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authorRoger Frank <rfrank@pglaf.org>2025-10-15 05:30:35 -0700
committerRoger Frank <rfrank@pglaf.org>2025-10-15 05:30:35 -0700
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+The Project Gutenberg EBook of Der Gastfreund, by Franz Grillparzer
+#2 in our series by Franz Grillparzer
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+this or any other Project Gutenberg eBook.
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+
+**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
+
+**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**
+
+*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****
+
+
+Title: Der Gastfreund
+
+Author: Franz Grillparzer
+
+Release Date: April, 2005 [EBook #7944]
+[Yes, we are more than one year ahead of schedule]
+[This file was first posted on June 3, 2003]
+
+Edition: 10
+
+Language: German
+
+Character set encoding: iso-8859-1
+
+*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER GASTFREUND ***
+
+
+
+
+Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
+
+
+
+
+This Etext is in German.
+
+This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
+That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/.
+
+Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
+zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
+http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar.
+
+
+
+
+Der Gastfreund
+
+Franz Grillparzer
+
+Trauerspiel in einem Aufzug
+
+
+Personen:
+
+Aietes, König von Kolchis
+Medea, seine Tochter
+Gora, Medeens Amme
+Peritta, eine ihrer Jungfrauen
+Phryxus
+Jungfrauen Medeens
+Griechen in Phryxus' Gefolge
+Kolcher
+
+
+
+
+Kolchis. (Wilde Gegend mit Felsen und Bäumen, im Hintergrunde das
+Meer. Am Gestade desselben ein Altar, von unbehauenen Steinen
+zusammengefügt, auf dem die kolossale Bildsäule eines nackten,
+bärtigen Mannes steht, der in seiner Rechten eine Keule, um die
+Schultern ein Widderfell trägt. Links an den Szenen des
+Mittelgrundes der Eingang eines Hauses mit Stufen und rohen Säulen.
+Tagesanbruch.)
+Medea, Gora, Peritta, Gefolge von Jungfrauen.
+(Beim Aufziehen des Vorhanges steht Medea im Vorgrunde mit dem
+Bogen in der Hand in der Stellung einer, die eben den Pfeil
+abgeschossen. An den Stufen des Altars liegt ein, von einem Pfeile
+durchbohrtes Reh.)
+
+Jungfrauen (die entfernt gestanden, zum Altare hineilend).
+Das Opfer blutet!
+
+Medea (in ihrer vorigen Stellung).
+Traf's?
+
+Eine der Jungfrauen.
+--Gerad' ins Herz!
+
+Medea (indem sie den Bogen abgibt).
+Das deutet Gutes; laßt uns eilen denn!
+Geh' eine hin und spreche das Gebet.
+
+Gora (zum Altar tretend).
+Darimba, mächtige Göttin
+Menschenerhalterin, Menschentöterin
+Die den Wein du gibst und des Halmes Frucht
+Gibst des Weidwerks herzerfreuende Spende
+Und des Todfeinds Blut:
+Darimba, reine, magdliche
+Tochter des Himmels,
+Höre mich!
+
+Chor.
+Darimba, mächtige Göttin,
+Darimba! Darimba!
+
+Gora.
+Sieh ein Reh hab' ich dir getötet
+Den Pfeil schnellend vom starken Bogen
+Dein ist's! Laß dir gefallen sein Blut!
+Segne das Feld und den beutereichen Wald
+Gib, daß wir recht tun und siegen in der Schlacht
+Gib, daß wir lieben den Wohlwollenden
+Und hassen den, der uns haßt.
+Mach' uns stark und reich, Darimba,
+Mächtige Göttin!
+
+Chor.
+Darimba, Darimba!
+
+Gora.
+Das Opfer am Altar zuckt und endet,
+So mögen deine Feinde enden, Darimba!
+Deine Feinde und die unsern!
+Es ist Medea, Aietes' Tochter,
+Des Herrschers von Kolchis fürstliches Kind
+Die empor in deine Wohnungen ruft
+Höre mich, höre mich
+Und erfülle was ich bat!
+
+Chor (mit Zimbeln und Handpauken zusammen schlagend).
+Darimba, Darimba!
+Mächtige Göttin!
+Eriho! Jehu!
+
+Medea.
+Und somit genug! Das Opfer ist gebracht,
+Vollendet das zögernde Geschäft.
+Nun Pfeil und Bogen her, die Hunde vor,
+Daß von des Jagdlärms hallendem Getos
+Der grüne Wald ertöne nah und fern!
+Die Sonne steigt. Hinaus! hinaus!
+Und die am schnellsten rennt und die am leichtsten springt
+Sei Königin des Tags.--
+Du hier Peritta? Sagt' ich dir nicht,
+Daß du mich meiden sollst und gehn? So geh!
+
+Peritta (knieend).
+Medea!
+
+Medea.
+Kniee nicht! Du sollst nicht knien!
+Hörst du? In deine Seele schäm' ich mich.
+So feig, so zahm!--Mich schmerzt nicht dein Verlust,
+Mich schmerzt, daß ich dich jetzt verachten muß
+Und hab' dich einst geliebt!
