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authorRoger Frank <rfrank@pglaf.org>2025-10-15 05:30:35 -0700
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+The Project Gutenberg EBook of Medea, by Franz Grillparzer
+#3 in our series by Franz Grillparzer
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+this or any other Project Gutenberg eBook.
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+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
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+**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**
+
+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
+
+
+Title: Medea
+
+Author: Franz Grillparzer
+
+Release Date: April, 2005 [EBook #7945]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on June 3, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: iso-8859-1
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK MEDEA ***
+
+
+
+
+Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
+
+
+
+
+This Etext is in German.
+
+This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
+That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
+zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar.
+
+
+
+
+Medea
+
+Franz Grillparzer
+
+Trauerspiel in fünf Aufzügen
+
+
+Personen:
+
+Kreon, König von Korinth
+Kreusa, seine Tochter
+Jason
+Medea
+Gora, Medeens Amme
+Ein Herold der Amphiktyonen
+Ein Landmann
+Diener und Dienerinnen
+Medeens Kinder
+
+
+
+
+Erster Aufzug
+
+(Vor den Mauern von Korinth. Links im Mittelgrunde ein Zelt
+aufgeschlagen. Im Hintergrunde das Meer, an dem sich auf einer
+Landspitze ein Teil der Stadt hinzieht. Früher Morgen noch vor
+Tages Anbruch. Dunkel.)
+
+(Ein Sklave steht rechts im Vorgrunde in einer Grube, mit der
+Schaufel grabend und Erde auswerfend. Medea auf der andern Seite,
+vor ihr eine schwarze, seltsam mit Gold verzierte Kiste, in welche
+sie mancherlei Gerät während des Folgenden hineinlegt.)
+
+Medea.
+Bist du zu Ende?
+
+Sklave.
+Gleich, Gebieterin!
+
+(Gora tritt aus dem Zelte und bleibt in der Entfernung stehen.)
+
+Medea.
+Zuerst den Schleier und den Stab der Göttin;
+Ich werd euch nicht mehr brauchen, ruhet hier.
+Die Zeit der Nacht, der Zauber ist vorbei
+Und was geschieht, ob Schlimmes oder Gutes,
+Es muß geschehn am offnen Strahl des Lichts.
+Dann dies Gefäß: geheime Flammen birgt's,
+Die den verzehren, der's unkundig öffnet;
+Dies andere, gefüllt mit gähem Tod;
+Hinweg ihr aus des heitern Lebens Nähe!
+Noch manches Kraut, manch dunkel-kräft'ger Stein,
+Der ihr entsprangt, der Erde geb ich euch.
+
+(Aufstehend.)
+
+So. Ruhet hier verträglich und auf immer!
+Das Letzte fehlt noch und das Wichtigste.
+
+(Der Sklave, der unterdes aus der Grube heraufgestiegen ist und
+sich hinter Medeen, das Ende ihrer Beschäftigung abwartend,
+gestellt hat, greift jetzt, um zu helfen, nach einem, an einer
+Lanze befestigten, Verhülltem, das an einem Baume hinter Medeen
+lehnt; die Hülle fällt auseinander, das Banner mit dem Vliese
+leuchtet strahlend hervor.)
+
+Sklave (das Banner anfassend).
+Ist's dieses hier?
+
+Medea.
+Halt ein! Enthüll es nicht!--
+Laß dich noch einmal schaun, verderblich Gastgeschenk!
+Du Zeuge von der Meinen Untergang,
+Besprützt mit meines Vaters, Bruders Blut,
+Du Denkmal von Medeens Schmach und Schuld.
+
+(Sie tritt mit dem Fuße auf den Schaft, daß er entzweibricht.)
+
+So brech ich dich und senke dich hinab
+In Schoß der Nacht, dem dräuend du entstiegen.
+
+(Sie legt das gebrochene Banner zu dem andern Gerät in die Kiste
+und schließt den Deckel.)
+
+Gora (vortretend).
+Was tust du hier?
+
+Medea (umblickend).
+Du siehst's.
+
+Gora.
+Vergraben willst du
+Die Zeichen eines Dienstes, der Schutz dir gab
+Und noch dir geben kann?
+
+Medea.
+Der Schutz mir gab?
+Weil mehr nicht Schutz er gibt, als er mir gab,
+Vergrab ich sie. Ich bin geschützt genug.
+
+Gora.
+Durch deines Gatten Liebe?
+
+Medea (zum Sklaven).
+Bist du fertig?
+
+Sklave.
+Gebiet'rin ja!
+
+Medea.
+So komm!
+
+(Sie faßt die Kiste bei einer Handhabe, der Sklave bei der andern,
+und so tragen beide sie zur Grube.)
+
+Gora (von ferne stehend).
+O der Beschäftigung
+Für eines Fürsten fürstlich hohe Tochter!
+
+Medea.
+Scheint's dir für mich zu hart, was hilfst du nicht?
+
+Gora.
+Jasons Magd bin ich, nicht die deine;
+Seit wann dient eine Sklavin der andern?
+
+Medea (zum Sklaven).
+Jetzt senk sie ein und wirf die Erde zu!
+
+(Der Sklave läßt die Kiste in die Grube hinab und wirft mit der
+Schaufel Erde darüber. Medea kniet dabei.)
+
+Gora (im Vorgrunde stehend).
+O laßt mich sterben, Götter meines Landes,
+Damit ich nicht mehr sehn muß was ich sehe!
+Doch vorher schleudert euren Rachestrahl
+Auf den Verräter, der uns dies getan!
+Laßt mich ihn sterben sehn, dann tötet mich!
+
+Medea.
+Es ist getan. Nun stampf den Boden fest
+Und geh! Ich weiß, du wahrest mein Geheimnis,
+Du bist ein Kolcher und ich kenne dich.
+
+(Der Sklave geht.)
+
+Gora (mit grimmigen Hohn nachrufend).
+Verrat's nicht eurem Herrn, sonst weh euch beiden!--
+Hast du vollendet?
+
+Medea (zu ihr tretend).
+Ja.--Nun bin ich ruhig.
+
+Gora.
+Und auch das Vlies vergrubst du?
+
+Medea.
+Auch das Vlies.
+
+Gora.
+So ließt ihr es in Jolkos nicht zurück
+Bei deines Gatten Ohm?
+
+Medea.
+Du sahst es hier.
+
+Gora.
+Es blieb dir also und du vergrubst es
+Und so ist's abgetan und aus!
+Weggehaucht die Vergangenheit,
+Alles Gegenwart, ohne Zukunft.
+Kein Kolchis gab's und keine Götter sind,
+Dein Vater lebte nie, dein Bruder starb nicht:
+Weil du's nicht denkest mehr, ist's nie gewesen!
+So denk denn auch, du seist nicht elend, denk
+Dein Gatte, der Verräter, liebte dich;
+Vielleicht geschieht es!
+
+Medea (heftig).
+Gora!
+
+Gora.
+Was?
+Meinst du ich schwiege?
+Die Schuldige mag schweigen und nicht ich!
+Hast du mich hergelockt aus meiner Heimat
+In deines trotz'gen Buhlen Sklaverei,
+Wo ich, in Fesseln meine freien Arme,
+Die langen Nächte kummervoll verseufze,
+Und jeden Morgen zu der neuen Sonne
+Mein graues Haar verfluch und meines Alters Tage,
+Ein Ziel des Spotts, ein Wegwurf der Verachtung,
+An allem Mangel leidend als an Schmerz,
+So mußt du mich auch hören, wenn ich rede.
+
+Medea.
+So sprich!
+
+Gora.
+Was ich vorhergesagt, es ist geschehen!
+Kaum ist's ein Mond, daß euch das Meer von sich stieß,
+Unwillig, den Verführer, die Verführte,
+Und schon flieht euch die Welt, folgt euch der Abscheu.
+Ein Greuel ist die Kolcherin dem Volke,
+Ein Schrecken die Vertraute dunkler Mächte,
+Wo du dich zeigst weicht alles scheu zurück
+Und flucht dir. Mög' der Fluch sie selber treffen!
+Auch den Gemahl, der Kolcherfürstin Gatten,
+Sie hassen ihn um dein-, um seinetwillen.
+Der Oheim schloß die Tür ihm seines Hauses,
+Die eigne Vaterstadt hat ihn verbannt,
+Als jener Oheim starb, man weiß nicht wie,
+Kein Haus ist ihm, kein Ruhplatz, keine Stätte:
+Was denkst du nun zu tun?
+
+Medea.
+Ich bin sein Weib!
+
+Gora.
+Und denkest nun zu tun?
+
+Medea.
+Zu folgen ihm
+In Not und Tod.
+
+Gora.
+In Not und Tod, ja wohl!
+Aietes' Tochter in ein Bettlerhaus!
+
+Medea.
+Laß uns die Götter bitten um ein einfach Herz,
+Gar leicht erträgt sich dann ein einfach Los!
+
+Gora (grimmig lachend).
+Haha! Und dein Gemahl?
+
+Medea.
+Es tagt. Komm fort!
+
+Gora.
+Weichst du mir aus? Ha, du entgehst mir nicht!
+Der einz'ge lichte Punkt in meinem Jammer
+Ist, daß ich seh, an unserm Beispiel seh,
+Daß Götter sind und daß Vergeltung ist.
+Bewein dein Unglück und ich will dich trösten,
+Allein verkennen sollst du's frevelnd nicht
+Und leugnen die Gerechtigkeit da droben,
+Da du die Strafe leugnest, deinen Schmerz.
+Auch muß ein Übel klar sein, will man's heilen!
+Dein Gatte, sprich! ist er derselbe noch?
+
+Medea.
+Was sonst?
+
+Gora.
+O spiel mit Worten nicht!
+Ist er derselbe, der dich stürmend freite,
+Der, dich zu holen, drang durch hundert Schwerter,
+Derselbe, der auf langer Überfahrt,
+Den Widerstand besiegte der Betrübten,
+Die sterben wollte, Nahrung von sich weisend,
+Und sie nur allzuschnell bezwang mit seiner Glut?
+Ist er derselbe noch? Ha bebst du? Bebe!
+Ihm graut vor dir, er scheut dich, flieht dich, haßt dich,
+Wie du die Deinen, so verrät er dich!
+Grab ein, grab ein die Zeichen deiner Tat,
+Die Tat begräbst du nicht!
+
+Medea.
+Schweig!
+
+Gora.
+Nein!
+
+Medea (sie hart am Arm anfassend).
+Schweig, sag ich!--
+Was rasest du in deiner tollen Wut?
+Laß uns erwarten was da kommt, nicht rufen.
+So wär' denn immer da, was einmal dagewesen
+Und alles Gegenwart?--Der Augenblick,
+Wenn er die Wiege einer Zukunft ist
+Warum nicht auch das Grab einer Vergangenheit?
+Geschehen ist, was nie geschehen sollte,
+Und ich bewein's und bittrer als du denkst,
+Doch soll ich drum, ich selbst, mich selbst vernichten?
+Klar sei der Mensch und einig mit der Welt!
+In andre Länder, unter andre Völker
+Hat uns ein Gott geführt in seinem Zorn,
+Was recht uns war daheim, nennt man hier unrecht,
+Und was erlaubt, verfolgt man hier mit Haß;
+So laß uns denn auch ändern Sitt' und Rede
+Und dürfen wir nicht sein mehr was wir wollen,
+So laß uns, was wir können mind'stens sein.
+Was mich geknüpft an meiner Väter Heimat
+Ich hab es in die Erde hier versenkt;
+Die Macht, die meine Mutter mir vererbte,
+Die Wissenschaft geheimnisvoller Kräfte,
+Der Nacht, die sie gebar, gab ich sie wieder
+Und schwach, ein schutzlos, hilfbedürftig Weib
+Werf ich mich in des Gatten offne Arme;
+Er hat die Kolcherin gescheut, die Gattin
+Wird er empfangen, wie's dem Gatten ziemt.
+Der Tag bricht an--mit ihm ein neues Leben!
+Was war, soll nicht mehr sein; was ist, soll bleiben!
+Du aber milde, mütterliche Erde
+Verwahre treu das anvertraute Gut.
+
+(Sie gehen auf das Zelt zu; es öffnet sich und Jason tritt heraus
+mit einem korinthischen Landmann, hinter ihm ein Sklave.)
+
+Jason.
+Sprachst du den König selbst?
+
+Landmann.
+Jawohl, o Herr!
+
+Jason.
+Was sagtest du?
+
+Landmann.
+Es harre jemand außen,
+Ihm wohlbekannt und gastbefreundet zwar,
+Doch der nicht eher trete bei ihm ein,
+Umringt von Feinden, von Verrat umstellt,
+Bis er ihm Fried' gelobt und Sicherheit.
+
+Jason.
+Und seine Antwort?
+
+Landmann.
+Er wird kommen, Herr!
+Ein Fest Poseidons feiern sie hier außen,
+Am offnen Strand des Meeres Opfer bringend,
+Der König folgt dem Zug mit seiner Tochter,
+Da, im Vorübergehen, spricht er dich.
+
+Jason.
+So, es ist gut! Hab Dank!
+
+Medea (hinzutretend).
+Sei mir gegrüßt!
+
+Jason.
+Du auch.
+
+(Zum Sklaven.)
+
+Ihr aber geht, du und die andern,
+Und brechet grüne Zweige von den Bäumen,
+Wie's Brauch hier Landes bei den Flehenden.
+Und haltet ruhig euch und, still. Hörst du?
+Genug!
+
+(Der Landmann und der Sklave gehen.)
+
+Medea.
+Du bist beschäftigt?
+
+Jason.
+Ja.
+
+Medea.
+Du gönnst
+Dir keine Ruh'!
+
+Jason.
+Ein Flüchtiger und Ruh'?
+Weil er nicht Ruh' hat ist er eben flüchtig.
+
+Medea.
+Du schliefst nicht heute nacht, du gingst hinaus
+Und walltest einsam durch die Finsternis.
+
+Jason.
+Ich lieb die Nacht, der Tag verletzt mein Aug'.
+
+Medea.
+Auch sandtest Boten du zum König hin;
+Nimmt er uns auf?
+
+Jason.
+Erwartend weil ich hier.
+
+Medea.
+Er ist dir freund.
+
+Jason.
+Er war's.
+
+Medea.
+Willfahren wird er.
+
+Jason.
+Verpesteter Gemeinschaft weicht man aus.--
+Du weißt ja doch, daß alle Welt uns flieht
+Daß selbst des falschen Pelias, meines Oheims, Tod,
+Des Frevlers, den ein Gott im Grimm erwürgte,
+Daß mir das Volk ihn Schuld gibt, deinem Gatten,
+Dem Heimgekehrtem aus dem Zauberlande?
+Weißt du es nicht?
+
+Medea.
+Ich weiß.
+
+Jason.
+Wohl Grunds genug,
+Zu wandeln und zu wachen in der Nacht!--
+Doch was trieb dich schon vor der Sonn' empor?
+Was suchst du in der Finsternis?--Ei ja!
+Riefst alte Freund' aus Kolchis?
+
+Medea.
+Nein.
+
+Jason.
+Gewiß nicht?
+
+Medea.
+Ich sagte: nein.
+
+Jason.
+Ich aber sage dir,
+Du tust sehr wohl wenn du es unterläßt!
+Brau nicht aus Kräutern Säfte, Schlummertrank,
+Sprich nicht zum Mond, stör nicht die Toten,
+Man haßt das hier und ich--ich haß es auch!
+In Kolchis sind wir nicht, in Griechenland,
+Nicht unter Ungeheuern, unter Menschen! Allein ich weiß, du tust's
+von nun nicht mehr,
+Du hast's versprochen und du hältst es auch.
+Der rote Schleier da auf deinem Haupt,
+Er rief vergangne Bilder mir zurück.
+Warum nimmst du die Tracht nicht unsers Landes?
+Wie ich ein Kolcher war auf Kolchis' Grund,
+Sei eine Griechin du in Griechenland.
+Wozu Erinnrung suchen des Vergangnen?
+Von selbst erinnert es sich schon genug!
+
+(Medea nimmt schweigend den Schleier ab und gibt ihn Goran.)
+
+Gora (halbleise).
+Verachtest du dein Land um seinetwillen?
+
+Jason (erblickt Gora).
+Du auch hier?--Dich haß ich vor allen, Weib!
+Beim Anblick dieses Augs und dieser Stirn,
+Steigt Kolchis' Küste dämmernd vor mir auf.
+Was drängst du dich in meines Weibes Nähe?
+Geh fort!
+
+Gora (murrend).
+Warum?
+
+Jason.
+Geh fort!
+
+Medea.
+Ich bitt dich, geh!
+
+Gora (dumpf).
+Hast mich gekauft? daß du mir sprichst als Herr?
+
+Jason.
+Die Hand zuckt nach dem Schwert. Geh weil's noch Zeit ist;
+Mich hat's schon oft gelüstet, zu versuchen,
+Ob deine Stirn so hart ist, als sie scheint.
+
+(Medea führt die Widerstrebende begütigend fort.)
+
+Jason (der sich auf einen Rasensitz niedergeworfen hat,
+auf die Brust schlagend).
+Zerspreng dein Haus, und mach dir brechend Luft! Da liegen sie,
+die Türme von Korinth,
+Am Meeresufer üppig hingelagert,
+Die Wiege meiner goldnen Jugendzeit!
+Dieselben, von derselben Sonn' erleuchtet,
+Nur ich ein andrer, ich in mir verwandelt.
+Ihr Götter! warum war so schön mein Morgen,
+Wenn ihr den Abend mir so schwarz bestimmt.
+O wär' es Nacht!
+
+(Medea hat die Kinder aus dem Zelte geholt und führt sie an der
+Hand vor Jason.)
+
+Medea.
+Hier sind zwei Kinder,
+Die ihren Vater grüßen.
+
+(Zu dem Knaben.)
+
+Gib die Hand!
+Hörst du? Die Hand!
+
+(Die Kinder stehen scheu seitwärts.)
+
+Jason (die Hand schmerzlich nach der Gruppe hinbreitend).
+Das also wär' das Ende?
+Von trotz'gen Wilden Vater und Gemahl!
+
+Medea
+
+(zu dem Kinde).
+Geh hin!
+
+Knabe.
+Bist du ein Grieche, Vater?
+
+Jason.
+Und warum?
+
+Knabe.
+Es schilt dich Gora einen Griechen!
+
+Jason.
+Schilt?
+
+Knabe.
+Es sind betrügerische Leut' und feig.
+
+Jason (zu Medea).
+Hörst du?
+
+Medea.
+Es macht sie Gora wild. Verzeih ihm!
+
+(Sie kniet bei den Kindern nieder und spricht ihnen wechselweise
+ins Ohr.)
+
+Jason.
+Gut! Gut!
+
+(Er ist aufgestanden.)
+
+Da kniet sie, die Unselige
+Und trägt an ihrer Last und an der meinen.
+
+(Auf und ab gehend.)
+
+
+Die Kinder; laß sie jetzt und komm zu mir!
+
+Medea.
+Geht nur und seid verträglich. Hört ihr?
+
+(Die Kinder gehen.)
+
+Jason.
+Halt mich für hart und grausam nicht, Medea!
+Glaub mir, ich fühl dein Leid so tief als meines.
+Getreulich wälzest du den schweren Stein,
+Der rück sich rollend immer wiederkehrt
+Und jeden Pfad versperrt und jeden Ausweg.
+Hast (du's) getan? hab' (ich's)?--Es ist (geschehn).
+
+(Eine ihrer Hände fassend und mit der andern über ihre Stirne
+streichend.)
+
+Du liebst mich. Ich verkenn es nicht Medea;
+Nach deiner Art zwar--dennoch liebst du mich,
+Nicht bloß der Blick, mir sagt's so manche Tat.
+
+(Medea lehnt ihre Stirn an seine Schulter.)
+
+Ich weiß, dein Haupt ist schwer von manchem Leid
+Und Mitleid regt sich treulich hier im Busen.
+Drum laß uns reif und sorglich überlegen
+Wie wir entfernen, was so nah uns droht.
+Die Stadt hier ist Korinth. In frührer Zeit,
+Als ich, ein halb gereifter Jüngling noch,
+Vor meines Oheims wildem Grimme floh,
+Nahm mich der König dieses Landes auf,
+Ein Gastfreund noch von meinen Vätern her
+Und wahrte mein, wie eines teuern Sohns.
+In seinem Hause lebt' ich sicher manches Jahr.
+Nun auch--
+
+Medea.
+Du schweigst?
+
+Jason.
+Nun auch, da mich die Welt,
+Verstößt, verläßt, in blindem Grimm verfolgt,
+Nun auch hoff ich von diesem König Schutz:
+Nur eines fürcht ich und nicht ohne Grund.
