohl ein unverdientes Unglueck heissen.) +Aus Rache, dummes Tier? wird mancher Leser sprechen, +Kannst du dich nicht an deinen Jaegern raechen? +O schimpft mir nicht das gute Vieh: +Es folgt den Trieben nur; Vernunft regiert es nie. +Es hat ja unter uns--was sagt ich? nein--bei Hunden +Gewiss nicht wenige von gleicher Art gefunden. +Geschwinde! Wanderer, geschwind und rette dich. +Er laeuft, der Baer laeuft nach. Er schreit, will sich verstecken, +Der Baer nicht faul, sucht ihn, bricht brummend durch die Hecken, +Und jagt ihn wieder vor. Der aendert oft den Lauf; +Bald rechts, bald vor, bald links. Doch alle diese Raenke +Sind hier umsonst. Warum? Der Baer hat auch Gelenke. +Gewiss so eine Jagd waer mir nicht laecherlich! +Jedoch zu was wird sich der Wandrer nun entschliessen? +Er springt den naechsten Baum hinauf. +Oh! das wird niemand wohl das beste Mittel nennen. +Er musste doch in aller Angst nicht wissen, +Dass Baere gleichfalls klettern koennen. +Das tolle Tier erblickt es kaum, +So stutzt es, brummt und kratzt den Baum, +Es baeumt den schweren Leib, es setzt die Vordertatzen +An Rind und Aesten ein, so schnell, als scheue Katzen. +So langsam Gegenteils hebt es des Koerpers Wucht; +Doch koemmt es schon so hoch, dass der den Gipfel sucht. +Was gibt uns oft die Angst nicht ein? +Der Wandrer sucht des Feindes los zu sein. +Er stoesst, und stoesst den Fuss mit voller Leibesstaerke +Dem Baere vor den Kopf. Doch grosse Wunderwerke +Tat dieses Stoesschen nicht. Wie kann es anders sein? +Wer Baere toeten will, braucht der den Fuss allein? +Er taumelt nur, anstatt zu fallen, +Und fasset schnell mit seinen Krallen +Des Wandrers Fuss, der nach ihm stiess. +Er haelt ihn, wie ein Baer. Durch Zerren und durch Beissen +Sucht er den Raub herabzureissen. +Jedoch je mehr er riss, je mehr haelt jener sich +An Aesten fest und ritterlich. +Wenn Witz und Tapferkeit uns nicht erretten kann, +Beut oft das blinde Glueck uns seine Rettung an. +Der wuetend plumpe Baer +Ist fuer den duennen Ast zu schwer; +Der bricht, und er faellt schuetternd schnell zu Boden. +Der Fall bringt ihn fast um den Oden, +Und keuchend schleicht er zornig fort. +Von Schrecken, Furcht und Schmerzen eingenommen, +Sieht kaum der Wanderer, dass er der Not entkommen. +Nun lobt er wohl, durch jedes Wort, +Mit zaertlich dankbarem Gemuete +Des Himmels unverhoffte Guete? +O weit gefehlet! nein! mit zitternd schwacher Sprache +Flucht, laestert, schreiet er selbst wider GOtt um Rache. +Er kriecht vom Baum herab und laesst sich murrend nieder. +Sein nasses Auge sieht das Blut der wunden Glieder. +Der Schmerz verfuehret ihn, dass er den Tod begehrt, +Den Tod, vor dem er sich mit Fliehn und Schrein gewehrt. +Bald flucht er auf den Baer, der ihn nicht ganz zerrissen; +Bald flucht er auf sich selbst, dass er sich retten muessen. +"O naeh're dich, erwuenschter Tod! +Benimm mir Leben Schmerz und Not! +Entfuehr mir dieser Wunsch doch mit dem letzten Hauche!" +St! St! was raschelt dort, dort hinter jenem Strauche? +Beglueckter Wanderer! dein Wunsch ist schon erhoert. +Es koemmt ein neuer Baer, der dich im Klagen stoert. +Ein Baer? Erschrick nur nicht! Ein Baer. +Ohn Zweifel schickt der Tod ihn her. +Der Tod? Ja! ja, der Tod den du gewuenschet hast, +Gewuenschet und erfleht. "Das ist ein schlimmer Gast. +Der Henker! weiss er denn gar nichts von Komplimenten? +Wenn meine Beine doch mich nur erretten koennten!" +Mit Muehe sucht er aufzustehn; +Doch kann er nicht vom Flecke gehn. +Hier kam ihm schnell ein ander Mittel ein, +Das ihm vorher nicht eingekommen. +Er hatt es einst (zehn Jahre mocht es sein) +Von einem Reisenden vernommen; +Und hatt es nie, nur in der Not, vergessen, +Dass Baere selten Tote fressen. +Sein Einfall wirft ihn hurtig nieder; +Die schon vor Schrecken kalten Glieder +Streckt er starr von sich weg, so sehr er immer kann, +Und haelt den Oden muehsam an. +Der Baer beschnopert ihn, findt keines Lebens Spur, +Mag sich an Toten nicht begnuegen, +Kehrt sittsam um, und brummet nur, +Und laesst den Schalk in Ruhe liegen. +Was ist bei dir ein Wunsch? Mein Freund, lass michs verstehen. +Du wuenschst den Tod: er koemmt; du suchst ihm zu entgehen. +Steh auf! der Baer ist fort. Was fluchst du ihm noch nach? +Zum Danke, dass er dir nicht Hals und Beine brach? +Was soll die Laesterung? Verringert sie die Schmerzen? +Noch wuenschest du den Tod? Das geht dir wohl von Herzen? +Nur schade, dass er dich vorhin so spotten sah: +Sonst waer er wahrlich laengst auf dein Ersuchen da. +Der schwuele Tag vergeht; der Abend bricht herein. +O koennt er, in geborstnen Feldern, +Wie durch die Hitze matten Waeldern, +Mein Wandrer, ebenfalls dir zur Erquickung sein! +Man sieht die Luft, sich abzukuehlen, +Mit stummen Blitzen haeufig spielen. +"Oh!" schreit der Wanderer, "zoeg sich ein Wetter auf! +O hemmten Blitz und Schlag mir Pein und Lebenslauf!" +Schnell zeigt der Donnergott dem Wunsche sich gewogen. +Des ganzen Himmels weite Ferne +Verdeckt viel Dunst; die hellsten Sterne +Sind schwarz mit Wolken ueberzogen, +Schnell faehrt der Blitz heraus, kracht hier und dort ein Schlag. +Auf, Wandrer, freue dich! das ist dein Sterbetag! +Nun wird der Tod auf Donnerkeilen +Zu dir verlassnem Armen eilen. +Was scherzst du noch voll Furcht?--Ihr Freunde, gebt doch acht; +Doch bitt ich, zwaenget euch, dass ihr nicht drueber lacht... +"Ja! das ist Pein--o stuerb ich doch!-- +Komm Tod! komm doch--du zauderst noch? +Jedoch hier mag ich wohl nicht allzusicher liegen? +Ich habe ja einmal gehoert, +Wie die Erfahrung oft gelehrt, +Dass Donner gern in Eichen schluegen. +O machte mir ein Lorbeerbaum +Doch unter seinen Aesten Raum. +O weh! wie schmerzt das Bein! Erbarm dich doch o Tod! +Jedoch dort schlug es ein--Nun ists die hoechste Not, +Soll mich das Wetter nicht verletzen, +Mich schnell in Sicherheit zu setzen!" +Geh! dummer Wandrer, geh! such einen sichern Ort; +Und wuensche bald den Tod; bald wuensch ihn wieder fort. +Mich soll dein Wankelmut der Menschen Zagheit lehren, +Muss ich sie so, wie dich, verwegen wuenschen hoeren. +Glaubt, Freunde, glaubet mir! der ist ein weiser Mann, +Der zwar das Leben liebt, doch mutig sterben kann! + +L. a. C. + + + + +Die Baere + +Den Baeren glueckt' es, nun schon seit geraumer Zeit, +Mit Brummen, plumpem Ernst und stolzer Froemmigkeit, +Das Sittenrichteramt, bei allen schwaechern Tieren, +Aus angemasster Macht, gleich Wuetrichen, zu fuehren. +Ein jedes furchte sich, und keines war so kuehn, +Sich um die saure Pflicht nebst ihnen zu bemuehn; +Bis endlich noch im Fuchs der Patriot erwachte, +Und hier und da ein Fuchs auf Sittensprueche dachte. +Nun sah man beide stets auf gleiche Zwecke sehn; +Und beide sah man doch verschiedne Wege gehn. +Die Baere wollen nur durch Strenge heilig machen; +Die Fuechse strafen auch, doch strafen sie mit Lachen. +Dort brauchet man nur Fluch; hier brauchet man nur Scherz; +Dort bessert man den Schein; hier bessert man das Herz. +Dort sieht man Duesternheit; hier sieht man Licht und Leben; +Dort nach der Heuchelei; hier nach der Tugend streben. +Du, der du weiter denkst, fragst du mich nicht geschwind: +Ob beide Teile wohl auch gute Freunde sind? +O waeren sies! Welch Glueck fuer Tugend, Witz und Sitten! +Doch nein, der arme Fuchs wird von dem Baer bestritten, +Und, trotz des guten Zwecks, von ihm in Bann getan. +Warum? der Fuchs greift selbst die Baere tadelnd an. + +* +Ich kann mich diesmal nicht bei der Moral verweilen; +Die fuenfte Stunde schlaegt; ich muss zum Schauplatz eilen. +Freund, leg die Predigt weg! Willst du nicht mit mir gehn? +Was spielt man? Den Tartueff. Dies Schandstueck sollt ich sehn? + + + + +Die Brille + +Dem alten Freiherrn von Chrysant, +Wagts Amor, einen Streich zu spielen. +Fuer einen Hagestolz bekannt, +Fing, um die Sechzig, er sich wieder an zu fuehlen. +Es flatterte, von Alt und Jung begafft, +Mit Reizen ganz besondrer Kraft, +Ein Buergermaedchen in der Nachbarschaft. +Dies Buergermaedchen hiess Finette. +Finette ward des Freiherrn Siegerin. +Ihr Bild stand mit ihm auf, und ging mit ihm zu Bette. +Da dacht in seinem Sinn +Der Freiherr: "Und warum denn nur ihr Bild? +Ihr Bild, das zwar den Kopf, doch nicht die Arme fuellt? +Sie selbst steh mit mir auf, und geh mit mir zu Bette. +Sie werde meine Frau! Es schelte, wer da schilt; +Genaedge Tant und Nicht und Schwaegerin! +Finett ist meine Frau, und--ihre Dienerin." + +Schon so gewiss? Man wird es hoeren. +Der Freiherr koemmt, sich zu erklaeren, +Er greift das Maedchen bei der Hand, +Tut, wie ein Freiherr, ganz bekannt, +Und spricht: "Ich, Freiherr von Chrysant, +Ich habe Sie, mein Kind, zu meiner Frau ersehen. +Sie wird sich hoffentlich nicht selbst im Lichte stehen. +Ich habe Guts die Huell und Fuelle." +Und hierauf las er ihr, durch eine grosse Brille, +Von einem grossen Zettel ab, +Wie viel ihm Gott an Guetern gab; +Wie reich er sie beschenken wolle; +Welch grossen Witwenschatz sie einmal haben solle. +Dies alles las der reiche Mann +Ihr von dem Zettel ab, und guckte durch die Brille +Bei jedem Punkte sie begierig an. + +"Nun, Kind, was ist Ihr Wille?" +Mit diesen Worten schwieg der Freiherr stille, +Und nahm mit diesen Worten seine Brille +(Denn, dacht er, wird das Maedchen nun +So wie ein kluges Maedchen tun; +Wird mich und sie ihr schnelles Ja begluecken; +Werd ich den ersten Kuss auf ihre Lippen druecken: +So koennt ich, im Entzuecken, +Die teure Brille leicht zerknicken!) +Die teure Brille wohlbedaechtig ab. + +Finette, der dies Zeit sich zu bedenken gab, +Bedachte sich, und sprach nach reiflichem Bedenken: +"Sie sprechen, gnaedger Herr, vom Freien und vom Schenken: +Ach! gnaedger Herr, das alles waer sehr schoen! +Ich wuerd in Samt und Seide gehn-- +Was gehn? Ich wuerde nicht mehr gehn; +Ich wuerde stolz mit Sechsen fahren. +Mir wuerden ganze Scharen +Von Dienern zu Gebote stehn. +Ach! wie gesagt, das alles waer sehr schoen, +Wenn ich--wenn ich--" + +"Ein Wenn? Ich will doch sehn", +(Hier sahe man den alten Herrn sich blaehn,) +"Was fuer ein Wenn mir kann im Wege stehn!" + +"Wenn ich nur nicht verschworen haette--" +"Verschworen? was? Finette, +Verschworen nicht zu frein?