+
+Peritta.
+O wüßtest du!
+
+Medea.
+Was denn?--Stahlst du dich neulich von der Jagd
+Und gingst zum Hirten ins Tergener Tal?
+Tatst du's? Sprich nein! Du Falsche, Undankbare!
+Versprachst du nicht du wolltest mein sein, mein
+Und keines Manns? Sag' an, versprachst du's?
+
+Peritta.
+Als ich's gelobte wußt' ich damals--
+
+Medea.
+Schweig!
+Was braucht's zu wissen, als daß du's versprachst.
+Ich bin Aietes' königliches Kind
+Und was ich tu' ist recht weil ich's getan.
+Und doch, du Falsche! hätt' ich dir versprochen
+Die Hand hier abzuhaun von meinem Arm
+Ich tät's; fürwahr ich tät's, weil ich's versprach.
+
+Peritta.
+Es riß mich hin, ich war besinnungslos,
+Und nicht mit meinem Willen, nein--
+
+Medea.
+Ei hört!
+Sie wollte nicht und tat's!--Geh du sprichst Unsinn.
+Wie konnt' es denn geschehn
+Wenn du nicht (wolltest). Was ich tu' das will ich
+Und was ich will--je nu das tu' ich manchmal (nicht).
+Geh hin in deines Hirten dumpfe Hütte
+Dort kaure dich in Rauch und schmutz'gen Qualm
+Und baue Kohl auf einer Spanne Grund.
+Mein Garten ist die ungemeßne Erde
+Des Himmels blaue Säulen sind mein Haus
+Da will ich stehn des Berges freien Lüften
+Entgegen tragend eine freie Brust
+Und auf dich niedersehn und dich verachten.
+Hallo! in Wald! Ihr Mädchen in den Wald!
+(Indem sie abgeben will kömmt von der andern Seite ein) Kolcher.
+
+Kolcher.
+Du Königstochter, höre!
+
+Medea.
+Was? Wer ruft?
+
+Kolcher.
+Ein Schiff mit Fremden angelangt zur Stund'!
+
+Medea.
+Dem Vater sag' es an. Was kümmert's mich!
+
+Kolcher.
+Wo weilt er?
+
+Medea.
+Drin im Haus!
+
+Kolcher.
+Ich eile!
+
+Medea.
+Tu's!
+
+(Der Bote ab ins Haus.)
+
+Medea.
+Daß diese Fremden uns die Jagdlust stören!
+Ihr Schiff, es ankert wohl in jener Bucht,
+Die sonst zum Sammelplatz uns dient der Jagd.
+Allein was tut's! Bringt lange Speere her
+Und nahet ein Kühner, zahl' er's mit Blut!
+Nur Speere her! doch leise, leise, hört!
+Denn säh's der Vater wehren möcht' er es.
+Kommt!--Dort das Mal von Steinen aufgehäuft
+Seht ihr's dort oben? Wer erreicht's zuerst?
+Stellt euch!--Nichts da! Nicht vorgetreten! Weg!
+Wer siegt hat auf der Jagd den ersten Schuß:
+So, stellt euch und wenn ich das Zeichen gebe
+Dann wie der Pfeil vom Bogen fort! Gebt Acht!
+Acht!--Jetzt!--
+Aietes (ist unterdessen aus dem Hause getreten, mit ihm der) Bote,
+(der gleich abgeht.)
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Medea (sich umwendend aber ohne ihren Platz zu verändern).
+Vater!
+
+Aietes.
+Du, wohin?
+
+Medea.
+In Wald!
+
+Aietes.
+Bleib jetzt!
+
+Medea.
+Warum?
+
+Aietes.
+Ich will's. Du sollst.
+
+Medea.
+So fürchtest du, daß jene Fremden--
+
+Aietes.
+Weißt du also?--
+
+(Näher tretend, mit gedämpfter Stimme.)
+
+Angekommen Männer
+Aus fernem Land
+Bringen Gold, bringen Schätze,
+Reiche Beute.
+
+Medea.
+Wem?
+
+Aietes.
+Uns, wenn wir wollen.
+
+Medea.
+Uns?
+
+Aietes.
+'s sind Fremde, sind Feinde,
+Kommen zu verwüsten unser Land.
+
+Medea.
+So geh hin und töte sie!
+
+Aietes.
+Zahlreich sind sie und stark bewehrt
+Reich an List die fremden Männer,
+Leicht töten sie (uns.)
+
+Medea.
+So laß sie ziehn!
+
+Aietes.
+Nimmermehr.
+Sie sollen mir--
+
+Medea.
+Tu was du willst
+Mich aber laß zur Jagd!
+
+Aietes.
+Bleib, sag' ich, bleibe
+
+Medea.
+Was soll ich?
+
+Aietes.
+Helfen! Raten!
+
+Medea.
+Ich?
+
+Aietes.
+Du bist klug, du bist stark.
+Dich hat die Mutter gelehrt
+Aus Kräutern, aus Steinen
+Tränke bereiten,
+Die den Willen binden
+Und fesseln die Kraft.