+
+Medea.
+Was ist's?
+
+Jason.
+Mich nimmt er auf, ich weiß es wohl,
+Und auch die Kinder, denn sie sind die Meinen,
+Nur dich--
+
+Medea.
+Nimmt er die Kinder, weil sie dein,
+Behält er als die Deine wohl auch mich.
+
+Jason.
+Hast du vergessen, wie's daheim erging,
+In meiner Väter Land, bei meinem Ohm,
+Als ich zuerst von Kolchis dich gebracht?
+Vergessen jenen Hohn, mit dem der Grieche
+Herab auf die Barbarin sieht, auf--dich?
+Nicht jedem ist wie mir bekannt dein Wesen,
+Nicht jedem bist du Weib und Mutter seiner Kinder,
+Nicht jeder war in Kolchis, so wie ich.
+
+Medea.
+Der Schluß der herben Rede, welcher ist's?
+
+Jason.
+Es ist des Menschen höchstes Unglück dies:
+Daß er bei allem was ihn trifft im Leben
+Sich still und ruhig hält, (bis) es (geschehn)
+Und (wenn's) geschehen, nicht. Das laß uns meiden.
+Ich geh zum König, wahre meines Rechts
+Und rein'ge vom Verdacht mich, der uns trifft;
+Du aber mit den Kindern bleib indes
+Fern von der Stadt verborgen, bis--
+
+Medea.
+Bis wann?
+
+Jason.
+Bis--Was verhüllst du dich?
+
+Medea.
+Ich weiß genug.
+
+Jason.
+Wie deutest du so falsch, was ich gesagt!
+
+Medea.
+Beweise mir, daß ich es falsch gedeutet.
+Der König naht--sprich, wie dein Herz dir's heißt.
+
+Jason.
+So stehen wir dem Sturm, bis er uns bricht.
+
+(Gora tritt mit den Kindern aus dem Zelte. Medea stellt sich
+zwischen die Knaben und bleibt anfangs beobachtend in der Ferne.)
+(Der König tritt auf mit seiner Tochter, von Knaben und Mädchen
+begleitet, die Opfergerät tragen.)
+
+König.
+Wo ist der Fremde?--Ahnend sagt mein Herz
+Er ist es, der Verbannte, der Vertriebne--
+Der Schuldige vielleicht.--Wo ist der Fremde?
+
+Jason.
+Hier bin ich, und gebeugt tret ich vor dich;
+Kein Fremder zwar, doch nur zu sehr entfremdet.
+Ein Hilfesuchender, ein Flehender.
+Von Haus und Herd vertrieben, ausgestoßen
+Fleh ich zum Gastfreund um ein schützend Dach.
+
+Kreusa.
+Fürwahr er ist's! Sieh Vater es ist Jason!
+
+(Einen Schritt ihm entgegen.)
+
+Jason (ihre Hand fassend).
+Ich bin es, so wie du es bist, Kreusa,
+Dieselbe noch, in heitrer Milde strahlend.
+O führe mich zu deinem Vater hin,
+Der ernst dort steht, den Blick mir zugewandt
+Und zögert mit dem Gegengruß, ich weiß nicht
+Ob Jason zürnend oder seiner Schuld.
+
+Kreusa (Jason an der Hand, ihrem Vater entgegentretend).
+Sieh Vater, es ist Jason!
+
+König.
+Sei gegrüßt!
+
+Jason.
+Dein Ernst zeigt mir den Platz, der mir geziemt.
+Hin werf ich mich vor dir und faß dein Knie,
+Und nach dem Kinne streck ich meinen Arm;
+Gewähre was ich bat, gib Schutz und Zuflucht!
+
+König.
+Steh auf!
+
+Jason.
+Nicht eher bis--
+
+König.
+Ich sage dir, steh auf!
+
+(Jason steht auf.)
+
+König.
+So kehrtest du vom Argonautenzug?
+
+Jason.
+Kaum ist's ein Mond daß mich das Land empfing.
+
+König.
+Den Preis des Zugs, du brachtest ihn mit dir?
+
+Jason.
+Er ward dem Oheim, der die Tat gebot.
+
+König.
+Und warum fliehst du deiner Väter Stadt?
+
+Jason.
+Sie trieb mich aus; verbannt bin ich und schutzlos.
+
+König.
+Des Bannes Ursach' aber, welche war's?
+
+Jason.
+Verruchten Treibens klagte man mich an!
+
+König.
+Mit Recht, mit Unrecht? dies sag mir vor allem!
+
+Jason.
+Mit Unrecht, bei den Göttern schwör ich es!
+
+König (ihn rasch bei der Hand fassend und vorführend).
+Dein Oheim starb?
+
+Jason.
+Er starb.
+
+König.
+Und wie?
+
+Jason.
+Nicht durch mich!
+So wahr ich leb und atme, nicht durch mich!
+
+König.
+Doch sagt's der Ruf und streut's durchs ganze Land.
+
+Jason.
+So lügt der Ruf, das ganze Land mit ihm.
+
+König.
+Der einzelne will Glauben gegen alle?
+
+Jason.
+Der eine den du kennst, gen alle die dir fremd.
+
+König.
+Wie aber fiel der König?
+
+Jason.
+Seine Kinder,
+Sein eigen Blut hob gegen ihn die Hand.
+
+König.
+Entsetzlich. Sprichst du wahr?
+
+Jason.
+Die Götter wissen's!
+
+König.
+Kreusa naht, sprich nicht davon vor ihr,
+Gern spar ich ihr den Schmerz ob solchem Greuel.
+
+(Laut.)
+
+Ich weiß genug für jetzt, das andre später:
+Solang ich kann, glaub ich an deinen Wert.
+
+Kreusa (hinzutretend).
+Hast, Vater, ihn gefragt? Nicht wahr? Es ist nicht?
+
+König.
+Tritt nur zu ihm, du kannst es ohne Scheu.
+
+Kreusa.
+Du hast gezweifelt, weißt du? Niemals ich,
+In meiner Brust, im eignen Herzen fühlt' ich's,
+Es sei nicht wahr, was sie von ihm erzählten:
+Er war ja gut; wie tat er denn so schlimm?
+O wüßtest du, wie alle von dir sprachen.
+So arg, so schlimm. Ich hab geweint, daß Menschen
+So böse, so verleumd'risch können sein.
+Du warst kaum fort, da scholl's im ganzen Lande
+Von gräßlich wilden Taten, die geschehn,
+In Kolchis ließen sie dich Greuel üben,
+Zuletzt verbanden sie als Gattin dir
+Ein gräßlich Weib, giftmischend, vatermörd'risch.
+Wie hieß sie?--Ein Barbarenname war's--
+
+Medea (mit ihren Kindern vortretend).
+Medea!
+Ich bin's!
+
+König.
+Ist sie's?
+
+Jason (dumpf).
+Sie ist's.
+
+Kreusa (an den Vater gedrängt).
+Entsetzen!
+
+Medea (zu Kreusen).
+Du irrst; den Vater hab ich nicht getötet;
+Mein Bruder fiel, doch frag ihn, ob durch mich?
+
+(Auf Jason deutend.)
+
+Auf Tränke, Heil bereitend oder Tod
+Versteh ich mich und weiß noch manches andre,
+Allein ein Ungeheuer bin ich nicht
+Und keine Mörderin.
+
+Kreusa.
+O gräßlich! Gräßlich!
+
+König.
+Und sie dein Weib?
+
+Jason.
+Mein Weib.
+
+König.
+Die Kleinen dort--
+
+Jason.
+Sind meine Kinder.
+
+König.
+Unglückseliger!
+
+Jason.
+Ich bin's.--Ihr Kinder kommt mit euren Zweigen,
+Reicht sie dem König dar und fleht um Schutz!
+
+(Sie an der Hand hinführend.)
+
+Hier sind sie, Herr, du wirst sie nicht verstoßen!
+
+Knabe (den Zweig hinhaltend).
+Da nimm!
+
+König (die Hände auf ihre Häupter legend).
+Du arme, kleine, nestentnommne Brut!
+
+Kreusa (zu den Kindern niederkniend).
+Kommt her zu mir, ihr heimatlosen Waisen,
+Wie frühe ruht das Unglück schon auf euch;
+So früh und ach, so unverschuldet auch.
+Du siehst wie sie--du hast des Vaters Züge.
+
+(Sie küßt das Kleinere.)
+
+Bleibt hier, ich will euch Mutter, Schwester sein!
+
+Medea.
+Was nennst du sie verwaist und klagst darob?
+Hier steht ihr Vater, der sie Seine nennt
+Und keiner andern Mutter braucht's, solange
+Medea lebt.
+
+(Zu den Kindern.)
+
+Hierher zu mir! Hierher!
+
+Kreusa (zu ihrem Vater emporblickend).
+Laß ich sie hin?
+
+König.
+Sie ist die Mutter.
+
+Kreusa (zu den Kindern).
+Geht zur Mutter!
+
+Medea.
+Was zögert ihr?
+
+Kreusa (zu den Kindern die sie um den Hals gefaßt) (haben).
+Die Mutter ruft. Geht hin!
+
+(Die Kinder gehen.)
+
+Jason.
+Und was entscheidest du?
+
+König.
+Ich hab's gesagt.
+
+Jason.
+Gewährst du Schutz mir?
+
+König.
+Ja.
+
+Jason.
+Mir und den Meinen?
+
+König.
+Ich habe (dir) ihn zugesagt.--So folge!
+Zuerst zum Opfer und sodann ins Haus.
+
+Jason (zum Fortgehen gewendet, zu Kreusen).
+Gönnst du mir deine Hand wie sonst, Kreusa?
+
+Kreusa.
+Kannst du sie doch nicht fassen so wie sonst.
+
+Medea.
+Sie gehn und lassen mich allein. Ihr Kinder
+Kommt her zu mir, umschlingt mich! Fester! Fester!
+
+Kreusa (umkehrend, vor sich hin sprechend).
+Noch eine fehlt. Warum folgt sie uns nicht?
+
+(Zurückkommend, aber in einiger Entfernung von Medeen stehend.)
+
+Du gehst nicht mit zum Opfer, nicht ins Haus?
+
+Medea.
+Die Ungeladnen weist man vor die Tür.
+
+Kreusa.
+Allein mein Vater bot dir Herd und Dach.
+
+Medea.
+Ganz anders klang, was ich von euch vernahm.
+
+Kreusa (nähertretend).
+Beleidigt hab ich dich. Ich weiß. Verzeih!
+
+Medea (sich rasch gegen sie kehrend).
+O holder Klang!--Wer sprach das milde Wort?
+Sie haben mich beleidigt oft und tief,
+Doch keiner fragte noch, ob's weh getan?
+Hab Dank! und wenn du einst in Jammer bist, wie ich,
+Gönn' dir ein Frommer, wie du's mir gegönnt,
+Ein sanftes Wort und einen milden Blick.
+
+(Sie will ihre Hand fassen, Kreusa weicht scheu zurück.)
+
+O weich nicht aus! Die Hand verpestet nicht.
+Ein Königskind, wie du, bin ich geboren,
+Wie du ging einst ich auf der ebnen Bahn
+Das Rechte blind erfassend mit dem Griff.
+Ein Königskind wie du, bin ich geboren,
+Wie du vor mir stehst, schön und hell und glänzend,
+So stand auch ich einst neben meinem Vater,
+Sein Abgott und der Abgott meines Volks.
+O Kolchis! o du meiner Väter Land!
+Sie nennen dunkel dich, mir scheinst du hell!
+
+Kreusa (ihre Hand lassend).
+Du Arme!
+
+Medea.
+Du blickst fromm und mild und gut
+Und bist's auch wohl; doch hüte, hüte dich!
+Der Weg ist glatt, (ein) Tritt genügt zum Fall!
+Weil du in leichtem Kahn den Strom hinabgeglitten,
+Dich haltend an des Ufers Blütenzweigen,
+Von Silberwellen hin und her geschaukelt,
+So hältst du dich für eine Schifferin?
+Dort weiter draußen braust das Meer
+Und wagst du dich vom sichern Ufer ab,
+Reißt dich der Strom in seine grauen Weiten.
+Du blickst mich an? Du schauderst jetzt vor mir.
+Es war 'ne Zeit, da hätt' ich selbst geschaudert,
+Hätt' ich ein Wesen mir gedacht, gleich mir!
+
+(Sie verbirgt ihr Gesicht an Kreusens Halse.)
+
+Kreusa.
+Sie ist nicht wild. Sieh Vater her, sie weint.
+
+Medea.
+Weil eine Fremd' ich bin, aus fernem Land
+Und unbekannt mit dieses Bodens Bräuchen,
+Verachten sie mich, sehn auf mich herab,
+Und eine scheue Wilde bin ich ihnen,
+Die Unterste, die Letzte aller Menschen,
+Die ich die Erste war in meiner Heimat.
+Ich will ja gerne tun was ihr mir sagt,
+Nur sagt mir was ich tun soll, statt zu zürnen.
+Du bist, ich seh's, von sittig mildem Wesen,
+So sicher deiner selbst und eins mit dir;
+Mir hat ein Gott das schöne Gut versagt.
+Doch lernen will ich, lernen, froh und gern.
+Du weißt was ihm gefällt, was ihn erfreut,
+O lehre mich, wie Jason ich gefalle
+Ich will dir dankbar sein.--
+
+Kreusa.
+O sieh nur, Vater!
+
+König.
+Nimm sie mit dir!
+
+Kreusa.
+Willst du mit mir, Medea?
+
+Medea.
+Ich gehe gern, wohin du mich geleitest,
+Nimm dich der Armen, der Verlaßnen an,
+Und schütze mich vor jenes Mannes Blick!
+
+(Zum König.)
+
+Sieh nur nach mir, du schreckst mich dennoch nicht,
+Obgleich, ich seh's, du sinnest was nicht gut.
+Dein Kind ist besser, als sein Vater!
+
+Kreusa.
+Komm!
+Er will dir wohl!--Und ihr kommt auch, ihr Kleinen!
+
+(Führt Medeen und die Kinder fort.)
+
+König.
+Hast du gehört?
+
+Jason.
+Ich hab.
+
+König.
+Und sie dein Weib?
+Schon früher gab uns Kunde das Gerücht,
+Doch glaubt' ich's nicht und nun, da ich's gesehn,
+Glaub ich's fast minder noch!--Dein Weib!
+
+Jason.
+Du siehst den Gipfel nur, die Stufen nicht,
+Und nur von diesen läßt sich jener richten.
+Ich zog dahin in frischer Jugendkraft,
+Durch fremde Meere zu der kühnsten Tat,
+Die noch geschehn, seit Menschen sind und denken.
+Das Leben war, die Welt war aufgegeben
+Und nichts war da, als jenes helle Vlies,
+Das durch die Nacht, ein Stern im Sturme schien.
+Der Rückkehr dachte niemand und als wär'
+Der Augenblick, in dem der Preis gewonnen,
+Der letzte unsers Lebens, strebten wir.
+So zogen wir, ringfertige Gesellen,
+Im Übermut des Wagens und der Tat,
+Durch See und Land, durch Sturm und Nacht und Klippen,
+Den Tod vor uns, und hinter uns den Tod.
+Was gräßlich sonst, schien leicht und fromm und mild,
+Denn die Natur war ärger als der Ärgste;
+Im Streit mit ihr und mit des Wegs Barbaren
+Umzog sich hart des Mild'sten weiches Herz;
+Der Maßstab aller Dinge war verloren,
+Nur an sich selbst maß jeder was er sah.
+Was allen uns unmöglich schien, geschah:
+Wir sahen Kolchis' wundervolles Land,
+O hättest du's gesehn in seinen Nebeln!
+Der Tag ist Nacht dort und die Nacht Entsetzen,
+Die Menschen aber finstrer als die Nacht.
+Da fand ich sie, die dir so greulich dünkt;
+Ich sage dir, sie glich dem Sonnenstrahl,
+Der durch den Spalt in einen Kerker fällt.
+Ist sie hier dunkel, dort erschien sie licht
+Im Abstich ihrer nächtlichen Umgebung.
+
+König.
+Nie recht ist Unrecht, Schlimmes nirgends gut.
+
+Jason.
+Der Obern einer wandt' ihr Herz mir zu;
+Sie stand mir bei in mancher Fährlichkeit.
+Ich sah die Neigung sich in ihr empören,
+Doch störrisch legt' sie ihr den Zügel an,
+Und nur ihr Tun, ihr Wort verriet mir nichts.
+Da faßt' auch mich der Wahnsinn wirbelnd an,
+Daß sie's verschwieg, das eben reizte mich,
+Auf Kampf gestellt rang ich mit ihr und wie
+Ein Abenteuer trieb ich meine Liebe.
+Sie fiel mir zu. Ihr Vater fluchte ihr.
+Nun war sie mein--hätt' ich's auch nicht gewollt.
+Durch sie ward mir das rätselvolle Vlies,
+Sie führte mich in jene Schauerhöhle,
+Wo ich's gewann, dem Drachen abgewann.
+Sooft ich ihr seitdem ins Auge blicke,
+Schaut mir die Schlange blinkend draus entgegen,
+Und nur mit Schaudern nenn ich sie mein Weib.
+Wir fuhren ab. Ihr Bruder fiel.
+
+König (rasch).
+Durch sie?
+
+Jason.
+Er fiel der Götter Hand.--Ihr alter Vater,
+Ihr fluchend, mir und unsern künft'gen Tagen, grub
+Mit blut'gen Nägeln sich sein eignes Grab
+Und starb, so heißt es, gen sich selber wütend.
+
+König.
+Mit bösen Zeichen fing die Eh' dir an.
+
+Jason.
+Mit schlimmern setzte sie sich weiter fort.
+
+König.
+Wie war's mit deinem Ohm? erzähl mir dies.
+
+Jason.
+Vier Jahr' verschob die Rückkehr uns ein Gott,
+Durch Meer und Land uns in der Irre treibend.
+In Schiffes Enge, stündlich ihr genüber,
+Brach sich der Stachel ab des ersten Schauders;
+Geschehn war, was geschehn--Sie ward mein Weib.
+
+König.
+Und nun daheim, in Jolkos bei dem Oheim?
+
+Jason.
+Verwischt war von der Zeit der Greuel Bild,
+Und, halb Barbar, zur Seite der Barbarin,
+Zog stolz ich ein in meiner Väter Stadt.
+Im Angedenken noch des Volkes Jubel
+Bei meiner Abfahrt, hofft' ich freudiger
+Noch den Empfang, da ich als Sieger kehrte.
+Doch still war's in den Gassen, als ich kam,
+Und scheu wich der Begegnende mir aus.
+Was dort geschehn in jenem dunkeln Land,
+Vermehrt mit Greueln, hatt' es das Gerücht
+Gesät in unsrer Bürger furchtsam Ohr;
+Man floh mich und verachtete mein Weib--
+(Mein) war sie, (mich) verschmähte man in ihr.
+Mein Oheim aber nährte schlau die Stimmung
+Und als ich forderte das Erbe meiner Väter,
+Das er mir nahm und tückisch vorenthielt,
+Da hieß er mich mein Weib von mir zu senden,
+Die ihm zum Greuel sei mit ihrem dunkeln Streben,
+Wo nicht, sein Land, der Väter Land zu meiden.
+
+König.
+Du aber?
+
+Jason.
+Ich? Sie war mein Weib;
+Sie hatte meinem Schutz sich anvertraut
+Und der sie forderte, es war mein Feind.
+Hätt' er auch Billiges begehrt, beim Himmel,
+Er hätt' es nicht erlangt: so minder dies.
+Ich schlug es ab.
+
+König.
+Und er?
+
+Jason.
+Er sprach den Bann.
+Desselben Tags noch sollt' ich Jolkos meiden.
+Ich aber wollte nicht und blieb.
+Da wird der König plötzlich krank. Gemurmel
+Läuft durch die Stadt, gar Seltsames verkündend.
+Wie vor dem Hausaltar er sitze, wo
+Das Wundervlies man weihend aufgehängt,
+Mit unverwandtem Aug' es starr betrachtend.
+Oft schrie er auf: sein Bruder schau' ihn an,
+Mein Vater, den er tückisch einst getötet
+Beim Wortstreit ob des Argonautenzugs,
+Er schau' ihn an aus jenes Goldes Flimmer,
+Das er mich holen hieß, der falsche Mann
+Aus fernem Land, auf daß ich drob verderbe.
+Als nun die Not des Königs Haus bedrängte,
+Da traten seine Töchter vor mich hin,
+Um Heilung flehend von Medeens Kunst.
+Ich aber sagte. Nein! Sollt' ich den Mann erretten,
+Der mein Verderben sann und all der Meinen?