-- +O Grille", rief der Freiherr, "Grille!" +Und griff nach seiner Brille, +Und nahm das Maedchen durch die Brille +Nochmals in Augenschein, +Und rief bestaendig: "Grille! Grille! +Verschworen nicht zu frein!" + +"Behuete!" sprach Finette, +"Verschworen nur mir keinen Mann zu frein, +Der so, wie Ihre Gnaden pflegt, +Die Augen in der Tasche traegt!" + + + + +Die eheliche Liebe + +Klorinde starb; sechs Wochen drauf +Gab auch ihr Mann das Leben auf, +Und seine Seele nahm aus diesem Weltgetuemmel +Den pfeilgeraden Weg zum Himmel. +"Herr Petrus", rief er, "aufgemacht!" +"Wer da?"--"Ein wackrer Christ."-- +"Was fuer ein wackrer Christ?"-- +"Der manche Nacht, +Seitdem die Schwindsucht ihn aufs Krankenbette brachte, +In Furcht, Gebet und Zittern wachte. +Macht bald!"--Das Tor wird aufgetan. +"Ha! ha! Klorindens Mann! +Mein Freund", spricht Petrus, "nur herein; +Noch wird bei Eurer Frau ein Plaetzchen ledig sein." +"Was? meine Frau im Himmel? wie? +Klorinden habt Ihr eingenommen? +Lebt wohl! habt Dank fuer Eure Mueh! +Ich will schon sonst wo unterkommen." + + + + +Die kranke Pulcheria +Freie Uebersetzung einer Erzaehlung aus dem Fontaine + + +Pulcheria ward krank... "Vielleicht die Lust zu buessen, +Die..." Pfui, wer wird nun gleich so voller Argwohn sein? +Schweigt, Neider! hoert mir zu! ich lenke wieder ein. +Pulcheria ward krank. Unruhig im Gewissen, +Liess ihr der Schmerz manchmal, die Schwermut niemals Ruh. +"Wie? Was? Pulcheria waer melancholisch worden? +Sprich, Luegner, lieber gar, sie trat in Nonnenorden." +Schon wieder stoert ihr mich? Schweigt doch, und hoert mir zu! +Als sie einst ihre Not zu lauten Seufzern trieb, +Sprach Lady, ihre Magd: "Lasst doch den Priester holen; +Legt dem die Beichte ab, so seid Ihr GOtt empfohlen; +Und beichten muesset Ihr, ist Euch der Himmel lieb." +"Ja dieser Rat ist gut", spricht unsre kranke Schoene. +"Lauf, oder schicke gleich zum Pater Andres hin; +Andres--merks wohl--weil ich auch sonst sein Beichtkind bin, +So oft ich mich mit dir, o lieber GOtt! versoehne." +Gleich laeuft ein Diener hin, klopft an das Kloster an, +Und so, als wenn das Tor davon zerspringen solle. +"Nu, Nu! Gemach! Gemach!" Man fragt, zu wem er wolle? +"Je, macht nur erstlich auf." Das Tor wird aufgetan. +"Der Pater Andres wird zu meiner Frau begehret, +Die gerne beichten will, weil sie bald sterben kann." +"Wer?" fragt ein Bruder ihn; "Andres? der gute Mann! +Zehn Jahr ists schon, dass der im Himmel Beichte hoeret." + +L. + + + + +Die Nuss und die Katze +Eine Fabel. + + +"Gewiss, Herr Wirt, dies Obst ist nicht fuer meinen Magen. +Denn wenn ich mir, es frei zu sagen, +Ja eine Baumfrucht loben muss, +So lob ich mir die welsche Nuss. +Die schmeckt doch noch!--Bei meiner Treu! +Der zartste Apfel koemmt der Nuss, der Nuss nicht bei." +Ein Kaetzchen, das der Wirtin Liebe +Nie mit Gewalt zum Mausen triebe, +Und itzt in ihrem Schosse sass, +War schlau, vernahm und merkte das. +"Was?" dacht es, "eine Nuss soll so vortrefflich schmecken? +Halt! diese Wahrheit soll mein Maul gleich selbst entdecken." +Es sprang vom Schosse weg, und lief dem Garten zu. +Nu, Katze, nu, wie dumm bist du! +Der schoenen Chloris Schoss um eine Nuss zu lassen? +Waerst du ein junger Herr, wie wuerde sie dich hassen! +Nein, Schoenen, raeumet mir nur diesen Ort erst ein; +So wahr er mich ergetzt, ich will kein Kaetzchen sein. +Doch dieses sag ich nur so im Voruebergehen. +Horcht! ich erzaehle fort. Beim Garten blieb ich stehen? +Nicht? Ja. Wohl gut. Hier fand der Katze Luesternheit +Beim naechsten Nussbaum nun, worauf sie sich gefreut. +Wollt ihr etwan ein Bild zu meiner Fabel malen: +So malt die Nuesse ja noch in den gruenen Schalen, +Die unsre Katze fand. Darauf koemmt alles an. +Denn als sie kaum darein den ersten Biss getan, +So schnaubt und sprudelt sie, als wenn sie Glas gefressen. +"Dich", spricht sie, "lobt der Mensch: so mag er dich auch essen. +Oh! pfui, was muss er nicht fuer eine Zunge haben! +An solcher Saeure sich zu laben!" + +* +O schweig nur dummes Tier! +Du schmaehst zur Ungebuehr, +Du haettest auf den Kern nur erstlich kommen sollen, +Denn den, die Schale nicht, hat Lydas loben wollen! + +L. + + + + +Die Sonne + +Der Stern, durch den es bei uns tagt-- +"Ach! Dichter, lern, wie unsereiner sprechen! +Muss man, wenn du erzaehlst, +Und uns mit albern Fabeln quaelst, +Sich denkend noch den Kopf zerbrechen?" +Nun gut! die Sonne ward gefragt: +Ob sie es nicht verdroesse, +Dass ihre unermessne Groesse +Die durch den Schein betrogne Welt +Im Durchschnitt groesser kaum, als eine Spanne, haelt? +"Mich", spricht sie, "sollte dieses kraenken? +Wer ist die Welt? wer sind sie, die so denken? +Ein blind Gewuerm! Genug, wenn jene Geister nur, +Die auf der Wahrheit dunkeln Spur, +Das Wesen von dem Scheine trennen, +Wenn diese mich nur besser kennen!" + +* +Ihr Dichter, welche Feur und Geist +Des Poebels bloedem Blick entreisst, +Lernt, will euch missgeschaetzt des Lesers Kaltsinn kraenken, +Zufrieden mit euch selbst, stolz wie die Sonne denken! + + + + +Die Teilung + +An seiner Braut, Fraeulein Christinchens, Seite +Sass Junker Bogislav Dietrich Karl Ferdinand +Von--sein Geschlecht bleibt ungenannt-- +Und tat, wie alle seine Landesleute, +Die Pommern, ganz abscheulich witzig und galant. +Was schwatzte nicht fuer zuckersuesse Schmeicheleien +Der Junker seinem Fraeulein vor! +Was raunte nicht fuer kuehne Schelmereien +Er ihr vertraut ins Ohr? +Mund, Aug und Nas und Brust und Haende, +Ein jedes Glied macht ihn entzueckt, +Bis er, entzueckt auch ueber Hueft und Lende, +Den plumpen Arm um Hueft und Lende drueckt, +Das Fraeulein war geschnuert (vielleicht zum ersten Male) +"Ha!" schrie der Junker; "wie geschlank! +Ha, welch ein Leib! verdammt, dass ich nicht male! +Als kaem er von der Drechselbank! +So duenn!--Was braucht es viel zu sprechen? +Ich wette gleich--was wetten wir? wie viel? +Ich will ihn voneinander brechen! +Mit den zwei Fingern will ich ihn zerbrechen, +Wie einen Pfeifenstiel!" + +"Wie?" rief das Fraeulein; "wie? zerbrechen? +Zerbrechen" (rief sie nochmals) "mich? +Sie koennten sich an meinem Latze stechen. +Ich bitte, Sie verschonen sich." + +"Beim Element! so will ichs wagen," +Schrie Junker Bogislav, "wohlan!" +Und hatte schon die Haende kreuzweis angeschlagen, +Und packte schon heroisch an; +Als schnell ein: "Bruder! Bruder, halt!" +Vom Ofen her aus einem Winkel schallt. + +In diesem Winkel sass, vergessen, nicht verloren, +Des Braeutgams juengster Bruder, Fritz. +Fritz sass mit offnen Aug und Ohren, +Ein Kind voll Mutterwitz. + +"Halt!" schrie er, "Bruder! Auf ein Wort!" +Und zog den Bruder mit sich fort. +"Zerbrichst du sie, die schoene Docke, +So nimm die Oberhaelfte dir! +Die Haelfte mit dem Unterrocke, +Die, lieber Bruder, schenke mir!" + + + + +Faustin + + +Faustin, der ganze funfzehn Jahr +Entfernt von Haus und Hof und Weib und Kindern war, +Ward, von dem Wucher reich gemacht, +Auf seinem Schiffe heimgebracht. +"Gott", seufzt der redliche Faustin, +Als ihm die Vaterstadt in dunkler Fern erschien, +"Gott, strafe mich nicht meiner Suenden, +Und gib mir nicht verdienten Lohn! +Lass, weil du gnaedig bist, mich Tochter, Weib und Sohn +Gesund und froehlich wieder finden." +So seufzt Faustin, und Gott erhoert den Suender. +Er kam, und fand sein Haus in Ueberfluss und Ruh. +Er fand sein Weib und seine beiden Kinder, +Und--Segen Gottes!