+Du rufst Geister
+Und besprichst den Mond
+Hilf mir, mein gutes Kind!
+
+Medea.
+Bin ich dein gutes Kind!
+Sonst achtest du meiner wenig.
+Wenn ich will, willst du (nicht)
+Und schiltst mich und schlägst nach mir;
+Aber wenn du mein bedarfst
+Lockst du mich mit Schmeichelworten
+Und nennst mich Medea, dein liebes Kind.
+
+Aietes.
+Vergiß Medea was sonst geschehn.
+Bist doch auch nicht immer wie du solltest.
+Jetzt steh mir bei und hilf mir.
+
+Medea.
+Wozu?
+
+Aietes.
+So höre denn mein gutes Mädchen!--
+Das Gold der Fremden all und ihre Schätze--
+Gelt lächelst?
+
+Medea.
+Ich?
+
+Aietes.
+Ei ja, das viele Gold
+Die bunten Steine und die reichen Kleider
+Wie sollen die mein Mädchen zieren!
+
+Medea.
+Ei immerhin!
+
+Aietes.
+Du schlaue Bübin, sieh,
+Ich weiß dir lacht das Herz nach all der Zier!
+
+Medea.
+Kommt nur zur Sache, Vater!
+
+Aietes.
+Ich--
+Heiß dort die Mädchen gehn!
+
+Medea.
+Warum?
+
+Aietes.
+Ich will's!
+
+Medea.
+Sie sollen ja mit mir zur Jagd.
+
+Aietes.
+Heut keine Jagd'
+
+Medea.
+Nicht?
+
+Aietes.
+Nein sag' ich und nein! und nein!
+
+Medea.
+Erst lobst du mich und--
+
+Aietes.
+Nun, sei gut, mein Kind!
+Komm hierher! Weiter! hierher, so!
+Du bist ein kluges Mädchen, dir kann ich trauen.
+Ich--
+
+Medea.
+Nun!
+
+Aietes.
+Was siehst du mir so starr ins Antlitz?
+
+Medea.
+Ich höre Vater!
+
+Aietes.
+O ich kenne dich!
+Willst du den Vater meistern, Ungeratne?
+I ch entscheide was gut, was nicht.
+Du (gehorchst). Aus meinen Augen Verhaßte!
+
+
+(Medea geht.)
+
+
+Bleib!--Wenn du wolltest, begreifen wolltest--
+Ich weiß du kannst, allein du willst es nicht!
+--So sei's denn, bleib aus deines Vaters Rat
+Und diene, weil du dienen willst.
+
+(Man hört in der Ferne kriegerische Musik.)
+
+Aietes.
+Was ist das? Weh sie kommen uns zuvor!
+Siehst du Törin?
+Die du schonen wolltest, sie töten uns!
+In vollem Zug hierher die fremden Männer!
+Weh uns! Waffen! Waffen!
+
+(Der Bote kommt wieder.)
+
+Bote.
+Der Führer, Herr, der fremden Männer!--
+
+Aietes.
+Was will er? Meine Krone, mein Leben?
+Noch hab' ich Mut, noch hab' ich Kraft
+Noch wallt Blut in meinen Adern
+Zu tauschen Tod um Tod!
+
+Bote.
+Er bittet um Gehör.
+
+Aietes.
+Bittet?
+
+Bote.
+Freundlich sich mit dir zu besprechen
+Zu stiften friedlichen Vergleich.
+
+Aietes.
+Bittet? und hat die Macht in Händen,
+Findet uns unbewehrt, er in Waffen,
+Und bittet, der Tor!
+
+Bote.
+In dein Haus will er treten,
+Sitzen an deinem Tische,
+Essen von deinem Brot
+Und dir vertrauen
+Was ihn hierher geführt.
+
+Aietes.
+Er komme, er komme.
+Hält er Friede nur zwei Stunden,
+Später fürcht' ich ihn nicht mehr.
+Sag' ihm, daß er nahe,
+Aber ohne Schild ohne Speer,
+Nur das Schwert an der Seite,
+Er und seine Gesellen.
+Dann aber geh und biet auf die Getreuen
+Rings herum im ganzen Lande
+Heiß sie sich stellen gewappnet, bewehrt
+Mit Schild und Panzer mit Lanz' und Schwert
+Und sich verbergen im nahen Gehölz
+Bis ich winke, bis ich rufe.--Geh!
+
+(Bote ab.)
+
+Ich will dein lachen du schwacher Tor!
+Du aber Medea, sei mir gewärtig!
+Einen Trank, ich weiß es, bereitest du
+Der mit sanfter, schmeichelnder Betäubung
+Die Sinn' entbindet ihres Diener-Amts
+Und ihren Herrn zum Sklaven macht des Schlafs.
+Geh hin und hole mir von jenem Trank!
+
+Medea.
+Wozu?
+
+Aietes.
+Geh, sag' ich, hin und hol' ihn mir!
+Dann komm zurück. Ich will sie zähmen diese Stolzen!
+
+(Medea ab.)
+
+Aietes
+
+(gegen den Altar im Hintergrunde gewandt).)