+Da gingen sie, die Mädchen, weinend hin,
+Ich aber schloß mich ein, nichts weiter achtend.
+Und ob sie wiederholt gleich flehend kamen
+Ich blieb bei meinem Sinn und meinem: Nein!
+Als ich darauf nun lag zu Nacht und schlief,
+Hör ich Geschrei an meines Hauses Pforten,
+Akastos ist's, des bösen Oheims Sohn.
+Der stürmt mein Tor mit lauten Pöbelhaufen
+Und nennt mich Mörder, Mörder seines Vaters,
+Der erst gestorben, in derselben Nacht.
+Auf stand ich und zu reden sucht' ich, doch
+Umsonst, das Volksgebrüll verschlang mein Wort.
+Und schon begann mit Steinen man den Krieg.
+Da nahm ich dies mein Schwert und schlug mich durch.
+Seitdem irr ich durch Hellas' weite Städte,
+Der Menschen Greuel, meine eigne Qual,
+Und, nimmst du mich nicht auf, ein Ganzverlorner!
+
+König.
+Ich hab dir's zugesagt und halt es auch.
+Doch sie--
+
+Jason.
+Eh' du vollendest höre mich!
+Du nimmst uns beide, oder keinen, Herr!
+Mein Leben wär' erneut, wüßt' ich sie fort,
+Doch muß ich schützen, was sich mir vertraut.
+
+König.
+Die Künste, die sie weiß, sie schrecken mich,
+Die Macht zu schaden zeugt gar leicht den Willen,
+Auch ist ihr Schuld nicht fremd und arge Tat.
+
+Jason.
+Wenn sie nicht ruhig ist, so treib sie aus,
+Verjag sie, töte sie, und mich--uns alle.
+Doch bis dahin gönn ihr noch den Versuch,
+Ob sie's vermag zu weilen unter Menschen.
+Beim Zeus, der Fremden Schützer, bitt ich es,
+Und bei dem Gastrecht fordr' ich's, das die Väter
+In längstentschwundner Zeit uns aufgerichtet,
+In Jolkos und Korinthos, solcher Schickungen
+Mit klugem Sinn in vorhinein gedenkend.
+Gewähre mir's, damit nicht einst den Deinen
+In gleichem Unheil, gleiche Weigrung werde.
+
+König.
+Den Göttern weich ich, gegen meinen Sinn.
+Sie bleibe. Doch verrät mir nur ein Zug
+Die Rückkehr ihres alten, wilden Sinns,
+So treib ich sie aus meiner Stadt hinaus
+Und liefere sie denen, die sie suchen. Hier aber, wo ich dich
+zuerst gesehn,
+Erhebe sich ein heiliger Altar.
+Der Fremden Schützer, Zeus, sei er geweiht
+Und Pelias', deines Oheims blut'gen Manen.
+Dort wollen wir vereint die Götter bitten,
+Daß sie den Eintritt segnen in mein Haus,
+Und gnädig wenden, was uns Übles droht. Und nun komm mit in meine
+Königsburg.
+
+(zu seinen Begleitern, die sich jetzt nähern.)
+
+Ihr aber richtet aus, was ich befahl.
+
+(Indem sie sich zum Abgehen wenden, fällt der Vorhang)
+
+
+
+
+Zweiter Aufzug
+
+(Halle in Kreons Königsburg) zu (Korinth.)
+(Kreusa sitzend, Medea auf einem niederern Schemmel vor ihr, eine
+Leier in ihrem Arm; sie ist griechisch gekleidet.)
+
+Kreusa.
+Hier diese Saite nimm, die zweite, diese!
+
+Medea.
+So also?
+
+Kreusa.
+Nein. Die Finger mehr gelöst.
+
+Medea.
+Es geht nicht.
+
+Kreusa.
+Wohl. Wenn du's nur ernstlich nimmst.
+
+Medea.
+Ich nehm es ernstlich; doch es geht nicht.
+
+(Sie legt die Leier weg und steht auf.)
+
+Nur an den Wurfspieß ist die Hand gewöhnt
+Und an des Weidwerks ernstlich rauh Geschäft.
+
+(Ihre rechte Hand dicht vor die Augen haltend.)
+
+
+Daß ich sie strafen könnte diese Finger, strafen!
+
+Kreusa.
+Wie du nun bist! Da hatt' ich mich gefreut
+Daß du ihn überraschen solltest, Jason,
+Mit deinem Lied.
+
+Medea.
+Ja so, ja du hast recht.
+Darauf vergaß ich. Laß noch mal versuchen!
+Es wird ihn freuen, meinst du, wirklich freuen?
+
+Kreusa.
+Gewiß. Er sang das Liedchen schon als Knabe,
+Als er bei uns, in unserm Hause lebte.
+Sooft ich's hörte, sprang ich fröhlich auf,
+Denn immer war's das Zeichen seiner Heimkehr.
+
+Medea.
+Das Liedchen aber?
+
+Kreusa.
+Wohl so hör mir zu
+Es ist nur kurz und eben nicht sehr schön
+Allein er wußt' es gar so hübsch zu singen,
+So übermütig, trotzend, spöttisch fast. O ihr Götter,
+Ihr hohen Götter!
+Salbt mein Haupt
+Wölbt meine Brust,
+Daß den Männern
+Ich obsiege
+Und den zierlichen
+Mädchen auch.
+
+Medea.
+Ja, ja, sie haben's ihm gegeben!
+
+Kreusa.
+Was?
+
+Medea.
+Des kurzen Liedchens Inhalt.
+
+Kreusa.
+Welchen Inhalt?
+
+Medea.
+Daß den Männern er obsiege
+Und den zierlichen Mädchen auch.
+
+Kreusa.
+Daran hatt' ich nun eben nie gedacht.
+Ich sang's nur nach, wie ich's ihn singen hörte.
+
+Medea.
+So stand er da an Kolchis' fremder Küste;
+Die Männer stürzten nieder seinem Blick,
+Und mit demselben Blick warf er den Brand
+In der Unsel'gen Busen, die ihn floh,
+Bis, lang verhehlt, die Flamme stieg empor
+Und Ruh' und Glück und Frieden prasselnd sanken
+Von Rauchesqualm und Feuersglut umhüllt.
+So stand er da in Kraft und Schönheit prangend,
+Ein Held, ein Gott und lockte, lockte, lockte,
+Bis es verlockt, sein Opfer, und vernichtet,
+Dann warf er's hin und niemand hob es auf.
+
+Kreusa.
+Bist du sein Weib und sprichst so schlimm von ihm?
+
+Medea.
+Du kennst ihn nicht, ich aber kenn ihn ganz.
+Nur (er) ist da, (er) in der weiten Welt
+Und alles andre nichts als Stoff zu Taten.
+Voll Selbstheit, nicht des Nutzens, doch des Sinns,
+Spielt er mit seinem und der andern Glück.
+Lockt's ihn nach Ruhm so schlägt er einen tot,
+Will er ein Weib, so holt er eine sich,
+Was auch darüber bricht, was kümmert's ihn!
+Er tut nur Recht, doch recht ist was er will.
+Du kennst ihn nicht, ich aber kenn ihn ganz
+Und denk ich an die Dinge, die geschehn,
+Ich könnt' ihn sterben sehn und lachen drob.
+
+Kreusa.
+Leb wohl!
+
+Medea.
+Du gehst?
+
+Kreusa.
+Soll ich dich länger hören?
+Ihr Götter! Spricht die Gattin so vom Gatten?
+
+Medea.
+Nach dem er ist: der Meine tat darnach!
+
+Kreusa.
+Beim hohen Himmel, hätt' ich einen Gatten,
+So arg, so schlimm, als Deiner nimmer ist,
+Und Kinder, sein Geschenk und Ebenbild,
+Ich wollt' sie lieben, töteten sie mich.
+
+Medea.
+Das sagt sich gut, allein es übt sich schwer.
+
+Kreusa.
+Es wär' wohl minder süß, übt' es sich leichter.
+Doch tue was dir gutdünkt, ich will gehn.
+Zuerst lockst du mit holdem Wort mich an
+Und fragst nach Mitteln mich, ihm zu gefallen
+Und nun brichst du in Haß und Schmähung aus.
+Viel Übles hab an Menschen ich bemerkt,
+Das Schlimmste aber ist ein unversöhnlich Herz.
+Leb wohl und lerne besser sein.
+
+Medea.
+Du zürnst?
+
+Kreusa.
+Beinahe.
+
+Medea.
+O gib nicht auch (du) mich auf,
+Verlaß mich nicht sei du mein Schirm und Schutz!
+
+Kreusa.
+Nun bist du mild und erst warst du voll Haß.
+
+Medea.
+Der Haß gilt mir und Jason gilt die Liebe.
+
+Kreusa.
+So liebst du deinen Gatten?
+
+Medea.
+Wär' ich hier sonst?
+
+Kreusa.
+Ich sinne nach und doch versteh ich's nicht.
+Doch: liebst du ihn, bin ich dir wieder gut,
+Und sage dir wohl sichre Mittel an,
+Die Launen, die er hat, ich weiß es wohl,
+Wie Wolken zu zerstreun. Laß uns nur machen.
+Ich sah es, er war morgens trüb und düster,
+Doch sing ihm erst dein Lied und du wirst sehn
+Wie schnell er fröhlich wird. Hier ist die Leier.
+Nicht eher laß ich ab, bis du es weißt.
+
+(Sie sitzt.)
+
+Was kommst du nicht? Was stehst und zögerst du?
+
+Medea.
+Ich seh dich an und seh dich wieder an
+Und kann an deinem Anblick kaum mich sätt'gen.
+Du Gute, Milde, schön an Leib und Seele,
+Das Herz wie deine Kleider hell und rein.
+Gleich einer weißen Taube schwebest du,
+Die Flügel breitend, über dieses Leben
+Und netzest keine Feder an dem Schlamm,
+In dem wir ab uns kämpfend mühsam weben.
+Senk einen Strahl von deiner Himmelsklarheit
+In diese wunde, schmerzzerrißne Brust.
+Was Gram und Haß und Unglück hingeschrieben
+O lösch es aus mit deiner frommen Hand
+Und setze deine reinen Züge hin.
+Die Stärke, die mein Stolz von Jugend war,
+Sie hat im Kampfe sich als schwach bewiesen
+O lehre mich, was stark die Schwäche macht.
+
+(Sie setzt sich auf den Schemmel zu Kreusas Füßen.)
+
+Zu deinen Füßen will ich her mich flüchten
+Und will dir klagen, was sie mir getan;
+Will lernen, was ich lassen soll und tun.
+Wie eine Magd will ich dir dienend folgen,
+Will weben an dem Webstuhl, früh zur Hand,
+Und alles Werk, das man bei uns verachtet,
+Den Sklaven überläßt und dem Gesind',
+Hier aber übt die Frau und Herrin selbst,
+Vergessend, daß mein Vater Kolchis' König,
+Vergessend, daß mir Götter sind als Ahnen,
+Vergessend was geschehn und was noch droht--
+
+(Aufstehend und sich entfernend.)
+
+Doch das vergißt sich nicht.
+
+Kreusa (ihr folgend).
+Was ficht dich an?
+Was Schlimmes auch in frührer Zeit geschehn,
+Der Mensch vergißt, ach und die Götter auch.
+
+Medea
+
+(an ihrem Halse).
+Meinst du? O daß ich's glauben könnte, glauben!
+
+(Jason kommt.)
+
+Kreusa (sich gegen ihn wendend).
+Hier dein Gemahl. Sieh Jason, wir sind Freunde!
+
+Jason.
+So, so.
+
+Medea.
+Sei mir gegrüßt.--Sie ist so gut,
+Sie will Medeas Freundin sein und Lehrerin.
+
+Jason.
+Viel Glück zu dem Versuch!
+
+Kreusa.
+Was bist du ernst?
+Wir wollen hier recht frohe Tage leben.
+Ich, meine Sorge zwischen meinem Vater
+Und euch verteilend; du und sie, Medea--
+
+Jason.
+Medea!
+
+Medea.
+Was gebeutst du, mein Gemahl?
+
+Jason.
+Sahst du die Kinder schon?
+
+Medea.
+Ach, ja nur erst.
+Sie sind recht munter.
+
+Jason.
+Sieh doch noch einmal!
+
+Medea.
+Nur kaum erst war ich dort.
+
+Jason.
+Sieh (doch), sieh (doch!)
+
+Medea.
+Wenn du es willst.
+
+Jason.
+Ich wünsch es.
+
+Medea.
+Wohl, ich gehe.
+
+(Ab.)
+
+Kreusa.
+Was sendest du sie fort? Sie sind ja wohl.
+
+Jason.
+Ah! So, nun ist mir leicht, nun kann ich atmen!
+Ihr Anblick schnürt das Innre mir zusammen
+Und die verhehlte Qual erwürgt mich fast.
+
+Kreusa.
+Was hör ich? O ihr allgerechten Götter!
+So spricht nun er und so sprach vorher sie.
+Wer sagte mir denn, Gatten liebten sich?
+
+Jason.
+Ja wohl, wenn nach genutzter Jugendzeit
+Der Jüngling auf ein Mädchen wirft den Blick
+Und sie zur Göttin macht von seinen Wünschen.
+Er späht nach ihrem Aug', ob es ihn trifft
+Und trifft's ihn, ist er froh in seinem Sinn.
+Zum Vater geht er und zur Mutter hin
+Und wirbt um sie und jene sagen's zu.
+Da ist ein Fest und die Verwandten kommen
+Die ganze Stadt nimmt an dem Jubel Teil.
+Mit Kränzen reich geschmückt und lichten Blumen
+Führt er die Braut zu Tempel und Altar.
+Errötend und in holdem Schauer bebend
+Vor dem was sie doch wünscht, tritt sie einher;
+Der Vater aber legt die Hände auf
+Und segnet sie und ihr entfernt Geschlecht.
+Die so zur Freite gehn, die lieben sich.
+Mir war es auch bestimmt, doch kam es nicht.
+Was hab ich denn getan, gerechte Götter,
+Daß ihr mir nahmt, was ihr dem Ärmsten gebt
+Ein Schmerzasyl an seinem eignen Herd
+Und zur Vertrauten, die ihm angetraut.
+
+Kreusa.
+So hast du nicht gefreit wie andre freien,
+Der Vater hob die Hand nicht segnend auf?
+
+Jason.
+Er hob sie auf, doch mit dem Schwert bewaffnet
+Und statt des Segens gab er uns den Fluch.
+Allein ich hab ihm's tüchtig rückgegeben;
+Sein Sohn ist tot, er selber stumm und tot--
+Sein Fluch nur lebt--zum mind'sten scheint es so.
+
+Kreusa.
+Wie können wen'ge Jahre doch verwandeln!
+Wie warst du mild und wie bist nun so rauh.
+Ich selber bin dieselbe die ich war,
+Was damals ich gewollt, will ich noch jetzt,
+Was da mir gut erschien, erscheint mir's noch,
+Was tadelnswert muß ich noch jetzo tadeln.
+Mit dir scheint's anders.
+
+Jason.
+Ja, auch das, auch das!
+Es ist des Unglücks eigentlichstes Unglück,
+Daß selten drin der Mensch sich rein bewahrt.
+Hier gilt's zu lenken, dort zu biegen, beugen,
+Hier rückt das Recht ein Haar und dort ein Gran,
+Und an dem Ziel der Bahn steht man ein andrer,
+Als der man war, da man den Lauf begann.
+Und dem Verlust der Achtung dieser Welt
+Fehlt noch der einz'ge Trost, die eigne Achtung.
+Ich habe nichts getan was schlimm an sich,
+Doch viel gewollt, gemocht, gewünscht, getrachtet;
+Still zugesehen, wenn es andre taten;
+Hier Übles nicht gewollt, doch zugegriffen
+Und nicht bedacht daß Übel sich erzeuge.
+Und jetzt steh ich vom Unheilsmeer umbrandet
+Und kann nicht sagen: ich hab's nicht getan!
+O Jugend, warum währst du ewig nicht!
+Beglückend Wähnen, seliges Vergessen,
+Der Augenblick des Strebens Wieg' und Grab.
+Wie plätschert' ich im Strom der Abenteuer,
+Die Wogen teilend mit der starken Brust.
+Doch kommt das Mannesalter ernst geschritten,
+Da flieht der Schein: die nackte Wirklichkeit
+Schleicht still heran und brütet über Sorgen.
+Die Gegenwart ist dann kein Fruchtbaum mehr,
+In dessen Schatten man genießend ruht,
+Sie ist ein unangreifbar Samenkorn,
+Das man vergräbt, daß eine Zukunft sprosse.
+Was wirst du tun? wo wirst du sein und wohnen?
+Was wird aus dir? Und was aus Weib und Kind?
+Das fällt uns an und quält uns ab und ab.
+
+(Er setzt sich.)
+
+Kreusa.
+Was sorgst du denn? es ist für dich gesorgt.
+
+Jason.
+Gesorgt? O ja, wie man dem Bettler wohl
+Den Napf mit Abhub an die Schwelle reicht.
+Bin ich der Jason und brauch andrer Sorge?
+Muß unter fremden Tisch die Füße setzen
+Mit meinen Kindern betteln gehn zu fremden Mitleid?
+Mein Vater war ein Fürst, ich bin es auch
+Und wer ist, der dem Jason sich vergleicht?
+Und doch--
+
+(Er ist aufgestanden.)
+
+Ich kam den lauten Markt entlang
+Und durch die weiten Gassen eurer Stadt
+Weißt du noch, wie durch sie ich prangend schritt
+Als ich, vor jenem Argonautenzug,
+Hierherkam, von euch Abschied noch zu nehmen?
+Da wallten sie in dichtgedrängten Wogen
+Von Menschen, Wagen, Pferden, bunt gemengt.
+Die Dächer trugen Schauende, die Türme,
+Und wie um Schätze stritt man sich den Raum.
+Die Luft ertönte von der Zimbel Lärm
+Und von dem Lärm der heilzuschreinden Menge.
+Dicht drängt' sie sich rings um die edle Schar,
+Die reich geschmückt, in Panzers hellem Leuchten,
+Der mindeste ein König und ein Held,
+Den edlen Führer ehrfurchtsvoll umgaben--
+Und ich war's der sie führte, ich ihr Hort,
+Ich, den das Volk in lautem Jubel grüßte--
+Jetzt als ich durch dieselben Straßen ging,
+Traf mich kein Aug', kein Gruß, kein Wort.
+Nur als ich stand, und rings her um mich sah,
+Meint' einer, es sei schlechte Sitte, so
+In Weges Mitte stehn und andre stören.
+
+Kreusa.
+Du wirst dich wieder heben, wenn du willst.
+
+Jason.
+Mit mir ist's aus! ich hebe mich nicht mehr.
+
+Kreusa.
+Ich weiß ein Mittel wie dir's wohl gelingt.
+
+Jason.
+Das Mittel wüßt' ich wohl, doch schaffst du mir's?
+Mach daß ich nie der Väter Land verlassen,
+Daß ich bei euch hier in Korinthos blieb,
+Daß ich das Vlies, ich Kolchis nie gesehen,
+Ich nie gesehen sie, die nun mein Weib.
+Mach, daß sie heimkehrt in ihr fluchbeladnes Land
+Und die Erinnrung mitnimmt, daß sie dagewesen,
+Dann will ich wieder Mensch mit Menschen sein.
+
+Kreusa.
+Das wär's allein? Ich weiß ein andres Mittel:
+Ein einfach Herz und einen stillen Sinn.
+
+Jason.
+Ja, wer von dir das lernen könnte, Gute!
+
+Kreusa.
+Die Götter geben's jedem, der nur will.
+Auch dir war's einst und kann es wieder werden.
+
+Jason.
+Denkst du noch manchmal unsrer Jugendzeit?
+
+Kreusa.
+Gar oft und gern erinnr' ich mich an sie.
+
+Jason.
+Wie wir ein Herz und eine Seele waren.
+
+Kreusa.
+Ich machte milder dich und du mich kühn.
+Weißt du, wie ich den Helm aufs Haupt mir setzte?
+
+Jason.
+Er war zu weit, du hieltst ihn, sanft geduckt,
+Mit kleinen Händen ob den goldnen Locken.
+Kreusa, es war eine schöne Zeit!
+
+Kreusa.
+Und wie mein Vater sich darüber freute,
+Er nannt' uns öfter scherzend Bräutigam und Braut.
+
+Jason.
+Es kam nicht so.
+
+Kreusa.
+Wie manches anders kommt,
+Als man's gedacht. Allein was tut's?
+Wir wollen drum nicht minder fröhlich sein!
+
+(Medea kommt zurück.)
+
+Medea.
+Die Kleinen sind besorgt.
+
+Jason.