--zwei dazu. + + + + +Morydan + + +Das Schiff, wo Morydan mit Weib und Kindern war +Kam ploetzlich in Gefahr. +"Ach Goetter, lasset euch bewegen! +Befehlt", schrie Morydan, "dass See und Sturm sich legen. +Nur diesmal lasset mich der nassen Gruft entfliehn; +Nie, nie, gelob ich euch, mehr uebers Meer zu ziehn! +Neptun, erhoere mich! +Sechs schwarze Rinder schenk ich dir +Zum Opfer dankbar froh dafuer!" +"Sechs schwarze Rinder?" rief Mondar, +Sein Nachbar der zugegen war. +"Sechs schwarze Rinder? Bist du toll? +Mir ist es ja, mir ist es schon bekannt, +Dass solchen Reichtum dir das Glueck nicht zugewandt, +Und glaubst doch, dass es Gott Neptun nicht wissen soll?" + +* +Wie oft, o Sterblicher, wie ofte trauest du +Der Gottheit weniger als deinem Nachbar zu! + + + + +Nix Bodenstrom + + +Nix Bodenstrom, ein Schiffer, nahm-- +War es in Hamburg oder Amsterdam, +Daran ist wenig oder nichts gelegen-- +Ein junges Weib. +"Das ist auch sehr verwegen, +Freund!" sprach ein Kaufherr, den zum Hochzeitschmause +Der Schiffer bat. "Du bist so lang und oft von Hause; +Dein Weibchen bleibt indes allein: +Und dennoch--willst du mit Gewalt denn Hahnrei sein? +Indes, dass du zur See dein Leben wagst, +Indes, dass du in Surinam, am Amazonenflusse, +Dich bei den Hottentotten, Kannibalen plagst: +Indes wird sie--" + +"Mit Eurem schoenen Schlusse!" +Versetzte Nix. "Indes, indes! Ei nun! +Das naemliche kann Euer Weibchen tun-- +Denn, Herr, was brauchts dazu fuer Zeit? +Indes Ihr auf der Boerse seid." + + +Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Fabeln und Erzaehlungen, von +Gotthold Ephraim Lessing. + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Fabeln und Erzaehlungen +by Gotthold Ephraim Lessing + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK FABELN UND ERZAEHLUNGEN *** + +This file should be named 7fbln10.txt or 7fbln10.zip +Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7fbln11.txt +VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7fbln10a.txt + +Produced by Delphine Letttau + +Project Gutenberg eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US +unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + +We are now trying to release all our eBooks one year in advance +of the official release dates, leaving time for better editing. +Please be encouraged to tell us about any error or corrections, +even years after the official publication date. + +Please note neither this listing nor its contents are final til +midnight of the last day of the month of any such announcement. +The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at +Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. 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If the value +per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 +million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text +files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ +We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 +If they reach just 1-2% of the world's population then the total +will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. + +The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! +This is ten thousand titles each to one hundred million readers, +which is only about 4% of the present number of computer users. + +Here is the briefest record of our progress (* means estimated): + +eBooks Year Month + + 1 1971 July + 10 1991 January + 100 1994 January + 1000 1997 August + 1500 1998 October + 2000 1999 December + 2500 2000 December + 3000 2001 November + 4000 2001 October/November + 6000 2002 December* + 9000 2003 November* +10000 2004 January* + + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created +to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. + +We need your donations more than ever! + +As of February, 2002, contributions are being solicited from people +and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, +Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, +Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, +Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New +Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, +Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South +Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West +Virginia, Wisconsin, and Wyoming. + +We have filed in all 50 states now, but these are the only ones +that have responded. + +As the requirements for other states are met, additions to this list +will be made and fund raising will begin in the additional states. +Please feel free to ask to check the status of your state. + +In answer to various questions we have received on this: + +We are constantly working on finishing the paperwork to legally +request donations in all 50 states. 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You can also find out about how to make a +donation to Project Gutenberg, and how to get involved. + + +**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** + +**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** + +*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** + + +Title: Fabeln und Erzaehlungen + +Author: Gotthold Ephraim Lessing + +Release Date: October, 2005 [EBook #9158] +[Yes, we are more than one year ahead of schedule] +[This file was first posted on September 9, 2003] + +Edition: 10 + +Language: German + +Character set encoding: ISO-8859-1 + +*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK FABELN UND ERZAEHLUNGEN *** + + + + +Produced by Delphine Letttau + + + + +This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. +That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/. + +Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" +zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse +http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar. + + + + +Fabeln und Erzählungen + +Gotthold Ephraim Lessing + + +Inhalt: + +Das Geheimnis +Das Kruzifix +Das Muster der Ehen +Der über uns +Der Adler und die Eule +Der Eremit +Der Hirsch und der Fuchs +Der Löwe und die Mücke +Der Sperling und die Feldmaus +Der Tanzbär +Der Wunsch zu sterben +Die Bäre +Die Brille +Die Nuß und die Katze +Die Sonne +Die Teilung +Die eheliche Liebe +Die kranke Pulcheria +Faustin +Morydan +Nix Bodenstrom + + + + +Das Geheimnis + +Hans war zum Pater hingetreten, +Ihm seine Sünden vorzubeten. +Hans war noch jung, doch ohne Ruhm, +So jung er war, von Herzen dumm. +Der Pater hört ihn an. Hans beichtete nicht viel. +Was sollte Hans auch beichten? +Von Sünden wußt er nichts, und destomehr vom Spiel. +Spiel ist ein Mittelding, das braucht er nicht zu beichten. +"Nun, soll das alles sein? +Fällt", sprach der Pater, "dir sonst nichts zu beichten ein?" +"Ehrwürdger Herr, sonst nichts--"Sonst weißt du gar nichts mehr?" +"Gar nichts, bei meiner Ehr!" +"Sonst weißt du nichts? das wäre schlecht! +So wenig Sünden? Hans besinn dich recht." +"Ach Herr, mit Seinem scharfen Fragen-- +Ich wüßte wohl noch was." +"Nu? Nur heraus!--"Ja das, +Herr Pater, kann ich Ihm bei meiner Treu nicht sagen." +"So? weißt du etwa schon, worüber junge Dirnen, +Wenn man es ihnen tut, und ihnen nicht tut, zürnen?" +"Herr, ich versteh Euch nicht"--"Und desto besser; gut. +Du weißt doch nichts von Dieberei, von Blut? +Dein Vater hurt doch nicht?"--"O meine Mutter sprichts; +Doch das ist alles nichts." +"Nichts? Nu, was weißt du denn? Gesteh! du mußt es sagen! +Und ich versprech es dir, +Was du gestehest bleibt bei mir." +"Auf Sein Versprechen, Herr, mag es ein andrer wagen; +Daß ich kein Narre bin! +Er darfs, Ehrwürdger Herr, nur einem Jungen sagen, +So ist mein Glücke hin." +"Verstockter Bösewicht", fuhr ihn der Pater an, +"Weißt du, vor wem du stehst?--daß ich dich zwingen kann? +Geh! dein Gewissen soll dich brennen! +Kein Heiliger dich kennen! +Dich kenn Maria nicht, auch nicht Mariens Sohn!" +Hier wär dem armen Bauerjungen +Vor Angst beinah das Herz zersprungen. +Er weint und sprach voll Reu: "Ich weiß"--"Das weiß ich schon, +Daß du was weißt; doch was?"--"Was sich nicht sagen läßt"-- +"Noch zauderst du?"