+Peronto, meiner Väter Gott!
+Laß gelingen, was ich sinne
+Und teilen will ich, treu und redlich
+Was wir gewinnen von unsern Feinden.
+(Kriegerische Musik.) Bewaffnete Griechen (ziehen auf, mit grünen
+Zweigen in der Hand. Der letzte geht) Phryxus, (in der linken Hand
+gleichfalls einen grünen Zweig, in der Rechten ein goldenes
+Widderfell, in Gestalt eines Panieres auf der Lanze tragend.)
+Bewaffnete Kolcher (treten von der andern Seite ein. Die Musik
+schweigt.)
+(Indem Phryxus an dem im Hintergrunde befindlichen Altar und der
+darauf stehenden Bildsäule vorbeigeht, bleibt er, wie von Erstaunen
+gefesselt stehn, dann spricht er:)
+
+Phryxus.
+Kann ich den Augen traun?--Er ist's, er ist's!
+Sei mir gegrüßt, du freundliche Gestalt,
+Die mich durch Wogensturm und Unglücksnacht
+Hierher geführt an diese ferne Küste,
+Wo Sicherheit und einfach stille Ruh
+Mit Kindesblicken mir entgegen lächeln.
+Dies Zeichen, das du mir als Pfand der Rettung
+In jener unheilvollen Stunde gabst
+Und das, wie der Polarstern vor mir leuchtend,
+Mich in den Hafen eingeführt des Glücks,
+Ich pflanz' es dankbar auf vor deinem Altar
+Und beuge betend dir ein frommes Knie,
+Der du ein Gott mir warest in der Tat
+Wenn gleich dem Namen nach, mir Fremden, nicht!
+
+(Er knieet.)
+
+Aietes (im Vorgrunde).
+Was ist das?
+Er beugt sein Knie dem Gott meiner Väter!
+Denk' der Opfer, die ich dir gebracht,
+Hör' ihn nicht Peronto,
+Höre den Fremden nicht!
+
+Phryxus (aufstehend).
+Erfüllet ist des Dankens süße Pflicht.
+Nun führt zu eurem König mich! Wo weilt er?
+
+
+(Die Kolcher weichen schweigend und scheu zu beiden Seiten aus dem
+Wege.)
+
+
+
+Phryxus (erblickt den König, auf ihn zugehend).
+In dir grüß' ich den Herrn wohl dieses Landes?
+
+Aietes.
+Ich bin der Kolcher Fürst!
+
+Phryxus.
+Sei mir gegrüßt!
+Es führte Göttermacht mich in dein Reich,
+So ehr' in mir den Gott, der mich beschützt.
+Der Mann, der dort auf jenem Altar thront,
+ist er das Bildnis eines der da lebte?
+Wie, oder ehrt ihr ihn als einen Himmlischen?
+
+Aietes.
+Es ist Peronto, der Kolcher Gott.
+
+Phryxus.
+Peronto! Rauher Laut dem Ohr des Fremden,
+Wohltönend aber dem Geretteten.
+Verehrst du jenen dort als deinen Schützer
+So liegt ein Bruder jetzt in deinem Arm,
+Denn (Brüder) sind ja Eines Vaters Söhne.
+
+Aietes (der Umarmung ausweichend).
+Schützer er dir?
+
+Phryxus.
+Ja, du sollst noch hören.
+Doch laß mich bringen erst mein Weihgeschenk.
+
+(Er geht zum Altar und stößt vor demselben sein Panier in den Boden.)
+
+Medea (kommt mit einem Becher.)
+
+Medea (laut).
+Hier Vater ist der Trank!
+
+Aietes (sie gewaltsam auf die Seite ziehend, leise).
+Schweig Törichte!
+Siehst du denn nicht?
+
+Medea.
+Was?
+
+Aietes.
+Den Becher gib der Sklavin
+Und schweig!
+
+Medea.
+Wer ist der Mann?
+
+Aietes.
+Der Fremden Führer, schweig!
+
+Phryxus (vom Altare zurückkommend).
+Jetzt tret' ich leicht erst in dein gastlich Haus!
+Doch wer ist dieses blühend holde Wesen,
+Das, wie der goldne Saum der Wetterwolke
+Sich schmiegt an deine krieg'rische Gestalt?
+Die roten Lippen und der Wange Licht
+Sie scheinen Huld und Liebe zu verheißen,
+Streng widersprochen von dem finstern Aug,
+Das blitzend wie ein drohender Komet
+Hervorstrahlt aus der Locken schwarzem Dunkel.
+Halb Charis steht sie da und halb Mänade,
+Entflammt von ihres Gottes heil'ger Glut.
+Wer bist du, holdes Mädchen?
+
+Aietes.
+Sprich Medea!
+
+Medea (trocken).
+Medea bin ich, dieses Königs Kind!
+
+Phryxus.
+Fürwahr ein Kind und eine Königin!
+Ich nehm' dich an als gute Vorbedeutung
+Für eine Zukunft, die uns noch verhüllt.
+O lächle Mädchenbild auf meinen Eintritt!