+Nun, es ist gut.
+
+(Fortfahrend.)
+
+Die schönen Orte unsrer Jugendlust,
+An die Erinnrung knüpft mit leisen Fäden,
+Ich hab sie durchgegangen, da ich kam,
+Und Brust und Lippen kühlend eingetaucht
+Im frischen Born der hellen Kinderzeit.
+Ich war am Markt, wo ich den Wagen lenkte,
+Das rasche Roß dem Ziel entgegentrieb,
+Den Faustschlag wechselnd mit dem Gegner rang,
+Indes du standst und sahst, erschrakst und zürntest,
+Um meinetwillen jedem Gegner feind.
+Ich war im Tempel, wo vereint wir knieten,
+Hier nur allein einander uns vergessend,
+Und unsre Lippen zu den Göttern sandten
+Aus zweier Brust ein einzig, einig Herz.
+
+Kreusa.
+So weißt du denn das alles noch so gut?
+
+Jason.
+Ich sauge Labung draus mit vollen Zügen
+
+Medea (die still hingegangen ist und die weggelegte Leier ergriffen hat).
+Jason, ich weiß ein Lied!
+
+Jason.
+Und dann der Turm!
+Weißt du den Turm dort an der Meeresküste
+Wo du mit deinem Vater standst und weintest,
+Als ich das Schiff bestieg zum weiten Zug.
+Ich hatte da kein Aug' für deine Tränen
+Denn nur nach Taten dürstete mein Herz.
+Ein Windstoß löste deinen Schleier los
+Und warf ihn in die See, ich sprang darnach
+Und trug ihn mit mir fort, dir zum Gedächtnis.
+
+Kreusa.
+Hast du ihn noch?
+
+Jason.
+Denk nur, so manches Jahr
+Verging seit dem und nahm dein Pfand mit sich.
+Der Wind hat ihn verweht.
+
+Medea.
+Ich weiß ein Lied.
+
+Jason.
+Du riefst mir damals zu: Leb wohl, mein Bruder.
+
+Kreusa.
+Und jetzt ruf ich: Mein Bruder, sei gegrüßt!
+
+Medea.
+Jason, ich weiß ein Lied.
+
+Kreusa.
+Sie weiß ein Lied,
+Das du einst sangst, hör zu, sie soll dir's singen.
+
+Jason.
+Ja so! Wo war ich denn? Das klebt mir an
+Aus meiner Jugendzeit und spottet meiner,
+Daß gern ich manchmal träumen mag und schwatzen
+Von Dingen die nicht sind und die nicht werden.
+Denn wie der Jüngling in der Zukunft lebt
+So lebt der Mann mit der Vergangenheit.
+Die Gegenwart weiß keiner recht zu leben.
+Da war ich jetzt ein tatenkräft'ger Held
+Und hatt' ein liebes Weib und Gold und Gut
+Und einen Ort wo meine Kinder schlafen.
+Was also willst du denn?
+
+(Zu Medea.)
+
+Kreusa.
+Ein Lied dir singen,
+Das du in deiner Jugend sangst bei uns.
+
+Jason.
+Und das singst du?
+
+Medea.
+So gut ich kann.
+
+Jason.
+Ja wohl!
+Willst du mit einem armen Jugendlied
+Mir meine Jugend geben und ihr Glück?
+Laß das. Wir wollen aneinander halten
+Weil's einmal denn so kam und wie sich's gibt.
+Doch nichts von Liedern und von derlei Dingen!
+
+Kreusa.
+Laß sie's doch singen. Sie hat sich geplagt
+Bis sie's gewußt und nun--
+
+Jason.
+So singe, sing!
+
+Kreusa.
+Die zweite Saite, weißt du noch?
+
+Medea (mit der Hand schmerzlich aber ihre Stirne streichend).
+Vergessen.
+
+Jason.
+Siehst du, ich sagt' es wohl, es geht nun nicht!
+An andres Spiel ist ihre Hand gewohnt,
+Den Drachen sang sie zaubrisch in den Schlaf.
+Und das klang anders als dein reines Lied.
+
+Kreusa (einflüsternd).
+O ihr Götter
+Ihr hohen Götter--
+
+Medea (nachsagend).
+O ihr Götter--
+Ihr hohen, ihr gerechten, strengen Götter!
+
+(Die Leier entfällt ihr, sie schlägt beide Hände vor die weinenden
+Augen.)
+
+Kreusa.
+Sie weint. Wie kannst du doch so hart sein und so wild.
+
+Jason (sie zurückhaltend).
+Laß sie! Kind, du verstehst uns beide nicht!
+Es ist der Götter Hand, was sie nun fühlt,
+Auch hier gräbt sie, auch hier mit blut'gen Griffen.
+Greif du nicht in der Götter Richteramt!
+Hättst du sie dort gesehn im Drachenhorst,
+Wie sie sich mit dem Wurm zur Wette bäumte,
+Voll Gift der Zunge Doppelpfeile schoß,
+Und Haß und Tod aus Flammenaugen blinkte,
+Dein Busen wär' gestählt gen ihre Tränen.
+Nimm du die Leier und sing mir das Lied
+Und bann den Dämon, der mich würgend quält.
+Du kannst's vielleicht, doch jene nicht.
+
+Kreusa.
+Recht gern.
+
+(Sie will die Leier aufheben.)
+
+Medea
+
+(ihren Arm ober der Hand fassend und sie abhaltend).
+Halt ein!
+
+(Sie hebt mit der andern Hand die Leier auf.)
+
+Kreusa.
+Recht gern, spielst du es selber.
+
+Medea.
+Nein!
+
+Jason.
+Gibst du sie nicht denn?
+
+Medea.
+Nein.
+
+Jason.
+Auch mir nicht?
+
+Medea.
+Nein!
+
+Jason
+
+(hinzutretend und nach der Leier greifend).
+Ich aber nehme sie.
+
+Medea (ohne sich vom Platz zu bewegen, die Leier zurückziehend).
+Umsonst!
+
+Jason (ihre zurückziehenden Hände mit den seinigen verfolgend).
+Gib!
+
+Medea
+
+(die Leier im Zurückziehen zusammendrückend, daß sie krachend
+zerbricht).
+Hier!
+Entzwei!
+
+(Die zerbrochene Leier vor Kreusa hinwerfend.)
+
+Entzwei die schöne Leier!
+
+Kreusa (entsetzt zurückfahrend).
+Tot!
+
+Medea (rasch umblickend).
+Wer?--(Ich) lebe! (lebe)!
+
+(Sie steht da hoch emporgehoben vor sich hinstarrend.)
+
+(Von außen ein Trompetenstoß.)
+
+Jason.
+Ha, was ist das?--Was stehst du siegend da?
+Dich reut noch, glaub ich, dieser Augenblick.
+
+(Noch ein Trompetenstoß.)
+(Der König kommt rasch zur Türe herein.)
+
+Jason (ihm entgegen).
+Was kündigt an der kriegerische Schall?
+
+König.
+Unglücklicher, du fragst?
+
+Jason.
+Ich frage, Herr!
+
+König.
+Der Streich, den ich gefürchtet ist gefallen,
+Ein Herold steht vor meines Hauses Pforten,
+Gesandt vom Stuhl der Amphiktyonen.
+Er frägt nach dir, und hier nach deinem Weib,
+Den Bann ausrufend in des Himmels Lüfte!
+
+Jason.
+Auch das noch!
+
+König.
+Also ist's. Doch still, er naht!
+
+(Die Pforten öffnen sich. Ein Herold tritt herein; hinter ihm zwei
+Hornbläser, weiter zurück mehreres Gefolge.)
+
+Herold.
+Die Götter und ihr Schutz in dieses Haus!
+
+König (feierlich).
+Wer bist du und was suchst du hier bei mir?
+
+Herold.
+Ein Gottesherold bin ich, abgesandt
+Vom Altgericht der Amphiktyonen,
+Das spricht in Delphis hochgefreiter Stadt;
+Mit Bann verfolg ich und mit Rachespruch
+Die schuldigen Verwandten König Pelias',
+Der einst auf Jolkos saß, nun aber tot ist.
+
+König.
+Suchst du die Schuld'gen, suche sie nicht hier,
+In seinem Haus, bei seinen Kindern such sie!
+
+Herold.
+Ich fand sie hier und so sprech ich sie an:
+Fluch Jason dir! Fluch dir und deinem Weib!
+Verruchter Künste bist du angeklagt,
+Der Schuld an deines Oheims dunkeln Tod.
+
+Jason.
+Du lügst, nicht weiß ich um des Königs Sterben.
+
+Herold.
+Frag diese dort, die weiß es besser wohl.
+
+Jason.
+Tat sie's?
+
+Herold.
+Nicht mit der Hand, durch Künste, die ihr kennt,
+Die ihr herüberbrachtet aus dem fremden Lande.
+Denn als der König krank--vielleicht schon da ein Opfer,
+So seltsam waren seiner Krankheit Zeichen--
+Da traten seine Töchter zu Medeen hin,
+Um Heilung flehend von der Heilerfahrnen.
+Sie aber sagt' es zu und ging mit ihnen.
+
+Jason.
+Halt! sie ging nicht! Ich wehrt' es, und sie blieb.
+
+Herold.
+Das erstemal. Doch als die Mädchen drauf,
+Dir unbewußt, zum zweitenmal ihr nahten,
+Da ging sie mit, allein das goldne Vlies,
+Das ihr ein Greu'l sei, ein verderblich Zeichen,
+Als Preis der sichern Rettung sich bedingend.
+Die Mädchen aber sagen's ihr voll Freude zu.
+Und sie tritt ein beim König, wo er schlief.
+Geheimnisvolle Worte sprach sie aus
+Und immer tiefer sinkt der König in den Schlaf.
+Das böse Blut zu bannen, heißt dem Herrn sie
+Die Adern öffnen und auch das geschieht;
+Er atmet leichter als man ihn verband
+Und froh sind schon die Töchter der Genesung.
+Da ging Medea fort, von dannen wie sie sagte,
+Und auch die Töchter gehn, da jener schlief.
+Mit eins ertönt Geschrei aus seiner Kammer,
+Die Mädchen eilen hin und--gräßlich! greulich!
+Der Alte lag am Boden, wild verzerrt,
+Gesprungen die Verbande seiner Adern,
+In schwarzen Güssen strömend hin sein Blut.
+Am Altar lag er, wo das Vlies gehangen,
+Und das war fort. Die aber ward gesehen,
+Den goldnen Schmuck um ihre Schultern tragend,
+Zur selben Stunde schreitend durch die Nacht.
+
+Medea (dumpf vor sich hin).
+Es war mein Lohn.
+Mich schaudert, denk ich an des alten Mannes Wut!
+
+Herold.
+Damit nun solcher Greu'l nicht länger währe
+Und unser Land mit seinem Hauch vergifte,
+So sprech ich aus hiemit den großen Bann
+Ob Jason dem Thessalier, Aesons Sohn,
+Genoß einer Verruchten, selbst verrucht
+Und treib ihn aus, kraft meines heil'gen Amts,
+Aus, von der Griechen gottbetretnen Erde,
+Und weis ihn in das Irrsal, in die Flucht,
+Mit ihm sein Weib und seines Bettes Sprossen.
+Kein Teil sei ihm am vaterländ'schen Boden,
+An vaterländ'schen Göttern ihm kein Teil,
+Kein Teil an Schutz und Recht des Griechenlandes.
+
+(Nach den Himmelsgegenden.)
+
+Verbannt Jason und Medea!
+Medea und Jason verbannt!
+Verbannt!
+Jason und Medea! Wer aber ihn beherbergt, ihn beschützt,
+Von hier nach dreien Tagen und drei Nächten,
+Dem künd ich Tod, wenn es ein Einzelmann,
+Und Krieg, wenn's eine Stadt, wenn es ein König!
+So fügt's der Spruch der Amphiktyonen
+Und so verkünd ich es zu Recht,
+Damit ein jeder wisse sich zu wahren. Die Götter und ihr Schutz in
+dieses Haus!
+
+(Er wendet sich zum Abgehen.)
+
+Jason.
+Was steht ihr da, ihr Mauern? stürzet ein,
+Erspart die Müh' dem König, mich zu töten!
+
+König.
+Halt ein, o Herold, und vernimm noch dies!
+
+(Zu Jason gewendet.)
+
+Glaubst du, mich reute schon was ich gelobt?
+Hielt' ich für schuldig dich, und wärst du auch mein Sohn,
+Ich gäbe hin dich jenen, die dich suchen;
+Doch du bist's nicht und so beschütz ich dich,
+Bleib hier. Wer aber wagt es Kreons Freund,
+Für dessen Unschuld er sein Wort verpfändet,--
+Wer wagt es meinen Eidam anzutasten?
+Ja Herold, meinen Eidam, meiner Tochter Gatten!
+Was einst beschlossen ward in frühern Tagen,
+In Tagen seines Glücks, ich führ es aus
+Jetzt da des Unglücks Wogen ihn umbranden.
+Sie sei dein Weib, du bleibst bei deinem Vater.
+Also vertret ich's vor den Amphiktyonen;
+Und wer beschuldigt noch wen Kreon freisprach,
+Freisprach durch seiner eignen Tochter Hand? Das sag du jenen, die
+dich hergesandt
+Und in der Götter Schutz sei nun entlassen.
+
+(Der Herold geht.)
+
+Doch diese, die die Wildnis ausgespieen,
+Zu deinem, aller Frommen Untergang,
+Sie, die die Greu'l verübt, der man dich zeiht,
+Sie bann ich aus des Landes Grenzen fort
+Und Tod ihr, trifft der Morgen sie noch hier.
+Zieh hin aus meiner Väter frommen Stadt
+Und reinige die Luft, die du verpestest!
+
+Medea.
+Das also wär's? Mir gält' es, mir allein?
+Ich aber sag euch, ich hab's nicht getan!
+
+König.
+Genug hast du verübt, seit er dich sah.
+Hinweg aus meinem Haus, aus meiner Stadt.
+
+Medea (zu Jason).
+Und muß ich fort, nun wohl, so folge mir!
+Gemeinsam wie die Schuld, sei auch die Strafe!
+Weißt noch den alten Spruch? Allein soll keines sterben,
+Ein Haus, ein Leib und ein Verderben!
+Im Angesicht des Todes schwuren wir's;
+Jetzt halt es, komm!
+
+Jason.
+Berührst du mich?
+Laß ab von mir, du meiner Tage Fluch!
+Die mir geraubt mein Leben und mein Glück,
+Die ich verabscheut, wie ich dich gesehn,
+Nur töricht Liebe nannte meines Wesens Ringen!
+Heb dich hinweg, zur Wildnis, deiner Wiege,
+Zum blut'gen Volk, dem du gehörst und gleichst.
+Doch vorher gib mir wieder was du nahmst
+Gib Jason mir zurücke, Frevlerin!
+
+Medea.
+Zurück willst du den Jason?--Hier!--Hier nimm ihn!
+Allein wer gibt Medeen mir, wer mich?
+Hab ich dich aufgesucht in deiner Heimat?
+Hab ich von deinem Vater dich gelockt?
+Hab ich dir Liebe auf-, ja aufgedrungen?
+Hab ich aus deinem Lande dich gerissen,
+Dich preisgegeben Fremder Hohn und Spott?
+Dich aufgereizt zu Freveln und Verbrechen?
+Du nennst mich Frevlerin?--Weh mir! ich bin's!
+Doch wie hab ich gefrevelt und für wen?
+Laß diese mich mit gift'gem Haß verfolgen,
+Vertreiben, töten, diese tun's mit Recht,
+Denn ich bin ein entsetzlich, greulich Wesen,
+Mir selbst ein Abgrund und ein Schreckensbild,
+Die ganze Welt verwünsche mich, nur (du) nicht!
+Du nicht, der Greuel Stifter, einz'ger Anlaß, du!
+Weißt du noch, wie ich deine Knie umfaßte,
+Als du das blut'ge Vlies mir stehlen hießest:
+Ich mich zu töten eher mich vermaß
+Und du mit kaltem Hohne herrschtest: Nimm's!
+Weißt du, wie ich den Bruder hielt im Arm,
+Der todesmatt von deinem grimmen Streich,
+Bis er sich losriß von der Schwester Brust
+Und deinem Trotz entrinnend Tod in Wellen suchte?
+Weißt du?--Komm her zu mir!--Weich mir nicht aus!
+Verbirg nicht hinter jene dich vor mir!
+
+Jason
+
+(vortretend).
+Ich hasse, doch ich scheu dich nicht!
+
+Medea.
+So komm!
+
+(Halblaut.)
+
+Weißt du?--Sieh mich nicht so verachtend an!--
+Wie du den Tag vor deines Oheims Tod,
+Da eben seine Töchter von mir gingen,
+Die ratlos ich auf dein Geheiß entließ,
+Wie du zu mir in meine Kammer tratst
+Und mit den Augen so in meine schauend,--
+Als säh' ein Vorsatz, scheu in dir verborgen,
+Nach seinesgleichen aus in meiner Brust--
+Wie du da sagtest: Daß zu mir sie kämen
+Um Heilung für des argen Vaters Krankheit,
+Ich wollt' ihm einen Labetrank bereiten,
+Der (ihn) auf immer heilen sollt' und (mich)!
+Weißt du? Sieh mir ins Antlitz wenn du's wagst!
+
+Jason.
+Entsetzliche! Was rasest du gen mich?
+Machst mir zu Wesen meiner Träume Schatten,
+Hältst mir mein Ich vor in des deinen Spiegel
+Und rufst meine Gedanken wider mich?
+Nichts weiß ich, nichts von deinem Tun und Treiben,
+Verhaßt war mir von Anfang her dein Wesen,
+Verflucht hab ich den Tag, da ich dich sah,
+Und Mitleid nur hielt mich an deiner Seite.
+Nun aber sag ich mich auf ewig von dir los
+Und fluche dir, wie alle Welt dir flucht.
+
+Medea.
+Nicht so, mein Gatte, mein Gemahl!
+
+Jason.
+Weg da!
+
+Medea.
+Als mir's mein greiser Vater drohte,
+Versprachst du, nie mich zu verlassen. Halt's!
+
+Jason.
+Selbst hast du das Versprechen dir verwirkt,
+Ich gebe hin dich deines Vaters Fluch!
+
+Medea.
+Verhaßter komm! Komm mein Gemahl!
+
+Jason.
+Zurück!
+
+Medea.
+In meinen Arm, so hast du's ja gewollt!
+
+Jason.
+Zurück! Sieh hier mein Schwert! Ich töte dich
+Wenn du nicht weichst!
+
+Medea (immer näher tretend).
+Stoß zu! Stoß zu!
+
+Kreusa (zu Jason).
+Halt ein!
+Laß sie in Frieden ziehn! Verletz sie nicht!
+
+Medea.
+Du auch hier? weiße, silberhelle Schlange?
+O zische nicht mehr, züngle nicht so lieblich!
+Du hast ja, was du wolltest, den Gemahl!
+War's darum, daß du dich so schmeichelnd wandst
+Und deine Ringe schlangst um meinen Hals?
+O hätt' ich einen Dolch, ich wollte dich
+Und deinen Vater, den gerechten König!
+Darum sangst du so holde Weisen?
+Darum gabst du mir Saitenspiel und Kleid?
+
+(Ihren Mantel abreißend.)
+
+Hinweg! Fort mit den Gaben der Verruchten!
+
+(Zu Jason.)
+
+Sieh! Wie ich diesen Mantel durch hier reiße
+Und einen Teil an meinen Busen drücke,
+Den andern hin dir werfe vor die Füße,
+Also zerreiß ich meine Liebe, unsern Bund.
+Was draus erfolgt, das werf ich dir zu, dir,
+Dem Frevler an des Unglücks heil'gem Haupt.
+Gebt meine Kinder mir und laßt mich gehn!
+
+König.
+Die Kinder bleiben hier.
+
+Medea.
+Nicht bei der Mutter?
+
+König.
+Nicht bei der Frevlerin!
+
+Medea (zu Jason).
+So sagst auch du?
+
+Jason.
+Auch ich.
+
+Medea (gegen die Türe).
+So hört ihr Kinder mich!
+
+König.
+Zurück!
+
+Medea.
+Allein gehn heißt ihr mich? Wohlan es sei!
+Doch sag ich euch: bevor der Abend graut
+Gebt ihr die Kinder mir. Für jetzt genug!
+Du aber, die hier gleisend steht, und heuchelnd
+In falscher Reinheit niedersieht auf mich,
+Ich sage dir, du wirst die weißen Hände ringen,
+Medeens Los beneiden gegen deins.
+
+Jason.
+Wagst du's?
+
+König.
+Hinweg.
+
+Medea.