--"Ich weiß"--"Was denn?" "Ein Vogelnest. +Doch wo es ist, fragt nicht; ich fürchte drum zu kommen. +Vorm Jahre hat mir Matz wohl zehne weggenommen." +"Geh Narr, ein Vogelnest war nicht der Mühe wert, +Daß du es mir gesagt, und ichs von dir begehrt." + +Ich kenn ein drolligt Volk,* mit mir kennt es die Welt, +Das schon seit manchen Jahren +Die Neugier auf der Folter hält, +Und dennoch kann sie nichts erfahren. +Hör auf, leichtgläubge Schar, sie forschend zu umschlingen! +Hör auf, mit Ernst in sie zu dringen! +Wer kein Geheimnis hat, kann leicht den Mund verschließen. +Das Gift der Plauderei ist, nichts zu plaudern wissen. +Und wissen sie auch was, so kann mein Märchen lehren, +Daß oft Geheimnisse uns nichts Geheimes lehren, +Und man zuletzt wohl spricht: War das der Mühe wert, +Daß ihr es mir gesagt, und ichs von euch begehrt? + +* Die Freimäurer. + + + + +Das Kruzifix + +"Hans", spricht der Pater, "du mußt laufen, +Uns in der nächsten Stadt ein Kruzifix zu kaufen. +Nimm Matzen mit, hier hast du Geld. +Du wirst wohl sehn, wie teuer man es hält." +Hans kömmt mit Matzen nach der Stadt. +Der erste Künstler war der beste. +"Herr, wenn Er Kruzifixe hat, +So laß Er uns doch eins zum heilgen Osterfeste." + +Der Künstler war ein schalkscher Mann, +Der gern der Einfalt lachte, +Und Dumme gern noch dümmer machte, +Und fing im Scherz zu fragen an: +"Was wollt ihr denn für eines?" + +"Je nun", spricht Matz, "ein wacker feines. +Wir werden sehn, was ihr uns gebt." + +"Das glaub ich wohl, allein das frag ich nicht. +Ein totes, oder eins das lebt?" + +Hans guckte Matzen und Matz Hansen ins Gesicht. +Sie öffneten das Maul, allein es redte nicht. +"Nun gebt mir doch Bericht. +Habt ihr den Pater nicht gefragt?" +"Mein Blut!" spricht endlich Hans, der aus dem Traum erwachte, +"Mein Blut! er hat uns nichts gesagt. +Weißt du es, Matz?"--"Ich dachte; +Wenn dus nicht weißt; wie soll ichs wissen?" +"So werdet ihr den Weg noch einmal gehen müssen. +"Das wollen wir wohl bleiben lassen. +Ja, wenn es nicht zur Frone wär." + +Sie denken lange hin und her, +Und wissen keinen Rat zu fassen. +Doch endlich fällt es Matzen ein: +"Je! Hans, sollts nicht am besten sein, +Wir kauften eins das lebt?--Denn sieh, +Ists ihm nicht recht, so machts ja wenig Müh, +Wärs auch ein Ochs, es tot zu schlagen." +"Nun ja", spricht Hans, "das wollt ich eben sagen: +So haben wir nicht viel zu wagen." + +Das war ein Argument, ihr Herren Theologen, +Das Hans und Matz ex tuto zogen. + + + + +Das Muster der Ehen + +Ein rares Beispiel will ich singen, +Wobei die Welt erstaunen wird. +Daß alle Ehen Zwietracht bringen, +Glaubt jeder, aber jeder irrt. +Ich sah das Muster aller Ehen, +Still, wie die stillste Sommernacht. +Oh! daß sie keiner möge sehen, +Der mich zum frechen Lügner macht! + +Und gleichwohl war die Frau kein Engel, +Und der Gemahl kein Heiliger; +Es hatte jedes seine Mängel. +Denn niemand ist von allen leer. + +Doch sollte mich ein Spötter fragen, +Wie diese Wunder möglich sind? +Der lasse sich zur Antwort sagen: +Der Mann war taub, die Frau war blind. + + + + +Der Adler und die Eule + +Der Adler Jupiters und Pallas Eule stritten. +"Abscheulich Nachtgespenst!"--"Bescheidner, darf ich bitten. +Der Himmel heget mich und dich; +Was bist du also mehr, als ich?" +Der Adler sprach: Wahr ists, im Himmel sind wir beide; +Doch mit dem Unterscheide: +Ich kam durch eignen Flug, +Wohin dich deine Göttin trug. + + + + +Der Eremit + +Im Walde nah bei einer Stadt, +Die man mir nicht genennet hat, +Ließ einst ein seltenes Gefieder, +Ein junger Eremit sich nieder. +"In einer Stadt", denkt Applikant, +"Die man ihm nicht genannt? +Was muß er wohl für eine meinen? +Beinahe sollte mir es scheinen, +Daß die,--nein die--gemeinet wär." +Kurz Applikant denkt hin und her, +Und schließt, noch eh er mich gelesen, +Es sei gewiß Berlin gewesen. + +"Berlin? Ja, ja, das sieht man bald; +Denn bei Berlin ist ja ein Wald.-- + +Der Schluß ist stark, bei meiner Ehre: +Ich dachte nicht, daß es so deutlich wäre. +Der Wald paßt herrlich auf Berlin, +Ohn ihn beim Haar herbeizuziehn. +Und ob das Übrige wird passen, +Will ich dem Leser überlassen. +Auf Griechisch weiß ich, wie sie hieß; +Doch wer verstehts? Kerapolis. + +Hier, nahe bei Kerapolis, +Wars, wo ein junger Eremite, +In einer kleinen leeren Hütte, +Im dicksten Wald sich niederließ. +Was je ein Eremit getan, +Fing er mit größtem Eifer an. +Er betete, er sang, er schrie, +Des Tags, des Nachts, und spät und früh. +Er aß kein Fleisch, er trank nicht Wein, +Ließ Wurzeln seine Nahrung sein, +Und seinen Trank das helle Wasser; +Bei allem Appetit kein Prasser. +Er geißelte sich bis aufs Blut, +Und wußte wie das Wachen tut. +Er fastete wohl ganze Tage, +Und blieb auf einem Fuße stehn; +Und machte sich rechtschaffne Plage, +In Himmel mühsam einzugehn. +Was Wunder also, daß gar bald +Vom jungen Heiligen im Wald +Der Ruf bis in die Stadt erschallt? + +Die erste, die aus dieser Stadt +Zu ihm die heilge Wallfahrt tat, +War ein betagtes Weib. +Auf Krücken, zitternd, kam sie an, +Und fand den wilden Gottesmann, +Der sie von weitem kommen sahe, +Dem hölzern Kreuze knieend nahe. +Je näher sie ihm kömmt, je mehr +Schlägt er die Brust, und weint, und winselt er, +Und wie es sich für einen Heilgen schicket, +Erblickt sie nicht, ob er sie gleich erblicket. +Bis er zuletzt vom Knieen matt, +Und heiliger Verstellung satt, +Vom Fasten, Kreuzgen, Klosterleben, +Marienbildern, Opfergeben, +Von Beichte, Salbung, Seelenmessen, +Ohn das Vermächtnis zu vergessen, +Von Rosenkränzen mit ihr redte, +Und das so oratorisch sagt, +Daß sie erbärmlich weint und klagt, +Als ob er sie geprügelt hätte. +Zum Schluß bricht sie von seiner Hütte, +Wozu der saure Eremite +Mit Not ihr die Erlaubnis gab, +Sich einen heilgen Splitter ab, +Den sie beküsset und belecket, +Und in den welken Busen stecket. +Mit diesem Schatz von Heiligkeit +Kehrt sie zurück begnadigt und erfreut, +Und läßt daheim die frömmsten Frauen +Ihn küssen, andre nur beschauen. +Sie ging zugleich von Haus zu Haus, +Und rief auf allen Gassen aus: +"Der ist verloren und verflucht, +Der unsern Eremiten nicht besucht!" +Und brachte hundert Gründe bei, +Warum es sonderlich den Weibern nützlich sei. + +Ein altes Weib kann Eindruck machen; +Zum Weinen bei der Frau, und bei dem Mann zum Lachen. +Zwar ist der Satz nicht allgemein; +Auch Männer können Weiber sein. +Doch diesmal waren sie es nicht. +Die Weiber schienen nur erpicht, +Den teuern Waldseraph zu sehen. +Die Männer aber?--wehrtens nicht, +Und ließen ihre Weiber gehen. +Die Häßlichen und Schönen, +Die ältesten und jüngsten Frauen, +Das arme wie das reiche Weib,-- +Kurz jede ging, sich zu erbauen, +Und jede fand erwünschten Zeitvertreib. + +"Was? Zeitvertreib, wo man erbauen will? +Was soll der Widerspruch bedeuten?" +Ein Widerspruch? Das wäre viel! +"Er sprach ja sonst von lauter Seligkeiten!"-- +Oh! davon sprach er noch, nur mit dem Unterscheide: +Mit Alten sprach er stets von Tod und Eitelkeit, +Mit Armen von des Himmels Freude, +Mit Häßlichen von Ehrbarkeit, +Nur mit den Schönen allezeit +Vom ersten jeder Christentriebe. +Was ist das? Wer mich fragt, kann der ein Christ wohl sein? +Denn jeder Christ kömmt damit überein, +Es sei die liebe Liebe. + +Der Eremit war jung; das hab ich schon gesagt. +Doch schön? Wer nach der Schönheit fragt, +Der mag ihn hier besehn. +Genug, den Weibern war er schön. +Ein starker, frischer, junger Kerl, +Nicht dicke wie ein Faß, nicht hager wie ein Querl-- +"Nun, nun, aus seiner Kost ist jenes leicht zu schließen." +Doch sollte man auch wissen, +Daß Gott dem, den er liebt, +Zu Steinen wohl Gedeihen gibt; +Und das ist doch kein fett Gerichte! +Ein bräunlich männliches Gesichte, +Nicht allzu klein, nicht allzu groß, +Das sich im dichten Barte schloß; +Die Blicke wild, doch sonder Anmut nicht; +Die Nase lang, wie man die Kaisernasen dichtt. +Das ungebundne Haar floß straubicht um das Haupt; +Und wesentlichre Schönheitsstücke +Hat der zerrißne Rock dem Blicke +Nicht ganz entdeckt, nicht ganz geraubt. +Der Waden nur noch zu gedenken: +Sie waren groß, und hart wie Stein. +Das sollen, wie man sagt, nicht schlimme Zeichen sein; +Allein den Grund wird man mir schenken. + +Nun wahrlich, so ein Kerl kann Weiber lüstern machen. +Ich sag es nicht für mich; es sind geschehne Sachen. +"Geschehne Sachen? was? +So ist man gar zur Tat gekommen?" +Mein lieber Simplex, fragt sich das? +Weswegen hätt er denn die Predigt unternommen? +Die süße Lehre süßer Triebe? +Die Liebe heischet Gegenliebe, +Und wer ihr Priester ist, verdienet keinen Haß. + +O Andacht, mußt du doch so manche Sünde decken! +Zwar die Moral ist hier zu scharf, +Weil mancher Mensch sich nicht bespiegeln darf, +Aus Furcht, er möchte vor sich selbst erschrecken. +Drum will ich nur mit meinen Lehren +Ganz still nach Hause wieder kehren. +Kömmt mir einmal der Einfall ein, +Und ein Verleger will für mich so gnädig sein, +Mich in groß Quart in Druck zu nehmen; +So könnt ich mich vielleicht bequemen, +Mit hundert englischen Moralen, +Die ich im Laden sah, zu prahlen, +Exempelschätze, Sittenrichter, +Die alten und die neuen Dichter +Mit witzgen Fingern nachzuschlagen, +Und was die sagen, und nicht sagen, +In einer Note abzuschreiben. +Bringt, sag ich noch einmal, man mich gedruckt an Tag; +Denn in der Handschrift laß ichs bleiben, +Weil ich mich nicht belügen mag. + +Ich fahr in der Erzählung fort-- +Doch möcht ich in der Tat gestehn, +Ich hätte manchmal mögen sehn, +Was die und die, die an den Wallfahrtsort +Mit heiligen Gedanken kam, +Für fremde Mienen an sich nahm, +Wenn der verwegne Eremit, +Fein listig, Schritt vor Schritt, +Vom Geist aufs Fleisch zu reden kam. +Ich zweifle nicht, daß