+Vielleicht, wer weiß, ob nicht dein Vater,
+Von dem ich Zuflucht nur und Schutz verlangt,
+Mir einst noch mehr gibt, mehr noch, o Medea!
+
+Aietes.
+Was also, Fremdling, ist dein Begehr?
+
+Phryxus.
+So höre denn was mich hierher geführt,
+Was ich verloren, Herr, und was ich suche.
+Geboren bin ich in dem schönen Hellas,
+Von Griechen, ich ein Grieche, reinen Bluts.
+Es lebet niemand, der sich höhrer Abkunft,
+Sich edlern Stammes rühmen kann als ich,
+Denn Hellas' Götter nenn' ich meine Väter
+Und meines Hauses Ahn regiert die Welt.
+
+Medea (sich abwendend).
+Ich gehe Vater um--
+
+Aietes.
+Bleib hier und schweig!
+
+Phryxus.
+Von Göttern also zieh' ich mein Geschlecht!
+Allein mein Vater, alten Ruhms vergessend
+Und jung-erzeugter Kinder Recht und Glück,
+Erkor zur zweiten Eh' ein niedrig Weib,
+Das, neidisch auf des ersten Bettes Sprossen
+Und üb'rall Vorwurf sehend, weil sie selbst
+Sich Vorwurf zu (verdienen) war bewußt,
+Den Zorn des Vaters reizte gegen mich.
+Die Zwietracht wuchs und Häscher sandt' er aus
+Den Sohn zu fahn, vielleicht zu töten ihn.
+Da ging ich aus der Väter Haus und floh
+In fremden Land zu suchen heimisch Glück.
+Umirrend kam ich in die Delpherstadt
+Und trat, beim Gotte Rat und Hilfe suchend
+In Phöbos' reiches, weitberühmtes Haus.
+Da stand ich in des Tempels weiten Hallen,
+Mit Bildern rings umstellt und Opfergaben,
+Erglühend in der Abendsonne Strahl.
+Vom Schauen matt und von des Weges Last
+Schloß sich mein Aug und meine Glieder sanken;
+Dem Zug erliegend schlummerte ich ein.
+Da fand ich mich im Traum im selben Tempel
+In dem ich schlief, doch wachend und allein
+Und betend zu dem Gott um Rat. Urplötzlich
+Umflammt mich heller Glanz und einen Mann
+In nackter Kraft, die Keule in der Rechten,
+Mit langem Bart und Haar, ein Widderfell
+Um seine mächt'gen Schultern, stand vor mir
+Und lächelte mit milder Huld mich an.
+("Nimm Sieg und Rache hin!") sprach er, und löste
+Das reiche Vließ von seinen Schultern ab
+Und reichte mir's; da, schütternd, wacht' ich auf.
+Und siehe! von dem Morgenstrahl beleuchtet
+Stand eine Blende schimmernd vor mir da
+Und drin aus Marmor künstlich ausgehaun
+Derselbe Mann, der eben mir erschienen
+Mit Haar und Bart und Fell, wie ich's gesehn.
+
+Aietes (auf die Bildsäule im Hintergrunde zeigend).
+Der dort?
+
+Phryxus.
+Ihm glich er wie ich mir.
+So stand er da in Götterkraft und Würde,
+Vergleichbar dem Herakles, doch nicht er.
+Und an dem Fußgestell des Bildes war
+Der Name (Kolchis) golden eingegraben.
+Ich aber deutete des Gottes Rat;
+Und nehmend was er rätselhaft mir bot
+Löst' ich, ich war allein, den goldnen Schmuck
+Vom Hals des Bildes, und in Eile fort.
+Des Vaters Häscher fand ich vor den Toren
+Sie wichen scheu des Gottes Goldpanier
+Die Priester neigten sich, das Volk lag auf den Knieen
+Und vor mir her es auf der Lanze tragend
+Kam ich durch tausend Feinde bis ans Meer.
+Ein schifft' ich mich und hoch als goldne Wimpel
+Flog mir das Vließ am sturmumtobten Mast
+Und wie die Wogen schäumten, Donner brüllten
+Und Meer und Wind und Hölle sich verschworen
+Mich zu versenken in das nasse Grab
+Versehrt ward mir kein Haar und unverletzt
+Kam ich hierher an diese Rettungsküste
+Die vor mir noch kein griech'scher Fuß betrat.
+Und jetzo geht an dich mein bittend Flehn
+Nimm auf mich und die Meinen in dein Land,
+Wo nicht so fass' ich selber Sitz und Stätte
+Vertrauend auf der Götter Beistand, die
+Mir (Sieg und Rache) durch dies Pfand verliehn!
+- Du schweigst?
+
+Aietes.
+Was willst du, daß ich sage?
+
+Phryxus.
+Gewährst du mir ein Dach, ein gastlich Haus?
+
+Aietes.
+Tritt ein, wenn dir's gutdünkt, Vorrat ist
+Von Speis' und Trank genug. Dort nimm und iß!
+
+Phryxus.
+So rauh übst du des Wirtes gastlich Amt?