+Ich geh doch komm ich wieder
+Und hole das was mir, und bring was euch gebührt.
+
+König.
+Was soll sie drohen uns ins Angesicht?
+Wenn Worte nicht
+
+(zu den Trabanten)
+
+laßt eure Lanzen sprechen!
+
+Medea.
+Zurück! Wer wagt's Medeen anzurühren!
+Merk auf die Stunde meines Scheidens, König
+Du sahst noch keine schlimmre, glaube mir!
+Gebt Raum! Ich geh! Die Rache nehm ich mit!
+
+(Ab.)
+
+König.
+Die Strafe wenigstens, sie folget dir!
+
+(Zu Kreusen.)
+
+
+Du zittre nicht, wir schützen dich vor ihr!
+
+Kreusa.
+Ich sinne nur, ob recht ist, was wir tun;
+Denn tun wir recht, wer könnte dann uns schaden?
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+
+
+Dritter Aufzug
+
+(Vorhof von Kreons Burg. Im Hintergrunde der Eingang von der
+Wohnung des Königs; rechts an den Seitenwänden ein Säulengang zu
+Medeens Aufenthalt führend.)
+(Medea im Vorgrunde stehend, Gora weiter zurück mit einem Diener
+des Königs sprechend.)
+
+Gora.
+Sag du dem Könige:
+Medea nehme Botschaft von Sklaven nicht,
+Hab' er Werbung an sie,
+Komm' er selbst,
+Vielleicht hört sie ihn.
+
+(Der Diener ab.)
+
+Gora (vortretend).
+Sie meinen, du würdest gehn,
+Den Haß bezähmend und die Rache.
+Die Törichten!
+Oder wirst du es? Wirst du's?
+Fast glaub ich, du tust's,
+Denn nicht Medea bist du mehr,
+Des Kolcherkönigs königlicher Sproß,
+Der erfahrnen Mutter, erfahrnere Tochter;
+Hättest du sonst geduldet, getragen
+So lange, bis jetzt?
+
+Medea.
+Hört ihr's Götter? Geduldet! getragen! So lange! bis jetzt!
+
+Gora.
+Ich riet dir zu weichen,
+Da du noch weilen wolltest,
+Verblendet, umgarnt;
+Als noch nicht gefallen der Streich,
+Den ich vorhersah, warnend dir zeigte:
+Aber nun sag ich: bleib!
+Sie sollen nicht lachen der Kolcherin,
+Nicht spotten des Bluts meiner Könige,
+Herausgeben die Kleinen,
+Die Schößlinge der gefällten Königseiche;
+Oder sterben, fallen,
+In Grauen, in Nacht!--Wo hast du dein Gerät?
+Oder was beschließest du?
+
+Medea.
+Erst meine Kinder will ich haben,--
+Das andre findet sich.
+
+Gora.
+So gehst du denn?
+
+Medea.
+Ich weiß es nicht.
+
+Gora.
+Lachen werden sie dein!
+
+Medea.
+Lachen? Nein!
+
+Gora.
+Was also sinnest du?
+
+Medea.
+Ich gebe mir Müh', nichts zu wollen, zu denken.
+ob dem schweigenden Abgrund
+Brüte die Nacht.
+
+Gora.
+Und wenn du flöhest, wohin?
+
+Medea (schmerzlich).
+Wohin? Wohin?
+
+Gora.
+Hier Lands ist nicht Raum für uns,
+Die Griechen, sie hassen, sie töten dich.
+
+Medea.
+Töten? Sie mich? Ich will sie töten, ich!
+
+Gora.
+Auch daheim in Kolchis wartet Gefahr.
+
+Medea.
+O Kolchis! Kolchis! O Vaterland!
+
+Gora.
+Du hast wohl gehört, dir ward wohl Kunde,
+Daß dein Vater gestorben, bald darnach,
+Als du Kolchis verließest, dein Bruder fiel?
+(Gestorben?) es klang anders, deucht' mir,
+Daß er den Schmerz anfassend wie ein Schwert,
+Gen sich selber wütend, den Tod sich gab.
+
+Medea.
+Was trittst du in Bund mit meinen Feinden
+Und tötest mich?
+
+Gora.
+Nun siehst du wohl.
+Ich hab dir's gesagt, dich gewarnt.
+Flieh die Fremden, sagt' ich dir
+Vor allen aber ihn, der sie führt,
+Den glattzüngigen Heuchler, den Verräter.
+
+Medea.
+Den glattzüngigen Heuchler, den Verräter!--
+Sagtest du so?
+
+Gora.
+Wohl sagt' ich's.
+
+Medea.
+Und ich glaubte dir nicht?
+
+Gora.
+Glaubtest mir nicht und gingst ins Todesnetz
+Das nun zusammenschlägt über dir.
+
+Medea.
+Glattzüngiger Heuchler! Das ist das Wort.
+Hättest du so gesagt, ich hätt's erkannt;
+Aber du nanntest ihn: Feind und verhaßt und abscheulich,
+Er aber war schön und freundlich und ich haßt' ihn (nicht)!
+
+Gora.
+So liebst du ihn?
+
+Medea.
+Ich? Ihn?
+Ich haß ihn, verabscheu ihn,
+Wie die Falschheit, den Verrat,
+Wie das Entsetzlichste, wie mich!
+
+Gora.
+So straf ihn, triff ihn,
+Räche den Vater, den Bruder,
+Unser Vaterland, unsre Götter,
+Unsre Schmach, mich, dich!
+
+Medea.
+Erst meine Kinder will ich haben,
+Das andre deckt die Nacht.--
+Was glaubst du? wenn er daherzög'
+In feierlichem Brautgeleit
+Mit ihr, die ich hasse,
+Und vom Giebel des Hauses entgegen
+Flög' ihm Medea zerschmettert, zerschellt.
+
+Gora.
+Der schönen Rache!
+
+Medea.
+Oder an Brautgemachs Schwelle
+Läge sie tot in ihrem Blut,
+Bei ihr die Kinder, Jasons Kinder, tot.
+
+Gora.
+Dich selber trifft deine Rache, nicht ihn.
+
+Medea.
+Ich wollt' er liebte mich,
+Daß ich mich töten könnte, ihm zur Qual!--
+Oder (sie?) Die Falsche! Die Reine!
+
+Gora.
+Näher triffst du schon!
+
+Medea.
+Still! still!
+Hinab, wo du herkamst, Gedanke,
+Hinab in Schweigen, hinunter in Nacht!
+
+(Sie verhüllt sich.)
+
+Gora.
+Die andern alle, die mit ihm zogen
+Den frevelnden Argonautenzug,
+Alle haben sie, rächend, strafend,
+Die vergeltenden Götter erreicht,
+Alle fielen in Tod und Schmach;
+Er nur fehlt noch--und wie lang?
+Täglich hör ich, emsig horchend
+Hoch mich erlabend, wie sie fallen,
+Fallen der Griechen strahlende Söhne,
+Die aus Kolchis, vom Raube gekehrt.
+Den Orpheus erschlugen thrakische Weiber;
+Hylas versank im Wellengrab;
+Theseus, Pirithous stiegen hinab
+In des Aides finstere Wohnung,
+Der Schatten gewaltigem Herrn zu rauben
+Die strahlende Gattin, Persephoneia,
+Doch der fing sie und hält sie gefangen
+In ehernen Ketten, in ewiger Nacht.
+
+Medea (rasch den Mantel vom Gesicht ziehend).
+Weil sie kamen das Weib zu rauben?
+Gut! Gut!--So tat auch er, tat mehr noch!
+
+Gora.
+Dem Herakles, der sein Weib verließ,
+Von anderer Liebe gelockt,
+Sandte sie rächend ein leinen Gewand;
+Als er das antat, sank er dahin
+In Qual und Angst und Todesschmerz,
+Denn sie hatt' es heimlich bestrichen
+Mit argem Gift und schnellem Tod.
+Hin sank er und des Öta waldiger Rücken,
+Sah ihn vergehn, in Flammen vergehn.
+
+Medea.
+Und sie selbst webt' es, das Gewand?
+Das tödliche?
+
+Gora.
+Sie selbst!
+
+Medea.
+Sie selbst!
+
+Gora.
+Des Meleager rauhe Gewalt,
+Des kaledonischen Eberbezwingers,
+Tötet' Althea, die Mutter das Kind.
+
+Medea.
+Verließ sie der Gemahl?
+
+Gora.
+Er erschlug ihren Bruder.
+
+Medea.
+Der Gatte?
+
+Gora.
+Der Sohn!
+
+Medea.
+Und als sie's getan, starb sie?
+
+Gora.
+Sie lebt.
+
+Medea.
+Tat es und (lebt)! Entsetzlich!--
+So viel weiß ich und so viel ist mir klar:
+Unrecht erduld ich nicht ungestraft.
+Aber (was) geschieht, weiß ich nicht, will's nicht wissen!
+Verdient hat er alles, das Ärgste verdient,
+Aber--schwach ist der Mensch;
+Billig gönnt man zur Reue Zeit!
+
+Gora.
+Reue?--Frag ihn selbst ob's ihn reut;
+Denn dort naht er mit eilendem Schritt.
+
+Medea.
+Mit ihm der König, mein arger Feind
+Der ihn verlockt, der ihn verführt.
+Ihm entweich ich, nicht zähmt' ich den Haß!
+
+(Geht rasch dem Hause zu.)
+
+Aber will (er), will Jason mich sprechen,
+So heiß ihn treten zu mir ins Gemach,
+Dort will ich reden zu ihm, nicht hier,
+An der Seite des Manns, der mein Feind.
+Sie nahen. Fort!
+
+(Ab ins Haus.)
+
+Gora.
+Da geht sie hin!
+Ich aber soll reden mit dem Mann
+Der mein Kind verderbt, der gemacht,
+Daß ich mein Haupt legen muß auf fremde Erde,
+Des bittern Kummers Tränen verbergen muß,
+Daß nicht drüber lacht fremder Männer Mund.
+
+(Der König und Jason kommen.)
+
+König.
+Was flieht uns deine Frau? Das nützt ihr nichts.
+
+Gora.
+So floh sie denn? Sie ging. Weil sie dich haßt.
+
+König.
+Ruf sie heraus!
+
+Gora.
+Sie kommt nicht.
+
+König.
+Doch sie soll!
+
+Gora.
+Geh selbst hinein und sag ihr's, wenn du's wagst.
+
+König.
+Wo bin ich denn und (wer)? daß dieses Weib
+In ihrer Wildheit mir zu trotzen wagt?
+Die Magd fürwahr das Bild der Frau, und beide
+Das Bild des dunkeln Landes, das sie zeugte.
+Noch einmal: ruf sie her!
+
+Gora (auf Jason zeigend).
+(Den) will sie sprechen
+Und hat er Mut dazu, tret' er ins Haus.
+
+Jason.
+Verwegne geh! mein Haß von Anfang her!
+Und sag ihr, daß sie komme, die dir gleicht.
+
+Gora.
+O gliche sie mir doch! ihr trotztet nicht!
+Doch sie wird's noch erkennen und dann weh euch!
+
+Jason.
+Ich will sie sprechen!
+
+Gora.
+Geh hinein.
+
+Jason.
+Das nicht!
+Sie soll heraus! und du geh hin und sag ihr's!
+
+Gora.
+Nun wohl ich geh, euch länger nicht zu sehn,
+Und sag ihr's an, doch kommt sie nicht, das weiß ich,
+Zu sehr fühlt sie die Kränkung und sich selbst.
+
+(Ab ins Haus.)
+
+König.
+Nicht einen Tag duld ich sie in Korinth.
+(Die) sprach nur aus, was jene finster brütet;
+Allzu gefährlich dünkt mir solche Nähe!
+Auch deine Zweifel, hoff ich, sind besiegt.
+
+Jason.
+Verfahre, Herr, in deinem Richteramt!
+Sie kann nicht länger stehen neben mir,
+So gehe sie; noch mild ist diese Strafe.
+Denn wahrlich, minder schuldig doch als sie,
+Trifft mich ein härtres Los, ein schwerers.
+Sie zieht hinaus in angeborne Wildnis,
+Und wie ein Füllen, dem das Joch entnommen
+Strebt sie hinfort in ungezähmten Trotz:
+Ich aber muß hier still und ruhig weilen,
+Belastet mit der Menschen Hohn und Spott,
+Dumpf wiederkäuend die verfloßne Zeit.
+
+König.
+Du wirst dich wieder heben, glaube mir's.
+Dem Bogen gleich, der raschen Schwunges losschnellt
+Und fliegend zu dem Ziele schickt den Pfeil,
+Sobald entfernt was seinen Rücken beugte,
+Wirst du erstarken, ist nur sie erst fern.
+
+Jason.
+Ich fühle nichts in mir, das solcher Hoffnung Bürgschaft.
+Verloren ist mein Name und mein Ruf,
+Ich bin nur Jasons Schatten, nicht er selbst.
+
+König.
+Die Welt, mein Sohn, ist billiger, als du.
+Des reifen Mannes Fehltritt ist Verbrechen,
+Des Jünglings Fehltritt ein verfehlter Tritt,
+Den man zurückzieht und ihn besser macht.
+Was du in Kolchis tatst, ein rascher Knabe,
+Vergessen ist's, zeigst du dich nun als Mann.
+
+Jason.
+Könnt' ich dir glauben, selig wär' ich dann!
+
+König.
+Laß sie erst fort sein und du sollst es sehn.
+Hin vor's Gericht der Amphiktyonen
+Tret ich für dich, verfechte deine Sache
+Und zeige, daß nur sie es war, Medea,
+Die das verübt, was man an dir verfolgt;
+Daß sie die Dunkle, sie die Frevlerin.
+Gelöset wird der Bannspruch, und wenn nicht,
+Dann stehst du auf in deiner vollen Kraft,
+Schwingst hoch das goldne Banner in die Luft,
+Das du geholt vom Äußersten der Länder,
+Und stromweis' wird die Jugend Griechenlands
+Um dich sich scharen gegen jedermann,
+Um den Gereinigten, den Neuerhobnen,
+Den starken Hort, des Vlieses mächt'gen Held.
+Du hast es doch?
+
+Jason.
+Das Vlies?
+
+König.
+Jawohl!
+
+Jason.
+Ich nicht!
+
+König.
+Doch nahm's Medea mit aus Pelias' Haus.
+
+Jason.
+So hat denn sie's!
+
+König.
+Sie muß es geben, (muß).
+Dir ist's der künft'gen Größe Unterpfand.
+Du sollst mir groß noch werden, groß und stark,
+Du meines alten Freundes einz'ger Sohn!
+Es hat der König Kreon Macht und Gut,
+Und gern teilt er's mit seinem Tochtermann.
+
+Jason.
+Auch meiner Väter Erbe fordr' ich dann,
+Vom Sohn des Oheims, der mir's vorenthielt.
+Ich bin nicht arm, wird alles mir zurück.
+
+König.
+Sie kommt, die uns noch stört, bald ist's getan.
+
+(Medea kommt mit Gora aus dem Hause.)
+
+Medea.
+Was willst du mir?
+
+König.
+Die Diener, die ich sandte,
+Du schicktest sie mit harten Worten fort
+Und von mir selbst verlangtest du zu hören
+Was ich geboten und was dir zu tun.
+
+Medea.
+So sag's.
+
+König.
+Nichts Fremdes, Neues künd ich dir.
+Ich wiederhole nur den schon gesprochnen Bann
+Und füge zu, daß du (noch heute gehst.)
+
+Medea.
+Und warum heute noch?
+
+König.
+Die Drohungen,
+Die du gesprochen gegen meine Tochter--
+Denn die gen mich veracht ich allzusehr,--
+Der wilde Sinn, den du nur erst gezeigt
+Sie nennen mir gefährlich deine Nähe
+Und darum sollst du heute mir noch gehn.
+
+Medea.
+Gib mir die Kinder und ich tu's vielleicht.
+
+König.
+Du tust's (gewiß).--Die Kinder aber bleiben!
+
+Medea.
+Wie, meine Kinder? Doch, wem sag ich das?
+Mit (dem) da laß mich sprechen, mit dem Gatten!
+
+König (zu Jason).
+Tu's nicht!
+
+Medea (zu Jason).
+Ich bitte dicht
+
+Jason.
+Wohlan, es seit
+Damit du siehst, daß ich dein Wort nicht scheue.
+Laß uns, o König, hören will ich sie.
+
+König.
+Ich tu es ungern; schlau ist sie und listig.
+
+(Er geht.)
+
+Medea.
+So, er ist fort. Kein Fremder stört uns mehr,
+Kein Dritter drängt sich zwischen Mann und Weib;
+Wir können reden, wie das Herz gebeut.
+Und nun sag an mir, was du denkst?
+
+Jason.
+Du weißt's.
+
+Medea.
+Ich weiß wohl was du willst, nicht was du meinst.
+
+Jason.
+Das erstere genügt, denn es entscheidet.
+
+Medea.
+So soll ich gehen?
+
+Jason.
+Gehn!
+
+Medea.
+Noch heute?
+
+Jason.
+Heute!
+
+Medea.
+Das sagst du und stehst ruhig mir genüber
+Und Scham senkt nicht dein Aug' und rötet nicht die Stirn?
+
+Jason.
+Erröten müßt' ich, wenn ich anders spräche.
+
+Medea.
+Das ist recht gut und sprich nur immer so,
+Wenn du vor andern dich entschuld'gen willst,
+Doch mir genüber laß den eiteln Schein!
+
+Jason.
+Die Scheu vor Greueln nennst du eiteln Schein?
+Verdammt hat dich die Welt, verdammt die Götter,
+Und so geb ich dich ihrem Urteil hin.
+Denn wahrlich unverdient trifft es dich nicht!
+
+Medea.
+Wer ist der Fromme denn, mit dem ich spreche?
+Ist das nicht Jason? und der wär' so mild?
+Du Milder, kamst du nicht nach Kolchis hin
+Und warbst mit Blut um seines Königs Kind?
+Du Milder! schlugst du meinen Bruder nicht?
+Fiel nicht mein Vater dir, du Frommer, Milder?
+Verlässest du das Weib nicht, das du stahlst
+Du Milder, du Entsetzlicher, Verruchter!
+
+Jason.
+Du schmähest. Das zu hören ziemt mir nicht.
+Du weißt nun was zu tun, und so leb wohl!
+
+Medea.
+Noch weiß ich's nicht, drum bleibe, bis ich's weiß.
+Bleib! Ruhig will ich sein. Ruhig wie du.
+Verbannung wird mir also? und was dir?
+Mich dünkt auch dich traf ja des Herolds Spruch?
+
+Jason.
+Sobald bekannt, daß ich am Frevel rein
+Am Tod des Oheims, löst der Bann sich auf.
+
+Medea.
+Und du lebst froh und ruhig fürder dann?
+
+Jason.
+Ich lebe still, wie's Unglücksel'gen ziemt.
+
+Medea.
+Und ich?
+
+Jason.
+Du trägst das Los das du dir selbst bereitet.
+
+Medea.
+Das ich bereitet! Du wärst also rein?
+
+Jason.
+Ich bin's!
+
+Medea.
+Und um den Tod des Oheims hast
+Du nicht gebetet?
+
+Jason.
+Ihn befördert nicht!
+
+Medea.
+Mich nicht versucht, ob ich's nicht üben wollte?
+
+Jason.
+Der erste Zorn spricht manches sprudelnd aus
+Was reifer überdacht er nimmer übt.
+
+Medea.
+Einst klagtest du dich selber dessen an
+Nun ist gefunden, der die Schuld dir trägt.
+
+Jason.
+Nicht der Gedanke wird bestraft, die Tat!
+
+Medea
+
+(rasch).
+Ich aber tat es nicht!
+
+Jason.
+Wer sonst?
+
+Medea.
+Ich nicht!
+Hör mein Gemahl und dann erst richte mich.
+Als ich an die Pfoste trat,
+Das Vlies zu holen,
+Der König auf seinem Lager;
+Da hör ich schreien; hingewendet
+Seh ich den Mann vom Lager springen
+Heulend, bäumend sich umwindend.
+Kommst du Bruder, schreit er,
+Rache zu nehmen, Rache an mir!
+Noch einmal sollst du sterben, noch einmal!
+Und springt hin und faßt nach mir,
+In deren Hand das Vlies.
+Ich erbebte und schrie auf
+Zu den Göttern, die ich kenne.
+Das Vlies hielt ich mir vor als Schild.
+Da zuckt Wahnsinns Grinsen durch seine Züge,
+Heulend faßt er die Bande seiner Adern,
+Sie brechen, in Güssen strömt hin sein Blut
+Und als ich um mich schaue, entsetzt, erstarrt,
+Liegt der König zu meinen Füßen
+Im eignen Blut gebadet,
+Kalt und tot.