die verletzte Scham +Den Zorn nicht ins Gesicht getrieben, +Daß Mund und Hand nicht in Bewegung kam, +Weil beide die Bewegung lieben; +Allein, daß die Versöhnung ausgeblieben, +Glaub ich, und wer die Weiber kennt, +Nicht eher, als kein Stroh mehr brennt. +Denn wird doch wohl ein Löwe zahm. +Und eine Frau ist ohnedem ein Lamm. +"Ein Lamm? du magst die Weiber kennen." +Je nun, man kann sie doch insoweit Lämmer nennen, +Als sie von selbst ins Feuer rennen. + +"Fährst du in der Erzählung fort? +Und bleibst mit deinem Kritisieren +Doch ewig an demselben Ort?" +So kann das Nützliche den Dichter auch verführen. +Nun gut, ich fahre fort, +Und sag, um wirklich fortzufahren, +Daß nach fünf Vierteljahren +Die Schelmereien ruchbar waren. +"Erst nach fünf Vierteljahren? Nu; +Der Eremit hat wacker ausgehalten. +So viel trau ich mir doch nicht zu; +Ich möchte nicht sein Amt ein Vierteljahr verwalten. +Allein, wie ward es ewig kund? +Hat es ein schlauer Mann erfahren? +Verriet es einer Frau waschhafter Mund? +Wie? oder daß den Hochverrat +Ein alt neugierig Weib, aus Neid, begangen hat?" +O nein; hier muß man besser raten, +Zwei muntre Mädchen hatten schuld, +Die voller frommen Ungeduld +Das taten, was die Mütter taten; +Und dennoch wollten sich die Mütter nicht bequemen, +Die guten Kinder mitzunehmen. +"Sie merkten also wohl den Braten?"-- +Und haben ihn gar dem Papa verraten. +"Die Töchter sagtens dem Papa? +Wo blieb die Liebe zur Mama?" +Oh! die kann nichts darunter leiden; +Denn wenn ein Mädchen auch die Mutter liebt, +Daß es der Mutter in der Not +Den letzten Bissen Brot +Aus seinem Munde gibt; +So kann das Mädchen doch die Mutter hier beneiden, +Hier, wo so Lieb als Klugheit spricht: +Ihr Schönen, trotz der Kinderpflicht, +Vergeßt euch selber nicht! +Kurz, durch die Mädchen kams ans Licht, +Daß er, der Eremit, beinah die ganze Stadt +Zu Schwägern oder Kindern hat. + +Oh! der verfluchte Schelm! Wer hätte das gedacht! +Die ganze Stadt ward aufgebracht, +Und jeder Ehmann schwur, daß in der ersten Nacht, +Er und sein Mitgenoß der Hain, +Des Feuers Beute müsse sein. +Schon rotteten sich ganze Scharen, +Die zu der Rache fertig waren. +Doch ein hochweiser Magistrat +Besetzt das Tor, und sperrt die Stadt, +Der Eigenrache vorzukommen, +Und schicket alsobald +Die Schergen in den Wald, +Die ihn vom Kreuze weg, und in Verhaft genommen. +Man redte schon von Galgen und von Rad, +So sehr schien sein Verbrechen häßlich; +Und keine Strafe war so gräßlich, +Die, wie man sagt, er nicht verdienet hat. +Und nur ein Hagestolz, ein schlauer Advokat, +Sprach: "Oh! dem kömmt man nicht ans Leben, +Der es Unzähligen zu geben, +So rühmlich sich beflissen hat." + +Der Eremite, der die Nacht +Im Kerker ungewiß und sorgend durchgemacht, +Ward morgen ins Verhör gebracht. +Der Richter war ein schalkscher Mann, +Der jeden mit Vergnügen schraubte, +Und doch--(wie man sich irren kann!) +Von seiner Frau das beste glaubte. +"Sie ist ein Ausbund aller Frommen, +Und nur einmal in Wald gekommen, +Den Pater Eremit zu sehn. +Einmal! Was kann da viel geschehn?" +So denkt der gütige Herr Richter. +Denk immer so, zu deiner Ruh, +Lacht gleich die Wahrheit und der Dichter, +Und deine fromme Frau dazu. + +Nun tritt der Eremit vor ihn. +"Mein Freund, wollt Ihr von selbst die nennen, +Die--die Ihr kennt, und die Euch kennen: +So könnt Ihr der Tortur entfliehn. +Doch"--"Darum laß ich mich nicht plagen. +Ich will sie alle sagen. +Herr Richter, schreib Er nur!" Und wie? +Der Eremit entdecket sie? +Ein Eremite kann nicht schweigen? +Sonst ist das Plaudern nur den Stutzern eigen. +Der Richter schrieb. "Die erste war +Kamilla"--"Wer? Kamilla?" "Ja fürwahr! +Die andern sind: Sophia, Laura, Doris, +Angelika, Korinna, Chloris"-- +"Der Henker mag sie alle fassen, +Gemach! und eine nach der andern fein! +Denn eine nur vorbei zu lassen"-- +"Wird wohl kein großer Schade sein", +Fiel jeder Ratsherr ihm ins Wort. +"Hört", schrieen sie, "erzählt nur fort!" +Weil jeder Ratsherr in Gefahr, +Sein eigen Weib zu hören war. +"Ihr Herren", schrie der Richter, "nein! +Die Wahrheit muß am Tage sein; +Was können wir sonst für ein Urteil fassen?" +"Ihn", schrieen alle, "gehn zu lassen." +"Nein, die Gerechtigkeit"--und kurz der Delinquent +Hat jede noch einmal genennt, +Und jeder hing der Richter dann +Ein loses Wort für ihren Hahnrei an. +Das Hundert war schon mehr als voll; +Der Eremit, der mehr gestehen soll, +Stockt, weigert sich, scheut sich zu sprechen-- +"Nu, nu, nur fort! was zwingt Euch wohl, +So unvermutet abzubrechen?" +"Das sind sie alle!" "Seid Ihr toll? +Ein Held wie Ihr! Gestehet nur, gesteht! +Die letzten waren, wie Ihr seht: +Klara, Pulcheria, Susanne, +Charlotte, Mariane, Hanne. +Denkt nach! ich laß Euch Zeit dazu!" +"Das sind sie wirklich alle!" "Nu-- +Macht, eh wir schärfer in Euch dringen!" +"Nein keine mehr; ich weiß genau_-- +"Ha! ha! ich seh, man soll Euch zwingen"-- +"Nun gut, Herr Richter,--Seine Frau"-- + +* +Daß man von der Erzählung nicht +Als einem Weibermärchen spricht, +So mach ich sie zum Lehrgedicht, +Durch beigefügten Unterricht: +Wer seines Nächsten Schande sucht, +Wird selber seine Schande finden! +Nicht wahr, so liest man mich mit Frucht? +Und ich erzähle sonder Sünden? + + + + +Der Hirsch und der Fuchs + +"Hirsch, wahrlich, das begreif ich nicht", +Hört ich den Fuchs zum Hirsche sagen, +"Wie dir der Mut so sehr gebricht? +Der kleinste Windhund kann dich jagen. +Besieh dich doch, wie groß du bist! +Und sollt es dir an Stärke fehlen? +Den größten Hund, so stark er ist, +Kann dein Geweih mit einem Stoß entseelen. +Uns Füchsen muß man wohl die Schwachheit übersehn; +Wir sind zu schwach zum widerstehn. +Doch daß ein Hirsch nicht weichen muß, +Ist sonnenklar. Hör meinen Schluß. +Ist jemand stärker, als sein Feind, +Der braucht sich nicht vor ihm zurückzuziehen; +Du bist den Hunden nun weit überlegen, Freund: +Und folglich darfst du niemals fliehen." +"Gewiß, ich hab es nie so reiflich überlegt. +Von nun an", sprach der Hirsch, "sieht man mich unbewegt, +Wenn Hund' und Jäger auf mich fallen; +Nun widersteh ich allen." + +Zum Unglück, daß Dianens Schar +So nah mit ihren Hunden war. +Sie bellen, und sobald der Wald +Von ihrem Bellen widerschallt, +Fliehn schnell der schwache Fuchs und starke Hirsch davon. + +* +Natur tut allzeit mehr, als Demonstration. + + + + +Der Löwe und die Mücke + +Ein junger Held vom muntern Heere, +Das nur der Sonnenschein belebt, +Und das mit saugendem Gewehre +Nach Ruhm gestochner Beulen strebt, +Doch die man noch zum großen Glücke +Durch zwei Paar Strümpfe hindern kann, +Der junge Held war eine Mücke. +Hört meines Helden Taten an! +Auf ihren Kreuz- und Ritterzügen +Fand sie, entfernt von ihrer Schar, +Im Schlummer einen Löwen liegen, +Der von der Jagd entkräftet war. +Seht, Schwestern, dort den Löwen schlafen, +Schrie sie die Schwestern gaukelnd an. +Jetzt will ich hin, und will ihn strafen. +Er soll mir bluten, der Tyrann! + +Sie eilt, und mit verwegnem Sprunge +Setzt sie sich auf des Königs Schwanz. +Sie sticht, und flieht mit schnellem Schwunge, +Stolz auf den sauern Lorbeerkranz. +Der Löwe will sich nicht bewegen? +Wie? ist er tot? Das heiß ich Wut! +Zu mördrisch war der Mücke Degen: +Doch sagt, ob er nicht Wunder tut? + +"Ich bin es, die den Wald befreiet, +Wo seine Mordsucht sonst getobt. +Seht, Schwestern, den der Tiger scheuet, +Der stirbt! Mein Stachel sei gelobt!" +Die Schwestern jauchzen, voll Vergnügen, +Um ihre laute Siegerin. +Wie? Löwen, Löwen zu besiegen! +Wie, Schwester, kam dir das in Sinn? + +"Ja, Schwestern, wagen muß man! wagen! +Ich hätt es selber nicht gedacht. +Auf! lasset uns mehr Feinde schlagen. +Der Anfang ist zu schön gemacht." +Doch unter diesen Siegesliedern, +Da jede von Triumphen sprach, +Erwacht der matte Löwe wieder, +Und eilt erquickt dem Raube nach. + + + + +Der Sperling und die Feldmaus + +Zur Feldmaus sprach ein Spatz: Sieh dort den Adler sitzen! +Sieh, weil du ihn noch siehst! er wiegt den Körper schon; +Bereit zum kühnen Flug, bekannt mit Sonn und Blitzen, +Zielt er nach Jovis Thron. +Doch wette,--seh ich schon nicht adlermäßig aus-- +Ich flieg ihm gleich.