+
+Aietes.
+Wie du dich gibst so nehm' ich dich.
+Wer in des Krieges Kleidung Gabe heischt
+Erwarte nicht sie aus des Friedens Hand.
+
+Phryxus.
+Den Schild hab' ich, die Lanze abgelegt.
+
+Aietes.
+Das Schwert ist, denkst du gegen uns genug?
+Doch halt' es wie du willst.
+
+(Leise zu Medea.)
+
+Begehr' sein Schwert!
+
+Phryxus.
+Noch eins! An reichem Schmuck und köstlichen Gefäßen
+Bring' ich so manches, was ich sichern möchte.
+Du nimmst es doch in deines Hauses Hut?
+
+Aietes.
+Tu, wie du willst!
+
+(Zu Medea.)
+
+Sein Schwert sag' ich begehr'!
+
+Phryxus.
+Nun denn, Gefährten, was wir hergebracht
+Gerettet aus des Glückes grausem Schiffbruch,
+Bringt es hierher in dieser Mauern Umfang
+Als Grundstein eines neuen, festern Glücks.
+
+Aietes (zu Medea).
+Des Fremden Schwert!
+
+Medea.
+Wozu?
+
+Aietes.
+Sein Schwert sag' ich!
+
+Medea (zu Phryxus).
+Gib mir dein Schwert!
+
+Phryxus.
+Was sagst du holdes Kind?
+
+Aietes.
+Fremd ist dem Mädchen eurer Waffen Anblick
+Bei uns geht nicht der Friedliche bewehrt.
+Auch ist's euch lästig.
+
+Phryxus (zu Medeen).
+Sorgest du um mich?
+
+(Medea wendet sich ab.)
+
+Sei mir nicht bös! Ich weigr' es dir ja nicht!
+
+(Er gibt ihr das Schwert.)
+
+Den Himmlischen vertrau' ich mich und dir!
+Wo du bist da ist Frieden. Hier mein Schwert!
+Und jetzo in dein Haus, mein edler Wirt!
+
+Aietes.
+Geht nur, ich folg' euch bald!
+
+Phryxus.
+Und du Medea?
+Laß mich auch dich am frohen Tische sehn!
+Kommt Freunde teilt die Lust wie ehmals die Gefahr!
+
+(Ab mit seinen Gefährten.)
+
+(Medea setzt sich auf eine Felsenbank im Vorgrunde und beschäftigt
+sich mit ihrem Bogen, den sie von der Erde aufgehoben hat. Aietes
+steht auf der andern Seite des Vorgrundes und verfolgt mit den
+Augen die Diener des Phryxus, die Gold und reiche Gefäße ins Haus
+tragen.--Lange Pause.)
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Was denkst du?
+
+Medea.
+Ich? Nichts!
+
+Aietes.
+Vom Fremden mein' ich,
+
+Medea.
+Er spricht und spricht;
+Mir widert's!
+
+Aietes (rasch auf sie zugehend).
+Nicht wahr? Spricht und gleißt
+Und ist ein Bösewicht,
+Ein Gottverächter, ein Tempelräuber!
+Ich töt' ihn!
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes.
+Ich tu's!
+Soll er davon tragen all den Reichtum
+Den er geraubt, dem Himmel geraubt?
+Erzählt' er nicht selbst, wie er im Tempel
+Das Vließ gelöst von der Schulter des Gottes,
+Des Donnerers, Perontos,
+Der Kolchis beschützt.
+Ich will dir ihn schlachten Peronto!
+Rache sei dir, Rache!
+
+Medea.
+Töten willst du, den Fremden, den Gast?
+
+Aietes.
+Gast?
+Hab' ich ihn geladen in mein Haus?
+Ihm beim Eintritt Brot und Salz gereicht
+Und geheißen sitzen auf meinem Stuhl?
+Ich hab' ihm nicht Gastrecht geboten,
+Er nahm sich's, büß' er's der Tor!
+
+Medea.
+Vater! Peronto rächet den Mord!
+
+Aietes.
+Peronto (gebeut) ihn.
+Hat der Freche nicht an ihm gefrevelt?
+Sein Bild beraubt in der Delpherstadt?
+Führt der Erzürnte ihn nicht selbst her
+Daß ich ihn strafe, daß ich räche
+Des Gottes Schmach und meine?
+Das Vließ dort am glänzenden Speer,
+Des Gottes Kleid, der Kolcher Heiligtum
+Soll's ein Fremder, ein Frevler entweihn?
+Mein ist's, mein! Mir sendet's der Gott
+Und (Sieg und Rache) geknüpft an dies Pfand
+Den Unsern werd' es zu Teil!
+Tragt nur zu des kostbaren Guts!
+Ihr führet die Ernte mir ein!
+Sprich nicht und komm! daß er uns nicht vermißt
+Gefahrlos sei die Rach' und ganz!
+Komm, sag' ich, komm!
+
+(Beide ab ins Haus.)
+
+(Ein Kolchischer Hauptmann mit Bewaffneten tritt auf.)
+
+Hauptmann.