+
+Jason.
+Das sagst du mir, Zaub'rische! Gräßliche?
+Hebe dich weg von mir! Fort!
+Mir graut vor dir! Daß ich dich je gesehn!
+
+Medea.
+Du hast es ja gewußt. Das erstemal
+Als du mich sahst, sahst mich in meinem Dienst.
+Und doch verlangtest, strebtest du nach mir.
+
+Jason.
+Ein Jüngling war ich, ein verwegner Tor
+Der Mann verwirft was Knaben wohlgefällt.
+
+Medea.
+O schilt das goldne Jugendalter nicht!
+Der Kopf ist rasch, allein das Herz ist gut!
+O wärst du, der du warst, mir wäre besser!
+Nur einen Schritt komm in die schöne Zeit,
+Da wir in unsrer Jugend frischem Grünen
+Uns fanden an des Phasis Blumenstrand.
+Wie war dein Herz so offen und so klar
+Das meine trüber und in sich verschloßner
+Doch du drangst durch mit deinem milden Licht
+Und hell erglänzte meiner Sinne Dunkel.
+Da ward ich dein, da wardst du mein. O Jason!
+So ist dir ganz dahin, die schöne Zeit,
+So hat die Sorge dir für Haus und Herd
+Für Ruf und Ruhm dir ganz getötet
+Die schönen Blüten von dem Jugendbaum?
+O sieh, in Schmerz und Jammer, wie ich bin,
+Denk ich noch oft der schönen Frühlingszeit
+Und warme Lüfte wehn mir draus herüber.
+War dir Medea damals lieb und wert
+Wie ward sie dir denn gräßlich und abscheulich?
+Du kanntest mich und suchtest dennoch mich,
+Du nahmst mich wie ich war, behalt mich, wie ich bin!
+
+Jason.
+Der Dinge denkst du nicht, die seither sind geschehn!
+
+Medea.
+Entsetzlich sind sie, ja ich geb es zu,
+Am Vater hab ich schlimm, am Bruder schlimm getan!
+Und ich verdamme selber mich darob
+Man strafe mich, ich will ja gerne büßen,
+Doch du sollst mich nicht strafen, Jason, du nicht!
+Denn was ich tat, zu Liebe tat ich's dir.
+Komm, laß uns fliehn, vereint, mitsammen fliehn!
+Es nehm' uns auf ein fernes Land!
+
+Jason.
+Und welches?
+Wohin?
+
+Medea.
+Wohin?
+
+Jason.
+Du rasest und du schiltst mich,
+Daß ich mit dir nicht rase. Es ist aus.
+Die Götter haben unsern Bund verflucht,
+Als einen der mit Greueltat begann
+Und in Verbrechen wuchs und Nahrung suchte.
+Laß sein, daß du den König nicht getötet;
+Wer war dabei, wer sah's, wer glaubt dir?
+
+Medea.
+Du!
+
+Jason.
+Und wenn auch ich, was kann ich? was vermag ich?
+Drum laß uns weichen dem Geschick, nicht trotzen!
+Die Strafe nehme jedes büßend hin,
+Du, da du fliehst, wo du nicht bleiben kannst,
+Ich, da ich bleibe, wo ich fliehen möchte.
+
+Medea.
+Den schwerem Teil hast du dir nicht erwählt!
+
+Jason.
+So wär' es leicht, zu leben als ein Fremdling
+In fremden Haus, von fremden Mitleids Gaben?
+
+Medea.
+Dünkt's dir so schwer, was wählst du nicht die Flucht?
+
+Jason.
+Wohin und wie?
+
+Medea.
+Einst warst du minder sorglich,
+Als du nach Kolchis kamst, die Vaterstadt verlassend,
+Und eitelm Ruhme nach durch ferne Länder zogst.
+
+Jason.
+Ich bin nicht der ich war, die Kraft ist mir gebrochen,
+Und in der Brust erstorben mir der Mut.
+Das dank ich dir. Erinnrung des Vergangnen
+Liegt mir wie Blei auf meiner bangen Seele
+Das Aug' kann ich nicht heben und das Herz.
+Auch ist der Knabe Mann seit dem geworden,
+Und nicht mehr kindisch mit den Blüten spielend,
+Greift er nach Frucht, nach Wirklichkeit, Bestand.
+Die Kinder sind mir und kein Ort für sie,
+Besitztum muß ich meinen Enkeln werben.
+Soll Jasons Stamm, wie trocknes Heidekraut,
+Am Wege stehn, vom Wanderer getreten?
+Hast du mich je geliebt, war ich dir wert,
+So zeig es, da du mich mir selber gibst
+Und mir ein Grab gönnst in der heim'schen Erde!
+
+Medea.
+Und auf der heimischen Erd' ein neues Ehebett?
+Nicht so?
+
+Jason.
+Was soll das!
+
+Medea.
+Hab ich's nicht gehört
+Wie er Verwandt dich hieß und Sohn und Eidam?
+Kreusa locket dich, und darum bleibst du?
+Nicht also? Hab ich dich?
+
+Jason.
+Du hattest nie mich,
+Und hast auch jetzt mich nicht.
+
+Medea.
+(So) willst du büßen?
+Und darum soll Medea fort von dir?
+Stand ich denn nicht dabei, dabei in Tränen,
+Wie du mit ihr vergangne Zeit durchgingst
+Bei jedem Schritte stillstandst, süß verweilend,
+Zum Echo schwandest der Erinnerung?
+Ich aber geh nicht, (nicht!)
+
+Jason.
+So ungerecht,
+So hart und wild wie immer!
+
+Medea.
+Ungerecht?
+So wünschest du sie nicht zum Weib? Sag: Nein!
+
+Jason.
+Den Ort such ich, mein Haupt zur Ruh' zu legen;
+Was sonst kommt weiß ich nicht!
+
+Medea.
+Ich aber weiß es,
+Und denk es noch zu wehren, hilft ein Gott.
+
+Jason.
+Du kannst nicht ruhig sprechen, leb denn wohl.
+
+(Er geht.)
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason (umkehrend).
+Was ist?
+
+Medea.
+Es ist das letztemal
+Das letztemal vielleicht, daß wir uns sprechen!
+
+Jason.
+So laß uns scheiden ohne Haß und Groll.
+
+Medea.
+Du hast zu Liebe mich verlockt und fliehst mich?
+
+Jason.
+Ich muß.
+
+Medea.
+Du hast den Vater mir geraubt
+Und raubst mir den Gemahl?
+
+Jason.
+Gezwungen nur.
+
+Medea.
+Mein Bruder fiel durch dich, du nahmst mir ihn,
+Und fliehst mich?
+
+Jason.
+Wie er fiel, gleich unverschuldet.
+
+Medea.
+Mein Vaterland verließ ich, dir zu folgen.
+
+Jason.
+Dem eignen Willen folgtest du, nicht mir.
+Hätt's dich gereut, gern ließ ich dich zurück!
+
+Medea.
+Die Welt verflucht um deinetwillen mich,
+Ich selber hasse mich um deinetwillen,
+Und du verläßt mich?
+
+Jason.
+Ich verlaß dich nicht,
+Ein höhrer Spruch treibt mich von dir hinweg.
+Hast du dein Glück verloren, wo ist meins?
+Nimm als Ersatz mein Elend für das deine!
+
+Medea.
+Jason!
+
+(Sie fällt auf die Knie.)
+
+Jason.
+Was ist? Was willst du weiter?
+
+Medea (aufstehend).
+Nichts!
+Es ist vorbei!--Verzeihet meine Väter,
+Verzeiht mir Kolchis' stolze Götter
+Daß ich mich selbst erniedriget und euch.
+Das Letzte galt's. Nun habt ihr mich!
+
+(Jason wendet sich zu gehen.)
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason.
+Glaub nicht mich zu erweichen!
+
+Medea.
+Glaub nicht ich wollt' es. Gib mir meine Kinder!
+
+Jason.
+Die Kinder? Nimmermehr!
+
+Medea.
+Es sind die Meinen!
+
+Jason.
+Des Vaters Namen fügt man ihnen bei
+Und Jasons Name soll nicht Wilde schmücken.
+Hier in der Sitte Kreis erzieh ich sie.
+
+Medea.
+Gehöhnt von Stiefgeschwistern? Sie sind mein!
+
+Jason.
+Mach nicht, daß sich mein Mitleid kehr' in Haß!
+Sei ruhig, das nur mildert dein Geschick.
+
+Medea.
+Wohl denn, so will ich mich auf Bitten legen!--
+Mein Gatte!--Nein, das bist du ja nicht mehr--
+Geliebter!--Nein, das bist du nie gewesen--
+Mann!--wärst du Mann und brächst dein heilig Wort--
+Jason!--pfui! das ist ein Verrätername--
+Wie nenn ich dich? Verruchter!--Milder! Guter!
+Gib meine Kinder mir und laß mich gehn!
+
+Jason.
+Ich kann nicht, sagt' ich dir, ich kann es nicht.
+
+Medea.
+So hart? Der Gattin nimmst du ihren Gatten,
+Und weigerst nun der Mutter auch ihr Kind!
+
+Jason.
+Nun wohl, daß du als billig mich erkennst,
+Der Knaben einer ziehe denn mit dir!
+
+Medea.
+Nur einer? Einer?
+
+Jason.
+Fordre nicht zuviel!
+Das wen'ge fast verletzt schon meine Pflicht.
+
+Medea.
+Und welcher?
+
+Jason.
+Ihnen selbst, den Kindern sei die Wahl.
+Und welcher will, den nimmst du mit dir fort
+
+Medea.
+O tausend Dank, du Gütiger, du Milder!
+Der lügt fürwahr, der dich Verräter nennt.
+
+(König kommt.)
+
+Jason.
+O König komm!
+
+König.
+So ist es abgetan?
+
+Jason.
+Sie geht. Der Kinder eines geb ich ihr.
+
+(Zu einem, der mit dem Könige kam.)
+
+Du eile, bring die Kleinen zu uns her!
+
+König.
+Was tust du? Beide bleiben sie zurück!
+
+Medea.
+Was mir so wenig scheint, dünkt dir zuviel?
+Die Götter fürchte, allzu strenger Mann!
+
+König.
+Die Götter auch sind streng der Freveltat.
+
+Medea.
+Doch sehn sie auch was uns zur Tat gebracht.
+
+König.
+Des Herzens böses Trachten treibt zum Bösen.
+
+Medea.
+Was sonst zum Übeln treibt, zählst du für nichts?
+
+König.
+Ich richte selbst mich streng, drum kann ich's andre.
+
+Medea.
+Indem du Frevel strafst verübst du sie.
+
+Jason.
+Sie soll nicht sagen, daß ich allzuhart,
+Drum hab ich eins der Kinder ihr gewährt,
+In Leid und Not der Mutter lieber Trost.
+
+(Kreusa kommt mit den Kindern.)
+
+Kreusa.
+Die Kinder fordert man, ward mir gesagt
+Was will man denn, und was soll denn geschehn?
+O sieh, sie lieben mich, nur erst gekommen,
+Als ob wir jahrelang uns sähn und kennten.
+Mein mildes Wort, den Armen ungewohnt,
+Gewann mir sie, wie mich ihr Unglück ihnen.
+
+König.
+Der Kinder eines soll der Mutter folgen.
+
+Kreusa.
+Verlassen uns?
+
+König.
+So ist's, so will's der Vater!
+
+(Zu Medeen, die in sich versunken dagestanden ist.)
+
+Die Kinder, sie sind hier, nun laß sie wählen!
+
+Medea.
+Die Kinder! Meine Kinder! Ja, sie sind's!
+Das einz'ge was mir bleibt auf dieser Erde.
+Ihr Götter, was ich schlimmes erst gedacht,
+Vergeßt es und laßt sie mir beide, beide!
+Dann will ich gehn und eure Güte preisen,
+Verzeihen ihm und--nein (ihr) nicht!--(Ihm) auch nicht!
+Hierher ihr Kinder, hier!--Was steht ihr dort
+Geschmiegt an meiner Feindin falsche Brust?
+O wüßtet ihr was sie mir angetan,
+Bewaffnen würdet ihr die kleinen Hände,
+Zu Krallen krümmen eure schwachen Finger,
+Den Leib zerfleischen, den ihr jetzt berührt.
+Verlockst du meine Kinder? Laß sie los!
+
+Kreusa.
+Unselig Weib, ich halte sie ja nicht.
+
+Medea.
+Nicht mit der Hand, doch hältst du, wie den Vater,
+Sie mit dem heuchlerischen, falschen Blick.
+Lachst du? Du sollst noch weinen, sag ich dir!
+
+Kreusa.
+O strafen mich die Götter, lacht' ich jetzt!
+
+König.
+Brich nicht in Zorn und Schmähung aus, o Weib
+Tu ruhig was dir zukommt, oder geh!
+
+Medea.
+Du mahnest recht, o mein gerechter König
+Nur nicht so gütig, scheint es, als gerecht.
+Wie oder auch? Nun ja, wohl beides gleich!
+Ihr Kinder seht, man schickt die Mutter fort,
+Weit über Meer und Land, wer weiß wohin?
+Die güt'gen Menschen, euer Vater aber
+Und der gerechte, gute König da,
+Sie haben ihr erlaubt, von ihren Kindern,
+Der Mutter von den Kindern eines, eins--
+Ihr hohen Götter hört ihr's? (Eines) nur!--
+Mit sich zu nehmen auf die lange Fahrt.
+Wer nun von beiden mich am meisten liebt,
+Der komm' zu mir, denn beide dürft ihr nicht.
+Der andre muß zurück beim Vater bleiben
+Und bei des falschen Mannes falscher Tochter!--
+Hört ihr?--Was zögert ihr?
+
+König.
+Sie wollen nicht!
+
+Medea.
+Das lügst du, falscher, ungerechter König!
+Sie wollen, doch dein Kind hat sie verlockt!
+Hört ihr mich nicht?--Verruchte! Gräßliche!
+Der Mutter Fluch, des Vaters Ebenbild!
+
+Jason.
+Sie wollen nicht!
+
+Medea.
+Laß jene sich entfernen!
+Die Kinder lieben mich, bin ich nicht Mutter?
+Doch sie winkt ihnen zu und lockt sie ab.
+
+Kreusa.
+Ich trete weg, ist gleich dein Argwohn falsch.
+
+Medea.
+Nun kommt zu mir!--Zu mir!--Natterbrut!
+
+(Sie geht einige Schritte auf sie zu; die Kinder fliehen zu Kreusen.)
+
+Medea.
+Sie fliehn mich! Fliehn!
+
+König.
+Du siehst Medea nun,
+Die Kinder wollen nicht, und also geh!
+
+Medea.
+Sie wollen nicht? Die Kinder die Mutter nicht?
+Es ist nicht wahr, unmöglich!--
+Ason, mein Ältester, mein Liebling!
+Sieh deine Mutter ruft dir, komm zu ihr!
+Ich will nicht mehr rauh sein und hart
+Du sollst mein Kostbarstes sein, mein einzigs Gut
+Höre die Mutter! Komm!--
+Er wendet sich ab! Er kommt nicht!
+Undankbarer! Ebenbild des Vaters!
+Ihm ähnlich in den falschen Zügen
+Und mir verhaßt wie er!
+Bleib zurück, ich kenne dich nicht!--
+Aber du Absyrtus, Schmerzenssohn,
+Mit dem Antlitz des beweinten Bruders,
+Mild und sanft wie er,
+Sieh deine Mutter liegt hier knieend
+Und fleht zu dir.
+Laß sie nicht bitten umsonst!
+Komm zu mir, mein Absyrtus
+Komm zur Mutter!--
+Er zögert!--Auch du nicht?--
+Wer gibt mir einen Dolch?
+Ein Dolch für mich und sie!
+
+(Sie springt auf.)
+
+Jason.
+Dir selber dank es, daß dein wildes Wesen
+Die Kleinen abgewandt, zur Milde hin.
+Der Kinder Ausspruch war der Götter Spruch!
+Und so geh hin, nie aber bleiben da.
+
+Medea.
+Ihr Kinder hört mich!
+
+Jason.
+Sieh! sie hören nicht!
+
+Medea.
+Kinder!
+
+König (zu Kreusen).
+Führ sie ins Haus zurück
+Nicht (hassen) sollen sie, die sie gebar.
+
+(Kreusa mit den Kindern zum Abgang gewendet.)
+
+Medea.
+Sie fliehn, (meine) Kinder fliehn vor mir!
+
+König (zu Jason).
+Komm! Das Notwendige beklagt man fruchtlos!
+
+(Sie gehen.)
+
+Medea.
+Meine Kinder! Kinder!
+
+Gora (die hereingekommen ist).
+Bezwinge dich
+Gönne nicht deinen Feinden ihres Sieges Anblick!
+
+Medea (die sich zur Erde wirft).
+Ich bin besiegt, vernichtet, zertreten
+Sie fliehn mich, fliehn!
+Meine Kinder fliehn!
+
+Gora (über sie gebeugt).
+Stirb nicht!
+
+Medea.
+Laß mich sterben!
+Meine Kinder!
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+
+
+Vierter Aufzug
+
+(Vorhof vor Kreons Burg wie im vorigen Aufzuge. Abenddämmerung.)
+(Medea liegt hingestreckt auf die Stufen, die zu ihrer Wohnung
+führen. Gora steht vor ihr.)
+
+Gora.
+Steh auf Medea und sprich!
+Was liegst du da, starrst schweigend vor dich hin?
+Steh auf und sprich!
+Rate unserm Jammer!
+
+Medea.
+Kinder! Kinder!
+
+Gora.
+Fort sollen wir, eh' dunkelt die Nacht,
+Und schon senkt sich der Abend.
+Auf! Rüste dich zur Flucht!
+Sie kommen, sie töten uns!
+
+Medea.
+O meine Kinder!
+
+Gora.
+Steh auf, Unglückselige
+Und töte mich nicht mit deinem Jammer!
+Hätt'st mir gefolgt, mich gehört,
+Wären wir daheim in Kolchis,
+Die Deinen lebten, alles wär' gut.
+Steh auf! Was hilft Weinen? Steh auf!
+
+Medea (sich halb aufrichtend und nur mit den Knien auf den Stufen
+liegend).
+So kniet' ich, so lag ich,
+So streckt' ich die Hände aus,
+Aus nach den Kindern und bat
+Und flehte: Eines nur,
+Ein einziges von meinen Kindern--
+Gestorben wär' ich, mußt' ich das zweite missen!--
+Aber auch das eine nicht!--Keines kam.
+Flüchtend bargen sie sich im Schoß der Feindin
+
+(aufspringend)
+
+(Er aber lachte drob und sie!)
+
+Gora.
+O des Jammers! Des Wehs!
+
+Medea.
+Nennt ihr das Vergeltung, Götter?
+Liebend folgt' ich, das Weib dem Mann;
+Starb mein Vater, hab (ich) ihn getötet?
+Fiel mein Bruder, fiel er durch (mich)?
+Beklagt hab ich sie, in Qualen beklagt.
+Glühende Tränen goß ich aus
+Zum Trankopfer auf ihr fernes Grab.
+Wo kein Maß ist, ist keine Vergeltung.
+
+Gora.
+Wie du die Deinen, verlassen sie dich!
+
+Medea.
+So will ich sie treffen, wie die Götter mich!
+Ungestraft sei kein Frevel auf der Erde,
+Mir laßt die Rache, Götter! ich führe sie aus!
+
+Gora.
+Denk auf dein Heil, auf andres nicht!
+
+Medea.
+Und was hat dich denn so weich gemacht?
+Schnaubtest erst Grimm, und nun so zagend?
+
+Gora.
+Laß mich! Als ich die Kinder fliehn sah
+Den Arm der Mutter, der Pflegerin,
+Da erkannt' ich die Hand der Götter,
+Da brach mir das Herz,
+Da sank mir der Mut.
+Hab sie gewartet, gepflegt,
+Sie meine Freude, mein Glück.
+Die einz'gen reinen Kolcher sie,
+An die ich wenden konnte
+Die Liebe für mein fernes Vaterland.
+Du warst mir längst entfremdet, längst;
+In ihnen sah ich Kolchis wieder,
+Den Vater dein und deinen Bruder,
+Mein Königshaus und (dich,)
+Wie du (warst), nicht wie du (bist.)
+Hab sie gehütet, gepflegt,
+Wie den Apfel meines Auges
+Und nun--
+
+Medea.
+Lohnen sie dir, wie der Undank lohnt!
+
+Gora.
+Schilt nicht die Kinder, sie sind gut!
+
+Medea.
+Gut? Und flohen die Mutter?
+Gut? Sie sind Jasons Kinder!