--Fleug, Prahler, rief die Maus. +Indes flog jener auf, kühn auf geprüfte Schwingen; +Und dieser wagts, ihm nachzudringen. +Doch kaum, daß ihr ungleicher Flug +Sie beide bis zur Höh gemeiner Bäume trug, +Als beide sich dem Blick der blöden Maus entzogen, +Und beide, wie sie schloß, gleich unermeßlich flogen. + +* +Ein unbiegsamer F* will kühn wie Milton singen. +Nach dem er Richter wählt, nach dem wirds ihm gelingen. + + + + +Der Tanzbär + +Ein Tanzbär war der Kett entrissen, +Kam wieder in den Wald zurück, +Und tanzte seiner Schar ein Meisterstück +Auf den gewohnten Hinterfüßen. +"Seht", schrie er, "das ist Kunst; das lernt man in der Welt. +Tut mir es nach, wenns euch gefällt, +Und wenn ihr könnt!" "Geh", brummt ein alter Bär, +"Dergleichen Kunst, sie sei so schwer, +Sie sei so rar sie sei! +Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei." + +* +Ein großer Hofmann sein, +Ein Mann, dem Schmeichelei und List +Statt Witz und Tugend ist; +Der durch Kabalen steigt, des Fürsten Gunst erstiehlt, +Mit Wort und Schwur als Komplimenten spielt, +Ein solcher Mann, ein großer Hofmann sein, +Schließt das Lob oder Tadel ein? + + + + +Der über uns + +Hans Steffen stieg bei Dämmerung (und kaum +Konnt er vor Näschigkeit die Dämmerung erwarten) +In seines Edelmannes Garten +Und plünderte den besten Äpfelbaum. +Johann und Hanne konnten kaum +Vor Liebesglut die Dämmerung erwarten, +Und schlichen sich in eben diesen Garten, +Von ungefähr an eben diesen Äpfelbaum. + +Hans Steffen, der im Winkel oben saß +Und fleißig brach und aß, +Ward mäuschenstill, vor Wartung böser Dinge, +Daß seine Näscherei ihm diesmal schlecht gelinge. +Doch bald vernahm er unten Dinge, +Worüber er der Furcht vergaß +Und immer sachte weiter aß. + +Johann warf Hannen in das Gras. +"O pfui," rief Hanne; "welcher Spaß! +Nicht doch, Johann!--Ei was? +Oh, schäme dich!--Ein andermal--o laß-- +Oh, schäme dich!--Hier ist es naß."-- +"Naß, oder nicht; was schadet das? +Es ist ja reines Gras."-- + +Wie dies Gespräche weiter lief, +Das weiß ich nicht. Wer brauchts zu wissen? +Sie stunden wieder auf und Hanne seufzte tief: +"So, schöner Herr! heißt das bloß küssen? +Das Männerherz! Kein einzger hat Gewissen! +Sie könnten es uns so versüßen! +Wie grausam aber müssen +Wir armen Mädchen öfters dafür büßen! +Wenn nun auch mir ein Unglück widerfährt-- +Ein Kind--ich zittre--wer ernährt +Mir dann das Kind? Kannst du es mir ernähren?" +"Ich?" sprach Johann; "die Zeit mags lehren. +Doch wirds auch nicht von mir ernährt, +Der über uns wirds schon ernähren, +Dem über uns vertrau!" + +Dem über uns! Dies hörte Steffen. +Was, dacht er, will das Pack mich äffen? +Der über ihnen? Ei, wie schlau! +"Nein!" schrie er: "laßt euch andre Hoffnung laben! +Der über euch ist nicht so toll! +Wenn ich ein Bankbein nähren soll: +So will ich es auch selbst gedrechselt haben!" + +Wer hier erschrak und aus dem Garten rann, +Das waren Hanne und Johann. +Doch gaben bei dem Edelmann +Sie auch den Äpfeldieb wohl an? +Ich glaube nicht, daß sies getan. + + + + +Der Wunsch zu sterben +Eine Erzählung. + + +Ein durch die Jagd ergrimmter Bär +Latscht hinter einen Wandrer her. +Aus Rache will er ihn zerreißen. +(Das mag dem Wandrer wohl ein unverdientes Unglück heißen.) +Aus Rache, dummes Tier? wird mancher Leser sprechen, +Kannst du dich nicht an deinen Jägern rächen? +O schimpft mir nicht das gute Vieh: +Es folgt den Trieben nur; Vernunft regiert es nie. +Es hat ja unter uns--was sagt ich? nein--bei Hunden +Gewiß nicht wenige von gleicher Art gefunden. +Geschwinde! Wanderer, geschwind und rette dich. +Er läuft, der Bär läuft nach. Er schreit, will sich verstecken, +Der Bär nicht faul, sucht ihn, bricht brummend durch die Hecken, +Und jagt ihn wieder vor. Der ändert oft den Lauf; +Bald rechts, bald vor, bald links. Doch alle diese Ränke +Sind hier umsonst. Warum? Der Bär hat auch Gelenke. +Gewiß so eine Jagd wär mir nicht lächerlich! +Jedoch zu was wird sich der Wandrer nun entschließen? +Er springt den nächsten Baum hinauf. +Oh! das wird niemand wohl das beste Mittel nennen. +Er mußte doch in aller Angst nicht wissen, +Daß Bäre gleichfalls klettern können. +Das tolle Tier erblickt es kaum, +So stutzt es, brummt und kratzt den Baum, +Es bäumt den schweren Leib, es setzt die Vordertatzen +An Rind und Ästen ein, so schnell, als scheue Katzen. +So langsam Gegenteils hebt es des Körpers Wucht; +Doch kömmt es schon so hoch, daß der den Gipfel sucht. +Was gibt uns oft die Angst nicht ein? +Der Wandrer sucht des Feindes los zu sein. +Er stößt, und stößt den Fuß mit voller Leibesstärke +Dem Bäre vor den Kopf. Doch große Wunderwerke +Tat dieses Stößchen nicht. Wie kann es anders sein? +Wer Bäre töten will, braucht der den Fuß allein? +Er taumelt nur, anstatt zu fallen, +Und fasset schnell mit seinen Krallen +Des Wandrers Fuß, der nach ihm stieß. +Er hält ihn, wie ein Bär. Durch Zerren und durch Beißen +Sucht er den Raub herabzureißen. +Jedoch je mehr er riß, je mehr hält jener sich +An Ästen fest und ritterlich. +Wenn Witz und Tapferkeit uns nicht erretten kann, +Beut oft das blinde Glück uns seine Rettung an. +Der wütend plumpe Bär +Ist für den dünnen Ast zu schwer; +Der bricht, und er fällt schütternd schnell zu Boden. +Der Fall bringt ihn fast um den Oden, +Und keuchend schleicht er zornig fort. +Von Schrecken, Furcht und Schmerzen eingenommen, +Sieht kaum der Wanderer, daß er der Not entkommen. +Nun lobt er wohl, durch jedes Wort, +Mit zärtlich dankbarem Gemüte +Des Himmels unverhoffte Güte? +O weit gefehlet! nein! mit zitternd schwacher Sprache +Flucht, lästert, schreiet er selbst wider GOtt um Rache. +Er kriecht vom Baum herab und läßt sich murrend nieder. +Sein nasses Auge sieht das Blut der wunden Glieder. +Der Schmerz verführet ihn, daß er den Tod begehrt, +Den Tod, vor dem er sich mit Fliehn und Schrein gewehrt. +Bald flucht er auf den Bär, der ihn nicht ganz zerrissen; +Bald flucht er auf sich selbst, daß er sich retten müssen. +"O näh're dich, erwünschter Tod! +Benimm mir Leben Schmerz und Not! +Entführ mir dieser Wunsch doch mit dem letzten Hauche!" +St! St! was raschelt dort, dort hinter jenem Strauche? +Beglückter Wanderer! dein Wunsch ist schon erhört. +Es kömmt ein neuer Bär, der dich im Klagen stört. +Ein Bär? Erschrick nur nicht! Ein Bär. +Ohn Zweifel schickt der Tod ihn her. +Der Tod? Ja! ja, der Tod den du gewünschet hast, +Gewünschet und erfleht. "Das ist ein schlimmer Gast. +Der Henker! weiß er denn gar nichts von Komplimenten? +Wenn meine Beine doch mich nur erretten könnten!" +Mit Mühe sucht er aufzustehn; +Doch kann er nicht vom Flecke gehn. +Hier kam ihm schnell ein ander Mittel ein, +Das ihm vorher nicht eingekommen. +Er hatt es einst (zehn Jahre mocht es sein) +Von einem Reisenden vernommen; +Und hatt es nie, nur in der Not, vergessen, +Daß Bäre selten Tote fressen. +Sein Einfall wirft ihn hurtig nieder; +Die schon vor Schrecken kalten Glieder +Streckt er starr von sich weg, so sehr er immer kann, +Und hält den Oden mühsam an. +Der Bär beschnopert ihn, findt keines Lebens Spur, +Mag sich an Toten nicht begnügen, +Kehrt sittsam um, und brummet nur, +Und läßt den Schalk in Ruhe liegen. +Was ist bei dir ein Wunsch? Mein Freund, laß michs verstehen. +Du wünschst den Tod: er kömmt; du suchst ihm zu entgehen. +Steh auf! der Bär ist fort. Was fluchst du ihm noch nach? +Zum Danke, daß er dir nicht Hals und Beine brach? +Was soll die Lästerung? Verringert sie die Schmerzen? +Noch wünschest du den Tod? Das geht dir wohl von Herzen? +Nur schade, daß er dich vorhin so spotten sah: +Sonst wär er wahrlich längst auf dein Ersuchen da. +Der schwüle Tag vergeht; der Abend bricht herein. +O könnt er, in geborstnen Feldern, +Wie durch die Hitze matten Wäldern, +Mein Wandrer, ebenfalls dir zur Erquickung sein! +Man sieht die Luft, sich abzukühlen, +Mit stummen Blitzen häufig spielen. +"Oh!" schreit der Wanderer, "zög sich ein Wetter auf! +O hemmten Blitz und Schlag mir Pein und Lebenslauf!" +Schnell zeigt der Donnergott dem Wunsche sich gewogen. +Des ganzen Himmels weite Ferne +Verdeckt viel Dunst; die hellsten Sterne +Sind schwarz mit Wolken überzogen, +Schnell fährt der Blitz heraus, kracht hier und dort ein Schlag. +Auf, Wandrer, freue dich! das ist dein Sterbetag! +Nun wird der Tod auf Donnerkeilen +Zu dir verlaßnem Armen eilen. +Was scherzst du noch voll Furcht?--Ihr Freunde, gebt doch acht; +Doch bitt ich, zwänget euch, daß ihr nicht drüber lacht... +"Ja! das ist Pein--o stürb ich doch!