+Hierher beschied man uns. Was sollen wir?
+
+Ein Kolcher
+
+(aus dem Hause).)
+Heda!
+
+Hauptmann.
+Hier sind wir!
+
+Kolcher.
+Leise!
+
+Hauptmann.
+Sprich! Was soll's?
+
+Kolcher.
+Verteilt euch rechts und links und wenn ein Fremder--
+Doch still jetzt! Einer naht!--Kommt! hört das Weitre!
+
+(Alle ab.)
+
+Phryxus (mit ängstlichen Schritten aus dem Hause).
+Ihr Götter! Was ist das? Ich ahne Schreckliches.
+Es murmeln die Barbaren unter sich
+Und schaun mit höhn'schen Lächeln hin auf uns.
+Man geht, man kommt, man winkt, man lauert.
+Und die Gefährten, einer nach dem andern
+Sinkt hin in dumpfen Schlaf; ob Müdigkeit,
+Ob irgend ein verruchter Schlummertrank
+Sie einlullt weiß ich nicht. Gerechte Götter!
+Habt ihr mich hergeführt, mich zu verderben?
+Nur eines bleibt mir noch: Flucht auf mein Schiff.
+Dort samml' ich die Zurückgebliebenen,
+Und dann zur Rettung her, zur Hilfe--Horch!
+
+(Schwertgeklirr und dumpfe Stimmen im Hause.)
+
+Man ficht!--Man tötet!--Weh mir, weh!--zu spät!
+Nun bleibt nur Flucht. Schnell eh die Mörder nahn!
+
+(Er will gehn.)
+
+Krieger (mit gefällten Spießen treten ihm entgegen).
+Zurück!
+
+Phryxus.
+Ich bin verraten!--Hier!
+
+(Von allen Seiten treten Bewaffnete mit gesenkten Speeren ihm
+entgegen.)
+
+Gewaffnete.
+Zurück!
+
+Phryxus.
+Umsonst! Es ist vorbei!--Ich folg' euch Freunde!
+
+(An den Altar hineilend.)
+
+Nun denn, du Hoher, der mich hergeführt,
+Bist du ein Gott, so schirme deinen Schützling!
+Aietes (mit bloßem Schwert aus dem Hause.) Medea (hinter ihm.)
+Gefolge.
+
+Aietes.
+Wo ist er?
+
+Medea.
+Vater, höre!
+
+Aietes.
+Wo, der Fremdling?
+Dort am Altar. Was suchst du dort?
+
+Phryxus.
+Schutz such' ich!
+
+Aietes.
+Gegen wen? Komm mit ins Haus!
+
+Phryxus.
+Hier steh' ich und umklammre diesen Altar,
+Den Göttern trau' ich; o daß ich es dir!
+
+Medea.
+O Vater höre mich!
+
+Phryxus.
+Du auch hier Schlange?
+Warst du so schön und locktest du so lieblich
+Mich zu verderben hier im Todesnetz?
+Mein Herz schlug dir vertrauensvoll entgegen,
+Mein Schwert, den letzten Schutz gab ich in deine Hand
+Und du verrätst mich?
+
+Medea.
+Nicht verriet ich dich!
+Gabst du dein Schwert mir, nimm ein andres hier
+Und wehre dich des Lebens.
+
+(Sie hat einem der Umstehenden das Schwert entrissen und reicht es
+ihm.)
+
+Aietes (ihr das Schwert entreißend).
+Törichte!
+Vom Altar fort!
+
+Phryxus.
+Ich bleibe!
+
+Aietes.
+Reißt ihn weg!
+
+Phryxus (da einige auf ihn losgehen).
+Nun denn, so muß ich sterben?--Ha, es sei!
+Doch ungerochen, klaglos fall' ich nicht.
+
+(Er reißt das Panier mit dem goldenen Vließ aus der Erde und tritt
+damit in den Vorgrund.)
+
+Du unbekannte Macht, die her mich führend,
+Dies Pfand der Rettung huldvoll einst mir gab
+Und (Sieg und Rache) mir dabei verhieß;
+Zu dir ruf' ich empor nun! Höre mich!
+Hab' ich den (Sieg) durch eigne Schuld verwirkt,
+Das Haupt darbietend dem Verräternetz
+Und blind dem Schicksal trauend statt mir selber
+So laß doch (Rache) wenigstens ergehn
+Und halte deines Wortes zweite Hälfte!
+
+Aietes.
+Was zauderst du?
+
+Phryxus.
+Aietes!
+
+Aietes.
+Nun was noch?
+
+Phryxus.
+Ich bin dein Gast und du verrätst mich?
+
+Aietes.
+Mein Gast? Mein Feind.
+Was suchtest du, Fremder, in meinem Land? Tempelräuber!
+Hab' ich dir Gastrecht gelobt? dich geladen in mein Haus?
+Nichts versprach ich, Törichter!
+Verderbt durch eigne Schuld!
+
+Phryxus.
+Damit beschönst du deine Freveltat?
+O triumphiere nicht! Tritt her zu mir!
+
+Aietes.
+Was soll's?
+
+Phryxus.