+Ihm gleich an Gestalt, an Sinn,
+Ihm gleich in meinem Haß.
+Hätt' ich sie hier, ihr Dasein in meiner Hand,
+In dieser meiner ausgestreckten Hand,
+Und ein Druck vermochte zu vernichten
+All was sie sind und waren, was sie werden sein,--
+Sieh her!--Jetzt wären sie nicht mehr!
+
+Gora.
+Oh, weh der Mutter, die die Kinder haßt!
+
+Medea.
+Und was ist's auch mehr? was mehr?
+Bleiben sie hier beim Vater zurück,
+Beim treulosen, schändlichen Vater,
+Welches ist ihr Los?
+Stiefgeschwister kommen,
+Höhnen sie, spotten ihrer
+Und ihrer Mutter,
+Der Wilden aus Kolchis.
+Sie aber, entweder dienen als Sklaven,
+Oder der Ingrimm, am Herzen nagend,
+Macht sie arg, sich selbst ein Greuel:
+Denn wenn das Unglück dem Verbrechen folgt,
+Folgt öfter das Verbrechen noch dem Unglück.
+Was ist's denn auch zu leben?
+Ich wollt', mein Vater hätte mich getötet,
+Da ich noch klein war,
+Noch nichts, wie jetzt, geduldet,
+Noch nichts gedacht--wie jetzt.
+
+Gora.
+Was schauderst du? was überdenkst du?
+
+Medea.
+Daß ich fort muß, ist gewiß
+Minder aber noch, was sonst geschieht.
+Denk ich des Unrechts, das ich erlitt,
+Des Frevels, den man an mir verübt,
+So entglüht in Rache mein Herz
+Und das Entsetzlichste ist mir das Nächste.--
+Die Kinder liebt er, sieht er doch sein Ich,
+Seinen Abgott, sein eignes Selbst
+Zurückgespiegelt in ihren Zügen.
+Er soll sie nicht haben, soll nicht!
+(Ich) aber will sie nicht, die Verhaßten!
+
+Gora.
+Komm mit hinein, was weilst du hier?
+
+Medea.
+Dann leer das ganze Haus und ausgestorben,
+Verwüstung brütend in den öden Mauern,
+Nichts lebend als Erinnerung und Schmerz.
+
+Gora.
+Bald nahen sie, die uns vertreiben. Komm!
+
+Medea.
+Die Argonauten, sagtest du,
+Sie fanden alle ein unselig Grab,
+Die Strafe des Verrats, der Freveltat?
+
+Gora.
+So ist's und Jason findet es wohl auch.
+
+Medea.
+Er wird's, ich sage dir, er wird's!
+Den Hylas schlang das Wassergrab hinab,
+Den Theseus fing der Schatten düstrer König
+Und wie hieß sie, das Griechenweib,
+Die eignes Blut am eignen Blut gerächt?
+Wie hieß sie? Sag.
+
+Gora.
+Ich weiß nicht, was du meinst.
+
+Medea.
+Althea hieß sie.
+
+Gora.
+Die den Sohn erschlug?
+
+Medea.
+Dieselbe, ja! Wie kam's, erzähl mir das.
+
+Gora.
+Den Bruder schlug er ihr beim Jagen tot.
+
+Medea.
+Den Bruder nur, den Vater nicht dazu,
+Sie nicht verlassen, nicht verstoßen, nicht gehöhnt
+Und dennoch traf sie ihn zum Tod
+Den grimmen Meleager ihren Sohn.
+Althea hieß sie,--war ein Griechenweib!--
+Und als er tot?
+
+Gora.
+Hier endet die Geschichte.
+
+Medea.
+Sie endet! Du hast recht der Tod beendet.
+
+Gora.
+Was nützen Worte?
+
+Medea.
+Zweifelst an der Tat?
+Sieh! bei den hohen Göttern! hätt' er
+Die Kinder (beide) mir gegeben--Nein!
+Könnt' ich sie (nehmen), gäb' er sie mir auch,
+Könnt' ich sie lieben wie ich jetzt sie hasse,
+Wär' etwas in der weiten Welt geblieben,
+Das er mir nicht vergiftet, nicht zerstört:
+Vielleicht, daß ich jetzt ginge, meine Rache
+Den Göttern lassend; aber so nicht, nun nicht!
+Man hat mich bös genannt, ich war es nicht:
+Allein ich fühle, daß man's werden kann.
+Entsetzliches gestaltet sich in mir,
+Ich schaudre--doch ich freu mich auch darob.
+Wenn's nun vollendet ist, getan--
+
+(ängstlich)
+
+Gora!
+
+Gora.
+Was ist?
+
+Medea.
+Komm her!
+
+Gora.
+Warum?
+
+Medea.
+Zu mir!
+Da lagen sie die beiden--und die Braut--
+Blutend, tot.--Er daneben rauft sein Haar.
+Entsetzlich, gräßlich!
+
+Gora.
+Um der Götter willen!
+
+Medea.
+Ha, ha! Erschrickst wohl gar?
+Nur lose Worte sind es, die ich gebe,
+Dem alten Wollen fehlt die alte Kraft.
+Ja, wär' ich noch Medea, doch ich bin's nicht mehr!
+O Jason! Warum tatest du mir das?
+Ich nahm dich auf, ich schützte, liebte dich,
+Was ich besaß, ich gab es für dich hin,
+Warum verlässest und verstößt du mich?
+Was treibst du mir die guten Geister aus
+Und führest Rachgedanken in mein Herz?
+Mir Rachgedanken, ohne Kraft zur Rache!
+Die Macht, die mir von meiner Mutter ward,
+Der ernsten Kolcherfürstin Hekate,
+Die mir zum Dienste dunkle Götter band,
+Versenkt hab ich sie, dir zulieb' versenkt,
+Im finstern Schoß der mütterlichen Erde.
+Der schwarze Stab, der blutigrote Schleier,
+Sie sind dahin und hilflos steh ich da,
+Den Feinden, statt ein Schrecken, ein Gespött!
+
+Gora.
+So sprich davon nicht, wenn du's nicht vermagst!
+
+Medea.
+Ich weiß wohl, wo es liegt.
+Da draußen an dem Strand der Meeresflut,
+Dort hab ich's eingesargt und eingegraben,
+Zwei Handvoll Erde weg--und es ist mein!
+Allein im tiefsten Innern schaudr' ich auf
+Denk ich daran und an das blut'ge Vlies.
+Mir dünkt des Vaters und des Bruders Geist
+Sie brüten drob und lassen es nicht los.
+Weißt noch, wie er am Boden lag
+Der greise Vater, weinend ob dem Sohn
+Und fluchend seiner Tochter? Jason aber
+Schwang hoch das Vlies in gräßlichem Triumph.
+Da schwor ich Rache, Rache dem Verräter,
+Der erst die Meinen tötete, nun mich.
+Hätt' ich mein Blutgerät, ich führt' es aus
+Allein nicht wag ich es zu holen;
+Denn säh' ich in des goldnen Zeichens Glut
+Des Vaters Züge mir entgegenstarren,
+Von Sinnen käm' ich, glaube mir!
+
+Gora.
+Was also tust du?
+
+Medea.
+Laß sie kommen!
+Laß sie mich töten, es ist aus!
+Von hier nicht geh ich, aber sterben will ich,
+Vielleicht stirbt er mir nach, von Reu' erwürgt.
+
+Gora.
+Der König naht, trag Sorge doch für dich!
+
+Medea.
+Erarmt bin ich an Macht, was kann ich tun?
+Will er zertreten mich? er trete nur!
+
+(Der König kommt.)
+
+König.
+Der Abend dämmert, deine Frist ist um!
+
+Medea.
+Ich weiß.
+
+König.
+Bist du bereit zu gehn?
+
+Medea.
+Du spottest!
+Wenn (nicht) bereit, müßt' ich drum minder gehn?
+
+König.
+Mich freut, daß ich dich so besonnen finde.
+Du machst dir die Erinnrung minder herb
+Und sicherst deinen Kindern großes Gut:
+Sie dürfen nennen, welche sie gebar.
+
+Medea.
+Sie dürfen? Wenn sie wollen, meinst du doch?
+
+König.
+Daß sie es wollen, sei die Sorge mein.
+Erziehen will ich sie zu künft'gen Helden,
+Und einst, wer weiß? führt ihre Ritterfahrt
+Sie hin nach Kolchis und die Mutter drücken sie,
+Gealtert, wie an Jahren, so an Sinn,
+Mit Kindesliebe an die Kindesbrust.
+
+Medea.
+Weh mir!
+
+König.
+Was ist dir?
+
+Medea.
+Ach, ein Rückfall nur
+Und ein Vergessen dessen was geschah.
+War dies zu sagen deines Kommens Grund
+Wie, oder willst du andres noch von mir?
+
+König.
+Noch eins vergaß ich und das sag ich nun.
+Von Schätzen nahm dein Gatte manches mit
+Aus Jolkos fliehend nach des Oheims Tod.
+
+Medea.
+Im Hause liegt's verwahrt, geh hin und nimm's!
+
+König.
+Wohl ist das goldne Kleinod auch dabei,
+Das Vlies, der Preis des Argonautenzugs?
+Was wendest du dich ab und gehst? Gib Antwort!
+Ist es darunter?
+
+Medea.
+Nein.
+
+König.
+Wo ist es also?
+
+Medea.
+Ich weiß es nicht.
+
+König.
+Du nahmst es aber fort
+Aus Pelias' Haus; der Herold sagte so.
+
+Medea.
+Hat er's gesagt, so ist's auch wahr.
+
+König.
+Wo ist es?
+
+Medea.
+Ich weiß es nicht.
+
+König.
+Glaub nicht uns zu betrügen!
+
+Medea.
+Wenn du mir's gibst, mein Leben zahl ich drum;
+Hätt' ich's, du stündest drohend nicht vor mir!
+
+König.
+Nahmst du's von Jolkos nicht mit dir?
+
+Medea.
+Ich nahm's.
+
+König.
+Und nun?
+
+Medea.
+Hab ich's nicht mehr.
+
+König.
+Wer sonst?
+
+Medea.
+Die Erde.
+
+König.
+Versteh ich dich? das also wär' es, das?
+
+(Zu seinen Begleitern.)
+
+Bringt her was ich gebot. Ihr wißt es ja!
+
+(Sie gehen ab.)
+
+Denkst du zu täuschen uns mit Doppelsinn?
+Die Erde hat es; nun versteh ich dich.
+Schau nicht hinweg! nach mir sieh her und höre!
+Am Strand des Meers, wo ihr heut nacht gelagert,
+Als einen Altar man auf mein Geheiß
+Dem Schatten Pelias' erbauen wollte,
+Fand man--erbleichst du?--frisch im Grund vergraben--
+Ein Kistchen, schwarz, mit seltsam fremden Zeichen.
+
+(Die Kiste wird gebracht.)
+
+Sieh zu, ob's dir gehört?
+
+Medea (drauf losstürzend).
+Ja! Mir gehört es!--Mein!
+
+König.
+Ist drin das Vlies?
+
+Medea.
+Es ist.
+
+König.
+So gib's!
+
+Medea.
+Ich geb es!
+
+König.
+Fast reut das Mitleid mich, das ich dir schenkte,
+Da hinterlistig du uns täuschen wolltest.
+
+Medea.
+Sei sicher, du erhältst, was dir gebührt.
+Medea bin ich wieder, Dank euch Götter!
+
+König.
+Schließ auf und gib!
+
+Medea.
+Jetzt nicht.
+
+König.
+Wann sonst?
+
+Medea.
+Gar bald;
+Zu bald!
+
+König.
+So send es zu Kreusen hin.
+
+Medea.
+Hin zu Kreusen! Zu Kreusa?--Ja!
+
+König.
+Enthält die Kiste andres noch?
+
+Medea.
+Gar manches!
+
+König.
+Dein Eigentum?
+
+Medea.
+Doch schenk ich auch davon!
+
+König.
+Dein Gut verlang ich nicht; behalt was dein!
+
+Medea.
+Nicht doch! ein klein Geschenk erlaubst du mir!
+Die Tochter dein war mir so mild und hold,
+Sie wird die Mutter meiner Kinder sein,
+Gern möcht' ich ihre Liebe mir gewinnen!
+Das Vlies lockt (euch), vielleicht gefällt ihr Schmuck.
+
+König.
+Tu wie du willst, allein bedenk dich selbst.
+Kreusa ist dir hold gesinnt, das glaube.
+Nur erst bat sie, die Kinder dir zu senden,
+Daß du sie sähest noch bevor du gehst
+Und Abschied nähmest für die lange Fahrt.
+Ich schlug es ab, weil ich dich tobend glaubte,
+Doch da du ruhig bist, sei dir's gewährt.
+
+Medea.
+O tausend Dank, du güt'ger, frommer Fürst!
+
+König.
+Bleib hier, die Kinder send ich dir heraus!
+
+(König ab.)
+
+Medea.
+Er geht! Er geht dahin in sein Verderben!
+Verruchte, bebtet ihr denn schaudernd nicht
+Als ihr das Letzte nahmt der frech Beraubten?
+Doch Dank euch! Dank! Ihr gabt mir auch mich selbst.
+Schließ auf die Kiste!
+
+Gora.
+Ich vermag es nicht.
+
+Medea.
+Vergaß ich doch, womit ich sie verschloß!
+Den Schlüssel halten Freunde, die ich kenne.
+
+(Gegen die Kiste gewendet.)
+
+Untres herauf
+Obres hinab
+Öffne dich bergendes
+Hüllendes Grab!
+
+(Die Kiste springt auf.)
+
+Der Deckel springt. Noch bin ich machtlos nicht!
+Da liegt's! Der Stab! Der Schleier! Mein! Ah, mein!
+
+(Es herausnehmend.)
+
+Ich fasse dich, Vermächtnis meiner Mutter,
+Und Kraft durchströmt mein Herz und meinen Arm!
+Ich werfe dich ums Haupt, geliebter Schleier!
+
+(Sich einhüllend.)
+
+Wie warm, wie weich! wie neu belebend!
+Nun kommt, nun kommt, ihr Feindesscharen alle
+Vereint gen mich! Vereint in eurem Falle!
+
+Gora.
+Da unten blinkt es noch!
+
+Medea.
+Laß blinken, blinken!
+Bald lischt der Glanz in Blut!
+Hier sind sie, die Geschenke, die ich bringe.
+Du aber sei die Botin meiner Huld!
+
+Gora.
+Ich?
+
+Medea.
+Du. Du geh zur Königstochter hin
+Sprich sie mit holden Schmeichelworten an
+Bring ihr Medeens Gruß und was ich sende.
+
+(Die Sachen aus der Kiste nehmend.)
+
+Erst dies Gefäß; es birgt gar teure Salben,
+Erglänzen wird die Braut, eröffnet sie's!
+Allein sei sorgsam, schüttl' es nicht!
+
+Gora.
+Weh mir!
+
+(Sie hat das Gefäß mit der Linken schief gefaßt. Da sie mit der
+Rechten unterstützend den Deckel faßt, wird dieser etwas gehoben
+und eine helle Flamme schlägt heraus.)
+
+Medea.
+Sagt' ich dir nicht, du sollst nicht schütteln! Kehr in
+dein Haus
+Züngelnde Schlange
+Bleibst nicht lange
+Harre noch aus. Nun halt es und mit Vorsicht sag ich dir!
+
+Gora.
+Mir ahnet Entsetzliches!
+
+Medea.
+Fängst an zu merken? Ei was bist du klug!
+
+Gora.
+Und ich soll's tragen?
+
+Medea.
+Ja! Gehorche Sklavin!
+Wagst du zu widerreden? Schweig! Du sollst. Du mußt.
+Hier auf die Schale weit gewölbt von Gold,
+Setz ich das zierlich reiche Prachtgefäß.
+Und drüber deck ich, was so sehr sie lockt,
+Das Vlies--
+
+(Indem sie es darüber wirft.)
+
+Geh hin und tu was deines Amts!
+Darüber aber schlinge sich dies Tuch,
+Mit reichem Saum, ein Mantel, königlich,
+Geheimnisvoll umhüllend das Geheime. Nun geh und tu wie ich es dir
+befahl,
+Bring das Geschenk, das Feind dem Feinde sendet.
+
+(Eine Sklavin kommt mit den Kindern.)
+
+Sklavin.
+Die Kinder schickt mein königlicher Herr,
+Nach einer Stunde hol ich sie zurück.
+
+Medea.
+Sie kehren früh genug zum Hochzeitschmaus!
+Geleite diese hier zu deiner Fürstin,
+Mit Botschaft geht sie, mit Geschenk von mir. Du aber denke was
+ich dir befahl!
+Sprich nicht! Ich will's!--Geleite sie zur Herrin.
+
+(Gora und die Sklavin ab.)
+
+Medea.
+Begonnen ist's, doch noch vollendet nicht.
+Leicht ist mir, seit mir deutlich, was ich will.
+
+(Die Kinder, Hand in Hand, wollen der Sklavin folgen.)
+
+Medea.
+Wohin?
+
+Knabe.
+Ins Haus!
+
+Medea.
+Was sucht ihr drin im Haus?
+
+Knabe.
+Der Vater hieß uns folgen jener dort.
+
+Medea.
+Die Mutter aber heißt euch bleiben. Bleibt!
+Wenn ich bedenk, daß es mein eigen Blut,
+Das Kind, das ich im eignen Schoß getragen,
+Das ich genährt an dieser meiner Brust,
+Daß es mein Selbst, das sich gen mich empört,
+So zieht der Grimm mir schneidend durch das Innre,
+Und Blutgedanken bäumen sich empor.--Was hat denn eure Mutter euch
+getan,
+Daß ihr sie flieht, euch Fremden wendet zu?
+
+Knabe.
+Du willst uns wieder führen auf dein Schiff
+Wo's schwindlicht ist und schwül. Wir bleiben da.
+Gelt Bruder?
+
+Kleine.
+Ja.
+
+Medea.
+Auch du Absyrtus, du?
+Allein es ist so besser, besser--ganz!
+Kommt her zu mir!
+
+Knabe.
+Ich fürchte mich.
+
+Medea.
+Komm her!
+
+Knabe.
+Tust du mir nichts?
+
+Medea.
+Glaubst? hättest du's verdient?
+
+Knabe.
+Einst warfst mich auf den Boden, weil dem Vater
+Ich ähnlich bin, allein er liebt mich drum.
+Ich bleib bei ihm und bei der guten Frau!
+
+Medea.
+Du sollst zu ihr, zu deiner guten Frau!--
+Wie er ihm ähnlich sieht, ihm, dem Verräter
+Wie er ihm ähnlich spricht. Geduld! Geduld!
+
+Kleinere.
+Mich schläfert.
+
+Ältere.
+Laß uns schlafen gehn 's ist spät.
+
+Medea.
+Ihr werdet schlafen noch euch zu Genügen.
+Geht hin dort an die Stufen, lagert euch,
+Indes ich mich berate mit mir selbst.---
+ Wie er den Bruder sorgsam hingeleitet,
+Das Oberkleid sich abzieht und dem Kleinen
+Es warm umhüllend um die Schulter legt,
+Und nun, die kleinen Arme dicht verschlungen,
+Sich hinlegt neben ihm.--Schlimm war er nie!---
+ O Kinder! Kinder!
+
+Knabe (sich emporrichtend).
+Willst du etwas?
+
+Medea.
+Schlaf nur!
+Was gäb' ich, könnt' ich schlafen so wie du.
+
+(Der Knabe legt sich hin und schläft. Medea setzt sich gegenüber
+auf eine Ruhebank. Es ist nach und nach finster geworden.)
+
+Die Nacht bricht ein, die Sterne steigen auf,
+Mit mildem, sanftem Licht herunterscheinend;
+Dieselben heute, die sie gestern waren
+Als wäre alles heut, wie's gestern war;
+Indes dazwischen doch so weite Kluft
+Als zwischen Glück befestigt und Verderben:
+So wandellos, sich gleich, ist die Natur
+So wandelbar der Mensch und sein Geschick. Wenn ich das Märchen
+meines Lebens mir erzähle,
+Dünkt mir, ein andrer spräch', ich hörte zu,
+Ihn unterbrechend: Freund, das kann nicht sein!
+Dieselbe, der du Mordgedanken leihst,
+Läßt du sie wandeln in dem Land der Väter,
+Von ebendieser Sterne Schein beleuchtet,
+So rein, so mild, so aller Schuld entblößt
+Als nur ein Kind am Busen seiner Mutter?
+Wo geht sie hin? Sie sucht des Armen Hütte,
+Dem ihres Vaters Jagd die Saat zerstampft
+Und bringt ihm Gold und tröstet den Betrübten.