-- +Komm Tod! komm doch--du zauderst noch? +Jedoch hier mag ich wohl nicht allzusicher liegen? +Ich habe ja einmal gehört, +Wie die Erfahrung oft gelehrt, +Daß Donner gern in Eichen schlügen. +O machte mir ein Lorbeerbaum +Doch unter seinen Ästen Raum. +O weh! wie schmerzt das Bein! Erbarm dich doch o Tod! +Jedoch dort schlug es ein--Nun ists die höchste Not, +Soll mich das Wetter nicht verletzen, +Mich schnell in Sicherheit zu setzen!" +Geh! dummer Wandrer, geh! such einen sichern Ort; +Und wünsche bald den Tod; bald wünsch ihn wieder fort. +Mich soll dein Wankelmut der Menschen Zagheit lehren, +Muß ich sie so, wie dich, verwegen wünschen hören. +Glaubt, Freunde, glaubet mir! der ist ein weiser Mann, +Der zwar das Leben liebt, doch mutig sterben kann! + +L. a. C. + + + + +Die Bäre + +Den Bären glückt' es, nun schon seit geraumer Zeit, +Mit Brummen, plumpem Ernst und stolzer Frömmigkeit, +Das Sittenrichteramt, bei allen schwächern Tieren, +Aus angemaßter Macht, gleich Wütrichen, zu führen. +Ein jedes furchte sich, und keines war so kühn, +Sich um die saure Pflicht nebst ihnen zu bemühn; +Bis endlich noch im Fuchs der Patriot erwachte, +Und hier und da ein Fuchs auf Sittensprüche dachte. +Nun sah man beide stets auf gleiche Zwecke sehn; +Und beide sah man doch verschiedne Wege gehn. +Die Bäre wollen nur durch Strenge heilig machen; +Die Füchse strafen auch, doch strafen sie mit Lachen. +Dort brauchet man nur Fluch; hier brauchet man nur Scherz; +Dort bessert man den Schein; hier bessert man das Herz. +Dort sieht man Düsternheit; hier sieht man Licht und Leben; +Dort nach der Heuchelei; hier nach der Tugend streben. +Du, der du weiter denkst, fragst du mich nicht geschwind: +Ob beide Teile wohl auch gute Freunde sind? +O wären sies! Welch Glück für Tugend, Witz und Sitten! +Doch nein, der arme Fuchs wird von dem Bär bestritten, +Und, trotz des guten Zwecks, von ihm in Bann getan. +Warum? der Fuchs greift selbst die Bäre tadelnd an. + +* +Ich kann mich diesmal nicht bei der Moral verweilen; +Die fünfte Stunde schlägt; ich muß zum Schauplatz eilen. +Freund, leg die Predigt weg! Willst du nicht mit mir gehn? +Was spielt man? Den Tartüff. Dies Schandstück sollt ich sehn? + + + + +Die Brille + +Dem alten Freiherrn von Chrysant, +Wagts Amor, einen Streich zu spielen. +Für einen Hagestolz bekannt, +Fing, um die Sechzig, er sich wieder an zu fühlen. +Es flatterte, von Alt und Jung begafft, +Mit Reizen ganz besondrer Kraft, +Ein Bürgermädchen in der Nachbarschaft. +Dies Bürgermädchen hieß Finette. +Finette ward des Freiherrn Siegerin. +Ihr Bild stand mit ihm auf, und ging mit ihm zu Bette. +Da dacht in seinem Sinn +Der Freiherr: "Und warum denn nur ihr Bild? +Ihr Bild, das zwar den Kopf, doch nicht die Arme füllt? +Sie selbst steh mit mir auf, und geh mit mir zu Bette. +Sie werde meine Frau! Es schelte, wer da schilt; +Genädge Tant und Nicht und Schwägerin! +Finett ist meine Frau, und--ihre Dienerin." + +Schon so gewiß? Man wird es hören. +Der Freiherr kömmt, sich zu erklären, +Er greift das Mädchen bei der Hand, +Tut, wie ein Freiherr, ganz bekannt, +Und spricht: "Ich, Freiherr von Chrysant, +Ich habe Sie, mein Kind, zu meiner Frau ersehen. +Sie wird sich hoffentlich nicht selbst im Lichte stehen. +Ich habe Guts die Hüll und Fülle." +Und hierauf las er ihr, durch eine große Brille, +Von einem großen Zettel ab, +Wie viel ihm Gott an Gütern gab; +Wie reich er sie beschenken wolle; +Welch großen Witwenschatz sie einmal haben solle. +Dies alles las der reiche Mann +Ihr von dem Zettel ab, und guckte durch die Brille +Bei jedem Punkte sie begierig an. + +"Nun, Kind, was ist Ihr Wille?" +Mit diesen Worten schwieg der Freiherr stille, +Und nahm mit diesen Worten seine Brille +(Denn, dacht er, wird das Mädchen nun +So wie ein kluges Mädchen tun; +Wird mich und sie ihr schnelles Ja beglücken; +Werd ich den ersten Kuß auf ihre Lippen drücken: +So könnt ich, im Entzücken, +Die teure Brille leicht zerknicken!) +Die teure Brille wohlbedächtig ab. + +Finette, der dies Zeit sich zu bedenken gab, +Bedachte sich, und sprach nach reiflichem Bedenken: +"Sie sprechen, gnädger Herr, vom Freien und vom Schenken: +Ach! gnädger Herr, das alles wär sehr schön! +Ich würd in Samt und Seide gehn-- +Was gehn? Ich würde nicht mehr gehn; +Ich würde stolz mit Sechsen fahren. +Mir würden ganze Scharen +Von Dienern zu Gebote stehn. +Ach! wie gesagt, das alles wär sehr schön, +Wenn ich--wenn ich--" + +"Ein Wenn? Ich will doch sehn", +(Hier sahe man den alten Herrn sich blähn,) +"Was für ein Wenn mir kann im Wege stehn!" + +"Wenn ich nur nicht verschworen hätte--" +"Verschworen? was? Finette, +Verschworen nicht zu frein?-- +O Grille", rief der Freiherr, "Grille!" +Und griff nach seiner Brille, +Und nahm das Mädchen durch die Brille +Nochmals in Augenschein, +Und rief beständig: "Grille! Grille! +Verschworen nicht zu frein!" + +"Behüte!" sprach Finette, +"Verschworen nur mir keinen Mann zu frein, +Der so, wie Ihre Gnaden pflegt, +Die Augen in der Tasche trägt!" + + + + +Die eheliche Liebe + +Klorinde starb; sechs Wochen drauf +Gab auch ihr Mann das Leben auf, +Und seine Seele nahm aus diesem Weltgetümmel +Den pfeilgeraden Weg zum Himmel. +"Herr Petrus", rief er, "aufgemacht!" +"Wer da?"--"Ein wackrer Christ."-- +"Was für ein wackrer Christ?"-- +"Der manche Nacht, +Seitdem die Schwindsucht ihn aufs Krankenbette brachte, +In Furcht, Gebet und Zittern wachte. +Macht bald!"--Das Tor wird aufgetan. +"Ha! ha! Klorindens Mann! +Mein Freund", spricht Petrus, "nur herein; +Noch wird bei Eurer Frau ein Plätzchen ledig sein." +"Was? meine Frau im Himmel? wie? +Klorinden habt Ihr eingenommen? +Lebt wohl! habt Dank für Eure Müh! +Ich will schon sonst wo unterkommen." + + + + +Die kranke Pulcheria +Freie Übersetzung einer Erzählung aus dem Fontaine + + +Pulcheria ward krank... "Vielleicht die Lust zu büßen, +Die..." Pfui, wer wird nun gleich so voller Argwohn sein? +Schweigt, Neider! hört mir zu! ich lenke wieder ein. +Pulcheria ward krank. Unruhig im Gewissen, +Ließ ihr der Schmerz manchmal, die Schwermut niemals Ruh. +"Wie? Was? Pulcheria wär melancholisch worden? +Sprich, Lügner, lieber gar, sie trat in Nonnenorden." +Schon wieder stört ihr mich? Schweigt doch, und hört mir zu! +Als sie einst ihre Not zu lauten Seufzern trieb, +Sprach Lady, ihre Magd: "Laßt doch den Priester holen; +Legt dem die Beichte ab, so seid Ihr GOtt empfohlen; +Und beichten müsset Ihr, ist Euch der Himmel lieb." +"Ja dieser Rat ist gut", spricht unsre kranke Schöne. +"Lauf, oder schicke gleich zum Pater Andres hin; +Andres--merks wohl--weil ich auch sonst sein Beichtkind bin, +So oft ich mich mit dir, o lieber GOtt! versöhne." +Gleich läuft ein Diener hin, klopft an das Kloster an, +Und so, als wenn das Tor davon zerspringen solle. +"Nu, Nu! Gemach! Gemach!" Man fragt, zu wem er wolle? +"Je, macht nur erstlich auf." Das Tor wird aufgetan. +"Der Pater Andres wird zu meiner Frau begehret, +Die gerne beichten will, weil sie bald sterben kann." +"Wer?" fragt ein Bruder ihn; "Andres? der gute Mann! +Zehn Jahr ists schon, daß der im Himmel Beichte höret." + +L. + + + + +Die Nuß und die Katze +Eine Fabel. + + +"Gewiß, Herr Wirt, dies Obst ist nicht für meinen Magen. +Denn wenn ich mir, es frei zu sagen, +Ja eine Baumfrucht loben muß, +So lob ich mir die welsche Nuß. +Die schmeckt doch noch!--Bei meiner Treu! +Der zartste Apfel kömmt der Nuß, der Nuß nicht bei." +Ein Kätzchen, das der Wirtin Liebe +Nie mit Gewalt zum Mausen triebe, +Und itzt in ihrem Schoße saß, +War schlau, vernahm und merkte das. +"Was?" dacht es, "eine Nuß soll so vortrefflich schmecken? +Halt! diese Wahrheit soll mein Maul gleich selbst entdecken." +Es sprang vom Schoße weg, und lief dem Garten zu. +Nu, Katze, nu, wie dumm bist du! +Der schönen Chloris Schoß um eine Nuß zu lassen? +Wärst du ein junger Herr, wie würde sie dich hassen! +Nein, Schönen, räumet mir nur diesen Ort erst ein; +So wahr er mich ergetzt, ich will kein Kätzchen sein. +Doch dieses sag ich nur so im Vorübergehen. +Horcht! ich erzähle fort. Beim Garten blieb ich stehen? +Nicht? Ja. Wohl gut. Hier fand der Katze Lüsternheit +Beim nächsten Nußbaum nun, worauf sie sich gefreut. +Wollt ihr etwan ein Bild zu meiner Fabel malen: +So malt die Nüsse ja noch in den grünen Schalen, +Die unsre Katze fand. Darauf kömmt alles an. +Denn als sie kaum darein den ersten Biß getan, +So schnaubt und sprudelt sie, als wenn sie Glas gefressen. +"Dich", spricht sie, "lobt der Mensch: so mag er dich auch essen. +Oh! pfui, was muß er nicht für eine Zunge haben! +An solcher Säure sich zu laben!" + +* +O schweig nur dummes Tier! +Du schmähst zur Ungebühr, +Du hättest auf den Kern nur erstlich kommen sollen, +Denn den, die Schale nicht, hat Lydas loben wollen! + +L. + + + + +Die Sonne + +Der Stern, durch den es bei uns tagt-- +"Ach! Dichter, lern, wie unsereiner sprechen! +Muß man, wenn du erzählst, +Und uns mit albern Fabeln quälst, +Sich denkend noch den Kopf zerbrechen?" +Nun gut! die Sonne ward gefragt: +Ob sie es nicht verdrösse, +Daß ihre unermeßne Größe +Die durch den Schein betrogne Welt +Im Durchschnitt größer kaum, als eine Spanne, hält? +"Mich", spricht sie, "sollte dieses kränken? +Wer ist die Welt? wer sind sie, die so denken? +Ein blind Gewürm! Genug, wenn jene Geister nur, +Die auf der Wahrheit dunkeln Spur, +Das Wesen von dem Scheine trennen, +Wenn diese mich nur besser kennen!" + +* +Ihr Dichter, welche Feur und Geist +Des Pöbels blödem Blick entreißt, +Lernt, will euch mißgeschätzt des Lesers Kaltsinn kränken, +Zufrieden mit euch selbst, stolz wie die Sonne denken! + + + + +Die Teilung + +An seiner Braut, Fräulein Christinchens, Seite +Saß Junker Bogislav Dietrich Karl Ferdinand +Von--sein Geschlecht bleibt ungenannt-- +Und tat, wie alle seine Landesleute, +Die Pommern, ganz abscheulich witzig und galant. +Was schwatzte nicht für zuckersüße Schmeicheleien +Der Junker seinem Fräulein vor! +Was raunte nicht für kühne Schelmereien +Er ihr vertraut ins Ohr? +Mund, Aug und Nas und Brust und Hände, +Ein jedes Glied macht ihn entzückt, +Bis er, entzückt auch über Hüft und Lende, +Den plumpen Arm um Hüft und Lende drückt, +Das Fräulein war geschnürt (vielleicht zum ersten Male) +"Ha!" schrie der Junker; "wie geschlank! +Ha, welch ein Leib! verdammt, daß ich nicht male! +Als käm er von der Drechselbank! +So dünn!