+Sieh dieses Banner hier, mein letztes Gut
+Die Schätze alle hast du mir geraubt
+Dies eine fehlt noch.
+
+Aietes (darnach greifend).
+Fehlt? Wie lange noch?
+
+Phryxus.
+Zurück! Betracht's, es ist mein letztes Gut
+Und von ihm scheidend scheid' ich von dem Leben.
+Begehrst du's?
+
+Aietes.
+Ja!
+
+Phryxus.
+Begehrst du's?
+
+Aietes
+
+(die Hand ausstreckend).)
+Gib mir es!
+
+Phryxus.
+Nimm's hin des Gastes Gut du edler Wirt
+Sieh ich vertrau' dir's an, bewahre mir's
+
+(Mit erhöhter Stimme.)
+
+Und gibst du's nicht zurücke, unbeschädigt
+Nicht mir dem Unbeschädigten zurück
+So treffe dich der Götter Donnerfluch
+Der über dem rollt, der die Treue bricht.
+Nun ist mir leicht! Nun Rache, Rache, Rache!
+Er hat mein Gut. Verwahre mir's getreu!
+
+Aietes.
+Nimm es zurück!
+
+Phryxus.
+Nein! Nicht um deine Krone!
+Du hast mein Gut, dir hab' ich's anvertraut
+Bewahre treu das anvertraute Gut!
+
+Aietes (ihm das Vließ aufdrängend).
+Nimm es zurück!
+
+Phryxus (ihm ausweichend).
+Du hast mein Gut, verwahr' es treu!
+Sonst Rache, Rache, Rache!
+
+Aietes (ihn über die Bühne verfolgend und ihm das Banner aufdringend).
+Nimm es, sag' ich!
+
+Phryxus (ausweichend).
+
+Ich nehm' es nicht. Verwahre mir's getreu!
+
+(Zur Bildsäule des Gottes empor.)
+
+Siehst du? er hat's, ihm hab' ich's anvertraut
+Und gibt er's nicht zurück, treff' ihn dein Zorn!
+
+Aietes.
+Nimm es zurück!
+
+Phryxus (am Altar).
+Nein, nein!
+
+Aietes.
+Nimm's!
+
+Phryxus.
+Du verwahrst's!
+
+Aietes.
+Nimms!
+
+Phryxus.
+Nein!
+
+Aietes.
+Nun so nimm dies!
+
+(Er stößt ihm das Schwert in die Brust.)
+
+Medea.
+Halt Vater halt!
+
+Phryxus (niedersinkend).
+Es ist zu spät!
+
+Medea.
+Was tatst du?
+
+Phryxus (zur Bildsäule empor).
+Siehst du's, siehst du's!
+Den Gastfreund tötet er und hat sein Gut!
+Der du des Gastfreunds heilig Haupt beschützest
+O räche mich! Fluch dem treulosen Mann!
+Ihm muß kein Freund sein und kein Kind, kein Bruder
+Kein frohes Mahl--kein Labetrunk--
+Was er am liebsten liebt--verderb' ihn!--
+Und dieses Vließ, das jetzt in seiner Hand
+Soll niederschaun auf seiner Kinder Tod!--
+Er hat den Mann erschlagen, der sein Gast--
+Und vorenthält--das anvertraute Gut--
+Rache!--Rache!--
+
+(Stirbt. Lange Pause.)
+
+Medea.
+Vater!
+
+Aietes (zusammenschreckend).
+Was?
+
+Medea.
+Was hast du getan!
+
+Aietes (dem Toten das Vließ aufdringen wollend).
+Nimm es zurück!
+
+Medea.
+Er nimmt's nicht mehr. Er ist tot!
+
+Aietes.
+Tot!--
+
+Medea.
+Vater! Was hast du getan! Den Gastfreund erschlagen
+Weh dir! Weh uns allen!--Hah!--
+Aufsteigt's aus den Nebeln der Unterwelt
+Drei Häupter, blut'ge Häupter
+Schlangen die Haare,
+Flammen die Blicke
+Die hohnlachenden Blicke!
+Höher! höher!--Empor steigen sie!
+Entfleischte Arme, Fackeln in Händen
+Fackeln!--Dolche!
+Horch! Sie öffnen die welken Lippen
+Sie murren, sie singen
+Heischern Gesangs:
+Wir hüten den Eid
+Wir vollstrecken den Fluch!
+Fluch dem, der den Gastfreund schlug!
+Fluch ihm, tausendfachen Fluch!
+Sie kommen, sie nahen
+Sie umschlingen mich,
+Mich, dich, uns alle!
+Weh über dich!
+
+Aietes.
+Medea!
+
+Medea.
+Über dich, über uns!
+Weh, weh!
+
+(Sie entflieht.)
+
+Aietes (ihr die Arme nachstreckend).
+Medea! Medea! (Ende.)
+
+
+Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der Gastfreund, von
+Franz Grillparzer.
+
+
+
+
+
+End of the Project Gutenberg EBook of Der Gastfreund, by Franz Grillparzer
+
+*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER GASTFREUND ***
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+Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
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