+Was sucht sie Waldespfade? Ei sie eilt
+Dem Bruder nach, der ihrer harrt im Forst,
+Und nun, gefunden, wie zwei Zwillingssterne
+Durchziehn sie strahlend die gewohnte Bahn.
+Ein andrer naht, die Stirn mit Gold gekrönt;
+Es ist ihr Vater, ist des Landes König.
+Er legt die Hand ihr auf, ihr und dem Bruder
+Und segnet sie, nennt sie sein Heil und Glück.
+Willkommen holde, freundliche Gestalten
+Sucht ihr mich heim in meiner Einsamkeit?
+Kommt näher laßt mich euch ins Antlitz sehn!
+Du guter Bruder, lächelst du mir zu?
+Wie bist du schön, du meiner Seele Glück.
+Dein Vater zwar ist ernst, doch liebt er mich
+Liebt seine gute Tochter! Gut? Ha gut!
+
+(Aufspringend.)
+
+'s ist Lüge! Sie wird dich verraten Greis!
+(Hat) dich verraten, dich und sich.
+Du aber fluchtest ihr.
+Ausgestoßen sollst du sein,
+Wie das Tier der Wildnis, sagtest du,
+Kein Freund sei dir, keine Stätte
+Wo du hinlegest dein Haupt.
+Er aber, um den du mich verrätst,
+Er selber wird mein Rächer sein,
+Wird dich verlassen, verstoßen
+Töten dich.
+Und sieh! Dein Wort ist erfüllt:
+Ausgestoßen steh ich da,
+Gemieden wie das Tier der Wildnis,
+Verlassen von ihm, um den ich dich verließ,
+Ohne Ruhstatt, leider (nicht) tot,
+Mordgedanken im düstern Sinn.
+Freust du dich der Rache?
+Nahst du mir?--Kinder! Kinder!
+
+(Hineilend und sie rüttelnd.)
+
+Kinder hört ihr nicht? Steht auf.
+
+Knabe
+
+(aufwachend).
+Was willst du?
+
+Medea
+
+(zu ihnen hingeschmiegt).
+Schlingt die Arme um mich her!
+
+Knabe.
+Ich schlief so sanft!
+
+Medea.
+Wie könnt ihr schlafen? schlafen?
+Glaubt ihr weil eure Mutter wacht bei euch?
+In schlimmern Feindes Hand wart ihr noch nie!
+Wie könnt ihr schlafen hier in meiner Nähe?
+Geht da hinein, da drinnen mögt ihr ruhn!
+
+(Die Kinder gehen in den Säulengang.)
+
+So, sie sind fort! Nun ist mir wieder wohl!--Und weil sie fort;
+was ist wohl besser drum?
+Muß ich drum minder fliehn, noch heute fliehn?
+Sie hier zurück bei meinen Feinden lassend?
+Ist minder drum ihr Vater ein Verräter?
+Hält minder Hochzeit drum die neue Braut? Morgen wenn die Sonne
+aufgeht,
+Steh ich schon allein,
+Die Welt eine leere Wüste,
+Ohne Kinder, ohne Gemahl
+Auf blutig geritzten Füßen
+Wandernd ins Elend.--Wohin?
+Sie aber freuen sich hier und lachen mein!
+Meine Kinder am Halse der Fremden
+Mir entfremdet, auf ewig fern.
+Duldest du das?
+Ist's nicht schon zu spät?
+Zu spät zum Verzeihn?
+Hat sie nicht schon, Kreusa, das Kleid,
+Und den Becher, den flammenden Becher?
+--Horch!--Noch nicht!--Aber bald wird's erschallen
+Von Jammergeschrei in der Königsburg.
+Sie kommen, sie töten mich!
+Schonen auch der Kleinen nicht.
+Horch! jetzt rief's!--Helle zuckt empor!
+Es ist geschehn!
+Kein Rücktritt mehr!
+Ganz sei es vollbracht! Fort!
+
+(Gora stürzt aus dem Palaste.)
+
+Gora.
+O Greu'l! Entsetzen!
+
+Medea
+
+(ihr entgegen).
+Ist's geschehen?
+
+Gora.
+Weh! Kreusa tot! Flammend der Palast.
+
+Medea.
+Bist du dahin, weiße Braut?
+Verlockst du mir noch meine Kinder?
+Lockst du sie? lockst du sie?
+Willst du sie haben auch dort?
+Nicht dir, den Göttern send ich sie!
+
+Gora.
+Was hast du getan? Man kommt!
+
+Medea.
+Kommt man? Zu spät!
+
+(Sie eilt in den Säulengang.)
+
+Gora.
+Weh mir! Noch in meines Alters Tagen
+Mußt' ich unbewußt dienen, so schwarzem Werk!
+Rache riet ich selbst; doch solche Rache!
+Aber wo sind die Kinder? hier ließ ich sie!
+Medea, wo bist du? Deine Kinder, wo?
+
+(Eilt in den Säulengang.)
+
+(Der Palast im Hintergrunde fängt an sich von einer innen
+aufsteigenden Flamme zu erleuchten.)
+
+Jasons Stimme.
+Kreusa! Kreusa!
+
+König (von innen).
+Meine Tochter!
+
+Gora (stürzt außer sich aus dem Säulengange heraus und fällt in der
+Mitte des Theaters auf die Knie, sich das Gesicht mit den Händen
+verhüllend).
+Was hab ich gesehn?--Entsetzen!
+
+(Medea tritt aus dem Säulengange, in der Linken einen Dolch, mit
+der rechten, hocherhobenen Hand Stillschweigen gebietend.)
+
+(Der Vorhang fällt.)
+
+
+
+
+Fünfter Aufzug
+
+(Vorhof von Kreons Burg wie im vorigen Aufzuge. Die Wohnung des
+Königs im Hintergrunde ausgebrannt und noch rauchend. Mannigfach
+beschäftigtes Volk füllt den Schauplatz. Morgendämmerung.)
+(Der König schleppt Gora aus dem Palaste. Mehrere Dienerinnen
+Kreusas hinter ihm her.)
+
+König.
+Heraus mit dir! Du warst's, die meiner Tochter
+Das Blutgeschenk gebracht, das sie verdarb!
+O Tochter! O Kreusa, du mein Kind!
+
+(Gegen die Dienerinnen.)
+
+Die war's?
+
+Gora.
+Ich war's. Unbewußt
+Trug ich den Tod in dein Haus.
+
+König.
+Unbewußt?
+O glaube nicht, der Strafe zu entgehn!
+
+Gora.
+Meinst du, mich schrecket deine Strafe?
+Ich hab gesehn mit diesen meinen Augen
+Die Kinder liegen tot in ihrem Blut,
+Erwürgt von der, die sie gebar,
+Von der, die ich erzog, Medea,
+Seitdem dünkt Scherz mir jeder andre Greu'l!
+
+König.
+Kreusa! Oh, mein Kind! Du Reine! Treue!--
+Erbebte dir die Hand nicht, Ungeheuer?
+Als du den Tod hintrugst in ihre Nähe.
+
+Gora.
+Um deine Tochter klag ich nicht. Ihr ward ihr Recht!
+Was griff sie nach des Unglücks letzter Habe?
+Ich klag um meine Kinder, meine Lieben,
+Die ich gesehn, von Mutterhänden tot.
+Ich wollt', ihr läget allesamt im Grab
+Mit dem Verräter, der sich Jason nennt,
+Ich aber wär' in Kolchis mit der Tochter
+Und ihren Kindern; hätt' euch nie gesehn,
+Nie eure Stadt, die Unheil trifft mit Recht.
+
+König.
+Du legst den Trotz wohl ab, wenn ich dich treffe!
+Allein ist's auch gewiß, daß tot mein Kind?
+So viele sagen's; keine hat's gesehn!
+Kann man dem Feuer nicht entrinnen?
+Wächst Flamme denn so schnell? Nur langsam,
+Nur zögernd kriecht sie an den Sparren fort.
+Wer weiß das nicht? Und dennoch wär' sie tot?
+Stand erst so blühend, lebend vor mir da,
+Und wär' nun tot? Ich kann's, ich darf's nicht glauben!
+Die Augen wend ich unwillkürlich hin
+Und immer glaub ich, jetzt und jetzt und jetzt
+Muß sie sich zeigen, weiß in ihrer Schönheit
+Herniedergleitend durch die schwarzen Trümmer.
+Wer war dabei? Wer sah es?--Du?--So sprich!
+Dreh nicht die Augen so im Kopf herum!
+Mit Worten töte mich!--Ist sie dahin?
+
+Magd.
+Dahin!
+
+König.
+Du sahst's?
+
+Magd.
+Ich sah's. Sah wie die Flamme,
+Hervor sich wälzend aus dem Goldgefäß,
+Nach ihr--
+
+König.
+Genug!--Sie sah's!--Sie ist nicht mehr!
+Kreusa! O mein Kind! O meine Tochter!--
+Einst--noch als Kind--verbrannte sie die Hand
+Am Opferherd und qualvoll schrie sie auf.
+Hin stürz ich, fasse sie in meinen Arm
+Die heißen Finger mit den Lippen hauchend.
+Da lächelt sie, trotz ihren bittern Tränen
+Und leise schluchzend spricht sie: 's ist nicht viel
+Was tut der Schmerz? Nur brennen, (brennen) nicht!
+Und nun--
+
+(Zu Gora.)
+
+Wenn ich das Schwert hier zwanzigmal
+Dir stoß in deinen Leib--was ist's dagegen?
+Und wenn ich sie, die Gräßliche!--Wo ist sie,
+Die mir mein Kind geraubt?
+ich schüttle dir
+Die Antwort mit der Seel' aus deinem Mund
+Wenn du mir nicht gestehst: wo ist sie hin?
+
+Gora.
+Ich weiß es nicht und mag es auch nicht wissen!
+Geh' unbegleitet sie in ihr Verderben.
+Was weilt ihr? Tötet mich! Ich mag nicht leben!
+
+König.
+Das findet sich; doch eher noch gestehst du!
+
+Jason
+
+(hinter der Szene).
+Wo ist sie? Gebt sie mir heraus! Medea
+
+(mit dem bloßen Schwerte in der Hand auftretend)
+
+Man sagt mir, sie ward eingeholt! Wo ist sie?
+Du hier? Und wo ist deine Herrin?
+
+Gora.
+Fort!
+
+Jason.
+Hat sie die Kinder?
+
+Gora.
+Nein!
+
+Jason.
+So sind sie?--
+
+Gora.
+Tot!
+Ja tot! du heuchelnder Verräter!--Tot!
+Sie wollte sie vor deinem Anschaun retten,
+Und da dir nichts zu heilig auf der Erde
+Hat sie hinabgeflüchtet sie ins Grab.
+Steh nur und starre nur den Boden an!
+Du rufst es nicht herauf das liebe Paar.
+Sie sind dahin und dessen freu ich mich!
+Nein dessen nicht!--Doch daß du drob verzweifelst
+Des freu ich mich!--Du heuchelnder Verräter,
+Hast du sie nicht dahin gebracht? Und du,
+Du falscher König, mit der Gleisnermiene?--
+Habt ihr es nicht umstellt mit Jägernetzen
+Des schändlichen Verrats, das edle Wild,
+Bis ohne Ausweg, in Verzweiflungswut
+Es, überspringend euer Garn, die Krone,
+Des hohen Hauptes königlichen Schmuck
+Mißbraucht zum Werkzeug ungewohnten Mords.
+Ringt nur die Hände, ringt sie ob euch selbst!
+
+(Zum König.)
+
+Dein Kind, was sucht' es einer andern Bett?
+
+(Zu Jason.)
+
+Was stahlst du sie, hast du sie nicht geliebt?
+Und liebtest du sie, was verstößt du sie?
+Laßt andre, (mich) laßt ihre Tat verdammen
+Euch beiden widerfuhr nur euer Recht.
+Ihr spottet nun nicht mehr der Kolcherin.--
+Ich mag nicht länger leben auf der Erde
+Zwei Kinder tot, das dritte hassenswert.
+Führt mich nur fort und, wollt ihr, tötet mich.
+Auf etwas (Jenseits) hoff ich nun gewiß,
+Hab ich gesehn doch, daß Vergeltung ist.
+
+(Sie geht ab von einigen begleitet.)
+
+(Pause.)
+
+König.
+Tat ich ihr Unrecht--bei den hohen Göttern
+Ich hab es nicht gewollt!--Nun hin zu jenen Trümmern,
+Daß wir die Reste suchen meines Kindes
+Und sie bestatten in der Erde Schoß.
+
+(Zu Jason.)
+
+Du aber geh, wohin dein Fuß dich trägt.
+Befleckter Nähe, merk ich, ist gefährlich.
+Hätt' ich dich nie gesehn, dich nie genommen
+Mit Freundestreue in mein gastlich Haus.
+Du hast die Tochter mir genommen! Geh
+Daß du nicht auch der Klage Trost mir nimmst!
+
+Jason.
+Du stößt mich fort?
+
+König.
+Ich weise dich von mir.
+
+Jason.
+Was soll ich tun?
+
+König.
+Das wird ein Gott dir sagen!
+
+Jason.
+Wer leitet meinen Tritt? Wer unterstützt mich?
+Mein Haupt ist wund, verletzt von Brandes Fall!
+Wie, alles schweigt? Kein Führer, kein Geleitet?
+Folgt niemand mir, dem einst so viele folgten?
+Geht, Schatten meiner Kinder denn voran
+Und leitet mich zum Grab, das meiner harrt.
+
+(Er geht.)
+
+König.
+Nun auf, ans Werk! Dann Trauer ewiglich!
+
+(Nach der andern Seite ab.)
+
+(Wilde, einsame Gegend von Wald und Felsen umschlossen, mit einer
+Hütte. Der Landmann auftretend.)
+
+Landmann.
+Wie schön der Morgen aufsteigt. Güt'ge Götter!
+Nach all den Stürmen dieser finstern Nacht
+Hebt eure Sonne sich in neuer Schönheit.
+
+(Er geht in die Hütte.)
+
+(Jason kommt wankend, auf sein Schwert gestützt.)
+
+Jason.
+Ich kann nicht weiter! Weh! Mein Haupt--es brennt--
+Es glüht das Blut--am Gaumen klebt die Zunge!
+Ist niemand da? Soll ich allein verschmachten?
+Hier ist die Hütte, die mir Obdach bot
+Als ich, ein reicher Mann, ein reicher Vater
+Hierherkam, neuerwachter Hoffnung voll!
+
+(Anpochend.)
+
+Nur einen Trunk! Nur einen Ort zum Sterben!
+
+(Der Landmann kommt heraus.)
+
+Landmann.
+Wer pocht?--Wer bist du Armer? todesmatt?
+
+Jason.
+Nur Wasser! Einen Trunk!--Ich bin der Jason!
+Des Wunder-Vlieses Held! Ein Fürst! Ein König!
+Der Argonauten Führer Jason, ich!
+
+Landmann.
+Bist du der Jason? so heb dich von hinnen.
+Beflecke nicht mein Haus, da du's betrittst.
+Hast meines Königs Tochter du getötet
+Nicht fordre Schutz vor seines Volkes Tür.
+
+(Er geht hinein, die Türe schließend.)
+
+Jason.
+Er geht und läßt mich liegen hier am Weg!
+Im Staub, getreten von des Wandrers Füßen!
+Dich ruf ich: Tod, führ mich zu meinen Kindern!
+
+(Er sinkt nieder.)
+
+(Medea tritt hinter einem Felsenstück hervor und steht mit einemmal
+vor ihm, das Vlies wie einen Mantel um ihre Schultern tragend.)
+
+Medea.
+Jason!
+
+Jason
+
+(halb emporgerichtet).
+Wer ruft?--Ha! seh ich recht? Bist du's?
+Entsetzliche! Du trittst noch vor mich hin?
+Mein Schwert! Mein Schwert!
+
+(Er will aufspringen, sinkt aber wieder zurück.)
+
+O weh mir! Meine Glieder
+Versagen mir den Dienst!--Gebrochen!--Hin!
+
+Medea.
+Laß ab! Du triffst mich nicht! Ich bin ein Opfer
+Für eines andern Hand als für die deine!
+
+Jason.
+Wo hast du meine Kinder?
+
+Medea.
+Meine sind's!
+
+Jason.
+Wo hast du sie?
+
+Medea.
+Sie sind an einem Ort
+Wo ihnen besser ist, als mir und dir.
+
+Jason.
+Tot sind sie, tot!
+
+Medea.
+Dir scheint der Tod das Schlimmste;
+Ich kenn ein noch viel Ärgres: elend sein.
+Hätt'st du das Leben höher nicht geachtet
+Als es zu achten ist, uns wär' nun anders.
+Drum tragen wir! Den Kindern ist's erspart!
+
+Jason.
+Das sagst du und stehst ruhig?
+
+Medea.
+Ruhig? Ruhig?
+Wär' dir mein Busen nicht auch jetzt verschlossen,
+Wie er dir's immer war, du sähst den Schmerz
+Der endlos wallend wie ein brandend Meer
+Die einzeln Trümmer meines Leids verschlingt
+Und sie, verhüllt im Greuel der Verwüstung,
+Mit sich wälzt in das Unermeßliche.
+Nicht traur' ich, daß die Kinder nicht mehr sind
+Ich traure, daß sie (waren) und daß (wir) sind.
+
+Jason.
+O weh mir, weh!
+
+Medea.
+Du trage, was dich trifft,
+Denn wahrlich, unverdient trifft es dich nicht!
+Wie du vor mir liegst auf der nackten Erde,
+So lag ich auch in Kolchis einst vor dir,
+Und bat um Schonung, doch du schontest nicht!
+Mit blindem Frevel griffst du nach den Losen,
+Ob ich dir zurief gleich: du greifst den Tod.
+So habe denn was trotzend du gewollt:
+Den Tod. Ich aber scheide jetzt von dir;
+Auf immerdar. Es ist das letztemal
+In alle Ewigkeit das letztemal
+Daß ich zu dir nun rede mein Gemahl.
+Leb wohl. Nach all den Freuden frührer Tage,
+In all den Schmerzen, die uns jetzt umnachten,
+Zu all dem Jammer, der noch künftig droht
+Sag ich dir Lebewohl, mein Gatte.
+Ein kummervolles Dasein bricht dir an,
+Doch was auch kommen mag: Halt aus!
+Und sei im Tragen stärker als im Handeln.
+Willst du im Schmerz vergehn, so denk an mich
+Und tröste dich an meinem größern Jammer,
+Die ich getan, wo du nur unterlassen.
+Ich geh hinweg, den ungeheuern Schmerz
+Fort mit mir tragend in die weite Welt.
+Ein Dolchstoß wäre Labsal, doch nicht so!
+Medea soll nicht durch Medeen sterben,
+Mein frühres Leben, eines bessern Richters
+Macht es mich würdig, als Medea ist.
+Nach Delphi geh ich. An des Gottes Altar
+Von wo das Vlies einst Phryxus weggenommen
+Häng ich, dem dunkeln Gott das Seine gebend,
+Es auf, das selbst die Flamme nicht verletzt
+Und das hervorging ganz und unversehrt
+Aus der Korintherfürstin blut'gem Brande;
+Dort stell ich mich den Priestern dar, sie fragend,
+Ob sie mein Haupt zum Opfer nehmen an,
+Ob sie mich senden in die ferne Wüste
+In längerm Leben findend längre Qual.
+Erkennst das Zeichen du, um das du rangst?
+Das dir ein Ruhm war und ein Glück dir schien?
+Was ist der Erde Glück?--Ein Schatten!
+Was ist der Erde Ruhm?--Ein Traum!
+Du Armer! der von Schatten du geträumt!
+Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.
+Ich scheide nun, leb wohl, mein Gatte!
+Die wir zum Unglück uns gefunden,
+Im Unglück scheiden wir. Leb wohl!
+
+Jason.
+Verwaist! Allein! O meine Kinder!
+
+Medea.
+Trage!
+
+Jason.
+Verloren!
+
+Medea.
+Dulde!
+
+Jason.
+Könnt' ich sterben!
+
+Medea.
+Büße!
+Ich geh und niemals sieht dein Aug' mich wieder!
+
+(Indem sie sich zum Fortgehen wendet fällt der Vorhang.)
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Medea, von Franz Grillparzer.
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Medea, by Franz Grillparzer
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK MEDEA ***
+
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+Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
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+If they reach just 1-2% of the world's population then the total
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+This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
+which is only about 4% of the present number of computer users.
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+This eBook, including all associated images, markup, improvements,
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+No investigation has been made concerning possible copyrights in
+jurisdictions other than the United States. Anyone seeking to utilize
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+Project Gutenberg (https://www.gutenberg.org) public repository for
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