--Was braucht es viel zu sprechen? +Ich wette gleich--was wetten wir? wie viel? +Ich will ihn voneinander brechen! +Mit den zwei Fingern will ich ihn zerbrechen, +Wie einen Pfeifenstiel!" + +"Wie?" rief das Fräulein; "wie? zerbrechen? +Zerbrechen" (rief sie nochmals) "mich? +Sie könnten sich an meinem Latze stechen. +Ich bitte, Sie verschonen sich." + +"Beim Element! so will ichs wagen," +Schrie Junker Bogislav, "wohlan!" +Und hatte schon die Hände kreuzweis angeschlagen, +Und packte schon heroisch an; +Als schnell ein: "Bruder! Bruder, halt!" +Vom Ofen her aus einem Winkel schallt. + +In diesem Winkel saß, vergessen, nicht verloren, +Des Bräutgams jüngster Bruder, Fritz. +Fritz saß mit offnen Aug und Ohren, +Ein Kind voll Mutterwitz. + +"Halt!" schrie er, "Bruder! Auf ein Wort!" +Und zog den Bruder mit sich fort. +"Zerbrichst du sie, die schöne Docke, +So nimm die Oberhälfte dir! +Die Hälfte mit dem Unterrocke, +Die, lieber Bruder, schenke mir!" + + + + +Faustin + + +Faustin, der ganze funfzehn Jahr +Entfernt von Haus und Hof und Weib und Kindern war, +Ward, von dem Wucher reich gemacht, +Auf seinem Schiffe heimgebracht. +"Gott", seufzt der redliche Faustin, +Als ihm die Vaterstadt in dunkler Fern erschien, +"Gott, strafe mich nicht meiner Sünden, +Und gib mir nicht verdienten Lohn! +Laß, weil du gnädig bist, mich Tochter, Weib und Sohn +Gesund und fröhlich wieder finden." +So seufzt Faustin, und Gott erhört den Sünder. +Er kam, und fand sein Haus in Überfluß und Ruh. +Er fand sein Weib und seine beiden Kinder, +Und--Segen Gottes!--zwei dazu. + + + + +Morydan + + +Das Schiff, wo Morydan mit Weib und Kindern war +Kam plötzlich in Gefahr. +"Ach Götter, lasset euch bewegen! +Befehlt", schrie Morydan, "daß See und Sturm sich legen. +Nur diesmal lasset mich der nassen Gruft entfliehn; +Nie, nie, gelob ich euch, mehr übers Meer zu ziehn! +Neptun, erhöre mich! +Sechs schwarze Rinder schenk ich dir +Zum Opfer dankbar froh dafür!" +"Sechs schwarze Rinder?" rief Mondar, +Sein Nachbar der zugegen war. +"Sechs schwarze Rinder? Bist du toll? +Mir ist es ja, mir ist es schon bekannt, +Daß solchen Reichtum dir das Glück nicht zugewandt, +Und glaubst doch, daß es Gott Neptun nicht wissen soll?" + +* +Wie oft, o Sterblicher, wie ofte trauest du +Der Gottheit weniger als deinem Nachbar zu! + + + + +Nix Bodenstrom + + +Nix Bodenstrom, ein Schiffer, nahm-- +War es in Hamburg oder Amsterdam, +Daran ist wenig oder nichts gelegen-- +Ein junges Weib. +"Das ist auch sehr verwegen, +Freund!" sprach ein Kaufherr, den zum Hochzeitschmause +Der Schiffer bat. "Du bist so lang und oft von Hause; +Dein Weibchen bleibt indes allein: +Und dennoch--willst du mit Gewalt denn Hahnrei sein? +Indes, daß du zur See dein Leben wagst, +Indes, daß du in Surinam, am Amazonenflusse, +Dich bei den Hottentotten, Kannibalen plagst: +Indes wird sie--" + +"Mit Eurem schönen Schlusse!" +Versetzte Nix. "Indes, indes! Ei nun! +Das nämliche kann Euer Weibchen tun-- +Denn, Herr, was brauchts dazu für Zeit? +Indes Ihr auf der Börse seid." + + +Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Fabeln und Erzählungen, von +Gotthold Ephraim Lessing. + + + + + + +End of the Project Gutenberg EBook of Fabeln und Erzaehlungen +by Gotthold Ephraim Lessing + +*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK FABELN UND ERZAEHLUNGEN *** + +This file should be named 8fbln10.txt or 8fbln10.zip +Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 8fbln11.txt +VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 8fbln10a.txt + +Produced by Delphine Letttau + +Project Gutenberg eBooks are often created from several printed +editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US +unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not +keep eBooks in compliance with any particular paper edition. + +We are now trying to release all our eBooks one year in advance +of the official release dates, leaving time for better editing. +Please be encouraged to tell us about any error or corrections, +even years after the official publication date. + +Please note neither this listing nor its contents are final til +midnight of the last day of the month of any such announcement. +The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at +Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. 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This is +also a good way to get them instantly upon announcement, as the +indexes our cataloguers produce obviously take a while after an +announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter. + +http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or +ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03 + +Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90 + +Just search by the first five letters of the filename you want, +as it appears in our Newsletters. + + +Information about Project Gutenberg (one page) + +We produce about two million dollars for each hour we work. The +time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours +to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright +searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our +projected audience is one hundred million readers. If the value +per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 +million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text +files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ +We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 +If they reach just 1-2% of the world's population then the total +will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. + +The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! +This is ten thousand titles each to one hundred million readers, +which is only about 4% of the present number of computer users. + +Here is the briefest record of our progress (* means estimated): + +eBooks Year Month + + 1 1971 July + 10 1991 January + 100 1994 January + 1000 1997 August + 1500 1998 October + 2000 1999 December + 2500 2000 December + 3000 2001 November + 4000 2001 October/November + 6000 2002 December* + 9000 2003 November* +10000 2004 January* + + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created +to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. + +We need your donations more than ever! + +As of February, 2002, contributions are being solicited from people +and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, +Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, +Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, +Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New +Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, +Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South +Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West +Virginia, Wisconsin, and Wyoming. + +We have filed in all 50 states now, but these are the only ones +that have responded. + +As the requirements for other states are met, additions to this list +will be made and fund raising will begin in the additional states. +Please feel free to ask to check the status of your state. + +In answer to various questions we have received on this: + +We are constantly working on finishing the paperwork to legally +request donations in all 50 states. If your state is not listed and +you would like to know if we have added it since the list you have, +just ask. + +While we cannot solicit donations from people in states where we are +not yet registered, we know of no prohibition against accepting +donations from donors in these states who approach us with an offer to +donate. + +International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about +how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made +deductible, and don't have the staff to handle it even if there are +ways. + +Donations by check or money order may be sent to: + +Project Gutenberg Literary Archive Foundation +PMB 113 +1739 University Ave. +Oxford, MS 38655-4109 + +Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment +method other than by check or money order. + +The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by +the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN +[Employee Identification Number] 64-622154. 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